Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats [1 ed.] 9783428580613, 9783428180615

§ 52 Abs. 1 GmbHG bietet mit seinem dispositiven Verweis auf das Aktienrecht der Praxis umfassende Gestaltungsmöglichkei

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German Pages 378 Year 2020

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Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats [1 ed.]
 9783428580613, 9783428180615

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 318

Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats

Von

Sonja Barbara Birkhold

Duncker & Humblot · Berlin

SONJA BARBARA BIRKHOLD

Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 318

Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats

Von

Sonja Barbara Birkhold

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D21 Alle Rechte vorbehalten © 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-18061-5 (Print) ISBN 978-3-428-58061-3 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/2019 von der Juristischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen zur Dissertation angenommen. Das Manuskript entstand im Wesentlichen während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Rechtsvergleichung der Universität Tübingen meines Doktorvaters Prof. Dr. Jan Schürnbrand, der leider viel zu früh verstorben ist. Prof. Dr. Jan Schürnbrand war für mich sowohl menschlich als auch in fachlicher Hinsicht ein Vorbild. Er ermöglichte es mir, frei und eigenständig zu forschen. So trug er ganz entscheidend zum Gelingen dieser Arbeit bei. Für die Zeit und Zusammenarbeit am Lehrstuhl bin ich ihm sehr dankbar. Wie gerne hätte ich ihm die Endfassung dieser Arbeit zu lesen gegeben! Mein besonderer Dank gilt weiter Herrn Prof. Dr. Jan Thiessen und Herrn Prof. Dr. Jens-Hinrich Binder, die nach dem unerwarteten Tod meines Doktorvaters die Erstund Zweitbegutachtung meiner Arbeit übernommen haben. Auch meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen der Universität Tübingen gebührt ein herzlicher Dank. Meiner Familie danke ich für die stetige Unterstützung und den Rückhalt während dieses Projekts. Ein ausdrücklicher Dank gilt hierbei meinem Mann und meinen Kindern, die insbesondere während der Endphase meiner Arbeit viel zurückstecken mussten. Meinen Eltern danke ich von Herzen, dass sie mir meine Ausbildung ermöglicht und mich auf meinem bisherigen Lebensweg vorbehaltlos unterstützt haben. Durch ihren steten Rückhalt und ihre Liebe haben sie im wesentlichen Maße zum Erfolg der Arbeit beigetragen. Ohne Euch hätte ich es nicht geschafft – nun bin ich endlich fertig! Weinstadt, im März 2020

Sonja Birkhold

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Tatsächliches Vorkommen von Aufsichtsräten in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 II. Gründe für die freiwillige Einrichtung eines Aufsichtsrats in der GmbH . . . . . . . 20 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Erster Teil Historische Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat

24

A. Das Gesetz von 1892 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Die Ausschussarbeiten von 1937 – 1939 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Der Entwurf von 1939 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 D. Der Referentenentwurf von 1969 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 E. Der Gesetzesentwurf von 1971/1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 F. Die GmbH-Novelle 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 G. Sonstige Änderungen der Regelungen zum Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Zweiter Teil Dogmatische Einordnung der durch § 52 GmbHG gewährten Gestaltungsfreiheit und deren Beschränkung

37

A. Die Einordnung der durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährten Gestaltungsfreiheit . . . . . 37 I. § 52 Abs. 1 GmbHG als dispositives Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. § 52 Abs. 1 GmbHG als Ermächtigungsgrundlage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 III. § 52 Abs. 1 GmbHG als Anregungsnorm? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 IV. Die Unterscheidung in Wahl- und Dispositionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B. Die Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Die Satzungsautonomie im Recht der GmbH und deren Schranken . . . . . . . . . . . 45

10

Inhaltsverzeichnis II. Die im Rahmen der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit beachtlichen Interessen 48 1. Gesellschaftsinterne Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 a) Interessen der Gesellschaftermehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Interessen der Gesellschafterminderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2. Gesellschaftsexterne Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 a) Rückschlüsse aus der historischen Entwicklung des Aufsichtsrats auf die Beachtlichkeit gesellschaftsexterner Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 aa) Entwicklung in der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 bb) Aufnahme der Regelung zum Aufsichtsrat in das GmbHG von 1892 . . 58 b) Rückschlüsse aus der Einführung von Publizitätspflichten betreffend den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) § 52 Abs. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 bb) § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 cc) §§ 325 ff., 285 Nr. 10 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3. Folgen für die Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Dritter Teil Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

73

A. Formelle Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Regelung auf gesellschaftsvertraglicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Abgrenzung zu schuldrechtlich fundierten Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Umfang der gesellschaftsvertraglichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 II. Bedingte Errichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Echte Bedingung des Errichtungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Unechte Bedingung des Errichtungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Bedingte Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 III. Befristung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 IV. Errichtungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 1. Ermächtigung der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Die Ansicht des Kammergerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Kritik an der Ansicht des Kammergerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 c) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02. 07. 2019 . . . . . . . . . . . . . 91 d) Die zulässige Ausgestaltung der Errichtungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Errichtung durch einzelne Gesellschafter oder Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Sonderrecht auf Errichtung für einen oder mehrere Gesellschafter . . . . . . . . 93 b) Errichtung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Rechte Dritter ad personam mit Satzungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 bb) Dritte als Organwalter eines Zusatzorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Inhaltsverzeichnis

11

B. Formelle Anforderungen an die Auflösung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Auflösung des Aufsichtsrats durch Auflösungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Auflösung des Aufsichtsrats durch Eintritt einer auflösenden Bedingung? . . . . . . 104 III. Auflösung des Aufsichtsrats durch Auflösung der Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . 105 C. Formelle Anforderungen an Regelungen zur abweichenden Ausgestaltung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 D. Die Folgen formeller Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 I. Die Folgen der Errichtung ohne satzungsrechtliche Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Anfechtbarkeit des Beschlusses wegen Verstoßes gegen Gesetz und Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Einordnung als fehlerhafte Satzungsänderung sowie Einschränkung durch die Figur der sog. Satzungsdurchbrechung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Voraussetzungen der Satzungsdurchbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Rechtsfolgen der Einordnung als Satzungsdurchbrechung . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Kritik an der Figur der sog. Satzungsdurchbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Unwirksamkeit des Errichtungsbeschlusses aufgrund der bezweckten organisationsändernden Wirkung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Statthafte Klageart zur Geltendmachung der Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . 120 5. Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die Errichtung eines Aufsichtsrats ohne satzungsrechtliche Grundlage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die fehlerhafte Aufsichtsratserrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Ausnahme von der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft aufgrund fehlender Handelsregistereintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Die Folgen des Verstoßes gegen ein in der Satzung eingeräumtes Sonderrecht auf Errichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Statthafte Klageart bei Verstoß des Errichtungsbeschlusses gegen ein Sonderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die Errichtung unter Verstoß gegen ein Sonderrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 III. Die Folgen formeller Fehler bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . 131 1. Mögliche Fallgestaltungen formeller Fehler bei der Ausgestaltung . . . . . . . . . . 131 2. Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die fehlerhafte Ausgestaltung des Aufsichtsrats und die fehlerhafte Aufsichtsratsbestellung? 134

Vierter Teil Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

135

A. Die Funktion dispositiven Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

12

Inhaltsverzeichnis

B. Allgemeine Kriterien der Beschränkung der Dispositionsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . . . . 137 C. Ausdrückliche Schranken der Dispositionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 D. Ungeschriebene Schranken der Dispositionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 I. Begrenzung durch das „Wesen“ des Aufsichtsrats? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Aus der Organstellung resultierende Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Eingliederung in die Gesellschaftsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Weisungsunabhängigkeit aufgrund der Organstellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Ausschließliche Kompetenzen als Folge der Selbstständigkeit? . . . . . . . . . . 143 2. Interessenbindung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Der formelle Organbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Der materielle Organbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 aa) Das Gesellschaftsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 bb) Argumente für eine Bindung an das Gesellschaftsinteresse . . . . . . . . . . 147 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3. Bindung des Aufsichtsrats an interne Partikularinteressen? . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Zulässigkeit sog. Gruppenorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Bindung an Minderheiteninteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 4. Bindungen des Aufsichtsrats an ein sog. Unternehmensinteresse? . . . . . . . . . . 152 a) Unternehmensinteresse in der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 b) Unternehmensinteresse in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 E. Schranken aufgrund (gesetzlicher) Anforderungen an die Mitglieder eines Gesellschaftsorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Juristische Personen als Organmitglieder? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 II. Beschränkt geschäftsfähige Aufsichtsratsmitglieder? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 F. Schranken aufgrund zwingender gesetzlicher Kompetenzverteilung . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Grenzen der Art der Kompetenzzuweisung: ausschließliche und konkurrierende Kompetenzzuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Zulässigkeit einer ausschließlichen Kompetenzzuweisung an den Aufsichtsrat 166 2. Die Folgen der Kompetenzausübung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Folgen der Kompetenzausübung bei ausschließlichen Kompetenzen des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Grundsätzliche Verdrängung der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Rückfallkompetenz der Gesellschafterversammlung bei Funktionsunfähigkeit des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Folgen der Kompetenzausübung durch den Aufsichtsrat bei konkurrierenden Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Inhaltsverzeichnis

13

II. Die Grenzen der Übertragung einzelner Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 1. Die Überwachungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Ausschließliche Zuweisung an den Aufsichtsrat zulässig? . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Folgen bei Schweigen des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Die Feststellung des Jahresabschlusses und der Beschluss über die Ergebnisverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 3. Die Personalkompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4. Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Gesellschafter und Geschäftsführer sowie gerichtliche Vertretung der Gesellschaft gegen letztere . . . 190 5. Die Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 6. Das Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 7. Sonstige Kompetenzen der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 G. Schranken aufgrund der Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . 195 I. Die Fälle der zwingenden Einrichtung eines Aufsichtsrats in der GmbH . . . . . . . 195 II. Wechsel des Aufsichtsratssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 III. Möglichkeit der Koexistenz verschiedener (Kontroll-)Organe . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Fünfter Teil Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats: Grenzen der Wahlfreiheit

206

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Die Überwachungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Inhaltliche Mindestausgestaltung der Überwachungskompetenz . . . . . . . . . . . . 214 a) Zwingende Pflicht zur Überwachung – oder ist ein Überwachungsrecht ausreichend? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Zwingende Zuweisung der ausschließlichen Überwachungskompetenz? . . . 214 c) Die Reichweite der Überwachungskompetenz: institutionelles oder funktionales Verständnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 d) Der notwendige Stellenwert der Überwachungskompetenz innerhalb der Kompetenzen des Aufsichtsrats – zugleich zu den Grenzen der Übertragung von Geschäftsführungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Die einzelnen Mindestüberwachungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 3. Informationsrechte und Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 II. Die Einräumung von Zustimmungsvorbehalten zugunsten des Aufsichtsrats . . . . 224 III. Die Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 IV. Die Prüfung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 V. Die Vertretungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

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Inhaltsverzeichnis

B. Weisungsunabhängige Ausgestaltung der Stellung der Aufsichtsratsmitglieder? . . . . . 232 I. Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung ipso iure? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Abweichende Gestaltung im Gesellschaftsvertrag möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 III. Ausnahme bei Beteiligung der öffentlichen Hand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 IV. Ausnahme für die Einmann-GmbH? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 V. Weisungsrecht des Entsendungsberechtigten oder außenstehender Dritter? . . . . . 250 C. Anforderungen an das Amt der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 I. Inkompatibilität des Aufsichtsratsamts mit anderen Ämtern . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 1. Inkompatibilität von Geschäftsführungs- und Aufsichtsratsamt? . . . . . . . . . . . . 251 2. Gesetzliche Vertreter eines abhängigen Unternehmens als Aufsichtsratsmitglieder? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 II. Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften im Sinne des § 264d HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 III. Zwingende Maximalanzahl von Aufsichtsratsmandaten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 D. Mindestanzahl von Aufsichtsratsmitgliedern als Anwendungsvorausetzung? . . . . . . . 257 E. Anforderungen an die Regelungen zur Bestellung und Abberufung . . . . . . . . . . . . . . 258 I. Die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrats, insbesondere die Möglichkeit der Einräumung von Entsendungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 II. Die Abberufung der Mitglieder des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 F. Mindestanforderungen an die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder im fakultativen Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I. Allgemeine Möglichkeiten der Beschränkung der organschaftlichen Haftung . . . 264 1. Gesetzlicher Haftungsausschluss oder Herabsetzung des Sorgfaltsmaßstabs in besonderen Fällen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2. Zur Möglichkeit eines vollständigen gesellschaftsvertraglichen Haftungsausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 3. Vertragliche Haftungsmilderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 a) Begrenzung des Sorgfaltsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 aa) Vergleich mit der Abdingbarkeit des Sorgfaltsmaßstabs im Rahmen der Geschäftsführerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 bb) Anwendung auf den fakultativen Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 b) Beschränkung der Haftung durch Verkürzung der Verjährungsfristen . . . . . 278 c) Weitere Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 II. Zu einer Ersatzpflicht führende Pflichtverstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. Der Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf §§ 116, 93 Abs. 2 S. 1 und 2 AktG

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2. Der fehlende Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf §§ 116, 93 Abs. 3 – 6 AktG 282 a) Insbesondere zur Haftung der Aufsichtsratsmitglieder bei fehlender Überwachung verbotswidriger Zahlungen entgegen § 64 S. 1 GmbHG . . . . . . . . 285 aa) Das Doberlug-Urteil des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

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bb) Reaktionen der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 cc) Kritik an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Doberlug-Urteil 294 (1) Folgerungen aus der Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 (2) Berechtigte Erwartung des Rechtsverkehrs? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 (3) Ausschluss der Ersatzpflicht wegen fehlender Insolvenzantragspflicht der Aufsichtsratsmitglieder? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 (4) Ausschluss wegen Unbilligkeit der Ersatzpflicht? . . . . . . . . . . . . . . 302 b) Ersatzpflicht bei Verstößen gegen §§ 30, 33, 43a, 64 S. 3 GmbHG . . . . . . . 302 c) Anwendbarkeit des Gläubigerverfolgungsrechts aus § 93 Abs. 5 AktG? . . . 304

Sechster Teil Folgen der Überschreitung der Schranken der materiellen Gestaltungsfreiheit – zugleich zur Frage der funktionalen oder formalen Abgrenzung der Aufsichtsratseigenschaft 306 A. Formale oder funktionale Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft? . . . . . . . . . . . . . 306 I. Formale Abgrenzung nach der Bezeichnung des Organs? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 II. Funktionale Abgrenzung nach der Ausgestaltung des Organs? . . . . . . . . . . . . . . . 309 III. Schlussfolgerungen aus der Differenzierung nach Wahl- und Dispositionsfreiheit: Die Unterscheidung zwischen Eröffnung des Anwendungsbereichs und Gestaltungsspielraum innerhalb des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 B. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung des Organs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 I. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung bei Errichtung des Zusatzorgans im Rahmen der Gründung und bei nachträglicher Errichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 II. Fehlerhafte Anwendung der Publizitätsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 1. Zwangsweise Durchsetzung der zutreffenden Anwendung der Publizitätsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 2. Haftung infolge der fehlerhaften Anwendung der Publizitätsvorschriften . . . . . 318 a) Haftung nach Rechtsscheinsgesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 b) (Vor-)vertragliche und deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 C. Ausgestaltung des Aufsichtsrats außerhalb des durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährten Dispositionsspielraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

Abkürzungen Die verwendeten Abkürzungen entsprechen Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, Berlin, 8. Aufl. 2015.

Einführung Kapitalgesellschaften – und damit auch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) –, die als juristische Personen am Rechtsverkehr teilnehmen, können selbst keinen Willen bilden und nicht selbst handeln. Die juristische Person erhält ihre Handlungsfähigkeit durch ihre Organe.1 Dabei ist nach der modernen Organtheorie das Organhandeln eine „Form wertender Zurechnung menschlichen Verhaltens an einen Verband“, welche – anders etwa als bei einer bloßen Stellvertretung – das Handeln des Organwalters als Handeln des Verbands selbst erscheinen lässt.2 Alle anfallenden Aufgaben sind innerhalb der Gesellschaft so zu verteilen, dass die juristische Person als insgesamt entsprechend einer natürlichen Person handlungsfähig erscheint.3 Im Bereich der Kapitalgesellschaften sind dazu für jede Gesellschaftsform bestimmte Organe zwingend einzurichten. Dies sind etwa bei der Aktiengesellschaft Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat. Der eingetragene Verein benötigt zwingend Mitgliederversammlung und Vorstand. Bei der GmbH sind zwingend Gesellschaftsversammlung (bzw. die Gesamtheit der Gesellschafter)4 und Geschäftsführer vorgesehen. Abweichend von dieser zweigliedrigen Organisationsform ist in der GmbH in bestimmten, vor allem mitbestimmungsrechtlichen Fällen ein Aufsichtsrat einzurichten.5 Neben diesen zwingenden, gesetzlichen Organen können in bestimmten Gesellschaftsformen weitere, fakultative Organe eingerichtet werden. So kann der 1 So die herrschende Organtheorie, a.A. die sog. Vertretertheorie; vgl. zu diesem Streit Schürnbrand, Organschaft, S. 17 ff. der darauf hinweist, dass der entscheidende Unterschied der beiden Ansätze, welche auf Savigny (Organtheorie) und v. Gierke (Vertretertheorie) zurückgehen, in der Zurechnung des Organhandelns im Innenverhältnis zu sehen ist und lediglich ersterer zu einer Vereinbarkeit mit der Deliktsfähigkeit der juristischen Person führen kann; der aber auch darauf hinweist, dass es sich im Ergebnis nur um einen „Streit um Worte“ handele. 2 Schürnbrand, Organschaft, S. 28 f. 3 Schürnbrand, Organschaft, S. 11. 4 Hierbei ist umstritten, welche dieser beiden Institutionen die Organeigenschaft innehat. Nach einer weit verbreiteten Ansicht ist dies die Gesamtheit der Gesellschafter, die Gesellschafterversammlung stelle nur das Beschlussverfahren dar, so etwa Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 5; ders., Gesellschaftsrecht, § 36 III 1 (S. 1094); Roth/Altmeppen, § 45 Rn. 2; Lutter/ Hommelhoff/Bayer, § 45 Rn. 2; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 18 V 3 (S. 288 f.). Nach der zutreffenden Gegenauffassung werde hierbei das Regel-Ausnahmeverhältnis des § 48 GmbHG verkannt: Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 7; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 45 Rn. 4; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 80; Henssler/Strohn/Mollenkopf, § 45 GmbHG Rn. 1; Hüffer, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 521, 526 ff.; Schürnbrand, Organschaft, S. 128 f.; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 41 Rn. 1 (S. 533). 5 Dazu später 4. Teil, G. I.

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Gesellschaftsvertrag6 eines Vereins, einer GmbH, aber auch einer Personengesellschaft7 fakultative Organe vorsehen.8 Speziell bei der GmbH besteht neben der Möglichkeit der Einrichtung eines Beirats auch die Möglichkeit, ohne gesetzliche Verpflichtung einen Aufsichtsrat einzurichten. In diesem Fall handelt es sich um einen sog. fakultativen Aufsichtsrat. Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Grenzen der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter bei der Errichtung und Ausgestaltung eines solchen Aufsichtsrats. Mit § 52 GmbHG, auf den im Folgenden näher einzugehen sein wird, enthält das GmbH-Gesetz eine lückenhafte Regelung zum fakultativen Aufsichtsrat. Zudem existieren an verstreuten Stellen im GmbHG weitere, rudimentäre Regelungen zum Aufsichtsrat, so in §§ 29 Abs. 4 S. 1, 35a Abs. 1 S. 1, 71 Abs. 5, 75, 85, 82 Abs. 2 Nr. 2, 86, 87 GmbHG.9 Mit § 52 GmbHG lehnt sich das GmbHG primär an den aktienrechtlichen Regelungen zum Aufsichtsrat an. § 52 Abs. 1 GmbHG regelt für den Fall, dass nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen ist, die entsprechende Anwendbarkeit zahlreicher Normen zum aktienrechtlichen Aufsichtsrat. Diese sind jedoch nach dem Wortlaut allesamt nur anzuwenden, „soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist.“ Nach dieser Formulierung scheint die Bestimmung vollständig dispositiv zu sein und der fakultative Aufsichtsrat daher völlig autonom gestaltbar. Dies scheint sich auch mit dem Willen des historischen Gesetzgebers zu decken. So findet sich in den Gesetzgebungsmaterialien zum GmbHG von 1892 der Hinweis, dass die „Bestimmungen über den Aufsichtsrath nur ganz subsidiäre Bedeutung hätten, daß dieselben nur in Betracht kommen könnten, wenn durch den Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrath bestellt sei und soweit in dem Gesellschaftsvertrage für und über den Aufsichtsrath nicht andere Bestimmungen gegeben seien; denn ob ein Aufsichtsrath bestellt werden solle und welche Rechte demselben verliehen und welche Pflichten demselben auferlegt werden sollen, sei ganz der freien Vereinbarung überlassen.“10

Andererseits regeln die §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG, welche die Einreichung einer Liste der Namen der Aufsichtsratsmitglieder zum Handelsregister sowie die Veröffentlichung des Namens des Aufsichtsratsvorsitzenden auf den Geschäftsbriefen verlangen, gewisse an der Existenz eines solchen Aufsichtsrats 6

Im Folgenden werden die Begriffe Gesellschaftsvertrag und Satzung synonym verwendet. Deren einzig zwingend vorgesehenes Organ ist die Gesamtheit der Gesellschafter, siehe Schürnbrand, Organschaft, S. 30. 8 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 50 m.w.N. 9 § 37 Abs. 2 GmbHG spricht nicht von einem „Aufsichtsrat“, sondern einem sonstigen „Organ der Gesellschaft“. 10 Anmerkung zu §§ 49 bis 53, Bericht der XXV. Kommission über den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – Nr. 660 der Drucksachen – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, 6. Anlageband, Aktenstück Nr. 774, Bd. 126, S. 4010. 7

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ausgerichtete Publizitätspflichten, welche im Interesse des Rechtsverkehrs bestehen. Diese Bekanntgabe der Aufsichtsratsmitglieder nach außen deutet eine Außenwirkung des fakultativen Aufsichtsrats an. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach den Grenzen der Gestaltungsbefugnis der Gesellschafter bei der Ausgestaltung des fakultativen Aufsichtsrats und damit nach dem Zusammenhang von Publizität und Gestaltungsfreiheit. Ziel dieser Arbeit ist das Herausarbeiten von Grenzen der Gesellschafter bei der Gestaltung eines solchen Aufsichtsrats. Es wird zu beleuchten sein, ob die Gesellschafter „ihren“ Aufsichtsrat ganz nach ihrem Belieben ausgestalten können oder ob – entgegen dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG – Grenzen der Gestaltungsfreiheit bestehen. Es gilt herauszufinden, welche Regelungen auf den fakultativen Aufsichtsrat in der GmbH anzuwenden sind sowie inwiefern diese Regelungen zwingenden Charakter haben. Dabei wird auf die zwingend einzuhaltenden formellen Voraussetzungen bei Errichtung und Ausgestaltung des Organs einzugehen sein sowie auf die Fragestellung, welchen materiellen Anforderungen ein solches Organ genügen muss. Im Rahmen dessen stellt sich die Frage nach den zwingenden Kompetenzen und Aufgaben eines fakultativen Aufsichtsrats. Da ein solcher Aufsichtsrat rein fakultativ besteht und damit zur „Lebensfähigkeit“ der GmbH nicht erforderlich ist – bereits im „Normalgefüge“ der GmbH sind alle notwendigen Kompetenzen zwischen Gesellschafterversammlung und Geschäftsführer verteilt – wird auf dessen Stellung im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung einzugehen sein. Der fakultative Aufsichtsrat wird von anderen Gremien abzugrenzen sein, welche neben der Gesellschafterversammlung und den Geschäftsführern in der GmbH bestehen können. So kann insbesondere nach mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften ein Aufsichtsrat zwingend einzurichten sein. Zum anderen ist aufgrund der in der GmbH weitgehend herrschenden Satzungsfreiheit die Einrichtung sonstiger Organe möglich, wie z. B. eines Beirats, für welchen keine Regelungen im GmbHG normiert sind. Im Rahmen der Ausarbeitung der einzelnen Grenzen der Gestaltungsfreiheit wird auch auf deren jeweilige Wirkungen einzugehen sein und damit auf die Einteilung der im Rahmen des § 52 GmbHG bestehenden Gestaltungsfreiheit in die Kategorien Wahl- und Dispositionsfreiheit sowie die Folgen dieser Unterscheidung.

I. Tatsächliches Vorkommen von Aufsichtsräten in der GmbH Die Vorschrift des § 52 GmbHG hat in der Praxis durchaus Anklang gefunden. Empirische Studien befassen sich hierbei vorrangig mit Aufsichtsräten im Bereich der mittelständischen Unternehmen und hierbei speziell in Familienunternehmen. Diese kommen zu dem Ergebnis, dass in jedem fünften Unternehmen ein fakultativer Aufsichtsrat besteht.

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So ergab eine im Jahr 2012 veröffentlichte Studie11 über Existenz und Ausgestaltung von Aufsichtsräten und Beiräten in mittelständischen Unternehmen, dass in 53 % der befragten Unternehmen ein Aufsichtsgremium bestand. Bei 33 % dieser Aufsichtsgremien handelte es sich um verpflichtende Aufsichtsräte, bei 22 % um freiwillige Aufsichtsräte und bei 45 % um Beiräte. In Bezug auf die Zusammensetzung dieser Gremien zeigte sich, dass 86 % der Organmitglieder Nicht-Familienmitglieder waren. Die Bearbeiter kamen zu dem Schluss, dass in Gesellschaften mit Fremdgeschäftsführern das Aufsichtsgremium – unter welches Aufsichtsräte und Beiräte gefasst wurden – primär der Kontrolle der Geschäftsleitung dient. In eigentümergeführten Unternehmen sei die eigentliche Rolle des Aufsichtsgremiums die eines Beraters.12 Eine zweite Studie13 befasste sich allein mit Aufsichtsgremien in Familienunternehmen. Dabei wurden nur Unternehmen, die nicht der Arbeitnehmermitbestimmung unterlagen, also keinen obligatorischen Aufsichtsrat einzurichten hatten, befragt. Über ein Aufsichts-, Beirats- oder ein sonstiges zusätzliches Gremium verfügten 41 % der befragten Unternehmen. Hierbei verfügten Familienunternehmen lediglich in 38 % der Fälle über ein solches Gremium, Nichtfamilienunternehmen in 62 % der Fälle. Einen fakultativen Aufsichtsrat richteten 59 % der Nichtfamilienunternehmen mit Aufsichtsgremium ein, Familienunternehmen nur in 27 % der Fälle. Einen Beirat richteten dagegen 61 % der Familienunternehmen mit Aufsichtsgremium ein, Nichtfamilienunternehmen in 30 % der Fälle.14 Diese zweite Studie ergab somit, dass in fast jedem fünftem der befragten Unternehmen ein fakultativer Aufsichtsrat eingerichtet wurde.

II. Gründe für die freiwillige Einrichtung eines Aufsichtsrats in der GmbH Die Rechtsform der GmbH ermöglicht aufgrund der umfassenden Satzungsautonomie im Innenverhältnis eine große Bandbreite an Gestaltungsformen. Als typisierte Erscheinungsform kommt zunächst die personalistische GmbH in Betracht. Die GmbH kann aber auch kapitalistisch ausgestaltet werden. Es gibt die Ein-Personen-GmbH, die Komplementär-GmbH – welche auch als Komplementärin einer Publikums-KG eingesetzt werden kann – allgemein der Einsatz der GmbH in einer Doppelgesellschaft, die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die Stif11

Becker/Ulrich, Aufsichtsräte und Beistände im Mittelstand, S. 61 ff. Becker/Ulrich, Aufsichtsräte und Beistände im Mittelstand, S. 107. 13 Studie des ifm Mannheim von Mai bis August 2010 zum Thema „Unternehmensführung und unternehmerische Verantwortung“, Ergebnisse zusammengefasst in Woywode/Keese/ Tänzler, ZGR 2012, 418, 434. Hierbei wurden 588 Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl zwischen 100 und 499 befragt. 85 % der befragten Unternehmen wurden in der Rechtsform der GmbH betrieben. 14 Vgl. Woywode/Keese/Tänzler, ZGR 2012, 418, 434 f. 12

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tungs-GmbH, die GmbH als Konzerngesellschaft, die GmbH als Familienunternehmen oder Teil eines Joint-Venture. Die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats kann je nach Ausgestaltung der GmbH eine sinnvolle Ergänzung der gesetzlich vorgesehenen Struktur darstellen. Daher sind auch die Gründe für die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats vielfältig. Grundsätzlich kommt die Einrichtung eines solchen immer dann in Betracht, wenn ein Bedürfnis nach Kontrolle der Geschäftsführung besteht. Ein solches Kontrollbedürfnis besteht insbesondere, wenn ein Fremdgeschäftsführer oder ein Mehrheitsgesellschafter als Geschäftsführer – der dann im Interesse der Minderheit zu kontrollieren ist15 – bestellt ist, weiter wenn eine große Anzahl von Gesellschaftern vorhanden ist, die infolge dessen nicht selbst zur effektiven Kontrolle in der Lage sind,16 bei fehlender fachlicher Qualifikation der Gesellschafter17 oder um einen Außeneinfluss zu ermöglichen, wie etwa durch die Besetzung des Aufsichtsrats mit Vertretern von Banken oder sonstigen einflussreichen Gläubigern. Der Konflikt zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern ist in offenen Publikumsgesellschaften prägend. In der Aktiengesellschaft bestehen in der Regel zwischen den Gesellschaftern und der Unternehmensleitung Informationsasymmetrien, Interessenunterschiede sowie ein Kontrolldefizit, welche es aufzulösen gilt.18 Die Anteilseigner tragen das unternehmerische Risiko, haben jedoch keinen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft.19 Dies führt zu Effizienzdefiziten der Gesellschaft.20 In der GmbH, als in der Regel personalistisch ausgestalteter Gesellschaftsform, sind hingegen oft sämtliche Gesellschafter zugleich als Geschäftsführer tätig. Ein Konflikt zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern besteht daher im Regelfall nicht.21 Auch sind die Gesellschafter einer GmbH aufgrund ihrer regelmäßig geringeren Anzahl oft besser als bei einer Publikumsgesellschaft in der Lage, ihre Interessen gegenüber der Geschäftsführung durchzusetzen.22 Konflikte sind zwar möglich – insbesondere bei „passiven“ Gesellschaftern –, aber nicht so ausgeprägt wie bei der Aktiengesellschaft, in der Aktionäre bei Streubesitz zu „rationaler Apathie“ neigen.23 Die Gesellschafter einer GmbH halten in der Regel größere 15 Der Schutz der Minderheit kann auch dann relevant werden, wenn zwar ein Fremdgeschäftsführer bestellt wurde, dieser aber im Lager der oder des Mehrheitsgesellschafter(s) steht. 16 Vgl. Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 3; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 45. 17 Vgl. Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 3. 18 Vgl. Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch Corporate Governance von Banken, S. 4; Becker/ Ulrich, Aufsichtsräte und Beistände im Mittelstand, S. 27; Witt, ZfB-Special Issue 2/2008, 1, 2. 19 Vgl. Wicke, ZGR 2012, 450, 456 f. 20 Vgl. Witt, ZfB-Special Issue 2/2008, 1, 2. 21 Vgl. Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 7; Weller, ZGR 2012, 386, 389. 22 Vgl. Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 7. 23 Vgl. Weller, ZGR 2012, 386, 391 f.

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Anteile und tendieren deshalb dazu, sich an den Angelegenheiten der Gesellschaft zu beteiligen.24 Die maßgeblichen Konflikte bestehen in der GmbH daher vielmehr meist zwischen den Gesellschaftern, im Regelfall zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern oder Gesellschaftergruppen, die sich neutralisieren. Hintergrund ist das im Kapitalgesellschaftsrecht grundsätzlich geltende Mehrheitsprinzip. Abgestimmt wird nicht nach Köpfen, sondern nach Beteiligung. Folge hiervon ist, dass nicht ein privatautonom, interessengerecht ausgehandeltes Ergebnis vorliegt, sondern die Mehrheit „bestimmen“ kann. Diese Macht der Mehrheitsgesellschafter muss begrenzt bzw. geordnet werden.25 Der Konflikt zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern kann durch entsprechende Ausgestaltung des Aufsichtsrats ausgeglichen werden. Das faktische Weisungsrecht der Mehrheitsgesellschafter kann durch Zwischenschaltung eines Aufsichtsrats begrenzt werden.26 Die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten machen die Stärke der Rechtsform der GmbH aus; dies muss im Folgenden bei der Bestimmung der Grenzen der Gestaltungsfreiheit, welche bei Errichtung und Ausgestaltung eines fakultativen Aufsichtsrats bestehen, im Auge behalten werden. Die Gestaltungsvielfalt sollte nicht durch eine zu rigide Einschränkung der Satzungsautonomie unterlaufen werden. Bei der Herausarbeitung allgemeingültiger Prinzipien ist daher zu bedenken, dass zwingende Regelungen sich für alle möglichen Gestaltungsvarianten von GmbHs eignen sollten. Die alleinige Orientierung am Regelfall der GmbH als personalistisch ausgestalteter Gesellschaft, mit einer geringen Anzahl von Gesellschafter, die nicht in einen Konzern eingebunden ist, erscheint zwar denkbar, würde jedoch die Gestaltungsvielfalt der GmbH, als deren besondere Stärke, erheblich einschränken. Hinsichtlich der Bandbreite möglicher Gestaltungen ist zudem stets das Spannungsverhältnis von Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter und Gläubigerschutz zu bedenken. Dieses Verhältnis ist – wie gezeigt werden wird – entscheidend für die Grenzen der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter.

III. Gang der Untersuchung Die Untersuchung der Grenzen der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter bei der Ausgestaltung eines fakultativen Aufsichtsrats beginnt zum besseren Verständnis der gesetzlichen Regelung zunächst mit einem kurzen historischen Überblick über die Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat in der GmbH. Anschließend wird, im zweiten Teil, der Frage nachzugehen sein nach der dogmatischen Einordnung der durch die gesetzlichen Regelungen gewährten Gestal24

Vgl. Weller, ZGR 2012, 386, 392. So Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 28. 26 Vgl. Weller, ZGR 2012, 386, 410. 25

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tungsfreiheit der Gesellschafter sowie der zu einer Beschränkung dieser Freiheit führenden Interessen. Im dritten Teil werden die prozeduralen Grenzen der Gestaltungsfreiheit untersucht. Dabei wird auf die formellen Anforderungen, die an die verschiedenen Möglichkeiten der Einrichtung eines Aufsichtsrats sowie dessen Auflösung zu stellen sind, eingegangen sowie anschließend auf die formellen Anforderungen an eine vom gesetzlichen Vorbild abweichende Ausgestaltung des Aufsichtsrats. Weiter werden die Folgen formeller Fehler bei Errichtung und Ausgestaltung aufgezeigt. Daran anschließend werden im vierten Teil dieser Arbeit die materiellen Schranken der durch § 52 GmbHG gewährten Dispositionsfreiheit beleuchtet und damit der Fragestellung nachgegangen, wodurch die materielle Ausgestaltungsfreiheit der Gesellschafter begrenzt wird. Dabei wird auf – geschriebene und ungeschriebene – Mechanismen der Beschränkung der Dispositionsfreiheit einzugehen sein. Neben der Frage der Beschränkung der Dispositionsfreiheit bereits aufgrund der Organstellung des Aufsichtsrats wird insbesondere auf die Beschränkung aufgrund zwingender gesetzlicher Kompetenzzuweisungen und der Regelungen zu obligatorisch einzurichtenden Aufsichtsgremien einzugehen sein. Der fünfte Teil dieser Arbeit beschäftigt sich sodann mit den Mindestanforderungen, die an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats durch die Gesellschafter zu stellen sind und damit mit den Grenzen der Wahlfreiheit der Gesellschafter hinsichtlich der Frage, ob diese ein Organ im Sinne des § 52 GmbHG oder lediglich ein sonstiges Organ einrichten, welches nicht den Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat unterfällt. Dabei wird etwa auf die Mindestkompetenzen eines fakultativen Aufsichtsrats einzugehen sein sowie auf die Probleme einer weisungsabhängigen Ausgestaltung, den Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder und die Problematik einer zwingenden Haftung. Im letzten Teil dieser Arbeit gilt es zu klären, welche Folgen sich aus einem Überschreiten der zuvor im vierten und fünften Teil erarbeiteten Grenzen der materiellen Gestaltungsfreiheit bei Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats ergeben. Er beendet die vorliegende Arbeit mit dem sich dabei stellenden Problem der funktionalen oder formalen Abgrenzung der Aufsichtsratseigenschaft sowie den Sanktionen im Fall fehlerhafter Bezeichnung und Ausgestaltung des Aufsichtsrats.

Erster Teil

Historische Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat Die historische Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat könnte ersten Aufschluss über das Gebilde „fakultativer Aufsichtsrat“ geben. Diese zeigt, dass zwar einerseits stets Unzufriedenheit mit der bestehenden Regelung zum Aufsichtsrat bestand, andererseits jedoch die gesetzliche Regelung den vielfachen Reformbestrebungen größtenteils widerstanden hat. Die Rechtsform der GmbH wurde vor dem Hintergrund der schwerfälligen Organisationsform der Aktiengesellschaft geschaffen; sie sollte sich durch die Möglichkeit der individuelleren Ausgestaltung besser den wirtschaftlichen Anforderungen anpassen können.1 Die neue Gesellschaftsform sollte eine Mittelstellung zwischen den individualistischen Personengesellschaften, insbesondere der offenen Handelsgesellschaft, und der kapitalistischen Aktiengesellschaft einnehmen.2 Aus diesem Grund wurde auch die Regelung zum fakultativen Aufsichtsrat im heutigen § 52 GmbHG geschaffen,3 die in ihrer ursprünglichen Konzeption bis heute weitgehend erhalten ist und lediglich in Bezug auf die Verweisungsnormen sukzessive an die Änderungen des Aktiengesetzes angepasst wurde.

A. Das Gesetz von 1892 Die gesetzliche Einführung der GmbH geht maßgeblich auf einen Vorschlag des Reichstagsabgeordneten Wilhelm Oechelhäuser aus dem Jahr 1884 zurück.4 Der Vorschlag umfasste acht Paragraphen, welche in das Handelsgesetzbuch eingefügt werden sollten, und verwies im Übrigen auf die Regelungen zur offenen Handelsgesellschaft. Die Regelungen betrafen vor allem das Grundkapital der Gesellschaft; 1

Vgl. Halitzki, Fakultativer Aufsichtsrat, 1932, S. 3; Schubert, Quaderni Fiorentini, Bd. 11/ 12 (1982/1983), S. 589, 590 (dort auch zu den Vorarbeiten zum GmbHG); MünchKommGmbHG/Fleischer, Einleitung Rn. 51 ff. 2 So die Stellungnahme Oechelhäusers in der Gesetzesberatung, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, Bd. 119, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, 6. Band, Aktenstücknr. 660, 177. Sitzung, S. 4304. 3 So Halitzki, Fakultativer Aufsichtsrat, 1932, S. 4. 4 Hierzu Schubert, Quaderni Fiorentini, Bd. 11/12 (1982/1983), S. 589, 594 ff.; Koberg, Die Entstehung der GmbH, S. 39 ff.; MünchKommGmbHG/Fleischer, Einleitung Rn. 55.

A. Das Gesetz von 1892

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eine spezielle Regelung der Organe wurde nicht aufgenommen.5 Bereits der Entwurf des Reichsjustizamtes6 aus dem Jahr 1891 enthielt aber in § 53 eine Regelung zur fakultativen Errichtung eines Aufsichtsrats. Diese lautete: „Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrath zu bestellen, so finden auf denselben, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist, die für den Aufsichtsrath einer Aktiengesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.“

Zwar kam in der Beratung im Bundesrat der Vorschlag auf, den Aufsichtsrat obligatorisch auszugestalten; dieser fand jedoch keine Unterstützung.7 Bereits in der anschließenden Reichstagsvorlage findet sich ein anderer Wortlaut; der pauschale Verweis auf das Aktienrecht wurde durch eine konkrete Verweisung auf die Art. 224 bis 226 Abs. 1 ADHGBersetzt.8 Nach den Beratungen im Reichstag wurde die entsprechende Regelung des Entwurfs zur fakultativen Errichtung des Aufsichtsrats unverändert in das GmbHG von 1892 übernommen. § 53 GmbHG a.F. lautete zu diesem Zeitpunkt9: „Ist nach dem Gesellschaftsvertrage ein Aufsichtsrath zu bestellen, so finden auf denselben, soweit nicht im Gesellschaftsvertrage ein Anderes bestimmt ist, die für den Aufsichtsrath einer Aktiengesellschaft nach den Artikeln 224 bis 226 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs 5 Der Vorschlag Oechelhäusers ist abgedruckt bei: Schubert, Quaderni Fiorentini, Bd. 11/ 12 (1982/1983), S. 589, 595 ff. sowie MünchKommGmbHG/Fleischer, Einleitung Rn. 55. 6 Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, Amtliche Ausgabe, 1891. 7 Vgl. zu diesem Vorschlag Hessens, Schubert, Quaderni Fiorentini, Bd. 11/12 (1982/1983), S. 589, 621; Koberg, Die Entstehung der GmbH, S. 163. 8 Gesetzesentwurf, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktenstück Nr. 660, Verhandlungen des Reichstages, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, Bd. 125, S. 3715, 3720. Eine Begründung hierzu findet sich in den Gesetzgebungsmaterialien nicht, vgl. hierzu die anschließenden Gesetzesberatungen: Protokolle der 177., 189. und 199. Sitzung, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, 6. Band, Aktenstücknr. 660, Bd. 119, S. 4303 ff., Bd. 120, S. 4878 f., 4881 ff. sowie Thiessen, ZGR 2011, 275, 279 f., mit dem Hinweis, dass sich auch aus den ungedruckten Materialien keine Erklärung ergebe. 9 Die Regelung wurde durch das Gesetz, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in der vom 1. Januar 1900 an geltenden Fassung vom 20. 05. 1989, RGBl. 1898, Nr. 25, S. 846 ff., in § 52 GmbHG überführt. Dieser lautete: „Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so finden auf denselben, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist, die für den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nach §§ 243 Absatz 1, 2, 4, §§ 244 bis 248 und § 249 Absatz 1, 2 des Handelsgesetzbuchs geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren.“ Die entsprechende Änderung des Normtextes in § 53 GmbHG a.F. erfolgte bereits zum 01. 01. 1989 durch Art. 11 Nr. XII EGHGB, RGBl. 1987, S. 437, 445, abgedruckt bei Schubert/ Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB 1897, Bd. I, 1986, S. 842, durch welche eine Anpassung der Verweise an die Änderungen durch das reformierte HGB von 1897 erfolgte. Dabei wurden die Worte „nach den Artikeln 224 bis 226 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs“ ersetzt durch die Worte: „nach §. 243 Absatz 1, 2, 4, §§. 244 bis 248 und §. 249 Absatz 1, 2 des Handelsgesetzbuchs“; vgl. dazu auch Thiessen, ZGR 2011, 275, 280.

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1. Teil: Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsraths wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren.“10

Die lediglich fakultative Einführung des Aufsichtsrats wurde damit begründet, dass es im Fall eines besonders umfangreichen Gesellschafterkreises dem Gesellschaftsvertrag überlassen sein sollte, die notwendigen Ergänzungen und Modifikationen vorzunehmen.11 Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass – anders als in der Aktiengesellschaft – die GmbH nicht auf Beteiligung eines großen Publikums angelegt sei und die Beteiligten daher selbst in der Lage seien, ihre Interessen zu schützen.12 In der Folge kam bald die Frage nach einer Reform des GmbHG auf.13 So wurde auf dem 31. Deutschen Juristentag 1912 in Wien auch die Einführung eines obligatorischen Aufsichtsrats, nach dem Vorbild der österreichischen Regelung, angeregt.14 Das österreichische Gesetz von 190615 schrieb für Gesellschaften mit einem Stammkapital von über einer Million Kronen und mehr als 50 Gesellschaftern einen obligatorischen Aufsichtsrat vor.16 In allen anderen Fällen konnte fakultativ ein Aufsichtsrat eingerichtet werden.17 Die Übernahme dieser Regelung stieß allerdings in der Literatur weitgehend auf Ablehnung. Gegen die obligatorische Einführung eines Aufsichtsrats führte insbesondere Liebmann dessen fehlende Eignung zur effektiven Kontrolle der Gesellschaft an, was sich daran zeige, dass dieser auch schon bisher in der Praxis zu einer bloßen „Verzierung“ herabgestuft worden sei.18 Zudem hätte ein Aufsichtsrat in erster Linie die Interessen der Gesellschafter zu vertreten, seine Haftung käme daher den Gläubigern auch nur indirekt zugute. Zudem müssten die Aufsichtsräte mit externen Dritten besetzt werden, die die Gesellschaft nicht kennen würden; insbesondere bei kleineren GmbHs sei aber jeder Gesellschafter selbst „der beste Aufsichtsrat“. Die Gesellschafter könnten daher selbst am besten beurteilen, ob sie einen Aufsichtsrat benötigen.19 Auch die Interessen der Gläubiger verlangten nicht nach einem Aufsichtsrat; wäre dies der Fall, müsste man den Aufsichtsrat für alle Ge10

RGBl. 1892, S. 477, 491. So die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, Amtliche Ausgabe, 1891, S. 46. 12 Vgl. Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, Amtliche Ausgabe, 1891, S. 45. 13 Zu den entsprechenden Bemühungen: Liebmann, DJZ Bd. 15 (1910), Sp. 675. 14 Neukamp, Verhandlungen des 31. Deutschen Juristentages, 1912, S. 221, 227; Pitreich, Verhandlungen des 31. Deutschen Juristentages, 1912, S. 314, 321 f. 15 Gesetz vom 06. 03. 1906 über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RBl. 58/1906. Die Regelungen zum Aufsichtsrat fanden sich in den §§ 28 – 33 öGmbHG. 16 § 28 Abs. 1 öGmbHG. 17 § 28 Abs. 2 öGmbHG. 18 So Liebmann, DJZ Bd. 15 (1910), Sp. 675, 680; ders., ZHR 73 (1913), 1, 16. 19 Liebmann, DJZ Bd. 15 (1910), Sp. 675, 680. 11

A. Das Gesetz von 1892

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sellschaften zwingend einführen, da sich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht in den Grenzen des Stammkapitals bewegen müssten oder sich nach der Anzahl der Gesellschafter orientierten.20 Gegen eine Übernahme der österreichischen Regelung wurde weiter vorgebracht, dass diese in jedem Fall nur eine sehr geringe Anzahl von Gesellschaften treffen werde.21 Hachenburg hingegen stand der Übernahme der österreichischen Regelungen weniger ablehnend gegenüber. Unter der Prämisse, dass, wie es im österreichischen Recht der Fall war (und ist), die Errichtung eines Aufsichtsrats im Interesse der Gesellschafter, aber auch der Gläubiger dann geboten sei, wenn die Gesellschafter nicht selbst zur Kontrolle in der Lage seien, plädierte er dafür, die Einsetzung eines Aufsichtsrats zu erleichtern. Zwar war auch er der Auffassung, dass sich das Bedürfnis nach Kontrolle durch einen Aufsichtsrat nicht an starren Grenzen des Stammkapitals oder der Gesellschafterzahl festmachen lasse. Er sprach sich daher dafür aus, das Beschlussquorum für die Errichtung eines Aufsichtsrats herabzusetzen und dessen Einsetzung als Minderheitenrecht auszugestalten, für welche die Stimmen von fünf oder zehn Gesellschaftern ausreichen sollten, sofern diese zehn Prozent des Stammkapitals hielten, so dass die fakultative Einrichtung eines Aufsichtsrats nicht von einzelnen Gesellschaftern, die keine Kontrolle wünschten, vereitelt werden könne.22 Gegen diesen Vorschlag wurde eingewandt, dass ein solcher Aufsichtsrat erst dann zu einer effektiven Kontrolle der Mehrheit führen könne, wenn man der Minderheit zudem ein Recht auf Vertretung im Aufsichtsrat und jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied zur Kontrolle ermächtigen würde. Dies ginge aber bei der in der Regel kleinen Anzahl von Gesellschaftern zu weit; ein solcher Aufsichtsrat könne leicht zu Schikanen ausgenutzt werden.23 Auch in den folgenden Jahren gab es Bestrebungen zur Neuregelung des Aufsichtsrats sowie allgemein zur Kontrolle der Gesellschafter. Dabei wurde insbesondere die rudimentäre und weitgehend dispositive gesetzliche Regelung zum Aufsichtsrat als verbesserungswürdig angesehen.24 Insbesondere wurde bezweifelt, ob die freie Entscheidung der Gesellschafter über Errichtung und Beseitigung des Aufsichtsrats gesetzgeberisch richtig sei.25 So wurde, vor dem Hintergrund der häufig fehlenden Solidität der GmbH,26 etwa befürwortet, im Interesse der Gläubiger 20

Liebmann, ZHR 73 (1913), 1, 17, insb. Fn. 30. So Fränkel, Die GmbH, 1915, S. 281; Liebmann, ZHR 73 (1913), 1, 17: Im Jahr 1909 hätten nur 464 von 16508 GmbHs ein Stammkapital von über 1 Million Mark gehabt; mehrere dieser Gesellschaften hätten zudem eine sehr geringe Anzahl an Gesellschafter. 22 So Gutachten Hachenburg, Verhandlungen der europäischen Wirtschaftskonferenz 1914, S. 427, 482. 23 Vgl. Fränkel, Die GmbH, 1915, S. 281. 24 So etwa Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 5: „Es wäre besser gewesen, ein Hilfsrecht zu schaffen, das der Eigenart der GmbHG besser angepasst ist.“ 25 Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 557. 26 Dazu etwa Klausing, G.m.b.H.-Gesetz, 2. Aufl. 1934, Einleitung, S. 49; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 26 f.; Crisolli, NS-Handbuch, 1934, S. 1155. 21

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1. Teil: Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat

eine Neuregelung der Bilanz- und Rechnungslegungspublizität vorzunehmen. Aber auch an die Einführung eines Konzessionssystems und einer staatlichen Überwachung wurde gedacht.27 Letztere wurde dann aber mit der Begründung verworfen, dass die Einführung einer fakultativen, staatlichen „Pflichtrevision“ genügen könne, da zu erwarten sei, dass „der Druck der Kreditgeber und der öffentlichen Meinung von selbst zu einer durchgängigen Anwendung dieser Kontrolle führen werde“; auch wurde das Mittel der Publizität zum Schutz der Gläubiger als eines der besten Mittel zum Schutz zur Bekämpfung unlauterer Geschäfte angesehen.28 Neben zahlreichen Reformbestrebungen in der Literatur29 ging auch der Gesetzgeber von der Korrekturbedürftigkeit der Regelung zum fakultativen Aufsichtsrat aus, wie die zahlreichen Versuche, die Regelungen zum Aufsichtsrat zu reformieren, belegen.

B. Die Ausschussarbeiten von 1937 – 1939 Zwar konzentrierte sich in der Weimarer Republik die kapitalgesellschaftsrechtliche Reformdiskussion zunächst auf die Aktiengesellschaft.30 Erst nach Erlass des Aktiengesetzes 1937 wurde von der Akademie für deutsches Recht ein Ausschuss für GmbH-Recht eingesetzt, welcher bis 1939 tagte.31 Bereits in dessen erster Ausschusssitzung32 kam erneut das Verlangen nach einem Pflichtaufsichtsrat auf. So wurde vorgeschlagen, dass alle GmbHs mit Ausnahme von Einmann- und Familiengesellschaften einen Aufsichtsrat analog dem aktienrechtlichen Aufsichtsrat einzurichten haben.33 Dies war aber nicht unumstritten. So finden sich auch kritische Stimmen zur zwingenden Einsetzung eines Aufsichtsrats. Gegen den Vorschlag eines Pflichtaufsichtsrats ab einer bestimmten Höhe des Stammkapitals wurde etwa eingewandt, dass auch eine Gesellschaft mit hohem Stammkapital aus wenigen Gesellschaftern bestehen könne. Auch die Anknüpfung an die Zahl der Gesellschafter wurde kritisiert. Bei Familiengesellschaften mit vielen Gesellschaftern könne ebenfalls eine einheitliche Zusammensetzung der Gesellschafterversammlung be27

So etwa Crisolli, NS-Handbuch, 1934, S. 1155, 1157. Klausing, G.m.b.H.-Gesetz, 2. Aufl. 1934, Einleitung, S. 54 f. 29 Vgl. die zahlreichen Nachweise bei Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 26 Fn. 119. 30 Vgl. Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, Einleitung, S. VII. 31 Vgl. Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, Einleitung, S. XI f.; MünchKommGmbHG/Fleischer, Einleitung Rn. 91 ff. 32 Erste Sitzung des Ausschuss vom 08. und 09. Juni 1937. 33 So die Wortmeldung von v. Eichborn, Bericht über die erste Sitzung des Ausschusses, S. 35, in: Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, S. 85. 28

C. Der Entwurf von 1939

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stehen, sodass keine Notwendigkeit bestünde, gegen deren Willen einen Aufsichtsrat einzusetzen.34 Andere sprachen sich zwar für eine weiterhin rein fakultative Errichtung des Aufsichtsrats aus, wollten aber dann dessen Ausgestaltung entsprechend dem Aktienrecht zwingend vorschreiben, wobei vor allem das Argument des Verkehrsschutzes vorgebracht wurde. So findet sich insbesondere das Argument, dass durch die Errichtung eines Organs mit der Bezeichnung Aufsichtsrat kein „falscher Schein“ erweckt werden dürfe.35 Explizite Vorschläge zum Umfang der zwingend anzuwendenden Regelungen finden sich insbesondere für den Bereich der Haftung der Aufsichtsratsmitglieder. Diese sollte nicht mehr durch die Satzung abbedungen werden können.36 Dasselbe sollte in Hinblick auf die Verkehrserwartung auch für die Pflicht zur Prüfung der Bilanz gelten.37 Vor dem Hintergrund des Verkehrsschutzes wurde aber auch vertreten, die Regelungen noch weitgehender zwingend auszugestalten, mit dem Argument, dass der Rechtsverkehr, wenn er erfahre, dass die Gesellschaft einen Aufsichtsrat habe, mit Recht davon ausgehen könne, dass dieser entsprechend einem aktienrechtlichen Aufsichtsrat ausgestaltet sei, sodass dieser dieselbe „Funktionen“ und „Verantwortlichkeit“ wie ein Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft haben solle.38

C. Der Entwurf von 1939 Nach Abschluss der Ausschussarbeiten stellte das Reichsministerium 1939 einen „Entwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung“39 auf, der allerdings nach Kriegsbeginn nicht mehr weiterverfolgt wurde und daher auch nicht Gesetz wurde.40 34 Ebbecke, Bericht über die fünfte Sitzung des Ausschusses, S. 9, in: Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.Recht, S. 341. 35 Quassowski, Bericht über die fünfte Sitzung des Ausschusses, S. 12, in: Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, S. 344. 36 Ebbecke, Bericht über die fünfte Sitzung des Ausschusses, S. 13 und Quassowski, Bericht über die fünfte Sitzung des Ausschusses, S. 31 und S. 33, in: Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, S. 345, 363 und S. 365. 37 Quassowski, Bericht über die fünfte Sitzung des Ausschusses, S. 33, in: Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, S. 365. 38 Friedrich, Bericht über die fünfte Sitzung des Ausschusses, S. 37, in: Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, S. 369. 39 Abgedruckt bei Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 94 ff. 40 Dazu Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, Einleitung, S. XIII.

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1. Teil: Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat

Dieser Entwurf enthielt eine Verschärfung der Regelungen zum Aufsichtsrat. § 71 bis § 75 des Entwurfs enthielten eine umfassende Regelung zum Aufsichtsrat. Zwar war dieser weiterhin als fakultatives Organ vorgesehen.41 Von der zwingenden Einsetzung eines Aufsichtsrats wurde abgesehen, um die Organisation der GmbHG weiterhin möglichst einfach zu halten. Zudem lag dem Entwurf die Vorstellung zugrunde, dass auch aus Gesichtspunkten des Gläubigerschutzes kein zwingendes Bedürfnis hierfür bestehe, zumal die Gesellschafter einer GmbH einer erhöhten Verantwortlichkeit unterlägen.42 Jedoch waren nach dem Wortlaut nur die Regelungen zur Zusammensetzung, Einberufung, inneren Ordnung sowie zur Bestellung und Abberufung frei durch den Gesellschaftsvertrag regelbar.43 Die Aufgaben des Aufsichtsrats waren in § 73 Abs. 1 des Entwurfs demgegenüber festgeschrieben, ohne dass das Gesetz eine abweichende Regelung durch den Gesellschaftsvertrag gestattete. In der Begründung des Entwurfs wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung zwingender Natur sei; wenn die Gesellschaft einen Aufsichtsrat bestellt habe, dürften sich alle, die mit der Gesellschaft in Verbindung stünden, darauf verlassen, dass der Aufsichtsrat – gemäß seiner Bezeichnung – beaufsichtige.44 Der Aufsichtsrat hatte nach dem Entwurf die Geschäftsführung zu überwachen und ihm standen ein Informationsrecht gegenüber den Geschäftsführern sowie ein Einsichtsrecht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zu. Nach § 73 Abs. 2 des Entwurfs konnten dem Aufsichtsrat weitere Aufgaben übertragen und ihm auch Angelegenheiten zugewiesen werden, die grundsätzlich der Beschlussfassung der Gesellschafter bedurften. Die Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder war in § 74 des Entwurfs geregelt, der pauschal und ohne Einschränkungen auf die in § 64 des Entwurfs45 geregelte Haftung des Geschäftsführers verwies und ebenfalls nicht abdingbar sein sollte.46 41 § 71 Abs. 1 des Entwurfs: „Der Gesellschaftsvertrag kann die Bestellung eines Aufsichtsrats vorsehen.“, abgedruckt bei Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 113. 42 So der Entwurf einer amtlichen Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in: Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 147, 176. 43 § 71 Abs. 2 des Entwurfs: „Zusammensetzung, Einberufung und innere Ordnung des Aufsichtsrats sowie Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Aufsichtsrats regelt der Gesellschaftsvertrag.“, abgedruckt bei Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 113. 44 Entwurf einer amtlichen Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in: Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 147, 176 f. 45 § 64 GmbHG-E 1939, abgedruckt in: Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 110 f., entspricht weitgehend dem heutigen § 93 AktG und damit der Haftung des Vorstands in der Aktiengesellschaft, insbesondere fanden sich den Anforderungen des § 93 Abs. 3 – 6 AktG entsprechende Regelungen. 46 Entwurf einer amtlichen Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in: Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 147, 177.

D. Der Referentenentwurf von 1969

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D. Der Referentenentwurf von 1969 Am 28. 10. 1958 setzte das Bundesjustizministerium vor dem Hintergrund des Referentenentwurfs zum Aktiengesetz aus dem Jahr 1958 eine Sachverständigenkommission zur Reform des GmbH-Rechts ein.47 Auch diesmal ergaben die Beratungen, dass die Regelungen zum Aufsichtsrat im GmbHG neu und eigenständig, also ohne Verweis auf das Aktienrecht, sowie getrennt nach fakultativem und obligatorischem Aufsichtsrat gefasst werden sollten.48 Der Referentenentwurf zum GmbHG49 enthielt insgesamt 304 Paragraphen; die Regelung zum Aufsichtsrat waren in den §§ 89 – 125 GmbHG-RefE enthalten. Hintergrund der ausführlichen Regelung war, die bisherige, als verworren empfundene Verweisungstechnik des § 52 GmbHG aufzulösen sowie die mitbestimmungsrechtlichen Verweisungsnormen entbehrlich zu machen und eine eigenständige Regelung im GmbHG vorzunehmen, welche sich inhaltlich an die aktienrechtlichen Regelungen anlehnte.50 Es war ein zweigliedriges Aufsichtsratssystem vorgesehen. So war bei Gesellschaften mit maximal zwanzig Gesellschaftern die Einrichtung eines Aufsichtsrats weiterhin fakultativ. Bei mehr Gesellschaftern sollte hingegen zwingend ein Aufsichtsrat einzurichten sein.51 Die Einführung eines obligatorischen Aufsichtsrats ab einer bestimmen Gesellschafterzahl wurde damit begründet, dass „das Funktionieren der vorhandenen Gesellschaftsorgane“ in diesem Fall nicht mehr gewährleistet sei; die Gesellschafter seien in diesem Fall selbst nicht mehr in der Lage, die Überwachung der Geschäftsführung wirkungsvoll durchzuführen.52 Wie auch im Entwurf von 1939 wiesen die Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat diesem zwingend die Pflicht zur Überwachung der Geschäftsführung zu. Dabei sollte, unabhängig von der Bezeichnung, jedes Organ mit Überwachungsaufgaben Aufsichtsrat im Sinne der §§ 96 ff. GmbHG-RefE sein; ohne solche Überwachungsaufgaben läge, unabhängig von der Bezeichnung als „Aufsichtsrat“, kein solches Organ vor.53 Auch die Regelungen zu den persönlichen Voraussetzungen 47

Dazu Schubert, Quellen zur GmbH-Reform von 1958 bis zum GmbH-Änderungsgesetz von 1980, 2011, Einleitung, S. XVIII f. 48 Dazu Schubert, Quellen zur GmbH-Reform von 1958 bis zum GmbH-Änderungsgesetz von 1980, 2011, S. 25. 49 Abgedruckt in: Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969. 50 So die Begründung des RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 248. 51 § 89 Abs. 2 GmbHG-RefE, abgedruckt bei: Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 39. 52 Begründung zu § 89 GmbHG-RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 249. 53 Begr. zum Unterabschnitt „Aufgrund des Gesellschaftsvertrags zu bildender Aufsichtsrat“ des Referentenentwurfs, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 254.

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1. Teil: Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat

der Aufsichtsratsmitglieder in § 97 Abs. 1 GmbHG-RefE54 sollten zwingender Natur sein, da diese von so elementarer Bedeutung seien, dass sie nicht zur Disposition gestellt werden könnten.55 Auch die in § 97 Abs. 2 GmbHG-RefE56 niedergelegten Beschränkungen, welche den heutigen § 101 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AktG entsprechen, sollten zwingender Natur sein, denn nur so könne ein Aufsichtsratsmitglied seine Aufgaben sachgerecht wahrnehmen.57 Für die zwingende Natur der dem heutigen § 101 Abs. 2 Nr. 2 AktG entsprechenden Regelung wurde zudem angeführt, dass ansonsten eine Regelung ermöglicht würde, die dem natürlichen Organisationsgefälle im Konzern widerspreche.58 Die Regelung zur Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in Geschäftsführung und Aufsichtsrat wurde mangels Vereinbarkeit der Aufgabenkreise ebenfalls zwingend ausgestaltet.59 Auch die Überwachungsaufgabe wurde dem fakultativen Aufsichtsrat in § 105 GmbHG-RefE zwingend zugewiesen. Die nach dem Wortlaut der bisherigen Regelung dispositive Überwachungspflicht führe dazu, dass dem Gesetz nicht klar zu entnehmen sei, wann ein Aufsichtsrat und wann ein sonstiges fakultatives Organ vorliege.60 Jedes Überwachungsorgan sollte daher unabhängig von seiner Bezeichnung Aufsichtsrat im Sinne des Gesetzentwurfs sein.61 Auch die Regelungen zur Haftung und den Sorgfaltspflichten waren zwingend ausgestaltet, da die Frage der Haftung nicht den Gesellschaftern überlassen werden könne; sie sei auch eine Frage des Minderheiten- und Gläubigerschutzes.62 Es finden sich zahlreiche weitere zwingend ausgestaltete Regelungen. So enthält § 102 GmbHG-RefE die zwingende Verpflichtung der Anzeige über die Personen der Aufsichtsratsmitglieder. § 104 GmbHG-RefE regelt die Einberufung des Aufsichtsrats in Anlehnung an § 110 AktG. Hierbei stand das Recht zur Einberufung den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern und den Geschäftsführern zwingend zu. 54 § 97 Abs. 1 GmbHG-RefE: „Mitglied des Aufsichtsrats kann nur eine natürliche unbeschränkt geschäftsfähige Person sein.“, abgedruckt bei: Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 43. 55 Begr. des § 97 GmbHG-RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 254. 56 § 97 Abs. 2 GmbHG-RefE: „Mitglied des Aufsichtsrats kann nicht sein, wer 1. gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens ist oder 2. gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft ist, deren Aufsichtsrat ein Geschäftsführer der Gesellschaft angehört.“ 57 Begr. des § 97 GmbHG-RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 255. 58 Begr. des § 97 GmbHG-RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 255. 59 Begr. des § 101 GmbHG-RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 260. 60 Begr. des § 105 GmbHG-RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 263 f. 61 Begr. des § 105 GmbHG-RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 264. 62 Begr. des § 108 GmbHG-RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 267.

D. Der Referentenentwurf von 1969

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Die Reaktion auf die geplante Einführung eines obligatorischen Aufsichtsrats für Gesellschaften mit einer bestimmen Gesellschafterzahl war weitgehend ablehnend.63 Die Kritik richtete sich dabei auch gegen die Grenze von zwanzig Gesellschaftern für die zwingende Bildung eines Aufsichtsrats.64 Insbesondere in Familiengesellschaften in zweiter oder dritter Generation werde schnell eine entsprechende Gesellschafterzahl erreicht.65 Auch die Annahme, dass ab dieser Anzahl von Gesellschaftern diese die Kontrollfunktion nicht mehr effektiv wahrnehmen könnten und daher eines besonderen Schutzes bedürften, wurde kritisiert, zumal bei Gesellschaften mit mehr als zwanzig Gesellschaftern die meisten Gesellschafter in der Regel nur sehr geringe Kapitalanteile hielten und der Großteil des Stammkapitals bei einem Mehrheitsgesellschafter läge, die Minderheitsgesellschafter aber durch ihr Informationsrecht ausreichend geschützt seien.66 Da zudem die Minderheiten in der Regel keinen Sitz im Aufsichtsrat erhielten, sei der Aufsichtsrat sowieso nicht in der Lage, den Minderheitenschutz zu gewährleisten.67 Es wurde ausdrücklich betont, dass durch die Reform die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter unberührt bleiben sollte und die Gesellschafter es selbst in der Hand haben sollen, für ihren Schutz zu sorgen.68 Durch die mitbestimmungsrechtlichen Regelungen werde zudem bereits hinreichend gewährleistet, dass mittlere und große Unternehmen zwingend einen Aufsichtsrat einzurichten hätten.69

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So Mertens, Die Verfassung der GmbH, in: Wiethölter/Ulmer, Probleme der GmbHReform, S. 96, 102; Lehmann, ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die GmbH, S. 64; Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstags zum RefE, S. 48 ff.; Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins zum RefE, S. 39; Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Selbstständiger Unternehmer e.V. zum RefE, S. 8, 17; Denkschrift der Deutschen Gesellschaft für Betriebswirtschaft zum RefE, S. 9; Stellungnahme des Deutschen wissenschaftlichen Instituts der Steuerbevollmächtigten e.V. zu 89 Abs. 2 RefE; Centrale für GmbH, GmbHR 1969, 95, 96; Fleddermann, GmbHR 1969, 97, 99. 64 Vgl. Mertens, Die Verfassung der GmbH, in: Wiethölter/Ulmer, Probleme der GmbHReform, S. 96, 102 (zwischen der Gesellschafterzahl und der Unternehmensgröße bestehe keine sichere Korrelation); Lehmann, Ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die GmbH, S. 64; Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstags zum RefE, S. 48 f.; Fleddermann, GmbHR 1969, 97, 99; Kreifels, Diskussionsbeitrag zum Referat von Mertens, Die Verfassung der GmbH, in: Wiethölter/Ulmer, Probleme der GmbH-Reform, S. 236. 65 So die Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstag zum RefE, S. 48; Fleddermann, GmbHR 1969, 97, 99; Kreifels, Diskussionsbeitrag zum Referat von Mertens, Die Verfassung der GmbH, in: Wiethölter/Ulmer, Probleme der GmbH-Reform, S. 236. 66 Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstags zum RefE, S. 48 f. 67 Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins zum RefE, S. 39. 68 Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstags zum RefE, S. 50; Kreifels, Diskussionsbeitrag zum Referat von Mertens, Die Verfassung der GmbH, in: Wiethölter/Ulmer, Probleme der GmbH-Reform, S. 236. 69 Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins zum RefE, S. 39.

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1. Teil: Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat

E. Der Gesetzesentwurf von 1971/1972 Zwar wurde ein auf dem Referentenentwurf von 1969 basierender Gesetzesentwurf70 zweimal in den Bundestag eingebracht; dessen Umsetzung fand jedoch wegen „anderer vordringlicher Vorhaben“ nicht statt.71 In diesem nicht Gesetz gewordenen Entwurf findet sich die im Referentenentwurf enthaltene Regelung eines obligatorischen Aufsichtsrats bei mehr als 20 Gesellschaftern nicht mehr. Dies wurde damit begründet, dass im „Hinblick auf die Struktur der Gesellschaft mit beschränkter Haftung […] ihre Gesellschafter im allgemeinen selbst in der Lage [seien] und auf Grund ihrer besonderen Verantwortlichkeit, die sich namentlich aus den Vorschriften über ihre Gesamthaftung [ergebe], auch im eigenen Interesse gehalten [seien], die Überwachung der Geschäftsführer selbst auszuüben.“72 Hinsichtlich der Ausgestaltung des Aufsichtsrats findet sich hingegen kein Verweis mehr auf das Aktienrecht, sondern detaillierte Regelungen, welche weitgehend den Regelungen des Entwurfs von 1969 entsprachen, insbesondere sollte dem Aufsichtsrat zwingend die Überwachung der Geschäftsführung zustehen.73 Im Gesetzestext wurde ausdrücklich klargestellt, dass ein nach dem Gesellschaftsvertrag zu bildendes Gesellschaftsorgan ohne Rücksicht auf seine Bezeichnung ein Aufsichtsrat sei, wenn es nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung zu überwachen habe.74 Die Begründung hierzu weist darauf hin, dass durch die Normierung lediglich bestehende Unklarheiten ausgeräumt werden sollen.75 Man ging daher davon aus, dass sich auch nach bisherigem Recht die Einordnung als Aufsichtsrat allein an der Ausgestaltung des Organs und nicht an dessen Bezeichnung auszurichten habe.

F. Die GmbH-Novelle 1980 In der GmbHG-Novelle von 1980 wurde § 52 GmbHG nicht novelliert. In den zugrundeliegenden Gesetzgebungsmaterialien findet sich der Hinweis, dass mit der Novelle lediglich „dringliche Änderungen“ des Rechts der GmbH vorgenommen werden sollten.76 Eine Reform der Regelung zum fakultativen Aufsichtsrat wurde somit jedenfalls nicht als dringlich angesehen. 70

Regierungsentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), BT-Drucks. VI/3088 sowie unverändert BT-Drucks. 7/253. 71 So die Begr. im RegE eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 8/1347, S. 27. 72 So die Begr. im RegE, BT-Drucks. VI/3088, S. 145. 73 §§ 98 – 110 GmbHG-RegE. 74 § 91 Abs. 1 S. 2 GmbHG-RegE. 75 So die Begr. im RegE, BT-Drucks. VI/3088, S. 145. 76 So die Begr. in BT-Drucks. 8/1347, S. 27.

G. Sonstige Änderungen der Regelungen zum Aufsichtsrat

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G. Sonstige Änderungen der Regelungen zum Aufsichtsrat Auch in der Folgezeit fanden keine grundlegenden Änderungen des § 52 Abs. 1 GmbHG statt, sondern nur die Anpassung der Verweisungskette an die Änderungen der aktienrechtlichen Bestimmungen. So wurde im Jahr 1965 § 52 Abs. 1 GmbHG durch § 32 EGAktG77 mit dem Zweck neu gefasst, Zweifel über die Reichweite der Verweisung auszuräumen, da in der bisherigen Fassung noch auf die alten Vorschriften des Handelsgesetzes verwiesen wurde, welche bereits mit dem Aktiengesetz von 193778 in das Aktiengesetz überführt worden waren.79 Durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz80 vom 19. 12. 1985 wurde, zur Sicherstellung der pflichtgemäßen Überwachung der Geschäftsführer durch den Aufsichtsrat,81 die Verweisungskette um die §§ 170, 171, 337 AktG erweitert. Dabei wurde der Verweis auf § 337 AktG, infolge der Aufhebung der betreffenden Norm im Jahr 2002 durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz82, durch das Bilanzrechtsreformgesetz83 im Jahr 2004 auch in § 52 Abs. 1 GmbHG gestrichen. Durch das VorstAG84 wurde der Verweis auf § 93 AktG präzisiert, indem nur noch auf dessen Abs. 1 S. 1 und 2 und nicht auf den neu eingeführten S. 3 verwiesen wurde, welcher den Selbstbehalt in der D&O-Versicherung betrifft. Der Selbstbehalt sollte nach Auffassung des Rechtsausschusses nur für den Vorstand zwingend bestehen; für den Aufsichtsrat sollte dies dem Corporate Governance Kodex überlassen bleiben,85 welcher nicht auf die GmbH anwendbar ist.86 Durch die Aktienrechtsnovelle 201687 wurde der Verweis auf §§ 394 f. AktG und damit die Regelungen zur Begrenzung der Verschwiegenheit der Aufsichtsratsmitglieder bei Beteiligung der öffentlichen Hand in die Verweisungskette des § 52 Abs. 1 GmbHG aufgenommen. Durch das Abschlussprüfungsre-

77

Gesetz v. 06. 09. 1965, BGBl. I S. 1185. EGAktG v. 30. 01. 1937, RGBl. I S. 107. 79 Begr. RegE zu § 32 EGAktG 1965, zitiert nach Kropff/Thölke, AktG 1965, S. 544; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 4. 80 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (BiRiLiG) v. 19. 12. 1985, BGBl. I S. 2355 – 2433. 81 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 4. 82 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) v. 19. 07. 2002, BGBl. I S. 2681. 83 Gesetz v. 04. 12. 2004, BGBl. I S. 3166. 84 Gesetz v. 31. 07. 2009, BGBl. I S. 2509. 85 Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433, S. 11 f. 86 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 4. 87 Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) v. 22. 12. 2015, BGBl. I S. 2565. 78

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1. Teil: Entwicklung der Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat

formgesetz88 vom 10. 05. 2016 wurde der Verweis auf § 107 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG in § 52 Abs. 1 AktG eingeführt. Durch das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24. 04. 201589 wurde ein neuer Absatz 2 in § 52 GmbHG eingefügt. Die neu eingeführte Regelung zum Frauenanteil im Aufsichtsrat betrifft allerdings nur den Aufsichtsrat einer GmbH die dem Mitbestimmungsrecht unterfällt und hat für den fakultativen Aufsichtsrat keinerlei Relevanz. Die Pflicht zur Veröffentlichung von Angaben hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder gem. § 52 Abs. 3 GmbHG wurde ebenfalls erst nachträglich in den Gesetzestext eingefügt und war zunächst in § 52 Abs. 2 GmbHG a.F. enthalten. Sie beruht auf der Umsetzung der europäischen Publizitätsrichtlinie90 durch das 1. Koordinierungsgesetz von 196991.92 In der Folgezeit fanden geringfügige Änderungen des § 52 Abs. 2 GmbHG a.F. statt. So wurde der Verweis auf § 37 AktG durch das Verschmelzungsrichtliniengesetz93 angepasst. Durch das Justizkommunikationsgesetz94 wurde in § 52 Abs. 2 S. 2 GmbHG a.F. die Bekanntmachung „durch den Bundesanzeiger und die im Gesellschaftsvertrag für die Bekanntmachung der Gesellschaft bestimmten anderen öffentlichen Blätter“ durch die „Gesellschaftsblätter“ ersetzt. Durch das EHUG95, welches unter anderem der Umsetzung der novellierten Publizitätsrichtlinie96 diente, wurde die Art der Bekanntmachung reformiert. Zum 01. 05. 2015 wurde die Bestimmung in § 52 Abs. 3 GmbHG überführt. Die fünfjährige Verjährungsfrist von Schadensersatzansprüchen gegen Mitglieder des Aufsichtsrats in § 52 Abs. 4 GmbHG hat seit 1892 keinerlei inhaltliche Änderungen erfahren. 88 Gesetz zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG) vom 10. 05. 2016, BGBl. I S. 1142. 89 BGBl. I, S. 642. 90 Erste Richtlinie des Rates vom 09. 03. 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (68/151/EWG), ABl. L 65 v. 14. 03. 1968, S. 8. 91 Gesetz zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 15. 08. 1969, BGBl. I S. 1146. 92 Dazu später 2. Teil, B. II. 2. b) aa). 93 Gesetz v. 25. 10. 1982, BGBl. I S. 1425. 94 Gesetz v. 22. 03. 2005, BGBl. I S. 837. 95 Gesetz über elektronische Handels- und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. 11. 2006 (EHUG), BGBl. I S. 2553. 96 Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 07. 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. Nr. L 221, S. 13.

Zweiter Teil

Dogmatische Einordnung der durch § 52 GmbHG gewährten Gestaltungsfreiheit und deren Beschränkung § 52 Abs. 1 GmbHG gewährt den Gesellschaftern einer GmbH formal unter zwei Gesichtspunkten Gestaltungsfreiheit. Die Gesellschafter können nach § 52 Abs. 1 GmbHG zum einen entscheiden, „ob“ sie einen fakultativen Aufsichtsrat einrichten wollen. Zum anderen können sie nach Ausübung dieser Wahlfreiheit zugunsten eines fakultativen Aufsichtsrats – und damit der Entscheidung über die Anwendbarkeit des § 52 Abs. 1 GmbHG auf das betreffende Organ – auch entscheiden, „wie“ sie ihren Aufsichtsrat ausgestalten; denn die Normen des Aktienrechts betreffend die Ausgestaltung des Organs sind nur anwendbar, soweit die Gesellschafter nichts Abweichendes bestimmen. Eine Gestaltung der Gesellschafter ist damit in zweierlei Hinsicht möglich. § 52 Abs. 1 GmbHG ist somit in zweierlei Hinsicht nicht zwingender Natur.

A. Die Einordnung der durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährten Gestaltungsfreiheit Damit ist der Frage nachzugehen, wie sich diese zwei Arten der Gestaltungsfreiheit jeweils einordnen lassen sowie welche Folgen sich hieraus ergeben. Die Gesellschafter sind zunächst frei in der Entscheidung, ob sie ein Organ im Sinne des § 52 GmbHG einrichten wollen. Wenn sie sich in diesem Sinne entschieden haben, können sie in einem zweiten Schritt die auf dieses Organ anwendbaren Regelungen abbedingen. Im ersteren Fall müssen die Gesellschafter von sich aus tätig werden, damit § 52 GmbHG Anwendung findet. Im letzteren Fall greifen die gesetzlichen Normen ohne ein Gestalten der Gesellschafter ein und sind somit von subsidiärer Anwendbarkeit.

I. § 52 Abs. 1 GmbHG als dispositives Recht? Dispositive Regelungen werden gemeinhin als solche verstanden, von welchen die Parteien durch privatautonome Vereinbarung abweichen dürfen; es handelt sich

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

damit um nachgiebiges Recht (ius dispositivum).1 Nach der Definition von Windscheid handelt es bei dispositivem Recht um „Rechtssätze [die es sich] gefallen [lassen], dass das betreffende Verhältnis durch Privatwillkür anders angeordnet werde, […] [sie] kommen nur dann zur Anwendung, wenn eine Ordnung des Verhältnisses durch Privatwillkür nicht vorliegt.“2 Dispositive Regelungen setzen sich dabei aus mehreren Teilaspekten zusammen. Bereits Bülow teilte sie einerseits in die Ermächtigung, von der Norm abzuweichen sowie andererseits in die subsidiär geltende gesetzliche Regelung auf.3 In der neueren Literatur wird zwischen der Geltung einer Norm und ihrem Anwendungsbereich, im Sinne eines „Anspruchs auf Befolgung ihrer Inhaltsaussage“4, unterschieden.5 Der Rückgriff auf einen ermächtigenden Aspekt ist nicht mehr nötig.6 Eine dispositive Norm kann als solche nicht abbedungen werden, ihre Geltung ist nicht dispositiv. Die Normadressaten können lediglich über die Anwendbarkeit der Norm disponieren. In der Folge ist die Anwendung der Norm auflösend bedingt durch die Dispositionsentscheidung der Normadressaten. Sie wird insofern auch als „unbedingt geltende Norm mit bedingt inhaltlichen Sollensanspruch“7 definiert. Dispositives Recht entfaltet daher bereits aus sich heraus seine Wirkung.8 Eine dispositive Regelung erfordert somit, neben der Möglichkeit zur abweichenden Regelung, eine subsidiär anwendbare gesetzliche Regelung, welche als „Reserveordnung“ Lücken im rechtsgeschäftlichen Handeln auffangen soll. Sollte eine solche subsidiär anwendbare Regelung fehlen, handelt es sich nicht um dispositives Recht.9 Daher wird in diesem Zusammenhang auch vom „subsidiären Geltungsbefehl“10 des dispositiven Rechts gesprochen, es muss somit aus sich selbst heraus (subsidiär) Geltung beanspruchen.11 1 Vgl. Wolf/Neuner, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 8; Larenz/Wolf, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 95; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. I, 3. Aufl. 1870, § 30; Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil, 1. Halbband, S. 300; Möslein, Dispositives Recht, S. 9; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 64; G. Wagner, Prozessverträge, S. 55; a.A. Bülow, AcP 64 (1881), 1, 78 (Die subsidiäre Geltung sei kein notwendiges Element des dispositiven Rechts, sondern allein die Ermächtigung zur eigenständigen Regelung). 2 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. I, 3. Aufl. 1870, § 30. 3 Bülow, AcP 64 (1881), S. 1, 39 ff., insb. S. 45. Ebenso ausdrücklich in der neueren Literatur auch G. Wagner, Prozessverträge, S. 55. 4 Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, S. 117. 5 Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, S. 117; Kähler, Begriff und Rechtfertigung abdingbaren Rechts, S. 17. 6 Hierzu ausführlich Kähler, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler, 2002, S. 181, 193 ff. 7 Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, S. 214 ff. 8 Vgl. Bachmann, Private Ordnung S. 378. 9 Vgl. G. Wagner, Prozessverträge, S. 55; Möslein, Dispositives Recht, S. 9 und S. 33; Larenz/Wolf, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 100. 10 Möslein, Dispositives Recht, S. 9. 11 Vgl. Bachmann, Private Ordnung, S. 378. A.A. Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 695 f.; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 82 f.; die unter den Begriff der dispositiven Normen so-

A. Durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährte Gestaltungsfreiheit

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Das dispositive Recht ist damit aber auch nur ein Ausschnitt des nicht zwingenden Rechts. Es umfasst nicht alle Normen, die keine unmittelbare Geltung beanspruchen, und ist nicht das Gegenstück zum zwingenden Recht (ius cogens). Sofern die Regelung in § 52 Abs. 1 GmbHG das „Ob“ der Errichtung in das Belieben der Gesellschafter stellt, stellt das Gesetz keine subsidiär geltende gesetzliche Regelung zur Verfügung. Es besteht keine „Reserveordnung“, um Lücken in rechtsgeschäftlichen Regelungen aufzufangen. Treffen die Gesellschafter keine abweichende Regelung, greift § 52 GmbHG gerade nicht. Damit handelt es sich insoweit bei der durch § 52 GmbHG gewährte Gestaltungsfreiheit auch nicht um eine dispositive Regelung. Das Gesetz eröffnet keine Dispositionsentscheidung. Anders ist dies im Hinblick auf die auf einen fakultativen Aufsichtsrat anwendbaren Regelungen, also das „Wie“ der Ausgestaltung des Aufsichtsrats. Hierbei besteht eine subsidiär anwendbare gesetzliche Regelung. Sofern die Gesellschafter keine abweichende Regelung vornehmen, stellt § 52 Abs. 1 GmbHG mit der Verweiskette in das Aktienrecht eine umfassende Reserveordnung zur Verfügung. Das Gesetz gewährt den Gesellschaftern eine Dispositionsmacht hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Normen. Nur letzterer Teil der Norm ist damit dispositiver Natur im Sinne eines nachgiebigen Rechts. Für die später zu behandelnde Fragestellung nach den Grenzen der Ausgestaltungsfreiheit des Aufsichtsrats kommt es folglich auf die Grenzen der durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährten Dispositionsbefugnis an.

II. § 52 Abs. 1 GmbHG als Ermächtigungsgrundlage? Da § 52 GmbHG aber auch in Bezug auf die Anwendbarkeit der Norm selbst nicht zwingender Natur ist, ist zu klären, wie dieser Teil der Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG dogmatisch einzustufen ist. § 52 Abs. 1 GmbHG könnte insofern als sog. ermächtigende Norm einzustufen sein und damit als Norm, welche den Gesellschafter die Befugnis zur Errichtung eines Aufsichtsrats verleiht. Die Kategorie der ermächtigenden Normen findet sich vor allem in der älteren Literatur.12 Unter ermächtigenden Normen werden Normen verstanden, die die Rechtsmacht zur Begründung von Rechtswirkungen gewähren.13 Es handelt sich damit um eine Kategorie von Normen, welche der aus dem öffentlichen Recht bekannten Kategorie der Ermächtigungsgrundlagen vergleichbar ist. wohl ergänzende als auch ermächtigende Regelungen fassen, also sog. „opt-out“- und „opt-in“Modelle. 12 Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil, 1. Halbband, S. 299 ff., nehmen eine Einteilung der nichtzwingenden Normen in ermächtigende, ergänzende und auslegende Normen vor. Nicht gemeint ist hierbei der jeder dispositiven Norm innewohnende ermächtigende Aspekt im Sinne einer Ermächtigung zur Abbedingung, hierzu bereits Bülow, AcP 64 (1881), S. 1, 75 ff.; Fröhlich, Vom zwingenden und nichtzwingenden Privatrecht, 1922, S. 85 ff.; sowie in der neueren Literatur: Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, S. 216 ff.; G. Wagner, Prozeßverträge, S. 55. 13 Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil, 1. Halbband, S. 299.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

§ 52 GmbHG ist zwar unzweifelhaft nur anwendbar, sofern die Gesellschafter sich entschieden haben, einen Aufsichtsrat zu errichten. In der GmbH sind im Regelfall14 lediglich die Organe „Gesellschafterversammlung“15 und ein oder mehrere „Geschäftsführer“ zwingend einzurichten. Die ganz herrschende Meinung geht für die GmbH16 jedoch von der Zulässigkeit der Bildung weiterer fakultativer Organe aus, und damit auch von der Zulässigkeit der Bildung eines fakultativen Aufsichtsrats.17 Die Befugnis der Gesellschafter zur Errichtung weiterer, nicht zwingend vorzusehender Organe ergibt sich dabei bereits aus der umfassenden Gestaltungsfreiheit der Gesellschafterversammlung, welche aufgrund der umfassenden Satzungsautonomie der Gesellschafter – verankert in § 45 GmbHG – besteht.18 Diese Gestaltungsbefugnis der Gesellschafterversammlung wird in den §§ 52, 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG bereits vorausgesetzt.19 § 52 GmbHG ist nicht konstitutiv für die Bildung sonstiger fakultativer Organe in der GmbH. Die entsprechende Gestaltungsmacht stünde den Gesellschaftern auch ohne die ausdrückliche Regelung zu. Lediglich nach Ansicht von Reuter20 beruht die Zulässigkeit fakultativer Organe in der GmbH nicht auf der Satzungsautonomie der Gesellschafter. Dieser geht von der Prämisse aus, dass Organe zwingend mit ausschließlichen Zuständigkeiten 14

Zu den Fällen eines obligatorischen Aufsichtsrats später 4. Teil G. I. Umstritten ist hierbei, ob dieser oder der Gesamtheit der Gesellschafter Organqualität zukommt, vgl. bereits S. 17 Fn. 4. 16 Dies gilt ebenso für Personengesellschaften (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, § 705 Rn. 259; Weber, Außeneinfluss, S. 37; Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 108; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 50; speziell zur KG: BGH WM 1968, 98; MünchHdbGesRt/ Mutter, Bd. II, § 8 Rn. 2; zum Verein: Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 190); MünchKommBGB/ Arnold, § 32 Rn. 10. Dazu auch Schürnbrand, Organschaft, S. 50. Für die Aktiengesellschaft und die Genossenschaft ist dies hingegen aufgrund der dort bestehenden Satzungsstrenge problematisch. Zu den verschiedenen Ansichten Weber, Außeneinfluss, S. 33 m.w.N. und Härer, Beirat in der GmbH, S. 29 f. 17 Vgl. statt vieler: RGZ 137, 305, 308; BGHZ 43, 261, 264; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 17; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 45 Rn. 16 f.; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 90; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 69; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 64; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 12; Weber, Außeneinfluss, S. 34; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 44 f.; Härer, Beirat in der GmbH, S. 30 f.; J. Wagner, Aufsichtsgremien, S. 161; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 106; Müller/Wolff, NZG 2003, 751. 18 Gegen das Erfordernis einer Ermächtigung bereits Quassowski, Bericht über die fünfte Sitzung des Ausschusses, S. 32 f., in: Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse. Band II, Ausschuss für G.m.b.H.-Recht, S. 364 f. Vgl. auch RGZ 137, 305, 308; BGHZ 43, 261, 264; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 17; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 60; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 12; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 45 und S. 47; Weber, Außeneinfluss, S. 34; J. Wagner, Aufsichtsgremien, S. 161; Müller/Wolff, NZG 2003, 751. 19 Vgl. etwa Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 17; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 47; Härer, Beirat in der GmbH, S. 31 f.; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 106 f. 20 Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 632 ff. 15

A. Durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährte Gestaltungsfreiheit

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auszustatten seien. Die entsprechende Fähigkeit, Dritte zum Handeln mit verdrängender Wirkung auszustatten, bestehe aber nur bei einer gesetzlichen Ermächtigung, denn niemand könne sich selbst des Rechts begeben, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Zur Begründung dieser Annahme führt Reuter die Unzulässigkeit einer Vollmacht mit verdrängender Wirkung an. In der Folge seien die Gesellschafter nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung zur Errichtung zusätzlicher Organe befugt. Die erforderliche Ermächtigungsgrundlage soll dabei in § 52 GmbHG zu sehen sein. Die Norm erfasse somit jegliche zusätzliche Organe in der GmbH, unabhängig von deren Kompetenzen.21 § 52 GmbHG ist damit nach dieser Ansicht eine konstitutiv wirkende gesetzliche Ermächtigung zur Bildung zusätzlicher Organe. Somit geht Reuter im Ergebnis zwar auch von der Zulässigkeit eines fakultativen Aufsichtsrats aus; auf der Ebene der Kompetenzen und der damit verbundenen Abgrenzung zum Beirat ergeben sich aber Unterschiede, auf die später einzugehen sein wird.

III. § 52 Abs. 1 GmbHG als Anregungsnorm? Die Kategorien der dispositiven und der ermächtigenden Normen sind nicht die einzigen Kategorien nicht zwingenden Rechts. Als weitere Kategorie von nicht zwingenden Normen, der § 52 Abs. 1 1. Hs. GmbHG zuzuordnen sein könnte, kommt die Kategorie der sog. Anregungsnormen in Betracht.22 Dies sind gesetzliche Regelungen, welche lediglich eine Art unverbindlichen Vorschlag an die Regelungsadressaten darstellen und erst bei einer Auswahl durch diese zur Anwendung kommen.23 Eine solche Regelung mit lediglich ermöglichendem Charakter unterscheidet sich von einer dispositiven Regelung dadurch, dass sie zunächst im Gesellschaftsvertrag ausgewählt werden muss (sog. „opt-in“), während dispositive Regelungen lediglich abbedungen werden können (sog. „opt-out“).24 Dispositives Recht erfordert zwingend subsidiär anwendbares Gesetzesrecht, weshalb sog. „optin“-Modelle, und damit ermächtigende Normen und Anregungsnormen, nicht unter diesen Begriff zu fassen sind.25 „Opt-in“-Modelle werden daher auch als ermögli21

Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 635. Für diese Einordnung: Beier, Regelungsauftrag, S. 83; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 366; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 697. 23 Begriff von Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 250. So auch: Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 697; Beier, Regelungsauftrag, S. 81 (mit weiteren Beispielen für Anregungsnormen im GmbHG: §§ 15 Abs. 5, 26 Abs. 1, 34 Abs. 1 und 60 Abs. 2); Bachmann, Private Ordnung, S. 377; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 366. 24 Vgl. Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 16; Bachmann, Private Ordnung, S. 378. Diese Unterscheidung findet sich auch bei der Abgrenzung von ermächtigenden und ergänzenden Recht: Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 695 f.; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 82 f.; welche beide aber unter die Kategorie des dispositiven Rechts fassen. 25 Bachmann, JZ 2008, 11, 14 verwendet den Begriff der permissiven Regelungen. 22

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

chende (permissive) Regelungen bezeichnet, welche von dispositiven (präsumtiven) Regelungen unterschieden werden. Erstere müssen nicht zwingend eine ohne diese nicht bestehende Regelungsvariante ermöglichen, sondern können auch lediglich auf eine bestehende Option hinweisen; in diesem Fall liegt eine sog. Anregungsnorm vor.26 Andere fassen Normen, deren Anwendbarkeit von der Wahl des Adressaten abhängt, unter den Begriff der bedingbaren Normen.27 Unter diesen Begriff sollen alle Normen fallen, die der Gesetzgeber als Möglichkeit vorgibt, wobei der Teil der bedingbaren Normen, die der Gesetzgeber empfiehlt, als Anregungsnormen bezeichnet werden.28 Wie dargestellt, wird die Errichtung eines zusätzlichen Organs nicht erst durch § 52 GmbHG ermöglicht. § 52 Abs. 1 GmbHG regt die Gesellschafter an, sich für die Einrichtung eines Aufsichtsrats zu entscheiden, indem ihnen diese Möglichkeit vor Augen gehalten wird. Die Norm weist auf eine Wahlfreiheit im Sinne einer Optionsmöglichkeit hin,29 also die Möglichkeit, sich für oder gegen die Einführung eines Aufsichtsrats und damit die Anwendung der Norm zu entscheiden. Dem gegenüber ermöglicht die Dispositionsfreiheit in Bezug auf die dispositive Regelung des § 52 Abs. 1 2. Hs. GmbHG einen umfassenden inhaltlichen Gestaltungsspielraum. Gesetzgeberischer Zweck der Verwendung von Anregungsnormen ist, den Adressaten und damit den Gesellschaftern bei der Ausgestaltung der Satzung eine Gestaltungsmöglichkeit vor Augen zu führen; der Gesetzgeber regt lediglich an, eine entsprechende Regelung zu erlassen, über das „Ob“ entscheiden die Gesellschafter selbst.30 Anders als bei einem Regelungsauftrag ist damit auch das „Ob“ einer Regelung nicht zwingend vorgegeben.31 Die Regelungsverantwortung verschiebt sich weg vom Gesetzgeber hin zu den Gesellschaftern.32 Diese Regelungstechnik versetzt den Normadressaten in die Lage, selbst zu entscheiden, ob er eine entsprechende Regelung in seinem Fall für sinnvoll erachtet oder nicht. Sie erfüllt daher eine Hinweisfunktion und soll sensibilisieren sowie auf Problemfelder hinweisen und Lösungsmöglichkeiten aufzeichnen.33 Daneben erfüllt diese Gesetzgebungstechnik auch eine Schutzfunktion, indem sie unerfahrenere Gesellschafter auf eine Regelungsmöglichkeit aufmerksam und nicht vom Hinweis hierauf durch andere Gesellschafter abhängig macht.34 Somit wird durch die Wahl einer Anregungsnorm 26

Vgl. Bachmann, JZ 2008, 11, 14 f. So Kähler, Begriff und Rechtfertigung abdingbaren Rechts, S. 43. 28 So Kähler, Begriff und Rechtfertigung abdingbaren Rechts, S. 43. 29 Vgl. Möslein, Dispositives Recht, S. 53. 30 Vgl. Beier, Regelungsauftrag, S. 82; Bachmann, Private Ordnung, S. 377; Fleischer, ZHR 168 (2004) 673, 697. 31 Beier, Regelungsauftrag, S. 81. 32 Beier, Regelungsauftrag, S. 82; Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 250. 33 Vgl. Beier, Regelungsauftrag, S. 82; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 366; Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 250. 34 Vgl. Beier, Regelungsauftrag, S. 83. 27

A. Durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährte Gestaltungsfreiheit

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einerseits die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter gestärkt, aber andererseits der Gesetzgeber nicht vollständig aus seiner Regelungsverantwortung entlassen.35 Die Verwendung von Anregungsnormen durch den Gesetzgeber ist jedoch nicht unumstritten, da eine solche „opt-in“-Lösung erfordert, dass die Regelungsadressaten und damit die Gesellschafter von sich aus tätig werden müssen. Aus rechtsökonomischer Sicht entstehen hierdurch Transaktionskosten, welche von einer entsprechenden Regelung abhalten können.36 Zudem sollen sog. Besitzeffekte psychologisch dazu führen, dass Güter, die schon besessen werden, höher eingestuft werden, als solche, die noch nicht im Besitz sind.37 Eine „opt-out“-Regelung ist daher vom Gesetzgeber zu wählen, wenn davon auszugehen ist, dass die Mehrzahl der potentiellen Adressaten eine entsprechende Regelung auch von sich aus gewählt hätte. Im umgekehrten Fall ist eine „opt-in“-Lösung sinnvoller. Insbesondere aufgrund der Bandbreite der möglichen Gestaltungsvarianten der GmbH kann die Vorteilhaftigkeit der Errichtung eines zusätzlichen Kontrollorgans nicht pauschal bejaht werden. Daher erscheint auch die gewählte „opt-in“-Lösung betreffend das „Ob“ der Errichtung sachdienlich, trotz ökonomischer Nachteile einer solchen Lösung, die erst ein Tätigwerden der Gesellschafter erfordert.

IV. Die Unterscheidung in Wahl- und Dispositionsfreiheit § 52 Abs. 1 GmbHG kombiniert – wie soeben gezeigt – eine Anregungsnorm mit einer dispositiven Regelung. Die Gesellschafter haben damit zunächst die Möglichkeit, sich für die Einrichtung eines Aufsichtsrats zu entscheiden, also der Anregung des Gesetzgebers Folge zu leisten. Das Gesetz eröffnet insoweit zunächst eine Wahlfreiheit. Im zweiten Schritt können die Gesellschafter über die auf einen solchen fakultativen Aufsichtsrat anwendbaren Regelungen disponieren und die Gestaltung des Organs abweichend von der gesetzlichen Regel vornehmen und so von der gewährten Dispositionsfreiheit Gebrauch machen. Insoweit besteht ein materieller Gestaltungsspielraum. Damit stellt sich die Frage, ob ein innerer Zusammenhang zwischen der Wahlfreiheit, einen Aufsichtsrat einzurichten, und der zulässigen Ausgestaltung des Aufsichtsrats besteht, also bereits durch die Errichtung eines Aufsichtsrats die Dispositionsfreiheit in bestimmten Beziehungen eingeschränkt ist. Der Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG legt bereits nahe, dass beide Fragen unabhängig voneinander zu beantworten sind, indem er zunächst normiert, dass die Gesellschafterversammlung im Gesellschaftsvertrag die Errichtung eines solchen Organs beschließen kann und 35

Vgl. Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 250. Vgl. Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 17. 37 Vgl. Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 17. 36

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

erst in der Folge auf diesen bestimmte Normen (subsidiär) anzuwenden sind. Die Frage, ob die Gesellschafter vom Anregungsteil der Norm Gebrauch gemacht haben und nicht etwa ein anderes fakultatives Gremium eingerichtet wurde, hängt zwar mit der Ausgestaltung des Organs zusammen, ist aber – wie sich zeigen wird – keine Frage der Dispositionsbefugnis.

B. Die Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit Damit ist auf die Grenzen der Gestaltungsfreiheit einzugehen, welche durch die Wahl einer Anregungsnorm in Verbindung mit der dispositiven Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG a.E. eröffnet wird. Diese ist Teil der im Recht der GmbH herrschenden Satzungsautonomie. Die Begrenzung der Gestaltungsfreiheit und damit der Satzungsautonomie kann zunächst in zwei Mechanismen unterteilt werden. So findet eine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit zum einen durch die prozeduralen Voraussetzungen, welche sowohl an die Wahl der Errichtung eines Aufsichtsrats als auch die anschließende Abbedingung einzelner Verweisungsnormen gestellt werden, also durch die Art und Weise der Betätigung der Gestaltungsfreiheit statt. Die Fragen des „Ob“ der Ausübung der Wahlfreiheit zur Errichtung eines Aufsichtsrats und des „Wie“ der Ausübung der Dispositionsfreiheit unterscheiden sich dabei bereits in dieser formalen Hinsicht. Die Gesellschafter müssen, um ein Organ im Sinne des § 52 GmbHG zu errichten, zunächst selbst eine Regelung vornehmen. Für die Ausgestaltung ist es demgegenüber nicht zwingend notwendig, dass die Gesellschafter tätig werden; § 52 Abs. 1 2. Hs. GmbHG enthält insoweit, als dispositive Norm und damit als „opt-out“-Regelung, die auf einen solchen Aufsichtsrat zumindest subsidiär anzuwendenden Normen. Auf die jeweiligen formalen Voraussetzungen der Ausübung der Gestaltungsfreiheit wird im Rahmen der Behandlung der prozeduralen Grenzen der Gestaltungsfreiheit näher einzugehen sein.38 Zum anderen wird die Gestaltungsfreiheit durch die inhaltlichen Anforderungen, welche an die Ausgestaltung des Organs im Sinne des § 52 GmbHG durch die Gesellschafter zu stellen sind, begrenzt.39 Diese materiellen Anforderungen, welche die Wahl- und Dispositionsfreiheit beschränken, werden im vierten und fünften Teil behandelt werden.

38

Zu den formalen Anforderungen siehe Teil 3. Zu diesen zwei Mechanismen der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit: Möslein, Dispositives Recht, S. 163. 39

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

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I. Die Satzungsautonomie im Recht der GmbH und deren Schranken Die Gestaltungsfreiheit, welche der Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG zugrunde liegt, ist Ausdruck der Satzungsautonomie der Gesellschafter. Die Satzungsautonomie ist Bestandteil der Privatautonomie, welche verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet wird. Für die Satzungsautonomie und damit die gesellschaftsrechtliche Vertragsfreiheit ist allerdings auf die speziellere Regelung der Versammlungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG zurückzugreifen.40 Für deren Schutzbereich hat das BVerfG im Mitbestimmungsurteil41 entschieden, Art. 9 Abs. 1 GG gewährleiste nicht nur „die Freiheit, sich mit anderen zu jedem verfassungsmäßig erlaubten Zweck zusammenzuschließen“ – was die Gründungs- und Beitrittsfreiheit sowie die Freiheit, aus einer Vereinigung auszutreten oder ihr fernzubleiben umfasst – ebenso sei, „wegen des engen Zusammenhangs von individueller und kollektiver Vereinigungsfreiheit, die Vereinigung selbst durch Art. 9 I GG geschützt […]. Der Schutz des Grundrechts [umfasse] sowohl für die Mitglieder als auch für die Vereinigungen die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte.“

Die Autonomie besteht aber nicht schrankenlos. Schutzwürdige Interessen anderer und des Staates beschränken die individuelle Freiheit. Dies gilt auch für die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter. Diese ist immer dann zu beschränken, wenn durch ihre Ausübung anderweitig schutzwürdige Interessen beeinträchtigt sind.42 Beschränkungen der Gestaltungsfreiheit müssen dabei nach Inhalt, Zweck und Ausmaß gerechtfertigt sein, wobei der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.43 Der Versuch, konkrete Grenzen der Satzungsautonomie unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Hintergrund abzuleiten, ist jedoch nicht zielführend. Lediglich die bei der Ausgestaltung zu berücksichtigenden Interessen, also die Berücksichtigung der Interessen anderer („Verkehrsschutz“) und der Freiheitssphäre Einzelner („Individualschutz“) sowie das Bedürfnis nach Schaffung einer praktikablen Rechtsordnung, lassen sich aus dem Verfassungsrecht gewinnen.44 Die Be40 Vgl. Maunz/Dürig/Scholz, GG, Art. 9 Rn. 84; Maunz/Dürig/Di Fabio, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 103; Lutter/Wiedemann, Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S. 5, 6; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 687; Papier, in: Benda, Handbuch des Verfassungsrechts, § 18 Rn. 63; Höfling, Vertragsfreiheit, S. 16. Nach a.A. umfasst die Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 GG die Satzungsautonomie nicht, mit der Folge, dass auf Art. 2 Abs. 1 GG zurückzugreifen sei: v. Mangoldt/Klein/Kemper, Art. 9 Rn. 51. 41 BVerfGE 50, 290. 42 So Möslein, Dispositives Recht, S. 165 zu den allgemeinen Grenzen der Privatautonomie. 43 So allgemein zur Rechtfertigung von Eingriffe in Art. 9 GG: Jarass/Pieroth, GG, Art. 9 Rn. 23. 44 Vgl. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 22.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

schränkung der Gestaltungsfreiheit hat sich damit an den durch die Regelungen zum Aufsichtsrat betroffenen Interessen auszurichten. Dabei werden im Bereich der allgemeinen Vertragsautonomie die schutzwürdigen Interessen in die Kategorien des Dritt-, Beteiligten- und Funktionsschutzes eingeteilt.45 Für das Gesellschaftsrecht sind dies der Schutz des öffentlichen Interesses, der Interessen des Rechtsverkehrs, also der Gläubiger und hierbei auch der Arbeitnehmer, und der Schutz der Gesellschafter, insbesondere der Minderheiten.46 Der konkrete Umfang der Satzungsautonomie und damit der den Gesellschaftern zustehenden Gestaltungsfreiheit ist rechtsformabhängig. Dabei besteht in den personalistischen Gesellschaften47 weitestgehend Gestaltungsfreiheit. Ganz anders ist dies in der Aktiengesellschaft. Gem. § 23 Abs. 5 S. 1 AktG darf deren Satzung nur von den gesetzlichen Regelungen abweichen, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist. Hintergrund der Satzungsstrenge in der Aktiengesellschaft ist die mit dieser Gesellschaftsform bezweckte Zurverfügungstellung eines „hochgradig standardisierten Serienprodukts“; die Satzungsstrenge soll dabei insbesondere Satzungsstreitigkeiten vermeiden und die Kapitalanleger schützen.48 Diese ausgeprägte Satzungsstrenge ist jedoch bei Körperschaften nicht der Regelfall. So besteht für den Verein umfassende Satzungsfreiheit. Auch im GmbHG fehlt eine § 23 Abs. 5 S. 1 AktG vergleichbare Regelung. Das GmbHG ist, im Gegensatz zum Aktiengesetz, grundsätzlich von umfassender Satzungsautonomie geprägt; es besteht weitgehend Gestaltungsfreiheit. Die Satzungsfreiheit in der GmbH beruht auf der Vorstellung des Gesetzgebers von 1891, dass mangels freier Abtretbarkeit der Gesellschaftsanteile in einer GmbH kein Publikumsschutz notwendig sei sowie, dass die Gesellschafter bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags in der Lage seien, ihre Interessen selbst wahrzunehmen und somit auf die entsprechenden Schutzmechanismen des Aktienrechts verzichtet werden könne.49 Die umfassende Gestaltungsmöglichkeit wird dabei auch als Grundprinzip des deutschen GmbH-Rechts bezeichnet.50 Die Flexibilität im Innenverhältnis ist wesentliches Strukturelement der GmbH. § 52 GmbHG ist hierfür ein plastisches Beispiel. 45 So etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 3 (S. 119); Möslein, Dispositives Recht, S. 165; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 91. 46 Vgl. etwa Lutter/Wiedemann, Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S. 5, 7; ders., Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 1 V 1 b (S. 84); Hopt, in: Lutter/Wiedemann, Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S. 123, 128; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 1 (S. 110); Bayer/Koch, Schranken der Vertragsfreiheit, S. 92; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 152 (Gläubiger, Anleger, Minderheiten und Arbeitnehmer). 47 GbR, OHG, KG, stille Gesellschaft. 48 Vgl. Bayer/Koch, Schranken der Vertragsfreiheit, S. 91; GroßkommAktG/Röhricht/ Schall, § 23 Rn. 174. 49 Begründung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, amtliche Ausgabe, 1891, S. 45. Dazu auch: Hommelhoff, in: System der Kapitalgesellschaften im Umbruch, S. 28, 48 f.; Haese, Die Unternehmensleitung und -überwachung in der GmbH, S. 41. 50 So Hommelhoff, in: System der Kapitalgesellschaften im Umbruch, S. 28, 48.

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

47

Die Gesellschafter sind daher, als Parteien des Gesellschaftsvertrags, – anders als bei der Aktiengesellschaft – im Grundsatz selbst für ihren Schutz verantwortlich. Sie haben es in der Hand, ihre Gesellschaft nach ihren Wünschen auszugestalten. Sie treffen auch die Risiken des Vertrags. Erklärtes Ziel der Regelungen zur GmbH ist es, den Gesellschaftern weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten einzuräumen.51 Die Gestaltungsmacht der Gesellschafter kann aber auch zu Lasten Dritter gehen, wie etwa der Gläubiger der Gesellschaft. Ein unmittelbarer Eingriff in deren Rechtsstellung käme einem unzulässigem Vertrag zu Lasten Dritter gleich. Daher stellt sich die Frage nach dem Ausgleich zwischen diesen beiden Positionen. Aufgabe des Gesellschaftsrechts ist es dabei, die Autonomie der Gesellschafter in gewisse Schranken zu weisen.52 Die gesetzlichen Schranken der Satzungsautonomie betreffen weitgehend das Außenverhältnis der Gesellschaft. Zu den zwingenden Schranken der Gestaltungsfreiheit im Recht der GmbH, welche sich aus dem Schutz der Gläubigerinteressen rechtfertigen, zählen zunächst die Regelungen zur Kapitalaufbringung und -erhaltung, die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht der Geschäftsführer sowie die Formvorschriften der §§ 2, 15 und 53 GmbHG.53 Auch die mitbestimmungsrechtlichen Regelungen sind zwingender Natur. Das Innenverhältnis der GmbH unterfällt jedoch prinzipiell der Satzungsautonomie. Hintergrund ist die beschränkte Anteilsübertragung bei der GmbH. Anders als in der Aktiengesellschaft ist daher die Allgemeinheit grundsätzlich nicht von den Regelungen des Innenverhältnisses betroffen, sodass der Gesellschafterschutz nicht an erster Stelle zu stehen hat.54 Aber auch das Innenverhältnis unterliegt nicht unbeschränkt der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter. Keine Satzungsautonomie und damit eine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit bestehen etwa in den Fällen, in denen das GmbHG Aufgaben einem bestimmten Organ zwingend zur alleinigen Ausführung zuweist.55 Darüber hinaus zählen die Normen, welche den Schutz der Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung der Gesellschafter sicherstellen wollen zu den Schranken der Gestaltungsfreiheit und damit insbesondere der Minderheitenschutz durch Informations-

51 Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, amtliche Ausgabe, 1891, S. 45. So auch bereits die Stellungnahme Oechelhäusers in der Gesetzesberatung, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, Bd. 119, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, Band 6, Aktenstücknr. 660, 177. Sitzung, S. 4304: „Das zwingende Recht ist in dem Gesetzentwurf aufs äußerte Maß beschränkt, und es sind insbesondere keine unnötigen Beschränkungen eingeführt worden, wodurch die Anziehungskraft der neuen Gesellschaftsform für das Kapital vermindert werden könnte.“ 52 Vgl. MünchKommGmbHG/Wicke, § 3 Rn. 148. 53 Vgl. dazu auch Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 1; MünchKommGmbHG/Wicke, § 3 Rn. 149; Bayer/Koch, Schranken der Vertragsfreiheit, S. 91; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 91; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 40. 54 Vgl. Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 91. 55 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 50 sowie 4. Teil, D. II.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

und Kontrollrechte wie § 51a Abs. 3 GmbHG. Dies trifft auch auf das Recht zu Kündigung und Austritt zu. All diesen Schranken der Gestaltungsfreiheit ist gemein, dass sich deren Grenzen aus den zugrundeliegenden Einzelnormen ergeben. Dies ist für die Frage der Errichtung und der Ausgestaltung des Aufsichtsrats aber gerade nicht gegeben. § 52 Abs. 1 GmbHG scheint im Gegenteil gerade von der vollständigen Gestaltungsfreiheit auszugehen. Es gilt damit zu klären, ob über die genannten ausdrücklichen Regelungen hinaus gewisse Mindeststandards bestehen, welche zwingend bei der Ausgestaltung der Gesellschaft und damit auch ihrer Organe einzuhalten sind. Es geht also um ungeschriebene Grenzen der Gestaltungsfreiheit aufgrund allgemeingültiger Prinzipien.

II. Die im Rahmen der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit beachtlichen Interessen Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird damit darauf einzugehen sein, welche Interessen bei der Bestimmung der Grenzen der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter und hierbei im Rahmen der Errichtung und Ausgestaltung eines fakultativen Aufsichtsrats durch die Gesellschafter zu beachten sind. Es stellt sich die Frage, welche Interessen durch die Einsetzung sowie die Ausgestaltung des Aufsichtsrats betroffen werden, und hierbei speziell, ob dies allein die Interessen der Gesellschafter oder auch die der Gläubiger und der Allgemeinheit sind. Dabei ist stets in Erinnerung zu behalten, dass es sich bei der Bestimmung der beeinträchtigten Interessen lediglich um Wertungskriterien handelt und damit um Gründe der Einschränkung der Gestaltungsfreiheit. Diese Wertungen bedürfen einer gesetzlichen Ausprägung. Auch ist zu bedenken, dass Drittschutzerwägungen den Gestaltungsspielraum nicht notwendig auf null reduzieren.56 Die betroffenen Interessen sind gegeneinander abzuwägen. Entscheidend ist der Grad der Schutzbedürftigkeit. Die schutzwürdigen Interessen lassen sich, um den Grad der Schutzbedürftigkeit zu bestimmen, in Interessen der an der Gestaltung Beteiligten und in Interessen von unbeteiligten Dritten einteilen. Beteiligte haben nur dann ein schutzwürdiges Interesse, wenn sie ihre Interessen nicht selbst wahrnehmen können. Bei ihnen geht es damit vor allen Dingen um den Minderheitenschutz. 1. Gesellschaftsinterne Interessen Die Interessen der Gesellschafter lassen sich in solche der Mehrheit und solche der Minderheit unterteilen. 56

Vgl. dazu Möslein, Dispositives Recht, S. 166.

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

49

a) Interessen der Gesellschaftermehrheit Die Gesellschafter haben ein Interesse, ihre Gesellschaft und damit auch die Gesellschaftsorgane allein nach ihrem Willen auszugestalten. Beschränkungen der Gestaltungsfreiheit betreffend den Aufsichtsrat greifen damit immer in die Interessen der Gesellschafter und damit in die Freiheit der Gesellschaftermehrheit bei der Ausgestaltung der Binnenorganisation ein. Aber nur sofern die Errichtung und auch die Ausgestaltung eines fakultativen Aufsichtsrats allein im Interesse der Gesellschafter läge und damit auch nur die Interessen der Gesellschafter(-mehrheit) betroffen wären, hätte dies zur Folge, dass diese „ihren“ Aufsichtsrat allein nach ihrem Belieben ausgestalten könnten, ohne insbesondere durch die Erwartungen Dritter an ein solches Organ gebunden zu sein. Dies hätte weiter zur Folge, dass dem Aufsichtsrat keinerlei Mindestkompetenzen zustehen müssten, er Weisungen der Gesellschafter unterworfen werden könnte oder etwa eine Haftung der Organmitglieder völlig abbedungen werden könnte. b) Interessen der Gesellschafterminderheit Neben den Interessen der Gesellschafter insgesamt könnten durch die Errichtung und Ausgestaltung des Aufsichtsrats auch schutzwürdige Interessen der Minderheitsgesellschafter betroffen sein. So bestehen bei der GmbH in der Regel die maßgeblichen Konflikte zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern. Folge des Mehrheitsprinzips ist, dass die Mehrheit über die Geschicke und auch Ausgestaltung der Gesellschaft bestimmen kann. So können Gesellschafter ab einem Kapitalanteil über 50 % den Großteil der Entscheidungen in der Gesellschaft selbst treffen. Anders als dies in der Regel in der Aktiengesellschaft der Fall ist, können die Minderheitsgesellschafter, wenn sie mit den Entscheidungen der Mehrheit nicht einverstanden sind, nicht ohne weiteres ihre Anteile zum Verkehrswert veräußern; es besteht in der Regel kein liquider Markt für GmbH-Anteile. Zudem bestehen regelmäßig Vinkulierungsklauseln.57 Minderheitsgesellschafter haben damit nicht dasselbe Interesse an einer freien Gestaltbarkeit wie Mehrheitsgesellschafter. Gerade Minderheitsgesellschafter sind im Regelfall – also wenn kein Aufsichtsrat besteht und die Kontrolle der Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung erfolgt – mangels erforderlicher Mehrheiten und gegebenenfalls wegen der nur bezweckten kapitalmäßigen Beteiligung sowie fehlenden Sachverstands nicht in der Lage, ihre Kontrollinteressen hinreichend selbst zu wahren. Es besteht die Gefahr der Übervorteilung durch die Mehrheitsgesellschafter, welche in der Regel auch über die Person des Geschäftsführers disponieren. 57 Ausführlich zu diesem Konflikt: Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 28; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 I 1 (S. 407); Weller, ZGR 2012, 386, 393 f.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

Interessen der Minderheitsgesellschafter könnten dann beeinträchtigt sein, wenn Rechte der Gesellschafterversammlung auf den Aufsichtsrat ausgelagert würden, so etwa wenn die Kontrolle der Geschäftsführer von der Gesellschafterversammlung zur ausschließlichen Ausübung auf den Aufsichtsrat übertragen, die Aufsichtsratsmitglieder aber von der Mehrheit der Gesellschafter gewählt würden,58 oder gar bestimmten Gesellschaftern ein Sonderrecht auf Entsendung in den Aufsichtsrat zustünde. In diesem Fall würden der Gesellschafterversammlung und damit auch mittelbar den einzelnen Gesellschaftern, als Organwaltern der Gesellschafterversammlung, die entsprechenden Kompetenzen entzogen. Andererseits wird in keinem Fall das den Minderheiten zur Seite stehende Teilnahme- und Informationsrecht in der Gesellschafterversammlung sowie die speziellen Minderheitenrechte in Form des Auskunfts- und Einsichtsrechts nach §§ 51a, 51b GmbHG beschränkt. Weitergehende Kontrollbefugnisse können die Minderheiten in der Gesellschafterversammlung aber auch ohne Verlagerung der Kompetenzen auf ein weiteres Organ allein de facto nicht wahrnehmen. In der Folge ist nicht davon auszugehen, dass beachtliche Interessen der Minderheiten in relevantem Umfang allein durch die Errichtung eines Aufsichtsrats beeinträchtigt werden. Andererseits verbessert sich die Situation der Minderheitsgesellschafter auch durch die Einrichtung eines solchen Kontrollorgans nicht, wenn die Minderheit keine Einflussnahmemöglichkeit auf die Tätigkeit des Aufsichtsrats hat. Spezielle Interessen der Minderheitsgesellschafter sind damit bei der Errichtung und Ausgestaltung des Aufsichtsrats regelmäßig nicht zu beachten. Diese können auch nicht durch eine unerwartete Ausgestaltung des Aufsichtsrats getäuscht werden, da sie als intern Beteiligte auch ohne Einflussnahmemöglichkeit zumindest Kenntnis von der Ausgestaltung erlangen können. Dies ändert allerdings nichts daran, dass gerade Minderheitsgesellschafter ein Interesse daran haben, dass der Aufsichtsrat seine Tätigkeit im Interesse der Gesellschaft ausübt und damit deren Gesellschaftszweck fördert. 2. Gesellschaftsexterne Interessen Die Satzungsautonomie und damit die Gestaltungsfreiheit stellt vor allem eine Gefahr für Außenstehende und damit die Gesellschaftsgläubiger dar, die keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten auf die Satzungsgestaltung haben. Durch das Bestehen und die Ausgestaltung eines Aufsichtsrats könnten daher die Interessen des Rechtsverkehrs und der Gesellschaftsgläubiger derart berührt werden, dass als Folge die Gestaltungsfreiheit, soweit die Interessen Dritter beeinträchtigt werden, zu beschränken wäre. 58 Mertens, Diskussionsbeitrag zum Referat von ders., Die Verfassung der GmbH, in: Wiethölter/Ulmer, Probleme der GmbH-Reform, S. 248, führt daher gegen einen Minderheitenschutz durch den Aufsichtsrat an, dass dieser in der Regel von der Mehrheit besetzt werde und sich auch dessen Ausgestaltung nach deren Wünschen richte.

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

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Die Interessen Dritter und damit insbesondere das Interesse des Rechtsverkehrs sind vor dem Hintergrund der im Grundsatz zu gewährleistenden Satzungsautonomie erst dann beachtlich, wenn konkrete, gegenwärtige oder zukünftige Gläubigerinteressen durch die Regelungen der Gesellschafter beeinträchtigt werden.59 Es gilt damit zu ergründen, welche zu schützenden Interessen der Gläubiger durch die freie Ausgestaltung des Aufsichtsrats und dessen daraus resultierenden späteren Tätigkeit beeinträchtigt werden können. Eine privatautonome Vereinbarung durch die Gesellschafter ist nur insoweit möglich, wie berechtigte Interessen Dritter nicht beeinträchtigt sind. Die Dispositionsbefugnis und damit die Vertragsfreiheit reichen nur so weit, wie nicht in Rechte der Gläubiger eingegriffen wird.60 Das Außenverhältnis zu den Gläubigern können die Gesellschafter nicht privatautonom regeln. Die Gläubiger der Gesellschaft haben ein Interesse daran, ihre Forderungen gegenüber der Gesellschaft durchsetzen zu können. Im Gläubigerinteresse liegen daher alle Vorschriften, die der Befriedigung der Gläubiger dienen.61 Dabei muss primär eine ausreichende Haftungsgrundlage gewährleistet sein, um das Ausfallrisiko der Gläubiger aufzufangen.62 Dies ist bei Personengesellschaften, in denen die Gesellschafter persönlich neben der Gesellschaft haften, weniger problematisch als bei Kapitalgesellschaften. Hier haftet grundsätzlich nur die juristische Person; nur das Gesellschaftsvermögen ist mögliches Haftkapital.63 Die allgemeine Dispositionsfreiheit ist damit insbesondere in Bezug auf das Außenverhältnis und dabei die Vertretungsregeln, die Regeln zur Aufbringung und Erhalt des Stammkapitals sowie die Regeln zur Liquidation der Gesellschaft beschränkt.64 Insbesondere in der Insolvenz haben die Gläubigerinteressen Vorrang vor den Gesellschafterinteressen. Dahinter steht die Idee der Verteilung der Verlustgefahr zwischen den Gesellschaftern und den Gesellschaftsgläubigern unter dem Aspekt der Risikobeherrschung.65 Die Interessen der Gläubiger sind allerdings zunächst nur insoweit beachtlich, wie die Vermögensbindung im Gesetz angeordnet ist.66 Dies unterscheidet die Gläubigerinteressen von den Interessen der Gesellschafter, welche umfassend beachtlich

59

Vgl. Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 92. Vgl. Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 93. 61 Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 39. 62 Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 39, der im Gläubigerinteresse eine gesetzliche Regelung zur „Bereitstellung und Erhaltung einer ausreichenden Haftungsgrundlage, die tunlichst vor Schmälerung bewahrt werden muß“ für erforderlich hält. 63 Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 39. 64 Vgl. Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 93. Vgl. dazu auch Ulmer/ Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 1; MünchKommGmbHG/Wicke, § 3 Rn. 149; Bayer/Koch, Schranken der Vertragsfreiheit, S. 91; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 91; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 40. 65 So Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 10 I 1 (S. 515). 66 Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 21 f. 60

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

sind.67 Mangels zwingender gesetzlicher Regelungen zum Aufsichtsrat kann daher zunächst nicht auf die Beachtlichkeit der Gläubigerinteressen und damit auch des Schutzes des Rechtsverkehrs im Rahmen der Ausgestaltung des Aufsichtsrats geschlossen werden. Gegen die Beachtlichkeit anderer Interessen als die der Gesellschafter wird daher auch vorgebracht, der Aufsichtsrat sei ein allein vom Willen der Gesellschafter getragenes Gremium; auch das durch das Vorhandensein eines Aufsichtsrats gesetzte Signal besonderer Seriosität könne nichts daran ändern, dass der Gesellschaftsvertrag in Bezug auf den Aufsichtsrat einen „größeren Spielraum“ genieße.68 Damit wird aber gerade der Gesichtspunkt angesprochen, welcher zu einer Beachtlichkeit der Gläubigerinteressen führen kann. Teil der im Recht der GmbH zu schützenden Verkehrsinteressen sind nämlich auch der Vertrauensschutz sowie das Gebot der Rechtssicherheit.69 Es stellt sich daher die Frage, ob durch die Errichtung und Ausgestaltung eines Aufsichtsrats nicht vielleicht doch – mittelbar – in die pekuniären Interessen der Gläubiger eingegriffen wird und daher der gesetzlichen Regelung zum Aufsichtsrat zumindest auch der Gedanke des Verkehrsschutzes zugrunde liegt, sodass der Rechtsverkehr ein schutzwürdiges Vertrauen in die Ausgestaltung des Aufsichtsrats haben könnte. Zwar könnte man sich dabei auf den Standpunkt stellen, dass durch die Errichtung eines Aufsichtsrats die Gläubiger in keinem Fall schlechter stehen, als dies ohne ein solches zusätzliches Kontrollorgan der Fall wäre; ihre Interessen daher durch die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats nicht beeinträchtigt werden können. So wurde bereits von Feine festgestellt, dass ein von den Gesellschaftern abhängiger Aufsichtsrat nicht dazu bestimmt sein könne, die Interessen der Gläubiger wahrzunehmen.70 Andererseits ist nicht entscheidend, ob die Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse auf Errichtung eines Aufsichtsrats haben, was aufgrund der fakultativen Regelung des § 52 GmbHG nicht der Fall sein kann, sondern, ob diese, sofern ein solcher Aufsichtsrat eingerichtet ist, darauf vertrauen dürfen, dass dieser die Geschäftsführer überwacht. Der Gläubigerschutz erfordert, neben der Solvenz der Gesellschaft, wenn auch erst in zweiter Linie, einen verlässlichen Standard der Unternehmensorganisation.71 Wenn ein Organ die Pflicht hat, die Geschäftsführung zu überwachen, trägt diese (zusätzliche) Überwachung zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung bei. Eine ordnungsgemäße Geschäftsführung und damit eine leistungsfähige, stabile Gesellschaft ist aber gerade auch für die Gläubiger eine Gesellschaft von Interesse.

67

Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 22. So MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 13. 69 Vgl. Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 92. 70 Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 557. So auch bereits Molitor, Die ausländische Regelung der G.m.b.H., 1927, S. 60, der vorbrachte, dass ein von den Gesellschaftern bestellter und damit von ihnen abhängiger Aufsichtsrat nicht die Interessen der Gläubiger wahren könne. 71 So Lutter/Wiedemann, Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S. 5, 7. 68

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

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a) Rückschlüsse aus der historischen Entwicklung des Aufsichtsrats auf die Beachtlichkeit gesellschaftsexterner Interessen Für ein beachtliches Vertrauen des Rechtsverkehrs und der Gläubiger in die effektive Kontrolle durch einen bestehenden Aufsichtsrat könnte die historische Entwicklung der Institution „Aufsichtsrat“ – in der GmbH, aber auch in der Aktiengesellschaft – sprechen. Diese könnte Rückschlüsse auf die Stellung des Aufsichtsrats erlauben und damit auf die Frage, ob dieser aus der historischen Perspektive auch im Interesse der Allgemeinheit sowie der Gläubiger tätig werden sollte. Daher gilt es insbesondere zu erhellen, welche Gründe historisch für die gesetzgeberische Anordnung und Gestaltung eines solchen Organs ausschlaggebend waren. Zunächst wird daher auf die Entwicklung im Recht der Aktiengesellschaft einzugehen sein und dem folgend auf die sich hieran anschließende Entwicklung im Recht der GmbH. aa) Entwicklung in der Aktiengesellschaft Die Handelskompanien, als Vorläufer der Aktiengesellschaft, kannten keinen Aufsichtsrat.72 Zu deren Gründung war nach dem zunächst bestehenden Octroisystem eine staatliche Einzelfallregelung erforderlich, welche für jede Gesellschaft die öffentlichen Pflichten und Befugnisse ordnete. Was nicht durch das Oktroi erfasst wurde, konnte autonom geregelt werden. Die Gesellschaft stand zudem unter staatlicher Aufsicht, welche – neben der Verhinderung von zu großer Macht und Monopolen – das Ziel verfolgte, missbräuchliches Verhalten der Geschäftsleitung zum Schutz der Kleinaktionäre zu verhindern.73 Die Unternehmensverfassung war nicht einheitlich geregelt und abhängig von der Mitgliederzahl.74 Zum Ende des 18. Jahrhunderts setzte sich die Institution der Hauptversammlung durch, die Aktiengesellschaft wandelte sich von einer überwiegend öffentlich-rechtlichen Organisation zu einer privatrechtlichen. In der Folge wurde das Octroisystem vom Konzessionssystem abgelöst. Die Gründung der Gesellschaft wurde durch abstrakte Normen geregelt. Eine staatliche Genehmigung war aber weiterhin erforderlich.75 Die erste allgemeingültige Regelung über Gründung und Organisation der Aktiengesellschaft findet sich im code de commerce von 1807.76 In Deutschland findet sich 72 Besondere Beachtung fand hierbei die sog. Niederländisch-Ostindische Handelskompanie, dazu Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 39. 73 Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 40 ff.; Grossfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 115 ff. 74 Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 42 f.: In größeren Gesellschaften habe sich eine dreigliedrige Organisationsstruktur herausgebildet. 75 Grossfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 119 ff.; Schnorr, Historie und Recht des Aufsichtsrats, S. 8 ff.; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 47 ff. 76 Dazu Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 49; Fischer, AcP 154 (1955), 85, 88.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

eine erste Regelung des Konzessionssystems im sächsischen Entwurf eines Aktiengesetzes von 1830. Eine erste Gesetz gewordene Regelung findet sich zunächst im Preußischen Gesetz über die Eisenbahnunternehmen vom 03. 11. 183877 und gelangt schließlich in das Preußische Gesetz über Aktiengesellschaften vom 09. 11. 184378, welche eine zweigliedrige Unternehmensverfassung bestehend aus Hauptversammlung und Vorstand vorsahen.79 Die staatliche Genehmigung wurde erst nach einer Prüfung erteilt, welche auch die Zuverlässigkeit der Vorstandsmitglieder umfasste und dem Schutz der künftigen Gesellschafter und der Gläubiger dienen sollte.80 Da es aber unter der Geltung des Konzessionssystems zu erheblichen Missständen gekommen war und sich dieses damit in Hinblick auf den Schutz der Aktionäre und Gläubiger nicht als wirksam erwiesen hatte,81 behielte sich der Staat im Regelfall auch nach der Genehmigung weitgehende Aufsichtsrechte vor, meistens durch die Einsetzung eines staatlichen Kommissars, der die Geschäftsführung überwachte, an Sitzungen der Organe teilnahm, die Bücher einsah und Auskünfte verlangen konnte.82 Die staatliche Genehmigung und Aufsicht hatte folglich auch den Schutz der Interessen der Allgemeinheit und der Gläubiger zum Ziel. Eine erste Regelung zum organschaftlichen Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft findet sich im ADHGB von 1861. Der Aufsichtsrat konnte fakultativ eingerichtet werden und sollte sowohl Kontroll- als auch Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.83 Die Terminologie „Aufsichtsrat“ wurde dabei, ohne ausdrückliche materielle Erwägungen, aus dem Recht der KGaA übernommen.84 Das Motiv, welches der Überführung der Regelungen zum Aufsichtsrat in das Recht der Aktiengesellschaft zugrunde lag, ist dabei weitgehend ungeklärt, hierbei insbesondere, ob die Regelungen aufgrund eines Irrtums aufgenommen oder gedankenlos der Regelung der KGaA nachempfunden wurden oder als bewusste gesetzliche Anerkennung des

77 Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 03. 11. 1838, Preußische Gesetzessammlung, 1838, S. 505 ff. 78 Gesetz über die Aktiengesellschaften vom 09. 11. 1943, Preußische Gesetzsammlung, 1843, S. 342 ff. 79 Dazu Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 49 f.; Grossfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 121; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 70 f. 80 So Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 70 ff. 81 Vgl. Grossfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 132; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 59 f. und S. 94 ff. 82 Vgl. Grossfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 122; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 60 f. 83 Dazu ausführlich Pahlow, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, S. 237, 267 ff. und Lieder, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, S. 318, 358; ders., Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 71 f.; Schnorr, Historie und Recht des Aufsichtsrats, S. 15; Wiethölter, Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft, S. 271, 280. 84 So Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 72; Schubert, ZGR 1981, 285, 306; Wiethölter, Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft, S. 280 f.

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

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schon bisher in der Praxis verbreiteten Verwaltungsrates zu verstehen waren.85 Bereits für die KGaA waren die Gründe der Einführung des dort zwingenden Aufsichtsrats umstritten und damit die Frage, ob dieser zur Unterbindung befürchteter Missbräuche durch den zunächst angedachten Wegfall der Konzessionspflicht – und damit zum Schutz der zukünftigen Gesellschafter und Gläubiger – oder lediglich zur Schaffung eines Vertretungsorgans für die stillen Gesellschafter86 – und damit allein im Gesellschafterinteresse – gedacht war. Diese Ungewissheit beruht insbesondere auf dem Umstand, dass der Entwurf von 1857 für die KGaA zunächst keine Konzessionspflicht vorsah. Für die Konzessionsfreiheit hatte sich insbesondere Preußen eingesetzt, das bereits die konzessionsfreie stille Handelsgesellschaft auf Aktien kannte und nach dessen Erfahrung die Vorschriften zur Gründung ausreichenden Schutz boten.87 Im weiteren Gesetzgebungsverfahren setzte sich dann aber die Ansicht durch, welche eine Konzession forderte, jedoch mit einem Vorbehalt zugunsten der Länder, die von einer solchen absehen wollten.88 Die im Entwurf enthaltene Einführung eines Aufsichtsrats, der zunächst als Verwaltungsrat bezeichnet war, wurde aber beibehalten,89 sodass allein aus der Aufnahme der Pflicht zur Errichtung eines Kontrollorgans nicht eindeutig klar wird, ob die Einführung des Aufsichtsrats als Ersatz für die staatliche Genehmigung und damit wie diese zum Schutz der Allgemeinheit und der Gläubiger gedacht war. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zur ursprünglichen Fassung, und damit vor Aufnahme der Konzessionspflicht, ergibt sich jedoch, dass der Aufsichtsrat nicht nur die Kommanditisten schützen, sondern auch die Staatsgewalt als Kontrollinstanz ersetzen und damit ebenso wie diese die Gläubiger und das Publikum vor der Geschäftsführung durch die persönlich haftenden Gesellschafter schützen sollte. Dort heißt es, auf dem Verwaltungsrat – später Aufsichtsrat – beruhe „hauptsächlich die Sicherheit, welche das Gesetz dem stillen Gesellschafter und den Gesellschaftsgläubigern gewährt

85 Zu den verschiedenen Ansichten: Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 65 f. m.w.N. 86 Im ersteren Sinne etwa: Schumacher, Entwicklung der inneren Organisation, S. 72 f.; so auch in der neueren Literatur: Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 73. Zweifelnd insbesondere Wiethölter, Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft, S. 275 f., der anführt, dass sich in den Beratungen kein Hinweis darauf finde, dass der Verwaltungsrat als Ersatz für die Genehmigung eingeführt werden sollte. Im Vordergrund habe die Schaffung eines Vertretungsorgans gestanden, da man in Preußen – das bereits die konzessionsfreie stille Handelsgesellschaft auf Aktien kannte – davon ausging, dass die Zwecke der Genehmigung bereits durch das Zusammenspiel persönlich haftender Gesellschafter und lediglich kapitalmäßig beteiligter Gesellschafter erreicht würden. Gegen eine solche Sichtweise sprechen aber die Begründungen zu Artt. 158, 159, 177 des Gesetzesentwurfs von 1857, siehe S. 56 Fn. 90 und Fn. 92. Zum ganzen ausführlich: Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 66 f. m.w.N. zu den verschiedenen Ansichten und S. 73. 87 Wiethölter, Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft, S. 273. 88 Wiethölter, Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft, S. 274; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 69 Fn. 2. 89 Zum Gesetzgebungsverfahren: Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 68.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

gegen Benachteiligung durch die Geschäftsführung“90, so dass dieser sowohl zum Schutz der Gesellschafter als auch der Gläubiger vorgesehen war.91 Für das Ziel eines Schutzes auch des Rechtsverkehrs sprechen auch die Motive des Gesetzentwurfs, soweit sie die Haftung der Verwaltungsratsmitglieder betreffen. Nach diesen sollte erst durch die Haftung das Institut des Verwaltungsrats „für das Publikum eine wichtige Bedeutung“ erhalten. Denn dieser sei „nicht nur zur Wahrung der Rechte der stillen Gesellschafter errichtet, sondern es soll durch ihn gleichzeitig im allgemeinen Interesse eine erhöhte Bürgschaft dafür gegeben werden, daß das Gesellschaftsvermögen nicht […] den Gesellschaftsgläubigern entzogen wird.“92 Der Entwurf von 1857 bezweckte damit durch die Einführung des Verwaltungsrats auch den Schutz der Gläubiger und der Allgemeinheit. Durch die uneingeschränkte Beibehaltung der Regelung auch in der endgültigen Fassung, ohne dass dieser ausdrücklich eine neue, einschränkende Bedeutung zugemessen wurde, ist konsequenterweise davon auszugehen, dass ihr auch weiterhin der Gedanke des Schutzes auch der Allgemeinheit sowie der Gläubiger zugrunde gelegt wurde.93 Mit der Aktienrechtsnovelle von 1870 wurde das Konzessionssystem dann vollständig durch das Normativsystem beseitigt.94 Als Ersatz für die staatliche Konzession und die anschließende Staatsaufsicht wurde, neben umfangreichen Vorschriften zur Gründung und zur Organisation der Gesellschaft, der Aufsichtsrat zwingend vorgesehen,95 welcher jedoch bis zur Aktienrechtsnovelle von 1884 weitgehend Geschäftsführungsaufgaben und nicht nur Aufsichtstätigkeiten zu 90 Begründung zu Art. 158, Motive des Entwurfs eines Handelsgesetzbuches für die Preußischen Staaten, in: Schubert, Entwurf 1857, S. 83. Vgl. auch die Begründung zu Art. 159 des Entwurfs, in: Schubert, Entwurf 1857, S. 84: „Die Bestellung des Verwaltungsraths muss erfolgt sein, ehe die Gesellschaft ins Leben treten kann; andernfalls würde es an einer der wichtigsten Garantieen fehlen gegen Täuschung und Benachtheiligungen Dritter und der stillen Gesellschafter durch die Geschäftsführung der offenen Gesellschafter.“ 91 Ebenso Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 67; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 71 und S. 71 Fn. 10. 92 Begründung zu Art. 177, Motive des Entwurfs eines Handelsgesetzbuches für die Preussischen Staaten, in: Schubert, Entwurf 1857, S. 83. 93 Hierfür spricht auf die Äußerung des Abgeordneten Dr. Haltermann zur Diskussion über die Abschaffung der Konzessionspflicht, Protokolle der Commission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetz-Buches, Protokoll der CXXXVI. Sitzung, S. 1115: „Dem gegenüber könne man ganz folgerecht sagen, daß es der Staatsgenehmigung nicht bedürfen solle, wenn sich eine Aktiengesellschaft solchen beengenden Vorschriften unterwerfen wolle, wie sie der Entwurf für die stille Gesellschaft auf Aktien enthalte, wenn sie einen verantwortlichen Aufsichtsrath bestelle u. dgl.“ 94 Vgl. Grossfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 135 ff.; Schnorr, Historie und Recht des Aufsichtsrats, S. 14 ff. und 17; Schubert, ZGR 1981, 285 ff.; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 93 ff.; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 69 Fn. 2; Koberg, Die Entstehung der GmbH, S. 14. 95 Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 73; Lieder, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, S. 318, 357; ders., Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 93; Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 32 f.; Schubert, ZGR 1981, 285, 306; Wiethölter, Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft, S. 285 f.

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

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übernehmen hatte. Erst durch die Novelle von 1884 wurde der Aufsichtsrat zu einem effektiven Kontrollorgan ausgebaut.96 Aus der dem Aufsichtsrat zugedachten Stellung, als ein auch für den Rechtsverkehr bedeutsames Institut, kann zwar nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass der Aufsichtsrat auch die Pflicht haben sollte, die Gläubiger und die Allgemeinheit vor Schaden zu bewahren und damit deren Interessen bei seiner Tätigkeit selbst mit zu berücksichtigen hat. Ein Gesellschaftsorgan hat lediglich die Interessen der Gesellschaft zu wahren, nicht die deren Gläubiger. Eine Bindung des Aufsichtsrats insbesondere an Interessen der Gläubiger besteht damit zwar nicht; der Aufsichtsrat hat seine Tätigkeit am Gesellschaftsinteresse auszurichten. Die Begründung des Entwurfs von 1857 ist jedoch dahingehend zu verstehen, dass am Vorhandensein eines Aufsichtsrats auch die Gesellschaftsgläubiger partizipieren, indem ein Aufsichtsrat durch seine Kontrollfunktion gegenüber dem Vorstand verhindert, dass dieser zum Nachteil der Gesellschaft und damit auch mittelbar, durch Schmälerung der Haftungsmasse, zum Nachteil der Gläubiger handelt.97 Obwohl damit primäre Aufgabe des Aufsichtsrats der Gesellschaftsschutz ist, war dieser dennoch aus der historischen Perspektive nicht als Innenorgan allein im Interesse der Gesellschafter geplant. Aus dem Umstand, dass der zwingende Aufsichtsrat als Ersatz für das Konzessionssystem und insbesondere die Staatsaufsicht vorgesehen wurde, kann geschlossen werden, dass dessen Einrichtung ebenso wie die zuvor bestehende Staatsaufsicht zumindest auch mit Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit und der Gläubiger erfolgte.98 Der historische Gesetzgeber ging von einem beachtlichen Vertrauen des Rechtsverkehrs und damit auch der Gläubiger in die Beachtung des Gesellschaftsinteresses durch den Aufsichtsrat und damit konsequenter Weise davon aus, dass dieser, im Interesse der Gesellschaft, die Geschäftsführer effektiv überwacht. Die Zulässigkeit einer völlig autonomen Ausgestaltung des Aufsichtsrats würde daher der aktienrechtlichen Entwicklung des Aufsichtsrats widersprechen.

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Dazu ausführlich Lutter, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 2007, S. 389, 392; Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, S. 116 ff. und S. 137 ff.; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 73; Koberg, Die Entstehung der GmbH, S. 16 f. 97 So auch Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 71 f. 98 A.A. Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 33, der vor einer Gleichsetzung der Aufsichtsratsfunktionen mit denen der zuvor bestehenden Staatsaufsicht warnt. Diese habe sich schwerpunktmäßig auf die Gründungsphase bezogen und sei daher im Wesentlichen in die registergerichtliche Kontrolle bei der Eintragung der Gesellschaft übergegangen. Die Aufgabe des Aufsichtsrats habe dahingegen schon damals vor allem in der Kontrolle der laufenden Geschäfte und damit dem Schutz der Interessen der Gesellschafter bestanden.

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bb) Aufnahme der Regelung zum Aufsichtsrat in das GmbHG von 1892 Die Funktionen des aktienrechtlichen Aufsichtsrats könnten auch der Aufnahme der Regelung zum Aufsichtsrat in das GmbHG zugrunde gelegt worden sein, so dass auch bei dessen Ausgestaltung die Erwartungen des Rechtsverkehrs mit einzubeziehen wären. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Aufsichtsrat im GmbHG von 1892 rein fakultativ vorgesehen wurde. Die fakultative Aufnahme des Aufsichtsrats erfolgte dabei aufgrund der Annahme, die Gesellschafter einer in der Regel nicht als Publikumsgesellschaft ausgestalteten GmbH seien selbst in der Lage, ihre Interessen und damit die erforderliche Kontrollfunktion gegenüber den Geschäftsführern wahrzunehmen.99 Die fakultative Einrichtung erfolgt damit zunächst allein unter Berücksichtigung der Interessen der Gesellschafter. So findet sich auch in der älteren Literatur der Hinweis, dass der Aufsichtsrat allein die Aufgabe habe, die Interessen der Gesellschafter gegenüber den Geschäftsführern zu wahren.100 Andererseits ist zu bedenken, dass sich die Frage, ob ein Kontrollorgan zwingend vorzusehen ist, zwar daran zu orientieren hat, in wessen Interesse dieses primär tätig ist. Jedoch hat nicht zwingend allein die Gruppe, deren Interessen das Organ zu wahren hat, ein berechtigtes Vertrauen in dessen Ausgestaltung. Zudem kann aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber einerseits den aus dem Aktienrecht bekannten Begriff des Aufsichtsrats verwendete, andererseits infolge der ausdrücklichen Erwähnung eines „ähnlichen Organs“ neben der Nennung des Aufsichtsrats in § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG offensichtlich davon ausging, dass es neben einem Aufsichtsrat noch weitere zusätzliche Organe geben könne, geschlossen werden, dass sich ein Aufsichtsrat nach der Vorstellung des Gesetzgebers von diesem „ähnlichen Organ“ zu unterscheiden hat. Daher wird auch in der älteren Literatur angeführt, dass sich der Gesetzgeber einen Aufsichtsrat „im technischen Sinn“, also im Sinne eines Kontrollorgans vorgestellt habe.101 Die Gesetzgebungsmaterialien selbst geben keinen Hinweis auf die dem Aufsichtsrat zugedachte Stellung, also ob dieser auch – mittelbar – dem Schutz der Gläubiger dienen sollte. In den drei Beratungen des Gesetzes im Reichstag wurden der Aufsichtsrat und die dessen Ausgestaltung zugrundeliegenden Erwägungen nicht ausdrücklich angesprochen.102 In

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Vgl. die Begründung des Entwurfs eine Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, Amtliche Ausgabe, 1891, S. 45. 100 Bauer, Geschäftsführung und Aufsichtsrat, 1910, S. 532; Baumbach/Hueck, 5. Aufl. 1951, § 52 S. 190 („Der AufsRat hat, anders als in der Aktiengesellschaft, keine öffentlichen Belange zu wahren. Er untersteht der GterVers.“). 101 Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 4. 102 Vgl. die Protokolle der 177., 189. und 199. Sitzung, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, 6. Band, Aktenstücknr. 660, Bd.119, S. 4303 ff., Bd. 120, S. 4878 f., S. 4881 ff. Dagegen kam in den Beratungen des Bundesrats zwar durch Hessens der Vorschlag auf, den Aufsichtsrat obligatorisch auszugestalten, dieser fand jedoch keine Unterstützung, vgl. hierzu

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

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dem Bericht der vom Reichstag eingesetzten Kommission zur Vorberatung des Entwurfs zum GmbHG findet sich allerdings die Anmerkung, dass die Frage nach der Streichung des § 53 des Entwurfs (§ 52 GmbHG) aufkam, dies aber damit abgetan wurde, dass „ob ein Aufsichtsrath bestellt werden solle, und welche Rechte demselben verliehen und welche Pflichten demselben auferlegt werden sollen, […] ganz der freien Vereinbarung überlassen“ sei.103 Dies wiederspricht einem intendierten Schutz des Publikums. Andererseits findet sich im Gesetzesentwurf die Aussage, dass, sofern die Veranlassung zur Errichtung eines Aufsichtsrats bestehe, in der Regel auch die Verhältnisse so lägen, dass für die Ausgestaltung des Aufsichtsrats im Wesentlichen die gleichen Gesichtspunkte gälten, wie bei der Aktiengesellschaft.104 Damit hatte der Gesetzgeber bei der Regelung zum Aufsichtsrat ein Kontrollorgan im technischen Sinn im Auge und wollte sich damit, wie auch der Verweis auf die auf den aktienrechtlichen Aufsichtsrat anwendbaren Normen zeigt, erkennbar zumindest am aktienrechtlichen Aufsichtsrat orientieren. Die Gesetzgebungsgeschichte zum GmbHG von 1892 lässt damit zwar den Schluss zu, dass der Gesetzgeber bei der Regelung des fakultativen Aufsichtsrats ein bestimmtes, dem aktienrechtlichen Aufsichtsrat zumindest vergleichbares Organ vor Augen hatte. Ob durch den Aufsichtsrat auch die Interessen des Rechtsverkehrs, vergleichbar der aktienrechtlichen Regelung, geschützt werden sollten oder es bei dessen Ausgestaltung allein auf die Interessen der Gesellschafter ankommen kann, lässt sich der Gesetzgebungsgeschichte des Gesetzes von 1892 jedoch nicht eindeutig entnehmen. b) Rückschlüsse aus der Einführung von Publizitätspflichten betreffend den Aufsichtsrat Eine Beachtlichkeit der Gläubigerinteressen könnte sich jedoch aus der weiteren Entwicklung der gesetzlichen Regelungen zum Aufsichtsrat in der GmbH ergeben. Grundsätzlich wird ein beachtliches Vertrauen der Gläubiger einer GmbH, neben den Regelungen zur Finanzverfassung der Gesellschaft, auch durch die Regelungen zur Publizität erzeugt. Hierbei spielt insbesondere die Rechnungslegungspublizität eine entscheidende Rolle. Aber auch alle sonstigen Publizitätspflichten bestehen, indem sie Außenstehenden einen Einblick in die Gesellschaft gewähren, im Interesse des Rechtsverkehrs. Dabei kann die Publizitätspflicht ihren Zweck nur erfüllen, Schubert, Quaderni Fiorentini, Bd. 11/12 (1982/83), S. 589, 621; Koberg, Die Entstehung der GmbH, S. 163. 103 Anmerkung zu §§ 49 bis 53, Bericht der XXV. Kommission über den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – Nr. 660 der Drucksachen – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, 6. Anlageband, Aktenstück Nr. 774, Bd. 126, S. 4010. 104 Bgrd. zu § 53 des Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, Amtliche Ausgabe, 1891, S. 101 f.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

wenn nicht nur leere Worthülsen transportiert, sondern hinter den verwendeten Begriffen ein für jeden Empfänger zuordenbarer Gehalt steht. Zunächst ist zu bedenken, dass durch die zwingende Aufnahme der Entscheidung der Gesellschafterversammlung für eine Errichtung sowie der abweichenden Ausgestaltung des Aufsichtsrats in den Gesellschaftsvertrag für den Rechtsverkehr das Bestehen eines Aufsichtsrats – bzw. dessen Möglichkeit im Fall einer bloßen Errichtungsermächtigung – erkennbar ist. Allerdings ist aus der Regelung im Gesellschaftsvertrag ebenfalls erkennbar, wenn der Aufsichtsrat gerade nicht als effektives Kontrollorgan ausgestaltet ist, sodass wohl allein aus der zwingenden Aufnahme der Errichtung sowie der von den gesetzlichen Regelungen abweichenden Ausgestaltung in den Gesellschaftsvertrag nicht auf ein beachtliches Vertrauen des Rechtsverkehrs in ein effektives Kontrollorgan geschlossen werden kann. Neben der Publizität des Gesellschaftsvertrags bestehen jedoch noch weitere Publizitätspflichten speziell in Bezug auf den Aufsichtsrat. Solche Pflichten ergeben sich im Wesentlichen aus § 52 Abs. 3 GmbHG und § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG. Beide Normen wurden nachträglich in das GmbHG aufgenommen. Aber auch schon vor deren Erlass war dem GmbHG eine speziell die Mitglieder des Aufsichtsrats betreffende Publizitätspflicht nicht fremd. Zwar enthielt die ursprüngliche Fassung des § 53 GmbHG von 1982 keinen Verweis auf Art. 233 ADHGB105, welcher eine entsprechende Publizitätspflicht für den Vorstand enthielt. Jedoch wurde bereits durch die Änderung des § 53 GmbHG im Jahr 1897 der Verweis auf den ebenfalls neu eingeführten § 244 HGB 1897106 aufgenommen, nach welchem Änderungen der Aufsichtsratsmitglieder in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen und die Bekanntmachung zum Handelsregister einzureichen waren. Auch nachdem die Regelungen des HGB zum aktienrechtlichen Aufsichtsrat durch das AktG 1937 aufgehoben und ins Aktiengesetz übernommen wurden, eine Anpassung des § 52 Abs. 1 GmbHG an die geänderte Rechtslage jedoch zunächst nicht erfolgte, ging die Literatur dennoch von der Anwendbarkeit des § 91 AktG a.F. auf den fakultativen Aufsichtsrat aus, welcher inhaltlich § 244 HGB a.F. entsprach.107 Im Zuge der Anpassung der Verweisungskette an die geänderte Rechtslage in der Aktiengesellschaft durch § 32 EGAktG 1965 wurde der Verweis auf § 106 AktG eingeführt, welcher inhaltlich unverändert dem zuvor geltenden § 91 AktG 1937 entsprach. Durch das 1. 105 Art. 233 ADHGB lautete: „Jede Aenderung der Mitglieder des Vorstandes muß bei Ordnungsstrafe zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Dritten Personen kann die Änderung nur insofern entgegengesetzt werden, als in Betreff dieser Änderung die im Artikel 46. in Betreff des Erlöschens der Prokura bezeichneten Voraussetzungen vorhanden sind.“, abgedruckt bei Schubert, Entwurf HGB 1961, S. 53. 106 § 244 HGB 1987 (RGBl. 1897, S. 219, 275) lautete: „Jede Änderung in den Personen der Mitglieder des Aufsichtsraths ist von dem Vorstand unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. Der Vorstand hat die Bekanntmachung zum Handelsregister einzureichen.“, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB 1987, Bd. I, S. 717, 773; zur Änderung des § 53 GmbHG a.F. durch das EGHGB 1897 vgl. S. 25 Fn. 9. 107 Vgl. etwa Hachenburg/Schmidt, 6. Aufl. 1959, § 52 Anm. 38.1 m.w.N.; Scholz, 4. Aufl. 1960, § 52 Rn. 18; Kreifels, GmbHR 1956, 53, 54.

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Koordinierungsgesetz von 1969 wurde dann, im Zuge der Einführung des § 52 Abs. 2 GmbHG a.F., der Verweis auf § 106 AktG aufhoben und die Publizitätspflicht explizit in § 52 Abs. 2 GmbHG a.F. (§ 52 Abs. 3 GmbHG n.F.) geregelt. Damit wurde auch die zuvor umstrittene Anwendung der Publizitätspflicht auf den ersten Aufsichtsrat klargestellt.108 Die von da an geltende Rechtslage unterschied sich jedoch entscheidend von der bis 1969 geltenden. Die Bestimmungen – zunächst des HGB und dann des AktG – betreffend die Offenlegung der Aufsichtsratsmitglieder standen nach dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG, wie alle dort aufgeführten Normen, zur Disposition der Gesellschafter. Zwar war nach alter Rechtslage umstritten, ob die entsprechende Verweisung nicht dennoch zwingender Natur sei. Jedoch ging die herrschende Meinung von deren Abdingbarkeit aus.109 Hierfür wurde angeführt, dass der Aufsichtsrat in der GmbH, anders als der Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft, eher ein Organ von „interner Bedeutung“ sei.110 Die Öffentlichkeit hätte daher nur ein geringes111 oder gar kein Interesse112 an der Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Allgemein findet sich der Hinweis, dass der Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG nicht im öffentlichen Interesse bestehe.113 Gegen die zwingende Geltung und damit das fehlende berechtigte Interesse der Öffentlichkeit an der Zusammensetzung des Aufsichtsrats wurde zudem angeführt, dass die Gesellschafter diesen jederzeit durch Beschluss auflösen könnten.114 Andererseits wurde bereits damals gegen die Abdingbarkeit angeführt, dass die Pflicht zur Offenlegung der Aufsichtsratsmitglieder 108 So die ausdrückliche Begründung des RefE zu § 52 GmbHG, BT-Drucks. 5/3862, S. 16. Zuvor war umstritten, ob im Rahmen der Anwendung sowohl des § 244 HGB 1897 als auch der § 91 AktG 1939 und § 106 AktG 1965 die entsprechende Pflicht auch für die Anmeldung des ersten Aufsichtsrats galt, da nicht auf die entsprechenden Bestimmungen der §§ 199 Abs. 1 Nr. 4, 195 Abs. 2 Nr. 4 HGB a.F. sowie später §§ 29 Abs. 2 Nr. 3, 33 Abs. 1 Nr. 4 AktG 1937 bzw. §§ 37 Abs. 2 Nr. 3, 40 Abs. 1 Nr. 4 AktG 1965, welche die Veröffentlichung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft und die Vorlage der Bestellungsurkunden vorsahen, verwiesen wurde. Die herrschende Meinung ging dabei jedoch von einer entsprechenden Anwendung der Normen aus, da eine Differenzierung nach Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats und späteren Änderungen in den Mitgliedern keinen Sinn ergebe, vgl. hierzu statt aller Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 560; Brodmann, 1924, § 52 Rn. 2 (S. 197); Baumbach/Hueck, 5. Aufl. 1951, § 52 S. 191; Scholz, 4. Aufl. 1960, § 52 Rn. 19; Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 20; Hachenburg/Schmidt, 6. Aufl. 1959, § 52 Anm. 38.2; a.A. Halitzki, Fakultativer Aufsichtsrat, 1932, S. 37; Kreifels, GmbHR 1956, 53, 54; Parisius/Krüger/Krecelius, 6. Aufl. 1922, § 52 S. 269. 109 Für vollständige Dispositionsbefugnis der Gesellschafter: Staub, 1. Aufl. 1903, § 52 Anm. 19; Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 19; Scholz, 1. Aufl. 1928, § 52 S. 514; ders., 4. Aufl. 1960, § 52 Rn. 19; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 560; Parisius/Crüger/Crecelius, 6. Aufl. 1922, § 52 S. 269; Liebmann, 6. Aufl. 1921, § 52 Anm. 3; Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 30; Kreifels, GmbHR 1956, 53, 54. 110 Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 30; Scholz, 4. Aufl. 1960, § 52 Rn. 19. 111 Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 19. 112 Scholz, 4. Aufl. 1960, § 52 Rn. 19. 113 Scholz, 4. Aufl. 1960, § 52 Rn. 19. 114 Kreifels, GmbHR 1956, 53, 54.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

im öffentlichen Interesse bestünde und daher die Gesellschaft zwar keinen Aufsichtsrat bestellen müsse, tue sie es aber dennoch, müsse dieser wie bei der Aktiengesellschaft angemeldet werden.115 aa) § 52 Abs. 3 GmbHG Die nachträglich ausdrücklich in § 52 GmbHG aufgenommene Publizitätspflicht könnte damit für ein berechtigtes Interesse des Rechtsverkehrs in die Ausgestaltung des Aufsichtsrats entsprechend den Regelungen in der Aktiengesellschaft und damit auch ein beachtliches Interesse der Gläubiger an der effektiven Kontrolle der Geschäftsführer sprechen. § 52 Abs. 3 GmbHG enthält explizit die Pflicht zur Einreichung einer Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats zum Handelsregister. Hierbei handelt es sich nach ganz herrschender Meinung, anders als zuvor, um zwingendes Recht.116 Die Regelung differenziert danach, ob die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder vor oder nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister erfolgt. So sind bei Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder vor Eintragung der Gesellschaft nach § 52 Abs. 3 S. 1 GmbHG i.V.m. § 37 Abs. 4 Nr. 3 und 3a AktG die Urkunden über die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder sowie eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist, zum Handelsregister einzureichen. Werden die Aufsichtsratsmitglieder erst nachträglich bestellt, so haben die Geschäftsführer bei Änderungen in den Personen der Aufsichtsratsmitglieder nach § 52 Abs. 3 S. 2 GmbHG lediglich eine Liste der Mitglieder mit den entsprechenden Angaben einzureichen.117 Die Einreichung erfolgt dabei nach § 8 Abs. 5 GmbHG, § 12 Abs. 2 HGB zum elektronischen Handelsregister, wobei das Gericht anschließend nach § 10 HGB einen Hinweis auf die Einreichung bekannt macht. Die fehlende Einreichung kann nach § 14 HGB mit Zwangsgeld geahndet werden. Damit soll jederzeit eine aktuelle Liste der Aufsichtsratsmitglieder einsehbar sein. Die Liste der Aufsichtsratsmitglieder selbst wird nicht ins Handelsregister eingetragen. Ausdrücklicher Grund dieser Beschränkung auf die Bekanntmachung des Hinweises auf die Einreichung ist dabei allerdings, neben der Entlastung der Unternehmen von Bürokratieaufwand, die jederzeitige 115 So Baumbach/Hueck, 5. Aufl. 1951, § 52 S. 191. Ebenfalls für eine Einordnung als zwingendes Recht: Brodmann, 1924, § 52 Rn. 2 (S. 197). 116 Begrd. RegE, BT-Drucks. 5/3862 S. 16; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 25; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 47; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 52; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 139; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 5; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 23b; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 13; Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 753; Robertz, MittRhNotK 1991, 239, 244; Ankele, GmbHR 1969, 52, 55. 117 Umstritten ist, ob auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats und dessen Stellvertreter dem Handelsregister mitgeteilt werden muss, so Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 47; Lutter/ Hommelhoff, § 52 Rn. 65 (mit Verweis auf § 107 Abs. 1 S. 1 AktG); a.A. Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 129.

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

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elektronische Einsehbarkeit der Liste der Aufsichtsratsmitglieder,118 sodass hierin nicht die gesetzgeberische Annahme einer geminderten Bedeutung der Veröffentlichung der Aufsichtsratsmitglieder für den Rechtsverkehr gesehen werden kann. Die Pflicht zur Veröffentlichung der Mitglieder des Aufsichtsrats beruht ursprünglich auf der Umsetzung der europäischen Publizitätsrichtlinie119 durch das 1. Koordinierungsgesetz von 1969120, durch welche die entsprechende Pflicht, zunächst in § 52 Abs. 2 GmbHG a.F.121, eingeführt wurde. In der Folgezeit fanden nur noch geringfügige inhaltliche Änderungen des § 52 Abs. 2 GmbHG a.F. statt.122 Zuletzt wurde die Regelung unverändert in § 52 Abs. 3 GmbHG überführt.123 Nach Art. 2 Abs. 1 lit. d) ii) der Publizitätsrichtlinie sind dabei „die Bestellung, das Ausscheiden sowie die Personalien derjenigen, die als gesetzlich vorgesehenes Gesellschaftsorgan oder als Mitglieder eines solchen Organs […] an der Verwaltung, Beaufsichtigung oder Kontrolle der Gesellschaft teilnehmen“ zu veröffentlichen. Zweck der Richtlinie ist der Schutz des Rechtsverkehrs und der Gesellschaftsgläubiger.124 Art. 2 der Richtlinie verfolgt den Zweck, durch Transparenz aller 118 Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Gesetzesentwurf der BReg zum Entwurf eines Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG), BT-Drucks. 16/2781, S. 88 f. Die Liste ist abrufbar unter www.unternehmensregister.de. 119 Erste Richtlinie des Rates vom 09. 03. 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (68/151/EWG), ABl. L 65 vom 14. 03. 1968, S. 8. 120 Gesetz zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 15. 08.1969, BGBl. I S. 1146. 121 § 52 Abs. 2 GmbHG in der Fassung des Gesetzes vom 15. 08. 1969: „Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bestellt, gelten § 37 Abs. 3 Nr. 3, § 40 Abs. 1 Nr. 4 des Aktiengesetzes entsprechend. Jede spätere Bestellung sowie jeder Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern haben die Geschäftsführer unverzüglich durch den Bundesanzeiger und die im Gesellschaftsvertrag für die Bekanntmachung der Gesellschaft bestimmten anderen öffentlichen Blättern bekanntzumachen und die Bekanntmachung zum Handelsregister einzureichen.“ 122 Durch das Verschmelzungsrichtliniengesetz vom 25. 10. 1982, BGBl. I S. 1425, wurde der Verweis auf § 37 AktG angepasst. Durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22. 03. 2005, BGBl. I S. 837, wurde in § 52 Abs. 2 S. 2 GmbHG a.F. die Bekanntmachung „durch den Bundesanzeiger und die im Gesellschaftsvertrag für die Bekanntmachung der Gesellschaft anderen bestimmten öffentliche Blätter“ durch die „Gesellschaftsblätter“ ersetzt. Durch das Gesetz über elektronische Handels- und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. 11. 2006 (EHUG), BGBl. I S. 2553, welches unter anderem der Umsetzung der novellierten Publizitätsrichtlinie (Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 07. 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. Nr. L 221, S. 13) diente, wurde die Art der Bekanntmachung reformiert. 123 Siehe 1. Teil, G. 124 Erwägungsgründe Nr. 2 – 4 der Richtlinie 68/151/EWG, vgl. S. 63 Fn. 119; Grohmann, Informationsmodel im europäischen Gesellschaftsrecht, S. 129; Einmahl, AG 1969, 133.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

wichtigen Vorgänge in der Gesellschaft den Schutz des Rechtsverkehrs und insbesondere der Gläubiger zu verbessern.125 Die Publizitätsrichtlinie wurde inzwischen durch die Richtlinie 2009/101/EG126 aufgehoben, die entsprechende Publizitätspflicht findet sich weiterhin inhaltsgleich in deren Art. 2 lit. d) ii). Der deutsche Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass sich diese Publizitätspflicht auch auf den fakultativen Aufsichtsrat beziehe, da dieser ein „gesetzlich vorgeschriebenes Gesellschaftsorgan“ sei.127 Angesichts des Wortlauts des Art. 2 lit. d) ii) der Richtlinie 2009/101/EG stellt sich dann dennoch die Frage, ob diese einen rein freiwillig einzurichtenden Aufsichtsrat erfasst. So nennt Art. 2 lit. d)128 ein gesetzlich vorgesehenes Gesellschaftsorgan. In der Literatur findet sie die Interpretation, dass das Organ gesetzlich vorgeschrieben sein müsse,129 eine freiwillige Errichtung daher nicht erfasst sei.130 Allerdings erfolgt dieser Einwand in Hinblick auf die Errichtung eines Beirats, für welchen sich keinerlei gesetzliche Regelung findet. So wurde auch vorgebracht, dass gesetzlich vorgesehen etwas anderes sei, als vertraglich vorgesehen: Wenn die Gesellschafter völlig frei in der Entscheidung über die Errichtung eines Aufsichtsrats seien, dann auch in der Entscheidung, ob sie einen solchen offenlegen.131 Der Schluss aus der freien Entscheidung über das „Ob“ der Errichtung auf die freie Entscheidung auch über die Bekanntmachung dieser Entscheidung ist jedoch nicht zwingend. Es ist gerade zu fragen, ob nicht ein schutzwürdiges Vertrauen in die Tätigkeit eines Aufsichtsrats besteht, sofern ein solcher errichtet ist, was nicht davon abhängen kann, ob Außenstehende per se von der Errichtung des Aufsichtsrats 125 Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 246 (S. 129); Grohmann, Informationsmodel im europäischen Gesellschaftsrecht, S. 131. 126 Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. 09. 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. Nr. L 258 S. 11. 127 Bgrd. zu § 52 GmbHG-RegE, BT-Drucks. 5/3862 S. 16. So auch Ankele, GmbHR 1969, 52, 55. 128 Art. 2 lit. d) RL 2009/101/EG: „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit sich die Pflicht zur Offenlegung hinsichtlich der in Artikel 1 genannten Gesellschaften mindestens auf folgende Urkunden und Angaben erstreckt: […] d) die Bestellung, das Ausscheiden sowie die Personalien derjenigen, die als gesetzlich vorgesehenes Gesellschaftsorgan oder als Mitglieder eines solchen Organs i) befugt sind, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten; bei der Offenlegung muss angegeben werden, ob die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen die Gesellschaft allein oder nur gemeinschaftlich vertreten können; ii) an der Verwaltung, Beaufsichtigung oder Kontrolle der Gesellschaft teilnehmen;“. 129 Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 249 (S. 130). 130 Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 249 (S. 130); Grohmann, Informationsmodel im europäischen Gesellschaftsrecht, S. 135; Schürnbrand, Organschaft, S. 51 Fn. 107 (die Richtlinie erfasse keine „freiwilligen Organe“). 131 So Eingabe der Centrale für Gesellschaften mbH vom 10. 03. 1969, GmbHR 1969, 51, 52.

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ausgehen dürfen. Versteht man den Wortlaut daher nicht dahingehend, dass das Organ von Gesetzes wegen zu errichten ist, sondern verlangt lediglich, was der Wortlaut nahelegt, dass das nationale Umsetzungsgesetz ein solches Organ (wenn auch fakultativ) vorsieht, ist der Aufsichtsrat des § 52 GmbHG erfasst. In der englischsprachigen Fassung der Richtlinie ist die Rede von „the appointment, termination of office and particulars of the persons who either as a body constituted pursuant to law or as members of any such body“ und damit von einem entsprechend dem Gesetz, also in Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen eingerichteten Organ, was auch auf fakultative Organe zutrifft. Zudem soll die zweite Variante des Art. 2 d) in erster Linie Aufsichtsorgane in einer dualistischen Gesellschaftsstruktur erfassen132 und damit gerade einen Aufsichtsrat nach deutschem Gesellschaftsrecht. Die Interpretation des gesetzlich vorgesehenen Organs im Sinne eines im Gesetz auch nur fakultativ vorgesehenen Organs erscheint auch zweckgemäß, da nur in diesen Fällen ein Vertrauen auf eine bestimmte Organstruktur und eine bestimmte Funktionswahrnehmung durch das Organ überhaupt entstehen kann. Bei einem gesetzlich nicht vorgesehenen Organ können sich aus dem Gesetz auch keine Befugnisse des Organs ergeben. Der Rechtsverkehr kann allein aus der Kenntnis vom Bestehen eines Organs und der Identität der Mitglieder keine verwertbare Information erlangen, wenn er die Funktion des Organs nicht kennt. Anders ist dies bei einem im Gesetz (wenn auch fakultativ) vorgesehenen Aufsichtsrat. Hier ergibt sich für den Rechtsverkehr bereits aus dessen Bezeichnung entsprechend dem aus anderen Rechtsformen bekannten Aufsichtsrat und den zumindest subsidiär zugewiesenen Kompetenzen, dass es sich um ein dem aktienrechtlichen Aufsichtsrat zumindest vergleichbares Kontrollorgan handelt. Auch der nationale Gesetzgeber ging bei der Umsetzung der Richtlinie davon aus, dass die Richtlinie in erster Linie den Schutz der Gläubiger sicherstellen will.133 Den Zweck des § 52 Abs. 3 GmbHG allein im Schutz der Gläubiger und nicht etwa dem der Gesellschafter zu sehen, ist auch naheliegend. Anders als die Gläubiger, erfahren die Gesellschafter in der Regel nicht erst durch die entsprechenden Veröffentlichungen von der Identität der Aufsichtsratsmitglieder.134 Vor diesem Hintergrund ist auch zu sehen, dass nach § 52 Abs. 3 GmbHG neben der Identität der Aufsichtsratsmitglieder – anders als nach den Vorgaben der Richtlinie – auch deren Beruf und damit die Qualifikation der Organmitglieder für ihr Amt zu veröffentlichen ist, welche entscheidend für die individuelle Qualität der Kontrolltätigkeit der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder und damit die effiziente Kontrolle der Geschäftsführer ist. Das Erfordernis der Berufsangabe belegt daher, dass Zweck der Angaben nicht lediglich die Identifikation der Aufsichtsratsmitglieder sein kann, sondern auch eine 132 Vgl. Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, S. 429; Lutter, EuR 1969, 1, 12. 133 Vgl. Begr. BT-Drucks. 5/3862, S. 8: „Die in der Richtlinie für diese Gesellschaftsformen vorgeschriebenen Koordinierungsmaßnahmen erstrecken sich auf folgende drei Gebiete: 1. die Publizität bestimmter, vor allem für die Gläubiger wesentlicher Verhältnisse, …“. 134 So Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 753.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

Beurteilung deren Qualifikation ermöglichen soll.135 Ein solches Informationsbedürfnis auch betreffend die Qualifikation wird dem gegenüber für Geschäftsführungsorgane nicht gesehen; hier will das Gesetz lediglich die Identifikation der jeweiligen Organwalter sicherstellen. So ist bei der Veröffentlichung der Geschäftsführer nach § 39 GmbHG, § 43 Nr. 4 lit. b HRV neben dem Namen und Geburtsdatum nur der Wohnort anzugeben, welcher ebenfalls lediglich der Identifikation dienen soll.136 Nichts anderes gilt nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG für die erforderlichen Angaben hinsichtlich der Gesellschafter in der Gesellschafterliste, welche ebenfalls keine Veröffentlichung einer Berufsangabe vorsieht. bb) § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG Eine weitere, zwingend137 zu beachtende Publizitätspflicht enthält § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG, nach welcher auf allen Geschäftsbriefen, sofern die Gesellschaft einen Aufsichtsrat gebildet und dieser einen Vorsitzenden hat, der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen anzugeben ist. Zweck des § 35a GmbHG ist die Information des Rechtsverkehrs. So soll, indem die Gläubiger Informationen über die Gesellschaft erhalten, insbesondere der Geschäftsverkehr mit der Gesellschaft erleichtert werden.138 Es stellt sich daher die Frage, ob die entsprechende Angabepflicht in Bezug auf den Aufsichtsratsvorsitzenden ebenfalls im Interesse des Rechtsverkehrs besteht. Zwar wurde § 35a GmbHG – ebenso wie die Regelung des § 52 Abs. 3 GmbHG – durch das 1. Koordinierungsgesetz von 1969139 eingeführt, welches der Umsetzung der Publizitätsrichtlinie diente. Nach Art. 5 der Richtlinie 2009/101/EG sind auf Briefen und Bestellscheinen bestimmte Angaben zur Identifikation der Gesellschaft zu machen. Jedoch beruht die Pflicht, insoweit auch Angaben über die Geschäftsführer und die Aufsichtsräte zu machen, nicht auf der Richtlinie. Die entsprechende Veröffentlichungspflicht wurde erstmals durch das Umsetzungsgesetz zur Richtlinie aufgenommen. Für die Aktiengesellschaft fand sich eine entsprechende Pflicht zuvor in § 80 AktG a.F., auf die § 52 Abs. 1 GmbHG allerdings nicht verwies. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es hierzu, dass die entsprechenden Angabepflichten des Aktienrechts übernommen wurden, da Dritte, die mit der Gesellschaft in Geschäftsverbindung träten, ein berechtigtes Interesse daran hätten, 135

So auch E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 453, der den vertrauensbildenden Charakter der Angaben gerade aufgrund der Berufsangabe hervorhebt. 136 MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, § 39 Rn. 5. 137 Vgl. Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, § 35a Rn. 14; Baumbach/Hueck/ Noack, § 35a Rn. 4 und 9; Michalski/Lenz, § 35a Rn. 2; Ulmer/Paefgen, § 35a Rn. 42; Roth/ Altmeppen, § 35a Rn. 3; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, § 35a Rn. 24. 138 Ulmer/Paefgen, § 35a Rn. 7; Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, § 35a Rn. 3; Baumbach/Hueck/Noack, § 35a Rn. 1; Roth/Altmeppen, § 35a Rn. 1; Michalski/Lenz, § 35a Rn. 1; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, § 35a Rn. 2. 139 Gesetz v. 15. 08. 1969, BGBl. I S. 1146.

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darüber unterrichtet zu werden, wer die Geschäftsführer und, falls nach dem Gesetz ein Aufsichtsrat gebildet werden muss, wer der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist.140 Damit sollte sich die Offenlegungspflicht zunächst nur auf den obligatorischen Aufsichtsrat beziehen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren stimmte aber die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrates zu, die Vorschrift auch auf fakultative Aufsichtsräte zu erstrecken, da der Zweck der Vorschrift eine Differenzierung zwischen fakultativem und obligatorischem Aufsichtsrat nicht rechtfertige.141 Nach der Vorstellung des Gesetzgebers besteht damit ein berechtigtes Interesse des Rechtsverkehrs, auch von den Personalien des fakultativen Aufsichtsratsvorsitzenden zu erfahren. Die entsprechende Änderung war allerdings nicht unumstritten. So wurde auch an dieser Stelle gegen ein berechtigtes Interesse Dritter, über den Aufsichtsratsvorsitzenden unterrichtet zu werden, vorgebracht, dass wenn die Gesellschaft frei entscheiden könne, ob sie einen Aufsichtsrat einrichtet, sie auch über dessen Offenlegung frei entscheiden können soll.142 Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Norm, welche nicht mehr zwischen fakultativem und obligatorischem Aufsichtsrat differenziert, geht die einhellige Meinung dennoch von der Anwendbarkeit der entsprechenden Publizitätspflicht auf den fakultativen Aufsichtsrat aus.143 Entsprechende Angabepflichten waren aber auch zuvor nicht völlig unbekannt. So waren für die Aktiengesellschaft entsprechende Angaben auf Geschäftsbriefen erstmals durch § 100 AktG 1937 verpflichtend eingeführt worden, welche mit dem AktG 1965 dann inhaltsgleich in § 80 AktG a.F. überführt wurden. Auch diese Veröffentlichungspflicht sollte nach dem Willen des Gesetzgebers den Zweck erfüllen, die verantwortlichen Personen innerhalb der Gesellschaft klarer herauszustellen, denn „jeder der mit der Gesellschaft in Verbindung steht, [soll] ohne weitere Nachforschungen ersehen können, in wessen Händen die Geschicke der Gesellschaft liegen, der er sein Geld anvertraut oder mit der er Geschäfte schließen will.“144 Ziel war, die Anonymität der Aktiengesellschaft zu vermindern.145 Auch in der Begründung zu § 80 RegE 1965 heißt es, die Vorschrift habe den Zweck, es jedem, der mit der Gesellschaft in Verbindung trete, ohne größeren Aufwand zu ermöglichen, zu 140 Begrd. des RegE, BT-Drucks. 5/3862 S. 16. Die Formulierung in § 35a GmbHG-RegE lautete: „sofern die Gesellschaft nach gesetzlicher Vorschrift einen Aufsichtsrat zu bilden hat“. 141 So die Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drucks. 5/3862, Anlage 2, S. 21; dem folgend die Auffassung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drucks. 5/3862, Anlage 3, S. 23. 142 Eingabe der Centrale für Gesellschaften mbH vom 10. 03. 1969, GmbHR 1969, 51, 52. 143 Vgl. etwa Baumbach/Hueck/Noack, § 35a Rn. 9; Michalski/Lenz, § 35a Rn. 2; Scholz/ Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, § 35a Rn. 14; Ulmer/Paefgen, § 35a Rn. 42; Roth/Altmeppen, § 35a Rn. 3; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, § 35a Rn. 24; Kreplin, BB 1969, 1112, 1114; Meyer-Ladewig, MDR 1969, 818, 820. 144 So die amtliche Begründung zu § 100 AktG-RegE, zitiert nach Klausing, AktG 1937, S. 86. 145 So die amtliche Begründung zu § 100 AktG-RegE, zitiert nach Klausing, AktG 1937, S. 86; Baumbach/Hueck, AktG, 6. Aufl. 1949, § 100 Anm. 1; Gadow/Heinichen/Schmidt, AktG, 1. Aufl. 1939, § 100 Einleitung.

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ermitteln, wer die Gesellschaft leite.146 Beide Begründungen sprechen daher dafür, dass auch bereits die aktienrechtliche Veröffentlichungspflicht im Interesse des Rechtsverkehrs und damit auch der Gläubiger aufgenommen wurde, zumal diese in der Regel Adressaten des Publizitätsmittels, also der Geschäftsbriefe sind. Dennoch geht Einmahl davon aus, dass die Regelung in § 100 AktG 1937 einen anderen Zweck verfolgt haben soll als die Regelung in der Publizitätsrichtlinie. Erstere wolle lediglich der Öffentlichkeit die Möglichkeit eröffnen, sich darüber zu informieren, wem die Geschicke der Gesellschaft anvertraut sind und damit ein „gewisses persönliches Element in die Beziehung zu großen Kapitalgesellschaften“ einbringen; der Gedanke des Gläubigerschutzes soll dahingegen im Hintergrund gestanden haben.147 Für diesen Befund verweist er auf eine Kommentarstelle – aus der Zeit des Nationalsozialismus – zu § 100 AktG, die darauf abstellt, dass durch die Vorschrift die leitenden Persönlichkeiten der Gesellschaft veranlasst werden sollen, „das anonyme Kapital im Interesse der gesamten Volkswirtschaft“148 zu verwenden. Die Gesetzesbegründung zu § 100 AktG 1937149 erwähnt jedoch nicht den Schutz „volkswirtschaftlicher“ Interessen, sondern lässt den Schluss zu, dass die Interessen des Rechtsverkehrs und insbesondere der Gläubiger befriedigt werden sollten. Auch Einmahl geht dann davon aus, dass mit der Regelung in § 80 AktG 1965 eine Umorientierung begonnen habe; die Neuregelungen von 1969 in § 80 AktG und § 35a GmbHG sollten vollends dem Gläubigerschutz dienen.150 Der fehlende Aufnahme eines Verweises auf § 100 AktG 1937 in § 52 Abs. 1 GmbHG ist zu einen damit zu begründen, dass bis zum Erlass von § 35a GmbHG im Jahr 1969 keines der Reformvorhaben in Bezug auf das GmbHG erfolgreich abgeschlossen wurde. Zudem sah man, anders als bei der Aktiengesellschaft, das Problem der „Anonymität der Kapitalgesellschaft“ für die Reform des GmbHG als nicht entscheidend an. So wurde bereits in den Vorarbeiten zum Entwurf eines GmbHG von 1939 das Problem der Anonymität vom Vorsitzenden des Ausschusses für Gesellschaften mit beschränkter Haftung als „Verkennung des Wesens der 146 Begr. zu § 80 AktG-RegE, zitiert nach Kropff/Thölke, AktG 1965, S. 101. So auch: Baumbach/Hueck, AktG, 13. Aufl. 1968, § 80 Rn. 1. In der Literatur wird teilweise noch auf die Begründung zu § 100 AktG, der Anonymität in der Gesellschaft entgegenzuwirken, verwiesen: Godin/Wilhelmi, AktG, 3. Aufl. 1967, § 80 Anm. 2. 147 Einmahl, AG 1969, 131, 135. 148 Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG, 3. Aufl. 1939, § 100 Rn. 1. Dort findet sich auch die Aussage, dass „die nationalsozialistische Rechts- und Wirtschaftsordnung […] die juristische Person nicht durch die Brille der juristischen Fiktion [sehe], sondern […] ihr tatsächliches Erscheinungsbild“. Die handelnden Personen seien „der Öffentlichkeit für das Kapital verantwortlich.“ Daraus folge „daß sie nicht im Hintergrund stehen dürfen. Die Öffentlichkeit [habe] einen berechtigten Anspruch darauf, sie zu kennen.“ 149 Vgl. S. 67 Fn. 144. Gadow/Heinichen/Schmidt, AktG, 1. Aufl. 1939, § 100, Einleitung, stellt ebenfalls allein auf den Schutz der mit der Gesellschaft in geschäftliche Beziehungen tretenden Personen ab. Nur auf die Verhinderung der Risiken der Anonymität des Gesellschaftsrechts abstellend: Baumbach/Hueck, AktG, 6. Aufl. 1949, § 100 Anm. 1; Teichmann/ Koehler, AktG, 2. Aufl. 1939, § 100 vor Anm. 1. 150 Einmahl, AG 1969, 131, 135.

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GmbH“151 bezeichnet. Von einer Anonymität wie bei der Aktiengesellschaft könne in der GmbH nicht gesprochen werden; insbesondere wer Geschäftsführer sei, ergebe sich für jeden erkennbar aus dem Handelsregister.152 Dennoch wurden bereits im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens entsprechende Angaben auf Geschäftsbriefen gefordert, wobei allerdings anders als in der Regelung des Aktiengesetzes von 1937, das allerdings noch nicht erlassen war, nur die Nennung der Gesellschafter, nicht der Geschäftsführer oder Aufsichtsratsmitglieder gefordert wurde. Der Vorschlag, welcher an eine entsprechende Regelung im englischen companies act angelehnt war, verfolgte das Ziel, durch die Publizitätspflicht, die Interessen der Wirtschaft zu wahren.153 In den Ausschusssitzungen zur Reform des GmbHG wurde dann statt der Offenlegung der Gesellschafter auf den Geschäftsbriefen, in Anlehnung an § 100 AktG 1937, die Einführung einer entsprechenden Veröffentlichungspflicht hinsichtlich der Geschäftsführer diskutiert. Gegen eine Aufnahme auch der Gesellschafter wurde dabei angeführt, dass dies nicht notwendig sei, da sich die entsprechende Liste der Gesellschafter aus dem Handelsregister ergebe.154 Daher wurde auch im zweiten Arbeitsbericht des Ausschusses die Forderung nach einer Offenlegung der Geschäftsführer auf den Geschäftsbriefen der GmbH aufgenommen.155 Dort findet sich auch die Aussage, dass bereits bei der Neuregelung des Aktiengesetzes das „Abwehrmittel“ gegen die Anonymität und damit die Gefahren für die Gläubiger in der Publizität gesehen wurde; die Gläubiger sollten zumindest die Möglichkeit haben, die Personen, welche auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss nehmen können, zu kennen.156 In der Folge wurde dann auch in § 58 GmbHG-RefE von 1939157 eine an § 100 AktG 1937 angelehnte Offenlegungspflicht auf Geschäftsbriefen vorgesehen, die sich jedoch nur auf die Offenlegung der Identität der Geschäftsführer bezog. Die Mitglieder des Aufsichtsrats oder dessen Vorsitzender waren nicht erfasst. Auf diesen Umstand gehen die Begründung des Entwurfs und der zweite Ausschussbericht allerdings nicht ein.158 Hinsichtlich der Offenlegung der 151 Klausing, Neuordnung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Erster Arbeitsbericht, Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht, 1938, S. 16; dagegen aber Crisolli, NSHandbuch, 1934, S. 1155, 1158. 152 Klausing, Neuordnung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Erster Arbeitsbericht, Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht, 1938, S. 16. 153 Crisolli, NS-Handbuch, 1934, S. 1155, 1159, der dabei, anders als Klausing, einen Schwerpunkt auf die Verhinderung der Anonymität der Gesellschaft legt. 154 Ebbecke, Bericht über die fünfte Sitzung des Ausschusses, S. 9, in: Schubert, Akademie für deutsches Recht, 1933 – 1945, Protokolle der Ausschüsse. Band II, Ausschuss für G.m.b.H.Recht, S. 344: „möchte ich sagen, daß es nicht schaden wird, wenn der Name des Geschäftsführers auf die Geschäftsbogen aufgedruckt wird.“ 155 Klausing, Neuordnung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Zweiter Arbeitsbericht, Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht, 1940, S. 52. 156 Klausing, Neuordnung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Zweiter Arbeitsbericht, Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht, 1940, S. 50. 157 Zitiert nach Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 109. 158 Begründung zu § 58 RefE, zitiert nach: Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 172.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

Aufsichtsratsmitglieder findet sich allerdings – in Anlehnung an § 244 HGB a.F. – in § 72 GmbHG-RefE 1939159 die Pflicht, Name, Stand und Wohnort der Aufsichtsratsmitglieder zum Handelsregister anzuzeigen, welche zwingend ausgestaltet war. Unabhängig von der Frage, ob bereits der Gesetzgeber von 1939 von einem beachtlichen Interesse des Rechtsverkehrs ausging, von der Identität des Aufsichtsratsvorsitzenden bzw. aller Aufsichtsratsmitglieder zu erfahren, wurde damit im Ergebnis spätestens mit der Einführung des § 35a GmbHG eine entsprechende Verkehrserwartung anerkannt. cc) §§ 325 ff., 285 Nr. 10 HGB Neben § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG und § 52 Abs. 3 GmbHG finden sich noch weitere Publizitätspflichten in Hinblick auf den fakultativen Aufsichtsrat. So sind auch für die GmbH gem. § 285 Nr. 10 HGB160 im Anhang des nach § 264 Abs. 1 HGB aufzustellenden Jahresabschlusses alle Mitglieder des Aufsichtsrates mit Familienund Vornamen einschließlich des ausgeübten Berufs zu nennen. Auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist zu bezeichnen. Diese Pflicht betrifft auch ein freiwillig eingerichtetes Kontrollorgan161 und damit den Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG. Die Pflicht entfällt gem. §§ 267 Abs. 1, 288 Abs. 1 Nr. 1 HGB162 für kleine Kapitalgesellschaften; mittelgroße Kapitalgesellschaften sind nach § 288 HGB nicht von der Veröffentlichungspflicht ausgenommen. Der Anhang ist zusammen mit dem Jahresabschluss unabhängig von der Größe der Gesellschaft nach §§ 325, 326, 327 HGB zum Bundesanzeiger einzureichen. Dieser wird dort und gem. § 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB im Unternehmensregister veröffentlicht. 3. Folgen für die Gestaltungsfreiheit Dem Einwand, dass bei der Anwendung der aktienrechtlichen Normen auf den Aufsichtsrat zu bedenken sei, dass es sich beim Aufsichtsrat der GmbH nicht um einen Ersatz für eine staatliche Aufsicht, sondern ein allein vom Willen der Gesellschafter getragenes Gremium handele, das damit allein im Interesse der Ge159

Zitiert nach Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 113. Eingeführt durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19. 12. 1985 (BGBl. I S. 2355). 161 Vgl. MünchKommHGB/Poelzig, § 285 Rn. 230; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, J. XI. Rn. 310; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Böcking/Gros, HGB, § 285 Rn. 15; Staub/Hüttemann/Meyer, HGB, § 285 Rn. 78; MünchKommHGB/Poelzig, § 285 Rn. 232 (analoge Anwendung). 162 Durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) vom 17. 07. 2015, BGBl. I S. 1245, wurde der Verweis auf § 285 Nr. 10 HGB in § 288 Abs, 1 Nr. 1 HGB aufgenommen. Zuvor waren gem. §§ 264 Abs. 1 S. 5, 267 HGB lediglich Kleinstkapitalgesellschaften von der Veröffentlichung befreit. Begründet wurde die Ausweitung der Befreiung damit, dass die zugrunde liegende Richtlinie die Veröffentlichung nicht verlange, so RegE BilRUG, BT-Drucksache 18/4050, S. 69. 160

B. Beschränkung der gewährten Gestaltungsfreiheit

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sellschafter bestehe,163 kann nicht vollumfänglich gefolgt werden. Die bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats zu berücksichtigenden Interessen sind nicht deckungsgleich mit den durch den Aufsichtsrat zu beachtenden Interessen. Letztere sind für die Frage der Ausgestaltung zunächst nicht entscheidend. Insbesondere der Einführung der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG lag der Gedanke des Gläubigerschutzes zugrunde. Diese Regelungen zur Publizität und die damit erzeugte Außenwirkung des Aufsichtsrats hat zur Folge, dass der Rechtsverkehr, indem er über das Bestehen eines Aufsichtsrats sowie dessen Mitglieder informiert wird, auch darauf vertrauen darf, dass es sich bei dem vorhandenen Organ um ein zusätzliches Organ zur Kontrolle der Geschäftsführer handelt. Damit ist auch ein Vertrauen des Rechtsverkehrs in das Bestehen eines Aufsichtsrats, welcher zumindest in Anlehnung an den aus dem Aktienrecht bekannten Aufsichtsrat ausgestaltet ist, gerechtfertigt. Die Gesellschafter können in der Folge den Aufsichtsrat nicht beliebig ausgestalten. Nicht nur die Interessen der Gesellschafter, sondern auch die der Gesellschaftsgläubiger begrenzen die Gestaltungsfreiheit bei Errichtung und Ausgestaltung des Aufsichtsrats. Zwar wird gegen eine zwingende Beachtung der Interessen des Rechtsverkehrs angeführt, dass, indem die Gesellschafter frei über die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats entscheiden können, ihnen erst recht dessen Ausgestaltung frei zustehen müsse. So sollen nur die Interessen der Gesellschafter beachtlich sein, da diese frei entscheiden können, „ob“ sie ein solches Organ errichten und sie „ihr“ Organ auch jederzeit wieder auflösen können, sodass aufgrund der jederzeitigen Möglichkeit des Wegfalls kein beachtliches Vertrauen in das Organ entstehen könne.164 Dieser Schluss kann aber gerade nicht gezogen werden. Die Frage, ob die Gesellschaftsgläubiger ein berechtigtes Vertrauen in die Ausgestaltung eines Organs als Kontrollorgan und damit die Kontrolle der Geschäftsführer bilden dürfen, ist nicht vom Vertrauen in das unabänderliche Bestehen eines solchen Organs abhängig. Sofern ein als Aufsichtsrat bezeichnetes Organ besteht und dies entsprechend publik gemacht wird, müssen die Gläubiger gerade darauf vertrauen dürfen, dass dieses Organ die Aufgaben eines Aufsichtsrats erfüllt. Dieses Vertrauen bezieht sich dabei allerdings nicht auf das zeitlich unbegrenzte Bestehen eines solchen Organs, sondern nur auf dessen Aufgabenwahrnehmung, und zwar für die Dauer seines Bestehens. Die Gläubiger können zudem ebenso von der Auflösung eines Aufsichtsrats wie von dessen Begründung erfahren, zumal die Auflösung des Aufsichtsrats aufgrund der damit zwangsläufig einhergehenden Beendigung der Mitgliedschaft der Aufsichtsratsmitglieder im Aufsichtsrat ebenso nach § 52 Abs. 3 GmbHG bekannt zu machen 163

MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 13. So auch schon Molitor, Die ausländische Regelung der G.m.b.H., 1927, S. 60, der vorbrachte, dass ein von den Gesellschaftern bestellter und damit von ihnen abhängiger Aufsichtsrat nicht die Interessen der Gläubiger wahren könne. 164 So in neuerer Zeit etwa OVG Münster GmbHR 2010, 92, 94; Kiehte, NZG 2006, 45, 49 (zur Begründung der weisungsabhängigen Gestaltung des Aufsichtsrats); Lohner/Zieglmeier, BayVBl. 2007, 581, 588; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 340.

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2. Teil: Dogmatische Einordnung der Gestaltungsfreiheit

ist. Auch die Angaben nach § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG entfallen mit Auflösung des Aufsichtsrats. Weiter wird vorgebracht, dass, wenn die Gesellschafter ganz auf die Einrichtung eines Kontrollorgans verzichten könnten, erst recht weniger geeignete Aufsichtsratsmitglieder bestellt oder ein Weisungsrecht vorgesehen werden könnten.165 Insbesondere im Fall eines weisungsabhängig ausgestalteten Aufsichtsrats wird gegen ein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsverkehrs eingewandt, dass der öffentlich zugängliche Gesellschaftsvertrag, der ein Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung vorsehe, das Vertrauen des Rechtsverkehrs zerstöre.166 Dies verkennt, dass parallel zur „normalen“ Handelsregisterpublizität nach §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG nur das Vorhandensein eines „Aufsichtsrats“ und dessen Mitglieder publik zu machen ist, ohne dass insbesondere auf Geschäftsbriefen auf die konkrete Ausgestaltung Bezug genommen werden müsste. In Bezug auf die Ausgestaltung kann sich damit gerade ein berechtigtes Vertrauen bilden.

165

Lohner/Zieglmeier, BayVBl. 2007, 581, 588; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 340. Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 25 f. Zur Frage der Zulässigkeit einer solchen weisungsabhängigen Ausgestaltung siehe 5. Teil B. 166

Dritter Teil

Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit Der dritte Teil dieser Arbeit beschäftigt sich zunächst mit den Grenzen der Gestaltungsfreiheit, welche in Bezug auf die formellen Anforderungen sowohl bei der Errichtung als auch der Ausgestaltung des Aufsichtsrats bestehen. Es sind die Anforderungen darzustellen, welche sich aus der dogmatischen Einordnung des § 52 GmbHG einerseits als Anregungsnorm ergeben und damit die formellen Voraussetzungen der Ausübung der gewährten Wahlfreiheit sowie andererseits der Einordnung als Norm, die eine inhaltliche Dispositionsfreiheit ermöglicht und damit die formellen Anforderungen an eine Ausgestaltung des Aufsichtsrats abweichend von der Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG.

A. Formelle Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats Zunächst wird der Frage nachzugehen sein, welche formellen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein „Gebilde“ unter den Begriff des fakultativen Aufsichtsrats gem. § 52 GmbHG fallen kann. Es geht um die Anforderungen, die an die Regelung der Gesellschafter zur Errichtung eines Aufsichtsrats zu stellen sind. § 52 Abs. 1 GmbHG verlangt ausdrücklich, dass ein Aufsichtsrat „nach dem Gesellschaftsvertrag“ zu „bestellen“ ist.

I. Regelung auf gesellschaftsvertraglicher Ebene Ein zusätzliches Gremium in der GmbH kann prinzipiell auf schuldrechtlicher oder organschaftlicher Ebene eingesetzt werden. Die hieraus jeweils resultierende Stellung ist entscheidend für die Anwendung des § 52 GmbHG. Dessen Abs. 1 verlangt, dass der Aufsichtsrat im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein muss. Dies allein hat zwar zunächst keine zwingende Auswirkung auf die Stellung des Gremiums. In einem Gesellschaftsvertrag sind auch nichtkorporative Bestandteile denkbar. Jedoch legt der Verweis auf die aktienrechtlichen Regelungen zum dortigen organschaftlichen Aufsichtsrat nahe, dass es sich um ein dem aktienrechtlichen Aufsichtsrat zumindest vergleichbares Gremium und mithin um ein Organ der

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Gesellschaft handeln soll. Daher wird auch überwiegend davon ausgegangen, dass nur organschaftliche Gremien von § 52 GmbHG erfasst werden. Ein schuldrechtliches Kontrollgremium sei kein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG.1 Ein Organ der Gesellschaft entsteht aufgrund seiner Errichtung im Gesellschaftsvertrag; es kann nicht auf schuldrechtlicher Basis errichtet werden.2 § 52 Abs. 1 GmbHG wird daher auch als Formvorschrift verstanden.3 Aus der Organstellung des fakultativen Aufsichtsrats ergibt sich, dass für dessen Begründung zwingend die Aufnahme einer Regelung in den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder dessen spätere Änderung erforderlich ist. Die Anerkennung durch die Gesellschafter auf andere Weise als durch Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag reicht nicht aus. Die Bildung von Gesellschaftsorganen und die Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse müssen in jedem Fall durch eine Satzungsregelung erfolgen.4 Es ist daher auch allgemeine Meinung, dass der Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG bei der Gründung der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag geregelt werden oder durch spätere Satzungsänderung in diesen aufgenommen werden muss; ein einfacher Gesellschafterbeschluss reicht nicht aus.5 Für die Errichtung ist grundsätzlich die Gesellschafterversammlung zuständig. Die Errichtung im Gesellschaftsvertrag bedarf bei der Gründung der Zustimmung aller Gesellschafter. Eine spätere Errichtung erfolgt im Wege der Satzungsänderung; dabei sind die Erfordernisse der §§ 53, 54 GmbHG einzuhalten. Erforderlich ist damit insbesondere ein Beschluss mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen.6 1 Allg.M., vgl. statt vieler Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 3 und Rn. 49; Michalski/ Giedinghagen, § 52 Rn. 7; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 3; Wicke, § 52 Rn. 3; Lutter/ Hommelhoff, § 52 Rn. 3; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 2. 2 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 55; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 17. 3 So van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 453. 4 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 17; Ulmer/Löbbe, § 3 Rn. 39; für den Beirat: H. Huber, Der Beirat, S. 24 f.; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 55. A.A. Mertens, FS Stimpel, 1985, S. 417 mit Verweis auf Ulmer, FS Werner, S. 911, 923 sowie Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 8 und Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 23 ff. Dort finden sich aber keine entsprechenden Aussagen. Hölters verlangt auf S. 10 explizit die rechtliche Verankerung in der Satzung. Auch Voormann differenziert zwischen schuldrechtlichen und integrierten Beiräten, wobei nur letztere Organe der Gesellschaft seien (S. 63). Ulmer behandelt an der betreffenden Stelle die Begründung von Rechten ad personam. 5 Allg.M., siehe Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 4; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 2; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 34; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1108; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 15; GmbH-Handbuch/Fuhrmann, Rn. I 1771. Für den Beirat vgl. v. Mangoldt, Der Beirat, S. 111; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 52; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 13, 17 und 21; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 48. 6 Ganz h.M., Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 7; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1183 (S. 469 f.); Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 16; Scholz/Uwe H. Scheider, § 52 Rn. 2.

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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Das Mehrheitserfordernis des § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG ist jedoch nicht gänzlich unumstritten. So kritisierte einerseits bereits Feine, die Errichtung und Ausgestaltung des Aufsichtsrats der Mehrheit zu überlassen.7 Er spricht sich – rechtspolitisch – für ein geringeres Quorum aus und damit für die Ausgestaltung des Aufsichtsrats als Instrument des Minderheitenschutzes, was vor dem Hintergrund der im GmbHG zunächst fehlenden Minderheitenrechte zu sehen ist. Eine Kontrolle sei immer dann wünschenswert, wenn Gesellschafterstellung und Geschäftsführung auseinander fielen.8 Konträr dazu verlangt im neueren Schrifttum van Venrooy9 Einstimmigkeit auch für die Errichtung im Wege der Satzungsänderung mit der Begründung, dass ansonsten infolge der mit der Errichtung einhergehenden Kompetenzverlagerung von der Gesellschafterversammlung auf den Aufsichtsrat, je nach Ausgestaltung, die Minderheitsgesellschafter entmachtet werden könnten. Dem ist, auch aus rechtspolitischer Sicht, nicht zu folgen. Eine pauschale Heraufsetzung des erforderlichen Quorums würde zum einen die Praktikabilität erheblich einschränken. Zudem wird zwar durch die Einrichtung eines Aufsichtsrats die Binnenorganisation der Gesellschaft geändert, jedoch trifft dies auch auf viele sonstige Satzungsänderungen zu, auf welche ebenfalls das Quorum des § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG anwendbar ist. Die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder ist dabei von der Entstehung des Aufsichtsrats zu unterscheiden. Die Bestellung kann zwar mit der Errichtung zusammenfallen, etwa wenn die Gesellschafter zur Errichtung bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses ermächtigt werden und diese dann mit dem Beschluss über die Bestellung der Mitglieder konkludent die Errichtung vornehmen. Zwingend ist dies aber nicht. 1. Abgrenzung zu schuldrechtlich fundierten Gremien Aufgrund der zwingenden organschaftlichen Struktur eines Aufsichtsrats im Sinne des § 52 GmbHG stellt sich die Frage, wie ein solcher von lediglich schuldrechtlich fundierten Kontrollgremien abzugrenzen ist. Ein schuldrechtlich begründetes Kontrollgremium bedarf keiner Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag. Er steht damit außerhalb des Kompetenzgefüges der Gesellschaft und hat keine Auswirkung auf deren Organisation. Mithin hat ein solches Gremium auch keine organschaftlichen Befugnisse.10 Zwischen den am Vertragsschluss Beteiligten entsteht ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem 7

Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 557. Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 557. 9 van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 454. 10 Allg. M., vgl. Weber, Außeneinfluss, S. 29 f.; zum schuldrechtlichen Beirat: Wiedemann, in FS Schilling, 1973, S. 105, 107; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 110; Härer, Beirat in der GmbH, S. 25; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 53 f.; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 14 f.; H. Huber, Der Beirat, S. 31; Wiedemann/Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 5 Rn. 17 (S. 45); Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 51; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 50 f. 8

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Charakter gem. §§ 675, 611 BGB.11 Allein aus diesem ergeben sich die Rechte und Pflichten der lediglich schuldrechtlich gebundenen Parteien. Auch eine Haftung kommt nur nach schuldrechtlichen Grundsätzen in Betracht. Der Haftungsmaßstab richtet sich nach den Anforderungen des Geschäftsbesorgungsvertrags und nicht nach dem Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Organmitglieds, wie es die § 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 116, 93 AktG bzw. die entsprechende Regelung in § 43 GmbHG für Organmitglieder verlangen. Die Abgrenzung zwischen schuldrechtlich und organschaftlich begründeten Kontrollgremien hat zunächst an dem formalen Kriterium der Normierung im Gesellschaftsvertrag anzusetzen. Ohne eine solche Regelung im Gesellschaftsvertrag handelt es sich lediglich um ein schuldrechtlich fundiertes Gremium.12 Eine Regelung im Gesellschaftsvertrag führt aber nicht zwangsläufig zu einem korporationsrechtlichen Status. Es ist zwischen sog. echten und unechten Satzungsbestandteilen zu differenzieren. Als sog. echte Satzungsbestandteile oder auch materielle Satzungsbestandteile werden diejenigen Abreden bezeichnet, durch die mit „unmittelbarer dinglicher oder organisationsrechtlicher Wirkung der Inhalt der Mitgliedschaftsrechte und -pflichten oder die organisationsbezogenen Grundlagen der Gesellschaft gestaltet werden sollen.“13 Kein korporationsrechtlicher Charakter liegt bei sog. unechten Satzungsbestandteilen vor, auch formelle Satzungsbestandteile genannt. Dies sind Bestimmungen, die kraft Gesetz oder Wille der Gesellschafter kein Bestandteil der Satzung sein sollen.14 Sie entfalten lediglich schuldrechtliche Wirkung zwischen den an der Vereinbarung – und somit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags – Beteiligten und nicht gegenüber zukünftigen Anteilserwerbern. Die fehlende Drittwirkung kann bei Aufsichtsgremien zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen. Bei jedem Anteilserwerb müsste erneut eine entsprechende Vereinbarung unter Einbeziehung des neuen Gesellschafters geschlossen werden. Die Einordnung einer Bestimmung als echten oder unechten Satzungsbestandteil hat durch Auslegung der betreffenden Bestimmung zu erfolgen.15 Es ist der von den Gesellschaftern mit der Regelung verfolgte, objektiv erkennbare Zweck zu ermitteln. Daher gilt es zu fragen, ob diese eine Verlagerung von Kompetenzen wollten und dem Aufsichtsrat von den Geschäftsführern und insbesondere der Gesellschafterver11

Vgl. etwa v. Mangoldt, Der Beirat, S. 110; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 14; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 51; jeweils zum schuldrechtlichen Beirat. Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 5 und ders., BB 1977, 105, geht für einen schuldrechtlichen Beirat von einem reinen Dienstvertrag aus; Ruter/Thümmel, Beiräte in mittelständischen Unternehmen, S. 62 spricht von einem Bündel von Dienst- und Geschäftsbesorgungsverträgen. 12 So Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 5 und Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 52, jeweils zum schuldrechtlichen Beirat. 13 Ulmer/Löbbe, § 3 Rn. 39. 14 Vgl. MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 18 ff.; speziell zum Beirat: Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 52. 15 Vgl. MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 22.

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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sammlung unabhängige Zuständigkeiten zustehen sollten,16 also originäre Kompetenzen begründet werden sollten. Die Aufnahme einer Regelung in den Gesellschaftsvertrag spricht im Zweifel für das Vorliegen eines echten Satzungsbestandteils17 und damit im Fall eines Aufsichtsrats für das Vorliegen eines Organs der Gesellschaft.18 2. Umfang der gesellschaftsvertraglichen Regelung Weiter ist zu untersuchen, welche Regelungen von der Form des § 52 Abs. 1 GmbHG erfasst sein müssen und damit, ob auch die konkrete Ausgestaltung des Aufsichtsrats – dessen Aufgaben, Haftung etc. – im Gesellschaftsvertrag geregelt werden muss oder ob dies auf andere Weise erfolgen kann, etwa durch einfachen Beschluss der Gesellschafterversammlung. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es zunächst darauf an, welche (in diesem Fall fakultativen) Regelungen zwingend in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind. Dies ergibt sich für die GmbH zunächst aus § 3 GmbHG. Daneben sind aber auch alle Regelungen, die das dispositive gesetzliche Normalstatut der GmbH ändern, also die Grundlagen der Gesellschaft, ihre Beziehungen zu den Gesellschaftern und die Rechtsstellung ihrer Organe,19 und damit einen organisationsrechtlichen Inhalt haben, in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.20 Hintergrund ist, dass diesen Regelungen für einen unbestimmten Personenkreis Bedeutung zukommt.21 Durch die Errichtung eines Aufsichtsrats und die damit verbundene Kreation eines zusätzlichen Organs greifen die Gesellschafter in die bisherige Organisationsstruktur der Gesellschaft ein. Da die Organisation der Gesellschaft – sofern von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden soll – nur im Gesellschaftsvertrag geregelt werden kann, sind alle auf diese und insbesondere die Kompetenzverteilung einwirkenden Regelungen in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. Daher geht auch die herrschende Meinung davon aus, dass neben der Errichtung auch alle grundlegenden Regelungen zur Ausgestaltung des Organs in den Gesellschaftsver-

16 So ähnlich für die Abgrenzung zwischen schuldrechtlichem und gesellschaftsrechtlichem Beirat bei Publikumspersonengesellschaften: Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 52. 17 Vgl. Michalski/Michalski, § 3 Rn. 89; Roth/Altmeppen, § 3 Rn. 48; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 22, spricht von einem „Indiz“. 18 So für den Beirat: Ulmer/Herrmann, § 52 Rn. 317; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 5; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 14; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 53 f.; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 53. Schürnbrand, Organschaft, S. 56, spricht von einer gewissen Vermutung für eine organschaftliche Konstruktion. 19 Vgl. Ulmer/Casper, § 53 Rn. 8 und Rn. 15. 20 Vgl. MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 13; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 8; Scholz/Priester, § 53 Rn. 9; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 15; Ulmer, FS Werner, 1984, S. 911, 916. 21 Vgl. Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 8.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

trag aufzunehmen sind.22 Hierzu zählen die Aufgaben und Kompetenzen23 sowie die Rechte und Pflichten der Organmitglieder.24 Durch die Veröffentlichung des Gesellschaftsvertrags im Handelsregister wird nach außen offen gelegt, welche Organe es in der Gesellschaft gibt und wie deren Aufgaben gegeneinander abzugrenzen sind.25 Vielfach wird davon ausgegangen, dass die grundlegenden Regelungen zur Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder ebenfalls in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind.26 Der umfassende Verweis des § 52 Abs. 1 GmbHG auf die Regelungen des Aktienrechts hat hierbei zur Folge, dass die gesellschaftsvertragliche Regelung die Bereiche nicht umfassen muss, welche durch die Verweisung abgedeckt werden. Für nicht von der Verweisung erfasste Regelungsgebiete kommt zudem eine analoge Anwendung der aktienrechtlichen Normen in Betracht sowie die Heranziehung allgemeiner Grundsätze, insbesondere des Kapitalgesellschaftsrechts,27 so dass die Regelungsdichte in Gesellschaftsvertrag wesentlich geringer als etwa bei einem Beirat ausfallen kann. Zwingend erforderlich ist daher allein, dass geregelt wird, ob ein Aufsichtsrat einzurichten ist. Etwas anderes gilt aber, wenn von den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GmbHG oder sonstigen Grundsätzen abgewichen werden soll. In diesem Fall sind die entsprechenden Regelungen in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. Wenn man den Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG betrachtet, so spricht das Gesetz zwar zunächst nur davon, dass „nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen“ ist, was für eine Aufnahme lediglich des „Ob“ der Errichtung sprechen könnte. Jedoch sind die Normen des Aktienrechts auf diesen nur 22 Vgl. statt vieler MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 13; MünchKommGmbHG/ Spindler, § 52 Rn. 34; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 17. Für den Beirat: H. Huber, Der Beirat, S. 25; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 55; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 22; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 48; so nun auch BGH, Urteil vom 02. Juli 2019 – II ZR 406/17 Rn. 68, GmbHR 2019, 988, 997. 23 BGH, Urteil vom 02. Juli 2019 – II ZR 406/17 Rn. 68, GmbHR 2019, 988, 997. So für den Beirat: Scholz/Priester, § 53 Rn. 119; H. Huber, Der Beirat, S. 25; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbHBeiräte, S. 22; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 48. 24 So für den Aufsichtsrat Ulmer/Casper, § 53 Rn. 15; für den Beirat: H. Huber, Der Beirat, S. 26; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 55. 25 Vgl. van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 453 f.; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-) Beirats, S. 49 f. 26 So MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 34. Für den Beirat: H. Huber, Der Beirat, S. 25; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 55; a.A. zutreffend Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 26. 27 Daher wird von Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 26, für den Beirat zutreffend eingewandt, dass sich zumindest die Kriterien für Auswahl, Bestellung und Abberufung auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung subsidiär aus dem Charakter des Beirats, dem subsidiärem Gesetzesrecht und dem Mehrheitsprinzip ergäben und damit nicht zwingend in die Satzung aufzunehmen seien.

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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anzuwenden, „soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist.“ Bereits aus dieser Formulierung ergibt sich, dass – sofern sich keine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag findet – die subsidiär geltenden Regelungen des Aktiengesetzes anzuwenden sind. Eine Regelung durch einfachen Beschluss der Gesellschafter ist nicht ausreichend. Jedoch sind nicht sämtliche Bestimmungen, die die Ausgestaltung des Aufsichtsrats betreffen, in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. Zu den nicht dem Satzungserfordernis unterliegenden Bestimmungen werden im Recht der GmbH etwa die Regelungen zu Anzahl und den persönlichen Auswahlkriterien der Geschäftsführer – dies kann nach § 45 Nr. 6 GmbHG, sofern keine Regelung im Gesellschaftsvertrag enthalten ist, durch einfachen Gesellschafterbeschluss erfolgen, in der Regel dann konkludent mit der Bestellung28 –, zur Zusammensetzung eines Beirats sowie zu Art und Umfang der Vergütung der Organmitglieder gezählt.29 Für den Aufsichtsrat kann nichts anderes gelten. Auch hier kann die Festsetzung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder und die von diesen zu erfüllenden persönlichen Voraussetzungen durch einfachen Gesellschafterbeschluss erfolgen. Dies gilt auch für die innere Organisation, wie etwa verfahrensrechtliche Vorschriften zu den Aufsichtsratssitzungen und die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder. Diese Regelungen können in der Folge schneller und einfacher als Satzungsbestimmungen abgeändert werden. Bereits das Reichsgericht30 erachtete denn auch eine Gestaltung für zulässig, nach der der Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern, neben der Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrats, die Festsetzung deren Zahl und Amtsdauer überließ. Geregelt wurde hingegen die Art der Beschlussfassung und die Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder; zudem verwies der Gesellschaftsvertrag für die Befugnisse des Aufsichtsrats auf die aktienrechtlichen Regelungen des HGB a.F. zum Aufsichtsrats. Bestimmungen, welche nicht zwingend in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind und die Organisation des Aufsichtsrats betreffen, wie etwa den Ablauf der Aufsichtsratssitzungen, können auch durch den Aufsichtsrat selbst im Weg einer Geschäftsordnung getroffen werden.31 Die Aufteilung zwischen zwingend in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmenden Regelungen und Regelungen, die auch durch einfachen Gesellschafterbeschluss oder gar durch den Aufsichtsrat selbst erfolgen können, ist allerdings nicht unumstritten. So findet sich auch die Ansicht, dass die Ausgestaltung des Aufsichtsrats pauschal der Gesellschafterversammlung überlassen werden könne.32 Einschränkend wird

28

Vgl. Michalski/Tebben, § 6 Rn. 16. Ulmer/Casper, § 53 Rn. 17; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 13. 30 RGZ 146, 145, 150. 31 So für den Beirat: Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10; H. Huber, Der Beirat, S. 25 f.; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 55. 32 So Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 3, ohne Begründung. 29

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

eine entsprechende Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag verlangt.33 Andere verlangen einschränkend – für die Errichtung eines Beirats –, dass zumindest die Regelungen der Kompetenzen durch den Gesellschaftsvertrag zu erfolgen habe.34 Diese Sichtweise hätte zur Folge, dass bei fehlender Regelung im Gesellschaftsvertrag die Regelungen des einfachen Gesellschafterbeschlusses anwendbar wären und nicht die subsidiäre gesetzliche Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG. Dies verkennt, dass die Organisationsverfassung der Gesellschaft und damit die wesentlichen Regelungen zur Organisation und Kompetenzverteilung zwingend in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind und, dass zu diesen Regelungen auch die wesentliche Ausgestaltung des Aufsichtsrats zählt. Subsidiär geltende gesetzliche Regelungen zur Organisation der Gesellschaft können nur durch eine Satzungsregelung abbedungen werden. Soweit sich im Gesellschaftsvertrag keine Regelung findet, finden die subsidiär geltenden (geschriebenen und ungeschriebenen) Regelungen des Rechts der GmbH Anwendung.

II. Bedingte Errichtung Neben der Errichtung durch eine Regelung im ursprünglichen oder geänderten Gesellschaftsvertrag sind weitere Formen der Errichtung vorstellbar. So kann die Errichtung des Aufsichtsrats an eine Bedingung geknüpft werden. Hierbei sind verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten denkbar. Bereits der zugrundeliegende Gesellschafterbeschluss kann aufschiebend bedingt gefasst werden. Weiter ist denkbar, dass ein unbedingter Beschluss gefasst wird, der Geschäftsführer jedoch angewiesen wird, die Eintragung erst bei Eintritt einer bestimmten Bedingung vornehmen zu lassen (sog. unechte Bedingung), oder dass bereits der Satzungswortlaut selbst bedingt gefasst wird. Die Zulässigkeit eines bedingten Rechtsgeschäfts und damit sowohl eines bedingten Gesellschafterbeschlusses als auch einer bedingten Regelung im Gesellschaftsvertrag richtet sich grundsätzlich nach den §§ 158 ff. BGB.35 Durch eine Bedingung im Sinne des § 158 BGB wird der Eintritt der Rechtsfolgen eines Rechtsgeschäfts von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht. Eine solche Bedingungskonstruktion zeichnet sich dadurch aus, dass der Tatbestand bereits mit Abschluss des Rechtsgeschäfts verwirklicht ist und lediglich der Eintritt oder Wegfall der Rechtswirkungen vom Bedingungseintritt abhängt und diese damit zunächst in der Schwebe bleiben. 33 So für den Aufsichtsrat: Otto, GmbHR 2016, 19, 20; für den Beirat: Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 110; Beck’scherOnlinekommentar-GmbHG/C. Jaeger, § 52 Rn. 83. 34 So Ulmer/Herrmann, § 52 Rn. 331. 35 Vgl. Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 148. Für die Aktiengesellschaft: GroßkommAktG/Wiedemann, § 179 Rn. 158; Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn. 157.

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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1. Echte Bedingung des Errichtungsbeschlusses Zwar erachtet der Bundesgerichtshof einen einfachen Gesellschafterbeschluss, der mit einer Bedingung verbunden wird, als zulässig.36 Der Beschluss über die Errichtung eines Aufsichtsrats wird jedoch, im Gegensatz zu einem einfachen Beschluss der Gesellschafterversammlung, erst mit der konstitutiven Eintragung im Handelsregister wirksam. Bei einem solchen Beschluss mit Gestaltungswirkung ist umstritten, ob dieser bedingt gefasst werden kann. Zwar besteht weitgehend Einigkeit, dass eine echte Bedingung des Beschlusses grundsätzlich unzulässig ist, sofern zu dessen Wirksamkeit eine Handelsregistereintragung erforderlich ist.37 Jedoch wird zum Teil vertreten, ein bedingter Beschluss sei dann zulässig, wenn dem Registergericht bei Eintragung der Eintritt der Bedingung nachgewiesen werden kann, da in diesem Fall die Regelung von vornherein unbedingt entstehe.38 Der Beschluss sei zwar bis zum Bedingungseintritt schwebend unwirksam, könne danach aber ins Handelsregister eingetragen werden.39 Da dies aber nichts an der Eintragung eines bedingten Beschlusswortlauts ändern würde,40 wird einschränkend verlangt, dass das Registergericht in diesem Fall den Beschluss ohne Bedingungsvorbehalt einzutragen hat.41 In letzterem Fall liegt damit aber im Ergebnis bereits eine sog. unechte Bedingung des Beschlusses vor. 2. Unechte Bedingung des Errichtungsbeschlusses Eine sog. unechte Bedingung liegt vor, wenn der Geschäftsführer angewiesen wird, erst bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses tätig zu werden und den unbedingt gefassten Beschluss über die Satzungsänderung zum Handelsregister anzumelden.42 Eine solche Vorgehensweise wird allgemein als zulässig erachtet.43 Vor36 BGH NZG 2006, 62, 63 (Geschäftsführerbestellung unter auflösender Bedingung). So auch schon OLG Stuttgart NZG 2004, 472, 473. 37 Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 29; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 58; MünchHdbGesRt/Marquardt, Bd. III, § 22 Rn. 13; a.A. Wicke, § 53 Rn. 9, mit dem Argument, dass im Gesetz keine Ausnahme von § 158 BGB vorgesehen sei, wie dies etwa bei § 925 Abs. 2 BGB der Fall sei; a.A. wohl auch Otto, GmbHR 2016, 29, 22. 38 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 58; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 41; Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 138. 39 So für die Aktiengesellschaft Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rn. 26. 40 Darauf verweisen auch Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 29 und Ulmer/Casper, § 53 Rn. 27. 41 So Rowedder/Schmitt-Leithoff/Schnorbus, § 53 Rn. 52; Scholz/Priester, § 53 Rn. 185. 42 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 58; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 42; Henssler/Strohn/Gummert, § 53 GmbHG Rn. 18; Scholz/Priester, § 53 Rn. 186; Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 139. 43 Vgl. statt vieler: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 58; MünchKommGmbHG/ Harbarth, § 53 Rn. 169; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 42; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 27; Roth/Altmeppen, § 53 Rn. 27; Henssler/Strohn/Gummert, § 53 GmbHG Rn. 18; MünchHdbGesRt/Marquardt, Bd. III, § 22 Rn. 13; Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse,

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

aussetzung ist allerdings, dass der Geschäftsführer klare Anweisungen hinsichtlich des „Ob“ und „Wann“ der Registeranmeldung erhält; ihm darf kein Ermessensspielraum zustehen. Ansonsten würde eine unzulässige Zustimmungsbefugnis des Geschäftsführers zur Satzungsänderung entstehen.44 Als weitere Einschränkung wird allgemein angenommen, dass, sofern die Bedingung nicht vor der nächsten Gesellschafterversammlung eingetreten ist, ein erneuter Beschluss erforderlich ist.45 Anderenfalls werde die Entschlussfreiheit der Gesellschafterversammlung beeinträchtigt.46 Zukünftigen Gesellschaftern sei es zudem nicht zumutbar, bei ihrem Eintritt noch nicht eingetragene Satzungsänderungen unbegrenzt in Kauf zu nehmen.47 3. Bedingte Satzungsbestimmung Eine Bedingung in der Satzung selbst ist in der Form denkbar, dass alle wesentlichen Regelungen bereits im Gesellschaftsvertrag enthalten sind,48 die Wirk-

S. 140; für die Aktiengesellschaft: Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 315; GroßkommAktG/ Wiedemann, § 179 Rn. 162; Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rn. 26; Hölters/Haberstock/Greitemann, AktG, § 179 Rn. 50; MünchKommAktG/Stein, § 179 Rn. 49; Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn. 161. 44 Vgl. MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 170 (bei Verstoß sei der Beschluss entsprechend § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar); Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 42; Scholz/ Priester, § 53 Rn. 186; Henssler/Strohn/Gummert, § 53 GmbHG Rn. 18; für die Aktiengesellschaft: Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 315; GroßkommAktG/Wiedemann, § 179 Rn. 161; Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rn. 26; Hölters/Haberstock/Greitemann, AktG, § 179 Rn. 50; MünchKommAktG/Stein, § 179 Rn. 49; Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn. 161. A.A. Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 142 f. mit dem Argument, dass die Gesellschafter aufgrund ihrer Weisungsbefugnis die Sache jederzeit wieder an sich ziehen könnten und damit die Entscheidung über das „Ob“ nie aus der Hand gäben. 45 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 54 Rn. 17 (Das Registergericht dürfe die Eintragung aber dennoch nicht zurückweisen); Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 42; Scholz/Priester, § 53 Rn. 186 (Frist von einem Jahr); MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 170 (Frist von einem Jahr; das Fehlen eines erneuten Beschlusses stehe der Eintragung aber nicht entgegen, da lediglich der interne Gesellschafterschutz betroffen sei); zur Aktiengesellschaft: Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 316; GroßkommAktG/Wiedemann, § 179 Rn. 162; MünchKommAktG/ Stein, § 179 Rn. 49; Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rn. 26; Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn. 161. 46 So für die Aktiengesellschaft Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn. 161. 47 Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 42; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 54 Rn. 17; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 170; a.A. Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 144 f., mit dem Argument, dass es sich nicht um ein spezifisches Problem unecht bedingter Beschlüsse handele, sondern dieses Risiko bei jedem noch nicht eingetragenen Beschluss bestehe. Die Interessen der Neugesellschafter sollen in diesem Fall aufgrund der Verbandsautonomie zurücktreten. Den Neugesellschaftern sei eine eigenverantwortliche Informationsbeschaffung zuzumuten. 48 In diesem Fall gilt das bereits oben gesagte und damit, dass die wesentlichen Bestimmungen zu den Kompetenzen, Rechten und Pflichten etc. spätestens zum Zeitpunkt der Er-

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samkeit der Errichtung aber von einem bestimmten Ereignis abhängig gemacht wird. Eine solche Gestaltung wird vor allem im älteren Schrifttum für zulässig erachtet.49 Als Beispiele für Bedingungen werden etwa die Überschreitung einer bestimmten Gesellschafterzahl,50 das Ausscheiden eines bestimmten Gesellschafters51 oder einer bestimmten Höhe des Stammkapitals52 genannt. Das neuere Schrifttum geht auch für den Beirat von der Zulässigkeit einer solchen bedingten Errichtung aus; wobei, wie im Fall der unbedingten Errichtung, die wesentliche Ausgestaltung und die Organkompetenzen bereits in der Satzung enthalten bzw. bestimmbar sein sollen.53 Die Zulässigkeit bedingter Satzungsklauseln ist jedoch vor dem Hintergrund der Rechtswirkungen der aufschiebenden Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB kritisch zu sehen. Hierbei ist der Eintritt der Rechtswirkungen zunächst in der Schwebe, auch der genaue Zeitpunkt des Eintritts ist unklar. Dieser Schwebezustand ist mit der Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags nicht zu vereinbaren. Anders als dies in der Regel sonst bei Rechtsgeschäften der Fall ist, entfaltet die Satzung einer Kapitalgesellschaft ihre Wirkung nicht nur zwischen den am Abschluss Beteiligten, sondern auch gegenüber künftigen Gesellschafter und Gläubigern.54 In der Folge besteht ein erhöhtes Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Dies wird zum einen durch die Registerpublizität erreicht. Zum anderen sind materielle Satzungsbestimmungen grundsätzlich – abweichend von den allgemeinen Grundsätzen der Auslegung von Rechtsgeschäften nach den §§ 133, 157 BGB – nach objektiven Maßstäben auszulegen.55 Der Satzungsinhalt muss immer aus sich heraus feststellbar sein. Der Bedingungseintritt ist aber regelmäßig nicht direkt aus dem Handelsregister

richtung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden müssen bzw. sich aus § 52 Abs. 1 GmbHG ergeben, um einen organschaftlichen Aufsichtsrat entstehen zu lassen. 49 Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 2 f.; Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 3; Hachenburg/Schmidt, 6. Aufl. 1959, § 52 Anm. 3. 50 So Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 2 f.; Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 3; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 279; für den Beirat: H. Huber, Der Beirat, S. 27 und Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10. 51 Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 2 f. 52 Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 3; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 279; für den Beirat: Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10. 53 Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 23. Für den fakultativen Aufsichtsrat könnte hierbei aufgrund der Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG subsidiär auf diese Vorschrift zurückgegriffen werden, sodass geringere Anforderungen an den Satzungsinhalt zu stellen wären. Für die Zulässigkeit der bedingten Errichtung eines Beirats auch: H. Huber, Der Beirat, S. 27 und Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10. Für den fakultativen Aufsichtsrat: Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 279. 54 Vgl. Michalski, § 2 Rn. 41. 55 Vgl. zur Auslegung materieller Satzungsbestandteile etwa BGHZ 116, 359, 366; 123, 347, 350; MünchKommGmbHG/J. Mayer, § 2 Rn. 150 ff.; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 2 Rn. 19; Roth/Altmeppen, § 2 Rn. 16; Baumbach/Hueck/Fastrich, § 2 Rn. 31; jew. m.w.N.; a.A. Scholz/Emmerich/Wicke, § 2 Rn. 38 f.; Grunewald, ZGR 1995, 68, 85 ff.; Schockenhoff, ZHR 2013, 76, 87 ff.; Fleischer, DB 2013, 1466, 1471 ff.

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ersichtlich. Daher wird dann auch die Zulässigkeit bedingter Satzungsbestimmungen weitgehend verneint.56 Anders als bei der Aktiengesellschaft werden die Gesellschafter einer GmbH zwar beim Anteilserwerb durch § 15 GmbHG geschützt. Nach herrschender Meinung verfolgt die Beurkundung zwar nicht primär den Zweck der Aufklärung der zukünftigen Gesellschafter, sondern soll einen spekulativen Handel mit GmbHAnteilen durch Beschränkung der Abtretung verhindern sowie der Beweiserleichterung dienen.57 Die Warnfunktion ist jedoch zumindest Reflex der notariellen Beurkundung.58 Die zukünftigen Gesellschafter haben infolge der Beurkundung und der damit einhergehenden Verzögerung des Anteilserwerbs die Möglichkeit, sich über den Satzungsinhalt und damit über den Bedingungseintritt zu informieren. Sie sind weniger schutzbedürftig als zukünftige Aktionäre.59 Aus diesem Grund geht dann auch Göppel von der Zulässigkeit bedingter Satzungsbestimmungen im Recht der GmbH aus.60 Dem zukünftigen GmbH-Gesellschafter stehe es frei, hinsichtlich des Bedingungseintritts Nachforschungen zu tätigen. Er sei somit nicht schutzbedürftig.61 Andererseits gibt Lutter zu bedenken, dass die Unklarheit im Gesellschaftsvertrag, als objektiver, interessenfreier Aspekt, bleibe.62 Diese sich aus der Funktion und Stellung des Gesellschaftsvertrags – als in gewissem Maß verselbständigte Organisationsverfassung – ergebende Ebene blendet Göppel hingegen aus. Aber auch Vertragspartner der Gesellschaft, also Dritte, müssen sich auf die ihnen infolge der Handelsregisterpublizität zugängliche Organisationsverfassung verlassen können. Für die Unvereinbarkeit von Bedingung und Registerpublizität führt Lutter § 925 Abs. 2 BGB und damit die Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung an.63 Hieraus zieht Wicke den gegenteiligen Schluss: Aufgrund des Fehlens einer gesetzlichen Ausnahmeregelung im GmbHG, entsprechend dem Vorbild des § 925 Abs. 2 BGB, sei von der Zulässigkeit bedingter Satzungsklauseln auszugehen. Auch sollen andere zulässige Fälle von mit Unsicherheitsfaktoren behafteten Satzungs56 So die h.M., vgl. statt vieler Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 41; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 27; Scholz/Priester, § 53 Rn. 185; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 29; Roth/Altmeppen, § 53 Rn. 27; Bork/Schäfer/Arnold, § 53 Rn. 25; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 59; MünchHdbGesRt/Marquardt, Bd. III, § 22 Rn. 13; zur Aktiengesellschaft: Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 309; GroßkommAktG/Wiedemann, § 179 Rn. 161; Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rn. 26; Hölters/Haberstock/Greitemann, AktG, § 179 Rn. 49; MünchKommAktG/Stein, § 179 Rn. 50; Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn. 159; a.A. Scholz/Emmerich/Wicke, § 2 Rn. 38 f.; Grunewald, ZGR 1995, 68, 85 ff.; Schockenhoff, ZHR 2013, 76, 87 ff.; Fleischer, DB 2013, 1466, 1471 ff. 57 Vgl. statt vieler BGH NJW 1994, 3227 m.w.N.; MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, § 15 Rn. 16; Michalski/Ebbing, § 15 Rn. 55. 58 Vgl. MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, § 15 Rn. 16. 59 So Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 309 Fn. 34. 60 Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 147 ff. 61 Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 150. 62 Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 309 Fn. 34. 63 Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 309 Fn. 36.

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bestimmungen, wie die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, zeigen, dass die Unsicherheit nicht entscheidend für die Zulässigkeit einer Bestimmung sein könne.64 Allein aus dem Fehlen einer gesetzlichen Normierung kann jedoch nicht der (Umkehr-)Schluss gezogen werden, dass ein ungeschriebener Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit nicht bestehen könne. Die Bedingungsfeindlichkeit ergibt sich, wie bereits dargestellt, aus Funktion und Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags. Auch ein Vergleich mit den Folgen der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe führt nicht weiter. Letztere können zwar, aufgrund deren Auslegungsbedürftigkeit, zu tatsächlichen Unsicherheiten führen. Anders als bei Verwendung einer Bedingungskonstruktion, haben diese jedoch keinen rechtlich nicht hinnehmbaren Schwebezustand zur Folge. Eine Ausnahme von der Bedingungsfeindlichkeit der Errichtung wird teilweise – wie auch im Fall eines bedingten Beschlusses – für den Fall befürwortet, dass die Bedingung vor Anmeldung der Änderung des Gesellschaftsvertrags eingetreten ist und dem Handelsregister dieser Bedingungseintritt nachgewiesen wird.65 Aufgrund des Nachweises sei in diesem Fall die Rechtssicherheit nicht gefährdet.66 Folge dieser Sichtweise ist, dass gleichwohl der bedingte Satzungswortlaut anzumelden wäre; der Bedingungseintritt selbst wäre nicht aus der Satzung ersichtlich und somit für Dritte nicht erkennbar.67 Die Eintragung eines den Bedingungsvorbehalt umfassenden Beschlusswortlauts ist somit unzulässig. Einschränkend wird daher gefordert, dass neben dem Nachweis des Bedingungseintritts bei der Anmeldung die neue Bestimmung als unbedingte eingetragen wird.68 Dem ist zuzustimmen. In diesem Fall besteht zu keinem Zeitpunkt eine bedingte Satzungsbestimmung, so dass keine Kollision mit dem Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit des Handelsregisters zu befürchten ist. Im Ergebnis ist somit vor dem Hintergrund der Unzulässigkeit bedingter Satzungsklauseln davon auszugehen, dass die Errichtung unter einer Bedingung nicht in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden kann, eine bedingte Errichtung daher nicht in Betracht kommt. Dies bedeutet aber nicht, dass die Errichtung nicht 64

Wicke, GmbHG, § 53 Rn. 9. So Priester, ZIP 1987, 280, 285; Henssler/Strohn/Gummert, § 53 GmbHG Rn. 18; Lutter/ Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 41; zur Aktiengesellschaft: Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 310; Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rn. 26; MünchKommAktG/Stein, § 179 Rn. 50; a.A. aber für die GmbH: Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 29; MünchHdbGesRt/Marquardt, Bd. III, § 22 Rn. 13; für die Aktiengesellschaft: GroßkommAktG/Wiedemann, § 179 Rn. 161; Spindler/Stilz/ Holzborn, AktG, § 179 Rn. 159. 66 Priester, ZIP 1987, 280, 285. 67 So auch Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 29; MünchHdbGesRt/Marquardt, Bd. III, § 22 Rn. 13. 68 MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 168; so wohl auch Scholz/Priester, § 53 Rn. 185 und für die Aktiengesellschaft Hölters/Haberstock/Greitemann, AktG, § 179 Rn. 49. Dagegen aber Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 149, mit dem Argument, dass die Zulässigkeit bereits bei Beschlussfassung feststehen müsse. 65

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von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht werden kann. Zulässig ist etwa eine Gestaltung im Gesellschaftsvertrag, bei der die „Bedingung“ zu einem Teil des Tatbestands gemacht wird. In diesem Fall handelt es sich um keine Bedingung im Sinne des § 158 BGB. Eine solche Regelung als Tatbestandsvoraussetzung hat im Ergebnis dieselben Wirkungen wie eine Bedingungskonstruktion. So können in die Satzung Regelungen aufgenommen werden, die nur bei Eintritt bestimmter Umstände Anwendung finden.69

III. Befristung Eine Befristung ist im Gesellschaftsvertrag zulässig, sofern deren Eintritt für einen Dritten unproblematisch feststellbar ist.70 Dies gilt auch für eine auflösende Befristung.71 In diesem Fall besteht gerade kein Rechtsicherheitsproblem.72 Eine Befristung soll etwa in der Form denkbar sein, dass der Aufsichtsrat für das erste Jahr nach der Gründung bestehen soll.73

IV. Errichtungsermächtigung Weiter ist denkbar, dass in den Gesellschaftsvertrag eine Regelung aufgenommen wird, durch welche die Gesellschafterversammlung, einzelne Gesellschafter oder gar Dritte ermächtigt werden, einen fakultativen Aufsichtsrat einzurichten. Es handelt sich dann nicht um eine Errichtung „durch“ sondern „aufgrund“ des Gesellschaftsvertrags. 1. Ermächtigung der Gesellschafterversammlung Zunächst ist auf den Fall der Ermächtigung der Gesellschafterversammlung zur Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats einzugehen. 69 So auch MünchKommAktG/Stein, § 179 Rn. 51; Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn. 160; GroßkommAktG/Wiedemann, § 179 Rn. 161; jeweils für die Aktiengesellschaft. 70 H.M., vgl. statt vieler Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 58; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 172; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 47; Ulmer/ Casper, § 53 Rn. 28; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 31; Roth/Altmeppen, § 53 Rn. 27; Henssler/Strohn/Gummert, § 53 GmbHG Rn. 18; MünchHdbGesRt/Marquardt, Bd. III, § 22 Rn. 13 und 17; aus der älteren Literatur: Liebmann, 6. Aufl. 1921, § 52 Anm. 1; zur Aktiengesellschaft: Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rn. 25; GroßkommAktG/Wiedemann, § 179 Rn. 159; Hölters/Haberstock/Greitemann, AktG, § 179 Rn. 49; Lutter, FS Quack, 1991, S. 301, 311. 71 Vgl. MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 172; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 47; Roth/Altmeppen, § 53 Rn. 27. 72 Vgl. Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 31. 73 So das Bsp. bei Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 2.

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Eine entsprechende Fallgestaltung findet sich bereits in RGZ 146, 145 ff. Das Reichsgericht ging hierbei nicht auf die Zulässigkeit einer solchen Gestaltung ein und ohne weiteres von der Errichtung des Aufsichtsrats durch den anschließenden Gesellschafterbeschluss aus. Auch in der Literatur wird die Zulässigkeit einer solchen Gestaltung vielfach angeführt.74 Dies ist aber nicht unproblematisch. Bei Zulässigkeit einer Errichtungsermächtigung entsteht der Aufsichtsrat infolge der Ausübung der Ermächtigung durch die Gesellschafterversammlung. Ein Beschluss mit einfacher Mehrheit soll hierzu im Regelfall75 genügen.76 Für die Errichtung wäre damit keine Eintragung des Beschlusses oder gar eine Satzungsänderung erforderlich. Dies führt dazu, dass sich nicht bereits aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben würde, ob von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde und damit ein Aufsichtsrat besteht. a) Die Ansicht des Kammergerichts Von der Unzulässigkeit einer Errichtung durch einfachen Gesellschafterbeschluss aufgrund einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag geht denn auch das Kammergericht in den Entscheidungen vom 23. 07. 2015 und 09. 11. 2017 aus.77 Es begründet dies mit der dauerhaften Änderung des Gesellschaftsvertrags infolge der Errichtung. Beschlüsse, welche einen von der Satzung abweichenden Zustand begründen, seien ohne Einhaltung der Voraussetzungen, welche an eine Satzungsänderung zu stellen seien, unwirksam. Das Kammergericht nimmt hierzu auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu sog. satzungsdurchbrechenden Be-

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Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 16; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 17; Henssler/ Strohn, § 52 GmbHG Rn. 3; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 7; Saenger/Inhester/Peres, § 52 Rn. 5; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 15; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 279; so auch bereits Hachenburg, GmbHG, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 3; Liebmann, 6. Aufl. 1921, § 52 Anm. 1; Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 2; für den Beirat: OLG München, Urteil vom 09. 08. 2012 – II U 4173/11, GmbHR 2012, 1075; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 110; Beck’scherOnlinekommentar-GmbHG/ C. Jaeger, § 52 Rn. 83; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 22; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10; Otto, GmbHR 2016, 19 ff.; Robertz, MittRhNotK 1991, 239, 245; GmbH-Handbuch/Fuhrmann, Rn. I 1980. 75 Zu den Ausnahmen, insbesondere bei Bestehen von Sonderrechten, siehe später 3. Teil, A. IV. 2. a). 76 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 17; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 7; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 15; so auch bereits Hachenburg, GmbHG, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 3 und Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 2 f. 77 KG Berlin, Urteil vom 23. 07. 2015 – 23 U 18/15 (im einstweiligen Rechtsschutz), GmbHR 2016, 29, zustimmend: Weiß, EWIR 2016, 267 f.; ablehnend: Priester, NZG 2016, 774 ff.; Otto, GmbHR 2016, 19 ff. In der Hauptsache dann auch KG Berlin, Urteil vom 09. 11. 2017 – 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361; zustimmend: Schodder, EWiR 2018, 457, 458; ablehnend Otto, GmbHR 2018, 367, 368, m.w.N.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

schlüssen78 Bezug.79 Es geht allerdings nicht darauf ein, dass der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07. 06. 199380 ebenfalls die Errichtung eines Aufsichtsrats infolge einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag zugrunde lag, wobei im Tatbestand dieser Entscheidung ausdrücklich erwähnt ist, dass der Errichtungsbeschluss der Gesellschafterversammlung weder notariell beurkundet noch in das Handelsregister eingetragen wurde. Dennoch geht der Bundesgerichtshof – ohne die Zulässigkeit der Errichtung durch einfachen Beschluss infolge einer Errichtungsermächtigung zu problematisieren – von der wirksamen Errichtung des Aufsichtsrats aus und problematisiert allein die Frage der Ausgestaltung des Aufsichtsrats durch einfachen Beschluss abweichend von der Regelung in der Satzung. Auch der, ebenfalls vom Kammergericht zitierten, Entscheidung des OLG München vom 09. 08. 201281 lag ein Fall der Errichtung durch einfachen Gesellschafterbeschluss aufgrund einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag zugrunde. Auch das OLG München ging hierbei, ebenfalls ohne nähere Begründung, von der Zulässigkeit einer solchen Gestaltung aus. Aus der zuvor zitierten Entscheidung des Reichsgerichts82 ist zwar, worauf das Kammergericht hinweist, nicht eindeutig zu entnehmen, mit welcher Mehrheit der entsprechende Beschluss der Gesellschafter über die Organerrichtung erfolgt ist. Anderseits ergeben sich aus der Entscheidung keine Hinweise, dass eine Beurkundung und Eintragung des Beschlusses erfolgt ist.83 Ausgehend von der zuvor zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07. 06. 1993 thematisiert das Kammergericht, dass in einer Errichtungsermächtigung eine sog. Öffnungsklausel zu sehen sei. Es kommt aber zu dem Ergebnis, dass auch im Fall einer Öffnungsklausel ein hierauf ergehender Gesellschafterbeschluss den §§ 53, 54 GmbHG genügen müsse, sofern nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen von sog. satzungsdurchbrechenden Beschlüssen84 vorlägen, welche mangels punktueller Beschlusswirkung aber auf die Errichtung eines Aufsichtsrats nicht anzuwenden seien.85

78 Vgl. zu sog. satzungsdurchbrechenden Beschlüssen 3. Teil, D. I. 2.; das Kammergericht verweist insoweit in seiner Entscheidung vom 23. 07. 2015 auf BGH, Urteil vom 07. 06. 1993 – II ZR 81/91, BGHZ 123, 15. 79 vgl. KG Berlin, Urteil vom 23. 07. 2015 – 23 U 18/15; festhaltend KG Berlin, Urteil vom 09. 11. 2017 – 23 U 67/15. 80 BGH, Urteil vom 07. 06. 1993 – II ZR 81/91, BGHZ 123, 15. 81 OLG München, Urteil vom 09. 08. 2012 – 23 U 4173/11, GmbHR 2012, 1075 ff. (MediaSaturn), Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH, Beschluss vom 9. 07. 2013 – II ZR 284/12 zurückgewiesen. Zustimmend: Weiß, EWIR 2016, 267 f. 82 RG, Urteil vom 02. 11. 1934 – II 186/34, RGZ 146, 145. 83 Hierauf hinweisend: Otto, GmbHR 2016, 19, 21. 84 Vgl. hierzu 3. Teil, D. I. 2. 85 So KG Berlin, Urteil vom 23. 07. 2015 – 23 U 18/15; gegen diese Schlussfolgerung Otto, GmbHR 2016, 19, 23.

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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b) Kritik an der Ansicht des Kammergerichts Zwar ist dem Kammergericht insofern zuzustimmen, als eine Öffnungsklausel in der Satzung grundsätzlich nicht dazu führt, dass auf eine Satzungsänderung die §§ 53, 54 GmbHG nicht länger anzuwenden sind. Jedoch ist zu fragen, ob infolge der Ermächtigung ein hierauf ergangener Beschluss überhaupt einen Fall der Satzungsänderung darstellt. Es geht um die Errichtung aufgrund und in Einklang mit der die Ermächtigung enthaltenden Satzungsbestimmung und nicht um den Fall einer Satzungsänderung, also einer von der Satzung abweichenden Regelung und daraus resultierend einer – möglicherweise auch nur temporären – Aufhebung einer Satzungsbestimmung. Die Satzung lässt eine Errichtung durch Beschluss der Gesellschafter ja gerade zu.86 Entscheidend ist, ob der auf einer Ermächtigung beruhende Errichtungsbeschluss nicht aus anderen Gründen zwingend Niederschlag in der Satzung finden muss. Gegen die Annahme des Kammergerichts, dass im Fall einer Ermächtigung für den anschließenden Errichtungsbeschluss eine Satzungsänderung erforderlich sei, wird eingewandt, dass im Fall der Errichtung durch den Gesellschaftsvertrag unmittelbar durch die Aufnahme der entsprechenden Satzungsregelung kein Aufsichtsrat entstehe, sondern als weiterer Akt die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder erforderlich sei. Bei der Organerrichtung handele es sich um einen mehrstufigen Akt, wobei auch die Bestellung der Organmitglieder, als Teil der Organerrichtung, nicht in die Satzung aufgenommen werden müsse. Die Errichtungsermächtigung trage nur den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung, da zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Errichtung nicht zwingend zugleich eine Bestellung der Organmitglieder erfolge und daher die Satzung bei einer Errichtung durch den Gesellschaftsvertrag bis zu Bestellung der Organmitglieder unrichtig sei.87 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die Errichtung des Organs und die Bestellung der Organmitglieder sind rechtlich zu trennen. Es handelt sich um unterschiedliche Beschlussgegenstände, die unterschiedlichen formellen Voraussetzungen genügen müssen. Aus dem Umstand, dass die Bestellung nicht zeitgleich mit der Errichtung zusammenfallen und erstere nicht den Voraussetzungen der §§ 53, 54 GmbHG genügen muss, können keine Rückschlüsse auf die formellen Voraussetzungen der Errichtung aufgrund einer Ermächtigung gezogen werden. Entscheidend für die Zulässigkeit einer solchen Gestaltung ist, ob sich das Bestehen des Aufsichtsrats bereits aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben muss oder ob es ausreicht, dass sich neben der bloßen Möglichkeit der Errichtung aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, welche Regelungen auf einen solchen anwendbar sind. In § 52 Abs. 1 GmbHG ist die Errichtungsermächtigung nicht ausdrücklich vorgese86 Anders Weiß, EWIR 2016, 267, 268, der die Formulierung in der der Entscheidung des Kammergerichts zugrundeliegenden Satzung, die Gesellschafter „können beschließen, dass die Gesellschaft einen Aufsichtsrat erhält“, lediglich als deklaratorischen Hinweis auf die Rechtslage deutet, also auf die Möglichkeit der Errichtung eines Aufsichtsrats. 87 Otto, GmbHR 2016, 19, 22 f.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

hen.88 Die Norm ist anwendbar, wenn „nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen“ ist. Der Wortlaut deutet damit auf eine sich bereits aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Pflicht, den (bereits durch den Gesellschaftsvertrag errichteten) Aufsichtsrat zur Handlungsfähigkeit zu verhelfen, also insbesondere dessen Organmitglieder zu bestellen, hin. Dem Gesetz liegt damit der Gedanke einer unmittelbaren Errichtung im Gesellschaftsvertrag zugrunde, welcher zum Handelsregister einzureichen und damit dem Rechtsverkehr zugänglich ist. Andererseits kann allein aus dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf die Unzulässigkeit einer solchen Ermächtigung geschlossen werden. Vor dem Hintergrund der im GmbH-Recht vorherrschenden Satzungsautonomie führt die fehlende Aufzählung einer Errichtungsermächtigung im Gesetzestext nicht per se zu deren Unzulässigkeit. Entscheidend ist, ob die Tatsache der Errichtung eines Aufsichtsrats zwingend materieller Satzungsbestandteil ist. Wie bereits zuvor dargestellt wurde, sind, neben der Aufzählung des § 3 GmbHG, alle Regelungen, die das dispositive gesetzliche Normalstatut der GmbH ändern, also die Grundlagen der Gesellschaft, ihre Beziehungen zu den Gesellschaftern und die Rechtsstellung ihrer Organe, und damit einen organisationsrechtlichen Inhalt haben, in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.89 Die Frage, „wie“ das Organisationsgefüge der Gesellschaft geändert wird, hat im Fall einer Errichtungsermächtigung im Gesellschaftsvertrag Niederschlag gefunden. Entscheidend ist damit, ob sich auch das „Ob“ der Einrichtung aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben muss. Die formellen Erfordernisse einer Satzungsänderung und eines einfachen Gesellschafterbeschlusses unterscheiden sich neben dem nötigen Quorum in der Form des Beschlusses, also der notariellen Beurkundung gem. § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG, und der Anmeldung zum Handelsregister nach § 54 GmbHG. Die nötige Beteiligung der Gesellschafter wird bereits durch den satzungsändernden Beschluss über die Errichtungsermächtigung sichergestellt. Dieser hat den Anforderungen der §§ 53, 54 GmbHG zu genügen. Interne Rechte werden damit nicht verletzt.90 Damit handelt es sich letztlich um eine Frage der Außenwirkung des Aufsichtsrats, und folglich, ob der Rechtsverkehr ein schutzwürdiges Interesse hat, über die erfolgte Errichtung des Aufsichtsrats informiert zu werden. Im Fall einer Ermächtigung ergibt sich aus der Satzung nicht, ob der Aufsichtsrat tatsächlich errichtet wurde, sondern lediglich die Möglichkeit seiner Errichtung. Ein beachtliches Interesse des Rechtsverkehrs zu erfahren, ob die Gesellschaft tatsächlich über einen Aufsichtsrat verfügt, muss sich in gesetzlichen Regelungen niedergeschlagen haben. Die Errichtung oder das Bestehen des Aufsichtsrats zählt nicht zu den nach § 10 GmbHG eintragungspflichtigen Tatsachen. Auch anderweitige Publizitätspflichten, 88

Weiß, EWIR 2016, 267, 268 zieht aus dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG den Schluss, dass die tatsächliche Errichtung des Aufsichtsrats in jedem Fall den Voraussetzungen der §§ 53 f. GmbHG genügen müsse. 89 S.o., 3. Teil, A. I. 2. 90 So auch Priester, NZG 2016, 774, 776.

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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welche durch einen einfachen Errichtungsbeschluss verletzt werden könnten, entstehen nicht unmittelbar mit der Errichtung. Ein Schutz der Gläubiger könnte aber durch die Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG intendiert sein. Wie bereits gezeigt, liegt dem Gesetz der Gedanke einer Errichtung im Gesellschaftsvertrag zugrunde, welcher zum Handelsregister einzureichen und damit dem Rechtsverkehr zugänglich ist. Andererseits ergibt sich aus dieser Tatsache nicht zwingend, dass dieser Regelung auch der Schutz des Rechtsverkehrs zugrunde liegt. Bei der Errichtung eines Aufsichtsrats handelt es sich um die Veränderung der Binnenorganisation der Gesellschaft. Der Aufsichtsrat tritt grundsätzlich nicht nach außen auf. Zwar sind von der Binnenorganisation neben den aktuellen auch zukünftige Gesellschafter betroffen. Jedoch ist auch im Fall einer bloßen Ermächtigung der Gesellschafterversammlung, über die Errichtung zu entscheiden, für den Rechtsverkehr erkennbar, dass ein Aufsichtsrat errichtet sein kann. Zukünftige Gesellschafter können sich folglich vor dem Anteilserwerb gezielt informieren. Dies trifft auch auf vertragliche Gläubiger der Gesellschaft zu. Die fehlende Publizität des Errichtungsvorgangs und damit die Information des Rechtsverkehrs werden zudem bereits auf andere Weise kompensiert. So ist – wie bereits dargestellt wurde – nach § 52 Abs. 3 GmbHG eine Liste der Aufsichtsratsmitglieder, einschließlich des ausgeübten Berufs und Wohnorts, zum Handelsregister einzureichen,91 welche zwar nicht im Handelsregister eingetragen werden,92 deren Bekanntmachung aber nach § 12 HGB im elektronischen Bundesanzeiger erfolgt. Zwar knüpft diese Publizitätspflicht nicht an die Errichtung des Aufsichtsrats als solchen, sondern die von dieser zu unterscheidenden Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder an. Der Aufsichtsrat wird jedoch erst durch seine Organwalter handlungsfähig, zumal in der Regel Errichtung und Bestellung zusammenfallen dürften. Damit wird der Rechtverkehr, trotz fehlender Information über den Fakt der Errichtung in der Satzung, über das Bestehen eines handlungsfähigen Aufsichtsrats informiert. Auch die Publizitätspflicht des § 35a GmbHG knüpft an das Bestehen eines Aufsichtsrats (mit Aufsichtsratsvorsitzendem) an. c) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02. 07. 2019 Nunmehr hat auch der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Einrichtung des Aufsichtsrats auf der Grundlage einer Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GmbH keine Satzungsänderung und ohne Beachtung der hierfür geltenden Vorschriften zulässig sei, wenn die Ermächtigung ausreichend bestimmt sei und der Einrichtungsbeschluss nicht gegen das Gesetz oder die Satzung verstoße.93 Das 91

Hierauf auch hinweisend: Priester, NZG 2016, 774, 776. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 708; aufgrund der fehlenden Eintragung geht dann auch das Kammergericht (Urteil vom 23. 07. 2015 – 23 U 18/15, GmbHR 2016, 29, 31) von der Unzulässigkeit der Errichtung durch einfachen Gesellschafterbeschluss aus. 93 BGH, Urteil vom 02. 07. 2019 – II ZR 406/17, Rn. 57 ff., GmbHR 2019, 988; zustimmend etwa Priester, EWiR 2019, 581, 582; Bayer/Selentin, GmbHR 2020, 1, 3 f., jew. m.w.N.; krit. Heckschen, NZG 2019, 1281. 92

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Gericht weißt auf das Interesse der Gründer an einer flexiblen Satzungsgestaltung dahingehend hin, die erforderliche Satzungsgrundlage für die Einrichtung eines Aufsichtsrats zu schaffen, sich aber noch nicht festlegen zu wollen, ob und wann davon Gebrauch zumachen. Hierbei handele es sich um eine bei mittelständischen Unternehmen weit verbreitete Gestaltungspraxis. Die Bedenken aufgrund von Transparenzdefiziten teilt das Gericht ebenfalls nicht, nachdem der im Handelsregister einsehbare Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit des Bestehens eines Aufsichtsrats erkennen lasse. Zudem verweißt auch der Bundesgerichtshof auf die Transparenzanforderungen der §§ 35a Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 3 GmbHG sowie § 10 HGB. d) Die zulässige Ausgestaltung der Errichtungsermächtigung Damit stellt sich die Frage, welchen Umfang die Ermächtigung zulässigerweise haben darf. Unproblematisch ist die Konstellation, dass der Gesellschaftsvertrag neben der Errichtungsermächtigung auch die Ausgestaltung des Aufsichtsrats regelt, also lediglich das „Ob“ der Errichtung aussteht. Teilweise wird vertreten, dass der Gesellschaftsvertrag die Gesellschafterversammlung auch zur Ausgestaltung des Aufsichtsrats ermächtigen dürfe.94 Dies ist abzulehnen. Im Fall der Errichtung aufgrund einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag kann nichts anderes gelten, als im Fall der unmittelbaren Errichtung durch den Gesellschaftsvertrag. Auch im letzteren Fall sind die grundsätzlichen Regelungen zu den Kompetenzen und Aufgaben, der Bestellung und der Rechte und Pflichten der Organmitglieder in den Gesellschaftsvertrag mitaufzunehmen. Auch der Bundesgerichtshof hat nunmehr klargestellt, dass es notwendig, aber auch ausreichend sei, wenn neben der Grundsatzentscheidung über die Möglichkeit der Einrichtung eines Aufsichtsrats die wesentliche Aufgabe des Aufsichtsrats, die Überwachungsfunktion, eine Satzungsgrundlage habe und, sofern weitere Kompetenzen übertragen werden sollen, diese in den Grundzügen in der Satzung aufzuführen seien.95 Fehlt eine entsprechende Regelung, treten die subsidiär anwendbaren Regelungen des § 52 Abs. 1 GmbHG an deren Stelle.96 Sofern sich daher mit Ausnahme der Errichtungsermächtigung im Gesellschaftsvertrag keine weiteren Regelungen zum Aufsichtsrat finden, können die auf den Aufsichtsrat anzuwendenden Bestimmungen allein § 52 Abs. 1 GmbHG entnommen werden. Sofern sich auch dort keine Regelung findet, kommt die analoge Anwendung der Regelungen zum aktienrechtlichen Aufsichtsrat in Betracht. Es ist damit nicht möglich, im Ermächtigungsbeschluss zu bestimmen, dass die weitere Ausgestaltung durch die Gesellschafter94 Vgl. etwa Henssler/Strohn, § 52 Rn. 3: Die „nähere Ausgestaltung“ könne den Gesellschaftern überlassen werden; so auch Otto, GmbHR 2016, 19, 20, für den Fall der Ermächtigung der Gesellschafterversammlung hierzu in der Satzung. 95 BGH, Urteil vom 02. 07. 2019 – II ZR 406/17, Rn. 69, NZG 2019, 988, 997. 96 A.A. Heckschen, NZG 2019, 1281, 1284, der eine solche Errichtungsklausel für zu unbestimmt und damit unzulässig hält.

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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versammlung erfolgen soll, sofern dies Regelungen betrifft, die aufgrund ihres Gegenstands nach allgemeinen Grundsätzen in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind. Eine Errichtungsermächtigung ist auch in der Form denkbar, dass die Gesellschafter erst bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses tätig werden dürfen, die Ermächtigung also unter bestimmten Tatbestandsvoraussetzungen steht.97 Aufgrund der vorgenommenen Gestaltung als Tatbestandsvoraussetzung handelt es sich nicht um eine unzulässige, da bedingte Errichtungsermächtigung. 2. Errichtung durch einzelne Gesellschafter oder Dritte Die Errichtung des Aufsichtsrats hat, wie bereits dargestellt, grundsätzlich durch eine Satzungsregelung zu erfolgen, im Fall einer Ermächtigung der Gesellschafterversammlung im Gesellschaftsvertrag anschließend durch einfachen Gesellschafterbeschluss. Weiter ist die Konstellation denkbar, dass nicht die Gesellschafterversammlung als solche ermächtigt wird, sondern einzelne Personen oder Personengruppen. In Betracht kommt zum einen die Einräumung eines Sonderrechts auf Errichtung für einen oder mehrere Gesellschafter. Zum anderen ist auf die Möglichkeit der Einräumung eines Rechts auf Errichtung an sonstige Dritte einzugehen. Hierbei geht es jeweils um die Frage, „ob“ die Errichtung durch diese erfolgen kann und damit nicht zwingend durch die Gesellschafterversammlung beschlossen werden muss. Die sich anschließende Ausgestaltung des fakultativen Aufsichtsrats hat nach den oben genannten Grundsätzen, also durch den Gesellschaftsvertrag bzw. die gesetzliche Regelung zu erfolgen. a) Sonderrecht auf Errichtung für einen oder mehrere Gesellschafter Im Folgenden gilt es zu klären, ob einem oder mehreren Gesellschaftern ein Sonderrecht auf Errichtung eines Aufsichtsrats eingeräumt werden kann. Ein Sonderrecht auf Errichtung ist von einem solchen auf Entsendung zu unterscheiden. Letzteres betrifft die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder und wird an späterer Stelle behandelt.98 97

So lag der Entscheidung des OLG München, Urteil vom 09. 08. 2012 – 23 U 4173/11, GmbHR 2012, 1075 ff. (Media-Saturn) ein Gesellschaftsvertrag mit einer Errichtungsermächtigung betreffend einen Beirat zugrunde, wobei der Gesellschaftsvertrag die folgende nachträglich abgeänderte Satzungsbestimmung enthielt: „§ 15 Beirat […] Der Beschluss über die Einrichtung des Beirats ist zulässig, wenn höchstens noch ein Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt ist und bedarf in diesem Fall der Zustimmung aller Gesellschafter. Ist kein Gesellschafter mehr zum Geschäftsführer bestellt, bedarf der Beschluss über die Einrichtung des Beirats der einfachen Mehrheit aller vorhandenen Stimmen.“ Entsprechend der Formulierung handelt es sich nicht um eine (im Gesellschaftsvertrag unzulässige) Bedingung im Sinne der §§ 158 ff. BGB, sondern um eine Tatbestandsvoraussetzung. 98 Zum Entsendungsrecht vgl. 5. Teil, E. I.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Sonderrechte sind Mitgliedschaftsrechte, die im Gegensatz zu den allgemeinen Mitgliedschaftsrechten nicht allen Gesellschaftern zustehen, sondern lediglich einzelnen Gesellschaftern eine Vorzugsstellung gewähren.99 Das Sonderrecht bedarf, als Teil des Mitgliedschaftsrechts, der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag.100 Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes bedarf dessen Begründung der Zustimmung aller nicht bevorrechtigten Gesellschafter,101 denn durch die Gewährung des Sonderrechts wird im Gegenzug die Rechtsstellung der übrigen Gesellschafter geschmälert. Die Entziehung oder Beeinträchtigung des Sonderrechts wiederum bedarf grundsätzlich, neben einem satzungsändernden Mehrheitsbeschluss, nach § 35 BGB der Zustimmung des Betroffenen.102 Etwas anderes gilt dann, wenn ein wichtiger Grund für die Entziehung oder Beeinträchtigung des Sonderrechts vorliegt.103 Zur wirksamen Einräumung eines Sonderrechts muss zunächst die Kompetenz zur Errichtung eines Aufsichtsrats übertragbar sein. Das Sonderrecht darf somit nicht gegen zwingende Kompetenzvorschriften verstoßen.104 Entscheidend ist, ob die Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG eine solche zwingende Kompetenznorm enthält,105 und damit die Errichtungskompetenz ausschließlich und damit unübertragbar der Gesellschafterversammlung zusteht. Dabei hat in Anschluss an Flume eine Unterscheidung zwischen Beschlüssen, die eine Ausübung der Satzungshoheit darstellen, und solchen, die Angelegenheiten der Selbstverwaltung betreffen, zu erfolgen. Nur für erstere ist zwingend die Gesellschafterversammlung zuständig. Soweit es um eine Angelegenheit der Selbstverwaltung gehe, soll die Gesellschafterversammlung ihre Zuständigkeit auf andere Organe delegieren können.106 Nichts anderes kann für die Ermächtigung einzelner Gesellschafter oder Gruppen von Gesellschaftern gelten. Die Gesellschafterversammlung hat in diesem Fall bereits durch die Satzungsbestimmung, welche das Sonderrecht gewährt, ihre Satzungshoheit ausgeübt. Die anschließende Entscheidung des Sonderrechtsinhabers erfolgt in Ausübung der von der Gesellschafterversammlung delegierten Zuständigkeit. Maßnahmen, die unter die Satzungshoheit fallen, werden durch die Errichtung nicht mehr ausgeübt. 99 Vgl. BGH NJW-RR 1989, 542, 543; Henssler/Strohn/Verse, § 14 GmbHG Rn. 50; Michalski/Ebbing, § 14 Rn. 76; jeweils m.w.N. 100 So zum Verein: MünchKommBGB/Arnold, § 35 Rn. 6; für die GmbH: Scholz/Seibt, § 14 Rn. 20; Ulmer/Raiser, § 14 Rn. 31; Henssler/Strohn/Verse, § 14 GmbHG Rn. 52; Michalski/Ebbing, § 14 Rn. 82; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 179. 101 Vgl. Scholz/Seibt, § 14 Rn. 20; Ulmer/Raiser, § 14 Rn. 31; Michalski/Ebbing, § 14 Rn. 82; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 179; MünchKommBGB/Arnold, § 35 Rn. 6. 102 Vgl. BGH NJW-RR 1989, 542, 543; Michalski/Ebbing, § 14 Rn. 82; Henssler/Strohn/ Verse, § 14 GmbHG Rn. 54. 103 Vgl. Henssler/Strohn/Verse, § 14 GmbHG Rn. 54; MünchKommGmbHG/Reichert/ Weller, § 14 Rn. 110 ff.; Baumbach/Hueck/Fastrich, § 14 Rn. 19. 104 Vgl. Scholz/Seibt, § 14 Rn. 21; MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, § 14 Rn. 97. 105 So MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, § 14 Rn. 97, allerdings ohne Begründung. 106 Vgl. Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 190).

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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Die Einräumung eines Sonderrechts und damit die Delegation der Entscheidungszuständigkeit wären auch dann unzulässig, wenn die Übertragung der Errichtungskompetenz gegen zwingende Prinzipien des Gesellschaftsrechts verstoßen würde. Dabei ist an einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verbandssouveränität zu denken. Dieser verlangt, dass der Verband in der Lage sein muss, den Verbandswillen souverän zu bilden und umzusetzen; er darf in wesentlichen Fragen nicht von der Entscheidung Dritter abhängig sein.107 Die Begründung eines Sonderrechts auf Errichtung führt hingegen zur Entstehung eines mitgliedschaftlichen Gesellschafterrechts. Die Errichtung infolge der Sonderrechtsausübung erfolgt in Ausübung dieses mitgliedschaftlichen Rechts. Die Gesellschaft ist nicht von der Entscheidung eines ihr unbeteiligt gegenüberstehenden Dritten abhängig, sondern von ihrem Gesellschafter. Dieser ist zudem bei der Ausübung des Sonderrechts durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gebunden. Auch für den Beirat wird ein Sonderrecht auf Errichtung für zulässig erachtet, sofern der Gesellschaftsvertrag die wesentlichen Kompetenzen und die Ausgestaltung des Beirats verbindlich und zumindest bestimmbar regelt.108 Die Errichtung soll in diesem Fall unter der aufschiebenden Bedingung109 der Sonderrechtsausübung stehen.110 Eine Satzungsklausel, die ein Recht auf Errichtung eines Aufsichtsrats einräumt, stellt jedoch keine aufschiebende Bedingung im Sinne der §§ 158 ff. BGB dar. Zwar hängt auch bei Einräumung eines Sonderrechts die Errichtung von einem aus Sicht der Gesellschafterversammlung zukünftigen, ungewissen Ereignis ab, nämlich der Ausübung des Sonderrechts durch dessen Inhaber. Die Einräumung eines Sonderrechts ist aber trotz vergleichbarer Wirkungen ein aliud zu einem bedingten Errichtungsbeschluss. In ersterem Fall erfolgt eine Delegation der Entscheidungsbefugnis selbst und keine (aufschiebend bedingte) Entscheidung bereits über die Errichtung. Die Ausübung des Sonderrechts ist gegenüber der Gesellschaft zu erklären. Es handelt sich damit um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, durch welche die Organisationsstruktur der Gesellschaft geändert wird.

107

Vgl. Zöllner, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 85, 119; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 41; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 13; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 19; MünchKommGmbHG/Wicke, § 3 Rn. 152. 108 Vgl. Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 23. 109 Auch ansonsten geht die Literatur vielfach von der Zulässigkeit bedingter Sonderrechte aus, also der Einräumung eines Sonderrechts unter einer Bedingung: Scholz/Seibt, § 14 Rn. 23; Michalski/Ebbing § 14 Rn. 81; MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, § 14 Rn. 102; Waldenberger, GmbHR 1997, 49, 51 (jeweils ohne Begründung). Dies ist aber nicht unproblematisch, da das Sonderrecht in die Satzung aufgenommen werden muss und diese an sich bedingungsfeindlich ist, s. o. 110 Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 23.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

b) Errichtung durch Dritte Weiter gilt es zu beleuchten, ob auch Nichtgesellschaftern durch den Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt werden kann, über die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats zu entscheiden. Denkbar ist vor allem die Variante, dass der Begünstigte neben der Errichtung auch über die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder entscheiden soll. Einer Gläubigerbank könnte etwa das Recht zur Errichtung eines Aufsichtsrats nebst Bestellung geeigneter Aufsichtsratsmitglieder eingeräumt werden, um in finanziell schwierigeren Zeiten eine effektive Kontrolle der Geschäftsführer zu ermöglichen. Da sich die entsprechende Ermächtigung des Dritten aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben muss,111 stellt sich zunächst die Frage, ob im Gesellschaftsvertrag Rechte Dritter, also außerhalb der Gesellschaft stehender Nichtgesellschafter, begründet werden können, der Gesellschaftsvertrag damit Regelungen treffen kann, die Dritten gegenüber unmittelbare Wirkung entfalten. Es handelt sich dabei nicht um ein Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB. Ein solches ist zwingend mitgliedschaftlicher Natur und kann damit nur Gesellschaftern eingeräumt werden.112 Auch ein sonstiges mitgliedschaftlich begründetes Recht kommt daher nicht in Betracht. Es kann sich somit entweder um ein organschaftliches Recht oder ein dem Berechtigten persönlich, also grundsätzlich ohne Beschränkungen,113 zustehendes subjektives Recht handeln. Dementsprechend wird auch zwischen sog. Rechten ad personam, als Rechte die einer außerhalb der Gesellschaft stehenden Person unmittelbar und persönlich zustehen, und organschaftlichen Rechten unterschieden. aa) Rechte Dritter ad personam mit Satzungsqualität Zunächst ist auf die Möglichkeit der Einräumung eines Rechts auf Organerrichtung an Dritte mit Satzungsqualität, also als materieller Satzungsbestandteil, einzugehen. Durch ein solches würde unmittelbar und mit korporationsrechtlicher Wirkung ein Recht gegenüber der Gesellschaft begründet. Dieses würde eine Art Recht zugunsten Dritter aus der Satzung darstellen, welches dem Dritten nach Muster des § 328 Abs. 1 BGB gegenüber allen durch die Satzung Gebundenen (also der Gesellschaft, aber auch gegenwärtigen und künftigen Gesellschaftern) zustehen würde. Die herrschende Meinung geht daher zutreffend von der Unzulässigkeit solcher Rechte ad personam mit korporationsrechtlicher Wirkung aus.114 Eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag stellt damit keinen 111

S.o., 3. Teil, A. I. Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 152 m.w.N. 113 Mit Ausnahme der sich aus den allgemeinen Grundsätzen (insb. §§ 134, 138 BGB) ergebenen Beschränkungen. 114 So bereits RGZ 169, 65, 81 ff. (S. 81: „Noch weniger kann sich ein außenstehender Dritter unmittelbar in innere Angelegenheiten der Gesellschaft einmischen, da die Gesellschaft ihm gegenüber eine geschlossene Einheit darstellt.“ S. 83: „Die durch Gesellschaftsvertrag 112

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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materiellen Satzungsbestandteil dar, sondern entfaltet lediglich schuldrechtliche Wirkung.115 Als Begründung der Unzulässigkeit kann die Rechtsnatur der Satzung als Organisationsvertrag herangezogen werden. Der Regelungszweck des Gesellschaftsvertrags und der daraus folgende zulässige materielle Inhalt stehen der Einräumung von Rechten an Dritte im Gesellschaftsvertrag entgegen.116 Die Satzung regelt die Beziehungen der Gesellschaft in zwei Richtungen. Zum einen regelt sie das Innenverhältnis, also die innere Organisation der Gesellschaft und hierbei insbesondere die Ausgestaltung der Organe, welche der Gesellschaft zur Handlungsfähigkeit verhelfen. Zum anderen regelt sie das Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern, und damit den Personen, die wirtschaftlich hinter der Gesellschaft stehen und damit über die Ausgestaltung und Existenz der Gesellschaft zu entscheiden haben, hierbei aber als Mitglieder der Gesellschafterversammlung rechtlich in die Gesellschaft eingebunden sind. Durch diese doppelte Anbindung wird die Gesellschaft zu einem der Rechtsfähigkeit zugänglichen Gebilde ausgestalten. Die Rechtspositionen Dritter, die in keinem mitgliedschaftlichen oder organschaftlichen Verhältnis zur Gesellschaft stehen, haben hierin keinen Platz. Auch die Ausgestaltung der Aufgabenwahrnehmung innerhalb der Gesellschaft spricht gegen die Zulässigkeit von Rechten Dritter ad personam. Aufgaben innerhalb der Gesellschaft wahrnehmen können per Definition lediglich deren Organe. Organe sind die Rechtsgebilde, die dazu bestimmt sind, für die Gesellschaft nach außen und innen zu handeln. Auf diese Weise wird das Fehlen der originären Handlungsfähigkeit, wie sie bei natürlichen Personen gegeben ist, ersetzt. Da die Organe für ihre Gesellschaft handeln und diese gerade nicht nur wie ein Vertreter nach außen vertreten, sind diese in die Gesellschaftsstruktur einzubinden; sie sind – wie deren Bezeichnung als „Organ“ plastisch verdeutlicht – Hilfsmittel der Gesellschaft. Organe sind, als Zweckgebilde, allein dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet.117 Das Organinteresse ist in der Folge zwingend mit dem Gesellbegründeten Rechte können nicht unmittelbar einem außenstehenden Dritten zugutekommen.“); vgl. aus der Literatur statt aller: Schürnbrand, Organschaft, S. 152 ff.; Ulmer, FS Werner, 1984, S. 911, 922 ff.; Bürkle, Rechte Dritter, S. 38; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 46, 48; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 484 ff.; Baumbach/Hueck/ Fastrich, § 3 Rn. 26; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 85; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 45 Rn. 9. Für die Zulässigkeit solcher Rechte ad personam aber: Segna, Vorstandskontrolle in Großvereinen, S. 144 ff., insb. 146 ff.; Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluss, S. 70 ff. 115 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 153; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 46; Michalski, § 45 Rn. 85. 116 So Ulmer, FS Werner, 1984, S. 911, 922 ff.; Schürnbrand, Organschaft, S. 153; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 46 und 48; a.A. Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluss, S. 71: Das Argument der h.M. enthalte ein petitio principii, der Satzungsbegriff des Gesetzes sei wertungsoffen. Die Einordung als Organisationsvertrag treffe lediglich eine Aussage über den Regelungsgegenstand, nicht über die Adressaten der Regelungen. 117 Zum Organbegriff und den sich daraus ergebenden Schranken siehe 4. Teil, D. II. 2.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

schaftsinteresse gleichzusetzen. Bei der Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte durch die Gesellschafter, als der zweiten Form von Rechten innerhalb einer Gesellschaft, sind lediglich die sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Beschränkungen zu beachten, insbesondere die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. In beiden Fällen besteht aber eine Wechselwirkung zwischen Rechtsausübung und Gesellschafter- bzw. Organstellung. Die Rechtsausübung ist stets auf die Gesellschaft, als dem gemeinsamen Bezugspunkt, ausgerichtet. Allgemein gilt, dass alle durch die Regelungen der Satzung Betroffenen und Berechtigten, also sowohl Gesellschafter als auch Organe, und damit auch nachgeordnet die Organwalter, die ihnen zustehenden Befugnisse nicht unbeschränkt ausüben dürfen. „Isolierte Berechtigungen“, also Berechtigungen, die allein im Eigeninteresse verfolgt werden dürfen, sind dem Gesellschaftsrecht fremd.118 Eine Beschränkung der Rechte bzw. Kompetenzen durch ihren jeweiligen Bezug auf die Gesellschaft selbst ist daher in jedem Fall zwingend. Eine solche Beschränkung fehlt, wenn dem Dritten lediglich ein Eingriffsrecht gewährt, er jedoch nicht durch eine zugrunde liegende Rechtsbeziehung zur Gesellschaft bei der Ausübung dieses Rechts beschränkt wird. Die Eingriffsbefugnisse zugunsten der Gesellschaft beschränkende Treuepflichten zulasten Dritter lassen sich durch die Satzung nicht begründen.119 Neben der damit fehlenden inhaltlichen Beschränkung der Rechtsausübung fehlt bei Dritten, mangels Eingliederung in die Gesellschaft, auch die Möglichkeit der Disziplinierung, wie etwa durch die Grundsätze der Organhaftung, welche für Organwalter im Grundsatz zwingend ist.120 Auch aufgrund des Grundsatzes der Verbandssouveränität erscheint die Begründung Rechte Dritter in der Satzung problematisch. Der Verband muss in der Lage sein, seinen Verbandswillen souverän zu bilden und umzusetzen; er darf in wesentlichen Fragen nicht von der Entscheidung Dritter abhängig sein.121 Dritten darf daher kein gesellschaftsrechtlicher Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft gewährt werden. Gestaltungen, die dazu führen, dass der Verband selbst nicht mehr handlungsfähig, sondern vom Tätigwerden Dritter abhängig ist, wie dies etwa bei der Bestellung von Organmitgliedern durch Dritte der Fall ist, werden daher als unzulässig betrachtet.122 Dies muss erst recht für die Organerrichtung gelten. Für die Systemwidrigkeit eines solchen Rechts ad personam mit Satzungsqualität wird auch die sich ergebende unvollkommene Durchsetzbarkeit der Rechte angeführt. Für den Dritten gibt es weder die Möglichkeit des Organstreits noch steht ihm, mangels

118

Vgl. MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 48; Schürnbrand, Organschaft, S. 153. Vgl. Ulmer, FS Werner, 1984, S. 911, 925; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 48. 120 Dazu später 5. Teil, F. 121 Vgl. Zöllner, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 85, 119; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 41; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 13; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 19. 122 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 153. 119

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

99

Anfechtungsbefugnis, die Möglichkeit der Anfechtungsklage gegen sein Recht verletzende Gesellschafterbeschlüsse offen.123 bb) Dritte als Organwalter eines Zusatzorgans Statt als Recht ad personam kann die Einräumung der Errichtungskompetenz an Dritte auch als Kompetenzübertragung auf ein zusätzliches fakultatives Organ konzipiert werden.124 Die Entscheidung über die Errichtung des fakultativen Aufsichtsrats erfolgt dann in Ausübung organschaftlicher Kompetenzen durch dessen Organwalter. Bereits Feine ging 1929 davon aus, dass es sich bei der Einräumung von Rechten in der Satzung an Dritte ohne Gesellschafterstellung um die Errichtung eines sog. Kreationsorgans handele.125 Der persönlich in der Satzung Benannte ist in diesem Fall Organwalter dieses zusätzlichen fakultativen Organs, dessen Aufgabe in der Entscheidung über die Errichtung des fakultativen Aufsichtsrats besteht. Da sowohl die Fremdorganschaft126 als auch die Errichtung von Zusatzorganen in der GmbH zulässig sind, ist eine solche Gestaltung nicht per se ausgeschlossen. Entscheidend ist, ob die Kompetenz zur Organerrichtung auf ein von der Gesellschafterversammlung verschiedenes Organ übertragen werden kann oder ob es sich um eine zwingende und damit unübertragbare Kompetenz der Gesellschafterversammlung handelt. Wie bereits zuvor erörtert, ist hierbei zwischen der Ausübung der Satzungshoheit einerseits und Angelegenheiten der Selbstverwaltung andererseits zu unterscheiden. Nur für die Ausübung ersterer ist zwingend die Gesellschafterversammlung zuständig. Soweit es um Angelegenheiten der Selbstverwaltung geht, kann die Gesellschafterversammlung ihre Zuständigkeit auf andere Organe delegieren.127 Mit der Ermächtigung eines Zusatzorgans zur Errichtung des Aufsichtsrats im Gesellschaftsvertrag haben die Gesellschafter ihre Satzungshoheit ausgeübt; es handelt sich bei der anschließenden Entscheidung des errichteten Zusatzorgans nur noch um die Ausübung dieser von der Gesellschafterversammlung delegierten Zuständigkeit. Maßnahmen, die unter die Satzungshoheit fallen, werden von den Organwaltern des Zusatzorgans nicht mehr ausgeübt. Die Ermächtigung eines Zusatzorgans zur Organerrichtung lässt sich auch nicht mit der Einräumung eines (unzulässigen) Zustimmungsrechts zur Satzungsänderung vergleichen. Letzteres würde einen Verstoß gegen die Satzungsautonomie darstellen; 123

Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 154; Ulmer, FS Wiedemann, 2002, S. 1297, 1318 f. Für dessen Zulässigkeit: Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 190 f.); Schürnbrand, Organschaft, S. 154 ff.; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 486 f.; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 474 f. 125 Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 474 f. 126 Der Grundsatz der Fremdorganschaft gilt zwar nicht für die Gesellschafterversammlung, dies ist aber darauf zurückzuführen, dass deren Mitgliedern nicht nur organschaftliche Kompetenzen, sondern auch mitgliedschaftliche Rechte zustehen. 127 Vgl. Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 190) sowie bereits 3. Teil, A. IV. 2. a). 124

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

das Recht zur Satzungsänderung steht gem. § 53 Abs. 1 GmbHG allein der Gesellschafterversammlung zu.128 Im Fall einer Ermächtigung zur Organerrichtung hängt die Wirksamkeit der Satzungsänderung aber gerade nicht von der Zustimmung Dritter ab, die Gesellschafter sind nicht ihrer Letztentscheidungskompetenz beraubt. Die Errichtung des Aufsichtsrats hängt letztlich nicht vom Tätigwerden des Zusatzorgans ab. Die Gesellschafter können jederzeit durch eine entsprechende Satzungsänderung selbst einen Aufsichtsrat errichten. Infolge der Einräumung der Errichtungskompetenz an ein Zusatzorgan sind die für Organe geltenden Prinzipien anwendbar. Das so errichtete Organ hat seine Tätigkeit am Gesellschaftsinteresse auszurichten. Es darf damit auch seine Entscheidung über die Errichtung des Aufsichtsrats allein hieran ausrichten.129 Zudem hat eine funktionelle Eingliederung in die Gesellschaft zu erfolgen, das heißt, das Organ unterliegt den Grundsätzen der Organhaftung und der Organwalter der Abberufung, zudem muss den Gesellschaftern die Möglichkeit zustehen, gegen die Gesellschaft schädigende Handlungen vorzugehen.130 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Errichtung und Bestellung des zwischengeschalteten Zusatzorgans unwiderruflich ausgestaltet werden kann. Durch eine unwiderrufliche Stellung würde den Gesellschaftern die Möglichkeit der Satzungsänderung genommen und damit in unzulässiger Weise in ihre Satzungshoheit eingegriffen.131 Die Gesellschafterversammlung muss dem Zusatzorgan daher jederzeit durch Satzungsänderung die Kompetenzen entziehen können.132 Daneben besteht die Möglichkeit der Abberufung des jeweiligen Organwalters des Zusatzorgans. Letztere soll jedoch insoweit eingeschränkt werden können, als die Abberufung von einem wichtigen Grund abhängig gemacht werden kann.133 Zudem hat die Gesellschafterversammlung jederzeit selbst das – allerdings nicht unbestrittene – Recht zum Widerruf der Bestellung der vom Zusatzorgan selbst bestellten Aufsichtsratsmitglieder aus wichtigem Grund.134 128 Vgl. RGZ 169, 65, 80 f.; Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 193 ff.); Ulmer, FS Werner, 1984, S. 911, 924; Schürnbrand, Organschaft, S. 162; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 80; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 95. 129 Vgl. zur Bindung an das Gesellschaftsinteresse 4. Teil, D. II. 2. b) sowie Schürnbrand, Organschaft, S. 159 f.; Kropff, FS Huber, 2006, S. 841, 846. 130 Hierzu 4. Teil, D. II. 1; vgl. auch Schürnbrand, Organschaft, S. 159 (erforderlich sei ein „angemessener Sanktionsmechanismus“). 131 So auch Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 190). 132 Vgl. Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 190 f.); Schürnbrand, Organschaft, S. 162; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 140. 133 Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 190). 134 So Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 190); Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 146 (Dreiviertelmehrheit erforderlich); so auch MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 141; a.A. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 49 („zweifelhaft“); Ensthalter/Füller/Schmidt, § 52 Rn. 26 (dieser bejaht lediglich einen Anspruch der Gesellschafter auf Abberufung gegenüber den Entsendungsberechtigten).

A. Anforderungen an die Einrichtung eines Aufsichtsrats

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Sofern die Mitglieder des Zusatzorgans im Gesellschaftsvertrag persönlich benannt sind – was der Regelfall sein dürfte – stellt sich die Frage, ob die Bestellung der Organwalter des zusätzlichen, mit der Errichtung betrauten Organs bereits in der Satzung vorgenommen werden kann. Dazu müsste eine geborene Organmitgliedschaft auch dann zulässig sein, wenn sich die rechtliche Verbindung der Organmitglieder zur Gesellschaft nicht bereits aus der Gesellschafterstellung ergibt, wie dies bei den Mitgliedern der Gesellschafterversammlung der Fall ist. Bei diesen ist aber gerade der Umweg über die Konstruktion eines Zusatzorgans nicht nötig, da die Einräumung eines Rechts zur Errichtung im Wege eines Sonderrechts übertragen werden kann.135 Zwar wird für die Zulässigkeit geborener Fremdorganwalter und dabei den Verzicht auf die Beteiligung des Dritten an der Begründung der Organstellung auf den Wortlaut des § 6 Abs. 3 S. 2 GmbHG verwiesen, wonach die Bestellung des Geschäftsführers bereits „im Gesellschaftsvertrag“ erfolgen kann und der Dritte somit im Gesellschaftsvertrag ein Organschaftsrecht erhalte.136 Insoweit soll es sich dabei um einen Vertrag zugunsten Dritter analog § 328 BGB handeln; einer Mitwirkung des Dritten bei der Bestellung bedürfe es daher nicht.137 Diese Sichtweise verkennt, dass durch die Bestellung zum Organwalter unmittelbar Pflichten gegenüber der Gesellschaft entstehen.138 Es handelt sich auch nicht um eine lediglich schuldrechtliche Begründung von Forderungen für den Begünstigten, sondern um einen Organisationsakt. Nach ganz herrschender Meinung ist daher auch eine Annahme der Bestellung durch den zu Bestellenden erforderlich.139 Eine geborene Organmitgliedschaft eines Nichtgesellschafters hätte zur Folge, dass dem Dritten ein Recht unmittelbar durch die Satzung gewährt würde. Dies wäre mit der Unzulässigkeit von Rechten Dritter ad personam mit organisationsrechtlicher Wirkung innerhalb der Gesellschaft nicht zu vereinbaren. So soll auch eine Art Sonderrecht auf ein Geschäftsführeramt für einen Fremdgeschäftsführer nicht möglich sein.140 Nichts anderes gilt für Fremdorganwalter eines sonstigen Organs. 135 So auch Schürnbrand, Organschaft, S. 74, für die Einräumung eines Entsendungsrechts an Gesellschafter. 136 Hammen, WM 1994, 765, 766. 137 Hammen, WM 1994, 765, 772 ff. 138 Dies soll nach Hammen, WM 1994, 765, 774 einer Anwendung des § 328 BGB nicht entgegenstehen. Dieser argumentiert mit der sog. Akzeptationstheorie, nach der zwar eine Annahme der durch den Vertrag geschaffenen Rechtsstellung durch den Begünstigten erforderlich sei, diese sei aber von einer Annahme im Sinne der §§ 145 ff. BGB zu unterscheiden. 139 So für die Bestellung von Beiratsmitgliedern: Schürnbrand, Organschaft, S. 161; Ulmer/ Heermann, § 52 Rn. 336. Für die Geschäftsführerbestellung: Baumbach/Hueck/Fastrich, § 6 Rn. 25; Michalski/Tebben, § 6 Rn. 41; MünchKommGmbHG/Goette, § 6 Rn. 57; Lutter/ Hommelhoff/Kleindiek, § 6 Rn. 42; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 56; Ulmer/Paefgen, § 35 Rn. 30 f.; Henssler/Strohn/Oetker, § 6 GmbHG Rn. 42; Oppenländer/Trölitzsch/St. Oppenländer, GmbH-Geschäftsführung, § 4 Rn. 12. Für die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern eines fakultativen Aufsichtsrats: Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 47; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 114; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 217. 140 BGH NZG 2012, 502, 504; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 38 Rn. 10.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Eine geborene Organmitgliedschaft in dem Sinne, dass bereits durch den Gesellschaftsvertrag die Organstellung begründet wird, ist nur bei gleichzeitiger Gesellschafterstellung möglich. In diesem Fall wirkt der Begünstigte an der Satzungsänderung mit und wird auch durch diese verpflichtet.141 In allen anderen Fällen würde es sich um einen Vertrag zu Lasten des am Abschluss des Gesellschaftsvertrags nicht beteiligten Fremdorganwalters handeln. Dies bedeutet zwar nicht, dass der Bestellungsbeschluss unwirksam wäre. Die Bestellung als solche ist aber bis zu ihrer Annahme schwebend unwirksam.142 Die Aufhebung der Organstellung bedarf in keinem Fall der Zustimmung des Organmitglieds.143 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Mitgliedschaft im Zusatzorgan materieller Satzungsbestandteil sein kann. Dies hat zwar auch mittelbare Auswirkungen auf die Stellung der Organmitglieder, bindet und berechtigt aber unmittelbar nur die Gesellschaft. In der Folge kann die Abberufung nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrags erfolgen, also unter Beachtung der §§ 53 f. GmbHG. Dabei ist durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags zu ermitteln, ob die Gesellschafter die Bestellung als materiellen Satzungsbestandteil in den Gesellschaftsvertag aufnehmen wollten. Dies ist zwar für die Bestellung der Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag regelmäßig abzulehnen,144 betreffend die Mitglieder eines Kreationsorgans soll aber ein solcher Wille der Gesellschafterversammlung in der Regel feststellbar sein.145

B. Formelle Anforderungen an die Auflösung des Aufsichtsrats Nach der soeben behandelten Frage, welche formellen Voraussetzungen nötig sind, um einen fakultativen Aufsichtsrat zu errichten, ist im Folgenden darauf einzugehen, wie die Gesellschafter einen solchen wieder beseitigen können.

141 So soll bei der Bestellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers dieser sein Einverständnis bereits durch die Teilnahme am Gesellschafterbeschluss bekunden, Henssler/Strohn/ Oetker, § 6 GmbHG Rn. 42. 142 So für die Geschäftsführerbestellung Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 6 Rn. 42; Oppenländer/Trölitzsch/St. Oppenländer, GmbH-Geschäftsführung, § 4 Rn. 12. 143 So auch Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 12. 144 So BGHZ 18, 205, 207; Roth/Altmeppen, § 6 Rn. 64 m.w.N. 145 So Schürnbrand, Organschaft, S. 162.

B. Anforderungen an die Auflösung des Aufsichtsrats

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I. Auflösung des Aufsichtsrats durch Auflösungsbeschluss Ein errichteter Aufsichtsrat erlischt durch seine Auflösung. Dies erfordert eine Satzungsänderung, welche den Anforderungen der §§ 53, 54 GmbHG genügen muss.146 In der älteren Rechtsprechung findet sich zwar die Ansicht, dass die Beseitigung des Aufsichtsrats entweder einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss erfordere oder es einen besonderen Grund für die Auflösung benötige; denn es sei davon auszugehen, dass der Aufsichtsrat als dauernde Einrichtung gewollt sei, da ja für dessen Errichtung eine Veranlassung bestanden habe.147 Dem hat sich in neuerem Schrifttum van Venrooy angeschlossen. Dieser argumentiert mit dem Minderheitenschutz. Aufgrund des durch die Auflösung des Aufsichtsrats erfolgenden Kompetenzrückfalls an die Gesellschafter würden nur solche Gesellschafter die Auflösung betreiben, die selbst zur Kontrolle in der Lage seien; alle anderen Gesellschafter würden hingegen in die Rolle von Zuschauern gedrängt.148 Aus der Treuepflicht soll jedoch unter gewissen Umständen eine Zustimmungspflicht resultieren oder der Auflösungsbeschluss als zustande gekommen fingiert werden, etwa wenn die ausschließliche Aufgabenerfüllung durch den Aufsichtsrat gescheitert sei.149 Dem ist nicht zu folgen.150 Durch das Erfordernis der Satzungsänderung und damit der qualifizierten Mehrheit gem. § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG sind die Minderheitsgesellschafter ausreichend geschützt. Zudem stehen allen Gesellschaftern weiterhin die Rechte aus §§ 51a, 51b GmbHG zu. Eine Ausnahme vom Erfordernis der Satzungsänderung soll für den Fall bestehen, dass bereits die Errichtung des fakultativen Aufsichtsrats durch einfachen Gesellschafterbeschluss erfolgt ist, der seinerseits auf einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag beruhte.151 Im Fall der Errichtung aufgrund eines Sonderrechts ist

146 H.M., vgl. statt aller Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 26; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 149; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 396; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 12; Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 29. 147 KG DJZ 1907, 601; dem folgend: Parisius/Krüger/Krecelius, 6. Aufl. 1922, § 52 S. 268; Warneyer/Koppe, 1924, § 52 Anm. 1. 148 van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 454. 149 van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 454. 150 Ablehnend bereits Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 3; Neukamp/ Becker, 5. - 7. Aufl. 1921, § 52 Anm. 1; Liebmann, 6. Aufl. 1921, § 52 Anm. 1; Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 2, der aber darauf verweist, dass sich aus dem „Gesamtinhalt“ ergeben könne, dass der Aufsichtsrat nicht ohne die Zustimmung aller Gesellschafter beseitigt werden könne, etwa wenn durch den Aufsichtsrat eine Sicherung der Minderheit gegenüber der Mehrheit geschaffen werden soll. Gegen ein solches unentziehbares Sonderrecht auf Beibehaltung des Aufsichtsrats: Ulmer/Casper, § 53 Rn. 149; Scholz/Priester, § 53 Rn. 114; Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 294. 151 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 396; Staub/Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 3; Otto, GmbHR 2016, 19, 20.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

neben einem satzungsändernden Gesellschafterbeschluss weiter die Zustimmung des Berechtigten erforderlich.152 Die Auflösung des Aufsichtsrats ist von der Abberufung seiner Mitglieder zu unterscheiden. Die bloße Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder oder die Funktionsunfähigkeit des Aufsichtsrats führen nicht zur dessen Auflösung.153 Für die Zeit bis zur Wiederbesetzung übernimmt in diesem Fall die Gesellschafterversammlung die Aufgaben des Aufsichtsrats.154 Die Gesellschafter sind zudem verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats wiederherzustellen.155

II. Auflösung des Aufsichtsrats durch Eintritt einer auflösenden Bedingung? Problematisch ist der Fall, dass der Aufsichtsrat unter einer auflösenden Bedingung errichtet wurde. Eine solche auflösende Bedingung hätte zur Folge, dass der Aufsichtsrat mit Eintritt der Bedingung automatisch entfallen würde. Eine Satzungsänderung und deren Eintragung müssten nicht erfolgen. Daher stellt sich auch hier vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Registerpublizität die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Gestaltung. Die herrschende Meinung geht von der Unzulässigkeit auflösender Bedingungen im Gesellschaftsvertrag aus. Ansonsten könnte die Sicherheit des Rechtsverkehrs durch das Handelsregister nicht wirksam gewährleistet werden. Die Geltung der Satzung dürfe nicht von für Dritte nicht zweifelsfrei feststellbare äußeren Ereignissen abhängen.156 Zulässig sein soll aber – wie auch im Rahmen der Errichtung – ein unbedingter Aufhebungsbeschluss verbunden mit der Anweisung an den Geschäftsführer, erst nach Eintritt eines be152

Siehe bereits unter 3. Teil, A. IV. 2. a) sowie Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 396; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 29; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 226; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 149; Scholz/Priester, § 53 Rn. 114. 153 Vgl. BGH GmbHR 1984, 72, 73; OLG Frankfurt, NJW-RR 1995, 36, 38; Michalski/ Giedinghagen, § 52 Rn. 216 und 396; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 12; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 109; Ulmer/Herrmann, § 52 Rn. 27; a.A. aber MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 17 (Der Aufsichtsrat werde konkludent aufgelöst, wenn alle Aufgaben von der Gesellschafterversammlung wahrgenommen würden.) 154 Vgl. BGHZ 12, 337, 340; OLG Frankfurt, NJW-RR 1995, 36, 38, MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 109; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 12. Ausführlich zur sog. Rückfallkompetenz später 4. Teil, F. I. 2. a) bb). 155 Vgl. Ulmer/Herrmann, § 52 Rn. 27. 156 MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 171; MünchHdbGesRt/Marquardt, Bd. III, § 22 Rn. 13; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 59 (einschränkend); zur Aktiengesellschaft: Hölters/Haberstock/Greitemann, AktG, § 179 Rn. 49; Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn. 158. Mit anderen Voraussetzungen: Göppel, Bedingte GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, S. 76 ff.: Eine auflösende Bedingung sei dann unzulässig, wenn für die Aufhebung ein zwingendes Verfahren vorgesehen sei, wie dies im Fall der Satzungsänderung der Fall sei. Dies trifft im Regelfall auf die Auflösung des Aufsichtsrats zu.

C. Regelungen zur abweichenden Ausgestaltung des Aufsichtsrats

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stimmten Ereignisses tätig zu werden.157 Die auflösend bedingte Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats ist dabei von der auflösend bedingten Bestellung einer Person zum Aufsichtsratsmitglied zu unterscheiden. Diese ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs wohl zulässig.158

III. Auflösung des Aufsichtsrats durch Auflösung der Gesellschaft? Durch die Auflösung der Gesellschaft wird der fakultative Aufsichtsrat nicht beseitigt. Zwar verweist § 52 Abs. 1 GmbH nicht auf § 268 Abs. 2 S. 2 AktG und damit die Pflicht zur Überwachung der Liquidatoren durch den Aufsichtsrat. Mit der herrschenden Meinung ist jedoch davon auszugehen, dass der Aufsichtsrat dennoch weiterhin bestehen bleibt und seiner Überwachungsaufgabe nachzukommen hat.159

C. Formelle Anforderungen an Regelungen zur abweichenden Ausgestaltung des Aufsichtsrats Die prozeduralen Anforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats bestehen, wie sich aus dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG a.E. ergibt, im Erfordernis der abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag. Um von der gesetzlich vorgesehenen, dispositiven Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG – und damit dem Verweis auf § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 5, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 105, § 107 Abs. 3 S. 2 und S. 3 und Abs. 4, §§ 110 bis 114, § 116 i.V.m. § 93 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2, § 124 Abs. 3 Satz 2, § 170, § 171, §§ 394 f. AktG – abzuweichen, müssen die Voraussetzungen erfüllt werden, welche an die Aufnahme von Regelungen in den Gesellschaftsvertrag bzw. an deren spätere Änderung gestellt werden. Bereits zuvor wurde im Einzelnen erörtert, welche Regelungen hierbei zwingend durch den Gesellschaftsvertrag erfolgen müssen, also zwingend materielle Satzungsbestandteile sind, wobei in diesen Fällen auch keine Ermächtigung der Gesellschafterversammlung zur abweichenden Ausgestaltung in Betracht kommt.160

157

MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 171. So für die auflösende Bestellung zum Geschäftsführer: BGH NZG 2006, 62 m.w.N., auch zur gegenteiligen Ansicht im Schrifttum. 159 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 113; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 126; Baumbach/Hueck/Haas, § 69 Rn. 19; Michalski/Nerlich, § 69 Rn. 53; Ulmer/Paura, § 69 Rn. 65; Scholz/K. Schmidt, § 69 Rn. 40; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 69 Rn. 12. 160 Vgl. 3. Teil, A. I. 2. 158

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Für die anfängliche Abweichung von den subsidiär anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen ist daher die Aufnahme der betreffenden Regelungen in den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag erforderlich. Dies erfordert insbesondere nach § 2 Abs. 1 GmbHG die Mitwirkung aller Gesellschafter. Für spätere Änderungen sind die §§ 53, 54 GmbHG einzuhalten. Erforderlich sind damit, neben dem ordnungsgemäßen Beschlussverfahren, welches insbesondere nach § 51 GmbHG eine ordnungsgemäße Einberufung nebst Ankündigung des Beschlussgegenstandes voraussetzt, ein Beschluss mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen sowie dessen notarielle Beurkundung. Weiter ist die Abänderung des Gesellschaftsvertrags zum Handelsregister anzumelden. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Errichtung verwiesen werden. Diese prozeduralen Beschränkungen der Gestaltungsfreiheit und damit die formellen Anforderungen an die Änderungen des Gesellschaftsvertrags dienen dabei in erster Linie der Rechtssicherheit sowie der Beweissicherung.161 Dies erfolgt im Interesse der Gesellschafter, aber auch des Rechtsverkehrs.

D. Die Folgen formeller Fehler Nachdem erörtert wurde, welche formellen Voraussetzungen im Rahmen der Errichtung, Auflösung und Ausgestaltung des Aufsichtsrats einzuhalten sind, gilt es zu klären, welche Folgen fehlerhafte Vorgehensweisen nach sich ziehen. Hierbei ist insbesondere auf die Folgen formeller Fehler bei der Errichtung des Aufsichtsrats einzugehen. Dabei kommen mehrere Fallgestaltungen in Betracht. Zum einen ist an eine Errichtung durch einfachen Beschluss der Gesellschafterversammlung ohne Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag zu denken. Zum anderen kommt die Errichtung durch die Gesellschafterversammlung trotz Bestehen eines Sonderrechts für einen oder mehrere Gesellschafter in Betracht. Weiter ist daran zu denken, dass der einfache Errichtungsbeschluss eine von den Vorgaben im Gesellschaftsvertrag abweichende Ausgestaltung des Aufsichtsrats enthält oder der Gesellschaftsvertrag selbst keine Regelungen zur Ausgestaltung des Aufsichtsrats enthält, jedoch der Errichtungsbeschluss die Ausgestaltung abweichend von § 52 Abs. 1 GmbHG vornimmt.

161 So für den Zweck der notariellen Beurkundung: Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 2 Rn. 23; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 71; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 49.

D. Die Folgen formeller Fehler

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I. Die Folgen der Errichtung ohne satzungsrechtliche Grundlage Bei der Errichtung eines Aufsichtsrats ohne Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag sind die Fälle unproblematisch, in denen der Errichtungsbeschluss der Gesellschafterversammlung zugleich eine ordnungsgemäße Änderung der Satzung darstellt. Erforderlich hierfür sind, neben einer ordnungsgemäßen Einberufung nach § 51 GmbHG, ein Gesellschafterbeschluss mit der Mehrheit von drei Vierteln der abgegeben Stimmen sowie die notarielle Beurkundung des Beschluss nach § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Zudem muss die Änderung der Satzung nach § 54 Abs. 1 GmbHG zum Handelsregister zur Eintragung angemeldet werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, handelt es sich um eine zulässige Errichtung „durch“ den Gesellschaftsvertrag. Problematisch sind die Fälle der Errichtung durch einen Beschluss, welcher nicht die Anforderungen der §§ 53, 54 GmbHG erfüllt. Die Folgen der fehlenden Errichtung des Aufsichtsrats durch oder aufgrund des Gesellschaftsvertrags werden in der Literatur nicht einheitlich gesehen. Eine Sichtweise spricht sich bei Fehlen einer entsprechenden Satzungsbestimmung gegen das Entstehen eines organschaftlichen Aufsichtsrats aus,162 wobei auch ein Gesellschafterbeschluss mit satzungsändernder Mehrheit nicht zur organschaftlichen Errichtung ausreichen soll.163 Andere gehen davon aus, dass allein durch das Bestehen einer solchen Mehrheit ein Gesellschafterbeschluss als Satzungsänderung qualifiziert werden könne,164 ohne jedoch auf die weiteren Voraussetzungen des § 53 GmbHG und insbesondere des § 54 Abs. 3 GmbHG einzugehen. Für Beiräte findet sich der Hinweis, dass ohne Satzungsregelung die Errichtung durch einfachen Gesellschafterbeschluss lediglich zu einem schuldrechtlichen Beirat führe.165 Gegen die Entstehung eines organschaftlichen Gremiums spricht zunächst der Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG. Es ist von einer Bestellung des Aufsichtsrats „nach dem Gesellschaftsvertrag“ die Rede. Auch der weitere Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG („soweit sich aus dem Gesellschaftsvertrag nicht ein anderes ergibt“) zeigt, dass eine satzungsmäßige Verankerung unterstellt ist. Dies besagt aber noch nichts über die Folgen eines Verstoßes gegen diese Vorschrift. Diese haben sich nach den allgemeinen Grundsätzen fehlerhafter Gesellschafterbeschlüsse zu richten. Dem folgend findet sich die Ansicht, dass bei fehlender Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag der Beschluss der Gesellschafterversammlung lediglich anfechtbar

162

So Schürnbrand, Organschaft, S. 55 f.; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 2; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 7; so wohl auch Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 4. 163 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 7. 164 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 34. 165 Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 111, ohne auf die Frage einzugehen, ob eine satzungsändernde 3/4-Mehrheit für eine organschaftlichen Errichtung ausreichen würde.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

sei.166 Dies würde bedeuten, dass, sofern keine Anfechtung erfolgt, das Organ wirksam entstünde und seine Funktionen rechtmäßig ausüben würde. Auch die Rechte und Pflichten der Organwalter sollen sich nach dieser Ansicht dann nicht aus der Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG, sondern direkt aus dem Gesellschafterbeschluss ergeben.167 Ulmer verweist ergänzend darauf, dass sich die Anfechtung nach den Grundsätzen über die Satzungsdurchbrechung zu richten habe.168 Die Folgen eines satzungs- und gesetzeswidrigen Gesellschafterbeschlusses richten sich im GmbH-Recht mangels eigenständiger Regelung grundsätzlich nach den §§ 241 ff. AktG.169 Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse sind nicht, wie sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts ergeben würde, per se unwirksam, sondern in der Regel analog § 243 AktG anfechtbar.170 Dies betrifft analog § 243 Abs. 1 AktG sowohl gegen den Gesellschaftsvertrag als auch gegen gesetzlichen Vorschriften verstoßende Beschlüsse.171 Lediglich bei Eingreifen spezieller Nichtigkeitsgründe, insbesondere in analoger Anwendung des § 241 AktG, ist der Beschluss ipso iure nichtig.172 1. Anfechtbarkeit des Beschlusses wegen Verstoßes gegen Gesetz und Gesellschaftsvertrag Ein Errichtungsbeschluss ohne Regelung im Gesellschaftsvertrag stellt einen Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag dar. Zwar handelt es sich formal betrachtet bei der Errichtung eines Aufsichtsrats ohne Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag nicht um einen Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag, da in diesem Fall der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen zum Aufsichtsrat enthält. Aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich jedoch die organisatorische Struktur der GmbH, zu welcher die Ausgestaltung und insbesondere das Vorhandensein von Gesellschaftsorganen zählen. Ohne Regelung zum Aufsichtsrat gibt die Satzung daher die Organisationsstruktur der GmbH als zweigliedrige Gesellschaft, bestehend aus den Organen Gesellschafterversammlung und Geschäftsführer, wieder.

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Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 16, der zwar von der Bestellung eines Aufsichtsorgans spricht, aber wohl (auch) die Errichtung meint. Ebenso Hachenburg/Schilling, 7. Aufl. 1979, § 52 Rn. 14; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 16; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 149 (dort mit Hinweis auf die Anfechtung „nach den Grundsätzen über die Satzungsdurchbrechung“) . 167 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 16; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 16; Hachenburg/Schilling, 7. Auflage 1979, § 52 Rn. 14. 168 Ulmer/Casper, § 53 Rn. 149. 169 Ganz h.M., vgl. etwa MünchKommGmbHG/Wertenbruch, Anhang § 47 Rn. 1 m.w.N. 170 H.M., vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer, Anh. zu § 47 Rn. 1 m.w.N. 171 H.M., MünchKommGmbHG/Wertenbruch, Anhang § 47 Rn. 1; Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 146; Baumbach/Hueck/Fastrich/Haas/Noack/Beurskens, Anh. § 47 Rn. 18. 172 Vgl. statt vieler Baumbach/Hueck/Fastrich/Haas/Noack/Beurskens, Anh. § 47 Rn. 44.

D. Die Folgen formeller Fehler

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Auch stellt die Errichtung eines Aufsichtsrats ohne satzungsmäßige Grundlage immer einen Gesetzesverstoß dar; nach § 52 Abs. 1 GmbHG ist der Aufsichtsrat im Gesellschaftsvertrag vorzusehen. 2. Einordnung als fehlerhafte Satzungsänderung sowie Einschränkung durch die Figur der sog. Satzungsdurchbrechung? Der einfache Gesellschafterbeschluss über die Errichtung eines Aufsichtsrats könnte statt als Satzungsverletzung auch als fehlerhafte Satzungsänderung zu qualifizieren sein. In diesem Fall würde die Errichtung durch einfachen Beschluss zwar nicht gegen § 52 Abs. 1 GmbHG und den Gesellschaftsvertrag verstoßen. Sie wäre aber an den Voraussetzungen einer Satzungsänderung zu messen. Eine Satzungsänderung unterliegt in formeller Hinsicht, neben den Anforderungen, die an jeden Beschluss der Gesellschafterversammlung zu stellen sind, den Erfordernissen der qualifizierten Mehrheit, der notariellen Beurkundung und der Anmeldung der Änderung zur Eintragung ins Handelsregister. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften hat unterschiedliche Konsequenzen. Bei fehlender DreiviertelMehrheit ist der Beschluss anfechtbar, ohne notarielle Beurkundung analog § 241 Nr. 2 AktG nichtig.173 Die Eintragung hat nach § 54 Abs. 3 GmbHG konstitutive Wirkung. Fehlt diese, ist der Beschluss schwebend unwirksam, kann aber durch Eintragung nachträglich wirksam werden.174 Neben den Kategorien der Satzungsverletzung und der fehlerhaften Satzungsänderung wird als weitere Kategorie fehlerhafter Beschlüsse die Figur der sog. satzungsdurchbrechenden Beschlüsse diskutiert. Diese sollen an den Voraussetzungen der §§ 53 f. GmbHG zu messen sein, wobei Einschränkungen hinsichtlich der anzuwendenden formellen Erfordernisse sowie der hieraus resultierenden Fehlerfolgen vorgenommen werden. Werden die formellen Voraussetzungen gewahrt, soll die Satzung wirksam im Einzelfall „durchbrochen“ sein. Der Beschluss soll dann trotz des materiellen Widerspruchs zum Satzungstext nicht anfechtbar sein. a) Voraussetzungen der Satzungsdurchbrechung Als satzungsdurchbrechende Beschlüsse werden Gesellschafterbeschlüsse qualifiziert, die ohne den Gesellschaftsvertrag zu ändern, im Einzelfall von diesem abweichen.175 Eine solche Abweichung soll nicht vorliegen, wenn der Gesell173

MünchKommGmbHG/Wertenbruch, Anhang § 47 Rn. 41 m.w.N. Scholz/Priester, § 54 Rn. 54; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 54 Rn. 36; Michalski/ Hoffmann, § 54 Rn. 42; Ulmer/Casper, § 54 Rn. 28. 175 Vgl. MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 45; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 27 ff.; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 34; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 34; Scholz/Priester, § 53 Rn. 27; Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 147; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Schnorbus, § 53 Rn. 44; Michalski/Hoffmann, § 3 Rn. 35; Henssler/Strohn/Gummert, § 53 GmbHG Rn. 9; 174

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

schaftsvertrag eine Öffnungsklausel enthält,176 was vorliegend einer Errichtungsermächtigung entsprechen würde.177 Im Fall einer Satzungsdurchbrechung sollen die formellen Anforderungen hinter den an eine Satzungsänderung zu stellenden Erfordernissen zurückbleiben dürfen. Im Wege der teleologischen Reduktion178 wird insbesondere auf die Eintragung als Wirksamkeitsvoraussetzung nach § 54 Abs. 3 GmbHG verzichtet.179 Entscheidend für die Bestimmung des Anwendungsbereichs satzungsdurchbrechender Beschlüsse ist daher, in welchen Fällen auf die durch die Handelsregistereintragung erzielte Publizität verzichtet werden kann. Die Handelsregisterpublizität dient dem Schutz des Rechtsverkehrs, also auch zukünftiger Gesellschafter.180 Auf die Veröffentlichung kann daher in den Fällen verzichtet werden, in denen der Rechtsverkehr entweder keines Schutzes bedarf oder die Veröffentlichung kein geeignetes Mittel zu dessen Schutz darstellt. Dies soll dann der Fall sein, wenn der Beschluss keinerlei Wirkungen mehr nach sich zieht und daher kein Bedürfnis an einer nachträglichen Information in Form der Veröffentlichung eines historischen Ereignisses besteht. In diesen Fällen fehlender Wirkung in die Zukunft sei die Publizität der Satzungsabweichung zum Schutz des Rechtsverkehrs nicht geboten.181 Beschlüsse mit einer solchen punktuellen Wirkung sollen daher unter den Begriff der Satzungsdurchbrechung fallen.182

Priester, ZHR 151 (1987), 40; Goette, RWS-Forum 8, 1995, S. 113, 115; Lawall, DStR 1996, 1169; Stöhr, MittRhNotK 1996, 390, 391 f. 176 BayObLGZ 2001, 137, 139; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 47; Henssler/ Strohn/Gummert, § 53 GmbHG Rn. 12; Roth/Altmeppen, § 53 Rn. 30a; Lawall, DStR 1996, 1169; Leuschner, ZHR 180 (2016), 422, 424. 177 A.A. KG Berlin, Urteil vom 23. 07. 2015 – 23 U 18/15, GmbHR 2016, 29, 30 ff.; KG Berlin, Urteil vom 09. 11. 2017 – 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361; vgl. hierzu 3. Teil, A. IV. 1. 178 Vgl. Ulmer, GS Winter, 2011, S. 687, 690. 179 Vgl. BGHZ 123, 15, 19 = NJW 1993, 2246, 2247; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 51; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 49; Scholz/Priester, § 53 Rn. 30a; Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 147; Priester, ZHR 151 (1987), 40, 54; Bosebeck, NJW 1960, 2265, 2267. 180 Vgl. BGHZ 123, 15, 19 = NJW 1993, 2246, 2247; Priester, ZHR 151 (1987), 40, 51 ff.; Lawall, DStR 1996, 1169, 1173. Dagegen Zöllner, FS Priester, 2007, S. 879, 886 ff., Rechtsverkehr im echten Sinn des Wortes sei nur der rechtsgeschäftliche Verkehr mit Dritten, welcher wiederum nur über § 15 HGB geschützt werde. 181 BGHZ 123, 15, 19 = NJW 1993, 2246, 2247; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 31; Lawall, DStR 1996, 1169, 1173. 182 Diese Unterscheidung geht zurück auf Priester, ZHR 151 (1987), 40, 52 ff. In der Literatur ist die Terminologie uneinheitlich, wie hier: Goette, RWS-Forum 8, 1995, S. 113, 115. Andere verwenden den Begriff der Satzungsdurchbrechung als Oberbegriff, innerhalb dessen nach zustandsbegründenden und punktuellen Satzungsdurchbrechungen zu unterscheiden sei, so etwa Ulmer/Raiser, Anh. § 47, Rn. 147; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 34. Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 27, spricht von Satzungsdurchbrechungen i.w.S. und Satzungsdurchbrechungen i. e.S.

D. Die Folgen formeller Fehler

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Die Einzelheiten der Abgrenzung punktueller und zustandsbegründender Beschlusswirkungen sind jedoch umstritten. Eine zustandsbegründende Wirkung soll jedenfalls dann vorliegen, wenn die verletzte Satzungsbestimmung über den Einzelfall hinaus außer Kraft gesetzt werden soll,183 was der Fall sei, wenn der Beschluss eine abstrakt-generelle Regelung treffe, die im Widerspruch zu den Regelungen im Gesellschaftsvertrag stehe.184 Eine punktuelle Wirkung soll vorliegen, wenn sich die Wirkung des Beschlusses in der betreffenden Maßnahme erschöpft. Dies soll nach Ansicht des Bundesgerichtshofs aber bereits dann gegeben sein, wenn der Beschluss, obwohl er eine konkrete Maßnahme betrifft, eine Dauerwirkung entfaltet, dessen Wirkung also nicht mit dem Beschluss selbst erledigt ist.185 Entgegen dieser weiten Interpretation der Dauerwirkung wollen Andere Beschlüsse, die eine konkrete Maßnahme betreffen, aber dennoch für die Zukunft einen von der Satzung abweichenden Zustand schaffen, als punktuelle Satzungsdurchbrechungen einordnen; entscheidend seien allein die konkreten Rechtsfolgen des Beschlusses, nicht dessen Folgewirkungen.186 Nicht entscheidend für die Einordnung als Satzungsdurchbrechung wird angesehen, ob der Beschluss Innen- oder Außenwirkung hat.187 Das Kriterium der Außenwirkung sei aufgrund sich stellender Abgrenzungsschwierigkeiten ungeeignet. Zudem diene die Registerpublizität auch dem Interesse künftiger Gesellschafter, welche auch an Beschlüssen interessiert seien, die das Innenverhältnis der Gesellschaft beträfen.188 Damit kommt es an dieser Stelle auch nicht auf die Schutzrichtung des fakultativen Aufsichtsrats an. Nicht relevant ist also, wer ein schutzwürdiges 183

Vgl. etwa Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 27; Scholz/Priester/Veil, § 54 Rn. 29. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 45. 185 BGHZ 123, 15, 19 = NJW 1993, 2246, 2247 m.w.N.; so auch Priester, ZHR 151 (1987), 40, 52; Lawall, DStR 1996, 1169, 1172. Eine solche Dauerwirkung liegt nach dem zitierten Urteil des BGH etwa vor, wenn ein Aufsichtsratsmitglied für eine von der Regelung im Gesellschaftsvertrag abweichende Dauer bestellt wird (BGHZ 123, 15, 19 ff. = NJW 1993, 2246, 2247). Zustimmend etwa Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 30; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 35; Lawall, DStR 1996, 1169, 1172. Anders aber zuvor BGH, Urteil vom 11. 05. 1981 – II ZR 25/80, ZIP 1981, 1205: Eine punktuelle Satzungsdurchbrechung liege vor, wenn Mitglieder eines Beirats nicht die in der Satzung festgesetzte Vergütung erhalten sollen, sondern eine individuell ausgehandelte höhere; dagegen Goette, RWS-Forum 8, 1995, S. 113, 118 f. 186 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 47. Daher hätte nach dieser Ansicht die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds, welches die Voraussetzungen, die an dieses durch die Satzung gestellt werden, nicht erfüllt, lediglich punktuelle Wirkung und wäre damit eine zulässige Satzungsdurchbrechung; so das Beispiel bei Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 47 (weiteres Bsp.: unbefristete Bestellung obwohl die Satzung eine bestimmte Amtszeit vorsieht). So auch Scholz/Priester, § 53 Rn. 27 für den Fall der Bestellung eines Ausländers zum Geschäftsführer, wenn der Gesellschaftsvertrag die deutsche Staatsangehörigkeit fordere; ebenso Bosebeck, NJW 1960, 2265, 2267; für eine Dauerwirkung in diesem Fall: Lutter/ Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 30; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 35. 187 Priester, ZHR 151 (1987), 40, 52; Habersack, ZGR 1994, 354, 361 f.; Lawall, DStR 1996, 1169, 1172. 188 Priester, ZHR 151 (1987), 40, 52; Habersack, ZGR 1994, 354, 361 f.; Lawall, DStR 1996, 1169, 1172. 184

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Interesse hat, von der Einrichtung eines Aufsichtsrats und dessen konkreter Ausgestaltung zu erfahren. b) Rechtsfolgen der Einordnung als Satzungsdurchbrechung Nicht abschließend geklärt sind die Folgen der Einordnung als Satzungsdurchbrechung im Fall lediglich punktueller Beschlusswirkung. Bereits die Reichweite der teleologischen Reduktion des § 54 GmbHG ist umstritten. Die Registereintragung wird zwar einheitlich nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung angesehen.189 Bei fehlender Eintragung wird teilweise analog § 243 AktG von der Anfechtbarkeit des Beschlusses ausgegangen.190 Verzichtet wird also nicht auf die Eintragung als solche, sondern lediglich auf deren konstitutive Wirkung. Andere gehen davon aus, dass die Voraussetzungen des § 54 GmbHG per se nicht einzuhalten seien.191 Ein Verstoß gegen die nach § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG erforderliche qualifizierte Mehrheit soll zur Anfechtbarkeit führen.192 Gleiches soll für Fehler bei der Ladung, welche auf den satzungsdurchbrechenden Charakter hinzuweisen habe,193 und der Ankündigung des Beschlusses nach § 51 Abs. 2 und 5 GmbHG gelten.194 Auch die Folgen der fehlenden notariellen Beurkundung sind umstritten. In Betracht kommt der völlige Verzicht auf eine Sanktion,195 Anfechtbarkeit analog

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MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 51; Scholz/Priester, § 53 Rn. 30a; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 38 I 1 (S. 1189); Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 147; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 49; Priester, ZHR 151 (1987), 40, 54; Bosebeck, NJW 1960, 2265, 2267; Lawall, DStR 1996, 1169, 1174; a.A. Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 34: Eine Ausnahme vom Erfordernis der Eintragung soll nur für die Fälle bestehen, in welchen die Gesellschafter aufgrund der Treuepflicht gehalten seien, der Maßnahme auch ohne Satzungsänderung zuzustimmen, wie etwa bei sanierenden Maßnahmen. 190 Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 35 und 40 (mit dem Hinweis auf die Publizitätsfunktion des Handelsregisters; in diesem Fall könne aber auf die Einreichung eines völlig neuen Satzungstextes verzichtet werden); Lutter/Hommelhoff/Bayer, 18. Aufl. 2012, § 53 Rn. 32 (eine bezugnehmende Eintragung soll ausreichen); Hachenburg/Ulmer, 8. Aufl. 1997, § 53 Rn. 32; nunmehr anders: Ulmer/Casper, § 53 Rn. 39; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 32. 191 Ulmer/Casper, § 53 Rn. 39; Scholz/Priester, § 53 Rn. 30a; nunmehr auch: Lutter/ Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 32. 192 Scholz/Priester, § 53 Rn. 30a; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 39; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 40. 193 Priester, ZHR 151 (1987), 40, 48 (aufgrund des Interesses der Gesellschafter, von der Satzungsabweichung Kenntnis zu nehmen, sei die Satzungswidrigkeit in die Ladung mit aufzunehmen, andernfalls sei der Beschluss anfechtbar); Bosebeck, NJW 1960, 2265, 2267; Lawall, DStR 1996, 1169, 1171. 194 Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 32; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 34; Scholz/ Priester, § 53 Rn. 30a; Priester, ZHR 151 (1987), 40, 48; Bosebeck, NJW 1960, 2265, 2267; Lawall, DStR 1996, 1169, 1171. 195 So Lawall, DStR 1996, 1169, 1174, als Begründung verweist dieser auf den Zweck der notariellen Beurkundung.

D. Die Folgen formeller Fehler

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§ 243 AktG196 oder Nichtigkeit analog § 241 Nr. 2 AktG197. Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass der Beschluss bei fehlender notarieller Beurkundung jedenfalls nicht nichtig sei,198 und scheint damit den vollständigen Verzicht auf das Beurkundungserfordernis in Betracht zu ziehen. Für die Nichtigkeitsfolge wird in der Literatur angeführt, der Beschluss könne aufgrund der Warnfunktion der Beurkundung sowie der sicherzustellenden Rechtsklarheit nur bei notarieller Beurkundung wirksam werden.199 Entscheidend für einen Verzicht auf die Nichtigkeitsfolge ist, ob bei punktueller Beschlusswirkung ein anzuerkennendes Interesse auf Beurkundung nicht besteht. Der damit entscheidende Zweck der notariellen Beurkundung ist umstritten. Diese richtet sich nicht nach den Vorschriften über die Beurkundung von Willenserklärungen (§§ 8 ff. BeurkG), sondern nach den Vorschriften über sonstige Beurkundungen (§§ 36, 37 BeurkG).200 Nicht die Stimmabgabe durch die Gesellschafter unterliegt der Beurkundung, sondern die Beschlussfassung als sonstiger Vorgang, also die tatsächliche Wahrnehmung des Notars über Stimmabgabe und Abstimmungsergebnis. Daher wird in der Literatur mehrheitlich davon ausgegangen, dass das Formerfordernis vor allem der Beweissicherung und der Rechtssicherheit diene; eine Prüfungs- und Belehrungsfunktion oder gar eine Warnfunktion bestehe nicht.201 Im Fall der Beurkundung nach §§ 36, 37 BeurkG bestehe keine Prüfungsund Belehrungspflicht des Notars aus § 17 BeurkG.202 Nach Priester hingegen soll die notarielle Beurkundung auch eine Warnfunktion erfüllen. Die Belehrung der Gesellschafter sei bei einer Satzungsabweichung besonders relevant, da hier im Besonderen die Gefahr bestehe, die Bedeutung des Beschlusses zu verkennen.203 Auch die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Beurkundung eine Warn- sowie ein Prüfungs- und Belehrungsfunktion zugrunde liege, welche aber keine Wirk196

So Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 32; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 39; Michalski/ Hoffmann, § 53 Rn. 40; Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 147. 197 So Priester, ZHR 151 (1987), 40, 50 f.; Tieves, ZIP 1994, 1341, 1344. So auch OLG Hamm NJW-RR 1993, 867. 198 BGHZ 123, 15, 19 = NJW 1993, 2246, 2247. So auch schon BGH ZIP 1981, 1205, 1206 sowie Hachenburg/Ulmer, 8. Aufl. 1997, § 53 Rn. 32. 199 Vgl. Priester, ZHR 151 (1987), 40, 50 f. 200 So die ganz h.M.: Scholz/Priester, § 53 Rn. 69; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 16; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 70; Roth/Altmeppen, § 53 Rn. 21; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 48; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 68; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 70; Staudinger/Hertel, Vorbem. zu §§ 127a, 128 BGB: BeurkG, Rn. 600; Lawall, DStR 1996, 1169, 1174. 201 Vgl. Ulmer/Casper, § 53 Rn. 49; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 71; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 68; Staudinger/Hertel, Vorbem. zu §§ 127a, 128 BGB: BeurkG, Rn. 600; Lawall, DStR 1996, 1169, 1174. 202 Ulmer/Casper, § 53 Rn. 49; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 71; Lawall, DStR 1996, 1169, 1174; für die Aktiengesellschaft: MünchKommAktG/Hüffer/Schäfer, § 243 Rn. 128. 203 Priester ZHR 151 (1987), 40, 50. Roth/Altmeppen, § 53 Rn. 21, geht ebenfalls davon aus, dass den Notar auch in diesem Fall eine Prüfungspflicht treffe, wenngleich die Zwecke der Beweissicherung und Rechtssicherheit überwögen.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

samkeitsvoraussetzungen seien, sodass die Gesellschafter auf diese verzichten könnten.204 Einig ist man sich damit jedenfalls in der Funktion der Beweissicherung. Diese wird im Fall späterer Beschlussanfechtungen relevant und schützt somit auch die Gesellschafter. Ein Verzicht auf die notarielle Beurkundung und auf die analoge Anwendung des § 241 Nr. 2 AktG ist damit unabhängig von der Frage, ob bereits eine Warnfunktion der notariellen Beurkundung die Nichtigkeitsfolge erfordert, abzulehnen. Weniger umstritten sind die Rechtsfolgen eines Beschluss mit zustandsbegründender Wirkung. Ein solcher wird als echte Satzungsänderung behandelt.205 Die Erleichterungen für Satzungsdurchbrechungen greifen nicht.206 Der Beschluss löst aufgrund der Dauerwirkung nicht lediglich eine gesellschaftsinterne Wirkung aus, sodass auch der Rechtsverkehr betroffen ist.207 Im Fall fehlender notarieller Beurkundung ist der Beschluss analog § 241 Nr. 2 AktG nichtig,208 ohne Eintragung unwirksam.209 c) Kritik an der Figur der sog. Satzungsdurchbrechung Der Figur der Satzungsdurchbrechung liegt der Gedanke zugrunde, dass in jedem Beschluss, welcher im Widerspruch zur Satzung steht, konkludent eine (fehlerhafte) Satzungsänderung enthalten ist. Ohne dass es auf einen Willen zur Änderung der Satzung ankommen soll, wird aus der objektiven Satzungsabweichung auf eine 204 BGHZ 80, 76, 79 = NJW 1982, 1160; BGHZ 105, 324, 338 = BGH NJW 1989, 295, 298; BGH NZG 2014, 219, 221; einschränkend: Scholz/Priester, § 53 Rn. 75 (nur Belehrung verzichtbar). 205 Vgl. Zöllner, FS Priester, 2007, S. 879, 880; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 45; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 30. 206 Vgl. Scholz/Priester, § 53 Rn. 30; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 30; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 49. 207 BGHZ 123, 15, 19 = NJW 1993, 2246, 2247 (Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder für eine längere als in der Satzung vorgesehene Amtszeit); MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 49; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 38 I 1 (S. 1189); ders. in Scholz, § 45 Rn. 34; Lutter/ Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 30; Scholz/Priester, § 53 Rn. 30; Priester, ZHR 151 (1987), 40, 55. Jedoch soll eine bezugnehmende Eintragung, mit Ausnahme der Fälle des § 10 Abs. 1 u. 2 GmbHG, ausreichen, vgl. MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 49; Ulmer § 53 Rn. 38 („Auch der in § 54 Abs. 1 S. 2 vorgeschriebenen erforderlichen Beifügung des vollständigen Satzungswortlauts bei Anmeldung der Satzungsänderung bedarf es nicht; sie wäre angesichts des unveränderten Fortbestands der Satzung eine pure Förmelei.“); Lawall, DStR 1996, 1169, 1173; a.A. aber Priester, ZHR 151 (1987), 40, 55 f. 208 Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 147. 209 Vgl. BGHZ 123, 15, 19; Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 147; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 30; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 40; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 45; Scholz/Priester, § 53 Rn. 30; a.A. Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 34, der in diesem Fall von der Nichtigkeit des Beschlusses ausgeht. Ein Beschluss, der einen satzungswidriger Zustand herbeiführe, jedoch nicht in der Form eines Satzungsänderung gefasst werde, werde nicht durch Eintragung ins Handelsregister wirksam (so dessen Begründung in GroßkommAktG, § 241 Rn. 111); hiergegen: Zöllner, FS Priester, 2007, S. 879, 883.

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Satzungsänderung und damit keinen Satzungsverstoß geschlossen.210 Begründet wird dies mit dem Schutz des Rechtsverkehrs und zukünftiger Gesellschafter vor Satzungsdurchbrechungen, welcher unabhängig von subjektiven Vorstellungen der Gesellschafter zu erfolgen habe.211 So sei etwa eine von der Satzung abweichende Zusammensetzung des Aufsichtsrats, die Dauer der Bestellung oder die Höhe der Bezüge der Aufsichtsratsmitglieder für potentielle Anteilserwerber relevant, diese seien daher zu informieren.212 Die Kritik an der Rechtsfigur der Satzungsdurchbrechung bringt vor, eine Satzungsänderung setze einen Willen zu einer solchen voraus, welcher sich aus den Erklärungen der Gesellschafter ergeben müsse.213 Nur bei Vorliegen eines solchen ließen sich der Vorrang der Satzung und die Anfechtbarkeit des Beschlusses wegen des Satzungsverstoßes beseitigen.214 Nicht ausreichend sei das bloße Bewusstsein der Gesellschafter von der Satzungsabweichung.215 Lasse sich ein Satzungsänderungswille nicht feststellen, liege ein Satzungsverstoß vor; der Beschluss sei anfechtbar.216 Allerdings komme ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht in Betracht, sodass bei Kenntnis aller Gesellschafter der Beschluss bestandskräftig werden könne.217 Von der Satzung, als einem zwischen den Gesellschaftern geltenden Vertrag, könne mit Einverständnis aller Gesellschafter abgewichen werden, ohne dass es bestimmter Voraussetzungen bedürfe. Die Beachtung bestimmter Förmlichkeiten bedürfe es aber, wenn in Zukunft generell-abstrakt andere Normen gelten sollen.218 Dann seien

210 So die h.M. zur Satzungsdurchbrechung, vgl. etwa Ulmer/Casper, § 53 Rn. 37; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 39; Scholz/Priester, § 53 Rn. 30. 211 Ulmer/Casper, § 53 Rn. 37; Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 39. 212 Ulmer/Casper, § 53 Rn. 38. 213 Habersack, ZGR 1994, 354, 363 ff.; Zöllner, FS Priester, 2007, S. 879, 884; Tieves, ZIP 1994, 1341, 1344. Begründet wird die Unanwendbarkeit der §§ 53 f. GmbHG mit dem Fehlen einer Norm, welche das Interesse des Rechtsverkehrs an der Information über entsprechende Beschlüsse schützt; der Schutz des Rechtsverkehrs vor Diskrepanzen zwischen realer Rechtslage und dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags werde lediglich über § 15 HGB sichergestellt. Diese Norm schütze aber nur den rechtsgeschäftlichen Verkehr Dritter mit der Gesellschaft; zukünftige Gesellschafter würden nicht erfasst. Zwar profitierten auch zukünftige Gesellschafter von der Eintragung von Satzungsänderungen. Die Beeinträchtigung dieses Schutzes sei jedoch nicht sanktioniert (vgl. hierzu Zöllner, FS Priester, 2007, S. 879, 885 f.). 214 Habersack, ZGR 1994, 354, 363. 215 Zöllner, FS Priester, 2007, S. 879, 884; Habersack, ZGR 1994, 354, 364; a.A. Lawall, DStR 1996, 1169, 1170, der ein solches Bewusstsein als ausreichend ansieht. 216 Habersack, ZGR 1994, 354, 369; so nunmehr auch Leuschner, ZHR 180 (2016), 422, 434 ff.; dagegen explizit Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 37, mit dem zweifelhaften Argument, dass ansonsten eine unbewusste Satzungsverletzung weitergehende Folgen auslösen könne, als eine bewusste. 217 Habersack, ZGR 1994, 354, 368 f. 218 Zöllner, FS Priester, 2007, S. 879, 890.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

die §§ 53, 54 GmbH anzuwenden.219 Die Eintragung der Satzungsänderung habe Rechtsschutz- und Rechtssicherheitsfunktion.220 Diese komme, zusammen mit der registerrechtlichen Kontrolle, den Gesellschaftern zugute, sodass der Verzicht auf die Eintragung insbesondere zu Lasten der überstimmten Minderheit ginge.221 Für diese Sichtweise spricht, dass es den Gesellschaftern, als „Herren des Gesellschaftsvertrags“, überlassen sein muss, zu entscheiden, ob sie die Satzung modifizieren wollen. Die Gesellschafterversammlung müsste daher nach dieser Ansicht aus Sicht eines objektiven Betrachters nicht nur die konkrete Angelegenheit regeln, sondern auch zumindest für den Augenblick eine Satzungsänderung vornehmen wollen. Ohne ausdrückliche Änderung am Text des Gesellschaftsvertrags kann im Grundsatz davon ausgegangen werden, dass keine Satzungsänderung intendiert ist. Auf einen Willen zur Satzungsänderung kann aber in den Fällen geschlossen werden, in denen durch den Beschluss eine Änderung der Organisation der Gesellschaft einhergehen soll. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass die Gesellschafter keine durch einfachen Gesellschafterbeschluss wieder zu beseitigende Grundlage schaffen und damit eine Satzungsänderung vornehmen wollen.222 Daher wird nach dieser Ansicht im Fall der Errichtung eines Aufsichtsrats ohne Ermächtigungsgrundlage von einem Willen zur Satzungsänderung auszugehen sein und damit der Anwendbarkeit der §§ 53 f. GmbHG. Im Anschluss an die Feststellung Zöllners und Habersacks, dass der Beschluss für die Anwendung der §§ 53 f. GmbHG eines „Doppelinhalts“ in der Weise bedürfe, dass er neben der Regelung der Einzelmaßnahme auch eine Änderung der Satzung enthalten müsse,223 will Tieves den Beschluss in einen Maßnahme- und einen Satzungsänderungsteil aufspalten. Der Maßnahmeteil, welcher die materielle Regelung enthalte, sei wegen des inhaltlichen Verstoßes gegen den Gesellschaftsvertrag stets nur analog § 243 AktG anfechtbar. Der satzungsdurchbrechende Änderungssteil, der einen Satzungsänderungswillen voraussetze, müsse hingegen den Voraussetzungen der §§ 53 f. GmbHG genügen. Er sei bei fehlender Eintragung unwirksam, was aber für die Wirksamkeit des Maßnahmeteils ohne Belang sei.224 Eine solche Aufspaltung des Beschlusses erscheint jedoch willkürlich225 und auch mit Blick auf § 139 BGB 219 Habersack, ZGR 1994, 354, 367 f.; krit. Leuschner, ZHR 180 (2016), 422, 435, der davon ausgeht, dass neben der Anwendung der §§ 53, 54 GmbHG der Beschluss auch an § 243 Abs. 1 AktG zu messen sei. 220 KölnerKommAktG/Zöllner, 2. Aufl. 1989, § 179 Rn. 98. 221 Habersack, ZGR 1994, 354, 368. 222 Vgl. Habersack, ZGR 1994, 354, 364. 223 Vgl. dazu oben S. 115 Fn. 213 und KölnerKommAktG/Zöllner, 2. Aufl. 1989, § 179 Rn. 92; Habersack, ZGR 1994, 354, 368. 224 Tieves, ZIP 1994, 1341, 1345 f., mit der Begründung, dass auch bei nur punktuellen Beschlusswirkungen es für den Rechtsverkehr von Interesse sei, zu erfahren, wie ernst es den Gesellschaftern mit ihrer Satzung ist. 225 So auch Ulmer/Casper, § 53 Rn. 37; zustimmend aber: Leuscher, ZHR 180 (2016), 422, 440.

D. Die Folgen formeller Fehler

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problematisch. § 139 BGB setzt die Teilbarkeit des Beschusses voraus, jeder Teil müsste für sich genommen Bestand haben können. Der Satzungsänderungsteil wäre in diesem Fall aber ein quasi „inhaltsloser“ Beschluss, der mit diesem „Inhalt“ einzutragen wäre. Unklar ist auch, warum die Rechtsfolge des § 139 BGB, also die Unwirksamkeit auch des anderen Teils, keine Anwendung finden soll. Weiter leuchtet nicht ein, warum der „Maßnahmeteil“ auch bei Einhaltung der §§ 53 f. GmbHG weiterhin anfechtbar sein soll. 3. Unwirksamkeit des Errichtungsbeschlusses aufgrund der bezweckten organisationsändernden Wirkung? Damit stellt sich für die vorliegende Konstellation der Errichtung durch einfachen Gesellschafterbeschluss ohne Satzungsgrundlage die Frage, ob ein Beschlussgegenstand, der grundsätzlich als materieller Satzungsbestandteil in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen ist – auch bei Fehlen eines Satzungsänderungswillens – wirksam werden kann bzw. lediglich anfechtbar ist. Dies geht einher mit der Frage, ob ein Satzungsänderungswille zwingend Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 53, 54 GmbHG ist. Ein Errichtungsbeschluss ohne Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag müsste als einfacher Gesellschafterbeschluss die intendierten Rechtswirkungen erzeugen, also zur Errichtung eines organschaftlichen Aufsichtsrats führen können. Damit ist zu fragen, ob der Errichtungsbeschluss zu seiner Wirksamkeit, neben den allgemeinen Voraussetzungen, die an einen Beschluss der Gesellschaftsversammlung zu stellen sind, zwingend eines zusätzlichen Erfordernisses bedarf. Dies ist anhand der gewünschten Beschlusswirkung zu bestimmen. Durch den Errichtungsbeschluss soll ein organschaftliches Gremium entstehen, die Struktur der Gesellschaft soll geändert werden. Die Organisationsverfassung der GmbH ist zwingend materieller Satzungsinhalt, ein organisationsändernder Beschluss ist daher zwingend in die Satzung aufzunehmen. Nur so kann er die gewünschte Organisationsstruktur herbeiführen und eine korporationsändernde Wirkung entfalten. Dies erfordert die Einhaltung des Verfahrens der §§ 53, 54 GmbHG. Ohne deren Einhaltung kann der Beschluss lediglich relative Wirkung zwischen den aktuellen Gesellschaftern erzielen und nicht zur organschaftlichen Bindung eines Aufsichtsrats und dessen Organwaltern gegenüber der Gesellschaft führen. Neben der Möglichkeit der Anfechtbarkeit und Nichtigkeit besteht daher als weitere Kategorie der Folgen fehlerhafter Beschlüsse die Unwirksamkeit.226 Sie kann endgültig oder vorübergehend sein (sog. schwebende Unwirksamkeit)227 und besteht, wenn (noch) nicht alle Wirksamkeitserfordernisse des Beschlusses vorliegen,228 wie etwa, wenn das Gesetz den Beschluss aus formellen Gründen ohne Hinzutreten eines 226 Zu den weiteren möglichen Folgen mangelhafter Beschlüsse (Nichtbeschluss, Scheinbeschluss etc.) vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. § 47 Rn. 16 ff. 227 Vgl. Spindler/Stilz/Casper, AktG, Vor § 241 Rn. 12. 228 Vgl. Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 47 Rn. 88.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

weiteren Aktes nicht anerkennt.229 Ein unwirksamer Beschluss verstößt damit nicht notwendigerweise gegen Gesetz oder Satzung, allerdings löst er nicht die intendierten Rechtsfolgen aus. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Beschluss keinerlei Rechtsfolgen auslöst. Sofern ein Beschluss auch außerhalb der Satzung Bestand haben kann, ist er insoweit zwar nicht nach § 54 GmbHG unwirksam. Er kann jedoch auch nicht die Rechtsfolgen einer Satzungsänderung herbeiführen, sondern nur die Wirkungen, die durch einen einfachen Gesellschafterbeschluss zu erzeugen sind. Diese führen dazu, dass der Beschluss in der Form, die er erhalten hat, mangels Anfechtung wirksam ist, also als einfacher Gesellschafterbeschluss. Die Organisationsstruktur kann nicht geändert werden. Die fehlende Satzungsqualität des einfachen Beschlusses kann auch nicht durch die Regelung des § 243 AktG fingiert werden. Folge einer bloßen Anfechtbarkeit wäre, dass ein Aufsichtsrat als Organ der Gesellschaft wirksam entstünde, ohne dass aus der Satzung das mögliche Bestehen eines solchen Organs zu erkennen wäre. Eine ähnlich gelagerte Problematik stellt sich bei der Einziehung von Gesellschaftsanteilen ohne gesellschaftsvertragliche Ermächtigung. Auch der Wortlaut des § 34 GmbHG setzt hierfür eine Grundlage im Gesellschaftsvertrag voraus. Bei Fehlen einer entsprechenden Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag wird verbreitet davon ausgegangen, dass der Einziehungsbeschluss nicht lediglich anfechtbar, sondern unwirksam230 bzw. nichtig231 sei. Für eine Anfechtbarkeit sprechen sich aber Ulmer und Habersack aus, mit dem Argument der vergleichbaren Lage bei satzungsdurchbrechenden Beschlüssen; es lägen weder die Nichtigkeitsgründe der § 241 Nr. 2 und 3 AktG noch ein Verstoß gegen das Wesen der GmbH oder gegen eine im Gläubigerinteresse erlassene Vorschrift vor.232 Auch wird vorgebracht § 34 GmbHG enthalte keine außerhalb der §§ 241 ff. AktG stehende Nichtigkeitsanordnung.233 Im Fall der Einziehung wird jedoch keine Änderung der Organisationsstruktur der Gesellschaft vorgenommen, sodass kein zwingender Schluss von den 229

So GroßkommAktG/K. Schmidt, § 241 Rn. 14. So BGH NZG 2000, 35 (Klageart: allgemeinen Feststellungsklage); OLG Stuttgart, Beschluss vom 10. 2. 2014 – 14 U 40/13, GmbHR 2015, 431, 432; Roth/Altmeppen, § 34 Rn. 69; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 34 Rn. 51 („wirkungslos“); Rowedder/Schmidt-Leithoff/ Görner, § 34 Rn. 7 (Ein Beschluss ohne entsprechende Satzungsbestimmungen zeige „keinerlei Wirkung“); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 III 1 b (S. 1055); Damrau-Schröter, NJW 1991, 1927, 1932 („wirkungslos“). 231 So Scholz/H. P. Westermann, § 34 Rn. 48; Baumbach/Hueck/Fastrich, § 34 Rn. 15; MünchKommGmbHG/Strohn, § 34 Rn. 12 (aber für Anfechtbarkeit im Fall einer „freiwilligen“ Einziehung ohne Satzungsgrundlage, da der Schutz der Gläubiger – die nicht anfechten können – bei der Einziehung keine entscheidende Rolle spiele); Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 458; zum AktG: Hüffer/Koch, AktG, § 237 Rn. 42 (Nichtigkeit nach § 241 Nr. 3 AktG); MünchKommAktG/Oechsler, § 237 Rn. 25; GroßkommAktG/Sethe, § 237 Rn. 127. 232 Ulmer/Habersack, § 34 Rn. 30; ebenso Michalski/Sosnitza, § 34 Rn. 81; Niemeier, ZGR 1990, 314, 327 ff.; zum AktG: KölnerKommAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 237 Rn. 54. 233 So Niemeier, ZGR 1990, 314, 328 f. 230

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Folgen eines fehlerhaften Einziehungsbeschlusses auf die Folgen einer fehlerhaften Organerrichtung gezogen werden kann. Auch sofern man mit der herrschenden Meinung eine Unterscheidung nach punktuellen und zustandsbegründenden Beschlusswirkungen sog. satzungsdurchbrechender Beschlüsse vornehmen wollte, sind auf den Errichtungsbeschluss, damit dieser die bezweckte Änderung der Organisationsstruktur herbeiführen kann, die Voraussetzungen der §§ 53, 54 GmbHG uneingeschränkt anzuwenden. Ohne Eintragung im Handelsregister ist der Errichtungsbeschluss unwirksam. Als organisationsändernder Beschluss ist der Errichtungsbeschluss als ein Beschluss mit zustandsbegründender Wirkung zu qualifizieren. Zwar hat dieser eine konkret-individuelle Einzelfallmaßnahme zum Gegenstand, deren Rechtsfolge in dem (punktuellen) Akt der Entstehung des Aufsichtsrats liegt, in der Folge besteht dieser jedoch als dauerhafte Einrichtung der Gesellschaft.234 Auch Vertreter der Figur satzungsdurchbrechender Beschlüsse verweisen darauf, dass Beschlussgegenstände, die als materielle Bestandteile in die Satzung aufzunehmen seien, wie dies bei organisationsändernden Beschlüssen der Fall ist, in jedem Fall einer besonderen Behandlung bedürften. Diese werden per se aus dem Anwendungsbereich der punktuellen Satzungsdurchbrechungen und damit der eingeschränkten Anwendung der §§ 53 f. GmbHG ausgenommen. So sollen nach Priester235 und Lawall236 Beschlüsse, die nur wirksam sind, wenn sie in der Satzung ihre ausdrückliche Grundlage finden, nicht zum Bereich der satzungsdurchbrechenden Beschlüsse zählen. Als Beispiel nennen beide den Beschluss über die Errichtung eines Aufsichtsrats. Auch Gummert237 weist darauf hin, dass ein Beschlussgegenstand, der in den Bereich der zwingend materiellen Satzungsgegenstände falle, nur durch Satzungsänderung wirksam werden könne; es käme nicht auf die Unterscheidung zwischen punktueller und dauerhafter Wirkung an. Auch Roth tendiert in diese Richtung, wenn er feststellt, dass ein Beschluss, der nur als Satzungsänderung möglich und damit kein einfacher Gesellschafterbeschluss sein könne, in jedem Fall unwirksam sei.238 Ein organisationsändernder Beschluss, der die erforderlichen Voraussetzungen des § 54 GmbH nicht erfüllt, kann aber grundsätzlich in eine schuldrechtlich wirkende Regelung umgedeutet werden.239 Ob dies im Einzelfall möglich ist, hängt von 234 Zu einem anderen Ergebnis würde man allerdings gelangen, wollte man mit Zöllner und Noack allein auf die konkreten Beschlusswirkungen abstellen, vgl. dazu bereits 3. Teil, D. I. 2. a) sowie S. 111 Fn. 186. 235 Priester, ZHR 151 (1987), 40, 43. 236 Lawall, DStR 1996, 1169, 1170. 237 Henssler/Strohn/Gummert, § 53 GmbHG Rn. 10; so auch Leuschner, ZHR 180 (2016), 422, 437 f. 238 Roth/Altmeppen, § 53 Rn. 29. 239 BGHZ 123, 15, 20 = NJW 1993, 2246, 2247; MünchKommGmbHG/Harbarth, § 53 Rn. 52; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 33; Scholz/Priester, § 53 Rn. 30.

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der Art des Beschlusses und der intendierten Wirkungen ab. Ein Errichtungsbeschluss kann im Regelfall in die Einrichtung zumindest eines schuldrechtlichen Aufsichtsgremiums umgedeutet werden. Die Einrichtung eines solchen schuldrechtlichen Gremiums stellt auch keinen Satzungsverstoß dar, sodass der Beschluss, sofern eine solche Umdeutung möglich ist, insoweit auch nicht analog § 243 AktG anfechtbar ist. 4. Statthafte Klageart zur Geltendmachung der Unwirksamkeit Die Unwirksamkeit der Errichtung kann mit der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO geltend gemacht werden. Die erfolgreiche Geltendmachung des Beschlussmangels vernichtet den Beschluss und die Strukturänderung daher grundsätzlich ex tunc. Ob auch eine Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG statthaft ist, ist umstritten. Im Aktienrecht wird mitunter vertreten, unwirksame Beschlüsse der Hauptversammlung seien mit der Nichtigkeitsklage geltend zu machen.240 Die wohl herrschende Meinung spricht sich jedenfalls für nicht endgültig unwirksame Beschlüsse gegen deren Anwendung aus.241 Es fehle an einem Bedürfnis nach einer inter omnesWirkung; zudem liege ein anderer Streitgegenstand vor.242 Auch im GmbH-Recht ist die alleinige Statthaftigkeit der allgemeinen Feststellungsklage bei unwirksamen Beschlüssen nicht unumstritten.243 So wird vertreten, dass zumindest endgültig unwirksame Beschlüsse mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden könnten, da die Abgrenzung zwischen unwirksamen und nichtigen Beschlüssen schwierig und zudem bedeutungslos sei.244 Bei der Unwirksamkeit infolge fehlender Eintragung handelt es sich jedoch nicht um eine endgültige, sondern eine bis zur Eintragung schwebende Unwirksamkeit, sodass allein die allgemeine Feststellungsklage statthaft ist.

240 KölnerKommAktG/Zöllner, 1. Aufl., § 249 Rn. 51; mit der Einschränkung auf endgültig unwirksame Beschlüsse: Spindler/Stilz/Casper, AktG, Vor § 241 Rn. 12; GroßkommAktG/ K. Schmidt, § 241 Rn. 18. 241 Vgl. statt vieler MünchKommAktG/Hüffer/Schäfer, § 249 Rn. 38; Spindler/Stilz/Dörr, AktG, § 249 Rn. 5; Hüffer/Koch, AktG, § 249 Rn. 21; Hölters/Englisch, AktG, § 249 Rn. 9; MünchHdbGesRt/Austmann, Bd. IV, § 42 Rn. 136. 242 Spindler/Stilz/Dörr, AktG, § 249 Rn. 5; MünchKommAktG/Hüffer/Schäfer, § 249 Rn. 38. 243 Bejahend: Baumbach/Hueck/Fastrich/Haas/Noack/Beurskens, Anh. § 47 Rn. 22; Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 25. 244 Lutter/Hommelhoff/Bayer, Anh. nach § 47 Rn. 5; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 59; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 47 Rn. 89; Roth/Altmeppen, § 47 Rn. 92.

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5. Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die Errichtung eines Aufsichtsrats ohne satzungsrechtliche Grundlage? Sofern der fehlerhafte errichtete Aufsichtsrat in Vollzug gesetzt wurde, also bereits seine Tätigkeit aufgenommen hat, stellt sich die Frage, ob von der rückwirkenden Feststellung der Unwirksamkeit aufgrund der fehlenden Handelsregistereintragung Ausnahmen zu machen sind. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft könnten auch auf die fehlerhafte Organerrichtung anzuwenden sein, mit der Folge, dass die Unwirksamkeit des Organhandelns nur für die Zukunft geltend gemacht werden könnte. Im Folgenden ist daher zunächst darzulegen, dass die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch auf Fälle der fehlerhaften Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats anzuwenden sind. Sodann gilt es zu klären, ob dies auch im Fall der Errichtung ohne Verankerung in der Satzung gilt. a) Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die fehlerhafte Aufsichtsratserrichtung Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft wurde entwickelt, um unter Modifikation der ex tunc-Wirkung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage Rückabwicklungsschwierigkeiten bei fehlerhaft gegründeten Gesellschaften, die in Vollzug gesetzt wurden, zu vermeiden. Die Gesellschaft wird für die Vergangenheit als rechtswirksam entstanden anerkannt. Dies gilt allerdings nur dann, wenn schützwürdige Interessen der Gesellschafter oder Dritter nicht entgegenstehen.245 Ausgehend von der Überlegung, dass ein qualitativer Unterschied zwischen einfachen Gesellschafterbeschlüssen, Satzungsänderungsbeschlüssen und korporativen Strukturänderungen besteht und damit Strukturänderungen einem weitreichenderem Bestandsschutz unterliegen müssen, wurde der Anwendungsbereich der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf viele Fälle von fehlerhaften Strukturänderungen übertragen.246 So ist für den Bereich der Unternehmensverträge und hierbei insbesondere für fehlerhafte Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anerkannt. Gleiches gilt für den Bereich der Kapitalmaßnahmen. Auch für Fälle der fehlerhaften Organbestellung wird auf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zurückgegriffen.247 245 Grundlegend: Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 137 ff.; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 24 ff. 246 Vgl. hierzu Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 96, 98 f., der grundsätzlich die Bestandsfestigkeit aller Strukturänderungen für die Vergangenheit annimmt; Schürnbrand, AG 2014, 73. 247 Vgl. zu den jeweiligen Anwendungsbereichen etwa: Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 422 ff.; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 130 ff.; Ederle, Verdeckte Beherrschungsverträge, S. 139 f., jew. m.w.N.

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Auch bei einer fehlerhaften Organerrichtung können, je nach Ausgestaltung des Zusatzorgans und dabei insbesondere der vorgesehenen Organkompetenzen, Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen, sofern der Aufsichtsrat die ihm zugedachten Kompetenzen tatsächlich übernommen hat. Eine Übertragung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die fehlerhafte Errichtung fakultativer Organe wird daher auch von Schäfer erwogen. Die Anwendung soll sich hierbei aus der drohenden Unwirksamkeit des Organhandelns ergeben, sofern auf das Organ Entscheidungsund Zustimmungskompetenzen verlagert wurden und dieses nicht nur rein beratend tätig war.248 Ein fehlerhaft errichteter fakultativer Aufsichtsrat könnte hierbei etwa bereits den Geschäftsführer bestellt, den Jahresabschluss festgestellt und über die Ergebnisverwendung entschieden haben. Er könnte die Gesellschaft bei Prozessen gegen ihre Geschäftsführer vertreten, ausstehende Einlagen eingefordert, über die Rückzahlung von Nachschüssen, die Teilung oder Zusammenlegung von Geschäftsanteilen entschieden sowie Prokuristen bestellt und die Geschäftsführervergütung festgesetzt haben.249 Dem vorliegenden Fall der fehlerhaften Organerrichtung vergleichbar ist die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf fehlerhaft bestellte Organmitglieder, welche ihr Amt angetreten haben, in Rechtsprechung und Literatur für Geschäftsleiter weitgehend anerkannt. So wird bei Mitgliedern des Geschäftsleitungsorgans das Bestellungsverhältnis als vorläufig wirksam betrachtet, denn auch in diesem Fall kann das Organmitglied an einer Vielzahl von Maßnahmen beteiligt gewesen sein, welche sowohl das Innen- als auch das Außenverhältnis betreffen können.250 Dies gilt gleichermaßen für den Fall der bereits fehlerhaften Organerrichtung und damit auch die fehlerhafte korporative Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats, sodass auch in diesen Fällen im Interesse der Institutionenbildung im Gesellschaftsrecht eine Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zu befürworten ist. Nichts anderes ergibt sich aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur fehlerhaften Aufsichtsratsbestellung. Anders als einem Geschäftsleiter billigt der Bundesgerichtshof zwar einem fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglied in der Aktiengesellschaft keine Mitverwaltungsrechte zu und behandelt dieses hinsichtlich der Stimmabgabe wie ein Nichtmitglied. Beschlüsse des Aufsichtsrats seien daher nichtig, wenn ohne Stimme des fehlerhaften Mitglieds das Gremium nicht beschlussfähig gewesen oder nicht die erforderliche Stimmenmehrheit erreicht worden sei.251 Es liege im Interesse der Gesellschaft, nicht an die Entscheidungen eines

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Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 483. Zu den jeweiligen Grenzen der Kompetenzübertragung auf einen fakultativen Aufsichtsrat vgl. unten 4. Teil, F. II. 250 Vgl. statt vieler Schürnbrand, Organschaft, S. 265 ff. m.w.N. 251 So zuletzt ausführlich BGH ZIP 2013, 720, 722 m.w.N.; bestätigt in BGH NZG 2013, 792, 794. 249

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fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds gebunden zu sein.252 Begründet wird dies mit der gem. § 250 Abs. 1 AktG i.V.m. § 241 Nr. 5 AktG ausdrücklich ex tunc wirkenden Wahlanfechtung. Auch gebeten weder der Schutz Dritter noch Rückabwicklungsschwierigkeiten eine ex nunc-Wirkung der Anfechtung. Dritte seien insoweit geschützt, als diese auf die Handlungsbefugnis desjenigen vertrauen dürften, der die Aufsichtsratsbeschlüsse vollziehe.253 Organmitglieder, welche die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit kennen oder kennen müssen, seien nicht zu schützen, zumal kein Grund ersichtlich sei, warum sich andere Organmitglieder nicht auf die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses an welchem ein fehlerhaft bestelltes Organmitglied mitgewirkt habe, berufen dürften. Insbesondere liege es im Interesse der Gesellschaft, dass die Fehlerhaftigkeit eines von einem fehlerhaften Aufsichtsrat bestellten Vorstands – in diesem Fall dann mit ex nunc-Wirkung – geltend gemacht werden könne. Dies soll aber nicht für die Pflichten, die Haftung und die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder gelten. Insofern seien diese wie wirksam bestellt zu behandeln.254 Für den fehlerhaft bestellten besonderen Vertreter gem. § 147 AktG wendet der Bundesgerichtshof hingegen die Lehre von der fehlerhaften Bestellung an.255 Auch für den Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungs- und Drittelbeteiligungsgesetz geht die herrschende Meinung bislang von einer ex nunc-Wirkung der Wahlanfechtung aus.256 Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur fehlerhaften Aufsichtsratsbestellung in der Aktiengesellschaft ist jedoch nicht für die Unanwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die bereits fehlerhafte Aufsichtsratserrichtung heranzuziehen. So ist mit zahlreichen Stimmen in der Literatur der Ansicht des Bundesgerichtshofs schon hinsichtlich der Frage der Anwendung der Grundsätze auch auf fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder nicht zu folgen.257 Die Differenzierung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich der Bindung der Gesellschaft durch Handlungen des Aufsichtsrats einerseits und dessen Pflichten, Haftung 252 BGH ZIP 2013, 720, 722; aus der Lit. etwa: Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 73 ff. 253 BGH ZIP 2013, 720, 722 mit Verweis auf Vetter, ZIP 2012, 701, 710. 254 BGH ZIP 2013, 720, 721 mit Verweis auf BGH ZIP 2006, 1529, 1532. 255 BGH AG 2011, 875, 876. 256 Vgl. hierzu statt vieler Raiser/Veil/Jacobs, § 22 MitbestG Rn. 19; Raiser/Veil/Jacobs, § 11 DrittelbG Rn. 5; jew. m.w.N. 257 Schmidt, K./Lutter/Drygala, AktG, § 101 Rn. 37 ff.; MünchkommAktG/Habersack, § 101 Rn. 70; Schürnbrand, Organschaft, S. 286 ff.; ders.; NZG 2013, 481, 482 f.; ders., NZG 2008, 609, 610 f.; Marsch-Barner, FS K. Schmidt, 2009, S. 1109, 1126 ff.; Happ, FS Hüffer, 2010, S. 293, 303 ff.; Habersack, FS Goette, 2011, S. 121, 132 f.; Friedrichs, Fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 63 ff.; Doetsch, Fehlerhafter Gesellschafter und fehlerhaftes Organ, S. 140; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 201; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 290 ff.; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 6 f.; Cziupka, DNotZ 2013, 579, 581 ff.; Staake, ZIP 2010, 1013, 1020; Priester, GWR 2013, 175, 177 ff.; Zöllner, AG 2004, 397, 403; Höpfner, ZGR 2016, 505, 523 ff.; Rieckers, AG 2013, 383, 384 f.; Kiefner/Seibel, Der Konzern 2013, 310, 313 ff.; Cziupka/Pitz, NJW 2013, 1535, 1539.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

und Vergütung anderseits ist vielfach auf Widerspruch gestoßen.258 Auch der fehlende Gleichlauf der Folgen fehlerhaft bestellter Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder wird kritisiert.259 Dem Bundesgerichtshof ist zwar insoweit Recht zu geben, als die Rückabwicklungsschwierigkeiten hinsichtlich der Tätigkeit eines Aufsichtsrats im Regelfall geringer sein dürften als bei der Tätigkeit eines Geschäftsleitungsorgans. Jedoch kann, wie zuvor gezeigt, der Aufsichtsrat, und hierbei auch ein fakultativer Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG, im Innenverhältnis an zahlreichen Entscheidungen mit erheblicher Reichweite beteiligt sein, welche es je nach Ausgestaltung des Aufsichtsrats rechtfertigen können, die Bestandsinteressen höher zu bewerten, als das Interesse, sich nur Handlungen fehlerfrei bestellter und errichteter Organe zurechnen zu lassen. Insoweit besteht kein struktureller Unterschied zu den Rückabwicklungsschwierigkeiten bei Tätigwerden eines Geschäftsleiters.260 Hierbei kann für die bereits fehlerhafte Organerrichtung nichts anderes gelten, als für die fehlerhafte Bestellung dessen Mitglieder. Auch lässt sich mit den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft flexibel auf die Folgen der Wahl der Geschäftsführer durch einen fehlerhaften Aufsichtsrat reagieren. Die Gesellschaft muss in diesem Fall mitnichten zwingend an einem durch einen fehlerhaften Aufsichtsrat gewählten Geschäftsleiter festhalten. So wird auch in der Literatur angeführt, dass in der Wahl der Geschäftsleiter unter Mitwirkung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds je nach Art und Intensität des Mangels ein wichtiger Grund zu dessen Abberufung liegen kann.261 Dies gilt gleichermaßen für die Mitwirkung eines bereits fehlerhaft errichteten Aufsichtsrats. Allgemein 258

Spindler/Stilz, AktG, § 101 Rn. 116; Hüffer/Koch, AktG, § 101 Rn. 22; MünchKommAktG/J. Koch, § 250 Rn. 29; MünchkommAktG/Habersack § 101 Rn. 70; Happ, FS Hüffer, 2010, S. 293, 304; Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 297, 313; Höpfner, ZGR 2016, 505, 523 ff.; Rieckers, AG 2013, 383, 384 f.; Kiefner/Seibel, Der Konzern 2013, 310, 313 ff.; Priester, GWR 2013, 175, 177; Cziupka, DNotZ, 2013, 579, 585; Cziupka/Pitz, NJW 2013, 1535, 1539; Friedrichs, Fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 50 ff.; Doetsch, Fehlerhafter Gesellschafter und fehlerhaftes Organ, S. 103; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 197 f., 202; zustimmend aber Schwab, AG 2015, 195, 198. 259 Hüffer/Koch, AktG, § 101 Rn. 22; MünchKommAktG/J. Koch, § 250 Rn. 29; MünchkommAktG/Habersack § 101 Rn. 70; Happ, FS Hüffer, 2010, S. 293, 306; Habersack, FS Goette, 2011, S. 121, 132 f.; Friedrichs, Fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 50; Doetsch, Fehlerhafter Gesellschafter und fehlerhaftes Organ, S. 140; Schürnbrand, Organschaft, S. 288 f.; ders., NZG 2013, 481, 483; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 297, 309; Kiefner/Seibel, Der Konzern 2013, 310, 314. 260 So bereits für die Aufsichtsratsbestellung: Schürnbrand, Organschaft, S. 289; ders., NZG 2008, 609, 610; Kiefner/Seibel, Der Konzern 2013, 310, 314; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 6; Friedrichs, Fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 88. 261 Vgl. etwa Cziupka/Pitz, NJW 2013, S. 1535, 1539; Cziupka, DNotZ 2013, 579 583 f.; Höpfner, ZGR 2013, 505, 529; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 302 f.; Friedrichs, Fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 44; Doetsch, Fehlerhafter Gesellschafter und fehlerhaftes Organ, S. 111; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 204. Höpfner, ZGR 2016, 505, 529, geht davon aus, dass die Fehlerhaftigkeit auf den Vorstand „durchschlage“, und daher dessen Bestellungsverhältnis jederzeit ex nunc beendet werden könne.

D. Die Folgen formeller Fehler

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erlaubt die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft aufgrund deren Unanwendbarkeit bei entgegenstehenden höherrangigen Interessen und damit der vorzunehmenden Interessenabwägung je nach Art und Gewicht des Mangels zu differenzieren.262 Diese zwingt daher auch nicht zu einer starren vorläufigen Anerkennung des Organs. Abhängig vom jeweiligen Mangel ist zu fragen, ob dieser aufgrund schutzwürdiger Interessen einer vorläufigen Wirksamkeit des Organhandelns entgegensteht. So wird etwa für Verstöße gegen §§ 100 Abs. 1 und 2, 105 AktG von deren Unanwendbarkeit ausgegangen.263 Für den Fall der Mitwirkung des fehlerhaft besetzten Aufsichtsrats im Rahmen eines Beschlussvorschlags gem. § 124 Abs. 3 S. 1 AktG geht dann auch der Bundesgerichtshof davon aus, dass der Aufsichtsrat im Zeitpunkt der Beschlussfassung ordnungsgemäß besetzt gewesen sei, weil der Wahlbeschluss im Fall einer Anfechtungsklage bis zur Nichtigerklärung wirksam sei. Diese Argumentation erscheint allerdings nur schwer mit der vom Bundesgerichtshof ansonsten propagierten Rückwirkung der Unwirksamkeit in Einklang zu bringen.264 Die einschränkende Auslegung des Bundesgerichtshofs ist daher zwar grundsätzlich zu begrüßen; inkonsequent ist es aber, wenn dies für andere Beschlüsse des Aufsichtsrats gerade nicht gelten soll.265 So ist es etwa auch für die Feststellung des Jahresabschlusses nicht überzeugend, warum für den Vorstand andere Grundsätze gelten sollen als für den Aufsichtsrat.266 Auch § 256 Abs. 6 AktG, und damit die Möglichkeit der Heilung eines nichtigen Jahresabschlusses, steht einer Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen.267 Die Regelung hat nicht die Problematik der

262

Vgl. Schürnbrand, NZG 2013, 481, 483. Vgl. etwa MünchkommAktG/Habersack, § 101 Rn. 72; ders., FS Goette, 2011, S. 121, 134 (etwas anderes soll hingegen für § 100 Abs. 5 AktG (a.F.) gelten); Schürnbrand, Organschaft, S. 290; ders., NZG 2013, 481, 483; ders., NZG 2008, 609, 611; Kiefer/Seibel, Der Konzern 2013, 310, 314; Cziupka, DNotZ 2013, 579, 582 (für § 100 Abs. 2 AktG); a.A. Bayer/ Lieder, NZG 2012, 1, 7 für §§ 100 Abs. 2, 105 AktG; ebenso Lieder ZHR 178 (2014), 282, 297, 316 f., der auch bei beschränkt Geschäftsfähigen differenziert; einschränkend: Friedrichs, Fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 118 ff. 264 Cziupka/Pitz, NJW 2013, S. 1535, 1539; Lieder ZHR 178 (2014), 282, 306 f.; Höpfner, ZGR 2016, 505, 523; Rieckers, AG 2013, 383, 385; Doetsch, Fehlerhafter Gesellschafter und fehlerhaftes Organ, S. 112 ff.; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 201; Friedrichs, Fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 35, die zudem darauf hinweist, dass dieser Lösungsansatz, anders als bei einer Anfechtbarkeit, im Fall der Nichtigkeit nicht herangezogen werden könne. 265 Vgl. Schürnbrand, NZG 2013 481, 483; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 307 f. 266 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 289; ders., NZG 2008, 609, 610; Höpfner, ZGR 2016, 505, 524; Bayer/Lieder, NZG 2013, 1, 6 f.; Cziupka/Pitz, NJW 2013, 1535, 1539; Cziupka, DNotZ 2013, 579, 584; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 308 f.; Rieckers, AG 2013, 383, 385; Doetsch, Fehlerhafter Gesellschafter und fehlerhaftes Organ, S. 118; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 200. 267 So aber BGH ZIP 2013, 720, 722 f.; Vetter, ZIP 2012, 701, 708. 263

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

fehlerhaften Aufsichtsratswahl oder Errichtung im Blick.268 Die Argumentation des Bundesgerichtshofs, § 256 Abs. 6 AktG dürfe nicht umgangen werden,269 wird daher auch als zu formalistisch kritisiert.270 Sie verkenne die überragende Bedeutung des Jahresabschlusses für den Rechtsverkehr und die Gewinnausschüttung.271 Zwar ist denkbar, den Rechtsverkehr sofern der fehlerhaft errichtete oder besetzte Aufsichtsrat in Ausnahmefällen nach außen hin auftritt durch die Grundsätze der allgemeinen Rechtsscheinshaftung zu schützen. § 15 HGB ist mangels Eintragung der Mitglieder des Aufsichtsrats in das Handelsregister insoweit zwar nicht anwendbar. Der gute Glaube an die gem. § 52 Abs. 3 GmbHG, § 10 HGB beim Registergericht eingereichte und im elektronischen Unternehmensregister einsehbare Namensliste der Aufsichtsratsmitglieder wird aber über die allgemeine Rechtsscheinshaftung geschützt.272 Ausdrückliche Begründung für die Beschränkung der Bekanntmachung auf die Einreichung zum Handelsregister ist, neben der Entlastung von Bürokratieaufwand, die jederzeitige elektronische Einsehbarkeit der Liste der Aufsichtsratsmitglieder.273 Aus der fehlenden Handelsregistereintragung der Aufsichtsratsmitglieder kann daher keine geminderte Bedeutung der Bekanntgabe für den Rechtsverkehr abgeleitet werden, zumal der Gesetzgeber bei Einführung des § 52 Abs. 2 GmbHG a.F. im Jahr 1969 davon ausging, dass die zugrundeliegende Publizitätsrichtlinie in erster Linie den Gläubigerschutz sicherstellen will.274 Der begründete Rechtsschein rechtfertigt es daher, einen Beschluss des Aufsichtsrats als wirksam zu betrachten, soweit es den Rechtverkehr mit Dritten betrifft.275 Dies hat aber für die Gesellschaft den Nachteil, dass sich ein Dritter wahlweise entweder auf die wahre Rechtslage oder auf die scheinbare berufen kann.276 Zum anderen greift der Schutz nur bei Gutgläubigkeit. Auch Geschäftsleiter, also Vorstand und Ge268 So für die Aufsichtsratswahl: Schürnbrand, NZG 2013, 481, 482; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 202. 269 BGH ZIP 2013, 720, 722 f.; so zuvor bereits Vetter, ZIP 2012, 701, 710. 270 Schürnbrand, Organschaft, S. 272; Friedrichs, Fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, S. 38; Kiefner/Seibel, Der Konzern 2013, 310, 314. 271 Kiefner/Seibel, Der Konzern 2013, 310, 314. 272 Vgl. MünchKommAktG/J. Koch, § 250, Rn. 25; Spindler/Stilz, AktG, § 106 Rn. 2; GroßkommAktG/Hopt/Roth, § 106 Rn. 23; MünchKommAktG/Habersack/Kalss, § 106 Rn. 13; Höpfner, ZGR 2016, 505, 526; Cziupka, DNotZ 2013, 579, 583; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratmitglieder, S. 79; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 198. 273 Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Gesetzesentwurf der BReg zum Entwurf eines Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG), BT-Drucks. 16/2781, S. 88 f. 274 Vgl. Begr. BT-Drucks. 5/3862, S. 8 sowie 2. Teil, B. II. 2. b) aa). 275 Vgl. etwa MünchKommAktG/Habersack/Kalss, § 106 Rn. 13 (Analogie zu § 171 Abs. 2 BGB); Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratmitglieder, S. 79; Vetter, ZIP 2012, 701, 709 f. 276 Cziupka, DNotZ 2013, 579, 583; Höpfner, ZGR 2016, 505, 526; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 296 f., 300; Doetsch, Fehlerhafter Gesellschafter und fehlerhaftes Organ, S. 106.

D. Die Folgen formeller Fehler

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schäftsführer, wären wohl nicht erfasst.277 Rückabwicklungsschwierigkeiten im Innenverhältnis, welche die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in erster Linie im Blick hat, können daher auch durch Rechtsscheinsgrundsätze, die den Verkehrsschutz im Blick haben, nicht gelöst werden. Für den Fall der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern ist daher an der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft festzuhalten. Auch für den Fall der bereits fehlerhaften Errichtung des Aufsichtsrats kann nichts anderes gelten. Je nach Ausgestaltung des fakultativen Aufsichtsrats können auch in diesem Fall erhebliche Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen, zumal es in diesem Fall, anders als im Fall der fehlerhaften Bestellung einzelner Mitglieder, nicht auf die Frage der Ursächlichkeit der Mitwirkung des fehlerhaft bestellten Mitglieds für das Beschlussergebnis ankommt, sondern jeder Beschluss des fehlerhaft errichteten Aufsichtsrats rückabzuwickeln wäre. Daher sind im Einzelfall, je nach Art und Umfang der übertragenen Kompetenzen, auch im Fall der fehlerhaften Errichtung die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden. b) Ausnahme von der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft aufgrund fehlender Handelsregistereintragung Zu bedenken ist allerdings, dass es sich im Fall der vorliegend in Frage stehenden fehlenden satzungsmäßigen Verankerung des Aufsichtsrats nicht um einen nichtigen oder anfechtbaren Errichtungsbeschluss, sondern um einen gem. § 54 Abs. 3 GmbHG (schwebend) unwirksamen Beschluss handelt. Entscheidend ist daher, ob auch die fehlende Registereintragung durch die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft überwunden werden kann. Dabei ist insbesondere zu klären, ob aufgrund der konstitutiven Wirkung der Handelsregistereintragung deren Anwendung auf unwirksame Strukturänderungen ausscheiden muss. Im Rahmen der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf fehlerhafte Beherrschungsverträge verzichtet der Bundesgerichtshof für die GmbH auf das Erfordernis der Handelsregistereintragung, sofern der Vertrag in Vollzug gesetzt wurde.278 Dies ist zurecht im überwiegenden Schrifttum auf Ablehnung gestoßen. Diesem folgend wendet auch die obergerichtliche Rechtsprechung für das Aktienrecht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht an und geht von der zwingenden Handelsregistereintragung aus.279 Aber auch für die GmbH finden sich 277 Höpfner, ZGR 2016, 505, 526; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 300; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 198. 278 BGH, Urteil vom 11. 11. 1991 – II ZR 287/90, BGHZ 116, 37, 39 = NJW 1992, 505; BGH, Urteil vom 05. 11. 2001 – II ZR 119/00, NJW 2002, 822. 279 K. Schmidt/Lutter/Langenbucher, AktG, § 293 Rn. 41; MünchKommAktG/Altmeppen, § 291 Rn. 204; Hüffer/Koch, AktG, § 291 Rn. 21; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 291 Rn. 64; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 149 f.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 375 ff.; Ederle, Verdeckte Beherrschungsverträge, S. 141 f.; Kienzle, Verdeckte Beherrschungsverträge im Aktienrecht, S. 84 ff.; Dette, Verdeckte und atypische Beherr-

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

gewichtige Stimmen, die eine Handelsregistereintragung als zwingend für die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf einen fehlerhaften Beherrschungsvertrag ansehen.280 Gleiches gilt aber ebenso für die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats ohne die auch hier erforderliche Handelsregistereintragung der zugrundeliegenden Satzungsänderung. Auch in diesem Fall sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anzuwenden. Diese können nicht über nichtrechtsgeschäftliche Wirksamkeitsmängel281 und damit das Fehlen eines konstitutiv wirkenden Staatsaktes hinweghelfen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu fehlerhaften Beherrschungsverträgen ist im Lichte des Supermarktbeschlusses zu sehen. Mit diesem hatte der Bundesgerichtshof in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung die Eintragungsbedürftigkeit für Beherrschungsverträge für die GmbH statuiert,282 sodass für die bis dahin überwiegend nicht eingetragenen Verträge für einen hinreichenden Vertrauensschutz zu sorgen war. Daher wird auch von der Literatur ins Feld geführt, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auf sog. Altfälle ausgerichtet gewesen sei und für Neufälle nicht zu Anwendung komme.283 So hat für den Fall der fehlerhaften Verschmelzung auch der Bundesgerichtshof zutreffend festgestellt, dass der Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht deren konstitutiv wirkende Eintragung im Handelsregister vorausetze.284 Sofern der Bundesgerichtshof für fehlerhafte Beherrschungsverträge zur Begründung des Verzichts auf die Eintragung einen Vergleich mit der notariellen Beurkundung im Rahmen des § 311b Abs. 1 BGB zieht,285 wurde dem zurecht entgegengehalten, dass die Verletzung von Formvorschriften und deren Heilung nicht mit der Überwindung einer fehlenden Handelsregistereintragung vergleichbar sei.286 Die Konstitutivwirkung der Handelsregistereintragung dient dem Vertrauensschutz der Gläubiger und schungsverträge, S. 192 ff.; Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 48 ff.; Krieger, ZHR 158 (1994), 35, 41; Kort, ZIP 1989, 1309, 1312; ders., NZG 2009, 364, 367; OLG Schleswig ZIP 2009, 124, 130; OLG München ZIP 2008, 1330, 1332; OLG Karlsruhe ZIP 2011, 1817, 1820. 280 Ulmer/Casper, Anh. § 77 Rn. 209; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 167; Baumbach/ Hueck/Beurskens, SchlAnhKonzernR Rn. 114; Habersack/Emmerich, Aktien- und GmbHKonzernRt, § 291 Rn. 45; MünchKommGmbHG/Liebscher, GmbH-KonzernR Rn. 712; Roth/ Altmeppen, Anh. § 13 Rn. 115; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 375 ff.; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 149 f.; Ederle, Verdeckte Beherrschungsverträge, S. 141 f.; Dette, Verdeckte und atypische Beherrschungsverträge, S. 192 ff.; Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 49 f.; Kort, NZG 2009, 364, 367; a.A. Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 82; Kleindiek, ZIP 1988, 613, 624. 281 Vgl. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 375. 282 BGH, Beschl. v. 24. 10. 1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324 ff. = NJW 1989, 285 ff. 283 Ulmer/Casper, Anh. § 77 Rn. 196; Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 49 f.; Krieger, ZHR 158 (1994), 35, 41; Timm, GmbHR 1989, 11, 17. 284 BGH NJW 1996, 659. 285 BGH, Urteil vom 11. 11. 1991 – II ZR 287/90, BGHZ 116, 37, 39. 286 Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 166; ders., NZG 2009, 364, 367; Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 49 f.

D. Die Folgen formeller Fehler

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der Gesellschafter sowie der Rechtssicherheit; Strukturänderungen werden daher erst nach registergerichtlicher Prüfung wirksam.287 Ohne Anmeldung der Satzungsänderung zum Handelsregister sind die Gesellschafter nicht schutzwürdig. Auch der Rechtsverkehr ist mangels Handelsregisteranmeldung nicht zu schützen, zumal dieser aufgrund der Publizitätsfunktion des Handelsregisters auf den Fortbestand des zum Handelsregister eingereichten Gesellschaftsvertrags vertrauen darf. Zudem erfolgt in den Fällen der fehlenden Anmeldung der Strukturänderung zum Handelsregister in der Regel auch keine Information des Rechtsverkehrs gem. § 52 Abs. 3 GmbHG.288 Wie bereits dargestellt schließt allerdings die rückwirkende Unwirksamkeit der organschaftlichen Errichtung des Aufsichtsrats eine schuldrechtliche Bindung der Beteiligten nicht aus.

II. Die Folgen des Verstoßes gegen ein in der Satzung eingeräumtes Sonderrecht auf Errichtung Auch für den Fall des Verstoßes gegen ein in der Satzung eingeräumtes Sonderrecht auf Errichtung eines Aufsichtsrats stellt sich die Frage nach den Folgen eines hiergegen verstoßenden Errichtungsbeschlusses. 1. Statthafte Klageart bei Verstoß des Errichtungsbeschlusses gegen ein Sonderrecht Der ein Sonderrecht auf Errichtung missachtende Errichtungsbeschluss benötigt zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des Sonderrechtsinhabers.289 Auf die Zustimmung kann nur verzichtet werden, wenn ein wichtiger Grund für den Eingriff in das Sonderrecht vorliegt.290 Gesellschafterbeschlüsse, die ohne Zustimmung des Berechtigten und ohne wichtigen Grund in ein Sonderrecht eingreifen, sind daher schwebend unwirksam.291 Dies kann mit der allgemeinen Feststellungsklage gem. § 256 ZPO geltend gemacht werden.292 287 Vgl. Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 150; ders., NZG 2009, 364, 367; OLG Schleswig, ZIP 2009, 124, 130. 288 Zu den Folgen einer erfolgten fehlerhaften Information (auch gem. § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG) siehe 6. Teil, B. II. 289 Hachenburg/Raiser, 8. Aufl., Anh. § 47 Rn. 21. 290 Ulmer/Raiser, § 14 Rn. 34, auch zu den Anforderungen an einen solchen wichtigen Grund. 291 BGH GmbHR 1962, 212, 213; Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 23 und § 14 Rn. 36; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 47 Rn. 88; Henssler/Strohn/Verse, § 14 GmbHG Rn. 57; Lutter/Hommelhoff/Bayer, Anh. zu § 47 Rn. 4; Michalski/Ebbing, § 14 Rn. 91; Beck’sches Handbuch der GmbH/Schmiegelt/Schmidt, § 3 Rn. 57.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

2. Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die Errichtung unter Verstoß gegen ein Sonderrecht? Auch an dieser Stelle stellt sich die Frage nach der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft. Zwar liegt ebenfalls kein Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund im Sinne der §§ 241 ff. AktG vor, sondern ein schwebend unwirksamer Beschluss. Jedoch handelt es sich anders als im Fall der fehlenden Eintragung um einen Mangel des rechtsgeschäftlichen Errichtungsbeschlusses, welcher nicht per se mit der fehlenden konstitutiven Wirkung der Handelsregistereintragung vergleichbar ist. Aufgrund der bereits zuvor dargestellten Möglichkeiten der Einbindung des Aufsichtsrats in die Binnenorganisation der Gesellschaft durch Zuweisung vielfältigster Kompetenzen können auch im Fall der Errichtung unter Verstoß gegen ein Sonderrecht je nach Art und Umfang der auf den Aufsichtsrat übertragenen Kompetenzen Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen, welche für eine Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft ins Feld geführt werden können. Daher ist auch im Fall des Verstoßes des Errichtungsbeschlusses gegen ein Sonderrecht auf Errichtung von einer Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auszugehen. Eine rückwirkende Unwirksamkeit des Handelns des Aufsichtsrats ist in diesen Fällen nicht per se aufgrund höherrangiger Interessen geboten. So wird auch für den Fall der Bestellung durch ein unzuständiges Organ von der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Bestellung ausgegangen.293 Dies soll jedenfalls solange gelten, wie der Bestellungsakt nicht infolge einer willkürlichen Kompetenzanmaßung erfolgt ist, welche sich die Gesellschaft nicht mehr zurechnen lassen müsse.294 Letzteres sei etwa bei einer Bestellung durch einen rein beratenden Beirat295 oder gesellschaftsfremde Dritte der Fall.296 Dies dürfte gleichermaßen für die unwirksame Errichtung infolge der fehlenden Zustimmung eines Sonderrechtsinhabers gelten.

292 Michalski/Ebbing, § 14 Rn. 9; Henssler/Strohn/Verse, § 14 GmbHG Rn. 57; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 47 Rn. 89. 293 Schürnbrand, Organschaft, S. 275 mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 158; Doetsch, Fehlerhafter Gesellschafter und fehlerhaftes Organ, S. 76; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 3; a.A. GroßkommAktG/Hopt, 4. Aufl., § 93 Rn. 50; Stein, Faktisches Organ, S. 121. 294 Schürnbrand, Organschaft, S. 275; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 3. 295 So Schürnbrand, Organschaft, S. 275 f. 296 So Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 3; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn. 13.

D. Die Folgen formeller Fehler

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III. Die Folgen formeller Fehler bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats Weiter ist auf die Fälle einzugehen, dass der Errichtungsbeschluss vom Gesellschaftsvertrag inhaltlich abweichende Regelungen zur Ausgestaltung des Aufsichtsrats trifft, ohne dass eine Änderung des Gesellschaftsvertrags erfolgt. 1. Mögliche Fallgestaltungen formeller Fehler bei der Ausgestaltung Die Ausgestaltung des Aufsichtsrats abweichend von der Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG, und damit die Vornahme einer Regelung, welche zwingend materieller Satzungsbestandteil sein muss,297 hat im Gesellschaftsvertrag zu erfolgen. Ein Beschluss, welcher wiederum von einer solchen gesellschaftsvertraglichen Regelung abweichen will und nicht die hierfür erforderliche gesellschaftsvertragliche Form einhält, ist unwirksam. Er kann mangels Eintragung der Satzungsänderung nicht die gewünschten korporativen Folgen auslösen. Eine Änderung der organisationsrechtlichen Stellung des Aufsichtsrats erfolgt durch einen solchen einfachen, nur zwischen den beteiligten Gesellschaftern wirkenden Gesellschafterbeschluss nicht. Auf den Aufsichtsrat finden, entgegen anderer Ansicht,298 in diesem Fall weiterhin die Regelungen des Gesellschaftsvertrags bzw. des Gesetzes Anwendung. Dies gilt ebenso, wenn man aufgrund der beabsichtigten Änderung der Organisation auf einen Willen zur Satzungsänderung schließen und erst so zur Anwendung der §§ 53, 54 GmbHG kommen wollte. Aber auch wenn man mit der herrschenden Meinung sog. satzungsdurchbrechende Beschlüsse anerkennen wollte, läge durch einen solchen Gesellschafterbeschluss, welcher einen vom Gesellschaftsvertrag abweichenden Zustand schaffen wollte, ohne die für eine Satzungsänderung geltenden Anforderungen einzuhalten, eine zustandsbegründende, fehlerhafte Satzungsänderung vor, sodass der Beschluss ebenso gem. § 54 Abs. 3 GmbHG unwirksam wäre. Weiter ist denkbar, dass die Satzung lediglich das „Ob“ der Errichtung regelt, das „Wie“ sich daher aus § 52 Abs. 1 GmbHG und den allgemeinen Bestimmungen ergibt, die Gesellschafter aber durch einfachen Beschluss eine hiervon abweichende Regelung treffen. In diesem Fall handelt es sich formal betrachtet nicht um eine Abweichung von der Satzung, sondern von der gesetzlichen Regelung. Es liegt ein Verstoß gegen § 52 Abs. 1 GmbHG vor, nach welchem die Regelungen des Aktienrechts gelten, „soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist“. Ein entsprechender Beschluss könnte neben diesem Gesetzesverstoß – der zunächst nur zur Anfechtbarkeit führt – ebenso gegen die Satzung verstoßen und als fehlerhafte Satzungsänderung zu qualifizieren sein. Eine subsidiär geltende gesetzliche Regelung zeichnet sich dadurch aus, dass diese an die Stelle der fehlenden Satzungsre297

Vgl. zum zwingend materiellen Satzungsinhalt bereits 3. Teil, A. I. 2. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 16; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 16; Hachenburg/Schilling, 7. Auflage 1979, § 52 Rn. 14. 298

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

gelung tritt und damit auch die rechtlichen Wirkungen einer Satzungsregelung erzeugt, sofern sie nicht durch eine entsprechende Satzungsbestimmung abbedungen wird. Eine solche subsidiäre gesetzliche Regelung wird daher auch als materieller, wenn auch nicht formeller Satzungsbestandteil eingeordnet.299 Dies führt dazu, dass neben dem Verstoß gegen § 52 Abs. 1 GmbHG auch immer ein Satzungsverstoß vorliegt. Aufgrund der Einordnung als materieller Satzungsbestandteil kann daher auch von disponiblem Gesetzesrecht nur durch gesellschaftsvertragliche Regelung abgewichen werden.300 Die Durchbrechung disponiblen Gesetzesrechts soll daher auch den Grundsätzen der Satzungsdurchbrechung folgen,301 und ist damit, auch bei Anerkennung einer solchen – entgegen anders lautender Ansicht302 – als zustandsbegründende Satzungsänderung unwirksam. Aber auch bei Ablehnung der Figur der Satzungsdurchbrechung ist ein entsprechender Beschluss unwirksam. So wird zum einen aufgrund der beabsichtigten organisationsändernden Wirkung von einem Satzungsänderungswillen auszugehen sein, sodass auch aus diesem Grund die §§ 53 f. GmbHG anzuwenden wären. Aber auch sofern man auf keinen solchen Willen schließen wollte, kann die Ausgestaltung des Aufsichtsrats, sofern von der Verweisungskette des § 52 Abs. 1 GmbHG abgewichen werden soll, allein durch den Gesellschaftsvertrag erfolgen. Diese erfolgt als materieller Satzungsbestandteil, durch welchen die innere Organisation der Gesellschaft festgelegt wird. Die Ausgestaltung eines Aufsichtsrats durch einfachen Beschluss entgegen der Regelung im Gesellschaftsvertrag erfolgt bereits in fehlerhafter Art und Weise, also nicht in der erforderlichen Form einer Satzungsänderung. Der Beschluss verstößt gegen die Form und das Verfahren der §§ 53 f. GmbHG. Es handelt sich aber nicht lediglich um einen reinen „Formverstoß“, sondern um die Ausgestaltung eines Organs ohne gesellschaftsvertragliche Verankerung. Es liegt ein Verstoß gegen den gesellschaftsrechtlichen Grundsatz vor, dass sich eine vom Gesetz abweichende Organisationsverfassung zwingend aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben muss. Durch die Ausgestaltung eines Gesellschaftsorgans außerhalb der Satzung kann die Organisationsstruktur der Gesellschaft nicht verändert werden. Diese muss sich zwingend in der Satzung wiederspiegeln. Die Regelung der Organisationsverfassung einer Kapitalgesellschaft in dessen Satzung zählt zum Wesensmerkmal einer jeden Körperschaft, wie sich aus den jeweiligen gesetzlichen Regelungen ergibt. Ein einfacher Gesellschafterbeschluss kann nicht die korporative Wirkung erzielen, welche zur Abbedingung des Verweises in § 52 Abs. 1 GmbHG erforderlich ist. Eine Bindung des Organs und dessen Organwalter gegenüber der Gesellschaft können durch eine schuldrechtliche Regelung der Gesellschafter nicht erfolgen. Der zwingend materielle Satzungsinhalt steht nicht zur Disposition der 299

Priester, ZHR 151 (1987), 40; Lawall, DStR 1996, 1169. Ebenso für die Notwendigkeit einer Regelung in der Satzung: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 52. 301 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 53 Rn. 52. 302 A.A. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 16; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 16; Hachenburg/Schilling, 7. Auflage 1979, § 52 Rn. 14. 300

D. Die Folgen formeller Fehler

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gegenwärtigen Gesellschafter. Ein einfacher Beschluss zur Änderung der Ausgestaltung des Aufsichtsrats ist ebenso wie die Errichtung durch einfachen Beschluss unwirksam. Auch Beschlüsse, welche die Ausgestaltung des Aufsichtsrats betreffen, deren Gegenstand nicht zwingend in die Satzung aufzunehmen ist – wie etwa die Regelungen der inneren Organisation des Aufsichtsrats – können im Widerspruch zu Regelungen mit Satzungsrang stehen. Dies ist etwa der Fall, wenn die Gesellschafter entsprechende Regelungen zunächst mit in die Satzung aufgenommen haben und nun diesen widersprechende Beschlüsse gefasst werden. Bei Fehlen eines Satzungsänderungswillens kommt auch in diesem Fall zunächst die Anfechtbarkeit wegen Verstoßes gegen den Gesellschaftsvertrag in Betracht. Da es sich jedoch um einen organisationsändernden Beschluss handelt, wird ein Satzungsänderungswille der Gesellschafter zu vermuten sein. Aber auch ohne Annahme eines solchen Willens kann die gesellschaftsvertragliche Regelung bereits nicht durch einen einfachen Gesellschafterbeschluss aufgehoben werden und daher der Beschluss bereits nicht die bezweckten, korporativen Rechtsfolgen auslösen, denn die Abänderung der gesellschaftsvertraglichen Regelung kann, wie dargelegt, nicht durch einen einfachen, lediglich die Gesellschafter bindenden Gesellschafterbeschluss erfolgen. Ohne Eintragung ist der Beschluss ohne Wirkung. Auch eine Umdeutung der genannten Formen fehlerhafter Beschlüsse zur Ausgestaltung des Aufsichtsrats, also eines einfachen Beschlusses in Abweichung von den Regelungen des § 52 Abs. 1 GmbHG oder des Gesellschaftsvertrags, ist in der Regel nicht möglich.303 So geht zwar Habersack davon aus, dass die Umdeutung eines die Satzung auf Dauer ändernden Beschlusses in eine schuldrechtliche Verpflichtung, erneut über den Beschlussgegenstand durch einfachen Beschluss abzustimmen und hierbei auf die Anfechtung zu verzichten, möglich sein soll. Nicht in Betracht komme hingegen eine Umdeutung in die Verpflichtung, eine Satzungsänderung vorzunehmen. Dies würde in Tatbestand und Rechtsfolgen ein plus gegenüber dem fehlerhaften Beschluss darstellen, und damit nicht den Erfordernissen des zu ersetzenden Beschlusses entsprechen, wie es von § 140 BGB verlangt werde.304 Eine solche Umdeutung in eine Verpflichtung zur erneuten Beschlussfassung ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass durch einfachen Gesellschafterbeschluss keine Änderung der Organisation der Gesellschaft abweichend von der Satzung geschaffen werden kann. Ein entsprechender, erneuter Beschluss könnte bereits nicht die mit ihm intendierten Beschlusswirkungen erzielen. Insbesondere kann keine Bindung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft durch eine solche schuldrechtliche, wenn auch bestandskräftige Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern entstehen. Eine solche Umdeutung ist daher in den genannten Fällen abzulehnen. 303 Auf die in der Regel fehlende Möglichkeit der Umdeutung einer auf Dauerwirkung angelegten organisatorischen Regelung weist auch Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 53 Rn. 33 hin; ebenso BGH NJW 1993, 2246, 2247, für die Verlängerung der Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder. 304 Für eine solche Umdeutung Habersack, ZGR 1994, 354, 371.

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3. Teil: Prozedurale Grenzen der Gestaltungsfreiheit

Weiter sind Fälle denkbar, dass Beschlüsse mit konkret-individuellem Beschlussgegenstand im Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag stehen, wie etwa die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds, welches nicht den persönlichen Anforderungen der Satzung genügt oder die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds für unbestimmte Zeit, wenn der Gesellschaftsvertrag eine zeitliche Beschränkung vorsieht. Diese Fälle unterscheiden sich von den soeben besprochenen durch den fehlenden organisationsändernden und damit korporativen Geltungsanspruch. Ein solcher Beschluss ist grundsätzlich als einfacher Gesellschafterbeschluss möglich. Er bedarf zu seiner Wirksamkeit nicht der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag, denn es handelt sich bereits nicht um einen Beschlussgegenstand, der zwingend in die Satzung aufzunehmen ist.305 So ist etwa die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds außerhalb des Gesellschaftsvertrags die Regel. Eine Einordnung als Satzungsänderung oder -durchbrechung, allein wegen des Widerspruchs zur Satzung, und damit eine vollständige oder teilweise Anwendung der §§ 53, 54 GmbHG ist daher abzulehnen. Damit kommt auch eine Unwirksamkeit wegen fehlender Aufnahme in die Satzung oder gar Nichtigkeit analog § 241 Nr. 3 AktG nicht in Betracht.306 Der Beschluss ist in der Regel lediglich anfechtbar. Im Fall einer fehlerhaften Wahl der Aufsichtsratsmitglieder sind hierbei die §§ 250 f. AktG unter Beachtung der Besonderheiten des fakultativen Aufsichtsrats entsprechend anzuwenden. 2. Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die fehlerhafte Ausgestaltung des Aufsichtsrats und die fehlerhafte Aufsichtsratsbestellung? Wie bereits im Fall der Errichtung ohne gesellschaftsvertragliche Verankerung, kommt auch in den Fällen einer abweichenden Ausgestaltung ohne die erforderliche Aufnahme der Regelung in den Gesellschaftsvertrag eine Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht in Betracht. Auch hier scheitert die Anwendung am Erfordernis der konstitutiven Handelsregistereintragung gem. § 54 Abs. 3 GmbHG. Der jeweilige, nicht den Anforderungen der §§ 53, 54 GmbHG genügende Beschluss über die Ausgestaltung des Aufsichtsrats ist ex tunc unwirksam. Im letztgenannten Fall von Mängeln bei der Bestellung der Organmitglieder stellt sich demhingegen die bereits zuvor diskutierte Frage der Anwendbarkeit der Lehre von der fehlerhaften Organbestellung auch auf Mitglieder eines Aufsichtsrats.307 In diesem Fall ist nicht die Organerrichtung oder -ausgestaltung als solche fehlerbehaftet, sondern lediglich die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder.

305 306 307

Vgl. zu den zwingend materiellen Satzungsbestandteilen 3. Teil, A. I. 2. Es ist aber an eine entsprechende Anwendung der §§ 250 f. AktG zu denken. Vgl. 3. Teil D. I. 5.

Vierter Teil

Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit In materieller Hinsicht ist die Frage nach der Gestaltungsfreiheit eine Frage der Inhaltsfreiheit.1 § 52 Abs. 1 GmbHG verweist für die Ausgestaltung des Aufsichtsrats auf einzelne Bereiche der aktienrechtlichen Regelung zum Aufsichtsrat, namentlich die § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 5, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 105, § 107 Abs. 3 S. 2 und S. 3 und Abs. 4, §§ 110 bis 114, § 116 i.V.m. § 93 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2, § 124 Abs. 3 Satz 2, § 170, § 171, §§ 394 f. AktG. Der Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG stellt die Geltung der Verweisungskette und damit die Anwendbarkeit dieser Normen vollständig zur Disposition der Gesellschafter. In der älteren Literatur findet sich daher auch die Vorstellung, sämtliche Vorschriften der Verweisungskette in § 52 GmbHG seien dispositiv und zwar auch solche, die im Interesse Dritter bestünden.2 Im Folgenden ist gilt es daher zu klären, ob der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter Grenzen gezogen sind. Entscheidend ist, wodurch die inhaltliche Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter beschränkt wird und welche Auswirkung dies auf die Ausgestaltung des Aufsichtsrats und damit die Abdingbarkeit der Verweisungskette des § 52 Abs. 1 GmbH hat. Es wird darauf einzugehen sein, inwieweit die Gesellschafter den Aufsichtsrat abweichend vom gesetzlichen Vorbild ausgestalten können und damit auf den Umfang der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter.

A. Die Funktion dispositiven Rechts Zunächst ist kurz auf die Funktion dispositiven Rechts einzugehen. Dispositive Normen stehen nicht in diametralen Gegensatz zu zwingenden Normen, denn auch die Abdingbarkeit dispositiven Rechts ist an Grenzen gebunden. Daher wird auch

1 So allgemein zu den Grenzen des Dispositionsspielraums: Möslein, Dispositives Recht, S. 162 (in Abgrenzung zur Abschluss- und Formfreiheit). 2 So etwa Förtsch, GmbHG, 1892, § 53 S. 128; Liebmann, 6. Aufl. 1921, § 52 Anm. 3, der allerdings an späterer Stelle in Anm. 3 doch davon ausgeht, dass nicht jede Kontrolltätigkeit ausgeschlossen werden könne.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

von einem „Dispositionsspielraum“ gesprochen.3 Wie bereits angesprochen, besteht die Gestaltungsfreiheit in der GmbH grundsätzlich im Interesse der Gesellschafter; diese können im Einzelfall besser beurteilen, welche Regelungen für ihre Gesellschaft passend sind. Zudem sind interne Verhandlungen und damit auch solche über die Satzungsgestaltung in der GmbH, als in der Regel geschlossener Gesellschaft, mit erheblich geringerem Aufwand und damit auch geringeren Kosten möglich als in Publikumsgesellschaften.4 Hierbei ist davon auszugehen, dass sich rational handelnde Normadressaten durch Verhandlungen auf eine Regelung einigen, welche die Interessen aller Parteien bestmöglich verwirklicht.5 Es wird daher auch von der „Richtigkeitsgewähr“ privatautonom ausgehandelter Verträge gesprochen.6. Jedoch gewährleistet Gestaltungsfreiheit nicht zwingend Einzelfallgerechtigkeit. Die Gefahr einer unausgewogenen Regelung besteht immer dann, wenn einer der Beteiligten nicht in der Lage ist, seine Interessen hinreichend durchzusetzen, etwa in Folge von Informationsdefiziten oder Verhandlungsschwäche.7 Bei Mehrheitsentscheidungen, wie bei der Änderung des Gesellschaftsvertrags, ist immer eine Übervorteilung der Minderheit möglich. Bei Erreichen der erforderlichen Quoren kann die Mehrheit allein entscheiden. Dispositive Regelungen lenken die Gestaltungsfreiheit in gewisse Bahnen. Das dispositive Recht erfüllt zunächst eine Ordnungsfunktion, indem es eine Reserveordnung bereitstellt, die unvollständige Rechtsgeschäfte ergänzt und so deren Abschluss erleichtert.8 Es soll das Recht widerspiegeln, auf das sich die Vertragsparteien mehrheitlich geeinigt hätten.9 Daneben haben dispositive Regelungen auch eine Informations- und Kontrollfunktion. Sie halten den Parteien eine gesetzliche Vergleichsregel vor Augen, an der sie ihre privatautonom getroffene Vereinbarung messen können.10 So werden insbesondere Minderheitsgesellschafter über Schutzmöglichkeiten informiert, sodass sie eine eigenverantwortliche Entscheidung bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags treffen können, zumal sie bei der Gründung und der Ausgestaltung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrags aufgrund des Einstim3 So etwa bei Möslein, Dispositives Recht, S. 162; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 133 f.: „Korridor“; Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, S. 226: „Graduelles Verständnis der Abgrenzung“. 4 So Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 5. 5 Vgl. Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 14; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 692. 6 Erstmals: Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), S. 130, 152 ff.; dem folgend etwa: Möslein, Dispositives Recht, S. 55; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 52. 7 Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 18, sprechen sich daher in diesen Fällen für die Verwendung einer zwingenden Regelung (ius cogens) aus. 8 Vgl. Möslein, Dispositives Recht, S. 32 ff.; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 692. 9 Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 692. 10 So Möslein, Dispositives Recht, S. 35 ff., dort auch zu den Einschränkungen.

B. Allgemeine Kriterien der Beschränkung der Dispositionsfreiheit?

137

migkeitsprinzips letztmalig über ausreichende Verhandlungsmacht verfügen.11 Das dispositive Recht übernimmt daher, trotz seiner Abdingbarkeit, die Funktion eines Leitbilds, indem es das Vorbild für einen angemessenen und ausgewogenen Interessenausgleich darstellt.12 Der Gesetzgeber will durch die Wahl von dispositiven Regelungen „gleichzeitig implizit einen Korridor abstecken, der die Varianz zulässiger Gestaltungsalternativen begrenzt.“13

B. Allgemeine Kriterien der Beschränkung der Dispositionsfreiheit? Damit gilt es zu ergründen, anhand welcher Kriterien sich die Ab- bzw. Unabdingbarkeit einer Norm bestimmen lässt. Im Schrifttum wird betont, dass es keine allgemeinen Kriterien für die Abdingbarkeit einer Norm gebe, sondern im Einzelfall zu entscheiden sei, ob eine Norm zwingend sei oder nicht.14 Ob eine konkrete Norm zwingend anzuwenden ist, ist dabei anhand ihrer ratio zu bestimmen.15 Für die Reichweite der Dispositionsbefugnis ist allerdings zwischen dem Zweck der Norm und dem Zweck der unabdingbaren Anwendung der Norm zu differenzieren. Denn allein aus dem Zweck einer Norm folgt nicht, in welchem Umfang sie verwirklicht werden soll.16 Dies bedeutet für § 52 Abs. 1 GmbHG, dass für die einzelnen Verweise gesondert zu fragen ist, ob diese jeweils eine zwingende Anwendbarkeit erfordern. Einen ersten Anhaltspunkt für die Bestimmung der Grenzen der Gestaltungsfreiheit bietet in jedem Fall die Norm selbst.17 § 52 Abs. 1 a.E. GmbHG bestimmt, ohne selbst Einschränkungen vorzunehmen, dass die Gesellschafter vollumfänglich von der Norm abweichen können. Bei der Auslegung allein anhand des Wortlauts kann man zwar nicht stehen bleiben, jedoch ist dieser ein Anhaltspunkt in Richtung einer vollumfänglichen Abdingbarkeit. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts be11 Insbesondere wenn sie als Kapitalgeber benötigt werden, hierzu: Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 36. 12 Vgl. Wolf/Neuner, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 8; Larenz/Wolf, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 100 (S. 69); Möslein, Dispositives Recht, S. 38 ff.; Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, S. 212 ff.; Binder, Regulierungsinstrumente, S. 80 (Steuerungsfunktion); Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 44 f. 13 Binder, Regulierungsinstrumente, S. 132 (dispositives Recht soll dabei „ausdrücklich positive“ mit „implizit negativen“ Aussagen kombinieren). 14 Fröhlich, Vom zwingenden und nichtzwingenden Privatrecht, S. 73; Möslein, Dispositives Recht, S. 175; Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, S. 236, der zudem darauf verweist, dass auch durch Auslegung der Norm keine Rechtsnaturbestimmung – also die Bestimmung der Abdingbarkeit – möglich sei, S. 227. 15 Vgl. Fröhlich, Vom zwingenden und nichtzwingenden Privatrecht, S. 75. 16 So Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, S. 237; Kähler, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler, 2002, S. 181, 189 f. 17 So auch Fröhlich, Vom zwingenden und nichtzwingenden Privatrecht, S. 73.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

dürfen Abweichungen von der Gestaltungsfreiheit der Rechtfertigung. § 52 Abs. 1 GmbHG löst die Kollision18 zwischen gesellschaftsvertraglicher und gesetzlicher Regelung zugunsten ersterer. Dies ergibt sich auch bereits aus dem Grundsatz der Satzungsautonomie, verankert in Art. 9 Abs. 1 GG. Daher spricht auch grundsätzlich eine Vermutung für die Abdingbarkeit einer Norm.19

C. Ausdrückliche Schranken der Dispositionsfreiheit Ausdrückliche Schranken der Gestaltungsfreiheit ergeben sich zunächst aus § 134 BGB und damit durch das Verbot von Gesetzesverstößen.20 Eine Gestaltung, die gegen zwingende Normen verstößt, ist unwirksam, sofern es sich um ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB handelt. § 134 BGB stellt damit eine äußerste Grenze der Gestaltungsfreiheit dar. Ausdrücklich aus dem GmbHG ergeben sich hierbei betreffend den fakultativen Aufsichtsrat nur sehr wenige Grenzen der Satzungsgestaltung. Solche ergeben sich zum einen aus § 52 Abs. 3 GmbHG21, zum anderen aus §§ 29 Abs. 4 S. 1, 35a Abs. 1 S. 1, 71 Abs. 5, 82 Abs. 2 Nr. 2, 85 Abs. 1 GmbHG. Auch die Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB und damit die Sittenwidrigkeitsgrenze ist im Gesellschaftsrecht allgemein anerkannt. In diesem Fall ergeben sich die Grenzen der Gestaltungsfreiheit nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern nur in Verbindung mit anerkannten Fallgruppen, welche vorwiegend mit allgemeinen Wertungen begründet werden.22 Deshalb können allein aus der Generalklausel des § 138 Abs. 1 BGB keine inhaltlichen Beschränkungen der Gestaltungsfreiheit abgeleitet werden.

D. Ungeschriebene Schranken der Dispositionsfreiheit Die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats könnte weiter durch ungeschriebene Schranken begrenzt sein, sodass sich ein 18 Kähler, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler, 2002, S. 181, 186, ordnet dispositive Regelungen als Kollisionsnormen ein. 19 So für die Privatautonomie aus Art. 2 Abs. 1 GG: Kähler, Begriff und Rechtfertigung abdingbaren Rechts, S. 363 f. 20 Vgl. Bayer/Koch, Schranken der Vertragsfreiheit, S. 92. 21 Vgl. zu dessen zwingender Anwendbarkeit: Begrd. RegE, BT-Drucks. 5/3862 S. 16; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 47; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 25; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 139; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 52; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 5; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 23b; MünchHdbGesRt/ Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 13; Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 753; Robertz, MittRhNotK 1991, 239, 244; Ankele, GmbHR 1969, 52, 55. 22 Vgl. Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 204 m.w.N.; Bayer/Koch, Schranken der Vertragsfreiheit, S. 92.

D. Ungeschriebene Schranken der Dispositionsfreiheit

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allgemeiner Rahmen abstecken lässt, innerhalb dessen sich die Gesellschafter bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats zu bewegen haben.

I. Begrenzung durch das „Wesen“ des Aufsichtsrats? Bereits aus der Stellung als „Aufsichtsrat“ könnten ungeschriebene Schranken für dessen Ausgestaltung resultieren. Es geht damit um die Frage, was einen Aufsichtsrat ausmacht, also ob allgemeine Prinzipien bestehen, an welchen sich alle Aufsichtsorgane messen lassen müssen und damit um das „Wesen“ des Aufsichtsrats und der daraus resultierenden Grenzen der Gestaltungsfreiheit. Allein aus dem „Wesen“ eines solchen Organs ergeben sich jedoch keine konkreten Schranken. Die Ermittlung des Wesens hat durch Betrachtung konkreter Normen und Normkomplexe zu erfolgen, um so eine Verankerung im geltenden Recht sicherzustellen. Zwar wurde vor allem in der älteren Rechtsprechung und Literatur versucht, aus dem „Wesen“ der Gesellschaft und ihrer Organe ungeschriebene Grenzen der Gestaltungsfreiheit zu konstruieren.23 Mit der Überlegung, dass jeder Rechtsform bestimmte Bestimmungen zugrunde lägen, welche nicht angetastete werden dürfen, wurde eine Regelung, die gegen dieses „Wesen“ der gesetzlichen Regelung verstößt, als unwirksam erachtet. Dabei wurde das Wesen der Rechtsform nicht einer den gesetzliche Bestimmungen übergeordneten Wertungsebene zugeordnet, sondern als Bestandteil der gesetzlichen Regelung selbst verstanden.24 So findet sich etwa in der älteren Kommentarliteratur die Feststellung, der Gesellschaftsvertrag der GmbH müsse bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats „so viel der gesetzlichen Bestimmungen belassen, als zum Wesen des Aufsichtsrats erforderlich ist.“25 Gegen eine solche Argumentation ist jedoch zutreffend vorgebracht worden, dass die Argumentation allein mit dem Verstoß gegen das Wesen der Rechtsform, ohne diesen Verstoß zu konkretisieren, nicht über fehlende Argumente hinweghelfen könne; allgemeine Wertungskriterien müssten sich in konkreten Normen niederschlagen.26 Das alleinige Abstellen auf das Wesen einer Rechtsform birgt zudem die Gefahr eines Zirkelschlusses.27 Das Wesen einer Rechtsform wird durch das ge-

23 Vgl. BGHZ 8, 157, 167 = NJW 1953, 818, 820; BGHZ 14, 264, 268, 270 = NJW 1954, 1563; BGHZ 12, 308, 312 = NJW 1954, 1159; BGH NJW 1968, 398, 400; in der Literatur etwa: Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 35 ff.; Hachenburg/Schmidt, 6. Aufl. 1959, § 52 Anm. 7. 24 So die Interpretation von Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 224. 25 Hachenburg/Schmidt, 6. Aufl. 1959, § 52 Anm. 7. 26 Vgl. hierzu etwa: Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 225; Armbrüster, ZGR 2014, 333, 338 f. 27 Vgl. Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 225.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

schriebene Recht bestimmt, nicht umgekehrt.28 Heute ist anerkannt, dass sich allein aufgrund des „Wesens“ der Gesellschaftsform keine Grenzen der Gestaltungsfreiheit bestimmen lassen.29 Dies gilt auch für eine schlagwortartige Argumentation mit „Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts“ oder dem „Typus“ einer Gesellschaftsform.30 Dies bedeutet aber umgekehrt nicht, dass sich Grenzen der Gestaltungsfreiheit nur aus geschriebenem Recht ergeben können.31 Grenzen der Gestaltungsfreiheit können sich sehr wohl auch aus ungeschriebenen Prinzipien ergeben. Diese müssen sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzestext ergeben, sich aber – nach allgemeinen Grundsätzen – durch Auslegung konkreter Normen oder eines ganzen Normenkomplexes ermitteln lassen.

II. Aus der Organstellung resultierende Schranken Der fakultative Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG ist, wie bereits festgestellt,32 zwingend Organ der Gesellschaft. Bereits aus der organschaftlichen Stellung des Aufsichtsrats könnten sich daher ungeschriebene Schranken der Gestaltungsfreiheit für dessen inhaltliche Ausgestaltung ergeben. Um die immanenten Grenzen, welche der Gestaltungsfreiheit durch die Organeigenschaft auferlegt werden, zu bestimmen, ist zu klären, welche Voraussetzung ein Gremium erfüllen muss, um Organ einer Gesellschaft sein zu können. Es geht also um die Definition des Organs. Diese verfolgt den Zweck, das Organ von anderen Erscheinungsformen abzugrenzen. In Rechtsprechung und Literatur gibt es keine einheitliche Definition des Organs. Der Bundesgerichtshof verlangt eine organisatorische Eingliederung in das Gesellschaftsgefüge.33 Eine solche Eingliederung erfordere einerseits, dass die Organwalter in einer Rechtsbeziehung nur zur Gesellschaft stünden und andererseits, dass diese originäre Kompetenzen ausübten.34 Weitere Anforderungen finden sich in der Rechtsprechung zur Publikumspersonengesellschaft. So hat der Bundesgerichtshof für den Bereich der Publikumskommanditgesellschaften festgestellt, dass ein Kontrollgremium, welches primär der Wahrung der Interessen der Kommandi28

So MünchKommHGB/Enzinger, § 109 Rn. 7. Vgl. Weber, Außeneinfluss, S. 151; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 94; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 224 f.; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 8. 30 Hierzu: Weber, Außeneinfluss, S. 152 f.; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 226 ff.; Armbrüster, ZGR 2014, 333, 338 f. 31 So aber Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 222 ff., insb. S. 241 f., der damit allerdings wohl allein eine Beschränkung durch allgemeine Begriffe wie die Begriffe „Wesen“, „Typus“ oder „Institution“ meint. 32 S.o., 3. Teil, A. I. 33 Zum mitbestimmungsrechtlichen Aufsichtsrat: BGHZ 135, 48, 52. 34 So Schürnbrand, Organschaft, 2007, S. 37. 29

D. Ungeschriebene Schranken der Dispositionsfreiheit

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tisten diene, nicht gleichzeitig Gesellschaftsorgan der Kommanditgesellschaft sein könne, sondern bloßer Kommanditistenausschuss; dieser nehme nur die ihm übertragenen Rechte und Pflichten der Kommanditisten wahr und stehe in keinem unmittelbaren Rechtsverhältnis zur Gesellschaft.35 Entscheidend für die Organeigenschaft sei hierbei, dass die Rechte und Pflichten des Gremiums nicht nur gegenüber einer bestimmen Gesellschaftergruppe bestünden.36 Neben dem Erfordernis einer Eingliederung im Sinne einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zur Gesellschaft verlangt die Rechtsprechung damit zumindest für Publikumspersonengesellschaften auch die Wahrung der Interessen der gesamten Gesellschaft. Auch in der Literatur findet sich keine einheitliche Definition. So sind etwa nach v. Tuhr Organe diejenigen Personengruppen, deren Willensentscheidung für die Gesellschaft maßgeblich ist,37 und damit keine Aufsichts- und Kontrollgremien.38 Nach Wieland ist es für die Organstellung ausreichend, wenn das Gremium im Gesetz mittelbar oder unmittelbar vorgesehen ist.39 Nach Mertens ist Organ der GmbH, wer Entscheidungen für und über die GmbH trifft.40 In der neueren Literatur stehen neben diesen sehr weiten Definitionsversuchen ein formeller und ein materieller Ansatz im Vordergrund. 1. Eingliederung in die Gesellschaftsorganisation Sowohl die Vertreter einer rein formellen Bestimmung des Organbegriffs41 als auch die Vertreter einer materiellen Betrachtungsweise42 verlangen, dass durch das Gremium Rechte im Rahmen der Organisation der Gesellschaft wahrgenommen werden. Die Vertreter eines formellen Organbegriffs gehen dabei davon aus, dass es allein einer solchen Eingliederung bedürfe. Die Gegenansicht sieht die formelle 35 BGH NJW 1975, 1318 f.; WM 1983, 555, 556; NJW 1985, 1900. Hierzu Schürnbrand, Organschaft, S. 37. 36 BGH NJW 1975, 1318 f. 37 v. Tuhr, Bürgerliches Recht, Bd. I, S. 460; dagegen Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 109 Fn. 11: „Vorschläge befriedigen nicht ganz“. 38 So die Schlussfolgerung bei Schürnbrand, Organschaft, S. 68. 39 Wieland, Handelsrecht Bd. II, 1931, S. 91; dagegen ebenso Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 109 Fn. 11. 40 Mertens, ZGR 1994, 426, 427; dazu Schürnbrand, Organschaft, S. 39: „uferlos“. 41 Weber, Außeneinfluss, 2000, S. 162; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 65 f.; R. Wolff, Drittbestimmter Verein, S. 137; Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 109; Hölters, BB 1977, 105, 106; in diese Richtung neigend: Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluss, S. 77. 42 Schürnbrand, Organschaft, S. 156 ff.; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 67 ff.; Jacoby, Privates Amt, S. 195 ff.; Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 807; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 468; Hammen, WM 1994, 765, 767; Teubner, ZGR 1986, 565, 572; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 19; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 57 f.; Martinek, Repräsentantenhaftung, S. 147; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 56; Verhoeven, BB 1978, 335, 336.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

Eingliederung als eine von mehreren Anforderungen an die Organstellung.43 Damit ist eine Eingliederung und daraus folgend eine Funktionswahrnehmung innerhalb der Gesellschaft nach beiden Ansichten zwingende Voraussetzung für die Organeigenschaft. In der Folge ist zu verlangen, dass die Mitglieder des Organs in einer Rechtsbeziehung zur Gesellschaft stehen und ihnen durch diese Funktionen übertragen werden. Einem Gesellschaftsorgan müssen daher zumindest originäre Kompetenzen zustehen. Diese Anforderungen verdeutlicht der aus dem öffentlichen Recht stammende institutionell-funktionelle Organbegriff, welcher auf Wolff zurückgeht.44 Das Merkmal des institutionellen Charakters soll die notwendige Eingliederung in den Verband klarstellen, wobei das Organ als solches organisatorisch selbstständig bleibt.45 Die funktionelle Komponente verdeutlicht, dass das Organ innerhalb des Verbandes bestimmte Funktionen zu übernehmen hat; es muss eine dienende Funktion erfüllen.46 Aus der institutionellen Komponente folgt damit zunächst die zwingende organisatorische Selbstständigkeit des Organs im Verbandsgefüge.47 Damit gilt es zu beleuchten, was unter dieser organisatorischen Selbstständigkeit zu verstehen ist und, im nächsten Schritt, welche Konsequenzen daraus abzuleiten sind. Eine erste, hieraus folgende – zugegebenermaßen sehr weite – Einschränkung der Gestaltungsfreiheit aufgrund der organisatorischen Selbstständigkeit ist, dass einem Organ im Innenverhältnis Kompetenzen zustehen müssen. Nur diese können Bezugspunkt der Selbstständigkeit sein. Aus der funktionellen Komponente – der Funktionswahrnehmung durch das Organ für die Gesellschaft – ergibt sich weiter, dass einem Organ bestimmte Kompetenzen originär zustehen müssen, welche durch dieses mit Wirkung für die Gesellschaft auszuüben sind. Welcher Art diese Kompetenzen sein müssen, also insbesondere, ob diese dem Organ zur alleinigen Wahrnehmung zustehen müssen, es sich also um ausschließliche Kompetenzen handeln muss, ergibt sich daraus aber noch nicht. Für einen fakultativen Aufsichtsrat bedeutet dies, dass ihm, neben der Errichtung durch den Gesellschaftsvertrag und der so entstehenden Rechtsbeziehung zur Gesellschaft, in jedem Fall originäre Kompetenzen zu übertragen sind. a) Weisungsunabhängigkeit aufgrund der Organstellung? Insbesondere aufgrund der Struktur, aber auch der „Einsatzgebiete“ der GmbH stellt sich weiter die Frage, ob aus der erforderlichen Selbstständigkeit im Innen43 44 45 46 47

Hierzu sogleich. H. J. Wolff, Organschaft und juristische Person, Bd. II, S. 236. Schürnbrand, Organschaft, S. 44; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 15. Schürnbrand, Organschaft, S. 44 f. und S. 68. Schürnbrand, Organschaft, S. 57 f.

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verhältnis bereits die zwingende Weisungsunabhängigkeit des Organs bei der Ausübung seiner Kompetenzen resultiert. In der Praxis, im Wesentlichen im Bereich der Gesellschaften der öffentlichen Hand, bestehen Bestrebungen, den Aufsichtsrat weisungsabhängig auszugestalten. Vereinzelt wird vertreten, die Weisungsunabhängigkeit verkörpere einen für alle Organe geltenden Rechtsgrundsatz.48 Jedoch zeigt bereits ein Blick auf zwingend gesetzlich vorgesehene Organe, dass sich allein aus der Organeigenschaft ein solcher Grundsatz nicht ergibt. So ist die Abhängigkeit der GmbHG-Geschäftsführer und der Vereinsvorstände bereits gesetzlich vorgesehen. Gleiches gilt für die Stellung des Vorstands der beherrschten Aktiengesellschaft bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags.49 b) Ausschließliche Kompetenzen als Folge der Selbstständigkeit? Nach der Ansicht von Reuter sind Organe nur solche Gebilde, welchen ausschließliche, also verdrängende Kompetenzen zustünden.50 Hieraus zieht dieser den Schluss, dass ein solches Organ mit ausschließlicher Zuständigkeit nur infolge einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung errichtet werden könne; die Privatautonomie allein ermögliche keine solche Gestaltung. Dies folge aus der Unzulässigkeit privatautonomer Ausstattung anderer mit verdrängenden Zuständigkeiten zum Handeln im eigenen Rechtskreis. Niemand könne sich selbst des Rechts begeben, seine Angelegenheiten selbst zu regeln.51 Diese Ansicht nimmt damit eine weitere inhaltliche Einschränkung der Ausgestaltungsfreiheit bereits aufgrund der Organstellung vor, wonach einem Organ zwingend ausschließliche Kompetenzen übertragen werden müssen. Dies ist für die Ausgestaltung des fakultativen Aufsichtsrats in der GmbH insofern besonders relevant, als die entsprechenden Kompetenzen, insbesondere die organschaftlichen Kontrollbefugnisse, in der zweigliedrigen GmbH, also mit den Organen Gesellschafterversammlung52 und Geschäftsführer, nach § 46 Nr. 6 GmbHG der Gesellschafterversammlung zugewiesen sind. Wäre die Ansicht Reuters zutreffend, müssten dem Aufsichtsrat zumindest teilweise Kompetenzen, die vorher insbeson48

GroßkommAktG/Oetker, § 35 MitbestG Rn. 27. Die dort genannten Verweise belegen diese Annahme allerdings nicht, vgl. hierzu Schürnbrand, Organschaft, S. 61 Fn. 160. 49 Schürnbrand, Organschaft, S. 61. 50 Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 633. Von einer ähnlichen Einschränkung scheint auch Kreifels, GmbHR 1956, 53, 55, auszugehen. Nach diesem sei für die Organeigenschaft notwendig, dass die Gesellschaft erst durch das konkrete Organ funktionsfähig werde, es sich also um ein „notwendigen gesellschaftsrechtlichen Funktionsträger“ handeln müsse, was allerdings bei fakultativen Organen nie der Fall sein kann. 51 Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 633. 52 Für die Organeigenschaft der Gesellschafterversammlung und nicht der Gesamtheit der Gesellschafter vgl. die Nachweise S. 17 Fn. 4.

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dere der Gesellschafterversammlung zugestanden haben, zur alleinigen Zuständigkeit zugewiesen werden. Dies hätte zur Folge, dass die Gesellschafter insoweit zwingend aus ihrer Position zu verdrängen wären. Eine solche ausschließliche Kompetenzübertragung, auch der Kontrollkompetenz, auf ein fakultatives Organ ist zwar möglich.53 Jedoch ist dies keine zwingende Bedingung für die Ausgestaltung eines Organs. Auch Reuter begründet nicht, woraus sich die zwingende Ausstattung jeden Organs mit ausschließlichen Kompetenzen ergeben soll. Er verweist lediglich auf eine entsprechende herrschende Meinung.54 Die dabei angeführten Verweise55 nehmen hierzu aber gerade nicht Stellung. Zudem scheint auch Reuter an anderer Stelle davon auszugehen, dass die Gesellschafter einen fakultativen Aufsichtsrat im Gesellschaftsvertrag auch auf lediglich konkurrierende Zuständigkeiten beschränken können.56 Zwar ist es richtig, dass den gesetzlichen Organen, also in der GmbH der Gesellschafterversammlung und den Geschäftsführern, alleinige Kompetenzen zustehen. Dies gilt gleichermaßen für die gesetzlich vorgesehenen Organe der Aktiengesellschaft. Jedoch müsste diese Eigenschaft der Verallgemeinerung zugänglich sein, also einen allgemeinen, ungeschriebenen (kapital-)gesellschaftsrechtlichen Grundsatz verkörpern, welcher die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter einschränkt. Hierfür sprechen keine zwingenden Gründe, insbesondere sind von einer entsprechenden Gestaltung keine zwingend zu schützenden Interessen, also solche der Gläubiger, Gesellschafter oder der Allgemeinheit, in einer Weise betroffen, welche zu einer Einschränkung der Gestaltungsfreiheit führen müssten. Erforderlich ist lediglich, dass dem Organ originäre Kompetenzen – ausschließlich oder konkurrierend – zugewiesen sind. Weiter dürfen diese Kompetenzen keinem anderen Organ zwingend ausschließlich zustehen.57 2. Interessenbindung des Aufsichtsrats Neben dem Erfordernis der formellen Eingliederung in die Organisation der Gesellschaft ergeben sich aus der Organeigenschaft auch materielle Bindungen. Auf diese ist im Folgenden einzugehen. Dies betrifft die Frage, welche Interessen der Aufsichtsrat zu schützen verpflichtet sein muss und kann. Dies richtet sich danach, an wessen Interesse der Aufsichtsrat sein Tun auszurichten hat und damit an wessen Interesse er bei seiner Tätigkeit gebunden ist. In Betracht kommt zunächst eine Bindung an gesellschaftsinterne 53

Dazu später, 4. Teil, F. I. 1. und II. 1. a). Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 633. 55 Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 448; U. Huber, Vermögensanteil, S. 35 f. 56 Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 646. 57 Zu den Grenzen der Kompetenzzuweisung später. 54

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Interessen, dabei allgemein eine Bindung an das Gesellschaftsinteresse, daneben aber auch eine Bindung an die Interessen der Minderheitsgesellschafter oder einzelner Gesellschaftergruppen. Zudem ist auch an eine Bindung an externe Interessen wie die der Gläubiger oder der Allgemeinheit sowie an das sog. Unternehmensinteresse zu denken. a) Der formelle Organbegriff Die Vertreter einer rein formellen Definition des Organbegriffs verlangen allein, dass durch das Organ Rechte im Rahmen der Organisation der Gesellschaft wahrgenommen werden.58 Welchen Bindungen das Organ unterliegt, insbesondere, ob es dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet ist, oder welche Zwecke es verfolgt, soll für die Einordnung als Organ irrelevant sein.59 Zwar gehen auch die Vertreter eines formellen Organbegriffs nicht davon aus, dass eine Bindung an das Gesellschaftsinteresse per se ausscheide. Lediglich die generelle Ausrichtung aller Organe am Gesellschaftsinteresse wird verneint.60 Eine zwingende Bindung könne nur für zwingend einzurichtende Organe gelten. Nur für diese gelte der Grundsatz, dass die Gesellschaft erst durch ihre Organe handlungsfähig werde und daher das Handeln und Wollen der Organe das der Gesellschaft sei, sodass wiederum nur diese an das Gesellschaftsinteresse gebunden seien.61 Für eine zwingende Bindung an das Gesellschaftsinteresse finde sich zudem im Gesetz keine Grundlage; aus der Entscheidung des Gesetzgebers, für den Fall eines zwingenden Aufsichtsrats den Gesellschaftern die Integration verschiedener Interessen aufzugeben und hierbei den Interessen der Gesellschaft den Vorrang zu geben, könne kein Rückschluss auf die Grenzen gezogen werden, welchen die Gesellschafter selbst bei der Einbeziehung Dritter unterlägen.62 Allein entscheidend sei, dass die Einbeziehung auf der privatautonomen Entscheidung der Gesellschafter beruhe, zu welcher auch die Duldung von Drittinteressen und die daraus entstehenden Konflikte zählten. Diese könnten autonom bestimmen, was in ihrem Interesse liege.63 Damit ist es nach dieser Ansicht Sache der Gesellschafter zu entscheiden, ob eine Bindung des Organs an das Gesellschaftsinteresse besteht. Wenn etwa im Interesse der Gesellschaft Personen mit besonderem Sachverstand in den Aufsichtsrat gewählt würden, spräche dies für eine Bindung an das Gesellschaftsinteresse. Etwas anderes 58 Weber, Außeneinfluss, S. 162; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 65 f.; R. Wolff, Drittbestimmter Verein, S. 137; Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 109; Hölters, BB 1977, 105, 106; in diese Richtung neigend: Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluss, S. 77. 59 Weber, Außeneinfluss, S. 162; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 65 f. 60 Weber, Außeneinfluss, S. 161. 61 Weber, Außeneinfluss, S. 161. 62 Weber, Außeneinfluss, S. 165. 63 Weber, Außeneinfluss, S. 174.

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soll aber gelten, wenn etwa ein „Kontrollbeirat“ auf Betreiben einer Gläubigerbank eingesetzt werde und der entsandte Bankvertreter die Interessen der Bank gegen die der Gesellschaft durchzusetzen habe.64 In diesem Fall wollten die Gesellschafter einen Außenstehenden, der erkennbar eigene Interessen verfolge, die Möglichkeit zur Wahrnehmung gerade der eigenen Interessen in der GmbH bieten. Wollte man solche Konstellationen zulassen, sei ein rein formeller Organbegriff erforderlich.65 b) Der materielle Organbegriff Die Verfechter eines materiellen Organbegriffs verlangen neben der Eingliederung in die Gesellschaft zwingend eine Bindung an das Gesellschaftsinteresse.66 Es habe eine materielle Eingliederung in den Funktionsorganismus zu erfolgen. aa) Das Gesellschaftsinteresse Zunächst gilt es zu klären, was unter dem sog. Gesellschaftsinteresse zu verstehen ist und damit, ob auch die Gesellschaft selbst ein Interesse67 haben kann, an welchem der Aufsichtsrat all seine Tätigkeiten auszurichten hat. Die Gesellschaft selbst, als Fiktion der Rechtsordnung, kann kein Interesse haben. Dies ist nur natürlichen Personen möglich. Bei dem Gesellschaftsinteresse handelt es sich daher nur um eine „vorgestellte Beziehung“.68 Allein um ihrer selbst willen kommt der Gesellschaft keine schutzwürdige Position zu. Sie beruht auf ihren Mitgliedern und kann nur durch diese existieren. Auch das Gesellschaftsinteresse kann daher nur eine Hilfskonstruktion sein, unter der die Einzelinteressen der Gesellschafter zusammengefasst werden; es kann daher nicht völlig vom Interesse der Gesellschafter abstrahiert werden.69 Auch die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit führt nicht dazu, dass sich das Gesellschaftsinteresse gegenüber dem Interesse der Mitglieder verselbstständigt.70 Die Gesellschafter verwirklichen durch die Gesellschaft einen gemeinsamen Zweck, den Gesellschaftszweck. Inhaltlich liegt damit alles, was diesem Zweck und damit Bestand, Funktionsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Gesellschaft dient im Ge64

Weber, Außeneinfluss, S. 165 f. Weber, Außeneinfluss, S. 162. 66 Schürnbrand, Organschaft, S. 156 ff.; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 67 ff.; Jacoby, Privates Amt, S. 195 ff.; Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 807; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 468; Hammen, WM 1994, 765, 767; Teubner, ZGR 1986, 565, 572; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 19; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 57 f.; Martinek, Repräsentantenhaftung, S. 147; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 56; Verhoeven, BB 1978, 335, 336. 67 Zum Interessenbegriff der Methodenlehre vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 18 Fn. 3; Kumpan, Interessenkonflikt, S. 15 ff. 68 So Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 18. 69 Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 19 f.; Birke, Formalziel, S. 144; Mülbert, ZGR 1997, 129, 141. 70 Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 21. 65

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sellschaftsinteresse.71 Das Gesellschaftsinteresse muss sich dabei aber weder mit den Interessen aller Gesellschaftsmitglieder decken, noch ist es zwingend identisch mit dem Interesse der Mehrheit, wie die Fälle des Mehrheitsmissbrauchs zeigen, und kann daher im Einzelfall auch mit den Interessen der Minderheit identisch sein.72 bb) Argumente für eine Bindung an das Gesellschaftsinteresse Gegen ein rein formelles Verständnis des Organbegriffs und für eine Bindung der Organe an das Gesellschaftsinteresse wird vorgebracht, dass privatrechtliche Personenvereinigungen von der Rechtsordnung nicht um ihrer selbst willen anerkannt werden, sondern nur, um die von ihren Gründern verfolgte überindividuelle Zwecksetzung zu verfolgen. Der Gesellschaftszweck diene nicht nur als Orientierungspunkt für die zwischen der Gesellschaft und ihren Mitgliedern sowie unter diesen bestehende Treuepflicht, sondern auch für die Organe.73 Erst die Organe stellten die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft her, damit diese ihren Gesellschaftszweck verwirklichen könne. Gleichermaßen müssten daher auch sie verpflichtet sein, den von der Gesellschafterversammlung festgelegten Zweck zu verfolgen.74 § 32 BGB bringe dies verallgemeinerungsfähig für den Verein zum Ausdruck, wonach die Organe „in dessen Angelegenheiten“ tätig werden.75 Die Organe könnten daher, mit Ausnahme der Mitgliederversammlung, auch nicht über den Verbandszweck disponieren.76 Bei einer Bindung der Organe an externe Interessen könne der Gesellschaftsvertrag sogar in den Bereich der perplexen Willenserklärung gelangen, da die Gesellschaft zur Verfolgung gerade des Gesellschaftszwecks errichtet wurde, einem Außenstehenden aber ein unkontrollierter Einfluss ermöglicht werde.77 Auch die Verantwortlichkeit der Gesellschaftsorgane sei auf die Gesellschaftstreue ausgerichtet, wie § 43 GmbHG, §§ 93, 116 AktG zeigten; bei einer Bindung an fremde Interessen würde dieser Haftungsmaßstab leerlaufen.78 Prinzipiell stelle die Rechtsgemeinschaft Organisationsordnungen nicht zweckfrei, sondern funktionsgebunden zur Verfügung. Daher könnten Organisationsformen nicht nach außen offen gestaltet werden.79 Bereits von Feine wurde daher festgestellt, dass

71 Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 23; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 254; Birke, Formalziel, S. 144; Kumpan, Interessenkonflikt, S. 15 ff. 72 Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 18 f. 73 Vgl. hierzu Schürnbrand, Organschaft, S. 157. 74 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 157; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 468; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 83 f.; Kumpan, Interessenkonflikt, S. 114 ff. 75 Schürnbrand, Organschaft, S. 157. 76 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 157. 77 Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 808; Schürnbrand, Organschaft, S. 158. 78 Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 807. 79 Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 808.

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ein von den Gesellschaftern abhängiger Aufsichtsrat nicht dazu bestimmt sein könne, die Interessen der Gläubiger wahrzunehmen.80 c) Stellungnahme Der rein formellen Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Wie bereits festgestellt wurde, wird die Gesellschaft erst durch ihre Organe handlungs- und willensfähig. Diese verwirklichen den Gesellschaftszweck und damit die Gesellschaft selbst, sodass ihnen die Bindung an deren Zweck immanent ist. Das Organ nimmt Funktionen für die Gesellschaft wahr. Durch den Gesellschaftsvertrag werden für das Organ originäre Zuständigkeiten für die Aufgabenwahrnehmung innerhalb der Gesellschaft und so dessen Funktion für die Gesellschaft begründet. Durch diese Funktionswahrnehmung für die Gesellschaft erlangt diese ihre Handlungsfähigkeit und damit die erforderliche Selbstständigkeit für die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit. Wenn aber das Organ nicht allein an die Interessen der Gesellschaft gebunden ist, entfällt die Rechtfertigung für die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft, als ein Rechtsgebilde zur Verfolgung der Interessen eines Zusammenschlusses an Gesellschaftern. Auf die Errichtung durch Gesetz oder erst durch den Gesellschaftsvertrag kann es für die Ausrichtung des Organs nicht ankommen. In beiden Fällen sind die Organe das Mittel der Gesellschaft zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks, die Gesellschaft bedient sich hierbei fakultativer wie zwingender Organe. Ob diese erst die Handlungsfähigkeit herstellen, wie dies bei zwingend vorgesehen Organen der Fall ist, oder nicht, kann für die Bindung an das Gesellschaftsinteresse daher nicht entscheidend sein. Auch die Zulässigkeit der Bestellung von Nichtgesellschaftern in ein Organ, und damit der Grundsatz der Fremdorganschaft, besagt nichts über die rechtlichen Bindungen deren Organmitglieder. Entgegen den Vertretern eines formellen Organbegriffs, ist daher auch für das Beispiel von Bankenvertretern in Gesellschaftsorganen davon auszugehen, dass diese dennoch in Bezug auf ihre Organwalterstellung allein dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet sind.81 Auch der fakultative Aufsichtsrat hat, als Gesellschaftsorgan, sein Handeln allein am Gesellschaftsinteresse auszurichten und ist allein durch dieses gebunden. Auch die Gesellschafterversammlung, als geborenes Organ, ist bei der Ausgestaltung der übrigen Organe und damit auch des Aufsichtsrats an das Gesellschaftsinteresse gebunden. Deren Mitglieder sind aufgrund ihrer Gesellschafterstellung zwar befugt, über das Gesellschaftsinteresse zu verfügen. Dies ändert aber nichts daran, dass sie dieses, sofern sie es nicht wirksam modifiziert haben, in ihrer organschaftlichen Funktion als Mitglieder der Gesellschafterversammlung zu verfolgen haben. Die zwingende Bindung an das Gesellschaftsinteresse bedeutet hingegen nicht, dass die Organmitglieder auch zwingend von der Gesellschafterversammlung zu wählen 80 81

Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 557. So auch Westhoff, Bankenvertreter, S. 64 ff.; W. Werner, ZHR 145 (1981), 252, 256 ff.

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sind.82 Auch die zuvor erörterte Beachtlichkeit der Gläubigerinteressen für die Grenzen der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats steht nicht in Widerspruch zu der Bindung des Aufsichtsrats allein an das Gesellschaftsinteresses. Auch die Gläubiger dürfen darauf vertrauen, dass der Aufsichtsrat allein im Gesellschaftsinteresse tätig wird. 3. Bindung des Aufsichtsrats an interne Partikularinteressen? Weiter ist auf die Frage einzugehen, ob Gesellschaftsorgane auch im Interesse einzelner interner Interessen, also im Interesse einzelner Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen tätig werden können. Hierzu zählt auch das Tätigwerden im Interesse der Minderheitsgesellschafter. a) Zulässigkeit sog. Gruppenorgane Neben der soeben verneinten Möglichkeit der Bindung des Organs an gesellschaftsexterne Drittinteressen, gilt es zu klären, ob Organe – und damit auch der fakultative Aufsichtsrat – im Interesse einzelner Gesellschafter tätig sind können. Organe, die nicht nur dem Interesse des Gesamtverbandes verpflichtet sind, werden als sog. Gruppenorgane bezeichnet. Die Terminologie stammt von Wiedemann.83 Dieser differenziert zwischen Gesamt- und Gruppenorganen. Ein Gesamtorgan soll dem Gesamtinteresse der Gesellschafter, ein Gruppenorgan dem Gruppeninteresse einer Gesellschaftergruppe, etwa eines Familienstammes, verpflichtet sein. Ein Organwalter dürfe lediglich nicht eigene – also gesellschaftsexterne – Interessen verfolgen, die Verfolgung gesellschaftsinterner Einzelinteressen sei aber zulässig.84 Ein Bedürfnis auf Errichtung eines Gruppenorgans bestünde immer dann, wenn die Gesellschafter keine homogene Einheit bildeten, sondern unterschiedliche Gruppen von Gesellschaftern bestünden, mit unterschiedlichen Rechten.85 Dem folgend wird die Zulässigkeit von solchen Gruppenorganen vielfach bejaht.86 Argumentiert wird mit der Stellung des Aufsichtsrats in der KGaA. Dieser 82

Zur Entsendung durch Nichtgesellschafter vgl. 5. Teil, E. I. Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 108. 84 Wiedemann, Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten, § 2 I. 1. a) (S. 24); ders., FS Schilling, 1973, S. 105, 124. Für eine Bindung pauschal an das Gesellschaftsinteresse (allerdings in Abgrenzung zu Fremdinteressen) aber ders., FS Lutter, 2000, S. 801, 807. 85 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 332. 86 Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 108 f.; ders., Gesellschaftsrecht, Bd. I, S. 371 f.; Burgard, Gestaltungsfreiheit, S. 272 f.; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 63 ff.; Assmann/Sethe, FS Lutter, 2000, S. 251, 278; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 325; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 72; Scholz/Priester, § 53 Rn. 119; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 56; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 414; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 56 ff.; Ruter/Thümmel, Beiräte in mittelständischen Unternehmen, S. 64; Hölters, BB 1977, 105, 106; ders. DB 1980, 2225, 2226. 83

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habe zwar im Gesellschaftsinteresse die Geschäftsführung zu überwachen. Daneben habe er aber auch die Interessen der Kommanditaktionäre gegenüber den Interessen der Komplementäre zu verteidigen, indem er gem. § 287 Abs. 1 und 2 AktG deren Beschlüsse auszuführen sowie sie gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern zu vertreten habe und fungiere so auch als Interessenvertretung dieser Gesellschaftergruppe.87 Die genaue Konzeption eines solchen Gruppenorgans ist jedoch innerhalb dieser Ansicht umstritten. Dies betrifft insbesondere die Auflösung eines möglichen Interessenwiderspruchs zwischen den Interessen der repräsentierten Gruppe und dem Gesellschaftsinteresse. Einige sprechen sich hierbei ganz gegen eine Bindung an das Gesellschaftsinteresse aus und damit für die Zulässigkeit einer alleinigen Orientierung am Gruppeninteresse.88 Hierfür wird die umfassende Gestaltungsfreiheit innerhalb des GmbH-Rechts angeführt.89 Einschränkend wird vorgebracht, dass auch in der GmbH ein Aufsichtsrat in jedem Fall verpflichtet sei, die Interessen der Minderheitsgesellschafter zu achten, da es sich hierbei um ein allgemeingültiges Prinzip handele.90 Zum Großteil wird aber davon ausgegangen, dass auch ein Gruppenorgan dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet sei und damit dem Gruppeninteresse nur folgen dürfe, sofern beide Interessen in Einklang zu bringen seien. Die Einrichtung als Gruppenorgan, und damit die Errichtung eines Organs, das Gruppeninteressen wahrnehmen soll, und die gleichzeitige vorrangige Bindung an das „Gesamtgesellschaftsinteresse“ wird dabei nicht als Widerspruch gesehen.91 In der Folge steht daher nach dieser Sichtweise auch das Gruppenorgan in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis zur Gesellschaft.92 Aufgrund der primären Bindung an das Gesellschaftsinteresse ist diese Sichtweise zwar zunächst mit dem materiellen Organbegriff vereinbar.93 Dies allein besagt aber noch nichts darüber, ob eine Bindung an andere Interessen, als dem Gesellschaftsinteresse möglich ist. Ein Großteil des Schrifttums geht zu Recht von der 87 Vgl. etwa Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 325; Assmann/Sethe, FS Lutter, 2000, S. 251, 278. Gegen diese sog. Doppeltheorie und Einordung als Organ der Gesellschaft: Schürnbrand, Organschaft, S. 171 ff. 88 Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 108 f., mit dem Argument, es handele sich im Gegensatz zu einem Organ der Gesellschaft um ein „Organ der Gesellschafter“; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 63 ff. und S. 148; Hölters, BB 1977 105, 108, hierzu Verhoeven, BB 1978, 335 Fn. 8: „zweifelhaft“. 89 Hölters, BB 1977, 105, 108. 90 Hölters, BB 1977, 105, 108. 91 So Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 72 (das Organmitglied müsse sich bei widerstreitenden Interessen notfalls der Stimme enthalten); Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 414; Ulmer/ Heermann, § 52 Rn. 325 und Rn. 373; Burgard, Gestaltungsfreiheit, S. 173; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 56 f.; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 126 f. 92 Assmann/Sethe, FS Lutter, 2000, S. 251, 278. 93 Schürnbrand, Organschaft, S. 167: Diese Sichtweise nehme dem Begriff des Gruppenorgans seine eigentliche Sprengkraft.

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Unzulässigkeit solcher Gruppenorgane aus.94 Gegen deren Zulässigkeit, auch bei gleichzeitiger Bindung an das Gesellschaftsinteresse, spricht zunächst die Funktion eines Gesellschaftsorgans. Wie bereits festgestellt, besteht die Funktion eines Organs darin, die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft herzustellen. Diese Funktion übernimmt das Organ aufgrund der entsprechenden Ermächtigung durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag. Letzterer repräsentiert dabei den Willen der Gesellschaft im Sinne der Gesamtheit der Gesellschafter und nicht etwa einzelner Gesellschafter.95 Es wird in diesem Zusammenhang auch davon gesprochen, dass die Gesellschafterversammlung durch die entsprechende Satzungsbestimmung ihre Aufgaben „delegiere“, mit der Folge, dass das Organ die Aufgaben der Gesamtheit der Gesellschafter als Treuhänder wahrnehme. Infolge dieser Funktionsübertragung bestehe daher eine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und eine Bindung allein an deren Interessen.96 Neben diesem funktionalen Argument wird auch auf den Zweck der Anerkennung privatrechtlicher Personenvereinigung abgestellt. Die Anerkennung erfolge nur als Zweckverband. Alle Bereiche eines Verbandes dürften daher allein an diesen überindividuellen Zweck des Verbandes gebunden sein.97 Auch eine Haftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft erscheint undenkbar, wenn das Organ, als der Bezugspunkt der Pflichten der Organwalter, nicht an die Interessen der Gesellschaft gebunden ist.98 Umgekehrt wäre in diesen Fällen auch die Rechtsfolge des § 31 BGB nicht nachvollziehbar.99 Sofern daher ein Gremium nicht allein dem Interesse der Gesellschaft verpflichtet ist, sondern darüber hinaus einzelnen oder Gruppen von Gesellschaftern, handelt es sich um kein Organ der Gesellschaft, sondern einen Gesellschafterausschuss. Ob ein Gesellschafterausschuss oder ein Organ gewollt ist, ist dabei im Wege der Auslegung zu ermitteln. Im Zweifel soll es sich aber bei einem als „Aufsichtsrat“ bezeichnetem Gremium um ein Organ der Gesellschaft handeln.100 Dasselbe gilt für die Ausgestaltung in Anlehnung an die Vorschriften des aktienrechtlichen Aufsichtsrats sowie die Einräumung von weitgehenden Kontrollrechten und Zustimmungsvorbehalten.101 Auch die Wahl der Organmitglieder lediglich durch eine Gruppe von Ge94 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 168 ff.; Hüffer, ZGR 1980, 320, 321 f.; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 21; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 55 f.; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 70 Fn. 41; Verhoeven, BB 1978, 335; Schneider, DB 1973, 953, 954 f.; Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 635 f. Fn. 20. 95 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 168; so auch für Publikumspersonengesellschaften: Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 55 f. 96 Vgl. Verhoeven, BB 1978, 335. 97 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 169. 98 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 169. 99 So Schürnbrand, Organschaft, S. 169. 100 So Schürnbrand, Organschaft, S. 170; so auch BGH NJW 1985, 1900 für einen „Beirat der Gesellschaft“. 101 So Schürnbrand, Organschaft, S. 170 (Fn. 122: Zu weitgehend sei aber Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 20, der bei Zustimmungsvorbehalten

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sellschaftern oder gar die Entsendung durch Dritte verhindert dabei weder die Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse noch die Organeigenschaft.102 Ein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG, als Organ der Gesellschaft, ist damit immer allein dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet. Eine Bindung an einzelne Gesellschafterinteressen ist nicht zulässig. b) Bindung an Minderheiteninteressen Damit kann auch die Frage, ob ein Organ an die Interessen der Gesellschafterminderheit gebunden werden kann, und damit sein Handeln (allein) an den Interessen der Minderheitsgesellschafter auszurichten hat, verneint werden. Zwar hat auch die Minderheit ein Interesse an der Tätigkeit des Aufsichtsrats. Sie ist selbst in der Regel nicht hinreichend in der Lage, die Geschäftsführung zu überwachen. Gleichwohl sind der Aufsichtsrat und damit auch dessen Mitglieder allein dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet und haben daher ihre Tätigkeiten allein an diesem auszurichten, welches die Interessen aller Gesellschafter und damit auch die der Minderheiten einschließt. Dessenungeachtet besteht ein berechtigtes Vertrauen der Minderheitsgesellschafter, dass der Aufsichtsrat die ihm zugedachten Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. 4. Bindungen des Aufsichtsrats an ein sog. Unternehmensinteresse? Weiter gilt es zu beleuchten, ob der Aufsichtsrat neben der Bindung an das Gesellschaftsinteresse auch an die Interessen der Arbeitnehmer oder gar der Allgemeinheit gebunden ist oder gebunden werden kann. Dies betrifft die Frage, ob die GmbH und damit auch ihre Organe neben dem Gesellschaftsinteresse auch an ein hiervon zu unterscheidendes sog. Unternehmensinteresse103 gebunden sind. Das Unternehmen als solches kann nicht Träger eines Interesses sein. Das Unternehmensinteresse unterscheidet sich daher bereits durch seinen Bezugspunkt vom Gesellschaftsinteresse. Im Fall des Gesellschaftsinteresses ist die Gesellschaft gedachter Träger, also Subjekt des Interesses. Mit dem Unternehmensinteresse soll immer von organschaftlichen Befugnissen ausgeht, da es sich auch um abgeleitete mitgliedschaftliche Sonderrechte handeln könne.) 102 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 170; zur Entsendung siehe auch im 5. Teil, E. I. 103 Erstmals aufgekommen ist der Begriff des Unternehmensinteresses im Zusammenhang mit dem Begriff des „Unternehmens an sich“, hierzu erstmals Haußmann, Vom Aktienwesen und vom Aktienrecht, 1928, S. 27 ff., der sich auf Rathenau, Vom Aktienwesen, 1918, bezieht, welcher allerdings den Begriff nicht verwendet; krit. etwa Nußbaum, Beiträge zum Wirtschaftsrecht, Bd. II, 1931, S. 492, 500 ff. Erneut angeheizt wurde die Diskussion durch die Einführung des Mitbestimmungsrechts im Jahr 1976, vgl. dazu etwa Reuter, AcP 179 (1979), 509 ff. In jüngerer Zeit wurden dann die von den Gesellschaftsorganen zu beachtenden Interessen unter dem Begriff der stakeholder-Interessen diskutiert, dazu etwa Mülbert, ZGR 1997, 129 ff.

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hingegen zunächst dargestellt werden, wer ein Interesse an dem Unternehmen hat. Das Unternehmen ist Objekt des Interesses.104 Es wird daher auch als die Interessen Dritter am Erhalt des Unternehmens verstanden.105 Die herrschende Meinung bleibt hierbei nicht stehen, sondern geht davon aus, dass es sich bei dem Unternehmensinteresse um Interessen handele, die von den Gesellschaftsorganen zu beachten seien. Die Interessen der durch das Unternehmen betroffenen Gruppen werden zu einer eigenständigen Größe zusammengefasst, an welche die Gesellschaftsorgane gebunden seien.106 Inhaltlich seien dabei nicht nur die Interessen der Gesellschafter zu beachten, sondern es sollen auch sonstige Interessen von der wirtschaftlichen Unternehmung Betroffener erfasst werden, wie etwa die Interessen der Arbeitnehmer oder der Allgemeinheit.107 Für die GmbH wird einschränkend angenommen, dass die Gesellschafter eine abweichende Definition des Unternehmensinteresses vornehmen könnten.108 a) Unternehmensinteresse in der Aktiengesellschaft Nach der herrschenden Literaturmeinung sollen Vorstand und Aufsichtsrat verpflichtet sein, die mitunter gegenläufigen Interessen von Aktionären, Arbeitnehmern und des Gemeinwohls, ohne Vorrang einer Gruppe, zu einem Ausgleich zu bringen.109 Der Bundesgerichtshof verwendet sowohl den Begriff des Unternehmens- als auch den des Gesellschaftsinteresses, ohne jeweils auf deren Inhalt genauer einzu104

Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 72. So z. B. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 20 („das volkswirtschaftliche Interesse am Erhalt von Unternehmen“); Schilling, ZHR 144 (1980), 136, 144; Hölters, BB 1978, 640, 641; Schall, Organzuständigkeiten in der mitbestimmten GmbH, S. 74; so wohl auch Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2565. 106 Für die Aktiengesellschaft Hüffer/Koch, § 76 Rn. 28 ff. m.w.N.; MünchKommAktG/ Spindler, Vor § 76 Rn. 51; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 14 Rn. 14 (S. 148); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 II 1 a) (S. 805 f.); Lutter/Krieger/Verse, Rn. 893; Hoffmann/Preu, Aufsichtsrat, Rn. 108; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 923; Wellhöfer/Peltzer/Müller, Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer, § 11 Rn. 10; für die GmbH und dabei speziell den Geschäftsführer: Scholz/Uwe H. Schneider, § 43 Rn. 64 f.; Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 71a. 107 Für die Aktiengesellschaft etwa Hüffer/Koch, § 76 Rn. 28; für die GmbH etwa Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 71a. Nach Scholz/Uwe H. Schneider, § 43 Rn. 67 sind nur die Interessen der Arbeitnehmer zu beachten, nicht die der Allgemeinheit. 108 Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 71a. 109 Vgl. statt vieler MünchKommAktG/Spindler, Vor § 76 Rn. 51; Hüffer/Koch, AktG, § 76 Rn. 28 ff., 33; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 14 Rn. 14 (S. 148); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 II 1 a) (S. 805 f.); Lutter/Krieger/Verse, Rn. 893; Hoffmann/Preu, Aufsichtsrat, Rn. 108; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, Rn. 923; Wellhöfer/Peltzer/ Müller, Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer, § 11 Rn. 10. Auch nach dem sog. Shareholder-Value-Konzept sollen sowohl die Interessen der Aktionäre als auch die der Arbeitnehmer, der Gläubiger und der Öffentlichkeit zu beachten sein, wobei allerdings ersteren Interessen den Vorrang vor denen der Stakeholder zukommen soll, vgl. Ulmer, AcP 202 (2002), 143, 155. 105

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gehen, scheint dabei allerdings auch von einer interessendualistischen Sicht auszugehen.110 Ein Hinweis auf die Bindung auch an gesellschaftsexterne Interessen findet sich in § 70 Abs. 1 AktG 1937. Nach dieser nationalsozialistisch geprägten Gemeinwohlklausel hatte der Vorstand „unter eigener Verantwortung die Gesellschaft so zu leiten, wie das Wohl des Betriebs und der Gefolgschaft und der gemeine Nutzen von Volk und Reich es fordern.“111 Zwar wurde diese Formulierung nicht in § 76 Abs. 1 AktG 1965 übernommen. Dort heißt es lediglich: „Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten.“ Für deren Weitergeltung kann auf den ersten Blick aber die Begründung des Regierungsentwurfs herangezogen werden, in der es heißt, dass es sich von selbst verstehe, dass der Vorstand bei seinen Maßnahmen die Belange der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit zu berücksichtigen habe; dies brauche deshalb nicht ausdrücklich im Gesetz bestimmt zu werden.112 Auch bei den Beratungen im Rechts- und Wirtschaftsausschuss wurde vorgebracht, dass es in einem sozialen Rechtsstaat selbstverständlich sei, dass die Belange der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit berücksichtigt werden müssten.113 Daher wird angeführt, dass durch die terminologische Änderung nichts Grundlegendes an der auch Belegschaft und Öffentlichkeit umfassenden Unternehmenszielbestimmung geändert werden sollte.114 Jedoch heißt es im Ausschussbericht hinsichtlich einer Beibehaltung der Gemeinwohlklausel weiter, die „Vorschrift habe keine rechtliche Substanz und keine selbstständige Bedeutung“. Bei einer Aufnahme in den Gesetzestext wurde die Gefahr gesehen, dass ihr dennoch eine rechtliche Bedeutung zugemessen würde.115 Aus den Gesetzgebungsmaterialien kann daher gerade nicht der Schluss auf eine Bindung des Vorstands an die Interessen der Arbeitnehmer und das Gemeinwohl gezogen werden.116

110 Vgl. etwa BGH NJW 2006, 522, 523; NJW 2002, 1585, 1587; NJW 1989, 2683; NJW 1989, 979, 982; NJW 1975, 1412 f. 111 RGBl. I S. 107, 120. 112 Begr. RegE zum Aktiengesetz 1965, zitiert nach Kropff/Thölke, AktG 1965, S. 97. 113 Ausschussbericht, zitiert nach Kropff/Thölke, AktG 1965, S. 97 f.; hierauf verweist auch MünchKommAktG/Spindler, 3. Aufl. 2008, § 76 Rn. 65. 114 So Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 34, mit Hinweis auf die damalige h.M.; ebenso: Schall, Organzuständigkeit in der mitbestimmten GmbH, S. 73, mit dem Hinweis, dass sich diese Vorstellung des Gesetzgebers auch auf die GmbH übertragen lasse; Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 352 f.; Schilling, FS Geßler, 1971, S. 159, 168 f.; Kübler/Assmann GesR § 14 III 2 e (S. 182); dagegen aber: Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 276; Mülbert, ZGR 1997, 129, 148; Birke, Formalziel, S. 169 ff. 115 Ausschussbericht, zitiert nach Kropff/Thölke, AktG 1965, S. 98. 116 So bereits Rittner, FS Geßler, 1971, S. 139, 142 ff. („So deutlich wie im ersatzlosen Streichen einer Rechtsnorm (oder eines Rechtsnormteils) kann der Gesetzgeber seinen Willen zur Änderung nicht manifestieren.“); so auch Mülbert, ZGR 1997, 129, 148; Paefgen, Unternehmerische Entscheidung und Rechtsbindung, S. 46 ff.; im Ergebnis ebenso Spindler/Stilz/ Fleischer, § 76 Rn. 23: Der Wille des historischen Gesetzgebers sei im Zeitablauf verblasst.

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Für eine solche Bindung wird zudem die Regelung des § 93 Abs. 5 AktG angeführt, wonach der Vorstand durch einen Hauptversammlungsbeschluss im Verhältnis zu den Gläubigern nicht von seiner Ersatzpflicht befreit wird.117 Da auch für die Haftung des Aufsichtsrats in vollem Umfang auf die Vorstandshaftung verwiesen wird, soll § 93 Abs. 5 AktG auf den Aufsichtsrat ausstrahlen, sodass auch er die Interessen der Arbeitsnehmer und des Gemeinwohls zu beachten habe.118 Auch organisationsrechtliche Gründe sprächen für einen Gleichlauf der Bindungen von Kontroll- und Exekutivorgan.119 Die Bindung des Vorstands und damit auch des Aufsichtsrats an ein Unternehmensinteresse wird jedoch zutreffend zunehmend bestritten.120 Zuvörderst spricht gegen eine solche Bindung deren fehlende gesetzliche Verankerung. Eine Bindung an andere Interessen als die der Gesellschaft selbst ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Wie gezeigt wurde, ergibt sich auch aus der Entwicklung des § 76 AktG nichts Gegenteiliges. Gegen eine Bindung an die Interessen insbesondere der Arbeitnehmer wird zutreffend weiter die Einführung des MitbestG im Jahr 1976 angeführt. Deren wesentliches Ziel war es, durch Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat ein Gegengewicht zur reinen Beachtung der Anteilseignerinteressen durch den Vorstand zu schaffen. Eines solchen Vorgehens hätte es nicht bedurft, wäre der Vorstand bereits zuvor an die Interessen der Arbeitnehmer gebunden gewesen.121 Die Interessen Dritter werden bereits sachgerecht durch andere Rechtsgebiete geschützt würden, wie dem Arbeitsrecht und auch dem öffentlichen Recht, aus welchen sich ebenfalls eine Bindung des Vorstands ergibt.122 Zutreffend wird auch die Unbestimmtheit des Begriffs des Unternehmensinteresses ins Feld geführt: Weder dessen Träger noch dessen Inhalte lassen sich konkret bestimmen.123 Der Begriff sei 117

So Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 35; krit. aber Klöhn, ZGR 2008, 110, 133, der die prozessuale Funktion des § 93 Abs. 5 AktG betont. 118 Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 35 f. 119 Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 36. 120 MünchKommAktG/Spindler, § 76 Rn. 66; Mülbert, ZGR 1997, 129, 147 ff.; Wiedemann, ZGR 2011, 183, 195 f.; ders., ZGR 1975, 385, 425; Zöllner, AG 2003, 2, 7 f.; Habersack/ Schürnbrand, in: Aktienrecht im Wandel, Bd. I, (Modernisierung des Aktienrechts von 1965), S. 889, 940 f. Rn. 75; Ulmer, AcP 202 (2002), 143, 157 f. (beide Konzeptionen möglich); Liebmann, DJZ Bd. 15 (1910), Sp. 675, 680; ebenfalls in diese Richtung tendierend: Spindler/ Stilz/Fleischer, § 76 Rn. 37 f. 121 So Ulmer, AcP 202 (2002), 143, 158. Andere versuche gerade mit der Einführung des MitbestG die Bindung der Organe auch an weitere Interessen zu begründen (so etwa Raiser, FS R. Schmidt, 1976, S. 101, 114 ff.). Eine solche Begründung vermag aber die Bindung an andere Interessen, insbesondere der Allgemeinheit nicht erklären, worauf auf MünchKommAktG/ Spindler, § 76 Rn. 65 hinweist. Zudem ist nicht klar, warum sich aus der Einführung eines Spezialgesetzes Bindungen auch über dessen Anwendungsbereich hinaus ergeben sollen. 122 So auch Ulmer, AcP 202 (2002), 143, 157 f. 123 Zöllner, AG 2003, 2, 7 f.; Birke, Formalziel, S. 161 f.; so aber auch Hüffer/Koch, § 76 Rn. 36; MünchKommAktG/Spindler, § 76 Rn. 64; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 11 III 2 b) (S. 626).

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umgekehrt eher dazu geeignet, die Verantwortung des Vorstands aufzulösen.124 Das Unternehmen scheidet schon mangels Rechtsfähigkeit als Träger eines Interesses aus.125 Es fehlt an einem Unternehmenszweck, an welchem sich das Unternehmensinteresse messen lassen könnte, denn dem Unternehmen wird sein Zweck durch seinen „Organisator“, also den Unternehmensträger gegeben, und dieser Zweck ist bei Gesellschaften als Unternehmensträger deren Gesellschaftszweck.126 Auch aus der historischen Funktion des Aufsichtsrats, Anleger und Gläubiger zu schützen,127 folgt lediglich die Pflicht des Aufsichtsrats, die Anleger vor Schaden zu bewahren. Gegenüber den Gläubigern und damit auch den Arbeitnehmern besteht keine solche Pflicht. Der Aufsichtsrat ist zwar auch im Interesse der Gläubiger tätig, allerdings indem er seine Kontrollfunktion gegenüber dem Vorstand erfüllt. Hierdurch verhindert er mittelbar auch, dass jener durch sein Verhalten die Haftungsgrundlage der Gläubiger schmälert und damit neben der Gesellschaft auch deren Gläubiger schädigt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Aufsichtsrat konkrete Gläubigerinteressen zu beachten hat, sondern nur, dass auch die Gläubiger ein Interesse an der Beachtung des Gesellschaftsinteressen durch den Aufsichtsrat haben.128 Soweit sich eine Definition des Unternehmensinteresses in Ziffer 4.1.1. des Deutschen Corporate Governance Kodex129 findet, soll hierdurch keine normative Aussage bezweckt worden sein, zumal die Regierungskommission Corporate Governance hierzu auch nicht legitimiert ist.130 b) Unternehmensinteresse in der GmbH Für die GmbH ist die Meinungslage vielfältig. So wird teilweise von einem interessenmonistischen Modell ausgegangen, allerdings mitunter in dem Sinne, dass den Gesellschafterinteressen Vorrang zukomme.131 Andere sprechen sich gänzlich 124

Hüffer/Koch, § 76 Rn. 36; MünchKommAktG/Spindler, § 76 Rn. 64; Birke, Formalziel, S. 161 f. 125 So Zöllner, AG 2003, 2, 7 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 11 III 2 b) (S. 626). 126 Ebenso Zöllner, AG 2003, 2, 8. 127 Vgl. dazu bereits 2. Teil, B. II. 2. a) aa). 128 Nach Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 71 f., handelt es sich daher nicht um Gläubigerinteressen im eigentlichen Sinn, sondern um ein „allgemeines Interesse an gesunden Wirtschaftsunternehmen.“ 129 „Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung im Unternehmensinteresse, also unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, seiner Arbeitnehmer und der sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder) mit dem Ziel nachhaltiger Wertschöpfung.“ 130 Vgl. MünchKommAktG/Spindler § 76 Rn. 67. 131 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 43 Rn. 20; Scholz/Uwe H. Schneider, § 43 Rn. 68; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 11 III 2 b) bb) (S. 625 ff.); Flume, Bd. I/2, § 2 VII 3 (S. 61).

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gegen eine Beachtlichkeit anderer Interessen als die der Gesellschafter aus.132 Es finden sich aber auch Befürworter eines interessenpluralistischen Modells im Sinne eines Resultats der Abwägung von shareholder- und stakeholder-Interessen und damit die Annahme einer Bindung nicht nur an die Interessen der Gesellschaft, sondern auch der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit.133 Wiederum andere scheinen das Unternehmensinteresse pauschal mit dem Gesellschaftsinteresse gleichzusetzen.134 Für die GmbH ist einer pluralistischen Konzeption erst recht nicht zu folgen. Diese findet im GmbHG keine Grundlage; insbesondere existiert und existierte keine Gemeinwohlklausel. Zwar war in § 2 des Entwurfs von 1939135 eine entsprechende Klausel enthalten, die allerdings nie Gesetz wurde.136 Hiernach war die Gesellschaft so zu leiten, „wie es das Wohl des Betriebs und seiner Gefolgschaft und der gemeine Nutzen von Volk und Reich es erfordern“. Im Entwurf der amtlichen Begründung heißt es hierzu, dass bei der Rechtsform der GmbH Missstände in Erscheinung getreten seien und sie mehr als andere Rechtsformen zu unlauteren Vermögensverschiebungen und zum Nachteil der Gläubiger missbraucht werde.137 § 2 des Entwurfs entspreche daher § 70 AktG 1937 um klarzustellen, dass die enthaltene Verpflichtung für alle mit der Leitung befassten Verwaltungsorgane verbindlich sei.138 Zwar hat sich auch der Referentenentwurf von 1969 am Entwurf von 1939 orientiert.139 Die Fassung des § 2 ist aber nicht übernommen worden, wie dies auch beim zuvor erlassenen § 76 AktG 1965 der Fall war, welcher sich ebenfalls nicht am Wortlaut des § 70 AktG 1937 orientierte. Auch aus der Sozialbindung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG folgt keine Bindung an die Interessen der Arbeitnehmer oder der Allgemeinheit. So wird zutreffend angeführt, dass zwar verfassungsrechtlich eine 132 MünchKommGmbHG/Fleischer, § 43 Rn. 16 ff.; Roth/Altmeppen, § 43 Rn. 7 (mit Hinweis auf die fehlende Übernahme des § 70 AktG a.F.); Flume, Bd. I/2, § 2 VII 3 (S. 61); Krieger/Schneider/Riegger/Götze, Handbuch Managerhaftung, § 26 Rn. 19; Fleischer, GmbHR 2010, 1307, 1309; Altmeppen, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 7 f. 133 Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 71a; Wellhöfer/Peltzer/Müller, Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer, § 11 Rn. 10. So auch explizit für den fakultativen Aufsichtsrat: Wiedemann/Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 6 Rn. 46 (S. 75 f.), MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 663 (Beachtlichkeit auch der Arbeitnehmerinteressen); so auch Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 38 f.; Keßler, GmbHR 2000, 71, 77. 134 So bei Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 131 (Die Aufsichtsratsmitglieder haben „das Unternehmensinteresse wahrzunehmen“) und Rn. 142; so wohl auch Spindler, ZIP 2011, 689, 696; unklar: Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198. 135 Abgedruckt bei Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 94 ff.; vgl. zum Entwurf von 1939 bereits oben 1. Teil, C. 136 Vgl. zum Grund der fehlenden Umsetzung 1. Teil, C. 137 Abgedruckt bei Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 148. 138 Abgedruckt bei Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 153. 139 Schubert, ZHR Beiheft 58 (1985), Entwurf des GmbHG 1939, S. 90 f.; Fleischer, GmbHR 2010, 1307, 1309.

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– nicht unbestrittene140 – Gemeinwohlbindung des Eigentums bestehe, welche wiederum umso größer sei, je gewichtiger das von der GmbH betriebene Unternehmen für die Volkswirtschaft sei. Jedoch ergebe sich hieraus kein „Umschlag des Gesellschafts- auf ein Unternehmensinteresse“141, denn die dem zugrunde gelegte Bedeutung des einzelnen Unternehmens für die Volkswirtschaft treffe auf eine „Durchschnitts“-GmbH, anders als auf eine Aktiengesellschaft, regelmäßig nicht zu.142 Zudem schreibt die Verfassung kein konkretes wirtschaftspolitisches System vor.143 Aus der Haftung der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG für den Fall, dass diese in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, folgt ebenfalls nicht anderes. Zwar ergeben sich hieraus im Gläubigerinteresse bestehende Grenzen der Weisungsbindung. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass die Geschäftsführer die Interessen Dritter zu beachten hätten.144 Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass auch die Interessen Dritter, wie die der Arbeitsnehmer oder allgemein des Rechtsverkehrs, gesetzlich geschützt werden. Ein Schutz pauschal durch das Gesellschaftsrecht findet aber nicht statt. Der Schutz erfolgt primär nach den hierfür speziell zuständigen Rechtsgebieten, wie dem Arbeits- und Insolvenzrecht. Die Gesellschaftsorgane müssen die Interessen Dritter nur bei Bestehen einer gesetzlichen Verpflichtung hierzu beachten. Dies wird allerdings abgeschwächt, da die Beachtung von Gemeinwohlbelangen nicht zwingend konträr zum Gesellschaftsinteresse verläuft. Jede Gesellschaft bewegt sich in einem sozialen Kontext. Die Erwartungen an das Handeln ihrer Organe werden daher nicht nur von rechtlichen Anforderungen geprägt, sondern auch von gesellschaftlichen Erwartungen. Gesellschaftsorgane handeln regelmäßig nicht pflichtwidrig, wenn etwa Spenden für sozialnützige Zwecke allein aus Sozialadäquanz erbracht werden, da davon auszugehen ist, dass solange die Erwirtschaftung eines angemessenen Gewinns nicht in Gefahr ist, dies die sozialen Erwartungen des Rechtsverkehrs erfüllt und damit das allgemeine Ansehen des Unternehmens steigert, was ebenfalls im Gesellschaftsinteresse liegt.145 Dasselbe gilt für ein Handeln im Arbeitnehmerin140 Vgl. etwa Krieger/Schneider/Riegger/Götze, Handbuch Managerhaftung, § 26 Rn. 19; Birke, Formalziel, S. 192 ff.; jeweils mit Nachweisen aus dem verfassungsrechtlichen Schrifttum. 141 Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 43. 142 Vgl. MünchKommGmbHG/Fleischer, § 43 Rn. 17; ders., GmbHR 2010, 1307, 1309; Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 43. 143 Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 167; Mülbert, ZGR 1997, 129, 149 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG. Art. 14 Abs. 2 GG kann damit auch nicht für eine Bindung der Organe der Aktiengesellschaft herangezogen werden, vgl. dazu auch Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen und Rechtsbindung, S. 53 ff.; a.A. aber etwa MünchKommAktG/Spindler, § 76 Rn. 62. 144 So bereits MünchKommGmbHG/Fleischer, § 43 Rn. 18; ders., GmbHR 2010, 1307, 1309; zweifelnd aber Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 43. 145 So etwa Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 43 Rn. 21; Krieger/Schneider/Riegger/ Götze, Handbuch Managerhaftung, § 26 Rn. 22 f.

E. Anforderungen an die Mitglieder eines Gesellschaftsorgans

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teresse, welches in der Regel auch Auswirkungen auf die Arbeitsleistung hat und damit auch im Interesse der Gesellschaft liegen kann. Eine Verpflichtung des Aufsichtsrats, die Interessen der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit zu beachten, besteht allerdings nicht. Dies bedeutet allerdings nicht, dass kein berechtigtes Interesse des Rechtsverkehrs an der Bindung der Gesellschaftsorgane an das Gesellschaftsinteresse bestehen könne.

E. Schranken aufgrund (gesetzlicher) Anforderungen an die Mitglieder eines Gesellschaftsorgans Im Folgenden ist zu untersuchen, ob aus der Stellung der Aufsichtsratsmitglieder als Mitglieder eines Gesellschaftsorgans Schranken der Gestaltungsfreiheit resultieren. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist diesbezüglich auf § 100 Abs. 1 S. 1 AktG. Es könnte sich hierbei um zwingende Anforderungen an einen Organwalter in der GmbH handeln und damit die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter einschränken.

I. Juristische Personen als Organmitglieder? In den aktienrechtlichen Aufsichtsrat können gem. § 100 Abs. 1 S. 1 AktG nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen bestellt werden. Eine entsprechende Regelung findet sich in § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG für den Geschäftsführer der GmbH. Damit stellt sich die Frage, ob in den fakultativen Aufsichtsrat der GmbH abweichend hiervon auch juristische Personen bestellt werden können. Die Abdingbarkeit des § 100 Abs. 1 S. 1 AktG ist in der Literatur umstritten.146 Ein Bedürfnis der Gesellschafter, durch die unmittelbare Bestellung etwa einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft das Fachwissen der Aufsichtsratsmitglieder zu 146 Für eine zwingende Geltung: Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1191; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 30; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 11; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 22; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 12; Hachenburg/ Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 30; Ensthaler/Füller/Schmidt, § 52 Rn. 12; Schürnbrand, Organschaft, S. 240 f.; für den Beirat: Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 136; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 33; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 109; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 80 f.; Kort, AG 2008, 137, 141; Konow, JR 1966, 165, 166. Für Abdingbarkeit: MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 135; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 254; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 34; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 56 (anders aber in Rn. 58 für die Geschäftsfähigkeit); Wicke, § 52 Rn. 4; Wasmann, Juristische Personen als gekorene Organmitglieder, S. 71 ff.; Härer, Beirat in der GmbH, S. 173 f.; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 496; Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 29.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

gewährleisten, ist nicht von der Hand zu weisen. Dies dürfte auch für die bestellte juristische Person praktikabler sein, als die bindende Bestellung konkreter natürlicher Personen, wie etwa die Geschäftsführer solcher Prüfungsgesellschaften. Entscheidend für die Zulässigkeit der Bestellung juristischer Personen zu Aufsichtsratsmitgliedern ist, ob ein berechtigtes Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Mitgliedschaft allein natürlicher Personen im fakultativen Aufsichtsrat besteht. Dies richtet sich danach, ob für eine effektive Aufgabenwahrnehmung und dabei insbesondere der Überwachungsaufgabe die Wahrnehmung durch eine natürliche Person erforderlich ist. Zwar wird für die Zulässigkeit juristischer Personen als Aufsichtsratsmitglieder vorgebracht, dass diese natürlichen Personen im Wirtschaftsleben funktional gleichstünden; zudem müsse sich die juristische Person das Fehlverhalten ihrer Organmitglieder nach § 31 BGB zurechnen lassen, sodass keine Haftungslücken entstünden.147 Jedoch zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass gerade nicht von einer Gleichwertigkeit auszugehen ist. Bereits die Gesetzesbegründung zu § 100 Abs. 1 AktG geht darauf ein, dass die Überwachungspflicht die persönliche Tätigkeit verantwortlicher Personen voraussetze,148 und stellt damit auch auf die Verantwortlichkeit gerade der Aufsichtsratsmitglieder ab. Das Aktienrecht geht damit vom Leitbild einer persönlichen Tätigkeit durch ein persönlich haftendes Aufsichtsratsmitglied aus.149 Denn erst durch die Zuordnung persönlicher Verantwortlichkeit wird das Bedürfnis nach effizienter Kontrolle befriedigt. Zwar ist richtig, dass sich juristische Personen das Verhalten ihrer Organe und deren Mitglieder zurechnen lassen müssen, daher eine Haftung bei Fehlverhalten etwa deren Geschäftsführer im Rahmen der Aufsichtsratstätigkeit in Betracht kommen würde. Jedoch erfolgt die erforderliche Rückbindung gerade auch durch die Möglichkeit der persönlichen Haftung des persönlich Tätigen. Nur so kann eine präventive Disziplinierung erfolgen, welche neben der Möglichkeit der Abberufung entscheidend für die Gewährleistung der Bindung an das Gesellschaftsinteresse und damit auch der Verbandsautonomie ist. Zudem ist eine juristische Person ihrerseits einem stetigen Wechsel der Organmitglieder unterworfen.150 Diese Gefahr wird wohl auch von der Gegenansicht erkannt, die teilweise einschränkend verlangt, dass ein dauerhafter Vertreter in den Aufsichtsrat zu delegieren sei.151 Keine Rückschlüsse auf die Zulässigkeit der Ausübung der Kontrolltätigkeit durch juristische Personen als Aufsichtsratsmitglieder erlaubt die Zulässigkeit juristischer Personen als Gesellschafter und damit die Kontrolle durch diese im Rahmen der Kontrolltätigkeit der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 6

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Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 496 f. Begr. zu § 100 RegE AktG 1965, zitiert nach Kropff/Thölke, AktG 1965, S. 135. 149 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 241. 150 So gegen eine Mitgliedschaft juristischer Personen im Beirat: Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 33; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 80. 151 Vgl. Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 56. 148

E. Anforderungen an die Mitglieder eines Gesellschaftsorgans

161

GmbHG.152 Aufgrund der besonderen Stellung der Gesellschafterversammlung als Organ mit zwingend sowohl mitgliedschaftlich als auch organschaftlich gebundenen Mitgliedern können keine Schlussfolgerungen für rein organschaftlich gebundene Organmitglieder gezogen werden. Letztere tragen gerade nicht das wirtschaftliche Risiko und sind allein durch das Gesellschaftsinteresse gebunden und unterliegen daher weitergehenden Beschränkungen. Zudem entsteht nur bei natürlichen Personen als Organmitgliedern aufgrund der eindeutigen Identifikation des tatsächlich Handelnden eine transparente Organisationsverfassung.153 Hierfür spricht auch das Publizitätserfordernis des § 52 Abs. 3 GmbHG. Die Liste der Aufsichtsratsmitglieder, welche auch Angaben zum Beruf der persönlich Tätigen zu enthalten hat, soll gerade die persönlich Verantwortlichen offenegen, ohne die Notwendigkeit weiterer Nachforschungen. Daher wird auch vorgebracht, dass solange das geltende Recht keinen Mechanismus zur Bewältigung der Folgeprobleme mittelbarer Organschaft bereithalte, eine solche zumindest für den fakultativen Aufsichtsrat unzulässig sei, wobei speziell auf die fehlende persönliche Haftung des tatsächlich Agierenden abgestellt wird sowie die Möglichkeit, dessen jederzeitigen Austausch zu verhindern.154 Weiter gilt es zu klären, ob es sich bei der Frage der Bestellung juristischer Personen um eine rein aufsichtsratsspezifische Problemstellung handelt und diese damit die Abgrenzung eines Aufsichtsrats von einem sonstigen Organ betrifft, oder ob bereits per se die Organmitgliedschaft juristischer Personen in den Organen einer GmbH ausgeschlossen ist. In letzterem Fall wäre eine entsprechende Regelung bereits nicht von der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter umfasst und nicht nur Anwendungsvoraussetzung für einen Aufsichtsrat, sodass auch für ein sonstiges Zusatzorgan die Bestellung allein natürlicher Personen als Organmitgliedern zu verlangen wäre. Gegen die Unzulässigkeit juristischer Personen als Organwalter in der GmbH wird vorgebracht, dass bereits der Vergleich mit anderen Organen zeige, dass eine solche Gestaltung nicht grundsätzlich ausgeschlossen sei. So könnten etwa die Gesellschafter, als Mitglieder der Gesellschafterversammlung, juristische Personen sein.155 Zwar kann aufgrund der Sonderstellung der Gesellschafter, als auch mitgliedschaftlich gebundene und berechtigte Selbstorganwalter, nicht auf die prinzipielle Zulässigkeit juristischer Personen als Organwalter geschlossen werden. Jedoch soll auch die Möglichkeit der Beteiligung juristischer Personen als Abschlussprüfer156 – welche von der Rechtsprechung und Teilen der Literatur als Organ 152

So aber Wasmann, Juristische Personen als gekorene Organmitglieder, S. 79; Härer, Beirat in der GmbH, S. 173 ff. (für den Beirat, der seine Stellung von der Gesellschafterversammlung ableite, sodass für diesen nichts anderes gelten könne). 153 So Schürnbrand, Organschaft, S. 241, für den Geschäftsführer in Kapitalgesellschaften. 154 So Schürnbrand, Organschaft, S. 242. 155 Dazu Schürnbrand, Organschaft, S. 235. 156 Vgl. § 319 Abs. 1 S. 1 HGB.

162

4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

qualifiziert werden157 – und Liquidatoren158 zeigen, dass die Organmitgliedschaft juristischer Personen im Kapitalgesellschaftsrecht nicht systemfremd sei.159 In beiden Fällen handelt es sich um vor allem zum Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter bestehende Gremien. Es sind keine ständigen Organe der Gesellschaft, sondern nur in besonderen Fällen zu bestellen: der Abschlussprüfer nur zur Prüfung des Jahresabschlusses, der Liquidator nur im Fall der Liquidation. Daher erscheint bereits fraglich, ob aus der Zulässigkeit in diesen Fällen auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden kann oder ob sich hieraus nicht gerade deren Ausnahmecharakter ergibt. Auch in der Literatur wird gegen die Abbedingung des § 100 Abs. 1 AktG vorgebracht, es handele sich um einen allgemeinen Grundsatz des Körperschaftsrechts,160 welcher damit die Nichtigkeit einer gegenteiligen Regelung zur Folge hat. Entscheidend ist, dass allein die Beteiligung natürlicher Personen die nötige persönliche und auch strafrechtliche Verantwortlichkeit gerade des tatsächlich Handelnden gewährleistet.161 Dies stellt wiederum infolge der drohenden persönlichen Haftung die erforderliche Bindung des Organs und seiner Mitglieder allein an das Gesellschaftsinteresse sicher. Daher wird zu Recht vorgebracht, dass es nicht hinnehmbar sei, wenn de facto wechselnde Personen die Tätigkeit des Organs wahrnähmen, wie dies bei der Wahrnehmung der Aufgabe durch eine juristische Person mit ihrerseits immer wechselnden Organmitgliedern der Fall sei,162 sodass zumindest im Fall eines ständigen Organs grundsätzlich von der zwingenden Besetzung mit natürlichen Personen auszugehen ist. Die Annahme eines allgemeinen kapitalgesellschaftlichen Grundsatzes hat wiederum zur Folge, dass es sich nicht lediglich um eine Anwendungsvoraussetzung für die Einordnung eines Organs als Aufsichtsrat handelt, sondern eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht zulässig ist.163 Es handelt sich damit um eine materielle Schranke der Dispositionsfreiheit: Die Errichtung eines Organs unter Abbedingung des § 100 Abs. 1 S. 1 AktG ist nicht möglich, eine entgegenstehende Bestimmung des Gesellschaftsvertrags ist entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig. 157 BGHZ 16, 17, 25; einschränkend BGHZ 76, 338, 342 (Stellung „wie ein Gesellschaftsorgan“); vgl. dazu Schürnbrand, Organschaft, S. 214 ff m.w.N. zur den gegenläufigen Ansichten in der Literatur (dort S. 214 Fn. 60 sowie S. 215 Fn. 63). 158 Vgl. § 265 Abs. 2 S. 3 AktG. Für die GmbH ergibt sich dies nach der h.M. aus § 66 Abs. 4 GmbHG, der nur auf § 6 Abs. 2 S. 2 und 3 GmbHG und gerade nicht auf § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG verweist, vgl. dazu etwa: Schürnbrand, Organschaft, S. 236; MünchKommGmbHG/ H.-F. Müller, § 66 Rn. 8 m.w.N.; Baumbach/Hueck/Hass, § 66 Rn. 6 m.w.N. 159 Vgl. dazu Schürbrand, Organschaft, S. 235 f. 160 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 30; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 30. 161 So für den Beirat: Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 136; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 80; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 109. 162 Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 33; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 80. 163 A.A. Konow, JR 1966, 165, 166, der davon ausgeht, dass es sich in diesem Fall um einen Beirat handele.

E. Anforderungen an die Mitglieder eines Gesellschaftsorgans

163

Die Wahl einer juristischen Person in den Aufsichtsrat ist ebenfalls analog § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG nichtig.

II. Beschränkt geschäftsfähige Aufsichtsratsmitglieder? § 100 Abs. 1 S. 1 AktG schränkt die Wahl zulässiger Aufsichtsratsmitglieder weiter auf unbeschränkt geschäftsfähige Personen ein. § 100 Abs. 1 S. 2 AktG enthält einen Ausschluss für Betreute, die bei der Besorgung ihrer Vermögensangelegenheiten einem Einwilligungsvorbehalt unterliegen. Die Abdingbarkeit dieser Regelungen ist umstritten. Großteils wird zu Recht von deren zwingenden Geltung ausgegangen.164 Andere gehen von der Zulässigkeit der Bestellung beschränkt geschäftsfähiger Aufsichtsratsmitgliedern aus, für die dann deren gesetzliche Vertreter handeln sollen.165 Für die Unzulässigkeit beschränkt geschäftsfähiger Organmitglieder wird vorgebracht, dies ergebe sich aus der Natur der Sache. Organmitglieder müssten in der Lage sein, rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben.166 Dies verkennt die Möglichkeit der Vertretung167 im Aufsichtsrat. Die Gesetzesbegründung zu § 100 AktG stellt dem gegenüber darauf ab, dass die Pflichten eines Aufsichtsrats so bedeutsam seien, dass diese nicht von einem beschränkt Geschäftsfähigen ausgeübt werden könnten.168 Überzeugend ist, auf die Gewährleistung der persönlichen Verantwortlichkeit abzustellen.169 Bereits die Überlegung, dass ansonsten der beschränkt Geschäftsfähige für das Handeln seines gesetzlichen Vertreters im Aufsichtsrat haften würde, zeigt, dass dessen Organwalterstellung den Prinzipien des Minderjährigenschutzes widersprechen würde.170 Damit kann auch bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ein beschränkt Geschäftsfähiger nicht zum Aufsichtsratsmitglied bestellt werden. Dies gilt ebenso für Betreute.171 Nichts anderes kann für die Mitgliedschaft in einem sonstigen Zusatzorgan gelten. Hier handelt es sich ebenfalls um einen 164

Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1191; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 30; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 11; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 12; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 22; Ensthaler/Füller/Schmidt, § 52 Rn. 12; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 30; Schürnbrand, Organschaft, S. 240 f.; für den Beirat: Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 136 ; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 33; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbHBeiräte, S. 109; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 80 f. 165 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 135; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 34; Wicke, § 52 Rn. 4; Konow, JR 1966, 165, 166. 166 Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 33. 167 Vgl. dazu 5. Teil, B. II. sowie S. 237 Fn. 167. 168 Begr. zu § 100 RegE AktG 1965, zitiert nach Kropff/Thölke, AktG 1965, S. 135. 169 So Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 80; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 109. 170 Vgl. Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 58. 171 So auch Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 58.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

zwingenden Grundsatz, dessen Nichtbeachtung zur Nichtigkeit der betreffenden Regelung im Gesellschaftsvertrag führt.

F. Schranken aufgrund zwingender gesetzlicher Kompetenzverteilung Wie bereits dargestellt, folgt aus der funktionellen Komponente des institutionellfunktionellen Organbegriffs, dass der fakultative Aufsichtsrat zwingend mit Kompetenzen auszustatten ist.172 Damit stellt sich aber auch die Frage, ob hierbei Grenzen der Kompetenzverlagerung auf einen fakultativen Aufsichtsrat bestehen. Im Folgenden ist damit zu klären, welche Kompetenzen, und dabei insbesondere solche, die dem Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft zustehen, auf den fakultativen Aufsichtsrat in der GmbH übertragen werden können. Dabei können nur organschaftliche Kompetenzen übertragen werden. Nicht übertragen werden können die neben den organschaftlichen Kontrollrechten bestehenden Individualrechte der Gesellschafter. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist auf zahlreiche Normen, die dem aktienrechtlichen Aufsichtsrat Kompetenzen zuweisen. Diese können, zumindest zur konkurrierenden Ausübung, unproblematisch auf den fakultativen Aufsichtsrat übertragen werden. Daneben sind weitere Kompetenzen denkbar, die auf einen solchen Aufsichtsrat übertragen werden können. Dabei ist sowohl an Kompetenzen zu denken, die auch einem aktienrechtlichen Aufsichtsrat zustehen können, als auch an solche, die einem Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft nicht zustehen können. Im Folgenden werden dabei vor allem die Überwachungskompetenz, aber auch etwa die Kompetenz zur Feststellung des Jahresabschlusses und die Entscheidung über die Gewinnverwendung, die Personalkompetenz in Bezug auf die Geschäftsführer, die Kompetenz zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber diesen sowie die Übertragung von Geschäftsführungsrechten, auch in Form von Weisungsrechten, beleuchtet. In der „Normal“-GmbH liegen alle wesentlichen Kompetenzen bei der Gesellschafterversammlung. Den Geschäftsführern stehen in eigener Verantwortung nur bestimmte, fest umrissene Kompetenzen zu, wie etwa die Bilanzerstellung, die Vornahme von Handelsregisteranmeldungen, die Einhaltung der Vorschriften zu Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung und die Insolvenzanmeldung. Die Überwachung der Geschäftsführer erfolgt durch die Gesellschafterversammlung. Ihr steht nach § 46 Nr. 6 GmbHG ein umfassendes Kontroll- und Informationsrecht zu. Sie kann den Geschäftsführern Weisungen erteilen. Das Informations- und Auskunftsrecht umfasst auch das Recht auf Berichterstattung durch die Geschäftsführer sowie das Recht, Bücher und sonstige Unterlagen einzusehen und Zustimmungsvorbehalte vorzusehen. Zudem bestellt und entlässt die Gesellschafterversammlung die Ge172

Siehe 4. Teil, D. II. 1.

F. Schranken aufgrund zwingender gesetzlicher Kompetenzverteilung

165

schäftsführer, § 46 Nr. 5 GmbHG, stellt den Jahresabschluss fest, § 46 Nr. 1 GmbHG, und vertritt die Gesellschaft in Prozessen gegen die Geschäftsführer, § 46 Nr. 8 GmbHG. Neben der Gesellschafterversammlung stehen aber auch den einzelnen Gesellschaftern Informations- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG zu.173 Die Geschäftsführer haben jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gestatten. Die entsprechenden Kompetenzen der Gesellschafterversammlung, insbesondere die Kontrollfunktionen, übernimmt im Rahmen der dreigliedrigen Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat. Er hat nach § 111 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung zu überwachen, wobei ihm nach § 111 Abs. 2 S. 1 AktG ein Einsichts- und Prüfungsrecht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zusteht. Er erteilt dem Abschlussprüfer den Prüfungsauftrag, § 111 Abs. 2 S. 3 AktG, und ist nach § 111 Abs. 3 AktG verpflichtet die Hauptversammlung einzuberufen, wenn es das Wohl der Gesellschaft verlangt. Er kann nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG die Vornahme bestimmter Geschäfte von seiner Zustimmung abhängig machen. Der Aufsichtsrat vertritt gem. § 112 AktG die Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern, hat den Jahresabschluss zu prüfen, § 171 AktG, und diesen grundsätzlich auch festzustellen, § 172 AktG. Zudem steht ihm nach § 84 AktG die Personalkompetenz in Bezug auf den Vorstand zu. Nach § 15a Abs. 3 InsO sind die Aufsichtsratsmitglieder zur Insolvenzantragsstellung verpflichtet. Im Gegenzug sind in der Aktiengesellschaft auch die Rechte der Hauptversammlung weit weniger ausgeprägt als die der Gesellschafterversammlung der GmbH. Die Hauptversammlung beschließt nach § 119 AktG lediglich über die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder, die Verwendung des Bilanzgewinns, die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, die Bestellung des Abschlussprüfers sowie Satzungsänderungen und Kapitalmaßnahmen, die Bestellung von Sonderprüfern und die Auflösung.174 Daneben bestehen sog. ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten.175 Aber auch die Individualkontrollrechte der Aktionären gem. § 131 AktG sind weniger stark ausgeprägt als die der GmbH-Gesellschafter: So findet zum einen eine inhaltliche Beschränkung auf Auskünfte, die zur sachgerechten Ausübung des Stimmrechts erforderlich sind, sowie eine zeitliche Beschränkung statt.

173

Die Regelung wurde durch die GmbH-Novelle 1980 eingeführt. Außerhalb der Bestimmung bestehen weitere Beschlusszuständigkeiten der Hauptversammlung, wie etwa die Fortsetzung der Gesellschaft nach beschlossener Auflösung gem. § 274 Abs. 1 AktG, die Zustimmung zum Abschluss sowie zur Änderung von Unternehmensverträgen gem. §§ 293 Abs. 1, 295 Abs. 1 AktG, Entscheidungen über ein Squeeze-out gem. § 327a Abs. 1 S. 1 AktG, Verschmelzungen gem. §§ 65 Abs. 1, 73 UmwG, Spaltungsmaßnahmen gem. §§ 125 i.V.m. 65 Abs. 2 UmwG und Rechtsformumwandlungen gem. §§ 226 i.V.m. 193 Abs. 1 UmwG, etc. 175 Vgl. hierzu MünchKommAktG/Kubis, § 119 Rn. 31 ff. 174

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

I. Grenzen der Art der Kompetenzzuweisung: ausschließliche und konkurrierende Kompetenzzuweisung Das Kompetenzgefüge im zweigliedrigen „Normalzustand“ der GmbH ist gekennzeichnet durch die Aufteilung der Kompetenzen und damit der Zuständigkeitsbereiche zwischen der Gesellschafterversammlung und den Geschäftsführern. Durch das Hinzutreten eines fakultativen Aufsichtsrats wird eine Umverteilung der Kompetenzen mit der Folge der Verschiebung der Kompetenzen im Vergleich zum Normalstatut erforderlich. Da die „typischen“ Aufsichtsratskompetenzen in der GmbH, wie gezeigt, der Gesellschafterversammlung zustehen, ist insbesondere eine Umverteilung der Kompetenzen im Verhältnis von Gesellschafterversammlung und neu hinzutretendem Aufsichtsrat erforderlich. In Betracht kommt dabei eine Verlagerung oder eine Verdopplung der Zuständigkeiten durch die Begründung von ausschließlichen oder konkurrierenden Zuständigkeiten. Im Fall der konkurrierenden Kompetenzen bestehen Kompetenzen mehrerer Organe nebeneinander, mit der Folge, dass jedes Organ in eigener Zuständigkeit tätig werden kann. Im Fall einer ausschließlichen Kompetenz besteht hingegen eine exklusive Kompetenz eines Organs, sodass das bisher zuständige Organ aus seinem Zuständigkeitsbereich verdrängt wird. Eine solche Kompetenzverschiebung geht notwendigerweise zu Lasten eines der vorhandenen Organe und damit insbesondere der Gesellschafterversammlung. Aber auch im Fall einer lediglich konkurrierenden Kompetenz wird in die Alleinzuständigkeit des bisher zuständigen Organs eingegriffen. Dies führt zu der Frage, welcher Kompetenzen sich die Gesellschafterversammlung, in welcher Form, zulässigerweise begeben kann. 1. Zulässigkeit einer ausschließlichen Kompetenzzuweisung an den Aufsichtsrat Zunächst gilt es zu klären, ob die Gesellschafterversammlung einem gesetzlich nicht zwingend vorgesehenen Gesellschaftsorgan ausschließliche Kompetenzen zuweisen kann, mit der Folge, dass ein anderes Organ seine Zuständigkeit verliert, und damit insbesondere, ob sich die Gesellschafterversammlung zugunsten des Aufsichtsrats einer Kompetenz vollständig entledigen kann. Gegen die Zulässigkeit der korporativen Begründung ausschließlicher Zuständigkeiten wendet sich Reuter. Er folgert aus der Unzulässigkeit der Erteilung von Vollmachten mit verdrängender Wirkung, dass niemand einen anderen zum Handeln mit verdrängender Wirkung im eigenen Rechtskreis ausstatten und sich somit seiner Rechte endgültig entledigen könne; in der Folge sei auch die gesellschaftsvertragliche Begründung ausschließlicher Zuständigkeiten unzulässig.176 Jedoch ist bereits die Aufgabe der eigenen Handlungsfähigkeit zugunsten eines außenstehenden Dritten nicht mit der Änderung der innergesellschaftlichen Kompetenzverteilung 176

Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 633 f.

F. Schranken aufgrund zwingender gesetzlicher Kompetenzverteilung

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vergleichbar; die Gesellschaft begibt sich ihrer Handlungsfähigkeit nicht durch die Kompetenzzuweisung an eines ihrer Organe, sondern erlangt ihre Handlungsfähigkeit gerade durch diese Zuweisung.177 Schürnbrand gibt aber zu bedenken, dass zwar die Kompetenzzuweisung an Gesellschaftsorgane die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft und nicht die der Gesellschafter betreffe, jedoch diese aufgrund ihrer Allzuständigkeit jede Gesellschaftsangelegenheit an sich ziehen könnten und insoweit, durch die Erteilung einer ausschließlichen Zuständigkeit an ein anderes Organ, dieser Allzuständigkeit verlustig würden. Daher sei wertend zu betrachten, ob die Kompetenzverlagerung der Erteilung einer verdrängenden Vollmacht in Hinblick auf den Schutzzweck des diesbezüglichen Verbots gleichstehe.178 Dieser Schutzzweck wird vereinzelt in der Unterbindung der Selbstentmündigung gesehen.179 Die herrschende Meinung geht jedoch davon aus, das Verbot diene dem in § 137 BGB normierten Grundsatz des „numerus clausus der Formen der Zuordnung von Rechtsgütern“,180 welcher das Auseinanderfallen von Rechtszuständigkeit und Handlungsbefugnis verhindern soll, was für die Kompetenzverteilung innerhalb eines Verbandes nicht entscheidend sein könne.181 Bei der Zuweisung ausschließlicher Kompetenzen handelt es sich um eine bloße Kompetenzverlagerung innerhalb der Gesellschaft. § 137 BGB will nicht den Handelnden schützen, sondern den Rechtsverkehr, der darauf vertrauen können muss, dass jedes rechtsfähige Subjekt selbst Verfügungen vornehmen und Rechtsgeschäfte tätigen kann. Dies ist bei der Gesellschaft aber gerade der Fall. Wer intern zuständig ist, ist für den Rechtsverkehr gerade unerheblich.182 Eine ausschließliche Kompetenzzuweisung ist damit prinzipiell möglich. Die Möglichkeit der Gesellschafterversammlung zur ausschließlichen Kompetenzübertragung bringt gerade die Entscheidungsmacht der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der Ausgestaltung des Aufsichtsrats zur Geltung. Sie hat die Satzungshoheit und kann entscheiden, Kompetenzen vollständig auf ein anderes Organ zu übertragen. Dies stellt keinen Eingriff in die Verbandsautonomie dar, da die Gesellschafterversammlung, ebenso wie sie Kompetenzen auf ein anderes Organ durch Satzungsänderung übertragen kann, diese jederzeit durch Änderung des Gesellschaftsvertrags wieder an sich ziehen kann.183 Das Verbot der Selbstentmündigung, als Ausfluss der Verbandssouveränität, welche verlangt, dass die Gesellschafter stets in der Lage sein müssen, ihre Kompetenzen zurückzugewinnen, ver-

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So Schürnbrand, Organschaft, S. 51; Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 752. Schürnbrand, Organschaft, S. 51 f. 179 So etwa Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 936. 180 Schürnbrand, Organschaft, S. 52; Weber, Außeneinfluss, S. 224 ff.; MünchKommBGB/ Armbrüster, § 137 Rn. 1 ff. m.w.N. 181 Vgl. Weber, Außeneinfluss, S. 310 f.; Schürnbrand, Organschaft, S. 52. 182 Vgl. Weber, Außeneinfluss, S. 310 f. 183 So auch Weber, Außeneinfluss, S. 310 für den Beirat. 178

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

bietet daher keine ausschließliche Kompetenzzuweisung an ein fakultatives Organ.184 Weiter könnte einer ausschließlichen Kompetenzzuweisung an den Aufsichtsrat, infolge der dadurch erfolgten Verdrängung der Gesellschafterversammlung aus den entsprechenden Aufgaben, deren Stellung als „oberstes Gesellschaftsorgan“ entgegenstehen. Als weitere Grenze der Zuständigkeitsverlagerung wird daher angeführt, dass die Stellung der Gesellschafterversammlung als höchstes Organ der Gesellschaft nicht beseitigt werden dürfe.185 Diese Argumentation quasi mit dem Wesen der Gesellschafterversammlung führt aber für sich genommen nicht weiter. Ein solches Kriterium ist zu unscharf und bedarf der Konkretisierung.186 Zwar würde es zu weit gehen, von der vollständigen Übertragbarkeit sämtlicher Kompetenzen der Gesellschafterversammlung auszugehen, solange diese durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags wieder zurückgeholt werden könnten, denn die Grenzen der Übertragbarkeit einzelner Kompetenzen müssen sich aus dem Strukturbild der GmbH ergeben, welches der gesetzlichen Regelung bei wertender Betrachtung zu entnehmen ist.187 Die Frage der Übertragbarkeit kann damit nicht pauschal beantwortet, sondern muss für jede Kompetenz gesondert geprüft werden. 2. Die Folgen der Kompetenzausübung durch den Aufsichtsrat Im Folgenden ist auf die Folgen einer Kompetenzausübung durch den Aufsichtsrat einzugehen, sowohl im Fall von mit der Gesellschafterversammlung konkurrierenden Zuständigkeiten als auch bei ausschließlicher Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Dabei geht es um die Problematik, inwieweit die Gesellschaftsversammlung durch eine Entscheidung des Aufsichtsrats gebunden ist. Dies ist entscheidend für die sich anschließende Fragestellung der Übertragbarkeit der einzelnen Kompetenzen. a) Folgen der Kompetenzausübung bei ausschließlichen Kompetenzen des Aufsichtsrats Sofern der Aufsichtsrat für die Ausübung einer Kompetenz ausschließlich zuständig sein soll, führt dies grundsätzlich dazu, dass kein anderes Gesellschaftsorgan 184 So aber wohl Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 10; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 45 Rn. 11; a.A. Weber, Außeneinfluss, S. 311; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbHBeiräte, S. 63 f. 185 So MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 36 Rn. 4; vgl. auch Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 10: Die Kompetenz der Gesellschafterversammlung als höchstes Organ dürfe nicht „zur Bedeutungslosigkeit ausgehöhlt“ werden. 186 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 26; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 14. 187 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 26; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 108.

F. Schranken aufgrund zwingender gesetzlicher Kompetenzverteilung

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neben ihm oder an seiner Stelle tätig werden kann. Dies gilt grundsätzlich auch im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung. aa) Grundsätzliche Verdrängung der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung Sieht der Gesellschaftsvertrag die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats vor, können auch die Gesellschafter, soweit die dem Aufsichtsrat übertragene Kompetenz reicht, nicht mehr selbst durch einfachen Beschluss entscheiden. Will die Gesellschafterversammlung die Zuständigkeit wieder an sich ziehen, ist eine Änderung des Gesellschaftsvertrags nötig. Die Gesellschafterversammlung kann die Maßnahme des Aufsichtsrats nicht durch einfachen Beschluss rückgängig machen. Ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung würde gegen den Gesellschaftsvertrag verstoßen. Dies ist aber nicht unumstritten. So finden sich Stimmen im Schrifttum, die davon ausgehen, dass die Gesellschafterversammlung trotz ausschließlicher Zuständigkeit des fakultativen Aufsichtsrats auch ohne vorherige Änderung des Gesellschaftsvertrags selbst tätig werden könne. Teilweise wird hierfür ein Beschluss mit satzungsändernder Mehrheit gefordert.188 Andere gehen davon aus, dass zum Schutz der Minderheitsgesellschafter ein einstimmiger Beschluss erforderlich sei.189 Als Begründung für diese Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung wird deren Stellung als oberstes Gesellschaftsorgan herangezogen.190 Die Argumentation allein mit der Stellung der Gesellschaftsversammlung als des obersten Organs der Gesellschaft kann aber nicht zur Begründung von Kompetenzen der Gesellschafterversammlung herangezogen werden; eine Allzuständigkeit müsste sich in gesetzlichen Wertungen niedergeschlagen haben. Gem. § 45 Abs. 1 GmbHG bestimmen sich die Rechte der Gesellschafterversammlung aber gerade nach dem Gesellschaftsvertrag. Auch die Gesellschafter dürfen sich nicht über gesetzlich zwingende Regelungen, wie die §§ 53, 54 GmbHG, hinwegsetzen. Daher wird gegen diese Sichtweise auch die Bindungswirkung der Satzung angeführt.191 Auch dem 188 So MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 49 Rn. 18; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 11; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 172, der eine satzungsändernde Mehrheit verlangt, wenn ein Gesellschafter dem Beschluss widerspricht; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 72; Westhoff, Bankenvertreter, S. 24; Salje, ZIP 1989, 1526, 1527; so wohl auch: Grunewald, GS Hübner, 2012, S. 485, 490. 189 So Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 16; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 171; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 143 f.; Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 983, die allerdings eine Beschränkung auf „Notsituationen“ vornehmen. 190 Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 11 (Stellung der Gesellschafterversammlung als „Quell-Organ“). 191 Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 24; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 102.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

Argument, dass die Gesellschafterversammlung sich – zumindest mit einstimmigem Beschluss – über Entscheidungen fakultativer Organe hinwegsetzen könne, da diese keinen gesetzlichen Schutz erführen,192 kann nicht gefolgt werden. Sofern eine Kompetenz durch Regelung im Gesellschaftsvertrag auf ein Organ wirksam übertragen werden kann, ist diese Regelung gegenüber einer gesetzlich vorgesehenen, dann subsidiären Kompetenzzuweisung nicht nachrangig. Ein einmal errichtetes fakultatives Organ genießt in Bezug auf seine Ausgestaltung denselben Schutz wie ein bereits gesetzlich vorgesehenes Organ. Aus der Rechtslage bei Personengesellschaften, wie etwa der Kommanditgesellschaft, kann nichts anderes folgen.193 Deren Gesellschaftsvertrag ist gerade formfrei abänderbar und kann daher nicht für die Rechtslage in der GmbH herangezogen werden.194 Gewichtige Stimmen der Literatur verlangen daher zu Recht eine Änderung des Gesellschaftsvertrags, sofern eine Kompetenz wieder der Gesellschafterversammlung zustehen soll.195 Anderenfalls würde das System der ausschließlichen Zuständigkeitsverteilung ausgehebelt; die Gesellschafterversammlung wäre trotz formal ausschließlicher Kompetenz des Aufsichtsrats immer parallel zuständig.196 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Anwendung der Voraussetzungen von sog. satzungsdurchbrechenden Beschlüssen.197 Die Abweichung von der gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Kompetenzordnung wirkt zwar lediglich punktuell.198 Dabei kann es auf den materiellen Inhalt des Beschlusses für dessen Einordnung als punktuell wirkende Maßnahme nicht ankommen,199 da die Satzung allein in Bezug auf die Beschlusskompetenz durchbrochen wird. Bei der Anerkennung solcher sog. satzungsdurchbrechender Beschlüsse wäre daher von der Wirksamkeit des Beschlusses trotz des Widerspruchs zur Satzung auszugehen, sofern die formellen Voraussetzungen, welche an einen solchen satzungsdurchbrechenden Beschluss gestellt werden, eingehalten wurden. In der Folge könnte damit, bei einer Einordnung als sog. satzungsdurchbrechender Beschluss, vom Erfordernis der 192

So Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 171. So aber Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 171, mit Hinweis auf BGH, WM 1983, 623, 624, zur Abänderungsbefugnis der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft. 194 Darauf ebenfalls hinweisend: Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 24; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 101. 195 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 24; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 59; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 99 ff.; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 9; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 12; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 9; Härer, Beirat in der GmbH, S. 48 f. 196 Vgl. MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 102; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 98. 197 Siehe zu deren Voraussetzungen bereits 3. Teil, D. I. 2. a). 198 So auch Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 98; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 72; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 143 f. 199 A.A. aber Weber, Außeneinfluss, S. 317 f., der auf den jeweiligen Beschlussgegenstand abstellt. 193

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Eintragung als Wirksamkeitsvoraussetzung abgesehen werden. Dennoch wären die übrigen Anforderungen an einen satzungsdurchbrechenden Beschluss zu beachten und damit insbesondere die notarielle Beurkundung gem. § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG.200 Deren Fehlen führt analog § 241 Nr. 2 AktG zur Nichtigkeit.201 Damit ist der Ansicht, die für einen abändernden Beschluss der Gesellschafterversammlung lediglich eine qualifizierte Mehrheit, jedoch nicht die sonstigen Voraussetzungen einer Satzungsänderung verlangt, auch bei Anerkennung sog. satzungsdurchbrechender Beschlüsse nicht zu folgen. Jedoch stellt sich die Frage, ob ein solcher kompetenzverletzender Beschluss der Gesellschaftsversammlung überhaupt als (punktuelle) Änderung des Gesellschaftsvertrags einzuordnen ist oder ob nicht lediglich ein Verstoß gegen die Kompetenzordnung des Gesellschaftsvertrags vorliegt, welcher analog § 243 AktG zur Anfechtbarkeit führt. Wie bereits dargestellt, ist die Figur der sog. Satzungsdurchbrechung nicht unumstritten. So wird von der Gegenansicht für einen als Satzungsänderung einzuordnenden Beschluss grundsätzlich ein entsprechender Wille zur Satzungsänderung gefordert. Fehlt ein solcher, soll lediglich ein Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag vorliegen.202 Es handelt sich auch um keinen organisationsändernden Beschluss, bei dem auf einen solchen Satzungsänderungswillen geschlossen werden kann.203 Für die Fälle der gesellschaftsvertraglichen Kompetenzverletzungen gehen zudem auch ein Großteil der Literatur und hierbei auch Anhänger der Figur der Satzungsdurchbrechung nicht von einer Anwendung der §§ 53 f. GmbHG aus. Diese differenziert zwischen der Verletzung von gesetzlichen Kompetenzzuordnungen und solchen aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelungen. Beschlüsse, die in Widerspruch zu einer Kompetenzzuordnung im Gesellschaftsvertrag stünden, seien lediglich anfechtbar, da diese nicht gegen das Gesetz, sondern lediglich gegen den Gesellschaftsvertrag verstießen.204 Dies impliziert eine Einordnung als Satzungsverstoß und nicht deren punktuelle Änderung. Anfechtungsbefugt sind nach allgemeinen Regeln nur die Gesellschafter, welche dem Beschluss nicht zugestimmt haben, nicht hingegen die Mitglieder des Aufsichtsrats.205 Sofern eine Änderung des Gesellschaftsvertrags aber erfolgt ist, soll die Gesellschafterversammlung, aus eigener Zuständigkeit, einen vor Änderung des Ge200 Vgl. hierzu bereits 3. Teil, D. I 2. b). So auch Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-) Beirats, S. 99; ablehnend in Bezug auf die Figur der Satzungsdurchbrechung auch: Weber, Außeneinfluss, S. 313 ff. 201 Vgl. dazu bereits 3. Teil, D. I 2. b). 202 Vgl. 3. Teil, D. I. 2. c). 203 Vgl. hierzu bereits 3. Teil, D. I 2. c). 204 Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 31; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 71; so auch Baumbach/ Hueck/Fastrich/Haas/Noack/Beurskens, Anh. § 47 Rn. 24; a.A. Hachenburg/Schilling/Zutt, 7. Aufl., 1979, Anh. 47 Rn. 19: wirkungslos. 205 Darauf weist auch Teichmann, Außeneinfluss, S. 315, hin.

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sellschaftsvertrags gefassten Beschluss des Aufsichtsrats aufheben können.206 Hierfür wird die Stellung der Gesellschafterversammlung angeführt: Wenn diese das fakultative Organ abschaffen könne, müsse sie auch dessen Beschlüsse aufheben können.207 bb) Rückfallkompetenz der Gesellschafterversammlung bei Funktionsunfähigkeit des Aufsichtsrats Trotz ausschließlicher Zuständigkeit des Aufsichtsrats kann die Gesellschafterversammlung in Ausnahmefällen dennoch tätig werden. So soll die Gesellschafterversammlung, auch ohne zuvor die Kompetenzzuweisung zu ändern, im Fall und für die Dauer der Funktionsunfähigkeit des an sich zuständigen Organs tätig werden dürfen, nachdem ein Festhalten an der abweichenden Zuständigkeit die Gesellschaft gegebenenfalls handlungsunfähig machen könnte.208 Diese subsidiäre Zuständigkeit wird auch als Rückfallkompetenz bezeichnet.209 Die Voraussetzungen, unter denen eine solche Rückfallkompetenz eingreifen soll, sind allerdings nicht unumstritten. So wird einschränkend vertreten, dass zur Funktionsunfähigkeit eine Notsituation treten müsse.210 Die Rede ist auch von einer sog. qualifizierten Funktionsunfähigkeit, welche voraussetze, dass die Funktionsunfähigkeit nicht in angemessener Zeit beseitigbar sei und eine für die Gesellschaft bedeutsame und notwendige Maßnahme vorgenommen werden müsse.211 Hintergrund dieser Einschränkungen ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom

206 Vgl. Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 104; so wohl auch Spindler/ Kepper, DStR 2005, 1738, 1741; a.A. Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 12. 207 Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 104; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 142. 208 H.M., vgl. statt aller BGHZ 12, 337, 340 (Abberufung der Geschäftsführer); OLG Brandenburg NZG 2000, 143, 144; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 27; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 45 Rn. 13; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 16; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 11; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 94; Roth/Altmeppen, § 45 Rn. 4; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 216; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 346; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 49 Rn. 18; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 72; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 549, 494 (für die Abberufungskompetenz in Bezug auf die Geschäftsführer). 209 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 27; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 11; Lutter/ Hommelhoff/Bayer, § 45 Rn. 13; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 111; Beuthien/ Gätsch, ZHR 157 (1993), 549, 494 (für die Abberufungskompetenz in Bezug auf die Geschäftsführer); ablehnend: MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 74. 210 Michalski/Römermann, § 45 Rn. 47; Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 983; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 255; Härer, Der Beirat der GmbH, S. 107; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 162. 211 Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 162; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 274.

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24. 02. 1954,212 welche erstmals eine solche Rückfallkompetenz annahm. Aus dieser Entscheidung wird gefolgert, dass der Bundesgerichtshof erkennbar nur einen besonderen Einzelfall entschieden habe und keine allgemeine Rückfallkompetenz etablieren wollte.213 Diesen Einschränkungen liegt das Bestreben zugrunde, einen Missbrauch der Rückfallkompetenz durch die Gesellschafterversammlung zu verhindern. So wird befürchtet, die Gesellschafterversammlung könnte bewusst die Funktionsunfähigkeit herbeiführen – etwa durch die gezielte Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder – oder nicht schnellstmöglich beseitigen, um so die Kompetenz unliebsamer Organe auszuschalten, ohne die Voraussetzungen einer Änderung des Gesellschaftsvertrags einhalten zu müssen.214 Zum Teil wird daher auch eine satzungsändernde Mehrheit für den Beschluss der Gesellschafterversammlung verlangt.215 Dies wird zum einen mit einem „satzungsändernden“ Charakter der Rückfallkompetenz begründet.216 Andere begründen das erhöhte Mehrheitserfordernis mit dem Ausnahmecharakter der Entscheidung sowie dem Minderheitenschutz.217 Noch weitergehend will Wolff218 generell von einer Rückfallkompetenz der Gesellschafter absehen. Er begründet dies mit dem Rangverhältnis der gesetzlichen Kompetenzen der Gesellschafterversammlung und einer abweichenden gesellschaftsvertraglichen Kompetenzzuweisung. Da nicht allein die gesetzlich vorgesehene Kompetenz der Gesellschafterversammlung eine originäre Kompetenz begründe, sondern auch die gesellschaftsvertraglich begründete Kompetenz eine originäre und keine von der Gesellschafterversammlung abgeleitete Kompetenz sei, könne es auf die gesetzliche Regelung nur ankommen, wenn der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung vorsehe. Wolle die Gesellschafterversammlung daher tätig werden, sei in jedem Fall eine Änderung des Gesellschaftsvertrags nötig. Jedoch könne sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben, dass die Gesellschafter bei Funktionsunfähigkeit des Aufsichtsrats subsidiär zuständig sein sollen. Entscheidend für das Bestehen einer subsidiären Rückfallkompetenz und die an eine solche zu stellenden Anforderungen ist mangels zwingender Allzuständigkeit der Gesellschafterversammlung, ob sich eine solche Kompetenz im Wege der 212

BGHZ 12, 337, 340 („unerläßlich gewordene Maßnahme“). Ausführliche Darstellung des Entscheidung bei Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 237 ff. 213 Vgl. Michalski/Römermann, § 45 Rn. 47; Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 981; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 242; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 161. 214 Michalski/Römermann, § 45 Rn. 47; Härer, Der Beirat der GmbH, S. 107. 215 Michalski/Römermann, § 45 Rn. 47; Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 984; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 163; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 172. Für einfache Mehrheit aber: Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 274, 282; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 162; die dafür aber erhöhte Anforderungen an die Funktionsunfähigkeit stellen. 216 So Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 984; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 173. 217 Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 163 f. 218 MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 74.

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Auslegung aus dem Gesellschaftsvertrag und damit aus der von den Gesellschaftern vorgenommenen Kompetenzzuweisung ergibt. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass davon auszugehen sei, dass die Gesellschafter bei einer ausschließlichen Kompetenzzuweisung gerade davon ausgehen, dass das Organ auch funktionsfähig ist und bleibt, andernfalls würden sie eine solche Kompetenzzuweisung nicht vornehmen.219 Weiter ist zu bedenken, dass mangels Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 104 AktG, anders als in der Aktiengesellschaft, bei Funktionsunfähigkeit keine Ersatzbestellung durch den Richter in Betracht kommt.220 Auch soll der Gesellschaftsvertrag die Anwendung des § 104 AktG nicht vorsehen könnnen.221 Dieser könne nicht den Aufgabenkreis der Gerichte bestimmen, zumal im Rahmen der gerichtlichen Ersatzbestellungen weitreichende Ermessensentscheidungen zu treffen seien.222 Die (ergänzende) Satzungsauslegung wird daher regelmäßig ergeben, dass die Gesellschafter, hätten sie den Fall der Funktionsunfähigkeit bedacht, eine Rückfallkompetenz angeordnet hätten. In diesem Fall sind dann aber an den Beschluss der Gesellschafterversammlung keine erhöhten formellen Anforderungen zu stellen. Andererseits kommt eine Rückfallkompetenz dann nicht in Betracht, wenn sich aus der Satzung etwas Gegenteiliges ergibt.223 Dies ist etwa der Fall, wenn die Gesellschafter ein objektiv erkennbares Interesse daran haben, durch die ausschließliche Kontrollzuweisung an den Aufsichtsrat gerade die Kontrolle durch die Gesellschafterversammlung – auch in Notsituationen – zu verhindern und damit nicht allein aus Gründen der Praktikabilität von einer konkurrierenden Kompetenzzuweisung abgesehen wurde.224

219 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 27; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 112. 220 Gegen eine gerichtliche Ergänzung des fakultativen Aufsichtsrats auch: OLG Frankfurt ZIP 2014, 826 (keine analoge Anwendung des § 104 AktG mangels Regelungslücke); BayOLG NZG 2000, 932 (für Vor-GmbH); OLG Hamm, NZG 2000, 539 (für den Beirat einer GmbH & Co. KG); Ulmer/Herrmann, § 52 Rn. 46; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 45; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 17; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 10; Beck’scherOnlinekommentar-GmbHG/C. Jaeger, § 52 Rn. 7; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 107; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 147; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 131; Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 985 f.; Podewils, GmbHR 2014, 477, 480 f.; Schaaf, EWIR 2000, 463, 464; a.A. Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 242. 221 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 17; Ulmer/Herrmann, § 52 Rn. 46; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 45; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 131; Podewils, GmbHR 2014, 477, 480 f.; a.A. aber Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 107 (gerichtliche Bestellung möglich, bei Verweis in der Satzung auf § 104 AktG oder § 29 BGB); so auch MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 147. 222 Podewils, GmbHR 2014, 477, 480 f. 223 So auch Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 24. 224 Vgl. Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 245.

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b) Folgen der Kompetenzausübung durch den Aufsichtsrat bei konkurrierenden Kompetenzen Im Fall der konkurrierenden Zuständigkeit von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung gilt es das Verhältnis der zwei Kompetenzbereiche zu untersuchen. Ist im Gesellschaftsvertrag insoweit keine Regelung getroffen, gilt bei konkurrierenden Kompetenzen grundsätzlich das Prioritätsprinzip.225 Dies ist aber nicht unumstritten. So wird vertreten, dass bei sich widersprechenden Entscheidungen der Beschluss der Gesellschafterversammlung, als „oberstes Organ“ der Gesellschaft, vorgehe.226 Die Gesellschafterversammlung könne den Beschluss des Aufsichtsrats mit einfacher Mehrheit aufheben.227 Dies ergebe sich aus dem Beweggrund der Gesellschafter für die Wahl konkurrierender Zuständigkeiten. Eine solche Kompetenzverteilung erfolge mit dem Ziel, die Kompetenz nicht völlig aus der Hand zu geben. Wollte man die Entscheidung des zuerst tätig werdenden Aufsichtsrats auch bei gegenteiligem Beschluss der Gesellschafterversammlung bestehen lassen, würde die konkurrierende Kompetenz zu einer verdrängenden.228 Diese Argumentation verkennt die Funktionsweise einer konkurrierenden Kompetenzzuweisung, die gerade eine gleichberechtigte Kompetenzausübung sicherstellen und keinem Organ die Letztentscheidungsmacht zuweisen will, was die Stellung des anderen Organs entwerten und diesem de facto die originäre Kompetenz entziehen würde. Wollen die Gesellschafter die Folgen einer konkurrierenden Kompetenzzuweisung nicht in Kauf nehmen, können sie eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag vornehmen. Hierbei muss man sich allerdings die Frage stellen, ob eine jederzeitige Abänderbarkeit der Entscheidungen des Aufsichtsrats mit dessen Funktion als Überwachungsorgan zu vereinbaren wäre. Die Mindestanforderungen an ein unabhängiges Überwachungsorgan wären nicht mehr erfüllt. Weiter gilt es zu beleuchten, bis zu welchem Zeitpunkt die Gesellschafterversammlung im Fall konkurrierender Zuständigkeiten tätig werden kann. So sollen die Gesellschafter im Vorfeld einer Entscheidung des Aufsichtsrats die Entschei225 So auch Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 23; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 95; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 12; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 52; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 140; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 12. 226 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 356; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 49 Rn. 18; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 345; Härer, Beirat in der GmbH, S. 54 f.; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 22; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 110 f. (etwas anderes gelte nur, wenn der Beschluss des Beirats bereits Außenwirkung gezeigt habe); v. Mangoldt, Der Beirat, S. 146; Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 978; Spindler/Kepper, DStR 2005, 1738, 1741. 227 MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 49 Rn. 18; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 159 f.; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 22; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 146. 228 Härer, Beirat in der GmbH, S. 54 f.; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 110 f.; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 146.

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dungskompetenz durch einfachen Beschluss zur alleinigen Zuständigkeit an sich ziehen können, mit der Folge, dass die Zuständigkeit des Aufsichtsrats verdrängt werde.229 Bei diesem zuständigkeitsverdrängenden Beschluss soll es sich um eine bloße Vorstufe der späteren Entscheidung handeln; eine Satzungsänderung sei daher nicht erforderlich.230 Dies erscheint problematisch, sofern man für eine solche Verdrängung einen Beschluss, der lediglich die Kompetenzänderung zum Inhalt hätte, ausreichen lassen wollte, da insofern die Gesellschafterversammlung die Kompetenz des Aufsichtsrats aushebeln könnte, ohne dass sie gezwungen wäre, selbst tätig zu werden. Zudem hätten die Gesellschafter, anders als die nach organschaftlichen Grundsätzen haftenden Aufsichtsratsmitglieder, bei anschließender Untätigkeit nicht mit einer Haftung zu rechnen. Die Gesellschafterversammlung hat jedoch, auch nachdem der Aufsichtsrat tätig wurde, die Möglichkeit, den Beschluss des Aufsichtsrats aufzuheben. Als Folge des Prioritätsprinzips ist eine Aufhebung durch einen einfachen Beschluss allerdings nicht möglich.231 Auch der Annahme, eine Aufhebung sei mit einer qualifizierten Mehrheit möglich, da es sich um einen Fall der Satzungsdurchbrechung handele,232 ist nicht zu folgen. Hierbei wären auch bei einer Einordnung als lediglich punktuell wirkender Beschluss und der Anerkennung der Figur der sog. satzungsdurchbrechenden Beschlüsse, wie bereits zuvor gezeigt,233 jedenfalls die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG einzuhalten. Andere gehen zutreffend für eine abweichende Entscheidung der Gesellschafterversammlung von dem Erfordernis einer Satzungsänderung aus.234 Erfolgt eine solche Änderung der Satzung nicht, liegt bei fehlendem Willen zur Satzungsänderung grundsätzlich ein Satzungsverstoß vor, welcher zur Anfechtbarkeit führt. Die Gegenansicht geht – trotz Geltung des Prioritätsprinzips – ausgehend von der Annahme der jederzeit bestehenden Möglichkeit eines actus contrarius, von der Möglichkeit eines Aufhebungsbeschlusses mit einfacher Mehrheit ex nunc aus.235 Eine Differenzierung zwischen Aufhebungsbeschluss und actus contrarius sei wi229 Vgl. Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 159; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 108; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 172. 230 Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 108. 231 So auch MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 95; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 54; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 12; so auch BGH BB 1970, 226 zur KG: „Ein Eingriff in diese Befugnisse [des Beirats] stellt sich deshalb als eine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar“; a.A.: Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 160; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 12. 232 So Herfs, Einwirkung Dritter, S. 72 f. 233 Vgl. hierzu bereits 3. Teil, D. I. 2. b) sowie allgemein zu den Voraussetzungen einer Satzungsdurchbrechung und der hieran geübten Kritik 3. Teil, D. I. 2. 234 Vgl. MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 97 f. 235 Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 160; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 12.

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dersprüchlich.236 Allerdings ist bereits unklar, ob ein solcher actus contrarius durch einfachen Beschluss der Gesellschafterversammlung möglich ist, also etwa die sofortige Abberufung des vom Aufsichtsrat bestellten Geschäftsführers. Gegen eine solche Möglichkeit wird eingewandt, diese komme einem Aufhebungsbeschluss gleich und übertrage die Letztentscheidungskompetenz, entgegen dem Prioritätsprinzip, dennoch auf die Gesellschafterversammlung.237 Andere gehen davon aus, dass ein solcher actus contrarius zulässig sei.238 Hierfür spricht, dass jedenfalls sofern ein Tätigwerden nicht erkennbar treuwidrig erfolgt im Fall konkurrierender Kompetenzen beide Organe gleichberechtigt zuständig sind. Es ist nicht ersichtlich, warum etwa allein durch die Bestellung des Geschäftsführers durch den Aufsichtsrat die Gesellschafterversammlung auf alle Zeit von der Abberufungszuständigkeit verdrängt werden sollte. Ein actus contrarius ist gerade etwas anders als eine Aufhebung des ursprünglichen Beschlusses, welcher sich in der Verneinung des ursprünglichen Beschlusses erschöpft. Daher ist auch kein Schluss von der Möglichkeit eines actus contrarius auf die Zulässigkeit eines Aufhebungsbeschlusses möglich. Das Gegenteil ist der Fall. Sofern ein actus contrarius einem Aufhebungsbeschluss in seiner Wirkung gleichkommen würde, wäre auch ein solcher, die Voraussetzungen einer Satzungsänderung umgehender Beschluss, treuwidrig und damit als Satzungsverstoß anfechtbar.

II. Die Grenzen der Übertragung einzelner Kompetenzen Im Folgenden ist darauf einzugehen, welche Kompetenzen dem fakultativen Aufsichtsrat – zur konkurrierenden oder ausschließlichen Zuständigkeit – im Einzelnen übertragen werden können. Nicht übertragen werden können Kompetenzen, die zwingend einem anderen Organ zugewiesen sind.239 Eine Begrenzung der Satzungsautonomie besteht jedoch in diesem Fall nur, wenn durch die gesetzliche Regelung eine ausschließliche Kompetenz zugewiesen, also das betreffende Organ allein berechtigt und verpflichtet werden soll.240 Zwingende, ausschließliche Kompetenzzuweisungen an die Geschäftsführer sind die Vertretung der Gesellschaft nach außen gem. § 37 Abs. 2 GmbHG, die Pflicht zur Buchführung gem. § 41 GmbHG und zur Aufstellung des Jahresabschlusses gem. 236

Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 159 f. Michalski/Römermann, § 45 Rn. 54; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 97. 238 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 12. 239 Vgl. Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 117; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 417 f.; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 57; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 104; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 26; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/ Gruber, § 45 Rn. 12; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 34 ff.; Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810; Thümmel, DB 1995, 2461, 2462. 240 Vgl. Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810; Thümmel, DB 1995, 2461, 2462. 237

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§ 42a GmbHG sowie die Anmeldepflichten gegenüber dem Handelsregister.241 Der Gesellschafterversammlung ist aufgrund der Verbandsautonomie zwingend die Vornahme von Änderungen des Gesellschaftsvertrags sowie insbesondere strukturändernde Grundlagenbeschlüsse vorbehalten.242 In diesen Fällen ist keine Kompetenzzuweisung an den fakultativen Aufsichtsrat möglich, also weder als ausschließliche noch als konkurrierende Kompetenz. Hiervon abgesehen stellt sich die Frage, inwieweit sonstige, insbesondere nach § 46 GmbHG grundsätzlich der Gesellschafterversammlung zugewiesene Kompetenzen auf einen Aufsichtsrat übertragen werden können. Dabei ist jeweils an eine konkurrierende sowie eine verdrängende Kompetenzzuweisung zu denken. Ausgangspunkt der Überlegung ist § 45 Abs. 2 GmbHG. Die gesetzliche Kompetenzzuweisung an die Gesellschafterversammlung steht grundsätzlich unter dem Vorbehalt einer abweichenden Gestaltung im Gesellschaftsvertrag. Damit bedürfen die Annahme einer zwingenden Kompetenzzuweisung und damit der Ausschluss der Kompetenzzuweisung an den Aufsichtsrat der Begründung. 1. Die Überwachungskompetenz Zunächst ist auf die Überwachungskompetenz, als die prägende Kompetenz eines Aufsichtsrats, einzugehen. Diese steht dem Aufsichtsrat bereits aufgrund der Verweisung in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 111 Abs. 1 AktG zu. Damit ist das Verhältnis der Überwachungskompetenz des Aufsichtsrats zu der der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 6 GmbHG zu untersuchen. a) Ausschließliche Zuweisung an den Aufsichtsrat zulässig? Es gilt zunächst zu untersuchen, ob dem Aufsichtsrat die ausschließliche Überwachungskompetenz zugewiesen und damit die Überwachungskompetenz der Gesellschafterversammlung verdrängt werden kann.

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Vgl. etwa Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 118; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 419; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 105. 242 Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 119; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 418; Ulmer/ Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 25; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 8; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 57; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 106; Rowedder/Schmidt-Leithoff/ Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 12; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 49 Rn. 16; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 20 ff.; Härer, Beirat in der GmbH, S. 38 ff.; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 34 ff.; Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 295; Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810. Vgl. aber auch Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 810 f., der darauf hinweist, dass sich das Vorliegen eines Grundlagengeschäfts nicht immer trennscharf bestimmen lasse.

F. Schranken aufgrund zwingender gesetzlicher Kompetenzverteilung

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Weite Teile der Literatur gehen davon aus, dass der Gesellschafterversammlung in jedem Fall weiterhin zwingend – zumindest im gewissen Umfang243 – die Kontrollkompetenz aus § 46 Nr. 6 GmbHG selbst zustehen müsse, diese also nicht abbedungen werden könne.244 Dies soll insbesondere für das Recht zu Bestellung eines Sonderprüfers gelten.245 Andere stellen darauf ab, dass auch bei einer ausschließlichen Kompetenz des Aufsichtsrats die Gesellschafterversammlung bei Vorliegen „sachlicher Gründe“ zur Überwachung gefugt sei.246 Wiederum andere vertreten einschränkend, dass „im Zweifel“ davon auszugehen sein, dass die Gesellschafterversammlung „in Ausnahmefällen“247, bei Vorliegen „wichtiger Gründe“248 oder zumindest (wie bereits zuvor dargestellt) im Fall der Funktionsunfähigkeit249 überwachend tätig werden dürfe. Dies hätte zur Folge, dass dem Aufsichtsrat insoweit nur konkurrierende Kompetenzen übertragen werden könnten. Als Begründung für die zwingende Überwachungskompetenz der Gesellschafterversammlung wird zum einen angeführt, diese zähle zum „Wesen“ der GmbH-rechtlichen Kompetenzverteilung.250 Konkretisiert wird dies mit dem Hinweis auf die Stellung der Gesellschafterversammlung als „oberstes Gesell243

Für eine eingeschränkte Kontrollkompetenz: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 51 („Restkompetenz ist zwingend“); Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 93; Scholz/ K. Schmidt, § 46 Rn. 113; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 18; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 61; Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 811 („Letztzuständigkeit“ sei zwingend). 244 Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 46 Rn. 31; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 94; Roth/Altmeppen, § 46 Rn. 47 f.; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 265; Henssler/ Strohn, § 52 GmbHG Rn. 12; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 52 Rn. 31; Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 811; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 142 f.; Härer, Beirat in der GmbH, S. 45; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 23; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 178; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 88 f.; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 18; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 136; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 60 f.; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 122 f.; Keiluweit, BB 2011, 1795. So auch bereits Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 507 (dies widerspreche „der Stellung der Gesellschafter als höchstes Organ“); Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 20 Fn. 80. 245 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 51; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 93; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 207; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 18; a.A. Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 46 Rn. 36, sofern die Überwachungskompetenz einem weiteren Aufsichtsrat oder sonstigen Organ übertragen werde. 246 Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 61; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 51, verlangt einschränkend „besondere Gründe“. 247 Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 93; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 205. 248 Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 113; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 205. 249 Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 93; vgl. zur Rückfallkompetenz bereits 4. Teil, F. I. 2. a) bb). 250 Roth/Altmeppen, § 46 Rn. 48.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

schaftsorgan“.251 Ohne Überwachung durch die Gesellschafterversammlung sei keine wirksame Rückbindung der Geschäftsführer an diese möglich; den Gesellschaftern bliebe zur Steuerung der Geschäftsführer nur noch das Recht der Abberufung.252 Auch die im Kern unabdingbare Verantwortlichkeit der Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern führe umgekehrt zu einer zwingenden Überwachung durch diese.253 Allein § 51a GmbHG reiche nicht aus, um der Stellung der Gesellschafter gerecht zu werden.254 Dem ist nicht zu folgen. Die Gesellschafterversammlung kann ihre Kontrollkompetenz vollständig auf ein weiteres, zusätzliches Organ übertragen.255 Zwar stehen die zwingenden Individualrechte der einzelnen Gesellschafter aus § 51a GmbHG in keinem unmittelbarem Zusammenhang mit den organschaftlichen Rechten der Gesellschafterversammlung und können daher schon aus diesem Grund nicht geeignet sein, ein als zwingend erachtetes Kontrollbedürfnis der Gesellschafterversammlung auszugleichen. Jedoch ist bereits die einer zwingenden Überwachungsbefugnis zugrunde liegende Annahme, bei einer Übertragung der Überwachungszuständigkeit auf einen Aufsichtsrat finde, ebenso wie bei einer Aufhebung der Überwachung oder einer Übertragung auf die Geschäftsführer selbst, keine qualitativ zumindest gleichwertige Überwachung mehr statt, sodass die Übertragung auf ein sonstiges Zusatzorgan die Qualität der Überwachung mindere, nicht zu folgen. Ein reines Überwachungsorgan kann die Überwachung der Geschäftsführer prinzipiell mindestens ebenso effizient ausführen wie die Gesellschafterversammlung, welche sehr heterogen zusammengesetzt sein kann und nicht zwingend über den erforderlichen Sachverstand verfügen muss. Zudem sind die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats an das Gesellschaftsinteresse gebunden und damit – anders als die Gesellschafterversammlung – sogar zur effektiven Kontrolle verpflichtet. Daher scheint auch die Annahme zweifelhaft, dass das Recht auf Bestellung eines Sonderprüfers nicht nur bei völligem Fehlen eines Überwa-

251

Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 143; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 122 f.; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 61; Keiluweit, BB 2011, 1795. 252 Herfs, Einwirkung Dritter, S. 136. Zu dessen Übertragung auf den Aufsichtsrat siehe 4. Teil, F. II. 3. 253 Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 23; MünchKommGmbHG/ Spindler, § 52 Rn. 265. 254 Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 143. 255 So auch Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 16, § 46 Rn. 36; Michalski/Giedinghagen, § 46 Rn. 350; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 205; MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 31; Bürkle, Rechte Dritter, S. 149; Härer, Beirat in der GmbH, S. 70 ff.; Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 645 f.; Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810, 812; van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 453 ff.; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 498 f.; Spindler/Kepper, DStR 2005, 1738, 1741. So auch bereits Liebmann, 6. Aufl. 1921, § 45 Anm. 1.

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chungsorgans, also etwa eines Aufsichtsrats, sondern prinzipiell unabdingbar sein soll.256 Auch aus der zwingenden Haftung der Geschäftsführer folgt keine zwingende Überwachung gerade durch die Gesellschafterversammlung.257 Dabei ist zunächst zu bedenken, dass die Geschäftsführer nicht unmittelbar den Gesellschaftern oder der Gesellschafterversammlung verantwortlich sind, sondern der Gesellschaft. Dieser stehen – mangels Handlungsfähigkeit – naturgemäß keine Überwachungsbefugnisse zu. Ob aber die Überwachung durch die Gesellschafterversammlung oder einen Aufsichtsrat durchgeführt wird, hat auf die Haftung der Geschäftsführer keinen Einfluss. Die Begründung einer zwingenden Kontrolle durch die Gesellschafterversammlung mit deren Stellung als „oberstes Organ der Gesellschaft“ bedarf ebenso der gesetzlichen Konkretisierung wie die Argumentation mit dem „Wesen“ der Gesellschafterversammlung.258 Einen ersten, der zwingende Kompetenzzuweisung gerade widersprechenden, gesetzlichen Anhaltspunkt liefert § 45 Abs. 2 GmbHG, wonach die Kompetenzzuweisungen des § 46 GmbHG grundsätzlich nur subsidiär anzuwenden und damit im Grundsatz disponibel sind. Dementsprechend kann die Gesellschafterversammlung grundsätzlich frei über die Kompetenzverteilung und damit auch die Machtverteilung in der Gesellschaft entscheiden.259 Gerade diese Gestaltungsmacht prägt die Stellung der Gesellschafterversammlung als oberstes Organ der Gesellschaft.260 Auch die Verbandsautonomie zwingt nicht zu einer Mindestkontrollkompetenz der Gesellschafterversammlung, zumal im Regelfall eine Rückfallkompetenz bei Funktionsunfähigkeit des Aufsichtsrats besteht.261 Die Gesellschafterversammlung kann jederzeit durch Änderung des Gesellschaftsvertrags die Kompetenzen umverteilen. Auch im sog. Doberlug-Urteil weist der Bundesgerichtshof lediglich darauf hin, dass die Gesellschafterversammlung, „soweit sie von ihrer in § 52 Abs. 1 GmbHG eröffneten Regelungsbefugnis keinen Gebrauch [macht], nicht von der dualistischen Struktur der GmbH“ abweichen 256

So aber Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 51; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 93; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 207; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, S. 18; im ersteren Sinne jedoch Rowedder/Schmidt-Leithoff/ Koppensteiner/Gruber, § 46 Rn. 36. 257 So auch Härer, Beirat in der GmbH, S. 71, der allerdings auf eine Verantwortung gegenüber der Gesellschafterversammlung abstellt. 258 So auch Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 92 Fn. 107 (Dem Begriff fehle die Aussagekraft). 259 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 16, die daher von einer Abdingbarkeit ausgehen; so auch van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 453. 260 In diese Richtung neigt auch Härer, Beirat in der GmbH, S. 70, der anführt, dass sich aus der Stellung lediglich ergebe, dass von der Gesellschafterversammlung alle Kompetenzen abgeleitet seien. 261 Siehe zur Rückfallkompetenz bereits 4. Teil, F. I. 2. a) bb), sowie ausdrücklich für die Überwachungskompetenz: Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 93; Michalski/Giedinghagen, § 46 Rn. 350 („Ersatzzuständigkeit“); Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 113.

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wolle,262 was nahelegt, dass auch der Bundesgerichtshof von der Möglichkeit, durch eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelung von der rein dualistischen Struktur abzuweichen, auszugehen scheint. Eine konkurrierende Kontrollkompetenz ist zudem nicht zweckmäßig, denn sie führt zur „Verwässerung der Kontrolle“.263 Weiter ist zu bedenken, dass der Gesellschafterversammlung auch bei einer verdrängenden Kompetenzzuweisung weiterhin „mittelbare Aufsichtsrechte“ zustehen,264 worunter die Befugnis zu verstehen ist, Informationen über die Aufsichtstätigkeit des Aufsichtsrats einzuholen und diesen gegebenenfalls zur Verantwortung zu ziehen. Die erforderliche Rückkopplung der Aufsichtsratstätigkeit an die Gesellschafterversammlung findet daher statt. Eine zwingende (Letzt-)Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für jede Kontrolltätigkeit ergibt sich, entgegen anderer Ansicht,265 auch nicht aus der in § 42a GmbHG angeordneten Vorlagepflicht des Jahresabschlusses und Lageberichts an die Gesellschafterversammlung. Denn § 52 Abs. 1 GmbHG verweist zwar nicht auf § 172 AktG. Jedoch kann nach ganz herrschender Meinung die Kompetenz zur Feststellung des Jahresabschlusses gem. § 42a GmbHG auf einen fakultativen Aufsichtsrat übertragen werden.266 Auch Gründe des Minderheitenschutzes verbieten die Verdrängung der Gesellschafterversammlung aus der Überwachungskompetenz nicht. Zwar wird zu Recht darauf hingewiesen, dass im Rahmen einer Abweichung vom Katalog des § 46 GmbHG der Minderheitenschutz nicht verkürzt werden dürfe.267 Da im Fall der nachträglichen Einrichtung eines Aufsichtsrats nach § 53 Abs. 2 GmbHG eine Dreiviertel-Mehrheit zur Änderung des Gesellschaftsvertrags ausreicht, wird daher teilweise für die ausschließliche Zuweisung der Überwachungskompetenz an ein Zusatzorgan ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss verlangt, um eine Entmachtung der Minderheit zu verhindern.268 Die Minderheitsgesellschafter sind jedoch auch im Fall der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung nicht allein zur Überwachung in der Lage. Ihre Stellung wird durch die Einrichtung eines Aufsichtsrats nicht verschlechtert. Die Minderheitsgesellschafter werden zudem auf andere Weise geschützt. § 51a GmbHG sichert das Überwachungsrecht der Minderheitsgesellschafter, welches auch bei verdrängender Übertragung der Überwachungskompetenz auf einen Aufsichtsrat unverändert fortbesteht. 262

BGHZ 187, 60, 68 Rn. 26. Nicht richtig ist damit, wenn E. Vetter (GmbHR 2011, 449, 452 f.) davon ausgeht, dass der BGH im Doberlug-Urteil festgestellt habe, dass durch die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats in jedem Fall die dualistische Struktur und die Überwachungsaufgabe der Gesellschafterversammlung erhalten bleibe. 263 So Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 645 f. 264 Vgl. Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 16. 265 So Wiedemann, FS Lutter, 2000, S. 801, 811. 266 Vgl. 4. Teil, F. II. 2. 267 Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 295. 268 van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 454.

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Ebenfalls nicht weiter führt der Vergleich mit der Rechtslage bei Bestehen eines obligatorischen Aufsichtsrats.269 In diesem Fall bleibt die Gesellschafterversammlung, trotz Zuweisung der Überwachungsaufgabe an einen solchen Aufsichtsrat, zwar weiterhin zur Überwachung befugt. Dies betrifft aber allein den gesetzlichen Regelfall und gerade nicht die Frage der Abdingbarkeit der Kontrollkompetenz der Gesellschafterversammlung. Dass im Fall eines obligatorischen Aufsichtsrats gesetzlich lediglich eine konkurrierende Aufgabenwahrnehmung zwingend vorgesehen ist, besagt nichts über die Möglichkeit, durch Änderung des Gesellschaftsvertrags auch eine ausschließliche Kompetenzverlagerung vorzunehmen, zumal, anders als im Fall eines obligatorischen Aufsichtsrats, die Gesellschafter im Fall eines fakultativen Aufsichtsrats die Überwachungskompetenz durch Änderung des Gesellschaftsvertrags wieder an sich ziehen können.270 Eine vermittelnde Ansicht vertritt K. Schmidt. Dieser geht zwar grundsätzlich von der Möglichkeit einer verdrängenden Kontrollkompetenz aus. Dies setze aber voraus, dass die Kompetenz durch ein von der Gesellschafterversammlung abhängiges, also von ihr gewähltes Organ, wahrgenommen werde. Die Dominanz der Gesellschafter müsse in jedem Fall erhalten bleiben, ansonsten handele es sich um eine unzulässige „stiftungsähnliche Organisation“. Zudem soll bei Vorliegen wichtiger Gründe immer auch ein Aufsichtsrecht der Gesellschafter bestehen.271 Dem ist nicht zu folgen. Die Gesellschafterversammlung kann die Kompetenzen durch Änderung des Gesellschaftsvertrags jederzeit zurückerlangen. Dies allein ist erforderlich, um dem Grundsatz der Verbandsautonomie gerecht zu werden. Diese Sichtweise hätte zudem zur Folge, dass eine ausschließliche Kompetenzzuweisung nur zulässig wäre, sofern keine Entsendungsrechte272 in den Aufsichtsrat bestünden. Das Verbot der Einräumung von Entsendungsrechten ist im Gesetz aber gerade nicht angelegt. Auch die Einschränkung der Kompetenz der Gesellschafterversammlung auf sachliche oder wichtige Gründe ist abzulehnen. Gegen dies wird zutreffend vorgebracht, dass dies neben einer inhaltlichen Rechtfertigung auch einer gesetzlichen Grundlage entbehre.273 Zudem führt eine solche Sichtweise zu unlösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten. Ob die damit zulässige vollständige Übertragung der Kontrollkompetenz auf einen Aufsichtsrat gewollt ist, muss im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrags bestimmt werden. So können sich insbesondere auch Anhaltspunkte im Wege der gebotenen objektiven Auslegung der Satzung ergeben, die gegen eine solche

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So aber Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 143. Auf diesen Unterschied verweisen auch: Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/ Gruber, § 45 Rn. 16 und § 46 Rn. 36. 271 Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 113. 272 Vgl. zur Einräumung von Entsendungsrechten in den Aufsichtsrat 5. Teil, E. I. 273 Michalski/Giedinghagen, § 46 Rn. 350. 270

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vollständige Übertragung sprechen, wie dies etwa im Fall der sog. Rückfallkompetenz274 regelmäßig der Fall sein dürfte. Zudem sollten die Gesellschafter bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats bedenken, dass Kontroll- und Personalkompetenz in untrennbarem Zusammenhang stehen. Erst durch die Überwachung der Geschäftsführer ist es der Gesellschafterversammlung möglich, deren Fehlverhalten zu erkennen und mit einer Abberufung der Geschäftsführer zu sanktionieren. Eine Verteilung dieser Kompetenzen auf zwei Organe, jeweils zu alleinigen Zuständigkeit, erscheint damit wenig zweckmäßig. In jedem Fall besteht aber ein Informationsanspruch der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Aufsichtsrat. Dieser muss über seine Kontrolltätigkeit berichten, insbesondere damit die Gesellschafterversammlung die ihr grundsätzlich zustehende Personalkompetenz sachgerecht ausüben kann. Davon abgesehen kann dem Aufsichtsrat ebenfalls die Personalkompetenz übertragen werden,275 sodass diesem, neben der ebenfalls übertragbaren Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, auch selbst die Möglichkeit der Abberufung der Geschäftsführer zustehen kann. b) Folgen bei Schweigen des Gesellschaftsvertrags Weiter gilt es zu klären, welche Zuständigkeitsverteilung – konkurrierend oder ausschließlich – bei Schweigen des Gesellschaftsvertrags hierzu besteht. Einerseits führt ein Schweigen des Gesellschaftsvertrags dazu, dass die Regelung des § 111 Abs. 1 AktG nicht abbedungen ist und damit dem Aufsichtsrat die Überwachungskompetenz zusteht. Andererseits weist auch § 46 Nr. 6 GmbHG der Gesellschafterversammlung die Überwachungskompetenz zu. Zwar geht die wohl herrschende Meinung im Allgemeinen davon aus, dass bei Zuweisung einer Kompetenz an den Aufsichtsrat im Zweifel eine verdrängende Kompetenz vorliegen soll.276 Eine Kompetenzverdoppelung führe zum einen nur zu Streitigkeiten,277 zum anderen tendenziell auch zur Auflösung der nicht mehr zuordenbaren Verantwortlichkeit beider Organe.278 Zudem liege einer Kompetenzverlagerung durch die Gesellschafterversammlung in der Regel das Motiv zugrunde, nicht selbst entscheiden zu müssen.279 Die Gegenansicht, welche davon ausgeht, dass 274

Vgl. zur sog. Rückfallkompetenz 4. Teil, F. I. 2. a) bb). Zur Übertragbarkeit der Personalkompetenz sogleich unter 4. Teil, F. II. 3. 276 Vgl. statt aller Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 23; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 9; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 94; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 51; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 12; Schürnbrand, Organschaft, S. 131; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 72; Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 646; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 113; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 160 (anders aber wohl auf S. 159). 277 Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 45 Rn. 23; Michalski/Römermann, § 45 Rn. 51; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 94; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 72. 278 Schürnbrand, Organschaft, S. 131. 279 Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 160. 275

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im Zweifel eine konkurrierende Kompetenzzuweisung gewollt sei,280 begründet dies mit dem geringeren Eingriff in die Rechte der Gesellschafterversammlung.281 Speziell für die Überwachungskompetenz sind sich aber auch die Vertreter der erstgenannten Ansicht nicht einig und gehen zum Teil im Zweifel von einer lediglich konkurrierenden Kompetenzzuweisung aus;282 andere sprechen sich im Zweifel für das Vorliegen einer ausschließlichen Kompetenz des Aufsichtsrats aus.283 Zunächst ist zu bedenken, dass die Abweichung von § 46 Nr. 6 GmbHG und damit der Ausschluss der Überwachungskompetenz der Gesellschafterversammlung einer Grundlage im Gesellschaftsvertrag bedarf. Sofern dieser keine Regelung enthält und sich auch sonst aus diesem keine Anhaltspunkte für eine Abbedingung des § 46 Nr. 6 GmbHG ergeben, ist nicht davon auszugehen, dass die Gesellschafter auf ihre Kompetenz verzichten wollten. Zwar kann eine konkurrierende Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der Überwachung der Geschäftsführer, je nach Zusammensetzung der Gesellschafterversammlung, mitunter ineffizienter sein als eine klare Abgrenzung der Aufgaben. Da jedoch den Gesellschaftern – als den Trägern des wirtschaftlichen Risikos – ein gewichtiges Interesse an Kontrolle nicht abzusprechen ist, ist eine zumindest im Wege der Auslegung erkennbar gewollte Aufgabe diese Kompetenz zu verlangen. 2. Die Feststellung des Jahresabschlusses und der Beschluss über die Ergebnisverwendung Nach §§ 46 Nr. 1, 42a GmbHG ist es grundsätzlich Aufgabe der Gesellschafterversammlung, den Jahresabschlusses festzustellen sowie über die Ergebnisverwendung zu beschließen. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist zwar nicht auf § 172 AktG und damit die Feststellung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat, jedoch bestehen keine Bedenken, dessen Feststellung durch eine entsprechende Satzungsregelung zur ausschließlichen Zuständigkeit auf einen fakultativen Aufsichtsrat zu übertragen.284 280 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 356; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 345; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 19; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 49 Rn. 18; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 22. 281 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 356; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 345. 282 Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 93. 283 Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 646; so wohl auch Rowedder/SchmidtLeithoff/Koppensteiner-Gruber, § 46 Rn. 36. 284 So die h.M, vgl. Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 46; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 26; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 16; Michalski/Römermann, § 46 Rn. 87; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 57; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 15; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 251; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 108; Härer, Beirat in der GmbH, S. 58; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbHBeiräte, S. 52; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 122 ff.; Hommelhoff/

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Kritisch gesehen wird dem gegenüber, ob dem fakultativen Aufsichtsrat auch die Zuständigkeit zur Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung übertragen werden kann.285 Hierbei ist zunächst klarzustellen, dass die Übertragung der Feststellung des Jahresabschlusses nicht zugleich auch die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Ergebnisverwendung beinhaltet.286 Entscheidend für die Übertragbarkeit ist zum einen, dass das mitgliedschaftliche Recht auf Gewinnteilhabe einen hinreichenden Einfluss der Gesellschafter auf die Ergebnisverwendung erfordert, sowie zum anderen, dass der Verwendungsbeschluss nicht nur für den individuellen Ausschüttungsanspruch entscheidend ist, sondern auch die Geschicke der Gesellschaft auf lange Dauer steuern kann. Von diesem hängt daher auch die Finanzierungspolitik der Gesellschaft ab, sodass auch vor dem Hintergrund der zu wahrenden Verbandssouveränität die Rückbindung der Entscheidung an die Interessen der Gesellschafter notwendig ist.287 Das Maß der damit erforderlichen Rückbindung des Aufsichtsrats an die Gesellschafter wird unterschiedlich bestimmt. So wird vertreten, dass eine solche Rückbindung zum einen bereits durch die Möglichkeit der Anfechtung des Verwendungsbeschlusses durch jeden Gesellschafter erfolge; diese bestehe, da das Zusatzorgan anstelle der Gesellschaftergesamtheit tätig werde, dessen Entscheidungen daher ebenfalls im Wege der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage angefochten werden könnten. Neben dieser Rechtsmäßigkeitskontrolle sei zum anderen lediglich eine Begrenzung der Amtszeit entsprechend dem aktienrechtlichen Vorbild erforderlich.288 Einschränkend wird neben dieser zeitlichen Beschränkung auch eine sachlich eingeschränkte Kompetenzübertragung sowie die Begrenzung des Ermessensspielraums des Gremiums verlangt.289 Eine weitere Ansicht fordert, dass die Übertragung nur auf ein von der Gesellschafterversammlung weisungsabhängiges Organ und nur mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen dürfe.290 Verbreitet wird allerdings uneingeschränkt von der Zulässigkeit der Übertragung der Beschluss-

Priester, ZGR 1986, 463, 475 f; vgl. zu den Ausgestaltungsvarianten: Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 26. A.A. Lange, GmbHR 2006, 897, 899; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 509 f., der davon ausgeht dass die Gesellschafter immer in der Lage sein müssen zu entscheiden, ob sie den Beschluss des Aufsichtsrats gelten lassen wollen oder nicht. 285 So Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 27; Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 46; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 61; Hommelhoff/Priester, ZGR 1986, 463, 500 f.; Hommelhoff/Hartmann/Hillers, DNotZ 1986, 322, 338. 286 Statt aller: MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 60 m.w.N. 287 Vgl. Hommelhoff/Priester, ZGR 1986, 463, 499 ff.; Hommelhoff/Hartmann/Hillers, DNotZ 1986, 322, 338; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 27; MünchKommGmbHG/ Liebscher, § 46 Rn. 60. 288 Hommelhoff/Priester, ZGR 1986, 463, 502; dem folgend: Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 124. 289 So MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 61. 290 Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 46.

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fassung über die Ergebnisverwendung ausgegangen.291 Eine Einschränkung der Übertragbarkeit sei nicht im Interesse der Gesellschafter; zudem könne die Gesellschafterversammlung die Zuständigkeit jederzeit wieder an sich ziehen. Aber auch der Schutz der Minderheit verbiete keine Übertragung auf den Aufsichtsrat, zumal dieser auch ansonsten gegen eingeschränkte Ausschüttungen durch die Gesellschafterversammlung nur eingeschränkte Schutzmöglichkeiten zustünden.292 Dabei wird davon ausgegangen, dass die Gesellschafter ihren Einfluss auf die Gewinnverwendung auch im Fall einer Übertragung der Kompetenz auf ein weiteres Organ ausreichend sicherstellen könnten. So könnten die Gesellschafter durch Personalentscheidungen, die Rückholkompetenz oder durch inhaltliche Satzungsvorgaben auf die Sachentscheidung Einfluss nehmen; zudem stünden jedem Gesellschafter gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten zu.293 Grundsätzlich ist zwischen der mittelbaren Rückbindung des Aufsichtsrats, also infolge dessen Kontrolle durch die Gesellschafterversammlung, und dem direkten Einfluss der Gesellschafterversammlung auf die Entscheidung des Aufsichtsrats zu unterscheiden. Erstere ist unproblematisch möglich und erfolgt primär durch die Bindung des Aufsichtsrats an das Gesellschaftsinteresse, abgesichert durch die Haftung seiner Mitglieder nach § 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 116, 93 AktG sowie die Möglichkeit der Abberufung. Die abweichend geforderte inhaltliche Einflussnahmemöglichkeit können die Gesellschafter über eine sachliche Einschränkung der Kompetenzübertragung sicherstellen. Auch die Einräumung eines Weisungsrechts in Bezug auf den Verwendungsbeschluss ist denkbar, zumal eine solche Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder zumindest in Angelegenheiten, die keinen Bezug zur Überwachungskompetenz aufweisen, unproblematisch zulässig ist.294 Zwingend vorzusehen ist eine solche Einwirkungsmöglichkeit jedoch nicht. Der Grundsatz der Verbandssouveränität verlangt lediglich, dass die Gesellschafter sich nicht endgültig einer Entscheidungszuständigkeit berauben. 3. Die Personalkompetenz Die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer steht nach § 46 Nr. 5 GmbHG grundsätzlich der Gesellschafterversammlung zu. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist hingegen nicht auf § 84 AktG und damit die Personalkompetenz des 291 Baumbach/Hueck/ZöllnerNoack, § 46 Rn. 21; Michalski/Römermann, § 46 Rn. 93, der allerdings einen Schutz der Gesellschafter bereits auf Ebene des Feststellungsbeschlusses ansetzen will; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 15 (ohne Begründung); Härer, Beirat in der GmbH, S. 59; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 53 f.; Hölters, Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 21; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-) Beirats, S. 125 f.; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 509 f., sofern die Gesellschafterversammlung des Beschluss aufheben könne. 292 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 21. 293 Hommelhoff/Hartmann/Hillers, DNotZ 1986, 322, 338. 294 Vgl. hierzu 5. Teil, B.

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Aufsichtsrats. Damit ist ohne abweichende Satzungsregelung ausschließlich die Gesellschafterversammlung zur Bestellung und Abberufung sowie als Annexkompetenz auch zum Abschluss und Kündigung des Anstellungsvertrags der Geschäftsführer zuständig. Trotz des fehlenden Verweises auf § 84 AktG ist dennoch von der Übertragbarkeit der Personalkompetenz auf den Aufsichtsrat auszugehen.295 Im Zweifel folgen dabei aus der Zuweisung der Kompetenz zur Bestellung auch die Abberufungskompetenz sowie die Kompetenz zu Abschluss und Kündigung des Anstellungsverhältnisses.296 Umstritten ist, ob die Kompetenz der Gesellschafterversammlung dabei vollständig verdrängt und damit dem Aufsichtsrat die ausschließliche Personalkompetenz übertragen werden kann. Ein Großteil des Schrifttums geht davon aus, dass der Gesellschafterversammlung zumindest das Recht zur Abberufung aus wichtigem Grund verbleiben müsse.297 Andere gehen davon aus, dass aufgrund des entscheidenden Einflusses der Geschäftsführerbesetzung auf die Geschicke der Gesellschaft, die Gesellschafterversammlung in jedem Fall zur Abberufung befugt bleibe.298 Dies soll sich aus dem Grundsatz der Verbandssouveränität ergeben; eine Zwischenschaltung des Aufsichtsrats sei mit der geforderten Unabhängigkeit der Gesellschafter von den Entscheidungen Dritter nicht zu vereinbaren.299 Hinsichtlich der Zuweisung der Bestellungskompetenz an den Aufsichtsrat wird mitunter vertreten, dass in diesem Fall wiederum die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder zwingend durch die Gesellschafterversammlung zu erfolgen habe, um die nötige Rückbindung des Aufsichtsrats an die Gesellschafterversammlung sicherzustellen.300 Letzteres hätte zur Folge, dass Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat bei Zuweisung der ausschließlichen Personalkompetenz ausgeschlossen wären.

295 Ganz h.M., vgl. statt vieler Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 85 f.; Scholz/ K. Schmidt, § 46 Rn. 3, 72; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 267; Michalski/Römermann, § 46 Rn. 217, 239; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 34a, 94; Roth/Altmeppen, § 46 Rn. 19; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 177; MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 28; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 286; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 474; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 120 ff.; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 106 f.; Härer, Beirat in der GmbH, S. 62, 65 f.; Bürkle, Rechte Dritter, S. 147; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 133; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 23; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 492 ff.; Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810, 811. 296 Vgl. MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 182. 297 So etwa Michalski/Römermann, § 45 Rn. 33; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 267; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 38 Rn. 17; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 137 ff.; Hölters, Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 23; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 125 f.; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 476, 510; Spindler/Kepper, DStR 2005, 1738, 1741. 298 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 38 Rn. 17. 299 Herfs, Einwirkung Dritter, S. 125. 300 Semrau, Dritteinflussnahme, S. 289.

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Die zutreffende Gegenansicht301 bringt gegen eine zwingend konkurrierende Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung – auch für den Fall der Abberufung aus wichtigem Grund – vor, dass auch in den Fällen eines obligatorischen Aufsichtsrats § 31 MitbestG und § 12 MontanMitbestG dem Aufsichtsrat die ausschließliche Personalkompetenz zuweisen.302 Gegen den Vergleich mit den mitbestimmungsrechtlichen Regelungen wird zwar vorgebracht, dass nur die gesetzliche Normierung der Abberufungsgründe im Aktiengesetz303 und die berechtigten Arbeitsnehmerinteressen in der mitbestimmten GmbH304 die Zuständigkeitsverlagerung rechtfertigten. Jedoch wird zu Recht darauf hingewiesen, dass auch ein Zusatzorgan Träger berechtigter Interessen sein kann und es zudem nicht davon abhängen kann, ob das Gesetz oder die Rechtsprechung definiert, wann ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt.305 Zudem zeigt bereits die Regelung in der Aktiengesellschaft, dass es sich bei der zwingenden (zumindest konkurrierenden) Zuweisung der Personalkompetenz an die Anteilseignerversammlung nicht um einen allgemeinen Grundsatz handeln kann.306 Auch aus dem Grundsatz der Verbandssouveränität folgt nichts anderes. Ein Aufsichtsrat ist gerade nicht außenstehender Dritter, sondern ein Gesellschaftsorgan. Die Aufsichtsratsmitglieder sind bei ihrer Tätigkeit an das Gesellschaftsinteresse gebunden und daher bei Vorliegen wichtiger Gründe zur Abberufung verpflichtet. Auch besteht deren Verantwortlichkeit gem. § 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 116, 93 AktG gegenüber der Gesellschaft. Zudem wird die zwingende Verantwortlichkeit der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft durch die vollständige Übertragung der Abberufungskompetenz auf den Aufsichtsrat, entgegen anderslautender Ansicht,307 nicht aufgehoben. Die Gesellschafterversammlung kann auch jederzeit die Kompetenz durch eine entsprechende Satzungsregelung wieder an sich ziehen.

301 Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 87; Scholz/Uwe H. Schneider, § 46 Rn. 72; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 185; Michalski/Römermann, § 46 Rn. 242; MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 38; Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810, 811 f.; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 494; Bürkle, Rechte Dritter, S. 147 f.; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 161 f.; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 290 f.; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 107; Härer, Beirat in der GmbH, S. 63 ff.; Uwe H. Schneider, ZGR 1983, 535, 544; Thümmel, DB 1995, 2461, 2464. 302 MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 185; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 122; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 107; MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 38; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 290 f.; Müller/ Wolff, GmbHR 2003, 810, 812; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 494; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 161 f. 303 Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 138. 304 Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 138; Spindler/Kepper, DStR 2005, 1738, 1741 f. 305 Vgl. Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810, 812 Fn. 19. 306 Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 107; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 161 f. 307 So aber Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 23.

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Zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen ist die ausschließliche Kompetenz zudem einer konkurrierenden Zuständigkeitsverteilung vorzuziehen.308 Auch die Entlastungskompetenz der Gesellschaftsversammlung ist nicht zwingend und kann daher auf einen Aufsichtsrat übertragen werden.309 Gegen eine verdrängende Kompetenzzuweisung wird zwar vorgebracht, dass die Entlastung aufgrund ihrer Präklusionswirkung eine „Kernkompetenz“ der Gesellschafterversammlung sei.310 Zudem dürfe diese keinem Organ übertragen werden, dass nicht an das Gesellschaftsinteresse gebunden sei, da die Geschäftsführer nur in diesem Fall ernstlich mit einer Verfolgung von Ersatzansprüchen durch die wirtschaftlich Betroffenen und damit die Gesellschafter rechnen müssten.311 Dieser Argumentation wird zu Recht entgegengetreten.312 Sie ist jedoch für die Kompetenzzuweisung an den Aufsichtsrat, der in jedem Fall an das Gesellschaftsinteresse gebunden ist, zumal dessen Mitglieder bei Verstößen nach §§ 116, 93 AktG haften, bereits nicht einschlägig. Aufgrund der Bindung an das Gesellschaftsinteresse ist daher von der Zulässigkeit einer verdrängenden Kompetenzzuweisung auszugehen, welche sich aber zumindest im Wege der Auslegung aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben muss. 4. Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Gesellschafter und Geschäftsführer sowie gerichtliche Vertretung der Gesellschaft gegen letztere Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat, steht nach § 46 Nr. 8 GmbHG grundsätzlich der Gesellschafterversammlung zu. Die Regelung des § 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG, welche die Entscheidung über das „ob“ der Geltendmachung der Ersatzansprüche der Gesellschafterversammlung zuweist, ist dispositiv. Die entsprechende Kompetenz kann auf einen fakultativen Aufsichtsrat übertragen werden.313 308

So Spindler/Kepper, DStR 2005, 1738, 1741. Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 88; Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 88; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 48 und 94; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 187; Michalski/Giedinghagen, § 46 Rn. 325; Härer, Beirat in der GmbH, S. 66 f.; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 139 f. 310 MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 187. 311 MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 187; so auch Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 88. 312 Michalski/Giedinghagen, § 46 Rn. 326; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 88. 313 Vgl. Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 143; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 290; Michalski/Römermann, § 46 Rn. 462 f.; Kleindiek, FS Graf v. Westphalen, 2010, S. 387, 390. Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 181, geht dem gegenüber davon aus, dass bereits aus § 112 AktG die Zuständigkeit des Aufsichtsrats, über das „Ob“ der Geltendmachung von Er309

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Dies gilt auch für die Vertretungskompetenz aus § 46 Nr. 8 Var. 2 GmbHG.314 Sofern diese Kompetenz nicht zur ausschließlichen Zuständigkeit auf den Aufsichtsrat übertragen wird, kann die verbleibende Kompetenz der Gesellschafterversammlung in Konflikt mit der Kompetenz des Aufsichtsrats nach §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 112 AktG geraten. Nach § 112 AktG vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern. Allerdings sind sämtliche Rechtsstreitigkeiten in Zusammenhang mit Bestellung und Anstellung der Geschäftsführer nicht von § 112 AktG erfasst, diese richten sich als Annex nach der Personalkompetenz,315 so dass der Anwendungsbereich der §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 112 AktG stark begrenzt ist. Nach der herrschenden Meinung soll, sofern der Gesellschaftsvertrag die Regelung des § 112 AktG nicht abbedungen hat, im Zweifel dem Aufsichtsrat die ausschließliche Zuständigkeit zustehen; die Kompetenz der Gesellschafterversammlung nach § 48 Nr. 8 Var. 2 GmbHG werde verdrängt.316 Ohne auf die Möglichkeit einer konkurrierenden Kompetenzzuweisung einzugehen, wird hierbei der Ausschluss der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung mit dem Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 112 AktG und damit des „Satzungsrangs“ dieser Kompetenz begründet.317 Sofern allerdings weder §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 112 AktG noch § 46 Nr. 8 GmbHG abbedungen wird, handelt es sich in beiden Fällen um eine gesetzliche, subsidiäre Kompetenzzuweisung. Entscheidend für das Verhältnis der Kompetenzen von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung ist der Zweck der gesetzlichen Zuweisung der Vertretungskompetenz an den Aufsichtsrat. Diese soll der Rechtsklarheit dienen und die Kontinuität der Vertretung der Gesellschaft sicherstellen.318 Eine konkurrierende Aufgabenwahrnehmung würde dem widersprechen. Eine solche ist daher im Zweifel nicht gewollt, sodass davon auszugehen ist, dass sofern vom gesetzlichen Regelfall abgewichen und ein Aufsichtsrat eingerichtet wird, die damit speziellere Kompetenzzuweisung an den Aufsichtsrat – anders als dies etwa bei der Kontrollaufgabe der Fall ist – Vorrang haben sollte. Aber auch bei einer ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats ist die Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines besonderen Vertreters entspresatzansprüchen zu entscheiden folge; a.A. zutreffend Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 46 Rn. 35; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 59 sowie § 52 Rn. 116. 314 Vgl. MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 290. 315 Vgl. Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 277; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 31; a.A. Scholz/ Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 181. 316 BGH NZG 2004, 327; MDR 1990, 803; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 265; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 119 (dies folge aus dem Normzweck); Michalski/Römermann, § 46 Rn. 473; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 426; so wohl auch: Scholz/ K. Schmidt, § 46 Rn. 165; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 69; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 181, MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 39; a.A.: Brandner, FS Quack, 1991, S. 201, 208; unklar: Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 46 Rn. 46. 317 MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 265; so wohl auch Michalski/Römermann, § 46 Rn. 473. 318 So BGH MDR 1990, 803.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

chend § 147 Abs. 2 S. 1 AktG berechtigt.319 Selbst im Aktienrecht steht der dort zwingende § 112 AktG unter diesem Vorbehalt, sodass für den Aufsichtsrat der GmbH nichts anderes gelten kann.320 Auch in der GmbH ist eine effektive Rechtsverfolgung bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen, wegen der Möglichkeit der Aufdeckung auch eines Versäumnisses des Aufsichtsrats, oft nicht zu erwarten, sodass der § 147 AktG zugrunde liegende Gedanke ebenfalls Anwendung findet.321 5. Die Insolvenzantragspflicht Anders als in der Aktiengesellschaft und der Genossenschaft sind die Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats bei Führungslosigkeit der Gesellschaft nicht nach § 15a InsO zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet.322 Verpflichtet sind vielmehr in diesem Fall nach § 15a Abs. 3 Hs. 1 GmbHG die Gesellschafter. Dieser Kompetenzverteilung soll eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde liegen.323 Mangels Dispositionsbefugnis der Gesellschafter über das Verfahrensrecht kann die Insolvenzantragspflicht auch nicht auf den Aufsichtsrat übertragen werden.324 Insbesondere können die Gesellschafter nicht das Eingreifen öffentlichrechtlicher Strafandrohungen (§ 15a Abs. 4 und 5 InsO) anordnen.325 Gesellschaftsintern soll es aber möglich sein, den Aufsichtsrat im Gesellschaftsvertrag zur Insolvenzantragsstellung zu verpflichten. Zwar disponierten die Gesellschafter auch in diesem Fall über das Antragsrecht und griffen in das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren ein, jedoch sei es widersinnig einen durch die Aufsichtsratsmitglieder gestellten Insolvenzantrag zurückzuweisen, da in einem solchen Fall die hierbei 319

Dies ist zumindest für den fakultativen Aufsichtsrat unstrittig, vgl. statt vieler Ulmer/ Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 119; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 426; Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 66; Kleindiek, FS Graf v. Westphalen, 2010, S. 387, 388. 320 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 119; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 277; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 46 Rn. 47; Kleindiek, FS Graf v. Westphalen, 2010, S. 387, 388. 321 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 426. 322 A.A. Scholz/Bitter, vor § 64 Rn. 95; so auch für den Fall der Übertragung der Personalkompetenz auf den Aufsichtsrat: Baumbach/Hueck/Haas, 20. Aufl. 2013, § 64 Rn. 169, mit dem Argument, dass diese zwei Pflichten korrelieren (anders aber nunmehr Baumbach/Hueck/ Haas, § 64 Rn. 153; aber weiterhin für ein Antragsrecht der Aufsichtsratsmitgleider bei Übertragung der Personalkompetenz: Baumbach/Hueck/Haas, § 60 Rn. 28). Ebenso für den obligatorischen Aufsichtsrat: Habersack, JZ 2010, 1191, 1192; Poertzgen, GmbHR 2007, 258, 260. Dem steht jedoch sowohl der Wille des Gesetzgebers als auch der eindeutige Wortlaut entgegen. 323 Vgl. Thiessen, ZGR 2011, 275, 289 mit Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien und zum zustimmenden Schrifttum; krit. aber: Goette/Habersack/Casper, MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rn. 6.34 (für einen Gleichlauf mit der Aktiengesellschaft spreche eine „funktionelle Betrachtung des § 52 GmbHG“); Gundlach/Frenzel/Strandmann, NZI 2008, 647. 324 Vgl. Thiessen, ZGR 2011, 275, 289; im Ergebnis ebenso Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 213. 325 Vgl. Thiessen, ZGR 2011, 275, 289.

F. Schranken aufgrund zwingender gesetzlicher Kompetenzverteilung

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übergangenen Personen nach § 15 Abs. 2 InsO gehört werden könnten.326 In jeden Fall können die Aufsichtsratsmitglieder aber zur Antragstellung bevollmächtigt werden, um ihren satzungsmäßigen Pflichten nachzukommen.327 Zudem ist der Aufsichtsrat verpflichtet, auf die nach § 15a Abs. 3 InsO zur Antragsstellung verpflichteten Gesellschafter einzuwirken.328 6. Das Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern Die Gesellschafterversammlung kann auch ihr Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern auf den Aufsichtsrat delegieren.329 Umstritten ist, ob insoweit auch eine ausschließliche Kompetenzzuweisung zulässig ist.330 Ebenso wie im Rahmen der Übertragung der Überwachungskompetenz wird auch hier gegen eine ausschließliche Kompetenz die Unabdingbarkeit der Verantwortlichkeit der Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern vorgebracht, welche im Gegenzug ein Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern bedinge.331 Neben dem Umstand, dass die Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft besteht und nicht davon abhängt, ob das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung oder dem Aufsichtsrat zusteht, übersieht dies die regelmäßig bestehende Rückfallkompetenz der Gesellschafterversammlung und insbesondere die Möglichkeit, die Zuständigkeit jederzeit durch Satzungsänderung wieder an sich zu ziehen. Aus Gründen der Verbandsautonomie verbietet sich daher eine Delegation nicht. Im Zweifel ist aber von einer konkurrierenden Weisungsbefugnis auszugehen.332 Diese stellt ein entscheidendes Geschäftsführungsmittel dar, dessen Ausschluss sich zumindest im Wege der Auslegung aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben muss.

326

So Thiessen, ZGR 2011, 275, 289; a.A. Noack, LMK 2010, 310151. Vgl. Thiessen, ZGR 2011, 275, 290. 328 Vgl. E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458. 329 H.M., vgl. statt vieler Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 15; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 13; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 238; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 110; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457; Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 295. 330 Zustimmend: Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 161; Rowedder/Schmidt-Leithoff/ Koppensteiner/Gruber, § 45 Rn. 15; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 183; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 498 f.; Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 295 (Das Weisungsrecht zähle nicht zum „unabdingbaren Kern“); ablehnend: MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 109; Konzen, NJW 1989, 2977, 2980 (Das Weisungsrecht müsse durch einfachen Gesellschafterbeschluss revidierbar sein); Wälzholz DStR 2003, 511, 513 (für den fremdbesetzten Beirat in einer Personengesellschaft); Rodewald/Wohlfarter, GmbHR 2013, 689, 691. 331 MünchKommGmbHG/Liebscher, § 45 Rn. 109. 332 So auch Rodewald/Wohlfarter, GmbHR 2013, 689, 691. Umstritten ist dabei das Verhältnis des einem Aufsichtsrat eingeräumten Weisungsrechts zu demjenigen der Gesellschafterversammlung, vgl. dazu 5. Teil, A. II. 327

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

In welchem Umfang das Weisungsrecht auf den Aufsichtsrat übertragen werden kann, ohne dass dieser seine Funktion als Kontrollorgan und damit seine Aufsichtsratseigenschaft einbüßt, wird an späterer Stelle thematisiert.333 Der Aufsichtsrat kann weiter – vergleichbar mit der Einräumung einer Weisungsbefugnis – zur verbindlichen Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten der Geschäftsführer berufen werden.334 7. Sonstige Kompetenzen der Gesellschafterversammlung Die Einforderung von Einlagen steht zwar nach § 46 Nr. 2 GmbHG grundsätzlich der Gesellschafterversammlung zu. Auch diese Kompetenz kann jedoch, auch zur ausschließlichen Ausübung, auf einen fakultativen Aufsichtsrat übertragen werden.335 Ein gleichwohl gefasster Beschluss der Gesellschafterversammlung ist dabei wegen Verstoßes gegen den Gesellschaftsvertrag anfechtbar.336 Auch die Beschlussfassung über die Rückzahlung von Nachschüssen, welche gem. § 46 Nr. 3 GmbHG grundsätzlich der Gesellschafterversammlung zusteht, kann auf einen fakultativen Aufsichtsrat übertragen werden.337 Ebenso soll § 46 Nr. 4 GmbHG, wonach die Entscheidung über Teilung, Zusammenlegung und Einziehung der Gesellschafterversammlung zusteht – nach insbesondere für die Einziehung nicht unbestrittener Ansicht – dispositiv sein.338 Auch § 46 Nr. 7 GmbHG ist dispositiv;339 die Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten kann auf einen Aufsichtsrat übertragen werden. Die Festsetzung der Geschäftsführervergütung, für welche mangels Verweis auf § 87 Abs. 1 AktG in § 52 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich die Gesellschafterversammlung zuständig ist, kann ebenfalls auf den fakultativen 333

Vgl. hierzu 5. Teil, A. I. 1. d). E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457. 335 Vgl. RGZ 82, 386; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 37; Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 52; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 73; Roth/Altmeppen, § 46 Rn. 11; Michalski/Römermann, § 46 Rn. 145; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 46 Rn. 29 (Übertragung auf „anderes Organ“); Härer, Beirat in der GmbH, S. 59. 336 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 37. 337 Unstr., vgl. statt vieler Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 41, m.w.N.; Michalski/ Römermann, § 46 Rn. 145 m.w.N. 338 MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 95; Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 64; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 46 Rn. 20; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 46 (für Teilung), Rn. 49 (für Zusammenlegung); Michalski/Römermann, § 46 Rn. 190, 191, 193; Härer, Beirat in der GmbH, S. 60 f. A.A. für die Einziehung: Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 105; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 41 ff.; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 129 ff.; für lediglich konkurrierende Kompetenzzuweisung: Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 510 (für Teilung und Einziehung). 339 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 99; Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 134; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 46 Rn. 37; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 225; MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 52. 334

G. Schranken aufgrund der Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat

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Aufsichtsrat übertragen werden.340 Der Aufsichtsrat kann zudem zur Genehmigung der Abtretung von Gesellschaftsanteilen nach § 15 Abs. 5 GmbHG ermächtigt werden.341

G. Schranken aufgrund der Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat Im Folgenden ist der Frage nachzugehen, welche Folgen das Eingreifen einer gesetzlichen Pflicht, einen Aufsichtsrat einzurichten, für die Errichtung und Ausgestaltung eines fakultativen Aufsichtsrats nach sich zieht. Hierbei ist insbesondere darauf einzugehen, wie sich der Eintritt und der Wegfall der Voraussetzungen, unter denen ein obligatorischer Aufsichtsrat zu bilden ist, auf einen fakultativen Aufsichtsrat auswirken.

I. Die Fälle der zwingenden Einrichtung eines Aufsichtsrats in der GmbH § 52 Abs. 1 GmbHG regelt den Fall, dass die Gesellschaft freiwillig einen Aufsichtsrat einrichtet. Nicht erfasst sind die Fälle eines zwingend einzurichtenden Aufsichtsrats. Ein obligatorischer Aufsichtsrat ist immer dann einzurichten, wenn dies spezialgesetzlich angeordnet ist. Gesetzliche Regelungen zur Einrichtung eines Aufsichtsrats in der GmbH enthalten die Regelungen des Mitbestimmungsrechts – MitbestG, DrittelbG, MontanMitbestG und MontanMitbestErgG – sowie das KAGB342.343 Dabei dienen die Regelungen des Mitbestimmungsrechts dem Schutz der Arbeitnehmer, die des KAGB sollen die Seriosität von Kapitalverwaltungsgesellschaften sicherstellen.344 Eine GmbH mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern, die nicht dem MitbestG, dem MontanMitbestG oder dem MitbestErgG unterfällt, hat grundsätzlich 340

Keiluweit, BB 2011, 1795, 1799 (dies sei allerdings unüblich). H.M, vgl. statt vieler MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 398; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 13; MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, § 15 Rn. 426; Michalski/Ebbing, § 15 Rn. 152; Roth/Altmeppen, § 15 Rn. 104; Salje, ZIP 1989, 1526 ff. (zum Beirat). 342 Kapitalanlagegesetzbuch, Neuregelung eingeführt durch: Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds vom 04. 07. 2013, BGBl. I S. 1981. Die entsprechende Regelung befand sich zuvor in § 6 Abs. 2 InvG. 343 Daneben kommen im Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf einen Aufsichtsrat die Regelungen des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitender Verschmelzung vom 21. 12. 2006 (MgVG), BGBl. I S. 3332, zur Anwendung. 344 So Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 2, zur Vorgängernorm im InvG. Die Gesetzesbegründung zum KAGB enthält hierzu lediglich den Hinweis, dass die Regelung im Wesentlichen § 6 Abs. 2 InvG entspreche, RegE, BT-Drucks. 17/12294, S. 212. 341

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG einen Aufsichtsrat nach den Vorschriften des DrittelbG einzurichten.345 Nach §§ 1, 6 MitbestG hat eine GmbH, die in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt, einen Aufsichtsrat nach den Vorschriften des MitbestG einzurichten. Nach § 3 MontanMitbestG muss eine GmbH, die ein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 MontanMitbestG betreibt und in der Regel mehr als 1000 Arbeitsnehmer beschäftigt oder bei Vorliegen einer Einheitsgesellschaft, einen Aufsichtsrat nach den Bestimmungen des MontanMitbestG einrichten. Nach dem MitbestErgG ist ein Aufsichtsrat einzurichten, wenn die GmbH zwar selbst nicht dem MontanMitbestG unterfällt, aber eine Gesellschaft, die dem MontanMitbestG unterfällt, beherrscht und der Unternehmenszweck des Konzerns durch Konzernunternehmen und abhängige Unternehmen gekennzeichnet ist, die unter das MontanMitbestG fallen.346 Eine externe Kapitalverwaltungsgesellschaft, die in der Rechtsform der GmbH betrieben wird, hat nach § 18 Abs. 2 KAGB einen Aufsichtsrat nach dem KAGB einzurichten. Dabei sind Kapitalverwaltungsgesellschaften nach § 17 Abs. 1 KAGB Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz und Hauptverwaltung im Inland, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische alternative Investmentfonds (AIF) zu verwalten. Die Verwaltung eines Investmentvermögens liegt vor, wenn mindestens die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement für ein oder mehrere Investmentvermögen erbracht wird. Eine externe Kapitalverwaltungsgesellschaft ist – in § 17 Abs. 2 Nr. 1 KAGB legaldefiniert – eine Kapitalverwaltungsgesellschaft, die vom Investmentvermögen oder im Namen des Investmentvermögens bestellt ist und auf Grund dieser Bestellung für die Verwaltung des Investmentvermögens verantwortlich ist.

II. Wechsel des Aufsichtsratssystems Zunächst ist zu klären, wie sich das Überschreiten der Schwelle der Mitbestimmung auf das Bestehen eines fakultativen Aufsichtsrats auswirkt. Denkbar ist zum einen der Fall, dass eine zunächst aufsichtsratspflichtige Gesellschaft aus der Mitbestimmung herausfällt, sowie der umgekehrte Fall, dass eine GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat die Schwellen der Mitbestimmung überschreitet und aufsichtsratspflichtig wird.

345

Ausnahmen bestehen gem. § 1 Abs. 2 DrittelbG für sog. Tendenzunternehmen sowie Religionsgemeinschaften und deren karitative und erzieherische Einrichtungen, hierzu Scholz/ Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 30. 346 So die Definition in § 3 Abs. 1 MitbestErgG. Derzeit soll allerdings keine GmbH dem Anwendungsbereich des MontanMitbestErgG unterfallen, vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/ Noack, § 52 Rn. 312.

G. Schranken aufgrund der Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat

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§ 27 EGAktG erklärt für die GmbH die §§ 96 Abs. 2, 97 – 99 AktG und damit das sog. Statusverfahren für entsprechend anwendbar.347 Zwar greifen die Normen nach ihrem Wortlaut nur für einen nicht nach den jeweils anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zusammengesetzten Aufsichtsrat ein und damit nicht ausdrücklich für den Wegfall der Aufsichtsratspflicht. Die herrschende Meinung geht dennoch zutreffend von der Anwendbarkeit des Statusverfahrens auch für den, für die Aktiengesellschaft nicht denkbaren, Fall des Wegfalls der Aufsichtsratspflicht aus.348 Der Zweck des Kontinuitätsgrundsatzes des § 96 Abs. 2 AktG, den Aufsichtsrat stets auf eine sichere Rechtsgrundlage zu stellen,349 greift erst recht für den Wegfall der Aufsichtsratspflicht und nicht nur bei bloßer Änderung der jeweils anwendbaren mitbestimmungsrechtlichen Regelungen. Ein obligatorischer Aufsichtsrat entfällt damit, auch wenn die Voraussetzungen für dessen Bestehen nicht mehr vorliegen, erst mit der Bekanntmachung nach § 97 AktG bzw. dem Verfahren nach §§ 98 f. AktG.350 In diesem Verfahren ist allerdings nur das Bestehen einer Aufsichtsratspflicht zu klären, nicht hingegen die Frage, ob stattdessen ein fakultativer Aufsichtsrat bestehen soll.351 Dessen Errichtung muss sich dabei auch in diesem Fall aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben. Sollte im Gesellschaftsvertrag bereits eine Regelung zum Aufsichtsrat enthalten sein, scheint der Bundesgerichtshof von einem Übergang ipso iure zum fakultativen Aufsichtsrat auszugehen.352 Die hierzu ergangene Entscheidung betraf allerdings eine Gesellschaft, die zunächst einem Pflichtaufsichtsrat nach § 1 WGGDV a.F.353 besaß. Mit Aufhebung dieser gesetzlichen Grundlage fiel auch die Pflicht zur Einrichtung eines Aufsichtsrats weg. Der Gesellschaftsvertrag enthielt aber weiterhin Regelungen zum Aufsichtsrat, welche der Bundesgerichtshof auf das weiterhin bestehende, nun als „fakultativen“ Aufsichtsrat eingeordnete Kontrollorgan anwendete, wobei kein Statusverfahren durchgeführt wurde. Die Aufhebung der dem Aufsichtsrat zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen führte allerdings zu der Besonderheit, dass keine Rechtsunsicherheit betreffend der auf den Aufsichtsrat anzuwendenden Regelungen und des zeitlichen Eintritts der Rechtsänderung vorlag. Damit bestand ausnahmsweise auch kein Bedürfnis für die Durchführung des Sta347 Ebenso § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 6 Abs. 2 MitbestG, § 3 Abs. 2 MontanMitbestG, § 3 Abs. 1 MitbestErgG i.V.m. § 3 Abs. 2 MontanMitbestG, § 24 Abs. 2 S. 2 MgVG. 348 Vgl. statt vieler OLG Frankfurt NZG 2010, 353; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 67; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 14 und Rn. 159 (Erst-Recht-Schluss); Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 38; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 15; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1112 (S. 442); Weiler, NZG 2004, 988 (mit ausführlicher Herleitung der Analogie); Meier, DStR 2011, 1430, 1431. 349 So bereits die Begründung in BT-Drucks. 4/171, S. 113 (zu § 93 AktG a.F.). 350 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 14. 351 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 14; Meier, DStR 2011, 1430, 1431. 352 BGH NZG 2004, 327. 353 Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. 1969, S. 239.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

tusverfahrens. Dies ist aber im Regelfall des Herausfallens aus der Mitbestimmung durch Unterschreiten der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl gerade nicht gegeben, sodass grundsätzlich ein solcher Übergang ipso iure von einem obligatorischen zu einem fakultativen Aufsichtsrat ohne Durchführung eines Statusverfahrens abzulehnen ist.354 Allerdings ist durch das Statusverfahren nur zu klären, dass kein Pflichtaufsichtsrat mehr besteht. Es ist damit lediglich in Bezug auf den Wegfall des obligatorischen Aufsichtsrats anzuwenden. Für das Entstehen eines fakultativen Aufsichtsrats ist es nicht maßgeblich. § 52 GmbHG verweist für den fakultativen Aufsichtsrat gerade nicht auf das Statusverfahren.355 Auch der Zweck des § 97 Abs. 2 AktG, sicherzustellen, dass die Gesellschaft nicht ohne Aufsichtsrat besteht und damit einen lückenlosen Übergang zwischen den Aufsichtsratssystemen zu gewährleisten, greift mangels Aufsichtsratspflicht in der GmbH gerade nicht ein.356 In der Folge erlischt der obligatorische Aufsichtsrat im Fall des § 97 Abs. 2 AktG mit dem Ablauf der Monatsfrist des § 97 Abs. 2 S. 1 AktG. Einer Einhaltung des Verfahrens nach § 97 Abs. 2 S. 2 und S. 3 AktG bedarf es mangels einer gesetzlichen Pflicht zur lückenlosen Bestellung neuer Aufsichtsratsmitglieder nicht.357 Auch § 98 AktG ist nur insoweit entsprechend anzuwenden, als dies den Wegfall des obligatorischen Aufsichtsrats betrifft.358 Das Bestehen und damit die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats müssen sich somit aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrags ergeben. Sofern daher der Gesellschaftsvertrag bereits eine Regelung zum Aufsichtsrat enthält, aus welcher sich entnehmen lässt, dass diese auch für einen fakultativen Aufsichtsrat gelten soll, und ein solcher damit bereits durch den Gesellschaftsvertrag errichtet ist, sind die Regelungen des § 52 GmbHG auf den „neuen“ Aufsichtsrat anzuwenden. Dessen Mitglieder sind dann unabhängig vom Wegfall des obligatorischen Aufsichtsrats zu bestellen. Im Fall des Hineinwachsens in die Aufsichtsratspflicht bei Bestehen eines fakultativen Aufsichtsrats soll nach herrschender Meinung das Statusverfahren ebenfalls Anwendung finden.359 Jedoch ist zu bedenken, dass § 27 EGAktG mit Blick auf den obligatorischen Aufsichtsrat geschaffen wurde.360 Bereits der Wortlaut des § 96 Abs. 2 AktG spricht gegen eine Anwendung auf den fakultativen Aufsichtsrat; hiernach kann der Aufsichtsrat nur nach anderen als den „zuletzt anwendbaren gesetzlichen Vorschriften“ zusammengesetzt werden, wenn das Verfahren der §§ 97 f. AktG eingehalten wurde, was auf einen von Gesetz wegen einzurichtenden Aufsichtsrat Bezug nimmt. Zwar wird mitunter vertreten, dass Gesetz im Sinne 354

So bereits Weiler, NZG 2004, 988, 991. Vgl. Weiler, NZG 2004, 988, 992. 356 Vgl. Weiler, NZG 2004, 988, 992. 357 Vgl. Weiler, NZG 2004, 988, 992. 358 Vgl. Weiler, NZG 2004, 988, 992. 359 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 15; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 68; Lutter/ Krieger/Verse, Rn. 1111; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 41; Römermann/Kautzsch, MünchAnwHdbGmbH, § 18 Rn. 135; Weiler, NZG 2004, 988, 991 f. 360 So die Begründung des RegE, zitiert nach Kropff/Thölke, AktG 1965, S. 539. 355

G. Schranken aufgrund der Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat

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dieser Vorschriften auch die Satzung sei.361 Zur Begründung wird ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts herangezogen, das die Anwendung des Statusverfahrens auf Satzungsänderungen in der Aktiengesellschaft für den Fall der Änderung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder bejahte.362 Die herrschende Meinung folgt dieser Sicht des Bundesarbeitsgerichts aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht.363 Dies muss aber erst recht gelten, wenn es sich nicht um einen von Gesetzes wegen einzurichtenden Aufsichtsrat handelt, dessen Zusammensetzung nur durch die Satzung geändert wird, sondern einen allein aufgrund der Satzung einzurichtenden Aufsichtsrat. Das Statusverfahren bezieht sich zudem in unmittelbarer Anwendung lediglich auf Änderungen der Zusammensetzung des Aufsichtsrats infolge des Wechsels zwischen den Mitbestimmungssystemen. In diesen Fällen ist jeweils ein Aufsichtsrat nach den gesetzlichen Bestimmungen zu errichten, wobei jeweils nur eines der Systeme anwendbar sein kann und damit auch jeweils nur ein obligatorischer Aufsichtsrat bestehen kann. Der Anwendung des Statusverfahrens bei Überschreiten der Schwellen der Mitbestimmung bei Bestehen eines fakultativen Aufsichtsrats durch die herrschende Meinung scheint ebenfalls die Überlegung zugrunde zu liegen, dass eine Überleitung des fakultativen Aufsichtsrats in einen obligatorischen erfolgt, also eine Kontinuität des Aufsichtsorgans besteht.364 Vorhandene gesellschaftsvertragliche Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat sind aber nicht ohne weiteres auf einen Aufsichtsrat nach den Bestimmungen des Mitbestimmungsrechts anzuwenden. Die Anwendbarkeit der gesellschaftsvertraglichen Regelungen zum fakultativen Aufsichtsrat auf einen obligatorischen Aufsichtsrat muss sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben und ist insbesondere dann nicht anzunehmen, wenn dem zunächst fakultativen Aufsichtsrat mehr Befugnisse eingeräumt sind, als dies etwa nach dem DrittelbG zwingend der Fall sein müsste. Im Zweifel wird es nicht gewollt sein, den Mitgliedern eines obligatorischen Aufsichtsrats weitergehende Befugnisse einzuräumen als gesetzlich vorgesehen, denn diese stünden auch den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmerseite zu und nicht lediglich von der Gesellschafterversammlung frei gewählten Aufsichtsratsmitgliedern. 361

So Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 44. BAG, Beschluss vom 03. 10. 1989 – 1 ABR 12/88, WM 1990, 633 zur AG. 363 Vgl. statt aller OLG Hamburg, Beschluss vom 26. 08. 1988 – 11 W 53/88, GmbHR 1989, 333; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 14; Hüffer/Koch, AktG, § 97 Rn. 3; MünchKommAktG/Habersack, § 97 Rn. 14; MünchHdbGesRt/Hoffmann-Becking, Bd. IV, § 28 Rn. 61 sowie Spindler/Stilz, AktG, § 97 Rn. 8 f., mit dem Argument, dass mangels Regelungslücke die Voraussetzungen einer Analogie nicht gegeben seien. Die durch das Statusverfahren sicherzustellende Rechtssicherheit werde bereits durch § 181 Abs. 3 AktG erreicht und damit die konstitutive Wirkung der Handelsregistereintragung. 364 So ausdrücklich Weiler, NZG 2004, 988, 991. Darauf hindeutend auch die Formulierung bei MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 68: „Ein bestehender fakultativer Aufsichtsrat ändert sich von Gesetzes wegen in seiner Zusammensetzung, wenn die relevanten Schwellenwerte der Mitbestimmungsgesetze überschritten werden, so dass das Statusverfahren nach §§ 97 – 99 AktG durchzuführen ist.“ 362

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

Durch die Durchführung des Statusverfahrens ist daher lediglich zu klären, ab welchem Zeitpunkt ein obligatorischer Aufsichtsrat einzurichten bzw. weggefallen ist. Es ist nur auf gesetzliche und nicht auf rein gesellschaftsvertragliche Aufsichtsräte anzuwenden. In der Folge ist auch lediglich die Bekanntmachung entsprechend § 97 Abs. 2 S. 1 AktG bzw. das Verfahren nach § 98 AktG erforderlich, um den obligatorischen Aufsichtsrat einzurichten. § 97 Abs. 2 S. 2 bis 4 AktG ist nicht zu beachten. Insbesondere § 97 Abs. 2 S. 2 AktG betrifft nur Regelungen im Gesellschaftsvertrag, die einen obligatorischen Aufsichtsrat zum Gegenstand haben. Die Anwendung allein auf den obligatorischen Aufsichtsrat stellt sicher, dass der Zeitpunkt der Errichtung des obligatorischen Aufsichtsrats feststeht. Somit ist auch feststellbar, ab welchem Zeitpunkt dem obligatorischen Aufsichtsrat zuwiderlaufende Kompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats wegfallen, wie dies etwa bei der Personalkompetenz der Fall ist. Eine Kontinuität des Überwachungsorgans ist dazu nicht erforderlich.

III. Möglichkeit der Koexistenz verschiedener (Kontroll-)Organe Mangels Kontinuität des Überwachungsorgans ist damit zu fragen, ob es – anders als aufgrund der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 AktG im Aktienrecht – im Recht der GmbH möglich ist, dass ein fakultativer Aufsichtsrat neben einem zu bildenden obligatorischen Aufsichtsrat bestehen bleiben kann, bzw. ein solcher, weiterer Aufsichtsrat nachträglich neben einem obligatorischen Aufsichtsrat errichtet werden kann. Die Frage der Zulässigkeit zweier Kontrollorgane hängt auch von der Einordnung eines Zusatzorgans als Aufsichtsrat oder sonstiges Organ ab. Die ganz herrschende Meinung geht nämlich von der Zulässigkeit der Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats neben einem Beirat aus.365 So soll etwa ein rein beratender Beirat unstreitig neben einem „Kontrollaufsichtsrat“ eingerichtet werden können.366 Ausdrücklich für die Zulässigkeit eines fakultativen Aufsichtsrats neben einem obligatorischen Aufsichtsrat spricht sich Uwe H. Schneider aus, mit dem Argument, der obligatorische Aufsichtsrat habe vor allem soziale Funktionen, die durch eine doppelte 365

Vgl. etwa MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 266; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 9; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 6; Ulmer/Hüffer/ Schürnbrand, § 45 Rn. 17 (Zulässigkeit zweier fakultativer Organe); E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 24; Härer, Beirat in der GmbH, S. 114; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 53; so auch bereits: Parisius/Crüger/Crecelius, 6. Aufl. 1922, § 52 S. 267; Liebmann, 6. Aufl. 1921, § 52 Anm. 3; a.A. Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 631, 636 f. 366 Diese Gestaltungsvariante führt Hölters, Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 24, an.

G. Schranken aufgrund der Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat

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Kontrollmöglichkeit nicht behindert würden.367 Andere gehen von der Unzulässigkeit eines fakultativen Aufsichtsrats bei Bestehen einer gesetzlichen Pflicht zur Einrichtung eines Aufsichtsrats aus.368 Die gesetzlichen Regelungen zur zwingenden Einrichtung eines Aufsichtsrats besagen ausdrücklich nichts über die Zulässigkeit eines weiteren fakultativen Aufsichtsrats neben einem obligatorischen Aufsichtsrat. Ein Bedürfnis nach einer solchen Gestaltung kann insbesondere dann bestehen, wenn dem Aufsichtsrat in größerem Umfang Rechte eingeräumt werden sollen, als sie dem obligatorischen Aufsichtsrat zwingend zustehen müssen, die Arbeitnehmervertreter jedoch von den erweiterten Kompetenzen ausgeschlossen werden sollen. Auch kann ein Bedürfnis bestehen, Dritte als Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, wie etwa Gläubigervertreter oder Lizenzgeber.369 Entscheidend für die Zulässigkeit eines fakultativen Aufsichtsrats neben einem obligatorischen Aufsichtsrat ist, ob die Kompetenzen des obligatorischen Aufsichtsrats und hierbei insbesondere die Kontrollkompetenz, welche diesem in allen seinen Erscheinungsformen zwingend zugewiesen ist,370 dem obligatorischen Aufsichtsrat zwingend zur ausschließlichen Zuständigkeit zugewiesen sind, mit der Folge, dass diese Kompetenzen keinem weiteren Aufsichtsorgan zustehen dürfen. Nur sofern die Kompetenzen konkurrierend bestehen können kann neben dem obligatorischen ein fakultativer Aufsichtsrat existieren, da auch diesem zwingend die Kontrolle der Geschäftsführung zustehen muss.371 Eine ausschließliche Überwachungskompetenz steht dem obligatorischen Aufsichtsrat jedoch auch dann nicht zu, wenn kein zusätzliches fakultatives Organ errichtet ist. Die Regelungen der Mitbestimmung führen nicht zu einer Änderung der übrigen Organisationsstruktur der GmbH. Die Gesellschafterversammlung behält die ihr nach § 46 Nr. 6 GmbHG zustehende Kontrollbefugnis über die Geschäftsführung.372 Eine zwingende ausschließliche Kontrollkompetenz kann somit nicht gegen die Einführung eines weiteren Kontrollorgans angeführt werden.373 Dem obligatorischen Aufsichtsrat steht kein Überwachungsmonopol zu. Daher ist auch

367

Uwe H. Schneider, BB 1973, 1464, 1469. Darauf deuten die Formulierungen hin bei Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 16; Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 21; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 59; eindeutig: Grote, Anlegerschutz bei der Publikums-KG, S. 117. 369 So Uwe H. Scheider, BB 1973, 1464, 1465 für den Beirat. 370 Vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 3 Abs. 2 MontanMitbestG, § 18 Abs. 2 KAGB. Das MitbestG enthält keine eigenständige Bestimmung zu den Kompetenzen, sodass sich diese ebenfalls nach § 111 AktG richtet, vgl. MünchKommAktG/Gach, Anh., § 25 MitbestG Rn. 16. 371 Zur Mindestkompetenz betreffend die Überwachung der Geschäftsführer 5. Teil, A. I. 372 Ausführlich dazu Ulmer, Einfluss des Mitbestimmungsgesetzes, S. 41 ff.; sowie etwa Härer, Beirat in der GmbH, S. 120; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 62; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 17. 373 Vgl. Härer, Beirat in der GmbH, S. 123 f.; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 428; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 753. 368

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

das hierfür angeführte Argument, dass die Aufgabenwahrnehmung einheitlich zu erfolgen habe,374 nicht stichhaltig. Die fortbestehende Kontrollbefugnis der Gesellschafterversammlung neben der eines obligatorischen Aufsichtsorgans ist aber nicht allein ausschlaggebend für die Frage der Zulässigkeit der Übertragung der Kontrolle auf ein weiteres, parallel zuständiges fakultatives Organ.375 Auch aus dem Mitbestimmungsrecht können sich Grenzen der Kompetenzübertragung auf ein weiteres, fakultatives Kontrollorgan ergeben. In der Literatur werden solche Grenzen vor allem für den Beirat diskutiert. Hierbei ist anerkannt, dass das Mitbestimmungsrecht nicht generell der Errichtung eines Beirats neben einem Aufsichtsrat entgegensteht.376 Diesem können jedoch nicht unbeschränkt Kompetenzen übertragen werden. Zwingende Kompetenzen des obligatorischen Aufsichtsrats, welche nur ordnungsgemäß erfüllt werden zu können, wenn sie allein durch ein Organ ausgeübt werden, dürfen nicht auf ein weiteres Organ übertragen werden. Entscheidend für die Frage nach dem Bestehen ausschließlicher Kompetenzen des obligatorischen Aufsichtsrats und damit der Unzulässigkeit der Kompetenzübertragung auf einen weiteren Aufsichtsrat ist damit, ob durch die konkurrierende Kompetenzausübung die Arbeit des obligatorischen Aufsichtsrats beeinträchtigt oder gar unterlaufen wird. Dies ist für jede Kompetenz gesondert zu bestimmen. Anerkannt ist etwa, dass die Übertragung der Bestellungs- und Abberufungskompetenz auf ein weiteres, fakultatives Organ die Kompetenzen des obligatorischen Aufsichtsrats beschneiden würde, die Personalkompetenz daher nicht konkurrierend ausgeübt werden kann.377 Die Überwachungskompetenz des obligatorischen Aufsichtsrats wird insbesondere dann beeinträchtigt, wenn Geschäftsführungsaufgaben auf ein weiteres Organ 374

So aber Kastner, FS Strasser, 1983, S. 843, 865 f., allerdings für das österreichische Recht; dagegen auch Härer, Beirat in der GmbH, S. 125. 375 So auch Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 62. Gegen eine Gleichbehandlung der Kompetenzgrenzen der Gesellschafterversammlung und des Beirats auch Teubner, ZGR 1986, 565, 574: Der Beirat verschiebe durch seine organschaftliche Stellung das Kompetenzgefüge in der Gesellschaft. Zulässige Kompetenzen der Gesellschafterversammlungen seien daher nicht mit denen des Beirats gleichzusetzen. 376 H.M., vgl. statt aller: Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 359; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 60; Scholz/Priester, § 53 Rn. 119; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 753; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 428; Ulmer/Habersack/Henssler, § 25 MitbestG Rn. 142 f.; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 348; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 62 f.; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 64; Bürkle, Rechte Dritter, S. 118 f. und 122; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 26 ff.; Härer, Beirat in der GmbH, S. 118 und 123 f.; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 10 und 24; Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810, 814; Uwe H. Schneider, BB 1973, 1464, 1469; Teubner, ZGR 1986, 565, 573; a.A. Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 635 ff. 377 So für den Beirat Ulmer/Habersack/Henssler, § 25 MitbestG Rn. 142; Raiser/Veil, MitbestG, § 25 Rn. 155; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 359; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 420; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 348; Teubner, ZGR 1986, 565, 577. Dies gilt damit nicht für einen Aufsichtsrats nach dem DrittelbG, welchem gesetzlich keine Personalkompetenz zugewiesen ist.

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übertragen und so der Kontrolle durch den Aufsichtsrat entzogen werden.378 Auch Zustimmungsvorbehalte eines obligatorischen Aufsichtsrats können bei der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen der Geschäftsführer auf ein weiteres fakultatives Organ umgangen werden.379 Anders als bei einem Beirat mit vornehmlich Verwaltungsaufgaben, stellen sich diese beiden Probleme bei der Errichtung eines weiteren, fakultativen Aufsichtsrats jedoch gerade nicht. Zu bezweifeln ist, dass die Einräumung von konkurrierenden Zustimmungsbefugnissen zu Entscheidungen der Geschäftsführer an zwei Kontrollgremien die Befugnisse eines zwingenden Kontrollorgans unzumutbar beeinträchtigt.380 Dies sind zudem allesamt Kompetenzen, die nicht konstitutiv für die Einordnung eines Organs als Aufsichtsrat sind und damit der parallelen Errichtung zweier Aufsichtsorgane nicht entgegenstehen. Zwingend zustehen muss einem Aufsichtsrat die Kontrolle der Geschäftsführer.381 Das Problem besteht dabei allein in der parallelen Kompetenzausübung. Es geht damit primär um die Frage, ob die Kontrollbefugnis des obligatorischen Aufsichtsrats durch die parallele Kontrolle durch ein weiteres Kontrollorgan auf unzulässige Weise beeinträchtigt wird. Für den Beirat ist dies umstritten. Mehrheitlich wird allerdings in der parallelen Kontrolle keine unzulässige Aushöhlung der Aufgaben des Aufsichtsrats gesehen; dem Beirat sollen daher gleichartige oder zusätzliche Überwachungsbefugnisse eingeräumt werden können.382 Die Übertragung von Informationsrechten und die zusätzliche Prüfung des Jahresabschlusses seien ebenfalls zulässig.383 Zwar wird gesehen, dass die Arbeit des obligatorischen Aufsichtsrats durch die parallele Aufgabenwahrnehmung beeinträchtigt werden kann. Jedoch liege eine konkurrierende Kontrolle im „Unternehmensinteresse“,384 sodass die Gesellschafter ein legitimes Interesse hätten, die Kontrolle durch professionelle und spezialisierte Berater durchführen zu lassen.385 Einschränkend wird mitunter vertreten, die Grenze der Kompetenzübertragung sei erreicht, wenn Kompetenzen so ausgeübt würden, dass die mitbestimmungsrechtliche Funktion des obligatorischen Aufsichtsrats leer

378 So für den Beirat: Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 362; Teubner, ZGR 1986, 565, 578 f.; für deren Zulässigkeit aber Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 62; Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810, 814. 379 Vgl. hierzu Teubner, ZGR 1986, 565, 577, für den Beirat. 380 So aber Teubner, ZGR 1986, 565, 578 f., für den Beirat. 381 Vgl. zu den Mindestkompetenzen eines fakultativen Aufsichtsrats 5. Teil, A. 382 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 360; Raiser/Veil, MitbestG, § 25 Rn. 156; Hachenburg/ Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 349; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 420; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 61; Mertens, FS Stimpel, 1985, S. 417, 427; Teubner, ZGR 1986, 565, 577 f.; Müller/Wolff, GmbHR 2003, 814. 383 Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 349; Raiser/Veil, MitbestG, § 25 Rn. 156; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 360; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 61. 384 So Teubner, ZGR 1986, 565, 577. 385 So Mertens, FS Stimpel, 1985, S. 417, 427 f.

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4. Teil: Materielle Schranken der Dispositionsfreiheit

laufe.386 Überträgt man diese mehrheitliche Meinung zur parallelen Aufgabenwahrnehmung auf den fakultativen Aufsichtsrat, wäre ein fakultativer Aufsichtsrat neben einem obligatorischen Aufsichtsrat grundsätzlich möglich, zumal man sich die Frage stellen muss, ob es sich bei einem Kontrollorgan mit parallelen Kontrollkompetenzen – auch wenn es als Beirat bezeichnet ist – nicht bereits um einen fakultativen Aufsichtsrat handelt. Es finden sich aber auch Stimmen, die die Gefahr einer Funktionsunfähigkeit des obligatorischen Aufsichtsrats bei paralleler Einrichtung eines Beirats sehen, mit dem Argument, dass durch das Nebeneinander zweier Organe mit Kontrollbefugnissen der Kontrolle durch den obligatorischen Aufsichtsrat keine oder nur geringfügige Bedeutung zugemessen und daher die Stellung des obligatorischen Aufsichtsrats aufgeweicht werde.387 Insbesondere sei zu erwarten, dass die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat, wenn sie in beiden Gremien vertreten seien, ihr Interesse auf die Tätigkeit des fakultativen Organs richten und sich im obligatorischen Aufsichtsrat passiv verhalten werden.388 Die aus dieser Gefahr der Funktionslosigkeit zu ziehenden Schlussfolgerungen werden allerdings nicht einheitlich gezogen. Einerseits wird vertreten, die Kompetenzen des fakultativen Zusatzorgans müssten lediglich so weit beschränkt werden bis dessen Aufgaben sich hinreichend von denen des zwingenden Organs unterschieden. So soll verhindert werden, dass ein gleichwertiges Organ mit anderer Zusammensetzung neben einem obligatorischen Aufsichtsrat bestehe.389 Andere sprechen sich grundsätzlich gegen die Zulässigkeit der Übertragung von Aufsichtsratsfunktionen auf einen Beirat aus und beschränken die zulässige Kompetenzübertragung auf einen Beirat allein auf die bei der Gesellschafterversammlung verbleibenden Geschäftsführungskompetenzen.390 Zu erwähnen ist auch die Ansicht F. Fleischers391, der zwar davon ausgeht, dass ein zusätzliches Organ mit Überwachungsaufgaben neben einem obligatorischen Aufsichtsrat zulässig sei, dieses Organ sei aber kein Aufsichtsrat im Sinne des § 52

386

Raiser/Veil, MitbestG, § 25 Rn. 156; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 349; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 122. 387 Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 62 f.; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 27 ff. 388 Hommelhoff/Timm, AG 1976, 330, 331; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 29. 389 Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 62 f.; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 26 ff.; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 63 f.; Uwe H. Schneider, BB 1973, 1464, 1469. 390 Ulmer/Habersack/Henssler, § 25 MitbestG Rn. 142 f. Auch Kastner, FS Strasser, 1983, S. 843, 865 f. (allerdings für das österreichische Recht) spricht sich gegen zwei Kontrollgremien aus. Er begründet dies, ohne auf die Möglichkeit einer parallelen Aufgabenwahrnehmung einzugehen, damit, dass die Teilung der Kontrolle nach verschiedenen Bereichen bzw. Geschäftsarten nicht sinnvoll sei, da alle wichtigen Geschäfte in der GmbH in gewissen Wechselwirkungen stünden und damit durch die Teilung die Kontrolle geschwächt würde, was so vom Gesetzgeber nicht gewollt sein könne. Dagegen bereits Härer, Beirat in der GmbH, S. 125. 391 F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 53.

G. Schranken aufgrund der Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat

205

GmbHG und müsse daher (lediglich) einen anderen Namen tragen.392 Dies überzeugt nicht. Die Frage nach dem zulässigen Nebeneinander zweier Kontrollorgane hat zunächst die tatsächliche Beeinträchtigung des obligatorischen Aufsichtsrats zu betrachten und dann eine Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um feststellen zu können, ob diese Beeinträchtigung unzulässig ist. Dabei ist entscheidend, ob durch eine entsprechende Gestaltung die Ziele der Mitbestimmung in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigt werden. Das Abstellen auf die formale Bezeichnung eines Organs kann aber nicht entscheidend sein, zumal es für die Abgrenzung eines Beirats von einem Aufsichtsrat nicht auf dessen Bezeichnung im Gesellschaftsvertrag, sondern auf dessen Funktion innerhalb der Gesellschaft ankommt.393 Hinsichtlich der Zulässigkeit eines fakultativen neben einem obligatorischen Aufsichtsrat kommt es – ebenso wie für ein sonstiges Zusatzorgan – entscheidend darauf an, ob die Überwachungsaufgabe des obligatorischen Aufsichtsrats durch die parallelen Kontrollbefugnisse in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird. Hierbei ist das Interesse der Gesellschafter an einer freien Wahl der Organisation, also die Verbandssouveränität, abzuwägen mit den durch die Mitbestimmung geschützten Interessen, also denjenigen der Arbeitnehmer. Entscheidend ist hierbei der jeweilige Grad der Beeinträchtigung. Eine unzulässige Beeinträchtigung ist dann erreicht, wenn die Funktion des obligatorischen Aufsichtsrats unterlaufen wird und damit die Ziele der Mitbestimmung ausgehebelt werden. Seine Aufgaben kann der obligatorische Aufsichtsrat aber auch bei einem parallel tätigen Organ im Grundsatz unbeschränkt erfüllen. Allein die Besorgnis, dass die Anteilseignervertreter ihre Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen könnten, reicht nicht für einen Vorrang der Interessen der Arbeitnehmer aus. Entscheidend ist, ob eine solche Besorgnis offenkundig ist. Die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats sind an das Gesellschaftsinteresse gebunden und daher dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Dies steht einer willkürlichen Kompetenzausübung zulasten der Gesellschaft entgegen. Solange die Befugnisse des fakultativen Organs nicht in einer Weise ausgestaltet sind, dass eine Aufgabenwahrnehmung durch den obligatorischen Aufsichtsrat bedeutungslos würde, ist davon auszugehen, dass die jeweiligen Organmitglieder die ihnen zugewiesenen Aufgaben auch erfüllen. Dies gilt insbesondere für einen Aufsichtsrat, dessen Ausgestaltung sich an der Verweisung des § 52 Abs. 1 GmbHG orientiert.

392

F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 53 (Auch bei Bestehen mehrerer fakultativer Organe mit Überwachungskompetenzen sei allein das Organ, bei welchem der Schwerpunkt der Überwachung liege, Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG.). 393 Siehe 6. Teil, A.

Fünfter Teil

Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats: Grenzen der Wahlfreiheit Nachdem auf die Grenzen der Dispositionsfreiheit eingegangen wurde, stellt sich nunmehr die Frage, welche inhaltlichen Mindestanforderungen an ein Organ zu stellen sind, damit dieses als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG zu qualifizieren ist und damit die durch § 52 GmbHG eingeräumte Wahlfreiheit zugunsten eines fakultativen Aufsichtsrats ausgeübt wurde. Ein fakultativer Aufsichtsrat ist dabei von sonstigen fakultativen Organen abzugrenzen. Auch wird zu prüfen sein, welche Folgen aus dem Unterschreiten dieser Mindestanforderungen resultieren. In der Literatur findet sich die Einordnung des fakultativen Aufsichtsrats als Unterfall des Beirats.1 Dem wäre zuzustimmen, sofern man unter einem Beirat jedes fakultative Gesellschaftsorgan verstehen und daher die Bezeichnung „Beirat“ mit der Bezeichnung als „fakultatives Organ“ gleichsetzen wollte. Eine solche Einordnung führt jedoch nicht weiter. Aus ihr lassen sich keine weiteren Folgen ableiten als die rein fakultative Einrichtung des Organs. Das Augenmerk darf daher nicht auf die Abgrenzung eines Beirats von einem Aufsichtsrat gerichtet werden, sondern darauf, in welchen Fällen § 52 GmbHG auf ein fakultatives Gesellschaftsorgan anzuwenden ist. Die Feststellung, ein fakultativer Aufsichtsrat sei mit einem Beirat identisch,2 ist hingegen nicht zutreffend. Ein fakultativer Aufsichtsrat unterfällt der Regelung des § 52 GmbHG, ein sonstiges fakultatives Gesellschaftsorgan, möge man es als Beirat bezeichnen, nicht. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf die in §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG geforderte Publizität.3 Für den Fall der Einordnung als sonstiges fakultatives Organ ist allenfalls an eine analoge Anwendung der auf einen fakultativen Aufsichtsrat anzuwendenden Vorschriften zu denken. Die zunächst erforderliche Abgrenzung von sonstigen, nicht von § 52 GmbHG erfassten Organen kann einerseits funktionell nach den übertragenen Kompetenzen und der sonstigen Ausgestaltung des Organs oder formell nach dem erklärten Willen der Gesellschafter erfolgen, also der Bezeichnung des Organs im Gesellschafts1 Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 59 f.; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 13. 2 So aber J. Wagner, Aufsichtsgremien, S. 161; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 9; Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 976. 3 Anders aber Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 9 („Die Nomenklatur ist ohne Bedeutung, da es für den fakultativen Aufsichtsrat weder zwingende Vorschriften für seine Besetzung noch einen gesetzlich zwingend definierten Pflichtenkreis gibt.“).

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

207

vertrag. Dies geht einher mit der Frage, ob die Gesellschafter ein Organ, das alle Anforderungen an einen Aufsichtsrat erfüllt, einsetzen und dieses dennoch als Beirat bezeichnen können, um so die Anwendung des § 52 GmbHG und insbesondere dessen Absatz 3 zu verhindern. In der Folge wären an ein solches Organ keine materiellen Anforderungen zu stellen, sodass umgekehrt alle als „Aufsichtsrat“ bezeichneten fakultativen Organe auch Aufsichtsrat im Sinne der Vorschrift wären. In der Praxis soll die Errichtung eines Organs unter dem Titel „Aufsichtsrat“, welchem aber keine Überwachungsaufgaben zukommen, ein verbreitetes Phänomen sein.4 Damit ist aber auch zu klären, ob ein Organ im Sinne des § 52 GmbHG überhaupt bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen muss. Nur wenn dies der Fall ist, stellt sich die Frage der Abgrenzung anhand von formellen oder materiellen Kriterien.

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats Ein Organ erhält seine Funktion innerhalb der Gesellschaft durch die ihm zustehenden Kompetenzen, sodass zunächst darauf einzugehen ist, ob einem fakultativen Aufsichtsrat zwingend bestimmte Kompetenzen zustehen müssen. Nach dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG scheint ein fakultativer Aufsichtsrat frei durch den Gesellschaftsvertrag gestaltbar. Damit gilt es zu beleuchten, ob der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter Schranken gezogen sind, also einem Organ, um Aufsichtsrat zu sein, zwingend bestimmte Kompetenzen zugewiesen werden müssen.

I. Die Überwachungskompetenz Vereinzelt wird vertreten, dass einem Organ im Sinne des § 52 GmbHG weder die Überwachungskompetenz noch sonst Mindestkompetenzen zustehen müssten. Die Vertreter dieser Sichtweise und hierbei insbesondere Reuter untermauern dies mit dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG, der die Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften und damit auch den Verweis auf § 111 Abs. 1 AktG völlig zur Disposition der Gesellschafter stellt.5 Für diese Sichtweise wird neben dem Wortlautargument auch auf den europarechtlichen Hintergrund des § 52 Abs. 3 GmbHG verwiesen. Die zugrundeliegende Regelung in der Publizitätsrichtlinie der EU6, welche die Bekanntmachung der Mitglieder aller Gesellschaftsorgane vorschreibt, die an der Verwaltung, Beaufsichtigung oder Kontrolle der Gesellschaft teilhaben, sei nicht auf 4

E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 452. Bork/Schäfer/Rieble, § 52 Rn. 5; Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 632. 6 Zunächst geregelt in Art. 2 Abs. 1 lit. d. der Richtlinie 68/151/EWG vom 14. 03. 1968, ABl. L 65, S. 8; nunmehr in: Art. 2 lit. d. der Richtlinie 2009/101/EG vom 16. 09. 2009, ABl. Nr. L 258, S.11. 5

208

5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

klassische Aufsichtsorgane beschränkt.7 Es sollten gerade auch solche Organe erfasst werden, die nicht lediglich kontrollieren, sondern auch verwaltend tätig werden. Der Rechtsverkehr habe nicht nur ein Interesse an Information über die Mitglieder eines Kontrollorgans, sondern erst recht auch über die eines Verwaltungsorgans.8 Die Argumentation Reuters ist indes nicht zutreffend. Aus der § 52 Abs. 3 GmbHG zugrundeliegenden Regelung der Publizitätsrichtlinie bzw. deren Nachfolgerichtlinie kann kein Schluss auf die von § 52 GmbHG erfassten Organe gezogen werden. Nach dem Wortlaut von Art. 2 lit. d) ii) der Richtlinie 2009/101/EG9 ist die Publizitätspflicht nur auf gesetzlich vorgesehene Organe anzuwenden, mit der Folge, dass sich zunächst aus dem nationalen Recht ergeben muss, welche Organe dieses vorsieht, wie dies mit § 52 GmbHG für den fakultativen Aufsichtsrat erfolgt ist. Nur wenn ein Organ unter § 52 GmbHG fällt, greift die entsprechende Bestimmung der Richtlinie, sodass sich aus dieser keine Grenzen für den Anwendungsbereich des § 52 GmbHG ergeben. Auch jenseits des europarechtlichen Hintergrunds ist die Anwendung der Publizitätsvorschrift des § 52 Abs. 3 GmbHG auf Mitglieder eines Beratungsorgans nicht geboten. Das Erfordernis der Publizität auch von Beratungsorganen hängt davon ab, ob ein schutzwürdiges Informationsbedürfnis des Rechtsverkehrs besteht, zu erfahren, welche Personen auf die Geschäftsführung einwirken. Gegen ein solches Informationsbedürfnis und damit die direkte (und auch analoge) Anwendung des § 52 Abs. 3 GmbHG auf Mitglieder eines reinen Beratungsorgans wurde angeführt, dass sich das Bedürfnis nach Publizität in Bezug auf Geschäftsführungsorgane allein im Fall der diesen zugewiesenen unbeschränkbaren Vertretungsmacht rechtfertige. Dies ergebe sich daraus, dass auch die Personalien der Gesellschafter, welche kraft Weisungsrechts ebenfalls Geschäftsführungsaufgaben wahrnehmen könnten, nicht bekannt gemacht werden müssten, diese aber – im Unterschied zu den Geschäftsführern – über keine entsprechende Vertretungsmacht verfügten. Auch bei der Gesellschafterversammlung wirke damit die Geschäftsführungstätigkeit allein nicht publizitätsbegründend.10 Dies dürfte zwar infolge der Aufwertung der Gesellschafterliste durch das MoMiG11 nicht mehr zur Begründung herangezogen werden können. Im Wege der Einreichung der Gesellschafterliste zum Handelsregister sind jedoch nur Angaben zu veröffentlichen, welche zur Identifikation der Gesellschafter erforderlich sind.12 Die Gesellschafterliste hat lediglich die Funktion, Dritte über den

7

Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 632. Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 632 f. 9 Zum Wortlaut vgl. S. 64 Fn. 128. 10 Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 754; Schürnbrand, Organschaft, S. 51 Fn. 107. 11 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Mißbräuchen (MoMiG) vom 23. 10. 2008, BGBl. I S. 2026. 12 Nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG sind lediglich Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort sowie die Nennbeträge und die laufenden Nummern der übernommenen Geschäftsanteile zu veröffentlichen. 8

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

209

Gesellschafterbestand zu informieren.13 Angaben zum ausgeübten Beruf, welche ein besonderes Vertrauen in die Qualifikation begründen könnten, sind nicht erforderlich. Auch aus den die Geschäftsführer erfassenden Publizitätsvorschriften kann nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsverkehrs auf Informationen über alle Personen, denen Geschäftsführungsaufgaben zugedacht sind, geschlossen werden. Die entsprechenden Vorschriften verfolgen den Zweck, den Rechtsverkehr über die für ihn relevante, weil nach außen wirkende Vertretung der Gesellschaft zu informieren. Nicht geschützt wird damit das Vertrauen in die Identität der Organmitglieder, sondern in deren Vertretungsmacht.14 Auch hier sind keine Berufsangaben zu veröffentlichen. Bei reinen Beratungsorganen besteht damit kein anzuerkennendes Interesse des Rechtsverkehrs auf Information. Auch nach herrschender Meinung ist § 52 Abs. 3 GmbHG lediglich auf Organe anzuwenden, denen zumindest im Schwerpunkt Kontrollbefugnisse zugewiesen sind.15 Die ganz herrschende Meinung geht dann auch davon aus, dass einem Organ, um Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG sein zu können – entgegen dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG – zwingend die Überwachung der Geschäftsführung entsprechend § 111 Abs. 1 AktG zustehen muss.16 Auf den ersten Blick scheint es zwar so, als liege der (heute) herrschenden Meinung allein die inhaltsleere Argumentation mit dem „Wesen“ des Aufsichtsrats zugrunde. So findet sich die Forderung nach einer zwingenden Überwachungskompetenz bereits 1903 bei Staub17, der zur Abgrenzung 13

Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 40 Rn. 1. Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 753 f.; Schürnbrand, Organschaft, S. 51 Fn. 107. 15 Schürnbrand, Organschaft, S. 51 Fn. 107; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 249 (S. 130); Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, S. 429; Grohmann, Informationsmodell im europäischen Gesellschaftsrecht, S. 135 f.; Baumbach/Hueck/Zöllne/Noack, § 45 Rn. 22 a.E.; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 740. 16 Vgl. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 86; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 22 und 100; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 13; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 87; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 8; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1204 f.; Gehrlein/Ekkenga/Simon/Nießen, § 52 Rn. 19; GmbH-Handbuch/Fuhrmann, Bd. I, Rz. 1819; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 14; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 21; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 55; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 40 f.; Wiedemann/Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 3 Rn. 15 (S. 22); Semrau, Dritteinflussnahme, S. 68; Grote, Anlegerschutz bei der Publikums-KG, S. 116 f.; Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 106 f.; Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257; Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 295; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 197; Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 452; ders., GmbHR 2012, 181, 182; Keßler, GmbHR 2000, 71, 72; Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 106; van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 450; Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 754; Strobel, DVBl. 2005, 77, 80. So auch schon bereits: Staub, 1. Aufl. 1903, § 52 Anm. 2 und 36; Liebmann, 6. Aufl. 1921, § 52 Anm. 3; Parisius/Crüger/Crecelius, 18. Aufl. 1929, § 52 S. 14: Die Ausgestaltung müsse mit der „Stellung des Aufsichtsrats als Kontrollorgan vereinbar sein“. A.A. Bork/Schäfer/Rieble, § 52 Rn. 5; Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631, 633; wohl auch: Wessing/Max, FS Werner, 1984, 975, 976. 17 Staub, 1. Aufl. 1903, § 52 Anm. 2. 14

210

5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

des Aufsichtsrats von sonstigen fakultativen Organen das „Wesen des Aufsichtsrats“ darzustellen versucht und so zu dem Ergebnis kommt, dass es sich um ein Organ handeln müsse, das zur Kontrolle der Geschäftsführung bestimmt sei. Aber bereits Staub argumentiert nicht allein mit dem „Wesen“ des Aufsichtsrats, sondern legt in der Folge den Wortlaut des § 52 GmbHG aus und versucht, eine Begrenzung aufgrund des Begriffs „Aufsichtsrat“ vorzunehmen. Aus diesem ergebe sich, dass es sich um ein Organ handeln müsse, dem die Aufsicht und damit die Kontrolle über die Geschäftsführer zustehe. Dieser Argumentation ist als Ansatzpunkt der Untersuchung durchaus zuzustimmen. Die Bezeichnung des Organs als „Aufsichtsrat“ in § 52 GmbHG deutet in der Tat auf eine solche Kontrollbefugnis hin, was zumindest den Schluss zulässt, dass es sich um ein Gremium handeln muss, das zur Beaufsichtigung eingesetzt wird. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist zudem auf die aktienrechtlichen Vorschriften zum Aufsichtsrat. Dies legt nahe, dass der Regelung des § 52 GmbHG der Gedanke eines dem aktienrechtlichen Aufsichtsrat zumindest vergleichbaren Organs zugrunde liegt. Auch die Entstehungsgeschichte spricht dafür, dass der Gesetzgeber den Begriff des Aufsichtsrats als terminus technicus verwenden wollte, zumal in § 77 Abs. 1 Nr. 3 des Entwurfs von 189118 neben dem „Aufsichtsrat“ auch ein „ähnliches Organ“ genannt wird, was nahelegt, dass bereits der historische Gesetzgeber davon ausging, dass nicht jedes fakultative Organ ein Aufsichtsrat sei.19 Entscheidend für die zwingende Zuweisung der Überwachungskompetenz ist das Bestehen einer berechtigten Erwartung des Rechtsverkehrs, dass ein als Aufsichtsrat bezeichnetes Organ Kontrollbefugnisse wahrnimmt, also eine Gesellschaft mit Aufsichtsrat besser überwacht wird, als eine ohne ein solches Organ.20 Ohne eine solche die Gestaltungsfreiheit einschränkende Erwartung des Rechtsverkehrs und damit auch der Gesellschaftsgläubiger, könnten die Gesellschafter „ihr Organ“ allein nach ihrem Belieben ausgestalten. Wie bereits gezeigt wurde, ist das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Ausgestaltung des Aufsichtsrats grundsätzlich beachtlich.21 Für diese Beachtlichkeit der Verkehrserwartung sprechen insbesondere die zwingenden Transparenzanforderungen der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG, §§ 325, 285 Nr. 10 HGB,22 zumal erstere, wie das Erfordernis der Berufsangabe für jedes Mitglied belegt, nicht lediglich der Identifikation der Aufsichtsratsmitglieder 18

Die Regelung entspricht dem heutigen § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG; vgl. zum Entwurf von 1891 S. 25 Fn. 6. 19 So auch Grote, Anlegerschutz bei der Publikums-KG, S. 116. 20 Für eine solche berechtigte Erwartung: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 27 und 100; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1205; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 41; Reichert/ C. Goette, FS Wellensiek, 2011, S. 523, 530, Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 295; Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 453; ders., GmbHR 2012, 181, 184; Spindler, ZIP 2011, 689, 695; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198. 21 Siehe 2. Teil, B. II. 2. 22 Vgl. bereits 2. Teil, B. II. 2. b) sowie Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1205; Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 453; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 41; Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257.

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

211

dient, sondern eine Beurteilung ihrer Qualifikation ermöglichen soll.23 Da der Rechtsverkehr somit vor unerwarteten Gestaltungen zu schützen ist, ist entscheidend, welche Mindestkompetenzen des Aufsichtsrats vom Rechtsverkehr erwartet werden dürfen und damit, ob dieser davon ausgehen darf, dass einem Aufsichtsrat zwingend die Kontrolle der Gesellschaft zusteht. Nicht nur die Bezeichnung als „Aufsichtsrat“, und damit als ein Organ, das „beaufsichtigt“, also kontrolliert, legt diese Erwartung nahe. Auch der Vergleich mit anderen Aufsichtssystemen gibt Aufschluss über die einem als „Aufsichtsrat“ bezeichneten Organ üblicherweise zustehenden Kompetenzen und deren Ausgestaltung und damit, was der Rechtsverkehr mit dem Begriff verbinden darf. Aufsichtsratssysteme bestehen zum einen rechtsformübergreifend nach dem Mitbestimmungsrecht24 sowie dem KAGB, zum anderen sind Aufsichtsräte in der Aktiengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft (eG), dem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG), der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und der Societas Europaea (SE) vorgesehen. In all diesen Aufsichtsratssystemen ist dem Aufsichtsrat die Kontrolle der Geschäftsleitung zugewiesen. Zwar bezweckt in den Fällen der Mitbestimmung die Einrichtung des Aufsichtsorgans die Stärkung der Interessen der Arbeitnehmer. Da es sich aber in all diesen Fällen um zulässige Gestaltungsvarianten handelt, kann aus den dortigen Regelungen zum Aufsichtsrat zunächst der Schluss gezogen werden, dass, sofern eine Regelung nach Mitbestimmungsrecht zulässig ist, dies erst recht für einen gänzlich fakultativen Aufsichtsrat gelten muss. Der Schluss, dass diese Regelungen darüber hinaus allgemeingültige Mindeststandards aufstellen, ist jedoch nicht zwingend zu ziehen. Allerdings lassen sich die mitbestimmungsrechtlichen Ausgestaltungen des Aufsichtsrats mit den Aufsichtsratssystemen bestimmter Gesellschaftsformen vergleichen, um so systemübergreifende Mindeststandards festzustellen. Das MontanMitbestG und das MontanMitbestErgG verweisen pauschal auf das Aktienrecht.25 Anders ist dies im DrittelbG26, MitbestG27 und KAGB28 ; dort findet sich ein Katalog anwendbarer Normen des Aktienrechts, welche durch spezielle Regelungen ergänzt werden.29 Gemeinsam ist allen Verweisketten der Verweis auf § 90 Abs. 3, 4, 5 S. 1 und 2, §§ 107 – 116, § 118 Abs. 3, § 125 Abs. 3, § 171 und § 268 Abs. 2 AktG. Das DrittelbG und das KAGB verweisen zudem noch auf die 23

Vgl. bereits 2. Teil, B. II. 2. b) sowie E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 453. Dabei im MitbestG, DrittelbG, MontanMitbestG und dem MontanMitbestErgG. 25 § 3 Abs. 2 MontanMitbestG; § 3 Abs. 1 S. 2 MontanMitbestErgG i.V.m. § 3 Abs. 2 MontanMitbestG. 26 § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 DrittelbG verweist auf § 90 Abs. 3, 4, 5 S. 1 und 2, §§ 95 bis 114, § 116, § 118 Abs. 3, § 125 Abs. 3 und 4, § 170, § 171, § 268 Abs. 2 AktG. 27 § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MitbestG verweist auf § 90 Abs. 3, 4 und 5 S. 1 und 2, §§ 107 bis 116, § 118 Abs. 3, § 125 Abs. 3 und 4, § 170, § 171 und § 268 Abs. 2 AktG. 28 § 18 Abs. 2 S. 3 KAGB verweist auf § 90 Abs. 3 bis 5 S. 2, §§ 95 bis 114, § 116, § 118 Abs. 3, § 125 Abs. 3, § 171 und § 268 Abs. 2 AktG. 29 §§ 4 – 12 DrittelbG; §§ 27 – 19, 31 MitbestG; § 18 Abs. 3 – 5 KAGB. 24

212

5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

§§ 95 – 106 AktG und damit auf die Regeln zur Zusammensetzung und Bestellung des Aufsichtsrats, welche im MitbestG gesondert geregelt sind. In allen Varianten obliegt dem Aufsichtsrat damit zwingend nach § 111 Abs. 1 AktG die Überwachung der Geschäftsführer. Allein die Feststellung des Jahresabschlusses obliegt, anders als in der Aktiengesellschaft, nicht dem Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat hat zudem in allen Varianten nach § 111 Abs. 3 AktG das Recht, die Gesellschafterversammlung einzuberufen. Zudem müssen nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG bestimmte Geschäfte an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden werden. In Bezug auf die Informationspflichten findet sich nur der Verweis auf § 90 Abs. 3, 4, 5 S. 1 und 2 AktG, eine laufende Berichterstattung muss daher auch in diesen Pflichtaufsichtsräten nicht zwingend erfolgen, wobei anerkannt ist, dass der Aufsichtsrat verpflichtet ist, sich in regelmäßigen Abständen zu informieren.30 Der Aufsichtsrat ist in allen Varianten von der Gesellschafterversammlung weisungsunabhängig, wie der Verweis auf § 111 Abs. 6 AktG zeigt.31 Zudem ist stets die Haftungsnorm des § 116 AktG ohne Einschränkungen anwendbar. Bei der eingetragenen Genossenschaft ist zwar jede Gesellschaft grundsätzlich nach § 9 Abs. 1 S. 1 GenG verpflichtet, einen Aufsichtsrat einzurichten; hiervon macht aber Satz 2 für Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern eine Ausnahme. In diesem Fall kann die Satzung vorsehen, dass kein Aufsichtsrat zu bilden ist. Dessen Aufgaben werden dann von der Generalversammlung wahrgenommen. Damit handelt es sich, anders als im GmbHG, um die dispositive Errichtung eines Aufsichtsrats und damit eine sog. „opt out“-Konstruktion. Auch ansonsten ist die Ausgestaltung konträr zur Regelung in der GmbH. So übernimmt in der GmbH im Regelfall die Gesellschafterversammlung die Kontrollaufgaben eines Aufsichtsrats; in der eingetragenen Genossenschaft ist im Regelfall der Aufsichtsrat zuständig. Sofern die Gesellschafter nicht von der Möglichkeit des § 9 Abs. 1 S. 1 GenG Gebrauch gemacht haben und somit ein fakultativer Aufsichtsrat besteht, sind zwingend die Regelungen des GenG zum Aufsichtsrat anzuwenden. Die Ausgestaltung ist damit, anders als im GmbHG, gerade nicht dispositiver Natur. Der Aufsichtsrat hat dabei nach § 38 Abs. 1 S. 1 GenG insbesondere die Pflicht, den Vorstand zu überwachen. Um die hierzu erforderlichen Informationen zu erlangen, kann er jederzeit vom Vorstand Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen; er darf die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie den Bestand der Genossenschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren einsehen und prüfen, § 38 Abs. 1 S. 2 GenG. Der Aufsichtsrat kann dabei nicht an Weisungen gebunden werden.32 Jedes Mitglied des Aufsichtsrats kann Auskunft verlangen, jedoch nur an den Aufsichtsrat insgesamt. Daneben muss der Aufsichtsrat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Jahresüberschussverwendungsvorschlag sowie die Deckung des Jahresfehlbetrags prüfen, § 38 Abs. 1 S. 5 GenG. Er hat die 30

So Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1123. Vgl. Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1116 Fn. 1; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 69b; Rodewald/ Wohlfarter, GmbHR 2013, 689, 690; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457. 32 Vgl. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 38 Rn. 1. 31

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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Generalversammlung einzuberufen, wenn dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich ist, § 38 Abs. 2 Satz 1 GenG. Zudem vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand gem. § 39 GenG. Die Regelungen betreffend die Kompetenzen entsprechen damit weitgehend den §§ 111 Abs. 1, 2 und 3, 112, 171 Abs. 1 AktG. Für die Sorgfaltspflichten und die Haftung erfolgt ein vollumfänglicher Verweis auf die Vorschriften betreffend den Vorstand, §§ 41, 34 GenG. Für den VVaG findet sich eine Regelung zum Aufsichtsrat in § 35 VAG. In dessen Absatz 3 findet sich ein Verweis auf die Regelungen des Aktiengesetzes.33 Damit sind insbesondere die Vorschriften zur Überwachung gem. § 111 AktG anwendbar, aber auch die Vorschriften zur den Berichtspflichten und zur Haftung. Für den Aufsichtsrat der KGaA verweist § 278 Abs. 3 AktG zum einen pauschal auf die Regelungen betreffend den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft, daneben finden sich in § 289 AktG geringe Abweichungen zu den aktienrechtlichen Regelungen. Bei der monistischen Societas Europaea (SE), welche nicht über ein zusätzliches Kontrollorgan verfügt, darf der Verwaltungsrat, welchem keine Kontrollbefugnisse zustehen, nicht als „Aufsichtsrat“ bezeichnet werden.34 Für die SE mit dualistischer Struktur bestimmt Art. 40 Abs. 1 S. 1 SE-VO, dass das Aufsichtsorgan die Geschäftsführung überwacht. Diese Tätigkeit hat der Aufsichtsrat weisungsfrei auszuüben.35 Hierauf beschränken sich dann auch dessen Aufgaben, insbesondere ist nach Art. 40 Abs. 1 S. 2 SE-VO das Aufsichtsorgan nicht berechtigt, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen. Es findet sich auch eine § 90 AktG vergleichbare Regelung. Gem. Art. 41 Abs. 1 SE-VO hat das Leitungsorgan den Aufsichtsrat mindestens alle drei Monate über den Gang der Geschäfte der Gesellschaft und deren voraussichtliche Entwicklung zu unterrichten. Es hat rechtzeitig alle Informationen über Ereignisse mitzuteilen, die sich auf die Lage der SE spürbar auswirken können, Art. 41 Abs. 2 SE-VO. Das Aufsichtsorgan kann alle Informationen verlangen, die zur Ausübung seiner Kontrolltätigkeit nötig sind, Art. 41 Abs. 3 S. 1 SE-VO. Zudem hat jedes Mitglied des Überwachungsorgans das Recht, von den an das Organ übermittelten Informationen selbst Kenntnis zu nehmen, Art. 41 Abs. 5 SE-VO. Vergleichbar mit § 111 Abs. 4 S. 2 AktG kann der Aufsichtsrat nach § 19 SEAG bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig zu machen. Damit steht sowohl in der GmbH mit obligatorischem Aufsichtsrat als auch in anderen Kapitalgesellschaftsformen, die über ein gesetzlich als Aufsichtsrat bezeichnetes Organ verfügen, dem Aufsichtsrat stets zwingend die Kontrollkompetenz zu. Ihm steht weiter ein Informationsrecht gegenüber dem Verwaltungsorgan zu und er ist gegenüber dem Organ der Gesellschafter weisungsfrei. Vor dem Hintergrund 33 § 30 Abs. 2 und 3 S. 1 und 2 erster Halbsatz, § 96 Abs. 2, §§ 97 bis 100, § 101 Abs. 1 und 3, § 102, § 103 Abs. 1, 3 bis 5, §§ 104 bis 116 AktG. 34 Vgl. § 20 SEAG, darauf verweist auch E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 453. 35 Vgl. MünchKommAktG/Reichert/Brandes, VO (EG) 2157/2001 Art. 40 Rn. 9.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

dieser einheitlichen Mindestausgestaltung aller Aufsichtsorgane des Körperschaftsrechts kann sich ein entsprechendes Vertrauen des Rechtsverkehrs bilden, dass ein als „Aufsichtsrat“ bezeichnetes Organ sich in diese Riege der Aufsichtsorgane des Körperschaftsrechts einfügt, diesen zumindest vergleichbar ist und damit – als kleinster gemeinsamer Nenner – als unabhängiges Kontrollorgan ausgestaltet ist. 1. Inhaltliche Mindestausgestaltung der Überwachungskompetenz Der Umfang der Überwachungskompetenz, welche dem Aufsichtsrat mindestens zugewiesen sein muss, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit die Überwachungskompetenz einschränkend oder abweichend von § 111 AktG geregelt werden kann, ohne dass der Aufsichtsrat seine Eigenschaft als Organ im Sinne des § 52 Abs. 1 GmbHG verliert. Wie auch bei der Frage des „Ob“ der Zuweisung der Überwachungskompetenz ist auch für die Ausgestaltung der Überwachungsaufgabe die Erwartung des Rechtsverkehrs entscheidend. a) Zwingende Pflicht zur Überwachung – oder ist ein Überwachungsrecht ausreichend? In der älteren Literatur findet sich die Ansicht, dem Aufsichtsrat der GmbH müsse lediglich das Recht zur Überwachung der Geschäftsführer zwingend zustehen, nicht jedoch eine korrespondierende Pflicht.36 Dies wird allerdings der Erwartung des Rechtsverkehrs nicht gerecht. Nur wenn der Aufsichtsrat auch zur Wahrnehmung seiner Kompetenzen verpflichtet ist, wird aufgrund der aus der Verpflichtung resultierenden Verantwortlichkeit die vom Rechtsverkehr erwartete Aufgabenwahrnehmung hinreichend sichergestellt. Der Umstand, dass die Gesellschafter im Rahmen ihrer Überwachungskompetenz nach § 46 Nr. 6 GmbHG nicht zur Überwachung verpflichtet sind und auch keiner korrespondierenden Haftung unterliegen, kann keine Auswirkung auf die Stellung des Aufsichtsrats, als auch mit Fremdorganwaltern besetzbares Organ, haben. In diesem Fall tragen die Organmitglieder, anders als die Mitglieder der Gesellschafterversammlung, gerade nicht als Ausgleich zur fehlenden Haftung das wirtschaftliche Risiko. b) Zwingende Zuweisung der ausschließlichen Überwachungskompetenz? Die Überwachungskompetenz könnte dem Aufsichtsrat zwingend in Form einer ausschließlichen Kompetenz zu übertragen sein. Dabei ist zunächst zu bedenken, dass die Überwachungsaufgabe nicht allein dem Aufsichtsrat nach §§ 52 Abs. 1 36 Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 4; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 562; dagegen aber bereits Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 19.

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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GmbHG, 111 Abs. 1 AktG zugewiesen ist, sondern gem. § 46 Nr. 6 GmbHG auch der Gesellschafterversammlung zusteht. Zwar schmälert eine parallele Zuständigkeit rechtlich gesehen nicht die Kompetenz des einzelnen Organs. Andererseits resultiert aus einer Parallelzuständigkeit immer auch die Herabstufung der Bedeutung des einzelnen Organs. Entscheidend ist auch hier, ob der Rechtsverkehr eine berechtigte Erwartung hat, dass allein der Aufsichtsrat zur Kontrolle befugt ist. Dies ist aufgrund der Organisationsstruktur der GmbH zu verneinen, zumal § 46 Nr. 6 GmbHG der Gesellschafterversammlung ausdrücklich die Überwachungskompetenz zuweist. Der Rechtsverkehr kann daher nicht von einer Abbedingung37 dieser Norm ausgehen. c) Die Reichweite der Überwachungskompetenz: institutionelles oder funktionales Verständnis? Weiter ist der Bezugspunkt der Überwachung zu bestimmen und damit, wen oder was der Aufsichtsrat in der GmbH zwingend zu überwachen hat. Dies kann funktional oder auch institutionell bestimmt werden. Bei einem funktionellen Verständnis38 erstreckt sich die Kontrollbefugnis auf alle Geschäftsführungsmaßnahmen, unabhängig welches Organ diese tätigt, bei einem institutionellen Verständnis39 lediglich auf Maßnahmen der Geschäftsführer. Gegen ein institutionelles Verständnis der Aufsichtspflicht wird angeführt, dies berge die Gefahr, dass durch eine Kompetenzverlagerung weg von den Geschäftsführern hin zu Beirat oder Gesellschafterversammlung die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats ausgehöhlt werden könnte.40 Das Kontrollrecht würde zudem in den Fällen, in denen die Geschäftsführer nach Weisungen der Gesellschafter handeln, erheblich eingeschränkt; die volle Wirksamkeit erlange die Überwachungsaufgabe erst bei Überwachung der gesamten Geschäftsführungstätigkeiten.41 Einschränkend wird vorgebracht, dass die Kompetenzen des Aufsichtsrats in Bezug auf die Kontrolle der Geschäftsführungsmaßnahmen je nach Bezugssubjekt unterschiedlich seien. Sei die Gesellschafterversammlung tätig geworden, gehe es daher lediglich um Rat und Warnung durch den Aufsichtsrat, die Entscheidungsmacht der 37 Siehe zur Abdingbarkeit der Überwachungskompetenz der Gesellschafterversammlung 4. Teil, F. II. 1 a). 38 Ein solches funktionelles Verständnis vertreten: Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 25; Härer, Beirat in der GmbH, S. 125 f.; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 136; Duden, FS Fischer, 1979, S. 95 ff.; Schneider, BB 1973, 1464, 1467 und 1469; Kastner, FS Strasser, 1983, S. 843, 859 (zum österreichischen Recht). 39 So die h.M., vgl. statt vieler Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 100; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 268; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 86; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 88; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 17; Henssler/Strohn, § 52 Rn. 12, 222; für den obligatorischen Aufsichtsrat der GmbH: F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 21 f. und S. 55 sowie Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1152. 40 So Uwe H. Schneider, BB 1973, 1464, 1467 für den obligatorischen Aufsichtsrat. 41 Härer, Beirat in der GmbH, S. 125 f.; Duden, FS Fischer, 1979, S. 95, 96.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Gesellschafterversammlung werde nicht berührt.42 Andere verlangen aufgrund der hierarchischen Struktur der GmbH keine Überwachung der Gesellschafterversammlung; wenn aber die Gesellschafterversammlung alle Geschäftsführungsaufgaben auf einen Beirat übertrage, soll sich die Überwachungskompetenz auch auf diesen beziehen.43 Für ein institutionelles Verständnis und gegen eine Überwachung der Geschäftsführungsmaßnahmen der Gesellschafterversammlung wird die hierarchische Struktur der GmbH und damit die übergeordnete Stellung der Gesellschafterversammlung angeführt.44 Entscheidend ist, ob diese Stellung der Gesellschafterversammlung in gesetzlichen Regelungen Niederschlag gefunden hat. § 111 Abs. 1 AktG spricht zwar von „Überwachung der Geschäftsführung“ und nimmt daher nur auf die zu überwachende Tätigkeit Bezug. Allein aus dem Wortlaut lässt sich daher nicht bestimmen, wer überwacht werden soll, sondern nur was zu überwachen ist. Wenn man die Aktiengesellschaft betrachtet, erscheint das Ergebnis aber eindeutig. Dort ist allein der Vorstand zur Geschäftsführung berufen, die Hauptversammlung darf nach § 119 Abs. 2 AktG lediglich bei Vorlage durch den Vorstand über Fragen der Geschäftsführung entscheiden. Daher kann für ein funktionales Verständnis auch nicht die durch das HGB von 1897 erfolgte Änderung des Wortlauts von der Überwachung des „Vorstands bei seiner Geschäftsführung“45 hin zu „Überwachung der Geschäftsführung“46 angeführt werden. Zwar wird vorgebracht, diese Änderung habe zur Folge, dass nicht länger nur der Vorstand zu überwachen sei, sondern alle Organe, die Geschäftsführungstätigkeiten erbrächten.47 Jedoch verkennt dies, dass in der Aktiengesellschaft lediglich der Vorstand zur Geschäftsführung berechtigt ist, die Änderung daher nicht die Überwachung der Hauptversammlung im Sinn haben konnte. Für die GmbH sind die Normen des Aktiengesetzes zwar nur entsprechend anzuwenden und dabei die GmbH-rechtlichen Besonderheiten zu beachten, wie etwa die der Geschäftsführung übergeordnete Stellung der Gesellschafterversammlung, welche sich etwa aus deren Weisungsrecht ableiten lässt. Die Stellung der Gesellschafterversammlung im Verhältnis zu den Geschäftsführern besagt aber für sich genommen nichts über die Stellung eines fakultativen Aufsichtsrats. Bei Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats bleibt das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern erhalten.48 Zudem ist die Gesellschafterversammlung grundsätzlich weiterhin – neben dem Aufsichtsrat – nach § 46 Nr. 6 42

So Duden, FS Fischer, 1979, S. 95, 99, 101 f. und 104. F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 22; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 760. 44 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 268; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 86; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 222; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 22. 45 Art. 225 Abs. 1 S. 1 ADHGB 1884: „Der Aufsichtsrath hat den Vorstand bei seiner Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung zu überwachen […]“. 46 § 246 Abs. 1 S. 1 HGB 1897: „Der Aufsichtsrath hat die Geschäftsführung der Gesellschaft in allen Zweigen der Verwaltung zu überwachen […]“. 47 So Duden, FS Fischer, 1979, S. 95. 48 Vgl. etwa Henssler/Strohn, § 52 Rn. 12; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 268 43

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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GmbHG zur Überwachung der Geschäftsführer befugt,49 sodass es nicht gerechtfertigt erscheint, die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats über die der Gesellschafterversammlung anzusiedeln. Weiter zeigen auch ein Vergleich mit den Regelungen des Aufsichtsrats der Genossenschaft50 und der dualistischen SE51, dass ein Aufsichtsorgan regelmäßig lediglich zur Überwachung des Geschäftsführungsorgans befugt ist. Dies besagt allerdings nichts über die Möglichkeit, die Überwachungskompetenz durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag auch auf Geschäftsführungsmaßnahmen der Gesellschafter zu erstrecken, was sich im Wege der Auslegung aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben kann. Somit scheidet zwar eine zwingende Überwachung der Geschäftsführungstätigkeit der Gesellschafterversammlung durch den Aufsichtsrat aus; es stellt sich aber die Frage, ob der Aufsichtsrat zur Überwachung der Geschäftsführungstätigkeit eines sonstigen Zusatzorgans verpflichtet werden muss. Diese Problematik wird im Rahmen des obligatorischen Aufsichtsrats diskutiert. Dort besteht die Gefahr, dass die Gesellschafter die Geschäftsführungstätigkeit auf einen Beirat übertragen, die Geschäftsführer so zum bloßen Vertretungsorgan machen und damit bei einer Kontrolle lediglich der Geschäftsführertätigkeit durch den Aufsichtsrat der Zweck der Regelungen zur Mitbestimmung unterlaufen werden könnten.52 Auch im Fall eines fakultativen Aufsichtsrats besteht die Gefahr, dass gezielt die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats übergangen wird, der Rechtsverkehr aber auf eine Überwachung der regulären Geschäftsführungstätigkeit vertraut. Eine Rangordnungsproblematik, wie im Fall der Überwachung der Gesellschafterversammlung, stellt sich in diesem Fall nicht. Sofern daher ein Beirat besteht, dem im Wesentlichen die Geschäftsführungstätigkeit übertragen ist und somit für einen Aufsichtsrat keinerlei zu überwachende relevante Geschäftsführertätigkeit verbleiben würde, stellt dieses Überwachungsorgan keinen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG dar. Die entsprechenden Publizitätspflichten betreffend das Vorhandensein eines Überwachungsorgans würden den Rechtsverkehr täuschen. d) Der notwendige Stellenwert der Überwachungskompetenz innerhalb der Kompetenzen des Aufsichtsrats – zugleich zu den Grenzen der Übertragung von Geschäftsführungskompetenzen Im Folgenden ist auf die Fragestellung einzugehen, welchen Stellenwert die Überwachungskompetenz im Vergleich zu den sonstigen Kompetenzen des Auf49

Zu deren Verhältnis zur Kontrollkompetenz des Aufsichtsrats siehe 4. Teil, F. 1. § 38 Abs. 1 S. 1 GenG: „Der Aufsichtsrat hat den Vorstand bei dessen Geschäftsführung zu überwachen.“ 51 Art. 40 Abs. 1 S. 1 SE-VO: „Das Aufsichtsorgan überwacht die Führung der Geschäfte durch das Leitungsorgan.“ 52 So MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 760. 50

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

sichtsrats einzunehmen hat. So könnte allein die Zuweisung der Überwachungskompetenz das Organ zum Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG machen, sodass jedes Organ, das zur Überwachung der Geschäftsführung befugt ist, Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG wäre.53 Indessen könnte zu verlangen sein, dass die Kontrollkompetenz dem Organ sein besonderes Gepräge geben müsse, also etwa den Schwerpunkt der Kompetenzen des Organs dazustellen habe.54 Unproblematisch ist die Zuweisung zusätzlicher Kompetenzen neben der Überwachungskompetenz, welche sich am Vorbild des aktienrechtlichen Aufsichtsrats orientieren, wie dies etwa bei der Personalkompetenz der Fall ist.55 Problematisch wird es, wenn dem Organ neben der Überwachungsaufgabe auch Kompetenzen zugewiesen werden, welche dem Bereich der Geschäftsführung zuzuordnen sind. Bei einer solchen Zuweisung, wie etwa auch der Übertragung des Weisungsrechts gegenüber den Geschäftsführern, wird konkludent § 105 Abs. 1 und § 111 Abs. 4 S. 1 AktG abbedungen, welche Geschäftsführungsmaßnahmen des Aufsichtsrats untersagen. Eine solche Gestaltung ist zwar prinzipiell möglich. In der Praxis sollen als Beiräte bezeichneten, zusätzlichen Organen häufig neben Beratungs- und Geschäftsführungsaufgaben auch Überwachungskompetenzen zustehen. All diese Organe der Regelung des § 52 GmbHG zu unterwerfen, erscheint jedoch zweifelhaft. Folgerichtiger dürfte es sein, von § 52 GmbHG nur solche Gremien zu erfassen, die sich nach ihrem Gesamterscheinungsbild noch als Aufsichtsorgan darstellen. Zwar muss keine Eins-zu-eins-Übertragung der Kompetenzen des aktienrechtlichen Aufsichtsrats erfolgen, jedoch sollte zumindest eine Orientierung am aktienrechtlichen Vorbild erkennbar sein. Entscheidend ist, welche Stellung das Organ in der Gesellschaft einnimmt. Dabei ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen.56 Es kommt darauf an, welche Ausgestaltung der Kompetenzen eines Aufsichtsrats der Rechtsverkehr erwartet kann. Dass es für das Informationsbedürfnis des Rechtsverkehrs ohne Belang sei, welche Aufgaben dem Aufsichtsrat in welchen Umfang neben der Überwachungstätigkeit zustünden,57 kann nicht zugestimmt werden. Durch die Übertragung von Geschäftsführungszuständigkeiten wird, mangels notwendiger Distanz des Aufsichtsrats zur eigenen Geschäftsführung, immer auch dessen Überwachungsfunktion beschnitten.58 Lediglich Kompetenzen, die keinen Einfluss auf die Überwachungsaufgabe nehmen, sind dabei irrelevant. Entscheidend ist damit, 53 So Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 13; Bayer, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 75, 77; Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 755. 54 So Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 20; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 8; Wiedemann/Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 3 Rn. 15 (S. 22); Semrau, Dritteinflussnahme, S. 76. 55 Wiedemann/Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 3 Rn. 15 (S. 22), sehen diese als Indiz für das Vorliegen eines Aufsichtsrats. 56 So auch Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 19. 57 So aber Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 755. 58 Vgl. E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457.

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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ab wann es zu einer nicht mehr hinnehmbaren Beschneidung der Überwachungsaufgabe kommt. Die Überwachungskompetenz und nicht etwa die Geschäftsführungskompetenz muss hierbei den Schwerpunkt der Aufgabe des Organs ausmachen.59 Dies ist dann etwa nicht mehr der Fall, wenn durch die Einräumung eines vollumfänglichen Weisungsrechts die Stellung der Geschäftsführer zu einem reinen Vollzugsorgan degradiert wird und an dessen Stelle der Aufsichtsrat weitgehend die Geschäftsführung übernimmt.60 Auch in der Begründung des Gesetzesentwurfs von 1969 findet sich der Hinweis, dass das Weisungsrecht nicht „komplett“ übertragen werden dürfe, da so der Aufsichtsrat zum maßgeblichen Geschäftsführungsorgan gemacht werde, was im Widerspruch zur Überwachungsfunktion trete.61 Die Überwachungskompetenz ist somit nur notwendiges, aber nicht alleiniges Kriterium für einen fakultativen Aufsichtsrat. Diese muss dem Aufsichtsrat aber sein Gepräge geben. Sie darf nicht durch die Übertragung von Aufgaben und Kompetenzen in Frage gestellt werden, welche eine effektive Kontrolle der Geschäftsführungstätigkeit widersprechen. Daher ist auch zum Schutz des Rechtsverkehrs eine analoge Anwendung der Publizitätspflichten aus §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG auf Organe abzulehnen, die eher dem Bereich der Geschäftsführung zuzuordnen, jedoch auch mit Überwachungskompetenzen ausgestattet sind.62 2. Die einzelnen Mindestüberwachungskompetenzen Die Überwachungskompetenz, welche eine Überwachung der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit der Geschäftsführungstätigkeit umfassen muss,63 setzt sich aus einer Vielzahl von Einzelkomponenten zusammen. Der Umfang der Überwachung muss dem in der Aktiengesellschaft zumindest vergleichbar sein.64 Inhaltlich sollen zur Überwachung der Geschäftsführung zwingend die

59 Vgl. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 19; a.A. Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 10: Die Grenze sei erst überschritten, wenn dem Aufsichtsrat die Geschäftsführung vollständig übertragen werde. 60 Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 161: Der Aufsichtsrat dürfe nicht zum „eigentlichen Geschäftsführungsorgan“ werden; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 277. 61 Begründung zu§ 105 RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 263 f. 62 So aber Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 22 für eine analoge Anwendung, wenn das Organ „aufsichtsratsähnliche Funktionen“ wahrnehme. So auch Mertens, FS Stimpel, 1985, S. 417, 418; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 56. 63 Vgl. etwa Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 95 ff.; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 100; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 16; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 9. 64 A.A. OVG Münster, GmbHR 2010, 92, 94 f. (Die Aufsichtspflicht dürfe deutlich hinter der in der Aktiengesellschaft zurück bleiben).

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Kontrolle der laufenden Kassen- und Buchführung und des Rechnungswesens,65 einschließlich der Prüfung des Jahresabschlusses nach § 42a Abs. 1 S. 3 GmbHG66 sowie die Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer entsprechend § 111 Abs. 2 S. 3 AktG67 zählen. Zudem verweist § 52 Abs. 1 GmbHG auch auf § 107 Abs. 3 S. 2 AktG und damit die Möglichkeit zur Bestellung eines speziellen Prüfungsausschusses zur Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung.68 Bei größeren Gesellschaften besteht daher auch die Pflicht zur Einrichtung eines sog. Risikomanagementsystems.69 Dies soll auch für die Complianceorganisation gelten.70 Ebenso wie in der Aktiengesellschaft, in welcher der Aufsichtsrat in Krisenzeiten seine Überwachungstätigkeit zu intensivieren und alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen hat, um darauf hinzuwirken, dass der Vorstand seiner Pflicht zur Insolvenzantragstellung nachkommt und keine Zahlungen entgegen § 92 Abs. 2 S. 1 AktG vornimmt,71 verdichten sich auch in der Krise der GmbH die Überwachungspflichten. Der Aufsichtsrat ist ebenso verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Geschäftsführer rechtzeitig Insolvenzantrag stellen sowie zu verhindern, dass Zahlungen entgegen § 64 S. 1 GmbHG geleistet werden.72 Dem zustimmend wird es auch in der Literatur als Kardinalpflicht eines jeden Aufsichtsrats gesehen, für einen rechtmäßigen Umgang der Geschäftsführer mit dem Gesellschaftsvermögen zu sorgen.73 Als Teil der ordnungsgemäßen Überwachung der Geschäftsführer handelt es sich um eine unabdingbare Kompetenz des fakultativen Aufsichtsrats. Dies ergibt sich, entgegen anders lautender Ansicht,74 aus der 65

Vgl. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 17; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 454. Vgl. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 17; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 13; Baumbach/Hueck/ Zöllner/Noack, § 52 Rn. 113; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 263. 67 Vgl. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 17; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 13; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 263. 68 Der Verweis auf § 107 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG wurde durch das AReG (Gesetz zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse – Abschlussprüfungsreformgesetz vom 10. 05.2016) eingeführt. In den Gesetzgebungsmaterialien findet sich der Hinweis, dass bereits zuvor durch den Verweis auf § 107 Abs. 4 AktG eine Einbeziehung auch des § 107 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG gewollt gewesen sei und die Erweiterung der Verweisungskette daher nur zur Klarstellung erfolgte, vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 18/7219 S. 59. Bereits zuvor wurde darauf hingewiesen, dass der fehlende Verweis nicht dahingehend zu verstehen sei, dass auch die entsprechenden inhaltlichen Prüfungspflichten ausgeklammert werden sollten, vgl. Scholz/ Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 87b; Lutter/Hommelhoff, 18. Aufl. 2012, § 52 Rn. 16. 69 So auch Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 18. 70 So Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 18. 71 Vgl. BGH NZG 2009, 550, 551. 72 Vgl. BGHZ 187, 60, 64 Rn. 21; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 19. 73 Vgl. Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1208; Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1977. 74 So Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 36; Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1977. 66

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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berechtigten Erwartung des Rechtsverkehrs. Auch soweit vorgebracht wird, es sei nicht Aufgabe des Aufsichtsrats, die Gläubiger vor benachteiligenden Zahlungen zu schützen, da der Aufsichtsrat lediglich an das Gesellschaftsinteresse gebunden sei, wird übersehen, dass der Rechtsverkehr berechtigter Weise erwarten darf, dass der Aufsichtsrat seiner Überwachungsaufgabe nachkommt und die einem Aufsichtsrat in Bezug auf diese Pflicht zustehenden Kompetenzen umfassend wahrnimmt. Dazu zählt auch die Überwachung des rechtmäßigen Verhaltens der Geschäftsführer in Bezug auf das Gesellschaftsvermögen. 3. Informationsrechte und Berichtspflichten In untrennbarem Zusammenhang mit der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats steht die Pflicht der Geschäftsführer, den Aufsichtsrat zu informieren. Ohne Information kann der Aufsichtsrat mangels Kenntnis von der Tätigkeit der Geschäftsführer seiner Überwachungsaufgabe nicht nachkommen.75 § 52 Abs. 1 GmbHG verweist daher auf die Berichtspflichten des Vorstandes nach § 90 Abs. 3, 4, 5 S. 1 und 2 AktG. Nicht von diesem Verweis umfasst sind allerdings die Bestimmungen zu den sog. Regelberichten nach § 90 Abs. 1 und 2 AktG. Hieraus wird überwiegend der Schluss gezogen, dass in Folge des Ausschlusses der Regelberichterstattung durch die Geschäftsführer insgesamt die Initiative vom Aufsichtsrat auszugehen habe,76 eine Regelberichterstattung aber durch den Gesellschaftsvertrag eingeführt werden könne.77 Der Aufsichtsrat muss daher nach dieser Ansicht die Berichte von den Geschäftsführern einfordern und selbst eine ausreichende Informationsversorgung sicherstellen, wie etwa den Umfang und die Häufigkeit der Berichterstattung festlegen. Die Gegenansicht geht davon aus, dass eine ordnungsgemäße Geschäftsführung in einer GmbH mit Aufsichtsrat ohne Berichte an diesen nicht denkbar sei, eine Pflicht der Geschäftsführer zur Unterrichtung des Aufsichtsrats auf eigene Initiative daher bereits aus § 43 Abs. 1 GmbHG folge. Der fehlende Verweis wolle lediglich klarstellen, dass die Berichtspflichten in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht hinter denen in der Aktiengesellschaft zurückbleiben dürften.78 Gegen letztere Sichtweise wird zu Recht der eindeutige Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG angeführt.79 Allerdings nähern sich die zwei Sichtweisen bei genauerer Betrachtung 75

Vgl. Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1122, für den obligatorischen Aufsichtsrat der GmbH. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 322; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 105; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 22; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 13; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 253; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 182; ders., GmbHR 2011, 449, 452. 77 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 265; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 107. 78 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 115; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 114; im Ergebnis ebenso: Hachenburg/Schilling, 7. Aufl. 1979, § 52 Rn. 55; Ensthaler/Füller/Schmidt, § 52 Rn. 5. 79 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 322; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 134 Fn. 301 („zu unbestimmt“). 76

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

einander an, indem auch die herrschende Meinung eine Ausnahme von der alleinigen Initiativpflicht des Aufsichtsrats macht und davon ausgeht, dass die Geschäftsführer dennoch wesentliche Entwicklungen dem Aufsichtsrat unaufgefordert mitzuteilen haben, sofern deren Kenntnis im Interesse der Gesellschaft zur Überwachung erforderlich sei.80 Auch die Anforderungen der Gegenansicht an den Anlass einer Berichtspflicht sind nicht einheitlich. Heermann will keine qualifizierenden Anforderungen an den Anlass der Berichtspflicht stellen,81 B. Schmidt vertritt, dass eine Berichtspflicht nur bestehe, wenn nach der Natur der Sache ein Auskunftsverlangen des Aufsichtsrats nicht zu erwarten sei.82 Es stellt sich die Frage, inwieweit das Informationsrecht des Aufsichtsrats und damit die Berichtspflichten der Geschäftsführer durch den Gesellschaftsvertrag weiter eingeschränkt werden können. Dies ist in Zusammenhang mit der zu gewährleistenden Überwachungsmöglichkeit des Aufsichtsrats zu sehen. Ein völliger Ausschluss der Berichtspflicht und damit der Möglichkeit des Aufsichtsrats, Informationen zu erhalten, würde die zwingende Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats leer laufen lassen. Das Recht auf Berichterstattung ist daher Teil der zwingend vorzunehmenden Ausgestaltung des Aufsichtsrats. Ein völliger Ausschluss der Berichtspflicht ist unzulässig.83 Jedoch muss die Berichterstattung durch die Geschäftsführer nicht zwingend entsprechend § 90 Abs. 3, 4, 5 S. 1 und 2 AktG ausgestaltet werden. So geht auch die herrschende Meinung nur davon aus, dass das Recht auf Information nicht vollständig ausgeschlossen werden könne, da so die Kernfunktion der Überwachung de facto entzogen werde; Einschränkungen seien jedoch zulässig.84 Die hierbei für zulässig erachteten Beschränkungen gehen allerdings mitunter zu weit. So sollen die Informationsrechte aus § 90 AktG eingeschränkt, abschließend geregelt oder an Voraussetzungen geknüpft werden können.85 Dabei soll es zulässig sein, bestimmte Informationen,86 aber auch bestimmte Auf-

80 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 323; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 107; weiter: KG, Urteil vom 16. 06. 2011 – 19 U 116/10, BeckRS 2011, 17866 („wesentlichen Tatsachen“). 81 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 115. 82 Ensthaler/Füller/Schmidt, § 52 Rn. 5. 83 So auch die h.M., vgl. etwa Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 116; MünchKommGmbHG/ Spindler, § 52 Rn. 333; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 135; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 264; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 22; ders., Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 776. 84 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 333; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 116; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 135; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 9, 264; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 22. 85 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 333; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 116; Lutter/ Hommelhoff, § 52 Rn. 26; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 264. 86 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 116; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 22; Baumbach/Hueck/ Zöllner/Noack, § 52 Rn. 135.

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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sichtsratsmitglieder von Informationen auszuschließen.87 Auch soll das Recht einzelner Aufsichtsratsmitglieder auf Information des Aufsichtsrats nach § 90 Abs. 3 S. 2 AktG beseitigt88 und die Textform nach § 90 Abs. 4 S. 2 AktG durch mündliche Berichte ersetzt werden können.89 Zudem soll das Einsichts- und Prüfungsrecht nach § 111 Abs. 2 AktG beschränkt90 oder ausgeschlossen91 werden können. Auch § 90 Abs. 5 S. 2 AktG soll dispositiv sein; der Gesellschaftsvertrag könne statt der Übermittlung auch die Einsicht in die Berichte vorsehen.92 Entscheidend für den zulässigen Umfang einer Beschränkung der Informationsrechte ist, dass die Ausübung der Überwachungskompetenz dadurch nicht zunichte gemacht werden darf. Sofern allein die Initiative auf den Aufsichtsrat übertragen wird, dieser im Ergebnis aber die Möglichkeit behält, an alle für die Kontrolle wesentlichen Informationen zu gelangen, ist eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Gestaltung zulässig. Einschränkungen lediglich in Bezug auf das Verfahren der Informationserlangung, wie etwa der Ausschluss des Rechts einzelner Aufsichtsratsmitglieder, Information an den Aufsichtsrat zu verlangen, oder der Ausschluss der Pflicht entsprechend § 90 Abs. 5 S. 2 AktG in Textform erstattete Berichte auch an die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder zu übermitteln, sind daher als weniger einschneidende Beschränkungen der Rechte des Aufsichtsrats in weiterem Umfang zulässig, als die inhaltliche Beschränkung des Informationsrechts. Sofern es dem Aufsichtsrat, wenn auch auf beschwerlicherem Weg, möglich ist, alle für die Ausübung der zwingenden Überwachungsaufgabe erforderlichen Informationen zu erhalten, bestehen gegen einer Einschränkung des Verweises in § 52 Abs. 1 GmbHG keine Bedenken, sofern eine Beschränkung nicht die Grenze der Willkür überschreitet. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Ermöglichung einer praktikablen Unternehmensverfassung, abhängig von der Größe der jeweiligen Gesellschaft. Auch ist zu bedenken, dass durch die fehlende zwingende Beteiligung der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat die Sorge hinsichtlich einer Verletzung der Vertraulichkeit im Regelfall geringer ist als bei der Mitbestimmung unterliegenden Gesellschaften und damit auch kein gleichwertiges Bedürfnis nach einer inhaltlichen Beschränkung der Information des Aufsichtsrats besteht.

87 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 333; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 264; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 22 (lediglich für bestimmte Informationen). 88 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 776; MünchKommGmbHG/ Spindler, § 52 Rn. 331. 89 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 264. 90 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 776. 91 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 334. 92 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 120; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 135.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

II. Die Einräumung von Zustimmungsvorbehalten zugunsten des Aufsichtsrats Durch den Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 111 Abs. 4 AktG wird – neben dem Umstand, dass auch in der GmbH der Aufsichtsrat grundsätzlich nicht zur Geschäftsführung befugt sein darf – klargestellt, dass zugunsten des fakultativen Aufsichtsrats Zustimmungsvorbehalte zu Geschäftsführungsmaßnahmen festgelegt werden können. Auch hier stellt sich die Frage, ob diese Kompetenz aus § 111 Abs. 4 S. 2 AktG anders als im Aktienrecht dispositiv ist. Die herrschende Meinung geht von einer dispositiven Natur aus.93 Die Gegenansicht geht von einem zwingenden Zusammenhang zwischen Zustimmungsvorbehalten und Überwachungsaufgabe aus; ohne erstere stünde dem Aufsichtsrat kein geeignetes Druckmittel gegenüber den Geschäftsführern zur Seite, sodass ohne solche keine effektive Überwachung gewährleistet sei.94 Argumentiert wird mit der grundsätzlich schwächeren Stellung des Aufsichtsrats in der GmbH. Dieser sei bereits durch den fehlenden Verweis auf § 84 AktG und damit die fehlende Personalkompetenz geschwächt. Nachdem auch auf andere Vorschriften, die die Position des Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft stärkten, wie etwa die §§ 77, 87, 88, 89, 124 Abs. 3, 172 AktG, in § 52 GmbHG nicht verwiesen werde, bleibe dem Aufsichtsrat, sofern ihm auch die Kompetenz aus § 111 Abs. 4 S. 2 AktG genommen werde, lediglich die Funktion eines Beraters.95 Dabei sei zwar ein vollständiger Ausschluss der Kompetenz denkbar, aber nur, wenn eine Kompensation der fehlenden Einflussmöglichkeit erfolge, wie etwa durch die Zuweisung der Personalkompetenz oder eines unentziehbaren Einberufungsrechts der Gesellschafterversammlung mit eigenem Antragsrecht – welches damit über § 111 Abs. 3 AktG hinausgeht – oder aber der Einräumung eines Weisungsrechts gegenüber den Geschäftsführern.96 Dem ist zu widersprechen. Zwar ist dieser Ansicht zuzugeben, dass die Rechtsstellung des Aufsichtsrats hinsichtlich der Mittel zur Durchsetzung seiner Aufgaben hinter der eines aktienrechtlichen Aufsichtsrats zurückbleibt. Gerade der fehlende Verweis auf die §§ 77, 84, 87, 88, 89, 124 Abs. 3, 172 AktG zeigt aber, dass diese Stellung der Konzeption des Aufsichtsrats in der GmbH gerade entspricht. Zwingend wahrzunehmen hat der Aufsichtsrat nur die Überwachungsaufgabe. Weitere Kompetenzen kann die Gesellschafterversammlung nach freiem Belieben auf den Aufsichtsrat übertragen und ihm so eine stärkere Position zuweisen. Hierbei kommt die 93 Vgl. BGH, Urteil vom 26. 11. 2015 – 3 StR 17/15, ZIP 2016, 966, 971; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 362; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 130; Lutter/ Hommelhoff, § 52 Rn. 15; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 237; Baumbach/Hueck/Zöllner/ Noack, § 52 Rn. 123; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 18; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 23; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1797; Deilmann, BB 2004, 2253, 2254. 94 Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 129. 95 Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 129. 96 Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 130.

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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umfassende Gestaltungsfreiheit in der GmbH ins Spiel. Dieser sind zwar Grenzen gesetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kompetenzen des Aufsichtsrats in der GmbH nicht hinter denen in der Aktiengesellschaft zurückbleiben dürften, sofern dies nicht zu einer Täuschung des Rechtsverkehrs führt. Entscheidend ist, ob der Rechtsverkehr berechtigterweise von der Geltung des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG und damit dem Bestehen97 von Zustimmungsvorbehalten zugunsten des Aufsichtsrats ausgehen darf. Zustimmungsvorbehalten ist zwar eine präventive Überwachungskomponente immanent. Für die Ausübung der eigentlichen Überwachungsaufgabe ist deren Bestehen aber nicht von essentieller Bedeutung. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass der Aufsichtsrat auch ohne diese seiner Überwachungskompetenz nachkommen könne.98 Ein Abbedingen der Kompetenz, bestimmte Geschäfte nicht ohne Zustimmung des Aufsichtsrats vornehmen zu dürfen, führt nicht dazu, dass dem Aufsichtsrat keine adäquaten Mittel zur Verfügung stünden, gegen die betreffenden Geschäfte vorzugehen. Er hat in jedem Fall das Recht, die Gesellschafterversammlung zu informieren und zu versuchen, auf diesem Weg – mittelbar – das Vorgehen der Geschäftsführer zu unterbinden.99 Auch der Vergleich mit der Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft zeigt, dass in der GmbH weitaus mehr präventive Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsleitung bestehen, sodass bereits der Stellenwert der Zustimmungsvorbehalte ein anderer ist. So können in der GmbH auch die Gesellschafter selbst Tätigkeiten der Geschäftsführung wahrnehmen, aber andererseits auch jederzeit selbst präventiv gegen Tätigkeiten der Geschäftsführer vorgehen. In der Aktiengesellschaft wird diese fehlende Kompetenz der Hauptversammlung, selbst gegen Maßnahmen der Geschäftsleiter einschreiten zu können, durch § 111 Abs. 4 S. 2 GmbHG kompensiert. Ist der Aufsichtsrat in der GmbH mit der Geschäftsführung durch die Geschäftsführer unzufrieden, besteht dagegen stets die Möglichkeit, die Gesellschafterversammlung zu informieren, die sodann selbst einschreiten kann. Allein jede Möglichkeit, auf Missstände hinzuweisen, darf dem Aufsichtsrat nicht genommen werden.100 Zustimmungsvorbehalte stellen nur ein Mittel von mehreren zur Erfüllung der Überwachungsaufgabe dar. Die prozeduralen Anforderungen an die Kontrolltätigkeit dürfen – wie auch im Rahmen des Rechts auf Berichterstattung – abweichend von der Aktiengesellschaft geregelt werden, sofern dadurch nicht insgesamt die Fähigkeit zur effektiven Kontrolle vereitelt wird. Damit kann allein aus der Überwachungskomponente der Zustimmungsvorbehalte nicht der Schluss auf 97

Sofern die Satzung nicht von §§ 111 Abs. 4 S. 2 AktG befreit, besteht – entsprechend der Rechtslage in der Aktiengesellschaft – eine Pflicht des Aufsichtsrat, Zustimmungsvorhalte festzulegen, sofern dies nicht bereits in der Satzung geschehen ist; vgl. hierzu etwa MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 367; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 111. 98 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 237. 99 Auf diese Möglichkeit ebenfalls hinweisend: MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 362; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 130; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 456 (Bei „Gefahr im Verzug“ bestehe eine entsprechende Pflicht.). 100 So auch MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 362.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

deren zwingende Notwendigkeit für die Funktion als Überwachungsorgan gezogen werden. Zustimmungsvorbehalte dienen zudem nicht allein der Kontrolle, sondern eröffnen auch die Möglichkeit, auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen. Soweit diesen daher auch gestaltende Wirkung zukommt, besteht schon kein berechtigtes Interesse der Gläubiger an deren Bestehen. Diese Doppelfunktionalität der Zustimmungsvorbehalte legt nahe, von deren Abdingbarkeit auszugehen.101 Neben einer vollständigen Abbedingung kommt auch die Modifikation des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG in Betracht. So kann der Gesellschaftsvertag Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Geschäfte ausschließen.102 Auch soll – anders als im Aktienrecht103 – eine Anordnung für Tagesgeschäfte zulässig sein.104 Umstritten ist, ob auch eine generalklauselartige Ausgestaltung des Zustimmungsvorbehalts zulässig ist.105 Der Aufsichtsrat kann auch lediglich von der Pflicht zur Festsetzung eines Katalogs an zustimmungspflichtigen Geschäften befreit werden.106 Sofern bereits die Gesellschafterversammlung einen Zustimmungsvorbehalt festlegen will, bedarf es hierfür zwar grundsätzlich einer Dreiviertel-Mehrheit. Jedoch soll, als Folge der parallelen Kontrollzuständigkeit der Gesellschafterversammlung gem. § 46 Nr. 6 GmbHG, gesellschaftsvertraglich ein anderes Mehrheitserfordernis festgesetzt werden können.107 Auch gilt es das Verhältnis von Zustimmungsvorbehalten zugunsten des Aufsichtsrats zu Weisungen der Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern zu klären. Ausführungshandlungen der Geschäftsführer aufgrund zuvor erteilter Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegen nicht der Überwachung des Aufsichtsrats. Zwar wird dem entgegengehalten, dass die Gesellschafterversammlung es so in der Hand habe, die Kompetenzen des Aufsichtsrats auszuhebeln, sodass sich die Kontrolle auch auf Geschäftsführungsmaßnahmen der

101

Vgl. E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 456. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 378; a.A. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 171 f. (nur zulässig, wenn die Satzung zur Kompensation andere Kompetenzen übertrage). 103 Vgl. Lutter/Schmidt/Drygala, AktG, § 111 Rn. 56; Fleischer, BB 2013, 835, 840 ff.; Schneider Uwe H./Schneider Sven H., AG 2015, 621, 623; Fonk, ZGR 2006, 841, 846; krit.: Thiessen, AG 2013, 573, 574 ff. 104 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 378; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 137; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 130 f. 105 Für deren Zulässigkeit: BGH, Urteil vom 26. 11. 2015 – 3 StR 17/15, ZIP 2016, 966, 971, verlangt wird aber, dass der Aufsichtsrat dann jeweils Umfang und Voraussetzungen seiner Zustimmung präzisiert, damit nicht die Funktion als Kontrollorgan unterlaufen werde. Gegen deren Zulässigkeit: Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 110; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 369; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 229; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 137. 106 Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 141; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 130. 107 Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 138; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 163 f.; a.A. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 110 (einfache Mehrheit nicht ausreichend). 102

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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Gesellschafter zu beziehen habe.108 Dem folgt die ganz herrschende Meinung aber zu Recht nicht. Die im Verhältnis zu den Geschäftsführern übergeordnete Stellung der Gesellschafterversammlung wird durch die Einführung eines Aufsichtsrats gerade nicht beseitigt.109 Die Abhängigkeit der Geschäftsführer vom Willen der Gesellschafterversammlung ist der GmbH systemimmanent. Anders als in der Aktiengesellschaft die Hauptversammlung, darf die Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer übergeordneten Geschäftsführungskompetenz jederzeit den Geschäftsführern Weisungen erteilen.110 Der Aufsichtsrat hat allein die Aufgabe, vor eigenmächtigem Handeln der Geschäftsführer zu schützen. Als Folge der fehlenden Erstreckung der Überwachungskompetenz des Aufsichtsrats auf Geschäftsführungstätigkeiten der Gesellschafterversammlung kann auch die Ausführung von Weisungen der Gesellschafterversammlung durch die Geschäftsführer nicht von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängen.111 Auf die Reihenfolge von Zustimmungsverweigerung und Weisung kann es hierbei nicht ankommen, sodass auch eine vorherige Zustimmungsverweigerung durch eine Weisung der Gesellschafter ausgehebelt werden kann.112 Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch vorsehen, dass Zustimmungsvorbehalte auch auf Weisungen der Gesellschafterversammlung ausgedehnt werden, da die Gesellschafterversammlung dies jederzeit durch eine entsprechende Satzungsänderung wieder beseitigen kann.113 In diesem Zusammenhang stellt sich weiter die Frage nach der Anwendbarkeit des § 111 Abs. 4 S. 3 – 5 AktG und damit den Voraussetzungen für die Ersetzung einer verweigerten Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung. Auch hier kommt das Verhältnis von Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung zum Tragen. Da eine verweigerte Zustimmung bereits durch eine Weisung der Gesellschafterversammlung an die Geschäftsführer umgangen werden kann – wofür eine einfache Mehrheit ausreicht –, kann für die Ersetzung der Zustimmung nichts anderes gelten. Gegen das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit wird daher angeführt, dass dies eine reine Förmelei darstellen würde.114 Eine Differenzierung zwischen Weisung und 108

So Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 133, 136 ff. Vgl. zum institutionellen Verständnis der Überwachung bereits 5. Teil, A. I. 1. c). 110 Vgl. Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 23; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 147; a.A. aber wohl Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 108. 111 So auch Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 133; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 24; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 18; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 124; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 233; Rodewald/Wohlfarter, GmbHR 2013, 689, 692. 112 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 381; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 133; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 18; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 233; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1120 (für den obligatorischen Aufsichtsrat); Deilmann, BB 2004, 2253, 2256. 113 Vgl. Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 134; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 372. 114 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 365; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 112; Scholz/ Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 147; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 234; Deilmann, BB 2004, 2253, 2256. 109

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Ersetzung der Zustimmung sei widersprüchlich.115 Abweichend von der aktienrechtlichen Regelung ist für die Ersetzung der Zustimmung daher die einfache Mehrheit ausreichend.116 Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn sich hierfür Anhaltspunkte in der Satzung ergeben.117

III. Die Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung § 52 Abs. 1 GmbHG verweist auch auf § 111 Abs. 3 AktG. Diese Pflicht des Aufsichtsrats zur Einberufung der Gesellschafterversammlung, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert, ist für das Recht der GmbH – anders als im Aktienrecht – abdingbar.118 Der Gesellschaftsvertrag kann diese Befugnis ausschließen oder etwa an eine qualifizierte Mehrheit binden.119 Zwar kommt dem Einberufungsrecht in der GmbH ein stärkeres Gewicht zu als in der Aktiengesellschaft. Die Gesellschafterversammlung einer GmbH kann einfacher und mit geringeren Kosten durchgeführt werden, auch die Kompetenzen der Gesellschafterversammlung sind gegenüber denen der Hauptversammlung wesentlich erweitert.120 Jedoch ist das Einberufungsrecht zur Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe nicht zwingend erforderlich.121 Daher besteht keine berechtigte Erwartung des Rechtsverkehrs, dass jedem Aufsichtsrat ein solches Recht zusteht. Dem Aufsichtsrat bleibt aber in jedem Fall das Recht – und auch die Pflicht – auf eine Einberufung hinzuwirken.122 Zudem ist er 115

Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 234. So auch die h.M., vgl. statt aller Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 147; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 365, 381; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 23; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 15; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 112; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 124; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 234; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 456; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 217 (Regelung im Gesellschaftsvertrag erforderlich); Deilmann, BB 2004, 2253, 2256. A.A. wohl Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 203; einschränkend: Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 217 (zwar zulässig, aber Regelung im Gesellschaftsvertrag erforderlich). Auch der RefE zum GmbHG von 1969 sah eine einfache Mehrheit mit der Begründung vor, der Aufsichtsrat sei ein von der Gesellschafterversammlung abhängiges Organ, vgl. Begründung des § 105 RefE, Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 265. 117 So OLG Koblenz Urteil vom 09. 08. 1990 – 6 U 888/90, GmbHR 1991, 264, 267 f.; Roth/ Altmeppen, § 52 Rn. 24; für die Zulässigkeit einer solchen abweichenden Bestimmung auch: MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 381. 118 H.M., vgl. etwa MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 333, 356; Ulmer/Hüffer/ Schürnbrand, § 49 Rn. 8; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 115; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 286; so auch schon Staub, 1. Aufl. 1903, § 52 Anm. 37. 119 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 115. 120 Darauf in diesem Zusammenhang hinweisend: Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1125. 121 So auch MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 333. 122 Vgl. Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 286. 116

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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in jedem Fall berechtigt und verpflichtet, den Gesellschaftern Bericht zu erstatten, wenn es das Wohl der Gesellschaft erfordert.123 Ein Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung steht dem Aufsichtsrat, mangels Verweisses auf § 108 Abs. 2 S. 1 AktG in § 52 Abs. 1 GmbHG, nicht zu.124 Dies bedeutet indes nicht, dass die Aufsichtsratsmitglieder nicht teilnehmen könnten.125

IV. Die Prüfung des Jahresabschlusses § 52 Abs. 1 GmbHG verweist auf §§ 170, 171 AktG, welche die Vorlage des Jahresabschlusses an den Aufsichtsrat und die Prüfung durch denselben regeln. Das Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses stellt ein bedeutsames Überwachungsinstrument dar. Mangels Verweisses auf § 172 AktG stellt der Aufsichtsrat in der GmbH den Jahresabschluss zwar nicht fest, ihm obliegt aber die Pflicht zur Prüfung des aufgestellten Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Gewinnverwendungsvorschlags. Der Verweis auf diese Vorschriften soll nach herrschender Meinung anders als im Aktienrecht abbedungen werden können.126 Gegen eine vollständige Abdingbarkeit der Pflicht aus § 171 AktG wird jedoch vorgebracht, dass die Gesellschafter einer GmbH, anders als die Aktionäre einer Aktiengesellschaft, zwar regelmäßig selbst in der Lage seien, den Jahresabschluss zu prüfen, die Prüfung des Jahresabschlusses aber zum Begriffsmerkmal eines Aufsichtsrats gehöre.127 Die Prüfung des Jahresabschlusses ist Teil der allgemeinen Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 1 AktG, die auch für die GmbH nicht abbedungen werden kann. Dies führt aber nicht dazu, dass auch das Verfahren der §§ 170, 171 AktG einzuhalten ist. Es ist zwischen der formellen Prüfung des Jahresabschlusses entsprechend §§ 170, 171 AktG, und damit der Einhaltung dieses Verfahrens, und der Pflicht zur Kontrolle des Jahresabschlusses als Teil der allgemeinen Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats zu unterscheiden. Nur letztere darf

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Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 115. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 360. 125 So Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 287. 126 Vgl. statt aller MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 304; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 113; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 21; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 157; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 249; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 28; Henssler/ Strohn, § 52 GmbHG Rn. 15; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1206; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 455; Kreifels, GmbHR 1956, 53, 55; einschränkend: Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 103; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1798; ablehnend: Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 295 (§ 42a Abs. 1 S. 3 GmbHG indiziere eine zwingende Prüfungspflicht). 127 So Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 103. 124

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

nicht abbedungen werden.128 Dem Aufsichtsrat darf daher auch nicht der Zugang zu den betreffenden Unterlagen verwehrt werden.129 Im Ergebnis besteht damit eine zwingende Rechtmäßigkeitsprüfung durch den Aufsichtsrat als Teil der Überwachungskompetenz aus § 111 Abs. 1 AktG. Nicht zwingend ist allerdings die Überwachung der Ausnutzung bilanzpolitischer Ermessensentscheidungen durch die Gesellschafter im Rahmen des § 46 Nr. 1 GmbHG.130

V. Die Vertretungskompetenz Der Aufsichtsrat ist gem. §§ 112 AktG, 52 Abs. 1 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Geschäftsführern befugt. Da dies allerdings nicht die Zuständigkeit zu Abschluss, Kündigung oder Aufhebung des Geschäftsführeranstellungsvertrags, welche eine Annexkompetenz zu § 84 AktG darstellt, mitumfasst,131 ist der Umfang der Vertretungskompetenz stark eingeschränkt, sofern dem Aufsichtsrat nicht auch die Personalkompetenz übertragen ist. § 112 AktG soll zudem nach ganz herrschender Meinung anders als im Aktienrecht dispositiv sein.132 Die Kompetenz zähle nicht zu den Kompetenzen, die mit der „Natur“ des Aufsichtsrats untrennbar verbunden seien.133 Entscheidend dürfte sein, dass der Rechtsverkehr naturgemäß von einer das Innenverhältnis der GmbH regelnden Vertretungsregelung nicht betroffen ist. Die interne Zuständigkeitsverteilung ist nicht maßgeblich von Bedeutung für die Durchsetzung von Ansprüchen gegen Organwalter, welche durchaus im Interesse der Gläubiger liegt. Zwar ist zu bedenken, dass bei einer alleinigen Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung die Geltendmachung von Ersatzansprüchen möglicherweise unterbleibt. Dies gilt insbesondere da die Entscheidung über die Geltendmachung 128 So wohl auch: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 113; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 21; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 249; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 304; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 52 Rn. 33; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1206; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 455. 129 Vgl. Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 21; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1798. 130 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 304; Staub/Habersack/Schürnbrand, HGB, § 324 Rn. 8; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 455. 131 Vgl. hierzu etwa MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 401; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 104. 132 Ganz h.M., vgl. statt vieler BGH NZG 2004, 327; NZG 2008, 104, 105; Ulmer/Hüffer/ Schürnbrand, § 46 Rn. 119; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 177; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 279; MünchKommGmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 265; Baumbach/Hueck/Zöllner/ Noack, § 46 Rn. 66; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 14; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 46 Rn. 47; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 401; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 109; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 31; Roth/Altmeppen, § 46 Rn. 56; Kleindiek, FS Graf v. Westphalen, 2010, S. 387, 388; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1798. 133 So Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 109.

A. Mindestkompetenzen des fakultativen Aufsichtsrats

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durch die Gesellschafterversammlung wesentlich geringeren Beschränkungen unterliegt als durch den Aufsichtsrat, welcher allein an das Gesellschaftsinteresse gebunden ist. Jedoch betrifft § 112 AktG nur die Vertretung der Gesellschaft bei der Geltendmachung von Ansprüchen und nicht die Frage über das „Ob“ der Geltendmachung der Ansprüche. Für diese ist, bei Fehlen einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag, gem. § 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG die Gesellschafterversammlung zuständig. Ohne einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss ist auch keine Geltendmachung möglich; der Beschluss hat materiell-rechtliche Außenwirkung.134 Der Aufsichtsrat hat aber, auch bei Abbedingung des § 112 AktG, als Teil seiner Überwachungsaufgabe – entsprechend den von der Rechtsprechung für die Aktiengesellschaft entwickelten Grundsätzen135 – zwingend zu prüfen, ob Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer bestehen. Ist dies der Fall, hat er ohne eigenes Ermessen der Gesellschafterversammlung die Frage vorzulegen, ob Ersatzansprüche gegen die Geschäftsführer geltend zu machen sind.136 Die Gesellschafterversammlung hat dann nach § 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG über das „Ob“ der Geltendmachung zu entscheiden, sofern diese Kompetenz nicht auf den Aufsichtsrat übertragen ist. Im Unterschied zum Aufsichtsrat ist die Gesellschafterversammlung aber nicht – in entsprechender Anwendung der ARAG-Garmenbeck-Grundsätze des Bundesgerichtshofs – zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Geschäftsführer verpflichtet. Die Gesellschafter haben zunächst das Bestehen und die Durchsetzbarkeit der Ersatzansprüche zu prüfen. Bei der sich anschließenden Fragestellung der tatsächlichen Durchsetzung der Ansprüche steht ihnen ein eigenes Ermessen zu.137 Anders als der Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft darf die Gesellschafterversammlung daher nicht nur ausnahmsweise dann von der Verfolgung absehen, wenn gewichtige Belange gegen die Geltendmachung sprechen, sondern sie darf in jedem Fall eigenmächtig abwägen und entscheiden. Sie ist allein durch die Treuepflicht gebunden, welche lediglich zweckwidrige Beschlüsse ausschließt.138 Für das weite Ermessen der Gesellschafterversammlung werden die gegenüber dem Aktienrecht weitreichenderen Verzichtsmöglichkeiten auf Schadensersatzansprüche angeführt.139 Ein solcher Verzicht ist aber etwa dann nicht möglich, wenn Ersatzansprüchen aus Verstößen gegen die Kapitalerhaltung zur Befriedigung der Gläubiger nötig sind, §§ 43 Abs. 3, 9b Abs. 1 GmbHG. In den Fällen fehlender Verzichtsmöglichkeit ist daher auch die Gesellschafterversammlung zur Geltendmachung der Ansprüche verpflichtet. 134 H.M, vgl. statt vieler Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 110 f. m.w.N., auch zur Gegenansicht. 135 BGHZ 135, 244, 252 ff. (ARAG/Garmenbeck) = NJW 1997, 1926, 1927 f. 136 Vgl. Kleindiek, FS Graf v. Westphalen, 2010, S. 387, 389; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 73. 137 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 48 Rn. 109 („weites Ermessen“); Kleindiek, FS Graf v. Westphalen, 2010, S. 387, 393. 138 So auch Kleindiek, FS Graf v. Westphalen, 2010, S. 387, 394. 139 Kleindiek, FS Graf v. Westphalen, 2010, S. 387, 393.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Zudem bleibt den Gesellschaftsgläubigern immer die Möglichkeit, Ansprüche der Gesellschaft, nach Pfändung und Überweisung, selbst geltend zu machen. In diesem Fall besteht, im Interesse des Gläubigerschutzes, das Beschlusserfordernis der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG nicht.140 Damit führt ein Abbedingen des Verweises auf § 112 AktG für sich genommen nicht zu einer geringeren Durchsetzungswahrscheinlichkeit von Ersatzansprüchen. Statt einer vollständigen Abbedingung können auch Einzelvertretung angeordnet oder einzelne Aufsichtsratsmitglieder ermächtigt werden.141

B. Weisungsunabhängige Ausgestaltung der Stellung der Aufsichtsratsmitglieder? Neben den zuvor behandelten Fragen der zwingenden Kompetenzzuweisungen an den Aufsichtsrat ist im Folgenden zu klären, inwieweit auch die Stellung der Organmitglieder bei der Ausübung dieser Kompetenzen der eines aktienrechtlichen Aufsichtsrats entsprechen muss. Hierbei ist primär an die Weisungsunabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder zu denken. Die Möglichkeit eines solchen Weisungsrechts der Gesellschafterversammlung wird im Fall der Entsendung der Aufsichtsratsmitglieder und hierbei vor allem bei Beteiligung der öffentlichen Hand relevant. In letzterem Fall sehen die kommunalrechtlichen Vorgaben regelmäßig vor, dass sich die öffentliche Hand nur dann an Gesellschaften des privaten Rechts beteiligen darf, wenn sie einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhält.142 Zunächst gilt es zu untersuchen, ob aufgrund der Organisationsstruktur der GmbH bereits ipso iure ein Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Aufsichtsrat besteht oder, falls dies nicht der Fall ist, zumindest im Gesellschaftsvertrag die Stellung des Aufsichtsrats weisungsabhängig ausgestaltet werden kann. In der Aktiengesellschaft geht die ganz herrschende Meinung von einer zwingend weisungsunabhängigen Stellung der Aufsichtsratsmitglieder aus.143 Die Weisungs140 Vgl. Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 102 (dies gelte auf für den Fall der Geltendmachung der Ansprüche durch den Insolvenzverwalter); Scholz/K. Schmidt, § 46 Rn. 152; Baumbach/Hueck/Zöllner § 46 Rn. 60. 141 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 401; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 177. 142 So exemplarisch die Regelungen in § 103 Abs. 1 Nr. 3 GemO BW; Art. 92 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayGO; § 96 Abs. 1 Nr. 2 BbgKVerf; § 122 Abs. 1 Nr. 3 Hess. GemO; § 137 Abs. 1 Nr. 6 Nds. KomVG. 143 Statt aller BGHZ 36, 296, 306 f.; 169, 98, 106 Rz. 18, mit Hinweisen zum aktienrechtlichen Schrifttum; a.A. aber VG Arnsberg, Urteil vom 13. 07. 2007 – 12 K 3965/06, ZIP

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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unabhängigkeit wird aus § 111 Abs. 6 AktG hergeleitet, wonach Aufsichtsratsmitglieder ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen können, sowie aus der sich aus der Haftung nach §§ 116, 93 AktG ergebenden Eigenverantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder.144 Dies gilt gleichermaßen für entsandte Aufsichtsratsmitglieder.145

I. Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung ipso iure? In der GmbH könnte – anders als in der Aktiengesellschaft – aufgrund deren sog. hierarchischen Struktur der Gesellschafterversammlung ein Weisungsrecht gegenüber dem Aufsichtsrat zustehen, sodass der Aufsichtsrat nicht als unabhängiges Organ „neben“, sondern „unter“ dieser stehen würde. Im öffentlich-rechtlichen Schrifttum wird mitunter per se von einer solchen Weisungsabhängigkeit des Aufsichtsrats ausgegangen.146 Dem ist nicht zuzustimmen. So verweisen – wie bereits gezeigt – die mitbestimmungsrechtlichen, aber auch die sonstigen kapitalgesellschaftsrechtlichen Regelungen zum Aufsichtsrat sowie speziell auch § 52 Abs. 1 GmbHG allesamt auf § 111 AktG sowie §§ 93, 116 AktG, bzw. enthalten selbst Regelungen aus welchen sich die Weisungsunabhängigkeit ergibt. Daher sind auch die Mitglieder obligatorischer Aufsichtsräte in der GmbH nach ganz herrschender Meinung gegenüber der Gesellschafterversammlung weisungsunabhängig.147 Nichts 2007, 1988, 1990, mit krit. Anm. Lutter, ZIP 2007, 1991; ebenso für Weisungsabhängigkeit: Heidel, NZG 2012, 48, 52. 144 Vgl. Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1213; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 146 f.; Bätge, GS Hübner, 2012, S. 463, 478; Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 104; Kropff, FS Rebmann, 1989, S. 781, 785; Spindler, ZIP 2011, 689, 694; Reichert, Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer GmbH, S. 94; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457; Leitzen, ZNotP 2011, 453, 461; W. Schön, ZGR 1996, 429, 449 f.; Raiser, ZGR 1978, 391, 400. 145 H.M., vgl. statt vieler: BGHZ 36, 296, 306 f.: „Entsandte Aufsichtsratsmitglieder haben dieselben Pflichten wie die gewählten Aufsichtsratsmitglieder. Als Angehörige eines Gesellschaftsorgans haben sie den Belangen der Gesellschaft den Vorzug vor denen des Entsendungsberechtigten zu geben und die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen, ohne an Weisungen des Entsendungsberechtigten gebunden zu sein“; aus dem Schrifttum etwa: Spindler/Stilz, AktG, § 116 Rn. 85; Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1974; jeweils m.w.N. 146 Heidel, NZG 2012, 48, 52 ff.; H. Klein, Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 206; Pfeifer, Steuerung kommunaler Aktiengesellschaftern, S. 158 f.; R. Schäfer, Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, S. 105 (allerdings nur für den fakultativen Aufsichtsrat). 147 Vgl. etwa: Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 223; O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 37; Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 104; Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 255; Weber-Rey/ Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 23; Rodewald/Wohlfarter, GmbHR 2013, 689, 690; Banspach/ Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457; Leitzen, ZNotP 2011, 453, 461; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 339; Säcker, FS Rebmann, 1989, S. 781, 784 mit dem Hinweis, dass eine ausdrückliche Normierung im Gesetzgebungsverfahren zum MitbestG nur deshalb unterlassen worden sei, weil ein entsprechender „unbestrittener, ungeschriebener

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

anderes kann, zumindest ohne abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag,148 für den fakultativen Aufsichtsrat gelten. Zwar ist die Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern weisungsbefugt. Dies erlaubt den Gesellschaftern die Wahrung weitest möglicher Gestaltungsbefugnisse und zwar nicht nur auf der Ebene des Gesellschaftsvertrags, sondern auch auf Geschäftsführungsebene. Im Verhältnis zum fakultativen Aufsichtsrat kommt die hierarchische Struktur dadurch zum Zuge, dass die Gesellschafterversammlung über die Einrichtung sowie die Abschaffung des Aufsichtsrats, dessen Besetzung sowie in weiten Teilen auch über dessen Ausgestaltung frei entscheiden kann. Dennoch ist in Bezug auf die Ausgestaltung, also insbesondere der Zuweisung von Rechten und Pflichten, die Gestaltungsmacht der Gesellschafterversammlung nicht unbeschränkt. Allein aus der Errichtungs- und Abschaffungskompetenz kann nicht auf unbeschränkbare Einwirkungsmöglichkeiten auch auf die Aufgabenausübung durch das Zusatzorgan geschlossen werden. Wie bereits gezeigt, besteht ein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsverkehrs und damit der Gläubiger der Gesellschaft, dass ein Kontrollorgan, sofern es errichtet wurde, auch als solches fungieren kann. Der Vergleich mit der weisungsabhängigen Stellung der Geschäftsführer führt nicht weiter. Deren Weisungsabhängigkeit besteht, weil diese die Gesellschaft nach außen vertreten und die Gesellschafterversammlung daher zur Ausführung ihres Willens auf das Tätigwerden der Geschäftsführer angewiesen ist. In Bezug auf den Aufsichtsrat, als reines Innenorgan, ist dies aber gerade nicht gegeben.149 Daher wird zu Recht auch für den fakultativen Aufsichtsrat davon ausgegangen, dass ohne eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag dessen Mitglieder weisungsunabhängig sind.150 Gemeindeordnungen, die ein solches Weisungsrecht ohne entsprechende Öffnungsklausel enthalten, verstoßen gegen höherrangiges Recht.151

II. Abweichende Gestaltung im Gesellschaftsvertrag möglich? Wesentlich umstrittener ist die Frage, ob abweichend von der grundsätzlichen Weisungsunabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafterversammlung durch den Gesellschaftsvertrag ein Weisungsrecht gegenüber dem Aufsichtsrat

Grundsatz des Aktienrechts“ bestehe; a.A. Altmeppen, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 13 f., der lediglich von der zwingenden Weisungsabhängigkeit der Arbeitsnehmervertreter ausgeht. 148 Zur Möglichkeit einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag siehe unter II. 149 So die Argumentation bei Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 258. 150 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 39; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 328; Bätge, GS Hübner, 2012, S. 463, 478; Gundlach/Frenzel/Schmidt, LKV 2001, 246, 249; a.A. aber VG Arnsberg, ZIP 2007, 1988, 1990. 151 Vgl. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 146; Harder/Ruter, GmbHG 1995, 813, 814; Raiser, ZGR 1978, 391, 402; zum Verhältnis von Kommunal- und Gesellschaftsrecht später 5. Teil, B. III.

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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eingeräumt und damit die Rechtsstellung der Aufsichtsratsmitglieder abweichend vom gesetzlichen Regelfall weisungsabhängig ausgestaltet werden kann. Die weitgehende Satzungsfreiheit im Recht der GmbH sowie der Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG sprechen auf den ersten Blick für die Zulässigkeit eines weisungsabhängigen Aufsichtsrats. Für eine solche Gestaltungsmöglichkeit spricht sich dann auch vor allem die öffentlich-rechtliche Rechtsprechung152 und das öffentlichrechtliche Schrifttum153 aus. Es finden sich aber auch Vertreter des gesellschaftsrechtlichen Schrifttums, die von der Zulässigkeit einer Weisungsbindung ausgehen.154 Weite Teile des gesellschaftsrechtlichen Schrifttums gehen hingegen von einer zwingenden Weisungsunabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder aus.155 152

BVerwG, Urteil vom 31. 08. 2011 – 8 C 16/10, ZIP 2011, 2054, 2056 Rz. 21; OVG Münster, Urteil vom 24. 04. 2009 – 15 A 2529/07, GmbHR 2010, 92, 93 ff. 153 Aus dem zahlreichen öffentlich-rechtlichen Schrifttum etwa: Haupt, Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Gewande der privatrechtlichen Gesellschaft, S. 227; Nesselmüller, Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinden auf ihre Eigengesellschaften, S. 49; Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 233; R. Schäfer, Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, S. 101, 105; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 237; Engel, Grenzen mittelbarer Kommunalverwaltung, S. 162 f.; H. Klein, Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 206; Bätge, GS Hübner, 2011, S. 463, 478; Weckerling-Wilhelm/Mitsching, NZG 2011, 327, 329 ff.; Spannowsky, ZGR 1996, 400, 425; v. Schwanenflug, KommJur 2012, 441, 444; Pauly/ Schüler, DöV 2012, 339, 342 f.; Zugmaier, BayVBl. 2001, 233, 236. 154 Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 328a; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 30a; Bork/ Schäfer/Rieble, § 52 Rn. 103; Westermann, FS Hommelhoff, 2012, S. 1319, 1329 ff.; Wiedemann/Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 6 Rn. 58 f. (S. 79); K. Hommelhoff, FS Hommelhoff, 2012, S. 447, 460 f.; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 25 ff.; Rodewald/Wohlfarter, GmbHR 2013, 689, 691; Heidel, NZG 2012, 48, 51 ff.; Knapp, DStR 2012, 364, 366; Laier, GWR 2011, 521; Trölitzsch, EWIR 2011, 779, 780; Leitzen, ZNotP 2011, 459, 462; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 354; Kiethe, NZG 2006, 45, 49; Thümmel, DB 1999, 1891, 1893. So für die Einmann-GmbH: Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 2 f.; ders., ZIP 2011, 1973, 1974 f.; ders., FS Uwe H. Schneider, 2011, 1, 4 ff.; ders., NJW 2003, 2561, 2563 ff.; Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder, S. 30 ff.; Lohner/Zieglmeier, BayVBl. 2007, 581, 558; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 340. 155 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 147 (sofern der Kern der Überwachungstätigkeit betroffen sei); Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 130; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 220 (anders aber in Rn. 143 für ein Weisungsrecht der entsendenden Kommune); Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 174; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 143; Lutter/ Krieger/Verse, Rn. 1214, 1429; Strobel, Verschwiegenheitspflicht kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat, S. 89; Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 255 ff.; Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 105 ff.; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 184; ders., GmbHR 2011, 449, 457; Spindler, ZIP 2011, 689, 695; Lutter, ZIP 2007, 1991 f.; Schodder, EWiR 2009, 715, 716; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198; W. Schön ZGR 1996, 429, 452, 457; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1796; Keßler, GmbHR 2000, 71, 77; Schwintowski, NJW 1995, 1316, 1318 (anders aber auf S. 1319: Weisungsbindung nur insoweit wie das Gesellschaftsinteresse nicht berührt); Harder/Ruter, GmbHR 1995, 813, 814. Aus dem öffentlich-rechtlichen Schrifttum: Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 41 ff.; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 224 ff.; O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder,

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Einschränkend wird vertreten, dass eine weisungsabhängige Stellung nur insofern unzulässig sei, als der Kern der Überwachungstätigkeit betroffen sei; anders sei dies etwa bei der Ausübung von Exekutivaufgaben, dort sei eine weisungsabhängige Gestaltung zulässig.156 Eine solche Differenzierung zwischen Aufgaben, die den Kern der Überwachungstätigkeit betreffen, und sonstigen Aufgaben ist aufgrund der damit einhergehenden Abgrenzungsschwierigkeiten nicht unproblematisch. Gegen eine solche Differenzierung wird daher auch vorgebracht, dass sich Beratung und Kontrolle nicht immer trennen lassen, wie das Beispiel der Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Aufsichtsrats zeige.157 Jedoch ist eine zwingende Weisungsunabhängigkeit, soweit dem Aufsichtsrat jenseits der Überwachungsaufgabe Kompetenzen übertragen werden, nicht begründbar. In diesem Fall wird eine unabhängige Aufgabenwahrnehmung nicht erwartet. Aus der Organstellung des Aufsichtsrats allein folgen hinsichtlich der Weisungsabhängigkeit keine Grenzen der Gestaltungsfreiheit. Wie bereits gezeigt, verlangt die Organeigenschaft nicht zwingend die Weisungsunabhängigkeit eines Organs.158 Entscheidend ist die Stellung des Aufsichtsrats als Kontrollorgan und die Frage, wessen Interessen neben denen der Gesellschafter bei dessen Ausgestaltung zu beachten sind. Wären allein die Interessen der Gesellschafter betroffen, spräche grundsätzlich nichts dagegen, dass diese auf ihren Schutz durch ein unabhängiges Kontrollorgan verzichten könnten. Für die Zulässigkeit der Weisungsbindung wird daher auch die lediglich fakultative Einrichtung des Aufsichtsrats angeführt.159 Vor dem Hintergrund, dass der Aufsichtsrat Aufgaben wahrnimmt, die im Normalfall der Gesellschafterversammlung zustehen, und der Überlegung, dass die Gesellschafterversammlung die ihr originär zustehenden Kompetenzen nicht vollständig auf den Aufsichtsrat übertragen muss, ist die Überlegung, dass die Gesellschafterversammlung nicht die gesamte Überwachungskompetenz auf den Aufsichtsrats überträgt, sondern lediglich vermindert um das ihr weiterhin zustehende Weisungsrecht, zwar nicht fernliegend. In diese Richtung geht denn auch die Argumentation, dass das Weisungsrecht keinen Eingriff in „originäre Rechte“ des Aufsichtsrats darstelle, und daher der Gesellschafterversammlung die Ausgestaltung S. 38 f.; Reichert, Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer GmbH, S. 107 ff., 113 ff.; Engellandt, Einflussnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften, S. 3 Fn. 15. So auch Strobel, DVBl. 2005, 77, 80, die zwar von der Zulässigkeit einer Weisungsabhängigkeit ausgeht, aber feststellt, dass dann kein Aufsichtsrat mehr vorliege. In diese Richtung gehen auch Rowedder/Schmidt/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 39, die zwar davon ausgehen, dass der Gesellschaftsvertrag ein Weisungsrecht vorsehen könne, dann aber genau geprüft werden müsse, ob noch ein Aufsichtsrat vorliege, was bei umfassender Weisungsbefugnis im Zweifel nicht der Fall sei. 156 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 147; Hachenburg/Raiser, 8. Aufl. 1997, § 52 Rn. 143; O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 39. 157 Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 258. 158 Vgl. 4. Teil, D. II 1. a). 159 So die Argumentation bei Kiehte, NZG 2006, 45, 49; Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 235.

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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überlassen sei.160 Hiergegen wird im Ergebnis jedoch zutreffend angeführt, dass der Umstand, dass der Aufsichtsrat delegierte Aufgaben der Gesellschafterversammlung wahrnehme, nichts am Vertrauen des Rechtsverkehrs ändere.161 Zudem werden nicht Aufgaben oder Kompetenzen der Gesellschafterversammlung auf den Aufsichtsrat delegiert, sondern eine eigenständige, originäre Kontrollkompetenz des Aufsichtsrats begründet. Es handelt sich gerade nicht um die Übertragung einer Kompetenz der Gesellschafterversammlung. Auch der Argumentation, aus der Kompetenz der Gesellschafterversammlung, ein zusätzliches Organ zu schaffen, folge auch die Kompetenz zur völlig freien Ausgestaltung,162 kann nicht gefolgt werden. So wird vorgebracht, da die Gesellschafter ganz auf die Einrichtung eines Kontrollorgans verzichten könnten, sie erst recht weniger geeignete Aufsichtsratsmitglieder bestellen oder ein Weisungsrecht vorsehen könnten.163 Dies übersieht aber, dass der Rechtsverkehr durch die Publizitätspflichten der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG zwar von der Errichtung des Aufsichtsrats informiert, hierbei aber lediglich das „Ob“ der Errichtung offengelegt wird. Die Ausgestaltung, abgesehen von der Besetzung des Aufsichtsrats, ist nicht publik zu machen. Diesbezüglich kann sich ein berechtigtes Vertrauen bilden. Auch aus dem Recht der Gesellschafter, den Aufsichtsrat jederzeit wieder zu beseitigen, kann nicht auf die zulässige Beschränkung der Kompetenzen geschlossen werden.164 Gegen eine solche Argumentation wird zu Recht eingewandt, dass die Weisungsbindung gegenüber der jederzeitigen Möglichkeit der Gesellschafterversammlung, den Aufsichtsrat abzuschaffen, kein Minus, sondern ein aliud sei.165 Ebenso kann aus der Möglichkeit, im Gesellschaftsvertrag sogar die Delegation oder Vertretung im Aufsichtsrat zuzulassen, nicht im Wege des Erst-Recht-Schlusses auf die Zulässigkeit der Weisungsbindung geschlossen werden.166 Zwar geht die herrschende Meinung von der Zulässigkeit der Stellvertretung in den Sitzungen des Aufsichtsrats aus,167 zumal § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf § 101 Abs. 3 AktG verweist. Auch eine Aufgabendelegation wird zumeist für zulässig gehalten.168 Dies 160

Pauly/Schüler, DÖV 2012, 339, 342. So E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457; ders., GmbHR 2012, 181, 184. 162 So aber OVG Münster GmbHR 2010, 92, 94; Lohner/Zieglmeier, BayVBl. 2007, 581, 588; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 340. 163 Lohner/Zieglmeier, BayVBl. 2007, 581, 588; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 340. 164 So aber Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2565. 165 Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257; so auch Keßler, GmbHR 2000, 71, 77. 166 So auch Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 30a. 167 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 173; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 29; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 325; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 44; Wicke, § 52 Rn. 4; Meister/Klöcker, in: Münchener Vertragshandbuch, Bd. I, Gesellschaftsrecht, S. 608. 168 So Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 30. Etwa für die Wahl juristischer Personen in den Aufsichtsrat, die dann auf Dauer ihre Aufgaben an einen Vertreter delegieren: MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 145; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 34; Scholz/ Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 254; Wicke, § 52 Rn. 4; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 56; 161

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

führt aber gerade nicht dazu, dass der jeweils zur Entscheidung Berufene – Vertreter oder Delegierte – nicht mehr eigenverantwortlich entscheiden dürfte. Auch dieser ist nicht an Weisungen gebunden, sodass allein aus der Zulässigkeit der Stellvertretung und Delegation nicht auf die Ausgestaltung der Aufgabenwahrnehmung geschlossen werden kann. Argumentiert wird weiter mit der unterschiedlichen Bindung der Gesellschaftsorgane in GmbH und Aktiengesellschaft. So seien zwar in der Aktiengesellschaft die Organe zwingend an das Unternehmensinteresse gebunden, dessen Bezugspunkt nicht allein die Gesellschafter seien. Hingegen seien die Gesellschafter einer GmbH alleiniger Bezugspunkt des „Unternehmensinteresses“, was dazu führe, dass sie die Geschicke ihrer GmbH auch gegen die Interessen der Gesellschaft leiten dürften.169 Daher seien auch die Organe in der GmbH nicht zwingend verpflichtet, eigenverantwortlich über das „Unternehmensinteresse“ zu befinden, sodass diese auch weisungsabhängig ausgestaltet werden könnten.170 Die – zutreffend alleinige171 – Bindung von Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat an das Gesellschaftsinteresse ändert jedoch nichts daran, dass ein beachtliches Vertrauen der Gläubiger die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter einschränkt. Nicht nur die ausdrücklich geregelten Schranken, wie etwa die Bestimmungen zur Kapitalaufbringung und -erhaltung, sind im Interesse des Gläubigerschutzes zwingend. Dies gilt ebenso für ein aufgrund von Transparenzvorschriften entstandenes, beachtliches Vertrauen der Gläubiger in ein Mindestmaß an zwingender Ausgestaltung. Die besseren Argumente sprechen denn auch für eine zwingende Weisungsunabhängigkeit. So findet sich in der Literatur zwar mitunter pauschal die Feststellung, der Gesellschaftsvertrag dürfe kein Weisungsrecht gegenüber den Mitgliedern des Aufsichtsrats vorsehen, da ansonsten dem Aufsichtsrat ein „Wesensmerkmal“ abgesprochen würde.172 Diese Argumentation allein mit dem „Wesen“ des Aufsichtsrats ist sicherlich nicht zielführend.173 Auch das Argument, dass durch den Verweis auf § 111 Abs. 6 AktG und § 116 AktG, also die Regelungen zur persönlichen Aufgabenwahrnehmung durch die Aufsichtsratsmitglieder und deren Haftung, und damit die Bestimmungen aus welchen im Aktienrecht die weisungsunabhängige Stellung abgeleitet wird, eine weisungsunabhängige Stellung impliziert

a.A. für die Wahl juristischer Personen: Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 11; Rowedder/SchmidtLeithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 12; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 30; Saenger/Inhester/Peres, § 52 Rn. 34; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 22. 169 Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1974 f.; Knapp, DStR 2012, 364, 366. 170 Knapp, DStR 2012, 364, 366. 171 Siehe 4. Teil, D. II. 2. – 4. 172 Keiluweit, BB 2011, 1795, 1800. 173 Vgl. bereits oben 4. Teil, D. I. Gegen die Argumentation mit dem „Wesen“ des Aufsichtsrats auch Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2564 f., der sich gegen diese Argumentation bei Keßler, GmbHR 2000, 71, 77 wendet, der allerdings wiederum nicht allein mit dem „Wesen“, sondern mit der Publizitätspflicht argumentiert.

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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werde,174 übersieht, dass zunächst auf die Problematik der Abdingbarkeit der entsprechende Normen175 einzugehen ist. Auch aus dem in § 37 GmbHG normierten Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern kann aufgrund der im Recht der GmbH vorherrschenden Satzungsautonomie kein Umkehrschluss auf eine zwingend weisungsunabhängige Stellung des Aufsichtsrats gezogen werden.176 Weiter kann auch nicht bereits aus der – nicht vollständig abdingbaren177 – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder entsprechend §§ 93, 116 AktG auf die Weisungsunabhängigkeit geschlossen werden.178 Eine solche Haftung setzt gerade eine eigenverantwortliche Entscheidung voraus. Wie auch die Haftung eines eine Gesellschafterweisung befolgenden Geschäftsführers, wäre auch die Haftung des Aufsichtsratsmitglieds, das eine Weisung befolgt, grundsätzlich ausgeschlossen.179 Dass der Aufsichtsrat zwingend mit eigenen Kompetenzen auszustatten ist, führt ebenfalls nicht zu dessen zwingender Unabhängigkeit,180 wie bereits die weisungsabhängige Rechtsstellung der Geschäftsführer zeigt. Wenig überzeugend ist auch der Ansatz, dass in Bezug auf die Ausgestaltung eine Differenzierung zwischen fakultativem und obligatorischem Aufsichtsrat nicht in Betracht komme, da die zwingende Einrichtung des Aufsichtsrats nur von der Anzahl der Arbeitnehmer abhänge, welche mit der Ausgestaltung des Aufsichtsrats in keinem Zusammenhang stehe,181 wie bereits der Umstand zeigt, dass etwa an einen Aufsichtsrat nach dem DrittelbG weniger strenge Voraussetzungen gestellt werden als nach dem MitbestG. Allein überzeugend ist die Argumentation mit dem Widerspruch zwischen Weisungsabhängigkeit und zwingender Kontrollkompetenz des fakultativen Aufsichtsrats.182 Als Folge der Weisungsabhängigkeit könnten bestimmte Materien gezielt von der Überwachung ausgenommen oder nur bestimmte Geschehnisse zur 174

So Keiluweit, BB 2011, 1795, 1796. Für Abdingbarkeit des Verweises auf § 111 Abs. 6 AktG (persönlichen Aufgabenwahrnehmung): Bätge, GS Hübner, 2012, S. 463, 474; so wohl auch E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457; ders., GmbHR 2012, 181, 184; anders dagegen: Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 46. 176 So aber Keiluweit, BB 2011, 1795, 1796. 177 Siehe zur Haftung 5. Teil, F. 178 So aber Wilhelm, DB 2009, 944, 945. 179 Gegen diese Argumentation daher auch: Altmeppen, FS Uwe H. Schneider, 2011, 1, 9 f. Fn. 37: Die Argumentation Wilhelms stelle eine petitio principii dar; soweit der (Allein-) Gesellschafter den Aufsichtsrat anweise, scheide ein Haftung aus. 180 So aber Wilhelm, DB 2009, 944, 946. 181 So aber Reichert, Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer GmbH, S. 114. 182 Darauf verweisen: Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1214, 1429; MünchKommGmbHG/ Spindler, § 52 Rn. 220; O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 38; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 227; Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 45 f.; Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 106 f.; Spindler, ZIP 2011, 689, 694 f.; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198; Schwintowski, NJW 1995, 1316, 1318; Keßler, GmbHR 2000, 71, 77; Engellandt, Einflussnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften, S. 3 Fn. 15. 175

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Überprüfung durch den Aufsichtsrat gestellt werden.183 Da die Aufsichtsratsmitglieder infolge einer Weisung ihre Aufgaben nicht mehr eigenverantwortlich wahrnehmen und insofern auch keiner Haftung unterliegen würden, wäre zudem zu befürchten, dass im Aufsichtsrat keine Sachdiskussion mehr stattfände und damit die Qualität der Überwachung geschmälert würde.184 Ein imperatives Mandat wird daher vielfach als mit der zwingenden Überwachungskompetenz des Aufsichtsrats unvereinbar angesehen; die Aufsichtsratsmitglieder würden zu bloßen Repräsentanten der Gesellschafterversammlung.185 Eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit bezüglich der Weisungsunabhängigkeit hängt ebenso wie die Frage der Mindestkompetenzen des Aufsichtsrats davon ab, ob der Aufsichtsrat frei nach Belieben der Gesellschafter ausgestaltet werden kann oder ob hierbei schutzwürdige Interessen Dritter zu beachten sind, mit der Folge, dass die Gestaltungsfreiheit einzuschränken ist. Auch an dieser Stelle kommt es darauf an, ob der Rechtsverkehr infolge der Publizitätspflichten aus §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG ein schutzwürdiges Vertrauen in die weisungsunabhängige Ausgestaltung eines fakultativen Aufsichtsrats bilden darf. Eine Vielzahl der Befürworter einer zwingenden Weisungsunabhängigkeit argumentiert denn auch mit dem Schutz des Rechtsverkehrs. Dieser erwarte bei der Bezeichnung als „Aufsichtsrat“ ein weisungsunabhängiges Überwachungs- und Kontrollorgan.186 Ein weisungsabhängig ausgestaltetes Kontrollorgan stelle eine Täuschung des Rechtsverkehrs dar.187 Wie bereits gezeigt, darf der Rechtsverkehr auf die Einrichtung eines effektiven Kontrollorgans vertrauen. Dies umfasst auch eine weisungsunabhängige Stellung des Aufsichtsrats. Weisungsabhängigkeit und eigenverantwortliche Kontrolltätigkeit stehen in unauflösbarem Widerspruch zueinander. Die Weisungsunabhängigkeit ist eine notwendige Eigenschaft der Ausgestaltung der Kontrolltätigkeit. Dies zeigt auch der Vergleich mit anderen Aufsichtsratssystemen. Sowohl im Fall eines mitbestimmungsrechtlich veranlassten Aufsichtsrats als auch bei der AG, der eGen, dem VVaG, der KGaA und der dualistischen SE ist die Weisungsunabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder zwingend.188 Gegen ein schutzbedürftiges Vertrauen des Rechtsverkehrs wird zwar vorgebracht, dass durch die Einreichung eines Gesellschaftsvertrags zum öffentlich zugänglichen Handelsregister, der ein Weisungsrecht vorsehe, das Vertrauen des 183

Vgl. Spindler, ZIP 2011, 689, 695. So auch E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457. 185 So Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 130. 186 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 130; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 147; O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 38; Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 46; Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457; ders., GmbHR 2012, 181, 184; Spindler, ZIP 2011, 689, 695; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1796. 187 E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 457; ders., GmbHR 2012, 181, 184; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198. 188 Hierzu bereits im 5. Teil, B. I. 184

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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Rechtsverkehrs zerstört werde.189 Jedoch ist aufgrund der Publizität nach §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG die Einräumung eines Weisungsrechts gerade nicht erkennbar. Der Rechtsverkehr erfährt insbesondere aufgrund der Korrespondenz mit der Gesellschaft allein vom Bestehen und der personellen Besetzung eines „Aufsichtsrats“. Auch die Feststellungen des Bundesgerichtshofs im Doberlug-Urteil stehen einer Beachtlichkeit der Verkehrserwartung nicht entgegen. Zwar wollen laut Bundesgerichtshof die Gesellschafter durch die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats nicht von der dualistischen Struktur des GmbHG abweichen, sondern lediglich ein Gremium schaffen, dass für die Gesellschafterversammlung Teilaufgaben der Überwachung übernimmt. Er sei daher nicht im Interesse der Allgemeinheit in die Pflicht genommen und habe keine über seine ihm von der Gesellschafterversammlung übertragenen Aufgaben hinausgehenden öffentlichen Belange zu wahren.190 Der fakultative Aufsichtsrat hat damit aus Sicht des Bundesgerichtshofs nur die Interessen der Gesellschafter zu wahren. Dies könnte man zwar dahingehend interpretieren, dass die Gesellschafterversammlung auch eine abhängige Stellung des Aufsichtsrats vorsehen könnte. Die Gesellschafter könnten, als Bezugspunkt des Gesellschaftsinteresses, frei über die Ausgestaltung des Aufsichtsrats entscheiden. Jedoch hat die Frage, wessen Interessen der Aufsichtsrat bei seiner Arbeit zu beachten hat, nichts unmittelbar mit der Frage zu tun, ob auch der Rechtsverkehr und insbesondere die Gesellschaftsgläubiger auf die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung und somit die effektive Kontrolle der Geschäftsführer vertrauen dürfen. Wie gezeigt, dürfen die Gläubiger darauf vertrauen, dass der Aufsichtsrat das Gesellschaftsinteresse verfolgt, was eine effektive, eigenverantwortliche Kontrolltätigkeit voraussetzt, und dass die Gesellschafterversammlung zu diesem Zweck ein effektives Kontrollorgan konzipiert. Auch E. Vetter weist darauf hin, dass das Doberlug-Urteil nichts an den Publizitätspflichten hinsichtlich Existenz und Zusammensetzung des Aufsichtsrats ändern könne, zumal die Transparenzpflichten auch nicht gegenüber denjenigen bei einem obligatorischen Aufsichtsrat eingeschränkt seien. Die Gesellschafter seien daher, anders als bei der Einrichtung, Zusammensetzung und Ausgestaltung der Aufgabenzuweisung, in Bezug auf die Ausgestaltung der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats an die Schranken des GmbH-Gesetzes gebunden.191 Auch Krämer und Winter gehen nicht davon aus, dass die Doberlug-Entscheidung gegen eine zwingende Weisungsunabhängigkeit spreche. Aus dieser folge nur, dass eine Unterordnung unter die Gesellschafterversammlung in Bezug auf die Aufgabenübertragung erfolge, die Aufgabenwahrnehmung aber allein im Gesellschaftsinteresse zu erfolgen habe, welches der Aufsichtsrat eigenverantwortlich zu wahren habe. Der Auf189

Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 25 f. So BGHZ 187, 60, 68 Rz. 26. Zu Inhalt und Hintergrund des Doberlug-Urteils vgl. 5. Teil, F. II. 2. a) aa). 191 E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 185. 190

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

sichtsrat habe gerade nicht die Partikularinteressen der (entsendenden) Gesellschafter zu wahren, sondern die Interessen der Gesellschaft als solche.192 Eine Weisungsbindung ist auch nicht zur Wahrung berechtigter Interessen der Gesellschafter zwingend notwendig.193 Deren Interesse, größtmöglichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu nehmen sowie die eigenen Interessen auch im Aufsichtsrat vertreten zu wissen, wird bereits mit der Möglichkeit der Einräumung eines Entsendungsrechts Rechnung getragen.194 Sofern die Gesellschafter der Meinung sind, die Entscheidungen der Aufsichtsratsmitglieder seien nicht in ihrem Interesse, besteht die Möglichkeit der Abberufung, welche nach §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 103 Abs. 1 AktG auch vor Ablauf der Amtszeit erfolgen kann. Dasselbe Recht steht im Fall der Entsendung dem Entsendungsberechtigten zu.195 Sofern das Weisungsrecht allein den Zweck verfolgen soll, die Arbeit der Gesellschafterversammlung zu entlasten, können die Gesellschafter, statt einen Aufsichtsrat einzurichten, sich auch in der Gesellschafterversammlung vertreten lassen. In diesem Fall wird eine Weisungsbindung des Vertreters für zulässig erachtet.196 Die Übertragung der Überwachungskompetenz auf ein zusätzliches Organ allein mit dem Zweck der Arbeitserleichterung ist daher nicht notwendig. Zudem können die Gesellschafter einen Beirat einrichten, dessen Mitglieder unstreitig an Weisungen gebunden werden können.197 Auch das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern bleibt bei Einrichtung eines Aufsichtsrats bestehen.198 Soweit die Geschäftsführer Weisungen der Gesellschafter umsetzen, ist in der Folge auch die Überwachungskompetenz des Aufsichtsrats eingeschränkt, sodass die Gesellschafter auch auf diese Weise die Überwachungstätigkeit steuern können.199 Zudem bedeutet die Unzulässigkeit der Einräumung eines Weisungsrechts nicht, dass es den Aufsichtsratsmitgliedern versagt ist, im Rahmen ihrer Bindung an das Gesell-

192

Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 256. So auch Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257: Der Schutz der Interessen der Gesellschafter rechtfertige es nicht, „das gesetzliche Leitbild zu verwässern“. Für einen ausreichenden Schutz der Gesellschafter auch E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458. 194 Darauf verweisen auch Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257. Zu dieser Möglichkeit der Entsendung vgl. 5. Teil, E. I. 195 Zwar verweist § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf § 103 Abs. 2 AktG, jedoch soll sich die Kompetenz zur Abberufung als Annexkompetenz aus der Bestellungskompetenz ergeben, vgl. Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 145; sowie 5. Teil, E. I. 196 Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257. 197 So auch: Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458. Hierzu auch Bätge, GS Hübner, 2012, S. 463, 465, der auch davon ausgeht, dass sich in diesem Fall das Bedürfnis einer Weisungsbindung des Aufsichtsrats erübrige. 198 Darauf verweisen auch: E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458; ders., GmbHR 2012, 181, 185; Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 159; W. Schön, ZGR 1996, 429, 452. 199 Ebenso Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 108. 193

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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schaftsinteresse, auch die Interessen Dritter, etwa die der öffentlichen Hand, zu beachten.200 Neben den zwei Gegenpositionen der uneingeschränkten Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit einer Weisungsbindung findet sich im Schrifttum auch eine vermittelnde Ansicht. Nach dieser soll eine Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an Weisungen insoweit zulässig sein, als diese nicht dem Gesellschafts-201 bzw. Unternehmensinteresse202 widersprechen. Das Aufsichtsratsmitglied müsse stets eigenverantwortlich prüfen, ob die Weisung im Unternehmensinteresse liege. Es handele sich aber dennoch, also trotz Prüfungspflicht, grundsätzlich um ein verbindliches Weisungsrecht.203 Diese Sicht führt zwar dazu, dass bei einer Verletzung des Unternehmens- oder Gesellschaftsinteresses der Aufsichtsrat ausnahmsweise der Weisung nicht folgen muss, der Aufsichtsrat aber dennoch grundsätzlich nicht eigenverantwortlich abwägt und entscheidet. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Aufsichtsratsmitglied im Einzelfall ohne die Weisung keine andere Entscheidung getroffen hätte.204 Auch im Fall einer solchen Einschränkung der Weisungsbindung wird die Kontrolltätigkeit des Aufsichtsrats unzulässig in ihrem Kernbereich eingeschränkt.

III. Ausnahme bei Beteiligung der öffentlichen Hand? Weiter ist der Frage nachzugehen, ob diese zwingende Weisungsunabhängigkeit auch im Fall der Beteiligung der öffentlichen Hand, als Allein- oder auch als bloße Mitgesellschafterin, an der Gesellschaft besteht. Insbesondere Gemeinden bedienen sich privater Gesellschaftsformen, um den starren Regelung der öffentlich-rechtlichen Organisationsformen zu entfliehen und um effizienter und flexibler agieren zu können. Aufgrund der öffentlichen Aufgabe sollen jedoch gewisse Kontroll- und Einflussmöglichkeiten gesichert 200

So auch E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 185; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198; die allerdings von einer Bindung an das Unternehmensinteresse ausgehen. 201 Schwintowski, NJW 1995, 1316, 1319; Trölitzsch, EWIR 2011, 779, 780 spricht davon, dass ein Weisungsrecht vorgesehen werden könne, dieses aber nicht die Bindung an das Gesellschaftsinteresse aufhebe. So wohl auch Schiffer/Wurzel, KommJur 2012, 51, 54; Meier, NZG 2003, 54, 56: Das Aufsichtsrat müsse der Weisung insofern folgen, wie ihm dies gesellschaftsrechtlich möglich sei. 202 Kropff, FS Huber, 2006, S. 841, 848 f.; weiter: Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 25: Die Weisung dürfe nicht offensichtlich dem Unternehmensinteresse widersprechen, der Gesellschaft einen Schaden zufügen oder den Tatbestand der Untreue erfüllen. 203 Kropff, FS Huber, 2006, S. 841, 848 f.; ebenso für die AG: Bürgers/Körber/Pelz, AktG, Vor §§ 394 ff. Rn. 8. 204 So auch Bäcker, FS Schwark, 2009, S. 101, 106; ebenso MünchKommAktG/Schürnbrand, Vorbem. §§ 394, 395 Rn. 40 für die Aktiengesellschaft, der von einem Verstoß gegen § 111 Abs. 6 AktG ausgeht.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

werden.205 Die kommunalrechtlichen Vorgaben sehen daher in der Regel vor, dass sich die öffentliche Hand nur dann an Gesellschaften des privaten Rechts beteiligen darf, wenn diese einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhält.206 Ein solcher Einfluss soll über die Einrichtung eines Aufsichtsrats hergestellt werden, gegenüber dem die öffentliche Hand, also in der Regel der Bürgermeister oder auch der Gemeinderat, weisungsbefugt sein soll. Entscheidend ist das Verhältnis von Gesellschaftsrecht, nach welchem eine Weisungsbindung unzulässig ist, und entgegenstehendem Kommunalrecht. Dies richtet sich zunächst nach der Gesetzgebungskompetenz. Nach Art. 74 Nr. 1, Nr. 11 GG besteht eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes, von welcher durch die Regelungen des Gesellschaftsrechts umfassend Gebrauch gemacht wurde.207 Die Länder sind daher nach Art. 72 Abs. 1 GG nicht zur abweichenden Regelung berechtigt, zumal auch die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen.208 Dem Gesellschaftsrecht entgegenstehende Regelungen des Kommunalrechts verstoßen damit gegen Art. 31 GG. Auch die ganz herrschende Meinung geht daher davon aus, dass ein Vorrang des Gesellschaftsrechts bestehe.209 Da sich damit die Einflussmöglichkeiten der Gemeinde allein nach den Regelungen des Gesellschaftsrechts zu richten haben, können kommunalrechtliche Regelungen, die einen angemessenen Einfluss der Gemeinde im Aufsichtsrat verlangen, nicht die Anforderungen des GmbH-Rechts an Aufsichtsratsmitglieder modifizieren. Auch das Verbot der Flucht der öffentlichen Hand ins Privatrecht und damit der Grundsatz, dass die Gemeinde sich nicht durch die Verwendung privatrechtlicher Organisationsformen ihrer öffentlich-rechtlichen Bindung entziehen darf,210 ändert nichts daran, dass für das Handeln in privater Rechtsform die Vorgaben des Gesellschaftsrechts gelten und damit die Gemeinde sich in der Folge durch die Wahl der 205 Auf diese Konfliktsituation hinweisend: R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 350; Raiser, ZGR 1978, 391, 403, wonach eine umfassende Kontrolle letztlich nur durch Eingliederung in die Verwaltungshierarchie und das staatliche Haushaltswesen erreicht werden könne. 206 So etwa die Regelung in § 103 Abs. 1 Nr. 3 GemO BW; Art. 92 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayGO; § 96 Abs. 1 Nr. 2 BbgKVerf; § 122 Abs. 1 Nr. 3 Hess. GemO; § 137 Abs. 1 Nr. 6 Nds. KomVG. 207 BVerfGE 78, 145, 157; hierzu Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 255. 208 So auch die Schlussfolgerung bei Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder, S. 18; vgl. zur abschließenden Regelung des Gesellschaftsrechts durch den Bund auch Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 51; Papier/Heidebach, ZGR 2011, 305, 313. 209 O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 35; Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 255; Kropff, FS Huber, 2006, S. 841, 851; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 185; Lutter, ZIP 2007, 1991, 1992; Leitzen, ZNotP 2011, 453, 454; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1796; Weckerling-Wilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 327, 328; Keßler, GmbHR 2000, 71 f.; Schwintowski, NJW 1995, 1316, 1317; Strobel, DVBl. 2005, 77, 80; Raiser, ZGR 1978, 391, 402; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 350 f. ; Harder/Ruter, GmbHR 1995, 813, 814, die darauf hinweisen, dass auch § 65 Abs. 4 LHO BW nur verwaltungsinternes Recht schaffe; a.A. aber OVG Münster, ZIP 2009, 1718, 1721. 210 Dazu Weckerling-Wilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 327, 328.

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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Rechtsform dem jeweils für diese geltenden Recht zu unterwerfen hat.211 Entscheidend ist damit allein, ob sich aus dem Gesellschaftsrecht die Zulässigkeit der Weisungsbindung im Fall einer Beteiligung der öffentlichen Hand ergibt. Das Bundesverwaltungsgericht212 hat sich zuletzt gegen eine zwingende Weisungsunabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats ausgesprochen. Es argumentiert zum einen mit dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG, der gerade keine Beschränkungen der Gestaltungsmacht enthalte. Auch gebe es keinen über das Aktienrecht hinaus anwendbaren allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Weisungsunabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern. Das Bundesverwaltungsgericht geht noch weiter und stellt fest, dass ein fakultativer Aufsichtsrat keine Mindestanforderungen an ein unabhängiges Überwachungsorgan erfüllen müsse.213 Auch die Bezeichnung als „Aufsichtsrat“ ändere daran nichts; dieser Begriff werde weder im Gesetz noch durch die Rechtsprechung abschließend definiert, sodass sich auch kein Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Weisungsunabhängigkeit herausbilden könne.214 Zudem sei die Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an die Beschlüsse des Gemeinderats von Gesellschaften mit Beteiligung der öffentlichen Hand „Ausfluss des Demokratieprinzips aus Art. 20 II, 28 II GG.“215 Zwar verlangt auch das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung des Weisungsrechts eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, hierfür soll aber eine pauschale Abbedingung des § 52 Abs. 1 GmbHG ausreichen. Dies sei ausreichend, da – ausgehend von der zutreffenden Prämisse, dass korporative Satzungsbestandteile objektiv auszulegen seien – bei einer GmbH mit kommunaler Beteiligung eine objektiv erkennbare tatsächliche Vermutung dafür spreche, dass die Gemeinde die kommunalrechtlichen Voraussetzungen einer Beteiligung an derartigen Gesellschaften einhalten wolle.216 Soweit keine Regelung zum Weisungsrecht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sei, könne damit auch kein schutzbedürftiges Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Weisungsunabhängigkeit entstehen.217 Das Bundesverwaltungsgericht geht damit zwar vom Vorrang des Gesellschaftsrechts aus, liest eine Bindung an die öffentlich-rechtlichen Landesvorgaben aber im Wege einer Art „kommunalverfassungskonformer“ Auslegung in die Satzung hinein.

211 Vgl. Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 51; Reichert, Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat einer GmbH, S. 107 f.; Weckerling-Wilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 327, 328; Schwintowski, NJW 1995, 1316, 1319; Püttner, DVBl. 1986, 748, 751. 212 BVerwG, Urteil vom 31. 08. 2011 – 8 C 16/10, NJW 2011, 3735 ff. 213 BVerwG NJW 2011, 3735, 3736; zustimmend: Bätge, GS Hübner, 2012, S. 463, 478. 214 BVerwG NJW 2011, 3735, 3736. 215 BVerwG NJW 2011, 3735, 3737. 216 BVerwG NJW 2011, 3735, 3736 f., mit Verweis auf § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW; zustimmend: Pauly/Schüler, DÖV 2012, 339, 343 f. 217 BVerwG NJW 2011, 3735, 3736.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Insbesondere diese Satzungsauslegung des Bundesverwaltungsgerichts ist im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum zu Recht heftig kritisiert worden.218 Das Gericht mißachtet das Gebot der objektiven Auslegung von korporativen Satzungsbestandteilen. Umstände ohne Anhaltspunkte in der Satzung dürfen nicht zur Auslegung herangezogen werden; ohne ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag ist daher gerade davon auszugehen, dass keine Weisungsabhängigkeit besteht.219 Für eine solche Auslegung wird zutreffend angeführt, dass die dem Aufsichtsrat zwingend übertragene Überwachungsaufgabe nur sinnvoll wahrgenommen werden könne, wenn dies unabhängig von Drittinteressen erfolge.220 Zudem stelle bereits die Bezeichnung als „Aufsichtsrat“ ein Indiz für die Weisungsunabhängigkeit dar.221 Andere begründen dies mit dem Schutz der Minderheitsgesellschafter, die über ein solches Weisungsrecht durch eine ausdrückliche Satzungsregelung zu informieren seien.222 Aber nicht nur der Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht zu folgen, sondern auch dessen Annahme, dass durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung ein Weisungsrecht überhaupt eingeräumt werden kann. Wie bereits ausgeführt, besteht die Gestaltungsmacht der Gesellschafter nicht uneingeschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt insbesondere die Bedeutung der Transparenzpflichten der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG. Diese haben zur Folge, dass dem Aufsichtsrat zwingend zumindest die Überwachungskompetenz zustehen muss, dasselbe gilt für die unabhängige Ausgestaltung der Überwachungsaufgabe. Dies gilt erst recht in einer Gesellschaft mit Beteiligung der öffentlichen Hand, da in dieser die Interessen der Gesellschafter, anders als die der Gläubiger, regelmäßig nicht allein auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind, die Gläubiger daher eines besonderen Schutzes bedürfen. Auch die Bindung der öffentlichen Hand an das Demokratieprinzip kann zu keinem anderen Ergebnis führen.223 Dieses in Artt. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 S. 1 GG 218 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 39; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 174; Heidel, NZG 2012, 48, 50; Westermann, FS Hommelhoff, 2012, S. 1319, 1330; Weckerling-Wilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 227, 330; Trölitzsch, EWIR 2011, 779, 780; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 25 f.; K. Hommelhoff, FS Hommelhoff, 2012, S. 447, 460 f.; zustimmend aber: Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder, S. 40 f.; Pauly/Schüler, DÖV 2012, 339, 343; Bätge, GS Hübner, 2012, S. 463, 479. 219 So auch Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 39; Heidel, NZG 2012, 48, 50; Trölitzsch, EWIR 2011, 779, 780; Weckerling-Wilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 227, 330; a.A. Pauly/Schüler, DÖV 2012, 339, 343 f., die hervorheben, das die Auslegung des BVerwG die Grundsätze der Satzungsauslegung beachtet habe. 220 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 39; Trölitzsch, EWIR 2011, 779, 780. 221 Trölitzsch, EWIR 2011, 779, 780. 222 Westermann, FS Hommelhoff, 2012, S. 1319, 1330. 223 So auch Spindler, ZIP 2011, 689; Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 150 ff. Ebenso Altmeppen, NJW 2011, 3737, der anführt, dass – sofern ein allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Grundsatz der Weisungsbindung bestehe – sich unmittelbar aus Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 2 GG nichts anderes ergebe; für die AG: MünchKommAktG/Schürnbrand, Vorbem. §§ 394, 395 Rn. 16 ff.

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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verankerte Prinzip fordert, zur Verwirklichung der Volkssouveränität, eine ununterbrochene Legitimationskette zwischen den Bürgern und dem Handeln des Staates,224 und damit auch dem Handeln der Organwalter im Aufsichtsrat öffentlicher Unternehmen. Zwar ist richtig, dass sich die öffentliche Hand durch die Wahl privater Rechtsformen nicht ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen entziehen darf. Organisationsformen, an denen sich die öffentliche Hand beteiligt, haben daher staatliche Kontroll- und Einwirkungspflichten zu ermöglichen, die auch als sog. Ingerenzpflichten bezeichnet werden.225 Sofern sich die öffentliche Hand aber auf die Ebene des Privatrechts begibt, muss sie sich auch an dessen Vorgaben halten. Eine quasi verfassungskonforme Auslegung des Gesellschaftsrechts verbietet sich.226 Das Demokratieprinzip begründet zwar einen Regelungsauftrag des Gesetzgebers, es erlaubt aber für sich genommen keine Eingriffe in das Gesellschaftsrecht. Will sich die öffentliche Hand einer privaten Rechtsform bedienen, muss sie die dort geltenden Grenzen respektieren.227 Bereits der Vergleich mit der Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Aktiengesellschaft, in welcher nach ganz herrschender Meinung eine Weisungsbindung nicht vereinbart werden kann, zeigt, dass die Bindung der öffentlichen Hand an das Demokratieprinzip nicht zwingend eine Weisungsbindung des Aufsichtsrats erfordert.228 Auch aus § 394 AktG, auf welchen seit der Aktienrechtsnovelle 2016229 auch § 52 Abs. 1 GmbHG verweist, folgt nichts anderes. § 394 AktG betrifft die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder in der Aktiengesellschaft und regelt, dass Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, ausnahmsweise keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Heidel führt diese Norm zwar für die Zulässigkeit der Weisungsbindung an. Dazu schließt er aus einer durch § 394 AktG begründeten Berichtspflicht auf die Weisungsabhängigkeit der erfassten Aufsichtsratsmitglieder; die Berichte seien nicht bloßer Selbstzweck, sondern sollten dazu dienen, die Ein224

Vgl. BVerfGE 47, 253, 272; 52, 95, 130; 77, 1; 83, 60, 72 f.; 93, 37, 66. Vgl. MünchKommAktG/Schürnbrand, Vorbem. §§ 394, 395 Rn. 14; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 33 m.w.N.; Strobel, Verschwiegenheitspflicht kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat, S. 69 ff.; Spannowksy, ZGR 1996, 400, 412 ff. 226 So aber von Danwitz, AöR 120 (1995), 595, 633 ff., der für die Geltung eines „Verwaltungsgesellschaftsrechts“ plädiert; ablehnend: MünchKommAktG/Schürnbrand, Vorbem. §§ 394, 395 Rn. 16 ff.; Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder, S. 16 f.; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 42 ff.; Spannowsky, ZGR 1996, 400, 423 f. 227 Vgl. Spindler, ZIP 2011, 689; MünchKommAktG/Schürnbrand, Vorbem. §§ 394, 395 Rn. 16: „Gestaltungsauftrag“; Möller, Die rechtliche Stellung und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen, S. 44 f. 228 Darauf ebenfalls hinweisend: Altmeppen, NJW 2011, 3737, 3738. 229 Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) v. 22. 12. 2015, BGBl. I, S. 2565, vgl. hierzu 1. Teil G. 225

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

flussnahmemöglichkeit der öffentlichen Hand zu eröffnen und damit spätere Weisungen durch diese zu ermöglichen.230 Dem kann nicht gefolgt werden. § 394 AktG enthält keinen Hinweis auf eine Weisungsabhängigkeit kommunaler Aufsichtsratsmitglieder. Die Norm betrifft allein eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht. Zudem begründet § 394 AktG keine Berichtspflicht, sondern setzt eine solche voraus.231 Nur wenn sich daher aus anderen Regelungen eine Berichtspflicht ergibt, greift die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht. Damit kann sich erst recht aus § 394 AktG keine Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder ergeben. Das Demokratieprinzip verlangt zudem nur in der Gesamtschau ein hinreichendes Legitimationsniveau.232 Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen diesem Legitimationsniveau und einer Weisungsbindung gerade des Aufsichtsrats besteht nicht.233 So besteht bereits aufgrund der personellen Besetzung des Aufsichtsrats eine indirekte Einflussnahmemöglichkeit der öffentlichen Hand.234 Aber auch in Bezug auf die Aufgabenwahrnehmung besteht eine Bindung an die Gesetze und den (ebenfalls durch die öffentlich-rechtlichen Gesellschafter konzipierbaren) Gesellschaftsvertrag. Zudem sind die Aufsichtsratsmitglieder in jedem Fall gegenüber der Gesellschaft verantwortlich. Die erforderliche Einflussmöglichkeit auf die Geschicke der Gesellschaft erhält die Gemeinde weiter durch die Weisungsbindung der Geschäftsführer. Eine Bindung des Aufsichtsrats ist daher gerade nicht zwingend erforderlich, eine verweigerte Zustimmung des Aufsichtsrats können die Gesellschafter nach §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 111 Abs. 4 S. 3 und 4 AktG überwinden.235 Zudem wird zu Recht darauf verwiesen, dass die Stellung der Aufsichtsratsmitglieder nicht jeweils davon abhängig sein könne, ob die Gesellschaft mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand ist oder nicht.236 Das Vertrauen des Rechtsverkehrs kann nicht von der jeweiligen Beteiligungssituation abhängen, zumal sich die Beteiligung der öffentlichen Hand gerade nicht aus den Angaben nach §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG ergibt.

IV. Ausnahme für die Einmann-GmbH? Eine weitere, auf Altmeppen zurückgehende Ansicht geht zumindest für die Einmann-Gesellschaft von der Zulässigkeit einer Weisungsbindung des Aufsichts230

So Heidel, NZG 2012, 48, 53. So die h.M., vgl. statt vieler: Hüffer/Koch, AktG, § 394 Rn. 36. 232 So die Begrifflichkeit des BVerfG: BVerfGE 83, 60, 72; 89, 155, 182. 233 So auch Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 156 ff. 234 Nach Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 155, soll diese „organisatorisch-personelle Legitimation“ ein Defizit an „sachlich-inhaltlicher Legitimation“ ausgleichen können. 235 Hierzu ausführlich: Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 153 ff. 236 Trölitzsch, EWIR 2011, 779, 780; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186. 231

B. Weisungsunabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder?

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rats aus.237 Dies wird mit der Gleichsetzung des Gesellschaftsinteresses mit dem Interesse des Alleingesellschafters begründet. Die GmbH sei „nur der Haftungsbeschränkung willen“ als Kapitalgesellschaft ausgestaltet, materiell sei sie Personengesellschaft. Im Rahmen der Grenzen des zwingenden Gläubigerschutzes, wobei Altmeppen stellvertretend die Regelungen der Kapitalerhaltung nennt, stehe das „Unternehmensinteresse“ zur Disposition des Alleingesellschafters.238 Daher obliege ihm auch die übergeordnete Geschäftsführungskompetenz, die keiner Überwachung unterliege. Er könne daher auch bestimmen, ob und wie die Geschäftsführer überwacht werden und ob und in welchem Umfang der Aufsichtsrat den Weisungen des Gesellschafters unterliegen soll.239 Zwar dürften Aufsichtsratsmitglieder in einer mehrgliedrigen Gesellschaft nicht die Interessen einzelner Gesellschafter verfolgen und daher nicht den Weisungen der sie entsendenden Gesellschafter unterliegen; in der Einmann-GmbH sei aber gerade keine Diskrepanz zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterinteresse denkbar. Die Gesellschafter könnten keine für andere Gesellschafter nachteiligen Weisungen erteilen, der Alleingesellschafter schädige allenfalls sich selbst, was – bis zur Grenze des Gläubigerschutzes – zulässig sei.240 Altmeppen wendet sich auch gegen eine berechtigte Verkehrserwartung an ein Organ mit der Bezeichnung „Aufsichtsrat“. Der Rechtsverkehr erwarte gerade nicht, dass die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats in der Einmann-GmbH weisungsunabhängig seien.241 Es könne nur erwartet werden, dass die zwingenden Gläubigerschutzvorschriften eingehalten werden.242 Allerdings merkt auch Altmeppen an, dass ein solches weisungsabhängiges Organ die Bezeichnung Aufsichtsrat womöglich nicht mehr verdiene.243

237 So Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 2; ders., FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 7 ff.; ders., NJW 2003, 2561, 2565; ders., ZIP 2010, 1973, 1975; dem folgend: Baumbach/Hueck/Zöllner/ Noack, § 52 Rn. 130; Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder, S. 30 ff., der annimmt dass dies auch gelte, wenn sämtliche Gesellschafter mit der Verfolgung des öffentlichen Zwecks einverstanden sind; Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 234; Westermann, FS Hommelhoff, 2012, S. 1319, 1329 ff.; Heidel, NZG 2012, 48, 54; Pauly/Schüler, DÖV 2012, 339, 342; Lohner/ Zieglmeier, BayVBl. 2007, 581, 585; Zieglmeier, LKV 2005, 338, 340. 238 Altmeppen, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 7; ders., NJW 2003, 2561, 2565. 239 Altmeppen, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 8. 240 Altmeppen, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 8 f.; so auch Heidel, NZG 2012, 48, 54; Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 234 f. 241 Ein Beleg für diese Feststellung findet sich bei Altmeppen allerdings nicht. 242 Altmeppen, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 9; ders., NJW 2003, 2561, 2565; so auch: Westermann, FS Hommelhoff, 2012, S. 1319, 1330; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 130; Faber, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 235; Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder, S. 36; Pauly/Schüler, DÖV 2012, 339, 342. 243 Altmeppen, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1, 9: dies könne „dahingestellt bleiben“, da es sich nur um eine folgenlose Fehlbezeichnung handele.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Dem ist nicht zu folgen. Auch im Fall einer Einmann-Gesellschaft besteht eine berechtigte Verkehrserwartung in Bezug auf die unabhängige Stellung der Aufsichtsratsmitglieder. Das berechtigte Vertrauen der Gläubiger beruht auf der Publizität des Aufsichtsrats. Die Publizitätspflichten gelten unabhängig von der Anzahl der Gesellschafter.244 Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass der Rechtsverkehr zwar nur die Einhaltung der zwingenden Gläubigerschutzvorschriften erwarten könne, dies aber nichts daran ändere, dass dieser nicht irregeführt werden dürfe.245 Der Rechtsverkehr vertraut unabhängig von der Gesellschafterzahl darauf, dass ein als Aufsichtsrat publik gemachtes Organ auch als solcher fungiert. Auch der Vergleich mit den Regelungen zum Aufsichtsrat in anderen Aufsichtsratssystemen zeigt, dass die Weisungsunabhängigkeit unabhängig von der Gesellschafterzahl besteht. Nur eine eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung gewährleistet die gebotene ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung, auf welche die Gläubiger bei einem als „Aufsichtsrat“ bezeichnetem Organ vertrauen dürfen und damit, dass ein entsprechend bezeichnetes Organ auch als solches fungieren kann, also dazu in der Lage ist, die Geschäftsführer effektiv zu überwachen. Bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats handelt es sich daher sehr wohl um eine Frage des zwingenden Gläubigerschutzes. Die Gläubiger haben ein Interesse daran, über die Organisation der Gesellschaft, soweit diese für ihre Belange relevant ist, korrekt informiert zu werden.

V. Weisungsrecht des Entsendungsberechtigten oder außenstehender Dritter? Als Konsequenz aus der Verkehrserwartung, der Aufsichtsrat werde unabhängig überwachen, statt Partikularinteressen zu fördern, kann ebenso wenig wie für die Gesellschafterversammlung für einen Entsendungsberechtigten ein Weisungsrecht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden.246 Erst recht ist ein Weisungsrecht für einen außenstehenden Dritten nicht anzuerkennen.247

C. Anforderungen an das Amt der Aufsichtsratsmitglieder Auch bestimmte persönliche Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder könnten zu den unabdingbaren Anforderungen an einen fakultativen Aufsichtsrat zählen. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist bezüglich der persönlichen Anforderungen auf 244 Dies gilt sowohl für §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbH als auch für §§ 325, 285 Nr. 10 HGB. Darauf verweisen auch E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458 und Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 257. 245 So Spindler, ZIP 2011, 689, 695. 246 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 130; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 145; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 224; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 174. 247 So auch Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 147.

C. Anforderungen an das Amt der Aufsichtsratsmitglieder

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§ 100 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 AktG sowie § 105 AktG. Wie bereits gezeigt, sind die Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 GmbHG zwingende Schranken der Dispositionsfreiheit, welche auch für die Ausgestaltung des fakultativen Aufsichtsrats der GmbH zwingend einzuhalten sind.248

I. Inkompatibilität des Aufsichtsratsamts mit anderen Ämtern § 52 Abs. 1 GmbHG verweist nicht auf die Regelung des Verbots der Überkreuzverflechtung in § 100 Abs. 2 Nr. 3 AktG. Die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats können daher gesetzliche Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft sein, deren Aufsichtsratsmitglied wiederum Geschäftsführer der GmbHG ist.249 Dies gilt mangels Möglichkeit der Börsennotierung naturgemäß auch für die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG, welche den Wechsel eines Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsrat bei börsennotierten Gesellschaften beschränkt. Dagegen verweist § 52 Abs. 1 GmbH auf die Inkompatiblitätsvorschriften der § 105 AktG und § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG, sodass es zu klären gilt, ob diese Regelungen zur zwingenden Ausgestaltung des Aufsichtsrats in der GmbH zu zählen sind. 1. Inkompatibilität von Geschäftsführungs- und Aufsichtsratsamt? § 105 AktG regelt die sog. Inkompatibilität von Geschäftsleiter- und Aufsichtsratsamt. Ein Aufsichtsratsmitglied der Aktiengesellschaft kann nicht zugleich Vorstandsmitglied, dauerhafter Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern, Prokurist oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft sein. § 105 Abs. 2 AktG macht hiervon gewisse, zeitlich begrenzte Ausnahmen. Umstritten ist, ob diese Regelung auch für den fakultativen Aufsichtsrat der GmbH zwingend ist.250 248

Vgl. hierzu 4. Teil, E. Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 38 (mit Hinweis auf eine gewisse rechtspolitische Wünschbarkeit); Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 55; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 262; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1193; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 11; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 33; Hoffmann/Preu, Aufsichtsrat, Rn. 700.3. Für die analoge Anwendbarkeit aber: Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/ Schnorbus, § 52 Rn. 14 (unverzichtbares Seriositätserfordernis guter Unternehmenskontrolle); Kort, AG 2008, 137, 142. 250 Für eine zwingende Geltung: Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1191; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 11; Rowedder/Schmidt/Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 13; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 137; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 23; Ensthaler/Füller/Schmidt, § 52 Rn. 12; Hoffmann/Preu, Aufsichtsrat, Rn. 700.3; Kort, AG 2008, 137, 142; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 81; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 137; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 35 (für einen Beirat mit Kontrollaufgaben); Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 39 (anders aber 249

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Gegen die Abdingbarkeit wird vorgebracht, dass es sich bei der Trennung von Geschäftsführung und Aufsicht um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handele; niemand könne sich selbst kontrollieren.251 Durch die Einrichtung eines Aufsichtsrats werde nach außen signalisiert, dass die Gesellschaft über ein Aufsichtsorgan verfüge. Die Grenzen der Bezeichnung „Aufsichtsrat“ und das durch § 52 Abs. 1 GmbHG vorgegebene Leitbild würden daher überschritten, wenn dem Organ Geschäftsführer angehörten, die sich selbst überwachten.252 Andererseits hat das Kammergericht bereits im Jahr 1900 festgestellt, dass die dauerhafte Bestellung der (beiden) Aufsichtsratsmitglieder zu Vertretern der Geschäftsführer zulässig sei.253 Begründet wurde dies mit dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG sowie der grundsätzlich frei gestaltbaren Innenorganisation der GmbH. Zudem bestehe auch bei Einrichtung eines uneffektiven Kontrollorgans mehr als das Gesetz verlange. Das Kammergericht nimmt damit den auch aus der Literatur254 bekannten Erst-Recht-Schluss vor und schließt von der freien Entscheidung der Gesellschafter, einen Aufsichtsrat einzurichten, auf die Möglichkeit, auch einen nicht mit effizienten Mitgliedern besetzten Aufsichtsrat einrichten zu können, wie dies bei einer Personalunion von Geschäftsführern und Aufsichtsräten der Fall ist. Teile der Literatur sehen es als ausreichend an, wenn die Geschäftsführer im Aufsichtsrat vom Stimmrecht ausgeschlossen sind, soweit die Überwachung einer von ihnen selbst getätigten Geschäftsführungstätigkeit betroffen ist.255 Argumentiert wird dabei mit der Stellung des Aufsichtsrats in der GmbH. Uwe H. Schneider bringt vor, dass der durch § 105 AktG intendierte Schutzzweck bei einer GmbH nicht zwingend eingreife. Diese verfüge in der Regel über eine begrenzte Anzahl von Gesellschaftern, welchen, anders als in der Aktiengesellschaft, aus § 51b GmbHG selbst ein umfassendes Informationsrecht zustünde. Zudem seien die tatsächlichen für Prokuristen, soweit Wählbarkeit auch nach § 6 Abs. 2 S. 1 MitbestG gegeben wäre); ebenfalls mit dieser Einschränkung: Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 66. A.A.: Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 256; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 36; Wicke, § 52 Rn. 4; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 111 ff.; Grossfeld/ Brondics, AG 1987, 293, 300; Loges, ZIP 1997, 437, 441; so wohl auch Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 9; so auch bereits Bauer, Geschäftsführung und Aufsichtsrat, 1910, S. 566 ff.; Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 26, aber mit der Einschränkung, dass mind. zwei Mitglieder (welche auch zur Bildung eines Aufsichtsrats notwendig seien) nicht zugleich Geschäftsführer sein dürften, zudem sollen nicht alle Geschäftsführer dem Aufsichtsrat angehören dürfen. 251 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1191; Rowedder/Schmidt/Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 13; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 81; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/ Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 23; Konow, JR 1966, 165, 166. 252 So MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 137. 253 KG, Beschl. v. 12. 02. 1900, KGJ 20, 49, 50 ff. 254 So etwa in der neueren Literatur: Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 9; Loges, ZIP 1997, 437, 441. 255 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 37; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 112 f.; wohl ohne eine solche Einschränkung: Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 256.

C. Anforderungen an das Amt der Aufsichtsratsmitglieder

253

Verhältnisse in der GmbH regelmäßig überschaubar. Nicht die nachträgliche Kontrolle der Geschäftsführung stünde daher im Vordergrund, sondern die „begleitende Kontrolle der Geschäftsführer durch gemeinsame Beratung“.256 In der Folge sei lediglich erforderlich, dass allein die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder nicht zugleich auch als Geschäftsführer tätig sei.257 Ein Aufsichtsrat soll damit vergleichbar einem board einer angloamerikanischen corporation ausgestaltet werden können.258 Diesem Vergleich mit dem Board-System folgend argumentiert Heermann mit der Regelung zur Societas Europaea. Aus der SE-VO, welche von der Gleichwertigkeit von Board-System und deutschem Aufsichtsratssystem ausgehe, ergebe sich, dass auch der Gesetzgeber nicht von einer strikten Trennung von Geschäftsführungs- und Kontrolltätigkeit ausgehe.259 Grossfeld und Brondics nehmen aufgrund der weiterhin bestehenden Kontrollbefugnisse der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 6 GmbHG und der bereits hierdurch gewährleisteten Kontrolle die zulässige Besetzung von Aufsichtsrat und Geschäftsführung in Personalunion an. Etwas anderes soll aber gelten, wenn die Kontrolle der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen oder etwa wegen der Gesellschafterstruktur nicht zu erwarten sei. Nur in diesem Fall läge eine dem Aktienrecht vergleichbare Lage vor.260 Dem kann nicht gefolgt werden. Der Rechtsverkehr darf berechtigter Weise erwarten, dass die Aufsichtsratsmitglieder nicht zugleich als Geschäftsführer tätig sind. Ausschlaggebend ist, dass das in § 105 AktG normierte Verbot einen allgemeinen kapitalgesellschaftsrechtlichen Grundsatz darstellt, auf dessen Einhaltung der Rechtsverkehr berechtigterweise vertraut. Wie bereits gezeigt, dürfen die Gesellschaftsgläubiger darauf vertrauen, dass ein als „Aufsichtsrat“ bezeichnetes und publik gemachtes Organ als effektives Kontrollorgan fungiert. Als Folge einer Tätigkeit in Kontroll- und Geschäftsleitungsorgan wird die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats beeinträchtigt. Sofern ein Geschäftsführer auch im Aufsichtsrat tätig ist, ist nicht davon auszugehen, dass er selbst ein Interesse an einer effektiven Kontrolle seiner eigenen Geschäftsführungstätigkeit hat und die Verfolgung eigener Sorgfaltsverstöße voranbringen wird. Auch der Vergleich mit anderen Aufsichtsratssystemen zeigt, dass es sich bei der Regelung des § 105 AktG um einen allgemein gültigen Grundsatz handelt. So findet sich in § 37 GenG eine § 105 AktG vergleichbare Regelung. Ebenso verweisen die Regelungen des Mitbestimmungsrechts entweder auf § 105 AktG oder nehmen 256

Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 256. Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 256; dem folgend: Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 36; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 113; so auch bereits Staub, 1. Aufl. 1903, § 52 Anm. 47 zu § 248 HBG a.F., der allerdings nur verlangt, dass der Aufsichtsrat nicht vollständig mit Mitgliedern der Geschäftsführung besetzt sein dürfe, da lediglich in diesem Fall der Aufsichtsrat sein „Wesen“ verliere. 258 Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 256. 259 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 36. 260 Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 300. 257

254

5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

selbst eine entsprechende Regelung vor.261 Auch in der dualistischen SE findet sich mit Art. 39 Abs. 3 SE-VO eine vergleichbare Regelung. Daher überzeugt es auch nicht, aus der Regelung im europäischen Gesellschaftsrecht Rückschlüsse auf die Disposivität des Gedanken des § 105 AktG zu ziehen.262 Der Gesetzgeber nimmt eine klare Differenzierung zwischen dualistischer und monistischer SE vor und stellt damit gerade klar, dass im Fall der Wahl einer dualistischen SE an den Aufsichtsrat besondere Anforderungen bezüglich der Organbesetzung zu stellen sind. Gegen ein berechtigtes Vertrauen des Rechtsverkehrs in eine § 105 AktG entsprechende Besetzung des Aufsichtsrats kann nicht angeführt werden, dass sich die Besetzung des Aufsichtsrats bereits aus dem Handelsregister ergebe.263 Zwar ist es richtig, dass die Liste der Aufsichtsratsmitglieder nach § 52 Abs. 3 GmbHG zum Handelsregister einzureichen ist. Jedoch ergibt sich aus der Veröffentlichungspflicht nach § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG nicht, dass keine Besetzung mit Aufsichtsratsmitgliedern erfolgt ist, die eine Gewähr für eine effektive Kontrolltätigkeit bieten. Auch die Möglichkeit eines partiellen Ausschlusses von der Kontrolltätigkeit, soweit eigene Geschäftsführungstätigkeiten betroffen sind, führt nicht dazu, dass den Interessen der Gläubiger hinreichend Rechnung getragen wird, zumal dies eine vorhergehende Beeinflussung der übrigen Aufsichtsratsmitglieder nicht ausschließt.264 Zudem vertraut der Rechtsverkehr gerade darauf, dass alle Aufsichtsratsmitglieder zur Kontrolle verpflichtet sind und für die Folgen von Pflichtverletzungen auch verantwortlich gemacht werden können. Ebenso kann der Annahme nicht gefolgt werden, eine rein „begleitende“ Kontrolle durch „gemeinsame“ Beratung von Aufsichtsratsmitglieder, die nicht als Geschäftsführer tätig sind, und solchen, die dies sind, sei ausreichend. Ein Aufsichtsrat gem. § 52 GmbHG zeichnet sich, insbesondere vor dem Hintergrund der nicht zwingenden Geltung des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG, gerade durch seine retrospektive Überwachung aus. Nur durch die effektive Verfolgung von Sorgfaltsverstößen der Geschäftsführer kann eine Disziplinierung letzterer erfolgen. Sofern daher von der Regelung des § 105 AktG abgewichen wird, handelt es sich nicht mehr um einen Aufsichtsrat, sondern um ein sonstiges Zusatzorgan.265 Bei 261 Dies gilt auch für das KAGB. Vgl. aber die abweichende Regelung für Prokuristen als Arbeitnehmervertreter in § 6 Abs. 2 S. 1 MitbestG. Ein solcher ist nur ausgeschlossen, wenn dieser der Geschäftsleitung unmittelbar unterstellt und zur Ausübung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich dieses Organs ermächtigt ist. 262 So aber Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 256; dem folgend: Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 36. 263 So aber Wasmann, Juristische Personen als gekorene Organmitglieder, S. 82. 264 Auf Letzteres hinweisend: Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbHBeiräte, S. 112. 265 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 66; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 137; Konow, JR 1966, 165, 166.

C. Anforderungen an das Amt der Aufsichtsratsmitglieder

255

diesem besteht keine Inkompatibilität zwischen Organmitgliedern und Geschäftsführern.266 2. Gesetzliche Vertreter eines abhängigen Unternehmens als Aufsichtsratsmitglieder? Nach dem Verbot der Konzernverflechtung in § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG kann ein gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens nicht Mitglied des Aufsichtsrats sein. Auch hierbei könnte es sich um eine unabdingbare Bestimmung handeln. Ein Teil der Literatur spricht sich gegen eine zwingende Anwendung auf einen fakultativen Aufsichtsrat aus.267 Hierfür wird neben dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG auch der bekannte Erst-Recht-Schluss angeführt, nach welchem die Gesellschafter auch ganz von der Einrichtung eines Aufsichtsrats absehen und daher erst recht ein weniger geeignetes Kontrollorgan errichten könnten.268 Auch aus § 6 Abs. 2 S. 1 MitbestG, wonach in den obligatorischen Aufsichtsrat leitende Angestellte bestellt werden können, wird geschlossen, dass auch abhängige Personen in den Aufsichtsrat bestellt werden können.269 Die Gegenansicht geht von einer zwingenden Anwendung auf alle Arten von Aufsichtsorganen aus.270 Entscheidend ist, ob ein berechtigtes Vertrauen des Rechtsverkehrs in eine entsprechende Besetzung des Aufsichtsrats besteht. Die Vorschrift will ebenso wie § 105 AktG die Effektivität der Überwachung durch den Aufsichtsrat sicherstellen.271 Sie dient der „Seriosität der Unternehmenskontrolle“.272 Gesetzliche Vertreter eines abhängigen Unternehmens sind ihrerseits von den Geschäftsführern des herrschenden Unternehmens abhängig, sodass die unabhängige Aufgabenwahrnehmung gefährdet wäre. Wie bereits festgestellt, dürfen die Gläubiger, sofern das Bestehen eines Aufsichtsrats nach außen kundgetan wurde, darauf vertrauen, dass 266

MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 137; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1192. Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 32; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 260; Michalski/ Giedinghagen, § 52 Rn. 57; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 9; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 110; Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 300. 268 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 32; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 9; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 110. 269 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 57. 270 Vgl. etwa Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 36; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 11; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 13; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 27; Ensthaler/Füller/Schmidt, § 52 Rn. 12; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 7; Hoffmann/Preu, Aufsichtsrat, Rn. 700.3; Maulbetsch, Beirat und Treuhand, S. 82 (für den Beirat einer Publikumspersonengesellschaft mit Kontrollaufgaben); Kort, AG 2008, 137, 141 f. 271 Vgl. dazu etwa Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 32. 272 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 13; Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 36. 267

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

eine effektive Überwachung der Geschäftsführung erfolgt. Da auch § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG diesem Zweck dient, ist dessen Einhaltung zwingend für das Vorliegen eines Aufsichtsrats. Aus § 6 Abs. 2 S. 1 MitbestG, der die Bestellung von Prokuristen als Arbeitnehmervertreter unter einschränkenden Voraussetzungen zulässt,273 folgt nichts anderes. Die Regelung hat die besonderen Interessen der Arbeitnehmer im Blick; aus ihr können keine allgemeinen Rückschlüsse gezogen werden. Bei einem sonstigen Zusatzorgan ist die Einhaltung des § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG indessen nicht erforderlich.274 Somit handelt es sich um eine Anwendungsvoraussetzung für ein Organ im Sinne des § 52 GmbHG und nicht um eine allgemeine Schranke der Gestaltungsfreiheit bei der Organausgestaltung.

II. Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften im Sinne des § 264d HGB § 52 Abs. 1 GmbHG verweist auch auf §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG. Nach § 100 Abs. 5 AktG muss insbesondere bei nach § 264d HGB kapitalmarktorientierten Gesellschaften der Aufsichtsrat über mindestens ein auf dem Gebiet der Rechnungslegung und der Abschlussprüfung sachverständiges Mitglied verfügen. Zudem müssen die Mitglieder in ihrer Gesamtheit mit dem Sektor, in dem die Gesellschaft tätig ist, vertraut sein.275 Bei Verstößen gegen prüfungsbezogene Pflichten kommen ordnungswidrigkeiten- und strafrechtliche Sanktionen nach den §§ 86 ff. GmbHG in Betracht. Bei Einrichtung eines Prüfungsausschusses gem. § 107 Abs. 3 S. 2 AktG müssen gem. § 107 Abs. 4 AktG ebenfalls die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt sein. Der Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 100 Abs. 5 AktG wird zutreffend überwiegend als dispositiv angesehen.276 Denn sofern die Gesellschafter die ent273 So darf dieser weder den Geschäftsführern unmittelbar unterstellt noch zur Ausübung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich der Geschäftsführer ermächtigt sein. 274 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1192; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 137. 275 § 100 AktG wurde reformiert durch das AReG (Gesetz zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse – Abschlussprüfungsreformgesetz vom 10. 05. 2016). Die entsprechende Pflicht besteht auch für Gesellschaften die CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 3d S. 1 des KWG, mit Ausnahme der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des KWG genannten Institute, oder die Versicherungsunternehmen im Sinne des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/674/ EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Versicherungsunternehmen (ABl. L 374 vom 31. 12. 1991, S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 2006/46/EG (ABl. L 224 vom 16. 8. 2006, S. 1) geändert worden ist, sind. 276 So zur Neuregelung durch das AReG: Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 86 Rn. 4; zu § 100 Abs. 5 AktG a.F. bereits die Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 92; Lutter/

D. Mindestanzahl von Aufsichtsratsmitgliedern als Vorausetzung?

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sprechenden Bestimmungen abbedingen, kommt § 324 Abs. 1 HGB zum Tragen, sodass keine Schutzlücken entstehen. Sofern die Gesellschaft über keinen Aufsichtsrat verfügt, der die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt, muss diese einen Prüfungsausschuss einrichten. Eine Abbedingung dürfte sich daher in der Regeln nicht empfehlen. Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen in Parallele zu den §§ 86 ff. GmbHG finden sich insbesondere in den §§ 333a, 334, 340m, 340n HGB. Der Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 100 Abs. 5 AktG kann daher ebenso wie der Verweis auf § 107 Abs. 4 AktG und § 124 Abs. 3 S. 2 AktG277 abbedungen werden.

III. Zwingende Maximalanzahl von Aufsichtsratsmandaten? Ebenfalls keine Anwendungsvoraussetzung ist die Regelung einer Maximalanzahl von Aufsichtsratsmandaten, wie sie § 100 Abs. 2 Nr. 1 AktG für das Aktienrecht vorsieht,278 zumal die Aufsichtsratstätigkeit in kleineren Unternehmen, wie es bei Unternehmen mit lediglich fakultativem Aufsichtsrat regelmäßig der Fall sein dürfte, regelmäßig nicht so zeitaufwendig ist wie in einer Aktiengesellschaft.279 Die Gesellschafter sind selbst besser in der Lage zu entscheiden, ob eine solche Regelung bei ihrer Gesellschaft sinnvoll ist.

D. Mindestanzahl von Aufsichtsratsmitgliedern als Anwendungsvorausetzung? Eine weitere zwingende Voraussetzung für die Einordnung als Aufsichtsrat könnte eine gewisse Mindestanzahl von Aufsichtsratsmitgliedern sein. Bereits bei Staub findet sich eine Aufzählung der Voraussetzungen, welche vorzuliegen hätten, um den Anwendungsbereich des § 52 GmbHG zu eröffnen: Es müsse sich um ein Organ der Gesellschaft handeln, dem die Kontrollkompetenz zugewiesen sei und das mindestens zwei Organwalter aufweise.280 Er führt hierbei, Krieger/Verse, Rn. 1234 f.; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 33b; a.A. zu Neuregelung: Henssler/ Strohn, § 52 Rn. 22; a.A. zu § 100 Abs. 5 AktG a.F.: Wicke, § 52 Rn. 4. 277 A.A. Henssler/Strohn, § 52 Rn. 22. 278 Vgl. etwa Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 11; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 35; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 15; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 262; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 31; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 55; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1193; Hoffmann/Preu, Aufsichtsrat, Rn. 700.3; Kort, AG 2008, 137, 141. 279 So Kort, AG 2008, 137, 141. 280 Staub, 1. Aufl. 1903, § 52 Anm. 3; ebenso Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 18; Bauer, Geschäftsführung und Aufsichtsrat, 1910, S. 534; a.A. aber bereits Neukamp/Becker, 5. – 7. Aufl., 1921, § 52 S. 300.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

neben dem überholten Argument, dass auch mindestens zwei Gesellschafter zur Gründung einer Gesellschaft notwendig seien, den Wortlaut des § 52 GmbHG an. Erforderlich sei ein „Rat“, also ein Kollegium, das berät.281 Auch in der neueren Literatur findest sich die Ansicht, dass § 52 GmbHG die Vorstellung von mindestens zwei Aufsichtsratsmitgliedern zugrunde liege,282 ansonsten handele es sich um keinen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG, sondern einen Delegierten der Gesellschafterversammlung.283 Nach Ansicht der Rechtsprechung und der heutigen herrschenden Literaturmeinung soll jedoch ein Aufsichtsrat bestehend aus lediglich einem Aufsichtsratsmitglied zulässig sein.284 Für Letzteres spricht, dass die Funktion des Aufsichtsrats, die Geschäftsführer zu überwachen, auch von nur einer Person ausgeführt werden kann.285 Auch die Frage, ob eine Überwachung durch nur eine Person die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats schmälert, kann nicht pauschal für alle Arten von GmbHs beantwortet werden. In kleinen Gesellschaften kann durchaus auch nur eine Person zur effektiven Überwachung in der Lage sein. Auch der Schutz des Vertrauens des Rechtsverkehrs rechtfertigt daher nicht, die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter diesbezüglich einzuschränken, wobei bereits fraglich ist, ob dieser zwingend, also auch bei Kleinstgesellschaften, von einer Mehrzahl von Aufsichtsratsmitgliedern ausgeht.

E. Anforderungen an die Regelungen zur Bestellung und Abberufung Die Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder ist für das Aktienrecht in §§ 101, 103 AktG geregelt. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist lediglich auf 281 Staub, 1. Aufl. 1903, § 52 Anm. 2. Der Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbH, der einen Aufsichtsrat verlangt, ist aber nicht zwingend dahingehend auszulegen, dass ein solche Rat aus mehreren Personen bestehen muss, wie bereits die Bezeichnungen akademischer Rat, Studienrat, Verwaltungsrat, Regierungsrat etc. zeigen, welche nur eine Person bezeichnen. Dabei kommt das Wort „Rat“ zwar von beraten, dies bedeutet aber nicht zwingend, dass der Rat „sich beraten“ muss, es ist auch möglich, dass der Rat einen Dritten „berät“. 282 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1186; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 5 (bei Schweigen der Satzung solle § 95 S. 1 AktG analog anwendbar sein); Geßler, GmbHR 1974, 202, 205. 283 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1186. 284 Ganz h.M., vgl. etwa RGZ 82, 386, 388; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 208; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 32; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 28; Michalski/ Giedinghagen, § 52 Rn. 70; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 7; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 82; Rowedder/Schmitt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 11; Gehrlein/Ekkenga/Simon/Nießen, § 52 Rn. 21; Wicke, § 52 Rn. 4; Ensthaler/Füller/Schmidt, § 52 Rn. 11; Saenger/Inhester/Peres, § 52 Rn. 32; Dahlbender, GmbH-StB 2008, 21, 21; Kort, AG 2008, 137, 139 (mit dem Hinweis, dass dem gegenüber die Bildung eines gegenüber dem Volumen der GmbH viel zu großen Aufsichtsrats einen Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht darstellen könne.) 285 So auch Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 28.

E. Anforderungen an Regelungen zur Bestellung und Abberufung

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§§ 101 Abs. 1 S. 1, 103 Abs. 1 S. 1 und 2 AktG. Dabei stellt sich auch hier die Frage, ob eine entsprechende Regelung erforderlich ist für die Einstufung als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG und damit, wo die Grenzen einer möglichen Gestaltung verlaufen.

I. Die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrats, insbesondere die Möglichkeit der Einräumung von Entsendungsrechten Nach §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 101 Abs. 1. S. 1 AktG wählt im Regelfall die Gesellschafterversammlung die Mitglieder des Aufsichtsrats. Sofern die Modalitäten der Wahl gesellschaftsvertraglich nicht geregelt sind, ist ein Beschluss mit einfacher Mehrheit ausreichend.286 Der Gesellschaftsvertrag der GmbH kann hiervon aber abweichen und andere Mehrheitserfordernisse aufstellen.287 Auch eine Bestellung auf unbestimmte Zeit ist zulässig; § 52 Abs. 1 GmbHG verweist nicht auf § 102 AktG. Sofern keine Regelung erfolgt, ist dies sogar der Regelfall.288 Eine entsprechende Regelung ist im Bestellungsbeschluss möglich. Dabei soll keine Gleichbehandlung der Aufsichtsratsmitglieder nötig sein.289 Auch Stellvertreter können bestellt werden, § 101 Abs. 3 S. 1 AktG gilt nicht.290 Dem gegenüber kommt nach herrschender Meinung eine gerichtliche Bestellung in entsprechender Anwendung des § 104 AktG nicht in Betracht, denn die Gesellschaft sei auch ohne fakultativen Aufsichtsrat stets handlungsfähig.291 Die Anwendung von § 104 AktG292 sowie § 29 BGB293 soll auch nicht durch den Gesellschaftsvertrag begründet werden können. 286

Vgl. Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1188 und 1199. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 111 m.w.N. 288 H.M., vgl. etwa Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1200 f.; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 8; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 175. 289 So Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1200. 290 H.M., vgl. etwa Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1203; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 325; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 45; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 44; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 45. 291 Vgl. etwa OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 19. 11. 2013 – 20 W 335/13, NZG 2014, 462; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 17; Baumbach/Hueck/ Zöllner/Noack, § 52 Rn. 45; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 46; Wessing/Max, FS Werner, 1984, S. 975, 985 f.; Podewils, GmbHR 2014, 477, 480 f.; vgl. zur Rückfallkompetenz bereits 4. Teil, F. I. 2. a) bb). 292 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 17; Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 45; Podewils, GmbHR 2014, 477, 480 f.; a.A. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 147; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 242 (sofern dem Aufsichtsrat wesentliche Aufgaben innerhalb der Entscheidungsorganisation zugewiesen seien), Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 107. 293 Bauchbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 45; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 46; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 131. 287

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Statt der Wahl durch die Gesellschafterversammlung kommt auch die Bestellung durch einen Entsendungsberechtigten in Betracht. Unter einem Entsendungsrecht ist dabei die Berechtigung zu verstehen, ein oder mehrere Mitglieder des Aufsichtsrats zu benennen, ohne dass es zusätzlich einer Wahl durch die Gesellschafterversammlung bedarf. Eine Regelung zum Entsendungsrecht enthält § 101 Abs. 2 AktG. Danach kann ein Entsendungsrecht nur durch Satzungsregelung und nur Aktionären eingeräumt werden; die entsandten Aufsichtsratsmitglieder dürfen dabei nicht mehr als ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder ausmachen. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist indes nicht auf diese Norm; die dort geregelten Beschränkungen sind damit nicht unmittelbar auf den fakultativen Aufsichtsrat anwendbar. Jedoch stellt sich auch hier die Frage, ob Grenzen der Einräumung von Entsendungsrechten bestehen. Im GmbHG selbst sind keine Regelungen zu Entsendungsrechten enthalten. Es ist zwischen der Einräumung solcher Rechte an einzelne Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen sowie an außenstehende Dritte zu unterscheiden. Bei der Einräumung eines Entsendungsrechts an Gesellschafter oder Gruppen hiervon, als Teil ihrer Gesellschafterstellung, sind lediglich die für die Begründung von Sonderrechten geltenden Beschränkungen einzuhalten.294 Daher müssen insbesondere sämtliche nicht bevorrechtigten Gesellschafter der Einräumung des Sonderrechts zustimmen.295 Die bevorrechtigen Gesellschaft wiederum müssen, sofern kein wichtiger Grund vorliegt, der Entziehung oder Beeinträchtigung des Sonderrechts zustimmen.296 Umstritten ist, ob Entsendungsrechte auch zugunsten von Nichtgesellschaftern begründet werden können.297 Problematisch ist dies insbesondere vor dem Hinter294 Zu den Voraussetzungen der Einräumung und Entziehung eines Sonderrechts bereits 3. Teil, A. IV. 2. a). 295 Vgl. etwa Scholz/Priester, § 53 Rn. 114; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 42; Ulmer/Casper, § 53 Rn. 149; für den Beirat: Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 23, Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, S. 50. 296 Vgl. etwa Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 42; Scholz/Priester, § 53 Rn. 114 (ohne die entsprechende Einschränkung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes); für den Beirat: Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 24. 297 Für deren Zulässigkeit etwa: Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 223; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 17; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 43; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 6; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 140; Michalski/ Giedinghagen, § 52 Rn. 92; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 12 (einschränkend: jederzeitige Aufhebung des Entsendungsrechts durch Beschluss mit einfacher Mehrheit der Gesellschafterversammlung möglich); Flume, Bd. I/2, § 7 I 2 (S. 191); Schürnbrand, Organschaft, S. 106; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 31; Gehrlein/Ekkenga/Simon/ Nießen, § 52 Rn. 28; Hommelhoff, ZHR 148 (1984), 118, 120 f.; Priester, FS Werner, 1984, S. 657, 665; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 493 f.; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 120 ff.; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 30; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 199 (einschränkend: die entsandten Aufsichtsratsmitglieder müssten in der Minderheit bleiben); Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 129; Westhoff, Bankenvertreter, S. 33 ff.; Hammen, WM 1994, 765, 767; Ihrig/Schlitt, NZG 1999, 333, 336; Simon, GmbHR 1999, 257, 259.

E. Anforderungen an Regelungen zur Bestellung und Abberufung

261

grund der Verbandsautonomie. Zwar sind satzungsmäßige Rechte Dritter ad personam unzulässig.298 Die Gesellschaft muss stets aus sich selbst heraus handlungsfähig sein, sodass Gestaltungen, die dazu führen, dass die Gesellschaft nicht mehr allein durch ihre Organe handlungsfähig ist, unzulässig sind. Wie jedoch bereits gezeigt, besteht die Möglichkeit der Errichtung eines sog. Kreationsorgans, dessen Kompetenz in der Bestellung von anderweitigen Organmitgliedern bestehen kann.299 Die Entsendungsberechtigten stehen in der Folge in einem organschaftlichen Verhältnis zur Gesellschaft und sind daher bei ihrer Entscheidung allein an das Gesellschaftsinteresse gebunden.300 Auch besteht keine unabänderliche Bindung der Gesellschafter. Die Gesellschafterversammlung kann das Entsendungsrecht jederzeit durch eine entsprechende Satzungsänderung wieder entziehen.301 Entsandte Aufsichtsratsmitglieder haben dieselben Pflichten wie von der Gesellschafterversammlung gewählte Mitglieder und sind insbesondere nicht an Weisungen des Entsendungsberechtigten gebunden.302 Damit bestehen keine Bedenken gegen die Einräumung eines Entsendungsrechts an außenstehende Dritte, etwa eine Gläubigerbank. Zur Bestätigung dieser Sicht wird auf die Rechtslage in der Societas Europaea verwiesen.303 Zwar werden auch bei dieser die Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich durch die Hauptversammlung bestimmt (§ 42 Abs. 2 SE-VO), jedoch bleiben einzelstaatliche Rechtsvorschriften unberührt, die auch einer Aktionärsminderheit oder anderen Personen oder Stellen die Bestellung eines Teils der Organmitglieder erlauben. Diese Regelung, die in Deutschland zwar keine unmittelbare Bedeutung erhalten hat, zeigt daher gleichwohl, dass ein solches Entsendungsrecht in Einklang mit dem europäischen Gesellschaftsrecht steht.304

Auch der RefE von 1969 sah in § 98 GmbHG ein solches Recht ausdrücklich vor, vgl. Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 44. Die Begründung zu § 98 RefE 1969 stellte dabei ausdrücklich fest, dass hierdurch die unter § 52 GmbHG geltende Rechtslage beibehalten werden sollte, vgl. Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1969, S. 256. A.A. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 43 (§ 101 Abs. 2 S. 1 AktG enthalte ein allgemeines körperschaftliches Strukturprinzip); Ulmer, FS Werner, 1984, S. 911, 920 ff. 298 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 152 ff. sowie bereits 3. Teil, A. IV. 2. b) aa). 299 Vgl. hierzu bereits 3. Teil, A. IV. 2. b) bb). 300 Str., so etwa Schürnbrand, Organschaft, S. 106; Herfs, Einwirkung Dritter, S. 121; einschränkend Hammen, WM 1994, 765, 767 (zum Hausbankfall); a.A. Weber, Außeneinfluss, S. 157, 168 f. Vgl. zur Bindung der Gesellschaftsorgane bereits 4. Teil, D. II. 2. – 4. 301 Vgl. Priester, FS Werner, 1984, S. 657, 665; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 493 f. 302 Vgl. hierzu die Nachweise in S. 250 Fn. 246 sowie BGHZ 36, 296, 306 f. 303 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 161. 304 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 161.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

II. Die Abberufung der Mitglieder des Aufsichtsrats Für die Abberufung verweist § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 103 Abs. 1 S. 1 und 2 AktG. Damit ist grundsätzlich eine Abberufung während der laufenden Amtsperiode zulässig, bedarf aber eines Beschlusses mit einer Mehrheit von drei Viertel der Stimmen.305 Für die Abberufung aus wichtigem Grund ist die Geltung dieses Mehrheitserfordernisses allerdings umstritten. Trotz der Diskrepanz zur Rechtslage bei der Abberufung der Geschäftsführer sprechen aufgrund des eindeutigen Wortlauts der §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 103 Abs. 1 S. 2 AktG die besseren Gründe gegen eine Abweichung bei einer fehlenden Satzungsbestimmung, so dass der herrschenden Meinung zu folgen ist, zumal die Gesellschafter aufgrund der Treuebindung zur Zustimmung verpflichtet sein können.306 Aber auch im Fall der Abberufung kann das Mehrheitserfordernis durch den Gesellschaftsvertrag herabgesetzt werden.307 Dies muss trotz des fehlenden Verweises auf § 103 Abs. 1 S. 3 AktG aufgrund der grundsätzlichen Gestaltungsfreiheit im Recht der GmbH erst recht gelten, wie auch bereits die Formulierung des § 52 Abs. 1 GmbHG a.E. zeigt. Die Herabsetzung muss dann aber für alle Aufsichtsratsmitglieder gelten, da ansonsten „Rangunterschiede eingeführt [würden], die mit dem Charakter des Mandats unvereinbar“ seien.308 Bei entsandten Aufsichtsratsmitgliedern sind die Entsendungsberechtigten bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Abberufung verpflichtet.309 Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind bei einem Ausschluss der Abberufungsmöglichkeit erreicht. In diesem Fall ginge die der Abberufungsmöglichkeit innewohnende präventive Disziplinierung der Aufsichtsratsmitglieder verloren. Dies würde dem berechtigten Vertrauen des Rechtsverkehrs in ein seine Aufgabe ordnungsgemäß erfüllendes Kontrollorgan widersprechen.310

305

Vgl. Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1199; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 50; Baumbach/Hueck/ Zöllner/Noack, § 52 Rn. 47; a.A. Simon GmbHR 1999, 257, 260: einfache Mehrheit bei auf unbestimmte Zeit gewählten Aufsichtsratsmitgliedern. 306 Für 3/4-Mehrheit: Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1999; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 50; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 52 Rn. 19; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 198; a.A.: Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 9; Scholz/Uwe H. Schneider, 10. Aufl., 2007, § 52 Rn. 289; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, 4. Aufl., 2002, § 52 Rn. 9; Simon GmbHR 1999, 257, 260, für auf unbestimmte Zeit gewählte Aufsichtsratsmitglieder. 307 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 47. 308 So Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 50. 309 Vgl. Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 19; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 53; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 49; a.A., für eine darüber hinaus gehende Befugnis der Gesellschafter zur Abberufung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit Dreiviertel-Mehrheit: Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 225; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 54; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 141. 310 So auch Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 51.

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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F. Mindestanforderungen an die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder im fakultativen Aufsichtsrat Die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder311 ist, neben der Möglichkeit der Abberufung, das entscheidende Instrument zur Verhaltenssteuerung und Disziplinierung derselben. Es ist auch von der Steuerungs- und Auslesefunktion der Haftung die Rede.312 Die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder kann in Innen- und Außenhaftung aufgeteilt werden. Im letzteren Fall können die Gläubiger der Gesellschaft direkt auf die Aufsichtsratsmitglieder zugreifen. Im ersteren Fall ist die Gesellschaft selbst Anspruchsinhaber. Die Innenhaftung dient damit zwar in erster Linie dem Schutz des Gesellschaftsvermögens; aber auch in diesem Fall profitieren die Gläubiger der Gesellschaft durch die Zunahme der Haftungsmasse der Gesellschaft. Die Gesellschaftsgläubiger können zudem Ansprüche, welche der Gesellschaft gegenüber ihren Aufsichtsratsmitgliedern zustehen, im Rahmen der Vollstreckung pfänden und sich überweisen lassen.313 Auch die Innenhaftung der Organe der Kapitalgesellschaft ist daher, neben den Regelungen zur Kapitalaufbringung und -erhaltung sowie den Publizitätsvorschriften, ein wesentliches Instrument zur Reduzierung des Gläubigerrisikos. Die Vorschriften zur Verantwortlichkeit der Organmitglieder erfüllen daher auch die Funktion, die Gesellschaftsgläubiger zu schützen.314 Im Bereich der Innenhaftung strebt hat vor allem, bei Insolvenz der Gesellschaft, der Insolvenzverwalter danach, die Aufsichtsratsmitglieder in Anspruch zu nehmen. Insbesondere bei Familiengesellschaften sind es regelmäßig die Aufsichtsratsmitglieder, die im Gegensatz zu (Fremd-)Geschäftsführern über ein größeres Vermögen verfügen.315 Bei kommunalen Unternehmen besteht zudem ein Freistellungsanspruch der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der öffentlichen Körperschaft, der die Inanspruchnahme der Aufsichtsratsmitglieder wirtschaftlich interessant macht.316 Dies gilt gleichermaßen für das Eingreifen einer bestehenden D&O-Versicherung.317 Eine Inanspruchnahme der Aufsichtsratsmitglieder kommt aber auch im Wege des Regresses der Gesellschaft nach Inanspruchnahme durch Dritte, in Trennungssituationen, um Abfindungs- und Restvergütungsansprüchen der ausscheidenden Aufsichtsratsmitglieder einen aufrechenbaren Anspruch entgegenzusetzen und auch bei sonstigen Vermögensminderungen der Gesellschaft in

311 312 313 314 315 316 317

Eine Haftung des Organs als solchen kommt de lege lata nicht in Betracht. Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 10 III 2 (S. 543). Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 10 III 1 a) und c) (S. 536, 541). Vgl. Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 41. Vgl. Bormann, GmbHR 2009, 662. Vgl. Bormann, GmbHR 2009, 662. Vgl. Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rn. 40 (S. 38).

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Betracht.318 Die Innenhaftung bietet dabei gegenüber der Außenhaftung den Vorteil, dass durch die Zwischenschaltung der Gesellschaft eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger möglich ist. Daneben kommt aber auch eine Außenhaftung der Aufsichtsratsmitglieder, insbesondere nach §§ 823 Abs. 2, 826 BGB, sowie eine strafrechtliche Verantwortlichkeit, insbesondere nach §§ 82 Abs. 2 Nr. 2, 85 GmbHG, daneben aber auch nach §§ 263, 266 StGB in Betracht. Aus der historischen Perspektive hat die Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrats, vor dem Hintergrund der steigenden Anforderungen an diesen durch Gesetzgebung und Rechtsprechung, zunehmend an Bedeutung gewonnen.319 Aus rechtspolitischer Sicht ist zu bedenken, dass die Entwicklung zu einer verschärften Organhaftung auch aufgrund eines Mangels an erfahrenen Aufsichtsratsmitgliedern in der Praxis nicht unproblematisch ist.320 Vor allem im Bereich kommunaler und kleinerer GmbHs dürfte es vor dem Hintergrund der steigenden, in vielen Fällen das Vermögen der Aufsichtsratsmitglieder weit übersteigenden Haftungsrisiken nicht immer einfach sein, geeignete Mandatsträger zu finden, die bereit sind, bei u. U. lediglich geringer oder gar ohne Vergütung ein entsprechendes Risiko auf sich zu nehmen. Daher ist auch in diesem Zusammenhang zu fragen, inwieweit die Haftung der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats in der GmbH abweichend vom gesetzlichen Regelfall, also insbesondere dem Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf §§ 116, 93 AktG, ausgestaltet werden kann.

I. Allgemeine Möglichkeiten der Beschränkung der organschaftlichen Haftung Für die Innenhaftung der Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats verweist § 52 Abs. 1 GmbHG auf die Bestimmungen der §§ 116, 93 Abs. 1 und 2 S. 1 und 2 AktG und damit auf Teile der aktienrechtlichen Haftungsbestimmungen für Aufsichtsratsmitglieder. Auch in der GmbH haben somit die Aufsichtsratsmitglieder bei ihrer Tätigkeit grundsätzlich die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Beraters und Überwachers anzuwenden. Verletzen sie diese Pflicht, haben sie nach § 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 116, 93 Abs. 2 AktG den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Diese Pflicht zur ordnungsgemäßen Überwachung obliegt den Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft und nicht etwa unmittelbar gegenüber den Gesellschaftern oder den Gläubigern der Gesellschaft.

318 Vgl. dazu etwa Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rn. 39 ff. (S. 38 f.); zu Entwicklung der zunehmenden Bedeutung der Aufsichtsratshaftung bereits Uwe H. Schneider, FS Werner, 1984, S. 795 f. 319 Dazu etwa Hölters/Hambloch-Gesinn/Gesinn, AktG, § 116 Rn. 1 ff.; Thomas, Die Haftungsfreistellung von Organmitgliedern, S. 17 ff.; Bormann, GmbHR 2009, 662. 320 Hierzu Thomas, Die Haftungsfreistellung von Organmitgliedern, S. 20 m.w.N.

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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Dies bedeutet aber nicht, dass kein berechtigtes Vertrauen der Gläubiger in das Eingreifen einer organschaftlichen Haftungsgrundlage bestehen kann. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Regelungen zur Haftung der Aufsichtsratsmitglieder einen allgemeinen kapitalgesellschaftlichen Grundsatz enthalten, welcher auch auf die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats zwingend anzuwenden ist. Auch ist zu klären, ob ein solcher Grundsatz für alle Organe der GmbH Geltung beanspruchen würde und damit auch für ein sonstiges Zusatzorgan außerhalb des Anwendungsbereichs des § 52 GmbHG oder ob es sich lediglich um eine Mindestanforderung an einen fakultativen Aufsichtsrat handelt und damit um eine Anwendungsvoraussetzung des § 52 GmbHG. 1. Gesetzlicher Haftungsausschluss oder Herabsetzung des Sorgfaltsmaßstabs in besonderen Fällen? Zunächst ist auf die Frage einzugehen, ob die Haftung des Aufsichtsrats in der GmbH in bestimmten Fällen bereits ohne gesellschaftsvertragliche Regelung ausgeschlossen ist. So findet sich in der Literatur die Ansicht, dass nur bei einer Vergütung der Aufsichtsratstätigkeit eine Haftung der Aufsichtsratsmitglieder in Betracht komme; begründet wird dies mit einem Vergleich mit der Haftung eines externen Beraters, da sich beide Haftungssituationen entsprechen müssten.321 Eine solche Beschränkung der Haftung ist abzulehnen,322 zumal auch die Haftung eines externen Beraters nicht allein von dessen Vergütung abhängt, sondern dem Vorliegen eines Rechtsbindungswillens. Eine solche Einschränkung findet auch im Gesetz keine Grundlage. Allerdings könnte in diesen Fällen an eine gesetzliche Haftungsmilderung gedacht werden. Für einen Haftungsausschluss bei einfacher Fahrlässigkeit für ehrenamtlich tätige Amtswalter könnte die Regelung des § 31a BGB herangezogen werden.323 Nach dieser im Jahr 2009 eingeführten Norm haften ehrenamtliche Vorstandsmitglieder eines Vereins, welche maximal 500 E Vergütung im Jahr erhalten, nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Gegen eine entsprechende Anwendung auf Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats spricht, dass anders als in einem in der Regel nicht wirtschaftlich tätigen Verein von einem Aufsichtsratsmitglied in einer grundsätzlich erwerbswirtschaftlich tätigen GmbH, das sich zur Überwachung fremden Vermögens verpflichtet, erwartet werden kann, dass es sich vor Übernahme des Mandats die Frage stellt, ob es hierzu in der Lage ist. In diesem Fall müssen dann auch die Folgen einer Pflichtverletzung getragen werden. Kommt das Aufsichtsratsmitglied zu dem Schluss, dass es hierzu nicht in der Lage ist, kann 321

van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 454, 456. So etwa auch OLG Brandenburg, GmbHR 2009, 657, 660; Bormann, GmbHR 2009, 662, 663. 323 Dies erwägt auch E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 187. 322

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

von ihm verlangt werden, die Übernahme des Mandats abzulehnen.324 Aber auch in Fällen fehlender erwerbswirtschaftlicher Betätigung der GmbH fehlt es an der für die analoge Anwendung des § 31a BGB nötigen planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat die Regelung des § 31a BGB ausdrücklich in § 86 S. 1 BGB auf die Stiftung erstreckt, von einer Erstreckung auf andere Gesellschaftsformen hingegen abgesehen.325 Auch eine Anwendung des Maßstabs von § 708 BGB ipso iure kommt – auch bei einer personalistischen – GmbH nicht in Betracht.326 Der Aufsichtsrat nimmt, anders als die Gesellschafter, stets fremde Interessen wahr.327 Da, wie bereits festgestellt, keine Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder besteht, kommt auch aus diesem Grund und damit aufgrund der Ausführung bindender Weisungen, kein Haftungsausschluss in Betracht.328 Sofern allerdings ein Schaden auf der Befolgung einer haftungsausschließenden Weisung der Gesellschafterversammlung durch die Geschäftsführer beruht, kommt trotz des fehlenden Verweises auf die Haftungsbefreiung in § 93 Abs. 4 S. 1 AktG durch § 52 Abs. 1 GmbHG erst recht keine Haftung der Aufsichtsratsmitglieder einer GmbH in Betracht.329 2. Zur Möglichkeit eines vollständigen gesellschaftsvertraglichen Haftungsausschlusses Im Folgenden ist der Frage nachzugehen, ob gesellschaftsvertraglich die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen werden kann. Die obligatorische Haftung der Mitglieder eines jeden kapitalgesellschaftlichen Organs für Pflichtverstöße könnte aus einem zwingenden Zusammenhang von Herrschaft und Haftung folgen. Ein solcher Grundsatz, mag er auch auf den ersten Blick einleuchtend sein, bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Gleichlauf und damit die persönlichen Verantwortlichkeit für die Folgen der Aufgabenwahrnehmung rechtspolitisch sinnvoll ist, gilt es damit zu klären, ob de lege lata für ein Zusatzorgan der GmbH eine solche Haftung indisponibel ist. Bereits die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung zeigt, dass das Prinzip der uneingeschränkten Haftung für Pflichtverletzungen im Gesellschaftsrecht nicht

324

So auch E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 187. So E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 187. Die h.M. spricht sich daher auch gegen eine analoge Anwendung auf den Geschäftsführer der GmbH aus: vgl. etwa Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 197, jeweils m.w.N.; unentschlossen: MünchKommGmbHG/Fleischer, § 43 Rn. 256b. 326 So auch Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 72; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 307; Scholz/Schneider, § 52 Rn. 523; MünchKommGmbHG/Fleischer, § 43 Rn. 256a. 327 Vgl. Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 307; Scholz/Schneider, § 52 Rn. 523. 328 So aber etwa Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2567. 329 Allg.M., vgl. etwa Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1230 m.w.N. 325

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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absolut verwirklicht ist.330 Allerdings ist zu bedenken, dass sich die Problematik der zwingenden Organhaftung, anders als die Frage der Außenhaftung, nicht über die Bildung angemessenen Garantiekapitals durch die Gesellschafter lösen lässt. Anders als bei einer Erfüllungshaftung gegenüber Außenstehenden, soll es daher bei einer Schadensersatzpflicht auch einem allgemeinen Gerechtigkeitsprinzip entsprechen, dass Leitung und Verantwortung korrespondieren.331 Die zwingende organschaftliche Haftung könnte sich dabei aus der mit der Organstellung einhergehenden materiellen Einbindung des Organs in die Gesellschaftsorganisation ergeben. Diese erfordert nicht allein die zwingende Verpflichtung des Organs auf das Gesellschaftsinteresse. Auch ein angemessener Sanktionsmechanismus im Falle einer Zuwiderhandlung ist zur nötigen Eingliederung in die Gesellschaft erforderlich, wobei der persönlichen Schadensersatzpflicht der Organmitglieder hierbei besondere Bedeutung zukommen soll.332 Die persönliche Verantwortlichkeit stellt, neben der Möglichkeit der Abberufung, eines der wesentlichen Steuerungsinstrumente der Organtätigkeit dar.333 Vor dem Hintergrund der zu gewährleistenden Verbandsautonomie und damit der Rückbindung der Organe und ihrer Organwalter an die Gesellschaft, ist daher eine Haftung der Organmitglieder nicht vollständig abdingbar. Die Freiheit, ein sonstiges Organ zu erschaffen, bedeutet nicht zwingend die vollständige Ausgestaltungsfreiheit auch bezüglich der Haftung.334 Zwar ergibt ein Blick ins Recht der GmbH, dass nicht jedes Organmitglied zwingend der persönlichen Haftung unterliegt. So haften die Mitglieder der Gesellschafterversammlung nicht nach organschaftlichen Grundsätzen,335 obwohl der Gesellschafterversammlung, als sog. „oberstes Organ“ der Gesellschaft, umfassende Kompetenzen, selbst Weisungsrechte gegenüber den Geschäftsführen zustehen. Dennoch korrespondiert mit dem Prüfungsrecht der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 6 GmbHG keine Prüfungspflicht,336 und dem entsprechend keine Haftung bei unterlassener Kontrolle. Der Grund dieser fehlenden Haftung liegt aber in der zwingenden Personenidentität zwischen den Mitgliedern der Gesellschafterversammlung und den Gesellschaftern. Diese tragen zwingend das wirtschaftliche Risiko. Eine darüber hinausgehende, besondere Disziplinierung ist daher nicht zwingend von Nöten, anders als bei sonstigen Organen, die auch mit Fremdorgan330

Vgl. Weber, Außeneinfluss, S. 183; Hey, Freie Gestaltung in Gesellschaftsverträgen, S. 103; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 10 III 2 a) aa) (S. 544 f.). 331 So Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 10 III 2 a) aa) (S. 545 f.). 332 So Schürnbrand, Organschaft, S. 159. Sofern man allerdings von einem rein formellen Organbegriff ausgeht, ist dies zu verneinen, so daher auch Weber, Außeneinfluss, S. 163. 333 Vgl. Wiedemann, FS Schilling, 1973, S. 105, 120. 334 Vgl. auch Weber, Außeneinfluss, S. 166 Fn. 57 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 14. 04. 1975 – ZR II 147/73. 335 Ausnahmsweise kommt aber eine (Innen-)Haftung etwa nach § 826 BGB bei Vorliegen eines sog. existenzvernichtenden Eingriffs in Betracht. 336 Vgl. etwa BGH NZG 2003, 528; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 89; Lutter/ Hommelhoff/Bayer, § 46 Rn. 30.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

waltern besetzt werden können und damit gerade nicht das wirtschaftliche Risiko der Gesellschaft tragen. Aus der fehlenden Haftung der Gesellschafter im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Gesellschafterversammlung können daher keine Rückschlüsse auf die Haftung von Mitgliedern sonstiger Organe gezogen werden. Unabhängig von einem möglichen Gleichlauf der Kompetenzen, besteht kein Gleichlauf mit der Haftung der Gesellschafter. Da die zwingende Geltung des Grundsatzes der Selbstorganschaft in der Gesellschafterversammlung entscheidend für den Ausschluss der persönlichen Haftung deren Mitglieder ist, ist eine Organhaftung allein dann nicht geboten, wenn zwingend nur Gesellschafter Adressaten der Haftung wären. Dies entspricht auch der Stellung der Gesellschafterversammlung als einziges „autonomes Organ“337. Dies ist bei einem Aufsichtsrat, welcher kein Gesellschafterausschuss ist, gerade nicht gegeben. Daher kann auch der Argumentation, die Haftung richte sich nach der Art der übertragenen Aufgabe,338 nicht gefolgt werden. Diese Sichtweise geht – für den Beirat – davon aus, dass durch die Funktionsübertragung auch die rechtlichen Bindungen des Organs übertragen würden.339 Dies ist bereits deshalb nicht auf einen Aufsichtsrat übertragbar, da ein solcher zwar Aufgaben wahrnimmt, die im Regelfall ebenfalls nach § 46 GmbHG der Gesellschafterversammlung zustehen. Jedoch sind dies im Fall des Aufsichtsrats keine von der Gesellschafterversammlung abgeleiteten Aufgaben, sondern originär durch den Gesellschaftsvertrag begründete Kompetenzen. Damit wäre eine solche Einschränkung der Haftung bereits nur auf einen reinen Gesellschafterausschluss anzuwenden und nicht auf einen Aufsichtsrat. Jedenfalls scheint auch diese Ansicht nicht so weit gehen zu wollen, eine Haftung des Aufsichtsrats allein aufgrund der auch der Gesellschafterversammlung zustehenden Überwachungskompetenz auszuschließen. So soll, wenn ein Beirat Kontrollfunktionen wahrnehme, eine Haftung entsprechend § 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 116, 93 AktG in Betracht kommen.340 Der Haftungsausschluss der Mitglieder der Gesellschafterversammlung bedeutet zudem gerade nicht, dass Gesellschafter keiner organschaftlichen Haftung unterliegen könnten. Die Privilegierung betrifft allein deren Stellung als Mitglieder der Gesellschafterversammlung. Sofern Gesellschafter in den Aufsichtsrat berufen sind, unterliegen diese der organschaftlichen Haftung, wie auch der Vergleich mit der Rechtslage in anderen Kapitalgesellschaften zeigt. Es findet keine Unterscheidung nach Drittorganwaltern und solchen, die gleichzeitig Gesellschafter sind, statt. Eine 337

So die Begrifflichkeit bei Flume, Bd. I/2, § 7 I 1 (S. 189). So aber Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 48; Mertens, FS Stimpel, 1985, S. 417, 419; jeweils zum Beirat. 339 Hölters, BB 1977, 105, 107 und 110; ders., Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 48; dagegen Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 188: Nur die Gesellschafter könnten sich auf ihre Unwissenheit oder ihr mangelndes Interesse berufen, bestellten Organmitglieder sei dies hingegen verwehrt. 340 So Hölters, BB 1977, 105, 110. 338

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solche Differenzierung nimmt allerdings van Venrooy341 vor, der nach der Art der Kompetenzzuweisung differenziert. Im Fall konkurrierender Kompetenzen von Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat sei aufgrund der fehlenden Haftung der Gesellschafter als Mitglieder der Gesellschafterversammlung, um Wertungswidersprüche zu vermeiden und einen Gleichlauf der Haftung herzustellen, auch eine Haftung der Mitglieder eines Aufsichtsrats zwingend ausgeschlossen. Die Aufsichtsratsmitglieder seien in diesem Fall nur „Gehilfen“ der Gesellschafterversammlung. Der Verweis auf §§ 93, 116 AktG im Rahmen des § 52 Abs. 1 GmbHG stelle in diesem Fall lediglich klar, dass auch nach anderen Vorschriften eine Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nicht begründet werden könne.342 Aber auch bei einer ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats sollen nach dieser Ansicht zum einen Aufsichtsratsmitglieder, die zugleich Gesellschafter sind, keiner Haftung unterliegen. Zudem sollen diese Gesellschafter die „haftungsausschließende Zuständigkeitshäufung“ in den Aufsichtsrat „mitbringen“, sodass sämtliche Mitglieder des Aufsichtsrats von der Haftung befreit würden, und damit in der Folge die Mitgliedschaft eines Gesellschafters im Aufsichtsrat die Haftung aller weiteren Aufsichtsratsmitglieder ausschließe.343 Sofern allerdings keine dieser Möglichkeiten erfüllt sei, somit bei einem allein mit Fremdorganwaltern besetzten Aufsichtsrat mit ausschließlichen Zuständigkeiten, sei der Verweis auf §§ 116, 93 AktG zwingend, also keinerlei Modifikation zugänglich.344 Für diese Differenzierung van Venrooys findet sich aber zum einen im Gesetz keine Grundlage.345 Zum anderen zeigt bereits der Vergleich mit der Stellung von Gesellschaftergeschäftsführern, dass allein die parallele Mitgliedschaft in der Gesellschafterversammlung nicht zu einem Haftungsausschluss auch hinsichtlich der Tätigkeit in einem anderen Organ führt. Die gegenteilige Ansicht degradiert die Stellung des Aufsichtsrats, je nach Verteilung der Zuständigkeiten, zu der eines Gehilfen der Gesellschafterversammlung. Auch die herrschende Meinung geht nicht von einer vollständigen Abdingbarkeit des Verweises in § 52 Abs. 1 GmbHG auf §§ 116, 93 AktG aus. Manche erklären dies ausdrücklich.346 Vielfach findet sich ein Hinweis hierauf im Rahmen der Frage der Reduzierung des Haftungsmaßstabs, welcher zumindest für Vorsatz nicht ausge-

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van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 452 ff. van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 456. 343 van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 457. 344 van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 458 f. 345 So auch Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 33. 346 E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 154: „rechtliche Bedenken“; Bormann, GmbHR 2009, 657, 663: „erhebliche Bedenken“; Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 44; Halitzki, Fakultativer Aufsichtsrat, 1932, S. 80; Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 42; Henssler/Strohn, § 52 GmbHG Rn. 20a: Unzulässigkeit einer ex ante „Freistellung“. Eine solche Freistellung durch die Gesellschaft selbst läuft aber auf einen ex ante Haftungsverzicht hinaus (vgl. dazu Habersack, FS Ulmer, 2003, S. 151, 156) und damit eine vollständige Abbedingung des Verweise. 342

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

schlossen werden könne.347 Es finden sich aber auch Stimmen, die sich für eine vollständige Disposivität aussprechen und damit von der Zulässigkeit eines Ausschluss der Haftung der Aufsichtsratsmitglieder ausgehen.348 Für eine solche vollständige Abdingbarkeit wird angeführt, dass es die Gesellschafter in der Hand hätten, überhaupt keinen Aufsichtsrat einzurichten. Die Gläubiger hätten es daher erst recht zu akzeptieren, wenn sie keinen (mittelbaren) neuen Schuldner erhalten sollen.349 Der Schluss von der freien Entscheidung der Gesellschafter, einen Aufsichtsrat einzurichten, auf deren vollständige Dispositionsbefugnis betreffend die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder ist jedoch nicht möglich.350 Dem kann, wie bereits gezeigt, in dieser Absolutheit insbesondere aus Gründen der erforderlichen Rückbindung der Aufsichtsratsmitglieder an das Gesellschaftsinteresse und damit der Verbandsautonomie nicht gefolgt werden. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit in Hinblick auf die Haftung der Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats richten sich zudem (auch) nach den berechtigten Erwartungen der Gesellschaftsgläubiger. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat bisher lediglich zur Haftung der Beiratsmitglieder einer Publikums-KG Stellung bezogen. Die hierzu ergangenen Urteile bezogen sich auf den Umfang der Haftung bzw. die Verjährung. Dies soll sich nach den §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 116, 93 AktG, 43 GmbHG, 34, 41 GenG richten.351 Die Literatur versteht dies überwiegend als organschaftliche Haftung. So geht die herrschende Meinung davon aus, dass auch die Mitglieder eines sonstigen Zusatzorgans zwingend einer organschaftlichen Haftung unterlägen, welche sich aus einer Gesamtanalogie zu den Haftungstatbeständen der GmbHG, Aktiengesellschaft und Genossenschaft gem. §§ 43, 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 93, 116 AktG, §§ 34, 41 GenG 347 So Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 307; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 32; Ulmer/ Heermann, § 52 Rn. 130; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 621; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1230; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 524; Grossfeld/Brondics, AG 1987, 293, 305. 348 Für eine vollständige Disposivität: Bork/Schäfer/Rieble, § 52 Rn. 120; so wohl auch Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1977; für den Beirat: Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 423 (anders aber für den Aufsichtsrat in Rn. 307); Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 83; jeweils einschränkend, sofern nicht die Einlagenrückgewähr betroffen sei. Weiter wird (vgl. etwa Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 154) für diese Ansicht verwiesen auf: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 74: „satzungsdispositiver Schadensersatzanspruch“, konkretisierend aber Rn. 72, wonach die Satzung den Haftungsmaßstab nicht unter „grobe Fahrlässigkeit“ herabsetzen dürfe. Für die Ansicht wird ebenso Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 527 herangezogen, der anführt, dass eine „Haftungsfreistellung“ möglich sei, dieser geht aber ebenfalls in Rn. 524 davon aus, dass eine Haftung bei Vorsatz zwingend sei. 349 Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1977. 350 Vgl. bereits BGHZ 64, 238, 244 f. = NJW 1975, 1318, 1320 (zum Beirat einer Publikumspersonengesellschaft): „Daß ein solcher Gleichlauf von gesetzesfreier Einrichtung eines Gesellschaftsorgans und freier Abdingbarkeit der Organhaftung nicht besteht, zeigt indes schon die Regelung des GmbH-Rechts. Obwohl die Einrichtung eines GmbH-Aufsichtsrats grundsätzlich fakultativ ist und seine Einzelausgestaltung weitgehend der Disposition der Gesellschafter unterliegt, ist für die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder eine zwingende fünfjährige Verjährungsfrist vorgesehen (§ 52 Abs. 3 GmbHG).“ 351 BGH NJW 1975, 1318, 1320; BGH NJW 1983, 1675, 1676.

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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ergebe.352 Damit findet keine Orientierung allein an der Kontrollaufgabe als Anwendungsvoraussetzung für eine Organhaftung statt. In der Folge kann es sich bei der zwingenden Haftung der Aufsichtsratsmitglieder damit auch nicht um eine bloße Anwendungsvoraussetzung für die Einordnung des Organs als Aufsichtsrat handeln, sondern um eine Begrenzung der Dispositionsfreiheit. Eine abweichende Ausgestaltung ist grundsätzlich unzulässig. Nur auf diese Weise wird die erforderliche Rückbindung an das Gesellschaftsinteresse sichergestellt. Andere wollen das Verbot eines vollständigen Haftungsausschlusses allein aus der Überwachungstätigkeit und damit der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kontrollorgans herleiten.353 Dabei kann zwar zu Recht mit der berechtigten Erwartung des Rechtsverkehrs argumentiert werden.354 Diese soll sich auch auf die Organhaftung, als eine der „Säulen des Gläubigerschutzes“ in der GmbH, erstrecken; anderenfalls werde die erforderliche Verhaltenssteuerung durch das Fehlen der drohenden Haftung vollkommen beseitigt.355 Auch aus der Regelung zur Verjährung von Ersatzansprüchen in § 52 Abs. 4 GmbHG, welche im Gegensatz zu § 52 Abs. 1 GmbHG nicht explizit die Abdingbarkeit erwähnt, kann auf eine zwingende Geltung der Haftung geschlossen werden; zumal sich auch bei einer Anwendung des § 93 Abs. 6 AktG über § 52 Abs. 1 GmbHG eine Verjährungsfrist von 5 Jahren ergeben hätte. Eine solche Begründung der zwingenden Haftung allein aufgrund der Aufsichtsratseigenschaft würde aber andererseits dazu führen, dass die Haftung allein als Anwendungsvoraussetzung für einen fakultativen Aufsichtsrat nachgewiesen, also eine gegenteilige Gestaltung bei sonstigen Zusatzorganen möglich wäre. Damit würde eine Abbedingung der Haftung im Gesellschaftsvertrag allein über die Anwendbarkeit des § 52 Abs. 1 GmbHG entscheidend, und wäre damit grundsätzlich zulässig. Dies würde aber nicht die erforderliche Rückbindung des Organs an das Gesellschaftsinteresse sicherstellen. Zusammenfassend ist damit zu sagen, dass die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. Die zwingende Haftung ist dabei keine bloße Anwendungsvoraussetzung des § 52 GmbHG. Ein vollständiger 352 Vgl. statt aller Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 369; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 762; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 140; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 188 ff.; ohne Bezugnahme auf die Vorschriften des GenG: MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 49 Rn. 2; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 123; Verhoeven, BB 1978, 335. Anders aber Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 422; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 83; die davon ausgehen, dass der Schadensersatzanspruch disponibel sei, solange er nicht die Einlagenrückgewähr beträfe. Die Gegenansicht zieht als Haftungsgrundlage allein den Anstellungsvertrag heran: Uwe H. Schneider, DB 1973, 953, 956 f. bzw. eine Differenzierung nach den übertragenen Funktionen: Hölters, BB 1977, 105, 107 und 110; ders., Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 48; Mertens, FS Stimpel, 1985, S. 417, 419. 353 So Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 44; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186. 354 So E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186. 355 E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Haftungsausschluss ist auch bei einem sonstigen Zusatzorgan unzulässig, eine gegenteilige Bestimmung des Gesellschaftsvertrags nichtig. 3. Vertragliche Haftungsmilderungen Die Unzulässigkeit eines vollständigen Haftungsausschlusses besagt noch nichts über die Möglichkeit, die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder in der GmbH abweichend von dem Verweis auf §§ 116, 93 Abs. 1 und 2, S. 1 und 2 AktG zu gestalten. Zwar wird teilweise von einer zwingenden Geltung des Verweises und damit keinerlei Möglichkeit einer Modifikation ausgegangen.356 Wie sich allerdings zeigen wird, ist eine abweichende Ausgestaltung der Haftung innerhalb gewisser Grenzen möglich. a) Begrenzung des Sorgfaltsmaßstabs Zunächst ist an die Herabsetzung des anzuwendenden Sorgfaltsmaßstabs zu denken. Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft haben nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Dies bedeutet bei (doppelt) entsprechender Anwendung nach § 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 116, 93 AktG für die Aufsichtsratsmitglieder im fakultativen Aufsichtsrat der GmbH, dass diese die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Überwachers und Prüfers einzuhalten haben.357 Der Sorgfaltsmaßstab der §§ 116, 93 Abs. 1 AktG lässt sich dabei nicht anhand eines abstrakten Anforderungsprofils bestimmen, sondern hängt vom konkreten Unternehmen und dessen Situation ab.358 Der Bundesgerichthof hat den Sorgfaltsmaßstab für Aufsichtsratsmitglieder in seinem Hertie-Urteil konkretisiert: Diese müssen alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge ohne fremde Hilfe verstehen und anwenden können.359 Besondere berufliche Qualifikationen erhöhen die Sorgfaltsanforderungen.360 Für den fakultativen Aufsichtsrat soll grundsätzlich von diesem Sorgfaltsmaßstab abgewichen werden dürfen. Der Grad der Abweichungsbefugnis ist allerdings umstritten. So geht ein Teil der Literatur davon aus, dass der Sorgfaltsmaßstab bis zur 356

So Bätge, GS Hübner, 2012, S. 463, 482 (ohne Begründung); van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 458 f., für Aufsichtsräte mit ausschließlichen Zuständigkeiten. So auch bereits Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 498, der dies mit einem rechtspolizeilichem Charakter der Vorschrift begründet. 357 H.M., vgl. statt vieler Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 305; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 72; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 516; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 183. 358 Vgl. E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 183. 359 Vgl. BGHZ 85, 293, 295 = BGH NJW 1983, 991. 360 Vgl. BGH NZG 2011, 1271, 1274 (Ision).

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Grenze des vorsätzlichen Handelns herabgesetzt werden könne.361 Andere gehen von einer zwingenden Haftung zumindest für grobe Fahrlässigkeit aus.362 Die Grenze des vorsätzlichen Handelns ergibt sich dabei aus § 276 Abs. 3 BGB. § 276 Abs. 3 BGB liegt der Gedanke zugrunde, dass es „für die Rechtsordnung nicht erträglich wäre, wenn sich ein Gläubiger von vornherein der Willkür des Schuldners ausliefern würde.“363 Die Norm ist dabei allgemeingültige Schranke eines Haftungsausschlusses für vorsätzliches Handeln.364 Für die engere Grenze der grob fahrlässigen Sorgfaltspflichtverletzungen wird die Sicherung der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats angeführt.365 Andere sprechen sich bei Aufsichtsräten mit ausschließlichen Kompetenzen gegen jede Herabsetzung des Sorgfaltsmaßstabs aus; den Gesellschaftern sei es nicht erlaubt, sich selbst an einer Überwachung der Gesellschaft zu hindern, ohne einen entsprechenden Ersatz durch einen funktionsfähigen Aufsichtsrat einzurichten, auch wenn sie selbst zu einer sorgfältigen Überwachung nicht verpflichtet seien.366 aa) Vergleich mit der Abdingbarkeit des Sorgfaltsmaßstabs im Rahmen der Geschäftsführerhaftung Die Zulässigkeit vertraglicher Haftungserleichterungen hat unter Beachtung der GmbH-rechtlichen Besonderheiten zu erfolgen. Aufschluss über die Grenzen der Abdingbarkeit des Sorgfaltsmaßstabs könnte der Vergleich mit der Möglichkeit von Haftungserleichterungen für die Geschäftsführer und damit die Grenzen der Abdingbarkeit des § 43 GmbHG ergeben. Hinsichtlich des Disposivität des von Geschäftsführern zu beachtenden Sorgfaltsmaßstabs und damit auch der Möglichkeit der Haftungsmilderung und des Haftungsausschlusses ist vieles streitig. Das GmbHG regelt in §§ 43 Abs. 3, 9b 361 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1230; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 524; Grossfeld/ Brondics, AG 1987, 293, 305; Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 260 (Herabsetzung innerhalb der Grenzen des § 276 BGB); O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 96; so auch bereits Baumbach/Hueck, 5. Aufl. 1951, § 52 S.193; Halitzki, Fakultativer Aufsichtsrat, 1932, S. 80. 362 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 130; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 72; Lutter/ Hommelhoff, § 52 Rn. 32; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 621; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 307; Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 195 (allerdings für eine „Haftungsfreistellung“ durch den Gesellschaftsvertrag im Voraus); Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 42; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186; für den Beirat: Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 51. 363 Vgl. Staudinger/Caspers, BGB, § 276 Rn. 119. 364 Vgl. E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186; R. Werner, GmbHR 2014, 792, 796. 365 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 307; Vogelsang, Der Aufsichtsrat der G.m.b.H, 1929, S. 42. 366 van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 458 f. (sofern nicht bereits ein Haftungsausschluss vorliege, was dann der Fall sei, wenn eines der Aufsichtsratsmitglieder zugleich Gesellschafter ist); vgl. dazu bereits 5. Teil, F. I. 2.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

GmbHG nur die Möglichkeit der nachträglichen Haftungsbeschränkung durch Verzicht und Vergleich. Unstreitig können Ansprüche, auf die auch im Nachhinein nicht verzichtet werden kann, weder im Voraus ausgeschlossen noch der anzuwendende Sorgfaltsmaßstab reduziert werden. Diese damit zwingenden Geschäftsführerpflichten sind zum einen die bereits in § 43 Abs. 3 Satz 1 GmbHG genannten gläubigerschützenden Pflichten, daneben aber auch weitere dem Gläubigerschutz dienende Pflichten, wie etwa die §§ 9a, 43a, 57 Abs. 4, 64 S. 1 GmbHG367 sowie unter Umständen auch die §§ 41, 49 Abs. 3 GmbHG.368 Umstritten ist die Zulässigkeit einer Haftungsbeschränkung bei sonstigen Pflichtverletzungen der Geschäftsführer. Die herrschende Meinung geht hierbei von der Zulässigkeit einer vertraglichen Haftungsbeschränkung aus. Allerdings besteht wie auch beim Aufsichtsrat Uneinigkeit, ob lediglich eine Haftung wegen Vorsatz369 unabdingbar ist oder ob dies auch für die Haftung wegen grober Fahrlässigkeit370 gilt. Die Gegenansicht geht im Anschluss an die Gesetzesbegründung von 1891371 generell von der Unzulässigkeit einer vertraglichen Haftungsbeschränkung ex ante aus;372 teilweise wird einschränkend gefordert, dass dies nur für eine Ersatzpflicht 367

Vgl. etwa Ulmer/Paefgen, § 43 Rn. 10, 266; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek § 43 Rn. 61 ff.; Krieger/Schneider/Haas/Wigand, Handbuch Managerhaftung, § 16 Rn. 57; Scholz/ Uwe H. Schneider, § 43 Rn. 216 (alle gläubigerschützenden Pflichten); Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 10, 13 (alle gläubigerschützenden Pflichten); Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 43 Rn. 5; Drescher, Haftung des GmbH-Geschäftsführers, Rn. 402 (S. 83); Uwe H. Schneider, FS Werner, 1894, S. 795, 809; R. Werner, GmbHR 2014, 792, 795; Bayer, GmbHR 2014, 897, 903; Lohr, NZG 2000, 1204, 1208. 368 So Ulmer/Paefgen, § 43 Rn. 10, 266; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek § 43 Rn. 64; Krieger/Schneider/Haas/Wigand, Handbuch Managerhaftung, § 16 Rn. 57; Scholz/Uwe H. Schneider, § 43 Rn. 216; Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 10, 13. 369 Ulmer/Paefgen, § 43 Rn. 9; Scholz/Uwe H. Schneider, § 43 Rn. 216; MünchKommGmbHG/Fleischer, § 43 Rn. 312; Paefgen, AG 2014, 554, 570; R. Werner, GmbHR 2014, 792, 796. 370 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 43 Rn. 5, 46 („absoluter Mindeststandard“); Henssler/Strohn/Oetker, § 43 GmbHG Rn. 10 (für Pflichten die im Interesse der Gesellschaftsgläubiger oder der Allgemeinheit bestehen); MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 46 Rn. 4; Habersack, FS Ulmer, 2003, S. 151, 156; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 246; Lohr, NZG 2000, 1204, 1209; Konzen, NJW 1989, 2977, 2984. 371 Begr. zu § 44 (entspricht dem heutigen § 43 GmbHG), Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, Amtliche Ausgabe, 1891, S. 94: „Ein geringerer Maßstab darf an die Verantwortlichkeit derselben nicht gelegt werden, zumal es sich dabei nicht bloß um die Interessen der Gesellschafter, sondern auch um diejenigen der Gesellschaftsgläubiger handelt. Der Entwurf gestattet deshalb auch keine Abschwächung der gesetzlichen Diligenzpflicht durch den Gesellschaftsvertrag“. 372 Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 14; dies., in: Beck’scherOnlinekommentar, § 43 Rn. 299.8; Lutter, GmbHR 2000, 301, 311 („rechtlich bedenklich“); HdbManagerhaftung/ Haas/Wigand, § 16 Rn. 56 ff.; Haas, Geschäftsführerhaftung und Gläubigerschutz, S. 295 ff.; Heisse, Geschäftsführerhaftung, S. 110 ff.; Bastuck, Enthaftung des Managements, S. 90 ff.; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 42 Rn. 92 (S. 559); Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 76.

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gelte, die zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nötig sei.373 Als Argumente werden etwa die Stellung des Geschäftsführers als Treuhänder fremden Vermögens,374 sowie der einer Haftung allgemein zugrundeliegende Gläubigerschutz angeführt.375 Andere leiten die zwingende Geltung aus einem Vergleich mit der Rechtslage in der Aktiengesellschaft ab.376 Andere vertreten, dass infolge einer analogen Anwendung von § 93 Abs. 5 S. 2 und 3 AktG eine Haftungsbeschränkung ausscheide, wenn das Gesellschaftsvermögen zu Lasten unbefriedigter Gläubiger vernichtet werde, wobei allerdings einschränkend ein „gröblicher Sorgfaltsverstoß“ verlangt wird.377 Es findet sich auch der Hinweis auf die abweichende Qualität einer ex ante-Haftungsbefreiung im Verhältnis zum lediglich nachträglichen Verzicht, sodass nicht derselbe Maßstab anzulegen sei.378 Der Bundesgerichtshof ging zwar zunächst für die Frage der Verjährung davon aus, dass eine Verkürzung zulässig sei, aber vor dem Hintergrund des § 43 Abs. 3 GmbHG grundsätzlich nur, sofern der Schadensersatz nicht zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich sei.379 Im Jahr 2002 hat der Bundesgerichtshof dann, ausdrücklich unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, entschieden, „dass es, solange nicht der Anwendungsbereich des § 43 Abs. 3 GmbHG betroffen [sei], Sache der Gesellschafter [sei], nach § 46 Nr. 8 GmbHG darüber zu befinden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie Ansprüche der Gesellschaft gegen einen pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer verfolgen wollen“, und daher eine Verkürzung der Verjährungsfrist auch im Voraus zulässig sei.380 Der Gegenansicht ist zwar zuzugeben, dass eine präventive Haftungsfreistellung, anders als ein retrospektiver und damit zunächst ungewisser Verzicht auf Ersatzansprüche, vor dem Hintergrund der Disziplinierungsfunktion der Haftung eine andere Qualität aufweist. Entscheidend ist aber, ob aus Gründen des Gläubigerschutzes, entsprechend der Regelung des § 43 Abs. 3 GmbHG, auch für anfängliche Haftungsbeschränkungen die Unzulässigkeit jeder Form der Haftungsmilderung zu fordern ist. Zwar besteht die organschaftliche Innenhaftung, infolge der durch sie erzielbaren Zunahme der Haftungsmasse sowie der Möglichkeit der Pfändung und Überweisung der Ansprüche aus dem Innenverhältnis, mittelbar auch im Gläubigerinteresse. Im Gegensatz zur Rechtslage in der Aktiengesellschaft ist dieser (mittelbare) Schutz aber erheblich eingeschränkt. So bleibt es den GmbH-Gesell373

So BGH, GmbHR 2000, 187, 188; Hachenburg/Mertens, 8. Aufl. 1997, § 43 Rn. 95. Lutter, GmbHR 2000, 301, 311; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 76. 375 Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 14; HdbManagerhaftung/Haas/Wigand, § 16 Rn. 56 ff.; Haas, Geschäftsführerhaftung und Gläubigerschutz, S. 298. 376 Heisse, Geschäftsführerhaftung, S. 110 ff. 377 Roth/Altmeppen, § 43 Rn. 137 ff. 378 Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 16; HdbManagerhaftung/Haas/Wigand, § 16 Rn. 56 ff.; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 76. 379 BGH, GmbHR 2000, 187, 188. 380 BGH NJW 2002, 3777 f.; dem folgend: BGH GmbHR 2003, 712, 713. 374

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

schaftern grundsätzlich unbenommen, nach § 46 Nr. 8 GmbHG über die Geltendmachung der Ersatzansprüche nach freiem Ermessen zu entscheiden. Bereits aus diesem Grund dürfen die Gesellschaftsgläubiger nicht auf die Durchsetzung bestehender Ansprüchen gegen die Geschäftsführer vertrauen.381 Auf dieser Linie liegt dann auch § 43 Abs. 3 GmbHG, der lediglich gewisse Ansprüche der zwingenden Durchsetzung unterwirft. Der Gesetzgeber hat damit bereits eine eigene Gewichtung bezüglich zwingend durchzusetzender Ansprüche vorgenommen.382 Daher ist es zwar richtig, in entsprechender Anwendung der §§ 43 Abs. 3, 9b GmbHG, Ansprüche, auf die nicht verzichtet werden kann, auch von der Möglichkeit der anfänglichen Haftungsbefreiung auszunehmen. Weitergehende Begrenzungen sind durch den Gesetzestext aber gerade nicht indiziert. Auch die Weisungsbefugnis der Gesellschafterversammlung gegenüber den Geschäftsführern und die daraus grundsätzlich folgende fehlende Verantwortlichkeit für in Folge einer Weisung durchgeführte Ausführungshandlungen werden für eine Abdingbarkeit angeführt. Hieraus wird geschlossen, dass die Gesellschafter erst Recht in der Lage sein müssen, den Geschäftsführern zwar die Entscheidung selbst zu überlassen, diese aber dennoch insoweit von der Haftung zu befreien.383 Dies bedeutet aber nicht, dass eine Reduzierung des Sorgfaltsmaßstabs schrankenlos erfolgen kann, sodass es zu klären gilt, bis zu welcher Grenze eine Beschränkung des Sorgfaltsmaßstabs erfolgen kann und damit, ob bereits eine Haftung bei grober Fahrlässigkeit erforderlich ist oder ob allein der vorsätzliche Sorgfaltspflichtverstoß zwingend zur Haftung führen muss. Letztere Grenze ergibt sich auch für die Haftung der Geschäftsführer aus § 276 Abs. 3 BGB.384 Für die Zulässigkeit eines Haftungsausschlusses lediglich für einfache Fahrlässigkeit und damit eine zwingende Haftung für grobe Sorgfaltspflichtverstöße wird angeführt, etwas anderes sei „mit der umfassenden Verantwortung des Geschäftsführers unvereinbar“.385 Auch hier wird angeführt, dass aufgrund der weitreichenderen Wirkung einer generellen Freistellung im Vorfeld, die Zulässigkeit eines nachträglichen Verzichts auch hinsichtlich grob fahrlässiger Pflichtverstöße mit einer Haftungsreduzierung im Vorfeld nicht vergleichbar sei.386 Dem widerspricht die Gegenansicht mit dem Argument, dass, was für einen nachträglichen Verzicht gelte, auch für die anfängliche Haftungsmilderung entscheidend sein müsse.387 381

So im Erg. auch R. Werner, GmbHR 2014, 792, 795, der die Möglichkeit des jederzeitigen Verzichts anführt. 382 Vgl. Lohr, NZG 2000, 1204, 1209. Nach R. Werner, GmbHR 2014, 792, 795, fehle es daher an der erforderlichen Regelungslücke für eine analoge Anwendung. 383 Uwe H. Schneider, FS Werner, 1894, S. 795, 809. 384 Vgl. etwa Ulmer/Paefgen, § 43 Rn. 9 m.w.N. 385 Lohr, NZG 2000, 1204, 1209. 386 So Lohr, NZG 2000, 1204, 1209. 387 Ulmer/Paefgen, § 43 Rn. 10; Joussen, GmbHR 2005, 441, 447; a.A. Baumbach/Hueck/ Zöllner/Noack, § 43 Rn. 46.

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Aus dem GmbHG selbst lassen sich keine eindeutigen Anhaltspunkte für die Reichweite einer zulässigen Abmilderung des Sorgfaltsmaßstabs entnehmen, also sowohl hinsichtlich einer zwingenden Haftung für grobe Sorgfaltsverstöße als auch hinsichtlich einer lediglich zwingenden Vorsatzhaftung. Zwar gibt das Gesetz in §§ 43 Abs. 3, 9b Abs. 1 GmbHG sowie auch mit §§ 9a, 64 S. 4, 57 Abs. 4 GmbHG zu erkennen, in welchen Fällen keine Beschränkung zulässig sein soll, sodass in diesem Fällen im Interesse der Gläubiger keinerlei nachträglicher Haftungsausschluss und damit erst recht auch ex ante keine Milderung der Haftung in Betracht kommt. In allen anderen Fällen liegt dem Gesetz lediglich die Vorstellung zugrunde, dass die Interessen der Gesellschafter an einem nachträglichen Verzicht oder Vergleich, unabhängig vom Grad der Sorgfaltswidrigkeit, die der Gläubiger auf Befriedigung überwiegen. Dass dies aber auch im Fall eines Haftungsausschlusses im Voraus gelten soll, ist dem Gesetz gerade nicht zu entnehmen. Entscheidend ist daher auch hier die Disziplinierungsfunktion der drohenden Haftung. Ein Geschäftsführer, der weiß, dass er selbst bei grob fahrlässigem Handeln nicht für daraus resultierende Schäden einzustehen hat, wird nicht gebührend zur sorgfältigen Aufgabenwahrnehmung angehalten und damit von der Steuerungsfunktion der Haftung nicht ausreichend erreicht. Eine Begrenzung auf eine reine Vorsatzhaftung ist daher abzulehnen. Auch aus § 276 Abs. 3 BGB kann kein Umkehrschluss auf die Zulässigkeit einer Haftungserleichterung bis zur Grenze der Vorsatzhaftung gezogen werden. So wird zu Recht darauf hingewiesen, dass § 276 Abs. 3 BGB auf einen schuldrechtlichen Austauschvertrag zugeschnitten sei und daher nicht als Grenze für die gesellschaftliche Innenhaftung des Geschäftsführers passe.388 Bei Letzterer sind nach der Wertung des § 43 GmbHG auch die Interessen der Gläubiger mit zum Ausgleich zu bringen. Hinter § 43 GmbHG stehe die Vorstellung, dass dasjenige, was zum Wohle der Gesellschaft sei, auch dem Wohl der Gläubiger diene. Nur aus diesem Grund sei die Haftungskonzentration auf die Gesellschaft gerechtfertigt.389 § 276 Abs. 3 BGB betrifft allein die Frage, bis zu welcher Grenze der Einzelne auf den Schutz allein des eigenen Rechtskreises verzichten kann. Die im Rahmen des Gesellschaftsrechts grundsätzlich auch zu berücksichtigenden Verkehrsschutzerwägungen spielen im Rahmen des § 276 Abs. 3 BGB keine Rolle. bb) Anwendung auf den fakultativen Aufsichtsrat Wenn aber für die Geschäftsführer, unter Beachtung der sich aus § 43 Abs. 3 GmbHG sowie der §§ 9a, 43a, 49 Abs. 3, 57 Abs. 4, 64 S. 1 GmbHG ergebenden Grenzen, eine Begrenzung des Sorgfaltsmaßstabs allein bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit möglich ist, kann für die Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats nichts anderes gelten. Damit kann, sofern nicht die Überwachung einer auch für die 388 389

Vgl. Lutter/Krieger/Haas/Wigand, HdbManagerhaftung, § 16 Rn. 59. Lutter/Krieger/Haas/Wigand, HdbManagerhaftung, § 16 Rn. 59.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Geschäftsführer nicht einschränkbaren Pflicht betroffen ist, eine Haftung für einfache Sorgfaltspflichtverstöße ausgeschlossen werden. Dies bedeutet aber auch, dass insbesondere in Bezug auf die Überwachung der in § 43 Abs. 3 GmbHG genannten Vorschriften (§§ 30, 33 GmbHG) eine Milderung des Haftungsmaßstabs nicht in Betracht kommt. Dies muss aufgrund der Verweise auf § 43 Abs. 3 bzw. § 9b GmbHG ebenso für Verstöße gegen § 64 S. 1390 und 3 GmbHG sowie § 57 Abs. 4 GmbHG gelten. Zulässig ist aber auch eine Herabsetzung des Sorgfaltsmaßstabs auf die Anwendung lediglich der Sorgfalt, die in eigenen Angelegenheiten üblich ist (diligentia quam in suis rebus).391 Auch in diesem Fall bleiben entsprechend § 277 BGB grobe Sorgfaltspflichtverstöße unberührt. b) Beschränkung der Haftung durch Verkürzung der Verjährungsfristen Die Verjährung von Ansprüchen gegen Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats ergibt sich nicht über den Verweis des § 52 Abs. 1 GmbHG aus den aktienrechtlichen Regelungen, sondern ist explizit in § 52 Abs. 4 GmbHG geregelt. Danach verjähren Schadensersatzansprüche gegen Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten in fünf Jahren. Auch hier stellt sich die Frage, ob diese Regelung dispositiver Natur ist. Anders als im Rahmen des § 52 Abs. 1 GmbHG findet sich im Gesetzestext kein Hinweis auf eine lediglich subsidiäre Geltung und damit eine prinzipielle Abdingbarkeit. Gegen die Möglichkeit einer privatautonomen Verkürzung der Verjährungsfristen sprechen damit auf den ersten Blick der Wortlaut der Norm sowie der Vergleich mit der Regelung in § 52 Abs. 1 GmbHG.392 Für vorsätzliche Pflichtverletzungen folgt die Unzulässigkeit einer Verkürzung der Verjährung im Voraus bereits aus § 202 Abs. 1 BGB.393 Soweit es hingegen um die Verkürzung der Verjährung wegen fahrlässiger Pflichtverletzungen geht, geht die herrschende Meinung von der Möglichkeit der Verkürzung der Verjährungsfrist aus.394 Zwar hat der Bundesgerichtshof im Jahr 390

Hierzu ausführlich 5. Teil, F. II. 2. a). So auch Bormann, GmbHR 2009, 662, 663. Für den Geschäftsführer: R. Werner, GmbHR 2014, 792, 797; a.A. Heisse, Beschränkung der Geschäftsführerhaftung, S. 106. Zur Unanwendbarkeit dieses Haftungsmaßstabs bereits ipso iure vgl. bereits 5. Teil, F. I. 1. 392 Mit diesem Argument dann auch gegen eine Abdingbarkeit: Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 316. 393 Verlängert werden kann die Verjährungsfrist auch nur innerhalb der Grenzen des § 202 Abs. 2 BGB, vgl. Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1230 Fn. 3. 394 Für die Zulässigkeit von Verkürzung und Verlängerung: Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1230; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 153; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 44; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 527 (einschränkend: nur sofern es sich nicht um eine Publikumsgesellschaft handele); Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 78; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 710; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 35; Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 44 (allerdings nur soweit der Ersatzanspruch disponibel sei); Faber, Gesellschafts391

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1975 entschieden, dass die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder einer Publikumspersonengesellschaft im Gesellschaftsvertrag nicht unter fünf Jahre herabgesetzt werden könne und in diesem Zusammenhang ausdrücklich erwähnt, dass es sich bei § 52 Abs. 4 GmbHG um eine zwingende Vorschrift handele.395 Aufschluss über die auch für die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder relevanten, GmbH-rechtlichen Besonderheiten der Verjährung von organschaftlichen Schadensersatzansprüchen bringt jedoch der Vergleich mit der Verjährung von Ansprüchen gegen Geschäftsführer nach § 43 Abs. 4 GmbHG. § 43 GmbHG enthält ebenso wie § 52 GmbHG eine eigenständige Verjährungsregelung. Wie auch im Rahmen des § 52 Abs. 4 GmbHG verjähren die Ansprüche aus § 43 GmbHG in fünf Jahren, ohne dass auf die Disposivität im Gesetzestext explizit hingewiesen wird. Dennoch ist hier die Abdingbarkeit aufgrund der Satzungsautonomie im Grundsatz weitgehend anerkannt. Zwar hat der Bundesgerichtshof im Jahr 1999 entschieden, dass sich aus § 43 Abs. 3 GmbHG ergebe, dass eine Verkürzung der Verjährungsfrist nur zulässig sei, sofern der Schadenersatzanspruch nicht zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich sei.396 Anschließend hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung jedoch ausdrücklich geändert und außerhalb des Anwendungsbereichs des § 43 Abs. 3 GmbHG eine Verkürzung der Verjährungsfrist für zulässig erachtet.397 Auch nach der herrschenden Literaturmeinung soll die Verjährungsfrist für Geschäftsführer (innerhalb der Grenzen der § 43 Abs. 3 GmbHG und § 202 BGB) verkürzt werden können.398 Damit kann aber für die Verjährung der Ansprüche gegen die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats nichts anderes gelten.

rechtliche Bindungen für Aufsichtsratsmitglieder von kommunalen Eigengesellschaften, S. 237; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186 f. Für die zwingende Geltung aber: Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 316; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 219; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 13; Uwe H. Schneider, FS Werner, 1984, S. 795, 808. So schon zu § 52 Abs. 2 GmbHG a.F.: Baumbach/Hueck, 5. Aufl. 1951, § 52 S. 193; Bauer, Geschäftsführung und Aufsichtsrat, 1910, S. 533 (öffentlich-rechtliche Natur). 395 BGHZ 64, 238, 244 f. = NJW 1975, 1318, 1320. 396 BGH NJW 2000, 576 f.; dem folgend Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 524. 397 BGH NJW 2002, 3777 ff. 398 H.L., vgl. etwa Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 43 Rn. 60; Henssler/Strohn/Oetker, § 43 GmbHG Rn. 73; Ulmer/Paefgen, § 43 Rn. 295; R. Werner, GmbHR 2014, 792, 798; Bormann, GmbHR 2009, 662, 663; einschränkend: Roth/Altmeppen, § 43 Rn. 146 f. (nur für einfache Fahrlässigkeit); Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 69, 64 f. (keine Verkürzung bei Verletzung der §§ 43a, 49 Abs. 3, 41, 64 GmbHG); a.A. Michalski/Haas/Ziemons, § 43 Rn. 232a.

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c) Weitere Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung Als weitere Möglichkeit der Haftungsreduktion kommt die Beschränkung der Haftung auf eine bestimmte Haftungshöhe in Betracht.399 Auch hierbei ist zu beachten, dass die Disziplinierungsfunktion der Haftung nicht außer Kraft gesetzt wird. Daher wird vorgeschlagen, dass § 93 Abs. 2 S. 3 AktG und damit die Regelung zum zwingenden Selbstbehalt bei einer D&O-Versicherung, auf die § 52 Abs. 1 GmbHG allerdings nicht verweist, als Orientierung dienen könne.400 In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass bei der ebenfalls zulässigen Absicherung durch eine D&O-Versicherung die Vereinbarung eines Selbstbehalts damit für den fakultativen Aufsichtsrat nicht zwingend notwendig ist.401 Da aber auch im Fall einer vollumfänglichen Absicherung durch eine solche Versicherung die Gefahr besteht, dass die drohende Haftung die notwendige Disziplinierungsfunktion verliert, muss dies auf andere Weise sicher gestellt werden. Die Steuerungsfunktion der Haftung kann etwa durch andere haftungsrelevante Elemente, wie umfangreiche Haftungsausschlüsse oder niedrige Deckungssummen, sichergestellt werden.402 Neben den Möglichkeiten der anfänglichen Haftungsbeschränkung besteht auch die Möglichkeit einer nachträglichen Befreiung bzw. Beschränkung. Möglich sind dabei etwa ein Verzicht sowie ein Vergleich über die Ersatzansprüche. Zwar ist für die Aktiengesellschaft der Verzicht der Hauptversammlung auf Ersatzansprüche sowie der Vergleich über diese in §§ 116, 93 Abs. 4 S. 3 AktG beschränkt. Erst nach drei Jahren kann auf Ersatzansprüche verzichtet oder über diese ein Vergleich geschlossen werden, sofern die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen zehn Prozent des Grundkapitals erreichen, Widerspruch erhebt. § 93 Abs. 4 S. 3 AktG ist jedoch nicht vom Verweis des § 52 Abs. 1 GmbHG erfasst. Daher geht auch die ganz herrschende Meinung davon aus, dass ein Verzicht oder Vergleich ohne die Einhaltung der entsprechenden Voraussetzungen zulässig sei.403 Die Gesellschafterversammlung kann daher ohne Einhaltung einer Frist auf Haftungsansprüche verzichten. Allerdings sind die Besonderheiten des GmbH-Rechts und damit in entsprechender Anwendung die Beschränkungen des § 43 Abs. 3 GmbHG einzuhalten. Daher darf insbesondere § 30 GmbHG nicht berührt sein.404 Nichts anderes kann dann aber aufgrund der entsprechenden Verweise für Verstöße gegen §§ 33, 64 S. 1 und S. 3, 57 Abs. 4 GmbHG gelten. Da § 120 399

Vgl. etwa MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 621; Baumbach/Hueck/Zöllner/ Noack, § 52 Rn. 72; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186. 400 E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 186. 401 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 427; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 188. 402 Vgl. MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 427. 403 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1230; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 77; Lutter/ Hommelhoff, § 52 Rn. 32; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 152; Krämer/Winter, FS Goette, 2011, S. 253, 260; Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 195; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 187. 404 Vgl. Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1212; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 32; Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 77: die Freistellung treffe in gleichem Umfang ein, wie gegenüber den Geschäftsführern.

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Abs. 2 S. 1 AktG nicht vom Verweis des § 52 Abs. 1 GmbHG erfasst ist, kommt auch in der turnusmäßigen Entlastung, für welche die Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer Allzuständigkeit zuständig ist, ein Verzicht zum Ausdruck.405 Auch an eine Haftungsfreistellung ist zu denken. Bei einer solchen verpflichtet sich der Freistellungschuldner gegenüber dem Freistellungsgläubiger diesen von einer Verbindlichkeit zu befreien.406 Mithin steht dem Freistellungsgläubiger, im Gegensatz zur Haftungsbefreiung, lediglich ein Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit zu. Die Freistellung durch Dritte ist dabei unproblematisch zulässig.407 So steht etwa kommunalen Aufsichtsratsmitgliedern häufig ein Freistellungsanspruch gegenüber der öffentlichen Hand zu. Jedoch kommt in der Regel bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit ein Regress in Betracht. Es stellt sich die Frage, ob auch die Gesellschaft selbst als Freistellungsschuldner in Betracht kommt. Eine solche Freistellung durch die Gesellschaft selbst, als Anspruchsinhaberin, stellt jedoch im Ergebnis nichts anderes als einen antizipierten Verzicht auf den Anspruch dar. Damit sind in diesem Fall die zuvor behandelten Voraussetzungen einer anfänglichen Haftungsbefreiung einzuhalten.

II. Zu einer Ersatzpflicht führende Pflichtverstöße § 52 Abs. 1 GmbHG verweist für die Verantwortung der Aufsichtsratsmitglieder nicht pauschal auf die Regelungen zur Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft, sondern lediglich auf §§ 116 AktG, 93 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und S. 2 AktG. Damit gilt es zu beleuchten, in welchen Fällen eine Haftung der Aufsichtsratsmitglieder zwingend besteht und somit inwieweit die inhaltliche Ausgestaltung der Haftung abweichend von der Regelung in der Aktiengesellschaft vorgenommen werden kann. Hierbei ist insbesondere zu klären, welche zwingende Haftung sich aus dem Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG ergibt. 1. Der Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf §§ 116, 93 Abs. 2 S. 1 und 2 AktG § 52 Abs. 1 GmbHG verweist ausdrücklich auf die allgemeine Schadensersatzpflicht bei Pflichtverletzungen durch Aufsichtsratsmitglieder nach den §§ 116, 93 Abs. 2 S. 1 AktG sowie auf die Regelung zur Beweislastverteilung nach §§ 116, 93 Abs. 2 S. 2 AktG. Innerhalb der soeben dargestellten allgemeinen Grenzen ist die Haftung zur Erhaltung der präventiven Wirkung der drohenden Haftung aus Gründen 405

H.M., vgl. statt vieler Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 79; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 152; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1230; Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1212; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 187; MünchHdbGesRt/Wolff, Bd. III, § 37 Rn. 47. 406 Dazu Thomas, Die Haftungsfreistellung von Organmitgliedern, S. 8. 407 Vgl. etwa Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 529; Bormann, GmbHR 2009, 662, 663.

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der Verbandssouveränität nicht dispositiv. Auch ein Mitglied eines fakultativen Aufsichtsrats ist daher zwingend der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet, wenn es seine Pflichten verletzt, aus dieser Pflichtverletzung ein Schaden der Gesellschaft resultiert und hierbei schuldhaft gehandelt wurde. Es gilt die Beweislastverteilung des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG, sodass die Beweislast für das Verschulden, also die Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kontrolleurs sowie der Pflichtwidrigkeit bei den Aufsichtsratsmitgliedern liegt.408 2. Der fehlende Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf §§ 116, 93 Abs. 3 – 6 AktG Der Verweis in § 116 AktG erstreckt sich zwar grundsätzlich auch auf § 93 Abs. 3 – 6 AktG.409 Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind daher insbesondere in den von § 93 Abs. 3 AktG geregelten Fällen zum Ersatz verpflichtet. § 52 Abs. 1 GmbHG nimmt jedoch § 93 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 bis 6 AktG ausdrücklich von der Verweisungskette aus. Zunächst fällt auf, dass sich das Gesetz durch den Verweis ins Aktienrecht zwar formal allein an der Haftung des Vorstands der Aktiengesellschaft orientiert und nicht etwa – was nicht fernliegend gewesen wäre – an der Haftung der Geschäftsführer der GmbH. Ein Vergleich der von der Verweisung des § 52 Abs. 1 GmbHG erfassten aktienrechtlichen Normen mit der Haftung der Geschäftsführer nach § 43 GmbHG weist aber dennoch erhebliche Parallelen auf. Die von der Verweisung ausgenommenen Regelungen des § 93 Abs. 3 bis 6 AktG finden weitgehend ebenfalls keine Entsprechung in § 43 GmbHG. Dies gilt zunächst für die Regelung des angemessenen Selbstbehalts in § 93 Abs. 2 S. 3 AktG. Gleiches gilt für die Ausschlussgründe sowie die Regelung des Verzichts und Vergleichs in § 93 Abs. 4 AktG. Auch steht den Gläubigern der GmbH kein Direktanspruch entsprechend § 93 Abs. 5 AktG gegen die Geschäftsführer zu. Eine § 93 Abs. 6 AktG entsprechende Verjährungsregelung findet sich stattdessen in § 52 Abs. 4 GmbHG, eine ähnliche Regelung für die Geschäftsführerhaftung findet sich in § 43 Abs. 4 GmbHG. Es scheint daher so, als wollte der Gesetzgeber sich, trotz des Verweises auf das Aktienrecht, an der Rechtslage in der GmbH und damit der Haftung der Geschäftsführer orientieren. Eine solche Orientierung erscheint auch vor dem Hintergrund der bei einer Anwendung der §§ 116, 93 AktG auf die Mitglieder eines Aufsichtsrats in der GmbH zu beachtenden GmbH-rechtlichen Besonderheiten naheliegend.410 Trotz des Verweises in das Aktienrecht kann grundsätzlich nur eine sinngemäße Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften in Betracht kommen. 408 Zum Umfang der Beweislastverteilung: BGHZ 152, 280, 282 ff. m.w.N.; MünchKommAktG/Spindler, § 93 Rn. 180 ff. 409 BGH NZG 2009, 550, 551 Rn. 14 f. 410 Vgl. etwa Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 302, nach welchem der Verweis auf § 93 Abs. 3 bis 6 AktG bewusst unterlassen worden sei, um den Besonderheiten der GmbH Rechnung zu tragen.

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Einzig eine dem § 93 Abs. 3 AktG vergleichbare Regelung findet sich ebenfalls in § 43 Abs. 3 GmbHG. Daher wird zu klären sein, welche Folgen aus diesem fehlenden Verweis resultieren. Entscheidend für eine entsprechende Anwendung der Regelungen des § 93 Abs. 3 AktG auf den fakultativen Aufsichtsrat ist zunächst die Reichweite des Verweises in § 52 Abs. 1 GmbHG. Da ein Verweis auf § 93 Abs. 2 AktG erfolgt, ist für eine Haftung auch nach den Tatbeständen des § 93 Abs. 3 AktG deren Verhältnis zu § 93 Abs. 2 AktG ausschlaggebend und damit, welche unter Absatz 3 fallenden Pflichtverletzungen und Schäden bereits von der Generalklausel des Absatzes 2 erfasst sind. Handelte es sich bei § 93 Abs. 3 AktG um „Regelbeispiele“411 der Generalnorm des § 93 Abs. 2 AktG, so wäre der fehlende Verweis unschädlich. Sofern es sich allerdings um isolierte Haftungstatbestände oder qualifizierende bzw. modifizierende Merkmale412 handeln sollte, käme deren Anwendung bereits aufgrund der gesetzlichen Verweisungskette nicht in Betracht. In Fällen in denen durch die entsprechende Pflichtverletzung der Gesellschaft selbst ein Schaden entstanden ist, kommt bereits eine Haftung nach § 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 116, 93 Abs. 2 S. 1 AktG in Betracht.413 Dies ist auch dann der Fall, wenn die Pflichtverletzung zugleich ihr Pendant in § 93 Abs. 3 AktG findet. Der fehlende Verweis auf die Tatbestände des § 93 Abs. 3 AktG erscheint vor dem Hintergrund, dass sich diese zumindest nicht unmittelbar auf den Aufsichtsrat einer GmbH anwenden lassen, zunächst einleuchtend.414 Zum Teil sind sie nach dem jeweils zugrundeliegenden Gedanken auf den fakultativen Aufsichtsrat in der GmbH übertragbar, andere finden keine Entsprechung im Recht der GmbH. Vergleicht man die Tatbestände des § 93 Abs. 3 AktG mit ihren GmbH-rechtlichen Pendants in § 43 Abs. 3 GmbHG, so findet sich nur teilweise eine Übereinstimmung bzw. – insbesondere aufgrund der abweichenden Finanzverfassung – eine Vergleichbarkeit. Bei einer entsprechenden Anwendung auf die GmbH müssten insbesondere die Vorschriften der Kapitalerhaltung an die GmbH-rechtlichen Besonderheiten angepasst werden. Vor dem Hintergrund des abweichenden Kapitalschutzes in der GmbH, also dem Schutz nicht des gesamten Gesellschaftsvermögen, sondern nur des zum Erhalt des Stammkapitals erforderlichen Betrags, wären daher die § 93 Abs. 3 Nr. 1, 2, 5 AktG entsprechend zu modifizieren,415 ein Verstoß nur bei Rückgewähr der Stammeinlage möglich. So behandelt § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG Fälle der verbotenen Einlagenrückgewähr im Sinne der §§ 57, 230 AktG. § 93 Abs. 3 Nr. 2 AktG erfasst die Haftung für die Zahlung von Zinsen oder Gewinnanteile an die Aktionäre entgegen §§ 57 Abs. 2 411 So OLG Brandenburg, Urteil vom 17. 02. 2009 – 6 U 102/07, BeckRS 2009, 07174; Reichert/C. Goette, FS Wellensiek, 2011, S. 523, 529. 412 GroßkommAktG/Hopt/Roth, § 93 Rn. 326, 328, 339. 413 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1231. 414 Für eine fehlende Übertragbarkeit daher auch: Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 36; ders., ZIP 2010, 1973, 1974; K. Schmidt, GmbHR 2010, 1319, 1321; Reichert/C. Goette, FS Wellensiek, 2011, S. 523, 529. 415 So für den obligatorischen Aufsichtsrat: MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 686.

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und 3, 58 Abs. 4, 60, 233 AktG. § 93 Abs. 3 Nr. 5 AktG erfasst die Haftung wegen sonstiger Verteilung des Gesellschaftsvermögens. Im Recht der GmbH korrespondiert mit all diesen Regelungen die Zahlung aus dem zum Erhalt des Stammkapitals erforderlichen Vermögen nach § 30 GmbHG sowie die spezielle Regelung des § 58b GmbHG, nach welcher Beträge, die aus einer Auflösung der Kapital- oder Gewinnrücklagen und aus einer Kapitalherabsetzung gewonnen werden, nur verwandt werden dürfen, um Wertminderungen auszugleichen und sonstige Verluste zu decken. Bei Verstößen gegen § 30 GmbHG findet sich für die Haftung der Geschäftsführer eine eigenständige Anspruchsgrundlage in § 43 Abs. 3 Var. 1 GmbHG. Die Anwendung des § 93 Abs. 3 Nr. 1 GmbHG über § 52 Abs. 1 GmbHG liefe damit im Ergebnis, also bei Beachtung der GmbH-rechtlichen Besonderheiten, auf eine entsprechende Anwendung des § 43 Abs. 3 GmbHG hinaus.416 Zahlungen entgegen § 58b GmbHG werden zwar nicht in § 43 Abs. 3 GmbHG erwähnt, jedoch wird diese Norm aufgrund des ebenfalls primär gläubigerschützenden Charakters des Zahlungsverbots entsprechend angewandt.417 § 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG erfasst die Haftung anlässlich der Zeichnung, des Erwerbs, der Pfändung oder Einziehung eigener Aktien oder Aktien anderer Gesellschaften gem. §§ 56, 71 bis 71 e, 237 bis 239 AktG. Die Vorschrift korrespondiert mit § 43 Abs. 3 Var. 2 GmbHG, wonach gehaftet wird, wenn entgegen § 33 GmbHG eigene Anteile der Gesellschaft erworben werden. Die Haftung nach § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG erfasst Zahlungen entgegen 92 Abs. 2 AktG und findet somit ihr GmbH-rechtliches Pendant in § 64 GmbHG. § 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG und damit die Haftung wegen Zahlung von Aufsichtsratsvergütungen entgegen der §§ 113, 114 AktG, nach welcher auch die begünstigten Aufsichtsratsmitglieder haften,418 findet naturgemäß aufgrund der gesetzlich vorgesehenen zweigliedrigen GmbH-Verfassung kein Pendant in den Vorschriften des GmbHG, ist aber unproblematisch auf die GmbH übertragbar,419 zumal § 52 Abs. 1 GmbHG auch auf §§ 113, 114 AktG verweist. § 93 Abs. 3 Nr. 8 AktG erfasst die Haftung wegen verbotswidriger Kreditgewährung an Aufsichtsratsmitglieder (§ 115 AktG) und Vorstände (§ 89 AktG). Eine § 89 AktG entsprechende Regelung findet sich in § 43a GmbHG. § 43 Abs. 3 GmbHG ist bei Verstößen gegen § 43a GmbHG analog anwendbar.420 Hingegen verweist § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf § 115 AktG und damit nicht auf die Rege416

So Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 258 (für den obligatorischen Aufsichtsrat). Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Haas, § 58b Rn. 14; MünchKommGmbHG/J. Vetter, § 58b Rn. 38. 418 Vgl. etwa KölnerKommAktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 132. 419 So für den obligatorischen Aufsichtsrat: MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 686; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 258. 420 Vgl. etwa BGHZ 157, 72, 78; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 43a Rn. 7; Roth/ Altmeppen, § 43a Rn. 14; Michalski, § 43a Rn. 6; Habersack/Schürnbrand, WM 2005, 957, 859. 417

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lungen zur Kreditgewährung an Aufsichtsratsmitglieder. Eine Kreditgewährung an diese ist damit unproblematisch möglich.421 Auch die analoge Anwendung des § 115 AktG wird nicht für möglich gehalten.422 § 93 Abs. 3 Nr. 4, und damit die Haftung bei Ausgabe von (Namens-)Aktien vor vollständiger Leistung des Ausgabebetrags nach § 10 Abs. 2 AktG, und § 93 Abs. 3 Nr. 9 AktG, also die Haftung für im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgelegten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts ausgegebener Bezugsaktien, können mangels entsprechender Vorgaben im GmbHG keine Anwendung finden.423 Damit stellt sich die Frage, ob bei Pflichtverletzungen der Aufsichtsratsmitglieder in Zusammenhang mit Verstößen insbesondere gegen die §§ 30, 33, 64, 43a GmbHG, trotz des fehlenden Verweises in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 93 Abs. 3 AktG, eine Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrats besteht. a) Insbesondere zur Haftung der Aufsichtsratsmitglieder bei fehlender Überwachung verbotswidriger Zahlungen entgegen § 64 S. 1 GmbHG Das Eingreifen einer Haftung der Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats bei Überwachungspflichtverstößen im Zusammenhang mit verbotswidrigen Zahlungen der Geschäftsführer entgegen § 64 S. 1 GmbHG ist umstritten. Die entsprechende Ersatzpflicht der Aufsichtsratsmitglieder folgt im Aktienrecht aus den §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG. Sanktioniert werden pflichtwidrige Verletzungen der Überwachungsaufgabe in Bezug auf Zahlungen im Insolvenzstadium entgegen § 92 Abs. 2 AktG. Zweck der Haftung ist, Masseverkürzungen sowie die bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern.424 Geschützt werden damit in jedem Fall die Gläubiger, weshalb § 64 S. 1 GmbHG auch als insolvenzrechtliche Norm einzuordnen ist.425 Der fakultative Aufsichtsrat ist zur Überwachung des Zahlungsverbots nach § 64 GmbHG verpflichtet.426 Hierbei handelt es sich um eine unabdingbare Pflicht.427 421 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 65; Beck’scherOnlinekommentarGmbHG/C. Jaeger, § 52 Rn. 69. 422 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 65. 423 So für den obligatorischen Aufsichtsrat: MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 686; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 258. 424 BGH NZG 2015, 101, 102; NZG 2016, 550, 551; BGHZ 143, 184, 186 ff. = NJW 2000, 668; BGHZ 146, 264, 278; Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1208; Habersack/Schürnbrand, WM 2005, 957, 959. 425 Vgl. EuGH NZG 2016, 115, 116 (Kornhaas/Dithmar) sowie im Anschluss: BGH NZG 2016, 550, 551; zur entsprechenden Vorlagefrage an den EUGH vgl. BGH NZG 2015, 101, 102. 426 Vgl. Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1977 („Kardinalpflicht eines jeden Aufsichtsorgans“); Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1208. 427 Vgl. 5. Teil, A. I. 2.; a.A. Altmeppen, ZIP 2010. 1937, 1977.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Entscheidend für die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder ist, ob aus dieser Pflicht zwingend eine Verantwortlichkeit für Pflichtverletzungen resultiert. Wie bereits gezeigt, verweist § 52 Abs. 1 GmbHG lediglich auf § 93 Abs. 2 S. 1 AktG, nicht jedoch auf § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG. Damit bereits § 93 Abs. 2 S. 1 GmbHG eingreifen kann, welcher zwar nicht ausdrücklich einen Schaden gerade der Gesellschaft verlangt, sondern nur den Ersatz eines aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens gegenüber der Gesellschaft, jedoch allgemein als ein Schadensersatzanspruch wegen Schädigung gerade der Gesellschaft verstanden wird, müsste der Gesellschaft ein Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB entstanden sein. Sofern daher infolge einer Zahlung entgegen § 64 S. 1 GmbHG ein Vermögensschaden der Gesellschaft entstanden ist, welcher von der Gesellschaft im Wege eines Gesamtvermögensvergleiches nachzuweisen ist, kommt bereits eine Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nach § 52 Abs. 1 GmbHG, §§ 116, 93 Abs. 2 S. 1 AktG in Betracht. Sofern aber durch die Zahlung der Gesellschaft selbst unmittelbar kein Schaden entstanden ist, was regelmäßig der Fall ist, wenn durch die Zahlung eine Verbindlichkeit der Gesellschaft getilgt wurde und lediglich eine Bilanzverkürzung entsteht, und nur den Gläubigern der Gesellschaft durch Schmälerung der Insolvenzmasse ein Schaden entstanden ist,428 stellt sich die Frage, ob die Aufsichtsratsmitglieder dennoch, wie auch die Geschäftsführer, zum Ersatz verpflichtet sind. Aufgrund des fehlenden Verweises auf §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG ist für die Anwendbarkeit auf den fakultativen Aufsichtsrat in einem ersten Schritt das Verhältnis von § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG zu § 93 Abs. 2 S. 1 AktG zu beleuchten. Sofern es sich bei den Fällen des § 93 Abs. 3 AktG lediglich um die ausdrückliche Nennung bereits unter § 93 Abs. 2 S. 1 AktG fallender Schadensersatzansprüche handelt – etwa um eine Art Regelbeispiele429 – käme eine Anwendung auch ohne Verweis auf die jeweiligen Konkretisierungen in Betracht. Vor allem vor dem Hintergrund des Wortlauts des § 93 Abs. 3 AktG („namentlich“) ist hierbei umstritten, ob es sich bei dem Anspruch aus § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG um einen Schadensersatzanspruch430 oder um einen Ersatzanspruch sui generis431 handelt. Diese Problematik muss allerdings 428

Vgl. hierzu BGH NZG 2015, 101, 102 wonach § 64 S. 1 GmbHG den Schaden künftiger Insolvenzgläubiger erfasse; dem folgend EuGH NZG 2016, 115, 116 (Kornhaas/Dithmar); BGH NZG 2016, 550, 551. 429 So ausdrücklich OLG Brandenburg, Urteil vom 17. 02. 2009 – 6 U 102/07, BeckRS 2009, 07174; Reichert/C. Goette, FS Wellensiek, 2011, S. 523, 529. 430 Vgl. etwa RGZ 159, 211, 230 (zu § 241 Abs. 3 HGB 1897); OLG Hamburg, NZG 2010, 309, 310; OLG Stuttgart, NZG 2010, 141, 142; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 256; Hüffer/ Koch, AktG, § 93 Rn. 68; GroßkommAktG/Hopt/Roth, § 93 Rn. 327; MünchKommAktG/ Spindler, § 93 Rn. 222; KölnerKommAktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 125; Rowedder/SchmidtLeithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 44; K. Schmidt, ZHR 168 (2004), 637, 651; ders., GmbHR 2010, 1319, 1321; Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1975; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1231; Thiessen, ZGR 2011, 275, 287; Noack, FS Goette, 2011, S. 345, 348. Für die GmbH: Scholz/ K. Schmidt, § 64 Rn. 14 ff.; Baumert, FD-InsR 2010, 309586; Weller GWR 2010, 541, 542; Cahn, WuB II C. § 52 GmbHG 1.11. 431 BGH NJW 1974, 1088, 1089; BGHZ 146, 264, 278 f. = GmbHR 2001, 190, 194 (zu § 64 GmbHG); BGH NZG 2007, 462, 463 Rz. 7 (zu § 130a HGB); Strohn, NZG 2011, 1161,

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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nicht zum Gegenstand dieser Arbeit gemacht werden, denn auch für den Fall, dass von einem Schadensersatzanspruch auszugehen wäre, wobei der Regelungszweck etwa in einer „widerleglichen Schadensvermutung“432, der Liquidation eines „Drittschadens“433 oder der Regelung eines „normativen Schadens der Gesellschaft“434 gesehen wird, führt die fehlende Verweisung auf § 93 Abs. 3 AktG dazu, dass diese besonderen Einstufungen gerade nicht anwendbar sind. Denn auch bei einer Einordnung als Schadensersatzanspruch bestünde dieser nicht bereits aufgrund einer Anwendung des § 93 Abs. 2 AktG, sondern erst aufgrund der modifizierenden Voraussetzungen des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG; selbst wenn man davon ausgeht dass diese eine besondere Vermutung aufstellen, den Begriff des Schadens modifizieren oder einen Drittanspruch einbeziehen wollen. Dies gilt erst recht für die Einstufung als Ersatzanspruch eigener Art. § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG kommt in jedem Fall konstitutive Wirkung zu. aa) Das Doberlug-Urteil des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof hatte sich im Doberlug-Urteil435 mit der Ersatzpflicht der Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats einer GmbH nach §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG auseinanderzusetzen. Dem Urteil lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Stadtwerke Doberlug-Kirchhain-GmbH i. L. machte gegenüber den Mitgliedern des fakultativen Aufsichtsrats Ersatzansprüche geltend, mit der Begründung, sie hätten es pflichtwidrig und schuldhaft zugelassen, dass der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife Zahlungen im Sinne des § 64 GmbHG bewirkt habe. Die GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt DoberlugKirchhain war, war zuvor in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, nachdem sie von ihrer Alleingesellschafterin 35 Arbeitnehmer übernommen hatte und die im Gegenzug vereinbarten Zahlungen für Arbeiten von der Stadt und einem Zweckverband nur schleppend bzw. gar nicht erhielt. Der Aufsichtsrat hatte in seinen 1163 ff.; Habersack/Schürnbrand, WM 2005, 957, 959 ff.: „verschuldensabhängiger Folgenbeseitigungsanspruch“; ebenso: Habersack, JZ 2010, 1191 und Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1209; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz, S. 698 ff., mit einer einschränkenden Auslegung vor dem Hintergrund der Insolvenz- und Gläubigeranfechtung. 432 So für das Aktienrecht etwa: RGZ 159, 211, 230; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 258; MünchKommAktG/Spindler, § 93 Rn. 222; K. Schmidt, GmbHR 2010, 1319, 1321. Für die GmbH: Scholz/K. Schmidt, § 64 Rn. 16. 433 So etwa Noack, FS Goette, 2011, S. 345, 348. 434 So Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1231 (mit dem Argument, dass die Gesellschaft nach Eintritt der Insolvenzreife wirtschaftlich v. a. eine „Veranstaltung der Gläubiger“ sei); Thiessen, ZGR 2011, 275, 287 (typisierter Gläubigerschaden, der normativ als Gesellschaftsschaden behandelt wird); Baumert, FD-InsR 2010, 309586; Weller GWR 2010, 541, 542; Cahn, WuB II C. § 52 GmbHG 1.11. 435 BGH, Urteil vom 20. 09. 2010 – II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 = GmbHR 2010, 1200 = NJW 2011, 221.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Sitzungen diesen Sachverhalt mehrfach erörtert. Der Insolvenzverwalter behauptete, die GmbH sei schon vor Insolvenzantragstellung überschuldet und zahlungsunfähig gewesen und nahm die Aufsichtsratsmitglieder auf Ersatz für vom Geschäftsführer nach Insolvenzreife veranlasste Zahlungen an Dritte bzw. für solche Zahlungen, die auf ein debitorisches Konto der Gesellschaft flossen, in Anspruch. Die Satzung der Stadtwerke Doberlug-Kirchhain-GmbH hatte die Haftung nach § 93 AktG nicht ausgeschlossen. Zunächst hatte das Landgericht Cottbus eine Haftung verneint, mit der Begründung, durch die einschränkende Bezugnahme der Satzung auf nur wenige Vorschriften des Aktiengesetzes sei, obwohl die Satzung die Anwendung des § 93 AktG nicht ausgeschlossen hatte, eine analoge Anwendung des § 93 Abs. 3 AktG ausgeschlossen.436 Das Oberlandesgericht Brandenburg hat auf die Berufung gegen das Urteil des Landgerichtes eine Haftung des Aufsichtsrats gem. §§ 52 Abs. 1 GmbHG, 116, 93 Abs. 2 und 3 Nr. 6 AktG bejaht, mit dem Argument, bei den Regelungen des § 93 Abs. 3 AktG handele es sich um „Regelbeispiele“ des § 93 Abs. 2 AktG.437 Dabei hat es zwar einen Haftungsausschluss diskutiert, kam aber zu dem Schluss, dass sich weder aus der Satzung noch aus der Stellung als Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats oder dem Umstand einer nur geringen Vergütung ein Ausschluss der Haftung ergebe. Der Bundesgerichtshof438 hat schließlich eine Haftung der Aufsichtsratsmitglieder abgelehnt. Er hat hierzu zunächst ausführlich zur Rechtslage in der Aktiengesellschaft Stellung genommen und klargestellt, dass der Pflicht des Vorstands einer Aktiengesellschaft nach § 92 Abs. 2 S. 1 AktG, nach Eintritt der Insolvenzreife keine entsprechenden Zahlungen mehr zu leisten, zwar eine Beratungs- und Überwachungspflicht des Aufsichtsrats entspreche. Ein Aufsichtsrat, der erkenne, dass der Vorstand entgegen § 92 Abs. 2 S. 1 AktG Zahlungen vornehme, habe darauf hinzuwirken, dass dies unterlassen werde. Anhaltspunkte für solche Zahlungen bestünden bereits dann, wenn die Gesellschaft Arbeitnehmer beschäftige und das Unternehmen nach Insolvenzreife fortgeführt werde, da in einem solchen Fall naheliege, dass weiterhin die Löhne und die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gezahlt würden. Da Zahlungen entgegen § 92 Abs. 2 S. 1 AktG in der Regel der Erfüllung von Verbindlichkeiten dienten und daher nur eine Verkürzung der Bilanzsumme vorliege, fehle es aber in der Regel an einem Vermögensschaden der Gesellschaft im Sinne der §§ 249 ff. BGB. Durch die verringerte Insolvenzmasse würden lediglich die Insolvenzgläubiger geschädigt. In diesen Fällen ergebe sich der Anspruch daher nicht bereits aus §§ 116, 93 Abs. 2 AktG, welche einen Schaden der 436 LG Cottbus, Urteil vom 26. 06. 2007 – 4 O 344/05, BeckRS 2010, 23811, wonach nach § 10 des Gesellschaftsvertrages, welcher die Aufgaben des Aufsichtsrats regelte, nur auf die Überwachung nach § 90 Abs. 3, 4 und 5 Satz 1 und 2 und § 111 AktG nicht hingegen auf § 64 GmbHG oder § 93 AktG Bezug genommen worden sei. 437 OLG Brandenburg, Urteil vom 17. 2. 2009 – 6 U 102/07, BeckRS 2009, 07174; zustimmend: Gottschalk, GWR 2009, 34; Wilhelm, DB 2009, 944, 947. 438 BGHZ 187, 60 ff.

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Gesellschaft voraussetzen. Den Schaden der Insolvenzgläubiger stelle das Gesetz daher in § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG einem Schaden der Gesellschaft gleich, welcher daher ein Ersatzanspruch eigener Art und kein Schadensersatzanspruch sei. Ziel des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG sei es, die Gesamtheit der Gläubiger in der Krise vor masseschmälernden Handlungen zu schützen. Die entsprechende Ersatzpflicht erstrecke sich auch auf die Mitglieder des aktienrechtlichen Aufsichtsrats. Dies ergebe sich bereits aus dem Verweis in § 116 AktG auf den gesamten § 93 AktG; dass dies auch so intendiert sei, zeige bereits die Entstehungsgeschichte der Normen. Letztere zieht der Bundesgerichtshof in seinem Doberlug-Urteil ausführlich zur Begründung der Haftungserstreckung auf den Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft heran.439 Die Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft war zunächst ausführlich in Art. 225b ADHGB in der Fassung vom 11. 6. 1870440 sowie dessen Nachfolgeregelung in Art. 226 ADHGB in der Fassung vom 18. 7. 1884441 geregelt. 439

Hierzu BGHZ 187, 60, 65 Rn. 16 ff. Artikel 225 b. ADHGB (eingeführt durch: Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, BGBl. des Norddeutschen Bundes, 1870, Nr. 21, S. 375 ff., in Auszügen abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, S. 107, 120): „(1) Die Mitglieder des A u f s i c h t s r a t h e s sind persönlich und solidarisch zum Schadenersatz verpflichtet, wenn m i t i h r e m W i s s e n und ohne ihr Einschreiten: 1. Einlagen an die Aktionäre zurückgezahlt, oder, der Bestimmung des Artikels 215. Absatz 3. entgegen, eigene Aktien der Gesellschaft erworben oder amortisiert worden sind; 2. Zinsen oder Dividenden gezahlt sind, welche nach Maßgabe der Bestimmungen des Artikels 217. nicht gezahlt werden durften; 3. die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens oder eine theilweise Zurückzahlung oder eine Herabsetzung des Grundkapitals ohne Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen (Art. 245. und 248.) erfolgt ist.“ 441 Artikel 226 ADHGB (eingeführt durch: Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884, RGBl. 1884, S. 123 ff., abgedruckt bei: Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, S. 560, 595 f.): „(1) Die Mitglieder des A u f s i c h t s r a t h s haben bei Erfüllung der ihnen nach Artikel 225 zugewiesenen Obliegenheiten die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. (2) Dieselben sind der Gesellschaft neben den Mitgliedern des Vorstandes persönlich und solidarisch zum Ersatze verpflichtet, wenn m i t i h r e m W i s s e n und ohne ihr Einschreiten entgegen den gesetzlichen Bestimmungen: 1. Einlagen an die Aktionäre zurückgezahlt; 2. Zinsen oder Dividenden gezahlt; 3. eigene Aktien oder Interimsscheine der Gesellschaft erworben, zum Pfande genommen oder amortisiert worden; 4. Aktien vor der vollen Leistung des Nominalbetrages oder des in den Fällen der Artikel 209a Ziffer 2, 215a Absatz 2 festgesetzten Betrages, oder Aktien oder Interimsscheine im Falle einer stattgefundenen Erhöhung des Grundkapitals vor Eintragung derselben in das Handelsregister desjenigen Gerichts, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat, ausgegeben sind; 440

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Eine Haftung für Zahlungen, die nach Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung geleistet wurden, war allerdings nicht vorgesehen. Für die Haftung des Vorstands wurde in Art. 241 Abs. 3 ADHGB 1884442 wiederum auf Art. 226 ADHGB und damit die Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrats verwiesen. Art. 241 Abs. 1 ADHGB 1884 sah hingegen für den Vorstand eine Ersatzpflicht für Zahlungen vor, die nach Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gesellschaft geleistet wurden. Eine entsprechende Ersatzpflicht für die Mitglieder eines Aufsichtsrats wurde erstmals durch das Handelsgesetzbuch von 1897 eingeführt. § 249 HGB 1987443 verwies dabei für die Haftung des Aufsichtsrats auf die Haftung des Vorstands in § 241 HGB 1897444 und damit auch auf die Haftung für Zahlungen nach Konkursreife 5. die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens, eine theilweise Zurückzahlung oder eine Herabsetzung des Grundkapitals oder im Falle des Artikels 215 Absatz 4 die Vereinigung der Vermögen der beiden Gesellschaften erfolgt ist. (3) Der Ersatzanspruch kann, in den Fällen des zweiten Absatzes auch von den Gläubigern der Gesellschaft, soweit sie von dieser ihre Befriedigung nicht erlangen können, selbständig geltend gemacht werden. Die Ersatzpflicht wird ihnen gegenüber dadurch nicht aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschlusse der Generalversammlung beruht. (4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.“ 442 Art. 241 ADHGB (eingeführt durch: Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884, RGBl. 1884, S. 123 ff.; abgedruckt bei: Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, S. 560, 599 f.): „(1) […] (2) Die Mitglieder des Vo r s t a n d e s haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. (3) Mitglieder, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den dadurch entstandenen Schaden. Insbesondere sind sie in den Fällen des Artikels 226 Ziffer 1 bis 5, s o w i e i n d e m F a l l e e i n e r n a c h d e r Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t o d e r Überschuldung der Gesellschaft (Art. 240 Abs. 2) geleisteten Zahlung zum Ersatze verpflichtet. (4) In den vorbezeichneten Fällen kann der Ersatzanspruch auch von den Gläubigern der Gesellschaft, soweit sie von dieser ihre Befriedigung nicht erlangen können, selbständig geltend gemacht werden. Die Ersatzpflicht wird ihnen gegenüber dadurch nicht aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschlusse der Generalversammlung beruht. (5) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.“ 443 § 249 HGB 1897 (Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897, RGBl. 1987, S. 219, 276, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB 1897, Bd. I, S.717, 774): „(1) Die Mitglieder des A u f s i c h t s r a t h s haben bei der Erfüllung ihrer Obliegenheiten die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden, (2) Mitglieder die ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft mit den Vorstandsmitgliedern als Gesamtschuldner für den daraus entstandenen Schaden. (3) Insbesondere sind sie zum Ersatze verpflichtet, wenn m i t i h r e m W i s s e n und ohne ihr Einschreiten d i e i n § . 2 4 1 A b s . 3 b e z e i c h n e t e n H a n d l u n g e n v o r g e n o m m e n w e r d e n . Auf die Geltendmachung des Ersatzanspruchs finden die Vorschriften des §. 241 Abs. 4 Anwendung. (4) Die Ansprüche aufgrund der Vorschiften der Abs. 1 bis 3 verjähren in fünf Jahren.“ 444 § 241 HGB 1897 (Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897, RGBl. 1987, S. 219, 274, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB 1897, Bd. I, S.717, 772): „(1) Die Mitglieder des Vo r s t a n d e s haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden.

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gem. § 241 Abs. 3 Nr. 6 HGB 1987. In den Gesetzgebungsmaterialien findet sich der Hinweis, dass die Erweiterung der Haftung der Aufsichtsratsmitglieder auch auf Zahlungen nach Konkursreife und damit das Eingreifen der verschärften Ersatzpflicht in Fällen, in denen die Zahlung „mit Willen und ohne Einschreiten des Aufsichtsraths“ erfolgte, eingeführt wurde, da kein Grund bestehe, diesen Fall anders als die in Art. 226 Abs. 2 ADHGB genannten Fälle zu behandeln.445 Ein Vergleich des Wortlauts von § 249 Abs. 3 HGB 1897 und § 241 Abs. 3 HGB 1897 zeigt, dass die Haftung des Aufsichtsrats zunächst auf eine Vorsatzhaftung beschränkt war.446 Die Aufsichtsratsmitglieder hafteten nur, wenn der Vorstand „mit ihrem Wissen und ohne ihr Einschreiten“ die entsprechenden Zahlungen vorgenommen hatte, sodass zunächst kein vollständiger Gleichlauf der Haftungssysteme von Vorstand und Aufsichtsrat bestand.447 Man könnte daher auf den Gedanken kommen, dass das Fehlen eines besonderen Verweises auf die jeweiligen speziellen Haftungstatbestände der Vorstandshaftung in späteren Gesetzesfassungen des § 116 AktG dafür sprechen könnte, dass die Aufsichtsratsmitglieder in diesen Fällen gar nicht mehr haften sollten. Jedoch bezweckte die Aktienrechtsreform von 1937, durch welche für die Haftung des Aufsichtsrats – nunmehr geregelt in § 99 AktG 1937 – der ausdrückliche Verweis auf die speziellen (2) Mitglieder, die ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft als Gesamtschuldner für den daraus entstanden Schaden. (3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen den Vorschiften dieses Gesetzbuchs: 1. Einlagen an die Aktionäre zurückgezahlt, 2. den Aktionären Zinsen oder Gewinnantheile gezahlt, 3. eigene Aktien oder Interimsscheine der Gesellschaft erworben, zum Pfande genommen oder eingezogen, 4. Aktien vor der vollen Leistung des Nennbetrags oder, falls der Ausgabepreis höher ist, vor der vollen Leistung dieses Betrags ausgegeben werden, 5. die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens oder eine theilweise Zurückzahlung des Grundkapitals erfolgt, 6. Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten ist oder ihr Überschuldung sich ergeben hat. (4) In den Fällend des Abs. 3 kann der Ersatzanspruch auch von den Gläubigern der Gesellschaft, soweit sie von dieser Befriedigung nicht erlangen können, geltend gemacht werden. Die Ersatzpflicht wird ihnen gegenüber weder durch einen Verzicht der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschlusse der Gesellschafterversammlung beruht. (5) Die Ansprüche aufgrund dieser Vorschrift verjähren in fünf Jahren.“ 445 Begründung zu § 208 RJA-Entwurf I, S. 127, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/ Krampe, Entwurf HGB 1897, Bd. II/1, S. 127; Begründung zu § 244 Abs. 3 RT-Vorlage, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen HGB 1897, Bd. II/2, S. 1069. Hierzu auch Thiessen, ZGR 2011, 275, 278. Auf erstere Fundstelle verweist auch BGHZ 187, 60, 66, Rn. 19. 446 Vgl. Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1210. 447 Vgl. Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1210.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Ersatztatbestände der Vorstandshaftung gestrichen wurde, das gegenteilige Ergebnis. Zweck der Streichung des Verweises war, das die Haftung einschränkende Vorsatzerfordernis zu beseitigen und damit die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder zu intensivieren.448 Die damit vom Gesetzgeber eindeutig intendierte Haftung des aktienrechtlichen Aufsichtsrats nach §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG soll sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs aber nicht auf den fakultativen Aufsichtsrat in der GmbH erstrecken.449 Zwar nimmt auch der Bundesgerichtshof an, dass der fakultative Aufsichtsrat einer GmbH in gleicher Weise wie der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft verpflichtet sei, die Einhaltung des Zahlungsverbots des § 64 S. 1 GmbHG zu überwachen. Jedoch soll dieser Gleichlauf nicht für die Folgen eines Verstoßes gelten. § 52 Abs. 1 GmbHG verweise bewusst nicht auf § 93 Abs. 3 AktG. Die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats haften daher nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nur in den Fällen, in denen durch die Zahlung entgegen § 64 S. 1 GmbHG zugleich ein Schaden der Gesellschaft selbst eingetreten ist. Etwas anderes soll aber für den obligatorischen Aufsichtsrat der GmbH gelten, da in diesen Fällen auch auf § 93 Abs. 3 AktG verwiesen werde.450 Auch hierfür zieht der Bundesgerichtshof die Gesetzgebungsgeschichte heran. Es sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gewesen, dass § 53 GmbHG451 des ersten Entwurfs des GmbHG aus dem Jahr 1891 noch pauschal auf alle Normen des Aktienrechts verwiesen habe, der tatsächlich erlassene § 53 GmbHG452 demgegenüber nur auf Art. 226 Abs. 1 ADHGB 1884453 und damit nicht auf die besonderen Haftungstatbestände von dessen zweiten Absatz. Der Bundesgerichtshof zitiert hierzu aus einer Entscheidung des Reichsgerichts, welche die Änderung des Wortlauts nicht als redaktionellen Fehler, sondern als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers wertete, denn der Aufsichtsrat sei „kein notwendiges Gesellschaftsorgan […], dem aus öffentlichen Rücksichten bestimmte Aufgaben überwiesen sind“. Daher seien von der Verweisung des § 52 GmbHG die Bestimmungen ausgenommen, 448 So die knappe aber eindeutige Gesetzesbegründung zu § 99 AktG 1937: „Die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats (§ 99) entspricht der des Vorstands nach § 84.“, abgedruckt bei Klausing, AktG 1937, S. 84. Vgl. Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1210; aus der damaligen Literatur: Schlegelberger/Quassowski, AktG, 1937, § 99 Anm. 1 („Eine Abweichung bestand nur insofern, als für gewisse, besonders aufgeführte Handlungen der Aufsichtsrat nur haftete, wenn er willentlich gegen ihre Vornahme nicht eingeschritten war. Während der Vorstand bereits bei Fahrlässigkeit ersatzpflichtig war (§ 249 Abs. 3, § 241 Abs. 3 HGB). Das Aktiengesetz hat auch diese Verschiedenheit beseitigt“). 449 Vgl. BGHZ 187, 60, 66 ff. 450 Vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG, § 3 Abs. 2 MontanMitbestG, § 3 Abs. 1 S. 2 MontanMitbestErgG und § 18 Abs. 2 KAGB (der lediglich pauschal auf § 116 AktG verweist). 451 Vgl. zum Normtext 1. Teil, A. 452 Vgl. zum Normtext 1. Teil, A. 453 Vgl. S. 286 Fn. 431.

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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„die zum Schutze der Aktionäre und der Gläubiger erlassen worden [seien], insbesondere der § 249 Abs. 3 HGB in Verbindung mit § 241 Abs. 3 und 4 HGB […]. Aus alle dem [erhelle], daß der Aufsichtsrat der GmbH nur die Verpflichtung [habe], die Belange der Gesellschaft als solcher, nicht aber auch öffentliche Belange wahrzunehmen.“454

Dieser Argumentation schließt sich der Bundesgerichtshof an und stellt fest, dass die Gesellschafter, indem sie einen fakultativen Aufsichtsrat einrichten, nicht von der dualistischen Struktur der GmbH abweichen wollten, sondern ein Gremium schaffen, dass für die Gesellschafterversammlung Teilaufgaben der Überwachung übernehme und sicherstelle, dass die Geschäftsführer die Geschäfte im Interesse der Gesellschafter führten. Er sei daher anders als ein obligatorischer Aufsichtsrat nicht dem Interesse der Allgemeinheit verpflichtet und habe auch, abgesehen von den ihm durch die Gesellschafterversammlung übertragenen Aufgaben, keine öffentlichen Belange zu wahren. Demzufolge habe er auch nur für Schäden einzustehen, welche der Gesellschaft selbst entstünden.455 bb) Reaktionen der Literatur In der Literatur hat das Urteil des Bundesgerichtshofs eine große Resonanz mit geteiltem Echo hervorgerufen.456 Vielfach wurde die Einordnung der Stellung des Aufsichtsrats als ein allein im Gesellschafterinteresse und nicht im Interesse der Allgemeinheit tätigen Organ geteilt.457 Neben dem Willen des historischen Gesetzgebers,458 wird auch die fehlende Personalkompetenz zur Untermauerung angeführt.459 Daneben findet sich auch 454

RGZ 161, 129, 138 f. BGHZ 187, 60, 68 Rn. 26. 456 Zustimmend etwa: Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 44; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 34; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 68; MünchHdbGesRt/Marsch-Barner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 90; Habersack, JZ 2011, 1191 f.; Strohn, NZG 2011, 1161, 1168 f.; Noack, LMK 2010, 310151; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1800; Knapp, DStR 2011, 225, 229; Poertzgen, NZI 2010, 913, 916; Stöber, BB 2010, 2657, 2660; Weller, GWR 2010, 541, 452 f.; Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 194, die allerdings anmerken, dass in den Fällen, in denen der fakultative Aufsichtsrat einem obligatorischen Aufsichtsrat stark angenähert werde und als „eigenes Machtzentrum“ agiere, nicht auszuschließen sei, dass die Rechtsprechung in einem solchen Fall einen „Haftungsausschluss“ versagen würde. Nur im Erg. zustimmend: Reichert/C. Goette, FS Wellensiek, 2011, S. 523, 530; K. Schmidt, GmbHR 2010, 1319 ff. Ablehnend: Schürnbrand, NZG 2010, 1207 ff.; Altmeppen, ZIP 2010, 1973 ff.; Cahn, WuB II C. § 52 GmbHG 1, 11; Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1231 (zumind. krit.). 457 MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 68; Bork/Schäfer/Rieble, § 52 Rn. 123; Keiluweit, BB 2011, 1795, 1800; Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 194; Poertzgen, NZI 2010, 913, 916; Stöber, BB 2010, 2657, 2660. 458 Keiluweit, BB 2011, 1795, 1800; Knapp, DStR 2011, 225, 229. 459 Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 194, diese sprechen sich daher für eine teleologische Reduktion der §§ 116, 93 AktG im Falle der Mitbestimmung nach dem DrittelbG aus (nach 455

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

der Vergleich mit der bei einem Verstoß gegen § 64 GmbHG nicht bestehenden Haftung der Gesellschafter,460 und damit die Einordnung des Aufsichtsrats als eine Art „Unterorgan“ der Gesellschafterversammlung. Auch auf die freiwillige Einrichtung des Aufsichtsrats wird verwiesen, aus welcher sich bereits ein überobligatorischer Schutz der Gläubiger ergebe, sodass kein Anlass bestehe, den Gläubigern einen weiteren Schuldner zu verschaffen.461 Zudem stünde die in der Regel ehrenamtliche Amtsausübung im fakultativen Aufsichtsrat, mit in der Regel nur geringer bzw. fehlender Vergütung, zu einer Haftungsverantwortung bei Zahlungen entgegen § 64 S. 1 GmbHG in keinem Verhältnis, sodass bei einer drohenden Haftung die Bereitschaft ein solches Amt zu übernehmen sinken würde.462 Die Kritik am Doberlug-Urteil setzt an den verschiedensten Stellen an. So stößt insbesondere die Feststellung des Bundesgerichtshofs, der Aufsichtsrat sei nur im Interesse der Gesellschafter tätig, aufgrund der Publizitätsvorschriften der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG und der daraus resultierenden Erwartung des Rechtsverkehrs an ein Kontrollorgan, auf Kritik.463 Daneben wird die dogmatische Einordnung des 93 Abs. 3 AktG als Ersatzanspruch eigener Art und nicht als besonderen Fall eines Schadensersatzanspruchs wegen bereits unter § 93 Abs. 2 AktG zu subsumierender, besonders schadensträchtiger Sorgfaltspflichtverletzungen und damit die Einordnung als widerlegliche Schadensvermutung in Frage gestellt.464 cc) Kritik an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Doberlug-Urteil Dem Bundesgerichtshof ist zwar darin zuzustimmen, dass sich die Haftung der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats nicht bereits aus dem Verweis des § 52 Abs. 1 GmbHG ergibt. Wie bereits gezeigt, kommt aufgrund der dogmatischen Einordnung des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, entweder als Ersatzanspruch eigener Art oder als Modifizierung des Anspruchs aus § 93 Abs. 2 AktG, die Anwendung des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG bereits über den Verweis auf § 93 Abs. 2 S. 1 GmbHG nicht in Betracht. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Ersatzpflicht der Aufsichtsratsmitglieder in diesen Fällen zwingend auszuscheiden hat. Die fehlende direkte Anwendung über die Verweisungskette des § 52 Abs. 1 GmbHG besagt nicht, dass die Verletzung der Pflicht zur Überwachung in Bezug auf § 64 S. 1 GmbHG, anders als bei den Geschäftsführern und insbesondere anders als im obligatorischen Aufsichtsrat der GmbH, sanktionslos bleiben müsste. Die Verweisungskette des § 52 welchem dem Aufsichtsrat ebenfalls nicht die Personalkompetenz zusteht) und damit gegen eine Anwendung des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG. 460 So Noack, LMK 2010, 310151. 461 So Stöber, BB 2010, 2657, 2660. 462 So Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 194. 463 Kritisch etwa: Schürnbrand, NZG 2010, 1207 ff.; K. Schmidt, GmbHR 2010, 1319 ff.; Reichert/C. Goette, FS Wellensiek, 2011, S. 523, 530. 464 Vgl. K. Schmidt, GmbHR 2010, 1319, 1321.

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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Abs. 1 GmbH ist allerdings ein Indiz für Regelungen, welche für einen Aufsichtsrat getroffen werden müssen, wenn auch nicht in genau dieser Form Für eine analoge Anwendung des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG hat sich Schürnbrand ausgesprochen. So soll infolge der Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG nur ein Induktions-, kein Analogieverbot bestehen.465 Ob eine solche Ersatzpflicht in analoger Anwendung der §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG oder direkt in entsprechender Anwendung der Ersatzpflicht der Geschäftsführer nach § 64 S. 1 GmbHG zu erfolgen hat, ist im Ergebnis nicht entscheidend, da auch in ersterem Fall die Besonderheiten des Rechts der GmbH zu beachten wären. So wäre auch bei Anwendung des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG der Pflichtverstoß nicht in § 92 Abs. 2 AktG zu suchen, sondern in der Parallelnorm des § 64 S. 1 GmbHG. Entscheidend ist, dass jeweils die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats gegenüber der Gesellschaft zum Ersatz für solche Zahlungen verpflichtet wären, welche die Geschäftsführer entgegen § 64 S. 1 GmbHG vorgenommen haben, sofern die Aufsichtsratsmitglieder diesbezüglich ihre Überwachungspflicht schuldhaft verletzt haben. Entscheidend für eine solche analoge Anwendung ist zunächst, ob der mangels Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf die aktienrechtlichen Bestimmungen in § 93 Abs. 3 AktG bestehenden Regelungslücke eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde liegt. (1) Folgerungen aus der Gesetzgebungsgeschichte Wie bereits dargelegt, fand sich in § 53 des Entwurfs des GmbHG von 1891 zunächst eine pauschale Bezugnahme auf die Vorschriften des Aktienrechts und damit ein abweichender Wortlaut zum Gesetz gewordenen § 53 GmbHG, welcher für die Ersatzpflicht lediglich auf Art. 226 Abs. 1 ADHGB 1884 verwies sowie auch sonst eine abgeschlossenen Verweisungskette auf das ADHGB enthielt. Anders als der Bundesgerichtshof annimmt lassen sich allerdings allein aus dieser Änderung des Normtextes während des Gesetzgebungsverfahrens keine eindeutigen Schlussfolgerungen auf die Intention des Gesetzgebers ziehen. In den Gesetzgebungsmaterialien, insbesondere den Gesetzesberatungen im Reichstag,466 findet sich kein Hinweis auf den Hintergrund der Änderung des Normtextes.467 Dies gilt auch für den

465

Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1210. Der entsprechende Wortlaut findet sich bereits im „Gesetzesentwurf, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung“, Aktenstück Nr. 660, Verhandlungen des Reichstages, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, Bd. 125, S. 3715, 3720. Auch in den Materialien zu den anschließenden Beratungen im Reichstag findet sich kein Hinweis auf den Hintergrund der geänderten Fassung: vgl. hierzu Protokolle der 177., 189. und 199. Sitzung, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, 6. Band, Aktenstücknr. 660, Bd. 119, S. 4303 ff., Bd. 120, S. 4878 f., 4881 ff. 467 So auch Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211; Thiessen, ZGR 2011, 275, 279 f., mit dem Hinweis auf fehlende Anhaltspunkte auch in den ungedruckten Materialien; Altmeppen, ZIP 2010, 1973, 1974. 466

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

Bericht der zur Überarbeitung des Gesetzesentwurfs eingesetzten Kommission.468 Zwar wurde die § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG entsprechende Regelung erst durch die Reform des HGB von 1897 in Art. 241 HGB469 eingeführt, sodass der Gesetzgeber von 1892 gar nicht auf diese Bestimmung verweisen konnte.470 Aber auch auf die bereits enthaltene Bestimmung des § 226 Abs. 2 ADHGB 1884, und damit auf die dort normierten Ersatztatbestände, welche weitgehend den übrigen Regelungen des § 93 Abs. 3 AktG entsprachen und nur im Falle eines vorsätzlichen Pflichtverstoßes eingreifen sollten, fehlt der Verweis. Auch in § 53 GmbHG in der Fassung vom 01. 01. 1898 sowie in § 52 GmbHG in der Fassung vom 1. 1. 1900471 findet sich kein Verweis auf § 249 Abs. 3 HGB 1897, welcher wiederum auf § 241 Abs. 3 HGB 1897 und damit die Sanktionierung des Zahlungsverbots verwies. Andererseits könnten die Gesetzgebungsmaterialien zum HGB von 1897 einen Hinweis darauf enthalten, dass der damalige Gesetzgeber sehr wohl von einer Ersatzpflicht des Aufsichtsrats auch bei Zahlungen nach Konkursreife ausging und lediglich das Gläubigerverfolgungsrecht gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern einschränken wollte. So findet sich in den Gesetzgebungsmaterialien der Hinweis, dass durch die Aufnahme des Verweises auf § 241 Abs. 3 und 4 HGB 1897 in § 249 Abs. 3 HGB 1897 die Ersatzpflicht der Aufsichtsratsmitglieder insofern erweitert werden sollte, als die verschärfte Ersatzpflicht, welche einen besonderen Schadensnachweis nicht voraussetze, im Fall vorsätzlichen Handelns auch gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft eintreten solle.472 In der Folge ging dann auch die Literatur davon aus, dass bei fahrlässiger Pflichtverletzung nur das Verfolgungsrecht der Gläubiger nach § 241 Abs. 4 HGB 1987 ausgeschlossen sei. Die Bedeutung der Regelung des § 241 Abs. 3 HGB 1897 wurde im prozessualen Bereich gesehen und vornehmlich auf das Gläubigerverfolgungsrecht bezogen, da die entsprechende (auch fahrlässige) Pflichtverletzung als bereits durch § 241 Abs. 2 HGB 1897 sanktioniert angesehen wurde.473 Für den fakultativen Aufsichtsrat der GmbH ging in der Folge dann auch etwa Hachenburg anfänglich davon aus, dass der fehlende Verweis auf § 249 Abs. 3 HGB 1897 lediglich das Gläubigerverfolgungsrecht ausschließen sollte. Bei einer fahrlässigen Pflichtverletzung der Aufsichtsratsmitglieder sollte daher in Bezug auf eine verbotene Rückzahlung der Einlage (welche in ent468 Vgl. Anmerkung zu §§ 49 bis 53, Bericht der XXV. Kommission über den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, – Nr. 660 der Drucksachen –, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, VIII. Legislaturperiode, I. Session, 1890 – 1892, 6. Anlageband, Aktenstück Nr. 774, Bd. 126, S. 4010; vgl. auch Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211. 469 Vgl. S. 290 Fn. 444. 470 Vgl. Thiessen, ZGR 2011, 275, 280. 471 Vgl. S. 25 Fn. 9. 472 Begründung zu § 208 RJA-Entwurf, S. 127, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/ Krampe, Entwurf HGB 1897, Bd. II/1, S. 127; Begründung zu § 244 Abs. 3 RT-Vorlage, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen HGB 1897, Bd. II/2, S. 1069. 473 Hierzu Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211 mit Hinweisen zur damaligen Literatur; vgl. auch Staub, HGB, 10. Aufl. 1920, § 249 Anm. 3.

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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sprechender Anwendung unter § 249 Abs. 3 Nr. 1 HGB 1897 fallen würde) nur die Gesellschaft aktivlegitimiert sein.474 Aus der betreffenden Kommentarstelle ergibt sich jedoch kein Hinweis darauf, ob dies nur bei Nachweis eines Schadens der Gesellschaft selbst möglich sein sollte. Jedoch kann daraus zumindest der Schluss gezogen werden, dass der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit beim Verfolgungsrecht der Gläubiger lag.475 Gegen eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, durch die Einschränkung des Verweises auf die Regelungen im Aktienrecht die Ersatzpflicht auch gegenüber der Gesellschaft einzuschränken und damit die Haftung im Vergleich zum Aktienrecht abzumildern, spricht allerdings zuvörderst die dem fakultativem Aufsichtsrat insgesamt zugemessene geringe Bedeutung.476 Nicht nur bei Erlass des GmbHG, sondern auch 1895 und 1897 hat der Gesetzgeber der Norm wenig Aufmerksamkeit geschenkt. So fand jeweils im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens keine inhaltliche Diskussion statt;477 es wurden lediglich die Verweise angepasst. Auch im Zuge der Anpassung der Verweisungskette durch § 32 EGAktG478 im Rahmen der Reform des Aktiengesetzes von 1965 wurde nicht näher auf dieses Problem eingegangen und nur die Verweisung angepasst.479 Damit kann aber der Gesetzgebungsgeschichte insgesamt keine ausschlaggebende Bedeutung bei der Interpretation des § 52 GmbHG zugemessen werden. (2) Berechtigte Erwartung des Rechtsverkehrs? Entscheidend für das Eingreifen einer Ersatzpflicht ist, ob die Organmitglieder im Interesse der Gesellschaft in vergleichbarem Umfang für ihre Pflichtverletzung einzustehen haben, wie dies in anderen Aufsichtsratssystemen der Fall ist, damit ein solches Organ als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG eingestuft werden kann. Wie auch sonst die Frage der zwingenden Ausgestaltung des Organs richtet sich dies nach dem Bestehen einer berechtigten Erwartung der Gesellschaftsgläubiger. Entscheidend ist, ob diese davon ausgehen dürfen, dass die Organmitglieder im Innenverhältnis bei Pflichtverletzungen zur Auffüllung des Gesellschaftsvermögens verpflichtet sind. Ist dies nicht der Fall, können die Gesellschafter die Gestaltung allein nach ihren Bedürfnissen vornehmen. Einen ersten Anhaltspunkt für eine Ersatzpflicht der Mitglieder des Aufsichtsrats liefert die korrespondierende Überwachungspflicht, welche auch von der ganz 474

1211. 475

Hachenburg, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 50; hierzu auch Schürnbrand, NZG 2010, 1207,

So Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211. Dies verdeutlicht bereits der Umstand, dass ein Abgeordneter die Streichung des § 52 GmbHG vorgeschlagen hat, worauf ihm erwidert wurde, dass die Norm nur ganz subsidiäre Bedeutung habe, vgl. S. 59 Fn. 103; hierzu auch Thiessen, ZGR 2011, 275, 280. 477 Vgl. 1. Teil, A. sowie Thiessen, ZGR 2011, 275, 280. 478 Gesetz v. 06. 09. 1965, BGBl. I S. 1185, vgl. dazu bereits 1. Teil, G. 479 Vgl. S. 35 Fn. 79 sowie Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211. 476

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

herrschenden Meinung angenommen wird. Hierbei ist zugegeben problematisch, dass die entsprechende Pflichtverletzung nicht zwingend unmittelbar zu einem Schaden der Gesellschaft führt. Dass dies nicht per se gegen das Bestehen einer Ersatzpflicht spricht, zeigt bereits, dass auch die Geschäftsführer der GmbH, die ebenfalls bei ihren Tätigkeiten allein an das Gesellschaftsinteresse gebunden sind, nach § 64 S. 1 GmbHG zum Ersatz verpflichtet sind. Auch ein Vergleich mit anderweitigen Aufsichtsratssystemen zeigt, dass eine entsprechende Ersatzpflicht der Aufsichtsratsmitglieder zwingender Bestandteil all dieser Systeme ist. § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG entsprechende Regelungen zur Ersatzpflicht der Aufsichtsratsmitglieder finden sich nicht nur in der Aktiengesellschaft. So verweist für die Genossenschaft § 41 GenG in Bezug auf die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder pauschal auf § 34 GenG und damit auch auf § 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG, der Parallelvorschrift zu § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG. In der Societas Europaea haften die Aufsichtsratsmitglieder gem. Art. 51 SE-VO nach den aktienrechtlichen Bestimmungen also nach §§ 116, 93 AktG. Dasselbe Bild zeigt sich für die Rechtslage bei einem obligatorischen Aufsichtsrat nach mitbestimmungsrechtlichen Regeln; dort findet sich allesamt ein Verweis auf § 93 Abs. 3 AktG. Der Bundesgerichtshof zieht hieraus im Doberlug-Urteil den Schluss, dass die Mitglieder dieser obligatorischen Aufsichtsräte für verbotswidrige Zahlungen persönlich haften.480 Insbesondere letztere Regelungen zum mitbestimmten Aufsichtsrat erschüttern aber gerade dessen Annahme, dass § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG nur greifen soll, wenn das betreffende Aufsichtsorgan gerade dazu errichtet ist, Interessen aller Gesellschaftsgläubiger zu schützen und dies im fakultativen Aufsichtsrat nicht gegeben sei. Der obligatorische Aufsichtsrat der GmbH nach mitbestimmungsrechtlichen Regelungen unterscheidet sich in seiner Schutzrichtung vom fakultativen Aufsichtsrat allein durch die Integration der Arbeitnehmerinteressen. Ein gegenüber dem fakultativen Aufsichtsrat qualifizierter Schutz von Gläubigerinteressen oder gar der Allgemeinheit ist sicherlich nicht intendiert.481 Dabei zeigen für das Zahlungsverbot des § 64 S. 1 GmbHG bereits die Regelungen in § 64 S. 4 GmbHG i.V.m. §§ 43 Abs. 3 und 4, 9b GmbHG, dass die entsprechende Ersatzpflicht – wie auch im Fall der §§ 30, 33 GmbHG – im Gläubigerinteresse unverzichtbar ist. Dass gerade diese Ansprüche nicht bestehen sollen, ist daher mit der Erwartung der Gläubiger nicht in Einklang zu bringen. Die der fehlenden Verweisung auf § 93 Abs. 3 AktG zugrunde gelegte Bedeutung des Bundesgerichtshofs kann daher nicht überzeugen. Bereits der Feststellung, der Aufsichtsrat nehme Aufgaben „für die Gesellschafterversammlung“482 wahr, was 480

BGHZ 187, 60, 66 f. Rn. 21. Auf diese Diskrepanz weisen auch hin: Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1231; Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 209, die allerdings diesen Widerspruch zugunsten der obligatorischen Aufsichtsratsmitglieder auflösen und deren Haftung einschränken wollen; ebenso für ein Beschränkung der Haftung des obligatorischen Aufsichtsrats: Noack, FS Goette, 2011, S. 345, 353 f.; Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 195 (teleolog. Red.). 482 BGHZ 187, 60, 68 Rn. 26. 481

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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eine von der Gesellschafterversammlung abgeleitete Aufgabenwahrnehmung impliziert, kann nicht gefolgt werden. Der Aufsichtsrat nimmt Aufgaben für die Gesellschaft durch ihm originär zugewiesene Kompetenzen wahr. Zwar erfolgt diese Kompetenzzuweisung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung. Dies führt aber nicht dazu, dass es sich um originäre Aufgaben der Gesellschafterversammlung handelt. Die Überwachungsbefugnis der Gesellschafterversammlung aus § 46 Nr. 6 GmbHG ist von der des Aufsichtsrats (in der Regel entsprechend § 111 Abs. 1 AktG) zu unterscheiden. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Kompetenzbereiche, die unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen unterliegen. Dies zeigt bereits die fehlende Pflicht der Gesellschafterversammlung zur Überwachung, mit welcher eine fehlende Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft bei Pflichtverletzungen korrespondiert. Zwar ist die Feststellung des Bundesgerichtshofs, der Aufsichtsrat habe über die ihm übertragenen Aufgaben hinaus keine öffentlichen Belange zu wahren, richtig; ein Aufsichtsrat ist grundsätzlich allein im Gesellschaftsinteresse tätig. Dies bedeutet aber nicht, dass dessen Ausgestaltung durch die Gesellschafter völlig beliebig erfolgen könnte. Dass die Gestaltungsfreiheit nicht schrankenlos besteht und damit einem Organ, um Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG sein zu können, zwingend bestimmte Kompetenzen zustehen müssen, ist weitgehend anerkannt. Daher geht auch die ganz herrschende Meinung davon aus, dass dem Aufsichtsrat zwingend die Überwachungskompetenz zuzuweisen ist. Dies wird weitgehend damit begründet, dass der Rechtsverkehr darauf vertrauen dürfe, dass einem als Aufsichtsrat bezeichnetem Organ auch Kontrollkompetenzen zustünden.483 Die zwingende Geltung resultiert damit aber gerade aus der berechtigten Erwartung der Gläubiger, dass ein als Aufsichtsrat bezeichnetes und kundgemachtes Organ auch als ein solches fungiert. Die berechtigten Erwartungen der Gläubiger führen, wie gezeigt, nicht dazu, dass der Aufsichtsrat unmittelbar deren Interessen zu wahren hätte, sondern, dass die Gläubiger darauf vertrauen dürfen, dass der Aufsichtsrat im Interesse der Gesellschaft handelt und dabei an die einem Aufsichtsrat üblicherweise zugewiesenen Pflichten gebunden ist. Allein aus diesem Grund besteht auch die Verpflichtung des Aufsichtsrats, die Einhaltung des § 64 GmbHG zu überwachen, welche auch vom Bundesgerichtshof anerkannt wird. Die dem Bundesgerichtshof folgende herrschende Meinung muss sich daher die Frage gefallen lassen, in wessen Interesse diese Überwachungspflicht des Aufsichtsrats in Bezug auf § 64 S. 1 GmbHG bestehen soll, wenn die Vorschrift doch dem Schutz der Gläubiger dienen soll. So geht auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Zweck des § 64 S. 1 GmbHG ist, das Gesellschaftsvermögen wieder aufzufüllen, damit dieses für eine ranggemäße und gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung steht.484 Es mag daher nicht 483

Vgl. hierzu 5. Teil, A. StRspr., vgl. BGH NZG 2016, 550, 551; NZG 2015, 101, 102, jew. m.w.N. auch aus der Literatur. 484

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

einleuchten, dass den Mitgliedern des fakultativen Aufsichtsrats, die nach überzeugender herrschender Meinung verpflichtet sind, die Beachtung des gläubigerschützenden Zahlungsverbots zu überwachen, diese Pflicht nicht im Interesse der Gläubiger auferlegt ist, wenn durch § 64 GmbHG doch eben diese Interessen geschützt werden. Warum ein Vertrauen des Rechtsverkehrs in die rechtlichen Folgen von entsprechenden Pflichtverletzungen irrelevant sein soll, ist nicht nachzuvollziehen. Auf diesen Zusammenhang weist auch Schürnbrand hin. Dieser zieht den Schluss von den Publizitätspflichten der §§ 52 Abs. 3, § 35a Abs. 1 GmbHG und damit dem Umstand, dass von der Einrichtung eines Aufsichtsrats ein Signal für den Rechtsverkehr ausgeht, auf das Vertrauen der Gläubiger, dass die Geschäftsführer besser überwacht seien und innerhalb der Gesellschaft ein höheres Maß an Transparenz bestehe.485 Gegen ein berechtigtes Vertrauen des Rechtsverkehrs in eine Ersatzpflicht entsprechend § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG wird zwar eingewandt, dass ein solches Vertrauen ausscheide, da § 52 Abs. 1 GmbHG die entsprechende Bestimmung gerade nicht in Bezug nehme; die Gläubiger dürften nicht erwarten, durch die freiwillige Errichtung eines Aufsichtsrats einen zusätzlichen Schuldner zu erhalten.486 Dies übersieht aber, dass die Einstandspflicht der Aufsichtsratsmitglieder für die Folgen ihrer Pflichtverletzungen in untrennbaren Zusammenhang mit deren Überwachungspflicht steht. Der Ersatzpflicht kommt, neben der Möglichkeit der Abberufung pflichtwidrig handelnder Organmitglieder, eine wesentliche Disziplinierungsfunktion zu. Diese ist Teil der präventiven Sicherung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung. Die Sanktionierung von Verletzungen der dem Aufsichtsrat auferlegten Pflichten ist Bestandteil der Überwachungsfunktion. Sie dient der Einhaltung der übertragenen Pflichten und damit der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Kontrolltätigkeit. Daher kann auch ein Vergleich mit der Haftungssituation bei einer mangelhaften Überwachung der Geschäftsführer durch die Mitglieder der Gesellschafterversammlung in Ausübung der Kompetenz aus § 46 Nr. 6 GmbHG nicht weiterführen. Die fehlende organschaftliche Haftung der Mitglieder der Gesellschafterversammlung resultiert aus dem Umstand, dass mit dem Überwachungsrecht der Gesellschafter, als Folge der besonderen Stellung der Mitglieder der Gesellschafterversammlung,487 bereits keine entsprechende Pflicht korrespondiert. Eine solche ist daher auch nicht durch entsprechende Sanktionsmechanismen sicherzustellen. Daher ist auch dem Einwand, dass sich gegenüber der Aufgabenwahrnehmung durch die Gesellschafterversammlung kein zusätzliches Haftungsregime ergeben dürfe,488 nicht zu folgen.

485 486 487 488

Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1211. Vgl. Noack, FS Goette, 2011, S. 345, 348. Dazu bereits etwa 5. Teil, F. I. 2. So aber Noack, FS Goette, 2011, S. 345, 347.

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

301

(3) Ausschluss der Ersatzpflicht wegen fehlender Insolvenzantragspflicht der Aufsichtsratsmitglieder? Gegen eine Ersatzpflicht der Aufsichtsratsmitglieder wird auch deren fehlende Insolvenzantragspflicht bei Führungslosigkeit der Gesellschaft angeführt.489 Dabei wird auf den Zusammenhang von Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 3 InsO und der Ersatzpflicht für verbotswidrige Zahlungen verwiesen. Da die Aufsichtsratsmitglieder mangels Insolvenzantragspflicht nicht Adressaten des Verschleppungsverbots seien, die Haftung für Zahlungen entgegen § 64 GmbHG aber Teil der Insolvenzverschleppungshaftung sei, käme eine solche nicht in Betracht.490 Dies übersieht den eigentlich entscheidenden Zusammenhang zwischen Haftung und pflichtwidriger Verletzung der Überwachungsaufgabe durch den Aufsichtsrat. Letztere besteht, auch nach herrschender Meinung, unabhängig von der Insolvenzantragspflicht. Zudem sind auch die Mitglieder eines obligatorischen Aufsichtsrats in der GmbH nicht von der Insolvenzantragspflicht erfasst; dennoch nimmt das Gesetz hier § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG nicht von der Verweisung aus. Ein zwingender Zusammenhang zwischen Ersatzpflicht und Pflicht zur Insolvenzantragsstellung besteht damit auch bei einem obligatorischen Aufsichtsrat nicht.491 Auch wird auf die Parallele zwischen der fehlenden Personalkompetenz und der fehlenden Ersatzpflicht bei Zahlungen entgegen § 64 S. 1 GmbHG abgestellt.492 In eine ähnliche Richtung geht die Argumentation mit der Unzumutbarkeit einer Haftung aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats, ihre Haftung zu vermeiden. Aus dem Umstand, dass dem Aufsichtsrat, zumindest nach dem gesetzlichen Leitbild, nicht die Personalkompetenz zustehe und ihm daher nicht die Möglichkeit bleibe, die Geschäftsführer abzuberufen, um so die Führungslosigkeit und die eigene Antragspflicht herzustellen, wird der Schluss gezogen, den Aufsichtsratsmitgliedern bleibe, um einer Haftung zu entgehen, nur die für sie unzumutbare Amtsniederlegung.493 Unabhängig von der Frage, ob die Amtsniederlegung in diesem Fall tatsächlich als unzumutbare Option einzustufen ist, übersieht dies, dass der Aufsichtsrat als Ersatz für die fehlende Abberufungskompetenz zumindest verpflichtet ist, die Gesellschafterversammlung zu informieren und diese – sofern ihm diese Kompetenz zusteht494 – einzuberufen, sodass die Gesellschafterversammlung, als das für die Abberufung zuständige Organ, in der Lage ist, die Führungslosigkeit und damit die eigene Insolvenzantragsberechtigung her489 Vgl. Habersack, JZ 2011, 1191, 1192; K. Schmidt, GmbHR 2010, 1319, 1325. Zur Insolvenzantragspflicht vgl. 4. Teil, F. II. 5. 490 K. Schmidt, GmbHR 2010, 1319, 1325. 491 Habersack JZ 2011, 1191, 1192 zieht hieraus den gegenteiligen Schluss und spricht sich zumindest für den Aufsichtsrat nach dem MitbestG, aufgrund dessen Personalkompetenz, für die Pflicht der Mitglieder zu Insolvenzantragsstellung aus. 492 Habersack, JZ 2011, 1191, 1192. 493 Noack, LMK 2010, 310151. 494 Zur Abdingbarkeit der Kompetenz entsprechend § 111 Abs. 3 AktG siehe 5. Teil, A. III.

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

zustellen. Dieses Vorgehen ist den Aufsichtsratsmitgliedern auch keinesfalls unzumutbar. (4) Ausschluss wegen Unbilligkeit der Ersatzpflicht? Im Unterschied zu den Anforderungen an den Nachweis eines Insolvenzverschleppungsschadens, ist im Rahmen des § 64 S. 1 GmbHG lediglich eine Saldierung der geflossenen Mittel erforderlich. Die Forderung nach einem Ausschluss der Ersatzpflicht ist daher vor dem Hintergrund des für den Insolvenzverwalter sehr viel einfacheren Nachweises von Zahlungen im Sinne des § 64 S. 1 GmbHG und der daraus potentiell resultierenden immensen Summen495 nachvollziehbar. So wird darauf hingewiesen, dass die oft ehrenamtliche oder „symbolisch“ vergütete Tätigkeit in keinem Verhältnis zur Haftungsverantwortlichkeit stehe.496 Allein das Empfinden der Ersatzpflicht als unbillig streng kann aber nicht zu deren pauschalen Ausschluss führen. Unverhältnismäßig hart einzustufende Haftungssummen sind durch andere Instrumente zu vermeiden als durch einen vollständigen Haftungsausschluss. Dabei kann dem Bedürfnis nach Haftungserleichterung im Recht der GmbH auf vielerlei Weise Rechnung getragen werden. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass es Aufgabe der Praxis ist, die Intensität der Überwachungspflichten dem jeweiligen Unternehmen und seiner wirtschaftlichen Situation anzupassen.497 Dabei ist zunächst zu bedenken, dass eine Ersatzpflicht nach allgemeinen Grundsätzen nur eintreten kann, wenn es den Aufsichtsratsmitgliedern möglich gewesen wäre, von den verbotenen Zahlungen durch die Geschäftsführer Kenntnis zu erlangen und hiergegen vorzugehen. So kann – im Rahmen des für einen fakultativen Aufsichtsrat zur Wahrung der Überwachungskompetenz Erforderlichen – bereits durch präzise Beschreibung der Pflichten eine Einschränkung der erfassten Pflichtverletzungen erfolgen. Daneben besteht, wie bereits gezeigt, die Möglichkeit der Reduzierung des Sorgfaltsmaßstabs, der Haftungsreduzierung durch die Vereinbarung von Höchstsummen, die Freistellung durch Dritte oder der Abschluss von D&O-Versicherungen.498 Allein entscheidend ist, dass die Steuerungsfunktion der Haftung nicht beseitigt wird. b) Ersatzpflicht bei Verstößen gegen §§ 30, 33, 43a, 64 S. 3 GmbHG Auch für Überwachungsmängel in Zusammenhang mit den Pflichten nach §§ 30, 33, 43a, 64 S. 3 GmbHG verweißt § 52 Abs. 1 GmbHG nicht auf die jeweilige Ersatzpflicht des Aufsichtsrats in § 93 Abs. 3 AktG. Unabhängig von der Einordnung der jeweiligen Ansprüche als Schadensersatzansprüche oder Ersatzansprüche ei495 Hierzu etwa K. Schmidt, ZHR 168 (2004), 637, 643 f. („echte Haftungskeule“); Reichert/C. Goette, FS Wellensiek, 2011, S. 523, 528. 496 So etwa Kiefner/Langen, NJW 2011, 192, 194. 497 So Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1212. 498 Schürnbrand, NZG 2010, 1207, 1212.

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

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gener Art scheidet auch hier eine direkte Anwendung aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 52 Abs. 1 GmbHG aus. Sofern der Gesellschaft daher nicht bereits ein unter § 93 Abs. 2 S. 1 AktG fallender Schaden entstanden ist, ist auch hier, entsprechend den zuvor dargestellten Erwägungen, an eine analoge Anwendung der entsprechenden Haftungstatbestände zu denken. Überwachungspflichtverletzungen in Zusammenhang mit Verstößen gegen § 30 GmbHG sind, wie bereits dargelegt, unter die entsprechenden, dem Kapitalschutz dienenden Vorschriften der § 93 Abs. 3 Nr. 1, 2, 5 AktG zu subsumieren, welche hierbei an die Besonderheiten des Rechts der GmbH angepasst werden müssen. Dies korrespondiert im Recht der GmbH mit der Haftung der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 Var. 1 GmbHG bei Zahlungen aus dem zum Erhalt des Stammkapitals erforderlichen Vermögens entgegen § 30 GmbHG. Überwachungspflichtverletzungen in Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft gem. § 33 GmbHG können in entsprechender Anwendung unter § 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG subsumiert werden. Die Parallelnorm im Recht der GmbH findet sich in § 43 Abs. 3 Var. 2 GmbHG. Wie auch im Fall des Verstoßes gegen § 64 S. 1 GmbHG ist die jeweils für eine analoge Anwendung der § 43 Abs. 3 Var. 1 und 2 GmbHG erforderliche planwidrige Regelungslücke mangels Verweises in § 52 Abs. 1 GmbHG gegeben. Die zwingend zuzuweisende Überwachungskompetenz des fakultativen Aufsichtsrats umfasst die Überwachung des Zahlungsverbots gem. § 30 GmbHG sowie des Erwerbsverbots des § 33 GmbHG. Daher dürfen auch in diesen Fällen die Gesellschaftsgläubiger zum einen berechtigterweise darauf vertrauen, dass auch diesbezüglich die Überwachungspflicht durch den Aufsichtsrat eingehalten wird und zum anderen, damit korrespondierend, aus entsprechenden Pflichtverletzungen der Aufsichtsratsmitglieder auch deren Ersatzpflicht resultiert. Nichts anders kann auch für die Ersatzpflicht nach § 64 S. 3 GmbHG gelten. Auch bei einem Überwachungsverstoß in Zusammenhang mit einer verbotenen Kreditgewährung an die Geschäftsführer entgegen § 43a GmbHG kommt eine zwingende Haftung entsprechend § 93 Abs. 3 Nr. 8 AktG in Betracht. § 52 Abs. 1 GmbHG verweist für die entsprechende Pflicht auf § 89 AktG. Dies gilt auch für die Haftung entsprechend § 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG wegen Zahlung von Aufsichtsratsvergütungen entgegen der §§ 113, 114 AktG, zumal § 52 Abs. 1 GmbHG ausdrücklich auf §§ 113, 114 AktG verweist. Beide Normen dienen der Sicherung einer ordnungsgemäßen Überwachung durch den Aufsichtsrat,499 sodass deren zwingende Anwendbarkeit zu befürworten ist.500 Der Rechtsverkehr darf auf deren Einhaltung sowie Sanktionierung bei Verstößen vertrauen. 499

MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 247 m.w.N. A.A. aber wohl die h.M., die von einer vollständigen Disposivität des Verweises auf §§ 113, 114 AktG auszugehen scheint, so etwa Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 200; 500

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5. Teil: Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des Aufsichtsrats

c) Anwendbarkeit des Gläubigerverfolgungsrechts aus § 93 Abs. 5 AktG? § 52 Abs. 1 GmbHG verweist ebenfalls nicht auf das in Zusammenhang mit § 93 Abs. 3 AktG stehende Gläubigerverfolgungsrecht des § 93 Abs. 5 AktG. Dieses ist auf die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats nicht anwendbar. Die zuvor befürwortete Erweiterung der Ersatzpflicht bei Pflichtverstößen der Aufsichtsratsmitglieder in Zusammenhang mit Verstößen gegen §§ 30, 33, 64 S. 1 und 3 GmbHG erstreckt sich nicht auf das Gläubigerverfolgungsrecht, sondern nur auf die Ersatzpflicht der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft. Bei den Regelungen des § 93 Abs. 3 bis 6 AktG handelt es sich, entgegen anders lautender Ansicht,501 auch nicht um eine untrennbare Einheit. Dass die Tatbestände des § 93 Abs. 3 AktG sehr wohl auch ohne das Verfolgungsrecht aus Absatz 5 bestehen können und dies zumindest für die GmbH nicht gegen die Intention des Gesetzgebers verstößt, zeigt bereits die Regelung des § 43 Abs. 3 GmbHG (i.V.m. § 64 S. 4 GmbHG) und damit die Parallel-Regelung zur Haftung der Geschäftsführer, bei welcher eine solche Ersatzpflicht unmittelbar gegenüber den Gläubigern ebenfalls nicht besteht. Durch die fehlende zwingende Anwendbarkeit eines Gläubigerverfolgungsrechts entsprechend § 93 Abs. 5 AktG wird zwar die Stellung der Gläubiger in der GmbH gegenüber denen in der Aktiengesellschaft geschwächt. Dies müssen die Gläubiger einer GmbH aber hinnehmen. Ein zwingendes Bedürfnis, den Gläubigern einer GmbH selbst ein solches Verfolgungsrecht einzuräumen,502 besteht nicht. Wie der Vergleich mit § 43 GmbHG und dessen Gesetzgebungsgeschichte zeigt,503 ist dem Recht der GmbH eine solche Außenhaftung fremd. Die Gläubiger sind aber auch bei Fehlen eines eigenen Anspruchs, neben der Möglichkeit, die entsprechenden Ansprüche der Gesellschaft zu pfänden und sich überweisen zu lassen, in jedem Fall – mittelbar – durch die infolge einer Zahlung an die Gesellschaft erfolgte Auffüllung der Insolvenzmasse geschützt. Ein solcher lediglich mittelbarer Schutz ist dem Prinzip der beschränkten Haftung immanent, welches sich dadurch auszeichnet, dass Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 60, 62; Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 76; Scholz/ Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 379. 501 Vgl. Habersack, JZ 2011, 1191, 1192. 502 So aber Habersack, JZ 2011, 1919, 1192, der davon ausgeht, dass es sich bei dem Gläubigerverfolgungsrecht um ein auch für die GmbH zwingendes Gläubigerschutzinstrument handele, sofern man von einer (von diesem verneinten) Beachtlichkeit der Interessen der Gläubiger ausgehen sollte. 503 Vgl. bereits die Begr. zu § 44 GmbHG-E, Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, Amtliche Ausgabe, 1891, S. 95 (zur Haftung der Geschäftsführer): „Eine direkte Haftpflicht der Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftsgläubigern kann allerdings als entbehrlich betrachtet werden. Es genügt vielmehr auch hier, daß die Gläubiger in der Lage sind, die Ersatzansprüche der Gesellschaft nach Überweisung der selben im Wege der Zwangsvollstreckung geltend zu machen oder im Falle des Konkurses der Gesellschaft die Forderung durch den Konkursverwalter verfolgen zu lassen.“

F. Mindestanforderungen an Haftung im fakultativen Aufsichtsrat

305

die Gläubiger lediglich auf eine ausreichende Haftungsgrundlage vertrauen dürfen, jedoch keine direkten Ansprüche gegen die tatsächlich Agierenden haben. Eine gleichmäßige Befriedigung alle Gläubiger wird gerade über die Innenhaftung sichergestellt. Die Regelung des § 93 Abs. 5 AktG stellt eine im GmbH-Recht systemfremde Ausnahme von diesem Grundsatz dar und ist bei einer Anwendung der Regelungen des Aktienrechts auf die GmbH nicht zwingend zu übertragen.

Sechster Teil

Folgen der Überschreitung der Schranken der materiellen Gestaltungsfreiheit – zugleich zur Frage der funktionalen oder formalen Abgrenzung der Aufsichtsratseigenschaft Abschließend ist die Frage aufzuwerfen nach den Folgen einer gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung, die nicht den zuvor dargestellten materiellen Anforderungen an einen fakultativen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG genügt. Hierbei ist einerseits an die Konstellation zu denken, dass die Gesellschafter ein als Aufsichtsrat bezeichnetes und publik gemachtes Organ errichten, die gesellschaftsvertragliche Regelung jedoch nicht sämtlichen Anforderungen genügt, die an einen solchen Aufsichtsrat zu stellen sind. Anderseits ist ebenfalls denkbar, dass ein Organ errichtet wird, das alle Anforderungen an einen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG erfüllt, das Organ aber im Gesellschaftsvertrag nicht als Aufsichtsrat bezeichnet wird, sondern etwa als Beirat oder Verwaltungsrat. Zur Beantwortung der sich hieraus ergebenden Fragen ist zunächst zu klären, ob die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 52 Abs. 1 GmbHG anhand von formalen oder funktionalen Kriterien zu bestimmen ist. Sodann wird zu beleuchten sein, welche Folgen sich aus einem Auseinanderfallen von Ausgestaltung und Bezeichnung ergeben.

A. Formale oder funktionale Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft? Für die Einordnung eines Organs als fakultativen Aufsichtsrat und damit die Anwendung des § 52 GmbHG könnte einerseits die Ausgestaltung des fakultativen Zusatzorgans oder andererseits dessen Bezeichnung als Aufsichtsrat entscheidend sein. Im Schrifttum finden sich beide Ansätze.

A. Formale o. funktionale Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft?

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I. Formale Abgrenzung nach der Bezeichnung des Organs? In der Literatur wird teilweise für die Qualifizierung eines Zusatzorgans als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG allein auf dessen Bezeichnung abgestellt. Ein als Aufsichtsrat bezeichnetes Organ sei unabhängig von dessen gesellschaftsvertraglicher Ausgestaltung immer Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG.1 Die Vertreter dieser Ansicht ziehen allerdings aus dieser formalen Betrachtung konträre Konsequenzen. So geht Rieble, wie bereits dargestellt, davon aus, dass an einen Aufsichtsrat keinerlei Anforderungen hinsichtlich dessen Kompetenzen zu stellen seien und damit einem als Aufsichtsrat bezeichnetem Organ insbesondere keine Kontrollbefugnisse zustehen müssten.2 Folgerichtig kann dann mangels inhaltlicher Anforderungen an ein solches Organ eine Abgrenzung nur anhand der formalen Bezeichnung erfolgen. Dem kann, wie bereits gezeigt, vor dem Hintergrund des schutzwürdigen Vertrauens des Rechtsverkehrs nicht gefolgt werden. Der Rechtsverkehr könnte bei einer rein formalen Einordnung anhand der Bezeichnung des Organs aus der Publizität, mit Ausnahme des Wissens, dass die Gesellschaft über ein weiteres Organ verfügt, keinerlei Erkenntnisgewinn erzielen. Dies kann nicht Sinn einer Veröffentlichungspflicht sein. Die Anwendung der §§ 35a Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 3 GmbHG sowie bereits die Bezeichnung des Organs völlig unabhängig von dessen Aufgaben erscheint willkürlich, sofern man jedes freiwillige Organ unter § 52 GmbHG fassen und damit der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter keinerlei Grenzen setzten wollte. Die Verbandsautonomie reicht nicht so weit, dass die Gesellschafter die Anwendung des § 52 GmbHG und die daraus resultierenden Folgepflichten allein durch die Bezeichnung des Organs vollständig abbedingen könnten. Andere Vertreter der formalen Abgrenzung bestimmen den Anwendungsbereich zwar ebenfalls nach der Bezeichnung des Organs. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen stehen aber im völligen Gegensatz zur vorgenannten Ansicht. Als Folge der formalen Abgrenzung werden die Regelungen im Gesellschaftsvertrag, welche mit der Einordnung als Aufsichtsrat nicht zu vereinbaren sind, als nichtig angesehen. Nach dieser Ansicht muss daher ein als Aufsichtsrat bezeichnetes Organ, unabhängig 1 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 13; Bork/Schäfer/Rieble, § 52 Rn. 5 („Die Bezeichnung Aufsichtsrat ist nicht geschützt.“); R. Werner, GmbHR 2015, 577, 579; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 454 mit Hinweis auf Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 96. Letzterer weist aber darauf hin, dass einem Aufsichtsrat Überwachungskompetenzen zustehen müssten; widersprechende Satzungsbestimmungen seien nichtig. Jedoch könne in diesem Fall die Auslegung ergeben, dass es sich um einen Beirat handeln soll. So auch Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1207 Fn. 5. Für eine formale Abgrenzung wohl auch: O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 38 f.; Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 46 f.; Spindler, ZIP 2011, 689, 695; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198. 2 Bork/Schäfer/Rieble, § 52 Rn. 5. Auch nach R. Werner, GmbHR 2015, 577, 579, soll die Anwendbarkeit des § 52 GmbHG auch dann im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden können, wenn das Organ alle Anforderungen an einen Aufsichtsrat erfüllt.

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

von der im Gesellschaftsvertrag vorgenommenen Ausgestaltung, alle Anforderungen an einen Aufsichtsrat erfüllen. So wird etwa allein als Folge der Bezeichnung des Organs als Aufsichtsrats trotz Abbedingung des § 111 Abs. 1 AktG, dem Aufsichtsrat zwingend die Überwachungskompetenz und damit auch die Überwachungspflicht zugewiesen.3 Begründet wird dieser Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter mit der Widersprüchlichkeit der Bezeichnung des Organs als Aufsichtsrat bei gleichzeitig fehlender Zuweisung der Überwachungskompetenz; der Rechtsverkehr sei daher zu schützen.4 Diese Ansicht nimmt damit im Interesse des Rechtsverkehrs eine teleologische Reduktion der Verweisungskette des § 52 Abs.1 GmbHG vor.5 Wird die Bezeichnung „Aufsichtsrat“ gebraucht und nach § 52 Abs. 3 GmbHG sowie § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG bekannt gemacht, soll sich die Gesellschaft daran messen lassen müssen; das Organ sei als Überwachungsorgan zu behandeln, den Aufsichtsratsmitgliedern obliege die Überwachungspflicht.6 Um dieses Ergebnis zu erreichen, werden damit die Regelungen in der Satzung, welche im Widerspruch zu der Bezeichnung als Aufsichtsrat stehen der Nichtigkeitsfolge unterzogen. Eine Satzungsbestimmung, welche dem Aufsichtsrat die Überwachungspflicht entzieht, soll damit auch als Folge der Nichtigkeit dem Löschungsverfahren nach § 398 i.V.m. § 395 FamFG unterliegen.7 Die Nichtigkeit könne von den betroffenen Gesellschaftern, den Geschäftsführern und den Aufsichtsratsmitgliedern geltend gemacht werden.8 Auch für den Bereich der weisungsunabhängigen Ausgestaltung der Aufgabenwahrnehmung durch den Aufsichtsrat wird vertreten, dass eine Satzungsbestimmung, welche eine Weisungsabhängigkeit des Aufsichtsrats vorsehe, nichtig sei.9 Auch hier wird mit dem zwingend zu wahrenden Gläubigerschutz argumentiert.10 Nach dieser Ansicht ist somit zwar zunächst eine formale Abgrenzung nach der Bezeichnung des Organs vorzunehmen. Diese soll aber materielle Folgen für das 3 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 13; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 100; E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 454. Einschränkend Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 96: Nichtigkeit nur, sofern die Auslegung nicht ergebe, dass ein Beirat gewollt sei; ebenso: Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 47. 4 Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 13. 5 So E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 458; ders., GmbHR 2012, 181, 185; Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 46. 6 E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 454. 7 E. Vetter, GmbHR 2011, 449, 454. Auch Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 100 gehen davon aus, dass entsprechende Bestimmungen in der Satzung wegen inhaltlichen Sittenverstoß nichtig seien, allerdings mit Verweis auf Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198. Die Fundstelle betrifft aber nur Satzungsbestimmungen, die die Weisungsabhängigkeit des Aufsichtsrats regeln. So wohl auch Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 96. 8 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 96. 9 O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 38 f.; Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 46; E. Vetter, GmbHR 2012, 181, 185; ders., GmbHR 2011, 449, 458; Spindler, ZIP 2011, 689, 695; Banspach/Nowak, Der Konzern 2008, 195, 198. 10 So O. Schön, Haftung kommunaler Aufsichtsratsmitglieder, S. 39.

A. Formale o. funktionale Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft?

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Organ nach sich ziehen. Voraussetzung für die Anwendung des § 52 GmbHG und damit eine entsprechende Wahl der Gesellschafter wäre damit nur die Bezeichnung des Organs als Aufsichtsrat. Allein diese Bezeichnung im Gesellschaftsvertrag wäre entscheidend für die unmittelbare Anwendung der Publizitätsanforderungen der §§ 52 Abs. 3, 35a GmbHG, aber auch die Zuweisung materieller Kompetenzen und Pflichten der Organmitglieder und der daraus jeweils resultierenden Folgen. Diese Sicht führt damit im Ergebnis dazu, dass infolge der Einordnung einer Ausgestaltung als Mindestanforderung an einen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG, der entsprechende Verweis ins Aktienrecht in § 52 Abs. 1 GmbHG als zwingend einzustufen ist. Sofern es sich bei einer Regelung um Mindestanforderungen an einen Aufsichtsrat handelt, wird damit die Disposivität aufgehoben. Sodann finden sich auch Stimmen, die diesen einschneidenden Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter zu relativieren versuchen. So erfolgt der Hinweis, dass vorrangig die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags auszulegen seien. Ergebe die Auslegung, dass trotz der Bezeichnung als Aufsichtsrat ein Beirat gewollt sei, liege ein solcher vor. In allen anderen Fällen seien aber Satzungsbestimmungen, welche den Anforderungen an einen Aufsichtrsrat im Sinne des § 52 GmbHG nicht genügen, nichtig.11

II. Funktionale Abgrenzung nach der Ausgestaltung des Organs? Die Gegenansicht nimmt die Abgrenzung funktional, also anhand der dem Organ laut Gesellschaftsvertrag übertragenen Kompetenzen und deren Ausgestaltung vor.12 Dies soll nicht nur für das Fehlen der Überwachungskompetenz, sondern explizit auch für die weisungsabhängige Ausgestaltung des Zusatzorgans gelten, sodass ein 11

Lieschke, Weisungsbindungen der Gemeindevertreter, S. 47; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 96. 12 So die h.M., MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 3 und Rn. 36 f.; Lutter/Krieger/ Verse, Rn. 1207; Scholz/Uwe H. Schneider, § 52 Rn. 3 f.; Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 17 (anders aber bei Rn. 96); Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 52 Rn. 22 (anders aber Rn. 100); Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 8; MünchHdbGesRt/MarschBarner/Diekmann, Bd. III, § 48 Rn. 5; Rohleder, Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, S. 13; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, S. 20 f.; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 109; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 76; F. Fleischer, Zusatzorgan, S. 53; Grote, Anlegerschutz bei der Publikums-KG, S. 115; Bayer, FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 75, 77; Jacobs, FS Brandner, 1996, S. 73, 74; Ruter/Thümmel, Beiräte in mittelständischen Unternehmen, Rn. 172; Wiedemann/Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 3 Rn. 15 (S. 22); Thiessen, ZGR 2011, 275, 282; Keßler, GmbHR 2000, 71, 72; Lange, GmbHR 2006, 897, 898; Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 752; van Venrooy, GmbHR 2009, 449, 450; Gräwe/Stütze, GmbHR 2012, 877, 878. So auch bereits Bauer, Geschäftsführung und Aufsichtsrat, 1910, S. 532; Warneyer/Koppe, 1924, § 52 Anm. 3; Staub, 1. Aufl. 1903, § 52 Anm. 2; Hachenburg, GmbHG, 5. Aufl. 1927, § 52 Anm. 4; Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1929, S. 555; Halitzki, Fakultativer Aufsichtsrat, 1932, S. 49.

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

weisungsabhängiges Kontrollorgan trotz dessen Bezeichnung als Aufsichtsrat kein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG wäre.13 Für die Abgrenzung nach der Funktion des Organs wird angeführt, sie entspreche allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, nach welchen es grundsätzlich nicht auf die Bezeichnung als solche ankomme, sondern auf das Vorliegen materieller Gesichtspunkte.14 Die Bezeichnung des Organs soll allerdings als Indiz für die Einordnung als Aufsichtsrat herangezogen werden können.15 Diese Ansicht hat zur Folge, dass einerseits die Bezeichnung des Organs, etwa als Beirat oder Verwaltungsrat, grundsätzlich unerheblich für die Einordnung des Organs als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG ist. Anderseits wäre damit auch ein als Aufsichtsrat bezeichnetes Organ mangels Erfüllung der Anforderungen, die an ein solches Organ zu stellen sind, kein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG. Somit führt das Anknüpfen an materielle Gesichtspunkte für die Einordnung als Aufsichtsrat und die Anwendung des § 52 GmbHG, aber auch des § 35a GmbHG, im Ergebnis dazu, dass ein „falsch“ bezeichnetes Organ besteht. Auch dies kann zu einer Gefährdung des auf die Bezeichnung vertrauenden Rechtsverkehrs führen. Um eine solche Täuschung des Rechtsverkehrs zu verhindern, wird vorgebracht, das Registergericht müsse die Eintragung dieser fehlerhaften Bezeichnung nach § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG ablehnen.16

III. Schlussfolgerungen aus der Differenzierung nach Wahlund Dispositionsfreiheit: Die Unterscheidung zwischen Eröffnung des Anwendungsbereichs und Gestaltungsspielraum innerhalb des Anwendungsbereichs Sowohl die formale als auch die funktionale Sichtweise verfolgen das Ziel sicherzustellen, dass ein als Aufsichtsrat bezeichnetes Organ auch die Anforderungen an einen solchen erfüllt. Die Art und Weise, wie dieses Ergebnis zu erreichen versucht wird, unterscheidet sich jedoch grundlegend. Die formale Sichtweise schränkt die Gestaltungsfreiheit ausgehend von der Bezeichnung des Organs ein. Allein aufgrund der Bezeichnung und unabhängig von der Ausgestaltung des Organs im Gesellschaftsvertrag werden auf das als Aufsichtsrat bezeichnete Organ alle Vor13 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1214; MünchKommGmbHG/Spindler, § 52 Rn. 220; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Schnorbus, § 52 Rn. 39; Michalski/Giedinghagen, § 52 Rn. 174 (anders ders. aber für die Überwachungskompetenz, vgl. Rn. 13); Strobel, Verschwiegenheitspflicht kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat, S. 89; dies., DVBl. 2005, 77, 80; Schodder, NdsVBl. 2012, 121, 125. 14 Schürnbrand, Organschaft, S. 71 mit Hinweis auf BGHZ 150, 286, 291 (für die Einordnung eines Organs als Verbandsgericht oder echtes Schiedsgericht). 15 Ulmer/Heermann, § 52 Rn. 18; v. Mangoldt, Der Beirat, S. 109; Gräwe/Stütze, GmbHR 2012, 877, 878. 16 Lutter/Krieger/Verse, Rn. 1207.

A. Formale o. funktionale Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft?

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schriften angewendet, welchen ein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG genügen muss. Umgekehrt wird nach der funktionalen Sicht ein Organ unabhängig von dessen Bezeichnung solange nicht als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG behandelt, als dessen gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung nicht alle Anforderungen erfüllt, die an einen Aufsichtsrat zu stellen sind. Ist dies jedoch der Fall, soll es sich unabhängig von der Bezeichnung des Organs um einen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG handeln. Ausgangspunkt der Überlegung, anhand welcher Kriterien zu bestimmen ist, ob ein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG vorliegt, muss sein, dass in den Fällen eines Auseinanderfallens von Bezeichnung des Organs als Aufsichtrat und dessen Ausgestaltung, abweichend von den zwingend an einen Aufsichtsrat zu stellenden Anforderungen, das Organ hinter den Erwartungen des Rechtsverkehrs an ein effektives, unabhängiges Kontrollorgan zurückbleibt. Die Folgen dieses Zurückbleibens hinter den Mindestanforderungen sind einheitlich auszugestalten, also etwa bei weisungsabhängiger Ausgestaltung des Aufsichtsrats, fehlender Zuweisung von Mindestkompetenzen sowie bei Fehlen sonstiger Anforderungen an ein Aufsichtsorgan. Ob ein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG vorliegt, ist anhand der Art der im Gesellschaftsvertrag vorgenommenen Regelungen und damit der Art der gewährten und ausgeübten Gestaltungsfreiheit zu bestimmen. Maßgebend ist die bereits zuvor vorgenommene Unterscheidung zwischen der Wahlfreiheit der Gesellschafter, einen Aufsichtsrat einzurichten sowie des sodann durch § 52 GmbHG gewährten Dispositionsspielraums. Für die Einordnung eines Organs als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG ist dabei nicht die Ausgestaltung im Rahmen des durch § 52 GmbHG gewährten Dispositionsspielraums entscheidend. Die an einen Aufsichtsrat zu stellenden Anforderungen sind folglich nicht im Wege der teleologischen Reduktion des § 52 Abs. 1 a.E. GmbHG sicherzustellen, und damit der Beschränkung des disponiblen Verweisses auf die Regelungen des Aktienrechts. Es ist schon zuvor bei der Definition des Aufsichtsrats anzusetzen und zu fragen, in welchen Fällen von § 52 GmbHG, als Anregungsnorm, Gebrauch gemacht und die eröffnete Wahlfreiheit ausgeübt wurde. Erst wenn der Anwendungsbereich des § 52 GmbHG eröffnet ist, und damit ein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG vorliegt, kann innerhalb des nunmehr eröffneten Spielraums eine zulässige Gestaltung vorgenommen werden. Die sich daher stellende Frage nach der Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 52 GmbHG und damit, wann von der durch § 52 GmbHG eröffneten Wahlfreiheit Gebrauch gemacht wurde, geht einher mit der Frage nach den formellen und materiellen Mindestanforderungen denen ein Organ genügen muss, um fakultativer Aufsichtsrat zu sein. Aufgrund der Verkehrserwartung an ein solches Organ muss dieses bestimmten Voraussetzungen genügen, damit überhaupt ein Organ im Sinne des § 52 GmbHG vorliegt. Ist dies nicht gegeben, wurde bereits kein Aufsichtsrat errichtet, sondern ein sonstiges Organ. Wenn dies aber der Fall ist, ist zu fragen,

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

inwieweit die Gesellschafterversammlung für dieses Aufsichtsorgan von der nun eröffneten Dispositionsfreiheit Gebrauch machen kann. Dies richtet sich nach den gesetzlichen Schranken, die der Ausgestaltung gezogen sind. Ausgehend von dieser Unterscheidung stellt sich die Frage der formalen oder funktionalen Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft im Rahmen der Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 52 GmbHG. Es gilt zu untersuchen, ob dieser formal, und damit nach der Bezeichnung des Aufsichtsrats, oder funktional anhand der dem Aufsichtsrat innerhalb der Gesellschaft zugewiesenen Funktion zu bestimmen ist. Die Art der Bestimmung des Anwendungsbereichs entscheidet über Art und Umfang der gewährten Wahlfreiheit bei der Errichtung des Aufsichtsrats. Da ein Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter und damit in die durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährte Satzungsautonomie aufgrund der zu erfolgenden Verhältnismäßigkeitsprüfung möglichst schonend zu erfolgen hat,17 zeigt sich, dass eine funktionale Abgrenzung vorzunehmen ist. Bei einer Anwendung des § 52 GmbHG allein aufgrund der Bezeichnung des Organs wäre jede gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung des Organs ohne Wirkung, welche Abweichungen von den auf einen Aufsichtsrat zwingend anzuwendenden Bestimmungen enthielte. Bereits nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen hat aber vor einer Anwendung der Nichtigkeitsfolge die Auslegung der Erklärung und damit der von den Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag vorgenommenen Regelungen zu erfolgen. Es ist zu fragen, welche Bedeutung die Parteien, also die Gesellschafter, den Bestimmungen über das Zusatzorgan beimessen wollten. Nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen richtet sich dies nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung sowie deren systematischen Bezug zu anderen Satzungsvorschriften. Dabei müssen nach überwiegender Meinung korporative Satzungsbestimmungen nach objektiven Gesichtspunkten aus sich heraus ausgelegt werden, sodass Umstände ohne ausreichende Anhaltspunkte im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich nicht herangezogen werden können.18 Begründet wird diese gebotene objektive Auslegung mit der Schutzbedürftigkeit von Gläubigern, künftigen Gesellschaftern oder sonstigen Dritten.19 Die Grundsätze objektiver Satzungsauslegung stehen aber einer ergänzenden Satzungsauslegung nicht zwingend entgegen. Auch eine Umdeutung soll möglich sein.20 Entscheidend ist damit, wie eine Regelung im Gesellschaftsvertrag auszulegen ist, mit der ein Organ errichten werden soll, das zwar nicht als Aufsichtsrat bezeichnet wird, aber alle Anforderungen erfüllt, die an ein solches Organ zu stellen sind. Es gilt den – objektiv aus dem Gesellschaftsvertrag erkennbaren – Willen der Gesellschafter zu ermitteln. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Gesellschafter, 17

Vgl. zur Begrenzung der durch § 52 GmbHG gewährten Gestaltungsfreiheit 2. Teil, B. So die h.M., vgl. etwa BGHZ 116, 359, 366; 123, 347, 350; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 2 Rn. 19; Roth/Altmeppen, § 2 Rn. 16; Baumbach/Hueck/Fastrich, § 2 Rn. 31; jew. m.w.N.; a.A. Scholz/Emmerich/Wicke, § 2 Rn. 38 f.; Grunewald, ZGR 1995, 68, 85 ff.; Schockenhoff, ZHR 2013, 76, 87 ff.; Fleischer, DB 2013, 1466, 1471 ff. 19 BGHZ 123, 347, 350. 20 Roth/Altmeppen, § 2 Rn. 18. 18

A. Formale o. funktionale Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft?

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unabhängig von der gewählten Bezeichnung, vorrangig ein Organ mit den von ihnen zugedachten Kompetenzen und der gewünschten Ausgestaltung errichten wollen. Auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung kommt es bei einem übereinstimmenden Willen nach allgemeinen Grundsätzen nicht an. Gegen die Anwendung der Grundsätze der falsa demonstratio auf die Auslegung von Gesellschaftsverträgen wird zwar vorgebracht, dies verstoße gegen das Gebot der objektiven Auslegung von korporativen Satzungsbestandteilen, welches die Beachtlichkeit allein des Willens der Beteiligten für die Auslegung einschränke.21 Die Ausgestaltung des Organs und daraus resultierend, die dem Organ innerhalb der Gesellschaft zugedachte Funktion ergibt sich jedoch in diesem Fall bereits aus der von den Gesellschaftern vorgenommenen Regelung im Gesellschaftsvertrag. Die Grundsätze objektiver Satzungsauslegung können bei einer Auslegung anhand der dem Organ im Gesellschaftsvertrag zugedachten Stellung nicht verletzt werden. Damit liegt bei einem im Gesellschaftsvertrag als „Aufsichtsrat“ bezeichnetem Zusatzorgan, das nicht die Anforderungen erfüllt, die an einen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG zu stellen sind, auch lediglich ein sonstiges Zusatzorgan vor. Dieses unterliegt damit nicht dem Anwendungsbereich des § 52 GmbHG und damit auch nicht den Transparenzerfordernissen der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG. Diese sind nur bei einer Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 52 GmbHG anwendbar. Diese funktionale Sichtweise der Bestimmung des Anwendungsbereichs ist auch im Interesse der Gesellschafter, eine möglichst weitreichende Gestaltungsmacht zu erhalten, geboten. Eine formale Abgrenzung würde zu einer zwingenden Anwendung von Regelungen führen, welche von den Gesellschaftern nicht gewünscht sind und damit einen weitaus größeren Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter darstellen. Allein der Schutz des Rechtsverkehrs rechtfertigt nicht, die Befugnis der Gesellschafter zur eigenverantwortlichen Ausgestaltung der Organe einzuschränken und damit den Gesellschaftern ein Kontrollorgan aufzuzwingen, welches diese nicht wollen. Zwar ist im Rahmen der erforderlichen Abwägung der Interessen der Gesellschafter mit denen der Gesellschaftsgläubiger zu bedenken, dass das Interesse der Gesellschafter an einer möglichst weitreichenden Gestaltungsfreiheit und damit an der Aufrechterhaltung der von ihnen vorgenommenen Gestaltung mit dem Schutz der Gläubiger vereinbar sein muss. Ein berechtigtes Vertrauen der Gläubiger auf das Bestehen eines Kontrollorgans entsteht aber allein aufgrund der Publizität. Sofern das Organ als sonstiges Zusatzorgan anzusehen ist und damit nicht den Publizitätsanforderungen der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG unterliegt, verlangt der Gläubigerschutz und damit die berechtigte Verkehrserwartung gerade nicht die Einsetzung eines effektiven Kontrollorgans und damit insbesondere nicht die zwingende Anwendung der Kontrollkompetenz und damit die Kontrollpflicht der Organmitglieder sowie deren Weisungsfreiheit. In diesem Fall kann mangels Publizität bereits kein berechtigtes Vertrauen entstehen; es 21

So Spindler, ZIP 2011, 689, 695.

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

bedarf keines Schutzes der Gläubiger. Der Rechtsverkehr hat kein berechtigtes Interesse, dass ein Aufsichtsorgan errichtet wird, sondern nur, dass, sofern ein solches besteht und publik gemacht wurde, dieses die Erwartungen an ein solches Organ erfüllt. Bei einer Bestimmung des Anwendungsbereichs anhand der Funktion des Aufsichtsorgans kann auch ein strengerer Maßstab bei der Bestimmung von zwingend auf einen solchen Aufsichtsrat anzuwendenden Regelungen angewandt werden, denn Folge eines Verstoßes gegen solche zwingenden Regelungen ist jeweils allein der Verlust der Aufsichtsratseigenschaft. In diesen Fällen handelt es sich unter Beibehaltung der gewollten Gestaltung lediglich um ein sonstiges Organ der Gesellschaft. Wird daher eine Gestaltung abweichend von den Mindestanforderungen an einen Aufsichtsrat gewählt, führt dies nicht zur Nichtigkeit der entgegenstehenden Regelung, sondern zur fehlenden Eröffnung des Anwendungsbereichs. Der Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter erfolgt weniger einschneidend, als dies bei Anwendung der Nichtigkeitsfolge auf die gewollte Ausgestaltung und damit der zwingenden Zuweisung einer bestimmten Ausgestaltung entgegen dem Willen der Gesellschafter der Fall wäre.

B. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung des Organs Folge der funktionalen Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 52 GmbHG ist, dass die Gesellschafter ein Organ nur als Aufsichtsrat bezeichnen dürfen, wenn es sich auch um einen solchen handelt, also infolge der Ausgestaltung des Organs im Gesellschaftsvertrag der Anwendungsbereich des § 52 GmbHG eröffnet ist. Bei der Bezeichnung als „Aufsichtsrat“ handelt es sich um einen terminus technicus. Im Fall des Auseinanderfallens von Bezeichnung und Ausgestaltung ist daher die Bezeichnung des Organs fehlerhaft und nicht etwa dessen Ausgestaltung.

I. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung bei Errichtung des Zusatzorgans im Rahmen der Gründung und bei nachträglicher Errichtung Diese Falschbezeichnung stellt zunächst einen Verstoß gegen § 52 Abs. 1 GmbHG dar, wonach nach dem Gesellschaftsvertrag ein „Aufsichtsrat“ bestellt werden kann, also ein Organ mit der entsprechender Ausgestaltung, aber auch korrespondierend mit einer entsprechenden Bezeichnung. Die Folgen eines fehlerhaften Gesellschafterbeschlusses richten sich grundsätzlich nach den §§ 241 ff. AktG analog. Der zugrunde liegende Beschluss ist daher in Bezug auf die fehlerhafte Bezeichnung des Organs im Gesellschaftsvertrag jedenfalls entsprechend den §§ 243 ff. AktG anfechtbar.

B. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung des Organs

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Die Bezeichnung eines Organs im für jedermann einsehbaren Gesellschaftsvertrag als Aufsichtsrat suggeriert jedoch auch eine höhere Seriosität der Gesellschaft aufgrund der erwarteten Organisationsstruktur. Der hierauf vertrauende Rechtsverkehr wird getäuscht. Die Bezeichnung eines Organs als Aufsichtsrat, welches nicht die berechtigten Erwartungen des Rechtsverkehrs an ein Aufsichtsorgan erfüllt, verstößt somit in analoger Anwendung gegen § 241 Nr. 3 AktG, und hierbei gegen Vorschriften, die überwiegend dem Schutz der Gläubiger dienen. Die Nichtigkeitsfolge bezieht sich hierbei jedoch im Regelfall allein auf die fehlerhafte Bezeichnung des Organs und nicht, wie von den Anhängern einer formalen Betrachtungsweise gefordert, auf die Ausgestaltung des Organs abweichend von den insoweit als zwingend eingestuften Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG. § 139 BGB, welcher auch auf Beschlüsse der Gesellschafterversammlung und Satzungsregelungen anwendbar ist,22 gebietet bei allein fehlerhafter Bezeichnung im Regelfall nicht die Nichtigkeit sämtlicher Regelungen in der Satzung zum Zusatzorgan. Zwar ist gem. § 139 BGB der ganze Beschluss nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil gefasst worden wäre. Insoweit kommt es auf den mutmaßlichen Willen der Gesellschafterversammlung an, der grundsätzlich durch Auslegung des Beschlusses zu ermitteln ist.23 Hierbei ist davon auszugehen, dass die Gesellschafter in erster Linie die gewählte Organisationsstruktur schaffen wollen,24 welche daher nicht vernichtet werden soll und diese bei Kenntnis der Nichtigkeit die fehlerhafte Bezeichnung im Gesellschaftsvertrag nicht gewählt hätten, sondern vernünftigerweise eine andere. In der Folge stellt bei Errichtung des Aufsichtsrats im Rahmen der Gründung der Gesellschaft – lediglich – die fehlerhafte Bezeichnung des Organs ein Eintragungshindernis nach § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG dar. Im Rahmen der Errichtung der Gesellschaft erfolgt durch das Registergericht nach § 9c GmbHG nur eine eingeschränkte materielle Inhaltskontrolle des Gesellschaftsvertrags. Nach § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG stellen Bestimmungen der Satzung, die Vorschriften verletzen, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind, ein Eintragungshindernis dar. Der Wortlaut der Vorschrift orientiert sich dabei an § 241 Nr. 3 AktG, dessen Voraussetzungen bei fehlerhafter Bezeichnung des Zusatzorgans gegeben sind. Da es sich bei der fehlerhaften Bezeichnung des Zusatzorgans um einen behebbaren Mangel handelt, hat das Registergericht, bevor es eine Eintragung ablehnt, hierauf zunächst durch Zwischenverfügung hinzuweisen. Bei nachträglicher Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats bestehen die Beschränkungen der materiellen Prüfung des

22

So die h.M., vgl. statt aller BGH, NZG 2015, 867, 870 f.; Baumbach/Hueck/Fastrich/ Haas/Noack/Beurskens, Anh. § 47 Rn. 78; jew. m.w.N. 23 BGH, NZG 2015, 867, 870 f.; Baumbach/Hueck/Fastrich/Haas/Noack/Beurskens, Anh. § 47 Rn. 78 m.w.N. 24 MünchKommBGB/Busche, § 139 Rn. 7.

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

Satzungsinhalts gem. § 9c Abs. 2 GmbHG nicht.25 Das Registergericht ist zur umfassenden Prüfung berechtigt. Im Fall einer dennoch erfolgten Eintragung der fehlerhaften Strukturänderung folgt aus der konstitutiven Wirkung des § 54 GmbHG grundsätzlich keine Heilung der fehlerhaften Bestimmung.26 Neben der Möglichkeit der Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG, kann auch das Registergericht jederzeit die Löschung der nichtigen Satzungsbestimmung nach § 398 FamFG von amts wegen vornehmen. Ein in das Handelsregister eingetragener Beschluss der Gesellschafterversammlung kann gelöscht werden, wenn sein Inhalt zwingende gesetzliche Vorschriften verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint. Der Mangel muss auch hier die Nichtigkeit des Beschlusses analog § 241 AktG nach sich ziehen, eine Anfechtbarkeit genügt nicht,27 was vorliegend, wie gezeigt, der Fall ist. Das Registergericht stellt sodann den Mangel der Satzung durch Beschluss fest. Die Löschung erfolgt durch Eintragung eines Vermerks, der den Beschluss insoweit als nichtig bezeichnet.28 Bis zur Beendigung dieses Verfahrens ist eine Heilung durch eine die fehlerhalfte Bezeichnung korrigiernde Satzungsänderung jederzeit möglich.29

II. Fehlerhafte Anwendung der Publizitätsvorschriften Die Publizitätsanforderungen der §§ 35a Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 3 GmbHG sind nur bei Vorliegen eines Aufsichtsrats im Sinne des § 52 GmbHG anzuwenden. Im Fall einer mit der fehlerhaften Organbezeichnung einhergehenden fehlerhaften Anwendung der Publizitätsvorschriften erfolgt eine Fehlinformation des Rechtsverkehrs. So wird bei unzutreffender Bezeichnung als Aufsichtsrat und Bekanntgabe gem. § 52 Abs. 3 GmbHG und § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG der Eindruck erweckt, als verfüge die Gesellschaft über einen Aufsichtsrat, obwohl das betreffende Organ nicht die Mindestanforderungen an einen solchen erfüllt. Dasselbe gilt, wenn die Gesellschaft in Wahrheit über einen Aufsichtsrat verfügt, jedoch mangels Bezeichnung als solchen die §§ 35a Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 3 GmbHG nicht angewandt werden. Damit stellt sich die Frage, welche Folgen die fehlerhafte Anwendung der Publizitätsvorschriften nach sich zieht.

25 BayObLG v. 23. 5. 2001 – 3 Z BR 31/01, GmbHR 2001, 728; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 54 Rn. 8; Scholz/Priester, § 54 Rn. 29; jew. m.w.N.; so auch die Begr. RegE § 57a, BRDrucks. 340/97, S. 80; einschränkend: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noak, § 54 Rn. 22 ff.; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 77. 26 Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 94. 27 Vgl. statt vieler Bumiller/Harders/Schwamb, § 398 Rn. 3; MünchKommFamFG/Krafka, § 398 FamFG Rn. 8; jew. m.w.N. 28 § 44 HRV. 29 Allgemein zu dieser Möglichkeit: Baumbach/Hueck/Fastrich, § 3 Rn. 23.

B. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung des Organs

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Da durch die Publizität der Eindruck entsteht, die Gesellschaft verfüge über ein Organ, welches den Anforderungen des § 52 Abs. 1 GmbHG genügt, sollen „Sanktionen nach Publizitäts- und Rechtsscheinsgrundsätzen“ in Betracht kommen.30 1. Zwangsweise Durchsetzung der zutreffenden Anwendung der Publizitätsvorschriften Zur Durchsetzung der Publizitätspflicht nach § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG kann nach § 79 Abs. 1 GmbHG gegen die Geschäftsführer ein Zwangsgeld verhängt werden. Nach allgemeinen Grundsätzen kommt die Verhängung eines Zwangsgeldes nicht nur bei fehlenden oder unrichtigen Angaben auf den Geschäftsbriefen in Betracht. Sie ist auch dann möglich, wenn die veröffentlichten Angaben unrichtig sind.31 § 79 Abs. 1 GmbHG kommt daher sowohl bei fehlenden Angaben über das Bestehen eines Aufsichtsrats im Sinne des § 52 GmbHG als auch bei einer Nennung des „Aufsichtsratsvorsitzenden“ bei fehlender Aufsichtsratseigenschaft, also bei Bestehen eines sonstigen Zusatzorgans, zur Anwendung. Dabei kommt es lediglich auf die objektiv fehlerhafte Anwendung des § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG an, ein Verschulden ist im Rahmen des § 79 Abs. 1 GmbHG nicht erforderlich. Für den Fall der Errichtung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft verweist § 52 Abs. 3 S. 1 GmbHG auf § 37 Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 3a AktG. Wurde daher vor der Anmeldung der Gesellschaft ein Aufsichtsrat gebildet, so müssen die Urkunden über seine Bestellung mit den Unterlagen nach § 8 GmbHG beim Registergericht eingereicht werden. Bei fehlerhaften oder fehlenden Angaben hat das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen. Um den Gesellschaftern eine Korrektur der Fehler zu ermöglichen, hat zunächst ein Hinweis hierauf durch eine Zwischenverfügung gem. § 382 Abs. 4 FamFG zu erfolgen.32 Trägt das Registergericht die Gesellschaft dennoch ein, entsteht diese wirksam. In diesem Fall kann sodann nach § 78 GmbHG, § 14 HGB die Einreichung der Liste der Aufsichtsratsmitglieder durch die Verhängung eines Zwangsgeldes erzwungen werden. Bei Verstößen gegen die Publizitätspflichten aus § 52 Abs. 3 S. 2 GmbHG, und damit im Fall der nachträglichen Errichtung eines Aufsichtrats, kommt ebenfalls eine Sanktionierung nach § 78 GmbHG, § 14 HGB in Betracht.

30

Thiessen, ZGR 2011, 275, 282. So auch Scholz/Wicke, § 79 Rn. 3; Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, § 35a Rn. 28. 32 Vgl. für die Aktiengesellschaft: MünchKommAktG/Pentz, § 37 Rn. 75; Hüffer/Koch, AktG, § 37 Rn. 18. 31

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

2. Haftung infolge der fehlerhaften Anwendung der Publizitätsvorschriften Weiter ist zu untersuchen, welche Folgen eine fehlerhafte Publikmachung eines Zusatzorgans, welches nicht die Mindestanforderungen an einen Aufsichtsrat erfüllt, als „Aufsichtsrat“ für das Außenverhältnis und damit im Verhältnis zu Dritten nach sich zieht. a) Haftung nach Rechtsscheinsgesichtspunkten Im Fall der fehlerhaften Offenlegung des Organs als Aufsichtsrat liegt weder tatsächlich ein Aufsichtsrat vor noch eine Tätigkeit des Organs als Aufsichtsrat. Es wird lediglich nach außen der Eindruck erweckt, es bestehe ein Aufsichtsrat. Aus § 15 HGB lassen sich keine Folgen bei fehlerhafter Offenlegung des Vorhandenseins eines Kontrollorgans herleiten. Gem. § 52 Abs. 3 GmbHG ist die Liste der Aufsichtsratsmitglieder lediglich zum Handelsregister einzureichen. Zwar wird die Einreichung der Liste gem. § 10 HGB elektronisch bekannt gemacht und diese gem. § 9 HGB zum elektronischen Abruf bereitgestellt. Eine Eintragung der Aufsichtsratsmitglieder entsprechend § 10 GmbHG ist allerdings nicht vorgesehen, sodass die Liste der Aufsichtsratsmitglieder mangels „einzutragender Tatsache“ nicht an der Publizität des Handelsregisters teilnimmt und daher der gute Glaube an eine eingereichte oder nicht eingereichte Liste der Aufsichtsratmitglieder nicht von § 15 HGB geschützt wird.33 Neben § 15 HGB kommen jedoch auch die allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze zur Anwendung. Der gute Glaube an die gem. § 52 Abs. 3 GmbHG, §§ 9, 10 HGB beim Registergericht eingereichte und im Unternehmensregister abrufbare Namensliste wird über die allgemeine Rechtsscheinshaftung geschützt.34 Ausdrückliche Begründung für die Beschränkung der Bekanntmachung auf die Einreichung zum Handelsregister ist, neben der Entlastung von Bürokratieaufwand, die jederzeitige elektronische Einsehbarkeit der Liste der Aufsichtsratsmitglieder.35 Aus der fehlenden Eintragung der Aufsichtsratsmitglieder in das Handelsregister ist folglich keine geminderte Bedeutung der Bekanntgabe für den 33 Vgl. für die Aktiengesellschaft: KölnerKommAktG/Mertens/Cahn, § 106 Rn. 10; MünchKommAktG/Habersack/Kalss, § 106 Rn. 13; K. Schmidt/Lutter/Drygala, AktG, § 106 Rn. 6; Hüffer/Koch, AktG, § 106 Rn. 1; GroßkommAktG/Hopt/Roth, § 106 Rn. 22; Spindler/ Stilz, AktG, § 106 Rn. 2; Wachter, AG 2016, 776; Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 299. 34 So für die Aktiengesellschaft: MünchKommAktG/J. Koch, § 250 Rn. 25; MünchKommAktG/Habersack/Kalss, § 106 Rn. 13 (Analogie zu § 171 Abs. 2 BGB); GroßkommAktG/Hopt/Roth, § 106 Rn. 23; Spindler/Stilz, AktG, § 106 Rn. 2; Höpfner, ZGR 2016, 505, 526; Cziupka, DNotZ 2013, 579, 583; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratmitglieder, S. 79; Gimmler, Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis, S. 198; offen gelassen: Lieder, ZHR 178 (2014), 282, 299. 35 Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Gesetzesentwurf der BReg zum Entwurf eines Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG), BT-Drucks. 16/2781, S. 88 f.

B. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung des Organs

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Rechtsverkehr abzuleiten, zumal der nationale Gesetzgeber bei Einführung des § 52 Abs. 2 GmbHG a.F. im Jahr 1969 davon ausging, dass die zugrundeliegende Publizitätsrichtlinie in erster Linie den Gläubigerschutz sicherstellen will.36 Sofern daher das Vorhandensein eines Aufsichtsrats nach § 52 Abs. 3 GmbHG veröffentlicht wurde, können gutgläubige Dritte sich gegenüber der Gesellschaft auf den hierdurch gesetzten Rechtsschein berufen. Gleiches gilt für eine Bekanntgabe gem. § 35a GmbHG. Es handelt es sich damit um einen Aufsichtsrat kraft Rechtsscheins. Allerdings dürfte die praktische Relevanz einer solchen Verantwortlichkeit der Gesellschaft als Haftungsobjekt gering sein. Der Rechtsverkehr darf nur darauf vertrauen, dass ein Aufsichtsrat besteht, welcher die Mindestanforderungen an einen solchen erfüllt. Aufgrund der in diesem Fall vorwiegenden Tätigkeit des Aufsichtsrats im Innenverhältnis ist der Anwendungsbereiche einer solchen Verantwortlichkeit der Gesellschaft nach Rechtsscheinsgesichtspunkten stark eingeschränkt. Da sich zudem Haftungsfragen regelmäßig erst bei mangelhafter Solvenz der Gesellschaft stellen, ist für die Gläubiger vor allem die Frage nach weiteren Haftungssubjekten von Bedeutung. Eine Haftung auch des Handelnden aufgrund eines gesetzten, unzutreffenden Rechtsscheins ist insbesonderen für die Fälle des Auftretens unter einem falschen Rechtsformzusatz höchstrichterlich anerkannt. Hierzu wird auf die Analogie zu § 179 BGB zurückgegriffen. Die Haftung des die erforderliche Aufklärung Unterlassenden sei erforderlich, da in Fällen in der die vom Rechtsverkehr erwartete Offenlegung unterlassen und hierdurch unzutreffende Vorstellungen erweckt würden, die Gefahr entstünde, dass der Geschäftsgegner Dispositionen treffe, die er bei Kenntnis des wahren Sachverhalts ganz oder in dieser Form unterlassen hätte.37 Rechtsscheinshaftung bedeutet zwar, dass nach Maßgabe des zurechenbar gesetzten Rechtsscheins gehaftet wird. Allerdings soll nicht nur bei völligem Weglassen des Rechtsformzusatzes eine persönliche Außenhaftung auf das positive Interesse in Betracht kommen, sondern auch bei Verwendung eines unzutreffenden oder unvollständigen Rechtsformzusatzes auf Geschäftsbriefen, wie etwa bei Verwendung des Zusatzes „GmbH“ bei Vorliegen einer Unternehmergesellschaft gem. § 5a GmbHG.38 Eine solche Rechtsscheinhaftung setzt weiter voraus, dass der Vertragspartner die wahren Verhältnisse nicht gekannt und sich im Vertrauen auf das Kundgemachte auf das Vertragsverhältnis eingelassen hat. Dies darzulegen und zu beweisen ist nicht Sache des Geschäftspartners. Vielmehr muss nach der Rechtsprechung der den Rechtsschein Setzende darlegen und beweisen, dass sein Vertragsgegner die wahren Verhältnisse kannte oder kennen musste oder dass diese für 36

Vgl. Begr. BT-Drucks. 5/3862, S. 8 sowie 2. Teil, B. II. 2. b) aa). BGHZ 64, 11, 17 f. = NJW 1975, 1166; NJW 1981, 2569; NJW 1990, 2678; NJW 1991, 2627; NJW 2012, 2871; a.A. Altmeppen, NJW 2012, 2833 ff. 38 So der Fall in BGH NJW 2012, 2871, 2873; ebenso Miras, NZG 2012, 1095, 1096 f.; ablehnend etwa: MünchKommBGB/Schubert, § 179 Rn. 17; Altmeppen, NJW 2012, 2833, 2835 f.; Beuthien, GmbHR 2013, 1, 10; Pietzarka, GmbHR 2017, 73, 76 f.; Römermann, GmbHR 2012, 953, 957 f.; N. Klein, NJW 2015, 3607, 3608 ff. 37

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

ihn im konkreten Fall keine Rolle gespielt haben.39 Dieser Rechtsprechung folgen weite Teile der Literatur.40 Zwar wird auch in den Fällen der fehlerhaften Bezeichnung und Bekanntgabe eines sonstigen Zusatzorgans als Aufsichtsrat nach §§ 35a Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 3 GmbHG der Rechtsschein gesetzt, es handele eine Gesellschaft mit Aufsichtsrat. Insoweit erfolgt eine Täuschung des jeweiligen Vertragspartners. Der Rechtsverkehr darf auch darauf vertrauen, dass eine GmbH mit Aufsichtsrat grundsätzlich besser überwacht wird als ohne einen solchen und zudem im Innenverhältnis haftenden Aufsichtsratsmitglieder vorhanden sind.41 Die weiteren Voraussetzungen für eine Analogie zu § 179 BGB liegen jedoch nicht vor. Eine Garantiehaftung des Handelnden entsprechend § 179 BGB ist gerade nicht die Haftungsfolge, welche nach Maßgabe des gesetzten Rechtsscheins eintreten würde. Anders als in den Fällen des vollständigen Weglassenes eines Rechtsformzusatzes erfolgt keine Bezugnahme auf eine natürliche Person, welche unbeschränkt haften würde. Diese Folge kann daher allein durch die Täuschung über das fehlende Kontrollorgan nicht ausgelöst werden. So kann bereits nicht erwartet werden, dass die Gesellschaft über eine unbeschränkte Haftungsmasse verfügt, nur weil ein Kontrollorgan vorhanden ist. Eine Rechtsscheinhaftung des Handelnden soll nach der Rechtsprechung zwar auch dann in Betracht kommen, wenn der Geschäftspartner infolge der fehlerhaften Information auf eine bestimmte Mindestkapitalausstattung der GmbH vertrauen darf, und deshalb einen zusätzlichen, solventen Schuldner erhalten soll.42 Das Vorhandensein eines Kontrollorgans berechtigt aber auch nicht zu der Erwartung auf eine bestimmte Haftungsmasse. Zudem ist vorrangiger Zweck des § 179 BGB, dem Handelnden das von ihm geschaffene Risiko des „Ob“ des Zustandekommens des Vertrags aufzubürden. Eine Garantiehaftung auf das positive Interesse allein infolge fehlerhafter Angaben, welche Rückschlüsse auf die Solvenz der Gesellschaft erlauben, würde daher weit über das Ziel hinausschießen.43 Eine Rechtsscheinshaftung des die Veröffentlichung Veranlassenden, also in der Regel des Geschäftsführers, gegenüber Dritten wäre daher allenfalls denkbar, wenn der Anschein einer persönlichen Außenhaftung der Aufsichtsratsmitglieder erweckt würde. Dies ist aber bei einer fehlenden Angabe über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Aufsichtsrats aufgrund der reinen Innenhaftung des Aufsichtsrats nach § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 und 2 AktG nicht gegeben, zumal das Gläubigerverfolgungsrecht aus § 93 Abs. 5 AktG nicht zur Anwendung kommt.44 Zu denken wäre damit zwar auch an 39 BGHZ 64, 11, 18 f. = NJW 1975, 1166; NJW 1981, 2569; NJW 1990, 2678; NJW 2012, 2871, 2873. 40 Vgl. etwa Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, § 35a Rn. 28; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 35a Rn. 6; Baumbach/Hueck/Noack, § 35a Rn. 26; a.A. Altmeppen, NJW 2012, 2833 ff.; Haas, NJW 1997, 2854, 2855 f.; N. Klein, NJW 2015, 3607, 3608 ff. 41 Vgl. hierzu 2. Teil, B. II. 2 sowie 5. Teil, A. I. und F. 42 BGH NJW 2012, 2871 ff. für den Fall des Weglassens des Zusatzes „UG“. 43 So auch Hass, NJW 1997, 2854, 2856 für fehlerhafte Angaben zur Rechtsform. 44 Vgl. 5. Teil, F. II. 2. c).

B. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung des Organs

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eine Innenhaftung des Handelnden.45 Eine solche Innenhaftung hätte allerdings zur Folge, dass durch das Auffüllen des Stammkapitals alle und nicht nur gutgläubige Dritte, die aufgrund des gesetzten Rechtsscheins mit der Gesellschaft in Kontakt getreten sind, insbesondere auch gesetzliche Gläubiger, partizipieren würden.46 Weiter ist zu bedenken, dass eine Haftung des Vertreters nach § 179 BGB zumindest im Fall der direkten Anwendung nach herrschender Meinung ausgeschlossen ist, wenn der Vertragspartner, und damit die Gesellschaft vermögenslos ist oder ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.47 Eine Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zur Rechtsscheinshaftung analog § 179 BGB auch auf die Fälle der unzutreffenden Veröffentlichung des Vorhandenseins eines Aufsichtsrats ist daher abzulehnen. Damit scheidet auch eine Haftung der Mitglieder des fehlerhaft als Aufsichtsrat bezeichneten und publik gemachten Organs nach Rechtsscheinsgrundsätzen analog § 179 BGB aus. Wie die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht zeigen, kommt zudem eine Rechtsscheinshaftung nur in Betracht, wenn jemand durch sein Handeln zurechenbar einen Rechtsschein gesetzt hat, sodass sich der Vertragspartner auf diesen verlassen darf. Eine solche Haftung der Organmitglieder selbst ist daher bereits nur denkbar, wenn diese selbst einen ihnen zurechenbaren Rechtsschein gesetzt haben. Auch aufgrund des Prinzips der Übernahmeverantwortung und damit der Grundsätze des faktischen Organs kommt eine Haftung der Mitglieder eines fehlerhaft als Aufsichtsrat bekannt gemachten Organs analog §§ 116, 93 AktG nicht in Betracht. Die Lehre vom faktischen Organ besagt, dass wer sein Amt annimmt, trotz fehlender Bestellung hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten grundsätzlich ebenso wie ein fehlerfrei bestelltes Organ zu behandeln ist.48 Diesem Prinzip folgend ist in Fällen der fehlenden Organbestellung eine organschaftliche Haftung anerkannt. Die Grundsätze des faktischen Organs wurden zwar für Geschäftsleiter, also Geschäftsführer und Vorstand, entwickelt. Dies bedeutet indes nicht, dass eine Anwendung auf Aufsichtsratsmitglieder ausscheiden müsste.49 Im Fall der lediglich fehlerhaften Organbezeichnung werden die Aufgaben eines Aufsichtsrats aber tatsächlich nicht übergenommen. Anders als ein faktisches Aufsichtsratsmitglied, welches bei Übernahme des Amtes trotz fehlender Bestellung, zur sorgfältigen 45 So Meckbach, NZG 2011, 968, 971 für das Weglassens des Zusatzes „UG“, mit der Einschränkung, dass dieser Anspruch nur gutgläubigen Dritten zu Gute kommen dürfe; ähnlich Beuthien, GmbHR 2013, 1, 10, der für diesen Fall eine Innenhaftung der Gesellschafter auf Einlagenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 GmbHG fordert. 46 Vgl. Beurskens, NZG 2016, 681, 685. 47 H.M., vgl. etwa MünchKommBGB/Schubert, § 179 Rn. 40; Staudinger/Schilken, § 179 Rn. 15; Altmeppen, NJW 2012, 2833, 2836; jew. m.w.N. 48 Vgl. statt aller Schürmbrand, Organschaft, S. 294 ff.; Ulmer/Ransiek, vor § 82 Rn. 51 ff.; Baumbach/Hueck/Haas, § 64 Rn. 16 ff.; Roth/Altmeppen, vor § 64 Rn. 55 f.; für die Aktiengesellschaft: GroßkommAktG/Hopt/Roth, § 93 Rn. 362 ff.; jew. m.w.N. 49 Schürnbrand, Organschaft, S. 323 f.; Ulmer/Ransiek, vor § 82 Rn. 51.

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

Amtsausübung unter Beachtung der Pflichten eines Aufsichtsratsmitglieds verpflichtet ist und daher aufgrund der übernommenen Verantwortung auch bei Pflichtverstößen haftet, erfolgt eine solche Aufgaben- und damit Verantwortungsübernahme bei lediglich fehlerhafter Bezeichnung nicht. Auch die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung, welche ebenfalls zu einer Haftung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder führen,50 können daher eine Haftung der Organmitglieder nicht begründen. Zu einem anderen Ergebnis würde man allerdings gelangen, wollte man mit den Anhängern einer formalen Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft von der Bezeichnung als Aufsichtsrat auf die zwingende Anwendung der auf ein solches Organ anzuwendenden Bestimmungen schließen.51 Dies hätte für ein fehlerhaft als Aufsichtsrat bezeichnetes und bekanntgemachtes Organ und dessen Mitglieder die zwingende Anwendung der von einem Aufsichtsrat wahrzunehmenden Pflichten zur Folge. Damit wären auch die Bestimmungen zur Haftung der Aufsichtsratsmitglieder anwendbar und damit eine Innenhaftung entsprechend der §§ §§ 116 AktG, 93 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und S. 2 AktG. Dies müsste auch bei einem nach dieser Sicht unzulässigen Ausschluss der die Haftung begründenden Pflichten im Gesellschaftsvertrag gelten, also etwa bei einem ausdrücklichen Ausschluss der Kontrollpflicht. Dieses Ergebnis zeigt, dass die formale Bestimmung der Aufsichtsratseigenschaft zu erheblichen Haftungsrisiken infolge der Übernahme eines Aufsichtsratsmandats führen würde. b) (Vor-)vertragliche und deliktische Haftung In Betracht zu ziehen sind allerdings vertragliche und deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft sowie gegen den die fehlerhaften Angaben Veranlassenden, also in der Regel den Geschäftsführer. § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG ist nach zutreffender Ansicht Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.52 Die Norm, welche die Adressierung der Geschäftsbriefe an konkrete Empfänger voraussetzt und daher deren Schutz dient, besteht folglich zum Schutz von Individualinteressen.53 Auch der Kreis der Adressaten ist damit hinreichend klar abgegrenzt.54 Schadensersatzansprüche gem. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 50

Vgl. etwa BGH ZIP 2013, 720, 721; ZIP 2006, 1529, 1532 sowie 3. Teil, D. I. 5. a). Vgl. 6. Teil, I. 52 So auch die h.M., vgl. LG Detmold, NJW-RR 1990, 955; Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, § 35a Rn. 28; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 35a Rn. 6; Ulmer/Paefgen, § 35a Rn. 63; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, § 35a Rn. 52; Roth/Altmeppen, § 35a Rn. 8; Baumbach/Hueck/Noack, § 35a Rn. 26; Krieger/Schneider/Altmeppen, Handbuch Managerhaftung, § 7 Rn. 54; a.A. Hachenburg/Mertens, 8. Aufl. 1997, § 35a Rn. 12; Altmeppen, NJW 2012, 2833, 2836. 53 A.A. noch Hachenburg/Mertens, 8. Aufl. 1997, § 35a Rn. 12 (Die Vorschrift diene nur der Erleichterung der Information im Rechtsverkehr). 54 Vgl. Ulmer/Paefgen, § 35a Rn. 63; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, § 35a Rn. 52. 51

B. Folgen der fehlerhaften Bezeichnung des Organs

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§ 35a Abs. 1 GmbHG sollen sich nicht nur bei fehlenden Angaben, sondern auch bei falschen Angaben ergeben können.55 Die Verletzung des Schutzgesetzes, also die Veröffentlichung der falschen oder fehlenden Angaben, muss allerdings kausal einen Schaden verursacht haben, was in einem Prozess gegen die Gesellschaft durch die Gläubiger nachzuweisen wäre. Sofern der Vorsitzende eines Organs, welches nicht Aufsichtrat ist, nach § 35a Abs. 1 GmbHG bekannt gegeben wurde, wäre es daher Sache des Empfängers des Geschäftsbriefes nachzuweisen, dass ihm gerade infolge dieser Bekanntmachung ein konkret nachzuweisender Schaden entstanden ist. Denkbar ist hierbei etwa der Fall, dass der Empfänger nachweisen kann, dass er bei Kenntnis vom fehlenden Kontrollorgan einen Vertrag nicht geschlossen hätte, sodass ihm das negative Interesse zu ersetzen wäre. Bei fehlenden Angaben zu einem bestehenden Aufsichtsrat erscheint hingegen eine Haftung schwer denkbar. Auch muss der Verstoß gegen das Schutzgesetz zumindest fahrlässig erfolgen. Bei gezielten Falschangaben kommt auch § 826 BGB zum Tragen.56 Infolge der erhöhten Anforderungen einer solchen Haftung dürfte eine solche allerdings auf Ausnahmefälle beschränkt sein. Weitaus komfortabler für etwaige Vertragspartner ist die Haftung der Gesellschaft oder des Geschäftsführers aus culpa in contrahendo gem. § 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und Abs. 3 S. 2 BGB, welche ebenfalls bei falschen Angaben gem. § 35a GmbHG zum Anwendung kommen soll.57 Durch die Versendung eines Geschäftsbriefs unter Nennung eines Aufsichtsratsvorsitzenden wird der Anschein erweckt, als hafte eine Gesellschaft mit einem ordnungsgemäßen Kontrollorgan. Der Geschäftspartner muss hierbei, um sein negatives Interesse zu erhalten, geltend machen, er hätte mit einer Gesellschaft ohne Kontrollorgan nicht kontrahieren wollen. Anders als im Rahmen der deliktischen Haftung ist es dann Sache der Gesellschaft oder des Geschäftsführers, dies zu entkräften.58 Allerdings dürfen die Anforderungen an den Entlastungsbeweis nicht überspannt werden, insbesondere muss das Vorhandensein eines Aufsichtsrats für das konkret abgeschlossene Geschäft von Relevanz sein, was etwa bei Bargeschäften ausgeschlossen sein dürfte. Eine unmittelbare Haftung auch des Geschäftsführers kommt nur dann in Betracht, wenn dieser im Einzelfall Dritter im Sinne des § 311 Abs. 3 S. 2 BGB ist, also insbesondere bei Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens.59 Unpro55

Vgl. Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, § 35a Rn. 28. Vgl. Hachenburg/Mertens, 8. Aufl. 1997, § 35a Rn. 12. 57 Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, § 35a Rn. 28; Baumbach/Hueck/Noack, § 35a Rn. 26; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 35a Rn. 6; Roth/Altmeppen, § 35a Rn. 8; Ulmer/Paefgen, § 35a Rn. 59; Altmeppen, NJW 2012, 2833, 2837. 58 So allgemein zur Beweislastumkehr bei einer Haftung aus culpa in contrahendo bei Verstößen gegen § 35a GmbHG: Baumbach/Hueck/Noack, § 35a Rn. 26; Altmeppen, NJW 2012, 2833, 2837. 59 Dies soll bereits dann der Fall sein, wenn er durch sein Verhalten den Anschein erweckt, als hafte ein Unternehmensträger mit einer statistisch gesehen höheren Bonität, als dies tatsächlich der Fall ist, vgl. Altmeppen, NJW 2012, 2833, 2837. 56

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

blematisch dürften vor allem Fälle sein, in welchen der Geschäftsführer selbst entsprechende Geschäftsbriefe mit fehlerhaften Angaben versendet. Die GmbH selbst haftet in diesen Fällen gem. §§ 278, 31 BGB für das Verschulden ihres Geschäftsführers. Zu denken ist auch an eine Anfechtung des Geschäftspartners gem. §§ 119, 123 BGB, der geltend macht, er hätte bei Kenntnis vom fehlenden Kontrollorgan nicht mit der Gesellschaft kontrahiert, also in Fällen arglistigen Verschweigens oder Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Vertragspartners. Allerdings dürften entsprechende Fallgestaltungen ebenfalls nur in Ausnahmefällen denkbar sein.60

C. Ausgestaltung des Aufsichtsrats außerhalb des durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährten Dispositionsspielraums Von den Folgen der funktionalen Bestimmung des Anwendungsbereichs und den damit einhergehenden Problemen der fehlerhaften Organbezeichnung zu unterscheiden sind die Fälle einer Ausgestaltung des Organs außerhalb des durch § 52 Abs. 1 GmbHG gewährten Dispositionsspielraums.61 Sofern die Mindestanforderungen an einen Aufsichtsrat gewahrt sind und damit der Anwendungsbereich des § 52 GmbHG eröffnet ist, liegt zwar ein Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG vor. Eine Ausgestaltung des Aufsichtsrats im Widerspruch zu den Schranken der hierbei bestehenden Dispositionsfreiheit ist jedoch nicht zulässig. Im Fall einer Ausgestaltung außerhalb des zulässigen Dispositionsspielraums sind daher das Beschlussmängelrecht des Aktienrechts und damit die §§ 241 ff. AktG entsprechend anzuwenden. Hierbei ist für jeden Einzelfall zu prüfen, ob ein Nichtigkeitsgrund entsprechend § 241 Nr. 3 AktG vorliegt oder die betreffende Regelung lediglich anfechtbar ist. Nach § 241 Nr. 3 AktG sind Beschlüsse nichtig, die mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren sind oder durch ihren Inhalt Vorschriften verletzen, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind. Die erste Variante erfordert in analoger Anwendung einen Verstoß gegen das Wesen der GmbH. Für die Aktiengesellschaft ist anerkannt, dass dies nicht bereits bei einem Verstoß gegen zwingende Normen der Fall ist, sondern nur bei Verstößen gegen Normen von grundlegender Bedeutung.62 Aufgrund der im Recht der GmbH vorherrschenden Satzungsautonomie wird für die GmbH aber davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber mit den wenigen zwingenden 60 61 62

Vgl. Baumbach/Hueck/Noack GmbHG § 35a Rn. 27. Vgl. zu diesen Schranken die Ausführung im vierten Teil dieser Arbeit. KölnerKommAktG/Zöllner, 1. Aufl. 1985, § 241 Rn. 96.

C. Ausgestaltung des Aufsichtsrats außerhalb des Dispositionsspielraums

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Vorschriften im GmbHG Strukturprinzipien festschreiben wollte, sodass die Verletzung zwingender Normen grundsätzlich zur Nichtigkeit führen soll, sofern diese nicht ausschließlich im Interesse der Mitgesellschafter bestünden.63 § 241 Nr. 3 Var. 1 AktG wird daher vielfach neben § 241 Nr. 3 Var. 2 und 3 AktG kein eigenständiger Anwendungsbereich zugesprochen.64 Eine eigenständige Definition nimmt der Bundesgerichtshof vor und verlangt einen Verstoß gegen „tragende Strukturprinzipien“.65 Dies soll ausschließlich bei Beschlüssen mit satzungsänderndem Charakter der Fall sein.66 § 241 Nr. 3 Var. 2 und 3 AktG erfordern einen Gesetzesverstoß oder Verstöße gegen übergeordnete Rechtsgrundsätze.67 Der Begriff des öffentlichen Interesses ist dabei weit auszulegen.68 Bereits nach der amtlichen Begründung des Aktiengesetzes von 1937 soll eine Vorschrift den Schutz des öffentlichen Interesses bezwecken, wenn sie nicht lediglich dem Schutz der beschließenden Aktionäre, sondern auch dem der Gläubiger und der künftigen Aktionäre dient.69 Der Schutz Letzterer wird mit der fehlenden Beteiligung am Beschluss sowie des ihnen nicht zustehenden Anfechtungsrechts begründet.70 Selbst für Vorschriften, die allein dem Schutz der gegenwärtigen Aktionäre dienen, wird vertreten, diese lägen im öffentlichen Interesse, sofern auch die Gesellschafter nicht auf diesen Schutz verzichten könnten.71 Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze wird die Mehrzahl der Regelungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Aufsichtsrats, welche sich außerhalb des den Gesellschaftern eingeräumten Dispositionsspielraums bewegen, der Nichtigkeitsfolge analog § 241 Nr. 3 AktG zu unterwerfen sein. Dabei ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Zweck der die Nichtigkeit bedingenden Schutznorm das gesamte Organ oder nur einzelne Regelungen zu dessen Ausgestaltung zu Fall bringt, wobei bei einer Teil63

Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 56. So für die Aktiengesellschaft: KölnerKommAktG/Zöllner, 1. Aufl. 1985, § 241 Rn. 97; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 39; Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 377; so auch Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 57 für die GmbH. 65 BGHZ 132, 84, 93 f. = NJW 1996, 1756, 1758. 66 Vgl. Michalski/Römermann, Anh. § 47 Rn. 128. 67 So KölnerKommAktG/Zöllner, 1. Aufl. 1985, § 241 Rn. 102. 68 So bereits die amtliche Begründung des Aktiengesetzes 1937, zitiert nach Klausing, AktG 1937, S. 174; siehe auch KölnerKommAktG/Zöllner, 1. Aufl. 1985, § 241 Rn. 106; Hölters/Englisch, § 241 Rn. 63; Ulmer/Raiser, Anh. § 47 Rn. 53; Baumbach/Hueck/Fastrich/ Haas/Noack/Beurskens, Anh. § 47 Rn. 52; Scholz/K. Schmidt, § 45 Rn. 75; a.A. Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 47 Rn. 102. 69 So die amtliche Begründung, zitiert nach Klausing, AktG 1937, S. 174; ebenfalls für den Schutz künftiger Gesellschafter: KölnerKommAktG/Zöllner, 1. Aufl. 1985, § 241 Rn. 110; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 47 Rn. 102. 70 So die Begründung bei Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner/Gruber, § 47 Rn. 102. 71 So die amtliche Begründung, zitiert nach Klausing, AktG 1937, S. 174; KölnerKommAktG/Zöllner, 1. Aufl. 1985, § 241 Rn. 111 f.; a.A. aufgrund der fehlenden Schutzbedürftigkeit infolge der Anfechtungsmöglichkeit der gegenwärtigen Gesellschafter: Rowedder/SchmidtLeithoff/Koppensteiner/Gruber, § 47 Rn. 102; Roth/Altmeppen, § 47 Rn. 97. 64

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6. Teil: Überschreitung der Schranken materieller Gestaltungsfreiheit

nichtigkeit die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung sowie hilfsweise § 139 BGB heranzuziehen sind.72 Aufgrund der ex tunc-Wirkung der Klagen entsprechend der §§ 241 ff. AktG stellt sich zudem die Frage einer Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch auf die fehlerhafte Organausgestaltung. Wie zuvor dargelegt,73 sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft grundsätzlich auch auf ein fehlerhaftes Organ und dabei auch auf einen fehlerhaften fakultativen Aufsichtsrats anzuwenden. Auch in diesem Fall können, je nach Ausgestaltung des Aufsichtsrats, Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen. Abhängig von der jeweiligen Ausgestaltung des Aufsichtsrats ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob sich aus Art und Umfang der dem Aufsichtsrat zugewiesenen Kompetenzen Rückabwicklungsschwierigkeiten ergeben, welche eine Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft gebieten. Bei einer Ausgestaltung des Aufsichtsrats durch die Gesellschafterversammlung außerhalb des zulässigen Dispositionsspielraums ist hierbei ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, ob höherrangige Interessen der Allgemeinheit oder schutzwürdiger Personen, welche eine rückwirkende Beseitigung des Ausgestaltungsbeschlusses und seiner Folgen erfordern, einer Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft entgegenstehen.

72 73

Vgl. hierzu K. Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 443. Vgl. 3. Teil, D. I. 5. a).

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. a) § 52 Abs. 1 GmbHG gewährt den Gesellschaftern einer GmbH unter zwei Gesichtspunkten Gestaltungsfreiheit. Diese können zum einen entscheiden, „ob“ sie einen fakultativen Aufsichtsrat einrichten sowie zum anderen, „wie“ sie diesen ausgestalten. Soweit über das „Ob“ der Errichtung eines Aufsichtsrats zu entscheiden ist, ist § 52 GmbHG als Anregungsnorm einzuordnen. Den Gesellschaftern wird die Wahlfreiheit vor Augen geführt, sich für oder gegen die Anwendbarkeit der Norm zu entscheiden (sog. „opt in“-Konstruktion). Sodann gewährt das Gesetz einen Dispositionsspielraum, innerhalb dessen die Gesellschafter den Aufsichtsrat ausgestalten können. Insoweit handelt es sich bei § 52 Abs. 1 GmbHG um dispositives Recht, nachdem das Gesetz für den Fall, dass die Gesellschafter keine abweichende Regelung vornehmen, eine Reserveordnung zur Verfügung stellt (sog. „opt out“Konstruktion). b) Die Beschränkung der Gestaltungsfreiheit und damit der Wahl- und Dispositionsfreiheit erfolgt zum einen durch die prozeduralen Voraussetzungen, welchen die Errichtung des Aufsichtsrats sowie dessen anschließende Ausgestaltung genügen müssen. Zum anderen wird die Gestaltungsfreiheit durch materielle Anforderungen begrenzt, welche an die inhaltliche Ausübung der Wahl- und Dispositionsfreiheit zu stellen sind. c) Die Gestaltungsfreiheit ist Ausdruck der durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährleisteten Satzungsautonomie. Sie wird im Interesse des Dritt-, Beteiligten- und Verkehrsschutzes durch geschriebene und ungeschriebene Schranken der Gestaltungsfreiheit begrenzt. Die gesetzlichen Schranken der Gestaltungsfreiheit betreffen zwar weitgehend das Außenverhältnis der GmbH. Das Innenverhältnis ist jedoch ebenfalls nicht uneingeschränkt ausgestaltbar, denn Teil der zu schützenden Verkehrsinteressen sind auch der Vertrauensschutz und das Gebot der Rechtssicherheit. Der Gläubigerschutz verlangt einen verlässlichen Standard der Unternehmensorganisation. d) Anders als die Interessen der Gesellschafterminderheit, welche durch die Einrichtung eines Aufsichtsrats nicht beeinträchtigt werden und daher eine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit nicht erfordern, sind die Interessen des Rechtsverkehrs und insbesondere der Gläubiger zu beachten. Deren Beachtlichkeit ergibt sich im Wesentlichen aus den Publizitätspflichten gem. § 52 Abs. 3 und § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG, welche im Interesse des Rechtverkehrs bestehen und ihren Zweck nur erfüllen können, wenn nicht nur leer Worthülsen transportiert werden. Sofern das Bestehen eines Aufsichtsrats publik gemacht wurde, ist die hierdurch hervorgerufene Verkehrserwartung beachtlich.

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Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

2. a) Die prozeduralen Grenzen der Gestaltungsfreiheit lassen sich in formelle Anforderungen an die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats sowie formelle Anforderungen an dessen Ausgestaltung unterteilen. b) Die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats verlangt eine gesellschaftsvertragliche Regelung. Von § 52 GmbHG sind nur organschaftliche Gremien erfasst. Die Aufnahme der Regelung in den Gesellschaftsvertrag spricht für das Vorliegen eines echten Satzungsbestandteils und die Errichtung eines organschaftlichen und nicht lediglich schuldrechtlichen Gremiums. c) Nachdem die Organerrichtung einen Eingriff in die Organisationsstruktur der Gesellschaft darstellt, sind alle grundlegenden Regelungen zur Ausgestaltung des Aufsichtsrats in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen und hierbei die Regelungen zu Aufgaben, Kompetenzen und zur Bestellung der Organmitglieder sowie deren Rechte und Pflichten. Eine Ermächtigung der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zur Ausgestaltung durch einfachen Gesellschafterbeschluss ist nicht zulässig. Erfolgt keine gesellschaftsvertragliche Regelung, ist die Verweisungskette des § 52 Abs. 1 GmbHG anzuwenden. Die Regelungen zur Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder und der inneren Organisation des Aufsichtsrats sind nicht zwingend in die Satzung aufzunehmen. d) Ein Errichtungsbeschlusses unter einer echten Bedingung ist aufgrund der erforderlichen Handelsregistereintragung unzulässig. Eine sog. unechte Bedingung ist hingegen möglich. Die Aufnahme einer bedingten Regelung in den Gesellschaftsvertrag, also einer bedingten Satzungsbestimmung zur Entstehung des Aufsichtsrats ist aufgrund von Funktion und Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags ebenfalls nicht zulässig. e) Anders als hinsichtlich der Ausgestaltung des Aufsichtsrats, kann die Gesellschafterversammlung im Gesellschaftsvertrag ermächtigt werden, einen Aufsichtsrat durch einfachen Beschluss zu errichten. Die Tatsache der Errichtung des Aufsichtsrats ist nicht zwingend materieller Satzungsbestandteil. Die insoweit fehlende Registerpublizität und damit der Schutz des Rechtsverkehrs wird über die Publizitätspflichten der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 GmbHG hinreichend kompensiert, wonach der Rechtsverkehr über das Bestehen eines handlungsfähigen Aufsichtsrats zu informieren ist. f) Einzelnen Gesellschaftern oder Gesellschaftergruppen kann ein Sonderrecht auf Errichtung eingeräumt werden, ohne dass gegen zwingende Kompetenzvorschriften verstoßen würde. Die Gesellschafter haben bereits durch die Einräumung des Sonderrechts von ihrer Satzungshoheit Gebrauch gemacht. g) Dritten kann kein Recht zur Errichtung eines Aufsichtsrats eingeräumt werden. Rechte Dritter ad personam mit Satzungsqualität können nicht durch den Gesellschaftsvertrag begründet werden. Soll Dritten die Entscheidung über die Errichtung eines Aufsichtsrats übertragen werden, kann dies durch die Übertragung der Errichtungskompetenz auf ein sog. Kreationsorgan erfolgen. Als Or-

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ganmitglied des Kreationsorgans ist der Dritte an das Gesellschaftsinteressen gebunden. Eine „geborene“ Organmitgliedschaft des Nichtgesellschafters ist hierbei nicht zulässig. h) Die Organerrichtung ohne Satzungsgrundlage ist nicht an den Grundsätzen satzungsdurchbrechender Beschlüsse zu messen. Die Organisationsverfassung der Gesellschaft ist zwingend materieller Satzungsbestandteil und erfordert die Einhaltung des Verfahrens der §§ 53 f. GmbHG. Ohne Handelsregistereintragung ist der Errichtungsbeschluss unwirksam. Er kann die Organisationsstruktur der Gesellschaft nicht ändern. Die Umdeutung in eine schuldrechtliche Regelung ist aber grundsätzlich möglich. i) Auf den fehlerhaften fakultativen Aufsichtsrat sind als fehlerhafte Strukturänderung die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern folgt nichts anderes. Da allerdings die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht über nicht-rechtsgeschäftliche Wirksamkeitshindernisse hinweghelfen können, kommt deren Anwendung im Fall einer fehlenden Handelsregistereintragung der zugrunde liegenden Satzungsänderung nicht in Betracht. j) Die Ausgestaltung des Aufsichtsrats abweichend von der Verweiskette in § 52 Abs. 1 GmbHG ohne Satzungsgrundlage ist mangels Handelsregistereintragung ebenfalls unwirksam. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind nicht anwendbar. Auf den Aufsichtsrat finden die bisherigen Regelungen des Gesellschaftsvertrags bzw. die subsidiär anwendbare gesetzliche Regelung Anwendung. Eine vom Gesetz abweichende Organisationsstruktur der GmbH muss sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben. Eine Umdeutung in eine schuldrechtliche Regelung ist in der Regel nicht möglich. 3. a) Für die Reichweite der Dispositionsbefugnis bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Aufsichtsrats abweichend von § 52 Abs. 1 GmbHG ist zwischen dem Zweck der Norm und dem Zweck der unabdingbaren Anwendung der Norm zu differenzieren. Für die einzelnen Regelungen des Aktienrechts auf welche § 52 Abs. 1 GmbHG verweist, ist jeweils zu prüfen, ob diese eine zwingende Anwendbarkeit erfordern oder ausdrückliche oder ungeschriebene Schranken der Gestaltungsfreiheit bestehen. b) Als ungeschriebene Schranke der Gestaltungsfreiheit folgt aus der zwingenden Organeigenschaft des fakultativen Aufsichtsrats das Erfordernis der Eingliederung in die Gesellschaft und damit, dass die Mitglieder des Organs in einer Rechtsbeziehung zur Gesellschaft stehen und dem Organ originäre, jedoch nicht zwingend ausschließliche Kompetenzen zuzuweisen sind. Aus der Organeigenschaft ergibt sich hingegen keine zwingende Weisungsunabhängigkeit des Organs. c) Ein Organ hat unabhängig davon, ob es durch das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, sein Handeln zwingend am Gesellschaftsinteresse

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auszurichten und ist durch dieses gebunden. Ebenso ist die Gesellschafterversammlung bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrats an das Gesellschaftsinteresse gebunden. d) Eine Bindung des Organs an gesellschaftsexterne Drittinteressen oder interne Partikularinteressen und damit die Errichtung sog. Gruppenorgane ist nicht zulässig. Gleiches gilt für die Bindung von Organen der GmbH an ein sog. Unternehmensinteresse. e) Die Errichtung eines Zusatzorgans unter Abbedingung von § 100 Abs. 1 S. 1 AktG und damit die Besetzung des Organs mit anderen als unbeschränkt geschäftsfähigen natürlichen Personen ist nicht zulässig. f) Aus der zwingenden gesetzlichen Kompetenzverteilung ergeben sich ebenfalls Schranken der Dispositionsfreiheit. Durch die Errichtung eines Zusatzorgans kommt es zu einer Verlagerung oder einer Verdoppelung der Zuständigkeiten in der GmbH durch die Begründung von ausschließlichen oder konkurrierenden Kompetenzen. Aufgrund ihrer Satzungshoheit kann die Gesellschafterversammlung ihr zustehende Kompetenzen im Grundsatz vollständig auf einen Aufsichtsrat übertragen, ohne dass dies einen Eingriff in die Verbandsautonomie darstellen würde. g) Infolge der Zuweisung einer ausschließlichen Kompetenz an den Aufsichtsrat kann die Gesellschafterversammlung grundsätzlich ohne Satzungsänderung selbst nicht mehr tätig werden. Die Kompetenzzuweisung an den Aufsichtsrat ist nicht gegenüber einer gesetzlich vorgesehenen, dann subsidiären Kompetenzzuweisung nachrangig. Die Satzungsauslegung wird aber im Regelfall ergeben, dass bei Funktionsunfähigkeit des Aufsichtsrats die Gesellschafterversammlung aufgrund einer sog. Rückfallkompetenz tätig werden darf. Bei einer konkurrierenden Kompetenzzuweisung an Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung gilt grundsätzlich das Prioritätsprinzip. h) Die Kontrollkompetenz kann vollständig auf den Aufsichtsrat übertragen werden. Der Minderheitenschutz oder der Vergleich mit den Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat verlangen keine konkurrierende Kompetenzausübung durch Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat. Bei Schweigen des Gesellschaftsvertrags zum Kompetenzverhältnis ist im Zweifel aber nicht von einer Abbedingung des § 46 Nr. 6 GmbHG auszugehen. i) Ohne dass dies dem Grundsatz der Verbandsouveränität widerspricht, kann dem Aufsichtsrat auch die ausschließliche Kompetenz zur Feststellung des Jahresabschlusses und die Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung übertragen werden. Ebenso können die Personal- und Entlastungskompetenz und Kompetenzen entsprechend § 48 Nr. 8 GmbHG auf den Aufsichtsrat übertragen werden. Keine Dispositionsbefugnis besteht hinsichtlich der Übertragung der Pflicht zur Insolvenzantragsstellung. j) Auch aus den Regelungen zum obligatorischen Aufsichtsrat ergeben sich Schranken der Dispositionsfreiheit. Im Fall des Wegfalls oder des Hineinwachsens in

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die Aufsichtsratspflicht ist durch das Statusverfahren jedoch nur das Bestehen der Aufsichtsratspflichtigkeit zu klären, nicht hingegen, ob statt dessen ein fakultativer Aufsichtsrat bestehen soll. Auch erfolgt kein Übergang ipso iure zwischen obligatorischem und fakultativem Aufsichtsrat. Es besteht keine Kontinuität des Überwachungsorgans. k) Obligatorische und fakultative Aufsichtsräte können nebeneinander bestehen. Bei Abwägung der Verbandssouveränität mit den durch die Mitbestimmung geschützten Arbeitnehmerinteressen ergibt sich nicht, dass einem obligatorischen Aufsichtsrat die alleinige Kontrollkompetenz zustehen muss. Die Regelungen zur Mitbestimmung werden durch die parallele Kontrolltätigkeit durch ein weiteres Kontrollorgan im Regelfall nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt. 4. a) Die Wahlfreiheit der Gesellschafter bei Errichtung des fakultativen Aufsichtsrats wird begrenzt durch die Mindestanforderungen, die an einen solchen zu stellen sind. Hierbei handelt es sich um Anforderungen, denen das Organ und damit die vorgenommene Ausgestaltung genügen muss, damit dieses als Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG einzustufen ist, also nicht als sonstiges Zusatzorgan, welches nicht in den Anwendungsbereich des § 52 GmbHG fällt. b) Einem fakultativen Aufsichtsrat ist zwingend die Überwachungskompetenz zuzuweisen. Die Bezeichnung als Aufsichtsrat in § 52 GmbHG ist als terminus technicus zu verstehen. Der Rechtsverkehr hat die berechtigte Erwartung, dass ein als Aufsichtsrat gem. §§ 35a Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 3 GmbHG publik gemachtes Organ zur Überwachung verpflichtet ist. c) Ebenso ist bei der Ausgestaltung der Überwachungskompetenz die Erwartung des Rechtsverkehrs zu beachten. Die Überwachungsaufgabe muss dem Aufsichtsrat sein Gepräge geben. Er ist zwar nicht im Sinne eines funktionalen Verständnisses der Kontrollkompetenz zu Überwachung von Geschäftsführungstätigkeiten der Gesellschafterversammlung zu verpflichten. Sofern aber alle wesentlichen Geschäftsführungstätigkeiten auf ein sonstiges Zusatzorgan übertragen sind, ohne dass der Aufsichtsrat auch dieses zu überwachen verpflichtet ist, liegt kein fakultativer Aufsichtsrat mehr vor. d) Für den zulässigen Umfang der Beschränkung der Informationsrechte entsprechend § 90 AktG ist ebenfalls entscheidend, dass die Ausübung der Überwachungskompetenz nicht zunichte gemacht wird. Beschränkungen in Bezug auf das Verfahren der Informationserlangung sind weniger problematisch als inhaltliche Beschränkungen. Ein vollständiger Ausschluss der Berichtspflicht ist unzulässig. e) Zustimmungsbefugnisse entsprechend § 111 Abs. 4 S. 2 AktG, welche neben der Kontrolle auch eine Einflussnahme auf die Geschäftsführung ermöglichen, müssen aufgrund dieser Doppelfunktionalität nicht zwingend vorgesehen werden. Sie stellen nur ein mögliches Mittel zur Überwachung dar. Auch das Recht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung ist zur Wahrnehmung der Überwa-

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chungsaufgabe nicht zwingend erforderlich. Gleiches gilt für die Prüfung des Jahresabschlusses entsprechend dem Verfahren der §§ 170 f. AktG. Hiervon zu unterscheiden ist die Kontrolle des Jahresabschlusses als Teil der allgemeinen Überwachungskompetenz. f) Der Gesellschafterversammlung steht weder ipso iure ein Weisungsrecht gegenüber dem Aufsichtsrat zu noch kann ein solches durch den Gesellschaftsvertrag begründet werden. Aus der Kompetenz der Gesellschafterversammlung einen Aufsichtsrat einzurichten, folgt nicht die Befugnis zur freien Ausgestaltung. Aufgrund der Publizität gem. §§ 35a Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 3 GmbHG, wonach lediglich des Bestehen eines Aufsichtsrats bekannt zu machen ist, entsteht eine berechtigte Erwartung des Rechtsverkehrs an einer Ausgestaltung als funktionsfähiges Kontrollorgan, was auch dessen weisungsunabhängige Ausgestaltung bedingt. g) Auch im Fall der Beteiligung der öffentlichen Hand an der Gesellschaft stellt eine weisungsabhängige Ausgestaltung des fakultativen Aufsichtsrats eine unzulässige Beschneidung der Kontrollkompetenz des Aufsichtsrats dar. Die Bindung der öffentlichen Hand an das Demokratieprinzip verlangt keine Weisungsbindung des Aufsichtsrats, sondern lediglich in der Gesamtschau ein hinreichendes Legitimationsniveau und führt auch nicht dazu, dass sich die öffentliche Hand bei Bedienung privater Rechtsformen nicht an die dort geltenden Regelungen halten müsste. h) Für die Einmann-GmbH sind ebenfalls keine Ausnahmen von der zwingenden Weisungsfreiheit zu machen. Unabhängig von der Gesellschafterzahl besteht eine berechtigte Verkehrserwartung in Bezug auf die unabhängige Stellung des Aufsichtsrats. i) Hinsichtlich der Besetzung des Aufsichtsrats sind insbesondere die Inkompatibilitätsvorschrift des § 105 AktG und das Verbot der Konzernverflechtung gem. § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG zwingend vorzusehen. § 100 Abs. 5 AktG kann jedoch ebenso wie der Verweis auf § 107 Abs. 4 AktG und § 124 Abs. 3 S. 2 AktG abbedungen werden. Gleiches gilt für § 100 Abs. 2 Nr. 1 AktG. j) Verletzen Mitglieder des Aufsichtsrats die ihnen zugewiesenen Pflichten, haben sie grundsätzlich im Innenverhältnis für den entstandenen Schaden einzustehen. Die persönliche Haftung stellt, neben der Möglichkeit der Abberufung, das entscheidende Instrument zur Verhaltenssteuerung und Disziplinierung von Organmitgliedern dar. Die mit der Organstellung einhergehende materielle Einbindung des Organs in die Gesellschaft verlangt, neben der Bindung der Organmitglieder an das Gesellschaftsinteresse, einen angemessenen Sanktionsmechanismus im Fall von Zuwiderhandlungen. k) Ein Haftungsausschluss oder eine Herabsetzung des Sorgfaltsmaßstabs ipso iure, etwa für ehrenamtliche Aufsichtsratsmitglieder, besteht nicht. Aufgrund der erforderlichen Rückbindung der Organwalter an die Gesellschaft ist deren Haftung auch durch den Gesellschaftsvertrag nicht vollständig disponibel. Die fehlende organschaftliche Haftung der Mitglieder der Gesellschafterversammlung lässt keine

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Rückschlüsse auf sonstige Zusatzorgane zu, deren Mitglieder nicht lediglich von der Gesellschafterversammlung abgeleitete, sondern originäre Aufgaben wahrnehmen. Die zwingende Haftung stellt dabei nicht lediglich eine Anwendungsvoraussetzung des § 52 GmbHG dar, sondern ist eine Schranke der Dispositionsfreiheit betreffend sämtlicher Zusatzorgane. l) Gesellschaftsvertragliche Haftungsmilderungen sind zulässig. Der Sorgfaltsmaßstab kann etwa bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit reduziert werden. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist für fahrlässige Pflichtverletzungen ist ebenso wie ein Verzicht oder Vergleich möglich. Keine Beschränkungen sind möglich, sofern auch für die Geschäftsführer nicht einschränkbare, im Gläubigerinteresse zwingend bestehende Pflichten betroffen sind. Insbesondere hinsichtlich der Überwachung der in §§ 43 Abs. 3, 64 S. 1 und 3 GmbHG genannten Pflichten kommt eine Milderung nicht in Betracht. m) Entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs haften die Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats trotz fehlendem Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG auf § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG bei Verletzung der Pflicht zur Überwachung in Bezug auf verbotswidrige Zahlungen entgegen § 64 S. 1 GmbHG auch wenn der Gesellschaft selbst unmittelbar kein Schaden entstanden ist. Die berechtigte Verkehrserwartung, dass Aufsichtsratsmitglieder korrespondierend zur im Gläubigerinteresse bestehenden zwingenden Überwachungspflicht, auch für eine Verletzung dieser Pflicht einzustehen haben, gebietet eine analoge Anwendung. Anders als der zwingende Zusammenhang zwischen Haftung und Überwachungspflichtverletzung, besteht hingegen ein solcher Zusammenhang zwischen Ersatzpflicht und Pflicht zur Insolvenzantragsstellung oder zur Personalkompetenz nicht. n) Bei Verletzung von Überwachungspflichten in Zusammenhang mit Verstößen gegen §§ 30, 33, 43a, 64 S. 3 GmbHG besteht ebenfalls eine zwingende Ersatzpflicht. Der Rechtsverkehr darf insoweit sowohl auf die Einhaltung dieser Pflichten als auch die Sanktionierung von Pflichtverstößen vertrauen. o) Die Ersatzpflicht in Zusammenhang mit Verstößen gegen §§ 30, 33, 64 S. 1 und 3 GmbHG bezieht sich nicht auf das Gläubigerverfolgungsrecht. § 93 Abs. 5 AktG stellt eine im Recht der GmbH systemfremde Ausnahme vom Prinzip der Innenhaftung dar, die auch im Gläubigerinteresse nicht auf den fakultativen Aufsichtsrat anzuwenden ist. 5. a) Die Einordnung eines Organs als Aufsichtsrat und damit die Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 52 GmbHG hat im Interesse der Gesellschafter an einer möglichst weitreichenden Gestaltungsfreiheit nicht formal anhand der Organbezeichnung zu erfolgen, sondern funktional anhand dessen Ausgestaltung. Sofern diese den an einen Aufsichtsrat zu stellenden Mindestanforderungen genügt, ist das Organ unabhängig von dessen Bezeichnung Aufsichtsrat im Sinne des § 52 GmbHG. Genügt die Ausgestaltung nicht den Anforderungen an einen Aufsichtsrat, entsteht trotz Bezeichnung und Bekanntgabe als Aufsichtsrat kein solcher. Auf ein solches sonstiges Zusatzorgan sind die an einen Aufsichtsrat zu stellenden Mindestanfor-

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derungen nicht anzuwenden, nachdem nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen vor einer Anwendung der Nichtigkeitsfolge die Auslegung der Erklärung zu erfolgen hat. b) Die fehlerhafte Organbezeichnung, durch welche der hierauf berechtigterweise vertrauende Rechtsverkehr getäuscht wird, stellt ein Eintragungshindernis gem. § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG dar. Erfolgt dennoch die Eintragung entsteht regelmäßig das von den Gesellschaftern gewollte Organ. Lediglich dessen fehlerhafte Bezeichnung unterliegt grundsätzlich der Nichtigkeitsfolge entsprechend § 241 Nr. 3 AktG sowie dem registergerichtlichen Löschungsverfahren gem. § 398 FamFG. c) Erfolgt infolge einer unzutreffenden Organbezeichnung eine fehlerhafte Anwendung der Publizitätsvorschriften der §§ 52 Abs. 3, 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG, so ergeben sich aus § 79 Abs. 1 GmbHG sowie §§ 78 GmbHG, 14 HGB Sanktionsmöglichkeiten. d) Dritte können sich bei fehlerhafter Veröffentlichung des Bestehens eines Aufsichtsrats gegenüber der Gesellschaft nach allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen auf den hierdurch gesetzten Rechtsschein berufen. Eine Handelndenhaftung des die Veröffentlichung Veranlassenden analog § 179 BGB, also in der Regel des Geschäftsführers, kommt hingegen nicht in Betracht. Ebenso ist eine organschaftliche Haftung der fehlerhaft als Aufsichtsratsmitglieder Bekanntgemachten für Überwachungspflichtverstöße, auch nach Rechtsscheinsgrundsätzen, nicht in Betracht zu ziehen. Gleiches gilt für eine Haftung aufgrund des Prinzips der Übernahmeverantwortung. Möglich ist allerdings eine (vor-)vertragliche und deliktische Haftung der Gesellschaft und des die fehlerhaften Angaben Veranlassenden. e) Von den Fehlerfolgen im Rahmen der Ausübung der Wahlfreiheit, einen Aufsichtsrat zu errichten, sind die Fälle einer Ausgestaltung außerhalb des nach Eröffnung des Anwendungsbereichs bestehenden Dispositionsspielraums zu unterscheiden. Dessen Überschreitung führt nicht dazu, dass kein Aufsichtsrat vorliegt. Regelungen im Gesellschaftsvertrag jenseits der bei der Organausgestaltung bestehenden Dispositionsfreiheit sind an den §§ 241 ff. AktG zu messen und hierbei im Regelfall analog § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Zwar können auch hier die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zur Anwendung gelangen, allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob höherrangige Interessen eine Rückwirkung der Nichtigkeit gebieten.

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Stichwortverzeichnis 1. Koordinierungsgesetz von 1969 36, 60 f., 63, 66, 126, 319

Abberufung der Geschäftsführer 124, 177, 180, 184, 187 ff., 191, 301 siehe auch Personalkompetenz – aus wichtigem Grund 124, 188 f. – Entsendungsrecht 188 – Rechtsstreitigkeiten 191 Abberufung des Aufsichtsrats 100, 104, 173, 258 f., 262, 300, 332 – aus wichtigem Grund 100, 262 – Ausschluss 262 – Disziplinierungsfunktion 263, 267, 300, 332 – Entsendungsrecht 262 – Funktionsunfähigkeit 173 – Mehrheitserfordernis 262 – Treuepflicht 262 – zwingende Kompetenz der Gesellschafterversammlung 188 ff. Abberufung des Zusatzorgans 100, 102 Abfindungsansprüche 263 Abhängige Personen 255 Abhängiges Unternehmen 255 f. Abschlussprüfung 161 f., 165, 220, 265 – Auftragserteilung 220 – durch juristische Personen 161 f. Abschlussprüfungsreformgesetz 35 f., 220, 265 Abtretung von Geschäftsanteilen siehe Vinkulierungsklauseln actus contrarius 176 f. ADHGB 25, 54 f., 60, 289 ff., 295 f. Ähnliches Organ 58, 210 Aktiengesetz von 1937 28, 35 f., 60, 67 ff., 154, 157, 291 f., 325 Aktiengesetz von 1965 68 Aktiengesetz von 1969 68, 157 Aktienrechtsnovelle von 1870 56

Aktienrechtsnovelle von 1884 56 f., 289 f., 292, 295 f. Aktienrechtsnovelle von 2016 35, 247 Allgemeininteressen siehe Interessen der Allgemeinheit Allzuständigkeit der Gesellschafterversammlung 167, 169, 173, 281 Amtslöschung siehe Löschung, registergerichtliche Amtszeit 79, 111, 114, 134, 186 – Begrenzung 186 – Formerfordernis 79 – Satzungsverstoß 111, 114, 134 Analogie zum Aktienrecht 78, 92, 108 ff., 295 ff., 303, 314 ff., 333 Analogieverbot 295 Anfechtung 324 – arglistiges Verschweigen 324 – Irrtum 324 Anfechtungsklage 99, 107 ff., 112 ff., 121 ff., 133, 171, 176 f., 186, 194, 314, 316, 324, 325 Anfechtungsrecht, Verzicht 115, 133 Angelegenheit der Selbstverwaltung 94, 99 Anonymität der Aktiengesellschaft 67 ff. Anregungsnorm 41 ff., 73, 311, 327 Anscheinsvollmacht 321 Anstellungsvertrag der Geschäftsführer 188, 191, 230 Anteilseignervertreter 204 f. Anteilserwerb 76, 84, 91, 115, 284, 303 Anwendungsbereich des § 52 GmbHG 35, 38, 257, 265, 306 f., 309 ff., 324, 331, 333 f. – formelle Bestimmung 306 f., 310 ff., 322, 333 – funktionale Bestimmung 306, 309 ff., 333 – Vorrang der Auslegung 312 Anzahl der Aufsichtsratsmandate 257

Stichwortverzeichnis Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder 79, 257 f., 328 ARAG-Garmenbeck-Grundsätze 231 Arbeitnehmerinteressen 152 ff., 189, 205, 211, 256, 298, 331 siehe auch Mitbestimmung Arbeitnehmerschutz 46, 195 ff. Arbeitnehmervertreter 199, 201, 223, 256 Arbeitsrecht 155, 158 Arglistiges Verschweigen 324 Aufgabendelegation 237 f. siehe auch Delegation Aufhebungsbeschluss siehe Beschlussaufhebung Auflösung der Gesellschaft 105 Auflösung des Aufsichtsrats 71 f., 102 ff. – Auflösungsbeschluss 103 f. – Publizität 71 f. – unter einer Bedingung 104 f. Aufsichtsrat in der KGaA 54 ff., 149 f., 211, 213, 240 Aufsichtsrat kraft Rechtsschein 319 Aufsichtsratsamt 250 ff. Aufsichtsratsmandat siehe Anzahl der Aufsichtsratsmandate Aufsichtsratsmitglied 125, 159 ff., 201, 237, 251 ff., 321 f., 330, 332 – beschränkt geschäftsfähig 125, 163 f., 330 – faktisches 321 f. – Gläubigervertreter 201 – Inkompatibilität 125, 251 ff., 332 – juristische Personen 125, 159 ff., 237, 330 – Lizenzgeber 201 – Mindestzahl 257 f. – persönliche Anforderungen 79, 250 ff. – Prokuristen 251, 256 – Vertreter von Geschäftsführern 252 Aufsichtsratssysteme anderer Gesellschaftsformen 211 ff. Aufsichtsratssysteme des Mitbestimmungsrechts 211 f. Aufsichtsratsvergütung siehe Vergütung Aufsichtsratsvorsitzende 18, 62, 66 ff., 70, 323 Ausfallrisiko 51

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Ausgestaltung des Aufsichtsrats – Ermächtigung 80, 92 f., 105, 328 – formelle Fehler 131 ff. – formelle Voraussetzungen 77 ff., 83, 92 f., 95, 105 f., 131 ff., 328 – materielle Fehler 314 ff., 324 ff. – materielle Mindestanforderungen 206 ff., 331 – Vertrauensschutz 71 f. Auslegung korporativer Satzungsbestimmungen 76 f., 83 f., 245 f., 312 f. – ergänzende 312 – falsa demonstratio 313 Ausschuss für GmbH-Recht 1937 – 1939 28 f. Ausschüttungsanspruch 186 f. Außenhaftung 263 f., 267, 304 f., 319 f. Austrittsrecht der Gesellschafter 48

Bankenvertreter 21, 146, 148 Bargeschäfte 323 bedingbare Norm 42 siehe auch Anregungsnorm Bedingung der Satzungsbestimmung 80, 82 ff., 328 Bedingung des Errichtungsbeschlusses 80 ff., 95, 104 f., 328 – auflösende 104 f. – aufschiebende 80 f., 95 – unechte 80 ff., 328 Befristung 86 Beherrschungsvertrag 121, 127 f., 143 Beirat 20, 64, 78 ff., 83, 95, 107, 200, 202 ff., 206 ff., 215 ff., 218 f., 242, 268, 270 ff., 306, 309 f. siehe auch Zusatzorgan – Abgrenzung 206 f., 218 f., 306, 309 f. – als Überwachungssubjekt 215 ff. – bedingte Satzungsbestimmung 83 – Haftung 268, 270 ff. – neben einem Aufsichtsrat 200, 202 ff. – Publizität 206 ff., 219 – schuldrechtlicher 107 – Sonderrecht auf Errichtung 95 – tatsächliches Vorkommen 20 – Weisungsabhängigkeit 242 Bekanntmachung siehe Publizität

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Stichwortverzeichnis

Beratungskompetenz des Aufsichtsrats 208 f., 218 f. Berichtspflicht der Geschäftsführer 212, 221 ff., 331 – Einschränkbarkeit 222 f., 331 – Form 223 – Mitbestimmung 212 Berichtspflicht des Aufsichtsrats 229, 247 f. Berufsangabe 65 f., 70, 161, 209 ff. Beschlussaufhebung 171 f., 176 f. – ausschließliche Kompetenz 171 f. – konkurrierende Kompetenz 176 f. Beschlussvorschlag gem. § 124 Abs. 3 S. 1 AktG 125 Beschlusswirkung – punktuelle 88, 110 ff., 119, 171 – zustandsbegründende 111, 114, 119, 131 f. Beschränkt geschäftsfähige Aufsichtsratsmitglieder 125, 163 f., 330 Besetzung des Aufsichtsrats siehe Aufsichtsratsmitglied Besitzeffekte 43 Besonderer Sachverstand 145, 256 Besonderer Vertreter gem. § 147 AktG 123, 191 f. Bestandsschutz 121 Bestellscheine 66 Bestellung 62 f., 75, 78 f., 89, 92 f., 96, 105, 121 ff., 127, 130, 134, 258 ff., 317, 321 f., 328 f. siehe auch Entsendungsrecht – Annahme 101 f. – auf unbestimmte Zeit 134, 259 – auflösend bedingt 105 – besonderer Vertreter gem. § 147 AktG 191 f. – durch unzuständiges Organ 130 – faktisches Organ 321 f. – fehlerhafte 121 ff., 127, 130, 134, 321, 329 – Form 78 f., 92, 134, 328 – gerichtliche 174, 259 – Handlungsbevollmächtigter 194 – Kreationsorgan 100 ff., 261 – Prokuristen 251, 256 – Publizität 62 f., 91, 317

– Sonderrecht 93 – Stellvertreter 259 Bestellung der Geschäftsführer siehe Personalkompetenz Beteiligtenschutz 46 Betreute 163 Beurkundung – fehlende 88, 109, 112 ff., 171 – Zweck 84, 106, 113 f. Bevollmächtigung zur Insolvenzantragstellung 193 Beweislastverteilung 281 f., 323 Bezeichnung siehe Organbezeichnung Bilanzrechtsreformgesetz vom 04. 12. 2004 35 Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19. 12. 1985 35 Bilanzverkürzung 286, 288 Board 253 Börsennotierung 251 Buchführungskontrolle, zwingende 220 Bundesanzeiger 36, 63, 70, 92 code de commerce von 1807 53 companies act 69 Compliance-Organisation 220 Corporate Governance Kodex 35, 156 culpa in contrahendo 323 Dauerhafter Stellvertreter 160, 237 f., 251 f. Dauerhafter Stellvertreter von Geschäftsleitern 251 f. Debitorisches Konto 288 Delegation 160, 237 f. siehe auch dauerhafter Stellvertreter siehe auch Aufgabendelegation Delegierter der Gesellschafterversammlung 258 Demokratieprinzip 245 ff., 332 Diligentia quam in suis rebus siehe Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten Direktanspruch siehe Gläubigerverfolgungsrecht Dispositionsbefugnis 38 f., 42 ff., 51, 77, 132, 135 ff., 310 f., 324 ff., 328 ff. Dispositionsspielraum 42 f., 48, 136, 311 f., 324 ff., 327, 334

Stichwortverzeichnis Dispositives Recht 37 ff., 41 ff., 51, 132, 135 ff., 327 Disziplinierungsfunktion der Haftung und Abberufung 98, 160, 254, 262 f., 267, 275, 277, 280, 300, 332 D&O-Versicherung 35, 263, 280, 282, 302 – Deckungssumme 280 – Haftungsausschlüsse 280 Doberlug-Urteil 181 f., 241, 287 ff. – Kritik 294 ff. – Publizitätspflichten 241 – Reaktionen 293 f. – Sachverhalt 287 f. – Weisungsabhängigkeit 241 f. DrittelbG 123, 195 f., 211, 239 Drittinteressen siehe Interessen, Gesellschaftsexterne siehe auch Organbindung Drittschaden 287 Drittschutz 46, 48, 327 Duldungsvollmacht 321 Ehrenamt 265, 294, 302, 332 EHUG 36 Eigene Aktien 284 Eigene Anteile 280, 284, 302 f., 333 Einberufung der Gesellschafterversammlung 224, 228 f., 301, 331 – Aktiengesellschaft 165 – Genossenschaft 212 f. – mitbestimmte GmbH 212 Einberufung des Aufsichtsrats 30, 32 Eingliederung des Organs 98, 100, 140 ff., 146, 267, 329, 332 – materielle 146, 332 – organisatorische 140 ff. Einlageneinforderung 194 Einlagenrückgewähr, verbotene 270, 283, 296 f. Einmann-GmbH 28, 248 ff., 332 Einsichts- und Prüfungsrecht 30, 165, 223 Eintragungspflichtige Tatsache 90, 126, 318 Einwilligungsvorbehalt 163 Einzelinteressen der Gesellschafter 146, 149 siehe auch interne Partikularinteressen Einziehung 118 f., 194, 284

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Elektronische Einsehbarkeit 62 f., 91, 126, 318 Ermächtigende Norm 39, 41 Entlastung des Aufsichtsrats 281 Entlastungskompetenz 190, 330 Entsendungsrecht 50, 152, 183, 188, 232 f., 242, 249 f., 260 ff. – Abberufung 242, 262 – Verbot 183, 188 – Weisungsrecht 249 f., 261 – zugunsten Dritter 152, 260 f. Ergebnisverwendungsbeschluss 185 ff., 229 f. Erhalt des Stammkapitals 51, 83, 280, 283 f., 303, 333 Ermächtigung zur Ausgestaltung siehe Ausgestaltung des Aufsichtsrats Ermächtigung zur Errichtung siehe Errichtungsermächtigung Ermächtigungsgrundlage 39 ff. Ermöglichende Normen 41 f. Errichtung siehe auch fehlerhafte Errichtung siehe auch fehlerhafte Gesellschaft siehe auch Satzungsdurchbrechung – formelle Anforderungen 73 ff., 106 ff., 328 – formelle Fehler 106 ff. – Mehrheitserfordernis 74 f. – Sonderrecht 93 ff., 103 f., 129 f., 328 – Tatbestandsvoraussetzung 86 – Übertragbarkeit der Kompetenz 94, 99 Errichtung durch Dritte 96 ff., 328 siehe auch Kreationsorgan siehe auch Rechte Dritter ad personam siehe auch Zusatzorgan zur Errichtung Errichtungsermächtigung 86 ff., 103, 107, 110, 117, 328 siehe auch Öffnungsklausel – Auflösung 103 – bedingte 93 – Umfang 92 f. – Tatbestandsvoraussetzungen 93 – Zusatzorgan 99 Ersatzanspruch sui generis 286 f., 289, 294 Ersatzansprüche – gegen Geschäftsführer 184, 190 f., 230 f., 320

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Stichwortverzeichnis

– gegen Gesellschafter 190 f. – Pfändung und Überweisung 232, 263 f., 275, 304 Ersatzbestellung 174, 259 Ersatzpflicht, eigene Anteile 280, 284, 302 f., 333 Ersatzpflicht gem. §§ 93, 116 AktG 281 ff. siehe auch Zahlungsverbot siehe auch Haftung Erwerbsverbot des § 33 GmbHG 280, 284, 302 f., 333 ex nunc-Wirkung 123 ex tunc-Wirkung 120 f., 123, 134, 326 Fachwissen 159 Fahrlässigkeit 265, 273 f., 276 f., 281, 296, 323, 333 siehe auch Sorgfaltsmaßstab – einfache 265, 276 – grobe 265, 273 ff., 281, 333 Faktisches Organ 321 f. Falschangaben, gezielte 323 Familiengesellschaften 19 f., 28, 149, 263 Fehlerhafte Gesellschaft 121 ff., 130, 134, 326, 329, 334 – fehlende Handelsregistereintragung 127 ff., 329 – fehlerhafte Errichtung 121 ff., 130, 329 – fehlerhafte Kapitalmaßnahmen 121 – fehlerhafte Organausgestaltung 134, 326, 329, 334 – Sonderrechtsverstoß 130 Fehlerhafte Organausgestaltung – fehlerhafte Gesellschaft 134, 326, 329, 334 – Nichtigkeit 134, 308 f., 314 f., 324 ff. Fehlerhafte Organbezeichnung 307 ff., 310 f., 314 ff., 334 – Amtslöschung 316 – Anfechtbarkeit 314 – Eintragung 310, 315 f. – Haftung 318 ff. – Heilung 316 – Nichtigkeit 307 ff., 315 f., 334 – Publizitätspflichten 313, 316 ff. Fehlerhafte Strukturänderung 120 f., 127 ff., 316, 329

Fehlerhafter Aufsichtsrat 121 ff., 134, 326, 329, 334 – Beschlussvorschlag gem. § 124 Abs. 3 S. 1 AktG 125 – Geschäftsführerbestellung 124 f. – höherrangige Interessen 125 Fehlerhafter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag 121, 127 f. Fehlerhafter Errichtungsbeschluss 106 ff., 314 ff., 324 ff., 329, 334 Fehlerhafter Rechtsformzusatz 319 f. Feststellungsklage 120, 129 Finanzierungspolitik 186 Flucht ins Privatrecht 244 Formelle Fehler 106 ff. Formeller Satzungsbestandteil 76, 132 Formerfordernis – abweichende Ausgestaltung 78 f., 83, 92 f., 95, 105 f., 131 ff. – Amtszeit 79 – Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder 78 f., 92, 134, 328 – Errichtung 73 ff., 106 ff., 328 – innere Organisation 79, 133, 328 – Verfahrensrecht 79 – Vergütung 79 – Zusammensetzung des Aufsichtsrats 79 Formvorschrift 74 Frauenanteil 36 Freistellung von der Haftung 263, 269, 275 f., 281, 302 Freistellungsanspruch 263 Fremdorganschaft 99 ff., 148, 214, 267 ff. Führungslosigkeit 192, 301 Funktionsschutz 46 Funktionsunfähigkeit 104, 172 ff., 179, 181, 204, 330 Garantiehaftung 320 Geborene Fremdorganschaft 101 Geborene Organmitglieder 101 f., 329 Geborenes Organ 148 Gebot der Rechtssicherheit 52, 83, 85, 106, 113, 116, 129, 327 Gemeindeordnung 234 Gemeinderat 244 f. Gemeinwohlbindung des Eigentums 157 f.

Stichwortverzeichnis Gemeinwohlklausel 154, 157 Genehmigung, staatliche 53 ff. Gerichtliche Ersatzbestellung 174, 179, 259 Gerichtliche Vertretung 190 f., 330 Gesamtorgan 149 Gesamtvermögensvergleich 286 Geschäftsanteile siehe auch Vinkulierungsklauseln – Einziehung 118 f., 194, 284 – Genehmigung der Abtretung 195 – Teilung 194 – Zusammenlegung 194 Geschäftsbriefe – allgemeine Rechtsscheinsgrundsätze 319 – culpa in contrahendo 323 f. – Publizität 18, 60, 66 ff., 70 ff., 91 f., 206, 210, 219, 237, 240 f., 246, 248, 254, 294, 300, 307 ff., 317, 319, 313, 316 f., 319 f., 322 ff., 328, 334 – Schutzgesetz 322 f. – Zwangsgeld 317, 334 Geschäftsführer siehe auch Personalkompetenz – Abberufung 124, 177, 180, 184, 187 ff., 191, 301 – Anstellungsvertrag 188, 230 – fehlerhafte Bestellung 122, 124 f. – Vergütung 194 f. – Zurechnung von Verschulden 324 Geschäftsführerkompetenzen, zwingende 177 f. Geschäftsführungskompetenz des Aufsichtsrats 56, 193, 218 f., 224 Geschäftsordnung 79 Geschlossene Gesellschaft 136 Gesellschafter, Sonderstellung 161 f., 214, 267 f. Gesellschafterausschuss 151, 268 Gesellschafterbeschluss siehe Beschluss Gesellschaftergruppen 22, 141, 145, 149 f., 260, 328 siehe auch Gruppenorgan Gesellschafterliste 66, 69, 208 f. Gesellschafterminderheit siehe Minderheitsgesellschafter Gesellschafterschutz 46 f.

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Gesellschafterversammlung – oberstes Gesellschaftsorgan 168 f., 175, 179 f., 181, 267 – zwingende Überwachungskompetenz 178 ff. Gesellschaftsinteresse 57, 97 f., 100, 145 ff., 156 ff., 187, 189 f., 205, 221, 238, 241, 243, 249, 261, 267, 271, 299, 329 f. Gesellschaftstreue siehe Treuepflicht Gesellschaftsvertrag, formeller Bestandteil, siehe formeller Satzungsbestandteil Gesellschaftsvertrag, Rechte Dritter siehe Rechte zugunsten Dritter Gesellschaftsvertrag, Verstoß siehe Satzungsverstoß Gesellschaftsvertragliche Regelung, Mindestumfang siehe Satzungsinhalt, zwingender Gesellschaftszweck 50, 146 ff., 156 Gesetz zur Gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen vom 24. 04. 2015 36 Gesetzesverstoß 108 f., 131 f., 314, 324 Gesetzlicher Vertreter 163, 251, 255 siehe auch Aufsichtsratsmitglied, beschränkt geschäftsfähig Gestaltungsfreiheit 37 ff., 327 – ausdrückliche Grenzen 138, 329 – Beschränkung 44 ff., 327 – materielle Grenzen 135 ff., 327, 329 – prozedurale Grenzen 73 ff., 327 f. – Überschreiten 307 ff. – ungeschriebene Grenzen 138 ff., 329 Gestaltungsspielraum siehe Dispositionsspielraum Gestaltungsvarianten der GmbH 22, 43 Gewinnabführungsvertrag siehe Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag Gewinnanteilszahlung, verbotene 283 Gewinnausschüttung 126 Gewinnteilhabe 186 Gewinnverwendung siehe Ergebnisverwendung Gezielte Falschangaben 323 Gläubigerbank 96, 146, 261 Gläubigerinteressen 47 f., 50 ff., 59 ff., 71, 149, 156, 298 Gläubigerschutz 22, 46, 52 ff., 68, 71, 126, 274 f., 284, 308, 313, 327

368

Stichwortverzeichnis

Gläubigerverfolgungsrecht 155, 275, 282, 296, 304 f., 320, 333 Gläubigervertreter 201 Gleichbehandlungsgrundsatz 94, 259 GmbHG von 1892 18, 24 ff., 58 ff., 295 f. GmbHG-Entwurf von 1939 28 ff., 68 ff., 157 GmbHG-Entwurf von 1969 31 ff., 157, 219, 228, 261 GmbHG-Entwurf von 1971/1972 34 GmbH-Novelle von 1980 34 Gründung der Gesellschaft 53, 74, 86, 136 f., 314 f., 317 Gruppeninteresse 149 ff. Gruppenorgan 149 ff., 330 Gutgläubigkeit siehe Rechtsschein Haftkapital 51 Haftung siehe auch Ersatzpflicht siehe auch Schadensersatzpflicht siehe auch Sorgfaltsmaßstab – (vor-)vertraglich 323, 334 – Aufsichtsratsvergütung 284, 303 – Bargeschäfte 323 – bedingte Kapitalerhöhung 285 – Beirat 268, 270 ff. – Beschränkung 264 ff., 281 f., 333 – deliktisch 322 f., 334 – Disziplinierungsfunktion 98, 160, 254, 263, 267, 275, 277, 280, 300, 332 – Erwerb eigener Anteile 284, 302 f., 333 – externer Berater 265 – faktisches Organ 321 f. – Generalklausel 283 – Gesellschaftsvermögensverteilung 284 – gezielte Falschangaben 323 – gläubigerschützende Pflichten 274 f., 284 – juristischer Personen als Organwalter 160 ff. – Kapitalherabsetzung 284 – Kreditgewährung 284 f., 303 – Publikums-KG 270 f. – Rechtsscheinshaftung 126 f., 317 ff., 334 – Rücklagenauflösung 284 – schuldrechtliche Gremien 76

– sittenwidrige vorsätzliche Schädigung 323 – Stammkapitalerhalt 280, 283 f., 303, 333 – Übernahmeverantwortung 321, 334 – Unbilligkeit 302 – Zahlung von Gewinnanteilen 283 – Zahlungsverbot 284 ff., 333 – Zinszahlung 283 f. – Zurechnung von Verschulden 324 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder 49, 100, 187, 239, 263 ff., 318 ff., 332 f. – Genossenschaft 213 – historisch 29 f., 32, 289 ff., 295 ff. – Mitbestimmung 212 Haftung der Geschäftsführer 181, 189, 273 ff., 279, 282 f., 286, 298, 303 f., 320, 323 ff., 334 Haftung der Gesellschafter 176, 213, 267 ff., 300, 332 f. Haftungsausschluss 49, 265 ff., 332 – Entlastung des Aufsichtsrats 281 – Gesellschafter im Aufsichtsrat 268 f. – gesellschaftsvertraglich 49, 266 ff., 288, 332 – gesetzlicher 265 f., 332 – sonstiges Zusatzorgan 270 f. – Vergleich 277, 280, 282, 333 – Vergütung 265 f., 288, 294, 332 – Verzicht 231, 274 ff., 277, 280 ff., 333 – Weisungen 239 f., 266, 276 Haftungsbeschränkung siehe auch Sorgfaltsmaßstab, Begrenzung – ehrenamtliche Tätigkeit 265 f., 294, 302, 332 – gesellschaftsvertraglich 272 ff., 333 – gesetzlich 265 f. – Haftungshöhe 280, 320 – nachträglich 274, 280 f. – Verkürzung der Verjährungsfristen 275, 278 f., 333 Haftungsfreistellung 263, 269, 275 f., 281, 302 Haftungshöhe 280 Handelndenhaftung 319 ff., 334 Handelskompanien 53 Handelsregistereintragung – Eintragungshindernis 310, 315, 317, 334

Stichwortverzeichnis – eintragungspflichtige Tatsache 90, 126, 318 – fehlende 109 f., 112, 116, 119 f., 127 ff., 131, 133 f., 171, 329 – konstitutive Wirkung 81, 109, 127 f., 134, 316, 329 – Löschung 308, 316, 334 – Verzicht 127 f. Handelsregisterpublizität 62, 72, 78, 84, 91 f., 110, 126, 129, 208, 240 f., 254, 318 f., 328 Handlungsbevollmächtigter 194, 251 Handlungsfähigkeit der Gesellschaft 17, 97, 145, 147 f., 167, 261 Herrschendes Unternehmen 255 Hertie-Urteil 272 HGB von 1897 60, 216, 290 f., 296 f. Hierarchische Struktur der GmbH 216, 233 f. Hinweisfunktion 42 Historische Entwicklung – Aufsichtsrat 24 ff., 53 ff. – Gläubigerschutz 53 ff. – Haftung der Aufsichtsratsmitglieder 29 f., 32, 289 ff., 295 ff. – Publikumsschutz 46, 58 f. Höchstsumme der Haftung 302 Imperatives Mandat 240 siehe auch Weisungsabhängigkeit Individualrechte der Gesellschafter 47 f., 50, 164 f., 180 Individualschutz 45, 322 Induktionsverbot 295 Informationsanspruch gegenüber dem Aufsichtsrat 184 Informationsrechte 164, 203, 212 f., 221 ff., 331 siehe auch Berichtspflichten – Genossenschaft 212 – mehrere Kontrollorgane 203 – Mitbestimmung 212 – Societas Europaea 213 Ingerenzpflichten 247 Inhaltsfreiheit 135 Inkompatibilität 125, 251 ff., 332 – fehlerhafter Aufsichtsrat 125 – Genossenschaft 253

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– Handlungsbevollmächtigter 251 – Mitbestimmung 253 f. – Societas Europaea 253 f. Innenhaftung 263 f., 275, 305, 320 ff., 333 Innere Organisation des Aufsichtsrats 79, 133, 328 Insolvenz 51, 158, 164 f., 192 f., 220, 263, 285 ff., 301 f., 304, 321, 330, 333 Insolvenzantrag 164 f., 192 f., 220, 301 f., 330, 333 – Bevollmächtigung 193 – obligatorischer Aufsichtsrat 301 Insolvenzmasse 286, 288, 304 Insolvenzrecht 158 insolvenzrechtliches Zahlungsverbot 220, 285 ff., siehe auch Zahlungsverbot des § 64 S. 1 GmbHG Insolvenzreife 287 f. Insolvenzverschleppungshaftung 301 f. Insolvenzverschleppungsschaden 302 Insolvenzverwalter 263, 287 f., 302 Institutionenbildung 122 Interessen – der Allgemeinheit 48, 53 ff., 152 ff., 241, 293, 298, 326 – der Gesellschaftermehrheit 49 – der Gesellschafterminderheit 49 f., 327 siehe auch Minderheitsgesellschafter siehe auch Minderheitsschutz – des Rechtsverkehrs 46, 50 ff. – Gesellschaftsexterne 48, 50 ff., 147 – Gesellschaftsinterne 48 ff. Interne Partikularinteressen 149 ff., 242, 250, 330 Internes Kontrollsystem 220 Internes Revisionssystem 220 Investmentvermögen 196 Irrtum siehe Anfechtung Isolierte Berechtigungen 98 ius cogens 39 Jahresabschlussfeststellung 122, 125 f., 165, 177 f., 182, 185 f., 330 siehe auch Ergebnisverwendungsbeschluss Jahresabschlussfeststellung durch fehlerhaften Aufsichtsrat 125 f.

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Stichwortverzeichnis

Jahresabschlussprüfung 162, 165, 203, 212, 220, 229 f., 332 Jahresabschlusspublizität 70 Juristische Personen 125, 159 ff. – Bestellung 125, 159 ff. – dauerhafter Vertreter 160 – strafrechtliche Verantwortlichkeit 162 – Zurechnung 160, 162 Justizkommunikationsgesetz 36 KAGB 195 f., 211 Kapitalerhöhung, bedingte 285 Kapitalgesellschaften, kleine 70 Kapitalgesellschaften, mittelgroße 70 Kapitalherabsetzung 284 Kapitalmarktorientierte Gesellschaften 256 f. Kapitalschutz in der GmbH 280, 283 f., 303, 333 Kapitalverwaltungsgesellschaft 195 f. Kassenkontrolle, zwingende 220 Koexistenz von Kontrollorganen 200 ff. Kollisionsnorm 138 Kommanditistenausschuss 141 Kommunale GmbH 232, 243 ff., 263 f., 281 siehe auch öffentliche Hand Kommunalrecht 244 Kompetenz, ausschließliche 40 f., 50, 142 ff., 166 ff., 172 ff., 177 f., 273, 329 f. – Abänderung 169 ff. – Aufhebung 171 f. – Begrenzung des Sorgfaltsmaßstabs 273 – Folgen der Kompetenzausübung 168 ff. – Parallelzuständigkeit Gesellschafterversammlung 169 ff. – Rückfallkompetenz 172 ff. – Verstoß 170 ff. – Zulässigkeit 166 ff. – zwingende 177 f. Kompetenz, konkurrierende 144, 164, 166, 175 ff., 330 – actus contrarius 176 f. – Beschlussaufhebung 176 f. – Folgen der Kompetenzausübung 175 ff., 330 – Prioritätsprinzip 175 ff., 330 Kompetenz, originäre 77, 140, 142, 144, 173, 236 f., 268, 299, 329, 333

Kompetenz, subsidiäre siehe Rückfallkompetenz Kompetenzanmaßung 130, 252 Kompetenzen der Geschäftsführer 177 f. Kompetenzen der Gesellschafterversammlung – 2-gliedrige GmbH 164 ff. – zwingende 178 – zwingende Überwachungskompetenz 178 ff. Kompetenzverdopplung 166, 184, 330 Kompetenzverletzung 170 f. Kompetenzverteilung bei Schweigen des Gesellschaftsvertrags 184 f., 330 Konkurs siehe Insolvenz Konkursreife 290 f., 296 Konstitutivwirkung der Handelsregistereintragung 109, 112, 127 f., 134, 316 Kontinuität des Überwachungsorgans 199 f., 331 Kontinuitätsgrundsatz 197 Kontrolle siehe Überwachung Kontrollrechte der Minderheit siehe Individualrechte siehe auch Minderheitenschutz Konzernverflechtungsverbot 255 f., 332 Konzessionsfreiheit der KGaA 55 f. Konzessionssystem 28, 53 ff. Kreationsorgan 99, 102, 261, 328 f. siehe auch Zusatzorgan zur Errichtung Kreditgewährung, verbotswidrige 284 f., 303 Krise der GmbH 220, 289 Legitimationskette 247 Legitimationsniveau 248, 332 Leitbildfunktion des dispositiven Rechts 137 Letztentscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung 175, 177, 182 Liquidation der Gesellschaft 51, 105 Liquidatoren 105, 162 Liste der Aufsichtsratsmitglieder 18 f., 36, 60 ff., 71, 91 f., 126, 161, 206 ff., 237, 240 f., 294, 300, 308 f., 313, 316 ff., 327, 332 siehe auch Berufsangabe siehe auch Publizität

Stichwortverzeichnis – elektronische Einsehbarkeit 62 f., 126, 318 – fehlende Handelsregistereinreichung 62, 317, 334 – Publizität sonstiger Organe 206 ff., 219 – Rechtsschein 126, 318 ff. – Schutzzweck 18 f., 63 ff., 71, 126, 161, 294, 300, 327 – Zwangsgeld 62, 317, 334 Lizenzgeber 201 Löschung, registergerichtliche 308, 316, 334 Masseverkürzung 285 Materielle Mindestanforderungen 49, 206 ff., 310, 314 ff., 331 Materieller Satzungsbestandteil 76 f., 90, 96 f., 102, 105, 117, 131 f., 328 Mehrere Überwachungsorgane 200 ff., 331 siehe auch obligatorischer Aufsichtsrat siehe auch parallele Überwachungstätigkeit – Informationsrechte 203 – Jahresabschlussprüfungskompetenz 203 – paralleler Beirat 200, 202 ff. – Personalkompetenz 202 – Überwachungskompetenz 200 ff., 215, 331 Mehrheitserfordernis der Einstimmigkeit 75, 103, 169 f., 180 Mehrheitsmissbrauch 147 Meinungsverschiedenheiten, Entscheidung über 194 Minderheiteninteressen siehe Interessen der Gesellschafterminderheit Minderheitsgesellschafter 22, 49 f., 75, 145, 149 f., 152, 162, 327 – Auskunfts- und Einsichtsrechte 48, 50, 103, 165, 180, 182 – Teilnahme- und Informationsrecht 50 Minderheitsschutz 46 ff., 75, 103, 136, 162, 169, 173, 182, 187, 246, 330 Minderjährige siehe Aufsichtsratsmitglied, beschränkt geschäftsfähig Mindestanzahl der Aufsichtsratsmitglieder siehe Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder

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Mindeststandards an Aufsichtsratssysteme 211 ff. MitBestG 155, 189, 195 f., 211 f., 239, 255 f. mitbestimmter Aufsichtsrat 36, 47, 123, 189, 195 ff., 211, 217, 223, 233, 240, 253, 255 f., 298, 331 siehe auch obligatorischer Aufsichtsrat – ausschließliche Personalkompetenz 189, 200 – Bestellung abhängiger Personen 255 – Bestellung von Prokuristen 256 – Inkompatibilität 253 – paralleler Beirat 200, 202 ff. – paralleler fakultativer Aufsichtsrat 200 ff. – Weisungsunabhängigkeit 212, 233, 240 – Zahlungsverbot 298 Mitbestimmung – Herauswachsen 196 ff., 330 – Hineinwachsen 196, 198 f., 330 f. Mitbestimmungsurteil 45 Mitgliedschaftsrecht 94, 96, 98, 161, 186 – Gewinnteilhabe 186 – Sonderrecht 94, 96 mittelbare Aufsichtsrechte 182 mittelbare Organschaft 161 MoMiG 208 MontanMitbestErgG 189, 195 f., 211 MontanMitbestG 189, 195 f., 211 Nachschussrückzahlung 122, 194 Namensliste siehe Gesellschafterliste Namensliste der Aufsichtsratsmitglieder siehe Liste der Aufsichtsratsmitglieder Nebeneinander von Kontrollorganen siehe mehrere Überwachungsorgane Negatives Interesse 323 Nichtigkeit 108 f., 113 f., 118, 120 ff., 134, 162 ff., 171, 186, 272, 307 ff., 312, 314 ff., 324 ff., 334 Nichtigkeitsklage 120, 316, 324 Normativer Schaden 287 Normativsystem 56 Notarielle Beurkundung siehe Beurkundung Notsituation siehe Rückfallkompetenz Numerus clausus der Rechtsgüterzuordnung 167

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Stichwortverzeichnis

Oberstes Gesellschaftsorgan 168 f., 175, 179 ff. Obligatorischer Aufsichtsrat 26 ff., 31 ff., 34, 67, 183, 189, 195 ff., 200 ff., 211 ff., 217, 233, 239, 241, 255, 292 ff., 298, 301, 330 f. siehe auch mehrere Überwachungsorgane siehe auch Mitbestimmung – Doberlug-Urteil 292 ff., 298 – fehlerhafte Bestellung 123 – Gefahr der Funktionslosigkeit 204 – historische Entwicklung 26 ff., 31 ff., 34 – Insolvenzantragspflicht 301 – parallele Jahresabschlussprüfungskompetenz 203 – parallele Kompetenzen 200 ff., 331 – Statusverfahren 197 ff., 330 f. – Überwachungssubjekt 217 – Wegfall 197 ff., 330 f. – Zahlungsverbot 292 ff., 298, 301 – Zustimmungsvorbehalte 203 Octroisystem 53 Oechelhäuser, Wilhelm 24 Öffentliche Hand 35, 143, 232, 243 ff., 332 siehe auch kommunale GmbH – Einflussnahmemöglichkeiten 248 – Haftungsfreistellung 263, 281 – Verschwiegenheitspflicht 35, 247 f. – Weisungsabhängigkeit 143, 232, 243 ff., 332 – Weisungsabhängigkeit in der Aktiengesellschaft 247 f. – Zustimmungsersetzung 248 Öffentliches Interesse, Schutz 46 Öffentliches Recht 39, 142, 155 Öffnungsklausel 88 f., 91, 110, 234 siehe auch Errichtungsermächtigung opt in-Konstruktion 41, 43, 327 opt out-Konstruktion 41, 43 f., 212, 327 Optionsmöglichkeit 42 Ordnungsfunktion 136 Ordnungswidrigkeiten 256 f. Organbegriff – formeller 141 f., 145 f. – institutionell-funktioneller 142, 164 – materieller 141 f., 146 ff., 150 – organisatorische Selbstständigkeit 142 f., 148

Organbezeichnung 29 ff., 205 f., 245, 249, 306 ff., 331, 333 f. siehe auch fehlerhafte Organbezeichnung Organbezeichnung, widersprüchliche Ausgestaltung 308 ff. Organbindung 144 ff. siehe auch Interessen – Gesellschaftsinteresse 57, 97 f., 100, 145 ff., 156 ff., 187, 189 f., 205, 221, 238, 241, 243, 249, 261, 267, 271, 299, 329 f. – gesellschaftsexterne Drittinteressen 145 f., 149, 152 ff., 246, 330 – interne Partikularinteressen 149 ff., 242, 250, 330 – Unternehmensinteresse 145, 152 ff., 238, 243, 330 Organeigenschaft 97 f., 140 ff. – materielle Bindungen 144 ff. – Weisungsunabhängigkeit 142 f., 329 Organerrichtung siehe Errichtung Organinteresse 97 f. Organisationsändernder Beschluss, fehlerhafter 117, 119, 132 f. Organschaftlicher Aufsichtsrat 73 f., 75 ff., 107, 117, 140, 328 Organstreit 98 Organtheorie 17 Österreichisches GmbHG von 1906 26 f.

Parallele Überwachungstätigkeit 200 ff., 215, 331 Permissive Regelungen siehe ermöglichende Normen Perplexe Willenserklärung 147 Personalkompetenz 165, 177, 184, 187 ff., 191, 200, 202, 218, 224, 230, 293, 301, 330, 333 siehe auch Abberufung siehe auch Bestellung – actus contrarius 176 f. – Annexkompetenz 188, 191 – ausschließliche 177, 188 f. – Entsendungsrecht 188 – konkurrierende 189, 200, 202 – Rechtsstreitigkeiten 191 Pfändung und Überweisung von Ersatzansprüchen 232, 263 f., 275, 304

Stichwortverzeichnis Pflichtaufsichtsrat siehe obligatorischer Aufsichtsrat Pflichtverstöße 281 ff., 333 Präklusionswirkung 190 Präsumtive Regelungen siehe dispositives Recht Präventive Disziplinierung siehe Disziplinierungsfunktion Präventive Einflussmöglichkeiten 225 Preußisches Gesetz über die Eisenbahnunternehmen v. 03. 11. 1843 54 Prioritätsprinzip 175 ff., 330 Privatautonomie 45, 143 Prokurist 194, 251, 256 Prokuristenbestellung 194, 256 Prozessvertretung 190 f. Prüfungsausschuss 220, 256 f. Prüfungsgesellschaften siehe Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Prüfungsrecht siehe Einsichts- und Prüfungsrecht Publikumspersonengesellschaft 140 f., 270, 279 Publizität 18 f., 36, 59 ff., 90 f., 110, 161, 206, 208 f., 217, 219, 237, 240 f., 250, 300, 307, 309, 313, 316 ff., 327 f., 332, 334 – analoge Anwendung 206 ff., 219 – Auflösung des Aufsichtsrats 71 f. – Beratungsorgan 208 f. – Berufsangabe 65 f., 70, 161, 209 ff. – Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder 62 f., 91, 317 – des Gesellschaftsvertrags 60, 72, 83, 129 – des Handelsregisters 62, 72, 78, 84, 91 f., 110, 126, 129, 208, 240 f., 254, 318 f., 328 – Einreichung zum Handelsregister 18, 36, 60, 62 ff., 91, 126, 207 f., 240 f., 317 f. – erster Aufsichtsrat 61 – fehlerhafte Anwendung 217, 316 ff. – fehlerhafte Organbezeichnung 313, 316 ff. – Geschäftsbriefe siehe Geschäftsbriefe – Geschäftsführungsorgan 60, 208 f. – historisch 28, 36, 59 ff. – Jahresabschluss 70 – Liste der Aufsichtsratsmitglieder siehe Liste der Aufsichtsratsmitglieder – Rechnungslegung 59

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– Vertretungsmacht 208 f. – zwangsweise Durchsetzung 62, 317, 334 – Zweck 59 ff., 71, 110 – zwingendes Recht 61 f., 307 Publizitätsrichtlinie 36, 63 ff., 68, 126, 207 ff., 319 – Anwendungsbereich 207 ff. – novellierte 36, 64 – Umsetzung 63, 65 f. – Zweck 63 ff., 68, 126, 208, 319 Punktuelle Beschlusswirkung 88, 110 ff., 119, 171 Rechnungslegungspublizität 59 Rechnungswesenskontrolle, zwingende 220 Rechte Dritter ad personam 96 ff., 101, 261, 328 Rechtsfähigkeit 97, 146, 148, 156 Rechtsformzusatz 319 f. Rechtsschein 126, 317 ff., 334 – Anscheinsvollmacht 321 – Duldungsvollmacht 321 – Geschäftsbriefe 319 – Liste der Aufsichtsratsmitglieder 126, 318 ff. Rechtsscheinshaftung 126 f., 317 ff., 334 Rechtssicherheit 52, 83, 106, 113, 129, 327 Rechtsverkehrsschutz siehe Verkehrsschutz Regelbeispiele 283, 286, 288 Regelungsauftrag 42 Regelungsdichte 78 Regelungsverantwortung 42 f. Registereintragung siehe Handelsregistereintragung Registergericht 81, 129, 310, 315 ff., 334 – Amtslöschung 308, 316, 334 – Prüfung 129, 315 f. – Zwischenverfügung 315, 317 Registerpublizität 111 Regress 263, 281 Reichjustizamtsentwurf von 1891 25 Reserveordnung 38 f., 136 Richtigkeitsgewähr 136 Risikomanagementsystem 220 Rückabwicklungsschwierigkeiten 121 ff., 127, 130, 326

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Stichwortverzeichnis

Rückbindung der Organe 160, 180, 186 ff., 267, 270 f., 332 Rückfallkompetenz 172 ff., 181, 184, 193, 330 Rücklagenauflösung 284 sächsischer Entwurf zum Aktiengesetz von 1830 54 Sachverständiges Mitglied 256 Satzungsänderung – fehlerhaft 109 ff., 329 – Voraussetzungen 107 – Zustimmungsrecht 99 f. Satzungsänderungswille 114 ff., 131 ff., 171, 176 – Errichtung ohne Ermächtigung 116 – Vermutung 133, 171 Satzungsauslegung siehe Auslegung Satzungsautonomie 20, 22, 40 ff., 50 f., 90, 99, 138, 239, 312, 324, 327 Satzungsdurchbrechung 87 f., 108 ff., 119, 131 f., 134, 170 f., 176, 329 siehe auch Satzungsänderungswille – Anwendungsbereich 109 ff. – Aufhebungsbeschluss 176 – Dauerwirkung 111 – disponibles Recht 132 – kompetenzverletzender Beschluss 171 – Kritik 114 f. – Maßnahme- und Satzungsänderungsteil 116 f. – organisationsändernder Beschluss 119 – Rechtsfolgen 112 ff. Satzungshoheit 94, 99 f., 167, 328, 330 Satzungsinhalt, zwingender 74, 77 ff., 90, 92, 117, 119, 131, 328 Satzungsstrenge in der Aktiengesellschaft 46 Satzungsverstoß 108 ff., 131 ff. – innere Organisation 133 – konkret-individueller Beschussgegenstand 134 Schadensersatzpflicht 263 ff., 281 ff., 319 ff. siehe auch Ersatzpflicht siehe auch Haftung – deliktische Haftung 322 f. – Geschäftsführerhaftung 282

Schadensvermutung 287, 294 Schranken – ausdrückliche 138, 329 – obligatorischer Aufsichtsrat 200 ff., 330 – ungeschriebene 138 ff., 329 ff. Schuldrechtliche Bindung 97, 101, 129, 133 Schuldrechtliche Gremien 73 ff., 107, 119 f., 129, 328 – Abgrenzung 75 ff. – Haftung 76 Schuldrechtliche Regelung, Umdeutung 119 f., 133, 329 Schuldrechtlicher Beirat 107 Schutzgesetz 322 f. Selbstbehalt 35, 280, 282 Selbstentmündigungsverbot 167 Shareholder-Interessen 157 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung 323 Sittenwidrigkeitsgrenze 138 Societas Europaea 211, 213, 253, 261, 298 Sonderprüferbestellung 179 f. Sonderrecht auf Entsendung siehe Entsendung Sonderrecht auf Errichtung 93 ff., 101, 103 f., 129 f., 328 Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten 266, 278 Sorgfaltsmaßstab 264 ff., 272 ff. – Begrenzung für Geschäftsführer 273 ff. – berufliche Qualifikationen 272 – ehrenamtlich Tätige 265 f., 332 – gesellschaftsvertragliche Reduzierung 272 ff., 302, 323 f. – gesetzliche Herabsetzung 265 f. Sozialbindung des Eigentums 157 f. Spenden 158 Staatliche Aufsicht 28, 53, 56, 70 Staatliche Genehmigung 53 f., 56 Staatliche Konzession 28, 53 ff. Staatsaufsicht 53 ff., 70 Stakeholder-Interessen 157 Stammeinlagenrückgewähr 283 Stammkapital siehe Haftung Stammkapitalerhalt 280, 283 f., 303, 333 Statusverfahren 197 ff., 330 f. siehe auch obligatorischer Aufsichtsrat siehe auch Mitbestimmung

Stichwortverzeichnis – Anwendbarkeit 197 – Hineinwachsen in die Aufsichtsratspflicht 198 f. – Satzungsänderungen 199 – Wegfall der Aufsichtsratspflicht 197 f. Stellvertretung siehe Vertretung im Aufsichtsrat Strafrechtliche Sanktionen 192, 256 f., 264 Subsidiäre Kompetenz siehe Rückfallkompetenz Supermarktbeschluss 128 Tatsächliches Vorkommen 19 f. Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung 50, 229 Teilnichtigkeit 116 f., 315, 325 f. Teilung von Geschäftsanteilen 194 Teleologische Reduktion der Verweisungskette 308, 311 terminus technicus 210, 314, 331 Transaktionskosten 43 Transparenz- und Publizitätsgesetz 35 Trennungssituation 263 Treuepflicht 95, 98, 103, 147, 151, 231, 262 Treuhänder 151, 275 Typus 140 Überkreuzverflechtungsverbot 251 Übernahmeverantwortung 321 f., 334 Überschuldung 290 Überwachungskompetenz 31 f., 34, 52, 57, 92, 175, 178 ff., 201 ff., 207 ff., 222 f., 227, 229 ff., 236, 240, 242, 288, 299 f., 308 ff. Überwachungskompetenz, siehe auch Überwachungskompetenz, ausschließliche – fehlende 308 ff., 313 – funktionelles Verständnis 215 ff., 331 – Genossenschaft 211 f., 217 – Gesellschafterweisungen 242 – inhaltliche Mindestausstattung 219 ff. – institutionelles Verständnis 215 ff. – Minderheitenschutz 182 – Mitbestimmung 183, 211 f. – Publizitätsrichtlinie 207 f. – Societas Europaea 211, 213 – Stellenwert 217 ff., 331 – Überwachungsrecht ohne -pflicht 214 – Überwachungssubjekt 215 ff., 331

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– Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit 211, 213 – vollständige Übertragbarkeit 178 ff. – zwingende 31 f., 34, 207 ff., 299, 331 Überwachungskompetenz, ausschließliche 178 ff., 201 f., 214 f., 330 – Auslegung 183 f., 330 – Minderheitenschutz 182 – obligatorischer Aufsichtsrat 183, 201 f. – Schweigen des Gesellschaftsvertrags 184 f., 330 – zwingend 214 f. Überwachungsmonopol 201 Überwachungssubjekt 215 ff., 331 Überweisung von Ansprüchen 232, 263 f., 275, 304 Umdeutung 120, 133, 312, 329 Unbestimmte Rechtsbegriffe im Gesellschaftsvertrag 85 Unechte Satzungsbestandteile siehe formelle Satzungsbestandteile Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten 165 Unternehmensinteresse 145, 152 ff., 238, 243, 330 – Aktiengesellschaft 153 ff. – Corporate Governance Kodex 156 – GmbH 156 ff., 238 – interessenmonistisches Modell 156 – interessenpluralistisches Modell 154, 157 Unternehmensregister 70, 126, 318 Unternehmenszielbestimmung 154 Unternehmenszweck 156 Unternehmerisches Risiko 21, 161, 185, 214, 267 f. Unwirksamer Gesellschafterbeschluss 87, 114, 117 ff., 127, 129 ff., 329 Unwirksamkeit, schwebende 81, 102, 109, 129, 130 Verbandssouveränität 95, 98, 160, 167, 178, 181, 183, 186 ff., 193, 205, 260 f., 267, 270, 307, 330 f. Verbandszweck siehe Gesellschaftszweck Verbotsgesetz 138 Vereinigungsfreiheit 45 Verfahrensrecht 79

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Stichwortverzeichnis

Verfassungsrecht 45, 157 f., 247 Vergleich über Ersatzansprüche 274, 277, 280, 282, 333 Vergütung 79, 123 f., 194 f., 263 ff., 284, 288, 294, 302 f. – Formerfordernis 79 – geringe 264 f., 288, 294, 302 – Haftungsausschluss 265 f., 288, 294, 302, 332 – verbotene 284, 303 Vergütungsansprüche, Aufrechnung 263 Verhaltenssteuerung siehe Disziplinierungsfunktion Verhältnismäßigkeitsprüfung 45, 312 Verjährung 36, 270 f., 275, 278 f., 282, 333 Verjährungsverkürzung 275, 278 f., 333 Verkehrserwartung 70 ff., 210 f., 241, 249 f., 311, 313, 327 Verkehrsschutz 45, 50 ff., 71 f., 90 f., 110, 327 Vermögensschaden der Gesellschaft 286, 288 Vermutung der Abdingbarkeit 138 Veröffentlichung siehe Publizität Versammlungsfreiheit 45 Verschmelzung, fehlerhafte 128 Verschmelzung, grenzüberschreitende 195 Verschmelzungsrichtlinie 36 Verschwiegenheitspflicht 35, 247 f. Verteilung der Verlustgefahr 51 Verteilung des Gesellschaftsvermögens 284 Vertragsfreiheit 45, 51 Vertrauensschutz 52, 71 f., 327 Vertraulichkeit siehe Verschwiegenheitspflicht Vertraulichkeit im Aufsichtsrat 223 Vertretung siehe besonderer Vertreter siehe gesetzlicher Vertreter siehe Prozessvertretung siehe Stellvertreter Vertretung gegen Geschäftsführer 190 f., 230 ff. Vertretung im Aufsichtsrat 163, 237 f., 259 siehe auch dauerhafter Stellvertreter Vertretung in der Gesellschafterversammlung 242

Vertretungskompetenz 47, 51, 177, 190 f., 208 f., 213, 230 ff. – der Geschäftsführer 47, 51, 177, 208 f. – Einzelvertretung 232 – Ermächtigung Einzelner 232 – Genossenschaft 213 – zwingende 47, 51, 177, 209 Verweiskette 35, 39, 78, 132, 135, 294 f., 308, 311, 329 Verzicht auf Ersatzansprüche 231, 274 ff., 277, 280 ff., 333 Vinkulierungsklauseln 49, 195 Volkssouveränität 247 Vollmacht mit verdrängender Wirkung 41, 166 f. Vorrang des Gesellschaftsrechts 244 Vorsatzhaftung 269, 273 f., 276 f., 291, 296 VorstAG 35 Vorzugsstellung 94 Wahl siehe Bestellung Wahlanfechtung 122 f., 134 Wahlfreiheit 37, 42 ff., 73, 206, 311 f., 327, 331 Wechsel des Aufsichtsratssystems 196 ff. Weisungsabhängigkeit – Aktiengesellschaft 232 f., 240, 247 f. – Bundesverwaltungsgericht 245 f. – Demokratieprinzip 245 ff., 332 – der Geschäftsführer 143, 158, 193 f., 216, 218 f., 224, 226 f., 234, 242, 266, 276 – des fakultativen Aufsichtsrats 49, 72, 142 f., 232 ff., 261, 266, 308 ff., 313 – Doberlug-Urteil 241 f. – Einmann-GmbH 248 ff., 332 – Entsendung 232, 249 f., 261 – Ergebnisverwendungsbeschluss 186 f. – Exekutivaufgaben 187, 236 – Folge der Publizitätspflichten 237, 239 ff., 246, 313 – Folgen 308, 313 – Genossenschaft 212, 240 – gesellschaftsvertragliche 234 ff., 332 – Haftungsausschluss 239 f., 266, 276 – ipso iure 233 f., 332 – Kommanditgesellschaft auf Aktien 240 – Löschungsverfahren 308 – Nichtigkeit 308

Stichwortverzeichnis – obligatorischer Aufsichtsrat 212, 233, 240 – öffentliche Hand 234, 243 ff., 332 – Öffnungsklausel 234 – Societas Europaea 213, 240 – Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit 240 – Vertreter in der Gesellschafterversammlung 242 Weisungsrecht des Aufsichtsrats 193 f., 218 f., 224 Weisungsrecht Dritter 250 Weisungsunabhängigkeit aufgrund der Organstellung 142 f., 236, 329 Wesen der Gesellschafterversammlung 168, 181 Wesen des Aufsichtsrats 139 f., 238 Willkürliche Kompetenzanmaßung 130, 205 Wirtschaftliches Risiko siehe unternehmerisches Risiko Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 159 f. Zahl der Aufsichtsratsmandate siehe Anzahl Zahl der Aufsichtsratsmitglieder siehe Anzahl Zahlung von Gewinnanteilen, verbotene 283 Zahlungsunfähigkeit 288, 290 Zahlungsverbot des § 30 GmbHG 280, 284, 303, 333 Zahlungsverbot des § 64 S. 1 GmbHG 280, 284, 285 ff., 302 f., 333 – Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und Löhne 288 – Doberlug-Urteil 287 ff. – fehlende Insolvenzantragspflicht 301 – fehlende Personalkompetenz 301 – Genossenschaft 298 – Gesetzeszweck 285, 299 f.

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– Gesetzgebungsgeschichte 289 ff., 295 ff. – obligatorischer Aufsichtsrat 292 f., 298, 301 – Societas Europaea 298 – Unzumutbarkeit 301 f. – Verkehrserwartung 297 ff. – Vermögensschaden 286, 288 Zinszahlung, verbotene 283 f. Zusammenlegung von Geschäftsanteilen 194 Zusammensetzung des Aufsichtsrats 79 Zusatzorgan zur Errichtung 99 ff. siehe auch Kreationsorgan – Abberufung 100, 102 – geborene Fremdorganschaft 101 f. – Organhaftung 100 – unwiderruflich 100 Zuständigkeit siehe Kompetenz Zustandsbegründende Beschlusswirkung 111, 114, 119, 131 f. Zustimmungsrecht zur Satzungsänderung 99 f. Zustimmungsvorbehalt 151, 203, 212 f., 224 ff., 248, 254, 331 – Doppelfunktionalität 226, 331 – Ersetzung 227 f., 248 – Gruppenorgan 151 – Katalog 226 – konkurrierender 203 – Mehrheitserfordernis 226 – Mitbestimmung 203, 212 – Modifikationen 226 – Societas Europaea 213 – Tagesgeschäfte 226 – Weisungen der Gesellschafterversammlung 226 f. Zwangsgeld 62, 317, 334 Zweckverband 151 Zwingendes Recht siehe ius cogens Zwischenverfügung 315, 317