Die Reichweite der Business Judgment Rule bei unternehmerischen Entscheidungen des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft [1 ed.] 9783428531912, 9783428131914

Die Aufgaben des Aufsichtsrats sind in den letzten Jahren sowohl durch die Zuweisung neuer Aufgaben als auch durch eine

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Die Reichweite der Business Judgment Rule bei unternehmerischen Entscheidungen des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft [1 ed.]
 9783428531912, 9783428131914

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 28

Die Reichweite der Business Judgment Rule bei unternehmerischen Entscheidungen des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft Von

Jan Göppert

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JAN GÖPPERT

Die Reichweite der Business Judgment Rule bei unternehmerischen Entscheidungen des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 28

Die Reichweite der Business Judgment Rule bei unternehmerischen Entscheidungen des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft Von

Jan Göppert

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Augsburg hat diese Arbeit im Jahre 2009 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Process Media Consult GmbH, Darmstadt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-13191-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im April 2009 von der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden bis Juni 2009 berücksichtigt. Mein herzlicher Dank gilt meinem hochverehrten Doktorvater Herrn Professor Dr. Michael Kort für die Betreuung dieser Arbeit sowie die wertvollen Anregungen während der Entstehung der Arbeit. Zudem danke ich ihm für den mir großzügig gewährten Freiraum während meiner interessanten und lehrreichen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Arbeitsrecht sowie die sehr schnelle Begutachtung. Frau Professor Dr. Martina Benecke danke ich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens sowie den Herausgebern für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Ganz besonderen Dank schulde ich meinen Eltern Verena und Andreas Göppert sowie meinem Bruder Urs Göppert, die durch ihre vielseitige und immerwährende Unterstützung einen Großteil dazu beigetragen haben, dass ich meinen bisherigen Lebens- und Ausbildungsweg in dieser Weise gestalten konnte. Ihnen widme ich diese Arbeit. Augsburg, im Juli 2009

Jan Göppert

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 A. Problemstellung und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Einbettung der Thematik in die Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

§ 2 Unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Leitungsbegriff im Kapitalgesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Leitungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Two-Tier-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2. One-Tier-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Leitungsbezogene Unternehmenstätigkeit des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 I. Allgemeiner Entscheidungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Ökonomischer Entscheidungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Entscheidungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Deskriptive Entscheidungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Normative Entscheidungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Phasen der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3. Entscheidungsdeterminanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 a) Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 III. Wirtschaftspsychologischer Entscheidungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 IV. Unternehmerische Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 V. Unternehmerisches Entscheiden als Handeln in Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . 32

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Inhaltsverzeichnis VI. Unternehmerische Entscheidung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1. Führungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Ermessensentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3. Pflichtentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4. Kollektive Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 5. Phasen des Entscheidungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Vorbereitung und Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 c) Realisierung der Maßnahmen und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

C. Stellung des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung der Aktiengesellschaft . . . 41 I. Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Anteilseignervertreter und Arbeitnehmervertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Recht auf Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Pflicht zur Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Recht auf Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4. Sorgfaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5. Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 6. Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 IV. Externe und interne Information des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Berichtspflichten und Berichterstattung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat . . 52 a) Information durch den Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 b) Kein Informationsmonopol des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Informationsaustausch im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 V. Kontroll- und Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1. Überwachungsfunktion, § 111 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Gewähr leistungsfähiger Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Gegenstand der Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Inhaltsverzeichnis

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c) Richtung der Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 aa) Retrospektive Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 bb) Präventive Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 d) Maßstäbe der Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Wirtschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Zweckmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 dd) Ordnungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 e) Intensität der Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Normaler Geschäftsverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) Krise der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2. Berufsaufsichtsräte oder Nebenamt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3. Corporate Governance – Fragen der Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 D. Aufsichtsrat als Co-Managementorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 I. Zusammenwirken mit Vorstand und Einflussnahme auf Vorstandshandeln . . . . . . 68 II. Beratungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 III. Mitentscheidungs-/Mitwirkungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 1. Zustimmungsvorbehalte, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 b) Bedeutung des Zustimmungserfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Prüfung und Billigung des Jahresabschlusses, §§ 170 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . 74 3. Ausnutzung genehmigten Kapitals, §§ 202 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4. Befugnisse des Aufsichtsrats im Deutschen Corporate Governance Kodex . . . . 76 E. Selbständige Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 I. Entscheidungsbefugnisse nach dem Aktiengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Personalkompetenz, § 84 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Bestellung der Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Abberufung der Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Vorstandsvergütung, § 87 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3. Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand, § 77 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . 82

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Inhaltsverzeichnis 4. Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand, § 112 AktG . . . . . . . . . . 83 II. Erweiterte Befugnisse des Aufsichtsrats gemäß dem Deutschen Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Bestellung und Entlassung der Vorstandsmitglieder, Ziffer 5.1.2 DCGK . . . . . . 84 2. Anstellungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Vorstandsabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 § 3 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Organmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . 90 A. Genereller Verhaltensstandard des Vorstandsmitglieds, § 93 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . 90 I. Doppelfunktion der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 II. Sorgfaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 III. Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 IV. Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 V. Kein unternehmensschädigendes Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 B. Verhaltensstandard des Aufsichtsratsmitglieds, §§ 93, 116 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Objektiver Mindeststandard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Differenzierung nach Person und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3. Vorrang des Unternehmensinteresses (Treuepflicht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4. Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 II. Teilnahme- und Mitwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Sitzungsteilnahme und Sitzungsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 2. Kollegiale Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3. Förderpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 § 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A. Haftung als Steuerungsinstrument im Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Inhaltsverzeichnis

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B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Gesetzliches Haftungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Innenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Arten von Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Allgemeine Amtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (1) Verletzung von Mitwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Verletzung der Überwachungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (3) Verstoß gegen allgemeine Treue- und Verschwiegenheitspflicht . . . . 105 bb) Pflichtverletzung und unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . 106 (1) Unternehmerisches Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (2) Personalentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (3) Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (4) Vergütungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 cc) Besondere Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (1) Schädigendes Verhalten nach § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (2) Entsprechenserklärung nach § 161 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (3) Pflichten bei Übernahmeangeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 dd) Pflichtverletzungen in der Krise des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 c) Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern . . . . 114 2. Außenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 II. Sinn und Zweck der persönlichen Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . 116

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG – Business Judgment Rule . . . . . . 118 I. Institut der Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 II. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Grundidee der Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2. Bedürfnis einer Haftungsfreistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Historische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 III. Rechtlicher Ansatz und Kodifikation der Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . 122 IV. Funktion und Zweck der Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

14

Inhaltsverzeichnis V. Anwendungsbereich der Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2. Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. Weitere Anwendungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 VI. Voraussetzungen und Reichweite der Business Judgment Rule für den Aufsichtsrat 128 1. Unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Risiko als Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 c) Klagen durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Feststellung eines anspruchsbegründenden Tatbestands . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Erfolgsaussichten einer Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 cc) Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Handeln auf der Grundlage angemessener Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Handeln zum Wohl der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4. Handeln ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5. Gutgläubigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

VII. Rechtsfolge der Unanwendbarkeit der Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . . . 141 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 § 5 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Abkürzungsverzeichnis Abl. EU Abs. AG AktG Anm. Aufl. BAG BB BegrRegE BetrVG BGB BGBl. I BGH BGHZ BKR BT-Drucks. BVerfGE bzw. DB DBW DCGK Der Aufsichtsrat Der Konzern ders. dies. DrittelbG DStR DZWIR EWiR f. F.A.Z. ff. FS GesRZ-SH GG GmbHG GmbHR HGB Hrsg. i.V.m.

Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz Anmerkung Auflage Bundesarbeitsgericht Betriebsberater (Zeitschrift) Begründung des Regierungsentwurfs Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teil I Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bank- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift) Bundestags-Drucksache Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Der Betrieb (Zeitschrift) Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex Der Aufsichtsrat (Zeitschrift) Der Konzern (Zeitschrift) derselbe dieselbe/dieselben Drittelbeteiligungsgesetz Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende Festschrift Der Gesellschafter Sonderheft (Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht) Grundgesetz GmbH-Gesetz GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Handelsgesetzbuch Herausgeber in Verbindung mit

16 JZ Komm KonTraG LG MitbestErgG MitbestG MoMiG

Abkürzungsverzeichnis

Juristenzeitung Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Landgericht Mitbestimmungsergänzungsgesetz Mitbestimmungsgesetz Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen MontanMitbestG Montanmitbestimmungsgesetz NJW Neue Juristische Wochenschrift Nr. Nummer NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung OLG Oberlandesgericht RegBegr. Regierungsbegründung Rn. Randnummer S. Seite bzw. Satz sog. sogenannte StGB Strafgesetzbuch StudZR Studentische Zeitschrift für Rechtswissenschaft Heidelberg TransPuG Transparenz- und Publizitätsgesetz u. a. unter anderem, und andere UMAG Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts v. vom/von vgl. vergleiche WiB Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift für Wirtschaftsanwälte und Unternehmensjuristen) WM Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht) WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpÜG Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz z. B. zum Beispiel ZfB Zeitschrift für Betriebswirtschaft ZfhF Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziff. Ziffer ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZSR Zeitschrift für schweizerisches Recht

§ 1 Einleitung A. Problemstellung und Zielsetzung Im unternehmensinternen Beziehungsgeflecht einer deutschen Aktiengesellschaft zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionären ist es Hauptaufgabe des Aufsichtsrats, als Kontroll- und Überwachungsorgan tätig zu werden. Die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats, sein Versagen bei der Wahrnehmung seiner Überwachungs- und Kontrollpflichten, aber auch ein häufiges Fehlen der Professionalität des Aufsichtsrats können zu einer persönlichen Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern führen. Der Aufsichtsrat ist als Gesellschaftsorgan keineswegs nur überwachend und kontrollierend tätig, sondern bei Ausführung seiner Rechte und Pflichten auch unternehmerisch handelndes und damit auch (mit-)entscheidungsbefugtes Organ. Entscheidungen des Aufsichtsrats sind elementarer Bestandteil der Willensbildung und Willensäußerung der Aktiengesellschaft. Eine mögliche Haftung der Aufsichtsratsmitglieder für Entscheidungen, die sich im Nachhinein als das Unternehmen schädigend erweisen, ist notwendiges Pendant einer steigenden Mitverantwortung des Aufsichtsrats im Unternehmen. Auf zahlreichen Beiträgen aus Rechtsprechung und Literatur fußend, die sich mit der Thematik des unternehmerischen Ermessens des Aufsichtsrats und dessen gerichtlichen Kontrolle auseinandergesetzt haben,1 beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem Anwendungsbereich und der Reichweite der Business Judgment Rule hinsichtlich unternehmerischer Entscheidungen des Aufsichtsrats. Die Frage, inwieweit dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft Entscheidungsbefugnisse zustehen, welchen konkreten Inhalt und welche strukturellen Elemente selbständige Entscheidungen des Aufsichtsrats haben, wird im ersten Teil der Arbeit behandelt. Dabei wird der Begriff der unternehmerischen Entscheidung aus unterschiedlichen, auch außerjuristischen Perspektiven dargestellt und die Einbindung des Aufsichtsrats in den unternehmerischen Entscheidungsprozess erörtert. Die gesetzlich verankerte und die tatsächliche Mitwirkungsbefugnis des Aufsichtsrats an der unter1 BGH ZIP 1997, 883; OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1183; OLG Düsseldorf ZIP 1996, 1083; OLG Düsseldorf ZIP 1997, 27; LG Düsseldorf ZIP 1994, 628; LG Düsseldorf ZIP 1995, 1985; Lutter, ZIP 1995, 441; Jäger, WiB 1997, 10; Gesamtschau der ARAG/Garmenbeck-Prozesse, Grooterhorst, ZIP 1999, 1117; Jaeger/Trölitzsch, ZIP 1995, 1157; Raiser, NJW 1996, 552; Kindler, ZHR 162 (1998), 101; Horn, ZIP 1997, 1129; Nirk, in: FS Karlheinz Boujong, 1996, S. 393; Dreher, JZ 1997, 1074.

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§ 1 Einleitung

nehmerischen Zielverwirklichung und an Entscheidungen, die das Unternehmensschicksal bestimmen, werfen auch die Frage einer möglichen persönlichen Haftung des Überwachungsorgans für dessen unternehmerisches Handeln auf. Zunächst wird zur Klärung von Haftungsfragen dargestellt, welchen Sorgfaltsanforderungen Aufsichtsratsmitglieder unterliegen. Ferner werden Haftungsrisiken aufgezeigt und in haftungsrelevante Bereiche untergliedert. Im Anschluss wird untersucht, inwieweit eine Haftungsfreistellung für Aufsichtsratsmitglieder durch das Institut der Business Judgment Rule2 nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, eingeführt durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG),3 in Betracht kommt. Hauptaugenmerk wird dabei auf das Tatbestandsmerkmal der „unternehmerischen Entscheidung“ für eine Anwendbarkeit der Business Judgment Rule gelegt. Die weiteren Anwendungsvoraussetzungen der Business Judgment Rule werden nur kurz dargestellt.

B. Einbettung der Thematik in die Corporate Governance Schon seit längerem werden die fehlende Effizienz von Aufsichtsräten und die oftmals mangelhafte Aufgabenerfüllung durch die Aufsichtsratsmitglieder beklagt, obwohl die Tätigkeit des Aufsichtsrats als Überwachungs- und Kontrollorgan einer Aktiengesellschaft einen wesentlichen Bestandteil der Corporate Governance bildet.4 Der Begriff Corporate Governance bezeichnet den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens.5 Die Gesamtheit aller internationalen und nationalen Werte und Grundsätze für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung gelten sowohl für die Mitarbeiter eines Unternehmens als auch für deren Unternehmensleiter und -überwacher. Gerade deshalb spielt die Haftung von Organmitgliedern von Aktiengesellschaften, insbesondere auch von Aufsichtsratsmitgliedern, in der Diskussion um das Thema Corporate Governance eine wichtige Rolle.6 Die Corporate Governance soll wirksame Vorgaben für eine ordnungsgemäße Unternehmensleitung geben und somit vor der Gefahr von Schädigungen und Vermögensverlusten schützen.7

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Dazu ausführlich Lutter, ZIP 2007, 841, 842. UMAG v. 22. 9. 2005, BGBl. I 2005, 2802; Fleischer, ZIP 2004, 685. 4 Ruhwedel/Epstein, BB 2003, 161. 5 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 1; v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, 2003, S. 4. 6 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 17. 7 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 18. 3

B. Einbettung der Thematik in die Corporate Governance

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Ursprünglich betrafen Fragen der Corporate Governance vor allem das Verhältnis zwischen Aktionären und Management. Dieser vom amerikanischen Verständnis geprägten Darstellung schloss sich eine Entwicklung hin zu einer breiter angelegten Governance-Debatte an. So werden nun nicht nur Fragen der Binnenorganisation innerhalb der Gesellschaft aufgeworfen, sondern auch das Verhältnis der Unternehmensorgane zu Stake- und Shareholdern aufgezeigt.8 Ziel ist es, ein optimales Führungs- und Überwachungssystem zu schaffen. Unternehmensschädigendes Verhalten des Managements und Fehlentwicklungen innerhalb des Unternehmens sollen frühzeitig erkannt und verhindert werden und so eine nachhaltige Wertsteigerung des Unternehmens erreicht werden. Damit steht die Corporate Governance in einem engen Zusammenhang mit der deutschen Unternehmensverfassung.9 Die Aktualität um die Corporate Governance ergibt sich dabei aus zahlreichen Unternehmensschieflagen, -insolvenzen und Fällen von Missmanagement.10 Im Fokus stehen dabei vornehmlich die Gesellschaftsorgane. Daraus resultiert die Problematik der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats hinsichtlich einer effizienten Wahrnehmung der Unternehmensüberwachung.11 Unternehmerische Entscheidungen des Aufsichtsrats im Wege seiner Überwachungs- und Kontrollfunktion können ebenso zu einer persönlichen Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern führen wie selbständige unternehmerische Entscheidungen, die der Aufsichtsrat unter Einflussnahme auf die Unternehmensleitung des Vorstands trifft. Die Frage, wie der Aufsichtsrat im Rahmen der Unternehmensverfassung der Gesellschaft aktiv und passiv an Entscheidungsprozessen mitzuwirken hat, ist damit elementarer Bestandteil der Corporate Governance. Dass der deutsche Gesetzgeber gerade in den letzten Jahren vermehrt auf eine Verbesserung der Unternehmenskontrolle und Transparenz drängt, zeigt sich an gesetzlichen Regelungen des Transparenz- und Publizitätsgesetzes (TransPuG),12 des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG),13 vor allem aber am Deutschen Corporate Governance Kodex,14 der erstmalig am 30. September 2002 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht wurde.15 Zuvor wur8 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 1; v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, 2003, S. 4. 9 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 2; v. Werder, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, 2003, S. 5. 10 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 2. 11 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 18; zur Überwachungspflicht des Aufsichtsrats siehe bereits Schmalenbach, ZfhF 1911, 271 ff. 12 TransPuG vom 19. 7. 2002, BGBl. I S. 2681. 13 KonTraG vom 27. 4. 1998, BGBl. I S. 786. 14 www.corporate-governance-code.de. 15 www.ebundesanzeiger.de (herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz).

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§ 1 Einleitung

den durch den sogenannten Berliner Initiativkreis16 und die Frankfurter Grundsatzkommission17 in den Jahren 2000 und 2001 Vorgänger des Deutschen Corporate Governance Kodex geschaffen. Durch den Kodex sollen die in Deutschland für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens geltenden Regeln transparent gemacht werden und damit deutsche Unternehmen bei Einhaltung der im Kodex aufgeführten Regeln gegenüber nationalen wie internationalen Anlegern attraktiv machen.18 Eine wertorientierte Unternehmensführung ist auf den internationalen Kapitalmärkten ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Die für eine gute Corporate Governance entscheidende professionelle Ausgestaltung und Umsetzung eines effizienten Führungs- und Überwachungssystems dient Investoren als Kriterium für eventuelle Anlageentscheidungen. Damit ist auch die Außenwahrnehmung der Gesellschaft und ihres Unternehmens Gegenstand der Corporate Governance.19 Jährlich tritt die Kodexkommission, deren Bestehen an keine zeitliche Begrenzung geknüpft ist, zusammen, um den Deutschen Corporate Governance Kodex entsprechend nationaler und internationaler Entwicklungen in Gesetz und Praxis anzupassen.20 Dass der Kodex und damit auch die Arbeit der ständigen Kodex-Kommission unter der Leitung von Klaus-Peter Müller (Vorgänger Dr. Gerhard Cromme) inzwischen allgemein akzeptiert werden, zeigen jährliche Erhebungen,21 die die weitgehende Befolgung der im Kodex aufgeführten Regeln durch die angesprochenen Unternehmen widerspiegeln.22 Die zunehmende Diskussion um eine persönliche Haftung von Organmitgliedern für deren unternehmerisches Handeln zeigt, dass eine vertiefte Auseinandersetzung der Unternehmensorgane mit den Regeln einer guten und verantwortungsvollen Unternehmensleitung und Unternehmensüberwachung unumgänglich ist. Der durch den Kodex entstandene Unternehmensstandard hat damit wesentlichen Einfluss auf die Grenzen unternehmerischen Handelns und folglich auch auf den Bereich, in dem die Organe haftungsfrei agieren und entscheiden können.23

16 Peltzer/v. Werder, Der „German Code of Corporate Governance (GCCG)“ des Berliner Initiativkreises, AG 2001, 1 ff. 17 Schneider/Strenger, Die „Corporate Governance Grundsätze“ der Grundsatzkommission Corporate Governance, AG 2000, 106 ff. 18 Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 19; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 19 f. 19 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 15a. 20 Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 39; Peltzer, Deutsche Corporate Governance, 2004, Rn. 19. 21 v. Werder/Talaulicar/Kolat, DB 2004, 1377, 1379; v. Werder/Talaulicar, DB 2005, 841, 844; dies., DB 2006, 849, 851. 22 Dazu ausführlich v. Werder/Talaulicar, DB 2007, 869 ff.; dies., DB 2008, 825 ff. 23 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 21.

§ 2 Unternehmerische Entscheidung Dass in einer Aktiengesellschaft täglich unternehmerische Entscheidungen vorbereitet, getroffen und ausgeführt werden, ist selbstverständlich. Hierbei stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Aufsichtsrat an Entscheidungsprozessen innerhalb eines Unternehmens zu beteiligen ist.

A. Leitungsbegriff im Kapitalgesellschaftsrecht Der Begriff der Leitung im Sinne von § 76 Abs. 1 AktG umschreibt ganz allgemein die Tätigkeit des Führens oder Leitens einer Gesellschaft. Als Abgrenzung zur Geschäftsführung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AktG), die jede tatsächliche, rechtsgeschäftliche oder exekutive Tätigkeit für die Gesellschaft umfasst, stellt die Leitung die Führungsposition des Vorstands der Gesellschaft und damit einen herausgehobenen Teil der Geschäftsführung dar.24

I. Leitungsstruktur Die deutsche Unternehmensverfassung nach dem AktG schreibt eine zwingende Führungsorganisation vor. Notwendige Verbandsorgane sind dabei Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung.25 Das aktienrechtliche Organisationsrecht weist den einzelnen Organen ihren eigenen Tätigkeitskreis zu. Leitungsorgan der Gesellschaft ist der Vorstand.26 Dieser leitet gemäß § 76 Abs. 1 AktG die Gesellschaft in eigener Verantwortung.27 Denselben Wortlaut hat auch Ziffer 4.1.1 DCGK. Die Funktion des Vorstands als Leitungsorgan umfasst die Festlegung einer bestimmten Unternehmensphilosophie und Unternehmenspolitik und deren Realisierung durch erforderliche Entscheidungen und Maßnahmen. Dabei beinhaltet die Leitungsfunk24 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 7; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2003, § 76 Rn. 29.; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 76 Rn. 16 f.; Fleischer, ZIP 2003, 1, 3. 25 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 4. 26 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 1, 5; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2003, § 76 Rn. 1 f.; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 76 Rn. 15. 27 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 1; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2003, § 76 Rn. 1; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 76 Rn. 22; Semler, in: Semler/Peltzer, Arbeitshandbuch für Vorstandsmitglieder, 2005, § 1 Rn. 188.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

tion nicht nur die allgemeine Geschäftsführung, sondern auch die Ausübung der Unternehmensleitung.28 Organisation, Koordinierung, Planung, Besetzung von Führungspositionen und Kontrolle des Unternehmens sind damit wesentliche Elemente, die in den Zuständigkeitsbereich des Vorstands bei der Verwirklichung der Unternehmensziele fallen.29 Dabei haben die Vorstandsmitglieder gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG ihre Führungsaufgabe als ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter wahrzunehmen. Auch ein Blick in Ziffer 4.1.2 DCGK verdeutlicht die Kompetenzzuweisung innerhalb der Unternehmensverfassung einer Aktiengesellschaft. Danach entwickelt der Vorstand die strategische Ausrichtung des Unternehmens, stimmt sie mit dem Aufsichtsrat ab und sorgt für ihre Umsetzung. Dem Aufsichtsrat können nach § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG Maßnahmen der Geschäftsführung nicht übertragen werden, womit die Tätigkeit des Aufsichtsrats in erster Linie auf die Überwachung des Vorstandshandelns beschränkt ist (§ 111 Abs. 1 AktG).30 Der Hauptversammlung obliegt die Beschlussfassung in wesentlichen Gesellschaftsangelegenheiten (§ 119 Abs. 2 AktG).31 Das Führungssystem und Kompetenzgefüge einer deutschen Aktiengesellschaft ist damit gesetzlich vorgegeben. Es soll sicherstellen, dass in der Gesellschaft eine Machtbalance zwischen den Organen besteht.32 1. Two-Tier-System Den zentralen Punkt im Bereich der Unternehmensverfassung bildet die Struktur der Führungsorganisation und die Rollenverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Das deutsche Aktienrecht sieht mit Vorstand und Aufsichtsrat zwei Organe für die Unternehmensführung vor, wobei Leitung und Kontrolle im Wege einer Gewaltenteilung voneinander getrennt werden sollen.33 Vorstand und Aufsichtsrat sind rechtlich gleichberechtigte Organe, wobei kein Organ dem anderen vorgesetzt ist.34 Ein Beispiel für dieses dualistische System der Funktionstrennung von Leitung und Überwachung zeigt sich in § 105 Abs. 1 AktG, der die Inkompatibilität einer Mit-

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Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 9, Fleischer, ZIP 2003, 1, 3. Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 8; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 76 Rn. 5; Semler, in: Semler/Peltzer, Arbeitshandbuch für Vorstandsmitglieder, 2005, § 1 Rn. 188; Goette, in: FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123, 125. 30 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 11. 31 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 4. 32 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 4; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, Vorb. § 76 Rn. 1 ff.; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, Vor § 76 Rn. 38. 33 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 92. 34 Semler, in: Semler/Peltzer, Arbeitshandbuch für Vorstandsmitglieder, 2005, § 1 Rn. 39. 29

A. Leitungsbegriff im Kapitalgesellschaftsrecht

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gliedschaft im Aufsichtsrat mit einer Mitgliedschaft im Vorstand vorsieht.35 Mitglieder des Aufsichtsrats dürfen nicht zugleich Mitglieder des Vorstands sein. Dieses System der Gewaltenteilung ist Hauptmerkmal des Two-Tier-Systems und unterscheidet sich damit vom monistischen Vereinigungsmodell, das überwiegend für die Verfassung angelsächsischer Unternehmen kennzeichnend ist.36 2. One-Tier-System Charakteristisch für das One-Tier-System, das sich etwa im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht findet, ist die Ausübung von Leitung und Überwachung in einem einzigen Organ (Verwaltungsrat bzw. Board).37 Erfolgt innerhalb des sogenannten Board of Directors keine konkrete Aufteilung von Leitung und Kontrolle, so kommt das Prinzip der Selbstkontrolle zu Anwendung.38 Jedoch setzt sich auch im One-Tier-System durch die Differenzierung von Inside Directors und Outside Directors (non-executive Directors) immer mehr das Trennungsprinzip durch.39

II. Leitungsbezogene Unternehmenstätigkeit des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat ist von der Geschäftsführung nach § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG ausgeschlossen. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass der Aufsichtsrat von der Teilhabe an der unternehmerischen Entscheidungsfindung und leitungsbezogenen Tätigkeit ausgeschlossen ist.40 Zwar ist es traditionell die Hauptaufgabe des Aufsichtsrats, den Vorstand vergangenheitsbezogen zu überwachen. Jedoch stehen dem Aufsichtsrat im Rahmen des aktienrechtlichen Kompetenzgefüges zahlreiche Rechte wie der Erlass der Geschäftsordnung des Vorstands (§ 77 Abs. 2 AktG), die Personalkompetenz (§ 84 Abs. 1 AktG) und die Begründung von Zustimmungsvorbehalten (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) zu. Aufgabe des Aufsichtsrats ist es nach Ziffer 5.1.1 DCGK, den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens regelmäßig zu beraten und zu überwachen. Zudem ist er in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen einzubin35

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 105 Rn. 1. v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 93; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 5. 37 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 93. 38 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 93. 39 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 93, 111. 40 Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 617, 621; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 289, 290; Henze, NJW 1998, 3309, 3311, 3312; ders., BB 2000, 209, 210; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 57 f. 36

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

den. Gerade der Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand gibt dem Aufsichtsrat die Möglichkeit, auf Gremienentscheidungen, Ressortzuweisungen und Geschäftsverteilungen entscheidend Einfluss zu nehmen und damit eine wichtige Rolle innerhalb der Leitung des Unternehmens einzunehmen.41 Aber auch die Personalkompetenz nach § 84 Abs. 1 AktG erlaubt dem Aufsichtsrat, unmittelbar auf die Unternehmensorganisation durch Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern einwirken zu können. Dies stellt wohl die effektivste Möglichkeit dar, leitungsbezogen innerhalb der Gesellschaft tätig zu werden und auf die Unternehmensorganisation nach eigenem Ermessen einzuwirken.42 Die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten kann sich aus der Satzung, aber auch durch Aufsichtsratsbeschlüsse ergeben. Zustimmungsvorbehalte, die nicht nur bestimmte Rechtsgeschäfte, sondern auch gesellschaftsinterne Leitungsmaßnahmen wie Großinvestitionen betreffen können, dienen überwiegend der präventiven Überwachung und der Einschränkung der Entscheidungsunabhängigkeit des Vorstands.43 Eine Mitwirkung des Aufsichtsrats an der Geschäftsführung durch den Erlass eines Zustimmungsvorbehaltes kommt dabei selbstverständlich in bedeutenden, den Bestand der Gesellschaft gefährdenden Entscheidungsfällen, in Betracht.44 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die unternehmerische Leitung und Entscheidungstätigkeit dem Vorstand zukommt, dem Aufsichtsrat aber dabei leitungsbezogene Rechte und Kompetenzen eingeräumt werden. Damit ist der Aufsichtsrat nicht nur ein Organ, dem eine vergangenheitsbezogene Überwachung obliegt, sondern er trägt für die Führung des Unternehmens eine zukunftsorientierte Mitverantwortung.

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung Bei der Thematik der Haftungsfreistellung für Aufsichtsratsmitglieder für getätigte unternehmerische Entscheidungen steht der Begriff der unternehmerischen Ent41 Semler, Leitung und Überwachung, 2. Aufl. 1996, S. 56; Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, 1994, S. 153 ff. 42 BGHZ 135, 244, 254 ff. (ARAG/Garmenbeck); BGHZ 114, 127, 129 f.; BGH ZIP 1997, 883 ff.; OLG Düsseldorf ZIP, 1995, 1183, 1190; Dreher, ZHR 158 (1994), 620; Henze, BB 2001, 57; Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen und Rechtsbindung der Organe in der AG, 2002, S. 13; Katsas, Die Inhaltskontrolle unternehmerischer Entscheidungen von Verbandsorganen im Spannungsfeld zwischen Ermessensfreiheit und Gesetzesbindung, 2006, S. 38; Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, 1994, S. 154 ff.; so auch Claussen, in: FS Hans-Joachim Priester, 2007, S. 41, 49. 43 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 18; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 583; Katsas, Die Inhaltskontrolle unternehmerischer Entscheidungen von Verbandsorganen im Spannungsfeld zwischen Ermessensfreiheit und Gesetzesbindung, 2006, S. 38 f.; Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, 1994, S. 116 ff. 44 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 584; Henze, BB 2000, 209, 215.

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung

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scheidung zunächst im Vordergrund. Er bedarf einer konkreten begrifflichen Fixierung. Der Terminus der „unternehmerischen Entscheidung“ wird nicht nur im täglichen Sprachgebrauch verwendet, sondern bildet auch ein Element der Business Judgment Rule nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. Dabei kann der Entscheidungsbegriff aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Bevor eine Auseinandersetzung mit dem Merkmal des Unternehmensbezugs einer Entscheidung erfolgt, soll zunächst die allgemeine Struktur einer Entscheidung untersucht werden.

I. Allgemeiner Entscheidungsbegriff Die Schwierigkeit einer Begriffserklärung ergibt sich aus dem Vorliegen zahlreicher Begriffsausprägungen45 und der allgemeinen umgangssprachlichen Verwendung des Wortes „Entscheidung“. Wesentliches Merkmal einer Entscheidung ist, dass eine Auswahlmöglichkeit zwischen mindestens zwei Handlungsmöglichkeiten, die im Entscheidungszeitpunkt vorliegen müssen, besteht.46 Dabei kann die Wahl zwischen mehreren Varianten bewusst oder unbewusst und anhand von verschiedenen Zielvorstellungen und Präferenzen erfolgen. Der Entscheidungsträger orientiert sich bei seiner Entscheidungsfindung an unterschiedlichen Entscheidungskriterien wie Gewinnerzielung, Nutzenmaximierung, aber auch an Werten wie Egoismus, Altruismus und anderen ethischen Werten. Die Bestimmung des inhaltlichen Charakters einer Entscheidung kann dabei aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden.

II. Ökonomischer Entscheidungsbegriff 1. Entscheidungslehre Wirtschaftliches Handeln in Unternehmen ist immer durch das Treffen von Entscheidungen charakterisiert.47 Eine der Aufgaben der Betriebswirtschaft als anwendungsorientierte Wissenschaft besteht darin, die in betriebswirtschaftlichen Organisationen beschäftigten Personen bei ihren Entscheidungen zu unterstützen. Zudem hat sie als angewandte Entscheidungslehre Aussagen zu treffen, wie sich Menschen 45

Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 355; Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 2; Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 156; Moser, Wirtschaftspsychologie, 2007, S. 32; Wiswede, Einführung in die Wirtschaftspsychologie, 4. Aufl. 2007, S. 22; Kirchler, Wirtschaftspsychologie, Grundlagen und Anwendungsfelder der Ökonomischen Psychologie, 2. Aufl. 1999, S. 22; Definition „Entscheidung“: „Lösung eines Problems durch eine hierfür zuständige Person oder Instanz“, Duden, Band 10, Bedeutungswörterbuch, 3. Aufl. 2002. 46 Kahle, Betriebliche Entscheidungen, 2. Aufl. 1990, S. 9; Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 156. 47 Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 78.

26

§ 2 Unternehmerische Entscheidung

im wirtschaftlichen Bereich innerhalb von Entscheidungsprozessen zu verhalten haben, um einen größtmöglichen Zielerfüllungsgrad zu erreichen und zu verwirklichen.48 Ziel ist es, normative Entscheidungsmodelle zu schaffen, die für bestimmte Entscheidungssituationen eine Problemlösung bereithalten. Die betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre ergibt sich aus einer Zusammenschau der normativen Entscheidungstheorie und der deskriptiven Entscheidungstheorie.49 a) Deskriptive Entscheidungstheorie Wie Entscheidungen in der Realität tatsächlich getroffen werden und warum sie gerade so und nicht anders getroffen werden, beschreibt die deskriptive Entscheidungstheorie.50 Dabei sollen Anhaltspunkte für das Verhalten von Entscheidungsträgern in Entscheidungsprozessen gefunden werden, damit in bestimmten konkreten Entscheidungssituationen Prognosen erstellt werden können.51 Die deskriptive Entscheidungstheorie liefert die Basis für die Fundierung notwendiger Analysen und Prognosen.52 b) Normative Entscheidungstheorie Im Gegensatz dazu zeigt die normative (präskriptive) Entscheidungstheorie, wie Entscheidungen rational getroffen werden können, das heißt, was Entscheidungsträger in verschiedenen Entscheidungssituationen machen können und wie rational handelnde Entscheidungsträger entscheiden sollen.53 Diese Theorie liefert damit Grundlagen zur entscheidungslogischen Fundierung betrieblicher Entscheidungsprozesse.54 Geht man beim Aufsichtsrat von einem bewusst handelnden Entscheidungsträger aus und wird die Rationalitätsbedingung unterstellt, muss aus betriebswirtschaftli48 Bamberg/Coenenberg, Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 11. Aufl. 2002, S. 11 f.; Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 78; zu den betriebswirtschaftlichen Anforderungen an die Entscheidungsfundierung aus betriebswirtschaftlicher Sicht siehe ausführlich Grundei/v. Werder, AG 2005, 825 ff. 49 Bamberg/Coenenberg, Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 11. Aufl. 2002, S. 12; Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 32; Kahle, Betriebliche Entscheidungen, 2. Aufl. 1990, S. 24. 50 Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 32; Grundei/v. Werder, AG 2005, 825, 828. 51 Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 157; Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 32. 52 Bamberg/Coenenberg, Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 11. Aufl. 2002, S. 12. 53 Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 156 f. 54 Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 32; Bamberg/Coenenberg, Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 11. Aufl. 2002, S. 12.

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung

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cher Sicht bei der Analyse einer Entscheidung die normative Entscheidungstheorie herangezogen werden, da nur sie Empfehlungen dafür gibt, wie in einer konkreten Situation entschieden werden soll. 2. Phasen der Entscheidung Der Begriff der Entscheidung umfasst nicht nur den eigentlichen Entschluss, sondern auch den Vorbereitungsprozess. Während dieses Prozesses werden zunächst mehrere Vorentscheidungen getroffen, bevor dann die endgültige Entscheidung erfolgt. Dabei wird der Prozess der Problemlösung in verschiedene Phasen unterteilt. Am Anfang steht die Ermittlung von Ist- und Soll-Zustand, gefolgt von der Präzisierung einer Zielvorstellung. Dem schließt sich die Untersuchung verschiedener Handlungsmöglichkeiten und daran die Auswahl einer dieser Handlungsmöglichkeiten an. Schließlich erfolgt die Realisierung und Umsetzung der getroffenen Entscheidung.55 Auslöser eines bevorstehenden Entscheidungsprozesses ist oft die Abweichung des Ist- vom Soll-Zustand. So kann beispielsweise durch die Nichterreichung der anvisierten Quartalszahlen einer Aktiengesellschaft ein Entscheidungsprozess angeregt werden. Damit die Organmitglieder zur Lösung eines solchen Problems Entscheidungen treffen können, muss eine bestimmte Zielvorstellung definiert werden, deren Ziel die Erreichung eines konkreten Endzustands ist.56 Damit dieser Endzustand verwirklicht werden kann, müssen bestimmte geeignete Maßnahmen getroffen werden. Es gilt aus einer Auswahl diverser Handlungsmöglichkeiten diejenige zu finden, die im Hinblick auf die Zielerreichung am ehesten realisierbar und geeignet erscheint. In der Praxis beruhen Entscheidungen überwiegend auf einem unvollkommenen Informationsstand, sodass Zielerreichungen größtenteils einer Wahrscheinlichkeitsbetrachtung unterliegen. So ist der Eintritt der angestrebten Geschäftszahlen einer Gesellschaft, der an zahlreiche oft nicht beeinflussbare Faktoren geknüpft ist, überwiegend ungewiss.57 Nach Auswahl einer bestimmten Handlungsmöglichkeit erfolgt deren Realisierung. Dabei sind fortlaufend weitere Entscheidungen zu treffen, da innerhalb der Grundentscheidung meist nicht alle Detailentscheidungen enthalten sind.58

55

Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 32 f.; Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 140; Kirchler, Wirtschaftspsychologie, Grundlagen und Anwendungsfelder der Ökonomischen Psychologie, 2. Aufl. 1999, S. 47. 56 Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 33 f. 57 Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 34. 58 Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 34.

28

§ 2 Unternehmerische Entscheidung

3. Entscheidungsdeterminanten Ferner ist zu fragen, von welchen Faktoren sich ein Entscheidungsträger in der Situation mehrerer Auswahlmöglichkeiten leiten lässt und welche Umstände sein Verhalten beeinflussen. In der Betriebswirtschaftslehre hat sich dazu ein Katalog sogenannter Entscheidungsdeterminanten gebildet.59 So können die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten, prognostizierte Ziele, die Prognose des Entscheidungsträgers, aber auch die Informationsstruktur bzw. das Wissen des Entscheidungsträgers, wesentlichen Einfluss auf das Verhalten in einer Wahlsituation haben.60 Entscheidender Faktor für das Verhalten von Gesellschaftsorganen ist zudem die Fähigkeit, aus dem ihnen zustehenden Informationsstand ein Prognoseurteil hinsichtlich der Zielerreichung zu bestimmen.61 a) Erfahrung Ein vor allem bei Entscheidungsträgern auf Führungsebenen der Gesellschaft äußerst praxisrelevanter Entscheidungsfaktor ist die Erfahrung. Der Aspekt der Erfahrung stellt keine eigene Entscheidungsdeterminante dar, sondern dient der Ergänzung der im angesprochenen Katalog enthaltenen Determinanten. Erfahrungen in relevanten Bereichen können nicht nur den Informationsstand verbessern, sondern dienen auch der weiteren Informationsbeschaffung und deren zweckmäßiger Verarbeitung. So kann der Entscheidungsträger, der bereits zahlreiche Probleme gelöst hat, bei seinen zukünftigen Entscheidungen seine bislang gesammelten Überlegungen in seinen Entscheidungsprozess einbeziehen. Auch ist es dem Erfahrungsschatz zuzuschreiben, wenn der Entscheidungsträger gelernt hat, neue Handlungsalternativen zu entwickeln und diese auch sinnvoll verarbeiten zu können.62 b) Macht Die Ausübung von Macht bezeichnet die Fähigkeit, bei anderen Personen ein gewünschtes Verhalten und Denken herbeizuführen oder umgekehrt ein unerwünschtes Verhalten zu unterbinden.63 Gerade in organisatorischen Hierarchien ist die Machtausübung von erheblicher Bedeutung, indem von Seiten vorgesetzter Instanz Einfluss auf Entscheidungen untergeordneter Entscheidungsebenen ausgeübt wird. So kann beispielsweise durch Einschränkung von Informationsbeschaffung oder materieller Ressourcen die Anzahl von Handlungsmöglichkeiten verringert werden. Auch die Möglichkeit der Machtausübenden Belohnungen zu gewähren oder Sanktionen zu 59 60 61 62 63

Vgl. ausführlich Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 63 ff. Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 63. Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 64. Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 71 f. Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 74.

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung

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verhängen, kann die Handlungsmöglichkeiten des Entscheidungsträgers begrenzen und damit zu einer Verschiebung der Zielerreichung führen.64 Die Macht durch Belohnung wird vor allem von Vorgesetzten in organisatorischen Hierarchien genutzt, um Mitarbeitern Vorteile zu gewähren oder den Verantwortungsbereich zu erweitern. Als aktuelles Beispiel dient die Affäre um den Betriebsrat der Volkswagen AG. Dabei wurde von Seiten des Personalvorstands versucht, Betriebsratsmitglieder durch die Gewährung von Vermögensvorteilen im Rahmen von Bonusszahlungen in ihren Entscheidungen zu beeinflussen.65

III. Wirtschaftspsychologischer Entscheidungsbegriff Manager lassen sich im Wirtschaftsleben nicht nur von ökonomischen und rationalen Einflüssen lenken. Auch die Alltagspsychologie spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Gespür, Menschenkenntnis, Intuition und Erfahrungswerte sind wichtige Faktoren, die die Entscheidungsträger bewusst oder unbewusst beeinflussen können.66 Eine Entscheidung ist allgemein definiert als Wahl einer Option aus einer gewissen Zahl von alternativen Optionen, die sich in ihren Eigenschaften unterscheiden.67 Wie bereits gesehen, orientiert sich die Betriebswirtschaft am Rationalitätsprinzip, dessen vorrangiges Ziel die Maximierung von Gewinn und Nutzen darstellt. Dabei wird angenommen, dass ein Entscheidungsträger subjektiv Präferenzen bildet und sich für jene Alternative in der Wahlsituation entscheidet, die ihm subjektiv den größten Gewinn einbringt und den geringsten Aufwand erfordert.68 Organmitglieder einer Gesellschaft handeln im Gesellschaftsinteresse mit der Intention und Aufgabe, den Gewinn der Gesellschaft zu maximieren und somit den dauerhaften Bestand des Unternehmens zu sichern.69 Im Entscheidungsprozess erfolgt eine Auswahl, soweit dies möglich ist, immer vor dem Hintergrund der Realisierung dieser Nutzenmaximierung. Jedoch ist die Fähigkeit des Menschen, Informationen zu beschaffen und sinnvoll zu verarbeiten, beschränkt.70 Sollte im Prozess der Auswertung verschiedener Hand64

Laux/Liermann, Grundlagen der Organisation, 5. Aufl. 2003, S. 73. Rüthers, NJW 2007, 195 f.; F.A.Z. vom 23. 2. 2008, Nr. 46, S. 1; F.A.Z. vom 6. 1. 2008, Nr. 1, S. 34; F.A.Z. vom 13. 11. 2007, Nr. 264, S. 14. 66 Wiswede, Einführung in die Wirtschaftspsychologie, 4. Aufl. 2007, S. 11. 67 Moser, Wirtschaftspsychologie, 2007, S. 32. 68 Wiswede, Einführung in die Wirtschaftspsychologie, 4. Aufl. 2007, S. 28; Kirchler, Wirtschaftspsychologie, Grundlagen und Anwendungsfelder der Ökonomischen Psychologie, 2. Aufl. 1999, S. 20. 69 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 352; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 248. 70 Kirchler, Wirtschaftspsychologie, Grundlagen und Anwendungsfelder der Ökonomischen Psychologie, 2. Aufl. 1999, S. 21. 65

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

lungsmöglichkeiten eine weitere Informationsbeschaffung nur schwer möglich sein oder nicht genügend Zeit zur Verfügung stehen, werden Entscheidungen auf der Grundlage von sogenannten Urteilsheuristiken getroffen.71 Diese auch als Faustregeln bezeichneten Heuristiken,72 die dem Entscheidungsträger meist gar nicht bewusst sind, ermöglichen trotz geringen Informationsstands eine schnelle, oftmals aber auch fehlerhafte Entscheidung.73 Die Anwendung dieser Entscheidungsregeln führt aber auch zur Verringerung der Komplexität, die bei einem Überangebot an Informationen vorliegt. Daher kann etwa bei Routineentscheidungen ein Urteil auf Basis von Heuristiken durchaus erfolgversprechend sein.74 Für die Entscheidungstätigkeit des Aufsichtsrats bedeutet dies, dass ein geregelter Informationsaustausch sowohl innerhalb des Aufsichtsrats als auch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat von erheblicher Bedeutung ist. Nur bei regelmäßigem Austausch und bei ausreichender Beschaffung von Informationen über für die Verfolgung des Unternehmensinteresses relevante Umstände und über geplante Vorhaben, wie Investitionen oder Veränderungen der Personalstruktur, kann der Aufsichtsrat auch unter Zeitdruck vor dem Hintergrund der Nutzenmaximierung im Gesellschaftsinteresse mitentscheiden.

IV. Unternehmerische Gestaltungsfreiheit Ganz allgemein und „untechnisch“ kann eine unternehmerische Entscheidung als jede Entscheidung definiert werden, die in einem Wirtschaftsunternehmen getroffen wird.75 Unter Zugrundelegung des allgemeinen Entscheidungsbegriffs umfasst die unternehmerische Entscheidung sämtliche Handlungsmöglichkeiten wirtschaftlichen Ausmaßes, die den Bestand, das Interesse und den Gestaltungsauftrag des Unternehmens betreffen, wobei das Risiko oder der Umfang der getroffenen Entscheidung für das Unternehmen von großem Gewicht sein muss. Daher bildet die autonome Willensbildung und Willensrealisierung im Rahmen unternehmerischer Gestaltungsfreiheit die Grundlage für eine präzise Bestimmung des Begriffs der unternehmerischen Entscheidung. Jedes unternehmerische Handeln unterliegt den Gesetzen der freien Marktwirtschaft und hängt von zahlreichen Umständen ab, die nur in einem bestimmten, meist geringen Umfang von Seiten des Handelnden vorhersehbar und beeinflussbar 71

Moser, Wirtschaftspsychologie, 2007, S. 203 f.; Wiswede, Einführung in die Wirtschaftspsychologie, 4. Aufl. 2007, S. 30; Kirchler, Wirtschaftspsychologie, Grundlagen und Anwendungsfelder der Ökonomischen Psychologie, 2. Aufl. 1999, S. 21. 72 Vgl. ausführlich zu Urteilsheuristiken Moser, Wirtschaftspsychologie, 2007, S. 203 ff.; Wiswede, Einführung in die Wirtschaftspsychologie, 4. Aufl. 2007, S. 30 f. 73 Wiswede, Einführung in die Wirtschaftspsychologie, 4. Aufl. 2007, S. 30; Kirchler, Wirtschaftspsychologie, Grundlagen und Anwendungsfelder der Ökonomischen Psychologie, 2. Aufl. 1999, S. 21. 74 Wiswede, Einführung in die Wirtschaftspsychologie, 4. Aufl. 2007, S. 30. 75 Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, 1994, S. 5.

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung

31

sind. Aufgabe der für die Gesellschaft eigenverantwortlich agierenden Personen und Organe ist es, Entwicklungen und Veränderungen sowohl am Markt als auch unternehmensintern wahrzunehmen und auf diese angemessen zu reagieren. Doch nicht nur das Reagieren gehört zum Gestaltungsauftrag der Unternehmensorgane, sondern auch das aktive Agieren auf Grundlage einer ordnungsgemäßen Unternehmenskonzeption. Hinsichtlich des Gestaltungsumfangs der Gesellschaftsorgane wird im Rahmen des zweigliedrigen Verwaltungsmodells (two-tier-system) unterschieden: Dem Vorstand obliegen der Auftrag der Unternehmensleitung und damit auch das Recht, das Unternehmen durch freie Gestaltung unternehmerischer Entscheidungen zu führen und seinen Bestand zu sichern.76 Der Aufsichtsrat hat darauf zu achten, dass der Vorstand seine unternehmerische Gestaltungsfreiheit nicht über ein gebotenes Maß hinaus ausreizt. Die Kontrolle der Einhaltung betriebswirtschaftlicher Grundregeln wie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gehört ebenso zum unternehmerischen Gestaltungsauftrag des Aufsichtsrats wie die Überwachung der Entscheidungsprozesse.77 Dabei sind die Schaffung einer angemessenen und über einen längeren Zeitraum andauernden Ertragskraft und die interne Stabilität des Unternehmens als vorrangige Unternehmensziele zu betrachten.78 Die Sicherung der inneren Stabilität und der Erfolg des Unternehmens am Markt dienen somit als Begrenzung der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit. Kehrseite einer freien und eigenverantwortlichen unternehmerischen Betätigung ist jedoch, dass eine detaillierte Vorhersage über die Richtigkeit einer Entscheidung trotz angemessener Entscheidungsvorbereitung nicht möglich ist und damit eine Kategorisierung der Entscheidungen in „richtig“ oder „falsch“ ausscheidet.79 Eine Entscheidung ist damit nur dann unternehmerisch, wenn das Organmitglied bewusst zwischen mehreren bestehenden und rechtlich zulässigen Handlungsmöglichkeiten entscheiden kann. Wegen der Unvorhersehbarkeit der Sachverhaltsentwicklung steht im Entscheidungszeitpunkt noch nicht fest, welche der möglichen Handlungsmöglichkeiten sich für das Unternehmen als günstigste erweist.

76

Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 76 Rn. 29. Henze, NJW 1998, 3009, 3310; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 248. 78 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 352; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 248. 79 Lutter, ZIP 1995, 441, 442; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 621; Horn, ZIP 1997, 1129, 1131. 77

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

V. Unternehmerisches Entscheiden als Handeln in Unsicherheit Unternehmerische Tätigkeit ist geprägt von Entscheidungen. So ist es nicht nur Aufgabe der Geschäftsleitungsorgane, sondern auch der Aufsichtsratsmitglieder, Entscheidungen in unterschiedlichsten Bereichen des Unternehmens zu treffen und umzusetzen. Die Vielfältigkeit und Verschiedenheit dieser unternehmerischen Entscheidungen, die von Entscheidungen über die Personalstruktur oder finanzielle Investitionen bis hin zu strategischen Entscheidungen in der Entwicklung reichen können, führt dazu, dass diese „infolge ihrer Zukunftsbezogenheit durch Prognosen und nicht justitiable Einschätzungen geprägt sind“.80 Dies unterscheidet unternehmerische Entscheidungen von gebundenen Entscheidungen, die unter Beachtung gesetzlicher, satzungsmäßiger und anstellungsvertraglicher Pflichten zu treffen sind. Trotz Erwartung positiver Ergebnisse bringt unternehmerisches Handeln damit zwangsläufig ein Entscheiden in Unsicherheit mit sich.81 Der Charakter unternehmerischer Entscheidungen wird darin gesehen, dass sie unter Ungewissheit erfolgen und prognostischen Charakter aufweisen.82 Kennzeichnend ist ferner, dass sie Chancen und Risiken begründen oder bewusst in Kauf nehmen. Zwar kann ein gewissenhafter und sorgfältig vorbereiteter Entscheidungsprozess den Faktor „Unsicherheit“ verringern, jedoch ist ein Großteil der unternehmerischen Entscheidungen sehr komplex. Die Folgen zahlreicher Einzelentscheidungen im Vorfeld der eigentlichen Entscheidung sind häufig ungewiss. Es ist eine ausreichende Informationsbeschaffung und Risikoanalyse der Entscheidungsträger zu betreiben um das unternehmerische Risiko im Rahmen des Entscheidungsprozesses auf ein Minimum zu reduzieren. Da bestimmte Informationen jedoch erst ex post zur Verfügung stehen, lassen sich die Auswirkungen einer Entscheidung nicht mit ausreichender Sicherheit vorhersagen.83

VI. Unternehmerische Entscheidung des Aufsichtsrats Wie bereits aufgezeigt, ist die unternehmerische Gestaltungsfreiheit wesentliches Element der Unternehmensverfassung im deutschen Aktienrecht. Die Ausgestaltung der Unternehmenspolitik und Unternehmenskonzeption ist Aufgabe des jeweils zuständigen Organs.84 Nach §§ 76 Abs. 1, 77 AktG liegen Leitung und Geschäftsfüh-

80

Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. Dauner-Lieb, in: FS Volker Röhricht, 2005, S. 83. 82 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 4 f.; Dauner-Lieb, in: FS Volker Röhricht, 2005, S. 83, 95; Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2066; Schneider, Sven H., DB 2005, 707, 708 ff.; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1255; Fleischer, NJW 2005, 3525, 3528. 83 Schneider, Sven H., DB 2005, 707, 708 ff. 84 Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 619. 81

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung

33

rung der Gesellschaft im Zuständigkeitsbereich des Vorstands.85 Partizipiert der Aufsichtsrat an Entscheidungen des Vorstands im Bereich seiner Überwachungs- und Beratungstätigkeit, so wird auch ihm ein autonomer Gestaltungsauftrag zuteil.86 Die unternehmerische Mitgestaltung des Aufsichtsrats spiegelt sich nicht nur in der vergangenheitsbezogenen Kontroll- und Überwachungstätigkeit wider, sondern umfasst auch eine auf die Zukunft gerichtete Mitgestaltung, wie sich aus § 90 Abs. 1 AktG ergibt. Bei den dem Aufsichtsrat gesetzlich zugewiesenen Entscheidungszuständigkeiten wie der Personalplanung, der Einführung eines neuen Vergütungssystems oder Entscheidungen über die Geschäftsverteilung im Vorstand, handelt es sich überwiegend um unternehmerische Gestaltungsentscheidungen.87 Bei Entscheidungen des Vorstands, die der Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats unterliegen, wird der Verantwortungskreis auf den Aufsichtsrat übertragen, indem er unternehmerisch mitentscheidet. So kann der Aufsichtsrat an wichtigen Führungsentscheidungen des Vorstands beteiligt werden oder Ausführungsentscheidungen selbst vollziehen. Der Aufsichtsrat kann darüber hinaus aufgrund Bindung an Gesetz, Satzung oder rechtmäßiger Weisung zum Treffen einer bestimmten Entscheidung verpflichtet sein oder im Wege seiner unternehmerischen Mitgestaltung eine Ermessensentscheidung treffen. 1. Führungsentscheidungen Man kann unternehmerische Entscheidungen in zwei Bereiche anhand des Unterscheidungskriteriums der Wichtigkeit und Bedeutung der Entscheidung einteilen; nämlich zum einen in Führungsentscheidungen, zum anderen in Ausführungsentscheidungen. Grundsätzlich wird mit einer Führungsentscheidung ein besonderes Maß an Signifikanz für das Unternehmen verbunden.88 Eine Führungsentscheidung liegt vor, wenn die Entscheidung von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite ist und entweder ihrer Dimension oder ihrem Risiko nach von immenser Bedeutung für die Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens ist. Ebenso liegt eine Führungsentscheidung vor, wenn die Auswirkungen der Entscheidung das Unternehmen so prägen, dass dadurch die zukünftige Entwicklung des Unternehmens vorgegeben wird.89

85

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 5, 7, 9; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2003, § 76 Rn. 1 f.; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28. 86 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 68; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 481 f. 87 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 43. 88 Vgl. sehr ausführlich zur Begrifflichkeit der Führungsentscheidung unter Auswertung verschiedener Literaturmeinungen Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, 1994, S. 15 ff. 89 Mutter, Unternehmerische Entscheidungen, 1994, S. 20 f.

34

§ 2 Unternehmerische Entscheidung

Führen die zuständigen Gesellschaftsorgane ihren Gestaltungsauftrag aus, muss ihnen innerhalb des jeweiligen Zuständigkeitsbereichs ein gewisser Gestaltungsspielraum gewährt werden. Entscheidungen sind überwiegend Handlungen, die zukunftsorientierte Maßnahmen und Gedankengänge umfassen. Gewisse Risiken können auch bei äußerst sorgfältiger und gewissenhafter Vorbereitung der Entscheidung nicht verhindert werden. Um im Unternehmensinteresse die Ertragskraft des Unternehmens zu steigern und eine langfristige Stabilität am Markt zu erreichen, müssen Entscheidungsträger der Gesellschaft auch Entscheidungen treffen, die von Ungewissheit geprägt sind.90 Der unternehmerische Entscheidungsspielraum schließt dabei alle Bereiche unternehmerischer Tätigkeit ein.91 Die Gesellschaftsorgane können durch Satzung das Unternehmensziel und die Unternehmensplanung selbst bestimmen. Im Bereich der Umsetzung der vorgegebenen Ziele bezieht sich der unternehmerische Entscheidungsspielraum sowohl auf die Auswahl als auch auf die Inhalte der zur Zielverwirklichung dienenden Maßnahmen.92 Eingriffe in die Willensbildungsautonomie der Gesellschaft dürfen dabei nur in seltensten Fällen in Betracht kommen.93 2. Ermessensentscheidungen Die unternehmerische Mitgestaltung des Aufsichtsrats innerhalb des Gesellschaftsgefüges spiegelt sich nicht nur in der vergangenheitsbezogenen Kontrolle des Vorstands wider, sondern umfasst auch eine zukunftsorientierte Tätigkeit.94 In diesen Bereich muss dem Aufsichtsrat ein gewisser Spielraum an unternehmerischem Ermessen zustehen.95 Einen Meilenstein hinsichtlich der Thematik und gerichtlichen Kontrolle unternehmerischen Ermessens von Gesellschaftsorganen hat der BGH durch das

90

Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 619. Gawrisch, Ermessensentscheidungen des Aufsichtsrats und ihre gerichtliche Kontrolle, 2000, S. 136. 92 Gawrisch, Ermessensentscheidungen des Aufsichtsrats und ihre gerichtliche Kontrolle, 2000, S. 136. 93 Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 619. 94 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 39; v. Werder, in: Ringleb/ Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 101; Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2006, 1625, 1630; Semler, NZG 2007, 881, 882. 95 BGHZ 135, 244, 254 ff. (ARAG/Garmenbeck); OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1183, 1188 ff.; Grooterhorst, ZIP 1999, 1117, 1122; Jäger, WiB 1997, 10, 13; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 621, 637 ff.; Raiser, NJW 1996, 552, 553; Kindler, ZHR 162 (1998), 101; Jaeger/ Trölitzsch, ZIP 1995, 1157 ff.; Lutter, ZIP 1995, 441, 442; Nirk, in: FS Karlheinz Boujong, 1996, S. 393, 402; Thümmel, AG 2004, 83, 87. 91

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung

35

ARAG/Garmenbeck-Urteil gesetzt.96 Dem Vorstand wurde im Rahmen seiner Leitungsfunktion ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt, ohne den unternehmerisches Handeln nicht möglich sei.97 Auch dem Aufsichtsrat wurde ein dem Vorstand vergleichbarer Ermessens- und Handlungsspielraum eingeräumt, soweit „das Gesetz auch ihm unternehmerische Aufgaben überträgt, wie beispielsweise bei der Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern oder im Rahmen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, das heißt überall dort, wo er die unternehmerische Tätigkeit des Vorstands im Sinne einer präventiven Kontrolle begleitend mitgestaltet“.98 Entscheidungen des Aufsichtsrats können nicht ohne weiteres als richtig oder falsch eingestuft werden, sondern lassen sich nur anhand einer Abwägung aus den unterschiedlichen Interessen des Unternehmens bewerten.99 Die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens des Aufsichtsrats hat sich demnach am Gesellschaftsinteresse zu orientieren, womit Aufsichtsratsentscheidungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen.100 Maßgebliches Kriterium für die Einhaltung der Ermessensgrenzen ist das Unternehmensinteresse. Innerhalb des ihm zuerkannten Entscheidungsfreiraums darf der Aufsichtsrat sein Ermessen jedoch nicht rechtsmißbräuchlich oder willkürlich ausüben.101 Im Rahmen seines Ermessens hat der Aufsichtsrat die Kriterien der Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten.102 Eine gerichtliche Überprüfung hinsichtlich der Richtigkeit der Entscheidung würde die Basis unternehmerischer Handlungsautonomie berühren. Die wirtschaftliche Entscheidung ist Sache des zuständigen Gesellschaftsorgans und obliegt nicht dem Gericht. Daher kommt eine Überprüfung der getroffenen Maßnahme hinsichtlich der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit nicht in Betracht.103 3. Pflichtentscheidungen Der Aufsichtsrat kann durch gesetzliche Vorgaben, Satzung, Vertrag oder rechtmäßige Weisung auch zu einer bestimmten Entscheidung verpflichtet sein. Eine solche Pflichtentscheidung liegt immer dann vor, wenn dem Aufsichtsrat kein Beurtei-

96

BGHZ 135, 244, 253. BGHZ 135, 244, 253; BGH NZG 2002, 195, 196 f. 98 BGHZ 135, 245, 254; übereinstimmend mit OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1183, 1188 ff. 99 Lutter, ZIP 1995, 441, 442. 100 OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1183, 1190; Grooterhorst, ZIP 1999, 1117, 1122; Nirk, in: FS Karlheinz Boujong, 1996, S. 393, 402; vgl. sehr ausführlich zur gerichtlichen Kontrolle von Ermessensentscheidungen Gawrisch, Ermessensentscheidungen des Aufsichtsrats und ihre gerichtliche Kontrolle, 2000, 129 ff.; Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen und Rechtsbindung der Organe in der AG, 2002, S. 134 ff. 101 BVerfGE 14, 263, 283 f.; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 621, 622. 102 Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 623. 103 BGHZ 103, 184, 190 f.; LG Stuttgart DB 1993, 472, 473; ähnlich BGHZ 70, 117, 123; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 76 Rn. 10 ff., § 93 Rn. 29. 97

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

lungsspielraum eingeräumt wird.104 Dies kann dann der Fall sein, wenn dem Aufsichtsrat hinsichtlich einer Entscheidung mit Blick auf das Unternehmensinteresse keine Handlungsalternativen zur Verfügung stehen. Wie bereits gesehen, steht dem Aufsichtsrat im Rahmen seiner Entscheidungszuständigkeit ein weiter Beurteilungs- und Ermessenspielraum zu. Jedoch ist der Aufsichtsrat auch an Pflichten gebunden. In Ausübung seiner Überwachungs- und Kontrolltätigkeit ergibt sich ein Spannungsverhältnis zwischen Handlungsfreiraum und Pflichtenbindung.105 Das Ermessen des Aufsichtsrats ist durch bestimmte inhaltliche Grenzen eingeschränkt, woraus sich eine Reduzierung des unternehmerischen Ermessens auf Null ergeben kann und die getroffene Maßnahme dem vollen Umfang nach gerichtlich überprüfbar ist.106 4. Kollektive Entscheidungen Hinsichtlich des unternehmerischen Handelns des Aufsichtsrats ist der Charakter des Aufsichtsrats als Pflichtorgan kraft Gesetz zu beachten.107 Er tritt stets als Kollegialorgan auf, das seine Entscheidungsrechte durch Beschlüsse wahrnimmt.108 Dieses Kollegialorgan, dessen Aufgabenbereich sich überwiegend auf das interne Geschehen der Gesellschaft bezieht, hat je nach Größe der Gesellschaft mit dem für sie geltenden Mitbestimmungsmodell mindestens drei und höchstens 21 Mitglieder.109 §§ 95, 96 AktG, §§ 76, 77 BetrVG 1952, § 4 DrittelbG, § 7 MitbestG, § 4 MontanMitbestG und § 5 MitbestErgG regeln die exakte Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder und die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien.

104

Hauschka, GmbHR 2007, 12 f. Horn, ZIP 1997, 1129, 1137. 106 Vgl. ausführlich zur Kernfrage des ARAG/Garmenbeck-Urteils, hinsichtlich der Pflichten des Aufsichtsrats bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Vorstand der Gesellschaft BGHZ 135, 244 ff. = BGH DB 1997, 1068 ff. = BGH ZIP 1997, 883 ff.; Thümmel, DB 1997, 1117, 1118; Horn, ZIP 1997, 1129, 1137; a.A. OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1183; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 634, 645. 107 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 95 Rn. 1; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 95 Rn. 35; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 95 Rn. 7; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 7; Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 2.; Vetter, in: Marsch-Barner/ Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 23 Rn. 12. 108 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 8, 651; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 23 Rn. 27; Nirk, in: FS Karlheinz Boujong, 1996, S. 393, 403 f. 109 LG Karlsruhe AG 1994, 87; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 95 Rn. 56; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 8, 36, 39. 105

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung

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5. Phasen des Entscheidungsprozesses Der einer endgültigen Entscheidung des Aufsichtsrats vorangehende Entscheidungsprozess lässt sich in drei Phasen untergliedern. a) Vorbereitung und Planung Die Vorbereitung von Entscheidungen und zukünftig zu treffenden Maßnahmen erfolgt überwiegend in Aufsichtsratssitzungen. Börsennotierte Gesellschaften sind nach § 110 Abs. 3 Satz 1 AktG dazu verpflichtet, mindestens zwei Aufsichtsratssitzungen pro Kalenderhalbjahr abzuhalten. Zumeist erfolgt die Einberufung einer Aufsichtsratssitzung durch den Vorsitzenden auf Verlangen des Vorstands, dem damit ein Initiativrecht zu einer Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat zukommt. Auch einzelne Aufsichtsratsmitglieder können nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AktG die Einberufung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden verlangen. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden steht das Recht zur Einberufung, Sitzungsleitung und wesentlichen Sitzungsvorbereitung zu.110 Zudem regt Ziffer 3.6 Abs. 1 DCGK an, dass in mitbestimmten Aufsichtsräten eine gesonderte Sitzungsvorbereitung von Arbeitnehmervertretern und Anteilseignervertretern erfolgen soll.111 Spezielle aktienrechtliche Bestimmungen hinsichtlich einer Sitzungsvorbereitung bestehen nicht. Jedoch sind die Informationsrechte und -pflichten der Aufsichtsratsmitglieder nach § 90 AktG zu beachten. Im Sinne einer effektiven und effizienten Aufsichtsratsarbeit und einer individuellen Sitzungsvorbereitung sind der Tagesordnung sämtliche sitzungsrelevanten Unterlagen beizufügen und jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied vorab zuzusenden.112 Unternehmerische Entscheidungen sind zumeist mit einem hohen Einsatz an Gesellschaftskapital verbunden. Daher ist vor dem eigentlichen Entscheidungsprozess zunächst ein Konzept zur Finanzierung auszuarbeiten und zu dokumentieren. Im Rahmen einer Budgetierung sind bestimmte Budgetziele festzulegen. Sind mit einer unternehmerischen Entscheidung mehrere Maßnahmen im Rahmen eines Projektes verbunden, empfiehlt sich die genaue Zuteilung bestimmter Wertbeiträge auf einzelne Maßnahmen. Ferner müssen zu Beginn des Entscheidungsprozesses die inhaltliche Struktur und die einzelnen Abschnitte des Entscheidungsprozesses festgelegt sein. Das an den jeweiligen Teilbereichen des Entscheidungsprozesses beteiligte Personal soll unter 110 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 107 Rn. 5; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 107 Rn. 92; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 676; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 27 Rn. 38; Messerschmidt, in: Deilmann/Lorenz, Die börsennotierte Aktiengesellschaft, 2005, § 2 Rn. 54; Claussen, in: FS Hans-Joachim Priester, 2007, S. 41, 49. 111 Vgl. v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 404. 112 Gerum, Das Deutsche Corporate Governance-System, 2007, S. 302; Messerschmidt, in: Deilmann/Lorenz, Die börsennotierte Aktiengesellschaft, 2005, § 2 Rn. 57.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

Festlegung einer Verantwortlichkeitshierarchie bestimmt werden.113 Dabei ist in allen Kompetenzbereichen ein qualifizierter Personaleinsatz sicherzustellen. Sollte es in einzelnen Bereichen an einer angemessenen und ausreichenden Kompetenz fehlen, können externe Sachverständige herangezogen werden. Grundsätzlich sind vor dem endgültigen Beschluss über eine unternehmerische Maßnahme alle unternehmensinternen Beratungsmöglichkeiten auszuschöpfen.114 Dazu gehört auch die Frage, ob der Aufsichtsrat berechtigt oder gar verpflichtet ist, Informationen vom Unternehmenspersonal einzuholen. Ein gesetzliches Verbot hinsichtlich einer Informationseinholung des Aufsichtsrats beim Personal existiert nicht. Es muss jedoch im Rahmen einer Information des Aufsichtsrats durch das Personal unter Beachtung der Geschäftsleitungsautorität und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand genau unterschieden werden: Übt ein Aufsichtsratsmitglied oder ein Aufsichtsratsausschuss sein Prüfungs- und Einsichtsrecht nach § 111 Abs. 2 AktG aus, sind Fragen an das Personal zulässig, sofern es um Erläuterungen der eingesehenen Unterlagen oder um Verständnisfragen geht.115 Gleiches gilt, wenn es um die Klärung von Vorwürfen gegenüber dem Vorstand geht, insbesondere um ungenügende oder fehlerhafte Informationen an den Aufsichtsrat. Bei Fragen zur Geschäftsführung des Vorstands, darf der Aufsichtsrat nicht in das Direktionsrecht des Vorstands eingreifen und den gewünschten Mitarbeiter direkt ansprechen, sondern hat den Vorstand zu bitten, den gewünschten zuständigen Mitarbeiter zur Aufsichtsratssitzung mitzubringen.116 Begründete Bitten des Aufsichtsrats, einen Angestellten an der Sitzung teilnehmen zu lassen, wird der Vorstand in der Regel nicht ablehnen.117 Der Versuch des Aufsichtsrats, ein eigenes vorstandsunabhängiges Informationssystem unter Mithilfe von Mitarbeitern aufzubauen, ist generell unzulässig und verletzt die Pflicht des Aufsichtsrats, die Autorität der Geschäftsleitung zu schützen.118 Eine funktionierende Struktur zum Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Abteilungen und Ressorts des Unternehmens verhindert dabei sowohl die zeitli-

Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., ZIP 2006, 1068; ders., DB 2006, 2189, 2193. 114 Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2193. 115 Dazu sehr ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 11 Rn. 311; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 249. 116 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 249; Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 242. 117 Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 242. 118 Lutter, AG 2006, 517, 520 f. 113

B. Begriff der unternehmerischen Entscheidung

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che Ausweitung der Informationsbeschaffung des Aufsichtsrats, als auch die Kosten für unternehmensexterne Berater und Sachverständige. b) Beschluss Die Willensbildung des Aufsichtsrats als Gesamtorgan erfolgt durch Beschluss (§ 108 Abs. 1 AktG). Beschlüsse setzen immer eine Abstimmung voraus und können nicht stillschweigend gefasst werden.119 Nach § 108 Abs. 2 Satz 1 AktG kann die Bestimmung der Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats durch die Satzung erfolgen. Sofern keine Satzungsregelung besteht, kann die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats nur bei Teilnahme der Hälfte der Mitglieder, aus denen der Aufsichtsrat nach Gesetz oder Satzung zu bestehen hat, bejaht werden (§ 108 Abs. 2 Satz 2 AktG). Grundsätzlich sind alle Aufsichtsratsmitglieder berechtigt und aufgrund ihrer Amtspflicht verpflichtet, an den Sitzungen des Aufsichtsgremiums und der Ausschüsse teilzunehmen.120 Sollte ein Mitglied an der Teilnahme der Sitzung und Beschlussfassung verhindert sein, kann eine schriftliche Stimmabgabe erfolgen (§ 108 Abs. 3 Satz 1 AktG). Die Entscheidung über die Teilnahme von Vorstandsmitgliedern an Aufsichtsratssitzungen obliegt dem Aufsichtsratsvorsitzenden. Ein gesetzliches Teilnahmerecht des Vorstands besteht nicht.121 Damit soll eine unbeeinflusste Meinungsbildung der Aufsichtsratsmitglieder gewährleistet werden. Nach Ziffer 3.6 Abs. 2 DCGK sollte der Aufsichtsrat bei Bedarf ohne den Vorstand tagen. Andererseits kann durch die Teilnahme der Vorstandsmitglieder der wichtige und in der Praxis unverzichtbare Dialog und die Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung sichergestellt werden.122 Der Aufsichtsratsvorsitzende übernimmt die Sitzungsleitung (Ziffer 5.2 Abs. 1 DCGK). Einzelne Beschlussgegenstände und die Reihenfolge der Abhandlung legt der Aufsichtsratsvorsitzende mit der Tagesordnung fest. Liegt ein Beschlussantrag dem Aufsichtsrat vor und ist dieser beschlussfähig, reicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen aus, wobei jedes Aufsichtsratsmitglied das gleiche Stimmrecht hat.123 Stimmgleichheit führt zur Ablehnung des An-

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Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 712. Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 109 Rn. 2; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 109 Rn. 13; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 699; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 27 Rn. 40; Gerum, Das Deutsche Corporate Governance-System, 2007, S. 304. 121 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 109 Rn. 3; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 31 Rn. 49; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 27 Rn. 44. 122 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 701; Gerum, Das Deutsche Corporate Governance-System, 2007, S. 305 f.; Schneider, Uwe H., ZIP 2002, 873, 875 f.; Schneider, Uwe H., in: FS Horst Konzen, 2006, S. 881, 883. 123 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 108 Rn. 6; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 31 Rn. 62. 120

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

trags.124 Hinsichtlich der Form der Abstimmung macht das Gesetz keine Vorgaben. Nach überwiegender Ansicht ist eine geheime Abstimmung, vor allem bei Personalentscheidungen, zulässig.125 Wegen der geringen Anzahl an Aufsichtsratssitzungen erfolgen die Beratungen zumeist in Aufsichtsratsausschüssen. Damit der vom Gesamtgremium zu treffenden Entscheidung eine ausreichende Beratung unter Abwägung aller entscheidungsrelevanten Faktoren vorausgeht, muss zwischen der Phase der Entscheidungsvorbereitung und dem eigentlichen Entscheidungszeitpunkt eine hinreichende Überlegungsfrist liegen.126 Die Länge dieser Frist orientiert sich an der Komplexität der Entscheidung und an der wirtschaftlichen Bedeutung für das Unternehmen und deren Anteilseigner.127 Damit wird sichergestellt, dass keine allzu schnelle und möglicherweise unüberlegte Entscheidung getroffen wird. c) Realisierung der Maßnahmen und Kontrolle Die im Protokoll dokumentierten Beschlüsse bilden die Grundlage für die Realisierung der in den Beschlüssen gefassten Maßnahmen. Das Sitzungsprotokoll dient ferner sowohl als Informationsquelle als auch zu Dokumentationszwecken und als Messlatte für die Kontrolle der Maßnahmenrealisierung. Für den Zeitraum nach der Entscheidung sind die Entscheidungsverantwortlichen zur Nachschau angehalten. Diese beinhaltet sowohl die Umsetzung aber auch die Folgen der Entscheidung, die wiederum für eventuelle Anpassungsbedürfnisse ausschlaggebend sind.128 Sind zur Ausführung von Aufsichtsratsbeschlüssen bestimmte Maßnahmen erforderlich, ist der Aufsichtsratsvorsitzende für solche Maßnahmen zuständig. Auch ist er es, der dem Vorstand die Beschlüsse mitteilt und bei Bedarf erläutert.129 Aufsichtsratsmitglieder unterliegen bei der kontrollierten Informationsweitergabe der Verschwiegenheitspflicht. Sie haben über vertrauliche Angaben, Beratungen und Berichte der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Dies folgt aus 124 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 730; Gerum, Das Deutsche Corporate Governance-System, 2007, S. 310. 125 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 108 Rn. 5 f.; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 31 Rn. 55; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 720; Ulmer, AG 1982, 300 ff.; a.A. Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 108 Rn. 38 m.w.N; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 27 Rn. 38. 126 Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., ZIP 2006, 1068. 127 Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2195. 128 Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., ZIP 2006, 1068; ders., DB 2006, 2189, 2196. 129 Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 31 Rn. 95.

C. Stellung des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung der AG

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der Sorgfaltspflicht der §§ 93, 116 Satz 1 und 2 AktG. Diese Pflicht zur Verschwiegenheit gilt auch nach Beendigung des Aufsichtsratsmandats fort.130

C. Stellung des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung der Aktiengesellschaft Im dualen System der personellen und funktionalen Trennung von Überwachung und Geschäftsführung hat der Aufsichtsrat gemäß § 111 Abs. 1 AktG die Pflicht, die Geschäftsführung zu überwachen.131 Zugleich muss der Aufsichtsrat die Unternehmens- und Anteilseignerinteressen wahren.132 In Ausführung seiner eigenverantwortlichen Überwachungstätigkeit, die sich vordergründig auf die Kontrolle des Geschäftsführungsorgans erstreckt, steht der Aufsichtsrat gleichrangig neben dem Vorstand.133 Ihm steht kein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand zu.134 Grundsätzlich können dem Aufsichtsrat keine Geschäftsführungsmaßnahmen übertragen werden (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG).135 Nur ausnahmsweise wird der Aufsichtrat in gesetzlich vorgeschriebenen Fällen, wie der Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder nach § 84 AktG, mit Aufgaben im Bereich der Geschäftsführung betraut. Zudem ist der Aufsichtsrat gemäß § 112 AktG Vertreter der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern.136 Der Aufsichtsrat wirkt aber nicht nur an der Geschäftsführung mit, wenn er entweder gesetzlich befugt oder nach der Satzung oder einem Aufsichtsratsbeschluss zur Zustimmung ermächtigt ist, sondern kann auch durch eine Stellungnahme zu Vorstandsberichten und durch seine beratende Tätigkeit eigene Vorschläge und Ansichten im Entscheidungsprozess einbringen.137 In Ausübung seiner mitwirkungsrelevanten Personalkompetenz ist es dem Aufsichtsrat möglich, wesentlichen Einfluss auf die Unternehmenspolitik und Unternehmensführung zu nehmen. Angesichts der sich durch das duale Trennungssystem von Überwachung und Geschäfts130 Zur Verschwiegenheitspflicht ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 17 Rn. 462 ff. 131 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 27; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 18; Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 1; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 2; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 63. 132 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 52. 133 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 4. 134 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 4. 135 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 27; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 96; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 111 Rn. 25. 136 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 112 Rn. 9; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 112 Rn. 1. 137 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 5.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

führung ergebenden Zuständigkeiten ist jedes Aufsichtsratsmitglied dazu angehalten, Eingriffe in das Tagesgeschäft zu vermeiden.138 Betrachtet man den Deutschen Corporate Governance Kodex, so zeigt sich, dass ein Großteil seiner Bestimmungen den Aufsichtsrat und dessen Kontroll- und Überwachungstätigkeit betrifft.139 So betrifft nahezu die Hälfte der der Präambel des Kodex nachfolgenden Gliederungsziffern den Aufsichtsrat und dessen Tätigkeit in der Aktiengesellschaft.140

I. Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder Die Effizienz der Aufsichtsratstätigkeit spielt bei der Beurteilung guter Corporate Governance eine entscheidende Rolle.141 Dass das Überwachungsorgan der Aktiengesellschaft im Mittelpunkt der Diskussion um eine ordnungsgemäße Unternehmensführung steht, zeigen zahlreiche Bestimmungen im Deutschen Corporate Governance Kodex, die in erster Linie nicht Pflichten des Vorstands als Leitungsorgan, sondern des Aufsichtsrats betreffen. Dabei bilden die persönlichen Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder, die im Kern ihre Qualifikation und Unabhängigkeit betreffen, einen wichtigen Bestandteil von Standards guter Corporate Governance.142 Das notwendige Anforderungsprofil hängt dabei vom jeweiligen Unternehmen, dessen Geschäftsfeld und Tätigkeitsbereich ab. Aufsichtsratsmitglieder weltweit und in verschiedenen Branchen agierender Gesellschaften benötigen andere Qualifikationen als diejenigen, die ausschließlich inländische und in einem begrenzten Geschäftsfeld tätige Gesellschaften überwachen und beraten. Grundsätzlich kann nach § 100 Abs. 1 Satz 1 AktG jede natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige und nicht betreute Person Mitglied des Aufsichtsrats sein.143 Eine Person ist als Aufsichtsratsmitglied geeignet, wenn sie sowohl die erforderlichen Fähigkeiten und Sachkompetenz als auch unternehmerische Erfahrung

138 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 5. 139 Gliederungsziffer 3 DCGK, Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat; Gliederungsziffer 5 DCGK, Aufsichtsrat; Gliederungsziffer 7 DCGK, Rechnungslegung und Abschlussprüfung; dazu ausführlich Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 351 ff., 900 ff., 1301 ff. 140 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 95 Rn. 25. 141 v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297. 142 v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 303; Claussen, in: FS Hans-Joachim Priester, 2007, S. 41, 49 f.; v. Werder, AG 2004, 166, 169; so auch Lutter, ZIP 2003, 417; Säcker, AG 2004, 180; Kort, AG 2008, 137, 142 f. 143 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 19.

C. Stellung des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung der AG

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hat.144 Wegen der Komplexität der Überwachungsaufgabe kann nicht erwartet werden, dass jedes Aufsichtsratsmitglied auf allen unternehmensrelevanten Gebieten fachmännische Kenntnisse besitzt.145 Hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen ist damit zwischen Mindestqualifikationen und Sonderqualifikationen zu unterscheiden. Über die Mindestqualifikation in Form von allgemeiner professioneller Sachkompetenz, strategischen, konzeptionellen Denkvermögens und einer schnellen Auffassungsgabe und Lösungsorientierung muss jedes Mitglied des Aufsichtsrats verfügen.146 So empfiehlt Ziffer 5.4.1 DCGK, dass dem Aufsichtsrat jederzeit Mitglieder angehören sollen, die über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen. Zur kompetenten Wahrnehmung der Kontrollaufgaben wird damit eine gute fachliche Qualifikation als unverzichtbar vorausgesetzt. Sogenannte Sonderqualifikationen sind spezielle, fachspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten, die zwar nicht bei jedem einzelnen Mitglied vorliegen müssen, jedoch im Aufsichtsratsgremium insgesamt vorhanden sein müssen.147 Solche besonderen Fachkenntnisse sind im Rahmen komplizierter und schwieriger Unternehmensprobleme, wie beispielsweise Unternehmenskrisen, relevant.148 So sollte jeweils mindestens ein Aufsichtsratsmitglied ausgewiesener Experte in den unterschiedlichen unternehmensspezifischen Fachbereichen (z. B. Finanzen, Forschung und Entwicklung, Technologie, Produktion, Personal, Vertrieb, Compliance oder Absatzmärkte) sein und damit ein Erfahrungs- und Kompetenzmix im Aufsichtsrat bestehen.149 Des Weiteren verlangt Ziffer 5.4.2 DCGK für die unabhängige Überwachung des Vorstands, dass dem Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung ausreichende Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören soll. Ein Aufsichtsratsmitglied ist als unabhängig anzusehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der 144 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 24; so auch Schwark, in: Corporate Governance, Beiheft ZHR Nr. 71, 2002, S. 104. 145 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 24; v. Werder/ Wiezcorek, DB 2007, 297, 298. 146 BGHZ 85, 293, 295; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 805; Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 25 ff.; v. Werder, AG 2004, 166, 169; v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 298, 303; Schaefer/Missling, NZG 1998, 441, 447; Semler, in: FS Karsten Schmidt, 2009, S. 1489, 1494 ff. 147 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 29, § 2 Rn. 82; Möllers, ZIP 1995, 1725, 1732 f.; Schwark, in: Corporate Governance, Beiheft ZHR Nr. 71, 2002, S. 104; so auch v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 298. 148 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 807. 149 v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 298; Peltzer, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer, 2008, § 20 Rn. 65; so fordernd Säcker, AG 2004, 180, 182.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet.150 Zweck einer persönlichen Unabhängigkeit ist die objektive und unvoreingenommene Auseinandersetzung mit dem Unternehmensinteresse.151 Zudem hat nach Ziffer 5.4.5 DCGK jedes Aufsichtsratsmitglied darauf zu achten, dass ihm für die Wahrnehmung seiner Mandate genügend Zeit zur Verfügung steht.152 Dies ist deshalb relevant, da das Aufsichtsratsmandat den Charakter eines Nebenamtes hat.153 Die Einhaltung der allgemeinen Sorgfaltspflicht nach §§ 116, 93 Abs. 1 AktG impliziert, dass das Aufsichtsratsmitglied zur Erledigung seiner Aufgaben ausreichend zeitliche Ressourcen mitbringt. Zugleich ist nach Ziffer 5.5.1 DCGK jedes Mitglied des Aufsichtsrats dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Es darf bei seinen Entscheidungen weder persönliche Interessen verfolgen noch Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen.154 Bei Interessenkollisionen hat das Unternehmensinteresse damit Vorrang und eine individuelle Interessenverfolgung ist ausgeschlossen.155

II. Anteilseignervertreter und Arbeitnehmervertreter Alle Aufsichtsratsmitglieder haben identische Rechte und Pflichten.156 Hinsichtlich der Verantwortung und rechtlichen Kompetenz besteht kein Unterschied zwischen Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter.157 Somit gelten die persönlichen Anforderungen, die an die Qualifizierung, Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen 150

Empfehlung der Kommission zu den Aufgaben der nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitglieder börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungsrats/Aufsichtsrats vom 15. 2. 2005, ABl. EU Nr. L 52, 51 (2005/162/EG); dazu ausführlich Kremer, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 1031 ff.; Pfitzer/Höreth, in: Pfitzer/Oser/Orth, Deutscher Corporate Governance Kodex, 2. Aufl. 2005, S. 180 ff.; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 813 ff.; v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 299 f.; Kort, AG 2008, 137, 142 f. 151 v. Werder, AG 2004, 166, 169 f.; ausführlich zur Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern Hüffer, ZIP 2006, 637 ff. 152 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 803; Jäger, Aktiengesellschaft, 2004, § 22 Rn. 48. 153 Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 116 Rn. 18; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 790, 799. 154 Kremer, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 1119, 1121; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 116 Rn. 22 ff.; v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 300. 155 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 925. 156 BVerfGE 34, 103, 112; BGHZ 64, 325, 330 (Bayer); BGHZ 83, 151, 154 (Bilfinger & Berger); Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 3; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 101. 157 Semler/Wagner, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 2 Rn. 85.

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eines Aufsichtsratsmitglieds gestellt werden, gleichermaßen für Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter.158 Innerhalb des Kollegialorgans trägt nach dem Prinzip der Gesamtverantwortung jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied die Verantwortung einer adäquaten Aufgabenerfüllung.159 Bei ihrer Amtsführung sind sie nicht Vertreter von Partikularinteressen, sondern haben ihr Amt unabhängig und eigenverantwortlich auszuüben.160 Das Mitbestimmungsgesetz sieht eine paritätische Besetzung des Aufsichtsrats mit Mitgliedern der Anteilseignerseite und der Arbeitnehmerseite vor. In §§ 95, 96 AktG, §§ 76, 77 BetrVG 1952, § 4 DrittelbG, § 7 MitbestG, § 4 MontanMitbestG und § 5 MitbestErgG gilt durchgängig das Homogenitätsprinzip. Alle Aufsichtsratsmitglieder haben die gleiche Rechtsstellung und sind einheitlich an das Unternehmensinteresse gebunden.161 Jedoch ergibt sich durch die größere Anzahl an Mitgliedern im Aufsichtsrat als Folge der Mitbestimmung die Bildung von Fraktionen.162 Auf der einen Seite steht die Gruppe der Anteilseignervertreter, die überwiegend der Geschäftsführung nahesteht und an erster Stelle an der konsequenten Verwirklichung der Unternehmensziele interessiert ist. Dem stehen auf der anderen Seite die Arbeitnehmervertreter gegenüber, die einerseits weisungsabhängige Arbeitnehmer sind und andererseits den Vorstand als ihren Arbeitgeber kontrollieren sollen.163 Die sich daraus ergebenden Interessenkonflikte erschweren häufig einen reibungslosen Dialog mit dem Vorstand und damit eine effiziente Arbeit des Aufsichtsrats.164 Ferner ist festzustellen, dass sich in den letzten Jahren der Druck auf das System der paritätischen Mitbestimmung im Aufsichtsrat erhöht hat. So wird in der internationalen Wirtschaft fast ausschließlich das Prinzip des Shareholder-Value vertreten, worunter die tendenzielle Aufwertung der Aktionärsinteressen verstanden wird.165

158 Semler/Wagner, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 2 Rn. 85. 159 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 796; Mielke, Defizite in der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat und Ansätze zu ihrer Bewältigung, 2005, S. 243. 160 BGHZ 64, 325, 331 (Bayer); BGHZ 83, 106, 112 (Siemens); BGHZ 90, 381, 398. 161 Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 23 Rn. 7. 162 Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 23 Rn. 7. 163 Marsch-Barner, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 12 Rn. 125. 164 Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 23 Rn. 7. 165 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 12 (Stellungnahme in Rn. 12a f.); Fleischer, in: Spindler/Stilz, Kommentar zum AktG, 2007, § 76 Rn. 33; Mülbert, in: FS Volker Röhricht, 2005, S. 421, 424 ff.; ausführlich zu Shareholder Activism Schaefer, NZG 2007, 900 ff.

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Zudem stößt die deutsche Mitbestimmung im Ausland zumeist auf breite Ablehnung.166 1. Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern Grundsätzlich sind Aufsichtsratsmitglieder dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Verfolgen Aufsichtsratsmitglieder Interessen in Zusammenhang mit ihren Haupt- oder Nebentätigkeiten, können diese in Widerspruch zum Unternehmensinteresse stehen. Bei Vorliegen einer Interessenkollision muss das Interesse der Belegschaft oder der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft zurückstehen. Das Aufsichtsratsmitglied muss seiner Treuepflicht genügen.167 Eine problematische Konstellation ergibt sich immer dann, wenn es innerhalb des Aufsichtsrats um Angelegenheiten geht, die das Aufsichtsratsmitglied auch außerhalb seiner Organfunktion betreffen, so etwa, wenn ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat seine Überwachungsaufgabe wahrnehmen soll und zugleich als Streikführer fungiert.168 Um solche Problemkonstellationen zu vermieden, enthält der Deutsche Corporate Governance Kodex diesbezüglich Empfehlungen. Neben der bereits erwähnten Ziffer 5.5.1 DCGK verlangt Ziffer 5.5.2 DCGK zwingend eine Offenlegung von Interessenkonflikten. Durch eine rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des Aufsichtsrats über potentielle Interessenkonflikte wird die Treuepflicht jedes einzelnen Aufsichtsratsmitglieds konkretisiert.169 Stehen im Konfliktfall mehrere Handlungsmöglichkeiten des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds zur Verfügung, so hat eine Abwägung vor dem Hintergrund des Unternehmensinteresses zu erfolgen.170 Pflichtenkollisionen dürfen nicht zu Lasten der Gesellschaft aufgelöst werden.171 Zeitlich lang andauernde Interessenkonflikte sollen gemäß Ziffer 5.5.3 DCGK zu einer Beendigung des Aufsichtsratsmandats führen. In Ausnahmefällen kann ein bestehender

166

Zöllner, AG 2003, 2, 9; Schiessl, ZHR 167 (2003), 235, 240; Thoma/Leuering, NJW 2002, 1449, 1454. 167 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 923. 168 So im Fall Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft Verdi und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Lufthansa AG. Trotz Flughafenstreiks der Gewerkschaft Verdi im Dezember 2002, der der Lufthansa AG erheblichen Schaden zufügte, wirkte Bsirske im Aufsichtsrat weiter, woraufhin die Lufthansa-Aktionäre ihm bei der Hauptversammlung im Juni 2003 die Entlastung verweigerten. Dazu ausführlich Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, 2003, S. 405, 414 ff.; ders., NZG 2003, 697 ff.; Lutter/ Quack, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 259 ff.; Zu praktischen Beispielen von Interessenkonflikten im Aufsichtsrat siehe Hopt, Der Aufsichtsrat 01/2006, 2, 3. 169 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 926. 170 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 893; Buchta/ van Kann, DStR 2003, 1665, 1667. 171 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 276.

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Interessenkonflikt einen wichtigen Grund für eine gerichtliche Abberufung bilden.172 Meist genügt jedoch die Nichtteilnahme des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds an der entsprechenden Aufsichtsratssitzung oder eine Enthaltung hinsichtlich bestimmter Beschlussfassungen.

III. Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats Die dem Aufsichtsrat zugeordneten Kompetenzen werden dem Kollegialorgan als solchem zugewiesen. Die einzelnen Mitglieder sind nur dazu befugt, innerhalb des Organs tätig zu werden.173 Dabei haben alle Aufsichtsratsmitglieder gleiche Rechte und Pflichten.174 Sie sind, ohne zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb des Kollegialorgans zu unterscheiden, dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Zudem haben alle das gleiche Informationsrecht, Teilnahmerecht, Rederecht und Recht zur Mitwirkung an der Aufgabenwahrnehmung des Aufsichtsrats. Jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied handelt eigenverantwortlich und eigenständig und unterliegt keinem Weisungsrecht.175 .

1. Recht auf Information Die wichtigsten Informationen innerhalb eines Unternehmens treffen auf Vorstandsebene zusammen. Der Vorstand hat den Aufsichtsrat gemäß § 90 Abs. 1 AktG turnusmäßig über einen bestimmten Katalog an Angelegenheiten, die das Unternehmen betreffen, zu informieren. Diese regelmäßige Grundinformation soll die beabsichtigte Geschäftspolitik, Rentabilität, Stellung am Markt, Umsatz, Lage und Entwicklung des Unternehmens und die Unternehmensplanung umfassen.176 Zudem verlangt Ziffer 3.2 DCGK, dass der Vorstand die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat abstimmt und mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung erörtert. Sollten diese Informationen nicht ausreichen, kann der Aufsichtsrat nach § 90 Abs. 3 AktG zusätzliche Berichte und Informationen zu Fragen der Geschäftsführung vom Vorstand verlangen. Die Wahrnehmung dieser

172

OLG Hamburg AG 1990, 218; Kremer, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 1142; Messerschmidt, in: Deilmann/Lorenz, Die börsennotierte Aktiengesellschaft, 2005, § 2 Rn. 73. 173 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 823. 174 BVerfGE 34, 103, 112; BGHZ 64, 325, 330 (Bayer); BGHZ 83, 151, 154 (Bilfinger & Berger); Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 3; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 101; Potthoff/ Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 793. 175 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 821 f. 176 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 641.

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Möglichkeit steht jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zu, jedoch kann der Vorstandsbericht nur gegenüber dem Aufsichtsrat als Kollegialorgan ergehen.177 Vom Informationsrecht nach § 90 AktG ist das dem Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 2 Satz 1 AktG erteilte Einsichts- und Prüfungsrecht zu unterscheiden. Dem Aufsichtsrat steht dabei im Rahmen der sachgemäßen Überwachung und Kontrolle des Vorstands ein umfassendes und eigenständiges Recht zu, Unterlagen und Vermögensgegenstände der Gesellschaft einzusehen und zu überprüfen.178 Damit der Aufsichtsrat jederzeit ein ganzheitliches Bild vom Zustand und der Entwicklung des Unternehmens hat, ist die Wahrnehmung dieser Informationsrechte unerlässlich. Ziel der Informationspflicht ist die Versorgung des Aufsichtsratsmitglieds mit allen notwendigen Informationen, die für die Urteilsbildung über Beschlussgegenstände des Aufsichtsrats erforderlich sind.179 2. Pflicht zur Kontrolle Die Kontrolle, eine der wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats, wird unmittelbar in den Aufsichtsratssitzungen ausgeübt. Nach der Erteilung des Vorstandsberichts an den Aufsichtsrat erfolgt eine Überprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit von Vorstandsmaßnahmen. Um dieser Kontrollpflicht nachkommen zu können, müssen sämtliche Informationsrechte ausgeübt werden und eine angemessene Vorbereitung hinsichtlich des Überprüfungsgegenstands erfolgen.180 Aus der allgemeinen Pflicht zur Mitwirkung und kollegialen Zusammenarbeit ergibt sich die Pflicht zur Urteilsbildung über die Verhandlungsgegenstände des Aufsichtsrats.181 Damit verbunden ist die Pflicht eines jeden Aufsichtsratsmitglieds, sich ein persönliches Urteil über die Eignung und Fähigkeit der verschiedenen Vorstandsmitglieder zu bilden, die als Führungspersönlichkeiten in den einzelnen Fachbereichen des Unternehmens fungieren.182

177

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 90 Rn. 12; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 90 Rn. 32; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 2 Rn. 73 ff.; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 641. 178 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 12; Elsing/Schmidt, BB 2002, 1705, 1707. 179 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 890. 180 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 886; Mielke, Defizite in der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat und Ansätze zu ihrer Bewältigung, 2005, S. 92. 181 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 886 f.; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 10. 182 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 888.

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3. Recht auf Entscheidung Um an der Aufgabenerfüllung des Aufsichtsrats teilzuhaben, muss jedes Aufsichtsratsmitglied seine gesetzlichen Rechte ausüben.183 Dazu gehören auch Aufgaben, die der Aufsichtsrat unabhängig vom Vorstand mit Wirkung für die Gesellschaft zu erledigen hat.184 So gehören Entscheidungen innerhalb der Personalkompetenz nach § 84 AktG zu den selbständigen Entscheidungsrechten des Aufsichtsrats. Durch Personalentscheidungen kann der Aufsichtsrat wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen und somit an der Entwicklung des Unternehmens teilhaben.185 Zu weiteren Entscheidungsrechten gehören die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten nach § 111 Abs. 4 AktG, der Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand nach § 77 Abs. 2 AktG, das Recht zur Einberufung der Hauptversammlung, wenn das Wohl der Gesellschaft dies erfordert (§ 111 Abs. 3 AktG), und das Recht der verbindlichen Feststellung des Jahresabschlusses (§ 172 AktG).186 Durch die Wahrnehmung seiner Informationsrechte erlangt der Aufsichtsrat wichtige Informationen, die die Grundlage seiner Entscheidungsfindung bilden. Zudem spricht sich der Corporate Governance Kodex für eine Einbeziehung des Überwachungsorgans in die Entscheidungsbildung des Unternehmens aus. So verlangt Ziffer 5.1.1 DCGK, dass der Aufsichtsrat in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen einzubinden ist. 4. Sorgfaltspflicht Das Amt eines Aufsichtsratsmitglieds verlangt die Beachtung von Sorgfaltspflichten und die Übernahme von Verantwortung. Das Aufsichtsratsmitglied handelt als Organmitglied der Gesellschaft und verpflichtet sich, im Rahmen seines Überwachungsauftrags die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds anzuwenden. Das Aktiengesetz verweist in § 116 Satz 1 AktG auf die Sorgfaltspflichten des Vorstands nach § 93 AktG. Als Maßstab ist das ordentliche und gewissenhafte Verhalten einer abstrakt gedachten Person unter Berücksichtigung des Zustands des konkreten Unternehmens heranzuziehen. Ein Unterschied zwischen Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter in Bezug auf die Sorgfaltsanforderungen existiert nicht.187

183

Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 885. Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 210. 185 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1580 ff.; Mielke, Defizite in der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat und Ansätze zu ihrer Bewältigung, 2005, S. 91; Claussen, in: FS Hans-Joachim Priester, 2007, S. 41, 49. 186 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 210 ff. 187 BGHZ 85, 293, 295 f. 184

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Die Erfüllung der Mitwirkungspflichten, die Wahrung des Unternehmensinteresses und die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht bilden den wesentlichen Inhalt der Sorgfaltspflicht.188 5. Treuepflicht Jedes Aufsichtsratsmitglied verpflichtet sich mit Annahme seines Amtes und bei dessen Ausübung dem Unternehmensinteresse (Ziffer 5.5.1 DCGK) und unterliegt damit einer Treuebindung.189 Zwar sind Inhalt und Umfang der Treuepflicht nicht exakt bestimmt oder bestimmbar. Ganz allgemein aber geht es um die Wahrung der Gesellschaftsinteressen und die Vermeidung von Schädigungen.190 Da Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt überwiegend als Nebentätigkeit ausführen, erweist sich die Einhaltung dieser Treuepflicht oft als schwierig. Einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterliegt das Aufsichtsratsmitglied, im Gegensatz zum Vorstandsmitglied, nicht. So kann ein Vertreter eines direkten Konkurrenten durchaus Mitglied des Aufsichtsrats des Wettbewerbers sein.191 Das Aufsichtsratsmitglied ist jedoch gehalten, in Ausübung seiner Organtätigkeit ausschließlich das Interesse der jeweiligen Gesellschaft zu verfolgen, für die es gerade als Aufsichtsratsmitglied aktiv ist.192 Kommt es zu einer Konkurrenzsituation, die auf Dauer die gesamte Arbeit des Aufsichtsratsmitglieds betrifft, muss das Aufsichtsratsmitglied sein Aufsichtsratsmandat niederlegen. Eine ordnungsgemäße Erfüllung des Mandats ist wegen der Interessenkollision in einem solchen Fall nicht mehr möglich.193 Dies ist dann der Fall, wenn das Aufsichtsratsmitglied nicht unwesentlich an einem Konkurrenzunternehmen beteiligt ist oder aus Gründen der Vertraulichkeit nicht mehr ordnungsgemäß an den Aufsichtsratssitzungen teilnehmen kann. Erlangt das Aufsichtsratsmitglied als Mandatsträger Kenntnisse über Geschäftsmöglichkeiten, darf es diese nur im Unternehmensinteresse wahrnehmen.194 Ergibt sich auf Seiten des Aufsichtsratsmitglieds eine Interessenkollision, die auf Grund einer Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern oder sons188

Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 888. Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 43; Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, 8. Aufl. 2006, Rn. 765. 190 BGHZ 135, 244, 253; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 9, § 83 Rn. 5; Roth, Unternehmerisches Ermessen und Haftung des Vorstands, 2001, S. 58 ff.; Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, 8. Aufl. 2006, Rn. 766; Lutter, ZSR 2005, 415, 427 f.; Fleischer, WM 2003, 1045 ff. 191 BGHZ 39, 116, 123; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 103 Rn. 13b; a.A. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 21; Lutter/Kirschbaum, ZIP 2005, 103, 104 f. 192 BGHZ 36, 296, 307; BGH NJW 1980, 1629, 1630; Kort, ZIP 2008, 717, 722. 193 OLG Schleswig ZIP 2004, 1143; Kort, ZIP 2008, 717, 722; Lutter/Kirschbaum, ZIP 2005, 103. 194 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 277. 189

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tigen Geschäftspartnern entstehen könnte, soll es diese nach Ziffer 5.5.2 DCGK dem Aufsichtsrat gegenüber offen legen. In einer solchen Konfliktsituation muss das Aufsichtsratsmitglied seiner Treuepflicht folgen und ausschließlich zum Vorteil der Gesellschaft handeln, für die es gerade als Aufsichtsratsmitglied tätig ist.195 6. Verschwiegenheitspflicht Aufsichtsratsmitglieder unterliegen nach §§ 116 Satz 2, 93 Abs. 1 Satz 3 AktG der Pflicht zur Verschwiegenheit.196 Eine Differenzierung zwischen Anteilseignerund Arbeitnehmervertreter besteht bezüglich der Verschwiegenheitspflicht nicht.197 Zweck der Verschwiegenheitspflicht als wichtiges Element und Ausdruck der Treuepflicht ist die Sicherung einer offenen Kommunikation und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und innerhalb des Aufsichtsrats.198 Inhaltlich umfasst die Verschwiegenheitspflicht Geheimnisse und vertrauliche Informationen des Unternehmens, die im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit oder die öffentliche Reputation des Unternehmens einer Geheimhaltung bedürfen.199 Bei Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat wirken die Treuebindung und damit auch die Verschwiegenheitspflicht solange nach, bis das Interesse des Unternehmens an der Geheimhaltung erloschen ist.200

IV. Externe und interne Information des Aufsichtsrats Im dualistischen System hat der Aufsichtsrat die Aufgabe, den Vorstand der Aktiengesellschaft zu überwachen. Seine selbständige Mitwirkungspflicht an der Geschäftsführung ist beschränkt.201 Daher ergibt sich das Problem, dass das Überwachungsorgan von alltäglichen Geschäftsabläufen innerhalb des Unternehmens oft 195

Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 923. Buchta/van Kann, DStR 2003, 1665, 1667; sehr ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 23 Rn. 582 ff. 197 BGHZ 64, 325, 330 (Bayer); Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 55; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 14. 198 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 6; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 13; Marsch-Barner, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 12 Rn. 26; Götz, NZG 2002, 599, 603. 199 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 7; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 17. 200 Semler, in: MünchKommAktG, 2. Aufl. 2004, § 116 Rn. 422 f.; Marsch-Barner, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 12 Rn. 69. 201 Siehe § 2 C. III. 3. 196

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nur geringe Kenntnis besitzt.202 Voraussetzung für eine ordnungsgemäße und sachgerechte Überwachungsarbeit des Aufsichtsrats ist jedoch der Erhalt, die Bündelung und anschließende Verarbeitung von Informationen.203 Quantität und Qualität der Informationen im Aufsichtsrat sind sehr verschieden und lassen häufig zu wünschen übrig.204 Die Vielfalt reicht von wenig detaillierten Informationen bis hin zu Unmengen an genauen Dateninformationen, denen es an Überschaubarkeit mangelt. Es stellt sich somit die Frage, wie der Aufsichtsrat an die für seine Aufgabenerfüllung erforderlichen Detailkenntnisse und das unternehmerische Know-how gelangen kann. Die Sicherstellung einer adäquaten Informationsversorgung muss primäre Motivation des Aufsichtsrats sein. Ganz allgemein empfiehlt Ziffer 3.5 DCGK eine offene Diskussion und einen geregelten Informationsaustausch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat als Voraussetzung für eine leistungsfähige Unternehmensführung. 1. Berichtspflichten und Berichterstattung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat a) Information durch den Vorstand Sowohl das Aktiengesetz (§ 90 AktG) als auch die im Deutschen Corporate Governance Kodex enthaltenen Empfehlungen und Anregungen schaffen konkrete Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Informationsversorgung des Aufsichtsrats. Nach Ziffer 3.4 DCGK ist die ausreichende Informationsversorgung gemeinsame Aufgabe von Vorstand und Aufsichtsrat. Wichtigster Informant des Aufsichtsrats, der als Kollegialorgan Informationsempfänger sämtlicher überwachungsrelevanter Informationen ist, ist der Vorstand.205 Nach § 90 Abs. 1 AktG muss der Vorstand dem Aufsichtsrat regelmäßig und rechtzeitig Bericht erstatten. Die schriftliche Berichterstattung umfasst turnusmäßige Berichte über die Finanz- und Ertragslage des Unternehmens, Sonderberichte zu Themen wie Geschäftspolitik, Strategie, Entwicklung und Forschung aber auch laufende Berichte über Abweichungen von Planungen und deren Begründung (Follow-up-Informationen)206 sowie über verabschiedete Projekte.207 202

Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 191. Kropff, NZG 2003, 346; Hüffer, NZG 2007, 47, 48 ff. 204 v. Schenck, NZG 2002, 64, 67. 205 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 92 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 1 Rn. 8; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 191; Oetker, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 275 f.; v. Schenck, NZG 2002, 64, 65; Hüffer, NZG 2007, 47, 50. 206 Bosse, DB 2002, 1592; Buchta/van Kann, DStR 2003, 1665, 1666. 207 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 90 Rn. 4 f.; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 641, 671; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 203

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Von enormer Wichtigkeit sind zusätzliche mündliche Informationen. Dies sind Informationen und Hinweise aus Sitzungen des Aufsichtsrats und der Ausschüsse, aber auch aus Vorbereitungsgesprächen mit dem Vorstand.208 Bei der Aufgabe des Vorstands, den Aufsichtsrat unaufgefordert umfassend und zielgerecht zu informieren, handelt es sich demnach um eine sogenannte Bringschuld.209 Probleme hinsichtlich der ordnungsgemäßen Erfüllung dieser Bringschuld können sich aufgrund eines Informationsdefizits ergeben. Dies ist dann der Fall, wenn beispielsweise eine Informationsüber- oder Informationsunterversorgung vorliegt oder zeitliche Engpässe eine sachgerechte Aufsichtsratsarbeit verhindern.210 Auf Initiative des Aufsichtsrats kann dieser vom Vorstand nach § 90 Abs. 3 AktG zusätzliche Informationen zu weiteren Fragen der Geschäftsführung verlangen.211 Bei Informationslücken sind alle Aufsichtsratsmitglieder nicht nur berechtigt, Zusatzberichte vom Vorstand zu verlangen, sondern vielmehr verpflichtet, Defizite im Bereich der Informationsversorgung durch die Anforderung weiterer Vorstandsberichte auszugleichen.212 Der Aufsichtsrat muss sich aktiv um eine Informationsversorgung bemühen, die ihm eine ordnungsgemäße Überwachungstätigkeit ermöglicht. Eine ordnungsgemäße Berichterstattung des Vorstands, durch die dieser regelmäßig sein Handeln rechtfertigen muss, bildet somit nicht nur das Fundament einer guten Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats, sondern hat gleichzeitig positiven Einfluss auf Qualität und Erfolg der Geschäftsführung.213 Als Anhaltspunkt für eine ordnungsgemäße Berichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat lassen sich auch einige Empfehlungen und Anregungen im Deutschen Corporate Governance Kodex finden: Ziffer 3.1 DCGK befürwortet eine enge Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zum Wohl des Unternehmens. Zudem soll nach Ziffer 3.2 des DCGK die strategische Ausrichtung des Unternehmens zwischen Vorstand und Aufsichtsrat abgestimmt werden und in regelmäßigen Abständen der Stand der Strategieumsetzung erörtert werden.

2008, Rn. 193 ff.; Nolte, Der Aufsichtsrat 03/2006, 7 f.; dazu ausführlich Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 2 Rn. 32 ff.; Buchta/van Kann, DStR 2003, 1665, 1666. 208 Nolte, Der Aufsichtsrat 03/2006, 7. 209 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 670; Nolte, Der Aufsichtsrat 03/2006, 8; Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2006, 1625, 1628. 210 Nolte, Der Aufsichtsrat 03/2006, 7 f. 211 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 93; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 642, 736; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 212 f. 212 Hüffer, NZG 2007, 47, 48 f.; Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 231 f.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 6 Rn. 246; Theisen, Information und Berichterstattung des Aufsichtsrats, 4. Aufl. 2007, S. 23 f. 213 Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 90 Rn. 4 f.; Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, 8. Aufl. 2006, Rn. 459.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

b) Kein Informationsmonopol des Vorstands Die detaillierten Berichtspflichten des Vorstands könnten dafür sprechen, dass der Vorstand alleiniger Informationsgeber für den Aufsichtsrat ist. Fehlen dem Aufsichtsrat im Rahmen eines unternehmerischen Entscheidungsprozesses Informationen, hat der Aufsichtsrat das Recht, zusätzliche über § 90 AktG hinausgehende Informationen und ergänzende Auskünfte einzuholen. So steht dem Aufsichtsrat ein Einsichtsund Prüfungsrecht nach § 111 Abs. 2 Satz 1 AktG zu. Dies erlaubt ihm die Einsichtnahme und Prüfung von Büchern, Schriften und Vermögensgegenständen der Gesellschaft zur Erlangung zweckorientierten Wissens.214 Gleichfalls sprechen das gesetzliche Recht auf Bestellung eigener Sachverständiger nach § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG und die Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Beauftragung des Abschlussprüfers gemäß § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG gegen ein Monopol des Vorstands auf Erteilung von Informationen. Sollte die Einholung externer vorstandsunabhängiger Informationen erforderlich sein, muss der Aufsichtsrat unter Rücksichtnahme auf die Vorstandsautorität das Unternehmensinteresse wahren. Damit das Verhältnis von Geschäftsführung und Überwachung nicht von einer Art Misstrauen geprägt wird, sollte demnach die Bestellung und Beauftragung eines eigenen Sachverständigen nicht unmittelbar, sondern durch den Vorstand erfolgen.215 2. Informationsaustausch im Aufsichtsrat Neben der Information, die die Aufsichtsratsmitglieder durch die Erfüllung der Informations- und Berichtspflichten des Vorstands erlangt haben, müssen sich die Aufsichtsratsmitglieder selbst umfassend über die Inhalte der Unternehmenspolitik und Unternehmensplanung informieren. Jedes Mitglied muss einen informationellen Standard erlangen, der es ihm ermöglicht, Daten und Fakten sachverständig beurteilen und daraus eigene Vorstellungen entwickeln zu können.216 Eine Stärkung der Individualrechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder hinsichtlich der Informationsbeschaffung zeigen Vorschriften wie § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG,217 der ein Individualrecht begründet, jederzeit einen Vorstandsbericht über Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen. § 170 Abs. 3 AktG räumt jedem Aufsichtsratsmitglied das Recht ein, von den Vorlagen und Prüfungsberichten des Abschlussprüfers Kenntnis zu nehmen. Daraus ergibt sich zugleich eine Erhöhung der Individualpflichten aller Aufsichtsratsmitglieder und deren individuellen Verantwortlichkeit.218 So liegt die Mit-

214 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 10 Rn. 283 ff.; Oetker, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 276. 215 Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 239. 216 Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, 8. Aufl. 2006, Rn. 455. 217 Eingeführt durch das TransPuG (2002), BGBl. I 2002, 2681 ff. 218 Buchta/van Kann, DStR 2003, 1665, 1666.

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verantwortung für eine angemessene Informationsgrundlage des Aufsichtsrats bei jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied.219 Der Aufsichtsrat als Kollegialorgan ist Empfänger für sämtliche Informationen, die für die Überwachung von Bedeutung sind. Informationen entgegenzunehmen, einzufordern und weiterzugeben ist Aufgabe des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters.220 Ihre Führungsposition im Aufsichtsrat ist in §§ 90 Abs. 1 Satz 3, 107 AktG geregelt. Zudem gibt Ziffer 5.2 DCGK Anregungen und Empfehlungen zu den Aufgaben und Befugnissen des Aufsichtsratsvorsitzenden. So stehen ihm die Koordination der Aufsichtsratsarbeit und der Vorsitz in demjenigen Ausschuss zu, die die Vorstandsverträge behandeln und die Aufsichtsratssitzungen vorbereiten. Er fungiert darüber hinaus als Sitzungsleiter und steht in regelmäßigem Kontakt mit dem Vorstandsvorsitzenden, um mit ihm die Unternehmensstrategie, die Geschäftsentwicklung und das Risikomanagement zu beraten.221 Erhaltene Informationen sind in der Regel an alle, im Ausnahmefall nur an einen bestimmten Kreis von Aufsichtsratsmitgliedern weiterzuleiten. Aufgrund seines Überwachungsauftrags hat jedes Aufsichtsratsmitglied einen uneingeschränkten Anspruch auf Informationsversorgung, der die zur Erfüllung dieser Überwachungsaufgabe relevanten Informationen umfasst.222 Um einen geregelten Informationsaustausch innerhalb des Aufsichtsrats zu gewährleisten, sollten sämtliche Informationen dokumentiert werden und ein wirksames Organisationssystem zur Dokumentation, Bereitstellung und Weiterverarbeitung von Informationen erstellt werden.223 Dazu gehört auch die Bildung fachlich qualifizierter Ausschüsse, wobei Ziffer 5.3.1 DCGK die Ausschussvorsitzenden dazu verpflichtet, regelmäßig an den Aufsichtsrat über die Arbeit in den Ausschüssen zu berichten.

V. Kontroll- und Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats 1. Überwachungsfunktion, § 111 Abs. 1 AktG Aufgabe des Aufsichtsrats innerhalb der Zuständigkeitsordnung des Aktiengesetzes ist die Überwachung der Geschäftsführung gemäß § 111 Abs. 1 AktG. Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex (Ziffer 5.1.1 DCGK) erklärt, dass es Aufgabe des Aufsichtsrats ist, den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens regelmäßig 219

Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 232. Theisen, Information und Berichterstattung des Aufsichtsrats, 4. Aufl. 2007, S. 20. 221 Claussen, in: FS Hans-Joachim Priester, 2007, S. 41, 49. 222 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 843, 846; Mielke, Defizite in der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat und Ansätze zu ihrer Bewältigung, 2005, S. 212; Hüffer, NZG 2007, 47, 49; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 6 Rn. 246. 223 Ausführlich v. Schenck, NZG 2002, 64, 67. 220

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zu beraten und zu überwachen. Diese ständige und unerlässliche Aufgabe umfasst sowohl die Kontrolle des geschäftsführenden Vorstands, als auch die regelmäßige Beratung des Vorstands.224 Ein unternehmerisches Tätigwerden auf Eigeninitiative ist dem Aufsichtsrat bis auf wenige Ausnahmen untersagt (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG). Auch ist es dem Aufsichtsrat nicht möglich, ein bestimmtes Verhalten oder Tätigwerden des Vorstands zu erzwingen.225 Im Rahmen der Überwachungsaufgabe bezieht sich die Prüfung auf bereits abgeschlossene Vorgänge, aber auch auf laufende Angelegenheiten des Vorstands, wie beispielsweise die Unternehmensstrategie und Unternehmensplanung. Der Aufsichtsrat wird bei Ausführung seiner Kontrolltätigkeit demnach sowohl vorbeugend begleitend als auch nachträglich vergangenheitsbezogen tätig.226 Beanstandungsfähige Maßnahmen der Geschäftsführung zu vermeiden und aufzudecken, Versäumnissen des Vorstands entgegenzuwirken, um mögliche Schäden (materieller und immaterieller Art) der Gesellschaft zu vermeiden, ist vorrangiges Ziel und Zweck der Überwachungsaufgabe.227 a) Gewähr leistungsfähiger Unternehmensführung Die Existenz einer Kontrollinstanz im dualistischen System der Trennung von Leitung und Überwachung und die Konkretisierung der Aufsichtsratsaufgaben durch Rechtsprechung228 und Gesetzesreformen229 dienen der Gewährleistung einer leistungsfähigen Unternehmensführung. Dabei soll durch die Kontrolltätigkeit kein von Misstrauen geprägtes Verhältnis zwischen Überwacher (Aufsichtsrat) und Überwachtem (Vorstand) entstehen, sondern ein funktionierendes System der Gewaltenteilung („checks and balances“)230 in der Gesellschaft geschaffen werden. Ständige Beratung und Kontrolle laufender Projekte, Nachbetrachtung abgeschlossener Maßnahmen sowie Analysen und Berichte zum Status Quo einzelner Vorhaben sind unerlässliche Aufgaben des Aufsichtsrats hinsichtlich einer leistungsfähigen Unternehmensführung und Realisierung der Unternehmensziele. So empfiehlt Ziffer 3.5 DCGK eine offene Diskussion und einen geregelten Informationsaustausch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sowie in Vorstand und Auf224 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 61 f.; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 1. 225 Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 1. 226 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 101. 227 BGHZ 135, 244, 254 ff.; Henze, NJW 1998, 3309, 3312; Goette, in: FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123, 132. 228 BGHZ 114, 127, 130. 229 KonTraG, BGBl. I 1998, 786; TransPuG, BGBl. I 2002, 2681. 230 v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 299.

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sichtsrat als Voraussetzung der Gewährleistung einer leistungsfähigen Unternehmensführung. .

b) Gegenstand der Überwachung Gegenstand der Überwachung als Schwerpunkt der organschaftlichen Kompetenz des Aufsichtsrats ist die Geschäftsführung.231 Was unter der Überwachung der Geschäftsführung zu verstehen ist, bedarf der Konkretisierung. Zu überwachen ist das Verhalten des Vorstands, das heißt die Tätigkeit des Geschäftsführungsorgans als Unternehmensleitung.232 Wie umfangreich die Überwachung der Geschäftsführung erfolgen sollte, lässt sich dem Wortlaut des § 111 Abs. 1 AktG nicht entnehmen. Grundsätzlich hat sich der Aufsichtsrat auf die Prüfung zentraler Führungs- und Leitungsentscheidungen des Vorstands und elementare Fragen der zukünftigen Unternehmenspolitik zu konzentrieren.233 Eine weitergehende umfassendere Überwachungsaufgabe wäre mit dem Charakter des Aufsichtsratsmandats als Nebenamt nicht vereinbar. Zudem spricht für eine Beschränkung der Kontrolltätigkeit auf die Leitungstätigkeit des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG die historisch-teleologische Auslegung des § 111 Abs. 1 AktG und der Wegfall des Hinweises auf den Überwachungsumfang im Aktiengesetz von 1965.234 Einzelmaßnahmen des Vorstands unterliegen nur dann der Prüfungspflicht, wenn sie für die Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind.235 Die Wahrnehmung der Tagesgeschäfte und Ausführungsentscheidungen des Vorstands gehören demnach grundsätzlich nicht zum Über-

231

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 2; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 23 f.; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 1; Lutter/ Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 61; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 345; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 25; Vetter, in: Marsch-Barner/ Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 1; Feddersen, in: Hommelhoff/ Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 451; Buchta/van Kann, DStR 2003, 1665; Henze, BB 2005, 165; ders., NJW 1998, 3309; Witte/Hrubesch, BB 2004, 725; Gernoth, DStR 2001, 299, 301. 232 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 75; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 345. 233 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 3; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 23; Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 77; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 3. 234 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 6; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 111 Rn. 12. 235 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 3; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 65; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 3; Henze, BB 2000, 209, 214.

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wachungsgegenstand, denn der Aufsichtsrat darf nicht „ständiger Schatten“ des Vorstands sein und dessen Leitungsautonomie beeinträchtigen.236 Die Überwachung erstreckt sich vorrangig auf die Gesamtheit aller Mitglieder des Leitungsorgans Vorstand. Führen Ermittlungen nicht zum gewünschten Ergebnis, können auch einzelne Vorstandsmitglieder zu relevanten Sachverhalten befragt werden.237 Zudem erstreckt sich die Überwachungsaufgabe auch auf die dem Vorstand nachgeordneten Ebenen, sofern dort Führungsentscheidungen oder wesentliche Einzelmaßnahmen getroffen werden.238 c) Richtung der Überwachung Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 1 AktG umfasst neben der vergangenheitsbezogenen Kontrolle der Geschäftsführung auch eine präventiv-zukunftsorientierte Kontrolle.239 Die Kontrolle hat sich dabei am Unternehmensinteresse zu orientieren.240 aa) Retrospektive Überwachung Nach früherem Verständnis erfolgt die Kontrolltätigkeit des Aufsichtsrats vergangenheitsbezogen. Zum Inhalt der nachträglichen Kontrolle gehören demnach Tätigkeiten und Maßnahmen der Geschäftsführung, die bereits umgesetzt und vollzogen sind.241 Grundlage für eine vergangenheitsbezogene Kontrolle des Aufsichtsrats bilden die regelmäßigen Vorstandsberichte (§ 90 Abs. 1 – 3 AktG), das Einsichts- und Prüfungsrecht (§ 111 Abs. 2 AktG) und der Vorlagebericht zum Jahresabschluss (§ 170 Abs. 1 AktG). Bei dieser ex post-Kontrolle werden regelmäßig die Entwicklungen im Unternehmen einer betriebswirtschaftlichen Analyse unterzogen und mit 236 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 65; Buchta/ van Kann, DStR 2003, 1665. 237 Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 6; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 344; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 28 f.; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 67. 238 BGHZ 75, 120, 133; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 3; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 25; Feddersen, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 451 ff.; a.A. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 69. 239 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 39; v. Werder, in: Ringleb/ Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 101; Messerschmidt, in: Deilmann/Lorenz, Die börsennotierte Aktiengesellschaft, 2005, § 2 Rn. 70; Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2006, 1625, 1630.; Semler, NZG 2007, 881, 882. 240 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 152. 241 Henze, BB 2005, 165; Grotheer, WM 2005, 2070, 2071.

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der vorgegebenen Unternehmensplanung verglichen. Dabei soll eine eventuelle Abweichung des Status Quo vom Soll-Zustand erkannt werden und mögliche Maßnahmen zur Behebung eines eventuellen Missstands vorbereitet und veranlasst werden.242 Die Untersuchung der Frage, ob sich Vorstandsmitglieder im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung gegenüber der Gesellschaft schadensersetzpflichtig gemacht haben, gehört ebenfalls zur vergangenheitsbezogenen Überwachung.243 bb) Präventive Überwachung Nach neuerer Auffassung tritt zur vergangenheitsbezogenen Überwachung eine präventiv-zukunftsorientierte Überwachung, die sich auf Fragen der künftigen Geschäftspolitik bezieht. Die Pflicht zur präventiven Überwachung erfüllt das Aufsichtsorgan sowohl durch seine beratende Tätigkeit (Ziffer 5.1.1 Satz 1 DCGK) und die Begründung von Zustimmungsvorbehalten (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) als auch durch eine offene Diskussion mit dem Vorstand und durch Stellungnahmen zu Vorstandsberichten (§ 90 Abs. 1 Satz 1 AktG).244 Die laufende Kontrolle besteht in der sogenannten gestaltenden Überwachung und setzt einen ständigen Dialog mit dem Vorstand voraus. Die Beratung dient dabei als primäres Mittel der zukunftsorientierten Kontrolle.245 Ziel der laufenden Überwachung ist die Vermeidung beanstandungsfähiger Geschäftsführungsmaßnahmen. d) Maßstäbe der Überwachung Der Aufsichtsrat hat den geschäftsführenden Vorstand hinsichtlich der Befolgung wesentlicher Elemente einer sorgfältigen und ordnungsgemäßen Geschäftsführung zu überwachen. Zu achten hat der Aufsichtsrat auf einen bestimmten Kriterienkatalog, der die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung umfasst.246 Da die einzelnen Kriterien häufig eng mit242 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 101. 243 BGHZ 135, 244 (ARAG/Garmenbeck); Henze, BB 2001, 53, 59; ders., BB 2005, 165. 244 BGHZ 114, 127, 130; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 5; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 58 ff.; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 111 Rn. 1, 26 ff.; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 15; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 1 Rn. 20; ders., ZHR 159 (1995), 287, 290 ff.; Henze, NJW 1998, 3309; ders., BB 2001, 53, 59; ders., BB 2005, 165; Gernoth, DStR 2001, 299, 301; Buchta/van Kann, DStR 2003, 1665; Witte/Hrubesch, BB 2004, 725; Hüffer, NZG 2007, 47. 245 BGHZ 114, 127, 129 f.; dazu Anmerkung von Semler AG 1991, 312; BGHZ 126, 340, 344 f.; BGHZ 135, 244, 255 (ARAG/Garmenbeck); Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 94; Siebel/v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 5 Rn. 16; a.A. Theisen, AG 1995, 193, 195. 246 BGHZ 75, 120, 133; BGHZ 114, 127, 129 f.; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 6; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 306; Spindler, in: MünchKomm-

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einander zusammenhängen und verbunden sind, ist für eine strikte Abgrenzung kein Raum. Zudem lässt sich die Frage, welche Kriterien im Einzelfall wie anzulegen sind, nicht pauschal beantworten. Dies kann nur unter Beachtung der jeweiligen konkreten Umstände innerhalb des betroffenen Unternehmens erfolgen.247 aa) Rechtmäßigkeit Die Rechtmäßigkeit der Vorstandstätigkeit ist elementare Voraussetzung und Grundlage der Unternehmensführung. Im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle hat der Aufsichtsrat zu prüfen, ob der Vorstand sämtliche Pflichten, die ihm durch geltendes Gesetz, Satzung, interne Richtlinien, Anstellungsvertrag oder Beschlüsse des Aufsichtsrats auferlegt wurden, eingehalten und befolgt hat.248 Gerade im Bereich der Rechtmäßigkeitskontrolle muss bei der Frage der Intensität der Prüfung zwischen geringfügigen und schwerwiegenden Gesetzesverstößen unterschieden werden, da sich für den Aufsichtsrat eine Pflicht zum Einschreiten ergeben kann.249 Bei unerheblichen Verstößen gegen Gesetz oder Satzung muss der Aufsichtsrat nur dann einschreiten, wenn dem Unternehmen ein hohes Risiko droht. Der Aufsichtsrat hat dafür zu sorgen, dass das Unternehmen keinen materiellen aber auch immateriellen Schaden erleidet. Ein schwerwiegender Gesetzesverstoß des Vorstands verpflichtet den Aufsichtsrat zum Einschreiten. Bevor seitens des Aufsichtsrats Strafanzeige erstattet wird, sind alle unternehmensinternen Einwirkungsmöglichkeiten auszuschöpfen.250 Zu unternehmensinternen Präventivmaßnahmen gehören beispielsweise die Errichtung einer Compliance-Abteilung und die Bestellung eines Compliance-Beauftragten. AktG, 3. Aufl. 2008, Vor § 76 Rn. 48; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 42; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 111 Rn. 11; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 481; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 134 ff.; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 71; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 9; Henze, NJW 1998, 3309, 3310; ders., BB 2000, 209, 214. 247 v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 134. 248 Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, Vor § 76 Rn. 48; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 490; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 140; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 72; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 10; Mielke, Defizite in der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat und Ansätze zu ihrer Bewältigung, 2005, S. 217 f. 249 v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 165. 250 v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 166 f.

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Dieser hat die Aufgabe, für die Einhaltung von Recht und Gesetz im Unternehmen zu sorgen und eventuelle Verstöße festzustellen. bb) Wirtschaftlichkeit Unter Heranziehung des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit hat der Aufsichtsrat zu überprüfen, ob der Vorstand mit Gewinnerzielung handelt und seine Maßnahmen und Entscheidungen unter Berücksichtigung des Interesses verfolgt, die Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft dauerhaft zu erhalten, zu sichern und zu steigern.251 Ziffer 4.1.1 DCGK verpflichtet den Vorstand, seine Geschäftsführung am Ziel der Steigerung des nachhaltigen Unternehmenswertes auszurichten. Die Sicherung der Liquidität und langfristigen Rentabilität sowie die dauerhafte Positionierung des Unternehmens am Markt sind zentrale Pflichten des Vorstands, die für den Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungspflicht von besonderer Signifikanz sind. Stehen dem Vorstand verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, muss unter Beachtung anerkannter betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse und Methoden, diejenige Möglichkeit gewählt werden, bei der die Relation von Aufwand und Ertrag am besten ist.252 Die Entscheidung des Vorstands muss für den Aufsichtsrat im Sinne der veranschlagten Unternehmensstrategie nachvollziehbar sein. Der Aufsichtsrat muss sich dabei einen Überblick über die mit der zu prüfenden unternehmerischen Entscheidung zusammenhängenden Aufwendungen und Erträge machen.253 cc) Zweckmäßigkeit Die Zweckmäßigkeitskontrolle erfolgt, indem der Aufsichtsrat prüft, ob das Vorstandshandeln dem angestrebten Ziel angemessen ist, Entscheidungen also auf vernünftiger Grundlage getroffen wurden und im Rahmen der Unternehmensstrategie der Zielerreichung dienen.254 Dabei hat der Aufsichtsrat auch zu kontrollieren, ob zu251

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 6; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 307; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 42; Lutter/ Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 83; v. Schenck, in: Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 168; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 11; Mielke, Defizite in der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat und Ansätze zu ihrer Bewältigung, 2005, S. 218. 252 Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 11; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 494; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 168. 253 v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 168. 254 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 493; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 145; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 12.; Henze, BB 2001, 53, 59.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

künftige Projekte erfolgversprechend sind und die eingesetzten Mittel in angemessenem Verhältnis zum Zweck der Maßnahme stehen. Ferner sollen geplante Vorhaben und mögliche Optionen verfolgt und deutliche Planabweichungen vermieden werden.255 Da die Zweckmäßigkeit rein ergebnisorientiert zu verstehen ist, steht sie in einem engen Zusammenhang zur Frage der Wirtschaftlichkeit. Fragen der Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung und des Ausmaßes eventueller Risiken können auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit geprüft werden, sodass dem Kriterium der Zweckmäßigkeit immer weniger Bedeutung beizumessen ist.256 dd) Ordnungsmäßigkeit Des Weiteren muss die Geschäftsführung des Vorstands dem Kriterium der Ordnungsmäßigkeit genügen. Dies ist der Fall, wenn der Vorstand die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters beachtet (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG) und eine den Unternehmenseigenschaften angepasste sinnvolle Organisation der Gesellschaft unter Beachtung ökonomischer Faktoren und Erfahrungen besteht. Dazu gehören Elemente wie eine strukturierte Unternehmensplanung, gute interne Zusammenarbeit unter Berücksichtigung einzelner Ressortzuständigkeiten, die Einrichtung eines internen Kontrollsystems nach § 91 Abs. 2 AktG und eine systematisch verständliche Illustration der Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft.257 Auch eine rechtzeitige und vollständige Berichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat unterliegt dem Überwachungskriterium der Ordnungsmäßigkeit.258 Betrachtet man das Kriterium der Ordnungsmäßigkeit genauer, so lässt sich feststellen, dass die bereits angesprochenen Kriterien die Fragen der Ordnungsmäßigkeit größtenteils schon umfassen.259 Wegen des engen inneren Zusammenhangs besteht eine partielle Überschneidung.

255 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 493; Mielke, Defizite in der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat und Ansätze zu ihrer Bewältigung, 2005, S. 218. 256 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 6; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 84. 257 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 6; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 491; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 139; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 74 ff.; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 10; Henze, BB 2000, 209, 214; kritisch, ob Prüfung der Ordnungsmäßigkeit überhaupt notwendig ist Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 309 m.w.N. 258 Semler/Spindler, in: MünchKommAktG, 2. Aufl. 2004, Vor § 76 Rn. 94; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 79; Henze, BB 2000, 209, 214. 259 Vgl. ausführlich unter Darstellung unterschiedlicher Ansichten Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 309.

C. Stellung des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung der AG

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e) Intensität der Überwachung Der Untersuchung unterschiedlicher Kontrollmaßstäbe schließt sich die Frage an, wie weit die Überwachung und Kontrolle des Aufsichtsrats reicht. Gerade bei der Überprüfung der Zweckmäßigkeit darf der Aufsichtsrat nicht in der Weise aktiv werden, dass er dem Vorstand die Geschäftsführung aus der Hand nimmt. Die Intensität der Überwachung kann nicht abstrakt festgelegt werden, sondern muss nach den gesellschaftsspezifischen Umständen beurteilt werden.260 Als Beurteilungskriterien kommen die jeweilige Geschäftsentwicklung und Risikolage der Gesellschaft in Betracht.261 aa) Normaler Geschäftsverlauf Solange die Geschäfte der Gesellschaft normal verlaufen, sich gegenüber der vorgegebenen Unternehmensstrategie und Unternehmensplanung keine wesentliche Divergenz zeigt und die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stabil ist, beschränkt sich die Überwachung des Aufsichtsrats auf die Prüfung der Vorstandsberichte und gegebenenfalls auf die Einholung ergänzender Berichte.262 Liegen die Maßnahmen des Vorstands im Bereich seines unternehmerischen Ermessens, besteht für den Aufsichtsrat kein Anlass seine Überwachung zu intensivieren. bb) Krise der Gesellschaft Zeichnen sich Verschlechterungen der Geschäftsergebnisse und erhöhte Risiken für die Gesellschaft ab oder befindet sich die Gesellschaft bereits in einer Krise, muss die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats den Umständen entsprechend intensiviert werden.263 Die unterstützende Überwachung des Aufsichtsrats kann bis zu einer gestaltenden Überwachung erweitert werden, was personelle Maßnahmen oder die Anordnung weiterer zustimmungspflichtiger Geschäfte zur Folge haben kann. Diese darf sich jedoch, unter Beachtung der aktienrechtlichen Zuständigkeitsord-

260 OLG Stuttgart AG 2006, 381; LG München I NZI 2007, 609; Jäger, NZG 2008, 176, 177; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 3. 261 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 7; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 3; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 14; Henze, BB 2000, 209, 214; so auch Kort, NZG 2008, 823, 824. 262 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 7; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1290; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 3; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 86 f.; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 14. 263 OLG Stuttgart AG 2006, 381; LG München I NZI 2007, 609; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 7; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 87 f.; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1290; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 14; Buchta/van Kann, DStR 2003, 1665; Jäger, NZG 2008, 176, 177; Kort, NZG 2008, 823, 824.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

nung, nicht zu einer selbständigen Eigengeschäftsführung entwickeln.264 Auch in Krisenzeiten hat der Aufsichtsrat keine zusätzlichen Kompetenzen.265 Eine in Krisensituationen erforderliche Erhöhung der sachlichen und zeitlichen Kontrolldichte ist dennoch geboten. Eine solche Intensivierung spiegelt sich häufig in der Erhöhung der Anzahl von Aufsichtsratssitzungen und deren Sitzungsdauer wider.266 2. Berufsaufsichtsräte oder Nebenamt? Gerade in schwierigen Phasen der Gesellschaft und Krisenzeiten, in denen das Überwachungsorgan zu erhöhter Wachsamkeit und Intensivierung seiner Kontrolltätigkeit verpflichtet ist, stellt sich die Frage, ob die Aufsichtsratstätigkeit im Nebenamt sinnvoll und effizient erbracht werden kann. Sollte das Aufsichtsratsmandat vielleicht doch als Hauptberuf ausgeübt werden, um so eine funktionsfähige und wirkungsvollere Überwachungsarbeit gewährleisten zu können? Mit der Frage „Berufsaufsichtsräte oder Nebenamt?“ haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Beiträge in der Literatur auseinandergesetzt.267 Die an Aufsichtsratsmitglieder gestellten Anforderungen nehmen stetig zu. So stehen dem Aufsichtsrat, wie bereits aufgezeigt, zahlreiche Kompetenzen zu, die von der reaktiven, vergangenheitsbezogenen Überwachung des Vorstands bis hin zur alleinigen Personalkompetenz reichen. Je nach Größe der Gesellschaft mit dem für sie geltenden Mitbestimmungsmodell hat der Aufsichtsrat mindestens drei und höchstens 21 Mitglieder. §§ 95, 96 AktG, §§ 76, 77 BetrVG 1952, § 4 DrittelbG, § 7 MitbestG, § 4 MontanMitbestG und § 5 MitbestErgG regeln die exakte und zwingende Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder einer Gesellschaft. Unterfällt eine Aktiengesellschaft nicht der Mitbestimmung, bestimmt sich die Größe des Aufsichtsrats nach § 95 AktG, der weitgehend zwingend ist. In jedem Fall muss die Satzung die genaue Zahl der Aufsichtsratsmitglieder angeben. Die Satzung darf sich nicht auf die Nennung von Mindest- oder Höchstzahlen beschränken.268 Die Anzahl der Teilnehmer an einer Sitzung kann sich bei Aufsichtsratssitzungen durch die Teilnahme des Abschlussprüfers und externer Berater noch

264

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 7; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 88; Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 80; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 14. 265 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1290. 266 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 80. 267 Lutter, AG 1994, 176 f.; ders., NJW 1995, 1133 f.; Möllers, ZIP 1995, 1725 ff.; Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2006, 1625 ff.; Bihr/Blättchen, BB 2007, 1285 ff.; v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297 ff. 268 Kort, AG 2008, 137, 138.

C. Stellung des Aufsichtsrats in der Unternehmensverfassung der AG

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erhöhen. Eine sachgerechte und effiziente Arbeit im Kontrollgremium ist dadurch häufig erschwert. Um eine effektive und effiziente Aufsichtsratsarbeit zu gewährleisten und komplexe Sachverhalte zeitnah zu behandeln, ist die Bildung von Ausschüssen unerlässlich.269 Den Ausschussvorsitz soll ein auf dem jeweiligen Fachgebiet ausgewiesener Experte innehaben. Ausschusssitzungen bedeuten eine zeitliche Mehrarbeit für die Aufsichtsratsmitglieder. Dazu kommen intensive Vorbereitung und Nachbereitung von Sitzungen, deren Anzahl sich nach der gesetzlichen Vorgabe des § 110 Abs. 3 AktG richtet. Neben seiner Qualifikation und Unabhängigkeit270 ist jedes Aufsichtsratsmitglied dazu verpflichtet, sich für das Wohl des Unternehmens einzusetzen. Eine Reduzierung zusätzlicher Aufsichtsratsmandate ist eine Möglichkeit, sowohl die fachliche aber auch die zeitliche Einsatzbereitschaft zu steigern.271 Dass die Bedeutung des Aufsichtsrats vor allen in Unternehmenskrisen zunimmt, zeigen nicht nur der zeitliche Mehraufwand, sondern auch die persönlichen Anforderungen an ein Aufsichtsratsmitglied. Um herauszufinden, wer als adäquates Mitglied bei der Besetzung des Aufsichtsrat in Frage kommt, soll ein Nominierungsausschuss (Ziffer 5.3.3 DCGK) ein Qualifikations- und Anforderungsprofil erstellen, um sich im Vorfeld davon zu überzeugen, wer der Hauptversammlung als möglicher Mandatsträger vorgeschlagen wird.272 Das Finden eines idealen Aufsichtsratsmitglieds erweist sich als äußerst schwierig, wird doch mittlerweile eine für einen FulltimeJob typische Professionalität273 und Leistungsbereitschaft verlangt. Vor dem Hintergrund der Aufsichtsratsvergütung ist eine solche Professionalität aber eher selten zu erwarten.274 Zwar könnten sich aus der Etablierung von Berufsaufsichtsräten Vorteile für die Gesellschaft ergeben, jedoch widerspricht das Modell eines „professionellen Vollzeitkontrolleurs“ dem Verständnis eines Aufsichtsratsmitgliedes nach dem deutschen Aktiengesetz. Auch können aus Tätigkeiten außerhalb des Aufsichtsratsmandats Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt werden, die für das Unternehmen möglicherweise relevant sein können.275

269 Peltzer, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer, 2008, § 20 Rn. 67 f.; so auch Lutter, in: FS Horst Albach, 2001, S. 225, 232. 270 Siehe dazu oben unter § 2 C. I., Persönliche Voraussetzungen der Aufsichtsratsmitglieder; ausführlich zum Problem der Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern siehe Claussen, in: FS Hans-Joachim Priester, 2007, S. 41, 49 ff. 271 Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der SchmalenbachGesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2006, 1625, 1632. 272 v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 303. 273 Dazu Fischer, Der Konzern 2005, 67, 68 ff. 274 Bihr/Blättchen, BB 2007, 1285, 1291; zur Vergütungspraxis und Reformvorschlägen siehe Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der SchmalenbachGesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2006, 1625, 1628 ff.; Ruhwedel/Epstein, BB 2003, 161, 166. 275 Kort, AG 2008, 137, 148.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

3. Corporate Governance – Fragen der Überwachung Immer wieder sehen sich Aufsichtsräte von Unternehmen massiver Kritik ausgesetzt. Befindet sich ein Unternehmen in einer Krise oder wird ein unternehmensinterner Skandal der Öffentlichkeit bekannt, müssen sich die Aufsichtsratsmitglieder den Vorwurf gefallen lassen, ihre Überwachungsaufgabe mangelhaft durchgeführt oder schlimmstenfalls überhaupt nicht wahrgenommen zu haben. Einen Schwerpunkt innerhalb der Corporate Governance-Diskussion bildet die Vorbeugung und Beseitigung von Mängeln im Rahmen der Unternehmensüberwachung. Bei der Bestimmung von Formen guter Corporate Governance spielt die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats eine zentrale Rolle.276 So werden von einem Aufsichtsratsmitglied im Rahmen seiner Qualifikationsanforderungen nicht nur professionelle Sachkompetenz (Ziffer 5.4.1 DCGK) verlangt, sondern auch der fachkundige Umgang mit dem Prinzip der Gewaltenteilung innerhalb des Unternehmens und dem Gebot von Transparenz und der Mehrdimensionalität des Unternehmensinteresses.277 Gefordert werden damit zusätzlich sogenannte bestimmte governancespezifische Qualifikationen. Gerade das Prinzip der Gewaltenteilung („checks and balances“) und die Akzeptanz gegenseitiger Kontrolle und Überwachung ist Grundlage guter Corporate Governance. Die Befolgung des Transparenzgebots durch externe und interne Unternehmenskommunikation und Informationsaustausch erhöht das Vertrauen der Share- und Stakeholder in die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Gute Unternehmensführung setzt eine solche vertrauensbildende Kommunikation der Aufsichtsratsmitglieder voraus.278 Ferner trägt die Effizienzprüfung nach Ziffer 5.6 DCGK zur Verwirklichung guter Corporate Governance bei. So soll der Aufsichtsrat regelmäßig die Effizienz seiner Überwachungs- und Kontrolltätigkeit überprüfen. Nur wenn Arbeitsaufwand und erhoffter Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, trägt die Überwachungsarbeit des Aufsichtsrats zu einer guten Corporate Governance bei. Zentrale Bedeutung im Rahmen der Überwachungstätigkeit kommt zudem der Bildung von Ausschüssen zu (Ziffer 5.3 DCGK). Die aktienrechtlichen Vorgaben zur Größe und Zusammensetzung von Aufsichtsräten gemäß §§ 95, 96 AktG verhindern oft eine effiziente Aufsichtsratsarbeit und damit auch eine gute Corporate Governance.279 Um eine gewisse Flexibilität und Verbesserung der Überwachungsarbeit zu erreichen, sollen Aufsichtsratsausschüsse gebildet werden, die sich jeweils einzeln mit bestimmten Problembereichen und komplexen Sachverhalten auseinandersetzen. Die Bildung von Ausschüssen sollte sich dabei an der Ressortbildung im Vorstand

276 277 278 279

v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297; Kort, AG 2008, 137. v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 298. v. Werder/Wiezcorek, DB 2007, 297, 299. Lutter, ZGR 2001, 224, 229; Kort, AG 2008, 137, 140, 145.

D. Aufsichtsrat als Co-Managementorgan

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orientieren.280 Einem Ausschuss sollen nicht mehr als acht Personen angehören, um eine effiziente Arbeitsweise in einer überschaubaren kleinen Gruppe zu ermöglichen.281 Dies erfolgt gewissermaßen in Anlehnung an kleine und effizient arbeitende boards in den USA oder Großbritannien.282 Unternehmerische Entscheidungen des Aufsichtsrats bedürfen auch im Bereich der Unternehmensüberwachung einer sorgfältigen und damit auch zeitlich längeren Vorbereitung. Die Zusammenstellung und Aufarbeitung der für eine effiziente Überwachungsarbeit erforderlichen Informationen sind einem Ausschuss zu übertragen, der sich detailliert mit den entscheidungs- und überwachungsrelevanten Umständen auseinandersetzt. Die sich anschließende Beratung erfolgt zumeist im kleinen Kreise des jeweiligen Ausschusses, bevor die Ergebnisse zur weiteren Beratung an den Aufsichtsrat weitergegeben werden. Anregungen des Deutschen Corporate Governance Kodex und deren Anwendung stellen eine Standardisierung gesellschaftsrechtlicher Verhaltensregeln dar und geben damit eine Richtlinie zur Sicherung und Intensivierung der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats börsennotierter und nicht-börsennotierter Aktiengesellschaften vor.283

D. Aufsichtsrat als Co-Managementorgan Das deutsche Aktiengesetz hat sich im Sinne einer klaren Kompetenzzuordnung für die zwingende funktionale Trennung von Leitung und Überwachung entschieden. Daraus ergibt sich grundsätzlich, dass dem Vorstand die Aufgaben der Geschäftsführung auferlegt sind und dem Aufsichtsrat als dessen Hauptaufgabe die Überwachungs- und Kontrolltätigkeit zukommt.284 Die traditionell retrospektive Kontrolltätigkeit des Aufsichtsrats hat sich in den vergangenen Jahren dahingehend gewandelt, dass sich der Aufgabenbereich des Aufsichtsrats im Gesellschaftsgefüge erheblich vergrößert hat. So haben Rechtsprechung285 und Gesetzgeber286 dazu beigetragen, dass die Funktionen des Aufsichtsrats gestärkt wurden und heute innerhalb der Gesellschaft andere Formen des Zusammenwirkens zwischen Vorstand und Aufsichtsrat 280 Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der SchmalenbachGesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2006, 1625, 1627. 281 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 983 f.; dazu empirische Studie von Theisen/Linn/Schöll, DB 2007, 2493, 2498. 282 Kort, AG 2008, 137, 140. 283 Kort, AG 2008, 137. 284 Siehe zur Leitungsstruktur in einer deutschen Aktiengesellschaft oben § 2 A. I. 1. 285 BGHZ 114, 127, 129 f.; BGHZ 126, 340; BGHZ 135, 244, 254 f. 286 KonTraG vom 27. 4. 1998, BGBl. I 1998, 786; TransPuG vom 26. 7. 2002, BGBl. I 2002, 2681; UMAG vom 22. 9. 2005, BGBl. I 2005, 2802.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

bestehen. Der Aufsichtsrat ist heute nicht mehr nur Kontrollgremium, sondern auch ein den Vorstand beratendes, mitunternehmerisches und mitentscheidendes Gesellschaftsorgan. Die Aufgabenerfüllung des Aufsichtsrats ist damit nicht nur traditionell vergangenheitsbezogen zu betrachten, vielmehr liegt diese in einer zunehmend zukunftsorientierten Mitverantwortung.

I. Zusammenwirken mit Vorstand und Einflussnahme auf Vorstandshandeln Die konsequente Verfolgung des Unternehmenserfolgs setzt eine reibungslose Zusammenarbeit und einen ständigen Dialog zwischen Vorstand und Aufsichtsrat voraus. Der Vorstand muss nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AktG im Rahmen seiner Berichtspflicht nicht nur über abgeschlossene Vorgänge, sondern auch über laufende Angelegenheiten, die Unternehmensplanung, zukünftige Entwicklungen und Maßnahmen und die angestrebte Geschäftspolitik Bericht erstatten.287 Damit der Aufsichtsrat im Rahmen seiner begleitenden Kontrolle etwa denselben Wissensstand wie die Geschäftsführung erlangen kann, sind eine ständige Diskussion und ein offener Dialog zwischen Vorstand und Aufsichtsrat unerlässlich. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den geplanten Vorhaben des Vorstands lässt dem Aufsichtsrat die Möglichkeit, beratend aber auch beanstandend tätig werden zu können. Die kritische Überprüfung der von der Geschäftsführung zukünftig verfolgten Geschäftspolitik durch den Aufsichtsrat hat zur Folge, dass der Vorstand unter Argumentationsdruck gesetzt wird und seine sowohl laufenden als auch geplanten Maßnahmen rechtfertigen und begründen muss.288 Sollte die Überprüfung ergeben, dass die Geschäftsführungsmaßnahmen nicht ordnungs- oder gesetzmäßig sind, ist ein Einschreiten des Aufsichtsrats geboten.289 Das Einwirken auf Vorstandshandeln ist dann notwendig, wenn die Geschäftsführung ihr unternehmerisches Ermessen in inakzeptabler Weise überschritten hat.290 Adäquates Mittel der Einflussnahme auf das Vorstandshandeln und damit auf die Unternehmensplanung ist die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten in den Grenzen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG.291 Dadurch können

287

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 5; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 94; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 16; Boujong, AG 1995, 203, 205. 288 Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 16; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1192; so auch ähnlich Raiser, NJW 1996, 552, 553. 289 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1275 f.; v. Werder, AG 2004, 166, 168. 290 BGHZ 135, 244, 254; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1275. 291 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 16; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 100; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 583; Breuer/

D. Aufsichtsrat als Co-Managementorgan

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einzelne Maßnahmen der Geschäftsführung von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden.292 Ziel des Einwirkens soll die Unterlassung einer geplanten Maßnahme oder die Einstellung eines bereits laufenden Verfahrens sein, um künftige Mängel zu verhindern oder bestehenden Schaden zu minimieren.293 Die Wichtigkeit des Zusammenwirkens zwischen Vorstand und Aufsichtsrat verdeutlicht zudem der Deutsche Corporate Governance Kodex, dessen Abschnitt 3 sich dieser Thematik widmet. Die Beteiligung des Aufsichtsrats an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens und die Erörterung des Stands der Strategieumsetzung (Ziffer 3.2 DCGK) zeigen, dass dem Aufsichtsrat die Position eines Managementorgans beigemessen wird. Ebenso spricht die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten für Geschäfte von grundlegender Bedeutung zugunsten des Aufsichtsrats (Ziffer 3.3 DCGK) für den Charakter eines unternehmerisch mitentscheidenden CoManagementorgans, das neben dem Vorstand eine über seine eigentliche Überwachungstätigkeit hinausgehende aktive Rolle einnimmt.

II. Beratungsfunktion Ein weiteres, den Aufsichtsrat als Co-Managementorgan charakterisierendes Element, ist seine Beratungstätigkeit gegenüber dem Vorstand. Der Aufsichtsrat darf sich nicht nur mit der vergangenheitsbezogenen Kontrolle der Geschäftsführung beschäftigen, sondern muss zukünftige Vorhaben des Vorstands und sich anbahnende Entwicklungen der Gesellschaft kritisch begleiten.294 Die Überwachung zukunftsorientierter Maßnahmen und Geschehnisse wird dabei als Beratung bezeichnet.295 Damit der Aufsichtsrat beratend tätig werden kann, ist ihm ein umfassender Einblick in die zukünftige Geschäftspolitik und geplante Maßnahmen zu gewähren.

Fraune, in: Heidel, Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 2007, § 111 Rn. 24 ff.; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1843 ff. 292 Semler, NZG 2007, 881, 882; Götz, ZGR 1990, 633, 642 f. 293 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 94; Potthoff/ Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1276. 294 BGHZ 114, 127 ff.; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 5; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 61 ff.; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 111 Rn. 34; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 18, 29, 39; Lutter/ Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 94; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1258 ff.; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 15 f.; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 111 f.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 1 Rn. 20; ders./Drygala, in: FS Peter Ulmer, 2003, S. 381; unter Verweis auf BGHZ 114, 127, 130 auch Semler, in: FS Marcus Lutter, 2000, S. 721, 725; Henze, BB 2005, 165. 295 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 39 f.; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 111 Rn. 34; Boujong, AG 1995, 203, 205; Gawrisch, Ermessensentscheidungen des Aufsichtsrats und ihre gerichtliche Kontrolle, 2000, S. 11.

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Wesentlicher Gedanke der Beratung ist es, die Geschäftsführung bedeutende Entscheidungen aus Gründen der ex ante-Überwachung nicht allein treffen zu lassen, sondern eine vorherige Besprechung mit dem Aufsichtsrat herbeizuführen. Das Ziel der Beratung liegt im frühzeitigen Erkennen eventueller Fehlentwicklungen und der Vermeidung möglicher Fehlentscheidungen.296 Die Beratung in grundsätzlichen Fragen der künftigen Geschäftsführung bedarf daher einer ständigen Diskussion und eines professionellen Gedankenaustausches zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Im Rahmen eines konstruktiven Dialogs hat der Aufsichtsrat die vom Vorstand vorgelegten Projekte kritisch zu analysieren, unter Berücksichtigung sämtlicher Risiken auf ihre Plausibilität und mögliche Folgen hin zu überprüfen und eine Prognose bezüglich einer erfolgreichen Verwirklichung abzugeben.297 Hinsichtlich des Umfangs bezieht sich die Beratung des Aufsichtsrats auf Leitungsmaßnahmen der Geschäftsführung, die in Ausübung originärer Führungsfunktionen getätigt werden. Dazu zählen Maßnahmen der Unternehmensplanung, -organisation, -koordination und Unternehmenskontrolle.298 Die Beratung als integraler Bestandteil der Überwachung und Pflichtaufgabe299 des Aufsichtsrats kann insoweit als zentrales Mittel einer präventiven Kontrolle des Vorstands bezeichnet werden.300 Der Vorstand als Beratungsempfänger darf unter Beachtung seiner alleinigen Geschäftsführungskompetenz eine Beratung nicht ablehnen, sondern muss sich beraten lassen.301 Jedoch ist es alleinige Sache der operativ handelnden Geschäftsführung, ob sie dem Rat des Aufsichtsrats folgt oder nicht. Eine Beratung des Vorstands in allen Angelegenheiten, die zum Überwachungsauftrag des Aufsichtsrats gehören, ist Amtspflicht jedes Aufsichtsratsmitglieds. In diesem Bereich sind der Abschluss separater Beratungsverträge mit einzel-

296 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1260; v. Werder, AG 2004, 166, 168. 297 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 94; v. Werder, AG 2004, 166, 168. 298 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 39 f.; Semler, NZG 2007, 881, 882. 299 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 41; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 111 Rn. 34; Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 218; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 95. 300 BGHZ 114, 127, 130; dazu Anmerkung von Semler AG 1991, 312; BGHZ 126, 340, 344 f.; BGHZ 135, 244, 255; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 334; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 94; Siebel/ v. Schenck, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 5 Rn. 16; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1258 ff. 301 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 297; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 95; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1263.

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nen Aufsichtsratsmitgliedern und die Annahme gesonderter Beratungshonorare für Aufsichtsratsmitglieder nicht zulässig.302

III. Mitentscheidungs-/Mitwirkungsbefugnisse 1. Zustimmungsvorbehalte, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG Eine sinnvolle und effiziente Überwachungstätigkeit kann nicht nur auf reines Überprüfen reduziert werden, sondern muss dem Überwacher auch die Möglichkeit geben, auf das Handeln des Überprüften Einfluss nehmen zu können. Zustimmungsvorbehalte nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG stellen ein rechtliches Mittel der Einflussnahme auf das Vorstandsverhalten dar und gewährleisten damit eine Mitentscheidungskompetenz des Aufsichtsrats.303 Durch Satzung oder durch den Aufsichtsrat kann bestimmt werden, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Dem Aufsichtsrat wird dadurch die Möglichkeit gegeben, im Rahmen des zustimmungspflichtigen Geschäfts materiell an der Geschäftsführung paritätisch mitzuwirken. Der Aufsichtsrat soll bei wichtigen Vorhaben in die Willensbildung der Gesellschaft eingebunden werden. Dabei wird die Geschäftsführungskompetenz nicht auf den Aufsichtsrat übertragen, sondern verbleibt beim Vorstand.304 Der Aufsichtsrat kann dem Vorstand seine unternehmenspolitischen Ansichten und Vorstellungen in allen wichtigen Fragen der Geschäftsführung unterbreiten, jedoch dem Vorstand kein bestimmtes Verhalten vorschreiben. Nur der Vorstand kann die Realisierung der Geschäftsführungsmaßnahme vornehmen. Im Ergebnis wird dem Aufsichtsrat damit kein Initiativrecht, sondern ein Vetorecht gewährt.305 Als Instrument vorbeugender Überwachung dient der Zustimmungsvorbehalt dazu, dass keine Maß-

302 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 41, § 114 Rn. 22; Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 218; vgl. ausführlich zur Problematik von Beratungsverträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern BGH BB 2007, 230 ff. mit Anm. Thümmel, BB 2007, 232 ff.; OLG Hamburg AG 2007, 404 ff.; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 114 Rn. 1 ff.; Semler, NZG 2007, 881 ff.; Ruoff, Der Aufsichtsrat 04/2006, 6 f. 303 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 16; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 100; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1843; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 103; Götz, ZGR 1990, 633 ff.; Hüffer, NZG 2007, 47, 52. 304 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 16; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 583; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 96, 100; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1843; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 29 Rn. 39. 305 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 583; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 100; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 103; so auch Lutter, in: FS Horst Albach, 2001, S. 225, 230.

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nahmen getroffen werden, die der Aufsichtsrat als falsch erachtet und möglicherweise einer Rückgängigmachung entzogen sind.306 a) Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte Der Gesetzeswortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG verlangt zwingend die Schaffung von Zustimmungsvorbehalten für bestimmte Arten von Geschäften.307 Auf die Angabe eines Mindestkatalogs an zustimmungsbedürftigen Geschäften verzichtet der Gesetzgeber. Dies ist darauf zurückzuführen, dass gesetzliche, allgemein geltende inhaltliche Vorgaben aufgrund der Unterschiedlichkeit und Vielschichtigkeit von Unternehmen nicht sinnvoll sind.308 So ergeben sich Unterschiede im Hinblick auf Branche, Größe, Eigentümerstruktur und Grad der Selbständigkeit des Unternehmens.309 Aufsichtsrat und Hauptversammlung können damit je nach spezifischen Eigenschaften des Unternehmens handeln und einen eigenen Katalog erstellen. Ziffer 3.3 DCGK gibt einen Anhaltspunkt, was unter „bestimmten Arten von Geschäften“ nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu verstehen ist. Danach sind Geschäfte von grundlegender Bedeutung zustimmungsbedürftig. Laut Kodexdefinition sind dies alle Entscheidungen, die die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens grundlegend verändern. Diese Annahme deckt sich größtenteils mit dem weit verbreiteten ungeschriebenen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte vor Schaffung des Deutschen Corporate Governance Kodex. Investitionen ab einer bestimmten Größenordnung, Grundstücksgeschäfte, Erwerb und Veräußerung von Beteiligungen ab einer bestimmten Größenordnung, Aufnahme und Gewährung von Krediten sowie die Erteilung und Entziehung von Generalvollmachten unterliegen der Zustimmungspflichtigkeit.310 Aus Gründen gesteigerter Flexibilität ist es Aufgabe des Aufsichtsrats, einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte zu erstellen, der nach Art, Umfang, Gegenstand und Risiko bedeutsame Geschäfte enthält und regelmäßig auf Aktualität und Stimmigkeit überprüft wird.311 Zudem muss der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Über-

306 BGH AG 2007, 167, 168; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 583. 307 Durch das TransPuG, BGBl. I 2002, 2681 ff. wurde der Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG von „kann jedoch“ in nunmehr „hat jedoch“ geändert. 308 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 17; Götz, NZG 2002, 599, 603. 309 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 7; Bosse, DB 2002, 1592, 1594; Seibert, NZG 2002, 608, 610; Säcker/Boesche, BB 2006, 897. 310 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 118 f.; Clemm/Dürrschmidt, in: FS Welf Müller, 2001, S. 67, 84. 311 Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 29 Rn. 44; Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 20.

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wachungsarbeit geplante Maßnahmen unternehmensbezogen konkretisieren und sich dabei fragen, ob eine Erweiterung des bestehenden Katalogs erforderlich ist.312 Durch einen Zustimmungsvorbehalt ist der Vorstand von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig, wodurch wiederum der Charakter des Aufsichtsrats als Co-Managementorgan deutlich wird. Jedoch sollten, aufgrund der Verschmelzung von Überwachung und Mit-Geschäftsführung, keine Geschäfte in den Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte aufgenommen werden, die zur laufenden Geschäftsführung gehören, da deren Bindung an den Zustimmungsvorbehalt eine effiziente Wahrnehmung der Geschäftsführung durch die Geschäftsleitung verhindern würde.313 Generalklauselartige Vorbehalte sind ausgeschlossen. Der Aufsichtsrat entscheidet bei der Festlegung von Zustimmungsvorbehalten nach pflichtgemäßem Ermessen und hat damit einen Gestaltungsspielraum im Treffen von unternehmerischen Entscheidungen dieser Art, die einer gerichtlichen Kontrolle entzogen sind.314 b) Bedeutung des Zustimmungserfordernisses Die nunmehr in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG vorgesehene zwingende Verpflichtung des Aufsichtsrats, Zustimmungspflichten zu begründen, war bereits Inhalt von Entscheidungen des BGH.315 Danach hat der Aufsichtsrat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob zustimmungspflichtige Geschäfte in die Geschäftsordnung aufgenommen werden. Dem Aufsichtsrat sollte damit für eine Statuierung von Zustimmungsgeschäften nicht freie Hand gelassen werden. Ziel ist es, durch Zustimmungsvorbehalte die Geschäftsführung von der Vornahme rechtswidriger Geschäfte, die nicht dem Unternehmensinteresse entsprechen, abzuhalten.316 Zustimmungsvorbehalte dienen damit zum einen der präventiven Überwachung. Zum anderen kann der Aufsichtsrat damit gestaltenden Einfluss auf das Leitungsorgan nehmen.317 Da die eigenverantwortliche Leitungskompetenz des Vorstands nicht übermäßig eingeengt werden darf, ist eine zu hohe Anzahl an Zustimmungsvorbehalten unzulässig.318 Der Aufsichtsrat ist zur Anordnung eines Zustimmungsvorbe312

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 17. Semler, in: MünchKommAktG, 2. Aufl. 2004, § 111 Rn. 395; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 29 Rn. 44; Clemm/ Dürrschmidt, in: FS Welf Müller, 2001, S. 67, 84. 314 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 43. 315 BGHZ 124, 111 ff.; BGHZ 135, 244 ff. 316 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 11; Säcker/Boesche, BB 2006, 897 f. 317 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 111 Rn. 16; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 96; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1843; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 103; Götz, ZGR 1990, 633 ff.; Hüffer, NZG 2007, 47, 52 f. 318 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 111 Rn. 106. 313

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halts verpflichtet, wenn eine gesetzeswidrige Maßnahme des Vorstands nur noch dadurch abgewendet werden kann.319 Führt der Vorstand trotz Fehlens der Zustimmung ein Geschäft durch, so ist dieses wirksam, da das Zustimmungserfordernis nur unternehmensinterne Wirkung hat. Der darin liegende Pflichtenverstoß kann sowohl personelle Konsequenzen haben als auch einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft begründen.320

2. Prüfung und Billigung des Jahresabschlusses, §§ 170 ff. AktG Der Aufsichtsrat hat gemäß § 171 Abs. 1 Satz 1 AktG den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluss (§§ 242, 264 Abs. 1 HGB), den Lagebericht und den Gewinnverwendungsvorschlag zu prüfen. Aufgrund der erheblichen Bedeutung dieser unternehmensrelevanten Dokumente, in denen die Geschäftsführung Rechenschaft über das abgelaufene Geschäftsjahr ablegt, muss der Aufsichtsrat eine Überprüfung hinsichtlich der Einhaltung von Gesetz und Satzung (Rechtmäßigkeit) vornehmen, und beurteilen, ob die vom Vorstand vorgegebene Bilanzpolitik (Zweckmäßigkeit) dem Unternehmens- und Aktionärsinteresse entspricht.321 Ferner muss überprüft werden, ob nach Feststellung des Jahresabschlusses eine Rücklagenbildung aus Teilen des Jahresüberschusses (§ 58 Abs. 2 Satz 1 AktG) erfolgen soll.322 Billigt der Aufsichtsrat den Jahresabschluss, ist dieser nach § 172 Abs. 1 AktG festgestellt, wenn nicht der Ausnahmefall einer Feststellung durch die Hauptversammlung vorliegt. Mit dem Erfordernis der plenumspflichtigen Entscheidung über Billigung und Feststellung des Jahresabschlusses kommt dem Aufsichtsrat Mitverantwortung im Hinblick auf die Recht- und Zweckmäßigkeit der Außendarstellung der Gesellschaft zu.323 Zur effizienten Vorbereitung der Prüfung und Klärung von Detailfragen empfiehlt Ziffer 5.3.2 DCGK die Bildung eines Bilanzausschusses (audit commitee). Dies ist angesichts des gesetzlichen Verbotes der Übertragung von Prüfung und Billigung des Jahresabschlusses auf einen Ausschuss nach § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG und in Anbetracht des Ziels einer guten Corporate Governance sinnvoll. 319 BGHZ 124, 111, 127; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 111 Rn. 602; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 106. 320 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 13; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 114. 321 Claussen/Korth, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 171 Rn. 7; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 44 Rn. 14; Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 298; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 487. 322 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 18 Rn. 12, 14; Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 298. 323 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 298; ähnlich Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 67.

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3. Ausnutzung genehmigten Kapitals, §§ 202 ff. AktG Wird der Vorstand durch die Satzung zu einer Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen ermächtigt (§ 202 Abs. 1 AktG), ist zur Ausnutzung des genehmigten Kapitals die Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich. Die Zustimmung bezieht sich dabei auf die Ausgabe des genehmigten Kapitals (§§ 203 Abs. 3 Satz 2, 205 Abs. 2 Satz 2 AktG) und die Festsetzung der Ausgabebedingungen nach § 204 Abs. 1 Satz 2 AktG. Im Rahmen dieser Mitentscheidungsbefugnis soll der Aufsichtsrat überprüfen, ob die Aufstockung des Kapitals der Zweckmäßigkeitsprüfung standhält und ob neben Umfang und Zeitpunkt der Emission auch die Höhe des Emissionskurses richtig gewählt ist.324 Dies soll unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Aktionärs- und Unternehmensinteresses erfolgen.325 Generell finden diese Zustimmungserfordernisse ihre Rechtfertigung darin, dass durch die Ausgabe neuen Kapitals die Kapitalgrundlage der Gesellschaft grundlegend verändert wird und dies nicht nur die Interessen der Geschäftsführung, sondern die Interessen sämtlicher an der Gesellschaft in irgendeiner Weise Beteiligter hervorruft. Entschließt sich der Vorstand zum Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG), so bedarf diese Entscheidung ebenfalls der Zustimmung des Aufsichtsrats, die durch Beschluss (§ 108 Abs. 1 AktG) gefasst werden muss. In diesem Fall ist die Zustimmung, anders als bei den Soll-Vorschriften der §§ 203 Abs. 3 Satz 2, 205 Abs. 2 Satz 2 AktG, echte Wirksamkeitsvoraussetzung.326 Der Beschluss über den Ausschluss des Bezugsrechts muss dabei unter Berücksichtigung des Unternehmensinteresses und des Verhältnismäßigkeitsprinzips sachlich gerechtfertigt sein.327 Aus Praktikabilitätsgründen kann die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats auf einen Ausschuss übertragen werden, was in der Praxis auch häufig erfolgt.328 Entscheidungen, die das Gesellschaftskapital betreffen, müssen nicht selten schnell getroffen werden. Daher ist hierfür eine Übertragung auf einen Ausschuss empfehlenswert.

324 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 170; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 499; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 20 Rn. 40. 325 Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 170. 326 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 204 Rn. 6; Wasmer, in: Spindler/Stilz, Kommentar zum AktG, 2007, § 204 Rn. 39; Krieger, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 58 Rn. 29, 46; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 43 Rn. 32. 327 BGHZ 136, 133 (Siemens/Nold); BGHZ 83, 319, 321 (Holzmann); Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 203 Rn. 35; Kropff, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 8 Rn. 171; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 20 Rn. 18, 41; Krieger, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 58 Rn. 44. 328 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 204 Rn. 6; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 78.

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4. Befugnisse des Aufsichtsrats im Deutschen Corporate Governance Kodex Befugnisse zur Mitwirkung an der strukturellen Unternehmensplanung werden dem Aufsichtsrat in den Ziffern 3.2 und 4.1.2 DCGK eingeräumt. Danach hat der Vorstand die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat abzustimmen und mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung zu erörtern. Hierbei stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Gesetz und Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex. Der Arbeitsauftrag an die Regierungskommission Corporate Governance spricht von einer „Neujustierung des Verhältnisses von staatlichem Ordnungsrahmen und Instrumenten der Selbstregulierung“.329 Kodexregelungen auf die gleiche Stufe im Gefüge der Normhierarchie zu stellen wie Gesetzesrecht, ist jedoch abzulehnen.330 Das Aktienrecht ist zentraler Regelungsbereich für die Befugnisse des Aufsichtsrats und gehört in den staatlich gesetzten Ordnungsrahmen. Bei Kodexbestimmungen, die weder formell noch materiell Gesetze sind und damit auch keinem Gesetzgebungsverfahren unterliegen, handelt es sich um Vorstellungen von Best Practice.331 Die Bezeichnung der Kodexbestimmungen als „soft law“ ist irreführend. Der Begriff „soft law“ deutet lediglich an, dass es sich positiv – in Abgrenzung von rechtlich unverbindlichen Verhaltensmustern – um „Recht“ handelt, und negativ, dass es sich nicht um Gesetzesrecht oder gesetzesgleiches Recht gesetzgebender Institutionen handelt.332 Die Kodexbestimmungen in den Ziffern 3.2 und 4.1.2 DCGK sollen den Aufsichtsrat dazu anhalten, im Rahmen von unternehmerischen Grundentscheidungen als kooperativer Partner des Vorstands zu fungieren. Durch die Einbeziehung der Aufsichtsratsmitglieder in den Entscheidungsprozess strategischer unternehmerischer Grundentscheidungen soll deren Know-how und professionelle unternehmerische Erfahrung sinnvoll genutzt werden, ohne die Entscheidungsautonomie der Geschäftsleitung in Frage zu stellen.333

329

Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, S. 1. Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 15c; so auch im Ergebnis Kort, in: FS Karsten Schmidt, 2009, S. 945, 950 f. 331 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 76 Rn. 15c; Claussen/Bröcker, AG 2000, 481, 482 f. 332 Kort, in: FS Karsten Schmidt, 2009, S. 945, 951. 333 Lutter, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 366. 330

E. Selbständige Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats

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E. Selbständige Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats I. Entscheidungsbefugnisse nach dem Aktiengesetz Der folgende Abschnitt behandelt die selbständige unternehmerische Entscheidungsteilhabe des Aufsichtsrats. Spezielle Kompetenzzuweisungen, die das Einflusspotential des Aufsichtsrats auf das Unternehmensgeschehen deutlich erhöhen, können sich dabei sowohl aus aktienrechtlichen Normen als auch aus Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex ergeben.

1. Personalkompetenz, § 84 AktG Besonders wichtig für den Unternehmenserfolg ist die personelle Besetzung der Geschäftsführung. Eine der Hauptaufgaben des Aufsichtsrats ist es, für das Vorstandsmandat ausreichend qualifizierte und geeignete Personen auszuwählen.334 Das bedeutungs- und verantwortungsvolle Recht zur Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder nach § 84 AktG hat zwei wesentliche Funktionen. Zum einen wird der Vorstand zur Geschäftsführung legitimiert, indem der Aufsichtsrat seine Personalkompetenz ausübt. Zum anderen dient die Personalhoheit der aktiven und vorbeugenden Überwachung des Vorstands. Zwar kann der Aufsichtsrat durch Personalentscheidungen nicht unmittelbar Einfluss auf das Vorstandshandeln nehmen, jedoch durch die gewissenhafte Auswahl der geschäftsleitenden Vorstandsmitglieder den personellen Rahmen für eine spätere erfolgreiche Entscheidungsfindung der Geschäftsführung schaffen.335 Begrifflich ist im Bereich der Personalentscheidungen des Aufsichtsrats zwischen der Bestellung und Anstellung und der Abberufung und Kündigung des Vorstandsmitglieds zu unterscheiden. Durch die körperschaftsrechtliche Bestellung wird eine natürliche Person zum Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft berufen. Davon zu trennen ist die Anstellung durch einen Dienstvertrag, der die schuldrechtliche Verbindung von Vorstandsmitglied und Gesellschaft regelt.336 Ebenso verhält es sich spiegelbildlich mit Abberufung (Widderruf der Bestellung) und Kündigung (Beendigung des schuldrechtlichen Vertrages). a) Bestellung der Vorstandsmitglieder Vorstandsmitglieder können nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG auf höchstens fünf Jahre bestellt werden. Eine Mindestdauer der Vorstandsbestellung ist gesetzlich 334

Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 47; v. Werder, AG 2004, 166, 168. 335 Gerum, Das Deutsche Corporate Governance-System, 2007, S. 254. 336 Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 84 Rn. 2; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 20 Rn. 12 ff.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

nicht vorgegeben. Die Entscheidung über die Bestellung der Vorstandsmitglieder ist zwingend dem Aufsichtsrat als Gesamtorgan auferlegt und hat durch Beschluss gemäß § 108 Abs. 1 AktG zu erfolgen.337 Die Delegation dieser endgültigen Entscheidung an einen Ausschuss ist nach § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG nicht zulässig. Hingegen können vorbereitende Maßnahmen, wie die Ausarbeitung des Anstellungsvertrags, einem Ausschuss übertragen werden.338 Bei Entscheidungen über die Bestellung von Vorstandsmitgliedern übt der Aufsichtsrat eigenes unternehmerisches Ermessen aus.339 Weisungen Dritter ist der Aufsichtsrat bei der höchstpersönlichen Entscheidungsfindung und in Ausübung seines eigenverantwortlichen Entscheidungsspielraums nicht unterworfen. Bei der Festsetzung der Anzahl der Vorstandsmitglieder ist der Aufsichtsrat an die gesetzlichen Vorgaben des § 76 Abs. 2 AktG gebunden. Zulässig ist eine Festlegung der Vorstandsgröße in der Satzung nach § 23 Abs. 3 Nr. 6 AktG.340 Bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern hat der Aufsichtsrat die gesetzliche Regelung des § 76 Abs. 3 Satz 1 AktG zu beachten. Diese Norm gibt vor, dass nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person Mitglied des Vorstands sein kann. § 76 Abs. 3 AktG benennt sowohl positiv als auch negativ Eignungsvoraussetzungen (Anforderungen und Ausschlussgründe) für das Vorstandsamt. Üblicherweise erfolgt vor der unter unternehmensstrategischen Gesichtspunkten wichtigen Entscheidung über die Besetzung eines Vorstandspostens eine Beratung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand über mögliche Kandidaten. Die autonome Entscheidungsbefugnis des Aufsichtsrats wird dadurch nicht beeinträchtigt, da die Einholung der Meinung des Restvorstands über die vorausgesetzten Anforderungen und Eigenschaften ihres zukünftigen Kollegen für eine sachgerechte Auswahl nicht unwesentlich ist.341 Eine sachgerechte Ermessensausübung im Bereich von Personalentscheidungen verlangt von jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied die Orientierung am Unternehmensinteresse und damit eine sorgfältige Analyse unternehmerischer Bedürfnisse und eine zeitlich ausreichende Vorbereitung.342

337 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 5; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 84 Rn. 12 f.; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 332; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 20 Rn. 18. 338 Bauer/Arnold, BB 2008, 1692, 1696. 339 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 5; Goette, in: FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123, 129. 340 BGH AG 2002, 289. 341 Fonk, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 9 Rn. 18; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 336; Semler, Leitung und Überwachung, 2. Aufl. 1996, § 6 Rn. 224. 342 Fonk, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 9 Rn. 18; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 341; Lutter, AG 1979, 85, 90.

E. Selbständige Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats

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b) Abberufung der Vorstandsmitglieder Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied nach § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG widerrufen werden. Ein wichtiger Grund, der neben dem Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrats zwingend vorliegen muss, liegt vor, wenn eine weitere Tätigkeit des betreffenden Vorstandsmitglieds bis zum Ablauf seiner regulären Amtszeit der Aktiengesellschaft nicht zumutbar ist.343 § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG nennt nicht abschließend Beispiele für das Vorliegen eines wichtigen Grundes, namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Ob der für die Abberufung ausschlaggebende wichtige Grund in der Person des betroffenen Vorstandsmitglieds liegt oder sich aus anderen Sachverhalten ergibt, ist irrelevant.344 Im Rahmen der Feststellung einer Unzumutbarkeit ist nach herrschender Ansicht das Individualinteresse des Vorstandsmitglieds in den Abwägungsvorgang mit den Interessen der Gesellschaft mit einzubeziehen.345 Trotz Berücksichtigung und Schutz der Interessen des Vorstandsmitglieds ist es zulässig, den Gesellschaftsinteressen überwiegend Beachtung zu schenken. Danach sind das Vorliegen eines wichtigen Grundes und die Frage der Rechtfertigung des Widerrufs dem vollen Umfang nach gerichtlich überprüfbar. Ein Beurteilungsspielraum steht dem Aufsichtsrat daher nicht zu.346 Zweck des Erfordernisses des wichtigen Grundes ist die Wahrung der Unabhängigkeit des Vorstands und die Sicherung seiner eigenverantwortlichen Leitungsfunktion. Eine willkürliche Amtsenthebung ist damit gesetzlich ausgeschlossen. Für eine 343

BGH WM 1968, 1325; OLG Stuttgart AG 2003, 211 f.; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 26; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 20 Rn. 43; für eine sich daraus ergebende Pflicht zum Widerruf Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 20 Rn. 51; Schaefer/Missling, NZG 1998, 441, 445 f.; Janzen, NZG 2003, 468, 471. 344 OLG München AG 2006, 337, 339. 345 LG Berlin AG 2002, 682, 684; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 26; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 84 Rn. 145; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 84 Rn. 167; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 84 Rn. 103; Fonk, in: Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 9 Rn. 303; Janzen, NZG 2003, 468, 470; a.A. Hefermehl/Spindler, in: MünchKommAktG, 2. Aufl. 2004, § 84 Rn. 95; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 365; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, 1981, S. 132, die allein auf das objektive Gesellschaftsinteresse abstellen. 346 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 26; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 84 Rn. 145; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 84 Rn. 104; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 20 Rn. 51; a.A. Lutter/ Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 374, die vorschlagen, dass sich gerichtliche Kontrolle lediglich auf die Vertretbarkeit der Entscheidung des Aufsichtsrats richtet und dem Aufsichtsrat insoweit ein Beurteilungsspielraum gewährt wird; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, 1981, S. 138 ff.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

Abberufung aus wichtigem Grund liegt die Zuständigkeit beim Aufsichtsratsplenum, das durch Beschluss entscheidet.347 Wie bei der Bestellung ist auch beim Abberufungsbeschluss nach § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG eine Delegation an einen Aufsichtsratsausschuss nicht zulässig. Im Gegensatz dazu ist die vertragliche Beendigung des Anstellungsverhältnisses jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. 2. Vorstandsvergütung, § 87 AktG Eine weitere ausschließliche Kompetenz des Aufsichtsrats im Rahmen seiner unternehmerischen Mitwirkung liegt in der Festsetzung der Vorstandsbezüge. Die Entscheidung über den Inhalt des Anstellungsvertrags, besonders über die Höhe der Vergütung, kann dabei einem Aufsichtsratsausschuss, vornehmlich dem Personalausschuss, übertragen werden.348 Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG hat der Aufsichtsrat die Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds derart festzusetzen, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen. Die Gesamtbezüge setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Grundgehalt, Gewinnbeteiligung, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte und Provisionen sowie sämtliche Leistungen, die dem Vorstandsmitglied mit Rücksicht auf seine gesellschaftsbezogene Tätigkeit gewährt werden, sind Bestandteile dieser Gesamtbezüge.349 Zudem empfiehlt Ziffer 4.2.3 Abs. 1 DCGK, dass die Vorstandsvergütung börsennotierter Aktiengesellschaften neben einer Fixvergütung auch variable Vergütungsbestandteile umfassen soll. Stellt man sich die Frage, welche Gesamtbezüge angemessen sind, müssen die Angemessenheitsparameter des § 87 Abs. 1 AktG, namentlich „die Aufgaben des Vorstandsmitglieds“ und „die Lage der Gesellschaft“, kumulativ beachtet werden. Bei Betrachtung der Lage der Gesellschaft sind sämtliche wirtschaftlich relevante Umstände der Situation der Gesellschaft, sowohl gegenwärtige als auch zukünftige, mit einzubeziehen. Kennzahlen, wie Ertrag, Investitionen und Auftragslage, bilden dabei wichtige Faktoren.350 Demnach können hohe Bezüge bei wirtschaftlich guter Lage der Gesellschaft legitim sein. Umgekehrt kann eine der Insolvenz nahestehende Gesellschaft nur Bezüge in beschränktem Maße leisten.351 .

347 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 25; Fonk, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 9 Rn. 310. 348 Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, 1986, S. 2; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155. 349 Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 87 Rn. 9; Fonk, in: Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 9 Rn. 105. 350 Thüsing, ZGR 2003, 457, 470; Kort, NJW 2005, 333. 351 Kort, NJW 2005, 333; Selmer, in: FS Wilhelm Happ, 2006, S. 277, 291.

E. Selbständige Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats

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Die Aufgaben des Vorstandsmitglieds sind in erster Linie gesetzlich festgelegt. Sie können sich ferner aus der Geschäftsordnung ergeben und durch den Anstellungsvertrag ergänzt werden. Zudem lässt sich diese Angemessenheit anhand der praktisch wahrgenommenen Tätigkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds beurteilen. Zwar übernimmt jedes einzelne Vorstandsmitglied unterschiedliche Ressortverantwortung, jedoch wird eine Aktiengesellschaft in Gesamtverantwortung aller bestellten Vorstandsmitglieder geleitet, sodass sich zum Beispiel kein Vorstandsmitglied der Verantwortlichkeit für Verlustgeschäfte entziehen kann.352 Ziffer 4.2.2 Abs. 2 DCGK konkretisiert die gesetzlichen Vorgaben und empfiehlt als Angemessenheitskriterien insbesondere die Aufgaben des jeweiligen Vorstandsmitglieds, seine persönliche Leistung, die Leistung des Vorstands sowie die wirtschaftliche Lage, den Erfolg und die Zukunftsaussichten des Unternehmens und die Üblichkeit der Vergütung unter Berücksichtigung eines Vergleichsumfelds. Die Einhaltung dieser Empfehlung verlangt, dass innerhalb des Unternehmens turnusmäßige Leistungsbeurteilungen durchgeführt werden müssen. Da allgemeine Kennzahlen nicht für die Leistungsbewertung eines Individuums herangezogen werden können, muss der zuständige Personalausschuss des Aufsichtsrats mit den einzelnen Vorstandsmitgliedern Zielvereinbarungen treffen, um anhand des Zielerreichungsgrads die Leistung jedes einzelnen beurteilen zu können. Die Angemessenheit beurteilt sich daher maßgeblich nach den Fähigkeiten eines Vorstands und nach der im Bereich seiner Aufgaben erfolgreichen Vorstandsarbeit.353 Da es sich bei der Entscheidung über die Festsetzung der angemessenen Vergütungshöhe eines Vorstandsmitglieds um eine Gesamtbetrachtung handelt, müssen auch bereits erbrachte Leistungen gewürdigt werden.354 Im Rahmen der Festsetzung der Gesamtbezüge entscheidet der Aufsichtsrat nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei steht ihm ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum zu.355 § 87 Abs. 1 AktG ist eine spezifische Ausprägung der allgemeinen organschaftlichen Sorgfaltspflicht nach §§ 116, 93 AktG, wonach die Aufsichtsratsmitglieder auch ohne gesetzliche Vorgabe dafür Sorge tragen müssen, dass die Gesamtbezüge die Angemessenheitsgrenze nicht überschreiten.356 Die vom Kodex empfohlene Einbeziehung des Vergleichsumfeldes soll der Objektivierung der Vorstands352

Selmer, in: FS Wilhelm Happ, 2006, S. 277, 292. Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1704. 354 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 87 Rn. 4; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 87 Rn. 334; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 21 Rn. 32; Kort, NJW 2005, 333, 335; Fonk, NZG 2005, 248, 249. 355 BGHZ 111, 224, 227; BGHZ 135, 244, 253; BGH WM 2006, 276, 277; LG Düsseldorf ZIP 2004, 2044, 2046; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 87 Rn. 19; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 21 Rn. 30; Brauer, NZG 2004, 502, 504; Kort, NJW 2005, 333, 334; ders., NZG 2006, 131, 132 f.; ders., DStR 2007, 1127, 1132; Schwark, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 377, 391 f.; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 157; ders., NZG 2006, 127, 128; a.A. nur Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1258. 356 Fleischer, DStR 2005, 1279; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 156. 353

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

vergütung dienen, indem die Gehaltszahlen anderer im Wettbewerb stehender Unternehmen herangezogen und verglichen werden.357 Die Angemessenheitsschranke des § 87 Abs. 1 AktG dient dem Zweck, Gläubiger und Aktionäre der Gesellschaft vor einer Schmälerung des Gesellschaftsvermögens durch übermäßig hohe Vorstandsbezüge zu schützen. 3. Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand, § 77 Abs. 2 AktG Grundsätzlich kann sich der Vorstand nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG selbst eine Geschäftsordnung geben, soweit nicht die Satzung den Erlass einer solchen Geschäftsordnung dem Aufsichtsrat übertragen hat, oder der Aufsichtsrat selbst eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlässt. Die Kompetenz des Vorstands ist damit subsidiär gegenüber der Erlasskompetenz des Aufsichtsrats.358 Die dem Aufsichtsrat gesetzlich gewährte Möglichkeit zum Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand gibt diesem eine zusätzliche eigenständige Kompetenz im Rahmen seiner unternehmerischen Mitwirkung. Über seine Personalhoheit hinaus kann er damit auf die Arbeit der Geschäftsführung in organisatorischen Bereichen Einfluss ausüben. Zur materiellen und inhaltlichen Einflussnahme auf das Vorstandshandeln ist der Aufsichtsrat gemäß § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG nicht befugt. Ziffer 4.2.1 Satz 2 DCGK empfiehlt, dass die Geschäftsordnung die Arbeit des Vorstands, insbesondere die Ressortzuständigkeiten einzelner Vorstandsmitglieder, die dem Gesamtvorstand vorbehaltenen Angelegenheiten sowie die erforderliche Beschlussmehrheit bei Vorstandsbeschlüssen regeln soll.359 Verlangt wird eine Organisationsstruktur, die die Geschäftsverteilung und vorstandsinterne Arbeit regelt und die störungsfreie Zusammenarbeit und wechselseitige Unterstützung im Geschäftsführungsorgan bezweckt.360 Ebenso können in die schriftlich festzulegende Geschäftsordnung Kooperationsformen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, aber auch alle zustimmungspflichtigen Geschäfte (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG), aufgenommen werden.361

357 Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 709 f. 358 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 77 Rn. 19; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2003, § 77 Rn. 65; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 77 Rn. 47. 359 Dazu Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 682. 360 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 443; zu detaillierten Inhalten einer Geschäftsordnung siehe Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 77 Rn. 36 ff.; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1739. 361 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 77 Rn. 19; Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2003, § 77 Rn. 80 ff.; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 22 Rn. 19; Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 690.

E. Selbständige Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats

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Überlässt der Aufsichtsrat dem Vorstand den Erlass einer Geschäftsordnung, so sollte der Aufsichtsrat den Entwurf des Vorstands mit ihm abstimmen und auf die Wahrnehmung einer ordnungsgemäßen Selbstorganisation des Vorstands achten.362 4. Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand, § 112 AktG Als eine sich an die Personalkompetenz anschließende Kompetenz des Aufsichtsrats ist die Vertretungsnorm des § 112 AktG zu erwähnen. Danach vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten gegenüber den Vorstandsmitgliedern. Diese Vertretungskompetenz, die sowohl die Willensbildung, das heißt ob und mit welchem Inhalt das Geschäft geschlossen werden soll, als auch die Willensäußerung nach außen umfasst,363 gilt gegenüber aktiv amtierenden Vorstandsmitgliedern, aber auch gegenüber ausgeschiedenen und unwirksam bestellten Vorstandsmitgliedern.364 Zudem ist der Aufsichtsrat gegenüber zukünftigen Mitgliedern des Vorstands vertretungsbefugt. Die Vertretung schließt sowohl bereits Verhandlungen mit einem möglicherweise zukünftigen Vorstand als auch die Ausarbeitung und den Abschluss des Anstellungsvertrages sowie sämtliche Arten von Rechtsgeschäften mit Vorstandsmitgliedern ein.365 Abzuleiten ist dies aus den Aufgaben des Aufsichtsrats, die sich an die Ausübung der Personalhoheit nach § 84 AktG anschließen. Darüber hinaus ergibt sich eine Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats für sämtliche Geschäfte, die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendig sind. Durch diese Art der Vertretung soll eine neutrale Interessenvertretung aller Gesellschaftsorgane und eine sachgerechte Vertretung der Gesellschaft gewährleistet werden. So könnten beispielsweise Interessenkollisionen bei Konflikten zwischen amtierenden und ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern nicht ausgeschlossen werden, wenn die Vertretung der Gesellschaft dem amtierenden Vorstand überlassen wäre. Zwar steht dem Gesamtaufsichtsrat nach § 112 AktG die Vertretungsmacht zu,366 jedoch schweigt § 112 AktG dahingehend, wie davon Gebrauch gemacht werden muss. Im Bereich der Aktivvertretung ist ein Beschluss des Aufsichtsrats nach

362

Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 447. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 432. 364 BGHZ 157, 151, 153; BGH NJW 1999, 3263; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 112 Rn. 18 ff.; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 23 Rn. 6; Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 4 Rn. 140; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 436. 365 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 112 Rn. 2; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 112 Rn. 47; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 23 Rn. 6. 366 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 112 Rn. 71; zur Dogmatik organschaftlicher Stellvertretung siehe Beuthien, NJW 2005, 855, 857, „Stellvertreter kann nur eine Person sein. Gesellschaftsorgane sind aber keine Personen, sondern nur mit Personen besetzt“. 363

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

§ 108 Abs. 1 AktG über die Vornahme des Geschäfts erforderlich.367 Bei der Passivvertretung, die die Entgegennahme von Erklärungen betrifft, muss dem Aufsichtsratsvorsitzenden die Erklärung zugehen.368 Unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens des § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG, kann diesbezüglich weiter gehend angenommen werden, dass im Rahmen der Passivvertretung die Abgabe der Erklärung auch gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied genügt.369

II. Erweiterte Befugnisse des Aufsichtsrats gemäß dem Deutschen Corporate Governance Kodex 1. Bestellung und Entlassung der Vorstandsmitglieder, Ziffer 5.1.2 DCGK Die zwingenden aktienrechtlichen Normen zur Bestellung und Abberufung des Vorstands werden durch den Deutschen Corporate Governance Kodex wiedergegeben. Ziffer 5.1.2 DCGK gibt die Empfehlung, dass der Aufsichtsrat die Mitglieder des Vorstands bestellt und entlässt. Die sachgerechte Wahrnehmung dieser wohl wichtigsten Aufgabe des Aufsichtsrats wird hierdurch nochmals verdeutlicht. Auch wenn der Aufsichtsrat bei der Entscheidungsvorbereitung und der eigentlichen Personalentscheidung noch so große Sorgfalt walten lässt, können sich getroffene Personalentscheidungen im Nachhinein als falsch herausstellen. Die herausragende Bedeutung einer sachgerechten Personalauswahl zeigt sich daran, dass sich Fehler des Aufsichtsrats in diesem Aufgabenbereich auch nicht durch eine noch so sorgfältige Überwachungsarbeit beseitigen lassen.370 In diesem Zusammenhang empfiehlt Ziffer 5.1.2 DCGK, dass Aufsichtsrat und Vorstand gemeinsam für eine langfristige Nachfolgeplanung sorgen sollen. Durch Einhaltung und Befolgung dieser Empfehlung soll das eigentliche Auswahlverfahren und folglich auch die Qualität der ausgewählten Vorstandsmitglieder verbessert und sichergestellt werden. Üblicherweise sollte die Nachfolgeplanung aus Gründen der Vertraulichkeit im Personalausschuss behandelt werden. Die richtige Besetzung des Vorstands und eine effiziente Vorstandsarbeit genießen angesichts ihres Stellenwertes für ein funktionierendes Unternehmen oberste Priorität. Ebenso muss der Auf367 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 112 Rn. 4; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 112 Rn. 72. 368 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 112 Rn. 24; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 112 Rn. 23; Wiesner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 23 Rn. 7; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 439. 369 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 112 Rn. 4 unter Verweis auf BGH NZG 2002, 43, 44. 370 Kremer, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 932; Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 47.

E. Selbständige Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats

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sichtsrat reagieren, sollte ein Vorstandsmitglied mit seinen Aufgaben überfordert sein und seine Tätigkeit nicht zufriedenstellend bewältigen können. In einem solchen Fall ist eine vorzeitige Abberufung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes als Abberufungsgrund weitaus sinnvoller und eine Abgeltung bestehender vertraglicher Ansprüche finanziell vorteilhafter, als die andauernde Anstellung eines ungeeigneten und inkompetenten Vorstandsmitglieds.371 Als Abberufungsgrund kommt beispielsweise die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung in Betracht. Die Anregung in Ziffer 5.1.2 Abs. 2 Satz 1 DCGK ist ebenfalls dem Themenbereich der Personalentscheidungen zuzuordnen. Gesetzlich ist gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG bei Erstbestellungen eine maximale Dauer von fünf Jahren vorgesehen. Der Kodex regt an, dass diese maximale Bestelldauer von fünf Jahren nicht die Regel sein sollte. Hintergrund dabei ist die Tatsache, dass bei einer vorzeitigen Beendigung der Anstellung Abfindungsansprüche abgegolten werden müssen. In der Praxis wird diese Problematik sehr unterschiedlich bewertet. Dies zeigt die Akzeptanz dieser Anregung, dargestellt in einem von v. Werder und Talaulicar erstellten und 2008 veröffentlichten Report.372 So hielten sich im März 2008 77,8 % der DAX-notierten deutschen Aktiengesellschaften an die Anregung in Ziffer 5.1.2 Abs. 2 Satz 1 DCGK. Insgesamt lag im März 2008 diese Akzeptanz bei den in die Untersuchung einbezogenen 195 börsennotierten Unternehmen bei 66,1 %.373 Im Hinblick auf die Anzahl der Vorstandsmitglieder gibt Ziffer 4.2.1 Satz 1 DCGK die Empfehlung, dass mehrere Personen den Vorstand bilden sollen, um eine gegenseitige Kontrolle nach dem Vieraugenprinzip als Best Practice zu gewährleisten.374 Diese Empfehlung konkretisiert die ohnehin bestehende gesetzliche alleinige Entscheidungsbefugnis des Aufsichtsrats zur Bestimmung der Zahl der Vorstandsmitglieder nach § 76 Abs. 2 AktG. Das dem Aufsichtsrat bei der Frage der Festlegung einer Altersgrenze für Vorstandsmitglieder ohnehin zustehende eigene Entscheidungsermessen wird durch Ziffer 5.1.2. Abs. 2 Satz 3 DCGK konkretisiert. So wird empfohlen, dass der Aufsichtsrat, zumeist durch den handelnden Personalausschuss, nach eigenem Ermessen über die Festlegung und Ausgestaltung einer Altersgrenze für Vorstandsmitglieder entscheidet. Der Tatsache, dass eine Vorstandstätigkeit massive Belastungen mit sich bringt, soll dadurch mehr Beachtung geschenkt werden.375 Bereits 92,9 % der DAX-notierten Unternehmen haben diese Empfehlung umgesetzt.376 371 Semler, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 1 Rn. 48. 372 v. Werder/Talaulicar, DB 2008, 825 ff. 373 v. Werder/Talaulicar, DB 2008, 825, 831 (Tab. 8). 374 Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 662; der Kodex geht insoweit über die gesetzliche Regelung von § 76 Abs. 2 AktG hinaus. 375 Kremer, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 951.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

2. Anstellungsvertrag Die ausschließliche Zuständigkeit für die Bestellung eines Vorstandsmitglieds und den Abschluss des Anstellungsvertrags eines Vorstandsmitglieds liegt gemäß § 84 Abs. 1 AktG bei Aufsichtsrat. Diese Regelung ist gemäß § 23 Abs. 5 AktG zwingend. Der Aufsichtsrat handelt dabei als Vertreter der Gesellschaft nach § 112 AktG. Die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsgremiums gilt auch bei Änderungen des Anstellungsvertrags.377 Da § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG nicht auf § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG verweist, kann der Aufsichtsrat die Vorbereitung und Entscheidung über den Anstellungsvertrag einem Ausschuss übertragen.378 Die gesetzliche Vorschrift des § 84 Abs. 1 AktG wird durch Ziffer 5.1.2 Abs. 1 Satz 4 DCGK konkretisiert, indem angeregt wird, Vorbereitungsmaßnahmen einer Vorstandsbestellung einem Ausschuss zu übertragen, der auch die Bedingungen des Anstellungsvertrags einschließlich der Vergütung festlegt. Zumal weil bei solch wichtigen Personalentscheidungen höchste Diskretion und Vertraulichkeit erforderlich ist, ist die weitgehende Verlagerung der Personalangelegenheiten in den Personalausschuss praxisgerecht.379 Zwar darf der Personalausschuss nicht über den gesamten Inhalt des Anstellungsvertrags beschließen, allerdings werden wichtige Vertragsdetails wie Vergütung und Tätigkeitsbereich bereits vom Personalausschuss fixiert. Die Entscheidungsbefugnis über den Abschluss des Anstellungsvertrags und über die Bestellung des Vorstandsmitglieds liegt wie bereits aufgezeigt ausschließlich beim Gesamtaufsichtsrat.

3. Vorstandsabfindung Wenn Vorstandsmitglieder, häufig Top-Manager, aus einem Unternehmen vorzeitig ausscheiden, sei es freiwillig oder unfreiwillig, erhalten sie oft hohe Abfindungen. Beispiele für solche aufsehenerregende Abfindungs- und Übergangszahlungen finden sich überwiegend in den Vereinigten Staaten, aber zunehmend auch in Deutschland.380 Diese vor allem durch das „Mannesmann“-Urteil381 des BGH vom 376

v. Werder/Talaulicar, DB 2008, 825, 828 (Tab. 5). Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 12. 378 BGHZ 41, 282, 285; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 84 Rn. 12. 379 Pfitzer/Höreth, in: Pfitzer/Oser/Orth, Deutscher Corporate Governance Kodex, 2. Aufl. 2005, S. 159. 380 Beispiele in F.A.Z, 1. 11. 2007, Nr. 254, S. 13, wonach Stan O’Neal, zurückgetretener Vorstandsvorsitzender der Investmentback Merrill Lynch, ein Paket an Aktien und Pensionsleistungen im Wert von 161, 5 Millionen Dollar zusteht – Hank McKinnel, früherer Vorstandsvorsitzender des Pharmakonzerns Pfizer, wurde sein Ausscheiden aus dem Unternehmen mit einem Finanzpaket in Höhe von ca. 200 Millionen Dollar versüßt – Jürgen Schrempp, früherer Vorstandsvorsitzender von Daimler-Chrysler (jetzt Daimler AG), erhielt nach seinem Ausscheiden Aktienoptionen im Wert von ca. 50 Millionen Euro – Utz Claassen, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Energieversorgers EnBW, der vor Ablauf seines Fünf-JahresVertrags das Unternehmen im September 2007 verließ, steht ein Übergangsgeld von 377

E. Selbständige Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats

87

21. 12. 2005 ausgelöste Diskussion um überzogene Managerabfindungen hat die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex zum Anlass genommen, eine Anregung in den Kodex aufzunehmen, die eine Deckelung der Abfindungen für ausscheidende Vorstände vorsieht (Ziffer 4.2.3 Absatz 3 und 4 DCGK).382 Die aus dem Jahr 2007 stammende Neuregelung der Ziffer 4.2.3 Abs. 3 und 4 DCGK383 empfiehlt, dass bei vorzeitiger Beendigung der Vorstandstätigkeit die Abfindungszahlungen inklusive Nebenleistungen zwei Jahresgehälter nicht überschreiten sollen und nicht mehr als die Restlaufzeit des Anstellungsvertrags vergüten sollen. Scheidet ein Vorstand ohne eigene Veranlassung infolge eines Kontrollwechsels384 vorzeitig aus dem Unternehmen aus, soll die Obergrenze für diesen „golden handshake“ nicht über 150 % des Abfindungs-Caps liegen dürfen. Welche Art nachträglicher Zahlungen unter den Begriff der Abfindung subsumiert werden kann, ist insbesondere seit dem BGH-Urteil im Fall Mannesmann Gegenstand lebhafter Diskussion.385 Dies ist aber nicht Gegenstand vorliegender Darstellung. Zur Begrenzung der Abfindungshöhe sollte sich der Aufsichtsrat an den neuformulierten Anregungen in Ziffer 4.2.3 Abs. 3 und 4 DCGK orientieren, wobei bei der Berechnung des Abfindungs-Caps in erster Linie auf die Gesamtvergütung des abgelaufenen Geschäftsjahres abgestellt werden sollte, was der Objektivität beim Finden der Abfindungshöhe dient und damit die Abfindungsverhandlungen mit dem ausscheidenden Vorstandsmitglied entspannt.386 Neben den Angemessenheitskriterien des § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG können zur sachgerechten Beurteilung der Abfindungshöhe die künftigen Erwerbschancen des Vorstandsmitglieds, die Höhe der bisherigen Bezüge und der Zeitraum bis zur regulären Beendigung des Anstellungsverhältnisses berücksichtigt werden.387 Sollte das Vorstandsmitglied durch einen „wichtigen Grund“ selbst Anlass für sein vorzeitiges Ausscheiden gegeben haben, soll er überhaupt keine Abfindung erhalten.388 ca. 400.000 Euro im Jahr bis zum Renteneintrittsalter zu; dazu sehr kritisch Lutter, StudZR 2008, 203, 210. 381 BGH NJW 2006, 522. 382 Dazu auch F.A.Z, 6. 7. 2007, Nr. 154, S. 20. 383 Eingeführt durch den Deutschen Corporate Governance Kodex vom 14. Juni 2007. 384 Zur Thematik von Change of control-Klauseln siehe Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 87 Rn. 357 ff.; ders., AG 2006, 106 ff.; Dreher, AG 2002, 214 ff. 385 BGH NJW 2006, 522; ausführlich zum Fall Mannesmann und der rechtlichen Bewertung von nachträglichen Sonderzahlungen, sog. „appreciation awards“, siehe Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 87 Rn. 332 ff.; Fonk, NZG 2005, 248 ff.; Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127 ff.; ders., ZHR 169 (2005), 155 ff.; Kort, NJW 2005, 333 ff.; ders., AG 2006, 106 ff.; ders., NZG 2006, 131 ff.; ders., DStR 2007, 1127. 386 Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 763d. 387 Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 87 Rn. 338; Thüsing, ZGR 2003, 457, 503. 388 Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 763d.

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§ 2 Unternehmerische Entscheidung

F. Zusammenfassung Die Rolle des Aufsichtsrats im deutschen Aktienrecht geht weit über die Rolle des Kontrolleurs und Überwachers hinaus. De iure und de facto übernimmt der Aufsichtsrat wesentliche unternehmerische Mitverantwortung. Sowohl durch eigenständige Entscheidungskompetenz als auch mittels weitreichender Mitentscheidungsbefugnisse wird der Aufsichtsrat zu einem Co-Managementorgan, das durch kollegiales Zusammenwirken und ständigen Austausch mit der Geschäftsführung charakterisiert ist. Der Aufsichtsrat trägt unternehmerische Mitverantwortung und hat unternehmerische Pflichten. Der Aufgaben- und Tätigkeitsbereich des Aufsichtsrats reicht von der „klassischen“ Kontrollfunktion über die Beratungsfunktion und Personalverantwortlichkeit bis hin zu Mitentscheidungsbefugnissen in Hinblick auf finanzielle Investitionen und Rücklagenbildung. Wie Lutter es treffend ausgedrückt hat, „steht die Verantwortung des Aufsichtsrats neben der des Vorstands und setzt nicht erst danach an“.389 Gleichwohl muss beachtet werden, dass die originäre Leitungsaufgabe dem Vorstand zusteht. Trotz der Gewährung zahlreicher Mitwirkungs- und selbständiger Entscheidungsbefugnisse darf der Aufsichtsrat die Geschäftsleitungsautonomie des Vorstands nicht beeinträchtigen. Eine leistungsfähige Unternehmensführung kann seitens der Aufsichtsratsmitglieder nur dann erbracht werden, wenn die dem Aufsichtsrat zustehenden Rechte uneingeschränkt im Interesse des Unternehmens wahrgenommen werden aber auch die gewissenhafte Einhaltung bestimmter Pflichten wie Treue- und Verschwiegenheitspflichten erfolgt. Obwohl die Aufsichtsratsarbeit meist nebenberuflich erbracht wird, muss jedes Aufsichtsratsmitglied den Anforderungen einer professionellen und pflichtbewussten Tätigkeit gerecht werden. Dies erfordert neben der regelmäßigen Teilnahme und Mitwirkung an Aufsichtsratssitzungen einen eventuellen Mehraufwand in konjunkturell und wirtschaftlich schlechteren Zeiten oder in der Krise des Unternehmens. Die Aufsichtsratstätigkeit bildet ein wesentliches Element guter Corporate Governance. Die Unternehmensüberwachung und Mitwirkung des Aufsichtsrats an der Unternehmensorganisation ist geprägt von unternehmerischen Entscheidungen des Aufsichtsrats. Der Begriff einer unternehmerischen Entscheidung lässt sich dadurch charakterisieren, dass im Entscheidungszeitpunkt mehrere rechtlich zulässige Handlungsmöglichkeiten bestehen, und nicht feststeht, welche der Möglichkeiten zur Zielerreichung am besten geeignet ist. Außerdem muss die Entscheidung Prognosecharakter aufweisen. Entscheidungen werden zumeist in Unsicherheit getroffen. Dies begründet Chancen, aber auch Risiken. Die Grenzen des unternehmerischen Handelns des Aufsichtsrats werden durch aktienrechtliche Normen vorgegeben. Anregungen und Empfehlungen des Deutschen 389 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 482; Lutter, AG 1979, 85, 90.

F. Zusammenfassung

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Corporate Governance Kodex geben die gesetzlichen Normen wieder. Teilweise wird dabei versucht, die gesetzlichen Normen zu konkretisieren und zu erläutern. Wegen der Vielzahl verschiedener Verantwortungsbereiche hat sich der Aufsichtsrat zum Co-Leitungsorgan entwickelt, das im Rahmen einer umfangreichen Mitverantwortung in zahlreichen unternehmenspolitischen und wirtschaftlich relevanten Bereichen eine durchaus aktive Rolle einnimmt.

§ 3 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Organmitglieder A. Genereller Verhaltensstandard des Vorstandsmitglieds, § 93 Abs. 1 AktG Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG haben die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Ferner haben sie die organschaftliche Treuepflicht und die in § 93 Abs. 1 Satz 3 und 4 AktG beschriebene Verschwiegenheitspflicht einzuhalten.

I. Doppelfunktion der Norm Die zwingende Norm des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, die weder durch den Anstellungsvertrag noch durch die Satzung abbedungen werden kann, legt zunächst einen Sorgfalts- bzw. Verschuldensmaßstab für die organschaftliche Haftung fest. Der Verhaltensstandard in § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG konkretisiert die allgemeine Verhaltensanforderung der §§ 276 Abs. 2 BGB und 347 Abs. 1 HGB. Der vorgegebene Standard bezieht sich hierbei allerdings auf die spezifischen Aufgaben des Unternehmensleiters. Zudem enthält die Norm objektive Verhaltenspflichten in Form einer Generalklausel. Aus der in § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG enthaltenen Umschreibung der unternehmerischen Verhaltenspflichten können sich situationsabhängige und konkrete Einzelpflichten ergeben. Daher hat die Norm eine Doppelfunktion.390 Außerdem muss sich die Begründung konkreter Sorgfaltspflichten im Anwendungsbereich des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG an der Leitungsaufgabe des Vorstands nach § 76 AktG und an seinen Treuepflichten ausrichten.391

390

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 3a; Fleischer, in: Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, § 7 Rn. 1; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 14 Rn. 62. 391 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 3a.

A. Genereller Verhaltensstandard des Vorstandsmitglieds

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II. Sorgfaltspflicht Der Vorstand leitet nach § 76 Abs. 1 AktG unter eigener und alleiniger Verantwortung das Unternehmen, wobei ihm zur Verwirklichung der Unternehmensziele und Umsetzung der Unternehmensstrategie ein Gestaltungsraum zukommt. Dabei hat der Vorstand nicht nur die erwerbswirtschaftlichen Unternehmensinteressen, sondern auch die Interessen der Stakeholder zu beachten und die Einhaltung der für ihn einschlägigen Rechtsordnungen und Normen zu wahren.392 Dabei ist die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters so zu verstehen, wie ein pflichtbewusster, selbständig tätiger Leiter eines nach Art und Größe bestimmten Unternehmens, der nicht mit eigenen Mitteln wirtschaftet, sondern zur Wahrung fremder Vermögensinteressen verpflichtet ist, zu handeln hat.393 Wegen der Verschiedenheit der Verhältnisse bei den einzelnen Unternehmen gibt es keinen einheitlichen Katalog der Anforderungen an die Sorgfaltspflichten. Vielmehr orientiert sich der normative Maßstab an Einzelkriterien wie der Größe des Unternehmens, Branchenzugehörigkeit, Konjunkturlage und Aufgaben des einzelnen Vorstandsmitglieds.394 Seine spezielle Qualifikation und branchenspezifischen Kenntnisse hat jedes Vorstandsmitglied in seine Aufgabenerfüllung einzubringen. Allgemein werden an ein Vorstandsmitglied diejenigen Anforderungen gestellt, die für eine effektive und gewissenhafte Wahrnehmung der Unternehmensleitung erforderlich sind.

III. Verschwiegenheitspflicht Als Ausfluss der organschaftlichen Treuepflicht verpflichtet § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG die Vorstandsmitglieder, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Was unter solchen vertraulichen Angaben und Geheimnissen zu verstehen ist, beurteilt sich objektiv nach dem Gesellschaftsinteresse. Danach unterfallen sämtliche Angaben, deren Weitergabe an Dritte und die Öffentlichkeit für das Unternehmen nachteilig ist oder sein kann, der Verschwiegenheitspflicht. Unter Geheimnissen der Gesellschaft sind alle Tatsachen zu verstehen, die nicht offenkundig sind und im Gesellschaftsinteresse auch in Zukunft nicht offenkundig werden sollen. Der Schutz interner Willensbildungsprozesse, des Unternehmensinteresses und der Wettbewerbsfähigkeit genießen dabei oberste Priorität.395 Die für alle Vorstandsmitglieder geltende Verschwiegenheitspflicht geht über das aktive Mandat hinaus und besteht nach dem Ausscheiden aus dem Vorstandsamt fort. 392

Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 93 Rn. 21. BGHZ 129, 30, 34; OLG Düsseldorf AG 1997, 231, 235; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 4; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 93 Rn. 24; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 93 Rn. 6. 394 Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 93 Rn. 24. 395 Hopt, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rn. 190. 393

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§ 3 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Organmitglieder

Um einen ständigen Dialog sowohl innerhalb des Vorstandsgremiums als auch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zu gewährleisten, besteht jedoch keine Verschwiegenheitspflicht innerhalb des Vorstands und im Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Vielmehr sind die Organe untereinander und auch innerhalb der jeweiligen Organe zur gegenseitigen kollegialen Information verpflichtet. Ausnahmen von der Schweigepflicht ergeben sich beispielsweise aus dem Auskunftsrecht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat nach § 90 AktG und gegenüber den Aktionären nach § 131 AktG.396

IV. Unternehmensinteresse Der Begriff des Unternehmensinteresses ist gesetzlich nicht definiert. Jedoch findet dieser Begriff sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Praxis rege Verwendung, wenn auch in unterschiedlicher Interpretation. So hat die Frage, welche Interessen der Vorstand im Rahmen seiner Leitungsfunktion zu verfolgen hat, in den letzten Jahren zu einer heftigen Diskussion geführt.397 Dabei muss zwischen dem sogenannten Shareholder-Value-Prinzip und dem Stakeholder-Ansatz unterschieden werden. Eine Ansicht sieht den Vorstand verpflichtet, nur die Interessen der Anteilseigner zu verfolgen und das Ziel der Unternehmenserhaltung, verbunden mit der wirtschaftlichen Gewinnmaximierung, als oberstes Gebot anzusehen. Stakeholder-Interessen dem Kapitalinteresse Vorrang einzuräumen, ist mit dem vorrangigen Ziel der Gewinnerwirtschaftung nicht zu vereinbaren. Begründet wird dies unter anderem damit, dass die Verpflichtung des Vorstands zur Verfolgung der Interessen sämtlicher Beteiligten zu einer Überbeanspruchung führen könnte und unüberschaubare Verhaltensspielräume geschaffen würden. Fleischer umschreibt dies mit den Worten, dass „ein Diener zweier Herren zuletzt niemandem mehr verantwortlich sei“.398 Auf der anderen Seite wird im Gegensatz dazu die Meinung vertreten, dass der Vorstand neben den Interessen der Shareholder (Anteilseigner) auch die Belange der Stakeholder (Arbeitnehmer, Lieferanten, Kreditgeber, Kunden) zu berücksichtigen hat. Dieser Gedanke lässt sich bereits in der Begründung des Regierungsentwurfs des Aktiengesetzes von 1965 finden, wobei kurz und bündig festgestellt wird, dass es sich von selbst versteht, dass der Vorstand bei seinen Maßnahmen die Belange der Aktionäre und der Arbeitnehmer zu berücksichtigen hat und deshalb eine gesetzliche Bestimmung nicht benötigt wird.399 Diese Ansicht lässt sich hinsichtlich der zusätzlichen Beachtung der Arbeitnehmerinteressen auf die Ausweitung der unternehme-

396

OLG Köln ZIP 1998, 994; Hopt, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rn. 206 f.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006, § 17 Rn. 463 ff. 397 Zu dieser Problematik siehe ausführlich Fleischer, in: Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rn. 21 ff.; Arnold, Die Steuerung des Vorstandshandelns, 2007, S. 43 ff. 398 Fleischer, AG 2001, 171, 177; ähnlich Zöllner, AG 2003, 1, 8. 399 Kropff, Begründung RegE zum AktG 1965, S. 97.

A. Genereller Verhaltensstandard des Vorstandsmitglieds

93

rischen Mitbestimmung durch das MitbestG 1976 stützen.400 Ein weiteres Argument lässt sich dem Deutschen Corporate Governance Kodex entnehmen, da Ziffer 4.1.1 DCGK eine Bindung des Vorstands an das Unternehmensinteresse anregt und den Vorstand zur Steigerung des nachhaltigen Unternehmenswertes anhält. Daraus kann gefolgert werden, dass bei der Verfolgung des Unternehmensinteresses ein „vernünftiger Mittelweg zwischen den Konzepten des Shareholder- und des StakeholderAnsatzes“ beschritten werden sollte.401 Um eine langfristige Gewinnmaximierung und Etablierung des Unternehmens am Markt zu realisieren, muss das Unternehmen Ziele und Strategien vorgeben. Zur erfolgreichen Strategieumsetzung und Erreichung der vorgegebenen Ziele sind alle am Unternehmen beteiligten Arbeitskräfte dazu verpflichtet, sich im Interesse des Unternehmens einzusetzen. Schon deshalb ist die Berücksichtigung der Stakeholder-Interessen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Vorrangige Aufgabe der Geschäftsleitung ist demnach die Formulierung einer Unternehmensstrategie und Definition von Zielen. Die sich daraus ergebende Zielverfolgung, verknüpft mit einer maximalen wirtschaftlichen Gewinnerzielungsabsicht, umfasst das Unternehmensinteresse, dessen Beachtung die Sorgfaltspflicht des Vorstands erfordert.

V. Kein unternehmensschädigendes Verhalten Der Vorstand hat ferner die Pflicht, unternehmensschädigendes Verhalten frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. So muss die Geschäftsleitung maßregelnd einschreiten, wenn die Gefahr unternehmensschädigender Maßnahmen durch Dritte besteht. Auch verlangt die Sorgfaltspflicht des Vorstands, dass dieser selbst ein unternehmensschädigendes Verhalten unterlässt. Als Beispiel für ein solches unternehmensschädigendes Verhalten kann der Fall Siemens herangezogen werden. So steht seit geraumer Zeit der Schmiergeldskandal der Siemens AG im Fokus der Öffentlichkeit. Berichten zufolge hatten Mitglieder der ehemaligen Konzernführung Manager zu fragwürdigen Provisionszahlungen angehalten, um Aufträge zu erhalten. Die Aufklärung der Korruptionsaffäre soll den Siemens-Konzern bereits 1,3 Milliarden Euro an Bußgeldern, Steuern und Honoraren für Wirtschaftsprüfer und Anwälte gekostet haben.402 Den ehemaligen Vorstandsmitgliedern wird vorgeworfen, ihre Aufsichtspflicht verletzt zu haben. Fraglich ist demnach, ob die Betroffenen von der Existenz schwarzer Kassen, Schmiergeldzahlungen und mangelhaften internen Kontrollen Kenntnis hatten. Sollte dies der Fall gewesen sein, hätte die Unternehmensleitung alle durchführbaren und zumutbaren organisatorischen Maßnahmen ergreifen müssen, um Straftaten zu verhindern. Auch das Unterlassen derartiger Maßnahmen sprä400

Hopt, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rn. 151; Roth, Unternehmerisches Ermessen und Haftung des Vorstands, 2001, S. 25; Schneider, Uwe H., ZIP 1996, 1769, 1772. 401 v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2008, Rn. 353; so auch Henze, BB 2000, 209, 212. 402 F.A.Z. vom 6. 6. 2008, Nr. 130, S. 13.

94

§ 3 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Organmitglieder

che für eine ineffiziente unternehmensinterne Aufsicht. Zudem wäre das unternehmensschädigende Verhalten nicht durch einen Dritten, sondern durch die Geschäftsleitung selbst herbeigeführt worden.

B. Verhaltensstandard des Aufsichtsratsmitglieds, §§ 93, 116 AktG I. Sorgfaltspflichten Das Aufsichtsratsmitglied übernimmt mit der Annahme des Aufsichtsratsmandats Pflichten. Hinsichtlich der Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit von Aufsichtsratsmitgliedern ordnet § 116 AktG eine sinngemäße Anwendung des für Vorstandsmitglieder geltenden § 93 AktG an. Da sich aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung von Vorstand und Aufsichtsrat unterschiedliche Pflichten ergeben, haben Aufsichtsratsmitglieder diejenige Sorgfalt anzuwenden und zu wahren, die zur ordnungsgemäßen und gewissenhaften Erfüllung der Aufsichtsratstätigkeit notwendig ist. Sie müssen damit ihre Aufgabe mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Überwachungsorgans wahrnehmen.403 1. Objektiver Mindeststandard Entscheidend für den Pflichtenstandard ist, wie sich ein ordentlicher und gewissenhafter Überwacher unter Beachtung der konkreten Umstände im Unternehmen verhalten würde. Vorausgesetzt wird dabei, dass jedes Aufsichtsratsmitglied gewisse Mindestfähigkeiten und Mindestkenntnisse hat. Bei der in der Hertie-Entscheidung des BGH geforderten Mindestqualifikation handelt es sich jedoch nur um eine Mindestanforderung, die ein Verständnis für die im Unternehmen relevanten Zusammenhänge und regelmäßigen Geschäftsvorgänge verlangt.404 Bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs spielen die Verhältnisse der Gesellschaft wie Größe oder Branche eine entscheidende Rolle. So wächst der Umfang erforderlicher Kontrollmaßnahmen mit zunehmender Größe und Komplexität des Unternehmens.405 403 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 2; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 33 Rn. 58; Tomat, in: Münchener Anwalts Handbuch Aktienrecht, 2005, § 23 Rn. 226; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 97; Saage, DB 1973, 115, 116; Theisen, DBW 53 (1993), 295, 299; Kau/Kukat, BB 2000, 1045, 1048; Mutter/Gayk, ZIP 2003, 1773, 1774; Wirth, ZGR 2005, 327, 332; Semler, AG 2005, 321. 404 BGHZ 85, 293, 295 f. 405 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 3; Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 81; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 182; Mutter/Gayk, ZIP 2003, 1773, 1775.

B. Verhaltensstandard des Aufsichtsratsmitglieds

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Im Hinblick auf die Intensität der Pflichten ist zu berücksichtigen, dass das Aufsichtsratsamt normalerweise als Nebenamt ausgeübt wird.406 Jedoch müssen die geforderten Mindestkenntnisse bei Amtsantritt beziehungsweise nach einer kurzen Einarbeitungszeit vorliegen. 2. Differenzierung nach Person und Funktion Über die für jedes Aufsichtsratsmitglied geforderte Mindestqualifikation hinaus können im Einzelfall höhere Sorgfaltspflichten für bestimmte Aufsichtsratsmitglieder gelten. Oft werden einzelne Aufsichtsratsmitglieder aufgrund ihrer speziellen Qualifikation und Fachkenntnisse bestellt. Fällt eine Angelegenheit in den Kompetenzbereich eines Aufsichtsratsmitglieds, das mit solchen bereichsspezifischen Fachkenntnissen ausgestattet ist, ist an das betreffende Aufsichtsratsmitglied ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Rechtsanwälte, Finanzexperten, Marketing-Experten oder Ingenieure haben ihre berufstypischen Erfahrungen und Spezialkenntnisse in zumutbarer Weise im Rahmen ihrer Aufsichtsratstätigkeit einzubringen.407 Ein gesteigerter Sorgfaltsmaßstab ergibt sich auch aus der Mitwirkung in einem Aufsichtsratsausschuss.408 Dabei kann nicht vorausgesetzt werden, dass jedes Ausschussmitglied über Spezialkenntnisse verfügt. Der gesteigerten Intensität des Pflichtenmaßstabs innerhalb des Ausschusses steht ein abgeschwächter Sorgfaltsmaßstab der nicht an der Ausschussarbeit beteiligten Aufsichtsratsmitglieder gegenüber. An die Tätigkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden sind besondere Anforderungen und damit auch ein besonders strenger Sorgfaltsmaßstab zu stellen. Im Rahmen einer effizienten Überwachungstätigkeit des Gesamtorgans trägt er als Vorsitzender gesteigerte Verantwortung.409 3. Vorrang des Unternehmensinteresses (Treuepflicht) Alle Aufsichtsratsmitglieder unterliegen in Ausübung ihrer Tätigkeit Treuepflichten und sind zum Handeln im Unternehmensinteresse verpflichtet. Eigeninteressen aber auch Partikularinteressen der von dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied vertretenen Gruppen sind zurückzustellen. Zwar ist die Einbringung von Partikularinteressen in den Entscheidungsprozess des Aufsichtsrats nicht generell als Verstoß 406 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 4; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 276. 407 Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 33 Rn. 61; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 58 f.; Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 85 ff. 408 Mutter/Gayk, ZIP 2003, 1773, 1774 f. 409 Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 116 Rn. 21; Vetter, in: Marsch-Barner/ Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 60; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 1008.

96

§ 3 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Organmitglieder

gegen die Treuepflicht zu sehen, jedoch wird die Missachtung der Treuepflicht dann angenommen, wenn die Eigeninteressen nicht mehr dem Wohl des Unternehmens dienen.410 Grundsätzlich gilt hier nichts anderes als das für Vorstandsmitglieder Ausgeführte. Problematisch wird die Wahrung des Unternehmensinteresses, wenn Interessen von Aufsichtsratsmitgliedern im Zusammenhang mit anderweitigen Tätigkeiten nicht mit dem Unternehmensinteresse zu vereinbaren sind. Beispielsweise führt die Zulassung von Mehrfachmandaten (§ 100 Abs. 2 AktG) unweigerlich zu Interessenkonflikten. Hat ein Aufsichtsratsmitglied zwei Mandate inne, so rechtfertigt die Wahrnehmung der Interessen der einen Seite nicht einen Verstoß gegen die Treuepflicht, die der anderen Seite geschuldet ist. Im Zweifelsfall muss das Aufsichtsratsmitglied im Interessenkonflikt von der Teilnahme am Entscheidungsprozess absehen.411 Die Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse wird zudem durch Ziffer 5.5.1 DCGK unterstrichen. Die gesetzliche Treuepflicht eines jeden Aufsichtsratsmitglieds erfährt durch diese Vorschrift des Kodex eine Konkretisierung. Ziffer 5.5.1 DCGK verdeutlicht im Falle einer Interessenkollision den Ausschluss individueller Interessenverfolgung. Es ist Aufgabe des Aufsichtsrats, ausschließlich zum Vorteil des Unternehmens zu agieren und Schaden von ihm abzuwenden.

4. Verschwiegenheitspflicht Um seiner Aufgabe als Unternehmensüberwacher gerecht zu werden, muss jedes Aufsichtsratsmitglied mit ausreichend Informationen über interne Vorgänge im Unternehmen versorgt werden. Dabei handelt es sich zumeist um vertrauliche Informationen. „Zwischen Information und Vertraulichkeit besteht ein unlösbarer Zusammenhang“.412 Nach § 116 Satz 2 AktG verpflichtet sich jedes Aufsichtsratsmitglied zu Verschwiegenheit über vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen. Die Pflicht zur Verschwiegenheit bildet damit das erforderliche Pendant zur umfassenden Informationspflicht des Vorstands. Die grundsätzliche Pflicht zur Verschwiegenheit bemisst sich auch für Aufsichtsratsmitglieder nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. Es gilt das zur Verschwiegenheitspflicht von Vorstandsmitgliedern bereits Ausgeführte. Eine Differenzierung zwischen Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hinsichtlich des Umfangs der Verschwiegenheitspflicht ist nicht ange410

Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 108; Tomat, in: Münchener Anwalts Handbuch Aktienrecht, 2005, § 23 Rn. 231. 411 Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 109 f.; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 121; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 1003; Lutter, in: FS Hans-Joachim Priester, 2007, S. 417, 420; ausführlich zu Interessenkonflikten von Aufsichtsratsmitgliedern der AG am Beispiel von Konflikten bei Übernahme siehe Semler/ Stengel, NZG 2003, 1 ff. 412 BT-Drucks. 14/8769, S. 18.

B. Verhaltensstandard des Aufsichtsratsmitglieds

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bracht.413 Jedes Aufsichtsratsmitglied hat gegenüber Aktionären, Belegschaft, Betriebsrat, Gewerkschaften und sonstigen Dritten Stillschweigen zu wahren.414

II. Teilnahme- und Mitwirkungspflichten Aus den für Aufsichtsratsmitglieder geltenden Sorgfaltspflichten lassen sich auch Mitwirkungsobliegenheiten ableiten, die mit der Erfüllung einer gewissenhaften und ordnungsgemäßen Überwachungstätigkeit der Aufsichtsratsmitglieder verbunden sind. 1. Sitzungsteilnahme und Sitzungsvorbereitung Jedes Aufsichtsratsmitglied ist zur regelmäßigen Sitzungsteilnahme verpflichtet.415 Sollte ein Mitglied begründetermaßen verhindert sein, so muss er im Rahmen seiner Möglichkeiten eine schriftliche Stimmabgabe (§§ 108 Abs. 3, 109 Abs. 3 AktG) in Erwägung ziehen. Sollten die Unternehmensinteressen durch die Sitzungsteilnahme eines bestimmen Aufsichtsratsmitglieds in besonders hohem Maße gefährdet sein, kann diesem in Ausnahmefällen die Teilnahme an der Sitzung verweigert werden. Der Ausschluss bedarf allerdings eines Beschlusses des Gesamtgremiums. Ebenso kann aus Gründen eines störungsfreien Sitzungsverlaufs die Teilnahmepflicht ausgesetzt werden.416 Die Anwesenheit aller Aufsichtsratsmitglieder ist essentielle Grundlage einer funktionierenden Aufsichtsratsarbeit. Aufgrund der meist geringen Anzahl an Aufsichtsratssitzungen pro Kalenderjahr kann bereits die Abwesenheit eines Mitglieds den Informationsaustausch und damit eine effiziente Überwachungstätigkeit erschweren. Vor diesem Hintergrund weist Ziffer 5.4.5 Satz 1 DCGK darauf hin, dass jedes Aufsichtsratsmitglied darauf zu achten hat, dass ihm für die Wahrnehmung seines Mandats genügend Zeit zur Verfügung steht. Des Weiteren besteht die Verpflichtung zur sorgfältigen Vorbereitung der Sitzung durch Kenntnisnahme der Beratungsunterlagen und deren detailliertem Studium.

413 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 7; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 116 Rn. 51; Tomat, in: Münchener Anwalts Handbuch Aktienrecht, 2005, § 23 Rn. 231. 414 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 116 Rn. 246; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 116 Rn. 51; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 33 Rn. 46; Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 103. 415 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 116 Rn. 115; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 699; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 949; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 27 Rn. 40, § 29 Rn. 65. 416 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 699; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 27 Rn. 40, 42.

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§ 3 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Organmitglieder

Sollten die Beratungsunterlagen für die Bildung eines eigenen Urteils nicht genügen, obliegt dem Aufsichtsratsmitglied eine Erkundigungspflicht.417

2. Kollegiale Zusammenarbeit Durch Annahme des Mandats verpflichtet sich jedes Aufsichtsratsmitglied zur Mitarbeit im Kollegialorgan. Zum Erreichen des Ziels einer effizienten Überwachungsarbeit des Aufsichtsrats ist eine kollegiale Zusammenarbeit aller Mitglieder erforderlich. Die Frage, wie eine solche kollegiale Zusammenarbeit aller Aufsichtsratsmitglieder auszusehen hat, hängt entscheidend von der Größe und dem Arbeitsstil des Gesamtorgans ab. So muss man bei der Zusammensetzung des mitbestimmten Aufsichtsrats berücksichtigen, dass Personen unterschiedlicher Bereiche als Vertreter verschiedener Gruppierungen zusammenarbeiten sollen, die außerhalb der Aufsichtsratssitzungen möglicherweise nichts miteinander zu tun haben. Alle Aufsichtsratsmitglieder sind verpflichtet, auf eine funktionale Organisation und Aufsichtsratsarbeit unter Einhaltung aller gesetzlichen und unternehmensinternen Vorschriften hinzuarbeiten.418 Dabei ist ein sachlicher und unternehmensbezogener Umgangstil zu wahren. Im Vordergrund sollte stets der kollegiale Dialog und Informationsaustausch stehen, der es verbietet, dabei einer bestimmten Personengruppe im Aufsichtsrat Begünstigungen zu verschaffen.419 Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Aufsichtsratsmitglieder, die „gegenseitige Ehrlichkeit und Offenheit“ erfordert,420 hat für eine erfolgreiche Arbeit des Gesamtorgans denselben Stellenwert wie spezielle Fachkenntnisse und unternehmerischer Sachverstand.

3. Förderpflicht Ein Aufsichtsratsmitglied muss sich aktiv an der Aufgabenerfüllung beteiligen. Dies soll mittels Wahrnehmung seiner Individualrechte geschehen. Jedes Aufsichtsratsmitglied hat Beratungen innerhalb des Gremiums durch Anregungen und Impulse zu fördern. Eigene Fachkenntnisse und Erfahrungen sind ohne Aufforderung einzubringen. Aufsichtsratsmitglieder, die in speziellen Bereichen einen den anderen Kollegen überlegenen Kenntnis- und Erfahrungsstand vorzuweisen haben, müssen diesen Kenntnisstand den anderen Kollegen vermitteln. In diesen Fällen kommt Aufsichtsratsmitgliedern mit speziellen Fachkenntnissen eine besondere Verantwortung zu. 417

Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 952; Vetter, in: MarschBarner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 65. 418 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 116 Rn. 120; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 112. 419 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 15 Rn. 112. 420 BAG NZA 1995, 363.

C. Zusammenfassung

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Zur Förderpflicht gehören ferner die Mitarbeit in Ausschüssen und die Bereitschaft, sich in bestimmte Teilbereiche intensiv einzuarbeiten und zu engagieren.421 Sollte ein Aufsichtsratsmitglied aufgrund seiner Kenntnis absehen, dass der Gesellschaft ein Schaden droht, so hat er seine Kollegen unverzüglich darüber zu informieren. Sein Initiativrecht kann sich in einem solchen Fall der Gefahrenabwehr in eine sogenannte Initiativpflicht wandeln, sodass das Mitglied zwingend von seinem Einberufungsrecht nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AktG Gebrauch zu machen hat.422

C. Zusammenfassung Die gewissenhafte und ordnungsgemäße Ausübung des Aufsichtsratsmandats impliziert die Einhaltung der Sorgfaltspflichten in unterschiedlicher Ausprägung. Dabei orientieren sich die Sorgfaltsanforderungen für Aufsichtsratsmitglieder an denjenigen der Vorstandsmitglieder. Alle Aufsichtsratsmitglieder haben bei Ausübung ihrer Tätigkeit gleiche Rechte und Pflichten. Zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern ist dabei nicht zu differenzieren. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht unterliegen grundsätzlich einem objektiven Mindeststandard, der gewisse Mindestkenntnisse und Mindestfähigkeiten hinsichtlich der Aufsichtsratstätigkeit zwingend voraussetzt. Ein gesteigerter Sorgfaltsmaßstab kann sich im Einzelfall aus der Person des Aufsichtsratsmitglieds an sich oder seiner bestimmten bereichsspezifischen Funktion innerhalb des Gesamtgremiums ergeben. Das Aufsichtsratsmitglied hält seine Sorgfaltspflicht ein, wenn es der Verschwiegenheitspflicht genügt und das Unternehmensinteresse wahrt, seinen Mitwirkungsrechten in ausreichendem Maße nachkommt und allen weiteren Anforderungen, die das Aufsichtsratsmandat mit sich bringt, gebührend Rechnung trägt. Das Aufsichtsratsmandat muss fremdnützig geführt werden. Als Überwacher hat das Aufsichtsratsmitglied alle Maßnahmen zu ergreifen, damit die Unternehmensleitung bei ihrem Handeln Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit wahrt. Von elementarer Wichtigkeit ist die Sorgfaltspflicht für die Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern, wenn das unternehmerische Handeln des Aufsichtsrats zu einem Schaden auf Seiten der Gesellschaft führt. Daher müssen sich Aufsichtsratsmitglieder ihrer Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Überwachung und Beratung des Vorstands jederzeit und uneingeschränkt bewusst sein.

421

Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 965. Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 110 Rn. 28, 34, 39; Mertens, in: KölnerKomm AktG, 2. Aufl. 1996, § 110 Rn. 24; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 110 Rn. 40; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 964. 422

§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder Die zunehmende Anzahl spektakulärer Krisen bekannter Unternehmen hat die Aufsichtsratshaftung aufgrund der Verletzung von Überwachungs- und Kontrollpflichten zunehmend in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt. Hingegen war das Problem der zivilrechtlichen Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern in der Vergangenheit von nicht allzu großer Relevanz.423 So war es zumeist einfacher, einem seinen Aufgaben nicht gewachsenen Aufsichtsratsmitglied das Mandat zu entziehen, als lang andauernde und kostspielige Gerichtsverfahren zu bestreiten und dadurch das Unternehmensimage zu schädigen. Unternehmenskrisen und Unternehmenszusammenbrüche hängen regelmäßig mit Anlegerschädigungen zusammen, die das kritische Bewusstsein der Aktionäre in zunehmendem Maße wachsen lässt. Damit stellt sich die Frage, wer für ein solches unternehmerisches Missmanagement persönlich in Anspruch genommen werden kann, wer also konkret als Haftungsadressat in Betracht kommt. Dafür kommen nicht nur die Vorstandsmitglieder in Betracht, sondern auch Mitglieder des Aufsichtsrats, die sich dabei häufig den Vorwurf „signifikanten Versagens“424 gefallen lassen müssen. Trotz des Bestehens eines konkreten Haftungstatbestands für Aufsichtsratsmitglieder in §§ 93 Abs. 1, 116 AktG sind Schadensersatzprozesse gegen Aufsichtsratsmitglieder sehr selten. Vor allem durch die Entscheidungen ARAG/Garmenbeck425 und Balsam/Procedo426, in denen besonders hohe Handlungs- bzw. Sorgfaltspflichten der Aufsichtsratsmitglieder festgesetzt wurden, wurde das Bewusstsein einer möglichen Aufsichtsratshaftung gestärkt. So haben Anspruchsmentalität und Klagebereitschaft427 in den letzten Jahren zugenommen. Dies zeigt sich an einigen untergerichtlichen Entscheidungen428 und einem aktuellen Urteil des BGH429 zur Aufsichtsratshaftung.

423 Roth, Unternehmerisches Ermessen und Haftung des Vorstands, 2001, S. 1; ders., GesRZ-SH 2005, 12; Schaefer/Missling, NZG 1998, 441. 424 Goette, in: FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123. 425 BGHZ 135, 244. 426 LG Bielefeld AG 2000, 136 = ZIP 2000, 20. 427 Durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrecht (UMAG) wurde die Klagedurchsetzung durch eine Aktionärsminderheit wesentlich erleichtert. § 147 Abs. 2 AktG wurde durch Art. 1 Nr. 14 UMAG vom 22. 9. 2005 umgestaltet. 428 OLG Düsseldorf AG 2008, 666 f. = NZG 2008, 713 f.; OLG Düsseldorf DB 2008, 1961 ff.; OLG Karlsruhe AG 2008, 900. 429 BGH NZG 2009, 107 ff.

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder

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A. Haftung als Steuerungsinstrument im Gesellschaftsrecht Die Haftung von Organmitgliedern als gesellschaftsrechtliches Steuerungsinstrument kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. So hat der wirtschaftliche und industrielle Aufschwung in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass die Anzahl der Menschen, die sich aktiv oder passiv am Wirtschaftsleben beteiligen, sei es als Unternehmer oder Anleger, stetig angestiegen ist. Zur Interessenwahrung aller Beteiligten gibt die Rechtsordnung ein Haftungssystem vor. So hat ein Unternehmer im Rahmen der unternehmerischen Eigenhaftung für eigenes Handeln unmittelbar gegenüber der anderen Vertragspartei einzustehen. Eine solche unmittelbare Selbstbetroffenheit bietet eine zureichend wahrscheinliche Gewähr für eine gewissenhafte Pflichterfüllung. Der Gleichlauf von Leitung bzw. Entscheidung und Verantwortlichkeit sichert somit alle von der Unternehmenstätigkeit Betroffenen vor unternehmerischen Fehlentscheidungen ab.430 Ziel sollte dabei eine strenge Haftung sein, ohne den Unternehmer in seiner unternehmerischen Handlungsfreiheit zu beeinträchtigen.431 Die Haftung soll das unternehmerische Handeln steuern, indem sich Organmitglieder der Pflichten, Schranken und Risiken ihrer unternehmerischen Tätigkeit bewusst sind. Haftung ist damit Teil einer modernen Corporate Governance.432

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder Das Risiko von Vorstandsmitgliedern und Aufsichtsratsmitgliedern, für Fehlentwicklungen im Unternehmen persönlich in Anspruch genommen zu werden, nimmt stetig zu. Aufsichtsräte müssen sich in zunehmendem Maße der Kritik stellen, ihre Überwachungsaufgabe in unzureichender Art und Weise zu erfüllen, finanzielle Schieflagen von Unternehmen zu spät zu erkennen und dadurch Unternehmenszusammenbrüche nicht verhindern zu können. Im Rahmen der Corporate Governance-Debatte haben sich nicht nur die individuellen Anforderungen an das Aufsichtsratsmandat erheblich erhöht, sondern damit zusammenhängend auch die Haftungsrisiken für Fehlentscheidungen und Fehlleistungen.433

430

Gawrisch, Ermessensentscheidungen des Aufsichtsrats und ihre gerichtliche Kontrolle, 2000, S. 70 f. 431 Lutter, ZSR 2005, 415, 417; zurückhaltender und kritisch Hopt, in: FS Ernst-Joachim Mestmäcker, 1996, S. 909, 914. 432 Lutter, ZSR 2005, 415, 417. 433 Thümmel, AG 2004, 83; Mutter/Gayk, ZIP 2003, 1773 ff.

102

§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

I. Gesetzliches Haftungskonzept Das Aktiengesetz enthält für Aufsichtsratsmitglieder keine eigenständige Haftungsregelung. Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder bzw. die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) wird in § 116 AktG die Anwendung des § 93 AktG angeordnet. Bei der sinngemäßen Anwendung des § 93 AktG sind jedoch die Unterschiede zwischen Vorstand und Aufsichtsrat im Hinblick auf den Aufgabenbereich und die berufliche Herkunft zu beachten.434 So werden Aufsichtsratsmitglieder nicht als Geschäftsleiter tätig, sondern erfüllen vorrangig die Aufgabe der Überwachung der Geschäftsleitung. Demnach ist für die Bestimmung des Verschuldensmaßstabs in Hinblick auf eine Sorgfaltspflichtverletzung beim Aufsichtsratsmitglied nicht das Bild des „ordentlichen Geschäftsleiters“, sondern vielmehr das eines „ordentlichen Überwachers“ heranzuziehen.435 Bei schuldhafter Verletzung ihrer Pflichten haften Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft auf Schadensersatz. Der in §§ 116, 93 Abs. 1 AktG legitimierte Standard besitzt damit eine Doppelfunktion, indem er sowohl den Pflichtenkreis der Aufsichtsratsmitglieder definiert als auch als Verschuldensmaßstab dient.436 Da §§ 116, 93 AktG zwingend sind, ist ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbeschränkung zugunsten des Aufsichtsratsmitglieds durch Satzungsbestimmung oder individualvertragliche Bestimmung unzulässig.437 1. Innenhaftung Grundsätzlich beschäftigt sich der Aufsichtsrat fast ausschließlich mit internen Angelegenheiten der Gesellschaft und tritt im Außenverhältnis eher selten auf. Die Überwachung und Kontrolle der Vorstandstätigkeit als vorrangige Aufgabe des Aufsichtsrats ist eine gesellschaftsinterne Tätigkeit. Ein Großteil der Pflichten des Auf434

Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 2; Tomat, in: Münchener Anwalts Handbuch Aktienrecht, 2005, § 24 Rn. 42. 435 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 2; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 33 Rn. 58; Doralt/Doralt, in: Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 30; Tomat, in: Münchener Anwalts Handbuch Aktienrecht, 2005, § 24 Rn. 44; Körper/Hähnel, in: Pfitzer/ Oser/Orth, Deutscher Corporate Governance Kodex, 2. Aufl. 2005, S. 362; Vetter, in: MarschBarner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 55; Peltzer, in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer, 2008, § 16 Rn. 4; Theisen, DBW 53 (1993), 295, 299; Semler, in: FS Martin Peltzer, 2001, S. 489, 497; Kling, DZWIR 2005, 45. 436 Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 2; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 93 Rn. 7; Dreher, in: FS Karlheinz Boujong, 1996, S. 71, 79. 437 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 8; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 4; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 56.

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder

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sichtsrats gegenüber der Gesellschaft hat gesellschaftsinternen Bezug. Die Innenhaftung nach §§ 116, 93 AktG ist eine persönliche Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft für einen entstandenen Schaden. Sie bildet den Schwerpunkt der Aufsichtsratshaftung.438 Aufgrund der Verweisung des § 116 Satz 1 AktG auf die Vorschrift über die Vorstandshaftung nach § 93 AktG haftet das Aufsichtsratsmitglied bei Verletzung seiner ihm obliegenden Pflichten für den dadurch entstandenen Schaden entsprechend einem Vorstandsmitglied. a) Arten von Pflichtverletzungen Bei der Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern geht es vorrangig um die Frage der ordnungsgemäßen und gewissenhaften Pflichterfüllung ihrer Aufgaben. Die Pflichten des Aufsichtsratsmitglieds sind vielfältig. Neben Teilnahme- und Mitwirkungspflichten unterfallen auch Treue- und Verschwiegenheitspflichten der allgemeinen Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder. Ein Pflichtverstoß kann sich aus Handeln oder Unterlassen ergeben. Bei der Prüfung der Verletzungshandlung ist zu berücksichtigen, in welchem Rahmen der konkreten Aufgabenerfüllung eine Pflichtverletzung erfolgt. aa) Allgemeine Amtspflichten (1) Verletzung von Mitwirkungspflichten Wie bereits ausgeführt obliegen dem Aufsichtsrat bestimmte Teilnahme- und Mitwirkungspflichten, deren Erfüllung Voraussetzung für eine ordnungsgemäße und gewissenhafte Erledigung der Aufsichtsratstätigkeit ist. Verletzungen von Mitwirkungspflichten seitens der Aufsichtsratsmitglieder kommen dabei zumeist in Verbindung mit ihrer Hauptaufgabe, der Überwachungspflicht, in Betracht, und lassen sich an Beispielen aus der Rechtsprechung veranschaulichen. So wurde die Untätigkeit der Aufsichtsratsmitglieder bei ungewöhnlich leichtfertigen Maßnahmen des Vorstands als eine Pflichtverletzung gewertet.439 Ebenso wurde eine Pflichtwidrigkeit bejaht, wenn der Aufsichtsrat Maßnahmen der Geschäftsleitung toleriert, obwohl er deren Gesetz- und Satzungswidrigkeit kennt oder bei Aufwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können.440 Ferner liegt eine Pflichtverletzung bei Versäumnis der Weitergabe wichtiger Informationen an den Gesamtaufsichtsrat vor, beispielsweise Informationen über die mangelnde Bonität eines Kunden, deren Kenntnis im Gesamtaufsichtsrat zur Versagung des beantragten Kredits geführt hätte.441 438

Thümmel, DB 1999, 885; Paal, DStR 2005, 382, 383; so auch Peltzer, in: Wellhöfer/ Peltzer/Müller, Die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer, 2008, § 16 Rn. 1. 439 BGHZ 69, 207, 214. 440 OLG Hamburg ZIP 1981, 194. 441 LG Bielefeld AG 2000, 136 = ZIP 2000, 20 (Balsam AG).

104

§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

Die Untätigkeit des Aufsichtsrats trotz der Kenntnis von Gerüchten über ein Fehlverhalten der Geschäftsführung442 ist ebenso eine Pflichtverletzung wie die Duldung der unzulässigen Verzögerung der Stellung des Insolvenzantrags durch das dafür zuständige Vorstandsmitglied trotz Kenntnis der Überschuldung.443 Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)444 am 1. 11. 2008 sind Aufsichtsratsmitglieder im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft dazu verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der Gesellschaft einen Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a Abs. 3 InsO n. F.). Führungslosigkeit liegt dann vor, wenn die Gesellschaft keinen Vorstand mehr hat. An Stelle des Vorstands muss jedes Aufsichtsratsmitglied Insolvenzantrag stellen, um eine Umgehung der Antragspflicht durch „Abtauchen“ der Vorstände zu verhindern.445 Von einer grundsätzlichen Insolvenzantragspflicht kann sich ein Aufsichtsratsmitglied nur dann durch Beweis entlasten, wenn es darlegt, entweder von der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung oder von der Führungslosigkeit der Gesellschaft keine positive Kenntnis gehabt zu haben (§ 15a Abs. 3 InsO n. F.). Stimmt der Aufsichtsrat dem Verkauf von Vermögensgegenständen durch den Vorstand deutlich unter dem Verkehrswert zu446 oder veranlasst der Aufsichtsrat den Vorstand zu einer gesellschaftsschädlichen Handlung bzw. zum Abschluss eines gesellschaftsschädlichen Geschäfts447, verletzt der Aufsichtsrat seine Mitwirkungspflichten im Rahmen seiner allgemeinen Amtspflichten. Auch darf ein Aufsichtsratsmitglied nicht tatenlos zusehen, wenn der Aufsichtsrat im Begriff ist, einen satzungswidrigen, rechtswidrigen oder gesellschaftsschädlichen Beschluss zu fassen. Vielmehr besteht die Verpflichtung, einen solchen Beschluss zu verhindern. Dies folgt aus der Gesamtverantwortung der Aufsichtsratsmitglieder, die jeweils einzeln dafür Sorge tragen müssen, dass der Aufsichtsrat seine Aufgaben ordnungsgemäß und zielstrebig erfüllt. (2) Verletzung der Überwachungspflicht Stellt man sich die Frage nach Haftungsrisiken der Aufsichtsratsmitglieder im Zusammenhang mit ihrer Überwachungspflicht, muss zwischen retrospektiver und strategischer, zukunftsorientierter Überwachung differenziert werden. Hat der Aufsichtsrat bereits abgeschlossene Entscheidungen und Maßnahmen des Vorstands zu überprüfen, die schädigenden Einfluss auf das Unternehmen hatten, so steht dem Aufsichtsrat bei der Ausübung seiner diesbezüglichen Kontrolltätigkeit kein Ermessen zu.448 Eine Pflichtverletzung ist dann zu bejahen, wenn der Aufsichtsrat von 442 443 444 445 446 447 448

LG Bielefeld AG 2000, 136 = ZIP 2000, 20 (Balsam AG). BGHZ 75, 96, 107 (Herstatt). MoMiG, BGBl. I 2008, 2026. Knapp, DStR 2008, 2371, 2373. LG Stuttgart AG 2000, 237, 238 (ASS AG); zustimmend Kort, EWiR 1999, 1145. BGH AG 1980, 111, 112. BGHZ 135, 244, 254.

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder

105

seinen Kontrollinstrumenten wie zum Beispiel den Informations- und Prüfungsrechten nach §§ 90, 111 Abs. 2 AktG, die sich auf Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der zu prüfenden Entscheidung beziehen, nicht sachgerecht Gebrauch macht.449 Dies ist dann der Fall, wenn diese Kontrollinstrumente überhaupt nicht, ungenügend oder zeitlich verspätet eingesetzt werden. Eine Pflichtverletzung des Aufsichtsrats ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn trotz unzureichender Vorstandsberichte und sich daraus ergebender Plausibilitätslücken seitens des Aufsichtsrats keine Nachfrage an den Vorstand erfolgt und keine Initiative zur Aufklärung von Ungereimtheiten ausgeht.450 (3) Verstoß gegen allgemeine Treue- und Verschwiegenheitspflicht Die Aufsichtsratsmitglieder unterliegen einer Treuebindung gegenüber der Gesellschaft. Aufgrund des Charakters des Aufsichtsratsmandats als Nebenamt unterliegen Aufsichtsratsmitglieder keinem gesetzlichen Wettbewerbsverbot.451 Im Rahmen seiner Organtätigkeit muss ein Aufsichtsratsmitglied jedoch das Interesse der jeweiligen Gesellschaft verfolgen, für die es gerade tätig ist. Dabei können Interessenkonflikte zu einer Pflichtenkollision führen, die nicht zu Ungunsten der Gesellschaft gelöst werden dürfen. Sorgt das Aufsichtsratsmitglied nicht für eine Auflösung des Interessenkonflikts unter Wahrung des Unternehmensinteresses, handelt es pflichtwidrig.452 Eine Auflösung des Interessenkonflikts kann beispielsweise durch Niederlegung des Aufsichtsratsmandats erfolgen.453 Ein Verstoß gegen die allgemeine Treuepflicht kommt in Betracht, wenn der Aufsichtsrat die Geschäftsleitung zu einem bestimmten Handeln drängt, das die Aufsichtsratsmitglieder kraft ihres Amtes selbst rügen müssten.454 Tätigt ein Aufsichtsratsmitglied verbotene Insidergeschäfte nach § 14 WpHG, liegt ebenfalls ein Verstoß gegen die Treuepflicht vor. Auch im Falle der Geschäftschancenbindung kann sich das Aufsichtsratsmitglied treuwidrig und damit pflichtwidrig verhalten, wenn es Geschäftsmöglichkeiten für sich selbst und nicht im Unternehmensinteresse wahrnimmt.455

449 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 247 ff.; ders., AG 2004, 83, 86. 450 LG Bielefeld AG 2000, 136 = ZIP 2000, 20 (Balsam AG). 451 Siehe dazu oben § 2 C. III. 5. 452 Roth, GesRZ-SH 2005, 12, 22. 453 OLG Schleswig ZIP 2004, 1143; Kort, ZIP 2008, 717, 722; Lutter/Kirschbaum, ZIP 2005, 103. 454 BGH NJW 1980, 438; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 2177. 455 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 277.

106

§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

Aufsichtsratsmitglieder unterliegen der Verschwiegenheitspflicht nach § 116 Satz 2 AktG. Vor dem Hintergrund, dass Aufsichtsratsmitglieder meistens ihr Mandat nur nebenberuflich ausüben und demnach auch weiteren Tätigkeiten nachgehen, ist es für sie nicht einfach, erhaltene Informationen jeweils „gesondert zu speichern“ und vertrauliche Informationen nur im zulässigen Rahmen der jeweiligen Tätigkeit zu verwenden. Werden vertrauliche Informationen nicht im Gesellschaftsinteresse, sondern im Eigeninteresse des Aufsichtsratsmitglieds eingesetzt, macht sich das betreffende Aufsichtsratsmitglied nach §§ 93 Abs. 2, 116 AktG schadensersatzpflichtig, wobei der auf der offenen Mitteilung der Information beruhende Schaden meist schwer nachzuweisen ist.456 bb) Pflichtverletzung und unternehmerische Entscheidung Die Tätigkeit des Aufsichtsrats beschränkt sich, wie bereits beschrieben, keineswegs mehr auf die ausschließlich rückschauende Überwachung der Vorstandstätigkeit, sondern umfasst vielmehr auch die Teilnahme an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens und die Beratung der Geschäftsleitung. Pflichtverletzungen und damit zusammenhängende Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder können sich demnach zunehmend auch aus unternehmerischen Fehlentscheidungen ergeben. Ein Bestehen des in §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG beschriebenen „sicheren Hafens“ und damit das Vorliegen eines unternehmerischen Ermessens des Aufsichtsrats kommt dann in Betracht, wenn der Aufsichtsrat selbst eine eigene unternehmerische Entscheidung trifft.457 (1) Unternehmerisches Ermessen Für die Beurteilung der Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern infolge Pflichtverletzungen im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen ist die Rechtsprechung des BGH zu ARAG/Garmenbeck458 von wesentlicher Bedeutung. Im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen haftet der Vorstand nur, wenn er „die Grenzen, in denen sich ein durch Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise

456 Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 278. 457 Lutter, ZIP 1995, 441 f.; Schneider, Sven H., DB 2005, 707, 709; Roth, GesRZ-SH 2005, 12, 14 f.; Hüffer, NZG 2007, 47, 48. 458 BGHZ 135, 244 ff.; ausführliche Literatur zum Fall ARAG/Garmenbeck: Dreher, ZHR 158 (1994), 614; Lutter, ZIP 1995, 441; Jaeger/Trölitzsch, ZIP 1995, 1157; Nirk, in: FS Karlheinz Boujong, 1996, S. 393; Raiser, NJW 1996, 552; Dreher, JZ 1997, 1074; Jäger, WiB 1997, 10; Horn, ZIP 1997, 1129; Thümmel, DB 1997, 1117; Kindler, ZHR 162 (1998), 101; Grooterhorst, ZIP 1999, 1117.

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder

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überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss“.459 Bei der Frage, ob dem Aufsichtsrat ein solcher Spielraum ebenfalls zusteht, muss zwischen vergangenheitsbezogener Kontrolle und zukünftiger, strategischer Begleitung differenziert werden. Hat der Aufsichtsrat eine abgeschlossene in der Vergangenheit liegende Vorstandsentscheidung hinsichtlich Pflichtverletzungen seitens der Geschäftsleitung zu überprüfen, unterliegt der Aufsichtsrat einer gebundenen Entscheidung, die vollständig der gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist. Ein Ermessen steht dem Aufsichtsrat dabei nicht zu. Ein solches kommt in erster Linie nur in Betracht, wenn das Gesetz dem Aufsichtsrat unternehmerische Aufgaben überträgt (§§ 84, 111 Abs. 4 AktG). Aber auch dann, wenn der Aufsichtsrat eine „unternehmerische Tätigkeit des Vorstands im Sinne einer präventiven Kontrolle begleitend mitgestaltet“,460 steht ihm ein autonomer unternehmerischer Ermessensspielraum zur Verfügung. Hat der Aufsichtsrat im Rahmen der begleitenden Kontrolle eine unternehmerische Entscheidung zu treffen, besteht ein dem Vorstand vergleichbarer Ermessensspielraum, wobei eine gerichtliche Überprüfung nur hinsichtlich der äußeren Grenzen des Ermessens möglich ist.461 Unternehmerische Entscheidungen des Aufsichtsrats sind überwiegend der gerichtlichen Kontrolle entzogen. Soweit es jedoch um Fragen der Feststellung und Bewertung von Tatsachen geht, steht dem Aufsichtsrat nur ein begrenzter und überprüfbarer Handlungsspielraum zu. Bei dieser Bewertung sind die Kriterien der Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit sowie das Unternehmensinteresse zu beachten. Hinsichtlich der Legalität besteht kein Ermessensspielraum im Gegensatz zu den Kriterien der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Hat der Aufsichtsrat nach Informationserlangung und Bewertung bestimmter Tatsachen anschließend eine unternehmerische Entscheidung zu treffen, steht ihm ein weiter Bereich unternehmerischen Ermessens zu.462 Haben im Einzelfall unternehmerische Entscheidungen des Aufsichtsrats ganz wesentliche Bedeutung für das Unternehmen, kann das unternehmerische Ermessen

459

BGHZ 135, 244, 253 f. BGHZ 135, 244, 255. 461 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 2184; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 251; als äußere Grenzen des Ermessens kommen die Kriterien der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage und einer Orientierung am Unternehmenswohl in Betracht, siehe dazu Thümmel, AG 2004, 83, 87. 462 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 2187 ff.; ganz ausführlich zum unternehmerischen Ermessen Lohse, Unternehmerisches Ermessen, 2005. 460

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eingeschränkt sein. Im Extremfall kann es zu einer Ermessensreduzierung auf Null kommen,463 wenn dem Unternehmen unmittelbar die Gefahr eines Schadens droht. Weitere Voraussetzung für das Bestehen unternehmerischen Ermessens ist stets, dass keine Verletzung der Treuepflicht vorliegt. Wer gegen Treuepflichten verstößt, handelt nicht im besten Interesse des Unternehmens und darf deshalb kein unternehmerisches Ermessen für sich in Anspruch nehmen. Ferner setzt die Anwendbarkeit unternehmerischen Ermessens voraus, dass die Aufsichtsratsmitglieder sämtliche gesetzlichen und satzungsinternen Regelungen beachten, aus denen sich ihre Pflichtenbindung ergibt.464 Die genaue Bewertung des Ermessensspielraums kann jedoch nicht allgemein erfolgen, sondern muss für einzelne unterschiedliche Entscheidungsgegenstände gesondert beurteilt werden. (2) Personalentscheidungen Wie bereits ausgeführt, ist die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder eine der wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats.465 Mit personellen Entscheidungen auf oberster Führungsebene hängen die Führungsqualität und das Wohlergehen des Unternehmens unmittelbar zusammen. Bei der Betrachtung der den Vorstand betreffenden Personalentscheidungen des Aufsichtsrats ist zwischen der Vorstandsbestellung und der Abberufung der Vorstandsmitglieder zu unterscheiden. Bei der Bestellung der Vorstandsmitglieder ist der Aufsichtsrat grundsätzlich an die gesetzlichen Bestellungsvoraussetzungen (§§ 76 Abs. 3, 105 Abs. 1 AktG) gebunden. Dabei trifft jedes Aufsichtsratsmitglied die Pflicht, die Eignung des möglichen Kandidaten zu überprüfen. Die Pflicht zur Suche nach geeigneten Kandidaten obliegt nicht jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied, sondern kann dem Nominierungsausschuss übertragen werden.466 Gibt es keinen Nominierungsausschuss, kann sich der Aufsichtsrat zur Entscheidungsvorbereitung über die Bestellung des Vorstandsmitglieds eines Personalausschusses bedienen (§ 107 Abs. 3 Satz 1 AktG). Die eigentliche Entscheidung über die Bestellung kann der Aufsichtsrat keinem Ausschuss übertragen (§ 107 Abs. 3 Satz 3 AktG). Bei der Beurteilung der Geeignetheit der Kandidaten steht dem Aufsichtsrat ein weiter Ermessensspielraum zu. Das gilt auch, wenn es um die Entscheidung einer endgültigen Berufung eines geeigneten Kandidaten zum Vorstandsmitglied geht. Begründet wird dies damit, dass die Aufsichtsratsmitglieder bei der Bestellung eines ungeeigneten Kandidaten Haftungs463

Dazu Lutter, ZIP 1995, 441, 442. Roth, GesRZ-SH 2005, 12, 14. 465 BGHZ 122, 342, 359; Fonk, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 9 Rn. 1; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 26 Rn. 47; v. Werder, AG 2004, 166, 168. 466 Empfehlung der Kommission zu den Aufgaben der nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitglieder börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungsrats/Aufsichtsrats vom 15. 2. 2005, ABl. EU Nr. L 52, 51 (2005/162/EG). 464

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder

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ansprüchen ausgesetzt seien, wenn der Gesellschaft dadurch ein Schaden entstehen würde.467 Im Rahmen des Entscheidungsprozesses der Vorstandsbestellung ist darauf zu achten, dass angesichts einer langfristigen Personalplanung der Personalausschuss rechtzeitig aktiv wird, ein entsprechendes Anforderungsprofil besteht und Bewerbungsunterlagen verbunden mit Vorstellungsgesprächen kritisch begutachtet werden.468 Sollten diese organisatorischen Faktoren im Entscheidungsprozess zu geringe Beachtung finden, werden die Grenzen des unternehmerischen Ermessens überschritten und es besteht ein Haftungsrisiko der Aufsichtsratsmitglieder. Bei der Abberufung von Vorstandsmitgliedern steht dem Aufsichtsrat kein Beurteilungsspielraum zu, wenn es um die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes geht.469 § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG nennt Beispiele für das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der zur Abberufung führen kann. Erfolgt trotz Vorliegens eines solchen wichtigen Grundes kein Widerruf der Bestellung und erwächst der Gesellschaft in Folge der mangelhaften Leitung ein Schaden, liegt eine Pflichtverletzung seitens der Aufsichtsratsmitglieder vor, die wiederum zu einer persönlichen Haftung führen kann. Verzögert der Aufsichtsrat seine Abberufungsentscheidung oder belässt er ein ungeeignetes Vorstandsmitglied im Amt oder kommt es sogar zu einer Wiederbestellung eines Unfähigen, kann dies ebenfalls den Vorwurf einer Pflichtverletzung begründen.470 (3) Zustimmungsvorbehalte Bei der Begründung von Zustimmungsvorbehalten nach § 111 Abs. 4 AktG sind zwei Bereiche unternehmerischer Entscheidungen des Aufsichtsrats zu unterscheiden. Zum einen verlangt § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, dass der Aufsichtsrat einen Katalog an bestimmten Arten von Geschäften definiert, die nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Da es sich bei der Entscheidung des Aufsichtsrats darüber, welche Geschäfte seiner Zustimmung bedürfen, um eine strategische Entscheidung handelt, unterliegt sie seinem unternehmerischen Ermessen. Der Aufsichtsrat hat bei der Festlegung eines Kataloges für zustimmungspflichtige Geschäfte die Lage der Gesellschaft, das Unternehmensinteresse, den Informationsaustausch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und den diesbezüglichen Umgang in vergleichbaren Unternehmen zu beachten. Der in Ziffer 3.3 DCGK gewählte Ausdruck „Geschäfte 467

Thümmel, AG 2004, 83, 87. So auch sehr ausführlich Peltzer, in: FS Johannes Semler, 1996, S. 261, 267, 269 ff. 469 Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 20 Rn. 51; Janzen, NZG 2003, 468, 470 f. 470 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 1590, 2186; Ek, Haftungsrisiken für Vorstand und Aufsichtsrat, 2005, S. 175; ausführlich zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern siehe Peltzer, in: Semler/Peltzer, Arbeitshandbuch für Vorstandsmitglieder, 2005, § 2 Rn. 94 ff. 468

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von grundlegender Bedeutung“ dient als Anhaltspunkt dafür, dass Maßnahmen, die einen gesteigerten finanziellen oder organisatorischen Umfang besitzen, der Zustimmungspflichtigkeit unterliegen sollten. Risikoreiche Vorhaben der Unternehmensleitung bedürfen damit hinsichtlich einer möglichen Zustimmungspflichtigkeit einer detaillierten Untersuchung und Diskussion innerhalb des Aufsichtsrats.471 Verletzen die Aufsichtsratsmitglieder ihre dahingehenden Untersuchungs- und Nachforschungspflichten und entsteht der Gesellschaft dadurch ein Schaden, kommt eine persönliche Haftung in Betracht. Zum anderen hat der Aufsichtsrat über zustimmungspflichtige Maßnahmen des Vorstands zu entscheiden. Dabei handelt es sich um eine eigene unternehmerische Entscheidung des Aufsichtsrats. Bei der Entscheidung, ob die Zustimmung erteilt oder verweigert wird, steht dem Aufsichtsrat das gleiche unternehmerische Ermessen zu wie dem Vorstand, wobei die Entscheidung auf Grundlage angemessener Information und von Verantwortungsbewusstsein getragen erfolgen muss.472 Erteilt der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu einem Geschäft der Geschäftsleitung, die er bei pflichtgemäßem Handeln hätte verweigern müssen, trifft die Aufsichtsratsmitglieder eine Schadensersatzpflicht.473 (4) Vergütungsentscheidungen Die Entscheidung über die Vergütung des Vorstands obliegt dem Aufsichtsrat. Eine Delegation an den Personalausschuss dieser der zukunftsgerichteten Kontrolle zugeordneten unternehmerischen Entscheidung ist in der Praxis die Regel. Dabei steht dem Aufsichtsrat ein Ermessenfreiraum zu,474 wobei das Unternehmensinteresse475 maßgebliches Kriterium für die Einhaltung der Ermessensgrenzen ist. Bei dieser unternehmerischen Ermessensentscheidung sind die Grundsätze der ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung anzuwenden. Ein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 AktG liegt erst dann vor, wenn „die Grenzen, in denen sich ein durch Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist“.476

471

Thümmel, AG 2004, 83, 89. BGHZ 135, 244, 253; Ek, Haftungsrisiken für Vorstand und Aufsichtsrat, 2005, S. 168; Thümmel, AG 2004, 83, 89. 473 BGH AG 2007, 167, 168. 474 LG Düsseldorf ZIP 2004, 2044, 2046; Brauer, NZG 2004, 502, 504; Thümmel, AG 2004, 83, 89; Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 118; Kort, NJW 2005, 333, 334; ders., NZG 2006, 131, 132 f. 475 BGHZ 135, 244 (ARAG/Garmenbeck) spricht vom Unternehmenswohl. 476 BGHZ 135, 244, 253. 472

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder

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Zudem hat der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Vergütung das Angemessenheitskriterium nach § 87 AktG zu beachten.477 Die Frage, ob die Vergütung sich im Angemessenheitsrahmen hält, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. § 87 AktG begrenzt das unternehmerische Ermessen des Aufsichtsrats, schließt es aber keinesfalls aus. Der Verstoß gegen eine unangemessene Festsetzung der Vorstandsbezüge hat zwar nicht die Nichtigkeit der Vergütungsabrede zur Folge, stellt jedoch eine Pflichtverletzung des Aufsichtsrats gemäß §§ 116, 93 Abs. 2 Satz 1 AktG dar.478 In den Blickpunkt der Öffentlichkeit ist die heikle Thematik der Vorstandsvergütung durch den Fall Mannesmann479 geraten. Dabei wurden nachträgliche Anerkennungsprämien für Vorstandsmitglieder als Verschwendung von Gesellschaftsvermögen gewertet, ohne dass der Gesellschaft ein unmittelbarer Vorteil zukommt. Eine solche Hingabe von Gesellschaftsvermögen sei nicht mehr vom unternehmerischen Ermessen des Aufsichtsrats gedeckt.480 Zwar steht dem Aufsichtsrat bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG ein Ermessensspielraum zu, der jedoch durch eine Orientierung am Unternehmensinteresse beschränkt wird.481 cc) Besondere Pflichtverletzungen (1) Schädigendes Verhalten nach § 117 AktG Ausfluss der allgemeinen Treuepflicht der Aufsichtsratsmitglieder ist die Pflicht, jegliches das Unternehmen schädigende Verhalten zu unterlassen. Veranlasst der Aufsichtsrat den Vorstand zu einer unternehmensschädigenden Maßnahme, liegt eine Pflichtverletzung vor. Das Aufsichtsratsmitglied kann dann schadensersatzpflichtig gegenüber der Gesellschaft nach § 117 Abs. 1 AktG sein. Dasselbe gilt, wenn ein Dritter unter Ausnutzung seines Einflusses ein Aufsichtsratsmitglied zu einem pflichtwidrigen und schädigenden Verhalten veranlasst. Jeder, dem durch das schädigende Verhalten ein Vorteil zukommt, haftet neben dem veranlassenden Dritten als Gesamtschuldner der Gesellschaft gegenüber auf Schadensersatz (§ 117 Abs. 1 AktG).482

477

Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006, § 14 Rn. 52. Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 87 Rn. 3; Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 87 Rn. 79 f.; Spindler, DStR 2004, 36, 42; Brauer/Dreier, NZG 2005, 57, 58; Fleischer, DStR 2005, 1318, 1322; Kort, DStR 2007, 1127, 1132. 479 BGH NZG 2006, 141 = NJW 2006, 522; Besprechung der Entscheidung Kort, NZG 2006, 131 ff. 480 Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 87 Rn. 351; ders., NZG 2006, 131, 132 f.; Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127, 128. 481 Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 87 Rn. 352; ders., NZG 2006, 131, 132 f.; ders., DStR 2007, 1127, 1132. 482 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 2179. 478

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

(2) Entsprechenserklärung nach § 161 AktG Gemäß § 161 AktG ist es gesetzliche Pflicht von Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften, jährlich eine Entsprechenserklärung hinsichtlich der Einhaltung oder Nicht-Einhaltung der Kodex-Bestimmungen des Deutschen Corporate Governance Kodex abzugeben. Wegen der vergangenheits- und zukunftsbezogenen Perspektive der Entsprechenserklärung haben die Organmitglieder dafür zu sorgen, dass die Entsprechenserklärung jederzeit der tatsächlichen Sachlage in der Gesellschaft entspricht.483 Für den Aufsichtsrat haftungsrelevant sind dabei drei Konstellationen: Zunächst kommt ein Ersatzanspruch der Gesellschaft in Betracht, wenn die Erklärung nicht abgegeben wurde. Des Weiteren ist ein Ersatzanspruch im Falle einer Falscherklärung hinsichtlich der vergangenheitsbezogenen Einhaltung der KodexBestimmungen möglich. Schließlich handelt der Aufsichtsrat auch pflichtwidrig, wenn die Entsprechenserklärung im Hinblick auf die zukunftsorientierte Einhaltung der Kodex-Bestimmungen nicht korrigiert wird, obwohl diese nicht befolgt werden. Voraussetzung einer Schadensersatzverpflichtung ist jedoch, dass der Gesellschaft aus der Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist. (3) Pflichten bei Übernahmeangeboten Im Rahmen eines Übernahmeangebots verpflichtet § 27 WpÜG den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zur Abgabe einer begründeten Stellungnahme hinsichtlich des Angebots. Unterlässt der Aufsichtsrat diese Maßnahme oder gibt er eine fehlerhafte Stellungnahme ab, handelt er gegenüber der Gesellschaft pflichtwidrig und haftet bei Vorliegen eines kausal darauf beruhenden Schadens auf Schadensersatz.484 Ferner kommt eine Haftung des Aufsichtsrats aus §§ 33 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 WpÜG in Betracht, wenn bei der Zustimmung zu Verteidigungsmaßnahmen der Vorrang des Unternehmensinteresses nicht gewahrt wird.485 Hierbei ist jedoch zu beachten, dass dem Aufsichtsrat ein weiter Ermessensspielraum zusteht.486 dd) Pflichtverletzungen in der Krise des Unternehmens Wie bereits ausgeführt, ist es primäre Aufgabe des Aufsichtsrats, den Vorstand vergangenheits- und zukunftsorientiert zu überwachen. Der Aufsichtsrat hat zu prüfen, 483 Körper/Hähnel, in: Pfitzer/Oser/Orth, Deutscher Corporate Governance Kodex, 2. Aufl. 2005, S. 372. 484 Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, Uwe H., Kommentar zum WpÜG, 2005, § 33 Rn. 314; dazu ausführlich Friedl, NZG 2004, 448, 449. 485 Zu den Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmeangeboten nach dem WpÜG siehe Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1 ff. 486 Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, Uwe H., Kommentar zum WpÜG, 2005, § 33 Rn. 161, 314; zu Haftungsrisiken von Aufsichtsräten bei der Abwehr von Übernahmeversuchen Thümmel, DB 2000, 461 ff.

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder

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ob die Geschäftsleitung die ihm zugewiesenen Pflichten nach den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit erfüllt. Gerade in der Krise des Unternehmens ist der Aufsichtsrat dahingehend gefragt. Wie Thümmel es treffend beschreibt, „schlägt in der Krise des Unternehmens die Stunde des Aufsichtsrats“.487 Zeigen sich erste Anzeichen einer Überschuldung der Gesellschaft, ist der Aufsichtrat dazu angehalten, Restrukturierungsmaßnahmen zu veranlassen. Dazu gehören beispielsweise die Einberufung von Sondersitzungen oder die Begründung von Zustimmungsvorbehalten im Rahmen einer strategischen Restrukturierung. In der Krise des Unternehmens bestehen für Aufsichtsratsmitglieder keine besonderen Sorgfaltspflichten. Jedoch kann die seit Inkrafttreten des MoMiG488 am 1. 11. 2008 geltende Vorschrift der Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a Abs. 3 InsO n. F. für Aufsichtsratsmitglieder haftungsrechtlich relevant werden. Stellen Aufsichtsratsmitglieder im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft und in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der Gesellschaft keinen Insolvenzantrag, verletzen sie ihre Pflicht aus § 15a Abs. 3 InsO n. F. und machen sich ersatzpflichtig.489 Dies gilt auch, wenn der Insolvenzantrag im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 InsO n. F. nicht richtig oder nicht rechtzeitig gestellt wird (§ 15a Abs. 4 InsO n. F.). Zu beachten ist ferner die Verpflichtung des Aufsichtsrats, den Vorstand seinerseits für Fehlverhalten in Anspruch zu nehmen.490 In der Krise der Gesellschaft besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein Fehlverhalten der Geschäftsleitung. b) Verschulden Die Aufsichtsratstätigkeit unterliegt keiner Erfolgshaftung, sondern generell einer Verschuldenshaftung, wobei das Verschulden vom Gesetz vermutet wird.491 Als Maßstab dient die Sorgfalt eines gewissenhaften Überwachers. Wird diese Sorgfalt nicht gewahrt, handelt das Aufsichtsratsmitglied nicht nur pflichtwidrig, sondern regelmäßig auch schuldhaft. Dies ist immer dann der Fall, wenn diejenige Sorgfalt nicht eingehalten wurde, die von einem durchschnittlich befähigten Aufsichtsratsmitglied mit durchschnittlichen Kenntnissen und Erfahrungen zu erwarten ist.492 Für ein Verschulden im Rahmen der Haftung nach §§ 116, 93 AktG genügt einfache Fahrlässigkeit, 487

Thümmel, BB 2002, 1105, 1106. Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), BGBl. I 2008, 2026. 489 Siehe dazu oben § 4 B. I. 1. a) aa) (1). 490 Dazu BGHZ 135, 244 ff. (ARAG/Garmenbeck). 491 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 982; Arnold, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 22 Rn. 20. 492 Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 39; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 1005. 488

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

wobei der objektive Verschuldensmaßstab den Mindestanforderungen an die Sorgfaltspflicht entspricht.493 Besondere persönliche Fachkenntnisse einzelner Aufsichtsratsmitglieder führen nach umstrittener aber zuzustimmender Auffassung zur Erhöhung des Sorgfaltsmaßstabs.494 Lässt ein mit Spezialkenntnissen ausgestattetes Aufsichtsratsmitglied seine Fachkenntnisse im Rahmen seiner Tätigkeit außer acht, so unterliegt er auch dann einer gesteigerten Sorgfalt, wenn ein durchschnittliches Aufsichtsratsmitglied diese speziellen Kenntnisse überhaupt nicht besitzen müsste.495 Im Rahmen der Überwachungstätigkeit können sich die übrigen Aufsichtsratsmitglieder auf eine plausible und begründete Einschätzung der Spezialisten verlassen.496 Die individuelle Steigerung des Sorgfaltsmaßstabs findet ihre Rechtfertigung darin, dass bestimmte Aufsichtsratsmitglieder gerade aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse in den Aufsichtsrat gewählt werden. Insgesamt kommt den Aufsichtsratsmitgliedern ebenso wie den Mitgliedern des Vorstands eine Gesamtverantwortung für die Tätigkeit des Aufsichtsrats zu.497

c) Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern Anspruchsberechtigter bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern im Innenverhältnis ist die Gesellschaft, da ihr ein Schaden entstanden ist. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen obliegt dem Exekutivorgan, das heißt dem Vorstand der Aktiengesellschaft nach §§ 77, 78 Abs. 1 AktG, der die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Bestehen ausreichende Erfolgsaussichten zur Anspruchsdurchsetzung, ist der Vorstand im Unternehmensinteresse zur Geltendmachung verpflichtet, wobei ihm bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten und bezüglich der Anspruchsverfolgung nur ein begrenzter Ermessensspielraum zusteht.498 Da der Verletzung einer Überwachungs- oder Kontrollpflicht 493 Hopt, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rn. 253 ff.; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 116 Rn. 284; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 69; Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 39. 494 LG Hamburg ZIP 1981, 194, 197; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 1008; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 33 Rn. 61. 495 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 3; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 116 Rn. 57; Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 33 Rn. 61; Buchta/van Kann, DStR 2003, 1665, 1669; Fischer, Der Konzern 2005, 67, 69. 496 Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 3. Aufl. 2007, § 33 Rn. 61; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 294. 497 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 9; Tomat, in: Münchener Anwalts Handbuch Aktienrecht, 2005, § 24 Rn. 49. 498 BGHZ 135, 244, 254.

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des Aufsichtsrats oftmals eine Pflichtverletzung seitens des Vorstands zugrunde liegt, kommt es im Regelfall nicht zur Verfolgung von Ansprüchen durch den Vorstand gegen Mitglieder des Aufsichtsrats.499 Kollegiale wechselseitige Verbundenheit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und das Risiko der eigenen Vorstandshaftung vereiteln eine Inanspruchnahme in der Praxis.500 Zumeist erfolgt in einem solchen Fall die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG. Häufigstes Beispiel eines derartigen gesetzlichen Vertreters ist der Insolvenzverwalter, der die Gesellschaft im Fall einer Insolvenz vertritt.501 Unterbleibt eine Anspruchsverfolgung durch den Vorstand aus den genannten Gründen, kann eine Geltendmachung durch die Hauptversammlung nach § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG oder eine qualifizierte Aktionärsminderheit gemäß § 148 Abs. 1 Satz 1 AktG erfolgen. Ferner kann nach §§ 116, 93 Abs. 5 Satz 1, 117 Abs. 5 Satz 1 AktG der Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen Aufsichtsratsmitglieder auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können.

2. Außenhaftung Für die Außenhaftung von Aufsichtsratsmitgliedern bestehen keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen. Im seltenen Fall einer Außenhaftung des Aufsichtsrats gegenüber Dritten richtet sich diese nach den allgemeinen Vorschriften des Deliktsrechts (§§ 823 ff. BGB).502 Voraussetzung ist dabei die schuldhafte Verletzung eines absoluten Rechts, der Verstoß gegen ein Schutzgesetz oder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung.503 Da eine mögliche Haftung der Aufsichtsratsmitglieder zumeist gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) besteht, kommt eine Haftung gegenüber Aktionären oder sonstigen Dritten (Außenhaftung) nur im Ausnahmefall in Betracht. Im Gegensatz zum Vorstand hat der Aufsichtsrat als Innenorgan weitaus seltener Gelegenheit, geschützte Rechtspositionen Dritter zu beeinträchtigen und damit einen deliktischen Haftungstatbestand zu erfüllen. Sollte ein Aufsichtsratsmit499

Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 70; Grotheer, WM 2005, 2070, 2074; Semler, AG 2005, 321 f. 500 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 147 Rn. 1; Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 115; nicht so im umgekehrten Fall des Schmiergeldskandals bei der Siemens AG. Nach der teilweisen Neubesetzung von Vorstand und Aufsichtsrat, hat der Aufsichtsrat durch Beschluss vom 29. 7. 2008 die Entscheidung gefasst, gegen elf ehemalige Mitglieder des Zentralvorstands Schadensersatzklage zu erheben. Ein Zeichen kollegialer Verbundenheit stellt dieser Aufsichtsratsbeschluss sicherlich nicht dar; siehe dazu F.A.Z. vom 30. 7. 2008, Nr. 176, S. 1, 2, 15; Handelsblatt vom 30. 7. 2008, Nr. 146, S. 11; Süddeutsche Zeitung vom 30. 7. 2008, Nr. 176, S. 1, 4. 501 LG Bielefeld AG 2000, 136 = ZIP 2000, 20 (Balsam AG); LG Stuttgart AG 2000, 237 (ASS AG); Thümmel, DB 2004, 471, 473. 502 Thümmel, AG 2004, 83 f., 91. 503 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 1018 ff.; Thümmel, AG 2004, 83, 84; Fischer, Der Konzern 2005, 67, 68.

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

glied dennoch durch Handeln mit Außenwirkung in Erscheinung treten, hat dies eine persönliche Außenhaftung des Aufsichtsratsmitglieds zur Folge. Wegen der zunehmenden Beteiligung des Aufsichtsrats an wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen durch Zustimmungsvorbehalte und Beratung des Vorstands wächst das Risiko der Aufsichtsratsmitglieder, als Gehilfe oder Teilnehmer einen deliktischen Haftungstatbestand zu verwirklichen. Beispiele dafür ergeben sich im Bereich der Produkthaftung oder des Wettbewerbsrechts (z. B. bei Patentverletzungen). Eine Haftung des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber den Aktionären ist auch dann möglich, wenn es den Vorstand zumindest mit bedingtem Vorsatz zu einer pflichtwidrigen Handlung anstiftet oder dazu Hilfe leistet.504 Die Beihilfeleistung des Aufsichtsrats zu betrügerischen Kapitalerhöhungen durch den Vorstand begründet eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber den Aktionären gemäß §§ 826, 830 BGB.505 Der Aufsichtsrat übernimmt zwar keine Garantie für die Ordnungsmäßigkeit der Unternehmensführung durch die Geschäftsleitung. Das bewusste Unterlassen einer sorgfältigen Nachprüfung der Kapitalerhöhung durch die Aufsichtsratsmitglieder stellt jedoch eine ausreichende Beihilfeleistung zu einem strafbaren oder sittenwidrigen Verhalten des Vorstands dar. Dies gilt insbesondere, da der Aufsichtsrat bei Kapitalerhöhungen im Rahmen des genehmigten Kapitals gemäß §§ 202 Abs. 3 Satz 2, 204 Abs. 1 Satz 2 AktG einer Mitwirkungspflicht unterliegt. Eine unmittelbare Außenhaftung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber Aktionären kommt zudem in den Fällen der vorsätzlich schädigenden Einflussnahme auf die Gesellschaft nach § 117 Abs. 1 und 2 AktG und der konzernrechtlichen Schadensersatzverpflichtung nach § 317 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AktG in Betracht.506

II. Sinn und Zweck der persönlichen Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern Vorrangiges Ziel der Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern nach §§ 116, 93 AktG ist sowohl der Schadensausgleich für die Gesellschaft (reaktive Wirkung) als auch die Verhaltenssteuerung der Aufsichtsratsmitglieder (präventive Wirkung). Vorschriften über die Haftung sind Teil einer guten Corporate Governance und sollen disziplinierende Wirkung haben. Gerade für das Gesamtorgan des Aufsichtsrats ist dieser diszi-

504

OLG Düsseldorf DB 2008, 1961; Ek, Haftungsrisiken für Vorstand und Aufsichtsrat, 2005, S. 192. 505 OLG Düsseldorf DB 2008, 1961, mit Anmerkung von Wilsing/Ogorek, DB 2008, 1963 ff. 506 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 1020; Mielke, Defizite in der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat und Ansätze zu ihrer Bewältigung, 2005, S. 254.

B. Haftungsrisiken für Aufsichtsratsmitglieder

117

plinierende Faktor der Haftung von besonderer Bedeutung, da dessen Handeln nicht durch ein weiteres Kontrollorgan überwacht wird.507 Im Rahmen der Aufsichtsratshaftung ist zu beachten, dass Handelnder (Organ) und Haftender (juristische Person) nicht identisch ist. Grundsätzlich haftet die juristische Person für das handelnde Aufsichtsratsmitglied, sodass durchaus die Möglichkeit besteht, dass das Aufsichtsratsmitglied nicht diejenige Sorgfalt anwendet, die es bei einer direkten persönlichen Haftung aufgebracht hätte.508 Der Präventivgedanke einer persönlichen Haftung soll die Aufsichtsratsmitglieder dazu anhalten, ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft ordnungsgemäß zu erfüllen. Auch die leichtere Durchsetzbarkeit und Geltendmachung der Innenhaftung der Aufsichtsratsmitglieder mittels Verfolgungsrecht und Aktionärsklage nach § 147 AktG und § 148 AktG soll zu einer effektiveren präventiven Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats führen. Die Möglichkeit, als Aktionärsminderheit im Wege des Klagezulassungsverfahrens nach § 148 Abs. 1 AktG auch bei geringeren Erfolgsaussichten ersatzweise für die Geschäftsleitung aktiv zu werden und Schadensersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder geltend zu machen, impliziert einen deutlichen Hinweis an die Aufsichtsratsmitglieder, ihre Kontrollaufgabe effizient und überlegt durchzuführen, die Gefahr eines Schadenseintritts zu reduzieren und damit einer möglichen persönlichen Haftung zu entgehen.509 Die persönliche Haftung ist im Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und Aufsichtsratsmitglied von besonderer Bedeutung. So kann auch im Falle einer unternehmensschädigenden Pflichtverletzung von Seiten des Aufsichtsratsmitglieds das Unternehmensinteresse großteils gewahrt werden. Normzweck des § 93 AktG ist der Schadensausgleich für die der Gesellschaft entstandenen Nachteile.510 Zwar kann das Instrument der persönlichen Haftung für Aufsichtsratsmitglieder als Mittel der Anregung und Motivation zu einer effizienten Kontrolltätigkeit angesehen werden. Jedoch kann es keineswegs einer Zusicherung von fachlicher Qualifikation, professioneller Ethik und Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern dienen. Es kann auch zu vorsichtigem Handeln und zu Absicherungsmaßnahmen von Aufsichtsratsmitgliedern führen. Für eine ausgezeichnete Aufsichtsratstätigkeit entscheidend sind die Qualität seiner Mitglieder, deren Einsatz und Unabhängigkeit. Die persönliche Haftung kann damit zur Verbesserung und Professionalisierung der Aufsichtsratstätigkeit nur in begrenztem Maße beitragen.511

507

Thümmel, DB 2004, 471, 473; Grotheer, WM 2005, 2070. Paal, DStR 2005, 382, 383. 509 Zum präventiven Charakter von Haftungsregeln siehe ausführlich Hopt, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rn. 11 ff.; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 1 f. 510 Hopt, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rn. 11. 511 Paal, DStR 2005, 426, 432; zur Professionalisierung der Aufsichtsratstätigkeit siehe Lutter, NJW 1995, 1133 f.; Möllers, ZIP 1995, 1725 ff.; Fischer, Der Konzern 2005, 67, 68 ff.; 508

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG – Business Judgment Rule I. Institut der Business Judgment Rule Die Rechtsfigur der Business Judgment Rule eröffnet den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Möglichkeit einer Haftungsfreistellung. Auswirkungen unternehmerischer Entscheidungen sind regelmäßig nicht vorhersehbar, da die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, der Erfolg eines neuen Produktes am Markt, aber auch das Konkurrenzverhalten von Wettbewerbern nicht abzusehen ist.512 Auch Prognosen können hierbei nicht weiterhelfen, da auch sie auf Vermutungen über künftige Entwicklungen basieren. Zudem erfolgen unternehmerische Entscheidungen oftmals unter großem Zeitdruck, sodass eine eingehende Entscheidungsvorbereitung nicht möglich ist.513 Ein unternehmerisches Handeln, verbunden mit einer Gewinnerzielungsabsicht und der Absicht einer Ertragssteigerung ist ohne Risiko schlechthin undenkbar. Diese charakteristischen Merkmale einer unternehmerischen Entscheidung zeigen, dass der Misserfolg eines Unternehmens nicht automatisch mit Fehlhandlungen der Organmitglieder zusammenhängt. Deshalb ist es sinnvoll, Organmitglieder nicht für den Erfolg ihres Unternehmens haften zu lassen und unternehmerische Entscheidungen, die sich bei retrospektiver Betrachtung als falsch herausstellen, nicht als Pflichtverletzung zu bewerten.514 An diesem Punkt setzt die Rechtsfigur der Business Judgment Rule an:515 Nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, der gleichermaßen für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gilt, liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn ein Aufsichtsratsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft gehandelt zu haben.

Ziffern 5.4.1, 5.4.2 und 5.4.5 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 18.6.2009. 512 Dauner-Lieb, in: FS Volker Röhricht, 2005, S. 83 ff. 513 Arnold, Die Steuerung des Vorstandshandelns, 2007, S. 172; Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 830 f.; Dauner-Lieb, in: FS Volker Röhricht, 2005, S. 83, 84. 514 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 70. 515 Ausführliche wissenschaftliche Beiträge zur Rechtsfigur der Business Judgment Rule siehe Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827 ff.; Paefgen, AG 2004, 245 ff.; Fleischer, ZIP 2004, 685 ff.; Roth, BB 2004, 1066 ff.; Ulmer, DB 2004, 859 ff.; Roth, GesRZSH 2005, 12 ff.; Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 ff.; Grundei/v. Werder, AG 2005, 825 ff.; Schneider, Sven H., DB 2005, 707 ff.; Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189 ff.; Lutter, ZIP 2007, 841 ff.; Hauschka, GmbHR 2007, 11 ff.

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG

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Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Aufsichtsratsmitglieder beim Treffen von Ermessensentscheidungen die ihnen gesetzten Ermessensgrenzen überschreiten. Umgekehrt formuliert stellt § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG klar, dass für Fehler im Rahmen des unternehmerischen Entscheidungsspielraums nicht gehaftet wird und damit eine Erfolgshaftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft ausscheidet.516 In einem solchen Fall befindet sich das handelnde Aufsichtsratsmitglied in einem sogenannten „sicheren Hafen“ in Form einer Haftungsfreistellung. Die Business Judgment Rule greift nur bei unternehmerischer Tätigkeit des Aufsichtsrats ein.517 Konkret geht es bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Business Judgment Rule nicht darum, Aufsichtsratsmitglieder zu entschuldigen, sondern vom Vorwurf pflichtwidrigen Handelns freizustellen. Sollte eine Maßnahme unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten in höchstem Maße misslingen, so ist sie dennoch als rechtmäßig zu qualifizieren. Die Norm des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG differenziert zwischen fehlgeschlagenen unternehmerischen Entscheidungen auf der einen Seite, und sonstigen Pflichtverletzungen wie Gesetzesverstöße, Satzungsverstöße oder Treuepflichtverletzungen auf der anderen Seite. Ein Verstoß gegen gesetzliche, satzungsmäßige oder anstellungsvertragliche Pflichten fällt nicht unter die Haftungsfreistellungsnorm des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, da bei diesen Pflichten kein tatbestandlicher Beurteilungsspielraum besteht.518

II. Entwicklung 1. Grundidee der Business Judgment Rule Die von der US-amerikanischen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Business Judgment Rule gewähren den Unternehmensleitern (directors) in den USA einen Handlungs- und Haftungsfreiraum, der sowohl vor Eingriffen durch die Gerichte in die Unternehmensleitung als auch vor gerichtlicher Überprüfung unternehmerischer Ermessensentscheidungen im Bereich von Organhaftungsprozessen schützt. Das American Law Institute (ALI) hat diese Grundsätze aufgenommen und präziser formuliert. Nach § 4.01 (c) der Principles of Corporate Governance gilt: „A director or officer who makes a business judgment in good faith fulfils the duty under this section [i.e.: duty of care] if the director or officer: (1) is not interested in the subject of the business judgment; (2) is informed with respect to the subject of the business judgment to the 516 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; entsprechend dem Beschluss des 63. Deutschen Juristentag und einem Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance; Arnold, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 22 Rn. 20; Fischer, Der Konzern 2005, 67, 76. 517 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 116 Rn. 8; Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 228 ff. 518 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; ähnlich auch Horn, in: FS Harm Peter Westermann, 2008, S. 1053, 1064.

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

extent the director or officer reasonably believes to be appropriate under the circumstances; and (3) rationally believes that the business judgment is in the best interest of the corporation.”519

Vorrangiges Ziel ist dabei die Sicherung der Unternehmensautonomie der Unternehmensleitung, ohne dass diese eine gerichtliche Überprüfung von sich im Nachhinein als nachteilig erweisenden Maßnahmen im Rahmen von Schadensersatzprozessen befürchten muss. Zum einen soll dadurch die Risikobereitschaft, die für nahezu jede unternehmerische Entscheidung benötigt wird, gefördert werden. Zum anderen sollen unternehmerische Entscheidungen von Unternehmensleitern getroffen werden und nicht in die Hände von Richtern gelegt werden. Für das Vorliegen eines sogenannten Business Judgment, das der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist, müssen nach der Formulierung des American Law Institute (ALI) auf Seiten der Unternehmensleitung folgende Voraussetzungen erfüllt sein. Der director muss seine unternehmerische Entscheidung (business decision) unbefangen getroffen haben (desinterested judgment). Diese Entscheidung muss zudem auf einer ausreichenden Informationsgrundlage getroffen worden sein (informed judgment) und nach der nachvollziehbaren Überzeugung des directors im besten Interesse der Gesellschaft liegen (rational belief).520 Fehlt eine dieser Voraussetzungen, unterliegt die Entscheidung im vollen Umfang der gerichtlichen Nachprüfung, wobei ein allgemein strengerer Haftungsmaßstab (entire fairness standard) herangezogen wird. Die Intention der Business Judgment Rule ist danach die Gewährung eines weiten unternehmerischen Entscheidungsspielraums, in dessen Bereich unternehmerische Fehlentscheidungen ohne rechtliche Folgen für die Unternehmensleiter bleiben.

2. Bedürfnis einer Haftungsfreistellung Aufgabe des Unternehmensmanagements ist es, Geschäfte und Maßnahmen für die Gesellschaft zu tätigen. Dazu gehören neben der Entscheidungsplanung und Entscheidungsfindung durch den Vorstand auch die begleitenden Beratungen des Aufsichtsrats und dessen präventive Kontrolle. Im Normalfall unterliegt das Management keiner bestimmten Handlungspflicht, sondern genießt generell unternehmerische Handlungsfreiheit. Damit zusammenhängend stellt sich die Frage, wer das Risiko solcher unternehmerischen Maßnahmen trägt, insbesondere dann, wenn sich Maß519 American Law Institute, Principles of Corporate Governance: Analysis and Recommendations, 1994, Part IV, § 4.01 (c), S. 139. 520 Zu den Voraussetzungen im amerikanischen Recht siehe ausführlich Abeltshauser, Leitungshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht, 1998, S. 131 ff.; Hopt, in: FS Ernst-Joachim Mestmäcker, 1996, S. 909, 920; Katsas, Die Inhaltskontrolle unternehmerischer Entscheidungen von Verbandsorganen im Spannungsfeld zwischen Ermessensfreiheit und Gesetzesbindung, 2006, S. 140 ff.

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG

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nahmen retrospektiv als Fehlentscheidungen oder Fehlleistungen herausstellen. Grundsätzlich tragen die Aktionäre als Eigentümer der Gesellschaft das finanzielle Haftungsrisiko. Dies gilt jedoch nur, wenn das handelnde Organmitglied seine Sorgfaltspflicht gewahrt hat und die Maßnahme unabhängig und sorgfältig vorbereitet war. Wie bereits ausgeführt, ist mit unternehmerischen Entscheidungen trotz größtmöglicher Sorgfaltsanwendung zwangsläufig das Risiko verbunden, dass unvorhersehbare Entwicklungen zu Lasten des gewünschten Ergebnisses gehen. Die Sorge vor einer möglichen Inanspruchnahme sollte nicht zu einer Risikoaversion im Rahmen des unternehmerischen Handelns führen. Wären die Haftungsgefahren durch eine allzu strenge gerichtliche Nachprüfung unternehmerischer Entscheidungen zu groß, würde kaum noch jemand den Job eines Managers übernehmen. Die Möglichkeit einer Haftungsfreistellung entspricht damit im Bereich eines solchen unternehmerischen Handelns dem Kriterium der Billigkeit.521 Die Business Judgment Rule reduziert zudem das unternehmerische Risiko des Aktionärs für Fehlentscheidungen des Managements durch die Statuierung der Pflicht des Aufsichtsratsmitglieds zur sorgfältigen Vorbereitung und unabhängigen Entscheidung der betreffenden unternehmerischen, also freien, durch keine spezielle Rechtspflicht vorgeprägten Maßnahme.522 Die Business Judgment Rule schützt damit nach Fleischer nur den Wagemutigen, nicht aber den Unbesonnenen, der sich über die Voraussetzungen und Auswirkungen seines Handelns nicht rechtzeitig und sorgfältig informiert hat.523 3. Historische Grundlagen Diese aus dem angelsächsischen Rechtskreis stammende Rechtsidee der Business Judgment Rule findet in Deutschland bereits in der amtlichen Begründung des Aktiengesetzes von 1937 Erwähnung. Darin heißt es, dass Vorstandsmitgliedern nicht durch eine allzu strenge Haftung „jeder Mut zur Tat genommen“ werden dürfe.524 Dieser Leitlinie ist der Gesetzgeber gefolgt und hat im Rahmen des § 93 AktG eine Erfolgshaftung der Organmitglieder ausgeschlossen. Der mit einem zugesicherten unternehmerischen Gestaltungsspielraum zusammenhängende Begriff der Business Judgment Rule erreichte in Deutschland schließlich durch die Entscheidung ARAG/Garmenbeck525 seinen Durchbruch.526 Im Rahmen der Corporate Gover521

Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 229. BGHZ 135, 244, 253. 523 Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 840. 524 Amtliche Begründung zu § 84 AktG 1937, abgedruckt in Klausing, Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien nebst Einführungsgesetz und „Amtlicher Begründung“, 1937, S. 71. 525 BGHZ 135, 244 ff. 526 Ausführliche Übersicht von wissenschaftlichen Beiträgen und Gerichtsentscheidungen in Schneider, Sven H., DB 2005, 707. 522

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

nance-Debatte Ende der neunziger Jahre wurde erstmalig die Möglichkeit einer Kodifikation der Business Judgment Rule im deutschen Aktienrecht artikuliert.527

III. Rechtlicher Ansatz und Kodifikation der Business Judgment Rule Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) am 1. November 2005 wurde die aus dem US-amerikanischen Recht bekannte Business Judgment Rule in das deutsche Aktiengesetz aufgenommen. Die ursprüngliche Idee einer Kodifikation der Business Judgment Rule im deutschen Aktienrecht geht auf einen Vorschlag von Ulmer528 zurück. Ein entsprechender Beschluss dazu wurde auf dem 63. Deutschen Juristentag 2000 in Leipzig gefasst. Dieser Vorschlag zur Schaffung einer gesetzlichen Norm für das unternehmerische Ermessen wurde von der Regierungskommission Corporate Governance übernommen.529 So sprach die Regierungskommission die Empfehlung aus, in § 93 AktG klarzustellen, dass eine Erfolgshaftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft ausscheidet („Business Judgment Rule“). Durch die Neufassung des § 93 AktG und die Kodifizierung der Business Judgment Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG hat der Gesetzgeber einen Haftungsfreiraum für Unternehmensleiter geschaffen. Danach soll der Vorstand für Fehlentscheidungen im Rahmen seines ihm gewährten unternehmerischen Entscheidungsspielraums nicht haften und gegenüber der Gesellschaft eine Erfolgshaftung der Organmitglieder ausscheiden.530 Durch die Normierung der Business Judgment Rule im deutschen Aktiengesetz führt der Gesetzgeber die vom BGH in der Entscheidung zu ARAG/Garmenbeck531 entwickelte Rechtsprechung zum unternehmerischen Ermessen fort. Bereits in dieser Entscheidung erfolgte zur Bestimmung des unternehmerischen Ermessens und Handlungsspielraums eine Orientierung an der US-amerikanischen Business Judgment Rule.532 Da es sich bei § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG um eine Kodifikation der Rechtsprechung zum Fall ARAG/Garmenbeck handelt, kann diese Rechtsprechung als ein Ele-

527

Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 298 ff.; Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 70; 63. Deutscher Juristentag 2000, Band II/1 O 79. 528 Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 299. 529 Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 70. 530 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; so bereits Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen und Rechtsbindung der Organe in der AG, 2002, S. 175; Heermann, AG 1998, 201, 209 f.; Kessler, in: FS Horst Baumann, 1999, S. 153, 154; Goette, in: FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123, 125. 531 BGHZ 135, 244 ff. 532 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 836 ff.

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG

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ment der Auslegung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG herangezogen werden.533 Die Regelung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG hat im Wesentlichen deklaratorische Bedeutung, da der II. Senat des BGH in seiner Entscheidung zu ARAG/Garmenbeck534 bereits einen weiten Handlungsspielraum für Vorstandsmitglieder anerkannt hat, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar wäre. So heißt es: „Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist“.

Eine Schadensersatzpflicht kann allein daraus, dass sich die Maßnahme als fehlerhaft erweist, nicht hergeleitet werden. Daran angelehnt heißt es seit der Neufassung durch das UMAG in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG: „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“

Diese Haftungsfreistellung erfasst mittels der Verweisung in § 116 Satz 1 AktG auch Aufsichtsratsmitglieder.535 Das unternehmerische Risiko tragen damit nicht die Organmitglieder, sondern trägt die Gesellschaft. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG erfüllt, liegt keine Pflichtverletzung vor. Somit fehlt es nicht erst am Verschulden, sondern bereits an der Pflichtverletzung. Die Norm des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG ist damit nicht nur eine bloße Beweislastregelung, vielmehr handelt es sich um eine materiell-rechtliche Regelung.536 2007 ist der Begriff der Business Judgment Rule aus § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG in Ziffer 3.8 DCGK übernommen worden. Diese Änderung des Kodex hat keinen Regelungscharakter, sondern dient lediglich einer Information.537

IV. Funktion und Zweck der Business Judgment Rule Zweck der Business Judgment Rule ist es, die unternehmerische Handlungsfreiheit dem Haftungstatbestand des § 93 Abs. 1 AktG für Sorgfaltspflichtverletzungen zu entziehen und handelnden Organmitgliedern einen unternehmerischen Handlungsspielraum auch auf gesetzlicher Grundlage zu gewähren.538 Die Business Judg533 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 4b; Krieger, in: Krieger/Uwe H. Schneider, Handbuch Managerhaftung, 2007, § 3 Rn. 7; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 163; Roth, BB 2004, 1066, 1068. 534 BGHZ 135, 244, 253. 535 Kuthe, BB 2004, 449; Roth, BB 2004, 1066, 1068; Fischer, Der Konzern 2005, 67, 76; Lutter, ZIP 2007, 841, 846. 536 Krieger/Sailer, in: Schmidt/Lutter, Kommentar zum AktG, 2008, § 93 Rn. 11. 537 Vetter, DB 2007, 1963, 1968. 538 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11.

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

ment Rule ist regelungstechnisch gesehen ein Tatbestandsausschlussgrund, der die Voraussetzungen für die Haftung der Unternehmensorgane insgesamt erschwert. Sollten die Tatbestandsvoraussetzungen der Business Judgment Rule vorliegen, ist ein Rückgriff auf den allgemeinen Sorgfaltsmaßstab des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG ausgeschlossen. Umgekehrt ist ein objektiv pflichtwidriges Verhalten nicht zwingend zu bejahen, wenn die Business Judgment Rule nicht zur Anwendung gelangt. Zudem hat die Business Judgment Rule zur Folge, dass die Gerichte nicht über die Vernunft oder Unvernunft unternehmerischer Entscheidungen urteilen. Über eine in der Vergangenheit getroffene Entscheidung zu befinden, wäre für Gerichte sehr schwierig. Durch Anwendung der Business Judgment Rule wird einem unangemessenen Maßstab bei der ex post-Betrachtung (sog. hindsight bias) entgegengewirkt.539 Liegen die Voraussetzungen der Business Judgment Rule jedoch nicht vor, sind die Gerichte verpflichtet, die fragliche Entscheidung auch inhaltlich zu überprüfen.540 Durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) erfolgte eine Erleichterung und Verbesserung der Aktionärsklagemöglichkeiten zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder. Hingegen dient sorgfältig handelnden Organmitgliedern die Business Judgment Rule als Haftungsfreistellung. Die Business Judgment Rule schafft damit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Klagemöglichkeit der Aktionäre und der Verwaltungsautonomie.541 Zudem wird durch die Normierung der Business Judgment Rule ein harmonisches Gleichgewicht zwischen zu großer Risikobereitschaft auf der einen und einer übertriebenen Risikoscheu auf der anderen Seite erreicht.542 Der Anreiz zum unternehmerischen Risiko soll nicht beschränkt werden. Gerade die mit einem gewissen Risiko verbundenen Erfolgschancen sind in ökonomischer Hinsicht für die Aktionäre von vorrangigem Interesse. Gleichzeitig muss aber ein Schutz vor leichtsinnigem Handeln auf Kosten der Kapitalgeber gewährt werden. Die Kodifizierung der Business Judgment Rule trägt damit maßgeblich zur Schaffung von mehr Rechtssicherheit und Transparenz bei.543 Zudem wird das Bewusstsein der Organmitglieder gestärkt, für mögliche Fehlentscheidungen und Irrtümer nicht persönlich haften zu müssen. Dies hat unmittelbar Einfluss auf die Suche nach geeigneten Organmitgliedern. Würde ein Organmitglied für den Erfolg einer unternehmerischen Maßnahme haften, ließen sich geeignete Organmitgliedern kaum finden.544 Dabei gibt der Gesetzgeber Ähnlich dazu Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 831 f. BGHZ 135, 244, 253; BGHZ 149, 10 (Bremer Vulkan). 541 Seibert, AG 2002, 417; Paefgen, AG 2004, 245, 246; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252, 253 f.; Roth, BB 2004, 1066; Grotheer, WM 2005, 2070, 2073. 542 Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2066; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2084; Bürkle/ Feckner, NZA 2007, 589, 593. 543 Fleischer, ZIP 2004, 685, 687; Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2069; Lutter, ZIP 2007, 841, 842. 544 Paefgen, AG 2004, 245, 247 m.w.N. 539 540

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG

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den handelnden Organen eine Art Anleitung an die Hand, da der Tatbestand des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG von subsumtionsfähigen Begriffen geprägt ist. Freilich bringt die Kodifizierung der Business Judgment Rule auch Nachteile mit sich. So ist eine einzelfallbezogene Weiterentwicklung der Norm durch die Gerichte nicht möglich. Wegen der tatbestandlichen Ausformulierung des Geschäftsleiterermessens wird es zukünftig für die Gerichte nicht einfach sein, neue und bislang unbekannte Probleme auf § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zu übertragen und anzuwenden. Dies kann zu einer Einschränkung der Flexibilität in Hinblick auf die einzelfallbezogene Anwendbarkeit der Business Judgment Rule führen. Zudem kann eine gesetzliche Regelung den Verlust der Fairness bewirken, weil sie in einigen Fällen zu streng und in anderen zu großzügig sei.545 Aus diesem Grund hat man in den USA und Großbritannien von einer Kodifizierung der Business Judgment Rule abgesehen.546

V. Anwendungsbereich der Business Judgment Rule 1. Vorstand Obgleich die Business Judgment Rule im Aktienrecht normiert ist, ist der Anwendungsbereich der Business Judgment Rule nicht auf das Geschäftsleiterermessen in Aktiengesellschaften beschränkt. Vielmehr findet dieses Rechtsinstitut auf unternehmerische Entscheidungen aller Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane von Kapitalgesellschaften Anwendung.547 Allerdings geht es in erster Linie um das Geschäftsleiterermessen, also um unternehmerische Ermessensentscheidungen des Vorstands. Es unterliegen grundsätzlich alle unternehmerischen Entscheidungen des Vorstands, die von der Geschäftsführungstätigkeit gemäß § 76 AktG gedeckt sind, dem Anwendungsbereich der Business Judgment Rule. 2. Aufsichtsrat Die Business Judgment Rule findet im US-amerikanischen Recht, das dem deutschen Recht als Vorbild dient, sowohl für die inside directors als auch für die outside

545

Dazu Fleischer, ZIP 2004, 685, 688. Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, Nachtrag zu § 93, § 93 Abs. 1 Satz 2, 4 nF Rn. 5; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2006, Rn. 852; Fleischer, ZIP 2004, 685, 687; Lutter, ZIP 2007, 841, 842 f. 547 BGHZ 152, 280, 287; OLG Stuttgart GmbHR 2003, 835, 836 mit Verweis auf BGHZ 135, 244, 253; Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189; Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen, Kommentar zum GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 43 Rn. 8; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 43 Rn. 23; so auch Lutter, ZIP 2007, 841, 847. 546

126

§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

directors Anwendung.548 Konsequent dem entsprechend gilt die deutsche Business Judgment Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG aufgrund der Verweisung von § 116 AktG auf § 93 AktG auch für die Mitglieder des Aufsichtsrats. Die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule auf Entscheidungen des Aufsichtsrats ist unstreitig. Eine Berufung des Aufsichtsrats auf die Haftungsfreistellung der Business Judgment Rule kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn der Aufsichtsrat eine eigene, selbständige Entscheidung trifft, die unternehmerischen und prognostischen Charakter aufweist. Dies ist bei originär zugewiesenen Leitungsaufgaben (dazu oben § 2 E. I.) der Fall, bei denen der Aufsichtsrat in alleiniger Verantwortung handelt. In erster Linie sind dabei die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern (§ 84 AktG), die Entscheidung über den Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand (§ 77 Abs. 2 AktG) und die Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern (§ 112 AktG) zu erwähnen. Hinzu kommt ferner die Entscheidung über den Abschluss, die Ausgestaltung und den Inhalt des Anstellungsvertrags eines Vorstandsmitglieds und dessen Kündigung. Aber auch bei eigenen Entscheidungen des Aufsichtsrats, die im Rahmen der den Vorstand begleitenden Beratung getroffen werden, können sich die Aufsichtsratsmitglieder auf die Business Judgment Rule berufen.549 Dies gilt primär bei Zustimmungsentscheidungen des Aufsichtsrats. Dabei hat der Aufsichtsrat an der vorrangig dem Vorstand zustehenden Leitungsaufgabe teil und trifft dennoch eine eigene Entscheidung, die prognostischen und damit unternehmerischen Charakter aufweist. Im Bereich zustimmungspflichtiger Geschäfte nach § 111 Abs. 4 AktG kommt zum Beispiel die Entscheidung über die Zustimmung des Erwerbs einer Beteiligung oder einer risikoreichen Großinvestition in Betracht. Der Aufsichtsrat entscheidet auch dann unternehmerisch, wenn er dem Vorstand die Zustimmung versagt.550 Trifft der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Alleinverantwortung nichtunternehmerische Überwachungsentscheidungen, kann er sich nicht auf die Haftungsfreistellung der Business Judgment Rule berufen. Hierzu gehören neben Entscheidungen über die Vorstandsbezüge und Vorstandsabfindungen auch die Entscheidung über die Beauftragung des Abschlussprüfers nach § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG.551 So fehlt beispielsweise der Entscheidung über die individuelle Vergütung eines Vorstandsmitglieds der benötigte Prognosecharakter. Ob die Vergütung im Sinne von § 87 AktG angemessen ist, steht bereits im Entscheidungszeitpunkt fest. Nichtunternehmerische Entscheidungen unterliegen grundsätzlich der gerichtlichen Kontrolle.

548 549 550 551

Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2006, Rn. 845. Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 234 ff.; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1258. Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 235. Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 234.

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG

127

3. Weitere Anwendungsmöglichkeiten Bei unternehmerischen Entscheidungen von Geschäftsleitern der GmbH ist die Business Judgment Rule ebenfalls anwendbar.552 Auch im GmbH-Recht gilt die eingeschränkte gerichtliche Kontrolle von Managemententscheidungen. Zudem ist die Haftungsfreistellungsnorm des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG für D&OVersicherer von Bedeutung. Eine „Directors and Officers“-Versicherung schützt ein Organmitglied vor der Inanspruchnahme wegen fahrlässig begangener Pflichtverletzungen. Der Abschluss einer D&O-Versicherung als spezielle Haftpflichtversicherung für Organmitglieder erfolgt in der Regel durch die Gesellschaft als Versicherungsnehmer zugunsten des Aufsichtsratsmitglieds. Die Versicherung kann aber auch vom Aufsichtsratsmitglied selbst abgeschlossen werden.553 D&O-Versicherungen für Aufsichtsratsmitglieder finden sich mittlerweile häufig in deutschen Aktiengesellschaften.554 Die D&O-Versicherung schützt zwar das Aufsichtsratsmitglied vor einer Inanspruchnahme schon bei leichter Fahrlässigkeit, jedoch erfasst die Versicherung nicht jeden Schaden aus unternehmerischer Fehlentscheidung. Nur wenn eine unternehmerische Fehlentscheidung wegen Pflichtwidrigkeit auch eine Haftung begründet, besteht für das Aufsichtsratsmitglied Versicherungsschutz.555 Einschränkungen des Versicherungsschutzes finden sich insbesondere bei der Haftung für Ansprüche aus der Innenhaftung. Seitens der Versicherungen besteht die Befürchtung, dass die versicherten Gesellschaften und das Organ als Schadensverursacher gemeinsam missbräuchlich den Schaden aus unternehmerischer Fehlentscheidung auf die Versicherung abwälzen.556 Mit Hilfe des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG lassen sich der Bereich der versicherten Schäden, die nicht von der Business Judgment Rule erfasst werden, von den nicht versicherten Schäden, die wiederum von der Business Judgment Rule gedeckt sind, trennen.557

552 BGHZ 152, 280, 284; LG Stuttgart GmbHR 2003, 835, 836; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 43 Rn. 23; Fleischer, ZIP 2004, 685, 692; ders., GmbHR 2008, 673, 679; a.A. Jungmann, in: FS Karsten Schmidt, 2009, S. 831 ff. 553 Doralt/Doralt, in: Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 212. 554 Dazu ausführlich Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 84 Rn. 437 ff., § 87 Rn. 225 ff. 555 Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 84 Rn. 441. 556 Kort, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2006, § 84 Rn. 442; Doralt/Doralt, in: Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 222. 557 Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2190.

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

VI. Voraussetzungen und Reichweite der Business Judgment Rule für den Aufsichtsrat Der dem Aufsichtsrat und seinen einzelnen Mitgliedern gesetzlich gewährleistete Haftungsfreiraum ist nur dann eröffnet, wenn das Aufsichtsratsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (§ 116 i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG). Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum UMAG besitzt die Business Judgment Rule im deutschen Recht fünf Anwendungsvoraussetzungen: Unternehmerische Entscheidung, Handeln auf der Grundlage angemessener Information, Handeln zum Wohle der Gesellschaft, Handeln ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse, Gutgläubigkeit. Unter den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kommt der unternehmerischen Entscheidung zentrale Bedeutung zu. 1. Unternehmerische Entscheidung Sind dem Aufsichtsrat selbständige Leitungsaufgaben und Entscheidungsbefugnisse eingeräumt, steht ihm ebenso wie dem Vorstand ein Leitungsermessen zu.558 Hat der Aufsichtsrat im Bereich dieses Ermessen eine Entscheidung mit Prognosecharakter zu treffen, ist der Anwendungsbereich der Business Judgment Rule eröffnet.559 Die Eingrenzung des Anwendungsbereichs der Business Judgment Rule auf unternehmerische Entscheidungen rechtfertigt sich dadurch, dass diese trotz Erfolgsaussichten stets mit einem gewissen Maße an Unsicherheit behaftet sind. Würden sich unternehmerisch handelnde Aufsichtsratsmitglieder im Bereich des Entscheidens einem unverhältnismäßig großen Haftungsrisiko ausgesetzt sehen, wäre eine vernünftige Risikobereitschaft, die auch entsprechende Gewinnchancen mit sich bringt, nahezu ausgeschlossen.560 Prüft der Aufsichtsrat hingegen abgeschlossene Sachverhalte hinsichtlich Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, liegt kein unternehmerisches Handeln im Sinne von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG vor. Bei der Überwachung und Kontrolle des Vorstands liegt damit regelmäßig keine unternehmerische Entscheidung vor, da der Aufsichtsrat dann gerade keine eigene zukunftsgerichtete Entscheidung trifft. Ein „sicherer Hafen“, der ansonsten durch die Business Judgment Rule geschaf-

558

Semler, in: MünchKommAktG, 2. Aufl. 2004, § 111 Rn. 138; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 637 ff.; Kindler, ZHR 162 (1998), 101, 108 f.; Ihring, WM 2004, 2098, 2106. 559 Ihring, WM 2004, 2098, 2106. 560 Ulmer, DB 2004, 859, 860; Fleischer, ZIP 2004, 685, 686; ders., in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 836 f.

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG

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fen wird, steht den Aufsichtsratsmitgliedern bei Ausübung ihrer „traditionellen“ Überwachungsaufgabe demnach nicht zu.561 Den Schwerpunkt der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats veranschaulicht insbesondere § 90 Abs. 1 AktG mit seinen Berichtspflichten. Daraus ergibt sich zugleich der Prüfungsgegenstand, zu dem vor allem zentrale Fragen der Unternehmensplanung, wie beispielsweise die Finanz-, Investitions- und Personalplanung (§ 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG) gehören. Daneben zählt auch die Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses, des Konzernabschlusses, des Lageberichts und des Gewinnverwendungsvorschlags nach § 171 Abs. 1 AktG zu den klassischen Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats. Ein unternehmerisches Tätigwerden des Aufsichtsrats liegt hingegen vor, wenn er bei der präventiven Überwachung neben dem Vorstand begleitend oder selbständig tätig wird, so etwa bei der Ausübung von Zustimmungsvorbehalten nach § 111 Abs. 4 AktG oder bei Personalentscheidungen.562 Bei der Auswahl zustimmungspflichtiger Geschäfte handelt es sich um selbständige strategische Entscheidungen des Aufsichtsrats, die seinem unternehmerischen Ermessen unterliegen. Personalentscheidungen des Aufsichtsrats nach § 84 AktG bieten prognostische Entscheidungsmöglichkeiten und sind mit einem unternehmerischen Risiko verbunden. Die Personalauswahl kann eine erhebliche strukturelle und unternehmenspolitische Auswirkung auf die Geschäftsleitung und damit zusammenhängend auch auf die Geschäftsentwicklung des Unternehmens haben. Zu den Leitungsaufgaben des Aufsichtsrats zählen ferner die Erteilung des Prüfungsauftrags nach Wahl des Abschlussprüfers (§ 318 Abs. 1 Satz 4 HGB), die Mitwirkung an der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 172 AktG), die Einstellung eines Teils des Jahresüberschusses in die Gewinnrücklagen (§ 58 Abs. 2 AktG) und die Entscheidung über die Modalitäten der Aktienausgabe beim genehmigten Kapital (§ 204 Abs. 1 Satz 2 AktG). Alle diese Entscheidungen weisen einen Prognosecharakter auf. Bei diesen eigenständigen unternehmerischen Entscheidungen des Aufsichtsrats ist das Vorliegen der ersten Anwendungsvoraussetzung für eine Haftungsfreistellung durch die Business Judgment Rule also zu bejahen. Grundsätzlich gilt, dass ein vernünftig und im Interesse des Unternehmens handelndes Aufsichtsratsmitglied für wirtschaftliche Fehlentscheidungen nicht haftet.563 Bei einem Handeln oder Unterlassen des Organmit-

561 Fleischer, in: Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, 2006, § 7 Rn. 51; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1255; Hüffer, NZG 2007, 47, 48. 562 Goette, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 749, 759; Lutter, ZIP 1995, 441 f.; Thümmel, AG 2004, 83, 86 ff.; Fischer, Der Konzern 2005, 67, 77; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1258. 563 BGHZ 135, 244, 251 ff.; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, S. 77 ff.; Horn, ZIP 1997, 1129, 1134 f.; Heermann, AG 1998, 201, 204 f.; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 297 f.

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

glieds, ohne dass dieses bewusst eine unternehmerische Entscheidung fällt, ist der Anwendungsbereich des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht eröffnet. Ebenso fällt ein Verstoß gegen gesetzliche, satzungsmäßige oder anstellungsvertragliche Pflichten nicht unter die Haftungsfreistellungsnorm des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, da bei diesen Pflichten kein Beurteilungsspielraum besteht.564 Es besteht für „illegales Verhalten kein sicherer Hafen“ im Sinne einer Haftungsfreistellung.565 Die unternehmerische Entscheidung dient damit als negative Abgrenzung von und quasi „Kehrseite“ der rechtlich gebundenen Entscheidung. a) Risiko als Tatbestandsmerkmal Es ist allgemein anerkannt, dass unternehmerische Entscheidungen auf Prognosen beruhen und untrennbar mit dem Eingehen von Risiken verbunden sind.566 Es stellt sich dabei die Frage, in welchem Maße eine unternehmerische Entscheidung vorbereitet und konzeptionell geplant werden muss, um die Gefahr eines möglichen Schadenseintritts auf Seiten der Gesellschaft so gering wie möglich zu halten. Übereinstimmend wird bei der Bewertung einer sorgfältigen Entscheidungsvorbereitung auf die Bedeutung der Maßnahme für die Gesellschaft abgestellt.567 Das Verhältnis von Risiko und Kosten/Nutzen hängt entscheidend von Wichtigkeit und Ausmaß einer Entscheidung ab. So ist die Entscheidung zum Kauf von Büroinventar in Höhe von 10.000 E weit weniger risikoreich als der Kauf einer Tochtergesellschaft mit einem Volumen von mehreren Millionen Euro. Nur in sehr wenigen Fällen sind unternehmerische Entscheidungen völlig risikofrei. Im Wege einer ex post-Betrachtung kann sich jedoch auch die Annahme einer risikofreien Entscheidung als falsch herausstellen. Eine rückblickende Risikoabschätzung durch die Gerichte wollte der Gesetzgeber bewusst vermeiden.568 Grund dafür ist, dass ein Richter kein Manager ist und in der Regel nicht über vertiefte Kenntnisse der Unternehmensführung verfügt. Zudem könnte der Richter in Kenntnis der fehlgeschlagenen Entscheidung dazu tendieren, ein Misslingen der Maßnahme als 564

Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Bürgers/Israel, in: Bürgers/ Körber, Kommentar zum AktG, 2008, § 93 Rn. 11; Schneider, Uwe H., in: Krieger/Uwe H. Schneider, Handbuch Managerhaftung, 2007, § 2 Rn. 15; Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 843 ff.; ders., ZIP 2004, 685, 690; Ihring, WM 2004, 2098, 2103; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2085; Schneider, Sven H., DB 2005, 707, 708; Spindler, NZG 2005, 865, 871; Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2191; Lutter, ZIP 2007, 841, 843. 565 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1255. 566 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; „Risiko ist die Bugwelle des Erfolgs“ (Jean Amry). 567 Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827 ff.; Kock/Dinkel, NZG 2004, 441, 444; Paefgen, AG 2004, 245, 253 f.; Lutter, ZSR 2005, 415, 425. 568 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Hauschka, GmbHR 2007, 11, 13.

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vorhersehbar zu erachten.569 Unwahrscheinliche Geschehensabläufe werden dabei aus ex post-Betrachtung als wahrscheinlich angesehen mit der Folge, dass der mutmaßliche Eintritt des Misserfolgs als vorhersehbar angesehen wird und eine Verhinderung des verursachten Schadens für möglich erachtet wird. Für diese Sichtweise hat sich der Begriff „hindsight bias“ etabliert.570 Eine sorgfältige Entscheidungsvorbereitung ist damit generell Voraussetzung zur Risikominimierung. Umgekehrt erhöht eine nicht ausreichende Entscheidungsvorbereitung das Risiko eines Schadenseintritts und damit auch das Haftungsrisiko für Aufsichtsratsmitglieder. b) Darlegungs- und Beweislast Nach der Entwurfsbegründung zum UMAG liegt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der Business Judgment Rule beim betroffenen Gesellschaftsorgan.571 Für die Einhaltung des unternehmerischen Ermessens nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, das zum Ausschluss der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens nach § 93 Abs. 2 AktG führt, trägt demnach der Geschäftsleiter bzw. das Aufsichtsratsmitglied die Darlegungs- und Beweislast.572 Aufsichtsratsmitglieder müssen also die Voraussetzungen für ihr pflichtkonformes Verhalten darlegen und gegebenenfalls beweisen, wenn sie sich auf eine pflichtgemäße Entscheidung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG berufen.573 Diese im deutschen Aktienrecht geltende Beweislastumkehr führt zu einer Stärkung und Festigung des Aktionärsschutzes. Zu seiner Entlastung hat das Aufsichtsratsmitglied den Beweis dafür zu erbringen, dass es in seiner Person die notwendige und vom Gesetz geforderte Sorgfalt erbracht hat. Eine Exkulpation setzt eine sorgfältige Dokumentation hinsichtlich der von dem betroffenen Aufsichtsratsmitglied getroffenen unternehmerischen Entscheidung voraus. Sollten mehrere oder alle Aufsichtsratsmitglieder ihre Pflichten verletzt haben, haften die betreffenden Mitglieder nach § 93 Abs. 2

569 Unter Betrachtung der amerikanischen „hindsight bias“ Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2068; so auch Schneider, Sven H., DB 2005, 707, 708; Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 831 f.; ders., ZIP 2004, 685, 686. 570 Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 832; ders., ZIP 2004, 685, 686. 571 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 12. 572 BGHZ 152, 280, 284; Kurzwelly, in: Krieger/Uwe H. Schneider, Handbuch Managerhaftung, 2007, § 14 Rn. 10; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, Kommentar zum AktG, 2008, § 116 Rn. 19; dazu kritisch Roth, BB 2004, 1066, 1067; Paefgen, AG 2004, 245, 258 f., der sich dafür ausspricht, zunächst der Klägerseite die Darlegungs- und Beweislast für die Ausschlusstatbestände der Business Judgment Rule aufzuerlegen und erst wenn diese Hürde von Seiten des Klägers genommen wurde, die Beklagtenseite zum Gegenbeweis, der Einhaltung der unternehmerischen Sorgfalt, antreten darf. 573 Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 16a; Krieger/Sailer, in: Schmidt/Lutter, Kommentar zum AktG, 2008, § 93 Rn. 31, § 116 Rn. 34; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, Kommentar zum AktG, 2008, § 93 Rn. 27; DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2004, 555, 556; Fleischer, ZIP 2004, 685, 688.

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

Satz 1 AktG gesamtschuldnerisch.574 Der gesamtschuldnerischen Haftung unterliegen nur diejenigen Mitglieder, die selbst pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt haben. Hinsichtlich der Kernaufgabe des Aufsichtsrats, der Unternehmensüberwachung nach § 111 Abs. 1 AktG, die weder übertragbar noch delegierbar ist, schützt auch eine interne Aufgabenteilung nicht vor einer möglichen Inanspruchnahme jedes einzelnen Aufsichtsratsmitglieds. Die gesetzliche Aufsichtsratshaftung kann nicht privatautonom geregelt werden und damit weder durch Dienstvertrag noch durch satzungsinterne Regelung ausgeschlossen oder begrenzt werden.575 Besonders schwer ist die Beweiserbringung für ein Aufsichtsratsmitglied, wenn das betreffende Aufsichtsratsmitglied dem Vorwurf pflichtwidrigen Unterlassens eines notwendigen Aufsichtsratsbeschlusses ausgesetzt ist. Um zu vermeiden, dass dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied im Nachhinein unterlassene Nachforschungen oder Nachfragen vorgeworfen werden können, ist zu empfehlen, im Protokoll detailliert und ausdrücklich festhalten zu lassen, dass das Aufsichtsratsmitglied alles in seiner Macht stehende unternommen hat, um einen pflichtgemäßen Aufsichtsratsbeschluss herbeizuführen. Im umgekehrten Fall der ablehnenden Haltung gegenüber einer Beschlussfassung sollte das überstimmte Aufsichtsratsmitglied seine individuellen Bedenken und Überlegungen detailliert im Protokoll dokumentieren lassen, um damit dem Vorwurf der Pflichtverletzung begegnen zu können.576 Dogmatisch enthält § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG eine unwiderlegbare Rechtsvermutung. Die Einhaltung der Voraussetzungen der Business Judgment Rule hat rechtlich zur Folge, dass keine objektive Pflichtverletzung vorliegt und jede weitere Prüfung ausscheidet. Die Nichteinhaltung der Business Judgment Rule lässt jedoch nicht zwingend den Umkehrschluss auf das Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung zu. Grund dafür ist die Unterscheidung zwischen der misslungenen unternehmerischen Entscheidung und rechtlich gebundenen Entscheidungen. Letztere werden 574 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 116 Rn. 286; Körper/Hähnel, in: Pfitzer/Oser/Orth, Deutscher Corporate Governance Kodex, 2. Aufl. 2005, S. 363; Potthoff/ Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 2169; Thümmel, AG 2004, 83, 86; Sattler/Jursch/Pegels, Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2008, S. 63. 575 Hopt, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rn. 23 ff.; Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 93 Rn. 4; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 2171; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 1012; Thümmel, Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 4. Aufl. 2008, Rn. 350. 576 Mertens, in: KölnerKommAktG, 2. Aufl. 1996, § 107 Rn. 73; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, Kommentar zum AktG, 2008, § 116 Rn. 10; Doralt/Doralt, in: Semler/ v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Aufl. 2009, § 13 Rn. 146; Potthoff/ Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl. 2003, Rn. 2171; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rn. 995; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2. Aufl. 2009, § 29 Rn. 67; Sattler/Jursch/Pegels, Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2008, S. 67.

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auf Grundlage gesetzlicher, satzungsmäßiger oder anstellungsvertraglicher Pflichten getroffen. Für deren Verletzung kommt von vornherein keine Haftungsfreistellung in Betracht. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen solche gebundenen Pflichten gilt die Beweislastumkehr nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG.577 c) Klagen durch den Aufsichtsrat Bei Klagen der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder wird die Aktiengesellschaft vom Aufsichtsrat vertreten, § 112 AktG. Klagen des Aufsichtsrats gegen seinen von ihm selbst ausgewählten Vorstand haben bisher in der Praxis kaum eine Rolle gespielt.578 In der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung579 des BGH wurden erstmals Grundsätze entwickelt, die den Aufsichtsrat aufgrund seiner Tätigkeit verpflichten, das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Aktiengesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern eigenverantwortlich zu überprüfen. Ferner wurde mangels gesetzlicher Regelung richterrechtlich festgelegt, ob der Aufsichtsrat gegebenenfalls bestehende und durchsetzbare Schadensersatzansprüche geltend machen muss. aa) Feststellung eines anspruchsbegründenden Tatbestands Das Erkennen eines Tatbestands, der Grundlage einer möglichen Geltendmachung von Ersatzansprüchen ist, gehört zur Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats. Dabei hat der Aufsichtsrat zu beachten, dass der Geschäftsleitung, wie bereits erwähnt, im Bereich unternehmerischer Entscheidungen ein weiter Ermessensspielraum zusteht. Eine Pflichtverletzung des Vorstands ist nur dann zu bejahen, wenn die Grenzen dieses Ermessensspielraums deutlich überschritten werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in „unverantwortlicher Weise“580 überspannt worden ist. Unverantwortlichkeit kann dann angenommen werden, wenn die Entscheidung nicht zu rechtfertigen ist und ein überlegt und verantwortungsvoll Handelnder zu keiner Zeit zur Ausführung dieser Entscheidung bereit wäre.581 Dem Aufsichtsrat kommt dabei die Aufgabe zu, sich die möglicherweise pflichtwidrige Entscheidung des Vorstands unter Beachtung des ihm zustehenden Ermessens zu vergegenwärtigen. Der Aufsichtsrat übt dabei kein eigenes Ermessen aus.

577

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 4c; Kurzwelly, in: Krieger/Uwe H. Schneider, Handbuch Managerhaftung, 2007, § 14 Rn. 12; Fleischer, ZIP 2005, 141; Spindler, NZG 2005, 865, 871 f. 578 Mit Ausnahme des bereits geschilderten Falls ARAG/Garmenbeck, BGHZ 135, 244 ff. 579 BGHZ 135, 244 ff. 580 BGHZ 135, 244, 254. 581 Henze, NJW 1998, 3309, 3311 unter Verweis auf BGHZ 119, 305, 331.

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

bb) Erfolgsaussichten einer Klage Ferner hat der Aufsichtsrat die Erfolgsaussichten einer möglichen Klage zu überprüfen. Anhand einer Tatsachen- und Beweisfeststellung sowie einer sorgfältigen Prozessrisikoanalyse ist abzuschätzen, ob eine gerichtliche Geltendmachung von Ersatzansprüchen Aussicht auf Erfolg hat.582 Dabei steht dem Aufsichtsrat lediglich ein geringer Ermessensspielraum zu. Die Rechtsprechung hat dahingehend ausdrücklich klargestellt, dass nach Lage der Dinge keine Gewissheit verlangt werden kann, dass die Schadensersatzklage auch zum Erfolg führen wird.583 Im Zweifel kann deshalb von einer Durchsetzbarkeit des Anspruchs ausgegangen werden.584 cc) Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs Bei der Frage, ob der Aufsichtsrat zur Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs gegen Vorstandsmitglieder verpflichtet ist, steht ihm nach der Rechtsprechung im Fall ARAG/Garmenbeck585 kein unternehmerischer Handlungsspielraum zu. Erkennt der Aufsichtsrat die Möglichkeit einer Rechtsverfolgung, ist er regelmäßig zur Durchsetzung verpflichtet.586 Der Aufsichtsrat hat jedoch Entscheidungsmöglichkeiten, ob er Klage erhebt oder nicht. Es handelt sich demnach um eine „Entscheidung“ im Sinne der Business Judgment Rule. Das Absehen von einer möglichen Klage ist eine rechtlich nicht zu beanstandende Handlungsmöglichkeit, da keine Rechtspflicht zur Geltendmachung besteht. Gerade mangels gesetzlicher Regelung wurden im Rahmen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung Grundsätze durch Richterrecht entwickelt, die die Frage behandeln, ob der Aufsichtsrat verpflichtet ist, Schadensersatzforderungen gegen Vorstandsmitglieder geltend zu machen. Jedoch fehlt der Entscheidung das Merkmal „unternehmerisch“. Der einen Schadensersatz begründende Sachverhalt liegt in der Vergangenheit und enthält keinen Prognosecharakter. Zwar kann der Prozessausgang nicht vollständig vorhergesagt werden, jedoch wird die Entscheidung zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen Vorstandsmitglieder nicht unter Unsicherheit im Sinne einer unternehmerischen Entscheidung hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung getroffen. Aufgrund der Bewertung eines abgeschlossenen Sachverhalts ist eine rechtliche Beurteilung einfacher möglich als die Vorhersage einer zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung.587 Die Anwendungsvoraussetzung

582

Paefgen, AG 2008, 761 f. Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 166 unter Verweis auf BGHZ 135, 244, 254. 584 Henze, NJW 1998, 3309, 3311. 585 BGHZ 135, 244, 254 ff. 586 Henze, NJW 1998, 3309, 3311; Semler, in: FS Peter Ulmer, 2003, S. 627, 636; Paefgen, AG 2008, 761 f. 587 Schneider, Sven H., DB 2005, 707, 711. 583

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der „unternehmerischen Entscheidung“ für das Eingreifen der Haftungsfreistellung liegt in einem solchen Fall nicht vor.588 Bestehen Ansprüche, muss der Aufsichtsrat sie in der Regel geltend machen.589 Eine Geltendmachung von Ansprüchen muss dabei dem Gesellschaftsinteresse dienen. Die Beseitigung des der Gesellschaft entstandenen Schadens liegt immer im Interesse der Gesellschaft. Jedoch kann die Anspruchsverfolgung in bestimmten Fällen zugleich schädigende Wirkung haben. Beispiele dafür sind negative Auswirkungen für das öffentliche Ansehen des Unternehmens, die Beeinträchtigung des Betriebsklimas oder die Behinderung der Vorstandsarbeit.590 In Sonderfällen müssen deshalb zu erwartende Vor- und Nachteile einer Geltendmachung gegeneinander abgewogen werden.591 Dem Aufsichtsrat steht dabei ein beschränkter Ermessensspielraum zu.592 Ein Absehen von der Verfolgung eines bestehenden Anspruchs ist ausnahmsweise möglich, wenn gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls dagegen sprechen und diese Umstände die Gründe, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind.593 Entstehen dem Unternehmen durch eine Geltendmachung schädigende Nachteile, die die Vorteile der Rechtsverfolgung übersteigen, ist von einer Geltendmachung durch den Aufsichtsrat abzusehen. Jedoch dürfen bei einem solchen Abwägungsvorgang nur die Unternehmensinteressen594 verfolgt werden. Persönliche Belange betroffener Personen finden grundsätzlich keine Berücksichtigung. Die Rücksichtnahme auf Verdienste und bereits erbrachte Leistungen einzelner Persönlichkeiten innerhalb des Unternehmens ist nicht angebracht. Einzelschicksale und mögliche soziale Konsequenzen für die betroffenen Organmitglieder dürfen nicht dazu führen, dass die Gesellschaft von einer Inanspruchnahme dieser Organmitglieder absieht.595 Eine Ausnahme hiervon ist dann zulässig, wenn zum einen der Pflichtenverstoß keine gravierenden Schäden auf Seiten der Gesellschaft verursacht hat und zum anderen erhebliche Folgen für das ersatzpflichtig gewordene Organmitglied drohen.596 Innerhalb dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses steht dem Aufsichtsrat im Rahmen 588

So auch Koch, AG 2009, 93 ff.; a.A. Paefgen, AG 2008, 761, 762 ff. BGHZ 135, 244, 254; Jaeger/Trölitzsch, ZIP 1995, 1157, 1161; Semler, in: FS Peter Ulmer, 2003, S. 627, 636; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 166; Paefgen, AG 2008, 761, 762. 590 Beispielhafte Aufzählung in Henze, NJW 1998, 3309, 3311; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 166. 591 BGHZ 135, 244, 254; Semler, in: FS Peter Ulmer, 2003, S. 627, 636. 592 Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, 4. Aufl. 2005, § 116 Rn. 158. 593 BGHZ 135, 244, 254; so auch Paefgen, AG 2008, 761, 762. 594 Kling, DZWIR 2005, 45, 51 unter Darstellung weiterer Ansichten. 595 Sehr streng dazu Semler, in: FS Peter Ulmer, 2003, S. 627, 636 f. 596 BGHZ 135, 244, 256; Henze, NJW 1998, 3309, 3311; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 166. 589

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

einer verantwortungsbewussten Wahrnehmung des Unternehmensinteresses ein sehr begrenztes Entscheidungsermessen zu. Für den Fall, dass sich die Geltendmachung von Ansprüchen durch den Aufsichtsrat verzögert, besteht nach der durch das UMAG eingeführten Erleichterung und Verbesserung der Aktionärsklage gemäß § 148 AktG die Möglichkeit, dass eine Aktionärsminderheit mit einem anteiligen Betrag von nur 100.000 E klagebefugt ist. Ferner dient § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG dazu, dass nicht zum Nachteil der Gesellschaft von Klagen gegen Organmitglieder abgesehen wird. So muss der Aufsichtsrat Klage gegen Vorstandsmitglieder erheben, wenn es die Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit beschließt. Wie bereits ausgeführt, ist der Aufsichtsrat bei seiner Entscheidung über die gerichtliche Durchsetzung einer Forderung nicht durch die haftungsfreistellende Wirkung der Business Judgment Rule geschützt. Dies hat aber nicht zur Folge, dass ein Absehen von der Durchsetzung eines Anspruchs immer sorgfaltswidrig ist, sondern bedeutet lediglich, dass das Verhalten des Aufsichtsrats der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Unterlässt es der Aufsichtsrat pflichtwidrig im Interesse der Gesellschaft Klage gegen pflichtwidrig handelnde Vorstandsmitglieder zu erheben, macht er sich schadensersatzpflichtig. Eine Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zu Gunsten der Aufsichtsratsmitglieder kommt dann, aus den bereits genannten Gründen, nicht in Betracht. Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ein pflichtwidrig handelndes Aufsichtsratsmitglied müssen dann geltend gemacht werden, wenn es die Hauptversammlung nach § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG mit einfacher Stimmenmehrheit beschließt. § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG bezweckt die praktische Durchsetzung von Ersatzansprüchen im Gesellschaftsinteresse. Die Durchsetzung wäre ohne diese gesetzliche Regelung oft unsicher, da die vertretungsbefugten Gesellschaftsorgane in der Gefahr stehen, die Gesellschaftsinteressen hinter die eigenen Interessen zurücktreten zu lassen.597 2. Handeln auf der Grundlage angemessener Information Die Informationsbeschaffung der Organmitglieder und der Informationsaustausch untereinander sind prägendes Merkmal einer ordnungsgemäßen Unternehmensorganisation.598 Das Tatbestandsmerkmal des Handelns auf angemessener Informationsgrundlage spielt nicht nur allgemein bei der Unternehmensorganisation einer Aktiengesellschaft eine zentrale Rolle, sondern insbesondere auch im Anwendungsbereich der Business Judgment Rule.599 Da unternehmerische Entscheidungen häufig von Faktoren wie Gefühl, Instinkt oder Erfahrung am Markt beeinflusst werden, kann 597 598 599

1 ff.

Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 147 Rn. 1. Zum Informations- und Auskunftsrecht des Aufsichtsrats siehe oben § 2 C. IV. 1. und 2. Dazu ausführlich Kropff, in: FS Thomas Raiser, 2005, S. 225, 237 ff.; Roth, AG 2004,

C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG

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die unternehmerische Entscheidung nicht vollständig objektiviert betrachtet werden. Zwar soll durch das Tatbestandsmerkmal der „angemessenen Information“ unternehmerischer Leichtsinn und das Eingehen eines unverhältnismäßig hohen Risikos und damit unüberlegtes Handeln verhindert werden, jedoch nicht der Mut zu unternehmerischem Risiko genommen werden.600 Der einer geplanten Maßnahme vorausgehende Informationsbeschaffungs- und Informationsverarbeitungsprozess ist sehr wichtig. Informationen können jedoch nicht allumfassend sein. Je nach Tragweite der Entscheidung kann die Intensität der Informationsbeschaffungspflicht des Aufsichtsratsmitglieds variieren. Der Bedarf an Informationen erhöht sich mit zunehmender Komplexität der Entscheidung und Steigerung des Umfangs beanspruchter Ressourcen. Ein standardisiertes Einholen von Gutachten und externen Analysen ist dabei keineswegs ausreichend. Hingegen können Erfahrungswerte über ähnliche bereits erfolgte Entscheidungen jederzeit herangezogen werden. Bei der Klärung der Frage nach der Intensität der Informationspflicht spielen sowohl die dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Mittel und Fähigkeiten als auch allgemeine betriebswirtschaftliche Erkenntnisse und Methoden eine wesentliche Rolle.601 Grundsätzlich ist alles bedeutend, was für die bevorstehende Entscheidung notwendig ist. Bei risikoreicheren Maßnahmen sind demzufolge kostenintensivere Informationsermittlungen angemessen. Entscheidungen, die in der Krise des Unternehmens getroffen werden, führen seitens der Aufsichtsratsmitglieder zu einer erhöhten Informationspflicht.602 Bei Entscheidungen im Aufsichtsrat ist für die Frage der Angemessenheit der Information entscheidend, ob die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder mit ausreichend Informationen versorgt ist.603 Allen Aufsichtsratsmitgliedern sind von der Geschäftsleitung sämtliche entscheidungsrelevanten Informationen vollständig und in systematischer Dokumentation für die gesamte Dauer des Entscheidungsfindungsprozesses zur Verfügung zu stellen. Die haftungsausschließende Wirkung der Business Judgment Rule setzt ferner voraus, dass die Aufsichtsratsmitglieder zum Zeitpunkt der Entscheidung „vernünftigerweise“ annehmen durften, angemessen informiert zu sein. Daraus ergibt sich die Pflicht der Aufsichtsratsmitglieder, sich aktiv um Informationen zu bemühen. Dies ist 600

Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11 f. Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 12; Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2192; so auch Wendler, Die Justiziabilität ökonomischer Unternehmensentscheidungen im US-amerikanischen und deutschen Recht, 2007, S. 274; Weiss/ Buchner, WM 2005, 162, 164. 602 Hauschka, GmbHR 2007, 11, 16. 603 Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2192; Hauschka, GmbHR 2007, 11, 16. 601

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in besonderem Maße dann der Fall, wenn die Informationserteilung durch den Vorstand nicht in ausreichendem Umfang erfolgt. Gerade in größeren Unternehmen müssen Wissen und Information gebündelt werden. Zwar kann nicht erwartet werden, dass die Mitglieder von Aufsichtsrat und Vorstand in allen unternehmensrelevanten Bereichen vertieftes Wissen haben. Jedoch gilt es, sämtliche Möglichkeiten und Ressourcen innerhalb des Unternehmens auszuschöpfen und einzusetzen, um einen gewissen Informations- und Kenntnisstand zu erreichen.604 Die Business Judgment Rule kommt demnach mangels angemessener Information nicht zur Anwendung, wenn versäumt wird, in der konkreten Entscheidungssituation verfügbare und entscheidungsrelevante Informationen zu verlangen und einzusetzen.

3. Handeln zum Wohl der Gesellschaft Wie es um ein Unternehmen wirtschaftlich bestellt ist, lässt sich erst anhand einer ex post-Betrachtung erkennen, wenn Jahresabschluss und möglicher Überschuss feststehen. Für den Fall einer Haftungsfreistellung durch die Business Judgment Rule kommt es aber nicht auf das erst im Nachhinein ermittelbare Wohl des Unternehmens an und sich dabei die unternehmerische Entscheidung und die sich daran anschließenden Maßnahmen als falsch und schädigend herausstellen. Es muss vielmehr untersucht werden, ob bei ex ante-Betrachtung aus Sicht des Aufsichtsratsmitglieds eine Entscheidung zum Zeitpunkt der Entscheidung im Unternehmenswohl lag.605 Es ist dabei von einem weiten Handlungsbegriff auszugehen, der auch in einem Unterlassen bestehen kann.606 Von der Business Judgment Rule werden nur solche unternehmerischen Entscheidungen erfasst, bei denen der Aufsichtsrat vernünftigerweise annehmen darf bzw. durfte, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln. Ob ein nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG „vernünftigerweise annehmen Dürfen“ vorliegt, ist aus Sicht des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds subjektiv zu beurteilen. Damit wird aber das System der objektiven Pflichtenstandards nach § 276 BGB verlassen. Der Referentenentwurf zum UMAG607 hatte auf grobe Fahrlässigkeit abgestellt. Dieses Kriterium wurde im UMAG nicht übernommen und durch das Merkmal „vernünftigerweise“ ersetzt. Als Kontrollmaßstab dient damit die subjektive Vertretbarkeit der Entscheidung unter Anwendung eines objektiven Maßstabs, der die besondere Lage des Unternehmens berücksichtigt.608 Ein unverantwortliches und leichtfertiges Handeln, bei dem das Aufsichtsratsmitglied ex ante nicht 604

Hauschka, GmbHR 2007, 11, 16. Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 606 Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, Kommentar zum AktG, 2008, § 93 Rn. 15; Ihring, WM 2004, 2098, 2105; Ulmer, DB 2004, 859, 860; Schneider, Sven H., DB 2005, 707, 709. 607 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. 9. 2005, BGBl. I 2005, 2802. 608 Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 93 Rn. 53. 605

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mehr davon ausgehen darf, im besten Interesse der Gesellschaft zu handeln, ist nicht mehr vom unternehmerischen Ermessen gedeckt. Ein Handeln zum Wohl der Gesellschaft ist dann zu bejahen, wenn es aus ex anteSicht der langfristigen Ertragsstärkung und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und seiner Produkte oder Dienstleistungen dient.609 Eine bestandsgefährdende oder zur dauernden Unrentabilität führende Maßnahme des Aufsichtsrats liegt nicht im Gesellschaftsinteresse.610 Zudem darf das Aufsichtsratsmitglied nicht aus unmittelbarem Eigennutz handeln und keinen Interessenskonflikten unterliegen.611 Profitiert ein Aufsichtsratsmitglied indirekt durch seine unternehmerische Entscheidung, indem es beispielsweise eine Gewinntantieme erhält, treffen Gesellschaftsinteressen und Eigeninteresse zusammen. Eine gesetzliche Regelung fehlt, womit eine solche Interessenkumulation nicht zwingend zum Ausschluss der Haftungsfreistellung führen kann. Die Verfolgung von Eigeninteressen ist insoweit legitim, als sich der persönliche Vorteil für das betreffende Aufsichtsratsmitglied nur mittelbar aus dem Wohl der Gesellschaft ableitet.612 Ein Aufsichtsratsmitglied darf hingegen nicht annehmen, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln, wenn es sich im Entscheidungszeitpunkt in einem Interessenkonflikt befindet. Interessenkollisionen sind nicht selten, weil es sich beim Aufsichtsratsmandat um ein Nebenamt handelt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG führt allerdings die Offenlegung des Interessenkonflikts zur Erhaltung der Haftungsprivilegierung.613

4. Handeln ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse Nach der Begründung zu § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG muss der Handelnde „unbeeinflusst von Interessenkonflikten, Fremdeinflüssen und ohne unmittelbaren Eigennutz“, also „unbefangen und unabhängig sein“.614 Sondereinflüsse außerhalb des Unternehmensinteresses dürfen die Entscheidung des Organmitglieds nicht beeinflusst haben. Ein solcher Fall liegt vor, wenn das Organmitglied eigennützig handelt oder 609

Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. Lutter, ZIP 2007, 841, 844; zur Unterscheidung der Begriffe Gesellschaftsinteresse, Unternehmensinteresse und Gesellschaftswohl siehe ausführlich Wendler, Die Justiziabilität ökonomischer Unternehmensentscheidungen im US-amerikanischen und deutschen Recht, 2007, S. 267 ff.; Fleischer, ZIP 2004, 685, 690; Ihring, WM 2004, 2098, 2105; Roth, GesRZSH 2005, 12, 17 f.; Spindler, NZG 2005, 865, 872 m.w.N.; Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2191. 611 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Paefgen, AG 2004, 245, 252 ff. m.w.N.; Lutter, in: FS Claus-Wilhelm Canaris, 2007, Band II, S. 245 ff. 612 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 613 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; dazu beispielhaft Hauschka, GmbHR 2007, 11, 16. 614 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 610

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

der Nutzen einer ihm nahestehenden Person zukommt.615 Unter dem Begriff des „Nutzens“ ist eine Begünstigung des Empfängers zu verstehen, die diesem einen positiven Effekt irgendwelcher Art bringt.616 Die Beurteilung der Frage, wer zum nahestehenden Personenkreis eines Organmitglieds gehört, muss einzelfallbezogen geklärt werden. So kann ein langjähriger Studienfreund einem Organmitglied näher stehen als ein entfernter Verwandter. Im Zweifelsfall muss eine individuelle Überprüfung der persönlichen Verhältnisse mittels gerichtlicher Beweiserhebung erfolgen.617 Jedenfalls wird vorausgesetzt, dass zwischen dem Organmitglied und der durch die geplante Maßnahme begünstigten Person eine enge Verbundenheit von gewisser zeitlicher Dauer und Intensität besteht. Das Erfordernis der Freiheit von Sonderinteressen und sachfremden Einflüssen ist nach der Business Judgment Rule eine uneingeschränkt objektiv festzustellende Voraussetzung. Es ist Folge der allgemeinen Treuepflicht. Daher ist diese Voraussetzung nicht expressis verbis in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG verankert. Der Gesetzgeber ging vielmehr davon aus, dass die Freiheit von Sonderinteressen bereits im Erfordernis des „Handeln zum Wohl der Gesellschaft“ enthalten ist.618 So darf nur derjenige annehmen, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln, der frei von eigennützigen und sachfremden Einflüssen ist. Ein Handeln zum Eigennutzen ist allerdings dann gerechtfertigt, wenn sich der eigene Vorteil lediglich mittelbar aus einem dem Unternehmen zukommenden Vorteil ergibt.619 Beispiel für einen solchen mittelbaren Vorteil auf Seiten des Aufsichtsratsmitglieds ist die Entscheidung zur Übernahme einer anderen Gesellschaft, die einen Anstieg des Börsenkurses auslöst, der auch im Portfolio des Aufsichtsratsmitglieds zu einem Kursgewinn führt.620 Die Verfolgung von Eigeninteressen ist insoweit als legitim anzusehen, wie sich das Interesse des Aufsichtsratsmitglieds mit demjenigen der Gesellschaft deckt. Ein Sonderinteressen unterliegendes Organmitglied darf annehmen, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln, wenn es vor der Maßnahme den Interessenkonflikt offenlegt und die beiderseitigen Interessen gewahrt werden und nachvollziehbar sind.621 5. Gutgläubigkeit Das Merkmal der Gutgläubigkeit ist nicht ausdrücklich in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG enthalten. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum UMAG heißt es jedoch, dass es um ein vom Geschäftsleiter ex ante in gutem Glauben ange615

Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. Hauschka, GmbHR 2007, 11, 14. 617 Hauschka, GmbHR 2007, 11, 15. 618 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 619 Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2192. 620 Dazu Spindler, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 93 Rn. 54 (Stock Options). 621 Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 616

D. Zusammenfassung

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strebtes Gesellschaftswohl gehen müsse.622 Das Merkmal der Gutgläubigkeit weist Überschneidungen mit den anderen Anwendungsvoraussetzungen der Business Judgment Rule auf. Im Entscheidungszeitpunkt muss das Aufsichtsratsmitglied überzeugt sein, richtig zu handeln. Ihm muss damit bewusst sein, keinen Pflichtenverstoß zu begehen. Nur dann kann das Aufsichtsratsmitglied in den Vorzug einer Haftungsfreistellung kommen. Es kommt damit in den Grenzen des objektiv Nachvollziehbaren auf die ex ante-Sicht des unter Unsicherheit handelnden Aufsichtsratsmitglieds an.623 Bewusste Pflichtverletzungen können daher nicht zu einer Privilegierung gelangen.624 Ist die Frage der Gutgläubigkeit des Aufsichtsratsmitglieds strittig, so kommt dieses Merkmal dennoch selten zum tragen, da es im Regelfall bereits am Vorliegen eines der geschriebenen Tatbestandsmerkmale der Business Judgment Rule fehlen dürfte.625

VII. Rechtsfolge der Unanwendbarkeit der Business Judgment Rule Sollte die Business Judgment Rule nicht zur Anwendung kommen, besagt dies nicht ohne weiteres, dass das Verhalten des Aufsichtsratsmitglieds sorgfaltswidrig war. Eine Erfolgshaftung besteht, wie bereits erläutert, auch dann nicht. Vielmehr ist Folge der Unanwendbarkeit der Business Judgment Rule, dass das Verhalten des Aufsichtsratsmitglieds der Überprüfung durch die Gerichte unterliegt. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG betrifft ausschließlich die Ebene der Pflichtwidrigkeit des fraglichen Verhaltens. Da eine mögliche Haftung des Aufsichtsratsmitglieds noch weiteren Anspruchsvoraussetzungen wie einem vorwerfbaren Verhalten, unterliegt, kann trotz Nichterfüllung der Voraussetzungen der Business Judgment Rule eine Haftung, zum Beispiel mangels Verschuldens, ausscheiden.

D. Zusammenfassung Die immer größere Relevanz der Haftung und Verantwortlichkeit von Aufsichtsratsmitgliedern beruht vornehmlich auf dem sich stetig verändernden Verständnis der Rolle des Aufsichtsrats. Höhere Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Überwachungsorgans haben in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Rechte und Pflichten von Aufsichtsratsmitgliedern geführt. 622

Begründung RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 93 Rn. 4g. 624 Ihring, WM 2004, 2098, 2105; Koch, ZGR 2006, 769, 790; ähnlich auch Fleischer, in: FS Herbert Wiedemann, 2002, S. 827, 843; Arbeitskreis Externe und interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., DB 2006, 2189, 2192. 625 Fleischer, ZIP 2004, 685, 691. 623

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§ 4 Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

Die Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern nach §§ 116, 93 AktG bildet als gesellschaftsrechtliches Steuerungsinstrument eine Art Korrelat zur Erweiterung des Rechts- und Pflichtenkreises des Aufsichtsrats. Die Haftung soll neben dem Schadensausgleich zugunsten der geschädigten Gesellschaft auch präventive Wirkung haben und damit der Verhaltenssteuerung von Aufsichtsratsmitgliedern dienen. Verletzen Aufsichtsratsmitglieder die ihnen obliegenden Pflichten, sieht das Gesetz verschiedene Sanktionen vor. Neben einer Abberufung nach § 103 AktG und einer Verweigerung der Entlastung gemäß § 120 AktG hat die persönliche Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft oder einem Dritten große Bedeutung. Haftungsrisiken ergeben sich dabei vorrangig im Bereich der Innenhaftung des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber der geschädigten Gesellschaft. Pflichtverletzungen, die zu einer persönlichen Haftung führen, können unterschiedlicher Natur sein. Sowohl Pflichtverletzungen im Rahmen der allgemeinen Amtspflichten als auch solche, die im Bereich unternehmerischer Entscheidungen eintreten, können eine Haftung des Aufsichtsratsmitglieds begründen. Kommt es bei unternehmerischen Entscheidungen zu einer Pflichtverletzung, besteht nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG die Möglichkeit einer Haftungsfreistellung durch die Business Judgment Rule. Zweck der Business Judgment Rule ist es, die unternehmerische Handlungsfreiheit dem Haftungstatbestand des § 93 Abs. 1 AktG zu entziehen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule ist das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung. Sollten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Haftungsfreistellungsnorm des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG erfüllt sein, ist eine nachträgliche Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung durch die Gerichte ausgeschlossen. Eine Entscheidung des Aufsichtsrats liegt vor, wenn im Rahmen seiner selbständigen Entscheidungsbefugnis mehrere Handlungsmöglichkeiten vorliegen, die rechtlich zulässig sind. Die Entscheidung trägt das Merkmal „unternehmerisch“, wenn im Entscheidungszeitpunkt keine hinreichenden Informationen und Hinweise über die zukünftige Entwicklung bestehen und daher nicht vorhersehbar ist, ob sich die Entscheidung für die Gesellschaft im Nachhinein als vorteilhaft oder nachteilig erweist. Es kann also ex ante nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden, ob die eine Handlungsmöglichkeit oder eine andere positive Wirkung zugunsten der Gesellschaft entfaltet. Gelangt die Business Judgment Rule nicht zur Anwendung, unterliegt das Verhalten der Aufsichtsratsmitglieder der gerichtlichen Kontrolle. Da bei Fehlern der Geschäftsführung oft auch mögliche Versäumnisse der Aufsichtsratsmitglieder in Betracht kommen, haben diese zur Vermeidung ihrer Haftung jeweils auf eine ausreichende Dokumentation ihrer individuellen Beiträge im Rahmen ihrer Überwachungs- und mitunternehmerischen Tätigkeit zu achten.

D. Zusammenfassung

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Trotz nebenamtlichen Charakters des Aufsichtsratsmandats hat ein individueller Mehraufwand des Aufsichtsratsmitglieds in Hinblick auf eine ordnungsgemäße Aufsichtsratsarbeit zur Folge, dass das persönliche Haftungsrisiko gemindert wird. Die Möglichkeit der persönlichen Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern kann im Ergebnis zwar eine effiziente Kontrolltätigkeit anregen, jedoch kann es nicht die fachliche Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder oder die Einhaltung einer professionellen Unternehmensethik garantieren.

§ 5 Zusammenfassung und Ausblick Betrachtet man die Stellung des Aufsichtsrats in der deutschen Aktiengesellschaft, lässt sich erkennen, dass das ehemals klassische Überwachungsorgan einem Wandel unterliegt. Der Aufsichtsrat ist inzwischen nicht nur Kontrolleur, sondern auch beratendes und unternehmerisch mitentscheidendes Gesellschaftsorgan. Dabei muss aber dennoch beachtet werden, dass die Organisationsstruktur einer deutschen Aktiengesellschaft nach wie vor vom Prinzip der Trennung von Leitung und Überwachung geprägt ist. Insbesondere seit dem KonTraG aus dem Jahre 1998 haben sich Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder und damit die Arbeitsbedingungen des Aufsichtsrats insgesamt positiv entwickelt. Sowohl durch eine eigenständige Entscheidungsteilhabe als auch mittels weitreichender Mitentscheidungsbefugnisse wird der Aufsichtsrat zu einem kooperativen Co-Managementorgan, das durch Zusammenwirken und ständigen Austausch mit der Geschäftsführung charakterisiert ist. Ziel eines modernen Aufsichtsratsrechts ist es, Aufsichtsratsmitglieder zu fachkundigen Kontrolleuren und qualifiziert beratenden Partnern des Vorstands zu machen. Dabei muss gleichwohl auf die originäre Leitungsaufgabe und Leitungsverantwortung des Vorstands Rücksicht genommen werden. Trotz der zahlreich dem Aufsichtsrat zustehenden Mitwirkungs- und Entscheidungsbefugnissen darf es nicht zu einer Beeinträchtigung der Geschäftsleitungsautonomie des Vorstands kommen. Die Aufsichtsratstätigkeit bildet ein wesentliches Element guter Corporate Governance. Die Unternehmensüberwachung und Mitwirkung des Aufsichtsrats an der Unternehmensorganisation ist geprägt von unternehmerischen Entscheidungen des Aufsichtsrats. Die gewissenhafte und ordnungsgemäße Ausübung des Aufsichtsratsmandats umfasst sowohl die Geltendmachung bestimmter den Aufsichtsratsmitgliedern zustehender Rechte als auch die Einhaltung von Sorgfaltspflichten in ihren unterschiedlichen Facetten. Die Aufgaben des Aufsichtsrats werden immer anspruchsvoller und komplexer. Alle Mitglieder des Aufsichtsrats müssen den Anforderungen an eine gewissenhafte und ordnungsgemäße Wahrnehmung des großteils nebenberuflich ausgeübten Aufsichtsratsmandats gerecht werden. In Krisenzeiten kann dies zu einem zeitlichen Mehraufwand führen. Der Aufsichtsrat ist mitunternehmerisches Organ mit gesetzlichen Mitwirkungsrechten und -pflichten im Bereich der Unternehmensorganisation und der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Die Tendenz geht in Richtung Co-Managementorgan, dessen unternehmerische Verantwortung neben der des Vorstands

§ 5 Zusammenfassung und Ausblick

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steht. Die kollegiale Zusammenarbeit darf dabei nicht von der Befürchtung geprägt sein, dass der Aufsichtsrat lenkend in die Geschäftsleitungsautonomie des Vorstands eingreifen will. Aufgabe eines gut funktionierenden Aufsichtsrats ist es, dem Vorstand beratend und überwachend zur Seite zu stehen und ihn auf mögliche Fehlentwicklungen oder bereits bestehende Missstände aufmerksam zu machen. Gerade die aktuellen Beispiele des Korruptionsskandals bei Siemens oder der Unternehmenskrise der Hypo Real Estate zeigen, dass in diesem Bereich Handlungs- und Verbesserungsbedarf besteht. Um das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Anleger wieder gewinnen zu können, sind Aufsichtsräte gezwungen, beim Vorliegen organisatorischer Mängel, unternehmensinterner Missstände oder Notlagen maßregelnd einzugreifen. Dies kann durch Klageerhebung gegen (Ex-)Vorstandsmitglieder im Namen des Unternehmens bzw. der Gesellschaft geschehen. Eine weitere Handlungsmöglichkeit besteht in der Umsetzung unternehmensinterner Compliance-Richtlinien bzw. in der Schaffung einer Compliance-Abteilung, die sich ausschließlich mit der Frage befasst, ob sämtliche gesetzliche und satzungsrechtliche Normen von allen Unternehmensangehörigen eingehalten werden. Fehlentscheidungen oder die Unterlassung von Maßnahmen seitens des Aufsichtsrats können Pflichtverletzungen sein, die eine Haftung der handelnden Aufsichtsratsmitglieder nach sich ziehen können. Die persönliche Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern findet ihre gesetzliche Grundlage in §§ 116, 93 AktG. Verletzt ein Aufsichtsratsmitglied im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung seine ihm obliegenden Pflichten, besteht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG die Möglichkeit, durch die Business Judgment Rule in den Genuss einer Haftungsfreistellung zu gelangen. Für das Eingreifen der Business Judgment Rule muss es sich um eine vom Aufsichtsrat selbständig getroffene unternehmerische Entscheidung handeln, die sich bloß im Rahmen einer ex post-Betrachtung, nicht aber bei einer ex ante-Betrachtung, als falsch bzw. das Unternehmen schädigend erweist. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Business Judgment Rule vor, scheidet die gerichtliche Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung aus. Da unternehmerisches Handeln zwangsläufig mit dem Eingehen von Risiken verbunden ist, bietet die Business Judgment Rule die Möglichkeit, die unternehmerische Handlungsfreiheit der aktienrechtlichen Haftung zu entziehen. Wichtig ist vor allem die Frage, in welchen Fällen der Aufsichtsrat unternehmerische Entscheidungen trifft. Dies ist insbesondere im Bereich der Personalkompetenz der Fall, wenn es also um die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern sowie um den Inhalt des Anstellungsvertrags geht. Ferner ist für eine mögliche Haftungsfreistellung Voraussetzung, dass in den unterschiedlichen Phasen des Entscheidungsfindungs- und des eigentlichen Entscheidungsprozesses keine Fehler gemacht werden. Um das persönliche Haftungsrisiko zu minimieren, sind Aufsichtsratsmitglieder gehalten, ihr Mandat pflichtbewusst und sachgerecht wahrzunehmen. Aufsichtsratsmitglieder sind zur genauen Dokumentation und Protokollierung einzelner individueller Beiträge im Rahmen des ge-

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§ 5 Zusammenfassung und Ausblick

samten Entscheidungsprozesses verpflichtet. Nur so kann ein Aufsichtsratsmitglied den Beweis erbringen, pflichtgemäß gehandelt zu haben. Wichtig ist die Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder. Nur für das Aufsichtsratsmandat geeignete Personen können den hohen Anforderungen, die dieses Amt charakterisieren, gerecht werden. Die Optimierung der Auswahl geeigneter Aufsichtsratsmitglieder muss gerade in Zeiten einer wirtschaftlichen Rezession oberste Priorität haben.

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Stichwortverzeichnis Abfindung 85 ff., 126 American Law Institute 119 f. Anstellungsvertrag 80, 83, 86 f., 90 Audit committee 74 Aufsichtsrat – Ausschuss 38 ff. , 65 ff. , 74 f., 80 f., 84 ff. – Co-Managementorgan siehe dort – Pflichtorgan 36 – unternehmerische Aufgaben 35, 107 – Zusammensetzung 36, 66, 98 Aufsichtsratsmitglieder – allgemeine Amtspflichten 103 – Anteilseignervertreter 37, 44 f. – Arbeitnehmervertreter 37, 44 ff., 96, 99 – Interessenkonflikte 45 f., 96, 105, 139 – Niederlegung des Aufsichtsratsmandats 46, 50, 105 – persönliche Voraussetzungen 42, 65 – Qualifikation 42 f., 65 f., 91, 94 f. – Rechte und Pflichten 44, 47, 99, 141, 144 – Unabhängigkeit siehe dort Aufsichtsratsvorsitzender – Aufgaben 37, 55, 95 – Sitzungsleitung 37, 39 – Stellvertreter 55 Beratung des Vorstands 56, 70, 116 Beschlussfassung 22, 39, 47, 132 Bestellung der Vorstandsmitglieder 77 f., 108 Board 23, 67 Business Judgment Rule – Anwendungsbereich 125 ff. – Funktion und Zweck 123 ff. – GmbH 127 – Historische Grundlagen 121 f. – Kodifikation 122 f. – Reichweite 128 ff. – „sicherer Hafen“ 106, 119, 128 – Unanwendbarkeit 141

Checks & balances 56, 66 Co-Managementorgan 67, 69, 73, 88, 144 Compliance 43, 60, 145 Corporate Governance 18 ff., 66 f. Darlegungs- und Beweislast 131 Deutscher Corporate Governance Kodex – Akzeptanz 85 – Anregungen 52 f., 67, 87 f. – Empfehlungen 46, 52 f., 88 – Kodex-Kommission 20 – Soft Law 76 D&O-Versicherung 127 Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen 114, 134 ff. Einsichts- und Prüfungsrecht 38, 48, 54 Entscheidung – allgemeiner Entscheidungsbegriff 25 – Entscheidungsdeterminanten 28 f. – Entscheidungsprozess 31 ff., 37 ff. – Führungsentscheidungen 33 f. – kollektive Entscheidungen 36 – ökonomischer Entscheidungsbegriff 25 ff. – Personalentscheidungen 84 ff., 108 f. – Wirtschaftspsychologischer Entscheidungsbegriff 29 f. Entscheidungstheorie – deskriptiv 26 – normativ 26 Entsprechenserklärung 112 Follow-up-Informationen 52 Genehmigtes Kapital 75 Geschäftsordnung 23 f., 82 f. Gewinnerzielungsabsicht 93, 118 Gutgläubigkeit 140 f. Haftung – Außenhaftung 115 f.

Stichwortverzeichnis – gesetzliches Haftungskonzept 102 – Innenhaftung siehe dort – Pflichtverletzung 103 ff. – Sinn und Zweck 116 f. – Verschulden 113 f. Haftungsfreistellung siehe Business Judgment Rule Hindsight bias 124, 131 Information des Aufsichtsrats – externe Information 51 f. – interne Information 51 f. Innenhaftung 102 ff. Insolvenz, Pflicht zur Antragstellung 104, 113 Jahresabschluss 74 Klagezulassungsverfahren 117 KonTraG 19, 144 Mehrfachmandat 96 Mitbestimmung 36, 45 f., 64 MoMiG 104, 113 Nominierungsausschuss 65, 108 Non-executive director 23

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Sonderinteressen 128, 139 f. Sorgfaltsanforderungen an Organmitglieder, Mindeststandard 94 f. Sorgfaltspflicht 49 f., 90 ff. Stakeholder 66, 91 ff. Stimmrecht 39 Transparenz 19, 66, 124 TransPuG 19 Treuepflicht 50 f., 95 f. Two-Tier-System 22 f., 31 Übernahmeangebot 112 Überwachung der Geschäftsführung – Gegenstand 57 f. – präventive Überwachung 59 – retrospektive Überwachung 58 f. – Richtung der Überwachung 58 f. – Überwachungsintensität 63 f. – Überwachungsmaßstab 59 ff. UMAG 18, 122 ff. Unabhängigkeit 42, 44, 65, 79, 117 Unternehmensinteresse 92 ff. Unternehmerische Entscheidung – Darlegungs- und Beweislast siehe dort – Gestaltungsfreiheit 30 ff. – Handeln in Unsicherheit 32 Unternehmerisches Ermessen 68, 106 ff.

One-Tier-System 23 Personalkompetenz 77 ff., 83 Risiko 30, 101, 118, 130 Shareholder 19, 45, 92 f. Sitzungen des Aufsichtsrats – Anzahl der Sitzungen 37 – Einberufung 37, 49, 99 – Sitzungsleitung 37, 39 – Sondersitzung 113 – Stimmrecht siehe dort – Teilnahmerecht 39, 47

Vergütung 80 ff., 110 f. Verschwiegenheitspflicht – persönlicher Umfang 51 – zeitlicher Umfang 51 Vertretung der Gesellschaft 83 f. Wettbewerbsverbot 50, 105 Wohl der Gesellschaft 49, 138 ff. Zustimmungsvorbehalt – Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte 72 f. – Vetorecht 71