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German Pages 861 [866] Year 2006
Ulrich Burgant Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht
Gesta Itu ngsfre iheit im Stinu nosrecht Zur Einfilhrung korporativer Strukturen bei der Stiftung
von Universitätsprofessor
Dr. Ulrich Burgard Magdeburg
2006
oUs
Verlag
Dr.OttoSchmidt Köln
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 3-504-45040-1 © 2006 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: A. Quednau, Haan Druck und Verarbeitung: Boyens, Heide Printed in Germany
Meiner geliebten Frau Christine
Vorwort Als mit der vorliegenden Arbeit im Wintersemester 1995/96 begonnen wurde, sollte sie von der Stiftung im Konzern handeln. Nachdem 150 Seiten geschrieben waren, zeigte sich jedoch, dass zu viele Vorfragen nicht oder nicht befriedigend geklärt waren. Hinderlich war vor allem, dass zwar stets die Unterschiede zwischen Körperschaften und Stiftungen betont werden, jedoch keine hinreichende Aufmerksamkeit der Frage gewidmet wird, ob und inwieweit diese Unterschiede durch Gestaltungsmaßnahmen ausgeglichen werden können. Statt dessen trifft man auf hergebrachte Typusvorstellungen, die – entgegen dem im Gesellschaftsrecht seit über 30 Jahren erreichten Erkenntnisstand – die Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht zu beschränken geeignet sein sollen. Besonders befremdlich ist dabei, dass dieselben Autoren, die jegliche Typendehnung der Stiftung in Richtung auf eine korporative Verfassung ablehnen, Stiftungskörperschaften innerhalb gewisser Grenzen ohne weiteres für zulässig halten. Wenn aber eine Stiftung im materiellen Sinne in der Rechtsform einer Körperschaft gegründet werden kann (Bsp.: Robert Bosch Stiftung GmbH), warum soll dann nicht auch die Errichtung einer Korporation im materiellen Sinne in der Rechtsform einer Stiftung möglich sein? Und eben diese Fragestellung bildet den neuen Ausgangspunkt der Arbeit. Diese Fragestellung impliziert freilich, dass es nicht ausreicht zu klären, ob und inwieweit sich der Stifter das Recht vorbehalten oder Dritten einräumen kann, die Stiftungsverfassung zu ändern. Vielmehr sind alle gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen daraufhin zu untersuchen, welche Antworten sie im Stiftungsrecht von Gesetzes wegen finden und wie man auf diese Rechtslage zur Einführung von korporativen Strukturen einwirken kann. Die Fragen (s. u. § 1 D.) beginnen daher mit der Gründung der Stiftung und reichen über ihre Organisations-, Finanz- und Haftungsverfassung bis hin zur Auflösung und Liquidation. Bei alledem geht es nicht nur darum, die Grenzen der Gestaltungsfreiheit insbesondere im Blick auf die Einführung korporativer Strukturen auszuloten. Vielmehr soll darüber hinaus deutlich werden, welche Unterschiede und vor allem welche Gemeinsamkeiten zwischen dem Verbands- und Stiftungsrecht bestehen. Insofern versteht sich die Arbeit auch als Beitrag zur Herausbildung allgemeiner Lehren des Organisationsrechts. Vorrangiges Ziel ist es aber, gesellschaftsrechtliche Erkenntnisse für das Stiftungsrecht fruchtbar zu machen und es auf diese Weise von überkommenen Vorstellungen zu befreien.
VII
Vorwort
Die Arbeit wurde im Wintersemester 2000/2001 dem Fachbereich Rechtsund Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt als Habilitationsschrift vorgelegt. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass das Stiftungsrecht geändert werden würde. Auf eine Veröffentlichung wurde daher zunächst verzichtet. Und nachdem das sog. Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts schließlich in Kraft getreten war, fehlte dem Verfasser zunächst die Zeit, die Gesetzesänderungen samt der sie begleitenden Veröffentlichungen einzuarbeiten. Die Übernahme und der Aufbau des Magdeburger Lehrstuhls forderten ihren Tribut. Seither hat sich viel getan. Zwar wurde vornehmlich die Gesetzessprache und nicht der Gesetzesinhalt modernisiert. Auch hat sich die Erwartung nicht erfüllt, dass sich mit der Gesetzesänderung manche Streitpunkte - wie insbesondere die Frage zulässiger Stiftungszwecke - erledigt hätten. Gleichwohl wurde in den letzten Jahren zum Stiftungsrecht derart viel geschrieben, dass ein erheblicher Erkenntnisfortschritt zu verzeichnen ist. Insbesondere wurden vielerlei Themen, die zuvor nicht oder nicht eingehend bearbeitet waren, aufgegriffen. All das galt es einzuarbeiten. Die Arbeit ist nunmehr auf dem Stand von Ende 2005. Mein tief empfundener Dank gilt in aller erster Linie meinem verehrten akademischen Lehrer und Freund Professor Dr. Uwe H. Schneider. Er hat mir nicht nur die akademische Laufbahn eröffnet und mir jeden Raum für meine eigenen wissenschaftlichen Bemühungen gegeben, sondern ist mir jederzeit wissenschaftliches und persönliches Vorbild. Den täglichen Gedankenaustausch vermisse ich sehr. Herzlich danken möchte ich ferner Herrn Professor Dr. Axel Wirth für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie vor allem Herrn Professor Dr. Walther Hadding, dem ich mich nicht nur wegen der Erstellung des externen Gutachtens und wegen vielfältiger wertvoller Anregungen stark verbunden fühle. Er ist ein großartiger Lehrer. Mein Dank gilt weiterhin dem Verlag Dr. Otto Schmidt, insbesondere Frau Dr. Sabine Kick, für die Betreuung der Veröffentlichung, der VG Wort für den großzügigen Druckkostenzuschuss sowie der von Professor Dr. Georg Strickrodt gegründeten Studien- und Forschungsstelle für Stiftungswesen. Diese rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts hat mir in der Darmstädter Zeit insbesondere die Beschäftigung von wissenschaftlichen Hilfskräften ermöglicht, die mir manche zeitaufwendige Arbeiten abgenommen haben. Sie ist ein Beispiel dafür, dass auch Stiftungen mit einem sehr geringen Grundstockvermögen überaus nützliche Unterstützung gewähren können. Schließlich danke ich meiner Sekretärin Frau Anke Schwerdtfeger, meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern Frau Ass. jur. Christine Konnertz, LL. M., und Herrn Ass. jur. Carsten Heimann, sowie den wissenschaftlichen HilfsVIII
Vorwort
kräften Frau Jessica Naundorf, Frau Aleksandra Müller und Herrn Jonas Pohl, die mir alle in den letzten Monaten bei der Fertigstellung der Veröffentlichung, insbesondere bei der Literaturbeschaffung, der Korrektur der Druckfahnen und der Erstellung der Verzeichnisse so wertvolle wie unermüdliche Hilfe geleistet haben. Gewidmet ist die Arbeit meiner geliebten Frau Christine für ihre Geduld ebenso wie für ihre stete Aufmunterung und vor allem für ihre Liebe. Magdeburg, im Februar 2006
Ulrich Burgard
IX
Inhaltsübersicht Seite
Vorwort ................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis .................................................................................... XIII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................ XXIX
Erster Teil: Grundlagen § 1 Einführung ...................................................................................... § 2 Begriff, Merkmale und Erscheinungsformen der Stiftung ............. § 3 Die Gestaltungsfreiheit und ihre Grenzen ......................................
1 26 34
Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung § 4 Das Stiftungsgeschäft ..................................................................... 76 § 5 Der Stiftungszweck ......................................................................... 110 § 6 Die Anerkennung der Stiftung ........................................................ 156
Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung § 7 Rechtsquellen, Inhalt, Abgrenzung und Auslegung der Stiftungsverfassung sowie der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens ............................................................................ 181 § 8 Exkurs: Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht ................................ 203 Erster Abschnitt: Die Organisationsverfassung ................................. 217 1. Kapitel: Die Organe, ihre Kompetenzen und innere Ordnung .... 219 §9 § 10 § 11 § 12 § 13
Der Organbegriff ............................................................................ Der Vorstand ................................................................................... Die Einrichtung einer mehrstufigen Organisationsverfassung ....... Die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen .............. Grundlagenänderungen ...................................................................
219 223 261 294 332 XI
Inhaltsübersicht
2. Kapitel: Die Rechtsstellung der Organmitglieder, Stifter und Destinatäre ...................................................... § 14 Die Organmitgliedschaft ................................................................ § 15 Die Rechte und Pflichten der Organmitglieder .............................. § 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre ......................
390 391 420 446
Zweiter Abschnitt: Die Finanzverfassung .......................................... § 17 Aufbringung des Grundstockvermögens und Erhaltung des Stiftungskapitals ...................................................................... § 18 Kapitalmaßnahmen ........................................................................ § 19 Finanzierung durch Fremdkapital .................................................. § 20 Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung ......................... § 21 Rechnungslegung ........................................................................... § 22 Publizität ........................................................................................
471 472 493 511 530 547 567
Dritter Abschnitt: Die Haftungsverfassung ....................................... § 23 Die Haftung der Stiftung ................................................................ § 24 Die Haftung des Stifters und der Destinatäre ................................. § 25 Die Haftung der Organmitglieder ..................................................
577 578 583 593
Vierter Teil: Die Beendigung der Stiftung § 26 Die Auflösung ................................................................................ 621 § 27 Liquidation, Vermögensanfall und Vollbeendigung ...................... 643
Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung § 28 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse: die korporativ verfasste Stiftung ............................................................................ 655 § 29 Zur Zulässigkeit von Grundtypenvermischungen und Typendehnungen ............................................................................ 675 § 30 Typengerechte Normanwendung bei korporativ verfassten Stiftungen ....................................................................................... 718 Literaturverzeichnis ................................................................................ 737 Fundstellenverzeichnis ............................................................................ 803 Stichwortverzeichnis ............................................................................... 807
XII
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort ................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ....................................................................................... XI Abkürzungsverzeichnis ........................................................................ XXIX
Erster Teil: Grundlagen Einführung .................................................................................... Der Hintergrund der Untersuchung ................................................ Der Gegenstand der Untersuchung ................................................. Der Schwerpunkt der Untersuchung .............................................. Die Fragestellungen im Einzelnen .................................................. Das Ziel der Untersuchung ............................................................. Die Grenzen der Untersuchung ......................................................
1 1 8 10 13 14 24
§ 2 Begriff, Merkmale und Erscheinungsformen der Stiftung .......
26
§ 3 Die Gestaltungsfreiheit und ihre Grenzen ................................. A. Privat-, Verbands-, Stiftungs- und Satzungsautonomie, Vertrags-, Gestaltungs- und Stifterfreiheit ..................................... B. Privatautonomie und Stifterfreiheit im Rahmen der Rechtsordnung ................................................................................ I. Geltungsgrund und Implikationen ............................................ II. Verfassungsrechtliche Verankerung ......................................... C. Grenzen der Gestaltungsfreiheit ..................................................... I. Zwingendes Recht .................................................................... 1. Feste Grenzen der Gestaltungsfreiheit ................................. 2. Fließende Grenzen der Gestaltungsfreiheit .......................... 3. Bewegliche Grenzen der Gestaltungsfreiheit ....................... II. Dispositives Recht .................................................................... 1. Inhaltliche Angemessenheit als Grenze der Gestaltungsfreiheit ............................................................... 2. Wesen und Typus als Grenzen der Gestaltungsfreiheit .......
34
§1 A. B. C. D. E. F.
35 37 37 41 47 48 48 48 48 49 50 52
XIII
Inhaltsverzeichnis
III. Institutionen und Rechtsprinzipien als Grenzen der Gestaltungsfreiheit ................................................................... 1. Institutionenbildung ............................................................. 2. Institutionenlehren ............................................................... 3. Insbesondere: Wirtschaftsverfassung als Grenze der Gestaltungsfreiheit ............................................................... IV. Gesetzesumgehung und Rechtsmissbrauch ............................. 1. Gesetzesumgehung als Grenze der Gestaltungsfreiheit ...... 2. Rechtsmissbrauch als Grenze der Gestaltungsfreiheit ........ a) Individueller Rechtsmissbrauch ...................................... b) Institutioneller Rechtsmissbrauch ................................... V. Numerus clausus der Rechtsformen und Rechtsformzwang ... D. Zusammenfassung ..........................................................................
55 55 57 60 65 65 67 68 68 70 72
Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung § 4 Das Stiftungsgeschäft ................................................................... A. Einpersonen-Gründung .................................................................. I. Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden ..................................... 1. Allgemeine Anforderungen ................................................. 2. Inhaltliche Anforderungen ................................................... a) Vermögensrechtlicher Inhalt ........................................... b) Organisationsrechtlicher Inhalt ....................................... 3. Auslegung ............................................................................ 4. Rechtswirkungen ................................................................. a) Widerruflichkeit des Stiftungsgeschäftes ........................ b) Entstehung einer Vorstiftung? ......................................... c) Errichtung der Stiftung durch das Stiftungsgeschäft? ..... II. Das Stiftungsgeschäft von Todes wegen ................................. B. Mehrpersonen-Gründung ............................................................... I. Problem und Meinungsstand .................................................... II. Die Materialien ........................................................................ III. Die Vornahme des Stiftungsgeschäfts durch Vertrag .............. IV. Die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen ............................ 1. Vorvertrag ............................................................................ 2. Vorgründungsgesellschaft ................................................... 3. Stiftungsgeschäft durch Gesamtakt ..................................... 4. Stiftungsgeschäft durch Vertrag (Stiftungsvertrag) ............. a) Anwendung der allgemeinen Regeln .............................. b) Entstehung einer Vorgründungsgesellschaft ................... XIV
76 76 77 77 78 79 80 84 84 84 87 89 90 92 92 94 96 103 103 104 105 106 106 107
Inhaltsverzeichnis
5. Rechte und Pflichten der Gründer nach dem Entstehen der Stiftung ........................................................................... 107 C. Zusammenfassung .......................................................................... 108 § 5 Der Stiftungszweck ....................................................................... A. Begriff des Stiftungszwecks ........................................................... I. Die Unterscheidung zwischen Zweck und Gegenstand im Gesellschaftsrecht ................................................................ II. Die Rechtslage im Stiftungsrecht ............................................. B. Bedeutung des Stiftungszwecks ..................................................... C. Zulässige und unzulässige Stiftungszwecke ................................... I. Gesetzliche Ausgangslage: Der Grundsatz der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung .................................................... 1. Bestimmtheit und Dauer des Stiftungszwecks ..................... 2. Unmöglichkeit und Gemeinwohlgefährdung ....................... II. Familienstiftungen .................................................................... III. Stiftung für den Stifter .............................................................. IV. Unternehmensstiftungen ........................................................... 1. Meinungsstand ..................................................................... 2. Stellungnahme ...................................................................... V. Funktionsstiftungen .................................................................. VI. Selbstzweckstiftung .................................................................. D. Zusammenfassung .......................................................................... Die Anerkennung der Stiftung .................................................... Formelle Voraussetzungen der Anerkennung ................................ Materielle Voraussetzungen der Anerkennung .............................. Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks ........................................................................ I. Zur Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ........................................................................... II. Anforderungen an die Vermögensausstattung ......................... 1. Allgemeine Anforderungen .................................................. 2. Sammel-, Einkommens- und Vorratsstiftungen ................... 3. Verbrauchsstiftungen ........................................................... III. Anforderungen an die Organisationsverfassung ...................... D. Rechtsfolgen und Rechtsbehelfe .................................................... I. Rechtsfolgen der Anerkennung ................................................ II. Nebenbestimmungen ................................................................ III. Rechtsfolgen der Versagung ..................................................... IV. Rechtsbehelfe ........................................................................... E. Zusammenfassung ..........................................................................
§6 A. B. C.
110 110 110 113 115 117 117 120 123 127 132 136 137 138 146 147 155 156 157 160 160 162 164 164 166 169 172 175 175 175 177 177 178 XV
Inhaltsverzeichnis
Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung § 7 Rechtsquellen, Inhalt, Abgrenzung und Auslegung der Stiftungsverfassung sowie der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens ............................................... A. Rechtsquellen ................................................................................. B. Begriff und Inhalt ........................................................................... C. Abgrenzung gegenüber sog. Nebenordnungen .............................. D. Bedeutung des Landesrechts .......................................................... E. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens ................... F. Auslegung ...................................................................................... I. Gesetzliche Ausgangslage und Problemstellung ..................... II. Meinungsstand ......................................................................... III. Stellungnahme .......................................................................... 1. Ausgangspunkt: Willenstheorie ........................................... 2. Geltung für Satzungen ......................................................... 3. Revisibilität .......................................................................... 4. Folgerungen für die Auslegung von Stiftungsgeschäft und -satzung .........................................................................
181 181 183 184 187 188 192 192 193 194 195 197 198
Exkurs: Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht ........................... Zweck, Aufgaben und Grenzen der Stiftungsaufsicht ................... Befugnisse der Stiftungsaufsicht .................................................... Grundsätze der Ausübung der Stiftungsaufsicht ............................ Bewertung der Stiftungsaufsicht .................................................... Lockerung der Stiftungsaufsicht ....................................................
203 203 207 209 210 212
§8 A. B. C. D. E.
199
Erster Abschnitt: Die Organisationsverfassung ................................ 217 1. Kapitel: Die Organe, ihre Kompetenzen und innere Ordnung .... 219 § 9 Der Organbegriff .......................................................................... 219 § 10 Der Vorstand ................................................................................ A. Der Vorstand als Geschäftsführungsorgan .................................... I. Die Pflicht zur persönlichen Geschäftsführung ....................... II. Die Verfassungsgebundenheit des Vorstandes ........................ III. Die Informationspflichten des Vorstandes ............................... IV. Die Pflicht zur Herausgabe des dienstlich Erlangten, Verzinsungspflicht ................................................................... V. Der Anspruch auf Vorschuss und Aufwendungsersatz ........... VI. Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis ................................. XVI
223 223 224 226 228 231 232 233
Inhaltsverzeichnis
VII. Mehrere Vorstandsmitglieder ................................................... B. Der Vorstand als Vertretungsorgan ................................................ I. Der Grundsatz der Unbeschränktheit der Vertretungsmacht ... II. Die gesetzlichen Grenzen der Vertretungsmacht ..................... 1. Bundesrechtliche Grenzen ................................................... 2. Landesrechtliche Grenzen .................................................... III. Die gewillkürten Grenzen der Vertretungsmacht ..................... IV. Die Vertretung durch mehrere Personen .................................. 1. Gesetzliche Ausgangslage .................................................... 2. Meinungsstand ..................................................................... 3. Stellungnahme ...................................................................... 4. Dispositive Regelungen ....................................................... V. Unübertragbarkeit der organschaftlichen Vertretungsmacht ... VI. Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht Dritter ......................... VII. Passivvertretung ....................................................................... C. Der Vorstand als Willensbildungsorgan ......................................... D. Die Verwaltung der Stiftung durch eine öffentliche Behörde ........ E. Zusammenfassung .......................................................................... § 11 Die Einrichtung einer mehrstufigen Organisationsverfassung ...................................................................................... A. Gestaltungsmöglichkeiten .............................................................. I. Die Bestellung besonderer Vertreter ........................................ 1. Unmittelbarer Anwendungsbereich des § 30 BGB .............. 2. Entsprechende Anwendung des § 30 BGB .......................... II. Die Einrichtung eines Überwachungsorgans ........................... III. Die Einrichtung eines eigenständigen Willensbildungsorgans IV. Die Einrichtung eines Beratungsorgans ................................... V. Die Einrichtung eines Gruppenorgans ..................................... VI. Die Einrichtung von Repräsentationsgremien und Ehrenämtern ............................................................................. VII. Die Einrichtung sonstiger Organe ............................................ B. Gestaltungsgrenzen ......................................................................... C. Organstreitigkeiten ......................................................................... I. Das Problem ............................................................................. II. Stiftungsaufsichtsrechtliche Rechtsbehelfe .............................. III. Zivilrechtliche Rechtsbehelfe ................................................... 1. Interorganstreitigkeiten ........................................................ a) „Echte Organklagen“ ....................................................... b) „Unechte Organklagen“ ................................................... c) Actio pro societate ...........................................................
236 237 238 239 239 241 246 250 250 250 252 255 256 257 258 258 259 259 261 261 261 261 265 267 269 271 272 274 274 276 278 278 279 283 283 283 284 287
XVII
Inhaltsverzeichnis
2. Intraorganstreitigkeiten ........................................................ a) Schuldrechtliche Individualansprüche ............................ b) Organschaftliche Rechte ................................................. c) Fehlerhafte Beschlüsse .................................................... IV. Gestaltungsmöglichkeiten ........................................................ D. Zusammenfassung ..........................................................................
288 288 288 288 291 291
§ 12 Die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen ........ A. Personeller Umfang ........................................................................ B. Kollektivorgane .............................................................................. I. Die innere Ordnung .................................................................. 1. Versammlungsleiter ............................................................. 2. Geschäftsverteilung, Bildung von Ausschüssen .................. II. Das Beschlussverfahren ........................................................... 1. Einberufung ......................................................................... 2. Antragstellung und Beratung ............................................... 3. Beschlussfähigkeit ............................................................... 4. Stimmabgabe ....................................................................... 5. Beschlussquoren .................................................................. a) Gesetzliche Mehrheitserfordernisse ................................ aa) Einfache Mehrheit ..................................................... bb) Qualifizierte Mehrheiten ........................................... b) Statutarische Mehrheitserfordernisse .............................. 6. Weitere Erfordernisse .......................................................... a) Zustimmungserfordernisse .............................................. b) Beschlussform ................................................................. 7. Stimmauswertung, Stimmzählung und Feststellung des Abstimmungsergebnisses .............................................. 8. Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses .... 9. Beschlussfassung ohne Zusammenkunft ............................. III. Die Ursachen von Beschlussmängeln (i. w. S.) ........................ 1. Mängel des Beschlusses ...................................................... a) Formelle Mängel ............................................................. b) Materielle Mängel ........................................................... 2. Mängel der Stimmabgabe .................................................... IV. Die Folgen von Beschlussmängeln .......................................... C. Beschlüsse von Einpersonen-Organen ........................................... I. Innere Ordnung ........................................................................ II. Beschlussfassung ..................................................................... III. Fehlerhafte Beschlüsse ............................................................. 1. Ursachen .............................................................................. a) Formelle und materielle Mängel .....................................
294 295 296 296 296 298 300 301 304 305 306 307 307 307 308 311 312 312 316
XVIII
317 318 318 319 319 319 320 320 321 325 325 325 329 329 329
Inhaltsverzeichnis
b) Mängel bei der Stimmabgabe .......................................... 329 2. Folgen ................................................................................... 330 D. Zusammenfassung .......................................................................... 330 § 13 Grundlagenänderungen ............................................................... A. Grundlagenänderungen durch die Stiftungsorgane ........................ I. Gesetzliche Ausgangslage ........................................................ 1. Bundesrecht .......................................................................... a) § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB ........................ b) § 87 BGB ......................................................................... c) Zwischenergebnis ............................................................ 2. Landesrecht .......................................................................... a) Einfache Grundlagenänderungen ..................................... b) Qualifizierte Grundlagenänderungen ............................... c) Zwischenergebnis ............................................................ 3. Ergebnis ................................................................................ II. Dispositive Regelungen ............................................................ 1. Meinungsstand ..................................................................... a) Rechtsprechung ................................................................ b) Literatur ........................................................................... 2. Stellungnahme ...................................................................... a) Unvereinbarkeit mit dem „Wesen“ der Stiftung oder ihrem Typus ..................................................................... b) Unvereinbarkeit mit § 85 BGB ........................................ c) Unvereinbarkeit mit den Instituten der Stiftungsanerkennung und Stiftungsaufsicht ................................. d) Unvereinbarkeit mit dem Prinzip der Stiftungsautonomie ........................................................................ e) Unvereinbarkeit mit dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens ........................................... f) Zwischenergebnis ............................................................ 3. Eigene Ansicht ..................................................................... a) Das Problem ..................................................................... b) Das Betroffensein in Eigeninteressen als notwendige Voraussetzung autonomer Entscheidungsbefugnisse ...... aa) Grundlagen ................................................................ bb) Zwischenergebnis ...................................................... cc) Rechtstheoretische Begründung ................................ c) Zwischenergebnis ............................................................ d) Folgerungen ..................................................................... 4. Ergebnis ................................................................................ B. Genehmigung von Grundlagenänderungen ....................................
332 333 334 335 335 340 340 341 342 345 348 348 349 350 350 351 353 356 357 359 360 367 370 370 370 372 372 375 376 378 379 382 383 XIX
Inhaltsverzeichnis
C. Grundlagenänderungen durch die Aufsichtsbehörde ..................... 385 D. Zusammenfassung .......................................................................... 387 2. Kapitel: Die Rechtsstellung der Organmitglieder, Stifter und Destinatäre .................................................................. 390 § 14 Die Organmitgliedschaft .............................................................. A. Begründung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses ............... I. Erstbestellung ........................................................................... II. Zweitbestellung ........................................................................ III. Persönliche Voraussetzungen .................................................. IV. Notbestellung, Bestellung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde, Bestellung eines Sachwalters .................................... B. Beendigung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses ................ I. Zeitablauf, Tod, Auflösung ...................................................... II. Wegfall persönlicher Voraussetzungen ................................... III. Abberufung .............................................................................. IV. Kündigung des Anstellungsvertrags ........................................ V. Amtsniederlegung .................................................................... VI. Einverständliche Aufhebung .................................................... VII. Grundlagenänderungen ............................................................ C. Ersatzmitgliedschaft ....................................................................... D. Substitution .................................................................................... E. Vertretung ...................................................................................... I. Stellvertretende Mitgliedschaft ................................................ 1. Vorstand ............................................................................... 2. Andere Organe ..................................................................... II. Gewillkürte Vertretung ............................................................ 1. Vorstand ............................................................................... 2. Kontrollorgan ....................................................................... 3. Willensbildungsorgan .......................................................... F. Botenschaft ..................................................................................... G. Übertragbarkeit .............................................................................. H. Vererblichkeit ................................................................................. I. Zusammenfassung ..........................................................................
399 400 400 401 401 405 406 407 407 407 408 409 409 409 411 411 412 412 414 414 415 418 418
§ 15 Die Rechte und Pflichten der Organmitglieder ......................... A. Organschaftliche Rechte ................................................................ I. Mitverwaltungsrechte .............................................................. 1. Teilnahmerecht .................................................................... 2. Informationsrecht ................................................................. 3. Stimmrecht ...........................................................................
420 420 421 421 422 427
XX
391 392 393 395 397
Inhaltsverzeichnis
4. Besondere Mitverwaltungsrechte ......................................... II. Vermögensrechte ...................................................................... 1. Aufwendungsersatz .............................................................. 2. Vergütung ............................................................................. 3. Weitere Vermögensrechte .................................................... III. Statutarische Vorzugsrechte ..................................................... IV. Rechtsnatur organschaftlicher Rechte ...................................... V. Durchsetzbarkeit organschaftlicher Rechte .............................. B. Organschaftliche Pflichten ............................................................. I. Organschaftliche Dienstpflicht ................................................. II. Organschaftliche Treupflicht .................................................... III. Durchsetzbarkeit ....................................................................... IV. Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere Lockerung der Pflichtbindung .................................................................... C. Schuldrechtliche Rechte und Pflichten ........................................... I. Anstellungsvertrag .................................................................... II. Sonstige Schuldverhältnisse ..................................................... D. Zusammenfassung ..........................................................................
428 428 429 429 431 431 432 434 435 436 438 439 439 441 442 444 445
§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre ................. A. Die Rechtsstellung des Stifters ....................................................... I. Gesetzliche Ausgangslage ........................................................ 1. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens ......... 2. Der Grundsatz der „Rechtlosigkeit“ des Stifters .................. 3. Landesrechtliche Besonderheiten ........................................ a) Anhörungserfordernis bei Grundlagenänderungen ......... b) Zustimmungsrecht bei Grundlagenänderungen ............... II. Gestaltungsmöglichkeiten ........................................................ 1. Mitverwaltungsrechte ........................................................... 2. Vermögensrechte .................................................................. 3. Pflicht- und Vermögensbindung .......................................... 4. Übertragbarkeit .................................................................... B. Die Rechtsstellung der Destinatäre ................................................. I. Begriff und Auswahl der Destinatäre ....................................... II. Rechte der Destinatäre .............................................................. III. Schutz der Destinatäre .............................................................. IV. Gestaltungsmöglichkeiten ........................................................ 1. Mitverwaltungsrechte ........................................................... 2. Vermögensrechte .................................................................. 3. Mitgliedschaftsähnliche Rechtsstellung ............................... C. Zusammenfassung ..........................................................................
446 447 447 447 447 449 450 452 455 455 457 458 458 459 459 460 463 466 467 468 469 469
XXI
Inhaltsverzeichnis
Zweiter Abschnitt: Die Finanzverfassung .......................................... 471 § 17 Aufbringung des Grundstockvermögens und Erhaltung des Stiftungskapitals .................................................................... A. Problemstellung .............................................................................. B. Kapitalaufbringung im Stiftungsrecht ............................................ I. Das Zuwendungsversprechen .................................................. II. Die Anerkennung der Stiftung ................................................. III. Die Vermögensübertragung ..................................................... IV. Gestaltungsmöglichkeiten ........................................................ V. Zusammenfassung .................................................................... C. Kapitalerhaltung ............................................................................. I. Gesetzliche Ausgangslage ....................................................... 1. Unterbilanzverbot ................................................................ 2. Werterhaltungsgebot ............................................................ 3. Ausschüttungsverbot ........................................................... 4. Veräußerungsgebot .............................................................. 5. Rechtsfolgen ........................................................................ II. Gestaltungsmöglichkeiten ........................................................ D. Zusammenfassung ..........................................................................
472 472 474 475 475 475 477 477 478 479 479 481 484 485 490 490 491
§ 18 Kapitalmaßnahmen ..................................................................... A. Erhöhung des Stiftungskapitals ...................................................... I. Nominelle Kapitalerhöhung ..................................................... 1. Admassierungsverbot .......................................................... a) Das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot ................ b) Das steuerrechtliche Admassierungsverbot .................... 2. Durchführung der Kapitalerhöhung .................................... II. Effektive Kapitalerhöhung ....................................................... III. Bewertung ................................................................................ B. Herabsetzung des Stiftungskapitals ............................................... I. Nominelle Kapitalherabsetzung ............................................... II. Effektive Kapitalherabsetzung ................................................. III. Bewertung ................................................................................ C. Zusammenfassung ..........................................................................
493 494 494 494 494 496 498 500 502 504 504 506 509 510
§ 19 Finanzierung durch Fremdkapital ............................................. A. Grenzen der Finanzierung durch Fremdkapital ............................. B. Partiarische Rechtsverhältnisse ...................................................... I. Allgemein ................................................................................. II. Stille Beteiligung an der Stiftung .............................................
511 512 513 513 514
XXII
Inhaltsverzeichnis
C. Eigenkapitalersatz? ......................................................................... I. Einführung ................................................................................ II. Die drei Gestalten funktionalen Eigenkapitals ......................... 1. Rangrücktrittsvereinbarungen .............................................. 2. Finanzplankredit ................................................................... 3. Objektiv eigenkapitalersetzende Kredite ............................. III. Bedeutung für das Stiftungsrecht ............................................. 1. Gesetzliche Ausgangslage .................................................... 2. Die Ansicht von Oepen ........................................................ 3. Stellungnahme ...................................................................... 4. Ergebnis ................................................................................
519 519 519 520 520 522 524 524 525 526 529
§ 20 Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung ................... A. Vermögensverwaltung .................................................................... I. Vermögenstrennung ................................................................. II. Kapitalerhaltung ....................................................................... III. Erwirtschaftung von Erträgen ................................................... IV. Vermögensumschichtungen ..................................................... V. Fundraising ............................................................................... B. Erträgnisverwendung ...................................................................... I. Deckung des Verwaltungsaufwands, Sparsamkeitsgebot ........ II. Erfüllung des Stiftungszwecks ................................................. III. Bildung von Rücklagen ............................................................ C. Finanzierung von Beteiligungsgesellschaften ................................ D. Zusammenfassung ..........................................................................
530 530 531 531 531 537 540 540 540 541 542 543 545
§ 21 Rechnungslegung .......................................................................... A. Rechtliche Grundlagen ................................................................... I. Bürgerliches Recht ................................................................... II. Landesrecht ............................................................................... III. Handelsrecht ............................................................................. IV. Steuerrecht ................................................................................ V. Branchenspezifische Rechtsvorschriften .................................. VI. Satzungsrecht ............................................................................ B. Ziele der Rechnungslegung ............................................................ C. Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung .................................. D. Inhalt der Rechnungslegung ........................................................... I. Jahresabrechnung ..................................................................... II. Vermögensübersicht ................................................................. III. Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks ...................... E. Probleme der Rechnungslegung .....................................................
547 548 548 549 550 553 554 555 555 556 558 559 560 560 561
XXIII
Inhaltsverzeichnis
F. Prüfung der Rechnungslegung ....................................................... I. Gegenstand der Prüfung ........................................................... II. Rechtsgrundlagen der Prüfung ................................................. 1. Stiftungsverfassung ............................................................. 2. Prüfung aufgrund der Stiftungsgesetze ............................... G. Zusammenfassung ..........................................................................
563 563 564 564 565 566
§ 22 Publizität ....................................................................................... A. Allgemeine Vorschriften ................................................................ I. Handelsregisterpublizität ......................................................... II. Rechnungslegungspublizität .................................................... III. Beteiligungspublizität .............................................................. B. Stiftungsspezifische Vorschriften .................................................. I. Bürgerliches Recht ................................................................... II. Landesstiftungsgesetze ............................................................ 1. Bekanntmachungen ............................................................. 2. Stiftungsverzeichnisse ......................................................... III. Reform ..................................................................................... C. Gewillkürte Publizität ....................................................................
567 567 567 568 568 569 569 569 569 571 573 576
Dritter Abschnitt: Die Haftungsverfassung ....................................... § 23 Die Haftung der Stiftung ............................................................. A. Haftung für Schulden des Stifters .................................................. B. Haftung auf verbandsrechtlicher Grundlage ..................................
577 578 578 581
§ 24 Die Haftung des Stifters und der Destinatäre ........................... A. Die Haftung des Stifters für die Aufbringung des Grundstockvermögens ............................................................. I. Haftung des Stifters vor der Anerkennung der Stiftung .......... II. Haftung des Stifters nach Anerkennung der Stiftung .............. III. Haftung der Erben des Stifters ................................................. B. Durchgriff auf den Stifter? ............................................................. C. Konzernhaftung des Stifters? ......................................................... D. Haftung der Destinatäre für verbotene Auszahlungen ...................
583 583 583 584 587 588 590 591
§ 25 Die Haftung der Organmitglieder .............................................. A. Haftung gegenüber der Stiftung ..................................................... I. Anspruchsgrundlagen .............................................................. II. Anspruchsvoraussetzungen ...................................................... 1. Pflichtverletzung .................................................................. 2. Verschulden ......................................................................... a) Verschuldensgrad ............................................................
593 593 593 597 597 598 598
XXIV
Inhaltsverzeichnis
B. C. D. E. F. G.
b) Sorgfaltsmaßstab .............................................................. c) Exkulpation durch Stiftungsaufsicht? .............................. III. Rechtsfolgen und Durchsetzung ............................................... IV. Verzicht und Entlastung ........................................................... Haftung gegenüber Dritten ............................................................. Haftung gegenüber Stifter und Destinatären .................................. Haftung gegenüber Gesellschaften, an denen die Stiftung beteiligt ist ...................................................................................... Haftung für die Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten .......... Exkurs: Die Haftung der Behörde .................................................. Zusammenfassung des dritten Abschnitts ......................................
599 604 606 608 612 613 614 615 616 618
Vierter Teil: Die Beendigung der Stiftung § 26 Die Auflösung ................................................................................ A. Auflösungsgründe ........................................................................... I. Die gesetzlichen Auflösungsgründe ......................................... 1. Bundesrechtliche Auflösungsgründe ................................... a) § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 1 S. 1 BGB ........................... b) § 87 Abs. 1 BGB .............................................................. c) Mängel des Stiftungsgeschäfts ........................................ 2. Landesrechtliche Auflösungsgründe .................................... a) Aufhebung und Nichtigkeit der Anerkennung der Stiftung ...................................................................... b) Wesentliche Veränderung der Verhältnisse ..................... c) Zulegung und Zusammenlegung ..................................... II. Statutarische Auflösungsgründe ............................................... 1. Fristablauf ............................................................................ 2. Auflösende Bedingung ......................................................... 3. Beschluss .............................................................................. a) Eintreten satzungsgemäß bestimmter Umstände ............. b) Freies Ermessen ............................................................... III. Beendigung der Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts .............. 1. Befristung ............................................................................. 2. Bedingung ............................................................................ 3. Widerrufsvorbehalt .............................................................. B. Verfahren und Zeitpunkt der Auflösung ........................................ I. Auflösung ipso iure .................................................................. II. Auflösungsbeschluss ................................................................ 1. Verfahren ..............................................................................
621 622 622 622 622 623 624 627 627 629 629 631 632 632 633 633 634 634 635 635 636 640 640 640 640 XXV
Inhaltsverzeichnis
2. Genehmigung ....................................................................... 641 3. Zeitpunkt .............................................................................. 642 III. Aufhebung durch Hoheitsakt ................................................... 642 § 27 Liquidation, Vermögensanfall und Vollbeendigung ................. A. Liquidation ..................................................................................... I. Notwendigkeit der Durchführung eines Liquidationsverfahrens ................................................................................. II. Einfluss der Liquidation auf die Verfassung der Stiftung ....... 1. Grundlagen .......................................................................... 2. Einzelheiten ......................................................................... B. Fortsetzung der Stiftung ................................................................. C. Vermögensanfall ............................................................................ D. Vollbeendigung .............................................................................. E. Nachtragsliquidation ...................................................................... F. Zusammenfassung des vierten Teils ..............................................
643 643 643 644 644 646 648 650 651 652 652
Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung § 28 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse: die korporativ verfasste Stiftung .......................................................................... A. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse ............................... B. Der weitere Gang der Untersuchung .............................................. C. Der Begriff „korporativ verfasste Stiftung“ ................................... D. Merkmale und Erscheinungsformen korporativ verfasster Stiftungen ....................................................................................... I. Personenvereinigung ................................................................ 1. Stifterkorporation ................................................................. 2. Destinatärsgemeinschaft ...................................................... II. Beteiligung an der Willensbildung .......................................... III. Lockerung der Bindung an den Stifterwillen ........................... IV. Vermögensrechte .....................................................................
669 669 669 670 671 672 674
§ 29 Zur Zulässigkeit von Grundtypenvermischungen und Typendehnungen .......................................................................... A. Die Zulässigkeit von Grundtypenvermischungen .......................... I. GmbH & Co. KG ..................................................................... II. GmbH & Co. KGaA ................................................................
675 676 677 683
XXVI
655 655 665 667
Inhaltsverzeichnis
III. Stiftung & Co. KG .................................................................... 1. Stiftungsrechtliche Einwände .............................................. 2. Gesellschaftsrechtliche Einwände ........................................ IV. Stiftung & Co. KGaA ............................................................... V. Ein Verband als Organgesellschaft der Stiftung ...................... B. Die Zulässigkeit von Typendehnungen .......................................... I. Personalistisch verfasste Körperschaften und körperschaftlich verfasste Personengesellschaften .............................................. II. Körperschaftlich verfasste Anstalten und anstaltsmäßig verfasste Körperschaften .......................................................... III. Anstaltsmäßig verfasste Stiftungen und stiftungsmäßig verfasste Anstalten .................................................................... IV. Stiftungskörperschaften und korporativ verfasste Stiftungen .. 1. Stiftungskörperschaften ....................................................... a) Keinmann-GmbH ............................................................ b) 100 %ige wechselseitige Beteiligung .............................. c) Ausschluss von Vermögensrechten, Gewährleistung loyaler Mitglieder, Erschwerung von Grundlagenänderungen ....................................................................... 2. Korporativ verfasste Stiftungen ........................................... a) Die Mitgliederlosigkeit der Stiftung als Grenze der Gestaltungsfreiheit ........................................................... b) Korporative Typendehnung durch Modulation des organschaftlichen Rechtsverhältnisses (i. e. S.) ................ c) Grenzen der Annäherung ................................................. C. Zusammenfassung .......................................................................... § 30 Typengerechte Normanwendung bei korporativ verfassten Stiftungen ...................................................................................... A. Maßgeblichkeit des Stifterwillens .................................................. B. Funktion der Aufsichtsbehörde ...................................................... C. Mehrheits-/Minderheits-Konflikte .................................................. I. Problemstellung ........................................................................ II. Grenzen der Mehrheitsherrschaft ............................................. 1. Treupflicht ............................................................................ 2. Gleichbehandlungsgrundsatz ............................................... 3. Mehrheitsfeste Rechte .......................................................... III. Minderheitenschutz .................................................................. IV. Grenzen der Ausübung von organschaftlichen Rechten .......... D. Gläubigerschutz .............................................................................. E. Zusammenfassung ..........................................................................
685 686 689 691 692 693 694 700 702 705 705 706 707
708 710 710 712 714 717 718 718 720 720 720 722 723 725 729 731 732 733 733
XXVII
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis ................................................................................ 737 Fundstellenverzeichnis ............................................................................ 803 Stichwortverzeichnis ............................................................................... 807
XXVIII
Abkürzungsverzeichnis a. A. abl. Abs. AcP ADHGB a. E. a. F. AföU AG AktG allg. M. ALR AnfG Anh. Anm. AO AöR ArbGG Art. ausdr. ausf. AusfRiliStifG AVBayStiftG Az. BAG BAGE BayObLG BayObLGZ BayStiftG BayVBl BayVerf BayVerfGH BayVGH
anderer Ansicht ablehnend Absatz Archiv für die civilistische Praxis Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch von 1861 am Ende alte Fassung Archiv für öffentliche und freigemeinnützige Unternehmen Amtsgericht; Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft Aktiengesetz allgemeine Meinung Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Gesetz betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen außerhalb des Insolvenzverfahrens Anhang Anmerkung Abgabenordnung Archiv für öffentliches Recht Arbeitsgerichtsgesetz Artikel ausdrücklich ausführlich Ausführungsrichtlinie Stiftungsgesetz Ausführungsverordnung Bayerisches Stiftungsgesetz Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Bayerisches Stiftungsgesetz Bayerische Verwaltungsblätter Bayerische Verfassung Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
XXIX
Abkürzungsverzeichnis
BayVGHE BB BbgStiftG Bd. Begr. Begr. RegE BetrVG BFHE BGB BGBl. BGE BGH BGHSt BGHZ BlnStiftG BMJ BR-Drs. BreStiftG BSG Bsp. bspw. BT-Drs. BT-Prot. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BWStifG BWVGH bzw. CDAX CDU/CSU
Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Der Betriebsberater Stiftungsgesetz für das Land Brandenburg Band Begründung Begründung Regierungsentwurf Betriebsverfassungsgesetz Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshof in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshof in Zivilsachen Berliner Stiftungsgesetz Bundesminister der Justiz Bundesratsdrucksache Bremisches Stiftungsgesetz Bundessozialgericht Beispiel beispielsweise Bundestagsdrucksache Bundestagsprotokoll Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Stiftungsgesetz für Baden-Württemberg Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beziehungsweise
c.i.c.
Composite Deutscher Aktienindex Christlich Demokratische Union Deutschlands/ Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. culpa in contrahendo
DB DDR DDRStiftG ders. d. i.
Der Betrieb Deutsche Demokratische Republik Stiftungsgesetz der DDR derselbe das ist
XXX
Abkürzungsverzeichnis
dies. DJ DJT DM DNotZ DÖV DRW DStR DStZ DtCorGovK DtZ DVBl DWiR
dieselbe; dieselben Deutsche Justiz Deutscher Juristentag Deutsche Mark Deutsche Notar-Zeitschrift Die öffentliche Verwaltung Deutsche Rechtswissenschaft Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerzeitung Deutscher Corporate Governance Kodex Deutsch-deutsche Rechtszeitschrift Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ebd. eG EG
EuGH e.V. EWG EWiR
ebenda eingetragene Genossenschaft Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft; Europäische Gemeinschaften Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz Einkommenssteuergesetz Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht
f. FamRZ FASZ FAZ FDP FernUSG ff. FidKomAuflG Fn. FR FS
folgend Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei Fernunterrichtsschutzgesetz fortfolgende Fideikommissauflösungsgesetz Fußnote Finanz-Rundschau Festschrift
EMRK ErbStG EStG ESVGH
XXXI
Abkürzungsverzeichnis
GBO GbR GenG GG ggf. GmbH GmbHG GmbHR GS GVBl GWB HansGZ
Grundbuchordnung Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gedächtnisschrift; Großer Senat Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
HbgStiftG HeStiftG HFA HGB h. L. h. M. HmbJVBl HR HRG HRR Hrsg. hrsg. Hs. HWiG
Hanseatische Gerichtszeitung (1.1880 – 48.1927; dann Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift) Hamburger Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Hamburgisches Stiftungsgesetz Hessisches Stiftungsgesetz Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Hamburgisches Justizverwaltungsblatt Handelsregister Hochschulrahmengesetz Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber herausgegeben Halbsatz Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften
IAS IASC i. d. F. i. d. R. IDW i. E. i. e. S. insbes. InsO
International Accounting Standards International Accounting Standards Committee in der Fassung in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer im Ergebnis im engeren Sinne insbesondere Insolvenzordnung
HbgAGBGB
XXXII
Abkürzungsverzeichnis
InvG i. S. i. S. d. i. S. v.
Investmentgesetz im Sinne im Sinne des/der im Sinne von
JA JbFfSt jew. JherJb JöR JuS JW JZ
Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht jeweils Jherings Jahrbücher der Dogmatik des bürgerlichen Rechts Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung
KapCoRiLiG KG KGaA KGJ KirchE krit. KStG KWG
Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz Kammergericht; Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts Entscheidungen in Kirchensachen kritisch Körperschaftssteuergesetz Gesetz über das Kreditwesen
LAG LG lit. LKV LM
LT-Drs. LVwG LZ
Landesarbeitsgericht Landgericht Buchstabe (litera) Landes- und Kommunalverwaltung Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, begründet von Lindenmaier und Möhring, neu herausgegeben von Nirk u. a. Landtagsdrucksache Landesverwaltungsgericht Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht
m. abl. Anm. m. Anm. m. a. W. MDAX MDR m. E. mglw.
mit ablehnenden Anmerkungen mit Anmerkungen mit anderen Worten Mid-cap Deutscher Aktienindex Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens möglicherweise
XXXIII
Abkürzungsverzeichnis
Mio. MitbestG MittRhNotK m. Nw. Mrd. MVStiftG m. w. Nw. m. zahlr. w. Nw. m. zust. Anm.
Millionen Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer mit Nachweisen Milliarden Stiftungsgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern mit weiteren Nachweisen mit zahlreichen weiteren Nachweisen mit zustimmenden Anmerkungen
NdsAusfRiliStiftG Niedersächsische Ausführungsrichtlinien zum Stiftungsgesetz NdsFG Niedersächsisches Finanzgericht NdsMBl. Niedersächsisches Ministerialblatt NdsRpfl Niedersächsischer Rechtspfleger NdsStiftG Niedersächsisches Stiftungsgesetz n. e.V. nicht eingetragener Verein n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht NPLYB Non Profit Law Yearbook Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen NRWStiftG Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-RR NVwZ-Rechtsprechungs-Report NWVBl. Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht o. OHG OLG OLGE OLGZ OR OVG OVGE OVGE BE OVGE MüLü
XXXIV
oben Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Schweizerisches Obligationenrecht Oberverwaltungsgericht Entscheidungssammlung der Oberverwaltungsgerichte Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg mit Entscheidungen des Verfassungsgerichts-
Abkürzungsverzeichnis
OWiG p. F. V. PrAGBGB
hofs Nordrhein-Westfalen und des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PSG PublG
positive Forderungsverletzung Preußisches Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Österreichisches Privatstiftungsgesetz Publizitätsgesetz
Rdnr. RegE RG RGBl. RGSt RGZ RIW Rpfleger RPStiftG RPVerf Rspr. Rz.
Randnummer Regierungsentwurf Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidung des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Der Deutsche Rechtspfleger Stiftungsgesetz für das Land Rheinland-Pfalz Rheinland-pfälzische Verfassung Rechtsprechung Randziffer
S. s. SaarStiftG SaarVerf SaStiftG SAStiftG SenatsE SHStiftG s. o. sog. Sp. SparkG S&S StbJb StiftRReformG StiftRspr. st. Rspr. s. u.
Satz; Seite siehe Saarländisches Stiftungsgesetz Saarländische Verfassung Stiftungsgesetz für das Land Sachsen Stiftungsgesetz für das Land Sachsen-Anhalt Senatsentwurf Stiftungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein siehe oben sogenannt Spalte Sparkassengesetz Stiftung&Sponsoring Steuerberaterjahrbuch Stiftungsrechtsreformgesetz Stiftungen in der Rechtsprechung ständige Rechtsprechung siehe unten
XXXV
Abkürzungsverzeichnis
ThStiftG Tnr.
Stiftungsgesetz für das Land Thüringen Textnummer
u. u. a. UmwG unstr. UrhG USD UStG usw. u. U.
unten unter anderem; und andere Umwandlungsgesetz unstreitig Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte US-Dollar Umsatzsteuergesetz und so weiter unter Umständen
v. VAG
von Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen Versicherungsrecht Verwaltungsarchiv Verwaltungsrechtsprechung Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vergleiche Veröffentlichungen der Vereinigungen der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz (des Bundes)
VersR VerwArch. VerwRspr VG VGH BW vgl. VVDStRL VwGO VwVfG WarnRspr WissR WM w. Nw. WPg WpHG WuB WuR z. B. ZEV ZfgG
XXXVI
Rechtsprechung des Reichsgerichts, hrsg. von Warneyer Wissenschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht; Wertpapiermitteilungen Teil IV weiterer Nachweis Die Wirtschaftsprüfung Gesetz über den Wertpapierhandel Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wirtschaft und Recht: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsrecht (Zürich) zum Beispiel Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen
Abkürzungsverzeichnis
ZGB ZGR ZHR ZIP ZögU ZPO ZRP ZSt zutr. ZZP
Schweizerisches Zivilgesetzbuch Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift zum Stiftungswesen zutreffend Zeitschrift für Zivilprozess
XXXVII
Erster Teil: Grundlagen § 1 Einführung A. Der Hintergrund der Untersuchung Seit Mitte der 90er Jahre erlebt das Stiftungswesen eine Renaissance. Das zeigt sich nicht nur an der Zunahme einschlägiger Publikationen.1 Vor allem hat sich die Zahl der jährlichen Stiftungsneugründungen seit 1990 von 181 auf 852 im Jahr 2004 fast verfünffacht und sich dementsprechend die Zahl der Stiftungen von ca. 5.000 auf rund 13.000 erhöht.2 Darunter befinden sich zudem zwei – in Deutschland – ganz neue Stiftungstypen, nämlich eine Reihe sog. Gemeinschafts- und Bürgerstiftungen.3 Schließlich ist auch – nachdem seit über 40 Jahren über die Reform des Stiftungsrechts diskutiert wurde4 – die Legislative in Bewegung gekommen. Zwar hatten zwischenzeitlich fast alle Bundesländer5 ihre Stiftungsgesetze reformiert, was gegenüber der vormaligen Rechtslage einen deutlichen Fortschritt bedeutete. Der Bundesgesetzgeber hinkte jedoch hinterher.6
___________ 1 Nach Schulte/Risch, DVBl 2005, 9, sind in den Jahren 1998 – 2004 ein Drittel mehr Veröffentlichungen zum Stiftungsrecht erschienen als in den 35 Jahren zuvor. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um rechtswissenschaftliche Abhandlungen. Wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen fehlen dagegen weitgehend, s. Koschmieder, ZSt 2004, 179 ff.; Sandberg, Stiftungsmanagement, S. 1, die diese Lücke ebd. mit einer ersten empirischen Untersuchung zur betriebswirtschaftlichen Orientierung von Stiftungen zu schließen beginnt. 2 S. Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht, Bericht, S. 13; Mecking in: Verzeichnis Deutscher Stiftungen, S. IX, X, A 4. 3 Zu den Begriffen s. u. § 2 a. E. 4 Bereits 1962 hat sich der 44. Deutsche Juristentag mit der Reform des Stiftungsrechts befasst. Einen Überblick über den Verlauf der Reformdiskussion bietet etwa MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 4, sowie Pluskat, DStR 2002, 915, 917 ff., jew. m. Nw. 5 Lediglich das Hamburger ABGB war seit 1958 unverändert und wurde erst am 14.12.2005 neu gefasst. 6 Zu Überlegungen auf europäischer Ebene Nissel, ZSt 2003, 89 ff.; von Hippel, ZSt 2004, 120 ff.
1
Erster Teil: Grundlagen
Den entscheidenden Schub erhielt die Reformdiskussion durch einen – von Rawert ausgearbeiteten – Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.7 Sein wesentlicher Verdienst war, politische Aufmerksamkeit zu erwecken. So fand das Vorhaben einer Reform des Stiftungsrechts 1998 nicht nur Eingang in die Koalitionsvereinbarung. Auch die anderen politischen Parteien8 und Bundesländer9 „entdeckten“ das Thema und legten – zum Teil höchst unterschiedliche – Gesetzentwürfe und Anträge vor.10 Getragen wurde und wird diese Auf- und Umbruchstimmung von einer Reihe komplementärer Entwicklungen: Die Staatsverschuldung und das Erreichen der Grenzen steuerfinanzierter Förderung gemeinnütziger Zwecke; der Wohlstand vieler Bürger und ihre wachsenden Zweifel an der Qualität staatlicher Vor- und Fürsorge; der Generationswechsel und das Fehlen geeigneter Erben; die Globalisierung und die Befürchtung des Abwanderns von Stiftungsprojekten ins Ausland. Dementsprechend verbreitet war das Interesse an einer Reform des Stiftungsrechts.11 Ziel war es, ein neues, stiftungsfreundlicheres Klima zu schaffen. Stiftungen sollten aus ihrer Sonderstellung befreit zu einem „Stück Normalität“ werden und ihre Errichtung sollte nicht schwieriger sein als die Gründung eines Vereins oder einer Gesellschaft.12 Tatsächlich ergibt eine Rechtsvergleichung den – wenig überraschenden – Befund, dass die Bedeutung des Stiftungswesens in dem Maße zunimmt, in dem es liberaler ausgestaltet und von staatlicher Bevormundung befreit wird.13 Freilich gab und gibt es auch beachtliche Beharrungskräfte. Zu nennen sind zum einen die Stiftungsbehörden der Länder, aber auch Stiftungslobbyisten, die aus verschiedensten Gründen so weit wie möglich an ihrer bisherigen ___________ 7 BT-Drs. 13/9320 vom 27.11.1997; dazu etwa Crezelius/Rawert, ZIP 1999, 337; Muscheler/Schewe, WM 1999, 1693; Saenger/Arndt, ZRP 2000, 13; Schwintek, ZRP 1999, 25; Wochner, BB 1999, 1441. 8 Gesetzentwurf der FDP, BT-Drs. 14/336 vom 28.1.1999, mit Änderungsantrag BTDrs. 14/3043 vom 22.3.2000; Entschließungsantrag von CDU/CSU, BT-Drs. 14/2029 vom 9.11.1999; Entschließungsantrag der PDS, BT-Drs. 14/3021 vom 23.5.2000; Gesetzentwurf der FDP, BT-Drs. 14/5811 vom 4.4.2001. 9 Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg, BR-Drs. 629/99 vom 12.11.1999; Gesetzesantrag des Landes Hessen, BR-Drs. 752/99 vom 20.12.1999, Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Saarland und Thüringen, BR-Drs. 232/00 vom 19.4.2000. 10 Zu diesen unterschiedlichen Entwürfen s. etwa Saenger, modernes Stiftungsprivatrecht, S. 17 ff. 11 S. die Bundestagsdebatten vom 26.3.1999, Plenarprotokoll 14/31, S. 2561 ff., und vom 16.12.1999, S. 7294 ff. 12 Vgl. Oetker, FAZ vom 1.11.2000, S. 20. 13 S. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 23.
2
§ 1 Einführung
Praxis festhalten wollen.14 Zum anderen ist teilweise nach wie vor ein geradezu absolutistischer Argwohn gegen den sog. Dritten Sektor15 im Allgemeinen zu beobachten. Seine effektive Stärkung ist entgegen manchen Lippenbekenntnissen durchaus nicht allgemeiner politischer Konsens.16 Zum Dritten gibt es hergebrachte Vorbehalte gegen die Rechtsform Stiftung im Besonderen.17 Sie werden selbst von Teilen der Reformkräfte geteilt und werden insbesondere in Vorschlägen zur Beschränkung zulässiger Stiftungszwecke deutlich.18 Schließlich herrschen – nicht nur unter Laien – gewisse Typusvorstellungen hinsichtlich von Stiftungen mit der Folge vor, dass die Stiftung als „Sonderling“ im Kanon der Rechtsformen wahrgenommen wird. Identifiziert wird sie insbesondere mit Gemeinnützigkeit, Dauerhaftigkeit und Inflexibilität, was den Blick dafür verstellt, dass sie keines von alledem sein muss. Mit Gesetz vom 14.7.2000 wurden zunächst die steuerlichen Rahmenbedingungen für gemeinnützige Stiftungen verbessert.19 Alsdann wurde zur Reform des Stiftungsprivatrechts von der Bundesministerin der Justiz eine BundLänder-Arbeitsgruppe eingesetzt, die nach heutigen Maßstäben verhältnismäßig eingehenden Beratungen und der Anhörung von Verbänden und Sachverständigen schließlich im Oktober 2001 ihren Bericht vorlegte. Dieser Bericht bildete die Grundlage eines Regierungsentwurfs20 und eines Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen21, der sodann fast unverändert22 als Gesetz ___________ 14 S. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 12–16, 20 m. Nw. 15 Zum dessen verhältnismäßig geringer Bedeutung bei verhältnismäßig hohem Anteil der öffentlichen Hand Zimmer in: NPYLB 2001, S. 27 ff. 16 S. die gemeinsame Stellungnahme des Maecenata Instituts und der Bertelsmann Stiftung zur Reform des Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrechts für die Anhörung im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages am 15.12.1999, S. 4. 17 Im Blick auf die Bund-Länder-Arbeitsgruppe sprach Muscheler, ZRP 2000, 390, von einer „unheilige[n] Allianz zwischen den Landesstiftungsbehörden, den Funktionären der Stiftungsverbände und jenen etatistisch gestimmten Teilen der Sozialdemokratie […], in denen die traditionelle Skepsis der Partei gegenüber Stiftungen wach geblieben ist.“ 18 S. den Vorschlag einer Neufassung des § 81 BGB in dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 3. 19 Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, BGBl. I 2000, S. 1034; dazu Hüttemann, DB 2000, 1584 ff.; auch ders. in: NPLYB 2001, S. 145 ff.; Mecking, NJW 2001, 203 ff.; J. Maier, BB 2001, 494 ff. 20 BT-Drs. 14/8765 vom 11.4.2002 (mit Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung). 21 BT-Drs. 14/8277 vom 20.2.2002. 22 S. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 14/8894 vom 24.4.2002, sowie die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/8765 vom 11.4.2002, S. 13 ff.
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Erster Teil: Grundlagen
verabschiedet wurde und am 1.9.2002 in Kraft trat. Ziel des Gesetzes ist es, durch die Einführung eines Anspruchs auf Anerkennung der Stiftung bei Einhaltung weniger normativer Vorgaben und durch die damit einhergehende weitgehende Gestaltungsfreiheit (Zweckneutralität, kaum Vorgaben über die Organisations-, Finanz- und Haftungsverfassung der Stiftung) sowie die mit alledem bezweckte Vereinfachung der Stiftungsgründung die Stifterfreiheit zu stärken und dadurch den Stiftungsgedanken zu fördern.23 Bericht und Regierungsentwurf sind zum Teil heftig kritisiert worden (u. a. „Rechtsvergleichung auf Graswurzelniveau“)24. Diese Kritik ist indes nur teilweise berechtigt. Zwar genügt der Bericht wissenschaftlichen Anforderungen gewiss nicht. Auch fehlte der Arbeitsgruppe aufgrund ihrer Zusammensetzung25 ersichtlich kritische Distanz zu dem bisher geltenden Recht und der gängigen Verwaltungspraxis. Ein großer Wurf war deswegen von vornherein nicht zu erwarten. Politik ist jedoch bekanntlich die „Kunst des Möglichen“ und eine Reform des Stiftungsrechts bei Meidung von verfassungsrechtlichen Streitigkeiten26 gegen den Widerstand der Länder nicht möglich. Angesichts des heterogenen Meinungsbildes zu einer Vielzahl von Sachfragen musste mithin der kleinste gemeinsame Nenner gefunden werden.27 Und das ist gelungen – mehr aber auch nicht. Sieht man von der Forderung nach einem bundeseinheitlichen Stiftungsrecht ab28, galten insbesondere drei Regelungsbereiche zu Recht als reformbedürftig, nämlich ___________ 23 Vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 7; Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 1. 24 Rawert, FAZ vom 23.4.2002, S. 51; moderater K. Schmidt, ZHR 166 (2002), 145 ff. 25 Sie bestand überwiegend aus Stiftungsreferenten der Länder, daneben aus Vertretern von Bundesministerien, s. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 8. Vertreter von Wissenschaft und Praxis waren nur im Rahmen der Anhörungen beteiligt, s. ebd., S. 9 sowie Anlage 1 und 2. 26 Zur umstrittenen Frage der Gesetzgebungskompetenz s. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 7; Stellungnahme des Bundesrates, ebd., S. 13; Gegenäußerung der Bundesregierung, ebd., S. 15; Antrag des Freistaates Bayern, BR-Drs. 108/2/02 vom 21.3.2002; Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 27, 35 f., 63 f.; Hertel, ZRP 2000, 387; Achilles, ZRP 2002, 23; Backert; ZSt 2004, 51; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 38. 27 Das Scheitern einer „großen“ Reform ist daher nicht nur auf den Unwillen der Länder zurückzuführen, so aber Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 38. 28 S. Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, BT-Drs. 14/2029, S. 2, 5 f.; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 117; zur Frage der „Rechtszersplitterung“ s. ferner Härtl, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 29 ff., 103 ff., sowie Bund-LänderArbeitsgruppe, Bericht, S. 11, 24 und Anlagen 4–6; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 50, meint allerdings, die in § 85 BGB ausgesprochene Gesetzgebungskompetenz der
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§ 1 Einführung
– erstens die Errichtung der Stiftung (Abschaffung des Konzessionssystems oder zumindest des Genehmigungsermessens),29 – zweitens die Publizität der Stiftung (insbes. Einführung eines Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung) und – drittens die Rechnungslegung der Stiftung (entsprechende Anwendung der §§ 238–263 HGB). Von diesen Reformanliegen wurde nur das erste – und auch das nur unvollkommen30 – verwirklicht. Modernisiert wurde im Grunde nur die Gesetzessprache, nicht der Gesetzesinhalt.31 Das ist umso bedauerlicher, als mit der ausdrücklichen32 Einführung eines Anspruchs auf Anerkennung der Stiftung die Gestaltungsspielräume von Stiftern tendenziell vergrößert werden. Das wiederum ist zwar zu begrüßen. Mit der Zunahme der Zahl und der Gestaltungsmöglichkeiten von Stiftungen steigt jedoch auch das Bedürfnis des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach zuverlässigen Informationen über Stiftungen. Überdies würde eine Verbesserung der Rechnungslegung33 und Publizität34 von Stiftungen ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit erhöhen und
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Länder hätte sich mit Neufassung der §§ 80, 81 BGB praktisch erledigt, um nur zwei Absätze weiter zu bedauern, das in § 81 Abs. 1 S. 3 BGB nicht auch Regelungen zur Zulässigkeit von Satzungsänderungen aufgenommen wurden. Solche Regelungen enthalten jedoch die Landesstiftungsgesetze, die (u. a.) damit von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen, s. u. § 13 A.I.2 und II.2.b. Kritisch dazu aber Andrick/Suerbaum, NWVBl. 1999, 329, 332 ff.; dies. in: Dt. Stiftungswesen 1988–98, S. 215, 229 ff.; Janitzki, ZRP 2000, 24 ff.; K. Schmidt in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 229, 234; Schwintek, ZRP 1999, 25 ff., sowie Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 24 f. Zu kritisieren ist insofern weniger die Beibehaltung des Konzessionssystems (s. aber MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 36 f.; Muscheler, ZRP 2000, 390 f.), als die Unbestimmtheit der beiden Generalklauseln des § 80 Abs. 2 BGB, wodurch der Anerkennungsbehörde zumindest faktisch ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, den sie im Ergebnis ermessensähnlich auszuüben versucht sein könnte, dahingehend auch Reuter, FS Hadding, S. 231, 234 ff., und Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 40 f., 59, der jedoch den Gemeinwohlvorbehalt selbst dazu (aus-)nutzt, entgegen der gesetzgeberischen Absicht (s. u. § 5 C.I.) weiterhin die Unzulässigkeit von Unternehmens- und Familienstiftungen zu propagieren (ebd., S. 60 ff., 62 f.). Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 39; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 25; Pluskat, DStR 2002, 915, 922. S. u. Fn. 49–51. Näher dazu u. § 21. Näher dazu u. § 22.
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Erster Teil: Grundlagen
sich dadurch positiv auf die Stiftungstätigkeit auswirken.35 Eine angemessene Rechnungslegungspublizität wäre zudem geeignet, die bei Stiftungen tendenziell geschwächten Wettbewerbskräfte36 zu stärken37 und Defizite der Stiftungsaufsicht zu kompensieren.38 Von einer „Modernisierung“ des Stiftungsrechts, die das Gesetz für sich in Anspruch nimmt, kann aber auch aus anderen Gründen nicht die Rede sein. Besonders deutlich wird dies an der Begründung des Regierungsentwurfs zur Konkretisierung des Begriffs der „Gemeinwohlgefährdung“, die ausdrücklich auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Schönhuber-Stiftung39 Bezug nimmt.40 Und diese Entscheidung ist zu Recht als „Rolle rückwärts in das 19. Jahrhundert“41 und als „Sieg des Rechtspaternalismus über die Stifterfreiheit“42 kritisiert worden. Kurz: Die Beharrungskräfte sind enorm, und zwar nicht nur in der Gesetzgebung und in der Praxis, sondern auch in der Wissenschaft. So gebieten zwar ___________ 35 Die strengen Publizitätsvorschriften in den USA haben sich nach Ansicht des Maecenata Instituts und der Bertelsmann Stiftung „mehr als jede Form von steuerlichen Anreizen belebend auf das amerikanische Stiftungswesen ausgewirkt“, s. deren oben (Fn. 14) zitierte gemeinsame Stellungnahme; s. ferner Graf Strachwitz, ZSt 2003, 197, 200 f. 36 Nachdem Stiftungen i. d. R. nicht fremdfinanziert sind, führt eine Misswirtschaft der Stiftungsverwaltung lediglich zu einer Verringerung der Ausschüttungen für den Stiftungszweck und einer schleichenden Auszehrung des Stiftungsvermögens, nicht aber zu einem Ausscheiden aus dem Markt durch Insolvenz. Zudem haben die verantwortlichen Organe der Stiftung für gewöhnlich weder aufsichtsrechtliche Maßnahmen noch eine zivilrechtliche Haftung zu befürchten. Und auch sonst fehlt ihnen häufig jeder Anreiz zu einer möglichst effektiven Verwaltung der Stiftung, zumal ihre Leistung abseits der Vermögensverwaltung schwer zu bewerten ist. Tatsächlich sehen sich die Stiftungen auch subjektiv allenfalls in Bezug auf die Erschließung finanzieller Ressourcen und öffentliche Aufmerksamkeit Wettbewerbsdruck ausgesetzt, so die empirische Untersuchung von Sandberg, Stiftungsmanagement, S. 4. 37 So befördert es gewiss den Wettbewerb, dass in den USA alljährlich eine Rangliste veröffentlicht wird, welche Universitäten am besten mit ihrem Stiftungsvermögen gewirtschaftet haben. Tatsächlich erzielen die besten amerikanischen Privatuniversitäten eine erstaunliche Kapitalrendite von regelmäßig um 20 %, s. FAZ vom 23.11.2005, S. 23. Danach mussten sich nur vier der 25 größten Universitätsstiftungen 2004 mit einer Kapitalrendite von weniger als 10 % begnügen. Yale erzielte demgegenüber in den letzten 10 Jahren eine Durchschnittsrendite von 17,4 %, wodurch das Stiftungsvermögen von 4 auf 15,2 Mrd. USD angewachsen ist! 38 Vgl. Muscheler, ZRP 2000, 390, 392. 39 BVerwGE 106, 177. 40 Begr. RegE., BT-Drs. 14/8765, S. 9. 41 Reuter in: Stiftungsrecht in Europa, S. 139, 144. 42 Rawert, FAZ vom 23.4.2002, S. 51.
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§ 1 Einführung
die §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 31 bzw. 72 Abs. 1 GG eine Anpassung der Vorschriften der Landesstiftungsgesetze über die Stiftungsgenehmigung.43 Die sich hieraus ergebende Chance zu einer größeren Vereinheitlichung und stärkeren Vereinfachung des Landesstiftungsrechts sowie zu einer Stärkung der Stifter- und Stiftungsautonomie wurde jedoch nur teilweise genutzt.44 Vielmehr erheben sich schon wieder Stimmen aus der Praxis, die trotz des insoweit eindeutigen Wortlauts von § 80 Abs. 2 BGB n. F. behaupten, die Anerkennung sei nach wie vor ein ermessensgebundener Verwaltungsakt.45 Und in der Wissenschaft wird u. a. auf der Grundlage der beiden in dieser Vorschrift enthaltenen Generalklauseln unverdrossen die hergebrachte Diskussion um die Zulässigkeit bestimmter Arten von Familien- und Unternehmensstiftungen fortgeführt, wiewohl sich aus den Gesetzesmaterialen eindeutig ergibt, dass auch solche Stiftungen grundsätzlich einen Anspruch auf Anerkennung haben.46 Alles in allem gewinnt man den Eindruck, es habe sich nichts geändert. „Modernisieren“ heißt: nach neuestem wissenschaftlichen Erkenntnisstand ausgestalten.47 Für das Stiftungsrecht bedeutet das: Ausgestaltung nach dem Erkenntnisstand der Gesellschaftsrechtswissenschaft; denn dort ist der Erkenntnisfortschritt in den letzten 100 Jahre erheblich größer als im Stiftungsrecht (auch wenn das Stiftungsrecht in jüngster Zeit infolge der Vielzahl von Veröffentlichungen48 aufholt). Alle vorgenannten Reformanliegen beruhen auf einem solchen Erkenntnistransfer. Doch liegt es auf der Hand, dass sich der Erkenntnisgewinn im Gesellschaftsrecht nicht auf die – dort schon vor mehr als 100 Jahren erreichte – Abschaffung des Konzessionssystems sowie die Bedeutung der Rechnungslegung und Publizität für den Rechts- und Geschäftsverkehr beschränkt. Soll es Ziel sein, dass Stiftungen zu einem „Stück Normalität“ werden, müssen die Überlegungen erheblich weiter reichen. Und das ist nicht zuletzt auch ein Gebot der Rechtssicherheit; denn solange sich die Besonderheiten des Stiftungsrechts nicht auf das rechtsformspezifische Maß beschränken, werden die Rechtsanwender, d. h. ___________ 43 Statt anderer Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 45; Muscheler, ZSt 2004, 3; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 38. 44 Zur Anpassung bzw. Reform der Landesstiftungsgesetze s. Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019; Backert, ZIP 2003, 284; Carstensen, ZIP 2003, 286; Peiker, ZSt 2003, 47; ders., ZSt 2003, 79; Richter, ZSt 2004, 19 ff.; Muscheler, NJW 2004, 713 ff.; Schulte/Risch, ZSt 2005, 11 ff.; Pöllmann, ZSt 2005, 32 ff.; Richter, ZEV 2005, 517 ff.; ders./Sturm, NZG 2005, 655 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 40. 45 Peiker, ZSt 2003, 47, 48. 46 Näher u. § 5 C. 47 S. Duden, Fremdwörterbuch, 6. Aufl. 1997, S. 525. 48 S. o. Fn. 1.
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Erster Teil: Grundlagen
nicht zuletzt Stifter, Stiftungsorgane, Berater und Geschäftspartner der Stiftung, das – nicht unberechtigte – Gefühl haben, sich auf ungewissem Grund zu bewegen. Ein Erkenntnistransfer zwischen Stiftungs- und Gesellschaftsrecht fand indes bis vor wenigen Jahren nur in sehr beschränktem Maße statt. Ursachen hierfür waren und sind nicht nur die Ausgrenzung des Stiftungsrechts aus dem Gesellschaftsrecht und das verhältnismäßig geringe Interesse der Rechtswissenschaft an dieser Materie. Haupthindernis auf dem Weg zu einem Stiftungsrecht, das das Attribut „modern“ verdient, sind vielmehr die bereits angesprochenen Typusvorstellungen über Stiftungen, die gepaart mit hergebrachten Vorbehalten gegen diese Rechtsform die Rechtsfindung in erheblichem Maße beeinflussen. Wenn man sich in die Materie einarbeitet, hat man das Gefühl „hier ticken die Uhren anders“. Eine Modernisierung des Stiftungsrechts muss daher zuvörderst in den Köpfen beginnen.
B. Der Gegenstand der Untersuchung Umfang und Grenzen der Gestaltungsfreiheit wurden bisher im Stiftungsrecht kaum ausgelotet. Zwar wurden einige Fragen, wie insbesondere die Zulässigkeit von Familien- und Unternehmensstiftungen, breit diskutiert. Abseits davon finden sich jedoch lediglich verstreute Hinweise, welche Gestaltungen zulässig und welche unzulässig sein sollen. Eine systematische Untersuchung fehlt. Das erklärt sich wohl auch daraus, dass es nach bisherigem Recht streitig war, ob der Stifter einen Anspruch auf Genehmigung der Stiftung hatte. Die wohl herrschende Lehre befürwortete dies zwar unter Hinweis auf die Verfassungsrechtslage.49 Die meisten Stiftungsgesetze der Länder waren ihrem Wortlaut nach jedoch zumindest nicht eindeutig. Dementsprechend hatte ___________ 49 So bspw. MünchKomm/Reuter, BGB3, Vor § 80 Rdnr. 8, § 80 Rdnr. 12; Staudinger/ Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 48; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 10; Soergel/Neuhoff, BGB, § 80 Rdnr. 15; Kronke, Stiftungstypus, S. 37 ff., 51, 53; Ipsen in: Stiftungswesen 1977–1988, S. 151, 156 ff.; Thomsen, Autonomie, S. 37 ff.; Schulte, Staat, S. 42 ff.; a. A. aber die traditionelle Lehre, s. etwa RGRK/Steffen, BGB, § 80 Rdnr. 8; Staudinger/Coing, BGB12, § 80 Rdn. 21; Ebersbach, Handbuch, S. 61 ff.; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 59 ff.; Enneccerus/Nipperdey, AT 1, S. 721; Flume, jP, S. 135 f.; K.Schmidt in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 229, 234; Wiedemann, GR, S. 206 f.; Ballerstedt, Gutachten 44. DJT, S. 40 f.; Duden, JZ 1968, 1; Liermann, ZRP 1970, 27; sowie aus jüngster Zeit Sachs, FS Leisner, S. 955 ff., der sogar einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ablehnt.
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sich die herrschende Lehre in Rechtsprechung50 und Genehmigungspraxis51 keineswegs überall durchgesetzt. Richtschnur der Beratungs- und Genehmigungspraxis durch die Behörden waren daher nicht selten die landeseigenen Mustersatzungen, zu deren „Einhaltung“ die Stifter nolens volens angehalten wurden.52 Abweichende Gestaltungen waren daher allenfalls im „Verhandlungswege“53 erreichbar, wollte sich ein Stifter nicht – wofür die Neigung verständlicherweise gering ist – auf dem Rechtswege durchsetzen. Die Frage der Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht stellte sich daher in der Praxis nicht. Und hieran hätten wohl auch wissenschaftliche Überlegungen wenig geändert, da das Beharren der Genehmigungsbehörden auf ausgetretenen Pfaden ohnehin weniger auf rechtlichen Erwägungen als auf fachlicher Überforderung beruht. Die maßgeschneiderte Stiftungssatzung, von der zuweilen die Rede ist, blieb daher weithin Illusion. Wenngleich mancher Praktiker insofern weiterhin skeptisch ist, sollte sich das nunmehr ändern; denn die abschließend normierten Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Anerkennung der Stiftung besteht, lassen der Behörde für deren Versagung wenig Spielraum.54 Dementsprechend betont die Begründung des Regierungsentwurfs ausdrücklich, dass die Satzungsgestaltung abseits der Erfüllung der gesetzlichen Mindestvoraussetzungen allein Sache des Stifters ist, die Behörde ihn hierbei lediglich zu beraten hat, ihre Vorstellungen aber nicht durch die Androhung, die Anerkennung der Stiftung zu versagen, durchsetzen darf.55 Die Frage der Gestaltungsfreiheit und ihrer Grenzen hat daher durch die Reform des Stiftungsrechts nicht nur an Aktualität, sondern auch an Bedeutung gewonnen.
___________ 50 BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, 186; OVG Lüneburg, OVGE 22, 484, 485; offen gelassen OVG Münster, NVwZ 1996, 913, 914; a. A. (gebundene Entscheidung): VG Düsseldorf, NVwZ 1994, 811, 812 (aufgehoben durch OVG Münster, wie vor); VG Minden, StiftRspr. IV, S. 83, 86. 51 Siegmund-Schultze, NdsStiftG3, § 4 Anm. 2c; Pohley, BayStiftG2, Art. 3/4 Anm. 4; Voll/Störle, BayStiftG3, Art. 3 Rdnr. 4; v. Rotberg, BWStiftG, § 5 Anm. 11; Stengel, HeStiftG, § 3 Anm. 4.1; s. ferner Härtl, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 106 ff., 119; Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 14 ff., 26. 52 Rawert, FAZ vom 23.4.2002, S. 51. 53 Vgl. Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, BT-Drs. 14/2029, S. 6 f.; MünchKomm/Reuter, BGB, 3. Aufl., Vor § 80 Rdnr. 9; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 40. 54 Näher u. § 6. 55 S. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 10, 11.
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Erster Teil: Grundlagen
C. Der Schwerpunkt der Untersuchung Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt entsprechend ihrem Untertitel auf der Frage, ob und inwieweit eine Stiftung korporativ verfasst werden kann. Als korporativ verfasst kann man eine Stiftung bezeichnen, die korporationstypisch der Verwirklichung des aktuellen Willens der Beteiligten dient und nicht stiftungstypisch lediglich dem Vollzug des historischen Stifterwillens.56 Die möglichen Erscheinungsformen solcher Stiftungen sind vielfältig. Sie reichen von der als „Perversion des Stiftungsgedankens“57 bekämpften Stiftung & Co. KG58 über die so traditionsreichen wie umstrittenen Familienstiftungen59 bis hin zu den neuen, als Ausdruck einer wiedererwachenden Zivilgesellschaft gefeierten Stiftungstypen der Bürger- und Gemeinschaftsstiftung60. Und auch im Ausland sind dergleichen Gestaltungen keineswegs unbekannt. Die Bürgerstiftung ist ohnehin ein Import aus den USA und hat sich von dort geradezu über die ganze Welt verbreitet.61 In Italien finden sich ähnliche Konstruktionen zu unternehmerischen Zwecken.62 In der Schweiz sind sog. Personalfürsorge-, Investment- oder Anlagestiftungen63 verbreitet. Und in Österreich schließlich, um nur einige Beispiele zu nennen, gestattet § 33 Abs. 2 des neuen Privatstiftungsgesetzes dem Stifter, sich uneingeschränkt Änderungen der Verfassung der Stiftung vorzubehalten.64 Dies auch in Deutschland zu ermöglichen, gehörte zu den „Forderungen des Stifterverbandes zur Reform des Stiftungsrechts“. Dort hieß es: „Nach Meinung der Verfechter der ‚reinen Lehre‘ lebt das Rechtsinstitut der ‚Stiftung‘ völlig losgelöst vom Stifter. Nur der Wille des Stifters im Zeitpunkt der Stiftungserrichtung, wie er in der Stiftungssatzung seinen Niederschlag fand, ___________ 56 Näher u. § 28 C. und D. 57 So K. Schmidt, Stiftungswesen, S. 30; dagegen zu Recht Schiffer/Schubert, DB 2000, 437, 439. 58 Näher dazu u. § 29 A. III. 59 S. u. § 5 C.II. 60 Dazu u. § 2 a. E sowie passim. 61 S. Feurt in: Bertelsmann Handbuch1, S. 242 f., 257 ff.; s. aber auch Weger in: Dt. Stiftungswesen 1988–98, S. 63, 68 f. 62 S. Kronke, Stiftungstypus, S. 120 f. 63 Dazu Hurni, Anlagestiftung 1981; Sprecher/v. Salis-Lüthof, schweizerische Stiftung, S. 211 ff. m. w. Nw. 64 S. dazu Berger in: Doralt/Nowotny/Kalss, PSG, § 33 Rdnr. 17 ff.; E. Stern in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 261, 262 f.; für einen Überblick zum PSG Doralt, ZGR 1996, 1 ff. Wachter, DStR 2000, 474 ff. Wenn der Stifter eine natürliche Person ist, kann er sich überdies den Widerruf der Stiftung vorbehalten, § 34 PSG.
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§ 1 Einführung
sei maßgeblich für das Handeln der Stiftung. Ändere der Stifter seine Meinung, so müsse die Stiftung vor dem Stifter geschützt werden. Diese Auffassung geht an der Stiftungspraxis vorbei, in der engagierte Stifter selbst die Verfolgung der Zwecke begleiten und ihre bei der Zweckverfolgung gewonnenen Erkenntnisse auch in Satzungsänderungen dokumentiert wissen wollen. Die Beaufsichtigung des Stifterwillens zu Lebzeiten des Stifters neben der bereits bestehenden steuerlichen Kontrolle durch den Staat führt die Stiftungsaufsicht häufig in eine Gegenposition zum Stifter und hat zur Folge, daß weitere Dotationen unterbleiben und andere Stifter entmutigt werden. Mit Erfüllung dieser Kernforderung ließe sich die Bereitschaft zur Errichtung von Stiftungen deutlich erhöhen …“65 Deutlich wird das Problem auch an einem Bild von Liermann: Der Stifter bringe ein Kind zur Welt, das sofort volljährig sei, seinen eigenen rechtserheblichen Willen habe und seinen Vater zwinge, sich diesem Willen zu beugen.66 Dass das, wie Liermann selbst zugibt, nicht jedermanns Sache ist, liegt ebenso auf der Hand, wie dass dies für die Entwicklung des „Kindes“ nicht eben förderlich ist. Gleichwohl wurde die Forderung des Stifterverbandes in der Bund-LänderArbeitsgruppe zurückgewiesen;67 denn die herrschende Meinung wendet sich energisch gegen jede „Relativierung des Dauercharakters“ der Stiftung im Allgemeinen68 und die Einführung korporativer Strukturen im Besonderen. So schreibt Rawert in seiner Kommentierung bei Staudinger: „In welchem Umfang sich über die Schaffung von Mitbestimmungsrechten für Spender, Zustifter, Mitarbeiter oder Destinatäre körperschaftliche Elemente in der Stiftung verankern lassen, ist nicht abschließend geklärt. Jedenfalls ist die Grenze der Zulässigkeit dort überschritten, wo die Einrichtung von Gremien oder Mitbestimmungsrechten auf eine dem Primat des Stifterwillens widersprechende und dem Stiftungsrecht wesensfremde Willensbildung von unten hinausläuft. Die Stiftung darf auf dem Wege über Mitbestimmungsrechte keine verbandsmäßige Verfassung erhalten. Mischformen zwischen Körperschaft und Stiftung widersprechen dem numerus clausus der Rechtsformen im Privatrecht.“69 ___________ 65 66 67 68 69
Vgl. auch Oetker, FAZ vom 1.11.2000, S. 20. Liermann in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 153, 171. S. Bericht, S. 41 f. S. besonders Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 13 f., 14a ff. Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 26 (Hervorhebungen von Rawert); ebenso ders. in: Stiftungsrecht in Europa, S. 109, 129.
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Erster Teil: Grundlagen
Diese Ausführungen sind in viererlei Hinsicht exemplarisch. Erstens repräsentieren sie die herrschende Meinung in Bezug auf die Einführung korporativer Strukturen.70 Zweitens zeigen sie, wie ungeklärt die Grenzen der Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht sind. Drittens ist das Argumentationsmuster „typisch“. In keinem anderen Rechtsgebiet wird noch so auffallend häufig mit dem „Wesen“ argumentiert wie im Stiftungsrecht.71 Entschlüsselt man dieses „Kryptoargument“72, so sind damit bestimmte Vorstellungen über den Typus Stiftung angesprochen, die dem hergebrachten Leitbild einer auf die Perpetuierung des Stifterwillens angelegten Stiftung folgen wie es dem herrschenden Stiftungsverständnis entspricht. Zentrale Satzungsbestimmungen einer Reihe von Bürgerstiftungen wären danach nichtig.73 Und viertens verdeutlichen diese Ausführungen den unzureichenden Erkenntnistransfer zwischen Stiftungs- und Gesellschaftsrecht; denn im Gesellschaftsrecht stößt der Gedanke einer Typengesetzlichkeit zu Recht seit längerem ganz überwiegend auf Ablehnung.74 Auch das Argument, Mischformen zwischen Körperschaft und Stiftung widersprächen dem numerus clausus der Rechtsformen, überzeugt nicht; denn der numerus clausus begrenzt allein die Zahl und damit die Auswahlmöglichkeiten, nicht aber die Ausgestaltung der Rechtsformen75. Typenvermischungen und Typendehnungen sind vielmehr heute von Rechtsprechung und Lehre im Gesellschaftsrecht weithin anerkannt.76 Insofern sei hier nur an die sog. Stiftungskörperschaften erinnert, die auch Rawert – innerhalb gewisser Grenzen – für zulässig hält.77 Wenn man aber eine Stiftung im materiellen Sinne in der Rechtsform einer GmbH betreiben kann (Bsp.: Robert Bosch Stiftung GmbH)78, warum soll ___________ 70 Exemplarisch auch Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 127 ff. m. w. Nw., näher insbes. u. § 13 A.II. 71 Etwa auch MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 84: „Schranken auf Grund der Wesenselemente der Stiftung“. Überdies finden sich oft „wesensgleiche“ Argumente, bspw. die Berufung auf ein „im Stiftungsbegriff enthaltenes Vorverständnis“ (Staudinger/Rawert Vor § 80 Rdnr. 17). Soergel/Neuhoff Vor § 80 Rdnr. 3 ff., 7 ff. erhebt dergleichen geradezu zur Methode der Rechtsfindung. 72 Scheuerle, AcP 163 (1964), 429. 73 So auch Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, S. 301, 336 f. m. Kritik an Rawert in Fn. 150. 74 S. u. § 3 II.2. 75 S. etwa K. Schmidt, GR, S. 96 ff., 106 ff.; Wiedemann, GR, S. 73 ff.; aus dem Stiftungsrecht Hoppe, abhängige Stiftung, S. 40 ff. Gleichwohl ist dieses Argument immer wieder zu lesen so auch bei Schlüter, Privatautonomie, S. 257. Näher dazu u. § 3 C.V. 76 Eingehend u. § 29. 77 Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 178, näher u. § 29 B.IV.1. 78 S. ferner die zahlreichen Beispiele bei Riehmer, Körperschaften, S. 217 ff.
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§ 1 Einführung
dann nicht auch die Errichtung einer Korporation im materiellen Sinne in der Rechtsform einer Stiftung möglich sein?
D. Die Fragestellungen im Einzelnen Stellt man die Frage auf diese Weise, so wird deutlich, dass es nicht nur darum gehen kann zu klären, ob und inwieweit sich der Stifter das Recht vorbehalten oder Dritten einräumen kann, die Stiftungsverfassung zu ändern.79 Vielmehr sind alle gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen daraufhin zu untersuchen, welche Antworten sie im Stiftungsrecht von Gesetzes wegen finden und wie man auf diese Rechtslage im Blick auf die Einführung korporativer Strukturen durch Satzungsgestaltung einwirken kann. Die Fragen beginnen bei der Gründung der Stiftung. Können mehrere Stifter zu einem (beliebigen?) gemeinsamen Zweck eine Stiftung errichten und sich dabei gegenseitig verpflichten, bestimmte Beiträge zu erbringen? Und wenn ja, wie ist dieser Vorgang rechtlich zu beurteilen? Entsteht eine Gesellschaft? Und besteht ein Anspruch auf Anerkennung? Die Fragen setzen sich bei der Organisationsverfassung fort. Zunächst: Wie sieht die gesetzliche Regelverfassung der Stiftung aus und welche Rolle kommt dabei der Stiftungsaufsicht zu? Und sodann: Kann die Organisationsverfassung durch die Einrichtung fakultativer Organe derjenigen eines Verbandes strukturell angeglichen werden? Und wie kann dies geschehen? Welche Aufgaben und Befugnisse können diesen Organen zugewiesen werden und welche Rechtsbehelfe bestehen im Streitfall? Wie kann die innere Ordnung der Organe ausgestaltet werden? Und vor allem: Unter welchen Voraussetzungen kann die Verfassung der Stiftung geändert werden? Können autonome Grundlagenänderungen zugelassen werden? Schließlich: Wie ist das Rechtsverhältnis zwischen Organmitgliedern, Stiftern und Destinatären zu der Stiftung beschaffen? Kann es demjenigen von Mitgliedern zu einem Verband nachgebildet werden? Vor allem: Welche Mitverwaltungsund Vermögensrechte bestehen oder können durch die Satzung begründet werden? Und sind Gestaltungen denkbar, mit denen sich eine Art Übertragbarkeit des organschaftlichen Rechtsverhältnisses herstellen lässt? Auch hinsichtlich der Finanz- und Haftungsverfassung der Stiftung gilt es den ganzen Katalog der einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen zu beantworten: Wie verhält es sich mit der Kapitalaufbringung und -erhaltung, -erhöhung und -herabsetzung im Stiftungsrecht? Welche Mög___________ 79 Dazu u. § 13 A.II.
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lichkeiten und Grenzen der Finanzierung durch Fremdkapital bestehen? Stellt sich die Frage des Eigenkapitalersatzes? Was gilt für die Gewinnverwendung, Rechnungslegung und Publizität? Für was haften die Stiftung, die Mitglieder ihrer Organe, die Stifter, Destinatäre und die Stiftungsaufsicht? Und schließlich: Unter welchen Voraussetzungen kann die Stiftung aufgelöst werden? Wie erfolgt die Auflösung? Und wem fällt das Vermögen an? Damit sind die Fragen, die sich von der Gründung bis zur Auflösung einer Stiftung stellen, freilich längst nicht vollständig gestellt. Diese Aufstellung sollte jedoch genügen, um Umfang und Richtung der Untersuchung zu verdeutlichen. An ihrem Ende wird dann den Fragen nachzugehen sein, welche Merkmale eine korporativ strukturierte Stiftung im Einzelnen auszeichnen, in welchen Grenzen eine solche Typendehnung – wenn man nicht nur ihre einzelnen Elemente, sondern deren kumulatives Zusammenwirken betrachtet – zulässig ist und welche rechtlichen Folgen sie auslöst: Welche Bedeutung kommt bei einer korporativ strukturierten Stiftung noch dem Stifterwillen zu? Welche Rolle spielt die Stiftungsaufsicht? Wie ist der Gläubigerschutz zu gewährleisten? Und wie sind Mehrheits-/Minderheits-Konflikte zu lösen? Gelten gesellschaftsrechtliche Grundsätze?
E. Das Ziel der Untersuchung Bei alledem geht es nicht nur darum, die Grenzen der Gestaltungsfreiheit insbesondere im Blick auf die Einführung korporativer Strukturen auszuloten. Darüber hinaus soll deutlich werden, welche Unterschiede und vor allem welche Gemeinsamkeiten zwischen dem Verbands- und Stiftungsrecht bestehen. Insofern versteht sich die Arbeit auch als Beitrag zur Herausbildung allgemeiner Lehren des Organisationsrechts. Vorrangiges Ziel ist es aber, gesellschaftsrechtliche Erkenntnisse für das Stiftungsrecht fruchtbar zu machen und es auf diese Weise von überkommenen Vorstellungen zu befreien. Die Ablösung dieser Vorstellungen begegnet freilich der Schwierigkeit, dass sie auf einer langen Tradition beruhen. Kurz gefasst:80 Die Anfänge des heutigen Stiftungsrechts gehen auf den Codex Justinians (527 – 565 n.Chr.) ___________ 80 Näher zur Geschichte des Stiftungsrechts etwa Pleimes, Geschichte, 1938; ders., Irrwege; Liermann, Geschichte, 1963; v. Pölnitz in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 1 ff.; Schulze in: Dt. Stiftungswesen 1977–88, S. 29 ff.; ders. in: Stiftungsrecht in Europa, S. 55 ff.; Richter, Stiftung, S. 40 ff.; Seifart/v. Campenhausen/Coing, Handbuch, § 5; v. Campenhausen in: Bertelsmann Handbuch, S. 19 ff.; Schulze in: Handwörterbuch, Sp. 1980 ff., alle m. w. Nw.
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zurück. Danach sollten Stiftungen dem Heil der unsterblichen Seele (pro salute animae) des Stifters dienen. Bereits im Hochmittelalter setzte jedoch eine zunehmende Verweltlichung des Stiftungswesens ein. Die Stiftungszwecke wandelten sich von frommen (piae causae) zu gemeinnützigen. Aber auch rein privatnützige Zwecke traten hinzu.81 Damit ging es nun nicht mehr allein um das ewige Leben des Stifters im Jenseits, sondern auch um sein Fortleben im Diesseits. Mit dieser Verweltlichung der Stiftungszwecke ging eine Verstaatlichung der Stiftungsaufsicht einher. Ursprünglich unterlagen Stiftungen kirchlichem Recht und kirchlicher Aufsicht und bedurften im Gegensatz zu Korporationen keiner staatlichen Genehmigung.82 Auch dies begann sich jedoch seit dem Hochmittelalter zu ändern. Getragen wurde diese Entwicklung von vielen Gründen, im aufgeklärten Absolutismus nicht zuletzt von Vorbehalten gegen private Institutionen als Widersacher des Staates bei der Sozialgestaltung.83 Im 19. Jahrhundert wurde sodann der Entwurf der rechtsfähigen Stiftung als einer mitgliederlosen Organisation entwickelt, deren Vermögen einer von dem Stifter auf Dauer festgelegten Zweckbindung unterliegt.84 Dementsprechend rückten Bedenken im Blick auf die Perpetuierung des Stifterwillens in den Vordergrund. So heißt es im Bericht der Reichstagskommission zum Zweiten Entwurf des BGB, dass durch das Genehmigungserfordernis der „keineswegs seltenen Neigung, Stiftungen zu thörichten, unnützen oder bizarren Zwecken zu errichten“ entgegengewirkt werden solle.85 „Aus der Freiheit und Rechtsfähigkeit des einzelnen Menschen folge“, so die Protokolle, „keineswegs, daß dieser auch ohne weiteres berechtigt sein müsse, sein Vermögen über seinen Tod hinaus für alle Zeiten beliebigen Zwecken dienstbar zu machen.“86 Diese „exorbitante Wirksamkeit des Einzelwillens“ lasse das Gesetz daher nur „wegen der wohltätigen Wirkungen der Stiftungen“ zu.87 Maßgebend bei der Stiftungsgenehmigung müsse dementsprechend „die Rücksicht auf das Gemeinwohl sein“;88 denn es sei „besonders bedenklich, wenn erhebliche Vermögensobjekte dauernd für ___________ 81 Familienstiftungen sind seit der Mitte des 15. Jahrhunderts bekannt, Liermann, Handbuch Bd. 1, S. 251 f.; Sorg, Familienstiftung, S. 44 jew. m. w. Nw. 82 Liermann, Handbuch Bd. 1, S. 31. 83 Es ist daher geradezu dekuvrierend wenn Reuter, Perpetuierung, S. 67, 75 f., hierfür Sympathien zu erkennen gibt. 84 S. insbes. O. v. Gierke, Privatrecht I, S. 647 f.; P. Roth, JherJhb 1 (1857), S. 189 ff.; v. Savigny, System II, S. 243 f. 85 Mugdan, Materialien, S. 961. 86 Mugdan, Materialien, S. 660. 87 Mugdan, Materialien, S. 658. 88 Mugdan, Materialien, S. 660.
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bestimmte, vielleicht ganz unnütze oder doch minderwerthige Zwecke festgelegt werden könnten.“ Vielmehr müsse Sorge getragen werden, „das Nationalvermögen so viel als nur irgend möglich dem lebendigen Verkehre zu erhalten“, zumal „die Gefahr übermäßiger Stiftungen … naturgemäß mit der steigenden Konzentration großer Vermögen in verhältnismäßig wenigen Händen“ wachse.89 Tatsächlich prägt bis heute der Gegensatz zwischen der mitgliederhaften und daher einer autonomen Willensbildung fähigen Korporation und der mitgliederlosen, lediglich den historischen Stifterwillen vollziehenden Stiftung das Stiftungsrechtsverständnis. Dabei wird die Perpetuierung des Stifterwillens nach wie vor einerseits als das „Wesen“, andererseits als das „Problem“ der Stiftung angesehen. So ist einerseits bei Rittner die viel zitierte Bemerkung zu lesen, der Stifterwille herrsche über die Stiftung „deistisch“.90 Liermann beobachtet eine „geradezu mystische Wirkung und Fernwirkung des Stifterwillens“.91 Und selbst die Bund-Länder-Arbeitsgruppe betont, dass „das gesamte Stiftungsrecht darauf angelegt [sei], den bei der Errichtung manifesten Stifterwillen zu perpetuieren“.92 Andererseits wird nach wie vor mit Savigny die Vermögensbindung an die „tote Hand“ beklagt,93 „die die Lebenden aus dem Grab heraus in der Verfügung über die Güter beschränkt“94, jede „Relativierung des Dauercharakters“ der Stiftung aber abgelehnt.95 Dem Perpetuierungsproblem sucht man vielmehr immer noch durch Beschränkung der zulässigen Stiftungszwecke beizukommen. Allerdings hat sich unter der Geltung des Grundgesetzes das Staatsverständnis und damit auch das Verhältnis zwischen Staat und Stiftung gewandelt. Auch schon vor der gesetzlichen Normierung eines Anspruchs auf Anerkennung der Stiftung war der Genehmigungsbehörde daher richtigerweise bis zur Schwelle der Gesetzwidrigkeit jedes (Un-)Werturteil über den Stiftungszweck versagt (Grundsatz der gesetzeskonformen Allzweckstiftung).96 Zum ___________ 89 90 91 92 93 94 95
Mugdan, Materialien, S. 961 f. Rittner, Person, S. 233. Liermann in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 153, 155. Bericht, S. 42. v. Savigny, System I, S. 278. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 120. S. o. bei Fn. 65. Dabei gehört dies zu einer der Lösungsstrategien zur Bewältigung der sog. Tote-Hand-Problematik in den Stiftungsrechten der europäischen Staaten, s. Hopt/Reuter in: Stiftungsrecht in Europa, S. 1, 4 f. 96 Statt anderer Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 11; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 56, jew. m. w. Nw. Ebenso Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 37.
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einen sahen jedoch einzelne Stiftungsgesetze Ausnahmen insbesondere im Blick auf Familien- und Unternehmensstiftungen vor.97 Und zum anderen wurden auch abseits solcher Regelungen Stiftungen mit ausschließlich wirtschaftlichen und/oder privatnützigen Zwecken mit dem Verdikt des Missbrauchs oder der Missbildung belegt.98 Ihre Genehmigungsfähigkeit wurde (und ihre Anerkennungsfähigkeit wird vereinzelt immer noch)99 von gewichtigen Stimmen in der Literatur teilweise in Abrede gestellt100. Der Stiftungsgedanke sei vielmehr die Uneigennützigkeit des Stifters und die Fremdnützigkeit der Stiftung. Stiftungen sollten „Innovationsagenturen und Wohltäter der Gesellschaft“101 und „eine Form des privaten Sozialismus“102 sein. Nun hat zwar der Gesetzgeber den Forderungen nach einer Beschränkung der zulässigen Stiftungszwecke103 nicht nachgegeben.104 Selbst das Gesetz zur „Modernisierung“ des Stiftungsrechts will Stiftern in Anschluss an die Schönhuber-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts105 jedoch nicht dieselbe Freiheit wie den Gründern einer Korporation einräumen. Vielmehr ist in der Begründung des Regierungsentwurfs von einer angeblichen Mitverantwortung des Staates für die Verwirklichung des Stiftungszwecks die Rede, die es rechtfertigen soll, auch solchen Stiftungen die Anerkennung der Rechtsfähigkeit zu versagen, deren Zweck zwar nicht rechtswidrig sei, diese Grenze aber jederzeit überschreiten könne.106 Auch dem liegen paternalistische Rechtsvorstellungen gepaart mit Bedenken im Blick auf die „Wirkungsmacht“ des Stifterwillens zugrunde. ___________ 97 S. § 6 II lit. c, d, III lit. b, c BbgStiftG a. F.; § 7 II 2 lit. c, III 3 lit. a MVStiftG; § 4 I lit. c, II lit. b NRWStiftG a. F. 98 S. bspw. Liermann in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 173, 185 ff.; Ballerstedt, Gutachten 44. DJT, S. 37 ff.; Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 4, 6, 8, 57a, 59, 70, der überdies meint die Stiftung habe den Charakter eines öffentlichen Gutes und unterliege einem (positiven) Gemeinwohlgebot; ferner etwa K. Schmidt, DB 1987, 261; ihm zustimmend Rawert, ZEV 1999, 294 ff. 99 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 73 ff., 77 ff.; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 58, 60. 100 Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 83 ff., 122 ff.; im Gegensatz zu seinem Lehrer Reuter hat Rawert inzwischen seine Ansicht aufgegeben, s. NPLYB 2003, S. 1, 5. 101 So der Titel des Beitrags von W. Schmidt in: Bertelsmann Handbuch, S. 87 ff. 102 Leisner in: Dt. Stiftungswesen 1966–76, S. 177, 179. 103 S. nur § 81 des Gesetzentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 3. 104 S. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 9; Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 37 ff. 105 BVerwGE 106, 177 ff. 106 Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 9.
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Indes wird die Bedeutung des Perpetuierungsproblems weithin überschätzt. Es hat drei Seiten, nämlich eine betriebswirtschaftliche, eine volkswirtschaftliche und eine gesellschaftspolitische: Betriebswirtschaftlich kann fehlende, von Eigentümerinteressen motivierte Kontrolle und mangelnde Flexibilität zu Wettbewerbsnachteilen führen, bei deren Akkumulation ein Ausscheiden aus dem Markt droht.107 Insolvenzen von Stiftungen sind jedoch verhältnismäßig selten.108 Das kann man zwar auch damit erklären, dass Stiftungen für gewöhnlich nur eingeschränkt dem Wettbewerb ausgesetzt sind.109 Für Unternehmens- und Anstaltsstiftungen gilt das jedoch nicht. Und diese sind – wie nicht nur der Fall der Carl-ZeissStiftung eindrucksvoll erweist – durchaus in der Lage, betriebswirtschaftlich sinnvoll zu agieren und selbst schwerste Verwerfungen zu überstehen.110 Und das spricht dafür, dass die „tote Hand“ wundersam beweglich ist. Volkswirtschaftlich wird befürchtet, dass große Vermögen dem Wettbewerb und damit einer optimalen Nutzung entzogen werden.111 Hier handelt es sich also, wenn man dieser These folgt, um ein Mengenproblem. Im Jahr 2004 verfügten alle deutschen Stiftungen zusammen (unter Einschluss von unselbständigen Stiftungen und Stiftungskörperschaften) über ein Vermögen von geschätzt 60 Mrd. Euro.112 Das ist weniger als die Marktkapitalisierung ___________ 107 Dahingehend etwa Ballerstedt, Gutachten 44. DJT, S. 35 f.; Mestmäcker, Verhandlungen 44. DJT, S. G 17 ff.; Reuter, Perpetuierung, S. 25 ff.; auch Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 73 a. E. 108 Röthel, Deutsche Stiftungen, 48, konnte bei einer Umfrage unter Referenten deutscher Stiftungsbehörden nur zwei Stiftungen ermitteln, die in den letzten Jahren Insolvenz anmelden mussten. Einen weiteren Fall schildert Schulz, ZSt 2005, 137 ff., der dadurch gekennzeichnet ist, dass das Grundstockvermögen nicht aufgebracht wurde. Allerdings gab es nach dem Ersten Weltkrieg ein großes Stiftungssterben, das freilich auf einer verfehlten Anlage in „mündelsichere“ Kriegsanleihen beruhte, s. hierzu Liermann, Handbuch Bd. 1, S. 281 ff. Vor solchen fundamentalen gesellschaftlichen Umbrüchen sind freilich auch Korporationen nicht sicher. 109 S. o. Fn. 36. 110 Vgl. den Bericht von Berndt, Unternehmen, Rz. 1401 ff., über die Entwicklung von unternehmensverbundenen Stiftungen im In- und Ausland. Dabei verschweigt er nicht, dass Unternehmensstiftungen immer wieder gezwungen waren, Unternehmen und Unternehmensteile zu veräußern. „Dennoch wäre es eine Fehleinschätzung, die auftretenden Schwierigkeiten … der Rechtsform ‚Stiftung’ anzulasten. Auch Kapitalgesellschaften haben in vergleichbaren Situationen die gleichen Probleme, die es flexibel … zu meistern gilt“, so Berndt, ebd., Rz. 1421 im Blick auf den paradigmatischen Fall der Carl-Zeiss-Stiftung. 111 So schon die Protokolle, s. o. bei Fn. 89. 112 Mecking in: Verzeichnis Deutscher Stiftungen, S. IX, XIV; Blisse, ZSt 2004, 140; s. auch Anheier in: Bertelsmann Handbuch, S. 45, 63 f.
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allein der Deutsche Telekom AG, die Ende 2004 rund 70 Mrd. Euro betrug. Allerdings gibt die Bertelsmann-Stiftung ihr Stiftungskapital (das in der Hauptsache aus der Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG besteht) lediglich mit rund 620 Mio. Euro an.113 Aussagekräftiger mag daher der Vergleich mit dem konsolidierten Gesamtvermögen aller deutschen Unternehmen sein, das von der Deutschen Bundesbank für das Jahr 2002 auf einen Buchwert von 2045 Mrd. Euro berechnet wurde.114 Das Volksvermögen ist freilich noch weit höher.115 Zum Jahreswechsel 2004/2005 betrug es näherungsweise 6860 Mrd. Euro.116 Nun mögen alle diese Zahlen, ihre Ermittlung und ihre Vergleichbarkeit kritisch zu beurteilen sein. Auch wird erwartet, dass die Stiftungstätigkeit in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. Deutlich werden jedoch Relationen, angesichts derer nicht ernstlich befürchtet werden kann, dass aus einer verstärkten Stiftungstätigkeit jemals volkswirtschaftlicher Schaden erwächst.117 Das gilt zumal in Deutschland, wo das Vermögen heutzutage verhältnismäßig breit gestreut ist.118 Dementsprechend weisen 56 % der Stiftungen lediglich ein Vermögen bis zu 500.000 Euro und nur 0,3 % ein Vermögen von mehr als 250 Mio. Euro aus.119 Von den Stiftungsneugründungen haben weniger als 6 % ein Anfangsvermögen von mehr als 5 Mio. DM.120 Zudem machen die rund 13.000 deutschen Stiftungen bürgerlichen Rechts allenfalls 2 % aller gemeinnützigen Organisationen in Deutsch___________ 113 Vermögensübersicht der Bertelsmann Stiftung zum 31.12.2004. 114 Monatsbericht der Deutschen Bundesbank 10/2005, S. 33 ff., 56. 115 Das Volksvermögen wird definiert als das Reinvermögen der gesamten Volkswirtschaft. Es ergibt sich aus der Konsolidierung der Vermögensrechnung aller inländischen Wirtschaftssubjekte und umfasst alle nichtfinanziellen Aktiva zuzüglich der Nettoposition gegenüber der übrigen Welt, da sich Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Inländern aufheben, Hübl in: Kompendium Wirtschaftstheorie, S. 53, 86. 116 Geht man von vorstehender Definition aus, so ergibt sich das Volksvermögen näherungsweise aus der Addition des Nettoanlagevermögens zu Wiederbeschaffungspreisen (Bestand Anfang 2005: 6827 Mrd. Euro, Statistisches Bundesamt 2005) und des Nettogeldvermögens gegenüber der übrigen Welt (Ende 2004: 32,8 Mrd. Euro, Deutsche Bundesbank, Ergebnisse der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung für Deutschland 1991 bis 2004, Statistische Sonderveröffentlichung Nr. 4/2005, S. 45). In dem Nettoanlagevermögen nicht enthalten ist allerdings insbesondere der Wert des Grund und Bodens (wohl aber der Bebauung). Der Wert des Grund und Bodens wird freilich auch nicht zu dem Volksvermögen gerechnet. 117 Ebenso Pluskat, DStR 2002, 915, 920. 118 Vgl. FASZ vom 26.6.2005, S. 8. 119 Mecking in: Verzeichnis Deutscher Stiftungen, S. IX, XIII. 120 Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht, Bericht, S. 13.
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land aus.121 Schließlich sei daran erinnert, dass das stiftungstypische Kapitalstocksystem gegenüber jedem Umlageverfahren den gerade heutzutage (d. h. angesichts einer astronomischen Staatverschuldung i. H. v. rund 1,5 Billionen Euro) unschätzbaren Vorteil hat, künftige Generationen nicht zu belasten. Stiftungen sind daher ideale Instrumente in dem weiten Bereich der öffentlichen und privaten Sozialfürsorge sowie für Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen.122 Und im Unternehmensbereich können Stiftungen das mit ihnen verbundene Unternehmen vor allzu „gierigen“ Anteilseignern schützen und damit zur Unternehmenskontinuität und -erhaltung zum Wohle der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit beitragen. Kurz: Das in Stiftungen gebundene Kapital ist eben kein totes Kapital, sondern es arbeitet, und zwar nicht für die „tote Hand“, sondern für die Lebenden. Gesellschaftspolitisch schließlich geht es darum, den Aufbau endgültiger Machtpositionen und im Blick hierauf auch das Auseinanderfallen von wirtschaftlicher Macht und Eigentum zu verhindern. Dabei wird zum einen das Aufkommen neuer Familienfideikommisse in Gestalt von Familienstiftungen befürchtet.123 Diese Befürchtung ist jedoch ganz und gar unbegründet; denn zum einen sind beide Institute nur beschränkt miteinander vergleichbar124 und zum anderen hat heutzutage das Steuerrecht, insbesondere die sog. Erbersatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG), die erwünschte Verteilungsfunktion übernommen.125 Des Weiteren gilt es dem Entstehen einer unkontrollierten und sich durch Kooptation protegierenden Funktionärsklasse entgegenzuwirken. Auch insofern ist die Bedeutung des ___________ 121 Die Zahl ergibt sich aus dem Vergleich zu den rund 580.000 deutschen Vereinen, vgl. Anheier in: Bertelsmann Handbuch, S. 45; Mecking, Verzeichnis Deutscher Stiftungen, S. IX, X. Hinzurechnen müsste man zudem die über 13.000 kirchlichen Stiftungen (nur Katholische Kirche, Mecking, ebd., S. XI), eine unbekannte Vielzahl von unselbständigen Stiftungen und Stiftungskörperschaften sowie andere gemeinnützige Organisationen. Betrachtet man den gesamten Nonprofit-Sektor dürfte der Anteil sogar bei deutlich unter 1 % liegen, vgl. Anheier/Seibel/Priller/Zimmer in: Handbuch der Nonprofit Organisation, S. 19, 29. 122 Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 2. 123 Vgl. etwa MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 75. 124 S. u. § 5 C.II. 125 Bei Einführung dieser Steuer befürchteten zunächst manche, das Ende von Familienstiftungen sei gekommen, s. Dornfeld, FR 1973, 559; Klein, DB 1973, S. 2323 ff.; Sorg, BB 1983, 1620 ff.; s. aber auch Troll, BB 1982, 1663 f. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte jedoch die Verfassungsmäßigkeit der Steuer, BVerfG, StiftRspr. III, S. 157 ff. m. Anm. Leisner. Heute ist der Blick auf die Besteuerung von Familienstiftungen zu Recht nüchterner, s. etwa Laule/Heuer, DStZ 1987, S. 495 ff.; v. Oertzen, ZEV 1997, 103 ff. Hervorgehoben wird sogar der Vorteil einer besseren Planbarkeit der Erbersatzsteuer gegenüber natürlichen Erbgängen.
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Stiftungswesens freilich viel zu gering, als dass hiervon tatsächlich eine Gefahr für die Gesellschaft ausginge. Im Übrigen ist auf dreierlei hinzuweisen. Erstens betreffen alle drei Seiten des Perpetuierungsproblems privat- und gemeinnützige Stiftungen gleichermaßen, ja letztere womöglich noch stärker, da ihre steuerliche Privilegierung ihr Entstehen und ihren Bestand begünstigt. Besondere Vorbehalte gegen privatnützige Stiftungen sind daher auch aus diesem Grund nicht gerechtfertigt. Zweitens liegt die hauptsächliche Bedeutung der gesellschaftspolitischen Seite des Perpetuierungsproblems nicht im Stiftungsrecht, sondern bei den Großverbänden, insbesondere den Massenvereinen und Publikumsgesellschaften, die häufig einer effektiven Kontrolle durch ihre Mitglieder allein schon aufgrund deren Zahl weitgehend entzogen sind und die es zudem nicht selten verstehen, diese Lage durch organisationsrechtliche Gestaltungen zu zementieren.126 So hatten in den letzten Jahren wechselseitige Beteiligungen und Ringverflechtungen bei den großen Publikumsgesellschaften ein Ausmaß angenommen, dass nicht zu Unrecht von einer „Deutschland AG“ gesprochen wurde.127 Und im (partei)politischen Bereich beschreibt der Stabreim von den „Cliquen, Klüngeln und Karrieren“ den noch sehr viel besorgniserregenderen Zustand trefflich.128 Vor allem an dieser Stelle ist Abhilfe so dringend geboten wie nicht zu erwarten. Gleichwohl stellt sich – drittens – das Perpetuierungsproblem heute nicht mehr in gleicher Schärfe wie noch zu Zeiten des Inkrafttretens des BGB; denn gerade bei wirtschaftlich und/oder gesellschaftlich bedeutenden Organisationen ist neben und unabhängig von einer Kontrolle durch Mitglieder eine Kontrolle durch Publizität und Öffentlichkeit, durch Markt und Wettbewerb, öffentliche Wirtschaftsaufsicht und private Unternehmensüberwachung (Ratingagenturen, Analyseunternehmen, etc.) getreten. Im Blick auf die „Deutschland AG“ hat dies – steuerrechtlich gefördert – inzwischen zu einer weitgehenden Entflechtung geführt. Allerdings greifen diese Instrumente oft dann erst ein, wenn das Kind schon pudelnass, weil bereits ins Wasser gefallen ist. Indes soll das Perpetuierungsproblem hier auch gar nicht geleugnet werden. Gerade im Stiftungsrecht erscheint es jedoch gemessen an den tatsächlichen Verhältnissen als Schreckgespenst, von dem sich einmal mehr sagen lässt: „Die ich rief, die ___________ 126 S. dazu aus jüngster Zeit Segna, Großvereine, 2002; ders. in: NPLYB 2003, S. 17 ff.; s. ferner Henze in: NPLYB 2004, S. 17 ff. 127 Adams, AG 1994, 148. 128 So der Titel einer von Erwin und Ute Scheuch ursprünglich im Auftrag der CDU geschriebenen Studie über den Verfall der politischen Parteien am Beispiel Kölns (erschienen bei Rowohlt 1993).
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Erster Teil: Grundlagen
Geister, werd’ ich nun nicht los“; denn derlei Trugbilder von „toten Händen“ und „deistischen“ Stiftern haben bisher den Blick dafür verstellt, dass die Stiftung als Zweckschöpfung nicht die behauptete Sonderstellung unter den Rechtsformen einnimmt. Auch alle anderen juristischen Personen sind nach der Vorstellung des Gesetzes auf die „Ewigkeit“ angelegt, können aber auch – genauso wie die Stiftung – zu nur vorübergehenden Zwecken geschaffen werden. Ebenso wenig kommt, wie zu zeigen sein wird, dem Stifterwillen und dem Stiftungszweck eine grundlegend andere Bedeutung zu als dem Willen der Gründungsmitglieder eines Verbandes und dem Verbandszweck. Dabei sind einfache Satzungsänderungen bei Stiftungen richtigerweise auch ohne besondere statutarische Vorkehrungen kaum schwieriger und echte Zweckänderungen u. U. sogar leichter möglich (nämlich bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse)129 als bei Verbänden (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BGB: Einstimmigkeit!). Damit sollen freilich nicht die Besonderheiten dieser Rechtsform in Abrede gestellt werden. Es besteht jedoch kein Anlass, den „Geist“ des Stifters zum „Wesen“ der Stiftung zu stilisieren130 und deswegen der Freiheit von Stifter und Stiftung von vornherein Grenzen zu setzen. Auch fehlende Gläubigerschutz- und Publizitätsvorschriften rechtfertigen, wie zu zeigen sein wird, keine andere Beurteilung. Vielmehr hat das „starre Hinschauen auf den angeblich den Zeitfluß überdauernden ‚realen Willen‘ des den Stiftungszweck setzenden Gründers … in der Vergangenheit auch die bisher schon deutlich genug vor Augen liegende Wirklichkeit, nämlich daß eine Stiftung eine reine Ausformung der Leistungsordnung personaler Willenskräfte zu sein vermag und, wenn sie gedeihen soll, tatsächlich auch sein muß, immer wieder verkennen lassen.“131 So haben die „langfristige Zweck- und Organisationsbindung eines Stiftungsvermögens als solche … mit ‚toter Hand‘ so wenig zu tun, wie eine entsprechende Thesaurierung von Vermögen in der ‚öffentlichen Hand‘.“132 Bei Lichte betrachtet dient der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens „lediglich“ dem Schutz der privatautonomen Entscheidung des Stifters.133 Zu fragen ist daher, warum der Stifter – zumindest in gewissen Gren___________ 129 S. u. § 13 A.I.2.b. 130 Liermann in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 153, 171: „In der Stiftung tritt dem subjektiven Geist des Stifters der von ihm selbst geschaffene objektive Geist der Stiftungsverfassung mit zwingender Überlegenheit entgegen.“ 131 Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 309. 132 Strickrodt, DStR 1972, 3, 7. 133 S. u. § 16 A.1.
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§ 1 Einführung
zen – nicht auf diesen Schutz verzichten können soll. Muss er gar vor sich selbst geschützt werden? Zudem ist es, das wurde bereits angedeutet, widersprüchlich, die Perpetuierung des Stifterwillens zu beklagen, jede Abschwächung seiner Maßgeblichkeit aber abzulehnen. So werden bei der Publikumsaktiengesellschaft unter den Stichworten „corporate governance“ u. a. Möglichkeiten diskutiert, die Legitimität und Effektivität der Unternehmensleitung und -kontrolle dadurch zu erhöhen, dass den Interessen der Aktionäre stärkeres Gehör verschafft wird. Übertragen auf das Stiftungsrecht bedeutet das, die Legitimität und Effektivität der Stiftungsverwaltung durch die Einführung korporativer Strukturen, also dadurch zu erhöhen, dass sie stärker einer durch Eigeninteressen motivierten Kontrolle unterworfen wird.134 Im Blick hierauf wird aufzuzeigen sein, dass die „deistische“ Herrschaft des Stifterwillens keineswegs das „Wesen“ der Stiftung, sondern lediglich eine unter vielen Gestaltungsmöglichkeiten ist. Aufzuzeigen sein wird, dass sich die Stiftung zwar durch ihre Mitgliederlosigkeit von einer Korporation unterscheidet, das Stiftungsrecht aber gleichwohl in vielerlei Hinsicht gesellschaftsrechtlichen Regeln folgt. Zu zeigen sein wird ferner, dass die verbleibenden Unterschiede zwischen Stiftung und Verband vielfach durch Gestaltungsmaßnahmen angeglichen werden können, insbesondere dass die Stiftung Organmitglieder haben kann, deren Rechtsstellung derjenigen von Verbandsmitgliedern ähnlich ist. Aufgezeigt werden soll mit alledem, dass die Stiftung kein „Sonderling“ unter den Rechtsformen ist, sondern sich in ihren Kanon einreiht und ihn um eine Alternative bereichert, die es den Gründern ermöglicht, einerseits bestimmte Vorstellungen für die Zeit des Bestehens der Stiftung festzuschreiben, andererseits aber auch jedem Wandel Raum zu geben, und zwar nicht nur in Form einer „geplanten Flexibilität“135. Entgegen herkömmlicher Vorstellung ist die Stiftung ein äußerst flexibles Gestaltungsinstrument, dessen Einsatzmöglichkeiten bisher kaum hinreichend ausgelotet sind.136 Gefragt wird freilich auch, ob eine solche „Rechtsfortbildung“ ratsam ist.137 Die Frage ist falsch gestellt; denn über die Ratsamkeit einer Gestaltung sollen die Parteien und nicht Wissenschaftler befinden. Und dass aus Sicht von Parteien Mischformen zwischen Stiftungen und Körperschaften ratsam sein ___________ 134 Dahingehend auch Kronke, Stiftungstypus, S. 139–146 sowie ders. StiftRspr. III, S. 28. 135 So aber Kronke, Stiftungstypus, S. 356. 136 Zu dem Ideenreichtum, den die Praxis in Österreich nach der Liberalisierung des Stiftungsrechts durch das PSG entwickelt hat, s. Leitner, FS Flick, S. 905, 911 ff. 137 So etwa Hopt/Reuter in: Stiftungsrecht in Europa, S. 1, 12.
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Erster Teil: Grundlagen
können, belegen zahlreiche korporativ verfasste Stiftungen und Stiftungskörperschaften im In- und Ausland.138 Anders gewendet geht es dieser Arbeit nicht darum, bestimmte Gestaltungen zu befürworten oder – soweit sie sich in den Grenzen der Gestaltungsfreiheit bewegen – abzulehnen. Ein solcher paternalistischer Ansatz ist der Arbeit ganz fremd. Vielmehr sollen „alte Zöpfe“ abgeschnitten werden, die bisher die Rechtsentwicklung gebremst haben. Und eins ist gewiss: Wenn wir auf die Wünsche von Stiftern nicht reagieren, dann reagieren darauf die Stifter.139
F. Die Grenzen der Untersuchung Die vorliegende Untersuchung handelt nur von der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts und das auch nur, soweit sie von Privaten, also nicht der öffentlichen Hand errichtet werden. Andere Stiftungsformen bleiben außer Betracht. Auch das ausländische Stiftungsrecht140 wird trotz seiner wachsenden Bedeutung allenfalls punktuell zu Vergleichszwecken herangezogen. Auch rechtshistorische Bezüge werden nur vereinzelt hergestellt. Weitgehend außer Betracht bleibt ferner das Stiftungssteuerrecht. Dies mag bei einer Arbeit, die der Rechtsgestaltung gewidmet ist, insbesondere aus Sicht der Praxis befremden141. Gerade aber weil die Arbeit eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigt, wäre es unvermeidlich, sich entweder auf allgemeine, anderwärts nachzulesende und daher nicht weiterführende Ausführungen zu beschränken oder sich in Einzelfragen zu verlieren, zumal zur Beantwortung der Frage, ob eine Gestaltung steuerlich vor- oder nach___________ 138 So im Ergebnis auch Richter, Stiftung, S. 445 f. 139 So sind nach Wachter, DStR 2000, 474, rund 10 % aller österreichischen Privatstiftungen unter Beteiligung von Deutschen errichtet worden. Genannt seien ferner die Stichworte Überseering, EuGH vom 5.11.2002, Rs. C 280/00, Slg. 2002, I-9919, und Inspire Art, EuGH vom 30.9.2003, Rs. C-167/01, NJW 2003, 3331. S. zur Bedeutung dieser Entscheidungen für das Stiftungswesen Zimmer/Raab in: NPLYB 2004, 105 ff., sowie Koos, ZSt 2005, 276 ff. 140 S. dazu insbes. Kronke, Stiftungstypus, 1988; Schlüter, Privatautonomie, 2004; Richter, Stiftung, S. 139 ff.; sowie den Band Hopt/Reuter (Hrsg.), Stiftungsrecht in Europa, 2001, mit Länderberichten von Wymeersch (Belgien), Hansen (Dänemark), Capitant (Frankreich), Georgakopoulos (Griechenland), Fries (Großbritannien), De Giorgi (Italien), van der Ploeg (Niederlande), Doralt/Kalss (Österreich), Sinde Monteiro/Videira Henriques (Portugal), Hemström (Schweden), Linares Andrés (Spanien), Riemer (Schweiz), Lampert/Taisch (Liechtenstein), Drobnig (Mittel- und Osteuropa) sowie einem rechtsvergleichenden Generalbericht von Hondius und einer Sammlung der einschlägigen Gesetzestexte. 141 S. aber Schiffer, DB 2000, 437, 440.
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§ 1 Einführung
teilhaft ist, auch die unterschiedlichen persönlichen Verhältnisse von Steuerschuldnern Berücksichtigung finden müssten. Zudem mag mancher Stifter bereit sein, den steuerlichen Preis für eine Gestaltung zu bezahlen, die ihm aus anderen Gründen vorzugswürdig erscheint. Steuerliche Nachteile sprechen daher auch nicht zwingend gegen eine bestimmte Gestaltung. Darüber hinaus unterliegt das Steuerrecht beständig Änderungen.142 Entsprechend kurz ist die „Halbwertzeit“ einer Untersuchung steuerlicher Gestaltungsfragen. Schließlich ist das Steuerrecht für die Zivilrechtsdogmatik weithin ohne Erkenntniswert. Aus all diesen Gründen versprechen vertiefte Ausführungen zum Stiftungssteuerrecht keine Förderung des Ziels der Untersuchung. Der Umfang der Untersuchung erfordert endlich drei weitere Einschränkungen. Erstens können selbstverständlich nicht alle denkbaren Gestaltungsvarianten und damit zusammenhängenden Rechtsprobleme dargestellt und behandelt werden. Das würde den Rahmen einer Einzeluntersuchung bei weitem sprengen. Aus demselben Grund können zweitens nicht alle erörterten Rechtsprobleme in der gleichen Tiefe behandelt werden. So fehlt etwa nicht selten eine Darstellung des Meinungsstands. Und zuweilen müssen gesellschaftsrechtliche Erkenntnisse auch ohne nähere Prüfung übernommen werden, obwohl sie gewiss eingehender Überlegungen Wert sind und diese womöglich zu anderen Ergebnissen führen würden. Und drittens ist angesichts der Breite des Themas und der Vielzahl der berührten Rechtsfragen eine umfassende Einarbeitung vor allem der gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur unmöglich. Die Nachweise beschränken sich daher durchweg auf Beispiele. Die mit diesen Einschränkungen verbundene Unvollkommenheit möge der Leser verzeihen.
___________ 142 Aus stiftungsrechtlicher Sicht zuletzt: Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, BGBl. I 2000, S. 1034; dazu anstelle anderer Hüttemann, DB 2000, 1584 ff.
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§ 2 Begriff, Merkmale und Erscheinungsformen der Stiftung Der Begriff „Stiftung“ ist sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch im Rechtssinne so vielfältig wie ihre tatsächlichen Erscheinungsformen. Er sagt nichts über den Rechtscharakter einer Organisation oder eines Inbegriffs von Vermögensgegenständen aus und genießt daher auch nur eingeschränkten Bezeichnungsschutz.1 Im allgemeinen Sprachgebrauch meint „stiften“ die freiwillige Entäußerung von Vermögensgegenständen, und zwar meist zu gemeinnützigen Zwecken.2 Als „Stiftung“ wird ein Vermögensinbegriff bezeichnet, der auf einen in gewisser Weise institutionalisierten Zusammenhalt angelegt ist. Aufgrund dieses in die Zukunft weisenden Elements des Ordnens wird unter dem Begriff „stiften“ nicht nur ein „Spenden“ oder „Schenken“ verstanden, sondern auch ein „Errichten“ oder „Gründen“.3 So wird auch von der „Stiftung“ eines Ordens oder Ehrenzeichens gesprochen,4 wiewohl hierdurch keine mit Vermögen ausgestattete Einrichtung geschaffen wird.5 Rechtsvergleichend beschreibt Kronke den Funktionstypus „Stiftung“ als Vermögens-ZweckOrganisation ohne autonomes, nicht pflichtgebundenes Willensbildungsorgan.6 Die vorliegende Arbeit handelt, wie gesagt, allein von der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts i. S. d. §§ 80 ff. BGB. Soweit hier von „Stiftung“ die Rede ist, ist daher die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts gemeint. Der historische Gesetzgeber des BGB hatte auf eine Definition der Stiftung bewusst verzichtet, um nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder einzugreifen.7 Die Literatur hat dementsprechend versucht, diesem Manko ___________ 1 Es darf lediglich nicht zu einer Täuschung des Rechtsverkehrs über die Rechtsform kommen, vgl. OLG Stuttgart, StiftRspr. I, S. 118 ff.; BayObLG, StiftRspr. II, S. 95 ff.; Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 39, 40; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 51; Palandt/Heinrichs, BGB, Vor § 80 Rdnr. 12; Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 11; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor § 80 Rdnr. 24; kritisch Mösl in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 191 ff.; Kronke, StiftRspr. IV, S. 41. 2 S. hierzu Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 2. 3 Merkle, Initiative, S. 5. 4 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über Titel, Orden und Ehrenzeichen vom 26.7.1957, BGBl. I, S. 844, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.6.1997, BGBl. I, S. 1430. 5 Ebersbach, Handbuch, S. 17 f. 6 Kronke, Stiftungstypus, S. 355 f.; ähnlich aufgrund seiner historisch-rechtsvergleichenden Analyse Richter, Stiftung, S. 453. 7 Vgl. Mugdan, Materialien, S. 664; Liermann, Handbuch Bd. 1, S. 274.
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§ 2 Begriff, Merkmale und Erscheinungsformen
abzuhelfen. So heißt es bei Reuter: „Die Stiftung wird als ein selbständiger Rechtsträger definiert, der zur Verwirklichung bestimmter Sonderzwecke geschaffen ist und nicht aus einem Personenverband besteht.“8 Coing hingegen definiert die Stiftung als „eine rechtsfähige Organisation (Verwaltung), welche bestimmte, durch den Stiftungsakt festgelegte Zwecke mit Hilfe eines Vermögens verfolgt, das diesen Zwecken dauernd gewidmet ist (Stiftungsvermögen).“9 Während also beide die Rechtsfähigkeit und Zweckgerichtetheit der Stiftungsorganisation hervorheben, betont Coing das Erfordernis einer Stiftungsorganisation und eines Stiftungsvermögens, Reuter indessen den Gegensatz zum Verband.10 Hierin sieht Flume gar das einzige Unterscheidungsmerkmal der Stiftung,11 wohingegen Neuhoff als weiteres notwendiges Element das Vorhandensein einer eindeutigen Stiftungsabsicht im Sinne einer uneigennützigen und endgültigen Entäußerung von Vermögensgegenständen vergleichbar der „general charitable intention“ des angelsächsischen Stiftungsrechts nennt12. Was der Gesetzgeber heutzutage unter einer Stiftung i. S. d. §§ 80 ff. BGB versteht, ist in der Begründung des Regierungsentwurfes des Gesetzes zur Modernisierung des Stiftungsrechts nachzulesen. Danach ist „eine Stiftung eine zur Verfolgung eines durch das Stiftungsgeschäft festgelegten Zwecks geschaffene und mit einem dafür dauerhaft gewidmeten Vermögen ausgestattete mitgliederlose Organisation …, die auf Dauer angelegt und durch die Einsetzung von Organen befähigt ist, im Rechtsverkehr aufzutreten und insbesondere Rechte zu erwerben und Pflichten einzugehen.“13 Auch dies ist freilich keine gesetzliche Definition, sondern soll lediglich die Anforderungen der §§ 80 f. BGB n. F. begründen. Welcher dieser Definitionen aus dogmatischer Sicht der Vorzug zu geben ist, wird sich im Verlaufe dieser Arbeit zeigen. Im Folgenden soll daher nur die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts von anderen Stiftungsarten abgegrenzt und ein Überblick über ihre vielfältigen Erscheinungsformen gegeben werden.14
___________ 8 9 10 11 12 13 14
MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 46. Staudinger/Coing, BGB12, Vor § 80 Rdnr. 1. S. auch BayObLG, StiftRspr. II, S. 95. Flume, jP, S. 131. Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 4, 8. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 10. S. hierzu auch Strickrodt, NJW 1962, 1480 ff.; ders., JZ 1964, 576 ff., sowie zuletzt Hof in: Bertelsmann Handbuch, S. 943, 947 ff.
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Erster Teil: Grundlagen
Von der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts zu unterscheiden sind einerseits die nicht rechtsfähige Stiftung und andererseits die öffentlichrechtliche und die kirchenrechtliche Stiftung. Unter einer nicht rechtsfähigen Stiftung versteht man die Vermögensübertragung an eine natürliche oder juristische Person mit der Maßgabe, das zugewendete Vermögen als ein von dem übrigen Vermögen des Empfängers wirtschaftlich getrenntes Sondervermögen zu verwalten und für bestimmte Zwecke zu verwenden.15 Die öffentlich-rechtliche Stiftung (vgl. § 89 BGB) unterscheidet sich von der privatrechtlichen Stiftung dadurch, dass sie durch Gesetz oder Verwaltungsakt errichtet wurde und/oder in das System der staatlichen Verwaltung eingegliedert ist und öffentliche Aufgaben wahrnimmt.16 Mit der öffentlichrechtlichen Stiftung nicht zu verwechseln ist die sog. öffentliche Stiftung wie sie manche Landesstiftungsgesetze definieren.17 Hierbei handelt es sich nicht notwendig um Stiftungen des öffentlichen Rechts. Vielmehr fallen auch Stiftungen des bürgerlichen Rechts unter diese Definition, soweit sie nicht ausschließlich private, sondern überwiegend gemeinnützige Zwecke verfolgen. Auch die Stiftung kirchlichen Rechts ist rechtsfähig. Sie entsteht jedoch im Rahmen der den Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV zugesicherten Organisationsgewalt zur Regelung innerkirchlicher Angelegenheiten.18 Im Unterschied zur Stiftung des Kirchenrechts handelt es sich bei kirchlichen Stiftungen um rechtsfähige oder nicht rechtsfähige Stiftungen des öffentlichen oder bürgerlichen Rechts, die in die kirchliche Organisation eingebunden sind und typischerweise ___________ 15 Vgl. § 28 SaStiftG, 28 SAStiftG, 28 ThStiftG; die rechtliche Einordnung (Auflagenschenkung, Treuhand und/oder „fiduziarische“ bzw. „virtuelle“ Person) ist streitig und ungeklärt, näher MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 84 ff.: ders., FS Hadding, S. 231, 240 ff.; K. Schmidt in: Stiftungsrecht in Europa, S. 175 ff.; Koos, Fiduziarische Person, 2004; Westebbe, Stiftungstreuhand, 1993; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 36; Wochner, ZEV 1999, 125 ff., jew. m. w. Nw. Von der nicht rechtsfähigen Stiftung zu unterscheiden ist wiederum das Sammelvermögen (vgl. § 1914 BGB), s. Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 13. 16 Vgl. Art. 1 Abs. 2 BayStiftG, §§ 17 ff. BWStiftG, 2 Abs. 4 RPStiftG, 2 HeStiftG, 24 SaStiftG, 24 SAStiftG, 24 ThStiftG; aus der Rspr.: BVerfG, StiftRspr. I, S. 97 ff.; BGH, StiftRspr. II, S. 124 ff.; OVG Berlin, StiftRspr. I, S. 47; OLG Celle, StiftRspr. I, S. 55, 57; BayVGH, StiftRspr. I, S. 90; aus der Lit.: Dewald, Instrument, S. 24 ff.; Andrick, Staatsaufsicht, S. 41 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 54 ff.; Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 14 f.; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 21; Kilian, ZSt 2003, 179 ff.; Schröder in: Instrumentalisierung, S. 117 ff. 17 Art. 1 Abs. 3 BayStiftG, § 2 Abs. 2 HbgStiftG, 3 Abs. 3 RPStiftG. 18 Vgl. BVerfGE 46, 73; näher zu kirchenrechtlichen Stiftungen Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 46 f. m. w. Nw.
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§ 2 Begriff, Merkmale und Erscheinungsformen
kirchlichen oder karitativen Zwecken dienen.19 Bei einer bejahrten Stiftung kann insofern durch den Lauf der Geschichte insbesondere die Abgrenzung zur kommunalen Stiftung problematisch sein20. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass ihr Zweck im Aufgabenbereich einer kommunalen Körperschaft liegt und sie von dieser Körperschaft verwaltet wird, und zwar weitgehend nach Vorschriften des Kommunalrechts.21 Bei den Arten der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts wird nach dem Stiftungszweck, dem Gegenstand der Stiftungstätigkeit und nach dem Grundstockvermögen22 differenziert. Hinsichtlich des Stiftungszwecks ist die gemeinnützige von der privatnützigen Stiftung zu unterscheiden. Der Terminus gemeinnützig ist der Abgabenordnung (§§ 51 ff. AO) entnommen und bezeichnet als untechnischen Oberbegriff die Verfolgung von steuerbegünstigten, d. h. mildtätigen (§ 53 AO), kirchlichen (§ 54 AO) und im engeren Sinne gemeinnützigen (§ 52 AO) Zwecken. Vorliegend wird er noch weiter verstanden und umfasst alle Zwecke, die der Allgemeinheit zugute kommen sollen. Dementsprechend wird als privatnützig eine Stiftung bezeichnet, bei der nur ein beschränkter Personenkreis begünstigt ist.23 Hauptfall der privatnützigen Stiftung ist die sog. Familienstiftung. Hierunter versteht man Stiftungen, die ganz oder überwiegend dem Wohle einer oder mehrerer Familien zu dienen bestimmt sind.24 ___________ 19 Vgl. Art. 29 BayStiftG, §§ 22 BWStiftG, 2 Abs. 1 BbgStiftG, 16 Abs. 1 BreStiftG, 2 Abs. 3 HbgStiftG, 20 Abs. 1 HeStiftG, 26 MVStiftG, 20 NdsStiftG, 13 NRWStiftG, 3 Abs. 6 RPStiftG, 19 Abs. 1 SaarStiftG, 26 SaStiftG, 26 SAStiftG, 18 Abs. 1 SHStiftG, 26 ThStiftG; Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 55. 20 Zu den Schwierigkeiten der Feststellung des Rechtscharakters von bejahrten Stiftungen s. etwa LVwG Hannover, StiftRspr. I, S. 13 ff.; OLG Celle, StiftRspr. I, S. 55 ff.; auch BayVGH, StiftRspr. I, S. 63 f. S. ferner den nicht enden wollenden Streit um die Stiftung Bischoff: OVG Münster, DÖV 1985, 983 ff. m. Anm. Neuhoff; BVerwG, NWVBl 194, 388 ff.; BFHE 201, 297 f.; OVG Münster, DVBl. 2004, 1500, und dazu Neuhoff, DÖV 204, 289 ff., und Andrick, ZSt 2004, 191 ff. Erforderlich ist stets eine eingehende historische Betrachtung. 21 Vgl. Art. 28 BayStiftG, §§ 31 BWStiftG, 3 BbgStiftG, 18 HeStiftG, 25 Abs. 1 MVStiftG, 19 Abs. 1 NdsStiftG, 3 Abs. 5 RPStiftG, 20 Abs. 1 SaarStiftG, 25 Abs. 1 SaStiftG, 25 Abs. 1 SAStiftG, 17 SHStiftG, 25 Abs. 1 ThStiftG; s. ferner Seifart/ v. Campenhausen, Handbuch, § 2 Rdnr. 9. 22 Zur Definition der Begriffe Grundstockvermögen, Stiftungsvermögen und Stiftungskapital s. u. § 17 nach Fn. 3. 23 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 51; Staudinger/Rawert Vor § 80 Rdnr. 10, ausf. Dewald, Instrument, S. 41 ff. 24 §§ 10 Abs. 1 BlnStiftG, 2 Abs. 2 BbgStiftG, 17 S. 1 BreStiftG, 2 Abs. 1 HbgStiftG, 21 Abs. 1 HeStiftG, 27 Abs. 1 MVStiftG, 3 Abs. 2 RPStiftG, 10 Abs. 3 SaarStiftG, 19 S. 1 SHStiftG.
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Erster Teil: Grundlagen
Hinsichtlich des Gegenstands der Stiftungstätigkeit unterscheidet man operativ tätige Stiftungen und Förderstiftungen.25 Operative Stiftungen sind solche, die eigene Programme und Initiativen durchführen, deren Tätigkeit also unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung dient. Zu ihnen zählen auch die Anstaltsstiftungen. Förderstiftungen schütten hingegen ihre Einkünfte und Erträge an zu fördernde Personen oder Institutionen aus. Die Unterscheidung zwischen Anstalts-, Kapital-, Einkommens- und Unternehmensstiftungen betrifft das Grundstockvermögen. Merkmal der Anstaltsstiftung (auch als Trägerstiftung bezeichnet) ist, dass sie ihr Vermögen, das regelmäßig in der Hauptsache aus Gebäuden mit vorgegebener Nutzungsart (z. B. Krankenhaus, Altersheim) besteht, unmittelbar zur Verwirklichung ihres Stiftungszwecks einsetzt. Sie unterscheiden sich damit von der Förderstiftung, die ihren Zweck durch Einsatz ihrer Erträge verfolgt. Hauptbeispiel hierfür ist die Kapitalstiftung (auch Hauptgeldstiftung genannt), die ihr Vermögen zur Erzielung von Erträgen verwendet, die sodann der Realisierung des Stiftungszwecks dienen. Einkommensstiftungen sind demgegenüber auf Drittmittel, insbesondere auf laufende Zuweisungen seitens des Stifters angewiesen. Eine Sonderform sind sog. Sammelstiftungen, die sich, wie der Name sagt, aus Sammlungen finanzieren. Dergleichen ist stiftungsrechtlich problematisch.26 Als Mischform zwischen einer Anstalts- und Kapitalstiftung kann man die Unternehmensstiftung auffassen.27 Hierunter sind solche Stiftungen zu verstehen, die mit einem Wirtschaftsunternehmen verbunden sind. Diese Verbindung kann darin bestehen, dass die Stiftung entweder selbst unmittelbare Trägerin des Unternehmens ist oder dass sie an einem Unternehmensträger beteiligt ist. Im Blick hierauf wird zum Teil in Anschluss an den Bericht der Studienkommission des Deutschen Juristentages zur Reform des Stiftungsrechts von unmittelbarer und mittelbarer Unternehmensträgerstiftung gesprochen.28 Der Begriff mittelbare Unternehmensträgerschaft erscheint jedoch wenig glücklich; denn zum einen suggeriert er einen Einfluss auf das Unternehmen, der durchaus nicht immer gegeben ist. Und zum anderen und vor allem vermittelt das Halten einer Beteiligung an einem Unternehmensträger gerade nicht (oder doch nicht ohne weiteres) die Zuordnung der zu dem Unternehmen gehörigen Rechte und Pflichten.29 In der vorliegenden ___________ 25 26 27 28
Eingehend Graf Strachwitz in: Bertelsmann Handbuch, S. 673 ff. S. u. § 6 B.II.2. Vgl. Kronke, Stiftungstypus, S. 106 m. w. Nw. DJT, Studienkommission, S. 42. Ebenso etwa BMJ, Unternehmensrechtskommission, Rnr. 933. 29 Zum Begriff des Unternehmensträgers s. K. Schmidt, HR, S. 78 ff., 88 ff.
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§ 2 Begriff, Merkmale und Erscheinungsformen
Arbeit soll daher nur dann von Unternehmensträgerstiftung gesprochen werden, wenn die Stiftung das Unternehmen selbst betreibt. Hält die Stiftung dagegen maßgebliche Anteile an einem oder mehreren (anderen) Unternehmensträgern, so wird sie hier als Beteiligungsträgerstiftung bezeichnet. Ist sie überdies in der Lage, auf die Unternehmensträger beherrschenden Einfluss i. S. d. § 17 AktG auszuüben, so wird von einer Holdingstiftung die Rede sein. Hinzuweisen ist zudem auf zwei besondere Konstruktionen von Unternehmensstiftungen, die auch als Funktionsstiftungen bezeichnet werden: Seit den 80er Jahren erfreut sich in der Beratungspraxis die Stiftung & Co. wachsender Beliebtheit. Hier handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft mit einer Stiftung als Komplementärin, die die Funktion der Unternehmensleitung wahrnimmt. Die Anerkennungsfähigkeit dieser Grundtypenvermischung ist allerdings umstritten.30 Bei der Doppelstiftung handelt es sich um die Kombination einer gemeinnützigen Beteiligungsträgerstiftung, bei der das Kapital, mit einer privatnützigen Holdingstiftung (Funktionsstiftung), bei der die Stimmrechte konzentriert sind, wobei anstelle letzterer auch ein Verband, insbesondere eine sog. Stiftungskörperschaft, als Ersatzform der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts treten kann. Stiftungskörperschaften sind in der Regel rechtsfähige Idealvereine oder Gesellschaften mbH, bei denen versucht wird, im Wege der Satzungsgestaltung eine stabile Zweckbindung des Körperschaftsvermögens zu erreichen.31 Zuletzt sei noch auf die neuen Formen sog. Stadt-, Gemeinschafts- und Bürgerstiftungen eingegangen. Alle drei sind rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts. Im Übrigen werden die Begriffe aber – nicht zuletzt von den Stiftern – noch ganz uneinheitlich gebraucht.32 So ist die Ulmer Bürgerstiftung eher eine Stadtstiftung33 und die Stadtstiftung Gütersloh eher eine Gemeinschaftsstiftung. Versucht man eine Systematisierung und juristisch sinnvolle Begriffsbildung, so haben Stadtstiftung und Bürgerstiftung gemeinsam, dass sie sehr breit angelegte, gemeinnützige Zwecke haben, die im Grunde nur geographisch auf eine bestimmte Region beschränkt sind. Es handelt sich um Sammelstiftungen, d. h. um Stiftungen, die um Zustiftungen und Spenden werben. Überdies wollen sie die Menschen in der Region zur Mitarbeit und Mitgestaltung anhalten. Der Unterschied besteht darin, dass ___________ 30 Näher zur Stiftung & Co. u. § 29 A.III. 31 S. u. § 29 B.IV.1. 32 S. auch die wenig weiterführende Auflistung der Merkmale einer Bürgerstiftung durch den Arbeitskreis Bürgerstiftung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. 33 Ebenso Pfeiffer in: Körber-Stiftung 1997/1998, S. 21, 26; Feurt in: Bertelsmann Handbuch1, S. 239, 263; Walkenhorst, ebd., S. 61, 84.
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Erster Teil: Grundlagen
die Stadtstiftung (zumindest zunächst) finanziell und (auf Dauer) organisatorisch von ihrer Stifterin, nämlich der Kommune selbst, abhängig ist. So gesehen handelt es sich lediglich um eine neue Art kommunaler Stiftung, die – wie kritisch zu bemerken ist34 – den Aufbau eines Schattenhaushalts erlaubt. Stifter einer Bürgerstiftung35 ist hingegen – typischerweise – eine größere Gruppe zumeist natürlicher Personen.36 Ihre Organisationsverfassung ist zum Teil derjenigen eines Vereins bzw. einer Aktiengesellschaft nachgebildet.37 Es gibt eine Stifterversammlung, dessen Mitglied wird, wer eine bestimmte Summe gestiftet hat. Die Stifterversammlung beschließt allein oder zusammen mit den anderen Organen über Grundlagenänderungen, die nach dem Wortlaut der Satzungen nur an das Erreichen bestimmter Quoren, nicht aber an das Vorliegen sachlicher Voraussetzungen geknüpft sind.38 Zudem wählt die Stifterversammlung den Stiftungsrat als Aufsichtsgremium. Und der Stiftungsrat wiederum wählt den Stiftungsvorstand als Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan. Über eine solche Organisationsverfassung verfügen bspw. die Bürgerstiftungen Bad Nauheim, Breuberg, Gempt, Hannover, Hildesheim, Isernhagen, Leipzig, Lörrach, Tecklenburger Land und Weimar. Gemeinschaftsstiftungen schließlich sollen sich dadurch auszeichnen, dass ihre Zwecksetzung enger gefasst ist als diejenige von Bürger- und Stadtstiftungen.39 Das ist indes kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Vielmehr sollte man als Gemeinschaftsstiftung solche Stiftungen bezeichnen, die durch ___________ 34 Pfeiffer, wie vor. 35 Zur Geschichte und Entwicklung von Bürgerstiftungen auch im internationalen Vergleich Sacks in: Handbuch Bürgerstiftung, S. 27 ff.; zur Entwicklung in Deutschland Walkenhorst, ebd., S. 61 ff.; zur Gründung, dem Aufbau und der Organisation Graf Strachwitz, ebd., S. 125 ff. 36 Neben solchen Bottom-up-Modellen finden sich freilich auch Top-down-Modelle, bei der es nur einen oder wenige Initiatoren gibt, die dann aber nicht wie bei einer Stadtoder Gemeinschaftsstiftung ihr Engagement organisatorisch absichern, sondern etwa durch Einrichtung eines sog. Matching Funds (jede gespendete Summe wird bis zur Erschöpfung des Funds verdoppelt) und die Gewährung von Mitverwaltungsrechten für weitere Stifter werben. 37 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 97, meint daher, es läge näher als Rechtsform einen (Bürger-)Verein anzunehmen. Tatsächlich dürfte der Grund für die Wahl der Stiftung als Rechtsform zum Teil im Steuerecht liegen, Reuter, ebd. 38 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 102, hält dies für mit dem Stiftungsrecht unvereinbar, darauf wird zurückzukommen sein, s. u. § 13 Fn. 40 sowie A.II. 39 So Schlüter/Wallenhorst in: Bertelsmann Bürgerstiftungen, S. 13, 17. Schmied in: Bertelsmann Handbuch, S. 227, 230 f., 237 ff., verwendet den Begriff als Oberbegriff (u. a.) auch für Bürger- und Stadtstiftungen; ähnlich Then/Timmer, ebd., S. 249 ff.
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§ 2 Begriff, Merkmale und Erscheinungsformen
mehrere Stifter errichtet werden, die sich sodann auf Dauer gemeinsam in der Stiftung engagieren. Ende 2004 gab es rund 13.000 rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts. Davon wurden 3.000 zwischen 2001 und 2004 sowie 4.300 zwischen 1990 und 2000 errichtet,40 was den enormen Aufschwung des Stiftungswesens eindrucksvoll belegt. Nach der Erhebung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe waren von den im Jahr 2000 bestehenden Stiftungen 2,25 % Unternehmensstiftungen, 5,61 % Familienstiftungen, 6,17 % kommunale Stiftungen und 7,1 % kirchliche Stiftungen.41 Rund 95 % der Stiftungen verfolgen gemeinnützige Zwecke.42 Doppelstiftungen und Stiftung & Co. KGen (ca. 100)43 sind selten. Und auch Bürgerstiftungen gibt es bisher „nur“ ca. 80 Stück.44
___________ 40 Vgl. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 13; Mecking in: Verzeichnis Deutscher Stiftungen, S. IX, X. 41 Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 13. 42 Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 38. 43 Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 13 Rdnr. 85. 44 Mecking in: Verzeichnis Deutscher Stiftungen, S. IX, XVII.
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§ 3 Die Gestaltungsfreiheit und ihre Grenzen Die Grenzen der Privatautonomie sind eines der zentralen Themen der Rechtswissenschaft. Das wird deutlich, wenn man bedenkt, dass jede zwingende Regel die Privatautonomie einschränkt.1 So gesehen ist die Geschichte der Privatautonomie die Geschichte ihrer Beschränkung.2 Dementsprechend unüberschaubar sind Rechtsprechung und Literatur zu Fragen der Schranken der Privatautonomie im Allgemeinen und zu den Grenzen der Gestaltungsfreiheit im Besonderen. Dabei beschränken sich die Überlegungen freilich nicht auf den Bestand des zwingenden Rechts; denn: „Je stärker die Wirtschaft zur Erreichung ihrer verschiedenen, oft vom Gesetzgeber nicht berücksichtigten (entweder nicht erkannten oder nicht gewollten) Ziele die Vertragsfreiheit bis zur äußersten Grenze in erfinderischem Reichtum auszunützen bestrebt war, um so mehr wurde die Frage akut, ob … [die] Gestaltungsfreiheit … nur ihre Grenze an zwingenden Normen … [findet]…“3. Im Mittelpunkt standen und stehen dabei die Fragen eines Typenzwangs (u. C.II.2.), einer Institutionenbildung bzw. -lehre (u. C.II.3.) sowie einer Angemessenheitskontrolle des Inhalts von Vertragsbestimmungen (u. C.II.1.).4 Allen diesen Forschungsschwerpunkten ist dabei gemeinsam, dass sie auch aus dem Bestand dispositiven Gesetzesrechts Leitbilder für die Rechtsfindung im Allgemeinen und für die Grenzen zulässiger Rechtsgestaltung im Besonderen zu gewinnen versuchen. Während sich jedoch der Gedanke einer Typengesetzlichkeit nicht durchsetzen konnte, erfuhr der Gedanke einer Angemessenheitskontrolle bei gestörter Vertragsparität zunächst gerichtliche5 und literarische6 und sodann insbesondere mit dem AGB-Gesetz von 1977 (heute §§ 305 ff. BGB) gesetzliche sowie mit der AGB-Richtlinie von 19937 europaweite Anerkennung. Zudem blieb er nicht auf das Verbraucher-, Miet- und Arbeitsrecht beschränkt, sondern dehnte sich auch auf das Gesellschaftsrecht8 und andere Zivilrechtsge___________ 1 Das gilt jedenfalls insoweit, als die Normen nicht ausschließlich freiheitsgewährenden Charakter haben, s. u. B.II. 2 Leisner, Grundrechte, S. 323 f. 3 Schultze-v. Lasaulx, ZfgG 21 (1971), 325. 4 Zur Entwicklung vgl. etwa Limbach, JuS 1985, 10; Hönn, JuS 1990, 953; Rittner, AcP 188 (1988), 101. 5 Zusammenfassend RGZ 143, 24, 28; sodann etwa BGHZ 22, 90, 97 ff. 6 Grundlegend L. Raiser, Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 1935. 7 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, Abl. EG Nr. L 95, S. 29. 8 S. etwa BGHZ 64, 238; BGH, ZIP 2001, 243, sowie K. Schmidt, GR, 121 ff. m. w. Nw. und Beispielen.
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§ 3 Die Gestaltungsfreiheit und ihre Grenzen
biete9 aus. Nachdem eine Angemessenheitskontrolle überdies den wohl intensivsten Eingriff in die Gestaltungsfreiheit darstellt, nimmt es nicht Wunder, dass in jüngerer Zeit verstärkt Kritik an einem derartigen „Rechtspaternalismus“ geübt und gefragt wird, wo denn die verfassungsrechtlichen Grenzen der Grenzen der Privatautonomie liegen.10 Im Stiftungsrecht haben namentlich durch Reuter11 und seinen Schüler Rawert12 Institutionenlehren Eingang in die Diskussion gefunden. Dabei decken sich ihre Überlegungen im Ergebnis teilweise mit den bereits angesprochenen, verbreiteten Vorstellungen über den Typus Stiftung, der als ihr „Wesen“ vielfach, und zwar auch von der Rechtsprechung13, zur Begründung von Einschränkungen der Privatautonomie herangezogen wird. Im Folgenden werden zunächst die Begriffe Privat-, Verbands-, Stiftungsund Satzungsautonomie sowie Vertrags-, Gestaltungs- und Stifterfreiheit erläutert. Sodann sind der Geltungsgrund, Implikationen und die verfassungsrechtliche Verankerung der Privatautonomie im Allgemeinen und der Stifterfreiheit im Besonderen darzulegen. Schließlich wird aufgezeigt, welche abstrakt-generellen Grenzen der Gestaltungsfreiheit gezogen sind.
A. Privat-, Verbands-, Stiftungs- und Satzungsautonomie, Vertrags-, Gestaltungs- und Stifterfreiheit Die Privatautonomie ist wesentlicher Teil des Selbstbestimmungsrechts des Menschen. Sie verbürgt die „Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben“14. Sie gewährt dem Einzelnen damit einerseits die Befugnis, die eigenen Angelegenheiten selbst, nach eigenem Willen – gleichsam in „Selbstgerechtigkeit“ – rechtlich zu gestalten15 und schützt ihn andererseits vor ___________ 9 S. bspw. BVerfGE 89, 214 (Bürgschaft); 103, 89 (Ehevertrag). 10 S. Enderlein, Rechtspaternalismus und Vertragsrecht, S. 1996; ferner Hillgruber, Der Schutz des Menschen vor sich selbst, S. 1992; Höfling, Vertragsfreiheit: eine grundrechtsdogmatische Studie, S. 1991; Singer, JZ 1995, 1133; zuvor schon aus zivilrechtlicher Sicht Lieb, AcP 178 (1978), 196; ders., AcP 183 (1983), 327, 364; Zöllner, AcP 176 (1976), 221; ders., AcP 188 (1988), 85, 92 ff.; ders., AcP 196 (1996), 1; ferner Lorenz, Schutz, S. 22 ff. 11 S. Perpetuierung, passim; ders., FS Mestmäcker, S. 271 ff.; ders. in MünchKomm, BGB, insbes. §§ 80, 81 Rdnr. 73–96. 12 S. Genehmigungsfähigkeit, passim; ders. in Staudinger, BGB, insbes. Vor § 80 Rdnr. 82–136. 13 Etwa BGH, StiftRspr. IV, S. 58, 60, 62. 14 BVerfGE 89, 214, 231. 15 Statt anderer Flume, RG, S. 1, 6, der von Handeln in „Selbstherrlichkeit“ spricht.
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einer unerwünschten Fremdbestimmung.16 Die Verbandsautonomie betrifft dementsprechend die Selbstbestimmung von Verbänden,17 die Stiftungsautonomie die Selbstbestimmung von Stiftungen im Rechtsleben. Ebenso wie die Privatautonomie schützen die Verbandsautonomie den Verband bzw. die Stiftungsautonomie die Stiftung vor einer unerwünschten Fremdbestimmung. Anders als bei natürlichen Personen geht es dabei freilich nicht nur um die Freiheit der Gestaltung der Rechtsbeziehungen des Verbandes oder der Stiftung nach außen (Außenautonomie), sondern vor allem auch um die Freiheit der Regelung ihrer inneren Angelegenheiten (Binnenautonomie), insbesondere um die Freiheit zur Gestaltung und Änderung der Verbands- bzw. Stiftungsverfassung, also um die sog. Satzungsautonomie. Inwieweit der Stiftung Satzungsautonomie zukommt oder eingeräumt werden kann, ist allerdings angesichts der Gebundenheit ihrer Organe an den Stifterwillen und angesichts der Stiftungsaufsicht als dessen Hüterin zweifelhaft und wird in dieser Arbeit eingehend untersucht.18 Vielfach wird der Begriff der Stiftungsautonomie daher nur als Freiheit der Stiftung vor Einflussnahmen Dritter verstanden. Auch darauf wird zurückzukommen sein.19 Bereits hier lässt sich jedoch die Besonderheit feststellen, dass die Stiftungsautonomie, und zwar sowohl ihre Außen- als auch ihre Binnenautonomie, zur Disposition des Stifters steht: Insbesondere kann er einerseits die Vertretungsmacht des Stiftungsvorstandes in der Satzung beschränken20, andererseits Satzungsänderungen erleichtern oder erschweren21. Beides ist im Grundsatz unstreitig. Zweifelhaft ist lediglich das Ausmaß dieser Möglichkeiten. Betrachtet man die Satzungsautonomie nicht aus Sicht des Verbandes, sondern aus Sicht seiner Mitglieder, so steht deren Vertragsfreiheit in Frage. Die Vertragsfreiheit ist wichtigster Teil der Privatautonomie, weswegen beide Begriffe nicht selten synonym verwandt werden. Sie umfasst die Freiheit zum Abschluss, zur inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung und Beendigung sowie die Formfreiheit von Verträgen.22 Die Abschlussfreiheit überlässt es dabei den Parteien, ob und mit wem sie einen Vertrag schließen; die Gestaltungsfreiheit erlaubt ihnen, die Vertragsbedingungen inhaltlich nach ___________ 16 Zur semantischen Kritik an dem Begriff der Privatautonomie aus jüngster Zeit Muscheler, ZSt 2003, 67, 75. 17 Näher u. § 13 A.II.2.d. 18 U. § 13. 19 Ebenfalls u. § 13 A.II.2.d. 20 S. u. § 10 B.III. 21 S. u. § 13 A.II. 22 Statt anderer H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 24; Höfling, Vertragsfreiheit, S. 3 f. Fn. 18, jew. m. w. Nw.
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ihrem Gutdünken festzulegen; die Änderungs- und Beendigungsfreiheit ermöglicht es ihnen, den Vertrag jederzeit beliebig zu ändern oder aufzuheben; und die Formfreiheit gestattet den Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Verträgen ohne Einhaltung irgendwelcher „Formalien“, d. h. insbesondere nicht nur mündlich, sondern auch konkludent.23 Dabei nimmt die Gestaltungsfreiheit in der Diskussion einen derart breiten Raum ein, dass sie zuweilen praktisch mit der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit gleichgesetzt wird – und in einem solchen weiteren Sinne ist auch der Titel dieser Arbeit zu verstehen. Zu beachten ist allerdings, dass die verschiedenen aus der Privatautonomie und Vertragsfreiheit fließenden Freiheiten jeweils eigenen Grenzen unterliegen können. Als Stifterfreiheit lässt sich dementsprechend die Freiheit des Stifters zum Abschluss, zur inhaltlichen Ausgestaltung, zur Änderung und Aufhebung des Stiftungsgeschäfts einschließlich der (von dem Stiftungsgeschäft regelmäßig umfassten) Stiftungssatzung verstehen.24 Die so verstandene Stifterfreiheit endet freilich – zumindest nach herrschender Meinung – mit der Anerkennung der Stiftung. Von da an stellt sich die Frage der Stiftungsautonomie, insbesondere ihrer Satzungsautonomie. Dementsprechend untersucht diese Arbeit in erster Linie die Freiheit des Stifters zur Ausgestaltung von Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung in ihrer ursprünglichen Gestalt, in der sie Grundlage der Stiftungsgenehmigung ist. Zentrale Frage dieser Untersuchung ist jedoch auch, ob und inwieweit sich der Stifter das Recht vorbehalten oder Dritten einräumen kann, die Verfassung der Stiftung zu ändern, sie aufzuheben oder ihr auf andere Weise mehr Autonomie als nach der gesetzlichen Regelverfassung zu gewähren.
B. Privatautonomie und Stifterfreiheit im Rahmen der Rechtsordnung I. Geltungsgrund und Implikationen 1. Das BGB setzt das Bestehen von Privatautonomie voraus. Gleichwohl handelt es sich bei der Privatautonomie anders als bei der allgemeinen Handlungsfreiheit und dem Selbstbestimmungsrecht, dessen Ausfluss sie ist, nicht um ein apriorisches Naturrecht. Vielmehr bedarf sie zu ihrer Entfal___________ 23 Vgl. etwa Soergel/Wolf, BGB, Vor § 145 Rdnr. 19. 24 Statt anderer Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 12; s. auch Muscheler, ZSt 2003, 67, 75 f. Bydlinski, Privatautonomie, S. 142, bezeichnet dies als „Stiftungsfreiheit“.
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tung einer Rechtsordnung. Ohne Rechtsordnung kann es keine Privatautonomie geben.25 Eine Rechtsordnung ohne jede Privatautonomie ist allerdings ebenfalls kaum vorstellbar. Zwar kann einzelnen Rechtsgenossen Privatautonomie ganz oder weitgehend vorenthalten werden (z. B. Geisteskranken, Minderjährigen oder Leibeigenen). Auch ist es denkbar, bestimmte Angelegenheiten (z. B. den Grundstücksverkehr, das unternehmerische Handeln) einer privatautonomen Gestaltung zu entziehen. Eine totale Fremdbestimmung aller Rechtsgenossen in allen Angelegenheiten stößt jedoch mit deren Zahl schnell an die Grenze des Möglichen. Die Privatautonomie ist freilich nicht lediglich eine bloße Technik zur Regelung der Angelegenheiten des Einzelnen.26 Vielmehr ist sie, wie gesagt, Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts des Menschen und damit zugleich wesentlicher Ausdruck einer freiheitlichen Rechtsordnung sowie einer freiheitlichen, auf Wettbewerb gründenden Wirtschaftsordnung.27 Die Freiheit des Einzelnen, sein Selbstbestimmungsrecht ist somit Geltungsgrund der Privatautonomie – und zugleich eine ihr immanente und ihre wichtigste Schranke. 2. Denn das Selbstbestimmungsrecht umfasst nicht nur das Recht, selbst zu bestimmen, sondern schützt den Einzelnen auch umgekehrt vor einer unerwünschten Fremdbestimmung. Dementsprechend beinhaltet die Privatautonomie lediglich die Befugnis, die eigenen, nicht aber fremde Angelegenheiten zu regeln. Allerdings betreffen die meisten Rechtsgeschäfte zwei oder mehr Parteien. Soweit durch ein Rechtsgeschäft nicht nur die Verhältnisse des Handelnden, sondern auch die Verhältnisse anderer verbindlich geregelt werden sollen, bedarf es daher grundsätzlich deren Mitwirkung, sei es im Rahmen eines Vertragsschlusses, sei es durch deren (konkludente) Zustimmung.28 Dieses sog. Konsensprinzip ist also unmittelbare Folge des Selbstbestimmungsrechts, nämlich des der „anderen“. Zugleich fördert und verdeutlicht es, was in erster Linie Aufgabe und Ziel einer auf Selbstbestimmung gründenden Privatrechtsordnung ist, nämlich nicht die Herstellung ethischer Ge___________ 25 H. M., statt anderer BVerfGE 50, 290, 354; 89, 214, 231; Flume, RG, S. 1 ff., 17 ff.; Höfling, Vertragsfreiheit, S. 20 ff. m. w. Nw.; anders Stern, VerwArch. Bd. 49 (1958), 106, 122 f. sowie Larenz, AT, S. 40 f. in Konsequenz seiner Lehre vom konkret allgemeinen Begriff – dazu u. bei Fn. 151. 26 In diesem Sinne aber Reuter, Perpetuierung, S. 35. 27 Statt anderer M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 19; Lorenz, Schutz, S. 15, jew. m. w. Nw. auch zur Gegenansicht. 28 Statt anderer Flume, RG, S. 7 f.
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rechtigkeit, objektiver Angemessenheit oder Gemeinwohlkonformität,29 sondern die Schaffung einer interessengerechten Ordnung der individualen Rechtsverhältnisse durch Ausgleich der miteinander konkurrierenden Interessen; denn das Selbstbestimmungsrecht gestattet es jedermann, primär seine eigenen Individualinteressen zu fördern, zu wahren und mit Hilfe des Rechts durchzusetzen. Das Bemühen des Privatrechts um eine „ausgleichende Gerechtigkeit“30 in diesem Sinne kommt nicht nur im Konsensprinzip zum Ausdruck. Es lässt sich auch an vielen anderen Stellen des Gesetzes, nicht zuletzt im Bereich des dispositiven Rechts, nachweisen. Dabei zeigt das dispositive Recht nicht nur, was das Gesetz unter Zugrundelegung einer typisierten Interessenlage als objektiv interessengerechte Regelung ansieht. Indem es dem Parteiwillen den Vorrang einräumt, bringt es vor allem zum Ausdruck, von welcher Regelung es vorrangig vermutet, dass sie interessengerecht ist, nämlich die von den Parteien gewollte. Anders gewendet geht das Gesetz davon aus, dass es mit privatautonomen Entscheidungen „seine Richtigkeit hat“. Selbstbestimmten Entscheidungen wohnt demzufolge eine (gesetzliche!) Richtigkeitsvermutung inne.31 Vermutet32 wird dabei freilich richtigerweise ___________ 29 Vgl. Flume, RG, S. 7 f.; Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 37; auch BGHZ 16, 4, 8. 30 Statt anderer Larenz, AT, S. 45 ff.; Singer, Selbstbestimmung, S. 39 ff. m. w. Nw. 31 Grundlegend Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 ff.; ders., FS Nipperdey, S. 1 ff.; ders., FS L. Raiser, S. 1 ff. Sein Gedanke hat im Wesentlichen weithin Anerkennung erfahren, statt vieler Reinhardt, FS Schmidt-Rimpler, S. 115, 116; Brox, JZ 1966, 762; Lieb, AcP 178 (1978), 196, 206; Rittner, AcP 188 (1988), 101, 128, 133; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 25 f.; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 47 ff.; ders., AcP 189 (1989), 403, 406 ff.; Larenz, AT, S. 45 ff.; K. Schmidt, GR, S. 121 f.; MünchKomm/Säcker, BGB, Einl. Rdnr. 30 f.; MünchKomm/Kramer, BGB, Vor § 145 Rdnr. 2 f.; (mehr oder weniger) modifizierend M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S 67 ff.; Hönn, Vertragsparität, S. 88 ff.; Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 51 ff.; Singer, Selbstbestimmung, S. 39 ff.; kritisch insbesondere Flume, RG, S. 7 f.; L. Raiser, FS 100 Jahre DJT Bd. I, S. 101, 129 ff.; Canaris, FS Lerche, S. 873, 882 ff. sowie in Anschluss an ihn Lorenz, Schutz, S. 25 ff. 32 Schmidt-Rimpler spricht von „Richtigkeitsgewähr“, meint hiermit aber eine „Richtigkeitswahrscheinlichkeit“, ders., FS L. Raiser, S. 1, 12. M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 73 f., schwächt diesen Begriff weiter zu einer bloßen „Richtigkeitschance“ ab. Canaris, FS Lerche, S. 873, 883 f., schließlich meint, der Vertragsmechanismus biete lediglich „eine Gewähr dafür, daß das Ergebnis den Anforderungen ausgleichender Gerechtigkeit nicht kraß widerspricht“. Diese Abschwächungen gehen jedoch allzu sehr von dem Ziel einer ethischen Gerechtigkeit aus, s. dazu Fn. 33. Zutreffend erscheint demgegenüber der Ausdruck „Richtigkeitsvermutung“, weil eben die Richtigkeit, d. h. die Interessengerechtigkeit, zwar nicht gewährleistet ist, wohl aber vom Gesetz vermutet wird und vermutet werden darf.
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gerade nicht die ethische Gerechtigkeit, objektive Angemessenheit oder Gemeinwohlkonformität33, sondern eben nur, dass ein Rechtsgeschäft den Interessen der an ihm Beteiligten entspricht. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass jeder seine Interessen selbst am besten kennt und zu wahren weiß. Geht man hiervon aus, so ist die Richtigkeitsvermutung für gewöhnlich allein schon aufgrund des Konsensprinzips gerechtfertigt; denn hierdurch wird sichergestellt, dass Rechtsgeschäfte, die mehr als eine Partei betreffen, auf dem übereinstimmenden Willen und somit auch auf einem Interessenausgleich aller Beteiligten beruhen.34 Der privatautonome Interessenausgleich ist freilich vielfältigen Störungen ausgesetzt. Insbesondere ist die Verhandlungsposition der Parteien oftmals ungleich.35 Hier setzt die Frage an, wie bei fehlender oder gestörter Vertragsparität ein angemessener Interessenausgleich hergestellt werden kann, damit die Privatautonomie nicht zur „Freiheit des freien Fuchses im freien Hühnerstall“ (Roger Garaudy) verkommt.36 Zudem sind Allgemeininteressen zu berücksichtigen. Weder das eine noch das andere darf jedoch in einen allgemeinen Gerechtigkeits- oder Gemeinwohlvorbehalt münden; denn das Selbstbestimmungsrecht wird um der Freiheit willen und nicht um der Gerechtigkeit, des Gemeinwohls oder irgendwelcher anderer Zwecke willen gewährleistet. Es korrespondiert mit dem Grundsatz der Eigenverantwortung.37 Daher ist es auch ein Gebot der Achtung vor der Würde des Menschen als selbstbestimmten und eigenverantwortlichem, kurz mündigen Bürger38, in gewissem Maße (Grenzen: §§ 134, 138, 242 BGB) auch ethisch ungerechte, objektiv unangemessene und gemeinwohlschädliche privatauto-
___________ 33 Das wird vielfach von den Kritikern verkannt. Allerdings umfasste der Richtigkeitsbegriff von Schmidt-Rimpler ursprünglich sowohl ethische Gerechtigkeit als auch Gemeinzweckmäßigkeit, s. AcP 147 (1941), 130, 132 f. Diese „Übertreibung“ ist jedoch vor dem Hintergrund zu sehen, dass seine Thesen „den Vertrag vor dem Zugriff des autoritären Staates“ bewahren sollten, FS L. Raiser, S. 3, 8. Ebenda S. 15, hat er dann auch seine These i. S. einer „bloßen“ Interessengerechtigkeit modifiziert. Hieraus erklärt sich auch der von Schmidt-Rimpler scheinbar unterschätzte Eigenwert der Privatautonomie, den manche Kritiker anmahnen. 34 Zutr. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130, 151 ff.; ders., FS L. Raiser, S. 1, 10 f. 35 Flume, RG, S. 10: „Es ist aber das ewige Dilemma der Privatautonomie, daß diese immer wieder durch ungleiche Machtverteilung in Frage gestellt wird.“ 36 S. hierzu auch BVerfGE 81, 242; 89, 214. 37 S. nur Flume, FS 100 Jahre DJT Bd. I, S. 135, 159 ff.; Bydlinski, Privatautonomie, S. 53 ff. 38 S. BVerfGE 49, 286, 298; ferner etwa Lieb, AcP 183 (1983), 364; Bunte, WM 1984, Sonderbeilage 1, S. 8, jew. m. w. Nw.
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nome Regelungen hinzunehmen;39 denn aus Sicht des Selbstimmungsrechts ist vollkommen gerecht, angemessen und zweckmäßig, kurz: „richtig“, was dem Willen der Parteien entspricht.40 „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich“. 3. Auf die Stifterfreiheit gewendet, bedeutet dies im Ausgangspunkt, dass – ähnlich wie bei der Testierfreiheit – grundsätzlich jedwede Regelung des Stifters als „richtig“ hinzunehmen ist; denn ebenso wie letztwillige Verfügungen ist das Stiftungsgeschäft regelmäßig ein einseitiges, begünstigendes Rechtsgeschäft, so dass die Privatautonomie mangels entgegenstehender Interessen Dritter „ungezügelt“41 zur Geltung kommen kann. Allerdings beinhaltet das Stiftungsgeschäft nicht nur eine Vermögensverfügung, sondern eben auch einen Organisationsakt. Geschaffen wird eine juristische Person, die am Rechtsverkehr teilnimmt, Ansprüche erwirbt und Verbindlichkeiten eingeht etc. Und insoweit berührt das Stiftungsgeschäft eben doch berechtigte Interessen Dritter sowie Allgemeininteressen. Erforderlich sind daher insbesondere Regelungen, die sicherstellen, dass die Stiftung verkehrstauglich ist.
II. Verfassungsrechtliche Verankerung 1. Anerkannt ist, dass die Privatautonomie verfassungsrechtlich geschützt ist, auch wenn sie im Grundgesetz anders als in Art. 152 WRV42 nicht mehr ausdrücklich garantiert wird. Unterschiede bestehen lediglich hinsichtlich der exakten normativen Verankerung. Während die Privatautonomie traditionell dem Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG zugeordnet wird,43 überwiegt heute eine differenziertere Betrachtungsweise. Danach ist Art. 2 Abs. 1 GG auch44 im Blick auf die Privatautonomie lediglich subsidiär anzuwenden, ___________ 39 S. etwa BGH, StiftRspr. III, S. 89, 95 ff.; auch BVerfGE 81, 242, 254: „Der Staat hat die im Rahmen der Privatautonomie getroffenen Regelungen grundsätzlich zu respektieren.“; ferner Canaris, FS Lerche, S. 873, 883 ff. sowie die o. in Fn. 10 zitierten Autoren. 40 Rittner, AcP 188 (1988), 101, 128 f., weist zu Recht darauf hin, dass das Recht einerseits ein viel zu „grobes Geschütz“ ist, um Einzelfallgerechtigkeit herzustellen, andererseits das Recht auf ein weithin ethisch richtiges Handeln vertrauen darf und muss. 41 Singer, Selbstbestimmung, S. 9. 42 S. ferner Art. 151 Abs. 2 S. 1 BayVerf; 52 Abs. 2 RPVerf; 44 SaarVerf. 43 Etwa BGH, StiftRspr. III, S. 89, 96; v. Münch/Kunig, GG, Art. 2 Rdnr. 29; Starck in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 2 Rdnr. 136; Lorenz, Schutz, S. 18 f., alle m. w. Nw. 44 Zur Subsidiarität des Art. 2 Abs. 1 GG im Allgemeinen statt anderer BVerfGE 30, 292, 336; 50, 290, 361 f.; 58, 358, 363.
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also soweit kein spezielles Freiheitsrecht eingreift45. Das entspricht wohl auch der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts.46 Ihr ist zuzustimmen. So ist etwa die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet und es leuchtet ein, gesellschaftsrechtliche Regelungen folglich in erster Linie an Art. 9 Abs. 1 GG und nicht an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen.47 2. Im Blick auf die Stifterfreiheit ist dementsprechend zu unterscheiden. Soweit der Stifter mit der Stiftungserrichtung von speziellen Freiheitsrechten (namentlich Art. 4 Abs. 1, 2 – Glaubensfreiheit –, Art. 5 Abs. 1, 3 – Presse-, Wissenschafts- und Kunstfreiheit –, Art. 6 Abs. 1 – Schutz von Ehe und Familie – sowie Art. 7 Abs. 4 GG – Privatschulfreiheit) Gebrauch macht, ist deren Schutzbereich eröffnet.48 Hierauf haben erstmals Strickrodt 49 und Frowein50 zu Recht51 hingewiesen.52 Das gilt freilich nur für die Zwecksetzung53, nicht aber für die Stiftungserrichtung selbst; denn das wäre nur dann anzunehmen, wenn die Stiftungserrichtung notwendige Bedingung zur Verwirklichung der genannten Freiheitsrechte wäre.54 Die von ihnen geschützten Zwecke können jedoch auch in anderen Rechtsformen (Verein, GmbH, ___________ 45 Dreier/Dreier, GG, Art. 2 Rdnr. 24; Schmidt/Bleibtreu/Klein, GG, Art. 2 Rdnr. 14; Papier in: Benda/Maihofer/Vogel, VerfR, § 18 Rdnr. 76; ausf. Höfling, Vertragsfreiheit, S. 6–19; Canaris, JZ 1987, 993, 994, alle m. w. Nw. 46 BVerfGE 8, 274, 328; 12, 341, 347; 70, 115, 123; allerdings bringt das Gericht diese Auffassung oft nicht zum Ausdruck, vgl. BVerfGE 65, 196, 210; 72, 155, 170; 73, 261, 270; 89, 214, 231. 47 Vgl. BVerfGE 50, 290, 353 ff., sowie aus der Literatur etwa Dürig in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rdnr. 11 a. E.; Wiedemann, ZGR Sonderheft 13, S. 5, 6, 9. 48 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 67 ff. 49 Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 59 ff. 50 Frowein, Grundrecht, S. 12 ff. 51 Dagegen jedoch insbes. Salzwedel, Gutachten 44. DJT, S. 67 ff. sowie zuletzt Sachs, FS Leisner, S. 955, 957 ff. 52 Zur Frage, ob auch Vorschriften der EMRK eingreifen Walz, ZSt 2004, 133 ff. m. w. Nw. 53 Ähnlich MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 29 (a. E.); a. A. Staudinger/ Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 42 in Verkennung der grundrechtlich eigenständigen Bedeutung der Zwecksetzung. Allerdings ist stets genau zu prüfen, ob der Schutzbereich der genannten speziellen Grundrechte eröffnet ist, ablehnend zu Art. 6 Abs. 1 GG im Blick auf Familienstiftungen Reuter, Perpetuierung, S. 107 f. mit Verweis auf BVerfGE 10, 59, 66. Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur sog. Erbersatzsteuer diese Frage nicht erörtert, vgl. BVerfGE, StiftRspr. III, S. 157 ff. 54 Vgl. BVerfGE 66, 116, 134. Walz, ZSt 2004, 133, 139 ff., meint daher, ein Grundrecht auf Stiftung bestünde nur insoweit, als Stiftungen „Zwecke verfolgen, deren generationenübergreifende Verwirklichung in der objektiven Werteordnung des Grundgesetzes angelegt und von ihr geschützt ist“ (ebd., S. 140).
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nichtrechtsfähige Stiftung) verfolgt werden.55 Zwar weisen diese Rechtsformen insbesondere hinsichtlich der Vermögensbindung nicht unerhebliche Nachteile gegenüber der Stiftung auf. Eine stiftungsmäßige Vermögensbindung ist jedoch zu ihrer Verwirklichung nicht unerlässlich. Ähnliche Überlegungen gelten im Blick auf die Eigentums- und Erbrechtsgarantie des Art. 14 GG. Die Vorschrift schützt u. a. die Verfügungsbefugnis unter Lebenden und von Todes wegen über die von ihr erfassten Vermögensgegenstände. Das in einem Stiftungsgeschäft regelmäßig enthaltene Zuwendungsversprechen fällt daher unter den Schutzbereich dieser Vorschrift.56 Bei der Stiftungserrichtung steht jedoch nicht die Vermögensverfügung, sondern der Organisationsakt im Vordergrund.57 Das ergibt sich allein schon daraus, dass der Organisationsakt Voraussetzung der Vermögensverfügung ist, §§ 82, 84 BGB. Zudem ist die Vermögensverfügung nur Mittel zum Zweck. Diesen Zweck zu verfolgen, würde der Stifter durch eine Versagung der Anerkennung der Stiftung aber ebenso wenig gehindert wie an der Möglichkeit, (hierzu) auf vielfältige andere Art und Weise unter Lebenden oder von Todes wegen über sein Vermögen zu verfügen. Anders gewendet: Im Falle einer Nicht-Anerkennung der Stiftung wird der Stifter nicht (oder jedenfalls nicht in erster Linie) an einer Verfügung über sein Vermögen, sondern an der Errichtung einer juristischen Person gehindert.58 Dementsprechend würde hierdurch nicht in seine Rechte aus Art. 14 GG, ___________ 55 Das verkennt Frowein, Grundrecht, S. 12 ff.; zutr. Ebersbach, AöR 104 (1979), 158; Schulte, Staat, S. 39 f.; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 42; Manssen, Privatrechtsgestaltung, S. 218. 56 A. A. im Blick auf Stiftungen, die keine sozialen Anliegen verfolgen MünchKomm/ Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 30, weil das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Gegeninteresse der Vermögensnachfolger, bei der Wahrnehmung ihrer Interessen nicht unverhältnismäßig bevormundet zu werden, zu berücksichtigen sei. Das überzeugt jedoch schon deswegen nicht, weil der Erblasser in den Grenzen des Pflichtteilrechts (vgl. BGH, NJW 2004, 1382 m. zust. Anm. Schiffer, NJW 2004, 1565) frei ist, über sein Vermögen zu verfügen. Anders gewendet: Auch das Vermögen einer Familienstiftung ist allein ihr Vermögen und nicht das Vermögen der begünstigten Familienmitglieder. Dementsprechend liegt in der Errichtung einer Familienstiftung entgegen der Ansicht Reuters auch keine überlange Nachlassbindung; zu diesem Aspekt s. u. § 5 C.II.2. 57 Das verkennen Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 86 ff.; Ipsen in: Entwicklungstendenzen, S. 150, 152 ff.; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 44; Schulte, Staat, S. 41 ff. 58 Ähnlich Manssen, Privatrechtsgestaltung, S. 219; gleichfalls ablehnend Salzwedel, Gutachten 44. DJT, S. 68; s. auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 85.
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sondern in seine von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit eingegriffen. Auch Art. 9 Abs. 1 GG greift hinsichtlich des organisationsrechtlichen Teils des Stiftungsgeschäfts nicht ein; denn die Stiftung ist eben keine Personenvereinigung.59 Und selbst wenn die Stiftung korporativ strukturiert werden könnte, so dass sie materiell als Personenvereinigung anzusehen wäre, so stellt das Gesetz doch andere Rechtsformen bereit, um „Vereine und Gesellschaften zu bilden“. Für die Stiftungserrichtung selbst, also den Organisationsakt, greift daher kein spezielles Freiheitsrecht ein. Sie ist daher „lediglich“ durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.60 Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass diese Vorschrift nur das Recht auf freie Entfaltung und nicht auch auf „freie Verewigung der Persönlichkeit“ gewährleiste.61 Zwar ist es zutreffend, dass die Einrichtung der rechtsfähigen Stiftung nicht durch Art. 2 Abs. 1 GG geboten ist,62 dieses Institut also keinen Bestandsschutz genießt. Eine Abschaffung dieser Rechtsform wäre verfassungsrechtlich daher ebenso unbedenklich wie etwa ihre gesetzliche Beschränkung auf bestimmte Zwecke.63 Soweit das einfache Recht jedoch die freie Wahl und Ausgestaltung dieser Rechtsform zulässt, soweit ist die Nutzung dieser Möglichkeiten „ein verfassungsrechtlich geschützter Akt privatautonomer Lebensgestaltung“64. Dementsprechend hat der Stifter nunmehr gemäß § 80 Abs. 2 BGB n. F. bei Erfüllung der gesetzlichen Normativbestimmungen einen Anspruch auf Anerkennung der Stiftung.65 Das war freilich schon zuvor herrschende Lehre,66 wenn auch nicht vorherrschende Praxis67. Die grundrechtliche Verbürgung der Stifterfreiheit stützt sich also auf verschiedene Grundrechte. Gegen eine solche „Atomisierung“68 mag man Vorbehalte haben. Nichts anderes gilt jedoch für die Privatautonomie selbst. ___________ 59 Vgl. (mit Unterschieden) BVerwGE 106, 177, 179; OVG Münster, NVwZ 1996, 913 ff.; VG Düsseldorf, NVwZ 1994, 811, 813. 60 Im Blick auf den Organisationsakt ebenso Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 45. 61 So aber Salzwedel, Gutachten 44. DJT, S. 67, und in Anschluss an ihn Manssen, Privatrechtsgestaltung, S. 219; Sachs, FS Leisner, S. 955, 961; Andrick/Suerbaum, Stiftung und Aufsicht, § 5 Rdnr. 15 ff. 62 A. A. wohl MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 31 f. 63 Einschränkend Manssen, Privatrechtsgestaltung, S. 220. 64 Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 45. 65 Begr. RegE zu § 80, BT-Drs. 14/8765, S. 8. 66 S. o. § 1 Fn. 49. 67 S. o. § 1 Fn. 50–53. 68 Höfling, Vertragsfreiheit, S. 11.
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Und eine genaue Zuordnung, welches Freiheitsrecht jeweils in Anspruch genommen wird, ist nicht zuletzt im Blick auf den zulässigen Umfang von Eingriffen in diese Freiheiten von Bedeutung. 3. Nun ist hier nicht der Ort, die außerordentlich komplexe Frage zu beantworten, inwieweit Einschränkungen der Privatautonomie verfassungsrechtlich zulässig oder umgekehrt geboten sind. Aufgezeigt werden können vielmehr nur einige Grundlinien. a) Soweit nicht spezielle Grundrechte eingreifen, wird die Privatautonomie, wie gesagt, durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet. Sie wird daher insbesondere beschränkt durch die Rechte anderer und die verfassungsmäßige Ordnung. Die erste Schranke korrespondiert dabei mit der Begrenzung des Selbstbestimmungsrechts auf eigene Angelegenheiten und seiner spiegelbildlichen Schutzrichtung vor einer unerwünschten Fremdbestimmung. Die zweite Schranke entspricht der Überlegung, dass die Privatautonomie eine Rechtsordnung voraussetzt.69 b) Die verfassungsmäßige Ordnung umfasst bekanntlich die Gesamtheit aller verfassungsmäßigen Rechtssätze.70 Auf den ersten Blick führt das zu der Tautologie, dass eine Einschränkung der Privatautonomie dann verfassungsgemäß ist, wenn sie verfassungsgemäß ist. Man könnte daher einerseits daran denken, die Privatautonomie als Institutsgarantie71 mit der Folge zu begreifen, dass lediglich ein gewisser „Ordnungskern“72, bestimmte „Strukturprinzipien“73, ein „Grundbestand an Normen“74 bzw. ein „Kernbereich“75 grundgesetzlich geschützt ist. Die Folge wäre ein nur durch den „Wesensgehalt“ (Art. 19 Abs. 2 GG) der allgemeinen Handlungsfreiheit begrenzter Dispositionsfreiraum des Gesetzgebers.76 Andererseits würde es an der Sache vorbeigehen, wollte man jede zwingende zivilrechtliche Norm an dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot messen und fragen, ob sie ge___________ 69 Vgl. BVerfGE 89, 214, 231, 232. 70 St. Rspr. seit BVerfGE 6, 32, 37 f.; s. etwa BVerfGE 55, 159, 165; 63, 88, 108 f.; 90, 145, 172. 71 Ausf. dazu Stern, Staatsrecht III/1, § 68 („Einrichtungsgarantie“). 72 BVerfGE 10, 59, 66 (zu Art. 6 GG). 73 BVerfGE 53, 224, 245; 62, 323, 330 (zu Art. 6 GG). 74 BVerfGE 24, 367, 389; 58, 300, 339 (zu Art. 14 GG). 75 BVerfGE 1, 157, 175, 178; 22, 180, 205; 38, 258, 278; 59, 216, 226 (zu Art. 28 Abs. 2 GG); 8, 332, 343; 43, 242, 278; 52, 303, 335; 70, 69, 79 (zu Art. 33 Abs. 5 GG). 76 So im Ergebnis insbesondere Flume, RG, S. 17 ff. In der verfassungsrechtlichen Literatur wird allerdings die Wesensgehaltsgarantie teilweise mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gleichgesetzt. Das überzeugt jedoch nicht, s. Dreier/Dreier, GG, Art. 19 Abs. 2 Rdnr. 14 m. w. Nw. auch zur Gegenansicht.
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eignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne ist;77 denn Privatautonomie kann sich ja nur in einer Rechtsordnung verwirklichen. So zeigt sich denn bei näherem Hinsehen, dass viele zivilrechtliche Normen die Privatautonomie gar nicht beschränken, sondern überhaupt erst verwirklichen, indem sie Handlungen des Einzelnen mit bestimmten Rechtsfolgen versehen.78 Andere Normen wiederum schützen den Einzelnen vor einer unerwünschten Fremdbestimmung. Das bedeutet freilich nicht, dass alle zivilrechtlichen Normen freiheitsgewährenden oder -schützenden Charakter in diesem Sinne hätten und daher nicht an dem Übermaßverbot zu messen seien. Vielmehr dienen viele Regelungen etwa dem Verkehrs- oder Gläubigerschutz, also Zielen, die nicht oder jedenfalls nicht unmittelbar oder ausschließlich in den Gewährleistungs- und Schutzbereich der Privatautonomie fallen79. Dementsprechend ist zu unterscheiden: – Der Gesetzgeber kann den Bürgern mehr oder weniger Möglichkeiten, Rechtsgeschäfte vorzunehmen, eröffnen oder verschließen. So kann er neue Rechtsformen schaffen und andere abschaffen oder ihre Rahmenbedingungen neu bestimmen. Grenzen hierfür ergeben sich nur aus der Instituts- und Wesensgehaltsgarantie. – Soweit der Gesetzgeber die auf diese Weise definierten rechtsgeschäftlichen Freiräume jedoch wiederum einschränkt, müssen sich die Beschränkungen am Übermaßverbot messen lassen, d. h., sie müssen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Dabei kann er Einschränkungen der Privatautonomie allerdings immer schon dann vorsehen, wenn sie ihm aus „gesamtwirtschaftlichen und sozialen Gründen … zum Nutzen des allgemeinen Wohls geboten“ erscheinen.80 Zudem kommt dem Gesetzgeber aufgrund der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu.81
___________ 77 So die überwiegende Meinung im Verfassungsrecht, die den Rechtsvorbehalt des Art. 2 Abs. 1 GG im Ergebnis mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz identifiziert, vgl. etwa BVerfGE 90, 145, 172; v. Münch/Kunig, GG, Art. 2 Rdnr. 23; Starck in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 2 Abs. 1 Rdnr. 28 f.; s. ferner Dürig in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rdnr. 31 f.; Dreier/Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rdnr. 45 f. 78 S. zum Folgenden Höfling, Vertragsfreiheit, S. 34 ff. m. w. Nw. 79 Vgl. BVerfGE 89, 214, 232, wonach Einschränkungen der Privatautonomie bei gestörter Vertragsparität nicht nur aufgrund Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auch wegen des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG) geboten sind. 80 BVerfGE 8, 274, 329. 81 Vgl. BVerfGE 81, 242, 255; Papier in: Benda/Maihofer/Vogel, VerfR, § 18 Rdnr. 79 ff.
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Gleichwohl ist das Übermaßverbot keineswegs nur eine theoretische Schranken-Schranke.82 4. Grundrechtsschutz genießt gemäß Art. 19 Abs. 3 GG schließlich auch die Stiftung selbst.83 Dabei nimmt sie nicht nur an dem Grundrechtsschutz des Stifters teil (sog. „Durchgriffstheorie“)84, sondern ist selbst unmittelbar Trägerin der Grundrechte; denn Sinn und Zweck von Art. 19 Abs. 3 GG ist, „den zwar von Menschen konstitutierten, aber rechtlich verselbständigten überindividuellen Organisationseinheiten die von der Rechtsordnung ihnen selbst gewährten Betätigungsmöglichkeiten … verfassungsrechtlich abzusichern“84a. Und: „Gerade eine Stiftung, die als selbständige Einrichtung bei der Gestaltung von Gegenwart und Zukunft mitwirken soll, bedarf für die Betätigung im Rahmen dieser ihr vom Stifter gesetzten Aufgabe des Schutzes der Grundrechte gegen unberechtigte Eingriffe des Staates …, weil ihr nur so die Wahrung des dem Stifterwillen entsprechenden individuellen Charakters ermöglicht wird.“84b Auch die Stiftungsautonomie ist daher entsprechend den vorstehenden Leitlinien verfassungsrechtlich gewährleistet, woraus u. a. folgt, dass die Stiftungsaufsicht auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränkt ist. 5. Soweit vor diesem Hintergrund gegen einzelne stiftungsrechtliche Normen Bedenken bestehen, wird dies im jeweiligen Kontext aufgezeigt.
C. Grenzen der Gestaltungsfreiheit Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich in erster Linie aus dem zwingenden Recht (dazu I.). Unter bestimmten Voraussetzungen kann aber auch das dispositive Recht die Gestaltungsfreiheit eingrenzen (u. II.). Zu erörtern ist ferner, welche Bedeutung Institutionen und Rechtsprinzipien zukommen (III.). Sodann ist zu fragen, welche Voraussetzungen und Rechtsfolgen Gesetzesumgehung und Rechtsmissbrauch haben (IV.). Und schließlich ist auf die Bedeutung des numerus clausus der Rechtsformen einzugehen (V.).
___________ 82
Vgl. etwa BVerwGE, StiftRspr. II, S. 89 ff.; Flämig, WissR 1988, 103, 104; Canaris, JZ 1987, 993 ff. m. w. Nw. 83 BVerfGE 46, 73, 83; BVerwGE 40, 347, 348. 84 Vgl. BVerfGE 21, 362, 369; 61, 82, 101. 84a v. Mutius, VerwArch 65 (1974), S. 87, 90 (Hervorhebung von v. Mutius). 84b BVerwGE 40, 347, 348 f.
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I. Zwingendes Recht Systematisch kann man zwischen festen, fließenden und beweglichen Grenzen der Gestaltungsfreiheit differenzieren.85 1. Feste Grenzen der Gestaltungsfreiheit Normen, die der Gestaltungsfreiheit feste Grenzen ziehen, sind solche Geoder Verbote, die dem Rechtsanwender außer einem Auslegungsspielraum keinen eigenen Wertungs- oder (bei öffentlich-rechtlichen Normen) Beurteilungs- oder Ermessensspielraum einräumen. Es handelt sich daher um relativ starre Regelungen,86 die keine Anpassung an die Umstände des Einzelfalls erlauben. Beispiele sind etwa (§ 86 S. 1 i. V. m.) § 26 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 BGB, § 134 BGB oder auch § 23 Abs. 5 AktG. 2. Fließende Grenzen der Gestaltungsfreiheit87 Normen, die der Gestaltungsfreiheit fließende Grenzen ziehen, räumen dem Rechtsanwender dagegen umgekehrt einen eigenen Wertungs-, Beurteilungs- oder Ermessensspielraum ein. Prominenteste Beispiele für wertungsoffene Normen sind §§ 138 Abs. 188, 242 BGB, im Stiftungsrecht – möglicherweise89 – § 80 Abs. 2 BGB. Solchen Normen ist gemeinsam, dass ihre Anwendung regelmäßig eine einzelfallbezogene Sachverhaltsprüfung und Güterabwägung voraussetzt. Die hieraus folgenden Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind dementsprechend fließend wie der Übergang vom Tag zur Nacht. 3. Bewegliche Grenzen der Gestaltungsfreiheit Normen, die der Gestaltungsfreiheit bewegliche Grenzen ziehen, sind schließlich solche, die zwar grundsätzlich zwingend sind, unter bestimmten Voraussetzungen, in einem bestimmten Umfang oder im Einzelfall jedoch gleichwohl abbedungen werden können. Von dispositiven Normen unter___________ 85 Vgl. Fischer, Vertragsfreiheit, S. 53: „konkrete und abstrakte Schranken“; Zöllner, Schranken, S. 97 („starre und bewegliche Schranken“); H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 34: „feste und bewegliche Schranken“; Larenz/Wolf, AT, § 3 Rdnr. 115 ff.: „zwingende und halbzwingende Normen“. 86 Das bedeutet nicht, dass sie nicht u. U. Abschwächungen (z. B. durch eine restriktive Auslegung) zugänglich sind, s. Wiedemann, ZGR Sonderheft 13, S. 5, 11 ff. 87 Diese bezeichnet M. Fischer, Vertragsfreiheit, S. 53, als abstrakte, Zöllner, Schranken, S. 97, und H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 34, als bewegliche Schranken. 88 Kritisch zu einer ausufernden Anwendung dieser Norm, die Ausnahmecharakter behalten sollte Hey, Freie Gestaltung, S. 204 ff. 89 S. einerseits u. § 5 C.I.2. andererseits § 6 C.I.
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scheiden sie sich dadurch, dass sie eben nicht generell oder in jeder Hinsicht abdingbar sind. Larenz/Wolf 90 bezeichnen sie deshalb als „halbzwingend“. Gesellschaftsrechtliche Beispiele sind das Gleichbehandlungsgebot oder auch die Treupflicht, wobei das letztere Beispiel verdeutlicht, dass derart bewegliche Grenzen der Gestaltungsfreiheit auch fließend sein können. Im Stiftungsrecht kann man etwa § 87 BGB hierher zählen.91
II. Dispositives Recht Der Gedanke, aus dispositivem Recht Grenzen der Gestaltungsfreiheit abzuleiten, erscheint – zumindest auf den ersten Blick – widersprüchlich; denn es ist ja gerade Kennzeichen dispositiven Rechts, nicht zwingend, sondern abdingbar zu sein. Indes drücken sich nicht zuletzt in den dispositiven Normen die Ordnungs- und Gerechtigkeitsvorstellungen des Gesetzes aus.92 Sind diese ganz und gar unbeachtlich? Gewiss nicht! Doch welche Bedeutung kommt ihnen zu? Diese Frage wird immer wieder in ganz unterschiedlicher Gestalt diskutiert. Dabei muss man sich bewusst sein, dass, wenn man den Ordnungs- und Gerechtigkeitsvorstellungen des Gesetzes Verbindlichkeit zumisst, man damit zugleich die Privatautonomie empfindlich einschränkt. Gleichwohl ist die „Versuchung“ hierzu groß, da eine Rechtsordnung immer auch nach ethischer Gerechtigkeit, objektiver Angemessenheit und Gemeinwohlkonformität strebt und, um des Rechtsfriedens und ihrer Funktionsfähigkeit willen, auch streben muss.93 ___________ 90 AT, § 3 Rdnr. 117 ff. 91 S. u. § 13 C.: Danach kann der Stifter bspw. Zweckänderungen durch die Behörde ausschließen, nicht aber deren Befugnis die Stiftung bei Vorliegen der Voraussetzungen aufzuheben. 92 Allg. M., BGHZ 41, 151, 154; 54, 106, 110; 60, 377, 380; 89, 206, 211; aus der Lit. etwa Hübner, AT, § 5 Rdnr. 88; ausf. H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 40 ff.; Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 285, sowie schon Raiser, Geschäftsbedingungen, S. 293. 93 Rittner, AcP 188 (1988), 101, 105, 138 f., ist die Beobachtung zu verdanken, dass die Anforderungen an das Recht größer geworden sind: Einerseits wird nämlich immer radikaler Selbstbestimmung eingefordert, das Recht dabei vielfach als lästiges, zu überwindendes Hindernis auf dem Weg zur Selbstverwirklichung angesehen. Andererseits wird eine „totale“ Einzelfallgerechtigkeit gefordert und damit die Leistungsfähigkeit eines Rechts- und Gesellschaftssystems überspannt. Beides zusammen mündet nicht selten in eine Rechtsverdrossenheit, die durch die zunehmende Verrechtlichung der Gesellschaft weiter genährt wird; denn diese Verrechtlichung verstärkt das erste Problem ohne das zweite zu beheben, ist drittens weder durch den Staat hinreichend durchsetzbar noch durch den Bürger hinreichend nachvollziehbar und erzieht daher viertens zu einem Rechtsungehorsam. Normen verlieren ihre – gesellschaftliche – Verbindlichkeit.
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1. Inhaltliche Angemessenheit als Grenze der Gestaltungsfreiheit Ein genereller Gerechtigkeits-, Angemessenheits- oder Gemeinwohlvorbehalt bedeutete freilich das Ende der Privatautonomie. Eine Kontrolle der inhaltlichen Angemessenheit von rechtsgeschäftlichen Bestimmungen kommt daher allenfalls dort in Betracht, wo die Vertragsparität als Voraussetzung für einen privatautonomen Interessenausgleich gestört ist. Denn in diesem Fall besteht die Gefahr, dass privatautonome Regelungen den schwächeren Part unangemessen benachteiligen, weil es an einem gleichberechtigten Aushandeln der Vertragsbedingungen fehlt und der Stärkere daher seine Interessen nach dem Motto: „Vogel friss oder stirb“ durchsetzen und die Vertragsbedingungen einseitig festlegen kann.94 Diese Gefahr hat zwar bereits der Gesetzgeber des BGB erkannt,95 ihr jedoch nur unzureichend Rechnung getragen.96 Begegnet werden kann ihr nur in zweierlei Weise:97 zum einen durch zwingendes, die Gestaltungsfreiheit beschränkendes Gesetzesrecht. Dieser Weg wurde inzwischen vielfach beschritten. Zum anderen durch eine Kontrolle der inhaltlichen Angemessenheit einer rechtsgeschäftlichen Regelung im Einzelfall. Darum geht es hier. Dabei sind der Maßstab zur Feststellung einer treuwidrigen Benachteiligung insbesondere die „wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“ (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB n. F.) und damit auch das dispositive Recht.98 Eine vollkommene Vertragsparität ist freilich die Ausnahme, ein gewisses Ungleichgewicht der Kräfte geradezu das Salz in der Suppe einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung.99 Es käme daher einem generellen Angemessenheitsvorbehalt und damit einer Abschaffung der Privatautonomie gleich, wollte man eine rechtsgeschäftliche Regelung immer schon dann inhaltlich überprüfen, wenn keine vollkommene Vertragsparität besteht.100 Zudem ___________ 94 O. v. Gierke, Aufgabe, S. 28 f.: „Schrankenlose Freiheit zerstört sich selbst. Eine furchtbare Waffe in der Hand des Starken. Ein stumpfes Werkzeug in der Hand des Schwachen, wird zum Mittel der Unterdrückung des Einen durch den Anderen, der schonungslosen Ausbeutung geistiger und wirtschaftlicher Übermacht.“ 95 Vgl. §§ 138, 242 BGB, aber auch §§ 310, 1297, 2302 BGB sowie das Abzahlungsgesetz v. 16.5.1894, RGBl. S. 450. 96 Kritisch zur Frage des Vorliegens von „Ungleichgewichtslagen“ insbesondere Zöllner, AcP 176 (1976), 221, und vor allem in AcP 196 (1996), 1 ff. 97 Vgl. BVerfGE 81, 242, 254 f. 98 Näher Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 284 ff. 99 S. Flume, RG, S. 10. 100 Dahingehend M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 156 ff.; kritisch zu ihm etwa Singer, Selbstbestimmung, S. 18 ff.; s. ferner Wiedemann, ZGR Sonderheft 13, S. 5, 23.
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würde dergleichen zu unerträglicher Rechtsunsicherheit führen101 und der Prärogative des Gesetzgebers widersprechen. Eingriffe in die Privatautonomie wegen gestörter Vertragsparität sind deswegen grundsätzlich (Ausnahme insbesondere § 138 BGB) nur dann gerechtfertigt, wenn es typischerweise an einem gleichberechtigten Aushandeln der Vertragsbedingungen fehlt.102 Hierzu sind Fallgruppen gebildet worden. Im Schuldvertragsrecht umfassen sie vor allem das Verbraucherschutzrecht, insbesondere das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie das Individualarbeits- und Wohnungsmietrecht.103 Im Gesellschaftsrecht ist nicht schon in jeder Gründung einer Satzungsgesellschaft104 ein Akt einseitiger Rechtsetzung zu sehen,105 und zwar auch nicht zulasten etwaiger Rechtsnachfolger, weil sich diese das privatautonome, und damit präsumtiv interessengerechte Handeln ihrer Vorgänger zurechnen lassen müssen.106 Nicht umsonst finden die §§ 305 ff. BGB nach § 310 Abs. 4 BGB107 auf Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts keine Anwendung. Eine Inhaltskontrolle kommt daher grundsätzlich (Ausnahme auch hier § 138 BGB sowie u. U. die gesellschaftsrechtliche Treupflicht108) nur bei Publikumsgesellschaften in Betracht, weil hier eine relativ kleine Zahl von Gründern die Satzung festlegt, die sodann für eine relativ große Zahl von Mitgliedern gilt, die überdies faktisch kaum die Möglichkeit haben, selbst auf eine Änderung der Satzung entsprechend ihren Individualinteressen hinzuwirken. Im Blick hierauf sorgt allerdings zum Teil schon das Gesetz durch zwingende Vorschriften für einen Schutz der Mitglieder, so namentlich bei der Aktiengesellschaft.109 Für eine Inhaltskontrolle bleibt daher nur bei Publikumspersonengesellschaften110 sowie bei Massen- und Monopolvereinen Raum111. ___________ 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111
Vgl. BGHZ 45, 204, 206. Vgl. BVerfGE 89, 214, 232. S. Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 79–213, 235 ff., 278, 366. Zum Begriff Reuter, Perpetuierung, S. 62; K. Schmidt, GR, S. 83 ff. So aber Reuter, Perpetuierung, S. 59 ff. Das Beispiel der typischerweise personalistisch strukturierten GmbH erweist das Gegenteil. So zu Recht K. Schmidt, GR, S. 121. Vgl. BGHZ 105, 213; 107, 359. Vgl. BGHZ 81, 263. Diese Ausnahme ist freilich eng zu handhaben. Kritisch zur aktienrechtlichen Satzungsstrenge etwa Hirte, ZGR Sonderheft 13, S. 61 ff. Seit BGHZ 64, 238, st. Rspr., bspw. BGHZ 84, 11. K. Schmidt, GR, S. 123 f.; Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 124 ff., 153, 279; Hey, Freie Gestaltung, S. 302 ff.
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Die Frage der Inhaltskontrolle von Satzungsbestimmungen bedarf hier keiner Vertiefung; denn die Stiftung ist typischerweise keine derartige Publikumsorganisation. Und selbst wenn sie korporativ strukturiert und der Kreis ihrer Stifter (wie bei Bürgerstiftungen) oder Destinatäre (wie bei manchen Familienstiftungen) groß ist, so ist doch deren unangemessene Benachteiligung nicht denkbar; denn nach Maßgabe des Gesetzes haben Stifter und Destinatäre überhaupt keine Rechte. Jede Abweichung hiervon stellt mithin eine Begünstigung dar. Es kann daher in keinem Fall davon die Rede sein, dass Stifter und Destinatäre durch eine wie auch immer gestaltete Stiftungssatzung unangemessen benachteiligt werden. Allenfalls könnte man daran denken, dass durch eine korporativ strukturierte Stiftung die mitgliederschützenden Vorschriften des Verbandsrechts umgangen werden könnten. Hierauf wird zurückzukommen sein (s. u. C.III.1.f). „Näher“ liegt indes der Vorwurf, dass durch korporative Strukturen gegen den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung verstoßen und damit das „Wesen“ der Stiftung denaturiert oder die Typusgrenzen unzulässigerweise überschritten würden. Und dergleichen ist ja tatsächlich zu lesen.112 2. Wesen und Typus als Grenzen der Gestaltungsfreiheit a) Schon vor mehr als 40 Jahren hat Scheuerle indes das „Wesen des Wesens“ als kryptisch, d. h. andere herkömmliche juristische Argumente und Methoden verbergend, entlarvt.113 Dem Wesensargument fehle jede rechtsstaatliche Klarheit. Es sei „zu allem fähig“114 und deshalb zur Begründung einer juristischen Entscheidung zu meiden.115 Das gelte im Interesse einer eindeutigen Bezeichnung auch dort, wo ihm eine gewisse Berechtigung zukommt, nämlich entweder die „Natur der Sache“ oder der „Typus“ angesprochen sei. Dem ist zuzustimmen. Das „Wesen“ ist ein juristisches „Unwesen“.116 b) Freilich wird eine Argumentation aus der „Natur der Sache“ nur in den (seltenen) Fällen Überzeugungskraft besitzen, deren Lösung derart offen___________ 112 113 114 115
S. etwa o. § 1 bei Fn. 69. Scheuerle, AcP 163 (1964), 429 ff. Scheuerle, AcP 163 (1964), 429, 471. H. M., statt anderer H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 57 ff., 93 f.; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 3 ff.; Hey, Freie Gestaltung, S. 225; aus dem Stiftungsrecht Hoppe, abhängige Stiftung, S. 42 ff.; weniger kritisch Wüst, FS Duden, S. 749, 757. 116 Das gilt auch für vergleichbare Argumentationsmuster wie „Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts“, soweit ein Verstoß gegen diese Prinzipien lediglich behauptet, ihr Inhalt und ihre Geltung, aber nicht näher hergeleitet wird, zutr. Hey, Freie Gestaltung, S. 226 f.
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sichtlich auf der Hand liegt, dass sie geradezu „natürlich“ und jede andere Entscheidung ontologisch nicht haltbar erscheint. Ein gesellschaftsrechtliches Beispiel hierfür wird in § 54 BGB gesehen,117 soweit diese Vorschrift einen körperschaftlichen Verband den Regeln der Personengesellschaft zu unterwerfen sucht.118 c) Unter dem „Typus“ wiederum werden verschiedenste Fragestellungen gefasst.119 So kann eine Typenbildung erstens zur Konkretisierung von Generalklauseln (z. B. § 242 BGB) durch Fallgruppen dienen.120 Zweitens kann diese Denkfigur die Anwendung ausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriffe erleichtern (z. B. der Durchschnittstypus bei Ermittlung des Fahrlässigkeitsmaßstabes).121 Beides ist legitim, interessiert hier jedoch nicht. Drittens wird der empirische „Häufigkeitstypus“ im Sinne des „typischen Falles“ untersucht. Mehr als ein besseres Verständnis der Lebenswirklichkeit – was allerdings nicht wenig ist – darf man sich hiervon jedoch nicht erwarten. Viertens kann der „Idealtypus“ gemeint sein, den der historische Gesetzgeber vor Augen gehabt haben mag. Dies ist vor allem im Rahmen einer historischen Auslegung von Interesse. Fünftens kann das Gesamtbild eines Regelungskomplexes in den Blick genommen und hieraus ein aus wenigen Merkmalen bestehender „Volltypus“ im Sinne einer platonischen Idee entwickelt werden. Hier kommt dem Typus seine größte Bedeutung zu. Er ist dann Gegenstück zum Begriff und ermöglicht eine typengerechte Rechtsanwendung, nämlich wenn aufgrund einer atypischen Sachverhaltsgestaltung eine (gesetzliche oder vertragliche) Regelungslücke insofern besteht, als entweder jede Regelung fehlt oder die Voraussetzungen der vorhandenen Regelungen zwar erfüllt sind, das Subsumtionsergebnis aber aufgrund der Atypizität nicht interessengerecht ist.122 In beiden Fällen ist dann im Wege der Analogie die typologisch passende Regelung heranzuziehen, wie dies etwa im Falle der Publikums-KG teils durch analoge Anwendung aktienrechtlicher Regelungen123, teils durch Modifizierung personengesellschaftsrechtlicher Regelungen124 geschieht. Insofern kann eine typologische Betrachtung das für die rechtliche Bewertung ___________ 117 Larenz, ML, S. 419 f.; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 81 f. 118 Vgl. hierzu etwa K. Schmidt, GR, S. 616 ff., 621 ff. 119 S. etwa Larenz, ML, S. 461 ff.; A. Koller, Typuslehre, S. 11 ff., 30 ff.; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 95 ff. 120 S. etwa MünchKomm/G.H. Roth, BGB, § 242 Rdnr. 93. 121 H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 104 f. 122 Vgl. Larenz, ML, S. 303 f.; Leenen, Typus, S. 177 ff. 123 S. BGHZ 69, 207 ff.; sehr weitgehend Wüst, ZHR 152 (1988), 215, 229 ff.; dazu statt anderer auch U. H. Schneider, ZGR 1978, 1 ff. 124 BGHZ 66, 82; 71, 53; 85, 350.
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Erster Teil: Grundlagen
ausschlaggebende Moment und die hinter einem Normenkomplex stehende Leitidee herausarbeiten und dadurch Interpretationshilfe geben.125 Überdies können sich daraus auch Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergeben, nämlich wenn eine typologische Betrachtung erweist, dass ein ungeregelter mit einem geregelten Sachverhalt vergleichbar und daher eine zwingende gesetzliche Norm analog anzuwenden ist. Pauschale Lösungen sind indes zu vermeiden. Vielmehr bedarf es einer Untersuchung und Beurteilung der Interessen und gesetzlichen Wertungen in jeder Einzelfrage.126 Ausgeschlossen ist es daher, und dies ist der sechste und weitreichenste Ansatz der Typenforschung, die Typologie einer normativen Erscheinung derart zu verdichten, dass aus dem Typus gleichsam ein subsumtionsfähiger Tatbestand wird, der die Vertragsfreiheit im Sinne eines Typenzwangs zu begrenzen in der Lage ist;127 denn ex definitione ist der Typus anders als ein Tatbestand gerade nicht feststehend, sondern gegenüber Abweichungen offen128. Dementsprechend wird der Typus in erster Linie aus dem dispositiven Recht gewonnen, dem nur eine maßstabbildende, gerade aber keine zwingende Natur zukommt. Es käme daher der Umdeutung von dispositivem in zwingendes Recht gleich, wollte man aus einem Typus bindende Leitlinien ableiten.129 Eine solche Umdeutung würde hier zu sinn- und interessenwidrigen Ergebnissen führen, beruht doch die Teleologie der den Typus bildenden Vorschriften auf einer regelmäßigen Interessenbewertung, von der gerade die atypischen Fälle abweichen.130 Bestes Beispiel für die nachteiligen Folgen einer solchen Typengesetzlichkeit ist das Aktienrecht, das – trotz zaghafter Reformen131 – ganz überwiegend auf den Typus der großen, konzernfreien Publikumsgesellschaft zugeschnitten ist, obwohl diese ___________ 125 H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 111. 126 Nitschke, Personengesellschaft, S. 8. 127 U. a. Nitschke, wie vor, sowie H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 104, K. Schmidt, GR, S. 109 ff.; Hey, Freie Gestaltung, S. 230 f.; aus der Rspr. BGHZ 134, 392; aus dem Stiftungsrecht Hoppe, abhängige Stiftung, S. 44 ff. Ein „gutes“ Beispiel für den Versuch, den Stiftungstypus zu einem Tatbestand zu verdichten und daraus Grenzen der Gestaltungsfreiheit abzuleiten, bietet Jeß, Verhältnis, S. 21 ff., 75 ff. Fast schon komisch ist dabei, dass Jeß zwar einen Typenzwang ablehnt, im gleichen Atemzug aber betont, dass atypische Gestaltungen nur insoweit zulässig seien, als sie nicht gegen den Stiftungsbegriff – verstanden als die „Tatbestandsvoraussetzungen, die den Charakter der Rechtsform Stiftung ausmachen“ – verstießen, ebd. S. 75, auch S. 83. 128 S. etwa W. Ott, Typologie, S. 21 ff., 81 ff., 142.; Larenz, ML, S. 211 f. 129 H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 128; auch C. Ott, Typenzwang, S. 84. 130 H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 102; Sack, DB 1974, 369, 371 ff. 131 Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2.8.1994, BGBl I, S. 1961.
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in der Rechtswirklichkeit geradezu die Ausnahme bildet.132 Ein Typenzwang wird daher heute zu Recht nahezu einhellig abgelehnt.133 Auf die verschiedenen Formen von Grundtypenvermischungen und Typendehnungen, ihre rechtliche Zulässigkeit und Behandlung wird am Ende dieser Arbeit noch zurückzukommen sein (s. u. § 29).
III. Institutionen und Rechtsprinzipien als Grenzen der Gestaltungsfreiheit Mit der Typologie teilweise verwandt ist die Institutionenlehre.134 Freilich werden „Institutionen“ im Recht ganz unterschiedliche Bedeutungen beigelegt. Schon Savigny verwendet den Begriff keineswegs eindeutig.135 Unterschieden wird hier zwischen Institutionenbildung und Institutionenlehren. 1. Institutionenbildung a) Im Wortsinne bezeichnet der Begriff „Institution“ oder „Institut“ eine Einrichtung. Ein Rechtsinstitut ist dementsprechend eine rechtliche Einrichtung.136 Gemeint sein kann damit erstens eine Organisationseinheit. Das interessiert hier nicht. Gemeint sein kann zweitens eine Gesamtheit von Normen, die ein bestimmtes Recht oder Rechtsverhältnis regeln (z. B. Eigentum, Ehe und Familie oder auch die Stiftung).137 Dabei kann der Fokus eines Rechtsinstituts enger oder weiter sein, etwa: Kaufvertrag, Vertrag, Vertragsfreiheit, Privatautonomie. Mehrere Institute lassen sich daher auch zu höherrangigen Institutionen und diese wiederum zu einem umfassenden Rechts___________ 132 Auch die realtypische GmbH stimmt nicht mit der idealtypischen des Gesetzes überein. Dies führt zu einem die Gesellschafter nicht selten überfordernden Gestaltungsbedarf. Die Forderung von Hommelhoff, ZGR Sonderheft 13, S. 36, 48 ff., 55 ff., nach einer Anpassung des gesetzlichen Leitbildes ist daher konsequent. 133 Außer den vorgenannten Autoren s. etwa BGHZ 45, 204; K. Schmidt, GR, S. 119 f.; Flume, PG, S. 189 ff.; Wiedemann, GR, S. 73; Schultze-v. Lasaulx, ZfgG 21 (1971), 325, 348; Wüst, FS Duden, S. 749, 761; unentschieden noch A. Koller, Typuslehre, S. 138 f.; a. A. offenbar Soergel/Teichmann, BGB, § 242 Rdnr. 14; Haupt/Reinhardt, GR, 4. Auflage 1952, S. 43 f.; 79 f., aufgegeben durch Reinhardt, GR, 1973 ff. Rdnr. 11. 134 „Die Frage nach Institution, Wesen und Typus haben überraschend viel gemeinsame Züge“, Wüst, FS Duden, S. 749, 759; ebenso etwa Schultze-v. Lasaulx, ZfgG 21 (1971), 329 f. 135 Vgl. v. Savigny, System I, S. 9 ff., 386 ff. 136 Esser, Grundsatz, S. 321 Fn. 401: „Rechtseinrichtung“. 137 Vgl. Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 22; Enneccerus/Nipperdey, AT I/1, S. 428; ausf. Stern, Staatsrecht III/1, S. 783 ff.
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system abstrahieren („äußeres System“).138 Umgekehrt kann eine solche Institutionenbildung mithin auch zur Ordnung einer Rechtsmaterie beitragen.139 Und eine solche Ordnung wiederum ermöglicht die Herausbildung allgemeiner Lehren oder Strukturprinzipien140. Das ist das Ziel der institutionellen Betrachtungsweise etwa von K. Schmidt.141 Und auch die Gliederung des BGB ist so gesehen Frucht einer Institutionenbildung. Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich aus einer solchen Institutionenbildung nur dann, wenn die Auffindung von allgemeinen Lehren oder Strukturprinzipien zur Bildung eines zwingenden Rechtssatzes bzw. zur Ausweitung des Anwendungsbereichs eines zwingenden Rechtssatzes führt. b) Die Untersuchung von Rechtsinstituten im vorgenannten Sinne kann des Weiteren dazu dienen bzw. führen, ihren Ordnungsgedanken, ihre „Leitidee“, ihr Telos herauszuarbeiten. Hieraus können sich sodann Rechtsprinzipien („Wertungsprinzipien“142), ein „inneres System“ ergeben.143 Solche Rechtsprinzipien sind freilich von unterschiedlicher Natur. Zum Teil handelt es sich um zwingendes Recht. Beispiele aus dem Gesellschaftsrecht sind etwa der numerus clausus der Rechtsformen, die Verbandsautonomie, das Gleichbehandlungsgebot, die Treupflicht, die Unbeschränktheit und Unbeschränkbarkeit der organschaftlichen Vertretungsmacht des Vertretungsorgans von Handelsgesellschaften. Dabei sind diese Prinzipien teils gesetzlich ausdrücklich geregelt, teils sieht das Gesetz ausdrücklich Ausnahmen von ihnen vor, teils handelt es sich um starre, teils um fließende, teils um bewegliche Grenzen der Gestaltungsfreiheit. Teilweise handelt es sich aber auch lediglich um normative Maßstäbe, denen zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit zukommt, die aber bei der Rechtsanwendung, insbesondere der Auslegung von Vorschriften sowie im Rahmen einer Güterabwägung (s. o. I.3), zu berücksichtigen sind und in diesem Rahmen daher ebenfalls die Gestaltungsfreiheit begrenzen können. Beispiele aus dem Gesellschaftsrecht sind etwa der Verkehrs-, Gläubiger- und Mitgliederschutz. Hierher gehören ferner etwa die Grundrechte, soweit ihnen im Privatrecht „Drittwirkung“ zukommt,144 sowie das allgemeine Gerechtigkeits___________ 138 Vgl. v. Savigny, System I, S. 9 f.; Bydlinski, System, passim; Canaris, Systemdenken, passim; Larenz, ML, S. 437 ff. 139 Vgl. v. Savigny, System I, S. 386 ff.; Bydlinski, System, passim. 140 Wiedemann, ZGR Sonderheft 13, S. 24 ff. 141 K. Schmidt, GR, S. 53 f. u. passim; ders. in: ders. (Hrsg.), Rechtsdogmatik, S. 9, 20 ff. 142 Wiedemann, ZGR Sonderheft 13, S. 5, 19 ff.; ferner Odersky, ebd., S. 103, 108 f. 143 Larenz, ML, S. 474 ff.; Bydlinski, System passim; Esser, Grundsatz, passim. 144 S. nur BVerfGE 7, 198 ff.; Palandt/Heinrichs, BGB, § 242 Rdnr. 7 m. w. Nw.
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gebot, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart verschieden zu behandeln, mit den daraus folgenden Forderungen der Wertungs- und Wirkungswiderspruchsfreiheit145. All das ist im Ergebnis vertraut und wohl auch unstreitig. Rechnung getragen wird damit im Grunde genommen dem verfassungsrechtlichen Postulat des Art. 20 Abs. 3 GG, wonach das Recht mehr ist als die Gesamtheit der Gesetze, nämlich ein Sinnganzes, das als Regulativ des geschriebenen Rechts wirkt. 2. Institutionenlehren a) Nach den normativen Maßstäben fragt auch die Institutionenlehre, der Teichmann in Anschluss an Hauriou und Renard nachgegangen ist146. Gesucht werden die „Motive“, die zu einer Begrenzung der Gestaltungsfreiheit führen. Diese „Motive“ seien im Gesellschaftsrecht insbesondere: das öffentliche Interesse, der Gesellschafter- und Gläubigerschutz sowie die Gewährleistung der formellen und materiellen Funktionsfähigkeit der Organisation.147 Und diesen Motiven soll Verbindlichkeit mit der Folge zukommen, dass sie die Gestaltungsfreiheit im Sinne eines Typenzwangs einschränken, indem sie die über den Gesetzesinhalt hinausgehenden Kriterien liefern.148 Indes: So anregend Teichmanns Untersuchung ist, so schmal ist doch ihr Erkenntnisgewinn; denn im Ergebnis sind die „Motive“ nicht viel anderes und wirken auch nicht viel anders als die zuvor angesprochenen maßstabbildenden Rechtsprinzipien. b) Ein erheblich weiter gehender Ansatz klingt schließlich schon bei Savigny an, wenn er den organischen Zusammenhang der Rechtsinstitute mit dem Wesen des Menschen selbst beschwört149. Dies weist einerseits in die Richtung des konkreten Ordnungsdenkens von C. Schmitt, wonach das Recht an eine vorgegebene natürliche Ordnung gebunden ist,150 andererseits in die Richtung der Larenz’schen Lehre vom konkret-allgemeinen Begriff, wonach sich das Recht den Anforderungen einer solchen Ordnung anpassen muss151. Beides ist zwar insofern nicht falsch, als eine Regelung insoweit keinen ___________ 145 146 147 148 149 150 151
S. dazu aber sogleich u. b.cc. Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 26 ff. Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 97 ff., 100 ff., 102 ff., 107 ff. Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 140. v. Savigny, System I, S. 386. S. insbes. C. Schmitt, Denken, S. 11 ff., 54 ff. Larenz, Rechtserneuerung, 1934; ders., Rechtsdenken, S. 41 ff.; ders., DRW V (1940), S. 279.
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Bestand haben kann, als sie der „Natur der Sache“ widerspricht.152 Derartige Widersprüche sind aber – zumindest in einer freiheitlichen Rechtsordnung – äußerst selten. Und die genannten Lehren beschränkten sich hierauf bekanntlich nicht. Vielmehr definierten sie die „natürliche Ordnung“ als Maßstab des Rechts bewusst „zeitgemäß“, so dass das Recht entsprechend instrumentalisiert werden konnte. Und eben hierin liegt die Gefahr einer solchen „Methode“.153 Diese Lehren sind daher abzulehnen. c) Abzulehnen ist schließlich auch ein institutionelles Rechtsdenken, das unter Berufung auf die Rechtsordnung als ein Sinnganzes eine „Orientierung an der vernünftigen Funktion der einzelnen Norm im Kontext der sozialen Verhältnisse und der gesellschaftlich-politischen Anschauungen“ fordert.154 Richtig daran ist zum einen, dass die Wertvorstellungen des Grundgesetzes auch bei der Auslegung zivilrechtlicher Normen, insbesondere den Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB zu berücksichtigen sind und dass es im Blick auf das allgemeine Gerechtigkeitsgebot Wertungs- und Wirkungswidersprüche zu vermeiden gilt. Indes: Eine Rechtsordnung „aus einem Guss“ ist Utopie, und zwar nicht nur wegen der menschlichen Unvollkommenheit, sondern auch, weil stets vielerlei Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Da aber diese Interessen nicht immer gleich sind oder nicht gleich schwer wiegen und daher auch nicht immer gleich gewichtet werden können, kann auch das Abwägungsergebnis nicht stets das Gleiche sein. Anders gewendet wäre es ganz und gar interessenwidrig und ungerecht, wollte man stets einem Interesse, einer Leitidee oder einem Ordnungsgedanken den Vorrang einräumen. Das zeigt sich mit Deutlichkeit dort, wo der Gesetzgeber dies unternommen hat, wie das bereits erwähnte Beispiel des § 23 Abs. 5 AktG erweist. So hat es eben – um ein Gegenbeispiel aus dem stiftungsrecht zu nennen – gute Gründe, dass § 86 BGB nicht auf § 22 BGB verweist und deswegen ist diese Vorschrift entgegen der Ansicht Reuters auch nicht analog auf das Stiftungsrecht anzuwenden.155 Dabei hat der Gesetzgeber zudem einen zu respektierenden weiten Ermessenspielraum, welche Sachverhaltsmerkmale maßgebend für eine Gleichoder Ungleichbehandlung sein sollen,156 m. a. W. welche Interessen er wie gewichtet und welchem Interesse er ggf. den Vorrang einräumt, mag auch ___________ 152 S. o. C.II.2.b. 153 S. Rüthers, Auslegung, S. 277 ff.; 302 ff. 154 So Reuter, FS Mestmäcker, S. 271, 274, in Anlehnung an eine Formulierung des Bundesverfassungsgerichts; BVerfGE 34, 269, 288, s. auch MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 50. 155 S. u. § 5 C.IV. 156 St. Rspr., BVerfGE 1, 14, 52; 6, 273, 280; 9, 89, 101; 10, 59, 73; 21, 12, 26; 76, 256, 330.
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dem Rechtsanwender das Ergebnis dieser Abwägung (wie dem Verfasser im Falle des § 23 Abs. 5 AktG) nicht immer einleuchten. Es ist daher auch ein verfassungsrechtliches Gebot (Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 3 GG) die methodischen Voraussetzungen einer Analogie, nämlich das Vorliegen einer Lücke und die Vergleichbarkeit der Sachverhalte, ernst zu nehmen und genau zu prüfen. Der Richter darf seine materiellen Gerechtigkeitsvorstellungen nicht an die Stelle der Vorstellungen des Gesetzgebers setzen. Gerade insofern besteht aber hier die gleiche Gefahr wie bei den zuvor geschilderten Lehren; denn was die sozialen Verhältnisse und gesellschaftlich-politischen Anschauungen sind, hängt maßgeblich von dem Vorverständnis des Rechtsanwenders ab. Die Regelungserwartung wird dadurch leicht zum Regelungsinhalt. Allerdings – und das ist der andere zutreffende Kern dieser Auffassung – wächst die Freiheit des Richters zur Fortbildung des Rechts mit wachsendem zeitlichem Abstand zwischen dem Erlass von Gesetzen und der zu treffenden Entscheidung. Den Konflikt einer Norm mit den materiellen Gerechtigkeitsvorstellungen einer gewandelten Gesellschaft darf sich der Richter daher nicht unter Hinweis auf den unveränderten Gesetzeswortlaut entziehen, sondern ist ggf. zu einer freieren Rechtsanwendung berechtigt und verpflichtet.157 Deswegen kommt „unter den Faktoren, die zu einer Überprüfung und damit oft zu einer Änderung der bisherigen Auslegung Anlass geben, … dem Wandel der Normsituation hervorragende Bedeutung zu.“158 Gerade bei neueren Gesetzen, wie dem gerade erst reformierten Stiftungsrecht, ist jedoch Zurückhaltung geboten, weil hier kein zeitlicher Abstand besteht, der zu einem Wandel der Normsituation geführt haben könnte. Das schließt die Notwendigkeit einer (insbesondere auch verfassungskonformen) Auslegung nicht aus. Dabei ist – auch das sei klarstellend erwähnt – die Ermittlung des subjektiven Willens des Gesetzgebers nach heute herrschender und zutreffender Meinung lediglich ein Mittel der Auslegung unter anderen.159 Und gerade auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts ist ein Beispiel dafür, dass die Meinung der Gesetzesverfasser nicht immer von einem tiefen Verständnis der Materie geprägt ist.160 Der Entstehungsgeschichte und den Materialien eines Gesetzes kommt daher (angesichts der nachlassenden Qualität der Ge___________ 157 158 159 160
S. nur BVerfGE 34, 269, 288. Larenz, ML, S. 350. Näher Burgard, FS Hadding, 325, 337 ff. m. w. Nw. Zu recht kritisch und sehr lesenswert dazu Muscheler, NJW 2003, 3161 ff. – Tenor: „Es ist schon erstaunlich, wie man in einer Gesetzesbegründung auf so wenig Raum so viel Schiefes, Fehlerhaftes, ja Unsinniges zu produzieren vermag.“
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setzgebung gerade heutzutage) nur eingeschränkte Bedeutung zu. Sie geben nur einen ersten Anhaltspunkt für das mögliche Verständnis einer Norm. Es geht aber nicht an, entgegen dem in einer Norm „zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers …, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt“,161 unter Berufung auf die Rechtsordnung als ein Sinnganzes mit Mitteln der Auslegung und Rechtsfortbildung die eigenen rechtspolitischen Vorstellungen, an diejenigen des Gesetzgebers zu stellen. 3. Insbesondere: Wirtschaftsverfassung als Grenze der Gestaltungsfreiheit162 Exemplarisch zeigt sich das Problem von Institutionenlehren auch an den Überlegungen der auf ordoliberalem Gedankengut163 fußenden Schule von Ernst Joachim Mestmäcker,164 die mit Karl Marx das Private des Privatrechts als bürgerliche Ideologie ansieht165 und es (daher) der Herrschaft des öffentlichen, d. h. auch politisch geprägten Wirtschaftsverfassungsrechts unterwerfen will.166 Tatsächlich überlagert heute das öffentliche Recht in einem bisher in einer freiheitlichen Rechtsordnung nicht gekannten Maße die private Gestaltungsfreiheit.167 Auch kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass die gesetzgeberische Ausgestaltung des Privatrechts eine politische Entscheidung und seine rechtsanwendende Auslegung von einem politischen Vorverständnis nicht frei ist. Und bei aller Vorsicht, die gegenüber einer fortschreitenden Verrechtlichung der Gesellschaft geboten ist, muss das Recht – und das heißt nicht zuletzt die Rechtswissenschaft – doch Antworten auf die durch den Wandel der Verhältnisse hervorgerufenen Fragen bereithalten, darf weder in der Vorstellungswelt des 19. Jahrhunderts verharren noch die Privatrechtsgestaltung dem Gutdünken einer interessen___________ 161 St. Rspr. seit BVerfGE 1, 299, 312; etwa 8, 274, 307; 10, 234, 244; 11, 126, 130 f.; 105, 135, 157. 162 S. hierzu auch Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 9 ff.; Wiedemann, GR, S. 724 ff.; Rittner, AcP 188 (1988), 101; Hönn, JuS 1990, 953, 956 ff. 163 Zu nennen sind hier insbesondere Franz Böhm – der akademische Lehrer von Mestmäcker – und Walter Eucken, s. etwa ihr gemeinsam (mit Großmann-Doerth) verfasstes Vorwort „Unsere Aufgabe“ zu dem von Böhm herausgegebenen Sammelband mit dem programmatischen Titel: Die Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung, 1937. 164 S. ferner – ohne Bindung an die Freiburger Schule – Raiser, JZ 1958, 1; ders.; FS 100 Jahre DJT Bd. I, S. 101; ders., Summum ius, S. 145. 165 Mestmäcker, ZHR 137 (1973), 97, 101, 111. 166 S. Mestmäcker, ökonomisches Gesetz, S. 10 und passim, sowie etwa Reuter, Perpetuierung, S. 30 ff. 167 U. H. Schneider, ZGR 1996, 225 ff.
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gebundenen Kautelarjurisprudenz überlassen. Indes steht es nur dem Gesetzgeber (im Rahmen des Grundgesetzes) frei, politisch-programmatische Zielvorstellungen mit den Mitteln des Rechts durchzusetzen. Solange aber das Privatrecht ein bürgerliches ist, solange ist der Rechtsanwender an diese „bürgerliche Ideologie“ der Freiheit gebunden und darf an ihre Stelle mit den Mitteln der Auslegung keine anderen Vorstellungen setzen. a) So soll es nach Immenga einen zwar rechtlich nicht verbindlichen, aber doch wirtschaftsverfassungsrechtlich erheblichen Grundsatz der Einheit von Herrschaft und Haftung geben;168 denn nur eine ausgedehnte persönliche Haftung des Unternehmers gewährleiste einen vorsichtigen Kapitaleinsatz, beuge der Verschleuderung von volkswirtschaftlichem Vermögen vor und wirke der Bildung wirtschaftlicher Machtkonzentration entgegen.169 Gegen diesen Grundsatz verstoße die gesetzliche Zulassung personalistisch strukturierter Gesellschaften mbH. Deswegen könne zwar „eine Aufhebung der Haftungsbeschränkung für geschäftsführende Gesellschafter … nicht befürwortet werden, ohne sich dem Vorwurf doktrinären Denkens auszusetzen.“170 Dem Gesellschaftsrecht erwachse jedoch die Aufgabe, „den Bereich tatsächlicher vermögensrechtlicher Verantwortung im Rahmen der Haftungsgrenzen möglichst auszudehnen.“171 Und diese Aufgabe löst Immenga im Ergebnis schlicht damit, dass jede privatautonome Abweichung von den grundsätzlichen Strukturmerkmalen und Ordnungsgrundsätzen des Kapitalgesellschaftsrechts und der Wirtschaftsverfassung zu einer Haftungserstreckung auf die Gesellschafter führen soll.172 b) Wenn möglich noch deutlicher tritt Reuter in seiner Habilitationsschrift für eine Sozialisierung wirtschaftlicher Macht durch eine Beschneidung rechtlicher Gestaltungsfreiheit ein. Es gelte, der Perpetuierung von Unternehmen Schranken zu setzen, d. h. den „vielfältige(n) Versuchen von Inhabern wirtschaftlicher Unternehmen, durch die Wahl der Unternehmensform und die Ausgestaltung von Gesellschaftsverträgen und Satzungen bestandsgefährdende Einflüsse möglichst dauerhaft auszuschalten und auf eine Unternehmenspolitik in ihrem Sinne hinzuwirken“.173 Dabei sieht Reuter die Privatautonomie nicht als Bestandteil des Selbstbestimmungs___________ 168 Kritisch hierzu auch Hofmann, ZHR 137 (1973), 416, 419 f. m. w. Nw.; K. Schmidt, GR, S. 116 f., bezeichnet die Korrelation zwischen Herrschaft und Haftung als „Lieblingsidee“ der Ordoliberalen. 169 Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 117 ff. 170 Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 128. 171 Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 129. 172 Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 426. 173 Reuter, Perpetuierung, S. 15.
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rechts, sondern als bloße Technik nicht-hoheitlicher Rechtsetzung an.174 Im wirtschaftlichen Bereich setze die Privatautonomie überdies das ‚Sozialmodell‘ Wettbewerbswirtschaft voraus; denn nur der Wettbewerb sorge für jenen Interessenausgleich, der die Richtigkeit privatautonomer Rechtsetzung gewährleiste.175 Der Wettbewerb aber würde durch Machtungleichgewichte gestört, weswegen das Privatrecht „um seiner Funktionsfähigkeit willen ein Übermaß an gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Macht verhindern“ müsse.176 Es gelte daher zu versuchen, „den Gebrauch der Satzungsautonomie im wirtschaftlichen Bereich so zu steuern, dass sie nicht ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Notwendigkeiten private Macht begründet“, so dass die „Wahl und Ausgestaltung der ‚Unternehmensform‘ … maßgeblich von gesamtwirtschaftlichen Notwendigkeiten statt von einseitigen Wunschvorstellungen der Unternehmer bestimmt“ werde.177 Vor diesem Hintergrund ist die Ansicht Reuters zu sehen, Familien- und Unternehmensstiftungen seien unzulässig.178 Darauf wird zurückzukommen sein.179 Auf die weiteren Folgerungen aus diesem Ansatz muss dagegen hier nicht eingegangen werden. Stellung zu nehmen ist vielmehr nur zu Reuters Prämissen. Und diese verkennen vor allem180 zweierlei: Zum einen setzt Privatautonomie nicht nur einen funktionierenden Wettbewerb voraus, sondern ist ihrerseits Wettbewerbsvoraussetzung; denn jedes zwingende staatliche Recht begrenzt den Wettbewerb, indem es die betreffenden Regelungen der Disposition der Parteien entzieht. Gerade wer also für den Wettbewerb eintritt, müsste daher auch für einen Wettbewerb rechtlicher Gestaltungen eintreten. Das wird angesichts der fortschreitenden Globalisierung besonders deutlich. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Volkswirtschaften besonders erfolgreich sind, die freiheitsbeschränkende Regulierungen abbauen und damit der Privatautonomie wieder mehr Raum geben. Und dabei hat der Wettbewerb der Rechtsordnungen gerade erst eingesetzt. Zum Zweiten ist die Kausalkette wirtschaftliche Macht führe zu Machtungleichgewichten, Machtungleichgewichte zu Wettbewerbsbeschränkungen ___________ 174 175 176 177 178
Reuter, Perpetuierung, S. 35 f. Reuter, Perpetuierung, S. 38. Reuter, Perpetuierung, S. 75. Reuter, Perpetuierung, S. 76 f. Reuter, Perpetuierung, S. 112; ders. noch heute in MünchKomm, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 73 ff., 77 ff. 179 S. u. § 5 C. 180 Zu dem abweichenden Verständnis über die Bedeutung der Privatautonomie s. schon o. bei Fn. 26.
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und Wettbewerbsbeschränkungen zum Versagen der Privatautonomie unzutreffend. Weder führt wirtschaftliche Macht notwendig zu Machtungleichgewichten; denn wirtschaftliche Macht stößt vielfach auf Gegenkräfte. Noch führen Machtungleichgewichte notwendigerweise zu Wettbewerbsbeschränkungen; denn zum einen können Machtungleichgewichte nicht immer ausgenutzt werden und zum anderen stellt nicht jede Nutzung wirtschaftlicher Macht eine Wettbewerbsbeschränkung dar. Schließlich führen Wettbewerbsbeschränkungen nicht immer zu einem Versagen der Privatautonomie, sondern fördern sogar teilweise den Wettbewerb (sog. Gegengiftthese, vgl. § 3 GWB). Dabei ist selbstverständlich nicht zu verkennen, dass die Privatautonomie auch zu Gestaltungen genutzt werden kann, die den Wettbewerb einschränken, und eine fehlende Vertragsparität zu einer unangemessenen Benachteiligung führen kann. Diese Probleme sind jedoch auf der Ebene zu lösen, auf der sie sich stellen, nämlich einerseits auf der Ebene des Wettbewerbsrechts und andererseits auf der Ebene der Kontrolle inhaltlicher Angemessenheit von Vertragsbedingungen,181 nicht aber bereits auf der weit vorgelagerten Ebene der Entstehung und Erhaltung wirtschaftlicher Macht. Vielmehr ist das Streben nach wirtschaftlicher Macht und ihrer Erhaltung zuvörderst kein Wettbewerbshindernis, sondern ein berechtigtes Wettbewerbsziel und ihre Nutzung ein notwendiges Wettbewerbsmittel. Dabei lässt sich die Unhaltbarkeit des Ansatzes von Reuter in besonderer Deutlichkeit mit dem Schlusswort seiner Habilitationsschrift belegen. Dort heißt es: Während früher bei Entzug von Kapital durch hohe Abfindungsverpflichtungen, Gewinnentnahmen und Steuern der ersatzlose Wegfall von Produktivvermögen und von ohnehin knappen Arbeitsplätzen mit der Folge gedroht habe, dass die Perpetuierung von Unternehmen im gesamtwirtschaftlichen und sozialpolitischen Interesse gelegen habe, hätten sich heute „die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse so verändert, dass die Sorge um die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft und um möglichst hohe Beschäftigung keine Zugeständnisse mehr an die (menschlich verständlichen) feudalistischen Neigungen vieler Unternehmer erfordert. Solche Zugeständnisse erweisen sich nunmehr sogar als sozial schädlich, weil sie u. a. einer breiten Streuung des Eigentums am Produktionsvermögen und der Umwandlung größerer Unternehmen in die auf sie zugeschnittene Rechtsform der ‚offenen‘ (Publikums-)AG entgegenwirken.“182 Abgesehen davon, dass hier ausgerechnet eine Rechtsform propagiert wird, die wie keine andere auf Perpetuierung und „feudale“, soll heißen: von ihren Mitgliedern weitgehend ___________ 181 Hierzu bereits o. C.II.1. 182 Reuter, Perpetuierung, S. 460.
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unabhängige Herrschaftsstrukturen183 angelegt ist,184 tritt hier die Problematik einer gesellschaftspolitischen und damit auch zeitgebundenen Auslegung185 offen zutage.186 Verdeutlicht wird sie auch in neueren Arbeiten Reuters. Ein letztes Beispiel: Ausgehend von der Beobachtung, dass das Gesellschaftsrecht in Theorie und Praxis im Kern bis heute von einer sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise beherrscht sei, die das Recht „in den Dienst der Organisationsbedürfnisse der Wirtschaft‘“ stelle, beklagt er eine ganze Reihe von Rechtsentwicklungen, angefangen von der Einebnung der Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften bis hin zur Zulässigkeit (einfach) faktischer Konzerne.187 Dabei ist seine Kritik in vielerlei Punkten durchaus nicht unberechtigt. Nur heißt es Sein und Sollen zu vertauschen, hieraus zwingende Rechtsfolgen und Gestaltungsgrenzen abzuleiten. So sind die meisten Gesellschaftsformen – vor allem der Verein, die Aktiengesellschaft, Genossenschaft und die Personengesellschaften (Ausnahme insbesondere die GmbH) – praeter legem entstanden und von dem Gesetzgeber erst hernach normiert worden. Das Gesetz selbst hat sich also, wenn man so will, von „der Wirtschaft“ in den Dienst nehmen lassen. Das zeigt sich auch und gerade beim Recht der faktischen Konzerne. Auch faktische Konzerne waren und sind eine Erscheinung praeter legem. Bei ihrer aktienrechtlichen Normierung sah noch der Referentenentwurf der Sache nach ein Verbot vor, Konzernleitungsmacht ohne einen Beherrschungsvertrag auszuüben. Dieses Verbot sollte durch eine strikte Erfolgshaftung durchgesetzt werden. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens gab man indes das Verbot auf, um faktische Konzerne auch weiterhin zu ermöglichen.188 Auf diese Weise kam es zu der insgesamt wenig überzeugenden ___________ 183 Vgl. § 76 Abs. 1 AktG: „Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten.“ S. ferner §§ 111 Abs. 4, 119 Abs. 4 AktG. Hier liegt die Wiege der Corporate Governance-Diskussion, die inzwischen u. a. zu einer Reihe von Gesetzesänderungen geführt hat, die die Stellung des Aufsichtsrats (z. B. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG) und der Aktionäre (z. B. § 147 AktG) stärken sollen. 184 Das erkennt auch Reuter, vgl. Perpetuierung, S. 64 f. Die Widersprüchlichkeit seiner Argumentation zeigt sich auch an anderer Stelle, s. ebd., S. 82 ff. 185 Heute schlägt Reuter dementsprechend andere Töne an: In Widerspruch zu seinen früheren und sonstigen Ansichten soll nun auch eine Unternehmensstiftung zulässiger Zweckverwirklichungsbetrieb sein, die Menschen der Region in Arbeit und Brot bringen soll, MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 86. 186 Zu Reuters Habilitationsschrift kritisch etwa auch Reinhardt, ZGR 1975, 366 ff.; weitgehend zustimmend dagegen insbesondere H. Paulick, ZHR 138 (1974), 387 ff. 187 Reuter, FS Mestmäcker, S. 277 ff. 188 S. Begr., RegE bei Kropff, Aktiengesetz, S. 374 f.
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Regelung der §§ 311 ff. AktG in ihrer heutigen Gestalt. Nun ist es zwar heutzutage legitim zu versuchen, das Regelungsdefizit der §§ 311 ff. AktG durch Rechtsfortbildung soweit wie möglich zu beheben.189 Es geht aber nicht an, entgegen dem Wortlaut des Gesetzes und dem objektiven Willen des Gesetzgebers, den (einfachen) faktischen Konzern rundheraus für unzulässig zu erklären190.191 Das ist dem Gesetzgeber vorbehalten.
IV. Gesetzesumgehung und Rechtsmissbrauch Systematisch gehören Gesetzesumgehung und Rechtsmissbrauch zum Bereich des zwingenden Rechts (o. I.), und zwar die Gesetzesumgehung zu den festen, der Rechtsmissbrauch zu den hier sog. fließenden Grenzen der Gestaltungsfreiheit. Gleichwohl werden sie erst hier, am Ende dieses Überblicks behandelt, da Überschneidungen u. a. mit Fragen der Typen- und Institutionenlehre bestehen. 1. Gesetzesumgehung als Grenze der Gestaltungsfreiheit a) Setzt das Recht der Gestaltungsfreiheit zwingende Grenzen, so können sich die Parteien hierüber nicht (wirksam) hinwegsetzen. Vielmehr müssen sie eine andere Gestaltung wählen. Tun sie das, so verhalten sie sich richtigerweise gesetzeskonform. Mit einer „Umgehung“ des Gesetzes hat das im Ausgangspunkt nichts zu tun. Allgemein gewendet: Wer den Tatbestand einer Norm nicht verwirklicht, der „umgeht“ sie nicht, sondern verwirklicht sie schlicht nicht. Wer keine Stiftung gründet, muss keine Anerkennung beantragen und „umgeht“ nicht etwa die Notwendigkeit einer Konzession. b) Nicht selten versuchen Parteien freilich, denselben oder einen ähnlichen Erfolg (z. B. Errichtung einer Stiftung) auf einem anderen Weg oder mit anderen Mitteln (z. B. durch Errichtung einer Stiftungskörperschaft) zu erreichen. Auch das ist unproblematisch, wenn sich das Gesetz lediglich auf einen bestimmten Weg oder ein bestimmtes Mittel, also auf eine bestimmte Geschäftsform oder -art bezieht (im Beispielsfall: Errichtung einer Stiftung bürgerlichen Rechts), sich aber nicht gegen den rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolg selbst richtet.192 Das ist durch Auslegung zu ermitteln. ___________ 189 190 191 192
Vgl. etwa Burgard, FS Lutter, 1033 ff. So aber Reuter, FS Mestmäcker, S. 277, 284. S. o. C.II.3.b. Allg. M., RGZ 125, 209, 211 f.; 155, 138, 146; BGH, LM, § 134 Nr. 19; BGHZ 86, 367, 370 f.; MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 134 Rdnr. 17 m. w. Nw.
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c) Und selbst wenn das Gesetz an den Erfolg anknüpft (Bsp.: Verbot gemeinwohlgefährdender Stiftungen), so bedeutet, einen ähnlichen Erfolg anzustreben, noch keine Gesetzesumgehung (Bsp. nach BVerwGE 106, 177: Verweis einer – angeblich – gemeinwohlgefährdenden Stiftung auf die Rechtsform des Vereins)193. Vielmehr darf jede Rechtsnorm grundsätzlich zu jedem mit ihr erreichbaren Zweck verwendet werden.194 d) Anders zu beurteilen ist dies nur, wenn sich aus dem Gesetz ergibt, dass der ähnliche Erfolg ebenfalls von der Norm umfasst sein soll.195 Zum Teil ist dies ausdrücklich gesetzlich angeordnet,196 andernfalls durch Auslegung zu ermitteln und die Norm ggf. analog anzuwenden. So gesehen ist die Frage der Gesetzesumgehung ein bloßes Problem der Gesetzesanwendung und -auslegung.197 Einer Umgehungsabsicht bedarf es dementsprechend insoweit nicht.198 e) Allerdings ist fraglich, ob es sich wirklich ausschließlich um ein Auslegungsproblem handelt, oder ob, wie teilweise angenommen wird, das Problem erst dort beginnt, wo eine – ohnehin gebotene – Auslegung nicht weiterführt. Um diese Fälle erfassen zu können, sei es erforderlich, das Umgehungsverbot als eigenständiges Rechtsinstitut zu begreifen. Betroffen seien Geschäfte, deren Gültigkeit unbedenklich wäre, wenn sie nicht als Umgehungsgeschäft abgeschlossen worden wären. Diese atypische Funktion löse die Nichtigkeitsfolge aus. Insofern sei daher eine Umgehungsabsicht zu fordern.199 ___________ 193 Das Urteil ist freilich verfehlt, zur Kritik u. § 5 C.I.2.b.bb. 194 RGZ 100, 210, 212; Soergel/Hefermehl, BGB, § 134 Rdnr. 37; Erman/Palm, BGB, § 134 Rdnr. 18. 195 Vgl. etwa RGZ 155, 138, 146; BGHZ 3, 354; 20, 363, 366; 58, 60, 65; 85, 39, 46; BAGE 10, 65, 70. 196 §§ 306a, 312f, 487, 506, 655e BGB, 8 FernUSG, 42 AO. Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 214, meint daher diesen Vorschriften käme bloße Appellfunktion zu, die den Rechtsanwender zu einer teleologischen Auslegung oder einer Analogie ermutigen soll (wobei allerdings § 42 AO eine analoge Anwendung belastender steuerrechtlicher Normen überhaupt erst ermöglicht). 197 So die ganz h. M. BGHZ 37, 363, 366; 51, 255, 262; 56, 285, 289; 110, 47, 64; aus der Lit. statt vieler Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 78 ff.; Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 8 ff.; Flume, RG, S. 350; Erman/Palm, BGB, § 134 Rdnr. 18; speziell zum Gesellschaftsrecht etwa Wiedemann, ZGR Sonderheft 13, S. 5, 14 ff. 198 BGHZ 56, 285, 289; 110, 47, 64; BAGE 10, 65, 70; Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 69 f.; Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 39 ff.; Beater, AcP 197 (1997), 505, 525; Soergel/Hefermehl, BGB, § 134 Rdnr. 37; differenzierend Larenz/Wolf, AT, § 40 Rdnr. 30. 199 MünchKomm/Mayer-Maly/Armbrüster, BGB, § 134 Rdnr. 11 ff., 18, mit Verweis auf BGHZ 5, 133, 136; 8, 23, 32; BGH, NJW 1959, 383; 1960, 524.
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§ 3 Die Gestaltungsfreiheit und ihre Grenzen
Richtig ist, dass die Grenzen der Auslegung nicht überdehnt werden dürfen, um Gestaltungen, die das Gesetz erlaubt oder jedenfalls nicht verbietet, mit dem Verdikt der Umgehung belegen zu können. Richtig ist auch, dass dadurch nicht alle Fälle erfasst werden können, in denen eine Norm mit Umgehungsabsicht atypisch eingesetzt wird. Indes ist weder die atypische Verwendung einer Norm (Bsp. Stiftungskörperschaft) noch die Absicht, damit das Eingreifen einer anderen Norm (Bsp. §§ 80 ff. BGB) zu vermeiden, als solches rechtswidrig. Ein solcher Typenzwang ist vielmehr abzulehnen (s. o. C.II.2). Dergleichen ist eben nur dann rechtswidrig, wenn die Umgehung misslingt, weil die Qualifikation des Sachverhalts und Auslegung der formal umgangenen Norm200 ergibt, dass sie materiell anwendbar ist. Anders gewendet fehlt für einen über die Grenzen zulässiger Auslegung hinausgehenden Umgehungsschutz eine gesetzliche Grundlage. Dementsprechend kann eine weitergehende Ausdehnung des Umgehungsschutzes der betroffenen Norm nur durch den Gesetzgeber erfolgen. f) Schließlich ist auf die Nähe zu der Frage einer typengerechten Rechtsanwendung hinzuweisen. So ist eine Publikumspersonengesellschaft nicht etwa wegen Umgehung aktienrechtlicher Vorschriften nichtig. Vielmehr ist das Recht lediglich typusgerecht auszulegen und anzuwenden.201 Und auf diese Weise ist denn auch die oben (C.II.1. a. E.) aufgeworfene Frage zu lösen, ob eine korporativ strukturierte Stiftung möglicherweise als verbotene Umgehung mitgliederschützender Vorschriften angesehen werden kann. Die Antwort lautet: Nein. Vielmehr wird zu prüfen sein, ob und inwieweit mitgliederschützende Vorschriften auf eine korporativ strukturierte Stiftung Anwendung finden.202 2. Rechtsmissbrauch als Grenze der Gestaltungsfreiheit Rechtsmissbrauch und Gesetzesumgehung sind insofern miteinander verwandt, als das Verhalten oder die Gestaltung in beiden Fällen formal scheinbar rechtmäßig, materiell aber rechtswidrig ist. Sie unterscheiden sich dadurch, dass bei einer Gesetzesumgehung versucht wird, dem Anwendungsbereich eines Rechtssatzes zu entfliehen, ein Rechtsmissbrauch dagegen vorliegt, wenn ein Recht oder Rechtssatz über seinen Anwendungsbereich
___________ 200 Eingehend und überzeugend zu den Methoden der Aufdeckung einer Gesetzesumgehung Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 58 ff. 201 S. o. bei Fn. 123, 124. 202 S. u. § 30 B.
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Erster Teil: Grundlagen
hinaus unzulässig erweitert wird.203 Der Rechtsmissbrauch ist ein Fall unzulässiger Rechtsausübung.204 Damit stellt sich die Frage, woraus sich denn die Unzulässigkeit der Rechtsausübung ergibt, wenn sie doch formal scheinbar rechtmäßig ist. Insoweit ist zu unterscheiden:205 a) Individueller Rechtsmissbrauch Ein individueller Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn die Ausübung eines Rechts gegen „konkrete Normen der Interaktionsmoral“206 verstößt. Im Vordergrund der Betrachtung steht eine ungerechtfertigte Verletzung von schutzwürdigen Interessen eines anderen. Gesetzliche Beispiele sind etwa §§ 162, 226 BGB, Maßstab ist insbesondere § 242 BGB. Das bedarf hier keiner weiteren Vertiefung.207 b) Institutioneller Rechtsmissbrauch Der institutionelle Rechtsmissbrauch bezieht sich hingegen auf eine objektiv zweckwidrige Verwendung einer Rechtsnorm oder eines Rechtsinstituts im obigen (C.II.3.a.) Sinne.208 Im Vordergrund der Betrachtung steht das mangelnde schutzwürdige Interesse des Berechtigten an einer derartigen Rechtsausübung. Gesetzliche Beispiele sind etwa §§ 459 Abs. 1 S. 2, 905 S. 2, 906 Abs. 1, 910 Abs. 2 BGB, Maßstab ist in erster Linie das Telos der jeweiligen Norm. Missachtet werden gleichsam ihre inneren Schranken (sog. Innentheorie).209 Die Grenzen zwischen individuellem und institutionellem Rechtsmissbrauch sind freilich in Wahrheit nicht so scharf, wie sie hier akzentuiert werden; ___________ 203 Eine scharfe Abgrenzung ist freilich nicht möglich. Bsp.: Die Errichtung einer Stiftungskörperschaft könnte sowohl als Umgehung des Stiftungsrechts als auch als Missbrauch des Körperschaftsrecht eingestuft werden. 204 S. statt aller Palandt/Heinrichs, BGB, § 242 Rdnr. 38 ff. 205 Die Unterscheidung geht wohl auf Esser zurück, vgl. L. Raiser, Summum ius, S. 145, 150 f. 206 AK/Teubner, BGB, § 242 Rdnr. 39 ff., 89. 207 Vgl. Teubner, wie vor; Soergel/Teichmann, BGB, § 242 Rdnr. 25 ff.; Esser/Schmidt, Schuldrecht AT I/1, S. 174 ff., jew. m. w. Nw. 208 L. Raiser, Summum ius, S. 145, 151 f.; Esser/Schmidt, Schuldrecht AT I/1, S. 46 ff.; Soergel/Teichmann, BGB, § 242 Rdnr. 14; AK/Teubner, BGB, § 242 Rdn. 89 ff.; Habersack, Vertragsfreiheit, S. 36 ff., Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 13, jew. m. w. Nw. 209 S. außer den Vorgenannten auch BGHZ 3, 94, 103 f.; O. v. Gierke, Privatrecht I, S. 319 f.; Siebert, Verwirkung, S. 91, 98 f.
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§ 3 Die Gestaltungsfreiheit und ihre Grenzen
denn in beiden Fällen erfolgt für gewöhnlich eine Interessenbewertung, die ergibt, dass der eine Teil kein schutzwürdiges Interesse hat und die Interessen eines anderen deswegen ungerechtfertigt verkürzt werden. In der Tat macht die Unterscheidung wohl nur dann Sinn, wenn man es für möglich hält, dass auch ohne Verletzung irgendwelcher Individualinteressen ein Rechtsmissbrauch gegeben sein kann, sei es, weil Allgemeininteressen verletzt werden, sei es, um den Schutz eines Rechtsinstituts selbst willen – sozusagen zur „Reinhaltung des Rechts“.210 Letzteres kommt jedenfalls nicht in Betracht;211 denn dies liefe auf nichts anderes als einen Typenzwang212 oder eine Institutionenlehre213 im oben (C.II.2., 3.b.) bereits als verfehlt gekennzeichneten Sinne hinaus214. Und auch Ersteres ist – zumindest grundsätzlich – abzulehnen; denn dies bedeutete letztlich die Einführung eines der Privatautonomie widersprechenden (s. o. ‘B.I.) generellen Gemeinwohlvorbehalts215. Aus diesen Gründen gibt es auch keinen „Rechtsformmissbrauch“. Auch ein „Missbrauch der juristischen Person“216 ist daher allenfalls bei einem individuellen Rechtsmissbrauch217 anzuerkennen. Durchgriffsprobleme sollten jedoch auf andere Weise gelöst werden.218 Ähnliches gilt für die Frage eines „Missbrauchs der Gestaltungsfreiheit“. Zwar wird etwa das Ausnutzen einer gestörten Vertragsparität vielfach als institutioneller Missbrauch der Vertragsfreiheit angesehen.219 Doch ist auch insofern nach spezi___________ 210 In diesem Sinne etwa Liermann in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 173, 185 ff., der die Stiftung vor ihr „wesensfremden“ Zwecken schützen will. 211 Bedauernd Wiedemann, ZGR Sonderheft 13, S. 5, 11. 212 Vgl. A. Koller, Typuslehre, S. 141 ff.; bezeichnend Soergel/Teichmann, BGB, § 242 Rdnr. 14. 213 Vgl. Raiser, Summum ius, S. 145, 154 ff., 166 f. 214 Ebenso Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 48 ff.; aus dem Stiftungsrecht Hoppe, abhängige Stiftung, S. 46 ff. 215 Vgl. Esser/Schmidt, Schuldrecht AT I/1, S. 48. 216 Vgl. Serick, Rechtsform, S. 203 ff.; aus der Rechtsprechung etwa BGH, ZIP 2002, 1578, 1580. 217 S. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 21 Rdnr. 48; K. Schmidt, GR, S. 232 f.; aber auch Wiedemann, GR, S. 277, jew. m. w. Nw. 218 S. u. § 24 B. 219 So schon das Reichsgericht, zusammenfassend RGZ 153, 24, 28; sodann etwa BGHZ 51, 55, 59; 60, 243, 245; 70, 304, 310; in der Lit. grundlegend L. Raiser, Geschäftsbedingungen, S. 277 ff.; ders., FS 100 Jahre DJT Bd. I, S. 101, 133; ferner etwa Soergel/Teichmann, BGB, § 242 Rdnr. 15 ff.; AK/Teubner, BGB, § 242 Rdnr. 90 ff.; dagegen Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 48 ff.
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Erster Teil: Grundlagen
fischeren Erklärungen zu suchen,220 um Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit zu rechtfertigen. Jedenfalls ersetzt das Verdikt des Missbrauchs keine methodisch überzeugende Begründung. Insofern verhält es sich ähnlich wie mit dem Wesensargument (o. C.II.2.a.)
V. Numerus clausus der Rechtsformen und Rechtsformzwang Karsten Schmidt erklärt den numerus clausus der Rechtsformen anschaulich wie folgt: „Wer ein Rechtsgebilde schaffen will, das ein eigenes Vermögen haben, selbständig handeln und haften, vielleicht sogar klagen und verklagt werden soll, muß gesetzliche Mindestvoraussetzungen erfüllen. Er darf dem Rechtsverkehr kein Phantasiegebilde als Rechtssubjekt vorsetzen, sondern er hat die Wahl zwischen vorgegebenen Rechtsformen, deren Organisation und Haftungsverfassung vom objektiven Recht geordnet ist.“221 Dieser numerus clausus der Rechtsformen beruht auf den Gedanken der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes.222 Wird der numerus clausus der Rechtsformen verletzt ist Rechtsfolge nicht etwa die Nichtigkeit der Organisation oder des ihr zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts. Rechtsfolge ist vielmehr ein Rechtsformzwang, der dazu führt, dass jede privatrechtliche Organisation – ob mit oder ohne oder auch gegen den Willen der Parteien – einer der zulässigen Rechtsformen zugewiesen wird, und zwar im Zweifel derjenigen Grundrechtsform (OHG, GbR bzw. n. e.V.), die von ihrer Verfassung her am ehesten auf die in Frage stehende Organisation passt.223 Im Grunde genommen geht es mithin um ein Normanwendungsproblem, und zwar für den Fall, dass die für die Wahl, die Entstehung oder den Fortbestand einer privatrechtlichen Rechtsform maßgeblichen Voraussetzungen nicht eingehalten werden (sog. ursprüngliche oder nachträgliche Rechtsformverfehlung) und die Organisation gleichwohl in Vollzug gesetzt ist (Bsp.: Als GmbH firmierendes vollkaufmännisches Unternehmen, wird nie als GmbH eingetragen.224 Oder: Der einzige Komplementär einer KG scheidet aus und wird dauerhaft nicht ersetzt.225 In beiden Fällen ist dann OHGRecht anzuwenden.). ___________ 220 Vgl. zur Inhaltskontrolle Fastrich, wie vor S. 51 ff. 221 K. Schmidt, GR, S. 96. 222 K. Schmidt, GR, S. 96; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 118 f.; Wiedemann, GR, S. 42 f.; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595, 603. 223 S. K. Schmidt, GR, S. 101 ff. (auch zur Terminologie) sowie Hey, Freie Gestaltung, s. 161, jew. m. w. Nw. 224 BGHZ 22, 240. 225 Vgl. BGH, NJW 1979, 1705.
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§ 3 Die Gestaltungsfreiheit und ihre Grenzen
Wurden aber die für die Wahl, die Entstehung und den Fortbestand der Rechtsform entscheidenden Normativbestimmungen eingehalten und überschreiten nur einzelne Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung die Grenzen der Gestaltungsfreiheit, dann richten sich die Rechtsfolgen nach allgemeinen Regeln. Mit dem numerus clausus der Rechtsformen und dem hieraus folgenden Rechtsformzwang hat das nichts zu tun. Und welche die für die Wahl, die Entstehung und den Fortbestand der Rechtsformen entscheidenden Normativbestimmungen sind, ist den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften zu entnehmen. Dabei geht es allerdings nicht an, die gesetzlichen Bestimmungen so zu interpretieren, dass der numerus clausus der Rechtsformen in einen Typenzwang mündet; denn einen Typenzwang gibt es nicht (s. o. II.2.). Und der numerus clausus der Rechtsformen begrenzt allein die Zahl und damit die Auswahlmöglichkeiten, nicht aber die Ausgestaltung der Rechtsformen.226 Schließlich ist der Anwendungsbereich des Rechtsformzwangs dadurch eingeschränkt, dass er immer schon dann nicht eingreift, wenn ein staatliches Prüfungsverfahren für die Entstehung der Organisation erforderlich ist (z. B. §§ 55 ff., 80 Abs. 1 BGB, §§ 7 ff. GmbHG) und – ob zu Recht oder zu Unrecht – erfolgreich durchlaufen wurde. Wird ein Verein ins Vereinsregister eingetragen, obwohl er als Wirtschaftsverein eintragungsunfähig ist (§§ 22, 55 Abs. 1 BGB), geht es selbstverständlich nicht an, den Verein ohne weiteres als OHG zu behandeln.226a Vielmehr ist zuvor ein Amtslöschungsverfahren zu betreiben (§§ 159, 142 FGG) und dem Verein auf diese Weise ___________ 226 K. Schmidt, GR, S. 106 ff.; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 118 ff.; Wiedemann, GR, S. 43; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595, 603; Hey, Freie Gestaltung, s. 159. 226a Nach der – nicht rechtskräftigen – Entscheidung des OLG Dresden, ZIP 2005, 1680 ff. („Kolping“), sollen aber die „Mitglieder eines personalistisch strukturierten eingetragenen Vereins, der sich über das sog. Nebenzweckprivileg hinaus in erheblichem Umfang wirtschaftlich betätigt, … wegen Missbrauchs der Rechtsform jedenfalls dann akzessorisch für sämtliche Verbindlichkeiten [haften], wenn sie Kenntnis von der wirtschaftlichen Betätigung haben und dieser keinen Einhalt gebieten.“ Diese Entscheidung ist freilich in vielerlei Hinsicht zweifelhaft. So ist zu fragen, warum dies nur für personalistisch strukturierte Vereine gelten soll. Allein das Maß des Einflusses der einzelnen Mitglieder kann aus Gläubigersicht nicht entscheidend sein. Und wo ist die Grenze zu ziehen? Wenn es aber auf eine personalistische Struktur nicht ankommen kann, was ist dann bspw. den Mitgliedern von Sportvereinen mit umfangreicher professioneller Abteilung zu raten? M. a. W. zeigt sich einmal mehr, dass Rechtsmissbrauch (s. o. IV.2.) und Haftungsdurchgriff (s. u. § 24 B.) ungeeignete Begründungsinstrumente sind. Zu suchen ist vielmehr nach spezifischeren Anknüpfungspunkten für eine Haftung der Mitglieder (z. B. für eine Außenhaftung § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz oder § 826 BGB bzw. für eine Innenhaftung eine Treuepflichtverletzung).
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Erster Teil: Grundlagen
gleichsam die staatliche Anerkennung wieder zu entziehen.226b Nur wenn der Wirtschaftsverein daraufhin seine Tätigkeit nicht aufgibt, sondern das Unternehmen munter weiter betreibt, ohne sich eine andere passende Rechtsform zu geben, dann wird er kraft Rechtsformzwangs als OHG behandelt. All das wird später anhand eines Beispiels zum Stiftungsrecht noch einmal illustriert werden.227 Hier ist jedoch festzuhalten: Der numerus clausus der Rechtsformen und der hierauf beruhende Rechtsformzwang sind als Grenze der Gestaltungsfreiheit nahezu ohne Erkenntniswert.228
D. Zusammenfassung I. Die Privatautonomie ist Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts des Menschen. Hierin, nämlich in dem Selbstbestimmungsrecht der anderen, liegt zugleich ihre erste und wichtigste Schranke. Ihre Folge ist das Konsensprinzip. Dabei wohnt selbstbestimmten Entscheidungen eine gesetzliche Richtigkeitsvermutung inne. Diese Vermutung erstreckt sich allerdings nicht etwa auf eine ethische Gerechtigkeit, objektive Angemessenheit oder gar Gemeinwohlkonformität, sondern nur darauf, dass ein Rechtsgeschäft den Interessen der an ihm Beteiligten entspricht. Ethische Gerechtigkeit, objektive Angemessenheit oder Gemeinwohlkonformität herzustellen, sind freilich auch nicht vornehmste Aufgaben einer auf Privatautonomie und Selbstbestimmung gründenden Privatrechtsordnung. Vornehmste Aufgabe ist die Schaffung einer interessengerechten Ordnung der individuellen Rechtsverhältnisse durch Ausgleich der miteinander konkurrierenden Individualinteressen. Ist ein solcher Interessenausgleich gewährleistet, so fordert die Achtung vor dem Selbstbestimmungsrecht, in gewissem Maße auch ethisch ungerechte, objektiv unangemessene, ja sogar gemeinwohlschädliche Rechtsgeschäfte hinzunehmen. II. Die Privatautonomie ist einerseits durch die speziellen Freiheitsrechte der Art. 4 ff. GG, andererseits subsidiär durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet. Das gilt entsprechend für die Stifterautonomie. Dabei sind die speziellen Freiheitsrechte allerdings lediglich im Blick auf die Zwecksetzung, Art. 14 GG lediglich im Blick auf das Zuwendungsversprechen und Art. 2 Abs. 1 GG dagegen auf die Stiftungserrichtung selbst, also den Organisationsakt ___________ 226b Deswegen trägt auch der Vergleich des OLG Dresden, ZIP 2005, 1680, 1688, mit der Rechtslage bei Vorgesellschaften (BGHZ 152, 290, 294 f.) und nicht eingetragenen Vereinen (BGHZ 146, 190, 201) nicht. 227 S. u. § 29 B.IV.2.a. 228 Ebenso Hey, Freie Gestaltung, s. 160, 164 f.
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§ 3 Die Gestaltungsfreiheit und ihre Grenzen
anwendbar. Normen, die nicht vornehmlich freiheitsgewährenden Charakter haben, sondern die Privat- bzw. Stifterautonomie einschränken, sind an dem Übermaßverbot zu messen. Die Stiftung selbst ist durch Art. 19 Abs. 3 GG geschützt. III. Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich zuvörderst aus dem zwingenden Recht. Insoweit sind feste, fließende und bewegliche Grenzen zu unterscheiden. Die maßstabbildende Funktion des dispositiven Rechts ist insbesondere im Rahmen einer Prüfung der inhaltlichen Angemessenheit von Rechtsgeschäften zu beachten. Eine solche Prüfung ist jedoch nur dort gerechtfertigt, wo die Vertragsparität typischerweise gestört ist, also insbesondere im Bereich des Verbraucherschutzes, der Verwendung von AGB, im Individualarbeitsund Wohnungsmietrecht sowie bei Publikumsgesellschaften und -vereinen. Im Stiftungsrecht spielt sie daher als Grenze der Gestaltungsfreiheit keine Rolle. Eine typologische Betrachtung ist vor allem im Rahmen der Gesetzesanwendung und -auslegung von Bedeutung. Abzulehnen ist hingegen ein Typenzwang. Und das „Wesen“ ist ein juristisches Unwesen. Die Bildung und Untersuchung von Institutionen ist eine wichtige Aufgabe, soweit es um die systematische Ordnung des Rechts und die Herausarbeitung von allgemeinen Lehren und Rechtsprinzipien geht. Rechtsprinzipien können die Gestaltungsfreiheit begrenzen, soweit sie zwingend sind. Im Übrigen sind sie bei der Gesetzesanwendung und -auslegung zu berücksichtigen. Abzulehnen sind dagegen Institutionenlehren, die eine Auslegung im Lichte der sozialen Verhältnisse und gesellschaftlich-politischen Anschauungen fordern. Insbesondere vermag die Wirtschaftsverfassung die Gestaltungsfreiheit nicht zu begrenzen. Das Problem der Gesetzesumgehung ist „lediglich“ eine Frage der Gesetzesauslegung und -anwendung. Weitergehende Überlegungen laufen auf einen Typenzwang hinaus und sind daher abzulehnen. Das gilt gleichfalls für die Figur eines Institutsmissbrauchs, soweit hiermit keine Individualinteressen, sondern lediglich das Rechtsinstitut selbst oder Allgemeininteressen geschützt werden sollen. Letzteres würde die Einführung eines generellen Gemeinwohlvorbehalts bedeuten. Und der numerus clausus der Rechtsformen schließlich begrenzt allein die Zahl und damit die Auswahlmöglichkeiten, nicht aber die Ausgestaltung der Rechtsformen. 73
Erster Teil: Grundlagen
Nach allem kann festgehalten werden: Atypische Gestaltungen sind zulässig, soweit sie nicht gegen zwingendes Recht verstoßen. Das fordert sowohl die Achtung der Privatautonomie als auch der Vorrang des Gesetzes und dürfte der herrschenden Meinung entsprechen229. Die Fragen, welche Normen zwingend sind, was ihr Inhalt und was ihr Anwendungsbereich ist, sind durch Auslegung nach allgemeinen privatrechtlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der Interessen und des Schutzes der Beteiligten, des Verkehrsschutzes, des öffentlichen Interesses und sonstiger allgemeiner Rechtsprinzipien zu beantworten. Liegt danach eine zulässige Typenabweichung vor, kann allerdings die Anwendung nicht der formaltypischen, sondern der typengerechten Normen geboten sein. Vor allem an dieser Stelle ist die maßstabbildende Funktion des dispositiven Rechts zu berücksichtigen. All dies erfordert eine „Schrittchen-für-Schrittchen-Prüfung“ jeder Einzelfrage. Methodisch ist mithin der kleine Fang dem großen Wurf vorziehen.
___________ 229 S. etwa BGH, StiftRspr. IV, S. 58, 62; BGHZ 45, 204; 134, 392; aus der Literatur mit jeweils unterschiedlicher Akzentuierung Nitschke, Personengesellschaft, S. 8; K. Schmidt, GR, S. 119 f.; Wiedemann, GR, S. 73 ff.; auch Kübler, GR, S. 280 ff.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung Ausweislich des Wortlauts der §§ 80 ff. BGB, die das Wort „Stifter“ stets nur im Singular gebrauchen, wird eine Stiftung im Unterschied zu einer Gesellschaft gesetzestypischerweise durch lediglich eine Person gegründet. Unstreitig können aber auch mehrere Stifter gemeinsam eine Stiftung errichten.1 Wie dieser Vorgang rechtlich zu bewerten ist, ist jedoch nicht hinreichend geklärt. Wird das Stiftungsgeschäft zum Stiftungsvertrag? Entsteht eine Vorgründungsgesellschaft, eine Vorstiftung oder gar eine Art Stiftungsgesellschaft? Diesen Fragen nachzugehen, darauf liegt der Schwerpunkt des folgenden § 4. In § 5 wird zunächst der Begriff und die Bedeutung des Stiftungszwecks – und zwar gerade (auch) im Vergleich zum Verbandszweck – untersucht. Sodann wird die Frage aufzugreifen sein, welche Stiftungszwecke zulässig und welche unzulässig sind. Nach § 80 Abs. 1 BGB bedarf es zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts neben dem Stiftungsgeschäft der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig durch die zuständige Behörde des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll.2 Anders als im Gesellschaftsrecht gilt im – deutschen3 – Stiftungsrecht weiterhin das Konzessionssystem, wenngleich nunmehr nach § 80 Abs. 2 BGB ausdrücklich ein Anspruch auf Anerkennung bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen besteht. Diese Voraussetzungen werden in § 6 zu erläutern sein.
___________ 1 Statt aller Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 3; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 98. 2 Erforderlich ist zudem ein Antrag auf Anerkennung der Stiftung, vgl. § 81 Abs. 2 S. 2 BGB und dazu u. § 6 A. 3 In der westlichen Welt außerhalb des romanischen Rechtskreises bedarf eine Stiftungserrichtung i. d. R. keiner Genehmigung, so etwa in Dänemark, Liechtenstein, den Niederlanden, Österreich (für sog. Privatstiftungen), Schweden, der Schweiz sowie den USA, s. den Überblick in MüKo/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 121 ff.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
§ 4 Das Stiftungsgeschäft Stifter können sowohl natürliche als auch juristische Personen4 des privaten oder öffentlichen Rechts5 sowie Gesamthandsgemeinschaften sein.6 Der gesetzestypische Fall ist dabei, dass ein Stifter allein die Stiftung gründet. Dementsprechend wird hier die Einpersonen-Gründung zuvörderst als Grundlage der weiteren Überlegungen behandelt.
A. Einpersonen-Gründung Das Stiftungsgeschäft kann unter Lebenden (§ 81 BGB) oder von Todes wegen (§ 83 BGB) vorgenommen werden. Dementsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen an die Wirksamkeit des Geschäfts. Dabei ist der praktisch7 und für diese Arbeit bedeutsamere Fall das Stiftungsgeschäft unter Lebenden. ___________ 4 Von Muscheler, ZSt 2003, 67, 69, wird das allerdings jüngst mit dem Argument bestritten, dass es einer stiftungsmäßigen „Verewigung“ des Stifterwillens nur bei sterblichen natürlichen, nicht aber bei juristischen Personen bedürfe, da diese ohnehin regelmäßig auf Dauer angelegt seien. Die bloße Frage der Erforderlichkeit ist indes von vornherein nicht geeignet die Privatautonomie praeter legem einzuschränken. Überdies sind Körperschaften und Personengesellschaften bekanntlich von dem wechselnden Willen ihrer Mitglieder abhängig, so dass eine Stiftungsgründung sehr wohl zur Willensperpetuierung wünschenswert sein kann. Zum Problem der Erforderlichkeit und der Rechtsfolgen des Fehlens einer Ermächtigung des Geschäftsführungsorgans einer juristischen Person zur Gründung einer Stiftung s. K. Schmidt in: NPLYB 2001, S. 107 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 105 f. m. w. Nw. Auch Stiftungen sind als Gründer von Tochterstiftungen denkbar, nämlich wenn die Gründung dem Willen des Stifters der Mutterstiftung entspricht, ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 4, 104. Der Stifter kann daher die zuständigen Stiftungsorgane in der Stiftungssatzung zur Gründung von Tochterstiftungen ermächtigen. Zur „Spaltung“ von Stiftungen s. auch Schmidt-Wottrich, ZSt 2004, 291. 5 Auch das wird in letzter Zeit vereinzelt bestritten, s. Muscheler, ZSt 2003, 67, 69 ff.; Fiedler, ZSt 2003, 191 ff.; vorsichtiger Kilian, ZSt 2003, 179 ff.; s. auch ders. in: modernes Stiftungsprivatrecht, S. 71 ff.; ders. in: Instrumentalisierung, S. 87 ff.; ferner die Beiträge von Battis in: Instrumentalisierung, S. 45 ff.; Rozek, ebd., S. 71 ff.; Fiedler, ebd., S. 71 ff., und Schulte in: NPLYB 2001, S. 127 ff. Richtig ist jedenfalls, dass damit oftmals nicht unerhebliche zivil- und öffentlich-rechtliche Probleme einhergehen, dazu auch MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 107 ff. m. w. Nw. Das soll an dieser Stelle nicht vertieft werden. 6 Vgl. VG Düsseldorf, NVwZ 1994, 811, 812 (s. auch BVerwGE 106, 177) sowie statt anderer Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 5 m. w. Nw. 7 In den Jahren 1990 – 1999 waren nur ca. 12 % der Stiftungsneugründen solche von Todes wegen, Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 13.
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§ 4 Das Stiftungsgeschäft
I. Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden Im Blick auf die Wirksamkeitsvoraussetzungen des Stiftungsgeschäfts kann zwischen den allgemeinen rechtsgeschäftlichen und den inhaltlichen Anforderungen differenziert werden. 1. Allgemeine Anforderungen Das Stiftungsgeschäft ist nach allgemeiner Meinung eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung.8 Bei der Einpersonen-Gründung ist das eine Selbstverständlichkeit und etwa bei der Gründung einer Einpersonen-GmbH nicht anders.9 Zweifelhaft kann dies somit nur bei einer Mehrpersonen-Gründung sein und wird daher dort näher untersucht. Als nicht empfangsbedürftige Willenserklärung wird das Stiftungsgeschäft nach allgemeinen Regeln bereits mit ihrer Äußerung also schon dann wirksam, wenn das nach außen erkennbare Verhalten des Stifters den Schluss auf seinen Rechtsfolgewillen in der Weise zulässt, dass an der Endgültigkeit seines Willens kein Zweifel mehr ist10. Nachdem die Stiftungserklärung gemäß § 81 Abs. 1 BGB der Schriftform bedarf,11 ist dies mit der eigenhändigen Unterschrift des Stifters unter die Stiftungsurkunde (§ 126 Abs. 1 BGB) anzunehmen.12 Dabei ist Stellvertretung grundsätzlich13 zulässig.14 Auch im Übrigen gelten hinsichtlich des Stiftungsgeschäfts die allgemeinen Regeln der §§ 104 ff. BGB.15 Allerdings ist das Stiftungsgeschäft nicht nur ___________ 8 9 10 11
12 13 14 15
Statt anderer Soergel/Neuhof, BGB, § 80 Rdnr. 2. OLG Hamm, DB 1983, 2679; Hüffer, ZHR 142 (1978), 486, 491. Statt anderer Palandt/Heinrichs, BGB, § 130 Rdnr. 4. Ob diese Form auch dann ausreicht, wenn das Stiftungsgeschäft die Übertragung von Grundstücken vorsieht, ist umstritten, dafür die wohl h. M. etwa OLG Schleswig, DNotZ 1996, 770 m. Anm. Wochner; Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 4; Seifart/ v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 15; dagegen bspw. Staudinger/Rawert, BGB, § 81 Rdnr. 2 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, § 81 Rdnr. 3. Zu folgen ist der h. M., weil § 311b BGB zuvörderst Warnfunktion zukommt, der vorliegend bereits durch das Anerkennungserfordernis genügt wird, zutr. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 5. Nach neuem Recht spricht für die herrschende Meinung überdies, dass der Gesetzgeber Problem und Meinungsstand kannte, es aber nicht abweichend geregelt hat. Flume, jP, S. 139 m. w. Nw. Die Schriftform kann durch die elektronische Form gemäß § 126a BGB ersetzt werden. Ausnahme nach §§ 1641, 1804 BGB für gesetzliche Vertreter, Erman/O. Werner, BGB, § 80 Rdnr. 3. Allg. M., bspw. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 8 m. w. Nw. Näher dazu etwa Kronke, Stiftungstypus, S. 14 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 6.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
bloße rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern aufgrund ihrer Zielrichtung der Errichtung einer juristischen Person auch Organisationsakt.16 Die Regel des § 139 BGB ist daher auf das Stiftungsgeschäft nicht anzuwenden, da sie mit dem typischen Interesse des Stifters an der Entstehung und dem Bestand der Stiftung unvereinbar ist.17 Die Nichtigkeit einzelner Bestimmungen des Stiftungsgeschäfts berührt daher dessen Wirksamkeit im Übrigen grundsätzlich18 nicht. Aufgrund der Rechtsnatur des Stiftungsgeschäfts als Organisationsakt soll es zudem nach teilweise vertretener Auffassung bedingungsfeindlich sein, da es eine nur bedingt entstandene juristische Person nicht gebe und im Interesse des Rechtsverkehrs eine Unsicherheit über den Bestand der Stiftung vermieden werden müsse.19 Dem ist indes, wie an späterer Stelle darzulegen sein wird (s. u. § 26 A.II.2, III.2), nicht zu folgen.20 Auch ist das Stiftungsgeschäft widerruflich (s. § 81 Abs. 2 BGB sowie u. A.I.4.a) und anfechtbar21. Allerdings führt eine Anfechtung des Stiftungsgeschäfts nach Anerkennung der Stiftung nur dazu, dass dem Stifter das zugewendete Vermögen gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB in den Grenzen des § 818 Abs. 3 BGB zurückzugewähren und die Stiftung unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB aufzuheben ist.22 2. Inhaltliche Anforderungen Die inhaltlichen Anforderungen an das Stiftungsgeschäft umschreibt § 81 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB nunmehr wie folgt: „Es muss die verbindliche Erklärung des Stifters enthalten, ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zwecks zu widmen. Durch das Stiftungsgeschäft muss die Stiftung eine Satzung erhalten mit Regelungen über 1. den Namen der Stiftung, 2. den Sitz der Stiftung, 3. den Zweck der Stiftung, 4. das Vermögen der ___________ 16 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 6; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 10; vgl. auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 11; Flume, jP, S. 139. 17 So die h. M. im Gesellschaftsrecht, statt anderer Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 2 Rdnr. 87 m. w. Nw.; s. aber u. bei Fn. 119. 18 Eine Ausnahme ist mit Ebersbach, Handbuch, S. 48, dann anzunehmen, wenn zentrale Teile des Stiftungsgeschäfts nichtig sind. 19 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 30; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 3; Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 3. 20 Wie hier etwa BGH, StiftRspr. III, S. 89, 94 f.; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 6; Kronke, Stiftungstypus, S. 15 f., 49. 21 H. M., statt anderer Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 5; RGRK/Steffen, BGB, § 80 Rdnr. 1; Ebersbach, Handbuch, S. 47; a. A. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 6, der das Anfechtungsrecht auf das Zuwendungsversprechen begrenzen will. 22 Näher u. § 26 A.I.1.c.
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§ 4 Das Stiftungsgeschäft
Stiftung, 5. die Bildung des Vorstands der Stiftung.“ Das Stiftungsgeschäft besteht somit – wie schon nach bisherigem Recht23 – aus einem vermögensrechtlichen und einem organisationsrechtlichen Teil.24 a) Vermögensrechtlicher Inhalt Vermögensrechtlich muss das Stiftungsgeschäft ein sog. Zuwendungsversprechen (auch Dotation genannt) enthalten,25 in dem sich der Stifter verpflichtet, der Stiftung ein gewisses Vermögen zu übertragen (vgl. auch § 82 BGB). Hierbei kann es sich um einmalige aber auch um fortlaufende Leistungen handeln. Eine betragsmäßige Mindestkapitalausstattung entsprechend dem Recht der Kapitalgesellschaften sieht das Gesetz nicht vor. Voraussetzung der Anerkennung der Stiftung ist allerdings, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint (§ 80 Abs. 2 BGB). Doch muss der Stifter die Mittel hierzu nicht selbst aufbringen. So gesehen ist fraglich, ob das Zuwendungsversprechen zu den essentialia des Stiftungsgeschäfts gehört.26 Doch wird man dies wegen des Wortlauts von § 81 Abs. 1 S. 2 BGB heute zu bejahen haben,27 wenngleich u. U. ein symbolischer Betrag (1,– Euro) genügt28. Fehlen vermögensrechtliche Bestimmungen im Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung, so stellt sich im Falle des § 81 Abs. 1 S. 4 i. V. m. § 83 S. 2 bis 4 BGB die Frage, ob die Behörde befugt ist, entsprechende Ergänzungen vorzunehmen. Das wird man ohne weiteres zulassen können, wenn es nur darum geht, den Stifterwillen in geeigneter Form in einer von der Behörde verfassten Stiftungssatzung niederzulegen. Dagegen ist die Behörde selbstverständlich nicht befugt, die Erben des Stifters zu Leistungen zu verpflichten, die über die von dem Stifter im Stiftungsgeschäft zugesagten hinausgehen. Auch dahingehende Auflagen können nicht mit dem Anerkennungsbescheid verbunden werden.29 Ist die Stiftung unterkapitalisiert und kann die ___________ 23 Statt aller Ebersbach, Handbuch, S. 44. 24 Statt anderer Erman/O. Werner, BGB, § 80 Rdnr. 4; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 3. Seit jüngstem wird dies allerdings von Muscheler, ZEV 2003, 41, 42, 44; ders., AcP 203 (2003), S. 469 ff., bestritten. Dagegen zu Recht MünchKomm/ Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 3. 25 Zur Rechtsnatur des Zuwendungsversprechens s. u. § 24 A.II. 26 Nach alter Rechtslage dagegen Flume, jP, S. 140; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 19; Kronke, Stiftungstypus, S. 26 m. w. Nw. 27 A. A. Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 49, nach dessen Ansicht es ausreichen soll, wenn der Stifter angibt, auf welche Weise die Stiftung die erforderlichen Mittel erhält. 28 Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 11 a. E.; a. A. namentlich Backert, ZSt 2003, 129 ff.; Muscheler, JR 2003, 441, 442; näher u. § 6 C. 29 S. u. § 6 D.II.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
Behörde den Stifter bzw. seine Erben auch nicht im Rahmen ihrer Beratungspflicht30 zu einer Erhöhung des Zuwendungsversprechens bewegen, so muss die Behörde die Stiftungsanerkennung verweigern. b) Organisationsrechtlicher Inhalt aa) Organisationsrechtlich muss das Stiftungsgeschäft zuvörderst die Absicht des Stifters erkennen lassen, eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts errichten zu wollen.31 Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes, wohl aber aus allgemeinen Regeln. bb) Darüber hinaus muss der Stifter den Stiftungszweck festlegen.32 Zwar braucht der Stiftungszweck nicht ausdrücklich genannt zu sein. Insbesondere bei Anstaltsstiftungen kann er sich auch aus dem gewidmeten Vermögen (z. B. Krankenhaus) ergeben. Erforderlich ist jedoch in jedem Fall, dass der Stiftungszweck im Stiftungsgeschäft hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. Auch im Falle des § 81 Abs. 1 S. 4 i. V. m. § 83 S. 2 bis 4 BGB darf die Anerkennungsbehörde einen fehlenden Stiftungszweck nicht ergänzen,33 sondern darf allenfalls den Willen des Stifters auslegen, ihn erforderlichenfalls präzisieren und dergestalt in einer von ihr verfassten Stiftungssatzung niederlegen. Enthält das Stiftungsgeschäft keine Angaben zum Stiftungszweck und lässt sich ein solcher auch nicht durch Auslegung ermitteln, so handelt es sich mangels Vorliegen einer gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung (§ 81 Abs. 1 S. 2 BGB) um ein sog. Nichtgeschäft34.35 Das Stiftungsgeschäft muss also zumindest einen wirksamen Stiftungszweck enthalten. Es kann aber auch mehrere Stiftungszwecke entweder nebeneinander (auch als Haupt- und Nebenzwecke) oder nacheinander (sog. Sukzessivstiftung) vorsehen.36 Unwirksam ist ein Stiftungszweck insbesondere, wenn er gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt ___________ 30 Vgl. § 25 VwVfG. 31 Vgl. VGH BW, StiftRspr. III, S. 13, 15; KG OLGE 4, 8; aus der Lit. Erman/ O. Werner, BGB, § 80 Rdnr. 5, § 81 Rdnr. 5; näher Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 17. 32 Das war schon bisher Konsens, s. nur VGH BW, StiftRspr. III, S. 13, 16. 33 Vgl. RGZ 170, 22, 24 f. Einige der noch nicht modernisierten Stiftungsgesetze der Länder stellen dies sogar ausdrücklich klar, so §§ 5 Abs. 3 S. 2 BreStiftG, 10 Abs. 3 S. 2, Hs. 2 SaStiftG, 10 Abs. 3 S. 2, Hs. 2 SAStiftG, 10 Abs. 3 S. 2, Hs. 2 ThStiftG. 34 Vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, Vor § 104 Rdnr. 3. 35 Im Ergebnis bereits zum alten Recht h. M., vgl. RGZ 170, 22, 24; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 9; Soergel/Neuhoff, BGB, § 80 Rdnr. 5; v. Rotberg, BWStiftG, § 6 Anm. 2 d und e; zum neuen Recht MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 20. 36 Statt anderer Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 4.
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§ 4 Das Stiftungsgeschäft
(§§ 134, 138 BGB). Überdies ist eine Stiftung gemäß § 80 Abs. 2 BGB nicht anerkennungsfähig, deren Zweck das Gemeinwohl gefährdet. Welche Anforderungen an den Stiftungszweck im Einzelnen zu stellen sind, wird in § 5 behandelt. cc) Ferner muss die Stiftung durch das Stiftungsgeschäft eine Satzung erhalten, die Angaben zu den in § 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 bis 5 BGB genannten Regelungsgegenständen enthält. Ausweislich von § 81 Abs. 1 S. 4 BGB handelt es sich hierbei jedoch nicht um eine Tatbestandsvoraussetzung des Stiftungsgeschäfts. Fehlt eine Stiftungssatzung oder ist sie unvollständig, ist das Stiftungsgeschäft daher nicht unwirksam, sondern die Stiftung zu Lebzeiten des Stifters lediglich nicht anerkennungsfähig. Auch muss die Stiftungssatzung nicht in einer gesonderten Urkunde verkörpert sein. Vielmehr genügt es, wenn in dem Stiftungsgeschäft selbst die erforderlichen Regelungen getroffen werden. Im Einzelnen verlangt § 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 bis 5 BGB folgende Angaben: (1) Die Stiftung muss als Teil ihrer Identitätsausstattung einen Namen haben. Dabei sind die Anforderungen des § 12 BGB zu beachten, d. h. der Name darf nicht die Namensrechte eines Dritten verletzen oder dem Grundsatz der Namenswahrheit widersprechen.37 Insbesondere darf der Name keine falschen Vorstellungen über Zweck, Art und Größe der Stiftung wecken.38 Ist die Stiftung Kaufmann, gelten die Vorschriften über die Firma, namentlich §§ 18 Abs. 2, 30 HGB, 16 UWG. Im Übrigen ist der Stifter bei der Wahl des Namens frei. Allerdings soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs eine bloß willkürliche Buchstaben- oder gar Zahlenkombination nicht genügen.39 Das ist freilich nur dann richtig, wenn man die Betonung auf „willkürlich“ legt. Z. B. wäre (bei Wahrung der einschlägigen Schutzrechte) nichts dagegen einzuwenden, wenn eine Stiftung nach dem berühmten Eau de Toilette „4711“ benannt wird. Ein Rechtsformzusatz soll nach herrschender Ansicht nicht erforderlich sein, weil der Geschäftsverkehr nicht vor Stiftungen gewarnt werden müsste.40 Nach anderer Ansicht soll dagegen § 4 GmbHG zumindest dann analoge Anwendung finden, wenn die Stiftung als Kaufmann auftritt.41 Dem ist zuzustimmen. Der bloße Zusatz „Stiftung“ reicht allerdings nicht, weil diese Bezeichnung zu unbestimmt ist und mangels Bezeichnungsschutz auch un___________ 37 38 39 40 41
Statt anderer Palandt/Heinrichs, BGB, § 81 Rdnr. 5. Begr. RegE, BT-Drs., 14/8765, S. 10. Begr. RegE, BT-Drs., 14/8765, S. 10. Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 24. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 17.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
selbständigen Stiftungen sowie Stiftungskörperschaften offen steht42. Erforderlich ist der Zusatz „Stiftung bürgerlichen Rechts“ oder „anerkannte Stiftung“. (2) Ferner muss der Sitz der Stiftung bestimmt werden. Auch diesen kann der Stifter im Inland frei bestimmen, soweit der Ort einen Bezug zu der Stiftungstätigkeit hat.43 Für gewöhnlich wird als Sitz derjenige Ort bestimmt, an dem die Verwaltung der Stiftung geführt werden soll, s. § 83 S. 3 BGB. Und wo das sein soll, ist ganz und gar dem Willen des Stifters überlassen. Da die Landesstiftungsgesetze im Detail zum Teil erheblich differieren, ist dem Stifter zu raten, den Sitz der Stiftung nach Möglichkeit in dem Bundesland anzusiedeln, dessen Stiftungsgesetz (und die Praxis der Aufsichtsbehörde) seinen Vorstellungen am ehesten entgegenkommt.44 (3) Ist die Stiftungssatzung in einer eigenen Urkunde verkörpert, ist darin nochmals der Zweck der Stiftung anzugeben. Er kann (und soll)45 dabei auch gegenüber der Festlegung im Stiftungsgeschäft präzisiert werden. Widersprüche sind dabei zu vermeiden. Im Zweifelsfall kommt den Angaben im Stiftungsgeschäft Vorrang zu. Sie sollen so hinreichend bestimmt sein, dass der zuständigen Behörde die Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der Stiftung möglich ist.46 Näher zum Stiftungszweck u. § 5. (4) Die in die Satzung aufzunehmenden Regelungen über das Vermögen der Stiftung sollen nach der Begründung des Regierungsentwurfs das Zuwendungsversprechen ergänzen, und zwar im Blick auf die Verwendung und Verwaltung des Vermögens und der Erträge sowie im Blick auf mögliche Zustiftungen und sonstige Zuwendungen.47 Auch dabei ist der Stifter völlig frei.48 Er kann daher auch derartige Regelungen unterlassen.49 Entgegen Hüttemann50 muss er auch nicht festlegen, welcher Teil des zugewandten Vermögens dauerhaft zu erhalten ist. Legt der Stifter nichts Gegenteiliges ___________ 42 S. o. § 2 Fn. 1 sowie Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 51. 43 Begr. RegE, BT-Drs., 14/8765, S. 10; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 19; näher zum Sitz der Stiftung Mecking, ZSt 2004, 199 ff. 44 Ob der Stifter mehrere Sitze bestimmen kann, ist streitig, dafür Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 22; Palandt/Heinrichs, BGB, § 81 Rdnr. 6; Bamberger/Roth/ Schwarz, BGB, § 81 Rdnr. 7; dagegen MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 19; Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 10; Mecking, ZSt 2004, 199, 202, jew. m. w. Nw. 45 Begr. RegE zu § 81 BGB, BT-Drs. 14/8765, S. 10. 46 Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 52. 47 Näher zu derartigen Regelungen u. § 18. 48 Begr. RegE, BT-Drs., 14/8765, S. 10. 49 A. A. Palandt/Heinrichs, BGB, § 81 Rdnr. 8. 50 ZHR 167 (2003), 35, 52.
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§ 4 Das Stiftungsgeschäft
fest und ergibt auch die Auslegung des Stifterwillens nichts anderes, ist nämlich grundsätzlich das gesamte Grundstockvermögen ungeschmälert zu erhalten.51 Ebenso wenig muss der Stifter festlegen, auf welche Weise das Vermögen zur Verwirklichung des Zwecks eingesetzt werden soll (z. B. Anstalts- bzw. Kapitalstiftung),52 zumal sich dies in der Regel ohnehin konkludent aus dem Stiftungsgeschäft ergibt. Bei Stiftungen, deren Anfangsvermögen nicht für eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks ausreicht, ist allerdings zu verlangen, dass der Stifter festlegt, wie sie die erforderlichen weiteren Mittel erlangen soll.53 (5) Ferner sind Regelungen über die Bildung des Vorstandes der Stiftung zu treffen. Dabei kann der Stifter den Vorstand anders bezeichnen (z. B. Kuratorium, Direktorium, Präsidium oder Verwaltungsrat), muss dann aber klarstellen, dass es sich hierbei um das gesetzliche Vertretungsorgan der Stiftung i. S. d. § 86 S. 1 i. V. m. § 26 BGB handeln soll.54 Festlegen muss er zumindest, wer Mitglied des Vorstandes sein soll oder wie die Erstbestellung55 zu erfolgen hat (z. B. durch den Stifter oder seine Erben). Die Mitgliederzahl kann, muss er aber nicht festlegen,56 da andernfalls die Regel des § 86 S. 1 i. V. m. § 26 S. 2 BGB eingreift (Alleinvorstand). Soll der Vorstand aus mehreren Personen bestehen, reicht die Festlegung einer Höchstzahl aus. Regeln über die Abberufung muss die Satzung ebenfalls nicht zwingend enthalten,57 nämlich wenn die Stiftung – wie im gesetzlichen Regelfall – lediglich über einen Alleinvorstand als einziges Organ verfügen soll. Genauso wenig sind Regeln über Amtsdauer, Wiederberufung und Wiederberufbarkeit oder eine Altersgrenze erforderlich58, wenngleich sinnvoll. Und auch ansonsten ist der Stifter hinsichtlich der Ausgestaltung der Organisationsverfassung der Stiftung nahezu vollkommen frei.59 Je komplexer die Organisationsverfassung sein soll (zwei-, drei- oder mehrstufig), desto mehr Regelungen muss die Satzung allerdings auch enthalten. Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich insofern lediglich aus dem Erfordernis der ___________ 51 52 53 54 55 56 57 58 59
Zum stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz s. u. § 17 C. A. a. Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 52. Begr. RegE zu § 81 BGB, BT-Drs. 14/8765, S. 10. Begr. RegE zu § 81 BGB, BT-Drs. 14/8765, S. 11. Enthält die Satzung keine Regelung zur Zweitbestellung gilt bei einem Vorstand als einzigem Organ der Stiftung Kooptation, s. u. § 14 A.II. Anders die h. M. Palandt/Heinrichs, BGB, § 81 Rdnr. 9; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 53. Auch insofern a. A. die h. M. Palandt/Heinrichs, BGB, § 81 Rdnr. 9; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 53. Anders offenbar Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 19. Vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 11.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks (§ 80 Abs. 2 BGB).60 Daher müssen die Bestimmungen über die Organisationsverfassung „widerspruchsfrei und vollziehbar sein“.61 Welche Gestaltungsmöglichkeiten der Stifter im Einzelnen hat, wird ausführlich in §§ 9 – 16 dieser Arbeit untersucht. 3. Auslegung Bei der Auslegung des Stiftungsgeschäfts ist zu bedenken, dass es sich (jedenfalls) bei der Einpersonen-Gründung um eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, die sich zudem nicht – wie etwa die Auslobung – an einen unbestimmten Personenkreis wendet, sondern keinen Erklärungsadressaten hat. Daher kann es nicht darauf ankommen, wie sie von einem anderen verstanden werden musste. Vielmehr richtet sich die Auslegung des Stiftungsgeschäfts gleich einer letztwilligen Verfügung ausschließlich nach § 133 BGB und nicht auch nach §§ 157, 242 BGB.62 Maßgeblich ist also allein der „wirkliche Wille“ des Stifters63, soweit er im Stiftungsgeschäft zum Ausdruck gelangt ist64. Das gilt – bis zur Anerkennung der Stiftung – für dessen organisations- und vermögensrechtliche Bestandteile gleichermaßen; denn bis die Stiftung durch ihre Anerkennung ins Leben getreten ist, stehen nur die Interessen des Stifters in Frage, so dass andere Personen keines Schutzes bedürfen. Im Blick auf diese Interessenlage kann überdies an eine analoge Anwendung des § 2084 BGB mit der Folge gedacht werden, dass – soweit das Stiftungsgeschäft verschiedene Auslegungen zulässt – im Zweifel derjenigen der Vorzug zu geben ist, bei welcher das Stiftungsgeschäft wirksam und die Stiftung anerkennungsfähig ist.65 Nach der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig ändert sich jedoch diese Rechtslage. Auch hierauf wird zurückzukommen sein.66 4. Rechtswirkungen a) Widerruflichkeit des Stiftungsgeschäftes Ist das Stiftungsgeschäft wirksam, so knüpfen sich hieran zunächst grundsätzlich noch keinerlei Rechtsfolgen; denn § 81 Abs. 2 S. 1 BGB sieht die ___________ 60 61 62 63 64 65 66
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S. u. § 6 C.III. Begr. RegE zu § 81 BGB, BT-Drs. 14/8765, S. 11. So aber Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 7. Zutr. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 11. Vgl. BGHZ 80, 246 ff. m. w. Nw. Vgl. Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 9 m. Verweis auf RGZ 19, 257, 259. S. u. § 7 E.
§ 4 Das Stiftungsgeschäft
freie Widerruflichkeit des Stiftungsgeschäfts vor. Mit dem Tod des Stifters geht dieses Recht gemäß § 1922 BGB auf den bzw. die Erben über.67 Dabei ist der Widerruf ebenso wie das Stiftungsgeschäft eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung, die zudem an keine Form gebunden ist und daher auch konkludent, z. B. durch Veräußerung der im Stiftungsgeschäft der Stiftung versprochenen Vermögensgegenstände,68 erfolgen kann. Diese Rechtslage ändert sich erst, wenn der Stifter die Anerkennung der Stiftung beantragt hat. Von jetzt an kann der Widerruf von dem Stifter nur noch der Behörde gegenüber erklärt werden, § 81 Abs. 2 S. 2 BGB.69 Das hat zur weiteren Folge, dass der Stifter von nun an Verfügungen über das der Stiftung im Stiftungsgeschäft zugesicherte Vermögen der Anerkennungsbehörde anzeigen muss, da solche Verfügungen als konkludenter (Teil-) Widerruf des Stiftungsgeschäfts anzusehen sind.70 Unterlässt er eine Anzeige, ist er der Stiftung nach ihrer Anerkennung analog § 160 BGB schadensersatzpflichtig. Betreffen Zwischenverfügungen Rechte, die nach § 82 S. 2 BGB mit der Anerkennung ipso iure auf die Stiftung übergehen, so sind sie gemäß § 161 BGB analog unwirksam. Der Stifter unterliegt also ab Stellung des Anerkennungsantrages hinsichtlich des im Stiftungsgeschäft zugesicherten Vermögens einer bedingungsähnlichen Bindung.71 Ausgeschlossen ist der Widerruf jedoch erst unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 S. 3 BGB mit dem Tod des Stifters oder mit der Anerkennung der Stiftung. Erst zu diesem Zeitpunkt sind mithin der Stifter bzw. seine Erben an das (wirksame) Stiftungsgeschäft gebunden. Zulässig ist es allerdings, das Stiftungsgeschäft mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen (näher u. § 26 A.III.3). Fraglich ist zudem, ob der Stifter auf sein Widerrufsrecht einseitig oder vertraglich verzichten und auf diese Weise das Stiftungsgeschäft schon früher bindend ausgestalten kann. In der Rechtsprechung findet sich zu dieser Frage nur ein obiter dictum des Bundesgerichtshofs, wonach ein vertraglicher ___________ 67 Ist der Erbe minderjährig, kann er das Stiftungsgeschäft ohne Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters widerrufen, da der Widerruf für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft ist (§ 107 BGB), Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 81 Rdnr. 16. 68 Etwa MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 31 m. w. Nw. 69 Hiervon zu unterscheiden ist der Widerruf des Anerkennungsantrags, s. hierzu u. § 6 A (3.). 70 Zutr. Staudinger/Rawert, BGB, § 81 Rdnr. 2 m. w. Nw. 71 Eingehend und überzeugend Staudinger/Rawert, BGB, § 82 Rdnr. 7 ff.; ebenso Ebersbach, Handbuch, S. 69 f.; v. Tuhr, AT, S. 608; a. A. Flume, jP, S. 139; RGRK/Steffen, BGB, § 82 Rdnr. 3.
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Ausschluss des Widerrufsrechts ohne weiteres zulässig sein soll.72 Demgegenüber ist es nach herrschender Lehre zwar möglich, sich zur Errichtung einer Stiftung mit der Folge zu verpflichten, dass der Vertragspartner auf Vornahme des Stiftungsgeschäfts und Beantragung der Anerkennung klagen kann.73 Überdies könne der Verstoß gegen eine vertragliche Verpflichtung, ein Stiftungsgeschäft nicht zu widerrufen, Ansprüche wegen Vertragsverletzung auslösen. § 81 Abs. 2 BGB sei jedoch nicht disponibel.74 Eine neuere Ansicht will schließlich unterscheiden: Zulässig sei ein vertraglicher, nicht aber ein einseitiger Verzicht.75 Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass der Stifter im Einzelfall zwar ein Interesse daran haben kann, auf das Widerrufsrecht zu verzichten.76 Gleichwohl muss ein Widerruf des Stiftungsgeschäfts bis zur Anerkennung der Stiftung allein schon deswegen möglich bleiben, um es im Blick auf die Anerkennungsfähigkeit ggf. noch ändern zu können.77 Das gilt auch bei der Vornahme des Stiftungsgeschäfts durch Vertrag (Stiftungsvertrag).78 Zwar sind in diesem Fall die gegenseitigen Willenserklärungen der Stifter nach allgemeinen Regeln unwiderruflich; denn einseitig widerruflich ist das Stiftungsgeschäft nur, wenn und weil es einseitig vorgenommen wird. Jedoch können die Stifter den Stiftungsvertrag gemeinsam ändern und aufheben. Auf diesen „gemeinschaftlichen Widerruf“ findet die Regelung des § 81 Abs. 2 BGB analoge Anwendung.
___________ 72 BGH, StiftRspr. III, S. 89, 95. 73 Ausf. Muscheler, ZEV 2003, 41, 44 ff. m. w. Nw.; a. A. v. Tuhr, AT, S. 600 f. 74 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 59; Staudinger/Rawert, BGB, § 81 Rdnr. 6 m. w. Nw.; a. A. Ebersbach, Handbuch, S. 51; Leisner, StiftRspr. III, S. 98. 75 Muscheler, ZEV 2003, 41, 46 ff.; O. Schmidt, ZSt 2003, 227, 229, 233 f. 76 Hof, DStR 1992, 1549, 1587, 1588; Wochner, MittRhNotK 1994, 89, 98; O. Schmidt, ZSt 2003, 227, 229. 77 S. auch die Untersuchung von Fuchs, AcP 196 (1996), 313–393 zur Disponibilität gesetzlicher Widerrufsrechte. Danach dienen Widerrufsrechte dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Widerrufsberechtigten, namentlich u. a. der „Wahrung rechtsgeschäftlicher Dispositionsfreiheit durch Vermeidung unnötiger, weil die Rechtssphäre anderer (noch) nicht tangierender Bindungen“ sowie der „Verhinderung von rechtlichen Schwebezuständen ungewisser Dauer, die bei einer einseitigen Bindung lediglich des Widerrufsberechtigten eintreten können“. Beide Zwecke sind vorliegend einschlägig. Disponibel ist ein Widerrufsrecht nach Fuchs aber nur insoweit, als der Widerrufsberechtigte in bestimmten Fallkonstellationen keines Schutzes bedarf oder der Schutzzweck auf andere Weise erreicht wird. 78 Näher dazu u. B.III.
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§ 4 Das Stiftungsgeschäft
b) Entstehung einer Vorstiftung? Nach einer in der Literatur verbreiteten, auf Schwinge zurückgehenden Ansicht entsteht in dem Stadium zwischen der Vornahme des Stiftungsgeschäfts und der Anerkennung eine Vorstiftung, die entsprechend den Regeln über die Vorgesellschaft rechtsfähig sein soll. Begründet wird dies im Wesentlichen mit der Dauer der Anerkennungsverfahren und der sich hieraus ergebenden Notwendigkeit bereits in dem Errichtungsstadium – soll heißen: in der Zeit zwischen der Vornahme des Stiftungsgeschäfts und der Anerkennung der Stiftung – Aufbau- und Vorbereitungshandlungen für die Stiftungen tätigen zu können, also mit der Parallelität der Interessenlage im Vergleich zu den Vorgesellschaften.79 Nun mag zwar die Interessenlage übereinstimmen. Die Rechtslage tut es nicht.80 Die entscheidenden Gegenargumente hat bereits Rittner herausgearbeitet. Danach entsteht eine rechtsfähige Stiftung nach deutschem Recht im Gegensatz zu den Körperschaften nicht durch Prozess, sondern durch Doppelakt.81 Dabei wird der Unterschied zwischen beiden, wie Rittner zu Recht betont, nicht deutlich, wenn man nur den Anfang und das Ende der Entstehung betrachtet, stehen doch hier wie dort am Anfang ein Rechtsgeschäft und am Ende ein staatlicher Akt (Anerkennung bzw. Eintragung). Der Unterschied ergibt sich vielmehr aus den gesetzlichen Regelungen der zwischen diesen beiden Punkten liegenden Periode: Vorgesellschaften und -vereine können bzw. müssen bereits im Errichtungsstadium sowohl über Organe als auch über ein eigenes Vermögen verfügen. So müssen nach §§ 36 Abs. 2, 36a AktG, 7 Abs. 2, 3 GmbHG bereits vor der Eintragung die Einlagen geleistet und gemäß §§ 30, 31 AktG, 6 GmbHG Aufsichtsrat und Vorstand bzw. Geschäftsführer bestellt werden. Daraus folgt, dass Vorverbände bereits vor ihrer Eintragung rechts- und handlungsfähig sind.82 Der Unterschied zu dem Rechtszustand nach der Eintragung besteht somit vor allem in der Haftungsverfassung.83 ___________ 79 Schwinge, BB 1978, 527; im Anschluss an ihn Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 2; Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 22; Hennerkes/Binz/Sorg, DB 1986, 2270; Delp, Stiftung & Co., S. 29 ff.; Wachter, ZEV 2003, 445, 446. 80 Im Ergebnis h. M., etwa Kronke, Stiftungstypus, S. 47; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 56; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 4; Seifart/v. Campenhausen/ Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 220 ff.; K. Schmidt, Verbandszweck, S. 15 f.; Andrick, RNotZ 2002, 442; O. Schmidt, ZEV 1998, 81 f. m. w. Nw. 81 Rittner, Person, S. 35 ff., 52 ff. 82 Rechtsformübergreifend K. Schmidt, GR, S. 298 ff. 83 Vgl. hierzu insbes. BGHZ 134, 333 und dazu etwa Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 11 Rdnr. 78 ff.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
Der Rechtszustand bei der Stiftung im Errichtungsstadium stellt sich demgegenüber ganz anders dar. Wie zuvor dargelegt, ist der Stifter gemäß § 81 Abs. 2 BGB bis zu der Anerkennung der Stiftung nicht an das Stiftungsgeschäft gebunden. Demgemäß erwirbt die Stiftung ausweislich §§ 82 f. BGB das ihr zugewendete Vermögen ebenfalls erst nach bzw. mit ihrer Anerkennung. Auch verfügt die Stiftung im Errichtungsstadium nach dem Gesetz noch über keine Organe. Vielmehr gibt erst die Anerkennung „der Stiftung mit einem Schlag das Dasein“84. Diese Rechtslage ist freilich – und dies verdient festgehalten zu werden – weder eine notwendige Folge der fehlenden Verbandsstruktur der Stiftung85 noch des Konzessionssystems. So entsteht eine Stiftung nach Schweizer Recht durch Prozess,86 während der wirtschaftliche Verein gemäß § 22 BGB einer Genehmigung bedarf und doch ebenfalls durch Prozess entsteht. Die Rechtslage bei der Stiftung bürgerlichen Rechts ist vielmehr Ausdruck des fortbestehenden gesetzgeberischen Misstrauens87 gegenüber Stiftungen und der hierauf beruhenden Ausgestaltung ihrer Entstehung. Dies verdeutlicht ein Vergleich mit § 22 BGB. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist nämlich nicht, das Entstehen wirtschaftlicher Vereine schlechthin zu unterbinden. Vielmehr soll ihnen nur die Anerkennung als juristische Person und die daraus folgende Haftungsbeschränkung versagt werden, um sie dadurch in die Rechtsformen der Handelsgesellschaften zu zwingen.88 Dagegen soll das Anerkennungserfordernis des § 80 BGB es ermöglichen, eine rechtsfähige Stiftung gar nicht erst entstehen zu lassen. Dementsprechend soll auch keine Vorstiftung entstehen. Über diese Rechtslage kann sich der Stifter dementsprechend auch nicht mit rechtsgeschäftlichen Mitteln hinwegsetzen. Allerdings kann der Stifter durch Vertrag zugunsten Dritter Rechte für die künftige Stiftung begründen.89 Treten jedoch der Stifter oder künftige Organe der Stiftung in deren Namen auf, so sind von ihnen eingegangene Rechtsgeschäfte bis zur Anerkennung der Stiftung schwebend unwirksam.90 Für gewöhnlich entsteht im Blick auf ___________ 84 85 86 87 88 89
Rittner, Person, S. 41. In diesem Sinne aber K. Schmidt, Verbandszweck, S. 15 f. S. Rittner, Person, S. 52 ff. S. o. § 1 D. Vgl. RGZ 133, 170, 174 f.; BGHZ 22, 240, 244; 45, 395, 397; 85, 84, 89. Vgl. RGZ 65, 277, 280; BGHZ 129, 297, 305; Palandt/Heinrichs, BGB, § 328 Rdnr. 2; ferner Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 2 Rdnr. 49. 90 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 59; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 43, allerdings mit der unbegründeten Einschränkung, dass die Rechtsgeschäfte nach dem Entstehen der Stiftung von ihr nur genehmigt werden könnten, wenn dies in der Satzung vorgesehen sei. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 221
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§ 4 Das Stiftungsgeschäft
das nach § 82 BGB zu übertragende Vermögen auch keine unselbständige Stiftung;91 denn der Stifter scheidet als Treuhänder aus, da andernfalls eine unzulässige Identität zwischen Treuhänder und Treugeber bestünde.92 Sollen aber die künftigen Organe Treuhänder sein, so müsste der Stifter das Grundstockvermögen ihnen entgegen § 82 BGB vor der Anerkennung übertragen.93 Scheidet somit eine entsprechende Anwendung der Grundsätze über die Vorgesellschaft auf die werdende Stiftung aus, so kann gleichwohl nicht in Abrede gestellt werden, dass sie u. U. einer gewissen Anerkennung und eines gewissen Schutzes bedarf, so etwa zur Annahme einer Schenkung oder in einem Prozess über die Gültigkeit des Stiftungsgeschäftes. Im Blick hierauf hat bereits das Reichsgericht die Rechtsstellung der werdenden Stiftung treffend mit der eines nasciturus verglichen – eine Lösung, die bereits durch § 84 BGB nahe gelegt wird.94 Bedarf die Stiftung im Errichtungsstadium der Fürsorge, ohne dass diese von anderen Personen, insbesondere von dem Stifter als dem Herrn des Stiftungsvorhabens (vgl. § 81 Abs. 2 BGB) wahrgenommen werden kann, so ist ihr daher entsprechend §§ 1923 Abs. 2, 1912 BGB ein Pfleger zu bestellen.95 c) Errichtung der Stiftung durch das Stiftungsgeschäft? Als Errichtung wird gemeinhin der auf die Entstehung einer Organisation gerichtete Vorgang bezeichnet. Verbände sind daher bereits mit dem Abschluss des Gründungsgeschäfts errichtet; denn bereits hiermit tritt der Verband ins Leben. Es ist daher irreführend, wenn in der stiftungsrechtlichen Literatur teilweise die Vornahme (oder auch Errichtung) des Stiftungs-
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ist demgegenüber der Ansicht, es käme nur eine Verpflichtung des Stifters in Betracht. Kronke, Stiftungstypus, S. 48, schließlich will die Regeln über eine Geschäftsführung ohne Auftrag anwenden. So aber Staudinger/Coing, BGB12, § 80 Rdnr. 34; Koos, Fiduziarische Person, S. 233 ff. sowie Kronke, Stiftungstypus, wie vor. Und auch die zukünftige Stiftung kann natürlich nicht Treugeber sein, weil sie rechtlich eben noch gar nicht existent ist, MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 57. Zutr. Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 43; vgl. auch Stengel, Personengesellschaft, S. 93. Gleichwohl scheint dieser Weg in der Praxis beschnitten zu werden, so Schauhoff in: Handbuch Gemeinnützigkeit, § 3 Rdnr. 44. RGZ 170, 22, 25; vgl. auch BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, 182. H. M. KG OLGE 24, 246; 41, 79; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 59; Soergel/Neuhof, BGB, § 80 Rdnr. 16, § 84 Rdnr. 1; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 223 jew. m. w. Nw.; a. A. Flume, jP, S. 147 f.; ders., FS Geßler, S. 4 f.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
geschäfts mit der Errichtung der Stiftung gleichgesetzt wird.96 Zwar zerfällt auch die Gründung der Stiftung in drei Phasen, die durch das Stiftungsgeschäft einerseits und die Anerkennung der Stiftung andererseits geschieden sind. Das Stiftungsgeschäft bezweckt jedoch erst die Stiftungserrichtung. Insofern kann man die Zeit zwischen der Vornahme des Stiftungsgeschäfts und der Anerkennung der Stiftung als „Errichtungsstadium“ bezeichnen. Vor ihrer Anerkennung ist die Stiftung jedoch, wie soeben gezeigt wurde, erst „gezeugt“, aber noch nicht „geboren“. Im Unterschied zu den durch Prozess entstehenden juristischen Personen ist die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts daher erst mit ihrer Entstehung durch Anerkennung errichtet.97
II. Das Stiftungsgeschäft von Todes wegen Wird das Stiftungsgeschäft von Todes wegen vorgenommen,98 so ergibt sich eine Reihe von Besonderheiten, und zwar sowohl hinsichtlich der allgemeinen und inhaltlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen.99 Erstens gelten die besonderen erbrechtlichen Formvorschriften. Das Stiftungsgeschäft von Todes wegen kann mithin nur höchstpersönlich (§§ 2064 f., 2274 BGB) im Rahmen eines formgültig errichteten Testaments (§§ 2229 ff. BGB)100 oder Erbvertrags (§§ 2274 ff. BGB) vorgenommen werden.101 Als Stifter kommen nur natürliche Personen in Betracht. Anfechtungsgründe sind die §§ 2078 ff. BGB. Zweitens ist § 81 Abs. 1 BGB nicht unmittelbar anwendbar, da die Vorschrift lediglich das Stiftungsgeschäft unter Lebenden betrifft. Sie gilt aber entsprechend, vgl. § 83 S. 2 bis 4 BGB. Außer einer Zweckbestimmung ist Tatbestandsvoraussetzung, dass der stiftende Erblasser die Stiftung durch Erb___________ 96 Vgl. etwa Waldhausen, LKV 1996, 436, 438, sowie die Gliederung von Wochner, MittRhNotK 1994, 89, und den Formulierungsvorschlag von MünchVertrHdb/Hof, GR, Formular VII.1., S. 1014 f. 97 Vgl. auch OLG Zweibrücken, NJW-RR 2000, 815, 817 f. 98 Kein Stiftungsgeschäft von Todes wegen, sondern unter Lebenden liegt vor, wenn ein Erbe aufgrund dahingehender Auflagen im Testament eine Stiftung errichtet, Soergel/Neuhoff, BGB, § 83 Rdnr. 6 m. Nw.; vgl. auch BGH, StiftRspr. III, S. 89. 99 Ausf. zur Stiftungserrichtung von Todes wegen Schewe, ZSt 2004, 270 f., 301 ff. 100 S. dazu LG Berlin, FamRZ 2001, 450 m. Anm. Lieder, ZSt 2003, 260 f.; Schewe, ZSt 2004, 270, 276 f. 101 Zur Frage, ob eine Stiftung auch durch ein Schenkungsversprechen von Todes wegen (§ 2301 Abs. 1 BGB) und durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 331 Abs. 1 BGB) errichtet werden kann s. Schewe, ZSt 2004, 270, 273 ff., 275 f. m. w. Nw.
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einsetzung102, Vermächtnis103 oder Auflage104 mit einem Teil seines Vermögens bedenkt.105 Dabei kann das Stiftungsgeschäft auch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung enthalten.106 Drittens sind hinsichtlich des Zuwendungsversprechens107 die besonderen erbrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 2066 ff., 2096 ff., 2101 f., 2108 Abs. 2, 2148, 2165, 2167, 2169 Abs. 3, 2173 ff. BGB heranzuziehen. Viertens gelten für den Widerruf nicht § 81 Abs. 2 BGB, sondern die Vorschriften der §§ 2253 ff., 2270 ff., 2290 ff. BGB.108 Insofern ist bemerkenswert, dass nach ganz herrschender Meinung über den Wortlaut der §§ 2270 Abs. 3, 2278 Abs. 2 BGB hinaus auch ein Stiftungsgeschäft Gegenstand einer wechselbezüglichen109 bzw. einer erbvertragsmäßigen Verfügung mit der Folge sein kann, dass in diesen Fällen ein Widerruf des Stiftungsgeschäfts ausgeschlossen bzw. nur eingeschränkt (§§ 2271, 2290, 2293, 2296 BGB) möglich ist.110 Der Gegenansicht zufolge soll hingegen nur die erbrechtliche Verfügung (Erbeinsetzung, Vermächtnis, Auflage), d. h. das Zu___________ 102 Möglich sind insofern alle Formen. Die Stiftung kann mithin Allein-, Mit-, Nach-, Vor- oder Ersatzerbin sein. Im Blick auf die Prüfung einer genügenden Vermögensausstattung ist das freilich zum Teil problematisch, näher MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 5; Schewe, ZSt 2004, 270, 301 f., jew. m. w. Nw. 103 Näher MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 6; Schewe, ZSt 2004, 270, 301, 302 f., jew. m. w. Nw. 104 Näher MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 7; Schewe, ZSt 2004, 270, 301, 303 f., jew. m. w. Nw. 105 Die Gegenansicht zum alten Recht (Ebersbach, Handbuch, S. 45) ist heute schon wegen § 81 S. 2 BGB nicht mehr haltbar, MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 3; näher Schewe, ZSt 2004, 270, 301, 304 f. 106 Näher MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 8 m. w. Nw. 107 Die Auslegung des organisationsrechtlichen Inhalts folgt dagegen allgemeinen Regeln; denn insoweit besteht kein sachlicher Unterschied zu einer Stiftungserrichtung unter Lebenden, BVerwG, StiftRspr. II, S. 152, 154 (dessen Folgerungen hieraus für den entschiedenen Fall freilich nicht überzeugen) m. Anm. Leisner; auch OLG Hamburg, ZIP 1994, 1950, 1951 m. Anm. Rawert; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2000, 815, 817; MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 1, 10; Staudinger/Rawert, BGB, § 83 Rdnr. 2 m. w. Nw.; a. A. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 72, der die erbrechtlichen Auslegungsregeln auch auf den organisationsrechtlichen Teil anwenden will; s. ferner BGH, StiftRspr. IV, S. 58, 63. 108 Statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 11 m. w. Nw. 109 S. dazu auch OLG München, NJW RR 2000, 526. 110 MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 11; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 91; Staudinger/Rawert, BGB, § 83 Rdnr. 11; Soergel/Neuhoff, BGB, § 83 Rdnr. 8; Ebersbach, Handbuch, S. 52, 55; Muscheler, ZEV 2003, 41 ff.; O. Schmidt, ZSt 2003, 227, 232 f.; Schewe, ZST 2004, 270, 272; s. auch BGH, StiftRspr. III, S. 89, 93.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
wendungsversprechen, nicht aber der Gründungsakt unwiderruflich sein.111 Das überzeugt schon deshalb nicht, weil durch einen Widerruf des Gründungsakts der erbrechtlichen Verfügung ihre Grundlage entzogen würde, sie dadurch gleichsam ins Leere ginge, ihr mithin die Wirkung genommen und also die Unwiderruflichkeit vertragsmäßiger Verfügungen unterlaufen werden könnte.112 Diese Unwiderruflichkeit aber hat ihren Grund gerade in der Wechselbezüglichkeit bzw. Vertragsmäßigkeit des Rechtsgeschäfts. Und das wiederum ist in Bezug auf Mehrpersonen-Gründungen, wie nunmehr zu zeigen sein wird, höchst aufschlussreich.
B. Mehrpersonen-Gründung I. Problem und Meinungsstand Wie bereits erwähnt können mehrere Stifter gemeinsam eine Stiftung errichten, und zwar durch ein Stiftungsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen. Das ist unstreitig und richtig. Nicht hinreichend geklärt ist jedoch, wie eine Mehrpersonen-Gründung rechtlich zu qualifizieren ist. Das Reichsgericht113 und der Bundesgerichtshof114 scheinen eine Vornahme des Stiftungsgeschäfts durch Vertrag für zulässig gehalten zu haben. Auch § 8 Abs. 1 S. 3 der BayAVOStiftG vom 22.8.1958115 ging hiervon aus.116 Danach wäre also eine Stiftungserrichtung durch Mehrere nicht nur im Wege einseitiger Stiftungsgeschäfte, sondern – analog dem Gesellschaftsvertrag – auch im Wege eines mehrseitigen Stiftungsvertrages möglich. Dies hätte insbesondere zur Folge, dass die Willenserklärungen der Vertragsparteien nach ihrem Zugang unwiderruflich wären (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB) und der Stiftungsvertrag selbst nur noch durch einverständliche Aufhebung, nicht aber durch einseitigen Widerruf beseitigt werden könnte. Nach herrschender Lehre ist und bleibt das Stiftungsgeschäft dagegen stets ein einseitiges, widerrufliches Rechtsgeschäft, auch wenn es im Rahmen
___________ 111 Kuchinke, FS Neumayer, S. 389, 390 ff.; v. Tuhr, AT, S. 598. 112 Gerade also weil, wie v. Tuhr, AT, S. 598, Fn. 24, richtig erkennt, die Erbeinsetzung usw. erst durch die Stiftungserrichtung möglich wird, kann diese nicht widerrufen werden. 113 RGZ 158, 185, 187. 114 BGH, StiftRspr. III, S. 89, 95 f. 115 GVBl. S. 238. 116 Ebenso schon das ALR 4 II § 28.
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§ 4 Das Stiftungsgeschäft
eines Vertrages oder von Mehreren gemeinsam vorgenommen wird117. Ein von mehreren Stiftern gemeinsam vorgenommenes Stiftungsgeschäft sei als Gesamtakt,118 d. h. als einheitliches Rechtsgeschäft, bestehend aus einer Mehrzahl jeweils eigener, parallel vorgenommener Stiftungsgeschäfte der Beteiligten anzusehen, die bis zur Anerkennung jederzeit einseitig widerruflich seien. Widerrufe einer der Stifter, so führe dies gemäß § 139 BGB119 im Zweifel zur Unwirksamkeit des gesamten Stiftungsgeschäfts120. Werde durch den Widerruf gegen eine vertragliche Verpflichtung zur Stiftungserrichtung verstoßen, könne dies allerdings Ansprüche auf Schadensersatz oder Neuvornahme auslösen. Eine nähere Begründung für diese Ansicht geben nur Knoke in Plancks Kommentar sowie jüngst Reuter. Nach Knoke wollte der 1. Entwurf durch die Fassung des § 58 die Frage offen lassen, ob ein Stiftungsgeschäft auch durch Vertrag vorgenommen werden könne, und wie das Rechtsverhältnis in einem solchen Fall zu beurteilen sei. Nach dem BGB müsse man jedoch annehmen, dass das Stiftungsgeschäft seinem Wesen nach ein einseitiges, bis zur staatlichen Anerkennung bzw. bis zum Tod des Stifters widerrufliches Rechtsgeschäft sei. Zwar sei durchaus eine Gestaltung möglich, wonach ein Stiftungsgeschäft durch Vertrag errichtet und nicht mehr widerrufen werden könne. Diesen Weg schlage das BGB bei der Vornahme des Stiftungsge___________ 117 Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 2, § 81 Rdnr. 6; Soergel/Neuhoff, BGB, § 80 Rdnr. 2; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 10, 61; Palandt/ Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 1, § 81 Rdnr. 12; Erman/O. Werner, BGB, § 80 Rdnr. 3, § 81 Rdnr. 23; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 3, § 81 Rdnr. 15; Flume, jP, S. 139; Enneccerus/Nipperdey, AT 1, S. 720 Fn. 17; Ebersbach, Handbuch, S. 48, 51; O. Schmidt, ZSt 2003, 227; a. A. Muscheler, ZEV 2003, 41, 44 ff., der das Stiftungsgeschäft zwar auch für zwingend einseitig, aber nicht nur eine vertragliche Verpflichtung zur Stiftungserrichtung, sondern auch einen vertraglichen Ausschluss des Widerrufsrechts für zulässig hält; widersprüchlich Wochner, MittRhNotK 1994, 89, 98. Sympathie für die h. L. Ansicht lässt auch BGH, StiftRspr. III, S. 89, 95 erkennen. 118 Der Begriff (grundlegend J.E. Kuntze, FS O. Müller, S. 27 ff.) wird nicht einheitlich gebraucht. Enneccerus/Nipperdey, AT 1, S. 911, verstehen darunter die parallele Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen oder die Abgabe einer gemeinschaftlichen Erklärung durch eine aus mehreren Personen bestehende Partei. Andere wollen ihn auf den letzten Fall beschränken (so bspw. Hübner, AT, Rdnr. 619 f.). Teilweise wird er jedoch auch als zu unbestimmt und nicht weiterführend abgelehnt, etwa v. Tuhr, RG, S. 230, Fn. 165; Flume, RG, S. 603. Dabei wird freilich nicht selten die Frage, was ein Gesamtakt sei, mit der Frage, ob ein Gesamtakt vorliegt, vermischt. 119 S. aber oben bei Fn. 18. 120 Insofern a. A. O. Schmidt, ZSt 2003, 227 f.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
schäfts durch Erbvertrag ein. Hieraus könne aber wegen der eigentümlichen Natur des Erbvertrages nicht geschlossen werden, dass eine vertragsmäßige Bindung auch bei dem Stiftungsgeschäft unter Lebenden zulässig sei. Durch Vertrag könnten zwar Verpflichtungen jeder Art eingegangen werden. Der Vertrag sei auch eine Rechtsform, die auf anderen Gebieten als dem des Schuldrechts Verwendung finden könne. Voraussetzung sei jedoch immer, dass das Gesetz die Möglichkeit der Begründung eines Rechtsverhältnisses durch Vertrag anerkenne. Dementsprechend würde es auch einer besonderen Vorschrift bedürfen, um neben dem einseitigen, widerruflichen auch ein vertragsmäßiges, unwiderrufliches Stiftungsgeschäft zu ermöglichen.121 Demgegenüber meint Reuter, dass das Stiftungsgeschäft anders als die Schenkung lediglich wegen des Anerkennungserfordernisses keiner notariellen Beurkundung bedürfe. Daher müsse das Stiftungsgeschäft bis zur Anerkennung widerruflich bleiben.122
II. Die Materialien Die Haltung des historischen Gesetzgebers zu der Frage einer Vornahme des Stiftungsgeschäfts durch Vertrag war zunächst unentschieden.123 § 58 S. 2 des 1. Entwurfs zum BGB bestimmte: „Der Stifter ist an das die Errichtung bezweckende Rechtsgeschäft gebunden, auch wenn nur seine einseitige, nicht angenommene Willenserklärung vorliegt.“124 Zur Begründung hieß es, dass der Wirksamkeit eines einseitigen Stiftungsgeschäfts unter Lebenden nichts im Wege stehe. Eine andere Frage sei jedoch, ob das Stiftungsgeschäft notwendigerweise ein einseitiges Rechtsgeschäft sein müsse. Tatsächlich würde in der Praxis für die Errichtung eines Stiftungsgeschäfts nicht selten die Vertragsform gewählt. Auch das vertragsweise Stiftungsgeschäft von Todes wegen sei zulässig.125 Im Blick hierauf habe Satz 2 eine Fassung erhalten, welche einer solchen Gestaltung nicht entgegentrete. Damit solle jedoch der Entscheidung, „ob die eigentlich wirkende Kraft in einem derartigen Vertrage nicht doch nur der einseitige Wille des Stifters sei, keineswegs vorgegriffen sein.“126 ___________ 121 122 123 124 125 126
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Planck/Knoke, BGB, § 81 Anm. 6; dort auch w. Nw. zur älteren Literatur. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 7. S. zum Folgenden auch Muscheler, ZEV 2003, 41, 46 f. Mugdan, Materialien I, S. LXXII. S. Jakobs/Schubert, Beratung, S. 387. Mugdan, Materialien I, S. 418.
§ 4 Das Stiftungsgeschäft
Diese Entscheidung wurde auch später nicht getroffen. Vielmehr enthielt bereits der 1. Entwurf neben § 58 S. 2 folgenden § 62 Abs. 2: „Ist zur Errichtung einer Stiftung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden eine staatliche Genehmigung erforderlich, so ist der Stifter an das die Errichtung der Stiftung bezweckende Rechtsgeschäft erst von dem Zeitpunkt an gebunden, in welchem er um die staatliche Genehmigung nachsucht; mit Versagung der Genehmigung hört die Gebundenheit auf.“127 Hinsichtlich der Bindungswirkung des Stiftungsgeschäfts widersprachen sich also § 58 S. 2 und § 62 Abs. 2 des 1. Entwurfs. Begründet wurde dies damit, dass, soweit es landesrechtlich zur Stiftungserrichtung einer staatlichen Genehmigung bedürfe, eine Bindung des lebenden Stifters nicht eher angenommen werden könne, als von ihm der Antrag auf Erteilung der Genehmigung gestellt worden sei.128 Im Laufe der Beratungen in der Vorkommission des Reichsjustizamtes129 sowie in der zweiten Kommission130 verständigte man sich dann darauf, dass eine Stiftung stets einer staatlichen Genehmigung bedürfe. Grundsätzliche Zustimmung erfuhr insofern der Antrag 1 zu § 58,131 in dem es eingangs hieß: „Eine rechtsfähige Stiftung kann durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Verfügung von Todes wegen errichtet werden. Zur Errichtung ist die Genehmigung des Staates erforderlich, in dessen Gebiet die Stiftung ihren Sitz hat“.132 Die weiteren Überlegungen kreisten sodann entsprechend den Vorgaben des § 62 Abs. 2 des 1. Entwurfs um die Widerruflichkeit des Stiftungsgeschäfts. Die Frage der Zulässigkeit eines mehrseitigen Stiftungsgeschäfts wurde hingegen nicht mehr behandelt. Im Blick auf die Widerruflichkeit einigte sich die Kommission auf eine Regelung, die dem heutigen § 81 Abs. 2 BGB entspricht. Maßgeblich waren dabei folgende Erwägungen: „Erlange das Stiftungsgeschäft erst mit der nachfolgenden staatlichen Genehmigung Wirksamkeit, so fehle ein zureichender Grund, dem Stifter das Recht zum Widerrufe vor Ertheilung der Genehmigung, insbes. von dem Zeitpunkt des Antrages auf diese Genehmigung ab, zu entziehen. Aus dem Wesen des einseitigen Rechtsgeschäfts folge an sich die freie Widerruflichkeit. Es entspreche auch der Billigkeit gegenüber dem Stifter, ihm die Freiheit seinen Willen zu ändern, so lange zu wahren, als dies mit sonstigen beachtenswerthen Rücksichten vereinbar sei, da es sich bei der Stiftung um einen Akt der Liberalität handle. Schutzbedürftige Interessen Dritter, welche ___________ 127 128 129 130 131 132
Mugdan, Materialien I, S. LXXIV. Mugdan, Materialien I, S. 420. S. Jakobs/Schubert, Beratung, S. 393 ff. Vgl. Mugdan, Materialien I, S. 657 ff. Mugdan, Materialien I, S. 660. Mugdan, Materialien I, S. 658.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
die Unwiderruflichkeit des Stiftungsgeschäfts vor Ertheilung der Staatsgenehmigung erforderten, seien nicht vorhanden“133. Entschieden wurde hier also lediglich, dass aus der Natur des (streng) einseitigen Rechtsgeschäfts seine Widerruflichkeit folge, nicht aber, dass die Natur des Stiftungsgeschäfts notwendig eine streng einseitige sei.
III. Die Vornahme des Stiftungsgeschäfts durch Vertrag In Anschluss an Otto v. Gierke sah die früher herrschende Lehre allerdings auch das Gründungsgeschäft von Körperschaften als Gesamtakt, also nicht als Austausch von übereinstimmenden Erklärungen, nicht als Willenseinigung, sondern als Summe von einseitigen, parallelen Erklärungen an, die jeder Gründer nicht an die anderen, sondern neben den anderen abgibt.134 Diese Ansicht wird heute zu Recht kaum mehr vertreten.135 Vielmehr ist das Gründungsgeschäft von Körperschaften zutreffend als Vertrag erkannt.136 Besonders anschaulich hat dies von Tuhr begründet: „Diese Annahme scheint mir aber dem Vorgang, wie er sich tatsächlich bei der Vereinsgründung abspielt, zu widersprechen: soll man annehmen, dass wenn die Satzung beraten und beschlossen und unterschrieben ist, darin keine Erklärung eines jeden an die Mitunterzeichnenden liegt? Und soll jemand, der mit der Gründung einverstanden ist, aber seinen Willen nicht an die Mitgründer erklärt hat, sondern an Dritte, vielleicht an die Registerbehörde, deswegen als Mitgründer gelten?“137 Nun drängt sich auf, diese Überlegungen auf die Stiftung zu übertragen. Von Tuhr erkennt dies natürlich, entscheidet aber anders, und zwar aus eben jenen Gründen, die heute noch von der herrschenden Lehre angeführt werden: „Die Stiftung kann von mehreren Stiftern gemeinsam errichtet werden; ___________ 133 Mugdan, Materialien I, S. 661. 134 O. v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 132 ff.; Kuntze, FS O. Müller, S. 27 ff.; Oertmann, AT BGB, Vorbem. 5 vor § 21 m. w. Nw. 135 S. aber Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 33 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, § 25 Rdnr. 17 ff. m. w. Nw. 136 Ganz h. M., RGZ 165, 140, 143; BGHZ 47, 172, 179; K. Schmidt, GR, S. 75 ff.; Flume, jP, S. 143; Soergel/Hadding, BGB, § 25 Rdnr. 17 ff. alle m. w. Nw. Eine weitere Frage ist, ob der Satzung nach der Entstehung einer juristischen Person Normqualität zukommt [so die wohl h. M. – außer den Vertretern der sog. „Normtheorie“ Meyer-Cording und Reuter, wie vor, auch die Rechtsprechung (s. RGZ und BGHZ ebd.) und ein Teil der Literatur (etwa K. Schmidt, ebd.)] oder sie weiterhin als Vertrag zu qualifizieren ist (so die Vertreter der sog. „Vertragstheorie“ wie Flume und Hadding, ebd.). Hierauf wird zurückzukommen sein, s. u. § 7 E.III. 137 v. Tuhr, AT, S. 478.
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unter den Stiftern wird eine Einigung also ein Vertrag vorliegen. Aber während beim Verein die Einigung mehrerer Gründer zum Wesen der Gründung gehört, und der Wille eines Einzelnen einen Verein nicht ins Leben rufen kann, verhält es sich bei der Stiftung gerade umgekehrt: zum Tatbestand des Stiftungsgeschäfts genügt ein einseitiger Willensakt; das Zusammenwirken mehrerer Personen ist akzidentiell. Darum scheint es angemessen, die von mehreren Stiftern unterzeichnete Urkunde als den Ausdruck mehrerer paralleler einseitiger Erklärungen aufzufassen. Allerdings wird zwischen beiden Stiftungserklärungen ein Zusammenhang derart bestehen, dass wenn die Erklärung des Einen ungültig ist oder die staatliche Anerkennung nicht erhalten soll, auch die Erklärung des Anderen als für diesen Fall nicht gewollt zu gelten hat. Dass es sich um zwei Stiftungserklärungen in einer Urkunde handelt, zeigt sich in der Frage des Widerrufs: jeder der Stifter kann selbständig widerrufen, auch dann, wenn er sich dem Mitstifter gegenüber zur Errichtung der Stiftung resp. zur Unterlassung des Widerrufs der Stiftungserklärung verpflichtet hat. Ein solcher Vertrag, – man kann ihn Vorvertrag zum Stiftungsgeschäft nennen – kann m. E. den Stifter nicht stärker binden, als es nach gesetzlicher Vorschrift durch das Stiftungsgeschäft selbst geschieht.“ Das überzeugt nicht: (1) Das Zusammenwirken mehrerer Stifter ist weder zufällig noch unwesentlich, sondern gewollt und – wie die von der herrschenden Meinung befürwortete Anwendung des § 139 BGB bei subjektiver Teilnichtigkeit zeigt – für den Bestand des gemeinsamen Stiftungsgeschäfts wesentlich. Zwar bedarf es, anders als beim Verein, nicht notwendigerweise des Zusammenwirkens Mehrerer. Aber auch bei der AG oder GmbH ist eine Einpersonen-Gründung heute anerkannt. Gleichwohl wird niemand behaupten wollen, dies sei Grund genug, den Gesellschaftsvertrag der GmbH im Falle einer Mehrpersonen-Gründung als Gesamtakt zu qualifizieren. (2) Aus § 81 Abs. 2 BGB kann der zwingend einseitige Charakter des Stiftungsgeschäfts nicht geschlossen werden. Zwar ist das Widerrufsrecht unverzichtbar. Das einseitige Widerrufsrecht besteht jedoch nur, wenn und weil das Stiftungsgeschäft einseitig vorgenommen wird. Auch insoweit besteht kein Unterschied zur Gründung einer Einpersonen-GmbH.138 Für die Frage, ob das Stiftungsgeschäft auch durch Vertrag vorgenommen werden kann, gibt das Widerrufsrecht daher nichts her. (3) Vielmehr ist zu Recht anerkannt, dass das Stiftungsgeschäft durch Erbvertrag vorgenommen werden kann und dass es in diesem Fall unwiderruf___________ 138 Vgl. statt anderer Scholz/Emmerich § 1 Rdnr. 34.
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lich ist.139 Dabei beruht die Unwiderruflichkeit eines erbvertragsmäßigen Stiftungsgeschäfts nicht etwa auf einem vertraglichen Ausschluss des Widerrufsrechts oder auf erbrechtlichen Besonderheiten, sondern schlicht auf dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Verträge bindend sind140. Ebenso verhält es sich mit dem Stiftungsgeschäft. Wird es durch Vertrag vorgenommen, kann es nur noch von den Vertragsparteien einverständlich geändert und aufgehoben, nicht aber von einer Partei einseitig widerrufen werden. Und hierin liegt auch deswegen kein Widerspruch zur Unverzichtbarkeit des Widerrufsrechts bei einseitigen Stiftungsgeschäften, weil durch die Möglichkeit der einverständlichen Änderung oder Aufhebung bei vertragsmäßigen Stiftungsgeschäften dem Sinn und Zweck des Widerrufsrechts bei einseitigen Stiftungsgeschäften entsprechend der geänderten Interessenlage nach allgemeinen Regeln genüge getan wird141. Der Erbvertrag ist damit zugleich das auch von der herrschenden Lehre anerkannte Paradigma der Möglichkeit einer vertragsmäßigen Vornahme des Stiftungsgeschäfts.142 (4) Nehmen Mehrere gemeinsam ein Stiftungsgeschäft vor, so ist die hierfür erforderliche Willensübereinstimmung ohne Willenseinigung nicht denkbar; denn ebenso wenig wie im Vereinsrecht kommt die Willensübereinstimmung zufällig zustande, ebenso wenig wie dort können sich außenstehende Dritte ohne weiteres zu Mitstiftern aufschwingen. Auch v. Tuhr kommt daher ohne die Annahme des Abschlusses eines (Vor-)Vertrages nicht aus (näher dazu sogleich). Es ist jedoch denkgesetzlich ausgeschlossen, dass ein Rechtsgeschäft zugleich Gesamtakt und Vertrag ist. Zwar kann ein Gesamtakt als Angebot oder Annahme Teil eines Vertrages sein (z. B. Veräußerung einer Sache durch Miteigentümer). Dasselbe Rechtsgeschäft kann jedoch nicht zugleich Vertrag und Gesamtakt, dieselbe Willenserklärung nicht zugleich empfangsbedürftig und nicht empfangsbedürftig, parallel und gegenseitig sein. Anders gewendet: Sieht man ein von Mehreren gemeinsam vorgenommenes Stiftungsgeschäft als Gesamtakt an, dann kann durch diesen Gesamtakt nicht zugleich ein (Vor-)Vertrag zustande kommen, weil die Willenserklärungen eben nicht gegenseitig an die anderen, sondern parallel neben den anderen abgegeben werden. (5) Das schließt freilich die Annahme nicht aus, dass die Parteien sich zunächst mündlich auf die Vornahme des gemeinsamen Stiftungsgeschäfts ___________ 139 S. o. Fn. 110. 140 Allg. Meinung, vgl. etwa BGHZ 26, 204, 207; Palandt/Edenhofer, BGB, § 2289 Rdnr. 1. 141 S. o. bei Fn. 77. 142 Ebenso Muscheler, ZEV 2003, 41, 48, der allerdings gleichwohl an dem einseitigen Charakter des Stiftungsgeschäfts festhalten will.
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einigen, das sie sodann schriftlich parallel erklären. Tatsächlich erfolgt die Einigung bei formbedürftigen Verträgen regelmäßig zunächst mündlich, bevor sie von den Parteien formgerecht erklärt wird. Der mündliche „Vorvertrag“ ist in solchen Fällen gemäß § 125 BGB nichtig. Eine solche, nicht rechtsverbindliche Einigung eröffnet aber immerhin die Möglichkeit, dass ein Stiftungsgeschäft durch Gesamtakt vorgenommen werden kann. Mangels eines formgerechten Vertrages können in diesem Fall jedoch durch das gemeinsam vorgenommene Stiftungsgeschäft keine Rechte und Pflichten der Parteien untereinander begründet werden. In Betracht kommt allenfalls eine Anwendung der culpa in contrahendo143 (jetzt § 311 Abs. 2 BGB n. F.) mit der Folge, dass die Parteien ihre jeweiligen Erklärungen nicht grundlos widerrufen dürfen. Zuzugeben ist ferner, dass bei der Stiftung anders als bei einem Verband infolge des gemeinschaftlichen Gründungsgeschäfts regelmäßig keine Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten über die Errichtung der Stiftung hinaus geschaffen werden. Aus diesen Gründen kann das Gründungsgeschäft eines Verbandes nur Vertrag, das Gründungsgeschäft einer Stiftung dagegen auch Gesamtakt sein. (6) Indes werden die Parteien bei einer gemeinschaftlichen Vornahme eines Stiftungsgeschäfts zumeist eine über die Grundsätze der c.i.c. hinausgehende Bindung wollen. So ist nach herrschender Meinung ein von Mehreren gemeinsam vorgenommenes Stiftungsgeschäft als einheitliches Rechtsgeschäft i. S. d. § 139 BGB anzusehen. Gerade wenn die Parteien aber ein einheitliches Rechtsgeschäft vornehmen wollen, dann wollen sie gerade nicht, dass einer von ihnen durch einen einseitigen Widerruf das gesamte Stiftungsgeschäft zu Fall bringen kann, mag er sich dadurch u. U. auch schadensersatzpflichtig machen. Vielmehr werden die Parteien eines gemeinsam vorgenommenen Stiftungsgeschäfts in der Regel eine vertragsmäßige Bindung mit der Folge anstreben, dass das Stiftungsgeschäft nur gemeinsam aufgehoben werden kann. (7) Eine solche vertragsmäßige Bindung aber ist durch die gesetzlich vorgegebene Möglichkeit der einseitigen Vornahme des Stiftungsgeschäfts nicht ausgeschlossen. Vielmehr ist eine vertragliche Vornahme des Stiftungsgeschäfts nicht nur als Rechtsgeschäft von Todes wegen, sondern auch unter Lebenden ohne weiteres möglich. Es ist nämlich durchaus keine Besonderheit des Erbvertrages, dass hier ein ansonsten einseitiges Rechtsgeschäft durch Vertrag vorgenommen werden kann. Richtig ist allerdings, dass der Katalog einseitiger Rechtsgeschäfte abschließend ist und durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung weder erweitert noch inhaltlich verändert werden ___________ 143 Vgl. BGH, NJW 1980, 2464 sowie etwa K. Schmidt, GR, S. 1011 f.
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kann. Dieser numerus clausus schließt jedoch nicht aus, solche Rechtsgeschäfte statt einseitig durch Vertrag vorzunehmen.144 So kann z. B. eine Kündigung auch vertraglich vereinbart, d. h. durch einen Aufhebungsvertrag ersetzt werden. Etwas anderes scheint freilich für streng einseitige Rechtsgeschäfte zu gelten, weil hier ein geeigneter Erklärungsadressat fehlt. Ob eine Willenserklärung jedoch einen geeigneten Adressaten aufweist, ergibt sich nicht schon aus dem von der Erklärung (primär) erstrebten rechtlichen Erfolg, sondern ist eine Frage der Gestaltung des Einzelfalles. Auch streng einseitige Rechtsgeschäfte können daher durch einen Vertrag ersetzt werden. Das gilt beispielsweise für die Auslobung, nämlich wenn sie nicht öffentlich bekannt gemacht, sondern nur gegenüber einem individuell bestimmten Personenkreis erklärt wird.145 Das gilt ferner für die Dereliktion: Der einer bestimmten Person gegenüber erklärte Eigentumsverzicht ist ein Angebot zur Eigentumsübertragung.146 Und das gilt schließlich auch für das Stiftungsgeschäft. Dabei wird nicht verkannt, dass die rechtliche Beurteilung eines Rechtsgeschäfts differiert je nachdem, ob es einseitig oder durch Vertrag vorgenommen wird. Der in erster Linie erstrebte wirtschaftliche und rechtliche Erfolg bleibt jedoch derselbe, d. h. in den Beispielsfällen: Auflösung eines Rechtsverhältnisses für die Zukunft, letztwillige Verfügung, Belohnung für die Herbeiführung eines Erfolges, Aufgabe des Eigentums, Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung. Es verhält sich also gerade umgekehrt als Knoke meint147: Nur wenn das Stiftungsgeschäft nach seiner gesetzlichen Regelung ein vertragsmäßiges, unwiderrufliches Rechtsgeschäft wäre, bedürfte es einer besonderen Vorschrift, um daneben auch ein einseitiges, widerrufliches Stiftungsgeschäft zu ermöglichen. So bedurfte es der Änderung des § 1 GmbHG, um eine Einpersonen-Gründung zu gestatten, obwohl die Einpersonen-GmbH als solche schon lange anerkannt war. Nachdem aber das Stiftungsgeschäft gesetzlich als einseitiges, widerrufliches Rechtsgeschäft ausgeformt ist, begegnet seine mehrseitige, nur gemeinsam widerrufliche Vornahme keinen Bedenken. (8) Eine andere Beurteilung wäre nur gerechtfertigt, wenn eine der Vornahme des Stiftungsgeschäfts durch Vertrag entgegenstehende Vorschrift ersichtlich wäre. Das ist indes nicht der Fall. Insbesondere kann aus dem Widerrufsrecht des § 81 Abs. 2 BGB, wie gesagt, kein Argument gegen die ___________ 144 145 146 147
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Flume, RG, S. 137. BGHZ 17, 366; Palandt/Sprau, BGB, § 657 Rdnr. 3. RGRK/Pikart, BGB, § 959 Rdnr. 3 ff. m. w. Nw. S. o. vor Fn. 121.
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Zulässigkeit eines Stiftungsvertrages abgeleitet werden, da diese Vorschrift lediglich auf den gesetzlichen Regelfall eines einseitigen Stiftungsgeschäfts zugeschnitten ist.148 Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings das Argument Reuters, wonach das Stiftungsgeschäft bis zur Anerkennung widerruflich bleiben müsse, weil der historische Gesetzgeber von § 81 BGB a. F. nur wegen des Genehmigungserfordernisses auf eine obligatorische notarielle Beurkundung verzichtet habe.149 Im Blick hierauf hilft allerdings eine analoge Anwendung von § 518 BGB wie sie Reuter neuerdings zu Recht für die gegenüber einem Dritten eingegangene Verpflichtung zur Errichtung einer Stiftung aus eigenen Mitteln fordert.150 Wird die Form nicht gewahrt, wird der Mangel analog § 518 Abs. 2 BGB mit der Anerkennung geheilt. (9) Für die Abgrenzung, ob ein von Mehreren gemeinsam erklärtes Stiftungsgeschäft als Gesamtakt oder Vertrag zu qualifizieren ist, kommt es entscheidend darauf an, ob die Parteien ihre Erklärungen als einseitig widerruflich oder als gegenseitig – und damit auch für sich – verbindlich wollen. So ist auch bei der Vornahme eines Stiftungsgeschäfts im Rahmen eines Erbvertrages zu prüfen, ob eine vertragsmäßige oder nur eine einseitige Verfügung gewollt ist.151 Und allein bei einer vertragsmäßigen Verfügung ist das Stiftungsgeschäft unwiderruflich. Im Ergebnis nichts anderes gilt für Stiftungsgeschäfte unter Lebenden. Auch hier ist zu fragen, ob die Stifter nach dem Willen der Parteien an das Stiftungsgeschäft gebunden sein sollen oder ob jedem Einzelnen weiterhin das Widerrufsrecht nach § 81 Abs. 2 S. 1 BGB zustehen soll. Letzteres ist bei einem gemeinsamen Stiftungsgeschäft Mehrerer nach dem zuvor Gesagten nur dann anzunehmen, wenn jeder für sich das Stiftungsgeschäft auch alleine vorgenommen hätte, so dass eine subjektive Teilnichtigkeit nicht gemäß § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit führt. In der Regel wird daher ein von Mehreren vorgenommenes Stiftungsgeschäft als Stiftungsvertrag zu qualifizieren sein. Entgegen der Ansicht von Reuter152 gibt es für solche Stiftungsverträge auch ein erhebliches Bedürfnis. Schon die Erwartung der Parteien eines durch Mehrere vorgenommenen Stiftungsgeschäfts wird in der Regel darauf ge___________ 148 Auch aus der Mitgliederlosigkeit der Stiftung ergibt sich nichts Gegenteiliges, denn auch bei einer Errichtung des Stiftungsgeschäfts durch Vertrag werden die Gründer nicht etwa Mitglieder der Stiftung. Zum Verhältnis des Stifters zu „seiner“ Stiftung nach deren Errichtung, s. u. § 16 A. 149 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 7. 150 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 8; a. A. Rawert in: Handbuch Bürgerstiftungen, S. 151, 162. 151 Für Nw. s. o. Fn. 110. 152 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 7.
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richtet sein, dass alle Beteiligten entsprechend dem Grundsatz pacta sunt servanda an die Vereinbarung gebunden sind und nicht ein Einziger das ganze Geschäft – wie von der herrschenden Meinung angenommen – durch einseitigen Widerruf zu Fall bringen kann. Dabei zeigt gerade der von Reuter als Gegenbeispiel angeführte Fall (BGH, StiftRspr. III, S. 89), welche misslichen Folgen es haben könnte, wenn ein Stiftungsvertrag für die Parteien nicht bindend wäre. Dort hatte ein Ehepaar einen notariell beurkundeten Stiftungsvertrag mit Wirkung auf den Tod des Erstversterbenden geschlossen. Handelte es sich hierbei zwingend (!) um zwei getrennte Stiftungsgeschäfte (nämlich seitens des Erstversterbenden von Todes wegen und seitens des Letztversterbenden unter Lebenden), so hätte dies zur Folge, dass der Letztversterbende sein Stiftungsgeschäft auch noch nach dem Tod des Erstversterbenden widerrufen und damit die Wechselbezüglichkeit der Vereinbarung unterlaufen könnte. Zwar wäre das Stiftungsgeschäft des Erstversterbenden bei Widerruf des Stiftungsgeschäfts durch den Letztversterbenden ebenfalls gemäß § 139 BGB unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Erstversterbende sein Stiftungsgeschäft nicht ohne das Stiftungsgeschäft des Letztversterbenden vorgenommen hätte. In jedem Fall hätte der Erstversterbende jedoch keine Möglichkeit mehr auf den Vertragsbruch des Letztversterbenden zu reagieren.153 (10) Nach allem kann somit festgehalten werden: Die Vornahme eines Stiftungsgeschäfts ist nicht nur einseitig, sondern auch durch Vertrag möglich und, wie bereits in den Beratungen zum BGB festgestellt wurde,154 in der Praxis verbreitet. (11) Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass sich der bzw. die Stifter zur Errichtung einer Stiftung gegenüber einem Dritten und/oder gegenseitig verpflichten. Dabei kann das Stiftungsgeschäft auch im Rahmen eines solchen Vertrages vorgenommen werden.155 (12) Damit ergeben sich folgende Möglichkeiten der Beteiligung Mehrerer an der Gründung einer Stiftung: a) Ein Stifter verpflichtet sich gegenüber einem Dritten zur Errichtung einer Stiftung. ___________ 153 In dem vom BGH entschiedenen Fall konnte das Gericht die Frage offen lassen, ob die überlebende Ehegattin das Stiftungsgeschäft widerrufen konnte, da sie den Widerruf erst nach der Genehmigung der Stiftung erklärt hatte. 154 Jakobs/Schubert, Beratung, S. 387. 155 Beispiel: Ein Vertragsteil erklärt die Errichtung einer Stiftung, der er seine Kunstsammlung zuwendet, der andere Teil verpflichtet sich, für die Sammlung ein Museum zu errichten und zu unterhalten.
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b) Mehrere Stifter verpflichten sich gegenseitig zur Errichtung einer Stiftung. c) Die Stifter nehmen das Stiftungsgeschäft durch Gesamtakt vor. d) Sie nehmen das Stiftungsgeschäft durch Vertrag vor. Diese unterschiedlichen Gestaltungen gilt es nunmehr näher zu untersuchen.
IV. Die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen 1. Vorvertrag Verpflichtet sich ein Stifter gegenüber einem Dritten zu der Errichtung einer Stiftung aus eigenen Mitteln, so handelt es sich hierbei um eine Art Vorvertrag (auf den hier freilich kein Hauptvertrag, sondern das einseitige Stiftungsgeschäft folgt). Ein solcher Vorvertrag setzt zweierlei voraus. Zum einen muss die Verpflichtung eine hinreichende Bestimmtheit aufweisen, so dass ihr – notfalls im Wege der Auslegung – der erforderliche Mindestinhalt des geplanten Stiftungsgeschäfts entnommen werden kann.156 Feststehen müssen daher zumindest der Stiftungszweck und die zu leistende Dotation. Zum anderen muss die Verpflichtung notariell beurkundet werden (§ 518 BGB analog).157 Die Form des § 81 Abs. 1 S. 1 BGB reicht aus den oben genannten Gründen158 nicht aus, weil sich der Stifter auch in diesem Falle bereits vor Anerkennung der Stiftung verbindlich zumindest hinsichtlich der essentialia festlegt. Zwar bleibt das Widerrufsrecht des Stifters hier grundsätzlich unberührt. Seine Ausübung kann sich jedoch nach allgemeinen Grundsätzen als unzulässige Rechtsausübung darstellen. Jedenfalls hat der Vertragspartner des Stifters einen klagbaren Anspruch auf Vornahme des Stiftungsgeschäfts und die Beantragung der Anerkennung (näher dazu sogleich). Verpflichtet sich in einem solchen Vertrag der Vertragspartner zur Dotation der Stiftung, gibt also seinerseits (ebenfalls) ein Zuwendungsversprechen ab, so handelt es sich entweder um einen Fall des § 267 BGB (nämlich wenn der Stifter der Stiftung ein bestimmtes Zuwendungsversprechen gibt, das durch den Dritten erfüllt werden soll) oder um eine Zustiftung. Auch insofern bedarf es wegen der Unentgeltlichkeit der Zuwendung an die Stiftung der Form des § 518 BGB.159 ___________ 156 157 158 159
Vgl. BGH, BB 1953, 97; NJW 1990, 1234, 1235. Zutr. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 8. S. o. bei Fn. 115. Offengelassen MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 8.
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2. Vorgründungsgesellschaft Verpflichten sich mehrere Stifter durch Vorvertrag gegenseitig zu der Errichtung einer Stiftung, so entsteht hierdurch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.160 Entsprechend dem zuvor Gesagten bedarf auch dieser Vertrag analog § 518 BGB notarieller Beurkundung.161 Dabei ist der Zweck dieser Gesellschaft nicht nur auf den Abschluss des Gründungsgeschäfts,162 sondern auch auf die Entstehung der Stiftung gerichtet; denn die Stiftung ist nicht schon durch das Gründungsgeschäft, sondern erst mit ihrer Anerkennung errichtet163. Die Gesellschafter der Vorgründungsgesellschaft sind daher über die Vornahme des Stiftungsgeschäfts hinaus verpflichtet, die zur Entstehung der Stiftung erforderlichen Handlungen vorzunehmen bzw. an ihnen mitzuwirken, also insbesondere den Antrag auf Anerkennung der Stiftung zu stellen. Wird die Stiftung als rechtsfähig anerkannt, so wird die Vorgründungsgesellschaft regelmäßig hierdurch nicht nur aufgelöst (§ 726 BGB), sondern auch voll beendigt, soweit sich ihr Zweck auf die Errichtung der Stiftung beschränkt, im Vorvertrag keine weitergehenden Abreden getroffen sind und es nicht zur Bildung eines Gesamthandsvermögens gekommen ist.164 Im letzten Fall bedarf es andernfalls einer Auseinandersetzung. Das dürfte jedoch auch im Stiftungsrecht eine Ausnahme bleiben;165 denn aus den oben (§ 4 A.I.4.b.) genannten Gründen kann es hinsichtlich des auf die Stiftung zu übertragenden Vermögens nicht zu der Bildung eines Gesamthandsvermögens kommen. Auch eine Teilnahme der Vorgründungsgesellschaft am Rechtsverkehr ist kaum zu erwarten. Treten nämlich die Stifter namens der künftigen Stiftung auf, so handeln und haften sie als Vertreter ohne ___________ 160 So jetzt auch MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 8; vgl. ferner BGHZ 91, 148, 151; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 2 Rdnr. 43; Hüffer, AktG, § 23 Rdnr. 15; Soergel/Hadding, BGB, Vor § 21 Rdnr. 61 f.; differenzierend aber Vor § 705 Rdnr. 39, und § 705 Rdnr. 15; s. ferner Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 11 Rdn. 9 ff. 161 Aus nicht nachvollziehbaren Gründen a. A. (formlos gültig) MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 8. 162 So die wohl h. M. im Körperschaftsrecht, vgl. die vorstehenden Nw. 163 S. o. § 4 A.I.4.b. Aus den dort genannten Gründen entsteht auch bei einer Mehrpersonen-Gründung keine Vorstiftung. 164 S. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 2 Rdnr. 49 m. w. Nw. 165 Im Körperschaftsrecht ist streitig, ob die Vorgründungsgesellschaft stets reine Innengesellschaft ist, neben die ggf. eine weitere BGB-Gesellschaft als Außengesellschaft oder eine OHG tritt (so insbes. K. Schmidt etwa in Scholz, GmbHG, § 11 Rdn. 9, 14 ff.), oder ob die Vorgründungsgesellschaft auch Außengesellschaft sein kann (so die h. M. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 2 Rdnr. 51; Scholz/Emmerich, GmbHG, § 2 Rdn. 84 f., alle m. w. Nw).
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Vertretungsmacht.166 Nur wenn sie namens der Vorgründungsgesellschaft handeln, kann es daher zu Rechtsbeziehungen der Vorgründungsgesellschaft zu Dritten kommen. In diesem Fall gelten die allgemeinen Regeln der §§ 714 ff. BGB. Ebenfalls nach dem Recht der BGB-Gesellschaft richten sich die Rechtsbeziehungen zwischen den an der Vorgründungsgesellschaft beteiligten Stiftern: Ein Recht zur jederzeitigen oder befristeten Kündigung (§ 723 Abs. 1 S. 1 BGB) besteht regelmäßig nicht, da die Gesellschaft zur Erreichung eines bestimmten Erfolges und damit auf zumindest bestimmbare Zeit geschlossen ist. Gibt das von den Stiftern vorgenommene Stiftungsgeschäft der Anerkennungsbehörde Anlass zur Beanstandung, so sind die Stifter aufgrund ihrer Förderpflicht (§ 705 BGB) in den Grenzen des Zumutbaren zur Abhilfe durch Anpassung des Stiftungsgeschäfts verpflichtet.167 Verzögert sich die Anerkennung der Stiftung über die normale Zeit hinaus oder wird sie endgültig abgelehnt, so kann dies allerdings eine Kündigung aus wichtigem Grund (§ 723 Abs. 1 S. 2 BGB) rechtfertigen.168 3. Stiftungsgeschäft durch Gesamtakt Wird eine Stiftung von mehreren Stiftern durch eine Mehrzahl einseitiger paralleler Stiftungsgeschäfte (Gesamtakt) errichtet, so ergeben sich in der rechtlichen Beurteilung weder hinsichtlich der einzelnen Stiftungsgeschäfte noch hinsichtlich des gesamten Vorgangs gegenüber einer EinpersonenGründung abweichende Voraussetzungen oder Rechtsfolgen. Insbesondere können die Stifter ihre Stiftungsgeschäfte einseitig widerrufen, ohne dass – entgegen der herrschenden Meinung – die Regel des § 139 BGB eingreift; denn eine derartige Verknüpfung haben die Stifter bei dieser Gestaltung gerade nicht gewollt, andernfalls ihre Willenserklärung als auf den Abschluss eines Stiftungsvertrages (s. u. 4.) gerichtet auszulegen ist. Dementsprechend entsteht regelmäßig auch keine Vorgründungsgesellschaft; denn anders als bei einem Stiftungsgeschäft durch Vertrag kann eine gegenseitige Verpflichtung zur Stiftungserrichtung nicht schon aus dem Stiftungsgeschäft selbst entnommen werden, und zwar deshalb nicht, weil durch Gesamtakt keine vertragliche Verpflichtung zwischen den Stiftern begründet werden kann und der mündliche „Vorvertrag“ formnichtig ist. In Betracht kommt allenfalls eine Anwendung der culpa in contrahendo mit der Folge, dass die Parteien ihre jeweilige Erklärung nicht grundlos widerrufen dürfen. ___________ 166 S. o. § 4 A.I.4.b. 167 Vgl. zu der insofern vergleichbaren Rechtslage bei der Vor-GmbH etwa Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 11 Rdnr. 29 m. w. Nw. 168 Vgl. Scholz/Emmerich, GmbHG, § 2 Rdnr. 87.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
4. Stiftungsgeschäft durch Vertrag (Stiftungsvertrag) a) Anwendung der allgemeinen Regeln Bei einem Stiftungsgeschäft durch Vertrag (hier sog. Stiftungsvertrag) handelt es sich ebenso wie bei dem Gründungsgeschäft von Verbänden um einen Organisationsvertrag, auf den grundsätzlich die allgemeinen Regeln über das Rechtsgeschäft (§§ 104 ff., 116 ff. BGB) und über das Zustandekommen von Verträgen (§§ 145 ff. BGB) Anwendung finden. Das schließt freilich Modifikationen mit Rücksicht auf den nicht lediglich schuldrechtlichen Charakter solcher Organisationsverträge nicht aus. Hinsichtlich der Auslegung des Stiftungsgeschäfts sind, nachdem es sich um einen Vertrag handelt, nicht mehr allein § 133 BGB,169 sondern nunmehr auch § 157 BGB, also die für Verträge geltenden Auslegungsregeln, anzuwenden.170 Der Stiftungsvertrag bedarf notarieller Form analog § 518 BGB.171 Er kommt durch inhaltlich übereinstimmende, seitens der Vertragsparteien empfangsbedürftige Willenserklärungen zustande, die nach ihrem Zugang unwiderruflich sind, § 130 Abs. 1 S. 2 BGB. Auf diese Willenserklärungen findet also § 81 Abs. 2 BGB keine Anwendung. Die Stifter können vielmehr nur den Vertrag gemeinsam aufheben. Hierfür gilt § 81 Abs. 2 BGB analog. Ist die Willenserklärung eines der Beteiligten oder sind die Willenserklärungen aller Beteiligten bis auf einen nichtig, so ist auf eine solche subjektive Teilnichtigkeit172 § 139 BGB anzuwenden.173 Dabei können alle Anfechtungsund Nichtigkeitsgründe im Unterschied insbesondere zum Kapitalgesellschaftsrecht (§§ 275 ff. AktG, 75 ff. GmbHG) unbeschränkt auch noch nach Anerkennung der Stiftung geltend gemacht werden. Führt dies zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages, so ist die Anerkennung der Stiftung, wenn sie noch nicht erteilt ist, zu versagen.174 Bei bloßer subjektiver Teilnichtigkeit ist zu prüfen, ob trotz der hierdurch ggf. verminderten Dotation eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint (§ 80 Abs. 2 BGB). ___________ 169 170 171 172
S. o. A.I.3. Zur Auslegung nach Errichtung der Stiftung s. u. § 7 E. S. o. B.III.(8). Bei der Nichtigkeit einzelner Vertragsbestimmungen greift dagegen § 139 BGB nicht ein, s. o. Fn. 17. 173 Das erscheint auch im Gesellschaftsrecht für das Stadium vor Vollzug und Eintragung der Gesellschaft als die interessengerechtere Lösung gegenüber der Annahme der Gesamtnichtigkeit (so etwa Scholz/Emmerich, GmbHG, § 2 Rdnr. 63, 68) oder der vorbehaltlosen Wirksamkeit zwischen den übrigen Beteiligten (so etwa Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 2 Rdnr. 95). 174 Vgl. BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, 186; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 8.
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Wird die Gesamt- oder subjektive Teilnichtigkeit des Stiftungsvertrages erst nach der Anerkennung erkannt oder wird eine Anfechtung erst hernach erklärt, so haben die (betroffenen) Stifter oder ihre Erben aufgrund der (Teil-) Nichtigkeit des Vertrages in den Grenzen des § 818 Abs. 3 BGB einen Anspruch gegen die Stiftung auf Herausgabe des ihr überlassenen Vermögens (§ 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB). Wird hierdurch die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich, so ist sie nach § 87 Abs. 1 BGB von der zuständigen Behörde aufzuheben.175 b) Entstehung einer Vorgründungsgesellschaft Durch den Abschluss eines Stiftungsvertrages entsteht ebenso wie durch den Abschluss eines Vorvertrages zwischen mehreren Stiftern eine Vorgründungsgesellschaft; denn nachdem ein Stiftungsgeschäft auf die Errichtung einer Stiftung gerichtet ist, liegt in dessen vertragsmäßig bindender Vornahme zumindest konkludent zugleich die Abrede der Stifter, auch die zur Entstehung der Stiftung erforderlichen Handlungen vorzunehmen bzw. an deren Vornahme mitzuwirken, also insbesondere den Antrag auf Anerkennung der Stiftung zu stellen. Insoweit gilt das zur Vorgründungsgesellschaft Gesagte entsprechend. Insbesondere sind die Stifter erforderlichenfalls in den Grenzen des Zumutbaren zur Anpassung des Stiftungsvertrages verpflichtet. 5. Rechte und Pflichten der Gründer nach dem Entstehen der Stiftung Nach § 85 wird die Verfassung der Stiftung, soweit sie nicht auf Gesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt. Nach dem Gesetz stehen Stifter „ihrer“ Stiftung nach deren Anerkennung und der Erfüllung des Zuwendungsversprechens (s. § 82 BGB) grundsätzlich gleich Dritten gegenüber.176 Anders als die Gründungsmitglieder eines Verbandes sind sie keine „geborenen“ Organmitglieder177. Unstreitig können sie sich aber im Stiftungsgeschäft bzw. einer anliegenden Stiftungssatzung zu Mitgliedern von Stiftungsorganen küren bzw. sich einzelne organschaftliche Befugnisse vorbehalten. Zudem können sie über die erste Dotation hinaus weitere Verpflichtungen übernehmen, sich insbesondere zu weiteren Zuwendungen verpflichten. Auch bei Abschluss eines Stiftungsvertrags bestehen diese Verpflichtungen, freilich nicht den Mitstiftern, sondern der Stiftung gegenüber. Zumindest ___________ 175 Näher u. § 26 A.I.1.c. m. Nw. 176 S. nur Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 165; näher u. § 16 A. 177 Zum Organbegriff s. u. § 9.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
grundsätzlich178 kann sie daher auch allein die Stiftung klageweise geltend machen. Im Verbandsrecht gilt jedoch nichts anderes: Einlagen und Beiträge werden richtigerweise dem Verband und nicht den Mitgesellschaftern geschuldet.179 Das hindert freilich weder Stifter noch Gesellschafter, sich daneben gegenüber Mitstiftern bzw. -gesellschaftern (oder auch Dritten) schuldrechtlich zu verpflichten. Mit alledem soll freilich nicht gesagt sein, dass Stifter zu Mitgliedern mutieren können. Zwar können Stifter im Stiftungsgeschäft ein organschaftliches Rechtsverhältnis zu der Stiftung begründen. Anders als Verbandsmitglieder sind sie jedoch stets nur gekorene und eben nicht geborene Organmitglieder. Die Unterschiede sind vielfältig.180 Ein wesentlicher Unterschied besteht etwa darin, dass das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis mehrseitig ist, nämlich sowohl gegenüber dem Verband als auch gegenüber jedem Mitgesellschafter besteht,181 während das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. nur zweiseitig ist, nämlich zwischen dem gekorenen Organmitglied und dem Verband bzw. der Stiftung besteht. Anders als Verbandsmitglieder schulden daher gekorene Organmitglieder einander keine Treue, sondern sind lediglich der Stiftung gegenüber zu einer kollegialen Zusammenarbeit verpflichtet.182 Und daran ändert auch der Abschluss eines Stiftungsvertrags grundsätzlich nichts.183 Auf all dies wird zurückzukommen sein.
C. Zusammenfassung Insgesamt sollte viererlei deutlich geworden sein: Erstens sind die inhaltlichen Anforderungen, die an das Stiftungsgeschäft gestellt werden, vergleichsweise gering. Das spricht für ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit. Zweitens bestehen zwar Unterschiede zwischen der Gründung einer Stiftung und einer Körperschaft. Insbesondere entsteht eine Stiftung nach deutschem Recht durch Doppelakt und nicht wie Körperschaften durch Prozess. Die Stiftung ist daher erst mit ihrer Anerkennung errichtet. Eine Vorstiftung gibt es nicht. Dies beruht jedoch weder auf dem Erfordernis einer staatlichen Anerkennung noch auf der Mitgliederlosigkeit der Stiftung. Die Mitglieder___________ 178 179 180 181 182 183
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Zur Möglichkeit einer actio pro societate im Stiftungsrecht, s. u. § 11 C.III.1.c. Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 577 f. m. w. Nw. Vgl. u. §§ 14, 15, 30. K. Schmidt, GR, S. 552 ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97 f., 126 f. S. u. § 15 B.II. S. aber u. § 30 C.III.2.a.
§ 4 Das Stiftungsgeschäft
losigkeit der Stiftung führt nur dazu, dass bei einer Mehrpersonen-Gründung nicht notwendigerweise über die Anwendung der Grundsätze der c.i.c. hinausgehende Rechtsbeziehungen zwischen den Stiftern begründet werden. Drittens unterscheidet sich das Stiftungsgeschäft jedoch nicht grundlegend von dem Gründungsgeschäft einer Gesellschaft wie etwa einer GmbH. Hier wie dort handelt es sich um rechtsgeschäftliche Organisationsakte, die auf die Errichtung einer juristischen Person gerichtet sind. Beide können durch einseitiges Rechtsgeschäft, aber auch durch Vertrag vorgenommen und bis zur Entstehung der juristischen Person jederzeit widerrufen bzw. aufgehoben werden. Verpflichten sich mehrere Stifter zur Errichtung einer Stiftung, entsteht, ganz wie im allgemeinen Verbandsrecht, eine Vorgründungsgesellschaft. Insoweit gliedert sich das Stiftungsgeschäft in die allgemeinen Lehren über die Gründung einer juristischen Person ein. Viertens können im Stiftungsgeschäft – sei es einseitig oder ein Stiftungsvertrag – über die Stiftungserrichtung hinausgehende Rechte und Pflichten der Stifter gegenüber der Stiftung und untereinander begründet werden. Mitgliedschaftliche Rechtsverhältnisse entstehen hierdurch jedoch nicht. Das wird freilich noch näher auszuführen sein. Zunächst wenden wir uns nun dem Stiftungszweck zu.
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§ 5 Der Stiftungszweck Welche Anforderungen an den Stiftungszweck zu stellen sind, ist auch nach der Reform des Stiftungsrechts nicht ganz zweifelsfrei und daher im Folgenden zu untersuchen. Zuvor bedarf es allerdings einiger Bemerkungen zu dem Begriff und der Bedeutung des Stiftungszwecks; denn terminologisch wird der Zweck im Stiftungsrecht weiter verstanden und ihm dogmatisch von Rechtsprechung und Lehre ein anderer Stellenwert zugeschrieben als dem Zweck im Gesellschaftsrecht.
A. Begriff des Stiftungszwecks I. Die Unterscheidung zwischen Zweck und Gegenstand im Gesellschaftsrecht Im Gesellschaftsrecht wird in Anlehnung an den Wortlaut des Gesetzes (z. B. §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) zwischen dem Verbandszweck und dem Gegenstand der Verbandstätigkeit (sog. „Unternehmensgegenstand“) unterschieden, und zwar auch bei denjenigen Rechtsformen, bei denen diese Unterscheidung gesetzlich nicht vorgegeben ist.1 Aufgrund des unklaren und uneinheitlichen Wortgebrauchs des Gesetzes ist jedoch bis heute die Auslegung dieser Begriffe und ihr Verhältnis zueinander nicht abschließend geklärt.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Verbandszweck der oberste Leitsatz der Verbandstätigkeit, mit dessen Änderung kein Mitglied rechnen muss3 und für dessen Änderung es daher der Zustimmung aller Mitglieder bedarf4. Der Verbandszweck ist damit gleichsam die Ge___________ 1 Ganz h. M., s. nur Soergel/Hadding, BGB, § 33 Rdnr. 8 f.; Hüffer, AktG, § 23 Rdnr. 21; Kübler, GR, S. 32; a. A. aber Flume, jP, S. 323 ff. (keine sachliche Unterscheidung zwischen Zweck und Gegenstand). Verbreitet wird allerdings angenommen, Gegenstand und Zweck seien teilidentisch, Ersterer nämlich Teil des Zweiten, so etwa Zöllner, Schranken, S. 25 ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 1 Rdnr. 3; Großmann, Unternehmensziele, S. 19 f.; Tieves, Unternehmensgegenstand, S. 26 ff.; vgl. auch RGZ 164, 129, 140, wonach der Unternehmensgegenstand die Haupterkenntnisquelle für den Gesellschaftszweck ist. 2 Zum Meinungsstand s. etwa auch Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 1 Rdnr. 5 ff. 3 BGHZ 96, 245, 251. 4 H. M., statt anderer Soergel/Hadding, BGB, § 33 Rdnr. 8; Hüffer, AktG, § 179 Rdnr. 33; K. Schmidt, GR, S. 65; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 1 Rdnr. 10; Zöllner, Schranken, S. 30; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 1 Rdnr. 20; a. A. insbes. Wiedemann, GR, S. 156 (satzungsändernde Mehrheit reicht aus).
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§ 5 Der Stiftungszweck
schäftsgrundlage des Personenzusammenschlusses.5 Dabei wird man als Verbandszweck in diesem Sinne jedenfalls die formalen Ziele der Verbandstätigkeit anzusehen haben, die sich in Anlehnung an Wiedemann6 wie folgt unterteilen lassen – wobei es selbstverständlich auch Mischformen gibt: (1) Wertschöpfung (= erstrebter wirtschaftlich-ideeller Nutzen) a) Gewinnerzielung (insbes. erwerbswirtschaftliche Unternehmen) b) Kostendeckung (insbes. nonprofit Organisationen) c) Bedarfsdeckung (z. B. gemeinnützige Unternehmen) d) geistig-ideelle Werte (z. B. Idealvereine, Tendenzunternehmen) (2) Wertverteilung (Begünstigte des erstrebten Nutzens) a) Privatnützig (beschränkter Personenkreis) aa) Eigennützig (Mitglieder) bb) Fremdnützig (Dritte) b) Gemeinnützig (Allgemeinheit) Demgegenüber wird als Gegenstand der Verbandstätigkeit die Art und Weise7 oder das Mittel der Zweckverfolgung8 oder auch der Tätigkeitsrahmen des Verbandes9 bezeichnet, innerhalb dessen der Verbandszweck verfolgt wird. Er kann nach den allgemeinen, für Vertrags- bzw. Satzungsänderungen geltenden Regeln modifiziert werden.10 Solange dies allerdings nicht geschieht, binden der Verbandszweck und der Gegenstand der Verbandstätigkeit die Mitglieder und Organe des Verbandes gleichermaßen. Sie zu verfolgen ist Aufgabe und sie einzuhalten Grenze der Geschäftsführung. Gegenstand der Verbandstätigkeit in diesem Sinne sind bei erwerbswirtschaftlichen Verbänden etwa die in § 1 Abs. 2 HGB a. F. genannten Gewerbe. Nun stehen allerdings der Zweck eines Verbandes und der Gegenstand seiner Tätigkeit nicht beziehungslos nebeneinander. Ihr Verhältnis zueinan___________ 5 Vgl. auch BayObLG NJW-RR 2001, 1260, 1261 m. w. Nw. 6 Wiedemann, GR, S. 326. 7 So bspw. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 1 Rdnr. 2; auch Soergel/Hadding, BGB, § 33 Rdnr. 9. 8 Wohl h. M.: Kübler, GR, S. 32; Scholz/Emmerich, GmbHG, § 1 Rdnr. 2 f.; Hüffer, AktG, § 23 Rdnr. 22. 9 So etwa K. Schmidt, GR, S. 65; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 1 Rdnr. 8. 10 So ausdrücklich § 179 Abs. 2 S. 2 AktG, im Übrigen h. M., etwa K. Schmidt, GR, S. 65; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 1 Rdn. 10; Soergel/Hadding, BGB, § 33 Rdnr. 9; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 1 Rdnr. 20; konsequent a. A. Großmann, Unternehmensziele, S. 25 ff.
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der ist aber auch nicht immer das gleiche, wie zumeist angenommen wird. Vielmehr kann das Verhältnis von Tätigkeit und Zweck ganz unterschiedlich ausgestaltet sein. Folgende Modelle kommen in Betracht – wobei es natürlich auch hier Mischformen gibt: (1) Die Verbandstätigkeit dient unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung (Verbandstätigkeit als Zweckverwirklichung). (2) Die Verbandstätigkeit ist bloßes Mittel zum Zwecke der Gewinnerzielung (Verbandstätigkeit als Erwerbsquelle). (3) Auch die Gewinnerzielung ist bloßes Mittel zur Verfolgung anderweitiger Zwecke (Erwerb als Dotationsquelle). Dabei findet sich das erste Modell vor allem bei Verbänden, die sich der Bedarfsdeckung oder einer geistig-ideellen Zielsetzung verschrieben haben, aber auch bei Genossenschaften. Das zweite Modell ist dasjenige von erwerbswirtschaftlichen Unternehmen. Und das dritte Modell kommt vor allem bei Stiftungen vor. Die Verbandstätigkeit hat also je nach Fallgestaltung eine ganz unterschiedliche Bedeutung für den Verbandszweck. Folgt man diesen Überlegungen, so erscheint es nicht als bloßer Zufall, dass das Gesetz in Satzungen von Kapitalgesellschaften nur die Angabe des Unternehmensgegenstandes (§§ 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG, 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG), bei Vereinen hingegen die Angabe des Zwecks (§ 57 Abs. 1 BGB) verlangt. Gesetzestypischer Zweck von Kapitalgesellschaften ist nämlich eine Gewinnerzielung zugunsten der Mitglieder, so dass dies aus Sicht des Gesetzes sozusagen keiner Erwähnung bedarf. Demgegenüber ist der Unternehmensgegenstand, mit dem dieses Ziel verfolgt wird, zwar regelmäßig sekundär; denn er ist lediglich Mittel zum Zweck der Gewinnerzielung. Angesichts der Weite des Zwecks „Gewinnerzielung“ begrenzt jedoch erst ein bestimmter Unternehmensgegenstand das Tätigkeitsfeld der Gesellschaft und damit deren Geschäftsführung hinreichend. Ganz anders verhält es sich hingegen bei Vereinen. Der gesetzestypische Fall ist hier eine ideale, nicht auf Gewinnerzielung gerichtete Zwecksetzung. Dabei ist die Verbandstätigkeit nicht bloßes Mittel zum Zweck, sondern dient unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung. Die ideale Zwecksetzung (z. B. Kegeln) und die Verbandstätigkeit fallen mithin zusammen oder sind zumindest teilidentisch. Während bei Kapitalgesellschaften daher ein Branchenwechsel etwa von Metallverarbeitung zu Telekommunikation regelmäßig nur eine einfache Satzungsänderung voraussetzt (Änderung des Unternehmensgegenstandes), wäre ein entsprechendes Vorhaben bei einem Verein (z. B. statt Kegeln nun112
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mehr Literatur) Zweckänderung. Das bedeutet freilich weder, dass bei Vereinen nicht zwischen ihrem Zweck (z. B. Sport) und dem Gegenstand ihrer Tätigkeit (z. B. Leichtathletik und Ballsport) unterschieden werden könnte, noch, dass jede Änderung des in der Satzung angegebenen Vereinszwecks Zweckänderung i. S. d. § 33 Abs. 1 S. 2 BGB ist (z. B. Einschränkung der Verbandstätigkeit auf Ballsport oder Erweiterung um Schwimmen). Wohl aber bedeutet dies, dass der satzungsgemäßen Tätigkeit bei der Bestimmung des Verbandszwecks ein ganz unterschiedliches Gewicht beizumessen ist je nachdem, ob die Verbandstätigkeit selbst unmittelbar der Zweckverfolgung dient oder bloßes Mittel zur Erreichung anderweitiger Zwecke ist. Das zeigt sich auch bei Genossenschaften oder beispielsweise einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand „Handel mit Kunsthandwerk aus der Dritten Welt“ ist: Während eine Ausdehnung auf den Handel mit anderen Produkten aus der Dritten Welt nur eine Änderung des Unternehmensgegenstandes verlangt, stellte ein Fortfall der Beschränkung auf Güter „aus der Dritten Welt“ u. U. eine Zweckänderung dar, nämlich dann, wenn der Zweck der GmbH nicht (allein) auf Gewinnerzielung, sondern (auch) auf eine Förderung von Produzenten aus der Dritten Welt gerichtet ist.
II. Die Rechtslage im Stiftungsrecht Anders als im Gesellschaftsrecht wird im Stiftungsrecht bisher nicht zwischen dem Stiftungszweck und dem Gegenstand der Stiftungstätigkeit differenziert. Vielmehr wird unter dem Begriff des „Stiftungszwecks“ von Rechtsprechung11 und Lehre12 offenbar beides verstanden. Allerdings wird auch im Gesellschaftsrecht weder vom Gesetz noch von Rechtsprechung und Literatur immer streng zwischen Zweck und Gegenstand unterschieden, sondern der Begriff des Zwecks oft auch undifferenziert oder in einem weiteren, beides umfassenden Sinne verwendet. Und gegen diesen Sprachgebrauch ist auch insofern nichts einzuwenden, als eine strenge Differenzierung nicht immer nötig ist, vielmehr allzu oft umständlich wäre. Erforderlich ist eine Unterscheidung im Gesellschaftsrecht aber zumindest dann, wenn eine Änderung des Zwecks oder des Gegenstands in Frage steht, weil hieran unterschiedliche Anforderungen geknüpft werden (s. o. I.). Und zumindest dann wird sie im Gesellschaftsrecht auch getroffen. Im Stiftungsrecht wurde hingegen bisher, soweit ersichtlich, nicht einmal die Frage nach einer möglichen Differenzierung zwischen dem Stiftungszweck und dem Gegenstand der Stiftungstätigkeit aufgeworfen. ___________ 11 Vgl. etwa BGH, StiftRspr. III, S. 27 ff. m. Anm. Leisner. 12 Charakteristisch sind etwa die Ausführungen von Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 10, 17, 55.
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Dieses Zurückbleiben hinter dem im Gesellschaftsrecht erreichten Erkenntnisstand ist bemerkenswert und kann nicht allein damit erklärt werden, dass sowohl im BGB als auch in den Landesstiftungsgesetzen stets nur von dem Stiftungszweck die Rede ist; denn im Vereins- und Personengesellschaftsrecht ist dies nicht anders. Vielmehr meint man wohl auf diese Unterscheidung verzichten zu können. Dem ist indessen nicht so: Zum einen wäre es nämlich nicht sachgerecht, jede Änderung des Gegenstands der Stiftungstätigkeit als Zweckänderung zu qualifizieren. Heißt es etwa in der Stiftungssatzung, Zweck der Stiftung sei „die Förderung junger Künstler durch Vergabe von Stipendien“, so liegt es auf der Hand, dass es keiner – in der Regel nur bei Unmöglichkeit der Zweckverfolgung oder einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zulässigen – Zweckänderung bedarf, um die Tätigkeit der Stiftung auch auf die Organisation von Ausstellungen mit jungen Künstlern zu erstrecken. Nachdem dies auch keine wesentliche Umgestaltung der Stiftung darstellt, setzt ein solches Vorhaben lediglich eine einfache Satzungsänderung voraus.13 Zu diesem Ergebnis kann aber nur gelangen, wer zuvörderst erkennt, dass Stiftungszweck i. e. S. „die Förderung von jungen Künstlern“ ist und die „Vergabe von Stipendien“ lediglich den Gegenstand der Stiftungstätigkeit bezeichnet. Zum anderen ist die Unterscheidung zwischen dem Wie und Was, dem Mittel und Zweck, der Tätigkeit und ihrem Ziel logischer Natur. Zwar kann ein Mittel auch Zielcharakter und umgekehrt ein Ziel auch Mittelcharakter haben, wie die oben (I.) gebildeten Fallgruppen über das Verhältnis zwischen Verbandstätigkeit und Verbandszweck verdeutlichen. Das ändert jedoch nichts an ihrer Unterscheidbarkeit14 und vor allem nichts an dem Erklärungswert ihrer Unterscheidung, der ausschlaggebende Bedeutung zukommen kann (so z. B. bei der Frage der Zulässigkeit von Selbstzweckstiftungen, s. u. C.V.). Unterscheidet man hingegen, wie im Stiftungsrecht üblich, nicht zwischen Zweck und Gegenstand, so kann dies zu vermeidbaren Irrungen und Wirrungen führen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der folgende, vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall15: „Zweck“ der klagenden Kapitalstiftung war laut Satzung, „vorbeugende Maßnahmen zur Bekämpfung des Alkoholismus durchzuführen, insbesondere alkoholfreie Gaststätten einzurichten“. Schon diese Fassung des Stiftungszwecks in der Satzung war ungenau und missverständlich. Zwar könnte auch die Einrichtung von alkoholfreien Gaststätten Stiftungs___________ 13 Zu den Voraussetzungen von Grundlagenänderungen eingehend u. § 13. 14 Anders Großmann, Unternehmensziele, S. 20, Fn. 21. 15 BGH, StiftRspr. III, S. 27.
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zweck i. e. S. sein. Das hatte die Stifterin jedoch nicht beabsichtigt. Vielmehr ergibt sich aus dem Wortlaut ihres Testaments eindeutig, dass Zweck der Stiftung die Vorbeugung gegen Alkoholismus, die Einrichtung von alkoholfreien Gaststätten und Ausschankstellen dagegen lediglich ein vorzugswürdiges Mittel zur Verfolgung dieses Zwecks sein sollte. Dadurch aber, dass der Wortlaut der Stiftungssatzung nicht zwischen Zweck und Mittel trennte, wurden die Stiftungsorgane offenbar zu der Annahme verleitet, die Einrichtung von alkoholfreien Gaststätten selbst sei Zweck, und zwar noch dazu Hauptzweck der Stiftung – eine Interpretation, die durch das Wort „insbesondere“ nahe zu liegen schien. Als sich dann die Einrichtung von alkoholfreien Gaststätten als undurchführbar erwies, lag es in der Konsequenz dieser Fehlinterpretation, dass die Stiftungsorgane (und zunächst auch die Stiftungsaufsichtsbehörde) meinten, dass die Einrichtung von alkoholfreien Mittagstischen für Studenten und Gehbehinderte dem Stiftungszweck gerecht würde, anstatt auf andere Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Alkoholismus zu sinnen. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass auch im Stiftungsrecht zwischen dem Stiftungszweck und dem Gegenstand der Stiftungstätigkeit differenziert werden kann und ggf. differenziert werden muss. Ist eine Unterscheidung jedoch – wie zumeist – nicht erforderlich, so wird auch im Folgenden der Begriff des „Stiftungszwecks“ entsprechend des im Gesellschafts- wie Stiftungsrecht vorherrschenden Sprachgebrauchs im weiteren, auch den Gegenstand der Stiftungstätigkeit umfassenden Sinne gebraucht. Ist hingegen tatsächlich nur der Stiftungszweck im engeren Sinne gemeint, so wird dies erforderlichenfalls entsprechend gekennzeichnet.
B. Bedeutung des Stiftungszwecks „Iherings Wort vom Zweck als Schöpfer des ganzen Rechts gilt besonders für das Stiftungsrecht. Die Zwecksetzung stellt hier geradezu das Herzstück dar. Unter dem Schutz von Stifterfreiheit und Stiftungsfreiheit räumen Gesetzgebung und Rechtsprechung dem Stiftungszweck eine Sonderstellung ein, die auch im Bereich der Privatautonomie ungewöhnlich ist: Er prägt Stiftungsgeschäft und Satzung bis in die Einzelheiten hinein, bestimmt die Geschäftstätigkeit der Stiftung im Detail und zieht zugleich der staatlichen Aufsicht Grenzen.“16 Mit diesen Worten leitet Hof im Handbuch des Stiftungsrechts das Kapitel über den Stiftungszweck ein und dokumentiert damit bei___________ 16 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 1.
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spielhaft die besondere Bedeutung, die dem Stiftungszweck zugeschrieben wird. Doch worin liegt sie? Zutreffend ist, dass die Stiftung eine Zweckschöpfung ist, d. h. zur Verfolgung bestimmter Zwecke geschaffen wird. Zutreffend ist ferner, dass der Stiftungsorganisation und dem Stiftungsvermögen gegenüber dem Stiftungszweck dienende Funktion zukommt.17 Und zutreffend ist schließlich, dass der Stiftungszweck sowohl die Stiftungsorgane als auch die Stiftungsaufsichtsbehörde bindet. Allein, all dies lässt sich auch von dem Verbandszweck sagen: Der Zweck ist das konstituierende Element des Verbandes.18 Er kann maßgeblich für die Bestimmung der Rechtsform und, wenn insofern Wahlfreiheit und innerhalb der Rechtsform Gestaltungsfreiheit besteht, mitbestimmend für die Organisation des Verbandes sein. Auch die Vermögensausstattung wird durch den Verbandszweck beeinflusst. Und die Organe sowie Mitglieder sind an ihn ebenso gebunden wie die Organe und die Aufsichtsbehörde an den Stiftungszweck. Zudem ist der Verbandszweck richtigerweise nicht der gemeinsame individuelle Zweck der Mitglieder, sondern der überindividuelle Zweck des Verbandes selbst.19 Auch insofern besteht kein Unterschied zum Stiftungszweck. Freilich steht der Verbandszweck zur Disposition der Mitglieder, während der Stiftungszweck grundsätzlich nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen geändert werden kann. Hierin und allein hierin liegt der Unterschied zwischen Verbands- und Stiftungszweck. Im Blick auf die konstitutive und maßstabbildende Funktion von Verbands- und Stiftungszweck ist dieser Unterschied jedoch ohne Belang. Allerdings ist er einer der Gründe für die Starrheit, die der Stiftung nachgesagt wird. Indes: Eine Zweckänderung im engeren Sinne ist auch im Gesellschaftsrecht selten, zumal sie der Zustimmung aller Mitglieder bedarf (s. o. A.I.), was bei Publikumsverbänden eine Zweckänderung faktisch ausschließt. Umgekehrt ist eine bloße Änderung des Gegenstands der Stiftungstätigkeit auch unterhalb der Schwelle einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse zulässig (s. o. A.II.). Überdies kann der Stifter die nähere Bestimmung (s. u. C.I.1.a.) und auch die Änderung des Gegenstands der Stiftungstätigkeit in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane stellen (s. u. § 13 A.II.4.). Bei näherem Hinsehen relativiert sich also auch dieser Unterschied zwischen Verbands- und Stiftungszweck. ___________ 17 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 5; Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 10; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 6. 18 Statt aller K. Schmidt, GR, S. 61. 19 Flume, PG, S. 37 ff.; K. Schmidt, GR, S. 59 ff. (mit Einschränkungen bei bloßen schuldrechtlichen Innengesellschaften), jew. m. w. Nw.
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C. Zulässige und unzulässige Stiftungszwecke I. Gesetzliche Ausgangslage: Der Grundsatz der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung Welche Stiftungszwecke zulässig und welche unzulässig sind, war nach altem Recht heftig umstritten. Während nach herrschender Meinung schon bisher der Grundsatz der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung galt,20 stießen bestimmte Arten von Familien- und Unternehmensstiftungen bei gewichtigen Stimmen in der Literatur auf Bedenken,21 die auch von manchen Stiftungsgesetzen der Länder aufgenommen wurden22. Dabei war und ist die Diskussion teilweise von hergebrachten Leitbildern bestimmt, teilweise aber auch von ideologischen Vorstellungen nicht frei23. Methodisch betrachtet münden die Argumente teils in einem Typenzwang, teils fußen sie auf Institutionenlehren. Beides wurde bereits als verfehlt gekennzeichnet.24 Unter diese Diskussion hat der Gesetzgeber versucht einen Schlussstrich zu ziehen. Auf Empfehlung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht25 wurde in § 80 Abs. 2 BGB n. F. der Grundsatz der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung ausdrücklich gesetzlich normiert.26 Entgegenstehende landesrechtliche Bestimmungen sind gemäß Art. 31 GG bzw. nach Art. 72 Abs. 1 GG nichtig.27 Erlaubt ist damit grundsätzlich jeder Stiftungszweck, „der das Gemeinwohl nicht gefährdet“. Dementsprechend gehen die an die neue Rechtslage angepassten Landesstiftungsgesetze samt und sonders von
___________ 20 Statt anderer Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 11; Seifart/v. Campenhausen/ Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 56, jew. m. w. Nw. 21 Insbesondere Reuter etwa in MünchKomm, BGB3, Vor § 80 Rdnr. 7 ff., 35 ff., 43 ff., und sein Schüler Rawert etwa in Staudinger, BGB, Vor § 80 Rdnr. 83 ff., 122 ff.; vgl. auch § 81 des von Rawert verfassten Gesetzentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 3. 22 S. § 6 Abs. 2 lit. c, d, Abs. 3 lit. b, c BbgStiftG a. F., § 7 Abs. 2 lit. c, Abs. 3 lit. a MVStiftG, § 4 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 lit. b NRWStiftG a. F. 23 Darauf weisen auch Palandt/Heinrichs, BGB, Vor § 80 Rdnr. 3 sowie Erman/ O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 20, hin. 24 S. o. § 3 C.II.2., 3.b., 4. 25 Bericht, S. 5, 6, 37 ff., 43 ff. 26 Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 9; aus der Literatur statt anderer Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 1 ff.; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 5. 27 Statt anderer Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 8, 9; ausf. zur Vereinbarkeit von landesrechtlichen Vorschriften über Familien- und Unternehmensstiftungen mit dem reformierten BGB Schwarz, ZEV 2003, 306 f.; s. ferner etwa Muscheler, ZSt 2004, 3, 4.
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der – unterschiedslosen – Zulässigkeit von Familienstiftungen aus.28 Anspruch auf Anerkennung haben überdies Unternehmensstiftungen29 im Allgemeinen sowie Stiftungen, die als persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien fungieren (Stiftung & Co. KG, Stiftung & Co. KGaA)30 im Besonderen. Auf ein diesbezügliches Verbot entsprechend § 1 Abs. 2 Nr. 3 öPrivatStiftG hat sich der deutsche Gesetzgeber nicht verständigen können.31 Lediglich „Stiftungen für den Stifter“, also Stiftungen, bei denen der Stifter selbst Begünstigter ist, und sog. „Selbstzweckstiftungen“, d. h. Stiftungen, deren einziger Zweck die Erhaltung des Grundstockvermögens ist, sollen unzulässig sein.32 Die Gestaltungsfreiheit künftiger Stifter ist damit nahezu grenzenlos. Aus rechtspolitischer Sicht stößt dies freilich keineswegs auf ungeteilte Zustimmung. So befürchtet Karsten Schmidt die Stiftung würde zu einer „Discount-Rechtsform“ verkommen.33 Und Dieter Reuter besorgt ein „Weiterwuchern der kautelarjuristischen Konstruktionsphantasie“.34 Namentlich Reuter, sein Schüler Rawert und Hüttemann wollen daher den Willen des Gesetzgebers nicht wahrhaben und führen die alten Diskussionen um Familien- und Unternehmensstiftungen mit nur zum Teil neuen Argumenten unverdrossen fort. Anknüpfungspunkt ist zum einen, dass der Gesetzgeber an der bisherigen Rechtslage (Grundsatz der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung) nichts habe ändern und dementsprechend auch den Streit um die Zulässigkeit von Unternehmens- und Familienstiftungen nicht habe entscheiden wollen.35 Zum anderen sei der Wille des Gesetzgebers nur insoweit maßgeblich, als er im Gesetzestext Ausdruck gefunden habe. Dort aber sei ___________ 28 S. §§ 10 BlnStiftG, 2 Abs. 2 BbgStiftG, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 HbgStiftG, 21 HeStiftG, 10 Abs. 2 NdsStiftG, 6 Abs. 3 HbgStiftG, 3 Abs. 2, 9 Abs. 1 S. 3 RPStiftG, 10 Abs. 3 SaarStiftG, 19 SHStiftG; ebenso § 17 S. 1 BreStiftG. Sie folgen damit den Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 38 f., 44 ff.; s. Begr. SenatsE zu § 2 Abs. 1 HbgStiftG, Bürgerschaft Ds. 18/1513, S. 5; Begr. RegE zu § 3 Abs. 2 RPStiftG, LT-Drs. 14/3129, S. 15. 29 Vgl. §§ 13 Abs. 1 S. 2 Fall 5 SaStiftG, 13 Abs. 1 S. 2 Fall 5 SAStiftG, 13 Abs. 1 S. 2 Fall 5 ThStiftG, sowie Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 47 ff.; näher u. IV. 30 Vgl. §§ 13 Abs. 1 S. 2 Fall 5 SaStiftG, 13 Abs. 1 S. 2 Fall 5 SAStiftG, 13 Abs. 1 S. 2 Fall 5 ThStiftG; vgl. auch Schwarz, ZEV 2003, 306, 313. 31 Vgl. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 50; anders noch § 81 des Gesetzentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 3; § 81 des Gesetzentwurfs der FDP, BT-Drs. 14/336, S. 2, und § 81 des Gesetzentwurfs des Landes Hessen, BR-Drs. 752/99, S. 1. 32 Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 37, 47. 33 K. Schmidt, ZHR 166 (2002), S. 145, 148. 34 Reuter, FS Hadding, S. 231, 240. 35 Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 58, 60.
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von Familien- und Unternehmensstiftungen nicht die Rede. Insofern setze sich daher das Gebot der Wertungs- und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung als rechtliches Grundprinzip durch.36 Indes: Das Schweigen des Gesetzes ist beredt.37 Der Gesetzgeber hat sich, wie sich aus der Gesetzesgenese ergibt, eindeutig gegen Vorschläge zur Begrenzung der Zulässigkeit von Familien- und Unternehmensstiftungen entschieden.38 Und dieser Wille des Gesetzgebers ist in § 80 Abs. 2 BGB i. V. m. § 81 Abs. 1 S. 2 sowie in §§ 86, 87 Abs. 1 BGB auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen.39 § 86 BGB verweist gerade nicht auf § 22 BGB. Nicht anerkennungsfähig sind lediglich rechtlich oder tatsächlich unmögliche (§§ 80 Abs. 2 Fall 2, 87 Abs. 1, §§ 134, 138 BGB), unbestimmte oder kurzfristige (§ 80 Abs. 2 Fall 2) sowie gemeinwohlgefährdende (§ 80 Abs. 2 Fall 3 BGB) Stiftungszwecke. Dabei ist es Sinn und Zweck des Gesetzes durch bundeseinheitlich abschließende Normierung der Anerkennungsvoraussetzungen und ausdrückliche Zuerkennung eines Anspruchs auf Anerkennung der Stiftung (§ 80 Abs. 2 BGB), die Stiftungserrichtung zu vereinfachen und die Stifterfreiheit zu stärken. Gerade hinsichtlich der Zwecksetzung soll der Stifter in den vorgenannten Grenzen frei und insbesondere nicht auf steuerbegünstigte Zwecke beschränkt sein.40 Vor diesem Hintergrund sind planwidrige Regelungslücken, die eine analoge Anwendung von §§ 22, 2210 BGB oder Art. 155 Abs. 2 WRV rechtfertigen könnten, nicht vorhanden.41 Und zudem fehlt es, wie zu zeigen sein wird, an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte.42 Schließlich gibt es ein Grundprinzip ___________ 36 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 43, §§ 80, 81 Rdnr. 49 f. 37 So auch Schwarz, ZEV 2003, 306, 310; Schiffer, ZSt 2003, 252, 253. 38 Weder ist § 81 des von Rawert verfassten Gesetzentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 3, Gesetz geworden noch § 81 des Gesetzentwurfs der FDP, BT-Drs. 14/336, S. 2, oder § 81 des Gesetzentwurfes des Landes Hessen, BR-Drs. 752/99, S. 2. Vielmehr ist der Gesetzgeber den Empfehlungen der BundLänder-Arbeitsgruppe gefolgt (Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 7), die sich deutlich gegen eine Einschränkung der zulässigen Stiftungszwecke ausgesprochen hat, s. Bericht, S. 5, 6, 37 ff., 43 ff. 39 Maßgeblich ist der in einer Norm „zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers …, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt“, st. Rspr. seit BVerfGE 1, 299, 312; etwa 8, 274, 307; 10, 234, 244; 11, 126, 130 f.; 105, 135, 157. 40 S. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 7 ff.; Begr. des Gesetzentwurfes der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 14/8277, S. 5 ff. 41 Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 15; Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 9: „Die Ansicht, dass … § 22 auch für Stiftungen gelte …, war schon bisher unrichtig und kann seit der Reform kaum noch ernsthaft vertreten werden“. 42 S. u. II., IV.
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der Wertungs- und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung in der von Reuter apostrophierten Form nicht.43 Selbst Rawert gibt daher nunmehr die Analogie zu § 22 BGB notgedrungen auf.44 Auch er will jedoch weiterdiskutieren, und zwar nunmehr orientiert am „Stiftungsbegriff und dem Gemeinwohlvorbehalt“.45 Das lässt nichts Gutes erwarten; denn der Stiftungsbegriff ist gesetzlich nicht definiert (s. o. § 2) und der Gemeinwohlvorbehalt wegen seiner Unbestimmtheit verfehlt (s. u. 2.). Auf dieser Grundlage lässt sich mithin nur schlecht argumentieren. Sein Anknüpfungspunkt ist daher das Verbot der Selbstzweckstiftung. Dem kommt jedoch richtigerweise mehr theoretische als praktische Bedeutung zu (s. u. VI.). Aus § 80 Abs. 2 i. V. m. § 81 Abs. 1 S. 2 sowie § 87 Abs. 1 BGB ergeben sich lediglich folgende Anforderungen an den Stiftungszweck: – Der Stiftungszweck muss hinreichend bestimmt und auf eine gewisse Dauer angelegt sein. – Er darf nicht rechtlich oder tatsächlich unmöglich sein und das Gemeinwohl nicht gefährden. Diese gilt es nun näher zu untersuchen: 1. Bestimmtheit und Dauer des Stiftungszwecks a) Zu Recht wird verlangt, dass der Stiftungszweck nicht jede Kontur vermissen lassen darf46. Auch im Recht der Kapitalgesellschaften wäre ein Unternehmensgegenstand „Geschäfte aller Art“ unzulässig.47 Das ergibt sich aus der begrenzenden und maßstabbildenden Funktion der Zwecksetzung im weiteren Sinne.48 Dementsprechend soll die „Bestimmung des Stiftungszwecks … den Stiftungsorganen einen eindeutigen und klar abgrenzbaren Auftrag geben, um Rechtsunsicherheit, Willkür der Stiftungsverwaltung und eine Verzettelung der Stiftungsleistungen zu verhüten“.49 Ein Stiftungsgeschäft mit einer Zwecksetzung wie etwa: „Förderung des öffentlichen Wohls“ wäre daher ebenso unwirksam wie bei Fehlen jeder Zweckbestimmung.50 ___________ 43 44 45 46 47
S. o. § 3 C.II.3.b.cc. Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 5 f. mit Fn. 21. Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 6. Ebersbach, Handbuch, S. 81; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 21, 101. Vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG; BGH, BB 1981, 450; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 3 Rdnr. 23. 48 Eingehend Tieves, Unternehmensgegenstand, S. 68 ff. 49 BGHZ 68, 142, 148. 50 S. o. § 4 A.I.2.b.bb.
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Die Anforderungen an die thematische Eingrenzung des Stiftungszwecks dürfen freilich nicht überspannt werden, da andernfalls die Handlungsfähigkeit der Stiftung gefährdet sein kann.51 Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, sondern im Gegenteil zu empfehlen, wenn der Stiftungszweck i. e. S. thematisch weit gefasst wird (z. B. Förderung der bildenden Künste) und der Gegenstand der Stiftungstätigkeit lediglich durch einen beispielhaften Katalog veranschaulicht (z. B. Organisation von Ausstellungen, Vergabe von Stipendien) und die weitere Konkretisierung der Zweckverfolgung dem pflichtgemäßen Ermessen der Stiftungsorgane überlassen wird.52 Entgegen der Auffassung Hüttemanns53 ist jedoch die Angabe des „Stiftungsziels“ (= Stiftungszweck i. e. S.) ausreichend;54 die Arten der Verwirklichung (= Gegenstand der Stiftungstätigkeit) müssen in der Satzung nicht genannt sein; denn § 81 S. 2, S. 3 Nr. 3 BGB meint nur den Stiftungszweck i. e. S. Überdies kann eine Stiftung durchaus auch mehrere Zwecke haben. In solchen Fällen kann es sich empfehlen, zugleich deren Verhältnis untereinander festzulegen (etwa Haupt- und Hilfs- oder Nebenzweck oder: 90 % der Mittel zur Förderung der bildenden Künste und 10 % zur Unterstützung Not leidender Künstler).55 Notwendig ist das jedoch nicht.56 Vielmehr kann der Stifter es auch dem pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane überlassen, ob sie alle Stiftungszwecke gleichmäßig oder welchen Zweck sie mal stärker und mal schwächer fördern. Mangels anderweitiger Anordnungen des Stifters müssen in solchen Fällen allerdings stets alle Stiftungszwecke gleichzeitig zumindest zu einem gewissen Mindestmaß (etwa Suche nach geeigneten Projekten) verfolgt werden. Und das setzt ent___________ 51 Zutr. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 9; Schwarz, DStR 2002, 1718, 1722; s. auch Begr.RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 10. 52 Zutr. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 11 f.; vgl. auch Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 10; krit. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 22. 53 ZHR 167 (2003), 35, 52. 54 Genannt sein muss also nur der erstrebte Nutzen sowie der zu begünstigende Personenkreis (s. o. A.I.), also z. B. gemeinnützige Wissenschaftsförderung oder Unterhalt für Familienangehörige. 55 Auch eine zeitliche Reihenfolge ist möglich, z. B. erst Hinterbliebenenversorgung, dann Grabpflege (sog. Sukzessivstiftung). 56 A. A. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 22, 101, der jedoch übersieht, dass die zuständigen Stiftungsorgane in ihrer Entscheidung nicht frei, sondern pflichtgebunden sind. Dass ihnen dabei ein Ermessen zusteht und sie in diesem Rahmen auswählen können, welche Aufgabe ihnen vordringlich erscheint und wie sie ihr am besten gerecht werden, ist nicht zu beanstanden, sondern im Gegenteil für ein lebendiges Stiftungswesen erforderlich. Der Stifter ist zwar befugt, aber keineswegs gezwungen die Stiftung in ein enges Korsett von Vorgaben zu zwängen.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
sprechend umfangreiche Mittel voraus; denn wenn der Stifter keine näheren Bestimmungen zum Verhältnis der Stiftungszwecke untereinander trifft, muss bei der Anerkennung der Stiftung geprüft werden, ob die Mittel der Stiftung ausreichen, um damit alle Stiftungszwecke zugleich dauerhaft und nachhaltig zu erfüllen. Nichts mit der Frage der Bestimmtheit des Stiftungszwecks hat es zu tun, wenn sich der oder ein Stiftungszweck lediglich konkludent aus dem Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung ergibt. Bestimmt der Stifter testamentarisch, dass ein ihm gehörendes Krankenhaus in eine Stiftung eingebracht werden soll, die seinen Namen tragen soll, dann liegt auf der Hand, was der Stiftungszweck sein soll. Das ist unproblematisch. Nichts anderes gilt aber, wenn der Stifter zwar einen bestimmten Zweck angegeben hat (z. B. Musikerziehung) eine Auslegung der Stiftungssatzung aber ergibt, dass die Stiftung neben oder gar vorrangig gegenüber diesem Zweck einen anderen (z. B. unternehmerischen) Zweck verfolgen soll.57 Die Stiftungsorgane sind dann an diesen konkludent erklärten Zweck ebenso gebunden wie an den ausdrücklich erklärten Stiftungszweck. Das ergibt sich auch aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens. Dementsprechend hat auch die Aufsichtsbehörde (sowie ggf. das Finanzamt) diesen konkludent erklärten Zweck in ihre Prüfung mit einzubeziehen. b) Das Merkmal der Dauer ist erst auf Empfehlung des Bundesrats in die Gesetzesfassung aufgenommen worden.58 Es soll klarstellen, dass Stiftungen nicht nur ganz kurzfristigen Vorhaben dienen sollen. Das schließt nicht aus, dass der Stiftungszweck sachlich beschränkt oder zeitlich befristet ist (etwa Instandsetzung eines Baudenkmals).59 In solchen Fällen sind auch sog. Verbrauchsstiftungen ausnahmsweise anerkennungsfähig, bei denen nicht nur die Erträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks eingesetzt werden dürfen, sondern entgegen dem Gebot einer ungeschmälerten Erhaltung des Stif-
___________ 57 Vgl. u. VI.3. 58 S. Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 14/8765, S. 13 f.; Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/8765, S. 15. 59 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 14/8765, S. 13; Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 8; Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 40 f.; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 48; Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 23; anders noch RG, Gruchot 49, 1143, 1146; Frommhold, AcP 117 (1919), 87, 93; enger auch Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 4: Stiftung auf Zeit nur zulässig, wenn dadurch nicht die gesetzlichen Vorschriften „missbraucht“ werden. Unklar ist dabei freilich, was diese Einschränkung bedeuten soll.
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tungskapitals60 auch dieses selbst verausgabt werden darf.61 Das setzt allerdings u. a. voraus, dass die Satzung dies vorsieht und der Stifterwille nicht anders zu verwirklichen ist.62 Dabei betonen die Landesgesetze teilweise, dass auch in solchen Ausnahmefällen der Bestand der Stiftung für eine angemessene Zeit gewährleistet sein muss.63 Und aus diesem Gedanken ergibt sich die Konkretisierung des Merkmals der „Dauer“: Der Stiftungszweck muss so beschaffen sein, dass er nicht durch einmalige Hingabe und kurzfristigen Verbrauch des Grundstockvermögens erfüllt werden kann.64 2. Unmöglichkeit und Gemeinwohlgefährdung a) Aus § 80 Abs. 2 Fall 2 i. V. m. § 87 Abs. 1 BGB folgt des Weiteren, dass die Erfüllung des Stiftungszwecks rechtlich und tatsächlich möglich sein muss. Erfüllung ist dabei nicht i. S. v. „Erreichung“, sondern i. S. v. „Verfolgung“ zu verstehen. Rechtlich unmöglich sind Stiftungszwecke, deren Verfolgung gesetzlich verboten (§ 134 BGB) und sittenwidrig (§ 138 BGB) ist. In diesen Fällen ist bereits das Stiftungsgeschäft nichtig. Auch bei tatsächlicher Unmöglichkeit kommt es richtigerweise darauf an, ob die Verfolgung und nicht, ob die Erreichung des Stiftungszwecks unmöglich ist. Auch – zumindest aus heutiger Sicht – utopische oder phantastische Stiftungszwecke wie etwa „Erforschung der Möglichkeiten einer Zeitreise“ sind daher anzuerkennen; denn vor 100 Jahren hätte außer Jules Verne auch niemand geglaubt, dass eine „Reise zum Mond“ möglich sein wird. Fälle anfänglicher Unmöglichkeit sind daher selten.65 ___________ 60 Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayStiftG, §§ 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BWStiftG, 3 S. 1, BlnStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 4 Abs. 2 S. 2 HbgStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 HeSiftG, 9 Abs. 1 S. 1 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 4 Abs. 2 S. 1, NRWStiftG, 7 Abs. 1 S. 1, RPStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 SHStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 ThStiftG. Nur Brandenburg hat im Anschluss an Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2021, 2022, auf eine Kodifizierung dieses Grundsatzes verzichtet, s. dazu u. § 17 Fn. 91. 61 Vgl. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 41. 62 Näher u. § 6 C.II.3. 63 S. §§ 7 Abs. 2 S. 1 BWStiftG, 7 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 HeStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 NdsStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG. 64 Zutr. Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 8; anders MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 48, § 85 Rdnr. 11: Die Dauer muss so bemessen sein, dass die Errichtung einer juristischen Person nicht offensichtlich sinnlos ist. 65 Nachträgliche Unmöglichkeit tritt dagegen etwa bei endgültiger Zweckerreichung, dem Wegfall der Destinatäre oder dann ein, wenn das Stiftungsvermögen sich derart vermindert, dass es zur Verfolgung des Stiftungszwecks nicht mehr ausreicht und keine reale Aussicht auf anderweitige Vermögensbeschaffung besteht. Bei nachträglicher Unmöglichkeit greift § 87 BGB ein.
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b) Schließlich darf der Stiftungszweck66 das Gemeinwohl nicht gefährden, § 80 Abs. 2 Fall 3 BGB. aa) Nach dem Wortsinn des Begriffs der Gemeinwohlgefährdung ist erforderlich aber auch ausreichend, dass breite Verkehrskreise nachteilig betroffen sind.67 Nach bisher herrschender Meinung reichte dies allein als Versagens- bzw. Aufhebungsgrund (§ 87 Abs. 1 BGB) jedoch nicht aus. Vielmehr musste auch in diesem Fall die Zweckverfolgung rechtswidrig sein (vgl. §§ 43 Abs. 1 BGB, 396 Abs. 1 S. 1 AktG, 62 Abs. 1 GmbHG, 81 Abs. 1 GenG), die Stiftung also das gesetzlich konkretisierte Gemeinwohl verletzen.68 Auf die Schwelle der Gemeinwohlgefährdung kommt es danach im Grunde nicht an. Auf Grundlage dieser Lehre wäre es daher präziser, von der gesetzeskonformen Allzweckstiftung zu sprechen. Sie hat den Vorzug größtmöglicher Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und Liberalität. bb) Das lässt sich von den Entscheidungen des OVG Münster69 und des Bundesverwaltungsgerichts70 in Sachen „Schönhuber-Stiftung“ nicht behaupten. Sie sind Paradebeispiele für den Satz „hard cases make bad law“. Zwar gelangen sie zu einem „politisch korrekten“ Ergebnis. Die in vielerlei Hinsicht fragwürdige und widersprüchliche Begründung ist jedoch zu Recht als „Rolle rückwärts ins Stiftungsrecht des 19. Jahrhunderts71“ und als „Sieg des Rechtspaternalismus über die Stifterfreiheit“ und „Sündenfall des Stiftungsrechts“72 kritisiert worden.73 Gleichwohl nimmt die Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes zur „Modernisierung“ des Stiftungsrechts ___________ 66 In dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen hieß es noch: „die Stiftung das Gemeinwohl nicht gefährdet“, BT-Drs. 14/8277, S. 3. Der Rechtsausschuss hat dies abgeändert in: „der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet“. Grund hierfür war, dass bei der Anerkennung der Stiftung nur der Stiftungszweck und die darauf gerichteten, zu diesem Zeitpunkt erkennbaren Bedingungen für seine Verwirklichung geprüft werden könnten. Ob die Stiftung selbst das Gemeinwohl gefährde, könne hingegen erst nach Aufnahme ihrer Tätigkeit beurteilt werden und sei nach § 87 I BGB zu überwachen, Rechtsausschuss, BT-Drs. 14/8894, S. 10. Diese Begründung stimmt freilich „hinten und vorne“ nicht, s. Muscheler, NJW 2003, 3161, 3162. 67 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 43 Rdnr. 9; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 62 Rdnr. 3; Hüffer, AktG, § 396 Rdnr. 2. 68 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 47, § 87 Rdnr. 1; Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 6; Andrick/Suerbaum, Aufsicht, Nachtrag § 11, S. 10; a. A. Soergel/ Neuhoff, BGB, § 87 Rdnr. 9. 69 NVwZ 1996, 913. 70 BVerwGE 106, 177. 71 Reuter in: Hopt/Reuter, Stiftungsrecht in Europa, 2001, S. 139, 144. 72 Rawert, FAZ vom 23.4.2002, S. 51. 73 Bloße unkritische Wiedergabe des BVerwG-Urteils dagegen von Winkler, JA 1999, 279, und Sachs, JUS 1999, 814.
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auf diese Entscheidungen ausdrücklich Bezug, um den unbestimmten Rechtsbegriff der Gemeinwohlgefährdung zu konkretisieren. Danach ist eine Gemeinwohlgefährdung bereits dann anzunehmen, wenn es „hinreichend wahrscheinlich, also eine nicht bloß entfernt liegende Möglichkeit ist, dass die Erlangung der Rechtsfähigkeit und die damit verbundene Verfolgung des Stiftungszwecks … zu einer Beeinträchtigung von Verfassungsrechtsgütern führen würde“. Dabei soll der Wahrscheinlichkeitsmaßstab „die Gewähr dafür bieten, dass auch solche Stiftungsvorhaben, die sich an der Grenze der Rechtswidrigkeit bewegen und diese Grenze jederzeit überschreiten können, der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig entgegenstehen können“.74 cc) Eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Gemeinwohlgefährdung leistet diese Definition nicht. Was sie im Einzelnen bedeuten soll, ist völlig unklar. Nimmt man sie beim Wort, wäre etwa eine Stiftung, die sich der Förderung des Zigarrerauchens verschrieben hat, nicht anerkennungsfähig, weil hinreichend wahrscheinlich ist, dass Rauchen die Gesundheit und damit ein verfassungsmäßig geschütztes Rechtsgut beeinträchtigt. Problematisch wäre auch – um ein praxisnäheres Beispiel von Hüttemann75 zu wählen – eine Stiftung zur Förderung der Gentechnik, deren Ziel es u. a. ist, für deren unbeschränkte Zulassung zu werben, wodurch sie womöglich die Achtung der Menschenwürde gefährdet.76 M. a. W. würde bei einer solchen Auslegung politischer Einflussnahme auf Stiftungsvorhaben Tür und Tor geöffnet,77 und zwar insbesondere zulasten von Außenseitern. „Gerade am Umgang mit den Grundrechten von Außenseitern zeigt sich aber wie ernst der Staat den Geltungsanspruch von Grundrechten nimmt“.78 Im Blick hierauf79 verkennen die Begründung des Regierungsentwurfs und die genannten Entscheidungen, dass sowohl die Stiftungserrichtung als auch die Verfolgung des Stiftungszwecks Grundrechtsbetätigungen darstellen80 ___________ 74 Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 9. 75 Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 59. 76 Deswegen hilft auch der Hinweis von Erman/O. Werner, BGB, § 87 Rdnr. 3, nicht weiter, wonach der Gemeinwohlbegriff wegen des Grundrechtsschutzes des Stifters eng auszulegen sei und nur dann eingreife, wenn der Stiftungszweck „mit Grundentscheidungen der Rechtsordnung und Verfassung“ kollidiere. 77 Bezeichnend ist das (Miss-)Verständnis von Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 1, wonach im Anerkennungsverfahren zu prüfen sei, ob der Stiftung öffentliche Interessen entgegenstehen. 78 Zutr. MünchKomm/Reuter Vor § 80 Rdnr. 11 (a. E.). 79 S. aber Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 8: „grundrechtlich gestützter Anspruch auf Errichtung einer Stiftung“. 80 S. o. § 3 B.II.
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und daher – wie es in einer Entwurfsfassung von Art. 2 Abs. 1 GG sinngemäß hieß81 – „alles erlaubt ist, was nicht verboten ist“. Auch eine Stiftung, die sich an der Grenze der Legalität bewegt, hat daher, solange sie diese Grenze nicht überschreitet, Anspruch auf Anerkennung.82 Im Stiftungsrecht kann insofern nichts anderes gelten als im Körperschaftsrecht, wo lediglich ein Verstoß gegen das gesetzlich konkretisierte Gemeinwohl eine Auflösung rechtfertigt (vgl. §§ 43 Abs. 1 BGB, 396 Abs. 1 S. 1 AktG, 62 Abs. 1 GmbHG, 81 Abs. 1 GenG). Zwar ist Art. 9 GG auf Stiftungen nicht anwendbar.83 Ebenso wie die Vereinsfreiheit ist es jedoch Sinn und Zweck der Stifterfreiheit die Grundrechtsausübung des Einzelnen zu effektuieren,84 so im Falle der Schönhuber-Stiftung insbesondere die Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Daher ist es entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht sachgerecht missliebige Stiftungsvorhaben auf die Rechtsform des Vereins zu verweisen.85 Zwar ist zuzugeben, dass eine stiftungsmäßige Vermögensbindung zur Wahrnehmung von Grundrechten nicht unerlässlich ist. Der Gesetzgeber könnte daher die Rechtsform Stiftung – anders als den Verein – abschaffen oder – ebenso wie beim Verein (§ 22 BGB) – die Verfolgung bestimmter Zwecke durch Stiftungen untersagen.86 Solange und soweit der Gesetzgeber dies jedoch nicht tut, sondern im Gegenteil an der Konzeption der Allzweckstiftung festhält, muss der Begriff der Gemeinwohlgefährdung im Lichte der Grundrechte mit der Folge verfassungskonform ausgelegt werden, dass nur gesetzeswidrige Stiftungsvorhaben zu untersagen sind. Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch die Überlegung nicht, dass die Behörde nicht gezwungen sein soll „Mitverantwortung für die Verwirklichung eines verfassungsbeeinträchtigenden Stiftungszwecks zu übernehmen“87. Ist nämlich festgestellt, dass der Stiftungszweck verfassungs- und damit rechtswidrig ist, darf die Behörde die Stiftung ohnehin nicht anerkennen. Ist das hingegen nicht festgestellt, muss die Behörde die Stiftung gemäß § 80 Abs. 2 BGB anerkennen. Nach der Anerkennung ist es dann Aufgabe der Stiftungsaufsichtsbehörde als Rechtsaufsicht darauf zu achten, dass sich die Tätigkeit der Stiftung im Rahmen von Gesetz und Satzung hält. Entwickelt ___________ 81 Vgl. JöR 1 (1951), S. 54 f. 82 Muscheler, NJW 2003, 3161, 3164 f., hält daher das Merkmal der Gemeinwohlgefährdung für verfassungswidrig. 83 S. o. § 3 Fn. 59. 84 Zutr. MünchKomm/Reuter Vor § 80 Rdnr. 32. 85 BVerwGE 106, 177. 86 S. o. § 3 B.II. 87 So BT-Drs. 14/8894, S. 10.
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die Stiftung verfassungsfeindliche Aktivitäten, hat die Aufsichtsbehörde ein breites Instrumentarium bis hin – als ultima ratio – zur Aufhebung der Stiftung wegen Gemeinwohlgefährdung (§ 87 Abs. 1 BGB) zur Verfügung. Kommen die Stiftungsbehörden ihren Pflichten ordnungsgemäß nach, besteht daher zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, an verfassungsfeindlichen Aktivitäten mitzuwirken. Vielmehr hat die Behörde die Pflicht und es – wegen der laufenden Aufsicht ohnehin viel besser als im Körperschaftsrecht – jederzeit in der Hand gegen ein rechtswidriges Verhalten der Stiftungsorgane vorzugehen.88 Entgegen der Begründung des Regierungsentwurfs gibt es daher keinen Grund, bereits solchen Stiftungsvorhaben die Anerkennung zu versagen, die sich an der Grenze der Rechtswidrigkeit bewegen und diese Grenze jederzeit überschreiten können, solange nicht festgestellt ist, dass sie diese Grenze tatsächlich überschritten haben; denn worin soll die Gemeinwohlgefährdung liegen, solange sich die Stiftung legal verhält? Auch ein Autofahrer, der mit 50 km/h durch die Stadt fährt, bewegt sich an der Grenze der Legalität, und trotzdem ist dies kein Grund, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen bzw. gar nicht erst zu erteilen. dd) Nach allem darf die Behörde nur solchen Stiftungsvorhaben wegen Gemeinwohlgefährdung die Anerkennung versagen, die gegen das Gesetz verstoßen. In diesem Fall ist freilich meist bereits das Stiftungsgeschäft gemäß § 134 BGB nichtig. Dabei kommt der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu. Angesichts des ansonsten erfreulich klaren Plädoyers des Gesetzgebers für die Stifterfreiheit sollte daher auch die Praxis weiterhin von dem Grundsatz der gesetzeskonformen Allzweckstiftung ausgehen. Dass einer Stiftung die Anerkennung wegen Gemeinwohlgefährdung versagt wird, dürfte daher auch in Zukunft die seltene Ausnahme bleiben.89 Allerdings wird in der Literatur z. T. weiterhin die Ansicht vertreten, dass bestimmte Arten von Familien- und Unternehmensstiftungen gesetzeswidrig seien und daher nicht anerkennungsfähig wären.
II. Familienstiftungen Bedenken wurden und werden insbesondere gegen sog. Unterhaltsstiftungen erhoben, deren Zweck auf Verwaltung ihres Vermögens zugunsten einer Familie (oder eines anderen abgegrenzten Personenkreises wie z. B. die Mit___________ 88 Ebenso MünchKomm/Reuter, §§ 80, 81 Rdnr. 48; Muscheler, NJW 2003, 3161, 3163 f. 89 Ebenso Andrick, NJW 2002, 2905, 2908.
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arbeiter eines Unternehmens) gerichtet ist, wobei die Erträge an die Destinatäre ausgeschüttet werden, ohne dass hieran weitere Voraussetzungen (wie etwa Bedürftigkeit oder Ausbildung) geknüpft sind.90 Gegen solche Unterhaltsstiftungen werden insbesondere drei Einwände vorgetragen. 1. Zum einen sollen Unterhaltsstiftungen gegen das Fideikommissverbot (Art. 155 Abs. 2 S. 2 WRV) mit der Folge verstoßen91, dass das Stiftungsgeschäft gemäß § 134 BGB nichtig sei.92 Das überzeugt nicht; denn zum einen hat der deutsche Gesetzgeber – anders als der spanische – das Fideikommissverbot nicht konsequent auf Familienstiftungen erstreckt.92a. Und das zu Recht; denn zum anderen sind beide Sachverhalte allenfalls beschränkt miteinander vergleichbar.93 Zwei Unterschiede stechen dabei besonders hervor: Der erste Unterschied ist tatsächlicher Art und betrifft die Zusammensetzung des Vermögens. Anders als das Vermögen von Familienstiftungen bestand das Fideikommissgut vornehmlich aus Grundvermögen94. Die Fideikommissauflösungsgesetze wandten sich dementsprechend in erster Linie gegen die Bindung von Grund und Boden.95 Dem lässt sich nicht mit dem Einwand begegnen, dass die historische Rolle von Grundbesitz als entscheidender Mittler sozialer Macht heutzutage durch Unternehmensvermögen abgelöst worden sei;96 denn anders als Unternehmensvermögen ist Grund und Boden nicht reproduzierbar.97 Zudem lässt sich Grundvermögen bei ord___________ 90 In der Schweiz sind derartige Familienstiftungen gemäß Art. 335 Abs. 1 ZGB verboten, so Riemer in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 349, 352. 91 So auch die Begr. RegE zu § 6 Abs. 2 lit. d BbgStiftG a. F., LT-Drs. 2/577 vom 11.4.1995, S. 21. Darüber hinaus vermeint Reuter, ZGR 1991, 467, 477 ff., auch familienfideikomissrechtliche Tendenzen bei bestimmten Familienunternehmen in der Rechtsform von Personenhandelsgesellschaften und GmbH’s bzw. GmbH & Co. KG’s zu erkennen. 92 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 74 ff.; ähnlich Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 63: Verstoß gegen den Gemeinwohlvorbehalt. 92a S. u. Fn. 100 sowie Schöning, Privatnützige Stiftungen, S. 72 ff., 121 ff. 93 Zu den Unterschieden s. RGZ 61, 28, 33 f.; Hans. OLG, StiftRspr. III, S. 193 f.; Deischl, Familie, S. 96 ff.; eingehend Meyer zu Hörste, Familienstiftung, S. 14 ff. 94 Im Jahre 1908 waren in Preußen 24 % der ertragfähigen Fläche in Fideikommissen gebunden, Däubler, JZ 1969, 499, 500. Zur heutigen wirtschaftlichen Bedeutung von Stiftungen s. dagegen o. § 1 bei Fn. 112. 95 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 76; ders., Perpetuierung, S. 111. 96 So aber MünchKomm/Reuter, BGB, 3. Aufl., Vor § 80 Rdnr. 21; s. auch ders., Perpetuierung, S. 111 f.; Kronke, Stiftungstypus, S. 60; wie hier Saenger/Arndt, ZRP 2000, 13, 16; Pluskat, DStR 2002, 915, 921. 97 Konsequenterweise wurde daher das ursprünglich nur für die Familienfideikommissauflösungsstiftungen geltende Gebot der Veräußerung land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes (§ 18 des Gesetzes über das Erlöschen der Fideikommisse und sonsti-
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nungsgemäßer Verwaltung leichter über Generationen hinweg erhalten als Geld- oder Unternehmensvermögen. Inflations- und Innovationsdruck ist es erheblich weniger ausgesetzt. Eine dauerhafte Bindung großer und wertvoller Flächen98 zugunsten einer Familie ist daher erheblich bedenklicher als die Bindung eines vergleichbar großen Unternehmensvermögens. Anders als etwa in Großbritannien und Irland99 ist der private Grundbesitz in Deutschland heutzutage100 verhältnismäßig breit gestreut,101 so dass auch künftig nicht zu erwarten ist, dass der Grundbesitz von Familienstiftungen ein kritisches Maß erreicht. Der zweite rechtlich bedeutsame Unterschied zwischen Fideikommiss und Stiftung besteht darin, dass die Stiftung mit ihrem gesamten Vermögen haftet, während das Fideikommissgut grundsätzlich einem Gläubigerzugriff entzogen war.102 Auch bei Misswirtschaft des Fideikommissinhabers blieb daher das Fideikommissgut ungeschmälert erhalten, während das Stiftungsvermögen nur vor der Misswirtschaft der Destinatäre, nicht aber ihrer Organe, geschützt ist. Das Stiftungsvermögen nimmt daher im Unterschied zum Fideikommissgut in vollem Umfang am Wettbewerb teil, vor allem wenn es ___________
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ger gebundenen Vermögen vom 6.7.1938, RGBl I, 825) auf alle Familienstiftungen erstreckt (DVO zu § 35 Abs. 2 FidKomAuflG, sog. „Verordnung über Familienstiftungen“ vom 17.5.1940, RGBl I, S. 806; dazu Koehler, DJ 1940, 809 ff.). Als reichster Mann Großbritanniens – reicher noch als die Queen – gilt mit einem Vermögen von 4,4 Mrd. Pfund der Duke of Westminster. Wesentlichen Anteil daran haben 300 acres des wertvollsten Grundes in London, die seiner Familie seit 1677 gehören, Simon Wheelan, The Sunday Times „Rich List“ – Britain’s wealthiest 1,000, v. 30.4.2001. 40 Mio. acres (rund 16 Mio. Hektar oder 160.000 km2), d. h. gut die Hälfte des Staatsgebiets des Vereinigten Königreichs (244.000 km2) und der Republik Irland (70.000 km2) gehören ca. 6000 Adelsfamilien, s. Kevin Cahill, Who Ownes Britain, London 2002. Der Großgrundbesitz war vornehmlich in Mittel- und Ostdeutschland konzentriert. Wohl auch deswegen wurde die in der vorgenannten (Fn. 97) Verordnung gesetzte Frist für die Veräußerung von Grundvermögen nach dem II. Weltkrieg „bis auf weiteres“ verlängert und die Länder überdies zur Änderung, Ergänzung oder Aufhebung der Verordnung ermächtigt (Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiss- und Stiftungsrechts vom 28.12.1950, BGBl I, 820, ergänzt durch Gesetz vom 3.8.1967, BGBl I, 839). Tatsächlich wurde sie daraufhin in einigen Bundesländern formell aufgehoben und in den übrigen faktisch nicht mehr durchgeführt (vgl. die Nachweise bei Staudinger/Mayer, BGB, Art. 59 EGBGB Rdnr. 47; Eckert, Familienfideikommisse, S. 764 ff.; sowie Ebersbach, Handbuch, S. 151 ff., 705 ff.). Vgl. FAZ vom 10.12.2004, S. 43. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 46; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 15; Kronke, Stiftungstypus, S. 60; eingehend Lewis, Familienfideicommiß, S. 222 ff., 291 ff.
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in einem Unternehmen besteht.103 Auch Familienstiftungen sind daher in gleicher Weise wie alle anderen Wirtschaftssubjekte dessen Verteilungswirkung unterworfen.104 Und auf diese Verteilungswirkung darf man selbst gegenüber sehr großen Vermögen vertrauen. Ein „too big to fail“ gibt es heutzutage nicht mehr wie die bedauerliche Zahl von Insolvenzen großer Unternehmen zeigt. Überdies unterliegen nicht als gemeinnützig anerkannte Stiftungen wie wirtschaftliche Familienstiftungen (zumal nach Einführung der alle 30 Jahre anfallenden Erbersatzsteuer105) der Verteilungswirkung und -funktion des Steuerrechts. Aus all diesen Gründen ist es abwegig, eine Renaissance feudaler Machtstrukturen auf Grundlage von Familienstiftungen zu befürchten.106 Fideikommisse und Familienstiftungen sind daher allenfalls hinsichtlich ihrer Funktion zur Absicherung eines Vermögens gegenüber unfähigen Erben und in ihrer Unterhaltsfunktion, nicht aber aus Sicht der Gläubiger und schon gar nicht aus volkswirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Sicht miteinander vergleichbar. Zu Recht hat daher das Bundesverfassungsgericht die infolge der Zwangsauflösung von Fideikommissen entstandenen Familienstiftungen als eine „neue zulässige Form der Gebundenheit“ des Familienvermögens bezeichnet.107 2. Zum anderen wird gegen wirtschaftliche Familien- und sonstige Unterhaltsstiftungen eingewandt, sie verstießen gegen das in §§ 2044 Abs. 2, 2109, 2162 f., 2210 BGB zum Ausdruck gebrachte Verbot einer überlangen Nachlassbindung, weswegen sie nicht genehmigungsfähig bzw. nach Ablauf von 30 Jahren aufzulösen seien.108 Auch das überzeugt nicht; denn allen ___________ 103 Darauf weist auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Bericht, S. 46, zu Recht hin. 104 So gesteht auch Däubler (JZ 1969, 499, 500) zu, dass Familienstiftungen anders als Fideikommisse nicht gegen allgemeine Krisen geschützt sind. Tatsächlich haben viele die 20er Jahre nicht überstanden, Liermann, Handbuch Bd. 1, S. 283. 105 §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG und dazu BVerfG, StiftRspr. III, S. 157 ff. m. Anm. Leisner. 106 So aber Reuter, Perpetuierung, S. 109 ff. Zudem berücksichtigt diese Ansicht nicht, dass die Macht des Adels nicht in erster Linie auf seinem Vermögen, sondern auf zahlreichen Standesprivilegien beruhte. Heute kennt man dagegen nur noch den Familienstand, was Glück oder Pech, aber sicher kein Privileg ist. 107 BVerfGE 37, 328, 336. 108 So Däubler, JZ 1969, 501 ff. und im Anschluss an ihn Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 132 ff.; ders., ZEV 1999, 294, 297; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 51, 74; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 63. Das war auch der Standpunkt der Begr. RegE zu § 6 Abs. 2 lit. d BbgStiftG a. F., LT-Drs. 2/577 vom 11.4.1995, S. 21, sowie des Reformentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, s. § 81 Abs. 2 des Entwurfs sowie die Begründung dazu, BT-Drs. 13/9320, S. 3, 8, 10. S. ferner Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 6, 8, 11, 13, 57 f., 59.
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Nachlassbindungen ist gemeinsam, das eine endgültige Vermögenszuordnung aufgeschoben und die Erben dadurch in ihrer Dispositionsfreiheit beschränkt werden. Die Erben werden zwar Eigentümer des Nachlasses, ohne jedoch zugleich in den vollen wirtschaftlichen Genuss dieses Eigentums zu kommen. Das führt zu Rechtsunsicherheit und Rechtsstreitigkeiten.109 Deren Beseitigung und Befriedung dienen die §§ 2044 Abs. 2, 2109, 2162 f., 2210 BGB. Bei der Errichtung einer Stiftung ist die Vermögenszuordnung dagegen klar und endgültig. Vergleichbare Probleme entstehen daher nicht. Die Familienangehörigen werden weder rechtlich noch wirtschaftlich Vermögensnachfolger des Stifters; denn sie kommen nur in den Genuss der Erträge des Vermögens, nicht in den Genuss des Vermögens selbst. Sie werden daher anders als bei Nachlassbindungen auch nicht in ihrem Selbstbestimmungsrecht über das Vermögen beeinträchtigt. Vielmehr haben die Erben des Stifters ggf. auch dann einen Pflichtteilsanspruch,110 wenn sie zugleich Destinatäre der Stiftung sind. Nachlassbindung und Unterhaltsstiftung sind daher zwei ganz und gar unterschiedliche Instrumente, die ganz und gar unterschiedliche Rechtsfolgen zeitigen.111 3. Schließlich lässt sich gegen die Zulässigkeit von Unterhaltsstiftungen auch nicht einwenden, sie verstieße gegen den Gedanken des Gläubigerschutzes, genauer gegen den Schutz der Gläubiger der Destinatäre;112 denn die Gläubiger der Destinatäre können bis zur Pfändungsfreigrenze auf die Erträge zugreifen, die die Stiftung an die Destinatäre ausschüttet. Nur das Vermögen der Stiftung ist vor dem Zugriff der Gläubiger der Destinatäre ge___________ 109 Ebenso nunmehr Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 46; Bamberger/Roth/ Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 15. 110 S. u. § 24 bei Fn. 21–24. 111 Die Befürworter einer Analogie zu den genannten erbrechtlichen Vorschriften berufen sich schließlich auf den Willen des historischen Gesetzgebers des BGB, so etwa Reuter, FS Hadding, S. 231, 248 f. Richtig ist das Gegenteil. Bei Mugdan, Materialien V, S. 668 f.; heißt es: „Der Erblasser würde … ohne zeitliche Schranke in der Lage sein, ohne landesgesetzliche Genehmigung eine Stiftung oder, ohne den landesgesetzlichen Erfordernissen zu genügen, ein deutschrechtliches Familienkommiß ins Leben zu rufen. Um dies zu verhindern, müsse … die zeitliche Grenze für alle Fälle von Testamentsvollstreckung …. gelten, bei welchen sich die Verwaltung auf den ganzen Nachlaß erstrecke.“ Im Blick auf Stiftungen im Allgemeinen (also nicht nur Familienstiftungen) und Familienkommisse sollte die zeitliche Grenze daher lediglich dem Umgehungsschutz dienen. Die Zulässigkeit von (Familien-)Stiftungen und Fideikommissen war den Gesetzesverfassern dagegen selbstverständlich. Diskutiert wurde sogar darüber, zugunsten von Familienstiftungen von dem Genehmigungserfordernis abzusehen, weil bei diesen nur Privatinteressen in Frage stünden. Mugdan, Materialien I, S. 660. S. auch K. Schmidt in: Stiftungsrecht in Europa, S. 175, 188 f. 112 So aber MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 51.
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schützt. Dieses Vermögen hat den Destinatären aber niemals weder rechtlich noch wirtschaftlich gehört. Wieso also sollten ihre Gläubiger darauf zugreifen können? Angeblich, weil der Gläubigerschutz auf der Prämisse fuße, dass der Schuldner im eigenen Interesse um seine Leistungsfähigkeit bemüht sein müsse. Hieran aber würde es fehlen, wenn die Existenzgrundlage des Schuldners auf einem Vermögen beruhe, das für seine Schulden nicht hafte.113 Indes: Die Existenzgrundlage der Destinatäre einer Unterhaltsstiftung ist eben nicht das Stiftungsvermögen, an dem sie selbst in keiner Weise beteiligt sind und auf das sie selbst daher auch nicht zugreifen können,114 sondern sind eben die Ausschüttungen. 4. Die Bedenken gegen Unterhaltsstiftungen sind somit samt und sonders unbegründet.115 Zu Recht gehen daher die der neuen Rechtslage angepassten Landesstiftungsgesetze von der unbeschränkten Zulässigkeit von Familienstiftungen aus.116 Und das Steuerrecht setzt die Zulässigkeit ohnehin schon seit langem voraus.117
III. Stiftung für den Stifter Nach verbreiteter Ansicht ist eine Stiftung für den Stifter, also eine Stiftung mit dem Stifter als einzigem Destinatär, unzulässig.118 Zwar schadeten ei___________ 113 So Reuter, wie vor. 114 Und sollte das Vermögen ausnahmsweise doch an die Destinatäre ausgekehrt werden, ist es wiederum dem Gläubigerzugriff ausgesetzt. 115 Im Ergebnis wie hier die bisher schon h. M., etwa Kronke, Stiftungstypus, S. 59 ff.; ders. in: Stiftungsrecht in Europa, s. 159, 160 f.; Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 14 Rdnr. 29; Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdn. 8; Erman/O. Werner, BGB, Vor. § 80 Rdn. 4, 17; Ebersbach, Handbuch, S. 29 ff.; Staudinger/Mayer, BGB, Art. 59 EGBGB Rdn. 45. Für ein Plädoyer zugunsten von Familienstiftungen s. ferner Baumeister/Baumeister in: Praxis der Familienstiftung, S. 11 ff., sowie Vinken, ebd., S. 27 ff. 116 §§ 10 BlnStiftG, 2 Abs. 2 BbgStiftG, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 HbgStiftG, 21 HeStiftG, 3 Abs. 2, 9 Abs. 1 S. 3 RPStiftG, 10 Abs. 3 SaarStiftG, 19 SHStiftG; ebenso § 17 S. 1 BreStiftG. § 7 Abs. 2 lit. c, Abs. 3 lit. a MVStiftG ist infolge der abschließenden Normierung der Anerkennungsvoraussetzungen in § 80 Abs. 2 BGB gemäß Art. 34 GG außer Kraft getreten. 117 Vgl. §§ 1 Nr. 4, 9 Abs. 1 Nr. 4, 15 Abs. 2 ErbStG, 58 Nr. 5 AO. 118 Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 8; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 50; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 5; Leisner in: Dt. Stiftungswesen 1966–1977, S. 85, 122; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 166; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 58; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 9; ders. in: Stiftungsrecht in Europa, S. 109, 116 f.; Schumacher, konzernverbundene Stiftung, S. 158 ff.; Andrick, ZSt 2003, 3, 10; Muscheler, ZSt 2003, 67, 68; a. A. Kronke, Stif-
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gennützige Motive wie etwa die „Verewigung“ des eigenen Lebenswerks oder die Werbung für das Unternehmen des Stifters nicht. Der eigentliche Stiftungszweck müsse jedoch aus Sicht des Stifters uneigennützig sein. Gefolgert wird dies teils aus dem Begriff „Stiftung“ im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs.119 Erforderlich sei danach eine endgültige „Trennung von den für Stiftungszwecke bereitgestellten Gütern“ i. S. eines Vermögenstransfers zugunsten Dritter vergleichbar der „general charitable intention“ des angelsächsischen Rechts120. Zudem degeneriere die Stiftung zur „QuasiEinmann-GmbH“, was sowohl den Dauercharakter der Stiftung als auch die Stiftungsautonomie ad absurdum führe, die Stiftung als Leistungsorganisation deformiere und ihren Leumund schädige.121 Reuter meint darüber hinaus, dass die Zulässigkeit einer Stiftung für den Stifter es ermöglichen würde, ein dem eigenen Wohl dienendes Sondervermögen zu schaffen, das mangels pfändbarer Anteile und Ansprüche des Stifters/Destinatärs gegen Gläubigerzugriffe immunisiert wäre. Langfristig geplant helfe dagegen auch nicht die Möglichkeit einer Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung gem. §§ 129 ff. InsO, 3 AnfG, da sie Stiftungserrichtungen spätestens nach 10 Jahren nicht mehr erreichten.122 All das überzeugt nicht. Der Begriff „Stiftung“ ist – das wurde bereits festgestellt – sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch im Rechtssinne derart vielfältig, dass er über den Rechtscharakter einer Organisation nichts aussagt.123 Aus dem Begriff „Stiftung“ kann daher ebenso wenig geschlossen werden, dass sie aus Sicht des Stifters stets uneigennützig sein müsse, wie etwa aus dem Begriff der „Gesellschaft“, dass sie stets aus mindestens zwei Personen bestehen müsse. Beides ist vielmehr eine Rechtsfrage, die anhand des Gesetzes zu entscheiden ist. ___________
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tungstypus, S. 8 f., 140, 225; Künnemann, Unterordnungs-Konzern, S. 26; Schiffer, Stiftung, S. 121 ff.; im Ansatz auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 54; ders. in: Bertelsmann Handbuch, S. 767, 786. Besonders deutlich Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 4, 7; ferner etwa Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 58. Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 8; Liermann in: Dt. Stiftungswesen 48–66, S. 153, 171; Jess, Verhältnis, S. 1; ähnlich Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 58, und Andrick, ZSt 2003, 3, 10; ders., DVBl 2003, 1246, 1250: Strukturmerkmal der Stiftung sei die Fremdnützigkeit des Zwecks (§ 2 Abs. 2 NRWStiftG, auf den sich Andrick in diesem Zusammenhang beruft, ist inzwischen aufgehoben; zudem behandelte die Vorschrift ohnehin nur die unselbständige Stiftung). Rawert in: Stiftungsrecht in Europa, S. 109, 116 f. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 50. S. o. § 2 Fn. 1.
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Aus dem Gesetz ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für das Erfordernis einer endgültigen Trennung des Stifters von dem Stiftungsvermögen oder einer Stiftungsabsicht im Sinne einer „general charitable intention“124. Vielmehr ist es unstreitig zulässig, dass der Stifter die Stiftung nur auf bestimmte Zeit errichtet125 und sich selbst in der Satzung zum Anfallberechtigten mit der Folge einsetzt,126 dass das Stiftungsvermögen nach Zeitablauf wieder an ihn zurückfällt.127 Von einer endgültigen Trennung des Stifters von dem Stiftungsvermögen kann in einem solchen Fall keine Rede sein. Vielmehr bestimmt § 58 Nr. 5 AO, dass es sogar für die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke unschädlich ist, wenn eine Stiftung bis zu einem Drittel ihres Einkommens verwendet, „um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten“.128 Mithin geht das Bundesrecht davon aus, dass sich der Stifter selbst zum Destinatär der Stiftung bestimmen kann.129 In Anbetracht der Zulässigkeit von Familienstiftungen (s. o. II.) erscheint dies auch nur konsequent. So hatte denn auch der Bundesgerichtshof keine Bedenken gegen die Wirksamkeit einer von einem Ehepaar gemeinsam errichteten Stiftung, deren gesamte Erträge dem überlebenden Teil auf Lebenszeit zustehen sollten.130 Auch nach fast allen von Kronke untersuchten Rechtsordnungen kann sich der Stifter zum Destinatär bestim___________ 124 Ebenso Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 13 m. w. Nw. 125 S. u. § 26 A.II.1. 126 § 25 Abs. 1 RPStiftG a. F. bestimmte den lebenden Stifter bei Fehlen anderweitiger Bestimmungen sogar kraft Gesetzes zum Anfallberechtigten. 127 Darüber hinaus ist der Stifter ebenfalls unstreitig nicht gehindert, sich zum Organwalter der Stiftung zu berufen, dadurch die Geschicke der Stiftung auch über ihre Errichtung hinaus zu bestimmen und sich diese Tätigkeit angemessen vergüten zu lassen, s. u. § 16 A.II. 128 Dabei ist die Angemessenheit nach dem Lebensstandard des Stifters zur Zeit der Errichtung der Stiftung zu beurteilen, wobei „Kleinlichkeit nicht im Sinne des Gesetzes“ ist, Tipke in: Tipke/Kruse, AO, § 58 Rdnr. 6 m. w. Nw. Zudem sind Zahlungen auf solche Verbindlichkeiten nicht einzurechnen, mit denen das Stiftungsvermögen bereits bei seiner Übertragung belastet war, BFHE 185, 54. Tatsächlich kann daher ein noch erheblich größerer Teil der Einkünfte der Stiftung steuerunschädlich an den Stifter oder seine Familie weitergereicht werden, näher Schauhoff, DB 1996, S. 1693 ff. 129 Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 8, 59, sieht diese Vorschrift als eine Art Nebenzweckprivileg an. Steuerlich betrachtet ist das gewiss zutreffend. Das Gemeinwohlgebot, das er propagiert, ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen, sondern entspringt einer „empirisch-morphologischen“ Betrachtungsweise (s. etwa Vor § 80 Rdnr. 4, 71 a. E.), m. a. W. Vorstellungen von einer Typengesetzlichkeit, die die Gestaltungsfreiheit richtigerweise nicht zu begrenzen vermögen, s. o. § 3 C.II.2. 130 S. BGH, StiftRspr. III, S. 89 ff.
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men.131 Auch deswegen lohnt kein Eingehen auf die polemisierenden rechtspolitischen Argumente. Richtig ist allerdings, dass der Stifter durch Errichtung einer Stiftung sein Vermögen mittelfristig dem Gläubigerzugriff entziehen kann.132 Das gilt freilich im Blick auf jedwede Stiftungserrichtung, also etwa auch im Blick auf gemeinnützige Stiftungen, Stiftungen mit „phantastischen“ Zwecken wie „Erforschung der Möglichkeit einer Zeitreise“ oder Familienstiftungen. Aus Gläubigersicht ist das gleichermaßen misslich, wobei die Gläubiger bei einer Stiftung für den Stifter wenigstens noch auf die an den Stifter auszuschüttenden Stiftungserträge zugreifen können. Zudem ist zu bedenken, dass das Stiftungsgeschäft sittenwidrig und damit gemäß §§ 138 Abs. 1, 826 BGB nichtig wäre, wenn der Stifter durch die Stiftungserrichtung tatsächlich seine Gläubiger vorsätzlich benachteiligen wollte.133 In diesem Fall können daher die Gläubiger auf den Anspruch des Stifters gegen die Stiftung auf Herausgabe des gestifteten Vermögens (§ 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB) zugreifen. Dabei mag die Absicht einer Gläubigerbenachteiligung bei der Errichtung einer Stiftung für den Stifter zwar nahe liegen. Das Motiv des Stifters kann jedoch auch ein anderes sein, vor allem wenn er neben sich selbst oder nach seinem Ableben andere Personen (z. B. Familienangehörige) oder Zwecke (z. B. Kunstförderung) begünstigt. In solchen Fällen liegt nämlich die Annahme nahe, dass der Stifter in erster Linie seine Vermögensverhältnisse noch zu Lebzeiten ordnen will.134 Problematisch ist daher allenfalls die reine Stiftung für den Stifter, deren Zweck sich ausschließlich in einer Begünstigung des Stifters erschöpft, die also auch bei Ableben des Stifters nicht mit einem anderen Zweck fortgeführt, sondern aufgelöst wird. Diese Gestaltung dürfte jedoch ebenso wie die reine Selbstzweckstiftung (dazu u. VI.) vornehmlich ein theoretisches Konstrukt sein. Dieses Ergebnis mag überraschen und dem – von Typusvorstellungen getragene – Rechtsgefühl widersprechen. Zu Ende gedacht bedeutet es, dass die ___________ 131 Kronke, Stiftungstypus, S. 9, 70. Ebenso ist die Rechtslage nach dem österreichischen PSG (s. E. Stern in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 261, 264) sowie dem liechtensteinischen Stiftungsrecht, wo, falls kein anderer Begünstigter genannt wird, die Begünstigung des Stifters sogar vermutet wird (s. Lampert/Taisch in: Stiftungen in Europa, S. 521, 528.). 132 Näher u. § 23 A. 133 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 38; ferner §§ 133 InsO, 3 AnfG. 134 I. E. ebenso Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 25 a. E., der Stiftungen, die „auch“ dem Nutzen des Stifters dienen aufgrund der Privatautonomie für zulässig hält.
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Stiftung eine Gestaltungsalternative zu den Kapitalgesellschaften sein könnte, nämlich wenn der Stifter neben oder nach sich selbst Familienangehörige begünstigt. Gründe für eine Versagung der Anerkennung einer solchen Stiftung sind jedenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere liegt keine Gemeinwohlgefährdung vor, zumal der Gläubigerschutz bei der Stiftung erheblich besser ist als sein Ruf. Darauf wird noch zurückzukommen sein.135 Und so etwas wie einen „Rechtsformmissbrauch“ gibt es nicht.136 Indes steht nicht zu erwarten, dass künftig in weitem Umfang Stiftungen statt GmbHs gegründet werden; denn steuerlich attraktiv ist eine solche Gestaltung nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 58 Nr. 5 AO. Und vor allem schreckt die Rechtsunsicherheit bezüglich der Zulässigkeit von Grundlagenänderungen137 sowie die Stiftungsaufsicht138 ab. Diesen „unbequemen Gast“ holt sich niemand leichtfertig ins Haus.
IV. Unternehmensstiftungen Vielfältige rechts- und ordnungspolitische Vorbehalte139 wurden und werden auch gegen Unternehmensstiftungen140 vorgetragen.141
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S. u. §§ 17, 30 C. S. o. § 3 C.III.2.b. Ausf. dazu u. § 13. Dazu § 8. Strickrodt sah hingegen nach dem 2. Weltkrieg in der Verbindung von Stiftung und Unternehmen eine ordnungspolitische Chance, nämlich einen Weg zur Verwirklichung von Gemeinwohlwollen und Unternehmerverantwortlichkeit, ein Konzept, das er in zahlreichen Schriften entwickelt hat, s. besonders ders., Unternehmensform, 1948 u. 1951; Stiftungssatzung, 1956, und Struktur, 1960. Dieses Konzept hat zwar die Diskussion angeregt. Infolge des Gutachtens von Ballerstedt und des Referats von Mestmäcker zum 44. DJT traten jedoch die Bedenken gegen Unternehmensstiftungen stark in den Vordergrund. Insofern lief die Reformdiskussion an Strickrodt vorbei und vice versa, s. ders., JR 1962, 285 ff. Die Vorstellung eines der Stiftung innewohnenden „Sozialkapitals“ wurde dann erst wieder nach der nächsten Umwälzung, nämlich der Wiedervereinigung Deutschlands aufgegriffen. Vorgeschlagen wurde, volkseigene Betriebe der ehemaligen DDR in Stiftungen einzubringen. Man muss kein Gegner von Unternehmensstiftungen sein, um das Scheitern dieses Vorschlags zu begrüßen; dagegen auch Rawert, BB 1990, Beilage 30, S. 9 ff. Zur tatsächlichen Entwicklung und rechtswissenschaftlichen Diskussion betreffend Unternehmensstiftungen s. auch Heuel, Unternehmensträgerstiftung, 2001. 140 Zur Terminologie s. o. § 2. 141 Vgl. auch die Zusammenstellung bei Künnemann, Unterordnungs-Konzern, S. 55 ff.
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1. Meinungsstand a) Die ordnungspolitischen Vorbehalte richten sich zum einen gegen die Zweckmäßigkeit der Stiftung als Rechtsform für Unternehmen; denn infolge ihrer strengen Zweckbindung und der Staatsaufsicht sei sie zu starr, um im Wettbewerb bestehen zu können. Zum anderen wird die fehlende Kontrolle der Unternehmensleitung durch Anteilseigner oder vergleichbar interessierte Personen bemängelt. Schließlich bewirke die Bindung unternehmerischen Vermögens eine mit dem Rechtsgedanken des § 137 BGB unvereinbare Refeudalisierung wirtschaftlicher Verhältnisse. b) Die rechtspolitischen Einwände stützen sich in erster Linie auf das unternehmensrechtliche Regelungsdefizit des Stiftungsrechts: Es fehle jeglicher Gläubigerschutz, da das Stiftungsrecht weder wie die handelsrechtlichen Personengesellschaften eine persönliche Haftung noch wie die Kapitalgesellschaften Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften kenne. Anders als bei diesen gelte nicht das Prinzip der Unbeschränktheit und Unbeschränkbarkeit der Organvertretungsmacht (§ 86 i. V. m. § 26 Abs. 2 S. 2 BGB). Auch die insolvenzrechtlichen Organpflichten (§ 86 i. V. m. § 42 Abs. 2 S. 1 BGB) seien anders als dort nicht strafbewehrt. Eine Rechnungslegungspublizität setze erst bei Erfüllung der Größenkriterien des Publizitätsgesetzes ein. Und von der Unternehmensmitbestimmung sei die Stiftung überdies unabhängig von der Zahl der von ihr beschäftigten Arbeitnehmer gänzlich frei.142 c) Trotz dieser ordnungs- und rechtspolitischen Bedenken hielt die herrschende Meinung Unternehmensstiftungen auch schon nach bisher herrschender Ansicht grundsätzlich143 für anerkennungsfähig.144 Dagegen woll___________ 142 Zur Kritik an Unternehmensstiftungen s. außer den in Fn. 145, 146 genannten Autoren insbes. Ballerstedt, Gutachten 44. DJT, S. 33 ff.; Mestmäcker, Verhandlungen 44. DJT, S. G 17 ff.; DJT-Studienkommission, Reform, S. 42 ff.; BMJ-Unternehmensrechtskommission, Bericht, Rdnr. 933 ff.; Pavel, Betrieb, S. 101 f.; auch Goerdeler, FS Heinsius, S. 169, 174 ff.; K. Schmidt, Stiftungswesen, S. 20 ff.; ders., DB 1987, 261 ff.; Wochner, MittRhNotK 1994, 92 ff.; für einen Überblick über die Diskussion auch Kronke, Stiftungstypus, S. 213 ff., 221 ff.; Stengel, Personengesellschaft, S. 28 ff. 143 Zu Ausnahmen im Blick auf die Stiftung&Co. und sog. Unternehmensselbstzweckstiftungen u. VI. und § 29 A.III. 144 Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 65 ff.; Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 9; Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 4, 5, 20; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 18; RGRK/Steffen, BGB, Vor § 80 Rdnr. 11; AK/Ott, BGB, Vor § 80 Rdnr. 8; Flume, jP, S. 133 f. Fn. 146; Kronke, Stiftungstypus, S. 62 ff.; 1295 ff.; O. Kunze, FS Barz, S. 171, 173 ff.; Goerdeler, FS O. Kunze, S. 209 ff.; ders., FS Heinsius, S. 169, 174 ff.; ders./Ulmer, AG 1963, 292 ff., 328 ff.; ders. in: Entwick-
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ten insbesondere Reuter145 und im Anschluss an ihn sein Schüler Rawert146 § 22 BGB analog anwenden; denn ebenso wie der wirtschaftliche Verein entziehe sich die unternehmensverbundene Stiftung zwingenden unternehmensrechtlichen Regeln. Daher sei sie ebenso wie jener auf die Rechtsformen der Erwerbsgesellschaften zu verweisen, wenn die wirtschaftliche Betätigung nicht dem idealen Hauptzweck untergeordnet sei. An einer solchen Unterordnung aber fehle es, wenn die Stiftung in der Anlage ihres Vermögens auf ein bestimmtes Unternehmen festgelegt und das Unternehmen für die Stiftung mithin nicht bloße Dotationsquelle, sondern Gegenstand eines unternehmerischen Führungsauftrages sei; denn in diesem Fall trete die Verfolgung des idealen Hauptzwecks notwendigerweise hinter die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen zurück. d) Schließlich wird die Ansicht vertreten, dass ein satzungsmäßiges Veräußerungsverbot, wie es etwa auf die Festlegung der Stiftung auf die Verwaltung oder den Betrieb eines bestimmten Unternehmens folgt, aufgrund der rechtlichen und faktischen Bindung der Stiftungsorgane wie ein dingliches Verfügungsverbot wirke und daher gegen § 137 S. 1 BGB verstoße.147 2. Stellungnahme a) Nicht zu überzeugen vermögen die ordnungspolitischen Einwände gegen Unternehmensstiftungen.148 Dass eine Refeudalisierung durch Stiftungen nicht zu befürchten ist, wurde bereits dargelegt (o. § 1 E). Und auch die Bedenken gegen die Eignung der Stiftung als Rechtsform für Unternehmen überzeugen nicht.149 Sie werden durch die Stiftungspraxis widerlegt. Sie ___________
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lungstendenzen, S. 112 ff.; Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 13; Schwarz, ZEV 2003, 306, 310 ff. Die Haltung der Kautelarpraxis ist ohnehin weniger kritsch, statt anderer Hennerkes/Binz/Sorg, DB 1986, S. 2217 ff., 2269 ff.; Brandmüller, Stiftungen, S. 27 ff.; Schiffer, ZEV 1999, 424; ders./v. Schubert, DB 2000, 437, 438 ff.; ders., ZSt 2003, 252 ff. Reuter, Perpetuierung, S. 257 ff., 446 ff.; ders. in: MünchKomm, BGB, Vor §§ 80, 81 Rdnr. 79 ff., ders., GmbHR 1973, 241 ff.; ders. in: Entwicklungstendenzen, S. 85 ff.; ders., DWiR 1991, 192 ff.; ders., ZGR 1991, 467, 481 ff. Rawert, Genehmigungsfähigkeit, S. 80 ff.; ders. in: Staudinger, BGB, Vor § 80 Rdnr. 94 ff.; ders., ZEV 1999, 294 ff., 426 f. S. ferner § 81 Abs. 1 des von ihm verfassten Reformentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Begründung, BTDrs. 13/9320, S. 3, 8, 9 f. Reuter, Perpetuierung, S. 130 ff.; ders., GmbHR 1973, 241, 247; Großfeld/Mark, WuR 37 (1985), 65, 86. S. auch Kronke, Stiftungstypus, S. 213 ff.; Schwintek, ZRP 1999, 25, 29. S. dazu ebenfalls Kronke, Stiftungstypus, S. 228 ff., sowie etwa Schwarz, ZSt 2004, 64 ff.
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zeigt, dass Unternehmensstiftungen durchaus in der Lage sind, wirtschaftliche Herausforderungen, ja grundlegende Veränderungen der Verhältnisse ebenso gut zu bewältigen wie Erwerbsgesellschaften.150 Das gilt selbst für Unternehmensträgerstiftungen, wie nicht nur das Beispiel der Carl-ZeissStiftung erwiesen hat, wenngleich eine Beteiligungsträger- bzw. Holdingstiftung die eindeutig vorzugswürdigere Konstruktion der Verbindung eines Unternehmens mit einer Stiftung ist151 und daher Unternehmensträgerstiftungen in der Praxis nur verhältnismäßig selten vorkommen152. Daraus folgt zugleich, dass Bedenken hinsichtlich der bei der Stiftung (typischerweise) fehlenden Kontrolle durch Anteilseigner oder vergleichbar interessierte Personen aus empirischer Sicht jedenfalls kein stärkeres Gewicht zukommt als bei der Publikums-AG.153 Schließlich ist es, wie zu zeigen sein wird, ohne weiteres möglich, eine mehrstufige Organisationsverfassung zu statuieren.154 Durch die Einführung einer Stifter- oder Destinatärsversammlung sowie ggf. eines Aufsichtsrats können sogar GmbH- oder AG-ähnliche Strukturen bei der Stiftung geschaffen werden. Tatsächlich ist dergleichen in der Praxis nicht selten. Dabei muss die Stiftung keineswegs unbeweglich sein. So kann den Stiftungsorganen in der Stiftungssatzung ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt werden, die Satzung an geänderte wirtschaftliche Verhältnisse anzupassen.155 Tatsächlich ergibt ein Rechtsformvergleich zwischen Stiftung und Aktiengesellschaft ein „glattes Unentschieden“: Beide Rechtsformen haben Vor- und Nachteile, die es bei der Rechtsformwahl im Einzelfall ge___________ 150 S. o. § 1 bei Fn. 110. 151 Statt anderer Binz, StbJb 1987/88, S. 145, 153 f. So ist denn auch die Entscheidung des Gesetzgebers des Umwandlungsgesetzes zu verstehen, die Stiftung nur als übertragenden nicht als übernehmenden Rechtsträger zuzulassen: Zwar respektiert der Gesetzgeber die Entscheidung des Stifters, die Stiftung als Unternehmensträgerin zu gründen. Hat der Stifter der Stiftung dagegen lediglich eine Unternehmensbeteiligung zugewandt, so soll es bei dieser als vorzugswürdig erkannten Entscheidung bleiben. Und diese Haltung des Gesetzgebers ist entgegen MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 95, keineswegs widersprüchlich, sondern vollständig konsistent. 152 Unter Einschluss der Stiftungssparkassen (zu diesen näher Blisse, ZSt 2003, 263 f.) und Wohnungsstiftungen sind es nach Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 72, ca. 20. Trägerstiftungen (z. B. Krankenhaus-, Alten- und Pflegeheimstiftungen) sind allerdings sehr verbreitet. Nach dem Verzeichnis Deutscher Stiftungen, S. A 31, gibt es derzeit 2473 solcher Anstaltsstiftungen, was immerhin fast 20 % aller Stiftungen entspricht. 153 Vgl. Goerdeler/Ulmer, AG 1967, 328, 330; jetzt auch Schwintek, ZRP 1999, 25, 29; die hiergegen von Reuter, Perpetuierung, S. 258 ff. vorgetragenen Argumente überzeugen dagegen nicht. 154 S. u. § 11 A. 155 Zutr. Schiffer, DB 2000, 437, 439.; näher zu Satzungsänderungen u. § 13.
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geneinander abzuwägen gilt.155a Dabei können manche Nachteile der Stiftung überdies durch Gestaltungsmaßnahmen ausgeglichen werden, während dies bei der Aktiengesellschaft aufgrund von § 32 Abs. 5 AktG nicht möglich ist. b) Die rechtspolitischen Bedenken sind – soweit sie berechtigt sind – nicht spezifisch stiftungsrechtlicher Natur. aa) Zutreffend ist, dass jede Beschränkung der organschaftlichen Vertretungsmacht des Geschäftsführungsorgans zu Rechtsunsicherheit und einer unnötigen Belastung des Rechtsverkehrs führt. § 26 Abs. 2 S. 2 BGB sollte daher aufgehoben werden. Freilich ist dieses Problem bei einer unternehmerischen Tätigkeit besonders virulent, selbst wenn §§ 33 f. HGB eingreifen. Hier sollte daher nachgebessert werden. Besonders dringlich ist das freilich nicht; denn einschlägige Streitigkeiten scheinen selten zu sein.156 bb) Reformbedarf besteht ferner bei der Publizität der Rechnungslegung. Erstens sollte die Rechnungslegungspublizität auf alle Körperschaften gleich welcher Rechtsform und gleich welcher Zwecksetzung erstreckt werden; denn ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Dritten eine Sicherheit nur durch ihr Vermögen bieten und Gläubigern daher eine Kontrolle ihres Schuldendeckungspotentials ermöglicht werden muss157. Zweitens ist es aber auch bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften in erster Linie das Unternehmensvermögen, das den Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung steht, werden doch die vom Gesetz in die persönliche Haftung gesetzten Hoffnungen in der Praxis allzu oft enttäuscht.158 Im Blick hierauf ist daher zumindest eine deutliche Absenkung der nach § 1 PublG erforderlichen Größenkriterien zu erwägen. Und drittens ist die Durchsetzbarkeit der vorgeschriebenen Rechnungslegungspublizität auch nach Inkrafttreten des § 335a HGB immer noch159 unzureichend160, was gerade in Anbetracht der ___________ 155a S. Lindner, Umwandlung, S. 23–71. 156 Aus dem Stiftungsrecht ist kein Fall bekannt, zum Vereinsrecht s. BGH, StiftRspr. III, S. 118; NJW-RR 1996, 866; näher dazu u. § 10 B.III. 157 Vgl. die Erwägungsgründe der Vierten Richtlinie vom 25.7.1978 (Jahresabschlußrichtlinie, 78/660/EWG), Abl EG L 222 v. 14.8.1978, S. 11 sowie etwa Baumbach/ Hopt/Merkt, HGB, Einl. v § 238 Rdnr. 11. 158 Vgl. K. Schmidt, GR, S. 541 f.; ders., Verhandlungen 54. DJT, S. D 61 ff.; ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 59 ff., 81 f., 93, 185 f., 192. 159 Zur vorherigen Rechtslage s. EuGH ZIP 1997, 2155, 2156; 1998, 1716, 1720 f. jew. m. Anm. Schulze-Osterloh; aus der Lit. ferner etwa Gustavus, ZIP 1988, 1429, 1434; Hagenau/Hauser, BB 1989, 180, die ihren Aufsatz bezeichnenderweise mit „Die Publizität des Jahresabschlusses – eine nicht zwingende Vorschrift?“ überschrieben. 160 Einschreiten des Registergerichts nur auf Antrag, Ordnungsgeld von höchstens 25.000,– Euro, zu den Gründen hierfür s. Strobel, DB 2000, 53, 58 f.
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Vielzahl masseloser GmbH-Konkurse besonders bedenklich ist. Auch insofern bedarf es daher weiterer Korrektur. Vor diesem Hintergrund wird allerdings zugleich deutlich, dass die (abseits des Publizitätsgesetzes) fehlende Rechnungslegungspublizität rechtspolitisch nicht gegen die Zulässigkeit von Unternehmensstiftungen eingewandt werden kann. cc) Das gilt ebenso für die Inkonsistenz der gesetzlichen Regelung der Unternehmensmitbestimmung, zumal in Anbetracht ihrer schädlichen Auswirkungen auf eine effektive Kontrolle der Unternehmensführung eher vorbehaltlos über ihre Abschaffung als über ihre Ausdehnung auf bisher nicht betroffene Rechtsformen nachgedacht werden sollte. dd) Was schließlich den Gläubigerschutz im Stiftungsrecht anbelangt, so ist er bedeutend besser als sein Ruf. Zwar gibt es im Stiftungsrecht kein Mindestkapital. Voraussetzung der Anerkennung der Stiftung ist jedoch, dass die Stiftung über die notwendigen Mittel zur dauernden und nachhaltigen Verfolgung ihrer Zwecke verfügt.161 Dadurch wird im Unterschied zu den Kapitalgesellschaften das Entstehen materiell unterkapitalisierter Rechtsträger verhindert. Zudem lassen sich § 82 BGB als Kapitalaufbringungs-162 und die landesrechtlichen Gebote der ungeschmälerten Erhaltung des Stiftungskapitals163 – trotz ihres vom Kapitalgesellschaftsrecht abweichenden Normzwecks164 – als Kapitalerhaltungsvorschriften verstehen,165 für deren Einhaltung im ersten Fall der Stifter, im zweiten die Stiftungsorgane haften166. Überdies können Destinatäre gegebenenfalls wegen verbotener Auszahlungen aus dem Stiftungsvermögen in Anspruch genommen werden.167 Dabei wird die Einhaltung dieser „Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften“ durch die Stiftungsaufsichtsbehörde überwacht. Das aber ge___________ 161 S. u. § 6 B.II.2. 162 Ebenso Stengel, Personengesellschaft, S. 103 ff. 163 Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayStiftG, §§ 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BWStiftG, 3 S. 1 BlnStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 4 Abs. 2 S. 2 HbgStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 HeSiftG, 9 Abs. 1 S. 1 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 4 Abs. 2 S. 1, NRWStiftG, 7 Abs. 1 S. 1, RPStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 SHStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 ThStiftG. 164 Diesen Unterschied stellt MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 81 zu Recht heraus. Der unterschiedliche Normzweck ändert aber am Ergebnis nichts, nämlich dass die Ausfallwahrscheinlichkeit für die Gläubiger einer Stiftung erheblich kleiner ist als für Gläubiger einer Kapitalgesellschaft – und das dürfte das Einzige sein, was Gläubiger interessiert. 165 Näher dazu unten § 17. 166 S. u. § 24 A., § 25 A. 167 S. u. § 24 D.
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währleistet im praktischen Ergebnis einen erheblich besseren Gläubigerschutz als bei jeder anderen Rechtsform. Dementsprechend selten sind Stiftungsinsolvenzen.168 Aus diesem Grund fällt auch die fehlende Strafbewehrung der konkursrechtlichen Organpflichten nicht ins Gewicht, zumal die zivilrechtlichen Haftungsfolgen einer verzögerten Antragstellung (§ 42 Abs. 2 BGB) ebenfalls eine erhebliche Sanktionswirkung entfalten. Und was schließlich die Gläubiger einer stiftungsabhängigen Kapitalgesellschaft anbelangt, so handelt es sich bei deren Schutz um ein allgemeines konzernrechtliches Problem, das sich etwa bei einer Publikums-AG als herrschendem Unternehmen in gleicher Weise stellt. Auch und gerade aus Sicht des Gläubigerschutzes sind daher die Bedenken gegen die Unternehmensstiftung nicht gerechtfertigt. c) Dementsprechend verfehlt ist die Analogie zu § 22 BGB; denn besondere Gefahren für den Rechtsverkehr gehen von der unternehmensverbundenen Stiftung nicht aus. Insbesondere besteht hinsichtlich des Gläubigerschutzes anders als im Vereinsrecht kein schwerwiegendes Regelungsdefizit. Zudem würde diese Analogie zu unhaltbaren Ergebnissen führen. Bei allen Meinungsunterschieden hinsichtlich der „richtigen“ Vereinsklassenabgrenzung169 dürfte nämlich ganz und gar unstreitig sein, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i. S. d. § 22 BGB jedenfalls bei einer unternehmerischen, d. h. einer planmäßigen, entgeltlichen, anbietenden Haupttätigkeit an einem äußeren Markt vorliegt.170 Privatschulen, Forschungseinrichtungen, Theaterbühnen und Verlagsanstalten fallen hierunter ebenso wie Krankenhäuser
___________ 168 Röthel, Deutsche Stiftungen, 48, konnte bei einer Umfrage unter Referenten deutscher Stiftungsbehörden nur zwei Stiftungen ermitteln, die in den letzten Jahren Insolvenz anmelden mussten. Einen weiteren Fall schildert Schulz, ZSt 2005, 137 ff., der dadurch gekennzeichnet ist, dass das Grundstockvermögen nicht aufgebracht wurde. Allerdings gab es nach dem Ersten Weltkrieg ein großes Stiftungssterben, das freilich auf eine verfehlte Anlage in „mündelsichere“ Kriegsanleihen zurückzuführen war, s. hierzu Liermann, Handbuch Bd. 1, S. 281 ff. Vor solchen fundamentalen gesellschaftlichen Umbrüchen sind freilich auch Korporationen nicht sicher. 169 S. dazu aus jüngster Zeit OLG Hamm, NZG 2003, 879 m. ablehnenden Anm. Terner, Rpfleger 2004, 537 ff.; ferner Henze in: NPLYB 2004, S. 17, 28 ff. (zum ADAC-Urteil aus heutiger Sicht). Zur – wenig geglückten – Reformüberlegung des Bundesjustizministeriums Reuter, NZG 2005, 738 ff.; A. Arnold, DB 2004, 2143; Möhlenkamp, DB 2004, 2737; Damas, ZRP 2005, 3 ff. 170 S. nur K. Schmidt, GR, S. 667 ff.; Soergel/Hadding, BGB, § 21, 22 Rdnr. 19 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 21, 22 Rdnr. 27 ff., 43 f., jew. m. w. Nw. und Beispielen.
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und Altenheime.171 Für derartige Anstaltsstiftungen, wie sie seit Jahrhunderten gute Tradition sind, würde dies also das Aus bedeuten.172 Der dogmatische Grund für die Unvereinbarkeit von § 22 BGB mit dem Stiftungsrecht liegt dabei zum einen darin, dass die Stiftung durch den Ausfall personeller Mittel in Gestalt von Mitgliedern sehr viel stärker als der Verein für jedwede Zweckverfolgung auf sachliche Mittel angewiesen ist. Sie benötigt daher von vornherein eine wirtschaftliche Grundlage.173 Zum anderen ist es den Mitgliedern eines Vereines ohne weiteres möglich und zumutbar, erforderlichenfalls auf die Rechtsformen der Handelsgesellschaften auszuweichen.174 Das aber ist im Stiftungsrecht allein schon deswegen anders, weil nur die Stiftung eine von schwankenden Mitgliederinteressen losgelöste Zweckverfolgung erlaubt.175 Und das gilt auch, wenn ihr Zweck ___________ 171 Kronke, ZGR 1996, 18, 20, bezeichnet das zu Recht als „Binsenweisheit“. Auch betriebswirtschaftlich betrachtet stellen sich bei solchen Anstaltsstiftungen ganz dieselben Probleme wie bei anderen Unternehmen, s. hierzu bereits Mohren in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 289, insbes. 296 f. 172 Zu Unrecht sah das § 81 Abs. 1 des Reformentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 3, 8, 10, anders. Auch Reuter meint, dass es sich bei solchen Anstaltsstiftungen um Zuschussbetriebe handeln würde, denen es daher an dem Merkmal der Entgeltlichkeit fehle. Die von den Benutzern gezahlten Entgelte seien bloße, nicht kostendenkende „Unkostenbeiträge“. Und soweit solche Anstaltsstiftungen gleichwohl mit Gewinn arbeiteten, würde dies durch die idealistischen Unternehmensziele und eine dementsprechende Einstellung der Mitarbeiter aufgewogen, MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 86. Mit derartigen Argumenten setzt sich Reuter freilich nicht nur in Widerspruch zu seinen eigenen im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen über die Vereinsklassenabgrenzung (s. besonders ebd. §§ 21, 22 Rdnr. 44), sondern auch zu seiner berechtigten Kritik an dem Verwaltungsmodell des Gesetzes und dem Gemeinwohlbegriff der Gesetzesbegründung (s. ebd. Vor § 80 Rdnr. 10 f., 36, 44, §§ 80, 81 Rdnr. 47). Wollte man diese Ansicht ernst nehmen, müsste die Behörde bei der Anerkennung der Stiftung nämlich die idealistische Höhe des Stiftungsvorhabens sowie die dementsprechende Einstellung der Mitarbeiter prüfen, womit behördlicher Willkür Tür und Tor geöffnet wäre. 173 Ebenso Saenger/Arndt, ZRP 2000, 13, 16. 174 Auch das bestreitet MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 82, mit Argumenten, die darauf hinaus laufen, dass die Behörde die Zielvorstellungen des Stifters erforschen muss. 175 Der Hinweis von Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 122, auf ein mögliches Ausweichen in die Rechtsform einer (Stiftungs-)GmbH geht daher fehl; denn im GmbH-Recht kann die Vermögens- und Zweckbindung nicht gegen den einstimmigen Willen der Gesellschafter geschützt werden (ders., ebd., Rdnr. 178). Zudem kommen Stiftungskörperschaften nicht in den Genuss stiftungsaufsichtlicher Fürsorge. Zuzugeben ist allerdings, dass sich durch die Kombination einer unselbständigen Stiftung mit einer Stiftungskörperschaft als deren Trägerin eine sehr weitgehende Annährung erzielen lässt, näher u. § 29 B.IV.1.c.
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rein wirtschaftlicher Natur ist. Insofern ist es tatsächlich etwas anderes, ob einem wirtschaftlich tätigen Verband nur das Ausweichen auf eine andere Verbandsform zugemutet wird oder ob einem Stiftungsvorhaben unter Berufung auf § 22 BGB die Anerkennung als juristische Person generell versagt wird.176 Mit guten Gründen hat sich der Gesetzgeber daher dagegen entschieden, im Rahmen des § 86 BGB auch auf § 22 BGB zu verweisen.177 d) Aus vielerlei Gründen nicht zu folgen ist ferner der zunächst ebenfalls von Reuter178 entwickelten und zuletzt von Künnemann179 verfochtenen analogen Anwendung des § 137 S. 1 BGB auf satzungsmäßige Veräußerungsverbote. Zwar ist zuzugeben, dass solche Beschränkungen im Stiftungsrecht aus den von diesen Autoren geschilderten Gründen eine erhebliche rechtliche und tatsächliche Bindungswirkung entfalten.180 Möglicherweise könnte ihnen daher trotz der – wie sie selbst einräumen – fehlenden dinglichen Wirkung solcher Satzungsbestimmungen gefolgt werden, wenn der einzige oder zumindest vornehmliche Zweck von § 137 S. 1 BGB, wie sie behaupten, darin bestünde, die Schaffung von res extra commercium zu verhindern. Das ist indes nicht der Fall.181 Vielmehr dient die Vorschrift nach der Vorstellung der Redaktoren des BGB in erster Linie dem Gläubigerschutz sowie der Wahrung des numerus clausus der Sachenrechte. Daneben soll die Vorschrift ganz allgemein die Orientierungssicherheit im Rechtsverkehr schützen.182 All diese Gesetzeszwecke werden jedoch durch satzungsmäßige Verfügungsverbote in keiner Weise beeinträchtigt.183 Abgesehen davon würde eine solche Analogie, wie auch Reuter und Künnemann nicht verkennen, im Stiftungsrecht zu untragbaren Ergebnissen führen; denn vielfach bedarf es im Stiftungsrecht keiner ausdrücklichen Satzungsbestimmung, um die Organe auf die Erhaltung und Verwaltung bestimmter Gegenstände des Stiftungsvermögens mit der Folge festzulegen, ___________ 176 So zutreffend K. Schmidt, DB 1987, 261, 262. 177 Statt anderer Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 18. 178 Reuter, Perpetuierung, S. 130 ff.; ders., GmbHR 1973, 241, 247; Großfeld/Mark, WuR 37 (1985), 65, 86. 179 Künnemann, Unterordnungs-Konzern, S. 70 f. 180 Allerdings schließen satzungsmäßige Veräußerungsverbote nicht generell aus, dass die betreffenden Gegenstände doch veräußert werden, nämlich zumindest dann, wenn die Existenz der Stiftung gefährdet ist oder andernfalls eine weitere Zweckverfolgung unmöglich wird, dahingehend auch Schwarz, ZSt 2004, 64, 70; ders., ZSt 2004, 101, 103 ff. 181 MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 137 Rdnr. 4 m. w. Nw. 182 Vgl. Mugdan, Materialien III, S. 42 f.; 500 f.; Liebs, AcP 175 (1975), 1, 15 ff., 34 ff.; Timm, JZ 1989, 13, 16 ff.; MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 137 Rdnr. 5 ff. 183 Ebenso etwa Kronke, Stiftungstypus, S. 198.
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dass ihnen die Veräußerung dieser Gegenstände verboten ist. Vielmehr ergibt sich eine solche Beschränkung insbesondere bei Anstaltsstiftungen regelmäßig bereits aus dem Stiftungszweck. So darf etwa eine Krankenhausstiftung selbstverständlich das Krankenhaus nicht ohne weiteres veräußern, ebenso eine Kunststiftung nicht ihre Sammlung.184 Deswegen wollen Reuter und Künnemann Ausnahmen von der Analogie zu § 137 S. 1 BGB für gemeinnützige Stiftungen anerkennen. Das aber erweist diese Ansicht als Sieg der Gesinnung über die Urteilskraft. Reuter scheint sie daher zu Recht nicht weiter zu vertreten. e) Die Vorbehalte gegen Unternehmensstiftungen sind mithin entweder unbegründet oder nicht rechtsformspezifisch.185 Ist eine Stiftung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft beteiligt, so können allerdings Konflikte zwischen Stiftungs- und Gesellschaftsrecht entstehen.186 Dabei kann es keinen Vorrang des Stiftungsrechts gegenüber dem Gesellschafts- bzw. Konzernrecht geben.187 Vielmehr hat die Stiftung im Ausgangspunkt die gleichen Rechte und Pflichten wie jeder andere Gesellschafter.188 Das kann dazu führen, dass sie an der Zweckverfolgung gehindert oder ihr Vermögen gefährdet wird, sei es, weil die Stiftung von den anderen Gesellschaftern majorisiert wird oder diese den Willen der Stiftung obstruieren, sei es, weil die Durchsetzung ihres Willens gegen die gesellschaftsrechtliche Treupflicht verstieße. Diese Überlegung zeigt zugleich, dass derartige Konflikte auftreten können, ganz einerlei, ob die Stiftung Minderheits- oder Mehrheitsgesellschafter ist. Daher lässt sich auch nicht sagen, die Stiftung dürfe generell nur Mehrheits-189 oder Minderheitsgesellschafter sein. Vielmehr ist zu bedenken, dass der Stifter der Stiftung die Beteiligung zugewendet und sie damit gewissen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt hat. Realisieren sich diese Risiken, so ist dies dementsprechend als von dem ___________ 184 Zulässig ist das in solchen Fällen vielmehr nur, wenn die Existenz der Stiftung bedroht bzw. die weitere Verfolgung des Stiftungszwecks andernfalls unmöglich wird, s. auch u. § 18 B.I. 185 Eine vergleichbare Diskussion über die Zulässigkeit von Unternehmensstiftungen wurde auch in der Schweiz geführt. Sie darf seit dem Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 18.5.2001, BGE 127 III, 337, als entschieden gelten. Danach sind Unternehmensstiftungen uneingeschränkt zulässig, weil die Stifterfreiheit eine gesetzlich nicht vorgesehene Beschränkung der Stiftungszwecke nicht zulasse. 186 S. etwa Kronke, Stiftungstypus, S. 200 ff., 203 ff.; Reuter, Perpetuierung, S. 251 ff. 187 Insoweit zutr. Schwintowski, NJW 1991, 2736, 2740. 188 Näher u. § 23 B. 189 So Kronke, Stiftungstypus, S. 201, bei Beteiligung einer Stiftung an einer Personengesellschaft.
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Stifterwillen umfasst anzusehen.190 Sache der Behörde ist es freilich zu beurteilen, ob diese Risiken im konkreten Einzelfall so groß sind, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht gewährleistet erscheint und daher die Anerkennung gemäß § 80 Abs. 2 BGB zu versagen ist (s. u. § 6 C.). Dabei ist nicht nur die wirtschaftliche Solidität des Unternehmens,191 sondern auch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung zu prüfen; denn die angesprochenen Konflikte können durch Gestaltungsmaßnahmen von vornherein sowohl ent- als auch verschärft werden.192 Überdies kommt es selbstverständlich auch auf den Stiftungszweck an. Ist das Unternehmen bloße Dotationsquelle, so ist regelmäßig, d. h. abseits von besonderen, die Stiftung belastenden Gestaltungen (etwa übermäßige Beschränkung ihres Gewinnbezugsrechts), nichts dagegen einzuwenden, wenn die Stiftung lediglich Minderheitsgesellschafter ist. Dient das Unternehmen hingegen unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung, so wird man zu verlangen haben, dass der Stiftung ein beherrschender Einfluss zukommt, andernfalls eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks schon organisationsrechtlich nicht gewährleistet erscheint.
V. Funktionsstiftungen § 81 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmt, dass das Stiftungsgeschäft die verbindliche Erklärung des Stifters enthalten muss, „ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zwecks zu widmen“. Aus dieser Formulierung folgert Reuter, „dass die Stiftung nicht nur mit einem Vermögen ausgestattet werden, sondern auch, dass sie einen Zweck haben muss, dessen Erfüllung ein Vermögen voraussetzt“. Reine Funktionsstiftungen – wie etwa Komplementärstiftungen –, die zur Erfüllung ihres Zwecks kein Vermögen benötigten, seien deshalb von dem Stiftungsbegriff des Modernisierungsgesetzgebers nicht gedeckt.193 Das ist jedoch bloße juristische Rabulistik. Wollte man auf derselben Argumentationsebene entgegnen, könnte man die Unhaltbarkeit dieser Ansicht schon damit belegen, dass die Mitverwaltungsrechte, über die derartige Stiftungen notwendigerweise verfügen, um ihrer Funktion gerecht werden zu können, selbstverständlich vermögenswert sind. Zudem hat sich der Gesetzgeber klar gegen die generelle Unzulässigkeit von Kom___________ 190 Dementsprechend hängt es von der Satzung ab, ob die Stiftung auch nachträglich dergleichen Risiken übernehmen darf, s. u. § 20 A.III. 191 Ist das Unternehmen wirtschaftlich solide, so rechtfertigt selbst eine unbeschränkte Haftung der Stiftung für dessen Verbindlichkeiten nicht eine Versagung der Anerkennung, näher u. § 29 A.III.1. 192 Vgl. Kronke, Stiftungstypus, S. 202, Reuter, Perpetuierung, S. 253 ff. 193 MünchKomm/Reuter, BGB §§ 80, 81 Rdnr. 9, 84.
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plementär- und Doppelstiftungen entschieden.194 Es handelt sich auch nicht per se um Selbstzweckstiftungen.195 Das soll freilich nicht bedeuten, dass eine Komplementärstiftung in jedem Fall anerkennungsfähig sei. Vielmehr werden die besonderen Probleme, die eine Stiftung & Co. bereitet, nicht verkannt. Auf sie wird an späterer Stelle zurückzukommen sein.196 Die Ansicht einer generellen Unzulässigkeit solcher Gestaltungen ist jedoch auch angesichts der gesetzlichen Anerkennung von anderen Grundtypenvermischungen nicht haltbar. Und was die Doppelstiftung anbelangt, so ist auch sie eine Frucht des Steuerrechts. Will nämlich ein Stifter einerseits wie im Falle der Carl-Zeiss-Stiftung197 die Pflege eines Industriezweigs durch die Fortführung eines Unternehmens und andererseits steuerlich gemeinnützige Zwecke fördern, dann muss er – will er auf den Genuss des Steuerprivilegs nicht verzichten – zwei Stiftungen gründen, weil eine unternehmerische Betätigung stets gemeinnützigkeitsschädlich ist198. Dabei sind, wie zu betonen ist, die Stiftungszwecke beider Stiftungen vollkommen unbedenklich.199 Nachdem das Vermögen des Stifters in solchen Fällen jedoch in der Hauptsache in dem einen Unternehmen gebunden ist, liegt die Wahl einer Doppelstiftung nahe. Natürlich ist das juristisch keine „schöne“ Konstruktion. Noch weniger „ästhetisch“ ist aber eine gemeinnützige Stiftung mit dem konkludenten Hauptzweck der Unternehmensfortführung.200 Doch ist es allein das Steuerrecht, dass solche „Geschmacklosigkeiten“ erzeugt.
VI. Selbstzweckstiftung 1. Von einer Selbstzweckstiftung wird gesprochen, wenn sich der Stiftungszweck auf die Erhaltung und Verwaltung des Stiftungsvermögens mit der Folge beschränkt, dass die Stiftungserträge ausschließlich dem Stiftungsvermögen zugute kommen, ohne dass damit zugleich auch andere Zwecke als eben der Vermögenserhalt und die Vermögensvermehrung in der Hand der Stiftung verfolgt werden. Während teilweise auch solche Stiftungen (zumindest als sog. Unternehmensselbstzweckstiftung) als von der Stifterfreiheit gedeckt angesehen werden,201 sind Selbstzweckstiftungen nach herr___________ 194 195 196 197 198 199 200 201
S. o. Fn. 38. So aber u. a. Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 61; näher dazu sogleich. S. u. § 29 A.III. und IV. S. u. VI.3. S. Berndt, Unternehmen, Rdnr. 1890 ff. S. auch sogleich VI. Dazu u. VI.3. Insbes. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 55; Kronke, Stiftungstypus, S. 140; Brandmüller, Stiftungen, S. 27 ff.; Kerssenbrock, Unternehmenserhaltung, S. 57 f.; Schumacher, konzernverbundene Stiftung, S. 157 f.
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schender Meinung generell unzulässig.202 Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat dies damit begründet, dass Selbstzweckstiftungen „bereits aufgrund des Wesens der Stiftung, die immer einem äußeren Zweck gewidmet sei, ausgeschlossen“ wären.203 Andere begründen dies damit, dass eine solche Stiftung infolge der Aufhebung der Kausalitätsbeziehung zwischen Mittel und Zweck ein perpetuum mobile sei, das zeitlich und mengenmäßig unbegrenzt Vermögen anhäufen könne, ohne damit jemandem oder etwas anderem als sich selbst zu dienen.204 Neuerdings wird auch auf § 81 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. rekurriert („Vermögen zur Erfüllung … eines Zwecks“).205 Unzulässig ist demnach etwa eine Kapitalstiftung, deren Zweck allein auf die Verwaltung und Vermehrung ihres Geldvermögens gerichtet ist. Unstreitig keine Selbstzweckstiftungen in diesem Sinne sind dagegen Anstaltsstiftungen wie etwa Krankenhäuser und Altenstifte, da bei solchen Zweckverwirklichungsunternehmen die Verwaltung des Stiftungsvermögens bloßes Mittel zur Verfolgung des Stiftungszwecks, nämlich in den Beispielsfällen der Kranken- oder Altenpflege ist.206 Unstreitig zulässig sind ferner Stiftungen, die der Erhaltung von bestimmten Vermögensgesamtheiten wie etwa einer Kunstsammlung (z. B. Buchheim Stiftung) oder anderen Kulturgütern dienen.207 Diese Beispiele aber zeigen zugleich, wie problematisch eine Abgrenzung ist, will man an dem Verbot von Selbstzweckstiftungen festhalten. Vor diesem Hintergrund besonders zweifelhaft ist die Zulässigkeit von sog. Unternehmensselbstzweckstiftungen, also von Stiftungen, die ausschließlich der Verwaltung und dem Erhalt eines bestimmten Unternehmens mit der Folge dienen, dass die von dem Unternehmen erwirtschafteten Erträge nur ___________ 202 So u. a. Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 70; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 50, §§ 80, 81 Rdnr. 85 ff.; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 88; Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 20, 25; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 5 (allerdings mit Ausnahme von Unternehmensselbstzweckstiftungen, Rdnr. 17); Stengel, HeStiftG, § 4 Anm. 8.2., 8.3. a. E.; Lehmann, SHStiftG, § 3 Anm. 3.3; Trops, AG 1970, 367, 368; Andrick, ZSt 2003, 3, 10; Flume, jP, S. 133 Fn. 146; Künnemann, Unterordnungs-Konzern, S. 75 ff.; Härtl, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 122 f.; Dewald, Instrument, S. 184; H. Breuer, Zweckumwandlung, S. 13. 203 Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 37; ähnlich Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 58, 60 f.: neben der Gemeinwohlgefährdung bildete der „Stiftungsbegriff“ eine Grenze zulässiger Stiftungszwecke, wozu auch die Fremdnützigkeit des Stiftungszwecks gehöre; dahingehend auch Andrick, ZSt 2003, 3, 10. 204 So etwa Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 88; ders.: in: NPLYB 2003, 1, 7. 205 Rawert in: NPLYB 2003, 1, 7; ähnlich Hof in: Bertelsmann Handbuch, S. 767, 787. 206 Statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 86. 207 Statt anderer Ebersbach, Handbuch, S. 17.
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diesem selbst zugute kommen.208 Je nach dem, ob die soziale Funktion von Unternehmen etwa im Blick auf die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen209 oder im Blick auf die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen (Bedarfsdeckung, wie es etwa auch Zweck einer Krankenhausstiftung ist) oder ihre kapitalistische Funktion als Instrument der Gewinnerzielung betont wird, scheint man hier zu gegenteiligen Urteilen über ihre Zulässigkeit zu kommen. Dabei kann es sich freilich nicht um ein bloßes Problem der Formulierung des Stiftungszwecks handeln,210 da die Stiftung ihren Zweck tatsächlich verfolgen muss, so dass eine Selbstzweckstiftung mit einem nur formal anderweitigen Zweck gleichwohl Selbstzweckstiftung bliebe.211 Abzulehnen ist aber auch die Ansicht, wonach Unternehmensselbstzweckstiftungen ausnahmsweise dann zulässig sein sollen, wenn der Zweck der Unternehmensführung und -erhaltung, wie bei der Carl-Zeiss-Stiftung, „idealistisch überhöht“ sei;212 denn auf die ideelle Höhe eines Stiftungsvorhabens kann es schwerlich ankommen, da der Anerkennungsbehörde ein Werturteil hierüber versagt ist. Wie auch wollte sie hierüber entscheiden? Ist etwa die Erhaltung einer Kunstsammlung „wertvoller“ als die Erhaltung eines Unternehmens oder ist Krankenpflege „wertvoller“ als die Entwicklung, Produktion und der Vertrieb von Medikamenten? 2. Zur Lösung des Problems ist eine genaue Unterscheidung zwischen Zweck und Gegenstand hilfreich. Ist ein Verband Rechtsträger eines Pharmaunternehmens, so ist die Entwicklung, Produktion und der Vertrieb von Medikamenten zumeist nicht selbst Zweck des Verbandes. Verbandszweck ist ___________ 208 Keine Selbstzweckstiftung ist daher die Stiftung für den Stifter, a. A. wohl Kronke, Stiftungstypus, S. 224. 209 So etwa Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 55; Bamberger/Roth/ Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 17 (der deswegen meint, es gebe keine Unternehmensselbstzweckstiftung); Schiffer, ZSt 2003, 52, 53; selbst MünchKomm/Reuter, BGB, § 80, 81 Rdnr. 86, sieht offenbar in einer Unternehmensstiftung, die Menschen der Region „Arbeit und Brot“ verschaffen soll, einen zulässigen Zweckverwirklichungsbetrieb; s. aber auch Reuter, ebd., Rdnr. 85. Ähnlich Rawert in: NPLYB 2003, 1, 8, 11, der zwar einerseits, die Schaffung von Arbeitsplätzen für einen unbeachtlicher Nebeneffekt hält, ihn aber gleichwohl im Falle von Zweckbetrieben (?) für legitim und zulässig erachtet. 210 So aber Künnemann, Unterordnungs-Konzern, S. 78. 211 In diesem Sinne zutr. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 27. 212 So MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 86; ders., Perpetuierung, S. 136 f.; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 61; nur verbal anders Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 9, wie ein Blick auf S. 11 verrät.
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vielmehr regelmäßig Gewinnerzielung zugunsten der Mitglieder.213 Die Entwicklung, Produktion und der Vertrieb von Medikamenten dagegen ist als Gegenstand der Verbandstätigkeit lediglich Mittel zu diesem Zweck. Dieses Leitbild ist indes nicht zwingend. Zum einen kann die Wertschöpfung auch anderen Personen oder Zwecken zugute kommen, also etwa den Arbeitnehmern, der Grundlagenforschung oder auch mildtätigen Zwecken. Dadurch verändert sich die Mittel/Zweck-Relation dahingehend, dass die Gewinnerzielung nun nicht mehr Zweck, sondern ebenfalls nur noch bloßes Mittel zur Verfolgung anderweitiger Zwecke ist. Im Stiftungsrecht wird das Unternehmen dann als (austauschbare) „Dotationsquelle“ bezeichnet, eine Konstellation, die auch von den Kritikern von Unternehmensstiftungen als zulässig angesehen wird.214 Zum anderen kann die Mittel/Zweck-Relation aber auch in der Weise umgekehrt werden, dass die Verbandstätigkeit nicht mehr bloßes Mittel eines anderweitigen Zwecks ist, sondern unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung dient. Eine Gewinnerzielung ist in einem solchen Fall entweder nicht beabsichtigt oder soll doch allein der Unternehmung selbst zugute kommen. Der Verbandszweck ist dann entweder auf die Deckung des Bedarfs der Bevölkerung für bestimmte Güter oder Dienstleistungen (gemeinnützige Unternehmen, z. B. Sparkassen215 oder eben Krankenhausstiftungen) oder auf geistig-ideelle Zielsetzungen (Tendenzunternehmen, z. B. Dritte-Welt-Handel) gerichtet. Selbstverständlich sind auch Mischformen zwischen all diesen Möglichkeiten zulässig.216 Vorliegend steht die zweite Möglichkeit in Frage. Im Stiftungsrecht bezeichnet man diese Gestaltung als Zweckverwirklichungsunternehmen. Nun ist aber kein Grund ersichtlich, warum solche Zweckverwirklichungsunternehmen im Stiftungsrecht nur zulässig sein sollen, wenn sie hergebrachten Zwecken wie Kranken- oder Altenpflege dienen. Vielmehr muss dasselbe auch für jede andere gesetzeskonforme Unternehmenstätigkeit gelten. Insbesondere steht nicht zu befürchten, dass es zu einer wirtschaftspolitisch unerwünschten, weil übermäßigen Vermehrung von Unternehmensvermögen in Stiftungshand kommt.217 Sog. Unternehmensselbstzweckstiftungen sind daher jedenfalls dann zulässig, wenn ihr Zweck entweder in der Deckung eines bestimmten Bedarfs (z. B. Medikamente, Lebensmittel, Kleidung, Bankdienstleistungen oder auch Maschinen) oder in (irgend-)einer geistig___________ 213 S. o. A.I. 214 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 127, §§ 80, 81 Rdnr. 89; Staudinger/ Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 109 m. w. Nw. 215 Näher zu den Sparkassenstiftungen Blisse, ZSt 2003, 263 f.; s. ferner Eichhorn, ZSt 2004, 259 ff. 216 S. auch Kronke, Stiftungstypus, S. 140. 217 So aber Reuter, Perpetuierung, S. 75.
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ideellen Zielsetzung (z. B. Arbeitnehmerbeteiligung oder Dritte WeltHandel) zu sehen ist. Dabei ist es überdies unerheblich, ob die Stiftung diese Zwecke unmittelbar selbst als Trägerin des Unternehmens oder lediglich mittelbar als Holding verfolgt. Im letzten Fall muss allerdings ein beherrschender Einfluss der Stiftung rechtlich abgesichert sein. Bedenkt man schließlich, dass Unternehmen qua definitione anbietend am Markt tätig sind und daher stets auch der Bedarfsdeckung dienen, so sind sog. Unternehmensselbstzweckstiftungen immer schon dann zulässig, wenn es dem Stifter ersichtlich auf die Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit und nicht nur auf die Erhaltung und Verwaltung des Unternehmensvermögens als solchem ankommt. 3. Solche Unternehmensstiftungen, bei denen das Unternehmen wie in den vorstehenden Beispielen Mittel zur Verfolgung des Stiftungszwecks ist, werden freilich auch von den Kritikern als unproblematisch zulässig angesehen.218 Die Bedenken richten sich wohl nur gegen solche Unternehmensstiftungen, bei denen die Stiftung Mittel zur Erhaltung des Unternehmens ist, das Unternehmen also nicht der Stiftung, sondern die Stiftung dem Unternehmen dient.219 Das wäre in der Tat ein Problem, wenn der Unternehmenszweck Gewinnerzielung ist und der Stiftungszweck tatsächlich lediglich in der Mehrung des Unternehmensvermögens bestünde. Dabei müssen freilich auch die Kritiker zugeben, dass solche offenen Unternehmensselbstzweckstiftungen in der Praxis nicht vorkommen. Vielmehr haben die Stiftungen durchweg einen legitimen Zweck (wie Förderung von Kunst und Kultur), nur dass sie hinsichtlich des Ausmaßes, in dem sie diesen Zweck verfolgen können, von der Ertragskraft und den Thesaurierungswünschen des Unternehmens abhängen, denen sie nicht wirkungsvoll entgegentreten können, weil sie wirtschaftlich auf das Unternehmen angewiesen sind und eine Trennung von dem Unternehmen rechtlich erschwert ist. Deswegen handelt es sich jedoch nicht um Selbstzweckstiftungen wie folgende Beispiele zeigen. Im unlängst neu gefassten Statut der Carl-ZeissStiftung wird der Stiftungszweck (i. w. S.) mit der „Pflege der feintechnischen Industrie durch Fortführung der beiden Stiftungsunternehmen Carl Zeiss und Schott Glas, sowie die Förderung allgemeiner wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und gemeinnütziger Interessen und Einrichtungen“ umschrieben. Stiftungszweck i. e. S. ist also „die Pflege der feintechnischen Industrie“, also eine Bedarfsdeckung. Dagegen ist nach dem unter 2. Gesagten nichts einzuwenden. Verfolgt wird dieser Stiftungszweck i. e. S. durch ___________ 218 S. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 86; Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 11. 219 S. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 85; Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 9 f.
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die Fortführung der beiden 100 %igen Tochterunternehmen (Gegenstand der Stiftungstätigkeit). Auch dagegen ist nichts einzuwenden, weil die Stiftungsunternehmen unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung dienen. Zugleich wird damit aber nicht nur eine grundsätzlich unlösbare Bindung der Stiftung an die Unternehmen hergestellt, da andere Mittel zur Erreichung des Stiftungszwecks nicht vorgesehen sind. Vielmehr wird damit auch eine Thesaurierung von Erträgen der Unternehmen legitimiert; denn nur durch eine Thesaurierung von Erträgen kann der für die Verwirklichung des Stiftungszwecks erforderliche Fortbestand der Unternehmen gewährleistet werden. Dementsprechend kommen die anderen Stiftungszwecke „Förderung allgemeiner wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und gemeinnütziger Interessen und Einrichtungen“ nur zum Zuge, soweit dies die Ertragskraft der beiden Tochterkonzerne erlaubt. Auch dagegen ist nichts einzuwenden, weil es sich um bloße, dem Hauptzweck untergeordnete Nebenzwecke handelt. Schauen wir uns nun das – angeblich – problematische Beispiel von Rawert an.220 Die Stiftung verfolgt einen gemeinnützigen Zweck, nämlich Förderung der Musikerziehung begabter, aber mittelloser Jugendlicher (Stiftungszweck i. e. S.). Das Grundsstockvermögen besteht in einer 100 %igen Beteiligung an dem Unternehmensträger einer Schraubenfabrik – nennen wir sie Schraub AG, wobei eine Veräußerung der Beteiligung nach der Stiftungssatzung ausgeschlossen sein soll. In dieser Situation ist es klar – insoweit hat Rawert ganz Recht –, dass die Stiftung im Zweifel nur soviel Mittel zur Verfolgung ihres Zwecks erhält, wie das Unternehmen nicht zur Selbstfinanzierung benötigt. Insoweit unterscheidet sich die Situation freilich in keiner Weise von der Situation der Carl-Zeiss-Stiftung hinsichtlich ihrer Nebenzwecke. Und wirtschaftlich betrachtet ist das ja auch ganz vernünftig, weil man von der Stiftung schließlich nicht verlangen kann, „sich den Ast abzusägen, auf dem sie sitzt“. Als Unterschied bleibt somit zu vermerken, dass der Stifter vermisst hat, als Hauptzweck der Stiftung (i. w. S.) „die Pflege der schraubentechnischen Industrie“ (= Stiftungszweck i. e. S.) „durch Fortführung der Schraub AG“ (= Gegenstand der Stiftungstätigkeit) anzugeben. Freilich erkennt auch Rawert auf den ersten Blick, dass dies tatsächlich der Hauptzweck (i. w. S.) ist und sein soll, während die Musikerziehung bloßer Nebenzweck ist221. Wenn dem aber so ist, wo liegt dann noch der Unterschied zur Carl-Zeiss-Stiftung, deren Zweckgestaltung wir gerade als unproblematisch zulässig erkannt haben und die auch von Rawert ausdrücklich als solches bezeichnet wird222? Einzig und allein, was Rawert natürlich ___________ 220 Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 9. 221 Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 9. 222 Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 8, 11.
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ebenfalls erkennt,223 in der unterlassenen Angabe des Hauptzwecks der Stiftung. Diese Divergenz zwischen tatsächlichem und offengelegtem Hauptzweck ist freilich unbeachtlich, und zwar auch nach der Auffassung Rawerts224. Daraus ist dann freilich keineswegs der Schluss zu ziehen, es würde sich um eine verdeckte Selbstzweckstiftung handeln.225 Zwar ist tatsächlicher Gegenstand der Stiftungstätigkeit die Fortführung der Schraub AG (in dem negativ gemeinten Sprachgebrauch von Rawert im Anschluss an seinen Lehrer Reuter als „Unternehmensperpetuierung“ bezeichnet226). Aber doch ganz zu Recht, weil wir, d. h. auch Rawert, als wahren, rechtlich zulässigen, wirksamen und konkludent erklärten Hauptzweck der Stiftung „die Pflege der schraubentechnischen Industrie“ erkannt haben, der durch die „Fortführung der Schraub AG“ verfolgt werden darf und soll. Die Unternehmensselbstzweckstiftung erweist sich damit als Schimäre, die zusammen mit so manchen anderen stiftungsrechtlichen Schreckgespenstern in das dogmatische Gruselkabinett verbannt gehört. Was bleibt sind freilich drei Fragen, nämlich erstens, ob eine solche Stiftung steuerrechtliche Privilegien verdient. Die Rechtsprechung ist da großzügig,227 die Lehre nicht228. Die Frage bedarf hier keiner Entscheidung. Tatsächlich ist die Carl-Zeiss-Stiftung nicht steuerlich gemeinnützig. Zweitens ist fraglich, unter welchen Voraussetzungen sich die Stiftung von dem Unternehmen trennen kann. Darauf wird später (§ 17 C.I.4.) ausführlich einzugehen sein. 4. Drittens bleibt zu klären, ob möglicherweise auch die bloße Erhaltung und Verwaltung eines Vermögens ein zulässiger Stiftungszweck ist bzw. sein kann. Hierfür scheint zu sprechen, dass einerseits z. B. die Erhaltung und Verwaltung von Kulturgütern als unproblematisch zulässig angesehen wird, und der Bundesgerichtshof andererseits auch die Gründung von sog. Vorratsgesellschaften, deren Unternehmensgegenstand sich auf die Erhaltung und Verwaltung des eingelegten Barvermögens beschränkt, zugelassen hat.229 Stellt man sich hingegen eine Stiftung vor, deren Zweck sich eben hierauf, nämlich auf die Erhaltung und Verwaltung ihres Barvermögens be___________ 223 Rawert in: NPLYB 2003, S. 1, 12. 224 Rawert, wie vor, der dieses Ergebnis mit § 116 S. 1 BGB begründet. Indes ergibt es sich schlicht daraus, dass in dem Veräußerungsverbot eine konkludente Zweckbestimmung liegt. 225 So aber Rawert, wie vor. 226 Rawert, wie vor. 227 BFH, DStR 1998, 1710. 228 Walz in: Stiftungsrecht in Europa, S. 197, 208 ff.; Reuter in: NPLYB 2002, S. 157, 162. 229 BGHZ 117, 323, 330 ff.
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schränkt, wird sogleich deutlich, dass dies zumindest für das Stiftungsrecht nicht gelten kann. Vielmehr wird man zu unterscheiden haben: Die bloße Erhaltung und Verwaltung eines Vermögens ist kein zulässiger Stiftungszweck. Das ergibt sich schon aus allgemeinen Grundsätzen (s. o. A.I.), kann man aber auch aus § 81 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. („Vermögen zur Erfüllung … eines Zwecks“) folgern, wonach das Stiftungsvermögen dienende Funktion hat und daher nicht selbst alleiniger Zweck der Stiftung sein kann. Allerdings wird dergleichen wegen seiner objektiven Sinnlosigkeit praktisch nicht vorkommen. Die Kapitalstiftung, deren Zweck allein in der Erhaltung und Verwaltung ihres Vermögens besteht, ist lediglich ein Schulfall. Zwar gibt es auch im Stiftungsrecht sog. Vorratsgründungen. Deren Problematik ist jedoch nicht eine solche des Stiftungszwecks (dieser steht von vornherein fest), sondern einer ausreichenden Vermögensausstattung.230 Und ob der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs gefolgt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung.231 Dagegen spricht allerdings, dass die Erhaltung und Verwaltung des eingelegten Vermögens wohl auch im Gesellschaftsrecht bloßer Selbstzweck ist; denn eine solche Verbandstätigkeit ist weder auf eine Wertschöpfung zugunsten der Mitglieder, Dritter oder eines anderweitigen Zwecks (i. e. S.) gerichtet noch dient sie einer Bedarfsdeckung232 oder irgendwelchen geistig-ideellen Zielen. Aus diesen Gründen ist jedenfalls im Stiftungsrecht die bloße Erhaltung und Verwaltung eines Vermögens kein zulässiger Stiftungszweck. Das gilt auch, wenn der Stiftungszweck ausschließlich in der Erhaltung von Kulturgütern besteht. Zwar dient die Erhaltung von Kulturgütern grundsätzlich der Allgemeinheit. Voraussetzung ist aber, dass irgendjemand Zugang zu ihnen erhält. Ist der Zugang dagegen jedermann auf Dauer verwehrt, dann nützt die Erhaltung der Kulturgüter niemanden und ist bloßer Selbstzweck. Verschrobene Anordnungen wie im Falle der Barnes Foundation233 ___________ 230 Näher dazu u. § 6 B.II.bbb. 231 Jedenfalls abzulehnen ist die – allerdings keineswegs zwangsläufige – Folge dieser Entscheidung, nämlich die Rechtsprechung zur Verwertung von Vorrats- und Mantelgesellschaften, BGHZ 153, 158; 155, 318 und dazu statt anderer K. Schmidt, NJW, 2004, 1345 ff. 232 Einem Bedarf dient lediglich das Vorrätighalten solcher Mantelgesellschaften. Das ist jedoch lediglich Zweck ihrer Gründung nicht Zweck der Gesellschaft selbst. 233 Die Sammlung der Barnes Foundation umfasst u. a. 180 Renoirs, 69 Cézannes, 60 Matisses und vieles mehr. Zu Lebzeiten ihres Gründers, Albert C. Barnes, war sie nur den Studenten einer von ihm gleichfalls ins Leben gerufenen kleinen Kunstschule zugänglich. Jedermann sonst musste einen Antrag auf Besichtigung stellen, der jedoch zumeist abschlägig beschieden wurde. Aus Enttäuschung wollte Barnes nichts mehr mit dem „Kunstbetrieb“ zu tun haben. Erst nach seinem Tod (1951)
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sind freilich die seltene Ausnahme. Häufiger dürfte der Fall sein, dass der Stifter zwar eine schöne Sammlung aber sonst kein Vermögen hat, das er in die Stiftung einbringen kann. Solche Sachstiftungen sind nicht anerkennungsfähig, wenn zu besorgen ist, dass der Stiftung auf Dauer die Mittel fehlen, um ihre „Schätze“ sachgerecht zu erhalten und zugänglich zu machen.234 5. Nach allem ist festzuhalten: Zwar sind Selbstzweckstiftungen unzulässig. Nur in seltenen Ausnahmefällen wird eine Stiftung aber tatsächlich keinen anderen Zweck verfolgen, als ihr Vermögen zu erhalten und zu verwalten. Insbesondere sog. Unternehmensselbstzweckstiftungen sind bei Lichte betrachtet in aller Regel keine Selbstzweckstiftungen.
D. Zusammenfassung Als wesentliche Ergebnisse sind festzuhalten: Erstens ist im Stiftungsrecht ebenso wie im Verbandsrecht grundsätzlich zwischen Zweck und Gegenstand zu unterscheiden. Zweitens kommt dem Stiftungszweck keine grundlegend andere Bedeutung zu als dem Verbandszweck. Und drittens sind alle gesetzeskonformen Stiftungszwecke zulässig. Das gilt insbesondere für Unternehmens-, Funktions- und Familienstiftungen sowie grundsätzlich für Stiftungen für den Stifter. Die im Blick auf solche Stiftungen vorgebrachten Bedenken haben sich sämtlich nicht als stichhaltig erwiesen. Die Stiftung muss also nicht fremdnützig, schon gar nicht gemeinnützig, sondern kann auch eigennützig und darf nur nicht selbstnützig sein, sich also ausschließlich auf die Erhaltung und Verwaltung ihres eigenen Vermögens beschränken (Verbot der Selbstzweckstiftung). Hierbei handelt es sich jedoch um seltene Ausnahmefälle. ___________ setzte der Generalanwalt mit der Drohung, der Stiftung ansonsten die Steuerbegünstigung zu entziehen, eine gewisse Öffnung für das Publikum durch. Gleichwohl wurde der Zugang zu der Sammlung weiterhin derart restriktiv gehandhabt, dass sie als „Die nie gesehenen Meisterwerke der Barnes Collection“ (so der Titel der Ausstellung von 1995 im Haus der Kunst in München) bezeichnet wurde, als die Sammlung schließlich mehr als 40 Jahre später aus Finanznot auf eine Ausstellungstournee ging. Näher zu dem Fall mit einer differenzierten Sicht der Dinge Schweizer, ZSt 2005, 129 ff. Selbst die Barnes Foundation war danach freilich nie eine bloße Selbstzweckstiftung, weil der Stifter mit ihr ein ganz bestimmtes – und sehr eigenes – pädagogisches Konzept verfolgte. 234 Vgl. Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 22; Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 16; Härtl, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 117; Hof, DStR 1992, 1549, 1587. Jedenfalls aber ist in solchen Fällen eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks zweifelhaft. Zu diesem Erfordernis näher u. § 6 C.
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung Nach bisherigem Recht bedurfte die Stiftung einer Genehmigung. Dieser Begriff wurde nunmehr durch das Wort „Anerkennung“ ersetzt. Inhaltliche Änderungen sind damit freilich nicht verbunden. Die Umbenennung ist vielmehr allein kosmetischer Natur. Sie soll den Grundsatz der Stifterfreiheit auch sprachlich verdeutlichen1 und so positive Signalwirkung für potentielle Stifter entfalten2. Während das Stiftungsgeschäft ein dem Privatrecht unterliegendes Rechtsgeschäft ist, folgt die Anerkennung der Stiftung als privatrechtsgestaltender3, mitwirkungsbedürftiger und begünstigender Verwaltungsakt4 den Regeln des öffentlichen Rechts. Dabei bezieht sich die Anerkennung nicht etwa auf das Stiftungsgeschäft, sondern auf die Stiftung selbst, wie der Wortlaut des § 80 Abs. 2 Hs. 1 BGB n. F. verdeutlicht. Mängel des Stiftungsgeschäfts werden – dementsprechend – durch die Anerkennung nicht geheilt.5 Ist das Stiftungsgeschäft unwirksam oder wird es vor der Anerkennung gemäß § 81 Abs. 2 BGB wirksam widerrufen, so ist die Anerkennung zu versagen.6 Wird die Stiftung dennoch anerkannt, dann ist die Stiftungserrichtung zwar fehlerhaft. Entgegen dem Wortlaut des § 80 Abs. 1 BGB und der früher herrschenden Meinung7 ist die Stiftung jedoch als juristische Person wirksam entstanden und genießt, solange die Anerkennung nicht mit Wirkung ex nunc8 zurückgenommen, widerrufen bzw. die Stiftung aufgehoben wird, Bestandsschutz.9 Dies folgt sowohl aus verwaltungsrechtlichen ___________ 1 2 3 4
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So Pick, BT-Prot. 14/221 vom 28.2.2002, S. 21951. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 26. Vgl. zum Begriff des privatrechtsgestaltenden Staatsaktes Manssen, Privatrechtsgestaltung, S. 32. VGH BW, StiftRspr. I, S. 11; OVG Lüneburg, StiftRspr. I, S. 148; anders im Blick auf die begünstigende Wirkung BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160 (obiter dictum); dagegen zu Recht Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 27. Allg. M., s. nur BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160; BGH, StiftRspr. III, S. 89, 93; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 8; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 30 m. w. Nw. BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, 186; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 8. RGZ 170, 22, 24; BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, 186; Staudinger/Coing, BGB12, § 80 Rdnr. 18; AK/Ott, BGB, § 80 Rdnr. 2; v. Rotberg, BWStiftG, § 5 Anm. 5; Rittner, Person, S. 36; Ebersbach, Handbuch, S. 56 m. w. Nw. BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160 f. S. außer den Nachgenannten Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 214; Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 2.
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung
Erwägungen,10 als auch aus einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze über fehlerhafte Verbände kraft Staatsaktes11.12 So gesehen ist der für die Entstehung der Stiftung entscheidende Teil des nach § 80 Abs. 1 BGB erforderlichen „Doppelakts“13 die Anerkennung der Stiftung. Die Verfassungsmäßigkeit des Konzessionssystems begegnet keinen Bedenken. Ein der Kontrolle dienendes Verfahren hat das Grundgesetz ausdrücklich nur in Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG (Zensurverbot) untersagt. Allerdings ist ein solches Verfahren immer schon dann unzulässig, wenn ein berechtigtes staatliches Interesse hieran im Verhältnis zu der Gefährlichkeit eines unkontrollierten Tuns nicht besteht. In den Worten des Bundesverfassungsgerichts: „Das Prüfungsverfahren muss der Gefahr angepasst sein, der es begegnen soll.“.14 Auch unter diesem Gesichtspunkt greift jedoch das Anerkennungserfordernis nicht übermäßig in die Stifterfreiheit ein. Es ist insbesondere geeignet, das Entstehen unterkapitalisierter oder sonst untauglicher und daher für den Rechtsverkehr gefährlicher Rechtsträger zu verhindern. Auch die gesetzlichen Versagungsgründe des § 80 Abs. 2 BGB sind verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Begriff der Gemeinwohlgefährdung bedarf allerdings einer verfassungskonformen Auslegung: Die Behörde darf nur gesetzwidrigen Stiftungsvorhaben die Anerkennung versagen.15
A. Formelle Voraussetzungen der Anerkennung I. Formell bedarf es zunächst der Stellung eines Antrags auf Anerkennung der Stiftung (vgl. § 81 Abs. 2 S. 2 und 3, § 83 S. 1 BGB) bei der nach Landesrecht zuständigen16 Behörde des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll, § 80 Abs. 1 BGB. Antragsberechtigt ist der Stifter oder ein von ihm Beauftragter sowie gemäß § 83 S. 1 BGB der Erbe des Stifters oder ein Testamentsvollstrecker. Bei einem Stiftungsgeschäft von Todes wegen bedarf es freilich keines Antrags. Vielmehr hat die Behörde das Anerkennungsverfahren einzuleiten sobald sie von dem Stiftungsgeschäft erfährt.17 Gemäß ___________ 10 Vgl. BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160 f.; Soergel/Neuhof, BGB, § 80 Rdnr. 10; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 30. 11 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 6; K. Schmidt, GR, S. 141, Fn. 17; ders., Stiftungswesen, S. 14 ff. m. w. Nw. 12 Näher auch zu den Rechtsfolgen eines unwirksamen Stiftungsgeschäfts u. § 26 A.I.1.c. 13 Rittner, Person, S. 34 ff. 14 BVerfGE 20, 150, 155. 15 S. o. § 5 C.I.2. 16 S. hierzu die Übersicht von MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 39. 17 MünchKomm/Reuter, BGB, § 83 Rdnr. 12.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
§ 83 S. 1 BGB ist das Nachlassgericht18 nach Kenntniserlangung (§ 2259 BGB) verpflichtet, die Anerkennungsbehörde zu informieren. Dem Antrag bzw. der Anzeige beizufügen sind die für die Errichtung erforderlichen Dokumente. Nach § 80 Abs. 2 i. V. m. § 81 Abs. 1 S. 3 BGB sind das freilich nur das Stiftungsgeschäft und die Stiftungssatzung19. Der verbreiteten Neigung der Behörden alle möglichen weiteren Unterlagen anzufordern, ist die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Recht entgegengetreten.20 Das Verlangen von Nachweisen über die Fähigkeit des Stifters, sein Zuwendungsversprechen zu erfüllen, kann allerdings im Einzelfall sinnvoll, ja geboten sein. II. Mehrere Stifter müssen den Antrag gemeinsam stellen. Haben sich die Stifter gegenseitig zu der Stiftungserrichtung verpflichtet oder das Stiftungsgeschäft durch Vertrag vorgenommen, so dass hierdurch eine Vorgründungsgesellschaft entstanden ist,21 so ergibt sich das bereits aus der Vertretungsregelung der GbR (§ 714 i. V. m. § 709 Abs. 1 BGB). Bei der Errichtung eines Stiftungsgeschäfts durch Gesamtakt ist eine gemeinsame Antragstellung hingegen nur eine Frage der Verfahrensökonomie.22 Die Stifter können die Anerkennung auch unabhängig voneinander beantragen. Allerdings kann die Stiftungsbehörde erst dann die Anerkennung erteilen, wenn ein Antrag von allen Stiftern vorliegt, da andernfalls auch diejenigen Stifter ihres Widerrufsrechts beraubt (§ 81 Abs. 2 S. 1 BGB) und zur Übertragung des der Stiftung zugesicherten Vermögens verpflichtet würden (§ 82 BGB), die keinen Antrag auf Anerkennung gestellt haben. Bei der Antragstellung können sich die Stifter selbstverständlich auch untereinander bevollmächtigen und vertreten. III. Der Anerkennungsantrag kann grundsätzlich bis zur Entscheidung der Behörde zurückgezogen werden. Der Antragsteller ist somit bis dahin nicht an seinen Antrag gebunden. Das ergibt sich zum einen aus der Widerruflichkeit des Stiftungsgeschäfts (§ 81 Abs. 2 S. 2 BGB)23 und zum anderen aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen24. Anders als im Falle des Widerrufs des Stiftungsgeschäfts wird dessen Wirksamkeit durch die Zurücknahme des Anerkennungsantrags nicht berührt.25 Vielmehr hat die ___________ 18 19 20 21 22 23 24 25
Das gilt nach BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, auch für den Nachlasspfleger. Ausnahme: § 81 Abs. 1 S. 4, § 83 S. 2 BGB. Bericht, S. 18 f., 21 ff. S. o. § 4 B.IV.2. A. A. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 236. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 238. S. Knack/Clausen, VwVfG, § 22 Anm. 4.8. H. M., statt anderer Staudinger/Rawert, BGB, § 81 Rdnr. 9; a. A. Ebersbach, Handbuch, S. 58.
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung
Rücknahme des Antrags nur die Einstellung des Anerkennungsverfahrens zur Folge.26 Haben mehrere Stifter das Stiftungsgeschäft gemeinsam vorgenommen, so ist wiederum zu unterscheiden. Ist durch die gegenseitige Verpflichtung zur Stiftungserrichtung oder durch eine vertragliche Vornahme des Stiftungsgeschäfts eine Vorgründungsgesellschaft entstanden, so können die Stifter den Antrag gemäß § 714 i. V. m. § 709 Abs. 1 BGB nur gemeinsam zurücknehmen. Ist das Stiftungsgeschäft dagegen Gesamtakt, so liegt aufgrund der Einheitlichkeit des Verfahrensgegenstandes entsprechend § 62 Abs. 1 Fall 1 ZPO eine prozessual notwendige Streitgenossenschaft vor. Jeder Stifter kann daher seinen Antrag nur unter der Voraussetzung zurückziehen, dass hierdurch nicht die notwendig einheitliche Sachentscheidung berührt wird.27 Das ist jedoch nur dann der Fall, wenn der Stifter zugleich das Stiftungsgeschäft gegenüber der Behörde (§ 81 Abs. 2 S. 2 BGB) widerruft (was nach der hier vertretenen Auffassung nicht gemäß § 139 BGB die Gesamtnichtigkeit des Stiftungsgeschäfts zur Folge hat28); denn andernfalls wäre die Behörde infolge der Rücknahme auch nur eines Antrags aus den vorgenannten Gründen (II.) gehindert, über das Stiftungsvorhaben zu entscheiden.29 IV. Erkennt die Behörde die Stiftung als rechtsfähig an, obwohl es an einem (wirksamen) Antrag fehlt oder der Antrag zurückgenommen wurde, so ist die Anerkennung zwar rechtswidrig und damit durch den Stifter oder seine Erben anfechtbar, aber nicht nichtig.30 Andernfalls hätte das Fehlen eines wirksamen Antrages weiterreichende Folgen als das Fehlen eines wirksamen Stiftungsgeschäfts.
___________ 26 27 28 29
Vgl. Knack/Clausen, VwVfG, § 9 Anm. 5.5.2. Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 9 Rdnr. 36. S. o. § 4 B.IV.3. Nach herrschender Meinung führt dagegen die Rücknahme des Antrags eines Stifters zur Unwirksamkeit des gesamten Antrags, Staudinger/Rawert, BGB, § 81 Rdnr. 10; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 81 Rdnr. 17. Widerruft der Stifter zugleich das Stiftungsgeschäft, so ist nach dieser Ansicht überdies gemäß § 139 BGB im Zweifel dessen Gesamtnichtigkeit anzunehmen. Das würde die übrigen Stifter jedoch nicht hindern, das Stiftungsgeschäft – ggf. aus Anlass einer entsprechenden Aufforderung der Anerkennungsbehörde – dieser gegenüber (§ 81 Abs. 2 S. 2 BGB analog) schriftlich (§ 81 Abs. 1 BGB) zu bestätigen (§ 141 BGB) und damit in dem sie betreffenden Teil aufrechtzuerhalten, vgl. Soergel/Hefermehl, BGB, § 141 Rdnr. 4. 30 Zutr. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 41; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 282; a. A. VGH Kassel, DÖV 1968, 809; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 34.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
B. Materielle Voraussetzungen der Anerkennung Die materiellen Anforderungen an die Anerkennung einer Stiftung sind nunmehr bundeseinheitlich abschließend in § 80 Abs. 2 i. V. m. § 81 Abs. 1 BGB geregelt. Sie stimmen mit den in den Landesstiftungsgesetzen bisher vorgesehenen Mindestanforderungen für die Erteilung einer Stiftungsgenehmigung weitgehend überein. Entgegenstehende bzw. weitergehende Bestimmungen der Landesstiftungsgesetze31 sind gemäß Art. 31 bzw. 72 Abs. 1 GG ungültig und dementsprechend zu ändern. Nach § 80 Abs. 2 BGB sind folgende drei Voraussetzungen von der Anerkennungsbehörde zu prüfen: – Erstens muss das Stiftungsgeschäft formell (§ 81 Abs. 1 S. 1 BGB) und materiell (§§ 105 ff., 116 ff., 134, 138 BGB) wirksam sein und inhaltlich den Anforderungen des § 81 Abs. 1 S. 2 bis 4 BGB genügen (dazu bereits o. § 4 A.I.1 und 2). – Zweitens muss der Stiftungszweck gesetzeskonform sein (dazu o. § 5 B. und C.). – Und drittens muss die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheinen. Nur dieser zuletzt genannten Voraussetzung bleibt somit im Folgenden noch nachzugehen.
C. Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks Mit dem Erfordernis der Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks ist eine angemessene Relation zwischen Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation angesprochen:32 Einzelfallbezogen zu prüfen sind die im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung getroffenen Bestimmungen und Vorkehrungen. Das Grundstockvermögen muss ausreichen, um den Stiftungszweck zeitlich nicht nur vorübergehend und der Sache nach nicht nur ganz unbedeutend33 ___________ 31 Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 8. 32 Vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 8 f., 11. 33 Zwar ist „nachhaltig“ nicht i. S. v. „besonders intensiv“ oder „wirkungsvoll“, sondern i. S. v. „anhaltend“ oder „fortwährend“ zu verstehen, s. Rechtsausschuss, BT-Drs. 144/8894, S. 10, sowie etwa Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 13. Daran fehlt es jedoch, wenn die Vermögensausstattung derart gering ist, dass die Stiftung
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung
zu fördern. Materiell unterkapitalisierte34 Stiftungen sind danach nicht anerkennungsfähig.35 Grund dafür ist neben dem Verkehrs- und Gläubigerschutz der Gedanke, dass Stiftungen aufgrund ihrer Mitgliederlosigkeit über keine originären personellen Mittel verfügen und daher ein gesteigertes Bedürfnis nach materiellen Mitteln haben, um ihre Zwecke verfolgen zu können.36 Erforderlich ist ferner eine im Verhältnis zum Stiftungszweck und Stiftungsvermögen angemessene Stiftungsorganisation.37 Zwar ist es – wie die Begründung des Regierungsentwurfs ausdrücklich klarstellt – in erster Linie Sache des Stifters, die Organisationsverfassung der Stiftung festzulegen.38 Die Behörde soll den Stifter hierbei lediglich beraten, darf jedoch nicht ihre Vorstellungen durchsetzen. Auch die Stiftungsorganisation muss aber die Gewähr für eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks bieten. Zweifelhaft ist jedoch dreierlei, nämlich erstens (I.), ob und inwieweit der Anerkennungsbehörde im Blick auf die Erfüllung dieser Voraussetzung ein Beurteilungsspielraum zukommt,39 zweitens (II.), welche Anforderungen im Einzelnen an das Zuwendungsversprechen zu stellen sind, insbesondere ob das benötigte Vermögen bereits zum Zeitpunkt der Anerkennung vollständig vorhanden sein muss (Problem der sog. Vorrats-, Sammel- und Einkom___________
34 35
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38 39
immer wieder gezwungen sein wird, ihre Erträge zu thesaurieren, um ihren Zweck zu fördern. Insofern kommt diesem Merkmal gegenüber dem der Dauer entgegen Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 55, sehr wohl eigenständige Bedeutung zu. Zum Begriff s. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, Anh. § 30 Rdnr. 16. Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 12; vgl. ferner VG Minden, StiftRspr. IV., S. 83 ff. Nicht anerkennungsfähig sind allerdings auch – was freilich selten vorkommen dürfte – materiell überkapitalisierte Stiftungen, also Stiftungen deren Kapitalausstattung im Verhältnis zu ihrem Zweck zu groß ist; denn dies verstieße gegen das Verbot von Selbstzweckstiftungen, s. o. § 5 V. Entsteht nachträglich eine materielle Überkapitalisierung, ist in analoger Anwendung des § 87 Abs. 1 BGB entweder der Stiftungszweck zu erweitern (so noch ausdrücklich § 22 RPStiftG a. F.) oder eine „Teilauflösung“ mit Ausschüttung des überflüssigen Teils des Stiftungsvermögens an den Anfallberechtigten vorzunehmen (näher u. § 18 B.II.). Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 17. A. A. Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 55, weil die Anerkennungsentscheidung andernfalls mit kaum justitiablen Prognosen belastet und das gesetzgeberische Ziel eines Anspruchs auf Anerkennung vereitelt werden könnte. In der Tat ist diese Gefahr nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Indes kann eine völlig sinnwidrige, widersprüchliche oder unklare Organisationsverfassung die Stiftung ebenso an einer dauernden Zweckverfolgung hindern (z. B. durch Selbstblockade) wie Finanznot. Begr. RegE., BT-Drs. 14/8765, S. 10, 11. Dagegen Andrick, ZSt 2003, 3, 13.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
mensstiftungen) und drittens (III.), welche Anforderungen die Organisationsverfassung erfüllen muss.
I. Zur Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe Das Erfordernis der Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks verlangt „die Beurteilung und Wertung eines gegebenen Sachverhalts“40. Nach einer verbreiteten Lehre ermächtigt der Gesetzgeber durch die Verwendung solcher unbestimmten Rechtsbegriffe die Verwaltung zu einer eigenverantwortlichen, gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Entscheidung. Die Verwaltung habe in derartigen Fällen einen gerichtsfreien Beurteilungsspielraum.41 Demgegenüber geht die Rechtsprechung davon aus, dass auch die Anwendung und Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe grundsätzlich uneingeschränkt gerichtlicher Kontrolle unterliegt.42 Eine Ausnahme ist nur in einer Reihe von Fallgruppen anerkannt, deren praktisch häufigste Prüfungs- und prüfungsähnliche Entscheidungen (Versetzung, Abitur, Examina) sowie beamtenrechtliche Beurteilungen sind, zu denen aber auch sog. Prognoseentscheidungen gehören.43 Um eine solche Prognoseentscheidung handelt es sich vorliegend,44 da die Frage, ob eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint, eine Vorhersage über künftige Entwicklungen voraussetzt. Das verdeutlicht auch der Wortlaut des § 80 Abs. 2 BGB, wonach es ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass die Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert „erscheint“. Dazu heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs: „Mit der Formulierung ‚gesichert erscheint‘ wird klargestellt, dass zum Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig nicht definitiv für die Zukunft der auf Dauer errichteten Stiftung festgestellt werden kann, dass die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks tatsächlich gesichert ist. Im Anerkennungsverfahren ist allein eine Prognoseentscheidung möglich.“45 Im Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist jedoch die Anerkennung eines gerichtsfreien Beurteilungsspielraums bedenklich. Sie führt, wie zahlreiche Urteile zu Prüfungsentscheidungen verdeutlichen, allzu leicht zu schematischen, einer Rechtsverweigerung gleichkommenden Urteilen. Zu Recht hat daher ___________ 40 41 42 43
Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40 Rdnr. 4. Grundlegend Bachof, JZ 1955, 97 ff. S. nur BVerwGE 15, 207, 208; 94, 307. S. Maurer, VerwR AT, § 7 Rdnr. 37 ff.; Andrick/Suerbaum, Aufsicht, § 9 Rdnr. 82, jew. m. w. Nw. 44 Statt anderer Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, Schwarz, ZEV 2003, 306, 312. 45 Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 9; Rechtsausschuss, BT-Drs. 14/8894, S. 10.
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung
das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein „begrenzter Entscheidungsfreiraum“ allein dort in Betracht kommt, wo „ein Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung … an die Funktionsgrenze der Rechtsprechung stößt“.46 Das aber ist nur insoweit anzunehmen, als die Entscheidung nach dem Gesetz wie bei Prüfungen jenseits von nachprüfbaren und nachzuprüfenden sachlichen Fragen persönliche „Einschätzungen und Erfahrungen“47 oder wie bei Prognosen „Elemente wertender Erkenntnis“48, also unvermeidbar subjektive Werturteile enthält, bei denen das Gericht seine Beurteilung an die Stelle der behördlichen Bewertung setzen müsste49; denn in diesem Fall verstieße das Gericht gegen die grundgesetzlich vorgegebene Kompetenzverteilung50. Allerdings ist der Gesetzgeber frei – wie in jüngeren Gesetzen geschehen51 – unbestimmte Rechtsbegriffe mit dem ausdrücklichen Ziel zu verwenden, der Verwaltung einen ermessensgleichen52 Entscheidungsspielraum einzuräumen.53 Das ergibt sich bereits daraus, dass – obgleich dogmatisch streng zu unterscheiden – die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe auf der Tatbestandsseite eine austauschbare Regelungstechnik gegenüber einer grundsätzlich nicht zu beanstandenden Einräumung behördlichen Ermessens auf der Rechtsfolgenseite einer Norm sein kann.54 Vorliegend ist dies indes ersichtlich nicht intendiert, da der Gesetzgeber die Stiftungsanerkennung ausdrücklich als gebundene Entscheidung konzipiert hat.55 Die Prognoseentscheidung darf daher nicht dazu missbraucht werden, den gesetzlichen Anspruch auf Anerkennung der Stiftung zu unterlaufen oder durch diese Hintertür eine Zulässigkeitsprüfung zulasten bestimmter Stiftungszwecke wieder einzuführen. Rechtswidrig wäre es daher die gesetzlich gewollte Zulässigkeit von Unternehmensstiftungen mit dem Argument zu konterkarieren, dass das Eingehen von unternehmerischen Risiken zulasten des Stiftungsvermögens generell einer dauernden und nachhaltigen Gewährleistung der Zweckverfolgung ausschließe.56 ___________ 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56
BVerfGE 84, 34, 50. BVerfGE 84, 34, 51. BVerfGE 88, 40, 61. BVerfGE 88, 40, 57. BVerfGE 88, 40, 61. Vgl. OVG Lüneburg, DVBl 1991, 1004, 1005; zu den Möglichkeiten de lege ferenda Redeker, DÖV 1993, 10 ff. Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40 Rdnr. 71 ff. m. w. Nw. BVerfGE 88, 40, 56. Vgl. das Beispiel von Maurer, VerwR AT, § 7 Rdnr. 51. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 8; gleichwohl a. A. Peiker, ZSt 2003, 47, 48. Schwarz, ZEV 2003, 306, 312 f.
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Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass der Behörde hinsichtlich der Frage, ob eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint, nur insoweit ein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zukommt, als ihre Entscheidung unvermeidbar subjektive Bewertungen enthält. Das ist indes allenfalls im Grenz-, nicht im Normalfall anzunehmen.57 Im Einzelnen:
II. Anforderungen an die Vermögensausstattung 1. Allgemeine Anforderungen Bei der Entscheidung, ob eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint, ist von den erfahrungsgemäß bestehenden durchschnittlichen Ertragsaussichten des der Stiftung versprochenen Vermögens auszugehen. Unvorhersehbare wirtschaftliche und politische Entwicklungen wie ein übermäßiges Ansteigen der Inflation, außergewöhnliche Konjunktureinbrüche oder Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen sind außer Betracht zu lassen.58 Ist danach das Stiftungsvorhaben wirtschaftlich tragfähig und reichen die der Stiftung zur Verfügung stehenden Mittel aus, um den angestrebten Stiftungszweck nicht nur vorübergehend zu verfolgen, so ist es anerkennungsfähig. Fraglich ist allerdings, ob bei dieser Beurteilung allein auf die zu erwartenden Stiftungserträge oder auch auf das Stiftungsvermögen abzustellen ist. Dafür allein auf die Stiftungserträge abzustellen, könnte der allgemeine, in den Landesstiftungsgesetzen niedergelegte Grundsatz sprechen, dass das Stiftungskapital ungeschmälert zu erhalten ist, insbesondere grundsätzlich nicht zur Zweckerfüllung angegriffen oder verzehrt werden darf, sondern hierfür allein die Stiftungserträge zu verwenden sind. Indes kann die Stiftungssatzung hiervon Ausnahmen zulassen.59 Der Bestand der Stiftung muss ___________ 57 Im Ergebnis ähnlich MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 65, §§ 80, 81 Rdnr. 44, wonach die Behörde der Stiftung die Anerkennung nur dann mangels „Lebensfähigkeit“ versagen darf, wenn der gegenteilige Standpunkt unvertretbar ist. Nach Reuter soll die Behörde keinen eigenen Prognosespielraum haben, sondern lediglich in Grenzfällen die Prognose des Stifters überprüfen dürfen, wobei diese Prüfung gerichtlich voll nachprüfbar sei. Gegen jeden Beurteilungsspielraum Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 4; Erman/O. Werner, BGB, § 80 Rdnr. 9. 58 S. auch Kronke, Stiftungstypus, S. 88. 59 S. Art. 11 Abs. 1 S. 1, 13 BayStiftG, §§ 7 Abs. 2 S. 1 BWStiftG, 3 BlnStiftG, 7 BreStiftG, 4 Abs. 2, 3 HbgStiftG, 6 HeSiftG, 9 Abs. 1 MVStiftG, 6 Abs. 1, 2 NdsStiftG, 4 Abs. 2, 3 NRWStiftG, 7 Abs. 2, 3 RPStiftG, 6 SaarStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 4 Abs. 2, 3 SHStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 ThStiftG; näher u. § 17 C.II.
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allerdings auch in diesem Fall für eine angemessene Zeit gewährleistet sein.60 Darüber hinaus besteht grundsätzlich, d. h. wenn sich aus der Stiftungssatzung nichts anderes ergibt, die Möglichkeit, dass die Stiftung gering rentierende Vermögenswerte veräußert und gewinnbringender anlegt.61 Auch dies hat die Behörde daher bei ihrer Beurteilung zu berücksichtigen. Zudem kann es insbesondere bei Anstaltsstiftungen nicht allein auf die Höhe der Stiftungserträge ankommen, da deren Vermögen ja unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung dient. Freilich müssen auch in diesem Fall die Stiftungserträge ausreichen, um die Anstalt, also etwa das Krankenhaus, zu unterhalten. Bei solchen Stiftungen, deren Vermögen in erster Linie aus einem Unternehmen besteht, ist zudem die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu prüfen. Das Unternehmen muss wirtschaftlich so „gesund“ sein, dass unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Risiken eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet erscheint.62 Dient das Unternehmen unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung, muss zudem sichergestellt sein, dass die Stiftung einen rechtlich abgesicherten beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen hat. Soll das Unternehmen bloße Dotationsquelle sein, kommt es darauf an, ob das Unternehmen zuverlässig Gewinn erwirtschaftet, ob sichergestellt ist, dass die Stiftung an diesen Gewinnen – und sei es auch nur geringfügig63 – partizipiert und ob die zu erwartenden Ausschüttungen für eine dauerhafte und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks ausreichen. Selbst wenn das Unternehmen bloße Dotationsquelle ist, wird sich die Stiftung freilich an der Finanzierung des Unternehmens durch Verzicht auf Vollausschüttungen beteiligen müssen, will sie sich nicht ihre Quelle abgraben.64 Auch dies ist bei der Entscheidung der Behörde zu berücksichtigen, ebenso wie etwaige Anordnungen des Stifters über die Vermögensverwaltung65. Erforderlich ist somit in jedem Einzelfall eine Gesamtbetrachtung von Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation sowie zu erwartenden Stiftungserträgen und etwaigen Risiken. Eine generelle Anlehnung an § 5 Abs. 1 GmbHG verbietet sich daher ebenso wie jede andere Pauscha___________ 60 Vgl. §§ 80 Abs. 2 BGB, 7 Abs. 2 S. 1 BWStiftG, 7 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 HeStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 NdsStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG. 61 S. u. § 20 A.IV. 62 Vgl. Schwarz, ZEV 2003, 306, 312 f. 63 Darin mag man mit Reuter, NZG 2005, 649, 653, ein steuerliches Problem sehen, ein stiftungsrechtliches ist es nicht. 64 Näher u. § 20 C. 65 Näher u. § 20 A.III.
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lierung. Mithin zu Unrecht wurde in einigen Bundesländern bei Kapitalstiftungen in jedem Fall eine Mindestausstattung im Gegenwert von 50.000,– DM,66 100.000,–67, 300.000,– oder gar 500.000,– DM68 verlangt. Ein in dieser Weise begründeter Versagungsbescheid wäre fehlerhaft. Vielmehr sind selbst Stiftungen mit einem Stiftungskapital von weniger als 25.000,– Euro anerkennungsfähig, wenn der Stiftungszweck und die Stiftungsorganisation entsprechend unaufwendig sind.69 Dabei ist es freilich Sache des Stifters, auf eine dem Zuwendungsversprechen angemessene Formulierung des Stiftungszwecks zu achten. So bedarf etwa der Stiftungszweck „Förderung der Krebsforschung“ weniger Mittel als der Stiftungszweck „Krebsforschung“, weil letzterer intendiert, dass die Stiftung selbst Krebsforschung betreibt, was naturgemäß aufwendiger ist als eine solche Forschung lediglich zu fördern. Hierzu reichen nämlich beispielsweise bereits Zuwendungen an entsprechende Institutionen aus. 2. Sammel-, Einkommens- und Vorratsstiftungen Vor diesem Hintergrund zweifelhaft ist die Anerkennungsfähigkeit von sog. Sammel-, Einkommens- und Vorratsstiftungen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie ihre Tätigkeit mit nur einem geringen Anfangsvermögen aufnehmen sollen. Sammelstiftungen sind sodann darauf gerichtet, um Zuwendungen (Zustiftungen und Zuschüsse) zu werben. Bei Vorrats- und Einkommensstiftungen stellt der Stifter dagegen selbst solche Zuwendungen in Aussicht, und zwar im Falle der Vorratsstiftung eine Zustiftung (typischerweise mit seinem Tode), im Falle der Einkommensstiftung laufende Zuschüsse. Unstreitig anerkennungsfähig sind solche Stiftungen, wenn bereits das Anfangsvermögen eine nicht nur ganz unbedeutende Zweckverfolgung – wenn auch nicht in dem letztlich geplanten Umfang – gewährleistet.70 Unstreitig ___________ 66 1.2.2. NdsAusfRiliStiftG a. F. 67 So die Praxis in Hamburg, Thomsen, Autonomie, S. 21 Fn. 105; nach Rawert, JbFfSt 2000/2001, 553, 556 hatten Stiftungen mit einem Grundstockvermögen von weniger als 80.000 bis 100.000 DM kaum Aussicht auf Genehmigung. 68 Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 14d. 69 Ebenso Erman/O. Werner, BGB, § 80 Rdnr. 11 mit dem Beispiel einer Stiftung, deren Zweck die Verleihung eines undotierten Preises ist; wie hier auch Andrick/Suerbaum, Aufsicht, Nachtrag § 11, S. 9; Lehmann, SHStiftG, § 2 Anm. 6; Kronke, Stiftungstypus, S. 39–41; ders., StiftRspr. IV, S. 89 f. A. A. aber Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 5, § 81 Rdnr. 4 (min. 50.000 €); Neuhoff, wie vor, will solche Zwergstiftungen auf die nicht rechtsfähige Stiftung verwiesen wissen. Dies ist jedoch in vielerlei Hinsicht keine gleichwertige Alternative. 70 Statt aller VG Minden, StiftRspr. IV, S. 83, 86; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 19; Backert, ZSt 2003, 129, 130 f., jew. m. w. Nw.
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ist ferner, dass nicht alle Mittel, die zu einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks erforderlich sind, von dem Stifter selbst aufgebracht und der Stiftung von Anfang an zur Verfügung gestellt werden müssen.71 Hieraus zieht eine verbreitete Auffassung den Schluss, dass eine Stiftung bereits dann anerkennungsfähig ist, wenn bei der Stiftungserrichtung der Erwerb der für eine dauernde und nachhaltige Zweckverfolgung erforderlichen Mittel hinreichend wahrscheinlich ist.72 Nach anderer Ansicht muss dagegen ein Rechtsanspruch auf Erwerb der für eine dauernde und nachhaltige Zweckverfolgung erforderlichen Mittel bestehen.73 Das ist freilich keine Frage der Stiftungsautonomie.74 Vielmehr spricht für diese Ansicht der Wortlaut des § 80 Abs. 2 BGB, wonach eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht bloß möglich oder wahrscheinlich, sondern „gesichert“ erscheinen muss. Sinn und Zweck dieses Erfordernisses ist es insbesondere, dem Entstehen von materiell unterkapitalisierten Stiftungen vorzubeugen. Reicht aber das Grundstockvermögen nicht aus, um eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks zu gewährleisten und besteht kein Rechtsanspruch auf Erwerb der hierfür zusätzlich erforderlichen Mittel, dann würde die Stiftung nicht nur mit der Unsicherheit künftiger Leistungsfähigkeit, sondern auch mit der Unsicherheit künftiger Leistungswilligkeit des Stifters belastet. Diese zweite Ansicht ist daher grundsätzlich vorzuziehen. Einkommensstiftungen der öffentlichen Hand, deren Finanzierung unter Haushaltsvorbehalt steht, sind mithin nur dann anerkennungsfähig, wenn bereits ihr Grundstockvermögen für eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks ausreicht.75 Und bei Vorratsstiftungen ist entweder die Abgabe eines aufschiebend befristeten Zuwendungsversprechens oder der Abschluss eines die ___________ 71 So bereits Staudinger/Coing, BGB12, Vor § 80 Rdnr. 1. 72 Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 8 f.; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 56; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 11; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 12; Flume, jP, S. 140 f. 73 So Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 14c; Stengel, HeStiftG, § 3 Anm. 3.2.; Wochner, MittRhNotK 1994, 89, 100; unklar v. Rotberg, BWStiftG, § 6 Anm. 2d; vgl. auch § 7 Abs. 1 lit. b RPStiftG a. F., wonach weitere ausreichende Zuwendungen „mit Sicherheit“ zu erwarten sein mussten. 74 So aber Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 19 u. 20; Härtel, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 117; zur Stiftungsautonomie näher u. § 13.A.II.2.d. 75 Vgl. Thomsen, Autonomie, S. 24 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 12; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 56; a. A. v. Rotberg, BWStiftG, § 6 Anm. 2d. Teilweise wird die staatliche Errichtung von Stiftungen allerdings ohnehin als verfassungswidrig angesehen, so Muscheler, ZSt 2003, 67, 69 ff.; Fiedler, ZSt 2003, 191 ff.; vorsichtiger Kilian, ZSt 2003, 179 ff.; Schulte in: NPLYB 2001, S. 127 ff.
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Stiftung begünstigenden Erbvertrags erforderlich.76 Bloße Absichtserklärungen des Stifters reichen jedenfalls nicht aus.77 Allerdings heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs: „Im Hinblick auf die dauerhafte Existenz von Stiftungen kann … nicht nur die Vermögensausstattung zum Zeitpunkt der anstehenden behördlichen Anerkennung als rechtsfähig maßgeblich sein. Vielmehr muss auch in die Prüfung einbezogen werden, ob weitere ausreichende Zustiftungen bzw. Zuwendungen mit einer gewissen Sicherheit zu erwarten sind. Das kann beispielsweise bei Bürgerstiftungen eine Rolle spielen, die mit der anfänglichen Vermögensausstattung den Stiftungszweck möglicherweise nicht vollständig verwirklichen könnten, aber durch Zustiftungen und durch für den zeitnahen Verbrauch bestimmten Zuwendungen zu einem späteren Zeitpunkt dem Stiftungszweck insgesamt nachkommen können. Nicht hinnehmbar wäre jedoch eine solche Unterkapitalisierung, die der Lebensfähigkeit der Stiftung von vornherein entgegenstehen würde.“78 In der Tat wird man bei Sammelstiftungen von dem Erfordernis eines Rechtsanspruchs auf Erwerb der zusätzlich erforderlichen Mittel absehen können, wenn etwa aufgrund der Prominenz der Stifters oder der Popularität des Stiftungszwecks ein ausreichend hohes Aufkommen an Zustiftungen und Zuwendungen gesichert erscheint.79 In jedem Fall muss aber das Anfangsvermögen zumindest ausreichen, um den Verwaltungsaufwand der Stiftung zu decken. Das wird nicht immer hinreichend deutlich. Die Stiftung muss wenigstens in der Lage sein, die eigentliche Zweckverfolgung vorbereitende Tätigkeiten (z. B. Mittelwerbung) aufzunehmen.80 Zudem muss die Satzung in solchen Fällen bestimmen, welchen von mehreren (Teil-)Zwecken die Stiftung vorrangig verfolgen soll.81 Zweifelhaft ist schließlich die Zulässigkeit von Stiftungen, die zunächst ihre Erträge bis zum Erreichen eines bestimmten Stiftungskapitals oder für eine bestimmte Frist ansammeln und erst hernach mit der Verfolgung ihres Stiftungszwecks beginnen sollen. Bei solchen Gestaltungen ist zunächst zu prüfen, ob bereits das ursprüngliche Grundstockvermögen ausreicht, um eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks zu gewährleisten ___________ 76 77 78 79 80 81
Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 14c. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 12. Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 8 f. Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 25. Vgl. VG Minden, StiftRspr. IV, S. 83, 87 f.; a. A. wohl Flume, jP, S. 141. S. Backert, ZSt 2003, 129, 130 f.; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 103; s. auch o. § 5 bei Fn. 54.
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung
oder ob es hierfür der geplanten Thesaurierung bedarf. Im zweiten Fall ist sodann zu überlegen, ob es gesichert erscheint, dass die erforderliche Mehrung des Stiftungskapitals (auch unter Berücksichtigung der steuerlichen Behandlung der Erträge sowie des fortschreitenden Kaufkraftverlustes) gelingt. Schließlich muss, wenn die Stiftung in der Thesaurierungsphase keinen anderen Zweck verfolgt, die Thesaurierungsphase zeitlich begrenzt sein,82 da andernfalls auch ein Verstoß gegen das Verbot von Selbstzweckstiftungen83 vorliegt.84 3. Verbrauchsstiftungen Nach herrschender Ansicht anerkennungsfähig sind auch sog. Verbrauchsstiftungen, bei denen nicht nur die Erträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks eingesetzt werden, sondern entgegen dem Grundsatz einer ungeschmälerten Erhaltung des Stiftungskapitals85 auch dieses selbst verausgabt werden darf.86 Nun ist zwar unverkennbar, dass dieser stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgrundsatz Ausnahmen zulässt und in einem gewissen
___________ 82 Hüttemann, FS Flume 90, S. 59, 88, hält eine über 20 Jahre anhaltende Thesaurierung für zulässig. Das erscheint jedoch angesichts der erforderlichen Prognoseentscheidung zu lang; denn wie soll die Behörde beurteilen, ob die Stiftung in 20 Jahren, wenn mit der Erfüllung des Stiftungszwecks begonnen werden soll, hierzu (noch) dauerhaft und nachhaltig in der Lage sein wird. So gesehen darf die Thesaurierungsphase höchstens 5 Jahre dauern. Die steuerliche Grenze beträgt zwei Jahre, § 58 Nr. 12 AO. Gegen jede Vollthesaurierung ebenso Reuter in: NPLYB 2002, 157, 163. 83 Dazu o. § 5 C.VI. 84 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 23, meint, derartige Gestaltungen verstießen stets gegen das Verbot von Selbstzweckstiftungen. Dabei verkennt er jedoch, dass die zeitlich begrenzte Vermögensansammlung kein Selbstzweck, sondern auf die spätere Verwirklichung des Stiftungszwecks gerichtet ist. Insofern besteht kein Unterschied zu Sammelstiftungen. Zudem kann auch sonst während des Bestehens einer Stiftung die Notwendigkeit entstehen, die Erträge zur Stärkung des Stiftungsvermögens über eine gewisse Zeit hinweg ganz oder teilweise anzusammeln; s. dazu u. § 17 C.I.3. und § 18 A.I. 85 Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayStiftG, §§ 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BWStiftG, 3 S. 1, BlnStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 4 Abs. 2 S. 2 HbgStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 HeSiftG, 9 Abs. 1 S. 1 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 4 Abs. 2 S. 1, NRWStiftG, 7 Abs. 1 S. 1, RPStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 SHStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 ThStiftG. Nur Brandenburg hat im Anschluss an Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2021, 2022, auf eine Kodifizierung dieses Grundsatzes verzichtet, s. dazu u. § 17 mit Fn. 91. 86 Vgl. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 41; ausf. Lutter in: NPLYB 2004, S. 43 ff. m. w. Nw.; a. A. aber Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 24.
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Maße zur Disposition des Stifters steht.87 Unverkennbar ist jedoch auch, dass dieser Grundsatz Konsequenz des Erfordernisses einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks ist. M. a. W. stehen Verbrauchsstiftungen in einem Spannungsverhältnis zu den zwingenden Anforderungen des § 80 Abs. 2 BGB. Ist nämlich der Verbrauch des Stiftungskapitals gestattet, dann ist eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gerade nicht gesichert. Verbrauchsstiftungen sind daher richtigerweise nur ausnahmsweise unter vier einschränkenden Voraussetzungen anerkennungsfähig: Erstens muss der Stiftungszweck so beschaffen sein, dass der Stifterwille nur durch einen vollständigen Verzehr des Stiftungskapitals optimal verwirklicht werden kann. Verbrauchsstiftungen sind daher nur bei zeitlich begrenzten Stiftungszwecken anerkennungsfähig wie etwa der Instandsetzung eines Baudenkmals oder der Unterstützung der Opfer einer bestimmten Naturkatastrophe. Bei solchen zeitlich begrenzten Stiftungszwecken würde es nämlich dem Stifterwillen widersprechen, wenn nicht möglichst alle Mittel der Stiftung auf den Stiftungszwecks verwandt würden, sondern erhebliche Vermögenswerte übrig blieben, die dann nach der Auflösung der Stiftung dem Anfallberechtigten statt dem Stiftungszweck zugute kämen.88 Zweitens muss das der Stiftung in Aussicht gestellte Grundstockvermögen groß genug sein, um den Stiftungszweck nicht nur geringfügig und nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig über eine gewisse Dauer hinweg (idealer-, aber nicht notwendigerweise bis zur vollständigen Erfüllung des Stiftungszwecks) zu fördern. Drittens müssen in der Satzung Vorkehrungen getroffen sein, die einem kurzfristigen und übermäßigen Verbrauch des Stiftungsvermögens entgegenwirken, damit der Bestand der Stiftung für eine angemessene Zeit gewährleistet ist. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass der Stifter den Betrag bestimmt, der jährlich aus dem Stiftungsvermögen entnommen werden darf.89 ___________ 87 Deutlich: §§ 7 Abs. 2 S. 1 BWStiftG, 3 S. 2 BlnStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 HbgStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 NRWStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 RPStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SaStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SAStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 SHStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ThStiftG; vgl. ferner §§ 7 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 6 S. 2 HeStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 NdsStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG; aus der Lit. Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2021, 2022. A. A. Begr. RegE zum NdsStiftG, LT-Drs. 15/1129, S. 6; Backert, ZIP 2003, 284, 285; Carstensen, ZIP 2003, 286 f. Näher dazu u. § 17 C.II. 88 Dahingehend auch Lutter in: NPLYB 2004, S. 43, 49, 50, 52. 89 So Backert, ZIP 2003, 284, 285, der dies allerdings wohl für die einzige Möglichkeit hält.
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Doch wird man es auch als ausreichend anzusehen haben, wenn die Satzung einen Zeitraum angibt (z. B. 5 bis 10 Jahre), während dessen die Stiftung ihren Zweck erfüllen soll. Ist weder das eine noch das andere möglich, weil ungewiss ist, wie lange der Stiftungszweck zu erfüllen ist (etwa bei einer Stiftung zugunsten eines lebenden Künstlers), dann ist ein unabhängiges90 Kontrollorgan vorzusehen, das über eine sachgerechte Verteilung der Mittel während des voraussichtlichen Bestehens der Stiftung wacht. Schließlich ist viertens darauf zu achten, dass die gläubigerschützenden Liquidationsvorschriften (insbes. § 88 S. 3 i. V. m. §§ 50–52 BGB) eingehalten werden. Sowenig das Stiftungsvermögen an die Anfallberechtigten ausgekehrt werden darf, bevor nicht ein Liquidationsverfahren durchgeführt wurde,91 so wenig darf das Stiftungsvermögen vollständig verbraucht und damit ein Liquidationsverfahren entbehrlich gemacht92 werden. Eine Liquidation „auf kaltem Weg“ ist generell unzulässig, weil damit die gläubigerschützenden Vorschriften des Liquidations- bzw. Insolvenzverfahrens umgangen würden.93 Vorzusehen ist daher eine Bestimmung folgenden oder ähnlichen Inhalts: „Ist der Stiftungszweck erreicht oder seine Verfolgung unmöglich geworden oder decken die Stiftungserträge nicht mehr den Verwaltungsaufwand der Stiftung oder sinkt das Stiftungsvermögen auf 10.000,– Euro ab, so haben die zuständigen Stiftungsorgane die Auflösung der Stiftung zu beschließen.“ Statt Anfallberechtigte zu bestimmen, kann es dann – um dem Gedanken der Verbrauchstiftung möglichst weitgehend gerecht zu werden – weiter heißen:94 „Nach Durchführung des Liquidationsverfahrens bestimmen die zuständigen Stiftungsorgane entsprechend dem Stiftungszweck an wen das restliche Stiftungsvermögen anfallen soll.“ Wegen Verstoßes gegen § 88 S. 3 i. V. m. §§ 46–53 BGB unwirksam wären hingegen Bestimmungen wie sie Lutter vorgeschlagen hat, nämlich:95 ___________ 90 Namentlich darf den Destinatären kein maßgeblicher Einfluss auf die Mittelverteilung eingeräumt werden, um ein kurzfristiges „Ausplündern“ der Stiftung zu verhindern. 91 Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 727. 92 S. u. § 27 A.I. 93 S. M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindung im GmbH-Recht, 1988, 203 ff.; ders., ZGR 1994, 570, 585 ff.; Röhricht, FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 83, 101, 103. 94 Zur Zulässigkeit der Bestimmung der Anfallberechtigten durch Stiftungsorgane s. u. § 27 C. 95 Lutter in: NPLYB 2004, S. 43, 50, 51.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
„Hat sich der Stiftungszweck erledigt, so ist das restliche Vermögen …. zu verbrauchen und die Stiftung sodann aufzuheben“. Oder: „Nähert sich der Stiftungszweck seiner Erledigung, so ist das Stiftungsvermögen insgesamt zur restlichen Zweckerfüllung einzusetzen. Nach seinem vollständigen Verbrauch ist die Stiftung aufzuheben.“ Und schließlich: „Erlauben die Erträge des Stiftungsvermögens erkennbar keine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks mehr, so stellen die Stiftungsorgane das durch entsprechenden Beschluss fest, den sie der Stiftungsaufsicht mitteilen. Sie sind dann berechtigt, das Stiftungsvermögen dem Stiftungszweck entsprechend zu verbrauchen.“ All diese Bestimmungen stellen das Verhältnis von Auflösung und Liquidation auf den Kopf und erlauben – scheinbar – eine kalte Liquidation. Entgegen Lutter können derartige Satzungsbestimmungen daher auch nicht nachträglich eingeführt werden.96 Bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse erlauben allerdings die meisten Landesstiftungsgesetze, eine Auflösung der Stiftung zu beschließen.97 Und allenfalls unter diesen Voraussetzungen können sich die Stiftungsorgane durch Satzungsänderung über den statutarisch bestimmten Anfallberechtigten hinwegsetzen.98 Im Grunde ist dies, wenn der Stifter nichts anderes bestimmt hat, nur denkbar, wenn die Anfallsberechtigung ein höchstpersönliches Recht ist und der Anfallberechtigte (z. B. durch Tod oder weil er ausschlägt) ausfällt.
III. Anforderungen an die Organisationsverfassung Die gesetzliche Regel- und Minimalverfassung der Stiftung ist denkbar „schlank“. Danach verfügt die Stiftung lediglich über einen Alleinvorstand (§ 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 2 BGB). Begnügt sich der Stifter hiermit, so muss er gemäß § 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BGB in der Stiftungssatzung lediglich angeben, welche Person dies sein oder wer diese Person bestellen soll. Mehr ist nicht erforderlich, da sich alles weitere aus dem Gesetz ergibt.99 Und „alles, was nicht für den Bestand der juristischen Person unverzichtbar ist, muss der privatautonomen Entscheidung des Stifters überlassen bleiben“.100 ___________ 96 97 98 99
Lutter in: NPLYB 2004, S. 43, 51 ff. S. u. § 26 A.I.2.b. Auch das übersieht Lutter in: NPLYB 2004, S. 43, 51 ff. Der Alleinvorstand ist in diesem Falle auf Lebenszeit bestellt. Für die Zweitbestellung gilt wegen dessen Allzuständigkeit Kooptation. Und sollte der Alleinvorstand versterben, ohne einen Nachfolger bestellt zu haben, greift § 86 S. 1 i. V. m. § 29 BGB mit der Folge ein, dass die Zweitbestellung durch den Notvorstand erfolgt, s. o. § 4 A.I.2.b.cc.(5). 100 Begr. RegE zu § 81, BT-Drs. 14/8765, S. 10.
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung
Eine solche Minimalverfassung ist freilich allenfalls für Kleinststiftungen zu empfehlen; denn die Organisationsverfassung muss „den Anforderungen der Geschäftstätigkeit der Stiftung angepasst sein“.101 Die Organisationsverfassung darf daher im Verhältnis zu dem Stiftungszweck und dem Stiftungsvermögen nicht eindeutig unterdimensioniert sein. Zwar darf die Anerkennungsbehörde den Stifter im Blick auf die Stiftungssatzung nur beraten und die Anerkennung nicht von Zweckmäßigkeitserwägungen abhängig machen.102 Auch die Organisationsverfassung muss aber so beschaffen sein, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint. Diese Grenze wäre etwa unterschritten, wenn eine Stiftung mit einem Vermögen von 100 Mio. Euro und einer arbeitsintensiven Zwecksetzung lediglich über einen ehrenamtlichen Alleinvorstand verfügte.103 Zwar wäre ein solcher Alleinvorstand auch ohne dahingehende Satzungsermächtigung befugt, hauptamtliche Geschäftsführer ohne organschaftliche Befugnisse und nur rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht sowie weiteres Personal einzustellen und nicht organschaftliche Beratungsgremien zu schaffen.104 Eine solche Aufgabendelegation würde ihn jedoch nur teilweise von den ihm obliegenden Geschäftsführungspflichten entlasten, mit denen er im Beispielsfall daher notwendig überfordert wäre. Eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks wäre mithin in dieser Situation nicht gewährleistet. Freilich ist das ein wenig realistisches Extrembeispiel. Doch soll es verdeutlichen, dass entgegen manchen Literaturstimmen105 und der (auch) insoweit missverständlichen Begründung des Regierungsentwurfs106 auch die Organisationsverfassung im Rahmen des § 81 Abs. 2 Fall 2 BGB zu prüfen ist. Praktisch relevanter und problematischer ist der umgekehrte Fall, nämlich die Statuierung einer mehrstufigen Organisationsverfassung, z. B. mit Vorstand, Aufsichtsrat und Destinatärsversammlung.107 In diesem Fall sind bereits die Anforderungen an die Stiftungssatzung höher; denn: „Wenn der ___________ 101 Begr. RegE zu § 81, BT-Drs. 14/8765, S. 11. 102 Begr. RegE zu § 81, BT-Drs. 14/8765, S. 10. 103 So schon Burgard, NZG 2002, 697, 699. Dagegen MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 45, mit der Begründung, dass die Stiftungsorganisation erst auf Grundlage des Stiftungsgeschäfts entstehe. Das lässt sich freilich auch von dem Stiftungsvermögen sagen. Und trotzdem ist unstreitig zu prüfen, ob es ausreichen wird, um eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks zu gewährleisten. 104 S. u. § 10 A.I., B.VI. und § 11 Fn. 17 und A.IV. 105 Auch Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 50. 106 S. auch Begr. RegE zu § 6 BWStiftG, LT-Drs. 13/2622, S. 10 f. 107 Näher u. § 11.
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Stifter weitere Stiftungsorgane vorsieht, müssen die für sie geltenden Satzungsbestimmungen in sich und vor allem in Beziehungen zu den Bestimmungen über den Vorstand widerspruchsfrei und vollziehbar sein.“108 Widerspruchsfrei und vollziehbar festlegen muss der Stifter in einem solchen Fall zumindest die Aufgaben, Befugnisse und die Willensbildung der Organe sowie die (Höchst-)Zahl, Berufung und Abberufung ihrer Mitglieder.109 Vor allem ist darauf zu achten, dass die Handlungsfähigkeit der Stiftung nicht durch eine unklare Aufgabenverteilung, allzu eingeschränkte Befugnisse des Vorstands (insbes. im Blick auf Beschränkungen seiner Vertretungsmach)110, schwer herzustellende Anforderungen an die Beschlussfähigkeit,111 kaum zu erreichende Beschlussquoren112 (was freilich nur bei Organen mit großer Mitgliederzahl ein Problem sein kann) oder sonst überkomplizierte oder fehlende Regelungen gefährdet wird, da andernfalls eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht gesichert ist.113 Aus diesem Grund darf die Organisationsverfassung gemessen an dem Stiftungsvermögen auch nicht derart überdimensioniert sein, dass die schmalen Stiftungserträge durch Aufwendungsersatzansprüche der Organmitglieder (§ 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 669 f. BGB)114 aufgefressen werden. Das gleiche gilt für etwaige in der Satzung vorgesehene Vergütungsregelungen. Ist bei einer Sammel- oder Vorratsstiftung der Unterschied zwischen dem Anfangs- und dem geplanten Endkapital sehr groß, stellt sich schließlich das Problem, dass die Stiftungsorganisation nicht anfänglich im vorgenannten Sinne über- und später nicht vollkommen unterdimensioniert sein darf.115 Auch hierfür ist, damit die Stiftung anerkennungsfähig ist, in der Stiftungssatzung Vorsorge zu treffen. Dies kann entweder dadurch geschehen, dass der Stifter die Organisationsverfassung der Stiftung entsprechend flexibel ___________ 108 Begr. RegE zu § 81, BT-Drs. 14/8765, S. 11. 109 Vgl. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 7. Entgegen Schulte/Risch, DVBl 2005, 9, 12, ist daher § 4 Abs. 1 BlnStiftG nicht verfassungswidrig; denn die Anforderungen der Vorschrift gehen nur scheinbar über §§ 80, 81 BGB hinaus. 110 Näher dazu u. § 10 B.III. 111 Näher § 12 B.II.3. 112 S. dazu u. § 12 B.II.5.b. 113 Dergleichen scheint nicht ganz selten zu sein. Nach dem Bericht der Bund-LänderArbeitsgruppe wiesen in der Vergangenheit 55 % der zur Genehmigung eingereichten Stiftungssatzungen Mängel hinsichtlich der Stiftungsorgane auf (S. 17). 114 Dazu u. § 10 A.V. Unmittelbar gelten diese Vorschriften zwar nur für Vorstandsmitglieder. Es handelt sich jedoch um eine allgemeine Regel, die auch für die Mitglieder anderer Organe gilt. 115 S. den Erfahrungsbericht von Müller in: Bertelsmann Handbuch1; S. 621 ff.
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gestaltet,116 oder indem er den Stiftungsvorstand ermächtigt, die Organisationsverfassung zum gegebenen Zeitpunkt angemessen zu ändern, oder indem er die erforderlichen Änderungen bereits selbst vorgibt.
D. Rechtsfolgen und Rechtsbehelfe I. Rechtsfolgen der Anerkennung Mit Zustellung der Anerkennung an den Antragsteller117 (also in der Regel den Stifter) und/oder den Stiftungsvorstand118 ist die Stiftung als juristische Person entstanden. Sie kann und muss nunmehr ihre Tätigkeit aufnehmen. Zugleich enden – soweit in der Satzung nichts anderes bestimmt ist – die Einwirkungsmöglichkeiten des Stifters.119 Ferner wird mit der Anerkennung der Anspruch der Stiftung gegen den Stifter auf Erfüllung des Zuwendungsversprechens fällig, § 82 S. 1 BGB. Rechte, zu deren Übertragung eine Abtretung genügt, gehen – vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Stiftungsgeschäft – ohne weiteres auf die Stiftung über, § 82 S. 2 BGB.120 Ist der Stifter vor der Anerkennung verstorben, so gilt die Stiftung hinsichtlich seiner Zuwendungen als vor seinem Tod entstanden, § 84 BGB. Im Blick auf diese Rechtswirkungen sehen die meisten Stiftungsgesetze der Länder eine (deklaratorische) öffentliche Bekanntmachung der Stiftungserrichtung im Staatsanzeiger vor.121
II. Nebenbestimmungen Nach § 36 Abs. 1 VwVfG bzw. den sachlich gleichen Vorschriften des Landesrechts darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift ___________ 116 Z. B. durch die Festsetzung einer Mindest- und Höchstzahl von Organmitgliedern, durch die Einrichtung fakultativ zu besetzender Organe unterhalb des Vorstands gemäß § 86 S. 1 i. V. m. § 30 BGB. 117 §§ 8 Abs. 1 RPStiftG; 17 Abs. 1 S. 1 SaStiftG, 17 Abs. 1 S. 1 SAStiftG, 17 Abs. 1 S. 1 ThStiftG. 118 Str., s. OVG Münster, NJW 1959, 1700; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 53; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 36; Seifart/v. Campenhausen/ Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 282, alle m. w. Nw. 119 Statt anderer Ebersbach, Handbuch, S. 67. 120 Näher u. § 17 B. 121 Art. 7 BayStiftG, §§ 16 BWStiftG, 2 Abs. 2 S. 1 BlnStiftG, 13 BbgStiftG, 17 HeStiftG, 21 MVStiftG, 17 NdsStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG, 17 SaarStiftG, 20 Abs. 4 SaStiftG, 20 Abs. 4 SAStiftG, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SHStiftG, 20 Abs. 4 THStiftG, näher u. § 22 B.II.1.
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zugelassen ist – was vorliegend nicht der Fall ist – oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Dabei ist eine Nebenbestimmung jedenfalls dann rechtswidrig, wenn die Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes – hier also der Anerkennung – erfüllt sind, weil in diesem Fall jede Nebenbestimmung eine Einschränkung des Anspruchs darstellte.122 Überdies kommen Bedingung, Befristung und Widerrufsvorbehalt als Nebenbestimmungen einer Anerkennung nicht in Betracht. Eine aufschiebende Bedingung ist unzulässig,123 weil der Rechtsverkehr nicht mit der Unsicherheit belastet werden darf, ob die Stiftung nun errichtet ist oder nicht.124 Eine auflösende Bedingung und ein Widerrufsvorbehalt scheiden aus, weil die Voraussetzungen einer behördlichen Aufhebung der Stiftung in § 87 Abs. 1 BGB abschließend normiert sind. Und eine Befristung ist rechtswidrig, weil ein solcher Eingriff in die Stifterfreiheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt werden kann. Die Stiftung zeitlich zu begrenzen ist allein Sache des Stifters.125 Denkbar wäre daher allenfalls, die Anerkennung unter Auflagen zu erteilen. Nach §§ 7 Abs. 1 S. 2 MVStiftG, 15 Abs. 2 SaStiftG, 15 Abs. 2 SAStiftG, 15 Abs. 2 ThStiftG ist freilich auch das gesetzlich ausgeschlossen. Unzulässig wäre ferner eine Auflage hinsichtlich des Zwecks, der Vermögensausstattung oder der Satzung der Stiftung. Genügen diese nämlich nicht den gesetzlichen Anforderungen darf die Stiftung nicht anerkannt werden. Voraussetzung einer „Neben“bestimmung ist aber, dass der Verwaltungsakt im Wesentlichen ergehen kann.126 In Betracht gezogen werden daher Auflagen etwa zum Erlass einer Geschäfts- oder Benutzerordnung durch die Stiftungsorgane.127 Indes ist kaum vorstellbar, dass eine solche Auflage im Blick auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 BGB erforderlich sein könnte.128 Zur Aufhebung der Anerkennung sowie ihrer Nichtigkeit s. u. § 26 A.I.2.a. ___________ 122 P. Stelkens/U. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rdnr. 67. 123 So ausdrücklich noch §§ 7 Abs. 1 S. 2 MVStiftG, 15 Abs. 2 SaStiftG, 15 Abs. 2 SAStiftG, 15 Abs. 2 ThStiftG. 124 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 216; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 37; Strickrodt, S. 616; nicht uneingeschränkt Rotberg, BWStiftG; § 5 Anm. 9. 125 A. A. für den Fall einer zeitlich begrenzten Stiftungserrichtung, Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 217; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, Anm. 4e; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 56 f. 126 Vgl. P. Stelkens/U. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rdnr. 67c. 127 So Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 217. 128 Kritisch auch MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 52.
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung
III. Rechtsfolgen der Versagung Wird die Anerkennung versagt, berührt dies die Wirksamkeit eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden nicht.129 Dem Stifter steht es daher frei, den Sitz der Stiftung zu ändern und bei einer anderen Behörde um die Anerkennung der Stiftung nachzusuchen. Er kann jedoch auch den Rechtsweg beschreiten. Ein Stiftungsgeschäft von Todes wegen wird dagegen unwirksam, wenn die Anerkennung bestandskräftig verweigert wird.130 Wollen die Erben dem Willen des verstorbenen Stifters gleichwohl Geltung verschaffen, sind sie freilich nicht gehindert, ein diesem Willen entsprechendes, mangelfreies Stiftungsgeschäft unter Lebenden vorzunehmen.
IV. Rechtsbehelfe Jede Entscheidung der Anerkennungsbehörde kann mit den verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfen angegriffen werden.131 Es gelten die allgemeinen Grundsätze.132 Klage- bzw. widerspruchsbefugt ist jeweils, wer durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung in seinen Rechten verletzt ist (§ 42 Abs. 2 VwGO) oder ein Feststellungsinteresse aufweisen kann (§ 43 Abs. 1 VwGO). Wird die Anerkennung versagt, können der Stifter und seine Erben133, ein Testamentsvollstrecker134, das Nachlassgericht sowie die Stiftung selbst, vertreten durch einen Pfleger135, nach Durchführung des Widerspruchverfahrens (§ 68 Abs. 2 VwGO) Verpflichtungsklage (§ 42 VwGO) erheben.136 ___________ 129 A. A. Ebersbach, Handbuch, S. 57; Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 24; Enneccerus/Nipperdey, AT 1, S. 722; wie hier Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 56; Soergel/Neuhoff, BGB, § 80 Rdnr. 17; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 1; unklar RGRK/Steffen, BGB, § 80 Rdnr. 5. 130 Zutr. MünchKomm/Reuter, BGB, § 84 Rdnr. 3. 131 Vgl. VGH BW, StiftRspr. I, S. 11. 132 Näher Andrick in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 281 ff. 133 Vgl. VGH BW, StiftRspr. III, S. 13, 15; auch KG, StiftRspr. III, S. 85; aus der Lit. Andrick in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 281, 292 f., 295. Destinatäre sind nur klagebefugt, wenn sie zugleich Erben des Stifters sind; eingehend BlydtHansen, Destinatäre, S. 61 ff. 134 VGH BW, Verw.Rspr. 8, 550, 552. 135 BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, 179 f., dessen – einschränkende – Ausführungen auf S. 184 f. allerdings verfehlt sind. Zur Parteifähigkeit einer (noch) nicht entstandenen Stiftung s. RGZ 170, 22, 25 ff. sowie o. § 4 A.I.4.b. 136 Ausnahmsweise kommt auch eine Anfechtungsklage in Betracht, näher MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 54.
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Zweiter Teil: Die Gründung der Stiftung
Wird die Anerkennung erteilt, kann sie von den gesetzlichen Erben des Stifters angefochten werden.137 In diesem Falle wird die Anerkennung mit Rücksicht auf die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage (§ 80 Abs. 1 VwGO) erst mit der Rechtskraft der Entscheidung wirksam. Zu beachten ist hierbei freilich, dass ein Streit über die Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts auf dem Zivilrechtsweg auszutragen ist.138
E. Zusammenfassung Formelle Voraussetzung der Stiftungsanerkennung ist ein dahingehender Antrag. Materiell muss die Stiftung den Anforderungen des § 80 Abs. 2 BGB genügen. Dabei verlangt das Erfordernis der Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks eine angemessene Relation zwischen Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation. Grundsätzlich ist das gerichtlich voll nachprüfbar. Nur soweit diese Entscheidung in Grenzfällen unvermeidbar subjektive Werturteile enthält, steht der Behörde ein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Die Vermögensausstattung muss ausreichen, um den Stiftungszweck zeitlich nicht nur vorübergehend und der Sache nach nicht nur ganz unbedeutend zu fördern. Materiell unterkapitalisierte Stiftungen sind daher nicht genehmigungsfähig. Eine bestimmte Mindestkapitalausstattung ist jedoch nicht erforderlich. Bei Einkommens- und Vorratsstiftungen, deren Anfangsvermögen für eine dauerhafte Zweckverfolgung nicht ausreicht, sind nur anerkennungsfähig, wenn sie einen Anspruch auf die von dem Stifter versprochenen Mittel haben. Bloße Absichtserklärungen reichen nicht aus. Bei Sammelstiftungen muss das Anfangsvermögen zumindest ausreichen, um den Verwaltungsaufwand zu decken, damit sie wenigstens in der Lage sind, die die eigentliche Zweckverfolgung vorbereitenden Tätigkeiten (insbes. Mittelwerbung) aufzunehmen. Überdies muss (etwa aufgrund der Prominenz der Stifters oder der Popularität des Stiftungszwecks) ein ausreichend hohes Aufkommen an Zustiftungen und Zuwendungen gesichert erscheinen. Verbrauchsstiftungen schließlich sind nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Die Stiftungsorganisation darf im Verhältnis zum Stiftungszweck und Stiftungsvermögen weder eindeutig unter- noch überdimensioniert und muss vor allem widerspruchsfrei und vollziehbar sein. Insbesondere darf die Handlungsfähigkeit der Stiftung nicht gefährdet sein. ___________ 137 VGH BW, StiftRspr. III, S. 13 f.; differenzierend Ebersbach, Handbuch, S. 66. 138 BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160. Näher u. § 26 A.I.1.c.
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§ 6 Die Anerkennung der Stiftung
Mit der Anerkennung ist die Stiftung als juristische Person entstanden. Die Anerkennung darf nicht mit Nebenbestimmungen versehen werden. Hinsichtlich der Rechtsbehelfe gelten die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Regeln. Damit ist der zweite Teil der Untersuchung abgeschlossen. Wenden wir uns nun der Stiftungsverfassung im Einzelnen zu.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung In diesem dritten Teil der Arbeit werden die Möglichkeiten der Ausgestaltung der Stiftungsverfassung, und zwar insbesondere im Blick auf die Einführung von körperschaftlichen Elementen, untersucht. Dies geschieht entlang der Dreiteilung in Organisations-, Finanz- und Haftungsverfassung. Entsprechend der Fragestellung liegt dabei der Schwerpunkt der Untersuchung bei der Organisationsverfassung (Erster Abschnitt). Dagegen bestehen hinsichtlich der Haftungsverfassung weniger Gestaltungsfreiräume, weswegen die Ausführungen hierzu verhältnismäßig knapp gehalten sind. Bevor wir uns den einzelnen Elementen der Stiftungsverfassung zuwenden, gilt es jedoch einen Blick auf einige allgemeine Aspekte zu werfen.
§ 7 Rechtsquellen, Inhalt, Abgrenzung und Auslegung der Stiftungsverfassung sowie der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens A. Rechtsquellen Nach § 85 BGB wird die Verfassung einer Stiftung, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt. Rechtsquellen der Stiftungsverfassung sind also: – das zwingende Bundes- und Landesrecht,1 ___________ 1 Die auf § 85 BGB beruhende Befugnis der Länder, zwingende Regeln hinsichtlich der Stiftungsverfassung vorzusehen, wird in jüngster Zeit von Muscheler, ZSt 2004, S. 5 ff., bestritten: Zwar konzidiert er, dass § 85 BGB ursprünglich in dem im Text beschriebenen Sinne gemeint war. Heute müsse die Vorschrift aber anders interpretiert werden. Mit einem Grundrecht auf Stiftung vertrüge es sich nämlich nicht, „wenn das durch Anerkennung der Stiftung wirksam gewordene Stiftungsgeschäft in seinen elementaren Bestimmungen über die Stiftungsverwaltung und Stiftungsorganisation durch zwingendes Landesrecht ausgehebelt werden könnte …“ (ebd. S. 6). Soweit die landesrechtlichen Vorschriften nicht „zum klassischen Arsenal der Stiftungsaufsicht“ gehörten, müssten diese daher als dispositiv angesehen werden. Überdies gehörten Regelungen über die Zweckumwandlung, Aufhebung, Zusammen- und Zulegung von vornherein nicht zur Verfassung der Stiftung i. S. d. § 85 BGB (ebd. S. 7). Das überzeugt nicht:
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung In diesem dritten Teil der Arbeit werden die Möglichkeiten der Ausgestaltung der Stiftungsverfassung, und zwar insbesondere im Blick auf die Einführung von körperschaftlichen Elementen, untersucht. Dies geschieht entlang der Dreiteilung in Organisations-, Finanz- und Haftungsverfassung. Entsprechend der Fragestellung liegt dabei der Schwerpunkt der Untersuchung bei der Organisationsverfassung (Erster Abschnitt). Dagegen bestehen hinsichtlich der Haftungsverfassung weniger Gestaltungsfreiräume, weswegen die Ausführungen hierzu verhältnismäßig knapp gehalten sind. Bevor wir uns den einzelnen Elementen der Stiftungsverfassung zuwenden, gilt es jedoch einen Blick auf einige allgemeine Aspekte zu werfen.
§ 7 Rechtsquellen, Inhalt, Abgrenzung und Auslegung der Stiftungsverfassung sowie der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens A. Rechtsquellen Nach § 85 BGB wird die Verfassung einer Stiftung, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt. Rechtsquellen der Stiftungsverfassung sind also: – das zwingende Bundes- und Landesrecht,1 ___________ 1 Die auf § 85 BGB beruhende Befugnis der Länder, zwingende Regeln hinsichtlich der Stiftungsverfassung vorzusehen, wird in jüngster Zeit von Muscheler, ZSt 2004, S. 5 ff., bestritten: Zwar konzidiert er, dass § 85 BGB ursprünglich in dem im Text beschriebenen Sinne gemeint war. Heute müsse die Vorschrift aber anders interpretiert werden. Mit einem Grundrecht auf Stiftung vertrüge es sich nämlich nicht, „wenn das durch Anerkennung der Stiftung wirksam gewordene Stiftungsgeschäft in seinen elementaren Bestimmungen über die Stiftungsverwaltung und Stiftungsorganisation durch zwingendes Landesrecht ausgehebelt werden könnte …“ (ebd. S. 6). Soweit die landesrechtlichen Vorschriften nicht „zum klassischen Arsenal der Stiftungsaufsicht“ gehörten, müssten diese daher als dispositiv angesehen werden. Überdies gehörten Regelungen über die Zweckumwandlung, Aufhebung, Zusammen- und Zulegung von vornherein nicht zur Verfassung der Stiftung i. S. d. § 85 BGB (ebd. S. 7). Das überzeugt nicht:
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
– das Stiftungsgeschäft und die Stiftungssatzung in ihrer jeweiligen Fassung sowie – das nachgiebige Bundes- und Landesrecht.2 Das bedeutet jedoch nicht, dass alle diese Regelungen Teil der Stiftungsverfassung im materiellen Sinne sind. Insbesondere kommt nicht allen landesrechtlichen Vorschriften diese Bedeutung zu. Auch können das Stiftungsgeschäft und die Stiftungssatzung Regelungen enthalten, die materiell nicht ___________ Erstens wird das Stiftungsgeschäft durch die Anerkennung nicht wirksam. Vielmehr lässt die Erteilung der Anerkennung eine gegebene Unwirksamkeit und umgekehrt auch die Verweigerung der Anerkennung die Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts unberührt. Richtigerweise bewirkt die Anerkennung allein die Entstehung der Stiftung als juristische Person, s. o. § 6. Zweitens: Ausdruck des Grundrechts auf Stiftung ist der Rechtsanspruch auf Anerkennung der Stiftung. Sie darf nur aus den in §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 BGB genannten Gründen verweigert werden, ebenso wie die Eintragung eines Vereins gemäß § 60 BGB nur wegen der in §§ 56 bis 59 BGB genannten Gründe zurückgewiesen werden darf. In beiden Fällen ist der Gesetzgeber freilich nicht gehindert, zwingende Vorgaben hinsichtlich der Verfassung des Vereins bzw. der Stiftung zu machen, s. nur § 40 BGB. Dabei zeigt ein Vergleich zwischen § 25 und § 85 BGB, dass letztere Vorschrift eben auch den Ländern die Befugnis einräumt, die Verfassung der Stiftung durch zwingende (oder auch dispositive) Vorschriften mitzubestimmen. Diese Vorschriften dürfen lediglich nicht gegen zwingende bundesrechtliche Vorgaben verstoßen, also etwa weitergehende Voraussetzungen für die Anerkennung aufstellen. Über dispositive bundesrechtliche Regeln kann der Landesgesetzgeber sich dagegen hinwegsetzen. Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut von § 85 BGB als auch aus einem Erst-recht-Schluss. Wenn sich nämlich der Stifter über bundesrechtliche Regeln hinwegsetzen kann, dann kann dies erst recht der Landesgesetzgeber, vorausgesetzt, ihm kommt insofern die Gesetzgebungskompetenz zu. Eben die räumt ihm § 85 BGB ein. Drittens: Fragen der Zweckänderung usw. gehören selbstverständlich zur Verfassung der Stiftung. Das sollte auf der Hand liegen, wenn der Stifter selbst hierzu Vorgaben in der Stiftungssatzung aufstellt, s. auch u. B. Nichts anderes aber gilt für gesetzliche Regelungen, die sich, wie etwa §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB im Vereinsrecht, an die Organe richten. Lediglich aufsichtsrechtliche Vorschriften wie etwa §§ 43, 87 BGB gehören nicht zur Verfassung einer juristischen Person, s. u. D. Insofern wird die Gesetzgebungskompetenz der Länder, aber ohnehin durch gleichermaßen zwingendes wie abschließendes Bundesrecht vollständig verdrängt, insoweit zutr. Muscheler, ebd., S. 3, 6. Das trifft jedoch nur für die Vorschriften über die Entstehung der Stiftung zu. § 87 BGB ist dagegen zwar zwingend, aber ersichtlich nicht abschließend; denn Zu- und Zusammenlegung sind dort nicht geregelt, wiewohl diese Maßnahmen mildere Mittel gegenüber einer Zweckänderung oder Aufhebung der Stiftung sein und daher diesen vorgehen können. 2 Statt anderer Erman/O. Werner, BGB, § 85 Rdnr. 2; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 81 Rdnr. 1.
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§ 7 Stiftungsverfassung und Stifterwille
stiftungsverfassungsrechtlicher Natur sind. Schließlich lassen sich umgekehrt auch außerhalb von Gesetz, Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung bedeutsame Regelungen finden. Welche Regelungsgegenstände Teil der Stiftungsverfassung im materiellen Sinne sind, kann dabei vor allem im Blick auf die Regelungs- und Änderungsbefugnis von Bedeutung sein.
B. Begriff und Inhalt Die Stiftungsverfassung im materiellen Sinne umfasst entsprechend einer Formulierung des Bundesgerichtshofs zum Vereinsrecht alle Regelungen, aus denen sich die „das Stiftungsleben bestimmenden Grundentscheidungen“ ergeben.3 Hierzu zählen neben den Grundmerkmalen der Stiftung (Rechtsform, Name, Sitz und Zweck) die Grundzüge ihrer Organisations-, Finanz- und Haftungsverfassung, wie sie sich aus dem Bundes- und Landesrecht sowie aus dem Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung ergeben. Im materiellen Sinne sind darüber hinaus auch all diejenigen Regelungen Teil der Stiftungsverfassung, die nur in dem für Grundlagenentscheidungen vorgesehenen Verfahren getroffen bzw. geändert werden können. Maßnahmen der Geschäftsführung und sonstige Beschlüsse, die nicht auf die Stiftungsverfassung im vorgenannten Sinne einwirken, sind hingegen weder materiell noch formell Teil der Stiftungsverfassung. Dabei erübrigt sich im Stiftungsrecht – anders als im Gesellschaftsrecht – eine Abgrenzung zwischen formellen und materiellen Satzungsbestandteilen im Blick auf das Änderungsverfahren insoweit, als aufgrund der mitgliederlosen Struktur der Stiftung und der daraus folgenden Maßgeblichkeit des Stifterwillens davon ausgegangen werden muss, dass grundsätzlich alle Anordnungen der Stiftungssatzung die Stiftungsorgane generell binden sollen und daher nur in dem für Satzungsänderungen vorgesehenen Verfahren revidiert werden können. Eine Ausnahme hiervon kommt bei der Erstbestellung von Organmitgliedern und der Höhe ihrer Bezüge, bei Abreden zwischen mehreren Stiftern sowie bei Verpflichtungen von Stiftern zur Leistung von Zustiftungen in Betracht. In den letzten beiden Fällen handelt es sich notwendigerweise um bloß schuldrechtliche Abreden, wenn die Regelungen nicht im Zusammenhang mit der Einräumung einer Organstellung stehen.4 Handelt es sich um schuldrechtliche Regelungen, können sie auch nur schuldrechtlich und nicht im Wege der Satzungsänderung revidiert werden. ___________ 3 Vgl. BGHZ 47, 172, 177; aus der Lit. MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 1. 4 Vgl. K. Schmidt, GR, S. 78 f.; Priester, DB 1979, 681, 683.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Im Übrigen ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die Regelungen nur „bei Gelegenheit“ der Stiftungserrichtung getroffen wurden.5
C. Abgrenzung gegenüber sog. Nebenordnungen Die Frage, ob eine Regelung Teil der Stiftungsverfassung im materiellen Sinne ist, kann darüber hinaus vor allem für sog. Nebenordnungen von Bedeutung sein. Das sind alle generell-abstrakten Regelungen, die der Stifter außerhalb der Stiftungssatzung im Stiftungsgeschäft trifft oder die zu treffen die Stiftungsorgane ermächtigt sind (z. B. Geschäfts- und Wahlordnungen). Auch solche Regelungen sind freilich dann Teil der materiellen Stiftungsverfassung, wenn die Auslegung des Stifterwillens ergibt, dass sie die Stiftungsorgane generell binden und nur in dem für Satzungs- und sonstige Grundlagenänderungen vorgesehenen Verfahren revidierbar sein sollen.6 Problematisch ist die Abgrenzung mithin vor allem dann, wenn der Stifter die Regelung außerhalb der Satzung getroffen und der Disposition der Stiftungsorgane mit der Folge anheim gestellt hat, dass Änderungen formell betrachtet keine Grundlagenentscheidungen darstellen und daher – anders als diese – insbesondere keiner Mitwirkung der Stiftungsaufsichtsbehörde bedürfen. (1) Das ist freilich nicht zu beanstanden, sondern zur Entlastung der Stiftungssatzung von Detailregelungen und zur Stärkung der Autonomie und Flexibilität der Stiftung sinnvoll, wenn es sich bei der fraglichen Regelung auch materiell betrachtet nicht um eine Grundlagenentscheidung handelt. Betrifft die Nebenordnung etwa bloße Verfahrensfragen hinsichtlich der Arbeitsweise der Stiftungsorgane (z. B. Sitzungsmodalitäten, Informationswesen, Entscheidungs- und Abstimmungsverfahren, Ressortverteilung, Bildung von Ausschüssen), so wird hierdurch das Stiftungsleben nicht grundlegend beeinflusst. Vielmehr kann jedes Organ – vorbehaltlich abweichender Anordnungen im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung – seine Arbeitsweise selbst bestimmen. Solche Regelungen zu treffen und hernach wieder zu ändern, sind die Stiftungsorgane daher auch ohne besondere Satzungsermächtigung befugt.7 Nach § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 ___________ 5 Anders als im Gesellschaftsrecht kann hiervon jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden; zu Auslegungskriterien s. Priester, DB 1979, 681, 683 f. 6 Zu eng MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 4. 7 Gleichsinnig MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 5; Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 103; enger wohl Rawert in: Handbuch Bürgerstiftungen, S. 151, 175.
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§ 7 Stiftungsverfassung und Stifterwille
S. 3 BGB ist hierfür regelmäßig die Mehrheit der erschienenen Mitglieder ausreichend.8 (2) Allerdings dürfen Nebenordnungen selbstverständlich nicht gegen die Stiftungsverfassung im materiellen Sinne verstoßen. So ist zwar nichts dagegen einzuwenden, wenn der Vorstand eine Vergabeordnung erlässt und autonom ändert. Die Vergabeordnung darf aber bspw. nicht den Stiftungszweck faktisch einschränken.9 (3) Freilich enthalten Nebenordnungen nicht selten weit über solche Verfahrensfragen hinausreichende Regelungen. So nennt Hof als mögliche Gegenstände von Geschäftsordnungen u. a. die Anzahl, Berufung, Amtsdauer und Abberufung der Organmitglieder sowie die Geschäftsbereiche und Vertretungsmacht der Organe.10 Das ist in dieser Allgemeinheit gewisslich zu weitgehend. Dies ergibt sich freilich nicht schon daraus, dass die Mehrzahl der Landesstiftungsgesetze bis zu ihrer jüngsten Reform bestimmten, dass die Satzung dergleichen Bestimmungen enthalten soll; denn Sinn und Zweck dieser Normen war ersichtlich nur, darauf hinzuwirken, dass solche Regelungen überhaupt getroffen werden, nicht dagegen, sie der Satzung vorzubehalten. Allerdings dürfen die Stiftungsorgane derart weitreichende Regelungen ohne Bindung an das für Grundlagenentscheidungen vorgesehene Verfahren jedenfalls nur dann treffen oder ändern wenn die Stiftungssatzung sie hierzu ermächtigt. Solche Ermächtigungen vorzusehen, ist der Stifter jedoch frei, aber eben nur, soweit es sich bei den fraglichen Regelungen nicht materiell um Grundlagenentscheidungen handelt; denn andernfalls könnte die nach den Landesstiftungsgesetzen zwingend vorgesehene Mitwirkung der Stiftungsaufsichtsbehörde bei Grundlagenentscheidungen11 unterlaufen werden. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es sich bei einer Regelung, die die Stiftungsorgane formell, ohne Bindung an das für Grundlagenentscheidungen vorgesehene Verfahren, zu treffen oder zu ändern im Stiftungsgeschäft bzw. in der Stiftungssatzung ermächtigt sind, gleichwohl materiell um eine Grundlagenentscheidung handelt. Fällt diese Prüfung positiv aus, so ist die Ermächtigung insoweit nichtig. Nach § 140 BGB kann sie allerdings ___________ 8 Vgl. etwa auch Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 62 m. w. Nw. 9 S. das Beispiel von MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 4. 10 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 163; MünchVertrHdb/Hof, Bd. I GR, Form. VII.1, § 6 Abs. 3 S. 1 und Anm. 33. 11 S. u. § 13 B.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
in eine Ermächtigung, entsprechende Regelungen nach pflichtgemäßem Ermessen im Wege einer Satzungsänderung zu erlassen, umgedeutet werden.12 (3) Nun kann hier nicht die ganze Vielfalt möglicher Regelungsgegenstände daraufhin geprüft werden, ob es sich jeweils materiell um eine Grundlagenentscheidung handelt. Vielmehr muss die Erörterung der von Hof genannten Beispiele genügen. Nach dem (unter B.) Gesagten handelt es sich um eine Grundlagenentscheidung insbesondere bei Abweichungen von dispositivem Bundes- oder Landesrecht. Zwar muss auch insofern nicht immer jede Einzelheit in der Satzung geregelt werden. Vielmehr reicht oftmals die Vorgabe eines mehr oder weniger weiten Rahmens aus. Anhaltspunkte für die insoweit erforderliche Abgrenzung können dabei auch aus einem Vergleich mit der Rechtslage bei anderen Rechtsformen entnommen werden. (a) So besteht der Stiftungsvorstand nach der gesetzlichen Normalverfassung aus einer Person (§ 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 2 BGB: „kann“). Die Bestimmung der Zahl der Vorstandsmitglieder ist daher der Satzung vorbehalten. Dabei genügt allerdings die Festlegung einer Höchst- und ggf. Mindestzahl, in welchen Grenzen dann die jeweilige Anzahl bestellt wird.13 (b) Regelungen über die Berufung, Amtsdauer und Abberufung der Organmitglieder können dagegen einer Nebenordnung überlassen werden. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Entscheidung dieser Fragen – abseits besonderer Bestimmungen – ohnehin in das pflichtgemäße Ermessen des hierfür zuständigen Organs gestellt ist. Ihnen kann daher auch die Aufstellung von abstrakt-generellen Regelungen hierüber anheim gegeben werden. (c) Und weiter: Nach der gesetzlichen Normalverfassung verfügt die Stiftung nur über eine einstufige Organisationsverfassung (Stiftungsvorstand). Dabei ist der Stiftungsvorstand weder in seiner Geschäftsführungsbefugnis noch in seiner Vertretungsmacht beschränkt (§ 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 2, 27 Abs. 3 BGB). Sowohl die Einrichtung einer zwei- oder mehrstufigen Organisationsverfassung als auch die Festlegung der Organkompetenzen einschließlich etwaiger Einschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis oder der Vertretungsmacht des Vorstandes sind daher Grundlagenentscheidungen. Auch insofern kann freilich die nähere Bestimmung von Einzelheiten den Stiftungsorganen anheim gestellt werden. Insbesondere reicht es bei Einschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis aus, wenn die Satzung ein anderes Organ entsprechend § 111 Abs. 4 S. 2 AktG ermächtigt, bestimmte ___________ 12 Zu der Frage, ob und inwieweit die Stiftungsorgane ermächtigt sind bzw. ermächtigt werden können, die Stiftungssatzung zu ändern, s. u. § 13. 13 Vgl. BayObLGZ 1969, 33, 36; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 26; Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 7; Hüffer, AktG, § 76 Rdnr. 22 jew. m. w. Nw.
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§ 7 Stiftungsverfassung und Stifterwille
Arten von Geschäften seiner Zustimmung zu unterwerfen, oder ihm ein Weisungsrecht einräumt (§§ 86 S. 1 i. V. m. 27 Abs. 3, 665 BGB). Das gilt in gleicher Weise für Abweichungen von dem nach § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB geltenden Mehrheitsprinzip: Die in der Satzung zu treffende Grundlagenentscheidung ist, dass hiervon abgewichen werden kann. Die Fragen, ob und welche Abweichungen gelten (z. B. Einzel- oder Gesamtgeschäftsführung), kann hingegen wiederum einer Nebenordnung überlassen bleiben.14 Besondere Bestimmungen über die Vertretungsbefugnis des Vorstandes oder seiner Mitglieder müssen sich hingegen aus Gründen der Rechtssicherheit in jedem Fall unmittelbar aus der Satzung ergeben.15
D. Bedeutung des Landesrechts Nicht hinreichend geklärt ist die Bedeutung der landesrechtlichen Vorschriften für die Stiftungsverfassung. Das mag an dem Wortlaut von § 85 BGB liegen, der auf den ersten Blick die Annahme nahe legt, dass sämtliche Vorschriften der Landesstiftungsgesetze Teil der Stiftungsverfassung seien. Bei näherem Hinsehen offenbart sich indes sogleich, dass zu unterscheiden ist. Teil der Stiftungsverfassung sind nur solche Bestimmungen, die die innere Ordnung der Stiftung, also ihre Organisation, ihr Vermögen sowie Haftungsfragen betreffen. Kein Teil der Stiftungsverfassung sind daher alle Vorschriften, die ausschließlich an die Genehmigungs- bzw. Aufsichtsbehörde gerichtet sind, namentlich ihre Aufgaben und Befugnisse regeln. Zwar hat die Stiftungsaufsicht infolge dieser Befugnisse Einfluss auf die innere Ordnung der Stiftung. Sie ist jedoch ebenso wenig wie andere Behörden mit vergleichbaren Befugnissen – also etwa die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Blick auf Versicherungsgesellschaften und Kreditinstitute – Teil dieser inneren Ordnung.16 Zur Stiftungsverfassung gehören dagegen all diejenigen Bestimmungen, die die Kompetenzen sowie die Rechte und Pflichten der Stiftungsorgane gegenüber der Stiftung konkretisieren, ihnen beispielsweise die Beachtung bestimmter Grundsätze bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens aufgeben. Zweifelhaft ist dagegen die Einordnung solcher Vorschriften, die der Stiftung bzw. ihren Organen Pflichten auferlegen, die gegenüber der Stiftungsaufsichtsbehörde zu erfüllen sind. Hier besteht teilweise eine schwer abzu___________ 14 Vgl. zur AG § 77 Abs. 1 S. 2 AktG; zur GmbH Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 21, 24 f., 57. 15 S. u. § 10 B.III. 16 S. auch u. § 9.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
grenzende Gemengelage zwischen privatem und öffentlichem Recht. So fragt sich beispielsweise, ob die Pflicht zur Rechenschaftslegung gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 666 BGB von den dahingehenden landesrechtlichen Vorschriften unberührt bleibt oder durch diese konkretisiert oder gar verdrängt wird (s. hierzu u. § 10 A.III.). Zweifelhaft ist ferner die Einordnung der landesrechtlichen Genehmigungsvorbehalte für bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen. Sind sie Teil der Stiftungsverfassung, indem sie die Geschäftsführungsbefugnis oder gar die Vertretungsmacht der Stiftungsorgane einschränken oder handelt es sich bei dem Genehmigungserfordernis „nur“ um eine öffentlich-rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung (s. u. § 10 B.II.2.). Besonders eindringlich stellt sich die Frage der öffentlich-rechtlichen oder zivilrechtlichen Natur schließlich bei den landesrechtlichen Voraussetzungen für Grundlagenänderungen (s. u. § 13 A.I.2.). Wären sie nämlich (auch) zivilrechtlicher Natur und damit Teil der Stiftungsverfassung, so wären Grundlagenänderungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, nicht nur nicht genehmigungsfähig, sie blieben vielmehr auch dann unwirksam, wenn sie gleichwohl genehmigt würden, da öffentlich-rechtliche Genehmigungen die zivilrechtliche Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften nicht zu heilen vermögen. Die genannten Fragen lassen sich nur durch Auslegung der jeweiligen Vorschriften beantworten und werden daher im Rahmen der angegebenen Textstellen behandelt. Hinweise ergeben sich dabei neben dem Wortlaut, der Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschriften auch aus ihrer Dispositivität: Soweit die Satzung von ihnen abweichen kann, spricht dies dafür, dass sie zivilrechtlicher Natur und damit Teil der Stiftungsverfassung sind.
E. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens 1. Höchster stiftungsrechtlicher Grundsatz ist die Maßgeblichkeit des Stifterwillens.17 Rechtshistorisch und -dogmatisch beruht dieser Grundsatz auf der Ablösung der von Savigny begründete Zwecktheorie18 durch die von Otto von Gierke begründete Willenstheorie19 in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seither wird die Stiftung nicht mehr in erster Linie als Personifikation des Stiftungszwecks, sondern als Personifikation des Stifter___________ 17 Zur Bedeutung des Stifterwillens s. auch O. Werner in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 243 ff. 18 S. v. Savigny, System II, S. 243 f.; zuvor schon Glück/Mühlenbruch, Pandekten 40, S. 47. 19 O. v. Gierke, Privatrecht I, S. 648; ferner Stobbe, Privatrecht I, S. 579; zuvor schon Meurer, Begriff, S. 75 ff.
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§ 7 Stiftungsverfassung und Stifterwille
willens angesehen.20 Folge ist, dass das deutsche Stiftungsrecht von dem Primat des Stifterwillens und nicht von dem Primat des Stiftungszwecks beherrscht wird. Der Stiftungszweck ist vielmehr lediglich wichtigster Ausdruck des Stifterwillens. Neuerdings versucht Reuter dieses Verhältnis zwischen Stifterwillen und Stiftungszweck allerdings wieder umzukehren.21 So vertritt er die These, „dass der Stifter nicht Änderungen der Vermögensanlage und -verwaltung verhindern kann, die zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks geboten sind“;22 denn § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB sei nicht nur Genehmigungsvoraussetzung, sondern zwingende bundesrechtliche Vorgabe für die Verwaltung der Stiftung23. Seien deswegen Satzungsänderungen erforderlich, so sei „nicht der Stifterwille, sondern der Stiftungszweck“ „der entscheidende Maßstab“24. Hintergrund dieser Überlegungen ist, dass sich Reuter zusehends gezwungen sieht, seine These von der analogen Anwendung des § 22 BGB auf bestimmte Unternehmensstiftungen25 aufzugeben.26 Er sinnt daher listig auf andere Wege, die zum selben von ihm (nicht aber vom Gesetzgeber!)27 für richtig gehaltenen Ergebnis führen. Darauf, was von diesen Thesen im Blick auf die Vermögensverwaltung und -erhaltung zu halten ist, wird später zurückzukommen sein (u. § 17 C.I.4.). Hier soll es nur um die Frage des Verhältnisses vom Stifterwillen zum Stiftungszweck gehen. Halten wir uns zunächst die Konsequenzen vor Augen: Wäre der Stiftungszweck dem Stifterwillen übergeordnet, so könnten und müssten (!) sich die Stiftungsorgane immer schon dann durch Satzungsänderung über die Anordnungen des Stifters hinwegsetzen, wenn die Anordnungen nicht zweckoptimal sind, es also Regelungen gäbe, mit denen der Stiftungszweck besser gefördert würde. Heißt es in der Stiftungssatzung bspw., das Stiftungsvermögen sei mündelsicher anzulegen, dann könnte diese Bestimmung keinen Bestand haben, weil es gesicherter Erkenntnis entspricht, dass eine ausschließliche Anlage in mündelsicheren Papieren für Stiftungen nicht geeignet ist28 und zudem nicht dem Grundsatz einer hinreichenden Risiko___________ 20 Ausf. Pleimes, Irrwege, S. 85 ff.; aus jüngster Zeit; Richter, Stiftung, S. 342 f., jew. m. w. Nw. 21 Ganz deutlich nunmehr in NZG 2005, 649 ff. 22 Reuter, NZG 2005, 649, 652. 23 Reuter, NZG 2005, 649, 654. 24 Reuter, NZG 2005, 649, 654. 25 S. dazu o. § 5 C.IV.2.c. 26 Reuter, NZG 2005, 649, 651 f. 27 S. o. § 5 C.I. 28 S. u. § 20 A.III.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
streuung (Portfoliostrategie)29 entspricht30. Einer irgendwie geänderten Sachlage bedürfte es für eine solche Satzungsänderung nicht. Freilich fordert Reuter dergleichen nur bei einer einseitigen Anlage in einem unternehmerischen Vermögen (Landgut, Unternehmensbeteiligung), aber dabei könnte man natürlich nicht stehen bleiben. Vielmehr müssten die gleichen Grundsätze auch für die Bestimmungen der Organisationsverfassung, ja für alle Anordnungen des Stifters gelten. Selbst Nebenzwecke dürften konsequenterweise nicht mehr verfolgt werden, weil sie dem Hauptzweck untergeordnet sind und durch ihre Verfolgung Ressourcen von einer optimalen Verfolgung des Hauptzwecks abgezogen werden. Ja, so könnte man das Stiftungsrecht ausgestalten: die Stiftung als reines „Zweckvermögen“, als reine „Zweckpersonifikation“. Das entspricht jedoch zu Recht nicht dem geltenden deutschen Stiftungsrecht! Zu Recht deshalb, weil der Stiftung dadurch jede Rückbindung an den Willen einer natürlichen Person und damit ihre Legitimation verloren ginge. Und dem Stiftungsrecht entspricht dieser Ansatz nicht, weil der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens in zahlreichen Vorschriften des Bundes-31 und des Landesrechts32 zum Ausdruck kommt. Dabei geht der Primat des Stifterwillens gegenüber dem Stiftungszweck aus all jenen Vorschriften mit Deutlichkeit hervor in denen sinngemäß angeordnet wird, dass der Stifterwille zu berücksichtigen ist33; denn bei einem Primat des Stiftungszwecks müsste es heißen, der Stiftungszweck sei zu berücksichtigen. Eine solche Vorschrift gibt es jedoch nicht. Was schließlich § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB anbelangt, so hat die Behörde bei der Anerkennung der Stiftung nur zu prüfen, ob eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks angesichts der vom Stifter im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung getroffenen Vorkehrungen (§ 80 Abs. 2 Fall 1 i. V. m. § 81 Abs. 1 BGB) gesichert erscheint. Will der Stifter der Stiftung bspw. eine stimmrechtslose Beteiligung an einem Unternehmensträger ___________ 29 Näher Schwintowski, FS Hadding, 271, 273 ff. 30 Reuter, NZG 2005, 649, 654. 31 §§ 81 Abs. 1 S. 2, 83 S. 2 Hs. 2, S. 4, 85, 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB, § 87 Abs. 2 S. 1, 88 S. 1 BGB. 32 U. a. Art. 2 Abs. 1 BayStiftG, §§ 2 BWStiftG, 6 Abs. 1 BbgStiftG, 3 BreStiftG, 4 Abs. 1 HbgStiftG, 5 HeStiftG, 2 MVStiftG, 2 NdsStiftG, 4 Abs. 1, 6 Abs. 2 NRWStiftG, 1 Abs. 1, 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 S. 1 RPStiftG, 5 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 2 SaStiftG, 2 SAStiftG, 2 ThStiftG. 33 Also etwa in §§ 83 S. 2 Hs. 2, 87 Abs. 2 S. 1 BGB oder in §§ 5 Abs. 1 S. 2 BlnStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 HeStiftG, 11 Abs. 2 S. 1 i. V. m. 2 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 NdsStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 SaarStiftG, um nur einige Beispiele zu nennen.
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zuwenden und gleichzeitig bestimmen, dass die Beteiligung unveräußerlich sein soll, so muss die Behörde prüfen, ob die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB unter diesen konkreten Bedingungen erfüllt sind, d. h. in diesem Fall, ob das Unternehmen zuverlässig Gewinn erwirtschaftet, ob sichergestellt ist, dass die Stiftung an diesen Gewinnen – und sei es auch nur geringfügig34 – partizipiert und ob die zu erwartenden Ausschüttungen für eine dauerhafte und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks ausreichen. Dementsprechend haben auch die Stiftungsorgane den Stiftungszweck grundsätzlich nur im Rahmen dieser konkreten Bedingungen zu erfüllen und dürfen sich keinesfalls ohne weiteres nach alternativen Investments umschauen.35 Auch insoweit sind die Thesen von Reuter daher nicht haltbar. 2. Wenngleich somit von dem Primat des Stifterwillens auszugehen ist, so besteht doch für eine geradezu „mystische“ Überhöhung seiner Bedeutung36 kein Anlass. Zivilrechtlich besagt der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens zuvörderst nichts anderes als die auch im Verbandsrecht geltende allgemeine Regel, dass die Organe an die Verbands- bzw. Stiftungsverfassung gebunden sind37, solange und soweit sie nicht geändert wird38. Dabei steht er Satzungsänderungen nicht generell im Wege, sondern verlangt – nebst einer von den Vorstellungen des Stifters abweichenden Sachlage39 – lediglich, dass der Stifterwille auch dabei zu berücksichtigen ist40. Zu berücksichtigen ist der Stifterwille darüber hinaus bei der Auslegung des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung. Auch insofern gelten allerdings, bei näherem Hinsehen, allgemeine Grundsätze (u. F.). Öffentlich-rechtlich bindet der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens die Stiftungsaufsichtsbehörde, und zwar nicht nur bei der Auslegung der Stiftungssatzung, sondern auch bei der Anwendung der Landesstiftungs___________ 34 Darin mag man mit Reuter, NZG 2005, 649, 653, ein steuerliches Problem sehen, ein stiftungsrechtliches ist es nicht. 35 S. aber u. § 17 C.I.4. 36 S. o. § 1 bei Fn. 90. 37 Vgl. §§ 85, 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB und dazu u. § 10 A.II. 38 Vgl. OLG Schleswig, StiftRspr. III, S. 136 f.; KG, WM 1968, 903, 906; ferner BGH, StiftRspr. IV, S. 108, 116; anders BVerfG, StiftRspr. III, S. 58, 65 f. und dazu u. § 13 Fn. 8. 39 S. u. § 13 A.I.1.a. 40 Etwa §§ 5 Abs. 1 S. 2 BlnStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 HeStiftG, 11 Abs. 2 S. 1 i. V. m. 2 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 NdsStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 SaarStiftG. Für ein Beispiel, welche Bedeutung dem zukommen kann, s. KG, StiftRspr. III, S. 50 ff.
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gesetze.41 Und hierin liegt wohl seine größte Bedeutung; denn dadurch wird nicht nur negativ eine Instrumentalisierung der Aufsicht zugunsten beliebiger öffentlicher Interessen ausgeschlossen. Vielmehr werden die Behörden positiv auf den Stifterwillen verpflichtet. Die Stiftungsaufsicht wird zum „Garant des Stifterwillens“42.43 Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens ist somit zusammenfassender Ausdruck des Schutzes der privatautonomen Entscheidung des Stifters auf zivilrechtlicher wie auf öffentlich-rechtlicher Ebene. Er bindet die Stiftungsorgane wie die Stiftungsaufsicht gleichermaßen.
F. Auslegung Es wurde bereits dargelegt, dass hinsichtlich der Auslegung des Stiftungsgeschäfts zu unterscheiden ist: – Bei einer Einpersonen-Gründung sowie bei einer Mehrpersonen-Gründung durch Gesamtakt findet allein § 133 BGB (ggf. i. V. m. § 2084 BGB analog) Anwendung.44 – Wird das Stiftungsgeschäft durch Vertrag vorgenommen, gelten §§ 133, 157, 242 BGB.45 – Handelt es sich um eine Stiftung von Todes wegen, sind hinsichtlich des Zuwendungsversprechens überdies die besonderen erbrechtlichen Auslegungsregeln heranzuziehen, §§ 2066 ff., 2096 ff., 2101 f., 2108 Abs. 2, 2148, 2165, 2167, 2169 Abs. 3, 2173 ff.46 Dabei wurde jeweils darauf hingewiesen, dass zu untersuchen sein wird, inwieweit sich diese Rechtslage nach der Genehmigung der Stiftung ändert. Davon wird nunmehr zu handeln sein.
I. Gesetzliche Ausgangslage und Problemstellung Oberster stiftungsrechtlicher Grundsatz ist – wie soeben aufgezeigt wurde (o. E.) – der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens. Soweit der ___________ 41 So ausdrücklich Art. 2 Abs. 1 BayStiftG, §§ 2 BWStiftG, 6 Abs. 1 BbgStiftG, 3 BreStiftG, 2 MVStiftG, 2 NdsStiftG, 2 SaStiftG, 2 SAStiftG, 2 ThStiftG; s. auch 1 Abs. 1 RPStiftG. 42 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 5. 43 Näher zur Stiftungsaufsicht sogleich u. § 8. 44 S. o. § 4 I.3. 45 S. o. § 4 B.IV.4. 46 S. o. § 4 A.II.
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Stifterwille in der Stiftungssatzung niedergelegt ist, gibt dies freilich nur den allgemeinen Grundsatz wieder, dass die Organe einer juristischen Person an deren Verfassung gebunden sind. Freilich sind deren Bestimmungen gleich allen anderen Rechtssätzen auslegungsbedürftig, sie können lückenhaft sein und müssen u. U. geändert werden. Auch in diesen Fällen ist der Stifterwille grundsätzlich zu beachten. Das ist unstreitig und insoweit auch richtig. Fraglich ist indes, auf welche Weise der Stifterwille zu berücksichtigen ist. Ist er Ziel oder bloßes Mittel der Auslegung? Kommt es auf den subjektiven (i. S. d. § 133 BGB),47 den individuell-objektiven (i. S. d. §§ 133, 157, 242 BGB)48 oder den normativen49 Stifterwillen an? Anders und zugespitzt formuliert: Sind Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung wie ein Testament, ein Vertrag oder ein Gesetz auszulegen?
II. Meinungsstand Nach vorherrschender Rechtsprechung50 und Lehre51 haben das Stiftungsgeschäft – abgesehen von individualrechtlichen Bestimmungen52 – und die Stiftungssatzung Normcharakter. Es gälten die für die Satzung von Kapitalgesellschaften aufgestellten Grundsätze. Ihre Auslegung durch die Tatsachengerichte sei daher revisibel. Begründet wird dies damit, dass das Stiftungsgeschäft nicht nur Regelungen für den Einzelfall, sondern für die inneren und äußeren Rechtsbeziehungen der Stiftung in Gegenwart und Zukunft enthalte. Hierzu will es freilich schlecht passen, dass nach eben dieser Meinung (alleiniger) Maßstab der normativen Auslegung der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Stifters sein soll, wie er im Stiftungsgeschäft, in der Stiftungssatzung und den Erklärungen des Stifters im Rahmen des Genehmigungsverfahrens objektiv zum Ausdruck gekommen ist;53 denn nach den an___________ 47 So BVerwG, StiftRspr. II, S. 152, 154; StiftRspr. III, S. 178; OLG Hamm, ZIP 1994, 1950, 1951. 48 So im Ergebnis BGH, StiftRspr. III, S. 1; IV, S. 58, 63; NJW 1994, 184, 186. 49 So BGH, StiftRspr. I, S. 33, 34 f. (m. w. Nw. auch zur abweichenden Rechtsprechung des Reichsgerichts); StiftRspr. III, S. 1; 27, 30; StiftRspr. IV, S. 58, 63; BGH, NJW 1994, 184, 185; BAG, StiftRspr. I, S. 97. 50 Wie vor. 51 MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 8; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 3; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 111, O. Werner in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 243, 249 f., jew. m. w. Nw. 52 BGH, StiftRspr. III, S. 89, 94. 53 S. MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 7; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 109 sowie die vorstehenden Nw.
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erkannten Grundsätzen normativer Auslegung ist der historische Wille des Normgebers nur ein Auslegungsmittel unter anderen.54 Noch weiter gehen teilweise Rechtsprechung und Lehre im Gesellschaftsrecht. Danach darf eine Satzung lediglich aus ihrem Inhalt heraus ausgelegt werden. Willensäußerungen oder Interessen der Gründer oder sonstige Vorgänge aus der Entstehungsgeschichte dürften nicht berücksichtigt werden.55 Begriffe man demgegenüber den Willen des Stifters als Auslegungsziel, dann handelte es sich in Wirklichkeit nicht um eine normative, sondern um eine subjektive oder individuell-objektive Auslegung. Letzteres Verständnis entspräche den von der Rechtsprechung im Stiftungsrecht angewandten Methoden und tatsächlich von ihr erzielten Ergebnissen.56 Überdies ist zu bedenken, dass die Mehrzahl der Stiftungsgesetze der Länder lebenden Stiftern bei Grundlagenänderungen Anhörungs- und Zustimmungsrechte einräumen.57 Das könnte dafür sprechen, dass nicht der objektive, sondern der subjektive Stifterwille zu erforschen ist. Damit wäre allerdings ein erheblicher Verlust an Rechtssicherheit verbunden.
III. Stellungnahme Für eine Auflösung des Problems gilt es, sich auf die Grundlagen zu besinnen. Dabei besteht im Ausgangspunkt Einigkeit, dass Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung ebenso wie das Gründungsgeschäft oder die Satzung einer Körperschaft rechtsgeschäftlich zustande kommen.58 Richtig ist ferner, dass diese Rechtsgeschäfte auf die Gründung einer Organisation zielen, also Organisationsakte sind. Diese Rechtsfolge zwingt jedoch nicht dazu, sie gesetzlichen Normen gleichzustellen. Weder ist die Gründung einer Stiftung oder einer Körperschaft ein Akt der gesetzesgleichen Normsetzung59, noch ___________ 54 Vgl. nur Larenz, ML, S. 320 ff. 55 BGHZ 47, 172, 180; näher bspw. K. Schmidt, GR, S. 93 f. m. zahlr. w. Nw. 56 Besonders deutlich BGH, StiftRspr. III, S. 1; StiftRspr. IV, S. 58, 63; BGH, NJW 1994, 184, 186. 57 Art. 15 Abs. 2 BayStiftG, §§ 6 S. 2 Hs. 2 BWStiftG, 10 Abs. 2 BbgStiftG, 8 Abs. 1 S. 3, 9 Abs. 2 BreStiftG, 7 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2 HbgStiftG, 11 Abs. 2 S. 2 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 2, 8 Abs. 2 NdsStiftG, 5 Abs. 2 S. 2 NRWStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 5 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, 6 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 SHStiftG; 21 Abs. 2 S. 1 ThStiftG; vgl. auch 7 Abs. 2 S. 2 SaarStiftG; näher dazu u. § 16 A.3.a.b. 58 Das wird heute auch von den Vertretern der sog. Normtheorie nicht mehr bestritten, vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 25 Rdnr. 18. 59 Dahingehend aber die Vertreter der sog. Normtheorie, Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 33 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, § 25 Rdnr. 16 ff. m. w. Nw.
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ist die Satzung ohne weiteres gesetzesgleich zu behandeln60. Ebenso wenig wäre es allerdings sachgerecht, das Gründungsgeschäft oder die Satzung einer Stiftung oder Körperschaft in jeder Beziehung wie einen schuldrechtlichen Vertrag zu behandeln.61 Vielmehr verbieten sich pauschale Lösungen, da sie auf wenig mehr als auf eine begriffsjuristische Inversion hinauslaufen. Jede Rechtsfrage muss daher gesondert mit dem Ziel untersucht werden, das Spannungsverhältnis von individueller Vereinbarung und überindividueller Wirkung von Organisationsakten aufzulösen. Besondere Bedeutung kommt dabei auch der Realstruktur der betroffenen Organisation zu.62 Besonders gut lässt sich dies anhand der Frage der Auslegung von Satzungen zeigen. 1. Ausgangspunkt: Willenstheorie Hierbei muss man im Ausgangspunkt zurückgehen auf den aus dem 19. Jahrhundert überkommenen und bis heute nicht entschiedenen Streit63 zwischen der sog. Willens-64, Erklärungs-65 und Geltungstheorie66, d. h. auf die Frage, worin der Geltungsgrund für die durch eine Willenserklärung ausgelöste Rechtsfolge zu erblicken ist, nämlich – vereinfacht ausgedrückt – in dem Willen, der Erklärung oder in beidem. Dieser Streit soll hier freilich ebenso wenig nachgezeichnet werden wie die nahezu unüberschaubare Meinungsvielfalt zu Auslegungsfragen. Vielmehr soll es genügen, die eigene Ansicht darzulegen und zu begründen. Vom Ansatz her allein zutreffend ist die Willenstheorie, wonach „der Wille an sich als das einzig Wichtige und Wirksame gedacht werden“ muss67. Die Willenserklärung ist ein Akt privatautonomer Selbstbestimmung. Ihre Rechts___________ 60 So die herrschende sog. modifizierte Normtheorie, etwa RGZ 165, 140, 143; BGHZ 47, 172, 179; K. Schmidt, GR, S. 77 f. 61 Diese Konsequenz zieht indes auch die sog. Vertragstheorie nicht, s. etwa Soergel/ Hadding, BGB, § 25 Rdnr. 19 ff., 30, 32. 62 Dahingehend auch Wiedemann, DNotZ 1977, 99, 101 ff., 105 ff.; dagegen K. Schmidt, GR, S. 89 m. w. Nw. 63 Vertreten werden heute entsprechend der pragmatischen Haltung des BGB zumeist differenzierende Lösungen, vgl. Flume, RG, S. 54–62; Hübner, AT, Rdnr. 675; MünchKomm/Kramer, BGB, Vor § 116 Rdnr. 6 m. w. Nw. 64 Grundlegend v. Savigny, System III, S. 257 ff.; s. auch Windscheid, AcP 63 (1880), 72 ff.; Zitelmann, Irrtum, S. 229, 235 ff.; 255 ff. 65 Grundlegend Bähr, JherJb 14 (1875), 393, 401 ff.; zuvor schon Röver, Willenserklärung, insbes. S. 17 ff. 66 Grundlegend Larenz, Auslegung, S. 66 ff., der sich freilich auf Bülow, Geständnisrecht, S. 107 ff. beruft; weitere Vertreter sind insbes. Enneccerus/Nipperdey, AT 2, S. 898 f.; Soergel/Hefermehl, BGB, Vor § 116 Rdnr. 7. 67 v. Savigny, System III, S. 258.
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folge tritt ein, weil sie gewollt ist. Freilich ist die Willenserklärung stets auch ein „Sozialakt“, der subjektive Wille aber „ein inneres, unsichtbares Ereignis“. Deswegen „bedürfen wir eines Zeichens, woran er von anderen erkannt werden könne, und dieses Zeichen, wodurch sich der Wille offenbart, ist eben die Erklärung.“68 Grundsätzlich ist Schweigen daher ein nullum. Das ändert indes nichts daran, dass die Erklärung allein das dem Beweis zugängliche Mittel, ihr Inhalt aber nicht der Geltungsgrund von Willenserklärungen ist. Das zeigt sich mit großer Deutlichkeit an dem Grundsatz der falsa demonstratio non nocet. Danach kommt es nicht auf die objektive Erklärung, sondern den übereinstimmenden subjektiven Willen der Parteien an. Auch die allein subjektive Auslegung etwa von Testamenten ist anders nicht zu erklären. Da nun aber eine Willenserklärung auch Sozialakt ist, kann es nicht immer allein auf den Willen des Erklärenden ankommen, und zwar dann nicht, wenn sich die Willenserklärung an einen bestimmten oder unbestimmten Adressatenkreis richtet; denn das Risiko einer fehlenden Übereinstimmung zwischen subjektivem Willen und objektivem Erklärungsinhalt darf nicht einseitig auf den Erklärungsadressaten abgewälzt werden. Dieser Gedanke des Vertrauensschutzes ist der richtige Kern der Erklärungs- und Geltungstheorie und das Gesetz hat ihm in zahlreichen Bestimmungen Rechnung getragen.69 Selbstbestimmung und Vertrauensschutz sind also zum Ausgleich zu bringen. Dies geschieht dadurch, dass einerseits dem Erklärenden entsprechend dem mit der Selbstbestimmung korrespondierenden Grundsatz der Selbstverantwortung das Risiko, seinen Willen adäquat Ausdruck zu verleihen, bis zu einem gewissen Grad aufgebürdet wird. Andererseits wird dem Erklärungsadressaten aufgegeben, nicht „an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften“, sondern anhand der ihm erkennbaren Umstände – wozu auch die Verkehrssitte zu zählen ist – im Rahmen von Treu und Glauben den wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen, §§ 133, 157, 242 BGB. Freilich sind die Erkenntnismöglichkeiten von Erklärungsadressaten höchst unterschiedlich, was nicht zuletzt – aber auch nicht nur – davon abhängt, ob und inwieweit sie an der Abfassung der Willenserklärung beteiligt waren, was wiederum häufig mit der Größe des Adressatenkreises zusammenhän___________ 68 v. Savigny, wie vor. 69 Zu dem Wechselspiel zwischen der Maßgeblichkeit von Wille und Erklärung bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen vgl. nur § 116 Satz 2 BGB einerseits und § 116 Satz 1 BGB andererseits.
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gen wird. Dabei ist zu beachten, dass die Auslegung einheitlich zu erfolgen hat. Umstände, die nur einzelnen Adressaten bekannt oder erkennbar sind, müssen daher außer Betracht bleiben.70 Maßgeblich sind also die objektiven Erkenntnismöglichkeiten des jeweils unwissendsten Adressaten. 2. Geltung für Satzungen Grundsätzliche Unterschiede hinsichtlich der Auslegung von Willenserklärungen und Rechtsgeschäften, die sich an die Allgemeinheit richten und solchen an einen (eng) begrenzten Adressatenkreis, bestehen somit nicht.71 Das gilt auch für Gesellschaftsverträge und Satzungen.72 Insofern ist auch eine Unterscheidung zwischen „körperschaftlichen“ und „individualrechtlichen“ Vereinbarungen nicht gerechtfertigt. Im Blick auf Gesellschaftsverträge und Satzungen ist allerdings fraglich, wer der maßgebliche Adressatenkreis ist, ob er nämlich etwa in Gestalt von Gläubigern (und damit auch von Arbeitnehmern) stets auch die Allgemeinheit umfasst73, oder er sich allein auf die potentiellen74 oder gar nur die aktuellen Mitglieder75 erstreckt. Richtig erscheint allein Letzteres, da die mögliche Drittwirkung von Willenserklärungen auch sonst bei der Auslegung unberücksichtigt bleibt. Anders gewendet: Auch rein schuldrechtliche Abreden können allergrößte Bedeutung für Gläubiger haben und offen sein für die Erstreckung auf weitere Parteien durch Vertragsbeitritt. Gleichwohl richtet sich die Auslegung allein nach dem Verständnis der gegenwärtigen Parteien. Dem berechtigten Anliegen des Gläubigerschutzes ist auf andere Weise Rechnung zu tragen.76 Allerdings wird man bei Verbänden mit Fremdorganschaft nicht nur die Verbandsmitglieder, sondern auch alle anderen Organmitglieder zu den ___________ 70 BGHZ 28, 259, 264 f. 71 Palandt/Heinrichs, BGB, § 133 Rdnr. 12; s. auch BGHZ 28, 259, 263. 72 Im Ergebnis ebenso Grunewald, ZGR 1995, 68 ff.; vgl. auch BGHZ 63, 282, 290; anders BGHZ 47, 172, 179 f., sowie, wenngleich ganz uneinheitlich, die h. L. im Gesellschaftsrecht etwa K. Schmidt, GR, S. 87 ff.; Wiedemann, GR, S. 165 ff.; Kübler, GR, S. 151. 73 So die h. M. für die Satzungen von Vereinen und Kapitalgesellschaften: BGHZ 14, 25, 36 f.; BGH, GmbHR 1982, 129, 130; NJW 1994, 51, 52; Soergel/Hefermehl, BGB, § 133 Rdnr. 15; Erman/H. Palm, BGB, § 133 Rdnr. 37; MünchKomm/Mayer-Maly/ Busche, BGB, § 133 Rdnr. 34. 74 Dahingehend die auslegungsrechtlichen Folgen der von Reuter, Perpetuierung, S. 62, vorgeschlagenen Unterscheidung zwischen sog. Satzungs- und Vertragsgesellschaften. 75 So im Ergebnis namentlich Grunewald, ZGR 1995, 68 ff. m. w. Nw. und Einzelheiten. 76 Zutr. Grunewald, ZGR 1995, 68, 88 f.
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Adressaten der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags zählen müssen. Zwar sind sie gegenüber den Verbandsmitgliedern, d. h. gegenüber den Vertragsparteien Dritte. Aufgrund des organschaftlichen Rechtsverhältnisses sind sie jedoch der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag in gleicher Weise wie die Verbandsmitglieder unmittelbar unterworfen und daher ebenso wie diese Adressaten der Verbandsverfassung. All dies hat zur Folge, dass bei Verbänden mit zahlreichen Gründern, Mitgliederwechsel und Fremdorganschaft, Willensäußerungen oder Interessen von Gründern oder sonstige Vorgänge aus der Entstehungsgeschichte zumeist nicht berücksichtigt werden können, und zwar allein deshalb, weil sie unter derartigen Umständen regelmäßig nicht allen Beteiligten erkennbar sind. Deren Erkenntnismöglichkeiten werden sich vielmehr für gewöhnlich auf die Verbandsverfassung beschränken. Auch in diesen Fällen ist der Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung jedoch nicht gesetzesgleich normativ auszulegen; denn die Gesetzesauslegung wird durch die Verständnismöglichkeit des Adressatenkreises der Regelung weder begrenzt noch erweitert. Dagegen sind privatautonome Rechtsetzungen stets nach dem individuell-objektiven Verständnis der Beteiligten auszulegen. Dementsprechend ist Ziel der Auslegung von Gesetzen deren normativer Inhalt, während Ziel der Auslegung von Willenserklärungen deren objektiv-individueller Inhalt ist. 3. Revisibilität Das bedeutet indes nicht, dass die Auslegung von Willenserklärungen und Rechtsgeschäften und damit auch von Gesellschaftsverträgen und Satzungen nicht revisibel sei. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Es ist nämlich eine so verbreitete wie verfehlte Annahme, die Auslegung von Willenserklärungen sei grundsätzlich allein Sache des Tatrichters.77 Tatfrage ist vielmehr nur die Feststellung des auszulegenden Sachverhalts und der für die Auslegung maßgeblichen Umstände. Soweit diese Tatfragen noch nicht vollständig ermittelt sind, kann das Revisionsgericht freilich nicht zur Auslegung schreiten, sondern muss zurückverweisen. Sind diese Fragen jedoch vollständig festgestellt, so ist die Revision zwar an diese Feststellungen des Tatrichters gebunden, kann aber dessen Auslegung revidieren; denn die zutreffende Auslegung als solche ist Rechtsfrage.78 Dem entspricht es, dass ___________ 77 Etwa BGHZ 23, 263, 278; Zöller/Gummer, ZPO, § 546 Rdnr. 9 m. w. Nw. 78 Statt anderer MünchKomm/Mayer-Maly/Busche, BGB, § 133 Rdnr. 61; Soergel/ Hefermehl, BGB, § 133 Rdnr. 35, 36; Nierwetberg, JZ 1983, 237, 241.
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sich der Bundesgerichtshof (zu Recht) für befugt hält, die Auslegung des Tatrichters auf Übereinstimmung (u. a.) mit den gesetzlichen Auslegungsregeln und anerkannten Auslegungsgrundsätzen zu überprüfen und bei einem Verstoß hiergegen die Auslegung selbst vorzunehmen, wenn der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und weitere für die Auslegung erhebliche Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen, und zwar auch dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen.79 Freilich tut der Bundesgerichtshof in Anbetracht der Vielzahl der für eine Auslegung im Einzelfall möglicherweise maßgeblichen Umstände gut daran, Zurückhaltung bei der revisionsgerichtlichen Auslegung von Individualvereinbarungen zu üben. Eine solche Zurückhaltung ist indes dort nicht angebracht, wo aufgrund der beschränkten Erkenntnismöglichkeiten der Parteien und daher auch des Tatrichters eine Auslegung lediglich aus dem – zumal schriftlich festgelegten – Inhalt der Vereinbarung in Betracht kommt.80 Und eben – und nur – dies ist der zutreffende Kern der Rechtsprechung, wonach die Auslegung der Satzungen von Vereinen81 und Kapitalgesellschaften82 sowie die Auslegung des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzungen83 (mit Ausnahme von individualrechtlichen Bestimmungen) unbeschränkt der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegen. 4. Folgerungen für die Auslegung von Stiftungsgeschäft und -satzung Für die Auslegung von Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung sowie der Berücksichtigung des Stifterwillens hierbei bedeutet dies: Bis zur Genehmigung der Stiftung weist das Stiftungsgeschäft grundsätzlich (Ausnahme bei der Errichtung durch Vertrag) keinen geeigneten Erklärungsadressaten auf und ist daher allein subjektiv auszulegen. Mit der Genehmigung wird es Teil der Stiftungsverfassung, deren Adressaten die Mitglieder der Stiftungsorgane sind.84 (Im Blick hierauf findet auch bei einem Stiftungsvertrag ein Perspektivenwechsel statt.) Eine allein subjektive Auslegung kommt somit nun nicht mehr in Betracht.
___________ 79 BGHZ 65, 107, 112; 109, 19, 22; 121, 284, 289; BGH, NJW 1995, 45, 46; 1212, 1213. 80 Vgl. BGH, WM 1986, 289, 290. 81 BGH, wie vor, sowie BGHZ 47, 172, 179 f. 82 BGHZ 9, 279, 281; 14, 25, 36 f.; BGH, GmbHR 1982, 129, 130; NJW 1994, 51. 83 BGH, StiftRspr. I, S. 33, 34 f.; StiftRspr. III, S. 1; 27, 30; StiftRspr. IV, S. 58, 63; BGH, NJW 1994, 184, 185; BAG, StiftRspr. I, S. 97. 84 O. Werner in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 243, 253.
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Vielmehr hat die Auslegung individuell-objektiv zu erfolgen.85 Zu erforschen ist also der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Stifters, wie er im Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung objektiv zum Ausdruck gekommen ist. Der Stifterwille ist also das Auslegungsziel. Dabei ist die Erkenntnismöglichkeit der Stiftungsorgane regelmäßig auf den in den Stiftungsurkunden niedergelegten Willen der Stifter begrenzt. Im Einzelfall mögen weitere Urkunden (Schriftwechsel, Aktenvermerke oder Erläuterungen) hinzukommen. Enthält das Stiftungsgeschäft bzw. die Stiftungssatzung individualrechtliche Bestimmungen, gilt nach der hier entwickelten Auffassung nichts prinzipiell anderes. Der maßgebliche Empfängerhorizont kann freilich ein anderer sein, je nach dem, wer der Erklärungsadressat ist. Handelt es sich etwa um eine Vereinbarung unter einzelnen von mehreren Stiftern, so ist auf deren Erkenntnismöglichkeit zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung abzustellen. Verpflichtet sich hingegen der Stifter in der Stiftungssatzung schuldrechtlich, der Stiftung in der Zukunft weiteres Vermögen zuzuwenden, so ist die Stiftung Erklärungsadressat, mit der Folge, dass es wiederum auf die Erkenntnismöglichkeit der Stiftungsorgane ankommt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung des Stifterwillens ist die Stiftungsgenehmigung; denn spätestens zu diesem Zeitpunkt hat das Stiftungsgeschäft seine endgültige Form gefunden. Nachträgliche Willensänderungen oder -konkretisierungen des Stifters sind grundsätzlich außer Betracht zu lassen. Ihnen kommt allenfalls indizielle Bedeutung zu.86 Der maßgebliche Zeitpunkt der Ermittlung der Erkenntnismöglichkeiten der Stiftungsorgane ist hingegen der Zeitpunkt der Entscheidung. Das hat zur Folge, dass sich die Auslegung von Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung mit der Zeit verändern können. Ein solch dynamisches Verständnis ist bei Dauerrechtsverhältnissen ganz im Allgemeinen zu befürworten,87 was frei-
___________ 85 „Mit der Genehmigung der Stiftung, durch die diese Rechtsfähigkeit erlangt, wird der Stifterwille verselbständigt und objektiviert“, BGH, StiftRspr. IV, S. 58, 60; im Anschluss daran ebenso OVG Bremen, StiftRspr. IV. S. 127, 129; aus der Lit. O. Werner in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 243, 259. 86 Das verkennen OLG Koblenz, NZG 2002, 135; LG Mainz, NZG 2002, 738, 740 (beide zu Eckes); zutr. dagegen OLG Stuttgart, Urteil vom 19.12.2001, Az. 4 U 147/00; S. 17; OLG Stuttgart, Urteil vom 27.6.2003, Az. 5 U 162/2002, S. 15 (beide zu Carl-Zeiss); aus der Literatur statt anderer Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 22, § 85 Rdnr. 3. 87 Vgl. Grunewald, ZGR 1995, 68, 69; MünchKomm/Mayer-Maly/Busche, BGB, § 133 Rdnr. 5 m. w. Nw.
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lich nicht bedeutet, dass die Stiftungsorgane ihr „modernes“ Verständnis an die Stelle des erkennbaren Stifterwillens setzen dürften.88 Hiervon zu unterscheiden ist schließlich die Frage, inwieweit eine von dem Stiftungsgeschäft oder der -satzung abweichende Übung der Stiftungsorgane bei der Auslegung zu berücksichtigen ist. Im Stiftungsrecht spielt diese Frage vornehmlich bei betagten Stiftungen eine Rolle.89 Bei der Beantwortung der Frage ist zu berücksichtigen, ob und inwieweit den Stiftungsorganen in der Stiftungsverfassung die Möglichkeit eingeräumt ist, auf die Stiftungssatzung einzuwirken (s. u. § 13). Soweit sie die tatsächliche Handhabung durch eine förmliche Satzungsänderung legitimieren könnten, ist diese nachzuvollziehen.90 Soweit keine Änderungsbefugnis besteht, ist jede Abweichung von der Stiftungsverfassung rechtswidrig. Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass entgegen älterer Rechtsprechung91 und traditioneller Lehre92 die Auslegungskompetenz nicht verbindlich auf ein Stiftungsorgan oder die Stiftungsaufsicht übertragen werden kann93. Grund hierfür ist die Gefahr, dass eine solche Kompetenz willentlich oder unwillentlich zu versteckten Satzungsänderungen gebraucht und damit die gesetzlich zwingende Kompetenzverteilung zwischen den Stiftungsorganen einerseits (die nur unter den im Gesetz oder der Satzung bestimmten Voraussetzungen die Satzung ändern dürfen) und der Stiftungsaufsicht andererseits (die Satzungsänderungen genehmigen muss, aber nur ausnahmsweise selbst vornehmen kann) unterlaufen werden könnte.94 Deswegen ist insofern auch
___________ 88 89 90 91 92
Instruktiv KG, StiftRspr. III, S. 50 ff. Seifart/v. Campenhausen/Hof § 7 Rdnr. 112. Vgl. auch K. Schmidt, GR, S. 91 f. m. w. Nw., sowie jüngst BGH, DB 2005, 514 f. RGZ 100, 230, 234. Ebersbach, Handbuch, S. 47; RGRK/Steffen, BGB, § 85 Rdnr. 2; Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 6; Palandt/Heinrichs, BGB, § 85 Rdnr. 2; Erman/O. Werner, BGB, § 85 Rdnr. 3. 93 Dagegen zu Recht MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 7; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 4; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 114 ff.; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 81 Rdnr. 2; Hoppe, abhängige Stiftung, S. 32; Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 103 f. 94 Gegen die verbindliche Übertragung der Auslegungskompetenz auf ein Stiftungsorgan wird zumeist geltend gemacht, dass hierdurch die Stiftungsaufsicht teilweise unterlaufen würde. Das trifft es jedoch nicht; denn Maßstab der Stiftungsaufsicht ist die Stiftungsverfassung in ihrer jeweiligen Gestalt. Unter diesem Gesichtspunkt ist daher auch nichts gegen Satzungsänderungskompetenzen zugunsten von Stiftungsorganen einzuwenden, s. u. § 13 A.II.2.c.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
keine Ausnahme zugunsten des Stifters oder der Destinatäre zuzulassen.95 Wohl aber kann der Stifter ein Schiedsgericht vorsehen.96
___________ 95 Nach der hier vertretenen Auffassung kann sich der Stifter das Recht vorbehalten oder den Destinatären einräumen, die Stiftungssatzung nach freiem Ermessen zu ändern, s. u. § 13 A.II.3. Ein solches Recht lässt jedoch die Kompetenzen der Stiftungsaufsicht unberührt, s. u. § 13 A.II.2.c. 96 Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 20; zu Schiedsvereinbarungen im Gesellschaftsrecht s. die Leitentscheidung BGHZ 132, 278, sowie aus der Lit. Berger, ZHR 164 (2000), 295 ff.; K. Schmidt, ZHR 162 (1998), 265 ff., und nunmehr BGHZ 160, 127.
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§ 8 Exkurs: Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht Das BGB enthält abseits von § 87 BGB keine Bestimmungen über die Stiftungsaufsicht1, sondern setzt sie als gegeben voraus.2 Ihre Ausgestaltung ist seit jeher den Ländern vorbehalten und dementsprechend unterschiedlich. Die Landesstiftungsgesetze weisen freilich auch starke systematische und inhaltliche Gemeinsamkeiten auf.3 Die Stiftungsaufsicht ist weder Teil der Verfassung der Stiftung (s. o. § 7 D.) noch die jeweilige Behörde etwa gar Organ der Stiftung (s. u. § 9). Gleichwohl kann sie insbesondere aufgrund von gesetzlichen Genehmigungsvorbehalten erheblichen Einfluss auf die Stiftung haben.4 Bevor wir uns der Organisationsverfassung der Stiftung zuwenden, wird die Stiftungsaufsicht daher an dieser Stelle – gleichsam vor der Klammer – behandelt.
A. Zweck, Aufgaben und Grenzen der Stiftungsaufsicht Die Stiftungsverwaltung ist bei ihrer Tätigkeit an die Verfassung der Stiftung, insbesondere an den Stiftungszweck, gebunden. Infolge ihrer Mitgliederlosigkeit fehlen der Stiftung jedoch grundsätzlich Personen, die die Einhaltung dieser Verpflichtung aus eigenem Recht durchsetzen können. Auch der Stifter und die Destinatäre sind hierzu regelmäßig nur befugt, wenn die Stiftungsverfassung ihnen dahingehende Rechte einräumt.5 Vor diesem Hin___________ 1 Umfassend Andrick/Suerbaum, Aufsicht, insbes. §§ 4, 7, 8. 2 Grundsätzlich ist zwischen Anerkennungs- und Aufsichtsbehörde zu unterscheiden. In den meisten Bundesländern werden beide Funktionen jedoch von derselben Behörde wahrgenommen. 3 Vgl. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 11, Anlagen 4 bis 6. Inzwischen wurden allerdings 10 von 16 Landesgesetzen der neuen bürgerlich-rechtlichen Rechtslage angepasst. Auch diese Anpassungen geschahen freilich teilweise im „Gleichschritt“. Im Detail gibt es jedoch nach wie vor derart erhebliche Unterschiede, dass es sich aus Sicht eines Stifters lohnt, die verschiedenen Landesstiftungsgesetze miteinander zu vergleichen und den Sitz der Stiftung sodann in das Land zu legen, dass ihm für sein Vorhaben am günstigsten erscheint. 4 Neben der Stiftungsaufsicht üben auch die Finanzbehörden eine gewisse Kontrolle über die Stiftung aus, die insbesondere bei gemeinnützigen Stiftungen oft von geradezu existentieller Bedeutung sein kann. Hinzutreten kann überdies eine Kontrolle durch Abschlussprüfer o. ä. Näher zu dieser Mehrfachkontrolle und ihren Grenzen Schulte, DÖV 1996, S. 497 ff. 5 Vgl. BGH, StiftRspr. III, S. 149 ff., einerseits und BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff., andererseits; näher u. § 16.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
tergrund ist es Sinn und Zweck der Stiftungsaufsicht, die Rechtmäßigkeit der Stiftungsverwaltung zu überwachen und auf diese Weise die Stiftung vor einem stiftungsverfassungswidrigen Verhalten ihrer Organe zu schützen.6 Die Stiftungsaufsicht ist in erster Linie „Garant des Stifterwillens“7, der Stifterwille wichtigster Maßstab der Stiftungsaufsicht8. Im Blick hierauf soll sie nach herrschender Meinung jedoch nicht nur dem Schutz der Stiftung durch Disziplinierung der Stiftungsorgane, sondern auch ihrer Förderung und Beratung dienen.9 Letzteres ist freilich, wie Reuter zu Recht herausstellt, nicht unproblematisch, besteht doch die Gefahr, dass eine Beratungstätigkeit die Unbefangenheit der Aufsichtsbehörde beeinträchtigt und die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Stiftungsorgane schwächt.10 Führt die Beratungstätigkeit zu rechtswidrigen, weil mit der Stiftungsverfassung nicht übereinstimmenden „Verhandlungslösungen“11, infolge deren der Stiftung ein Schaden entsteht, wird sich die Stiftungsaufsichtsbehörde faktisch gehindert sehen, die verantwortlichen Mitglieder der Stiftungsorgane zur Verantwortung zu ziehen, zumal ihr in diesem Fall ein Regress in Form von Amtshaftungsansprüchen (§ 839 BGB, Art. 34 GG) droht. M. a. W. kann die Beratungstätigkeit zu einer faktischen Übernahme von Mitverantwortung der Stiftungsaufsichtsbehörde – die sie als bloße Rechtsaufsichtsbehörde weder trägt noch übernehmen darf12 – und einem impliziten „Nichtangriffspakt“ zwischen Stiftungsvorstand und Stiftungsaufsicht führen, vor allem wenn ein Einschreiten Dritter (wie etwa von Destinatären, dazu sogleich) nicht zu besorgen ist. Um dergleichen Missständen vorzubeugen, sollte sich die Stiftungsaufsicht ___________ 6 Etwa BVerwGE 106, 177, 180; BVerwG, StiftRspr. II, S. 89, 92; BGH, StiftRspr. III, S. 27, 29 f., 32; BayVGH, StiftRspr. II, S. 18, 23; KG, WM 1968, 903, 905, OVG Berlin, NVwZ-RR 2003, 323, 324; aus der Literatur statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 68; Kronke, Stiftungstypus, S. 148; alle m. w. Nw. 7 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 5. 8 Vgl. Art. 2 Abs. 1 BayStiftG, §§ 2 BWStiftG, 6 Abs. 1 BbgStiftG, 3 BreStiftG, 4 Abs. 1 HbgStiftG, 5 HeStiftG, 2 MVStiftG, 2 NdsStiftG, 4 Abs. 1, 6 Abs. 2 NRWStiftG, 1 Abs. 1, 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 S. 1 RPStiftG, 5 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 2 SaStiftG, 2 SAStiftG, 2 ThStiftG. 9 S. etwa Art. 19 BayStiftG sowie BayVGH, StiftRspr. II, S. 18, 23, 25 f.; BVerwG, StiftRspr. II, S. 89, 92; Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 56 f.; aus der Literatur Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 28, 38, 42, 45 f.; Andrick/ Suerbaum, Aufsicht, § 4 Rdnr. 14 ff. 10 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 13, 69. 11 Nach dem Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, S. 55, ist „die Stiftungsaufsicht grundsätzlich auf Dialog und einvernehmliche Konfliktlösung gerichtet“. 12 Die Begr. RegE, BT-Drs. 14/8894, S. 10 ist insofern rechtsirrig, s. dazu schon oben § 5 C.I.2. und ausf. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 62 ff., 69.
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§ 8 Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht
daher auf die Rechtsaufsicht beschränken, und die Stiftung für Beratungsleistungen an Verbände oder einschlägig ausgewiesene Rechtsberater verweisen. Dem Schutz des Stifters, der Destinatäre oder sonst an der Stiftung Interessierter, insbesondere der Organmitglieder, dient die Stiftungsaufsicht dagegen nur reflexartig. Die Stiftungsaufsicht ist allein im Interesse der Stiftung selbst sowie im Allgemeininteresse („Gemeinwohlgefährdung“), nicht aber im Interesse Einzelner gegeben.13 Das ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der landesstiftungsrechtlichen Regelungen. Stifter, Destinatäre oder Organmitglieder haben daher keinen Anspruch auf ein Einschreiten der Behörde, und zwar auch dann nicht, soweit ihnen nach der Stiftungssatzung subjektive Rechte zustehen. In diesem Fall haben sie jedoch die Möglichkeit, ihre Interessen vor den Zivilgerichten zu verfolgen.14 Sind Stiftern und Destinatären in der Stiftungssatzung hingegen keine Rechte eingeräumt, so führt dies im Ergebnis dazu, dass sie keine Möglichkeit haben, gegen rechtswidrige Maßnahmen der Stiftungsverwaltung vorzugehen. Damit aber liegt es in der Macht der Stiftungsaufsicht, ein rechtswidriges Verhalten der Stiftungsorgane (in einem sowohl vom Bundesgerichtshof als auch vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall15 eine ungerechtfertigte, Destinatärinteressen verletzende Zweckänderung) gutzuheißen, ohne dass dies von dem Stifter oder Destinatären gerügt werden könnte. Diesem wenig befriedigenden Ergebnis,16 kann der Stifter nur durch entsprechende Vorsorge in der Satzung abhelfen.17 Neben dem Integritätsinteresse der Stiftung soll die Aufsicht ferner dem Schutz der Allgemeinheit vor einem nicht durch Eigentümerinteressen kontrollierten Rechtsträger dienen.18 Dabei ist es freilich nicht Aufgabe der Be___________ 13 BGH, StiftRspr. IV, S. 58, 60 f.; OVG Berlin, StiftRspr. III, S. 152, 153; OVG Lüneburg, StiftRspr. IV, S. 8, 9, bestätigt durch BVerwG, StiftRspr. IV, S. 27 ff.; VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5 ff.; OVG NW, NWVBl. 1992, 360; OVG Berlin, NVwZ-RR 2003, 323, 324, und dazu Andrick/Suerbaum in: Dt. Stiftungswesen 1988– 98, S. 236; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 75; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 62; m. w. Nw.; a. A. hinsichtlich des Stifters offenbar Seifart/ v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 83. 14 Vgl. u. § 11 C.III.2., § 15 A.V. 15 Vgl. BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff.; OVG Lüneburg, StiftRspr. IV, S. 8 ff., bestätigt durch BVerwG, StiftRspr. IV, S. 27 ff. S. ferner KG, StiftRspr. I, S. 163 ff. einerseits und KG, StiftRspr. II, S. 68 ff. andererseits. 16 S. auch MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 75. 17 Zum Ganzen näher u. §§ 11 und 16. 18 Vgl. Reuter, Perpetuierung, S. 92 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
hörde, die Einhaltung von nicht stiftungsspezifischen Rechtsvorschriften, die die Stiftung als Teilnehmerin am allgemeinen Rechtsverkehr beachten muss, zu überwachen.19 Im Gegenteil: Stiftungsaufsichtsrechtliche Maßnahmen, die dem Schutz Dritter dienen und die Stiftung hindern, vor den jeweils zuständigen Gerichten ihr Recht zu suchen, insbesondere faktisch zu einer Verlagerung der Streitentscheidung auf den Verwaltungsrechtsweg führen würden, sind unzulässig.20 Vielmehr gilt die Aufsicht im Interesse der Allgemeinheit nur dem Schutz vor einer Gemeinwohlgefährdung i. S. d. §§ 80 Abs. 2, 87 BGB sowie der Sicherung der Verkehrstauglichkeit der Stiftung.21 Maßstab der Stiftungsaufsicht sind daher neben der Stiftungsverfassung i. S. d. § 85 BGB allein zivil- und öffentlich-rechtliche Rechtsvorschriften zum Schutz der Allgemeinheit.22 Ein darüber hinausgehendes Interesse der Allgemeinheit an der dauerhaften Erfüllung des Stiftungszwecks und der Rechtmäßigkeit der Stiftungsverwaltung ist dagegen auch dann nicht anzuerkennen, wenn die Stiftung gemeinnützige Zwecke i. S. d. AO verfolgt. Hierüber zu wachen ist nämlich nicht Aufgabe der Stiftungsaufsicht, sondern der Finanzverwaltung.23 Dementsprechend darf die Behörde schon gar keine anderweitigen, nicht in der Stiftungsverfassung zum Ausdruck kommenden öffentliche Belange bei der Stiftungsaufsicht berücksichtigen. Die Stiftungsaufsicht darf keinesfalls zur Durchsetzung staatlicher Interessen instrumentalisiert werden. Vielmehr ist die Autonomie der Stiftung grundgesetzlich geschützt, Art. 19 Abs. 3 i. V. m. 2 Abs. 1 GG sowie ggf. den speziellen Freiheitsrechten.24 Auch Zweckmäßigkeitserwägungen sind der Behörde daher verwehrt. Die Stiftungsaufsicht ist auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränkt. Die neuen ___________ 19 BayVGH, StiftRspr. II, S. 18, 26; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 8, 13. 20 Eine Ausnahme gilt allenfalls, wenn das Verhalten der Stiftungsorgane „gleichsam den Stempel der Gesetzwidrigkeit an sich trüge“, BayVGH, StiftRspr. II, S. 18, 25 ff. (26) m. Anm. Leisner S. 28, 29. 21 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 67; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 61. 22 Die Verkehrstauglichkeit der Stiftung wird in erster Linie dadurch sichergestellt, dass die Behörde auf eine der Satzung entsprechende Zusammensetzung der Stiftungsorgane zu achten hat. 23 Zutr. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 78; a. A. Andrick/Suerbaum, Aufsicht, § 4 Rdnr. 23. 24 BVerwG, StiftRspr. II, S. 89 ff. m. Anm. Leisner, DÖV 1973, S. 273 ff.; Seifart, DVBl 1973, 797 f.; ders., WissR 1974, S. 34 ff., und Scheyhing, JZ 1973, S. 695 ff.; eingehend auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 104 ff. m. w. Nw.
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§ 8 Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht
Stiftungsgesetze der Länder stellen diese Rechtslage ausdrücklich klar.25 Die älteren Stiftungsgesetze waren dahingehend verfassungskonform auszulegen.26 Die Behörde darf mithin nicht ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Stiftungsorgane setzen. Überdies hat die Behörde die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität zu beachten. Einige Autoren sehen daher die Stiftungsaufsicht auf eine bloße Missbrauchsaufsicht beschränkt.27 Eine weitere und neben der Beschränkung auf eine bloße Rechtsaufsicht wichtigste Grenze der Stiftungsaufsicht sind schließlich die Befugnisse der Behörde; denn der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gebietet, dass jeder Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Autonomie der Stiftung einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Daher kann nicht etwa von den Aufgaben der Stiftungsaufsicht auf die Befugnis zu zweckentsprechenden Eingriffen geschlossen werden.28 Vielmehr muss gesetzlich im Einzelnen bestimmt sein, welche belastenden Maßnahmen die Behörde ergreifen kann und darf.29
B. Befugnisse der Stiftungsaufsicht Die Befugnisse der Stiftungsaufsichtsbehörden nach den Landesstiftungsgesetzen unterscheiden sich zum Teil erheblich. In Anschluss an Rawert 30 lassen sie sich systematisieren in: – Unterrichtungs- und Prüfungsbefugnisse,31 ___________ 25 Art. 18 Abs. 1 BayStiftG, §§ 8 Abs. 1 BWStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 BlnStiftG, 6 Abs. 1 BbgStiftG, 11 S. 1 BreStiftG, 5 Abs. 1 HbgStiftG, 10 Abs. 1 HeStiftG, 14 Abs. 1 MVStiftG, 10 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 6 Abs. 1 NRWStiftG, 9 Abs. 1 RPStiftG, 10 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 18 SaStiftG, 18 SAStiftG, 8 Abs. 1 SHStiftG, 18 ThStiftG. 26 BVerwG, StiftRspr. II, S. 89 ff. m. Anm. Leisner, DÖV 1973, S. 273 ff.; Seifart, DVBl 1973, 797 f.; ders., WissR 1974, S. 34 ff.; Scheyhing, JZ 1973, S. 695 ff. 27 So Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 30. 28 Statt anderer Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 30 Rdn. 18 a. E. m. w. Nw. 29 § 8 Abs. 1 S. 2 HbgAGBGB, wonach der Umfang der Stiftungsaufsicht dem Ermessen der Behörde anheim gestellt ist, betrifft daher bei verfassungskonformer Auslegung nur das Handlungsermessen hinsichtlich der Intensität der Aufsicht, nicht aber ein Auswahlermessen hinsichtlich von in den §§ 9 ff. HbgAGBGB nicht genannten Befugnissen. 30 Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 69. 31 Vgl. Art. 20, 24 f. BayStiftG, §§ 9 BWStiftG, 8 und 9 BlnStiftG, 6 Abs. 2 und 3, 7 Abs. 2 BbgStiftG, 12 BreStiftG, 6 Abs. 1 HbgStiftG, 12 HeStiftG, 15 MVStiftG, 11 Abs. 1 NdsStiftG, 7 Abs. 3 NRWStiftG, 9 Abs. 3 RPStiftG, 11 SaarStiftG, 19 Abs. 1 SaStiftG, 19 Abs. 1 SAStiftG, 8 Abs. 2, 10 SHStiftG, 19 Abs. 1 ThStiftG s. dazu auch u. § 21 F.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
– Beanstandungs- und Anordnungsbefugnisse sowie Befugnisse zur Ersatzvornahme,32 – Genehmigungsvorbehalte hinsichtlich von Grundlagenbeschlüssen33, – Zustimmungsvorbehalte hinsichtlich bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen,34 – Befugnisse zur Abberufung und Bestellung von Organmitgliedern,35 – Befugnisse zur Bestellung von Beauftragten und Sachwaltern,36 – Befugnisse zur Geltendmachung von Ansprüchen der Stiftung gegen ihre Organmitglieder37 sowie – Befugnisse zu Grundlagenänderungen38. Diese Befugnisse sind an dieser Stelle nicht näher zu untersuchen.39 Soweit aus Sicht dieser Arbeit erforderlich, werden sie vielmehr im jeweiligen Sachzusammenhang erörtert. Festzuhalten ist hier nur, dass es sich bei Maßnahmen der Stiftungsaufsicht um Verwaltungsakte handelt, gegen die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.40 ___________ 32 Vgl. Art. 20 Abs. 4, 5 BayStiftG, §§ 10, 11 BWStiftG, 9 Abs. 3 BlnStiftG, 8 BbgStiftG, 13 Abs. 1, 2, 4 BreStiftG, 6 Abs. 2, 15 HbgStiftG, 13 und 14 HeStiftG, 16 und 17 MVStiftG, 12 f. NdsStiftG, 8 NRWStiftG, 9 Abs. 4 RPStiftG, 12 f. SaarStiftG, 19 Abs. 2 SaStiftG, 19 Abs. 2 SAStiftG, 11 f. SHStiftG, 19 Abs. 2 ThStiftG. 33 Art. 9 Abs. 3 S. 1 BayStiftG, §§ 6 S. 2, 14 Abs. 2 BWStiftG, 5 Abs. 1 BlnStiftG, 10 BbgStiftG, 8 Abs. 2 BreStiftG, 7 Abs. 3 HbgStiftG, 9 Abs. 1 HeStiftG, 12 S. 2 MVStiftG, 7 Abs. 3 NdsStiftG, 5 Abs. 2 S. 3 NRWStiftG, 21 Abs. 1 S. 2, 22 Abs. 2 RPStiftG, 5 Abs. 2 SaarStiftG, 21 Abs. 3 S. 1 SaStiftG, 21 Abs. 3 S. 1 SAStiftG, 5 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 SHStiftG, 21 Abs. 3 S. 1 ThStiftG; näher dazu u. § 13 B. 34 Vgl. Art. 25 BayStiftG, §§ 13 BWStiftG, 20 MVStiftG, 9 SHStiftG, näher dazu u. § 10 B.II.2. 35 Vgl. Art. 21 BayStiftG, §§ 12 BWStiftG, 4, 9 Abs. 5 BlnStiftG, 9 Abs. 1 und 2 BbgStiftG, 13 Abs. 3, 14 BreStiftG, 6 Abs. 3 HbgStiftG, 15 HeStiftG, 18 MVStiftG, 14, 15 NdsStiftG, 9 Abs. 1 und 2 NRWStiftG, 14, 15 SaarStiftG, 19 Abs. 3, 4 SaStiftG, 19 Abs. 3, 4 SAStiftG, 13 SHStiftG, 19 Abs. 3, 4 ThStiftG; s. dazu u. § 14 A.IV., B.III. 36 Vgl. §§ 9 Abs. 3 BbgStiftG, 6 Abs. 4 HbgStiftG, 16 HeStiftG, 19 MVStiftG, 9 Abs. 3 NRWStiftG, 9 Abs. 6 RPStiftG, 13 SaarStiftG, 14 SHStiftG, u. § 14 A.IV. 37 Vgl. Art. 23 BayStiftG, §§ 16 NdsStiftG, 11 NRWStiftG, dazu u. § 13 C. 38 Art. 15 BayStiftG, §§ 6 S. 2 BWStiftG, 9 BreStiftG, 7 Abs. 4 HbgStiftG, 12 S. 1 MVStiftG, 8 NdsStiftG, 10 NRWStiftG, 8 SaarStiftG, 22 SaStiftG, 22 SAStiftG, 6 SHStiftG, 22 ThStiftG, s. dazu u. § 13 C. 39 Ausführlich Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 101 ff.; Andrick, Staatsaufsicht, S. 126 ff.; Härtl, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 53 ff. 40 Heute – nachdem das KG seine abweichende Auffassung (Justizverwaltungsakt) aufgegeben hat (KG, StiftRspr. III, S. 122) – allg. M. Es gelten die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, näher Andrick/Suerbaum, Aufsicht, § 9; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 96 ff.; vgl. auch § 6 D.IV.
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§ 8 Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht
C. Grundsätze der Ausübung der Stiftungsaufsicht41 Die Stiftungsaufsicht ist, wie gesagt, auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränkt und darf daher nicht die Zweckmäßigkeit, sondern nur die Verfassungsmäßigkeit (i. S. d. § 85 BGB) und damit vor allem die Zweckgemäßheit von Maßnahmen der Stiftungsverwaltung prüfen. Dabei steht der Behörde einerseits ein Handlungsermessen hinsichtlich der Intensität der Aufsicht und andererseits ein Auswahlermessen hinsichtlich der ihr gesetzlich eingeräumten Befugnisse zu. Insoweit gelten die allgemeinen in § 40 VwVfG und den entsprechenden Landesvorschriften verankerten Grundsätze der Ermessenslehre. Zu beachten hat die Behörde daher insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Jede von ihr getroffene Maßnahme muss geeignet und erforderlich sein (mildestes Mittel) und darf nicht übermäßig in die verfassungsrechtlich geschützten Rechte der Stiftung eingreifen.42 Hieraus folgt zugleich das von der Behörde einzuhaltende Subsidiaritätsprinzip.43 Es besagt, dass die Entscheidungskompetenz der Stiftung gegenüber der Stiftungsaufsicht Priorität genießt. Der Stiftungsaufsicht ist lediglich die Rolle eines „watchdog of the last resort“ zugewiesen. Ihre Eingriffskompetenz ist nachrangig. Die Behörde hat daher, bevor sie eine die Stiftung belastende Maßnahme ergreift, nicht nur die Stiftung anzuhören (vgl. § 28 VwVfG), sondern ihr ggf. auch Gelegenheit zur eigenverantwortlichen Abhilfe zu geben.44 Überdies ist die Stiftungsaufsichtsbehörde nicht gehalten, bei jeder (möglicherweise) stiftungsrechtswidrigen Maßnahme der Stiftungsorgane einzugreifen. Vielmehr gebietet das Opportunitäts- i. V. m. mit dem Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsprinzip, dass die Behörde auch Aspekte berücksichtigen muss, die gegen ein Einschreiten sprechen, wie etwa die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Stiftungsorgane, die Unklarheit der Rechtslage oder die Geringfügigkeit der Rechtsverletzung sowie ggf. die Möglichkeit Dritter, sich gegen rechtswidrige Maßnahmen der Stiftungsorgane prozessual zur Wehr zu setzen.45 Einzugreifen verpflichtet ist sie allerdings jedenfalls dann, wenn der Stiftung ein nicht nur verhältnismäßig ___________ 41 Zur stiftungsaufsichtsrechtlichen Praxis s. eingehend Andrick, Staatsaufsicht, S. 126 ff.; Härtl, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 53 ff., 124 ff. 42 Statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 69 m. w. Nw. 43 BGH, NJW 1994, 184, 186; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 11, 25; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 70. 44 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 85. 45 Andrick, Staatsaufsicht, S. 90; Hassel, DVBl 1985, 697, 702.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
geringer Schaden droht. Andernfalls entstehen ihr gegenüber Amtshaftungsansprüche gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG.46
D. Bewertung der Stiftungsaufsicht Funktional bleibt die Stiftungsaufsicht durch ihre Beschränkung auf eine bloße Rechtsaufsicht hinter einer Eigentümerkontrolle zurück. Das durch wirtschaftliches Eigeninteresse gesteuerte Verhalten von Mitgliedern sowie der hieraus resultierende Zwang zum Ausgleich ihrer Interessen bietet idealtypischerweise eine „Richtigkeitsgewähr“47 auch hinsichtlich der Zweckmäßigkeit von Entscheidungen des Verbandes. Allerdings kann auch im Verbandsrecht der Interessenausgleich durch Mehrheitsherrschaft gestört sein (Problem des Minderheitenschutzes), fehlen (Problem der EinpersonenGesellschaften) oder es können die Mitglieder aufgrund der Verfassung oder Realstruktur des Verbandes gehindert sein, ihre Interessen in ausreichendem Maße zur Geltung zu bringen (Problem der Publikumsverbände). In allen diesen Fällen entsteht daher – wenn auch in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Maße – die aus dem principal-agent-Problem48 folgende Frage, wie einem suboptimalen Verhalten der Organmitglieder zulasten des Verbandes, seiner (Minderheits-)Gesellschafter und Gläubiger vorgebeugt werden kann (Frage der sog. corporate governance). Bei der Stiftung ist diese Frage aufgrund ihrer Mitgliederlosigkeit besonders dringlich. Aus diesem Grund wurde die Stiftungsaufsicht früher gleichsam als „Obervormund“ der Stiftung angesehen.49 Abgesehen davon, dass diese Auffassung wegen des Grundrechtsschutzes der Stiftung überholt ist, konnte sie jedoch mangels mitgliedschaftlichen Eigeninteresses der Behörde ebenfalls keine „Richtigkeitsgewähr“ bieten. Vielmehr ist es allein Sache des Stifters, durch eine entsprechende Fassung der Stiftungssatzung eine möglichst optimale Verwaltung der Stiftung sicherzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein der Stifter selbst und die Destinatäre50 ein Mitgliedern vergleichbares Interesse an einer optimalen Zweckverfolgung haben. Durchsetzen können sie dieses Interesse jedoch nur, wenn der Stifter sich entsprechende Rechte vorbehalten bzw. den Destinatären eingeräumt hat – was ___________ 46 47 48 49
S. hierzu u. § 25 F. S. o. § 3 B.I.2. S. speziell zur Stiftung Wernicke, ZEV 2003, 301, 302 m. Nw. Liermann, in: Dt. Stiftungswesen 1948–1966, S. 214, 216 ff.; Ballerstedt, Gutachten 44. DJT, S. 48; s. auch MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 61 ff. 50 S. RGZ 61, 28, 36; RG, JW 1909, 160.
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§ 8 Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht
dementsprechend zu empfehlen ist und in der Praxis daher auch vielfach geschieht.51 De lege ferenda ist schließlich darüber nachzudenken, die generelle Staatsaufsicht durch eine gerichtliche Einzelfallkontrolle zu ersetzen.52 In der Vergangenheit hat sich nämlich gezeigt, dass die Aufsichtsbehörden allzu oft ihren Aufgaben nicht gewachsen sind53. Zudem neigen sie trotz der Beschränkung auf eine bloße Rechtsaufsicht dazu, eigene Ziele zu verfolgen. Anstatt über die Befolgung des Stifterwillens zu wachen, wird der Stifterwille in Zusammenwirken mit den Stiftungsorganen nicht selten in einer der Verwaltung nützlichen Weise interpretiert. Ferner ist zu bedenken, dass nach Angaben aus der Praxis ohnehin nur ca. 4 % der Stiftungen einer intensiven Aufsicht bedürfen, weil ein Handeln der Organe bzw. der Organmitglieder zulasten der Stiftung zu befürchten steht.54 Hält man sich ferner vor Augen dass sich die Mehrzahl dieser Fälle durch ein Verbot von Rechtsgeschäften zwischen Organmitgliedern und Stiftung erledigen ließe,55 so ist zu fragen, ob die generelle Staatsaufsicht womöglich nicht mehr Schaden als Nutzen stiftet. Dementsprechend ist das Fehlen der Staatsaufsicht eines der Hauptargumente für die Wahl von Ersatzformen der Stiftung. Tatsächlich ist die Stiftungsaufsicht in ihrer derzeitigen Form kein begriffsnotwendiges Merkmal der Stiftung.56 Auch verfassungsrechtlich ist der Gesetzgeber nicht gezwungen, eine Stiftungsaufsicht vorzusehen.57 Um die Staatsaufsicht ablösen zu können, bedarf es allerdings eines ausgewogenen gesetzlichen Systems von checks and balances, beginnend mit stiftungsinternen Kontrollmechanismen über Berichts- und Publizitätspflichten58 bis hin zu Klagerechten von „Stiftungsinteressierten“. Das soll hier nicht näher ausgeführt werden.
___________ 51 52 53 54 55 56
Näher u. § 16 A.II, B.IV. S. dazu Muscheler, ZRP 2000, 390, 393 f.; Reuter, FS Hadding, S. 231, 237 f. Vgl. Toepke, Staatsaufsicht, S. 95; Muscheler, ZRP 2000, 390, 391 ff. Peiker, ZSt 2003, 79, 82. Vgl. Muscheler, ZRP 2000, 390, 393; Peiker, ZSt 2003, 79, 82, 84, 85 f. BGH, StiftRspr. III, S. 138, 145; aus der Lit. statt anderer Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 80; Kronke, Stiftungstypus, S. 156.; Schwarz, ZEV 203, 306, 309; a. A. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 85 Rdnr. 16. 57 Zutr. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 9. 58 Vgl. auch Peiker, ZSt 2003, 79, 86.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
E. Lockerung der Stiftungsaufsicht Bei privatnützigen Stiftungen,59 insbesondere Familienstiftungen, sehen freilich schon heute die meisten Landesstiftungsgesetze60 eine – unterschiedlich weitgehende – Lockerung der Stiftungsaufsicht vor.61 Sie folgen damit – soweit die Bestimmungen nicht schon zuvor bestanden – einer Empfehlung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe.62 Typischerweise heißt es: „Familienstiftungen unterliegen nur insoweit der Aufsicht, als sicherzustellen ist, dass ihr Bestand und ihre Betätigung nicht dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen“.63 Mit „öffentlichem Interesse“ ist dabei in erster Linie das gesetzlich konkretisierte Gemeinwohl i. S. d. § 87 BGB gemeint; denn anderweitige, nicht in der Stiftungsverfassung zum Ausdruck kommende öffentliche Belange darf die Behörde nicht berücksichtigen.64 M. a. W. beschränkt sich die Aufsicht in diesen Fällen auf Maßnahmen nach § 87 BGB. Daneben wird man allerdings auch den Schutz der Allgemeinheit vor nicht verkehrstauglichen Rechtssubjekten als „öffentliches Interesse“ i. S. dieser Vorschriften anzuerkennen haben, so dass die Behörde auch bei Familienstiftungen – selbst wenn ihr außer den in § 87 BGB genannten keine anderen Befugnisse verbleiben – zumindest einen Antrag gemäß § 86 S. 1 i. V. m. § 29 BGB stellen kann65 und muss, wenn die Handlungsfähigkeit der Stiftung bedroht ist. Einige Landesstiftungsgesetze stellen eben dies, nämlich dass es auch die Handlungsfähigkeit von privatnützigen Stiftungen sicherzustellen gilt, aus___________ 59 Soweit in den einschlägigen Landesgesetzen ausdrücklich lediglich von Familienstiftungen die Rede ist, sind die einschlägigen Vorschriften schon wegen des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) auf alle privatnützigen Stiftungen analog anzuwenden. 60 Art. 18 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 3 BayStiftG, §§ 13 Abs. 3 BWStiftG, 10 Abs. 2 BlnStiftG, 4 Abs. 3 BbgStiftG, 17 S. 2 BreStiftG, 5 Abs. 1 S. 2, 11 S. 2 HbgStiftG, 21 Abs. 2 HeStiftG, 14 Abs. 2, 27 Abs. 2 MVStiftG, 10 Abs. 2 NdsStiftG, 6 Abs. 3, 7 Abs. 4 NRWStiftG, 9 Abs. 1 S. 3 RPStiftG, 10 Abs. 3 SaarStiftG, 19 SHStiftG. Lediglich die drei auf dem Stiftungsgesetz der DDR beruhenden Landesgesetze von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen enthalten (noch) keine derartige Bestimmung. Das wird sich allerdings gewiss mit ihrer Anpassung an das geänderte Bundesstiftungsrecht ändern. 61 Zur Vereinbarkeit dieser Bestimmungen mit dem Bundesrecht Schwarz, ZEV 2003, 306, 308 ff. 62 Bericht, S. 5 f., 56 f. 63 So § 21 Abs. 2 HeStiftG; ähnlich § 4 Abs. 3 BbgStiftG, 17 S. 2 BreStiftG, 5 Abs. 2 HbgStiftG, § 27 Abs. 2 MVStiftG, 10 Abs. 2 NdsStiftG, 6 Abs. 3 NRWStiftG, 9 Abs. 1 S. 3 RPStiftG, 10 Abs. 3 SaarStiftG, 19 SHStiftG. 64 S. o. A. 65 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 72; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 200; Soergel/Neuhof, BGB, § 86 Rdnr. 3; vgl. auch BayObLG, NJW-RR 2000, 1198, 1199 (a. E.).
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§ 8 Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht
drücklich klar.66 Und dieses Mindestmaß an Aufsicht kann und darf wegen Art. 31 bzw. 72 Abs. 1 GG auch in denjenigen Bundesländern nicht unterschritten werden, in denen privatnützige Stiftungen von jeglicher Aufsicht freigestellt zu sein scheinen67. Die Gründe, die zumeist für die Lockerung der Aufsicht über privatnützige Stiftungen angeführt werden, überzeugen allerdings nicht. So heißt es in dem Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe:68 „Für diese staatliche Mitverantwortung [nämlich für die Stiftung wegen ihrer Anerkennung als rechtsfähig] besteht jedoch kein gleichrangiges öffentliches Interesse bei Stiftungen, die ausschließlich private Zwecke verfolgen. Der Staat braucht den von ihm zu Gunsten der Bürger geleisteten Service einer Aufsicht nicht auch rein privatnützigen Stiftungen zur Verfügung zu stellen. Außerdem ist bei Familienstiftungen eine staatliche Aufsicht über die Zweckerfüllung deshalb nicht so notwendig, weil dort in der Regel der Kreis der Destinatäre begrenzt und überschaubar ist, so dass diese selbst auf die Erfüllung der Stiftungszwecke achten können.“ Dem schließt sich bspw. die Begr. RegE zu § 10 Abs. 2 BlnStiftG an: „Bei der Aufsicht über eine Stiftung handelt es sich um einen mit nicht unerheblichem Personalaufwand verbundenen Service, den der Staat zugunsten seiner Bürger – insbesondere derjenigen, die eine Stiftung errichten – leistet. Da Familienstiftungen ausschließlich oder überwiegend dem Wohl einzelner Familien dienen, besteht an ihrer Errichtung und Tätigkeit anders als bei den übrigen Stiftungen, die ihr Vermögen für Zwecke der Allgemeinheit zur Verfügung stellen, kein besonderes öffentliches Interesse und fehlt es auch an Gründen, ihnen die staatliche „Begleitung“ im Wege der vollen Aufsicht zur Verfügung zu stellen.“69 Diese Begründungen verkennen, dass das von der Stiftungsaufsicht zu wahrende öffentliche Interesse bei privat- wie bei gemeinnützigen Stiftungen immer dasselbe ist, nämlich lediglich die Wahrung des gesetzlich konkretisierten Gemeinwohls sowie der Verkehrstauglichkeit der Stiftung. Das Inte___________ 66 S. § 17 S. 2 BreStiftG; 10 Abs. 2 NdsStiftG, 10 Abs. 3 SaarStiftG; vgl. auch § 10 Abs. 2 BlnStiftG. 67 Vgl. Art. 18 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 3 BayStiftG; § 10 Abs. 2 BlnStiftG. 68 S. 56 f. 69 LT-Drs. 15/1262, S. 7; ähnlich Begr. RegE zu § 5 Abs. 1 HbgStiftG, LT-Drs. 18/1513, S. 10; Begr. RegE zu § 6 Abs. 3 NRWStiftG, LT-Drs. 13/5987, S. 14; Begr. RegE zu § 10 Abs. 3 SaarStiftG, LT-Drs. 12/1086, S. 9, sämtlich in Anschluss an die Empfehlung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe; zuvor schon Begr. RegE zu § 17 BreStiftG, Lt-Drucks. 12/405, S. 13; Begr.RegE zu § 18 BbgStiftG a. F., LT-Drs. 2/577, S. 27, Begr. RegE zum NdsStiftG, LT-Drs. 10/4640, S. 3 f. (und dazu Siegmund-Schultze, ZSt 2003, 122, 125); sowie KG, StiftRspr. I, S. 131, 133.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
resse der Allgemeinheit daran zu wahren, dass steuerlich privilegierte Stiftungen ihre Zwecke nachhaltig erfüllen, ist dagegen wie gesagt nicht Aufgabe der Stiftungsaufsicht, sondern der Finanzverwaltung. Einzig überzeugender Grund für eine Lockerung der Stiftungsaufsicht ist vielmehr, wenn bereits durch ein stiftungsinternes Kontrollsystem70 die Recht- (und Zweck-)mäßigkeit der Stiftungsverwaltung ausreichend gesichert71 ist.72 Dementsprechend bestimmt § 8 Abs. 2 S. 2 BWStiftG Einschränkungen der Rechtsaufsicht für alle Arten von Stiftungen, wenn und solange eine ordnungsgemäße Überwachung der Verwaltung durch ein in der Stiftungssatzung vorgesehenes unabhängiges Kontrollorgan gewährleistet erscheint.73 Zudem sehen die meisten Stiftungsgesetze vor, dass sich die Behörde einer eigenen Prüfung des Jahresberichts und der Jahresabrechnung der Stiftung enthält – und diese Prüfung ist das praktisch wichtigste Instrument der Aufsicht –, wenn diese durch einen öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer o. ä. bereits geprüft wurde, sich diese Prüfung auch auf die Erhaltung des Stiftungskapitals sowie die satzungsgemäße Verwendung der Erträge erstreckt und der Prüfbericht eingereicht wurde.74 Die Aufsicht beschränkt sich dann auf die Würdigung des Prüfberichts. Überdies unterstellen sowohl die Bund-Länder-Arbeitsgruppe als auch manche Stiftungsgesetze bei Familienstiftungen eine korporative Struktur, die eine genügende ___________ 70 Zu den Möglichkeiten hierfür s. u. § 11 A. 71 Gegenbeispiel BayVGH, StiftRspr. II, S. 1 (Personalunion zwischen Stiftungsvorstand und Kontrollorgan). 72 Wie hier Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 14; Peiker, HeStiftG, § 21 Anm. 3, nach dessen Ansicht die Lockerung der Stiftungsaufsicht dann zu entfallen hat, wenn die Bedachten keine Kontrolle mehr ausüben können; s. ferner den Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, BT-Drs. 14/2029, S. 3; a. A. Bund-LänderArbeitsgruppe, Bericht, S. 56, die sich damit freilich in einen gewissen Widerspruch zu ihrer Ansicht begibt, es bedürfte einer Aufsicht über Familienstiftungen auch deswegen nicht, weil die Destinatäre selbst auf die Erfüllung des Stiftungszwecks achten könnten. 73 Gleichsinnig § 20 Abs. 2 BbgStiftG a. F. und § 19 Abs. 2 NRWStiftG a. F. 74 So mit Unterschieden im Einzelnen Art. 25 Abs. 3 BayStiftG, §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BlnStiftG, 6 Abs. 3 BbgStiftG, § 5 Abs. 2 HbgStiftG, 12 Abs. 2 S. 3 HeStiftG, 11 Abs. 4 NdsStiftG, 7 Abs. 1 NRWStiftG, 9 Abs. 2 RPStiftG, 11 Abs. 3 SaarStiftG, 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SHStiftG. Eine in diesem Zusammenhang erwähnenswerte Besonderheit enthält überdies § 5 Abs. 3 S. 1 HbgStiftG, wonach eine Prüfung der Jahresrechnung bzw. des Prüfberichts zu Lebzeiten des Stifters nur auf dessen ausdrücklichen Wunsch durchgeführt wird. Zudem kann der Stifter gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 HbgStiftG diese Prüfung generell abbedingen, und zwar auch dann, wenn der Stifter eine juristische Person ist.
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§ 8 Die Bedeutung der Stiftungsaufsicht
Kontrolle der Stiftungsverwaltung sicherstellen soll.75 Eine solche Struktur ist jedoch bei Familienstiftungen keineswegs immer76 vorhanden.77 Umgekehrt verfügen gemeinnützige Stiftung häufig über unabhängige Kontrollorgane. Wenn aber die Frage einer ausreichenden stiftungsinternen Kontrolle der entscheidende Differenzierungsgrund ist, dann verlangt Art. 3 GG Gleichbehandlung, zumal in diesem Fall eine Lockerung der Stiftungsaufsicht auch aufgrund des Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsprinzips geboten ist78. Dagegen lässt sich nicht einwenden, dass sich durch die Einrichtung eines unabhängigen Kontrollorgans das Problem der Beaufsichtigung der Stiftungsverwaltung nur verlagern oder sogar erweitern würde, nämlich auf eben dieses Kontrollorgan; denn auch bei der staatlichen Aufsicht ist ein Zusammenwirken von Beaufsichtigtem und Aufseher zum Nachteil der Stiftung leider keineswegs ausgeschlossen.79 Richtig ist allerdings, dass stiftungsinterne Kontrollen alleine die Stiftungsaufsicht nicht vollständig ersetzen ___________ 75 So Begr. RegE zu § 17 BreStiftG, LT-Ds. 12/405, S. 13; Begr. RegE zu § 21 HeStiftG, LT-Drs. V/1353, S. 15; Begr. RegE zu § 19 SHStiftG, LT-Drs. 7/169, S. 18; s. auch Begr. RegE zu § 18 BbgStiftG a. F., LT-Drs. 2/577, S. 27; s. auch § 10 Abs. 3 S. 3 Fall 2 BlnStiftG. 76 S. etwa § 10 Abs. 3 BlnStiftG. § 10 Abs. 2 BlnStiftG a. F. machte deswegen ein Aufsichtsorgan mit der Stiftungsaufsicht entsprechenden Aufgaben und Befugnissen zur Genehmigungsvoraussetzung von Familienstiftungen. Die Vorschrift musste wegen §§ 80, 81 BGB i. V. m. Art. 31 GG dahingehend geändert werden, dass die Behörde auf die Einrichtung eines solchen Organs „hinwirken“ soll. Und dazu heißt es in der Begr. RegE, LT-Drs. 15/1262, S. 7: „Wenn der Stifter trotz der gesetzlichen SollVorschrift und trotz der Beratung auf ein Aufsichtsorgan verzichtet, bringt er zum Ausdruck, dass er auf die Beaufsichtigung des die Verwaltung der Stiftung führenden Organs keinen Wert legt. Mangels entgegenstehendem öffentlichen Interesse ist das von der Anerkennungsbehörde hinzunehmen.“ Dass diese Haltung z. B. im Blick auf Stiftungen von Todes wegen problematisch ist, bedarf wohl keiner näheren Begründung. Dagegen bestimmt § 8 Abs. 3 HbgStiftG, dass eine Beschränkung der Aufsicht gegenüber bestehenden Stiftungen nur eintritt, sofern der erkennbare Wille des Stifters dem nicht entgegensteht. 77 Allerdings sind Familienstiftungen für 30 % der Gerichtsverfahren verantwortlich, obwohl sie nur ca. 5 % aller Stiftungen ausmachen (so Scharf/Schewe, ZSt 2003, 173, 175), was für eine funktionierende interne Kontrolle spricht. 78 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 77, § 85 Rdnr. 17; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 56, § 11 Rdnr. 30; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 70; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 5 Anm. 2e; Ebersbach, Handbuch, S. 130; Kronke, Stiftungstypus, S. 157 m. w. Nw.; eingehend und differenzierend Schulte, DÖV 1096, 497 ff.; s. ferner die Behördenbefragung von Härtl, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 166, und Wochner, MittRhNotK 1994, 89, 101. 79 S. o. bei Fn. 15.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
können. Vielmehr sind stiftungsexterne Kontrollmechanismen auch de lege ferenda unverzichtbar (s. o. D. a. E.). Hier geht es jedoch nicht um eine Ersetzung, sondern lediglich um eine Lockerung der Stiftungsaufsicht. Nach allem kann der Stifter die Staatsaufsicht zwar nicht abbedingen.80 Wohl aber kann er eine Lockerung der Aufsicht bewirken, indem er in der Satzung ein unabhängiges Kontrollorgan vorsieht, das gleichsam die Aufgaben der Behörde übernimmt.
___________ 80 Zweifelhaft ist, ob der Stifter die Stiftung über das gesetzlich vorgesehene Maß hinaus der Stiftungsaufsicht unterstellen kann, so Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 33; s. aber auch ders., ebd., § 7 Rdnr. 116 f. Dagegen spricht, dass die Stiftungsaufsicht dadurch zum Organ der Stiftung würde und sich damit gleichsam selbst beaufsichtigen müsste. Da aber niemand Richter in eigener Sache sein kann, würde dies die gesamte Aufsicht in Frage stellen, so zu Recht MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 77. Vielmehr muss die Stiftungsaufsicht alles vermeiden, was sie derart in die Verwaltung der Stiftung verstrickt, dass sie diese nicht mehr unbefangen beurteilen kann, s. o. bei Fn. 10.
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Erster Abschnitt: Die Organisationsverfassung Vor § 9 Die Organisationsverfassung
Als juristische Person ist die Stiftung im natürlichen Sinne willens- und handlungsunfähig.1 Um tätig werden und ihren Zweck verfolgen zu können, muss sie sich daher notwendigerweise natürlicher Personen – bildhaft als Organe bezeichnet2 – bedienen, deren Wollen und Handeln ihr als eigenes zugerechnet wird.3 Dabei bedarf das Verhältnis dieser Personen zu der Stiftung und untereinander organisatorischer Regelungen. Sie umfassen neben der Einrichtung und Zusammensetzung der Organe insbesondere die Festlegung ihrer Kompetenzen und von Entscheidungsverfahren. Die Gesamtheit dieser Regelungen bildet die Organisationsverfassung. Im Gegensatz zu allen anderen juristischen Personen4 des Privatrechts verfügt die Stiftung nach ihrer gesetzlichen Normalverfassung über eine lediglich einstufige Organisation, §§ 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, 86 i. V. m. 26, 27 Abs. 3, 28 bis 31 BGB: Der Vorstand ist nicht nur Geschäftsführungs- und Vertretungs-, sondern zugleich oberstes, soll heißen auch für Grundlagengeschäfte zuständiges Willensbildungsorgan. Stifter und Destinatären räumt das Gesetz grundsätzlich5 keine Einflussmöglichkeiten ein. Auch die Bestellung und Abberufung des Vorstands sowie die Rechtsstellung seiner Mitglieder ist gesetzlich nur rudimentär geregelt. Diese gesetzliche Minimalverfassung kann freilich durch die Stiftungssatzung in weitem Umfang ergänzt und modifiziert werden.6 Das Landesrecht ___________ 1 Grundlegend und insofern zutreffend v. Savigny, System II, S. 281 ff. 2 Näher zum Organbegriff sogleich u. § 9. 3 Grundlegend O. v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 603 ff. Diese sog. Organtheorie hat sich heute gegen die v. Savigny begründete sog. Vertretertheorie zu Recht durchgesetzt, statt vieler K. Schmidt, GR, S. 250 ff.; vgl. auch BGH, WM 1987, 286, 287; anders allerdings Flume, jP, S. 377 ff., jew. m. w. Nw. 4 Zur Frage, was heute unter diesem Begriff zu verstehen ist, ob er insbesondere neben den Körperschaften auch die rechtsfähigen Personengesellschaften umfasst s. K. Schmidt, GR, 182 ff. m. w. Nw. Die Aussage im Text bleibt freilich auch bei einem weiten Verständnis richtig; denn auch die rechtsfähigen Personengesellschaften verfügen – was allerdings nicht immer deutlich wird – (zumindest) über einen zweistufigen Organisationsaufbau: Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan einerseits sowie Gesamtheit der Gesellschafter andererseits. Dass beide Organe personenidentisch besetzt sein können und das Prinzip der Selbstorganschaft gelten soll, ändert hieran nichts. 5 Eine gewisse Ausnahme besteht zugunsten des Stifters, dem manche Landesgesetze bei Grundlagenentscheidungen ein Anhörungs- oder Zustimmungsrecht einräumen, näher u. § 16 A.I.3.a. und b. 6 S. Begr. RegE zu § 81 BGB, BT-Drs. 14/8765, S. 11.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
ruft hierzu sogar teilweise ausdrücklich auf.7 Wieweit die Freiheit der privatautonomen Gestaltung der Organisationsverfassung der Stiftung reicht, ist indes nicht hinreichend geklärt. Das wird im Folgenden untersucht, und zwar vor allem im Blick auf die Frage einer Einführung von korporativen Strukturen. Zu fragen ist insbesondere: Kann die Organisationsverfassung der Stiftung durch die Einrichtung fakultativer Organe derjenigen eines Verbandes strukturell angeglichen werden? Welche Rechte können diesen Organen eingeräumt und wie kann ihre innere Ordnung ausgestaltet werden? Wie sind Streitigkeiten innerhalb der Stiftung zu lösen? Und vor allem: Unter welchen Voraussetzungen kann ihre Verfassung geändert werden? Können autonome Grundlagenänderungen zugelassen werden? Schließlich: Wie ist das Rechtsverhältnis zwischen Organmitgliedern, Stiftern und Destinatären zu der Stiftung beschaffen? Kann es demjenigen von Mitgliedern zum Verband nachgebildet werden? Vor allem: Welche Mitverwaltungs- und Vermögensrechte bestehen oder können durch die Satzung begründet werden? Und sind Gestaltungen denkbar, mit denen sich eine Art Übertragbarkeit des organschaftlichen Rechtsverhältnisses herstellen lässt? Dementsprechend bildet dieser Abschnitt ein Herzstück der vorliegenden Arbeit. Er gliedert sich in zwei Kapitel. Zunächst werden die Organe und ihre Kompetenzen, sodann die Rechtsstellung der Organmitglieder, des Stifters und der Destinatäre beleuchtet. Dabei werden jeweils zunächst die gesetzliche Ausgangslage und hierauf aufbauend verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten und ihre Grenzen aufgezeigt.
___________ 7 S. §§ 8 Abs. 2 S. 2 BWStiftG, 10 Abs. 2 S. 2 BlnStiftG.
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§ 9 Der Organbegriff
1. Kapitel: Die Organe, ihre Kompetenzen und innere Ordnung § 9 Der Organbegriff Wiewohl der aus dem 19. Jahrhundert überkommene Streit zwischen der sog. Vertreter- und der sog. Organtheorie heute weitgehend überwunden und zugunsten letzterer entschieden ist,8 besteht über den Organbegriff wenig Klarheit9. Soweit sich Definitionen finden,10 weichen sie stark voneinander ab11. Bedeutung hat diese Frage vor allem im Blick auf die dogmatische Einordnung sowie die Rechtsfolgen der gesetzlichen oder statutarischen Übertragung von Selbstverwaltungsbefugnissen eines Verbandes zugunsten Dritter,12 d. h. zugunsten von Nichtmitgliedern. Im Stiftungsrecht kann die Frage daher nicht unbeantwortet bleiben. Der Organbegriff ist vielfältig. Zu unterscheiden ist insbesondere zwischen dem steuerrechtlichen (§§ 14 KStG, 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG), dem haftungsrechtlichen und dem organisationsrechtlichen Organbegriff. Während ersterer vorliegend keine Rolle spielt, erschwert der zweite das Verständnis des dritten. Insbesondere ist nicht schon jeder verfassungsmäßig berufene Vertreter i. S. d. § 31 BGB analog13 Organ im organisationsrechtlichen Sinne. Vielmehr sind die Weiterungen, die die Definition des verfassungsmäßig berufenen Vertreters zur Korrektur des im Blick auf große Organisationen unzureichenden § 831 BGB durch die Judikatur des Reichsgerichts und des ___________ 8 S. o. Fn. 3. 9 Vgl. H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 150 f. 10 Nicht so etwa bei Ulmer, FS Werner, S. 911, 923 u. Fn. 49; ders., FS Wiedemann, S. 1297, 1304 ff.; K. Schmidt, GR, S. 415. 11 Vgl. etwa Wiedemann, GR, S. 212 f.; Flume, jP, S. 377; Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 3; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 467 f.; dies., ZHR 157 (1993), 483 ff.; Voormann, Beirat, S. 65 f. 12 Für die Zulässigkeit solcher Gestaltungen gibt eine mehr oder weniger weite Definition des Organbegriffs dagegen nichts her, insoweit zutr. Ulmer, FS Werner, S. 910, 923; Weber, Privatautonomie, S. 169. Diese Frage ist vielmehr rechtsformspezifisch anhand zwingender Zuständigkeitsregelungen sowie unter Beachtung allgemeiner Grundsätze, insbesondere der Satzungs- und Verbandsautonomie zu beantworten, insoweit zutr. Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 473 ff.; dies., ZHR 157 (1993), 483, 491 ff. Näher dazu u. § 13 A.II.2.d. 13 Vgl. Staudinger/Weick, BGB, § 31 Rdnr. 34; Soergel/Hadding, BGB, § 31 Rdnr. 17 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Bundesgerichtshofs erfahren hat,14 für den organisationsrechtlichen Organbegriff außer Betracht zu lassen. Organ im organisationsrechtlichen Sinne ist daher nicht schon jede Person(enmehrheit), deren Handeln der juristischen Person kraft ihres Amtes zugerechnet wird.15 Umgekehrt ist es zu eng, als Organ nur diejenigen Personen zu bezeichnen, die nach der Verfassung der juristischen Person deren Handlungsfähigkeit begründen;16 denn dies würde etwa Organe, die allein der Beratung und/oder Kontrolle dienen, von der Definition ausnehmen. Nicht weiterführend ist schließlich, auf die Verpflichtung der Organe zur Förderung des (Verbands-)Zwecks abzustellen.17 Der Vorteil dieses „weiten Organverständnisses […], daß Dritte als Organamtsträger auf den Gesellschaftszweck verpflichtet werden und, wo es not tut, kraft Organisationsrecht haftungsrechtlich verantwortlich gemacht werden können“,18 erweist es nämlich als tautologisch.19 Im Ausgangspunkt zutreffend ist es dagegen, den Organbegriff institutionell-funktional zu bestimmen.20 Institutionell muss sich die Organeigenschaft aus der Verfassung, also aus dem Gesetz oder der Satzung im materiellen Sinne ergeben, vgl. § 30 BGB und dazu u. § 11 A.I.21 Funktional dienen Organe der Herstellung der rechtsfähigen Organisationen (nämlich nicht nur juristischen Personen, sondern richtigerweise auch rechtsfähigen Gesamthandsgesellschaften)22 im natürlichen Sinne fehlenden Willens- und Handlungsfähigkeit.23 Funktional muss es sich daher um einen Entscheidungsträger handeln, der an dem autonomen Handeln24 und/oder Wollen25 ___________ 14 Vgl. RGZ 89, 136; 157, 228, 235; BGHZ 24, 200, 213; 49, 19, 21; 100, 215, 218 und dazu etwa Staudinger/Weick, BGB, § 31 Rdnr. 24 ff. m. w. Nw. 15 So Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 3; auch Wiedemann, GR, S. 212. 16 So konsequent auf Grundlage der Vertretertheorie Flume, jP, S. 377. 17 Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 468; dies., ZHR 157 (1993), 483 ff.; auch Wiedemann, GR, S. 212 f. 18 Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 512; dies., ZHR 156 (1992), 459, 469. 19 Tautologisch ist es aber auch umgekehrt aus dem Willen, eine Organfunktion zu schaffen, die der Organwalter im eigenen Interesse ausüben können soll, zu schließen, dass der Begünstigte kein Organ(walter) sei, weil Organbefugnisse stets fremdnützig und pflichtgebunden seien, so aber wohl Ulmer, FS Wiedemann, S. 1297, 1307; denn dies ist eine Frage der Gestaltungsfreiheit: Können eigennützige organschaftliche Rechte begründet werden? S. dazu u. § 11 A.II., V., VII., § 13 A.II.3. sowie § 15 B.IV. 20 Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 468. 21 Zur Frage faktischer Organe anstelle anderer Stein, Organ, passim. 22 Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 253 f. m. w. Nw. 23 S. o. Fn 1. 24 Vgl. Flume, jP, S. 377. 25 Vgl. Wiedemann, GR, S. 212 f.
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§ 9 Der Organbegriff
einer rechtsfähigen Organisation unmittelbar oder mittelbar (etwa durch Bestellungs-, Kontroll- oder Beratungskompetenzen) mitzuwirken befugt ist. Die verfassungsmäßige Zuweisung derartiger Funktionen26 bedeutet somit die Einrichtung eines Organs.27 Keine Organe in diesem Sinne – und das verdient hier besonders festgehalten zu werden – sind Entscheidungsträger, die in Ausübung der ihnen zugewiesenen hoheitlichen Befugnisse (z. B. die Stiftungs- oder Versicherungsaufsicht) oder aufgrund eines hoheitlichen Bestellungsakts (z. B. ein Beauftragter bzw. Sachwalter etwa nach §§ 16 HeStiftG, 19 MVStiftG, 9 Abs. 3 NRWStiftG, 16 SaarStiftG, 14 SHStiftG28 oder der Insolvenzverwalter29) auf das Handeln und/oder Wollen einer rechtsfähigen Organisation einwirken; denn zum einen beruhen ihre Befugnisse eben nicht auf der Verfassung der Organisation30. Und zum anderen dienen sie auch nicht der Herstellung ihrer autonomen Willens- und Handlungsfähigkeit, sondern im Gegenteil deren Beschränkung und Kontrolle.31 Von den Organen sind die Organmitglieder zu unterscheiden.32 Organmitglieder sind die – meist, aber nicht stets notwendigerweise natürlichen – Personen, mit denen die jeweiligen Organe besetzt sind. Dabei sind geborene und gekorene Organmitglieder zu unterscheiden. Geborene Organmitglieder sind solche, die ihre Organstellung durch ihre Verbandsmitglied-
___________ 26 Wolff, Organschaft, S. 236 f. spricht von „Zuständigkeits-“ oder „Kompetenzkomplex“. 27 I. E. ebenso Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 486; Hammen, WM 1994, 765, 767; ferner Herfs, Einwirkung Dritter, S. 63 ff., 71; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 6 Rdnr. 34c f.; vgl. ferner Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 46 Rdnr. 11; Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 6 Rdnr. 18a; Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 37 Rdnr. 17 a. E., alle m. w. Nw. 28 Lehmann, SHStiftG, § 14 Anm. 3.2. 29 Sehr streitig. Seit RGZ 29, 29, 36; BGHZ 24, 393, 396 folgt die ständige Rechtsprechung hinsichtlich des Insolvenzverwalters der sog. Amtstheorie. Daneben werden vor allem die sog. Vertreter- und die sog. Organtheorie in jeweils unterschiedlichen Ausprägungen vertreten, für einen Meinungsüberblick statt anderer Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 80 Rdnr. 25 ff. m. w. Nw. 30 Für die Stiftungsaufsicht s. o. § 7 D. 31 Organ ist hingegen auch die eine Stiftung verwaltende Behörde, vgl. § 86 BGB. 32 Grundlegend Wolff, Organschaft, S. 224 ff., 229; aber auch schon O. v. Gierke, Privatrecht I, S. 498. Heute h. M. anstelle anderer K. Schmidt, GR, S. 415; anders Flume, jP, S. 377 Fn. 3.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
schaft erwerben.33 Gekorene Organmitglieder erwerben ihre Organmitgliedschaft dagegen durch einen Bestellungsakt. Der Bestellungsakt kann durch Beschluss des hierfür zuständigen Organs, im Stiftungsgeschäft oder in der Stiftungssatzung erfolgen.34 Zudem bedarf die Bestellung des Einverständnisses des bestellten Organmitglieds.35 Gekorene Organmitglieder werden vorliegend auch Organwalter genannt. Aufgrund ihrer Organstellung, also des organisationsrechtlichen Rechtsverhältnisses (organschaftliches Rechtsverhältnis i. w. S.), sind die Organmitglieder zur Förderung des Verbandes bzw. der Stiftung verpflichtet. Sie unterliegen einer organschaftlichen Treuepflicht. Ein prinzipieller Unterschied zwischen geborenen und gekorenen Organmitgliedern besteht insofern nicht. Im Übrigen sind jedoch Inhalt, Umfang, Reichweite und Ausgestaltung der Rechte und Pflichten von Organmitgliedern ganz unterschiedlich. Sie hängen nicht nur von der Art des organschaftlichen Rechtsverhältnisses i. w. S. (d. i. das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis der geborenen Organmitglieder einerseits und das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. der gekorenen Organmitglieder andererseits) und der Zuständigkeit des Organs (z. B. Willensbildungs- oder Geschäftsführungsorgan), sondern auch von der konkreten Organisationsverfassung im Einzelfall ab.36
___________ 33 Zur Verdeutlichung: Verbandsmitglieder sind daher geborene Organmitglieder, soweit es ihre Mitgliedschaft in dem Verbandsorgan „Gesamtheit der Verbandsmitglieder“ (oft auch verkürzt als Mitgliederversammlung bezeichnet) betrifft oder sie kraft ihrer Verbandsmitgliedschaft zugleich Mitglied des Geschäftsführungs- und Vertretungsorgans sind (so bspw. die Gesellschafter einer OHG, §§ 114, 125 HGB), s. o. Fn. 4. Werden Verbandsmitglieder daneben in ein anderes Verbandsorgan berufen (sei es in der Verbandssatzung oder durch Beschluss des zuständigen Organs), dann ist das betreffende Mitglied nebeneinander geborenes und gekorenes Organmitglied. 34 Gekorene Organmitglieder sind daher auch Organmitglieder „kraft Amtes“ wie z. B. der jeweilige Präsident einer Universität, der kraft Satzung Mitglied eines Stiftungsorgans sein soll. 35 Näher zur Bestellung u. § 14 A. 36 Näher u. §§ 14, 15.
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§ 10 Der Vorstand Gemäß §§ 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 1 BGB muss die Stiftung über einen Vorstand verfügen. Der Vorstand kann aus einer oder mehreren natürlichen Personen (§ 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 2 BGB), aber auch aus einer oder mehreren juristischen Personen des privaten1 oder öffentlichen Rechts2, rechtsfähigen Personengesellschaften sowie – als Besonderheit der Stiftung – einer Behörde (vgl. § 86 BGB) bestehen. Weitere Organe kann (s. u. § 11), muss die Stiftung aber nicht aufweisen. Insbesondere verfügt sie im Gegensatz zu Verbänden3 aufgrund ihrer Mitgliederlosigkeit nicht notwendigerweise über ein eigenständiges, für Grundlagengeschäfte zuständiges Willensbildungsorgan. Nach der gesetzlichen Regelund zugleich Minimalverfassung ist der Vorstand also das einzige Organ der Stiftung und wird nicht nur von keinem stiftungsinternen Gremium kontrolliert, sondern ist auch allzuständig, d. h. sowohl zur Geschäftsführung und Vertretung als auch zu Grundlagengeschäften berufen. Damit verfügt der Stiftungsvorstand nach der gesetzlichen Regelverfassung über eine „Machtfülle“, wie sie „bei anderen juristischen Personen des Privatrechts unbekannt ist“4. Diese gesetzliche Minimalverfassung wird nunmehr als Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen entlang der verschiedenen Funktionen des Vorstands näher betrachtet.
A. Der Vorstand als Geschäftsführungsorgan Geschäftsführung ist jede Tätigkeit sowohl tatsächlicher als auch rechtsgeschäftlicher Art zur Förderung des Stiftungszwecks. Nicht zur Geschäftsführung gehören dagegen sog. Grundlagengeschäfte, durch die die Verfassung der Stiftung geändert wird (s. dazu u. III.).5 Für die Geschäftsführung des Vorstands gelten gemäß § 86 i. V. m. § 27 Abs. 3 BGB die Regeln des Auftragsrechts (§§ 664 bis 670 BGB) entsprechend. Bei der Anwendung dieser Vorschriften auf den Stiftungsvorstand ergibt sich freilich die Schwierigkeit, dass es an einem auskunfts- und weisungsberechtigten Auftraggeber zu feh___________ 1 Ausf. dazu Hoppe, abhängige Stiftung, S. 57 ff. 2 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 9; MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 6, jew. m. w. Nw. 3 S. o. § 9 Fn. 4. 4 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 113. 5 S. nur Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 10.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
len scheint.6 Nicht befriedigend geklärt ist ferner das Verhältnis der §§ 664 ff. BGB zu den auf Landesrecht beruhenden Pflichten des Vorstands gegenüber der Stiftungsaufsichtsbehörde. Von der Entscheidung dieser Frage hängt schließlich ab, inwieweit Modifikationen der §§ 664 ff. durch oder aufgrund der Stiftungssatzung7 zulässig sind. Im Einzelnen:
I. Die Pflicht zur persönlichen Geschäftsführung (1) Zur Geschäftsführung sind die Vorstandsmitglieder nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Sie dürfen also nicht etwa untätig bleiben, sondern müssen alle dem Stiftungszweck förderlichen Maßnahmen ergreifen. Dabei steht ihnen in den durch das Gesetz und die Stiftungsverfassung gezogenen Grenzen allerdings ein weites Handlungs- und Auswahlermessen zu.8 Dieses Ermessen haben sie allerdings pflichtgemäß auszuüben, d. h. unter Beachtung der Verfassung der Stiftung, insbesondere des Stifterwillens (vgl. § 665 BGB und dazu u. II.), entsprechend dem Zweck der Ermächtigung, also zur Wahrung der Interessen der Stiftung, insbesondere zur Förderung des Stiftungszwecks, und unter Einhaltung der Grundregeln ordnungsgemäßer Geschäftsbesorgung. Entscheidungen müssen daher adäquat vorbereitet werden, sie dürfen nicht gesicherten Erkenntnissen und Erfahrungen widersprechen und ihre Umsetzung muss angemessen überwacht werden.9 Dabei ist die Frage der Pflichtgemäßheit des Handelns des Stiftungsvorstandes eine Rechtsfrage und unterliegt mithin der Kontrolle der Stiftungsaufsichtsbehörde und – im Streitfall – der Gerichte. Nur soweit die Wahl zwischen verschiedenen, gleichermaßen pflichtgemäßen Handlungsmöglichkeiten besteht, es also um die Geeignetheit einer Maßnahme geht, handelt es sich um eine Frage der Zweckmäßigkeit, die weder der Staatsaufsicht noch einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist.10 Im Einzelnen umfasst die Pflicht zur Geschäftsführung zum einen die Leitung der Stiftung, d. h. die Festlegung der Leitlinien (insoweit diese nicht im ___________ 6 Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 103; MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 14. 7 Da es sich um Grundlagenänderungen handelt, sind Modifikationen im Anstellungsvertrag ohne eine solche Ermächtigung unzulässig, s. o. § 7 B.1. sowie u. § 15 C.I. 8 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 16; aus dem Gesellschaftsrecht die Leitentscheidung BGHZ 135, 244 (zum Vorstand einer AG); aus der Lit. etwa Michalski/ Haas, GmbHG, § 43 Rdnr. 21 f., 64 ff. m. w. Nw. 9 Vgl. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 70 ff.; näher u. § 25 A.II.2.b. bei Fn. 49. 10 So ausdrücklich zum Geschäftsführer einer GmbH OLG Zweibrücken, NZG 1999, 506; aus der Lit. etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 47 m. w. Nw.; zum Stiftungsrecht MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 16.
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§ 10 Der Vorstand
Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung vorgegeben sind), die Planung, Organisation, Koordination und Kontrolle ihrer Geschäftstätigkeit insgesamt sowie die Entscheidung über außergewöhnliche Maßnahmen und ggf. die Besetzung von nachgeordneten Führungspositionen, zum anderen die Führung und Überwachung der laufenden Geschäfte, d. h. insbesondere die Verwaltung und Erhaltung des Stiftungsvermögens (einschließlich der Ausübung von Beteiligungsrechten) und die Verwendung seiner Erträge sowie die Sorge für das rechtmäßige Verhalten der Stiftung. Das soll hier nicht vertieft werden. Auf stiftungsspezifische Einzelheiten, insbesondere hinsichtlich der Verwaltung und Erhaltung des Stiftungsvermögens, wird zurückzukommen sein (s. u. § 17 C., § 20). (2) Die Vorstandsmitglieder haben ihrer Pflicht zur Geschäftsführung gemäß §§ 86 i. V. m. 27 Abs. 3, 664 Abs. 1 S. 1 BGB im Zweifel persönlich nachzukommen. Das heißt freilich nicht, dass sie jede einzelne Geschäftsführungsmaßnahme selbst vornehmen müssen. Innerhalb gewisser Grenzen11 können sie erstens Dritte im eigenen Namen als (Erfüllungs-)Gehilfen beauftragen, für deren Verschulden sie abseits besonderer Vereinbarungen gemäß §§ 664 Abs. 1 S. 3 i. V. m. 278 BGB gegenüber der Stiftung haften. Zweitens können sie Aufgaben an Angestellte der Stiftung delegieren. In diesem Fall haften sie gegenüber der Stiftung nur für ihr eigenes Verschulden im Blick auf eine ordnungsgemäße Auswahl, Ein- und Unterweisung sowie Überwachung der Mitarbeiter. Und drittens kann bei einem mehrköpfigen Vorstand durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung eine Geschäftsverteilung mit der Folge vorgesehen werden, dass sich die Pflicht und Befugnis zur Geschäftsführung der einzelnen Vorstandsmitglieder dementsprechend auf ihr Ressort reduziert. Hiervon unberührt bleibt allerdings die Gesamtverantwortung des Vorstands. Das bedeutet insbesondere, dass jedes Vorstandsmitglied zur Überwachung seiner Kollegen verpflichtet ist. All das entspricht allgemeinen Grundsätzen.12 Nicht ganz klar ist jedoch, inwieweit die Satzung eine Übertragung der Geschäftsführung (sog. Substitution)13 an Dritte (Substituten) entsprechend ___________ 11 Nicht delegationsfähig (i. w. S.) sind vorgenannte Leitungsaufgaben (vgl. etwa BGH, GmbHR 1990, 500, 503; Dreher, ZGR 1992, 49 ff., 56) sowie die Vorstandsmitgliedern durch Gesetz persönlich zugewiesenen Pflichten, wie etwa die Insolvenzantragspflicht, vgl. § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 2 BGB. 12 Zum Ganzen s. BGHZ 133, 370, 375; 134, 304, 313 ff.; BGH, WM 1985, 1293, 1294; 1986, 789; DStR 1994, 1092; 1996, 1639; BFHE 1241, 443, 446 ff.; sowie aus der Literatur Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 34–41; GroßKommAktG/Hopt, AktG, § 93 Rdnr. 55 ff.; Beuthien, GenG, § 27 Rdn. 4, § 34 Rdn. 14 f. jew. m. w. Nw. 13 Instruktiv hierzu v. Gablenz, Einschaltung Dritter, S. 103 ff., 109 ff., 122 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
§ 664 S. 2 BGB mit der Folge gestatten kann, dass die Verantwortlichkeit des substituierten Vorstandsmitglieds auf die sorgfältige Auswahl des Substituten begrenzt ist. Die praktische Bedeutung dieser Frage dürfte freilich gering sein. Soweit sich Antworten finden, wird allenfalls eine Teilübertragung für zulässig gehalten.14 Eine Vollübertragung könne nicht gestattet werden.15 Hingewiesen wird dabei auf die Rechtsprechung zum GmbHRecht, wonach die Befugnis des Geschäftsführers zur organschaftlichen Willensbildung und -erklärung sowie die damit verbundene Verantwortung unübertragbar sind. Selbst, wenn alle Gesellschafter einer solchen Gestaltung zugestimmt hätten, könne der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht daher nicht im Ganzen von einem anderen ausüben lassen. Begründet wird dies mit dem Schutz des Rechtsverkehrs vor nicht offenkundigen Vertretungsverhältnissen sowie mit den „öffentlichen“ Pflichten des Geschäftsführers (z. B. der Insolvenzantragspflicht).16 Dem ist – zumindest im Ergebnis – zuzustimmen. Die Vermutung des § 664 Abs. 1 S. 1 BGB ist daher im Gesellschafts- wie im Stiftungsrecht unwiderleglich.
II. Die Verfassungsgebundenheit des Vorstandes Der Bestimmung des § 665 BGB liegt der Gedanke zugrunde, dass der Wille des Auftraggebers für die Geschäftsbesorgung maßgeblich ist, und zwar sowohl für den Inhalt als auch für die Durchführung des Auftrags.17 Vor diesem Hintergrund regelt die Vorschrift zweierlei, nämlich erstens die Weisungsgebundenheit des Beauftragten bei der Durchführung des Auftrags und zweitens die Pflichten des Beauftragten bei einer Sachlage, die von derjenigen abweicht, die den Weisungen des Auftraggebers zugrunde liegt. Das sind die Pflicht zum „Mitdenken“, zur Anzeige, zum Abwarten von Weisungen und – wenn mit dem hierdurch verursachten zeitlichen Aufschub Gefahr für die Interessen des Auftraggebers verbunden ist – die Pflicht zur Abweichung von einer nicht sachgerechten Weisung.18 Dabei können sich Weisungen aus dem Auftrag(svertrag) selbst ergeben oder auch nachträglich er___________ 14 Soergel/Hadding, BGB, § 27 Rdnr. 22. 15 Soergel/Hadding, wie vor; vgl. auch Soergel/Hadding, BGB, § 713 Rdnr. 5; MünchKomm/Reuter, BGB, § 27 Rdnr. 41; MünchKomm/Ulmer, BGB, § 713 Rdnr. 6. 16 BGHZ 13, 61, 65; 64, 72, 75 f.; BGH WM 1976, 1245, 1246; 1978, 1047, 1048; s. ferner OLG Hamm, OLGZ 1978, 21, 24, 26. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage der Erteilung einer (widerruflichen) Generalvollmacht. Dies ist nach richtiger Ansicht zulässig, s. u. B.VI. 17 Erman/Ehmann, BGB, § 665 Rdnr. 1; Soergel/Beuthien, BGB, § 665 Rdnr. 1. 18 Überzeugend MünchKomm/Seiler, BGB, § 665 Rdnr. 1 f., 16, 20, 24, 26, 33.
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§ 10 Der Vorstand
teilt werden. Zwar sind im Auftragsrecht Weisungen und Vertragserklärungen grundsätzlich voneinander zu unterscheiden.19 Im Blick auf § 665 BGB ergeben sich indes keine Unterschiede.20 Im Vereinsrecht folgt aus § 27 Abs. 3 i. V. m. § 665 BGB, dass der Vorstand – vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmungen, durch die seine Rechtsstellung verstärkt wird oder Weisungsrechte anderen Organen übertragen werden – an Weisungen der Mitgliederversammlung gebunden ist.21 Dagegen agiert der Stiftungsvorstand mangels eines der Mitgliederversammlung vergleichbaren Stiftungsorgans22 regelmäßig weisungsunabhängig.23 Insbesondere kommt der Stiftungsaufsicht aufgrund §§ 86 i. V. m. 27 Abs. 3, 665 BGB kein Weisungsrecht zu.24 Zwar ersetzt sie funktional die bei der Stiftung fehlende Mitgliederkontrolle. Ihre Rechtsstellung ist jedoch nicht mit der eines Auftraggebers oder der Mitgliederversammlung eines Vereins vergleichbar. Entgegen der wohl herrschenden Meinung zu § 86 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 666 BGB25 kann die Stiftungsaufsicht daher aus § 86 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 664 ff. BGB genauso wenig Rechte herleiten wie sie hierdurch – etwa zum Aufwendungsersatz, § 670 BGB – verpflichtet wird. § 86 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 664 ff. BGB regelt vielmehr nur die Rechte und Pflichten des Vorstands gegenüber der Stiftung. Die Befugnisse der Stiftungsaufsicht ergeben sich dagegen ebenso wie die Pflichten der Stiftungsorgane ihr gegenüber ausschließlich aus dem Landesrecht.26 Das schließt freilich nicht aus, dass in der Stiftungssatzung einem fakultativen Organ Weisungsrechte hinsichtlich der Geschäftsführung der Stiftung eingeräumt werden.27 Nach der gesetzlichen Regelverfassung ergibt sich aus der in §§ 86 i. V. m. 27 Abs. 3 BGB angeordneten entsprechenden Anwendung des § 665 BGB für den Vorstand jedoch lediglich die Pflicht, den Willen des Stifters, wie er in dem Stiftungsgeschäft und der Stiftungs___________ 19 20 21 22
23 24 25 26 27
Statt aller Soergel/Beuthien, BGB, § 665 Rdnr. 3. MünchKomm/Seiler, BGB, § 665 Rdnr. 9. Staudinger/Weick, BGB, § 27 Rdnr. 25; MünchKomm/Reuter, BGB, § 27 Rdnr. 39. Genau genommen ist freilich nicht die Mitgliederversammlung, sondern die Gesamtheit der Mitglieder Organ des Vereins. Die Versammlung ist lediglich die gesetzliche Regelform ihres Zusammenwirkens, insbesondere zur Fassung von Beschlüssen, die Beschlussfassung außerhalb von Versammlungen eine Ausnahme, vgl. § 32 BGB. Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 44. MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 14. S. u. Fn 37. S. o. § 7 D. Näher u. § 11 A.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
satzung zum Ausdruck kommt, zu befolgen und zu verwirklichen, also insbesondere den Stiftungszweck zu erfüllen.28 Der Vorstand ist dabei gemäß § 665 BGB allerdings zu einem „denkenden Gehorsam“ verpflichtet.29 Hieraus folgt im Ergebnis das Recht und die Pflicht des Vorstandes, unter bestimmten Voraussetzungen von Anordnungen des Stifters abzuweichen, d. h. die Verfassung der Stiftung sowie von dem Stifter erlassene sog. Nebenordnungen30 zu ändern.31 Freilich enthalten die Stiftungsgesetze der Länder für Satzungsänderungen nicht nur einen Genehmigungsvorbehalt, sondern teilweise auch von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB abweichende Regelungen. Zudem ist höchst umstritten, welche Gestaltungsmöglichkeiten der Stifter hinsichtlich von Grundlagenänderungen hat, insbesondere ob und inwieweit er sie in das (freie) Ermessen der Stiftungsorgane stellen kann. Da diesen Fragen für die vorliegende Arbeit zudem zentrale Bedeutung zukommt, wird ihnen ein eigenes Kapitel gewidmet (s. u. § 13).
III. Die Informationspflichten des Vorstandes § 666 BGB regelt die Benachrichtigungs-, Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Beauftragten. Es handelt sich um selbständig einklagbare Nebenpflichten, die über ihren ausdrücklich geregelten Anwendungsbereich hinaus nach § 242 BGB jedermann, der (auch) fremde Angelegenheiten besorgt, treffen.32 Sie dienen dem Schutz des Auftraggebers und ermöglichen ihm eine Kontrolle des Beauftragten.33 Im Vereinsrecht sind die in § 666 BGB genannten Pflichten den Mitgliedern in ihrer Gesamtheit gegenüber zu erfüllen. Dabei hat das einzelne Mitglied allerdings nur im Rahmen der Mitgliederversammlung ein Auskunftsrecht (§ 666 Fall 2) analog § 131 AktG.34 Überdies hat der Vorstand nicht erst – wie es dem Wortlaut des § 666 Fall 3 BGB entsprechen würde – nach Ab___________ 28 Die Landesgesetze halten dies überwiegend ausdrücklich fest, §§ 7 Abs. 1 S. 2 BWStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, § 4 Abs. 1 HbgStiftG, 5 HeStiftG, 8 Abs. 1 MVStiftG, 4 Abs. 1 NRWStiftG, 7 Abs. 1 RPStiftG, 5 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 4 Abs. 1 SHStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 ThStiftG. 29 Heck, Schuldrecht, S. 355. 30 Zur Abgrenzung s. o. § 7 C. 31 Schief Soergel/Neuhoff, BGB, § 86 Rdnr. 12. 32 S. nur RGZ 73, 286, 288 sowie MünchKomm/Seiler, BGB, § 666 Rdnr. 4 m. w. Nw. 33 Vgl. Staudinger/Wittmann, BGB, § 666 Rdnr. 1 f.; Soergel/Beuthien, BGB, § 666 Rdnr. 1, 3. 34 MünchKomm/Reuter, BGB, § 27 Rdnr. 39; Grunewald, ZIP 1989, 962, 963, jew. m. w. Nw.
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§ 10 Der Vorstand
lauf seiner Tätigkeit (u. U. also erst nach vielen Jahren), sondern periodisch Rechnung zu legen35. Darüber hinaus kann nach § 666 Fall 1 BGB eine Benachrichtigung der Mitglieder erforderlich sein, nämlich immer dann und insoweit, als dies erforderlich ist, um sie in den Stand zu versetzen, von den ihnen zugewiesenen Befugnissen sachgerecht Gebrauch zu machen oder wenn und soweit ihre Interessen gefährdet sind (z. B. drohende Zahlungsunfähigkeit).36 § 666 Fall 1 und § 665 S. 2 BGB ergänzen sich insofern. Im Stiftungsrecht sollen nach herrschender Meinung die aus §§ 86, 27 Abs. 3, 666 BGB folgenden Ansprüche der Stiftungsaufsichtsbehörde zustehen.37 Dem ist aus den oben (II.) genannten Gründen zu widersprechen.38 Nicht die Stiftungsaufsichtsbehörde, sondern die Stiftung ist Auftraggeber des Stiftungsvorstandes i. S. d. § 666 BGB. Die Pflichten der Stiftungsorgane gegenüber der Stiftungsaufsicht ergeben sich allein aus den Stiftungsgesetzen der Länder. Diese enthalten allerdings zumeist über § 666 BGB hinausgehende Regelungen. Danach sind Stiftungen bzw. ihre Organe zur Auskunft, Vorlage von Unterlagen, zur jährlichen Rechnungslegung sowie zur Anzeige bestimmter Vorhaben und Ereignisse (insbes. Änderungen in der Zusammensetzung der Stiftungsorgane) verpflichtet. Zudem räumen die Landesgesetze der Stiftungsaufsichtsbehörde für gewöhnlich umfassende Unterrichtungsrechte ein und ermächtigen sie auch, die Bücher und Unterlagen der Stiftung auf deren Kosten von sachverständigen Dritten prüfen zu lassen.39 Schließlich ergeben sich auch aus dem Steuerrecht sowie u. U. aus dem Handelsrecht Rechnungslegungspflichten. Dabei verlangt das Sparsamkeitsgebot40, doppelten ___________ 35 H. M., statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, § 27 Rdnr. 39; Lutter, BB 1988, 489, 491. Nach Reichert, Vereinsrecht, Rdnr. 2474, muss eine periodische Rechnungslegung dagegen durch die Satzung angeordnet werden. Für die Art und Weise der Rechnungslegung gelten grundsätzlich §§ 259 f. BGB entsprechend, Reichert und Lutter, ebd. 36 Vgl. Staudinger/Wittmann, BGB, § 666 Rdnr. 1; Soergel/Beuthien, BGB, § 666 Rdnr. 1. 37 Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 190; RGRK/Steffen, BGB, § 86 Rdnr. 5; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 164; vgl. ferner Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 12; Soergel/Neuhoff, BGB, § 86 Rdnr. 13. 38 Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 70, § 86 Rdnr. 14; ders., NPLYB 2002, 157, 158; Mühlhäuser, Publizität, S. 59 ff. 39 S. Art. 20 Abs. 2, 3, 25 BayStiftG, §§ 9, 13 BWStiftG, 8, 9 Abs. 1, 2 BlnStiftG, 6, 7 BbgStiftG, 12 BreStiftG, 5 Abs. 2 und 5, 6 Abs. 1 HbgStiftG, 7, 12 HeStiftG, 15 MVStiftG, 11 NdsStiftG, 7 NRWStiftG, 9 Abs. 2, 3 RPStiftG, 11 SaarStiftG, 19 Abs. 1 SaStiftG, 19 Abs. 1 SAStiftG, 8 Abs. 2, 9, 10 SHStiftG, 19 Abs. 1 ThStiftG, näher dazu u. § 21. 40 S. u. § 20 B.I.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Aufwand zu vermeiden. Nach Möglichkeit sollte die Rechnungslegung daher so gestaltet werden, dass sie gleichzeitig allen einschlägigen Pflichten gerecht wird.41 Gleichwohl ist § 666 BGB nicht obsolet. Vielmehr behält die Vorschrift ihre eigenständige Bedeutung. Das gilt nicht nur, wenn die Stiftung neben dem Vorstand über ein weiteres Organ, insbesondere ein Kontrollgremium verfügt,42 sondern auch wenn die Stiftung entsprechend der gesetzlichen Regelverfassung (§ 86 S. 1 i. V. m. § 26 S. 2 BGB) als einziges Organ nur einen Alleinvorstand hat. Zwar ist der Alleinvorstand in diesem Fall zugleich allein zur Rechnungslegung verpflichtet und zu ihrer Entgegennahme namens der Stiftung berechtigt. Die Rechnungslegung erscheint in diesem Fall gleichsam als Insichgeschäft. Das lässt die Pflicht zur Rechnungslegung indes weder entfallen, noch ist ihre Erfüllung deswegen sinnlos. Neben einer Selbstinformation und -kontrolle43 sowie ihrer Planungs- und Steuerungsfunktionen dient sie selbst in dieser Konstellation der Fremdinformation und -kontrolle. Als Dritte kommen dabei insbesondere in Betracht: ein Amtsnachfolger, die Stiftungsaufsicht im Rahmen ihrer landesrechtlichen Unterrichtungs- und Prüfungsbefugnisse, aber auch Gerichte, Gläubiger oder ein Insolvenzverwalter. Bestätigt wird diese Ansicht durch § 86 S. 1 i. V. m. § 42 BGB; denn hiernach muss gewährleistet sein, dass die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung der Stiftung festgestellt werden kann, und zwar nicht nur durch den Vorstand, sondern auch durch Dritte. Auch ein Alleinvorstand hat daher laufende Aufzeichnungen zu führen, Belege zu sammeln (vgl. § 259 BGB) und periodisch einen Rechenschaftsbericht zu verfassen.44 Dabei hat er gemäß §§ 259 f. BGB die Einnahmen und Ausgaben sowie ein Bestandsverzeichnis über das Stiftungsvermögen zusammenzustellen und über seine Geschäftsführung, insbesondere die Art und Weise der Verfolgung des Stiftungszwecks sowie über sämtliche bedeutsamen Ereignisse zu berichten.45 Zudem ist § 666 BGB „fallgerecht“ auszulegen. Dabei gelten die §§ 664 ff. BGB auch für andere Organe als den Vorstand, da es sich um allgemeine Regeln handelt, die bei jedweder Besorgung fremder Geschäfte Anwendung ___________ 41 42 43 44 45
Zum Ganzen näher u. § 21. So aber MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 14. Diesen Aspekt hebt Mühlhäuser, Publizität, S. 59 ff., hervor. S. o. Fn. 35. Näher – auch zur Aufbewahrungsfrist der Aufzeichnungen, Belege und Berichte – Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 191 ff.; Koss, Rechnungslegung, S. 46 f., jew. m. w. Nw.
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§ 10 Der Vorstand
finden.46 Das bedeutet: Hat die Stiftung als einziges Organ lediglich einen Alleinvorstand, so ist § 666 Fall 1 BGB gegenstandslos. Verfügt die Stiftung dagegen über mehrere Organe, so ist § 666 Fall 1 BGB dahin zu verstehen, dass sie einander stets dann und insoweit zu benachrichtigen haben, als dies erforderlich ist, um sie in den Stand zu setzen, von den ihnen jeweils zugewiesenen Befugnissen sachgerecht Gebrauch zu machen.47 Ähnliches gilt für § 666 Fall 2 BGB. Im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen können die Stiftungsorgane den hiernach gegebenen Auskunftsanspruch der Stiftung gegen andere Organe der Stiftung sowie gegen einzelne Organmitglieder geltend machen.48 Und im Blick auf § 666 Fall 3 BGB haben auch andere Stiftungsorgane als der Vorstand einen Bericht über ihre jeweilige Tätigkeit zu erstellen.49 Und all dies kann selbstverständlich in der Stiftungssatzung oder einer Nebenordnung näher geregelt, ausgestaltet und modifiziert werden. Der Frage, inwieweit § 666 BGB abdingbar ist,50 kommt hingegen aufgrund der anderweitigen Rechnungslegungspflichten keine praktische Bedeutung zu. Im Gegenteil: Soll die Stiftung breite Unterstützung erfahren, so sollte der Stifter statutarisch für eine über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehende Rechnungslegung und Publizität Sorge tragen.51
IV. Die Pflicht zur Herausgabe des dienstlich Erlangten, Verzinsungspflicht Nach §§ 86, 27 Abs. 3, 667 BGB ist der Stiftungsvorstand verpflichtet, alles, was er für die Geschäftsführung erhalten und was er aus der Geschäftsführung erlangt hat, der Stiftung herauszugeben. Die Pflicht zur Herausgabe des dienstlich Erlangten ist unmittelbare Folge der Fremdnützigkeit der Geschäftsführung und Gegenstück zu dem Aufwendungsersatzanspruch des Vorstands nach § 670 BGB.52 Gleichwohl ist § 667 BGB dispositives Recht. ___________ 46 47 48 49
Mugdan, Materialien I, S. 612. Staudinger/Wittmann, BGB, § 666 Rdnr. 1; Soergel/Beuthien, BGB, § 666 Rdnr. 1. Vgl. u. § 11 C.III.1.b. Vgl. zum Aufsichtsrat einer AG §§ 120 Abs. 3 S. 2 und 3, 171 Abs. 2 und 175 Abs. 2 AktG und dazu statt anderer Hüffer, AktG, § 171 Rdnr. 12 ff. 50 Vgl. hierzu etwa Staudinger/Weick, BGB, § 27 Rdnr. 25; Staudinger/Wittmann, BGB, § 666 Rdnr. 12 f. m. w. Nw. 51 S. o. § 1 Fn. 35–37. 52 Staudinger/Wittmann, BGB, § 666 Rdnr. 1; die Ansprüche aus § 667 und § 670 BGB stehen jedoch nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis, MünchKomm/Seiler, BGB, § 667 Rdnr. 2. Der Beauftragte kann jedoch nach Maßgabe der §§ 273 f. BGB ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Insbesondere kann der Umfang des Herauszugebenden von vornherein beschränkt und/oder auf den Herausgabeanspruch nachträglich ganz oder teilweise verzichtet werden.53 Von vornherein den Anspruch auszuschließen, ist allerdings insoweit nicht möglich, als hierdurch die Fremdnützigkeit der Geschäftsführung aufgehoben wird.54 Im Stiftungsrecht ist überdies zu bedenken, dass durch Beschränkungen des Herausgabeanspruchs die Fähigkeit der Stiftung zu einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung ihres Zwecks55 nicht in Frage gestellt werden darf. Keine besonderen Probleme bietet auch die entsprechende Anwendung des § 668 BGB. Es handelt sich um eine Sanktionsnorm mit pauschalierender Beweiserleichterungsfunktion für die pflichtwidrige Verwendung von nach § 667 BGB herauszugebenden Geldern zu eigenen Zwecken.56 Ansprüche nach allgemeinen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Der Anspruch ist in den von allgemeinen Grundsätzen gezogenen Grenzen57 verzichtbar.
V. Der Anspruch auf Vorschuss und Aufwendungsersatz Wie die Verweisung des § 27 Abs. 3 BGB auf das Auftragsrecht zeigt, ist das Vorstandsamt gesetzlich als unentgeltliches Ehrenamt konzipiert. Die Vorstandsmitglieder haben nur einen Anspruch auf Aufwendungsvorschuss und -ersatz, §§ 669 f. BGB. Insoweit gelten keine Besonderheiten. Im Blick auf § 181 BGB ist lediglich zu bemerken, dass die Leistung eines Aufwendungsvorschusses bzw. -ersatzes in Erfüllung einer Verbindlichkeit geschieht. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass insbesondere die für die Wahrnehmung des Vorstandsamts eingesetzte Arbeitskraft und das dadurch voraussehbar bedingte Vermögensopfer in Form entgehender anderweitiger Verdienstmöglichkeiten keine Aufwendungen i. S. d. § 670 BGB sind.58 §§ 669 f. BGB sind dispositiv.59 Die Ansprüche können durch die Satzung generell erweitert, pauschaliert, eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Daneben kann der Vorstand eine Vergütung erhalten, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist60. Ein Anstellungsvertrag muss nicht notwendigerweise ___________ 53 RG, WarnRspr 1915 Nr. 168, S. 250, 251; MünchKomm/Seiler, BGB, § 667 Rdnr. 2; Staudinger/Wittmann, BGB, § 667 Rdnr. 3. 54 Zutr. Staudinger/Weick, BGB, § 27 Rdnr. 25. 55 S. dazu o. § 6 C. 56 MünchKomm/Seiler, BGB, § 668 Rdnr. 1. 57 S. u. § 25 A.IV. 58 BGH, ZIP 1988, 706, 708; Soergel/Beuthien, BGB, § 670 Rdnr. 4, jew. m. w. Nw. 59 Staudinger/Wittmann, BGB, § 669 Rdnr. 10, § 670 Rdnr. 4. 60 BGH, ZIP 1988, 706 ff.; Staudinger/Weick, BGB, § 27 Rdnr. 25.
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§ 10 Der Vorstand
abgeschlossen werden.61 Vielmehr können alle in einem solchen Vertrag zu regelnden Einzelheiten auch in der Satzung geregelt sein.62 Enthält die Satzung – wie regelmäßig – nur eine Ermächtigungsnorm, bedarf es dagegen eines Anstellungsvertrags.63 Zuständig ist, nach der gesetzlichen Regelverfassung, der Vorstand. Besteht der Vorstand nur aus einer Person und sind §§ 34, 181 BGB nicht in der Satzung abbedungen,64 muss dann allerdings für den Abschluss des Anstellungsvertrages ein Notvorstand (§ 29 BGB) bestellt werden.65 Überdies ist nach manchen Stiftungsgesetzen bei Rechtsgeschäften mit Organmitgliedern eine Genehmigung der Stiftungsaufsichtsbehörde erforderlich (s. u. B.II.2.). Schließlich ist zu beachten, dass die Höhe der Vergütung weder im Verhältnis zu der vom Vorstand zu leistenden Tätigkeit noch im Verhältnis zu den der Stiftung zur Verfügung stehenden Mitteln unangemessen hoch sein darf.66 Das gilt nicht nur, wenn sie in einem Anstellungsvertrag vereinbart wird, sondern grundsätzlich auch, wenn sie sich unmittelbar aus der Satzung ergibt.67
VI. Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis (1) Die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes ist nach der gesetzlichen Normalverfassung der Stiftung in zweierlei Hinsicht beschränkt. Die erste ___________ 61 62 63 64
A. A. MünchKomm/Reuter, BGB, § 27 Rdnr. 1; näher u. § 15 C.I. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 153. Wird gleichwohl kein Anstellungsvertrag abgeschlossen, so gilt § 612 BGB. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so können die nicht von der Regel des § 181 BGB betroffenen Vorstandsmitglieder das Rechtsgeschäft namens der Stiftung mit ihrem Kollegen abschließen. Das gilt auch, wenn Gesamtvertretung angeordnet ist. Einer Ermächtigung, wiewohl nach der Rechtsprechung zulässig (BGHZ 64, 72 ff.; vgl. aber auch BGH, ZIP 1991, 1582 ff.), bedarf es hierfür nicht (so aber Scholz/ U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 30; wie hier Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 35 Rdnr. 50a, 76 ff. m. w. Nw.), andernfalls ein Vorstandsmitglied bei Gesamtvertretung ein für ihn negatives Rechtsgeschäft mit der Folge blockieren könnte, dass die Bestellung eines Notvorstands erforderlich würde. Das aber gilt es nach Möglichkeit zu vermeiden. Für die hier vertretene Lösung spricht überdies § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 34 BGB. Ist nämlich das betroffene Vorstandsmitglied schon bei der Beschlussfassung von seinem Stimmrecht ausgeschlossen, ist kein Grund ersichtlich, warum es bei der Ausführung des Beschlusses mitwirken sollen müsste. 65 Vgl. BayObLGZ 1989, 298, 306. Zwar verweist nur § 28 Abs. 1 BGB für einen mehrgliedrigen Vorstand auf § 34 BGB. Die Vorschrift ist jedoch als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch auf einen Alleinvorstand anwendbar, und zwar erst recht. 66 S. hierzu OLG Nürnberg, StiftRspr. II, S. 98 f. einerseits und BGH, ZIP 1988, 706 ff. andererseits. 67 Näher u. § 15 II.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Grenze bildet die Stiftungsverfassung, insbesondere der Stiftungszweck, den zu verfolgen der Stiftungsvorstand verpflichtet ist. Ergreift der Vorstand Maßnahmen, die nicht von dem Stiftungszweck gedeckt sind, so handelt er pflichtwidrig und ist bei schuldhaftem Handeln der Stiftung zum Ersatz der hieraus entstehenden Schäden aus § 280 Abs. 1 BGB verpflichtet.68 Das gilt auch für Maßnahmen, die zwar nicht gegen den Stiftungszweck, wohl aber gegen den objektiven Stifterwillen verstoßen, wie er in der Stiftungssatzung und dem Stiftungsgeschäft zum Ausdruck kommt, denen also gleichsam der Stifter, wenn er könnte, widersprechen würde.69 Die zweite Grenze bilden die Stiftungsgesetze der Länder, in denen teilweise Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Stiftungsaufsichtsbehörde normiert sind. Hierauf wird sogleich (unten B.II.2.) zurückzukommen sein. Innerhalb dieses Rahmens ist der Vorstand jedoch grundsätzlich auch berechtigt, Maßnahmen zu ergreifen, die aufgrund ihrer Bedeutung oder den mit ihnen verbundenen Gefahren außergewöhnlich sind. (2) Allerdings können sich aus der Stiftungssatzung bzw. dem Stiftungsgeschäft weitere Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis ergeben. Möglich ist zum einen, bestimmte Maßnahmen an die Zustimmung eines anderen, gewillkürten Stiftungsorgans zu binden. Zum anderen können bestimmte Geschäftsführungsbefugnisse einem anderen Organ zugewiesen oder diesem ein Weisungsrecht eingeräumt werden. Schließlich kann der Stifter auch Anordnungen hinsichtlich der Geschäftsführung treffen, indem er etwa Regelungen über die Verwaltung des Stiftungsvermögens oder über die Verwendung der Stiftungserträge trifft. (3) Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich insoweit zuvörderst aus § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB. Der Stifter darf daher die Geschäftsführungsbefugnis der Stiftungsorgane nicht derart einschränken, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht gesichert erscheint.70 Wird die Zweckverfolgung infolge einer Änderung der Sachlage nachträglich unmöglich, etwa weil infolge der von dem Stifter vorgesehenen Anlageformen dauerhaft keine Überschüsse mehr erwirtschaftet werden können, so haben die Stiftungsorgane das Recht und die Pflicht, durch eine Änderung der Stiftungsverfassung die Möglichkeit der Zweckverfolgung wiederherzustellen (vgl. § 87 BGB und u. § 13 A., C.). Eine Aufhebung der Stiftung kommt ___________ 68 Näher zur Haftung von Organmitgliedern u. § 25. 69 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 6; zur GmbH BGH, ZIP 1984, 310 ff., und dazu ausf. G.H. Roth, ZGR 1985, 265 ff.; s. ferner Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 16 m. w. Nw. 70 Zu der Frage von Kompetenznormen und -konflikten, die zu einer Selbstblockade der Stiftung führen näher u. § 11.
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§ 10 Der Vorstand
nur als ultima ratio in Betracht, wenn nicht der Stifter sie für einen solchen Fall ausdrücklich vorgesehen hat. (4) Fraglich ist indes, ob es abseits davon einen unentziehbaren Kern der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes gibt. Hier sind drei Fragen zu unterscheiden, nämlich erstens, ob die Geschäftsführungsbefugnis dem Vorstand oder einzelnen seiner Mitglieder vollkommen entzogen werden kann, zweitens, ob die Geschäftsführungsbefugnis im Ganzen anderen Stiftungsorganen zugewiesen werden kann, und drittens, ob der Vorstand, durch die Einräumung von Weisungsbefugnissen zugunsten anderer Organe, auf ein bloßes Exekutivorgan reduziert werden kann. (a) Nicht möglich ist es, dem Vorstand die Geschäftsführungsbefugnis ersatzlos zu entziehen; denn hierdurch würde die Stiftung handlungsunfähig. Zulässig ist es hingegen, einzelne von mehreren Vorstandsmitgliedern von der Geschäftsführung auszuschließen (sog. Zölibatsklausel).71 Dies lässt jedoch zum einen die öffentlich-rechtlichen Pflichten des betreffenden Vorstandsmitglieds unberührt. Und zum anderen kann er auch nicht aus seiner Verantwortung für das rechtmäßige Verhalten der Stiftung und damit aus seiner Überwachungspflicht entlassen werden.72 Aus diesem Grund unentziehbar sind daher sein Einsichtsrecht, sein Auskunftsrecht, sein Teilnahmerecht an Vorstandssitzungen und sein Recht, sich bei Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Stiftungsverwaltung ggf. an andere Stiftungsorgane, die Stiftungsaufsichtsbehörde und erforderlichenfalls an die Gerichte zu wenden73.74 (b) Aufgrund der Gestaltungsfreiheit zulässig ist es dagegen, die Geschäftsführung ganz oder teilweise auf ein anderes Organ zu übertragen.75 Dies lässt freilich ebenfalls die öffentlich-rechtlichen Pflichten des Vorstands76 sowie seine Überwachungspflicht unberührt. Auch in diesem Fall müssen daher die vorgenannten Rechte gewährleistet und der Vorstand insbesondere ___________ 71 S. zur GmbH BGH, ZIP 1986, 1188, 1193, m. Anm. Lutter, 1195, 1196; sowie Scholz/ U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 37 m. w. Nw. 72 Damit soll nicht gesagt sein, dass die Mitglieder des Vertretungsorgans für das rechtmäßige Verhalten der juristischen Person auch im Außenverhältnis verantwortlich sind (zu dieser höchst umstrittenen Frage u. § 25 B.), sondern nur, dass die gesetzliche Konzeption der Verantwortung des Vertretungsorgans und seiner Mitglieder für das rechtmäßige Verhalten der juristischen Person unabdingbar ist. 73 S. hierzu u. § 11 C. 74 Vgl. Lutter, ZIP 1986, 1195, 1196. 75 S. BGH, StiftRspr. III, S. 57 ff. (zum Vereinsrecht); ohne Begründung a. A. BlydtHansen, Destinatäre, S. 128 ff. 76 Ebenso Staudinger/Weick, BGB, § 32 Rdnr. 5.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
berechtigt sein, an den Sitzungen des Geschäftsführungsorgans teilzunehmen.77 c) Schließlich ist es ebenfalls zulässig, dem Vorstand zwar die Geschäftsführung zu überlassen, ihn aber auf ein reines Exekutivorgan zu reduzieren. Insbesondere gibt es keinen Bereich, der nicht der Weisung durch ein anderes Organ unterstellt werden könnte. Auch die Erteilung von Einzelweisungen ist möglich.78 Dabei darf der Vorstand allerdings solche Weisungen nicht befolgen, die gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, öffentlichrechtliche Pflichten der Stiftung bzw. der Vorstandsmitglieder oder die Stiftungsverfassung verstoßen oder absolute Rechte Dritter verletzen.79
VII. Mehrere Vorstandsmitglieder Hat der Vorstand mehrere Mitglieder, so gilt gemäß § 86 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 BGB für die Beschlussfassung das Mehrheitsprinzip. Zwar war die Regelung nach den Materialien als Vertretungsregelung gedacht.80 Sie ist jedoch auch auf die Geschäftsführung anwendbar.81 Hierfür spricht nicht nur ein Vergleich beispielsweise mit dem Aktienrecht,82 sondern vor allem auch ihr Wortlaut („Beschlussfassung“), ihre systematische Stellung (nämlich zwischen § 27 Abs. 3 BGB: Geschäftsführung und § 28 Abs. 2 BGB: Passivvertretung), der Sachzusammenhang zwischen Vertretung und Geschäftsführung und damit auch ihr Sinn und Zweck, nämlich die Beschlussfassung des Vorstandes eines Idealvereins gegenüber dem Prinzip der Gesamtgeschäftsführung und -vertretung im Recht der Wirtschaftsvereine zu erleichtern.83 Über Angelegenheiten der Geschäftsführung entscheidet daher die Mehrheit der anwesenden Mitglieder, §§ 86, 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB. Anders ___________ 77 Dies war in dem Fall BGH, StiftRspr. III, S. 57 ff., dadurch gewährleistet, dass die beiden Vorstandsmitglieder zugleich Mitglieder des Geschäftsführungsorgans waren. 78 A. A. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 29; wie hier zur GmbH OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 1476 ff.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 38, jew. m. w. Nw. 79 Vgl. BGHZ 31, 258, 278; 125, 366, 372; Staudinger/Weick, BGB, § 32 Rdnr. 5; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 50 ff. m. w. Nw. 80 Motive I, S. 99; Protokolle I, S. 512 ff. 81 H. M., RGRK/Steffen, BGB, § 28 Rdnr. 1; ausf. Soergel/Hadding, BGB, § 28 Rdnr. 6, jew. m. w. Nw. 82 Vgl. §§ 77 Abs. 1 S. 1, 78 Abs. 2 AktG. Auch im GmbH-Recht wird daher von einer Parallelität von Gesamtvertretung (§ 35 Abs. 1 GmbHG) und Gesamtgeschäftsführung ausgegangen, Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 21. 83 Vgl. Protokolle I, S. 514.
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§ 10 Der Vorstand
als bei dem Prinzip der Gesamtgeschäftsführung werden dabei Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen nicht als Neinstimmen, sondern als nicht erschienen gewertet.84 Ist nur ein Mitglied anwesend, reicht dies – von Fällen des § 34 BGB und anderweitiger Satzungsbestimmungen abgesehen – aus. Das ist zwar kein Beschluss der „Mehrheit“, wohl aber ein einstimmiger Beschluss und somit genügend.85 Vorausgesetzt ist freilich, dass jedes Vorstandsmitglied zu der Sitzung ordnungsgemäß einberufen und dabei der Gegenstand der Beschlussfassung hinreichend genau bezeichnet wurde, §§ 86, 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 2 BGB.86 Ohne Versammlung ist ein Vorstandsbeschluss nur gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung erklärt haben, §§ 86, 28 Abs. 1, 32 Abs. 2 BGB. Entgegen dem Wortlaut dieser Vorschrift ist dabei die Einhaltung der Schriftform nicht erforderlich.87 § 28 Abs. 1 BGB ist in jeder Hinsicht abdingbar.88 Insbesondere kann für einzelne, mehrere oder alle Vorstandsmitglieder Einzelgeschäftsführung oder Gesamtgeschäftsführung durch sämtliche, mehrere, bestimmte oder unbestimmte Vorstandsmitglieder vorgesehen und/oder die Geschäftsführungsbefugnis nach Ressorts aufgeteilt werden. Enthält die Satzung eine von § 28 Abs. 1 BGB abweichende Regelung, so gilt diese im Zweifel, d. h. wenn sich aus der Satzung nichts anderes ergibt, für Geschäftsführung und Vertretung gleichermaßen, vgl. § 30 S. 2 BGB.
B. Der Vorstand als Vertretungsorgan Während die Geschäftsführungsbefugnis die Frage der Rechtmäßigkeit des Organhandelns im Innenverhältnis betrifft, handelt die Vertretungsmacht von der Wirksamkeit rechtsgeschäftlichen Handelns für die Stiftung im Außenverhältnis. Vertretungshandlungen sind also immer zugleich auch Handlungen der Geschäftsführung, Maßnahmen der Geschäftsführung aber nicht notwendigerweise zugleich Vertretungshandlungen. Zudem kann die Vertretungsmacht weiter reichen als die Geschäftsführungsbefugnis. Im Außenverhältnis rechtswirksame Handlungen des Vorstandes können daher im Innenverhältnis rechtswidrig sein. ___________ 84 Vgl. etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 21, einerseits, Staudinger/ Weick, BGB, § 28 Rdnr. 4, andererseits. 85 Staudinger/Weick, BGB, § 28 Rdnr. 4. 86 Näher u. § 12 B.II.1.; zur Frage von Beschlussmängeln § 12 B.III., IV. 87 Grund: § 28 Abs. 1 soll durch Verweisung auf das Mehrheitsprinzip des § 32 BGB eine Erleichterung gegenüber dem Prinzip der Gesamtgeschäftsführung und -vertretung schaffen, s. o. Fn. 83. Hiermit verträgt sich das Schriftformerfordernis nicht. § 32 Abs. 2 BGB ist daher insoweit teleologisch zu reduzieren, s. u. B.IV.3. 88 Für den Verweis auf § 34 BGB gilt das allerdings nur teilweise, s. u. B.IV.4.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
I. Der Grundsatz der Unbeschränktheit der Vertretungsmacht § 26 Abs. 2 BGB, auf den § 86 BGB ebenfalls verweist, lautet: „Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang seiner Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden.“ Im Umkehrschluss aus Satz 2 ergibt sich somit, dass die Vertretungsmacht des Vereins – wie des Stiftungsvorstands, wenn sich aus der Satzung nichts anderes ergibt – unbeschränkt ist. Die Unbeschränktheit der Vertretungsmacht bedeutet, dass der Vorstand gegenüber Dritten grundsätzlich jede Rechtshandlung im Namen und mit Wirkung für und gegen die Stiftung vornehmen kann. Einige wenige Grenzen ergeben sich lediglich aus allgemeinen Regeln und Gesetzen (s. u. II.1.). Im Übrigen ist die Vertretungsmacht jedoch weder gegenständlich noch inhaltlich oder der Höhe nach begrenzt. Der Vorstand kann daher auch ungewöhnliche oder riskante Rechtsgeschäfte vornehmen, und zwar auch dann, wenn er hiermit seine Befugnisse im Innenverhältnis überschreitet, sie insbesondere außerhalb des Stiftungszwecks liegen. Das Letzte wird allerdings zum Teil bestritten. Zum Schutz der Stiftung (bzw. des Vereins) sei Vertretungsmacht des Vorstands vielmehr durch den (Vereins- bzw.) Stiftungszweck begrenzt.89 Diese Ansicht ist – hier wie dort – falsch.90 Bereits an anderer Stelle wurde dargelegt, dass die ultra-viresLehre dem deutschen Recht – und zwar nicht nur dem Privatrecht, sondern auch dem öffentlichen Recht – fremd ist.91 Eine derartige Bestimmung belastet den Verkehr mit unerträglicher Rechtsunsicherheit und kann daher selbst durch die Satzung nicht eingeführt werden (s. u. 3.). Der Schutz der ___________ 89 So zum Vereinsrecht: BGH, JZ 1953, 474; RGRK/Steffen, BGB, § 26 Rdnr. 5; Palandt/Heinrichs, BGB, § 26 Rdnr. 5; Stöber, Vereinsrecht, Rdnr. 286; Larenz/Wolf, AT, § 10 Rdn. 75 m. w. Nw.; zum Stiftungsrecht BGH, LM § 85 Rdnr. 1; Palandt/ Heinrichs, BGB, § 86 Rdnr. 1; RGRK/Steffen, BGB, § 86 Rdnr. 3; Stengel, HeStiftG, § 5 Anm. 3; Ebersbach, Handbuch, S. 73, 108, a. A. Erman/O. Werner, BGB, § 86 Rdnr. 2; vgl. ferner RGZ 145, 311, 314. Die ältere Rechtsprechung dürfte freilich überholt sein, da sie mit den Grundsätzen BGH, StiftRspr. III, S. 118 (zum Vereinsrecht) nicht vereinbar ist, dazu u. B.III. 90 Im Ergebnis ebenso im Vereinsrecht: Flume, jP, S. 370; Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 20; zum Stiftungsrecht MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 11; Staudinger/ Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 8; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 85 Rdnr. 3; Seifart/ v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 33; Kronke, Stiftungstypus, S. 111; Muscheler, ZST 2003, 67, 76; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 182; allg. K. Schmidt, GR, S. 259 ff.; ders., AcP 184 (1984), 529 ff. 91 U. H. Schneider/Burgard, FS Claussen, S. 499 ff. (zum Vereins- und Stiftungsrecht S. 511 f.).
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§ 10 Der Vorstand
Stiftung wird hierdurch nicht unzuträglich verkürzt; denn erstens begrenzt der Stiftungszweck die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands. Seine Nichtbeachtung ist pflichtwidrig und verpflichtet den Vorstand ggf. zum Schadensersatz. Zweitens gelten die Regeln über den Missbrauch der Vertretungsmacht. Im Ergebnis liegen die verschiedenen Ansichten daher nicht allzu weit auseinander.92 Und drittens kann die Satzung auf vielfältige andere Weise die Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken. Dies wird sogleich zu untersuchen sein. Zuvor gilt es aber, die gesetzlichen Grenzen des Grundsatzes der Unbeschränktheit der organschaftlichen Vertretungsmacht aufzuzeigen.
II. Die gesetzlichen Grenzen der Vertretungsmacht Gesetzliche Grenzen der organschaftlichen Vertretungsmacht ergeben sich zunächst aus allgemeinen Vorschriften und Rechtsgrundsätzen des Bundesrechts. 1. Bundesrechtliche Grenzen Zu nennen ist hier in erster Linie § 181 BGB. Insoweit gelten im Stiftungsrecht grundsätzlich keine Besonderheiten93, und zwar auch nicht hinsichtlich der Zustimmung zu einem Insichgeschäft im Einzelfall94 oder einer Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB in der Satzung95. Eine weitere Grenze bilden die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht. Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Missbrauch vorliegt, wird freilich weder einheitlich beurteilt noch immer hinreichend deutlich.96 Richtigerweise ist zweierlei vorauszusetzen, nämlich erstens eine ob___________ 92 Darauf hat schon K. Schmidt, AcP 184 (1984), 529 ff., zutreffend aufmerksam gemacht, vgl. etwa die Formulierungen von Larenz/Wolf, AT, § 10 Rdn. 75; Palandt/ Heinrichs, BGB, § 26 Rdnr. 5. 93 S. allg. zu § 181 BGB im Gesellschaftsrecht etwa K. Schmidt, GR, S. 260 ff. m. w. Nw. 94 S. aber Art. 22 Abs. 1 S. 2 BayStiftG. Zudem bedürfen nach Art. 27 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BayStiftG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 4 BWStiftG, 20 S. 1 Nr. 4 MVStiftG Rechtsgeschäfte mit Mitgliedern von Stiftungsorganen der Zustimmung der Stiftungsaufsichtsbehörde; zur Bedeutung dieses Erfordernisses sogleich u. B.II.2. 95 S. nur Art. 22 Abs. 2 BayStiftG sowie Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 193. 96 Vgl. nur die Kommentierungen von MünchKomm/Schramm, BGB, § 164 Rdnr. 106 ff.; Soergel/Leptien, BGB, § 177 Rdnr. 15 ff.; Staudinger/Schilken, BGB, § 167 Rdnr. 91 ff.; aus dem Handels- und Gesellschaftsrecht etwa Baumbach/Hopt, HGB, § 50 Rdnr. 4 ff., § 126 Rdnr. 11; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 132 ff.; Hüffer, AktG, § 82 Rdnr. 6 f. Die Rechtsprechung ist derart uneinheitlich und unpräzise, dass sich mit ihr jede Ansicht begründen lässt.
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jektive Pflichtwidrigkeit des Vertreters und zweitens die Evidenz dieser Pflichtwidrigkeit für den Geschäftsgegner.97 Ist der Geschäftsgegner ein anderes Organmitglied, so genügt statt Evidenz bereits ein Kennenmüssen; denn Organmitglieder sind nicht gleich außenstehenden Dritten schutzwürdig.98 Kennenmüssen ist stets anzunehmen, wenn sich die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis aus der Verfassung des Verbandes bzw. der Stiftung ergibt. Im Falle von Einzelweisungen durch ein anderes Stiftungsorgan u. ä. kommt es hingegen auf den Einzelfall an. Im Gesellschaftsrecht begrenzt zudem die innere Kompetenzordnung die organschaftliche Vertretungsmacht.99 Der Geschäftsführer einer GmbH kann daher die Gesellschaft nicht wirksam verpflichten, anderen Gesellschaftsorganen zugewiesene Befugnisse in bestimmter Weise auszuüben, z. B. die Satzung in bestimmter Weise zu ändern oder eine bestimmte Person zum Geschäftsführer zu bestellen. Vielmehr bedarf ein solcher Vertrag zu seiner Wirksamkeit eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses – oder allgemein gewendet: eines Beschlusses des zuständigen Organs. Das gilt im Stiftungsrecht entsprechend, wenn die Stiftung über gewillkürte Organe verfügt, denen die genannten Befugnisse übertragen sind. Nach der gesetzlichen Normalverfassung der Stiftung ist der Vorstand dagegen einziges Organ der Stiftung und damit allzuständig. Durch die von ihm namens der Stiftung eingegangene Verpflichtung, seine Organbefugnisse in bestimmter Weise auszuüben, wird daher die innere Kompetenzordnung der Stiftung nicht verletzt. Dabei hat er allerdings – wie stets – die ihm durch die Verfassung der Stiftung gezogenen Grenzen zu beachten. Durch deren Überschreitung wird die Wirksamkeit des Vertrages – außer in Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht – freilich nicht berührt. Als evident pflichtwidrig wäre allerdings eine Vereinbarung anzusehen, wonach Organbefugnisse auf Dritte verlagert oder Organe gehindert werden, ihre Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Zu beachten ist schließlich, dass der Dritte keinen Erfüllungs-, sondern allenfalls einen Schadensersatzanspruch erwirbt, ___________ 97 Ebenso etwa K. Schmidt, GR, S. 259 f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rdnr. 13 f.; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 37 Rdnr. 28; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 37 Rdnr. 38 ff. 98 Vgl. BGHZ 38, 32 ff.; BGH, WM 1997, 1570, 1571; wie hier Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rdnr. 15; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 37 Rdnr. 29; abw. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 25 ff.; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 37 Rdnr. 47. 99 Vgl. zum Folgenden Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 38 ff. m. w. Nw.
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andernfalls würden eben Organkompetenzen satzungswidrig auf den Dritten verlagert. 2. Landesrechtliche Grenzen Eine Reihe von Stiftungsgesetzen der Länder sehen (immer noch) Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Arten von Rechtsgeschäften100 vor:101 Genannt werden Rechtsgeschäfte einer bestimmten Größenordnung,102 die für den Bestand oder die Leistungsfähigkeit der Stiftung bedeutsam sind,103 die Eingehung von Verbindlichkeiten außerhalb des laufenden Geschäftsbetriebs,104 insbesondere Grundstücksgeschäfte105, aber auch die Aufnahme von Darlehen106 und die Übernahme von Bürgschaften107, des Weiteren Rechtsgeschäfte mit Mitgliedern von Stiftungsorganen,108 unentgeltliche Zuwendungen der Stiftung, die nicht ausschließlich der Erfüllung des Stiftungszwecks dienen109 sowie die Annahme unentgeltlicher Zuwendungen, die mit besonders belastenden Bedingungen oder Auflagen verbunden sind,110 und schließlich die Veräußerung oder wesentliche Veränderung von Kulturgütern111. ___________ 100 Art. 27 BayStiftG (gilt nach Art. 18 Abs. 1 S. 1 i. V. m. 1 Abs. 3 BayStiftG nur für Stiftungen, die nicht ausschließlich privaten Zwecken dienen), § 13 BWStiftG (gilt nach Abs. 3 nicht für Familienstiftungen; zudem entfallen die Anzeigepflichten nach Abs. 1 Nr. 1 bis 3, wenn die Stiftung über ein unabhängiges Kontrollorgan verfügt, § 8 Abs. 2 S. 2 BWStiftG), § 20 MVStiftG (gilt gemäß §§ 14 Abs. 2, 27 Abs. 2 MVStiftG nicht für privatnützige Stiftungen), § 9 SHStiftG (gilt für Familienstiftungen gemäß § 19 SHStiftG nur eingeschränkt). Daneben ist auf § 7 Abs. 2 NRWStiftG hinzuweisen, der für Rechtsgeschäfte mit einem Geschäftswert von mindestens 100.000 Euro oder einem Fünftel des Stiftungsvermögens eine bloße Anzeigepflicht zur Information der Aufsichtsbehörde vorsieht, s. Begr. RegE zu § 7 Abs. 2 NRWStiftG, LT-Drs. 13/5987, S. 15. Auch diese Anzeigepflicht greift gemäß § 7 Abs. 4 NRWStiftG nicht für privatnützige Stiftungen ein. 101 Ausf. dazu Andrick/Suerbaum, Aufsicht, § 7 Rdnr. 24 ff. 102 Art. 27 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BayStiftG. 103 §§ 20 S. 1 Nr. 1 MVStiftG, 9 Abs. 1 Nr. 1 SHStiftG. 104 § 9 Abs. 1 Nr. 3 SHStiftG. 105 § 13 Abs. 1 Nr. 1 BWStiftG. 106 Art. 27 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BayStiftG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 BWStiftG. 107 Art. 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BayStiftG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 BWStiftG. 108 Art. 27 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BayStiftG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 4 BWStiftG, 20 S. 1 Nr. 4 MVStiftG. 109 §§ 13 Abs. 1 Nr. 2 BWStiftG, §§ 20 S. 1 Nr. 2 MVStiftG, 9 Abs. 1 Nr. 2 SHStiftG. 110 Art. 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BayStiftG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 3 BWStiftG, 20 S. 1 Nr. 3 MVStiftG. 111 Art. 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 3 BayStiftG, § 9 Abs. 1 Nr. 4 SHStiftG.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Nicht hinreichend geklärt ist die Rechtsnatur dieser Zustimmungsvorbehalte. Der Wortlaut der genannten Bestimmungen ist nicht eindeutig: Art. 27 Abs. 1 BayStiftG sieht lediglich eine Genehmigungspflicht vor, ohne deren Rechtsfolgen näher zu bestimmen. Art. 27 Abs. 2 BayStiftG verbindet eine Anzeigepflicht mit der Maßgabe, dass die angezeigten Rechtsgeschäfte „vollzogen werden können“, wenn die Stiftungsaufsichtsbehörde nicht binnen eines Monats Einwendungen erhebt. §§ 13 Abs. 1, 2 BWStiftG, 20 MVStiftG verlangen ebenfalls eine Anzeige, wobei die anzuzeigenden Maßnahmen erst „durchgeführt werden dürfen“, wenn die Stiftungsbehörde ihre Rechtmäßigkeit bestätigt oder sie nicht innerhalb von zwei bzw. vier Wochen beanstandet hat. § 9 Abs. 1 S. 2 SHStiftG schließlich formuliert es so: „Widerspricht die zuständige Behörde nicht schriftlich innerhalb von vier Wochen seit Zugang der Anzeige, gilt die Maßnahme als genehmigt“. Nach der Rechtsprechung112 und einem Teil der Literatur113 handelt es sich bei diesen Bestimmungen um öffentlich-rechtliche Genehmigungserfordernisse.114 Andere sehen in ihnen hingegen Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstands.115 Freilich werden diese Auffassungen bisher offenbar nicht als gegensätzlich empfunden und müssen dies auch nicht notwendigerweise sein.116 Tatsächlich stimmen sie jedenfalls insofern überein, als nach beiden Ansichten die Entscheidung der Behörde einen mit verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt und das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft schwebend unwirksam ist, wenn und solange die Genehmigung nicht erteilt wird (bzw. nicht als erteilt gilt) ___________ 112 BVerwG, StiftRspr. II, S. 89, 92 (zu Art. 31 – heute Art. 27 – BayStiftG) m. Anm. Seifart, DVBl 1973, 797 f., und Scheyhing, JZ 1973, S. 695 ff.; BayObLG, StiftRspr. IV, S. 90, 95. 113 Hartmann/Atzpodien, FS Rittner, S. 147 f.; Andrick/Suerbaum, Aufsicht, § 7 Rdnr. 24; Lehmann, SHStiftG, § 9 Anm. 1, 2.1.; wohl auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 201 f.; Pohley, BayStiftG, Art. 31 Anm. 1, 2; Voll/Störle, BayStiftG, Art. 27 Rdnr. 1, 2. 114 So auch Begr. RegE zu § 21 NRWStiftG a. F., LT-Drs. 8/830, S. 28; ebenfalls Begr. RegE zu § 9 SHStiftG, LT-Drs. 7/169, S. 15 f. und LT-Drs. 14/1513, S. 8; ausdrücklich anders Begr. RegE zu § 13 BWStiftG, LT-Drs. 7/510, S. 37. 115 MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 11; Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 7; Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 76, § 86 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 85 Rdnr. 3; ders., ZSt 2004, 64, 71; Hartmann/Atzpodien, FS Rittner, S. 147 ff.; Muscheler, NJW 2004, 713, 715; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 178. 116 So schränken beispielsweise die §§ 1821 ff. BGB nach herrschender Meinung ebenfalls die Vertretungsmacht des Vormunds ein, wobei die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts als eine öffentlich-rechtliche Genehmigung, nämlich als ein Justizverwaltungsakt angesehen wird, statt anderer Erman/H. Holzhauer, BGB, Vor § 1821 Rdnr. 1, § 1828 Rdnr. 7 m. w. Nw.
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§ 10 Der Vorstand
und das Rechtsgeschäft endgültig unwirksam ist, wenn sie verweigert wird117. Gleichwohl könnten sich ihre Rechtsfolgen unterscheiden. Nimmt man nämlich an, dass die landesstiftungsrechtlichen Zustimmungserfordernisse die Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken, so würde dies zur Anwendung der §§ 178 f. BGB führen.118 Der Geschäftsgegner wäre daher grundsätzlich bis zur Erteilung der Genehmigung zum Widerruf berechtigt (§ 178 BGB) und der Vorstand bei Versagung der Genehmigung nach § 179 BGB haftbar. Handelte es sich hingegen um ein öffentlich-rechtliches Genehmigungserfordernis im Sinne eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt, wie es sich etwa auch im Kartellrecht findet, so wären die Parteien bis zur Entscheidung der Behörde regelmäßig an das Rechtsgeschäft gebunden119 und der Vorstand bei Versagung der Genehmigung grundsätzlich nicht haftbar.120 Diese Fragen bedürfen freilich vorliegend keiner Entscheidung; denn ohnehin ist den vorgenannten Ansichten nicht zu folgen. Beiden stehen durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken entgegen.121 Es kommt daher auch nicht darauf an, welche dieser Ansichten den Art. 27 BayStiftG, §§ 13 BWStiftG, 20 MVStiftG, 9 SHStiftG eher gerecht wird. Vielmehr sind diese Vorschriften verfassungskonform dahin auszulegen, dass sie nur die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes beschränken. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Die allgemeine Handlungsfreiheit von Stiftungen ist grundgesetzlich geschützt, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 19 Abs. 3 GG.122 Die landesstiftungsrechtlichen Zustimmungsvorbehalte bezwecken und bewirken eine Einschränkung der Handlungsfreiheit von Stiftungen (aber auch von Dritten, die mit einer Stiftung kontrahieren), und zwar ganz unabhängig davon, welcher der vorgenannten Ansichten man folgt. Als Eingriff in eine grundgesetzlich ge___________ 117 S. BVerwG, StiftRspr. II, S. 89; BayObLG, StiftRspr. IV, S. 90, 95; OLG München, StiftRspr. II, S. 46, 47; aus der Lit. Lehmann, SHStiftG, § 9 Anm. 1, 2.1; Backert, ZIP 2003, 284, 285; Voll/Störle, BayStiftG, Art. 27 Rdnr. 9; a. A. aber v. Rotberg, BWStiftG, § 13 Anm. 4; Bruns, BWStiftG, § 13 Anm. 4. 118 Vgl. statt anderer Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 23. Im Vormundschaftsrecht ist deren Anwendung dagegen aufgrund der speziellen Regelungen der §§ 1828 ff. BGB ausgeschlossen. 119 Eingehend Kieckebusch, VerwArch. 57 (1966), 17, 36 ff. 120 So auch Backert, ZIP 2003, 284, 285 f.; differenzierend Hartmann/Atzpodien, FS Rittner, S. 147, 156 f., 158 ff. 121 A. A., aber ohne Begründung Pohley, BayStiftG, Art. 31 Anm. 1. Muscheler, NJW 2004, 713, 715, sieht in den Genehmigungserfordernissen einen Verstoß gegen Art. 31 GG; dem steht jedoch § 85 BGB entgegen. 122 BVerwG, StiftRspr. II, S. 89, 91.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
schützte Rechtsposition müssen sich daher die landesstiftungsrechtlichen Zustimmungsvorbehalte an dem Übermaßverbot messen lassen,123 müssen also geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein. Das soll allerdings nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1972 eine Stiftungsaufsicht auch in der Form nicht ausschließen, dass die Wirksamkeit wesentlicher Rechtsgeschäfte von der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde abhängig gemacht wird.124 Dem ist indes nicht zuzustimmen. Zwar betont das Gericht zu Recht, dass die Aufsichtsbehörde auf eine Überprüfung der stiftungsrechtlichen Rechtmäßigkeit des Rechtsgeschäfts beschränkt sei. Hierfür ist aber eine unabdingbare Einschränkung der rechtsgeschäftlichen Handlungsfähigkeit der Stiftung weder erforderlich, d. h. nicht das mildeste aller geeigneten Mittel, noch verhältnismäßig i. e. S. Die Auslegung der behördlichen Zustimmung als Wirksamkeitserfordernis für wesentliche Rechtsgeschäfte ist vielmehr noch von einem vormundschaftlichen Verständnis der Stiftungsaufsicht getragen. Die Einschränkungen, denen Vormünder bei der rechtsgeschäftlichen Vertretung von Mündeln unterliegen, sind u. a. dadurch gerechtfertigt, dass das Mündel selbst keine Vorsorge gegen ein seinen Interessen zuwiderlaufendes Verhalten des Vormunds treffen kann. Dies ist im Stiftungsrecht anders. Der Stifter kann die Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken, er kann ein gewillkürtes Aufsichtsorgan vorsehen und in diesem Rahmen kann er auch die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften von der Zustimmung eines Stiftungsorgans abhängig machen (s. u. B.III. sowie § 11 A.II., III.). Zu Recht sehen daher die Mehrzahl der Landesstiftungsgesetze keine Zustimmungsvorbehalte für Rechtsgeschäfte vor, und zwar ohne dass in diesen Bundesländern Missstände bekannt geworden wären. Freilich steht dem Gesetzgeber ein weites Auswahlermessen zu, welche Maßnahmen er im Interesse der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Stiftungsverwaltung ergreift. Nicht zu beanstanden ist daher, dass einzelne Stiftungsgesetze Zustimmungsvorbehalte vorsehen. Dabei darf die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften der Stiftung jedoch nicht von der Entscheidung der Behörde abhängig gemacht werden; denn zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Stiftungsverwaltung reicht es aus, die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands zu beschränken. Zwar wird hierdurch dem Vorstand nicht die Rechtsmacht genommen, stiftungsrechtswid___________ 123 S. o. § 3 B.II. 124 BVerwG, StiftRspr. II, S. 89, 91 m. Anm. Leisner, DÖV 1973, S. 273 ff.; Seifart, DVBl 1973, 797 f.; ders., WissR 1974, S. 34 ff., und Scheyhing, JZ 1973, S. 695 ff.; im Anschluss daran ebenso Begr. RegE zu § 13 BWStiftG, LT-Drs. 7/510, S. 37; s. ferner BayVGH, StiftRspr. II, S. 18, 23 f.
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§ 10 Der Vorstand
rige Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Dies ist jedoch für einen effektiven Schutz der Stiftung auch nicht erforderlich; denn es ist nicht zu erwarten, dass sich der Vorstand ohne triftigen Grund über die Grenzen seiner Geschäftsführungsbefugnis hinwegsetzt und sich damit der Gefahr von Ersatzansprüchen aussetzt. Aber auch Beschränkungen der Vertretungsmacht vermögen die Stiftung nicht immer zuverlässig zu schützen.125 Und gegen betrügerische Machenschaften ist ebenso wenig ein Kraut gewachsen wie gegen wirtschaftliche Fehlentscheidungen, zumal die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit einer Maßnahme von der Behörde ohnehin nicht überprüft werden darf. Dagegen können Situationen eintreten, in denen es im Interesse der Stiftung liegt, dass der Vorstand schnell (rechtswirksam) zu handeln in der Lage ist. Das gilt vor allem, aber nicht nur, bei Anstalts- und Unternehmensstiftungen126. Dies aber wäre ihm verwehrt, wenn er zur Wirksamkeit von Rechtsgeschäften auch in eilbedürftigen Fällen der Mitwirkung der Aufsichtsbehörde bedürfte, was gerade bei bedeutsamen Rechtsgeschäften für die Stiftung höchst nachteilhaft sein könnte. Ausnahmen von dem Zustimmungserfordernis in derartigen Fällen sehen die Landesstiftungsgesetze jedoch nicht vor. Vielmehr kennen sie nur generelle Befreiungstatbestände, s. Art. 27 Abs. 2 S. 3 BayStiftG, §§ 13 Abs. 2 S. 2 BWStiftG, 20 S. 3 MVStiftG, 9 Abs. 2 SHStiftG. Ferner ist zu bedenken, dass auch der Rechtsverkehr erheblich belastet würde, wenn die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften von der behördlichen Entscheidung abhinge,127 zumal die einschlägigen Tatbestände (anders als etwa die §§ 1821 f. BGB) teilweise derart unbestimmt (bzw. relativ) sind, dass ein Dritter nicht erkennen kann, ob das Rechtsgeschäft der Zustimmung der Behörde bedarf. So kann ein Dritter beispielsweise nicht mit Sicherheit beurteilen, ob ein Geschäft außerhalb des laufenden Betriebs der Stiftung liegt oder für deren Bestand oder Leistungsfähigkeit bedeutsam ist. Mangels hinreichender Bestimmtheit wären derartige gewillkürte Vertretungsbeschränkungen daher unwirksam (s. u. III.). ___________ 125 Vgl. BayObLG, StiftRspr. IV, S. 90 ff. Zwar ist das bis dahin schwebend unwirksame Rechtsgeschäft bei der rechtskräftigen Verweigerung der Genehmigung endgültig nichtig. Hat der Leistungsaustausch aber schon stattgefunden, dann nutzt das der Stiftung u. U. gar nichts. M. a. W. schützt eine Beschränkung der Vertretungsmacht die Stiftung zwar besser als eine bloße Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis, insofern zutr. Backert, ZIP 2003, 284, 285 f. Diesem etwas besseren Schutz stehen jedoch unverhältnismäßig große Nachteile für die Stiftung und den Rechtsverkehr gegenüber. 126 Kronke, Stiftungstypus, S. 149. 127 Ebenso Begr. RegE zu § 13 BWStiftG, LT-Drs. 7/510, S. 37.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Die Belastungen, die von einer eingeschränkten rechtsgeschäftlichen Handlungsfähigkeit von Stiftungen sowohl für die Stiftung als auch für den Rechtsverkehr ausgingen, sind daher im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Stiftungsverwaltung unverhältnismäßig.128 Aus all diesen Gründen wurde § 34 RPStiftG a. F. aufgehoben.129 Indes zwingt der Wortlaut von Art. 27 BayStiftG, §§ 13 BWStiftG, 20 MVStiftG, 9 SHStiftG nicht zu einer solchen Auslegung. Vielmehr spricht der Wortlaut von §§ 13 Abs. 2 BWStiftG, 20 S. 2 MVStiftG („darf erst durchgeführt werden“) sogar eher dafür, dass die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften nicht von der Entscheidung der Behörde abhängt.130 In den landesstiftungsrechtlichen Zustimmungserfordernissen ist daher eine bloße Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes zu sehen. Schließlich sei angemerkt, dass die Behörden als bloße Rechtsaufsicht ihre Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft nur aus Rechtsgründen und nicht aus Zweckmäßigkeitserwägungen verweigern darf, also nur dann, wenn das Rechtsgeschäft gemessen an der Verfassung der Stiftung rechtswidrig ist, insbesondere die zuständigen Stiftungsorgane die Grenzen ihres pflichtgemäßen Ermessens in unvertretbarer Weise überschreiten.131
III. Die gewillkürten Grenzen der Vertretungsmacht Die Vertretungsmacht des Vorstandes kann zum einen sachlich für bestimmte Geschäfte (z. B. hinsichtlich eines Grundstücks)132 oder Arten von Geschäften (z. B. keine Termingeschäfte) oder der Höhe nach (Wertgrenzen) beschränkt werden. Zum anderen können Vertretungshandlungen an die Zustimmung anderer Organe gebunden werden. Möglich ist auch eine Bindung an die Zustimmung des Stifters, der dadurch zum Organ der Stiftung wird.133 Schließlich kann die Einhaltung bestimmter Formvorschriften zur Voraus___________ 128 Zur Kritik s. auch Ballerstedt, Gutachten 44. DJT, S. 50; Toepke, Staatsaufsicht, S. 246 f. 129 Büermann in: IDW, Stiftungen, S. 23, 44. 130 So aufgrund Begr. RegE zu § 13 BWStiftG, LT-Drs. 7/510, S. 37, auch v. Rotberg, BWStiftG, § 13 Anm. 4. 131 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 16; Schwintowski, FS Hadding, S. 271, 284; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 130 f.; näher u. § 25A.II.2.b. 132 Stengel, HeStiftG, § 4 Anm. 10.4; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 32. 133 Muscheler, ZSt 2003, 67, 77.
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§ 10 Der Vorstand
setzung wirksamer Stellvertretung bestimmt werden.134 Zur Wirksamkeit derartiger Beschränkungen ist jedoch stets viererlei erforderlich.135 Erstens muss sich aus der betreffenden Bestimmung unzweideutig ergeben, dass eine Beschränkung der organschaftlichen Vertretungsmacht gewollt ist. Dafür reicht es insbesondere nicht aus, dass die Satzung von den Stiftungsorganen ein bestimmtes Tun oder Unterlassen fordert. Vielmehr haben derartige Anordnungen im Zweifel nur für die Geschäftsführung Bedeutung. Wird beispielsweise die Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte an die Zustimmung eines anderen Stiftungsorgans gebunden, so ist darin regelmäßig nur eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis zu sehen. Der Grund hierfür ist, dass durch Beschränkungen der organschaftlichen Vertretungsmacht die Handlungsfähigkeit einer juristischen Person nach außen erheblich eingeschränkt wird. Bei der Stiftung ist dies zudem deswegen besonders gravierend, weil deren Satzung regelmäßig nicht in demselben Maße zur Disposition ihrer Organe steht wie die Satzung eines Verbandes. Der Wille des Stifters zu einer derart einschneidenden Rechtsfolge muss daher unzweideutig erklärt sein. Dies ist nicht zuletzt ein Gebot der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes. Zweitens muss aus diesen Gründen der Umfang der Beschränkung der Vertretungsmacht unzweideutig festgelegt werden. Unwirksam ist daher etwa eine Beschränkung der Vertretungsmacht auf den Stiftungszweck. Dabei sind die Anforderungen an die Bestimmtheit von Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstandes, wegen der hiermit verbundenen gravierenden Folgen für die rechtsgeschäftliche Handlungsfähigkeit der Stiftung und den daraus resultierenden Gefahren für die Sicherheit des Rechtsverkehrs, erheblich höher anzusetzen als etwa für Bestimmungen hinsichtlich der Vertretungsmacht anderer Organe136. Drittens muss sich sowohl die Frage, ob eine Beschränkung der Vertretungsmacht gewollt ist, als auch die Frage, welchen Umfang sie hat, unmittelbar aus dem Wortlaut der Satzung beantworten lassen. Insbesondere reicht es nicht aus, wenn sie sich nur im Wege der Auslegung aus dem Stiftungsgeschäft ergeben. In diesem Falle ist vielmehr eine – klarstellende – Satzungsänderung erforderlich. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 S. 2 BGB und ist überdies ebenfalls ein Gebot der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes. ___________ 134 S. Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 21a; Staudinger/Weick, BGB, § 26 Rdnr. 11, jew. m. w. Nw. 135 S. zum Folgenden BGH, StiftRspr. III, S. 118; NJW-RR 1996, 866; Hadding und Weick, wie vor; MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 15. 136 Vgl. § 30 S. 2 BGB und dazu u. § 11 A.I.2.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
M. a. W. müssen sich Beschränkungen der Vertretungsmacht gleichsam „auf einen Blick“ der Satzung entnehmen lassen. Nachdem überdies hinsichtlich des Regelungsgehalts des § 28 Abs. 1 BGB Streit besteht (s. u. B.IV.), ist zu empfehlen, die organschaftliche Vertretungsmacht des Vorstands in jedem Fall in der Satzung zu regeln, dabei ggf. Beschränkungen ausdrücklich als solche zu bezeichnen und sie enumerativ aufzuzählen. Viertens darf die Einschränkung der Vertretungsmacht nicht soweit gehen, dass die Stiftungsorgane an einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks gehindert werden (§ 80 Abs. 2 BGB) oder die Erfüllung des Stiftungszwecks wegen Handlungsunfähigkeit der Stiftung gar unmöglich ist (§ 87 Abs. 1 BGB),137 da andernfalls die Stiftung entweder bereits nicht anerkennungsfähig bzw. – wenn die Handlungsunfähigkeit aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sachlage eintritt – ihre Satzung zu ändern ist. Die Beschränkung der Vertretungsmacht darf daher nicht solche Geschäfte umfassen, die angesichts des Stiftungszwecks und des Stiftungsvermögens unerlässlich sind.138 Fünftens dürfen Beschränkungen der organschaftlichen Vertretungsmacht nicht zu einer übermäßigen Belastung des Rechts- und Geschäftsverkehrs führen, da sie widrigenfalls wegen Verstoßes gegen §§ 138, 242 BGB nichtig sind.139 Ob dies der Fall ist, hängt nicht zuletzt von dem Zweck, der Art und dem Umfang der Tätigkeit der Stiftung ab. Im Blick hierauf ist vor allem zu fragen, ob die Vertretungsmacht des Vorstandes einer Unternehmensträgerstiftung entgegen dem Prinzip der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht bei Handelsgesellschaften (§§ 126 Abs. 2 HGB, 82 Abs. 1 AktG, 37 Abs. 2 GmbHG, 27 Abs. 2 GenG) wirksam eingeschränkt werden kann. Grundsätzlich wird man dies zwar zu bejahen haben, da solche Beschränkungen gemäß §§ 33 Abs. 2 S. 2, 34 Abs. 1 HGB in das Handelsregister einzutragen sind und sich die Stiftung gemäß § 15 HGB grundsätzlich erst auf sie berufen kann, wenn sie ordnungsgemäß eingetragen und bekannt gemacht wurden.140 Zu bedenken ist jedoch auch, dass diese Publizitätsmedien in der Praxis verhältnismäßig selten konsultiert
___________ 137 Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 83; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 32; MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 13. 138 Muscheler, ZSt 2003, 67, 76 f. 139 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 13 m. w. Nw. 140 Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 86 Rdnr. 3; a. A. Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 187 f., jew. m. w. Nw.
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§ 10 Der Vorstand
werden141 und der Geschäftsverkehr gerade wegen des genannten handelsrechtlichen Grundsatzes nicht mit Vertretungsbeschränkungen des Vorstandes rechnet. Gerade bei Unternehmensträgerstiftungen dürfen daher solche Beschränkungen trotz §§ 33 f., 15 HGB nicht zu einer übermäßigen Belastung des Geschäftsverkehr führen. Ist die Stiftung nicht im Handelsregister eingetragen, ist ferner zu berücksichtigen, dass – anders als im Vereinsrecht (§§ 64, 66, 68, 70 f. BGB) – weder eine Publizität der Vertretungsverhältnisse noch ein hieran anknüpfender Vertrauensschutz sichergestellt ist. In den durch allgemeine Rechtsgrundsätze gezogenen Grenzen (Anscheins- und Duldungsvollmacht) muss sich daher ein Dritter Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstandes entgegenhalten lassen,142 und dies, ohne sich zuverlässig über die Vertretungsverhältnisse erkundigen zu können. Seine einzige Schutzmöglichkeit besteht darin, sich eine sog. Vertretungsbescheinigung vorlegen zu lassen. Hierbei handelt es sich um einen Verwaltungsakt der Stiftungsaufsichtsbehörde143, in dem die zur Vertretung berechtigten Organmitglieder und etwaige Beschränkungen ihrer Vertretungsmacht144 festgestellt werden.145 Antragsberechtigt ist die Stiftung sowie jedes vertretungsberechtigte Organmitglied, wobei ein Anspruch auf Erlass eines derartigen Verwaltungsaktes auch in denjenigen Bundesländern besteht, in denen eine gesetzliche Rege___________ 141 Zutr. Windbichler, CR 1988, 447: „Ins Handelsregister guckt keiner und wer liest schon den Bundesanzeiger zum Frühstück“. Besserung ist insofern erst bei einer vollständigen Elektronisierung des Handelsregisters mit der Möglichkeit eines Online-Abrufs zu erwarten. 142 H. M., RG, HRR 1936, Nr. 1208; Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 23; Staudinger/ Weick, BGB, § 26 Rdnr. 11; MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 11; Palandt/ Heinrichs, BGB, § 86 Rdnr. 1; a. A., nämlich nur wenn die Beschränkung der Vertretungsmacht dem Geschäftsgegner bekannt ist, aber ohne nähere Begründung Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 32; Soergel/Neuhoff, BGB, § 86 Rdnr. 7; in der Tendenz zustimmend Erman/O. Werner, BGB, § 86 Rdnr. 2; unentschieden Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 8. Mit BGH, NJW 1972, 940, 942; OLG Celle, OLGZ 1976, 440, 443, ist diese abweichende Auffassung nicht vereinbar. 143 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 36; § 11 Rdnr. 287 m. w. Nw. 144 Hierzu zählen entsprechend § 64, 70 BGB auch Abweichungen von § 28 Abs. 1 BGB. Daher sind in Anbetracht des § 26 Abs. 2 S. 1 BGB unter Erweiterungen der Vertretungsmacht z. B. die Einräumung einer Einzelvertretungsbefugnis zu verstehen. 145 §§ 11 Abs. 2 BlnStiftG, 5 Abs. 4 HbgStiftG, 11 Abs. 2 S. 2 NdsStiftG, 12 Abs. 5 NRWStiftG, 9 Abs. 7 RPStiftG, 8 Abs. 3 SHStiftG, vgl. auch § 12 Abs. 2 Nr. 1 BreStiftG.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
lung fehlt.146 Das folgt aus Art. 2 Abs. 1 GG, da die Stiftung ohnedies in ihren Handlungsmöglichkeiten nicht nur im Registerrecht (vgl. §§ 29 GBO, 12 HGB), sondern gegenüber jedermann eingeschränkt wäre, der berechtigterweise die Vorlage einer Vertretungsbescheinigung verlangt. Ist die Vertretungsbescheinigung unrichtig, kann sie von der Stiftung und den von der Unrichtigkeit betroffenen Organmitgliedern angefochten werden.147 Zudem haftet die Behörde gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB für die Richtigkeit.148 Schließlich sind auf Vertretungsbescheinigungen die §§ 172, 173, 175, 176 BGB analog anzuwenden.148a
IV. Die Vertretung durch mehrere Personen 1. Gesetzliche Ausgangslage Nicht hinreichend geklärt ist die Frage, wie die Vertretungsmacht des Vorstandes nach der gesetzlichen Normalverfassung der Stiftung beschaffen ist, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht. § 86 S. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 BGB bestimmt für diesen Fall lediglich, dass „die Beschlussfassung nach den für die Beschlüsse der Mitglieder des Vereins geltenden Vorschriften der §§ 32, 34“ erfolgt. Dabei regelt diese Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut nicht nur die vorstandsinterne Willensbildung, sondern nach den Materialien in erster Linie die Ausübung der organschaftlichen Vertretungsmacht. Das hat verständlicherweise zu Verwirrungen geführt. Dementsprechend breit ist das Meinungsspektrum. 2. Meinungsstand Zwei Ansichten stehen sich gegenüber. Nach herrschender Auffassung gilt das Prinzip der Gesamtvertretung.149 § 28 Abs. 1 BGB hat danach ausschließlich Bedeutung für die interne Beschlussfassung.150 Nach anderer ___________ 146 Zutr. Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 80; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 82, § 86 Rdnr. 11; im Ausgangspunkt a. A. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 38. 147 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 287. 148 MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 11; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 288. 148a MünchKomm/Reuter, BGB3, § 86 Rdnr. 3 a. E.; Schauhoff in: Handbuch Gemeinnützigkeit, § 3 Rdnr. 110. 149 RGSt 42, 217; Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 11; Seifart/v. Campenhausen/ Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 31; Ebersbach, Handbuch, S. 107 m. w. Nw. zur älteren Literatur. 150 Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 14; Staudinger/Coing, BGB12, § 86 Rdnr. 4; Soergel/Neuhoff, BGB, § 86 Rdnr. 8.
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Ansicht gilt dagegen das Prinzip der relativen Mehrheitsvertretung, die sich in einem Doppelakt – nämlich Beschlussfassung und Beschlussausführung durch das hierzu im Beschluss berufene Vorstandsmitglied (im Zweifel der Vorstandsvorsitzende) – mit der Folge vollziehe, dass die Stiftung aufgrund fehlerhafter Beschlüsse nicht wirksam vertreten werden könne. Ein Beschluss sei allerdings nicht erforderlich, wenn sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinsam handelten.151 Auch im Vereinsrecht vertritt ein Teil der Literatur die Ansicht, es gälte das Prinzip der Gesamtvertretung. Verwiesen wird dabei auf den Wortlaut des § 26 Abs. 2 BGB sowie die dahingehenden Regeln im Recht der Handelsvereine.152 Nach herrschender Meinung genügt dagegen entsprechend § 28 Abs. 1 BGB die Mehrheit der an der internen Beschlussfassung beteiligten Mitglieder (Prinzip der relativen Mehrheit).153 Eine dritte Ansicht verlangt schließlich aus Gründen der Transparenz für außenstehende Dritte ein Handeln der Mehrheit aller Vorstandsmitglieder (Prinzip der absoluten Mehrheit).154 Zudem ist ebenso wie im Stiftungsrecht umstritten, welche Bedeutung dem Beschluss nach § 28 Abs. 1 BGB für die Wirksamkeit der Vertretung zukommt. Die früher wohl herrschende Ansicht meint, Beschlussmängel schlügen auf die Vertretungshandlung durch. Begründet wird dies in erster Linie mit dem Eintragungserfordernis gemäß § 64 S. 2 BGB, das nicht verständlich wäre, wenn der Beschluss nicht Voraussetzung für eine wirksame Vertretung des Vereins wäre.155 Die heute herrschende Lehre hält dem entgegen, dass dadurch außenstehende Dritte gezwungen würden, interne Vorgänge, nämlich insbesondere die ordnungsgemäße Einberufung und das Abstimmungsergebnis, zu prüfen. Dies verstoße gegen allgemeine Regeln des Vertretungsrechts. Die Beschlussfassung habe daher nur für die Geschäftsführungsbefugnis Bedeutung.156 ___________ 151 MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 12; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 86 Rdnr. 4; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 177 jew. m. w. Nw. 152 So Staudinger/Coing, BGB12, § 26 Rdnr. 13; Reichert, Vereinsrecht, Rdnr. 2280; Hübner, AT, Rdnr. 223. 153 H. L., MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 16, § 28 Rdnr. 1; Staudinger/Weick, BGB, § 26 Rdnr. 12; Palandt/Heinrichs, BGB, § 26 Rdnr. 6; Enneccerus/Nipperdey, AT 1, S. 657 Fn. 19; K. Schmidt, GR, S. 688; Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 16 m. w. Nw. 154 v. Tuhr, AT, S. 531; Flume, jP, S. 360 f.; Larenz/Wolf, AT, § 10 Rdnr. 71 ff. 155 MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 16, § 28 Rdnr. 1; RGRK/Steffen, BGB, § 26 Rdnr. 6; Sauter/Schweyer, Verein, Rdnr. 232. 156 Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 16, § 28 Rdnr. 9; Staudinger/Weick, BGB, § 86 Rdnr. 11; Reichert, Vereinsrecht, Rdnr. 2267.
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Der Bundesgerichtshof hat die Frage offen gelassen. Sei die Beschlussfassung jedoch einem anderen Organ übertragen und den Vorstandsmitgliedern Einzelvertretungsmacht eingeräumt, dann sei die Wirksamkeit von Vertretungshandlungen nicht von der Wirksamkeit des Beschlusses abhängig.157 3. Stellungnahme Auszugehen ist zunächst davon, dass § 28 Abs. 1 BGB Bedeutung sowohl für die interne Willensbildung als auch für die Vertretung des Vereins bzw. der Stiftung nach außen zukommt. Das ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, dem Sinn und Zweck sowie der systematischen Stellung der Norm, ihrem Wortlaut und aus §§ 64 S. 2, 70 BGB. Sowohl für die Geschäftsführung als auch für die Vertretung gilt daher das Prinzip der relativen Mehrheit. Des Weiteren hat man sich vor Augen zu führen, dass dieses Prinzip eine Erleichterung gegenüber dem Prinzip der Gesamtgeschäftsführung und -vertretung (Kollektivprinzip) darstellen sollte.158 § 28 Abs. 1 i. V. m. § 32 BGB ist daher insoweit teleologisch zu reduzieren, als hiermit gegenüber dem Kollektivprinzip Erschwernisse verbunden sind. Das betrifft zum einen das Einberufungs- und Beschlusserfordernis des § 28 i. V. m. § 32 Abs. 1 S. 2 und zum anderen das Schriftformerfordernis des § 32 Abs. 2 BGB. Der Verein wird daher stets wirksam vertreten, wenn alle Vorstandsmitglieder hieran übereinstimmend mitwirken. Ein gemeinsames Handeln ist dabei nicht erforderlich. Vielmehr kann dies geschehen durch: – die gemeinsame oder sukzessive Abgabe von Teilerklärungen gegenüber dem Dritten, – die (vorherige) Ermächtigung eines Vorstandsmitglieds159, – die (nachträgliche) Genehmigung einer Vertretungshandlung160 jeweils seitens aller Vorstandsmitglieder. Dabei gelten die allgemeinen Regeln der Gesamtvertretung.161 Insbesondere kommt es, da sich ohnehin alle Vorstandsmitglieder einig sind, weder auf eine ordnungsgemäße Beschluss___________ 157 Vgl. BGHZ 69, 250, 253. 158 S. Mugdan, Materialien I, S. 613. 159 Vgl. §§ 125 Abs. 2 S. 2, 150 Abs. 2 S. 1 HGB, 78 Abs. 4, 269 Abs. 4 AktG, 25 Abs. 3 GenG. 160 Ausnahme: einseitige Rechtsgeschäfte, § 180 BGB. 161 Näher dazu etwa Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 35 Rdnr. 88 ff.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 53 ff.
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fassung noch auf das Schriftformerfordernis des § 32 Abs. 2 BGB an; denn diese Vorschriften sollen nur sicherstellen, dass mit der Abweichung von dem Einstimmigkeitsprinzip zugunsten des Mehrheitsprinzips kein Verlust an materieller Richtigkeitsgewähr verbunden ist, sondern alle Organmitglieder Gelegenheit hatten, der Entscheidung zu widersprechen162. Ein außenstehender Dritter kann sich somit gegen ihm nicht zuverlässig durchschaubare Mängel der internen Beschlussfassung wirksam dadurch schützen, dass er auf die Abgabe von Teilerklärungen oder die (zu Beweiszwecken schriftliche) Ermächtigung eines Vorstandsmitglieds (§ 172 BGB analog) durch alle Vorstandsmitglieder besteht. In diesem Fall leidet die Wirksamkeit des Vertrages nur noch unter dem Risiko, dass die Erklärung eines Vorstandsmitglieds aufgrund allgemeiner Vorschriften nichtig oder anfechtbar ist. Problematisch sind daher nur die Fälle, in denen nicht alle Vorstandsmitglieder an der Vertretungshandlung übereinstimmend mitwirken, sondern nur ihre (absolute oder relative) Mehrheit. Auch dies kann in den oben genannten Formen geschehen, wobei die Ermächtigung, also die vorherige Zustimmung (Einwilligung) zu Vertretungshandlungen einzelner Vorstandsmitglieder, praktisch am bedeutsamsten ist. Wirken nicht alle Vorstandsmitglieder übereinstimmend an der Vertretungshandlung mit, so ist nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 28 i. V. m. § 32 Abs. 1 BGB) ein Beschluss mit relativer Mehrheit erforderlich. Das gilt auch bei einem zweiköpfigen Vorstand.163 Die Bedeutung dieses Beschlusserfordernisses wird wiederum nur vor dem Hintergrund des Kollektivprinzips deutlich: Aufgrund § 28 Abs. 1 BGB ist es nicht erforderlich, dass alle Vorstandsmitglieder übereinstimmend zusammenwirken. Vielmehr reicht ein Zusammenwirken einer (absoluten oder relativen) Mehrheit aus. Nachdem sich deren Vertretungsmacht jedoch von allen Vorstandsmitgliedern ableitet, müssen alle Vorstandsmitglieder Gelegenheit zur Mitwirkung erhalten haben. Die Vorstandssitzung muss daher ordnungsgemäß einberufen und die Beschlussfassung ordnungsgemäß er___________ 162 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 16. 163 Nach Staudinger/Weick, BGB, § 26 Rdnr. 12 soll es unstreitig sein, dass bei einem zweiköpfigen Vorstand Gesamtvertretung gelte. Dies ist indes unrichtig, wie sich erweist, wenn einer der beiden verhindert ist. Gälte Gesamtvertretung könnte das verbleibende Vorstandsmitglied den Verein bzw. die Stiftung nicht wirksam vertreten. Nach dem Mehrheitsprinzip reicht dagegen der Beschluss eines einzigen Vorstandsmitglieds aus, wenn die übrigen ordnungsgemäß einberufen sind. Seine Vertretungsmacht erstarkt dann zur Einzelvertretungsmacht, so zu Recht für die Geschäftsführungsbefugnis Staudinger/Weick, BGB, § 28 Rdnr. 4.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
folgt sein. Nur unter diesen Voraussetzungen ist eine (absolute oder relative) Mehrheit ermächtigt, den Verein zu vertreten. Die Regelung ist also nur aus dem Blickwinkel der Gewährleistung größtmöglicher materieller Richtigkeit trotz Abweichung von dem Kollektivprinzip zugunsten des Mehrheitsprinzips zu begreifen. Beschlussmängel schlagen danach auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts durch. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und trotz der damit verbundenen Unsicherheit für den Rechtsverkehr bewusst hingenommen.164 Diese Unsicherheit ist jedoch – und dies verdient festgehalten zu werden – für den Außenstehenden bei Geltung des Kollektivprinzips nicht geringer; denn tritt ein einzelnes Vorstandsmitglied nach außen auf – was hier wie dort die Regel ist – kann der Dritte ebenfalls nicht wissen, ob die Ermächtigung des Vorstandsmitglieds intern ordnungsgemäß erfolgt ist, es sei denn, er lässt sich eine Vollmachtsurkunde vorlegen. Diese Möglichkeit, nämlich sich eine Vollmachtsurkunde vorlegen zu lassen, besteht jedoch auch in den Fällen des § 28 Abs. 1 BGB. Nach § 173 BGB analog muss ein Dritter sich dabei das Nichtbestehen der Ermächtigung nur entgegenhalten lassen, wenn er evidenten Zweifeln hieran nicht nachgeht.165 Eine Erkundigungspflicht trifft ihn daher abseits besonderer Umstände jedenfalls dann nicht, wenn die Urkunde von der absoluten Mehrheit der Mitglieder des Vorstands ausgestellt ist.166 Überdies ist darauf hinzuweisen, dass der Stiftung die Berufung auf Mängel der internen Beschlussfassung unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Rechtsausübung verwehrt sein kann. Gleichwohl ist die Regelung des § 28 Abs. 1 BGB nicht glücklich. Zwar widerspricht sie nicht dem vertretungsrechtlichen Prinzip, wonach Mängel und Beschränkungen im Innenverhältnis im Außenverhältnis grundsätzlich unbeachtlich sind (sog. Abstraktheit der Vertretungsmacht)167; denn der Beschluss nach § 28 Abs. 1 BGB betrifft eben nicht nur die Geschäftsführungsbefugnis, sondern auch die Ermächtigung, also das Bestehen der Vertretungsmacht. Damit aber führt sie zu erheblicher Rechtsunsicherheit und zwingt dadurch den Verein bzw. die Stiftung letztlich zu abweichenden dispositiven Regelungen. ___________ 164 S. Mugdan, Materialien I, S. 614 f. 165 Im Ergebnis wohl unstreitig, s. Flume, RG, S. 844 f.; MünchKomm/Schramm, BGB, § 173 Rdnr. 3; Staudinger/Schilken, BGB, § 173 Rdnr. 7, alle m. w. Nw. 166 Vgl. Erman/H. P. Westermann, BGB, § 28 Rdnr. 2. 167 Grundlegend Laband, ZHR 10 (1866), 183 ff.
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§ 10 Der Vorstand
4. Dispositive Regelungen Als abweichende dispositive Regelungen kommen insbesondere in Betracht: Einzelvertretung für ein einzelnes, mehrere oder alle Vorstandsmitglieder, Gesamtvertretung durch alle Vorstandsmitglieder gemeinsam, „Mehrvertretung“ durch zwei oder mehrere, bestimmte oder unbestimmte Vorstandsmitglieder168 oder gemischte Mehrvertretung (Vorstandsmitglied mit einem Nichtvorstandsmitglied).169 Auch kann die Vertretungsmacht einzelner oder aller Vorstandsmitglieder beschränkt werden, § 26 Abs. 2 S. 2 BGB (s. o. B.III.). Schließlich können auch einzelne von mehreren Vorstandsmitgliedern (nicht aber alle Vorstandsmitglieder) von der Vertretungsmacht ganz ausgeschlossen werden. Sie sind dann auf die Geschäftsführung oder – bei entsprechender Satzungsgestaltung – auf bloße Kontroll- oder Beratungsfunktionen beschränkt. Bei diesen „Vorstandsmitgliedern“ handelt es sich jedoch nicht um Mitglieder des Vorstands i. S. d. § 26 BGB; denn der Vorstand ist gesetzlich als Vertretungsorgan definiert. Alle seine Mitglieder müssen daher organschaftliche Vertretungsmacht haben (s. auch u. V.).170 Schließlich kann die Geltung des § 181 BGB171 und in diesem Umfang, also was Rechtsgeschäfte mit sich selbst betrifft, auch des § 34 BGB abbedungen werden. Die Abdingbarkeit des § 34 BGB wird freilich von der herrschenden Meinung bezweifelt.172 Diese Zweifel sind jedoch nur insoweit gerechtfertigt, als niemand „Richter in eigener Sache“ sein kann.173 Was Insich___________ 168 Für gewöhnlich wird auch diese Variante als Gesamtvertretung bezeichnet. Das ist jedoch unpräzise. 169 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 29; s. ferner etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 68. Im Vereinsrecht soll dagegen nach herrschender Meinung gemischte Mehrvertretung (= unechte Gesamtvertretung) wegen fehlender Registerpublizität des Nichtvorstands unzulässig sein, OLG Hamm, OLGZ 1978, 21, 26; MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 13 m. w. Nw. auch zur Gegenansicht. Ob dem für das Vereinsrecht zuzustimmen ist, kann hier dahinstehen. Mangels Registerpublizität trifft dies auf die Stiftung aber jedenfalls nicht zu. Zulässig ist gemischte Mehrvertretung allerdings stets nur insoweit, als die gesetzliche Vertretung grundsätzlich auch ohne die Mitwirkung eines Dritten möglich sein muss. Die Vertretungsmacht des einzigen Vorstandsmitglieds kann daher nicht an die Mitwirkung eines Dritten gebunden werden, näher etwa Scholz/U. H. Schneider, BGB, § 35 Rdnr. 72 m. w. Nw. 170 Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 7. 171 So ausdrücklich Art. 22 Abs. 2 BayStiftG. 172 Soergel/Hadding, BGB, § 28 Rdnr. 2; MünchKomm/Reuter, BGB, § 28 Rdnr. 2; Staudinger/Weick, BGB, § 28 Rdnr. 6; a. A. Jauernig, BGB, § 34 Anm. 1. 173 S. nur RGZ 138, 98, 104; BGHZ 34, 367, 371; 108, 21, 26 ff.; Zöllner, Schranken, S. 235 ff.; Soergel/Hadding, BGB, § 34 Rdnr. 7; K. Schmidt, GR, S. 247 ff., jew. m. w. Nw.
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geschäfte anbelangt, ist hingegen anzunehmen, dass eine Befreiung von § 181 BGB regelmäßig konkludent auch eine Befreiung von § 34 BGB umfasst.
V. Unübertragbarkeit der organschaftlichen Vertretungsmacht Die Vertretungsmacht des Vorstandes beruht nicht (nur) auf rechtsgeschäftlicher Erteilung oder Gesetz, sondern auf der Verfassung der Stiftung (organschaftliche Vertretungsmacht).174 Das Gesetz weißt dem Vorstand Vertretungsmacht zu. Durch die Satzung kann sie näher ausgestaltet, insbesondere beschränkt werden (s. o. B.III.). Das einzelne Vorstandsmitglied erlangt sie durch seine Bestellung. Im Gegensatz zur Geschäftsführungsbefugnis kann die organschaftliche Vertretungsmacht nicht einem anderen Organ übertragen werden. Zwar ist es ohne weiteres zulässig, den Vorstand i. S. d. § 26 BGB anders zu bezeichnen (z. B. als Direktorium, Kuratorium oder Verwaltungsrat), wie dies tatsächlich in der Praxis vielfach geschieht.175 Überdies kann auch anderen Organen – wie § 30 BGB zeigt – in einem gewissen Umfang organschaftliche Vertretungsmacht eingeräumt werden. Dem Vorstand i. S. d. § 26 BGB kann die Vertretungsmacht jedoch weder vollkommen entzogen werden, noch die ihm zustehende Vertretungsmacht über einen begrenzten Geschäftskreis hinaus (vgl. § 30 BGB) anderen Organen zugewiesen werden. Vielmehr ist als Vorstand i. S. d. § 26 BGB dasjenige Organ anzusehen, dessen Vertretungsmacht nicht auf einen bestimmten Geschäftskreis beschränkt ist. Welches Organ Vorstand i. S. d. § 26 BGB ist, definiert sich also gerade über den Umfang der organschaftlichen Vertretungsmacht. Unzulässig ist es daher auch, auf die Einrichtung eines zur organschaftlichen Vertretung berechtigten Organs zu verzichten (§ 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 1 BGB ist zwingend), und die Vertretung der Stiftung Dritten zu überlassen oder Dritten die Aufgaben von Vorstandsmitgliedern zu übertragen, ohne sie hierzu zu bestellen.176 ___________ 174 Zu den Unterschieden s. etwa Soergel/Leptien, BGB, Vor § 164 Rdnr. 16 ff. 175 Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 11; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 9. Problematisch wäre es insofern nur ein Organ als Vorstand zu bezeichnen, allein aber einem anderen Organ die organschaftliche Vertretungsbefugnis einzuräumen; denn hierdurch würde der Rechtsverkehr mit der Folge getäuscht, dass die Stiftung ggf. unter Rechtsscheingesichtspunkten für Vertretungshandlungen eines solchen (unechten) Vorstands einstehen müsste. Zwar können Dritte wegen §§ 86, 26 Abs. 2 BGB nicht auf einen bestimmten Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands vertrauen. Gleichwohl verbindet der Verkehr mit der Bezeichnung „Vorstand“ zu Recht die Vorstellung zumindest einer gewissen Vertretungsmacht. 176 S. o. A.I. a. E.
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VI. Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht Dritter Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob und inwieweit Dritten rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht eingeräumt werden kann. Es gilt die Regel, dass dies soweit zulässig ist, wie die Vertretungsmacht des Vorstandes reicht. Ist die Vertretungsmacht des Vorstandes beschränkt, kann der Vorstand daher rechtsgeschäftliche Vollmachten auch nur im Rahmen dieser Beschränkungen erteilen.177 Ist die Vertretungsmacht des Vorstandes dagegen unbeschränkt, so kann der Vorstand auch eine unbeschränkte Generalvollmacht erteilen.178 Von einer derartigen Generalvollmacht werden dann nur diejenigen Rechtsgeschäfte nicht erfasst, die aufgrund ihres besonderen Charakters das Handeln eines Organs bzw. die Erteilung einer Einzelvollmacht erfordern (z. B. § 42 Abs. 2 BGB); denn die Erteilung einer Generalvollmacht lässt – und hierin liegt der entscheidende Unterschied zu einer unzulässigen Übertragung von Organbefugnissen – die Rechte und Pflichten, die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des Vorstands, insbesondere auch seine Überwachungspflicht unberührt.179 Deswegen muss der Bevollmächtigte auch stets den Weisungen des Vorstands unterworfen bleiben und kann eine Generalvollmacht nicht unwiderruflich erteilt werden. Ist nicht Einzel-, sondern lediglich Gesamt-, Mehrheits- oder Mehrvertretung angeordnet, wird hierdurch die Erteilung rechtsgeschäftlicher Vollmachten, und zwar auch einer Generalvollmacht, die zur Einzelvertretung berechtigt, ebenfalls nicht gehindert;180 denn Einzel- und Gesamtvertretung etc. berühren nicht den Umfang, sondern nur die Form der Vertretung.181 Allerdings ist die Erteilung einer Generalvollmacht in diesen Fällen ohne spezielle Ermächtigung intern pflichtwidrig; denn durch die Statuierung von Gesamt- oder Mehrvertretung hat der Satzungsgeber deutlich gemacht, dass ihm an einer gegenüber der Einzelvertretung erhöhten Richtigkeitsgewähr gelegen ist. Abseits davon bedarf der Vorstand für die Erteilung von rechtsgeschäftlichen Vollmachten freilich keiner besonderen Ermächtigung. Der Satzungsgeber kann die Erteilung von rechtsgeschäftlichen Vollmachten jedoch auch weiter beschränken (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB), sie intern an die Zustimmung eines anderen Organs binden182 oder sogar ganz ausschließen. ___________ 177 Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 9. 178 Str., wie hier Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 17 ff.; a. A. BGHZ 34, 27, 31; Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 9, jew. m. w. Nw. 179 Vgl. o. A.I. a. E. 180 A. A. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 57 a. E.; wie hier Flume, jP, S. 367, jew. m. w. Nw. 181 Vgl. Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 9 a. E. 182 Vgl. §§ 46 Nr. 7 GmbHG, 111 Abs. 4 AktG.
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Schließlich ist zu bemerken, dass die Stiftung, sofern sie kein Handelsgewerbe betreibt, keine Prokura (§ 48 ff. HGB) oder Handlungsvollmacht (§ 54 HGB), sondern nur Vollmachten nach §§ 164 ff. BGB erteilen kann.
VII. Passivvertretung Unabhängig von der Regelung der aktiven Vertretungsmacht gewährt § 86 S. 1 i. V. m. § 28 Abs. 2 BGB jedem Vorstandsmitglied passive Einzelvertretungsmacht. Die Regelung ist zwingend (vgl. § 40 BGB) und wird analog auch auf Wissenszustände aller Art ausgedehnt183. § 181 BGB findet – soweit nicht abbedungen – Anwendung.184 Nicht anwendbar ist § 28 Abs. 2 BGB allerdings auf Stiftungen, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, § 86 S. 2 BGB.185
C. Der Vorstand als Willensbildungsorgan Aufgrund seiner Allzuständigkeit ist der Vorstand nicht nur Geschäftsführungs- und Vertretungs-, sondern auch oberstes Willensbildungsorgan der Stiftung. Er ist daher auch für solche Maßnahmen zuständig, die nicht zur Geschäftsführung gehören. Das sind neben sog. Grundlagengeschäften, durch die die Stiftung aufgehoben oder ihre Verfassung geändert wird,186 die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern.187 Nach der gesetzlichen Normalverfassung der Stiftung gilt also das sog. Kooptationsprinzip. In Bezug auf Grundlagengeschäfte ergeben sich der Umfang und die Reichweite seiner Rechte und Pflichten aus § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB, § 87 BGB sowie den einschlägigen Bestimmungen der Landesstiftungsgesetze. Dem wird ein eigenes Kapitel zu widmen sein (s. u. § 13).
___________ 183 Soergel/Hadding, BGB, § 28 Rdnr. 12; MünchKomm/Reuter, BGB, § 28 Rdnr. 6 ff.; Fritsche, ZSt 2004, 209 ff., jew. m. w. Nw. 184 Soergel/Hadding, BGB, § 28 Rdnr. 11; s. auch MünchKomm/Reuter, BGB, § 28 Rdnr. 5. 185 Vgl. auch Staudinger/Weick, BGB, § 28 Rdnr. 16. 186 S. KG, StiftRspr. III, S. 85, 88; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 176; Ebersbach, Handbuch, S. 92. 187 Diesbezüglich ggf. bestehende Befugnisse der Stiftungsaufsichtsbehörde sind subsidiär, s. o. § 8 C. sowie u. § 14 A.IV.
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D. Die Verwaltung der Stiftung durch eine öffentliche Behörde Nach § 86 BGB kann die Verwaltung der Stiftung durch eine öffentliche Behörde geführt werden. Dadurch lässt sich der bei dem Aufbau einer stiftungseigenen Verwaltungsorganisation verbundene Aufwand beträchtlich reduzieren. Der Preis hierfür ist freilich ein Verlust an Autonomie. Wird er bezahlt, gelten eine Vielzahl von Besonderheiten (vgl. § 86 BGB), die sich aus der Gemengelage von allgemeinem Stiftungsrecht und öffentlichem Organisations- und Amtsrecht ergeben. Ihre Aufarbeitung muss einer eigenen Untersuchung vorbehalten bleiben. Aus Sicht der vorliegenden Arbeit interessiert diese Gestaltungsalternative nicht.
E. Zusammenfassung (1) Die gesetzliche Regel- und zugleich Minimalverfassung der Stiftung ist denkbar „schlank“. Danach hat die Stiftung lediglich einen Alleinvorstand als einziges, allzuständiges, d. h. sowohl zur Geschäftsführung und Vertretung als auch zu Grundlagengeschäften berufenes Organ. (2) Geschäftsführung und Vertretung sind durch Verweisung auf die vereinsrechtlichen Vorschriften geregelt. Insoweit gelten nur wenige stiftungsrechtliche Besonderheiten. So agiert der Stiftungsvorstand, nach der gesetzlichen Regel anders als der Vereinsvorstand, mangels eines anderen, „obersten“ Stiftungsorgans weisungsunabhängig. (3) Insbesondere kommt auch der Stiftungsaufsicht kein Weisungsrecht zu; denn die §§ 86 i. V. m. 27 Abs. 3, 664 ff. BGB betreffen richtigerweise nur das organschaftliche Rechtsverhältnis zwischen Vorstand und Stiftung. Rechte und Pflichten der bzw. gegenüber der Stiftungsaufsichtsbehörde ergeben sich hieraus nicht. Die §§ 664 ff. BGB sind insoweit dispositiv, als hierdurch nicht die Fremdnützigkeit der Geschäftsführung in Frage gestellt wird. (4) Entgegen §§ 86 S. 1 i. V. m. § 27 Abs. 3, 664 Abs. 1 S. 2 ist eine Substitution allerdings unzulässig. Das schließt es jedoch nicht aus, Aufgaben zu delegieren. Auch kann die Satzung einzelne Vorstandsmitglieder von der Geschäftsführung ausschließen oder ein anderes Organ mit der Geschäftsführung betrauen. Hiervon unberührt bleiben jedoch sowohl die öffentlichrechtlichen Pflichten der Vorstandsmitglieder als auch ihre allgemeine Überwachungspflicht; denn der Vorstand ist zwingend gesetzlicher Vertreter der Stiftung und als solcher unabdingbar für ihr rechtmäßiges Verhalten verantwortlich. Hieraus ergeben sich eine Reihe von Mindestrechten der Vor259
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standsmitglieder, nämlich insbesondere das Recht auf Einsicht, Auskunft und Teilnahme an Sitzungen des Geschäftsführungsorgans. (5) Nach §§ 86 S. 1 i. V. m. 27 Abs. 3, 665 BGB ist der Vorstand verpflichtet, den Willen des Stifters, wie er in dem Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung objektiv zum Ausdruck kommt, zu befolgen und zu verwirklichen. Er ist an die Verfassung der Stiftung gebunden. Sein Ermessen hat er dementsprechend pflichtgemäß, insbesondere zur Förderung des Stiftungszwecks unter Einhaltung der Grundregeln ordnungsgemäßer Geschäftsbesorgung auszuüben. Dabei schuldet er einen „denkenden Gehorsam“. Da der Vorstand auch für Grundlagengeschäfte zuständig ist, ergibt sich hieraus im Ergebnis seine Befugnis zu Satzungsänderungen. Hierauf wird zurückzukommen sein (s. u. § 13). (6) Hat der Vorstand mehrere Mitglieder, gilt nach §§ 86 S. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1, 32 BGB das Prinzip der relativen Mehrheit, und zwar sowohl für Beschlüsse der Geschäftsführung als auch für die Ausübung der organschaftlichen Vertretungsmacht. Diese wenig geglückte Regelung sollte eine Erleichterung gegenüber dem Prinzip der Gesamtgeschäftsführung- und -vertretung darstellen. Sie ist daher insoweit teleologisch zu reduzieren, als sie Erschwernisse im Vergleich zu dem Kollektivprinzip enthält. Das Mehrheitsprinzip kann in der Satzung durch alle aus dem Gesellschaftsrecht bekannte Varianten, also insbesondere durch Einzel-, Mehr- oder Gesamtgeschäftsführung und -vertretung ersetzt werden. (7) Die organschaftliche Vertretungsmacht des Vorstands ist grundsätzlich unbeschränkt. Insbesondere wird sie weder durch den Stiftungszweck noch durch die in manchen Stiftungsgesetzen vorgesehenen Zustimmungsvorbehalte begrenzt. Diese enthalten bei verfassungskonformer Auslegung vielmehr nur Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis. Gemäß §§ 86 S. 1 i. V. m. 26 Abs. 2 S. 2 BGB kann jedoch die Vertretungsmacht mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. Das setzt allerdings voraus, dass die Beschränkung hinreichend bestimmt ist und sich unzweideutig aus der Satzung ergibt. Zudem darf die Stiftung hierdurch nicht handlungsunfähig und der Rechtsverkehr nicht übermäßig belastet werden. Im Blick auf die mangelnde Publizität der Vertretungsverhältnisse hat die Stiftung einen Anspruch auf Erteilung einer sog. Vertretungsbescheinigung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde.
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§ 11 Die Einrichtung einer mehrstufigen Organisationsverfassung Die Organisationsverfassung der mitgliedschaftlich verfassten juristischen Personen des Privatrechts ist zwingend zumindest zweistufig.1 Das hindert nicht an der Einrichtung weiterer Organe, begrenzt aber infolge von – unterschiedlich stark ausgeprägten – unabdingbaren Mindestkompetenzen der zwingenden Organe die Gestaltungsfreiheit der Gründer und Mitglieder.2 Die Stiftung muss dagegen als einziges Organ lediglich einen Vorstand haben. Dementsprechend (noch) größer ist die Gestaltungsfreiheit des Stifters hinsichtlich der Einrichtung weiterer Organe.3 Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Eine unüberschaubare Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten und -varianten sind die Folge. Und das ist gut so; denn das eröffnet dem Stifter die Möglichkeit die Organisationsverfassung „seiner“ Stiftung auf deren konkrete Bedürfnisse zuzuschneidern – eine Aufgabe, auf die er gar nicht genug Mühe verwenden kann.4 Im Folgenden wird lediglich ein Überblick über einige denkbare Gestaltungen, insbesondere auch im Blick auf die Einführung korporativer Strukturen gegeben (A.) und die hierbei einzuhaltenden Grenzen der Gestaltungsfreiheit aufgezeigt (B.). Auf weitere Einzelheiten und Fragen wird, soweit sie aus Sicht dieser Arbeit von Bedeutung sind, an späterer Stelle einzugehen sein (s. insbes. §§ 12–16). Bereits an dieser Stelle wird freilich auf die Frage von Organstreitigkeiten einzugehen sein (C.).
A. Gestaltungsmöglichkeiten I. Die Bestellung besonderer Vertreter 1. Unmittelbarer Anwendungsbereich des § 30 BGB Gemäß §§ 86 S. 1 i. V. m. 30 S. 1 BGB kann die Satzung bestimmen, dass für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Werden beson___________ 1 Das gilt – entgegen des im Blick auf § 32 BGB zu weit geratenen Wortlauts des § 40 BGB – auch für den Verein (s. o. § 9 Fn. 4). 2 Besonders enge Grenzen gelten aufgrund § 23 Abs. 5 AktG bei der AG und aufgrund von § 18 S. 2 GenG der eG, vgl. Beuthien, GenG, § 18 Rdnr. 2 f.; KölnKomm/Mertens, AktG, Vor § 76 Rdnr. 28 m. w. Nw. 3 Dass der Stifter eine mehrstufige Organisationsverfassung einrichten kann, ist unstreitig, s. nur Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 11. 4 S. hierzu etwa auch Kennedy/Rumberg/Then in: Bertelsmann Handbuch, S. 423 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
dere Vertreter bestellt, so sind hieran zwei Rechtsfolgen geknüpft: Erstens erstreckt sich gemäß § 30 S. 2 BGB die – organschaftliche – Vertretungsmacht solcher Vertreter im Zweifel, d. h. vorbehaltlich anderweitiger Satzungsbestimmungen, auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihnen zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. Und zweitens haftet die Stiftung für solche Vertreter nach §§ 86 i. V. m. 31 BGB. § 30 BGB wird teils zu eng, teils zu weit ausgelegt. Der historische Gesetzgeber dachte an die Bestellung von Kassierern oder örtlichen Delegierten bei weiträumig tätigen Vereinen,5 also an die gewillkürte Einrichtung von weiteren, den Verein nach außen repräsentierenden Organen durch die Satzung. Diese gesetzgeberische Vorstellung kommt auch in dem Wortlaut der Vorschrift deutlich zum Ausdruck. Dementsprechend wird der Sinn und Zweck des § 30 BGB darin gesehen, dem Verein die Möglichkeit zu eröffnen, durch die Satzung eine differenzierte externe Handlungsorganisation einzurichten und dabei die Auswahl der Funktionsträger nicht dem Vorstand zu überlassen, sondern sie je nach der Bedeutung und Selbständigkeit ihrer Tätigkeit an ein unmittelbares Mandat der Mitglieder zu binden.6 Demgegenüber interpretiert die Rechtsprechung § 30 BGB unter dem Blickwinkel der Haftungsfolge gemäß § 31 BGB. In dem berechtigten Bemühen, die bei großen Organisationen unzureichende gesetzliche Haftung für Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB auszudehnen, weicht sie in dreierlei Hinsicht von den gesetzgeberischen Vorstellungen ab: Erstens wird eine satzungsmäßige Basis für die Position des besonderen Vertreters für entbehrlich gehalten; eine allgemeine Betriebsregelung und Handhabung soll genügen.7 Zweitens sei der Verein u. U. verpflichtet, besondere Vertreter zu bestellen, da er widrigenfalls wegen Organisationsverschuldens hafte.8 Und drittens könnten besondere Vertreter auch bloße Innenorgane sein.9 Zutreffend an dieser Rechtsprechung ist, dass die Haftung einer Organisation nicht zu deren Disposition gestellt werden darf. Es kann daher nicht von ihrer Satzung abhängen, ob sie nach § 31 oder nach § 831 BGB haftet. Handelt es sich jedoch nicht um ein verfassungsmäßiges Organ bzw. Organmitglied, ist § 31 BGB nicht direkt, sondern methodisch korrekt analog anzuwenden.10 Dies ermöglicht eine Rückführung des § 30 BGB auf seinen un___________ 5 6 7 8 9 10
Mugdan, Materialien I, S. 618. MünchKomm/Reuter, BGB, § 30 Rdnr. 1 m. w. Nw. Etwa RGZ 94, 318; BGHZ 49, 19, 21 m. w. Nw. Etwa RGZ 157, 228, 335; BGHZ 39, 124, 129 f. RGZ 163, 21; BGH, VersR 1962, 664. H. L., anstelle anderer Soergel/Hadding, BGB, § 30 Rdnr. 1.
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mittelbaren Anwendungsbereich und befreit den Organbegriff von haftungsrechtlichen Erwägungen.11 § 30 BGB setzt daher dreierlei voraus: Erstens muss die Satzung einen Geschäftskreis definieren, der einer Person oder einem Gremium zur selbständigen Erledigung übertragen werden kann. In der Satzung vorgeschrieben sein muss dabei nur der Geschäftskreis sowie für den Fall seiner Einrichtung die Bestellung einer Person(enmehrheit). Dagegen kann die Frage, ob die Einrichtung des Geschäftskreises – und damit die Einrichtung eines weiteren Organs – überhaupt erforderlich ist, dem Ermessen eines anderen Organs überlassen werden.12 Zweitens muss der Geschäftskreis begrenzt13 sein und die externe Handlungsorganisation betreffen14. Dem besonderen Vertreter muss jedoch keine (organschaftliche) Vertretungsmacht eingeräumt sein.15 Überdies hängt es von der Gestaltung im Einzelfall ab, ob und inwieweit er für den Geschäftskreis ausschließlich zuständig ist oder Weisungen des Vorstands oder eines anderen Organs unterliegt. Abseits anderweitiger Regelun-
___________ 11 Näher zum Organbegriff o. § 9. 12 A. A. MünchKomm/Reuter, BGB, § 30 Rdnr. 6 f.; wie hier h. M., s. RGZ 91, 1, 3; Staudinger/Weick, BGB, § 30 Rdnr. 3; Soergel/Hadding, BGB, § 30 Rdnr. 5. Es genügt also beispielsweise, wenn die Satzung bestimmt, dass im Falle der Errichtung von Außenstellen Außenstellenleiter zu bestellen sind. Nicht ausreichend ist dagegen, dass ein Geschäftskreis geschaffen wird, der die Übertragung von vorstandsähnlichen Funktionen erfordert (a. A. die Vorgenannten), also etwa die Errichtung von Außenstellen zwar in der Satzung vorgesehen, aber nichts über deren Leitung gesagt ist; denn die dieser Ansicht zugrunde liegende Annahme, dass die Übertragung von vorstandsähnlichen Funktionen die Bestellung besonderer Vertreter erforderte, ist allzu sehr von haftungsrechtlichen Vorstellungen getragen. Nach § 30 BGB ist es indes allein dem Satzungsgeber anheim gestellt, ob und unter welchen Voraussetzungen er die Einrichtung weiterer Organe für erforderlich hält; vgl. auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 51. Organisationsrechtlich (nicht aber haftungsrechtlich) ist der Satzungsgeber völlig frei, ob er – um im Beispiel zu bleiben – einen Außenstellenleiter zum Organ mit der Folge erhebt, dass vorbehaltlich anderweitiger Satzungsbestimmungen die Mitgliederversammlung zu dessen Bestellung berufen ist (§§ 27 Abs. 1, 40 BGB analog) oder ob er dessen Ernennung dem Vorstand überlässt, so dass dieser auch für seine ordnungsgemäße Auswahl einzustehen hat. 13 Die Begrenztheit des Geschäftskreises ist unabdingbares Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem Vorstand, vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 30 Rdnr. 8. Äußerste Grenze sind dabei die öffentlich-rechtlichen Pflichten des Vorstandes. Sie können nicht einem besonderen Vertreter übertragen werden. Innerhalb dieses Rahmens kann jedoch die Vertretungsmacht unbeschränkt sein. 14 MünchKomm/Reuter, BGB, § 30 Rdnr. 8 m. w. Nw. 15 Statt aller Soergel/Hadding, BGB, § 30 Rdnr. 9 m. w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
gen findet § 27 BGB entsprechende Anwendung.16 Und drittens muss der Geschäftskreis tatsächlich einer Person(enmehrheit) zur selbständigen Erledigung durch einen Bestellungsakt übertragen worden sein. Im Stiftungsrecht ist hinsichtlich der Bestellung besonderer Vertreter zu bedenken, dass die Stiftung über kein eigenständiges Willensbildungsorgan verfügt, der Vorstand daher allzuständig ist und mithin auch für die Bestellung besonderer Vertreter zuständig wäre. Der Sinn und Zweck des § 30 BGB, nämlich die Personalkompetenz für Funktionsträger unterhalb der Vorstandsebene von dem Vorstand auf die Mitgliederversammlung zu verlagern, wird dadurch vereitelt. Die Bestellung besonderer Vertreter erscheint daher im Stiftungsrecht allenfalls in zwei Konstellationen sinnvoll. Zum einen kann es sinnvoll sein, in der Satzung einen – den Weisungen des Vorstands unterworfenen – hauptamtlichen Geschäftsführer vorzusehen, dem als Geschäftskreis das Tagesgeschäft zugewiesen ist und dessen organschaftliche Vertretungsmacht sich dementsprechend im Zweifel auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsgeschäfte, die die Verwaltung der Stiftung für gewöhnlich mit sich bringt, erstreckt. Im Blick hierauf empfiehlt es sich – um Zweifel auszuschließen –, nähere Bestimmungen (z. B. betragsmäßige Wertgrenzen) in der Satzung vorzusehen. Durch die Bestellung eines solchen Geschäftsführers kann der Vorstand erforderlichenfalls arbeitsmäßig soweit entlastet werden, dass seine Mitglieder diese Funktion ehrenamtlich wahrnehmen können.17 Zum anderen ist die Bestellung besonderer Vertreter im Stiftungsrecht nur sinnvoll, wenn zugleich ein weiteres Organ geschaffen wird. Diesem kann dann die Bestellungskompetenz zugewiesen werden. In der Regel vorzugswürdig ist es freilich, die Personalkompetenz beim Vorstand zu belassen und die Besetzung bestimmter herausgehobener Funktionen von der Zustimmung eines anderen Organs abhängig zu machen; denn hierdurch wird einerseits – ebenso wie bei der Verlagerung der Bestellungskompetenz auf ein anderes Organ – die „Richtigkeit“ besonders bedeutsamer Personal___________ 16 Soergel/Hadding, BGB, § 30 Rdnr. 13 (zur Bestellung). § 27 Abs. 3 i. V. m. §§ 664 ff. BGB entspricht ohnehin allgemeinen Regeln (Mugdan, Materialien I, S. 612). Nach h. M. (etwa MünchKomm/Reuter, BGB, § 30 Rdnr. 13; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 52, anders aber Rdnr. 68) kann auch § 29 BGB analoge Anwendung finden; a. A. Hadding, ebd., jew. m. w. Nw. 17 Freilich kann der Vorstand auch ohne diesbezügliche Satzungsgrundlage einen hauptamtlichen Geschäftsführer ernennen. Diesem kommt dann aber keine Organstellung, insbesondere keine organschaftliche Vertretungsmacht zu. Überdies ist er stets weisungsgebunden.
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§ 11 Die Einrichtung einer mehrstufigen Organisationsverfassung
entscheidungen abgesichert, ohne aber andererseits den Vorstand von der Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Auswahl der Kandidaten zu entlasten. 2. Entsprechende Anwendung des § 30 BGB Im Blick auf eine entsprechende Anwendung des § 30 BGB sind zwei Fragen zu unterscheiden. Keine entsprechende Anwendung findet § 30 BGB auf bloße Haftungsvertreter i. S. d. § 31 BGB analog, die mangels verfassungsrechtlicher Grundlage keine Organe i. S. d. oben (§ 8) entwickelten Definition sind. Der Organbegriff ist, wie gesagt, von haftungsrechtlichen Erwägungen frei zu halten. Dagegen ist § 30 BGB analog auch auf bloße Innenorgane anzuwenden18. Dafür spricht nicht nur, dass besonderen Vertretern i. S. d. § 30 BGB keine organschaftliche Vertretungsmacht eingeräumt sein muss19 und auch § 31 BGB auf bloße Innenorgane anzuwenden ist20. Vor allem erweist eine Zusammenschau von §§ 30 und 40 bzw. 85 BGB, dass die Organisationsverfassung von Verein und Stiftung weitestgehend zur Disposition des Satzungsgebers stehen soll. Unstreitig kann daher nicht nur die äußere, sondern auch die innere Handlungsorganisation erheblich differenzierter als nach der gesetzlichen Regel ausgestaltet werden. Im Blick hierauf lässt sich § 30 BGB als Grundnorm für die Einrichtung gewillkürter Organe auffassen. Dabei stellt Satz 1 dieser Vorschrift zweierlei klar, nämlich erstens, dass die Einrichtung gewillkürter Organe grundsätzlich zulässig ist, und zweitens, dass deren Geschäftskreis und damit die Gestaltungsfreiheit durch die unabdingbaren Mindestkompetenzen anderer Organe begrenzt ist. Und Satz 2 enthält ebenfalls eine allgemeine Regel, die auch bei bloßen Innenorganen Gültigkeit (und Erkenntniswert) besitzt. Besonders deutlich wird dies an der Bestellungskompetenz. Aus ihr folgt nämlich aufgrund des engen rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhangs nach zutreffender, wenn auch im Vereinsrecht bestrittener Ansicht, dass das Bestellungsorgan zugleich für die Anstellung zuständig ist.21 Insoweit kommt daher nach der gesetzlichen Regelverfassung auch der Mitglieder___________ 18 Ebenso Ebersbach, Handbuch, S. 99. 19 S. o. Fn. 15. 20 H. M., s. Soergel/Hadding, BGB, § 31 Rdnr. 11 sowie – trotz Bedenken – MünchKomm/Reuter, BGB, § 31 Rdnr. 23. 21 H. M., s. nur BGHZ 113, 237, 241 m. w. Nw.; a. A. MünchKomm/Reuter, BGB, § 27 Rdnr. 1.
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versammlung des Vereins organschaftliche Vertretungsmacht zu.22 Und zu eben diesem Ergebnis führt eine entsprechende Anwendung des § 30 S. 2 BGB; denn die Anstellung ist ein Rechtsgeschäft, das die Bestellung gewöhnlich mit sich bringt. Ferner vermag § 30 S. 2 BGB die Ansicht zu begründen, wonach Organmitglieder für Rechtsgeschäfte, die zur Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlich sind, nicht nur einen Anspruch auf Vorschuss bzw. Aufwendungsersatz entsprechend §§ 669 f. BGB haben,23 sondern Organen im Zweifel daneben organschaftliche Vertretungsmacht für derartige Hilfsgeschäfte zukommt.24 Des Weiteren kann aus § 30 S. 2 BGB gefolgert werden, dass ein Organ, dem als Geschäftskreis die Überwachung des Vertretungsorgans obliegt, im Zweifel zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung des Rechtsträgers gegenüber den Mitgliedern dieses Organs befugt ist, vgl. §§ 112 AktG, 52 Abs. 1 GmbHG, 39 Abs. 1 GenG. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Pflichtverletzungen der Organmitglieder; denn die Überwachungsaufgabe bringt es mit sich, dass solche Pflichtverletzungen aufgedeckt werden, so dass man das Überwachungsorgan im Zweifel für befugt halten muss, diese auch gerichtlich und außergerichtlich zu verfolgen.25 Überdies ist zu besorgen, dass das Vertretungsorgan auch jenseits der Verfolgung pflichtwidrigen Verhaltens seiner Mitglieder nicht die notwendige Unbefangenheit aufbringt, den Rechtsträger interessengerecht gegenüber Kollegen zu vertreten.26 Einer Verletzung der Interessen des Rechtsträgers vorzubeugen, ist jedoch gerade Aufgabe eines Überwachungsorgans. Wie (u. a.) die Vorschriften der §§ 112 AktG, 52 Abs. 1 GmbHG, 39 Abs. 1 GenG zeigen, ___________ 22 Ausgeübt wird diese Vertretungsmacht regelmäßig (wenn auch nicht stets notwendigerweise) durch die Ermächtigung einer – beliebigen – Person zum Abschluss des Vertrages, vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, § 78 Rdnr. 5. Die Argumentation Reuters (wie vor) vermag daher nicht zu überzeugen, zumal hierdurch in dringenden Fällen der Weg des § 29 BGB nicht versperrt wird. 23 So aber Godin/Wilhelmi, AktG, § 109 Anm. 5. 24 So im Ergebnis – wenn auch mit höchst unterschiedlichen Begründungen – die h. M., s. etwa KölnKomm/Mertens, AktG, § 112 Rdnr. 16 f.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 108 jew. m. w. Nw. 25 Vgl. BGHZ 135, 244, 252, 255. § 39 Abs. 1 letzter Hs. GenG steht dieser Annahme nicht entgegen; denn es handelt sich nur um eine Zweifelsregel, die anderweitigen Anordnungen oder Wertungen der Verfassung nicht entgegensteht. 26 Vgl. etwa BGH, BB 1995, 1869; Hüffer, AktG, § 112 AktG Rdnr. 1; K. Müller, GenG, § 39 Rdnr. 1 (beachte auch Rdnr. 8g) jew. m. w. Nw. Die Regelungen der §§ 112 AktG, 52 Abs. 1 GmbHG, 39 Abs. 1 GenG verfolgen insoweit einen ähnlichen Gesetzeszweck wie die §§ 34, 181 BGB.
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bringt es daher die Überwachungsaufgabe für gewöhnlich mit sich, die Interessen des Rechtsträgers gegenüber den Mitgliedern seines Vertretungsorgans zu vertreten. Auch abseits besonderer Satzungsregelungen kommt daher einem Überwachungsorgan im Zweifel die hierfür erforderliche organschaftliche Vertretungsmacht zu. Schließlich zeigt § 30 S. 2 BGB ganz allgemein, dass im Zweifel – und mit aller durch die Rechtsform und die Satzungsgestaltung im konkreten Fall gebotenen Vorsicht – von der Aufgabe auf die Befugnisse eines Organs und die Rechte seiner Mitglieder geschlossen werden kann.
II. Die Einrichtung eines Überwachungsorgans Im Gegensatz zu der Bestellung besonderer Vertreter ist die Einrichtung eines unabhängigen Überwachungsorgans – soweit die Vermögensausstattung der Stiftung dies zulässt – stets sinnvoll;27 denn hierdurch kann eine Lockerung der Stiftungsaufsicht erreicht werden, und zwar aufgrund des Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsprinzips auch dann, wenn dies in den Stiftungsgesetzen der Länder nicht ausdrücklich vorgesehen ist.28 Im Blick hierauf sollten die Kompetenzen des Überwachungsorgans mit den besonderen Unterrichtungs-, Prüfungs- und Mitwirkungsrechten der Stiftungsaufsichtsbehörde nach dem jeweiligen Landesstiftungsgesetz abgestimmt werden.29 Eingeräumt werden sollten daher dem Überwachungsorgan insbesondere folgende Kompetenzen: – Bestellung, Abberufung und Entlastung des Vorstands, – gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Stiftung gegenüber den Mitgliedern des Vorstands, – Feststellung der Jahresrechnung des Vorstands, ggf. auch unter Hinzuziehung von – durch das Überwachungsorgan zu bestellenden – Wirtschaftsprüfern, – Mitwirkungsrechte bei Grundlagenentscheidungen sowie – Zustimmungsrechte hinsichtlich bestimmter Maßnahmen der Geschäftsführung. Dabei ist besonders auf die Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Überwachungsorgans zu achten.30 Vorzusehen sind daher zum einen Inkompati___________ 27 28 29 30
Statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 9. S. o. § 8 E. Vgl. § 10 Abs. 2 S. 2 BlnStiftG. S. § 8 Abs. 2 S. 2 BWStiftG.
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bilitätsregeln, wonach ein Mitglied des Überwachungsorgans weder ein Vorstandsmitglied noch gesetzlicher Vertreter eines von der Stiftung abhängigen Unternehmens sein darf. Zum anderen ist die Bestellung der Mitglieder des Überwachungsorgans entweder in die Hände eines dritten Organs zu legen oder Kooptation vorzusehen, so dass nicht etwa der Vorstand über die Bestellung entscheidet. Schließlich sollte davon abgesehen werden, dem Überwachungsorgan Weisungsrechte hinsichtlich der Geschäftsführung des Vorstands einzuräumen, da hierdurch die Unbefangenheit der Überwachung beeinträchtigt werden könnte.31 Um eine effektive Überwachung, aber auch Beratung des Vorstands zu gewährleisten, sollte schließlich der Turnus, in welchem das Überwachungsorgan zumindest zusammentritt, festgelegt werden. Insoweit bietet sich eine Anlehnung an § 110 Abs. 3 AktG an. Gegenüber diesem Regelungsmodell kann die Stellung des Überwachungsorgans jedoch auch (z. B. durch die Statuierung von Berichtspflichten analog § 90 AktG) verstärkt oder (z. B. durch die Zuweisung der Bestellungs- und Abberufungskompetenz hinsichtlich von Vorstand und/oder Aufsichtsrat an ein anderes Organ) geschwächt werden. Die Regelung kann eher kursorischen Charakters sein32 oder z. B. durch Verweisung auf aktienrechtliche Normen (z. B. entsprechend § 52 Abs. 1 GmbHG) spezifiziert werden. Dabei können auch juristische Streitfragen (wie etwa, ob der Aufsichtsrat, sofern ihm Mitentscheidungsrechte zukommen, nach eigenem Ermessen entscheiden darf33 oder ob er auf eine bloße Vertretbarkeitsprüfung beschränkt ist34) für den konkreten Fall einer Lösung zugeführt werden. Schließlich können mitbestimmungsrechtliche Regeln eingeführt werden, was sich insbesondere bei Unternehmensstiftungen, die überwiegend im Interesse der Arbeitnehmer des Unternehmens errichtet werden, anbieten mag.35
___________ 31 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 58. 32 Vgl. z. B. MünchVertrHdb/Hof, GR, VII.1. 33 Wohl h. M., z. B. Semler, Überwachung, Rdnr. 207 ff.; KölnKomm/Mertens, AktG, § 111 Rdnr. 85; Lutter/Krieger, Aufsichtsrat, Rdnr. 116. 34 So Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 74; Theisen, Überwachung, S. 371; Höhn, GmbHR 1994, 604, 605. 35 Zu den weiteren Folgen s. BGH, StiftRspr. III, S. 149 ff.; IV, S. 108 ff. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass sich die Stiftung als Sozialeinrichtung i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG darstellt, s. hierzu Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 69; LAG Hannover, StiftRspr. II, S. 159.
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III. Die Einrichtung eines eigenständigen Willensbildungsorgans Statt oder neben der Einrichtung eines Überwachungsorgans kann auch ein eigenständiges Willensbildungsorgan statuiert werden. Kennzeichnende Aufgabe eines solchen Organs ist, dass ihm – zumindest – die ausschließliche Zuständigkeit für sog. Grundlagenentscheidungen (Satzungs- und Zweckänderungen, Auflösung und Zusammenlegung der Stiftung) zugewiesen ist. Auf diese Weise kann die Organisationsverfassung der Stiftung – jedenfalls formal – der einer Körperschaft angenähert werden. Das dürfte als solches außer Streit stehen; denn dass Grundlagenänderungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, ja sogar geboten sind, wird ebenso wenig bestritten, wie dass die gesetzliche Zuständigkeit des Vorstandes für Grundlagenänderungen disponibel ist.36 Höchst umstritten und wenig geklärt ist allerdings, unter welchen Voraussetzungen Grundlagenänderungen zulässig sind und durch die Satzung zugelassen werden (ausf. u. § 13). Die Einrichtung eines für Grundlagenänderungen zuständigen Willensbildungsorgans bietet sich vor allem in zwei Fällen an. Zu denken ist zum einen an Sammelstiftungen, insbesondere Bürgerstiftungen, bei denen die Stifter im Gegenzug zu ihrem finanziellen Engagement an der Willensbildung der Stiftung beteiligt, dadurch zugleich an die Stiftung gebunden und zur Mitarbeit angespornt werden sollen. Zu denken ist zum anderen an Familien-, Unternehmens-, Gemeinschafts- oder auch Stadtstiftungen, bei denen die Stifter sich und/oder den Destinatären nachhaltigen Einfluss auf die Stiftung vorbehalten bzw. einräumen wollen. In beiden Fällen dient das Willensbildungsorgan der Wahrung der Interessen seiner Mitglieder,37 wobei einzelne oder alle Mitglieder wiederum Vertreter der Interessen einer bestimmten Personengruppe (z. B. Familienstamm) sein können (es handelt sich dann um ein sog. Gruppenorgan, s. u. V.). Das gilt unabhängig davon, inwieweit Mitglieder von Stiftungsorganen autonom – und das heißt auch eigennützig – handeln dürfen (vgl. dazu u. § 13 A.II.) oder an die Interessen der Stiftung gebunden sind; denn auch im zweiten Fall besteht ein Ermessen, bei dessen Ausübung verschiedene Interessen berücksichtigt werden können und u. U. auch berücksichtigt werden müssen. Soweit Organmitglieder berechtigt (und ggf. sogar verpflichtet) sind, bestimmte Partikularinteressen zu vertreten, fällt ihnen die Rolle zu, diese Interessen im Rahmen der Interessen der Stiftung zur Geltung zu bringen.38 Soweit die Mitglieder eines Willensbildungsorgans pflichtgebunden sind, geht ___________ 36 Vgl. auch § 10 Abs. 3 S. 3 Fall 3 BlnStiftG. 37 S. BernKomm/Riemer, OR, Art. 83 Rdnr. 120. 38 S. u. V.
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also das Interesse der Stiftung vor. Soweit sie aber daneben eigene Interessen vertreten dürfen oder fremde Interessen vertreten müssen, dürfen bzw. müssen sie diese Interessen zur Geltung bringen, soweit die Interessen der Stiftung dies zulassen.39 Die nähere Ausgestaltung eines für Grundlagengeschäfte zuständigen Willensbildungsorgans kann ganz unterschiedlich sein. Ihm kann ähnlich der Hauptversammlung einer AG eher die Rolle eines „watchdog of the last resort“ oder wie der Gesellschafterversammlung einer GmbH eher die Rolle eines „obersten Stiftungsorgans“ zugewiesen werden, was insbesondere davon abhängt, wie stark der Einfluss des Organs auf die Zusammensetzung und Geschäftsführung des Vorstands ausgeprägt wird. Soll das Willensbildungsorgan eine starke, der Gesellschafterversammlung einer GmbH vergleichbare Stellung erhalten, so können ihm neben der Zuständigkeit für Grundlagenentscheidungen insbesondere folgende Kompetenzen eingeräumt werden: – Bestellung, Abberufung und Entlastung des Vorstands, – gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Stiftung gegenüber den Mitgliedern des Vorstands, ___________ 39 Beispiel: Auf einer Stifterversammlung wird darüber diskutiert, welches von mehreren Projekten in nächster Zeit verstärkt gefördert wird. Eines der Projekte ist vom Gegenstand der Stiftungstätigkeit (Stiftungszweck i. w. S.) nicht gedeckt. Überdies darf die Stiftung angesichts des stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatzes (s. u. § 17 C.) nicht mehr als 10.000 Euro zur Verfolgung des Stiftungszwecks aufwenden. Vor diesem Hintergrund dürften die Mitglieder der Stifterversammlung aufgrund ihrer Pflichtbindung weder für das nicht von dem Stiftungszweck gedeckte Projekt noch für Aufwendungen, die 10.000 € überschreiten, votieren. Im Übrigen aber dürften sie bei der Beschlussfassung ihre Partikularinteressen zur Geltung bringen. Wohnt die Mehrheit der bei der Beschlussfassung anwesenden Mitglieder in einem bestimmten Stadtteil, wäre daher nichts dagegen einzuwenden, wenn sich diese Mehrheit gerade für solche Projekte entscheidet, die sich auf diesen Stadtteil positiv auswirken. Eine Grenze folgt insofern allenfalls aus der Treupflicht (s. u. § 30 C.III.2.a.). Dagegen dürfte ein streng pflichtgebundener Vorstand solche persönlichen Präferenzen nicht berücksichtigen, sondern müsste allein nach objektiven Kriterien entscheiden. Dürften die Mitglieder der Stifterversammlung hingegen ebenso wie Vereinsmitglieder autonom handeln, wären sie an die vorgenannten Beschränkungen nicht gebunden, sondern könnten mit dem erforderlichen Quorum entweder – soweit man sog. Satzungsdurchbrechungen für zulässig hält (vgl. BGHZ 123, 15, 19 f.; 83, 122, 130 ff.; Hüffer, AktG, § 179 Rdnr. 8 f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 53 Rdnr. 23 ff., jew. m. w. Nw.) – im Einzelfall von den Vorgaben der Stiftungsverfassung punktuell abweichen oder jedenfalls die Stiftungssatzung entsprechend ändern (Gegenstandserweiterung, s. u. § 13 bei Fn. 61, bzw. statutarische Ermächtigung kurzfristig von dem stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgebots abzuweichen, s. u. § 17 C.II.).
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– Bestellung und Abberufung anderer herausgehobener Amtsträger der Stiftung, – Weisungsrecht hinsichtlich der Geschäftsführung, – Feststellung der Jahresrechnung des Vorstands, ggf. auch unter Hinzuziehung von – durch das Willensbildungsorgan zu bestellenden – Wirtschaftsprüfern, – Entscheidungsrecht über die Verwendung der Stiftungserträge.40 Eine solche Gestaltung rechtfertigt freilich nicht in dem selben Maße wie bei der Einrichtung eines unabhängigen und unbefangenen Überwachungsorgans eine Lockerung der Stiftungsaufsicht, da hierdurch im Ergebnis nicht nur eine Kontrolle des Vorstands, sondern vor allem eine Verlagerung der Entscheidungszuständigkeit erreicht wird.
IV. Die Einrichtung eines Beratungsorgans Verfügt der Vorstand hinsichtlich einzelner Fragen der Geschäftsführung nicht über den erforderlichen Sachverstand, ist er verpflichtet, sich von Sachkundigen beraten zu lassen.41 Berechtigt ist er hierzu jedenfalls dann, wenn er eine sachkundige Beratung für erforderlich halten darf. Dabei kann sich die Beratung auf die Beurteilung einzelner Sachverhalte beschränken, sie kann aber auch laufend erfolgen. In diesem Rahmen kann der Vorstand nicht nur befugt sein, externe Gutachter zu bestellen, sondern auch abseits besonderer Satzungsbestimmungen Beratungsgremien einzusetzen.42 Mangels satzungsmäßig verbriefter Rechte kommt derartigen Gremien jedoch keine Organstellung zu. Ihre Mitglieder sind vielmehr bloße Vertragspartner (Auftrag oder Dienstvertrag) der Stiftung.43 Der Stifter kann jedoch in der Satzung auch ein Beratungsorgan vorsehen oder auch den Vorstand oder ein anderes Stiftungsorgan ermächtigen, ein solches Beratungsorgan einzurichten44. Typische Aufgabe eines solchen Beratungsorgans ist es, Sachverhalte und Maßnahmen im Hinblick auf die Verwirklichung des Stiftungszwecks zu prüfen. Dies kann sich insbesondere bei großen Stiftungen empfehlen, deren Zweckverfolgung einen besonderen (z. B. wissenschaftlichen oder künstlerischen) Sachverstand erfordert, wenn ___________ 40 Vgl. zu einer derartigen Gestaltung MünchVertrHdb/Hof, GR, VII.3a. 41 S. zur Stiftungsberatung Karoff/Breiteneicher in: Bertelsmann Handbuch, S. 709 ff. 42 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 64; KölnKomm/Mertens, AktG, Vor § 76 Rdnr. 28. 43 Vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, Vor § 76 Rdnr. 28. 44 Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 81 Rdnr. 12; Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 104.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
dieser Sachverstand nicht in ausreichendem Maß in anderen Stiftungsorganen vertreten ist. Dabei sollte die personelle Zusammensetzung der Aufgabenstellung entsprechen und (z. B. im Blick auf Wissenschaft und Praxis) ausgewogen sein. Auch bei satzungsmäßiger Grundlage handelt es sich freilich bei einem Beratungsgremium nur dann um ein Organ, wenn es dazu berufen ist, an der Willensbildung der Stiftung mitzuwirken.45 Zumindest müssen ihm daher hinsichtlich bestimmter Fragen ein Anhörungsrecht sowie dementsprechende Informationsrechte zustehen, da andernfalls dem Gremium bloße Repräsentationsfunktion zukommt (dazu sogleich u. A.VI.). Darüber hinaus können einem Beratungsorgan freilich auch Vorschlags-, Überwachungs- und Entscheidungsrechte eingeräumt werden. Je größer seine Entscheidungsverantwortlichkeit ist, desto größer ist allerdings auch die Gefahr, dass es seine Unbefangenheit verliert. Schließlich ist zu bedenken, dass ein Beratungsorgan nur dann seine volle Wirkung entfaltet, wenn es zu einem frühen Zeitpunkt in die Entscheidungsfindung einbezogen wird. Das sollte durch die Satzung abgesichert werden.46
V. Die Einrichtung eines Gruppenorgans Regelmäßig sind Stiftungsorgane sog. Gesamtorgane. Ihre Mitglieder werden ausschließlich im Interesse der Stiftung bestellt und haben sich allein von deren Interessen leiten zu lassen. Das schließt zwar nicht aus, dass sie auch andere Interessen (z. B. Gläubiger- und Arbeitnehmerinteressen oder öffentliche Interessen) im Rahmen der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens berücksichtigen dürfen und u. U. müssen. Die Verfolgung von Sonder- oder gar Eigeninteressen ist ihnen indes nicht gestattet.47 Von dieser gesetzlichen Ausgangslage kann die Stiftungssatzung indes abweichen und sog. Gruppenorgane einrichten.48 Überwiegend werden freilich ___________ 45 46 47 48
S. o. § 9. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 63. Vgl. o. das Beispiel in Fn. 39. Als gesetzlich geregelte Fälle von Gruppenorganen werden teilweise Hauptversammlung und Aufsichtsrat einer KGaA (§§ 285, 287 AktG) angesehen, so Hachenburg/ Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 311. Das ist indes zweifelhaft, vgl. Hüffer, AktG, § 287 Rdnr. 1 m. w. Nw. Gesetzlich als Gruppenorgan konzipiert ist hingegen der mitbestimmte Aufsichtsrat; denn es liegt auf der Hand, dass die Arbeitnehmervertreter Arbeitnehmer- und die Anteilseignervertreter Anteilseignerinteressen vertreten und miteinander zum Ausgleich bringen sollen. Begrenzt wird dabei die Verfolgung der jeweiligen Partikularinteressen durch das Unternehmensinteresse (h. M., s. nur BVerfGE 34, 103, 112; 50, 290, 374), verstanden als das Gesamtinteresse der im Un-
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§ 11 Die Einrichtung einer mehrstufigen Organisationsverfassung
als Gruppenorgane lediglich solche Organe verstanden, deren Mitglieder allein auf das Interesse der jeweiligen Gruppe verpflichtet sind.49 Derartige Organe kann es grundsätzlich nur als Gremien von Mitgliedern oder deren Vertretern zur Wahrnehmung von eigennützigen Mitgliedschaftsrechten geben; denn grundsätzlich dürfen nur Mitglieder eigennützig handeln, und das auch nur bei der Wahrnehmung solcher mitgliedschaftlichen Befugnisse, die ihnen in ihrem eigenen Interesse (und nicht etwa im Verbandsinteresse) zustehen.50 Als Gruppenorgane sind jedoch auch solche Gremien anzusehen, deren Mitglieder zwar einerseits besondere Interessen (z. B. von Arbeitnehmern, Stiftern, Destinatären oder sonstigen Dritten) vertreten sollen, hierbei aber andererseits an das Unternehmens- bzw. Stiftungsinteresse gebunden bleiben.51 Im Unterschied zu den Mitgliedern eines Gesamtorgans werden die Mitglieder eines solchen Gruppenorgans also nicht ausschließlich im Interesse der Stiftung, sondern auch im Interesse von bestimmten Personen oder Personengruppen mit der Folge bestellt, dass sie den von ihnen repräsentierten Interessen im Rahmen der Wahrnehmung ihrer organschaftlichen Rechte und Pflichten Geltung verschaffen dürfen und müssen. Ein Interessenumbruch findet jedoch nicht statt. Im Konfliktfall bleiben die Interessen der Stiftung vorrangig und dürfen nicht hintangestellt werden.52 Möglich sind auch Mischformen von Gesamt- und Gruppenorganen, in welchem Fall nicht alle, sondern nur einzelne von mehreren Organmitgliedern Sonderinteressen zu vertreten berechtigt und verpflichtet sind. Kennzeichnend für Gruppenorgane ist, dass die Personen oder Personengruppen, deren Interessen vertreten werden sollen, Einfluss auf die Bestellung der betreffenden Organmitglieder haben. Sind bestimmten Personen
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49 50 51 52
ternehmen zusammenlaufenden Partikularinteressen der Mitglieder, Arbeitnehmer, Gläubiger sowie der Öffentlichkeit (öffentliches Interesse), str., wie hier etwa Hanau/ Ulmer, MitbestG, § 25 Rdnr. 94; a. A. zur GmbH Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 63, jew. m. w. Nw. Dass der mitbestimmte Aufsichtsrat zumeist nicht als Gruppenorgan eingeordnet wird (s. nur BGHZ 83, 106, 113), beruht teils auf einem zu engen Verständnis dieses Begriffs (s. dazu im Text), teils auf einer allzu schlichten Übertragung der für den mitbestimmungsfreien Aufsichtsrat geltenden Regeln und teils auf generellen Vorbehalten gegen eine Vertretung von Arbeitnehmerinteressen. Im Ergebnis liegen die herrschende und die hier vertretene Auffassung freilich nicht sehr weit auseinander, s. auch u. Fn. 53. So etwa Wiedemann, FS Schilling, S. 105, 109; U. H. Schneider, DB 1973, 953, 955; Voormann, Beirat, S. 148. Ebenso Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 362. Vgl. bereits o. IV. S. aber unten § 13 A.II.3., § 15 B.IV. sowie § 28 D.III.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
oder Personengruppen Entsendungs- oder Benennungsrechte in der Satzung eingeräumt, so ist dies allerdings nur ein Indiz dafür, dass sie die Interessen des bzw. der Berechtigten vertreten sollen.53
VI. Die Einrichtung von Repräsentationsgremien und Ehrenämtern Ohne weiteres zulässig ist ferner die Schaffung von Repräsentationsgremien und Ehrenämtern (z. B. Schirmherrn, Ehrenvorsitzende), d. h. von Positionen, denen keine satzungsmäßigen Rechte zur Mitwirkung an der Willensbildung oder dem Handeln der Stiftung zukommen (und die daher keine Organe sind), sondern die nur dazu dienen, bestimmte Personen an die Stiftung zu binden und sie ggf. nach außen zu repräsentieren. Einer satzungsmäßigen Grundlage bedarf es hierfür nicht.54 Abseits entgegenstehender Satzungsbestimmungen ist die Schaffung und Besetzung derartiger Ämter bei der Stiftung vielmehr grundsätzlich von der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands gedeckt. Verfügt die Stiftung neben dem Vorstand über weitere Organe, kann allerdings eine differenzierte Beurteilung – je nach Organkompetenz und Art des zu schaffenden bzw. zu besetzenden Amtes – geboten sein. Dabei kann auch ein Zusammenwirken mehrerer Organe tunlich sein.55
VII. Die Einrichtung sonstiger Organe Über die bisher genannten Möglichkeiten hinaus kann die Organisationsverfassung der Stiftung weiter differenziert werden. Insbesondere können einzelnen Personen oder Institutionen satzungsmäßige Mitwirkungs- oder Ent-
___________ 53 Bei Entsendungsrechten im Gesellschaftsrecht wird freilich allgemein angenommen, die Entsandten hätten – ebenso wie Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat – die gleichen Rechte und Pflichten wie die übrigen Organmitglieder, s. nur RGZ 165, 68, 79; BGHZ 36, 296, 306. Das verbietet es ihnen freilich auch nach herrschender Meinung nicht, die Interessen des Entsendungsberechtigten – bzw. der Arbeitnehmer – im Rahmen ihres Ermessens zu berücksichtigen, statt anderer Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 249; Hanau/Ulmer, MitbestG, § 25 Rdnr. 93, jew. m. w. Nw. Der Unterschied zwischen der hier vertretenen und der herrschenden Meinung ist mithin nicht sehr groß. 54 Vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, Vor § 76 Rdnr. 28 f.; Siebel, FS Peltzer, S. 519, 527. 55 Näher Lutter, ZIP 1984, 645 ff. (zur GmbH und AG); Siebel, FS Peltzer, S. 519 ff. m. w. Nw.
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§ 11 Die Einrichtung einer mehrstufigen Organisationsverfassung
scheidungsrechte zugestanden werden.56 Zu denken ist etwa an Bestellungs-, Weisungs-, Zustimmungs- oder Vetorechte, aber auch an Befugnisse zur Änderung der Satzung oder zur Aufhebung der Stiftung, die der Stifter sich oder einer Person oder Institution seines Vertrauens in der Satzung vorbehält.57 Da der Berechtigte infolge derartiger Befugnisse satzungsgemäß an der Willensbildung der Stiftung unmittelbar oder mittelbar mitzuwirken berufen ist, wird er nach der hier vertretenen Definition des Organbegriffs zum Organ(walter) der Stiftung.58 Dies hat u. a. zur Folge, dass er zur Beachtung der Interessen der Stiftung, insbesondere zur Einhaltung des objektiven Stifterwillens verpflichtet ist. Das gilt auch für den Stifter, wenn er sich in der Satzung zum Organ der Stiftung bestellt. Er ist gleich allen anderen Organen pflichtgebunden und entscheidet grundsätzlich – anders als die Mitglieder eines Verbandes – nicht autonom.59 Allerdings kann die Zuweisung derartiger Befugnisse bedeuten, dass der Berechtigte seine Partikularinteressen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens berücksichtigen darf.60 ___________ 56 Das setzt freilich voraus, dass die Betreffenden mit der Bestellung einverstanden sind; denn ohne Einverständnis des Betreffenden kann eine Organstellung nicht begründet werden, s. u. § 14 A. sowie Ulmer, FS Wiedemann, 1297, 1314 f. In der Praxis wurden solche Bestimmungen daher bisher nur genehmigt, wenn die Betreffenden zuvor ihr Einverständnis erklärt haben, so Lunk/Rawert in: NPLYB 2001, S. 91, 96. Diese Praxis ist nach neuem Recht nicht haltbar. Denn entweder handelt es sich bei der Organbestellung nur um einen formellen Satzungsbestandteil. Dann müssen in der Satzung Kautelen für eine Zweitbestellung vorgesehen sein, die eingreifen, wenn der in der Satzung Benannte mit seiner Bestellung nicht einverstanden ist oder aus einem anderen Grund (z. B. Tod) ausfällt. Eine Verweigerung der Anerkennung wäre in diesem Fall daher nur gerechtfertigt, wenn solche Bestimmungen über die Zweitbestellung fehlen, weil die Organisationsverfassung dann nicht vollziehbar wäre, s. o. § 6 C.III. Oder es handelt sich um einen materiellen Satzungsbestandteil mit der Folge, dass die Organstellung absolut höchstpersönlicher Natur sein und das Organ in Wegfall geraten soll, wenn der in der Satzung Benannte ausfällt (Organbestellung „ad personam“ s. u. § 14 G.). Dann aber muss das betreffende Organ für die Organisationsverfassung der Stiftung verzichtbar sein, andernfalls die Verfassung wiederum nicht vollziehbar ist, was allein eine Verweigerung der Anerkennung rechtfertigen würde. 57 S. §§ 7 Abs. 3 S. 2 NdsStiftG, 7 Abs. 3 S. 2 SaarStiftG; ferner etwa BVerfGE, StiftRspr III, S. 58, 70; BGH, StiftRspr. III, S. 5, 7; StiftRspr. IV, S. 58 ff.; 108 ff.; Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 22. 58 S. o. § 9, i. E. ebenso Lunk/Rawert in: NPLYB 2001, S. 91, 96; Flume, jP, S. 340 f.; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 486 f.; a. A. MünchKomm/Reuter, BGB, § 27 Rdnr. 17, §§ 80, 81 Rdnr. 26 f. 59 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 77 a. E.; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 5; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 28; im Verbandsrecht a. A. Steinbeck, Vereinsautonomie, S. 79: Die Zuweisung von Organkompetenzen ad personam kann Pflichtbindung ausschließen. 60 S. o. bei Fn. 39, 48, 53.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Zudem wird zu untersuchen sein, ob und inwieweit autonome Entscheidungsbefugnisse begründet werden können (dazu u. § 13 A.II.3. und § 15 B.IV.). Gegen die Einräumung organschaftlicher Befugnisse zugunsten bestimmter Personen wird freilich eingewandt, es müsse „eine Fremdbestimmung der Stiftung ausgeschlossen sein, die diese lediglich als ‚verlängerten Arm‘ des Stifters oder gar Dritter erscheinen läßt“.61 Dahinter steht der Gedanke, es gäbe eine der Verbandsautonomie entsprechende Stiftungsautonomie. Auch hierauf wird zurückzukommen sein (s. u. § 13 A.II.2.d).
B. Gestaltungsgrenzen Die Gestaltungsgrenzen hinsichtlich der Organisationsverfassung der Stiftung ergeben sich – sieht man von den soeben angesprochenen Bedenken hinsichtlich der Stiftungsautonomie ab – aus: – dem Stiftungszweck und dem Stiftungsvermögen sowie – zwingenden gesetzlichen Kompetenzregelungen. (1) Die privatautonome Ausgestaltung der Organisationsverfassung wird durch den Zweck und das Vermögen der Stiftung bestimmt und begrenzt. Eine große Wissenschaftsstiftung bedarf anderer organisatorischer Vorkehrungen als eine gering dotierte Armenstiftung, und eine Kapitalstiftung muss auch bei gleicher Zwecksetzung anderen Anforderungen genügen als eine Anstaltsstiftung. Sowohl dem Stiftungsvermögen als auch der Stiftungsorganisation kommen dabei gegenüber dem Stiftungszweck dienende Funktionen zu.62 Beide müssen dessen dauernde und nachhaltige Erfüllung gewährleisten. Das schließt beispielsweise eine Organisationsverfassung aus, die zu einer Selbstblockade der Stiftung oder zu einer derartigen Minderung der Stiftungserträge führt, dass eine dauernde und nachhaltige Verfolgung des Stiftungszwecks gefährdet erscheint. Zwar wird hierdurch die zivilrechtliche Wirksamkeit der Satzungsbestimmungen regelmäßig nicht berührt. Unklare oder widersprüchliche Kompetenzregelungen können aber der Anerkennungsfähigkeit der Stiftung ebenso entgegenstehen wie eine im Verhältnis zu den zu erwartenden Stiftungserträgen allzu aufwendige Organisationsverfassung. Aber auch ein Zuwenig an organisatorischen Vorkehrungen kann im Einzelfall zu berechtigten Beanstandungen der Anerkennungsbehörde Anlass geben, nämlich wenn deswegen eine dauernde und ___________ 61 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 86; vgl. auch MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 21 Rdnr. 18. 62 Statt aller Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 10; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 6.
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§ 11 Die Einrichtung einer mehrstufigen Organisationsverfassung
nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht gesichert erscheint.63 Hierbei handelt es sich freilich um fließende Grenzen der Gestaltungsfreiheit (s. o. § 3 C.I.2), bei deren Ziehung der Anerkennungsbehörde im Grenzfall ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist.64 (2) Feste, zivilrechtliche Grenzen ergeben sich dagegen aus der gesetzlich zwingenden Zuständigkeitsordnung sowie den unabdingbaren funktionsbezogenen Mindestrechten der Organe und ihrer Mitglieder. Einzig zwingende Zuständigkeitsregelung ist bei der Stiftung freilich § 86 S. 1 i. V. m. §§ 26 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 BGB, wonach die Stiftung über einen mit organschaftlicher Vertretungsmacht ausgestatteten Vorstand verfügen muss. Und zu den unabdingbaren Mindestkompetenzen des Vorstands und seiner Mitglieder ist bereits das Nötige gesagt worden.65 (3) Hinsichtlich gewillkürter Stiftungsorgane gibt es dagegen keinen zwingenden Kompetenzkatalog. Allerdings wird man jedem Organ ein unabdingbares Recht auf Erhalt derjenigen Informationen zugestehen müssen, die zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich sind. Überdies sind an die Mitgliedschaft in einem Kollegialorgan bis zu einem gewissen Grad unabdingbare funktionsbezogene Teilhaberechte geknüpft, nämlich das Recht auf Teilnahme an den Sitzungen des Organs, das Stimmrecht sowie das Recht auf funktionsgerechte und in diesem Rahmen gleichberechtigte Information. Das schließt Differenzierungen nicht aus. Das Stimmrecht (vgl. § 34 BGB), aber auch das Teilnahmerecht können in bestimmten Fällen ausgeschlossen sein. Einzelne von mehreren Organmitgliedern können als bloß beratende Mitglieder kein Stimmrecht haben. Schließlich können bestimmte Informationsrechte nur einzelnen von mehreren Organmitgliedern eingeräumt oder der Zugang zu bestimmter Information auf einige Organmitglieder beschränkt werden. Geht die Satzung über diese Grenzen hinaus, wird hierdurch freilich die Wirksamkeit der Bestimmungen grundsätzlich nicht berührt. In Frage gestellt wird lediglich, ob das Gremium noch als Organ bzw. alle ihm angehörenden Personen noch als Organmitglieder anzusehen sind.66
___________ 63 64 65 66
S. o. § 6 C.III. Näher o. § 6 C.I. S. o. § 10 A.VI, V. Näher zum organschaftlichen Informationsrecht u. § 15 A.I.2.
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C. Organstreitigkeiten I. Das Problem Verfügt die Stiftung als einziges Organ über einen Alleinvorstand, so ist dieser allzuständig. Weder können Intra- noch Interorganstreitigkeiten entstehen. Pflichtverletzungen soweit möglich und nötig zu verhindern und ggf. Schadensersatzansprüche durchzusetzen, ist Aufgabe der Stiftungsaufsichtsbehörde. Handelt es sich um einen mehrköpfigen Vorstand, so ist es Aufgabe jedes einzelnen Mitglieds, gegen Pflichtverletzungen der übrigen einzuschreiten.67 Die Befugnisse der Stiftungsaufsichtsbehörde sind demgegenüber subsidiär.68 Handeln einzelne Organmitglieder pflichtwidrig, so können sie durch die Mehrheit abberufen und ggf. auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Die Frage, ob die Mehrheit darüber hinaus Ansprüche auf ein Tun oder Unterlassen gegen die Minderheit geltend machen kann, stellt sich regelmäßig nicht.69 Handelt die Mehrheit pflichtwidrig, so kann die Minderheit zwar namens der Stiftung Schadensersatzansprüche geltend machen; denn die pflichtwidrig handelnden Organmitglieder wären bei einem diesbezüglichen Beschluss gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 34 BGB von dem Stimmrecht ausgeschlossen, so dass die Minderheit sowohl über die hierfür erforderliche Geschäftsführungsbefugnis als auch über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt. Das setzt aber voraus, dass der Stiftung überhaupt ein Schaden entstanden ist. Ist das nicht der Fall – etwa wenn die Mehrheit „lediglich“ organschaftliche Rechte der Minderheit missachtet – oder geht es um eine Schadensprävention, steht ihr dieses Mittel jedoch nicht zur Verfügung. Allerdings kann sich die Minderheit an die Stiftungsaufsichtsbehörde wenden. Fraglich ist jedoch einerseits, ob sie sich auf diese Möglichkeit verweisen lassen muss oder ob und welche anderen Möglichkeiten sie zur Abwehr rechtswidrigen Verhaltens der Mehrheit hat. Und fraglich ist andererseits, ob und unter welchen Voraussetzungen die Stiftungsaufsichtsbehörde überhaupt zum Einschreiten berechtigt und ggf. verpflichtet ist, mit der Folge, dass sie sich u. U. als Beklagte in einem Rechtsstreit (mit entsprechendem Kostenrisiko) wiederfindet.70 ___________ 67 68 69 70
Grundsatz der Gesamtverantwortung, s. o. § 10 A.I. (2.). S. o. § 8 C. S. aber u. C.III.1.b. So in dem Fall KG, WM 1968, 903 ff.
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§ 11 Die Einrichtung einer mehrstufigen Organisationsverfassung
Die hiermit angesprochenen Fragen potenzieren sich, wenn die Stiftung über eine mehrstufige Organisationsverfassung verfügt. Kann ein Organ oder können einzelne seiner Mitglieder im eigenen Namen oder im Namen der Stiftung gegen ein anderes Organ, dessen Mitglieder oder die Stiftung auf Handeln, Unterlassen oder Feststellung klagen? Und welche Möglichkeiten hat der Stifter, derartigen Streitigkeiten vorzubeugen bzw. sie zu regeln? Im Gesellschafts-, und dort vornehmlich im Aktienrecht, wird dieser Fragenkomplex unter dem Stichwort der „Organstreitigkeit“ breit diskutiert,71 ohne dass freilich bisher eine abschließende Klärung gelungen wäre. Allerdings hat der Bundesgerichtshof insbesondere zwei wegweisende Entscheidungen getroffen.72 Im Stiftungsrecht finden sich ebenfalls etliche höchstrichterliche Entscheidungen zu Einzelaspekten73, darüber hinaus aber in der Literatur nur wenige Bemerkungen.74 Hingewiesen wird auf die Bedeutung klarer Kompetenzregelungen sowie auf die Möglichkeit der Einrichtung stiftungsinterner Schiedsgremien.75 Bevor jedoch die zivilrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten erörtert werden, gilt es zunächst, die stiftungsaufsichtsrechtlichen Rechtsbehelfe zu klären.
II. Stiftungsaufsichtsrechtliche Rechtsbehelfe Wie schon dargelegt wurde, ist die Stiftungsaufsicht in erster Linie „Garant des Stifterwillens“. Als solcher dient sie dem Integritätsinteresse der Stiftung, daneben aber auch dem Allgemeininteresse, insbesondere dem Schutz des Rechtsverkehrs, nicht aber dem Schutz von Individualinteressen.76 Einen Anspruch auf Einschreiten der Stiftungsaufsichtsbehörde hat daher allenfalls ___________ 71 Lewerenz, Leistungsklagen, 1977; Th. Raiser, ZGR 1989, 44 ff.; ders., AG 1989, 185 ff.; Borgmann, Organstreit, 1996; Bauer, Organklagen, 1986; Mertens, ZHR 154 (1990), 24 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212 ff.; Teichmann, FS Mühl, S. 663 ff.; R. Bork, ZGR 1989, 1 ff.; ders., ZIP 1991, 137 ff.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 ff.; Hommelhoff/Timm, AG 1976, 330 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288 ff.; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1 ff.; Rellermeyer, ZGR 1993, 77 ff.; Säcker, NJW 1979, 1521 ff.; H.P. Westermann, FS Bötticher, S. 369 ff.; Deckert, AG 1994, 457 ff. 72 BGHZ 106, 54; 122, 342. 73 BGH StiftRspr. I, S. 33; III, S. 1, 5; III, S. 149; IV, S. 58; BGH, WM 1993, 2169; BAG, StiftRspr. IV, S. 108; OVG Berlin, NVWZ-RR, 2003, 323 ff. 74 Etwa MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 76, § 85 Rdnr. 17 ff. 75 S. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 48; auch Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 19 f. 76 S. o. § 8 A.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
die Stiftung selbst.77 Auch im Falle von stiftungsrechtswidrigen Maßnahmen der Stiftungsorgane ist die Stiftungsaufsichtsbehörde jedoch nicht ohne weiteres verpflichtet einzugreifen. Vielmehr steht ihr ein Handlungsermessen zu. Die Stiftung hat daher nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Allerdings kann sich das Ermessen der Behörde „auf Null“ reduzieren. Das ist namentlich in zwei Fällen anzunehmen. Einzugreifen verpflichtet ist die Behörde, wenn der Stiftung ein Schaden droht.78 Umgekehrt muss sie sich aufsichtsrechtlicher Maßnahmen enthalten, wenn die Stiftung hierdurch gehindert würde, ihr Recht vor dem jeweils zuständigen Gericht zu suchen und dies somit faktisch zu einer Verlagerung der Streitentscheidung auf den Verwaltungsrechtsweg führen würde.79 Das ist auch Ausfluss des Subsidiaritätsgrundsatzes. Ist die zivilrechtliche Rechtslage innerhalb der Stiftungsorgane umstritten, so darf die Stiftungsaufsichtsbehörde daher diesen Streit grundsätzlich nicht entscheiden. Zwar ist die Behörde nicht gehindert, sondern im Gegenteil verpflichtet, die Stiftungssatzung auszulegen, soweit dies für eine sachgerechte Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist (z. B. um ein satzungswidriges Verhalten von Stiftungsorganen zu unterbinden oder im Rahmen der Genehmigung einer Satzungsänderung). Sie ist indes nicht dazu berufen, bei Streitigkeiten innerhalb von Stiftungsorganen über die Auslegung der Stiftungssatzung verbindlich zu entscheiden. Diese Kompetenz kommt vielmehr allein den Zivilgerichten zu.80 Würde daher die Stiftungsaufsichtsbehörde eine Auslegungsprärogative für sich beanspruchen, würde dies zu einer unzulässigen Verlagerung der Entscheidung auf die Verwaltungsgerichte führen, die demzufolge eine hierauf beruhende, aufsichtsrechtliche Maßnahme aufzuheben gehalten wären. Das schließt freilich eine schlichtende, rechtsauslegende oder belehrende Beratung der Stiftungsorgane nicht aus,81 wobei sich die Stiftungsaufsicht allerdings keinesfalls auf einen „Kuhhandel“ einlassen darf82. Schließlich ist ___________ 77 Vgl. OVG Berlin, NVwZ-RR 2003, 323 ff. 78 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 41. 79 Vgl. BayVGH, StiftRspr. II, S. 18, 26 m. Anm. Leisner S. 28 f.; VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5 ff. m. Anm. Kronke, S. 7 f.; abzulehnen ist daher die Ansicht von Leisner, StiftRspr. III, S. 154 f. 80 BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160; BGH, WM 1976, 869, 871 (insoweit nicht abgedruckt in StiftRspr. III, S. 1). 81 Vgl. BVerfGE 58, 177, 945; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 41, 45 f.; Andrick, Staatsaufsicht, S. 79. 82 S. o. § 8 A.
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zu bedenken, dass nicht nur die Stiftungsaufsicht, sondern vor allem auch die Stiftungsorgane verpflichtet sind, Schaden von der Stiftung abzuwenden. Aus dieser Rechtslage ergibt sich für den vorliegenden Fragenkomplex: – Einzelne Organmitglieder sind zwar in jedem Fall berechtigt und, wenn der Stiftung durch das Verhalten anderer Organmitglieder ein anderweitig nicht abzuwendender Schaden zu entstehen droht, sogar verpflichtet, die Stiftungsaufsichtsbehörde anzurufen. Einen Anspruch auf deren Einschreiten haben sie jedoch nicht. – Hat die Stiftung einen Anspruch auf Tätigwerden der Behörde, so können einzelne Organmitglieder diesen nur geltend machen, wenn sie im Namen der Stiftung zu handeln befugt sind, d. h. über die hierzu erforderliche Vertretungsmacht verfügen. Das hängt von der Stiftungsverfassung ab. Nach der gesetzlichen Normalverfassung ist bei einem mehrköpfigen Vorstand hierfür allerdings gemäß § 28 Abs. 1 BGB ein entsprechender Vorstandsbeschluss mit der Folge erforderlich, dass eine Minderheit in der Regel nicht über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt.83 – Streitigkeiten zwischen oder innerhalb von Stiftungsorganen ist die Stiftungsaufsichtsbehörde zwar zu schlichten, aber grundsätzlich nicht zu entscheiden befugt.84 Anders ist dies nur, wenn es schweren Schaden von der Stiftung abzuwenden gilt.85 Andernfalls muss die Stiftungsaufsichtsbehörde die Parteien auf den Zivilrechtsweg verweisen. – Das gilt entsprechend für die Verwaltungsgerichte: Hat die Stiftungsaufsichtsbehörde eine Maßnahme (z. B. Satzungsänderung) des zuständigen Stiftungsorgans genehmigt, die nach Ansicht einer Minderheit oder eines anderen Organs rechtswidrig ist, so hat sich die Minderheit bzw. das andere Organ grundsätzlich an die Zivilgerichte zu wenden. Für eine Anfechtung der Genehmigung fehlt ihnen hingegen regelmäßig die Klagebefugnis, weil sie durch die Genehmigung nicht in eigenen Rechten verletzt sind.86 Für Organe ergibt sich das bereits daraus, dass sie nicht Rechtsträger sein können (s. u. III.1.a.), und für das einzelne Organmit___________ 83 Vgl. VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5, 6. 84 Die Entscheidung KG, StiftRspr. II, S. 166 m. Anm. Leisner, S. 167 steht dieser Auffassung schon deswegen nicht entgegen, weil es in diesem Fall nicht um Auslegungsstreitigkeiten innerhalb der Stiftungsorgane, sondern um die Klärung von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Stiftungsvorstand und der Stiftungsaufsicht ging. 85 Vgl. BayVGH, StiftRspr. II, S. 18, 25 ff. (26) m. Anm. Leisner S. 28, 29. 86 S. VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5 ff. sowie u. § 16 B.III.; wie hier Suerbaum, NVwZ 2005, 160, 161 ff.; ders., ZSt 2004, 34, 36 ff.
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glied im Blick auf eine rechtswidrige Grundlagenänderung daraus, dass selbst wenn sie durch die Grundlagenänderung in eigenen Rechten verletzt werden würden, sie auch dann nichtig ist und bleibt, wenn sie durch die Aufsichtsbehörde genehmigt wurde87. In Betracht kommt in solchen Fällen allerdings die Erhebung eine Anfechtungsklage namens der Stiftung, wofür es einzelnen Organmitgliedern aber regelmäßig an der erforderlichen Vertretungsmacht fehlt. Organen wird man hingegen die erforderliche Vertretungsmacht auch dann zubilligen müssen, wenn dies nicht ausdrücklich in der Satzung vorgesehen ist (s. u. III.1.b).88 Das wäre auch in dem vom OVG Berlin entschiedenen Fall89 der richtige Ansatzpunkt gewesen. – Daneben wird jüngst ein auf Art. 19 Abs. 4 GG beruhendes Notklagerecht von Stiftungsorganen90 oder gar einzelner „Stiftungsinteressierter“91 (Organmitglieder, Stifter, Destinatäre) vorgeschlagen, wenn der Stiftungsvorstand mit der Stiftungsaufsicht zulasten der Stiftung zusammenwirkt oder gegen rechtswidrige Maßnahmen der Behörde nichts unternimmt. Dem ist zuzustimmen, wenn sich aus der Stiftungssatzung nichts Gegenteiliges ergibt und dies die einzige (!) effektive Möglichkeit ist, die Rechte der Stiftung zu wahren. Dabei ist auch die entsprechende zivilrechtliche Notklagebefugnis (dazu u. III.1.c.) demgegenüber vorrangig. Zudem steht – ebenso wie dort – nur Organmitgliedern ein solches Notklagerecht zu. Zu bedenken sind bei alledem freilich auch die Kosten, die der Stiftung durch eine streitige Entscheidung entstehen. Die Stiftungsorgane haben daher stets zunächst eine interne Konfliktlösung zu versuchen. Sind diese Versuche gescheitert, kann aufgrund ihrer Pflicht zur Wahrung der Stiftungsinteressen überdies die Einschaltung der Aufsichtsbehörde geboten sein, nämlich wenn hierdurch Aussicht besteht, eine gerichtliche Entscheidung zulasten des Stiftungsvermögens zu vermeiden, sei es, weil der Behörde eine Streitschlichtung gelingen könnte oder weil etwa derart schwerwiegende Pflichtverletzungen in Frage stehen, dass (zunächst) die Behörde einzugreifen verpflichtet ist. ___________ 87 BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 85 Rdnr. 4; Suerbaum, NVwZ 2005, 160, 162; ders., ZSt 2004, 34, 38. 88 A. A. Suerbaum, NVwZ 2005, 160, 162; ders., ZSt 2004, 34, 39. 89 OVG Berlin, NVwZ-RR 2003, 323 ff. 90 So OVG Berlin, NVwZ-RR 2003, 323, 325 f. 91 So MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 76; ders. in: NPLYB 2002, 157, 167 ff.
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Freilich geht die Pflicht zur Interessenwahrung und Schadensabwendung nicht soweit, dass Stiftungsorgane oder Organmitglieder gehindert wären, Streitigkeiten gerichtlich auszutragen. Vielmehr kann dies aufgrund der genannten Pflichten sogar geboten sein.92 Welche zivilrechtlichen Möglichkeiten ihnen hierzu offen stehen, gilt es nunmehr zu klären.
III. Zivilrechtliche Rechtsbehelfe Im Blick auf sog. „Organstreitigkeiten“ sind drei jeweils umstrittene Fragen auseinander zu halten, nämlich: – erstens, ob Organe im eigenen Namen oder nur im Namen der juristischen Person klagen können, – zweitens, ob Organe oder nur ihre Mitglieder Beklagte eines Rechtsstreits sein können, und – drittens, wie und in welchen Fällen einzelne Organmitglieder ihnen zustehende Rechte gerichtlich geltend machen können. 1. Interorganstreitigkeiten a) „Echte Organklagen“ Um „echte“ Organstreitigkeiten im Sinne ihres staats- und kommunalverfassungsrechtlichen Vorbilds handelte es sich nur, soweit sich Organe als Parteien in einem Rechtsstreit gegenüberstehen könnten. Zu dieser Frage hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in aller Deutlichkeit Stellung genommen. In seinem Urteil vom 17.5.1993 heißt es hierzu: „Das geltende Prozeßrecht beruht auf dem Gleichlauf von Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit (§ 50 ZPO). Rechtsfähigkeit kommt nach geltendem Recht jedoch nur natürlichen und juristischen Personen zu. Außerhalb vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassener Ausnahmen von diesem Grundsatz ist eine allgemeine Organrechtsfähigkeit und Organparteifähigkeit grundsätzlich nicht anzuerkennen. Eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Das geltende Recht ermöglicht sachgerechte Lösungen.“93 Dem ist mit der herrschenden Lehre zuzustimmen.94 ___________ 92 Vgl. BGHZ 135, 244. 93 BGHZ 122, 342, 345. 94 Statt anderer Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 37; Teichmann, FS Mühl, S. 663, 667; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 219 ff.; s. aber auch ders., GR, S. 428 f.; ferner schon Wolff, Organschaft, S. 247 ff.; a. A. aber Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 303 ff.; Bauer, Organklagen, S. 67 ff., 125 f.; R. Bork, ZGR 1989, 1, 22 f.; ders., ZIP 1991, 137, 139.
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b) „Unechte Organklagen“ Können somit Organe grundsätzlich95 nicht Kläger und Beklagter sein, ist als nächstes die Frage zu beantworten, ob Organe im Namen der juristischen Person klagen können. Die Frage stellen heißt, sie zu bejahen. Dabei kommt es nicht einmal darauf an, ob dem betreffenden Organ generell Vertretungsmacht eingeräumt ist; denn wie ausgeführt wurde, ist in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 30 S. 2 BGB anzunehmen, dass jedes Organ im Zweifel insoweit Vertretungsmacht zukommt, als dies zur Wahrnehmung seiner satzungsmäßigen Funktionen erforderlich ist.96 Ein Organ etwa, dem als Geschäftskreis die Überwachung des Vertretungsorgans obliegt, ist daher im Zweifel zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung des Rechtsträgers gegenüber den Mitgliedern dieses Organs befugt, vgl. §§ 112 AktG, 52 Abs. 1 GmbHG, 39 Abs. 1 GenG. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Pflichtverletzungen der Organmitglieder; denn die Überwachungsaufgabe bringt es mit sich, dass solche Pflichtverletzungen aufgedeckt werden, so dass man das Überwachungsorgan im Zweifel für befugt halten muss, diese auch gerichtlich und außergerichtlich zu verfolgen. Freilich wird in der Literatur die Ansicht vertreten, es fehle ein anerkennenswertes Bedürfnis, Organen generell die Befugnis einzuräumen, im Namen der juristischen Person gegen die Mitglieder eines anderen Organs durch Klage auf Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Maßnahme vorzugehen. Vielmehr reiche eine nachträgliche Feststellung der Rechtslage und der Verantwortlichkeit im Wege der Anfechtungs- und Schadensersatzklage der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder völlig aus, zumal diese bei pflichtwidrigem Verhalten auch abberufen werden könnten.97 Ob diese Ansicht für die Aktiengesellschaft – für die sie entwickelt wurde – mit ihrer zwingenden und zugleich ausbalancierten Organisationsverfassung zutrifft, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden. Für diese Ansicht spricht immerhin, dass derartige (unechte) „Organklagen“ (also Klagen eines Organs namens der juristischen Person gegen die Mitglieder eines anderen Organs), soweit ersichtlich bisher nicht erhoben wurden, und zwar weder im Gesellschafts-98 noch im Stiftungsrecht. Dagegen sprechen jedoch ___________ 95 Zu Ausnahmen s. § 10 ArbGG. 96 S. o. § 11 A.I.2. 97 So namentlich KölnKomm/Mertens, AktG, Vor § 76 Rdnr. 4 ff.; ders., ZHR 154 (1990), 23 ff. 98 Vgl. aber BGHZ 106, 54, in welcher Entscheidung indes nicht der Aufsichtsrat, sondern nur einzelne seiner Mitglieder gegen eine Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands gerichtlich vorzugehen versuchten; vgl. ferner LG Köln, AG 1976, 329 m. Anm. Hommelhoff/Timm.
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zwei Überlegungen, die auch für das Stiftungsrecht relevant sind: Zum einen stehen Schadensersatzansprüchen für gewöhnlich Unterlassungsansprüche zur Seite.99 Sie beruhen zudem häufig auf der Verletzung von Handlungspflichten. Im Blick hierauf ist es nicht einzusehen, weswegen sich eine juristische Person auf möglicherweise uneinbringliche Schadensersatzansprüche verweisen lassen sollte. Dabei kann man sich zum anderen nicht damit beruhigen, dass namentlich dem Aufsichtsrat einer AG die Befugnis eingeräumt ist, pflichtwidrig handelnde Vorstandsmitglieder abzuberufen.100 Zwar wird der Aufsichtsrat diese Möglichkeit einer „Organklage“ regelmäßig vorziehen und hierzu auch aufgrund seiner Interessenwahrungspflicht zur Vermeidung von unnötigen Prozesskosten und schädlichem Aufsehen gehalten sein. Indes steht erstens weder dem Vorstand gegenüber dem Aufsichtsrat noch sonst im Allgemeinen Organen untereinander dieselbe Möglichkeit zur Verfügung. Zweitens sind durchaus Fälle denkbar, in denen eine Abberufung rechtlich nicht möglich oder tatsächlich nicht opportun ist. Und drittens kann es jedenfalls bei konkret im Gesetz oder in der Satzung ausgeformten Verhaltens- und Unterlassungspflichten (wie etwa Wettbewerbsverboten und Geheimhaltungspflichten) nicht zweifelhaft sein, dass diese klageweise durchgesetzt werden können.101 Der Gedanke, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sowie eine mögliche Abberufung von Organmitgliedern sei zur Wahrung der Interessen einer juristischen Person in jedem Fall ausreichend, überzeugt daher nicht. Zutreffend ist allerdings, dass „Organklagen“ grundsätzlich subsidiär sind, d. h. von ihnen erst Gebrauch gemacht werden darf, wenn alle verfügbaren, internen Konfliktlösungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft worden sind.102 Das ergibt sich, wie ausgeführt wurde, bereits aus der Interessenwahrungs- und Schadensvermeidungspflicht der Organe. Bei Körperschaften kommt insofern vor allem eine Anrufung der Mitgliederversammlung in Betracht. In diesem Zusammenhang ist überdies stets zu erwägen, ob eine mögliche Abberufung pflichtwidrig handelnder Organmitglieder die Interessen der juristischen Person nicht besser zu wahren geeignet ist als eine (unechte) „Organklage“. ___________ 99 Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 5; Teichmann, FS Mühl, 663, 676 f.; Th. Raiser, ZGR 1989, 44, 58. 100 So aber KölnKomm/Mertens, AktG, Vor § 76 Rdnr. 4 ff.; ders., ZHR 154 (1990), 23 ff. 101 Zutr. Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 11. 102 Vgl. Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 312; Bauer, Organklagen, S. 90 f.; R. Bork, ZGR 1989, 1, 20; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 380.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Die zuletzt genannte Handlungsalternative ist im Stiftungsrecht ebenfalls gegeben. Im Übrigen sind bei Stiftungen mangels Mitgliedern die internen Konfliktlösungsmöglichkeiten gegenüber Körperschaften jedoch erblich eingeschränkt. Zwar kann auch die Stiftung über ein der Mitgliederversammlung vergleichbares Willensbildungsorgan verfügen. Dessen Entscheidungen sind jedoch gleichfalls grundsätzlich pflichtgebunden. Und für die Stiftungsaufsichtsbehörde gilt das ebenso. Ist zwischen Stiftungsorganen gerade streitig, welche Rechte und Pflichten ihnen zukommen, so kann daher rechtlich (faktisch mag dies anders sein) weder ein Stiftungsorgan noch die Stiftungsaufsichtsbehörde eine letztverbindliche Entscheidung treffen. Diese Kompetenz kommt, wie verschiedentlich betont, vielmehr allein den Gerichten, und zwar, soweit Fragen der Auslegung der Stiftungssatzung streitig sind, in erster Linie den Zivilgerichten zu. Im Stiftungsrecht muss es daher „Organklagen“ in dem Sinne geben, dass jedes Organ innerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftskreises (vgl. § 30 BGB) namens der Stiftung befugt ist, gegen (seiner Meinung nach) pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen der Mitglieder eines anderen (oder auch desselben) Organs gerichtlich vorzugehen. Die hierfür erforderliche Vertretungsmacht steht freilich allein dem Organ als solchem, vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmungen, jedoch nicht einzelnen seiner Mitglieder zu. (Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob einzelne Organmitglieder im eigenen Namen klagebefugt sind, dazu sogleich unten 2.). Enthält die Satzung keine Bestimmungen über die Vertretungsmacht des betreffenden Organs gelten § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 30, 32, 34 BGB (entsprechend). Erforderlich ist demnach ein (gültiger) Organbeschluss. Vom Stimmrecht ausgeschlossen sind dabei ggf. diejenigen Organmitglieder, denen ein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen wird, § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 34 BGB. Als Gegenstände unechter „Organklagen“ kommen im Stiftungsrecht insbesondere in Betracht: – Klagen auf Gewährung von Information, – Klagen gegen oder auf Vornahme bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen, – Klagen gegen oder auf Änderungen der Satzung oder einer Geschäftsordnung, – Klagen auf Zustimmung zu bestimmten Maßnahmen, – Klagen wegen Kompetenzverletzungen bzw. -überschreitungen sowie – Klagen auf die Einhaltung sonstiger gesetzlicher oder satzungsmäßiger Pflichten. 286
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c) Actio pro societate In der gesellschaftsrechtlichen Literatur wird überdies verbreitet erwogen, Organmitgliedern in Rechtsfortbildung der actio pro societate als „Hilfsund Notzuständigkeit“ die Befugnis einzuräumen, Rechte der juristischen Person im eigenen Namen geltend zu machen.103 Der BGH hat sich nicht abschließend geäußert, wohl aber darauf hingewiesen, dass eine solche Möglichkeit nicht dazu führen dürfe, Intraorgankonflikte auf der Interorganebene auszutragen.104 Zu fordern sei daher auf jeden Fall, dass das Organmitglied zunächst gegen den betreffenden Organbeschluss vorgeht (dazu sogleich u. 2.c). Und wegen dieses Vorrangs der Konfliktlösung auf der Intraorganebene lehnt die wohl herrschende Ansicht eine solche Rechtsfortbildung ab.105 Im Stiftungsrecht ist zu bedenken, dass eine solche Rechtsfortbildung u. U. die einzige Möglichkeit ist, dem Stifterwillen zur Durchsetzung zu verhelfen, nämlich insbesondere dann, wenn auch die Stiftungsaufsicht untätig bleibt oder sogar das rechtswidrige Verhalten sanktioniert106. Allerdings kann der Stifter eine solche Klagebefugnis auch ausdrücklich in der Satzung vorsehen.107 Unterlässt er dies, so könnte man das dahin interpretieren, dass er eine solche Klagemöglichkeit gerade nicht eröffnen wollte.108 Zumeist wird er die Frage freilich tatsächlich nicht bedacht haben. Im Notfall, d. h. wenn der Stifterwille auf andere Weise nicht gewahrt wird, ist daher gestützt auf eine ergänzende Auslegung der Stiftungsverfassung108a eine actio pro societate zuzulassen.109 ___________ 103 Grundlegend Hommelhoff/Timm, AG 1976, 330, 333; ferner Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 314; R. Bork, ZGR 1989, 1, 39 ff.; Deckert, AG 1994, 457, 462, 464 f. 104 BGHZ 106, 54, 66 f. 105 Lewerenz, Leistungsklagen, S. 131; Stodolkowitz, ZHR (1990), 1, 19 f.; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 33; Werner, WuB II A § 111 AktG 1/89, S. 459; Fleck, EWiR § 111 AktG 1/89, S. 6; skeptisch Th. Raiser, AG 1989, 185, 190; ders., ZGR 1989, 44, 69 f.; zurückhaltend Kort, AG 1987, 193, 198 f.; Deckert, AG 1994, 457, 464 f.; einen Mittelweg gehen Krieger, EWiR § 111 AktG 1/88, S. 212 und OLG Celle, AG 1990, 264 ff.: einstweilige Verfügung möglich; dagegen Rellermeyer, ZGR 1993, 77, 98 ff. 106 Vgl. etwa den Fall BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff. m. Anm. Kronke. 107 S. § 119 des Statuts der Carl-Zeiss-Stiftung und dazu den Fall BAG, StiftRspr. IV, S. 108 ff. m. Anm. Kronke. 108 Vgl. die Argumentation etwa in den Fällen BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff., RG, HRR 1931, Nr. 1427; in diesem Sinne auch Suerbaum, NVwZ 2005, 160, 162. 108a Vgl. Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 311 ff. 109 Dafür auch Wernicke, ZEV 2003, 301, 305 f.; ferner MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 18 f., ders. in: NPLYB 2002, 157, 167 ff., und zwar nicht nur zugunsten von Organmitgliedern, sondern auch zugunsten des Stifters, seiner Erben und der Destinatäre. Ohne dass diesen Personen organschaftliche Rechte eingeräumt sind,
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2. Intraorganstreitigkeiten Was schließlich die dritte Frage betrifft, nämlich wie und in welchen Fällen einzelne Organmitglieder ihnen zustehende Rechte gerichtlich geltend machen können, so ist erneut zu unterscheiden: a) Schuldrechtliche Individualansprüche Selbstverständlich zulässig ist die gerichtliche Geltendmachung von schuldrechtlichen Individualansprüchen, wie etwa aus einem Anstellungsvertrag von Organmitgliedern im eigenen Namen gegen die juristische Person.110 b) Organschaftliche Rechte Richtigerweise können Organmitglieder ferner im eigenen Namen ihnen durch Gesetz oder Satzung eingeräumte organschaftliche Rechte gerichtlich gegen die juristische Person durchsetzen. Das gilt zum einen für organschaftliche Vorzugsrechte111, wie das Recht auf Mitgliedschaft in einem Organ112, Benennungs- oder Bestellungsrechte. Das gilt zum anderen aber auch für allgemeine organschaftliche Rechte, wie das Teilnahmerecht113 oder das Informationsrecht114. Hierauf wird zurückzukommen sein (s. u. § 15 A.IV, V). c) Fehlerhafte Beschlüsse Schließlich besteht im Grundsatz Einigkeit, dass Organmitglieder115 die formelle oder materielle Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen geltend machen ___________
110 111 112
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114 115
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fehlt es dafür aber an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Stehen Destinatären statutarische Rechte zu, ist dagegen eine solche Hilfszuständigkeit denkbar, zutr. Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 307 ff. Statt aller Deckert, AG 1994, 457, 458 f. m. w. Nw. Zum Begriff s. u. § 15 A.III. S. BGH, StiftRspr. III, S. 1, 5, 149; KG, StiftRspr. I, S. 163. Zu beachten ist dabei, dass der Betroffene richtigerweise den Zivilrechtsweg einzuschlagen hat. Für eine Klage gegen die Genehmigung der Satzungsänderung fehlt ihm dagegen für gewöhnlich die Klagebefugnis, s. VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5 ff.; ferner o. C.II. sowie u. § 16 B.III. Lewerenz, Leistungsklagen, S. 135; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 227; Säcker, NJW 1979, 1521, 1522, 1526; Deckert, AG 1994, 457, 460 m. w. Nw.; dazu u. § 15 A.I.1. Dazu näher u. § 15 A.I.2. Dritten steht diese Befugnis dagegen nur ganz ausnahmsweise zu, für ein Beispiel s. Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 83 a. E. Die Stiftungssatzung kann aber bestimmten Personen eine solche Befugnis einräumen, vgl. BAG, StiftRspr. IV, S. 108 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 19.12.2001, Az. 4 U 147/00, S. 15 f.; OLG Stuttgart, Urteil vom 27.6.2003, Az. 5 U 162/2002, S. 12 f. (alle zur Carl-Zeiss-Stiftung).
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können.116 Dabei wird mit dem Bundesgerichtshof vorliegend davon ausgegangen, dass Beschlüsse von Stiftungsorganen, die in formeller oder materieller Hinsicht gegen das Gesetz oder die Satzung verstoßen, grundsätzlich nichtig sind.117 Dabei vertritt der III. Zivilsenat allerdings die Auffassung, dass Mitglieder von Stiftungsorganen nur dann das für eine Klage gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse haben, wenn ihre organisationsrechtliche Stellung berührt wird, also namentlich bei Verletzung ihrer organschaftlichen Rechte. Dagegen sei eine allgemeine Befugnis der Organmitglieder, Beschlüsse des Organs im eigenen Namen einer gerichtlichen Kontrolle zuzuführen, dem Stiftungsrecht fremd.118 Eine Begründung findet diese Behauptung freilich nicht und wird auch nicht von der Literatur nachgereicht. Sie steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des II. Zivilsenats, der Klagen von Aufsichtsratsmitgliedern einer AG auf Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen des Aufsichtsrats stets ohne Einschränkung zugelassen hat.119 Das entspricht auch der vorherrschenden Ansicht in der gesellschaftsrechtlichen Literatur120 und wird insbesondere aus der Verantwortlichkeit jedes einzelnen Mitglieds für die Rechtmäßigkeit des Organhandelns gefolgert121. Dieser zuletzt genannten Ansicht ist zu folgen, und zwar gerade im Stiftungsrecht; denn die juristische Person hat Anspruch auf ein rechtmäßiges Verhalten der Mitglieder ihrer Organe. Während aber im Verbandsrecht dieser Anspruch grundsätzlich zur Disposition der Verbandsmitglieder steht und sie daher auch in erster Linie zu seiner Durchsetzung berufen sind, fehlt diese Konfliktlösungsmöglichkeit im Stiftungsrecht. Hier könnte nur die Stiftungsaufsichtsbehörde eingreifen. Auf deren Eingreifen aber hat das ein___________ 116 S. OLG Koblenz, NZG 2002, 135, 136; LG Mainz, NZG 2002, 738, Bamberger/ Roth/Schwarz, BGB, § 86 Rdnr. 4; sowie die folgenden Fn. 117 BGH, WM 1993, 2169, 2170, mit zust. Anm. Neuhoff, EWiR § 85 BGB 1/94, S. 223; zum Aufsichtsrat der AG ebenso insbes. BGHZ 122, 342, 346 ff.; 124, 111, 115; 135, 244, 247 ff.; näher zu Beschlussmängeln u. § 12 B.III., IV. 118 BGH, WM 1993, 2169, 2170, mit Verweis auf Seifert/Hof, Handbuch1, § 9 Rdnr. 130; Ebersbach, Handbuch, S. 105; jetzt ebenso Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 143; Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 19; Wernicke, ZEV 2003, 301, 303; aus der gesellschaftsrechtlichen Literatur Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 34. 119 S. BGHZ 83, 144, 146; 85, 293, 295; 122, 342, 344; 124, 111; 135, 244, 247 f. 120 Statt anderer Hüffer, AktG, § 108 Rdnr. 18; MüHdbGR/Hoffmann-Becking, AG, § 33 Rdnr. 49; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 311 b. 121 So namentlich BGHZ 135, 244, 247 f.; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 18, sowie Hoffmann-Becking, wie vor, m. w. Nw.; vgl. ferner KölnKomm/Mertens, AktG, § 77 Rdnr. 27.
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zelne Organmitglied keinen Anspruch. Und um den ggf. bestehenden Anspruch der Stiftung auf Einschreiten der Behörde geltend zu machen, fehlt ihm in der Regel die erforderliche Vertretungsmacht. Lehnt die Behörde ein Einschreiten ab oder wirkt sie gar mit der rechtswidrig handelnden Mehrheit zusammen, bestünde, folgte man vorliegender Ansicht nicht, keine Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung. Auf der Strecke bliebe der Stifterwille.122 Der Stifterwille aber ist im Unterschied zu dem Willen von Verbandsmitgliedern grundsätzlich nicht dispositiv. Während diese von einer Rechtsdurchsetzung absehen können, ist zu einem solchen Verzicht im Stiftungsrecht grundsätzlich niemand befugt. Vielmehr ist jedes Organmitglied zumindest in seinem Pflichtenkreis gehalten, dem Stifterwillen zur Durchsetzung zu verhelfen. Und eben deshalb muss man gerade im Stiftungsrecht eine Befugnis der Organmitglieder anerkennen, Beschlüsse im eigenen Namen einer gerichtlichen Kontrolle zuzuführen. Dafür spricht schließlich, dass die Stiftungsaufsicht ohnehin nur subsidiär einzugreifen befugt (und in der Lage123) ist, also dann, wenn die Stiftungsorgane bzw. deren Mitglieder keine eigenverantwortliche Abhilfe schaffen124. Die Möglichkeit zu einer solchen eigenverantwortlichen Abhilfe aber wäre zulasten der Stiftungsautonomie eingeschränkt, könnten die Mitglieder von Stiftungsorganen die Nichtigkeit von Beschlüssen des Organs, dem sie angehören, nicht gerichtlich geltend machen.125 Allerdings haben Organmitglieder zuvörderst interne Konfliktlösungsmöglichkeiten zu suchen, d. h. die Nichtigkeit zunächst gegenüber dem Organ (durch Erklärung an dessen Vorsitzenden) zu erklären. Bleibt dies fruchtlos, haben sie sich sodann ggf. an das für die Überwachung des beschlussfassenden Organs zuständige Organ zu wenden. Erst wenn alle verfügbaren internen126 Konfliktlösungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, besteht das erfor___________ 122 Exemplarisch BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff. m. Anm. Kronke sowie von K. Schmidt, EWiR § 85 BGB 1/87, S. 747 f. 123 Zur Leistungsfähigkeit der Stiftungsaufsichtsbehörden s. Härtl, Stiftungsrecht reformbedürftig?, S. 142 ff. 124 S. o. § 8 C.; falsch Neuhoff, EWiR § 85 BGB 1/94, S. 223, 224. 125 Überdies kann die Aufsichtsbehörde zwar „Maßnahmen der Stiftungsorgane, die den Gesetzen, dem Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung widersprechen, beanstanden und verlangen, daß sie innerhalb einer bestimmten Frist aufgehoben oder rückgängig gemacht werden“, so etwa § 10 S. 1 BWStiftG. Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann sie aber nicht feststellen. Hierzu sind allein die Zivilgerichte befugt. 126 Die Einschaltung der Stiftungsaufsichtsbehörde gehört wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes nicht hierher. Freilich kann deren Anrufung opportun und – bei Gefahr in Verzug – sogar geboten sein, s. o. C.II.
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derliche Rechtsschutzinteresse, um die Nichtigkeit gerichtlich feststellen zu lassen.127 Unter diesen Voraussetzungen kann überdies die Klage eines Organmitglieds auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses eines anderen Organs als desjenigen, dem es angehört, zulässig sein.128
IV. Gestaltungsmöglichkeiten Gestaltungsmöglichkeiten hat der Stifter vor allem im Blick auf die Klagebefugnis: Zulässig (und in Anbetracht des Streitstandes empfehlenswert) sind nicht nur klarstellende Regelungen. Vielmehr kann er die Klagebefugnis Einzelner begründen, erweitern, beschränken oder ausschließen.129 Bestimmen kann der Stifter ferner Fristen, innerhalb deren Beschlussmängel geltend gemacht werden müssen. Schließlich kann der Stifter ein Schiedsgericht vorsehen.130 Nicht möglich ist es dagegen, Organen durch die Satzung Rechtsfähigkeit zuzumessen oder im Blick auf Beschlussmängel das Erfordernis einer Anfechtungsklage einzuführen131; denn derartige Entscheidungen sind dem Gesetzgeber vorbehalten.
D. Zusammenfassung Die Möglichkeiten der Einrichtung und Ausgestaltung einer mehrstufigen Organisationsverfassung sind bei der Stiftung nahezu unbegrenzt. Es können nicht nur besondere Vertreter bestellt, sondern auch Überwachungs-, Beratungs- und/oder ein eigenständiges Willensbildungsorgan eingerichtet ___________ 127 Bei einem derartigen ungelösten internen Konflikt billigt der Bundesgerichtshof zur Beseitigung der damit verbundenen Unsicherheit auch der juristischen Person ein Interesse zu, Feststellungsklage zu erheben, BGHZ 122, 342, 352. 128 Vgl. §§ 249 Abs. 1 S. 1, 245 Nr. 5 AktG und dazu Rellermeyer, ZGR 1993, 76, 94 ff.; ferner besonders Meilicke, FS W. Schmidt, S. 71, 109 ff.; anders die h. M. im Anschluss an BGHZ 106, 54, 63 f.; Raiser, ZGR 1989, 44, 54 f.; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 19; Deckert, AG 1994, 457, 463. 129 Vgl. nur BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff.; BAG, StiftRspr. IV, S. 108 ff. 130 Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 20; zu Schiedsvereinbarungen im Gesellschaftsrecht s. die Leitentscheidung BGHZ 132, 278, sowie dazu aus der Literatur Berger, ZHR 164 (2000), 295 ff.; K. Schmidt, ZHR 162 (1998), 265 ff., und jüngst BGHZ 160, 127. 131 A. A. Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 155 f., 168, 176; wie hier MünchKomm/ Reuter, BGB, § 32 Rdnr. 60, jew. m. w. Nw.
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werden. Zudem ist es möglich, bestimmten Personen durch die Satzung einzelne organschaftliche Rechte einzuräumen. In Anbetracht dieser Vielzahl von Möglichkeiten liegt das zentrale Problem weniger in den gesetzlichen Grenzen als in der sachgerechten Nutzung der Gestaltungsfreiheit. So ist beispielsweise die Bestellung besonderer Vertreter im Stiftungsrecht nur eingeschränkt sinnvoll, während die Einrichtung eines unabhängigen Überwachungsorgans nicht zuletzt wegen der hierdurch möglichen Lockerung der Stiftungsaufsicht immer schon dann empfohlen werden kann, wenn die Vermögensausstattung der Stiftung diesen Aufwand zulässt. Schließlich kann durch die Einrichtung eines eigenständigen, für Grundlagenentscheidungen zuständigen Willensbildungsorgans die Organisationsverfassung der Stiftung zumindest formal derjenigen einer Korporation nachgebildet werden.132 Eine materielle Annäherung der Organisationsverfassung einer Stiftung an die eines Verbandes ist schließlich dadurch möglich, dass der Stifter einzelne oder alle Mitglieder eines Organs ausdrücklich oder konkludent dazu berechtigt und verpflichtet im Rahmen der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens bestimmte Partikularinteressen (z. B. von Arbeitnehmern oder eines Familienstammes) zu vertreten. In diesem Rahmen kann er Organmitglieder auch ermächtigen, eigene Interessen bei der Ausübung ihres Amtes zu verfolgen. So liegt es etwa bei der Einrichtung einer Stifter- oder Destinatärsversammlung. Ein Interessenumbruch findet hierdurch freilich nicht statt. Im Kollisionsfall bleiben die Interessen der Stiftung vorrangig und dürfen nicht hintangestellt werden. Mit zunehmender Zahl von Organmitgliedern und Organen erhöht sich nicht nur die Komplexität der Organisationsverfassung, sondern auch das Konfliktpotential. Treten Streitigkeiten zwischen Organen und ihren Mitgliedern auf, so haben sie die Möglichkeit und u. U. die Pflicht, sich an die Stiftungsaufsichtsbehörde zu wenden. Ob die Behörde eingreift, steht jedoch in deren pflichtgemäßen Ermessen. Grundsätzlich ist sie nur zu einer Streitschlichtung, nicht aber zu einer Streitentscheidung befugt. Das ist Sache der Zivilgerichte. Echte Organklagen sind freilich abseits besonderer gesetzlicher Bestimmungen mangels Rechts- und Parteifähigkeit von Organen unzulässig. Grundsätzlich zulässig sind hingegen Klagen eines Organs namens der Stiftung gegen die Mitglieder eines anderen Organs. Ausnahmsweise ist auch eine actio pro societate denkbar. Einzelne Organmitglieder können ferner nicht nur schuldrechtliche Individualansprüche, sondern auch organ___________ 132 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 78 sieht bereits in der Bestellung eines mehrköpfigen Vorstands eine verbandsähnliche Komponente. Das ist indes übertrieben.
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schaftliche Mitwirkungs- und Vorzugsrechte klageweise durchsetzen (näher dazu u. § 15 IV, V). Schließlich sind sie befugt, die formelle und materielle Mangelhaftigkeit von Organbeschlüssen im eigenen Namen gerichtlich feststellen zu lassen. Gestaltungsmöglichkeiten im Blick auf solche „Organstreitigkeiten“ hat der Stifter vor allem insofern, als er die Klagebefugnis statutarisch regeln und ein Schiedsgericht vorsehen kann. Mit der Erörterung von Beschlussmängelklagen wurde freilich dem Gang der Dinge bereits etwas vorgegriffen; denn erst nunmehr gilt es, die innere Ordnung und Beschlussfassung von Stiftungsorganen zu untersuchen.
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§ 12 Die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen Beinahe ebenso wichtig wie die Entscheidung, welche Organe mit welchen Kompetenzen die Stiftung haben soll, ist die Frage ihrer inneren Ordnung, also ihres personellen Umfangs, ihrer Arbeitsweise, insbesondere ihrer Willensbildung durch Beschlussfassung; denn sie hat allergrößten Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Organe und damit die Arbeit der Stiftung. Die gesetzlichen Regelungen (§ 86 S. 1 i. V. m. §§ 26 Abs. 1 S. 2, 28 Abs. 1, 32, 34 BGB) sind nur rudimentär und zudem überwiegend dispositiv. Dementsprechend groß sind die Gestaltungsfreiheit und die Gestaltungsaufgabe. Gleichwohl wurde diesem Themenbereich im Stiftungsrecht bisher relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt.1 Und im Gesellschaftsrecht werden die Zusammensetzung, innere Ordnung, Beschlussfassung, Beschlussmängel und deren Folgen verständlicherweise zumeist rechtsform- und organspezifisch behandelt.2 Allgemeine und vor allem allgemein anerkannte Regeln haben sich noch kaum herausgebildet. Zudem verbietet sich vorliegend aufgrund der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten eine organspezifische Untersuchung. Es liegt indessen auf der Hand, dass es allgemeine Regeln gibt, sind Beschlüsse doch das allgemeine, rechtstechnische Mittel organschaftlicher Willensbildung3. So ist denn auch die Verweisungskette der §§ 86 S. 1, 28 Abs. 1, 32, 34 BGB rechtsform- und organübergreifend. Zudem werden die §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 2 und 3, 34 BGB subsidiär auch außerhalb des Vereins- und Stiftungsrechts analog angewandt.4 Das soll natürlich nicht heißen, es gäbe keine rechtsform- und organspezifischen Besonderheiten, sondern nur, dass es ein – recht breites – gemeinsames Grundgerüst gibt. Daher können auch Regeln, die außerhalb des Vereins- und Stiftungsrechts entwickelt wurden, hierher übertragen werden, wenn und soweit dem keine konträre Gesetzes- oder Interessenlage entgegensteht. Fruchtbar gemacht ___________ 1 Vgl. etwa Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 71, 79–81, 137–149. 2 S. aber Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, 1986; auch Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, 1989; Zöllner, Schranken, 1963, sowie K. Schmidt, GR, S. 434 ff. 3 Baltzer, Beschluß, S. 12 ff. 4 KölnKomm/Mertens, AktG, § 108 Rdnr. 15 mit Verweis u. a. auf RGZ 116, 116, 119; Geßler in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 108 Rdnr. 9; U. H. Schneider, GKMitbestG, § 29 Rdnr. 13; Meilicke, FS W. Schmidt, S. 71, 76 ff.; vgl. ferner BGHZ 122, 342, 346 ff.; a. A. insbes. Baums, ZGR 1983, 300, 305 ff.
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§ 12 Die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen
werden kann daher insbesondere auch das reiche aktien- und GmbH-rechtliche Schrifttum. Freilich ist hier nicht der Ort, das Thema „Die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen“ umfassend zu bearbeiten oder einen „Allgemeinen Teil“ hierzu zu schreiben. Ziel kann es im Folgenden nur sein, erstens aufzuzeigen, dass – wie bereits die Verweisungskette der §§ 86 S. 1, 28 Abs. 1, 32, 34 BGB nahelegt – die innere Ordnung und Beschlussfassung von Stiftungsorganen weithin verbandsrechtlichen Regeln folgt, und zweitens den Rahmen der Gestaltungsmöglichkeiten abzustecken.
A. Personeller Umfang Zu differenzieren ist zunächst zwischen Einpersonen-Organen (so die gesetzliche Regel des § 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 1 BGB) und Kollektivorganen. Dabei haben Einpersonen-Organe den Vorteil größtmöglicher Simplizität und Flexibilität (näher u. C.). Der Nachteil ist, dass die Funktionsfähigkeit des Organs von ihrem Alleinmitglied abhängt, eine Arbeitsteilung nicht möglich und vor allem die Kollektiventscheidungen eigene Richtigkeitsgewähr nicht gegeben ist. Das Alleinmitglied wird bei der Beschlussfassung weder von Kollegen beraten noch kontrolliert. Einpersonen-Beschlüsse sind „einsame Beschlüsse“. Abgesehen von diesen Überlegungen sollte sich der personelle Umfang von Stiftungsorganen nach den ihnen gestellten Aufgaben richten. Als Faustregel kann gelten, dass die Anzahl der Mitglieder von Geschäftsführungs- und Kontrollorganen eher klein sein sollte, weil die Arbeitseffektivität mit der zunehmenden Zahl der Organmitglieder tendenziell abnimmt. Will der Stifter hingegen ein größeres Meinungsspektrum repräsentiert wissen und daher ein Organ mit einer Vielzahl von Personen besetzen, so sollten die Kompetenzen dieses Organs entsprechend (z. B. auf bloße Beratungsfunktionen, periodisch wiederkehrende Entscheidungen und/oder Grundlagenbeschlüsse) beschränkt sein, insbesondere das Tagesgeschäft nicht berühren.5 Im Folgenden wird zunächst die innere Ordnung und Beschlussfassung von Kollektivorganen untersucht; denn erst vor diesem Hintergrund werden die Besonderheiten von Einpersonen-Organen deutlich.
___________ 5 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 79 ff.
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B. Kollektivorgane Kollektivorgane sind Gremien, denen organschaftliche Befugnisse zugewiesen sind (s. o. § 9) und die aus zwei6 oder mehr Personen bestehen.
I. Die innere Ordnung Die innere Ordnung von Stiftungsorganen ist, wie gesagt, gesetzlich nur rudimentär geregelt. § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 BGB besagt nur, dass die Beschlussfassung eines Mehrpersonen-Organs7 regelmäßig in Versammlungen mit einfacher Mehrheit erfolgt, der Versammlung eine Einberufung unter Bezeichnung des Gegenstandes vorauszugehen hat und für Beschlüsse außerhalb von Versammlungen Einstimmigkeit erforderlich ist. Ansatzweise geregelt ist also nur die Beschlussfassung (dazu II.), nicht aber die Arbeitsweise und der Ablauf der Zusammenkunft von Organen. Dahingehende Bestimmungen können und sollten deshalb in der Stiftungssatzung und/oder der Geschäftsordnung der betreffenden Organe vorgesehen werden.8 Soweit die Stiftungssatzung keine Regelungen trifft (vgl. §§ 77 Abs. 2, 107 AktG)9, ist jedes Organ befugt, seine Arbeitsweise selbst zu bestimmen. Stiftungsorgane können daher auch ohne besondere Ermächtigung solche Regelungen selbst treffen und ändern. Nach § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB ist hierfür die Mehrheit der erschienenen Mitglieder ausreichend. 1. Versammlungsleiter Da die Beschlussfassung regelmäßig in Versammlungen erfolgt, empfiehlt es sich in der Regel zuvörderst, nebst Fragen der Einberufung zu regeln (dazu u. B.II.1), einen Versammlungsleiter zu bestellen. Hat das Organ einen Vorsitzenden oder Sprecher, so fällt diese Rolle normalerweise ihm ___________ 6 Die bei Zweipersonen-Organen u. U. auftretenden besonderen Probleme (vgl. U. H. Schneider, FS Kellermann, S. 403, 410 ff.) lassen sich mit den allgemein für Kollektivorgane geltenden Regeln bewältigen. 7 Die Vorschrift des § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32, 34 BGB gilt, wie aufgezeigt wurde, für Beschlüsse des Vorstands sowohl in Geschäftsführungs- und Vertretungsangelegenheiten als auch bei Grundlagenentscheidungen (s. o. § 10). Abseits besonderer Satzungsbestimmungen sind sie daher auf Beschlüsse gewillkürter Kollektivorgane analog anzuwenden. 8 A. A. Ebersbach, Handbuch, S. 84, der die gesetzlichen Regelungen für ausreichend hält. 9 Die Entscheidung BGHZ 83, 106, 107, 114 ff., wonach die Satzung nicht in die Organisationsfreiheit des Aufsichtsrats eingreifen darf, ist nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, sondern beruht auf § 23 Abs. 5 AktG.
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zu. Ist dies nicht der Fall, kann beispielsweise vorgesehen werden, dass das Organ einen Versammlungsleiter (für eine bestimmte Periode) aus seiner Mitte wählt, dass ein turnusgemäßer Wechsel stattfindet oder auch, dass der Vorsitzende eines anderen Organs die Zusammenkunft leitet. In dem zuletzt genannten Fall ist allerdings auf Fragen der Inkompatibilität zu achten.10 Aufgabe des Versammlungsleiters ist es, für die sachgerechte Erledigung der Versammlungsgegenstände sowie für die Recht- und Ordnungsmäßigkeit des Verfahrensablaufs Sorge zu tragen.11 Soweit sich aus der Satzung, der Geschäftsordnung oder dem Bestellungsbeschluss nichts anderes ergibt, gehören daher zu seinen Kompetenzen: die Eröffnung, Unterbrechung (nicht aber ohne weiteres die Vertagung) und die Beendigung der Versammlung ebenso wie die Leitung der Diskussion zu einzelnen Tagesordnungspunkten; die Feststellung der Anwesenheit und – soweit erforderlich – der Teilnahmeberechtigung; die Festlegung der Reihenfolge der Behandlung der Beratungsgegenstände bzw. – wenn diese zuvor förmlich bekannt gemacht wurde – deren Änderung; die Erteilung des Worts und die Festlegung der Reihenfolge der Redner; das Ergreifen von Ordnungsmaßnahmen wie Abmahnungen, Beschränkungen der Redezeit generell oder im Einzelfall, Wortentzug sowie – als ultima ratio – Saalverweise; die Hinzuziehung weiterer Personen zu der Beratung; Leitung der Abstimmung und Festlegung ihres Verfahrens sowie – soweit erforderlich – Feststellung des Abstimmungsergebnisses und des Beschlussinhalts, die Protokollierung der Versammlung12 und des Beschlussergebnisses13. Dabei können die Entscheidun___________ 10 So ist etwa der Vorstandsvorsitzende nicht geeignet die Sitzungen eines Organs zu leiten, das den Vorstand überwacht oder ihm gegenüber weisungsbefugt ist. 11 Vgl. Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 48 Rdnr. 31; KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 37 jew. m. w. Nw. 12 Der Versammlungsleiter kann sich hierbei eines Protokollführers bedienen. Allerdings schreibt das bürgerliche Recht eine Protokollierung der Versammlung nicht ausdrücklich vor. Sie ist aber in der Regel zweckmäßig. Im Regelfall gehört sie daher ohne weiteres zu den Amtspflichten des Versammlungsleiters, Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 48 Rdnr. 37 m. w. Nw. Das gilt jedenfalls, wenn die Bedeutung der Versammlung im Einzelfall eine Protokollierung erfordert, Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 38. Ausdrücklich kann sich eine Protokollierungspflicht schließlich aus der Satzung, der Geschäftsordnung oder ad hoc aus einem Beschluss der Versammlung ergeben. Das Verlangen eines einzelnen Organmitglieds reicht allerdings nicht aus, ebenso Hüffer, ebd.; a. A. K. Schmidt, ebd. (s. dort auch zum Inhalt eines Protokolls im Einzelnen). 13 Beides – Protokollierung der Versammlung und Protokollierung des Beschlussergebnisses – sind rechtlich zu unterscheiden. Allerdings hat ein Versammlungsprotokoll, wenn es angefertigt wird, auch das Beschlussergebnis zu dokumentieren. Hinsichtlich der Pflicht zur Dokumentation von Beschlüssen gilt das zuvor Gesagte (Fn. 12) ent-
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gen des Versammlungsleiters in all diesen Fragen grundsätzlich durch Beschluss des Organs revidiert werden.14 2. Geschäftsverteilung, Bildung von Ausschüssen Zur weiteren Strukturierung und Steigerung der Effektivität ihrer Arbeit können Organe ferner grundsätzlich bestimmte Aufgabengebiete oder Sachfragen abgrenzen und sie in die besondere Zuständigkeit einzelner oder mehrerer ihrer Mitglieder legen (Geschäftsverteilung, Bildung von Ausschüssen). Dabei kann sich die Zuständigkeit auf die Vorbereitung oder Ausführung von Beschlüssen beschränken, sich aber auch auf die Entscheidung selbst erstrecken. Auch in dem zuletzt genannten Fall ist die Aufgabenzuweisung jedoch niemals exklusiv. Vielmehr bleibt die Gesamtverantwortung des Organs unberührt.15 Daraus folgt unter anderem, dass Entscheidungen Fragen von grundlegender Bedeutung nicht auf diese Weise delegiert werden dürfen.16 Überdies kann grundsätzlich jedes Organmitglied jede Frage vor das Plenum bringen und auf diese Weise einen Beschluss des Gesamtorgans herbeiführen. Durch einen solchen Beschluss können Entscheidungen der hierfür zuständigen Organmitglieder jederzeit aufgehoben, abgeändert oder ihnen vorgegriffen werden.17 ___________
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sprechend. Sie kann sich überdies aus öffentlich-rechtlichen Pflichten und Obliegenheiten (z. B. aus Anforderungen des Finanzamts an den Nachweis einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung) ergeben. Vgl. Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 48 Rdnr. 31; KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 36 m. w. Nw. Etwas anderes soll allerdings nach Mertens, ebd., Rdnr. 37, bei Rechtsfragen gelten. Es sei allein Aufgabe des Aufsichtsratsvorsitzenden dafür Sorge zu tragen, dass etwa über einen verfahrensrechtlich unzulässigen oder inhaltlich rechtswidrigen Beschlussantrag nicht verhandelt und abgestimmt wird. Dem ist mit Peus, Aufsichtsratsvorsitzende, S. 62 ff., 113 ff. nicht zuzustimmen. Vgl. BGHZ 89, 48, 55 f.; KölnKomm/Mertens, AktG, § 77 Rdnr. 18, § 107 Rdnr. 125, 130 m. w. Nw. Das folgt bereits daraus, dass sich eine Geschäftsordnung nicht über die verfassungsmäßige Aufgaben- und Kompetenzzuweisung hinwegsetzen kann. Bestimmt dagegen die Satzung, dass bestimmte Fragen (z. B. Personalentscheidungen) ausschließlich in die Kompetenz eines (bestimmten) Organmitglieds oder -ausschusses fallen, so bedeutet dies materiell nichts anderes als die Aufspaltung eines Organs in zwei Organe (vgl. o. § 9) mit teilidentischer Besetzung. Vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, § 77 Rdnr. 18; § 107 Rdnr. 129 ff.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 36a; § 52 Rdnr. 325. Eine andere Frage ist, ob die Aufzählung in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG als lex specialis abschließend ist, dafür die h. M., statt anderer KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 129, 152; ausf. Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, S. 23 ff.; a. A. Dose, ZGR 1973, 300, 312 f. Vgl. etwa KölnKomm/Mertens, AktG, § 77 Rdnr. 22; § 107 Rdnr. 125; Lutter/Krieger, Aufsichtsrat, § 9 Rdnr. 590, jew. m. w. Nw.
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Das ändert freilich nichts daran, dass jede Art von besonderer Aufgabenzuweisung erheblichen Einfluss auf den Entscheidungsprozess und damit oft auch auf den Inhalt der Entscheidung hat. Ist eine Frage bestimmten Organmitgliedern zur Entscheidung zugewiesen, so kann diese zwar revidiert werden. Gleichwohl ändert sich durch deren Entscheidung zunächst die Beschlusslage innerhalb des Organs.18 Aber auch wenn bestimmte Organmitglieder eine Entscheidung des Gesamtorgans nur vorbereiten sollen, so hat dies oft präjudizierende Wirkung.19 Und daraus folgt zugleich, dass durch die Zuweisung besonderer Aufgaben an einzelne Organmitglieder die Macht innerhalb des Organs ungleich verteilt (bzw. ein etwa aufgrund der Persönlichkeitsstruktur bestehendes Machtungleichgewicht vertieft) werden kann. Besonders deutlich wird dies an der Position eines Organvorsitzenden, der zwar im Ausgangspunkt nur primus inter pares ist, durch die ihm zugewiesenen besonderen Aufgaben aber erheblichen Einfluss auf die Arbeit des Gesamtorgans hat. Weitere Beispiele sind Ausschüsse, denen zentrale Fragen (wie Personal oder Investitionen) zur Entscheidung oder Beschlussvorbereitung zugewiesen sind, zumal wenn dies kumulativ geschieht. M. a. W. ist die Delegation von Aufgaben an einzelne Organmitglieder ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wird hierdurch die Arbeitseffektivität und damit die Bedeutung des Gesamtorgans erhöht, andererseits die Position einzelner Organmitglieder gestärkt und dadurch die Richtigkeitsgewähr u. U. vermindert. Daraus folgt zweierlei. Zum einen sind bei der Statuierung der Organverfassung nicht nur Fragen der Kompetenzverteilung zwischen den Organen, sondern auch Fragen der Aufgabenzuweisung innerhalb der Organe zu berücksichtigen. Einen vorbildhaften Versuch, auch in dieser Beziehung ein System von checks and balances zu errichten, stellen dabei die §§ 77, 107 Abs. 3 AktG dar. Es kann dadurch verstärkt werden, dass etwa für (bestimmte) Entscheidungen Einstimmigkeit erforderlich ist oder dass bestimmte Aufgaben überhaupt keinem, also auch keinem vorbereitenden Ausschuss zugewiesen werden können, vgl. § 107 Abs. 3 S. 2 AktG. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass durch derartige Bestimmungen nicht die Arbeit der Organe beeinträchtigt wird oder es gar zu einer Selbstblockade kommt. Der umgekehrte Weg ist freilich auch möglich. Durch eine entsprechende Aufgaben- und Kompetenzzuweisung kann etwa der Vorsitzende eines Kontrollorgans zum „starken Mann“ der Stiftung gemacht werden. ___________ 18 Vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 126. 19 Vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 158.
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Zum anderen ergibt sich aus der Zusammenschau aller einschlägigen Regelungen der Stiftungsverfassung ein Entscheidungs- und Machtgefüge zwischen und innerhalb der Organe. Dieses Gefüge aber darf durch den Erlass oder die Änderung von Nebenordnungen zwar differenziert, nicht aber grundlegend umgestaltet werden. Hierzu bedarf es vielmehr einer Satzungsänderung. So ist es beispielsweise nicht zu beanstanden, wenn ein Überwachungsorgan auch ohne entsprechende Satzungsermächtigung Zustimmungsvorbehalte entsprechend § 111 Abs. 4 S. 2 AktG einführt. Unzulässig wäre es dagegen, diese derart auszuweiten, dass es die Geschäftsführung faktisch an sich zieht.20 Oder: Ist nach der Stiftungssatzung ein Organ mit Vertretern von bestimmten Gruppen besetzt, so müssen Ausschüsse dieses Organs vorbehaltlich abweichender Satzungsregelungen zwar nicht zwingend die Gruppenzusammensetzung des Gesamtorgans widerspiegeln. Vielmehr sind Differenzierungen nach sachlichen Kriterien, insbesondere nach der Eignung der einzelnen Organmitglieder erlaubt und geboten. Verboten ist jedoch jede Diskriminierung, insbesondere eine willkürliche Benachteiligung der Minderheit durch die Mehrheit,21 usw.22 Schließlich ist zu bemerken, dass für die Einberufung, Sitzungsleitung, Beratung und Beschlussfassung von Ausschüssen grundsätzlich die gleichen Regeln wie für das Organ selbst gelten, wenn sich nicht aus deren Zusammensetzung (Einpersonen-Ausschuss,23 s. u. C.), der Geschäftsordnung24 oder der Satzung etwas anderes ergibt.25
II. Das Beschlussverfahren Den Willen der Stiftung bilden ihre Organe. Die Organe ihrerseits bilden – soweit sie privatrechtlich organisiert sind26 – ihren Willen durch Beschlüsse. ___________ 20 Vgl. zur AG KölnKomm/Mertens, AktG, § 111 Rdnr. 66; Lutter/Krieger, Aufsichtsrat, § 2 Rdnr. 37. 21 Vgl. BGHZ 122, 342, 354 ff.; dazu Zöllner, FS Zeuner, S. 161 ff.; ferner MüHdbGR/ Hoffmann-Becking, AG, § 32 Rdnr. 19 f.; jew. m. w. Nw. 22 Für ein weiteres Beispiel s. KölnKomm/Mertens, AktG, § 77 Rdnr. 12. 23 Zur Zulässigkeit s. etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 317; bei der AG anders die h. M., etwa Hüffer, AktG, § 107 Rdnr. 17, jew. m. w. Nw. 24 Zu den Grenzen der Befugnis von Ausschüssen, sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 153; MüHdbGR/HoffmannBecking, AG § 32 Rdnr. 23, jew. m. w. Nw. 25 Vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 115 ff.; MüHdbGR/Hoffmann-Becking, AG, § 32 Rdnr. 24 ff. 26 Handelt es sich bei dem Organ um eine Behörde (vgl. § 86 S. 2 BGB) gelten die – hier nicht näher zu untersuchenden – Regeln des öffentlichen Rechts, Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 146.
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Als Beschluss wird „die Entscheidung eines Kollektivorgans über einen Antrag“27 bezeichnet. Der Beschluss ist ein Rechtsgeschäft eigener Art, die einzelne Stimmabgabe der Organmitglieder empfangsbedürftige Willenserklärung.28 Das Beschlussverfahren ist in § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 BGB ansatzweise geregelt. Die Regelung wirft indessen mehr Fragen auf, als sie beantwortet und lässt noch mehr Fragen offen. Festzuhalten ist hier Folgendes: 1. Einberufung Gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 2 BGB ist zur Gültigkeit eines Beschlusses grundsätzlich eine ordnungsgemäße Einberufung des beschlussfassenden Organs unter Bezeichnung des Beschlussgegenstandes erforderlich. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zur Gewährleistung einer größtmöglichen „Richtigkeit“ der Entscheidung allen Mitgliedern des Organs Gelegenheit zur Teilnahme an der Willensbildung und zur Vorbereitung gegeben werden soll.29 Fragen der Einberufung kommt daher erhebliche Bedeutung zu. Ihre Beantwortung hat sich an der genannten ratio legis zu orientieren. Fraglich ist zunächst, wer für die Einberufung zuständig ist. Das Gesetz gibt hierauf bei Verein und Stiftung keine ausdrückliche Antwort.30 Allein schon aus diesem Grund sollte die Frage in der Satzung bzw. der Geschäftsordnung des betreffenden Organs geregelt werden. Dabei kommt insbesondere eine Anlehnung an die §§ 110 Abs. 1 S. 1, 111 Abs. 3 S. 1, 121 Abs. 2 S. 1 AktG, 49 Abs. 1 GmbHG, 38 Abs. 2, 44 Abs. 1 GenG in Betracht.31 Diese Bestimmungen enthalten freilich keine Regelungen über die Zuständigkeit zur Einberufung des Geschäftsführungs- und Vertretungsorgans. ___________ 27 K. Schmidt, GR, S. 434 im Anschluss an Baltzer, Beschluß, S. 42. 28 Das Erste ist heute ganz herrschende, das Zweite allgemeine Meinung, statt anderer K. Schmidt, GR, S. 436 f.; ferner etwa Lindemann, Einmann-GmbH, S. 36 ff.; s. aber auch Ulmer, FS Niederländer, S. 415 ff., jew. m. w. Nw. 29 Daher bedarf es keiner Einberufung, wenn alle Mitglieder eines Organs dem Beschluss zustimmen, § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 2 BGB. 30 Sie ergibt sich auch nicht aus der Rechtsnatur der Einberufung, da es sich hierbei weder um einen Akt der Vertretung noch der Geschäftsführung, sondern um eine interne Verfahrenshandlung handelt, BGHZ 100, 264, 267; Hüffer, AktG, § 110 Rdnr. 2; Koppensteiner in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 49 Rdnr. 2; MünchKomm/Reuter, BGB, § 32 Rdnr. 14; a. A. Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 8 („Maßnahme der Vertretung des Vereins ‚nach innen‘“). 31 Werden derartige Regelungen unterlassen, so ist die Zuständigkeit aus einer Gesamtanalogie zu diesen Vorschriften bzw. aus der Natur der Sache zu entnehmen, vgl. Voormann, Beirat, S. 166.
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Dies ist insoweit verständlich, als das Gesetz bei Wirtschaftsvereinen vom Grundsatz der Gesamtvertretung und -geschäftsführung sowie einer kontinuierlichen Zusammenarbeit der hierfür zuständigen Organmitglieder ausgeht, so dass sich im Regelfall die Frage der Einberufung nicht stellt.32 Im Vereins- und Stiftungsrecht ist dies anders: Weder gilt der Grundsatz der Gesamtvertretung und -geschäftsführung noch ist der Vorstand – außer bei großen Vereinen und Stiftungen – hauptberuflich tätig. Dementsprechend arbeitet er für gewöhnlich auch nicht kontinuierlich zusammen. Wie auch bei anderen Kollegialorganen ist daher eine Regelung zweckmäßig, wonach für die Einberufung der jeweilige Vorsitzende zuständig ist. Verfügt die Stiftung über ein der Mitgliederversammlung eines Verbandes nachgebildetes Organ, so sollte dessen Einberufung allerdings in die Zuständigkeit des Vorstands gelegt werden.33 Darüber hinaus ist ggf. eine Regelung entsprechend §§ 111 Abs. 3 S. 1 AktG, 38 Abs. 2 GenG sinnvoll. Daneben kann freilich auch einzelnen Personen (z. B. dem Stifter) das Recht eingeräumt werden, Zusammenkünfte bestimmter Organe einzuberufen. Von der Frage der Zuständigkeit zur Einberufung ist die Frage zu unterscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Organ einzuberufen ist. Grundsätzlich steht dies im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Person bzw. des zuständigen Organs, wobei sich dieses Ermessen auf Null reduzieren kann. Daneben kann es sich empfehlen, konkrete Pflichten zur Einberufung zu statuieren, sei es innerhalb eines festgelegten Zeitraums (vgl. etwa § 110 Abs. 3 AktG), sei es bei Eintritt gewisser Umstände (s. etwa § 49 Abs. 2 und 3 GmbHG) und/oder auf Verlangen bestimmter Personen oder Personengruppen (vgl. etwa §§ 37 Abs. 1 BGB, 110 Abs. 1, 122 Abs. 1 AktG, 50 Abs. 1 GmbHG), wobei im letzten Fall auch an die Einführung eines Selbsthilferechts zu denken ist (vgl. §§ 37 Abs. 2 BGB, 110 Abs. 2, 122 Abs. 3 AktG, 50 Abs. 3 GmbHG). Inhaltlich muss die Einberufung gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 2 BGB die Beschlussgegenstände derart bestimmt bezeichnen, dass den Organmitgliedern eine sinnvolle Vorbereitung möglich ist.34 ___________ 32 Vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, § 77 Rdnr. 27; Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 35 Rdnr. 119. 33 Von dessen Zuständigkeit geht die h. M. im Vereinsrecht mit zum Teil recht widersprüchlichen Ausführungen aus, MünchKomm/Reuter, BGB, § 32 Rdnr. 14: „interner Vorgang“, für den der „Vorstand als Vertretungsorgan“ zuständig sei; Staudinger/ Weick, BGB, § 32 Rdnr. 8: zuständig sei der „Vorstand als ordentliches geschäftsführendes Organ“ mit Ausnahme seiner nicht vertretungsberechtigten Mitglieder; konsequent dagegen Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 8, s. aber o. Fn. 30. 34 BGH, WM 1987, 373, 374; NJW-RR 1989, 376; Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 12; ferner etwa Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 51 Rdnr. 21, jew. m. w. Nw.
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Soweit bereits Anträge vorliegen, ist deren Mitteilung zwar nicht erforderlich, aber zweckmäßig. § 32 Abs. 1 S. 2 BGB ist dispositiv und kann daher (z. B. bei einem kontinuierlich zusammenarbeitenden Organ) ganz abbedungen, eingeschränkt (z. B. durch die Zulassung von Dringlichkeits- oder Initiativanträgen), aber auch erweitert (z. B. auf Mitteilung einer Tagesordnung) werden.35 Zu bedenken ist dabei die Bedeutung der Einberufung für eine „richtige“ Willensbildung. Einerseits gilt es, die Organmitglieder vor Überrumpelung und die Stiftung vor Übereilung zu schützen, andererseits den Organen und damit der Stiftung ein flexibles Reagieren zu ermöglichen und den Aufwand möglichst gering zu halten. Vor allem aber ist zu gewährleisten, dass die „richtigen“ Fragen behandelt werden. Wird an dem Erfordernis der vorherigen Mitteilung der Beschlussgegenstände festgehalten, so sollten daher denjenigen, die eine Einberufung verlangen können, zugleich das Recht eingeräumt werden, Beschlussgegenstände ankündigen zu lassen, vgl. §§ 122 Abs. 2 AktG, 50 Abs. 2 GmbHG. Außer den Beschlussgegenständen muss die Einberufung entsprechend ihrem Sinn und Zweck die Identität der Stiftung, die Identität des Einberufenden (vgl. § 37 Abs. 2 S. 3 BGB), die Identität des Organs, zu dessen Zusammenkunft einberufen wird, den Ort und die Zeit der Zusammenkunft erkennen lassen. Hinsichtlich Form und Frist der Einberufung trifft das Gesetz keine Regelungen. Enthalten auch die Stiftungssatzung bzw. die Geschäftsordnungen der betreffenden Organe keine Bestimmungen, so kann die Einberufung in jeder Weise, auch mündlich oder telefonisch erfolgen. Die Frist muss lediglich angemessen sein. In jedem Fall sind die Zwecke des Einberufungserfordernisses zu bedenken. Bei einer Regelung der Einberufungsmodalitäten müssen sie mit den Zielen der Flexibilität und Wirtschaftlichkeit ins Verhältnis gesetzt werden. Zudem müssen sie hinreichend bestimmt sein.36 Ebenfalls keine Regelung enthält das Gesetz über den Ort und die Zeit der Zusammenkunft. Auch insoweit besteht daher grundsätzlich Gestaltungsfreiheit. Trifft die Satzung keine Regelung, so ist als Ort der Zusammenkunft abseits besonderer Umstände der Verwaltungssitz zu bestimmen. Die Zeit der Zusammenkunft ergibt sich in erster Linie aus den Einberufungsgründen. In jedem Fall darf durch die Wahl von Ort und Zeit das Teilnahmerecht der Organmitglieder (näher hierzu u. § 15 a.I.1) nicht beeinträchtigt werden, indem dessen Wahrnehmung unzumutbar erschwert wird.37 ___________ 35 BGH, wie vor; Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 13. 36 Näher Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 9 f. m. w. Nw. 37 Statt anderer Staudinger/Weick, BGB, § 32 Rdnr. 9 f.; Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 11.
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2. Antragstellung und Beratung Jede Beschlussfassung setzt einen Antrag voraus. Der Antrag muss in der Zusammenkunft gestellt werden und so gefasst sein, dass über ihn mit „Ja“ oder „Nein“ entschieden werden kann. Kompromisse können durch die Teilung von Anträgen oder durch die Stellung von Haupt- und Hilfsanträgen erzielt werden. Ein Antrag ist verbraucht, wenn über ihn durch stattgebenden oder ablehnenden Beschluss entschieden ist. Er erledigt sich, wenn er zurückgezogen wird, wofür ein schlüssiges Verhalten ausreicht.38 Antragsberechtigt ist jedes Mitglied des beschlussfassenden Organs.39 Das Antragsrecht ist Teil des Teilnahmerechts,40 nicht etwa des Stimmrechts. Daraus folgt viererlei. Erstens ist es generell weder entziehbar noch einschränkbar.41 Zweitens sind auch Organmitglieder antragsberechtigt, die generell oder im Einzelfall (§ 34 BGB) nicht stimmberechtigt sind.42 Drittens ist die Versammlung zur Entscheidung über einen von einem Berechtigten ordnungsgemäß gestellten, insbesondere von dem Gegenstand der Beschlussfassung gedeckten Antrag verpflichtet. Sie kann also nicht seine Behandlung, sondern nur den Antrag ablehnen und sodann den Gegenstand der Beschlussfassung vertagen.43 Und viertens können Anträge nicht nur von Anwesenden und zulässigerweise Vertretenen44, sondern auch durch Boten oder schriftlich gestellt werden45. Andere als die Mitglieder des beschlussfassenden Organs haben grundsätzlich kein Teilnahmerecht46 und sind daher auch nicht antragsberechtigt47. ___________ 38 Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 45. 39 Vgl. etwa zum Aufsichtsrat einer AG KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 17; zum Antragsrecht der Aktionäre § 126 AktG sowie Hüffer, AktG, § 133 Rdnr. 9; zur Gesellschafterversammlung einer GmbH Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 46. 40 Statt anderer Hüffer, wie vor, sowie in Hachenburg § 47 Rdnr. 8; Beuthien, GenG, § 43 Rdnr. 12, 16; näher zum Teilnahmerecht u. § 15 A.I.1. 41 Zweifelnd Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 46. 42 Statt vieler Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 48 Rdnr. 8. 43 Str., ebenso Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 46; zum Aufsichtsrat einer AG auch KölnKomm/Mertens, AktG, § 107 Rdnr. 17; a. A. Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 7 m. w. Nw. 44 Dazu u. § 14 E. 45 Zur GmbH-Gesellschafterversammlung str., wie hier Koppensteiner in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 48 Rdnr. 13; a. A. Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 8; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 47 Rdnr. 7; vermittelnd Scholz/ K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 46; zum Aufsichtsrat einer AG unstr., vgl. Hüffer, AktG, § 109 Rdnr. 7; KölnKomm/Mertens, AktG, § 109 Rdnr. 29 m. w. Nw. 46 Vgl. § 109 AktG, näher u. § 15 A.I.1. 47 Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 145 f. m. w. Nw.; s. auch Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 46.
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Abweichendes kann sich aus der Satzung ergeben, vgl. etwa § 118 Abs. 2 AktG. Räumt sie Mitgliedern anderer Organe ein Teilnahmerecht ein, so ist es eine Frage der Auslegung, ob ihnen auch ein Antragsrecht zukommt. Ein Antragsrecht kann auch anderen Organen eingeräumt werden. Eine Beratung über die gestellten Anträge ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und muss mithin auch nicht stattfinden, wenn sich kein Teilnahmeberechtigter äußern will. Sie ist jedoch wesentliche Grundlage einer legitimen Willensbildung. Grundsätzlich hat daher jeder Teilnahmeberechtigte das Recht, sich zu äußern und angehört zu werden. Das gilt auch, wenn der Teilnahmeberechtigte selbst nicht anwesend ist, sondern eine schriftliche Stellungnahme einreicht,48 durch Boten überbringen49 oder sich zulässigerweise vertreten lässt. Wird dieses Recht verletzt, ist ein anschließender Beschluss fehlerhaft.50 3. Beschlussfähigkeit Grundsätzlich ist die Versammlung gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB beschlussfähig, wenn auch nur ein stimmberechtigtes51 Organmitglied erscheint oder zulässigerweise vertreten wird. Allerdings kann jeder Beschluss durch eine spätere Versammlung revidiert werden. Überdies kann ein pflichtwidriges Ausnutzen der Beschlussfähigkeit den Beschluss fehlerhaft machen52 und zu Schadensersatzansprüchen führen. Die Beschlussfähigkeit kann freilich auch von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB abweichend geregelt werden, was in Anbetracht der gesetzlichen Ausgangslage tunlich sein kann. Da Abstimmungen bei der Stiftung in der Regel nach Köpfen erfolgen, d. h. jedes Organmitglied eine Stimme hat,53 empfehlen sich Regelungen, die auf die Anzahl (z. B. mindestens die Hälfte und/oder mindestens drei, vgl. § 108 Abs. 2 AktG) an der Abstimmung teilnehmender Organmitglieder abstellen, was zugleich Raum für Regelungen über die Stimmabgabe durch Vertreter, Boten oder in ___________ 48 Einschränkend Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 49. 49 Vgl. Hüffer, AktG, § 109 Rdnr. 7; KölnKomm/Mertens, AktG, § 109 Rdnr. 29 m. w. Nw. 50 Zu der Zulässigkeit und den Grenzen von Maßnahmen des Versammlungsleiters, die das Äußerungsrecht beschränken (wie Redezeitbeschränkungen, Wortentzug und Beendigung der Debatte) s. etwa Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 34; Semler/ H.-P. Fischer, Arbeitshandbuch Hauptversammlung, § 11 III. 8., S. 390 ff.; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 148 ff. jew. m. w. Nw. 51 Zum Stimmrechtsausschluss s. §§ 86 S. 1 i. V. m. 28 Abs. 1, 34 BGB. 52 Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 41; U. H. Schneider, FS Kellermann, S. 403, 411 f. 53 Zu abweichenden Gestaltungen s. u. § 15 A.I.3.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Schriftform lässt (s. dazu u. § 14 E, F). Dabei kann die Beschlussfähigkeit auch nach Beschlussgegenständen abgestuft werden. In jedem Fall ist auf größtmögliche Klarheit zu achten, vor allem in Bezug auf die (Nicht-)Mitzählung von Organmitgliedern, die gemäß §§ 86 S. 1 i. V. m. 28 Abs. 1, 34 BGB oder aus anderen Gründen vom Stimmrecht ausgeschlossen sind; denn wenn die Beschlussfähigkeit fehlt, so ist ein gleichwohl gefasster Beschluss fehlerhaft.54 Bei Beschlussunfähigkeit ist die Versammlung erneut einzuberufen. Anzuraten ist daher vorzusehen, dass es für eine ggf. erforderliche zweite Zusammenkunft bei der Regelung der § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB verbleibt. Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich daraus, dass Bestimmungen über die Beschlussfähigkeit nicht zur Funktionsunfähigkeit des betreffenden Organs oder gar der Stiftung führen dürfen. Regelungen, die auch bei mehrfacher Wiederholung der Versammlung die Anwesenheit aller (Vollversammlung) oder bestimmter Organmitglieder verlangen, sind daher mit dem Gebot der Gewährleistung einer dauernden Verfolgung des Stiftungszwecks (§ 80 Abs. 2 BGB) nicht zu vereinbaren.55 4. Stimmabgabe Die Stimmabgabe56 ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die die Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung57 zu einem Beschlussantrag erklärt wird. Die Vorschriften der §§ 104 ff., 116 ff. BGB finden Anwendung. Die Stimmabgabe wird daher mit Zugang (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB) wirksam und ist grundsätzlich nur bis zu diesem Zeitpunkt widerruflich, § 130 Abs. 1 S. 2 BGB58. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des ___________ 54 55 56 57
S. BGH, WM 1993, 2169 ff. S. o. § 6 C.III. Zum Stimmrecht s. u. § 15 A.I.3. Die angestrebte Rechtsfolge liegt in der Bildung des Kollektivwillens; diese Rechtsfolge will aber auch derjenige herbeiführen, der den Antrag ablehnt oder sich seiner Stimme enthält, Ulmer, FS Niederländer, S. 415, 419; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 41. Voraussetzung freilich ist, dass er die Stimme abgibt, d. h. sich überhaupt an der Beschlussfassung beteiligt, s. auch u. B.II.5.a.aa. 58 Die Vorschrift ist freilich dispositiv und wird bei der Ausübung pflichtgebundener Rechte als abbedungen zu gelten haben, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, h. M., vgl. statt anderer Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 35 Rdnr. 119; Ulmer, FS Niederländer, S. 415, 422 f. m. w. Nw.; a. A. Messer, FS Fleck, S. 221, 228 f. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage der Bindungsdauer, s. dazu etwa BGH, ZIP 1990, 505; Ulmer, FS Niederländer, S. 415, 424 ff.; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 41; Scholz/ K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rdnr. 22.
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§ 34 BGB ist die Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen. Eine gleichwohl abgegebene Stimme ist nichtig. Eine besondere Form für die Stimmabgabe schreibt das Gesetz nicht vor. Sie kann daher – soweit Satzung oder Geschäftsordnung nichts anderes bestimmen – nicht nur ausdrücklich, sondern auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Auch über die Durchführung der Abstimmung bestimmt das Gesetz nichts. Enthalten die Satzung oder eine Geschäftsordnung ebenfalls keine Bestimmungen, so entscheidet der Versammlungsleiter. Dabei muss er insbesondere die Reihenfolge, in der über die Anträge abgestimmt wird, und die Art der Stimmabgabe (z. B. offen durch Handzeichen oder geheim durch Stimmzettel) sachgerecht festlegen.59 5. Beschlussquoren Ein Antrag ist angenommen, wenn er die für das erforderliche Quorum benötigte Anzahl von Ja-Stimmen erreicht. Erhält ein Antrag nicht die erforderliche Anzahl von Ja-Stimmen, so ist er abgelehnt, also bei (einfachen) Mehrheitsbeschlüssen auch bei Stimmengleichheit – es sei denn, die Satzung sieht ein Recht zum Stichentscheid oder andere Bestimmungen zur Auflösung von Pattsituationen vor60. a) Gesetzliche Mehrheitserfordernisse aa) Einfache Mehrheit Gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB gilt bei der Stiftung ebenso wie im Körperschaftsrecht – und anders als bei den Personengesellschaften (vgl. §§ 709 Abs. 1 BGB, 119 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB) – das Prinzip der einfachen Mehrheit. Nach dem Wortlaut entscheidet dabei „die Mehrheit der erschienenen Mitglieder“. Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen wären danach im Ergebnis wie Nein-Stimmen zu behandeln. Dies entspräche indes nicht deren Erklärungswert; denn wer sich seiner Stimme enthält, möchte sich neutral verhalten. Und eine ungültige Stimme hat keinerlei Erklärungswert. Maßgeblich ist daher wie im Körperschaftsrecht (vgl. §§ 133 Abs. 1 AktG, 47 Abs. 1 GmbHG, 43 Abs. 2 GenG) lediglich die Anzahl der abgegebenen Ja___________ 59 Näher etwa Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 146 ff., 152 f.; Semler/H.-P. Fischer, Arbeitshandbuch Hauptversammlung, § 11 IV., S. 205 ff., 408 ff., jew. m. w. Nw. 60 Z. B. Losentscheid, für weitere Beispiele s. Reichert, Vereinsrecht, Rz. 1760.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
und Nein-Stimmen.61 Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden nicht mitgezählt, es sei denn, die Satzung bestimmte ausdrücklich etwas anderes. Das gilt prinzipiell in gleicher Weise bei Erforderlichkeit einer qualifizierten Mehrheit.62 bb) Qualifizierte Mehrheiten Für Satzungsänderungen ist gemäß § 33 Abs. 1 BGB eine 3/4-Mehrheit, für Zweckänderungen gar Einstimmigkeit erforderlich. § 86 BGB verweist indes nicht auf diese Vorschrift. Hieraus darf freilich nicht etwa geschlossen werden, dass Satzungs- und Zweckänderungen bei der Stiftung ausgeschlossen wären. Vielmehr dient § 33 Abs. 1 BGB dem Minderheitenschutz,63 ein Gedanke, der im Stiftungsrecht mangels Mitgliedern regelmäßig keine Rolle spielt64. Schutzwürdig sind allenfalls Stifter und Destinatäre, deren Interessen jedoch anderweitig, namentlich durch das Erfordernis einer aufsichtsrechtlichen Genehmigung gewahrt werden. Überdies sind Satzungsänderungen bei der Stiftung grundsätzlich keine autonomen, sondern pflichtgebundene Entscheidungen der hierfür zuständigen Stiftungsorgane: Liegen die Voraussetzungen der §§ 86 S. 1 i. V. m. 27 Abs. 3, 665 BGB bzw. des § 87 BGB vor, so ist der Stiftungsvorstand zu Satzungs- bzw. Zweckänderungen nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.65 Eigeninteressen von Organmitgliedern dürfen daher grundsätzlich66 allenfalls im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung Berücksichtigung finden.67 Indes darf nicht übersehen werden, dass sich Richtigkeitsgewähr, Handlungsfähigkeit und Beschlussquoren proportional bzw. umgekehrt proportional zueinander verhalten: Je höher das erforderliche Beschlussquorum ist, desto größer ist zwar die Wahrscheinlichkeit einer „richtigen“, aber auch die Wahrscheinlichkeit gar keiner Entscheidung – was wiederum „falsch“ sein kann. Dabei meinte der historische Gesetzgeber, in § 28 Abs. 1 BGB vom kapitalgesellschaftsrechtlichen Prinzip der Gesamtgeschäftsführung und -vertretung abweichen zu können und zu sollen, weil Vereinsvorstände regelmäßig Entscheidungen von wirtschaftlich geringerem Gewicht zu treffen ___________ 61 Heute ganz h. M., s. nur BGHZ 83, 35 ff.; Soergel/Hadding, BGB, § 28 Rdnr. 5, § 32 Rdnr. 32 m. w. Nw. 62 Vgl. zu § 33 Abs. 1 S. 1 BGB Soergel/Hadding, BGB, § 33 Rdnr. 5 m. w. Nw. 63 Vgl. BGHZ 76, 191, 196, sowie aus der Literatur etwa Zöllner, Schranken, S. 104 ff. 64 S. aber u. § 30 B.II. 65 S. o. § 10 A.II. sowie u. § 13 A.I.1. 66 S. u. § 13 A.II.3. 67 S. o. § 11 A.III., V., VII.
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§ 12 Die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen
hätten und zugleich meist aus einer größeren Zahl von Personen bestünden.68 Nun mögen diese Erwägungen für Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen von Vereins- und Stiftungsvorständen zutreffen. Anders als der Vereinsvorstand ist der Stiftungsvorstand nach der gesetzlichen Regelverfassung auch für Grundlagengeschäfte zuständig.69 Bei Grundlagengeschäften aber ist die „Richtigkeit“ der Entscheidung bedeutsamer als Handlungsfähigkeit, zumal Grundlagengeschäfte weitaus seltener erforderlich sind als Maßnahmen der Geschäftsführung. Bedenkt man ferner, dass die Stiftungsaufsicht auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränkt ist und auch § 33 Abs. 2 BGB zu Recht nicht von den Mehrheitserfordernissen des Absatzes 1 dispensiert, so wird deutlich, dass die Verweisung des § 86 S. 1 auf §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB für Grundlagengeschäfte nicht passt. Ist aber § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB auf Grundlagengeschäfte nicht anwendbar, so stellt sich die weitere Frage, welches Beschlussquorum erforderlich ist. Gangbar sind zwei Wege. Zum einen könnte man es bei dem Kollektivprinzip mit der Folge belassen, dass für Grundlagengeschäfte die Zustimmung aller Mitglieder des nach der Stiftungsverfassung zuständigen Organs erforderlich ist. Zum anderen könnte man § 33 Abs. 1 BGB analog anwenden. Dieser zweite Weg hätte den Vorteil, dass damit zugleich Übereinstimmung mit §§ 179 Abs. 1 AktG, 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG, 16 Abs. 2 und 4 GenG erzielt würde. Überdies erscheint eine Abstufung zwischen einfachen Satzungs- und Zweckänderungen entsprechend § 33 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB sinnvoll. Das gilt unabhängig davon, dass es sich im Falle des § 33 Abs. 1 S. 2 BGB nicht um ein bloßes Beschlussquorum handelt,70 als was es im Stiftungsrecht anzusehen wäre. Würde man § 33 Abs. 1 BGB indes analog anwenden, müsste dies konsequenterweise ebenfalls für § 41 S. 2 BGB gelten. Dies hätte zur Folge, dass im Stiftungs- wie im Körperschaftsrecht71 eine 3/4-Mehrheit auch für die Auflösung der Stiftung ausreicht. Aus Sicht des Stifters ist indes die Auflösung der Stiftung – anders als die Auflösung einer Körperschaft aus Sicht von deren Mitgliedern – ein zumindest ebenso schwerer Eingriff wie die ___________ 68 Vgl. Mugdan, Materialien I, S. 613, 668. 69 S. o. § 10 C. 70 Sinn und Zweck der Vorschrift ist nicht eine Steigerung der Richtigkeitsgewähr, sondern der Schutz mitgliedschaftlicher Einzelinteressen, vgl. Zöllner, Schranken, S. 114 ff.; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 17, 32, sowie u. B.II.6. 71 Vgl. auch §§ 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG, 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, 78 Abs. 1 S. 1 GenG.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Änderung ihres Zweckes. Das zeigen die Wertungen sowohl des § 87 BGB als auch der Landesstiftungsgesetze. Diese differenzieren überdies zu Recht der Sache nach zwischen einfachen und qualifizierten Grundlagenänderungen, wobei sie zu letzterer Kategorie auch jede wesentliche Umgestaltung der Stiftung zählen.72 M. a. W. ist die Interessenlage von Stiftern und Mitgliedern zu unterschiedlich, als dass man die Beschlussquoren und -erfordernisse des Körperschaftsrechts auf die Stiftung übertragen könnte. Eine analoge Anwendung der §§ 33 Abs. 1, 41 S. 2 BGB scheidet somit aus. Vielmehr wäre die sachgerechteste Lösung, entsprechend den Landesstiftungsgesetzen zwischen einfachen und qualifizierten Grundlagenänderungen zu differenzieren, und zwar in der Weise, dass die ersteren einer 3/4-Mehrheit bedürfen und die zweiteren einstimmig beschlossen werden müssen. Für eine solche Differenzierung der Beschlussquoren gibt es im bürgerlichen Recht jedoch zu wenig Anhaltspunkte. Sie kann daher nur durch die Stiftungssatzung eingeführt werden. Von Gesetzes wegen verbleibt es daher bei dem Kollektivprinzip, so dass jedes Grundlagengeschäft der Zustimmung aller Mitglieder des nach der Stiftungsverfassung zuständigen Organs bedarf. Bedarf ein Beschluss der Zustimmung aller Mitglieder eines Organs, so zählen – anders als bei dem Erfordernis der einfachen Mehrheit – Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen im Zweifel, d. h. wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, als Nein-Stimmen.73 Bereits eine ungültige Stimme oder Stimmenthaltung führt also zu einem ablehnenden Beschluss. Ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich, ist überdies im Zweifel auch ohne dahingehende ausdrückliche Bestimmung eine kombinierte Abstimmung, d. h. eine dem Beschluss nachfolgende schriftliche Stimmabgabe74 der nicht erschienenen Mitglieder zulässig, andernfalls es für einstimmige Beschlüsse stets einer Vollversammlung des betreffenden Organs bedürfte75.
___________ 72 S. u. § 13 A.I.2.b. 73 Unbestritten ist dies für den Fall, dass Gesamtgeschäftsführung angeordnet ist, statt aller Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 21; s. aber auch Hachenburg/ Mertens, GmbHG, § 35 Rdnr. 106 und dazu u. Fn. 79. Für den Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt sich im Ergebnis dasselbe sowohl aus dem Wortlaut („Zustimmung“) als auch aus dem Sinn und Zweck (s. o. Fn. 70) dieser Vorschrift. Der abweichenden Meinung von Soergel/Hadding, BGB, § 33 Rdnr. 11 ist daher nicht zu folgen, vgl. Zöllner, Schranken, S. 114 ff. 74 Eine vorherige schriftliche Stimmabgabe durch Boten ist auch ohne besondere Bestimmungen zulässig, s. u. § 14 F. 75 S. dazu schon o. B.II.3. a. E.
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b) Statutarische Mehrheitserfordernisse Auch hinsichtlich der gesetzlichen Beschlussquoren besteht weithin Gestaltungsfreiheit. Sie können daher einerseits abgesenkt, andererseits erhöht werden. Überdies können zusätzliche Erfordernisse an das Wirksamwerden eines Beschlusses gestellt werden (dazu u. B.II.6.). Als statutarische Mehrheitserfordernisse kommen in Betracht: – Relative Stimmenmehrheit: Sie besteht bei Beschlüssen über mehr als einen Antrag in der größten Stimmenzahl und kommt namentlich bei Wahlen zur Anwendung. – Einfache Stimmenmehrheit: Sie besteht entsprechend dem oben (unter B.II.5.a.aa.) Gesagten in der Mehrheit der abgegeben Ja- und Nein- Stimmen und kann im Stiftungsrecht für alle Beschlussgegenstände, selbst für Zweckänderungen, vorgesehen werden. – Absolute Stimmenmehrheit: Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Zum Teil wird darunter die einfache Mehrheit im vorgenannten Sinn verstanden.76 Das ist indes irreführend. Dem Wortsinne nach kann damit vielmehr nur zweierlei gemeint sein:77 entsprechend dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 S. 3 BGB die Mehrheit der bei der Beschlussfassung anwesenden bzw. zulässigerweise vertretenen Mitglieder oder die Mehrheit aller Mitglieder des beschlussfassenden Organs.78 Die Satzung sollte daher, wenn sie diesen Begriff verwendet, klarstellen, welche Bedeutung sie ihm beilegen will. Überdies ist im zweiten Fall zu empfehlen, eine kombinierte Abstimmung zuzulassen. Fehlt eine dahingehende Bestimmung, ist im Zweifel anzunehmen, dass mit der Bezeichnung „absolute Mehrheit“ die Mehrheit der erschienenen Mitglieder gemeint ist. In jedem Fall zählen Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen als NeinStimmen. – Qualifizierte Mehrheit: Hiervon spricht man bei Mehrheiten über 50 %. Es kommen insbesondere 2/3-, 3/4- oder etwa auch 4/5-Mehrheiten der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen, der erschienenen (bzw. zulässigerweise vertretenen) oder auch aller Mitglieder (bzw. Stimmen) des beschlussfassenden Organs in Betracht, wobei im zuletzt genannten Fall vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmungen Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen ebenfalls als Nein-Stimmen zählen. Trifft die ___________ 76 So z. B. Staudinger/Weick, BGB, § 32 Rdnr. 13. 77 Zutr. Reichert/Danecker/Kühr, Vereinsrecht, Rz. 1755. 78 Erfolgt die Abstimmung nicht nach Köpfen, sondern nach der Höhe einer Vermögensbeteiligung oder bestehen Mehrstimmrechte, so ist auf die jeweilige Gesamtzahl der Stimmen abzustellen.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Satzung keine genauen Aussagen, ist im Zweifel entsprechend der Rechtslage im Körperschaftsrecht eine 3/4-Mehrheit der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen erforderlich, aber auch ausreichend. – Einstimmigkeit: Auch dieses Erfordernis kann sich auf die abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen, die erschienenen (bzw. zulässigerweise vertretenen) oder auf alle Mitglieder des beschlussfassenden Organs beziehen. Enthält die Satzung keine näheren Bestimmungen, ist dies eine Frage der Auslegung.79 6. Weitere Erfordernisse Von der Beschlussfähigkeit und dem erforderlichen Beschlussquorum strikt zu unterscheiden sind die weiteren Erfordernisse (vgl. § 133 Abs. 1 AktG) für die Wirksamkeit eines Beschlusses. Diese können sich aus dem Gesetz oder der Satzung ergeben. In diesem Fall liegt ein rechtsgeschäftlicher Gesamttatbestand vor. Der Beschluss entfaltet damit die von ihm intendierten Rechtsfolgen nicht wie für gewöhnlich bereits mit Erreichen der erforderlichen Anzahl von Ja-Stimmen, sondern nur bzw. erst dann, wenn der Gesamttatbestand erfüllt ist.80 Zuvörderst ist dabei an gesetzliche oder statutarische Zustimmungserfordernisse zu denken. a) Zustimmungserfordernisse aa) Gesetzliche Genehmigungserfordernisse enthalten die Landesstiftungsgesetze insbesondere hinsichtlich von Grundlagenänderungen (s. u. § 13 B). Sie werden also nicht bereits mit dem Beschluss des hierfür zuständigen Stiftungsorgans, sondern erst mit der Genehmigung durch die zuständige Behörde wirksam.81 Zudem bestimmen einige Landesstiftungsgesetze, dass Grundlagenänderungen nebst der behördlichen Genehmigung der Zustimmung des lebenden Stifters bedürfen. Darauf, wie diese Zustimmungserfordernisse rechtlich zu bewerten sind, wird zurückzukommen sein.82 ___________ 79 S. schon o. B.II.5.a.bb. a. E. Ist Gesamtgeschäftsführung angeordnet, ist ebenfalls die Zustimmung aller zur Geschäftsführung berufenen Organmitglieder notwendig, Scholz/ U. H. Schneider, GmbHG, § 37 Rdnr. 21 m. w. Nw. Die abweichende Ansicht von Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 35 Rdnr. 11, ist mit der von dieser Regelung erstrebten gesteigerten Richtigkeitsgewähr nicht vereinbar. Im Übrigen soll es nach Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 47 Rdnr. 21, auf die Einstimmigkeit der erschienen Mitglieder ankommen. 80 Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 30. 81 Die Genehmigung ist insofern vergleichbar mit der bspw. nach § 71 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlichen Eintragung. 82 S. u. § 16 A.I.3.b.
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bb) Im Verbandsrecht gehören hierher ferner all diejenigen Fälle, in denen (insbesondere grundlagenändernde) Beschlüsse der Zustimmung aller oder einzelner durch sie betroffenen Mitglieder bedürfen. Dazu zählen beispielsweise Beschlüsse, die auf Zweckänderungen (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB), Verkürzungen von Sonderrechten (§ 35 BGB), Leistungsvermehrungen (§ 707 BGB), Eingriffe in den Kernbereich der Mitgliedschaft83 oder eine Ungleichbehandlung der Mitglieder84 zielen.85 Sinn und Zweck dieser Zustimmungserfordernisse ist dabei, die Mehrheitsherrschaft zum Schutz mitgliedschaftlicher Einzelinteressen zu beschränken.86 Anders gewendet: Verbandssatzungen sind ebenso wie Gesellschaftsverträge (für gewöhnlich mehrseitige) Rechtsgeschäfte (Verträge), durch die sich die beteiligten Personen zu einem Verband zusammenschließen. Vertraglich begründet wird dadurch nicht nur der Verband, sondern zugleich ein (sog. mitgliedschaftliches) Dauerrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten (Mitgliedern) und dem Verband einerseits und (ggf.) zwischen den Mitgliedern untereinander andererseits.87 Soweit hiernach kraft Gesetzes oder Parteivereinbarung das Mehrheitsprinzip gilt, kann man es demnach systematisch als eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Vertragsverhältnisse nur mit Zustimmung aller Beteiligten geändert werden können, ansehen. Durch Zustimmungserfordernisse wird demnach das vertragsrechtliche Konsensprinzip zugunsten aller oder einzelner Mitglieder wiederhergestellt.88 cc) Dementsprechend grundverschieden ist die Rechtslage im Stiftungsrecht; denn die Stiftung ist kein Personenzusammenschluss. Zwar kann auch das Stiftungsgeschäft durch Vertrag vorgenommen werden und ist ebenfalls auf die Gründung einer Organisation gerichtet. Es bringt jedoch weder ein Dauerrechtsverhältnis zwischen den Stiftern und der Stiftung noch zwischen den Stiftern untereinander hervor89. Vielmehr stehen sie „ihrer“ Stiftung nach deren Errichtung grundsätzlich gleich Dritten gegenüber.90 ___________ 83 S. dazu etwa BGH, NJW 1995, 194; K. Schmidt, GR, S. 472; Wiedemann, S. 360 ff.; MünchKomm/Ulmer, BGB, § 709 Rdnr. 98 ff.; Scholz/Priester, GmbHG, § 53 Rdnr. 47, jew. m. w. Nw. 84 Etwa Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 53 Rdnr. 22; Scholz/Priester, GmbHG, § 53 Rdnr. 56. 85 S. etwa Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 47 Rdnr. 21; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 32, jew. m. w. Nw. und Beispielen. 86 Statt aller Zöllner, Schranken, S. 104 ff. 87 Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 552 ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97 f., 126 f. 88 So Soergel/Hadding, BGB, § 35 Rdnr. 1; s. auch u. § 30 B.I.3. 89 S. aber u. § 30 C.III.2.a. 90 S. u. § 16 A.I.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
(1) Ein organschaftliches Dauerrechtsverhältnis entsteht allerdings durch eine Bestellung zum Organwalter. Auch dieses Rechtsverhältnis ist zwar ebenso wie dasjenige von Mitgliedern zu dem Verband ein organisationsrechtliches, gleichwohl diesem aber insofern ganz unähnlich, als Verbandsmitglieder selbst Vertragsparteien und damit geborene Organmitglieder sind91, insoweit in Selbstorganschaft92 handeln und etwaige Vermögensrechte Teil der Mitgliedschaft sind. Das Rechtsverhältnis gekorener Organmitglieder beruht dagegen lediglich auf der Bestellung und kann durch eine bloße Abberufung wieder aufgehoben werden, die grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Organs steht, allerdings auch an das Vorliegen wichtiger Gründe gebunden sein kann.93 (2) Verstärkt werden kann die Rechtsstellung ferner dadurch, dass die Organstellung selbst, einzelne organschaftliche Befugnisse oder Vermögensrechte durch Satzungsbestimmungen im materiellen Sinne als statutarische Vorzugsrechte ausgestaltet werden.94 Derartige Rechte können den Begünstigten regelmäßig nur durch Satzungsänderung entzogen werden. Ihrer Zustimmung bedarf es dabei allerdings – anders als bei mitgliedschaftlichen Sonderrechten gemäß § 35 BGB – grundsätzlich nicht.95 Liegt ein wichtiger Grund vor, ist zudem eine Abberufung aus dem Amt und damit ein Entzug der organschaftlichen Befugnisse stets möglich.96 Dabei sind lediglich besonders hohe Anforderungen an die „Wichtigkeit“ der Gründe zu stellen. Bei der Beschlussfassung über die Abberufung ist der Betroffene wegen des Verbots des Richtens in eigener Sache ggf. vom Stimmrecht ausgeschlossen.97 (3) Ein Zustimmungsrecht besteht daher in der Regel nur, wenn die Satzung dies ausdrücklich bestimmt. Dabei kann jedweder Beschlussgegenstand von ___________ 91 S. o. § 9. 92 Selbstorganschaft bedeutet, dass bestimmte Organfunktionen an die Mitgliedschaft gebunden sind. Der Begriff wird freilich regelmäßig nur für die Leitungsfunktion eines Verbandes gebraucht; denn hinsichtlich der Willensbildung von Verbänden erscheint es als eine Selbstverständlichkeit, dass diese Organfunktion nur von Mitgliedern wahrgenommen werden kann bzw. das für die Willensbildung zuständige Organ nicht eigens besetzt werden muss, vgl. K. Schmidt, GR, S. 409 f. 93 S. u. § 14 B.III. 94 Näher u. § 15 A.III. 95 KG, StiftRspr. I, S. 163, 166. 96 S. u. § 14 B.III. 97 S. nur RGZ 138, 98, 104; BGHZ 34, 367, 371; Zöllner, Schranken, S. 235 ff.; Soergel/ Hadding, BGB, § 34 Rdnr. 5, 7, jew. m. w. Nw. Der Betroffene kann in diesem Fall daher auch ein ihm etwaig zustehendes Zustimmungsrecht für Abberufungen nicht geltend machen (vgl. auch u. ee.).
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§ 12 Die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen
der Zustimmung einer Person, Personenmehrheit oder Institution abhängig machen. Diese wird damit zum Organ(walter) der Stiftung.98 (4) Schließlich kann die Stiftungsverfassung vorsehen, dass es für alle oder bestimmte Beschlussgegenstände der Zustimmung aller Mitglieder des beschlussfassenden Organs bedarf.99 In diesem Fall ist es eine Frage der Auslegung, ob es sich dabei um ein bloßes Beschlussquorum oder um ein weiteres Erfordernis handelt. Zu fragen ist, ob die Bestimmung wie im Falle des Art. 2 §§ 2 S. 1, 12 PrAGBGB dem Schutz von Einzelinteressen oder wie bei Anordnung von Gesamtgeschäftsführung und -vertretung lediglich einer erhöhten Richtigkeitsgewähr dient. Der Frage dürfte allerdings wenig praktische Bedeutung zukommen, da bei erforderlicher Einstimmigkeit im Zweifel eine kombinierte Abstimmung zulässig ist (s. o. B.II.5.a.bb. a. E.). dd) Ist eine Zustimmung erforderlich, so unterliegt sie nicht den für die Stimmabgabe geltenden Regeln.100 Für die eingangs genannten öffentlichrechtlichen Zustimmungs- bzw. Genehmigungserfordernisse liegt dies auf der Hand. Das gilt aber auch für Zustimmungserfordernisse zugunsten von Organwaltern; denn die Zustimmung ist nicht Ausfluss des Stimmrechts,101 sondern ein besonderes organschaftliches Recht. Sie muss daher grundsätzlich nicht in der beschlussfassenden Versammlung oder unter Einhaltung eines bestimmten Verfahrens oder einer bestimmten Form erklärt werden. Dementsprechend ist auch eine dem Beschluss vorhergehende, nachfolgende oder auch eine konkludente Zustimmung möglich. Die Satzung kann jedoch Abweichendes, insbesondere Schriftform bestimmen. Solange die Zustimmung nicht vorliegt, ist der Beschluss unwirksam. Er wird endgültig unwirksam, wenn die Zustimmung versagt oder nicht innerhalb angemessener Frist erteilt wird, § 147 Abs. 2 BGB analog.102 Im Blick hierauf kann die Satzung bei statutarischen Zustimmungserfordernissen eine Annahmefrist bestimmen, nach deren Ablauf die Zustimmung als versagt (§ 148 BGB analog) oder auch als erteilt gilt, vgl. Art 2 § 12 S. 2 PrAGBGB. ___________ 98 S. o. § 9, § 11 A. VII., ferner § 7 Abs. 3 S. 2 NdsStiftG, sowie etwa BVerfGE, StiftRspr III, S. 58, 70; BGH, StiftRspr. III, S. 5, 7; StiftRspr. IV, S. 58 ff.; 108 ff.; Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 22. 99 Eine Grenze der Gestaltungsfreiheit zieht hier wie stets § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB: Derartige Bestimmungen dürfen nicht die Handlungsfähigkeit der Stiftung in Frage stellen, s. o. § 6 C.III. 100 Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 33; Scholz/Priester, GmbHG, § 53 Rdnr. 94 f., jew. m. w. Nw. 101 BGHZ 20, 363, 368 f. 102 BGHZ 15, 177, 181; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rdnr. 33.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
ee) Eine erforderliche Zustimmung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Berechtigten. In diesem Rahmen – und nur in diesem Rahmen – darf er, wenn sich dies aus der Satzung ergibt, Eigeninteressen zur Geltung bringen.103 Im Konfliktfall haben die Interessen der Stiftung stets Vorrang. Das Ermessen des Berechtigten kann daher auch auf Null reduziert sein. In diesem Fall hat die Stiftung einen Anspruch auf die Zustimmung. Das Zustimmungsrecht wandelt sich also in eine Zustimmungspflicht.104 Verweigert der Berechtigte gleichwohl seine Zustimmung pflichtwidrig, so kommen zwei Rechtsfolgen in Betracht: Entweder muss die Zustimmung auf dem Zivilrechtsweg erstritten werden.105 Das wäre umständlich und langwierig und würde daher möglicherweise auch zu im Stiftungsrecht problematischen Verhandlungslösungen führen, allerdings auch das Zustimmungsrecht des Betreffenden optimal schützen. Oder die pflichtwidrig verweigerte Zustimmung ist für die Wirksamkeit des im Übrigen ordnungsgemäß gefassten Beschlusses schlicht unbeachtlich.106 Dadurch würde das Prozessrisiko – wenn die Aufsichtsbehörde diese Sichtweise teilt – auf den Zustimmungsberechtigten verlagert, was das Zustimmungsrecht aushöhlen könnte. Gleichwohl scheint diese Lösung im Stiftungsrecht angebracht, weil das Zustimmungsrecht – umgekehrt zu der Rechtslage im Gesellschaftsrecht – in erster Linie pflichtgebunden ist und allenfalls in zweiter Linie der Wahrung von Eigeninteressen dient. b) Beschlussform Als weiteres Wirksamkeitserfordernis kommen Vorschriften über die Form der Beschlussfassung in Betracht. Sie dienen der Dokumentation von Beschlüssen und sind von Vorschriften über die Form der Stimmabgabe, die Form der Abstimmung und der Protokollierung des Versammlungsablaufs zu unterscheiden. Verlangt werden kann insbesondere eine notarielle Beurkundung des Beschlusses. Gesetzlich ist dies im Stiftungsrecht allerdings nur in § 163 Abs. 3 UmwG vorgesehen. Ein Verstoß führt zur Formunwirksamkeit. Zulässig, wenn auch nicht zu empfehlen, sind darüber hinausgehende statutarische Regelungen.
___________ 103 Vgl. o. § 11 A.III., V., VII. 104 Zu entsprechenden Situationen im Gesellschaftsrecht s. K. Schmidt, GR, S. 126 ff. sowie etwa BGHZ 129, 136. 105 So K. Schmidt, GR, S. 131 f. für Satzungsänderungen von Kapitalgesellschaften, Vereinen und Genossenschaften. 106 So BGH, NJW 1985, 974, im Fall einer Publikumspersonengesellschaft.
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7. Stimmauswertung, Stimmzählung und Feststellung des Abstimmungsergebnisses Die Auswertung und Zählung der abgegebenen Stimmen sowie die Feststellung des Abstimmungsergebnisses sind Aufgaben des Versammlungsleiters. Ist kein Versammlungsleiter bestimmt, können sie auch einvernehmlich erfolgen. Bei der Stimmauswertung sind nur gültige Stimmen zu berücksichtigen, also insbesondere nicht Stimmen von Teilnehmern, die nicht stimmberechtigt sind, oder Stimmen, die nach §§ 104 ff., 116 ff. BGB oder aus anderen Gründen (Treupflicht, unzulässige Rechtsausübung) unwirksam sind.107 Das setzt u. U. umfängliche tatsächliche Feststellungen oder rechtliche Wertungen voraus, die nicht ad hoc in der Versammlung getroffen werden können. Kommt es für das Beschlussergebnis auf Stimmen an, deren Wirksamkeit zweifelhaft ist, steht der Versammlungsleiter vor der Wahl, sich entweder nach seiner Überzeugung für oder gegen ihre Wirksamkeit zu entscheiden (womit er zugleich die Klagelast zwischen Befürwortern und Gegnern des Beschlusses verteilt). Oder er lässt das Beschlussergebnis mit der Folge offen, dass es gerichtlich festgestellt werden muss,108 wenn der Beschluss nicht einwandfrei neu gefasst wird.109 Ebenso liegt es, wenn kein Versammlungsleiter bestellt ist und die Organmitglieder sich nicht über das Abstimmungsergebnis einig sind. Die Stimmzählung (Auszählung) wird bei der Stiftung in Anbetracht regelmäßig kleiner Gremien anders als bei Mitgliederversammlungen von Publikumsgesellschaften keine Schwierigkeiten bereiten und kann daher auch formlos erfolgen. Im Übrigen ist der sog. Additionsmethode wegen der hiermit verbundenen größeren Rechtssicherheit und Rechtsklarheit der Vorzug zu geben, wenngleich auch die Subtraktionsmethode grundsätzlich zulässig ist.110 Bei der Stimmzählung zu berücksichtigen ist ferner – soweit nicht Einstimmigkeit erforderlich ist (s. dazu u. B.II.5.a.bb.) – die Stimmkraft der einzelnen Stimmen. Regelmäßig gilt freilich gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB der Grundsatz „one man, one vote“, also Abstimmung nach Köpfen. Die Satzung kann jedoch Abweichendes bestimmen (näher u. § 15 A.I.3.). ___________ 107 108 109 110
S. u. B.III.2. Vgl. u. Fn. 122. Zutr. Zöllner, FS Lutter, S. 821, 828 ff. Zu diesen verschiedenen Auszählungsmethoden vgl. etwa Hüffer, AktG, § 133 Rdnr. 23 f.; ausf. Pickert in: Arbeitshandbuch Hauptversammlung, § 11 IV.6., S. 418 ff.
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Stimmauswertung und Stimmzählung führen zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses, also zur Feststellung der gültig abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen (sowie ggf. der Stimmenthaltungen). 8. Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses Aus dem festgestellten Abstimmungsergebnis i. V. m. mit dem erforderlichen Beschlussquorum folgt die Annahme oder Ablehnung (Bejahung oder Verneinung) des zur Abstimmung gestellten Beschlussantrags und damit das Beschlussergebnis. Seine Feststellung und Verkündung ist gleichfalls Aufgabe des Versammlungsleiters. Fehlt ein Versammlungsleiter kann die Feststellung des Beschlussergebnisses auch einvernehmlich etwa dadurch erfolgen, dass ein Protokollant das Beschlussergebnis festhält, den Organmitgliedern zur Kenntnis gibt und kein Organmitglied widerspricht.111 Die Feststellung des Beschlussergebnisses ist – ebenso wenig wie die Feststellung des Abstimmungsergebnisses – nicht Teil des Beschlusses, sondern lediglich Ergebnis von tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Würdigungen. Die Feststellung des Beschlussergebnisses ist daher auch – vorbehaltlich anderweitiger Satzungsbestimmungen – keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Beschlusses.112 9. Beschlussfassung ohne Zusammenkunft Gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 2 BGB können Beschlüsse von Stiftungsorganen auch außerhalb von Versammlungen (bzw. ohne ordnungsgemäße Einberufung) gefasst werden. Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 2 BGB ist für die Gültigkeit eines auf diese Weise gefassten Beschlusses allerdings erforderlich, dass alle Organmitglieder dem Beschluss (richtiger müsste es heißen: dem Antrag) schriftlich zustimmen. Stimmenthaltungen und (form-)ungültige Stimmen führen daher zur Ablehnung des Antrags.113 Sinn und Zweck des Einstimmigkeitserfordernisses ist es dabei, die außerhalb von Versammlungen fehlende – für eine „richtige“ Willensbildung aber außerordentlich bedeutsame – Möglichkeit einer gemeinsamen Beratung zu kompensieren. Zugleich soll das Schriftformerfordernis vor Übereilung ___________ 111 Vgl. etwa zu Gesellschafterbeschlüssen bei der GmbH Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 42 m. w. Nw. 112 Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 57 m. w. Nw.; Zöllner, FS Lutter, S. 821, 826 f. 113 Statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, § 32 Rdnr. 69.
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schützen.114 Die Einhaltung der Form des § 126 BGB ist hierfür allerdings nicht erforderlich.115 Vielmehr reicht jedwede schriftliche Abfassung der Erklärung (z. B. durch Telegramm, Telefax oder E-Mail) aus.116 Hinsichtlich des Stiftungsvorstands ist überdies zu bedenken, dass die Verweisung des § 28 Abs. 1 BGB auf das Mehrheitsprinzip des § 32 BGB eine Erleichterung gegenüber dem Prinzip der Gesamtgeschäftsführung und -vertretung darstellen sollte. Hiermit verträgt sich das Schriftformerfordernis nicht. § 32 Abs. 2 BGB ist daher insoweit teleologisch zu reduzieren.117 Aber auch bei anderen Kollegialorganen, etwa einem Aufsichtsrat, erscheint das Schriftformerfordernis als unangemessen streng, vgl. § 108 Abs. 4 AktG.118 Allerdings ist § 32 Abs. 2 BGB im Gegensatz zu sonstigen gesetzlichen Formerfordernissen dispositives Recht. In der Satzung kann daher eine Beschlussfassung ohne Versammlung ganz ausgeschlossen oder – was zu empfehlen ist – erleichtert werden.
III. Die Ursachen von Beschlussmängeln (i. w. S.) Bei der Beschlussfassung können vielerlei Fehler auftreten. Da sich Beschlüsse von Kollektivorganen aus einer Mehrzahl von Willenserklärungen zusammensetzen, ist insofern zwischen solchen Mängeln, die den Beschluss selbst und solchen, die die einzelne Stimmabgabe betreffen, zu unterscheiden. 1. Mängel des Beschlusses Mängel des Beschlusses selbst können entweder auf seinem Zustandekommen (formelle Mängel) oder auf seinem Inhalt (materielle Mängel) beruhen. a) Formelle Mängel Zu den formellen Mängeln zählen sämtliche Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, insbesondere Einberufungsmängel, Fehler bei der Versammlungsleitung, (daraus folgende) Verletzungen von Teilnahme- und Informations___________ 114 Mugdan, Materialien I, S. 411. 115 Anders die h. M. im Vereinsrecht, Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 42; Staudinger/ Weick, BGB, § 32 Rdnr. 16. 116 Wie hier die h. M. zu § 48 Abs. 2 GmbHG, Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 48 Rdnr. 42; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 62, jew. m. w. Nw. 117 S. o. § 10 B.IV.3. 118 Zum fakultativen GmbH-Aufsichtsrat vgl. Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 74 einerseits Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 303 andererseits.
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rechten, Fehler bei der Abstimmung, der Beschlussfeststellung und Formverstöße. Soweit Verfahrensfehler nicht gemäß §§ 125, 138 BGB zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, begründen sie nur dann dessen Fehlerhaftigkeit, wenn der Verfahrensverstoß entweder für das Beschlussergebnis erheblich oder für die Wahrnehmung der organschaftlichen Teilhaberechte wesentlich ist.119 b) Materielle Mängel Materiell fehlerhaft sind Beschlüsse, wenn ihr Inhalt gegen das Gesetz oder die Satzung verstößt. Hierher gehören insbesondere Beschlüsse, die gegen die guten Sitten, den Stifterwillen, insbesondere den Stiftungszweck, gegen Satzungsrechte Einzelner oder die organschaftliche Treupflicht verstoßen. Im Gesellschaftsrecht sind zudem Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot von erheblicher Bedeutung. Ein solches Gebot gibt es im Stiftungsrecht dagegen grundsätzlich nicht (näher hierzu u. § 30 C.III.2.b.). Materielle Mängel begründen stets die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses.120 2. Mängel der Stimmabgabe Mängel der Stimmabgabe beschränken sich im Unterschied zu Beschlussmängeln auf einzelne, dem Beschluss zugrunde liegende Willenserklärungen. Sie führen dementsprechend grundsätzlich121 nicht zur Fehlerhaftigkeit des Beschlusses, sondern begründen nur die Nichtigkeit der einzelnen Stim___________ 119 So im Ergebnis die von KölnKomm/Zöllner, AktG1, § 243 Rdnr. 81 ff. entwickelte Relevanzlehre; im Anschluss an ihn ebenso die heute h. L. etwa Hüffer, AktG, § 243 Rdnr. 12 ff.; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rdnr. 100 ff.; Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 103 ff.; Staudinger/Weick, BGB, § 32 Rdnr. 26 f. Demgegenüber verlangt insbesondere die Rechtsprechung potentielle Kausalität zwischen dem Verfahrensfehler und dem Beschlussergebnis, z. B. RGZ 167, 151, 165; BGHZ 36, 121, 139; 59, 369, 375; 86, 1, 3; 107, 296, 306 f.; 119, 1, 19; BGH, BB 1972, 771, 772; 1987, 1551, 1553; vgl. ferner MünchKomm/Ulmer, BGB, § 709 Rdnr. 106 m. w. Nw. Diese Ansicht ist jedoch als teils zu eng und teils zu weit abzulehnen. Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 37a setzt sie zu Unrecht in eins. Die Relevanzlehre, die für formell mangelhafte Beschlüsse von Mitgliederversammlungen entwickelt wurde, gilt auch für Beschlüsse pflichtgebundener Organe, vgl. zum Aufsichtsrat Hüffer, AktG, § 108 Rdnr. 18, Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 85 sowie BGHZ 12, 327, 331 ff.; 47, 341, 349 f. 120 S. nur Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 36 m. w. Nw. Eine andere Frage ist, welche Rechtsfolgen die Fehlerhaftigkeit hat, dazu sogleich IV. 121 Denkbare Ausnahme: Die Abgabe der nichtigen Stimme hat das Abstimmungsverhalten der (übrigen) Organmitglieder beeinflusst, Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 39 a. E.; s. aber auch BGHZ 47, 341, 349 f.
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me. Die Nichtigkeit einzelner Stimmen kann allerdings das Beschlussergebnis beeinflussen, nämlich wenn sie fälschlicherweise mitgezählt werden und bei ihrem Abzug das erforderliche Beschlussquorum erreicht oder nicht erreicht wird.122 Die möglichen Gründe für die Fehlerhaftigkeit einzelner Stimmen sind vielfältig. Neben §§ 104 ff., 116 ff., 177 ff. BGB kommt insbesondere eine generell oder im Einzelfall aufgrund Stimmrechtsausschlusses (§ 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 34 BGB) fehlende Stimmberechtigung in Betracht. Schließlich kann nach herrschender Meinung ein Treupflichtverstoß zur Nichtigkeit der Stimmabgabe wegen unzulässiger Rechtsausübung führen.123
IV. Die Folgen von Beschlussmängeln Gesetzlich umfassend geregelt sind die Rechtsfolgen von Beschlussmängeln allein in Bezug auf Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, §§ 241 ff. AktG. Eine gesetzliche Regelung der zentralen Frage des Beschlussmängelrechts, nämlich des Anfechtungserfordernisses, findet sich ferner im Genossenschaftsrecht für Beschlüsse der Generalversammlung, § 51 GenG. Soweit sie lückenhaft ist, werden die §§ 241 ff. AktG zu Recht analog angewandt.124 Für Vorstand und Aufsichtsrat einer AG und eG ist die Frage der Rechtsfolgen von Beschlussmängeln dagegen gesetzlich ebenso wenig wie im gesamten GmbH- und Personengesellschaftsrecht geregelt. Im Vereins- und Stiftungsrecht schließlich findet sich insofern nur die Bestim___________ 122 Im Ergebnis ist das unstreitig, vgl. RGZ 65, 241, 242 f.; BGHZ 12, 327, 331 ff.; 14, 264, 267 f.; 49, 209, 211; 51, 209, 211; 76, 154, 156 f.; 76, 191, 197 f.; 88, 320, 329 ff.; 97, 28, 30 ff.; 104, 66 ff.; 108, 21, 23; aus der Literatur etwa Flume, jP, S. 253 f.; Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 39; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 142. Eine andere Frage ist, wie das richtige Beschlussergebnis geltend gemacht werden kann. Insofern differenziert die herrschende Meinung bei Beschlüssen einer GmbH-Gesellschafterversammlung danach, ob das Beschlussergebnis verbindlich festgestellt wurde oder nicht. Nur im zweiten Fall reicht eine Feststellungsklage aus, im ersten bedarf es dagegen der Erhebung einer Anfechtungsklage (analog § 246 AktG) ggf. verbunden mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage, vgl. außer den zuletzt genannten Entscheidungen etwa Baumbach/ Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 63, 66 f.; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 47 Rdnr. 106, 131 f., jew. m. w. Nw., sowie u. IV. 123 BGH, ZIP 1991, 23, 24; 1993, 1228, 1230; OLG Hamburg, ZIP 1991, 1430, 1434, und dazu K. Schmidt, GmbHR 1992, 9 ff.; aus der Lit. insbesondere Baumbach/ Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 54a.; ferner etwa Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 46; a. A. Koppensteiner, ZIP 1994, 1325 m. w. Nw. 124 S. nur RGZ 170, 83, 88 f.; BGHZ 18, 334, 338; 32, 318, 323 f.; 126, 335, 338; aus der Lit. statt anderer Beuthien, GenG, § 51 Rdnr. 3 m. w. Nw.
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mung des (§ 86 S. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 i. V. m.) § 32 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach ist zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Außerhalb von Mitgliederbeschlüssen im Aktien- und Genossenschaftsrecht sind die Rechtsfolgen von Beschlussmängeln dementsprechend höchst umstritten. Drei Konzeptionen stehen sich gegenüber, wobei die jeweiligen Einzelheiten teils streitig, teils ungeklärt sind: – Nach herkömmlicher, im Vereins-125 und Personengesellschaftsrecht126 sowie bei Beschlüssen pflichtgebundener Organe127 herrschender Auffassung sind fehlerhafte Beschlüsse grundsätzlich nichtig. Das entspricht auch Rechtsprechung und Literatur im Stiftungsrecht.128 – Nach anderer Ansicht sind dagegen §§ 241 ff. AktG analog anwendbar, soweit nicht rechtsform- oder organspezifische Besonderheiten Abweichungen erfordern. Diese Auffassung ist bei GmbH-Gesellschafterbeschlüssen vorherrschend,129 wird aber auch bei Mitgliederbeschlüssen im Vereinsrecht130 vertreten. Namentlich K. Schmidt131 will darüber hinaus die §§ 241 ff. AktG auf jedwede Beschlüsse, also auch auf Beschlüsse von Personengesellschaftern und pflichtgebundenen Organen von juristischen Personen132 anwenden. – Eine neuere, auf die Dissertation von Noack133 zurückgehende Auffassung134 schließlich geht für Mitgliederbeschlüsse im Vereins-, GmbH___________ 125 Statt anderer BGHZ 59, 369, 371 f.; Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 14 ff., 35 ff. m. w. Nw. 126 Etwa MünchKomm/Ulmer, BGB, § 709 Rdnr. 105 ff. m. w. Nw. 127 Insbesondere BGHZ 122, 342, 346 ff.; 124, 111, 115; 135, 244, 246 (zum Aufsichtsrat einer AG); aus der Lit. bspw. KölnKomm/Mertens, AktG, § 77 Rdnr. 27; Scholz/ U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 311 f.; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 94 f., § 52 Rdnr. 56 m. w. Nw. 128 BGH, WM 1993, 2169, 2170 m. Anm. Neuhoff in EWiR § 85 BGB, 1/94. 129 St. Rspr., z. B. RGZ 166, 129, 131; BGHZ 11, 231, 235; 36, 207, 210 f.; 97, 28, 30 ff.; 104, 66 ff.; aus der Lit. statt anderer Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 1. 130 MünchKomm/Reuter, BGB, § 32 Rdnr. 56. 131 K. Schmidt, GR, S. 445 ff., 834. 132 Ebenso Baums, ZGR 1983, 300, 305 ff.; Axhausen, Anfechtbarkeit Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 113 ff.; Lemke, Fehlerhafter Aufsichtsratsbeschluß, S. 96 ff., 122 ff., 178 f.; für den fakultativen Aufsichtsrat auch Koppensteiner in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 52 Rdnr. 20. 133 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, 1989. 134 Vgl. Zöllner/Noack, ZGR 1989, 525 ff.; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 2 ff.; Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 9 ff.; ders., FS Heinsius, S. 645 ff.; ders., FS 100 Jahre GmbHG, S. 587 ff.
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und Personengesellschaftsrecht einen vermittelnden Weg, der in ähnlicher Weise zum Teil auch bei pflichtgebundenen Organen beschritten wird.135 Auch sie unterscheidet im Ergebnis zwischen nichtigen136 und anfechtbaren137 Beschlüssen. Der Erhebung einer Anfechtungsklage, wiewohl zulässig, bedürfe es jedoch nicht. Vielmehr reiche eine einfache Anfechtungserklärung aus, deren Rechtsfolge analog § 241 Nr. 5 AktG die Nichtigkeit des Beschlusses sein soll. Der Streit kann hier nicht in der erforderlichen Tiefe erörtert und daher auch nicht entschieden werden, zumal er nur der Ausgangspunkt außerordentlich verzweigter weiterer Fragestellungen ist138. Ihre Behandlung würde die vorliegende Untersuchung nicht (oder zumindest nicht wesentlich) fördern; denn die Gestaltungsmöglichkeiten sind beschränkt.139 Zudem werden die beiden zuerst genannten Ansichten sowohl für Beschlüsse von Mitgliederversammlungen als auch für Beschlüsse von pflichtgebundenen Organen vertreten. Grundlegende Unterschiede werden also insoweit offenbar nicht gesehen.140 Ob dies richtig ist, soll freilich ebenfalls dahinstehen. Als „Arbeitshypothese“ wird im Folgenden von der herkömmlichen, auch im Stiftungsrecht herrschenden Ansicht ausgegangen, wonach fehlerhafte Beschlüsse – soweit sie nicht wegen einer noch fehlenden Zustimmung oder Genehmigung141 lediglich schwebend unwirksam sind – grundsätzlich nich-
___________ 135 Vgl. zum Aufsichtsrat KölnKomm/Mertens, AktG, § 108 Rdnr. 82 ff., 93 ff.; Lutter/ Krieger, Aufsichtsrat, Rdnr. 611 ff.; Hanau/Ulmer, MitbestG, § 25 Rdnr. 40, jew. m. w. Nw. 136 Die Nichtigkeitsgründe werden mit Modifikationen teils den §§ 241, 250, 253, 256 AktG (so Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 19 ff.; Hachenburg/ Th. Raiser, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 31 ff.), teils den §§ 125, 134, 138 BGB, 241 Nr. 1 AktG (so Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 15 ff.) entnommen. 137 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 49 ff., nennt sie „intern“ nichtige Beschlüsse. 138 Insbesondere ist im Einzelnen zu unterscheiden zwischen sog. Schein- und/oder Nichtbeschlüssen, nichtigen Beschlüssen, (schwebend) unwirksamen Beschlüssen, (ggf.) anfechtbaren Beschlüssen, Beschlüssen, bei denen Unklarheit über das Beschlussergebnis besteht, sowie möglicherweise weiteren Kategorien und den Gründen, die jeweils hierzu führen, vgl. die Inhaltsübersicht bei Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, Anh. § 47 Vor Rdnr. 1, sowie Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 7–14. 139 S. o. § 11 C.IV. 140 S. aber BGHZ 43, 261 und dazu etwa Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rdnr. 185 ff., einerseits und Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 94, andererseits, jew. m. w. Nw. 141 S. o. B.II.6.a.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
tig sind.142 Allgemeinen Regeln folgend kann sich dabei grundsätzlich jedermann jederzeit und auf jede Weise, also nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb von Prozessen auf die Nichtigkeit berufen. Sie wirkt für und gegen alle und ist im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.143 Im Prozess kann sie als Vorfrage zur Begründung bzw. Abwehr144 anderweitiger Ansprüche oder als Hauptfrage aufgeworfen werden. Im letzten Fall beschränkt allerdings das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse den Kreis der Klagebefugten.145 Ist nicht der Beschluss, sondern lediglich die Berechnung des Abstimmungsergebnisses (z. B. aufgrund fälschlicher (Nicht-)Mitzählung von Stimmen) fehlerhaft, so kann auf Feststellung des zutreffenden Beschlussergebnisses geklagt werden. Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann entweder durch Bestätigung gemäß § 141 BGB, also durch seine einwandfreie Neufassung,146 oder – in bestimmten Fällen – durch Rügeverzicht bzw. dadurch geheilt werden, dass die Nichtigkeit des Beschlusses längere Zeit nicht geltend gemacht wird (Verwirkung).147 In der Stiftungssatzung können zudem Fristen für die Geltendmachung von Beschlussmängeln vorgesehen werden. Einschränkungen der Nichtigkeitsfolgen ergeben sich zudem erstens aus den Grundsätzen über fehlerhafte Gesellschaften. Diese sind auf Satzungsänderungen auch bei der Stiftung entsprechend anwendbar. Das setzt allerdings voraus, dass die Satzungsänderungen organisationsrechtliche Regelungen betreffen (z. B. über die Zusammensetzung des Vorstands, nicht dagegen über den Kreis der Destinatäre) und in Vollzug gesetzt sind.148 Für fehlerhafte Bestellungsakte gilt zweitens die Lehre vom faktischen Organ149 sowie gegebenenfalls die Grundsätze über fehlerhafte Arbeitsverhältnisse.150 Bei sonstigen Außenrechtsgeschäften greifen drittens die oben in § 10 B.IV.3 dargelegten Regeln ein. Insbesondere kann es der Stiftung unter dem Gesichtspunkt der unzuläs___________ 142 BGH, WM 1993, 2169, 2170, mit zust. Anm. Neuhoff, EWiR § 85 BGB 1/94, S. 223; zum Aufsichtsrat der AG ebenso insbes. BGHZ 122, 342, 346 ff.; 124, 111, 115; 135, 244, 247 ff. 143 S. nur BGHZ 107, 268, 270 m. w. Nw. 144 Vgl. RG, LZ 1913, 683. 145 S. o. § 11 C.III.2.c., § 15 A.V., § 16 B.II., IV., jew. m. Nw. 146 BGHZ 49, 209, 211. 147 BGHZ 49, 209, 212 (obiter dictum); 122, 339, 344 (zur GbR); aus der Lit. statt anderer Soergel/Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 18, 37a, 40 m. w. Nw. – hierin liegt eine gewisse Annäherung an den Gedanken einer bloßen Anfechtbarkeit. 148 Vgl. MünchKomm/Ulmer, BGB, § 709 Rdnr. 109; Lindemann, Einmann-GmbH, S. 218, 220 ff. m. w. Nw. 149 S. dazu besonders Stein, Faktisches Organ, 1984. 150 Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 6 Rdnr. 48 ff., § 35 Rdnr. 248; Lindemann, Einmann-GmbH, S. 218, 223 ff. m. w. Nw.
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sigen Rechtsausübung verwehrt sein, sich auf die Nichtigkeit eines Beschlusses zu berufen. Und viertens gilt bei gemäß § 33 f. HGB ins Handelsregister einzutragenden Tatsachen § 15 HGB.
C. Beschlüsse von Einpersonen-Organen Organe bestehen zwar meist, nicht aber notwendigerweise aus mehreren Personen. Im Vereins- und Stiftungsrecht ist vielmehr der EinpersonenVorstand die gesetzliche Regel (§§ 86 S. 1, 26 Abs. 1 S. 1 BGB) und auch im Aktien- und vor allem im GmbH-Recht sind Einpersonen-Organe nicht eben selten (Alleingeschäftsführer/-vorstand, Einpersonen-GmbH/AG).
I. Innere Ordnung Einer inneren Ordnung bedürfen Einpersonen-Organe nicht. Gleichwohl sind nicht nur die Rechte und Pflichten des Alleinmitglieds regelungsfähig. Vielmehr kann die Stiftungssatzung auch Vorschriften namentlich über die Art und Weise der Beschlussfassung enthalten.
II. Beschlussfassung Wie die Beschlussfassung151 von Einpersonen-Organen152 rechtlich zu behandeln ist, ist wenig geklärt.153 Eine gesetzliche Regelung findet sich allein in § 48 Abs. 3 GmbHG. Die Vorschrift ist jedoch als Ausnahmetatbestand einer analogen Anwendung nicht zugänglich. Die Besonderheit von Beschlüssen von Einpersonen-Organen besteht darin, dass sie regelmäßig formlos, ohne Abhaltung einer Versammlung oder Ein___________ 151 Bei Einpersonen-Organen von Beschluss und Beschlussfassung zu sprechen, erscheint zwar auf den ersten Blick befremdlich. Zum Teil wird daher der Begriff „Entschluss“ oder „Entschließung“ bevorzugt. Indes wendet das Gesetz selbst in § 48 Abs. 3 GmbHG den Terminus Beschlussfassung auf Einpersonen-Entscheidungen an. Und dies zu Recht; denn sprachlogische Argumente überzeugen hier ebenso wenig wie bei dem Einpersonen-Gesellschaftsvertrag (vgl. §§ 1, 2 Abs. 1 GmbHG) oder der Einpersonen-Gesellschaft (s. o. § 3 nach Fn. 123), vgl. Lindemann, EinmannGmbH, S. 62 ff. m. w. Nw. 152 Nicht hierher gehören Einpersonen-Beschlüsse im weiteren Sinne, wie sie bei Kollektivorganen vorkommen können, wenn auf einer ordnungsgemäß einberufenen Versammlung nur ein Organmitglied erscheint oder nur ein Organmitglied stimmberechtigt oder ein Organmitglied von den übrigen bevollmächtigt ist. 153 S. aber Lindemann, Einmann-GmbH, 1996.
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haltung eines Beschlussverfahrens gefasst werden können. Weder bedarf es einer Einberufung noch eines Antrags, weder einer Beratung noch einer Abstimmung. Auch eine Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses findet nicht statt. Während bei Kollektivorganen eine konkludente Beschlussfassung die Ausnahme darstellt,154 ist sie bei Einpersonen-Organen die Regel.155 Auf den ersten Blick hat dies den Vorteil größtmöglicher Flexibilität. Einpersonen-Organe können stets sofort reagieren und ad hoc Beschlüsse fassen. Sie sind – sofern das Alleinmitglied nicht gehindert ist, sein Stimmrecht wirksam auszuüben156 – stets beschlussfähig. Zugleich vermindern sich der Aufwand sowie die Zahl möglicher Beschlussfehler erheblich (s. u. III.). Erkauft werden diese Vorteile allerdings zum einen durch eine verminderte Richtigkeitsgewähr. Einpersonen-Beschlüsse sind „einsame Beschlüsse“. Zum anderen – und hier liegt zuvörderst das Rechtsproblem – stellt sich die Frage ihrer Erkennbarkeit (Offenkundigkeit) nach außen, da das Alleinmitglied Beschlüsse gleichsam „in pectore“ zu fassen in der Lage ist. Dieses Problem stellt sich allerdings dann nicht, wenn eine Beschlussfassung überhaupt entbehrlich ist. Wann dies der Fall sein soll, ist freilich umstritten und wenig geklärt. Diskutiert wird die Frage allein zu § 48 Abs. 3 GmbHG.157 Soweit die dort erörterten Fallgruppen im Stiftungsrecht überhaupt auftreten können,158 ist in Anschluss an Lindemann159 davon auszugehen, dass es bei dem Beschlusserfordernis verbleibt, der Beschluss aber eben auch konkludent gefasst werden kann. Hiervon zu unterscheiden sind diejenigen Fälle, in denen eine (wirksame) Beschlussfassung durch das Einpersonen-Organ rechtlich nicht möglich ist, insbesondere das Alleinmitglied einem Stimmrechtsausschluss unterliegt. ___________ 154 S. o. B.II.4. 155 Im Vereins- und Stiftungsrecht ergibt sich die (Form- und) Verfahrenslosigkeit von Einpersonen-Beschlüssen aus (§ 86 S. 1 i. V. m.) § 28 Abs. 1 BGB, der nur für einen mehrgliedrigen Vorstand auf § 32 BGB verweist. Zur Rechtfertigung der Form- und Verfahrenslosigkeit von Beschlüssen eines Alleingesellschafters bei der GmbH, vgl. Lindemann, Einmann-GmbH, S. 74 ff. 156 S. o. § 10 B.IV.4 a. E. 157 Vgl. etwa Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 48 Rdnr. 30; ausf. Lindemann, Einmann-GmbH, S. 101 ff. m. w. Nw. 158 So sind Beschlüsse gemäß §§ 15 Abs. 5, 17, 46 Nr. 4 GmbHG im Stiftungsrecht nicht denkbar. Dagegen kann sich der Fall OLG Köln, GmbHR 1993, 734, aufgehoben durch BGH, GmbHR 1995, 373 (Abberufung und Kündigung eines Geschäftsführers durch Einpersonen-Organ, vgl. auch BGH, WM 1968, 96), auch im Stiftungsrecht ereignen. 159 Lindemann, Einmann-GmbH, S. 127.
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Dies ist zuvörderst ein Problem der §§ 29, 34 BGB sowie des Beschlussmängelrechts (s. u. III.), nicht der Offenkundigkeit. Schließlich und vor allem stellt sich das Offenkundigkeitsproblem in all denjenigen Fällen nicht, in denen der Beschluss auf irgendeine Weise Dritten gegenüber verlautbart wurde: Hierher gehören erstens all diejenigen Fälle, in denen das Gesetz oder die Satzung für die Wirksamkeit von Beschlüssen eine Mitwirkung Dritter vorsieht. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine notarielle Beurkundung vorgeschrieben (§ 163 Abs. 3 UmwG) oder ein Beschluss zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Stiftungsaufsichtsbehörde (namentlich also bei Satzungsänderungen) bedarf. Überdies kann die Satzung vorsehen, dass Einpersonen-Organe (bestimmte) Beschlüsse nur in einer Versammlung unter Hinzuziehung von Mitgliedern anderer Organe fassen können,160 um auf diese Weise „einsame Beschlüsse“ zu verhindern und eine Beratung des Alleinmitglieds zu gewährleisten. Zweitens kann das Alleinmitglied selbstverständlich auch ohne dahingehende Satzungsbestimmungen von sich aus Dritte hinzuziehen, sei es, dass es, um sich beraten zu lassen, eine Versammlung mit Mitgliedern anderer Organe anberaumt,161 sei es, dass es Beschlüsse zu Beweiszwecken durch Dritte protokollieren lässt. Drittens stellt sich das Offenkundigkeitsproblem dort nicht, wo eine Dritten gegenüber vorgenommene Ausführungshandlung die vorangegangene konkludente Beschlussfassung dokumentiert. Dies sind die weitaus meisten Fälle, da hierzu sämtliche Dritten gegenüber vorzunehmenden Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen zählen (z. B. der Abschluss von Verträgen, Weisungen gegenüber anderen Stiftungsorganen, Abberufung und Kündigung von Organmitgliedern, die Verwendung der Stiftungserträge durch Auszahlung an Destinatäre etc.). In diesen Fällen kann allenfalls der Beweis der Ausführungshandlung problematisch sein (z. B. mündlicher Vertragsschluss, mündliche Weisung). ___________ 160 Hiervon zu unterscheiden ist ein etwaiges Teilnahmerecht der Mitglieder eines anderen Organs. Es schließt – vorbehaltlich abweichender Satzungsregelungen – eine Beschlussfassung ohne bzw. außerhalb von Versammlungen nicht aus, vgl. den Wortlaut von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 2 BGB sowie Zöllner, FS Robert Fischer, S. 905, 915 ff.; ders. in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 48 Rdnr. 17 m. w. Nw. 161 Vgl. Begr. RegE zu § 48 Abs. 3 GmbHG, BT-Drs. 8/1347, S. 27, 43 sowie die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 8/1347, S. 72, 74 f. Ob die Mitglieder anderer Organe einer solchen Einladung Folge leisten müssen, hängt davon ab, ob die Beratung des beschlussfassenden EinpersonenOrgans zu ihren Organpflichten gehört.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Das Offenkundigkeitsproblem stellt sich mithin nur dort, wo der Beschluss nicht auf irgendeine Weise Dritten gegenüber verlautbart wurde. Keine Abhilfe schafft in diesen Fällen, dass das Alleinmitglied den Beschluss selbst dokumentiert. Insofern ist die Regelung des § 48 Abs. 3 GmbHG verfehlt. So heißt es in einem Urteil des OLG Köln treffend: „Da die Mitwirkung einer Urkundsperson in den Fällen des § 48 Abs. 3 GmbHG nicht vorgesehen ist, … [ist das Alleinmitglied nicht gehindert] zeitgleich mehrere einander inhaltlich widersprechende Beschlüsse in getrennten Urkunden zu dokumentieren, um sich später nach Belieben auf den einen oder anderen – dann im Rechtsverkehr vorgelegten – Beschluß zu berufen.“162 Und dieser Mühe muss das Alleinmitglied sich nicht einmal unterziehen, kann es doch eine entsprechende Urkunde jederzeit herstellen. Im Stiftungsrecht dürften allerdings derartige Manipulationen nur selten praktische Bedeutung erlangen. Beschlüsse mit unmittelbarer Außenwirkung sind im Stiftungsrecht noch seltener als im GmbH-Recht163. Aber auch Fälle, in denen ein Beschluss ohne Verlautbarung gegenüber Dritten mittelbare Außenwirkung entfaltet, sind hier eine Ausnahme. Und selbst dann ist das Missbrauchsrisiko aufgrund stiftungsrechtlicher Besonderheiten (namentlich der Pflichtbindung aller Stiftungsorgane sowie der Stiftungsaufsicht) relativ gering. Dementsprechend verminderte praktische Bedeutung hat im Stiftungsrecht das Problem der Offenkundigkeit von Einpersonen-Beschlüssen. Es stellt sich insbesondere bei Insichgeschäften eines von §§ 34 Fall 1,164 181 BGB befreiten Alleinvorstands. Es gilt dann Folgendes: Als Rechtsgeschäfte eigener Art müssen Beschlüsse einen äußerlich wahrnehmbaren Niederschlag finden.165 Ein bloßer „Entschluss“ des Alleinmitglieds im Sinne einer bloßen inneren Willensentscheidung vermag nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre keine Rechtswirkungen zu entfalten.166 Hinsichtlich der Erkennbarkeit nach außen ist dabei auf die Sicht eines mit den Verhältnissen Vertrauten abzustellen.167 In diesem Sinne erkennbar muss auch der Zusammenhang mit Angelegenheiten der Stiftung sein, also dass ___________ 162 OLG Köln, Urteil vom 28.6.1995 – 2 U 97/94, zit. nach Lindemann, EinmannGmbH, S. 126 (in GmbHR 1996, 290 f., nur Abdruck der Leitsätze des Einsenders). 163 Vgl. Lindemann, Einmann-GmbH, S. 185 ff., und demgegenüber zum Aktienrecht Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 53. 164 S. o. § 10 B.IV.4 a. E. 165 Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 48 Rdnr. 63 a. E. 166 Vgl. nur Flume, RG, S. 64 ff. 167 S. Lindemann, Einmann-GmbH, S. 97 ff. m. w. Nw. Das entspricht dem allgemeinen zu Insichgeschäften entwickelten Maßstab, vgl. RGZ 99, 208, 210; 140, 223, 230; Flume, RG, S. 809 f.
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das Alleinmitglied (auch) als Organ der Stiftung und nicht (nur) als Privatperson gehandelt hat.168 Beruft sich das Alleinmitglied auf einen ihm günstigen Beschluss, sind hinsichtlich dessen Nachweises verschärfte Anforderungen zu stellen.169
III. Fehlerhafte Beschlüsse 1. Ursachen Einpersonen-Beschlüsse können ebenso wie Beschlüsse von Kollektivorganen fehlerhaft sein. Allerdings vermindert sich die Zahl möglicher Beschlussfehler erheblich, da Einpersonen-Beschlüsse regelmäßig form- und verfahrenslos gefasst werden. a) Formelle und materielle Mängel Formelle Beschlussmängel sind dementsprechend selten und können nur bei besonderen statutarischen Anforderungen (etwa an die Beschlussform) auftreten. In diesem Fall gilt das oben (B.III.1.a.) Gesagte entsprechend. Auch hinsichtlich materieller Beschlussmängel gelten keine Besonderheiten. Sie begründen stets die Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses (s. o. B.III.1.b). b) Mängel bei der Stimmabgabe Die eigentliche Besonderheit von Einpersonen-Beschlüssen besteht im Blick auf Beschlussmängel darin, dass sie sich nicht aus einer Mehrzahl von Willenserklärungen zusammensetzen. Mängel der einzelnen Stimme sind daher anders als bei Kollektivorganen stets für das Beschlussergebnis erheblich. Wiewohl auch bei Einpersonen-Organen dogmatisch streng zwischen Stimme und Beschluss zu trennen ist, schlagen daher Mängel der einzigen Stimme auf den Beschluss durch.170 Hinsichtlich der möglichen Gründe ist neben ___________ 168 Dies wird sich oft schon aus dem Beschlussgegenstand ergeben, vgl. Lindemann, Einmann-GmbH, S. 100 f. Hiervon zu unterscheiden ist bei Außenrechtsgeschäften die Frage der Offenkundigkeit des Handelns für die Stiftung, vgl. hierzu etwa Soergel/ Leptien, BGB, § 164 Rdnr. 13 ff.; MünchKomm/Schramm, BGB, § 164 Rdnr. 21 ff. jew. m. w. Nw. 169 Vgl. BGHZ 56, 97, 105; 75, 358, 363; 81, 365, 367; OLG München, GmbHR 1984, 98 ebenso Lindemann, Einmann-GmbH, S. 98; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 48 Rdnr. 63 Fn. 144. Dieser Gedanke hat in § 48 Abs. 3 GmbHG seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden. 170 S. Lindemann, Einmann-GmbH, S. 204 ff. Das gilt auch für Einpersonen-Beschlüsse im weiteren Sinne (s. o. Fn. 152).
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§§ 104 ff., 116 ff., 177 ff. BGB und Treupflichtverletzungen besonders auf § 34 BGB analog171 hinzuweisen. 2. Folgen Eine bloße Anfechtbarkeit fehlerhafter Beschlüsse kommt hier, wie Lindemann überzeugend dargelegt hat,172 nicht in Betracht, da andernfalls Rechtsmissbrauch Tür und Tor geöffnet würde. Fehlerhafte Beschlüsse von Einpersonen-Organen sind daher – soweit sie nicht wegen einer ausstehenden Zustimmung bzw. Genehmigung lediglich schwebend unwirksam sind – grundsätzlich nichtig. Hinsichtlich der Nichtigkeitsfolgen gelten dabei grundsätzlich dieselben Einschränkungen wie bei Beschlüssen von Kollektivorganen (s. o. B.IV. a. E.). Einer Anfechtung, nämlich der Stimmabgabe, bedarf es allerdings in den Fällen der §§ 119 ff. BGB. Dabei ist die Anfechtungsfrist der §§ 121, 124 BGB einzuhalten. Überdies sind an die Erkennbarkeit der Anfechtung dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Erkennbarkeit des Beschlusses selbst. Auch kann ein Dritter, dem die Anfechtung entgegengehalten wird, selbst dann, wenn sie unstreitig oder bewiesen ist, ihre Berechtigung bestreiten.173 Schließlich ist im Blick auf § 122 BGB zu erwägen, eine Drittschadensliquidation zuzulassen; denn regelmäßig wird nicht die Stiftung, der gegenüber die Stimme abzugeben ist, sondern ein Dritter durch die Anfechtung geschädigt. Das für die Drittschadensliquidation typische Auseinanderfallen von Gläubigerstellung und geschütztem Interesse174 ist daher hier gegeben.
D. Zusammenfassung Festzuhalten ist an dieser Stelle zweierlei: 1. Nachdem die innere Ordnung von Stiftungsorganen gesetzlich nur rudimentär geregelt ist, sind den Gestaltungsmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt. Geregelt werden sollten bei Kollektivorganen vor allem Fragen der Einberufung, der Beschlussfähigkeit, der für Grundlagenentscheidungen erforderlichen Beschlussquoren sowie der Beschlussfassung ohne Zusammenkunft. ___________ 171 S. o. § 10 Fn. 64. 172 Lindemann, Einmann-GmbH, S. 163 ff., 201 ff. 173 Vgl. BGH, WM 1975, 538, 540 f. und hierzu Lindemann, Einmann-GmbH, S. 192 f., die diese Konsequenz allerdings nicht zieht, vgl. S. 211 f. 174 S. nur Palandt/Heinrichs, BGB, Vor § 249 Rdnr. 112 m. w. Nw.
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§ 12 Die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen
2. Wie bereits die Verweisungskette der §§ 86 S. 1, 28 Abs. 1, 32, 34 BGB nahe legt, bestehen keine grundlegenden Unterschiede zwischen der Beschlussfassung in Verein und Stiftung, einer Mitgliederversammlung und einem pflichtgebundenen Kollektivorgan. Große Unterschiede bestehen dagegen zwischen der Arbeitsweise von Ein- und Mehrpersonen-Organen. Diese sind jedoch ebenfalls weder rechtsform- noch organspezifisch. Bedeutende Differenzen zwischen Verband und Stiftung gibt es insofern also nicht. Solche Differenzen sind aber bei der nunmehr zu erörternden Frage von Grundlagenänderungen zu erwarten.
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§ 13 Grundlagenänderungen In den Motiven zum BGB heißt es: „… in den inneren Angelegenheiten … der Körperschaft … [ist] der Wille … der Mitglieder maßgebend.“1 Auf die Stiftung gewendet könnte man formulieren: In den inneren Angelegenheiten der Stiftung ist der Wille des Stifters maßgebend. Grundsätzlich sind alle Organe der Stiftung daher nicht autonom, sondern pflichtgebunden, nämlich an den Willen des Stifters, wie er objektiv insbesondere in der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommt. Freilich sind auch die Organe von Körperschaften an deren Satzung gebunden, die Mitglieder allerdings nur soweit und solange sie diese nicht ändern. Gerade an der – unabdingbaren2 – Befugnis der Mitglieder, die Grundlagen des Verbandes autonom zu ändern, zeigt sich indes die Herrschaft der Mitglieder über den Verband. Und eben hierin liegt ein entscheidender Unterschied zwischen Verband und Stiftung: Zwar sind die Stiftungsorgane unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls zu Änderungen der Stiftungssatzung berechtigt. Auch dabei haben sie jedoch grundsätzlich den Stifterwillen zu beachten. Das ist insoweit unstreitig. Nicht hinreichend geklärt ist dagegen: – unter welchen Voraussetzungen Grundlagenänderungen durch die Stiftungsorgane zulässig sind und – inwieweit der Stifter diese erleichtern oder erschweren, insbesondere der Stiftung Satzungsautonomie gewähren kann. Diesen Fragen wird im Folgenden nachgegangen. Freilich ist die Autonomie der Stiftung jedenfalls insofern eingeschränkt, als Grundlagenänderungen nach Landesrecht stets3 einer Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedürfen.4 Allerdings ist die Behörde hierbei – wie sonst auch – auf eine bloße Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt.5 Aller___________ 1 Mugdan, Materialien I, S. 410. 2 S. u. II.2.d. 3 Einzige Ausnahme von dieser Regel ist § 5 Abs. 1 S. 2 NRWStiftG, wonach einfache Satzungsänderungen lediglich anzeigepflichtig sind. Ansonsten bedürfen Satzungsänderungen – entgegen Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 178 mit Fn. 275 – auch dann einer Genehmigung, wenn die Stiftungsaufsicht – wie regelmäßig bei Familienstiftungen (s. o. § 8 E.) – gelockert ist, so ausdrücklich Begr. RegE. zu § 17 BreStiftG, LT-Drs. 12/405, S. 13; Nr. 3.5.3. AusfRiliStiftG zu § 10 Abs. 2 NdsStiftG a. F., NdsMBl. Nr. 31/1986, S. 803; Stengel, HeStiftG, § 21 Anm. 3. Das ergibt sich teils aus dem Wortlaut, teils aus der systematischen Stellung der einschlägigen Vorschriften. 4 Näher zum Genehmigungserfordernis u. B. 5 S. o. § 8 C.
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§ 13 Grundlagenänderungen
dings sind nicht nur die zuständigen Stiftungsorgane, sondern unter den Voraussetzungen des § 87 BGB bzw. entsprechender Landesbestimmungen auch die Aufsichtsbehörden zu Grundlagenänderungen befugt. Aufgrund des Subsidiaritätsprinzips6 darf die Behörde von dieser Befugnis allerdings nur Gebrauch machen, nachdem sie den Stiftungsorganen Gelegenheit zur eigenverantwortlichen Abhilfe gegeben hat. Diese behördlichen Mitwirkungs- und Eingriffsbefugnisse werden daher im Anschluss (unten B., C.) behandelt.
A. Grundlagenänderungen durch die Stiftungsorgane In Rechtsprechung und Schrifttum finden sich zumeist nur recht generalisierende Aussagen über die Zulässigkeit von Grundlagenänderungen durch die Stiftungsorgane, die eine präzise Prüfung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften vermissen lassen. So heißt es etwa in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.4.1976: „Satzungsänderungen müssen mit dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Stifters in Einklang stehen. Sie sind nach einem allgemeinen Grundsatz des Stiftungsrechts nur zulässig, wenn hierfür ein rechtfertigender Grund besteht, vor allem wenn sie wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse angezeigt sind. Das folgt aus dem Grundprinzip des Stiftungsrechts, den in der Satzung niedergelegten Willen des Stifters zu respektieren und zu verwirklichen. Daher darf durch eine Satzungsänderung der Wille des Stifters‚ nur zeitgemäß modifiziert, aber keinesfalls in seiner Tendenz verändert werden‘.“7 Allerdings soll der ursprüngliche Stifterwille insoweit unbeachtlich sein, als die Stiftungssatzung bzw. der Stiftungszweck zwischenzeitlich verbindlich geändert wurde.8 ___________ 6 S. o. § 8 C. 7 BGH, StiftRspr. III, S. 1, mit Verweis auf Ebersbach, Handbuch, S. 91, 92; ebenso BGH, StiftRspr. IV, S. 58, 60; OVG Bremen, StiftRspr. IV, S. 127, 130, bestätigt durch BVerwG, StiftRspr. IV, S. 151 ff. S. ferner KG, StiftRspr. III, S. 50 ff. – eine Entscheidung, die verdeutlicht, welche engen Grenzen überdies selbst einer „zeitgemäßen Modifizierung“ des Stiftungszwecks gesetzt sein können. 8 So ausdrücklich OLG Schleswig, StiftRspr. III, S. 136 f.; KG, WM 1968, 903, 906; dahingehend auch BGH, StiftRspr. IV, S. 108, 116; anders BVerfG, StiftRspr. III, S. 58, 65 f. Zutreffend ist Folgendes: Maßgeblich ist zuvörderst die Stiftungssatzung in ihrer jeweils geltenden Fassung. Soweit Satzungsänderungen wirksam sind und von dem ursprünglichen Stifterwillen abweichen, ist dieser insoweit und solange unbeachtlich, als nicht um die Wirksamkeit eben dieser Änderungen gestritten wird oder die Satzung in diesem Punkt erneut geändert werden soll. Das gilt entsprechend für Auslegungsfragen: Maßgeblich ist der ursprüngliche Stifterwille, aber eben nur insoweit als die Stiftungssatzung nicht infolge – wirksamer – Satzungsänderungen von ihm abweicht.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Differenzierter gehen demgegenüber teilweise die Instanzgerichte vor. Sie untersuchen zunächst, ob eine einfache Satzungs- oder eine Zweckänderung in Frage steht, sodann ob das betreffende Stiftungsorgan zu der Zweck- bzw. Satzungsänderung befugt war, insbesondere ob die Satzung oder das (Landesstiftungs-)Gesetz eine entsprechende Ermächtigungsnorm enthält und ob deren Voraussetzungen erfüllt sind. Einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse bedarf es danach nicht für jede Satzungsänderung, sondern nur für eine Zweckänderung oder andere qualifizierte Grundlagenänderungen. Erst im Anschluss an die Prüfung dieser Voraussetzungen gehen sie der Frage nach, ob die geänderte Fassung mit dem erklärten oder mutmaßlichen Stifterwillen übereinstimmt.9 Auch in der Literatur wird allseits betont, dass Grundlagenänderungen stets mit dem erklärten oder mutmaßlichen Stifterwillen übereinstimmen müssen. Überdies bedürften sie einer Ermächtigungsgrundlage, seien also nur zulässig, soweit sie in der Satzung vorgesehen sind oder von dem Gesetz zugelassen werden.10 Unter welchen Voraussetzungen das Gesetz Grundlagenänderungen zulässt, wird freilich nirgends so recht deutlich. So meint Reuter, den Stiftungsorganen sei eine Änderung des Stiftungszwecks überhaupt nicht und einfache Satzungsänderungen nur unter den Voraussetzungen des Rechtsgedankens des § 313 BGB erlaubt.11 Bei Hof heißt es lediglich, dass Satzungsänderungen „in der Regel“ eine wesentliche Veränderung der vom Stifter zugrunde gelegten Verhältnisse voraussetzten.12 Rawert hält dies dagegen nur bei Grundlagenänderungen, die den Zweck oder den Bestand der Stiftung berühren, für zwingend. Satzungsänderungen, die nicht den Stiftungszweck betreffen, könnten dagegen auch unterhalb der Schwelle wesentlich geänderter Verhältnisse zugelassen werden.13 Neuhoff schließlich verweist lediglich auf das Genehmigungserfordernis.14 Zunächst gilt es daher, die gesetzliche Ausgangslage näher zu beleuchten.
I. Gesetzliche Ausgangslage Regeln über Grundlagenänderungen finden sich sowohl im Bundes- als auch im Landesrecht. ___________ 9 So KG, StiftRspr. I, S. 163, 169 ff., 172 ff.; KG, StiftRspr. III, S. 50, 52 ff. vgl. auch BGH, StiftRspr. III, S. 27, 31; BAG, StiftRspr. IV, S. 108, 115 ff.; KG, StiftRspr. III, S. 85. 10 Statt aller Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 172. 11 MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 1. 12 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 172. 13 Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 19. 14 Soergel/Neuhoff, BGB, § 87 Rdnr. 4.
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§ 13 Grundlagenänderungen
1. Bundesrecht §§ 80 ff. BGB enthalten, was bisher meist15 übersehen wurde, zwei Regelungen über Grundlagenänderungen, nämlich nicht nur § 87, sondern auch § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB. a) § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB Gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB ist der Vorstand verpflichtet, den Willen des Stifters, wie er in dem Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommt, zu befolgen und zu verwirklichen.16 Gefordert ist dabei allerdings kein blinder, sondern ein „denkender Gehorsam“.17 Der Vorstand darf bei seiner Geschäftsführung den Anordnungen der Stiftungsverfassung nicht bedenkenlos Folge leisten. Vielmehr ist er zugleich verpflichtet, den Stiftungszweck möglichst optimal zu fördern. Beide Pflichten, nämlich die Förderung des Stiftungszwecks einerseits und die Befolgung des Stifterwillens andererseits, können jedoch – obwohl es sich nur um zwei unterschiedliche Seiten derselben Medaille handelt – in gewissem Maße miteinander in Konflikt geraten. Stellt sich nämlich heraus, dass die Anordnungen des Stifters nicht interessengerecht sind und ein Abweichen von ihnen daher zweckfördernd wäre, stellt sich die Frage, welcher Pflicht der Vorrang gebührt: der Pflicht zur Befolgung des Stifterwillens oder der Pflicht zur Förderung des Stiftungszwecks. Dabei lässt sich diese Frage nicht allein anhand der Normenhierarchie beantworten. Zwar ist der Stiftungszweck oberster Leitsatz der Stiftung,18 den optimal zu verwirklichen vornehmste Aufgabe der Stiftungsorgane ist. Der Stifter ist hieran jedoch nicht gebunden. Vielmehr kann er bei der Abfassung der Stiftungssatzung durchaus auch andere (Neben-)Zwecke verfolgen oder auch Anordnungen treffen, die lediglich aus seiner subjektiven, nicht aber aus objektiver Sicht zweckoptimal sind.19 Schreibt der Stifter beispielsweise vor, dass die Stiftung ihr Vermögen mündelsicher oder etwa in einer bestimmten Unternehmensbeteiligung anzulegen hat, so sind die Stiftungsorgane hieran gebunden, auch wenn dies bedeutet, dass die zur Verfolgung des Stiftungszwecks zur Verfügung stehenden Erträge geringer sind, als wenn auch andere Anlagemöglichkeiten genutzt werden dürften. Hat hingegen der Stifter die Konsequenzen seiner Anordnungen nicht übersehen (z. B. ___________ 15 16 17 18 19
S. aber die Bemerkung von Soergel/Neuhoff, BGB, § 86 Rdnr. 12. S. o. § 10 A.II. Heck, Schuldrecht, S. 355. Vgl. BGHZ 96, 245, 251 und oben § 5 B. Vgl. o. § 5 C.VI.4.
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weil er die Folgen der laufenden Geldentwertung bei mündelsicheren Anlageformen nicht bedacht hat) oder ändert sich die Sachlage (etwa weil die Erträge der Unternehmensbeteiligung dauerhaft zurückgehen und daher immer weiter hinter denjenigen, die vom Stifter erwartet wurden, zurückbleiben), dann ist eine andere Beurteilung gerechtfertigt. Nach § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB muss der Stiftungsvorstand die Sachlage allzeit daraufhin überprüfen, ob sie mit den Annahmen, die den Anordnungen des Stifters zugrunde liegen, (weiterhin) übereinstimmt. Stimmt die Sachlage nicht (mehr) mit den Annahmen des Stifters überein, sei es weil die Annahmen des Stifters unzutreffend waren (z. B. mündelsicher = risikolos), sei es weil sich die Sachlage geändert hat (z. B. Anstieg der Inflation), so muss der Vorstand des Weiteren prüfen, ob die unveränderte Befolgung der Stiftungsverfassung weiterhin möglich und gemessen an dem objektivierten Stifterwillen, wie er in dem Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommt (z. B. mündelsicher = möglichst risikoarm), interessengerecht ist. Dabei ist eine unveränderte Befolgung der Anordnungen des Stifters dann nicht (mehr) als interessengerecht anzusehen, wenn der Stiftung hierdurch im Blick auf die Erfüllung des Stiftungszwecks Nachteile entstehen oder Vorteile entgehen würden, die der Stifter nicht bedacht hat. Ist dies der Fall, dann darf und muss der Stiftungsvorstand von den Anordnungen des Stifters abweichen, und zwar in einer Art und Weise, die der Stiftungsverfassung, insbesondere dem objektiven Stifterwillen angesichts der geänderten Sachlage entspricht (z. B. Verkauf eines Teils der mündelsicheren Anlagen und Anlage des Erlöses in Substanzwerten, s. u. § 20 A.III.).20 Zu beachten ist dabei allerdings, dass nicht alle Anordnungen des Stifters von gleichem Gewicht sind. Es liegt auf der Hand, dass bspw. eine Bestimmung über die Anzahl der Mitglieder eines Organs für gewöhnlich weniger wichtig ist als Bestimmungen über die Kompetenzen des Organs oder die Einrichtung des Organs selbst. Dementsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen an eine Satzungsänderung. Je bedeutsamer die in Frage stehende Bestimmung ist, desto erheblicher muss sich die Sachlage geändert haben und desto größer müssen die Vor- bzw. Nachteile sein, die der Stiftung ohne die geplante Satzungsänderung entgehen bzw. entstehen würden. Anders gewendet muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein: Eine unwesentliche Veränderung der Verhältnisse rechtfertigt keine wesentliche Umgestaltung der Stiftungsverfassung. ___________ 20 Vgl. MünchKomm/Seiler, BGB, § 665 Rdnr. 2, 14 ff.
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§ 13 Grundlagenänderungen
Die Pflicht zum „denkenden Gehorsam“ trifft den Vorstand als Geschäftsführungsorgan. Stellt ein Vereinsvorstand fest, dass Bestimmungen der Vereinssatzung nicht mehr interessengerecht sind, so hat er gemäß §§ 27 Abs. 3, 665 S. 2 BGB die Mitgliederversammlung hiervon in Kenntnis zu setzen, ihr sachgerechte Vorschläge zur Beschlussfassung zu unterbreiten und deren Entscheidung abzuwarten. Die Stiftung verfügt dagegen nach ihrer gesetzlichen Regelverfassung über kein, einem Auftraggeber bzw. einer Mitgliederversammlung vergleichbares autonomes Entscheidungszentrum. Insbesondere sind – abseits anderweitiger Satzungsbestimmungen – weder der Stifter noch – abseits von § 87 BGB i. V. m. entsprechenden Landesbestimmungen – die Stiftungsaufsichtsbehörde zu Grundlagenänderungen befugt. Zwar ersetzt die Stiftungsaufsicht funktional die bei der Stiftung fehlende Mitgliederkontrolle. Im Blick hierauf weisen ihr die Stiftungsgesetze bestimmte Kontrollrechte und Eingriffsbefugnisse zu und sehen nicht zuletzt vor, dass Satzungsänderungen der Genehmigung bedürfen. Diese Genehmigung hat jedoch nichts mit der „Entschließung“ i. S. d. § 665 S. 2 BGB zu tun; denn abgesehen davon, dass § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 664 ff. BGB, wie ausgeführt wurde,21 nur die Rechte und Pflichten des Vorstands gegenüber der Stiftung und nicht gegenüber der Stiftungsaufsicht regelt, ist letztere grundsätzlich nicht befugt, den Willen der Stiftung zu bilden. Vielmehr kommt diese Befugnis nach der gesetzlichen Regelverfassung allein dem Stiftungsvorstand zu, der nicht nur Geschäftsführungsorgan, sondern allzuständig und daher auch zu Grundlagenänderungen berufen ist.22 Die Vorschrift des § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 S. 2 BGB passt daher auf die gesetzliche Regelverfassung der Stiftung insoweit nicht. Stellt der Stiftungsvorstand fest, dass Anordnungen des Stifters in Anbetracht einer gegenüber dessen Vorstellungen abweichenden Sachlage und gemessen an dessen objektiven Willen insbesondere im Blick auf die Verfolgung des Stiftungszwecks nicht (mehr) interessengerecht sind, so ist der Vorstand daher berechtigt und verpflichtet, die betreffenden Bestimmungen nach pflichtgemäßem Ermessen, d. h. insbesondere unter Beachtung der Stiftungsverfassung entsprechend dem objektiven Stifterwillen und mit dem Ziel der Förderung des Stiftungszwecks selbstständig zu ändern.23 Betrifft die Änderung eine Nebenordnung24, so wird sie ohne weiteres wirksam.25 ___________ 21 S. o. § 10 A.II. 22 Unstr., s. o. § 10 C. 23 Unter den (engeren) Voraussetzungen des § 313 BGB hält auch MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 1, die Stiftungsorgane für verpflichtet, die Stiftungsverfassung zu ändern, wenn dies zur sachgerechten Erfüllung des Stiftungszwecks erforderlich ist. 24 S. hierzu o. § 7 C.
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Handelt es sich dagegen um eine Satzungsänderung, so bedarf diese nach Landesrecht für ihre Wirksamkeit der Genehmigung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde. Anders ist die Lage, wenn die Stiftung über ein gewillkürtes, für Grundlagenänderungen zuständiges Organ verfügt. In diesem Fall ist § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 S. 2 BGB mit der Folge anwendbar, dass der Stiftungsvorstand das zuständige Organ von der gegenüber den Annahmen des Stifters abweichenden Sachlage in Kenntnis zu setzen hat, ihm sachgerechte Vorschläge zur Beschlussfassung zu unterbreiten und dessen Entscheidung abzuwarten hat. Das zuständige Organ hat dann zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Satzungsänderung gegeben sind, die vorgeschlagene Satzungsänderung zweckfördernd ist und dem objektiven Stifterwillen angesichts der geänderten Sachlage entspricht. Ist dies der Fall hat es die Satzungsänderung zu beschließen. Hernach ist die aufsichtsrechtliche Genehmigung einzuholen. Diese Grundsätze gelten auch in Fällen sog. Satzungsdurchbrechungen, d. h. wenn der Vorstand aufgrund der besonderen Sachlage nur für einen Einzelfall punktuell von Bestimmungen der materiellen Stiftungsverfassung abweichen will. Das führt freilich zu der Frage, wie sich der Vorstand zu verhalten hat, wenn er aufgrund einer gegenüber den Vorstellungen des Stifters abweichenden Sachlage von der Stiftungsverfassung abgehen will bzw. muss, die Einhaltung des nach der Stiftungsverfassung für Grundlagenänderungen vorgesehenen Verfahrens aber infolge der hiermit verbundenen Verzögerung die Interessen der Stiftung gefährden würde. Im Gesellschaftsrecht ist die Frage umstritten.26 Im Stiftungsrecht ist sie in § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 S. 2 BGB geregelt. Danach ist der Stiftungsvorstand berechtigt und verpflichtet, sich über Anordnungen des Stifters auch ohne eine vorherige Änderung der Stiftungsverfassung hinwegzusetzen, wenn: – die Sachlage von den Annahmen, die den Anordnungen der Stiftungsverfassung zugrunde liegen, abweicht, – die unveränderte Befolgung der Stiftungsverfassung gemessen an dem objektiven Stifterwillen nicht (mehr) interessengerecht ist,
___________ 25 Das schließt es allerdings nicht aus, dass die Behörde Maßnahmen des Vorstands beanstanden und auf deren Rückgängigmachung drängen kann, wenn sie gegen die Stiftungsverfassung verstoßen, s. etwa § 10 BWStiftG. 26 Vgl. etwa BGHZ 123, 15, 19 f.; 83, 122, 130 ff.; Hüffer, AktG, § 179 Rdnr. 8 f.; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 53 Rdnr. 23 ff., jew. m. w. Nw.
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§ 13 Grundlagenänderungen
– das Abgehen von der Stiftungsverfassung dem objektiven Stifterwillen angesichts der geänderten Sachlage entspricht, d. h. insbesondere verhältnismäßig und zweckfördernd ist sowie – mit einem Einhalten des für Grundlagenänderungen vorgesehenen Verfahrens die Gefahr verbunden ist, dass der Stiftung gemessen an dem objektiven Stifterwillen insbesondere im Blick auf die Förderung des Stiftungszwecks Nachteile entstehen oder Vorteile entgehen und – eine Billigung der erforderlichen Grundlagenänderung durch das hierfür ggf. zuständige Stiftungsorgan sowie die Stiftungsaufsicht27 zu erwarten ist. Überdies hat der Vorstand entsprechend § 665 S. 2 BGB die Abweichung von der Stiftungsverfassung unverzüglich dem hierfür zuständigen Organ anzuzeigen und das für Grundlagenänderungen vorgesehene Verfahren einzuleiten. Anders ist wiederum die Lage, wenn die Stiftungssatzung lückenhaft ist. Im Ausgangspunkt ist dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um eine bewusste oder eine unbewusste Lücke handelt.28 Ist anzunehmen, dass der Stifter bestimmte Fragen in der Satzung bewusst nicht geregelt hat, weil er insoweit keine Anordnungen treffen, sondern den zuständigen Stiftungsorganen einen eigenen Handlungsspielraum eröffnen wollte (z. B. hinsichtlich der Vermögensanlage), so haben die zuständigen Stiftungsorgane diesen Handlungsspielraum nach eigenem Ermessen auszufüllen. Das schließt die Befugnis ein, erforderlichenfalls die Satzung (oder eine Nebenordnung) zu ergänzen. Dabei haben sie ihr Ermessen pflichtgemäß auszuüben, d. h. insbesondere unter Beachtung der Stiftungsverfassung entsprechend dem objektiven Stifterwillen mit dem Ziel der Förderung des Stiftungszwecks. Weitere materielle Anforderungen bestehen nicht. Insbesondere bedarf es keiner gegenüber den Annahmen des Stifters veränderten Sachlage. War die Lücke dagegen unbewusst, so weicht die wahre Sachlage von der angenommenen Sachlage ab. Ist die Lücke nicht interessengerecht, so ist die Satzung durch die zuständigen Stiftungsorgane gleichfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu ergänzen. Im Ergebnis sind die zuständigen Stiftungsorgane also stets ermächtigt eine lückenhafte Stiftungssatzung nach pflichtgemäßem Ermessen zu ändern, vgl. auch §§ 81 Abs. 1 S. 4, 83 S. 2 bis 4 BGB.29 ___________ 27 Dabei sind die nach Landesrecht ggf. bestehenden besonderen Voraussetzungen für Grundlagenänderungen zu berücksichtigen, dazu u. I.2. 28 Vgl. MünchKomm/Seiler, BGB, § 665 Rdnr. 15. 29 Insofern ist Hoppe, abhängige Stiftung, S. 31 f., zuzustimmen: Eine lückenhafte Stiftungssatzung verleiht der Stiftung keine Autonomie, weil erforderliche Ergänzungen stets nach pflichtgemäßem Ermessen – und d. h. insbes. auch unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Stifterwillens – zu erfolgen haben. Indes ist nicht zu verkennen,
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
b) § 87 BGB Auf Grundlage von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB kann allerdings weder der Stiftungszweck geändert noch die Stiftung aufgehoben werden;30 denn ebenso wenig wie der Auftraggeber den Inhalt des Auftrages durch Weisungen verändern darf,31 ist der Beauftragte berechtigt, von dem Inhalt des Auftrages abzuweichen, und zwar auch dann nicht, wenn die Ausführung des Auftrages unmöglich geworden ist. In diesem Fall greift vielmehr § 275 Abs. 1 BGB mit der Folge ein, dass der Beauftragte von seiner Leistungspflicht frei wird. Im Stiftungsrecht kommt dagegen an dieser Stelle § 87 Abs. 1 BGB zur Anwendung, wonach die Stiftungsaufsichtsbehörde bei rechtlicher (Gemeinwohlgefährdung)32 oder tatsächlicher Unmöglichkeit der Zweckerfüllung die Stiftung aufheben, ihren Zweck ändern oder (i. V. m. dahingehenden landesgesetzlichen Vorschriften) sie mit anderen Stiftungen zusammenlegen kann. Zweckänderung, Aufhebung bzw. Zusammenlegung haben dabei nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen. § 87 Abs. 2 Satz 1 BGB hat insofern nur klarstellende Bedeutung. Da die Befugnisse der Stiftungsaufsichtsbehörde jedoch subsidiär sind,33 sind es in erster Linie die Stiftungsorgane, die bei Unmöglichkeit der Zweckerfüllung dazu berufen sind, eine Zweckänderung, Aufhebung oder Zusammenlegung nach pflichtgemäßem Ermessen durchzuführen. Die Behörde hat dann diese Maßnahmen zu genehmigen, wenn die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB gegeben sind und die Stiftungsorgane ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt haben. c) Zwischenergebnis Satzungsänderungen sind gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB zulässig, wenn ___________
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dass hierdurch gleichwohl Handlungsspielräume entstehen, zumal wenn sie bewusst geschaffen wurden; denn in diesem Fall hat der Stifter im Blick auf die konkrete Frage bewusst keinen Willen gebildet, sondern sie offen gelassen, damit die Stiftungsorgane selbst entscheiden, was dem Stiftungszweck am besten frommt. Auch eine nach Landesrecht teilweise vorgesehene Zulegung oder Zusammenlegung der Stiftung ist auf dieser Grundlage nicht möglich, da diese Maßnahmen eine Aufhebung der Stiftung voraussetzen. MünchKomm/Seiler, BGB, § 665 Rdnr. 12. Nachdem auch hier (s. o. § 5 C.I.2.) allein das gesetzlich konkretisierte Gemeinwohl von Belang ist, handelt es sich um einen Fall rechtlicher Unmöglichkeit, zutr. statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, § 87 Rdnr. 7. Vgl. § 6 S. 2 BWStiftG; näher u. C.
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§ 13 Grundlagenänderungen
– die Sachlage von den Annahmen des Stifters, die den Anordnungen der Stiftungsverfassung zugrunde liegen, abweicht und – die unveränderte Befolgung der Stiftungsverfassung gemessen an dem objektiven Stifterwillen insbesondere im Blick auf die Verfolgung des Stiftungszwecks nicht (mehr) interessengerecht ist. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Je bedeutsamer die in Frage stehende Bestimmung ist, desto erheblicher muss sich daher die Sachlage geändert haben und desto größer müssen die Vor- bzw. Nachteile sein, die der Stiftung ohne die Satzungsänderung entgehen bzw. entstehen würden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann haben die zuständigen Stiftungsorgane die Satzung nach pflichtgemäßem Ermessen, d. h. insbesondere unter Beachtung der Stiftungsverfassung entsprechend dem objektiven Stifterwillen und mit dem Ziel der Förderung des Stiftungszwecks, zu ändern. Eine Zweckänderung oder Aufhebung der Stiftung setzt dagegen gemäß § 87 BGB die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Zweckerfüllung voraus. Welche dieser Maßnahmen in welcher Weise ergriffen wird, liegt dabei aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes zuvörderst im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane. Allerdings handelt es sich bei § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB, § 87 BGB weitgehend um dispositives Recht (näher u. A.II.). Gemäß § 85 BGB können dementsprechend auch die Landesgesetze abweichende Regelungen vorsehen (dazu u. A.II.2.b.).34 Lediglich § 87 BGB ist insoweit zwingend, als es sich um eine Mindestregelung handelt, hinter der weder der Stifter noch die Landesgesetze zurückbleiben können. 2. Landesrecht Soweit das Landesrecht von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB, § 87 BGB abweichende materielle Voraussetzungen für Grundlagenänderungen enthält, sind sie Teil der Stiftungsverfassung i. S. d. §§ 85, 86 S. 1 BGB,35 ___________ 34 Ganz h. M., s. nur RGZ 121, 166, 167, Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 173 ff.; Ebersbach, Handbuch, S. 79, sowie etwa Jeß, Verhältnis, S. 81 f. m. w. Nw.; in dieser Allgemeinheit bestreitet das wohl auch MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 1 ff., nicht, der sich vornehmlich gegen autonome Grundlagenänderungen wendet, dazu u. II.; differenzierend Staudinger/Rawert, BGB § 87 Rdnr. 18 ff. 35 Vgl. o. § 7 D. A. A. im Blick auf landesrechtliche Bestimmungen über Zweckänderungen und die Aufhebung der Stiftung durch Stiftungsorgane, Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 105 m. w. Nw. Wie ein schlichter Vergleich mit der Rechtslage im Gesellschaftsrecht zeigt, ist das jedoch falsch. Dort sind Regelungen über Zweckänderungen und die Auflösung der Gesellschaft selbstverständlicher Teil der gesetzlichen oder
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
betreffen also nicht nur die öffentlich-rechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen, sondern auch die zivilrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen für Grundlagenänderungen. Das ergibt sich daraus, dass Grundlagenänderungen, die geringeren landesrechtlichen, nicht aber höheren bundesrechtlichen Voraussetzungen entsprechen, andernfalls mangels zivilrechtlicher Wirksamkeit entgegen dem erkennbaren Willen der Landesgesetzgeber nicht genehmigungsfähig wären; denn die Genehmigung vermag die zivilrechtliche Unwirksamkeit nicht zu heilen.36 Die Regelungen der Landesstiftungsgesetze über Grundlagenänderungen sind zum Teil – wenigstens auf den ersten Blick – höchst unterschiedlich. Überwiegend37 unterscheiden sie der Sache nach zwischen einfachen und qualifizierten Grundlagenänderungen, die den Zweck oder den Bestand der Stiftung berühren oder (so §§ 8 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 7 Abs. 1 S. 2 NdsStiftG, 7 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG, 5 Abs. 1 Nr. 1 SHStiftG, ähnlich § 7 Abs. 1 NRWStiftG, 8 Abs. 1 RPStiftG) ihre ursprüngliche Gestalt wesentlich verändern. a) Einfache Grundlagenänderungen Hinsichtlich einfacher Grundlagenänderungen begnügen sich einige Stiftungsgesetze damit zu bestimmen, dass sie einer behördlichen Genehmigung bedürfen.38 In diesen Fällen ist somit anzunehmen, dass einfache Grundlagenänderungen unter den oben genannten Voraussetzungen des § 86 S. 1
___________ statutarischen Verfassung der Gesellschaft. Warum das im Stiftungsrecht anders sein soll, ist nicht ersichtlich. § 87 BGB entfaltet daher entgegen der Ansicht Muschelers auch keine Sperrwirkung. Und die immer wieder bemühte Analogie zu erbrechtlichen Vorschriften (hier § 2216 Abs. 2 Satz 2 BGB) ist ohnehin wegen fehlender Lücke und mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte abzulehnen. 36 Vgl. BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160; BGH, WM 1976, 869, 871 (= StiftRspr. III, S. 1); VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5 ff. m. Anm. Kronke sowie u. § 16 B.III. jew. m. w. Nw. 37 Ausnahmen: Art. 9 Abs. 3 S. 1 BayStiftG, §§ 10 BbgStiftG, 11 MVStiftG, 21 SaStiftG, 21 SAStiftG, 21 ThStiftG. 38 Art. 9 Abs. 3 BayStiftG, §§ 6 S. 1 BWStiftG, 5 Abs. 1 BlnStiftG (bei Familienstiftungen ist allerdings auch § 10 Abs. 3 BlnStiftG zu beachten), 10 BbgStiftG. Nach dem Wortlaut von § 9 HeStiftG wird die Stiftungssatzung auf Antrag der zuständigen Stiftungsorgane durch die Behörde geändert. Materiell handelt es sich hierbei jedoch ebenfalls um einen bloßen Genehmigungsvorbehalt. Die gegenteilige Ansicht von Stengel, HeStiftG, § 9 Anm. 1, ist weder mit der grundgesetzlich geschützten Stiftungsautonomie noch mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar.
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§ 13 Grundlagenänderungen
i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB nach pflichtgemäßem Ermessen zulässig sind,39 wenn nicht die Stiftungssatzung etwas anderes bestimmt40. Andere Stiftungsgesetze halten diesen Primat des Stifterwillens ausdrücklich fest, indem sie bestimmen, dass Grundlagenänderungen jedenfalls dann zulässig sind, wenn sie in der Satzung vorgesehen sind41 bzw. voraussetzen, dass die Satzung nicht entgegensteht42. Teilweise wird überdies klargestellt, dass bei Grundlagenänderungen der Wille des Stifters zu berücksichtigen ist43 bzw. nicht entgegenstehen darf.44 Darüber hinaus wird teilweise angeordnet, dass der lebende Stifter gehört45 oder ihm gar ein Zustimmungsrecht eingeräumt werden soll.46 Ferner betonen eine Reihe von Stiftungsgesetzen, dass durch Satzungsänderungen nicht in die Rechte der Destinatäre einge___________ 39 A. A. (wesentliche Veränderung der Verhältnisse) zu Art. 8 Abs. 3 BayStiftG Voll/ Störle, BayStiftG, Art. 8 Rdnr. 4. 40 So ausdrücklich § 10 Abs. 1 S. 1 BbgStiftG. 41 So §§ 8 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BreStiftG, 11 Abs. 1 lit. a MVStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 Fall 1 NdsStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 Fall 1 SaarStiftG, 21 Abs. 1 Fall 1 SaStiftG, 21 Abs. 1 Fall 1 SAStiftG, 21 Abs. 1 Fall 1 ThStiftG. Besagt die Satzung lediglich, dass ein bestimmtes Stiftungsorgan (ggf. mit Zustimmung eines anderen Stiftungsorgans) die Satzung ändern kann, ohne Näheres zu den Voraussetzungen zu bestimmen, so stehen Grundlagenänderungen nicht voraussetzungslos im freien Ermessen der zuständigen Organe. Vielmehr beinhalten solche Klauseln im Zweifel lediglich eine Kompetenzregelung und haben im Übrigen klarstellende Bedeutung, nämlich dass Satzungsänderungen unter den gesetzlichen Voraussetzungen zulässig sind. Die Befürchtungen von Neuhoff, DtZ 1991, 435, 436, der bereits in der Formulierung der genannten landesrechtlichen Bestimmungen vereinsrechtliche Elemente zu erblicken meint, sind daher unbegründet. 42 §§ 10 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BbgStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HbgStiftG, 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 NRWStiftG, 8 Abs. 1 Hs. 1 RPStiftG. Gemeint sind hiermit Satzungsbestimmungen, die Satzungsänderungen im Allgemeinen oder in bestimmten Punkten ausschließen (sog. Ewigkeitsklauseln). Solche Klauseln sind im Stiftungsrecht – anders als im Gesellschaftsrecht – zulässig. Satzungsänderungen (in den betreffenden Punkten) dürfen dann nur unter den Voraussetzungen des § 87 BGB bzw. einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisses (dazu sogleich im Text unter b.) erfolgen. 43 §§ 5 Abs. 1 S. 2 BlnStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 HeStiftG, 11 Abs. 2 S. 1 i. V. m. 2 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 NdsStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 SaarStiftG. Für ein Beispiel, welche Bedeutung dem zukommen kann, s. KG, StiftRspr. III, S. 50 ff. 44 § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HbgStiftG. 45 §§ 10 Abs. 2 BbgStiftG, 7 Abs. 3 S. 2 HbgStiftG; nach § 10 Abs. 3 BlnStiftG sollen bei Familienstiftungen in der Regel die Familienmitglieder angehört werden; s. ferner u. C. Fn. 225. 46 §§ 8 Abs. 1 S. 3 BreStiftG, 11 Abs. 2 S. 2 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 2 NdsStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 5 Abs. 1 letzter Hs. SHStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 ThStiftG; s. auch § 7 Abs. 2 S. 2 SaarStiftG; s. ferner u. C. Fn. 226.
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griffen werden darf.47 Auch diese Bestimmung hat freilich nur klarstellende Bedeutung.48 Materiell enthalten all diese Bestimmungen mithin ebenfalls keine Abweichungen gegenüber den bürgerlich-rechtlichen Anforderungen für einfache Satzungsänderungen. Formell sind allerdings die Anhörungsund Zustimmungserfordernisse zugunsten des lebenden Stifters zu beachten.49 Schließlich sehen etliche Landesstiftungsgesetze vor, dass Grundlagenänderungen nur zulässig sind, wenn entweder eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist50 oder keine wesentliche Veränderung der ursprünglichen Gestaltung angestrebt wird51. Eine wesentliche Veränderung der ursprünglichen Gestalt der Stiftung ist anzunehmen, wenn die geplante Satzungsänderung Bestimmungen betrifft, die aus Sicht des objektiven Stifterwillens gleichsam zu den „Geschäftsgrundlagen“ des Stiftungsgeschäfts bzw. der Stiftungssatzung gehören. Erforderlich ist eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalls. Zugleich folgt aus diesen Bestimmungen im Umkehrschluss, dass Satzungsänderungen, denen keine derartig zentrale Bedeutung zukommt, nach diesen Landesgesetzen bereits unterhalb der Schwelle einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse zulässig sind.52 Im Blick hierauf heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 8 Abs. 1 RPStiftG: „Damit soll dem Vorstand der Stiftung die Möglichkeit eröffnet werden, redaktionelle oder auch inhaltliche Änderungen der Stiftungssatzung … beschließen zu können, ohne hierbei an zusätzliche materielle Kriterien gebunden zu sein.“53 Demnach könnte man den Eindruck gewinnen, dass einfache Satzungsänderungen im freien Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane stünden, das rheinland-pfälzische Stiftungsgesetz die Stiftungsorgane also insofern von ihrer Pflichtbindung insbesondere an den Stifterwillen entbinden wollte. Das ist indes nicht intendiert, wie die Begründung zu dem Anerkennungserfordernis ___________ 47 §§ 11 Abs. 2 S. 3 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 3 NdsStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 SaStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 SAStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 ThStiftG. 48 S. u. § 16 B.III. 49 Näher dazu u. § 16 A.I.3. 50 §§ 8 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 5 Abs. 1 Nr. 2 SHStiftG. Allein auf dieses Merkmal stellen §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HbgStiftG, 11 Abs. 1 S. 1 lit. b MVStiftG, 21 Abs. 1 SaStiftG, 21 Abs. 1 SAStiftG, 21 Abs. 1 ThStiftG ab. 51 §§ 8 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 7 Abs. 1 S. 2 NdsStiftG, 7 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG, 5 Abs. 1 Nr. 1 SHStiftG. Allein darauf stellen §§ 5 Abs. 1 S. 1 NRWStiftG, 8 Abs. 1 RPStiftG, ab. 52 Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 2.a. 53 LT-Drs. 14/3129, S. 24.
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§ 13 Grundlagenänderungen
nach § 8 Abs. 3 RPStiftG zeigt. Dort heißt es weiter: „Dabei wird sich die Stiftungsbehörde im Blick auf die nach § 1 Abs. 2 des Gesetzentwurfs zu gewährleistende Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Organe der Stiftung regelmäßig darauf beschränken können, vor allem die formalen Erfordernisse der ordnungsgemäßen Beschlussfassung durch den Vorstand der Stiftung und das Ergebnis einer etwaigen Anhörung der Stifterin oder des Stifters zu prüfen. Ist insoweit ein Rechtsverstoß nicht erkennbar, kommt eine Versagung der Anerkennung des Beschlusses über die Änderung der Satzung oder auch die Aufhebung der Stiftung allenfalls dann in Betracht, wenn sich aus der Satzung selbst Anhaltspunke für einen entgegenstehenden Stifterwillen herleiten lassen oder [für qualifizierte Grundlagenänderungen nach § 8 Abs. 2 RPStiftG] die Voraussetzungen einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse offensichtlich nicht vorliegen.“54 Bleiben die Stiftungsorgane hiernach aber weiterhin an den im Stiftungsgeschäft55 und in der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommenden objektiven Stifterwillen gebunden, so folgt hieraus zweierlei: Erstens kommt eine Abweichung von dem objektiven Stifterwillen nur in Betracht, wenn dies durch eine von den Annahmen des Stifters geänderte Sachlage gerechtfertigt ist. Und zweitens hat die Satzungsänderung in einer Weise zu erfolgen, die angesichts der geänderten Sachlage dem objektiven Stifterwillen entspricht. M. a. W. bleibt es auch nach diesen Stiftungsgesetzen im Ergebnis bei den Anforderungen des § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB. Soweit die Stiftungsgesetze auch für einfache Satzungsänderungen dagegen eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse voraussetzen,56 so liegt hierin eine Verschärfung gegenüber den bürgerlich-rechtlichen Anforderungen, die ihrerseits ja nur dann eine wesentliche Veränderung der Sachlage voraussetzen, wenn eine entsprechend wesentliche Satzungsänderung in Frage steht. b) Qualifizierte Grundlagenänderungen Auch hinsichtlich einer Änderung des Zwecks, Aufhebung bzw. Zusammenlegung der Stiftung oder ihrer wesentlichen Umgestaltung halten die meisten Stiftungsgesetze zunächst ausdrücklich fest, dass derartige qualifi___________ 54 LT-Drs. 14/3129, S. 25. 55 Entgegen der zitierten Begründung darf das Stiftungsgeschäft bei der Ermittlung des Stifterwillens selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden. 56 Das ist außer denjenigen Landesgesetzen, die noch auf dem Stiftungsgesetz der DDR beruhen (nämlich §§ 21 Abs. 1 SaStiftG, 21 Abs. 1 SAStiftG, 21 Abs. 1 ThStiftG sowie mittelbar wohl auch § 11 Abs. 1 S. 1 lit. b MVStiftG) nur nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HbgStiftG der Fall.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
zierte Grundlagenänderungen jedenfalls dann zulässig sind, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist.57 Dabei enthalten die Stiftungsgesetze keine Bestimmungen darüber, welche Anforderungen an eine solche Satzungsbestimmung zu stellen sind. Vielmehr bestimmen sie zum Teil ausdrücklich, dass die Satzung qualifizierte Grundlagenänderungen auch unterhalb der Schwelle einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse gestatten kann.58 Enthält die Satzung keine diesbezüglichen Vorschriften, ist nach der Mehrzahl der Stiftungsgesetze für eine Änderung des Zwecks, Aufhebung bzw. Zusammenlegung der Stiftung oder ihre wesentliche Umgestaltung eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse erforderlich.59 Dabei ist unter dem Begriff des Zwecks lediglich der Stiftungszweck i. e. S. zu verstehen, nicht auch der Gegenstand der Stiftungstätigkeit (vgl. o. § 5 A., B.).60 Das ergibt sich daraus, dass geringfügige Erweiterungen oder Einschränkungen der Geschäftstätigkeit nicht einmal die Schwelle einer wesentlichen Umgestaltung der Stiftung erreichen. Manche Stiftungsgesetze sprechen daher auch von einer wesentlichen Änderung des Stiftungszwecks.61 Mit der Formulierung „wesentliche Veränderung der Verhältnisse“ lehnen sich die Landesgesetze dabei offenbar an die sog. clausula rebus sic stantibus (vgl. § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG)62 bzw. die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)63 an. Danach muss die Sachlage derart von den Annahmen des Stifters abweichen, die dem Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung zugrunde liegen, dass davon ausgegangen werden kann, der Stifter hätte bei Kenntnis der (neuen bzw. wahren) Sachlage die Stiftung entweder gar nicht erst errichtet, ihr eine andere Zweckbestimmung oder ihr ___________ 57 §§ 14 Abs. 2 S. 1 BWStiftG, 5 Abs. 2 BlnStiftG, 8 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 9 Abs. 2 S. 2 HeStiftG, 11 Abs. 1 S. 1 lit. A, S. 2 MVStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 21 Abs. 1 SaStiftG, 21 Abs. 1 SAStiftG, 21 Abs. 1 ThStiftG; nur zur Auflösung auch § 7 Abs. 2 Nr. 1 HbgStiftG. 58 So §§ 5 Abs. 2 BlnStiftG, 9 Abs. 2 S. 2 HeStiftG; s. aber auch §§ 8 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 11 Abs. 1 MVStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, § 5 Abs. 2 S. 1 NRWStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 21 Abs. 1 SaStiftG, 21 Abs. 1 SAStiftG, 21 Abs. 1 ThStiftG, bei denen sich dies aus der Alternativität der Voraussetzungen – entweder Satzungsbestimmung oder wesentliche Veränderung der Verhältnisse – ergibt. 59 So §§ 5 Abs. 2 BlnStiftG, 8 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HbgStiftG, 9 Abs. 2 S. 1 HeStiftG, 11 Abs. 1 S. 1 lit. b MVStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 5 Abs. 2 S. 1 NRWStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 21 Abs. 1 SaStiftG, 21 Abs. 1 SAStiftG, 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 SHStiftG, 21 Abs. 1 ThStiftG. 60 Der Anwendungsbereich des § 87 BGB ist dagegen weiter, s. u. C. 61 So § 5 Abs. 2 S. 1 HbgStiftG, ähnlich § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SHStiftG. 62 KG, StiftRspr. I, S. 163, 170. 63 Statt anderer Soergel/Neuhoff, BGB, § 87 Rdnr. 4.
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§ 13 Grundlagenänderungen
eine andere Satzung gegeben. Im ersten Fall ist eine Aufhebung, im zweiten Fall eine Zweckänderung und im dritten Fall eine Änderung wesentlicher Satzungsbestandteile gerechtfertigt. Zugunsten des lebenden Stifters sehen wiederum eine Reihe von Landesgesetzen Anhörungs-64 bzw. Zustimmungsrechte65 vor. Allerdings enthalten nicht alle Landesstiftungsgesetze Bestimmungen für den Fall, dass die Frage einer Änderung des Zwecks, Aufhebung oder Zusammenlegung der Stiftung in der Satzung ungeregelt geblieben ist.66 In diesen Ländern verbleibt es somit bei den bundesrechtlichen Voraussetzungen mit der Folge, dass die genannten Grundlagenänderungen nur bei rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit der Zweckerfüllung zulässig sind. Besonders zu erwähnen ist ferner § 7 Abs. 1 S. 2 Fall 2 NdsStiftG. Danach sind Satzungsänderungen, die zwar den Stiftungszweck nicht berühren, wohl aber die ursprüngliche Gestaltung der Stiftung wesentlich verändern, auch dann zulässig, wenn sie die Erfüllung des Stiftungszwecks erleichtern. Dabei ist der Wille des Stifters zu berücksichtigen, § 7 Abs. 2 S. 1 NdsStiftG. Auch hierin liegt im Ergebnis wohl keine Abweichung von den bundesrechtlichen Anforderungen; denn nach dem mutmaßlichen Stifterwillen wird eine wesentliche Umgestaltung der Stiftungsverfassung nur gerechtfertigt sein, wenn dem eine entsprechend wesentliche Erleichterungen bei der Erfüllung des Stiftungszwecks gegenüberstehen. Dann aber ist die gleiche Maßnahme nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB gerechtfertigt. Bemerkenswert ist schließlich § 7 Abs. 3 S. 2 NdsStiftG, wonach die Satzung auch Dritte zu Grundlagenänderungen ermächtigen kann. Nach dem hier vertretenen Organbegriff (s. o. § 9) ist freilich ein solcher „Dritter“ ebenfalls als Organ der Stiftung anzusehen (s. o. § 11 A.VII.). Betont wird hiermit also nur erneut die Gestaltungsfreiheit des Stifters.67 ___________ 64 §§ 10 Abs. 2 BbgStiftG, 7 Abs. 3 S. 2 HbgStiftG, 5 Abs. 2 S. 2 NRWStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG. 65 §§ 8 Abs. 1 S. 3 BreStiftG, 11 Abs. 2 S. 2 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 2 NdsStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 5 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 SHStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 ThStiftG; vgl. auch § 7 Abs. 2 S. 2 SaarStiftG: machen Stifter von dieser Möglichkeit Gebrauch, werden sie zu einem Organ der Stiftung (s. o. § 9) und ihre Zustimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Grundlagenänderung. 66 Art. 9 Abs. 3 BayStiftG, §§ 6, 14 Abs. 2 BWStiftG, 10 Abs. 1 BbgStiftG. 67 Eine nämliche Bestimmung enthielt 7 Abs. 3 S. 2 SaarStiftG a. F. Sie wurde gestrichen, weil die Stiftung damit einer erheblichen Fremdbestimmung ausgesetzt würde, Begr. RegE zu § 7 SaarStiftG, LT-Drs. 12/1086, S. 8. Das ist jedoch aus den im Text genannten Gründen unrichtig, s. auch vorstehende Fn. 63.
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c) Zwischenergebnis Insgesamt kann somit festgehalten werden: Abgesehen von dem Genehmigungserfordernis statuieren die Landesstiftungsgesetze für Grundlagenänderungen durch die Stiftungsorgane (nur) teilweise von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB, § 87 BGB abweichende Voraussetzungen. Dabei senken sie diese überwiegend insofern ab, als Änderungen des Zwecks, eine Aufhebung oder Zusammenlegung der Stiftung zumeist nicht erst – wie nach § 87 BGB – bei Unmöglichkeit der Zweckerfüllung, sondern bereits bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse zulässig sind. Manche Stiftungsgesetze setzen dies allerdings auch für einfache Satzungsänderungen voraus. Eine Reihe von Landesstiftungsgesetzen normieren zudem Anhörungs- oder Zustimmungsrechte zugunsten des lebenden Stifters. Hierbei handelt es sich jedoch, wie an späterer Stelle zu zeigen sein wird (u. § 16 A.I.3.), lediglich um formelle Genehmigungsvoraussetzungen. Schließlich ist festzuhalten, dass die meisten Stiftungsgesetze ausdrücklich klarstellen, dass es in erster Linie auf die Stiftungssatzung ankommt, ob und inwieweit Grundlagenänderungen zulässig sind. Besondere Anforderungen an den Inhalt solcher Satzungsbestimmungen enthalten sie dabei nicht. 3. Ergebnis Zieht man aus alledem die Summe, so erweist sich, dass Grundlagenänderungen bei der Stiftung erheblich leichter möglich sind, als vielfach angenommen wird. Danach sind Satzungsänderungen regelmäßig unter den Voraussetzungen des § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB also dann zulässig, wenn: – die Sachlage von den Annahmen des Stifters, die den Anordnungen der Stiftungsverfassung zugrunde liegen, abweicht und – die unveränderte Befolgung der Stiftungsverfassung gemessen an dem objektiven Stifterwillen insbesondere im Blick auf die Verfolgung des Stiftungszwecks nicht (mehr) interessengerecht ist. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Je bedeutsamer die in Frage stehende Bestimmung ist, desto erheblicher muss sich daher die Sachlage geändert haben und desto größer müssen die Vor- bzw. Nachteile sein, die der Stiftung ohne die Satzungsänderung entgehen bzw. entstehen würden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann haben die zuständigen Stiftungsorgane die Satzung nach pflichtgemäßem Ermessen, d. h. insbesondere unter Beachtung der Stiftungsverfassung entsprechend dem objektiven 348
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Stifterwillen und mit dem Ziel der Förderung des Stiftungszwecks, zu ändern. Eine Zweckänderung oder Aufhebung der Stiftung setzt dagegen gemäß § 87 BGB die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Zweckerfüllung voraus. Nach Landesrecht reicht hingegen auch hierfür oft schon eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse aus. Bei alledem kommt es in jedem Fall zuvörderst auf den objektiven Stifterwillen an, ob und ggf. wie die Grundlagen der Stiftung zu ändern sind. Und das bedeutet zugleich, dass sich die Zulässigkeit von Grundlagenänderungen in erster Linie nicht nach dem Gesetz, sondern nach der Stiftungssatzung richtet.
II. Dispositive Regelungen Sowohl die bundes- als auch die landesrechtlichen Vorschriften über Grundlagenänderungen sind weitgehend dispositiv und greifen daher nur ein, wenn die Stiftungssatzung keine Regelung enthält und ihr auch kein anderweitiger Stifterwille zu entnehmen ist. Das ist weithin unstreitig und ergibt sich sowohl aus § 85 BGB (dazu s. u. II.2.b) als auch ausdrücklich aus der Mehrzahl der Landesstiftungsgesetze. Die Zulässigkeit, die Voraussetzungen, das (stiftungsinterne) Verfahren und die Art und Weise von Grundlagenänderungen richten sich somit primär nach der Stiftungssatzung. Insbesondere kann der Stifter Grundlagenänderungen erleichtern, erschweren oder ganz ausschließen. Nicht abbedingen kann der Stifter allerdings das Erfordernis einer behördlichen Genehmigung für Grundlagenänderungen sowie die Befugnis der Behörde, die Stiftung bei rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit der Zweckerfüllung gemäß § 87 BGB aufzuheben. Für diesen Fall kann er – z. B. durch Angabe eines alternativen Stiftungszwecks – nur vorsehen, dass die Stiftung nicht aufgehoben werden soll, solange ihre Fortsetzung mit geänderter Zwecksetzung möglich ist. Ausschließen kann er ferner die Möglichkeit einer Zulegung oder Zusammenlegung. Unstreitig ist dementsprechend schließlich, dass die Stiftungsorgane Grundlagenänderungen vornehmen dürfen, wenn die Stiftungsverfassung ihnen hierfür Kriterien vorgibt. Nicht hinreichend geklärt ist dagegen, ob Grundlagenänderungen auch voraussetzungslos (also insbesondere ohne Änderung der Sachlage) in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane gestellt werden können und ob dies ggf. auch für Grundlagenänderungen gilt, die den Bestand oder den Zweck der Stiftung berühren. Höchst umstritten ist ferner, ob der Stifter darüber hinaus autonome, nicht pflichtgebundene Grundlagenänderungen zulassen kann, d. h. sowohl das Ob als 349
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auch das Wie von Grundlagenänderungen in das freie, insbesondere nicht an den objektiven Stifterwillen gebundene Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane stellen kann. Diesen Fragen wird im Folgenden nachzugehen sein. 1. Meinungsstand a) Rechtsprechung Zu der Frage, ob und inwieweit der Stifter Grundlagenänderungen in das Ermessen der Stiftungsorgane stellen kann, wurde von der Rechtsprechung bisher vor allem in drei Entscheidungen Stellung genommen.68 In einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26.2.1969 heißt es: „Gegen … [eine] Ermächtigung zur autonomen Rechtsgestaltung bestehen keine Bedenken. Zwar wird die Satzung nach dem geltenden Stiftungsrecht regelmäßig durch den Stifter … bestimmt. Das schließt aber jedenfalls dann nicht eine Ergänzung der Satzung durch das Stiftungsorgan aus, wenn die Satzung oder das Gesetz dazu ermächtigt und wenn durch diese Ermächtigung … ein Rahmen vorgegeben ist. Die Aufstellung von Satzungen oder von zusätzlichen Ordnungen oder Richtlinien durch die zuständigen Organe der Stiftung ist im übrigen auch dem geltenden Recht nicht fremd (§§ 17, 23 AVStG; Art 8 Abs. 3 StG); sie ist auch unbedenklich, weil sie unter dem Vorbehalt steht, daß dafür der Stifterwille die oberste Richtschnur bildet (vgl. Art. 2 StG).“69 Nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs können (einfache) Satzungsänderungen und -ergänzungen also in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane gestellt werden.70 Eine autonome Satzungsänderung, die auf eine grundlegende Änderung des Stiftungszwecks abzielt, halten das OVG Bremen und – diese Entscheidung bestätigend – das Bundesverwaltungsgericht dagegen für unzulässig. Auch wenn in der Stiftungssatzung deren Änderung ausdrücklich zugelassen sei, könne hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass sich die Stifterin eine beliebige Auswechselung des Stiftungszwecks habe vorbehalten wollen. Eine derartige Relativierung des ursprünglichen Stifterwillens würde überdies allen Grundsätzen des Stiftungsrechts widerstreiten, die gerade darauf abzielten, ein bestimmtes Vermögen zur Erreichung eines bestimmten Zwecks auf Dauer zu verselbstständigen.71 Vielmehr entbinde auch ein Än___________ 68 S. BayVGH, StiftRspr. II, S. 2; OVG Bremen, StiftRspr. IV, S. 127; BVerwG, StiftRspr. IV, S. 151; s. ferner zum PrAGBGB KG, StiftRspr. I, S. 131. 69 BayVGH, StiftRspr. II, S. 2, 14 m. Anm. Leisner. 70 Dabei bildet die Bindung der Organe an die Stiftungsverfassung, insbesondere den Stifterwillen und den Stiftungszweck den dieser Ansicht nach vorzugebenden Rahmen. 71 OVG Bremen, StiftRspr. IV, S. 127, 131.
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derungsvorbehalt in der Satzung die Stiftungsaufsicht nicht von der Beachtung des für den Bestand der Stiftung konstitutiven Stifterwillens. Sie dürfe daher ungeachtet eines Änderungsvorbehalts keine Satzungsänderung genehmigen, die auf eine Neugründung der Stiftung mit einem anderen Stiftungszweck hinauslaufe.72 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs schließlich äußerte sich widersprüchlich. In seinem Urteil vom 22.1.198773 heißt es einerseits: „Die … der Stiftung als juristischer Person zugestandene Autonomie und ihre Ausrichtung allein auf den Stifterwillen schließen die Berücksichtigung von Sonderinteressen und die Einflußnahme durch Dritte in der Regel aus (vgl. Reuter, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 85 Rdnr. 3). Andernfalls würde der Kreis der Personen, die auf die Willensbildung der Stiftung Einfluß nehmen könnten, in einem vom Wesen der Stiftung nicht mehr zu rechtfertigenden Umfang erweitert.“ Das könnte mit Reuter dahin zu verstehen sein, dass das „Wesen der Stiftung“ und die „Stiftungsautonomie“ (näher u. 2.d) der Gestaltungsfreiheit Grenzen setzt, und zwar in der Weise, dass der Stifter gehindert ist, quasikörperschaftliche Strukturen zu statuieren. Andererseits führt jedoch der Senat einen Absatz weiter aus: „Sein (d. h. des Stifters) Wille ist im Zweifel maßgeblich, wenn es um die konkrete Ausprägung der Stiftungsverfassung geht, insbesondere hinsichtlich des Stiftungszwecks, der Befugnisse der Organe wie der Stellung der Begünstigten. Der Grundsatz der Autonomie räumt dem Stifter vielfältige Möglichkeiten ein, die Stiftung so auszugestalten, wie es seinen Vorstellungen und Interessen entspricht. Grenzen sind der Gestaltungsfreiheit nur dort gezogen, wo aus Gründen des öffentlichen Interesses Mindestanforderungen an das Stiftungsgeschäft zu stellen sind und die Privatrechtsordnung einem Rechtsgeschäft die Anerkennung versagen muss, etwa weil es gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt (BGHZ 70, 313 [324 f.] = NJW 1978, 943).“ Das aber könnte bedeuten, dass die zuvor aufgestellte Regel nur die gesetzliche Ausgangslage beschreibt, nicht aber die Gestaltungsfreiheit des Stifters beschränkt. b) Literatur Ähnlich uneinheitlich stellt sich der Meinungsstand in der Literatur dar:74 Ein Teil der Autoren hält Grundlagenänderungen, und zwar auch eine Änderung des Zwecks oder eine Aufhebung der Stiftung, immer schon dann für ___________ 72 BVerwG, StiftRspr. IV, S. 151, 153. 73 StiftRspr. IV, S. 58 ff. 74 Für einen Meinungsüberblick s. auch Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 107 m. w. Nw.
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zulässig, wenn eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage gegeben ist.75 Auch eine Ermächtigung der Stiftungsorgane zu autonomen, nicht an dem Stifterwillen orientierten Grundlagenänderungen ist demnach möglich.76 Nach anderer Ansicht sind dagegen autonome Grundlagenentscheidungen generell unzulässig.77 Überdies könnten allenfalls einfache Satzungsänderungen, die nicht den Zweck oder den Bestand der Stiftung betreffen, in das pflichtgemäße Ermessen der Stiftungsorgane gestellt werden;78 denn jede Satzungsänderung sei zumindest daraufhin zu überprüfen, ob sie im Interesse der Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Stiftung wenigstens zweckmäßig ist. Eine Änderung des Zwecks oder anderer identitätsbestimmender Merkmale der Stiftung komme dagegen nur in Betracht, wenn entweder eine wesentliche Veränderung der vom Stifter zugrunde gelegten Verhältnisse eingetreten sei oder der Stifter konkrete Kriterien aufgestellt habe, aufgrund derer die Stiftungsorgane tätig werden.79 Begründet wird dies insbesondere80 mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Schutz des in der Stiftungssatzung niedergelegten ursprünglichen Stifterwillens, der eine quasikörperschaft-
___________ 75 Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 15, § 85 Rdnr. 4, 10; Schlüter, Privatautonomie, S. 337 f.; aus der älteren Literatur Staudinger/Coing, BGB12, Vor § 80 Rdnr. 22; § 87 Rdnr. 11 f. 76 Unklar Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 172, einerseits und Rdnr. 173 andererseits; A. Werner, Zustiftung, S. 83. Für Änderungen des Stiftungszwecks durch den Stifter Schauhoff in: Handbuch Gemeinnützigkeit, § 3 Rdnr. 60 (unklar aber Rdnr. 75). 77 MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 1 ff.; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 85 Rdnr. 4; v. Rotberg, BWStiftG, § 6 Anm. 5 c; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 2 a; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 139; Jeß, Verhältnis, S. 87 ff.; auf diesem Standpunkt stand auch § 86 des Entwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 4. 78 KG, StiftRspr. I, S. 163, 173 mit Anm. Leisner, S. 174, 175; Soergel/Neuhoff, BGB, § 87 Rdnr. 7; Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 19; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 140; Ebersbach, Handbuch, S. 87; Jeß, Verhältnis, S. 87–91; Muscheler, ZSt 2003, 67, 99 110; ders, ZSt 2004, 3, 9; strenger DJT-Studienkommission, Reform, S. 30; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 2.a. 79 Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 19 f.; Jeß, Verhältnis, S. 106; dahingehend auch Ebersbach, Handbuch, S. 91; Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 109 f. 80 Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 109 f., ders.; ZSt 2004, 3, 8 f., bemüht hingegen eine Analogie zu erbrechtlichen Vorschriften, nämlich §§ 2065 Abs. 2 Fall 1, 2198–2200 BGB. Diese Analogie passt freilich in keiner Weise. Vor allem fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Eine Stiftungserrichtung ist entgegen der Ansicht Muschlers eben keine „Art von ‚kleinem Erbfall“. Vielmehr steht die Errichtung einer juristischen Person und die Bedingungen in Frage, unter denen diese handeln soll.
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liche Willensbildung ausschließe.81 Entgegenstehende Bestimmungen der Stiftungssatzung oder auch des Landesrechts seien mit § 85 BGB (i. V. m. Art. 31 bzw. 72 Abs. 1 GG) nicht vereinbar, wonach sich die identitätsbestimmenden Grundentscheidungen aus dem Stiftungsgeschäft ergeben müssten. Sie könnten daher nicht zur Disposition der Stiftungsorgane gestellt werden. Andernfalls fehle sowohl der Genehmigungs- als auch der Aufsichtsbehörde jeder Beurteilungsmaßstab.82 Überdies sei es mit dem Prinzip der Stiftungsautonomie nicht zu vereinbaren, dass die Stiftung in ein dauerndes rechtliches Abhängigkeitsverhältnis von Drittinteressen geriete.83 Schließlich meint Kronke, dass die „äußerste Grenze des Stiftungstypus“ jedenfalls dann überschritten sei, wenn die Satzung das für Satzungsänderungs- und Auflösungsbeschlüsse zuständige Organ hinsichtlich dieser Entscheidungen nicht bestimmten Regeln und Entscheidungskriterien unterwerfe.84 Nach Reuter macht die Rechtsform Stiftung „nach deutschem Recht ausschließlich Sinn als Mittel, die dauerhafte Bindung der Verwaltung eines Vermögens an den in der Satzung niedergelegten Stifterwillen zu gewährleisten.“85 2. Stellungnahme Im Ausgangspunkt ist zunächst daran zu erinnern, dass weder Bundes- noch Landesrecht Vorgaben hinsichtlich des Inhalts von Satzungsbestimmungen enthalten, die die Stiftungsorgane zu Grundlagenänderungen ermächtigen. Vielmehr weisen einige Landesgesetze ausdrücklich darauf hin, dass Grundlagenänderungen, die den Zweck oder den Bestand der Stiftung berühren, auch unterhalb der Schwelle einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse zulässig sind, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist.86 ___________ 81 Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 8; § 87 Rdnr. 20; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 10; Jeß, Verhältnis, S. 36 f., 84; vgl. auch Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 13 f., 17. 82 Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 8; MünchKomm/Reuter, BGB3, § 85 Rdnr. 1 f. 83 Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 20; MünchKomm/Reuter, BGB3, § 85 Rdnr. 4; Jeß, Verhältnis, S. 84. 84 Kronke, Stiftungstypus, S. 124, 356. Ob dies zugleich eine Grenze der Gestaltungsfreiheit darstellen soll, wird bei Kronke freilich nicht recht deutlich, s. ders., ebd., S. 78 f., 210 ff.; ders., StiftRspr. IV, S. 132 f. 85 MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 1 (a. E.). 86 So §§ 5 Abs. 2 BlnStiftG, 9 Abs. 2 S. 2 HeStiftG; s. aber auch §§ 8 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 11 Abs. 1 MVStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, § 5 Abs. 2 S. 1 NRWStiftG; 8 Abs. 2 RPStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 21 Abs. 1 SaStiftG, 21 Abs. 1 SAStiftG, 21 Abs. 1 ThStiftG, bei denen sich dies aus der Alternativität der Voraussetzungen – entweder Satzungsbestimmung oder wesentliche Veränderung der Verhältnisse – ergibt.
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Überdies ist die Befugnis von Stiftungsorganen zu autonomen, d. h. im freien Ermessen der zuständigen Organe stehenden Grundlagenänderungen – von der im Folgenden zuvörderst gehandelt werden soll – dem deutschem Stiftungsrecht keineswegs fremd; denn in Art. 2 §§ 1, 2 des PrAGBGB vom 20.9.189987, das immerhin noch bis 1985 im Saarland88 und bis 1989 in Bremerhaven galt,89 war vorgesehen, dass die Änderung der Verfassung sowie die Aufhebung einer Familienstiftung durch Beschluss der berechtigten Familienmitglieder (sog. Familienschluss, vgl. Art. 2 §§ 4 ff. PrAGBGB) erfolgen kann.90 Freilich wird im Blick hierauf geltend gemacht, dass es sich um eine Ausnahmeregelung gehandelt habe, aus der daher keine allgemeingültigen Schlüsse gezogen werden könnten.91 Und das ist gewiss insoweit zutreffend, als nach Art. 2 § 1 Satz 2 PrAGBGB in Abänderung der zuvor geltenden Rechtslage92 Grundlagenänderungen durch Familienschluss auch dann zulässig waren, wenn dies durch die Stiftungsurkunde (oder einen Familienschluss) ausdrücklich verboten war. Ähnlich wie im Verbandsrecht waren daher bei Familienstiftungen preußischen Rechts sog. „Ewigkeitsklauseln“ unwirksam.93 Das aber widerspricht dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens. Ob freilich auch der Gedanke der Zulässigkeit einer quasikörperschaftlichen Willensbildung bei der Stiftung Ausnahmecharakter hat, will sagen, nicht mit stiftungsrechtlichen Grundsätzen zu vereinbaren ist, bedarf mehr als einer bloßen Behauptung. Immerhin erfreute sich dieser Gedanke im preußischen Recht einer langen Tradition. Sah das ALR noch in II 4, 2 § 39 vor, dass der wesentliche Inhalt der Stiftungsurkunde auch durch einstimmigen Familienschluss nicht aufgehoben oder ___________ 87 GS, S. 177. Die Regelung geht zurück auf § 9 eines Ediktes vom 9.10.1807, durch das ALR 4 II § 39 aufgehoben und die beliebige Abänderbarkeit der Stiftungssatzung durch Familienschluss eingeführt wurde. 88 Vgl. § 23 Satz 2 Nr. 1 SaarStiftG in der Fassung vom 1.1.1985. 89 Vgl. Staudinger/Coing, BGB12, Vor § 80 Rdnr. 4. 90 Daneben war gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Änderungen von Stiftungen vom 10.7.1924 der Vorstand zuständig, näher dazu KG, StiftRspr. I, S. 163; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 87; Kanes, DNotZ 1965, 217. Eine Grundlagenänderung durch den Vorstand setzte jedoch – anders als bei einer Grundlagenänderung durch Familienschluss – eine wesentliche Änderung der Verhältnisse sowie – (anders als nach Art. 2 § 14 PrAGBGB) unabdingbar – eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde voraus. 91 Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 8; vgl. auch Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 30 Rdnr. 13 f., 17. 92 Vgl. § 22 des Gesetzes über Familienschlüsse bei Familienfideikommissen, Familienstiftungen und Lehen vom 15.2.1840. 93 Die Familienstiftung preußischen Rechts war daher eine Mischform zwischen Körperschaft und Stiftung. Reuter, NZG 2004, 939, 941, Fn. 26, meint daher sie sei als körperschaftsähnliches familienrechtliches Institut konzipiert gewesen.
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abgeändert werden kann, bestimmte bereits § 9 des Ediktes vom 9.10.1807, dass Familienstiftungen durch Familienschluss beliebig abgeändert oder aufgehoben werden können. Und noch heute sieht § 10 Abs. 3 S. 2, 3 BlnStiftG vor, dass die Familienmitglieder bei Grundlagenänderungen durch die zuständigen Stiftungsorgane anzuhören sind, wenn für die Änderung nicht ohnehin eine Familienversammlung als Stiftungsorgan zuständig ist oder die Aufsichtsbehörde eine Anhörung ausnahmsweise für entbehrlich hält. Hinsichtlich der geltenden Rechtslage ist überdies daran zu erinnern, dass die Mehrheit der Stiftungsgesetze dem Stifter bei Grundlagenänderungen durch die Stiftungsorgane ein Zustimmungsrecht einräumt,94 das er nach herrschender Meinung ohne Bindung an seinen objektiv-historischen Willen autonom ausüben darf.95 Überdies finden sich in Satzungen von Bürgerstiftungen Bestimmungen, wonach die Stifterversammlung allein oder zusammen mit den anderen Organen über Grundlagenänderungen beschließt.96 Dabei ist der Beschluss nach dem Wortlaut der Satzungen nur an das Erreichen bestimmter Quoren, nicht aber an das Vorliegen sachlicher Voraussetzungen geknüpft.97 Dergleichen Bestimmungen finden sich auch bei Familienstiftungen.98 Auch ausländische Stiftungsrechte kennen derartige Befugnisse. In Österreich kann sich der Stifter gemäß § 33 Abs. 2 S. 1 öPrivatStiftG unbeschränkt die Änderung der Stiftungserklärung vorbehalten.99 Die Schweiz hat ein nämliches Recht, wenngleich in zeitlich (Sperrfrist zehn Jahre) und sachlich (keine Flucht aus der Gemeinnützigkeit) beschränkter Weise, jüngst eingeführt.100 Und dies auch in Deutschland zu ermöglichen, gehörte zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion „Ein modernes Stiftungsrecht für das 21. Jahrhundert“101 und zu den „Forderungen des Stif___________ 94 §§ 8 Abs. 1 S. 3 BreStiftG, 11 Abs. 2 S. 2 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 2 NdsStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 5 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 SHStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 ThStiftG. 95 OVG Bremen, StiftRspr. IV, S. 127, 130; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 SHStiftG Anm. 3a; ebenso Voraufl. Seifart § 7 NdsStiftG Anm. 3a; das entspricht freilich nicht der hier vertretenen Auffassung, s. u. § 16 A.I.3.b. 96 S. o. § 2. 97 Zur Auslegung derartiger Klauseln s. aber o. Fn. 40. 98 Vgl. den Sachverhalt BFHE 185, 58 f. 99 Näher dazu etwa Stern in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 261, 263; Doralt/ Kalss in: Stiftungen in Europa, S. 419, 437 f.; Arnold, PSG, § 33 Rdnr. 35 ff.; Rasteiger, Anpassung, S. 44 ff., jew. m. w. Nw. Überdies kann sich der Stifter, sofern es sich nicht um eine juristische Person handelt, gemäß § 34 PSG vorbehalten, die Stiftung zu widerrufen, woraufhin der Stiftungsvorstand gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 1 PSG einen einstimmigen Auflösungsbeschluss zu fassen hat. 100 S. Mecking, ZSt 2004, 288, sowie ausf. Jakob, RIW 2005, 669, 673 ff. 101 BT-Drs. 14/2029, S. 2.
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terverbandes zur Reform des Stiftungsrechts“.102 Tatsächlich ist es weder die Stiftungsanerkennung noch die Stiftungsaufsicht, sondern in erster Linie die beim Stifter verbleibende Dispositionsfreiheit, die potentielle Stifter auf Ersatzformen für die Stiftung sinnen lässt.103 Noch einen Schritt weiter geht das niederländische Stiftungsrecht. Dort kann der Stifter ein Stiftungsorgan zu beliebigen Satzungsänderungen einschließlich von Zweckänderungen ermächtigen.104 Schließlich sollte man sich vor Augen führen, dass ein Verbot derartiger Satzungsbestimmungen einen nicht unerheblichen Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Stifterfreiheit bedeutet. Und die Freiheit bedarf keiner besonderen Rechtfertigung, wohl aber ihre Einschränkung. Überzeugend zu beantworten ist somit die Frage: Warum nicht? a) Unvereinbarkeit mit dem „Wesen“ der Stiftung oder ihrem Typus Am nächstliegenden ist womöglich der Einwand, dass die Zulassung autonomer Grundlagenänderungen mit dem „Wesen“ der Stiftung oder ihrem Typus nicht zu vereinbaren sei.105 Eingangs dieser Arbeit wurde indes ___________ 102 Dort hieß es: „Nach Meinung der Verfechter der ‚reinen Lehre‘ lebt das Rechtsinstitut der ‚Stiftung‘ völlig losgelöst vom Stifter. Nur der Wille des Stifters im Zeitpunkt der Stiftungserrichtung, wie er in der Stiftungssatzung seinen Niederschlag fand, sei maßgeblich für das Handeln der Stiftung. Ändere der Stifter seine Meinung, so müsse die Stiftung vor dem Stifter geschützt werden. Diese Auffassung geht an der Stiftungspraxis vorbei, in der engagierte Stifter selbst die Verfolgung der Zwecke begleiten und ihre bei der Zweckverfolgung gewonnenen Erkenntnisse auch in Satzungsänderungen dokumentiert wissen wollen. Die Beaufsichtigung des Stifterwillens zu Lebzeiten des Stifters neben der bereits bestehenden steuerlichen Kontrolle durch den Staat führt die Stiftungsaufsicht häufig in eine Gegenposition zum Stifter und hat zur Folge, daß weitere Dotationen unterbleiben und andere Stifter entmutigt werden. Mit Erfüllung dieser Kernforderung ließe sich die Bereitschaft zur Errichtung von Stiftungen deutlich erhöhen …“; s. auch Protokollvermerk über die Verbändeanhörung, Anlage 2 des Berichts der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, S. 7. Von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 41 f., wurde diese Position jedoch nicht geteilt. Die dafür angeführten Gründe überzeugen freilich nicht. Teils sind die Ausführungen falsch, teils widersprüchlich. Für die Einführung eines Rechts des Stifters, die Satzung der Stiftung nach Belieben zu ändern und die Stiftung aufzuheben auch Muscheler, ZRP 2000, 390, 393. 103 Statt anderer Priester, GmbHR 1999, 149, 156; näher zu sog. Stiftungskörperschaften u. § 29 B.IV.1. 104 van der Ploeg in: Stiftungen in Europa, S. 405, 409. 105 Vgl. Jeß, Verhältnis, der zwar sowohl das „Wesen“ als auch den „Typus“ als Schranke der Gestaltungsfreiheit ablehnt (S. 17, 75), nichts desto trotz aber meint, dass die Stiftungsautonomie (worunter er die Stifterautonomie versteht) ihre Schranke u. a. in dem Begriff und dem Wesen der Stiftung sowie in den die Stiftung charakterisierenden Tatbestandsvoraussetzungen finde, ebd. S. 85.
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bereits dargelegt, dass das „Wesensargument“ abzulehnen ist und es einen die Privatautonomie begrenzenden Typenzwang nicht gibt.106 Vielmehr ist der Typus, anders als der Begriff, gerade nicht feststehend, sondern gegenüber Abweichungen offen. Ihm kommt daher keine zwingende, sondern nur eine maßstabbildende Funktion zu, die bei atypischen Gestaltungen eine typengerechte Rechtsanwendung erlaubt. Nur in diesem Sinne will sich wohl auch Kronke verstanden wissen.107 So wäre denn die Statuierung einer quasikörperschaftlichen Willensbildung bei der Stiftung zwar eine Typenabweichung, allein deswegen aber nicht unzulässig. Insbesondere liegt hierin kein Verstoß gegen den numerus clausus der Rechtsformen.108 Vielmehr würde sich im Falle der Zulässigkeit einer solchen Gestaltung „lediglich“ die weitere Frage stellen, welche Rechtsregeln auf eine derart körperschaftlich strukturierte Stiftung Anwendung finden.109 Aus diesen Gründen nicht überzeugend ist daher auch die Behauptung, man müsse sich im Blick auf Satzungsänderungen an die Wertungskriterien des § 313 BGB anlehnen, „damit es nicht zu Systemverwerfungen kommt und damit nicht die Satzung einer Stiftung leichter geändert werden kann als ein Vertrag.“110 Das ist erstens ebenfalls ein bloßes Wesens- oder Typusargument und zweitens auch deswegen vollkommen schief, weil ein Vertrag bekanntlich nicht nur im Wege des § 313 BGB angepasst werden kann, sondern schlicht durch den übereinstimmenden Willen der Parteien. Dabei können die Vertragsparteien selbstverständlich auch Dritten unbeschränkte Vollmacht zu Vertragsänderungen erteilen. b) Unvereinbarkeit mit § 85 BGB Ebenfalls unzutreffend ist der Einwand, die Zulassung autonomer Grundlagenänderungen verstoße gegen § 85 BGB;111 denn diese Vorschrift besagt nur, dass die Verfassung der Stiftung durch das Stiftungsgeschäft bestimmt wird, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht. Der Wortlaut von § 85 BGB verdeutlicht somit, dass sich die Stiftungsverfassung in erster Linie aus dem Stiftungsgeschäft ergibt und dass Bundes- und Landesrecht ___________ 106 S. o. § 3 C.II.2. 107 Vgl. Kronke, Stiftungstypus, S. 210, 212. 108 So aber Jeß, Verhältnis, S. 40 f., 84; wie hier Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 108; s. auch o. § 1 bei Fn. 71. 109 S. hierzu u. § 30. 110 So Muscheler, ZSt 2004, 3, 7 f. 111 So Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 8; MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 2; ders., NZG 2004, 939 ff.; vgl. auch Muscheler, ZSt 2004, 3, 6 ff.; im Ergebnis wie hier Ebersbach, Handbuch, S. 79; s. auch Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 108.
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daneben nur eingreifen, soweit es sich um zwingende Normen handelt oder das Stiftungsgeschäft keine Regelungen enthält. Die Vorschrift ist also vor allem auch Ausdruck der Gestaltungsfreiheit des Stifters. Weder aus ihrem Wortlaut noch aus ihrem Sinn und Zweck ergibt sich dagegen, dass die Stiftungsverfassung nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen geändert werden kann. Gegenteiliges aus dem Wort „bestimmt“ zu folgern, heißt den Wortlaut überinterpretieren, wie ein schlichter Blick in § 25 BGB, der § 85 BGB entspricht,112 erweist. Da hilft auch der Hinweis nicht weiter, dass in § 85 BGB kein Ermächtigungsvorbehalt zugunsten der Stiftungsorgane enthalten sei; denn dieser Vorbehalt ist richtigerweise in § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB „versteckt“. Und einem Auftraggeber steht es selbstverständlich frei, dem Auftragnehmer nur das Ziel (das ist hier der Stiftungszweck), nicht aber den einzuschlagenden Weg (das sind hier die übrigen Satzungsbestimmungen) verbindlich vorzugeben.113 Nur die Pflichtbindung des Auftragnehmers kann er grundsätzlich nicht aufheben.114 Doch selbst wenn man der hier vertretenen Auffassung zur Bedeutung von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB nicht folgt, ergibt sich nichts anderes. Im Gegenteil! Folgt man der hier vertretenen Auffassung nämlich nicht, so muss man konsequenterweise annehmen, der Bundesgesetzgeber habe die Frage von Satzungsänderungen durch Stiftungsorgane trotz dahingehender Vorschläge115 auch anlässlich der „Modernisierung“ des Stiftungsrechts weiterhin ungeregelt gelassen. Dabei soll § 85 BGB ausweislich der Protokolle klarstellen, dass die Regelungen des BGB auf dem Gebiet des Stiftungsrechts nicht abschließend sind und den Ländern – in den Worten des Grundgesetzes gesprochen – insoweit die konkurrierende Gesetzgebung zukommt, Art. 72, 74 Nr. 1 GG.116 Daher kann es schlechterdings nicht gegen Art. 31 bzw. 72 Abs. 1 GG verstoßen, wenn die Länder von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen, die Frage von Satzungsänderungen durch die ___________ 112 113 114 115
Erman/O. Werner, BGB, § 85 Rdnr. 1. Vgl. nur MünchKomm/Seiler, BGB, § 665 Rdnr. 12 a. E. Näher u. II.3.b. S. § 86 Abs. 5 des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BTDrs. 13/9320, S. 4. 116 Mugdan, Materialien I, S. 664; OVG NRW, NWVBl 1996, 181; Salzwedel, Gutachten 44. DJT, S. 52 ff.; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 85 Rdnr. 1: „§ 85 ermöglicht dem Landesgesetzgeber, die Verfassung der Stiftungen mit Sitz im jeweiligen Bundesland allgemeinverbindlich festzulegen und bildet daher die wichtigste Grundlage des Landesstiftungsrechts.“ Zur Entstehungsgeschichte s. auch Muscheler, ZSt 2004, 3, 6; s. ferner die Nw. in § 1 Fn. 24.
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§ 13 Grundlagenänderungen
Stiftungsorgane regeln117 und dabei dem Rechtsgedanken des § 85 BGB auch insoweit Rechnung tragen, dass sie es vornehmlich dem Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung anheim stellen, ob und inwieweit Grundlagenänderungen durch die Stiftungsorgane zulässig sind.118 c) Unvereinbarkeit mit den Instituten der Stiftungsanerkennung und Stiftungsaufsicht Ferner wird geltend gemacht, die Zulassung autonomer Grundlagenänderungen scheitere an den zwingenden stiftungsrechtlichen Einrichtungen der staatlichen Anerkennung und Aufsicht, da den zuständigen Behörden dadurch jeder Beurteilungsmaßstab verloren ginge; denn das Urteil der Anerkennungsbehörde über die Zulässigkeit des Stiftungsvorhabens verlange eine Prognose über die Entwicklung der Stiftungstätigkeit, die im Falle der Abhängigkeit von der Willkür externer Personen nicht getroffen werden könne. Erst recht laufe unter solchen Umständen die Staatsaufsicht leer, brauche diese doch als Maßstab einen Zweck, der richtiges und unrichtiges Verhalten der Stiftungsorgane inhaltlich zu konkretisieren erlaube.119 Auch dieser Gedankengang vermag indes nicht zu überzeugen. Zutreffend ist allerdings, dass der Stiftungszweck nicht gänzlich unbestimmt sein darf;120 denn ebenso wie dem Verbandszweck121 kommt dem Stiftungszweck richtungsweisende und begrenzende Funktion zu, da andernfalls nicht nur der Anerkennungs- und Aufsichtsbehörde, sondern vor allem auch den Stiftungsorganen sowohl die Grundlage als auch der Maßstab jeglicher Entscheidung fehlte. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Stifter seinen Willen nicht zur Disposition stellen, sich die Gestalt der Stiftung nicht ändern dürf___________ 117 Vgl. Begr. RegE zu § 6 BWStiftG, LT-Drs. 13/2622, S. 11; Begr. RegE zu § 7 HbgStiftG, LT-Drs. 18/1513, S. 14. 118 Völlig schief ist das Argument, bei einer Ermächtigung zu Satzungsänderungen stünde in Frage, „ob und in welchem Ausmaß das Stiftungsgeschäft Wirksamkeit entfalte. Fragen rund um das Stiftungsgeschäft aber … [seien] spätestens seit der Reform von 2002 als vom Bundesrecht abschließend geregelt zu betrachten“, so Muscheler, ZSt 2004, 3, 8. Mit der Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts hat die Möglichkeit von Satzungsänderungen nichts zu tun. Vielmehr ist der Bundesgesetzgeber selbst davon ausgegangen, dass der Stifter in die Satzung Bestimmungen über Zweck- und Satzungsänderungen aufnehmen kann, und zwar ohne ihn dabei irgendwelchen materiellen Einschränkungen zu unterwerfen, s. Begr. RegE zu § 81 BGB, BT-Drs. 14/8765, S. 10. Auch insoweit sind die landesrechtlichen Vorschriften daher nicht zu beanstanden. 119 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 21 Rdnr. 18; vgl. auch §§ 80, 81 Rdnr. 27. 120 S. o. § 5 C.I.1. 121 S. nur K. Schmidt, GR, S. 61 ff.
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te, sondern nur, dass die Gestalt allzeit identifizierbare Konturen behalten muss. Und dies zu gewährleisten, hat die Behörde aufgrund der Genehmigungserfordernisse in der Hand. Ändern die Stiftungsorgane zulässigerweise den Zweck, so hat die Aufsichtsbehörde u. a.122 ebenso wie bei der Anerkennung der Stiftung zu prüfen, ob der neue Stiftungszweck erlaubt und hinreichend bestimmt ist und das Stiftungsvermögen ausreicht, um den neuen Stiftungszweck dauerhaft und nachhaltig zu fördern. Dementsprechend liefe auch die übrige Staatsaufsicht nicht leer; denn Maßstab der Stiftungsaufsicht ist die Stiftungsverfassung in ihrer jeweils geltenden Fassung.123 Auch nach einer Grundlagenänderung vermag die Aufsichtsbehörde daher sehr wohl rechtmäßiges von unrechtmäßigem Verhalten der Stiftungsorgane zu scheiden. Wollte man eine andere Auffassung vertreten, müssten überdies jegliche Grundlagenänderungen ausgeschlossen sein, was jedoch dem geltenden Recht nicht entspricht. Anders gewendet: Die Stiftungsaufsicht ist nicht nur Garant des Stifterwillens bzw. genauer: der Stiftungsverfassung in ihrer jeweiligen Gestalt, sondern dient auch dem Schutz des Rechtsverkehrs von nicht durch Eigentümerinteressen kontrollierten Rechtsträgern.124 Infolge der Zulässigkeit autonomer Grundlagenänderungen würde sie daher keinesfalls ohne weiteres obsolet. d) Unvereinbarkeit mit dem Prinzip der Stiftungsautonomie Unzutreffend ist ferner, eine dauernde rechtliche Abhängigkeit der Stiftung von Dritten sei mit dem Prinzip der Stiftungsautonomie nicht vereinbar.125 Dabei wird unter Stiftungsautonomie das Gebot der Unabhängigkeit der Stiftung „von der Willkür externer Personen oder Institutionen“ verstanden.126 Dieses Autonomieverständnis ist indes verkürzt. Es lehnt sich ersichtlich an das Prinzip der Verbandsautonomie an, gibt dieses aber unzutreffend wieder. Die Verbandsautonomie verbürgt die Selbstbestimmung von Personenzusammenschlüssen im Rechtsleben, indem sie ihnen einerseits die Befugnis ___________ 122 Näher u. B. 123 Genauer o. Fn. 8. Deswegen ist auch das Argument unzutreffend, dass eine Satzungsbestimmung, aufgrund derer die zuständigen Stiftungsorgane den Stiftungszweck beliebig ändern könnten, gegen den Grundsatz der Bestimmtheit des Stiftungszwecks verstieße, so aber Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 81 Rdnr. 10. 124 S. o. § 8 A. 125 Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 20; MünchKomm/Reuter, BGB3, § 85 Rdnr. 4; auch Strickrodt, JZ 1961, 111, 112. 126 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 21 Rdnr. 19.
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§ 13 Grundlagenänderungen
gewährt, die eigenen internen und externen Angelegenheiten selbst rechtlich zu gestalten und sie andererseits vor einer unerwünschten Fremdbestimmung schützt.127 Richtigerweise verbietet das Prinzip der Verbandsautonomie damit nicht jegliche rechtliche oder gar faktische Einflussnahme von Dritten (= Nicht-Mitgliedern) auf den Verband, insbesondere auf dessen Geschäftsführung. Andernfalls wäre jede Fremdorganschaft, Konzernherrschaft, der Abschluss von Unternehmensverträgen oder auch eine auf die Interessen Dritter ausgerichtete Zweckgestaltung ausgeschlossen. Das ist indes nicht der Fall. Vielmehr bedarf der Einfluss Dritter – soweit er nicht bloß faktischer Natur ist – lediglich einer verbandsrechtlichen Legitimation.128 Und das gilt entsprechend auch für die Stiftung. Nachdem die Stiftung keine Mitglieder hat, ist sie überdies notwendig ausschließlich „drittgesteuert“, nämlich in erster Linie durch den Stifter, der ihr die Verfassung gegeben hat, und daneben durch Fremdorgane, die die Stiftung verwalten. Aus dieser Sicht ist die Stiftung mithin im Gegensatz zu der vorgenannten Auffassung eine für Fremdeinflüsse besonders offene Rechtsform. So ist denn auch die vielfach vertretene Behauptung, die Stiftung könne nicht im Sinne des Konzernrechts abhängig sein129, irrig; denn Abhängigkeit setzt nicht zwingend eine mitgliedschaftliche Beteiligung und hierauf beruhende Stimmen- und Entscheidungsmacht voraus. Vielmehr verhält es sich ähnlich wie im Personengesellschaftsrecht:130 Die Abhängigkeit kann allein vor dem Hintergrund der jeweiligen Stiftungsverfassung beurteilt werden. Hat danach ein Unternehmen i. S. d. Konzernrechts131 beispielsweise ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand oder maßgeblichen Einfluss auf dessen Besetzung, so ist die Stiftung von diesem i. S. d. § 17 AktG abhängig, vgl. auch § 290 Abs. 1 Nr. 2 und 3 HGB.132 Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Stiftungsorgane – und mithin auch ein aufgrund der ___________ 127 S. o. § 3 B.I. 128 Zutr. K. Schmidt, GR, S. 85 f.; Flume, jP, S. 190 ff. m. w. Nw. 129 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 482; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 119; Schlinkert, Unternehmensstiftung, S. 17; GroßKomm/Windbichler, AktG, § 15 Rdnr. 26; wie hier Hüffer, AktG, § 15 Rdnr. 14; Künnemann, UnterordnungsKonzern, S. 191 ff.; Schumacher, konzernverbundene Stiftung, S. 164 ff.; ausf. Hoppe, abhängige Stiftung, S. 135 ff., 152 ff. 130 Grundlegend U. H. Schneider, ZGR 1975, 253 ff.; in der Rspr. BGH, AG 1980, 47 ff.; s. ferner etwa Kleindiek, Strukturvielfalt, S. 4 ff. m. w. Nw. 131 Zum Unternehmensbegriff insbes. BGHZ 69, 334, 336 ff.; 85, 84, 90 f.; 95, 330, 337; 135, 107; ferner Mülbert, ZHR 163 (1999), 1 ff., kritisch K. Schmidt etwa in AG 1994, 189; Emmerich/Habersack, Konzerntrecht, S. 23 ff. jew. m. w. Nw. 132 Die Stiftung kann sich allerdings nicht einem Beherrschungsvertrag unterwerfen, zutr. Hoppe, abhängige Stiftung, S. 158 ff. Angesichts der im Text geschilderten Möglichkeiten ist ein Bedürfnis hierfür allerdings auch nicht zu erkennen.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Stiftungsverfassung mit beherrschendem Einfluss ausgestattetes Unternehmen – grundsätzlich an den Stifterwillen gebunden sind; denn auch im Gesellschaftsrecht darf sich das herrschende Unternehmen nicht über die Verfassung, insbesondere den Zweck des abhängigen Unternehmens hinwegsetzen. Vielmehr verhält es sich umgekehrt: Die Konzerngründung setzt sowohl bei dem herrschenden als auch bei dem abhängigen Unternehmen eine Verfassung bzw. eine Verfassungsänderung voraus, die eine Konzernierung erlaubt.133 Dementsprechend hat das Prinzip der Verbandsautonomie eine erheblich eingeschränktere Bedeutung. Es verbietet nicht jeglichen Dritteinfluss und es verbietet nicht einmal die Einflussnahme Dritter auf die Verfassung des Verbandes134. Vielmehr verbietet es nur, organschaftliche Rechte, insbesondere die Verfassungsgestaltung, derart in die Hände von Nichtmitgliedern zu legen, dass der Dritteinfluss nicht selbstbestimmt, d. h. ohne Mitwirkung des Dritten durch Mitgliederbeschluss wieder beseitigt werden kann.135 Grund ___________ 133 Für einen Überblick zur sog. „Konzernbildungskontrolle“ bei den verschiedenen Gesellschaftsformen Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 60 ff.; aus der Rechtsprechung BGHZ 80, 69, 74 f.; 83, 122, 131 ff.; 89, 162, 166 ff.; jew. m. w. Nw. 134 So aber die h. M., etwa K. Schmidt, GR, S. 85; Flume, jP, S. 193 ff.; Wiedemann, FS Schilling, S. 105, 112; Priester, FS Werner, S. 657, 663 f.; Steinbeck, Vereinsautonomie, S. 42 ff.; dies. in: NPLYB 2002, 179, 190 ff.; a. A. die in Fn. 132 zitierte Rspr. sowie insbes. Schockenhoff, AcP 193 (1993), 35 ff. 135 Riehmer, Körperschaften, S. 114 f.; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 473 ff., die freilich trotz dieses zutreffenden Ausgangspunktes ohne nähere Begründung meinen, dass einem Dritten nicht die statutarische Befugnis eingeräumt werden könnte, die Satzung einer Körperschaft unabhängig von einem Beschluss der Mitgliederversammlung zu ändern (S. 479). Zulässig sei nur, Verfassungsänderungen von der Zustimmung eines Dritten abhängig zu machen. Dabei übersehen sie jedoch, dass die Mitglieder „Herren des Verbandes“ bleiben, wenn sie weiterhin die Möglichkeit haben, den Dritteinfluss durch selbstbestimmten Satzungsbeschluss zu beseitigen. In diesem Fall können sie nämlich auch die von dem Dritten eingeführten Satzungsänderungen rückgängig machen. Die Lage ist daher auch nicht etwa mit einem „Vertrag zulasten Dritter“ vergleichbar, da der Dritte einen solchen Vertrag – wenn es ihn gäbe – nicht autonom ändern könnte. Zudem ist zu bedenken, dass nach dem von denselben Autoren gleichfalls im Ausgangspunkt überzeugend entwickelten und hier vertretenen Organbegriff ein Dritter, dem derartige Befugnisse eingeräumt werden, dadurch zum Organ wird und einer dementsprechenden Treubindung unterliegt, s. o. § 9. Treuwidrige Verfassungsänderungen wären daher nichtig und würden den Dritten gegebenenfalls zum Schadensersatz verpflichten. Überdies muss der Dritte aus unten (A.II.3.b.) näher darzulegenden Gründen über ein den Mitgliederinteressen zumindest gleichwertiges Eigeninteresse verfügen. Das ist z. B. dann anzunehmen, wenn der Zweck des Verbandes gerade darin besteht, Interessen des Dritten zu fördern, ihm obliegende Aufgaben wahrzunehmen oder wenn der Dritte
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§ 13 Grundlagenänderungen
hierfür ist die Unveräußerlichkeit des Selbstbestimmungsrechts der Verbandsmitglieder in ihrer Gesamtheit, die eine solche Selbstknebelung ausschließt.136 Im Einzelnen: Die Möglichkeit, sich mit anderen zur Verfolgung bestimmter Zwecke zusammenzuschließen, gehört zu den elementaren Äußerungsformen der allgemeinen Handlungsfreiheit137 und ist durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützt. Das Grundrecht garantiert sowohl für die Mitglieder als auch für die Vereinigung selbst das Recht auf Selbstbestimmung über die Organisation, das Verfahren der Willensbildung, die Geschäftsführung sowie das Entstehen und Bestehen der Vereinigung.138 Zugleich gewährleistet Art. 9 Abs. 1 GG das Recht, die frei gewählte Aufgabe zu erfüllen.139 Freilich richtet sich dieser Schutz vornehmlich gegen Eingriffe des Staates. Es ist jedoch in Rechtsprechung und Lehre anerkannt, dass die Grundrechte eine bei jeder Rechtsanwendung zu beachtende objektive Wertordnung enthalten, infolge der sie auch zwischen Privaten (zumindest) eine sog. mittelbare Drittwirkung entfalten.140 „Einbruchstellen“ der Grundrechte sind dabei vor allem die Generalklauseln der §§ 138, 242, 307 (n. F.), 826 BGB. Rechtsgeschäfte, die in Grundrechte eingreifen, insbesondere eine übermäßige Freiheitsbeschränkung zur Folge haben, können daher wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein.141 Zwar liegt in jedem Verpflichtungsgeschäft eine Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit begriffen. Indes findet die subsidiär durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie dort ihre Grenze, wo eben diese Selbstbestimmung aufgehoben würde. Vereinbarungen, infolge derer eine Partei die freie Selbstbe___________
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als Schirmherr oder Geldgeber auftreten soll (Beispiele: kirchliche Vereine, städtische oder betriebliche Sozialeinrichtungen, vgl. BVerfGE 83, 341 ff.; BayObLG, NJW 1980, 1756; OLG Köln, NJW 1992, 1048 ff.; KG, OLGZ 1974, 383 ff.; LG Oldenburg, JZ 1992, 250 ff.). Und eben hierin – und nicht in der Religionsfreiheit bzw. dem Staatskirchenrecht – liegt die Rechtfertigung der genannten Urteile, anders Flume, jP, S. 199 ff.; K. Schmidt, GR, S. 86 f. Vgl. RGZ 3, 123 ff.; 82, 308 ff.; ausf. Steinbeck, Vereinsautonomie, S. 42 ff.; dies. in: NPLYB 2002, 179, 191; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 473 f., jew. m. w. Nw. BVerfGE 38, 281, 303; Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art. 9 Rdnr. 1. BVerfGE 80, 244, 253; Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art. 9 Rdnr. 2. BVerfGE 30, 241, 242; Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art. 9 Rdnr. 60. Ständige Rspr. des Bundesverfassungsgerichts seit BVerfGE 7, 198; für w. Nw. auch zu der Gegenansicht einer unmittelbaren Drittwirkung s. nur Palandt/Heinrichs, BGB, § 242 Rdnr. 8. So schon RGZ 128, 92, 95; s. auch MünchKomm/Mayer-Maly/Armbrüster, BGB, § 138 Rdnr. 20 f., 33, 61 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
stimmung verliert, sind daher gemäß § 138 BGB nichtig (Verbot der Selbstknebelung)142, bzw. dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass das Selbstbestimmungsrecht hinreichend gewahrt ist (sog. geltungserhaltende Reduktion).143 Ein Konflikt zwischen Vertragsfreiheit und Selbstbestimmung, deren Teil sie ist, ist mithin zugunsten letzterer als höherrangigem Prinzip zu lösen. Ebenso wenig wie jeder Einzelne darf sich eine Personenmehrheit in eine ihre freie Selbstbestimmung aufhebende Abhängigkeit von Dritten begeben. Freilich wird die freie Selbstbestimmung des einzelnen Mitglieds einer Personenvereinigung bereits durch deren rechtliche Verfasstheit eingeschränkt. Jedes Mitglied muss nicht nur bestimmten Ge- und Verbote beachten, mit denen es sich bei der Gründung der Vereinigung oder anlässlich seines Beitritts einverstanden erklärt. Vielmehr ist jedes Mitglied darüber hinaus einer gewissen Fremdbestimmung durch die anderen Mitglieder ausgesetzt. Gilt das Mehrheitsprinzip, kann der Mehrheitswille der Minderheit oktroyiert werden,144 gilt das Einstimmigkeitsprinzip, kann die Minderheit den Mehrheitswillen obstruieren, um nur ein Beispiel zu nennen. Dementsprechend sind nicht nur der Mehrheitsmacht, sondern auch der Ausübung von Minderheitsrechten Schranken gesetzt. Daher sind alle Mitglieder aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht zu loyalem Verhalten verpflichtet. Greifen einzelne Bestimmungen der Verbandsverfassung übermäßig in das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Mitglieds ein (z. B. prohibitiv wirkende Abfindungsklauseln, die zu einer „Einkerkerung“ der Mitglieder führen)145, so sind sie aufgrund § 138 BGB nichtig. Darum geht es hier jedoch nicht. Die Verbandsautonomie handelt nicht von dem Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Mitglieds, sondern von dem Selbstbestimmungsrecht der Mitglieder in ihrer Gesamtheit, also des in dem Verband zusammengeschlossenen Kollektivs. Deswegen ist die verbandsrechtlich legitimierte Herrschaft einzelner Mitglieder aus Sicht der Verbandsautonomie unproblematisch. Überdies steht das Prinzip der Verbandsautonomie nicht jeglichem Einfluss von Nichtmitgliedern entgegen. Auf___________ 142 Vgl. nur RGZ 82, 308 ff.; BGHZ 44, 158 ff.; Palandt/Heinrichs, BGB, § 138 Rdnr. 39 m. w. Nw. 143 Beispiele: Reduktion der Vertragsdauer bei übermäßig langer Vertragsbindung, vgl. etwa BGH, NJW 1972, 1459; inhärentes Kündigungsrecht aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen, vgl. nur BGHZ 133, 316, 320. 144 Bötticher, Gestaltungsrecht, spricht in diesem Zusammenhang (S. 28) von „Unterwerfung“; ebenso Adomeit, Gestaltungsrechte, S. 36 f., sowie ders., FS Kelsen, S. 1, 16 f. 145 Vgl. statt anderer Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rdnr. 49 ff.
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grund der Wertungen des Art. 9 Abs. 1 GG darf sich das Kollektiv jedoch nicht gleichsam selbst entmündigen. Die Gesamtheit der Mitglieder muss „Herr des Verbandes“ bleiben. Und diese Grenze ist eben erst dort überschritten, wo organschaftliche Befugnisse unwiderruflich Nichtmitgliedern übertragen werden, so dass der organschaftliche Dritteinfluss nicht selbstbestimmt, d. h. ohne Mitwirkung des Dritten durch Mitgliederbeschluss, wieder beseitigt werden kann. Anders gewendet ist die Befugnis der Mitglieder in ihrer Gesamtheit, über die Grundlagen des Verbandes zu disponieren, unveräußerlich. Entgegenstehende Vereinbarungen sind wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Nichtig sind daher im Verbandsrecht etwa auch sog. „Ewigkeitsklauseln“.146 Die Verbandsautonomie gewährleistet also vor allem Satzungsautonomie, weswegen beide häufig geradezu gleichgesetzt werden. Daraus folgt zugleich, dass die Stiftungsautonomie erheblich eingeschränkter gewährleistet ist als die Verbandsautonomie. Die Stiftung ist kein Personenverband und fällt nicht unter Art. 9 Abs. 1 GG.147 Sie hat keine Mitglieder, deren Selbstbestimmungsrecht – weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit – es zu schützen gilt. Demgemäß sind „Ewigkeitsklauseln“ im Stiftungsrecht grundsätzlich nicht zu beanstanden,148 finden allerdings in § 87 Abs. 1 BGB ihre Grenze149. Auch kann die Satzung „Dritte“ zu Grundlagenänderungen ermächtigen, wie § 7 Abs. 3 S. 2 NdsStiftG zu Recht klarstellt. Dadurch wird der „Dritte“ freilich zum Organ der Stiftung.150 Und die Organe der Stiftung sind ohnehin ausschließlich mit „Dritten“ besetzt. Zudem bedürfen Grundlagenänderungen zumeist der Genehmigung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde. Insofern ist die Stiftung niemals autonom. Schützenswert ist daher allenfalls das Selbstbestimmungsrecht des Stifters. Hierauf wird sogleich zurückzukommen sein (s. u. e.). Indes wird die Stiftungsautonomie von ihren Befürwortern nicht mit dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Stifters, sondern mit ganz anderen Erwägungen begründet, nämlich mit der Unvereinbarkeit einer heteronomen Stiftung mit ___________ 146 Soergel/Hadding, BGB, § 33 Rdnr. 7 m. w. Nw. und weiteren Beispielsfällen. 147 Vgl. (mit Unterschieden) BVerwGE 106, 177, 179; OVG Münster, NVwZ 1996, 913 ff.; VG Düsseldorf, NVwZ 1994, 811, 813. 148 Vgl. Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 2 a. 149 Unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB dürfen und müssen die zuständigen Stiftungsorgane – subsidiär die Stiftungsaufsicht (s. u. C.) – also auch solche Satzungsbestimmungen ändern, die der Stifter ausdrücklich von Änderungen ausgenommen hat, es sei denn, es ist anzunehmen, dass der Stifter eher eine Aufhebung der Stiftung als eine Änderung der Satzung wollte. 150 Ebenso Muscheler, ZSt 2003, 67, 77.
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den zwingenden stiftungsrechtlichen Einrichtungen der staatlichen Genehmigung und Aufsicht.151 Auch dieses Argument wurde indes bereits als verfehlt gekennzeichnet (s. o. c.). Überdies verdeutlicht es, wie geradezu paradox der Begriff „Stiftungsautonomie“ verwendet wird. Historisch zielte nämlich die komplementäre Forderung nach Verbandsautonomie bekanntlich auf die Staatsfreiheit von Verbänden.152 Zwar besteht heute Einigkeit, dass Verbände nicht vollkommen von staatlichen Einflussnahmen frei sind, sie nicht außerhalb des staatlichen Rechts stehen, sondern in dieses nicht zuletzt durch das System der Normativbestimmungen eingebunden sind.153 Gerade die Stiftungsaufsicht hat jedoch auch eine darüber weit hinausreichende Qualität. Sie überprüft die gesamte Tätigkeit der Stiftung auf ihre Vereinbarkeit mit der Stiftungsverfassung. Sie ist Garant des Stifterwillens, also eines, wenn man so will, von der Stiftung aus betrachtet fremden Willens, demgegenüber die Stiftung trotz ihrer eigenständigen Rechtspersönlichkeit nach der gesetzlichen Regelverfassung keinen abweichenden Willen autonom bilden darf. Einer autonomen Willensbildung entgegenzutreten, ist somit regelmäßig gerade Aufgabe der Stiftungsaufsicht. Vor diesem Hintergrund zu behaupten, die Stiftung sei autonom, ja die einzig autonome juristische Person,154 heißt die Verhältnisse auf den Kopf zu stellen.155 Vielmehr ist die Stiftung nur insofern autonom, als sie ebenfalls den von Art. 19 Abs. 3 GG verbürgten Schutz genießt156, die Stiftungsaufsicht daher auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränkt ist und nicht zur Durchsetzung staatlicher Interessen instrumentalisiert werden darf157. Nur insoweit lässt sich von „Stiftungsautonomie“ sprechen. Nicht minder paradox ist sodann die aus der vorgeblichen Autonomie der Stiftung gezogene Folgerung: Die Stiftungsautonomie verbiete die Begründung autonomer Entscheidungsbefugnisse. Richtigerweise könnte man allenfalls behaupten, die „Stiftungsheteronomie“, also die Abhängigkeit der Stiftung von dem Stifterwillen, sei zwingend, weswegen der Stifterwille nicht zur Disposition der Stiftungsorgane gestellt werden könnte. Dies gilt es nunmehr zu untersuchen. ___________ 151 152 153 154 155
MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 21 Rdnr. 18. Vgl. nur O. v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. 1, S. 535. Vgl. nur K. Schmidt, GR, S. 83 f. Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 21 Rdnr. 16, 18, 19. Ebenso Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, der deswegen meint die Stiftungsautonomie sei „gefrorene Stifterautonomie“ und damit das genaue Gegenteil der Verbandsautonomie. Richtigerweise müsse man daher eigentlich von „Heteronomie“ sprechen. 156 BVerfG, StiftRspr. III, S. 58, 64. 157 S. BVerwG, StiftRspr. II, S. 89 ff. sowie o. § 6 C.IV.2. und § 8 C. m. w. Nw.
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e) Unvereinbarkeit mit dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens kommt zwar in zahlreichen Vorschriften des Bundes- und Landesrechts zum Ausdruck.158 Aus diesen Vorschriften ergibt sich jedoch nicht, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens in der Weise zwingend ist, dass der Stifter die Stiftungsorgane nicht zu autonomen Grundlagenänderungen ermächtigen könnte. Vielmehr bestimmen die meisten Landesstiftungsgesetze ausdrücklich, dass sich die Zulässigkeit von Grundlagenänderungen in erster Linie nach der Stiftungssatzung richtet. Der schlichte Hinweis, der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens schlösse die Statuierung autonomer Grundlagenänderungen und damit eine Relativierung des ursprünglichen Stifterwillens aus,159 überzeugt daher nicht. Vielmehr handelt es sich um ein bloßes „Darum“-Argument, also einen Zirkelschluss, der voraussetzt, was es gerade zu beweisen gilt, nämlich dass der Stifterwille nicht zur Disposition der Stiftungsorgane gestellt werden darf. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens besagt zuvörderst nichts anderes als die auch im Verbandsrecht geltende allgemeine Regel, dass die Organe an die Verfassung des Verbandes bzw. der Stiftung gebunden sind, vgl. §§ 85, 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB und dazu o. § 10 A.II. Diese Bindung aber wird durch deren Abänderbarkeit nicht aufgehoben, sondern nur in dem Sinne relativiert, als die jeweils geltende Verfassung maßgeblich ist. Und das gilt, wie zu Recht entschieden wurde, auch im Stiftungsrecht. Der Stifterwille ist daher jedenfalls insoweit unbeachtlich, als die Stiftungssatzung zwischenzeitlich verbindlich geändert wurde.160 Diese Relativierung des Stifterwillens ändert freilich nichts daran, dass das Stiftungsrecht im Ausgangspunkt darauf angelegt ist, den Willen des Stifters über seinen Tod hinaus „in alle Ewigkeit“ zu garantieren.161 Das ist die, die gewöhnlichen Grenzen der Privatautonomie sprengende Tragweite des Stiftungsgeschäfts, welche schon in den Protokollen beschrieben ist.162 Daraus folgt jedoch nicht, dass der Stifter von der ihm hierdurch eingeräumten Rechtsmacht auch Gebrauch machen muss. Will man nicht ausgerechnet fördern, was der Stiftung vielfach zum Vorwurf gemacht wird, nämlich die starre Herrschaft der „toten Hand“, müsste man vielmehr dafür ein___________ 158 S. o. § 7 E. 159 Vgl. BVerwG, StiftRspr. IV, S. 151, 153; OVG Bremen, StiftRspr. IV, S. 127, 131; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 8; § 87 Rdnr. 20. 160 Näher o. Fn. 8. 161 Besonders eindringlich Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 13 f. 162 Mugdan, Materialien I, S. 658.
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treten, dem Stifter die Gestaltungsfreiheit einzuräumen, die Stiftungsverfassung zur Disposition ihrer Organe zu stellen.163 Anders gewendet: Weder der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens noch die Stiftungsaufsicht als dessen Garant sind Selbstzweck. Vielmehr sichern sie die Fortgeltung der privatautonomen Entscheidungen des Stifters, schützen also sein Selbstbestimmungsrecht.164 Verbietet man bestimmte Satzungsgestaltungen, greift man aber in eben dieses Selbstbestimmungsrecht ein. Gerade weil der Stifterwille maßgeblich ist, müsste es also in der Macht des Stifters stehen, eine quasikörperschaftliche Willensbildung in der Satzung zu verankern. Allerdings verliert der Stifter nach der gesetzlichen Regelverfassung mit der Stiftungserrichtung nicht nur die Dispositionsbefugnis über das Stiftungsvermögen – auch Mitglieder können nicht über das in dem Verband gebundene Vermögen verfügen –, sondern regelmäßig auch über die Stiftungsverfassung. Während Rechtsgeschäfte im Allgemeinen durch die Parteien geändert oder aufgehoben werden können, ist das Stiftungsgeschäft nach der Stiftungsgenehmigung autonomen Änderungen durch Stifter und Stiftung gleichermaßen entzogen. Mit der Stiftungserrichtung hat der Stifter sich somit gleichsam selbst entmündigt und steht nunmehr der Stiftung grundsätzlich gleich einem beliebigen Dritten gegenüber. Vorbehaltlich abweichender Regelungen ist er nicht einmal befugt, die Einhaltung seiner Anordnungen klageweise durchzusetzen.165 Das Paradoxon des Stiftungsrechts besteht also darin, dass um des Schutzes der privatautonomen Entscheidung des Stifters willens, regelmäßig auch er selbst von jeder Einwirkung auf die Stiftung ausgeschlossen und auf diese Weise sein Selbstbestimmungsrecht einerseits geschützt, andererseits aufgehoben wird.166 Das bedeutet jedoch nicht, dass der Stifter auf diese Rechtslage nicht gestaltend Einfluss nehmen kann. Bezweckt die gesetzliche Regelverfassung der Stiftung den Schutz der selbstbestimmten Entscheidung des Stifters, so scheint es vielmehr ohne weiteres einzuleuchten, dass sich der Stifter selbst ___________ 163 Tatsächlich ist dies eine der Lösungsstrategien zur Bewältigung der sog. Tote-HandProblematik in den Stiftungsrechten der europäischen Staaten, s. Hopt/Reuter in: Stiftungsrecht in Europa, S. 1, 4 f. So fehlt auch bei private trusts jeglicher Bestandsschutz, s. Kronke, Stiftungstypus, S. 81. 164 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 17. 165 S. u. § 16 A.I.2. 166 Man könnte dies als eine Art „Selbstpateralismus“ bezeichnen, vgl. Wagner-von Papp, AcP 205 (2005), 342, 384.
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das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehalten kann. Dem stünde insbesondere § 81 Abs. 2 S. 1 BGB nicht entgegen; denn diese Vorschrift besagt lediglich, dass der Stifter das Stiftungsgeschäft nur bis zur Anerkennung der Stiftung widerrufen kann. Das folgt jedoch bereits daraus, dass die Stiftung hernach als juristische Person entstanden ist.167 Über deren Aufhebung oder gar die Zulässigkeit von Grundlagenänderungen durch den Stifter nach der Stiftungserrichtung besagt diese Vorschrift somit nichts. Überdies schließt das Recht des Einzelnen auf Selbstbestimmung nicht jegliche Fremdbestimmung aus. Vielmehr schützt die Privatautonomie den Einzelnen nur vor einer unerwünschten Fremdbestimmung.168 Dementsprechend schützt auch der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens Stifter und Stiftung lediglich vor unerwünschtem, nicht aber vor von dem Stifter erwünschtem Fremdeinfluss, vgl. auch § 7 Abs. 3 S. 2 NdsStiftG. Allerdings ist ferner zu bedenken, dass der Stifter, räumt er Dritten die Befugnis zu autonomen Grundlagenänderungen ein, sich jeden Schutzes seiner selbstbestimmten Entscheidung begeben würde, zumal er den Dritteinfluss, vorbehaltlich abweichender Regelungen in der Stiftungssatzung, nicht selbstbestimmt wieder beseitigen könnte. Bereits nach der gesetzlichen Regelverfassung wird freilich die Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts des Stifters hinsichtlich der Stiftung dadurch kompensiert, dass er im Unterschied zu den Mitgliedern eines Verbandes durch Änderungen der Stiftungsverfassung nicht verpflichtet oder sonst in seinen Rechten und Pflichten betroffen wird; denn nach der Stiftungserrichtung steht er der Stiftung, wie gesagt, grundsätzlich gleich einem beliebigen Dritten gegenüber. Führt der Stifter eine quasikörperschaftliche Willensbildung bei der Stiftung ein, so legt er daher nicht (auch) sein eigenes Schicksal, sondern (nur) das Schicksal der Stiftung in die Hände Dritter. Anders gewendet: Gerade weil der Stifter „seiner“ Stiftung nach ihrer Errichtung wie ein Dritter gegenüber steht, wird sein Selbstbestimmungsrecht nicht berührt.169 Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens schützt somit weder die Stiftung vor den Anordnungen des Stifters noch den Stifter vor sich selbst, sondern beide nur vor einem von dem Stifter nicht erwünschten Fremdeinfluss. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens enthält somit keine Einschränkung der Stifterfreiheit, sondern ist im Gegenteil sein prägnantester Ausdruck. Als Ausdruck der Privatautonomie des Stifters ___________ 167 Vgl. zur entsprechenden Rechtslage bei der Einpersonen-GmbH-Gründung Scholz/ Winter, GmbHG, § 1 Rdnr. 1; John, Einmann-GmbH, S. 20. 168 S. o. § 3 B.I. 169 S. auch u. § 16 A.I.2.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
spricht der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens somit eher für die Zulässigkeit der Einführung autonomer Grundlagenänderungen. f) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis ist mithin festzuhalten, dass sämtliche bisher gegen die Einführung autonomer Grundlagenänderungen angeführten Argumente sich als nicht tragfähig erwiesen haben: Einen die Gestaltungsfreiheit begrenzenden Typenzwang gibt es ebenso wenig wie eine der Verbandsautonomie vergleichbare Stiftungsautonomie. § 85 BGB ist nicht einschlägig, sondern spricht ebenso wie der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens im Gegenteil eher für ein Höchstmaß an Gestaltungsfreiheit. Schließlich werden weder die Anerkennungsbehörden noch die Aufsichtsbehörden durch die Zulassung autonomer Grundlagenänderungen ihrer Beurteilungsgrundlage beraubt oder sonst obsolet. Das bedeutet jedoch nicht, wie nunmehr zu zeigen sein wird, dass die Einführung autonomer Grundlagenänderungen unbeschränkt zulässig wäre.170 Vielmehr enthalten die genannten Argumente teilweise einen zutreffenden Kern, den es nunmehr freizulegen gilt. 3. Eigene Ansicht a) Das Problem Könnte der Stifter jeden belieben Dritten zu autonomen Grundlagenänderungen ermächtigen, so könnte dieser die Stiftung ganz nach seinem Willen umformen, etwa den Zweck ändern, sich selbst zum Destinatär oder zum Anfallberechtigten einsetzen, die Stiftung aufheben und sich auf diese Weise das Vermögen der Stiftung aneignen, ohne dass die Stiftungsaufsicht hiergegen einschreiten könnte. Selbst wenn man annähme, dass der Stifter mit dieser Möglichkeit gerechnet hat, wäre dies doch ein zumindest auf den ersten Blick befremdliches Ergebnis. Anders verhält es sich dagegen, wenn der Stifter sich selbst das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehält; denn es ist kein Grund ersichtlich, warum es dem Stifter, der der Stiftung ihre Verfassung gegeben und sein Vermögen zugewandt hat, nach der Stiftungserrichtung zwingend verboten sein soll, seine Anordnungen zu überdenken. Weder überzeugen die von der Gegenansicht vorgetragenen Argumente noch stehen dem Ge___________ 170 So aber offenbar Schumacher, konzernverbundene Stiftung, S. 152 ff., dessen Ausführungen jedoch insgesamt höchst widersprüchlich sind.
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sichtspunkte des Gläubigerschutzes171 entgegen. Auch die Vorstellung, der Stifter müsse sich von dem Stiftungsvermögen endgültig trennen, wurde bereits als verfehlt gekennzeichnet.172 Im Gegenteil: Insbesondere der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens spricht, wie soeben aufgezeigt wurde, eher dafür, dass sich der Stifter das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehalten darf. Und hierfür besteht auch tatsächlich ein praktisches Bedürfnis; denn viele Stifter schrecken vor der „Endgültigkeit“ ihrer Entscheidung zurück und geben deswegen ihr Stiftungsvorhaben auf, weichen auf andere Rechtsformen aus oder statten die Stiftung zunächst – gleichsam zur Probe – nur mit einem Minimalvermögen aus. Auch aus diesem Grund war die Zulassung autonomer Satzungsänderungen durch den Stifter eine der zentralen Forderungen des Stifterverbandes.173 Keine Bedenken bestehen ferner dagegen, dass der Stifter den Destinatären das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen einräumt. Bei Familienstiftungen preußischen Rechts war dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen.174 Das ist insbesondere deshalb nicht zu beanstanden, weil der Stifter den Destinatären ohnehin das Stiftungsvermögen gewidmet hat. Er relativiert somit nur eben jene Vermögensbindung, die gerade bei Familienstiftungen weithin beklagt wird.175 M. a. W.: Zwar bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulassung autonomer Grundlagenänderungen im Allgemeinen. Im Ergebnis macht es aber offenbar einen Unterschied, wem der Stifter diese Befugnis einräumt. Diesen Befund gilt es nunmehr näher zu untersuchen.
___________ 171 172 173 174 175
Zur Frage der Kapitalerhaltung s. u. § 17 C. S. o. § 5 C.I. S. o. Fn. 100. S. o. bei Fn. 85. Vgl. auch § 81 Abs. 2 des Reformentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BTDrs. 13/9320, S. 3. Danach soll die Errichtung einer Stiftung, deren überwiegender Zweck die Versorgung eines lediglich durch persönliche Merkmale bestimmten Kreises von Begünstigten ist, für längstens 30 Jahre zulässig sein. Hernach soll die Stiftung erlöschen, wenn nicht ihr Zweck vor Ablauf dieser Frist geändert wird oder alle Begünstigten und Anfallberechtigten ihre Fortsetzung für längstens weitere 30 Jahre beschließen. Mit einer solchen Vorschrift könnte man sich anfreunden, wenn sie umgekehrt lauten würde: Nach 30 Jahren können die Begünstigten und Anfallberechtigten einstimmig der Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie aufheben.
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b) Das Betroffensein in Eigeninteressen als notwendige Voraussetzung autonomer Entscheidungsbefugnisse aa) Grundlagen Die Privatautonomie ist, wie bereits zu Beginn ausgeführt wurde (§ 3 A., B.), wesentlicher Teil des Selbstbestimmungsrechts des Menschen. Sie verbürgt die „Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben“176 und gewährt ihm damit die Befugnis, die eigenen Angelegenheiten selbst nach eigenem Willen – gleichsam in „Selbstgerechtigkeit“ – rechtlich zu gestalten.177 Dagegen verleiht die Privatautonomie nicht die Befugnis, die Verhältnisse anderer für diese verbindlich zu gestalten; denn hierdurch würde deren Selbstbestimmungsrecht verletzt. Allerdings betreffen die meisten Rechtsgeschäfte zwei oder mehr Parteien. Soweit durch ein Rechtsgeschäft nicht nur die Verhältnisse des Handelnden, sondern auch die Verhältnisse anderer für diese verbindlich gestaltet werden, bedarf es daher grundsätzlich deren Mitwirkung, sei es im Rahmen eines Vertragsschlusses, sei es durch deren (konkludente) Zustimmung, sog. Konsensprinzip. Und dieses Konsensprinzip gilt nicht nur für ein Handeln zulasten, sondern auch zugunsten Dritter, in welchem Fall dem anderen zumindest das Recht verbleibt, die ihn begünstigende Regelung zurückzuweisen, vgl. §§ 333, 397, 516 Abs. 1, 1953, 2142, 2180 BGB. Das Selbstbestimmungsrecht schützt den Einzelnen daher, wie gesagt, nicht vor jeder, sondern nur vor einer unerwünschten Fremdbestimmung. Durch privatautonome Rechtsgeschäfte können daher auch die Verhältnisse anderer verbindlich gestaltet werden, wenn diese daran auf die eine oder andere Weise mitgewirkt haben. Festgehalten werden kann hier somit zunächst, dass nicht nur derjenige autonom zu handeln berechtigt ist, der ein Rechtsgeschäft vornimmt, das ausschließlich ihn selbst betrifft, sondern auch, wer ein Rechtsgeschäft vornimmt, das zugleich die Verhältnisse anderer verbindlich gestaltet. Hierzu bedarf es allerdings grundsätzlich deren wie auch immer gearteter Mitwirkung. Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen jemand ermächtigt ist, für einen anderen zu handeln (Paradigma: Stellvertretung, §§ 164 ff. BGB). Im Unterschied zu den zuvor genannten Fällen handelt es sich hierbei erstens zumeist nicht um originäre, sondern um abgeleitete Befugnisse.178 Und zweitens ordnet der Handelnde hier regelmäßig allein fremde und nicht zugleich ___________ 176 BVerfGE 89, 214, 231. 177 Statt anderer Flume, RG, S. 1, 6, der von Handeln in „Selbstherrlichkeit“ spricht. 178 Anders ist dies z. B. bei der organschaftlichen Vertretungsmacht der persönlich haftenden Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften.
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auch die eigenen Angelegenheiten.179 Er wird mithin für gewöhnlich ausschließlich im fremden Interesse tätig und unterliegt einer dementsprechenden Pflichtbindung. Er ist daher grundsätzlich nicht befugt, die Verhältnisse des anderen in „Selbstgerechtigkeit“ nach freiem Ermessen, also autonom zu ordnen, sondern hat, wenn nicht gar den Weisungen des anderen zu folgen, so doch zumindest dessen Interessen zu wahren. Von diesem Grundsatz gibt es freilich Ausnahmen. So kann eine Vollmacht (i. w. S.) nicht nur im Interesse des Vollmachtgebers, sondern auch im Interesse des Bevollmächtigten erteilt werden (Paradigma: Einziehungsermächtigung, § 185 Abs. 1 BGB).180 In solchen Fällen kann nicht nur die Widerruflichkeit der Vollmacht eingeschränkt (vgl. § 168 S. 2 BGB),181 sondern auch die Pflichtbindung gelöst werden;182 denn wenn durch die Befugnis für einen anderen zu handeln, nicht dessen, sondern die Belange des Handelnden gefördert werden sollen, liegt interessenmäßig gesehen kein Rechtsgeschäft des Machtgebers, sondern des Ermächtigten vor. Der Ermächtigte wird nicht im fremden, sondern legitimerweise im eigenen Interesse tätig. Er ordnet somit nicht mehr allein fremde, sondern zugleich eigene Angelegenheiten und kann daher entsprechend der aufgezeigten Regel auch ermächtigt werden, autonom zu handeln. Das wird am Beispiel besonders deutlich: Ermächtigt der Verkäufer den Käufer zur Weiterveräußerung des Kaufgegenstandes (§ 185 Abs. 1 BGB), so ist kein Grund ersichtlich, warum der Käufer an die Interessen des Verkäufers gebunden sein soll. Vielmehr werden die Grenzen der Ermächtigung dann allein durch die Sittenwidrigkeit, das Verbot des Rechtsmissbrauchs und das Gebot von Treu und Glauben markiert; denn auch freies Ermessen erlaubt keine Willkür in diesem Sinne.183 Unterschieden werden kann mithin zwischen fremdnützigen und eigennützigen Befugnissen zur Gestaltung fremder Verhältnisse.184 Während die ersteren regelmäßig einer Pflichtbindung unterliegen, können die zweiteren zu autonomem Handeln berechtigen. Es kommt mithin entscheidend darauf an, ___________ 179 Das gilt auch für Vertretungshandlungen eines persönlich haftenden Gesellschafters; denn seine unbeschränkte persönliche Haftung (§ 128 HGB) ändert nichts daran, dass die Gesellschaft und nicht er selbst berechtigt und verpflichtet wird (§ 124 HGB). 180 Zu weiteren Fällen s. etwa MünchKomm/Schramm, BGB, § 168 Rdnr. 22 ff.; MüllerFreienfels, Vertretung, S. 116 ff. 181 Müller-Freienfels, Vertretung, S. 113. S. auch Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 361 ff. 182 Vgl. Flume, RG, S. 786. 183 Vgl. Soergel/Wolf, BGB, § 315 Rdnr. 41 m. w. Nw. 184 Zu Mitgliedschaftsrechten grundlegend Alfred Hueck, FS Hübner, S. 81 ff.; Robert Fischer, NJW 1954, 777, 778 f.; s. ferner Zöllner, Schranken, S. 344 ff.; Winter, Treubindungen, S. 19 ff.; MünchKomm/Ulmer, BGB, § 705 Rdnr. 185 ff.; auch Voormann, Beirat, S. 148.
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in wessen Interesse die Befugnis besteht. So unterliegen Geschäftsführungsbefugnisse i. w. S. grundsätzlich einer Pflichtbindung, und zwar auch dann, wenn es sich um mitgliedschaftliche Befugnisse handelt; denn derartige Befugnisse bestehen grundsätzlich im Interesse der juristischen Person bzw. des Verbandes, nicht dagegen im Interesse der (Organ-)Mitglieder. Sie sind also fremd- und nicht eigennützig. Dagegen bestehen andere Mitgliedschaftsrechte im Interesse der Mitglieder selbst, sind also eigennützig und dürfen dementsprechend autonom ausgeübt werden. Das gilt insbesondere auch für das Stimmrecht bei Grundlagenänderungen. Wiewohl hierdurch auch die Rechtsverhältnisse anderer, nämlich des Verbandes und – soweit das Mehrheitsprinzip gilt und der Beschluss nicht einstimmig gefasst wird – der Minderheit gestaltet werden, unterliegen die Mitglieder hierbei nur den aus der mitgliedschaftlichen Treupflicht (einschließlich des Gleichbehandlungsgebots) folgenden Grenzen. Typischerweise fremdnützige Befugnisse können allerdings in eigen- oder auch drittnützige Befugnisse und umgekehrt auch typischerweise eigennützige Befugnisse in fremdnützige Befugnisse umgewidmet und dadurch autonome Entscheidungsbefugnisse begründet werden. So sind denn auch in den zuvor genannten Fällen abweichende Gestaltungen möglich. So findet etwa durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrags ein Interessenumbruch insoweit statt, als hierdurch eine Gesellschaft der Leitung durch ein anderes Unternehmen unterstellt wird. Dadurch wird das andere Unternehmen ermächtigt, seine Leitungsmacht in gewissen Grenzen185 auch zum Nachteil der Gesellschaft im eigenen (Konzern-)Interesse ___________ 185 Zum einen muss das herrschende Unternehmen weiterhin die rechtliche Selbständigkeit der abhängigen Gesellschaft respektieren und bleibt auch an deren Satzung, insbesondere deren Zweck i. w. S. gebunden. Nicht erlaubt sind zum anderen Weisungen im Interesse nicht zum Konzern gehöriger Dritter (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG – eine Einschränkung, die letztlich Ausdruck der Bindung an den Gesellschaftszweck i. e. S. ist) sowie Weisungen, deren Nachteile für die Gesellschaft außer Verhältnis zu den Vorteilen des Konzerns stehen (eine Einschränkung, die schon aus der gesellschaftsrechtlichen Treubindung folgt). Unzulässig sind daher auch existenzbedrohende Weisungen. Schließlich haben die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens gegenüber der abhängigen Gesellschaft bei der Erteilung von Weisungen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden, § 309 Abs. 1 AktG. Insoweit bleibt die Ausübung der Leitungsmacht aus der Sicht der gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens pflichtgebunden. Angesichts des ihnen dabei zustehenden weiten unternehmerischen Ermessens ist auch dies jedoch eine weitgehend theoretische Schranke, die bisher keine praktische Bedeutung erlangt hat, zum Ganzen Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 338 ff., 374 ff. m. w. Nw. Der im Text dargelegten These stehen diese Einschränkungen jedenfalls nicht entgegen.
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auszuüben, vgl. §§ 291 Abs. 1 S. 1, 308 Abs. 1 AktG. Insoweit erlaubt also der Abschluss eines Beherrschungsvertrages die eigennützige Ausübung von Geschäftsführungsbefugnissen, nämlich der Leitungsmacht. Umgekehrt kann die Autonomie der mitgliedschaftlichen Stimmrechtsausübung bei Grundlagenänderungen durch (schuldrechtlichen) Stimmbindungsvertrag eingeschränkt werden.186 Das Mitglied ist dann bei der Stimmrechtsausübung nicht mehr frei, sondern pflichtgebunden. Allerdings werden durch die Umwidmung typischerweise fremdnütziger Befugnisse, wie der Vollmacht, in eigen- oder drittnützige Befugnisse, bzw. durch die Umwidmung typischerweise eigennützige Befugnisse, wie des Stimmrechts, in fremdnützige Befugnisse, derartige Rechtsfiguren von ihrem ursprünglichen Sinn gelöst, umgewandelt und in ihrer Funktion verändert.187 Allein hieraus folgt jedoch nicht die Unzulässigkeit solcher Gestaltungen. Voraussetzung einer solchen Umwidmung ist allerdings, dass derjenige, zu dessen Gunsten autonome Entscheidungsbefugnisse begründet werden, über ein dem Interesse des anderen Teils zumindest gleichwertiges Eigeninteresse verfügt.188 So ist ein bloßer Stimmrechtskauf verboten, vgl. §§ 405 Abs. 3 Nrn. 6, 7 AktG, 152 GenG. Dagegen besteht z. B. bei Stimmbindungen gegenüber Mit- oder Treuhandgesellschaftern, oder wenn die Stimmbindung der Durchführung eines anderweitigen Vertrages dient, ein zumindest gleichwertiges Interesse des Begünstigten.189 bb) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden: Die Befugnis zur Einwirkung auf fremde Verhältnisse kann auf ganz verschiedenen Gründen beruhen und dementsprechend in ganz unterschiedlichem Gewande auftreten. Teils sind diese Befugnisse originärer, teils abgeleiteter Natur, teils sind sie typischerweise eigennützigen, teils fremdnützigen Ursprungs. Zu denken ist etwa an den Abschluss von Verträgen, an Gestaltungsrechte wie die Kündigung oder ein Bestimmungsrecht i. S. d. §§ 315 ff. BGB, das mitgliedschaftliche Stimmrecht oder an Vertretungsmacht. Abseits einiger weniger allgemeiner Grundsätze sind dementsprechend auch die Grenzen solcher Befugnisse und die Rechtsfolgen bei ihrer Überschreitung ganz ver___________ 186 187 188 189
Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 616 f. Müller-Freienfels, Vertretung, S. 114; Flume, RG, S. 877. Müller-Freienfels, Vertretung, S. 114 ff.; v. Tuhr, FS Laband, S. 43, 52. Deswegen kann eine Stimmbindung allerdings gleichwohl unzulässig sein, etwa wenn sie mit einer Vinkulierung der Anteilsübertragung in Widerspruch steht oder zur Umgehung einer (anderen) Verbotsnorm (etwa eines Stimmverbots) dient, vgl. etwa K. Schmidt, GR, S. 618 ff. m. w. Nw.
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schieden. Trotz dieser Unterschiede lässt sich aus dem Gesagten jedoch die Regel ableiten, dass die Befugnis, fremde Verhältnisse zu ordnen, nur dann einer Pflichtbindung unterliegt, wenn die Befugnis ausschließlich oder überwiegend im fremden Interesse besteht. Besteht die Befugnis zur Gestaltung fremder Verhältnisse dagegen in einem zumindest gleichwertigen Interesse des Berechtigten, so ist dieser zu autonomem Handeln befugt oder kann hierzu ermächtigt werden. Unter diesen Voraussetzungen können daher typischerweise fremdnützige in eigennützige und umgekehrt typischerweise eigen- in fremdnützige Befugnisse umgewidmet und dadurch autonome Entscheidungsbefugnisse zugunsten Dritter begründet werden. Sucht man für diesen Befund nach einer rechtstheoretischen Erklärung, so ergibt sich Folgendes. cc) Rechtstheoretische Begründung Zu Beginn dieser Arbeit wurde ausgeführt, dass Aufgabe und Ziel des Privatrechts die Herstellung einer interessengerechten Ordnung der individualen Rechtsverhältnisse ist. Zum Ausgleich gebracht werden müssen dementsprechend in erster Linie die miteinander konkurrierenden Individualinteressen. Berücksichtigung finden müssen daneben allerdings auch Gemeinwohlinteressen. Das Bemühen des Gesetzes um eine in diesem Sinne „ausgleichende Gerechtigkeit“ kommt dabei vor allem in dem Konsensprinzip zum Ausdruck. Darüber hinaus lässt es sich an vielen anderen Stellen des Gesetzes, nicht zuletzt im Bereich des dispositiven Rechts, nachweisen. Dabei zeigt das dispositive Recht nicht nur, was das Gesetz unter Zugrundelegung einer typisierten Interessenlage als objektiv angemessene Regelung ansieht. Indem es dem Parteiwillen den Vorrang einräumt, bringt es vor allem zum Ausdruck, von welcher Regelung es vorrangig annimmt, dass sie interessengerecht ist, nämlich die von den Parteien gewollte. Anders gewendet geht das Gesetz davon aus, dass es mit privatautonomen Entscheidungen „seine Richtigkeit hat“. Selbstbestimmten Entscheidungen wohnt demzufolge eine – gesetzliche – Richtigkeitsvermutung inne. Vermutet wird dabei freilich nicht die ethische Gerechtigkeit, objektive Angemessenheit oder Gemeinwohlkonformität, sondern eben nur, dass ein Rechtsgeschäft den Interessen der an ihm Beteiligten entspricht. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass jeder seine Interessen selbst am besten kennt und zu wahren weiß. Geht man hiervon aus, so ist die Richtigkeitsvermutung für gewöhnlich allein schon aufgrund des Konsensprinzips gerechtfertigt; denn hierdurch wird sichergestellt, dass Rechtsgeschäfte, die mehr als eine Partei betreffen, auf den übereinstim376
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menden Willen und somit auch auf einem Interessenausgleich aller Beteiligten beruhen.190 Gedanklich setzt dies freilich u. a.191 voraus, dass alle, die an der Vornahme eines Rechtsgeschäfts mitwirken, selbst in eigenen Interessen betroffen sind. Unproblematisch gegeben ist diese Voraussetzung in all denjenigen Fällen, in denen die an einem Rechtsgeschäft Beteiligten ihre eigenen Verhältnisse ordnen. Genau hieran aber fehlt es für gewöhnlich bei demjenigen, der für einen anderen zu handeln ermächtigt ist. Um gleichwohl die Interessengerechtheit seines Handelns sicherzustellen, muss er daher an die Interessen desjenigen, für den er handelt, gebunden sein. Andernfalls könnte er aus seinem Handeln Vorteile ziehen, ohne die hiermit verbundenen Nachteile tragen zu müssen. Anstelle der fehlenden, unmittelbaren Selbstbetroffenheit müssen somit Kontroll- und Sanktionsmechanismen die notwendige Handlungssteuerungsfunktion übernehmen, indem sie eine mittelbare Selbstbetroffenheit herstellen. Eben dies ist jedoch nicht erforderlich, wenn durch die Befugnis für einen anderen zu handeln, nicht dessen, sondern zumindest gleichwertige Belange des Handelnden gefördert werden sollen; denn in diesem Fall liegt interessenmäßig gesehen (auch) ein Geschäft des Handelnden vor. Das Geschäft ist daher für ihn nicht mehr neutral. Vielmehr treffen ihn die Folgen seines Tuns unmittelbar selbst in seinen Interessen. Liegt aber interessenmäßig gesehen auch ein Geschäft des Handelnden vor, so gilt nunmehr für ihn ebenfalls die der Richtigkeitsvermutung zugrunde liegende Annahme, dass jeder seine Interessen selbst am besten kennt und zu wahren weiß. Es ist daher folgerichtig, dass er in diesem Fall autonom zu handeln befugt ist bzw. hierzu ermächtigt werden kann. Die Selbstbetroffenheit des Handelnden ändert allerdings nichts daran, dass die Folgen seines Tuns auch andere, nämlich insbesondere den Machtgeber treffen. Das ist an und für sich jedoch nichts Ungewöhnliches, betreffen doch die meisten Rechtsgeschäfte zwei oder mehrere Parteien. Das Selbstbestimmungsrecht schützt den Einzelnen, wie gesagt, nur vor einer unerwünschten Fremdbestimmung. Derjenige, für den der Handelnde tätig wird, hat diesen jedoch nicht nur zum Handeln ermächtigt, sondern zudem auch seine Interessen dessen Interessen untergeordnet. Die Interessengerechtheit ist daher nun nicht mehr aus Sicht des Machtgebers, sondern des Ermächtigten zu beurteilen. Innerhalb gewisser Grenzen ist daher auch eine aus ___________ 190 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130, 151 ff.; ders., FS L. Raiser, S. 1, 10 f.; näher o. § 3 A.I.2. 191 Zum Problem gestörter Vertragsparität o. § 3 C.II.1.
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Sicht des Machtgebers offenbar nicht interessengerechte Regelung verbindlich.192 Eine Unterwerfung der eigenen unter fremde Interessen ist bis zur Grenze einer sittenwidrigen Selbstknebelung zulässig. Kraft privatautonomer Gestaltung gibt es daher keine sog. „verdrängenden Vollmachten“.193 Vielmehr muss die Entscheidungszuständigkeit des Machtgebers – solange er die Rechtszuständigkeit nicht durch dingliches Rechtsgeschäft überträgt – stets unberührt bleiben.194 Überdies ist zum Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Machtgebers zumindest erforderlich, dass die Ermächtigung aus wichtigem Grund widerrufen werden kann.195 Dagegen sind auch Generalermächtigungen im Interesse des Bevollmächtigten zulässig, wenn dieser über ein entsprechend weitreichendes Eigeninteresse verfügt. Das erweist bereits die gesetzliche Anerkennung von Beherrschungsverträgen. Aber auch im Bereich der §§ 164 ff. BGB sind entsprechend weitreichende eigennützige Befugnisse zur Gestaltung fremder Verhältnisse denkbar.196 c) Zwischenergebnis Nach allem kann somit festgehalten werden: Die Befugnis zu autonomem Handeln setzt regelmäßig voraus, dass der Handelnde in eigenen Interessen unmittelbar selbst betroffen ist. Kraft Gestaltungsfreiheit können daher autonome Entscheidungsbefugnisse grundsätzlich nur dann begründet werden, wenn die Interessen des Ermächtigten denen des Machtgebers zumindest gleichwertig sind.
___________ 192 S. nur § 308 Abs. 1 S. 2 AktG und dazu o. bei Fn. 179. 193 H. M., statt anderer Flume, RG, S. 792, 883 f.; MünchKomm/Schramm, BGB, § 168 Rdnr. 29; eingehend Müller-Freienfels, Vertretung, S. 124 ff. 194 Aus diesem Grund würde es bei Mitwirkungsrechten Dritter hinsichtlich von Grundlagenänderungen bei Verbänden nicht ausreichen, wenn diese Rechte nur aus wichtigem Grund beseitigt werden könnten, vgl. o. bei Fn. 132. 195 H. M., s. etwa BGH, WM 1969, 1009; MünchKomm/Schramm, BGB, § 168 Rdnr. 28 m. w. Nw. 196 A. A. Müller-Freienfels, Vertretung, S. 115. So kann sich jemand verpflichten, einem anderen sein gesamtes gegenwärtiges Vermögen zu übertragen, § 311b Abs. 3 BGB n. F. Besteht ein solcher Vertrag oder hat der Bevollmächtigte ein anderes vergleichbar weitreichendes Eigeninteresse (z. B. ein Befriedigungsinteresse in Höhe des Vermögenswertes), so ist es durchaus möglich, anstatt das Vermögen zu übertragen, ihm eine entsprechende Generalvollmacht in seinem Interesse auszustellen; denn dies ist gegenüber der Vermögensübertragung ein Minus (insoweit zutr. MüllerFreienfels, ebd., S. 114).
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d) Folgerungen (1) Das Handeln der Stiftungsorgane bzw. der Organwalter wird der Stiftung zugerechnet. Für gewöhnlich sind sie daher bei ihrem Handeln nicht unmittelbar in eigenen Interessen betroffen. Um gleichwohl die Interessengerechtheit ihres Handelns sicherzustellen, müssen sie grundsätzlich an die Interessen des Stifters bzw. der Stiftung gebunden sein und bleiben.197 Im Ausgangspunkt ist daher der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur zuzustimmen: Grundlagenänderungen können lediglich in das pflichtgemäße, nicht aber in das freie Ermessen der Stiftungsorgane gestellt werden. Zwar kann der Stifter die Erfordernisse des § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB insofern absenken, als er Abweichungen von seinen „Weisungen“, d. h. Satzungsänderungen voraussetzungslos, also insbesondere auch ohne Änderung der Sachlage zulassen kann – ganz ebenso wie er den Stiftungsorganen durch bewusste Lücken in der Stiftungssatzung Spielräume zu deren Ergänzung eröffnen kann198. Jede Satzungsänderung oder -ergänzung muss jedoch zumindest im Interesse der Stiftung liegen und dem objektiven Stifterwillen entsprechen. Aus dieser Pflichtbindung kann der Stifter die Stiftungsorgane grundsätzlich nicht entlassen. Selbst wenn aber die Stiftungssatzung eine Bestimmung enthält, die Satzungsänderungen voraussetzungslos in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane stellt, so kann sich eine solche Bestimmung nicht auf Grundlagenänderungen beziehen, die den Zweck (i. e. S.) oder den Bestand der Stiftung berühren; denn den Zweck der Stiftung zu fördern, ist gerade die Pflicht und das Interesse, an dem die Ausübung des den Stiftungsorganen zustehenden Ermessens zu beurteilen ist. Eine Änderung des Zwecks oder die Aufhebung der Stiftung sind daher nur unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen oder dann zulässig, wenn der Stifter hierfür konkrete Vorgaben aufstellt. Diese müssen derart bestimmt sein, dass sie einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sind. Das schließt freilich weder die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe mit Beurteilungsspielraum199 auf der Tatbestandsseite noch die Einräumung eines Ermessensspielraums auf der Rechtsfolgenseite zugunsten der Stiftungsorgane aus. Ein etwaiger Ermessensspielraum ist wiederum pflichtgemäß auszufüllen.
___________ 197 Insoweit zutr. Jeß, Verhältnis, S. 64, der betont, dass der Ausschluss der freien Willensbildung innerhalb der Stiftung seinen tieferen Grund in der fehlenden Rückbindung der Stiftung an die Eigeninteressen natürlicher Trägerpersonen finde. 198 S. o. I.1.a. (a. E.). 199 Vgl. hierzu o. § 6 B II.2.a.
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Im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens kann der Stifter überdies die Berücksichtigung von Partikularinteressen gestatten.200 (2) Anders verhält es sich hingegen, soweit der Stifter sich selbst das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehält oder ein solches Recht den Stiftungsdestinatären einräumt. (a) Zwar wird der Stifter durch Grundlagenänderungen regelmäßig nicht berechtigt oder verpflichtet. Gleichwohl betreffen Änderungen der Stiftungsverfassung seine rechtlich geschützten Interessen; denn die Stiftung ist seine Zweckschöpfung. Er hat ihr sein Vermögen ganz oder zum Teil zugewendet. Dementsprechend ist die gesetzliche Regelverfassung der Stiftung auf den Schutz und die Verwirklichung seines Willens ausgerichtet. Die Stiftungsgesetze der Länder räumen ihm bei Grundlagenänderungen teils ein Anhörungs-, teils sogar ein Zustimmungsrecht201 ein. Daher bestehen keine Bedenken dagegen, dass sich der Stifter ein Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehält. Insbesondere ist das Interesse des Ermächtigten und des Machtgebers in diesem Fall allein schon deswegen gleichwertig, weil es sich um dieselbe Person, nämlich den Stifter handelt. Ebenso wie bei der Stiftungserrichtung darf daher vermutet werden, dass seine Entscheidungen interessengerecht sind. Und das gilt, wie folgende Überlegung zeigt, auch für Zweckänderungen: Unstreitig kann der Stifter die Stiftung zeitlich befristen oder bestimmte Aufhebungsgründe vorsehen und sich zum Anfallberechtigten bestimmen. Fällt hernach das Stiftungsvermögen an ihn zurück, könnte er hiermit eine neue Stiftung errichten und wäre dabei in seiner Entscheidung erneut vollkommen frei. Es würde vermutet, dass sie seinen Interessen entspricht. Anstatt ihn aber auf diesen umständlichen (und steuerlich teuren) Weg zu zwingen, kann man ihm daher auch zugestehen, sich das Recht zu autonomen Zweckänderungen vorzubehalten.202 (b) Die Selbstbetroffenheit der Destinatäre ergibt sich daraus, dass der Stifter ihnen das Stiftungsvermögen gewidmet hat. Sie verfügen damit über ein den Stifter- bzw. Stiftungsinteressen gleichwertiges Eigeninteresse.203 Hat der Stifter ihnen darüber hinaus das Recht zu autonomen Grundlagenände___________ 200 201 202 203
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S. o. § 11 A.III., V., VII. Dazu u. § 16 A.I.3.a.,b. Vgl. Kronke, Stiftungstypus, S. 79. Das kommt auch in den Stiftungsgesetzen der Länder zum Ausdruck, die vorbehaltlich anderweitiger Satzungsbestimmungen Eingriffe in die Rechte von Destinatären nur unter den Voraussetzungen des § 87 BGB zulassen, §§ 7 Abs. 2 S. 3 NdsStiftG, 7 Abs. 2 S. 3 SaarStiftG und dazu Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 3 b.
§ 13 Grundlagenänderungen
rungen eingeräumt, bringt er damit zum Ausdruck, dass er an einer Vermögensbindung nicht interessiert ist. Dabei wird die Interessengerechtheit von Grundlagenänderungen dadurch gewährleistet, dass diejenigen über die Verwaltung und Verwendung des Stiftungsvermögens entscheiden, denen es zugute kommen soll. Das setzt freilich voraus, dass alle Destinatäre an der Entscheidung entweder unmittelbar oder zumindest mittelbar, d. h. durch Wahl der Mitglieder eines Repräsentativorgans, beteiligt sind. Und daraus folgt des Weiteren, dass der Kreis der Destinatäre abschließend bestimmt oder wenigstens bestimmbar sein muss, damit eine solche Gestaltung zulässig ist. Allerdings begibt sich der Stifter, räumt er den Destinatären die Befugnis zu autonomen Grundlagenänderungen ein, jeden Schutzes seiner selbstbestimmten Entscheidung, zumal er deren Einfluss – vorbehaltlich abweichender Regelungen in der Stiftungsverfassung – nicht selbstbestimmt wieder beseitigen kann. Er ordnet dadurch seine Interessen denen der Destinatäre vollkommen unter. Im Schuld- oder Gesellschaftsrecht wäre damit die Grenze einer sittenwidrigen Selbstknebelung überschritten, da die Entscheidungszuständigkeit des Machtgebers verdrängt und zudem die Ermächtigung von ihm nicht einmal bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen werden könnte. Die Besonderheit des Stiftungsrechts besteht indes darin, dass dem Stifter nach der Stiftungserrichtung grundsätzlich ohnehin keine Entscheidungszuständigkeit mehr zukommt. Dabei wird die Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts des Stifters hinsichtlich „seiner“ Stiftung dadurch kompensiert, dass er im Unterschied etwa zu den Mitgliedern eines Verbandes durch Änderungen der Stiftungsverfassung nicht in seinen Rechten und Pflichten, sondern lediglich in rechtlich geschützten Interessen betroffen wird. Führt der Stifter eine quasikörperschaftliche Willensbildung bei der Stiftung ein, so legt er daher nicht auch sein eigenes Schicksal, sondern nur das Schicksal „seiner“ Stiftung in die Hände Dritter. Anders gewendet ist die Position des Stifters insofern mit derjenigen eines Schenkers vergleichbar.204 Ebenso aber wie dieser die Schenkung mit oder ohne Auflagen vornehmen kann, kann der Stifter die Stiftung an seinen Willen binden oder sie zur Disposition der Destinatäre stellen. (c) Zu beachten ist schließlich, dass, wenn der Stifter sich selbst das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehalten oder den Destinatären einräumen will, er dies unmissverständlich in der Stiftungssatzung vorsehen sollte; denn wegen des Grundsatzes der Maßgeblichkeit des Stifterwillens ___________ 204 Tatsächlich folgt das Zuwendungsversprechen teilweise schenkungsrechtlichen Regeln, näher u. § 24 A.II.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
sind Satzungsänderungsbefugnisse im Zweifel eng auszulegen205. Bestimmt die Stiftungssatzung beispielsweise nur, dass Satzungsänderungen „im Ermessen“ einer Stifterversammlung stehen, so ist diese Bestimmung im Zweifel, d. h. abseits gegenteiliger Anhaltspunkte, im Sinne eines pflichtgemäßen Ermessens auszulegen.206 Zu empfehlen ist daher, ausdrücklich klarzustellen, dass Änderungen der Stiftungsverfassung „im freien Ermessen“ oder „freien Belieben“ des zuständigen (mit den Stiftern oder Destinatären besetzten) Organs stehen, dass es hierbei nicht an den ursprünglichen Stifterwillen gebunden ist und/oder dass die zuständigen Organe auch den Zweck der Stiftung nach Belieben auswechseln oder die Stiftung aufheben können.206a 4. Ergebnis Im Ergebnis ist somit festzuhalten: Ein Recht zu autonomen Grundlagenänderungen kann der Stifter nur sich selbst vorbehalten oder den Destinatären einräumen. Im Übrigen ist zu unterscheiden: Einfache Satzungsänderungen können voraussetzungslos, d. h. insbesondere ohne, dass es einer Änderung der Sachlage bedarf, in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane gestellt werden.206b Eine Änderung des Stiftungszweck i. e. S. oder die Aufhebung der Stiftung sind dagegen nur unter den vom Gesetz bestimmten (s. o. A.I.1.) oder vom Stifter justiziabel benannten Voraussetzungen zulässig. Dabei dürfen freilich keine überspannten Anforderungen an die Bestimmtheit der vom Stifter benannten Voraussetzungen gestellt werden. Zulässig ist danach insbesondere die Bestimmung, wonach die zuständigen Stiftungsorgane eine Änderung des Zwecks oder die Aufhebung der Stiftung bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse nach pflichtgemäßem Ermessen vornehmen dürfen.207 Im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung kann der Stifter zudem die Berücksichtigung von Partikularinteressen zulassen.208 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Stifter selbstverständlich auch differenzierte Regelungen treffen kann, in___________ 205 So zu Recht Kronke, Stiftungstypus, S. 78, Fn. 93. 206 Vgl. OVG Bremen, StiftRspr. IV, S. 127, 131. 206a Ausreichend dürfte aber auch die von Brandmüller/Lindner, Stiftungen, S. 133, vorgeschlagene Formulierung sein: „Der Stifter kann die Satzung jederzeit ändern und die Stiftung aufheben“. 206b Beispiel nach v. Holt/Koch, Stiftungssatzung, S. 136: „Die Stiftungssatzung ... kann geändert werden, wenn dies im Interesse der Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Stiftung zweckmäßig ist.“; für ein weiteres Formulierungsbeispiel s. Meyn/Richter, Stiftung, Rdnr. 158; auch Schiffer/Schubert, DB 2000, 437, 439. 207 Das entspricht der Rechtslage nach den meisten Landesstiftungsgesetzen (s. o. A.I.2.b.) und soll hier nur ein Beispiel für den Grad der Bestimmtheit sein. 208 S. o. § 11 A.III., V., VII.
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§ 13 Grundlagenänderungen
dem er bspw. sich zu Lebzeiten das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehält, hernach manche Satzungsbestimmungen von einer Änderung ausschließt (Grenze: § 87 Abs. 1 BGB)209, die Änderung anderer Bestimmungen an von ihm benannte Voraussetzungen knüpft und die Änderung der übrigen Satzung in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane stellt.
B. Genehmigung von Grundlagenänderungen Nach allen Landesstiftungsgesetzen bedürfen Verfassungsänderungen – nicht aber die Änderung von bloßen Nebenordnungen210 – zwingend211 einer stiftungsaufsichtsrechtlichen Genehmigung.212 Diese ist – anders als bei Vertretungshandlungen (s. o. § 10 B.II.2.) – Wirksamkeitsvoraussetzung.213 Anders ist dies nur gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 NRWStiftG, wonach einfache Satzungsänderungen der Aufsichtsbehörde lediglich anzuzeigen sind. Die Stiftungsaufsichtsbehörde ist grundsätzlich lediglich befugt, die Rechtmäßigkeit, nicht aber die Zweckmäßigkeit der beschlossenen Grundlagenänderung zu prüfen. Nach § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB setzt allerdings eine Grundlagenänderung u. a. voraus, dass die Satzungsänderung im Interesse der Stiftung ist, d. h. der Stiftung ohne die Änderung Nachteile entstehen oder Vorteile entgehen würden. Dies erfordert u. U. ein Zweckmäßigkeitsurteil. Dabei ist wegen der Beschränkung der Stiftungsaufsicht auf eine bloße Rechtsaufsicht sowie wegen des Subsidiaritätsprinzips von einer Beurteilungsprärogative der zuständigen Stiftungsorgane auszugehen. Zu überprüfen befugt ist die Aufsichtsbehörde aber insofern jedenfalls, ob die Zweckmäßigkeitserwägungen der Stiftungsorgane schlüssig sind und ob ___________ 209 S. o. Fn. 146. 210 Zur Abgrenzung s. o. § 7 C. 211 Nach Art 2 § 14 PrAGBGB war die Genehmigung von Grundlagenänderungen bei Familienstiftungen noch nachgiebiges Recht, s. dazu KG, StiftRspr. I, S. 131 ff. 212 Entgegen Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 178 mit Fn. 275 gilt dies auch dann, wenn die Stiftungsaufsicht – wie regelmäßig bei Familienstiftungen – gelockert ist, so ausdrücklich Begr. RegE. zu § 17 BreStiftG, LT-Drs. 12/405, S. 13; Nr. 3.5.3. AusfRiliStiftG zu § 10 Abs. 2 NdsStiftG a. F., NdsMBl. Nr. 31/1986, S. 803; Stengel, HeStiftG, § 21 Anm. 3. Das ergibt sich teils aus dem Wortlaut, teils aus der systematischen Stellung der einschlägigen Normen. 213 Statt aller Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 190. Die Genehmigung wirkt nach herrschender Meinung ex nunc, OVG Münster, StiftRspr. I, S. 54; Hof, ebd.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
sie bei ihrer Entscheidung die Grundregeln ordnungsgemäßer Geschäftsbesorgung214 eingehalten haben. Hinsichtlich der Reihenfolge und des Gegenstands der Prüfung gilt das Folgende:215 – Zunächst ist die formelle Rechtmäßigkeit der Grundlagenänderung zu untersuchen, d. h. der Frage nachzugehen, ob ihr ein ordnungsgemäßer Beschluss des nach der Satzung bzw. dem Gesetz zuständigen Organs zugrunde liegt. – Sodann ist die materielle Rechtmäßigkeit der Grundlagenänderung zu prüfen. − Hierbei bedarf es zuvörderst der Klärung, ob es sich um eine einfache Satzungsänderung handelt oder eine Änderung des Zwecks, Aufhebung oder Zusammenlegung bzw. eine wesentliche Umgestaltung der Stiftung in Frage steht. − Alsdann ist zu prüfen, ob die Satzung Bestimmungen enthält, die die erstrebte Grundlagenänderung rechtfertigen oder ausschließen und ob diese wirksam sind, d. h. mit den zuvor dargelegten Grundsätzen übereinstimmen. − Enthält die Satzung keine dahingehenden Bestimmungen oder sind diese unwirksam, dann sind hernach die einschlägigen landesgesetzlichen (s. o. A.I.2.) und, soweit diese keine Sonderregelungen enthalten, die bundesgesetzlichen Voraussetzungen (s. o. A.I.1.) für die beabsichtigte Grundlagenänderung zu prüfen. − Steht eine Zweckänderung in Frage, ist überdies festzustellen, ob der neue Zweck erlaubt und hinreichend bestimmt ist und das Stiftungsvermögen ausreicht, um ihn nachhaltig zu verfolgen (s. o. § 6 B.II.2.). – Schließlich ist die Stellungnahme des lebenden Stifters einzuholen, soweit das Landesrecht zu seinen Gunsten Anhörungs- oder Zustimmungsrechte vorsieht.216 Die Genehmigung ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich allein an die Stiftung richtet. Streitig ist, ob die Behörde nach pflichtgemä___________ 214 S. o. § 10 A.I. 215 Vgl. KG, StiftRspr. I, S. 163, 169 ff., 172 ff.; KG, StiftRspr. III, S. 50, 52 ff. ferner BGH, StiftRspr. III, S. 27, 31; BAG, StiftRspr. IV, S. 108, 115 ff.; KG, StiftRspr. III, S. 85. 216 Näher zu den Anhörungs- und Zustimmungsrechten des Stifters u. § 16 A.I.3.a.,b.
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ßem Ermessen entscheidet217 oder die Stiftung einen Anspruch auf Genehmigung hat218. Bedenkt man, dass die Stiftung bei ihrer Errichtung einen Anspruch auf Anerkennung hat und eine Zweckänderung einer Neugründung nahe kommt, dann kann angesichts der Grundrechtsposition der Stiftung auch für einfache Satzungsänderungen nichts anderes gelten. Die Genehmigung ist daher ein gebundener Verwaltungsakt. Wird die Genehmigung versagt, kann die Stiftung hiergegen mit verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfen (Widerspruch und Verpflichtungsklage) vorgehen. Wird sie erteilt, so sind Dritte für gewöhnlich nicht anfechtungsbefugt. Halten einzelne Organmitglieder die Grundlagenänderung für rechtswidrig oder fühlen sich Destinatäre in ihren Rechten verletzt, haben sie vielmehr den Zivilrechtsweg einzuschlagen; denn wenn die Grundlagenänderung zivilrechtlich unwirksam ist, so vermag dies auch die Genehmigung nicht zu heilen.219
C. Grundlagenänderungen durch die Aufsichtsbehörde Die Befugnis der Behörde, die Grundlagen der Stiftung zu ändern, beruht auf § 87 BGB. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift darf die Behörde der Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie aufheben, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks (rechtlich oder tatsächlich) unmöglich geworden ist oder das Gemeinwohl gefährdet. Mit dem Stiftungszweck ist der Zweck im weiteren Sinne gemeint, umfasst also auch den Gegenstand der Stiftungstätigkeit (s. o. § 5 A., B.). Eine Gemeinwohlgefährdung liegt nur bei gesetzwidrigen Stiftungszwecken vor. In diesem Fall ist die Erfüllung des Stiftungszwecks zugleich rechtlich unmöglich.220 Tatsächliche Unmöglichkeit ist bei endgültiger Zweckerfüllung, dem Wegfall der Destinatäre, bei endgültigem Verlust oder einer derartigen dauerhaften Minderung des Stiftungsvermögens gegeben, dass der Stiftungszweck nicht mehr verfolgt werden kann.221 ___________ 217 So etwa Kronke, Stiftungstypus, S. 78 f.; ders., StiftRspr. IV, S. 132; Bruns, BWStiftG, § 6 Anm. 3. 218 So OVG Bremen, StiftRspr. IV, S. 127, 129; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 5; Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 106. 219 Vgl. BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160; BGH, WM 1976, 869, 871 (= StiftRspr. III, S. 1); VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5 ff. m. Anm. Kronke sowie u. § 16 B.III. jew. m. w. Nw. 220 S. o. § 5 C.1. 221 Zutr. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 333; enger Staudinger/ Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 4.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Über eine Aufhebung der Stiftung oder Änderung ihres Zwecks hinaus ist die Aufsichtsbehörde nach den Landesstiftungsgesetzen ebenfalls befugt, sie mit anderen Stiftungen, bei denen gleichfalls die Voraussetzungen des § 87 BGB vorliegen, zu vereinigen.222 Dies kann im Wege der Zusammenlegung223 oder der Zulegung224 geschehen.225 Nach dem Wortlaut von § 87 Abs. 2 S. 2 BGB ist die Behörde zu einfachen Satzungsänderungen nur dann berechtigt, wenn dies infolge einer Zweckänderung oder Zusammenlegung226 erforderlich ist. Sind die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB erfüllt, wird man die Behörde jedoch stets auch zu einfachen Satzungsänderungen für befugt halten müssen, wenn die Stiftungsorgane untätig bleiben. Das ergibt sich wenn schon nicht aus dem Landesrecht (vgl. aber §§ 6 S. 2 BWStiftG, 8 S. 1 SaarStiftG), dann sowohl aus einem argumentum a maiore ad minus als auch aus einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz).227 Ist beispielsweise der Verwaltungsaufwand einer Stiftung aufgrund ihrer Organisationsverfassung derart hoch oder sind ihre Erträge infolge ihrer Finanzverfassung derart gering, dass hierdurch eine Zweckverfolgung dauerhaft verhindert wird, so darf die Behörde die Stiftung nicht aufheben, sondern muss ihre Organisations- bzw. Finanzverfassung sachgerecht ändern, wenn die hierzu berufenen Stiftungsorgane untätig bleiben. Schließlich sieht § 6 S. 2 BWStiftG vor, dass die Behörde auch unterhalb der Schwelle des § 87 BGB, nämlich bereits bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die Satzung der Stiftung einschließlich ihres Zwecks ändern darf, wenn die Stiftungsorgane untätig bleiben (müssen). Verfassungsrechtlich sind diese Regelungen unbedenklich.228 Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 31 bzw. 72 Abs. 1 GG vor;229 denn die §§ 80 ff. BGB enthalten ausweislich § 85 BGB gerade auch hinsichtlich der Befug___________ 222 Vgl. Art. 16 BayStiftG, §§ 14 Abs. 3 BWStiftG, 10 Abs. 1 BbgStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 12 MVStiftG, 8 Abs. 1 S. 2 und 3 NdsStiftG, 8 S. 2 bis 4 SaarStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 bis 4 SHStiftG. 223 Vereinigung mehrerer Stiftungen mit gleicher oder ähnlicher Zwecksetzung zu einer neuen Stiftung, s. Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 10. 224 Vereinigung mehrerer Stiftungen mit gleicher oder ähnlicher Zwecksetzung mit einer anderen, sie aufnehmenden Stiftung, s. Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 11. 225 Näher zur „Fusion“ von Stiftungen Peters, ZSt 204, 323 ff. 226 §§ 14 Abs. 3 S. 2 BWStiftG. 227 Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, § 87 Rdnr. 11. 228 Ebenso RGZ 121, 166, 167 f.; Soergel/Neuhoff, BGB, § 87 Rdnr. 5. 229 So aber Kronke, Stiftungstypus, S. 76; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 320.
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§ 13 Grundlagenänderungen
nisse der Stiftungsaufsichtsbehörde keine abschließende Regelung, weswegen die Länder frei sind, darüber hinausgehende Regelungen zu treffen.230 Oberste Richtschnur bei all diesen Maßnahmen ist der objektive Stifterwille, vgl. § 87 Abs. 2 S. 1 BGB. Ergibt dessen Auslegung, dass eine Zweck- oder sonstige Satzungsänderung auch um den Preis einer Aufhebung der Stiftung ausgeschlossen sein soll, dann ist die Behörde hieran gebunden und darf diese Maßnahmen nicht ergreifen, sondern kann die Stiftung nur aufheben. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,231 den die Behörde ansonsten stets zu beachten hat. Auf diese Weise kann der Stifter auch eine Zu- oder Zusammenlegung der Stiftung ausschließen. Überdies sind Maßnahmen nach § 87 BGB subsidiär.232 Bevor die Behörde eine solche Anordnung trifft, hat sie die Stiftungsorgane anzuhören233 und ihnen Gelegenheit zur eigenverantwortlichen Abhilfe zu geben. Zudem ist nach manchen Stiftungsgesetzen der lebende Stifter zu hören234 oder hat gar ein Zustimmungsrecht.235 Hierauf wird zurückzukommen sein (u. § 16 A.I.3.). Gegen Grundlagenänderungen durch die Behörde kann die Stiftung mit verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfen (Widerspruch und Anfechtungsklage) vorgehen, Dritte (Stifter, Destinatäre, Organmitglieder) dagegen nur, wenn sie hierdurch in ihren Rechten verletzt werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Grundlagenänderung Rechte betrifft, die ihnen in der Satzung eingeräumt sind.
D. Zusammenfassung Nach allem erweist sich die Stiftung bereits nach ihrer gesetzlichen Normalverfassung als erheblich flexibler als ihr zumeist nachgesagt wird. Satzungsänderungen sind regelmäßig unter den Voraussetzungen des § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB zulässig, wenn: ___________ 230 Vgl. Mugdan, Materialien I, S. 664; OVG NRW, NWVBl 1996, 181; Salzwedel, Gutachten 44. DJT, S. 52 ff.; sowie o. A.II.2.b. 231 Zutr. Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 13; a. A. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 343. 232 Statt anderer Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 87 Rdnr. 1, 3. 233 Vgl. §§ 87 Abs. 3 BGB, 28 VwVfG sowie hierzu Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 15. 234 Art. 15 Abs. 2 BayStiftG, §§ 9 Abs. 2 BreStiftG, 8 Abs. 2 NdsStiftG, 6 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 SHStiftG; s. auch o. A.I.2.a. Fn. 44. 235 § 6 S. 2 Hs. 2 BWStiftG; s. auch o. A.I.2.a. Fn. 45.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
– die Sachlage von den Annahmen des Stifters, die den Anordnungen der Stiftungsverfassung zugrunde liegen, abweicht und – die unveränderte Befolgung der Stiftungsverfassung gemessen an dem objektiven Stifterwillen insbesondere im Blick auf die Verfolgung des Stiftungszwecks nicht (mehr) interessengerecht ist. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Je bedeutsamer die in Frage stehende Bestimmung ist, desto erheblicher muss sich daher die Sachlage geändert haben und desto größer müssen die Vor- bzw. Nachteile sein, die der Stiftung ohne die Satzungsänderung entgehen bzw. entstehen würden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann haben die zuständigen Stiftungsorgane die Satzung nach pflichtgemäßem Ermessen, d. h. insbesondere unter Beachtung der Stiftungsverfassung entsprechend dem objektiven Stifterwillen und mit dem Ziel der Förderung des Stiftungszwecks, zu ändern. Eine Zweckänderung oder Aufhebung der Stiftung setzt dagegen gemäß § 87 BGB die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Zweckerfüllung voraus. Nach Landesrecht reicht hingegen auch hierfür oft schon eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse aus. Diese verhältnismäßig große Flexibilität kann zudem durch eine entsprechende Abfassung der Stiftungsverfassung weiter verstärkt, allerdings auch erheblich eingeschränkt werden. Im Blick auf eine Stärkung der Flexibilität der Stiftung gilt zunächst die Regel: Je weniger präzise und detailliert die Stiftungsverfassung gehalten ist, desto größer ist der Spielraum der Stiftungsorgane.236 Freilich darf die Stiftungsverfassung hierdurch nicht jegliche Kontur verlieren. Zumindest müssen die Voraussetzungen des §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 S. 3 BGB eingehalten sein.237 Des Weiteren kann der Stifter die Entscheidungsfreiheit der zuständigen Stiftungsorgane über § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB hinaus vergrößern, indem er einfache Satzungsänderungen voraussetzungslos, d. h. insbesondere ohne dass es einer Änderung der Sachlage bedarf, in deren pflichtgemäßes Ermessen stellt.238 Eine Änderung des Stiftungszwecks i. e. S. und eine Aufhebung der Stiftung sind dagegen grundsätzlich nur unter den vom ___________ 236 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 9, 11; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 131 f., sowie o. bei Fn. 29. 237 Dazu o. § 4 A.I.2.b., § 5 C.I. 238 Ebenso wohl Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 19.
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§ 13 Grundlagenänderungen
Gesetz bestimmten (s. o. A.I.1.) oder vom Stifter im Einzelnen justiziabel benannten Voraussetzungen nach pflichtgemäßem Ermessen zulässig. Im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens kann der Stifter allerdings auch die Berücksichtigung von Partikularinteressen erlauben. Überdies kann er sich selbst oder den Stiftungsdestinatären das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen – und zwar auch qualifizierter Art – einräumen. Das wurde vorstehend eingehend begründet. Umgekehrt kann der Stifter Änderungen der Stiftungsverfassung, sei es in einzelnen Punkten, auf bestimmte Dauer oder insgesamt einschränken oder ganz ausschließen – wobei Letzteres freilich nicht zu empfehlen ist. Insofern markiert allein § 87 BGB die Grenze der Gestaltungsfreiheit: Zwar kann der Stifter auch für den Fall einer rechtlichen oder tatsächlichen Unmöglichkeit der Zweckverfolgung Verfassungsänderungen ausschließen, nicht aber die Aufhebung der Stiftung. Zulässig ist schließlich eine beliebige Kombination all dieser Möglichkeiten. Z. B. kann der Stifter einer Familienstiftung zunächst sich selbst das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehalten, zu Lebzeiten der nächsten Generation qualifizierte Grundlagenänderungen ausschließen und die Stiftung sodann zur Disposition der folgenden Generation239 stellen usw.240
___________ 239 Vgl. o. Fn. 169. 240 Zu Kombinationsmöglichkeiten s. auch o. A.I.4.
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2. Kapitel: Die Rechtsstellung der Organmitglieder, Stifter und Destinatäre Eng verknüpft mit den Fragen, welche Organe mit welchen Kompetenzen die Stiftung hat und wie deren innere Ordnung beschaffen sein soll, sind die Fragen der personellen Auswahl und der Rechtsstellung der Organmitglieder, einschließlich derjenigen des Stifters selbst und von etwaigen Destinatären. Zu regeln sind zum einen die Modalitäten der Erst- und Zweitbestellung, der Amtsdauer und Abberufung sowie Vertretung der Organmitglieder (dazu § 14). Erwogen werden sollten zum anderen Regelungen über ihre organschaftlichen und schuldrechtlichen Rechte und Pflichten (§ 15). Und zu überlegen ist zum Dritten, ob sich der Stifter selbst organschaftliche Rechte vorbehalten oder Destinatären einräumen will (§ 16). Die Verknüpfung dieser Fragen mit den vorangegangenen Kapiteln ist einerseits rechtlicher Natur. So sind Fragen der Bestellung und Abberufung auch Kompetenzfragen. Die Rechte und Pflichten der Organmitglieder werden abseits besonderer Bestimmungen außer durch einige allgemeine Regeln ebenfalls vornehmlich durch die Organkompetenzen definiert und konkretisiert. Sie sind überdies für die innere Ordnung und Beschlussfassung von Organen von erheblicher Bedeutung. Formelle Beschlussmängel stellen sich häufig als Verletzungen organschaftlicher Rechte (z. B. des Teilnahmeoder des Stimmrechts) dar, usw. Andererseits beruht die Verknüpfung darauf, dass der Stifter nicht selten Vorstellungen über die Rolle bestimmter Personen oder Personengruppen, nicht zuletzt seiner selbst, seiner Angehörigen und/oder der Destinatäre in Bezug auf die Stiftung haben wird. Dementsprechend wird er die Stiftungsverfassung ausrichten, wobei vielfache Abstufungen und Differenzierungen möglich sind: Erstens kann er bestimmte Personen implizit oder explizit von der Verwaltung und/oder dem Vermögen der Stiftung ganz ausschließen. Zweitens kann er Einzelnen Vermögens-, Schutz- und Abwehrrechte einräumen. Drittens kann er sie zu Mitgliedern von Kollegialorganen bestellen. Dabei kann er ihre Rolle nicht nur durch die Kompetenzen und die innere Ordnung des betreffenden Organs definieren, sondern auch ihren Einfluss nach Belieben dadurch stärken oder schwächen, dass er ihnen entweder besondere organschaftliche Rechte zuweist oder umgekehrt, einzelne organschaftliche Rechte einschränkt oder ihnen ganz vorenthält. Viertens können insbesondere durch einen Anstellungsvertrag schuldrechtliche Rechte und Pflichten begründet werden, wobei teilweise (z. B. hinsichtlich der Vergütung) Wahlfreiheit besteht, ob Organmitglieder auf organisationsrechtlicher 390
§ 14 Die Organmitgliedschaft
und/oder schuldrechtlicher Ebene berechtigt und verpflichtet werden sollen. Und das sind nur einige von ungezählten weiteren Gestaltungsmöglichkeiten. Sie können, wie zu zeigen sein wird, auch zu einer korporativen Strukturierung der Stiftung genutzt werden. Erforderlich ist dabei stets eine Gesamtbetrachtung, auch wenn die verschiedenen Fragenkreise hier zunächst1 getrennt behandelt werden. Die These ist, dass das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. einem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis rechtsähnlich ist und durch Gestaltungsmaßnahmen weiter angenähert werden kann. Freilich ist hier nicht der Ort, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des mitgliedschaftlichen und des organschaftlichen Rechtsverhältnisses i. e. S. präzise herauszuarbeiten. Dazu bedürfte es einer selbständigen Schrift. Zu viel ist nicht abschließend geklärt, und zwar auch und gerade hinsichtlich der Grundlagen.2 Das gilt sowohl für das mitgliedschaftliche als auch und besonders für das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. Für den Zweck der vorliegenden Untersuchung ist es indes ausreichend, an einige Daten des mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisses zu erinnern, insbesondere wie es begründet und beendet wird und welche Rechte und Pflichten mit ihm für gewöhnlich verbunden sind, um diesen Fragen und den hierbei bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten sodann für das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. nachzugehen.
§ 14 Die Organmitgliedschaft Die Organmitgliedschaft i. w. S. bezeichnet die Beteiligung an einem organisationsrechtlichen Rechtsverhältnis. Zu unterscheiden ist zwischen sog. „geborenen“ und „gekorenen“ Organmitgliedern. Geborene Organmitglieder sind solche, die ihre Organstellung durch ihre Verbandsmitgliedschaft erwerben. Gekorene Organmitglieder (auch Organwalter genannt) erwerben ihre Organmitgliedschaft dagegen durch einen Bestellungsakt.3 Das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis wird durch Beteiligung an der Gründung, ___________ 1 Zu einer Gesamtbetrachtung s. u. Fünfter Teil. 2 Beispiel: Ist die Mitgliedschaft ein Rechtsverhältnis und/oder ein subjektives bzw. gar ein absolutes Recht? S. dazu aus der Rechtsprechung vor allem BGHZ 110, 323; aus der Literatur besonders Habersack, Mitgliedschaft, 1996; Hadding, FS Reinhardt, S. 249 ff.; ders., FS Steindorf, S. 31 ff.; ders., FS Kellermann, S. 91 ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 84 ff.; Flume, jP, S. 258 ff.; K. Schmidt, GR, S. 547 ff. 3 S. o. § 9 (a. E.).
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§ 14 Die Organmitgliedschaft
und/oder schuldrechtlicher Ebene berechtigt und verpflichtet werden sollen. Und das sind nur einige von ungezählten weiteren Gestaltungsmöglichkeiten. Sie können, wie zu zeigen sein wird, auch zu einer korporativen Strukturierung der Stiftung genutzt werden. Erforderlich ist dabei stets eine Gesamtbetrachtung, auch wenn die verschiedenen Fragenkreise hier zunächst1 getrennt behandelt werden. Die These ist, dass das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. einem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis rechtsähnlich ist und durch Gestaltungsmaßnahmen weiter angenähert werden kann. Freilich ist hier nicht der Ort, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des mitgliedschaftlichen und des organschaftlichen Rechtsverhältnisses i. e. S. präzise herauszuarbeiten. Dazu bedürfte es einer selbständigen Schrift. Zu viel ist nicht abschließend geklärt, und zwar auch und gerade hinsichtlich der Grundlagen.2 Das gilt sowohl für das mitgliedschaftliche als auch und besonders für das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. Für den Zweck der vorliegenden Untersuchung ist es indes ausreichend, an einige Daten des mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisses zu erinnern, insbesondere wie es begründet und beendet wird und welche Rechte und Pflichten mit ihm für gewöhnlich verbunden sind, um diesen Fragen und den hierbei bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten sodann für das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. nachzugehen.
§ 14 Die Organmitgliedschaft Die Organmitgliedschaft i. w. S. bezeichnet die Beteiligung an einem organisationsrechtlichen Rechtsverhältnis. Zu unterscheiden ist zwischen sog. „geborenen“ und „gekorenen“ Organmitgliedern. Geborene Organmitglieder sind solche, die ihre Organstellung durch ihre Verbandsmitgliedschaft erwerben. Gekorene Organmitglieder (auch Organwalter genannt) erwerben ihre Organmitgliedschaft dagegen durch einen Bestellungsakt.3 Das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis wird durch Beteiligung an der Gründung, ___________ 1 Zu einer Gesamtbetrachtung s. u. Fünfter Teil. 2 Beispiel: Ist die Mitgliedschaft ein Rechtsverhältnis und/oder ein subjektives bzw. gar ein absolutes Recht? S. dazu aus der Rechtsprechung vor allem BGHZ 110, 323; aus der Literatur besonders Habersack, Mitgliedschaft, 1996; Hadding, FS Reinhardt, S. 249 ff.; ders., FS Steindorf, S. 31 ff.; ders., FS Kellermann, S. 91 ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 84 ff.; Flume, jP, S. 258 ff.; K. Schmidt, GR, S. 547 ff. 3 S. o. § 9 (a. E.).
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Beitritt (Aufnahme) oder Rechtsnachfolge begründet und durch Vollbeendigung des Verbandes, Austritt oder Ausschließung sowie Rechtsnachfolge bzw. Tod beendet.4 Das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. kann dagegen allein durch Bestellung begründet werden und endet durch Grundlagenänderung, Amtsniederlegung, Abberufung, einverständliche Aufhebung, Wegfall persönlicher Voraussetzungen, Zeitablauf und Tod. Hierin erschöpfen sich die Unterschiede freilich nicht. Ohne dass dies hier aus den genannten Gründen näher ausgeführt werden kann, ist ein sehr bedeutsamer Unterschied beispielsweise, dass das organschaftliche Rechtsverhältnis i. e. S. stets nur zweiseitig ist, nämlich ausschließlich zwischen dem Verband bzw. der Stiftung und dem Organwalter besteht. Dagegen ist das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis regelmäßig5 mehrseitig. Es besteht nicht nur zwischen dem Verband und dem Mitglied, sondern auch zwischen den Mitgliedern untereinander.6 Erhebliche Unterschiede bestehen ferner zwischen den Rechten und Pflichten von Organwaltern und Verbandsmitgliedern. Sie weisen jedoch auch zahlreiche Übereinstimmungen auf. Darauf wird zurückzukommen sein (u. § 15). Im Folgenden wird nur von „gekorenen“ Organmitgliedern (Organwaltern) zu handeln sein; denn die Stiftung hat keine „geborenen“ Organmitglieder.7 Die Begriffe „Organmitgliedschaft“ und „organschaftliches Rechtsverhältnis“ sind daher, soweit nicht anders bezeichnet, im engeren Sinne zu verstehen, umfasst also nicht das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis. Untersucht werden insbesondere die Begründung, Beendigung, Übertragbarkeit und Vererblichkeit des organschaftlichen Rechtsverhältnisses.
A. Begründung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses Das organschaftliche Rechtsverhältnis von „gekorenen“ Organmitgliedern (Organwaltern) wird, wie gesagt, durch Bestellung begründet. Sie ist von der Anstellung zu unterscheiden (dazu u. § 15 C.I.). Die Bestellung ist ein ___________ 4 5 6 7
K. Schmidt, GR, S. 551 f. Ausnahme: Einpersonen-Gesellschaften. Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 552 ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97 f., 126 f. Als geborene Organmitglieder werden vielfach allerdings auch solche Mitglieder eines Organs bezeichnet, deren Mitgliedschaft auf der Inhaberschaft eines (anderen) Amtes beruht, O. Werner, S&S 2/2000, S. 19, 20. Beispiel: „Geborene Mitglieder des Stiftungsrats sind der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrats der Kasseler Sparkasse“, § 8 Abs. 1 S. 2 der Satzung der Bürgerstiftung für die Stadt und den Landkreis Kassel. Richtigerweise handelt es sich freilich auch hierbei um gekorene Organmitglieder, weil nämlich die Stiftungssatzung sie hierzu bestimmt, näher u. A.III.
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organisationsrechtlicher Akt. Er kann im Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung enthalten sein oder durch Beschluss des hierfür nach der Stiftungsverfassung zuständigen Organs erfolgen.8 Ist die Bestellung nicht im Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung enthalten, bedarf die Bestellung für ihr Wirksamwerden ferner einer (rechtsgeschäftlichen) Erklärung gegenüber dem künftigen Organmitglied9. In jedem Fall ist überdies dessen Einverständnis erforderlich10. Dieses kann auch konkludent, namentlich durch Ausübung der Organbefugnisse erklärt werden. Im Einzelnen:
I. Erstbestellung Hinsichtlich der Erstbestellung hat der Stifter folgende Möglichkeiten: Zum einen kann er die Bestellung im Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung selbst vornehmen. Zum Zweiten kann er einem Kollektivorgan die Bestellungskompetenz zuweisen. Dadurch wird das Problem freilich insofern nur verlagert, als die Mitglieder des betreffenden Stiftungsorgans ebenfalls zunächst selbst bestellt werden müssen. Und zum Dritten kann sich der Stifter selbst ein Bestellungsrecht vorbehalten oder einem Dritten11 einräumen12.13 Das wiederum bedeutet nichts anderes, als dass der Stifter ein eigenständiges Kreationsorgan einrichtet und zu dessen Alleinmitglied sich selbst oder den von ihm benannten Dritten bestellt.14 ___________ 8 Statt anderer Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 82; MünchKomm/ Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 26; allg. Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 469. 9 BGHZ 52, 316, 321. 10 Vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 6 Rdnr. 26 f.; Hüffer, AktG, § 84 Rdnr. 3 f. m. w. Nw. sowie o. § 11 Fn. 56. 11 Dritter kann eine durch seinen Namen oder auch sein Amt (näher hierzu BGH, StiftRspr. III, S. 5 ff.; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 96 ff.) bezeichnete natürliche Person, eine juristische Person oder eine Behörde sein, s. u. A.III. 12 Wird einem Verbandsmitglied das Recht zur Bestellung eines Organmitglieds eingeräumt (= Sonderrecht i. S. d. § 35 BGB) spricht man auch von Entsendungsrecht. Hiervon zu unterscheiden sind Benennungsrechte. S. dazu u. A.III. a. E. 13 In diesem Fall muss der Stifter allerdings dafür Vorsorge treffen, was passieren soll, wenn er oder der Dritte (z. B. durch Tod) ausfällt, s. o. § 11 Fn. 56. 14 S. o. § 9. Diese Sichtweise entspricht wohl auch der Behördenpraxis, MünchKomm/ Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 5; Lunk/Rawert in: NPLYB 2001, S. 91, 96. Ein Drittes (Bestellungskompetenz ohne Organeigenschaft) gibt es nicht, a. A. wohl MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 26 (a. E.), sowie Steinbeck, Vereinsautonomie, S. 79. Wie hier aus der gesellschaftsrechtlichen Literatur etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 6 Rdnr. 34c f.; s. ferner Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 46 Rdnr. 11; Baumbach/Hueck, GmbHG, § 6 Rdnr. 18 f.; Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 37 Rdnr. 17 a. E., alle m. w. Nw.
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Das gilt auch dann, wenn sich das Bestellungsrecht auf die Erstbestellung beschränkt.15 In allen Varianten ist es dem Stifter grundsätzlich unbenommen, sich selbst zum Mitglied von (weiteren) Organen zu bestellen.16 Behält er sich selbst ein Bestellungsrecht vor, ist er also bei dem von ihm zu fassenden Beschluss nicht etwa vom Stimmrecht gemäß § 34 BGB ausgeschlossen, wenn er sich selbst bestellt.17 Das gilt auch für die Ausübung eines Bestellungsrechts Dritter. Bestellen sie sich selbst, kann die Bestellung allerdings nichtig sein, nämlich insbesondere dann, wenn sich aus der Stiftungsverfassung ergibt, dass dies dem Willen des Stifters widerspricht. Anzunehmen wäre dies etwa, wenn der Stifter das Bestellungsrecht einer Behörde, insbesondere der Stiftungsaufsichtsbehörde einräumt.18 Zu beachten ist ferner, dass das Bestellungsrecht ein fremdnütziges Recht ist und daher stets im Interesse der Stiftung auszuüben ist, weil die Bestellung von Organmitgliedern – zumindest mittelbar – Fragen der Geschäftsführung betrifft.19 Daher dürfen grundsätzlich nur geeignete Personen zu Organmitgliedern bestellt werden. Dabei bemisst sich die Geeignetheit, also insbesondere die Anforderungen an Kenntnisse und Fähigkeiten, nach dem konkret auszuübenden Amt. Insofern sind bspw. höhere Anforderungen an die Mitglieder eines hauptamtlichen Vorstands als an die Mitglieder eines ehrenamtlichen Aufsichtsorgans zu stellen. Auch der Stifter muss daher ein ihm zustehendes Bestellungsrecht nach pflichtgemäßem Ermessen im Interesse der Stiftung ausüben. Von dieser Pflichtbindung kann er sich oder die Destinatäre – anders als bei Grundlagenänderungen (s. o. § 13 A.II.3.) – auch nicht dispensieren.20 Er darf mithin auch sich selbst nicht zum Mitglied des Vorstands bestellen, wenn er z. B. aufgrund von Krankheit und/oder Alter nicht mehr in der Lage ist, dieses Amt ordnungsgemäß wahrzunehmen.21 ___________ 15 Erschöpfen sich die organschaftlichen Befugnisse in dem Erstbestellungsrecht, hat dies somit lediglich zur Folge, dass das Organ mit der (wirksamen) Vornahme der Bestellung erlischt. 16 Statt aller Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 84. 17 Vgl. RGZ 60, 172 f.; BGHZ 18, 205, 210; 51, 209, 215; Soergel/Hadding, BGB, § 34 Rdnr. 5 m. w. Nw. 18 Das ist freilich ohnehin problematisch, s. etwa Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 91. 19 S. u. § 15 B.IV. 20 Im Ergebnis ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 27. 21 Nimmt der Stifter die Erstbestellung in der Satzung vor, so ist er zwar nicht pflichtgebunden, sondern entscheidet autonom. Eine Grenze seiner Bestellungsfreiheit ergibt sich jedoch aus § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB. Auch die von ihm in der Satzung bestellten Organmitglieder müssen daher die Gewähr dafür bieten, dass der Stiftungszweck
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Allerdings kann der Stifter die Interessen der Stiftung und in den Grenzen des § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB auch die Kompetenzen von Organen und Organmitgliedern und im Blick hierauf auch die Eignung der Organmitglieder definieren. So kann er namentlich im Blick auf Kreations- und Willensbildungsorgane vorsehen, dass deren Mitglieder im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung Partikularinteressen vertreten dürfen.22 Und diese Kompetenzzuweisung kann Auswirkungen auf die Eignung der Organmitglieder haben. Will der Stifter etwa die Interessen aller Stifter, Destinatäre oder Arbeitnehmer in einem Organ vertreten wissen, kommt es nicht auf die fachliche oder sonstige Eignung jedes einzelnen Organmitglieds an, sondern darauf, dass die Interessen aller vertreten werden. Sollen etwa die Arbeitnehmer eines zu der Stiftung gehörenden Unternehmens die Hälfte der Mitglieder eines Kontrollorgans der Stiftung wählen, so kommt es nicht darauf an, ob jeder einzelne Arbeitnehmer geeignet ist, eine solche Wahl zu treffen. Ebenso wenig ist es zu beanstanden, wenn die Satzung vorsieht, dass alle Stifter, die einen bestimmten Beitrag geleistet haben, Mitglied einer Stifterversammlung, oder alle Abkömmlinge des Stifters Mitglied in einer Destinatärsversammlung werden, auch wenn dies bedeutet, dass Minderjährige Mitglied in solchen Organen werden können. Diese sind dann durch ihre gesetzlichen Vertreter zu vertreten.23 Enthält das Stiftungsgeschäft bzw. die Stiftungssatzung keine Angaben zur Erstbestellung, muss die Behörde den Stifter im Anerkennungsverfahren auffordern, entsprechende Regelungen nachzuholen. Unterlässt er dies, ist die Anerkennung zu versagen.24 Ist der Stifter zu diesbezüglichen Ergänzungen nicht mehr in der Lage, hat die Behörde sie gemäß § 81 Abs. 1 S. 4 i. V. m. § 83 S. 2 bis 4 BGB nachzuholen.
II. Zweitbestellung Hinsichtlich der Zweit- und jeder weiteren Bestellung bestehen folgende Regelungsmöglichkeiten: Der Stifter kann die zu bestellenden Personen bereits im Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung bezeichnen. Diese erwerben hierdurch eine rechtlich gesicherte Anwartschaft, die ihnen nur ___________ dauernd und nachhaltig erfüllt wird. Daran würde es etwa fehlen, wenn sich ein krankheits- und altersgeschwächter Stifter in der Satzung zum Alleinvorstand bestimmt; denn in diesem Fall wäre die Handlungsfähigkeit der Stiftung von vornherein bedroht. 22 S. o. § 11 A.III., V., VII. 23 Vgl. u. III. 24 S. auch o. § 4 A.I.2.b.(5) sowie § 6 C.III.
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durch Satzungsänderung unter den hierfür bestehenden Voraussetzungen entzogen werden kann.25 Ferner kann sich der Stifter selbst das Recht zur Zweitbestellung vorbehalten oder Dritten einräumen.26 Dadurch wird der Stifter bzw. Dritte zum Kreationsorgan.27 Dementsprechend ist der Stifter bzw. Dritte bei seiner Entscheidung pflichtgebunden (s. o. I.). Problematisch ist bei solchen personengebundenen Bestellungsrechten insbesondere im Blick auf die Zweitbestellung allerdings, dass natürliche Personen sterblich sind und auch juristische Personen oder Behörden beendet werden können. Dabei geht das Bestellungsrecht (genauer die Mitgliedschaft in dem Bestellungsorgan) nicht auf etwaige Rechts- oder Funktionsnachfolger28 über, es sei denn, die Stiftungssatzung sieht etwas anderes vor.29 Überdies kann die Stiftungssatzung bestimmen, dass der für die Zweitbestellung erforderliche Beschluss aufschiebend befristet gefasst und etwa in einer testamentarischen Anordnung niedergelegt werden kann.30 Will der Stifter die Probleme vermeiden, die mit Bestellungsrechten einzelner Personen einhergehen, kann er stattdessen die Bestellungskompetenz einem Kollegialorgan übertragen. Zu bedenken ist in jedem Fall, dass Bestellungskompetenzen ein erhebliches Einflusspotential innewohnt, das es mit dementsprechendem Bedacht zu verteilen gilt; denn das Recht zur Bestellung umfasst – abseits abweichender Satzungsbestimmungen – auch das Recht zur Abberufung und – wenn die Bestellung zeitlich befristet ist – das Recht zur Wiederbestellung. Zu überlegen ist daher auch, ob dieses Einflusspotential dadurch geschwächt wird, dass Bestellungen auf Lebenszeit oder bis zum Erreichen einer Altersgrenze erfolgen oder die Bestellungsund Abberufungskompetenz zwischen verschiedenen Organen aufgeteilt werden, so dass eine Abberufung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich ist (s. u. B.III.). ___________ 25 Vgl. KG, StiftRspr. I, S. 163, 166; II, S. 68 ff.; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 129. 26 Vgl. BGH, StiftRspr. III, S. 5 ff. 27 S. o. Fn. 14. 28 Insoweit a. A. Soergel/Neuhoff, BGB, § 86 Rdnr. 5. 29 S. u. G, H. 30 Vgl. MünchVertrHdb/Hof, GR, Form. VII.1., Anm. 31; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 87, sowie etwa § 6 Abs. 3 der Bürgerstiftung Dresden und § 8 Abs. 3 der Bürgerstiftung Hannover. Zwar endet die Organmitgliedschaft mit dem Tod (s. u. B.I.). Der aufschiebend befristete Beschluss ist in diesem Fall jedoch bereits zuvor gefasst worden und durch seine testamentarische Niederlegung auch offenkundig (s. o. § 12 B.II.).
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Will der Stifter, dass (bestimmte) Organe von Fremdeinflüssen frei sind, so kann er schließlich Kooptation vorsehen. Auch hiermit sind freilich Nachteile verbunden. Insbesondere erhöht sich die Gefahr, dass Pflichtwidrigkeit oder Unfähigkeit nicht durch Abberufung sanktioniert werden und sich Missstände perpetuieren31. Enthält das Stiftungsgeschäft oder die Stiftungssatzung keine Bestimmungen über die Zweitbestellung, so ist zu unterscheiden: Verfügt die Stiftung als einziges Organ nur über einen Vorstand, so gilt Kooptation. Das folgt aus dessen Allzuständigkeit.32 Aus demselben Grund werden besondere Vertreter im Sinne des § 30 BGB ebenfalls durch den Vorstand bestellt. Zweifelhaft ist dagegen die Lage, wenn die Stiftung über ein Kontrollorgan verfügt. Eine Bestellung durch den Vorstand würde dessen Sinn und Zweck widersprechen. Im Zweifel gilt für ein Kontrollorgan daher desgleichen das Kooptationsprinzip. Ist ein Kontrollorgan eingerichtet, ist es zwar im Zweifel zur Vertretung der Stiftung gegenüber den Vorstandsmitgliedern befugt, zu deren Bestellung und Abberufung aber nur, wenn dem Kontrollorgan diese Kompetenz in der Satzung eingeräumt ist.33
III. Persönliche Voraussetzungen Anders als etwa das Aktiengesetz (vgl. §§ 76 Abs. 3, 100 AktG) enthält das Stiftungsrecht keine Bestimmungen über die persönlichen Qualifikationen von Organmitgliedern. Dies eröffnet dem Stifter einen weiten Gestaltungsspielraum.34 Organmitglied können nicht nur, unbeschränkt geschäftsfähige natürliche Personen, sondern auch nur beschränkt oder nicht geschäftsfähige natürliche Personen, juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts, Gesamthandsgesellschaften sowie – als Besonderheit der Stiftung – Behörden (vgl. § 86 S. 2 BGB) sein.35 Nicht unbeschränkt geschäftsfähige Personen werden dabei von ihren gesetzlichen Vertretern,36 Gesamthandsgesellschaften durch ihre zur Vertretung berechtigten Gesellschafter, juristische Perso___________ 31 32 33 34 35
Zutr. Wernicke, ZEV 2003, 301, 303. S. o. § 10 C. S. o. § 11 A.I.2., II. S. aber o. I. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 9; MünchKomm/Reuter, BGB, § 26 Rdnr. 6, 86 Rdnr. 4 jew. m. w. Nw. 36 Vgl. OLG Hamburg, StiftRspr. III, S. 106, 111.
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nen durch ihr Vertretungsorgan, und eine Behörde durch die von ihr benannte Person37 vertreten. Freilich kann der Stifter auch Regelungen entsprechend §§ 76 Abs. 3, 100 AktG vorsehen. Darüber hinaus kann der Stifter als persönliche Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in einem (bestimmten) Organ beispielsweise verlangen:38 ein festgesetztes Mindest- oder Höchstalter, eine bestimmte Staatsangehörigkeit, gewisse fachliche Qualifikationen, die Zugehörigkeit zu einer Familie, die Mitgliedschaft in einem bestimmten Verband, die Innehabung eines bestimmten Amtes, die Zustiftung eines bestimmten Mindestbetrages39 usw. Dabei können die persönlichen Voraussetzungen nicht nur derart gefasst sein, dass sie all diejenigen disqualifizieren, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Vielmehr kann die Satzung auch vorsehen, dass derjenige, der diese Voraussetzungen erfüllt, Mitglied eines bestimmten Organs wird.40 Der Betreffende erwirbt dann je nach Ausgestaltung im Einzelfall entweder „nur“ einen Anspruch auf Bestellung mit der Folge, dass es für seine Bestellung noch des Beschlusses des hierfür zuständigen Organs bedarf. In diesem Fall verbleibt dem Organ ein gewisses Prüfungsrecht (keine Bestellung bei entgegenstehenden wichtigen Gründen), das der Stifter auch näher normieren kann. Oder der Betreffende erwirbt, wenn er die Voraussetzungen erfüllt, ein Anwartschaftsrecht,41 so dass die Bestellung allein noch von der (konkludenten) Erklärung seines Einverständnisses abhängt und hernach nur noch eine Abberufung aus wichtigem Grund möglich ist.42 Zulässig ist schließlich die Statuierung von Benennungsrechten. Sie sind zu unterscheiden von bloßen Vorschlagsrechten, denen keine Verbindlichkeit zukommt, und Vorschlagspflichten, die dem Bestellungsorgan die Personalauswahl erleichtern sollen. Zwar bleibt auch im Falle von Benennungsrech___________ 37 Vgl. Soergel/Neuhoff, BGB, § 86 Rdnr. 5. 38 Vgl. statt anderer Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 17; ders., S&S 2/2000, S. 19, 21; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 6 Rdnr. 24, § 52 Rdnr. 167. 39 So etwa § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 der Bürgerstiftung Dresden und § 9 Abs. 1, 4 der Bürgerstiftung Hannover in Bezug auf die Mitgliedschaft in der Stifterversammlung. Für Zulässigkeit solcher Gestaltungen auch Hommelhoff in: Stiftungsrecht in Europa, S. 227, 233 f.; Hof, ebd., S. 301, 336 f.; dagegen O. Werner in: Instrumentalisierung, S. 15, 18. 40 Solche Organmitglieder werden in der Literatur teilweise ebenfalls als „geborene Mitglieder“ bezeichnet, so etwa Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 18. Diese Bezeichnung ist allerdings irreführend. Zur Begrifflichkeit s. o. § 9 (a. E.). 41 Vgl. KG, StiftRspr. I, S. 163, 166. 42 Zu den Rechtsfolgen des Wegfalls persönlicher Voraussetzungen s. u. B.II.
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ten die Bestellungskompetenz des zuständigen Organs unberührt. Es kann daher die Bestellung einer benannten Person – je nach Gestaltung mit jedem sachlichen oder nur mit wichtigem Grund – ablehnen. Bestellen kann es jedoch nur solche Personen, die zuvor von dem Berechtigten benannt wurden.43
IV. Notbestellung, Bestellung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde, Bestellung eines Sachwalters Soweit erforderliche Mitglieder des Vorstands fehlen, sind sie nach § 86 S. 1 i. V. m. § 29 BGB in dringenden Fällen bis zur Behebung des Mangels auf Antrag eines Beteiligten44 vom zuständigen Amtsgericht zu bestellen. Das soll hier nicht näher erläutert werden. Streitig ist, ob die Vorschrift für Mitglieder anderer Organe entsprechend angewendet werden kann.45 Das wird man grundsätzlich zu befürworten haben.46 Allerdings sind strenge Anforderungen an die Dringlichkeit zu stellen. Sie wird bei Mitgliedern anderer Organe als des Vorstands nur ausnahmsweise gegeben sein. Nach manchen Landesgesetzen ist überdies die Aufsichtsbehörde zu einer Notbestellung befugt.47 Diese Befugnis ist jedoch aufgrund von Art. 31 bzw. 72 Abs. 2 GG gegenüber §§ 86 S. 1, 29 BGB subsidiär,48 was auch die Landesgesetze zumeist zum Ausdruck bringen. Zudem wird man die Behörde als „Beteiligte“ i. S. d. § 29 BGB anzusehen haben, so dass sie zur Antragstellung bei dem zuständigen Amtsgericht berechtigt und verpflichtet ist.49 Von der subsidiären Befugnis der Aufsichtsbehörde zu einer Notbestellung zu unterscheiden ist ihre – nach der Mehrzahl der Landesgesetze bestehende – Befugnis, anstelle eines von ihr aus wichtigem Grund abberufenen Organ___________ 43 Vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 46 Rdnr. 12 m. w. Nw. 44 Das ist jeder, dessen Rechtsstellung durch die Bestellung unmittelbar beeinflusst wird. Das können andere Organmitglieder, Destinatäre, Stiftungsgläubiger oder auch die Stiftungsaufsicht (dazu sogleich) sein, Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 86 Rdnr. 2. 45 Dafür etwa MünchKomm/Reuter, BGB, § 30 Rdnr. 10; O. Werner, S&S 2/2000, S. 19, 22; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 52; anders ders., ebd., Rdnr. 68; Soergel/Hadding, BGB, § 29 Rdnr. 6, § 30 Rdnr. 13, jew. m. w. Nw. 46 Vgl. auch § 104 AktG sowie zu dessen analoger Anwendung auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 150a m. w. Nw. 47 Art. 21 Abs. 1 S. 2 BayStiftG, §§ 4 Abs. 2 BlnStiftG, 9 Abs. 2 BbgStiftG, 14 BreStiftG, 15 NdsStiftG, 9 Abs. 2 NRWStiftG, 15 SaarStiftG. 48 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 72; i. E. ebenso Seifart/v. Campenhausen/ Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 105. 49 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 72; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 200; Soergel/Neuhof, BGB, § 86 Rdnr. 3; vgl. Auch BayObLG, NJW-RR 2000, 1198, 1199 (a. E.).
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mitglieds (dazu u. B.III.) ein neues Organmitglied zu bestellen.50 Sie greift ebenfalls nur subsidiär ein, nämlich wenn die Stiftung einer diesbezüglichen Anordnung der Behörde nicht nachkommt. Reichen alle sonstigen aufsichtsrechtlichen Befugnisse nicht aus, um eine ordnungsgemäße Verwaltung der Stiftung zu gewährleisten bzw. wiederherzustellen, so ist die Behörde nach einer Reihe von Landesgesetzen schließlich befugt, einen Sachwalter oder Beauftragten zu bestellen.51 Auch die damit zusammenhängenden Fragen sollen hier nicht vertieft werden.52
B. Beendigung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses Das organschaftliche Rechtsverhältnis kann aus folgenden Gründen enden:53
I. Zeitablauf, Tod, Auflösung Die Bestellung zum Organmitglied kann befristet oder unbefristet erfolgen. Die Satzung kann das eine oder das andere und/oder eine Altersgrenze ausdrücklich vorsehen, andernfalls steht die Frage im Ermessen des Bestellungsorgans. Enthält auch der Bestellungsbeschluss weder explizit noch implizit eine Befristung, so ist die Bestellung unbefristet. Von einer unbefristeten Bestellung zu unterscheiden ist eine Bestellung auf Lebenszeit oder bis zum Erreichen einer Altersgrenze. Der Unterschied besteht darin, dass in den zuletzt genannten Fällen im Zweifel nur eine Abberufung aus wichtigem Grund zulässig ist. Bei befristeter Bestellung endet das organschaftliche Rechtsverhältnis mit dem Zeitablauf, ohne dass es hierfür einer besonderen Erklärung der Beteiligten bedürfte. Die Stiftungssatzung kann festlegen, ob eine ein- oder mehrmalige Wiederbestellung zulässig ist. Enthält die Satzung keine Regelung, so ist eine Wiederbestellung unbegrenzt zulässig. ___________ 50 Art. 21 BayStiftG, §§ 12 BWStiftG, 15 Abs. 1 HeStiftG, 18 Abs. 1 MVStiftG, 14 Abs. 2 NdsStiftG, 9 Abs. 2 NRWStiftG, 14 Abs. 2 SaarStiftG, 19 Abs. 4 SaStiftG, 19 Abs. 4 SAStiftG, 19 Abs. 4 ThStiftG. 51 §§ 6 Abs. 4 HbgStiftG, 16 HeStiftG, 19 MVStiftG, 9 Abs. 3 NRWStiftG, 9 Abs. 6 RPStiftG, 16 SaarStiftG, 14 SHStiftG, s. auch § 9 Abs. 3 BbgStiftG. 52 Näher hierzu OLG Hamm, NJW-RR 1995, 120 ff.; OVG Münster, NVwZ-RR 1996, 426; Andrick/Suerbaum, Aufsicht, § 8 Rdnr. 26 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 73; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 132, § 11 Rdnr. 211, erhebt gegen diese Befugnis verfassungsrechtliche Bedenken; a. A. Andrick/Suerbaum, ebd., Rdnr. 27 f. 53 S. zum Folgenden auch O. Werner, S&S 3/2000, S. 15 ff.
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In jedem Fall endet das organschaftliche Rechtsverhältnis mit dem Tod, bei juristischen Personen, Behörden und Personengesamtheiten mit deren Auflösung. Ein etwaiger Rechtsnachfolger rückt nicht in das organschaftliche Rechtsverhältnis ein. Zu abweichenden Gestaltungen s. u. G., H.
II. Wegfall persönlicher Voraussetzungen Bei Fortfall persönlicher Voraussetzung sind drei Rechtsfolgen denkbar: Das organschaftliche Rechtsverhältnis bleibt durch den Wegfall unberührt. Er berechtigt zu einer Abberufung aus wichtigem Grund. Das organschaftliche Rechtsverhältnis endet ohne weiteres.54 Welche dieser Rechtsfolgen eingreifen, ist einer (auch differenzierten) Regelung in der Satzung zugänglich. Andernfalls ist die Rechtsfolge durch Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt es auch darauf an, welche Funktion das Organ hat, dem das betreffende Mitglied angehört.
III. Abberufung Die Abberufung von Organmitgliedern ist in den §§ 80 ff. BGB ebenso wenig geregelt wie die Bestellung. Sie ist gleich jener ein organisationsrechtlicher Akt und bedarf außer eines entsprechenden Beschlusses für ihr Wirksamwerden einer (formfreien einseitigen) Abberufungserklärung gegenüber dem betreffenden Organmitglied. Sie kann befristet, nicht aber bedingt werden. Einer vorherigen Anhörung des betroffenen Mitglieds bedarf es nicht. Zuständig ist im Zweifel das für die Bestellung zuständige Organ,55 da es sich um deren actus contrarius handelt. Aus der Satzung kann Abweichendes folgen. Ist die Bestellung im Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung oder durch ein Organ vorgenommen worden, das ausschließlich für die Erstbestellung zuständig ist, so ist im Zweifel das für die Zweitbestellung berufene Organ zuständig. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen eine Abberufung zulässig ist, insbesondere ob es hierfür eines rechtfertigenden Grundes bedarf und wie dieser beschaffen sein muss. Die Satzung kann hierzu Regelungen enthalten.56 Eine Abberufung aus wichtigem Grund kann sie allerdings nicht ausschließen oder einschränken, sondern nur wichtige Gründe beispielhaft ___________ 54 Vgl. O. Werner, S&S 3/2000, S. 15, 16; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 6 Rdnr. 26, § 52 Rdnr. 174; KölnKomm/Mertens, AktG, § 100 Rdnr. 34. 55 BGHZ 90, 92, 95; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 112; Soergel/ Hadding, BGB, § 27 Rdnr. 17 m. w. Nw. 56 Vgl. etwa BGH, StiftRspr. III, S. 5, 10 f.
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(nicht aber abschließend) nennen.57 Abweichende Satzungsbestimmungen wären wegen § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB nicht anerkennungsfähig.58 Das gilt auch, wenn die Organstellung dem Betreffenden als statutarisches Vorzugsrecht59 eingeräumt ist. Allerdings wird man in diesem Fall, da zwei materielle Verfassungsbestimmungen miteinander in Konflikt stehen (kein Ausschluss der Abberufung aus wichtigem Grund einerseits, statutarisches Vorzugsrecht andererseits), besonders hohe Anforderungen an die Gewichtigkeit der Gründe zu stellen haben, die die Abberufung rechtfertigen. Steht eine Abberufung aus wichtigem Grund in Frage, so ist das betreffende Organmitglied ggf. wegen des Verbots des Richtens in eigener Sache vom Stimmrecht ausgeschlossen.60 Das gilt auch für seine Mitwirkung, wenn ihm ein statutarisches Zustimmungsrecht für Abberufungen zustehen sollte.61 Enthält die Satzung keine Regelungen, unter welchen Voraussetzungen eine Abberufung zulässig ist, so ist im Zweifel anzunehmen, dass es in folgenden Fällen eines wichtigen Grundes bedarf: – Bestellung in oder aufgrund einer materiellen Satzungsbestimmung als statutarisches Vorzugsrecht, – Auseinanderfallen der Bestellungs- und Abberufungskompetenz,62 – Bestellung für eine in der Satzung vorgesehene Amtszeit.63 ___________ 57 Das folgt schon aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, vgl. §§ 27 Abs. 2 S. 2, 314 BGB, 38 Abs. 2 GmbHG, 84 Abs. 3, 103 Abs. 3 AktG sowie statt anderer Seifart/v. Campenhausen/Hof § 9 Rdnr. 113; H.-D. Weger/M. Weger in: Bertelsmann Handbuch, S. 797, 815; Soergel/Hadding, BGB, § 27 Rdnr. 19; a. A. aber Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 365: Wenn sich aus der Satzung bzw. dem Stifterwillen nichts anderes ergebe, sei nur eine Abberufung durch die Aufsichtsbehörde möglich. Das ist jedoch nur dann richtig, wenn sich das betreffende Organ durch Kooptation ergänzt und lediglich aus ein oder zwei Personen besteht. 58 Dass ggf. auch die Stiftungsaufsichtsbehörde eine Abberufung vornehmen könnte, ändert an dieser Beurteilung nichts, weil die Stiftung grundsätzlich aus sich selbst heraus handlungsfähig sein muss. 59 S. u. § 15 A.III. 60 S. nur RGZ 138, 98, 104; BGHZ 34, 367, 371; Zöllner, Schranken, S. 235 ff.; Soergel/ Hadding, BGB, § 34 Rdnr. 5, 7, jew. m. w. Nw. 61 Vgl. o. § 12 B.II.6.a.ee. 62 Hierher gehören vor allem die Fälle, in denen der Stifter die Organmitglieder selbst (z. B. in der Satzung als deren formeller Bestandteil) bestellt hat, das Recht zur Abberufung aber entweder einem (anderen) Stiftungsorgan eingeräumt oder die Abberufung ungeregelt gelassen und nur die Zweitbestellung geregelt hat (woraus sich dann im Zweifel die Zuständigkeit für die Abberufung der Erstbestellten ergibt, s. o. bei Fn. 55). 63 Vgl. Schauhoff in: Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 3 Rdnr. 70; Baumbach/Hueck/ Zöllner, GmbHG, § 38 Rdnr. 6.
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Andernfalls steht die Abberufung im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Organs.64 Es bedarf daher vernünftiger, nachvollziehbarer Gründe. Unter diesen Voraussetzungen reicht allerdings bereits eine Störung des Vertrauensverhältnisses aus.65 Hat die Stiftungsaufsichtsbehörde das Vertrauen in ein bestimmtes Organmitglied verloren, kann dies ebenfalls dessen Abberufung (durch das zuständige Stiftungsorgan, nicht etwa durch die Behörde selbst) rechtfertigen.66 Ob derartige Störungen auch eine Abberufung aus wichtigem Grund rechtfertigen können, hängt von dem Einzelfall, insbesondere von deren Schwere der Störung ab.67 Streitig ist, ob die Satzung dem zuständigen Stiftungsorgan ein freies, d. h. nicht pflichtgebundenes Abberufungsrecht einräumen kann.68 Dafür spricht, ___________ 64 Weitergehend O. Werner, S&S 3/2003, S. 15, 16: jederzeitige Abberufung möglich; a. A. Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 365: nur bei wichtigem Grund. 65 A. A. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 102; wie hier Lunk/Rawert, NPLYB 2001, S. 91, 98; Saenger, ZSt 2003, 24, 26 f. Dass das OLG Jena, ZSt 2004, 24, diesen Aspekt außer Acht gelassen hat, erklärt sich wohl daraus – was Saenger, ebd., bei seiner Kritik nicht berücksichtigt –, dass es die Anschuldigung des Belastungszeugen offenbar für unglaubwürdig hielt (zweifelhafte und unklare Motivationslage). Zwar kann auch ein schwerwiegender Verdacht das Vertrauensverhältnis zerstören. An eine solche „Verdachtsabberufung“ (s. dazu OLG Dresden und Saenger, beide ebd.) sind aber ähnlich hohe Anforderungen zu stellen wie an eine arbeitsrechtliche Verdachtskündigung. Irgendwelche „aus der Luft gegriffenen“ Behauptungen alleine können jedenfalls eine Abberufung nicht rechtfertigen. 66 Vgl. KölnKomm/Mertens, AktG, § 84 Rdnr. 108. 67 Dahingehend auch Schauhoff in: Handbuch Gemeinnützigkeit, § 3 Rdnr. 70. 68 Dafür BGH, LM, § 85 Nr. 2: Nach diesem obiter dictum hätte die Stiftungsverfassung dem Kreationsorgan ein Abberufungsrecht „ohne Einschränkung oder etwa lediglich mit der Maßgabe gewähren können, dass der Stiftungszweck berücksichtigt werden müsse“ (Bl. 3). Vgl. ferner den Fall VGH Mannheim, NJW 1985, 1573. Aus der Lit. dafür Schauhoff in: Handbuch Gemeinnützigkeit, § 3 Rdnr. 70; Hoppe, abhängige Stiftung, S. 68 ff.; dagegen MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 28, 102, § 86 Rdnr. 7; Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 100; Rawert, Handbuch Bürgerstiftungen, S. 151, 173. Das Argument der Gegenansicht, ein freies Abberufungsrecht würde auf eine unzulässige körperschaftliche Ausgestaltung der Organisationsverfassung hinauslaufen, beruht allerdings auf der bereits als verfehlt gekennzeichneten Vorstellung eines Typenzwangs (s. o. § 3 C.II.2.). Deswegen führt es auch nicht weiter, darauf abzustellen, dass § 86 S. 1 BGB nicht auf § 27 Abs. 2 BGB verweist; denn hierin liegt keine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit. Oder soll man etwa annehmen, dass einmal berufene Stiftungsorgane gar nicht bzw. nur durch die Stiftungsaufsicht abberufen werden können, wenn die Satzung keine Regelung enthält (dahingehend tatsächlich Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 355). Die mangelnde Verweisung erklärt sich vielmehr daraus, dass sie keinen Sinn macht, wenn die Stiftung entsprechend der gesetzlichen Regelverfassung (§ 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 1 BGB) als einziges Organ nur
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dass es Sache des Stifters ist, die Machtverteilung innerhalb der Organe und das Maß ihrer Unabhängigkeit festzulegen.69 Entscheidend dagegen spricht jedoch, dass das Abberufungsrecht ebenso wie das Bestellungsrecht zwingend fremdnützig ist.70 Die Abberufung wird wirksam, sobald die Abberufungserklärung dem betroffenen Organmitglied zugeht. Ist der Abberufungsbeschluss nichtig, ist jedoch auch die Abberufungserklärung ohne Bedeutung; denn sie ist bloße Kundgabe des Abberufungsbeschlusses71. Der Abberufungsbeschluss ist insbesondere dann nichtig, wenn kein (zureichender) Abberufungsgrund vorliegt. Die Nichtigkeit kann auch von dem betroffenen Organmitglied im Wege des § 256 ZPO geltend gemacht werden. Ist die Wirksamkeit der Abberufung streitig, so entsteht ein Schwebezustand. Solange dieser fortbesteht, darf der Beschluss nach allgemeinen Grundsätzen nicht durchgeführt werden. Anders als nach § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG ist die Abberufung also nicht vorläufig wirksam.72 Vielmehr bleibt das betreffende Organmitglied einstweilen im Amt. Die Satzung kann Abweichendes regeln. Zu empfehlen ist entweder eine § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG entsprechende Regelung73 oder ___________
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einen Alleinvorstand hat. Auch ein Leerlaufen der Stiftungsaufsicht, wie vorgetragen wird, ist nicht zu befürchten, weil auch ein freies Abberufungsrecht keine Abberufung aus offenbar unsachlichen Gründen rechtfertigt, s. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 38 Rdnr. 16. Deswegen geht die von Muscheler, ZSt 2003, 67, 99, 100 vorgeschlagene Analogie zu § 84 Abs. 3 AktG fehl; denn die Aktionäre sind insofern gerade nicht frei, § 23 Abs. 5 AktG. S. u. § 15 B.IV. Das entspricht freilich nicht der h. M. im Gesellschaftsrecht, s. MünchKomm/Reuter, BGB, § 27 Rdnr. 25, sowie zur GmbH etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 38 Rdnr. 16. Dabei wird übersehen, dass nicht nur offenbar unsachliche Gründe i. S. d. §§ 226, 826 BGB (s. Reuter und U. H. Schneider, ebd.), sondern auch die Treupflicht der Gesellschafter einer Abberufung entgegenstehen können. Genauso wenig wie ein herrschender Gesellschafter die Berufung einer Person durchsetzen darf, die zwar sein Vertrauen genießt, aber fachlich ungeeignet ist, darf er die Abberufung eines Geschäftsführers durchsetzen, der sein Vertrauen verloren hat, weil er ihm nicht willfährt, sondern rechtswidrigen Verlangen des Gesellschafters zulasten der Minderheit widersteht. M. a. W.: Nach freiem Ermessen können die Gesellschafter bei Berufung und Abberufung allenfalls (vgl. aber Burgard, ZIP 2002, S. 827 ff. m. w. Nw.) entscheiden, wenn sie sich einig sind. Andernfalls haben sie aufgrund der Treupflicht auch bei diesen Entscheidungen zumindest Rücksicht auf die Interessen ihrer Mitgesellschafter zu nehmen, richtigerweise (s. Burgard, ebd.) aber auch auf die Interessen der Gesellschaft. Zutr. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 38 Rdnr. 60a m. Nw. zur Gegenansicht. BGH, StiftRspr. III, S. 5, 8 f.; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 366. So Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 366 f.
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die Statuierung einer Widerspruchsfrist, nach deren Ablauf die Abberufung wirksam und nicht mehr anfechtbar ist74. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Stiftungsgesetze der Länder der Stiftungsaufsichtsbehörde die Befugnis einräumen, Organmitglieder aus wichtigem Grund abzuberufen.75 Aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes hat die Behörde jedoch zuvor der Stiftung grundsätzlich76 Gelegenheit zur eigenverantwortlichen Abhilfe zu geben.77 Das verdeutlicht auch eine Reihe von Landesstiftungsgesetzen.78 Überdies ist zu prüfen, ob eine einstweilige Untersagung der Aufgabenwahrnehmung79 nicht als milderes Mittel einer Abberufung vorzuziehen ist. Beruft die Behörde ein Organmitglied ab oder untersagt sie ihm einstweilen die Wahrnehmung seiner Aufgaben, so ist neben der Stiftung auch das betreffende Organmitglied zur Anfechtung dieses Verwaltungsakts befugt.80
IV. Kündigung des Anstellungsvertrags Von der Bestellung streng zu unterscheiden ist die Anstellung.81 Einer Anstellung bedarf es auch bei hauptberuflicher Tätigkeit nicht. Anstellung und Bestellung teilen daher auch nicht notwendigerweise dasselbe Schicksal. Wird ein etwaiger Anstellungsvertrag gekündigt, so kann hierin allerdings eine konkludente Abberufung zu sehen sein. Das gilt auch umgekehrt. ___________ 74 So O. Werner, S&S 3/2000, S. 15, 19. 75 Art. 21 Abs. 2 BayStiftG, §§ 12 Abs. 1 BWStiftG, 9 Abs. 5 BlnStiftG, 9 Abs. 1 BbgStiftG, 13 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 BreStiftG, 6 Abs. 3 HbgStiftG, 15 Abs. 1 HeStiftG, 18 Abs. 1 MVStiftG, 14 Abs. 2 NdsStiftG, 9 Abs. 2 NRWStiftG, 14 Abs. 1 SaarStiftG, 19 Abs. 4 SaStiftG, 19 Abs. 4 SAStiftG, 19 Abs. 4 ThStiftG, näher hierzu etwa OVG Hamburg, StiftRspr. III, S. 55 f. m. Anm. Leisner. 76 Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn eine eigenverantwortliche Abhilfe nicht zu erwarten (z. B. Abberufung des Einpersonen-Vorstandes als einzigem Organ der Stiftung) oder ein Abwarten wegen Gefahr in Verzug untunlich ist. 77 Zum Ganzen näher Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 118 ff. 78 Vgl. Art. 21 Abs. 1 und. 2 BayStiftG, §§ 13 Abs. 3 S. 2 BreStiftG, 14 Abs. 1 und 2 NdsStiftG, 9 Abs. 1 und 2 NRWStiftG, 19 Abs. 3 und 4 SaStiftG, 19 Abs. 3 und 4 SAStiftG, 19 Abs. 3 und 4 ThStiftG. 79 Art. 21 Abs. 1 S. 2 BayStiftG, §§ 12 Abs. 2 BWStiftG, 9 Abs. 1 BbgStiftG, 13 Abs. 3 S. 1 BreStiftG, 6 Abs. 3 HbgStiftG, 15 Abs. 2 HeStiftG, 18 Abs. 2 MVStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 NdsStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 NRWStiftG, 9 Abs. 5 RPStiftG, 14 Abs. 1 SaarStiftG, 19 Abs. 3 S. 2 SaStiftG, 19 Abs. 3 S. 2 SAStiftG, 13 SHStiftG, 19 Abs. 3 S. 2 ThStiftG; näher hierzu BGH, WM 1993, 1950; OVG Münster, NVwZ-RR 1995, 628. 80 S. BayVGH, StiftRspr. I, S. 7 ff. m. Anm. Leisner sowie OVG Münster, wie vor. 81 Näher u. § 15 C.I.
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Gleichwohl ist stets getrennt zu prüfen, ob die Abberufung und ob die Kündigung eines Anstellungsvertrags gerechtfertigt ist. Beides kann unterschiedlich zu beurteilen sein. Zulässig sind daher auch eine isolierte Abberufung und eine isolierte Kündigung. Letzteres kann jedoch einen Grund zur Amtsniederlegung darstellen.82 Ein Zwang hierzu wird freilich durch eine isolierte Kündigung nicht ausgeübt. Insbesondere richtet sich die Vergütung, wenn sie nicht ohnehin in der Satzung geregelt oder ausgeschlossen ist, nach § 612 BGB.
V. Amtsniederlegung Eine Amtsniederlegung ist die einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Organmitglieds gegenüber der Stiftung83, aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis ausscheiden zu wollen. Sie wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu GmbH-Geschäftsführern grundsätzlich mit Zugang wirksam.84 Insbesondere bedürfe es weder des Vorliegens noch auch nur der Behauptung eines wichtigen Grundes. Das folge aus Gründen der Rechtssicherheit.85 Dem ist zuzustimmen, und zwar auch bei gekorenen Mitgliedern anderer Organe anderer Rechtsformen,86 also auch bei Mitgliedern von Stiftungsorganen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Amtsniederlegung zur Unzeit und ohne Sorge für einen Nachfolger erfolgt. In diesem Fall ist sie rechtsmissbräuchlich und deswegen unwirksam.87 Überdies kann eine Amtsniederlegung zwar wirksam, gleichwohl aber pflichtwidrig sein. Dann können der Stiftung Schadensersatzansprüche88 sowie ggf. ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages zustehen; denn eine Amtsniederlegung beinhaltet weder noch rechtfertigt sie notwendigerweise eine Kündigung des Anstellungsvertrages. Beide Fragen sind vielmehr auch hier ___________ 82 Vgl. zum Vorstehenden Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 38 Rdnr. 5 f. m. w. Nw. 83 Bei einem Alleinvorstand bedarf es daher der Bestellung eines Notvorstandes, s. Lunk/Rawert in: NPLYB 2001, S. 91, 102 f. 84 Die Erklärung ist nach der Rechtsprechung an das Bestellungsorgan zu richten, wobei es genügt, dass die Erklärung einem Mitglied dieses Organs zugeht, s. zur GmbH BGH, NZG 2002, 43 m. Anm. U. H. Schneider/S. H. Schneider, NZG 2002, 45; näher zum Ganzen auch Schuhmann, NZG 2002, 706, jew. m. w. Nw. 85 S. BGHZ 121, 257, 261 f. m. w. Nw. Zweifelhaft ist daher, ob die Satzung Abweichendes bestimmen und die Wirksamkeit gleichwohl von dem Vorliegen bestimmter Voraussetzungen abhängig machen kann, so Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 38 Rdnr. 88, § 52 Rdnr. 210a.; O. Werner, S&S 3/2000, S. 15, 16. 86 Vgl. Hüffer, AktG, § 84 Rdnr. 36; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 210. 87 Vgl. Hüffer, AktG, § 103 Rdnr. 17; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 38 Rdnr. 90; jetzt auch Lunk/Rawert in: NPLYB 2001, S. 91, 102, m. w. Nw. 88 Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 10.
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strikt zu trennen. Besteht ein wichtiger Grund für die Amtsniederlegung, können daher die Rechte aus dem Anstellungsvertrag fortbestehen.89
VI. Einverständliche Aufhebung In der Regel zulässig ist ferner eine einverständliche Aufhebung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses, und zwar auch dann, wenn nach der Satzung sowohl eine Abberufung als auch eine Amtsniederlegung nur aus wichtigem Grund gestattet ist. Ein Satzungsverstoß ist hierin nicht zu erblicken; denn beide Arten von Regelungen bezwecken regelmäßig lediglich den Schutz des jeweils anderen Teils. Pflichtwidrig wäre jedoch eine Aufhebung zur Unzeit oder etwa die Vereinbarung einer unangemessen hohen Abfindung. Zuständig für den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung ist auf Seiten der Stiftung das jeweilige Abberufungsorgan.
VII. Grundlagenänderungen Schließlich kann das organschaftliche Rechtsverhältnis infolge von Grundlagenänderungen (Abschaffung des Organs durch Satzungsänderung, Aufhebung oder Zusammenlegung der Stiftung) erlöschen.
C. Ersatzmitgliedschaft Scheidet ein Organmitglied aus, so stellt sich – jedenfalls wenn hierdurch die nach der Satzung erforderliche Mindestzahl von Organmitgliedern unterschritten wird – die Nachfolgefrage. Ist nicht bereits in der Satzung ein Nachfolger benannt oder dieser nicht willig oder fähig, Organmitglied zu werden, so kann längere Zeit vergehen, bis ein geeigneter Kandidat gefunden und bestellt ist. Zwischenzeitlich kann das betreffende Organ handlungsunfähig sein, so dass möglicherweise sogar eine Notbestellung (§ 29 BGB) erforderlich wird. Um dergleichen Schwierigkeiten vorzubeugen, kann die Satzung die Bestellung eines Ersatzmitgliedes vorsehen. Dies ist bei jedwedem Organ, auch bei dem Vorstand zulässig. Dabei ist § 101 Abs. 3 AktG nicht analog anwendbar.90 Wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, ist daher insbesondere keine gleichzeitige Bestellung des amtierenden Mitglieds und des Ersatzmitglieds erforderlich. Im Übrigen gelten für die Bestellung von Ersatzmitgliedern regelmäßig dieselben Vorausset___________ 89 Vgl. Henze, Aktienrecht, Rdnr. 342 f. 90 Vgl. Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 45 m. w. Nw.
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zungen wie für amtierende Mitglieder.91 Und das bedeutet insbesondere auch, dass das Ersatzmitglied dieselben Bestellungsvoraussetzungen erfüllen muss wie das amtierende Mitglied, das es ersetzen soll. Besteht das Organ aus verschiedenen Personengruppen (z. B. von verschiedenen Organen gewählten und/oder benannten Mitgliedern), so muss es daher derselben Gruppe angehören (also im Beispielsfall von demselben Organ gewählt oder benannt werden wie das amtierende Mitglied). Scheidet ein Organmitglied aus, so rückt das vorgesehene Ersatzmitglied automatisch nach. Eines neuerlichen Beschlusses oder einer neuerlichen Annahmeerklärung bedarf es grundsätzlich nicht.92 Ebenso wie für die Bestellung gelten auch für die Beendigung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses des Ersatzmitglieds grundsätzlich die gleichen Regeln wie für das ausgeschiedene Mitglied. Ist dessen Amtszeit befristet, endet daher die Amtszeit des Ersatzmitglieds regelmäßig spätestens mit dem Ablauf der Amtsperiode des ausgeschiedenen Mitglieds, vgl. § 102 Abs. 2 AktG. Die Satzung kann Abweichendes bestimmen.
D. Substitution Gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 664 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB ist eine Substitution93 grundsätzlich unzulässig, kann aber gestattet werden. Oben (§ 10 A.I.) wurde allerdings aufgezeigt, dass bei Vorstandsmitgliedern eine Gestattung nicht in Betracht kommt. Auf Mitglieder anderer Organe sind die dort angestellten Überlegungen indes nicht übertragbar. Die Satzung kann daher bei den Mitgliedern anderer Organe eine Substitution generell gestatten oder das jeweilige Bestellungsorgan zu einer solchen Gestattung ermächtigen. Das praktische Bedürfnis für eine solche Gestaltung dürfte freilich gering sein. Infolge einer gestatteten Substitution rückt der Substitut nicht an die Stelle des substituierten Organmitglieds und wird auch nicht selbst Organmitglied. Soweit die Substitution reicht, nimmt er nur die Rechte und Pflichten des ___________ 91 Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 139 m. w. Nw.; s. auch BGHZ 99, 211. 92 Zu denkbaren Ausnahmen s. etwa Hüffer, AktG, § 101 Rdnr. 13 m. w. Nw. 93 Lutter, FS Duden, S. 269, 272, setzt Substitution und Stellvertretung im Amt (u. E.I.2.) miteinander gleich. Das ist jedoch unrichtig. Der Unterschied besteht darin, dass ein stellvertretendes Organmitglied auf dieselbe Weise bestellt wird wie das ordentliche Mitglied, das es vertritt. Der Substitut wird jedoch ausweislich des Wortlauts von § 664 Abs. 1 S. 1 BGB und ausweislich der Haftungsfolgen nach S. 2 dieser Vorschrift von dem Organmitglied selbst bestellt.
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substituierten Organmitglieds selbständig und weisungsunabhängig wahr.94 Dementsprechend haftet das substituierte Organmitglied nur für die Auswahl, erforderlichenfalls auch für die ordnungsgemäße Einweisung, nicht aber für die Überwachung des Substituten, § 664 Abs. 1 S. 2 BGB.
E. Vertretung Organmitglieder sind grundsätzlich zur Wahrnehmung ihres Amtes nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Ausnahmen kommen nur dann in Betracht, wenn die Organmitgliedschaft nach der Stiftungssatzung überwiegend im Interesse des Mitglieds besteht, also insbesondere bei der Mitgliedschaft in einer Stifter- oder Destinatärsversammlung.95 Doch auch wenn Organmitglieder wie für gewöhnlich zur Wahrnehmung ihres Amtes verpflichtet sind, können sie hieran verhindert sein. Ist die Verhinderung dauerhaft (z. B. infolge einer schweren Krankheit), stellt dies einen wichtigen Grund zur Abberufung dar. Zwischenzeitlich oder wenn die Verhinderung nur vorübergehender Natur ist, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Stellvertretung zulässig ist. In Betracht kommen zwei Möglichkeiten: die Bestellung von stellvertretenden Organmitgliedern sowie gewillkürte Vertretung.
I. Stellvertretende Mitgliedschaft Im Stiftungsrecht nicht geregelt ist, ob die Bestellung stellvertretender Organmitglieder zulässig ist. Regelungen finden sich aber im Kapitalgesellschafts- und Genossenschaftsrecht. 1. Vorstand Gemäß §§ 94 AktG, 44 GmbHG, 35 GenG gelten die für Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer gegebenen Vorschriften auch für stellvertretende Mitglieder. Das bedeutet: – Die Bestellung stellvertretender Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer ist zulässig. – Hinsichtlich Bestellung und Abberufung gelten dieselben Regeln wie für ordentliche Mitglieder (s. o. C.). ___________ 94 Vgl. v. Gablenz, Einschaltung Dritter, S. 103 ff., 109 ff., 122 ff. 95 Vgl. aber OLG Hamburg, StiftRspr. III, S. 106, 111.
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– Im Außenverhältnis sind sie jedoch nicht Stellvertreter der ordentlichen Mitglieder, sondern haben dieselben Rechte und Pflichten wie diese. Ist Gesamtvertretung angeordnet, bedarf es daher für Vertretungshandlungen ihrer Mitwirkung.96 Auch sind sie in gleicher Weise wie ordentliche Mitglieder zur Überwachung der Geschäftsführung verpflichtet, müssen also auch jene überwachen.97 – Abseits davon sind sie im Innenverhältnis jedoch nur zum Handeln berechtigt und verpflichtet, wenn ein Verhinderungsfall eintritt. Dementsprechend haften sie im Innenverhältnis nur, wenn sie entweder ihre allgemeine Überwachungspflicht verletzt haben oder die fehlerhafte Entscheidung aufgrund des Eintritts eines Verhinderungsfalls mitzuverantworten hatten.98 Im Ergebnis handelt es sich somit gleichsam um eine besondere Art der Geschäftsverteilung. Die Satzung kann freilich auch Abweichendes bestimmen und entweder ihre Geschäftsführungsbefugnis auf andere Weise einschränken, sie nach Maßgabe einer Geschäftsordnung hierarchisch hinter ordentliche Mitglieder zurückstufen oder auch von jeder Beschränkung mit der Folge absehen, dass es sich um eine bloße Titelabstufung handelt99.100 Derartige Gestaltungen sind zweifelsfrei auch im Stiftungsrecht zulässig.101 Zweifelhaft ist allerdings, was dies bei Mehrheitsvertretung bedeutet. Richtig erscheint: Stellvertretende Vorstandsmitglieder können mitwirken, dürfen dies im Innenverhältnis jedoch nur im Verhinderungsfall, wenn sich nicht aus der Satzung etwas anderes ergibt. Auch im Stiftungsrecht unzulässig wäre hingegen die Bestellung „echter“ stellvertretender Vorstandsmitglieder, denen auch im Außenverhältnis nur im Verhinderungsfall die Rechte und Pflichten eines ordentlichen Mitglieds zukommen; denn dies widerspräche der Bedingungsfeindlichkeit organschaftlicher Vertretungsmacht.102 ___________ 96 KölnKomm/Mertens, AktG, § 94 Rdnr. 2; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 44 Rdnr. 7; Beuthien, GenG, § 35 Rdnr. 3. 97 Str., wie hier Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 44 Rdnr. 8 (s. aber auch Rdnr. 13); KölnKomm/Mertens, AktG, § 94 Rdnr. 4; abw. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 44 Rdnr. 11; Beuthien, GenG, § 35 Rdnr. 4 (s. aber auch Rdnr. 5). 98 Vgl. die vorstehenden Nw. 99 Hüffer, AktG, § 94 Rdnr. 2; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 44 Rdnr. 2 halten dies für den Regelfall. 100 Zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten s. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 44 Rdnr. 9. 101 S. auch Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 8. 102 Vgl. BayObLGZ 1969, 33, 36 f.; Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 20.
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2. Andere Organe Gemäß § 101 Abs. 3 S. 1 AktG können Stellvertreter von Aufsichtsratsmitgliedern nicht (mehr)103 bestellt werden. Sinn und Zweck der Vorschrift soll es sein, eine ungeteilte Verantwortung der Aufsichtsratsmitglieder einer AG zu gewährleisten.104 Im Aktienrecht mag man dies für notwendig und im Blick auf § 108 Abs. 3 AktG die Bestellung von Stellvertretern auch für entbehrlich halten105. Bei Kontrollorganen anderer Rechtsformen ist beides jedoch kein Grund, die Gestaltungsfreiheit einzuschränken. So verweist denn auch § 52 GmbHG bezeichnenderweise weder auf die eine noch auf die andere Vorschrift. Dabei ist Letzteres allein schon deswegen entbehrlich, weil Botenschaft bei der Stimmabgabe abseits entgegenstehender Bestimmungen stets zulässig ist (s. u. F.). Regelungsbedürftig ist daher allenfalls das Teilnahmerecht Dritter (s. §§ 108 Abs. 3 S. 3, 109 Abs. 3 AktG und u. § 15 A.I.1.). Und ersteres, also die Bestellung stellvertretender Organmitglieder, kann und sollte für andere Organe als das vertretungsberechtigte Organ (s. o. I.) zumindest außerhalb des Aktienrechts der Gestaltungsfreiheit anheim gestellt bleiben. Dem stehen insbesondere Gesichtspunkte des Verkehrsschutzes nicht entgegen, da andere Organe als der Vorstand nur selten Rechtshandlungen mit Außenwirkung vornehmen und – soweit dies der Fall ist (z. B. Bestellung, Abschluss Anstellungsvertrag) – diese zumeist andere Organmitglieder, nicht aber außenstehende Dritte betreffen. Bei anderen Organen als dem Vorstand ist daher die Bestellung von „echten“ stellvertretenden Organmitgliedern zulässig, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist.106 Hinsichtlich ihrer Bestellung gilt das (oben unter C.) Ausgeführte entsprechend.
II. Gewillkürte Vertretung Zu fragen bleibt somit, ob auch gewillkürte Vertretung zulässig ist, d. h. ob sich ein verhindertes Organmitglied von einem anderen – Organmitglied oder Dritten – vertreten lassen kann. Die Frage ist organspezifisch zu beantworten. ___________ 103 Zur Rechtslage vor 1965 s. etwa Kohler, NJW 1955, 205. 104 Hüffer, AktG, § 101 Rdnr. 11; nach Geßler in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 101 Rdnr. 3 ging es dagegen um die gesetzliche Klärung von zuvor streitigen Rechtsfragen. 105 So Begr. RegE zu § 101 Abs. 3 S. 1 AktG bei Kropff, Aktiengesetz, S. 139; dem folgend KölnKomm/Mertens, AktG, § 108 Rdnr. 69. 106 Ebenso zum fakultativen Aufsichtsrat bei der GmbH etwa Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 45; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 139.
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1. Vorstand Nach § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 664 Abs. 1 BGB gilt der Grundsatz der Höchstpersönlichkeit. Das schließt zwar weder Geschäftsverteilung noch Delegation aus.107 Die organschaftliche Vertretungsmacht ist jedoch nicht auf Dritte übertragbar;108 denn organschaftlicher Vertreter kann nur sein, wer hierzu bestellt wurde. Das schließt eine gewillkürte Vertretung durch Dritte bei der Ausübung organschaftlicher Vertretungsmacht generell aus. Ohne weiteres zulässig ist jedoch eine – im Umfang beschränkte – Ermächtigung anderer Vorstandsmitglieder109 sowie die Erteilung rechtsgeschäftlicher Vollmachten110. Überdies gilt der Grundsatz der Höchstpersönlichkeit von Organämtern nur teilweise uneingeschränkt, vgl. §§ 76 Abs. 3 S. 1, 100 Abs. 1 AktG, 6 Abs. 2 S. 1, 52 GmbHG. Im Übrigen – so auch nach § 86 BGB – ist allein gewillkürte, nicht aber gesetzliche Vertretung ausgeschlossen.111 2. Kontrollorgan Nach § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. § 111 Abs. 5 AktG können Aufsichtsratsmitglieder ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen. Das entspricht dem Grundsatz der Höchstpersönlichkeit von Organämtern, wie sie auch in § 664 Abs. 1 BGB, auf den §§ 86 S. 1 i. V. m. 27 Abs. 3 BGB, 105 Abs. 2 HGB i. V. m. 713 BGB verweisen, zum Ausdruck kommt.112 Zum Teil wird dieser Grundsatz für zwingend gehalten.113 Andere halten ihn dagegen beim fakultativen GmbH-Aufsichtsrat für satzungsdispositiv mit der Folge, dass auch eine gewillkürte Stellvertretung zugelassen werden kann.114 ___________ 107 S. o. § 10 A.I. 108 Vgl. BGHZ 13, 61, 65; 34, 27; 64, 72, 75 f.; BGH WM 1976, 1245, 1246; 1978, 1047, 1048; s. ferner OLG Hamm, OLGZ 1978, 21, 24, 26. 109 Unstr., s. §§ 125 Abs. 2 S. 2, 150 Abs. 2 S. 1 HGB, 78 Abs. 4, 269 Abs. 4 AktG, 25 Abs. 3 GenG sowie BGHZ 64, 72, 75; aus der Lit. statt aller Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 18; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 55 ff. 110 S. nur Soergel/Hadding, BGB, § 26 Rdnr. 19; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 33, sowie o. § 10 V, VI. 111 S. o. A.III. Reichel, Höchstpersönliche Rechtsgeschäfte, S. 5 ff., und im Anschluss an ihn Noll, Leistung, S. 6, sprechen von absoluter und relativer Höchstpersönlichkeit; dazu u. G. Vgl. ferner OLG Hamburg, StiftRspr. III, S. 106, 111. 112 Für den Aufsichtsrat gilt er seit der Aktienrechtsnovelle von 1884, Lutter, FS Duden, S. 270. 113 So wohl Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 45; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 229. 114 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rdnr. 18 a. E.; wohl auch Baumbach/Hueck/ Zöllner, GmbHG, § 52 Rdnr. 58.
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§ 14 Die Organmitgliedschaft
Dieser zweiten Ansicht ist im Ausgangspunkt zuzustimmen. Das ergibt sich aus § 664 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach der Prinzipal sogar Substitution zulassen kann (argumentum a maiori ad minus), (s. o. D.). Eine andere Frage ist, welche Personen als Stellvertreter in Betracht kommen – nur Mitglieder desjenigen Organs, dem der Vertretene angehört, oder auch beliebige Dritte. Dabei ist zu bedenken, dass grundsätzlich nur die Mitglieder des betreffenden Organs berechtigt sind, an dessen Sitzungen teilzunehmen. Auch das Teilnahmerecht ist höchstpersönlicher Natur (s. u. § 15 A.I.1.). Die statutarische Zulassung von Stellvertretung bedeutet daher nicht notwendigerweise, dass jedweder Dritter mit der Stellvertretung betraut werden kann. Vielmehr ist dies, wenn die Satzung keine ausdrückliche Regelung trifft, eine Frage der Auslegung.115 Die Zulassung gewillkürter Stellvertretung kann sinnvoll sein, wenn die Bestellung von „echten“ stellvertretenden Organmitgliedern zu aufwendig oder aus anderen Gründen nicht opportun ist. Dabei ist zu bedenken, dass bloße Botenschaft (dazu sogleich) faktisch immer schon dann ausscheidet, wenn sich ein Organmitglied (noch) keine (abschließende) Meinung über einen Tagesordnungspunkt gebildet hat. Ohne Zulassung gewillkürter Stellvertretung kann die Verhinderung eines Organmitglieds überdies dazu führen, dass das in die Entscheidung einfließende Meinungsbild weniger vielfältig ist. Das kann insbesondere dann unausgewogene Beschlüsse zur Folge haben, wenn das verhinderte Organmitglied satzungsgemäß Repräsentant bestimmter Gruppen- oder Individualinteressen (z. B. der Interessen der Destinatäre oder des Stifters) ist. Die Zulassung gewillkürter Stellvertretung kann daher geradezu der einzige Weg sein, um auch im Verhinderungsfall eine dem Stifterwillen entsprechend ausgewogene Beschlussfassung zu gewährleisten, zumal sich allzu hohe Anforderungen an die Beschlussfähigkeit oder das erforderliche Beschlussquorum im Interesse der Handlungsfähigkeit der Stiftung verbieten. ___________ 115 Vgl. OLG Hamburg, StiftRspr. III, S. 106, 111. Enthält die Satzung Bestimmungen über die Person des Stellvertreters (z. B. Einschränkungen des Kreises in Betracht kommender Personen) so ist anzunehmen, dass diese Personen als Stellvertreter auch teilnahmeberechtigt sind. Enthält die Satzung keine derartigen Bestimmungen und trifft auch die Geschäftsordnung des betreffenden Organs keine Regelung so kommt es darauf an, ob das betreffende Organ – wie in der Regel Verwaltungsorgane – auf Homogenität und vertrauensvolle Zusammenarbeit gegründet ist. Ist dies der Fall, so ist nicht anzunehmen, dass Dritte ohne weiteres teilnahmeberechtigt sein sollen. Vielmehr ist die statutarische Zulassung von Stellvertretung dahingehend einschränkend auszulegen, dass sich ein verhindertes Organmitglied nur von einem anderen Mitglied desselben Organs vertreten lassen kann, es sei denn kein anderes Organmitglied widerspricht der Teilnahme eines Dritten als Stellvertreter.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
3. Willensbildungsorgan Dementsprechend bestehen ebenfalls keine Bedenken gegen die statutarische Zulassung gewillkürter Stellvertretung bei den Mitgliedern eines reinen Willensbildungsorgans, insbesondere einer Stifter- oder Destinatärsversammlung.116 Zum Vergleich: Bei Verbandsmitgliedern ist eine Vertretung teilweise schon kraft Gesetzes zulässig, §§ 134 Abs. 3 AktG, 47 Abs. 3 GmbHG, 43 Abs. 4, 5 GenG. Bei Personengesellschaften und Vereinen (§ 38 S. 2 BGB) ist die Mitgliedschaft dagegen grundsätzlich höchstpersönlich. § 38 BGB ist jedoch dispositiv, § 40 BGB. Und auch bei Personengesellschaften kann Vertretung zugelassen werden.117 Im Einzelfall können die Gesellschafter hierzu sogar verpflichtet sein.118
F. Botenschaft Von der Stellvertretung zu unterscheiden ist die Botenschaft. Der Bote gibt keine eigene Erklärung ab, sondern übermittelt nur die Erklärung eines anderen.119 Er ist daher nur Vertreter in der Erklärung, nicht im Willen. Bestimmt die Satzung nichts anderes, ist daher im Unterschied zur Stellvertretung eine Stimmabgabe durch Boten stets zulässig.120 Mittels Boten können überdies Anträge gestellt und Stellungnahmen zu den Beratungsgegenständen überbracht werden. Auch wenn die Satzung dies nicht ausdrücklich bestimmt, ist allerdings im Zweifel anzunehmen, dass alle von ihm abgegebenen Erklärungen schriftlich vorliegen müssen. Zudem gelten hinsichtlich der Person des Boten die vorstehenden Erwägungen entsprechend, vgl. §§ 108 Abs. 3, 109 Abs. 3 AktG.
___________ 116 Ohne eine entsprechende Satzungsbestimmung ist hingegen allein schon im Blick auf den Grundsatz der Höchstpersönlichkeit von Organämtern zweifelhaft, ob gewillkürte Stellvertretung zulässig ist. Das gilt auch bei Organen, die mit Stiftern oder Destinatären besetzt sind. Überdies stellt sich auch hier die Frage der Vertraulichkeit und vertrauensvollen Zusammenarbeit, vgl. OLG Hamburg, StiftRspr. III, S. 106, 111. 117 BGHZ 3, 354, 357 f., sowie aus der Lit. etwa Baumbach/Hopt, HGB, § 119 Rdnr. 21. 118 BGH, DB 1970, 437. 119 Statt anderer Palandt/Heinrichs, BGB, Vor § 164 Rdnr. 11. 120 Zum GmbH-Aufsichtsrat a. A. Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 75; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 52 Rdnr. 58; wie hier Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 303; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rdnr. 18.
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§ 14 Die Organmitgliedschaft
G. Übertragbarkeit Die Organmitgliedschaft bezeichnet, wie gesagt, die Beteiligung an einem organisationsrechtlichen Rechtsverhältnis. Sie ist kein subjektives Recht und kann mithin nach allgemeinen Regeln nicht durch bloße Abtretung übertragen werden.121 Denkbar wäre daher im Ausgangspunkt allenfalls eine Art Vertragsübernahme (Amtsübernahme) zwischen dem ausscheidenden und dem künftigen Organmitglied und der Stiftung vertreten durch das zuständige Bestellungsorgan. Der Gedanke ist ungewöhnlich und in der Tat mag hierfür nur selten ein anerkennenswertes Bedürfnis bestehen; denn ein Ämter(ver)kauf verstieße gegen § 138 BGB. Überdies könnte einer solchen Amtsübernahme die Höchstpersönlichkeit des organschaftlichen Rechtsverhältnisses entgegenstehen. Die Höchstpersönlichkeit von Rechten oder Rechtsverhältnissen ist jedoch zumeist dispositiv und nur ausnahmsweise zwingend. „Absolut“ höchstpersönlicher Natur sind etwa das Persönlichkeitsrecht als solches122 und familienrechtliche Rechtsverhältnisse (z. B. Ehe und Kindschaft). Der Zweck dieser Rechte und Rechtsverhältnisse schließt ihre Übertragbarkeit und Vererblichkeit schlechthin aus. Nur „relativ“ höchstpersönlicher Natur sind dagegen etwa die Mitgliedschaft in einem Verein (§§ 38, 40 BGB), Dienstvertrag und Auftrag (§§ 613, 664 BGB). In diesen Fällen bezweckt die Höchstpersönlichkeit nur den Schutz der Parteien, insbesondere den Schutz ihres persönlichen Vertrauensverhältnisses. Hier kann daher von vornherein oder auch nachträglich Übertragbarkeit und Vererblichkeit vereinbart werden. Bedenkt man ferner, dass mehrseitige Rechtsverhältnisse grundsätzlich ohnehin nur mit Zustimmung aller Beteiligten übertragen werden können, so gelten hinsichtlich der Übertragbarkeit relativ höchstpersönlicher Rechtsverhältnisse im Grunde keinerlei Besonderheiten. Das organschaftliche Rechtsverhältnis ist grundsätzlich nur relativ höchstpersönlicher Natur. Ebenso wie bei Auftrag und Dienstvertrag ist sie für gewöhnlich allein durch das persönliche Vertrauensverhältnis, nicht durch den Zweck des Rechtsverhältnisses begründet. Absolute Höchstpersönlichkeit ist nur dann anzunehmen, wenn sich aus der Stiftungssatzung ergibt, ___________ 121 Vgl. zur Übertragung von mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen Soergel/Hadding, BGB, § 38 Rdnr. 28; ders., FS Steindorff, S. 31 ff.; a. A. allerdings die herrschende Meinung, s. nur BGHZ 13, 179, 185 f.; 44, 229 ff., sowie aus der Lit. K. Schmidt, GR, 1321; Flume, PG, S. 345 ff., jew. m. w. Nw. 122 Möglich ist insofern nur eine Gestattung von Eingriffen in einzelne Persönlichkeitsgüter wie etwa die Gestattung der Nutzung des eigenen Namens, des eigenen Bildes etc.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
dass das betreffende Organmitglied „unersetzlich“ sein soll, also die Organmitgliedschaft derart mit einer individuell bestimmten Person (z. B. dem Stifter oder seinen Erben) verknüpft ist, dass wenn diese Person aus ihrem Amt ausscheidet (oder nicht bestellt werden kann), das ihr vorbehaltene Amt wegfällt123, sie also nicht durch eine andere – oder nur durch eine in derselben Weise individualisierte – Person ersetzt werden soll (Bestellung „ad personam“); denn in diesem Fall bezweckt das organschaftliche Rechtsverhältnis vornehmlich die Berechtigung und Verpflichtung einer bestimmten Person und nicht die Wahrnehmung eines bestimmten Amtes. Das Amt tritt hinter der Person zurück. Ohne eine derartige Verknüpfung („einer oder keiner“) sind organschaftliche Rechtsverhältnis hingegen nur relativ höchstpersönlicher Natur und können daher auch übertragen werden, wenn die Satzung dies zulässt124. Rechtsfolge einer solchen Amtsübernahme ist, dass das neue Organmitglied vollständig in das organschaftliche Rechtsverhältnis seines Vorgängers einrückt. War dessen Amtszeit befristet, so endet daher auch die Amtszeit des Neuen wie bei einem Ersatzmitglied (s. o. C.) mit Ablauf dieser Frist. Zugleich gehen alle organschaftlichen Rechte und Pflichten seines Vorgängers auf ihn über, soweit diese nicht an dessen Person gebunden sind und daher in Wegfall geraten.125 Will man dieser Auffassung nicht folgen, so bleibt (außer bei absolut höchstpersönlichen Organmitgliedschaften) der Weg einer miteinander verbundenen Aufhebungsvereinbarung zwischen der Stiftung und dem bisherigen Organmitglied unter gleichzeitiger Bestellung des Nachfolgers. Dergleichen ist auch ohne Satzungsermächtigung möglich. Die Konstruktion ähnelt dann einer Eintritts-/Austrittsvereinbarung wie sie bei einem Gesellschafterwechsel im Personengesellschaftsrecht vorkommt. Das neue Organmitglied wird dann allerdings nicht Rechtsnachfolger des alten, so dass es sich hierbei nicht um eine Übertragung handelt.126 ___________ 123 In diesem Fall ist freilich darauf Acht zu geben, dass die Organisationsverfassung der Stiftung vollziehbar bleibt, s. o. § 11 Fn. 56. 124 Nach Soergel/Hadding, BGB, § 38 Rdnr. 28 kann die Satzung dabei nicht nur das „Ob“, sondern auch das „Wie“ der Übertragung regeln und insbesondere Abtretbarkeit vorsehen. 125 Vgl. Soergel/Hadding, BGB, § 719 Rdnr. 17; MünchKomm/Ulmer, BGB, § 719 Rdnr. 39. 126 Nachdem ein neues Organmitglied ohnehin grundsätzlich die gleichen organschaftlichen Rechte und Pflichten wie sein Vorgänger hat, dürfte dies allerdings im Ergebnis nur selten eine Rolle spielen (zumal Unterschiede – z. B. hinsichtlich der Amtszeit – durch entsprechende Gestaltung ausgeglichen werden könnten). Das ist freilich
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§ 14 Die Organmitgliedschaft
Überdies ist darauf hinzuweisen, dass Organmitgliedern statutarisch auch das Recht zur Bestellung ihres Nachfolgers eingeräumt werden kann.127 Das ist wohl die einfachste Möglichkeit, um Organmitgliedern eine Art „Verfügungsmacht“ über ihr Amt einzuräumen. Allerdings sind sie bei der Ausübung dieses Rechts – wie auch bei den zuvor genannten Gestaltungen – pflichtgebunden. Angesichts des ihnen bei der Entscheidung zustehenden Ermessensspielraums dürfen die praktischen Auswirkungen dieser Einschränkung freilich nicht überschätzt werden, zumal wenn sie im Rahmen ihrer Pflichtbindung eigene Interessen zur Geltung bringen dürfen128. Statt eines Bestellungsrechts kann ihnen aber auch nur ein Benennungsrecht eingeräumt werden, in welchem Fall dem Bestellungsorgan ein – je nach Gestaltung mehr oder weniger starker, s. o. – Einfluss auf die Person des Nachfolgers vorbehalten bleibt. Insoweit ähnelt dann die Konstruktion einer Vinkulierung – freilich mit dem (rechtlich, praktisch dagegen hier weniger bedeutsamen) Unterschied, dass auch in diesem Fall der Amtsnachfolger nicht Rechtsnachfolger wird. Schließlich ist daran zu erinnern, dass bei der Stiftung auch juristische Personen und Gesamthandsgesellschaften Organmitglied sein können (s. o. A.III.). Deren organschaftliche Rechte und Pflichten werden durch die zu ihrer organschaftlichen Vertretung berufenen natürlichen Personen wahrgenommen. Das eröffnet den Verbandsmitgliedern nicht nur Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des betreffenden Stiftungsorgans. Ist Selbstorganschaft gesetzlich oder statutarisch vorgesehen und ist die Verbandsmitgliedschaft übertragbar, so kann auf diese Weise mittelbar auch die Mitgliedschaft in dem betreffenden Stiftungsorgan (genauer: die Befugnis, den Verband in dem Stiftungsorgan zu vertreten) übertragen werden.
___________ auch der Grund, weswegen der Frage der Übertragbarkeit des organschaftlichen Rechtsverhältnisses keine übermäßige Bedeutung zukommt. Anders als mit der Mitgliedschaft in Handels- und Kapitalgesellschaften sind mit der Organmitgliedschaft normalerweise nur wenige vermögensrechtliche Rechte und Pflichten verknüpft. Gekorene Organmitglieder stellen letztlich ebenso wie ein Auftragnehmer oder Dienstleister nur ihre Arbeitskraft zur Verfügung und erhalten hierfür u. U. eine Vergütung. Allerdings ist auch eine Verbandsmitgliedschaft nicht notwendigerweise mit (nennenswerten) Vermögensrechten und -pflichten verbunden. Paradigma hierfür ist die Mitgliedschaft in einem Idealverein. Praktisch kann es daher in diesem Fall ebenfalls einerlei sein, ob sich ein Mitgliederwechsel durch Ein- und Austritt oder durch Übertragung vollzieht. 127 Ebenso Lunk/Rawert in: NPLYB 2001, S. 91, 95. 128 S. o. § 11 A.VII.
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H. Vererblichkeit Nachdem das organschaftliche Rechtsverhältnis höchstpersönlicher Natur ist, rückt der Erbe eines verstorbenen Organmitglieds grundsätzlich nicht kraft Gesamtrechtsnachfolge in dessen organschaftliche Rechtsstellung ein. Vielmehr erlischt das Rechtsverhältnis mit dem Tod des Organmitglieds (s. o. B.I.). Die Satzung kann aber Abweichendes bestimmen,129 sofern die Höchstpersönlichkeit nicht absolut, sondern nur relativ ist (s. o. G.). Sieht die Satzung vor, dass ein Erbe Nachfolger des verstorbenen Organmitglieds werden soll, ist es eine Frage der Auslegung, ob der Erbe Rechtsnachfolger des Verstorbenen werden soll und damit vollständig in dessen Rechtsstellung einrückt130, ob hierin eine aufschiebend befristete Bestellung zu sehen ist oder ob der Erbe nur ein Recht auf Bestellung erwirbt. Alle drei Gestaltungen sind denkbar. Überdies ist es, wie gesagt, möglich, einem Organmitglied ein Bestellungsrecht hinsichtlich seines eigenen Nachfolgers einzuräumen. Ist das Organmitglied selbst auf Lebenszeit bestellt und gestattet die Satzung überdies, dass die Bestellung aufschiebend befristet wird, so kann das Organmitglied seinen Nachfolger auch testamentarisch bestellen.131 Bei Stiftern ist dergleichen nicht ganz selten.132 Schließlich ist auch der zuvor beschriebene Weg (s. o. G. a. E.) über die Bestellung eines Verbandes mit Selbstorganschaft zum Mitglied eines Stiftungsorgans und Vererbung der Mitgliedschaft in dem Verband gangbar.
I. Zusammenfassung Vergleicht man die Begründung und Beendigung des mitgliedschaftlichen und des organschaftlichen Rechtsverhältnisses i. e. S., so sind sie sich nach dem gesetzlichen Leitbild ganz unähnlich. Das mitgliedschaftliche Rechts___________ 129 Ebenso Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 38 Rdnr. 4. 130 So nach § 7 Abs. 1 S. 3 der Satzung der Bürgerstiftung Hildesheim, in der es heißt: „Die Mitgliedschaft (in der Stifterversammlung) … geht mit dem Tod des Stifters nur dann auf die Erben über, wenn es sich um eine Stiftung in Höhe von mindestens 50.000 Euro handelt, kann aber von ihnen nicht weitervererbt werden.“ 131 Vgl. MünchVertrHdb/Hof, GR, Form. VII.1 Anm. 31; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 87. Zwar endet die Organmitgliedschaft mit dem Tod. Der aufschiebend befristete Beschluss ist in diesem Fall jedoch bereits zuvor gefasst worden und durch seine testamentarische Niederlegung auch offenkundig (s. o. § 12 C.II.). 132 Vgl. auch § 6 Abs. 3 der Bürgerstiftung Dresden, § 8 Abs. 3 der Bürgerstiftung Hannover.
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§ 14 Die Organmitgliedschaft
verhältnis wird durch Beteiligung an der Gründung, Beitritt (Aufnahme) oder Rechtsnachfolge begründet und durch Vollbeendigung des Verbandes, Austritt bzw. Ausschließung, Rechtsnachfolge und Tod beendet. Dagegen kann ein organschaftliches Rechtsverhältnis i. e. S. allein durch Bestellung begründet werden. Es endet ebenfalls durch Vollbeendigung der Stiftung (bzw. des Verbandes) oder Tod sowie insbesondere durch Amtsniederlegung, Abberufung, einverständliche Aufhebung und Zeitablauf. Trotz ihrer Andersartigkeit sind dabei Aufnahme und Bestellung, Austritt und Amtsniederlegung, Ausschließung und Abberufung allerdings funktional durchaus vergleichbar. Überdies erlaubt die Gestaltungsfreiheit, sie einander weiter anzunähern. So bestimmt § 6 Abs. 1 S. 1 der Satzung der Bürgerstiftung Dresden: „Die Stifterversammlung besteht aus den Stiftern, Zustifterinnen und Zustiftern, d. h. aus Personen, die mindestens DM 2.000 zum Stiftungsvermögen beigetragen haben“, ebenso § 8 Abs. 1 S. 1 Satzung der Bürgerstiftung Hannover. Statutarisch kann überdies – außer bei Mitgliedern des Vorstands – gewillkürte Stellvertretung zugelassen und sogar eine Übertragbarkeit und Vererblichkeit des organschaftlichen Rechtsverhältnisses vorgesehen werden. Und das sind nur die „erstaunlichsten“ der Vielzahl von aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten. Nunmehr gilt es, die Rechte und Pflichten der Organmitglieder zu untersuchen.
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§ 15 Die Rechte und Pflichten der Organmitglieder Das organschaftliche Rechtsverhältnis beinhaltet bestimmte Rechte und Pflichten der Organmitglieder. Diese gilt es nunmehr näher in den Blick zu nehmen. Ziel ist es – in den eingangs des zweiten Kapitels genannten Grenzen – aufzuzeigen, ob und inwieweit sie den Rechten und Pflichten von Verbandsmitgliedern gleichen bzw. angeglichen werden können.
A. Organschaftliche Rechte1 Die organschaftlichen Rechte lassen sich – ebenso wie Mitgliedschaftsrechte – in Mitverwaltungs- und Vermögensrechte unterteilen.2 Zudem kann man – auch insoweit ähnlich wie bei Mitgliedschaftsrechten3 – differenzieren zwischen: – erstens den allgemeinen organschaftlichen Rechten, die grundsätzlich, d. h. vorbehaltlich gesetzlicher Differenzierungen und abweichender Satzungsbestimmungen, allen Organmitgliedern gleichermaßen zustehen, – zweitens besonderen organschaftlichen Rechten, die sich aus der Mitgliedschaft in einem bestimmten Stiftungsorgan ergeben und – drittens satzungsmäßigen Vorzugsrechten, die einzelnen Organmitgliedern ad personam (d. h. absolut höchstpersönlich, s. o. § 14 G) eine herausgehobene Rechtsstellung einräumen. ___________ 1 Die Terminologie ist uneinheitlich. Teilweise – so auch in der vorliegenden Arbeit – wird von „organschaftlichen Kompetenzen“ oder „organschaftlichen Befugnissen“, teilweise auch von „Organmitgliedschaftsrechten“ gesprochen, vgl. Wolff, Organschaft, S. 236 ff.; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 63; R. Bork, ZGR 1989, 1, 34; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 33 f.; s. ferner Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 m. w. Begriffen und Nw. Das ist unschädlich, wenn über die rechtliche Qualifikation Klarheit besteht, dazu u. IV. 2 Im Gesellschaftsrecht wird zwischen diesen beiden Kategorien verbreitet eine dritte, nämlich diejenige der Schutz- oder Kontrollrechte angesiedelt, statt anderer K. Schmidt, GR, S. 557 f.; Wiedemann, GR, S. 366. Wiedemann zählt zu ihnen Informationsrechte, K. Schmidt dagegen Klagerechte, insbesondere das Anfechtungsrecht. Beide Arten von Rechten stehen auch Organmitgliedern zu, s. u. A.I.2, A.V. Das ist wichtig zu bemerken. Im Übrigen hat die Frage einer Zwei- oder Dreiteilung weder praktische noch theoretische Bedeutung. Vielmehr geht es lediglich um die Gliederung des Rechtsstoffes. 3 Vgl. K. Schmidt, GR, S. 558, der freilich nur zwischen allgemeinen Mitgliedschaftsrechten und Vorzugsrechten unterscheidet.
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§ 15 Die Rechte und Pflichten der Organmitglieder
Zu Ersteren gehören – wie bei einem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis auch – insbesondere das Teilnahme-, Informations- und Stimmrecht; zu Zweiteren etwa die organschaftliche Vertretungsmacht, die Geschäftsführungsbefugnis oder Kontrollrechte und zu den zuletzt genannten Rechten beispielsweise ein Recht auf Mitgliedschaft in einem Stiftungsorgan (bzw. auf bestimmte organschaftliche Befugnisse wie etwa ein Bestellungsrecht), Mehrstimmrechte oder ein Vetorecht sowie besondere Vermögensrechte. Im Folgenden werden die organschaftlichen Rechte zunächst entlang der Zweiteilung in Mitverwaltungs- und Vermögensrechte auf ihren Inhalt und ihre Gestaltungsmöglichkeiten untersucht. Sodann wird aufgezeigt, welche Bedeutung organschaftlichen Vorzugsrechten zukommt, welche Rechtsnatur organschaftliche Rechte haben und wie sie durchsetzbar sind. Zur Frage der Fremd- bzw. Eigennützigkeit von organschaftlichen Rechten s. u. B.IV.
I. Mitverwaltungsrechte Als Mitverwaltungsrechte zu nennen sind das Teilnahmerecht, das Informationsrecht und das Stimmrecht. 1. Teilnahmerecht Das Teilnahmerecht umfasst das Recht auf Anwesenheit, das Recht auf Teilhabe an der Beratung (Äußerungs- und Anhörungsrecht) und das Antragsrecht (dazu o. § 12 B.II.2). Es ist in seinem Kern unentziehbar. Dagegen ist das Stimmrecht (dazu u. 3) kein Bestandteil des Teilnahmerechts, sondern ein eigenständiges Mitverwaltungsrecht, das durch die Satzung beseitigt werden kann. Gerade hieran aber zeigt sich die Bedeutung des Teilnahmerechts, da es stimmrechtslosen Organmitgliedern immerhin ermöglicht, auf die Willensbildung argumentativ Einfluss zu nehmen und unmittelbar zu verfolgen, ob die Beschlussfassung nach Inhalt und Verfahren Gesetz und Satzung entspricht (beratende Organmitgliedschaft).4 Das Teilnahmerecht steht allen Mitgliedern des beschlussfassenden Organs zu. Umgekehrt sind Nichtmitglieder grundsätzlich zur Teilnahme nicht berechtigt. Die Satzung kann jedoch Abweichendes bestimmen und etwa Mitgliedern anderer Organe ein Teilnahmerecht gewähren. Dabei ist auch eine
___________ 4 Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 48 Rdnr. 13 m. w. Nw.; s. auch o. § 10 vor Fn. 74 zur sog. Zölibatsklausel.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Aufspaltung des Teilnahmerechts namentlich in der Weise möglich, dass teilnahmeberechtigten Dritten kein Antragsrecht gewährt wird.5 Das Teilnahmerecht ist wie alle anderen organschaftlichen Befugnisse zumeist personenbezogen und kann daher grundsätzlich nur von seinem Inhaber wahrgenommen werden. Die Satzung kann Abweichendes bestimmen. Ist bei der Wahrnehmung des Stimmrechts Stellvertretung oder Botenschaft durch organfremde Dritte zulässig (s. o. § 14 E, F), so sind diese jedenfalls zur Anwesenheit berechtigt, vgl. §§ 108 Abs. 3 S. 3, 109 Abs. 3 AktG. Ein eigenes Äußerungs- und Antragsrecht haben sie dagegen nicht, können sich aber ggf. namens bzw. im Auftrag des Organmitglieds äußern und Anträge stellen.6 2. Informationsrecht Eine sinnvolle Beratung und Meinungsbildung über einen Beschlussgegenstand ist nur möglich, wenn alle Teilnahmeberechtigten über die hierzu erforderliche Information verfügen; nur dann können sie ihre Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrnehmen. Im Blick hierauf trifft die Mitglieder pflichtgebundener Organe eine Informationsverschaffungspflicht: Sie dürfen keine Entscheidungen auf einer unzureichenden Informationsgrundlage gleichsam „ins Blaue hinein“ treffen, sondern haben sich alle für die Entscheidung wesentlichen Informationen zu beschaffen.7 Das gilt nicht nur für Geschäftsführungs-, sondern auch für Aufsichts-, Beratungs- und Willensbildungsorgane. Regelmäßig werden viele der für eine qualifizierte Entscheidungsfindung erforderlichen Informationen auf die eine oder andere Weise bereits innerhalb der Stiftungsorganisation vorhanden sein, sei es, dass sie sich in Büchern und Unterlagen der Stiftung finden, sei es, dass Organmitglieder oder Mitarbeiter über sie verfügen. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht nur unpraktikabel, sondern auch widersprüchlich, wenn nicht jedes Organmitglied auf dieses Informationsreservoir zurückgreifen könnte, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist. Man sollte daher meinen, dass jedem Organmitglied ein organschaftliches Recht auf Auskunft und Einsichtnahme hinsichtlich der innerhalb der Stiftungsorganisation vorhan___________ 5 Abgesehen davon kann jedes Organ selbstverständlich beschließen, Dritte zur Teilnahme zu laden oder zuzulassen, soweit und solange hierdurch die Funktionsfähigkeit des Organs nicht beeinträchtigt wird, vgl. 3.6. Satz 2 DtCorGovK. 6 Vgl. Hüffer, AktG, § 109 Rdnr. 7; zum Nachweis des Teilnahmerechts etwa Scholz/ K. Schmidt, GmbHG, § 48 Rdnr. 23 f. 7 Vgl. Semler, Überwachung, Rdnr. 76 f., 183 ff.
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§ 15 Die Rechte und Pflichten der Organmitglieder
denen Information zusteht, dessen Umfang und Grenzen sich aus seinen organschaftlichen Rechten und Pflichten ergeben. Im Stiftungsrecht ist die Frage nicht normiert; denn nach der gesetzlichen Regelverfassung mit einem Alleinvorstand als einzigem Organ der Stiftung stellt sie sich naturgemäß nicht. Eine Antwort muss daher aus allgemeinen Regeln entwickelt werden. Im Gesellschaftsrecht differieren die gesetzlichen Regelungen, soweit vorhanden, je nach Rechtsform und Organ, was sich – jedenfalls teilweise – aus der unterschiedlichen Organisations- und Haftungsverfassung, der unterschiedlichen Kompetenzverteilung und daraus folgend den unterschiedlichen Rechten und Pflichten der Organmitglieder erklärt.8 Die Rechtslehre unterscheidet in Anlehnung an eine Entscheidung des Reichsgerichts9 entsprechend §§ 713 i. V. m. 666 BGB und § 716 BGB zwischen kollektiven und individuellen Informationsrechten.10 Erstere seien ein Korrelat der Pflicht zur Rechenschaftslegung der Leitungsorgane, zweitere Korrelat der Verbandsmitgliedschaft, womit zugleich gesagt sein soll, dass nur Verbandsmitgliedern, nicht aber Mitgliedern sonstiger Organe ein im Kern unentziehbares, subjektives Recht auf Information zusteht. § 90 Abs. 3 S. 2, Abs. 5 AktG wird dabei insoweit als Ausnahmetatbestand angesehen, als er auch einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern einen klagbaren Anspruch auf – freilich nicht ihnen, sondern dem Aufsichtsrat zu gewährende – Information einräumt.11 Dem kann nur teilweise gefolgt werden. Zumindest im Grundsatz richtig ist, dass mit der Verbandsmitgliedschaft ein im Kern unentziehbares subjektives (Hilfs-)Recht auf Information verbunden ist. Das bedarf hier keiner weiteren Ausführungen. Zutreffend ist ferner, dass alle pflichtgebundenen Organe – bzw. genauer, da Organe weder rechts- noch pflichtenfähig sind12: alle Mitglieder pflichtgebundener Organe – aufgrund der Fremdnützigkeit ihrer Tätigkeit zur Auskunft und Rechenschaft gegenüber dem Verband bzw. der Stiftung verpflichtet sind, vgl. für die Stiftung § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 666 BGB (näher o. § 10 A.III und u. § 21). Nachdem juristische Personen selbst nicht im natürlichen Sinne handlungsfähig sind, müssen sie sich zur Entgegennahme dieser Information ihrer Organe als Passivvertreter bedienen. Welchem Organ oder welchen Organen gegenüber die Rechen___________ 8 9 10 11
Vgl. K. Schmidt, Informationsrechte, S. 22 f. RGZ 148, 278, 279. K. Schmidt, Informationsrechte, S. 15 ff., 21 ff.; Wilde, ZGR 1998, 423 jew. m. w. Nw. Allg. M., z. B. BGHZ 106, 54, 62; Hüffer, AktG, § 91 Rdnr. 21; Wilde, ZGR 1998, 423, 429; Borgmann, Organstreit, S. 15, jew. m. w. Nw. 12 S. nur BGHZ 122, 342, 345 sowie o. § 11 C.III.1.a.
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schaftspflicht zu erfüllen ist, hängt dabei von der Organisationsverfassung ab.13 Dasjenige Organ oder diejenigen Organe, die danach Informationsempfänger sind, können die Auskunft und Rechenschaftslegung, wenn sie verweigert wird oder nicht ordnungsgemäß erfolgt, gegenüber den auskunftsund rechenschaftspflichtigen Organmitgliedern namens der juristischen Person geltend machen.14 Ein Recht der Organe selbst auf Information kann es dagegen allein schon deswegen nicht geben, weil Organe, wie gesagt, nicht rechtsfähig sind. Zwar unterscheidet das Gesetz zwischen Rechten, die es Organen und solchen, die es einzelnen Organmitgliedern zuweist.15 Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass Organe teilrechtsfähig seien.16 Vielmehr dient diese Unterscheidung – soweit es um Rechte der juristischen Person geht – allein zur Regelung der Frage, auf wessen Willen es zur Geltendmachung der betreffenden Rechte ankommen soll – auf den Willen eines einzelnen Mitglieds oder auf den Willen des Gesamtorgans. Das bedeutet freilich nicht, dass es sich bei den organschaftlichen Rechten (oder gar umgekehrt bei den organschaftlichen Pflichten) stets (ausschließlich) um Rechte (und/oder Pflichten) der juristischen Person handelte. Eine solche Auffassung würde in der Tat zu einem „recht gequälten dogmatischen Konstruktionsaufwand führen“17. Vielmehr ist zu Recht anerkannt, dass Organmitgliedern auch im Bereich pflichtgebundener organschaftlicher Befugnisse „Eigenrechte“18 (gesetzlich)19 eingeräumt sind (bzw. statutarisch ___________ 13 14 15 16
Vgl. OLG Hamburg, StiftRspr. III, S. 106, 107 f. S. o. § 11 C.III.1.b. Vgl. etwa §§ 110 Abs. 1, 111 Abs. 2, 245 Nr. 4 und 5 AktG. So aber etwa R. Bork, ZGR 1989, 1, 13 f., 17; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 292 ff. 17 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 295. Deutlich wird dies etwa bei dem Recht (und der Pflicht) von Organmitgliedern zur Teilnahme an Versammlungen des Organs: Nicht die juristische Person, sondern das einzelne Organmitglied ist hierzu berechtigt und verpflichtet. Zwar hat die juristische Person ganz allgemein einen Anspruch auf rechtmäßiges Organhandeln und daher beispielsweise auch einen Anspruch darauf, dass Organmitglieder nicht ungerechtfertigterweise von Organversammlungen fernbleiben oder ausgeschlossen werden. Wollte man jedoch annehmen, dass das organschaftliche Teilnahmerecht kein den Organmitgliedern persönlich zustehendes Recht wäre, müsste man sie zu seiner Geltendmachung im Wege der Rechtsfortbildung auf eine actio pro societate (s. o. § 11 C.III.1.c) verweisen, wie gesagt, ein recht gequälter dogmatischer Konstruktionsaufwand. 18 So eine verbreitete Bezeichnung (BGHZ 106, 54, 62; Flume, jP, S. 406; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 33 f.; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 16), mit der eine klare Stellungnahme zur Rechtsnatur organschaftlicher Rechte vermieden wird, dazu u. IV. 19 S. z. B. §§ 110 Abs. 1 S. 1 Fall 1, 118 Abs. 2, 125 Abs. 3 AktG.
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eingeräumt werden können), die sie nicht namens der juristischen Person, sondern im eigenen Namen (klageweise) geltend machen können. Um solche Rechte handelt es sich etwa bei dem Teilnahmerecht20 oder eben in den Fällen des § 90 Abs. 3 S. 2, Abs. 5 AktG21. Allerdings ist der Anspruch aus § 90 Abs. 3 S. 2 AktG, wie gesagt, nicht dem einzelnen Mitglied, sondern dem Gesamtorgan gegenüber zu erfüllen. Diese Regel dient jedoch nur der Vereinfachung des Verfahrens22 sowie der Gewährleistung einer gleichmäßigen Information aller Aufsichtsratsmitglieder, vgl. § 90 Abs. 5 AktG. Sie besagt nicht, dass dieser Individualanspruch (lediglich) ein Korrelat der Pflicht zur Rechenschaftslegung des Vorstands ist.23 Richtigerweise ist sie vielmehr (auch) ein Korrelat der Informationsverschaffungspflicht jedes einzelnen Aufsichtsratsmitglieds;24 denn wenn es richtig ist, dass jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied für eine ordnungsgemäße Überwachung und Beratung des Vorstands verantwortlich ist, dann muss auch jedes einzelne die hierfür erforderlichen Informationen einfordern können. Diese Überlegung gilt für andere Organe entsprechend. Jedes Organmitglied hat daher ein klagbares individuelles Informationsrecht, dessen Umfang sich nach seinem Informationsbedürfnis richtet.25 Das Informationsbedürfnis ergibt sich aus den ihm zugewiesenen Aufgaben. Alles was es zur Wahrnehmung seiner Aufgaben generell (als Hintergrundinformation) oder im Einzelfall wissen muss, darf (und muss!) es auch wissen. Bloße Neugier rechtfertigt dagegen kein Informationsverlangen. Dabei steht die Ausübung des ___________ 20 Statt anderer Säcker, NJW 1979, 1521, 1522; Kort, AG 1987, 193, 194. 21 S. etwa BGHZ 106, 54, 62; H. Westermann, FS Bötticher, S. 368, 379 f.; Säcker und Kort, wie vor; Hüffer, AktG, § 90 Rdnr. 21; a. A. aber insbes. Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 15. 22 Zutr. R. Bork, ZGR 1989, 1, 33. 23 So aber insbes. Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 268; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 15. Das kann auch nicht aus § 90 Abs. 4 AktG geschlossen werden; denn diese Vorschrift betrifft lediglich Form und Inhalt der Berichterstattung, Hüffer, AktG, § 90 Rdnr. 13. 24 H. Westermann, FS Bötticher, S. 368, 379. Lehnt der Vorstand das Verlangen ab, so kann es allerdings nur weiter verfolgt werden, wenn es von einem zweiten Aufsichtsratsmitglied unterstützt wird. Diese Regelung soll jedoch lediglich auf einfache Weise ganz und gar abwegige Informationsverlangen ausschließen. Sie gilt daher auch nicht für die gerichtliche Durchsetzung, H. Westermann, ebd. 25 Vgl. K. Schmidt, Informationsrechte, S. 35 ff. Die Entscheidung des OLG Hamburg, StiftRspr. III, S. 106 ff., ist auch deswegen so restriktiv ausgefallen, weil den Destinatären in der Satzung offenbar lediglich Informationsrechte, aber sonst keine Überwachungs- oder Kontrollbefugnisse zugewiesen waren.
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Informationsrechts im pflichtgemäßen Ermessen der Organmitglieder. Im Blick hierauf haben sie auch mögliche nachteilige Folgen für die Stiftung (z. B. Störung des Vertrauensverhältnisses, Kosten) in die Abwägung mit einzubeziehen.26 Ein allgemeines Recht zur Geheimhaltung von Informationen, deren Preisgabe nachteilig sein könnte, besteht gegenüber Organmitgliedern jedoch nicht. Diese sind vielmehr aufgrund der organschaftlichen Treupflicht zur Geheimhaltung verpflichtet und dürfen Informationen nicht zum Nachteil der Stiftung oder zum eigenen Vorteil verwenden. Nur wenn die konkrete, nachweisbare Gefahr besteht, dass einzelne Organmitglieder diese Pflichten verletzen, besteht ihnen gegenüber ein Informationsverweigerungsrecht.27 Soweit ein Informationsrecht besteht, umfasst es das Recht auf Einsichtnahme, das Recht, Berichte anzufordern, sowie das Recht auf Auskunft über alles – für die Aufgabenwahrnehmung erforderliche – Wissen, das der Stiftung als eigenes zugerechnet wird28. Es ist (dementsprechend) gegen die Stiftung, vertreten durch den Vorstand, und nicht etwa gegen das auskunftspflichtige Organ, die Gesamtheit oder einzelne seiner Mitglieder geltend zu machen.29 Der Stifter kann die vorgenannten Grundregeln präzisieren und/oder Abweichendes vorsehen. Das gilt sowohl für die Rechenschaftspflicht der Organmitglieder als auch für ihr Informationsrecht. In der Stiftungssatzung oder einer Geschäftsordnung kann etwa entsprechend § 90 Abs. 1 und 2 AktG die Rechenschaftspflicht des Vorstands präzisiert oder entsprechend §§ 90 Abs. 3 S. 2 Hs. 2, 111 Abs. 2 S. 1 AktG das Informationsrecht einzelner Organmitglieder eingeschränkt werden, indem seine Durchsetzung von der Mitwirkung eines anderen Mitglieds oder gar von einem Beschluss des Gesamtorgans abhängig gemacht wird. Auch können einzelne Organe oder Organmitglieder von bestimmter Information ganz ausgeschlossen werden. Zu bedenken ist dabei jedoch, dass die Informationsordnung Rückwirkungen auf die organschaftlichen Pflichten hat („Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“). So wird zu Recht aus § 90 AktG auf den Inhalt und den Umfang der regelmäßigen Überwachungspflicht des Aufsichtsrats einer AG ___________ 26 Vgl. Hüffer, AktG, § 111 Rdnr. 11; ferner BGHZ 135, 244, 255. 27 Vgl. OLG Stuttgart, OLGZ 1983, 184, 186 f.; OLG Karlsruhe, OLGZ 1985, 41, 43 f.; Hüffer, AktG, § 90 Rdnr. 12a. 28 Zur Frage der Wissenszurechnung s. Fritsche, ZSt 2004, S. 209 ff.; Grunewald, FS Beusch, S. 301 ff.; Drexel, ZHR 161 (1997), 491 ff.; Th. Raiser, FS Bezzenberger, S. 561 ff.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 80 ff. 29 S. BGHZ 85, 293, 295; Hüffer, AktG, § 91 Rdnr. 21 f. m. w. Nw. sowie u. V.
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geschlossen.30 Die Informationsordnung sollte daher nicht derart restriktiv abgefasst werden, dass eine sinnvolle Aufgabenwahrnehmung nicht möglich ist. Im Blick auf ihre gesetzlichen Pflichten unantastbar ist dementsprechend das umfassende Informationsrecht der Vorstandsmitglieder.31 3. Stimmrecht Das Stimmrecht ist die organschaftliche Befugnis, durch Stimmabgabe (dazu o. § 12 B.II.4.) an einem Beschluss mitzuwirken. Es steht grundsätzlich jedem Organmitglied zu. Die Satzung kann aber auch einzelne Organmitglieder vom Stimmrecht ausschließen. Die betreffenden sind dann auf Beratungsfunktionen beschränkt. Gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB gilt der Grundsatz „one man, one vote“, also Abstimmung nach Köpfen. Die Satzung kann jedoch Abweichendes bestimmen. Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit, wie sie im Verbandsrecht gelten (vgl. §§ 12, 77 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, 139 ff. AktG, 43 Abs. 3 GenG) bzw. diskutiert werden32, sind im Stiftungsrecht nicht am Platz. Wem welche Rechte in welchem Umfang eingeräumt werden, steht vielmehr ganz zur Disposition des Stifters. Nicht zu beanstanden ist ferner eine (Mehrheits-)Herrschaft Einzelner, wenn sie denn vom Stifter gewollt ist. Dem steht weder ein Grundsatz der Stiftungsautonomie33 noch das Prinzip der Gesamtverantwortung von Verwaltungsorganen entgegen34. Möglich sind demnach insbesondere folgende Gestaltungen: – – – – –
Stimmkraft nach Höhe der Zuwendung,35 Mehrstimmrechte, Mehrheitsstimmrechte, Recht zum Stichentscheid, Vetorechte,
___________ 30 Vgl. etwa Semler, Überwachung, Rdnr. 102 ff. m. w. Nw. 31 S. o. § 10 A.VI (4a). 32 Vgl. etwa K.Schmidt, GR, S. 607 f.; MünchKomm/Reuter, BGB, § 32 Rdnr. 25 ff. jew. m. w. Nw. 33 S. o. § 13 A.II.2.d. 34 Vgl. o. § 10 A.VI (4a); anders bei Vorstand AG, KölnKomm/Mertens, AktG, § 77 Rdnr. 18 ff. 35 So bspw. § 7 Abs. 1 S. 2 der Satzung der Bürgerstiftung Lörrach: „Auf jede Stiftung bzw. Zustiftung von 1.000,–- Euro und je weiteren angefangenen 1.000,-- Euro … entfällt eine Stimme.“ Ähnlich § 7 Abs. 4 der Satzung der Bürgerstiftung Bielefeld (je 2.000,– Euro eine Stimme).
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– Stimmrechtsbeschränkungen und Stimmrechtsausschlüsse aller Art, einschließlich Höchststimmrechte36.37 4. Besondere Mitverwaltungsrechte Von den vorgenannten allgemeinen organschaftlichen Mitverwaltungsrechten, die grundsätzlich jedem Organmitglied zustehen, zu unterscheiden sind diejenigen Mitverwaltungsrechte, die aufgrund der Mitgliedschaft in einem bestimmten Organ bestehen. Hierher gehören etwa die Geschäftsführungsbefugnis, die organschaftliche Vertretungsmacht, Zustimmungs-, Weisungs-, Benennungs- und Bestellungsrechte. Dem steht nicht entgegen, dass diese Rechte bei Kollegialorganen den Mitgliedern des betreffenden Organs regelmäßig zur Ausübung in Gesamtverantwortung zugewiesen sind; denn dies ändert nichts daran, dass jedes einzelne Organmitglied zur Mitwirkung bei der Wahrnehmung dieser Befugnisse berechtigt (und verpflichtet, dazu u. B.) ist.38 Werden Einzelnen solche Rechte eingeräumt, so bedeutet dies die Einrichtung eines speziellen (Einpersonen-)Organs (s. o. § 9).39 Werden sie ihnen ad personam, d. h. absolut höchstpersönlich (s. o. § 14 G.) vorbehalten, so handelt es sich um Vorzugsrechte (dazu u. III.).
II. Vermögensrechte Aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis können außer Mitverwaltungsauch Vermögensrechte, insbesondere auf Aufwendungsersatz und Vergütung folgen. Das ist freilich streitig. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, dass derartige Ansprüche, auch wenn sie sich unmittelbar aus der Verfassung der juristischen Person ergeben, stets schuldrechtlicher Natur seien. Durch die ___________ 36 So bspw. § 7 Abs. 1 S. 3 der Satzung der Bürgerstiftung Lörrach: „Natürliche und juristische Personen können maximal 50, jedoch nicht mehr als ¼ aller Stimmen auf sich vereinigen.“ Ähnlich § 7 Abs. 4 der Satzung der Bürgerstiftung Bielefeld (maximal 10 % der Stimmen). 37 Vgl. Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 35 Rdnr. 111; teilw. a. A. Baumbach/Hueck/ Zöllner, GmbHG, § 47 Rdnr. 43 f. 38 Vgl. Lewerenz, Leistungsklagen, S. 131, 135; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 284; Teichmann, FS Mühl, S. 663, 672; R. Bork, ZGR 1989, 1, 33 ff.; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 33 f.; Th. Raiser, ZGR 1989, 44, 66 f.; ders., AG 1989, 185, 189; Deckert, AG 1994, 457, 461, 462 f.; Borgmann, Organstreit, S. 19, 218 f. 39 Das gilt auch dann, wenn der Betreffende ohnehin Mitglied eines (anderen) Stiftungsorgans ist. Räumt beispielsweise die Stiftungssatzung dem Aufsichtsratsvorsitzenden ein Benennungsrecht ein, so ist dieser genaugenommen Mitglied zweier Organe, nämlich des Aufsichtsrats und – als Alleinmitglied – eines Benennungsorgans.
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Annahme der Bestellung käme konkludent ein Anstellungsvertrag zustande.40 Das überzeugt nicht; denn § 113 Abs. 1 AktG geht ersichtlich davon aus, dass die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern einseitig durch die Satzung oder die Hauptversammlung festgelegt und geändert werden kann. Besteht ein Anstellungsvertrag, ist dies dagegen nicht möglich. Der Vergütungsanspruch von Aufsichtsratsmitgliedern einer AG ist daher zwingend organschaftlicher Natur.41 Zwingende Regeln gibt es im Stiftungsrecht nicht. Vielmehr besteht Gestaltungsfreiheit. Soweit sich aber die Rechte und Pflichten von Organmitgliedern unmittelbar aus der Stiftungsverfassung ergeben, sind sie organisationsrechtlicher Natur und damit Teil des durch Bestellung begründeten organschaftlichen Rechtsverhältnisses. Ob daneben auch der Abschluss eines Anstellungsvertrages zulässig oder geboten ist, ist eine Frage der Auslegung im Einzelfall. Die Stiftungssatzung kann aber auch das zuständige Stiftungsorgan ausdrücklich zum Abschluss von Anstellungsverträgen (mit oder ohne inhaltlichen Vorgaben) ermächtigen. Im Einzelnen: 1. Aufwendungsersatz Der Anspruch eines jeden Organmitglieds auf Aufwendungsersatz folgt unmittelbar aus dem Gesetz (§ 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 670 BGB) bzw. – bei anderen Organen als dem Vorstand – aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen und ist mithin (§ 85 BGB) Teil der Stiftungsverfassung. Richtigerweise ist er daher allein organschaftlicher Rechtsnatur, wenn nicht zugleich ein Anstellungsvertrag geschlossen wird (dann ist er zugleich schuldrechtlicher Natur). Soweit er lediglich organschaftlicher Natur ist, kann er daher einseitig durch Satzungsänderung beschränkt oder ausgeschlossen werden, was – wenn der Stifter dies nicht bedacht hat – beispielsweise bei den Mitgliedern einer Stifter- oder Destinatärsversammlung typischerweise sinnvoll ist. 2. Vergütung Daneben kann die Satzung auch eine Vergütung von Organmitgliedern vorsehen (aber auch ausdrücklich ausschließen). Dies kann zum einen in der Form einer bloßen Ermächtigungsnorm geschehen, so dass Ob und Wie der ___________ 40 Vgl. zum Aufsichtsrat RGZ 123, 351, 354; 146, 145, 152; KölnKomm/Mertens, AktG, § 101 Rdnr. 5; vermittelnd Hüffer, AktG, § 101 Rdnr. 2; noch anders MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 6; ders., FS Zöllner, 487, 492: Vergütung kann zwar in der Satzung geregelt, aber Vergütungsanspruch nur durch Anstellungsvertrag geschaffen werden. 41 Wie hier Geßler in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 101 Rdnr. 54 f.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 253 m. w. Nw.
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Vergütung im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Stiftungsorgans stehen. Zum anderen kann aber auch alles, was Inhalt eines Anstellungsvertrages sein kann, detailliert in der Satzung festgelegt werden – bspw.: genaue Beträge oder Berechnungsmethoden, eine Gewinnbeteiligung42, Urlaubsoder Ruhegeldansprüche, Nebenleistungen wie Dienstwagen oder Ansprüche auf Benutzung von Stiftungseinrichtungen, die Zulässigkeit von Nebentätigkeiten, usw. Derartige Satzungsbestimmungen können zwei unterschiedliche Bedeutungen haben. Erstens kann gewollt sein, dass das zuständige Stiftungsorgan berechtigt oder auch verpflichtet ist, mit den betreffenden Organmitgliedern einen Anstellungsvertrag mit dem in der Satzung vorgegebenen Inhalt abzuschließen. Der Vergütungsanspruch ist dann schuldrechtlicher Natur und kann nach Abschluss des Vertrages nur durch gegenseitige Vereinbarung geändert werden. Zweitens kann aber auch gewollt sein, dass der Vergütungsanspruch allein organschaftlicher Natur ist. In diesem Fall kann die Höhe der Vergütung einseitig geändert werden, und zwar – je nach Gestaltung – entweder nur durch Änderung der Stiftungssatzung oder auch durch bloßen Beschluss des zuständigen Stiftungsorgans. Für eine Vergütungsregelung im Rahmen eines Anstellungsvertrags bleibt daneben kein Raum, da sich die Stiftung andernfalls der Möglichkeit einseitiger Änderungen begeben würde. Welche dieser Alternativen vom Stifter gewollt ist, ist mangels ausdrücklicher Regelung durch Auslegung zu ermitteln. Eine von dem Stifter in der Satzung festgelegte Vergütung darf nicht so hoch sein, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gefährdet ist, § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB. Legt das zuständige Stiftungsorgan die Vergütung fest, darf sie zudem nicht unangemessen hoch sein.43 Enthält die Satzung keine Vergütungsregelung, besteht im Zweifel weder ein organschaftlicher noch ein schuldrechtlicher Vergütungsanspruch.44 Insbesondere kann nicht ohne weiteres von dem konkludenten Abschluss eines Anstellungsvertrags ausgegangen werden (s. u. C.I.). ___________ 42 Vgl. u. § 19 A. 43 S. OLG Nürnberg, StiftRspr. III, S. 98 f. einerseits und BGH, ZIP 1988, 706 ff. andererseits sowie Helfurth/Dehesselles, S&S 1/2000, S. 22 f., 2/2000, S. 17 f.; s ferner u. § 20 B.I. 44 Zum Stiftungsvorstand: Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 130; zum Vereinsvorstand: Soergel/Hadding, BGB, § 27 Rdnr. 12; zum Aufsichtsrat bei der AG: Hüffer, AktG, § 113 Rdnr. 2; zum Aufsichtsrat bei der GmbH: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 52 Rdnr. 45; dort a. A. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 255; Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, § 52 Rdnr. 122.
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3. Weitere Vermögensrechte Schließlich kann die Stiftungssatzung auch Leistungen an Mitglieder von Stiftungsorganen vorsehen, die über eine angemessene Entlohnung ihrer Tätigkeit hinausgehen bzw. hiermit in keinem Zusammenhang stehen. Zu denken ist an Ansprüche auf Benutzung von Stiftungseinrichtungen oder auf sonstige Stiftungsleistungen bis hin zu Gewinnbeteiligungsrechten, durch die die begünstigten Organmitglieder zugleich Destinatäre der Stiftung werden (sollen). Derartige Regelungen sind grundsätzlich zulässig. Unbestritten können Destinatären organschaftliche Rechte eingeräumt bzw. zu Organmitgliedern bestellt werden (s. u. § 16 B.IV). Zulässig ist es daher auch, die Destinatärseigenschaft mit der Mitgliedschaft in einem Stiftungsorgan zu verknüpfen (Beispiel: Destinatärsversammlung). Schließlich kann Destinatären ein statutarischer Anspruch auf Stiftungsleistungen eingeräumt werden (s. u. § 16 B.IV.2.). Zweifelhaft ist daher allein die Frage, ob die Satzung auch bestimmen kann, dass die jeweiligen Mitglieder eines bestimmten Organs Destinatäre der Stiftung sein sollen? Das ist ein Problem des Stiftungszwecks. Zwar sind richtigerweise auch sog. Unterhaltsstiftungen zulässig.45 Zudem kann die Auswahl der Destinatäre sowie ihre Bestellung zu Organmitgliedern in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane gestellt werden. Der Stiftungszweck muss jedoch hinreichend bestimmt sein. Dementsprechend muss auch der Kreis möglicher Begünstigter zumindest bestimmbar sein.
III. Statutarische Vorzugsrechte Als statutarische Vorzugsrechte können solche Rechte bezeichnet werden, die einzelnen Organmitgliedern als materielle Satzungsbestandteile eingeräumt werden. Dabei kann es sich, muss es sich aber nicht um absolut höchstpersönliche Rechte („ad personam“, s. o. § 14 G.) handeln. Absolut höchstpersönliche Rechte sind jedoch stets zugleich statutarische Vorzugsrechte. Als solche kommen insbesondere in Betracht: ein satzungsmäßiges Recht auf Mitgliedschaft in einem Stiftungsorgan (bzw. auf bestimmte organschaftliche Befugnisse wie etwa ein Bestellungsrecht), Mehrstimmrechte oder Vetorechte sowie besondere Vermögensrechte. Dabei gleicht die Rechtsstellung von Inhabern statutarischer Vorzugsrechte freilich nicht derjenigen von Inhabern mitgliedschaftlicher Sonderrechte, sondern eher derjenigen eines aus einem Vertrag zugunsten Dritter Berech___________ 45 S. o. § 5 C.II.
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tigten.46 Ähnlich wie im Falle des § 328 Abs. 2 BGB hängt es daher in erster Linie von den Bestimmungen der Stiftungsverfassung ab, ob statutarische Vorzugsrechte ohne Zustimmung der Inhaber aufgehoben oder geändert werden können.47 Enthält die Stiftungssatzung insoweit keine besonderen Bestimmungen und ergibt auch eine Auslegung nichts anderes, richtet sich die Zulässigkeit von Eingriffen in statutarische Vorzugsrechte nach den allgemein für Satzungsänderungen geltenden Regeln der Stiftungsverfassung.48 Im Blick hierauf hängt es wiederum von der Auslegung der Stiftungsverfassung und dem Einzelfall ab, ob eine einfache oder qualifizierte Grundlagenänderung erforderlich ist. Im Zweifel ist Letzteres anzunehmen. Eine Zustimmung der Berechtigten ist dabei – anders als nach § 35 BGB – vorbehaltlich anderweitiger Satzungsbestimmungen49 weder erforderlich,50 noch vermag sie eine etwaige Unzulässigkeit der Satzungsänderung zu heilen. Gegen eine ihre Rechte beeinträchtigende Satzungsänderung können die Inhaber allerdings Nichtigkeitsfeststellungsklage erheben. Liegt ein wichtiger Grund vor, ist allerdings eine Abberufung aus dem Amt und damit ein Entzug der organschaftlichen Befugnisse stets möglich.51 In diesem Fall bedarf es keiner Satzungsänderung.
IV. Rechtsnatur organschaftlicher Rechte Uneinheitlich beantwortet wird die Frage, wie die organschaftlichen Rechte dogmatisch einzuordnen sind. Die Frage ist nicht zuletzt für ihre Durchsetzbarkeit von Bedeutung. Zu Recht unstreitig ist insoweit lediglich, dass es sich bei den organschaftlichen Rechten von Verbandsmitgliedern um subjektive Rechte handelt.52 Nach teilweise vertretener Ansicht soll dies auch für die organschaftlichen Rechte gekorener Organmitglieder gelten.53 Bei ___________ 46 S. Hammen, WM 1994, 765, 767 ff., aber auch Ulmer, FS Wiedemann, S. 1297, 1312 ff. 47 Dabei steht bei einem Vertrag zugunsten Dritter die Änderungsbefugnis freilich den Vertragsparteien zu, während diese Befugnis im Stiftungsrecht nicht etwa dem Stifter, sondern der Stiftung, d. h. den zuständigen Stiftungsorganen in Fremdorganschaft zukommt. Auch sonst darf die Parallele zu § 328 ff. BGB nicht überstrapaziert werden. Die Stiftungssatzung ist kein Vertrag zugunsten Dritter; vgl. Ulmer, FS Wiedemann, S. 1297, 1312 ff. 48 Vgl. KG, StiftRspr. I, S. 163, 166 f., 173. 49 S. o. § 12 B.II.6.a. 50 KG, StiftRspr. I, S. 163, 166. 51 S. o. § 14 B.III. 52 Vgl. nur K. Schmidt, GR, S. 549 m. w. Nw. 53 So etwa H. Westermann, FS Bötticher, S. 369, 370; Säcker, NJW 1979, 1521, 1526; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 62 ff., 95 ff.; R. Bork, ZGR 1989, 1, 6 ff.; differenzierend Wolff, Organschaft, S. 263 ff., 272 ff.
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organschaftlichen Vermögensrechten ist das unstreitig.54 Hinsichtlich der Mitverwaltungsrechte erscheint diese Auffassung dagegen auf den ersten Blick befremdlich;55 denn subjektive Rechte bestehen normalerweise im Interesse des Berechtigten und stehen dementsprechend zu seiner Disposition. Dagegen sind die Mitverwaltungsrechte gekorener Organmitglieder regelmäßig fremdnützig und nicht dispositiv. Dieselbe Frage stellt sich generell bei Verwaltungsrechten von Amtsträgern (z. B. Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker), aber auch bei der Vertretungsmacht und wird dort aus eben diesen Gründen verneint.56 Übersehen wird dabei, dass die Zivilrechtsdogmatik auch sog. Pflichtrechte kennt. Hierher gehören insbesondere das Recht der elterlichen Sorge (§§ 1626 ff. BGB) sowie treuhänderisch übertragene Rechte.57 Wiewohl sie fremdnützig sind und nicht zur Disposition des Berechtigten stehen, handelt es sich um subjektive Rechte. Überdies bestehen, wie auf der Hand liegt, sowohl rechtlich als auch funktional weitere Ähnlichkeiten. Dogmatisch sind daher auch fremdnützige organschaftliche Mitverwaltungsrechte als subjektive Rechte, und zwar als subjektive Pflichtrechte einzuordnen.58 Gegen eine solche Einordnung wird allerdings bei der Vertretungsmacht eingewandt, dass der Vertreter sie nicht „geltend machen“ könne.59 Daran ist richtig, dass Vollmachten grundsätzlich frei widerruflich sind und es keine sog. verdrängende Vollmacht gibt,60 die Rechtszuständigkeit des Vollmachtgebers also unberührt bleibt. Allerdings kann die Widerruflichkeit einer Vollmacht auch eingeschränkt werden. Darum geht es hier jedoch nicht oder doch nicht in erster Linie. Selbstverständlich können Organwalter abberufen und ihre Rechte, soweit gesetzlich oder statutarisch zulässig, durch die juristische Person eingeschränkt werden. Ebenso selbstverständlich ist es aber auch, dass sich ein Bevollmächtigter sowohl gegenüber Dritten als auch gegenüber dem Vollmachtgeber auf das Bestehen seiner Voll___________ 54 Statt aller Lutter/Krieger, Aufsichtsrat, Rdnr. 712. 55 Deswegen werden sie oft auch als „Eigenrechte“ bezeichnet, s. etwa BGHZ 106, 54, 62; Flume, jP, S. 406; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 33 f.; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 16. Andere Autoren bestreiten hingegen ausdrücklich ihre subjektiv rechtliche Qualität, so Bauer, Organklagen, S. 38 ff.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 f., 268 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 302 f. 56 Soergel/Leptien, BGB, Vor § 164 Rdnr. 19 m. w. Nw. 57 Larenz/Wolf, AT, § 15 Rdnr. 27; § 16 Rdnr. 6 f. 58 Ebenso Larenz/Wolf, AT, § 16 Rdnr. 7; Geßler in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 90 Rdnr. 21; Hüffer, AktG, § 90 Rdnr. 12. 59 So Soergel/Leptien, BGB, Vor § 164 Rdnr. 19 m. w. Nw. 60 Flume, RG, S. 792; MünchKomm/Schramm, BGB, § 168 Rdnr. 29; ausf. MüllerFreienfels, Vertretung, S. 124 ff.
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macht berufen kann. Und unbestritten ist schließlich, dass Organmitglieder das (Fort-)Bestehen des organschaftlichen Rechtsverhältnisses (auch) gegenüber der Bestellungskörperschaft geltend machen können.61 Können sie sich aber gegenüber der Bestellungskörperschaft auf das (Fort-)Bestehen des organschaftlichen Rechtsverhältnisses berufen, so ist nicht einzusehen, warum sie nicht auch einzelne aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis fließende Rechte geltend machen können sollen. M. a. W. sind Pflichtrechte zwar hinsichtlich ihres Bestands und Umfangs – soweit diese nicht gesetzlich zwingend geregelt sind – von dem Willen desjenigen abhängig, in dessen Interesse sie bestehen. Soweit und solange sie bestehen, können sie jedoch auch ihm gegenüber geltend gemacht und durchgesetzt werden.
V. Durchsetzbarkeit organschaftlicher Rechte Dogmatisch abgesichert wird auf diese Weise das oben (§ 11 C.III.2.b.) bereits beschriebene Ergebnis, dass organschaftliche Rechte individuell durchsetzbar sind. Im Ergebnis ist das wohl unstreitig.62 Nicht ganz klar ist jedoch, ob auch eine Leistungsklage insbesondere auf Einräumung organschaftlicher Rechte bzw. Erfüllung hieraus resultierender Ansprüche zulässig ist. Unzweifelhaft ist dies nur bei organschaftlichen Vermögens-63 und Vorzugsrechten64. Positiv beantwortet wurde die Frage überdies bereits im Blick auf Informationsverlangen (s. o. A.I.2). Und sie ist auch ganz allgemein zu bejahen.65 Zu beachten ist jedoch, dass eine solche Klage bei anderen Mitverwaltungsrechten als dem Informationsrecht, also insbesondere bei dem Teilnahmeund Stimmrecht, nur ausnahmsweise zulässig ist, nämlich wenn sie nicht nur in einem Einzelfall, sondern fortgesetzt verletzt werden, andernfalls das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Werden diese Rechte nur im Einzelfall verletzt, so kann das betroffene Organmitglied nämlich Klage auf ___________ 61 Vgl. nur KölnKomm/Mertens, AktG, § 84 Rdnr. 116 ff.; Lutter/Hommelhof, GmbHG, § 38 Rdnr. 28. 62 S. BGHZ 106, 54, 62; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 282 ff.; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 33 f.; Teichmann, FS Mühl, S. 663, 672; R. Bork, ZGR 1989, 1, 34 f.; Säcker, NJW 1979, 1521, 1522 f., 1526; Kort, AG 1987, 193, 194; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 226 f.; Borgmann, Organstreit, S. 19 f., 213 ff., 218. 63 Statt aller Lutter/Krieger, Aufsichtsrat, Rdnr. 712. 64 S. nur BGH, StiftRspr. I, S. 1. 65 BGHZ 106, 54, 62; Säcker, NJW 1979, 1521, 1526; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 282 ff.; Teichmann, FS Mühl, S. 663, 672; R. Bork, ZGR 1989, 1, 34 f.; Lutter/ Krieger, Aufsichtsrat, § 7 Rdnr. 708; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 135; Borgmann, Organstreit, S. 213 ff.
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Feststellung der Beschlussnichtigkeit erheben (s. o. § 11 C.III.2.c., § 12 B.III., IV.). Das reicht für gewöhnlich als Rechtsschutzmöglichkeit aus.66 Leistungs- wie Feststellungsklage sind gegen die Stiftung zu richten. Werden organschaftliche Rechte durch Maßnahmen der Stiftungsaufsichtsbehörde beeinträchtigt (z. B. einstweilige Untersagung der Aufgabenwahrnehmung67), so können sich die betroffenen Organmitglieder hiergegen mit Widerspruch und Anfechtungsklage zu Wehr setzen.68 Werden ihre Rechte durch eine – von der Behörde genehmigte – Grundlagenänderung berührt, können sie dagegen nur Feststellungsklage nach § 256 ZPO erheben. Die Anfechtung der Genehmigung einer nichtigen Grundlagenänderung kommt nicht in Betracht; denn nachdem die Genehmigung die Nichtigkeit nicht zu heilen vermag, wird durch die Genehmigung auch niemand in seinen Rechten verletzt.69
B. Organschaftliche Pflichten Die wichtigsten mitgliedschaftlichen Pflichten sind die Beitragspflicht einerseits und die Treupflicht andererseits.70 Als Beitrag ist dabei jede vom Mitglied als Primärpflicht geschuldete Zweckförderungsleistung zu verstehen.71 Die Treupflicht basiert richtigerweise auf § 242 BGB.72 Es handelt sich um eine erhöhte Fürsorge-, Rücksichtnahme- und Loyalitätspflicht, die als fundamentale Verhaltenspflicht das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis prägt. Eine solche Treupflicht trifft freilich nicht nur Verbandsmitglieder, sondern ganz allgemein Organmitglieder. Sie findet sich überdies außerhalb des Ge___________ 66 Ebenso K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 227; Borgmann, Organstreit, S. 218 f. 67 Art. 21 Abs. 1 S. 2 BayStiftG, §§ 12 Abs. 2 BWStiftG, 9 Abs. 1 BbgStiftG, 13 Abs. 3 S. 1 BreStiftG, 6 Abs. 3 HbgStiftG, 15 Abs. 2 HeStiftG, 18 Abs. 2 MVStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 NdsStiftG, 9 Abs. 1 S. 2 NRWStiftG, 9 Abs. 5 RPStiftG, 14 Abs. 1 SaarStiftG, 19 Abs. 3 S. 2 SaStiftG, 19 Abs. 3 S. 2 SAStiftG, 13 SHStiftG, 19 Abs. 3 S. 2 ThStiftG; näher hierzu BGH, WM 1993, 1950; OVG Münster, NVwZ-RR 1995, 628. 68 S. nur Andrick in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 281, 296. 69 VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5 ff.; s. ferner BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160; BGH, WM 1976, 869, 871 (= StiftRspr. III, S. 1). 70 Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 557. 71 Überzeugend K. Schmidt, GR, S. 567. 72 Näher Burgard, ZIP 2002, 827, 834 f.; wie hier etwa MünchKomm/G. H. Roth, BGB, § 242 Rdnr. 166; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 228 f.; a. A. (Förderpflicht) Lutter, AcP 180 (1980), 84, 103 f.; ders., ZHR 153 (1989), 446, 452, 454; Soergel/Hadding, BGB, § 705 Rdnr. 58; Hüffer, FS Steindorff, S. 59 ff.; alle m. w. Nw. auch zu weiteren Ansichten.
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sellschaftsrechts insbesondere im Familien- und Arbeitsrecht sowie bei Treuhandverhältnissen, also – allgemein gewendet – bei solchen Dauerrechtsverhältnissen, bei denen dem Schutz der Vertrauensgrundlage der Parteien wegen ihrer Einwirkungsmöglichkeiten auf die Interessen des anderen Teils besondere Bedeutung zukommt. Dabei variieren Inhalt und Intensität der Treupflicht nicht nur nach dem Inhalt des jeweiligen Rechtsverhältnisses, sondern insbesondere auch nach der Stärke des Einflusses. Hierauf wird sogleich nochmals zurückzukommen sein (u. II.). Anstelle der mitgliedschaftlichen Beitragspflicht tritt bei Organwaltern die (hier sog.) organschaftliche Dienstpflicht. Allerdings kann die Beitragspflicht ebenfalls solche organschaftlichen Dienstpflichten umfassen, so etwa die Geschäftsführungstätigkeit der persönlich haftenden Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft.73 Oft aber besteht die Beitragspflicht vornehmlich in Geld- oder Sachleistungspflichten, insbesondere einer Einlagepflicht74. Und derartige Pflichten treffen Organwalter für gewöhnlich nicht, wohl aber den oder die Stifter. Hergestellt werden kann dabei eine Verknüpfung, zum Beispiel in der Weise, dass derjenige, der einen bestimmten Betrag stiftet, Mitglied eines Stiftungsorgans (Stifterversammlung) wird (s. o. § 14 A.III.). Solche Gestaltungen finden sich in Deutschland insbesondere bei Bürgerstiftungen.75 Auf die Rechtsstellung und das Zuwendungsversprechen des Stifters wird zurückzukommen sein (u. § 16 A., § 24 A.). An dieser Stelle ist nun die organschaftliche Dienstpflicht, die organschaftliche Treupflicht sowie deren Durchsetzbarkeit zu erörtern. Schließlich ist zu fragen, welche Gestaltungsmöglichkeiten der Stifter im Blick auf die organschaftlichen Pflichten hat, insbesondere ob und inwieweit er die Pflichtbindung lockern kann.
I. Organschaftliche Dienstpflicht Vornehmste Pflicht eines jeden Organmitglied ist es, die dem Organ, genauer: den Organmitgliedern in ihrer Gesamtheit in Gesamtverantwortung übertragenen Aufgaben und Kompetenzen (z. B. Geschäftsführung, deren Kontrolle und Beratung usw.) sorgfältig, unter Beachtung von Gesetz und Satzung wahrzunehmen. Was dies im Einzelnen bedeutet, bedarf hier keiner ___________ 73 K. Schmidt, GR, S. 568 f. 74 Nach der überzeugenden Terminologie von K. Schmidt, GR, S. 567 f., ist unter einer Einlage jeder Beitrag zu verstehen, der zur Eigenkapitalbildung dient und damit die Haftungsmasse mehrt. 75 S. etwa § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 der Bürgerstiftung Dresden und § 9 Abs. 1, 4 der Bürgerstiftung Hannover.
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näheren Erörterung, zumal dies nicht nur von der Organisationsverfassung und der Realstruktur der Stiftung sowie von der Situation im Einzelfall abhängt, sondern auch keine stiftungsspezifischen Abweichungen gegenüber den aus dem Gesellschaftsrecht bekannten einschlägigen Überlegungen ersichtlich sind. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass Organmitglieder von den ihnen eingeräumten organschaftlichen Rechten Gebrauch zu machen und dabei die einschlägigen Grundregeln ordnungsgemäßer Geschäftsführung bzw. Kontrolle und Beratung usw. einzuhalten haben76. Insbesondere sind sie verpflichtet, an Sitzungen des Organs regelmäßig teilzunehmen, sich hierauf angemessen vorzubereiten und ihre Informationsrechte erforderlichenfalls auszuüben. Bei ihrer Amtsführung haben sich die Organmitglieder von den Interessen der Stiftung leiten zu lassen. Organmitglieder trifft eine – mit der mitgliedschaftlichen Förderpflicht77 vergleichbare – allgemeine Interessenwahrungsund -förderpflicht. Dazu gehört auch, die Stiftung vor Schäden zu bewahren und ihren Interessen stets den Vorrang einzuräumen. In der zuletzt genannten Hinsicht geht die organschaftliche Förderpflicht weiter als die mitgliedschaftliche Förderpflicht, die – zwar nicht nur, aber vor allem – bei Fragen der Geschäftsführung ein Zurückstellen persönlicher Interessen verlangt. Diese Verpflichtung auf die Interessen der Stiftung schließt allerdings nicht aus, dass Organwalter bei der Wahrnehmung ihrer organschaftlichen Rechte und Pflichten auch andere Interessen berücksichtigen dürfen, wie namentlich Gläubiger-, einschließlich von Arbeitnehmerinteressen sowie öffentliche Interessen. Inwieweit sie hierzu gar verpflichtet sind, richtet sich nach der Stiftungsverfassung, insbesondere dem Stiftungszweck. Überdies kann ihnen die Stiftungssatzung auch die Verfolgung von Partikularinteressen im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung gestatten.78 Freilich bleiben die Organmitglieder auch in diesem Fall an die Interessen der Stiftung gebunden und müssen diesen im Konfliktfall den Vorrang einräumen.79 Zur Frage inwieweit diese Pflichtbindung weiter gelockert werden kann u. IV.
___________ 76 S. hierzu etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 70 ff., § 52 Rdnr. 336 ff.; Semler, Überwachung, passim (insbes. etwa Rdnr. 70–84, 135 ff., 141 ff.); Theisen, AG 1995, 193 ff., sowie Goette, FS 50 Jahre BGH, S. 123 ff. Näher u. § 25 bei Fn. 49. 77 S. dazu statt anderer Lutter, AcP 180 (1980), 84, 105 ff. 78 S. o. § 11 A.III., V., VII. 79 BGH, StiftRspr. III, S. 5, 10.
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II. Organschaftliche Treupflicht Aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis folgt in Verbindung mit § 242 BGB eine organschaftliche Treupflicht.80 Inhalt und Umfang dieser Pflichten richten sich nach der Stiftungsverfassung, insbesondere dem Inhalt und Umfang der organschaftlichen Dienstpflichten. Dabei ergeben sich Überschneidungen mit der soeben beschriebenen Interessenwahrungs- und Förderpflicht. Fallgruppen sind etwa die Verschwiegenheitspflicht81 sowie das Verbot der Ausnutzung der Organstellung zum eigenen oder zu einem (stiftungs-)fremden Vorteil82. Zu diesem zählt insbesondere das Verbot, Geschäftschancen der Stiftung wahrzunehmen.83 Ist die Stiftung unmittelbar oder mittelbar unternehmerisch tätig, so unterliegen die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans zudem einem Wettbewerbsverbot84. Im Gesellschaftsrecht unterschiedlich beantwortet wird dagegen die Frage, ob dies auch für die Mitglieder anderer Organe,85 insbesondere eines Aufsichtsorgans86 gilt. Die Antwort ist mangels ausdrücklicher Regelungen durch Auslegung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses im Einzelfall zu gewinnen. Anders als die mitgliedschaftliche Treupflicht besteht die organschaftliche Treupflicht grundsätzlich87 nur gegenüber der Stiftung (bzw. dem Verband) und nicht auch gegenüber den anderen Organmitgliedern; denn zueinander stehen Organwalter für gewöhnlich in keinerlei Sonderrechtsbeziehung. Allerdings sind sie zu einer loyalen Zusammenarbeit verpflichtet.88 Diese Pflicht besteht jedoch allein gegenüber der Stiftung und nicht gegenüber den ___________ 80 Ausf. zur organschaftlichen Treupflicht Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 150 ff. 81 Näher dazu Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 161 ff., sowie etwa MüHdbGR/ Hoffmann-Becking, AG, § 33 Rdnr. 32 ff. m. w. Nw. 82 Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 152 ff.; s. besonders zur Bestechlichkeit O. Werner, S&S 3/2000, S. 15, 17 f. mit der Besprechung zweier nicht veröffentlichter (Fehl-) Urteile; ferner MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 15; ders. in: NPLYB 2002, 157, 158. 83 Näher Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 158 ff.; sowie etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 141 ff., 144 ff., § 52 Rdnr. 351 ff. 84 Vgl. §§ 112 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB, 88, 284 AktG; zum GmbH-Geschäftsführer statt anderer Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 126 ff.; zum Vorstand einer eG Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 239 ff.; zum Vereinsvorstand Reichert/van Look, Vereinsrecht, Rdnr. 1929; zum Stiftungsvorstand Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 156 ff. 85 Für einen Überblick s. Armbrüster, ZIP 1997, 1269; Burgard, FS Lutter, S. 1033 ff. 86 So insbesondere Lutter, FS Beusch, S. 509 ff.; anders die h. M., z. B. Armbrüster, ZIP 1997, 1269; U. H. Schneider, BB 1995, 365, 366 f.; s. aber auch 5.4.2. DtCorGovK. 87 S. aber u. § 30 C.III.2.a. 88 Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 111 ff. Dazu gehört insbesondere die Pflicht, die anderen Organmitglieder über alle Tatsachen vollständig und richtig zu informieren, die für die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufgaben wesentlich sind.
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anderen Organmitgliedern. Zu der Frage, ob und inwieweit Organmitglieder ausnahmsweise auch einander zur Treue verpflichtet sind, s. u. § 30 B.I.1.
III. Durchsetzbarkeit Die Durchsetzbarkeit der organschaftlichen Haupt- und Nebenpflichten ist auf dreifache Weise gesichert. Erstens kann die Stiftung sie durch Leistungsklage durchsetzen (vgl. o. § 11 C.III.b.). Zweitens sind sie schadensersatzbewehrt (näher u. § 25). Und drittens können Pflichtverletzungen eine Abberufung nach pflichtgemäßem Ermessen oder auch aus wichtigem Grund (s. o. § 14 B.III.) rechtfertigen. Als milderes Mittel kommt auch eine Abmahnung in Betracht. Ob und welche dieser Maßnahmen die zuständigen Stiftungsorgane ergreifen, steht in deren pflichtgemäßem Ermessen. Dieses Ermessen kann sich aber auf Null reduzieren.89 Schreiten die zuständigen Stiftungsorgane pflichtwidrig nicht ein, so ist die Stiftungsaufsichtsbehörde hierzu subsidiär befugt.90
IV. Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere Lockerung der Pflichtbindung Es liegt auf der Hand, dass der Stifter die organschaftlichen Pflichten nahezu nach Belieben ausgestalten kann; denn sie richten sich ja in erster Linie nach den Kompetenzen, die er den jeweiligen Organen in der Satzung zuweist. Und insofern genießt er, wie bereits aufgezeigt wurde, fast grenzenlose Gestaltungsfreiheit (s. o. § 11 A., B.). Das bedarf daher hier keiner weiteren Vertiefung. Fraglich ist jedoch, inwieweit der Stifter die Pflichtbindung der Organmitglieder lockern oder gar aufheben kann. Bei den Mitgliedschaftsrechten wird im Anschluss an Arbeiten von Alfred Hueck und Robert Fischer zwischen eigennützigen und fremdnützigen Rechten unterschieden, wobei die Abgrenzung allerdings nicht ganz einheitlich getroffen wird.91 Zu den fremdnützigen Rechten sollen alle Befugnisse gehören, die die Geschäftsführung betreffen, also nicht nur die Geschäftsführungsbefugnis selbst, sondern beispielsweise auch Widerspruchs-, Zu___________ 89 S. BGHZ 135, 244 ff. 90 Vgl. bspw. Art. 21, 23 BayStiftG, näher Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 205 ff. 91 Hueck, FS Hübner, S. 81 ff.; Robert Fischer, NJW 1954, 777, 778 f.; s. ferner etwa Zöllner, Schranken, S. 344 ff.; Winter, Treubindungen, S. 19 ff.; MünchKomm/Ulmer, BGB, § 705 Rdnr. 185 ff.; auch Voormann, Beirat, S. 148.
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stimmungs- und Weisungsrechte in Bezug auf die Geschäftsführung sowie die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern. Ihr Kennzeichen sei, dass sie den Mitgliedern nicht in ihrem eigenen Interesse, sondern im Interesse des Verbandes verliehen wären. Bei ihrer Ausübung (genauer: bei der Ausübung des Stimmrechts bei diesbezüglichen Beschlüssen) müssten die Mitglieder dementsprechend ihr Eigeninteresse gegenüber dem Verbandsinteresse zurückstellen. Sie seien ebenso wie Fremdorgane pflichtgebunden. Ein Unterschied bestehe allenfalls hinsichtlich des Sorgfaltsmaßstabs. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen.92 Dabei folgt die Pflichtbindung aus der gesellschaftsrechtlichen Pflicht zur Förderung des Gesellschaftszwecks, § 705 BGB (Interessenwahrungspflicht). Allerdings ist die Verfolgung von Eigeninteressen auch im Blick auf die Geschäftsführung nicht generell ausgeschlossen, sondern nur insoweit als sie mit dem Verbandsinteresse kollidieren. Im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung dürfen Eigeninteressen daher sehr wohl Berücksichtigung finden.93 Unbenommen bleibt überdies die Möglichkeit, die Satzung zu ändern sowie – nach herrschender Meinung94 – im Einzelfall punktuell zu durchbrechen. Denn eigennützig sind jedenfalls das Stimmrecht bei Grundlagenänderungen, die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte sowie Informations- und Schutzrechte (insbes. Klagebefugnisse). Sie stehen den Mitgliedern im eigenen Interesse zu und dürfen dementsprechend in den Grenzen der mitgliedschaftlichen Treupflicht95 (Rücksichtnahmepflicht) nach freiem Ermessen autonom ausgeübt werden. Soweit Organwaltern Vermögensrechte zustehen, sind diese ebenfalls eigennütziger Natur. Das gilt auch für hiermit u. U. zusammenhängende Informationsrechte und Klagebefugnisse. Im Übrigen sind die organschaftlichen ___________ 92 Nur sehr eingeschränkt ist der verbreiteten Ansicht (etwa Flume, jP, S. 61; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 13 Rdnr. 17 f., 41, § 14 Rdnr. 24; Baumbach/Hueck/ Fastrich, GmbHG, § 13 Rdnr. 21; Zöllner, ebd., GmbH-KonzernR Rdnr. 83; Scholz/ Emmerich, GmbHG, § 13 Rdnr. 38; M. Winter, ebd., § 14 Rdnr. 52;) und st. Rspr. (BGHZ 31, 258, 278 f.; 95, 330, 340; 119, 256, 262; 122, 333, 336; 142, 92, 95; ferner BGH, DB 2000, 661; NJW 2000, 154, 155; BGHSt 35, 333, 336 f.) zu folgen, wonach sich die Gesellschaftergesamtheit über das Interesse der Gesellschaft in den Grenzen zwingenden Rechts (Kapitalerhaltung, Existenzgefährdung) hinwegsetzen kann, näher Burgard, ZIP 2002, S. 827 ff. m. zahlr. w. Nw. 93 S. o. § 11 A. III., V., VII. 94 Vgl. BGHZ 123, 15, 19 f.; 83, 122, 130 ff.; Hüffer, AktG, § 179 Rdnr. 8 f.; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 53 Rdnr. 23 ff., jew. m. w. Nw. Ob und inwieweit das richtig ist, soll ausdrücklich offen bleiben. 95 Sie beruht nicht auf § 705 BGB, sondern richtigerweise auf § 242 BGB; s. Burgard, ZIP 2002, 827, 834 f. m. w. Nw. auch zur Gegenansicht.
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Befugnisse von Organwaltern hingegen grundsätzlich fremdnützig und streng pflichtgebunden. Allerdings können sie berechtigt und verpflichtet sein im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung Partikularinteressen zu berücksichtigen.96 Zudem wurde oben (§ 13 A.II.3.b.) aufgezeigt, dass fremdnützige in eigennützige Befugnisse umgewidmet werden können, wenn der Berechtigte über ein dem Machtgeber zumindest gleichwertiges Eigeninteresse verfügt. Damit wurde begründet, dass die Pflichtbindung bei Grundlagenänderungen zugunsten von Stiftern und Destinatären statutarisch aufgehoben werden kann. Räumt die Satzung Stiftern und/oder Destinatären Informations- und Schutzrechte ein, so wird dies dementsprechend regelmäßig in deren eigenem Interesse mit der Folge geschehen, dass sie diese Rechte auch eigennützig ausüben dürfen. Befugnisse, die die Geschäftsführung betreffen, können hingegen grundsätzlich nicht in eigennützige Befugnisse umgewandelt werden. Allerdings kann, wie gesagt, die Berücksichtigung von Partikularinteressen im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung gestattet sein. Zudem kann die Stiftung statutarisch auf das Interesse bestimmter Personen oder Institutionen ausgerichtet sei oder werden. Sind diese zugleich Organmitgliedern, kann auf diese Weise ein Interessengleichlauf zwischen den betreffenden Organmitgliedern und der Stiftung hergestellt werden, der dem Interessengleichlauf von Gesellschaftern und Gesellschaft entspricht. So liegt es etwa bei Gemeinschaftsstiftungen, bei denen der Stiftungszweck gleichsam der „gemeinsame Zweck“ der Stifter ist. Und so liegt es auch bei einer Destinatärsgemeinschaft97: Ist bspw. der Stiftungszweck die Förderung bestimmter Forschungseinrichtungen und sind Vertreter dieser Einrichtungen Mitglied in einer Destinatärsversammlung als höchstem Stiftungsorgan, dann können und sollen die Vertreter der Einrichtungen dort grundsätzlich selbst bestimmen, was den Interessen der Einrichtungen am besten frommt.
C. Schuldrechtliche Rechte und Pflichten Neben dem organschaftlichen Rechtsverhältnis können auch schuldrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen der Stiftung und ihren Organmitgliedern bestehen.98 Zu denken ist hier in erster Linie an den Abschluss eines Anstel___________ 96 S. o. § 11 A.III., V., VII. 97 Zum Begriff u. § 30 B.I.2. 98 Stiftungsaufsichtsrechtlich zu beachten ist, dass Rechtsgeschäfte mit Organmitgliedern gemäß Art. 27 Abs. 2 Nr. 3 BayStiftG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 4 BWStiftG, 20 S. 1 Nr. 4 MVStiftG, anzeigepflichtig sind, näher dazu o. § 10 B.II.2.
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lungsvertrages (u. I.). Daneben kommen aber auch alle möglichen anderen Schuldverträge (z. B. Beratungs-, Darlehens-, Lieferverträge, aber auch Treuhandvereinbarungen) in Betracht (u. II.). Nach Landesrecht ist teilweise für Rechtsgeschäfte mit Organmitgliedern eine Genehmigung der Stiftungsaufsichtsbehörde erforderlich.99
I. Anstellungsvertrag Von der Bestellung zu unterscheiden ist die Anstellung von Organmitgliedern.100 Während erstere organisationsrechtlicher Natur ist, handelt es sich bei zweiterer um einen Schuldvertrag, nämlich bei Entgeltlichkeit um einen Dienstvertrag i. S. der §§ 611 ff., 675 BGB101, andernfalls um einen Auftrag, §§ 662 ff. BGB. Beide Regelungsebenen sind strikt voneinander zu trennen, auch wenn Überschneidungen und Wechselwirkungen bestehen. Dabei ist zu beachten, dass es des Abschlusses eines Anstellungsvertrags nicht bedarf. Es darf daher auch nicht ohne weiteres von einem konkludenten Abschluss ausgegangen werden.102 Anders ist dies nur, wenn die Übernahme des Amtes erkennbar der Sicherung der persönlichen und wirtschaftlichen Existenz des Organmitglieds dient, typischerweise also bei dessen langfristiger und ausschließlicher hauptamtlicher Verpflichtung. Ob Organmitglieder haupt- oder ehrenamtlich tätig sein sollen, entscheidet mangels Vorgaben der Satzung das Kreationsorgan. Es ist im Zweifel auch für den Abschluss eines Anstellungsvertrages zuständig.103 Der Inhalt von Anstellungsverträgen kann höchst vielgestaltig sein. Die Stiftungssatzung kann hierzu Vorgaben enthalten. Unterschieden werden können zwei Regelungsbereiche, nämlich erstens amtsbezogene und zweitens individualrechtliche Bestimmungen. In erster Linie wird das Organmitglied durch den Anstellungsvertrag schuldrechtlich verpflichtet, das Amt zu übernehmen und die mit ihm nach der Stiftungsverfassung verbundenen Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Die Verpflichtungen aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis werden dadurch also zugleich schuldrechtlich abgesichert. Vielfach ___________ 99 S. o. § 10 B.II. 100 Sog. Trennungstheorie, heute h. M. etwa BGHZ 36, 142, 143; 78, 82, 85; 79, 38, 41; eine abweichende Konzeption vertritt neuestens Reuter, FS Zöllner, S. 487 ff. 101 Näher Lunk/Rawert in: NPLYB 2001, S. 91, 103 ff.; aus der gesellschaftsrechtlichen Lit. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 159 ff. 102 S. o. A.II.2. 103 Lunk/Rawert in: NPLYB 2001, S. 91, 95; MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 6 m. w. Nw.
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geschieht dies sogar durch ausdrückliche Wiederholungen von Bestimmungen der Satzung oder einer Geschäftsordnung. Eigenständige Bedeutung kommt dem allerdings nicht zu, soweit und solange die Verpflichtungen aus dem organschaftlichen und dem schuldrechtlichen Rechtsverhältnis deckungsgleich sind. Allerdings sind in Anstellungsverträgen nicht selten auch Bestimmungen enthalten, die über die Regelungen der Satzung oder einer Geschäftsordnung hinausgehen, z. B. über die Zuweisung eines bestimmten Geschäftsbereichs, Zustimmungsvorbehalte zugunsten eines anderen Organs oder andere Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis. Derartige Regelungen haben – soweit sie wirksam sind – nicht nur schuldrechtliche Bedeutung, sondern konkretisieren zugleich – ebenso wie eine Geschäftsordnung – die organschaftlichen Rechte und Pflichten des betreffenden Mitglieds. Die Einzelheiten sind freilich streitig und ungeklärt.104 Ohne weiteres wirksam sind derartige anstellungsvertragliche Regelungen nur, wenn sie von der Stiftungsverfassung gedeckt sind. Das gilt insbesondere bei solchen anstellungsvertraglichen Regelungen, die gesetzliche oder satzungsmäßige Bestimmungen lediglich konkretisieren oder die von gesetzlichen oder satzungsmäßigen Ermächtigungen (wie z. B. einem Weisungsrecht) Gebrauch machen.105 Nichtig sind hingegen anstellungsvertragliche Regelungen, die im Widerspruch zu zwingendem Gesetzesrecht stehen.106 Verstoßen sie gegen dispositives Gesetzes- oder Satzungsrecht, so sind sie schwebend unwirksam;107 denn das für die Anstellung zuständige Organ überschreitet hierdurch seine Vertretungsmacht108.109 Sie bleiben daher so___________ 104 Vgl. Henze, GmbH-Recht, Rdnr. 71 ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh § 6 Rdnr. 10 ff.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 156 ff.; KölnKomm/ Mertens, AktG, § 84 Rdnr. 41 ff. 105 Ebenso Scholz/U. H. Schneider § 35 Rdnr. 156. 106 OLG Stuttgart, DB 1979, 885.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 6 Rdnr. 11. 107 A. A. Lutter/Hommelhoff Anh. § 6 Rdnr. 11 ff. (schuldrechtlich wirksam, organisationsrechtlich unwirksam); Scholz/U. H. Schneider § 35 Rdnr. 156d, 156f. (auch schuldrechtlich unwirksam, mit Verweis auf BGHZ 123, 15.). 108 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 6; ders., FS Zöllner, S. 487, 491 f.; Hachenburg/Mertens § 35 Rdnr. 164; Fleck, ZGR 1988, 104, 135 f. Das gilt auch dann, wenn die Vertretungsmacht des auf Seiten der Stiftung handelnden Organs im Außenverhältnis unbeschränkt ist, also insbesondere im Falle des Abschlusses eines Anstellungsvertrages durch einen unbeschränkt vertretungsberechtigten Vorstand; denn die Unbeschränktheit der Vertretungsmacht gilt nicht im Verhältnis zu Organmitgliedern, da diese nicht in gleicher Weise wie außenstehende Dritte schutzwürdig sind, vgl. BGHZ 38, 26, 32, sowie o. § 10 bei Fn. 98. 109 Der der anstellungsvertraglichen Regelung ggf. zugrunde liegende Beschluss ist dagegen nichtig, s. BGHZ 123, 15, 18 ff. m. Anm. Habersack, ZGR 1994, 354.
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lange unverbindlich bis die Satzung entsprechend angepasst wurde,110 wenn nicht der Schwebezustand bereits zuvor mit der Folge endgültiger Unwirksamkeit endet, vgl. §§ 177 f. BGB111. Das gilt auch bei Verstößen gegen die stiftungsinterne Kompetenzordnung. Räumt die Satzung dem für die Anstellung zuständigen Organ kein Weisungsrecht ein, so kann ein solches daher auch nicht durch einen Anstellungsvertrag begründet werden. Umgekehrt kann ein bestehendes Weisungsrecht nicht durch Anstellungsvertrag mit organisationsrechtlicher Wirkung ausgeschlossen werden. Ist nach der Satzung eine Abberufung nach pflichtgemäßem Ermessen möglich, kann dieses Recht durch den Anstellungsvertrag nicht auf das Vorliegen wichtiger Gründe beschränkt werden. Usw. Erklärt ist damit zugleich, wie und warum nicht nur das organschaftliche Rechtsverhältnis Einfluss auf die schuldrechtlichen Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag hat, sondern dieser auch umgekehrt – was nicht ohne weiteres auf der Hand liegt – Einfluss auf die organschaftlichen Rechte und Pflichten ausübt; denn wenn das für die Anstellung zuständige Organ einem Organmitglied im Anstellungsvertrag wirksam amtsbezogene Pflichten auferlegt, so handelt es gegenüber diesem nicht nur auf schuldrechtlicher Ebene, sondern zugleich auch in Ausübung seiner organisationsrechtlichen Kompetenzen. Auf individualrechtlicher Ebene schließlich kann der Anstellungsvertrag neben Vergütungsregelungen etwa Bestimmungen über ein Ruhegehalt, die Entgeltfortzahlung bei vorübergehender Verhinderung z. B. wegen Krankheit, den Urlaub, ein vertragliches und nachvertragliches Wettbewerbsverbot, die Zulässigkeit von Nebentätigkeiten sowie die Beendigung des Anstellungsverhältnisses enthalten. Auch diese dürfen – selbstverständlich – nicht gegen zwingendes Recht,112 aber auch nicht gegen die Stiftungsverfassung, insbesondere den Grundsatz der sparsamen Verwendung von Stiftungsmitteln (s. u. § 20 B.I.) verstoßen.
II. Sonstige Schuldverhältnisse Zwischen der Stiftung und Organmitgliedern können, wie gesagt, neben einem Anstellungsvertrag auch alle möglichen anderen Schuldverträge ge___________ 110 Hierin ist dann zugleich die konkludente Genehmigung der betreffenden Bestimmungen des Anstellungsvertrages zu sehen. 111 Scheitert eine angestrebte Satzungsänderung, so liegt hierin zugleich eine konkludente Verweigerung der Genehmigung. 112 Zur Frage der Anwendbarkeit von arbeitsrechtlichen Bestimmungen auf hauptamtlich beschäftigte Organmitglieder, s. etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 35 Rdnr. 159 ff. m. w. Nw.
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§ 15 Die Rechte und Pflichten der Organmitglieder
schlossen werden. Grundsätzlich zuständig hierfür ist der Stiftungsvorstand. Die Stiftungssatzung kann Abweichungen und Modifikationen (z. B. die Zustimmung eines anderen Organs) vorsehen. Zu beachten sind ggf. überdies stiftungsverfassungsrechtliche Beschränkungen. Enthält die Satzung etwa eine bestimmte Vergütungsregelung, so darf diese nicht durch den Abschluss von Beratungsverträgen umgangen werden, die den Betreffenden lediglich zu einer Leistung verpflichten, die er bereits als Organmitglied schuldet.113 An den Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht zu messen sind ferner all solche Verträge, die die Stiftung zu Leistungen an ein Organmitglied verpflichten, die einem Drittvergleich nicht standhalten. Zu beachten ist dabei, dass bereits jeder Vertragsschluss, der nicht dem Gebot einer sparsamen Verwendung der Stiftungsmittel (s. u. § 20 B.I.) entspricht, sowohl für den die Stiftung vertretenen Vorstand als auch für das begünstigte Organmitglied pflichtwidrig ist. Selbst wenn daher der Vertrag wirksam sein sollte und eine Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung nach §§ 812 ff. BGB nicht geschuldet wird, haften daher alle Organmitglieder, die an dem Zustandekommen eines solchen Vertrages beteiligt oder ihm pflichtwidrig nicht entgegengetreten sind, der Stiftung aus positiver Forderungsverletzung (s. u. § 25 A.I.) auf Schadensersatz. Namentlich bei Darlehensverträgen kann hierfür bereits eine Vermögensgefährdung ausreichend sein.
D. Zusammenfassung Im Blick auf die Rechte und Pflichten der Organmitglieder ergibt sich somit ein ganz ähnlicher Befund wie in dem vorangegangenen Kapitel: Trotz der Verschiedenheit des mitgliedschaftlichen und des organschaftlichen Rechtsverhältnisses (i. e. S.) zeigen sich erhebliche Übereinstimmungen, die durch entsprechende Satzungsgestaltung noch weiter verstärkt werden können. Allerdings bleiben auch ganz grundsätzliche Unterschiede bestehen, wie insbesondere die bloße Zweiseitigkeit des organschaftlichen gegenüber der Mehrseitigkeit des mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisses. Schon jetzt wird jedoch deutlich, auf welche Weise eine Stiftung korporativ strukturiert werden kann, nämlich durch Dehnung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses, insbesondere zugunsten der Stifter und Destinatäre. Deren Rechtsstellung gilt es nunmehr zu untersuchen. ___________ 113 Vgl. BGHZ 114, 127; 126, 340; aus der Lit. Mertens, FS Steindorff, S. 173 ff.; Beater, ZHR 157 (1993), 420; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 52 Rdnr. 266 ff. m. w. Nw.
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§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre Zu den wichtigsten Fragen bei der Ausgestaltung der Stiftungsverfassung zählt, ob und wenn ja welche Mitverwaltungs- und Vermögensrechte sich der Stifter vorbehalten und/oder ggf. den Destinatären gewähren will; denn das Gesetz räumt grundsätzlich weder dem Stifter noch den Destinatären Mitverwaltungs- und Vermögensrechte ein, so dass sie keinerlei Einfluss auf die Stiftungsverwaltung haben, wenn die Stiftungssatzung nichts anderes vorsieht. Stifter und Destinatäre sind jedoch die Einzigen, die ein Verbandsmitgliedern vergleichbares Eigeninteresse an der Stiftung aufweisen. Um die Verwirklichung des Stifterwillens zu gewährleisten, bietet es sich daher an, sie auf die ein oder andere Weise an der Stiftungsverwaltung zu beteiligen, zumal sie andernfalls dem Ratschluss der Stiftungsorgane und der Stiftungsaufsicht weitgehend schutzlos ausgeliefert sind. Zu bedenken ist allerdings auch, dass die Interessen der Destinatäre mit denen des Stifters und der Stiftung nicht notwendigerweise übereinstimmen, ihnen insbesondere weniger an einem Substanzerhalt als an möglichst hohen Ausschüttungen oder, wenn sie zugleich Anfallberechtigte sind, gar an einer Aufhebung der Stiftung gelegen sein kann. Haben die Destinatäre voneinander abweichende Interessen, besteht ferner die Gefahr, dass Streit in die Stiftung hineingetragen wird, wenn der Stifter ihnen Mitverwaltungsrechte einräumt. Überdies sollte sich der Stifter ganz allgemein davor hüten, die Organisationsverfassung der Stiftung allzu sehr auf bestimmte natürliche Personen – einschließlich seiner selbst – zuzuschneidern. Schließlich ist zu überlegen, ob und wenn ja, welche Vermögensrechte der Stifter den Destinatären gewährt und sich selbst vorbehält. Im Folgenden wird in einem ersten Schritt untersucht, welche Rechtsstellung Stiftern und Destinatären kraft Gesetzes jeweils zukommen, um sodann in einem zweiten Schritt aufzuzeigen, welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen. Dabei kann der zweite Schritt freilich recht kurz ausfallen; denn die einschlägigen Gestaltungsinstrumente wurden bereits entwickelt.
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§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre
A. Die Rechtsstellung des Stifters I. Gesetzliche Ausgangslage 1. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens Höchster stiftungsrechtlicher Grundsatz ist die Maßgeblichkeit des Stifterwillens (s. o. § 7 E.). Aus Sicht des Stifters ist seine Bedeutung freilich in doppelter Hinsicht beschränkt. Zum einen wird nur der historische Wille des Stifters zum Zeitpunkt der Stiftungserrichtung, wie er insbesondere im Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommt, geschützt und nicht etwa sein aktueller Wille.1 Zum anderen wendet sich das Gebot der Maßgeblichkeit des Stifterwillens allein an die Stiftungsorgane und die Stiftungsaufsicht. Geschützt wird nur die Stiftung, nicht der Stifter selbst. Der Stifter kann hieraus keine Rechte herleiten. Weder hat er einen Anspruch auf rechtmäßiges Handeln der Stiftungsorgane oder der Stiftungsaufsicht noch auf deren Einschreiten.2 Die Stiftungsorgane sind lediglich der Stiftung gegenüber verpflichtet. Und auch die Stiftungsaufsicht besteht allein im Interesse der Stiftung sowie im Allgemeininteresse, nicht im Interesse Einzelner, auch nicht im Interesse des Stifters.3 Wird der Wille des Stifters (im vorgenannten Sinn) missachtet, so sind nach der gesetzlichen Grundkonzeption allein die Stiftungsorgane und die Stiftungsaufsicht berechtigt und verpflichtet, dagegen einzuschreiten. Dagegen hat der Stifter – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung (dazu u. II.) und abseits besonderer landesrechtlicher Vorschriften (dazu sogleich I.3.) – keine Möglichkeit, die Beachtung seines Willens durchzusetzen. Grund hierfür ist die gesetzliche „Rechtlosigkeit“ des Stifters gegenüber „seiner“ Stiftung. 2. Der Grundsatz der „Rechtlosigkeit“ des Stifters Behält sich der Stifter im Stiftungsgeschäft oder in der Stiftungssatzung nicht ausdrücklich organschaftliche Rechte vor, so steht er der Stiftung nach ihrer Errichtung grundsätzlich gleich einem beliebigen Dritten gegenüber;4 ___________ 1 S. o. § 7 E. 2 Wie hier MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 20; ohne Begründung a. A. Seifart/ v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 83. 3 S. o. § 8 A. 4 Statt anderer Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 165; Ebersbach, Handbuch, S. 67; Erman/O. Werner, BGB, § 81 Rdnr. 22; Jeß, Verhältnis, S. 28.
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denn das BGB verpflichtet ihn nur zur Erfüllung des Zuwendungsversprechens (§ 82), räumt ihm aber keinerlei Rechte – weder Vermögens- noch Mitverwaltungs-, weder Kontroll- noch Abwehrrechte – ein.5 Diese vollkommene Loslösung des Stifters von „seiner“ Stiftung ist Konsequenz ihrer mitgliederlosen Struktur. Sie entzieht die Stiftung der Disposition des Stifters (und seiner Erben) und trägt dadurch sowohl zur Dauerhaftigkeit der Stiftung als auch zur Perpetuierung des Stifterwillens bei. Zudem ermöglicht sie Stiftungen von Todes wegen.6 Weitere Folge dieser Loslösung des Stifters von der Stiftung ist, dass der Stifter durch eine Verletzung oder Änderung der Stiftungsverfassung nicht in subjektiven Rechten betroffen wird, und zwar weder in subjektiv-privaten noch in subjektiv-öffentlichen Rechten. Insbesondere kommt eine Verletzung von Grundrechten des Stifters nicht in Betracht.7 Art. 14 Abs. 1 GG wird nicht verletzt, weil dem Stifter keine Vermögensrechte hinsichtlich der Stiftung zustehen. Eine Verletzung spezieller Grundrechte wie etwa Art. 5 Abs. 3 GG (Kunst- und Wissenschaftsfreiheit) scheidet aus, weil das grundrechtsrelevante Handeln allein der Stiftung und nicht dem Stifter zugerechnet werden kann. Und eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht, weil auch die allgemeine Handlungsfreiheit des Stifters ganz und gar unberührt bleibt. So gesehen, d. h. in Anbetracht dieser vollständig fehlenden Selbstbetroffenheit des Stifters bei Maßnahmen, die die Stiftung betreffen, müssen ihm daher auch keine Mitverwaltungs-, Schutz- oder Abwehrrechte eingeräumt sein.8 Kehrseite von alledem ist freilich, dass dem Stifter auch keinerlei zivil- oder öffentlich-rechtliche Rechtsmittel wegen einer Verletzung oder Änderung ___________ 5 Liermann in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 153, 171, hat dies in folgendes Bild gefasst: „Der Stifter bringt ein Kind zur Welt, das sofort volljährig ist, seinen eigenen rechtserheblichen Willen hat und ihn zwingt, sich diesem Willen zu beugen. Wenn man die hier leicht verständliche Terminologie der Hegelschen Philosophie auf diese rechtliche Situation anwenden will, so kann man sagen: In der Stiftung tritt dem subjektiven Geist des Stifters der von ihm selbst geschaffene objektive Geist der Stiftungsverfassung mit zwingender Überlegenheit entgegen.“ 6 Vgl. Jeß, Verhältnis, S. 32 f. 7 A. A. auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 67 (ohne Begründung); anders auch MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 20, im Blick auf eine Aufhebung oder Zweckänderung der Stiftung: Da hierin der Sache nach eine Rücknahme der Anerkennung zu sehen sei, habe der Stifter wegen des „Grundrechts auf Stiftung“ ein Anhörungsrecht. Wie hier Andrick in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 281, 293 f. 8 Vgl. o. § 13 A.II.2.e.
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§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre
der Stiftungsverfassung zu Gebote stehen.9 Weder kann er die Stiftung noch ihre Organe bzw. Organmitglieder auf ein Tun oder Unterlassen in Anspruch nehmen. Hierfür fehlt es an einer Grundlage. Mangels eines Rechtsverhältnisses zu der Stiftung scheidet auch eine Feststellungsklage aus. Ebenso wenig hat der Stifter Anspruch auf Einschreiten der Stiftungsaufsicht.10 Diese besteht allein im Interesse der Stiftung und der Allgemeinheit.11 Und eine Anfechtung aufsichtsrechtlicher Verwaltungsakte kommt nicht in Betracht, weil der Stifter nicht geltend machen kann, in seinen Rechten verletzt zu sein, § 42 Abs. 2 VwGO. Solche kann er aus den vorgenannten Gründen auch nicht aus dem Gebot der Maßgeblichkeit des Stifterwillens herleiten. Deswegen, also wegen fehlender Selbstbetroffenheit in subjektiven Rechten, scheidet schließlich auch eine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO aus.12 Nach der gesetzlichen Regelverfassung ist der Stifter also in jeder Hinsicht „rechtlos“. Das ist zwar konsequent, aber nicht interessengerecht. Außer Acht gelassen wird das besondere Verhältnis, das der Stifter zu „seiner“ Stiftung naturgemäß hat. Ganz zu Recht greift die Praxis daher an dieser Stelle rechtsgestaltend ein (dazu u. II.). Gefordert ist hier aber auch der Gesetzgeber; denn das Gesetzesrecht sollte der gewöhnlichen Interessenlage der Beteiligten entsprechen.13 Die Länder haben das zum Teil erkannt und sehen im Gegensatz zum BGB (s. § 87 Abs. 3 BGB) vor, dass der Stifter bei Grundlagenänderungen anzuhören ist oder zustimmen muss. 3. Landesrechtliche Besonderheiten Gemeinsam ist den landesrechtlichen Vorschriften über eine Anhörung und Zustimmung des Stifters bei Grundlagenänderungen, dass sie nur zugunsten des „lebenden“ Stifters gegeben sind. Ohne einer rechtlichen Einordnung vorzugreifen, handelt es sich also zum einen um absolut höchstpersönliche „Rechte“, die nicht übertragbar oder vererblich sind. Zum anderen gelten sie ___________ 9 MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 18 f., 20 (a. E.), plädiert deswegen für eine analoge Anwendung der actio pro socio zugunsten des Stifters, seiner Erben sowie der Destinatäre, s. dazu schon o. § 11 bei Fn. 90, 91 und 108. 10 A. A. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 83. 11 S. o. § 8 A. 12 St. Rspr. und h. M., etwa BVerwG, StiftRspr. IV, S. 105; BVerwGE 99, 64; Eyermann/Happ, VwGO, § 43 Rdnr. 4; Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rdnr. 22, § 42 Rdnr. 38 m. zahlr. w. Nw. Ausführlich und kritisch hierzu Laubinger, VerwArch. 82 (1991), 459 ff. 13 Zutr. Hommelhoff, ZGR Sonderheft 13, 36, 55 f.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
nur zugunsten natürlicher Personen als Stifter.14 Ob diese Einschränkung mit Art. 3, 19 Abs. 3 GG vereinbar ist, soll hier offen bleiben. Unterschiede bestehen dagegen nicht nur hinsichtlich der Intensität der vorgesehenen Mitwirkung des Stifters, sondern auch hinsichtlich des Anknüpfungstatbestands: Eine Anhörung des Stifters (u. 3.a.) verlangen die Landesgesetze zumeist bei Grundlagenänderung durch die Behörde,15 seine Zustimmung dagegen bei Grundlagenänderung (u. 3.b.) durch die Stiftungsorgane16. a) Anhörungserfordernis bei Grundlagenänderungen Bei den landesrechtlichen Anhörungserfordernissen soll es sich nach verbreiteter Ansicht um legis specialis zu § 28 VwVfG (bzw. den entsprechenden Landesbestimmungen) handeln; denn der Stifter werde durch Grundlagenänderungen in seinen Rechten berührt und habe daher auch jenseits dieser Vorschriften ein Anhörungsrecht.17 Dem kann indes nicht zugestimmt werden. Das Bestehen eines Anhörungsrechts setzt nach § 28 Abs. 1 VwVfG einen möglichen Eingriff in subjektivöffentliche Rechte eines Beteiligten18 voraus.19 Das sind nach der ganz herrschenden sog. Schutznormlehre solche Rechte, die sich aus Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergeben, die nach einer nicht zuletzt an den Grundrechten des Betroffenen orientierten Auslegung zumindest auch dazu dienen, den Betroffenen zu begünstigen, und zwar mit der – für die Abgrenzung in Zweifelsfällen entscheidenden – Folge, dass sich der Betroffene auf ___________ 14 Lehmann, SHStiftG, § 5 Anm. 3.4. 15 Art. 15 Abs. 2 BayStiftG, §§ 9 Abs. 2 BreStiftG, 8 Abs. 2 NdsStiftG, 6 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 SHStiftG; eine Anhörung des Stifters bei Grundlagenänderungen durch die Stiftungsorgane schreiben §§ 10 Abs. 2 BbgStiftG, 7 Abs. 3 S. 2 HbgStiftG vor, im Falle qualifizierter Grundlagenänderungen auch §§ 5 Abs. 2 S. 2 NRWStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG. 16 §§ 8 Abs. 1 S. 3 BreStiftG, 11 Abs. 2 S. 2 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 2 NdsStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 5 Abs. 1 letzter Hs. SHStiftG, 21 Abs. 2 S. 1 ThStiftG; eine Zustimmung des Stifters bei Grundlagenänderungen durch die Behörde verlangt lediglich § 6 S. 2 Hs. 2 BWStiftG. 17 MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 20; Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 16; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 267; a. A. aber Hüttemann/ Rawert, ZIP 2002, 2019, 2027 (zu § 7 Abs. 3 ihres Musterentwurfes). 18 Der Stifter ist allenfalls Beteiligter i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 S. 1 VwVfG Im Gesellschaftsrecht sind die Gesellschafter bei einer Auflösung der Gesellschaft durch die Verwaltungsbehörde hingegen Beteiligte i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 S. 2 VwVfG Bd., statt anderer Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 62 Rdnr. 28. 19 Statt anderer Knack/Clausen, VwVfG, § 28 Rdnr. 5; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 28 Rdnr. 24, 28 jew. m. w. Nw.
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§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre
diese Begünstigung berufen und sie durchsetzen können soll.20 Die Individualbegünstigung muss also Zweck und darf nicht nur Reflex der Norm sein. Wie zuvor aufgezeigt wurde, ist eine solche Bestimmung zugunsten des Stifters indes nicht ersichtlich. Insbesondere greift eine Grundlagenänderung nicht in Grundrechte des Stifters ein. Und der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens wendet sich allein an die Stiftungsorgane und die Stiftungsaufsichtsbehörde. Er schützt nur die Stiftung, nicht den Stifter. Allein die Organe und die Behörde können ihn daher durchsetzen. Daraus folgt, dass die Anhörungserfordernisse nicht legis specialis zu § 28 VwVfG sind. Sie normieren kein Anhörungsrecht des Stifters, sondern in Abweichung von § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwVfG eine Anhörungspflicht der Behörde zur Ermittlung des Sachverhalts, nämlich des wahren Willen des Stifters (s. auch u. b.bb.). Die Anhörung des Stifters dient somit allein der Vorbereitung einer dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens entsprechenden Entscheidung. Sie begründet daher auch kein eigenständiges subjektives Verfahrensrecht.21 Wird die Anhörungspflicht missachtet, verstößt dies mithin lediglich gegen § 24 VwVfG. Ein solcher Verstoß aber führt nur dann zur Anfechtbarkeit des Verwaltungsakts durch die Stiftung (und nicht etwa den Stifter22), wenn das Ergebnis der behördlichen Ermittlung im Blick auf den Stifterwillen unzutreffend ist und daher die konkrete Möglichkeit besteht, dass bei Anhörung des Stifters die Entscheidung der Behörde anders ausgefallen wäre.23 Das aber bedeutet im Ergebnis, dass Verstöße gegen die Anhörungspflicht in der Regel unerheblich sind; denn entweder ist die Entscheidung der Behörde ohnehin anfechtbar, weil sie nicht dem Stifterwillen entspricht, oder sie wird dem Stifterwillen gerecht, dann aber ist die unterbliebene Anhörung gleichfalls ohne Bedeutung. Die Behörde kann sich daher auch über die Meinung des Stifters hinwegsetzen.24 Und der Stifter kann die fragliche Maßnahme nicht dadurch verhindern, dass er keine Stellungnahme abgibt.25 Die landesrechtlichen Anhörungsgebote stärken daher allenfalls faktisch, nicht aber rechtlich die Position des Stifters. ___________ 20 Statt anderer Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40 Rdnr. 133 f., § 50 Rdnr. 19 ff. m. umfänglichen weiteren Nw. 21 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 Rdnr. 141 ff. m. w. Nw. 22 Der Stifter wäre nur anfechtungsbefugt, wenn er in einem subjektiv-öffentlichen Recht betroffen wäre. Das wurde jedoch soeben verneint. 23 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 26 Rdnr. 19, § 24 Rdnr. 7, 58 m. w. Nw. 24 I. E. ebenso Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 3.d. 25 Voll/Störle, BayStiftG, Art. 15 Rdnr. 3.
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b) Zustimmungsrecht bei Grundlagenänderungen Gleichfalls ungeklärt ist, welche rechtliche Bedeutung den Zustimmungserfordernissen bei Grundlagenänderungen zukommt. Nach Ansicht des OVG Bremen handelt es sich um ein zusätzliches Genehmigungserfordernis, bei dem der aktuelle subjektive Stifterwille neben den in der Satzung festgehaltenen objektiven Stifterwillen tritt.26 Soweit sich in der Literatur Stellungnahmen finden, wird offenbar gleichfalls angenommen, dass der Stifter die Zustimmung nach Belieben erteilen oder verweigern kann.27 Drei Fragen sind zu unterscheiden: Erstens wie die Zustimmung rechtlich einzuordnen ist, zweitens aus welchen Gründen der Stifter sie verweigern darf und drittens, welche Rechtsschutzmöglichkeiten der Stifter hat, wenn seine Entscheidung übergangen wird. aa) Hinsichtlich der rechtlichen Einordnung kommen zwei Möglichkeiten in Betracht. Zum einen könnte es sich um eine verwaltungsverfahrensrechtliche Voraussetzung für den Erlass des die Grundlagenänderung betreffenden Verwaltungsakts, zum anderen um eine zivilrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung für die Grundlagenänderung handeln. Bei dem ersten, verwaltungsverfahrensrechtlichen Verständnis, das das OVG Bremen zu bevorzugen scheint, handelte es sich um eine öffentlich-rechtlich vorgeschriebene Mitwirkung eines Privaten an dem Erlass eines Verwaltungsakts,28 bei dem zweiten, zivilrechtlichen Verständnis, wie es in der Literatur vorzuherrschen scheint, um ein gesetzliches Vorzugsrecht des Stifters und weiteres Erfordernis in dem o. § 12 B.II.6.a. beschriebenen Sinne. Welches Verständnis vorzuziehen ist, ist nicht zuletzt im Blick auf die Rechtsfolgen zu entscheiden. Bei einem verwaltungsverfahrensrechtlichen Verständnis wäre die Genehmigung der Grundlagenänderung trotz fehlender Zustimmung des Stifters allenfalls anfechtbar, so dass beide gleichwohl wirksam würden, wenn die Genehmigung nicht erfolgreich angefochten wird. Bei einem zivilrechtlichen Verständnis wäre die Grundlagenänderung hingegen schwebend unwirksam, solange die Zustimmung nicht vorliegt und nichtig, wenn die Zustimmung wirksam verweigert wird. Bestünde eine Zustimmungspflicht des Stifters,29 so müsste die Stiftung die Zustimmung
___________ 26 27 28 29
OVG Bremen, StiftRspr. IV, S. 127, 130. Vgl. Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 3a.; Lehmann, SHStiftG, § 5 Anm. 3.4. Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 Rdnr. 149, 165 m. w. Nw. Zu entsprechenden Situationen im Gesellschaftsrecht s. etwa BGHZ 44, 40; 129, 136; BGH, NJW 1985, 974; für einen Überblick K. Schmidt, GR, S. 126 ff.
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§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre
womöglich erst auf dem Zivilrechtsweg erstreiten,30 bevor die Grundlagenänderung wirksam werden kann. Das würde selbst dann gelten, wenn die Zustimmung zu einer von der Behörde ausgehenden Grundlagenänderung in Frage steht. Für eine von zuständigen Stiftungsorganen beschlossene Grundlagenänderung bedeutete dies mithin, dass die Stiftung u. U. zwei Klagen anstrengen müsste, nämlich eine auf Zustimmung des Stifters und eine auf die Genehmigung der Behörde, wobei zudem über zweitere wohl erst nach rechtskräftiger Entscheidung über erstere entschieden werden könnte. Verweigert der Stifter dagegen bei einem verwaltungsverfahrensrechtlichen Verständnis seine Zustimmung zu Unrecht, so wäre die Behörde nicht gehindert, den Verwaltungsakt zu erlassen, so dass sie der Grundlagenänderung auf diese Weise ohne weiteres zur Wirksamkeit verhelfen könnte. Verweigert sie wegen der fehlenden Zustimmung des Stifters einer von den zuständigen Stiftungsorganen beschlossenen Grundlagenänderung ihre Genehmigung, so bräuchte die Stiftung lediglich Verpflichtungsklage zu erheben. Durch ein stattgebendes Urteil würde dann zugleich die Zustimmung des Stifters ersetzt, wenn er sie nicht hätte verweigern dürfen. Diese Rechtsfolgen31 sowie die Konzeption des Stiftungsrechts, das zwar den Stifterwillen für maßgeblich erklärt, dem Stifter aber keine organschaftlichen Mitverwaltungsrechte einräumt, sprechen für das verwaltungsverfahrensrechtliche Verständnis. bb) Die zweite Frage ist, ob die Zustimmung, wie Rechtsprechung und Literatur anzunehmen scheinen, im freien Belieben des Stifters steht oder ob er bei seiner Entscheidung, ebenso wie die Stiftungsorgane und die Stiftungsaufsichtsbehörde, an seinen objektiv-historischen Willen, wie er im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommt, gebunden ist. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens, der auch und gerade bei der Auslegung und Anwendung der Stiftungsgesetze zu beachten ist ___________ 30 Nach der Entscheidung BGH, NJW 1985, 974, hindert eine fehlende Zustimmung zwar die Wirksamkeit eines im Übrigen ordnungsgemäß gefassten Beschlusses nicht, wenn eine Zustimmungspflicht besteht. Und dies wäre auch vorliegend das richtige Ergebnis, s. o. § 12 B.II.6.a.ee. Die Entscheidung betrifft jedoch den Fall einer Publikumspersonengesellschaft. Es ist daher unsicher, ob sich die Genehmigungsbehörde bzw. ein Verwaltungsgericht diesem Verständnis anschließt. 31 Dass die Wirksamkeit einer Grundlagenänderung nicht von der Zustimmung des Stifters abhängen kann, wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass beispielsweise Bürgerstiftungen oft eine Vielzahl von Stiftern haben. Ist es schon schwierig genug, einen großen Personenkreis an dem Verwaltungsverfahren zu beteiligen (s. dazu Begr. RegE zu § 7 NdsStiftG, LT-Drs. 15/1129, S. 11), würden Grundlagenänderungen faktisch unmöglich, wenn jeder Stifter die Grundlagenänderung verhindern könnte.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
(s. o. § 7 E.), die systematische Stellung der Normen sowie die Konzeption des Stiftungsrechts als Ganzes, sprechen für Letzteres. Zu bedenken ist jedoch zweierlei: Zum einen begründet das Zustimmungsrecht kein Pflichtenverhältnis des Stifters zu der Stiftung in der Weise, dass der Stifter einer Grundlagenänderung widersprechen müsste, wenn sie seinem objektiv-historischen Willen widerspricht; denn das Zustimmungsrecht soll den Stifter ausschließlich begünstigen, nicht belasten. Zum anderen hat man sich vor Augen zu führen, dass Grundlagenänderungen bei der Stiftung regelmäßig voraussetzen, dass die Sachlage von den der Stiftungsverfassung zugrunde liegenden Annahmen des Stifters (mehr oder weniger stark, je nachdem ob es sich um eine einfache oder qualifizierte Grundlagenänderung handelt) abweicht (s. o. § 13 A.I.). Es geht also nach der gesetzlichen Regel um die Bewältigung einer von dem Stifter nicht vorhergesehenen oder falsch eingeschätzten Situation. Vor diesem Hintergrund wird man es als Sinn und Zweck des Zustimmungsrechts anzusehen haben, dem Stifter nicht nur ein Vetorecht einzuräumen, sondern ihm auch Gelegenheit zu geben, seinen historischen Willen sachgerecht zu präzisieren. Es liegt auf der Hand, dass ihm dabei ein weiter Ermessensspielraum zusteht. Dessen Grenzen sind jedoch dort überschritten, wo der Stifter seine Zustimmung aus Gründen verweigert, die seinem Willen, wie er im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung objektiv zum Ausdruck kommt, widersprechen. Insoweit ist er nach gesetzlicher Konzeption des Stiftungsrechts gebunden. Verweigert der Stifter aus Gründen, die seinem Willen, wie er im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung objektiv zum Ausdruck kommt, widersprechen, seine Zustimmung zu einer Grundlagenänderung, so ist diese Erklärung rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) und nichtig. Die Aufsichtsbehörde kann sich über sie hinwegsetzen und die Grundlagenänderung genehmigen, ganz ebenso wie wenn sich der Stifter trotz Aufforderung und Fristsetzung gar nicht erklärt (Verwirkungsgedanke, § 242 BGB). cc) Das führt zu der dritten Frage, nämlich ob der Stifter anfechtungsbefugt ist, wenn sich die Behörde über seine fehlende Zustimmung hinwegsetzt. Das würde nach § 42 Abs. 2 VwGO einen Eingriff in ein subjektiv-öffentliches Recht des Stifters voraussetzen. Oben (§ 13 II.2.e.) wurde indes aufgezeigt, dass Grundlagenänderungen regelmäßig nicht in subjektiv-öffentliche Rechte des Stifters einzugreifen geeignet sind. Überdies ist anerkannt, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften weder notwendigerweise die Fehlerhaftigkeit eines Verwaltungsakts begründen noch stets zu dessen Anfechtung berechtigen, vgl. §§ 45 f. VwVfG. Vielmehr begründen Verfahrensverstöße nur dann die Anfechtbarkeit eines Verwaltungsakts, wenn sie dem 454
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Schutz oder der Verwirklichung materiell-rechtlicher Rechtspositionen dienen, so dass infolge des Verstoßes deren Beeinträchtigung zu besorgen ist.32 Materiell-rechtlich stehen dem Stifter aber, wie gesagt, nach der gesetzlichen Regelverfassung keine Rechte zu, die durch eine Grundlagenänderung beeinträchtigt werden könnten. In Ausnahmefällen hat das Bundesverwaltungsgericht allerdings auch selbständige subjektive Verfahrensrechte anerkannt, wenn Sinn und Zweck der Verfahrensbeteiligung nur dann erreicht werden können, wenn die Beteiligung durch den Begünstigten auch durchgesetzt werden kann.33 Nun ist es gerade, wie aufgezeigt wurde, Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses, dem Stifter eine durchsetzbare Rechtsposition im Blick auf seinem (objektiv-historischen, nicht subjektiv-aktuellen) Willen widersprechende Grundlagenänderungen einzuräumen. Dafür spricht bereits der Wortlaut der Vorschriften („Zustimmung“). Die landesrechtlichen Zustimmungserfordernisse beinhalten also ein eigenständiges, subjektiv-öffentliches Verfahrensrecht, dessen Missachtung im Wege von Widerspruch und Anfechtungsklage verwaltungsrechtlich durchgesetzt werden kann.
II. Gestaltungsmöglichkeiten Angesichts der schwachen gesetzlichen Rechtsstellung des Stifters ist es anzuraten und in der Praxis verbreitet, dass sich Stifter einen stärkeren Einfluss auf die Stiftung sichern. Die rechtliche Zulässigkeit hierauf zielender Gestaltungsmaßnahmen ist im Grundsatz unstreitig.34 Dabei stehen dem Stifter alle in den vorangegangenen Kapiteln (§§ 10–15) aufgezeigten Möglichkeiten zur Verfügung. Dazu gehören:35 1. Mitverwaltungsrechte Zum einen kann sich der Stifter darauf beschränken, sich einzelne Mitverwaltungsrechte (z. B. Weisungs-, Zustimmungs-, Bestellungsrechte, Informations-, und/oder Abwehrrechte) vorzubehalten.36 Dabei handelt es sich im Zweifel um statutarische Vorzugsrechte, durch deren Einräumung er (außer ___________ 32 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 Rdnr. 144 f. m. w. Nw. 33 S. BVerwGE 87, 62, 71; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 Rdnr. 143 m. w. Nw. 34 S. nur OVG Münster, NVwZ 1996, 425, 426; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 84; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 5; Jeß, Verhältnis, S. 129 ff. 35 Vgl. auch die Rechtslage nach PSG, dazu E. Stern in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 261, 263 ff. 36 Statt anderer Jeß, Verhältnis, S. 131 f.
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bei bloßen Informationsrechten) zum Organ der Stiftung wird.37 Zum anderen kann er sich – und dies ist in der Praxis der am häufigsten beschrittene Weg – in der Stiftungssatzung zum Vorsitzenden des Vorstands oder eines Aufsichtsorgans bestellen. Auch hierbei wird er im Zweifel wollen, dass es sich um einen materiellen Satzungsbestandteil handelt, sein Amt also ein statutarisches Vorzugsrecht ist. Dabei kann er seinen Einfluss weiter dadurch verstärken, dass er weitere der erstgenannten Vorzugsrechte einräumt. Belässt der Stifter es bei der gesetzlichen Regelverfassung und bestellt er sich zum Alleinvorstand, hält er ohnehin alle Entscheidungsmacht in Händen. Hat die Stiftung mehrere Stifter, können sie eine Stifterversammlung etwa nach Vorbild der Mitgliederversammlung eines Vereins38 oder der Gesellschafterversammlung einer GmbH gleichsam als oberstes Stiftungsorgan statuieren.39 Gegen solche Gestaltungen wird freilich eingewandt, eine Fremdbestimmung der Stiftung müsse ausgeschlossen sein. Die Stiftung dürfe nicht als „verlängerter Arm“ des Stifters erscheinen. Das wäre mit der Eigenständigkeit der Stiftung als juristischer Person unvereinbar und würde deshalb einer Anerkennung der Stiftung entgegenstehen.40 Richtig daran ist, dass der Stifter als Mitglied eines Stiftungsorgans grundsätzlich ebenso wie jeder Dritte an die Verfassung der Stiftung und damit auch an seinen objektiv-historischen Willen gebunden ist.41 Darauf wird sogleich noch einmal zurückzukommen sein (u. II.3.). Freilich darf der Stifter im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens auch seinen subjektiv-aktuellen Willen zum Tragen bringen.42 Tatsächlich kann die Stiftung daher sehr wohl als „verlängerter Arm“ des Stifters erscheinen. In der Praxis ist das nicht eben selten und insoweit nicht zu beanstanden, als die Verfassung der Stiftung und damit auch der objektiv-historische Stifterwille nicht verletzt wird. Und mit der Eigenständigkeit der Stiftung als juristischer Person hat all dies schon gar nichts zu tun, dazu eingehend o. § 13 A.II.2.d. ___________ 37 38 39 40 41
S. o. § 9, § 11 A.VII., § 15 A.III. So beispielsweise im Falle der Bürgerstiftungen Dresden und Hannover. Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 86, sowie o. § 11 A.III. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 86; Jeß, Verhältnis, S. 76, 132. Wie hier Muscheler, ZSt 2003, 67, 77. Zu Recht betonen das auch MünchKomm/ Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 21; Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 5; s. ferner Liermann o. Fn. 5. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 102 wendet sich daher vor allem gegen die Befugnis einer solchen Stifterversammlung zu autonomen Grundlagenänderungen (dazu o. § 13 A.II.) und zu einer freien Abberufung der Vorstandsmitglieder (dazu o. § 14 bei Fn. 68). 42 Das erkennen auch MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 21, sowie Jeß, Verhältnis, S. 35, an. S. ferner o. § 11 A.III., V., VII.
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§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre
2. Vermögensrechte Ferner ist der Stifter nicht gehindert, sich Vermögensrechte einzuräumen. Die Gegenansicht, wonach sog. Stiftungen für den Stifter generell unzulässig seien, wurde oben (§ 5 C.III.) bereits widerlegt. Sie findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr steht es sogar der steuerlichen Gemeinnützigkeit nicht entgegen, wenn eine Stiftung bis zu einem Drittel ihrer Erträge zu einem angemessenen Unterhalt des Stifters verwendet, § 58 Nr. 5 AO43. Und § 25 Abs. 1 RPStiftG a. F. bestimmte den Stifter bei Fehlen anderweitiger Satzungsbestimmungen zum Anfallberechtigten. Der Stifter kann daher grundsätzlich vorsehen, dass die Stiftung ihre Erträge ganz oder zu einem bestimmten Teil an ihn auszuschütten hat, und er kann sich zum Anfallberechtigten einsetzen. Auch dabei handelt es sich um statutarische Vorzugsrechte. Von statutarischen Vermögensrechten zu unterscheiden sind schuldrechtliche Verbindlichkeiten oder dingliche Rechte, mit denen das Grundstockvermögen bereits zum Zeitpunkt seiner Übertragung belastet ist.44 Das ist bei Verbindlichkeiten und Rechten zugunsten Dritter eine pure Selbstverständlichkeit, gilt aber auch für Verbindlichkeiten und Rechte zugunsten des Stifters und seiner Angehörigen. Anstatt der Stiftung das Eigentum an Vermögensgegenständen zu übertragen, kann sich der Stifter im Stiftungsgeschäft auch darauf beschränken, ihr einen Nießbrauch einzuräumen. Oder umgekehrt: Er überträgt der Stiftung zwar das Eigentum, behält sich (und seinen Erben) aber einen Nießbrauch vor. Zu denken ist auch die Bestellung einer Reallast oder Rentenschuld etc. Dem Erfindungsreichtum sind lediglich zweierlei Schranken gesetzt: Zum einen sind selbstverständlich die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grenzen der Gestaltungsfreiheit einzuhalten (z. B. numerus clausus der Sachenrechte). Und zum anderen müssen, damit die Stiftung anerkennungsfähig ist, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel ausreichen, um eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks zu gewährleisten (s. o. § 6 B.II.2.).
___________ 43 Dabei sind Zahlungen auf solche Verbindlichkeiten nicht einzurechnen, mit denen das Grundstockvermögen bereits bei seiner Übertragung belastet war, BFHE 185, 54. Tatsächlich kann daher ein noch erheblich größerer Teil der Einkünfte der Stiftung steuerunschädlich an den Stifter oder seine Familie weitergereicht werden; näher zu § 58 Nr. 5 AO etwa Schauhoff, DB 1996, S. 1693 ff.; s. ferner Seifart/v. Campenhausen/ Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 106, 127; Weger/Weger in: Bertelsmann Handbuch, S. 797, 817. 44 Wie vor.
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3. Pflicht- und Vermögensbindung In der Literatur wird verbreitet hervorgehoben, dass der Stifter bei der Ausübung organschaftlicher Rechte gleich jedem anderen Organmitglied an die Verfassung der Stiftung und seinen objektiv-historischen Willen gebunden sei. Eine körperschaftsähnliche Willensbildung durch den Stifter als QuasiEinmann-Gesellschafter „seiner“ Stiftung sei unzulässig.45 Nach der gesetzlichen Ausgangslage ist das richtig (s. o. I.2.). Überdies sind Befugnisse betreffend die Geschäftsführung grundsätzlich fremdnützig und pflichtgebunden.46 Verletzt der Stifter als Mitglied eines Verwaltungsorgans (Vorstand, Aufsichtsrat) die Interessen der Stiftung, kann er daher ebenso wie jeder Dritte von den hierzu berufenen Stiftungsorganen abberufen und zum Schadensersatz herangezogen werden sowie von der Stiftungsaufsichtsbehörde zu einer ordnungsgemäßen Amtsführung angehalten und als ultima ratio abberufen werden.47 Allerdings darf der Stifter im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens, wie bereits erwähnt, auch seinen subjektivaktuellen Willen zum Tragen bringen. Zudem kann der Stifter insbesondere die Ausübung des Stimmrechts bei Grundlagenänderungen entgegen der herrschenden Meinung in sein freies Ermessen stellen. Das wurde oben (§ 13 A.II.3.) ausführlich begründet. Auf eben diesem Wege kann er überdies die stiftungstypische Vermögensbindung lockern. So kann er nicht nur bestimmte Aufhebungsgründe vorsehen, sondern die Aufhebung auch in sein freies Ermessen stellen (s. o. § 13 A.II.3. und u. § 26 A.II.3.b., III.3.). Denkbar erscheinen auch Bestimmungen, wonach der Stifter die Rückzahlung eines Teils des Grundstockvermögens verlangen kann, soweit hierdurch Gläubigerinteressen nicht beeinträchtigt werden (näher u. § 18 B.II.). Und schließlich kann das Grundstockvermögen, wie soeben (o. 2.) aufgezeigt wurde, bereits bei seiner Übertragung derart mit schuldrechtlichen Verpflichtungen oder dinglichen Rechten belastet werden, dass zumindest wirtschaftlich betrachtet keine endgültige Vermögenstrennung eintritt. Dabei ist die Ausübung von Vermögensrechten stets eigennützig. Insofern zieht allein die organschaftliche Treupflicht der Rechtsausübung eine Grenze. 4. Übertragbarkeit Hält man sich die Tragweite all dieser Gestaltungsmöglichkeiten vor Augen, so wird deutlich, dass das Gesetz den Stifter zwar grundsätzlich rechtlos ___________ 45 MünchKomm/Reuter, BGB3, § 85 Rdnr. 8; Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 5; Jeß, Verhältnis, S. 36 f., 40 f., 75 ff.; s. auch Liermann o. Fn. 5. 46 S. o. § 15 B.IV. 47 Zutr. MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 21.
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stellt, er es aber in der Hand hat, durch entsprechende Gestaltung der Stiftungssatzung selbst Vorsorge zu treffen. Dabei erlaubt es ihm die Gestaltungsfreiheit, sich eine mitgliedschaftsähnliche Rechtsposition zu schaffen, und zwar sowohl was die Mitverwaltungs- als auch was die Vermögensrechte anbelangt. Das lässt die Frage entstehen, inwieweit diese Rechte bzw. das ihnen zugrunde liegende Rechtsverhältnis übertragbar und vererblich sind. Insoweit ist zu unterscheiden. Die gesetzlichen Anhörungs- und Zustimmungsrechte sind absolut höchstpersönlicher Natur und sind daher weder übertragbar noch vererblich. Im Übrigen gilt das oben (§ 14 G., H.) Gesagte.
B. Die Rechtsstellung der Destinatäre I. Begriff und Auswahl der Destinatäre Destinatär der Stiftung ist, wer nach der Stiftungssatzung, insbesondere nach dem Stiftungszweck, Begünstigter von Stiftungsleistungen ist bzw. sein kann.48 Dabei kann es sich um namentlich benannte Personen, fest umrissene Personengruppen oder bestimmte Institutionen handeln. Vielfach ist der Kreis der Begünstigten jedoch weder derart genau noch abschließend umschrieben. Festgelegt werden vielmehr oft nur Zwecke, Vorhaben und dergleichen mehr, für die die Stiftung Leistungen erbringen soll. Innerhalb dieses Rahmens kann dann jedermann oder auch niemand Begünstigter sein. Die Stiftung muss also weder bestimmte noch überhaupt Destinatäre, sondern nur eine Destination haben.49 In den Grenzen des § 80 Abs. 2 BGB unterliegt der Stifter bei der Bestimmung der Destinatäre somit keinerlei Beschränkungen.50 Destinatäre können insbesondere sein: der Stifter selbst,51 seine Angehörigen bzw. Nachkommen,52 ein von der Stiftung getragenes Unternehmen oder eine das Unternehmen tragende Gesellschaft53 oder die ___________ 48 Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 111; Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 21: „Personen, denen die Leistungen der Stiftung zugute kommen“. S. ferner mit Unterscheidungen zwischen direkten und indirekten Destinatären, Frucht- und Gebrauchsdestinatären, Primär- und Reflexdestinatären, Individual- und Publikumsdestinatären, Zweck- und Vorbehaltsdestinatären, Organ- und Externdestinatären, Aktual- und Potentialdestinatären Muscheler, WM 2003, 2213. 49 Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 20 f.; Kronke, Stiftungstypus, S. 139. 50 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 133. 51 Zur Zulässigkeit einer Stiftung für den Stifter s. o. § 5 C.III. 52 Zur Zulässigkeit von Familienstiftungen s. o. § 5 C.II. 53 Zur Zulässigkeit von Unternehmensstiftungen im Allgemeinen o. § 5 C.IV. und von sog. Unternehmensselbstzweckstiftungen im Besonderen o. § 5 C.VI.
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Arbeitnehmer des Unternehmens, ein sonstiger Verband oder dessen Mitglieder,54 Mitglieder von Stiftungsorganen55 sowie sonstige bestimmte oder nach bestimmten Merkmalen bestimmte Personen (z. B. Künstler, Arme, Kranke, Alte) oder Organisationen.56 Dabei ist ein privater Stifter in den Grenzen des § 138 BGB nicht an das Gleichbehandlungsgebot gebunden, darf also Personen nicht nur wegen ihres Geschlechts, ihrer Abstammung, ihrer Rasse, Sprache, Heimat oder Herkunft, religiösen oder politischen Anschauung begünstigen,57 sondern auch benachteiligen.58
II. Rechte der Destinatäre Die §§ 80 ff. BGB a. F. enthielten bewusst59 keine Bestimmungen über die Rechtsstellung der Destinatäre. Daran hat auch der Modernisierungsgesetzgeber nichts geändert. Dagegen räumte das preußische Landesrecht den Destinatären von Familienstiftungen Mitverwaltungsrechte ein.60 Eine dahingehende Bestimmung enthält heute (nur) noch § 10 Abs. 3 S. 2 und 3 BlnStiftG, wonach die dem zuständigen Stiftungsorgan bekannten Familienmitglieder bei Grundlagenänderungen anzuhören sind, wenn hierfür nicht ohnehin eine Familienversammlung als Stiftungsorgan zuständig ist oder die Aufsichtsbehörde eine Anhörung ausnahmsweise für entbehrlich hält. Auch hierbei handelt es sich freilich – wie sich aus der zuletzt genannten Einschränkung ergibt – nicht um ein organschaftliches Mitverwaltungsrecht der Familienmitglieder, sondern lediglich um eine öffentlich-rechtliche Ge___________ 54 55 56 57
Vgl. u. § 29 A.V. S. o. § 15 A.II.3. Ebenso Kronke, Stiftungstypus, S. 140 m. w. Nw. Ist der Stifter eine juristische Person des öffentlichen Rechts, hat er Art. 3 GG zu beachten, Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 134; BayVGH, StiftRspr. II, S. 2 ff. behandelt einen Grenzfall. Das schließt zwar nicht die Errichtung einer Stiftung aus, deren Zweck gerade auf die Förderung einer nach Geschlecht, Abstammung, Rasse usw. bestimmten Personengruppe gerichtet ist, wohl aber eine nach diesen Kriterien differenzierende Benachteiligung, vgl. etwa Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rdnr. 13. 58 Vgl. BGH, StiftRspr. III, S. 89, 95 f., sowie BayVGH, StiftRspr. II, S. 2, 15; aus der Lit. statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 29; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 134; Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 6; Erman/O. Werner, BGB, § 85 Rdnr. 6; Fritsche, ZSt 2003, 113, 115, sowie allg. Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rdnr. 4 ff. 59 S. Mugdan, Materialien I, S. 664 f. 60 Vgl. Art. 2 PrAGBGB (u. dazu o. § 13 bei Fn. 90).
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nehmigungsvoraussetzung.61 Und auch sonst stehen den Destinatären – wenn die Satzung nichts anderes bestimmt (u. IV.) – weder Vermögens- noch Mitverwaltungs-, Kontroll- oder Abwehrrechte zu. Insbesondere62 haben sie von Gesetzes wegen keinen Anspruch auf Stiftungsleistungen. Deren Gewährung steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane.63 Ihr Auswahlermessen kann sich allerdings auf Null reduzieren, nämlich wenn die Destinatäre in der Stiftungssatzung namentlich benannt oder sonst derart genau bezeichnet sind, dass den Stiftungsorganen keine Wahl bleibt.64 Das Handlungsermessen der zuständigen Stiftungsorgane vor allem hinsichtlich der Zeit und der Höhe der Leistung bleibt hiervon freilich unberührt, wenn es nicht aufgrund der Satzung ebenfalls eingeschränkt ist.65 Dabei ist die Leistungspflicht der Stiftung in jedem Fall der Höhe nach durch die verfügbaren Mittel begrenzt.66 Insofern sind Ansprüche von Destinatären – ebenso wie mitgliedschaftliche Ansprüche – gegenüber Ansprüchen von anderen Stiftungsgläubigern nachrangig.67 Einschränkungen des (Auswahl- und Handlungs-) ___________ 61 Seine Verletzung berührt daher die zivilrechtliche Wirksamkeit der Grundlagenänderung nicht, sondern stellt lediglich einen Versagungsgrund dar. Hieraus folgt zugleich, dass es sich – anders als bei dem Zustimmungsrecht des Stifters – auch nicht um ein subjektiv-öffentliches Verfahrensrecht handelt. Die Familienmitglieder können daher aus § 10 Abs. 3 BlnStiftG keinen Anspruch auf Anhörung ableiten. 62 Zur Rechtsstellung der Destinatäre in der Gründungsphase einer Stiftung eingehend Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 49 ff. 63 Muscheler, WM 2003, 2213, 2220, meint, die Auswahl stünde im freien Ermessen der Stiftungsorgane und begründet dies mit der mangelnden Anwendbarkeit der §§ 315 ff. BGB. Die – zutreffende – Unanwendbarkeit dieser Vorschriften ändert jedoch nichts daran, dass die Stiftungsorgane bei ihrer Entscheidung pflichtgebunden sind, nämlich insbesondere an den in der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommenden Stifterwillen. 64 S. zum Vorstehenden BGH, StiftRspr I, S. 33; StiftRspr. IV, S. 58, 62 f.; auch OLG Frankfurt, StiftRspr. IV, S. 46, 47; OLG Hamm, StiftRspr. IV, S. 168 f.; Seifart/ v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 141 f.; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 13; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 81 Rdnr. 5; Ebersbach, Handbuch, S. 112; Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 93 ff. m. w. Nw. auch zur älteren Rechtsprechung. 65 S. hierzu auch BFH, StiftRspr. II, 142, 144; FG Hamburg, StiftRspr. II, 72, 74, und dazu Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 104 ff. 66 Statt anderer Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 147; Fritsche, ZSt 2003, 113, 114 m. w. Nw.; vgl. ferner OVG Hamburg, StiftRspr. II, S. 160, 161; OLG Hamm, StiftRspr. IV, S. 66, 71; näher u. § 17 C. 67 MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 26; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 147; Fritsche, ZSt 2003, 113, 114; Ebersbach, Handbuch, S. 113 m. w. Nw. zur älteren Literatur; näher unten § 24 D. Nach Muscheler, WM 2003, 2213, 2217, soll dies allerdings anders sein, wenn bereits fällige Forderungen von Destinatären in Frage stehen. Diese Differenzierung ist jedoch abzulehnen. Anders gewendet stehen Leistungen an Destinatären stets unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit der Stiftung.
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Ermessens der Stiftungsorgane bei der Vergabe von Stiftungsleistungen können sich in Ausnahmefällen schließlich aus dem Gleichbehandlungsgebot ergeben.68 Zudem kann die Ermessensentscheidung u. U. gerichtlich auf ihre Vereinbarkeit mit der Stiftungssatzung überprüft werden.69 Haben die Destinatäre einen Anspruch auf Stiftungsleistungen, dann haben sie überdies nach § 242 BGB i. V. m. §§ 259 f. BGB einen Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung.70 Ist das Auswahlermessen nicht auf Null reduziert, erlangen Destinatäre allenfalls mit der Zusage der Stiftungsleistung durch das zuständige Organ einen Rechtsanspruch auf die Leistung.71 Alleiniger Rechtsgrund für Leistungen an Destinatäre ist dabei die Stiftungsverfassung. Das ist heute72 weitgehend unstreitig.73 Das gilt unabhängig davon, ob den Destinatären aus der Stiftungsverfassung unmittelbar selbst Ansprüche zustehen, die Stiftungsverfassung ihnen also statutarische Vermögensrechte einräumt, ob sie erst durch Beschluss der zuständigen Stiftungsorgane einen Anspruch erwerben oder ob ein Anspruchserwerb ganz ausgeschlossen ist, die Leistung also nicht in Erfüllung eines zuvor begründeten Anspruchs, sondern allein in Erfüllung des Stiftungszwecks erfolgt. Leistungen an Destinatäre erfolgen daher rechtsgrundlos und sind gemäß §§ 812 ff. BGB zurückzuerstatten, wenn und soweit sie nach der Stiftungsverfassung nicht gewährt werden durften, sei es, weil der Leistungs___________ 68 Näher dazu u. § 30 B.I.2. 69 OLG Hamm, NJW-RR 1992, 451; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 85 Rdnr. 5. 70 Vgl. BGH, NJW 1986, 1244, 1245; NJW-RR 1987, 1521; NJW 1986, 1755; ferner Hans. OLG, StiftRspr. III, 106 ff. und dazu treffend Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 120 ff.; auch MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 28; Muscheler, WM 2003, 2213, 2217. 71 Es kann aber auch das Entstehen jeglichen Rechtsanspruchs ausgeschlossen werden, BGH, StiftRspr. I, S. 33 ff.; BayVGH, StiftRspr. I, S. 90, 92. 72 Zu älteren Ansichten s. m. Nw. Ebersbach, Handbuch, S. 112. 73 Insbesondere ist unbestritten, dass es sich nicht um Schenkungen handelt, BGH, StiftRspr. I, S. 33 f.; s. auch BayVGH, StiftRspr. I, S. 90, 92; aus der Literatur Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 16; Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 17; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 138 ff.; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 85 Rdnr. 6; Palandt/Heinrichs, BGB, § 85 Rdnr. 4; Ebersbach, Handbuch, S. 112, näher mit differenzierenden und zum Teil abweichenden Ansichten Muscheler, WM 2003, 2213, 2214 ff., 2216 ff., 2221. Dabei werden die Leistungsansprüche teilweise als mitgliedschaftlich oder mitgliedschaftsähnlich bezeichnet (so insbesondere Erman/O. Werner, BGB, § 85 Rdnr. 7; Erman/H.P. Westermann, BGB10, § 85 Rdnr. 3; RGRK/Steffen, BGB, § 85 Rdnr. 6), teilweise eher schuldrechtlich eingeordnet (so MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 25, Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 110 ff.; Fritsche, ZSt 2003, 113, 114).
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empfänger nicht die satzungsmäßigen Voraussetzungen für den Erhalt der Leistung erfüllt, sei es, weil die Stiftung die Leistung nicht in der erbrachten Höhe auskehren durfte.74 Räumt die Satzung den Destinatären Vermögensrechte ein, so handelt es sich hierbei im Zweifel um statutarische Vorzugsrechte, die nicht selten höchstpersönlicher Natur sind.75 Außerhalb derartiger Leistungsbeziehungen besteht zwischen der Stiftung und ihren Destinatären regelmäßig kein Rechtsverhältnis. Dementsprechend schwach ist ihre Rechtsstellung gegen Beeinträchtigungen geschützt.
III. Schutz der Destinatäre Die Frage stellt sich vornehmlich bei Grundlagenänderungen. Im Blick hierauf bestimmt § 87 Abs. 2 S. 1 BGB lediglich, dass bei einer nach Absatz 1 dieser Vorschrift notwendigen Zweckänderung dafür Sorge getragen werden soll, dass die Erträge des Stiftungsvermögens weiterhin demjenigen Personenkreis erhalten bleiben, dem sie nach dem Willen des Stifters zustatten kommen sollten. Die Vorschrift ist Ausdruck des Grundsatzes der Maßgeblichkeit des Stifterwillens (s. o. A.I.1.). Sie gilt daher und erst recht für Grundlagenänderungen, die den Zweck der Stiftung nicht berühren. Einige Landesgesetze halten dies ausdrücklich fest. Danach darf durch Grundlagenänderungen nicht in die Rechte von Destinatären eingegriffen werden,76 wenn nicht die Satzung etwas anderes bestimmt. Letzteres ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Vorschriften, wohl aber aus ihrer systematischen Stellung sowie ihrem Sinn und Zweck; denn sie sollen die Beachtung des Stifterwillens bei Grundlagenänderungen in einer zentralen Frage sicherstellen, nicht aber den Schutz der Destinatäre dem Willen des Stifters überordnen. Die Bedeutung dieser Vorschriften ist allein schon deswegen gering, weil Destinatären für gewöhnlich keine Rechte zustehen, in die durch Grundlagenänderung eingegriffen werden könnte, s. o. II. Bedeutung erlangen sie daher nur, wenn den Destinatären in der Stiftungssatzung Rechte eingeräumt sind (in die durch eine Satzungsänderung einzugreifen den zuständigen Stiftungsorganen nach der Stiftungssatzung nicht ausdrücklich gestattet ist). In diesem Fall wird sich ein Eingriff in Destinatärsrechte jedoch regelmäßig ___________ 74 Näher u. § 24 D. 75 S. o. § 14 G., § 15 A.III. 76 §§ 11 Abs. 2 S. 3 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 3 NdsStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 SaStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 SAStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 ThStiftG.
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allein schon deswegen verbieten, weil es sich im Zweifel um wesentliche Satzungsbestandteile handelt, die nur unter den für qualifizierte Grundlagenänderungen geltenden Voraussetzungen77 geändert werden können. Somit verbleiben nur solche Fälle, in denen ein Eingriff in Destinatärsrechte aufgrund einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse geboten erscheint. Ist aber eine Satzungsänderung aufgrund einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse geboten, so würde es dem Stifterwillen widersprechen, sie nicht durchzuführen. Im Blick hierauf sind die genannten Vorschriften teleologisch zu reduzieren. Ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt ihnen somit nicht. Sie haben mithin nur klarstellende Bedeutung. Grundlagenänderungen, die dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens widersprechen, sind nichtig und dementsprechend nicht genehmigungsfähig.78 Werden sie gleichwohl genehmigt, vermag dies ihre zivilrechtliche Unwirksamkeit nicht zu heilen.79 Vielmehr ist die Genehmigung rechtswidrig und somit grundsätzlich anfechtbar. Gleichwohl kommt eine Anfechtung der Genehmigung nicht in Betracht;80 denn nach § 42 Abs. 2 VwGO muss der Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Durch die Genehmigung einer nichtigen Grundlagenänderung wird jedoch niemand in seinen Rechten verletzt, da diese jene eben nicht zu heilen vermag.81 Vielmehr geht die Genehmigung gleichsam ins Leere.82 Die Nichtigkeit der Grundlagenänderung hindert freilich nicht ihren faktischen Vollzug.83 Einen Anspruch auf Einschreiten der Stiftungsaufsichtsbehörde bzw. auf Rücknahme oder Widerruf der Genehmigung haben die Destinatäre jedoch nicht; denn die Stiftungsaufsicht dient, wie verschiedentlich betont, allein dem Interesse der Stiftung und der Allgemeinheit, nicht ___________ 77 S. o. § 13 A.I.2.b. 78 S. o. § 13 B. 79 VGH Mannheim, StiftRspr. IV, S. 5, 6; KG, StiftRspr. I, S. 163, 168; s. ferner BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160. 80 Die gegenteilige Ansicht von KG, StiftRspr. I, S. 163, 168, ist überholt. 81 Vgl. außer den vorgenannten Entscheidungen BGH, WM 1976, 869, 871 (= StiftRspr. III, S. 1); aus der Lit. statt anderer Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 137 ff., 140; Seifart/ v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 148; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 19 m. w. Nw. 82 Entgegen MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 28, gilt dies auch im Falle einer Aufhebung oder Zusammenlegung von Stiftungen; im Ergebnis wie hier Muscheler, WM 2003, 2213, 2218. 83 S. auch o. § 12 bei Fn. 148.
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Individualinteressen.84 Der Verwaltungsrechtsweg scheidet damit grundsätzlich85 aus – ein Ergebnis, dass dem Subsidiaritätsgrundsatz entspricht.86 Zivilrechtlich wirkt die Nichtigkeit für und gegen alle. Sie kann daher von jedermann, jederzeit, auf jede Weise geltend gemacht werden und ist im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen.87 Für die Erhebung einer Nichtigkeitsfeststellungsklage müssen allerdings neben den allgemeinen die besonderen Prozessvoraussetzungen des § 256 ZPO vorliegen. Streitgegenstand muss daher das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein, an dessen Feststellung der Kläger ein rechtliches Interesse hat. Zum Teil wird insofern die Ansicht vertreten, dass das streitige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bestehen müsste.88 Dem ist ausweislich des Wortlauts von § 256 ZPO nicht zu folgen. Vielmehr kann auch ein Drittrechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein.89 Ein rechtliches Interesse an der Feststellung eines Drittrechtsverhältnisses hat der Kläger indes nur, wenn dieses für ein (bestehendes bzw. behauptetes) Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits von Bedeutung ist. An einem Feststellungsinteresse fehlt es daher immer schon dann, wenn zwischen den Parteien kein Rechtsverhältnis besteht.90 Auch der Zivilrechtsweg ist Destinatären daher für gewöhnlich verschlossen;91 denn zwischen ihnen und der Stiftung besteht, wie aufgezeigt wurde, in der Regel kein Rechtsverhältnis. ___________ 84 Allg. M., s. insbes. OVG Lüneburg, StiftRspr. IV, S. 8 ff.; bestätigt durch BVerwG, StiftRspr. IV, S. 27 ff.; ferner BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff.; VGH Mannheim, StiftRspr. S. 5 ff.; OVG Berlin, StiftRspr. III, S. 152 ff.; aus der Lit. Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 156 ff.; Andrick in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 281, 292, 298 f.; Ebersbach, Handbuch, S. 95 f.; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 148; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 19 m. w. Nw.; s. auch o. § 8 A. 85 Anders ist dies nur im seltenen Fall einer Grundlagenänderungen durch die Behörde zu beurteilen, s. dazu Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 142 ff., 155. 86 S. o. § 8 C.; § 11 C.II. 87 S. nur BGHZ 107, 268, 270 m. w. Nw. 88 Zöller/Greger, ZPO, § 256 Rdnr. 3b m. w. Nw. 89 St. Rspr., z. B. BGHZ 83, 122, 125 f.; BGH, WM 1990, 2128, 2130; NJW 1993, 2539, 2540; aus der Lit. zust. etwa Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 256 Rdnr. 27 f. 90 Daher fehlt beispielsweise das erforderliche Feststellungsinteresse für die Klage eines Gesellschafters gegen einen Dritten auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages zwischen der Gesellschaft und dem Dritten, vgl. BGH, NJW 1994, 459. 91 Vgl. BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff.; OVG Lüneburg, StiftRspr. IV, S. 8 ff., bestätigt durch BVerwG, StiftRspr. IV, S. 27 ff. S. ferner OLG Schleswig, StiftRspr. III, S. 136 f.; OVG Berlin, StiftRspr. III, S. 152 ff. sowie KG, StiftRspr. I, S. 163 ff. einerseits und KG, StiftRspr. II, S. 68 ff. andererseits.
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Gegen sie benachteiligende Grundlagenänderungen können Destinatäre daher nur einschreiten, wenn das Stiftungsgeschäft oder die Stiftungssatzung dies vorsieht oder ihnen darin Rechte eingeräumt sind, in die durch die Grundlagenänderung eingegriffen wird.92 Andernfalls haben sie – ebenso wenig wie der Stifter (s. o. A.I.2.) – irgendeine Möglichkeit, gegen rechtswidrige Maßnahmen der Stiftungsorgane gerichtlich vorzugehen. Auch stehen ihnen i. d. R. keine Schadensersatzansprüche gegen schuldhaft pflichtwidrig handelnde Stiftungsorgane zu, da diesen Pflichten nur gegenüber der Stiftung, nicht gegenüber den Destinatären obliegen.93 Das kann im Einzelfall zu höchst unbefriedigenden Ergebnissen führen,94 ist aber im Ergebnis gleichwohl richtig. Das wird deutlich bei Stiftungen mit einem weiten Destinatärskreis (etwa junge Künstler, geistig Behinderte etc). Im Übrigen hat es der Stifter bei der Satzungsgestaltung in der Hand, die Rechtsstellung der Destinatäre zu stärken.
IV. Gestaltungsmöglichkeiten Eine Stärkung der Rechtsstellung der Destinatäre gegenüber dem gesetzlichen Regelungsmodell kommt nur in Betracht, wenn es sich um einen bestimmten oder genau bestimmbaren Personenkreis handelt (z. B. die Nachkommen des Stifters, die Arbeitnehmer eines Unternehmens95). Dabei stehen dem Stifter gleichfalls alle oben herausgearbeiteten Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Von ihnen wird in der Praxis vielfach Gebrauch gemacht. Bei Familien- und sonstigen privatnützigen Stiftungen unterstellen die meisten Landesstiftungsgesetze sogar das Vorhandensein einer ausreichenden stiftungsinternen Kontrolle.96 Dementsprechend ist zuvörderst an die Statuierung von Mitverwaltungsrechten zugunsten der Destinatäre zu denken.
___________ 92 S. BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff.; BAG, StiftRspr. IV, S. 108 ff.; OLG Koblenz, NZG 2002, 135; aus der Lit. Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 140 f. 93 Zutr. Muscheler, WM 2003, 2213, 2218. 94 Vgl. den Fall OVG Lüneburg, StiftRspr, IV, S. 8 ff.; bestätigt durch BVerwG, StiftRspr. IV, S. 27 ff.; BGH, StiftRspr. IV, S. 58 ff. 95 Vgl. BAG, StiftRspr. IV, S. 108 ff. m. Anm. Kronke, sowie ders., Stiftungstypus, S. 140 f. 96 S. o. § 8 E. m. Nw.
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§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre
1. Mitverwaltungsrechte Insofern kann sich der Stifter einerseits darauf beschränken, Destinatären einzelne Mitverwaltungsrechte, insbesondere Informations-97 und/oder Abwehrrechte98 einzuräumen. Dabei ist auf die genaue Formulierung zu achten, da die Gerichte teilweise zu einer engen Auslegung neigen. Andererseits kann der Stifter Destinatäre aber auch zu Mitgliedern des Vorstands oder eines Aufsichtsorgans berufen99 oder sogar nach Vorbild der Mitgliederversammlung eines Vereins oder der Gesellschafterversammlung einer GmbH eine Destinatärsversammlung einrichten.100. Bei derartigen Gestaltungen ist im Zweifel anzunehmen, dass die Betreffenden ein Anwartschaftsrecht auf Mitgliedschaft in dem betreffenden Organ erwerben,101 so dass ihre Bestellung – soweit nach der Satzung keine weiteren Voraussetzungen bestehen – allein noch von der (konkludenten) Erklärung ihres Einverständnisses abhängt. Zudem handelt es sich um ein statutarisches Vorzugsrecht, so dass sie hernach nur noch aus wichtigem Grund102 abberufen werden können.103 Werden Mitverwaltungsrechte von Destinatären beeinträchtigt, stehen ihnen die oben (§ 15 A.V.) aufgezeigten Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung. Insbesondere können sie sich gegen Grundlagenänderungen, die in ihre Rechte eingreifen, mit einer Nichtigkeitsfeststellungsklage zur Wehr setzen.104 Nicht ganz unproblematisch ist es allerdings, wenn den Destinatären unmittelbarer oder mittelbarer Einfluss auf die Höhe der ihnen zu erbringenden Stiftungsleistungen eingeräumt wird; denn in diesem Fall scheint die Gefahr zu bestehen, dass sie die Stiftung „ausplündern“. Dem zieht jedoch das stif___________ 97 Das ist zur Klarstellung auch dann zu empfehlen, wenn die Destinatäre ohnehin einen Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung aus § 242 i. V. m. §§ 259 f. BGB haben, dazu o. bei Fn. 70. 98 Vgl. OLG Hamburg, StiftRspr. III, S. 106 ff.; OLG Hamburg, ZIP 1994, 1950 ff. OLG Stuttgart, Urteil vom 19.12.2001, Az. 4 U 147/00; OLG Stuttgart, Urteil vom 27.6.2003, Az. 5 U 162/2002 (beide zu der Carl-Zeiss-Stiftung). 99 Vgl. OLG Hamm, ZIP 1994, 1950 ff. m. Anm. Rawert; OLG Koblenz, NZG 2002, 135; LG Mainz, NZG 2002, 738 (beide zu Eckes); Kronke, Stiftungstypus, S. 140. 100 Ebenso OLG Hamm, StiftRspr. IV, S. 168; MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 22; Kronke, Stiftungstypus, S. 140 (s. auch S. 144 f.); Wernicke, ZEV 2003, 301, 304 f.; Hoppe, abhängige Stiftung, S. 78 ff. Nicht haltbar sind die Ausführungen von Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 126 ff. 101 Vgl. KG, StiftRspr. I, S. 163 ff.; StiftRspr. II, S. 68 ff.; BGH, WM 1976, 869 (= StiftRspr. III, S. 1); Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 22; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 129. 102 Vgl. BGH, StiftRspr. III, S. 5, 8. 103 S. o. § 14 B.III. 104 OLG Hamburg, ZIP 1994, 1950 ff.; s. auch OLG Koblenz, NZG 2002, 135.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
tungsrechtliche Ausschüttungsverbot Grenzen, näher dazu u. § 17 C.I.3. Dagegen verstoßende Leistungen sind gemäß §§ 812 ff. BGB zurückzugewähren, näher u. § 24 D. 2. Vermögensrechte Im Blick auf die den Destinatären zu erbringenden Leistungen kann der Stifter sowohl das Auswahl- als auch das Handlungsermessen der zuständigen Stiftungsorgane einschränken oder ganz ausschließen und den Destinatären statutarische Vermögensrechte einräumen.105 Ferner kann er bestimmen, dass die Destinatäre anfallsberechtigt sind. Hiervon zu unterscheiden sind schuldrechtliche Verbindlichkeiten oder dingliche Rechte, mit denen das Grundstockvermögen bereits zum Zeitpunkt seiner Übertragung belastet ist (s. o. A.II.2. a. E.). Solche Belastungen können auch zugunsten von Destinatären bestehen und im Blick auf § 58 Nr. 5 AO106 sinnvoll sein. Sind den Destinatären Vermögensrechte eingeräumt und werden sie durch die Stiftungsorgane verletzt, so können sie entsprechend den oben aufgezeigten Grundsätzen den Zivilrechtsweg beschreiten und gegen die Stiftung auf Leistung107 oder – im Falle von Grundlagenänderungen, durch die ihre Rechte beeinträchtigt werden – auf Feststellung der Nichtigkeit klagen. Zudem können sie einen durch Pflichtverletzungen der Stiftungsorgane der Stiftung entstandenen Schaden zumindest dann im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen, wenn ihnen auch Mitverwaltungsrechte eingeräumt sind.108 Einen eigenen Schadensersatzanspruch haben sie hinge___________ 105 Ganz. h. M., aus der Rspr.: BGH, StiftRspr. I, S. 33; OLG Hamm, StiftRspr. IV, S. 168; aus der Lit.: Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 137; Soergel/ Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 13; Erman/O. Werner, BGB, § 85 Rdnr. 6; Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 96 ff.; Muscheler, ZSt 2003, 67, 78; im Grundsatz ebenso, aber mit Einschränkungen Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 12 f.; kritisch aber MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 24, dessen Kritik bei Beachtung der hier aufgestellten Grundsätze jedoch ins Leere geht. Zur Zulässigkeit von Familien- und Unterhaltsstiftungen, s. o. § 5.C.II. 106 Vgl. BFHE 185, 54. 107 Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 113 ff. Eine Selbstverständlichkeit ist, dass sie sich ihr Recht nicht selbst verschaffen dürfen, s. LG Köln, StiftRspr. IV, S. 25. 108 RG, JW 1909, 160; Ebersbach, Handbuch, S. 111 f.; RGRK/Steffen, BGB, § 85 Rdnr. 5; Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 15; s. ferner o. § 11 C.III.1.c; a. A. die heute überwiegende Ansicht, insbes. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 154; Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 21; Jeß, Verhältnis, S. 146 ff.; Mestmäcker, Verhandlungen 44. DJT, S. 5, 26 f.
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§ 16 Die Rechtsstellung des Stifters und der Destinatäre
gen nicht.109 Auch haben sie aus den oben genannten Gründen weder einen Anspruch auf Einschreiten der Stiftungsaufsichtsbehörde, noch können sie die Genehmigung einer Grundlagenänderung anfechten, durch die ihre Rechte beeinträchtigt werden. Dementsprechend kommen auch Ansprüche aus Art. 34 GG, § 839 BGB oder aus Art. 14 Abs. 3 GG grundsätzlich nicht in Betracht.110 Greift aber ein Verwaltungsakt der Behörde unmittelbar in ihre Rechte ein (Beispiel: Grundlagenänderung durch die Behörde), so wären sie nach § 42 Abs. 2 VwGO anfechtungsbefugt.111 3. Mitgliedschaftsähnliche Rechtsstellung Organschaftliche Befugnisse, die die Geschäftsführung betreffen, sind, wie ausgeführt wurde (o. § 15 B.IV.), grundsätzlich fremdnützig und pflichtgebunden. Im Rahmen dieser Pflichtbindung kann allerdings die Berücksichtigung von Eigeninteressen zugelassen werden. Insbesondere die Ausübung des Stimmrechts bei Grundlagenänderungen, kann der Stifter jedoch in das freie Ermessen der Destinatäre stellen (s. o. § 13 A.II.3., 4.). Und Vermögensrechte sind ohnehin eigennütziger Natur. Bei Ausreizung aller Gestaltungsmöglichkeiten kann der Stifter den Destinatären daher sogar eine mitgliedschaftsähnliche Rechtsstellung einräumen.112
C. Zusammenfassung Nach allem kann somit festgehalten werden: Von Gesetzes wegen sind Stifter wie Destinatäre zwar „rechtlos“. Ihnen kommen weder Mitverwaltungs- noch Vermögensrechte zu. Mit Hilfe der genannten Gestaltungsinstrumente kann ihre Rechtsstellung jedoch bis hin zu einem mitgliedschaftsähnlichen Rechtsverhältnis gestärkt werden. Organisationsrechtlich ___________ 109 Insoweit zutr. Jeß, Verhältnis, S. 145; anders nach schweizerischem Recht, s. Kronke, Stiftungstypus, S. 142 m. Nw. 110 Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 20; Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 21; Erman/O. Werner, BGB, § 85 Rdnr. 4; in Anschluss an RGZ 121, 166, 168, a. A. im Blick auf Art. 14 Abs. 3 GG Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 152 f.; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 3b. Zutreffend ist aber, dass Vermögensrechte von Destinatären unter den Schutz des Art. 14 GG fallen, ebenso außer den Vorgenannten Palandt/Heinrichs, BGB, § 85 Rdnr. 4. 111 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 97 a. E. 112 Im Blick auf die starke Stellung der Destinatäre meint das OLG Stuttgart, Urteil vom 27.6.2003, Az. 5 U 162/2002, S. 15, die Carl-Zeiss-Stiftung sei einem Verband mit Mitgliedern angenähert. Zur Frage der Übertragbarkeit und Vererblichkeit s. o. § 14 G., H.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
steht daher einer Ausgestaltung der Stiftung als Stifterkorporation oder Destinatärsgemeinschaft (zu diesen Begriffen u. § 28 C., D.I.) nichts im Wege, wie sie sich in der Praxis beispielsweise bei Bürgerstiftungen einerseits und Familienstiftungen andererseits finden. Freilich könnten solche Gestaltungen, wie angedeutet wurde, aus Gläubigersicht problematisch sein. In den Vordergrund rücken damit nunmehr Fragen der Finanzverfassung.
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Zweiter Abschnitt: Die Finanzverfassung Zu einer Zweckverfolgung sind personelle Mittel als Willens- und Handlungsträger unverzichtbar. Von der Frage, wie deren (Zusammen-)Wirken bei der Stiftung rechtlich geordnet ist bzw. werden kann, handelt die im vorangegangenen Abschnitt untersuchte Organisationsverfassung. Daneben bedarf es für eine Zweckverfolgung in aller Regel auch materieller Mittel. Hiervon, nämlich wie diese Mittel aufgebracht und verwendet werden sollen und wer für die Aufbringung und Verwendung einzustehen hat, handelt die Finanz- und Haftungsverfassung (dazu u. dritter Abschnitt). Ebenso wie Fragen der Organisationsverfassung stellen sich daher Fragen der Finanzverfassung nicht nur – worauf Karsten Schmidt zutreffend hinweist1 – bei allen Verbandsformen gleichermaßen, sondern auch bei der Stiftung. Diese hat sogar insofern ein gesteigertes Bedürfnis nach materiellen Mitteln, als sie im Gegensatz zu Verbänden aufgrund ihrer Mitgliederlosigkeit originär über keine personellen Mittel verfügt. Dementsprechend ist eine für die Zweckverfolgung ausreichende Vermögensausstattung der Stiftung Voraussetzung ihrer Anerkennung.2 Trotz dieser konstitutiven Bedeutung des Stiftungsvermögens ist die Finanzverfassung der Stiftung, wie im Folgenden deutlich werden wird, aus vielerlei Gründen rechtlich und tatsächlich weniger problematisch als diejenige von Verbänden. Aufgezeigt werden im Folgenden die Grundstrukturen der Finanzverfassung der Stiftung. Ziel ist, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Finanz- und Haftungsverfassung von Verbänden und Stiftungen hervortreten lassen, und andererseits die Möglichkeiten und Grenzen statutarischer Gestaltung darzutun. Zuvor gilt es allerdings, einige Begriffe in Bezug auf die Finanzverfassung der Stiftung zu definieren,3 wie sie im Folgenden gebraucht werden; denn eine einheitliche Terminologie hat sich insofern weder in den Gesetzen noch in der Literatur herausgebildet: Der Begriff des Stiftungsvermögens wird vorliegend als Oberbegriff für die gesamten Aktiva und Passiva der Stiftung verwendet. Demgegenüber bezeichnet das Stiftungskapital alle grundsätzlich nicht zum Verbrauch be___________ 1 K. Schmidt, GR, S. 513 ff. 2 S. o. § 6 C.II. 3 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 4 ff.; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 16; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 66 ff. m. w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
stimmten Mittel der Stiftung. Es umfasst also insbesondere das sog. Grundstockvermögen, das der Stiftung aufgrund des Stiftungsgeschäfts zugeflossen ist, sowie spätere Zustiftungen (dazu u. § 18 A.II.), nicht aber zum alsbaldigen Verbrauch bestimmte einmalige oder laufende Zuschüsse (wie z. B. Spenden), und zwar auch dann nicht, wenn auf sie ein Anspruch besteht. Das Stiftungskapital ist bei bilanzierenden Stiftungen als Eigenkapital auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen. Die Stiftungserträge schließlich umfassen alle, aber auch nur die unter Einsatz des Stiftungskapitals erwirtschafteten Einkünfte, nicht also alle Einnahmen oder zahlungsmäßigen Zuflüsse, insbesondere nicht Zuwendungen (Zustiftungen und Zuschüsse), bei bilanzierenden Stiftungen aber auch nicht nur den Jahresüberschuss.
§ 17 Aufbringung des Grundstockvermögens und Erhaltung des Stiftungskapitals A. Problemstellung Das Problem der Kapitalaufbringung und -erhaltung wird herkömmlicherweise im Recht der Kapitalgesellschaften diskutiert. Das ist insofern verständlich, als es vor allem dort eine Regelung gefunden hat. Die Frage, wie die zur Zweckverfolgung erforderlichen materiellen Mittel aufgebracht werden sollen, stellt sich jedoch bei allen Verbandsformen und auch bei der Stiftung gleichermaßen. In Betracht kommen grundsätzlich zwei Finanzierungsmethoden: eine sog. Innen- sowie eine sog. Außenfinanzierung. Als Innenfinanzierung bezeichnet man eine Finanzierung durch den Umsatzprozess ohne Mittelzuführung von außen, d. h. insbesondere durch die Thesaurierung von Gewinnen und die Bildung von Rückstellungen (s. dazu u. § 18 A.I.). Außenfinanzierung ist demgegenüber die Finanzierung durch Drittmittel, sei es in Form von Fremdkapital oder in Form von Eigenkapital.4 Dabei kommt im Gründungsstadium eines Verbandes oder einer Stiftung zunächst nur die zweite Methode in Betracht; denn eine Innenfinanzierung ist erst nach der Aufnahme des Geschäftsbetriebs möglich. Im Verbandsrecht müssen sich die Gründungsmitglieder zunächst auf die Beiträge verständigen, die sie zur Zweckverfolgung zu leisten gedenken. Dabei sind sie grundsätzlich frei. Nur im Kapitalgesellschaftsrecht zwingt sie das Gesetz der Gesellschaft ein bestimmtes nominelles Mindestkapital ___________ 4 S. K. Schmidt, GR, S. 522 ff.; Wiedemann, GR, S. 566 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
stimmten Mittel der Stiftung. Es umfasst also insbesondere das sog. Grundstockvermögen, das der Stiftung aufgrund des Stiftungsgeschäfts zugeflossen ist, sowie spätere Zustiftungen (dazu u. § 18 A.II.), nicht aber zum alsbaldigen Verbrauch bestimmte einmalige oder laufende Zuschüsse (wie z. B. Spenden), und zwar auch dann nicht, wenn auf sie ein Anspruch besteht. Das Stiftungskapital ist bei bilanzierenden Stiftungen als Eigenkapital auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen. Die Stiftungserträge schließlich umfassen alle, aber auch nur die unter Einsatz des Stiftungskapitals erwirtschafteten Einkünfte, nicht also alle Einnahmen oder zahlungsmäßigen Zuflüsse, insbesondere nicht Zuwendungen (Zustiftungen und Zuschüsse), bei bilanzierenden Stiftungen aber auch nicht nur den Jahresüberschuss.
§ 17 Aufbringung des Grundstockvermögens und Erhaltung des Stiftungskapitals A. Problemstellung Das Problem der Kapitalaufbringung und -erhaltung wird herkömmlicherweise im Recht der Kapitalgesellschaften diskutiert. Das ist insofern verständlich, als es vor allem dort eine Regelung gefunden hat. Die Frage, wie die zur Zweckverfolgung erforderlichen materiellen Mittel aufgebracht werden sollen, stellt sich jedoch bei allen Verbandsformen und auch bei der Stiftung gleichermaßen. In Betracht kommen grundsätzlich zwei Finanzierungsmethoden: eine sog. Innen- sowie eine sog. Außenfinanzierung. Als Innenfinanzierung bezeichnet man eine Finanzierung durch den Umsatzprozess ohne Mittelzuführung von außen, d. h. insbesondere durch die Thesaurierung von Gewinnen und die Bildung von Rückstellungen (s. dazu u. § 18 A.I.). Außenfinanzierung ist demgegenüber die Finanzierung durch Drittmittel, sei es in Form von Fremdkapital oder in Form von Eigenkapital.4 Dabei kommt im Gründungsstadium eines Verbandes oder einer Stiftung zunächst nur die zweite Methode in Betracht; denn eine Innenfinanzierung ist erst nach der Aufnahme des Geschäftsbetriebs möglich. Im Verbandsrecht müssen sich die Gründungsmitglieder zunächst auf die Beiträge verständigen, die sie zur Zweckverfolgung zu leisten gedenken. Dabei sind sie grundsätzlich frei. Nur im Kapitalgesellschaftsrecht zwingt sie das Gesetz der Gesellschaft ein bestimmtes nominelles Mindestkapital ___________ 4 S. K. Schmidt, GR, S. 522 ff.; Wiedemann, GR, S. 566 ff.
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§ 17 Aufbringung des Grundstockvermögens und Erhaltung des Stiftungskapitals
als Einlage5 zuzuwenden, §§ 7 AktG, 5 Abs. 1 GmbHG. Im Übrigen besteht hinsichtlich Art und Höhe der Mitgliederbeiträge Gestaltungsfreiheit und dementsprechend auch Wahlfreiheit, ob der (darüber hinausgehende) Kapitalbedarf des Verbandes durch Eigen- oder Fremdkapital befriedigt werden soll. Aus Gläubigersicht ist dies indes keineswegs einerlei; denn Eigenkapital ist haftendes Kapital, d. h. seine Rückforderung in der Insolvenz im Gegensatz zu Fremdkapital ausgeschlossen. Zudem ist Eigenkapital gebundenes Kapital, d. h. einer freien Kreditkündigung entzogen und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Bestandssicherung des Verbandes.6 Eine fehlende oder gemessen an der angestrebten oder tatsächlichen Geschäftstätigkeit unzureichende Ausstattung mit Eigenkapital stellt daher eine erhebliche Gefahr für die Gläubiger dar. Das Kapitalgesellschaftsrecht begegnet dieser Gefahr durch ein Geflecht von Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften, die sicherstellen sollen, dass der Gesellschaft von den Gesellschaftern ein betragsmäßiges Mindestmaß an Eigenkapital effektiv zugeführt und nicht wieder entzogen wird. Das Personengesellschaftsund Vereinsrecht kennt dagegen dergleichen Vorschriften grundsätzlich nicht, vgl. aber §§ 171 ff. HGB. Dieses Fehl beruht auf der Annahme, dass es aufgrund der persönlichen Haftung der Gesellschafter bzw. der nicht unternehmerischen Zwecksetzung keiner Kapitalsicherung bedürfe. Indes vermag weder die persönliche Haftung7 noch eine ideelle Zwecksetzung Eigenkapital zu ersetzen. Allerdings besteht auch im Kapitalgesellschaftsrecht über die Aufbringung des Mindestkapitals hinaus grundsätzlich Wahlfreiheit, ob ein verbleibender Bedarf an materiellen Mitteln durch Fremd- oder Eigenkapital gedeckt wird (Grundsatz der Finanzierungsfreiheit).8 Dabei ergeben sich zwar gewisse Grenzen aus den Regeln über Eigenkapital ersetzende Gesellschafterleistungen.9 Diese schützen jedoch nicht vor einer materiellen Unterkapitalisierung, also vor einer gemessen an der angestrebten oder tatsächlichen Geschäftstätigkeit unzureichenden Ausstattung mit Eigenkapital,10 sondern führen nur dazu, dass von Mitgliedern zur Verfügung gestelltes Fremdkapital unter bestimmten Voraussetzungen ähnlich wie Eigenkapital behandelt wird. Eine generelle Pflicht zu einer angemessenen Eigenkapitalausstattung von Verbänden kennt das Gesetz dagegen nur in einer ___________ 5 6 7 8
Zum Begriff und Unterschied von Beitrag und Einlage s. K. Schmidt, GR, S. 567 ff. S. K. Schmidt, GR, S. 515 ff. m. w. Nw. Vgl. zur Kritik K. Schmidt, GR, S. 542 m. w. Nw. Vgl. Begr. RegE zu § 32a GmbHG, BT-Drs. 8/1347, S. 39; BGHZ 75, 334, 337; 76, 326, 330; 124, 282, 284; sowie aus der Lit. K. Schmidt, GR, S. 526 f. 9 Vgl. hierzu außer den vorstehenden Nachweisen etwa BGHZ 90, 381 ff. sowie aus der kaum überschaubaren Fülle der Literatur v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatzrecht. 10 Vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, Anh. § 30 Rdnr. 16.
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Reihe von Spezialvorschriften, vgl. §§ 10 KWG, 8, 115 VAG, 11 InVG. Im Übrigen ist das – namentlich bei der GmbH verbreitete11 – Problem einer materiellen Unterkapitalisierung ungelöst. Über Voraussetzungen und Rechtsfolgen besteht Streit.12 M. a. W. stellt sich bei der Kapitalaufbringung und -erhaltung aus rechtlicher Sicht die Frage, wie zum Schutz der Gläubiger sichergestellt werden kann, dass dem Verband bzw. der Stiftung effektiv Eigenkapital in ausreichendem Umfang zugeführt (u. B.) und nicht wieder entzogen wird (u. C.). Im Stiftungsrecht wird die Aufbringung des Grundstockvermögens und Erhaltung des Stiftungskapitals allerdings für gewöhnlich nicht unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes, sondern unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung einer nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks betrachtet.13 Dementsprechend kennt das Stiftungsrecht weder eine bestimmte Mindestkapitalausstattung14 noch Kapitalsicherungsvorschriften im kapitalgesellschaftsrechtlichen Sinne, was sich zum Teil auch aus der mitgliederlosen Struktur der Stiftung erklärt. Dieses Fehl führt manche zu der Annahme, der Gläubigerschutz im Stiftungsrecht sei unzureichend. Verglichen wird die Stiftung insofern gar mit dem Verein, woraus alsdann der weitergehende Schluss einer analogen Anwendung des § 22 BGB gezogen wird.15 Ganz zu Unrecht; denn im Ergebnis sind Gläubiger, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, bei der Stiftung besser als bei Kapitalgesellschaften geschützt.
B. Kapitalaufbringung im Stiftungsrecht Die Kapitalaufbringung vollzieht sich bei der Gründung der Stiftung – und hiervon soll zunächst gehandelt werden – in drei Phasen. ___________ 11 S. etwa Hommelhoff in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatzrecht, S. 21 ff. m. w. Nw. 12 Vgl. etwa Hachenburg/Ulmer, GmbHG, Anh. § 30 Rdnr. 4 ff.; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rdnr. 116 ff. K. Schmidt, GR, 247 ff., 523 ff.; umfassend Eckhold, Unterkapitalisierung, jew. m. w. Nw. Eine Lösung dieses Problems könnte sich nun allerdings nach dem Bremer Vulkan-Urteil (BGHZ 149, 10) aus dem Verbot der Existenzgefährdung ergeben, s. dazu Burgard, WuB II C. § 13 GmbHG 1.02, S. 149, 153; ebenso Eckhold, Unterkapitalisierung, S. 515 f. 13 Allein Stengel, Personengesellschaft, S. 103 ff. misst § 82 Kapitalaufbringungswirkung zu, dagegen etwa Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 90. 14 Allerdings verlangten die Genehmigungsbehörden mancher Bundesländer bei Kapitalstiftungen eine Mindestausstattung i. H. v. 50.000, 100.000 oder gar 300.000 DM. Indes zu Unrecht, s. o. § 6 bei Fn. 69. 15 S. etwa Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 90, 95 m. w. Nw. und dazu o. § 5 C.IV.
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I. Das Zuwendungsversprechen Teil des Stiftungsgeschäfts ist, wie oben ausgeführt wurde, ein sog. Zuwendungsversprechen.16 In ihm verpflichtet sich der Stifter der Stiftung bestimmte Vermögensgegenstände zu übertragen. Hierbei kann es sich um einmalige und/oder um fortlaufende Leistungen handeln. Versprochen werden können sowohl Bar- als auch Sachleistungen (körperliche Gegenstände und Rechte).17 Eine Bewertung von Sachleistungen ist dabei – anders als im Kapitalgesellschaftsrecht – grundsätzlich nicht bzw. erst für eine Rechnungslegung bzw. Bilanzierung18 erforderlich. Die Anerkennungsbehörde hat jedoch wegen § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB im Zweifel deren Werthaltigkeit zu prüfen. Auf das Zuwendungsversprechen finden, soweit keine Drittinteressen betroffen sind, allgemeine schuldrechtliche und nicht schenkungsrechtliche Regeln Anwendung.19 Es ähnelt somit dem Beitrags- bzw. Einlageversprechen von Mitgliedern.
II. Die Anerkennung der Stiftung Wesentliche Voraussetzung der Anerkennung ist, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet ist. Was dies im Einzelnen bedeutet, wurde oben (§ 6 C.II.) eingehend erörtert. Entscheidend kommt es darauf an, dass das Stiftungskapital ausreicht, um den angestrebten Stiftungszweck nicht nur vorübergehend zu verfolgen. Materiell unterkapitalisierte Stiftungen sind daher nicht anerkennungsfähig. Hält sich die Behörde an die gesetzlichen Anerkennungsvoraussetzungen,20 können mithin anfänglich unterkapitalisierte Stiftungen im Unterschied zu anfänglich unterkapitalisierten Kapitalgesellschaften gar nicht erst entstehen.
III. Die Vermögensübertragung Während allerdings die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ihre Einlage zumindest teilweise bereits vor der Entstehung der Gesellschaft leisten müssen, ist der Stifter hierzu weder verpflichtet (vgl. § 82 BGB) noch überhaupt in der Lage; denn eine Vorstiftung gibt es – anders als eine Vorkapitalge___________ 16 S. o. § 4 A.I.2.a. 17 Statt anderer Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 20. 18 S. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 125 ff., 133 ff., 152.; IDW, WPg 2000, 391, 396. 19 S. u. § 24 A.II. 20 Das scheint – auch in diesem Punkt – freilich nicht immer der Fall zu sein, vgl. Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 14a ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
sellschaft – nicht (s. o. § 4 A.I.4.b.). Allein darin liegt freilich, entgegen der Ansicht Rawerts,21 keine Gefährdung der Stiftungsgläubiger; denn ebenso wenig wie die Stiftung in diesem Stadium Rechte erwerben kann, kann sie verpflichtet werden. Sollte gleichwohl jemand im Namen der künftigen Stiftung auftreten, was – anders als bei Kapitalgesellschaften – Seltenheitswert genießen dürfte, greifen die §§ 177 ff. BGB ein. Und die Rechtsfolgen des § 179 BGB weichen aus Gläubigersicht nicht unangemessen von denjenigen der §§ 11 Abs. 2 GmbHG, 41 Abs. 1 AktG ab. Zuzugeben ist allerdings, dass die Stiftung nach § 82 S. 1 BGB grundsätzlich bloß einen Anspruch auf Übertragung des ihr in dem Zuwendungsversprechen in Aussicht gestellten Vermögens hat. Dieser – primär durch den Stiftungsvorstand geltend zu machende – Anspruch wird mit der Anerkennung der Stiftung fällig und ist durch Übereignung der einzelnen Vermögensgegenstände nach allgemeinen Regeln zu erfüllen.22 Lediglich Rechte, für deren Übertragung ein Abtretungsvertrag genügt,23 gehen gemäß § 82 S. 2 BGB ipso iure, also ohne besonderen Übertragungsakt, mit der Anerkennung auf die Stiftung über.24 Dadurch wird die Stiftung mit einer gewissen Unsicherheit darüber belastet, ob der Stifter tatsächlich bereit und in der Lage ist, sein Zuwendungsversprechen zu erfüllen. Diese Unsicherheit darf freilich nicht überbewertet werden, zumal die Anerkennungsbehörde auch die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des Stifters zu prüfen hat und im Zweifel die Stellung von Sicherheiten verlangen kann.25 Anders gewendet: Bei Kapitalgesellschaften kommt es gewiss häufiger vor, dass Einlagen uneinbringlich sind, als es bei Stiftungen vorkommt, dass der Stifter sein Zuwendungsversprechen nicht erfüllt26.27 Stengel sieht allerdings die Gefahr, dass die Stiftung auf ihren Anspruch aus § 82 BGB verzichtet, zumal wenn der Stifter Alleinvorstand der Stiftung ist ___________ 21 Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 90. 22 Vgl. BayObLG, StiftRspr. IV, S. 72. 23 Erfasst werden hiervon also insbesondere Forderungen, gewerbliche Schutzrechte sowie GmbH-Geschäftsanteile, Staudinger/Rawert, BGB, § 82 Rdnr. 3. Einer notariellen Form bedarf es im letzten Fall nicht, Scholz/Winter, GmbHG, § 15 Rdnr. 51; denn bei dem Stiftungsgeschäft handelt es sich nicht um eine Vereinbarung i. S. d. § 15 Abs. 4 GmbHG. 24 Ein Rechtsübergang kraft Gesetzes findet überdies bei einer Stiftung von Todes wegen im Falle ihrer Erbeinsetzung statt. Im Falle des § 84 BGB bleibt hingegen § 82 BGB anwendbar, zutr. Staudinger/Rawert, BGB, § 82 Rdnr. 5 m. w. Nw. und Einzelheiten bei § 84. 25 Vgl. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 18, aber auch S. 21 sowie Anlage 12. 26 Einen Fall schildert Schulz, ZSt 2005, 137 ff. 27 Zur Haftung des Stifters für das Zuwendungsversprechen s. u. § 24 A.
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oder auf den Stiftungsvorstand maßgeblichen Einfluss ausüben kann und der Anspruch aus § 82 BGB nicht vollständig sogleich nach Errichtung der Stiftung fällig wird, sondern zu Teilen erst später.28 Dabei übersieht er jedoch, dass die Stiftung auf den Anspruch aus § 82 BGB grundsätzlich nicht verzichten darf, weil er Teil des Stiftungskapitals ist, das es ungeschmälert zu erhalten gilt (s. u. C.). Macht der Stiftungsvorstand den Anspruch aus § 82 BGB gegen den Stifter nicht geltend, handelt er pflichtwidrig und haftet der Stiftung ggf. auf Schadensersatz.29 Hat sich der Stifter in der Stiftungssatzung das Recht vorbehalten, den Stiftungsvorstand abzuberufen, und macht er von diesem Recht Gebrauch, um einer Inanspruchnahme zu entgehen, so wäre die Abberufung unwirksam. Ist der Stifter Alleinvorstand, so greift § 86 S. 1 i. V. m. § 29 BGB ein.30 Die Befürchtungen von Stengel sind daher unbegründet.
IV. Gestaltungsmöglichkeiten Gestaltungsfreiheit genießt der Stifter vor allem hinsichtlich Art und Umfang des Zuwendungsversprechens. Begrenzt wird sie durch die Anerkennungsvoraussetzung der Gewährleistung einer nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks, wodurch, wie gesagt, die Errichtung von materiell unterkapitalisierten Stiftungen ausgeschlossen wird. Hinsichtlich der Vermögensübertragung kann er den gesetzlichen Übergang von abtretbaren Rechten gemäß § 82 S. 2 Hs. 2 BGB im Stiftungsgeschäft ausschließen. Dies kann jedoch dazu führen, dass die Anerkennungsbehörde die Stellung von Sicherheiten verlangt.
V. Zusammenfassung Aus Gläubigersicht stellen sich damit die Kapitalaufbringungsregeln des Stiftungsrechts insgesamt deutlich besser dar als diejenigen des Kapitalgesellschaftsrechts. Zwar muss der Stifter kein bestimmtes Mindestkapital aufbringen. Die Anerkennungsbehörde hat jedoch zu prüfen, ob das der Stiftung zugesagte Vermögen eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet. Dadurch wird der Rechts- und Geschäftsverkehr, anders als im Kapitalgesellschaftsrecht, wirksam gegen das Entstehen materiell unterkapitalisierter Stiftungen geschützt. ___________ 28 Stengel, Personengesellschaft, S. 103 f. 29 Zur Haftung der Organmitglieder s. u. § 25. 30 Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, § 82 Rdnr. 5.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
C. Kapitalerhaltung Im Kapitalgesellschaftsrecht sollen die Kapitalerhaltungsvorschriften die Gesellschaft und deren Gläubiger vor einer Einlagenrückgewähr ohne Kapitalherabsetzung schützen. Sie bewirken also nur eine Ausschüttungssperre, nicht dagegen einen Schutz der Gesellschaft oder ihrer Gläubiger vor einem anderweitigen Verzehr des Stamm- bzw. Grundkapitals oder einer nachträglich eintretenden Unterkapitalisierung, worin zugleich – neben dem Problem anfänglicher Unterkapitalisierung – ihre größte Schwäche liegt31. Eine gesetzliche Nachschusspflicht gibt es nicht, vgl. §§ 53 Abs. 3 GmbHG, 180 Abs. 1 AktG, 707 BGB. Lediglich die Regeln über eigenkapitalersetzende Leistungen sowie das Verbot der Existenzgefährdung bieten einen gewissen zusätzlichen Gläubigerschutz. Überdies sind die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (§§ 17, 19 InsO) verpflichtet, Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen, §§ 92 Abs. 2 AktG, 64 Abs. 2 GmbHG. Auch im Stiftungsrecht besteht bei Überschuldung und (seit der Insolvenzrechtsreform) bei Zahlungsunfähigkeit eine Insolvenzantragspflicht, § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 2 BGB. Im Übrigen ist der Ansatz des stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgebots insofern ein ganz anderer, als es in erster Linie nicht dem Gläubigerschutz, sondern der Erhaltung der Leistungskraft der Stiftung dient.32 Freilich wird durch zweiteres auch ersteres reflexartig bewirkt – und zwar, wie zu zeigen sein wird, wirksamer als im Gesellschaftsrecht. Insolvenzen von Stiftungen sind selten,33 ihr Verschuldungsgrad ist für gewöhnlich gering34. Der unterschiedliche Ansatz erklärt sich vor allem dadurch, dass die Stiftung anders als Kapitalgesellschaften nicht als Organisation zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke, ihr Kapital nicht als Risikokapital konzipiert ist. Überdies haben nach der gesetzlichen Regelverfassung weder der Stifter noch die Destinatäre Einfluss auf die Stiftungsverwaltung. Dementsprechend steht nicht zu befürchten, dass sie der Stiftung das ihr zugewendete Kapital (wie___________ 31 Zur Kritik statt anderer Roth/Altmeppen, GmbHG, Einl. Rdnr. 24 ff. 32 Verbreitet wird daher die Auffassung vertreten, das Stiftungsrecht kenne keine Kapitalerhaltungsregeln, s. etwa Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 90; Hennerkes, StbJb 1984/85, 107, 122; ders./Binz/Sorg, DB 1986, 2269, 2271; Weimar/Geitzhaus/ Delp, BB 1986, 1999, 2007; Brandmüller, Stiftungen, S. 72 ff., 131; Oepen, NZG 2001, 209, 210 f. 33 Röthel, Deutsche Stiftungen, S. 48, konnte bei einer Umfrage unter Referenten deutscher Stiftungsbehörden nur zwei Stiftungen ermitteln, die in den letzten Jahren Insolvenz anmelden mussten. Einen weiteren Fall schildert Schulz, ZSt 2005, 137 ff. 34 Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 86.
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der) entziehen. Gleichwohl stellt sich auch bei der Stiftung das Problem, dass infolge wirtschaftlicher Fehlentwicklungen oder durch überhöhte Aufwendungen oder Ausschüttungen das Stiftungskapital angegriffen oder gar aufgezehrt werden kann. Dabei ist die Gefahr überhöhter Ausschüttungen dann besonders groß, wenn Destinatäre zu Organmitgliedern bestellt werden und dadurch Einfluss auf die Höhe der Ausschüttungen gewinnen. Dabei kann auch der Stifter nicht nur Organ, sondern zugleich auch Destinatär der Stiftung sein.35 Schließlich kann die Stiftung ebenfalls zu wirtschaftlichen Zwecken eingesetzt werden und einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten (s. o. § 5 C.IV.-VI.). Von derartigen Gestaltungen geht jedoch solange keine Gefahr für die Gläubiger aus, wie die stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln eingehalten werden; denn diese sind „viel stärker ausgeprägt … als bei jeder anderen juristischen Person des Privatrechts“.36
I. Gesetzliche Ausgangslage Nahezu wortgleich bestimmen die meisten Landesstiftungsgesetze: „Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten.“37 Dabei ist mit dem Stiftungsvermögen das Stiftungskapital gemeint. Fraglich ist jedoch, was „erhalten“ bedeutet. Dabei ist davon auszugehen, dass es Sinn und Zweck des Kapitalerhaltungsgebots ist, eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks i. S. d. § 80 Abs. 2 BGB zu gewährleisten. 1. Unterbilanzverbot „Erhalten“ bedeutet zunächst, dass das Stiftungskapital nicht angegriffen oder gar aufgezehrt werden darf.38 Bilanziell betrachtet darf daher bei der ___________ 35 S. o. § 5 C.III, § 16 A.II.2. 36 Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 48, sowie Protokollvermerk über die Anhörung von Sachverständigen, ebd., Anlage 2, S. 4. 37 Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayStiftG, §§ 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BWStiftG, 3 S. 1 BlnStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 4 Abs. 2 S. 2 HbgStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 HeSiftG, 9 Abs. 1 S. 1 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 4 Abs. 2 S. 1, NRWStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 RPStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SaStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 SAStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 SHStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 ThStiftG. Nur Brandenburg hat in Anschluss an Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2021, 2022, auf eine Kodifizierung dieses Grundsatzes verzichtet, s. dazu u. Fn. 91. 38 Vgl. Begr. RegE zu § 10 BayStiftG, LT-Drs. 2/5560, S. 11; zu § 7 BreStiftG, LT-Drs. 12/405, S. 9; zu § 6 NdsStiftG, LT-Drs. 6/200, S. 11 f.; zu § 6 SaarStiftG, LT-Drs. 8/1859, S. 8; zu § 4 SHStiftG, LT-Drs. 7/169, S. 14; aus der Lit. etwa Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 43; Ebersbach, Handbuch, S. 115; Stengel, HeStiftG, § 6 Anm. 2.1.
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Stiftung grundsätzlich keine Unterbilanz entstehen. Allerdings muss die Kapitalerhaltung nur mittel- und langfristig gewährleistet sein.39 Kurzfristig kann und darf es daher zu einer gewissen Unterdeckung kommen, soweit weder deren Ausmaß noch ihre Ursache oder Dauer die Erhaltung des Stiftungskapitals in Frage stellen. „Erhalten“ bedeutet dagegen nicht, dass die Zusammensetzung des Stiftungsvermögens unverändert bleiben müsste.40 Vielmehr sind Vermögensumschichtungen grundsätzlich erlaubt und u. U. sogar geboten.41 Auch verbietet das Kapitalerhaltungsgebot nicht, Teile des Stiftungsvermögens zu verschenken oder unter Wert zu veräußern,42 solange hierdurch keine Unterbilanz entsteht oder vertieft wird. Allerdings kann darin ein Verstoß gegen sonstige Pflichten, insbesondere gegen den Stiftungszweck sowie das allgemeine Sparsamkeitsgebot (dazu u. § 20 B.I.) liegen. Das Unterbilanzverbot hat weitreichende Folgen. Es verpflichtet die Stiftungsorgane zu einer besonders sorgfältigen und vorsichtigen Haushaltsbzw. Finanzplanung43; denn die Stiftung darf danach keine Verbindlichkeiten eingehen oder Leistungen erbringen, durch die das Stiftungskapital angegriffen wird. Auch der Verwaltungsaufwand ist ausschließlich aus den Erträgen zu decken. Geboten ist daher auch eine ausreichende Bildung von Rücklagen und Rückstellungen. In der Anfangsphase kann dies mithin zu einer gewissen Verzögerung der Aufnahme der Stiftungstätigkeit führen, wenn nicht der Stifter der Stiftung neben dem Grundstockvermögen auch zum Verbrauch bestimmte Mittel zugewendet hat. Überdies sind risikoreiche Geschäfte allenfalls in begrenztem Umfang zulässig (näher u. § 20 A.III.). Auch die Aufnahme (nicht aber die Fortführung) einer verhältnismäßig größeren unternehmerischen Tätigkeit ist daher ausgeschlossen.44
___________ 39 IDW, WPg 2000, 391, 396; Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 10 Rdnr. 113; Carstensen, WPg 1996, 781, 793. 40 So ausdrücklich §§ 4 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 HbgStiftG, 4 Abs. 2 S. 2 NRWStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 RPStiftG; im Grundsatz unstreitig, statt anderer Ebersbach, Handbuch, S. 115; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 74 ff.; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 75 jew. m. w. Nw. 41 S. u. IV. sowie § 20 A.IV. 42 Anders die h. M.: Ebersbach, Handbuch, S. 115; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 43; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 34; v. Rotberg, BWStiftG, § 7 Anm. 2b; Voll/Störle, BayStiftG, Art. 11 Rdnr. 1. 43 S. dazu ausf. Koeckstadt in: Bertelsmann Handbuch, S. 461 ff., sowie u. § 20. 44 Vgl. u. § 29 bei Fn. 70.
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2. Werterhaltungsgebot Darüber hinaus verlangt eine ungeschmälerte Erhaltung des Stiftungskapitals nicht nur dessen betragsmäßigen Erhalt,45 sondern den Erhalt seines wirtschaftlichen Werts,46 genauer: seines Nutzungswerts für die Verfolgung des Stiftungszwecks47. Dabei darf man sich das Stiftungskapital anders als im Gesellschaftsrecht48 nicht als bloße Bilanzziffer vorstellen, sondern muss es auch gegenständlich im Blick auf seine Funktion für die Erfüllung des Stiftungszwecks betrachten49. So gesehen bestimmt der Stiftungszweck den Inhalt des Werterhaltungsgebots.50 Ziel ist die Erhaltung der Leistungskraft der Stiftung im Blick auf die Erfüllung ihres Zwecks. Bedroht wird sie insbesondere durch die beständige Geldentwertung,51 aber auch durch die Abnutzung und Alterung von Sachmitteln sowie die fortschreitenden An___________ 45 Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 14. 46 Im Grundsatz unstr., s. Art. 13 S. 2 BayStiftG, §§ 7 Abs. 3 S. 2 Fall 2 BreStiftG, 10 Abs. 2 S. 1 lit. c MVStiftG, 6 Abs. 2 S. 2 SaarStiftG, 4 Abs. 4 SHStiftG; vgl. ferner § 4 Abs. 3 S. 2 HbgStiftG, 6 Abs. 2 S. 2 NdsStiftG, 7 Abs. 3 S. 2 RPStiftG; aus der Lit. Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 42 ff.; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 35 f.; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 333 f., 351; Leisner in: Dt. Stiftungswesen 1966–1976, S. 93 f.; v. Rotberg, BWStiftG, § 7 Anm. 2b; Pohley, BayStiftG, § 10 Anm. 2; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 6 Anm. 1; Lehmann, SHStiftG, § 4 Anm. 3.1.; Rodloff/Drabe, ZIP 2003, 2284, 2285. 47 Ausf. zu den verschiedenen denkbaren Interpretationen des Werterhaltungsgebots Hüttemann, FS Flume 90, S. 60 ff. Seiner Ansicht nach bedeutet das stiftungsrechtliche Vermögenserhaltungsgebot die Bindung der Stiftungsorgane an die wirtschaftliche Bestimmung des Grundstockvermögens, ebd. S. 68 ff.; ders. in: Dt. Stiftungswesen 1988–98, S. 193 ff. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen; denn sie unterstellt dem Stifter den Willen, die Stiftungsorgane an die Art der Zusammensetzung des Grundstockvermögens in seinem ursprünglichen Bestand binden zu wollen. Das trifft zwar regelmäßig bei Anstaltsstiftungen zu und wird auch bei Unternehmensstiftungen häufig so sein, s. dazu bereits o. § 5 C.IV.2.d., VI.4. Zudem kann die Zusammensetzung des Grundstockvermögens Anhaltpunkte dafür liefern, wie der Stifter das Stiftungskapital angelegt wissen will, s. u. § 20 bei Fn. 45. Jedoch kann die Zusammensetzung des Grundstockvermögens auch ganz zufällig sein. M. a. W. ist es eine Frage des Einzelfalles, ob die Stiftungsorgane nicht nur den Nutzungswert des Grundstockvermögens, sondern darüber hinaus auch einzelne Vermögensgegenstände oder deren wirtschaftliche Bestimmung zu erhalten haben. 48 Vgl. K. Schmidt, GR, S. 516 f. 49 Nur so ist Art. 11 Abs. 2 S. 2 BayStiftG zu verstehen. 50 Insoweit zutr. Reuter in: NPLYB 2002, S. 157, 162. 51 S. dazu bereits Leisner in Dt. Stiftungswesen 1966–76, S. 94 ff., und Flämig, ebd., S. 185 ff. Besonders bedrohlich ist die Inflation für Förderstiftungen; denn einerseits entwertet sie das Stiftungskapital und die Stiftungserträge, andererseits erfordert sie höhere Ausschüttungen – und all dies, ohne dass die Teuerung wie bei gewerblichen Unternehmen an die Kunden weitergegeben werden könnte.
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sprüche an Ausstattung und Technik. Hinsichtlich des Geldvermögens ist daher keine nominelle, sondern eine reale Kapitalerhaltung52 und hinsichtlich ihres Sachvermögens nicht nur eine güteridentische, sondern eine entwicklungsäquivalente Substanzerhaltung53 geboten. Das dürfte weitgehend unstreitig sein. Keine vollständige Klarheit besteht indes darüber, wie dem Werterhaltungsgebot genüge getan werden kann und muss. Dabei sind zwei Fragenkomplexe auseinander zu halten, nämlich erstens, ob und inwieweit Stiftungserträge zur Erhaltung der Leistungskraft der Stiftung angesammelt werden dürfen und müssen, und zweitens, wie die Einhaltung des Werterhaltungsgebots in der Rechnungslegung abgesichert und abgebildet werden kann (dazu u. § 21 E.). Hinsichtlich der ersten Frage vertritt Carstensen die Auffassung, die Stiftungsorgane seien verpflichtet dem Stiftungskapital regelmäßig Stiftungserträge insoweit zuzuführen, als dies für eine reale Kapitalerhaltung erforderlich ist.54 Darüber hinausgehende Ausschüttungen seien grundsätzlich verboten. Für eine solch weitgehende Annahme sehen andere hingegen keine gesetzliche Grundlage.55 Vielmehr seien die Stiftungserträge grundsätzlich entsprechend dem Stifterwillen für den Stiftungszweck zu verausgaben und dürften nicht angesammelt werden (zu den stiftungsrechtlichen und steuerrechtlichen Admassierungsverboten näher u. § 18 A.I.1.). Ihre Zuführung zum Stiftungskapital käme nur in Betracht, soweit die Landesgesetze dies zuließen. Zu folgen ist der Ansicht von Carstensen: Zwar sehen nur die Hälfte der Stiftungsgesetze vor, dass die Erträge auch dem Stiftungskapital zugeführt ___________ 52 IDW, WPg 2000, S. 391, 396, Tz. 51 ff.; Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 86. Nach dem zuvor Gesagten reicht dabei eine Orientierung an der allgemeinen Preissteigerungsrate nicht immer aus. In den Blick zu nehmen ist vielmehr die für die Kosten- und Leistungsstruktur der Stiftung spezielle Teuerungsrate, näher Schindler, DB 2003, 297, 301. 53 Schindler, FS L. Fischer, S. 419, 425, mit einer Übersicht zu den verschiedenen Konzepten zur Erhaltung der Leistungskraft; s. dazu auch Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 129 ff. 54 Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 45 ff., 58 ff. und passim; ders., WPg 1996, 781, 782 ff.; ders. in: IDW, Stiftungen, S. 61, 62 ff., 70 f., 80 ff.; ders. in: Bertelsmann Handbuch, S. 537 ff.; in Anschluss an ihn ebenso Andrick, Aufsicht, S. 149; Rodloff/ Drabe, ZIP 2003, 2284, 2285; zuvor dahingehend schon Flämig, Leistungskraft, S. 22 ff., 45 ff. 55 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 94, 99 ff.; Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 15; s. ferner die Diskussionsbeiträge von Büermann, Hüttemann und Neuhoff in: IDW, Stiftungen, S. 165 ff.
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werden können, um dieses in seinem Wert zu erhalten56 oder soweit dies der nachhaltigen Verwirklichung des Stiftungszwecks dient57. Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine allgemeine Regel, die auch in den übrigen Ländern gilt58. Dort wird nämlich betont, dass die Stiftungsorgane die Stiftung bzw. das Vermögen so zu verwalten haben, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet ist.59 Das aber ist nur der Fall, wenn die Stiftungsorgane in die Erhaltung des Stiftungsvermögens regelmäßig investieren. Bei einer Anstaltsstiftung liegt das auf der Hand: Verwendet etwa eine Krankenhausstiftung ihre Erträge für die Renovierung des Hauses und Modernisierung der Apparatur, so dient dies unzweifelhaft der dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks. Nichts grundsätzlich anderes gilt aber für Kapitalstiftungen, die regelmäßig einen Teil ihrer Erträge zur Stärkung ihrer Kapitalgrundlage verwenden; denn nur wenn der reale Wert des Kapitals erhalten bleibt, wird die Stiftung dauerhaft leistungsfähig bleiben. Und dies entspricht auch dem mutmaßlichen Stifterwillen, der die Erhaltung der Leistungskraft der Stiftung regelmäßig einer Vollausschüttung vorziehen dürfte.60 Reale Kapitalerhaltung bei gleichzeitiger nachhaltiger Erfüllung des Stiftungszwecks ist freilich eine anspruchsvolle Aufgabe, an der viele Ehrenamtliche scheitern dürften. Obgleich Carstensen zugleich konkrete Wege aufzeigt, wie diese Aufgabe zu meistern ist,61 erklärt das die teilweise skeptischen Reaktionen. Erforderlich ist zumindest eine auf die Verhältnisse der jeweiligen Stiftung angepasste, nachprüfbare Kapitalerhaltungsplanung.62 Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Vorgaben des Stifters (z. B. über die Erhaltung bestimmter Vermögensgegenstände, die Bildung von Rücklagen und/oder die Anlage des Stiftungsvermögens), der Stiftungs-
___________ 56 So Art. 13 S. 2 BayStiftG, §§ 7 Abs. 3 S. 2 Fall 2 BreStiftG, 10 Abs. 2 S. 1 lit. c MVStiftG, 6 Abs. 2 S. 2 SaarStiftG, 4 Abs. 4 SHStiftG. 57 So §§ 7 Abs. 3 S. 2 RPStiftG, 4 Abs. 3 S. 2 HbgStiftG; s. ferner § 6 Abs. 2 S. 2 NdsStiftG. 58 Für Hessen ebenso Stengel, HeStiftG, § 6 Anm. 1.3. 59 §§ 7 Abs. 1 BWStiftG, 5 HeStiftG, 4 Abs. 1 NRWStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 SaStiftG. Lediglich das Berliner und das Brandenburger Stiftungsgesetz enthalten keine dahingehende Bestimmung, s. dazu auch u. Fn. 91. 60 Vgl. auch Seifart, BB 1987, 1889, 1893 ff. 61 Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 167 ff., 210 ff., 233 ff.; ders. in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 554 ff. 62 IDW, WPg 2000, 385, 387, Tz. 18 (Unterpunkt 1); 391, 396, Tz. 56 ff.
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zweck und die Art der von der Stiftung zu erbringenden Leistungen63 sowie das Steuerrecht (§ 58 Nr. 7 lit. a, Nr. 12 AO). 3. Ausschüttungsverbot Das stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgebot verbietet schließlich Ausschüttungen aus dem zum Erhalt des Stiftungskapitals erforderlichen Stiftungsvermögen.64 Diese Ausschüttungssperre ist allerdings nicht starr, sondern fließend und beweglich. Fließend ist sie, weil die Kapitalerhaltung nur mittel- und langfristig gewährleistet sein muss65 und reale Kapitalerhaltung eine Bewertung zu Marktpreisen erfordert, aus der sich Schwankungen ergeben, aufgrund deren Abweichungen von dem „Idealpfad der realen Kapitalerhaltung“ unvermeidlich sind66. Und beweglich ist die Ausschüttungssperre, weil Stiftungen grundsätzlich hinsichtlich der Form ihrer Rechnungslegung frei sind.67 Nur kaufmännische Stiftungen sind an die §§ 238–263 HGB gebunden. Das eröffnet zusätzliche Gestaltungsspielräume. Diese relative Ausschüttungssperre wandelt sich jedoch spätestens dann zu einer absoluten Ausschüttungssperre, wenn das Stiftungskapital derart geschwächt ist, dass eine weitere nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks beeinträchtigt wird.68 In diesem Fall ist auch die Aufsichtsbehörde einzugreifen berechtigt und verpflichtet,69 wenn die Stiftungsorgane weiterhin Ausschüttungen vornehmen, anstatt die Stiftungserträge dem Stiftungskapital zuzuführen.70 Erforderlich ist dann eine Vollthesaurierung, und zwar ___________ 63 Vgl. Schindler, FS L. Fischer, S. 419, 432; ders., DB 2003, 297, 301. 64 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 147; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 48 ff., 223 f.; vgl. ferner OVG Hamburg, StiftRspr. II, S. 160, 161; OLG Hamm, StiftRspr. IV, S. 66, 71; scheinbar teilweise a. A. Sandberg, ZHR 164 (2000), 155, 162 f., s. aber auch dies., ebd., S. 170 bei Fn. 63. 65 Vgl. §§ 7 Abs. 3 S. 2 Fall 2 BreStiftG, 10 Abs. 2 S. 1 lit. b BbgStiftG, 7 Abs. 3 S. 2 Fall 2 BreStiftG, 10 Abs. 2 S. 1 lit. c, Abs. 3 MVStiftG, 6 Abs. 2 S. 1 Fall 2 NdsStiftG, 8 Abs. 2 S. 1 lit. b NRWStiftG, 15 Abs. 2 RPStiftG, 6 Abs. 2 S. 2 Fall 2 SaarStiftG, 4 Abs. 4 SHStiftG sowie IDW, WPg 2000, 391, 396; s. auch Schindler, DB 2003, 297, 299. 66 Carstensen, WPg 1996, 781, 793; Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 10 Rdnr. 113. 67 Näher u. § 21. 68 Vgl. Art. 26 BayStiftG, §§ 7 Abs. 4 BreStiftG, 10 Abs. 3 MVStiftG, 4 Abs. 5 SHStiftG, sowie Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 48 ff. 69 Ausdrücklich sehen dies freilich nur Art. 26 BayStiftG und § 4 Abs. 5 SHStiftG vor. In den übrigen Ländern ergibt sich dies jedoch aus dem allgemeinen Kapitalerhaltungsgebot i. V. m. dem allgemeinen Anordnungsrecht der Behörden. 70 Ausgenommen sind lediglich Zuschüsse, die der Stiftung unter der Auflage ihrer Ausschüttung gewährt wurden.
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nötigenfalls über mehrere Jahre hinweg.71 Das gebietet auch der mutmaßliche Stifterwille, dem die Erhaltung der Lebensfähigkeit und Leistungskraft der Stiftung regelmäßig wichtiger sein dürfte als eine ununterbrochene Zweckverfolgung.72 Ist allerdings unabsehbar, ob und wann das Stiftungskapital wieder aufgefüllt und damit die Ausschüttungssperre beseitigt ist, dann ist eine Art „nominelle Kapitalherabsetzung“ veranlasst, s. u. § 18 B.I. Einer Vollthesaurierung steht bei gemeinnützigen Stiftungen das steuerliche Admassierungsverbot entgegen. Gemeinnützige Stiftungen wird man auch aus diesem Grund73 für grundsätzlich verpflichtet halten müssen, die Möglichkeit der Rücklagenbildung nach § 58 Nr. 7 lit. a AO alljährlich voll auszuschöpfen, so dass in Höhe dieses Betrages eine Ausschüttungssperre eingreift. 4. Veräußerungsgebot Freilich hilft eine Ausschüttungssperre nicht in allen Fällen weiter, um dem stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgebot genüge zu tun. Das gilt insbesondere dann, wenn das Grundstockvermögen in der Hauptsache aus einem Unternehmen oder einer Unternehmensbeteiligung besteht und die Rendite des Unternehmens dauerhaft negativ wird. Illustriert werden soll dies an einem Beispiel von Hüttemann,74 das Reuter75 weitergesponnen hat: Gründet ein Stifter eine Armenstiftung, der er als Vermögen ein gering rentierendes Landgut überträgt, dann ist es zunächst eine Frage der Auslegung des Stifterwillens, wie die Stiftungsorgane mit dem Landgut verfahren dürfen und müssen. Zu undifferenziert ist daher einerseits – insoweit ist Reuter zuzustimmen – die Annahme Hüttemanns, das Landgut müsse in jedem Fall erhalten bleiben.76 Zu undifferenziert ist aber ___________ 71 A. A. Rodloff/Drabe, ZIP 2003, 2284, 2286; MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 14; ders. in: NPLYB 2002, 157, 163, der Bestimmungen des Landesrechts, die eine Vollthesaurierung erlauben, wegen Verstoßes gegen § 80 Abs. 2 BGB (Verbot der Selbstzweckstiftung) für unwirksam. Das ist indes unzutreffend, s. zu der eingeschränkten Bedeutung des Verbots von Selbstzweckstiftung o. § 5 C.VI. und zum stiftungsrechtlichen Admassierungsverbot u. § 18 A.I.1. 72 Für den Fall, dass erhebliche Teile des Stiftungskapitals verloren sind empfiehlt Schwintowski, FS Hadding, 271, 283, den Erwerb von Null-Coupon-Anleihen. 73 § 58 Nr. 7 lit. a AO reicht bei einer Anlage in Zinstiteln nicht einmal für einen realen Kapitalerhalt aus, sondern führt über 40 Jahre hinweg zu einem Substanzverlust von ca. 25 %, s. Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 548 ff. S. ferner u. § 18 A.I.1.b. 74 Hüttemann, FS Flume 90, S. 59, 68 ff. 75 Reuter in: NPLYB 2002, 157, 161 f. 76 S. dazu bereits o. Fn. 47.
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andererseits auch die Behauptung von Reuter, wonach „nicht der Stifterwille, sondern der Stiftungszweck […] den Inhalt der Vermögenserhaltungspflicht“ bestimmt77; denn der Stifter kann nicht nur durch die Zweckbestimmung, sondern insbesondere auch durch Anordnungen über die Zusammensetzung des Stiftungsvermögens und seine Verwaltung sowie durch weitere Bestimmungen (s. u. II.) auf die Reichweite des stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgebots Einfluss nehmen. Schon allein in dem einfachen Ausgangsbeispiel sind sechs Fälle zu unterscheiden:77a – Erstens kann das Landgut ein bloßes austauschbares Investment sein. In diesem Fall haben die Stiftungsorgane das Landgut alsbald zu veräußern und den Erlös anderweitig nach allgemeinen Grundsätzen (s. u. § 20 A.) anzulegen; denn zum einen wirft das Landgut nur geringen Ertrag ab, so dass mit einer anderen, ertragreicheren Anlage der Stiftungszweck stärker gefördert werden kann. Selbst wenn aber die Rendite gar nicht so schlecht wäre, so ist es doch zum anderen ein Gebot ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung, die Vermögensanlage zu diversifizieren.78 – Zweitens kann der Stifter vorsehen, dass das Landgut – wiewohl bloße Dotationsquelle – grundsätzlich nicht veräußert werden darf. Hierdurch wird entgegen der Ansicht von Reuter die Erhaltung und Verwaltung des Landguts nicht zum Neben- oder gar Hauptzweck der Stiftung (dazu sogleich). Vielmehr handelt es sich – ebenso wie etwa eine Satzungsbestimmung, wonach das Stiftungsvermögen mündelsicher anzulegen ist – um eine bloße Anordnung über die Vermögensverwaltung. Ist der Stifter nämlich der Überzeugung, dass allein „die Scholle“ Frucht und Segen bringt und den Fortbestand der Stiftung über Jahrhunderte hinweg gewährleistet, dann ist nicht einzusehen, warum der Stifter die Stiftungsorgane nicht auf diese Anlageform beschränken können soll. Dabei mag das Landgut zwar keine besonders ertragreiche Anlageform sein. Wenn sich der Stifter hierüber aber bewusst war, dann hat es dabei sein Bewenden, solange sich die Sachlage nicht ändert. Das ist im positiven wie im negativen Sinne denkbar. Wird – wie im Beispiel Reuters – das Land zum Bauland, so dass es gewinnbringend veräußert werden kann, so wäre eine unveränderte Befolgung der Anordnungen des Stifters gemessen an seinem objektiven Willen insbesondere im Blick auf die Verfol___________ 77 So Reuter in: NPLYB 2002, S. 159, 162; diesen Ansatz hat er inzwischen weiter vertieft, s. ders., NZG 2005, 649 ff. und dazu bereits o. § 7 E. 77a Vgl. auch Kronke, ZGR 1996, 18. 20. 78 Vgl. Schwintowski, FS Hadding, 271, 273 ff. m. w. Nw. sowie u. § 20 A.III. Ebenso Reuter, NZG 2005, 649, 654 (allerdings viel zu weitgehend und in Verkennung des Primats des Stifterwillens, s. o. § 7 E.).
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gung des Stiftungszwecks nicht (mehr) interessengerecht, mit der Folge, dass die zuständigen Stiftungsorgane gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB berechtigt und verpflichtet wären, die Satzung so anzupassen, dass eine Veräußerung des Landguts und eine Neuanlage des Veräußerungserlöses möglich ist.79 Dabei wären sie allerdings weiterhin an den Stifterwillen insoweit gebunden als sie für den Erlös ein vergleichbares Landgut erwerben müssten und allenfalls den überschießenden Betrag anderweitig investieren dürften. Ähnliches gilt, wenn die Rendite des Landguts dauerhaft unter den vom Stifter erwarteten Ertrag absinkt oder gar negativ wird. Auch dies wäre eine Änderung der Sachlage, die zur Veräußerung mit einer entsprechenden Satzungsänderung zwingt. Beruht der Rückgang der Erträge allerdings auf Strukturproblemen der Landwirtschaft, dann macht eine Wiederanlage des Erlöses in diesem Sektor keinen Sinn. Die Sachlage hat sich dann insofern noch mehr entgegen den Vorstellungen des Stifters verändert. Den Anordnungen des Stifters ist dann aber immerhin noch zu entnehmen, dass eine Direktanlage in Immobilien zu bevorzugen ist. Und daran sind die Stiftungsorgane bei der Investition des Verkaufserlöses (sowie der entsprechenden Satzungsänderung) gebunden. – Drittens kann die Verwaltung und Erhaltung des Landgutes Nebenzweck der Stiftung sein.80 Das ist dann anzunehmen, wenn die Auslegung des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung ergib, dass die Festlegung der Stiftungsorgane auf die Verwaltung und Erhaltung des Landgutes wesentlicher Bestandteil der Stiftungsverfassung ist. Das führt gegenüber der soeben besprochenen Fallgestaltung zu einer entsprechend stärkeren Bindung der Stiftungsorgane. Allerdings ist der Nebenzweck dem Hauptzweck untergeordnet.81 Daraus darf man jedoch nicht schließen, dass das renditeschwache Landgut ohne weiteres gegen eine ertragsreiche Anlageform ausgetauscht werden darf; denn damit würde das Landgut zu einem austauschbaren Investment, obwohl seine Erhaltung nach dem Stifterwillen Nebenzweck ist. Deswegen darf das Landgut selbst dann nicht veräußert werden, wenn es Bauland wird. Vielmehr ist eine Veräußerung ist daher nur gerechtfertigt, wenn die Rendite dauerhaft wesentlich unter den Erwartungswert des Stifters sinkt (ein Absinken auf Null ___________ 79 S. o. § 13 A.I.1. 80 Das dürfte bei Unternehmensstiftungen der praktische Regelfall sein, Schwarz, ZSt 2004, 101, 102. 81 Widersprüchlich Schwarz, ZSt 2004, 101, 103, der zwar die Erhaltung eines Unternehmens als Hauptzweck (wegen des Verbots der Selbstzweckstiftung) nicht anerkennt, dem Willen des Stifters zur Unternehmenserhaltung aber keinen Nachrang gegenüber dem Hauptzweck einräumt.
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ist dabei nicht erforderlich, aber stets ausreichend) und durch die Veräußerung eine wesentlich dauerhaftere und nachhaltigere Erfüllung des Hauptzwecks gewährleistet wird.82 Dabei ist im Blick auf den Renditevergleich zu bedenken, dass die Stiftungsorgane bei der Anlage des Veräußerungserlöses nicht frei, sondern an den wirklichen oder mutmaßlichen Stifterwillen gebunden sind. – Viertens kann die Verwaltung und Erhaltung des Landgutes neben der Armenfürsorge gleichberechtigter Hauptzweck der Stiftung sein, z. B. weil es sich (erstes Beispiel) um sein Lebenswerk handelt oder weil (zweites Beispiel) der Betrieb auch zur Resozialisierung von Strafgefangenen dienen soll. In diesen Fällen ist zu unterscheiden. Wird – wie im ersten Beispiel – die Verfolgung des einen Hauptzwecks durch eine Veräußerung unmöglich, dann ist eine Veräußerung nur statthaft, wenn ohnedies mangels positiver Rendite auch die Verfolgung des zweiten Hauptzweckes unmöglich würde.82a Im Beispielsfall ist dann bei der Veräußerung nach Möglichkeit darauf zu achten, dass der Erwerber die Erhaltung des Landguts übernimmt und es nicht etwa abreißt. Der Stiftungszweck ist dann auf den einzig verbleibenden Hauptzweck zu reduzieren und der Veräußerungserlös so anzulegen, dass der verbleibende Zweck möglichst optimal erfüllt werden kann. Wird hingegen – wie im zweiten Beispiel – die Verfolgung des einen Hauptzwecks durch die Veräußerung nicht unmöglich (die Resozialisierung von Strafgefangen kann auch auf andere Weise gefördert werden), so ist die Veräußerung bereits dann statthaft und geboten, wenn ohnedies die dauernde und nachhaltige Erfüllung des anderen Hauptzwecks gefährdet ist (auch hier ist ein Absinken der Rendite auf Null nicht erforderlich, aber stets ausreichend). Einer Zweckänderung bedarf es in diesem Falle nicht (u. U. aber einer Zweckanpassung). Der Veräußerungserlös ist entsprechend dem wirklichen oder mutmaßlichen Stifterwillen so zu investieren, dass beide Zwecke möglichst optimal gefördert werden können. – Fünftens kann die Verwaltung und Erhaltung des Landgutes unmittelbar selbst der Armenfürsorge dienen, z. B. als Unterkunfts- und Arbeitsstätte für Bedürftige oder indem seine Erzeugnisse an Bedürftige verteilt werden. In diesem Fall ist wiederum zu unterscheiden. Soll der Stiftungszweck gerade durch Einsatz dieses Landguts verfolgt werden (worauf der mutmaßliche Stifterwille regelmäßig gerichtet sein dürfte), ist eine Veräußerung nur unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB zulässig ___________ 82 Zu eng Schwarz, ZSt 2004, 101, 104 („ultima ratio“). 82a Enger Kronke, ZGR 1996, 18, 22: Nur bei Gefährdung des Bestands der Stiftung.
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und geboten.83 Das setzt voraus, dass die Erhaltung des Landguts unmöglich geworden oder ohne eine Veräußerung die Existenz der Stiftung gefährdet ist. Kurz: Eine Veräußerung ist geboten, wenn die Rendite des Landguts dauerhaft negativ ist.84 Ist es dem Stifter hingegen einerlei, wo die Bedürftigen wohnen und arbeiten und wo die Lebensmittel, die an sie verteilt werden herkommen, dann wäre das Landgut wiederum ein bloßes austauschbares Investment. – Schließlich kann die Verwaltung und Erhaltung des Landgutes sechstens einziger Hauptzweck der Stiftung sein, dem die Armenfürsorge als Nebenzweck untergeordnet ist. Das ist dann anzunehmen, wenn der Nebenzweck nur zum Zuge kommen soll, soweit hierfür Erträge zur Verfügung stehen.85 In diesem Fall darf das Landgut ebenfalls nur veräußert werden, wenn dessen Erhaltung unmöglich geworden bzw. ohne eine Veräußerung die Existenz der Stiftung gefährdet ist, es sei denn, das Landesrecht lässt eine Zweckänderung bereits bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse zu. Folgt man dieser Ansicht, so wird damit einerseits dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens und andererseits der von Reuter und Rawert immer wieder formulierten Forderung, wonach sich die Stiftung von dem Stiftungsunternehmen trennen können muss,86 Genüge getan. Zugleich wird deutlich, dass aus dem Kapitalerhaltungsgebot nicht nur ein Ausschüttungsverbot, sondern auch ein Veräußerungsgebot folgen kann. Bei einer dauerhaft negativen Rendite ist eine Veräußerung selbst dann geboten, wenn der Vermögensgegenstand unmittelbar selbst der Zweckverwirklichung dient. Und das gilt nicht nur für Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen, sondern z. B. auch im Blick auf einzelne Kunstwerke einer Sammlung, wenn deren Veräußerung zur Erhaltung der Leistungskraft der Stiftung erforderlich ist.87 Eine andere, hier nicht zu beantwortende Frage ist, ob und unter welchen Voraussetzungen der Unterhalt eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gemeinnützigkeitsschädlich ist.88 Dabei kann die Beantwortung dieser Frage ___________ 83 Nach manchen Landesstiftungsgesetzen würde allerdings auch in diesem Fall eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse ausreichen, s. o. § 13 A.I.2.b. 84 Ähnlich MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 13 (a. E.); Schwarz, ZSt 2004, 64, 70. 85 Vgl. o. § 5 C.VI.4. sowie Reuter in: NPLYB 2002, 157, 161. 86 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 25 Rdnr. 25; §§ 80, 81 Rdnr. 85, 89; Staudinger/ Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 109. 87 Schwarz, ZSt 2004, 64, 70. 88 Großzügig BFH, DStR 1998, 1710; kritisch dazu Walz in: Stiftungsrecht in Europa, S. 197, 208 ff.; auch Reuter in: NPLYP 2002, 157, 162.
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durchaus erheblichen Einfluss auf die Pflichten der Stiftungsorgane haben; denn wenn der Stiftung drohen würde, wegen des Festhaltens an einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit zu verlieren, dann müsste der Betrieb im Zweifel veräußert werden.89 5. Rechtsfolgen Für die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften einzustehen hat in erster Linie der Stiftungsvorstand, daneben ggf. auch die Mitglieder anderer Stiftungsorgane soweit ihr Pflichtenkreis berührt ist. Ihre schuldhafte Verletzung löst Schadensersatzansprüche aus (näher u. § 25 A.). Überdies sind verbotene Ausschüttungen rechtsgrundlos erlangt und daher gemäß §§ 812 ff. BGB zurückzugewähren (näher u. § 24 D.).
II. Gestaltungsmöglichkeiten Anders als die kapitalgesellschaftsrechtlichen sind die stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln nicht zwingend.90 Vielmehr kann der Stifter Abweichendes bestimmen.91 Insbesondere kann er einen Verbrauch des Stiftungskapitals zulassen und dadurch die stiftungsrechtlichen Kapitalerhal___________ 89 Zutr. Reuter in: NPLYP 2002, 157, 162. 90 Deutlich: §§ 7 Abs. 2 S. 1 BWStiftG, 3 S. 2 BlnStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 HbgStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 NRWStiftG, 7 Abs. 2 S. 1 RPStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SaStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SAStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 SHStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ThStiftG; vgl. ferner §§ 7 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 6 S. 2 HeSiftG, 9 Abs. 1 S. 2 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 2 NdsStiftG 6 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG; aus der Lit. Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2021, 2022. A. A. Begr. RegE zum NdsStiftG, LT-Drs. 15/1129, S. 6; Backert, ZIP 2003, 284, 285; Carstensen, ZIP 2003, 286 f. 91 Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2021, 2022, halten daher die einschlägigen Bestimmungen der Landesstiftungsgesetze für überflüssig und schlagen daher ihre Streichung vor, um künftige Stifter „wieder verstärkt an ihre Verantwortung für eine zweckgerechte Ausgestaltung des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung zu erinnern“ (ebenso Begr. RegE zum BbgStiftG, Allgemeiner Teil). Mit dieser Begründung könnten freilich weite Teile des BGB ersatzlos gestrichen werden. Übersehen wird, dass es des dispositiven Rechts gerade dann bedarf, wenn die Parteien eine Frage ungeregelt gelassen haben. Dabei zeigen §§ 81 Abs. 1 S. 4, 83 Satz 2 bis 4 BGB, dass der Bundesgesetzgeber vor allem auch bei Stiftungen von Todes wegen zu Recht mit unvollkommenen Regelungen rechnet. Und hierauf muss sich auch der Landesgesetzgeber einstellen (zutr. Begr. RegE zu § 7 RPStiftG, LT-Drs. 14/3129, S. 21; Begr. RegE zum NdsStiftG, LT-Drs. 15/1129, S. 6). Schließlich ist auch an die bereits bestehenden Stiftungen zu denken, so auch Begr. RegE zu § 3 BlnStiftG, LT-Drs. 15/1262, S. 6. Der Vorschlag von Hüttemann/Rawert ist daher insofern zu Recht auf heftige Kritik gestoßen, s. Backert, ZIP 2003, 284, 285; Carstensen, ZIP 2003, 286 ff.
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tungsregeln vollständig abbedingen. Solche Verbrauchsstiftungen sind allerdings nur ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen anerkennungsfähig.92 Keinen grundsätzlichen Bedenken begegnet es hingegen, wenn der Stifter die strengen stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln nur lockert, indem er beispielsweise unter bestimmten Voraussetzungen und/oder für eine bestimmte Zeit einen Teil des Stiftungskapitals zum Verbrauch freigibt93 oder statt einer materiellen, nur eine nominelle Kapitalerhaltung vorschreibt. Zudem können sich Einschränkungen des Kapitalerhaltungsgebots aus Anordnungen des Stifters über die Zusammensetzung des Stiftungsvermögens oder dessen Anlage ergeben.94 Sieht die Stiftungssatzung Gemeinnützigkeit vor, folgt hieraus ebenfalls eine Einschränkung des stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgebots.95 Schranke der Gestaltungsfreiheit ist aber stets, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks trotz solcher Vorgaben gesichert erscheint. Schließlich kann er auch die stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften verschärfen, indem er z. B. vorsieht, dass die Gewinnrücklagen jährlich mit einem bestimmten Prozentsatz der Stiftungserträge zu dotieren sind96 (zu den insoweit wegen des Admassierungsverbots bestehenden Grenzen, s. u. § 18 A.I.) oder dass Ausschüttungen nur aus dem festgestellten Bilanzgewinn erfolgen dürfen. Ferner kann er eine doppelte Ausschüttungssperre statuieren97 und die Rechtsfolgen verbotener Ausschüttungen dadurch verschärfen, dass er die Stiftungsorgane verpflichtet, Ausschüttungen nur dann vorzunehmen, wenn der Empfänger zuvor gegenüber der Stiftung schriftlich auf den Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB) verzichtet hat (näher u. § 24 D.).
D. Zusammenfassung Trotz seines anderen Ansatzes und seiner Beweglichkeit ist das stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungssystem erheblich strenger als das kapitalgesellschaftsrechtliche98; denn es normiert ein Unterbilanzverbot und verlangt ___________ 92 93 94 95 96 97 98
S. o. § 6 C.II.3. Vgl. Backert, ZIP 2003, 284, 285. Schiffer, DStR 2003, 14, 16 f.; näher u. § 20 A.III. S. u. § 18 A.I.1.b. Vgl. Schindler, DB 2003, 297, 300. Vgl. Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 223 f. Zu einem Vergleich des gesellschaftsrechtlichen und des stiftungsrechtlichen Gläubigerschutzsystems näher u. § 30 C.
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nicht nur eine nominelle, sondern eine reale Kapitalerhaltung, beides abgesichert durch ein Ausschüttungsverbot sowie ein Gebot, verlustbringende Anlagen zu veräußern. Zudem wird die Kapitalerhaltung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde periodisch kontrolliert. All das erklärt, warum eine Insolvenz von Stiftungen selten und ihre Kreditwürdigkeit hoch99 ist.
___________ 99 Lindner, Umwandlung, S. 41, 45 f.
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§ 18 Kapitalmaßnahmen Allgemein gewendet dienen Kapitalmaßnahmen der Anpassung des Eigenkapitals an veränderte wirtschaftliche Bedürfnisse. Dementsprechend ist der Bedarf hierfür bei nicht unternehmerisch tätigen Organisationen und daher in der Regel auch bei der Stiftung geringer als bei unternehmerischer Tätigkeit. Während nämlich jeder unternehmerischen Tätigkeit eine erhebliche Eigendynamik innewohnt, der die Kapitalbasis angepasst werden muss, richtet sich der Umfang nicht-unternehmerischer Tätigkeit eher umgekehrt nach den vorhandenen Mitteln. Verstärkt wird dieser Unterschied dadurch, dass Verbände mit einer Vermögens- und Gewinnbeteiligung ihrer Mitglieder für gewöhnlich auf Erfolgsmaximierung zielen, während Organisationen ohne wirtschaftliche Interessen von Mitgliedern, also namentlich Vereine und Stiftungen, eher auf bloße Bestandserhaltung gerichtet sind. Gleichwohl kann auch bei Stiftungen – und zwar auch bei nicht unternehmerisch tätigen Stiftungen – ein Bedürfnis, ja sogar eine Pflicht zur Erhöhung oder Herabsetzung des Stiftungskapitals bestehen. Der praktisch wichtigste Fall, nämlich die durch das Werterhaltungsgebot indizierte nominelle Erhöhung des Stiftungskapitals, wurde oben (§ 17 C.I.2.) bereits angesprochen. Der Wunsch oder das Bedürfnis nach einer effektiven Erhöhung des Stiftungskapitals kann bspw. daraus resultieren, dass sich Dritte durch Zustiftung an der Stiftung „beteiligen“ wollen (Paradigma: Bürgerstiftung), die Anforderungen an die Stiftung steigen, größere Nachfrage nach ihren Leistungen besteht oder ihre Tätigkeit ausgeweitet werden soll. Hierher gehören auch die Fälle von sog. Vorratsstiftungen bei denen das Anfangskapital signifikant geringer ist als das geplante Endkapital.1 Ferner kann im Einzelfall auch eine Art (nominelle) Kapitalherabsetzung erforderlich sein, nämlich um die Ausschüttungssperre (s. o. § 17 C.I.3.) bei eingetretenen und nicht oder nur langfristig ausgleichbaren Verlusten zu überwinden. Schließlich sind auch Fälle einer effektiven Kapitalherabsenkung denkbar. Trotz mancher Ähnlichkeiten unterscheiden sich Fragestellungen und Antworten im Blick auf Kapitalmaßnahmen im Stiftungsrecht allerdings erheblich von denjenigen des Kapitalgesellschaftsrechts. Das kann allein schon angesichts der unterschiedlichen Funktion des Kapitalschutzes sowie im Hinblick auf die mitgliederlose Struktur der Stiftung nicht verwundern und wird im Folgenden näher darzulegen sein. ___________ 1 Zur Genehmigungsfähigkeit s. o. § 6 C.II.2.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
A. Erhöhung des Stiftungskapitals Zu unterscheiden ist zwischen einer bloß nominellen und einer effektiven Erhöhung des Stiftungskapitals. Von einer nominellen Erhöhung des Kapitals kann man im Stiftungsrecht sprechen, wenn das Kapital der Stiftung im Wege der Innenfinanzierung2, d. h. durch Ansammlung von Erträgen erhöht wird (Kapitalerhöhung aus Stiftungsmitteln). Dementsprechend ist von einer effektiven Kapitalerhöhung zu reden, wenn das Kapital der Stiftung – d. i. derjenige Vermögensteil der Stiftung, der ungeschmälert zu erhalten ist – durch Außenfinanzierung, also namentlich durch Zustiftungen erhöht wird (Kapitalerhöhung aus Drittmitteln).
I. Nominelle Kapitalerhöhung Im Wege der Innenfinanzierung kann das Kapital der Stiftung durch eine Ansammlung von Erträgen erhöht werden. Einer solchen nominellen Kapitalerhöhung zieht im Stiftungsrecht allerdings das sog. Admassierungsverbot Grenzen. 1. Admassierungsverbot Zu unterscheiden sind zwei Arten von Admassierungsverboten: das stiftungsrechtliche und das steuerrechtliche Admassierungsverbot. Beide begrenzen die Zuführung von Erträgen zum Stiftungskapital und damit die Möglichkeit einer nominellen Kapitalerhöhung. Ihre Ausprägung und Reichweite ist indes höchst unterschiedlich. a) Das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot Das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot ergibt sich aus dem Gebot der Erfüllung des Stifterwillens, insbesondere des Stiftungszwecks3 und dem daraus folgenden Gebot der Verwendung der Stiftungserträge für den Stif-
___________ 2 S. dazu auch Bernd, Unternehmen, Rdnr. 1757 ff., sowie Neuhoff, Unternehmenskapital, S. 185 ff., 191 ff. 3 §§ 86 S. 1 i. V. m. 27 Abs. 3 BGB; §§ 7 Abs. 1 S. 2 BWStiftG, 6 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 4 Abs. 1 HbgStiftG, 5 HeStiftG, 8 Abs. 1 MVStiftG, 4 Abs. 1 NRWStiftG, 7 Abs. 1 RPStiftG, 5 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 4 Abs. 1 SHStiftG, 14 Abs. 1 S. 2 ThStiftG.
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§ 18 Kapitalmaßnahmen
tungszweck4.5 Dabei ist „verwenden“ freilich nicht mit ausschütten gleichzusetzen. Werden Stiftungserträge im Interesse der Stiftung, insbesondere einer nachhaltigen Erfüllung ihres Zwecks (vgl. § 58 Nr. 6 AO) angesammelt (z. B. um ein größeres Vorhaben zu finanzieren, um anderweitigen gesetzlichen Vorschriften zu genügen6 oder schlicht um eine angemessene Sicherheits- oder Liquiditätsreserve zu bilden), so handelt es sich nicht um eine Admassierung. Solche Mittelansammlungen führen freilich auch nicht zu einer Kapitalerhöhung, da die Mittel nicht demjenigen Teil des Stiftungsvermögens zugeführt werden, der ungeschmälert zu erhalten ist, sondern im Bedarfsfall verausgabt werden sollen. Allerdings wird heute in Anschluss an Carstensen7 zu Recht auch das stiftungsrechtliche Gebot der realen Kapitalerhaltung als „innere Einschränkung“ des Admassierungsverbots aufgefasst.8 Werden Erträge zur Erhaltung des realen Werts des Stiftungskapitals angesammelt, so verstößt dies also ebenfalls nicht gegen das Admassierungsverbot. Zugleich ist dies das praktisch wichtigste Beispiel einer nominellen Kapitalerhöhung: derjenige Teil des Stiftungsvermögens, der ungeschmälert zu erhalten ist, wird dauerhaft im Wege der Innenfinanzierung erhöht. Zu beachten ist allerdings, dass die Ansammlung von Erträgen zur Erhaltung des realen Werts des Stiftungskapitals dann nicht gerechtfertigt ist, wenn Wertverluste durch anderweitige Wertgewinne aufgefangen werden. Zur Ermittlung, ob und inwieweit Stiftungserträge zur Werterhaltung dem
___________ 4 Art. 13 S. 1 BayStiftG, §§ 7 Abs. 3 S. 1 BreStiftG, 4 Abs. 3 HbgStiftG, 6 Abs. 3 HeStiftG, 10 Abs. 1 MVStiftG, 6 Abs. 2 S. 1 NdsStiftG, 4 Abs. 3 NRWStiftG, 7 Abs. 3 RPStiftG, 6 Abs. 2 S. 1 SaarStiftG, 4 Abs. 3 S. 1 SHStiftG. 5 Auf das „im Stiftungsbegriff enthaltene Vorverständnis“ (so Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 17) und das Verbot der Selbstzweckstiftung (so Schwarz, BB 2001, 2381, 2388, und Rawert, wie vor) muss daher insoweit nicht zurückgegriffen werden, zutr. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 84. 6 Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Satzungen der Sparkassenstiftungen. Im Blick auf die für Kreditinstitute erforderliche Eigenkapitalausstattung (§ 10 Abs. 1 KWG) enthalten sie Bestimmungen, wonach die Überschüsse solange in eine Sicherheitsrücklage einzustellen sind, bis diese 10 % der Bilanzsumme der Sparkasse erreicht hat. Danach ist mindestens die Hälfte des Jahresüberschusses zur Stärkung der Sicherheitsrücklage zu verwenden, s. Blisse, ZSt 2003. 263, 264. 7 Vgl. Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 53 f. 8 Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 17; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 88; Walz, Bestandserhaltung, S. 79 ff.; Hüttemann, FS Flume 90, S. 59, 89; näher o. § 17 C.I.2.
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Stiftungskapital zugeführt werden dürfen und müssen, ist daher eine Kapitalerhaltungsrechnung zu Zeitwerten9 erforderlich;10 denn: Eine reale Erhöhung des Stiftungskapitals im Wege der Innenfinanzierung verstößt grundsätzlich gegen das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot. Nachdem das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot jedoch letztlich aus dem Gebot der Maßgeblichkeit des Stifterwillens folgt, kann die Stiftungssatzung Abweichendes vorsehen,11 und zwar grundsätzlich bis hin zu einer Vollthesaurierung, vgl. § 58 Nr. 12 AO. Anerkennungsfähig sind solche Satzungsbestimmungen jedoch nur unter zwei Voraussetzungen, nämlich erstens der Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Förderung des Stiftungszwecks12 und zweitens des Verbots der Selbstzweckstiftung13. Bei Kapitalstiftungen kommt daher nur eine vorübergehende Vollthesaurierung in Betracht.14 Freilich kann der Stifter das Admassierungsverbot auch verschärfen, indem er bspw. Vollausschüttung oder eine bloße nominale Kapitalerhaltung vorsieht. b) Das steuerrechtliche Admassierungsverbot Das steuerrechtliche Admassierungsverbot – oder positiv formuliert: das Gebot zeitnaher Mittelverwendung15 – wurde bisher aus einer Zusammen___________ 9 Näher u. § 21 E. 10 Im Blick auf die Behandlung von stillen Reserven bedeutet dies: Zwar verstößt ihre Bildung nicht gegen das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot, und zwar auch dann nicht, wenn sich durch ihre Auflösung das Stiftungskapital real erhöhen würde. Stille Reserven sind jedoch in der Kapitalerhaltungsrechnung auszuweisen und wirken dadurch gleichsam als Sperre für nominelle Kapitalerhöhungen, die über die Bedürfnisse realer Kapitalerhaltung hinausgehen. Werden stille Reserven aufgelöst, so ist allerdings fraglich, ob derjenige Teil, der nicht für eine reale Kapitalerhaltung erforderlich ist, ebenfalls dem Stiftungskapital zugeführt werden darf oder ausgeschüttet werden muss. Stiftungsrechtlich wird man für Letzteres plädieren müssen, wenn der Stifterwille nicht entgegensteht, s. u. § 20 bei Fn. 59, 60. Zur steuerlichen Behandlung s. u. bei Fn. 24. 11 §§ 7 Abs. 3 S. 2 Fall 1 BreStiftG, 4 Abs. 3 S. 1 HbgStiftG, 10 Abs. 2 S. 1 lit. a MVStiftG, 6 Abs. 2 S. 2 Fall 1 NdsStiftG, 4 Abs. 3 NRWStiftG, 7 Abs. 3 S. 1 RPStiftG, 6 Abs. 2 S. 2 Fall 1 SaarStiftG; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 93. 12 Dazu o. § 6 C.II.2. 13 Insoweit zutr. Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 17, Schwarz, BB 2001, 2381, 2388; s. aber zu der eingeschränkten Bedeutung dieses Verbots o. § 5 C.VI. 14 Gegen jede Vollthesaurierung Reuter in: NPLYB 2002, 157, 163. Dagegen hält Hüttemann, FS Flume 90, S. 59, 88, sogar eine über 20 Jahre anhaltende Thesaurierung für zulässig. Das erscheint freilich zu lang, s. o. § 6 Fn. 82. 15 S. hierzu auch Thiel, DB 1992, 1900 ff.; ders., S&S, 3/1998, Beilage.
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schau von §§ 55–58 AO (insbesondere § 58 Nr. 6 bis 7b AO) geschlossen.16 Es betrifft mithin nur steuerbegünstigte Stiftungen. In dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen wurde es nunmehr ausdrücklich geregelt (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO)17 und zugleich gemildert. Es ist insofern enger als das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot, als § 58 Nr. 7 lit. a AO18 (n. F.) lediglich gestattet, „höchstens ein Drittel des Überschusses der Einnahmen über die Unkosten aus Vermögensverwaltung und darüber hinaus höchstens 10 von Hundert ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 zeitnah zu verwendenden Mittel“19 den freien Rücklagen zuzuführen.20 Das gilt auch dann, wenn (zuvor) erheblich höhere Vermögensverluste eingetreten sind.21 Hierin liegt eine Negativprivilegierung von gemeinnützigen gegenüber privatnützigen Stiftungen, die de lege ferenda überdacht werden sollte.22 Dabei ist zu bedenken, dass bei festverzinslichen Anlagen ein Drittel der Erträge in der Regel nicht ausreichen, um Kaufkraftverluste auszugleichen. Gemeinnützige Stiftungen, die ihr Geld überwiegend festverzinslich angelegt haben, sind daher geradezu gezwungen, den steuerlich zulässigen Höchstbetrag für Rücklagen jährlich voll auszuschöpfen.23 Von dem steuerrechtlichen Admassierungsverbot nicht erfasst werden allerdings Buchgewinne infolge von Vermögensumschichtungen; denn sie unterliegen steuerlich weder der Pflicht zu einer zeitnahen Mittelverwendung24, noch gehören sie zu den Einnahmen aus Vermögensverwaltung in diesem auf § 8 EStG bezogenen Sinne25. Das entschärft die Folgen des steuerrecht-
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Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 85. BGBl. I 2000, S. 1034; dazu anstelle anderer Hüttemann, DB 2000, 1584 ff. Zu § 58 Nr. 7 AO (a. F.) s. statt anderer Schad/Eversberg, DB 1986, S. 2149 ff. Zu der Frage, wie dieser letzte Halbsatz zu verstehen ist Hüttemann, DB 2000, 1584, 1585 f. Zu der Bildung anderweitiger Rücklagen s. u. § 20 B.III. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 89; näher Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 237; a. A. Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 154 ff., dem insoweit aber nur de lege ferenda gefolgt werden kann. Vgl. Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 185 f. Walz in: Zweckerfüllung, S. 95 ff., hält das steuerliche Admassierungsverbot für verfassungswidrig; s. auch Walz/ H. Fischer in: NPLYB 2004, S. 159 ff. Zu einer Kritik an den Admassierungsverboten aus ökonomischer Sicht s. Wagner in: Zweckerfüllung, S. 13 ff. Zu einer grundlegenden Kritik an dem gesamten Gemeinnützigkeitsrecht Flämig, WissR 1988, 103 ff. Rodloff/Drabe, ZIP 2003, 2284, 2286. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 228. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 237; ferner Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 162 ff. jew. m. w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
lichen Admassierungsverbots,26 zumal Wert- und Vermögensverluste ohnehin kaum mit bloßen Zins- und Dividendeneinnahmen ausgeglichen werden können. Zugleich bestätigt das die Bedeutung der Anlage des Stiftungskapitals in Substanzwerten (s. u. § 20 A.III.). Eine weitere – zeitlich begrenzte – Ausnahme von dem steuerlichen Admassierungsverbot enthält neuerdings § 58 Nr. 12 AO.27 Die steuerlichen Vorschriften der §§ 51 ff. AO in ihrer jeweiligen Fassung sind über eine die „Gemeinnützigkeit“ der Stiftung bestimmende Satzungsklausel28 Teil der Stiftungsverfassung. Sie binden daher die Stiftungsorgane auch zivilrechtlich.29 Das steuerliche Admassierungsverbot zieht einer Kapitalerhöhung im Wege der Innenfinanzierung daher auch statutarische Grenzen. Das gilt jedoch auch umgekehrt: Die Stiftungsorgane sind daher berechtigt und verpflichtet, die Grenzen des § 58 Nr. 7 lit. a AO auch dann auszuschöpfen, wenn dies für eine effektive Kapitalerhaltung derzeit nicht erforderlich ist.30 Verpflichtet sind sie hierzu unter Vorsorgegesichtspunkten, weil sie – wie gesagt – die Grenze des § 58 Nr. 7 lit. a AO auch dann nicht überschreiten dürfen, wenn später höhere Vermögensverluste auftreten.31 2. Durchführung der Kapitalerhöhung Im Kapitalgesellschaftsrecht reicht eine Ansammlung von Erträgen und deren Einstellung in Rücklagen für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (sog. nominelle Kapitalerhöhung) nicht aus. Vielmehr müssen Rücklagen durch Grundlagenbeschluss und Eintragung in das Handelsregister in Stamm- bzw. Grundkapital umgewandelt werden, vgl. §§ 57c ff. GmbHG, 207 ff. AktG. Formaler Grund dafür ist, dass der Betrag des Stamm- bzw. Grundkapitals materieller Satzungsbestandteil ist. Und materiell erklärt sich das aus der eigentümlichen und vielfältigen Funktion des Garantiekapitals von Kapitalgesellschaften (Gläubigerschutz, Ausschüttungsbegrenzung, Bezugsgröße für die Bemessung mitgliedschaftlicher Rechte und Pflichten).
___________ 26 S. ferner § 58 Nr. 11 AO (n. F.), der allerdings Kapitalerhöhungen durch Außenfinanzierung betrifft. 27 Näher dazu Hüttemann, DB 2000, 1584, 1586. 28 Vgl. etwa MünchVertrHdb/Hof, GR, Form. VII.1., § 3. 29 Ebenso Hüttemann in: Dt. Stiftungswesen 1988–98, S. 191, 210. 30 Vgl. Lex, DB 1987, Beilage 10, 4, 6. 31 S. auch o. § 17 C.I.3.
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Die Funktion des Stiftungskapitals ist hiermit allenfalls beschränkt vergleichbar. Dem Gläubigerschutz dient es nur reflexartig und dementsprechend fließend ist das Ausschüttungsverbot (s. o. § 17 C.I.3.). Bemessungsgrundlage für mitgliedschaftliche Rechte und Pflichten ist das Stiftungskapital nicht.32 Und regelmäßig ist es daher auch nur formeller Bestandteil der Stiftungsverfassung. Normalerweise ist im Stiftungsgeschäft bzw. in der Stiftungssatzung (§ 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 BGB) nämlich lediglich das in Aussicht gestellte Grundstockvermögen wiedergegeben,33 was nur deklaratorische Bedeutung hat; denn weder muss (für gewöhnlich) die Zusammensetzung des Grundstockvermögens gewahrt bleiben, noch ergibt sich aus einer solchen Aufstellung notwendigerweise der zu erhaltende Wert des Grundstockvermögens. Diesen nach einer sachgerechten Bewertung34 in einer ersten Vermögensaufstellung bzw. Eröffnungsbilanz festzustellen, ist vielmehr Aufgabe der zuständigen Stiftungsorgane. Bis der Stifter sein Zuwendungsversprechen vollständig erfüllt hat oder feststeht, dass es teilweise uneinbringlich ist, kann dieser Wert überdies noch Schwankungen unterliegen, ohne dass es deswegen einer Satzungsänderung bedürfte. Schließlich darf man sich das Stiftungskapital anders als im Gesellschaftsrecht ohnehin nicht als bloße Bilanzziffer vorstellen, sondern muss es gegenständlich im Blick auf seine Funktion für die Erfüllung des Stiftungszwecks betrachten, weswegen im Stiftungsrecht das Prinzip der realen und nicht nur der nominalen Kapitalerhaltung gilt. Für gewöhnlich bedarf es für eine Kapitalerhöhung aus Stiftungsmitteln daher keiner Grundlagenänderung, da sie ohnehin nur auf gesetzlicher oder satzungsmäßiger Grundlage zulässig ist und daher durch eine solche Kapitalerhöhung die Verfassung der Stiftung nicht geändert, sondern vollzogen wird. Eine Kapitalerhöhung im Wege der Innenfinanzierung wird im Stiftungsrecht daher normalerweise einfach dadurch bewirkt, dass die zuständigen Stiftungsorgane nach pflichtgemäßem Ermessen – das u. U. auch auf Null reduziert sein kann (s. o. § 17 C.I.3.) – beschließen, Erträge in einer bestimmten Höhe dem Stiftungskapital zuzuführen, sie diesen Beschluss erforderlichenfalls der Stiftungsaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorlegen35 und ihn bei der Rechnungslegung umsetzen, bei bilanzierenden Stiftungen ___________ 32 33 34 35
S. aber u. bei Fn. 50, 51. Vgl. MünchVertrHdb/Hof, GR, Form. VII.1 Anm. 22. Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 124 ff. Das ist heute nur noch gemäß § 10 Abs. 2 S. 2 MVStiftG erforderlich. Dabei handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Bei der anstehenden Reform des Stiftungsgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern sollte jedoch auch diese Bestimmung ersatzlos gestrichen werden.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
also durch die Einstellung in eine entsprechende Rücklage, insbes. eine Kapitalerhaltungsrücklage36. Soll das Stiftungskapital dagegen nicht nur nominal, sondern aus Stiftungsmitteln in seinem realen Wert erhöht werden und sieht die Stiftungssatzung hierfür keine Ermächtigung vor, dann liegt darin ein Verstoß gegen das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot, das nur durch Satzungsänderung überwunden werden kann. Zu den hierfür erforderlichen Voraussetzungen s. o. § 13. Das gleiche gilt, wenn der Stifter in der Stiftungssatzung ein Mindestkapital festgelegt hat,37 das lediglich nominal erhalten werden soll; denn in diesem Fall ist das Stiftungskapital materieller Satzungsbestandteil, weswegen seine Erhöhung einer entsprechenden Satzungsänderung bedürfte.
II. Effektive Kapitalerhöhung Eine Erhöhung des Stiftungskapitals durch Außenfinanzierung ist durch Zuwendungen (vgl. § 58 Nr. 11 AO)38, insbesondere sog. Zustiftungen seitens des Stifters oder Dritter möglich.39 Zuwendungen unter Lebenden sind als Schenkungen zu qualifizieren.40 Bei Zuwendungen von Todes wegen kann die Stiftung insbesondere als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt werden. Es finden die jeweiligen allgemeinen Regeln Anwendung. Bei Zuwendungen unter Lebenden besteht daher ein Leistungsanspruch nur bzw. erst bei Abschluss eines notariellen Vertrages, § 518 Abs. 1 BGB. Ein Formmangel kann allerdings durch Leistung geheilt werden, § 518 Abs. 2 BGB. Zuständig für den Vertragsschluss (bzw. die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses) ist ebenso wie für die Annahme der Leistung der Stiftungsvorstand. Seine Geschäftsführungsbefugnis (und Vertretungsmacht) kann durch Zustimmungsvorbehalte zugunsten anderer Organe in der Sat___________ 36 Vgl. IDW, WPg 200, 391, 396, Tz. 54, 55 ff.; kritisch dazu etwa Orth, DB 1997, 1341, 1347 f. Steuerrechtlich handelt es sich hierbei um eine freie Rücklage i. S. d. § 58 Nr. 7 lit. a AO. 37 Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 52, hält dies sogar für zwingend, dagegen o. § 4 A.I.2.b.cc.(4). 38 Die dortige Aufzählung ist nicht abschließend zu verstehen, Hüttemann, DB 2000, 1584, 1585. 39 Ausf. A. Werner, Zustiftung, 2003; zum Fundraising s. auch u. § 20 A.V. 40 Statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 99; Muscheler, AcP 203 (2003), 469, 478; A. Werner, Zustiftung, S. 124 ff. Anders zu beurteilen ist das Zuwendungsversprechen des Stifters, s. u. § 24 A.II.
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zung beschränkt werden. Überdies bedarf die Annahme einer Zustiftung nach manchen Stiftungsgesetzen der Länder u. U. der stiftungsaufsichtsrechtlichen Genehmigung,41 weswegen es sich empfiehlt die Zulässigkeit von Zustiftungen positiv in der Satzung zu regeln.42 Notwendig ist das jedoch nicht;43 denn wenn die Satzung nichts Gegenteiliges bestimmt, ist die Annahme von Zustiftungen grundsätzlich zulässig,44 weil anzunehmen ist, dass eine Stärkung der Leistungskraft im Interesse der Stiftung und des Stifters ist. Auch einer Grundlagenänderung bedarf es für die Annahme einer Zustiftung – anders bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlage im Gesellschaftsrecht – regelmäßig ebenso wenig wie bei einer Kapitalerhöhung aus Stiftungsmitteln (zu den Gründen s. dort). Anders wird man dies vor allem in vier Fällen zu beurteilen haben, nämlich erstens, wenn die Höhe des Stiftungskapitals ausnahmsweise materieller Satzungsbestandteil ist, zweitens wenn die Annahme von Zustiftungen statutarisch ausgeschlossen ist und drittens, wenn die Zustiftung mit nicht zweckkonformen Auflagen verbunden ist oder viertens die Annahme der Zustiftung das Gleichgewicht zwischen Stiftungsvermögen, Stiftungsorganisation und Stiftungszweck stören würde. Im ersten Fall kommt es auf die Auslegung des Stifterwillens an, ob Zustiftungen ausgeschlossen sein sollen. Ist dies der Fall, so ist ebenso wie im zweiten Fall zu fragen, ob sich die Sachlage derart geändert hat, dass dies eine entsprechende Satzungsänderung rechtfertigt (s. o. § 13). Schwieriger zu beurteilen sind der dritte und vierte Fall: Im dritten Fall hat die Zustiftung den Charakter einer gesondert zu verwaltenden, nicht rechtsfähigen Stiftung.45 Eine allgemeine Satzungsermächtigung für die Annahme von Zustiftungen deckt derartige Fälle nicht.46 Will der Stifter der Stiftung auch die Annahme solcher Zustiftungen gestatten, ___________ 41 Vgl. Art. 27 Nr. 1 BayStiftG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BWStiftG, 20 S. 1 Nr. 2 MVStiftG, 9 Abs. 1 Nr. 2 SHStiftG, 21 Abs. 1 Nr. 2 NRWStiftG. Ausf. dazu A. Werner, Zustiftung, S. 132–232. Zur Bedeutung solcher Genehmigungsvorbehalte s. o. § 10 B.II.2. 42 Begr. RegE, BT-Drs., 14/8765, S. 10. Zu Vorschlägen A. Werner, Zustiftung, S. 335 ff. Nach MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 100; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 16 m. w. Nw., entfällt hierdurch sogar das Genehmigungserfordernis. Das ist jedoch aus den im Text sogleich zu nennenden Gründen unzutreffend. 43 S. o. § 4 A.I.2.b.cc.(4). 44 Wie hier A. Werner, Zustiftung, S. 132; a. A. Rawert in: Handbuch Bürgerstiftungen, S. 151, 167. 45 Ebersbach, Handbuch, S. 116; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 71; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 16. 46 Großzügiger MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 99, § 85 Rdnr. 10.
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sollte er dies daher ausdrücklich in der Satzung vorsehen. Im Übrigen ist zu prüfen, ob durch die Annahme die Verfolgung des Stiftungszwecks gestört wird47 oder hierfür gar eine Zweckänderung bzw. -erweiterung notwendig wäre. In diesem Fall darf die Zustiftung grundsätzlich nicht angenommen werden.48 Im vierten Fall ist zu bedenken, dass Stiftungszweck, Stiftungsorganisation und Stiftungsvermögen aufeinander abgestimmt sein müssen, damit die Stiftung anerkennungsfähig ist, insbesondere eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet erscheint. Namentlich bei sog. Sammel- und Vorratsstiftungen stellt sich dabei, wie aufgezeigt wurde, das Problem, dass Stiftungszweck und Stiftungsorganisation im Verhältnis zum Stiftungsvermögen anfänglich nicht über- und später nicht unterdimensioniert sein dürfen (s. o. § 6 C.II.2., III.). Bei solchen Stiftungen kann hierfür freilich statutarische Vorsorge getroffen werden, weil der Erhalt von Zustiftungen ja von vornherein eingeplant ist. Wurde dieser Fall dagegen nicht bedacht und besteht die Gefahr, dass eine Zustiftung das Gleichgewicht zwischen Stiftungsvermögen, Stiftungszweck und Stiftungsorganisation stört, dann darf die Stiftung die Zustiftung nur annehmen, wenn anzunehmen ist, dass auch die hierfür erforderlichen Änderungen der Stiftungsverfassung von dem potentiellen Stifterwillen gedeckt sind. So verhält es sich bspw., wenn eine Zustiftung derart großzügig bemessen ist, dass sie über den Bedarf für die Verwirklichung des Stiftungszwecks hinausgeht. In diesem Fall bedarf es nämlich einer Zweckerweiterung, damit die Mittel sinnvoll verwendet werden können.49
III. Bewertung Nach allem kann somit festgehalten werden: Rechtlich betrachtet sind Kapitalerhöhungen bei der Stiftung, jedenfalls wenn der Stifter hierfür Vorsorge getroffen hat, wesentlich einfacher möglich als im Kapitalgesellschaftsrecht. Die beiden Hauptproblemkreise von Kapitalerhöhungen bei Kapitalgesellschaften, nämlich die Sicherung einer effektiven Kapitalaufbringung sowie die Verteilung der durch die Kapitalerhöhung neu entstehenden Mitgliedschaftsrechte (Problem der Beibehaltung bzw. Verschiebung der Beteiligungsverhältnisse), stellen sich hier grundsätzlich nicht. Das liegt zum einen an der mitgliederlosen Struktur der Stiftung. Daher besteht normalerweise weder ein Interesse an einer nicht werthaltigen Er___________ 47 BVerwG, StiftRspr. II, S. 89 ff. 48 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 99. 49 Vgl. o. § 6 Fn. 35 sowie u. B.II.
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höhung des Stiftungskapitals noch können sich Beteiligungsverhältnisse verschieben. Allerdings kann die Mitgliedschaft in einem Organ (Stifterversammlung) an die Leistung50 sowie die Stimmkraft des organschaftlichen Stimmrechts an die Höhe von Zuwendungen51 geknüpft werden mit der Folge, dass Zustiftungen ausnahmsweise Einfluss begründen und verändern können. In diesem Zusammenhang ist sogar eine Art schuldrechtlicher (nicht aber organisationsrechtlicher) Kapitalerhöhungsbeschluss in der Form denkbar, dass sich die Beteiligten gegenseitig zu Zustiftungen in bestimmter Höhe verpflichten, was allerdings gemäß § 518 BGB notarielle Form voraussetzen würde. Für die Folgen derartiger Gestaltungen Vorsorge zu treffen, ist jedoch Aufgabe des Stifters, der sie gewählt hat; denn welche Rechte und Pflichten den Organmitgliedern unter welchen Voraussetzungen zukommen, steht – in den (wenigen) durch zwingendes Recht gezogenen Grenzen – ganz zur seiner Disposition.52 Zum anderen ist die gesetzliche Konzeption der Kapitalaufbringung im Stiftungs- und Kapitalgesellschaftsrecht geradezu entgegensetzt. Während dort der reale Wert einer Einlage ihrem Nominalwert entsprechen muss, bemisst sich der Nominalwert einer Zuwendung hier nach ihrem realen Wert. Aufgrund des Nominalprinzips ist daher eine nicht werthaltige Einlage bei Kapitalgesellschaften geeignet, real eine Unterbilanz herbeizuführen oder zu vertiefen und damit die Gläubiger der Gesellschaft zu gefährden. Dagegen führt eine nicht werthaltige Zustiftung aufgrund der im Stiftungsrecht maßgeblichen materiellen Betrachtungsweise lediglich dazu, dass das Stiftungskapital unverändert bleibt. Eine Gläubigergefährdung geht hiervon nicht aus. So verhältnismäßig einfach also Kapitalerhöhungen bei Stiftungen rechtlich betrachtet sind, so verhältnismäßig groß sind die tatsächlichen Schwierigkeiten. Rechtlich betrachtet sind Kapitalerhöhungen aus Stiftungsmitteln (nominelle Kapitalerhöhungen) vor allem durch das sog. Admassierungsverbot Grenzen gesetzt, wohingegen Kapitalerhöhungen aus Drittmitteln (effektive Kapitalerhöhungen) nahezu unbegrenzt zulässig sind. Tatsächlich sind Zustiftungen jedoch schwer zu werben.53 Allerdings haben namentlich mittelständische Gesellschaften nicht selten gleichfalls erhebliche Schwierigkeiten bei der Eigenkapitalbildung und -beschaffung. So gesehen handelt ___________ 50 51 52 53
S. o. § 14.A.III. S. o. § 15 A.I.3. S. auch u. § 30. Zum Fundraising s. u. § 20 A.V., zu Public Relations für Stiftungen Kaehlbrandt in: Bertelsmann Handbuch, S. 475 ff., sowie schon Leisner in: Dt. Stiftungswesen 1966– 76, S. 101 ff.
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es sich, worauf Pöllath zu Recht hinweist,54 nicht um ein stiftungsspezifisches Problem. Tatsächlich hat die Untersuchung von Herrmann ergeben, dass die Eigenkapitalquote von Stiftungsunternehmen nur geringfügig schlechter ist als selbst diejenige von börsennotierten Gesellschaften.55 Stiftungsspezifisch ist jedoch, dass die Eigenkapitalgeber für gewöhnlich nicht nur keine Vermögensrechte haben – das ist beim Verein nicht anders –, sondern auch keine Mitwirkungsrechte. Und eben hier setzen moderne Stiftungskonzeptionen an wie sie sich bei Bürgerstiftungen finden. Überdies kann man darauf sinnen, die regelmäßig durch eine (Zu-)Stiftung bewirkte Endgültigkeit der Vermögenstrennung zu lockern, um dadurch den Entschluss potentieller Stifter zu erleichtern. Das wird sogleich (u. B. II.) zu untersuchen sein.
B. Herabsetzung des Stiftungskapitals Ebenso wie bei Kapitalerhöhungen kann man zwischen einer nominellen und effektiven Kapitalherabsetzung unterscheiden. Im ersten Fall wird ein bereits eingetretener Kapitalverlust lediglich satzungsmäßig nachvollzogen. Im zweiten Fall werden hingegen Einlagen teilweise zurückgewährt. Dergleichen ist auch im Stiftungsrecht denkbar.
I. Nominelle Kapitalherabsetzung Auch bei sorgfältiger Vermögensverwaltung ist die Stiftung nicht davor gefeit, Vermögensverluste zu erleiden. Als sicher geltende Vermögensanlagen können ihren Wert verlieren, ein Unternehmen, das die Stiftung betreibt oder an dem sie maßgeblich beteiligt ist, kann defizitär werden, politische Entscheidungen (Steuern) oder volkswirtschaftliche Fehlentwicklungen können ihr Vermögen mindern usw. Schließlich sind natürlich auch Fehlentscheidungen der Stiftungsorgane oder gar strafbare Handlungen gegen die Stiftung nicht auszuschließen. In all diesen Fällen hat die Stiftung aufgrund des Werterhaltungsgebots zunächst zu versuchen, die entstehenden Verluste zu begrenzen. U. U. hat sie sich dabei sogar von Vermögensgegenständen oder -gesamtheiten zu trennen, die nach den Anordnungen des Stifters grundsätzlich unveräußerlich sind.56 Des Weiteren hat die Stiftung aufgrund des Werterhaltungsgebots zu ___________ 54 Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 37 Rdnr. 47. 55 Herrmann in: IDW, Stiftungen, 127, 148. 56 S. o. § 17 C.I.4.
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versuchen, entstandene Fehlbeträge durch die Ansammlung von Erträgen auszugleichen. Solange dies nicht geschehen ist, besteht grundsätzlich eine Ausschüttungssperre, bei gemeinnützigen Stiftungen allerdings nur in den Grenzen des § 58 Nr. 7 lit. a AO.57 Bei steuerlich nicht privilegierten Stiftungen kann die Ausschüttungssperre allerdings dazu führen, dass eine aktive Verfolgung des Stiftungszwecks auf absehbare Zeit nicht möglich ist. Und bei steuerlich privilegierten Stiftungen bedeutet dies, dass das verlorene Stiftungskapital i. d. R. nicht wiederhergestellt werden kann. Beides aber widerspricht in gewissem Maße dem mutmaßlichen Stifterwillen wie er auch im Gesetz zum Ausdruck kommt, der nämlich regelmäßig einerseits darauf gerichtet ist, den Stiftungszweck kontinuierlich zu verfolgen,58 und andererseits das Stiftungskapital ungeschmälert zu erhalten,59 um dadurch den Bestand der Stiftung dauerhaft zu sichern60. Bei nicht steuerlich privilegierten Stiftungen61 wird daher folgende Verfahrensweise empfohlen: Um die entstandene Unterbilanz und damit die Ausschüttungssperre zu beseitigen, beschließen die für Grundlagenänderungen zuständigen Stiftungsorgane einerseits eine nominelle Kapitalherabsetzung auf den tatsächlich noch vorhandenen Betrag des Stiftungskapitals.62 Im Gegensatz zu einer nominellen Kapitalherabsetzung im Kapitalgesellschaftsrecht geschieht dies freilich nicht durch die satzungsmäßige Festsetzung eines bestimmten Betrages, um den das Stiftungskapital vermindert wird; denn das Stiftungskapital ist, wie oben (A.I.2.) dargelegt wurde, anders als das Grund- oder Stammkapital einer AG bzw. GmbH für gewöhnlich kein ziffernmäßig festgelegter, materieller Bestandteil der Stiftungsverfassung. Materieller Bestandteil der Stiftungsverfassung ist indes das Gebot, den Wert des Stiftungskapitals ungeschmälert zu erhalten. Die Stiftungssatzung kann jedoch Abweichendes vorsehen (s. o. § 17 C.II.). Soll also die Ausschüttungssperre beseitigt werden, können die zuständigen Stiftungsorgane die Satzung dahingehend ändern, dass ein bestimmter Teil des Stiftungskapitals zum Verbrauch frei___________ 57 S. o. § 17 C.I.3. 58 Vgl. Art. 13 S. 1 BayStiftG, §§ 7 Abs. 3 S. 1 BreStiftG, 4 Abs. 3 HbgStiftG, 6 Abs. 3 HeStiftG, 10 Abs. 1 MVStiftG, 6 Abs. 2 S. 1 NdsStiftG, 4 Abs. 3 NRWStiftG, 7 Abs. 3 RPStiftG, 6 Abs. 2 S. 1 SaarStiftG, 4 Abs. 3 S. 1 SHStiftG und dazu o. A.I.1. 59 Vgl. §§ 10 Abs. 3 Hs. 2 BbgStiftG, 7 Abs. 4 Hs. 2 BreStiftG, 10 Abs. 3 Hs. 2 MVStiftG, 8 Abs. 3 Hs. 2 NRWStiftG, 15 Abs. 3 Hs. 2 RPStiftG, und dazu o. § 17 C.I.2. 60 Vgl. auch § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB. 61 Bei steuerlichen privilegierten Stiftungen kann die Grenze des § 58 Nr. 7 lit. a AO dagegen durch Gestaltungsmaßnahmen nicht überwunden werden, zur Kritik s. o. Fn. 22. 62 Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 116.
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gegeben wird oder – anders gewendet – nur noch ein bestimmtes Mindestkapital in seinem Wert ungeschmälert zu erhalten ist. Dieses neu festgesetzte Mindestkapital wird dadurch materieller Satzungsbestandteil. Andererseits schreiben die zuständigen Stiftungsorgane in der Satzung den Betrag des vormals vorhandenen Stiftungskapitals als Zielkapital fest. Dadurch ermöglichen sie (gemessen an dem neuen Mindestkapital) reale Kapitalerhöhungen im Wege der Innenfinanzierung bis zum Erreichen dieses Zielbetrages, setzen also insoweit das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot außer Kraft. Zudem wird das Erreichen dieses Zielbetrages gleichsam zum auflösend bedingten Hauptzweck der Stiftung neben ihrem eigentlichen Zweck. Überdies sollte ein Verhältnis zwischen Thesaurierung und Ausschüttung statutarisch festgelegt werden, das bis zum Erreichen dieses Ziels einzuhalten ist (bspw. 80:20). Erreicht ist dieses Ziel freilich nicht schon dann, wenn der Nominalbetrag des Zielkapitals wieder aufgefüllt wurde, sondern erst dann, wenn das Zielkapital in seinem realen Wert erhalten ist. Der Vorteil dieser Verfahrensweise – also einer nominalen Kapitalherabsetzung verbunden mit der Ermächtigung zu einer realen Kapitalerhöhung aus Stiftungsmitteln – ist zum einen, dass sie dem mutmaßlichen Stifterwillen am ehesten gerecht wird und zum anderen rechtlich geordnet ist und dabei den Stiftungsorganen klare Ziele und Wege vorgibt.
II. Effektive Kapitalherabsetzung Im Kapitalgesellschaftsrecht können die Gesellschafter durch Satzungsänderung beschließen, sich Teile des Grund- bzw. Stammkapitals zurückzahlen zu lassen. Der Gesetzgeber des 19. Jahrhunderts sah dies als eine Art Teilliquidation an.63 Und auch heute noch gelten liquidationsähnliche Regelungen für die Durchführung einer solchen effektiven Kapitalherabsetzung, vgl. §§ 222 ff. AktG, 58 GmbHG. Zu Recht; denn durch die Ausschüttung gebundenen Eigenkapitals wird der durch das Eigenkapital bewirkte Gläubigerschutz verkürzt. Freilich ist eine effektive Kapitalherabsetzung sowohl im Aktien- als auch im GmbH-Recht selten. Und im Stiftungsrecht ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Stifter eine Rückzahlung des Grundstockvermögens oder Zustiftungen verlangen können, nur in Teilaspekten diskutiert. Festgehalten werden kann Folgendes: ___________ 63 Vgl. Art. 248 ADHGB i. d. F. von 1884.
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Nach ganz herrschender Ansicht kann der Stifter das Stiftungsgeschäft unter den Voraussetzungen der §§ 119 ff. BGB anfechten und sodann das Grundstockvermögen nach den Regeln der §§ 812 ff. BGB zurückfordern.64 Das gilt auch, wenn das Stiftungsgeschäft aus anderen Gründen unwirksam bzw. nichtig ist.65 Eine Rückforderung ist ferner möglich, wenn § 528 BGB eingreift. Richtigerweise ist die Vorschrift jedoch nicht auf das Zuwendungsversprechen,66 sondern lediglich auf Zustiftungen anwendbar, und das auch nur, wenn die Zustiftung nicht bereits im Stiftungsgeschäft vorgesehen oder sonst zur Grundlage der Anerkennung geworden ist.67 Soweit Schenkungsrecht eingreift, steht es allerdings (mit Ausnahme von §§ 518, 533 BGB) zur Disposition der Parteien. Im Schenkungsvertrag über eine Zustiftung können daher nicht nur die Voraussetzungen des § 528 BGB abgeändert, sondern auch weitere Gründe für eine Rückforderung vorgesehen werden. Freilich: Solche Rückforderungen haben außer ihrem Ergebnis, nämlich der Rückzahlung von Eigenkapital, wenig Ähnlichkeit mit einer effektiven Kapitalherabsetzung im Kapitalgesellschaftsrecht. Immerhin zeigen sie jedoch in einem ersten Schritt, dass zumindest unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückzahlung von Stiftungskapital verlangt werden kann. In einem zweiten Schritt hat man sich zu vergegenwärtigen, dass der Stifter in der Stiftungssatzung nach seinem Belieben Aufhebungsgründe vorsehen68 und sich zum Anfallberechtigten bestimmen kann69. Das ist ebenfalls weitgehend unstreitig. Nach hier vertretener Ansicht kann sich der Stifter sogar das Recht vorbehalten, das Stiftungsgeschäft zu widerrufen70 oder die Stiftung nach freiem Ermessen aufzuheben.71 Wird die Stiftung aufgehoben, so ist sie nach § 88 i. V. m. §§ 46 ff. BGB zu liquidieren und das Restvermögen (der Liquidationserlös) an die Anfallberechtigten auszukehren (näher u. § 27). Kann aber der Stifter bestimmte Aufhebungsgründe vorsehen oder sogar die Aufhebung der Stiftung in sein Ermessen stellen und sich zum Anfallbe___________ 64 H. M., statt anderer Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 5, 30 a. E., § 87 Rdnr. 4; Ebersbach, Handbuch, S. 47 f.; teilweise a. A. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 6, der das Anfechtungsrecht auf das Zuwendungsversprechen begrenzen will. 65 Näher u. § 26 A.I.1.c. 66 Näher u. § 24 A.II. 67 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 99, § 82 Rdnr. 3. 68 S. u. § 26 A.II. 69 S. o. § 16 A.II.2. 70 S. u. § 26 A.III.3. 71 S. o. § 13 A.II.4. und u. § 26 A.II.3.b.
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rechtigten bestimmen, dann ist unter denselben Voraussetzungen auch eine Teilaufhebung als wesensgleiches Minus mit der Folge zulässig, dass der von der Aufhebung betroffene Teil des Stiftungsvermögens an den Stifter zurückfällt.72 Eine quotenmäßige Teilaufhebung kennt das Gesetz allerdings zu Recht nicht; denn dies wäre ganz und gar unpraktikabel. Indes kann man entsprechend den eingangs erwähnten Vorstellungen des historischen Gesetzgebers eine effektive Kapitalherabsetzung als eine Art summenmäßige Teilaufhebung betrachten, aufgrund derer Stifter nicht die Rückzahlung eines (quotalen) Anteils des (gesamten) Stiftungsvermögen, sondern nur die Rückzahlung eines betragsmäßig bestimmten Teils des von ihnen gestifteten Grundstockvermögens erreichen können. Zugunsten der Destinatäre kann im wirtschaftlichen Ergebnis dasselbe erreicht werden, indem der Stifter einen Teil des Stiftungsvermögens unter bestimmten Voraussetzungen oder aufgrund eines Beschlusses der Destinatäre (vgl. o. § 13 A.II.4.) zum Verbrauch freigibt.73 Schließlich kann ein solches Recht kraft Gesetzes, nämlich in analoger Anwendung des § 87 Abs. 1 BGB74 dann entstehen, wenn das Stiftungskapital (z. B. infolge von Vermögensumschichtungen) derart angewachsen ist, dass der Zweck im Verhältnis zum Vermögen unterdimensioniert ist und die Stiftung daher ihre Erträge über das steuer- und stiftungsrechtlich zulässige Maß hinaus (dazu o. § 18 A.I.1.) zu thesaurieren gezwungen wäre. In solchen Fällen75 haben nämlich die Stiftungsorgane und die Stiftungsaufsicht zu prüfen, ob dem Willen des Stifters statt durch eine Zweckerweiterung (so noch ausdrücklich § 22 Abs. 1 RPStiftG a. F.) nicht besser durch eine „Teilaufhebung“ mit Ausschüttung des überflüssigen Teils des Stiftungskapitals an den oder die Anfallberechtigten entsprochen wird. Selbstverständlich kann der Stifter auch dahingehende Anordnungen in der Satzung treffen. Allerdings ist eine Auszahlung eines Teils des Stiftungskapitals unter Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht unbedenklich, weswegen das Kapital___________ 72 Dahingehend auch Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 42 Rdnr. 4 m. w. Nw. 73 Beispiel: Der Stifter gründet eine Familienstiftung mit einem Grundstockvermögen von 10 Mio. Euro und bestimmt, dass ein Teil dieses Betrages unter bestimmten Voraussetzungen oder auf Beschluss einer Familienversammlung an die Destinatäre auszukehren ist. 74 S. dazu MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 15, § 87 Rdnr. 5. 75 Das gleiche gilt im umgekehrten Fall, nämlich wenn nicht das Stiftungskapital angewachsen, sondern der Stiftungszweck partiell unmöglich geworden oder auf andere Weise gleichsam „geschrumpft“ ist, so dass die Stiftungserträge teilweise keine zweckgerechte Verwendung mehr finden.
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§ 18 Kapitalmaßnahmen
gesellschaftsrecht bei einer effektiven Kapitalherabsetzung, wie gesagt, ein liquidationsähnliches Verfahren vorsieht. Im Stiftungsrecht sind dementsprechend die § 88 S. 2 i. V. m. §§ 50–53 BGB analog heranzuziehen. Sieht die Stiftungssatzung vor, dass der Stifter oder die Destinatäre (bei Vorliegen bestimmter Gründe) die Rück- bzw. Auszahlung eines Teils des Grundstockvermögens verlangen (bzw. genauer: beschließen) können, so darf daher insbesondere eine Auszahlung an sie erst nach Ablauf eines Jahres nach Bekanntmachung dieses Beschlusses und nach Befriedigung oder Sicherung aller Gläubiger erfolgen, welche sich hieraufhin gemeldet haben oder der Stiftung sonst bekannt sind. Nachdem der Beschluss eine Art Teilaufhebung der Stiftung zur Folge hat, sind die für (qualifizierte) Grundlagenänderungen geltenden Vorschriften anwendbar. Der Beschluss bedarf daher insbesondere der Genehmigung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde. Dabei wird die Behörde, um einer nachträglichen Unterkapitalisierung vorzubeugen, insbesondere zu prüfen haben, ob eine Erfüllung des Stiftungszwecks trotz der Verminderung des Stiftungskapitals weiterhin gesichert erscheint. Ist das nicht der Fall, so ist die Genehmigung von einer entsprechenden Anpassung des Stiftungszwecks (und ggf. der Stiftungsorganisation) abhängig zu machen. Ist eine solche Anpassung nicht zulässig (oder gewünscht), so ist die Genehmigung zu verweigern. Unter den hierfür bestehenden besonderen Voraussetzungen zulässig ist dann nur die Aufhebung der Stiftung. Unproblematisch genehmigungsfähig ist hingegen eine Kapitalherabsetzung, soweit das Stiftungsvermögen oder die Stiftungserträge ohnehin nicht mehr für die Verwirklichung des Stiftungszwecks benötigt werden. In einem solchen Fall ist nur zu prüfen, ob eine Zweckerweiterung dem Stifterwillen nicht eher gerecht wird als eine Auskehrung des nicht mehr benötigten Teils des Stiftungsvermögens an den oder die Anfallberechtigten.
III. Bewertung Wiewohl die kapitalgesellschaftsrechtlich geprägten Begriffe einer sog. nominellen und effektiven Kapitalherabsetzung im Stiftungsrecht nicht recht passen, können doch vergleichbare Maßnahmen auch hier zulässig und sinnvoll sein. Für eine effektive Kapitalherabsetzung, also die Rück- bzw. Auszahlung eines Teils des Grundstockvermögens an den Stifter oder die Destinatäre sind allerdings grundsätzlich dahingehende Bestimmungen in der Stiftungssatzung Voraussetzung. Dagegen folgt eine nominelle Kapitalherabsetzung im Sinne einer Senkung des in seinem Bestand ungeschmälert zu 509
Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
erhaltenden Stiftungskapitals der Notwendigkeit, bei erheblichen Kapitalverlusten die Ausschüttungssperre zu beseitigen und auf diese Weise einen länger anhaltenden Stillstand der Stiftungstätigkeit zu vermeiden.
C. Zusammenfassung Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass das Stiftungskapital bei einer entsprechenden satzungsmäßigen Vorsorge des Stifters ebenso flexibel ist wie das Grund- bzw. Stammkapital einer AG oder GmbH. Diese Feststellung darf jedoch nicht über die erheblichen rechtlichen Unterschiede zwischen diesen Vorgängen hinwegtäuschen. Überdies stehen der Einwerbung frischen Kapitals erhebliche tatsächliche Schwierigkeiten gegenüber. Als nächstes ist daher der Frage nachzugehen, inwieweit der Finanzbedarf der Stiftung durch Fremdkapital gedeckt werden kann.
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§ 19 Finanzierung durch Fremdkapital Eine Außenfinanzierung der Stiftung ist, außer durch Eigenkapital in Form von Zuwendungen seitens des Stifters oder Dritter, auch durch Fremdkapital möglich.1 Zuständig für die Fremdfinanzierung der Stiftung, also insbesondere für die Aufnahme von Darlehen, ist, da es sich um Maßnahmen der Geschäftsführung und Vertretung handelt, grundsätzlich der Stiftungsvorstand. Ggf. kann ein anderes Stiftungsorgan (z. B. ein Kontrollorgan für Kredite ab einer bestimmten Größenordnung) aufgrund der Stiftungssatzung mitwirkungsbefugt sein. Überdies bestehen nach Landesrecht vereinzelt Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Stiftungsaufsichtsbehörde.2 Die Stiftungsorgane entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei besteht grundsätzlich hinsichtlich der Finanzierungsformen und -methoden Wahlfreiheit. Zu unterscheiden ist insbesondere zwischen einer kurz-, mittel- und langfristigen Fremdfinanzierung. Bei Stiftungen überwiegen langfristige Finanzierungen.3 Die Unterscheidung hat nicht nur tatsächliche und kaufmännische Bedeutung. Vielmehr können dem Kreditgeber im Einzelfall aufgrund einer Dauerrechtsbeziehung sowie aufgrund besonderer Informations- und Einflussmöglichkeiten auch besondere Pflichten erwachsen. Die Einzelheiten sind freilich streitig und wenig geklärt.4 Das bedarf hier keiner näheren Erörterung, da stiftungsrechtliche Besonderheiten nicht ersichtlich sind. Für eine Fremdfinanzierung kommen grundsätzlich alle aus dem allgemeinen Zivilrecht bekannten Möglichkeiten in Betracht, angefangen bei der Stundung von Forderungen über Abzahlungs- und Leasinggeschäfte, Bankdarlehen bis hin zur Begebung von Schuldverschreibungen, §§ 793 ff. BGB5. Auch hinsichtlich einer Besicherung gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln. Insofern ist nur zu beachten, dass Vermögensgegenstände, die nach der Stiftungssatzung nicht veräußert werden dürfen, grundsätzlich auch nicht zur Sicherheit übereignet oder (etwa durch ein Grundpfandrecht) belastet werden dürfen. ___________ 1 S. hierzu auch Bernd, Unternehmen, Rdnr. 1749 ff. 2 Art. 27 Abs. 2 Nr. 1 BayStiftG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 BWStiftG; s. ferner § 9 Abs. 1 Nr. 3 SHStiftG; zur Bedeutung solcher Zustimmungsvorbehalte s. o. § 10 B.II.2. 3 Vgl. Herrmann in: IDW, Stiftungen, S. 127, 148. 4 S. nur K. Schmidt, GR, S. 522 m. w. Nw. 5 Vgl. Neuhoff, Unternehmenskapital, S. 190; Schiffer/v. Schubert, BB 2002, 265, 266; Kronke, Stiftungstypus, S. 244, jew. m. Beispielen aus der Praxis und w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
A. Grenzen der Finanzierung durch Fremdkapital Grenzen einer Finanzierung der Stiftung durch Fremdkapital und der Verwendung der auf diese Weise aufgenommenen Mittel ergeben sich in erster Linie aus dem hier sog. Unterbilanzverbot (s. o. § 17 C.I.1.). Danach dürfen die Verbindlichkeiten der Stiftung einschließlich von Rückstellungen nicht dauerhaft ihre Aktiva abzüglich des Stiftungskapitals überschreiten. Anders gewendet darf sich ihr Reinvermögen (Aktiva minus echte Passiva) auf Dauer nicht vermindern. Freilich führt die Aufnahme von Fremdkapital nicht notwendigerweise zu einer Verminderung des Reinvermögens, da dem Entstehen der Verbindlichkeit ein entsprechender Mittelzufluss gegenübersteht. Vermögensmindernd wirken jedoch Zinszahlungen und sonstige Gegenleistungen für die Kapitalüberlassung. Weit bedeutsamer ist überdies, wie das Fremdkapital verwendet wird. Solange es nicht verausgabt oder für dauerhaft gleichwertige Aktiva aufgewendet wird, vermindert sich nämlich das Reinvermögen nur um die genannten Gegenleistungen, so dass darüber hinaus „lediglich“ Liquiditätsschwierigkeiten und Veräußerungsverluste entstehen können. Wird das Fremdkapital dagegen für zeitlich nur begrenzt nutzbare Vermögensgegenstände verausgabt, so entstehen Abschreibungsverluste, die nur teilweise durch spätere Veräußerungsgewinne wieder ausgeglichen werden können. Und würde das Fremdkapital schließlich für zum Verbrauch bestimmte Güter, laufende Kosten wie Löhne und Gehälter oder gar für Ausschüttungen verwendet, so flösse der Stiftung keine bzw. keine aktivierbare bzw. eine nur kurzzeitig aktivierbare Gegenleistung zu, so dass hernach unmittelbar eine Vermögensminderung einträte. Dies muss zwar nicht zugleich eine (dauerhafte) Verminderung des Reinvermögens zur Folge haben, da ein (späterer) Ausgleich durch Erträge möglich ist. Gleichwohl wird das Reinvermögen hierdurch zumindest gefährdet. Für konsumtive Ausgaben darf Fremdkapital daher nur zu einer kurzfristigen Zwischenfinanzierung, also für die Überwindung von Liquiditätsengpässen verwendet werden. Allgemein gewendet bedeutet dies, dass Fremdkapital außer für dauerhaft gleichwertige Wirtschaftsgüter stets nur zu Zwecken der Vorfinanzierung eingesetzt werden darf. Überdies muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass der Schuldendienst (Zinsen und Tilgung) aus den Stiftungserträgen (einschließlich von Veräußerungserlösen) finanziert werden kann, so dass keine dauerhafte Unterbilanz entsteht. Schließlich dürfen die Stiftungserträge hierdurch nicht derart vermindert werden, dass eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gefährdet wird. Letzteres betrifft vor allem Stiftungen, bei denen nicht das Vermögen, sondern dessen Erträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks dienen. Allerdings haben diese typischerweise auch einen ge512
§ 19 Finanzierung durch Fremdkapital
ringeren Bedarf nach Fremdkapital. Insofern ist die Beobachtung von Neuhoff zutreffend, wonach Verbindlichkeiten bei Kapitalstiftungen „so etwas wie ein Fremdkörper sind“.6 Bei Beachtung vorstehender Grundsätze sind aber auch Kapitalstiftungen nicht gehindert, beispielsweise die Förderung eines bestimmten Projekts mit Fremdkapital vorzufinanzieren.
B. Partiarische Rechtsverhältnisse I. Allgemein Fraglich ist des Weiteren, ob das Eingehen von partiarischen Rechtsverhältnissen, also von Verbindlichkeiten, deren Gegenleistung vollständig oder teilweise in einer Beteiligung an dem Überschuss der Stiftung besteht, stiftungsrechtlich zulässig ist. Auf den ersten Blick scheint dem die Zweckbindung des Stiftungsvermögens und seiner Erträge entgegenzustehen.7 Indes handelt es sich nur um eine besondere Form der Entgeltregelung.8 Unzweifelhaft aber dürfen die Einnahmen der Stiftung stets auch zur Deckung des Verwaltungsaufwandes verwendet werden,9 wozu auch Finanzierungskosten zählen. Voraussetzung für die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung ist allerdings, dass die Stiftungstätigkeit überhaupt auf die Erzielung eines Gewinns gerichtet ist. Dem steht freilich nicht schon eine eventuelle Gemeinnützigkeit der Stiftung entgegen. Auch ein satzungsindizierter Verzicht auf Gewinnmaximierung schließt eine Gewinnbeteiligung im Allgemeinen nicht aus,10 lässt aber diese Art der Entgeltregelung für den Vertragspartner möglicherweise weniger attraktiv erscheinen. Im Übrigen ist zu beachten, dass die Gewinnbeteiligung als Gegenleistung ihrer Höhe nach angemessen sein muss, andernfalls der Abschluss einer solchen Vereinbarung mit der Folge pflichtwidrig ist, dass die hieran mitwir___________ 6 7 8 9 10
Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 15. Vgl. Stengel, Personengesellschaft, S. 79 f. Statt anderer Palandt/Sprau, BGB, § 705 Rdnr. 9. Statt aller Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 103; näher u. § 20 B.I. Vgl. zu der vergleichbaren Diskussion über die Zulässigkeit von stillen Beteiligungen an Genossenschaften Blaurock, Stille Gesellschaft, Rdnr. 5.22 f.; Hadding, ZIP 1984, 1295 ff. jew. m. w. Nw.; an Anstalten des öffentlichen Rechts im Allgemeinen Olaf Schmidt, DSL-Bank-Modell, S. 163 ff.; zu Sparkassen im Besonderen Blaurock, Stille Gesellschaft, Rdnr. 205, jew. m. w. Nw. Problematisch ist in diesem Fall allerdings die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung zugunsten von Organmitgliedern (sog. Tantiemen); vgl. hierzu – die Zulässigkeit im Sparkassenrecht bejahend – OVG Münster, DVBl. 1980, 70; krit. dagegen die Literatur, etwa Horbach, Sparkasse 1980, 44, 47; Heinevetter, SparkG NRW, § 17 Anm. 3.42; Schlierbach, SparkassenR, S. 69 f.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
kenden Organmitglieder der Stiftung bei erkennbarer Unangemessenheit zum Schadensersatz verpflichtet sind. Überdies kann der Vertrag wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam sein. Dabei ist für die Angemessenheit nicht nur die anteilige Höhe der Gewinnbeteiligung, sondern auch die von den Parteien vereinbarte Methode der Gewinnermittlung bzw. – allgemein gewendet – die Bezugsgröße entscheidend. Schließlich darf die Vereinbarung von Gewinnbeteiligungen nicht dazu führen, dass die Stiftungserträge derart vermindert werden, dass eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gefährdet wird.
II. Stille Beteiligung an der Stiftung11 Bestehen somit keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Einräumung einer Gewinnbeteiligung, so ist dennoch zweifelhaft, ob auch eine stille Beteiligung an einer Stiftung zulässig ist, und zwar sowohl aus handels- als auch aus stiftungsrechtlicher Sicht. 1. Handelsrechtlich ist dies zweifelhaft, weil § 230 Abs. 1 HGB seinem Wortlaut nach die Beteiligung an einem Handelsgewerbe voraussetzt. Nach herrschender Meinung ist daher eine stille Beteiligung (i. e. S.) nur an einem Handelsgeschäft möglich.12 Indes handelt es sich bei stillen Gesellschaften lediglich um einen gesetzlich besonders geregelten Typus einer (schuldrechtlichen Innen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zu Recht ist daher allgemein anerkannt, dass die Vertragsfreiheit auch die Begründung von stillen Beteiligungen (i. w. S.) an Nichthandelsgeschäften und auch an Nichtunternehmen erlaubt.13 Voraussetzung ist allein eine – wenn auch möglicherweise beschränkte – Gewinnerzielungsabsicht, wobei es ausreicht, wenn diese Absicht bloßes Mittel zur Verfolgung anderweitiger Zwecke (s. o. § 5 A.I.) ist. Soweit dies dem Parteiwillen entspricht oder dies der Gläubigerschutz gebietet (§ 136 InsO)14, finden auf eine solche stille Gesellschaft bürgerlichen ___________ 11 Zu der – umgekehrten – Frage der Zulässigkeit einer stillen Beteiligung der Stiftung an einer Handelsgesellschaft s. Fasselt, Beteiligungsstiftung, S. 139 ff. m. w. Nw.; Neuhoff, DB 1987, Beil. 10, S. 4, sowie zu der funktional ähnlichen Konstruktion einer Stiftung & Co. u. § 29.A.III. 12 Statt anderer Blaurock, Stille Gesellschaft, 1.27, 5.10 ff. Nach K. Schmidt, GR, S. 1840 ff. kommt es dagegen auf den Betrieb eines Unternehmens an. Der Unterschied der Auffassungen zeigt sich insbesondere bei nichtunternehmerischen Formkaufleuten und bei nichtkaufmännischen Unternehmen. 13 Statt anderer Blaurock, Stille Gesellschaft, Rdnr. 5.20, 364 f.; Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rdnr. 1 m. w. Nw. 14 A. A. insoweit Blaurock, Stille Gesellschaft, Rdnr. 5.27; im Ergebnis wie hier, aber noch weitergehender K. Schmidt, GR, S. 522 f., jew. m. w. Nw.
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§ 19 Finanzierung durch Fremdkapital
Rechts die §§ 230 ff. HGB entsprechende und die §§ 705 ff. BGB vorrangige Anwendung. 2. Aus stiftungsrechtlicher Sicht hält Stengel die stille Beteiligung an einer Stiftung für grundsätzlich unzulässig, weil die Stiftung ihre Erträge ungeteilt für den Stiftungszweck einsetzen müsse.15 Allein der Stifter könne Gegenteiliges bestimmen. Indes wurde soeben bereits ausgeführt, dass die Einnahmen der Stiftung stets auch zur Deckung des Verwaltungsaufwandes verwendet werden dürfen und daher gegen eine Gewinnbeteiligung als besonderer Form der Entgeltregelung grundsätzlich keine Bedenken bestehen. Das Problem liegt vielmehr an anderer Stelle: Der Unterschied zwischen einem partiarischen Darlehen und einer stillen Beteiligung besteht darin, dass bei einer stillen Beteiligung der Betrieb des Geschäfts des Inhabers zum gemeinsamen Zweck der stillen Gesellschaft wird.16 Daraus folgt, dass der Geschäftsinhaber den Betrieb so zu führen hat, wie es dem gemeinsamen Interesse des Geschäftsinhabers und des Stillen entspricht. Handelt es sich bei dem Geschäftsinhaber um einen Verband, so bedeutet dies, dass das Interesse des Stillen neben das gemeinsame Interesse der Verbandsmitglieder des Geschäftsinhabers tritt.17 Hierdurch findet zwar auf Seiten des Geschäftsinhabers kein Interessenumbruch wie bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages statt, und zwar auch dann nicht, wenn dem Stillen atypischerweise ein Weisungsrecht oder Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden; denn zum einen ist die Verpflichtung auf das Interesse der stillen Gesellschaft entsprechend der Rechtsnatur der Gesellschaft rein schuldrechtlicher und nicht organisationsrechtlicher Natur, auch wenn eine atypische stille Gesellschaft organisationsrechtlichen Charakter annehmen kann.18 Organisationsrechtlich bleibt der Verband daher in seinen Entscheidungen frei und die Verantwortlichkeit seiner Organe unberührt. ___________ 15 Stengel, Personengesellschaft, S. 79 f.; a. A. dagegen Brandmüller/Lindner, Stiftungen, S. 73; Berndt, Unternehmen, Rz. 1748. 16 Vgl. Gehrlein in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 230 Rdnr. 70; Staub/Zutt, HGB, § 230 Rdnr. 21 ff. Tatsächlich kann die Abgrenzung freilich schwierig sein, s. MünchKomm/K. Schmidt, HGB, § 230 Rdnr. 54 ff. m. umf. Nw. Das ändert jedoch nichts an der grundlegenden Unterscheidung. Trotz seiner beachtlichen Argumente abzulehnen ist daher die Ansicht von Schön, ZGR 1993, 210 ff., wonach partiarische Darlehen stets als stille Beteiligungen zu behandeln seien. 17 Vgl. Gehrlein in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 230 Rdnr. 40, und Staub/Zutt, HGB, § 230 Rdnr. 85, die meinen, das Interesse der stillen Gesellschaft ginge dem Verbandsinteresse vor. Das dürfte im Ergebnis mit der hier vertretenen Meinung übereinstimmen, weil die Interessen der Stillen Gesellschaft durch das Interesse des Geschäftsinhabers einerseits und das Interesse des Stillen andererseits bestimmt werden. 18 Vgl. MünchKomm/K. Schmidt, HGB, § 230 Rdnr. 18.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Und zum anderen darf der Stille – anders als das herrschende Unternehmen bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages – auch wenn ihm ein Weisungsrecht eingeräumt ist, sein Interesse nicht ohne Rücksicht auf das Interesse des Geschäftsinhabers durchsetzen, andernfalls er gegen seine Treupflicht19 verstieße. Das gilt freilich auch umgekehrt für den Geschäftsinhaber. Handelt es sich bei dem Geschäftsinhaber um einen Verband, wird daher das Verbandsinteresse durch das Interesse der stillen Gesellschaft teilweise faktisch überlagert. Der Verband ist in seinen Entscheidungen nicht mehr frei,20 sondern hat stets die Interessen der stillen Gesellschaft und damit auch die Interessen des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen. Im Normalfall der stillen Beteiligung an einem Handelsgeschäft besteht allerdings regelmäßig ein Interessengleichlauf zwischen dem Verbandsinteresse und den Interessen des stillen Gesellschafters. Anders kann dies jedoch sein, wenn der Verband nicht ausschließlich erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt. Und eben hier liegt das Problem der stillen Beteiligung an einer Stiftung. Zu bedenken ist freilich des Weiteren, dass ja nicht nur der Geschäftsinhaber auf die Interessen des Stillen, sondern eben auch der Stille auf die Interessen des Geschäftsinhabers Rücksicht zu nehmen hat. Beteiligt er sich an einem nicht ausschließlich erwerbswirtschaftlichen Unternehmen, muss er daher wissen, worauf er sich einlässt und darf nicht erwarten, dass der Geschäftsinhaber fortan nur noch auf Gewinnmaximierung sinnt. Vielmehr besteht der Zweck der stillen Gesellschaft in dem Betrieb des Geschäfts des Inhabers wie der Stille es vorfindet. Eben deshalb werden die Interessen des Geschäftsinhabers durch das Interesse der stillen Gesellschaft nur teilweise überlagert. Eben deshalb bedürfen aber auch wesentliche Änderungen des Geschäftsbetriebs des Inhabers der Zustimmung des Stillen.21 Derartige Verpflichtungen können sich freilich auch aus einem gewöhnlichen Darlehensvertrag ergeben. Gleichwohl ist die Interessenbindung bei einem Darlehen weniger weitreichend als bei einer stillen Beteiligung; denn bei einer stillen Beteiligung wird das Geschäft des Inhabers, wie gesagt, im Interesse der stillen Gesellschaft geführt. Doch wird sich dieser Unterschied bei einer typischen stillen Beteiligung vielfach nicht auswirken. Und deswegen kann im Ergebnis auch der herrschenden Meinung gefolgt werden, wonach auf Seiten des Geschäftsinhabers außerhalb des Aktienrechts (§ 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG) nur der Abschluss eines atypischen stillen Gesellschafts___________ 19 Zur Treupflicht der Gesellschafter einer stillen Gesellschaft s. etwa Staub/Zutt, HGB, § 230 Rdnr. 70; Gehrlein in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 230 Rdnr. 35. 20 S. etwa MünchKomm/K. Schmidt, HGB, § 230 Rdnr. 137; Staub/Zutt, HGB, § 230 Rdnr. 85 ff. 21 K. Schmitt und Zutt, wie vor.
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vertrags nicht von der Vertretungsmacht des Geschäftsführungsorgans gedeckt ist.22 Aus diesen Gründen wird man daher auch bei der Stiftung den Abschluss eines typischen stillen Gesellschaftsvertrags als grundsätzlich zulässig und von der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands als gedeckt anzusehen haben. Ob es darüber hinaus intern der Zustimmung weiterer Stiftungsorgane bedarf, hängt von der Ausgestaltung der Organisationsverfassung der Stiftung ab. Verfügt die Stiftung über ein eigenständiges Aufsichts- oder Willensbildungsorgan, wird dies regelmäßig erforderlich sein.23 Schließlich sei darauf hingewiesen, dass selbstverständlich die allgemeinen Grenzen für die Aufnahme von Fremdkapital (o. A.) und für die Einräumung von Gewinnbeteiligungen (o. B.I.) einzuhalten sind. Bei bloßen Kapitalstiftungen wird die Einräumung einer stillen Beteiligung daher kaum jemals gerechtfertigt sein. 3. Werden dem Stillen kommanditistenähnliche Vermögens- und/oder Mitverwaltungsrechte eingeräumt, so hat ein solcher atypischer stiller Gesellschaftsvertrag trotz seiner schuldrechtlichen Rechtsnatur organisationsrechtlichen Charakter; denn wiewohl solche Rechte die Stiftung nur schuldrechtlich verpflichten und nicht organisationsrechtlich binden, sind sie dazu geeignet und bestimmt, auf die Organisations- und Finanzverfassung der Stiftung faktisch einzuwirken. Zur Wirksamkeit eines atypischen stillen Gesellschaftsvertrags bedarf es daher bei der Stiftung der Einhaltung des für Grundlagenänderungen geltenden Verfahrens.24 Soll der Stille beispielsweise (schuldrechtlich) an dem Vermögen der Stiftung beteiligt werden, so kann dies in Konflikt geraten mit dem Grundsatz einer ungeschmälerten Erhaltung des Stiftungskapitals. Dieser Grundsatz ist freilich in bestimmten Grenzen dispositiv (s. o. § 17 C.II.) und kann daher auch insoweit durch Satzungsänderung abbedungen werden. Zur Ermöglichung einer atypisch stillen Beteiligung wird das freilich nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein.25 Stengel vertritt hingegen die Auffassung, eine atypische stille Beteiligung sei generell unzulässig, weil dadurch das Strukturmerkmal der Eigentümer-
___________ 22 Ausf. MünchKomm/K. Schmidt, HGB, § 230 Rdnr. 109 ff. m. zahlr. w. Nw. auch zu abweichenden älteren Ansichten. 23 Vgl. K. Schmidt, wie vor. 24 Vgl. zur Rechtslage der GmbH MünchKomm/K. Schmidt, HGB, § 230 n. F. Rdnr. 115. 25 Vgl. zu den gesetzlichen Voraussetzungen für Grundlagenänderungen o. § 13 A.I.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
losigkeit der Stiftung angetastet würde.26 Dem kann indes nicht gefolgt werden;27 denn zum einen wird der Stille auch bei einer atypischen Beteiligung nicht etwa zum Mitglied der Stiftung28. Zum zweiten hat auch ein atypisch still Beteiligter auf die Interessen der Stiftung Rücksicht zu nehmen. Ist ihm beispielsweise die Geschäftsführung übertragen, hat er daher die Verfassung der Stiftung zu beachten. Und zum dritten bleibt sowohl die Organisationsverfassung der Stiftung als auch die Verantwortlichkeit ihrer Organe rechtlich unberührt. Nimmt der Stille keine Rücksicht auf die Interessen der Stiftung und übt etwa ein ihm eingeräumtes Weisungsrecht in einer der Verfassung der Stiftung widersprechenden Weise aus, so ist daher die Weisung mit der Folge rechtswidrig, dass die Stiftungsorgane sie weder befolgen müssen noch befolgen dürfen. Um dies klarzustellen sollte allerdings in den Gesellschaftsvertrag der stillen Gesellschaft eine Bestimmung aufgenommen werden, wonach der Stille seine Mitverwaltungsrechte nur „unter Wahrung der gesetzlichen und statutarischen Rechte und Pflichten der Stiftung“ ausüben darf.29 4. Ist danach selbst die nachträgliche Begründung einer stillen Beteiligung an einer Stiftung zumindest nicht generell unzulässig, so ist es erst Recht dem Stifter unbenommen hierfür Vorsorge zu treffen. In der Satzung kann er nicht nur der Stiftung einen bestimmten Rahmen vorgeben, innerhalb dessen stille Beteiligungen an der Stiftung zulässig oder unzulässig sein sollen. Vielmehr kann er die Stiftung auch von vornherein als Stiftung & Still errichten (vgl. zu der funktional ähnlichen Konstruktion einer Stiftung & Co. u. § 29.A.III.). 5. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass unter Beachtung der sich aus den vorstehenden Überlegungen ergebenden Voraussetzungen und Grenzen auch die Begebung von Gewinnschuldverschreibungen,30 Partizipationsscheinen31
___________ 26 Stengel, Personengesellschaft, S. 80. 27 Im Ergebnis ebenso Oepen, NZG 2001, 209, 212, dessen Argument, die stille Beteiligung an einem Geschäftsbetrieb sei ein Minus gegenüber dessen Veräußerung, weswegen sie ebenso wie diese zulässig sein müsste, freilich nicht überzeugt, weil es die Einwirkungsmöglichkeiten übersieht, die ein atypisch beteiligter Stille infolge von Mitverwaltungsrechten auf die Stiftung haben kann. 28 S. zu der vergleichbaren Problematik bei einer stillen Beteiligung an einer Anstalt des öffentlichen Rechts Olaf Schmdt, DSL-Bank-Modell, S. 163 f. 29 Vgl. Olaf Schmdt, DSL-Bank-Modell, S. 170. 30 Kronke, Stiftungstypus, S. 244; Lindner, Umwandlung, S. 39; a. A. Lutter/Rawert, UmwG, § 167 Rdnr. 6. 31 S. dazu Kronke, Stiftungstypus, S. 245 ff. m. w. Nw.
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und Genussrechten32 zulässig sein kann33. Die Frage soll hier jedoch nicht vertieft werden.
C. Eigenkapitalersatz? I. Einführung Karsten Schmidt ist die Erkenntnis zu verdanken, dass sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen formelles Fremdkapital funktional oder materiell als Eigenkapital qualifiziert werden kann und muss, nicht nur im Kapitalgesellschaftsrecht, sondern überall dort stellt, wo zwischen Fremdund Eigenkapital unterschieden werden kann.34 Sie stellt sich daher auch bei der Stiftung und wurde jüngst von Oepen aufgegriffen.35 Das bedeutet freilich nicht, dass das namentlich im GmbH-Recht entwickelte Kapitalersatzrecht unbesehen auf andere Rechtsformen übertragen werden kann. Vielmehr ist dies bei der Stiftung, wie zu zeigen sein wird, insbesondere im Blick auf eine zwingende Umqualifizierung von formellem Fremd- in materielles Eigenkapital – also dem Kern des Kapitalersatzrechts – allenfalls mit erheblichen Einschränkungen möglich.
II. Die drei Gestalten funktionalen Eigenkapitals Funktionales Eigenkapital ist Fremdkapital, dass seiner Funktion nach formelles Eigenkapital ersetzt, weil es in der Insolvenz nicht bzw. nur nachrangig geltend gemacht werden kann (vgl. §§ 39 Abs. 2, 199 S. 2 InsO). Es können drei Fallgestaltungen unterschieden werden. Dabei handelt es sich freilich nicht um einander ausschließende Alternativen. Vielmehr können alle drei Gestaltungen bei ein und demselben Kredit kumulativ zusammentreffen, was tatsächlich häufig36 – aber eben nicht notwendigerweise – der Fall ist.37 ___________ 32 A. A. Lutter/Rawert, UmwG, § 167 Rdnr. 6; wie hier Lindner, Umwandlung, S. 39 f. m. w. Nw., sowie zu Genossenschaften wie hier Hadding, ZIP 1984, 1295, 1298 ff. Zum Begriff und den Verwendungsmöglichkeiten von Genussrechten s. etwa Hachenburg/Goerdeler/Müller, GmbHG, Anh. § 29 Rdnr. 1 f., 7 m. w. Nw. 33 Die Begebung von Wandelschuldverschreibungen ist dagegen naturgemäß nicht möglich, vgl. § 221 AktG. 34 S. K. Schmidt, GR, S. 526 ff., 531 f., sowie etwa in ZIP, 1991, 1 ff. jew. m. w. Nw. 35 Oepen, NZG 2001, 209 ff. 36 Vgl. den Sachverhalt und Leitsatz a) der Entscheidung BGHZ 142, 116, 117 f. 37 K. Schmidt, ZIP 1999, 1241, 1242 f.
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1. Rangrücktrittsvereinbarungen Im Rahmen der Privatautonomie steht es einem Gläubiger frei, mit dem Schuldner zu vereinbaren, dass seine Forderung in einem etwaigen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners lediglich nachrangig berücksichtigt werden soll (vgl. § 39 Abs. 2 InsO).38 Derartige Rangrücktrittsvereinbarungen finden sich insbesondere in Darlehensverträgen zwischen einem Gesellschafter als Kreditgeber und der Gesellschaft als Kreditnehmerin,39 können aber auch zwischen beliebigen Parteien hinsichtlich beliebiger Forderungen vereinbart werden. Ist ein solcher Rangrücktritt vereinbart, ist streitig, ob und unter welchen Voraussetzungen er wieder aufgehoben werden kann.40 Jedenfalls ist dies nach Eröffnung der Insolvenz gemäß § 80 InsO nur noch unter Mitwirkung des Insolvenzverwalters möglich. 2. Finanzplankredit a) Aufgrund der Privatautonomie sind die Parteien eines Darlehensvertrags ferner frei, das ordentliche (§ 488 Abs. 3 S. 1 BGB) und insbesondere auch das außerordentliche Kündigungsrecht (§ 409 Abs. 1 BGB) des Darlehensgebers einzuschränken oder ganz abzubedingen. Wird das außerordentliche Kündigungsrecht abbedungen, hat das zur Folge, dass der Darlehensgeber nicht berechtigt ist, die Auszahlung des Darlehens zu verweigern bzw. das Darlehen zu kündigen, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners wesentlich verschlechtern. Die sich hieraus ergebende Verpflichtung zur Auszahlung bzw. zum Stehenlassen des Kredits erstreckt sich allerdings nach dem Parteiwillen für gewöhnlich nicht auf den Insolvenzfall.41 Überdies erleidet ein Darlehen allein deswegen, weil eine freie Kreditkündigung ausgeschlossen ist, keinen Rangrücktritt und ist allein deswegen auch kein funktionales Eigenkapital. b) Bei den sog. Finanzplankrediten (auch Risikodarlehen genannt, wobei als Leistungen z. B. auch stille Einlagen42 oder die Stellung von Sicherheiten in Betracht kommen) soll beides anders sein. Erforderlich ist eine Abrede, aus der sich erstens ergibt, dass eine Kreditkündigung auch in der Insolvenz der Gesellschaft ausgeschlossen sein soll, und aus der zweitens ein Rangrücktritt ___________ 38 Dafür etwa Teller, Rangrücktrittsvereinbarungen, Rdnr. 288 ff.; K. Schmidt, ZIP 1999, 1241, 1246 f.; dagegen Habersack, ZGR 2000, 384, 405 ff. 39 S. bspw. BGHZ 142, 116, 118. 40 Näher K. Schmidt, ZIP 1999, 1241, 1247. 41 Zutreffend K. Schmidt, ZIP 1999, 1241, 1250. 42 BGH, NJW 1985, 1079.
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folgt.43 Diese Feststellung hilft freilich ohne dahingehende ausdrückliche Vereinbarung noch nicht weiter. Man behilft sich daher mit der Überlegung, es müsse sich um eine einlageähnliche Leistung handeln und schließt dies aus einer Vielzahl von Indizien. Diese müssen nicht kumulativ vorliegen, sondern nur bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, dass das Kapital dem vollen Haftungsrisiko ausgesetzt sein soll. Indizien sind: – Unentbehrlichkeit der Leistung für die Verwirklichung des Unternehmensgegenstandes,44 – Vereinbarung der Leistung in dem Gesellschaftsvertrag (Paradigma: gesplittete Einlage),45 einem Gesellschafterbeschluss oder einer schuldrechtlichen Nebenabrede, – Verknüpfung mit der Mitgliedschaft bzw. mit der Einräumung von Mitgliedschaftsrechten46, – Langfristigkeit, Unkündbarkeit oder Rückforderungsverzicht im Insolvenzfall oder Rückzahlung nur aus künftigen Gewinnen47 sowie sehr niedrige oder gewinnabhängige Verzinsung, – Grundlage für Aufnahme von Fremdmitteln. Ist eine Gesellschafterleistung als ein solcher Finanzplankredit anzusehen, dann erleidet die Leistung nicht nur einen Rangrücktritt, sondern ist auch noch in der Insolvenz zu erbringen, wenn die Leistung noch nicht vollständig erbracht wurde. Auch hier ist streitig, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Entsperrung möglich ist. In der Krise ist das richtigerweise ausgeschlossen; zuvor hängt dies von der Art der Vereinbarung (bloß schuldrechtlich oder gesellschaftsrechtlich) ab.48 Bemerkenswert ist schließlich, dass auch Nicht-Gesellschafter diesen Regeln unterliegen können. Das ist freilich nur für Quasi-Gesellschafter anerkannt,49 was insofern erstaunlich ist, als jedermann ein in der Insolvenz ___________ 43 Vgl. BGHZ 142, 116 ff., Habersack, ZGR 2000, 384, 410 ff.; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 32a, 32b Rdnr. 91 ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §§ 32a/b Rdnr. 175 ff.; die Rechtsfigur ablehnend und daher ohne diesen zweiten Aspekt Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a Rdnr. 78 ff. 44 BGH NJW 1981, 2251; GmbHR 1997, 499. 45 Dazu etwa BGHZ 93, 159; 104, 33. 46 BGH, NJW 1985, 1079. 47 KG, GmbHR 1999, 129. 48 S. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §§ 32a, 32b Rdnr. 97 f. m. w. Nw. 49 Vgl. BGH, NJW 1985, 1079, sowie die in Fn. 43 zitierte Literatur.
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unkündbares Darlehen mit Rangrücktrittsvereinbarung gewähren kann. Die Einlageähnlichkeit der Leistung ist demgegenüber richtigerweise nur eine – wenngleich die wichtigste – Fallgruppe. 3. Objektiv eigenkapitalersetzende Kredite Die beiden vorstehenden Kreditvarianten haben zweierlei gemeinsam, nämlich erstens, dass ihre Qualifikation als funktionales Eigenkapital auf einer Vereinbarung der Parteien beruht, und dass diese Vereinbarungen zweitens auch außerhalb einer Krise der Gesellschaft getroffen werden. Beides unterscheidet sie von der dritten Variante funktionalen Eigenkapitals. In dieser dritten Fallgestaltung werden Leistungen, die der Gesellschaft in der Krise gewährt oder belassen werden, kraft Gesetzes materiellem Eigenkapital gleichgestellt. Gesetzliche Regelungen finden sich in §§ 32a f. GmbHG, §§ 129a, 172a HGB, §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, § 6 AnfG. Daneben sind die Kapitalerhaltungsvorschriften entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen50 analog anzuwenden. Der tragende Grund für die eigenkapitalähnliche Bindung kapitalersetzender Gesellschafterleistungen ist nach heute herrschender Meinung in der Entscheidung der Gesellschafter zu sehen, die aus eigener Kraft nicht mehr überlebensfähige Gesellschaft entgegen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensführung und -finanzierung (vgl. § 32a Abs. 1 GmbHG) weder in die Liquidation zu führen noch ihr zusätzliches Eigenkapital zu stellen, sondern sie unter Neu- oder Fortgewährung von bloßem Fremdkapital fortzuführen. Nachdem es aber die Gesellschafter seien, die die Verantwortung für die Finanzierung trügen, seien sie auch für die Folgen dieser Finanzierungsentscheidung verantwortlich. Aufgrund dieser Finanzierungsfolgenverantwortung seien die Gesellschafter daher an dem Abzug von in der Krise gewährtem oder belassenem Kapital gehindert, solange die Krise fortwähre.51 Diese Begründung soll – wiewohl nicht vollends überzeugend52 – hier nicht weiter diskutiert werden. ___________ 50 S. dazu die Grundsatzentscheidung BGHZ 90, 370, 376 ff.; näher etwa Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, §§ 32a/b Rdnr. 11 ff., 102 ff. m. w. Nw. 51 BGHZ 127, 336, 344 f.; 142, 116, 120; im Anschluss ebenso die herrschende Lehre, s. etwa Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §§ 32a/b Rdnr. 3 f.; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 32a Rdnr. 3; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a Rdnr. 16 f.; Veil, ZGR 2000, 223, 232; Habersack, ZGR 2000, 384, 390, jew. m. w. Nw. 52 Kritisch auch Grunewald, GmbHR 1997, 7 ff.; Reiner, FS Boujong, S. 415 ff.; aufschlussreich Engert, ZGR 2004, 813 ff.; s. ferner die Reformüberlegungen von Huber/ Habersack, BB 2006, 1 ff. In der Tat spricht einiges dafür, dass die Tage des Kapitalersatzrechts in seiner derzeitigen Form gezählt sind und auch sein sollten.
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§ 19 Finanzierung durch Fremdkapital
Die Voraussetzungen der Umqualifizierung lassen sich danach wie folgt stichwortartig umreißen: – Krise der Gesellschaft (vgl. § 32a Abs. 1 GmbHG),53 – Finanzierungsentscheidung54 eines Gesellschafters oder gleichgestellten Dritten (vgl. § 32a Abs. 1 und 3 GmbHG)55, – Vollzug dieser Entscheidung durch Gewährung eines Darlehens (vgl. § 32a Abs. 1 GmbHG), einer Sicherheit (vgl. § 32a Abs. 2 GmbHG) oder durch wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlungen (vgl. § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG)56 einschließlich einem sog. Stehenlassen von Forderungen57. Die wichtigsten Rechtsfolgen sind am (Haupt-)Beispiel der GmbH: – Auszahlungssperre gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG analog, – Rangrücktritt in der Insolvenz gemäß §§ 32a Abs. 1 GmbHG, 39 Abs 1 Nr. 5 InsO, – Erstattungsanspruch gemäß §§ 31 Abs. 1, 32b GmbHG, – Anfechtbarkeit gemäß § 135 InsO, § 6 AnfG – Haftung der Mitgesellschafter gemäß § 31 Abs. 3 GmbHG analog, – Haftung der Geschäftsführer gemäß §§ 31 Abs. 6, 43 GmbHG analog. Die Einzelheiten der Voraussetzungen und Rechtsfolgen sind freilich außerordentlich kompliziert, wozu nicht zuletzt die fortgesetzten Versuche einer gesetzlichen Kodifizierung beitragen. Nähere Ausführungen verbieten sich daher hier, zumal das Kapitalersatzrecht für die Stiftung, wie nunmehr zu zeigen sein wird, allenfalls ausnahmsweise Bedeutung erlangen kann.
___________ 53 In Anschluss an Ulmer, FS Duden, S. 661, 672 ff., und Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 39 f., wird diese zumeist als Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft definiert, st. Rspr. seit BGHZ 76, 326, 330; näher dazu Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §§ 32a, 32b Rdnr. 41. 54 Näher dazu etwa Haas/Dittrich in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatzrecht, Rdnr. 8.33 ff. m. w. Nw. 55 Dazu u. C.III.2., 3. 56 Näher dazu etwa Johlke in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatzrecht, Rdnr. 5.48 ff.; zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung Haas/Dittrich in: v. Gerkan/ Hommelhoff, Kapitalersatzrecht, Rdnr. 8.1 ff., jew. m. w. Nw. 57 S. Haas/Dittrich in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatzrecht, Rdnr. 8.35.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
III. Bedeutung für das Stiftungsrecht Schon oben wurde betont, dass ein Rangrücktritt und ein Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit auch mit einem Dritten als Kreditgeber vereinbart werden kann (s. o. II.1., 2.). Solche Gestaltungen, bei denen die Qualifikation formellen Fremdkapitals als funktionales Eigenkapital auf dem Parteiwillen beruht, sind daher auch im Stiftungsrecht denkbar.58 Vorstellbar ist etwa, dass der Stifter der Stiftung im Stiftungsgeschäft ein – seinerseits unkündbares – Darlehen verspricht, das die Stiftung nur aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zurückzahlen muss. In der Praxis dürfte dergleichen freilich allenfalls selten vorkommen. Bedeutsamer könnte demgegenüber die Frage sein, ob es bei der Stiftung auch objektiv eigenkapitalersetzende Leistungen geben kann. Bei Kapitalstiftungen ist das freilich kaum vorstellbar, wohl aber bei Anstalts- und Unternehmensträgerstiftungen. 1. Gesetzliche Ausgangslage Im Stiftungsrecht finden sich keine Vorschriften über kapitalersetzende Leistungen. § 172a HGB ist allerdings auch auf die Stiftung & Co. KG anzuwenden.59 Überdies hat der Gesetzgeber in §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, § 6 AnfG ganz bewusst allgemein gehaltene Formulierungen gewählt, um damit der Rechtsprechung die Möglichkeit zu lassen, die Regeln über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen auch auf andere Rechtsformen zu übertragen.60 Insbesondere wollte der Gesetzgeber dadurch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigen, wonach diese Regeln auch für Kredite an Aktiengesellschaften gelten61. Die Überlegungen in der Lehre reichen hierüber freilich weit hinaus.62 Namentlich Karsten Schmidt vertritt die Ansicht, dass die Regeln über eigenkapitalersetzende Kredite für alle Verbände – also auch für Kredite aus der Hand von Mitgliedern gesetzestypischer Personengesellschaften63 und Vereine – sowie für einzelkaufmän___________ 58 Ebenso Oepen, NZG 2001, 209. 59 Henkel-Hoffmann, geschäftsführender Gesellschafter, S. 22, 223 ff.; Oepen, NZG 2001, 209, 211; Stengel, Personengesellschaft, S. 110 f.; näher zur Stiftung & Co. KG u. § 29 A.III. 60 Begr. RegE zu § 150 InsO, BR-Drucks. 1/92, S. 161. 61 BGHZ 90, 381 ff. 62 Anstelle anderer Bayer in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatzrecht, Rdnr. 11.1 ff. m. w. Nw. 63 Ebenso für Kredite von Kommanditisten J. Koller, FS Heinsius, S. 357, 371 ff.; Bayer in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatzrecht, Rdnr. 11.44 f.; vgl. auch v. Gerkan, ebd., Rdnr. 10.31., jew. m. w. Nw.
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§ 19 Finanzierung durch Fremdkapital
nische Unternehmen im Blick auf Kredite von Mitgliedern gleichgestellten Dritten (vgl. § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG) gelten sollen. Und Oepen hat diesen Ansatz nun auch für die Stiftung versucht fruchtbar zu machen.64 2. Die Ansicht von Oepen Oepen legt zunächst zutreffend dar, dass die Anwendung der Regeln über eigenkapitalersetzende Kredite bei der Stiftung nicht deswegen prinzipiell ausgeschlossen ist, weil die Stiftung über kein Stamm- oder Grundkapital und über keine Kapitalerhaltungsvorschriften im kapitalgesellschaftsrechtlichen Sinne verfügt.65 Zwar können deswegen die Rechtsprechungsgrundsätze zur analogen Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen nicht auf die Stiftung übertragen werden. Wie bei allen Rechtsformen ist jedoch auch bei der Stiftung zwischen Fremd- und Eigenkapital zu unterscheiden. Eigenkapital aber muss im Falle einer Insolvenz den Gläubigern überlassen bleiben. Und dass Fremdkapital anstelle von erforderlichem Eigenkapital gewährt wird, ist ein bloßes Faktum, auf das die Rechtsordnung „lediglich“ eine Antwort geben muss.66 Zutreffend ist ferner, dass die Regeln über objektiv eigenkapitalersetzende Leistungen ausweislich von § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG nicht nur für Kredite aus Gesellschafterhand gelten, sondern auch Kredite Dritter betroffen sein können. Die Anwendung dieser Regeln auf die Stiftung scheitert daher auch nicht von vornherein daran, dass die Stiftung keine Mitglieder hat. Die entscheidende Frage lautet jedoch, wer ein solcher Dritter bei der Stiftung sein kann. Oepen beruft sich – auch insoweit in Anschluss an Karsten Schmidt 67 – auf „Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung“, wonach die Unterhaltung eines Unternehmens dessen Ausstattung mit einem bestimmten Maß an Eigenkapital oder für die Gläubiger gleichwertigen Fremdkapital (Eigenkapitalersatz) voraussetze.68 Adressat dieser Grundsätze seien freilich nicht alle Mitglieder eines Verbandes, aber auch nicht nur Mitglieder, sondern ausweislich § 32a Abs. 3 S. 1 und 2 GmbHG jeder, der eine mitunternehmerische Stellung einnehme.69 Das setzte zweierlei voraus, nämlich ___________ 64 65 66 67 68 69
Oepen, NZG 2001, 209 ff. Oepen, NZG 2001, 209, 210 f. K. Schmidt, ZIP 1991, 1, 4. K. Schmidt, GR, S. 533. Oepen, NZG 2001, 209, 211. Oepen, NZG 2001, 209, 212.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
erstens, dass der Kreditgeber von dem Wohlergehen des Unternehmens wie ein Miteigentümer profitiere, und zweitens, dass der Kreditgeber über ein Einflusspotential verfüge, das ihn als Mitbetreiber erscheinen lasse.70 Und diese Voraussetzungen könnten bei der Stiftung nicht nur bei einem atypischen stillen Gesellschafter gegeben sein.71 Vielmehr nähmen auch der lebende Stifter sowie Destinatäre eine mitunternehmerische Stellung ein, sofern sie Mitglieder des Vorstands seien oder ein etwaiges Aufsichtsorgan dominierten;72 denn beide profitierten wie ein Miteigentümer von der Stiftung – der Stifter, weil die Stiftungserträge in seinem Sinne verwendet würden, und die Destinatäre, weil sie ihnen zugute kämen. 3. Stellungnahme Diesen zuletzt wiedergegebenen Überlegungen kann nur mit Einschränkungen gefolgt werden: a) Wie aufgezeigt, wird heute der tragende Grund für die Umqualifizierung von Fremd- in funktionales Eigenkapital in der individuellen Entscheidung eines Gesellschafters gesehen, die Gesellschaft trotz ihrer Kreditunwürdigkeit weiterzufinanzieren. Diese Finanzierungsfolgenverantwortung trifft aber grundsätzlich jeden Gesellschafter. Zu Recht ist daher die Einführung von § 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG verbreitet auf Kritik gestoßen.73 Allerdings hatte der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung zum Aktienrecht die Ansicht vertreten, dass eine Verantwortung für die Finanzierung der Gesellschaft nur solche Mitglieder treffe, die über ein gewisses Mindestmaß an Einfluss verfügten,74 was seither dort auch der herrschenden Lehre entspricht75. Im GmbH-Recht war dagegen bis dato weithin anerkannt, dass das Kapitalersatzrecht grundsätzlich für alle Mitglieder gleichermaßen gilt.76 Und zwar zu Recht; denn wäre das Bestehen oder das Maß von Einfluss ausschlaggebend, müssten konsequenterweise – was niemand
___________ 70 71 72 73
Oepen, NZG 2001, 209, 213. Oepen, NZG 2001, 209, 211 f. Oepen, NZG 2001, 209, 213 ff. S. v. Gerkan in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatzrecht, Rdnr. 3.16; Scholz/ K. Schmidt, GmbHG, §§ 32a, 32b Rdnr. 178 ff., jew. m. w. Nw. und Diskussion der sich aus dieser Regelung ergebenden Folgeprobleme. 74 BGHZ 90, 381, 389 f. 75 Statt anderer Hüffer, AktG, § 57 Rdnr. 18 m. w. Nw. 76 Vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §§ 32a, 32b Rdnr. 32; s. aber auch Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. 1995, §§ 32a/b Rdnr. 55 ff., jew. m. w. Nw.
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§ 19 Finanzierung durch Fremdkapital
behauptet77 – auch ein Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied ohne mitgliedschaftliche Beteiligung den Kapitalersatzregeln unterfallen.78 Tatsächlich hat der Bundesgerichtshof auch in der genannten aktienrechtlichen Entscheidung betont, dass es nicht darauf ankommt, ob „der Gläubiger die Möglichkeit gehabt hätte, von der Darlehensgewährung abzusehen und statt dessen eine Kapitalerhöhung durchzusetzen … [oder] ob er sich wenigstens um eine solche Entscheidung bemüht hat“. Ausschlaggebend sei vielmehr allein die Entscheidung für einen finanziellen Beitrag zur Abwendung einer andernfalls erforderlichen Liquidation79 – ein Gedanke, den er später als Finanzierungsfolgenverantwortung präzisiert hat. Und für diese individuelle Entscheidung des einzelnen Gesellschafters bedarf es keines Einflusses auf die Geschicke des Verbandes. Richtigerweise geht es bei der Frage, ob ein bestimmtes Maß an Einfluss des Gesellschafters Voraussetzung für die Umqualifizierung seiner Leistungen ist, um eine ganz andere Frage: Die Finanzierungsentscheidung kann dem Gesellschafter nämlich nur als solche zugerechnet werden, wenn er die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft kannte. Dem ist der Fall gleichzustellen, dass der Gesellschafter in der Lage gewesen wäre, sich zu informieren; denn es kann nicht zulasten der Gläubiger gehen, wenn der Gesellschafter dies unterlässt.80 Aufgrund der ausgeprägten Informationsrechte der Gesellschafter bedarf es bei der GmbH daher insofern regelmäßig keiner weiteren Feststellungen. Bei der Aktiengesellschaft ist das hingegen anders, da die Informationsmöglichkeiten der Aktionäre für gewöhnlich wesentlich geringer sind. Dort kommt es daher auf den Einzelfall an, ob davon ausgegangen werden kann, dass der Aktionär in der Lage gewesen wäre, entsprechende Informationen zum Zeitpunkt seiner Finanzierungsentscheidung zu erhalten. Das ist namentlich dann anzunehmen, wenn der Gesellschafter über eine ___________ 77 S. nur Oepen, NZG 2001, 209, 212 f. Im britischen und US-amerikanischen Recht ist das allerdings insofern anders, als dort auch Kredite von gesellschaftsfremden Dritten einen Rangrücktritt erleiden können, sofern der Dritte auf die Geschäftsführung der Gesellschaft nicht unerheblichen Einfluss genommen hat, s. Habersack, ZGR 2002, 384, 391 ff. m. Nw. Dahingehend auch Fleischer, ZIP 1998, 313 ff. sowie im Anschluss Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §§ 32a/b Rdnr. 55; einschränkend Scholz/ K. Schmidt, GmbHG, §§ 32a, 32b Rdnr. 141 (allenfalls bei Einfluss auf Grundlagenentscheidungen). Dergleichen ist mit Habersack, ebd., S. 393 ff., wegen der im Text sogleich unter lit. b. zu entfaltenden Überlegungen abzulehnen. 78 Treffend Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a Rdnr. 10 f. 79 BGHZ 90, 381, 390. 80 Vgl. zur Frage der Erforderlichkeit der Erkennbarkeit der Krise für den Gesellschafter BGHZ 127, 336; GmbHR 1997, 503; aus der Lit. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §§ 32a/b Rdnr. 47 f.; a. A. etwa Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a Rdnr. 17, 39 ff.
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maßgebliche Beteiligung verfügt und/oder im Vorstand oder dem Aufsichtsrat der Gesellschaft vertreten ist. Das sind jedoch nur Beispiele. Dieselben Erwägungen gelten für Dritte. Bei der Stiftung können entsprechende Informationsrechte daher etwa auch Destinatären eingeräumt sein, und zwar auch ohne, dass sie zu Organmitgliedern bestellt wurden. b) Ungenau ist es ferner darauf abzustellen, ob der Kreditgeber von dem Wohlergehen des Unternehmens wie ein Miteigentümer profitiere. Diese Fragestellung legt nämlich die von Oepen gegebene Antwort nahe, dass dies diejenigen seien, denen die materielle oder ideelle Wertschöpfung des Unternehmens zugute komme. Das Bestehen einer Gewinnbeteiligung alleine reicht jedoch unstreitig nicht aus, um jemanden als Dritten i. S. d. § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG zu qualifizieren,81 andernfalls jeder Gläubiger eines partiarischen Rechtsverhältnisses dieser Regelung unterfiele, was evident unrichtig wäre. Hält man sich hingegen vor Augen, dass das Kapitalersatzrecht von dem Kreditgeber erwartet, dem Unternehmen Eigen- statt Fremdkapital zuzuführen, dann wird deutlich, dass dieses Gebot nur treffen kann, wer für die Eigenkapitalausstattung des Unternehmens Sorge zu tragen hat. Das ist der unzweifelhaft richtige Kern der Lehre von der Finanzierungsverantwortung. Eine Finanzierungsverantwortung in diesem Sinne trägt aber nur, wer dem Unternehmen bereits Risikokapital zur Verfügung gestellt hat und sich daher ebenso wie ein Gesellschafter in einer Doppelrolle als Fremd- und Eigenkapitalgeber befindet.82 Hierin erschöpft sich die Doppelrolle von Gesellschaftern freilich nicht. Diese besteht vielmehr auch darin, dass die Mittel, die sie der Gesellschaft zur Verfügung stellen, infolge ihrer Beteiligung an deren Vermögen mittelbar gleichsam „in ihre eigenen Taschen“ fließen. Eben deshalb kann aber auch nur von jemandem, der an dem Vermögen des Schuldners beteiligt ist, verlangt werden, dass er dem Schuldner – wenn er sich für die Zuführung frischen Kapitals entscheidet – das Kapital „als eigenes“, d. h. ohne bzw. nur mit einem nachrangigen Rückzahlungs- und Gegenleistungsanspruch, überlässt, andernfalls eine zwingende Umqualifizierung von Fremd- in Quasieigenkapital geradezu einer Enteignung gleichkäme. ___________ 81 Anstelle anderer (zum typischen stillen Gesellschafter) Johlke in: v. Gerkan/ Hommelhoff, Eigenkapitalersatzrecht, Rdnr. 5.16 m. w. Nw. 82 Insoweit zutr. Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a Rdnr. 11; dagegen Johlke in: v. Gerkan/ Hommelhoff, Eigenkapitalersatzrecht, Rdnr. 5.25.
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c) Als Dritter i. S. d. § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG kann daher – abgesehen von Treuhandverhältnissen83 und mit einem Gesellschafter verbundenen Unternehmen84 – nur angesehen werden, wer zumindest bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise – aufgrund seiner Stellung zu der Schuldnerin über Informationsmöglichkeiten verfügte, aufgrund deren er die Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin kannte oder kennen konnte, – der Schuldnerin bereits Risikokapital zur Verfügung gestellt hat und – an ihrem Vermögen beteiligt ist.85 4. Ergebnis Für die Stiftung bedeutet dies, dass eine Anwendung der Regeln des Eigenkapitalersatzrechts allenfalls ganz ausnahmsweise in Betracht kommt, nämlich: – zum einen bei Stiftern oder Zustiftern, sofern sie: – beispielsweise aufgrund einer Organmitgliedschaft über Informationsmöglichkeiten verfügen, aufgrund deren sie die Kreditunwürdigkeit der Stiftung kannten oder kennen konnten, und – anfallsberechtigt sind, sowie – zum anderen bei atypisch stillen Gesellschaftern mit Vermögensbeteiligung.86 Dementsprechend kommen Destinatäre als Adressaten des Kapitalersatzrechts lediglich in Betracht, wenn sie der Stiftung (z. B. bei einer Familienstiftung als Zustifter) bereits Risikokapital zur Verfügung gestellt haben, sie an ihrem Vermögen (z. B. als Anfallberechtigte) beteiligt sind und über die genannten Informationsmöglichkeiten (z. B. als Organmitglieder) verfügen. ___________ 83 Dritter ist selbstverständlich sowohl ein Treuhänder, der auf Rechnung des Gesellschafters handelt, als auch ein Treugeber, auf dessen Rechnung der Gesellschafter den Geschäftsanteil hält, statt anderer Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §§ 32a, 32b Rdnr. 134, 139 m. w. Nw. 84 Die Einzelheiten sind streitig, s. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §§ 32a, 32b Rdnr. 135 f. m. w. Nw. 85 Der herrschenden Meinung, wonach es im Blick auf atypisch stille Gesellschafter darauf ankommen soll, dass der Stille ähnlich wie ein Gesellschafter die Geschicke der GmbH bestimmt sowie an Vermögen und Ertrag beteiligt ist (BGHZ 106, 7; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 32a Rdnr. 22 m. w. Nw.), kann daher nur mit den genannten Einschränkungen gefolgt werden. 86 Zur – ausnahmsweisen – Zulässigkeit bei der Stiftung, s. o. B.II.3.
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§ 20 Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung Eine ertragsorientierte und doch zugleich behutsame Verwaltung des Stiftungsvermögens und die zweckgerechte Verwendung der hieraus fließenden Erträge sind die vornehmsten Pflichten der Stiftungsorgane. Zuständig ist in erster Linie das Geschäftsführungsorgan, also regelmäßig der Vorstand. Verfügt die Stiftung über eine mehrstufige Organisationsverfassung können freilich auch anderen Organen Entscheidungsrechte, Kontroll- und sonstige Mitwirkungsbefugnisse (z. B. Beratungsfunktionen) übertragen sein. Zugleich ist es wichtigste Pflicht der Stiftungsaufsichtsbehörde, die Ordnungsmäßigkeit der Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung zu überwachen. Die Stiftungsgesetze der Länder enthalten hierzu zum Teil eingehende Vorschriften, die von der Pflicht zur Erstellung einer Vermögensaufstellung und alljährlicher Haushaltspläne (§ 21 D.II.) bis hin zu Genehmigungsvorbehalten für bestimmte Rechtsgeschäfte (s. dazu bereits o. § 10 B.II.2.) reichen.1 Welche Pflichten die Stiftungsorgane bei der Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung treffen und wie der Stifter hierauf gestaltend Einfluss nehmen kann, gilt es nunmehr aufzuzeigen.2 Dabei sind die Ausführungen in erster Linie auf Kapitalstiftungen zugeschnitten. Das ist die in der Praxis verbreitetste Art der Stiftung. Bei Anstalts- und vor allem Unternehmensträgerstiftungen stellen sich selbstverständlich über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgehende betriebswirtschaftliche Fragen. Diese sind nicht Thema dieser Arbeit.
A. Vermögensverwaltung Die Verwaltung des Stiftungsvermögens ist vornehmlich zwei Zielen verpflichtet, nämlich der ungeschmälerten Erhaltung des Stiftungskapitals und der Erwirtschaftung von Erträgen zur Erfüllung des Stiftungszwecks. Beide Aufgaben sind auf das engste verbunden, kollidieren aber auch miteinander. Im Einzelnen:3 ___________ 1 Schindler, DB 2003, 297, weist allerdings zu Recht darauf hin, dass sich aus landesrechtlichen Vorgaben wie Sparsamkeit, Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit kaum konkrete Handlungsgebote ableiten lassen. 2 S. dazu auch Seifart, BB 1987, 1889 ff. 3 Empirisches zur Vermögensverwaltung durch Stiftungen bietet Sandberg, Stiftungsmanagement, S. 7 ff.
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§ 20 Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung
I. Vermögenstrennung Zuvörderst sind die Stiftungsorgane bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens verpflichtet, es von anderen Vermögensmassen getrennt zu halten (Gebot der Vermögenstrennung bzw. umgekehrt Verbot der Vermögensvermischung).4 Erforderlich ist hierzu eine gesonderte Vermögensaufstellung, eine gesonderte Vermögensrechnung sowie eine gesonderte Buch- und Kassenführung.5 Anders als namentlich im Kapitalgesellschaftsrecht ist das Gebot der Vermögenstrennung freilich keine Frage der Haftungsbeschränkung.6 Vielmehr dient es erstens der Klarstellung, welcher Vermögensbestand der Bindung an den Stiftungszweck unterliegt und damit zweitens dem Schutz der Stiftung und ihrer Zwecksetzung vor unklaren und stiftungsfremden Vermögensdispositionen und somit auch drittens der Erhaltung ihres Vermögens.7
II. Kapitalerhaltung Die möglicherweise wichtigste Pflicht der Stiftungsorgane bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens ist, das Stiftungskapital in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten; denn nur hierdurch kann der Bestand der Stiftung selbst auf Dauer gesichert werden. Hierzu wurde oben (§ 17 C.) bereits das Notwendige gesagt.
III. Erwirtschaftung von Erträgen Insbesondere bei Kapitalstiftungen ist der Fortbestand der Stiftung als solches freilich noch nicht zweckdienlich. Vielmehr müssen, um eine Zweckverfolgung zu ermöglichen, Erträge erwirtschaftet werden. Außerdem bedarf es einer gewissen Liquidität. Alle drei Ziele – Kapitalerhaltung, Erwirtschaftung einer möglichst hohen Kapitalrendite und laufende Verfügbarkeit der Kapitalien – stehen allerdings in einem erheblichen Spannungsverhältnis. Insbesondere sind ertragsstarke Anlagen bekanntlich risikoreich und ___________ 4 Art. 11 Abs. 1 S. 2 BayStiftG, §§ 7 Abs. 2 S. 2 BWStiftG, 7 Abs. 2 BreStiftG, 4 Abs. 2 S. 1 HbgStiftG, 6 Abs. 2 HeStiftG, 9 Abs. 2 MVStiftG, 6 Abs. 1 S. 3 NdsStiftG, 7 Abs. 2 S. 2 RPStiftG, 6 Abs. 1 S. 3 SaarStiftG, 14 Abs. 2 S. 2 SaStiftG, 14 Abs. 2 S. 2 SAStiftG, 4 Abs. 2 S. 2 SHStiftG, 14 Abs. 2 S. 2 ThStiftG. 5 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 53 m. w. Nw. 6 Vgl. BGH, BB 1985, 77 m. Anm. Bauschke; K. Schmidt, GR, S. 234 ff. m. w. Nw. 7 Zutr. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 53; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 67 f.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
risikoarme Anlagen ertragsschwach.8 Die Stiftungsorgane dürfen daher keine Gewinnmaximierung um jeden Preis anstreben – was freilich insofern keine stiftungsrechtliche Besonderheit ist, als Verwalter (auch) fremden Vermögens ganz generell keine unverhältnismäßigen Risiken eingehen dürfen.9 Hieraus wird teilweise der Schluss gezogen, die Stiftungsorgane hätten die Vorschriften über die Anlage von Mündelgeld (§§ 1806 f. BGB) zu beachten10 – so noch ausdrücklich Art. 14, 30 BayStiftG a. F.11 – oder seien jedenfalls auf eine „konservative, auf Risikovermeidung ausgerichtete“12 Anlagestrategie „der ruhigen Hand“13 verpflichtet. Als Richtschnur gelte „Sicherheit vor Rendite“.13a Spekulationsgeschäfte14 und laufende Vermögensumschichtungen großen Stils seien ihnen daher verwehrt. Im Vordergrund müsse vielmehr die Fruchtziehung aus dem zu erhaltenden Vermögen, nicht der ‚schnelle Gewinn‘ durch laufende Vermögensumschichtungen stehen. Das Stiftungsvermögen sei daher überwiegend in zinstragenden Werten anzulegen. Bei Anlage in Aktien und Immobilien müsse die Spekulationsfrist des § 23 EStG eingehalten werden.15 Richtigerweise hat das Problem zwei Seiten. Steuerrechtlich ist darauf zu achten, dass der Rahmen privater Vermögensverwaltung nach Möglichkeit nicht überschritten wird.16 Hierfür sind zwar Vermögensumschichtungen grundsätzlich unschädlich, und zwar auch, soweit sie der Erzielung und Steigerung von Erträgen dienen und in größerem Umfang vorgenommen werden. Gleichwohl ist vor allem im Immobilienbereich Vorsicht geboten („Drei-Objekt-Grenze“). Steuerlich günstiger ist selbstverständlich auch die Einhaltung der Spekulationsfrist – solange sie noch gilt. Gleichwohl kann es ___________ 8 Zum Vermögenscontrolling für Stiftungen Meißner, ZSt 2004, 234. 9 Vgl. BGHZ 135, 244, 253. Was unverhältnismäßig ist, ist freilich eine Frage des Einzelfalls und hängt von vielerlei Faktoren (Unternehmensgegenstand und -größe, Know-how, Risikomanagement etc.) ab; vgl. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 76 ff.; 80 f. m. w. Nw. 10 Ebersbach, Handbuch, S. 116; dagegen zu Recht etwa Schindler, DB 2003, 297. 11 S. dazu OLG Nürnberg, StiftRspr. III, S. 21 ff. 12 So Rodloff/Drabe, ZIP 203, 2284, 2287; ähnlich Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 537 ff., dessen Empfehlungen allerdings zwar konservativ i. S. v. „bewahrend“, aber durchaus nicht konservativ i. S. v. „hergebracht“ sind. 13 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 39, 56. 13a So Schauhoff in: Handbuch Gemeinnützigkeit, § 3 Rdnr. 138. 14 Peiker, ZSt 2003, 79, 85; MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 17. 15 So Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 56, 58; vgl. auch Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 550 ff. 16 Zur Abgrenzung näher zuletzt Carstensen, ZSt 2005, 90, 94 ff. m. w. Nw.
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§ 20 Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung
im Einzelfall durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein, den Spatz zu versteuernder Gewinne in der Hand zu behalten, als der Taube steuerfreier Erträge nachzujagen. Auch stiftungsrechtlich ist der „schnelle Gewinn“ dem „langsamen Verlust“ allemal vorzuziehen. Zinstitel aber sind im Gegensatz zu Substanzwerten wie Aktien und Immobilen der laufenden Geldentwertung voll ausgesetzt.17 Substanzwerte sind daher auch eher in der Lage, wirtschaftliche und politische Katastrophen zu überstehen.18 Aber auch in „normalen“ Zeiten sind Zinstitel keineswegs risikolos, sondern unterliegen – was oft unterschätzt wird – zum Teil heftigen Kursschwankungen. So konnte zwischen 1994 und 1999 auch unter Berücksichtigung der Zinszahlungen mit festverzinslichen Wertpapieren nur eine negative Rendite erzielt werden.19 Und langfristig sind Zinstitel einer Aktienanlage ohnehin weit unterlegen. Zwischen 1962 und 2003 betrug die Umlaufrendite durchschnittlich 6,99 % und die Inflationsrate 3,01 %. Hieraus ergibt sich ein durchschnittlicher Realzins von rund 3,98 %.20 Demgegenüber erhöhte sich der Wert der im CDAX enthaltenen Aktien allein zwischen 1970 und 2003 um durchschnittlich ca. 9,5 % p. a. – allerdings mit zum Teil erheblichen Schwankungen.21 Zzgl. einer durchschnittlichen Dividendenrendite von etwa 2,5 %22 errechnet sich eine Gesamtrendite von 12 %, inflationsbereinigt von rund 9 %.23 Genießt die Stiftung keine Steuerbefreiung, sind Zinsen überdies zu versteuern, wohingegen Wertsteigerungsgewinne nach Ablauf der Spekulationsfrist derzeit noch steuerfrei sind. Dementsprechend ist es eine Binsenweisheit, dass Aktien Zinstiteln als Anlage weit überlegen sind,24 weswegen sich diese Anlageform – selbst in Deutschland – wachsender Verbreitung erfreut25. Eben diese Binsenweisheit haben daher auch die Stiftungsorgane bei der Vermögensverwaltung zu be___________ 17 S. u. Fn. 18 und 26. Zu der breiten Varietät von möglichen Anlageformen Blisse, ZSt 2005, 140 ff. 18 S. Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 553; Peiker, ZSt 2003, 79, 85; Graf Strachwitz, ZSt 203, 197, 198; Henß, ZSt 2004, 83, 86; zum großen Stiftungssterben nach dem Ersten Weltkrieg, das nicht zuletzt auf einer verfehlten Anlage des Stiftungsvermögens in „mündelsicheren“ Kriegsanleihen zurückzuführen war Liermann, Handbuch Bd. 1, S. 281 ff. 19 Henß, ZSt 2004, 83, 86. 20 Für die Zahlen bis 2001 Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 548. 21 Vgl. auch Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 550 ff. 22 Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 552 f. 23 S. auch die Zahlen bei Schindler, DB 2003, 297, 298. 24 S. dazu auch das Beispiel u. bei Fn. 59. 25 S. AG Report 2004, S. R471 ff.; vgl. auch OLG Nürnberg, StiftRspr. III, S. 21, 24.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
rücksichtigen, und zwar auch deswegen, weil Veräußerungsgewinne steuerlich nicht zu den verwendungspflichtigen Mitteln gehören und die nach § 58 Nr. 7a AO beschränkte Möglichkeit der Bildung freier Rücklagen bei einer ausschließlichen Anlage in Zinstiteln für eine reale Kapitalerhaltung bei weitem nicht ausreicht26. Die Stiftungsorgane sind daher nicht nur berechtigt, sondern wegen des Grundsatzes der realen Kapitalerhaltung verpflichtet, das Stiftungsvermögen teilweise in solche Anlagen zu investieren, deren Rendite zu einem wesentlichen Teil aus nicht verwendungspflichtigen Kursgewinnen besteht27 – und das heißt nicht zuletzt in Aktien, deren Rendite nur zu weniger als einem Viertel aus verwendungspflichtigen Dividenden besteht. Freilich: Wer 1999 einzig und allein auf EM.TV oder auch die Allianz gesetzt hat, der hat – aus heutiger Sicht – keines der vorgenannten Anlageziele erreicht.28 Die Binsenweisheit, dass Aktien als Anlage Zinstiteln überlegen sind, stimmt nämlich nur unter zwei Voraussetzungen, nämlich erstens bei Einhaltung einer langfristigen Anlagestrategie29 und zweitens bei der Einhaltung einer risikomindernden Portfoliostrategie30. M. a. W. darf man nicht versuchen, durch kurzfristigen Kauf und Verkauf einzelner Aktien die Rendite des Gesamtmarktes zu übertreffen – was im Zweifel ohnehin nicht gelingt –, sondern muss im Gegenteil versuchen, den Gesamtmarkt abzubilden.31 ___________ 26 Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 548 ff. Danach führte selbst eine konsequente Ausnutzung von § 58 Nr. 7a AO in einem Zeitraum von 40 Jahren zu einer Substanzvernichtung i. H. v. 25 %! 27 Darauf weist Henß, ZSt 2004, 83, 86, zu Recht hin; ebenso Schindler, DB 2003, 297, 298; s. aber auch u. IV. 28 Nicht wenige Stiftungen haben wohl erst gegen Ende der Aktienhausse Ende der 90er Jahre ihre festverzinslichen Wertpapiere, mit denen zu dieser Zeit kein Geld zu verdienen war (s. o. bei Fn. 19), in Aktien umgetauscht, um in dem anschließenden AktienCrash (ab Mitte 2000) erhebliche Kursverluste zu erleiden, vgl. Schindler, DB 2003, 297. 29 Es gibt Berechnungen, wonach bei einem Anlagehorizont von 25 Jahren die Aktienquote 100 % betragen sollte, s. Schwintowski, FS Hadding, 271, 276 m. Nw. 30 Näher Schwintowski, FS Hadding, 271, 273 ff. m. w. Nw. 31 Dabei kann man sich auf einen nationalen Markt – z. B. den deutschen Markt –, ja sogar einen Teilmarkt – z. B. den MDAX – beschränken, solange nur zu erwarten ist, dass dieser Teilmarkt sich mehr oder weniger wie der Gesamtmarkt entwickelt. Je kleiner der ausgewählte Teilmarkt ist, desto höher ist freilich die Chance bzw. das Risiko, dass sich die Entwicklung des Teilmarktes von dem Gesamtmarkt abkoppelt. Gerade angesichts globalisierter Märkte ist es zur Risikominderung daher angeraten weltweit anzulegen, d. h. insbesondere auch den europäischen, US-amerikanischen und asiatischen Markt abzubilden, was mit modernen Anlageprodukten kein Problem ist; in letzter Hinsicht a. A. Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 554.
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Allerdings kann auch der Gesamtmarkt – wie Entwicklung nach dem Schwarzen Freitag 1929 oder in Japan seit 1990 zeigen – eine lange Durststrecke durchleiden. Doch auch solche außergewöhnlich langen Durststrecken lassen durch einen langen Anlagehorizont (was freilich dem Liquiditätsziel nicht zuträglich ist) bzw. eine zeitlich gestaffelte Anlagestrategie,32 StopLoss-Vereinbarungen (die ohnehin zum festen Bestandteil jeder Kapitalanlage gehören sollten) und Hedgingstrategien überwinden.33 Zudem soll hier ohnehin nicht einer 100 %igen Aktienanlage das Wort geredet werden. Das widerspräche dem Gedanken der Risikostreuung. Empfohlen wird daher von manchen Autoren ein Orientieren an versicherungsaufsichtsrechtlichen Vorschriften über die Vermögensanlage.34 Dabei sollte jedoch der Anlageschwerpunkt nach hier vertretener Auffassung unter Berücksichtigung des Bedarfs nach laufenden Einnahmen eher bei Aktien und anderen Substanzwerten als bei Zinstiteln liegen.35 Hieraus u. U. resultierende Schwankungen im (Verkehrs-)Wert des Stiftungsvermögens und der Höhe der Erträge sind hinzunehmen.36 Neben einer Direktanlage in Aktien, Zinstiteln oder Immobilien kommt dabei selbstverständlich auch eine Anlage in sog. Zertifikaten und Fonds in Betracht,37 und zwar nicht nur in Aktien-, Anleihe-, Immobilien- und gemischten Fonds, sondern auch in Hedgefonds38 und Private Equity (= Venture Capital)39. Risikoreichere Anlagen, wie z. B. auch Fremdwährungsanleihen mit niedriger Bonität, sollten allerdings nur zu einem re___________ 32 Vgl. Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 554; das dortige „Rentenmodell“ lässt sich ähnlich auf die Anlage z. B. in DAX-Zertifikate übertragen. 33 S. zur Optimierung der Vermögensanlage von Stiftungen auch Brockhoff in: NPLYB 2002, S. 221 ff. 34 Peiker, ZSt 2003, 79, 85; Schwintowski, FS Hadding, 271, 277; dagegen Henß, ZSt 2004, 83, 85, wegen zu großer Komplexität. Indes wird nur eine Orientierung empfohlen und keine Befolgung verlangt. 35 Auch Carstensen in: Bertelsmann Handbuch, S. 535, 552, empfiehlt eine leichte Übergewichtung von Aktien (52:48); Henß, ZSt 2004, 83, 86, empfiehlt ein Verhältnis von ca. 50:50. Einer solchen Anlagestrategie stand auch Art. 14, 30 BayStiftG a. F. nicht entgegen, s. OLG Nürnberg, StiftRspr. III, S. 21 ff. 36 Zutr. Peiker, ZSt 2003, 79, 85; Schiffer, DStR 2003, 14, 16 f.; Schindler, DB 2003, 297; 299; s. auch o. § 17 C.I.3. Wertschwankungen des Stiftungsvermögens sind überdies auch bei einer Anlage in festverzinslichen Wertpapieren nicht zu vermeiden, s. o. bei Fn. 19. 37 Dazu Blisse, ZSt 2004, 236 ff. (mit Beispielen von Fonds, die speziell für Stiftungen entwickelt wurden). 38 Dazu Richter/Steinmüller, ZSt 2003, 255; Henß, ZSt 2004, 83, 87; Richter/Sturm, ZSt 2005, 26 ff.; ablehnend Carstensen, ZSt 2005, 90, 97 f. 39 Dazu Jesch/Kreuter, ZSt 2003, 223 ff.; Henß, ZSt 2004, 83, 87; zurückhaltend Carstensen, ZSt 2005, 90, 96 f.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
lativ geringen Teil zur Ertragsteigerung beigemischt werden.40 Wie breit die Anlage des Stiftungsvermögens sinnvollerweise gestreut werden kann, hängt dabei wesentlich von der Größe des Vermögens ab. Im Übrigen ist hier wie stets der Stifterwille maßgeblich.41 Enthält die Stiftungssatzung Anordnungen des Stifters über die Zusammensetzung und Verwaltung des Stiftungsvermögens, so haben sich die Stiftungsorgane hiernach zu richten. Gestattet die Stiftungssatzung den Organen beispielsweise eine Anlage in Rohstoffen und das Eingehen von Finanztermingeschäften zur Absicherung von Kursrisiken, so haben die Organe von solchen Möglichkeiten auch in geeigneter Weise Gebrauch zu machen und dürfen das Stiftungsvermögen nicht auf Dauer nur auf ein Sparbuch legen.42 Machen sie von solchen Möglichkeiten lege artis Gebrauch, ist es dementsprechend nicht vorwerfbar, wenn sich ein Anlagerisiko realisiert.43 Auch darf die Stiftungsaufsicht ein Investment nicht allein deswegen verbieten, weil dergleichen in der Vergangenheit zu Verlusten geführt hat; denn damit würde sie Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen, die ihr als bloße Rechtsaufsichtsbehörde verwehrt sind.44 Enthält die Stiftungssatzung keine derartigen Vorschriften, so können sich Anhaltspunkte für den Stifterwillen u. U. ferner aus der Zusammensetzung des Grundstockvermögens zum Zeitpunkt seines Erwerbs durch die Stiftung ergeben.45 Bei Anstaltsstiftungen ist das eine Selbstverständlichkeit, gilt aber auch für Kapitalstiftungen, vgl. Art. 11 Abs. 2 S. 2 BayStiftG. Besteht das Grundstockvermögen in der Hauptsache aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, so kann sich hieraus ergeben, dass die Stiftung auf eine Fruchtziehung aus dieser Beteili___________ 40 Zutr. Schindler, DB 2003, 297,299. 41 Vgl. Henß, ZSt 2004, 83, 87 f.; Schwintowski, FS Hadding, 271, 281; Hüttemann, FS Flume 90, S. 60 ff. 42 Das risikoadverse Verhalten mancher Stiftungsvorstände mag auch in der irrigen Annahme begründet liegen, sie würden ggf. nur für pflichtwidrig verursachte Vermögensverluste, nicht aber für pflichtwidrig entgangenen Gewinn einstehen müssen, vgl. Schindler, DB 2003, 297, 299; Reuter in: NPLYB 2002, 157, 166 (der die Begründung hierfür freilich „weit herholen“ muss – Drittschadensliquidation! –, weil er irrigerweise der Ansicht ist, der Stiftung würde, wenn sie ihre Erträge ohnehin ausschütten müsste, durch deren Verringerung kein Schaden entstehen). 43 Näher Schindler, DB 2003, 297, 299 f. 44 Zutr. KG, WM 1968, 903, 904 (= StiftRspr. II, S. 166 f.). Rechtswidrig ist daher auch das – leider wohl verbreitete (Henß, ZSt 2004, 83, 85; Schauhoff in: Handbuch Gemeinnützigkeit, § 3 Rdnr. 138) – Verhalten von Aufsichtsbehörden, sich gegen eine Aktienquote von mehr als 30 % zu sperren. 45 Henß, ZSt 2004, 83, 89, empfiehlt Stiftern daher, der Stiftung das Grundstockvermögen bereits in der für richtig gehaltenen Zusammensetzung zu übertragen.
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gung beschränkt und Vermögensumschichtungen grundsätzlich verboten sein sollen.45a Besteht es überwiegend aus Zinstiteln, kann dies dafür sprechen, dass risikoarme Anlageformen zu bevorzugen sind – was freilich aus den oben genanten Gründen nicht bedeuten kann, dass die Stiftung bei der Anlage des Stiftungsvermögens auf Zinstitel beschränkt ist. Zu bedenken ist auch, dass die Zusammensetzung des Grundstockvermögens rein zufällig sein kann. Um Zweifel auszuschließen sowie im Blick sowohl auf die Stiftungsaufsicht als auch auf das Ermessen der Stiftungsorgane empfiehlt es sich daher, Richtlinien über die Verwaltung des Stiftungsvermögens in der Stiftungssatzung vorzusehen. Einerseits können hierdurch Auseinandersetzungen mit der Behörde über die Zulässigkeit von Vermögensumschichtungen und anderen Maßnahmen46, andererseits einer – aus der Sicht des Stifters – allzu konservativen oder allzu risikofreudigen Vermögensverwaltung der Stiftungsorgane vorgebeugt werden. Solche Anordnungen sollten freilich nicht zu eng gefasst werden.47 Keinesfalls sollte eine Kapitalstiftung auf lediglich eine Anlageart festgelegt werden. Aber auch ein genereller Ausschluss bestimmter Anlagearten – wie etwa Finanztermingeschäfte – kann problematisch sein (denn Termingeschäfte dienen primär der Absicherung von Kursrisiken; nur spekulativ sollten sie von Stiftungen nicht eingesetzt werden). Allerdings stehen derartige Anordnungen ohnehin unter dem Primat des Stiftungszwecks: Stellt sich heraus, dass die Anordnungen des Stifters über die Verwaltung des Stiftungsvermögens angesichts einer gemessen an den Vorstellungen des Stifters geänderten Sachlage im Blick auf die Erfüllung des Stiftungszwecks nicht (mehr) interessengerecht sind, so sind die zuständigen Stiftungsorgane gemäß § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB verpflichtet, die entsprechenden Anordnungen sachgerecht zu ändern.48
IV. Vermögensumschichtungen Soweit der Stifterwille nicht entgegensteht,49 sind Vermögensumschichtungen, also Veränderungen in der Zusammensetzung des Stiftungsvermögens, grundsätzlich zulässig.50 Vornehmlich dienen sie der Werterhaltung und Wertsteigerung des Stiftungskapitals bzw. der Erzielung und Steigerung von ___________ 45a 46 47 48 49 50
S. aber o. § 17 C.I.4. Vgl. zu genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften o. § 10 B.II.2. Ebenso Henß, ZSt 2004, 83, 89. S. o. § 5 C.VI.4., § 13 A.I.1.; § 17 C.I.4. Schwarz, ZSt 2004, 64, 70. Statt anderer KG, StiftRspr. III, S. 35, 38; Ebersbach, Handbuch, S. 115.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Erträgen51 und können aus diesen Gründen sogar geboten sein,52 und zwar selbst bei einem entgegenstehenden Stifterwillen53. Sie können aber bspw. auch zum Erwerb von Vermögensgegenständen, die unmittelbar der Verfolgung des Stiftungszwecks dienen bzw. für Ersetzungsinvestitionen erforderlich sein. Eine besondere Form der Vermögensumschichtung ist die Ausgliederung von Unternehmen oder Unternehmensteilen gemäß §§ 161 ff. UmwG.54 Stiftungsrechtlich zulässig ist das freilich nur, wenn diese Möglichkeit in der Satzung vorgesehen oder eine entsprechende Satzungsänderung zulässig ist. d. h. insbesondere auch dem Stifterwillen entspricht.55 Die Satzung kann hierzu ausdrückliche Regelungen enthalten. Nach herrschender Meinung sind die bei Vermögensumschichtungen erzielten Buchgewinne keine Erträge, sondern fließen dem Stiftungskapital zu.56 Diese Annahme geht wohl auf steuerliche Erwägungen zurück; denn Veräußerungsgewinne unterliegen nicht dem Gebot zeitnaher Mittelverwendung.57 Mit handelsrechtlichen Grundsätzen ist das freilich nicht zu vereinbaren.58 Und stiftungsrechtlich ist Folgendes zu bedenken: Zwar dürfen Stiftungen grundsätzlich stille Reserven bilden und müssen Buchgewinne nicht realisieren. Das gilt uneingeschränkt für solche Vermögensgegenstände, die nach dem Willen des Stifters nicht veräußert werden sollen oder die unmittelbar selbst dem Stiftungszweck zu dienen bestimmt sind. Bei Gegenständen des Stiftungsvermögens, die lediglich der Ertragsgewinnung dienen und frei veräußert werden dürfen ist hingegen fraglich, ob stille Reserven unbeschränkt angesammelt und Buchgewinne in voller Höhe dem ___________ 51 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 74. 52 KG, StiftRspr. III, S. 35, 38; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 80; Soergel/ Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 15 m. w. Nw. 53 S. o. § 17 C.I.4. 54 Näher hierzu Lutter/Rawert, UmwG, §§ 161 ff. 55 Zutr. Lindner, Umwandlung, S. 72 ff. Im Falle der Carl-Zeiss-Stiftung lagen diese Voraussetzungen entgegen der Ansicht des LG Ellwangen (Az.: 2 O 313/2001 m. Anm. Neuhoff, ZSt 2003, S. 56 ff.) und des OLG Stuttgart (Az.: 5 U 162/2002 abgedr. in ZSt 2003, 203 f.) nicht vor, zutr. Lindner, ebd., S. 123 ff. Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH zurückgewiesen (Az.: III ZR 231/03, s. ZSt 2004, 143); gegen die Nichtzulassung zu Recht O. Werner, ZSt 2003, 237 ff. Vgl. ferner OVG Münster, NVwZ-RR 1996, S. 425 f.; auch BGH, MDR 1997, 386. 56 Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 15; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 76; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 6 Anm. 1; Pohley, BayStiftG, Art. 12 Anm. 1.1.; Hüttemann, FS Flume 90, S. 59, 78 f.; Schwarz, ZSt 2004, 64, 70. 57 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 228; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 162 f. jew. m. w. Nw. 58 Vgl. BGHZ 132, 263.
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§ 20 Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung
Stiftungskapital zugeführt werden dürfen. Das soll folgendes Beispiel verdeutlichen: Eine Stiftung, die seit Ende 1978 ihr Kapital i. H. v. 1 Mio. DM (= 511.292,00 Euro) entsprechend der Zusammensetzung des CDAX angelegt hätte, verfügte Ende 2003 über Aktien im Wert von ca. 3,5 Mio. Euro. Bei einer Dividendenrendite von durchschnittlich 2,5 % hätte sie im ersten Jahr 25.000 DM (= 12.782,29 Euro), im letzten Jahr fast 89.000 Euro und insgesamt rund 1,5 Mio. Euro eingenommen. Mit anderen Worten entsprächen ihre gesamten Dividendeneinnahmen nur in etwa der Hälfte der nominellen Wertsteigerung ihrer Aktien (i. H. v. rund 3 Mio. Euro). Als Ausgleich für die zwischenzeitliche Geldentwertung von durchschnittlich 2,5 % p. a. benötigte sie von diesem Wertzuwachs aber lediglich rund 240.000 Euro um den realen Wert ihres ursprünglichen Kapitals i. H. v. 1 Mio. DM zu erhalten. Real wäre ihr Vermögen also binnen 25 Jahren um rund 2,75 Mio. Euro, d. h. um mehr als das Fünffache, gewachsen.59 Ob dies mit dem stiftungsrechtlichen Admassierungsverbot (s. o. § 18 A.I.1) vereinbar ist, erscheint zweifelhaft. Einerseits sind der Wert- und Einnahmenzuwachs aus Sicht des Stifters zwar gewiss begrüßenswert. Andererseits hat die Stiftung jedoch wesentlich weniger Mittel zur Verfolgung des Stiftungszwecks eingesetzt, als ihr möglich gewesen wäre. Zu bedenken ist ferner, dass der Zuwachs an Kapital und Erträgen auch das Gepräge der Stiftung zusehends verändert. In weiteren 25 Jahren würde sie – denselben Wertzuwachs i. H. v. durchschnittlich 10,74 % p. a. unterstellt – über rund 45,5 Mio. Euro Vermögen und über 1,14 Mio. Euro Dividendeneinnahmen verfügen. Hierauf ist möglicherweise weder ihr Zweck noch ihre Organisation ausgelegt. Gleichwohl wird man unterstellen dürfen, dass eine solche Entwicklung dem Stifterwillen nicht widerspräche. Die Stiftungsorgane sind deswegen in der Regel nicht verpflichtet, Buchgewinne zu realisieren, um sie für den Stiftungszweck zu verwenden. Umgekehrt sind sie hieran aber für gewöhnlich auch nicht gehindert. Werden Buchgewinne realisiert, dürfen sie jedoch nur in den Grenzen des stiftungsrechtlichen Admassierungsverbots (§ 18 A.I.1.a.) dem Stiftungskapital zugeführt werden.60 Der Stifter kann jedoch auch andere Anordnungen treffen. Jedenfalls sollte er die Fragen im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung regeln, um der Stiftung Ausein___________ 59 Dieser Wertzuwachs drückt sich auch darin aus, dass sich ihre jährlichen Einnahmen real mehr als vervierfacht hätten: 25.000 DM im Jahr 1978 entsprachen 2003 real ca. 19.000 Euro. Auch dieses Beispiel zeigt die Überlegenheit einer Aktienanlage. 60 A. A. bemerkenswerterweise Reuter in: NPLYB 2002, 157, 163 f.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
andersetzungen mit der Stiftungsaufsichtsbehörde zu ersparen. Das kann auch in der Weise geschehen, dass er ihre Beantwortung ausdrücklich in das pflichtgemäße Ermessen der Stiftungsorgane stellt.
V. Fundraising Um die Leistungskraft der Stiftung zu steigern, können die Stiftungsorgane ferner „Fundraising“ betreiben, sich also bemühen, um Zustiftungen und Zuschüsse zu werben.61 Während erstere dem Stiftungskapital zufließen, sind zweitere zur zeitnahen Verwendung bestimmt. In der Stiftungssatzung sollte die Zulässigkeit des Einwerbens von Zustiftungen und Zuschüssen ausdrücklich klargestellt werden, um erstens eventuellen Zweifeln der Stiftungsaufsichtsbehörde (nicht zuletzt im Blick auf die hiermit verbundenen Kosten) zu begegnen, und damit die Stiftung zweitens ggf. Spendenbescheinigungen ausstellen kann62. Für andere als die der Stiftung vorgegebenen Zwecke dürfen Zustiftungen und Zuschüssen allerdings grundsätzlich weder geworben noch angenommen werden.63
B. Erträgnisverwendung Ein ähnlicher Zielkonflikt wie bei der Erwirtschaftung von Erträgen besteht bei deren Verwendung. Einerseits sollen möglichst viele Mittel zur Verwirklichung des Stiftungszwecks eingesetzt werden, andererseits erheischt das Kapitalerhaltungsgebot die Bildung von Rücklagen (s. o. § 17 C.I.1). Aber auch schon bei den Verwaltungskosten wird dieser Konflikt spürbar.
I. Deckung des Verwaltungsaufwands, Sparsamkeitsgebot An erster Stelle sind die Stiftungserträge zur Deckung des Verwaltungsaufwands heranzuziehen. Hierzu zählen neben den Aufwendungen für Personal (Löhne und Gehälter, einschließlich Nebenkosten) und Material (also alle bezogenen Waren und Leistungen) auch die öffentlichen Lasten, nicht aber solche Aufwendungen, die unmittelbar der Verwirklichung des Stiftungszwecks dienen, wie insbesondere die Aufwendungen von Zweckbetrieben ___________ 61 Näher Martin/Wiedemeier/Hesse, Fundraising, S. 33 ff.; Toepler/Sprengel in: Bertelsmann Handbuch, S. 565 ff.; Müller in: Bertelsmann Handbuch1, S. 619 ff.; Monroe in: Handbuch Bürgerstiftungen, S. 181 ff.; Schmied, ebd., S. 215 ff.; Lehfeldt, ebd., S. 243 ff., und Command/Mersereau, ebd., S. 269 ff. 62 S. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 72 m. w. Nw. 63 S. auch o. § 18 A.II.
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bei Anstaltsstiftungen.64 Dabei ist das – teilweise in den Stiftungsgesetzen ausdrücklich normierte65 – Sparsamkeitsgebot zu beachten. Zwar umfasst es die gesamte Tätigkeit der Stiftung, gilt also auch für die Erträgnisverwendung zur Erfüllung des Stiftungszwecks.66 Vor allem aber zielt es auf eine effiziente und Kosten sparende Organisation der Stiftungsverwaltung. Insbesondere die Personalkosten dürfen daher nicht den Rahmen des sachlich Angemessenen überschreiten.67 Um zu vermeiden, an der falschen Stelle zu sparen, ist daher auch an partiarische Entlohnungssysteme zu denken.68 Nicht zu beanstanden ist ein angemessener Repräsentationsaufwand.69 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Stiftungsaufsicht zwar auch die Einhaltung des Sparsamkeitsgebots zu überwachen hat. Nach der – insoweit – zutreffenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf sie jedoch nur dann einschreiten, wenn: – das Sparsamkeitsgebot verletzt ist (z. B. eine gleichwertige Persönlichkeit zu wesentlich günstigeren finanziellen Bedingungen hätte in Dienst genommen werden können) und – die der Stiftung dadurch erwachsenden Nachteile derart gravierend sind, dass die Verfolgung des Stiftungszwecks beeinträchtigt oder gar die Existenz der Stiftung gefährdet wird.70
II. Erfüllung des Stiftungszwecks Die nach Deckung des Verwaltungsaufwands übrigen Erträge sind zeitnah zur Verfolgung des Stiftungszwecks zu verwenden, also an die in der Satzung genannten Destinatäre auszuschütten usw. Zeitnah bedeutet – stiftungs- wie steuerrechtlich – innerhalb des auf den Zufluss der Erträge folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahrs.71 Verwendet sind Mittel dabei ___________ 64 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 103. 65 Art. 14 S. 1 BayStiftG, §§ 7 Abs. 1 S. 1 BWStiftG, 6 Abs. 2 S. 1 BreStiftG, 8 Abs. 3 S. 1 MVStiftG, 6 Abs. 4 S. 1 NdsStiftG, 14 Abs. 1 S. 1 SaStiftG 14 Abs. 1 S. 1, SAStiftG, 14 Abs. 1 S. 1 ThStiftG. 66 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 37 f. 67 S. hierzu BGH, ZIP 1988, 706 ff.; OLG Nürnberg, StiftRspr. III, S. 98 f. m. Anm. Leisner; auch AG Charlottenburg, MDR 1978, 49; sowie Helfurth/Dehesselles, S&S 2000, Heft 1, S. 22 f., Heft 2, S. 17 f. 68 S. o. § 19 B.I. 69 Zutr. MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 17. 70 BVerwG, StiftRspr. II, S. 89, 93. 71 Vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO; näher zu den steuerrechtlichen Implikationen etwa Seifart/ v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 231.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
allerdings nicht erst zum Zeitpunkt ihres Abflusses, sondern bereits bei Begründung einer (auch ungewissen) Verbindlichkeit.72 Überdies schließt das Gebot der zeitnahen Erträgnisverwendung die Bildung von Rücklagen (dazu sogleich u. III.) nicht aus. Bei Anstaltsstiftungen ergibt sich eine solche zeitnahe Erträgnisverwendung gleichsam von selbst. Durch die Erfordernisse des von ihnen zu unterhaltenden Zweckbetriebs sind sie in ihrem Mitteleinsatz weitgehend gebunden. Sie verfügen daher über verhältnismäßig wenig Spielraum, über das Wie und Wann der Erträgnisverwendung zu entscheiden. Bei Kapitalstiftungen ist das hingegen anders, zumal wenn ihre Satzung den zuständigen Stiftungsorganen – was zu empfehlen ist – großen Spielraum hinsichtlich der Art und Weise der Zweckverfolgung einräumt und/oder sie gar mehreren Zwecken dienen. Im zuletzt genannten Fall steht auch eine Schwerpunktsetzung zwischen den verschiedenen Stiftungszwecken im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane.73
III. Bildung von Rücklagen Schließlich können Erträge – in den durch das stiftungs- und steuerrechtliche Admassierungsverbot gezogenen Grenzen (s. o. § 18 A.I.1.) – zur Bildung von Rücklagen verwendet werden. Hierher gehören insbesondere: – Wert- oder Kapitalerhaltungsrücklagen,74 – Betriebsmittelrücklagen für periodisch wiederkehrende Aufwendungen (z. B. Löhne und Gehälter, Mieten),75 – zweckgebundene Rücklagen i. S. d. § 58 Nr. 6 AO zur Finanzierung aufwendiger Vorhaben76 und – Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung einer prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften, § 58 Nr. 7 lit. b AO77.
___________ 72 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 230 a. E. 73 Für weitere Einzelheiten s. etwa Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 115 ff. 74 S. o. § 18 A.I sowie IDW, WPg 2000, 391, 396, Tz. 54, 55 ff.; kritisch dazu etwa Orth, DB 1997, 1341, 1347 f. Steuerrechtlich handelt es sich hierbei um eine freie Rücklage i. S. d. § 58 Nr. 7 lit. a AO. 75 Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 235 m. w. Nw. 76 Näher Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 233 f. 77 Näher Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 236.
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§ 20 Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung
Schließlich können Rücklagen in einem steuerpflichtigen, wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sowie in Beteiligungsgesellschaften gebildet werden.78
C. Finanzierung von Beteiligungsgesellschaften Ist die Stiftung an einer oder mehreren Gesellschaften (auch mittelbar) maßgeblich beteiligt, so hat die Frage der Finanzierung dieser Gesellschaften unmittelbare Auswirkungen auf die Finanz- und Ertragslage der Stiftung; denn: Eine Innenfinanzierung der Gesellschaft(en) durch Thesaurierung von Gewinnen schmälert die der Stiftung im Wege von Ausschüttungen zufließenden Erträge. Das gleiche gilt wegen der Finanzierungskosten für eine Außenfinanzierung durch die Aufnahme von Fremdkapital. Und auch eine Außenfinanzierung durch die Aufnahme von Eigenkapital, also durch eine effektive Kapitalerhöhung, kürzt die zur Erfüllung des Stiftungszwecks verfügbaren Mittel, sofern sich die Stiftung an der Kapitalerhöhung beteiligt. Dabei sind die Stiftungsorgane keineswegs in ihrer Entscheidung frei. Einerseits haben sie auf den Kapitalbedarf der Gesellschaften Rücksicht zu nehmen, andernfalls sie deren Leistungskraft und damit die wirtschaftliche Grundlage der Stiftung schwächten.79 Das widerspräche dem Werterhaltungsgebot. Überdies hat die Stiftung als Verbandsmitglied die Grundregeln ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung einzuhalten. Hierzu gehören jedenfalls die gesellschaftsrechtlichen Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsregeln, einschließlich der Regeln über kapitalersetzende Leistungen und das Verbot existenzgefährdender Eingriffe, einschließlich des Verbots materieller Unterkapitalisierung sowie die Haftung eigenkapitalersetzender Leistungen, vgl. § 32a Abs. 1 GmbHG.80 Andererseits dürfen die Stiftungsorgane Wünschen nach einer möglichst umfassenden Thesaurierung nicht unbegrenzt nachgeben, sondern haben das Interesse der Stiftung an Ausschüttungen zur Verfolgung des Stiftungszwecks angemessen zu vertreten.81 Dem___________ 78 79 80 81
S. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 238 ff. Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 163; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 62. Vgl. auch U. H. Schneider, ZGR 1984, 497 ff., 509 ff. Sind die Stimmrechte überwiegend einem anderen Rechtsträger zugeordnet, wie namentlich im Fall einer sog. Doppelstiftung, so hat die (einflusslose) Stiftung als Gesellschafterin aufgrund der Treupflicht gleichwohl einen Anspruch auf eine angemessene Ausschüttung, den ihre Organe ggf. durchsetzen können und müssen. Das übersieht Reuter, ZGR 1991, 467, 486. Freilich sind die Einzelheiten streitig, vgl. BGHZ 132, 263, 272 ff., 276 f. (zur KG); Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 29 Rdnr. 25 ff. jew. m. w. Nw. auch zur Gegenansicht. Im Fall einer Doppelstiftung wäre die einflussreiche Stiftung überdies aufgrund des Stifterwillens regelmäßig gehalten, ihre einflusslose Schwester nicht „aushungern“ zu lassen.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
entsprechend geringer ist das Interesse der Stiftung an Ausschüttungen allerdings dann, wenn die Gesellschaft Trägerin eines Zweckverwirklichungsunternehmens ist. Hat die Gesellschaft außer der Stiftung weitere Mitglieder, ist aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht ggf. auch auf deren Interessen Rücksicht zu nehmen.82 Einzuhalten sind selbstverständlich auch sonstige gesetzliche (z. B. § 58 AktG) oder statutarische Regeln. Bei der Frage schließlich, ob und inwieweit sich die Stiftung an einer effektiven Kapitalerhöhung beteiligen soll, bedarf es schließlich einer Abwägung, bei der insbesondere folgende Faktoren zu berücksichtigen sind: Erstens ist, wie stets, der wirkliche oder mutmaßliche Stifterwille zu beachten. Enthalten das Stiftungsgeschäft oder die Stiftungssatzung Vorgaben? Welche Bedeutung hat die Beteiligungsgesellschaft für die Verfolgung des Stiftungszwecks? Ist sie bloße Dotationsquelle oder Trägerin eines Zweckverwirklichungsunternehmens? Welche Bedeutung hat aus Sicht des Stifters die Aufrechterhaltung einer bestimmten Beteiligungsquote?83 Ist sie möglicherweise Neben- oder gar Hauptzweck? Zweitens: Wie viele Stiftungsmittel werden durch eine Beteiligung an der Kapitalerhöhung gebunden? Was bedeutet das für die Verfolgung des Stiftungszwecks? Einzuhalten sind die Grenzen des stiftungsrechtlichen und des steuerlichen (§ 58 Nr. 7 lit. b AO) Admassierungsverbots.84 Und drittens: Welche Auswirkungen hätte ein Verzicht auf das Bezugsrecht? Verliert die Stiftung erheblich an Einfluss auf die Gesellschaft, wird gar ein Kontrollwechsel ermöglicht oder gehen Minderheitsrechte verloren? Was bedeutete das für die Verfolgung des Stiftungszwecks und was für den Wert der Beteiligung?85 Zu beachten sind das Zweckverwirklichungs- und das Werterhaltungsgebot.86 Herrmann ist eine empirische Untersuchung der Performance von Stiftungsunternehmen im Vergleich zu Börsenunternehmen zu danken.87 Danach beträgt die Ausschüttungsquote bei Börsenunternehmen 55 %, bei Stiftungs___________ 82 Vgl. BGHZ 132, 263, 272 ff., 276 f. (zur KG); Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 29 Rdnr. 25 ff. jew. m. w. Nw. auch zur Gegenansicht. 83 Vgl. KG, StiftRspr. I, S. 163, 170; WM 1968, 903 ff. 84 Zur Eigenkapitalfinanzierung von Unternehmen durch steuerbegünstigte Körperschaften s. etwa Schindler, DB 1987, Beil. 10, S. 6 ff.; Goerdeler, FS Beusch, S. 287, 289 ff.; Schauhoff in: Handbuch Gemeinnützigkeit, § 8 Rdnr. 99 m. w. Nw. 85 Zur wirtschaftlichen Bedeutung des Bezugsrechts näher Heinsius, FS Kellermann, S. 115, 117 f.; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 7 ff. 86 Wegen des Werterhaltungsgebots verstößt die Beteiligung an einer Kapitalerhöhung zur Aufrechterhaltung der Beteiligungsquote regelmäßig nicht gegen das stiftungsrechtliche Admassierungsverbot, unzutreffend und viel zu undifferenziert daher Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 81. 87 Herrmann, Unternehmenskontrolle, 1996; ders. in: IDW, Stiftungen, S. 143 ff.
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unternehmen immerhin 40 %. Das ist angesichts vieler Unkenrufe88 besser als erwartet88a und spiegelt die Notwendigkeit zu einer stärkeren Innenfinanzierung wider.88b Die Eigenkapitalquote beträgt dagegen hier wie dort rund 30 %. Das ist ebenfalls erstaunlich. Die Zahl zeigt, dass die lediglich um 1/4 höhere Thesaurierungsquote ausreicht, um den Nachteil von Stiftungsunternehmen bei der (externen) Beschaffung von Eigenkapital auszugleichen. Anders gewendet ist der Nachteil bei der Eigenkapitalbeschaffung weniger gravierend als man vermuten sollte – oder umgekehrt der Vorteil, den (selbst) Börsenunternehmen insofern haben geringer. Letzteres ist wohl auch auf die hohen Kosten einer Aufnahme von Eigenkapital zurückzuführen. Schließlich ist die Fremdfinanzierung bei Stiftungsunternehmen deutlich langfristiger, was sich dementsprechend günstig auf ihre Zinsaufwandsquote auswirkt und ihre etwas schlechtere Produktivität ausgleicht. Insgesamt stellt Herrmann keine bedeutenden Performanceunterschiede fest. Wenn gleichwohl der Ertrag von Stiftungsunternehmen nicht selten zu wünschen übrig lässt, so hat dies daher keine stiftungsspezifischen Gründe, sondern ist lediglich Ausdruck einer allgemeinen Schwäche von Unternehmensrenditen.89
D. Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei der Vermögensverwaltung und der Erträgnisverwendung zwar einige stiftungsspezifische Regeln zu beachten sind. Diese beruhen jedoch mehr auf der Besonderheit der Aufgabe als auf der Besonderheit der Rechtsform. Zudem gelten eine Reihe allgemeiner Regeln, wie das Gebot der Vermögenstrennung, das Verbot des Eingehens unverhältnismäßig großer Risiken und die Pflicht zu einer sparsamen Mittelverwendung. Dabei wurde bereits oben (§ 10 A.I.) darauf hingewiesen, dass auch die Verwaltungsorgane von Stiftungen die Grundregeln ordnungsgemäßer Geschäftsbesorgung einzuhalten haben, Entscheidungen also adäquat vorbereitet sein müssen, sie nicht gesicherten Erkenntnissen und Erfahrungen widersprechen dürfen und ihre Umsetzung angemessen zu über___________ 88 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 88; Vinken, Trägerin, S. 65 ff. 88a S. ferner Heuel, Unternehmensträgerstiftung, S. 192 f. Danach differiert die „Rendite“ (gemeint ist damit die prozentuale Höhe der Ausgaben der Stiftung gemessen an ihrem effektiven Vermögen) von 30 untersuchten Unternehmensstiftungen zwar erheblich, nämlich zwischen „mageren“ 0,5 % und „stolzen“ 13,5 %, beträgt aber im Durchschnitt immerhin fast 5 % und damit das Doppelte einer durchschnittlichen Dividendenrendite. 88b Mit Skepsis ist daher den Vorschlägen von U. Bork, ZSt 2003, 14 ff. zu begegnen. 89 Zutr. Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 13 Rdnr. 46.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
wachen ist.90 Eine ausschließliche Anlage in Zinstiteln ist danach i. d. R. pflichtwidrig, weil sie gesicherten Erkenntnissen und Erfahrungen widerspricht. Wie Carstensen zutreffend feststellt, kann mangelnde Effizienz bei der Vermögensverwaltung und der Vermögenserhaltung weder mit Beschränkungen des Stiftungs- noch des Steuerrechts entschuldigt werden.91 Dem Stifter ist es allerdings unbenommen, ja zu empfehlen, Regelungen hinsichtlich der Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung zu treffen.
___________ 90 Näher u. § 25 bei Fn. 49. 91 Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 302.
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§ 21 Rechnungslegung Über die Rechnungslegung1 der Stiftung ist in den letzten Jahren viel diskutiert und geschrieben worden.2 Die Gesetzentwürfe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN3 und FDP4 sahen übereinstimmend vor, dass Stiftungen künftig einen Jahresabschluss nach Maßgabe des Ersten Abschnitts des Dritten Buches des HGB (§§ 238–263) aufstellen müssen. Zudem hat der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) nach mehrjähriger Diskussion5 am 25.2.2000 einen Standard für die Prüfung von Stiftungen (IDW PS 740) sowie eine Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen (IDW RS HFA 5) verabschiedet,6 die ebenfalls eine Rechnungslegung nach handelsrechtlichen Grundsätzen empfehlen.7 Mit diesen Vorschlägen soll das Ziel des Bilanzrichtlinien-Gesetzes von 1985, die Rechnungslegung zu systematisieren und nach Möglichkeit, d. h. soweit rechtsformspezifische Unterschiede keine Abweichungen erfordern, zu vereinheitlichen,8 auch für die Stiftung verwirklicht werden. Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Die Frage ist nur, ob und inwieweit rechtsformspezifische Unterschiede ein solches Vorgehen bei der Stiftung gestatten. Der Moderni___________ 1 Rechnungslegung kann im engeren Sinne als Jahresabschluss, im weiteren Sinne als das gesamte Rechenschafts- und Rechnungswesen verstanden werden. Der Sprachgebrauch des Gesetzes, soweit es diesen oder ähnliche Begriffe überhaupt verwendet, ist uneinheitlich, vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 1 f. Vorliegend wird der Begriff, wenn nicht anders vermerkt, im weiteren Sinne gebraucht. 2 S. insbes. Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 80 ff., 210 ff.; Merl in: IDW, Stiftungen, S. 95; ders. in: Bertelsmann Handbuch, S. 889 ff.; ders./Koss in: Bertelsmann Handbuch1, S. 1041; Koss, Rechnungslegung; Doppstadt/Koss/Toepler, Bewertung; Heinemann in: IDW, Stiftungen, S. 127; Orth, DB 1997, 1341; ders., FS Rädler, S. 457; ders. in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 27; Kley, ebd., S. 15; Doppstadt, ebd., S. 139; Goerdeler, FS Moxter, S. 725; Ley, StbJb 1998/99, 301; Schindler, FS L. Fischer, S. 419; Sandberg, GoJ; dies., ZHR 164 (2000), 155 ff.; Schulte/Risch, ZSt 2004, 11, 16 f.; Pöllmann, ZSt 2005, 32, 35 f. 3 § 85 Abs. 2 S. 1 des Entwurfes, BT-Drs. 13/9320 v. 1.12.1997. 4 § 84 Abs. 2 S. 1 des Entwurfes, BT-Drs. 14/336 v. 28.1.1999; einschränkend dagegen der Entwurf vom 4.4.2001, BT-Drs. 14/2029 (erst ab Einnahmen von mehr als 250.000 Euro). 5 Der erste Diskussionsentwurf datiert von 1996 und ist abgedruckt in IDW, Stiftungen, S. 301 ff. Sodann folgte der Entwurf einer Verlautbarung des HFA, WPg 1997, 712 ff. 6 WPg 2000, 385 ff., 391 ff. 7 Vorausgegangen war 1995 eine Stellungnahme des IDW zur Rechnungslegung und Prüfung spendensammelnder Organisationen, die rechtsformunabhängig und damit auch für Stiftungen galt, WPg 1995, 698. Näher dazu Orth, FS Rädler, S. 457, 476. 8 Vgl. Helmrich, Bilanzrichtlinien-Gesetz, S. 22 ff.
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sierungsgesetzgeber ist dem im Anschluss an die Empfehlungen der BundLänder-Arbeitsgruppe9 jedenfalls nicht gefolgt.10 Die Gesetzeslage ist daher insoweit unverändert.11 Im Folgenden werden zunächst die verschiedenen Rechtsgrundlagen der Rechnungslegung von Stiftungen, deren unterschiedliche Rechnungslegungsziele und Rechnungslegungsgrundsätze aufgezeigt. Anschließend wird ein Überblick gegeben, wie die Stiftung diese Pflichten erfüllen kann. Hernach wird auf das Kernproblem der Rechnungslegung im Stiftungsrecht kurz einzugehen sein. Abschließend wird die Prüfung der Rechnungslegung behandelt.
A. Rechtliche Grundlagen Gesetzliche Grundlagen der Rechnungslegung der Stiftung finden sich insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch, den Stiftungsgesetzen der Länder, dem Handelsgesetzbuch sowie der Abgabenordnung. Im Einzelnen:
I. Bürgerliches Recht Bürgerlich-rechtlich ergibt sich die Pflicht des Stiftungsvorstands zur Rechnungslegung einerseits aus § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 666, 259 f. BGB und andererseits aus § 86 S. 1 i. V. m. § 42 BGB. Danach hat der Stiftungsvorstand laufende Aufzeichnungen zu führen, Belege zu sammeln (vgl. § 259 BGB) und periodisch einen Rechenschaftsbericht zu verfassen. Dabei hat er gemäß §§ 259 f. BGB die Einnahmen und Ausgaben sowie ein Bestandsverzeichnis über das Stiftungsvermögen zusammenzustellen und über seine Geschäftsführung, insbesondere die Art und Weise der Verfolgung des Stiftungszwecks sowie über sämtliche bedeutsamen Ereignisse zu berichten. Dabei muss die Rechnungslegung geeignet sein, eine Überschuldung feststellen zu können. Dies ist oben (§ 10 A.III.) bereits ausgeführt worden.
___________ 9 Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 61 f. 10 S. zur Entwicklung der Rechnungslegung und zum Gang der Reformdiskussion auch Koss, Rechnungslegung, S. 23 ff., sowie Orth in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 27, 55 ff. 11 Zum Reformstau und Möglichkeiten seiner Auflösung Walz in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 1 ff.
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§ 21 Rechnungslegung
II. Landesrecht Außer in den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, in denen noch das Stiftungsgesetz der DDR vom 13.9.1990 weitgehend fortgilt, enthalten alle Landesstiftungsgesetze Vorschriften über die Rechnungslegung.12 Vorgeschrieben ist zumeist,13 dass die Stiftung bzw. ihr Vorstand innerhalb einer bestimmten Frist (sie variiert zwischen vier und neun Monaten) der Aufsichtsbehörde einen Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks sowie eine Jahresabrechnung mit Vermögensübersicht vorzulegen hat.14 Darüber, welche Anforderungen an die Rechnungslegung der Stiftung im Einzelnen gestellt werden, enthalten die Landesstiftungsgesetze dagegen vielfach keine Regelungen.15 Manche Stiftungsgesetze der Länder bestimmen allerdings, dass die Stiftungen ordnungsgemäß Buch zu führen16 oder nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung Rechnung zu legen17 haben. Was damit gemeint ist, ist freilich unklar und umstritten.18 Jedenfalls decken sich die bürgerlich-rechtlichen und landesrechtlichen Rechnungslegungspflichten im Ergebnis so weitgehend, dass sie uno actu erfüllt wer___________ 12 Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben die Stiftungsaufsichtsbehörden das Recht, sich über alle Angelegenheiten der Stiftung zu unterrichten, insbesondere die Geschäfts- und Kassenführung zu prüfen oder auf Kosten der Stiftung prüfen zu lassen sowie Berichte und Akten anzufordern, so § 19 Abs. 1 der Stiftungsgesetze dieser Länder. Dergleichen Vorschriften finden sich freilich auch in allen anderen Landesstiftungsgesetzen, s. u. Fn. 127. 13 Daneben verlangt Art. 24 BayStiftG, dass die Stiftung – wenn ihre Satzung nichts anderes bestimmt – vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres einen Voranschlag aufstellen soll, der die Grundlage für die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben bildet. 14 S. Art. 25 Abs. 2 BayStiftG (Rechnungsabschluss statt Jahresabrechnung), §§ 9 Abs. 2 Nr. 3 BWStiftG, 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BlnStiftG, 6 Abs. 2 BbgStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 2 BreStiftG (Vorlage nicht innerhalb einer bestimmten Frist, sondern lediglich auf Verlangen der Behörde), 4 Abs. 4, 5 Abs. 2 HbgStiftG (Vorlagepflicht nach § 5 Abs. 3 abdingbar), 7 Nr. 2 HeStiftG, 15 Abs. 2 Nr. 2 MVStiftG, 11 Abs. 3 NdsStiftG, 7 Abs. 1 NRWStiftG, 7 Abs. 4, 9 Abs. 2 RPStiftG, 11 Abs. 2 SaarStiftG, 10 Abs. 1 SHStiftG. 15 In § 8 Abs. 1 S. 2 BlnStiftG heißt es schlicht, dass der Jahresbericht den Anforderungen der Aufsichtsbehörde entsprechen muss; näher dazu Orth in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 27, 40 m. w. Nw. Nach § 6 Abs. 2 BbgStiftG ist im Falle des Betriebs eines erwerbswirtschaftlichen Unternehmens der Jahresabschluss einzureichen. 16 So § 4 Abs. 7 SHStiftG; ähnlich § 7 Nr. 2 HeStiftG: ordnungsgemäße Jahresabrechnung. Nach Art. 25 Abs. 1 BayStiftG sind Stiftungen zu einer ordnungsgemäßen Buchführung verpflichtet, können aber die Buchführungsart im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei wählen. 17 So §§ 9 Abs. 3 MVStiftG, 5 Abs. 1 S. 3 SaarStiftG; nach § 4 Abs. 4 HbgStiftG sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung entsprechend anzuwenden. 18 S. u. C.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
den können. Der Hauptunterschied besteht nach hier vertretener Ansicht darin,19 dass die bürgerlich-rechtlichen Rechnungslegungspflichten seitens der Stiftungsorgane gegenüber der Stiftung, die landesrechtlichen Rechnungslegungspflichten dagegen seitens der Stiftung, vertreten durch den Vorstand,20 gegenüber der Stiftungsaufsichtsbehörde zu erfüllen sind.
III. Handelsrecht Soweit die Stiftung ein Handelsgewerbe i. S. d. § 1 Abs. 2 HGB betreibt, ist sie als Kaufmann nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Rechnungslegung verpflichtet. Diese Pflicht trifft daher in erster Linie sog. Unternehmensträgerstiftungen,21 aber auch Anstaltsstiftungen wie etwa eine Krankenhausstiftung22. Die bloße Verwaltung eigenen Vermögens soll dagegen grundsätzlich nicht unter den Gewerbebegriff des § 1 HGB fallen. Das ist im Ausgangspunkt ganz herrschende Meinung.23 Gleichfalls unstreitig ist aber, dass von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen sind, namentlich wenn die Vermögensverwaltung eine bestimmte Größenordnung überschreitet.24 Die Abgrenzung zwischen privater und gewerblicher Vermögensverwaltung ist jedoch unklar und umstritten. Vorzugswürdig ist der Ansatz von Schulze-Osterloh.25 Er grenzt Vermögensverwaltung nicht a priori von dem Gewerbebegriff aus, sondern prüft, ob dessen Voraussetzungen erfüllt sind, ob die Vermögensverwaltung also „selbständig, auf Dauer angelegt und planmäßig betrieben wird [und] auf dem Markt erkennbar nach außen hervortritt“.26 Dabei kommt es entscheidend auf die zweite Voraussetzung des § 1 Abs. 2 HGB an, ob also die Vermögensverwaltung nach Art und27 Umfang einen in kaufmännischer ___________ 19 S. o. § 10 A.II. 20 Wenngleich es sich um eine Pflicht der Stiftung handelt, sind dessen Mitglieder persönlich verpflichtet. Das folgt, wenn nicht aus dem Wortlaut des Landesrechts, aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, vgl. K. Schmidt, HR, S. 421 f. 21 Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 197. 22 Vgl. RGZ 109, 75. 23 BGHZ 74, 273; MünchKomm/K. Schmidt, HGB, § 1 Rdnr. 28; GK/Nickel, HGB, § 1 Rdnr. 11b, jew. m. w. Nw. 24 S. nur BGH, NJW 1967, 2353 sowie Baumbach/Hopt, HGB, § 1 HGB Rdnr. 17; Röhricht in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, § 1 Rdnr. 33–42; K. Schmidt, wie vor. 25 Schulze-Osterloh, FS Baumann, S. 325 ff. 26 Begr. RegE zu § 1 Abs. 2 HGB, BT-Drs. 13/8444 vom 29.8.1997, S. 39; die Einzelheiten sind freilich streitig, s. aus der Literatur etwa Hofmann, HR, S. 9 ff. m. w. Nw. 27 Das „oder“ im Wortlaut des § 1 Abs. 2 HGB beruht auf seiner negativen Formulierung als Beweislastregel, statt anderer Baumbach/Hopt, HGB, § 1 Rdnr. 23, 25.
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§ 21 Rechnungslegung
Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ist das der Fall, so ist die Vermögensverwaltung zugleich als gewerblich anzusehen. „Völlig unbedeutende und wirtschaftlich nicht über den alltäglichen Bereich herausreichende Betätigungen“,28 fallen daher nicht hierunter. Das Vermögen muss vielmehr eine bestimmte Größenordnung und seine Verwaltung eine gewisse Komplexität erreichen, so dass es zur Wahrung eines Überblicks kaufmännischer Einrichtungen bedarf.29 Erforderlich ist eine Gesamtbetrachtung.30 Zurückgegriffen werden kann dabei auf die Kasuistik zu § 4 Abs. 1 HGB a. F.,31 dem diese Formulierung entlehnt ist. Folgt man dieser Ansicht,32 so fallen auch Kapital-, Beteiligungs- und Holdingstiftungen unter § 1 Abs. 2 HGB, wenn ihre Verwaltung einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.33 Freilich begründet eine Beteiligung allein noch keine Kaufmannseigenschaft. Bei einer Stiftung & Co. KG ist daher im Ausgangspunkt allein die KG und nicht auch die Stiftung Kaufmann.34 Anders ist das jedoch dann zu beurteilen, wenn eine Gesamtbetrachtung der Beteiligung und des übrigen Geschäftsbetriebs der Stiftung ergibt, dass sie nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichtet sein muss. Das führt zu der weiteren Frage, ob in diese Gesamtbetrachtung auch die die Verfolgung des Stiftungszwecks betreffende Tätigkeit der Stiftung einzubeziehen ist. Bei Stiftungen, die Träger eines Zweckverwirklichungsunternehmens (z. B. Theater) sind, ist das freilich eine Selbstverständlichkeit. Das gleiche gilt aber – entgegen herrschender Meinung – auch für Förderstiftungen: Nach herrschender Meinung ist bei Einzelkaufleuten, Personenhandelsgesellschaften und juristischen Personen i. S. d. § 33 HGB (die also nicht Formkaufmann nach § 6 HGB sind), also auch bei Stiftungen, zwischen dem ___________ 28 29 30 31
Begr. RegE zu § 105 Abs. 2 HGB, BT-Drs. 13/8444 vom 29.8.1997, S. 39. Röhricht in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, § 1 Rdnr. 37. Statt anderer Hofmann, HR, S. 18; GK/Nickel, HGB, § 1 Rdnr. 17 m. w. Nw. S. dazu Röhricht in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, § 1 Rdnr. 34 f. m. zahlr. Beispielen aus der Rechtsprechung. 32 Sie steht nicht etwa in Widerspruch zu § 105 Abs. 2 S. 1 Fall 2 HGB; denn diese Vorschrift will gerade die bei Vermögensverwaltungs-, Besitz- und Holdinggesellschaften bisher bestehende Rechtsunsicherheit beseitigen, s. Begr. RegE zu § 1 Abs. 2 HGB, BT-Drs. 13/8444 vom 29.8.1997, S. 41. 33 Ebenso insbes. IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 392 (Tnr. 22). 34 Vgl. § 264aHGB; s. ferner K. Schmidt, HR, S. 90 f.; Baumbach/Hopt, HGB, § 105 Rdnr. 19, jew. m. w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Betriebs- und Privatvermögen zu unterscheiden.35 Nun mag man über die Berechtigung dieser Unterscheidung bei Einzelkaufleuten streiten.36 Bei Personenhandelsgesellschaften bezieht sie sich auf die Unterscheidung zwischen dem Gesellschaftsvermögen und dem Vermögen der Gesellschafter (s. § 5 Abs. 4 PublG) und ist daher aus Sicht des heute herrschenden Gesamthandverständnisses ebenso eine bare Selbstverständlichkeit wie die Unterscheidung zwischen dem Vermögen einer juristischen Person und dem Vermögen ihrer Mitglieder. Die Personenhandelsgesellschaft selbst hat daher selbstverständlich genauso wenig ein „Privatvermögen“ wie eine GmbH oder AG.37 Warum das aber bei juristischen Personen, die nicht Formkaufleute sind, anders sein soll, ist nicht einzusehen.38 Insbesondere ist ihre Interessenlage nicht mit derjenigen von Einzelkaufleuten vergleichbar. Rechtfertigt sich die Trennung von Betriebs- und Privatvermögen bei Einzelkaufleuten aus dem Schutz ihrer Privatsphäre,39 hat eine juristische Person keine solche Privatsphäre. Dementsprechend haben juristische Personen im Anwendungsbereich des Publizitätsgesetzes (§§ 1–3 PublG) anders als Einzelkaufleute (§ 5 Abs. 4 PublG) über ihr gesamtes Vermögen Rechnung zu legen.40 Daraus folgt zugleich, dass bei juristischen Personen ihre gesamte, also auch ihre nicht-gewerbliche Tätigkeit bei Beantwortung der Frage einzubeziehen ist, ob ihr Geschäftsbetrieb nach Art und Umfang kaufmännisch eingerichtet sein muss. Dafür spricht auch, dass der Gewerbebegriff keine Gewinnerzie-
___________ 35 Zur Stiftung IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 392 (Tnr. 23); Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 198; Merl in: Bertelsmann Handbuch, S. 889, 894; Doppstadt in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 139, 140, allgemein Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, § 238 Rdnr. 7, § 246 Rdnr. 21; a. A. Schlegelberger/Hildebrandt/Steckhan, HGB, § 39 Rdnr. 3. 36 Vgl. K. Schmidt, HR, S. 83 f.; ausf. Flaßkühler, Betriebs- und Privatvermögen, S. 248–304. 37 Vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung, § 242 HGB Rdnr. 17 f. m. w. Nw. 38 Die steuerliche Behandlung ist handelsrechtlich unmaßgeblich, vgl. BayObLG, NJW 1988, 916; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung, § 242 HGB Rdnr. 31 ff. m. w. Nw. 39 Begr. RegE zu § 5 Abs. 3 PublG (a. F.), BT-Drs. 5/3197, S. 20. 40 Statt anderer Merl/Koss in: Bertelsmann Handbuch1, S. 893 ff. Das gilt auch dann, wenn sie mehrere verschiedene Unternehmen unter verschiedenen Firmen führen, vgl. § 1 Abs. 5 PublG. Ob das auch für Einzelkauleute außerhalb des PublG gilt ist streitig, aber zu bejahen, Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung, § 242 HGB Rdnr. 35; ebenso Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, § 246 Rdnr. 21; zur Stiftung s. Seifart/ v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 198 m. w. Nw.
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§ 21 Rechnungslegung
lungsabsicht erfordert41 und die Förderung, Überwachung und Dokumentation gemeinnütziger Projekte eine organisatorisch ebenso anspruchsvolle Aufgabe sein kann, wie eine kaufmännische Tätigkeit im engeren Sinne42. Schließlich ist zu bemerken, dass Fundraising zunehmend professionalisiert und als eigenes Marktsegment betrachtet wird.43 Nach allem ist somit festzuhalten, dass eine Stiftung bereits dann unter § 1 Abs. 2 HGB fällt, wenn ihre Verwaltung einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ist das nicht der Fall, so kann sie sich gleichwohl nach § 2 HGB in das Handelsregister eintragen lassen, § 105 Abs. 2 S. 1 Fall 2 HGB analog44. Ist die Stiftung danach Kaufmann, was, nach Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes erheblich häufiger als früher der Fall sein dürfte, hat sie entsprechend §§ 238–261 HGB Buch zu führen und Rechnung zu legen. Überschreitet die Stiftung (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 PublG) bzw. ein von ihr geleiteter Konzern die in §§ 1, 11 PublG genannten Schwellenwerte, finden gemäß § 5, 13 PublG die für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften der §§ 264–315 HGB weitgehend sinngemäß Anwendung. Das gilt seit jüngerem gleichfalls für eine Stiftung & Co. KG.45
IV. Steuerrecht Einheitliche steuerrechtliche Rechnungslegungsvorschriften gibt es für die Stiftung nicht. Vielmehr treffen die Stiftung, je nach Sphäre und Einkommensart46, abgeleitete und originäre steuerliche Rechnungslegungspflichten. Wer nach anderen Gesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, hat gemäß § 140 AO diese Ver___________ 41 Str., a. A. die st. Rspr. und herkömmliche Lehre s. nur BGHZ 33, 321, 325; 95, 155, 157, 159; Staub/Brüggemann, HGB, § 1 Rdnr. 9 ff.; wie hier etwa Baumbach/Hopt, HGB, § 1 Rdnr. 16; K. Schmidt, HR, S. 288 ff.; Röhricht in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, § 1 Rdnr. 24, 48 ff. 42 Vgl. die Beiträge von Kennedy/Rumberg/Then, Koeckstadt und Breiteneicher/Marble in: Bertelsmann Handbuch, S. 393 ff., S. 461 ff. und S. 649 ff. 43 Vgl. die Beiträge von Toepler/Sprengel in: Bertelsmann Handbuch, S. 565 ff.; Müller in Bertelsmann Handbuch1, S. 619 ff.; Monroe in: Handbuch Bürgerstiftungen, S. 181 ff.; Schmied, ebd., S. 215 ff.; Lehfeldt, ebd., S. 243 ff., und Command/ Mersereau, ebd., S. 269 ff. 44 Vgl. Baumbach/Hopt, HGB, § 105 Rdnr. 14 m. w. Nw. 45 §§ 264a–264c, 285 Nr. 11a und 15, 286 Abs. 3 S. 1, 318 Abs. 1 S. 2 HGB i. d. F. des KapCoRiLiG vom 24.2.2000, BGBl. I, S. 154. 46 Näher dazu Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 207 m. w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
pflichtungen auch für die Besteuerung zu erfüllen. Andere Gesetze in diesem Sinne sind: – – – –
§ 86 S. 1 i. V. m. § 27 Abs. 3, 666, 259 f. BGB, die Landesstiftungsgesetze, §§ 1 ff., 238 ff. HGB, §§ 1 ff. PublG.
Originäre steuerliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten bestehen ggf. nach §§ 63 Abs. 3, 141 ff. AO, 22 UStG sowie nach einzelsteuergesetzlichen Bestimmungen.47 Nach § 63 Abs. 3 AO hat eine i. S. d. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Stiftung durch ordnungsgemäße Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben den Nachweis zu führen, dass ihre tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke gerichtet ist und auch den Bestimmungen entspricht, welche die Satzung über die Voraussetzungen für Steuerbegünstigungen aufstellt. Überschreitet die Stiftung als gewerblicher Unternehmer die in § 141 Abs. 1 S. 1 AO genannten Schwellenwerte, so ist sie zur Führung von Büchern und zur Erstellung von Abschlüssen aufgrund jährlicher Bestandsaufnahme entsprechend §§ 238, 240–242 Abs. 1, 243–256 HGB verpflichtet. Dabei ist der Gewerbebegriff freilich ein anderer als nach HGB. Private Vermögensverwaltung fällt nicht hierunter, wobei allerdings die Abgrenzung zu einer gewerblichen Tätigkeit ebenfalls höchst zweifelhaft ist.48
V. Branchenspezifische Rechtsvorschriften Zu beachten sind ggf. ferner branchenspezifische Rechtsvorschriften wie etwa die Krankenhaus- bzw. Pflege-Buchführungsverordnung. Danach sind solche Einrichtungen rechtsformunabhängig zu einer doppelten Buchführung sowie zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet, der weitgehend nach den für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften aufzustellen ist und dementsprechend aus einer Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie einem Anhang besteht.49 ___________ 47 Einzelheiten bei Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 213 ff. 48 Vgl. aus der Rechtsprechung BFHE 79, 366, 369 ff.; 178, 86, 91 f.; 182, 79, 84; 567, 572; BFH, DStR 1999, 317 ff. speziell zur Stiftung etwa NdsFG, StiftRspr. IV, S. 78 ff.; aus der Lit. Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 43 Rdnr. 115– 128 m. zahlr. w. Nw. 49 Orth in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 27, 39 m. w. Nw.
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VI. Satzungsrecht Innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann die Stiftungssatzung zusätzliche Anforderungen an die Rechnungslegung der Stiftung stellen,50 etwa die Einhaltung der §§ 238 ff. HGB vorschreiben, auch wenn die Stiftung gesetzlich hierzu nicht verpflichtet ist, oder die entsprechende Anwendung der §§ 264 ff. HGB vorsehen. Von dieser Möglichkeit machen Stifter freilich viel zu selten Gebrauch.51 Die Frage der Abdingbarkeit des § 666 BGB52 stellt sich hingegen in Anbetracht der landesrechtlichen Rechnungslegungspflichten praktisch nicht.
B. Ziele der Rechnungslegung Aufgaben jeder Rechnungslegung sind Dokumentation und Rechenschaftslegung.53 Abseits davon sind die Rechnungslegungszwecke vielfältig, umstritten und je nach Rechtsgrundlage verschieden.54 Die steuerrechtliche Rechnungslegung dient lediglich der Ermittlung der Besteuerungsgrundlage bzw. dem Nachweis, dass die Geschäftsführung der Stiftung tatsächlich auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke gerichtet ist55. Demgegenüber will die Stiftungsaufsicht nicht nur kontrollieren, ob die Erträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet wurden, sondern auch, ob das Stiftungskapital ungeschmälert erhalten ist.56 Beides zu dokumentieren und nachzuweisen, ist selbstverständlich auch Zweck der Rechnungslegung nach bürgerlichem Recht. Insofern handelt es sich hierbei um die beiden obersten Rechnungslegungsziele bei der Stiftung.57 Darüber ___________ 50 IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 393 (Tnr. 21); ferner etwa Orth in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 27, 38. 51 Koss, Rechnungslegung, S. 17; s. auch Berndt, Unternehmen, Rdnr. 420. 52 Vgl. hierzu etwa Staudinger/Weick, BGB, § 27 Rdnr. 25; Staudinger/Wittmann, BGB, § 666 Rdnr. 12 f. m. w. Nw. 53 Statt anderer K. Schmidt, HR, S. 414 m. w. Nw. 54 Ausf. Sandberg, GoJ, S. 97 ff.; ferner Orth in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 27, 32 f. 55 § 63 Abs. 3 AO; Koss, Rechnungslegung, S. 65. 56 Vgl. Art. 25 Abs. 2, 3 BayStiftG, §§ 9 Abs. 2 Nr. 3 BWStiftG, 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 BlnStiftG, 6 Abs. 2, 3 BbgStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 2 BreStiftG, 4 Abs. 4, 5 Abs. 2 HbgStiftG, 7 Nr. 2, 12 Abs. 2 HeStiftG, 15 Abs. 2 Nr. 2 MVStiftG, 11 Abs. 3, 4 NdsStiftG, § 7 Abs. 1 NRWStiftG, 7 Abs. 4, 9 Abs. 2 RPStiftG, 11 Abs. 2, 3 SaarStiftG, 10 Abs. 1, 2 SHStiftG. Aus der Lit: Schindler, FS L. Fischer, S. 419, 421; Sandberg, ZHR 164 (2000), 155, 161 f. 57 Sandberg, wie vor; Merl/Koss in: Bertelsmann Handbuch1, S. 1041, 1043; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 85.
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hinaus dient die bürgerlich-rechtliche Rechnungslegung jedoch der Selbstinformation sowie der Information Dritter und hat insofern auch Steuerungsund Planungsfunktion sowie Gläubigerschutzfunktion (§ 86 i. V. m. § 42 BGB). Die handelsrechtliche Rechnungslegung schließlich hat überdies Ausschüttungsbemessungs- und Ausschüttungssperrfunktion sowie Unternehmenssicherungs- und Kapitalerhaltungsfunktion.58 Zwar sind das, im Blick auf die Gebote der Verwendung der Stiftungserträge für den Stiftungszweck sowie der ungeschmälerten Erhaltung des Stiftungskapitals, auch Funktionen der Rechnungslegung der Stiftung.59 Diese Übereinstimmung darf jedoch nicht über die gravierenden Unterschiede zwischen der stiftungsrechtlichen und der handelsrechtlichen Kapitalsicherung hinwegtäuschen.60 Hierin liegt das Hauptproblem der Rechnungslegung der Stiftung (s. u. E.). Schließlich ist anzumerken, dass der Rechnungslegung auch privatautonom – und zwar sowohl statutarisch von dem Stifter als auch im Rahmen der Geschäftsführung von den zuständigen Stiftungsorganen – zusätzliche Aufgaben und Ziele übertragen werden können.61
C. Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Soweit die Stiftung nach §§ 238 ff. HGB zur Rechnungslegung verpflichtet ist, hat sie die kaufmännischen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) einzuhalten. Diese umfassen:62 – Klarheit, Übersichtlichkeit und Willkürfreiheit,63 – Richtigkeit und Vollständigkeit, Belegprinzip,64 – Stichtagsprinzip, Bilanzierung in Inlandswährung,65 ___________ 58 Näher Baetge, Bilanzen, S. 6 ff., 81 ff. 59 Vgl. o. § 17 C.I. sowie IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 394 (Tnr. 29); Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 216 ff. 60 Vgl. o. § 17 C.I. sowie Sandberg, ZHR 164 (2000), 155, 161 ff. deren Ausführungen im Bemühen, die Unterschiede herauszustellen, allerdings teilweise etwa schief geraten sind. S. ferner Schindler, FS L. Fischer, S. 419, 424 f.; Seifart/v. Campenhausen/ Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 11. 61 S. zur finanziellen Steuerung einer Stiftung mit Hilfe von Planung, Controlling und Berichtswesen Koeckstadt in: Bertelsmann Handbuch, S. 461 ff. 62 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung, § 243 HGB Rdnr. 21 f.; Merl/Koss in: Bertelsmann Handbuch1, S. 1041, 1044. 63 §§ 238 Abs. 1 S. 2, 239 Abs. 2, 243 Abs. 2, 247 Abs. 1 HGB sowie § 264 Abs. 2 HGB analog. 64 §§ 238 Abs. 1 S. 3, Abs. 2, 239 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 4, 246 Abs. 1 HGB. 65 §§ 242 Abs. 1 und 2, 244 HGB.
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Verrechnungsverbot,66 formelle und materielle Bilanzidentität,67 Fortführungsgrundsatz,68 Einzelbewertung der Vermögens- und Schuldposten,69 Vorsichts-, Realisations-, Imparitäts- und Niederstwertprinzip,70 Periodisierungsprinzip,71 Bewertungs-72 und Gliederungsstetigkeit,73 Anschaffungswertprinzip.74
Soweit Stiftungen nicht nach §§ 238 ff. HGB zur Rechnungslegung verpflichtet sind, haben sie die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Wahl zwischen einer einfachen, einer doppelten kaufmännischen und einer kameralistischen Buchführung75 und damit auch zwischen der Anwendung bürgerlich-rechtlicher, handelsrechtlicher oder kameralistischer GoB. Allerdings verlangen manche Landesgesetze, dass die Stiftungen ordnungsgemäß Buch zu führen76 oder nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung Rechnung zu legen77 haben. Das verstehen manche Autoren dahin, dass in diesen Fällen die kaufmännischen GoB78 bzw. die kameralistische GoB79 anzuwenden sind. Kameralistische GoB sind in den jeweiligen Haushaltsordnungen (z. B. §§ 70 ff. BHO) verstreut normiert. Danach muss die Buchführung ebenfalls vollständig, richtig, klar und übersichtlich sein. Ver___________ 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78
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§ 246 Abs. 2 HGB. § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB. §§ 252 Abs. 1 Nr. 4, 253 Abs. 2 und 3 HGB. § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB. § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB. § 265 Abs. 1 HGB analog. § 253 Abs. 1 HGB. Statt anderer Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 85 m. w. Nw; zu den Unterschieden Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 34 ff. So Art. 25 Abs. 1 BayStiftG, § 4 Abs. 7 SHStiftG; ähnlich § 7 Nr. 2 HeStiftG: ordnungsgemäße Jahresabrechnung. So §§ 9 Abs. 3 MVStiftG, 5 Abs. 1 S. 3 SaarStiftG; nach § 4 Abs. 4 HbgStiftG sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung entsprechend anzuwenden. So im Ergebnis IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 394 (Tnr. 31 f.); Merl/Koss in: Bertelsmann Handbuch1, S. 1041, 1044; Koss, Rechnungslegung, S. 94; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 83 ff., 214 ff.; vgl. auch Goerdeler, FS Moxter, S. 725, 729 f. So Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 11; ders., DB 1997, 1341, 1346; Schindler, FS L. Fischer, S. 419, 424.
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langt ist ferner, dass sie sicher, wirtschaftlich, nachprüfbar und zeitnah ist. Materiell erfordert sie eine Abgrenzung nach Fälligkeit, nicht nach Verursachung.80 Zuzustimmen ist weder der einen noch der anderen Auffassung.81 Die einschlägigen Landesgesetze definieren nicht, was sie unter einer ordnungsgemäßen Buchführung verstehen. Vielmehr heißt es in Art. 25 Abs. 1 S. 2 BayStiftG ausdrücklich, dass Stiftungen die Buchführungsart im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei wählen können. Zu bedenken ist ferner, dass sowohl das Handels- als auch das Haushaltsrecht Sonderrechtsmaterien sind, die für die spezifischen Rechnungslegungszwecke der Stiftung nicht ohne weiteres geeignet sind. Eben diesen Zwecken muss die Rechnungslegung der Stiftung jedoch sowohl nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 259 f. BGB) als auch nach den landesrechtlichen Vorschriften genügen. Ordnungsgemäß ist daher bei der Stiftung die Rechnungslegung nur, wenn sich aus ihr ergibt, ob die Erträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet wurden und das Stiftungskapital ungeschmälert erhalten ist. Insbesondere Letzteres ist bei einer Rechnungslegung nach kaufmännischen Grundsätzen nicht ohne weiteres gegeben (s. u. E.). Und auch das Haushaltsrecht ist für diese Aufgabe nicht geschaffen.82 Entscheidet sich die Stiftung (deswegen) nicht für eine kaufmännische oder kameralistische Buchführung, reicht es nach §§ 259 f. BGB aus, wenn die Rechnungslegung geordnet, verständlich, übersichtlich, klar, sorgfältig, präzise, richtig, nachprüfbar, beleghaft, schriftlich und vollständig ist.83 Erfasst werden müssen nicht sämtliche Geschäftsvorfälle. Ausreichend sind vielmehr Aufzeichnungen über Veränderungen der Zahlungsmittelbestände sowie über die Vermögenszu- und -abgänge.84
D. Inhalt der Rechnungslegung Soweit die Stiftung nach §§ 238 ff. HGB zur Rechnungslegung verpflichtet ist oder § 141 AO eingreift, hat sie einen Jahresabschluss mit Bilanz und ___________ 80 Schindler, FS L. Fischer, S. 419, 424; Orth, DB 1997, 1341, 1346; v. Wysocki, Kameralistisches Rechnungswesen, S. 20 f. 81 Im Ergebnis ebenso etwa Kley in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 15, 16; sowie vor allem Sandberg, GoJ, S. 33 ff., die es deshalb unternommen hat stiftungsspezifische Grundsätze ordnungsgemäßer Jahresrechnung zu entwickeln. 82 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 10; Winckelmann, Rechnungslegung, S. 70 ff., 180 ff. 83 Vgl. Staudinger/Selb, BGB, § 259 Rdnr. 26, § 260 Rdnr. 22 f. m. zahlr. Nw. aus der Rechtsprechung. 84 Näher Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 26 ff., 34.
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Gewinn- und Verlustrechnung sowie ggf. einem Anhang und Lagebericht zu erstellen. Das soll hier nicht vertieft werden.85 Nach Landesrecht haben die Stiftungen einen Jahresbericht vorzulegen, der aus drei Teilen besteht, nämlich einer Jahresabrechnung, einer Vermögensübersicht und einem Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks. Das deckt sich mit den bürgerlich-rechtlichen Rechnungslegungspflichten.86 Dagegen genügt eine Rechnungslegung nach §§ 238 ff. HGB diesen Anforderungen nicht ohne weiteres.87 Darauf wird zurückzukommen sein (u. E.).
I. Jahresabrechnung Gegenstand, Form, Aufbau und Gliederung der Jahresabrechnung stehen grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane.88 Gegenübergestellt werden können Ein- und Auszahlungen, Einnahmen und Ausgaben89 oder Erträge und Aufwendungen90 in Konto- oder Staffelform nach dem Brutto- oder Nettoprinzip. Einschränkungen des Ermessens ergeben sich aus den allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßer Rechenschaftslegung. So reicht die bloße Gegenüberstellung von Ein- und Auszahlungen für Stiftungen mit geringem, nicht abnutzbarem und keinen erheblichen Wertschwankungen unterliegendem Vermögen aus und ist dementsprechend von solchen Stiftungen als einfachste Art der Abrechnung aufgrund des Sparsamkeitsgebots zu bevorzugen. Bei Stiftungen mit einem großen, abnutzbarem oder starken Wertschwankungen unterliegendem Vermögen oder mit einem hohen Rückstellungsbedarf würde diese Art der Gegenüberstellung dagegen in die Irre führen. Solche Stiftungen haben daher eine Gegenüberstellung der Erträge und Aufwendungen zu erstellen.91 In jedem Fall ist die gewählte Abrechnungsart einheitlich durchzuführen. Ausnahmsweise gebotene Abweichungen sind auszuweisen und in einem Anhang zu erläutern.92 ___________ 85 Näher IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 395 ff. 86 S. o. A.II. sowie Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 190 ff. 87 Zum Problem der Integration steuerlicher Anforderungen in eine Einheitsrechnungslegung s. Orth, DB 1997, 1341, 1348 ff. 88 S. aber § 8 Abs. 1 S. 2 BlnStiftG, wonach der Jahresbericht den Anforderungen der Aufsichtsbehörde entsprechen muss und dazu Orth in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 27, 40 m. w. Nw. 89 S. dazu IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 397 f. (Tnr. 73 ff.). 90 Zu den Unterschieden Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 51 ff. 91 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 59. 92 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 175.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
II. Vermögensübersicht Die Vermögensübersicht hat den Bestand des Vermögens zum Zeitpunkt des Endes des Geschäftsjahres (Stichtagsprinzip) anzugeben.93 Inhaltlich muss sie das gesamte Stiftungsvermögen umfassen, also nicht nur das Stiftungskapital.94 Formal hat sie eine Übersicht zu gewährleisten. Erforderlich sind daher art- und wertmäßige Angaben, wohingegen mengenmäßige Angaben dem Übersichtscharakter widersprächen.95 Im Übrigen hängt die Gestaltung der Vermögensübersicht maßgeblich von denselben Kriterien ab, die auch für die Art der Jahresabrechnung maßgeblich sind. Stiftungen, bei denen insoweit eine Gegenüberstellung der Ein- und Auszahlungen oder Einnahmen und Ausgaben ausreicht, können sich hier mit einer Gegenüberstellung der Besitz- und Schuldposten begnügen.96 Andernfalls ist eine Bilanz, also eine kontenmäßige Gegenüberstellung der Summe aller Aktiva mit der Summe aller Passiva zu erstellen.97 Voraussetzung ist in jedem Fall eine vorausgehende art-, wert- und mengenmäßige Bestandsaufnahme (Inventur), für deren Durchführung die §§ 240 f. HGB entsprechend herangezogen werden können.98
III. Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks Ebenfalls nicht geregelt sind Inhalt und Ausgestaltung des Berichts über die Erfüllung des Stiftungszwecks. Mit dem von Kapitalgesellschaften gemäß § 289 HGB zu erstellenden Lagebericht ist er nur eingeschränkt vergleichbar. Zu beschreiben ist die Entwicklung der Stiftung im abgelaufenen Geschäftsjahr, wobei insbesondere auch auf außergewöhnliche Ereignisse einzugehen ist. Auch ein Ausblick auf die weitere Entwicklung kann geboten sein. Bei Förderstiftungen liegt der Schwerpunkt des Berichts bei Angaben über die geförderten Projekte (welche wurden abgeschlossen, welche werden durchgeführt und welche sind geplant), die Höhe der hierfür verausgabten, bewilligten und verplanten Mittel sowie die Leistungsempfänger.
___________ 93 94 95 96
Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 75. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 77. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 78. S. IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 398 f. (Tnr. 81 ff.); ferner Schindler, FS L. Fischer, S. 419, 427. 97 Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 79 f. 98 Näher Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 81.
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Anzugeben sind schließlich die Höhe der Verwaltungskosten sowie Grund und Höhe anderweitiger Mittelverwendungen.99
E. Probleme der Rechnungslegung Das Hauptproblem der Rechnungslegung bei der Stiftung besteht darin, dass das stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgebot mit dem daraus folgenden Unterbilanz- und Ausschüttungsverbot die Erhaltung des realen Werts des Stiftungsvermögens verlangt. Die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften zielen dagegen lediglich auf eine nominale Kapitalerhaltung (Nominalwertprinzip). Bei steigenden Preisen ist damit jedoch keine reale Werterhaltung verbunden. Überdies kommt es zur Bildung stiller Reserven, was unter dem Gesichtspunkt des stiftungsrechtlichen Admassierungsverbots problematisch sein kann.100 Schon das handelsrechtliche Vorsichtsprinzip zur Ermittlung des Schuldendeckungspotentials zugunsten der Gläubiger passt auf Stiftungen, die zumeist keine erheblichen Verbindlichkeiten haben, nicht.101So gesehen müsste daher im Stiftungsrecht das Substanzwertprinzip mit einer Bewertung zu Zeitwerten zur Anwendung kommen. Dem stehen jedoch erhebliche rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten entgegen.102 Erstens ist die Wertermittlung problematisch. Sind als Zeitwert die Wiederbeschaffungskosten oder Veräußerungserlöse anzusetzen, und wenn Letzteres, dann unter Zugrundelegung einer Zerschlagungs- oder einer Fortsetzungshypothese?103 Und wie lassen sich diese Werte feststellen? Unproblematisch ist das nur bei börsengängigen Gütern. Je unvollkommener der Markt für das betreffende Gut ist, desto größer sind dagegen die Bewertungsprobleme. Schon die Bewertung eines Grundstücks kann erhebliche Schwierigkeiten bereiten.104 Aus diesen Gründen ist daher zweitens eine Bewertung zu Zeitwerten aufwendig und oft nicht nachvollziehbar. Ihr wohnt dementsprechend drittens die Gefahr willkürlicher und vor allem ___________ 99 IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 399 (Tnr. 88); Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 176; sehr ausführliche Gliederung bei Merl/Koss in: Bertelsmann Handbuch1, S. 1041, 1077. 100 S. o. § 20 IV.; ebenso etwa Sandberg, ZHR 164 (2000), 155, 167 f. 101 Zutr. Schindler, DB 2003, 297, 299 f. 102 S. hierzu auch Merl/Koss, S&S 5/1998, Beilage. 103 Sandberg, ZHR 164 (2000), 155, 167 f. plädiert für Veräußerungserlöse unter einer Fortsetzungshypothese. 104 Freilich können Stiftungen diesem Problem insofern ohnehin nicht entgehen, als sie ihr Vermögen durch das Stiftungsgeschäft, Zustiftungen und Zuschüsse unentgeltlich erwerben und daher eine Bewertung zu realen Anschaffungskosten nicht möglich ist, näher Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 124 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
überhöhter Bewertungen inne. Viertens ist zu bedenken, dass die bei einer Bewertung zu Zeitwerten ausgewiesenen Preissteigerungsgewinne nicht ertragswirksam werden dürfen. Dem könnte allerdings durch die Bildung einer Neubewertungsrücklage entsprechend Art. 33 Abs. 2 EG-Bilanzrichtlinie105 begegnet werden.106 Und fünftens ist auch die Behandlung von Wertverlusten problematisch.107 Angesichts des langen Anlagehorizonts von Stiftungen dürfen kurz- und mittelfristige Buchverluste nicht unmittelbar zu einer Ausschüttungssperre führen. Umgekehrt dürfen freilich auch kurzfristige Wertzuwächse nicht die Bildung von Kapitalerhaltungsrücklagen hindern. Stiftungen, die nach §§ 238 ff. HGB Rechnung zu legen haben, können eine Bewertung zu Zeitwerten freilich ohnehin nur im Rahmen einer Kapitalerhaltungsrechnung als Nebenrechnung zum Jahresabschluss beschreiten.108 Allerdings folgen in der Praxis viele Stiftungen der Stellungnahme des IDW zur Rechnungslegung von Stiftungen,109 auch wenn sich diese wohl noch nicht überall durchgesetzt hat110. Sie sieht mit Rücksicht auf das stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgebot die Bildung einer Kapitalerhaltungsrücklage sowie die Erstellung einer Kapitalerhaltungsplanung vor.111 Dem Problem der Bildung stiller Reserven wird dagegen nur insofern begegnet, als das IDW die entsprechende Anwendung der für Kapitalgesellschaften geltenden Regeln (§§ 264 ff. HGB) empfiehlt.112 Das hätte insbesondere gemäß § 279 Abs. 1 S. 1 HGB ein Verbot von Ermessensabschreibungen (§ 253 Abs. 4 HGB) sowie das Gebot der Wertaufholung gemäß § 280 HGB zur Folge.113 Nach den Vorstellungen des IDW, soll dasselbe für Stiftungen gel-
___________ 105 Vierte Richtlinie des Rates vom 25.7.1978 (78/660/EWG) aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe b des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. EG vom 14.8.1978 Nr. L 222, S. 11 ff. 106 IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 395 f. (Tnr. 49); Schindler, FS L. Fischer, S. 419, 432; Sandberg, ZHR 164 (2000), S. 155, 169; Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 121 a. E., der alternativ die Bildung von Ergebnisrücklagen vorschlägt. 107 Eindringlich dazu Kley in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 15, 19 ff. 108 S. dazu Merl/Koss in: Bertelsmann Handbuch1, S. 1041, 1079. 109 Zu den Gründen s. Kley in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 15, 18. 110 Orth in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 27, 49. 111 IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 396 (Tnr. 55 ff.). 112 IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 394 (Tnr. 36 f., 47 f.). 113 Dagegen Orth, DB 1997, 1341, 1347 f.; Sandberg, ZHR 164 (2000), 155, 170 f.
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ten, die sich mit einer Einnahmen-/Ausgaben- und Vermögensrechnung begnügen.114 Soweit die Stiftung nicht an die §§ 238 ff. HGB gebunden ist, könnte man indes auch an die Anwendung international anerkannter Standards, namentlich der IAS-Regeln denken,115 vgl. § 292 HGB.116 Das hätte den Vorteil, dass sich hier Maßstäbe und Regeln für eine Bewertung nach Zeitwerten und die Bildung von Neubewertungsrücklagen finden117 und somit eine Berücksichtigung von Preissteigerungen systemkonform möglich ist. Allerdings dürfte für nicht kaufmännische Stiftungen ein solcher Aufwand regelmäßig zu groß sein, wäre doch für viele Stiftungen schon die Einhaltung der §§ 238 ff. HGB eine unzumutbare Belastung.118
F. Prüfung der Rechnungslegung I. Gegenstand der Prüfung Gegenstand der Prüfung der Rechnungslegung von Stiftungen ist: – die Buchführung und – der Jahresabschluss. Dabei muss sich eine ordnungsgemäße Prüfung des Jahresabschlusses entgegen der Ansicht des IDW119 regelmäßig auch und gerade auf die Prüfung der Verwendung der Stiftungserträge für den Stiftungszweck sowie die Erhal-
___________ 114 IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen, WPg 2000, 391, 398 f. (Tnr. 81 ff.). 115 Sandberg, ZHR 164 (2000), S. 155, 169 m. w. Nw. 116 Anwendungsbereich sowie Sinn und Zweck von § 292 HGB sind hier zwar nicht einschlägig. Immerhin zeigt die Regelung jedoch eine Öffnung des deutschen Rechts für international anerkannte Rechnungslegungsstandards. 117 S. insbesondere IAS Rahmenkonzept Nr. 76, IAS 5 Nr. 17 lit. b, IAS 15 Nr. 1 ff.; IAS 16 Nr. 30 ff., 39 ff., 56 ff., 70, IAS 25 Nr. 4, 23, 31 ff., 49 IAS, abgedr. in: IASC, International Accounting Standards; s. ferner IDW, Rechnungslegung IAS, S. 16 f., 38 ff., 91 ff., 126 ff., 167 ff., mit Gegenüberstellung der handelsrechtlichen Regelungen. 118 Zur Frage, wie die Vermögensentwicklung im Rahmen der Kameralistik kontrolliert werden kann s. Mohren in: Dt. Stiftungswesen 1948–66, S. 271 ff. 119 IDW-Standard für die Prüfung von Stiftungen, WPg 2000, 385, 386 f. (Tnr. 17 f.); im Anschluss daran ebenso Doppstadt in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 139, 151.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
tung des Stiftungskapitals erstrecken;120 denn dies sind die beiden wesentlichen Ziele der Rechnungslegung von Stiftungen121. Daneben kommen als Prüfungsgegenstände in Betracht: – die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung, – die Einhaltung von steuerlichen Vorschriften.122 Treten Unregelmäßigkeiten auf, ist überdies an eine Sonderprüfung zu denken.123
II. Rechtsgrundlagen der Prüfung Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen einer Prüfung der Rechnungslegung ist zu unterscheiden: 1. Stiftungsverfassung Hat der Stiftungsvorstand die Buchführung an Mitarbeiter der Stiftung delegiert, so hat er deren Ordnungsmäßigkeit – wie bei jeder anderen Aufgabendelegation auch – laufend zu überprüfen. Verfügt die Stiftung über ein eigenständiges Kontrollorgan, so ist die Prüfung des Jahresabschlusses dessen vornehmste Pflicht. Dabei kann die Stiftungssatzung vorsehen, dass der Jahresabschluss von (dem Vorstand und) dem Kontrollorgan festgestellt wird, vgl. §§ 172 AktG, 42a, 46 Nr. 1 GmbHG.124 Die Stiftungssatzung kann auch anderen Personen (z. B. Destinatären) Auskunfts-, Einsichts- und Kontrollrechte (z. B. das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen eine Sonderprüfung zu verlangen) einräumen. Schließlich kann die Stiftungssatzung eine externe Prüfung der Buchführung und des Jahresabschlusses durch Wirtschaftsprüfer oder andere entsprechend befähigte Personen oder Institutionen vorschreiben. Aufgrund der hiermit verbundenen Kosten empfiehlt sich Letzteres freilich nur bei großen Stiftungen. Allerdings kann die Stiftungsaufsichtsbehörde bei Vorlage des Prüfungsberichts von einer eigenständigen Prüfung der Rechnungslegung der Stiftung absehen, wenn sich die Prüfung auch auf die Erhaltung des Stiftungskapitals und die satzungsge___________ 120 So ausdrücklich Art. 25 Abs. 2 S. 1 BayStiftG i. V. m. § 4 Abs. 3 AVBayStiftG; §§ 8 Abs. 2 BlnStiftG, 10 Abs. 2 SHStiftG, s. ferner BayObLG, StiftRspr. IV, S. 135, 139 f. 121 S. o. B. 122 Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 180. 123 S. dazu IDW/HFA, WPg 1996, 476 ff. 124 Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 177.
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§ 21 Rechnungslegung
mäße Verwendung der Stiftungserträge erstreckt.125 Im Blick hierauf ist dies ein geeignetes Instrument zur Reduzierung der Staatsaufsicht.126 2. Prüfung aufgrund der Stiftungsgesetze Sämtliche Stiftungsgesetze der Länder räumen den zuständigen Aufsichtsbehörden umfassende Prüfungsrechte ein: Sie können sich jederzeit über alle Angelegenheiten der Stiftung unterrichten und sie einer Prüfung unterziehen.127 Prüfungsgegenstand und Prüfungstiefe stehen dabei grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Aufsichtsbehörde („können“). Freilich handelt es sich – im Unterschied zu stiftungsinternen Kontrollen – stets nur um eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit,128 und zwar auch soweit die Wirtschaftlichkeit der Stiftungsverwaltung in Frage steht.129 Das den Stiftungsorganen eingeräumte Ermessen hat die Behörde zu respektieren. Überdies hat die Behörde auch hier wie stets das Übermaßverbot zu beachten. Sie darf daher ihre Auskunfts- und Prüfungsrechte nicht zu einer Ausforschung der Stiftung missbrauchen, solange keine konkreten Sachverhalte vorliegen, die ein solches Vorgehen erforderlich erscheinen lassen.130
___________ 125 Vgl. Art. 25 Abs. 3 BayStiftG, §§ 8 Abs. 2 BlnStiftG, 6 Abs. 3 BbgStiftG, 5 Abs. 2 HbgStiftG, 12 Abs. 2 S. 3 HeStiftG, 11 Abs. 4 NdsStiftG, 7 Abs. 1 S. 2 NRWStiftG, 9 Abs. 2 S. 3 RPStiftG, 11 Abs. 3 SaarStiftG, 10 Abs. 2 SHStiftG. Besonders hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf § 5 Abs. 3 HbgStiftG. Danach findet eine Prüfung der Jahresrechnung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde (§ 5 Abs. 2 i. V. m. 4 Abs. 4 HbgStiftG) zu Lebzeiten des Stifters nur statt, wenn dieser dies ausdrücklich wünscht. Zudem kann der Stifter diese Prüfung in der Satzung generell abbedingen. Letzteres gilt auch, wenn der Stifter eine juristische Person ist. Näher zu dieser Regelung Begr. RegE zu § 5 Abs. 3 HbgStiftG, LT-Drs. 18/1513, S. 11. 126 Zur Frage, ob eine Prüfung durch Wirtschaftsprüfer die Stiftungsaufsicht ersetzen kann (zu Recht verneinend) Doppstadt in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 139, 154 f. 127 Art. 20 Abs. 3 S. 2 BayStiftG, §§ 9 Abs. 3 BWStiftG, 9 Abs. 2 BlnStiftG, 7 Abs. 2 BbgStiftG, 12 Abs. 1 S. 3 BreStiftG, 6 Abs. 1 HbgStiftG, 12 Abs. 2 HeStiftG, 15 Abs. 1 S. 3 MVStiftG, 11 Abs. 4 S. 2 NdsStiftG, 7 Abs. 3 NRWStiftG, 9 Abs. 3 RPStiftG, 11 Abs. 4 SaarStiftG, 19 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 19 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 8 Abs. 2 SHStiftG, 19 Abs. 1 S. 2 ThStiftG. 128 S. o. § 8 C. 129 A. A. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 181. 130 Andrick/Suerbaum, Stiftung und Aufsicht, § 7 Rdnr. 8 f.; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 70.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Grundsätzlich hat die Stiftungsaufsichtsbehörde den Jahresabschluss der Stiftung selbst zu prüfen.131 Unter besonderen Umständen132 kann sie jedoch auch Wirtschaftsprüfer und dergleichen Sachverständige mit einer Prüfung beauftragen.133 Die Kosten hat die Stiftung zu tragen. Eine Pflichtprüfung des Jahresabschlusses durch einen Abschlussprüfer, wie sie noch §§ 12, 19 Abs. 3 BbgStiftG a. F., 10 NRWStiftG a. F. bei Betrieb eines erwerbswirtschaftlichen Unternehmens vorsahen, gibt es heute nicht mehr.134
G. Zusammenfassung Die Rechtsgrundlagen der Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen sind vielgestaltig. Dabei stimmen die bürgerlich-rechtlichen und landesstiftungsrechtlichen Anforderungen (Erstellung eines Jahresabschlusses, bestehend aus einer Jahresabrechnung, einer Vermögensübersicht und einem Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks) jedenfalls insoweit überein, dass sie uno actu erfüllt werden können. Ist die Stiftung verpflichtet nach §§ 238 f. HGB Rechnung zu legen – was infolge des Handelsrechtsreformgesetzes erheblich häufiger der Fall sein dürfte als früher, wenn man mit der hier vertretenen Ansicht Vermögensverwaltung dann als gewerblich ansieht, wenn sie nach Art und Umfang kaufmännischer Einrichtungen bedarf –, ist das hingegen nicht ohne weiteres der Fall. Das Hauptproblem der Rechnungslegung von Stiftungen besteht dabei in dem Erfordernis und dem – auch im Blick auf die Ausschüttungsbemessung und -begrenzung wesentlichen – Nachweis einer realen Kapitalerhaltung. Problematisch ist insofern nicht nur die Ermittlung, sondern auch die Behandlung von Wertzuwächsen und -verlusten. ___________ 131 Dass dies – wesentlicher – Bestandteil der Ausübung der Stiftungsaufsicht ist, ergibt sich freilich nicht immer unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes, wohl aber aus der Pflicht der Stiftungsorgane einen Jahresabschluss einzureichen, zutr. IDWStandard für die Prüfung von Stiftungen, WPg 2000, 385, 386 (Tnr. 5). 132 §§ 12 Abs. 1 Satz 2 BreStiftG, 11 Abs. 4 SaarStiftG („bei Vorliegen eines wichtigen Grundes“), §§ 7 Abs. 3 NRWStiftG, 9 Abs. 3 RpStiftG (Anhaltspunkte für Verstöße gegen Gesetz oder Satzung). In den übrigen Ländern ergibt sich das aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 133 Den Unterschieden im Wortlaut der einzelnen Vorschriften hinsichtlich eines möglichen Gegenstands der Prüfung ist keine erhebliche Bedeutung zuzumessen, a. A. offenbar Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 37 Rdnr. 185; IDW-Standard für die Prüfung von Stiftungen, WPg 2000, S. 385, 386 (Tnr. 6). 134 Als wichtiger Grund, eine Prüfung durch Wirtschaftsprüfer zu beauftragen, kommt allerdings auch der Prüfungsumfang und damit auch der Betrieb eines erwerbswirtschaftlichen Unternehmens in Betracht, vgl. Art. 20 Abs. 3 BayStiftG, § 9 Abs. 2 BbgStiftG.
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§ 22 Publizität Der Wortbedeutung nach kann Publizität einen Zustand (Öffentlichkeit i. S. v. öffentlich sein), eine Eigenschaft (Offenkundigkeit i. S. v. öffentlich bekannt sein) und eine Tätigkeit (Offenlegung i. S. v. veröffentlichen) bezeichnen.1 Das Gesetz verwendet den Begriff nur selten (Publizitätsgesetz). Gleichwohl hat er sich in der Rechtssprache eingebürgert (vgl. nur § 15 HGB), und zwar vornehmlich in der zweiten und dritten Wortbedeutung. Dabei setzt die Eigenschaft der Offenkundigkeit freilich oftmals eine vorangehende Tätigkeit, einen Publizitätsakt wie etwa die Einreichung von Unterlagen oder die Eintragung in ein öffentliches Register voraus. Und eben hierum, nämlich um die Frage der Offenlegung, geht es im Folgenden in erster Linie. Sinn von Publizitätserfordernissen ist es, jedem Interessierten Zugang zu der offen zu legenden Information zu ermöglichen. Die damit verfolgten Zwecke sind dagegen höchst vielgestaltig. Zu nennen sind etwa: Rechtssicherheit und -klarheit, Aufsicht und Kontrolle, Individual- und Institutionenschutz sowie sonstige private und öffentliche Interessen, und zwar jeweils in ganz verschiedenartigen Ausprägungen.2 Hinsichtlich der Rechtsquellen ist zwischen allgemeinen und stiftungsspezifischen Vorschriften zu unterscheiden.
A. Allgemeine Vorschriften Zu nennen sind insbesondere:3
I. Handelsregisterpublizität Gemäß § 33 Abs. 1 HGB sind Stiftungen, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HGB erfüllen (s. o. § 21 A.III.)4, von sämtlichen Mitgliedern des Vorstands zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der An___________ 1 Vgl. Duden, Fremdwörterbuch, 6. Aufl. 1997, S. 672; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 6 f. ; Mühlhäuser, Publizität, S. 6 f.; K. Schmidt, ZHR 163 (1999), 87, 88. 2 S. allg. Merkt, Unternehmenspublizität, S. 229 ff.; speziell zur Stiftung Mattheus, DStR 2003, 254, 255. 3 Zu erinnern ist daneben etwa an die Grundbuchpublizität, § 873 BGB. 4 Den Wortlaut des § 33 Abs. 1 HGB an die Neufassung der §§ 1 ff. HGB anzupassen, wurde offenbar von den Verfassern des Handelsrechtsreformgesetzes übersehen.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
meldung sind die Stiftungssatzung sowie die Urkunden über die Bestellung des Vorstands beizufügen, § 33 Abs. 2 S. 1. In das Handelsregister eingetragen werden: Firma und Sitz der Stiftung, Gegenstand des Unternehmens, die Mitglieder des Vorstands, etwaige Satzungsbestimmungen über die organschaftliche Vertretungsmacht des Vorstands (vgl. § 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 2 BGB und hierzu o. § 10 B.III.) sowie die Dauer der Stiftung, § 33 Abs. 2 S. 2 und 3 HGB. Das gilt für Änderungen dieser Verhältnisse sowie die Auflösung der Stiftung entsprechend (§ 34 Abs. 1–3 HGB), soweit sie nicht Folge der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist (in diesem Fall findet § 34 Abs. 5 i. V. m. § 32 HGB Anwendung). Schließlich haben die Mitglieder des Vorstands (bzw. die Liquidatoren) ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gericht zu zeichnen, § 35 HGB. Die Eintragungen in das Handelsregister werden von dem Gericht im Bundesanzeiger und mindestens einem anderen Blatt veröffentlicht, § 10 Abs. 1 S. 1 HGB. Die Einsicht in das Handelsregister sowie der zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke ist jedermann gestattet, § 9 Abs. 1 HGB.5 Die Publizitätswirkung bestimmt sich nach § 15 HGB.
II. Rechnungslegungspublizität Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften (s. §§ 325–329 HGB) ist die Stiftung grundsätzlich nicht zur Offenlegung ihres Jahresabschlusses verpflichtet. Anders ist dies nur bei Eingreifen des Publizitätsgesetzes, §§ 9, 15 PublG, sowie seit dem Jahr 2000 bei einer Stiftung & Co. KG, § 264a i. V. m. §§ 325 ff. HGB.
III. Beteiligungspublizität Ist die Stiftung Gesellschafter einer Personenhandels- oder Kapitalgesellschaft, so ist dies insbesondere nach folgenden Vorschriften offen zu legen: – – – –
§§ 106 Abs. 2 Nr. 1, 107, 143 Abs. 2, 162 i. V. m. § 10 HGB, § 40 GmbHG, § 20 AktG,6 §§ 21 ff. WpHG.
___________ 5 Zur Frage von Abschriften und automatisierten Verfahren s. §§ 9 Abs. 2, 9a HGB. 6 Ob die Stiftung nach § 20 AktG verpflichtet ist, der Gesellschaft das Über- oder Unterschreiten der genannten Schwellenwerte mitzuteilen, hängt davon ab, ob sie als „Unternehmen“ i. S. d. Vorschrift anzusehen ist. Nach herrschender Meinung findet der konzernrechtliche Unternehmensbegriff Anwendung, wonach es darauf ankommt, ob
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§ 22 Publizität
Das muss hier nicht vertieft werden.7
B. Stiftungsspezifische Vorschriften I. Bürgerliches Recht Das Bürgerliche Recht kennt nur eine einzige stiftungsspezifische Publizitätsvorschrift, nämlich § 88 S. 2 i. V. m. § 50 BGB. Danach ist das Erlöschen der Stiftung in dem satzungsgemäß, hilfsweise in dem für Bekanntmachungen des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Stiftung ihren Sitz hat, vorgesehenen Blatt bekanntzumachen.
II. Landesstiftungsgesetze Die Landesstiftungsgesetze versuchen teilweise auf zweierlei Wegen, eine gewisse Stiftungspublizität herzustellen: durch Bekanntmachungen sowie durch die Führung von Stiftungsverzeichnissen. Beide Instrumente stehen freilich – auch soweit sie in einzelnen Landesgesetzen kumulativ vorgesehen sind – unverbunden nebeneinander. Anders als nach § 10 HGB ist also nicht grundsätzlich jede Information, die in ein Stiftungsverzeichnis aufzunehmen ist, bekanntzumachen. Auch ist – anders als nach § 15 HGB – weder mit den Bekanntmachungen noch mit den in den Stiftungsverzeichnissen enthaltenen Angaben irgendein Vertrauensschutz verbunden. Für den Rechts- und Geschäftsverkehr sind daher beide Instrumente allenfalls von beschränktem Wert. Schließlich divergieren die Landesgesetze nicht unerheblich im Blick auf den Informationsgehalt der Bekanntmachungen und Verzeichnisse. Im Einzelnen: 1. Bekanntmachungen Zwölf Landesstiftungsgesetze schreiben die Bekanntmachung bestimmter Informationen, insbesondere statusbegründender oder -ändernder Ereignisse vor.8 Zu nennen sind: ___________ der Aktionär auch außerhalb der Aktiengesellschaft unternehmerische Interessen verfolgt (BGHZ 114, 203, 210 f.; MünchKomm/Bayer, AktG, § 20 Rdnr. 6 m. w. Nw.). Dem ist indes nicht zuzustimmen. Unternehmen i. S. d. § 20 AktG ist vielmehr jedermann, Burgard, Offenlegung, S. 45 ff.; ähnlich Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 78 f.; Mülbert, ZHR 163 (1999), 1, 44 f. Demnach sind also auch Stiftungen in jedem Fall nach § 20 AktG mitteilungspflichtig. 7 Näher U. H. Schneider in: Assmann/U. H. Schneider, WpHG, Vor § 21 Rdnr. 37 ff. m. w. Nw. 8 Keine dahingehenden Vorschriften finden sich im BreStiftG, HbgStiftG, NRWStiftG, RPStiftG.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
– – – – – –
Entstehung bzw. Anerkennung der Stiftung,9 Widerruf und Rücknahme der Anerkennung,10 Name und Zweck der Stiftung11 sowie der Stifter,12 Entscheidung über die Rechtsnatur einer Stiftung,13 Satzung14, Satzungsänderungen15 und Zweckänderungen16, Zusammenlegung17 und Aufhebung bzw. Auflösung18 und Erlöschen19 der Stiftung.
Die Bekanntmachung wird regelmäßig durch die jeweilige Anerkennungsbzw. Aufsichtsbehörde veranlasst.20 Sie erfolgt im Staatsanzeiger21 bzw. Amtsblatt22 des jeweiligen Landes oder im Amtsblatt der Aufsichtsbehörde23.
___________ 9 Art. 7 BayStiftG, §§ 16 BWStiftG, 2 Abs. 2 S. 1 BlnStiftG, 13 BbgStiftG, 17 HeStiftG, 21 MVStiftG, 17 NdsStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG, 17 SaarStiftG, 20 Abs. 4 SaStiftG, 20 Abs. 4 SAStiftG, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SHStiftG, 20 Abs. 4 ThStiftG. 10 §§ 9 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 RPStiftG, 17 Abs. 2 S. 2 SaStiftG, 17 Abs. 2 S. 2 SAStiftG, 17 Abs. 2 S. 2 ThStiftG. 11 §§ 2 Abs. 2 S. 2 BlnStiftG, 6 Abs. 5 BbgStiftG, 20 Abs. 4 SaStiftG, 20 Abs. 4 SAStiftG, 20 Abs. 4 ThStiftG. 12 § 20 Abs. 4 SaStiftG, 20 Abs. 4 SAStiftG, 20 Abs. 4 ThStiftG. 13 § 17 HeStiftG. 14 § 8 Abs. 2 RPStiftG. 15 § 21 Abs. 2 RPStiftG. 16 §§ 17 HeStiftG, 21 MVStiftG, 17 NdsStiftG, 24 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 RPStiftG, 17 SaarStiftG, 15 Abs. 1 Nr. 2 lit. a SHStiftG. 17 Art. 16 Abs. 2 BayStiftG, §§ 16 BWStiftG, 17 HeStiftG, 21 MVStiftG, 17 NdsStiftG, 24 Abs. 1 S. 2 RPStiftG, 17 SaarStiftG, 15 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Nr. 4 SHStiftG. 18 Art. 7, 16 Abs. 2 BayStiftG, §§ 2 Abs. 2 BlnStiftG, 17 HeStiftG, 21 MVStiftG, 24 Abs. 1 RPStiftG, 20 Abs. 4 SaStiftG, 20 Abs. 4 SAStiftG, 15 Abs. 1 Nr. 2 lit. b SHStiftG, 20 Abs. 4 ThStiftG. 19 §§ 16 BWStiftG, 2 Abs. 2 BlnStiftG, 13 BbgStiftG, 17 NdsStiftG, 17 SaarStiftG. 20 §§ 16 BWStiftG, 2 Abs. 2 BlnStiftG, 13 BbgStiftG, 21 MVStiftG, 21 Abs. 2 RPStiftG, 17 SaarStiftG, 15 Abs. 1 S. 2 SHStiftG. In Schleswig-Holstein hat die Stiftung die Kosten für die Bekanntmachung zu erstatten, § 15 Abs. 1 S. 3 SHStiftG. 21 Art. 7 S. 1 BayStiftG, §§ 16 BWStiftG, 17 HeStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG. 22 Art. 7 BayStiftG, §§ 2 Abs. 2 BlnStiftG, 13 BbgStiftG, 21 MVStiftG, 17 SaarStiftG, 15 Abs. 1 S. 1 SHStiftG. 23 § 17 NdsStiftG.
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§ 22 Publizität
Die Bekanntmachung hat lediglich deklaratorische Bedeutung.24 Sie erzeugt weder eine positive noch eine negative Publizitätswirkung.25 Abseits ihres allgemeinen Informationswertes ist sie allenfalls ein Beweisanzeichen (primae facie Beweis) für den Eintritt des jeweiligen Ereignisses.26 2. Stiftungsverzeichnisse27 Einer Empfehlung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe28 und des Bundestages29 folgend führen inzwischen alle 16 Bundesländer Stiftungsverzeichnisse. Erfasst werden vor allem rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen, aber auch des öffentlichen30 Rechts31.32 Die Stiftungsverzeichnisse33 enthalten Angaben über den Namen34, Rechtsstellung bzw. Art35, den Entstehungs-
___________ 24 Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 17 Anm. 1; Voll/Störle, BayStiftG, Art. 7 Rdnr. 1; Pohley, BayStiftG, Art. 7; v. Rotberg, BWStiftG, § 16; Stengel, HeStiftG, § 17 Anm. 1. 25 Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 38 Rdnr. 10. 26 Voll/Störle, BayStiftG, Art. 7 Rdnr. 1; Pohley, BayStiftG, Art. 7; Stengel, HeStiftG, § 17 Anm. 1; Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 38 Rdnr. 10 m. w. Nw. 27 S. auch die Übersicht bei Schulte/Risch, DVBl 2005, 9, 13. 28 Bericht, S. 5, 31 ff. 29 Entschließungsantrag vom 25.4.2002, BT-Drs. 14/8926. 30 Anders im Saarland, § 1 SaarStiftG. 31 Gemäß § 26 Abs. 5 BbgStiftG können auch unselbständige Stiftungen eingetragen werden. Ein gesondertes Verzeichnis über unselbständige Stiftungen ist in NordrheinWestfalen (§ 33 NRWStiftG) vorgesehen. Baden-Württemberg schließlich kennt darüber hinaus auch ein gesondertes von der obersten Behörde der Religionsgemeinschaft zu führendes Verzeichnis der kirchlichen Stiftungen, § 27 BWStiftG. 32 In Bayern werden kirchliche Stiftungen nicht in das Stiftungsregister aufgenommen, Art. 8 Abs. 1 BayStiftG. 33 Zur Form der Stiftungsverzeichnisse s. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 38 Rdnr. 15 m. w. Nw. 34 Art. 8 Abs. 2 BayStiftG, §§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BWStiftG, 11 Abs. 1 BlnStiftG, 26 Abs. 2 Nr. 1 BbgStiftG, 15 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 3 Abs. 2 Nr. 1 HbgStiftG, 17a Abs. 2 HeStiftG, 4 Abs. 2 Nr. 1 MVStiftG, 17a Abs. 2 NdsStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 1 NRWStiftG, 5 Abs. 2 Nr. 1 RPStiftG, 18 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SHStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 ThStiftG. 35 Art. 8 Abs. 2, 7 S. 2 Nr. 2 BayStiftG, § 3 Abs. 2 Nr. 5 HgbStiftG.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
zeitpunkt36, Sitz37 bzw. Anschrift38, Zweck39 sowie Vertretungsberechtigte40 bzw. Stiftungsorgane41. Zuständig für die Führung der Stiftungsverzeichnisse ist zumeist die jeweilige Stiftungsaufsichtsbehörde.42 Während in den meisten Bundesländern jedermann ohne weiteres Einsicht in das Stiftungsverzeichnis nehmen bzw. entsprechende Auskünfte verlangen kann,43 ist in den übrigen Ländern die Geltend- bzw. Glaubhaftmachung eines berechtig-
___________ 36 Art. 8 Abs. 2, 7 S. 2 Nr. 8 BayStiftG, §§ 4 Abs. 2 Nr. 5 BWStiftG, 15 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 3 Abs. 2 Nr. 3 HgbStiftG, 17a Abs. 2 HeStiftG, 4 Abs. 2 Nr. 5 MVStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 6 NRWStiftG, 5 Abs. 2 Nr. 4 RPStiftG, 18 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 SHStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 ThStiftG. 37 Art. 8 Abs. 2, 7 S. 2 Nr. 3 BayStiftG, §§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BWStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BbgStiftG, 15 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 17a Abs. 2 HeStiftG, 4 Abs. 2 Nr. 2 MVStiftG, 17a Abs. 2 NdsStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 2 NRWStiftG. 5 Abs. 2 Nr. 5 RPStiftG, 18 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SHStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 ThStiftG. 38 Art. 8 Abs. 2, 7 S. 2 Nr. 9 BayStiftG, §§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BWStiftG, 11 Abs. 1 BlnStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BbgStiftG, 15 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 3 Abs. 2 Nr. 4 HgbStiftG, 17a Abs. 2 HeStiftG, 17a Abs. 2 NdsStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 4 NRWStiftG, 5 Abs. 2 Nr. 6 RPStiftG, 18 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 SHStiftG. 39 Art. 8 Abs. 2, 7 S. 2 Nr. 4 BayStiftG, §§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BWStiftG, 11 Abs. 1 BlnStiftG, 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BbgStiftG, 15 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 3 Abs. 2 Nr. 2, HbgStiftG, 17a Abs. 2 HeStiftG, 4 Abs. 2 Nr. 3 MVStiftG, 17a Abs. 2 NdsStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 3 NRWStiftG, 5 Abs. 2 Nr. 2 RPStiftG, 18 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SHStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 ThStiftG. 40 Art. 8 Abs. 2, 7 S. 2 Nr. 6 BayStiftG, §§ 4 Abs. 2 Nr. 4 BWStiftG, 11 Abs. 2 BlnStiftG, 15 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 17a Abs. 2 HeStiftG, 4 Abs. 2 Nr. 4 MVStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 5 NRWStiftG, 5 Abs. 2 Nr. 3 RPStiftG, 18 Abs. 1 S. 2 SaarStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SaStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 SAStiftG, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 SHStiftG, 20 Abs. 1 S. 2 ThStiftG. 41 Art. 8 Abs. 2, 7 S. 2 Nr. 5 BayStiftG, §§ 21 Abs. 1 Nr. 4 MVStiftG, 12 Abs. 2 Nr. 5 NRWStiftG, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 SHStiftG. 42 §§ 4 Abs. 1 BWStiftG, 11 Abs. 1 S. 3 BlnStiftG, 14 Abs. 1 BbgStiftG, 15 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 3 Abs. 1 S. 1 HbgStiftG, 17a Abs. 1 S. 1 HeStiftG, 3, 4 Abs. 1 MVStiftG, 17a Abs. 1 NdsStiftG, 12 Abs. 5 NRWStiftG, 5 Abs. 1 RPStiftG, 18 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 20 Abs. 1 SaStiftG, 20 Abs. 1 SAStiftG, 20 Abs. 1 ThStiftG; abweichend §§ 5 Abs. 1 und 3 AVBayStiftG, 4 Abs. 1 und 3 BWStiftG, 15 Abs. 2 S. 1 SHStiftG. 43 §§ 4 Abs. 4 S. 1 BWStiftG, 11 Abs. 1 BlnStiftG, 14 Abs. 4 BbgStiftG, § 15 Abs. 2 S. 2 BreStiftG, § 3 Abs. 4 S. 1 HbgStiftG, 17a Abs. 4 HeStiftG, 17a Abs. 3 NdsStiftG, § 12 Abs. 4 S. 1 NRWStiftG, 5 Abs. 5 S. 1 RPStiftG, 18 Abs. 2 S. 1 SaarStiftG, 15 Abs. 3 S. 2 SHStiftG.
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§ 22 Publizität
ten Interesses erforderlich44. Im Gegensatz zum Vereins- und Handelsregister oder dem Grundbuch begründen die Eintragungen ins Stiftungsverzeichnis jedoch keine Vermutung der Richtig- oder Vollständigkeit oder sonst irgendeinen Vertrauensschutz.45 Sie fördern damit nicht die Rechtssicherheit, sondern haben einen bloß allgemeinen Informationswert46.
III. Reform Die Defizite der Stiftungspublizität sind unübersehbar. Greift nicht § 33 HGB ein, wird der Rechts- und Geschäftsverkehr nicht einmal über die elementarsten Verhältnisse der Stiftung verlässlich informiert. Und außerhalb des Anwendungsbereichs des Publizitätsgesetzes findet keine Rechnungslegungspublizität statt.47 Es nimmt daher nicht Wunder, dass diese Mängel immer wieder im Mittelpunkt von Reformüberlegungen standen.48 Und auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat hierüber diskutiert,49 Vorschläge zur Einführung eines Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung sowie einer Rechnungslegungspublizität50 aber insbesondere mit Kostenargumenten, wegen – angeblich – mangelnden Bedürfnisses und deswegen zurückgewie___________ 44 §§ 4 Abs. 4 S. 2 MVStiftG, 26 Abs. 2 NRWStiftG, 18 Abs. 2 S. 1 SaarStiftG, 15 Abs. 3 S. 2 SHStiftG, 20 Abs. 3 S. 2 SaStiftG, 20 Abs. 3 S. 2 SAStiftG, 20 Abs. 3 S. 2 ThStiftG. 45 S. §§ 4 Abs. 4 S. 2 BWStiftG, 14 Abs. 2 S. 2 BbgStiftG, 15 Abs. 3 BreStiftG, 3 Abs. 1 S. 2 HbgStiftG, 17a Abs. 3 HeStiftG, 4 Abs. 4 S. 1 MVStiftG, 17a Abs. 2 S. 3 NdsStiftG, 12 Abs. 3 NRWStiftG, 5 Abs. 4 RPStiftG, 18 Abs. 2 S. 3 SaarStiftG; 20 Abs. 3 S. 1 SaStiftG, 20 Abs. 3 S. 1 SAStiftG, 15 Abs. 3 S. 1 SHStiftG, 20 Abs. 3 S. 1 ThStiftG sowie v. Rotberg, BWStiftG, § 4 Anm. 7; Bremische Bürgerschaft, LTDrs. 12/405 v. 10.1.1989, S. 12; Landtag Brandenburg, LT-Drs. 2/577 vom 11.4.1995, S. 31. 46 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 38 Rdnr. 19 m. w. Nw. 47 Es tröstet dabei nicht, sondern ist de lege ferenda eher beunruhigend, dass dies auch in den anderen europäischen Ländern nicht besser ist. Nur in Luxemburg unterliegen Stiftungen einer allgemeinen Rechnungslegungspublizität, so Mattheus, DStR 2003, 254. 48 S. Ballerstedt, Gutachten 44. DJT, S. 39, 41, 45, 50, 51; Mestmäcker, Verhandlungen 44. DJT, S. G 22 f.; s. ferner die Diskussionsbeiträge von Goerdeler, Gather, David, Kessel sowie das Abstimmungsergebnis in: Verhandlungen 44. DJT, S. 43, 52, 64, 78, 95; sowie DJT-Studienkommission, Reform, S. 15; Arbeitsgruppe Stiftungsrecht, Bericht, S. 396 ff., 427; dazu Seifart, ZRP 1978, 144, 145; Unternehmensrechtskommission, Bericht, S. 486; sodann Interfraktioneller Gesetzentwurf, BT-Drs. 8/2612; und schließlich § 83 des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Stiftungswesens von BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 3, 11. 49 Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 33 f., 59 ff. 50 S. dazu aus jüngerer Zeit auch Mattheus, DStR 2003, 254, 256 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
sen, weil potentielle Stifter von zuviel Publizität abgeschreckt werden könnten.51 Bei alledem handelt es sich indes um typische Argumente von „Interessenvertretern“, wie sie immer wieder gegen unbequeme gesetzliche Regelungen vorgebracht werden. Einzugehen lohnt allenfalls auf das Kostenargument: Die Mehrkosten für ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung gegenüber den von der Arbeitsgruppe befürworteten Stiftungsverzeichnissen können auf die Stiftungen durch Gebühren überwälzt werden und dürften, da sich die Verhältnisse von Stiftungen naturgemäß nicht so schnell wandeln wie diejenigen von Vereinen und Gesellschaften, überschaubar sein. Vielmehr ist es nicht einzusehen, weshalb der Schutz des Rechtsverkehrs bei Stiftungen hinter demjenigen von Vereinen zurückstehen soll, obwohl Stiftungen nicht nur auf ideale Zwecke beschränkt sind, regelmäßig über eine erheblich größere Vermögensausstattung verfügen und daher in erheblich weiterem Umfang am Geschäftsverkehr teilnehmen als Vereine.52 Hinsichtlich der Rechnungslegungspublizität ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Stiftungen ohnehin Rechnung legen müssen, und zwar sowohl intern (§ 86 S. 1 BGB i. V. m. § 666 BGB) als auch extern, nämlich gegenüber der Stiftungsaufsichtsbehörde und der Finanzbehörde.53 Die Kosten für eine Rechnungslegung treffen sie daher ohnehin. Allerdings könnte man meinen, die Einführung einer Rechnungslegungspublizität für Stiftungen sei nur sinnvoll, wenn zugleich eine Prüfung der Rechnungslegung gewährleistet sei, mit der formellen also auch eine materielle Rechnungslegungspublizität einhergehe.54 Und dieses Argument ist – zumal angesichts der großen Gestaltungsspielräume der Stiftung bei der Rechnungslegung – nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, wäre aber für kleine Stiftungen zu teuer. Indes lässt auch das Handelsrecht bekanntlich erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten zu. Zudem verhindert auch eine Pflichtprüfung allzu oft nicht, dass der handelsrechtliche Jahresabschluss alles andere als ein „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz___________ 51 Im Blick hierauf führt Andrick, ZAP 2003, 469, 472, sogar das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Stifters ins Felde. Das ist mindestens aus zwei Gründen völlig verfehlt. Erstens wird durch Veröffentlichungen der Stiftung der Stifter nicht berührt; denn er steht ihr nach der Errichtung gleich einem Dritten gegenüber. Und zweitens unterliegen bekanntlich auch Gesellschaften Publizitätspflichten, ohne dass sich ihre Gesellschafter dagegen mit Erfolg auf ihr Recht zur informationellen Selbstbestimmung berufen könnten. 52 So treffend Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35, 44. 53 S. o. § 21. 54 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Orth, Handbuch, § 38 Rdnr. 25.
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§ 22 Publizität
und Ertragslage“ (§ 264 Abs. 2 S. 1 HGB) vermittelt. Die unrühmlichen Beispiele hierfür – bei denen dann die Wirtschaftsprüfer ihre Bestätigungsvermerke später widerrufen haben – sind Legion. Schließlich sind sog. kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB) zwar von der materiellen (§ 316 Abs. 1 HGB), nicht aber von der formellen Publizität (vgl. § 326 HGB) befreit – ein Regelungsgedanke, der durchaus auch für die Stiftung fruchtbar gemacht werden könnte. Eine Rechnungslegungspublizität mit einer verminderten inhaltlichen Richtigkeitsgewähr ist immer noch besser als das Fehlen jeglicher Publizität. Dabei findet bei Kapitalgesellschaften – zu Recht – keine Differenzierung nach dem Gesellschaftszweck statt. Und auch die Rechtsform sollte für die Publizität keine Rolle spielen. Sie vermindert weder das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit noch das der Gläubiger. Das gilt im Übrigen nicht nur für Stiftungen, sondern auch für Vereine und Personengesellschaften55. Schon deswegen kann dem Argument, eine Rechnungslegungspublizität würde die Stiftung gegenüber dem Verein benachteiligen,56 nicht gefolgt werden. Zwar ist der Verschuldensgrad von Stiftungen regelmäßig geringer als bei Handels- und Kapitalgesellschaften. Das schließt jedoch „Pleiten“ infolge von „Pech und Pannen“ nicht aus. All dies spricht dafür, auch die Stiftung zumindest einer formellen, bei Überschreiten gewisser Größenmerkmale aber auch einer materiellen Publizitätspflicht zu unterwerfen.57 Schließlich würde eine Rechnungslegungspublizität einen wertvollen Beitrag zu einer Verbesserung der Corporate Governance von Stiftungen leisten58 und wäre ein Baustein zur Ablösung der Stiftungsaufsicht59. Erkannt wurde noch nicht, welche wichtige Rolle Publizität für die Akzeptanz von Stiftungen im Allgemeinen und für die Förderung und Unterstützung ___________ 55 Zur Bedeutung des Gesellschaftsvermögens von Personengesellschaften für deren Gläubiger s. K. Schmidt, GR, S. 541 f.; ders., Verhandlungen 54. DJT, S. D 61 ff.; ders., Insolvenzrecht, S. 59 ff., 81 f., 93, 185 f., 192. 56 Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 61. Zudem ist es widersprüchlich in Bezug auf die Rechnungslegungspublizität eine Gleichbehandlung (wenngleich „im Unrecht“) mit Vereinen anzumahnen, eine solche Gleichbehandlung aber in Bezug auf ein Stiftungsregister abzulehnen. 57 A. A. im Blick auf reine Familienstiftungen Mattheus, DStR 2003, 254, 258, der dabei allerdings verkennt, dass gerade bei Familienstiftungen angesichts ihrer vielfach korporativen Struktur und der bei ihnen zumeist gelockerten Stiftungsaufsicht (s. o. § 8 E.) eine Rechnungslegungspublizität unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes wünschenswert erscheint. 58 Insoweit zutr. Mattheus, DStR 2003, 254, 259. 59 S. o. § 8 D.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
jeder einzelnen Stiftung im Besonderen spielt.60 Die strengen Publizitätsvorschriften in den USA haben sich nach Ansicht des Maecenata Instituts und der Bertelsmann Stiftung „mehr als jede Form von steuerlichen Anreizen belebend auf das amerikanische Stiftungswesen ausgewirkt“.61
C. Gewillkürte Publizität Der fehlenden Registerpublizität können Stifter und Stiftung nicht abhelfen, wohl aber der fehlenden Rechnungslegungspublizität. Der Stifter kann eine Veröffentlichung des Jahresabschlusses in der Satzung zwingend vorschreiben. Hieran wird er freilich vielfach kein Interesse haben. Vielmehr wird die mangelnde Rechnungslegungspublizität nicht selten als besonderer Vorteil der Rechtsform Stiftung herausgestellt; denn die Einstellung, dass „Gutes nur im Verborgenen gedeihen kann“, ist hierzulande noch weit verbreitet. Einer Umgehung zwingender Publizitätsvorschriften durch die Rechtsformwahl versuchten daher manche Stiftungsgesetze vorzubeugen.62 Freilich veröffentlichen namentlich große Förderstiftungen nicht selten freiwillig Jahresberichte, in denen sie nicht nur über ihre Tätigkeit informieren, sondern auch ihr Rechenwerk (zusammengefasst) offen legen. Im Meer der Stiftungen sind das jedoch eher Inseln als Kontinente, zumal der Wert einer solchen freiwilligen Publizität zweifelhaft ist63.
___________ 60 S. auch die Beiträge von Tayart/Faure und Müller in: Bertelsmann Handbuch1, S. 295 ff. und S. 619 ff. sowie von Kaehlbrandt in: Bertelsmann Handbuch, S. 439; ferner Walz in: Rechnungslegung im Dritten Sektor, S. 1 ff.; Waldhoff, ebd., S. 157 ff., und Graf Strachwitz, ebd., S. 203 ff. 61 S. die gemeinsame Stellungnahme des Maecenata Instituts und der Bertelsmann Stiftung zur Reform des Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrechts für die Anhörung im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages am 15.12.1999, S. 4. 62 §§ 6 Abs. 2 lit. c BbgStiftG a. F., 7 Abs. 2 lit. c MVStiftG, 4 Abs. 1 lit. c NRWStiftG a. F. 63 Zu Recht kritisch MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 83.
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Dritter Abschnitt: Die Haftungsverfassung Der Begriff der Haftung wird in der Rechtssprache ganz unterschiedlich gebraucht. Teils meint man damit ein Einstehenmüssen für eigenes oder fremdes Verhalten, vgl. §§ 31, 276, 278, 831 BGB. Die ältere Schuldrechtslehre verstand dagegen unter Haftung das Unterworfensein von Vermögensmassen unter den Zugriff von Gläubigern und verband damit eine Abgrenzung zu dem Begriff der Schuld, die als das Leistenmüssen aufgrund einer Forderung definiert wurde, vgl. § 241 Abs. 1 BGB.1 Diese Unterscheidung mag hilfreich sein, wenn sich Schuld und Umfang der Haftung, wie etwa im Falle des § 1975 BGB (auf den Nachlass beschränkte Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten), unterscheiden. Einen tieferen Erklärungswert besitzt sie jedoch nicht und konnte sich daher auch nicht durchsetzen. Auch vorliegend wird der Begriff der Haftung nicht nur in diesem engeren Sinne, sondern zugleich als Synonym für ein Einstehenmüssen oder Schulden verwandt. Terminologisch präzise unterschieden wird nur, wenn dies aus Gründen der Verständlichkeit angezeigt erscheint. Ebenso vieldeutig wie der Begriff der Haftung ist derjenige der Haftungsverfassung. K. Schmidt versteht hierunter die Frage, welches Kapitalrisiko Verbandsmitglieder im Innen- und Außenverhältnis tragen, insbesondere also, ob sie mit ihrem Vermögen für Schulden des Verbandes haften, bzw. unter welchen Voraussetzungen ihre Haftung auf das Verbandsvermögen beschränkt ist.2 Dem ist freilich die Frage vorgelagert, was der Verband schuldet, und damit auch für wessen Verhalten er einzustehen hat.3 Einzustehen aber hat er insbesondere für das Verhalten der Mitglieder seiner Organe, § 31 BGB. Nachdem die Organe integraler Bestandteil der Verbandsverfassung sind, stellt sich überdies die Frage, wofür deren Mitglieder im Innen- und Außenverhältnis haften. Nun hat die Stiftung keine Mitglieder. Das Rechtsverhältnis von Stifter und Destinatären zu der Stiftung ist ganz anderer Art. Gleichwohl stellen sich ähnliche Fragen (s. u. § 24). Schließlich ist auch die Haftung der Stiftungsaufsichtsbehörde nicht ohne Bedeutung für die Stiftung. Auf sie wird daher am Ende von § 25 im Rahmen eines kurzen Exkurses einzugehen sein.4 ___________ 1 2 3 4
Vgl. v. Tuhr, AT, S. 109 ff.; Enneccerus/Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 9 ff. Vgl. K. Schmidt, GR, S. 536 ff. Vgl. Wiedemann, GR, S. 20. Für einen Überblick über die Haftungsverfassung der Stiftung und einzelner Probleme aus der Sicht der Praxis s. auch Spiegel, S&S 1998, Beilage zu Heft 2.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Ziel ist es wiederum, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Stiftung und Verband hervortreten zu lassen sowie aufzuzeigen, ob und wie der Stifter gestalterisch auf die Haftungsverfassung einwirken kann.
§ 23 Die Haftung der Stiftung Ein Schulden der Stiftung kommt unter vielerlei Gesichtspunkten in Betracht. So ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Stiftung Verträge, die von Vertretern mit organschaftlicher5 oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in ihrem Namen geschlossen werden, erfüllen muss. Zudem ist die Stiftung gemäß § 86 S. 1 i. V. m. § 31 BGB „für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtung begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.“ Insoweit gelten allgemeine Regeln ohne stiftungsspezifische Besonderheiten. Erwähnt sei nur, dass § 31 BGB durch die Satzung nicht abdingbar ist.6 Näher einzugehen ist lediglich auf zwei Fragen:
A. Haftung für Schulden des Stifters Für Schulden des Stifters haftet die Stiftung nur, wenn sie als sein Erbe eingesetzt ist. Es gelten die §§ 1967 ff. BGB. Das bedarf hier keiner näheren Erläuterung. Unter der – insofern freilich unpassenden – Überschrift „Haftung der Stiftung für Schulden des Stifters“ wird in der Literatur freilich auch, ja vornehmlich die Frage diskutiert, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gläubigeranfechtung (§§ 129 ff. InsO, 1 ff. AnfG) hinsichtlich der Zuwendungen des Stifters an die Stiftung in Betracht kommt.7 Auch nach der Reform des Insolvenz- und Anfechtungsrechts sind allerdings die meisten Anfechtungstatbestände derart eng gefasst, dass sie im Stiftungsrecht prak___________ 5 Zur Vertretungsmacht des Vorstands, s. o. § 10 B. 6 Davon zu unterscheiden ist die Frage eines Haftungsausschlusses oder einer Haftungsbegrenzung im Einzelfall. Insofern gelten die allgemeinen Grenzen insbesondere der §§ 276 Abs. 3, 309 Nr. 7 BGB, MünchKomm/Reuter, BGB, § 31 Rdnr. 31; Staudinger/ Weick, BGB, § 31 Rdnr. 50. 7 Vgl. Hinz, Haftung, passim; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 38, § 10 Rdnr. 121; Jakob, ZSt 2005, 99 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Ziel ist es wiederum, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Stiftung und Verband hervortreten zu lassen sowie aufzuzeigen, ob und wie der Stifter gestalterisch auf die Haftungsverfassung einwirken kann.
§ 23 Die Haftung der Stiftung Ein Schulden der Stiftung kommt unter vielerlei Gesichtspunkten in Betracht. So ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Stiftung Verträge, die von Vertretern mit organschaftlicher5 oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in ihrem Namen geschlossen werden, erfüllen muss. Zudem ist die Stiftung gemäß § 86 S. 1 i. V. m. § 31 BGB „für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtung begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.“ Insoweit gelten allgemeine Regeln ohne stiftungsspezifische Besonderheiten. Erwähnt sei nur, dass § 31 BGB durch die Satzung nicht abdingbar ist.6 Näher einzugehen ist lediglich auf zwei Fragen:
A. Haftung für Schulden des Stifters Für Schulden des Stifters haftet die Stiftung nur, wenn sie als sein Erbe eingesetzt ist. Es gelten die §§ 1967 ff. BGB. Das bedarf hier keiner näheren Erläuterung. Unter der – insofern freilich unpassenden – Überschrift „Haftung der Stiftung für Schulden des Stifters“ wird in der Literatur freilich auch, ja vornehmlich die Frage diskutiert, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gläubigeranfechtung (§§ 129 ff. InsO, 1 ff. AnfG) hinsichtlich der Zuwendungen des Stifters an die Stiftung in Betracht kommt.7 Auch nach der Reform des Insolvenz- und Anfechtungsrechts sind allerdings die meisten Anfechtungstatbestände derart eng gefasst, dass sie im Stiftungsrecht prak___________ 5 Zur Vertretungsmacht des Vorstands, s. o. § 10 B. 6 Davon zu unterscheiden ist die Frage eines Haftungsausschlusses oder einer Haftungsbegrenzung im Einzelfall. Insofern gelten die allgemeinen Grenzen insbesondere der §§ 276 Abs. 3, 309 Nr. 7 BGB, MünchKomm/Reuter, BGB, § 31 Rdnr. 31; Staudinger/ Weick, BGB, § 31 Rdnr. 50. 7 Vgl. Hinz, Haftung, passim; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 38, § 10 Rdnr. 121; Jakob, ZSt 2005, 99 ff.
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§ 23 Die Haftung der Stiftung
tisch wohl keine Rolle spielen dürften. Auf eine vertiefte Betrachtung wird daher hier verzichtet. Grundsätzlich gelten allgemeine Regeln, wobei sich allerdings im Blick auf die Errichtung einer Stiftung besondere Rechtsfragen stellen können (z. B.: Was ist die mglw. anfechtbare Rechtshandlung, wenn das Grundstockvermögen gemäß § 82 S. 2 BGB ipso iure mit der Anerkennung auf die Stiftung übergeht? Auf wessen Kenntnis kommt es in diesem Fall an, zumal wenn zum Zeitpunkt der Anerkennung noch kein Mitglied des Stiftungsvorstands wirksam bestellt ist?). Bei deren Beantwortung ist keine Rücksicht darauf zu nehmen, dass eine erfolgreiche Anfechtung die Existenz der Stiftung bedroht; denn eine Privilegierung der Stiftung gegenüber anderen Gläubigern des Stifters ist grundsätzlich ebenso wenig gerechtfertigt wie eine Privilegierung der Stiftungsgläubiger gegenüber den Gläubigern des Stifters8. Daher ist vielmehr umgekehrt darauf Bedacht zu nehmen, dass das Anfechtungsrecht zweckentsprechend zur Anwendung gelangt. Ausgeschlossen werden muss, dass ein Schuldner sein Vermögen in eine Stiftung „rettet“, zumal wenn (auch) er selbst9 und/oder Angehörige10 Begünstigte oder Anfallberechtigte der Stiftung sind. Vor diesem Hintergrund ist schließlich die – einzig praktisch relevante – Frage zu beantworten, ob vorliegend auch eine Schenkungsanfechtung (§§ 134 InsO, 4 AnfG) in Betracht kommt. Die herrschende Meinung bejaht dies.11 Nach einer Gegenansicht soll dagegen eine Schenkungsanfechtung ausgeschlossen sein, weil der Stifter keine bestehende Person bereichere, sondern „in einem mehrteiligen Konstitutivakt eine neue Rechtsperson bzw. die Existenzgrundlagen für diese“ schaffe.12 Den §§ 134 InsO, 4 AnfG liegen die allgemeinen zivilrechtlichen Überlegungen zugrunde, dass ein unentgeltlicher Erwerb weniger schutzwürdig ist als ein entgeltlicher und durch eine Schenkung Rechte Dritter ungerechtfertigt beeinträchtigt werden können, vgl. §§ 519 ff., 528 ff., 816 Abs. 1 S. 2,
___________ 8 Gemäß §§ 143 Abs. 1 S. 2 InsO, 11 Abs. 2 S. 2 AnfG kann die Stiftung keinen Wegfall der Bereicherung geltend machen. Ist sie infolge einer erfolgreichen Anfechtung überschuldet, ist daher auch über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren zu eröffnen. 9 S. o. § 5 C.III. 10 S. o. § 5 C.II. 11 Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 11; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 15; Soergel/Neuhoff, BGB, § 80 Rdnr. 9; Fritsche, ZSt 2003, 113, 119 (s. aber auch S. 120 f.). 12 Hinz, Haftung, S. 127; dem grundsätzlich zustimmend Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 38, § 10 Rdnr. 121; s. ferner Jakob, ZSt 2004, 99, 100 ff.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
988, 2287, 2325,13 2329 BGB. Zu fragen ist daher hier, ob die Stiftung weniger schutzwürdig als die Gläubiger des Stifters ist. Das hängt davon ab, welchen Stellenwert man dem Schutz des durch eine Rückforderung des Grundstockvermögens gefährdeten Bestands der Stiftung zumisst. Im Blick hierauf wird heute verbreitet und zu Recht die Ansicht vertreten, dass das Zuwendungsversprechen nicht schenkungsrechtlichen, sondern allgemeinen schuldrechtlichen Regeln folgt. Das gilt jedenfalls, soweit das Schenkungsrecht den Stifter begünstigt, s. u. § 24 A.II. Gleichwohl ist die Stiftung nicht vor bestandsgefährdenden Rückforderungen gefeit, nämlich insbesondere dann nicht, wenn das Stiftungsgeschäft nichtig oder nach §§ 119 ff. BGB anfechtbar ist. Nichtig ist das Stiftungsgeschäft u. a., wenn der Stifter durch die Stiftungserrichtung seine Gläubiger vorsätzlich benachteiligen wollte, §§ 138 Abs. 1, 826 BGB.14 Bestandsgefährdende Rückforderungen sind also keineswegs generell ausgeschlossen. Gegen eine Anwendung der §§ 134 InsO, 4 AnfG wird freilich eingewandt, dass dadurch die Stiftungsautonomie gegenüber dem allgemeinen Gläubigerschutz das Nachsehen hätte. Diese Art Verständnis der Stiftungsautonomie ist jedoch verfehlt.15 Die Stiftungsautonomie verbürgt keinesfalls die Unabhängigkeit der Stiftung von jeglichem Außeneinfluss. Bei Kapital- und Personengesellschaften ist die Mitgliedschaft dem Zugriff der Mitgliedsgläubiger ausgesetzt. Dabei kann ein solcher Zugriff unter Umständen zur Auflösung und Liquidation des Verbandes führen. Bei der Stiftung fehlt es hingegen an einem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis, auf das die Gläubiger zugreifen könnten. Auch der Stifter steht „seiner“ Stiftung nach ihrer Errichtung grundsätzlich gleich einem Dritten gegenüber – weswegen sich ja überhaupt nur die Frage der Unentgeltlichkeit der Stifterleistungen stellt. Eben hierin liegt die besondere Gefahr einer Stiftungserrichtung aus Sicht der Gläubiger des Stifters; denn der Stifter übereignet der Stiftung mglw. erhebliche Vermögenswerte, ohne hierfür eine Gegenleistung oder sonstige Rechte zu erhalten, auf die seine Gläubiger zugreifen könnten. ___________ 13 Zur Frage von Pflichtteilsergänzungsansprüchen bei Spenden, Zustiftungen und einer Stiftungserrichtung unter Lebenden Rawert/Katschinski, ZEV 1996, 161 ff.; LG Baden-Baden, ZEV 1999, 152; OLG Dresden, NJW 2002, 3181 m. abl. Anm. Rawert, NJW 2002, 3181, zu Recht aufgehoben durch BGH, NJW 2004, 1382 m. zust. Anm. Schiffer, NJW 2004, 1565; Lieder, ZSt 2004, 74; s. ferner dazu Neuhoff, ZSt 2004, 90; Saenger, ZSt 2004, 183; Matschke, ZSt 2004, 263; O. Werner, ZSt 2005, 83. 14 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 38; ferner §§ 133 InsO, 3 AnfG. 15 Ausf. o. § 13 A.II.2.d.
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§ 23 Die Haftung der Stiftung
Sinn und Zweck der §§ 134 InsO, 4 AnfG aber ist es, die Gläubiger vor eben dieser besonderen Gefahr von unentgeltlichen Leistungen zu schützen. Ihnen diesen Schutz mit der Begründung der Loslösung der Stiftung von dem Stifter zu entziehen heißt daher, die Verhältnisse auf den Kopf zu stellen. Vielmehr wird das Interesse der Stiftung an der Endgültigkeit ihres Rechtserwerbs genügend durch die Vierjahresfrist der §§ 134 InsO, 4 AnfG gewahrt. Und ihrem Vertrauen hierein sowie dem Schutz der Stiftungsgläubiger wird durch die §§ 143 Abs. 2 InsO, 11 Abs. 2 AnfG hinreichend Rechnung getragen.16
B. Haftung auf verbandsrechtlicher Grundlage Ist die Stiftung Mitglied eines Verbandes, so gelten für sie grundsätzlich dieselben Regeln mit denselben Rechten (Teilhabe-, Schutz- und Vermögensrechte) und Pflichten (Beitrags- und Treuepflicht) und mit denselben Rechtsfolgen bei deren Verletzung wie für jedes andere Mitglied auch. Einen irgendwie gearteten Vorrang des Stiftungsrechts17 gibt es nicht. Die Stiftung unterliegt mithin auch im vollen Umfang der Haftungsverfassung des jeweiligen Verbandes, dessen Mitglied sie ist. Ist sie beispielsweise Gesellschafterin einer OHG oder Komplementärin einer KG,18 haftet sie daher gemäß §§ 128, 161 Abs. 2 HGB auch für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Ist sie Gesellschafterin einer GmbH, gilt ab deren Eintragung19 grundsätzlich § 13 Abs. 2 GmbHG usw. Die Stiftung kann mithin auch auf konzernrechtlicher Grundlage haften. Dabei ist es unstreitig, dass die Stiftung herrschendes Unternehmen i. S. d. Konzernrechts sein kann.20 Eine Unternehmensverbindung eingehen darf die ___________ 16 Das übersieht Jakob, ZSt 2004, 99, 103 (s. aber ebd. S. 107), dessen Vorschlag zu einer teleologischen Reduktion (ebd. S. 104) daher überflüssig ist. 17 Problematisierend zum Konzernrecht Schwintowski, NJW 1991, 2736, 2740 f.; wie hier Kohl, NJW 1992, 1922, 1924; Künnemann, Unterordnungs-Konzern, S. 141 ff. 18 Zur Zulässigkeit s. u. § 29 A.III. 19 Zur Frage der Haftung der GmbH-Gesellschafter vor Eintragung, s. BGHZ 134, 333; dagegen zu Recht ein Teil der Literatur s. etwa Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 11 Rdnr. 82 ff. m. umf. Nw. 20 Statt anderer Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 119; näher (mit Unterschieden) Kohl, NJW 1992, 1922, 1923; Künnemann, Unterordnungs-Konzern, S. 99 ff.; Schlinkert, Unternehmensstiftung, S. 57 ff.; Hoppe, abhängige Stiftung, S. 116 ff.; s. ferner GroßKomm/Windbichler, AktG, § 15 Rdnr. 25. Das OLG Düsseldorf, AG 2004, 212, 213 f., hat allerdings die Unternehmensqualität der Alfried von Bohlen und Halbach-Stiftung, die maßgeblich an der Friedrich-Krupp AG beteiligt ist, mit dem schlichten Argument verneint, die Stiftung sei außer an diesem an keinem weiteren
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Stiftung freilich nur, wenn ihr dies im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung ausdrücklich oder konkludent gestattet ist oder die zuständigen Stiftungsorgane die Satzung insoweit zulässigerweise ändern oder ergänzen dürfen. Zu erwähnen ist schließlich die Haftung der Stiftung aufgrund des Umwandlungsgesetzes: Nach § 161 UmwG kann die Stiftung ein von ihr betriebenes Unternehmen ganz oder teilweise aus ihrem Vermögen zur Aufnahme durch eine Personenhandels- oder Kapitalgesellschaft oder zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft ausgliedern.21 Durch den Übergang von Verbindlichkeiten auf übernehmende oder neue Gesellschaften wird die Stiftung von der Haftung für diese jedoch nicht befreit, § 166 UmwG. Vielmehr haftet sie neben dem aufnehmenden Rechtsträger als Gesamtschuldnerin,22 allerdings nur für Ansprüche, die vor Ablauf von fünf Jahren23 nach der Ausgliederung fällig und von dem Gläubiger gerichtlich (bzw. bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten durch Verwaltungsakt) geltend gemacht oder von der Stiftung schriftlich anerkannt werden, §§ 167 i. V. m. 157 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 UmwG.24
___________
21 22 23 24
Unternehmen beteiligt. Das entspricht zwar einer verbreiteten Argumentation, ist aber deswegen nicht überzeugender, ebenso Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 483. Das kann hier nicht vertieft werden. Zur stiftungsrechtlichen Zulässigkeit s. o. § 20 bei Fn. 55. Lutter/Rawert, UmwG, § 166 Rdnr. 2. Zum Fristbeginn s. § 167 i. V. m. § 157 Abs. 2 UmwG. Vermögensrechte von Destinatären werden durch § 133 Abs. 2 i. V. m. § 23 UmwG geschützt, Lutter/Rawert, UmwG, § 166 Rdnr. 6.
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§ 24 Die Haftung des Stifters und der Destinatäre Wenngleich die Rechtsstellung von Stiftern und Destinatären, wie aufgezeigt wurde, derjenigen von Verbandsmitgliedern in vielerlei Hinsicht angenähert werden kann, so ist und bleibt sie doch grundlegend unterschiedlich. Gleichwohl stellen sich teilweise dieselben Fragen. Von zwei weiteren Beispielen hierfür wird im Folgenden zu handeln sein, nämlich von der Haftung des Stifters für die Aufbringung des Grundstockvermögens und von der Haftung der Destinatäre für verbotene Auszahlungen. Zudem wird den verschiedentlich aufgeworfenen Fragen nachgegangen, ob der Stifter möglicherweise im Wege eines sog. Durchgriffs oder auf konzernrechtlicher Grundlage für Schulden der Stiftung in Anspruch genommen werden kann.
A. Die Haftung des Stifters für die Aufbringung des Grundstockvermögens Das Stiftungskapital umfasst in erster Linie das sog. Grundstockvermögen, das sich der Stifter im sog. Zuwendungsversprechen (d.i. der vermögensrechtliche Teil des Stiftungsgeschäfts, s. o. § 4 A.I.2.a.) verpflichtet, der Stiftung zu übertragen. Hinsichtlich der Haftung des Stifters für die Erfüllung dieses Zuwendungsversprechens ist wie folgt zu unterscheiden:
I. Haftung des Stifters vor der Anerkennung der Stiftung Im Zeitraum zwischen Vornahme des Stiftungsgeschäfts und Anerkennung der Stiftung hat die Stiftung grundsätzlich noch keinerlei Rechtsansprüche auf die Erfüllung des Zuwendungsversprechens. Es entsteht auch nicht etwa ein Anwartschaftsrecht; denn zum einen ist die Stiftung vor ihrer Anerkennung noch nicht existent. Eine Vorstiftung gibt es nicht.1 Zum anderen kann die Haftung des Stifters für die Erfüllung des Zuwendungsversprechens grundsätzlich erst einsetzen, wenn er die Möglichkeit des Widerrufs gemäß § 81 Abs. 2 BGB verloren hat. Diese Möglichkeit aber besteht regelmäßig bis zur Erteilung der Anerkennung fort. Sobald die Anerkennung beantragt ist, muss der Widerruf allerdings der Behörde gegenüber erklärt werden, § 81 Abs. 2 S. 2 BGB. Hierin liegt zwar keine materielle, sondern lediglich eine formelle Einschränkung des Wider___________ 1 S. o. § 4 A.I.4.b.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
rufsrechts.2 Im Blick auf die Bedeutung der Vermögensausstattung der Stiftung für ihre Anerkennung3 kann diese Einschränkung gleichwohl entgegen zum Teil vertretener Ansicht4 haftungsrechtlich nicht ganz außer Acht gelassen werden; denn eine Verfügung über der Stiftung zugesagte Vermögensgegenstände beinhaltet konkludent einen teilweisen oder vollständigen Widerruf des Stiftungsgeschäfts, der dementsprechend der Anerkennungsbehörde mitgeteilt werden muss5. Geschieht dies nicht, so bestünde – folgte man der Gegenauffassung, wonach Zwischenverfügungen stets ohne haftungsrechtliche Konsequenzen bleiben – die Gefahr, dass die Stiftung anerkannt wird, obwohl der Stifter ihr das versprochene Vermögen weder übertragen kann noch für sein verschuldetes Unvermögen einstehen muss – ein Ergebnis, dessen Unzuträglichkeit auf der Hand liegt. Richtigerweise begründet die Einreichung des Anerkennungsantrags daher eine bedingungsähnliche Bindung.6 Von diesem Zeitpunkt an müssen Zwischenverfügungen – und zwar auch, soweit sie vor der Einreichung getroffen wurden, aus den der Behörde vorliegenden Unterlagen aber nicht ersichtlich sind7 – der Behörde angezeigt werden, andernfalls der Stifter der Stiftung nach deren Anerkennung gemäß § 160 BGB analog haftet. Zwischenverfügungen über Rechte, die nach § 82 S. 2 BGB mit der Anerkennung ipso iure auf die Stiftung übergehen, sind entsprechend § 161 BGB unwirksam.
II. Haftung des Stifters nach Anerkennung der Stiftung Vor Inkrafttreten des BGB nahm man an, das Zuwendungsversprechen sei seiner Rechtsnatur nach eine Schenkung.8 Das war auch noch der Stand___________ 2 3 4 5
Statt anderer Ebersbach, Handbuch, S. 70. S. o. § 6 C.II. RGRK/Steffen, BGB, § 82 Rdnr. 3; Flume, jP, S. 139; Seyboth, Haftung, S. 10 ff. Ebersbach, Handbuch, S. 70; Staudinger/Rawert, BGB, § 82 Rdnr. 7; Jacke, Haftung, S. 19 ff. 6 So auch die h. M. Mugdan, Materialien I, S. 420; v. Tuhr, AT, S. 608 m. w. Nw. zur älteren Lit.; aus heutiger Zeit MünchKomm/Reuter, BGB, § 82 Rdnr. 4; Staudinger/ Rawert, BGB, § 82 Rdnr. 7 ff.; Ebersbach, Handbuch, S. 69 f.; Jacke, Haftung, S. 16 ff.; Muscheler, JR 2003, 441, 446, der dies aus dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 S. 1 BGB n. F. („verbindlich“) folgert, was freilich angesichts der heutigen Qualität der Gesetzgebung (vgl. etwa die berechtigte Kritik von Muscheler an dem Gemeinwohlbegriff, NJW 2003, 3161) eine Überinterpretation sein dürfte: Vielmehr ist die von Muscheler zitierte alte Auslegungsregel, wonach kein Wort des Gesetzes überflüssig ist, heute überholt – wenn sie denn jemals galt. 7 Diese Konsequenz ziehen die vorgenannten Autoren freilich nicht. 8 RGZ 5, 138, 141, 143; noch heute Palandt/Heinrichs, BGB, § 82 Rdnr. 1.
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§ 24 Die Haftung des Stifters und der Destinatäre
punkt des ersten Entwurfs.9 Die Frage wurde dann jedoch Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen.10 Nach bisher herrschender Meinung handelt es sich um ein Rechtsgeschäft sui generis, auf das jedoch das Schenkungsrecht analog anzuwenden ist.11 Dem tritt neuerdings die Ansicht entgegen, die Stiftung sei gar nicht bereichert, weil sie das ihr zugewandte Vermögen zweckgebunden zu verwenden habe.12 Das überzeugt schon wegen §§ 525 f. BGB nicht.13 Eine dritte, heute verbreitete Ansicht schließlich will lediglich die drittschützenden Normen des Schenkungsrechts (also insbes. die §§ 2287, 2325, 2329 BGB, 134 InsO, 4 AnfG14), nicht aber die den Schenker schützenden Normen der §§ 519, 521 ff., 528, 530 ff. BGB analog anwenden.15 Dieser zuletzt genannten Ansicht ist zu folgen. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass es bei dem Stiftungsgeschäft nicht nur um einen relativ wenig schutzwürdigen unentgeltlichen Erwerb, sondern um die Errichtung einer juristischen Person geht. Das Zuwendungsversprechen ist ebenso Grundlage der Anerkennung einer Stiftung wie die Aufbringung des Stammkapitals für die Eintragung einer GmbH. Das aber verträgt grundsätzlich keine nach schenkungsrechtlichen Regeln gelockerte Verbindlichkeit, sondern erfordert eine Haftung des Stifters nach allgemeinen Regeln wie sie etwa auch für die Beitragspflicht von Vereinsmitgliedern gelten. Hier wie dort ist daher nicht Schenkungs-, sondern allgemeines Schuldrecht maßgeblich.16 ___________ 9 S. § 58 S. 4 E I. 10 Vgl. Mugdan, Materialien I, S. 662. 11 RGZ 54, 399 ff.; Soergel/Neuhoff, BGB, § 80 Rdnr. 9; RGRK/Steffen, BGB, § 82 Rdnr. 4; Erman/O. Werner, BGB, § 82 Rdnr. 2; Ebersbach, Handbuch, S. 69; Staudinger/Coing, BGB, § 82 Rdnr. 4; Flume, jP, S. 141; Kronke, Stiftungstypus, S. 30, sowie (mit Ausnahme der §§ 530 ff. BGB) Muscheler, AcP 203 (2003), S. 469 ff., der beeindruckende, aber letztlich nicht durchschlagende Argumente zugunsten einer analogen Anwendung der §§ 519, 528 f., 521–524 BGB anführt (S. 503 ff.). 12 Neuhoff, ZSt 2004, 90 f.; ähnlich Hinz, Haftung, S. 42 ff., 89 f.: keine Bereicherung einer vorhandenen, sondern Errichtung einer neuen Person. Das ist schon deswegen falsch, weil die Bereicherung erst nach der Errichtung erfolgt. 13 Vgl. K. Schmidt in: Stiftungsrecht in Europa, S. 175, 182. 14 S. o. § 23 A. 15 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 15, § 82 Rdnr. 3; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 11, § 82 Rdnr. 10; grds. auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 36 ff.; Fritsche, ZSt 2003, 113, 117 f.; im Ergebnis ebenso Saenger, ZSt 2004, 183, 187, sowie bereits Stinzing AcP 88 (1898), 392, 421. 16 Für Zustiftungen gelten diese Überlegungen nicht, s. o. § 18 A.II. m. w. Nw.; denn bei Zustiftungen geht es nicht um die Errichtung einer juristischen Person. Sie sind in der Regel weder Grundlage der Anerkennung der Stiftung, noch in derselben Weise für die Stiftung existenznotwendig wie das Grundstockvermögen.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Soweit gegen diese Ansicht Bedenken im Blick auf die Einrede des Notbedarfs (§ 519 BGB) und auf das Rückforderungsrecht nach § 528 BGB bestehen, die dem Stifter danach abgeschnitten werden, ist zu bemerken, dass es dem Stifter unbenommen bleibt, insoweit selbst Vorsorge zu treffen.17 Hierauf sollte ihn die Behörde bei der Beratung im Rahmen des Anerkennungsverfahrens ggf. hinweisen: Erstens kann der Stifter die Stiftung geringer dotieren, sich z. B. einen Nießbrauch an Gegenständen des Stiftungsvermögens vorbehalten, oder sie verpflichten, nötigenfalls für seinen angemessenen Unterhalt zu sorgen, vgl. § 58 Nr. 5 AO. Zweitens kann er seine Haftung im Stiftungsgeschäft entsprechend § 521 BGB oder sogar noch weitgehender auf Vorsatz beschränken, § 276 Abs. 3 BGB. Schließlich kann er §§ 519, 528 BGB entsprechende Widerrufs- oder Auflösungsgründe vorsehen oder sich sogar ein freies Widerrufs- oder Auflösungsrecht vorbehalten.18 M. a. W. kann der Stifter durch privatautonome Gestaltung noch weitergehende Regeln treffen als sie die §§ 519, 521 ff., 528 BGB vorsehen. Das legt freilich den Einwand nahe, warum es nicht bei einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften bleiben soll. Der Grund ist darin zu sehen, dass der Stifter auf diese Weise gezwungen wird, alle Kautelen, unter die er sein Zuwendungsversprechen und (damit) die Existenz der Stiftung stellt, ausdrücklich in seinen Willen aufzunehmen. Dementsprechend sind sie im Anerkennungsverfahren zu berücksichtigen. Im Falle einer Rückforderung wegen Verarmung etwa kann dann keine Rede davon sein, dass der Anerkennung die Grundlage entzogen würde. M. a. W. ist es auch ein Gebot der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, die §§ 519, 521 ff., 528 BGB nicht ohne weiteres entsprechend (!) anzuwenden. Im Blick auf den Schutz von Gläubigern, Pflichtteilsberechtigten und Vertragserben ist zu bedenken, dass der Erfüllung des Zuwendungsversprechens keinerlei Gegenleistung gegenübersteht.19 Das Vermögen des Stifters wird also ersatzlos gemindert. Dieser besonderen Gefahrenlage kann nur durch eine analoge Anwendung der §§ 2287, 2325, 2329 BGB, 134 InsO, 4 AnfG Rechnung getragen werden. Dabei setzen sich die Interessen der Gläubiger, Pflichtteilsberechtigten und Vertragserben gegenüber dem Schutz der Stiftung eben deswegen durch, weil der Vermögenserwerb der Stiftung unentgeltlich erfolgt und der Stifter andernfalls diese drittschützenden Normen allzu leicht durch eine Stiftungsgründung unterlaufen könnte. ___________ 17 Ebenso Fritsche, ZSt 2003, 113, 118. 18 S. o. § 13 A.II.4., § 18 B.II. und u. § 26 A.II., III. 19 S. bereits o. § 23 A.
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§ 24 Die Haftung des Stifters und der Destinatäre
III. Haftung der Erben des Stifters Stirbt der Stifter nach Anerkennung der Stiftung, aber noch vor Übertragung des der Stiftung im Zuwendungsversprechen zugesicherten Vermögens, so gehen die Verpflichtungen des Stifters auf die Erben über und stellen Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB) dar. Die Erben haften dann ebenso wie der Stifter.20 Sind der oder die Erben pflichtteilsberechtigt, so können sie entsprechend §§ 2325, 2326, 2329 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB Pflichtteilsergänzung beanspruchen21 und dementsprechend gegenüber dem Anspruch der Stiftung aus § 82 S. 1 BGB den dolo-petit-Einwand erheben.22 Dabei ist streitig, ob sich die Erben etwaige künftige Leistungen analog § 2327 BGB anrechnen lassen müssen, die sie ggf. als Destinatäre der Stiftung erhalten,23 oder ob eine solche Anrechnung aufgrund des Rechtsgedankens des § 2306 BGB ausgeschlossen ist24. Stirbt der Stifter vor der Anerkennung der Stiftung, aber nach dem in § 81 Abs. 2 S. 2 BGB genannten Zeitpunkt, so greift – ebenso wie wenn das Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von Todes wegen enthalten ist – § 84 BGB ein. Danach gilt die Stiftung bei ihrer Anerkennung für Zuwendungen des Stifters als bereits vor dessen Tod entstanden. Ansprüche aus dem Stiftungsgeschäft nach § 82 S. 1 BGB gelten damit rückwirkend als schon vor dem Tod des Stifters entstanden und Rechte i. S. d. § 82 S. 2 BGB werden als Rechte der Stiftung fingiert.25 Stirbt der Stifter vor Einreichung des Anerkennungsantrags bzw. vor dem in § 81 Abs. 2 S. 3 Fall 2 BGB genannten Zeitpunkt, so können seine Erben das Stiftungsgeschäft ohne weiteres widerrufen. Eine Haftung für die Erfüllung des Zuwendungsversprechens kommt dementsprechend nicht in Be___________ 20 Statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, § 82 Rdnr. 6. 21 Zur Frage von Pflichtteilsergänzungsansprüchen bei Spenden, Zustiftungen und einer Stiftungserrichtung unter Lebenden Rawert/Katschinski, ZEV 1996, 161 ff.; LG Baden-Baden, ZEV 1999, 152; OLG Dresden, NJW 2002, 3181 m. abl. Anm. Rawert, NJW 2002, 3181, zu Recht aufgehoben durch BGH, NJW 2004, 1382 m. zust. Anm. Schiffer, NJW 2004, 1565; Lieder, ZSt 2004, 74; s. ferner dazu Neuhoff, ZSt 2004, 90; Saenger, ZSt 2004, 183; Matschke, ZSt 2004, 263; O. Werner, ZSt 2005, 83. 22 RGZ 54, 399; MünchKomm/Reuter, BGB, § 82 Rdnr. 6; Staudinger/Rawert, BGB, § 82 Rdnr. 13. 23 So RGZ 54, 399, 401, sowie etwa Staudinger/Ferid/Cieslar, BGB, § 2327 Rdnr. 5. 24 So MünchKomm/Reuter, BGB, § 82 Rdnr. 6; Staudinger/Rawert, BGB, § 82 Rdnr. 13; ausf. ders./Katschinski, ZEV 1996, 161, 165 m. w. Nw. 25 Näher BayObLG, StiftRspr. I, S. 126 ff.; BayObLG, StiftRspr. IV, S. 145 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB, § 84 Rdnr. 3 f.; Staudinger/Rawert, BGB, § 84 Rdnr. 6 f.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
tracht. Sie können aber auch selbst einen Anerkennungsantrag stellen. In diesem Falle greift, sobald die Stiftung anerkannt ist, ebenfalls § 84 BGB ein.26
B. Durchgriff auf den Stifter? Im Verbandsrecht werden unter dem Stichwort „Durchgriff“ eine Vielzahl ganz verschiedenartiger Fallgestaltungen diskutiert. Dabei geht es nicht nur um Haftungsfragen, sondern ganz allgemein um die Reichweite, Grenzen und Durchbrechungen der rechtlichen Verselbständigung eines rechtsfähigen Verbandes gegenüber seinen Mitgliedern (sog. Trennungsprinzip). Im Blick hierauf betont die ständige Rechtsprechung, dass über die personenund vermögensrechtliche Selbständigkeit einer juristischen Person und ihrer Mitglieder „nicht leichtfertig und schrankenlos“,27 sondern nur dann und insoweit hinweggegangen werden dürfe, als dies „die Wirklichkeit des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen“ gebiete28 oder die Verwendung der juristischen Person dem Zweck der Rechtsordnung widerspreche29. Der Durchgriff wird danach mit dem Gebot von Treu und Glauben bzw. dem Verbot des Rechtsmissbrauchs begründet. Auch in der Literatur besteht trotz aller Unterschiede sowohl im Grundsätzlichen30 als auch bei der Lösung von Einzelfragen im Ergebnis insoweit Einigkeit, als ein „echter“ Durchgriff in diesem Sinne allenfalls ausnahmsweise in Betracht kommt. Nach herrschender Lehre handelt es sich in den meisten einschlägigen Fällen um (gesetzliche oder vertragliche) Normanwendungs- und -auslegungsprobleme, die auf eben dieser Ebene und nicht durchgriffsweise zu lösen seien.31 Das gilt sowohl für Zurechnungsfragen (insbesondere im Blick auf Eigenschaften oder Kenntnisse von Gesellschaftern) und ähnliche Probleme (z. B. ob Verband und Mitglied im Verhältnis zueinander Dritte und Rechtsgeschäfte zwischen ihnen Verkehrsgeschäfte sind), als auch für Haftungsfragen, bei denen stets zunächst nach einer eigenständigen Anspruchsgrundlage (namentlich aus Vertrag, Delikt, c.i.c., zurechenbar ver___________ 26 Statt aller Staudinger/Rawert, BGB, § 84 Rdnr. 2. 27 BGHZ 20, 4, 11; 26, 31, 37; 54, 222, 224; 61, 380, 383; 102, 95, 103; auch etwa BSG, ZIP 1984, 1217, 1219. 28 RGZ 99, 232, 234; 103, 64, 66; 129, 50, 53 f.; BGHZ 22, 226, 230; 29, 385, 392; 54, 222, 224; 61, 380, 383. 29 BGHZ 20, 4, 14; 22, 226; 68, 312, 315. 30 Für einen Meinungsüberblick s. etwa K. Schmidt, GR, S. 221 ff. 31 Grundlegend Schanze, Einmanngesellschaft, S. 102 ff.
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§ 24 Die Haftung des Stifters und der Destinatäre
anlasstem Rechtsschein) zu suchen ist.32 Und in eben diesem Rahmen haben dann auch Erwägungen unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ihren Platz.32a Nach allgemeinen Regeln kann § 242 BGB dabei auch gebieten, einem Mitglied oder Verband die Berufung auf bestimmte einzelne Tatsachen, Rechte oder Rechtsverhältnisse als unzulässig zu versagen. All dies hat zwar mit „Durchgriffsproblemen“ i. S. der Berücksichtigung des Nebeneinanders von Verband und Mitgliedern, nicht aber mit einem „echten“ Durchgriff i. S. eines sich Hinwegsetzens über deren personen- und vermögensrechtliche Selbständigkeit zu tun. Ein solcher „echter“ Durchgriff, und zwar ein Haftungsdurchgriff wird heute noch vornehmlich in drei Fallgruppen diskutiert, nämlich bei materieller Unterkapitalisierung,33 Sphärenvermischung34 und vor allem Existenzvernichtung35 (wobei auch alle drei Sachverhalte zusammentreffen können). Streit besteht dabei hinsichtlich jeder Einzelheit und vor allem darüber, ob überhaupt ein Durchgriff die richtige Methode einer Haftungsbegründung ist. In der Tat sind differenziertere, an der Innenrechtsbeziehung des Mitglieds zu seinem Verband anknüpfende Lösungen einem pauschalen Haftungsdurchgriff grundsätzlich vorzuziehen. Das wurde an anderer Stelle dargelegt und gilt sowohl für existenzgefährdende Eingriffe als auch in Fällen einer materiellen Unterkapitalisierung und Sphärenvermischung.36 Ein Durchgriff ist somit grundsätzlich abzulehnen. Allein schon aus diesem Grund ist daher die Behauptung, bei Ansprüchen gegen die Stiftung sei ein Durchgriff gegen den Stifter ausgeschlossen,37 zutreffend. Gemeint ist mit dieser Behauptung allerdings darüber hinaus, im Stiftungsrecht stellten sich von vornherein keine Durchgriffsfragen. Dem kann freilich nicht zugestimmt werden. Auf den ersten Blick spricht hierfür zwar die Tatsache, dass die Stiftung keine Mitglieder hat. Erkennt man jedoch, dass es sich bei ___________ 32 Vgl. etwa Soergel/Hadding, BGB, Vor § 21 Rdnr. 35 ff.; Scholz/Emmerich, GmbHG, § 13 Rdnr. 55 ff.; Th. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 29 Rdnr. 1 ff.; K. Schmidt, GR, S. 226 ff., jew. m. w. Nw. 32a Für ein Beispiel aus jüngster Zeit BGH, DB 2005, 382 ff. 33 Umfassend Eckhold, Materielle Unterkapitalisierung, 2002. 34 Dazu etwa K. Schmidt, GR, S. 234 ff. 35 Grundlegend BGHZ 149, 10; ferner 150, 61; 151, 181; ZIP 2004, 2138; ZIP 2005, 117; ZIP 2005, 250. 36 S. Burgard, ZIP 2002, 827 ff.; ders., VGR 2002, S. 45 ff.; ders., NZG 2002, 606 ff.; ders., WuB II C. § 13 GmbHG 1.02, S. 149 ff.; ders., WuB II C. § 13 GmbHG 1.03, S. 73 ff. 37 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 21 Rdnr. 18; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 45; Ebersbach, Handbuch, S. 71. Zu anderen Rechtsordnungen s. Kronke, Stiftungstypus, S. 287.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Durchgriffsfragen um Probleme der Normanwendung und -auslegung sowie des Umfangs und der Reichweite organschaftlicher Rechte und Pflichten handelt, so erweist ein zweiter Blick, dass sich ähnliche Fragen nicht nur bei Verbandsmitgliedern, sondern ganz allgemein bei Organmitgliedern und somit auch im Stiftungsrecht stellen. So fragt sich nicht nur bei Verbands-, sondern auch bei anderen Organmitgliedern, ob die juristische Person von ihnen gutgläubig erwerben kann, ob ein die juristische Person treffendes Wettbewerbsverbot auf Organmitglieder erstreckt werden kann usw. Schließlich stellt sich auch bei Organmitgliedern die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sie z. B. für eine Verletzung des Trennungsprinzips oder existenzgefährdende Maßnahmen im Innen- und Außenverhältnis haften. Darauf wird zurückzukommen sein.38 Freilich werden all diese Fragen – wenn überhaupt – nicht unter dem Stichwort „Durchgriff“ diskutiert. Und das ist auch richtig, weil es, wie gesagt, keinen Durchgriff gibt. Überdies ist ihre Beantwortung aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorgaben teilweise leichter. Das betrifft sowohl Zurechnungsfragen (vgl. § 166 Abs. 1 BGB) als auch und vor allem Haftungsfragen. Das aber ändert nichts an der Vergleichbarkeit der Rechtsprobleme. Sie beruht darauf, dass Durchgriffsfragen weniger mit einer wirtschaftlichen Interessenidentität von Verbandsmitgliedern und Verband (die bei Organmitgliedern nicht besteht) als mit dem Nebeneinander verschiedener Rechtsträger und der Macht zusammenhängen, für einen anderen Rechtsträger zu handeln bzw. auf diesen einzuwirken.39 Für die Haftung des Stifters bedeutet dies: Als Stifter haftet er nur für die Erfüllung des Zuwendungsversprechens (s. o. A.). Eine Durchgriffshaftung kommt nicht in Betracht. Hat er sich zum Organ der Stiftung bestellt, haftet er jedoch nach allgemeinen Regeln (s. u. § 25). Hält er etwa als Alleinvorstand das Stiftungsvermögen nicht von seinem übrigen Vermögen getrennt, so kann ihm nicht nur der Einwand, ein bestimmter Gegenstand gehöre zu seinem Privat- und nicht zum Stiftungsvermögen, abgeschnitten sein. Vielmehr haftet er der Stiftung für die ihr aus einer Vermögensvermischung entstehenden Schäden aus § 280 Abs. 1 BGB, aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 266 StGB sowie den Stiftungsgläubigern ggf. aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 86 S. 1, 42 Abs. 2 BGB.
C. Konzernhaftung des Stifters? Nach allgemeinen Regeln beurteilt sich daher grundsätzlich auch die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Stifter haftet, wenn die Stiftung ___________ 38 S. u. § 25. 39 Zutr. Wilhelm, Rechtsform, S. 336 ff., 339 ff.
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§ 24 Die Haftung des Stifters und der Destinatäre
als ein von ihm abhängiges Unternehmen – oder besser allgemein gewendet: als ein ihm untergeordneter Rechtsträger anzusehen ist. Freilich wird vielfach die Ansicht vertreten, eine Stiftung könne nicht abhängig sein.40 Diese Ansicht wurde indes bereits als verfehlt gekennzeichnet;41 denn Abhängigkeit i. S. d. § 17 AktG setzt nicht notwendigerweise das Bestehen einer mitgliedschaftlichen Beteiligung und hierauf beruhender Stimmen- und Entscheidungsmacht voraus. Vielmehr kommt es allein auf das Bestehen eines organisationsrechtlich abgesicherten, beherrschenden Einflusses an. Hierfür genügt es beispielsweise, wenn dem Stifter das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des Vorstands zu bestellen und abzuberufen oder wenn er gegenüber dem Vorstand ein umfassendes Weisungsrecht hat, vgl. § 290 Abs. 2 Nr. 2 und 3 HGB. Allerdings verdeutlichen die vorstehenden Überlegungen, dass selbst dann, wenn die Stiftung in einen Konzern eingebunden ist, sich die Haftung des herrschenden Unternehmens nicht nach konzernspezifischen, sondern nach allgemeinen Regeln richtet, es also insbesondere für jede schuldhafte Verletzung von organschaftlichen Pflichten haftet (s. u. § 25).
D. Haftung der Destinatäre für verbotene Auszahlungen Eine Haftung der Destinatäre kommt nur unter zwei Aspekten in Betracht, nämlich erstens falls sie zu Organmitgliedern der Stiftung bestellt sind. Dann haften sie freilich nicht als Destinatäre, sondern eben als Organmitglieder (s. u. § 25). In Betracht kommt aber auch zweitens eine Haftung auf vollständige oder teilweise Rückgewähr der ihnen erbrachten Leistungen. Oben wurde dargelegt, dass alleiniger Rechtsgrund der Leistungen an Destinatäre die Stiftungsverfassung ist.42 Daraus folgt, dass sie rechtsgrundlos erfolgen und daher gemäß §§ 812 ff. BGB zurückzugewähren sind, wenn und soweit sie nach der Stiftungsverfassung nicht hätten gewährt werden dürfen, sei es, weil der Leistungsempfänger nicht die satzungsmäßigen Voraussetzungen für den Erhalt der Leistung erfüllt, sei es, weil die Stiftung die Leistung nicht in der erbrachten Höhe auskehren durfte. Zu der ersten Fallgruppe zählen dabei auch die Fälle, in denen die Stiftungssatzung oder die zu___________ 40 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 482; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 119; Schlinkert, Unternehmensstiftung, S. 17; GroßKomm/Windbichler, AktG, § 15 Rdnr. 26; wie hier Künnemann, Unterordnungs-Konzern, S. 191 ff.; Schumacher, konzernverbundene Stiftung, S. 164 ff.; Hüffer, AktG, § 15 Rdnr. 14. 41 S. o. § 13 bei Fn. 129. 42 S. o. § 16 bei Fn. 73.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
ständigen Stiftungsorgane aufgrund der Stiftungssatzung dem Leistungsempfänger bestimmte Auflagen hinsichtlich der Verwendung der Mittel macht (vgl. § 525 ff. BGB) oder ihr Behaltendürfen bzw. ihre Fortgewähr an bestimmte Bedingungen knüpft (z. B. keine Beziehung anderweitiger Stipendien) und diese Auflagen nicht erfüllt oder die Bedingungen eintreten bzw. fortfallen. Und zu der zweiten Fallgruppe sind namentlich die Fälle zu zählen, in denen die Stiftungsleistung aufgrund des stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgebots und des hieraus folgenden Ausschüttungsverbots (s. o. § 17 C.I.3.) nicht hätte gewährt werden dürfen43. Zuzustimmen ist daher auch der Meinung, wonach Ansprüche von Destinatären ähnlich wie mitgliedschaftliche Ansprüche gegenüber Ansprüchen von anderen Stiftungsgläubigern nachrangig sind.44 Der gutgläubige Bezieher von Stiftungsleistungen ist nach § 818 Abs. 3 BGB geschützt, während der bösgläubige verschärft nach § 819 BGB haftet. Die Stiftungssatzung kann freilich auch anderes bestimmen, namentlich eine Stiftungsleistung von der Erklärung des Empfängers abhängig machen, auf den Entreicherungseinwand zu verzichten. § 818 Abs. 3 BGB ist dispositiv.45 Für die Gläubiger der Stiftung kommt hinsichtlich der Leistungen an die Destinatäre schließlich eine Schenkungsanfechtung gemäß §§ 134 InsO, 4 AnfG analog in Betracht, wobei die Destinatäre über §§ 143 Abs. 2 InsO, 11 Abs. 2 AnfG ausreichend geschützt sind.46
___________ 43 Vgl. BayVGH, StiftRspr. I, S. 90, 92; OVG Hamburg, StiftRspr. II, S. 160 ff.; OLG Hamm, StiftRspr. IV, S. 66, 70 f.; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 147; Ebersbach, Handbuch, S. 113. 44 MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 26; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 147; Ebersbach, Handbuch, S. 113 m. w. Nw. zur älteren Literatur. 45 Statt anderer Palandt/Thomas, BGB, § 818 Rdnr. 33. 46 Näher dazu Jakob, ZSt 2005, 99, 105 ff.
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§ 25 Die Haftung der Organmitglieder Die Haftung der Organmitglieder wird im Stiftungsrecht – ebenso wie im Vereinsrecht – zumeist nur recht kursorisch und undifferenziert behandelt.1 Das wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass sich hier im Grunde all dieselben Fragen stellen, wie etwa bei der Haftung der Mitglieder von Organen einer AG oder GmbH. Freilich ist die praktische Bedeutung dieser Fragen im Vereins- und Stiftungsrecht aus vielfältigen Gründen geringer,2 weswegen auch vorliegend auf eine allzu detaillierte Erörterung verzichtet wird. Dargestellt werden sollen aber immerhin die Grundlinien. Eine Haftung der Mitglieder von Stiftungsorganen kommt sowohl gegenüber der Stiftung als auch gegenüber Dritten in Betracht.
A. Haftung gegenüber der Stiftung In Bezug auf eine Haftung der Organmitglieder gegenüber der Stiftung gilt es zunächst einmal festzuhalten, auf welchen unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen eine solche Haftung beruhen kann.
I. Anspruchsgrundlagen 1. Eine Selbstverständlichkeit ist, dass die Organmitglieder der Stiftung ggf. nach allgemeinen, für jedermann geltende Vorschriften (wie z. B. den §§ 823 ff. BGB) haften. Das bedarf hier keiner näheren Erörterung.3 Einzugehen ist vielmehr nur auf organspezifische Haftungstatbestände. 2. Einen §§ 93, 116 AktG, 43, 53 Abs. 1 GmbHG, 34, 41 GenG entsprechenden speziellen Haftungstatbestand enthält das bürgerliche Recht nicht. Organmitglieder der Stiftung haften daher organisationsrechtlich „lediglich“ ___________ 1 S. aber nun Schwintek, Vorstandskontrolle, insbes. S. 189 ff. sowie ders., ZSt 2005, 108 ff. 2 Der Hauptgrund ist hier wie dort, dass es zu wenig Kläger gibt – was zugleich zeigt, dass dieser Mangel im Stiftungsrecht nicht auf deren mitgliederlosen Struktur beruht. Grund ist vielmehr in beiden Fällen das weitgehende Fehlen von Personen, die durch ein Fehlverhalten der Organe in ihren wirtschaftlichen Eigeninteressen gestört werden. 3 Schwintek, ZSt 2005, 108, 109, meint allerdings, dass die Vorschriften der Landesstiftungsgesetze teilweise Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB seien. Praktisch spiele das indes keine Rolle, weil ein Verstoß gegen diese Bestimmungen zugleich eine Verletzung der organschaftlichen Pflichten darstelle.
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gemäß (§ 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 664 ff. i. V. m.) § 280 Abs. 1 BGB aus positiver Forderungsverletzung (p.F.V.) des durch die Bestellung begründeten und ggf. durch einen Anstellungsvertrag konkretisierten4 organschaftlichen Rechtsverhältnisses für schuldhafte (§ 276 Abs. 1 BGB) Verletzungen ihrer organschaftlichen Pflichten.5 Erhebliche Unterschiede folgen hieraus freilich im Ergebnis nicht (s. u. II.2.). 3. Eigenständige organisationsrechtliche Haftungstatbestände enthalten allerdings die meisten Landesstiftungsgesetze, ohne dabei freilich inhaltlich über das hinauszugehen, was nach BGB ohnehin gilt, vgl. Art. 14 S. 2 und 3 BayStiftG, §§ 8 HeStiftG, 8 Abs. 2 MVStiftG, 6 Abs. 3 NdsStiftG, 12 SAStiftG; s. ferner §§ 6 Abs. 1 S. 3 BreStiftG, 5 Abs. 2 S. 3 SaarStiftG. Im Ergebnis könnte daher das Konkurrenzverhältnis von bundesrechtlichen und landesrechtlichen Regelungen dahinstehen, wenn die Landesgesetze nicht besondere Bestimmungen über den Verschuldensgrad (dazu näher u. II.2.a) enthielten. §§ 6 Abs. 1 S. 3 BreStiftG, 5 Abs. 2 S. 3 SaarlStiftG bestimmen allerdings insoweit lediglich, dass die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden kann. Nach der Gesetzesbegründung ist in diese Vorschriften allerdings ein „nur“ hineinzulesen, so dass die Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden kann.6 Ausdrücklich sehen das Art. 14 S. 2 i. V. m. 40 BayStiftG und § 6 Abs. 3 S. 3 NdsStiftG vor. Weiterreichend sind demgegenüber die Regelungen der §§ 8 Abs. 2 S. 2 MVStiftG, 12 Abs. 2 SAStiftG. Danach haften unentgeltlich tätige Organmitglieder „nur“ bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Und nach Art. 14 S. 2 BayStiftG, § 8 S. 2 HeStiftG soll das sogar ohne Beschränkung auf eine unentgeltliche Tätigkeit gelten.7 Allerdings lässt § 8 S. 2 HeStiftG Haftungsvorschriften in anderen Gesetzen, also auch nach bürgerlichem Recht, ausdrücklich unberührt, so dass diese Vorschrift im Ergebnis ebenfalls lediglich die Gestaltungsfreiheit beschränkt. Bei den übrigen Bestimmungen besteht indes eine echte Abweichung von der Regelung des § 276 Abs. 1 BGB, wonach grundsätzlich bereits für leichte Fahrlässig___________ 4 S. o. § 15 C.I. Einer denkbaren Haftung aus p.F.V. des Anstellungsvertrages kommt daher keine eigenständige Bedeutung zu, i. E. ebenso Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 199. 5 Statt anderer Schindler, DB 2003, 297, 299; Küntzel, DB 2004, 2303 f.; Schwintek, ZSt 2005, 108. 6 Begr. RegE zu § 6 Abs. 1 S. 3 BreStiftG, LT-Drs. 12/405, S. 8; Begr. RegE. zu § 5 Abs. 2 S. 3 SaarStiftG, LT-Drs. 8/1859, S. 8. Es handelt sich also um ein Redaktionsversehen. 7 S. dazu auch Begr. RegE zu Art. 15 S. 2 BayStiftG, LT-Drs. 2/5560, S. 12; Begr. RegE zu § 8 S. 2 HeStiftG, LT-Drs. 5/1353, S. 12.
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keit gehaftet wird. Da die Stiftungsorgane überdies nach der gesetzlichen Ausgangslage unentgeltlich tätig sind (vgl. § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 664 ff. BGB), würde der regelmäßige Verschuldensgrad auf grobe Fahrlässigkeit abgesenkt. Rawert hält diese landesrechtlichen Haftungsbeschränkungen für verfassungsrechtlich bedenklich; denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei davon auszugehen, dass die bundesrechtlichen Regelungen im Bereich des Art. 74 Nr. 1 GG abschließend und daher einer landesrechtlichen Regelung nicht zugänglich seien.8 Sie müssten daher verfassungskonform als bloße Ermächtigungsnormen zu einer entsprechenden satzungsmäßigen Haftungsbeschränkung ausgelegt werden. Dabei geht er freilich davon aus, dass die betreffenden landesrechtlichen Bestimmungen nicht die „satzungsrechtlichen, sondern die individualrechtlichen Beziehungen der Organmitglieder zur Stiftung regeln“, so dass § 85 BGB nicht eingreife. Diese Annahme ist indes schwer nachvollziehbar; denn die betreffenden Vorschriften regeln nach ihrem Wortlaut, ihrem Sinn und Zweck und ihrer systematischen Stellung die Verantwortlichkeit von Organmitgliedern für die Erfüllung ihrer organschaftlichen Pflichten und sind somit ersichtlich organisationsrechtlicher und nicht individualrechtlicher Natur.9 Und selbst wenn man mit Rawert insoweit anderer Auffassung sein wollte, so müsste jedenfalls ihre verfassungskonforme Auslegung zu eben diesem Ergebnis führen. Sind die genannten Vorschriften jedoch organisationsrechtlicher Natur, so greift § 85 BGB ein.10 Diese Vorschrift stellt klar, dass der Bundesgesetzgeber – anders als es auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts der Regel entspricht – hinsichtlich der Verfassung der Stiftung in den §§ 80 ff. BGB von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht erschöpfend Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1, 74 Nr. 1 GG), so dass den Ländern insofern ein Spielraum für eigenständige Regelungen verbleibt. Das gilt allerdings nur insoweit, als die §§ 80 ff. BGB keine abschließenden oder zwingenden Bestimmungen enthalten.
___________ 8 Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 13 mit Verweis auf BVerfGE 7, 342, 357 f.; 45, 297, 341, 345; s. ferner Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2022 f.; Rawert zustimmend Schwintek, ZSt 2005, 108, 112 f.; i. E. auch MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 19; Muscheler, NJW 2004, 713, 715. 9 Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 19. 10 Ebenso Peiker, ZSt 2003, 47, 50; ders., ZSt 2003, 79, 84.
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Hinsichtlich einer vertraglichen Haftung von Mitgliedern von Stiftungsorganen11 oder etwa auch hinsichtlich der organisationsrechtlichen Haftung von Mitgliedern von Vereinsorganen fehlte daher dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz. Im Blick auf Vorschriften über die Stiftungsverfassung greift jedoch § 85 BGB ein, soweit die §§ 80 ff. BGB keine abschließenden Bestimmungen oder zwingende Regelungen enthalten. Hinsichtlich der organisationsrechtlichen Haftung der Organmitglieder treffen die §§ 80 ff. BGB keine speziellen Regelungen. Vielmehr ergibt sie sich, wie gesagt, aus den allgemeinen Regeln der §§ 280 Abs. 1, 276 BGB. Und § 276 BGB ist wie sich aus seinem Wortlaut eindeutig ergibt weder abschließend (Abs. 1: „sofern nicht ein anderes bestimmt ist“) noch jenseits von Abs. 3 zwingend.12 Vielmehr können in der Stiftungssatzung unstreitig Haftungsmilderungen vorgesehen werden.13 Der vereinzelten Gegenansicht von Reuter, der sich auf eine Analogie zu §§ 2219, 2220 BGB stützt,14 ist entgegenzuhalten, dass es für eine solche Analogie sowohl an einer Lücke15 als auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte16 fehlt.17 Kann aber der ___________ 11 Auf einen Anstellungsvertrag wirkt sich die organisationsrechtliche Regelung allerdings insoweit aus, als dieser nicht gegen die Stiftungsverfassung verstoßen darf, näher o. § 15 C.I. Eine gesetzlich oder statutarisch zwingende Haftungsmilderung kann daher nicht durch einen Anstellungsvertrag unterlaufen werden. 12 Nicht nachvollziehbar ist daher die Gegenansicht von MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 19. 13 Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 13; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 218, mit Verweis auf die oben genannten landesrechtlichen Bestimmungen; Schwintek, ZSt 2005, 108, 111 f. 14 MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 19; ders. in: NPLYB 2002, S. 157, 165 f. 15 § 2220 BGB ist eine Sonderregelung. Das diesbezügliche Schweigen der §§ 80 ff. BGB ist daher beredt, i. E. ebenso Schwintek, ZSt 2005, 108, 111. 16 Der von Reuter auch an anderer Stelle bemühte Vergleich zwischen Testamentsvollstreckung und Stiftungsverwaltung (s. o. § 5 C.II.2.) überzeugt allenfalls bei oberflächlicher Betrachtung, nämlich im Blick darauf, dass sowohl Testamentsvollstrecker als auch Stiftungsorgane Anordnungen des Erblassers bzw. Stifters ausführen und Treuhänder fremden Vermögens sind. Während die Testamentsvollstreckung jedoch eine Verfügungsbeschränkung der Erben zur Folge hat (§ 2211 BGB), stellen die Stiftungsorgane überhaupt erst die Handlungsfähigkeit der Stiftung her. Ihr Handeln wird der Stiftung als eigenes zugerechnet! So gesehen ist die Stiftung seitens der Stiftungsorgane keiner Fremdbestimmung ausgesetzt (weswegen Reuter die Stiftung ja für autonom hält, dazu o. § 13 bei Fn. 154), wohl aber die Erben. Die Erben sind daher ungleich schutzbedürftiger. 17 Angesichts des Meinungsstandes „gewagt“ ist auch die Behauptung von Reuter in: NPLYB 2002, 157, 165, dass der Sorgfaltsmaßstab eines „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ nach h. M. bei allen körperschaftlich organisierten juristischen Personen des Privatrechts zwingendes Recht sei. Tatsächlich ist die Frage äußerst um-
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Stifter von § 276 Abs. 1 S. 1 BGB abweichende Regelungen treffen, so muss dies im Anwendungsbereich des § 85 BGB erst recht für den Landesgesetzgeber gelten. Nach allem sind die landesrechtlichen Haftungsmilderungen als von der Gesetzgebungskompetenz der Länder gedeckt und somit als wirksam anzusehen. Hieraus folgt zugleich, dass die landesrechtlichen Haftungsregeln als lex specialis den bundesrechtlichen Bestimmungen vorgehen, soweit sie diese nicht unberührt lassen (§ 8 S. 2 HeStiftG).
II. Anspruchsvoraussetzungen Hinsichtlich ihrer Voraussetzungen decken sich die vorgenannten Anspruchsgrundlagen insoweit, als sie stets voraussetzen, dass das in Anspruch genommene Organmitglied18 seine Pflichten durch positives Tun oder Unterlassen rechtswidrig und schuldhaft verletzt hat und hierdurch der Stiftung ein Schaden entstanden ist. Nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB trifft dabei das Organmitglied die Beweislast dafür, dass es die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.18a Problematisch sind dabei vor allem die Tatbestandsmerkmale der Pflichtverletzung und des Verschuldens: 1. Pflichtverletzung Organmitglieder unterliegen einer Vielzahl ganz verschiedenartiger Pflichten. Dabei gibt es erstens solche Pflichten, die jedes Mitglied eines Stiftungsorgans gleichermaßen treffen, wie insbesondere die Pflicht zur Beachtung der Stiftungsverfassung, aber auch die Pflicht zu einer kollegialen Zusammenarbeit (soweit die Stiftung mehr als nur ein Organmitglied hat). Zweitens gibt es solche Pflichten, die ganz unterschiedliche Inhalte und Ausprägungen haben oder haben können, je nachdem, welchem Organ das betreffende Mitglied angehört, wie z. B. die Pflicht zur ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung oder die Pflicht zum loyalen Verhalten. Spezifiziert man diese zuletzt genannten Pflichten näher, wird zugleich deutlich, dass es drittens Pflichten gibt, die nur die Mitglieder bestimmter Organe, nicht aber die Mitglieder anderer Organe treffen, wie etwa die Pflicht zur Geschäfts___________ stritten, zu Recht a. A. zur GmbH etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 184 ff. m. zahlr. Nw. zum geteilten Meinungsstand. 18 Jedes Organmitglied haftet zwar nach allgemeinen Grundsätzen als Gesamtschuldner, aber nur für eigene Pflichtverletzungen, näher etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 30 m. w. Nw. Zu Fragen der Geschäftsverteilung und Delegation, s. o. § 10 A.I. 18a Schiffer, NJW 2004, 2497, 2499.
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führung oder ggf. ein Wettbewerbsverbot. Viertens können einzelnen Organmitgliedern durch Weisung, Geschäftsordnung oder Anstellungsvertrag besondere, individuelle Pflichten aufgebürdet sein.19 Und schließlich können fünftens sich hinsichtlich all dieser Pflichten Differenzierungen aufgrund der im konkreten Einzelfall geltenden Stiftungsverfassung ergeben, und zwar nicht nur aufgrund der Stiftungssatzung, sondern auch aufgrund von unterschiedlichen Regelungen in den Stiftungsgesetzen der Länder. Hält man sich dies vor Augen, so wird sogleich deutlich, dass hier weder der Ort noch der Raum ist, die verschiedenen Pflichten von Organmitgliedern im Einzelnen zu untersuchen. Teilweise finden sich hierzu Ausführungen in den vorangegangenen Paragraphen dieser Arbeit.20 Im Übrigen wird auf die weiterführende Literatur verwiesen.20a Genaueres findet sich dabei allerdings vielfach weder im Stiftungs-, noch etwa im Vereinsrecht, sondern vor allen Dingen im Aktien- und GmbH-Recht. Die dort angestellten Überlegungen zu den Pflichten von Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern, Aufsichtsratsund Beiratsmitgliedern können auf die Mitglieder kongruenter Stiftungsorgane entsprechend angewandt werden, soweit sich aus dem Stiftungsrecht im Allgemeinen oder der Stiftungsverfassung im Einzelfall keine Abweichungen ergeben (z. B. den von § 276 Abs. 1 S. 2 BGB abweichenden Sorgfaltsmaßstab der §§ 93 Abs. 1 S. 1, 116 AktG, 43 Abs. 1, 53 Abs. 1 GmbHG, dazu sogleich u. 2.b.). 2. Verschulden Hinsichtlich des Verschuldens stellen sich vornehmlich zwei Fragen, nämlich erstens, welcher Verschuldensgrad erforderlich, und zweitens, welcher Sorgfaltsmaßstab einzuhalten ist. a) Verschuldensgrad Nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB haben die Organmitglieder, soweit nichts anderes bestimmt ist, also insbesondere keine gesetzliche, satzungsmäßige und/oder anstellungsvertragliche Haftungsmilderung21 eingreift, Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten, und zwar auch dann, wenn sie – wie es der ___________ 19 S. o. § 15 C.I. 20 S. insbes. o. §§ 10, 11, § 15 B., C., § 17 C., §§ 20–22. 20a So zu den Pflichten und zur Haftung des Stiftungsvorstands besonders Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 96 ff., 189 ff.; zu den Pflichten und zur Haftung der Mitglieder eines Kontrollorgans Küntzel, DB 2004, 2303, 2304 ff. 21 Eine anstellungsvertragliche Haftungsmilderung ist nur wirksam, wenn sie statutarisch zugelassen ist, vgl. o. § 15 C.I.
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gesetzlichen Regel entspricht, vgl. § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 664 ff. BGB – unentgeltlich tätig sind22. Außerhalb des Rahmens der Ausübung organschaftlicher Rechte und Pflichten,23 also etwa bei einem Unfall auf einer Dienstfahrt, sind jedoch die arbeitsrechtlichen Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten entsprechend anzuwenden.24 Haftungsmilderungen wirken stets nur im Verhältnis zu der Stiftung, nicht hingegen gegenüber Dritten. Für privatautonome Haftungsmilderungen folgt dies aus dem Verbot eines Vertrags zulasten Dritter, für landesrechtliche Haftungsmilderungen aus der insoweit fehlenden Gesetzgebungskompetenz. Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges, wobei bedingter Vorsatz ausreicht. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 Abs. 2 BGB. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem besonders schweren Maße verletzt wird. Und das lässt die Frage entstehen, was denn die in dem Verkehr zwischen den Mitgliedern der Stiftungsorgane mit der Stiftung erforderliche Sorgfalt ist. b) Sorgfaltsmaßstab Anders als im Strafrecht gilt im Bürgerlichen Recht kein individueller, sondern ein an den Verkehrsbedürfnissen ausgerichteter objektiver Sorgfaltsmaßstab. Der entscheidende Grund hierfür ist der Gedanke des Vertrauensschutzes: Im Verkehr muss sich jeder grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass der andere die für die Ausübung seiner Tätigkeiten und Erfüllung seiner Pflichten erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt.25 Unkenntnis oder Unfähigkeit entschuldigen daher regelmäßig nicht. Wer nicht über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, hat vielmehr ___________ 22 Die Unentgeltlichkeit allein rechtfertigt keine Haftungsmilderung, RGZ 163, 200, 208; BGHZ 30, 40; BGH, BB 1964, 100; s. aber auch BGHZ 89, 153, 157. Schwintek, ZSt 2005, 108, 110, will die Ehrenamtlichkeit im Rahmen des den Sorgfaltsmaßstab bestimmenden Verkehrskreises berücksichtigen, wobei mitunter vorzufindende Missstände außer Betracht zu bleiben hätten. Das überzeugt nicht: So sind ehrenamtliche Vorstandsmitglieder häufig im Rentenalter. Ist das ein Missstand? Oder soll das den Verkehrskreis prägen? Beides hoffentlich nicht! S. auch u. Fn. 26. 23 Innerhalb dieses Rahmens dagegen nicht BGH, WM 1975, 467 ff.; Schwintek, ZSt 2005, 108, 113 f. m. w. Nw.; s. aber auch BGHZ 89, 153, 157, und dazu Soergel/ Hadding, BGB, § 27 Rdnr. 23, einerseits und MünchKomm/Reuter, BGB, § 31 Rdnr. 44, andererseits. 24 Zutr. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 182 f., a. A. die h. M. z. B. Schwintek, ZSt 2005, 108, 114., jew. m. w. Nw. 25 Statt anderer Palandt/Heinrichs, BGB, § 276 Rdnr. 15.
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grundsätzlich, um andere vor Schäden zu bewahren, die betreffende Tätigkeit zu unterlassen.26 Daraus folgt zugleich, dass die Anforderungen an die vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten desto spezifischer und anspruchsvoller sind, desto spezifischer und anspruchsvoller eine ausgeübte Tätigkeit ist. Der Sorgfaltsmaßstab wird dementsprechend bereichs- und berufsspezifisch angepasst. Dahingehende ausdrückliche gesetzliche Regelungen enthalten etwa §§ 347 Abs. 1 HGB („ordentlicher Kaufmann“), 93 Abs. 1 S. 1 AktG („ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter“), 43 Abs. 1 GmbHG („ordentlicher Geschäftsmann“), 34 Abs. 1 S. 1 GenG („ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Genossenschaft“). Trotz des unterschiedlichen Wortlauts deckt sich dabei der in §§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG, 43 Abs. 1 GmbHG, 34 Abs. 1 S. 1 GenG genannte Sorgfaltsmaßstab weitgehend27, wohingegen derjenige des § 347 Abs. 1 HGB insoweit geringer ist, als ein Einzelkaufmann nicht fremde Vermögensinteressen wahrnimmt.28 Dagegen nimmt der Aufsichtsrat einer AG, GmbH oder Genossenschaft zwar ebenfalls fremde Vermögensinteressen wahr. Er ist jedoch nicht als Vertretungs- und Geschäftsführungs-, sondern als Überwachungsorgan tätig. Dementsprechend geringere Anforderungen sind an seine Mitglieder zu stellen. Sie haben daher lediglich für die Sorgfalt eines ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds29 und nicht für die eines ordentlichen Geschäftsleiters einzustehen.30 Auch bei §§ 93 Abs. 1 S. 1, 116 AktG, 43 Abs. 1, 53 Abs. 1 GmbHG, 34 Abs. 1 S. 1, 41 GenG31 handelt es sich, freilich ebenso bei § 276 Abs. 2 BGB32 nur um Mindestanforderungen, die zum einen mit der Aufgabe im Einzelfall (sei es für alle Mitglieder mit Rücksicht auf die Art und Größe der Geschäftstätigkeit der juristischen Person, sei es für einzelne Mitglieder mit ___________ 26 Soergel/M. Wolf, BGB, § 276 Rdnr. 75. Eine Ausnahme ist einzig im Blick auf Situationen zu machen, denen sich niemand entziehen bzw. in die jeder geraten kann. Nur in einer solchen Situation ist (z. B. bei Kindern, alten Menschen und Behinderten) ein milderer, guppenspezifischer Maßstab anzulegen, vgl. §§ 827 f. BGB; M. Wolf, ebd., Rdnr. 82 m. w. Nw. 27 Vgl. aber RGZ 163, 200, 209; Beuthien, GenG, § 34 Rdnr. 11 f. 28 Vgl. statt anderer Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 32 f. 29 Statt aller Hüffer, AktG, § 116 Rdnr. 2. 30 Vgl. §§ 116 AktG, 53 Abs. 1 GmbHG, 41 GenG, die auf eine „sinngemäße“ Anwendung der §§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG, 34 Abs. 1 S. 1 GenG verweisen. 31 Das gilt nach heute h. M. auch für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, s. BGHZ 85, 293, 295 f., sowie statt anderer Hüffer, AktG, § 116 Rdnr. 2 m. w. Nw. auch zur Gegenansicht. 32 Vgl. Soergel/M. Wolf, BGB, § 276 Rdnr. 76.
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Rücksicht auf die von ihnen übernommenen besonderen Funktionen)33 und zum anderen mit den individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten des Betroffenen34 steigen können. M. a. W. gibt es keinen allgemeingültigen Sorgfaltsmaßstab, wohl aber Mindestanforderungen, die allerdings ihrerseits der Konkretisierung bedürfen und variieren können. §§ 93 Abs. 1 S. 1, 116 AktG, 43 Abs. 1, 53 Abs. 1 GmbHG, 34 Abs. 1 S. 1, 41 GenG stellen insoweit lediglich klar, dass ein gegenüber § 276 Abs. 1 S. 2 BGB erhöhter Sorgfaltsmaßstab gilt, die Anforderungen an die Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitglieder dieser Organe also größer sind als diejenigen Anforderungen, die an die Teilnehmer am allgemeinen Verkehr zu stellen sind. Dagegen wird nicht deutlich, welche Anforderungen dies im Einzelnen sind. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu fragen, welche Anforderungen das konkrete Amt an seinen Inhaber stellt und ob er diesen Anforderungen (bzw. seinen ggf. darüber hinausgehenden individuellen Fähigkeiten) gerecht geworden ist. Eine den vorgenannten Vorschriften entsprechende Regelung fehlt im Stiftungsrecht ebenso wie im Vereinsrecht. Der gesetzgeberische Grund hierfür dürfte in der typischerweise idealen Zwecksetzung von Stiftungen und Vereinen zu sehen sein. Im Blick hierauf heißt es in den Protokollen, dass bei Idealvereinen regelmäßig nicht in demselben Maße wirtschaftliche Interessen auf dem Spiele stünden wie etwa bei Aktiengesellschaften.35 Richtig daran ist, dass eine unternehmerische Tätigkeit mehr Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert als dies regelmäßig bei einer bloß vermögensverwaltenden Tätigkeit der Fall ist. Richtig ist auch, dass die Gefahren, die von einer unternehmerischen Tätigkeit für den Verkehr ausgehen, größer sind als von einer nichtunternehmerischen Tätigkeit. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass: – die Organmitglieder einer Stiftung36 ebenso wie diejenigen einer AG und GmbH37 selbständig fremde Vermögensinteressen treuhänderisch wahrnehmen; ___________ 33 Vgl. BGHZ 129, 30, 34; Hüffer, AktG, § 93 Rdnr. 4, § 116 Rdnr. 3 jew. m. w. Nw. 34 Zu § 276 BGB ist das anerkannt, s. BGH, VersR 1971, 667; NJW 1987, 1479; Soergel/M. Wolf, BGB, § 276 Rdnr. 77; zu § 116 AktG ist das hingegen streitig, wie hier LG Hamburg, ZIP 1981, 197; Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 228; a. A. Hüffer, AktG, § 116 Rdnr. 3, m. w. Nw. 35 Vgl. Mugdan, Materialien I, S. 613. 36 Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 96, 98; auch Ebersbach, Handbuch, S. 102, 103. 37 BGHZ 129, 30, 34; Hüffer, AktG, § 93 Rdnr. 4; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 32 jew. m. w. Nw.
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– dem Vermögen der Stiftung aufgrund ihrer Mitgliederlosigkeit für deren Tätigkeit und Existenz noch größere Bedeutung zukommt als dem Vermögen von Verbänden;38 – die in den letzten Jahren enorm gewachsenen Möglichkeiten, Risiken und Chancen der Vermögensanlage entsprechend höhere Anforderungen an eine sachgemäße Vermögensverwaltung stellen;39 – die sachgemäße Verwaltung eines Vermögens je nach dessen Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb und dementsprechende kaufmännische Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert;40 – Stiftungen oft nicht nur vermögensverwaltend, sondern auch mittelbar oder unmittelbar unternehmerisch tätig sind41. Jedenfalls in den beiden zuletzt genannten Fällen muss man daher an die Sorgfalt der Mitglieder des Geschäftsführungs- und Vertretungs- bzw. Überwachungsorgans einer Stiftung dieselben Mindestanforderungen stellen wie an die Mitglieder dieser Organe bei einer GmbH, AG oder Genossenschaft.42 Aber auch im Übrigen ist der Sorgfaltsmaßstab, dem die Mitglieder von Stiftungsorganen gerecht werden müssen, aufgrund des treuhänderischen Charakters ihres Amtes höher als diejenigen Anforderungen, die an die Teilnehmer am allgemeinen Verkehr zu stellen sind. Welches diese An-
___________ 38 Schwintek, ZSt 2005, 108, 110, meint demgegenüber, dass den Stiftungsorganen wegen der Mitgliederlosigkeit der Stiftung ein erhöhter Einfluss auf die Stiftung zukomme und deswegen ein besonders strenger Sorgfaltsmaßstab an sie zu stellen sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Im Verbandsrecht senkt der Einfluss der Mitglieder nämlich nicht generell den Sorgfaltsmaßstab ab, der an die Organmitglieder gestellt wird, sondern führt lediglich dazu, dass die Organmitglieder im Einzelfall von einer Haftung freigestellt werden, wenn sie einer rechtmäßigen Weisung der Mitglieder folgen, vgl. § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG. 39 Vgl. OLG Nürnberg, StiftRspr. III, S. 21, 24; Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 233, 300 ff.; ders. in: Bertelsmann Handbuch, 565, 573 ff.; Seifart/v. Campenhausen/ Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 55 ff. 40 S. o. § 21 A.III. Im Ergebnis ähnlich Schwintek, ZSt 2005, 108, 110. 41 Zu erinnern ist daran, dass das auch für sog. Anstaltsstiftungen gilt. 42 Ähnlich Kronke, StiftRspr. IV, S. 145. Für eine Erstreckung des Sorgfaltsmaßstabs des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG auf den Stiftungsvorstand Schwintowski, FS Hadding, S. 271, 284.
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forderungen sind, lässt sich allerdings stets nur im konkreten Einzelfall beantworten.43 Im Blick auf die strengen, stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln (s. o. § 17 C.) wird insofern geltend gemacht, dass allzu strenge Anforderungen kontraproduktiv wirkten, weil sie zu einer Verunsicherung der Akteure und zu einer „Rückversicherungsmentalität“ führen könnten, die der Entschlusskraft der Stiftungsorgane abträglich wäre.44 Daher sei im Rahmen der geltenden Haftungsregeln davon auszugehen, dass eine Haftung von Organmitgliedern oder Stiftungsbediensteten nur bei deutlich erkennbaren, konkreten Vermögensverlusten und grob pflichtwidriger Unterlassung von im Einzelfall tatsächlich und rechtlich verfügbaren und Erfolg versprechenden Gegenmaßnahmen in Betracht kommen könne.45 Das ist zumindest missverständlich und ungenau. Richtig ist, dass in der Praxis das Stiftungsvermögen notwendigerweise „um den Idealpfad der realen Kapitalerhaltung oszilliert“,46 und daher nicht schon jede Abweichung von diesem Pfad zu haftungsrechtlichen Folgen führt. Zutreffend ist ferner, dass die Stiftung und nicht die Organmitglieder das „unternehmerische“ Risiko zu tragen hat. Beide Aspekte rechtfertigen indes nicht, den Sorgfaltsmaßstab in der beschriebenen Weise gleichsam auf grobe Fahrlässigkeit herabzusenken.47 Richtigerweise ist den Stiftungsorganen vielmehr ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen,48 der auch ein ___________ 43 Das gilt auch und erst Recht im Blick auf die im Stiftungsrecht zulässige Vielgestaltigkeit von Organen und deren Kompetenzen, s. o. § 11 A. Entgegen der Ansicht Kronkes, wie vor, spielt es bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs allerdings keine Rolle, ob das Organamt ehrenamtlich ausgeübt wird (s. dazu schon o. Fn. 22) oder ob das Organmitglied „ohne sein Dazutun“ (was rechtlich gar nicht möglich ist, s. o. § 14 A.) bestellt wurde. 44 Dahingehend auch Schindler, DB 2003, 297, 299. 45 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 218, § 10 Rdnr. 113 f. 46 Carstensen, WPg 1996, 793. 47 Eine solche Absenkung könnte nämlich entgegen Schindler, DB 2003, 297, 299, durchaus kontraproduktiv sein. 48 MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 16; Schwintowski, FS Hadding, S. 271, 284. Vgl. zum Grundsatz des „unternehmerischen Ermessens“ BGHZ 135, 244, 253 f.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 44b ff. m. zahlr. w. Nw. S. jetzt auch § 93 Abs. 1 S. 2 AktG und dazu Begründung RegE BT-Drs. 15/5092, S. 11 ff., sowie M. Roth, BB 2004, S. 1066 ff.; Ulmer, DB 2004, S. 859 ff.; S.H. Schneider, DB 2005, S. 707 ff.; Fleischer, WM 2005, S. 909 ff. Allerdings soll dem Aufsichtsrat einer AG im Blick auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen ein Mitglied des Vorstands kein solches Ermessen zustehen, BGHZ 135, 244, 255. Dem kann so nicht zugestimmt werden. Richtig ist jedoch, dass die Weite des Ermessens von der jeweils in Frage stehenden Entscheidung abhängt. Für einen Verzicht auf die Geltend-
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„Recht auf Irrtum“ umfasst. Zu verlangen ist allerdings, dass sie sich bei ihrer Ermessensausübung nicht nur an die Stiftungsverfassung, sondern auch an die Grundregeln sachgerechter Entscheidungsfindung49 halten, d. h. dass: – die Entscheidung angemessen vorbereitet und begründet wird, insbesondere alle hierfür maßgeblichen Tatsachen vollständig und richtig ermittelt und gegeneinander abgewogen werden. Das setzt auch ein dementsprechendes Rechnungs-, Berichts- und Planungswesen voraus; – die Entscheidung nicht ermessensfehlerhaft ist, also nicht auf sachwidrigen Erwägungen beruht, nicht gegen die Stiftungsverfassung, Denkgesetze, gesicherte Erkenntnisse oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt und nicht unverhältnismäßig ist, d. h. namentlich der Mitteleinsatz zur Zielerreichung objektiv geeignet, gemessen an dem Sparsamkeitsgebot erforderlich i. S. v. vertretbar und im Verhältnis zu der Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung und dem Ausmaß möglicher Risiken nicht evident unangemessen ist und – die Entscheidung sachgerecht umgesetzt, die richtige Umsetzung überwacht und das Ergebnis laufend kontrolliert wird. Die Einhaltung dieser Grundregeln zu überprüfen ist auch die Stiftungsaufsicht befugt. Wurden sie eingehalten, so haften die Organmitglieder der Stiftung selbst dann nicht, wenn sich eine Entscheidung im Nachhinein als unzweckmäßig und für die Stiftung nachteilhaft herausstellt. Wurden sie verletzt, ist zu prüfen, wer hierfür verantwortlich und ob der Stiftung dadurch ein Schaden entstanden ist. c) Exkulpation durch Stiftungsaufsicht? Nach einer Entscheidung des Kammergerichts haftet der Vorstand für eine satzungswidrige Mittelverwendung dann nicht, wenn der Aufsichtsbehörde der Sachverhalt in vollem Umfang bekannt war und sie ihn gleichwohl nicht beanstandet hat.50 Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden.51 Vielmehr entlasten Genehmigungen und Auskünfte der Behörde die Stif___________ machung von Ansprüchen in erheblicher Höhe, deren Durchsetzung überwiegend wahrscheinlich ist, müssen daher entsprechend gewichtige Gründe sprechen, s. auch Dreher, ZHR 158 (1994), 614 ff. 49 Vgl. zu den Grundregeln ordnungsgemäßer Geschäftsführung bzw. Kontrolle und Beratung Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 70 ff., § 52 Rdnr. 336 ff.; Semler, Überwachung, passim (insbes. etwa Rdnr. 70–84, 135 ff., 141 ff.); Theisen, AG 1995, 193 ff., sowie Goette, FS 50 Jahre BGH, S. 123 ff.; alle m. w. Nw. 50 KG, StiftRspr. III, S. 35, 37 f. 51 Ebenso etwa Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 86 Rdnr. 5; Schwintek, ZSt 2005, 108, 111, jew. m. w. Nw.
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tungsorgane von ihrer Verantwortlichkeit grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Stiftungsorgane unverschuldet in einem Rechtsirrtum befunden haben,52 der durch die Behörde hervorgerufen, unterhalten oder bestärkt wurde. An die Entschuldbarkeit eines Rechtsirrtums sind indes strenge Anforderungen zu stellen.53 Die Organmitglieder müssen die Rechtslage unter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen und (zumal höchstrichterlichen) Rechtsprechung sorgfältig prüfen und ggf. Rechtsrat einholen.54 Dabei entlasten Rechtsauskünfte und -ansichten, selbst wenn sie von einem Rechtsanwalt, einer Behörde oder gar einem Gericht geäußert wurden dann nicht, wenn deren Richtigkeit für die Organmitglieder erkennbar zweifelhaft ist55 und/oder sie mit einer abweichenden Beurteilung durch das zuständige Gericht rechnen mussten56. Verbleibende Zweifel entschuldigen nur dann, wenn es um die Beurteilung schwieriger, in Fachkreisen streitiger Fragen geht57 und/oder sich die Organmitglieder der herrschenden Meinung angeschlossen haben58. Anders gewendet ist also stets zu fragen, ob die Organmitglieder von der Richtigkeit einer Rechtsauffassung überzeugt sein durften. Dabei sind die Bescheide und Auskünfte der Behörde lediglich eine unter anderen Erkenntnisquellen, auf die sich die Stiftungsorgane nicht alleine verlassen dürfen.59 ___________ 52 Vgl. RGZ 156, 113, 120; BGH, NJW 1951, 398; 758; 1972, 1045. 53 BGHZ 89, 296, 303; BGH, NJW 1994, 2754, 2755. Die Beweislast hierfür trifft den Schuldner, vorliegend also die Organmitglieder. 54 Vgl. RGZ 105, 356, 359; BGH, NJW 1994, 2754, 2755. 55 Vgl. BGHZ 74, 281; BGH, VersR 1968, 148; 1991, 331, 333. Insbesondere entlasten gutachterliche Stellungnahmen von Rechtskundigen nicht ohne weiteres, da solche Gutachten leider allzu oft nach dem Motto geschrieben werden: „Wess’ Brot ich ess’, dess’ Lied ich sing.“ 56 BGHZ 89, 296, 303; BGH, NJW 1974, 1903, 1904; VersR 1990, 153, 154. 57 BGHZ 17, 266, 295. 58 BGH, NJW 1972, 1045; OLG Köln, DB 1985, 2403; näher zum Ganzen MünchKomm/Hanau, BGB, § 276 Rdnr. 73 ff. m. w. Nw. 59 In dem vom Kammergericht, StiftRspr. III, S. 35, entschiedenen Fall war der Rechtsirrtum der Beklagten im Ausgangspunkt allein schon deswegen nicht entschuldbar, weil die Behörde (d. h. der zuständige Sachbearbeiter) zur Ermöglichung der beabsichtigten Tätigkeit eine Satzungsänderung für erforderlich hielt (was zugleich bedeutet, dass die beabsichtigte Tätigkeit nicht von der Stiftungssatzung in der geltenden Fassung gedeckt war). Freilich vermochte auch die daraufhin von den Stiftungsorganen mit Genehmigung der Behörde vorgenommene Satzungsänderung an der Rechtswidrigkeit der Tätigkeit nichts zu ändern; denn sie verstieß gegen den Stiftungszweck. Und das war den Verantwortlichen wohl auch erkennbar, da die fragliche Tätigkeit gleichsam als Ersatz erst und nur deswegen aufgenommen wurde, weil die vorangehenden Versuche einer Zweckverfolgung gescheitert waren, vgl. die Ausführungen des BGH im Parallelverfahren, StiftRspr. III, S. 27, 31.
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III. Rechtsfolgen und Durchsetzung a) Ist der Stiftung durch eine schuldhafte Pflichtverletzung ein Schaden entstanden – wozu u. U. gemäß § 252 BGB auch ein entgangener Gewinn gehört60, so hat sie gegen den oder die Verantwortlichen einen Anspruch auf Schadensersatz. Sind mehrere Organmitglieder für einen Schaden verantwortlich, so haften sie nach allgemeinen Grundsätzen als Gesamtschuldner, §§ 421 ff. BGB.61 Die Organmitglieder haften grundsätzlich unbeschränkt mit ihrem gesamten Vermögen. Soweit Haftungsmilderungen gesetzlich zulässig sind, kann jedoch in der Satzung oder unter den oben genannten Voraussetzungen im Anstellungsvertrag auch eine Haftungsbeschränkung auf einen bestimmten Betrag vorgesehen werden. Das kann aus Gründen der Versicherbarkeit62 sinnvoll sein. Außer Schadensersatz kann die Stiftung auch Unterlassung und Beseitigung verlangen. Das kann dann praktische Bedeutung haben, wenn dem (mehrheitlich) pflichtwidrig handelnden Organ nach der Stiftungsverfassung kein anderes Organ Weisungen zu erteilen befugt ist. b) Die Ansprüche der Stiftung werden grundsätzlich von ihrem Vorstand geltend gemacht. Das gilt für Ansprüche gegen Dritte, den Stifter und gegen Organmitglieder gleichermaßen. Verfügt die Stiftung über ein Kontrollorgan, ist allerdings anzunehmen, dass dieses für die Geltendmachung von ___________ 60 Schindler, DB 2003, 297, 299; Reuter in: NPLYB 2002, 157, 166. 61 So ausdrücklich Art. 14 S. 3 BayStiftG, § 12 Abs. 1 SAStiftG; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 218; näher hierzu etwa Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 174 ff. 62 Zur Frage der Versicherbarkeit von Haftungsrisiken, denen Organmitglieder ausgesetzt sind, ausf. Ihlas, Haftpflichtversicherung, 1997; ferner Kiethe, BB 2003, S. 537 ff., Koch, GmbHR 2004, S. 18 ff.; Fleischer, WM 2005, S. 90 ff.; Schillinger, VersR 2005, S. 1484 ff. Kronke, Stiftungstypus, S. 117 spricht sich freilich de lege ferenda für ein gesetzliches Verbot solcher Versicherungen aus; denn hierdurch würde die Handlungssteuerungsfunktion der Organhaftung ausgehöhlt. Dieses Argument ist zwar nicht von der Hand zu weisen, wiewohl an die Handlungssteuerungsfunktion der Haftung auch keine überspannten Erwartungen geknüpft werden dürfen. Ihm kann jedoch durch eine Selbstbeteiligung der versicherten Organmitglieder Rechnung getragen werden. Überdies ist umgekehrt zu fragen, ob die zuständigen Stiftungsorgane – sofern die Stiftung eine solche Versicherung zugunsten der Organmitglieder ohne wesentliche Beeinträchtigung ihrer Leistungskraft abschließen kann – zu dem Abschluss einer solchen Versicherung nicht sogar verpflichtet sind; denn die Stiftung erhält hierdurch einen solventen Schuldner. Vermieden oder abgemildert werden zudem Konflikte innerhalb der Organe, namentlich Hemmungen berechtigte Ansprüche durchzusetzen.
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Ansprüchen gegen die Mitglieder des Vorstands zuständig ist.63 Überdies sehen manche Stiftungsgesetze der Länder eine subsidiäre Kompetenz der Aufsichtsbehörde vor, Ersatzansprüche der Stiftung gegen die Stiftungsorgane geltend zu machen64.65 Bei Ansprüchen gegen den Stiftungsvorstand kommt ferner die Bestellung eines Notvorstands (§§ 86 S. 1 i. V. m. 29 BGB) in Betracht.66 Die Ansprüche verjähren in drei Jahren (§ 195 BGB).67 c) Nachdem die meisten Stiftungen – im Gegensatz zu den körperschaftlich organisierten juristischen Personen – über kein Organ verfügen, dessen Mitglieder ein Eigeninteresse an der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen andere Organmitglieder haben (als Ausnahmen kommen insoweit Organe in Betracht, die mit Stiftern oder Destinatären besetzt sind) und auch die Stiftungsaufsichtsbehörde an solchen „Scherereien“ allzu oft kein Interesse hat, besteht hinsichtlich der Durchsetzung der Organhaftung im Stiftungsrecht ein schwerwiegendes Durchsetzungsproblem.68 Reuter schlägt daher bei privatnützigen Stiftung eine subsidiäre Destinatärsklage und bei Stiftungen des öffentlichen Wohls sogar eine subsidiäre Popularklage vor.69 Letzteres ist schon deswegen abzulehnen, weil Popularklagen dem deutschen Recht mit Grund fremd sind. Und ersterem ist nur zuzustimmen, soweit der Kläger selbst Organmitglied ist oder statutarische Rechte hat.70
___________ 63 S. o. § 11 A.I.2., II. 64 So Art. 23 BayStiftG, §§ 11 Abs. 3 BWStiftG, 16 NdsStiftG. § 11 NRWStiftG sieht für solche Fälle die Bestellung eines besonderen Vertreters vor. 65 Daneben steht der Behörde das gesamte, nach dem jeweiligen Landesrecht geltende aufsichtsrechtliche Instrumentarium zur Verfügung, um Pflichtwidrigkeiten der Stiftungsorgane zu unterbinden. Es reicht von Beanstandungen über Anordnungen und eine Ersatzvornahme bis hin zur Abberufung von Organmitgliedern und der Bestellung von Sachwaltern s. o. § 8 B. 66 Ebersbach, Handbuch, S. 71; Staudinger/Rawert, BGB, § 82 Rdnr. 11. 67 Schindler, DB 2003, 297, 300. 68 Eindringlich Reuter in: NPLYB 2002, 157, 167 ff. 69 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 76, § 85 Rdnr. 18 f., sowie ders., wie vor. 70 S. o. § 11 C.II. bei Fn. 90, 91 und 109.
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IV. Verzicht und Entlastung 1. Die Stiftung kann grundsätzlich wie jeder andere Gläubiger auf die Geltendmachung von Ansprüchen ganz oder teilweise verzichten71.72 Das gilt auch für Ansprüche gegen Organmitglieder. Eine § 93 Abs. 4 S. 3 AktG entsprechende Regelung besteht nicht. Allerdings entspricht ein endgültiger Verzicht auf Schadensersatzansprüche i. d. R. nur dann den Grundsätzen einer sachgerechten Entscheidungsfindung (s. o. § 10 II.2.b.), wenn das volle Ausmaß des Schadens bekannt ist. U. U. ist daher – wie es auch dem Sinn und Zweck des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG entspricht,73 aber ohne dessen starre zeitliche Begrenzung – ein Aufschieben der Entscheidung geboten. Überdies bedarf namentlich ein Organmitglieder begünstigender Verzicht nach manchen Stiftungsgesetzen der aufsichtsrechtlichen Mitwirkung.74 Zuständig für die Beschlussfassung75 über einen Verzicht ist das für die Geltendmachung berufene Organ. Dabei sind ggf. die durch den Beschluss begünstigten Organmitglieder von ihrem Stimmrecht ausgeschlossen. Die übrigen entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei sie nebst den Grundregeln ordnungsgemäßer Entscheidungsfindung insbesondere die ihnen obliegende Vermögensfürsorgepflicht (Sparsamkeitsgebot) zu beachten haben. Erforderlich ist also erstens eine Feststellung des zum Schadensersatz verpflichtenden Sachverhalts, zweitens eine Analyse des Prozessrisikos und der Betreibbarkeit der Forderung. Beides ist gerichtlich grundsätzlich voll nachprüfbar. Es besteht nur ein begrenzter Beurteilungsspielraum. Sodann sind drittens die Vor- und Nachteile einer Rechtsdurchsetzung miteinander ins Verhältnis zu setzen. Ein Verzicht (im weitesten Sinne) kommt demnach ___________ 71 Verzicht ist hier im weitesten Sinne gemeint. Es kann sich etwa um einen regelrechten Erlass i. S. d. § 397 Abs. 1 BGB, ein negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB), einen Vergleich (779 BGB) oder auch lediglich um ein Unterlassen der Geltendmachung von Ansprüchen handeln. 72 Deswegen verfängt der Einwand nicht, eine Entlastung sei generell unzulässig, weil die Stiftung anders als ein Verband über kein Organ verfüge, das kraft „eigenen Rechts“ auf Ansprüche verzichten könnte, so aber MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 20; ders. in: NPLYB 2002, 157, 167; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 203; ders., ZSt 2005, 108, 115. 73 Allg. M, z. B. Hüffer, AktG, § 93 Rdnr. 28 m. w. Nw. 74 Vgl. Art. 27 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BayStiftG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 4 BWStiftG, 20 S. 1 Nr. 4 MVStiftG, und dazu o. § 10 B.II.2. 75 Wollen sich die Organmitglieder nicht dem Vorwurf der Pflichtwidrigkeit aussetzen, bedarf es auch dann, wenn lediglich die Geltendmachung von Ansprüchen unterlassen werden soll, der Fassung eines Beschlusses.
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regelmäßig nur in Betracht, wenn die Nachteile der Rechtsdurchsetzung deren Vorteile für die Stiftung voraussichtlich überwiegen,76 z. B. weil die Rechtsdurchsetzung kostspielig und ungewiss ist, weil es bei dem Schuldner ohnehin „nichts zu holen“ gibt oder – namentlich bei Ansprüchen gegen Organmitglieder – weil der zu befürchtende Ansehensverlust für die Stiftung schwerer wiegt als der zu erlangende Schadensersatz. Letzteres darf freilich nicht zum Vorwand dienen, dass „eine Krähe der anderen kein Auge aushackt“.77 2. Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu würdigen, welche Bedeutung einer Entlastung beizumessen ist, wenn die Stiftungssatzung insoweit keine Vorgaben enthält. Eine Entlastung kommt freilich nur dann in Betracht, wenn in der Stiftungssatzung ein (Kontroll-)Organ eingerichtet ist, demgegenüber das zu entlastende Organ Rechenschaft abzulegen hat78. Ist ein solches Organ eingerichtet, ist es regelmäßig allerdings auch dann zur Fassung eines Entlastungsbeschlusses befugt, wenn dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist.79 Mit der Entlastung wird die Amtsführung von Organmitgliedern gebilligt, vgl. § 120 Abs. 2 S. 1 AktG.80 Außerhalb des Aktienrechts (vgl. § 120 Abs. 2 S. 2 AktG) ist dies nicht nur eine rechtlich nahezu folgenlose81 „platonische Vertrauenskundgebung“82. Vielmehr bewirkt die Entlastung eine Präklusion hinsichtlich aller Ersatzansprüche und Abberufungsgründe, die dem beschlussfassenden Organ bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und Berichte erkennbar waren oder von denen alle seine Mitglieder Kenntnis hatten.83 Dabei beruht diese Präklusionswirkung entgegen älterer Auffassung ___________ 76 Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 20. 77 Vgl. BGHZ 135, 244, 251 ff., zur Frage des Ermessens o. Fn. 48. 78 Vgl. zum engen Zusammenhang von Rechenschaftslegung und Entlastung K. Schmidt, ZGR 1978, 425, 428 m. w. Nw. 79 A. A. Schwintek, ZSt 2005, 108, 115, aufgrund seiner oben (Fn. 72) bereits als verfehlt gekennzeichneten Ansicht; i. E., wie hier MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 20; Schindler, DB 2003, 297, 300. 80 So schon RG, DR 1941, 506, 508; RGZ 167, 151, 166; BGHZ 29, 385, 390; 36, 296, 306; aus der Lit. statt anderer GroßKomm/Mülbert, AktG, § 120 Rdnr. 22 ff.; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 46 Rdnr. 55. Nicht ganz einheitlich wird allerdings die Frage beantwortet, worauf sich diese Billigung bezieht: nur auf die Rechtmäßigkeit oder auch auf die Zweckmäßigkeit der Amtsführung, vgl. Hüffer und Mülbert, ebd. 81 Statt anderer s. GroßKomm/Mülbert, AktG, § 120 Rdnr. 30 ff. 82 Schönle, ZHR 126 (1964), 198, 220. 83 Vgl. zum Vereinsrecht BGHZ 24, 47, 54; zum GmbH-Recht BGHZ 94, 324, 326; für das Stiftungsrecht im Ergebnis ebenso Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 223; Ebersbach, Handbuch, S. 121.
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nicht auf dem rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten; denn dies bedeutete eine Willensfiktion: Das beschlussfassende Organ entlastet regelmäßig nicht, um auf Ansprüche zu verzichten, sondern zumeist im Gegenteil, weil es davon ausgeht, dass Ersatzansprüche nicht bestehen.84 Vielmehr tritt die Präklusionswirkung unabhängig von dem Willen der Beteiligten kraft Gesetzes (§ 242 BGB: Verbot des venire contra factum proprium) ein. Die Entlastung ist daher keine rechtsgeschäftliche Erklärung mit verzichtsähnlicher Wirkung, sondern ein organschaftlicher Akt mit verwirkungsähnlicher Wirkung.85 Das setzt dementsprechend voraus, dass durch die Billigung ein Vertrauenstatbestand geschaffen wird. Hieran fehlt es erstens, wenn und soweit die Vorlagen und Berichte, auf denen der Beschluss beruht, vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig oder unvollständig sind. Hieran fehlt es zweitens, wenn und soweit im Gesetz (vgl. § 120 Abs. 2 S. 2 AktG – das Stiftungsrecht kennt keine entsprechende Vorschrift), der Satzung oder dem Beschluss selbst bestimmt ist, dass die Entlastung eine Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht hindert. Hieran fehlt es drittens, wenn und soweit das beschlussfassende Organ generell oder im Blick auf den dritt-, insbesondere gläubigerschützenden Charakter von Ansprüchen, nicht über diese zu disponieren befugt ist. Und hieran fehlt es schließlich viertens, wenn der Beschluss aufgrund formeller oder materieller Mängel nichtig86 ist.87 Haben die entlasteten Organmitglieder die Nichtigkeit des Beschlusses nicht erkannt und mussten sie die Nichtigkeit auch nicht erkennen und wird sie über längere Zeit nicht geltend gemacht, dann entsteht allerdings gleichwohl ein die Verwirkung etwaiger Ersatzansprüche begründender Vertrauenstatbestand, der es der Stiftung verwehrt, sich ihnen gegenüber auf die Nichtigkeit des Beschlusses zu berufen. In diesem Fall tritt also trotz der Nichtigkeit des Beschlusses die Entlastungswirkung ein. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass ein Entlastungsbeschluss nicht schon dann materiell fehlerhaft und damit nichtig ist, wenn die Grundregeln sachgerechter Entscheidungsfindung missachtet wurden,88 das heißt die vorgelegten Unterlagen nicht sorgfältig geprüft, deswegen bestehende Ersatzansprüche nicht erkannt oder ___________ 84 Zutr. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 46 Rdnr. 91. 85 Grundlegend K. Schmidt, ZGR 1978, 425 ff.; heute wohl h. L., statt anderer Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 46 Rdnr. 58, 61; GroßKomm/Mülbert, AktG, § 120 Rdnr. 18, 20 m. w. Nw. 86 S. o. § 12 B.III., IV. 87 Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 46 Rdnr. 99; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 46 Rdnr. 65. 88 Vgl. aber Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 203; ders., ZSt 2005, 108, 115.
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zwar erkannt, aber in ihrem Ausmaß unterschätzt oder die Entlastung aus sonstigen Gründen fahrlässigerweise pflichtwidrig erteilt wurde; denn allein hierdurch verstößt der Beschluss noch nicht inhaltlich gegen Gesetz und Satzung.89 Vielmehr führt seine Pflichtwidrigkeit lediglich dazu, dass diejenigen Mitglieder des beschlussfassenden Organs, die hieran ein Verschulden trifft, der Stiftung ihrerseits auf Schadensersatz haften.90 Nichtig ist der Beschluss allerdings insbesondere dann, wenn die Entlastung vorsätzlich pflichtwidrig erteilt wurde; denn in diesem Fall ist der Beschluss, wenn nicht gar sitten-, so doch treuwidrig. Stellt das beschlussfassende Organ fest, dass der Stiftung möglicherweise Ersatzansprüche gegen Organmitglieder zustehen, darf es eine Entlastung nur unter den oben (1.) genannten Voraussetzungen erteilen. Ein Anspruch auf Entlastung besteht grundsätzlich nicht.91 3. Wird der Jahresabschluss des Vorstands von der Aufsichtsbehörde gebilligt,92 so kann darin keine Entlastung des Vorstands gesehen werden.93 Etwa bestehende Regressansprüche der Stiftung gegen Vorstandsmitglieder verwirken durch diese Billigung also nicht. Zwar hat die Behörde das gesetzes- und satzungsgetreue Verhalten der Stiftungsorgane zu überwachen. Auch ist sie teilweise nach den Stiftungsgesetzen zur Geltendmachung von Ansprüchen der Stiftung gegen die Mitglieder ihrer Organe befugt.94 Abge___________ 89 Vgl. o. § 12 B.III.1.b; im Ergebnis ebenso Hüffer, wie vor; ders., AktG, § 111 Rdnr. 4b; K. Schmidt, wie vor; s. auch ders., ZGR 1978, 425, 435 f.; Kindler, ZHR 162 (1998), 101, 116; a. A. offenbar BGHZ 135, 244, 247 ff. 90 Dies ist einer der Gründe, weswegen die von Schwintek, ZSt 2005, 108, 115, heraufbeschworene Gefahr, die Entlastung könnte erteilt werden, um die Frage zu vermeiden, ob auch die Mitglieder des betreffenden Aufsichtsorgans haften, kaum praktisch werden dürfte. Überdies ist zu bedenken, dass die Pflichten der Mitglieder von Aufsichtsorganen weniger weitreichend und die an sie zu stellenden Sorgfaltsanforderungen weniger streng sind als diejenigen der Mitglieder eines Geschäftsführungsorgans. 91 Zutr. BGHZ 94, 324, 326 ff.; dazu Ahrens, ZGR 1987, 129 ff.; zustimmend Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 46 Rdnr. 15; weitergehend Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 46 Rdnr. 102; zur Rechtslage bei der AG GroßKomm/Mülbert, AktG, § 120 Rdnr. 49 ff.; a. A. Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 46 Rdnr. 68 ff.; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 46 Rdnr. 29, namentlich bei einer willkürlichen, diskriminierenden Entlastungsverweigerung. 92 Eine dahingehende ausdrückliche Erklärung ist allerdings nur in Bayern gesetzlich vorgesehen, Art. 25 Abs. 2 S. 2 BayStiftG. 93 Str., wie hier Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 222; MünchKomm/ Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 20; Staudinger/Rawert, BGB, § 86 Rdnr. 13; Schwintek, ZSt 2005, 108, 111; Schindler, DB 2003, 297, 300; a. A. Ebersbach, Handbuch, S. 121; Soergel/Neuhoff, BGB, § 86 Rdnr. 13. 94 Art. 23 BayStiftG, §§ 11 Abs. 3 BWStiftG, 16 NdsStiftG.
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sehen davon, dass diese Befugnis nur subsidiär besteht, ist sie jedoch nicht berechtigt, über Ansprüche der Stiftung zu verfügen95 und kann daher auch keine Entlastung erteilen.96 Dementsprechend kann auch kein Vertrauenstatbestand entstehen, auf den die Entlastungswirkung gestützt werden könnte.
B. Haftung gegenüber Dritten Die organschaftlichen Pflichten sind den Organmitgliedern in der Regel97 nur im Verhältnis zu der Stiftung, nicht aber im Verhältnis zu Dritten, insbesondere nicht gegenüber Stiftungsgläubigern auferlegt.98 Das schließt freilich nicht aus, dass sie auch Dritten gegenüber haften, nämlich dann, wenn ein Dritter ihnen gegenüber einen eigenständigen Anspruch geltend machen kann. Das ist eine Selbstverständlichkeit für Ansprüche, die außerhalb ihrer Tätigkeit für die Stiftung, namentlich in der Privatsphäre des Organmitglieds gründen, gilt aber auch für Ansprüche, die „bei der Ausführung der ihnen zustehenden Verrichtung“ (§ 31 BGB) entstanden sind. Allein von diesen wird im Folgenden – kurz – die Rede sein. Die hiermit verbundenen Fragen haben im Stiftungsrecht erheblich geringere praktische Bedeutung als insbesondere im GmbH-Recht; denn Ansprüche gegen Organmitglieder, die „bei der Ausführung der ihnen zustehenden Verrichtung“ entstanden sind, werden von Dritten zumeist nur dann geltend gemacht, wenn die juristische Person insolvent ist. Insolvenzen von Stiftungen sind aber außerordentlich selten. Auch der Anspruch von Stiftungsgläubigern aus § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 2 S. 2 BGB spielt deswegen praktisch keine Rolle. Unentschieden bleiben kann daher auch die Frage der deliktischen Außenhaftung von Organ-, namentlich von Vorstandsmitgliedern. Unproblematisch ist insoweit nur, dass Organmitglieder, die selbst als Täter, Anstifter oder Gehilfe eine unerlaubte Handlung begehen, hierfür auch persönlich einzustehen haben. Geschieht dies „bei der Ausführung der ihnen zustehenden Verrichtung“, so greift § 31 BGB mit der Folge ein, dass auch die juristische Person haftet, und zwar neben dem Organmitglied als Gesamtschuldnerin, § 840 Abs. 1 BGB. Im Innenverhältnis hat das Organmitglied entspre___________ 95 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 9 Rdnr. 222; Stengel, HeStiftG, § 8 Anm. 5. 96 A. A. Ebersbach, Handbuch, S. 121; wohl auch Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 99. 97 Ausnahme insbesondere § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 2 BGB, der Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB ist. 98 Vgl. BGHZ 31, 258, 278.
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chend § 840 Abs. 2 BGB allein einzustehen.99 Das zentrale Problem liegt jedoch darin, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Mitglieder eines Geschäftsführungsorgans eine mit ihren „Geschäftsführungsaufgaben verbundene Garantenstellung zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer Schutzgüter i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB“ trifft100. Die Frage – auch hierbei handelt es sich recht betrachtet um ein Durchgriffsproblem (s. o. § 24 B.) – ist außerordentlich vielschichtig, die gesetzliche Konzeption alles andere als eindeutig und dementsprechend weit ist das Meinungsspektrum.101 In den Blick zu nehmen gilt es dabei nicht nur – worauf sich die bisherige Diskussion vielfach beschränkt102 – die Dogmatik der Deliktshaftung juristischer Personen, das Verhältnis von Organ- und Arbeitnehmerhaftung sowie von Organ- und Verkehrspflichten, also die gesetzliche Konzeption der §§ 31, 276, 278, 823, 831, 840 BGB. In diesen Zusammenhang einzuordnen sind vielmehr insbesondere auch all diejenigen zivil- und öffentlich-rechtlichen Normen, die im Interesse von Gläubigern, sonstigen Dritten oder der Allgemeinheit Organmitgliedern besondere Pflichten auferlegen (z. B. § 43 Abs. 3 GmbHG oder auch § 264 HGB), ihre unmittelbare Verantwortlichkeit oder Inanspruchnahme im Außenverhältnis vorsehen bzw. ermöglichen (etwa § 42 Abs. 2 S. 2 BGB, §§ 93 Abs. 5, 116, 309 Abs. 1, 2 und 4 S. 3 bis 5 AktG, §§ 334 f. HGB, § 69 AO) oder die dazu führen, dass Organmitglieder für das rechtmäßige Verhalten einer juristischen Person, namentlich bei der Verletzung von Organisationspflichten, persönlich einzustehen haben (vgl. nur § 130 OWiG); denn erst eine zusammenschauende Analyse aller einschlägigen Vorschriften ermöglicht ein Urteil darüber, was – falls vorhanden – die Konzeption des heute geltenden Rechts ist. Das ist nicht Aufgabe dieser Arbeit.
C. Haftung gegenüber Stifter und Destinatären Da der Stifter der Stiftung nach ihrer Errichtung grundsätzlich gleich einem Dritten gegenübersteht, gelten insoweit keine Besonderheiten. Spezielle organschaftliche Pflichten treffen die Stiftungsorgane nicht. Auch gegenüber den Destinatären haben sie grundsätzlich keine Pflichten.103 Schädigen Organmitglieder die Stiftung, so hat allein diese einen Anspruch ___________ 99 S. etwa MünchKomm/Reuter, BGB, § 31 Rdnr. 43; Erman/H.P. Westermann, BGB, § 31 Rdnr. 9, jew. m. w. Nw. 100 So BGHZ 109, 297, 304. 101 Umfassend zum Problem und Meinungsstand Kleindiek, Deliktshaftung, 1997. 102 S. aber etwa Dreher, ZGR 1992, 22 ff. 103 Ausf. Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 159 ff. m. w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
auf Schadensersatz, die Destinatäre allenfalls aus § 826 BGB.103a Grundsätzlich sind Destinatäre auch nicht befugt, Ansprüche der Stiftung geltend zu machen.104 Verletzen Stiftungsorgane statutarische Rechte von Destinatären (z. B. auf Rechenschaftslegung und Auskunft) oder verkürzen sie ungerechtfertigterweise deren vermögensrechtliche Ansprüche gegen die Stiftung, so wird ihr Verhalten gemäß §§ 86 S. 1 i. V. m. 31 BGB der Stiftung zugerechnet. Im Außenverhältnis ist allein die Stiftung verpflichtet. Ihnen in der Stiftungssatzung eingeräumte Rechte können die Destinatäre daher ebenso wie einen aus ihrer Verletzung u. U. entstehenden Schadensersatzanspruch allein gegenüber der Stiftung geltend machen. Ist die Stiftung den Destinatären aufgrund eines pflichtwidrigen Verhaltens ihrer Organe zum Schadensersatz verpflichtet, kann sie allerdings ggf. die verantwortlichen Organmitglieder nach allgemeinen Regeln auf Regress in Anspruch nehmen.
D. Haftung gegenüber Gesellschaften, an denen die Stiftung beteiligt ist Ist die Stiftung Mitglied eines Verbandes, so gehört die Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte zu den Aufgaben der Stiftungsorgane, namentlich des Stiftungsvorstands. Im Verhältnis zur Stiftung haften die Organmitglieder dabei nach allgemeinen Regeln. Im Verhältnis zu dem Verband haben sie die der Stiftung obliegenden Mitgliedschaftspflichten zu beachten. Verletzen sie diese Pflichten so wird ihr Verhalten der Stiftung zugerechnet. Ist die Stiftung dem Verband deswegen zum Schadensersatz verpflichtet oder entsteht der Stiftung hieraus ein anderweitiger Schaden, so kann sie wiederum nach allgemeinen Regeln auf die verantwortlichen Organmitglieder zurückgreifen. Das alles versteht sich von selbst. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob Organ-, namentlich Vorstandsmitglieder selbst Pflichten gegenüber einem Verband, in dem die Stiftung Mitglied ist, auferlegt sind, für deren Einhaltung sie dem Verband unmittelbar persönlich haften. In dieser Allgemeinheit ist die Frage gewisslich zu verneinen. Ebenso selbstverständlich ist freilich, dass sie dem Verband nach ___________ 103a A. A. RG, JW 1909, 160 = Gruchot 53, 852; Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 15; RGRK/Steffen, BGB, § 85 Rdnr. 5; Ebersbach, Handbuch, S. 112; wie hier Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 20; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 8 Rdnr. 154; Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 80 f.; Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 205 ff. 104 Denkbar ist allerdings eine Klagebefugnis als Hilfszuständigkeit von anspruchsberechtigten Destinatären aufgrund ergänzender Auslegung der Stiftungsverfassung, s. dazu o. § 11 C.III.1.c. sowie Schwintek, Vorstandskontrolle, S. 307 ff.
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§ 25 Die Haftung der Organmitglieder
allgemeinen Regeln auf Schadensersatz haften, wenn sie selbst ihm gegenüber eine unerlaubte Handlung begehen, sie selbst zu ihm in einem Vertragsverhältnis stehen oder sie persönlich Mitglied eines Verbandsorgans sind und sie die hieraus folgenden Pflichten schuldhaft verletzen. Darüber hinaus nimmt die Rechtsprechung zur GmbH & Co. KG allerdings an, dass sich der Schutzbereich des zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Dienstverhältnisses105 hinsichtlich einer Haftung desselben aus § 43 Abs. 2 GmbHG auch auf die KG erstrecke, wenn sich die „wesentliche Aufgabe“ der Komplementär-GmbH auf die Führung der Geschäfte der KG beschränke.106 Diese Rechtsprechung kann auf die Stiftung & Co. übertragen werden.107 Besondere Vorschriften finden sich überdies im Aktienkonzernrecht, nämlich §§ 309, 323 Abs. 1 sowie § 317 Abs. 3 AktG. Mit Ausnahme von § 323 AktG108 finden auch diese auf die gesetzlichen Vertreter der Stiftung Anwendung, sofern ihre Voraussetzungen gegeben sind. Aus diesen Vorschriften, der vorgenannten Rechtsprechung sowie aus (umstrittenen) Überlegungen zur sog. faktischen Geschäftsführung wird in der Literatur schließlich auf einen „allgemeinen organisationsrechtlichen Rechtssatz“ geschlossen, „wonach derjenige, der an einem Unternehmen nicht nur an einzelnen Entscheidungen mitwirkt, sondern die unternehmerische Leitung ausübt, die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes zu beachten“ und hierfür diesem gegenüber einzustehen hat.109 Ob dem zuzustimmen ist, soll hier offen bleiben.
E. Haftung für die Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten Gleich jedermann unterliegen auch Stiftungen zahllosen öffentlich-rechtlichen Pflichten. Sie reichen von spezifisch stiftungsrechtlichen Pflichten, die sie der Stiftungsaufsichtsbehörde gegenüber zu erfüllen haben, über steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Pflichten, allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Pflichten bis hin ggf. zu den besonderen ___________ 105 Insoweit anders (nur) BGH, WM 1992, 691 (Anknüpfung an die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung). 106 BGHZ 75, 321; 76, 326, sowie etwa BGH, ZIP 1995, 738. Ob dies auch gilt, wenn dies nicht alleinige Aufgabe der GmbH ist, lässt BGH, WM 1992, 691 ausdrücklich offen. 107 Zur Zulässigkeit einer Stiftung & Co. s. u. § 29 A.III. 108 Grund: Eine Eingliederung ist nur zwischen zwei Aktiengesellschaften möglich, § 319 Abs. 1 S. 1 AktG. 109 Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, § 43 Rdnr. 291; im Ergebnis ebenso Jungkurth, Konzernleitung, S. 188 ff. jew. w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
Pflichten des Wirtschaftsrechts und Wirtschaftsverwaltungsrechts. Für ihre Erfüllung Sorge zu tragen, ist Aufgabe des Stiftungsvorstands. Nimmt er diese Aufgabe nicht ordnungsgemäß wahr und entsteht der Stiftung hieraus ein Schaden, etwa weil sie wegen der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten mit einer Geldbuße belegt wird, so kann sie die hierfür verantwortlichen Vorstandsmitglieder nach allgemeinen Regeln in Anspruch nehmen. Hiervon zu unterscheiden ist wiederum die Frage einer unmittelbaren, persönlichen Außenverantwortlichkeit der Mitglieder des Stiftungsvorstands. Sie ist im Gesetz vielfach ausdrücklich vorgesehen. Das gilt sowohl für spezifisch stiftungsrechtliche Normen110 als auch bspw. für § 34 AO. Danach gehört es zu den persönlichen gesetzlichen Organpflichten des Stiftungsvorstands, die steuerlichen Pflichten der Stiftung zu erfüllen.111 Außerdem ist die Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten einer juristischen Person vielfach zulasten der gesetzlichen Vertreter als Ordnungswidrigkeiten oder gar als Straftat ausgestaltet. In diesen Fällen ergibt sich überdies eine Haftung der Vorstandsmitglieder teils aus § 823 Abs. 2 BGB (so etwa i. V. m. § 266a StGB für den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung), teils aus besonderen Bestimmungen (so nach § 69 AO). Ob sie darüber hinaus ganz generell für die Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Pflichten der Stiftung kraft Organisationsherrschaft im Außenverhältnis verantwortlich sind, kann hier aus oben (B.) genannten Gründen gleichfalls offen bleiben.112
F. Exkurs: Die Haftung der Behörde Die Haftung der Aufsichtsbehörden, genauer: der Anstellungskörperschaft des Bediensteten, der die Aufsicht führt, richtet sich nach Art. 34 GG, § 839 BGB. Sie setzt vor allem voraus, dass der Bedienstete eine ihm gerade gegenüber dem Anspruchsteller auferlegte Amtspflicht verletzt hat. 1. Solche Amtspflichten bestehen aufgrund der gesetzlichen Aufsichts- und Fürsorgepflicht zunächst gegenüber der Stiftung.113 Diese Pflichten werden verletzt, wenn die Behörde von den ihr zustehenden Befugnissen nicht oder nur unzureichend Gebrauch macht, insbesondere erkennbaren Unregel___________ 110 Vgl. zur Rechnungslegung o. § 21 Fn. 20. 111 Vgl. hierzu aus jüngerer Zeit BFH, ZSt 2004, 39 f. (zum Vereinsrecht). 112 S. dazu U. H. Schneider, FS 100 Jahre GmbHG, S. 473 ff.; ders., DB 1993, 1909 ff.; auch ders., ZGR 1996, S. 225 ff.; sowie Feick, Wahrnehmung, 1999. 113 BGH, StiftRspr. III, S. 27; BayObLG, StiftRspr. IV, S. 135; Palandt/Heinrichs, BGB, Vor § 80 Rdnr. 14.
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§ 25 Die Haftung der Organmitglieder
mäßigkeiten nicht nachgeht oder gar gegen satzungswidrige Maßnahmen der Stiftungsorgane nicht einschreitet.114 Dabei ist entgegen der Rechtsprechung115 auf den Ersatzanspruch der Stiftung das Verschulden seiner Organe an der Entstehung des Schadens grundsätzlich nicht gemäß §§ 86 S. 1 i. V. m. 31, 254 BGB anzurechnen;116 denn damit würde das Fehlverhalten ihrer Organe zulasten der Stiftung anspruchsmindernd berücksichtigt – und zwar um so stärker, je gröber dieses Fehlverhalten ist117 –, obwohl es gerade das ist, wovor die Stiftungsaufsicht die Stiftung zu bewahren verpflichtet ist und sie sich selbst nicht ohne ein Einschreiten der Behörde (oder wenigstens eines pflichttreuen Organmitglieds) zu schützen in der Lage ist. Zu rechtfertigen vermag dies auch nicht der vom BGH bemühte Vergleich mit dem Mündel, das sich mitwirkendes Verschulden seines Vormundes oder Pflegers auf seinen Amtshaftungsanspruch wegen Pflichtverletzungen des Vormundschaftsgerichts anrechnen lassen muss; denn auch diese Rechtsprechung ist aus denselben Gründen verfehlt.118 Schließlich verstößt eine solche Anwendung des § 254 BGB auch gegen den Rechtsgedanken des § 841 BGB; denn hiernach wird das in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig überwiegende Verschulden des von der Behörde im Drittinteresse zu überwachenden Geschäftsführers dadurch berücksichtigt, dass im Verhältnis zueinander allein der Geschäftsführer für den Schaden des Dritten einzustehen hat. Richtigerweise ist somit zunächst § 839 Abs. 1 S. 2 BGB zu prüfen. Danach scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, soweit die Stiftung anderweitig, vor allem also von den pflichtwidrig handelnden Organmitgliedern, Ersatz er___________ 114 BGH, StiftRspr. III, S. 27 ff.; BayObLG StiftRspr. IV, S. 135 ff. sowie aus der Lit. etwa Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 61, 66; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 360; Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 10 Anm. 2c; ferner Stengel, HeStiftG, § 7 Anm. 5. 115 BGH, StiftRspr. III, S. 27 ff. (dort insoweit nicht abgedruckt) = BGHZ 68, 142, 151; BayObLG, StiftRspr. IV, S. 135, 142, 143. 116 Ebenso die h. L. Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 67; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 361; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor § 80 Rdnr. 28; Stengel, HeStiftG, § 10 Anm. 2.3; a. A. aber Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 30. 117 Besonders plastisch erläutert das Liermann in: Dt. Stiftungswesen 1948–1966, S. 218. So betrug die Mitverschuldensquote in dem vom BayObLG entschiedenen Fall 80 %! Abzulehnen ist daher auch die vermittelnde Ansicht von Seifart/ v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 10 Rdnr. 362, wonach § 254 BGB nur bei vorsätzlichem Verhalten der Stiftungsorgane eingreifen soll. 118 Vgl. aus dem familienrechtlichen Schrifttum etwa Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, S. 749 f. m. w. Nw.
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Dritter Teil: Die Verfassung der Stiftung
langen kann.119 Soweit dies nicht der Fall ist, sei es, weil sie nicht zahlungsfähig sind, sei es, weil ihnen kein Verschulden zur Last fällt, sie sich z. B. nicht zuletzt infolge des Verhaltens der Behörde in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden haben (s. o. A.II.2.c.), haftet die Behörde. Im Innenverhältnis zwischen der Behörde und den Organmitgliedern haften hingegen nach Maßgabe des § 841 BGB ggf. Letztere, was wegen § 839 Abs. 1 S. 2 BGB allerdings praktisch keine Rolle spielt.120 2. Im Verhältnis zum Stifter kommt eine Amtshaftung allenfalls im Blick auf die Verletzung der behördlichen Beratungs- und Fürsorgepflicht im Anerkennungsverfahren in Betracht,121 wenn dem Stifter hierdurch ein Schaden entsteht. Nach der Anerkennung der Stiftung obliegen der Behörde dagegen keinerlei Pflichten mehr gegenüber dem Stifter, und zwar auch nicht hinsichtlich der Wahrung und Durchsetzung seines Willens122. 3. Auch den Destinatären gegenüber treffen die Behörde grundsätzlich keine Pflichten.123 Ein Anspruch aus Art. 34 GG, § 839 BGB kommt daher nur in Betracht, wenn die Stiftungsaufsicht in satzungsgemäß verbriefte oder von den zuständigen Stiftungsorganen zuerkannte Ansprüche und Rechte ausnahmsweise unmittelbar eingreift. In einem solchen Fall sind auch Ansprüche aus Enteignung denkbar.124 4. Da die Mitglieder der Stiftungsorgane in der Regel lediglich im Rahmen ihrer Organpflichten für die Stiftung tätig sind, obliegen der Behörde ihnen gegenüber ebenfalls grundsätzlich keine spezifischen Amtspflichten. Eine Ausnahme kommt allein bei aufsichtsrechtlichen Maßnahmen wie insbesondere einer zeitweiligen oder endgültigen Abberufung in Betracht.125
G. Zusammenfassung des dritten Abschnitts Lässt man nun noch einmal die Haftungsverfassung der Stiftung Revue passieren, so fällt zweierlei auf: Erstens gelten überwiegend allgemeine Regeln. ___________ 119 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 364. Rechtspolitisch ist diese Vorschrift überholt und führt zu einer ungerechtfertigten Haftungsprivilegierung der öffentlichen Hand, s. nur Erman/Hecker, BGB, § 839 Rdnr. 76 f. 120 Erman/Schiemann, BGB, § 841 Rdnr. 1. 121 Vgl. Palandt/Thomas, BGB, § 839 Rdnr. 39 ff., 48 m. w. Nw., sowie Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 365. 122 S. o. § 8 A.; § 16 A.I.2.; a. A. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 83, 365. 123 S. o. § 8 A. 124 S. o. § 16 B.IV.2. (a. E.). 125 Vgl. o. § 15 A.V.
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§ 25 Die Haftung der Organmitglieder
Die Abweichungen von der Haftungsverfassung körperschaftlich strukturierter juristischen Personen fallen demgegenüber kaum ins Gewicht, zumal wenn man bedenkt, wie sehr sich diese untereinander unterscheiden. Besonders hervorzuheben ist, dass der Stifter für die Aufbringung des Grundstockvermögens einzustehen und die Destinatäre verbotene Auszahlungen zurückzugewähren haben. Zweitens ist allerdings vielfach noch nicht hinreichend geklärt, was die allgemeinen Regeln genau besagen. Das gilt besonders für Haftungsfragen im Konzern sowie für die Haftung von Organmitgliedern gegenüber Dritten. Hier ist noch viel zu tun. Was schließlich die Gestaltungsmöglichkeiten anbelangt, so sind diese zwar naturgemäß nicht so groß wie etwa bei der Organisationsverfassung. Ungeachtet dessen sind die Spielräume des Stifters jedoch auch insoweit verhältnismäßig weit. Seine Haftung für die Aufbringung des Grundstockvermögens kann er mindestens auf schenkungsrechtliches Niveau absenken, die Haftung der Destinatäre für verbotene Auszahlungen sowohl mildern als auch verschärfen. Und mildern oder verschärfen kann er schließlich auch die Haftung der Organmitglieder gegenüber der Stiftung.
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Vierter Teil: Die Beendigung der Stiftung Als Trägerin von Rechten und Pflichten kann sich die Stiftung nicht ohne weiteres „in Luft auflösen“. Vielmehr vollzieht sich die Beendigung der Stiftung ebenso wie bei Verbänden grundsätzlich in zwei Schritten. Zum einen ist die Stiftung aufzulösen (dazu § 26). Dabei fragt sich vor allem, welches die zur Auflösung der Stiftung führenden Gründe sind bzw. sein können und in welcher Weise sie die Auflösung bewirken. Und zum anderen bedarf es – von den Fällen einer Gesamtrechtsnachfolge abgesehen – der Durchführung eines Abwicklungsverfahrens (dazu § 27). Erst nach dessen Abschluss kann der Rechtsträger enden. Hier stellt sich insbesondere die Frage, welchen Einfluss die Liquidation auf die Verfassung der Stiftung hat.
§ 26 Die Auflösung Die zur Beendigung einer Stiftung führenden Auflösungsgründe sind zahlreich und vielgestaltig. Unterschieden werden kann zwischen Auflösungsgründen im formellen und im materiellen Sinne. Auflösungsgründe im formellen Sinne sind diejenigen Tatbestände, deren unmittelbare Rechtsfolge die Auflösung der Stiftung ist. Hierbei kann es sich um den Eintritt tatsächlicher Ereignisse (wie etwa das Ende einer Frist) oder um Rechtsakte (Organbeschlüsse und Hoheitsakte) handeln. Als Auflösungsgründe im materiellen Sinne können dagegen all diejenigen tatsächlichen Ereignisse verstanden werden, bei deren Eintreten die Stiftung entweder ipso iure aufgelöst ist (es handelt sich dann zugleich um Auflösungsgründe im formellen Sinne) oder bei deren Vorliegen die zuständigen Organe und/oder Behörden berechtigt oder verpflichtet sind, durch entsprechende Rechtsakte die Auflösung der Stiftung herbeizuführen, bei deren Vorliegen die Stiftung also lediglich auflösungsreif,1 aber noch nicht aufgelöst ist. Im Folgenden wird der Begriff „Auflösung“, wenn nicht anders vermerkt, in diesem materiellen Sinne verstanden.
___________ 1 Vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 60 Rdnr. 2; kritisch Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 60 Rdnr. 7.
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Vierter Teil: Die Beendigung der Stiftung Als Trägerin von Rechten und Pflichten kann sich die Stiftung nicht ohne weiteres „in Luft auflösen“. Vielmehr vollzieht sich die Beendigung der Stiftung ebenso wie bei Verbänden grundsätzlich in zwei Schritten. Zum einen ist die Stiftung aufzulösen (dazu § 26). Dabei fragt sich vor allem, welches die zur Auflösung der Stiftung führenden Gründe sind bzw. sein können und in welcher Weise sie die Auflösung bewirken. Und zum anderen bedarf es – von den Fällen einer Gesamtrechtsnachfolge abgesehen – der Durchführung eines Abwicklungsverfahrens (dazu § 27). Erst nach dessen Abschluss kann der Rechtsträger enden. Hier stellt sich insbesondere die Frage, welchen Einfluss die Liquidation auf die Verfassung der Stiftung hat.
§ 26 Die Auflösung Die zur Beendigung einer Stiftung führenden Auflösungsgründe sind zahlreich und vielgestaltig. Unterschieden werden kann zwischen Auflösungsgründen im formellen und im materiellen Sinne. Auflösungsgründe im formellen Sinne sind diejenigen Tatbestände, deren unmittelbare Rechtsfolge die Auflösung der Stiftung ist. Hierbei kann es sich um den Eintritt tatsächlicher Ereignisse (wie etwa das Ende einer Frist) oder um Rechtsakte (Organbeschlüsse und Hoheitsakte) handeln. Als Auflösungsgründe im materiellen Sinne können dagegen all diejenigen tatsächlichen Ereignisse verstanden werden, bei deren Eintreten die Stiftung entweder ipso iure aufgelöst ist (es handelt sich dann zugleich um Auflösungsgründe im formellen Sinne) oder bei deren Vorliegen die zuständigen Organe und/oder Behörden berechtigt oder verpflichtet sind, durch entsprechende Rechtsakte die Auflösung der Stiftung herbeizuführen, bei deren Vorliegen die Stiftung also lediglich auflösungsreif,1 aber noch nicht aufgelöst ist. Im Folgenden wird der Begriff „Auflösung“, wenn nicht anders vermerkt, in diesem materiellen Sinne verstanden.
___________ 1 Vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 60 Rdnr. 2; kritisch Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 60 Rdnr. 7.
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Vierter Teil: Die Beendigung der Stiftung
A. Auflösungsgründe Unterschieden werden kann zwischen gesetzlichen und satzungsmäßigen Auflösungsgründen.2
I. Die gesetzlichen Auflösungsgründe Als gesetzliche Auflösungsgründe kommen bundesrechtliche und landesrechtliche in Betracht. 1. Bundesrechtliche Auflösungsgründe Bundesrechtliche Auflösungsgründe sind zum einen in § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 1 S. 1 BGB sowie § 87 Abs. 1 BGB geregelt. Zum anderen können Mängel des Stiftungsgeschäfts zu einer Auflösung der Stiftung führen. a) § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 1 S. 1 BGB Gemäß § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 1 S. 1 BGB wird die Stiftung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aufgelöst (Auflösungsgrund im formellen Sinne).3 Eröffnungsgründe sind Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) sowie Überschuldung (§ 19 InsO) (Auflösungsgründe im materiellen Sinne). Im ersten und dritten Fall ist der Stiftungsvorstand gemäß § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 2 S. 1 BGB verpflichtet, die Eröffnung zu beantragen. Befindet sich die Stiftung bereits aus anderen Gründen in Liquidation, sind die Liquidatoren zur Antragstellung verpflichtet, § 88 S. 2 i. V. m. §§ 48 Abs. 2, 42 Abs. 2 S. 1 BGB. Berechtigt den Antrag zu stellen, ist jedes Vorstandsmitglied bzw. jeder Liquidator (§ 15 Abs. 1 und 2 InsO) sowie jeder Gläubiger der Stiftung (§§ 13 Abs. 1 S. 2, 14 InsO). Die Stiftungsaufsichtsbehörde ist dagegen zur Antragstellung weder berechtigt noch gar verpflichtet.4 Vielmehr ist sie im Rahmen der Rechtsaufsicht nur berechtigt und ggf. verpflichtet, auf eine Antragstellung durch den Stiftungsvorstand bzw. die Liquidatoren hinzuwirken. Wird die Antragstellung verzögert, so haften diejenigen Vorstandsmitglieder bzw. Liquidatoren, denen dabei ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für ___________ 2 Vgl. Stengel, HeStiftG, § 23 Anm. 1; auch Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 3. 3 Wird die Eröffnung mangels Masse abgelehnt (§ 26 InsO), ist die Stiftung selbstverständlich ebenfalls aufgelöst, wobei anstelle des Insolvenzverfahrens das allgemeine Liquidationsverfahren tritt. Zur Kritik s. etwa K. Schmidt, GR, S. 329 f. 4 A. A. Fritsche, ZSt 2003, 211, 219; wie hier MünchKomm/Reuter, BGB, § 86 Rdnr. 23.
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§ 26 Die Auflösung
den daraus entstehenden Schaden5 als Gesamtschuldner, §§ 42 Abs. 2, 53 BGB. Ist Zahlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten, sondern droht sie lediglich, so ist der Stiftungsvorstand (bzw. die für eine Vertretung der Stiftung erforderliche Anzahl von Vorstandsmitgliedern bzw. Liquidatoren, § 18 Abs. 3 InsO) berechtigt, nicht aber verpflichtet, einen Eröffnungsantrag zu stellen. Dabei kann sich das dem Vorstand eingeräumte – pflichtgemäße – Ermessen freilich auf Null reduzieren, wenn eine solch frühzeitige Antragstellung im Interesse der Gläubiger und/oder der Stiftung geboten ist, namentlich nur auf diese Weise eine Chance für die Fortführung der Stiftung (s. u. § 27 B.) besteht.6 b) § 87 Abs. 1 BGB Gemäß § 87 Abs. 1 BGB ist die Stiftung ferner aufzulösen, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist oder sie das Gemeinwohl gefährdet. Die Unmöglichkeit darf nicht nur vorübergehend, sondern muss eine dauernde sein und kann rechtlicher und tatsächlicher Natur sein. Eine Gemeinwohlgefährdung ist nur anzunehmen, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks gegen das Gesetz verstößt und damit rechtlich unmöglich ist. Auf die Schwelle der Gemeinwohlgefährdung kommt es daher richtigerweise nicht an (s. o. § 5 C.I.2.).7 Tatsächliche Unmöglichkeit tritt namentlich in drei Fällen ein, nämlich erstens, wenn der Stiftungszweck vollständig erfüllt ist, zweitens, wenn die in der Satzung genannten Destinatäre wegfallen (natürliche Personen also versterben, Institutionen erlöschen) oder das Förderobjekt untergeht und drittens, wenn die Stiftung in dauerhaften Vermögensverfall gerät, so dass die weitere Verfolgung des Stiftungszwecks faktisch nicht mehr möglich ist.8 Liegen die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB vor, so sind aufgrund des Subsidiaritätsprinzips entgegen dem Wortlaut der Vorschrift in erster Linie die zuständigen Stiftungsorgane aufgerufen, die Auflösung der Stiftung zu ___________ 5 Während die Alt-Gläubiger lediglich den sog. Quotenschaden beanspruchen können, können die Neu-Gläubiger verlangen, so gestellt zu werden, als hätten sie mit der insolvenzreifen Stiftung nicht kontrahiert, s. aus der Rechtsprechung zu § 64 GmbHG besonders BGHZ 29, 100; 100, 19; 126, 181; 138, 211. 6 Näher zur Stiftung im Regelinsolvenzverfahren Prütting in: NPLYB 2002, S. 137 ff.; Fritsche, ZSt 2003, 221 ff., 243 ff. 7 Statt anderer MünchKomm/Reuter, BGB, § 87 Rdnr. 1, 7. 8 S. nur MünchKomm/Reuter, BGB, § 87 Rdnr. 5.
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Vierter Teil: Die Beendigung der Stiftung
beschließen (s. u. A.II.3., B.II.1.).9 Der Beschluss bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (s. u. B.II.2.). Werden die Stiftungsorgane nicht tätig, und zwar auch nicht nach Aufforderung bzw. Anhörung (vgl. § 87 Abs. 3 BGB) durch die Stiftungsaufsichtsbehörde, so muss die Behörde die genannten Maßnahmen ergreifen, also einen dahingehenden Verwaltungsakt erlassen (s. u. A.I.2., B.III.). Ein Handlungsermessen steht der Behörde dabei entgegen dem Gesetzeswortlaut richtigerweise nicht zu.10 Und auch ein Auswahlermessen hat sie nicht, sondern allenfalls einen Beurteilungsspielraum, welche Maßnahme am ehesten dem Stifterwillen entspricht (vgl. § 87 Abs. 2 S. 1 BGB) und – gemessen an dem Stifterwillen – am wenigsten belastend ist (Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit). Hat der Stifter beispielsweise eine Zweckänderung auch für den Fall des § 87 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, dann bleibt der Behörde nur die Auflösung der Stiftung. Andernfalls ist eine Zweckänderung der Auflösung grundsätzlich vorzuziehen.11 Ist die Stiftung in Vermögensverfall geraten, kommt statt einer Zweckänderung auch eine Vereinigung mit anderen Stiftungen (Zulegung oder Zusammenlegung, näher dazu unten I.2.c.) in Betracht, wenn dies dem mutmaßlichen Stifterwillen eher entspricht. Usw. c) Mängel des Stiftungsgeschäfts Fraglich ist schließlich, welche Rechtsfolgen Mängel des Stiftungsgeschäfts haben. Einigkeit besteht insoweit nur, dass solche Mängel nicht durch die Anerkennung der Stiftung geheilt werden.12 Das folgt schon daraus, dass sich die Anerkennung – wie der Wortlaut des § 80 Abs. 2 Hs. 1 BGB n. F. verdeutlicht – nicht auf das Stiftungsgeschäft, sondern auf die Anerkennung des im Stiftungsgeschäft vorgesehenen Gebildes als juristische Person bezieht. Eben dies aber ist die von dem Stiftungsgeschäft erstrebte Rechtsfolge, weswegen verbreitet die Auffassung vertreten wurde, dass die Anerkennung eines nichtigen Stiftungsgeschäfts gleichsam ins Leere ginge. ___________ 9 Ohne überzeugende Gründe (vgl. o. § 13) a. A. MünchKomm/Reuter, BGB, § 87 Rdnr. 3 f.; wie hier die h. M. etwa Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 15 m. w. Nw. 10 Zur Begründung MünchKomm/Reuter, BGB, § 87 Rdnr. 2; a. A. Seifarth/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 11 Rdnr. 344. 11 Statt anderer Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 13; MünchKomm/Reuter, BGB, § 87 Rdnr. 2, 9. Im Falle eines im Verhältnis zum Stiftungszweck übermäßig angewachsenen Stiftungsvermögens oder eines „geschrumpften“ Stiftungszwecks ist statt an eine Zweckerweiterung allerdings auch an eine „Teilauflösung“ in Form einer effektiven Kapitalherabsetzung zu denken, s. o. § 18 B.II. 12 Allg. M., s. nur BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160; BGH, StiftRspr. III, S. 89, 93; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 8; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 30 m. w. Nw.
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§ 26 Die Auflösung
Durch die Anerkennung allein könne ausweislich des Wortlauts von § 80 Abs. 1 BGB die Stiftung nicht zur Entstehung gelangen.13 Nach heute herrschender Lehre entsteht dagegen die Stiftung trotz Unwirksamkeit des Stiftungsgeschäfts durch die Anerkennung und genießt, solange die Anerkennung nicht mit Wirkung ex nunc14 zurückgenommen, widerrufen bzw. die Stiftung aufgehoben wird, Bestandsschutz.15 Begründet wird dies einerseits mit verwaltungsrechtlichen Erwägungen,16 andererseits mit einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze über fehlerhafte Verbände kraft Staatsaktes17. Zu folgen ist der herrschenden Ansicht: Zwar setzt die Entstehung der Stiftung gemäß § 80 Abs. 1 BGB die Vornahme eines Stiftungsgeschäfts voraus. Allein durch eine Anerkennung kann eine Stiftung daher nicht zur Entstehung gelangen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist indes das Vorliegen eines Rechtsgeschäfts, das die Tatbestandsmerkmale eines Stiftungsgeschäfts erfüllt (s. o. § 4 A.I.1., 2.).18 Nicht vorausgesetzt wird dagegen die Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts. Die Unwirksamkeit oder der Widerruf des Stiftungsgeschäfts sind vielmehr nur ein zwingender Versagungsgrund.19 Wird die Anerkennung gleichwohl erteilt, so tritt die Rechtsfolge dieses Verwaltungsakts, nämlich die Anerkennung des in dem Stiftungsgeschäft vorgesehenen Gebildes als rechtsfähige Stiftung, unabhängig von der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts ein. Insbesondere ist der Verwaltungsakt nicht etwa nach § 44 VwVfG bzw. entsprechenden Landesbestimmungen nichtig. Beides – die Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts und die Wirksamkeit der Anerkennung – ist vielmehr unabhängig voneinander zu beurteilen. Wechselwirkungen bestehen insofern grundsätzlich nicht. Allerdings würden Mängel des Stiftungsgeschäfts durch die Anerkennung geheilt, wenn das Stiftungsrecht eine den §§ 275 Abs. 1, 75 Abs. 1 ___________ 13 RGZ 170, 22, 23 f.; BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, 186; Staudinger/Coing, BGB12, § 80 Rdnr. 18; AK/Ott, BGB, § 80 Rdnr. 2; v. Rotberg, BWStiftG, § 5 Anm. 5; Rittner, Person, S. 36; Ebersbach, Handbuch, S. 56 m. w. Nw. 14 BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160 f. 15 So außer den Nachgenannten bspw. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 214; Palandt/Heinrichs, BGB, § 80 Rdnr. 2. 16 Vgl. BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 160 f.; Soergel/Neuhof, BGB, § 80 Rdnr. 10; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 30. 17 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 6; K. Schmidt, GR, S. 141, Fn. 17; ders., Stiftungswesen, S. 14 ff. m. w. Nw. 18 Es darf sich also lediglich nicht um ein sog. Nicht-Geschäft (s. dazu Palandt/ Heinrichs, BGB, Überbl. Vor § 104 Rdnr. 3) handeln. 19 S. nur BayVGH, StiftRspr. III, S. 178, 186; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 8.
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Vierter Teil: Die Beendigung der Stiftung
GmbHG, 94, 95 Abs. 1 GenG vergleichbare, die Nichtigkeitsgründe einschränkende Bestimmung enthielte. Das ist jedoch nicht der Fall. Damit steht freilich nur zweierlei fest, nämlich zum einen, dass die Stiftung trotz Mängeln des Stiftungsgeschäfts mit der Anerkennung als rechtsfähig wirksam entsteht und solange Bestandsschutz genießt, wie sie nicht aufgelöst wird, und zum anderen, dass Mängel des Stiftungsgeschäfts auch nach der Anerkennung der Stiftung ohne Einschränkung geltend gemacht werden können. Dagegen bleibt zu fragen, was die Rechtsfolgen der Geltendmachung von Mängeln des Stiftungsgeschäfts sind. Sieben Rechtsfolgen sind zu unterscheiden: Erstens sind der Stifter oder seine Erben nicht nach § 82 S. 1 BGB zur Vermögensübertragung verpflichtet. Zweitens gehen Rechte i. S. d. § 82 S. 2 BGB in entsprechender Anwendung von Hs. 2 dieser Vorschrift nicht auf die Stiftung über.20 Drittens können der Stifter oder seine Erben gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB in den Grenzen des § 818 Abs. 3 BGB die Herausgabe des der Stiftung übertragenen Vermögens verlangen.21 Viertens ist die Stiftung gemäß § 87 Abs. 1 BGB aufzulösen, wenn durch die Rückübertragung des Grundstockvermögens an den Stifter bzw. seine Erben eine weitere Zweckverfolgung unmöglich wird.22 Fünftens ist die Unwirksamkeit des Stiftungsgeschäfts als solches vorbehaltlich besonderer landesrechtlicher (vgl. § 9 Abs. 1 RPStiftG a. F.) oder statutarischer Bestimmungen jedoch kein Auflösungsgrund.23 Sechstens ist die Unwirksamkeit des Stiftungsgeschäfts ebenfalls kein Grund für eine Aufhebung der Anerkennung. Vielmehr geht § 87 BGB den §§ 48 f. der Landes-VwVfG als lex specialis vor (dazu sogleich u. 2.a.). Daraus folgt siebtens: Führt die Rückübertragung des Grundstockvermögens an den Stifter bzw. seine Erben nicht zur Unmöglichkeit der Zweckverfolgung – etwa weil der Stiftung von Dritten erhebliche Vermögenswerte zugewandt wurden – bleibt die Stiftung trotz Unwirksamkeit des Stiftungsgeschäfts bestehen. In diesem Fall findet mithin auch kein Liquidations___________ 20 Zutr. O. Schmidt, ZSt 2003, 227, 228 f. 21 Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 30; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 214; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 6 a. E.; Fitsche, ZSt 2003, 113, 117. 22 Seifart/v. Campenhausen/Hof, BGB, § 7 Rdnr. 214. 23 Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 30.
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verfahren statt. Das ist unter Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht unbedenklich, wenn der an den Stifter bzw. seine Erben zurückzuübertragende Teil des Stiftungsvermögens nicht nur ganz unerheblich ist.24 Entsprechend dem oben (§ 18 B.II.) Ausgeführten sind daher auch in diesem Fall die §§ 50–53 BGB entsprechend anzuwenden. Eine Rückübertragung des Grundstockvermögens darf daher erst nach Ablauf eines Jahres nach Feststellung und Bekanntmachung der Unwirksamkeit des Stiftungsgeschäfts und nach Befriedigung oder Sicherung aller Gläubiger erfolgen, die sich hieraufhin gemeldet haben oder der Stiftung sonst bekannt sind. 2. Landesrechtliche Auflösungsgründe Als landesrechtliche Auflösungsgründe kommen die Aufhebung bzw. Nichtigkeit der Anerkennung der Stiftung, eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse sowie die Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen in Betracht. a) Aufhebung und Nichtigkeit der Anerkennung der Stiftung Als landesrechtlicher Auflösungsgrund ist zunächst an eine Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf gemäß §§ 48 f. Landes-VwVfG) der Anerkennung der Stiftung zu denken.25 Das begegnet indes zweierlei Bedenken. Zum einen handelt es sich bei der Anerkennung angesichts ihrer Rechtsfolge, nämlich der Entstehung einer juristischen Person, um einen sog. privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Im Blick hierauf hat das Bundesverwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass eine Aufhebung der Anerkennung mit Wirkung für die Vergangenheit (ex tunc) unzulässig ist.26 Das folgt sowohl aus verwaltungsrechtlichen Erwägungen, als auch aus einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze über fehlerhafte Verbände kraft Staatsakts (s. o. 1.c.). Zum anderen stellt sich die Aufhebung der Anerkennung materiell als Aufhebung der Stiftung dar. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Stiftung durch die Behörde sind aber in § 87 Abs. 1 BGB und den diesbezüg___________ 24 Oben (§ 4 A.I.2.a., § 6 C.II.) wurde aufgezeigt, dass zur Stiftungserrichtung u. U. ein symbolischer Betrag genügt, wenn gesichert erscheint, dass die Stiftung auf andere Weise das zu einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks erforderliche Vermögen erwirbt. 25 Ebersbach, Handbuch, S. 143. 26 BVerwG, StiftRspr. I, S. 158 ff.
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lichen Bestimmungen der Landesstiftungsgesetze27 abschließend normiert.28 Soweit die Landesstiftungsgesetze nichts anderes vorsehen,29 kann man hieraus nur den Schluss ziehen, dass §§ 48 f. Landes-VwVfG entweder nicht anwendbar sind (s. § 1 Landes-VwVfG) oder jedenfalls eine Aufhebung der Anerkennung nur unter den Voraussetzungen und in der Form des § 87 Abs. 1 BGB bzw. den entsprechenden Bestimmungen der Landesstiftungsgesetze erfolgen darf.30 Eine andere Beurteilung ist geboten, wenn die Anerkennung der Stiftung etwa wegen Erlasses durch eine absolut unzuständige Behörde oder aufgrund eines anderen besonders schwerwiegenden und offenkundigen Mangels nach § 44 Landes-VwVfG nichtig ist. In diesem Fall entfaltet die Anerkennung keine Rechtswirkung. Einer Aufhebung des Verwaltungsaktes bedarf es daher nicht. Die Behörde kann vielmehr die Nichtigkeit jederzeit durch Verwaltungsakt feststellen und ist hierzu auf Antrag verpflichtet, wenn der Antragsteller daran ein berechtigtes Interesse hat, § 44 Abs. 5 Landes-VwVfG. Ist die Anerkennung der Stiftung nichtig, kommt die Stiftung also rechtlich nicht zur Entstehung. Freilich kann die Stiftungsorganisation gleichwohl faktisch in Vollzug gesetzt, also etwa ein Vorstand bestellt oder der vermeintlichen Stiftung Vermögen übertragen worden sein etc. In diesem Fall stellen sich dieselben Rechtsprobleme wie im Falle fehlerhafter, aber kraft Vollzugs ins Leben getretener Gesellschaften.31 Dementsprechend sind sie zu behandeln. Die Feststellung der Nichtigkeit der Anerkennung wirkt daher nicht ex tunc, sondern ist auf eine ex nunc Wirkung, also auf eine Aufhebung der Stiftung zu reduzieren. Wird die Anerkennung bzw. die Stiftung aufgehoben, kann sie selbst, vertreten durch den Vorstand32, sowie u. U. die Destinatäre – nämlich falls ihnen ___________ 27 Art. 15 BayStiftG, §§ 14 BWStiftG, 9 BreStiftG, 7 Abs. 4 HbgStiftG, 9 Abs. 3 HeStiftG, 12 MVStiftG, 8 NdsStiftG, 10 NRWStiftG, 8 SaarStiftG, 22 SaStiftG, 22 SAStiftG, 6 SHStiftG, 22 ThStiftG. 28 Statt anderer Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 285, der überdies weitergehende landesrechtliche Bestimmungen wegen des Grundrechtsschutzes der Stiftung für verfassungsrechtlich bedenklich hält. 29 So noch § 9 RPStiftG a. F. 30 Im Ergebnis ebenso Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 285, § 12 Rdnr. 58 ff.; Pohley, BayStiftG, Art. 4 Anm. 4.5.; Andrick/Suerbaum, Aufsicht, § 7 Rdnr. 97 ff. 31 S. hierzu etwa K. Schmidt, GR, S. 136 ff. 32 Aufgrund der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 1 VwGO besteht die Stiftung bis zum Eintritt der Bestandskraft der Aufhebung weiter, so dass sie gemäß § 61 Nr. 1 VwGO bis dato parteifähig ist, BVerwG, StiftRspr. I, S. 158, 159.
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in der Stiftungssatzung Rechte eingeräumt sind, die durch die Aufhebung nachteilig betroffen werden – Anfechtungsklage erheben. Ist die Stiftungsanerkennung nichtig, haben der Stifter, unter den genannten Voraussetzungen die Destinatäre, sowie im Falle der in Vollzug gesetzten Stiftung auch diese ein Feststellungsinteresse i. S. d. §§ 44 Abs. 5 VwVfG, 43 Abs. 1 VwGO. b) Wesentliche Veränderung der Verhältnisse Die Mehrzahl der Stiftungsgesetze erlaubt den Stiftungsorganen bereits unterhalb der Schwelle des § 87 Abs. 1 BGB, eine Auflösung der Stiftung zu beschließen, nämlich bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse.33 Die Satzung kann andere Voraussetzungen vorsehen (s. u.II.). Der Beschluss bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Dabei ist zu bedenken, dass die Auflösung der Stiftung regelmäßig die ultima ratio ist; denn für gewöhnlich ist der Stifter zu allererst an einem Fortbestand der Stiftung interessiert.34 Vorrangig ist daher zu prüfen, ob der Veränderung der Verhältnisse und dem Willen des Stifters nicht durch eine Zweckänderung besser Rechnung getragen werden kann. Ist die Stiftung in Vermögensverfall geraten, kommt überdies eine Zulegung oder Zusammenlegung in Betracht. c) Zulegung und Zusammenlegung Die meisten35 Stiftungsgesetze36 sehen die Möglichkeit einer Zulegung oder Zusammenlegung von Stiftungen vor.37 Als Zulegung wird dabei die Vereinigung von Stiftungen bezeichnet, bei der die eine Stiftung aufgehoben und liquidiert wird und das nach der Liquidation verbleibende Vermögen im Wege der Einzelrechtsnachfolge nach allge___________ 33 §§ 5 Abs. 2 BlnStiftG, 8 Abs. 1 S. 1 BreStiftG, 9 Abs. 2 S. 1 HeStiftG, 11 Abs. 1 S. 2 MVStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 NdsStiftG, 5 Abs. 2 S. 1 HbgStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 SaarStiftG, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SHStiftG, näher o. § 13 A.I.2.b. 34 S. o. 1.b. 35 Zu der – zu verneinenden – Frage, ob eine Zusammenlegung auch auf Grundlage des § 87 Abs. 1 BGB zulässig ist, s. Karper, Zusammenlegung, S. 49 ff. 36 S. Art. 16 BayStiftG, §§ 14 Abs. 2, 3 BWStiftG, 5 BlnStiftG, 10 BbgStiftG, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 S. 2 BreStiftG, 7 S. 2 HbgStiftG, 9 Abs. 1, 2 HeStiftG, 11 Abs. 1 S. 2, 12 MVStiftG, 7 Abs. 1 S. 1, 8 NdsStiftG, 5 Abs. 2 NRWStiftG, 8 Abs. 2 RPStiftG, 7 Abs. 1 S. 1, 8 SaarStiftG, 21 Abs. 1 SaStiftG, 21 Abs. 1 SAStiftG, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2, 6 Abs. 1 S. 2 bis 5 SHStiftG, 21 Abs. 1 ThStiftG. 37 Ausf. dazu Karper, Zusammenlegung, S. 62 ff.
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meinen Vorschriften38 auf die andere Stiftung übertragen wird. Das setzt zuvor i. d. R. entsprechende Satzungsänderungen bei den beteiligten Stiftungen voraus.39 Bei einer Zusammenlegung werden dagegen alle beteiligten Stiftungen aufgehoben und in einer neuen Stiftung zusammengefasst, deren Satzung von der Aufsichtsbehörde in Abstimmung mit den Organen der beteiligten Stiftungen erlassen wird.40 Dabei bestimmen die meisten Stiftungsgesetze, dass die Vermögensübertragung hier nicht im Wege der Liquidation mit anschließender Einzelrechtsnachfolge, sondern im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt.41 Bei der Zulegung und Zusammenlegung handelt sich somit um eine Art stiftungsspezifischer Verschmelzung (vgl. § 2 UmwG), wobei als übertragende, übernehmende und neue Rechtsträger42 jeweils nur Stiftungen in Betracht kommen. Hiervon zu unterscheiden ist die bloße verwaltungsmäßige Zusammenfassung mehrerer Stiftungen. Sie führt nicht zu einem Erlöschen (einer) der beteiligten Stiftungen. Vielmehr bleiben Rechtsfähigkeit, Zweckbestimmung, Organisationsverfassung und Vermögensbestand aller beteiligten Stiftungen unberührt. Vermindert wird lediglich der Verwaltungsaufwand etwa durch Einrichtung einer gemeinsamen Geschäftsstelle.43 Die Voraussetzungen einer Zulegung und Zusammenlegung differieren je nachdem, ob sie von den Organen der Stiftungen beschlossen oder von der ___________ 38 Zum Teil wird die Ansicht vertreten, § 82 S. 2 BGB finde Anwendung, so Seifart/ v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 43 m. w. Nw. 39 Näher Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 41. 40 Die beteiligten Stiftungen erlöschen endgültig und leben auch nicht etwa bei einer späteren Aufhebung der neuen Stiftung wieder auf, vgl. Art. 16 Abs. 1 S. 3 BayStiftG, §§ 12 S. 3 und 4 MVStiftG, 5 Abs. 2 S. 2 und 3, 6 Abs. 1 S. 3 bis 5 SHStiftG. 41 §§ 14 Abs. 2 S. 4 BWStiftG, 5 Abs. 3 S. 2 BlnStiftG, 12 S. 3 MVStiftG, 7 Abs. 4 S. 2 SaarStiftG, 5 Abs. 2 S. 3, 6 Abs. 1 S. 5 SHStiftG. Im Blick hierauf wird die Gesetzgebungskompetenz der Länder in der Lit. teilweise in Zweifel gezogen, s. MünchKomm/Reuter, BGB, § 87 Rdnr. 16; Stengel, HeStiftG, § 9 Anm. 6. Indes zu Unrecht, vgl. § 88 S. 2 Hs. 2 BGB und hierzu Begr. RegE, BT-Drs. 14/8765, S. 12. 42 In § 3 UmwG ist die Stiftung (daher) nicht genannt. 43 Zur Kooperation von Stiftungen im Allgemeinen s. die Beiträge von Eilinghoff/Meyn und Walkenhorst in: Bertelsmann Handbuch, S. 725 ff., 739 ff.; zur Tätigkeit des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft e.V. auf dem Gebiet der Stiftungsverwaltung s. Erhardt/Mecking in: Bertelsmann Handbuch1, S. 915, 932 ff.; zu einer Statistik der 15 größten Stiftungsverwaltungen s. Bundesverband, Verzeichnis4, S. A. 16 (die größte war der Ev.-Luth. Pfründestiftungsverband, der 1700 Stiftungen verwaltet (!), die „kleinste“ die Maecenata Management GmbH mit 37 Stiftungen).
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Behörde verfügt wird. Zu beachten ist in jedem Fall zweierlei. Erstens darf die Maßnahme nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Stifter der beteiligten Stiftungen widersprechen. Das gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB vorliegen. Zweitens ist erforderlich, dass die beteiligten Stiftungen über identische, teilidentische oder zumindest sehr ähnliche Zwecksetzungen verfügen. Sofern die Voraussetzungen für eine Zweckänderung oder -erweiterung vorliegen (s. o. § 13), kann diese Voraussetzung freilich durch vorangehende Satzungsänderungen geschaffen werden. Im Übrigen ist zu unterscheiden: Wird die Zulegung oder Zusammenlegung von der Behörde verfügt, so müssen bei denjenigen Stiftungen, die aufgelöst werden, die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB vorliegen. Wird die Zulegung oder Zusammenlegung dagegen von den Stiftungen beschlossen, so hängen die Voraussetzungen hierfür von den statutarischen und landesrechtlichen Bestimmungen im Einzelfall ab. Nach der Mehrzahl der Landesgesetze ist, wenn die Satzung nichts anderes vorsieht, auf Seiten der Stiftungen, die aufgelöst werden, eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse erforderlich, aber auch ausreichend (s. o. b. sowie § 13 A.I.2.b.). Die Beschlüsse bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
II. Statutarische Auflösungsgründe Nicht selten werden in Stiftungssatzungen die gesetzlichen Auflösungsgründe (teilweise) wiederholt. Soweit hiermit keine Regelungen organisationsverfassungsrechtlicher Art (z. B. über Zuständigkeit oder Beschlussquoren) verbunden sind, kommt dem insofern (nur) klarstellende Bedeutung zu, als dies verdeutlicht, dass der Stifter die (angegebenen) gesetzlichen Auflösungsgründe in seinen Willen aufgenommen hat. Umgekehrt kann nämlich der Stifter die gesetzlichen Auflösungsgründe teils abbedingen, teils Handlungsmaßstäbe für den Fall ihres Vorliegens festlegen. So kann er bspw. bestimmen, dass eine Vereinigung mit anderen Stiftungen (unter Auflösung „seiner“ Stiftung) nicht in Betracht kommt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB verbleiben dann nur die dort genannten Handlungsalternativen. Und im Blick auf diese kann er ferner bestimmen, dass eine Zweckänderung ebenfalls ausscheidet, so dass die Stiftung ggf. aufgelöst, liquidiert und das verbleibende Vermögen an die verfassungsmäßig bestimmten Anfallberechtigten ausgekehrt werden muss. Aus Sicht dieser Arbeit von größerem Interesse sind freilich die über die gesetzlichen Auflösungsgründe hinausgehenden satzungsmäßigen Auflösungsgründe. Als Auflösungsgründe im formellen Sinne kommen in Betracht: – der Ablauf einer vorgegebenen Frist,
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– der Eintritt einer auflösenden Bedingung, – ein Beschluss durch die zuständigen Stiftungsorgane. Im Einzelnen: 1. Fristablauf Dass der Stifter die Stiftung befristet errichten kann, ist grundsätzlich anerkannt.44 Bestimmt der Stifter im Stiftungsgeschäft oder in der Stiftungssatzung für den Bestand der Stiftung (nicht des Stiftungsgeschäfts, dazu u. III.1.) eine Frist, so wird die Stiftung mit Ablauf der Frist ipso iure aufgelöst.45 Für die Berechnung der Frist gelten die §§ 186 ff. BGB. Neben einem bestimmten Zeitraum kann auch ein bestimmtes Enddatum oder ein anderes Ereignis vorgesehen werden, dessen Eintritt gewiss ist,46 wie z. B. der Tod bestimmter Personen oder das Ausscheiden bestimmter natürlicher Personen aus einem Stiftungsorgan. 2. Auflösende Bedingung Ferner kann der Stifter im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung auflösende Bedingungen vorsehen, bei deren Eintritt die Stiftung aufgelöst wird.47 Dem wird freilich entgegengehalten, dass es eine nur bedingt entstandene juristische Person nicht geben könne.48 Das ist jedoch unrichtig. Vielmehr ist auch im Verbandsrecht anerkannt, dass – soweit keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen49 – im Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung Bedingungen, also ungewisse zukünftige Ereignisse als Auflösungsgründe vorgesehen werden können.50 Soll die Stiftung bei ___________ 44 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 4 Rdnr. 64, § 12 Rdnr. 3, 26; Soergel/ Neuhoff, BGB, § 87 Rdnr. 12; Lutter in: NPLYB 2004, S. 43, 45; Jeß, Verhältnis, S. 111 f. 45 MünchKomm/Reuter, BGB, § 88 Rdnr. 1. 46 Vgl. BGH, LM § 158 Nr. 14. 47 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 3, 27; Soergel/Neuhoff, BGB, § 87 Rdnr. 12; Palandt/Heinrichs, BGB, § 87 Rdnr. 3; Erman/O. Werner, BGB, § 87 Rdnr. 6, 88 Rdnr. 2; Ebersbach, Handbuch, S. 142; Jeß, Verhältnis, S. 112; Thiesing, DJZ 1913, 318, 322. 48 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 30; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 13; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 40. 49 Bei der Aktiengesellschaft ist streitig, ob satzungsmäßige Auflösungsgründe vorgesehen werden können, vgl. § 262 Abs. 2 AktG einerseits und § 23 Abs. 5 AktG andererseits sowie dazu statt anderer Hüffer, AktG, § 262 Rdnr. 7 m. w. Nw. 50 Vgl. nur MünchKomm/Ulmer, BGB, Vor § 723 Rdnr. 21; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 60 Rdnr. 74 f.
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Eintritt der Bedingung ipso iure aufgelöst sein, so setzt dies freilich voraus, dass sich ihr Eintritt mit ähnlicher Eindeutigkeit feststellen lässt wie ein Fristablauf.51 Nicht ausreichend bestimmt wäre etwa eine Bedingung, wonach die Unmöglichkeit der Zweckverfolgung, eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse, eine Verarmung des Stifters oder grober Undank der Destinatäre eine Auflösung der Stiftung ipso iure zur Folge hat. Dergleichen Bestimmungen können jedoch durch Umdeutung (§ 140 BGB) als Auflösungsgründe im materiellen Sinne mit der Folge aufrechterhalten werden, dass die Stiftung bei Eintritt derartiger Umstände auflösungsreif ist und die Stiftungsorgane gehalten sind, eine Auflösung der Stiftung zu beschließen (s. u. 3.). Dem Bestimmtheitsgebot genügen würden dagegen beispielsweise Bedingungen, wonach ein Wegfall der Steuerbegünstigung der Stiftung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Stifters oder eines (anderen) Anfallberechtigten oder das Absinken des realen Stiftungsvermögens unter einen bestimmten Betrag zu einer Auflösung der Stiftung führen. Dabei ergibt sich aus dem Bestimmtheitsgebot auch, dass die Aufzählung auflösender Bedingungen stets abschließend zu verstehen ist. 3. Beschluss Abgesehen von den Fällen einer auflösenden Befristung oder Bedingung tritt die Auflösung der Stiftung nicht ipso iure ein, sondern setzt entweder einen Hoheitsakt (s. o. I.2., B.III.) oder einen auf die Auflösung gerichteten – und durch die Aufsichtsbehörde zu genehmigenden – Beschluss der Stiftungsorgane voraus (näher u. B.II.). Der Auflösungsbeschluss seinerseits ist nur wirksam, wenn die gesetzlichen oder statutarischen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Bundesrechtlich ist § 87 Abs. 1 BGB zu prüfen (s. o. I.1.b.). Landesrechtlich bedarf es hingegen zumeist „nur“ einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse (s. o. I.2.b.). Der Stifter kann jedoch auch Abweichendes bestimmen. Folgende Gestaltungsmöglichkeiten stehen ihm zu Gebote: a) Eintreten satzungsgemäß bestimmter Umstände Anstatt die Auflösung der Stiftung an den Eintritt von auflösenden Bedingungen zu knüpfen, kann der Stifter Auflösungsgründe im materiellen Sinne angeben, bei deren Vorliegen die Stiftung auflösungsreif ist und aufgelöst wird, wenn die zuständigen Stiftungsorgane einen dahingehenden Beschluss fassen. Das dürfte unstreitig sein.52 Die Auflösungsgründe müssen derart be___________ 51 Vgl. Scholz/K. Schmidt und MünchKomm/Ulmer, wie vor. 52 Vgl. statt anderer Staudinger/Rawert, BGB, § 87 Rdnr. 19 f.
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stimmt sein, dass sie einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sind. Das schließt freilich weder die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe mit Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsseite noch die Einräumung eines Ermessensspielraums auf der Rechtsfolgenseite zugunsten der Stiftungsorgane aus.53 Auch wenn der Stifter Auflösungsgründe im materiellen Sinne festlegt, so ist deren Aufzählung grundsätzlich abschließend zu verstehen und eng auszulegen.54 Das bedeutet freilich nicht, dass deren sinngemäße Anwendung in jedem Fall ausgeschlossen wäre, zumal dann nicht, wenn schon der Wortlaut der betreffenden Bestimmung entsprechend offen gefasst ist. Entscheidend ist vielmehr stets und alleine der wirkliche oder mutmaßliche Stifterwille. Das Bestimmtheitsgebot steht dem nicht entgegen, da der Auflösungsgrund im formellen Sinne der Organbeschluss ist und sich dessen Vorliegen eindeutig feststellen lässt. b) Freies Ermessen Oben (§ 13 A.II.3.) wurde dargelegt und ausführlich begründet, dass der Stifter sich das – organschaftliche – Recht vorbehalten oder den Destinatären – nicht aber Dritten! – einräumen kann, die Satzung der Stiftung nach freiem Ermessen durch Beschluss zu ändern und auch die Stiftung aufzulösen. Dem ist an dieser Stelle nichts hinzuzufügen (s. aber auch u. III.3.).
III. Beendigung der Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts Von den vorstehenden statutarischen Gründen für eine Auflösung der Stiftung streng zu unterscheiden sind gewillkürte Gründe für die Aufhebung des Stiftungsgeschäfts.55 Der Unterschied besteht darin, dass diese rechtsgeschäftlichen Gründe nicht unmittelbar zu einer Auflösung der Stiftung führen, sondern nur die Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts nachträglich mit der Folge entfallen lassen, dass der Stifter einen Anspruch auf Rückgewähr des von ihm der Stiftung zugewendeten Vermögens erwirbt. Nur wenn durch diese Rückgewähr die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich wird, ist die Stiftung gemäß § 87 Abs. 1 BGB aufzulösen (s. o. I.1.c.). Dieser Weg bietet sich also vor allen Dingen für Zustifter an, zumal diese normalerweise ___________ 53 S. o. § 13 A.II.4. 54 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 28. 55 Enthält das Stiftungsgeschäft eine auflösende Bedingung, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob deren Eintritt das Stiftungsgeschäft entfallen lassen oder ein Auflösungsgrund sein soll.
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keinen Einfluss auf die Stiftungssatzung haben und daher gar nicht in der Lage sind, entsprechende Auflösungsgründe vorzusehen. Gleichwohl sind die folgenden Ausführungen aus der Sicht des Stifters geschrieben; denn dass ein Zustifter seine Zuwendungen befristen, bedingen oder unter einen Widerrufsvorbehalt stellen kann, erscheint vergleichsweise unproblematisch. 1. Befristung Oben (II.1.) wurde festgestellt, dass der Stifter die Stiftung nicht nur auf unbestimmte, sondern auch auf bestimmte Zeit errichten kann. Erst recht kann er daher das Stiftungsgeschäft befristen; denn dies hat, wie soeben geschildert wurde, für die Stiftung weniger einschneidende Folgen. 2. Bedingung Dementsprechend kann der Stifter auch eine auflösende Bedingung vorsehen. Dem wird freilich entgegengehalten, dass das Stiftungsgeschäft aufgrund seiner Rechtsnatur als Organisationsakt bedingungsfeindlich sei; denn im Interesse des Rechtsverkehrs müsse eine Unsicherheit über den Bestand der Stiftung vermieden werden. Eine nur bedingt entstandene juristische Person könne es nicht geben.56 Dass dieser letzte Satz falsch ist, wurde oben (II.2.) bereits dargelegt. Falsch ist aber auch die Behauptung, das Stiftungsgeschäft sei bedingungsfeindlich;57 denn nicht das Stiftungsgeschäft, sondern die Anerkennung ist der für die Entstehung der Stiftung entscheidende Rechtsakt.58 Nur dieser Verwaltungsakt ist daher bedingungsfeindlich.59 Infolge eines bedingten Stiftungsgeschäfts entsteht dagegen keine bedingte juristische Person und insofern auch keine Rechtsunsicherheit über deren Bestand. Ist das Stiftungsgeschäft aufschiebend bedingt, so muss allerdings der Eintritt der Bedingung abgewartet werden, bevor die Anerkennung erteilt wird; denn zuvor ist das Stif-
___________ 56 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 30; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 13; Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 40. 57 Ebenso BGH, StiftRspr. III, S. 89, 94 f.; BGH, StiftRspr. III, S. 89, 94 f.; Staudinger/ Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 6; Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, § 80 Rdnr. 3; Kronke, Stiftungstypus, S. 15 f., 49. 58 S. o. I.1.c. sowie eingangs § 6. 59 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 216 m. w. Nw., näher o. § 6 D.II.
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tungsgeschäft ja noch nicht wirksam, § 80 S. 1 i. V. m. § 158 Abs. 1 BGB.60 Der Ausfall einer auflösenden Bedingung muss hingegen nicht abgewartet werden, bevor die Anerkennung erfolgt.61 3. Widerrufsvorbehalt Teilweise wird in der Literatur die Ansicht vertreten, der Stifter könne sich im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung ein Widerrufsrecht vorbehalten.62 Dabei wird freilich nicht ganz klar, was hiermit gemeint ist. Auf den ersten Blick hat man den Eindruck, als könne der Stifter ggf. die Stiftung selbst, also die juristische Person widerrufen. Das ist freilich, wie auf der Hand liegt, nicht möglich.62a In Betracht kommen vielmehr nur zwei Möglichkeiten. Zum einen kann ein Widerrufsvorbehalt als organschaftliche Befugnis, die Stiftung nach freiem Ermessen durch Beschluss aufzulösen (s. o. II.3.b.), zu verstehen sein. Zum anderen kann der Stifter sich das Recht vorbehalten wollen, das Stiftungsgeschäft nach Belieben mit der Folge ex tunc aufzuheben, dass die Stiftung dem Stifter das von ihm ihr zugewandte Vermögen nach den Grundsätzen einer ungerechtfertigten Bereicherung herausgeben müsste. Dieses zuletzt genannte Verständnis liegt näher; denn unter einem Widerruf versteht man die einseitige Aufhebung einer Willenserklärung durch nachträgliche Gegenerklärung.63 Dabei steht die Gegenerklärung, also der Widerruf, typischerweise im freien Belieben des Berechtigten und bewirkt die rückwirkende Aufhebung der Vorerklärung.64 Fraglich ist indes, ob ein solcher Widerrufsvorbehalt im Stiftungsgeschäft zulässig ist; denn hierdurch würde die Verbindlichkeit des Stiftungsgeschäfts relativiert. Widerrufsrechte – ebenso wie Rücktritts-, Kündigungs- und andere Lösungsrechte – ___________ 60 Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 6; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 30. Wird die Anerkennung gleichwohl schon zuvor erteilt, hindert das die Entstehung der Stiftung freilich nicht. Die Stiftung hat dann lediglich noch keinen Anspruch auf Erfüllung des Zuwendungsversprechens. Stellt sich heraus, dass weder der Bedingungseintritt noch ein anderweitiger Mittelerwerb absehbar ist, muss die Stiftung wieder nach § 87 BGB aufgehoben werden. 61 A. A. MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 30. 62 So Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 42 Rdnr. 3, 9 m. w. Nw. sowie im Anschluss an ihn Binz/Sorg, DStR 1994, 229, 232. In Österreich kann der Stifter gemäß § 34 PSG für ein solches Widerrufsrecht optieren, Stern in: Stiftungen in Deutschland und Europa, S. 261, 263; Doralt/Kalss in: Stiftungen in Europa, S. 419, 437 f. 62a Das ist auch in Österreich nicht anders. Zwar heißt es in § 34 PSG, der Stifter könne die Stiftung widerrufen. Rechtsfolge ist jedoch gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 1 PSG, dass der Stiftungsvorstand einen einstimmigen Auflösungsbeschluss zu fassen hat. 63 Vgl. Düll, Widerruf, S. 3; Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 319. 64 Vgl. Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 323 ff.
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stehen in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Grundsatz „pacta sunt servanda“. Zugleich führen sie damit zu einer gewissen Rechtsunsicherheit, zumal wenn sie – wie typischerweise ein Widerruf – rückwirkende Kraft haben und damit u. U. zu Rückabwicklungsproblemen führen. So betreffen die gesetzlichen Widerrufsrechte denn auch zumeist Fallgestaltungen, in denen die Vorerklärung entweder noch nicht endgültig wirksam geworden oder ein Rechtsgeschäft schwebend unwirksam ist oder die von der Willenserklärung intendierten Rechtsfolgen noch nicht eingetreten sind bzw. noch nicht vollzogen wurden, vgl. §§ 109, 130 Abs. 1 S. 2, 178, 183, 790, 1366 Abs. 2, 1427 Abs. 2, 1453 Abs. 2, 1830, 2253 ff., 2271 BGB. In all diesen Fällen stellen sich die vorgenannten Fragen nicht oder doch nicht in der selben Schärfe. Zu dieser ersten Fallgruppe von gesetzlichen Widerrufsrechten zählt auch § 81 Abs. 2 S. 1 BGB,65 wonach der Stifter bis zur Anerkennung der Stiftung zum Widerruf des Stiftungsgeschäfts berechtigt ist.66 Daneben finden sich freilich auch Widerrufsrechte, bei denen auch dann noch eine Aufhebung der Vorerklärung möglich ist, wenn das Rechtsgeschäft, dessen Teil die Willenserklärung ist, vollwirksam und bereits in Vollzug gesetzt ist. Funktional handelt es sich bei dieser zweiten Fallgruppe um Kündigungs- (so in den Fällen der §§ 168 S. 2., 671 Abs. 1 Fall 1 BGB) oder Rücktrittsrechte (so namentlich im Fall des § 530 BGB).67 Und zu dieser zweiten Fallgruppe würde auch ein Widerrufsrecht der hier fraglichen Art zählen. Funktional wäre es also als Vorbehalt eines freien Kündigungsbzw. Rücktrittsrechts anzusehen. Nun ist es im Gesellschaftsrecht anerkannt, dass den Mitgliedern ein freies Kündigungsrecht zustehen oder – soweit nicht zwingende Vorschriften entgegenstehen (so § 23 Abs. 5 AktG) – eingeräumt werden kann, wobei insbesondere zwischen einer auflösenden Kündigung, die eine Auflösung des Verbandes zur Folge hat, und einer Austrittskündigung, die zu einem Ausscheiden des kündigenden Mitglieds und ggf. zu seiner Abfindung führt, zu ___________ 65 Hierher gehören ferner die Fälle eines „versteckten“ Widerrufsrechts, vgl. Medicus, AT, Rdnr. 306. 66 Dabei lässt die Formulierung dieser Vorschrift keine Schlüsse in Bezug auf die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit eines darüber hinaus gehenden Widerrufsvorbehalts zu. 67 Zwischen diesen verschiedenen Fallgruppen gibt es freilich auch Überschneidungen. So sind etwa die §§ 312, 495, 503 BGB funktional ebenfalls den Rücktrittsrechten zuzuordnen (vgl. §§ 355, 358 BGB), wiewohl sie konstruktiv einen wirksamen Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist nicht entstehen lassen, vgl. Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 324 f.
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unterscheiden ist.68 Diese gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechte sind Ausdruck des durch den Gesellschaftsvertrag begründeten mitgliedschaftlichen Dauerrechtsverhältnisses. Ein solches Dauerrechtsverhältnis begründet das Stiftungsgeschäft für den Stifter jedoch gerade nicht. Vielmehr ist er regelmäßig nur zu einer einmaligen Leistung, nämlich zur Erfüllung seines Zuwendungsversprechens verpflichtet. Bei auf eine einmalige Leistung gerichteten Schuldverhältnissen kann freilich ein Rücktrittsrecht vereinbart werden, § 346 BGB. Die §§ 346 ff. BGB passen hier allerdings insbesondere von ihren Rechtsfolgen her nicht. Abgesehen davon, dass diese grundsätzlich abdingbar sind,69 kann ein ähnliches Ergebnis, nämlich die Rückgängigmachung erbrachter Leistungen, indes, wie gesagt, auch durch einen rückwirkenden Widerruf mit anschließendem Bereicherungsausgleich erzielt werden.70 Dabei rechtfertigt sich die in vertraglichen Lösungsrechten liegende Abweichung von dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ eben durch ihre vertragliche Vereinbarung, also durch die Privatautonomie der Parteien. Anders gewendet ist die vertragliche Bindungswirkung von vornherein durch das vertragliche Lösungsrecht eingeschränkt.71 Die hierdurch entstehende Rechtsunsicherheit darf nicht überbewertet werden, da sich die Parteien auf die mangelnde Endgültigkeit der Rechtslage (anders als vielfach bei gesetzlichen Lösungsrechten) einstellen können. Problematischer ist demgegenüber die Rückabwicklung. Bei Dauerrechtsverhältnissen führt dies dazu, dass sie nur mit ex nunc Wirkung beendet werden können, wodurch eine Rückabwicklung vermieden wird. Nun ist zwar die Stiftung als solche, also die juristische Person, auf Dauer angelegt, weswegen sie selbst ebenfalls nur mit ex nunc Wirkung beendet werden kann. Vorliegend geht es jedoch nicht um eine rückwirkende Aufhebung der Stiftung, sondern des Stiftungsgeschäfts. Und dieses ist, wie ___________ 68 Vgl. etwa §§ 723 Abs. 1 S. 1 BGB, 131 Abs. 3 Nr. 3 HGB; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 60 Rdnr. 77 f. 69 Vgl. BGHZ 86, 313, 317. 70 So entsprach es früher herrschender Meinung, dass ein Rücktritt das betreffende Schuldverhältnis als ganzes ex tunc zum Erlöschen bringe und durch das gesetzliche Schuldverhältnis gemäß §§ 346 ff. BGB ersetze. Hilfsweise sollten die §§ 812 ff. BGB anwendbar sein, vgl. RGZ 50, 266; BGHZ 16, 153, 156; aus der Lit. Enneccerus/ Lehmann, Schuldverhältnisse, S. 164 ff. 71 Grenzen hierfür bestehen allerdings nach § 308 Nr. 3 BGB. Mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist diese Bestimmung jedoch nicht auf den hier in Frage stehenden Fall übertragbar. Vielmehr legt sie einen Umkehrschluss nahe, dass außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 305 ff. BGB derartige Beschränkungen nicht gelten.
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gesagt, kein Dauerschuldverhältnis, sondern verpflichtet den Stifter regelmäßig nur zu einer einmaligen Leistung, nämlich der Erfüllung des Zuwendungsversprechens.72 Die in Erfüllung des Zuwendungsversprechens erbrachten Leistungen lassen sich aber ohne besondere Schwierigkeiten nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen rückabwickeln, zumal es sich um einseitige Leistungen handelt. Dabei kann dem Schutz der Stiftungsgläubiger, wenn die Rückgewähr des Grundstockvermögens nicht ohnehin zu einer Auflösung der Stiftung wegen Unmöglichkeit einer weiteren Zweckverfolgung zwingt, durch analoge Anwendung der §§ 50–53 BGB Genüge getan werden.73 Nach allem erscheint die Aufnahme eines Widerrufsvorbehalts im Stiftungsgeschäft zivilrechtlich zulässig. Allerdings sind die zuständigen Behörden in der Regel nicht bereit, eine Stiftung anzuerkennen, bei der das Stiftungsgeschäft einen solchen Vorbehalt enthält. Vielmehr wird der Stifter darauf verwiesen, die Stiftung erst dann zu errichten, wenn er sich seiner Entscheidung sicher sei.74 Gegen diese Praxis liegt zunächst der Einwand nahe, dass sich die Anerkennung nicht auf das Stiftungsgeschäft, sondern ausweislich von § 80 Abs. 2 Hs. 1 BGB auf die Stiftung bezieht.75 Darum geht es hier jedoch nicht. Vielmehr ist gemäß § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB eine zentrale Voraussetzung der Anerkennung, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks „gesichert erscheint“. Genau dies wird jedoch in Frage gestellt, wenn das Stiftungsgeschäft unter einem Widerrufsvorbehalt steht; denn durch die Ausübung des Widerrufsrechts kann der Stifter der Stiftung das für die Zweckerfüllung notwendige Vermögen wieder entziehen. Indes ist anerkannt, dass eine Stiftung nicht auf unbegrenzte Dauer errichtet werden muss. Vielmehr kann sie, wie dargelegt wurde (s. o. II.1.,2.), auch auflösend befristet und bedingt werden. Eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks muss daher richtigerweise nur für den Zeitraum ihres Bestehens gewährleistet sein. Und das Merkmal der Dauer schließt nur kurzfristige Vorhaben aus.76 Dabei ist ein bestimmter Mindestzeitraum nicht vorgesehen. Eine Versagung der Stiftungsanerkennung ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn sich bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung abzeichnet, dass ___________ 72 Anders ist dies nur, wenn das Zuwendungsversprechen in der Zusage laufender oder wiederkehrender Leistungen besteht. 73 S. o. § 18 B.II. 74 Binz/Sorg, DStR 1994, 229, 232. 75 S. o. I.1.c. sowie etwa Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 214; Staudinger/Rawert, BGB, § 80 Rdnr. 30. 76 S. o. § 5 C.I.1.b.
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die Stiftung voraussichtlich bloß für einen so unbedeutenden Zeitraum bestehen wird, dass sich der Aufwand ihrer Errichtung und alsbaldigen Auflösung nicht lohnt, bzw. hiervon Gefahren für den Verkehr ausgehen. Ist das Stiftungsgeschäft unwirksam, ist dies daher ein Versagungsgrund. Steht das Stiftungsgeschäft dagegen unter einem Widerrufsvorbehalt, rechtfertigt dies allein eine Versagung nicht; denn regelmäßig ist anzunehmen, dass der Stifter ein Interesse an dem ungestörten Fortbestand der Stiftung hat und der Widerrufsvorbehalt daher nur als „Notbremse“ gedacht ist.77 Eine andere Beurteilung wäre nur gerechtfertigt, wenn Anhaltspunkte für eine mangelnde Ernstlichkeit der Stiftungserrichtung bestehen.
B. Verfahren und Zeitpunkt der Auflösung Hinsichtlich des Verfahrens und des Zeitpunkts der Auflösung ist danach zu unterscheiden, ob die Auflösung ipso iure bei Eintritt eines tatsächlichen Ereignisses, durch Beschluss oder durch Hoheitsakt erfolgt.
I. Auflösung ipso iure Erfolgt die Auflösung ipso iure, so ist die Stiftung aufgelöst, sobald das betreffende tatsächliche Ereignis eingetreten ist. Eines Beschlusses der Stiftungsorgane bedarf es in diesem Fall grundsätzlich ebenso wenig wie einer Genehmigung der Stiftungsaufsichtsbehörde78. Der Rechtssicherheit halber empfiehlt sich gleichwohl die Fassung eines den Eintritt des tatsächlichen Ereignisses feststellenden Beschlusses, seiner Bekanntgabe an die zuständigen Behörde verbunden mit dem Antrag auf Erlass eines die Auflösung bestätigenden Feststellungsbescheids.
II. Auflösungsbeschluss 1. Verfahren Soweit die Fassung eines Auflösungsbeschlusses erforderlich ist, ist hierfür grundsätzlich der Stiftungsvorstand zuständig. Nach der gesetzlichen Regel___________ 77 S. Binz/Sorg, DStR 1994, 229, 232. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass der Stifter, gehe es ihm nur darum, ebenso gut das Widerrufsrecht etwa auf das Vorliegen wichtiger Gründe beschränken könnte – was aus der Sicht der Stiftungsbehörden unproblematischer sein dürfte; denn damit ist der Streit vorprogrammiert, was diese Gründe sind und ob ein solcher vorliegt. Genau das aber gilt es aus Sicht des Stifters zu vermeiden. 78 A. A. Ebersbach, Handbuch, S. 142, wie hier MünchKomm/Reuter, BGB, § 88 Rdnr. 1.
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verfassung ergibt sich dies bereits aus seiner Allzuständigkeit (s. o. § 10 C.). Verfügt die Stiftung über ein Kontroll- oder eigenständiges Willensbildungsorgan, so bietet es sich freilich an, dass diese an der Entscheidung mitwirken oder ihnen die Entscheidung ganz übertragen wird. In der Literatur wird überdies hervorgehoben, dass der Stifter die Entscheidung über die Auflösung der Stiftung auch Dritten überlassen könne.79 Manche Stiftungsgesetze stellen dies auch ausdrücklich klar.80 Gleichwohl werden hiergegen verschiedentlich Bedenken unter dem Gesichtspunkt der „Stiftungsautonomie“ erhoben. Diese Bedenken beruhen freilich auf einem verfehlten Verständnis des Autonomiebegriffs.81 Überdies wird übersehen, dass hierin lediglich die Einrichtung eines weiteren (besonderen) Stiftungsorgans zu sehen ist.82 Des Weiteren kann die Satzung Bestimmungen über das bei einem Auflösungsbeschluss einzuhaltende Verfahren, insbesondere über die erforderlichen Beschlussquoren vorsehen. Enthält die Stiftungssatzung keine Bestimmung über ein Beschlussquorum, so gilt in Abweichung von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB das Einstimmigkeitsprinzip (s. o. § 12 B.II.5.a.bb.). Haben die zuständigen Stiftungsorgane den Auflösungsbeschluss gefasst, so hat der Vorstand den Beschluss der Stiftungsaufsicht zur Genehmigung vorzulegen und ihr gegenüber zu vertreten. 2. Genehmigung Der Auflösungsbeschluss bedarf nach den meisten Stiftungsgesetzen der Länder zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.83 Dabei hat sie – wie stets – allein die Rechtmäßigkeit, nicht aber die Zweckmäßigkeit der Auflösung zu prüfen. In erster Linie kommt es dabei darauf an, ob die Auflösung dem wahren oder mutmaßlichen Stifterwillen entspricht. Nachdem der Wille des Stifters im Zweifel auf einen ungestörten Fortbestand der Stiftung gerichtet ist, bedarf dies besonders sorgfältiger Prüfung. ___________ 79 So etwa Siegmund-Schultze, NdsStiftG, § 7 Anm. 4; ferner – wenn auch mit Bedenken – Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 28. 80 § 7 Abs. 3 S. 2 NdsStiftG. 81 S. o. § 13 A.II.2.d. 82 S. o. § 9. 83 §§ 14 Abs. 2 S. 2 BWStiftG, 5 Abs. 1 S. 3 BlnStiftG, 10 Abs. 1 S. 2 BbgStiftG, 8 Abs. 2 S. 1 BreStiftG, 7 Abs. 3 S. 1 HbgStiftG, 9 Abs. 1 S. 3 HeStiftG, 11 Abs. 2 S. 3 MVStiftG, 7 Abs. 3 S. 3 NdsStiftG, 5 Abs. 2 S. 3 NRWStiftG, 8 Abs. 3 RPStiftG, 7 Abs. 3 S. 2 SaarStiftG, 21 Abs. 3 S. 2 SaStiftG, 21 Abs. 3 S. 2 SAStiftG, 5 Abs. 2 S. 1 SHStiftG, 21 Abs. 3 S. 2 ThStiftG.
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3. Zeitpunkt Die Stiftung ist aufgelöst, sobald die Genehmigung des Auflösungsbeschlusses unanfechtbar geworden ist.
III. Aufhebung durch Hoheitsakt Drei Fälle sind zu unterscheiden: 1. Liegen die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB bzw. der entsprechenden Landesbestimmungen vor, so kann die Stiftungsaufsichtsbehörde, sofern die Stiftungsorgane auch nach Anhörung (§ 87 Abs. 3 BGB) nicht tätig werden, unter den dort genannten Voraussetzungen die Stiftung auch ohne Mitwirkung der zuständigen Stiftungsorgane als ultima ratio aufheben. Hebt die Behörde die Stiftung auf, so kann die Stiftung, vertreten durch den Stiftungsvorstand Widerspruch und Anfechtungsklage erheben. Die Stiftung ist aufgelöst, sobald der Aufhebungsbescheid unanfechtbar geworden ist. 2. Hoheitsakt ist auch der Beschluss über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bzw. dessen Ablehnung mangels Masse. Sobald er rechtskräftig ist, tritt die Auflösungswirkung ein. 3. Dagegen kennt das Stiftungsrecht anders als das Verbandsrecht84 keine regelrechte Auflösungsklage. Nicht hierher gehören insbesondere die Fälle, in denen ein Gericht über eine Streitigkeit namentlich zwischen der Stiftung und der Stiftungsaufsichtsbehörde über die Auflösung entscheidet; denn Auflösungsgrund ist in einem solchen Fall nicht das Urteil, sondern der streitgegenständliche Auflösungsbeschluss bzw. Aufhebungsbescheid, dessen Rechtmäßigkeit bestätigt wird.
___________ 84 S. etwa §§ 131 Abs. 1 Nr. 4, 133 HGB, 60 Abs. 1 Nr. 3, 61 sowie auch 75 GmbHG.
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§ 27 Liquidation, Vermögensanfall und Vollbeendigung Sobald die Stiftung aufgelöst ist, tritt sie – regelmäßig – in das Liquidationsstadium ein.
A. Liquidation Bei der Liquidation handelt es sich um ein Abwicklungsverfahren mit dem Ziel, „die laufenden Geschäfte zu beendigen, ausstehende Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss an die Anfallberechtigten auszuantworten“, § 49 Abs. 1 Satz 1 BGB. M. a. W. sollen zunächst alle vermögensmäßigen Pflichten des Rechtsträgers erfüllt und sodann alle seine vermögensmäßigen Rechte übertragen und auf diese Weise seine Rechtsträgerschaft beendet werden. Erst wenn der Rechtsträger sich aller vermögensmäßigen Rechte und Pflichten entledigt hat und er damit gleichsam nur noch eine leere Hülle ist, tritt Vollbeendigung ein (s. u. D). Sinn und Zweck des Liquidationsverfahrens ist dabei in erster Linie der Gläubigerschutz, daneben der Schutz des Rechtsverkehrs (Rechtssicherheit) sowie der Anfallberechtigten.
I. Notwendigkeit der Durchführung eines Liquidationsverfahrens Demzufolge bedarf es in zwei Fällen keiner Durchführung eines Liquidationsverfahrens, nämlich erstens, wenn infolge der Auflösung eine Gesamtrechtsnachfolge eintritt. Hauptfall im Stiftungsrecht ist der Anfall des Stiftungsvermögens an den Fiskus, § 88 S. 3 i. V. m. § 46 BGB (näher u. C.). Eine Gesamtrechtsnachfolge ist ferner zumeist bei einer Zusammenlegung von mehreren Stiftungen vorgesehen.1 Zweitens ist die Durchführung eines Liquidationsverfahrens entbehrlich, wenn die Stiftung über keinerlei Aktivvermögen (mehr) verfügt, mit dem Forderungen von Gläubigern erfüllt und/oder das an Anfallberechtigte ausgekehrt werden könnte. Hierbei dürfte es sich freilich um Ausnahmefälle handeln. Zu denken ist etwa an eine Stiftung, bei der sich nach der Anerkennung, aber vor der Vermögensübertragung herausstellt, dass das Stiftungsgeschäft nichtig ist, oder an den Fall, dass eine Stiftung ihr gesamtes Vermögen ersatzlos verliert; denn in der___________ 1 S. o. § 26 bei Fn. 41.
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artigen Fällen ist eine Liquidation sinnlos.2 Zwar scheint der imperative Wortlaut des § 47 BGB gleichwohl die Durchführung eines Liquidationsverfahrens zu fordern. Der Wortlaut des § 47 BGB ist jedoch in vielerlei Hinsicht zu weit geraten.3 Diese Entbehrlichkeit eines Liquidationsverfahrens bei Vermögenslosigkeit bedeutet freilich nicht, dass dieser Zustand willentlich herbeigeführt werden dürfte.4 Eine Liquidation „auf kaltem Weg“ ist vielmehr generell unzulässig, weil damit die gläubigerschützenden Vorschriften des Liquidations- bzw. Insolvenzverfahrens umgangen würden.5 Bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens tritt dieses – staatlich geordnete – Abwicklungsverfahren an die Stelle des allgemeinen Liquidationsverfahrens, § 88 S. 3 i. V. m. § 47 BGB.6 Wird die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt oder deswegen nach Eröffnung wieder eingestellt (§§ 26, 207 InsO), so bleibt es dagegen bei dem allgemeinen Liquidationsverfahren.7
II. Einfluss der Liquidation auf die Verfassung der Stiftung Sowohl im Verbands- als auch im Stiftungsrecht unstreitig ist, dass die Eröffnung des Liquidationsverfahrens Einfluss auf die Verfassung des betroffenen Rechtsträgers hat. Streitig ist hingegen, welches diese Auswirkungen im Einzelnen sind. Ein kurzer Überblick soll im Folgenden genügen. 1. Grundlagen Heutzutage unstreitig ist, dass ein aufgelöster Rechtsträger bis zu seiner Vollbeendigung fortbesteht.8 Die früher verbreitete Auffassung, wie sie auch in § 49 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommt, wonach dies eine Fiktion sei, ist ___________ 2 Zutr. K. Schmidt, GR, S. 308, 310, 727; ders., Verbandszweck, S. 292 ff., 297; ders., Insolvenzrecht, S. 190 ff.; Soergel/Hadding, BGB, Vor §§ 41–53 Rdnr. 4, § 47 Rdnr. 1 f., 4; anders die h. M. vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 41 Rdnr. 4, jew. m. w. Nw. 3 Das dürfte weithin unstreitig sein, vgl. die vorstehenden Nw. 4 Die Vorschläge von Lutter in: NPLYB 2004, S. 43, 50 ff. sind daher sämtlich nicht haltbar, s. o. § 6 C.I.3. 5 S. M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindung im GmbH-Recht, S. 203 ff.; ders., ZGR 1994, 570, 585 ff.; Röhricht, FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 83, 101, 103. 6 Zu der äußerst selten auftretenden Frage einer Stiftung im Regelinsolvenzverfahren s. ausf. Fitsche, ZSt 2003, 211 ff., 243 ff. 7 Zur – berechtigten – Kritik an dieser Rechtslage (sowie zum Unterschied zwischen Masse- und Vermögenslosigkeit) s. etwa K. Schmidt, GR, S. 329 f. 8 Statt aller Soergel/Hadding, BGB, § 49 Rdnr. 1 m. w. Nw.
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überholt. Allerdings wird auch heute noch im Stiftungs- und Vereinsrecht9 verbreitet die Auffassung vertreten, die Stiftung bzw. der Verein sei nur noch insoweit rechtsfähig, als dies der Liquidationszweck erfordere.10 Dem kann – wie bereits an anderer Stelle dargelegt wurde11 – nicht gefolgt werden12. Vielmehr bleibt auch die aufgelöste, im Liquidationsstadium befindliche Stiftung juristische Person und behält ohne Einschränkung alle hiermit verbundenen Qualifikationen, neben ihrer Rechts- und Parteifähigkeit also etwa auch ihre Kaufmannseigenschaft. Das ist nicht nur ein Gebot der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes (aus welchem Grund sich die ultra-vires-Lehre zu Recht nicht hat durchsetzen können), sondern liegt auch in der Konsequenz des Fortbestehens der juristischen Person bis zu ihrer Vollbeendigung. Nach herrschender – auch von Vertretern der These des Fortbestehens der Vollrechtsfähigkeit geteilter – Auffassung soll allerdings der Liquidationszweck, also namentlich durch Befriedigung der Gläubiger und Auskehrung des verbleibenden Vermögens, sämtliche Aktiva und Passiva des Rechtsträgers auf Null zu reduzieren und dadurch die Rechtsträgerschaft zu beenden, anstelle des satzungsmäßigen Zwecks treten.13 Dem kann indes allenfalls dann zugestimmt werden, wenn der satzungsmäßige Zweck nichtig ist und daher rechtlich gar kein satzungsmäßiger Zweck vorhanden ist.14 In allen anderen Fällen wird der satzungsmäßige Zweck dagegen von dem Liquidationszweck – genauer: dem Zweck des Liquidationsverfahrens – nicht verdrängt, sondern nur überlagert.15 Dabei wird die Richtigkeit dieser Auffassung im Stiftungsrecht besonders deutlich. Es kann nämlich nicht angenom___________ 9 Anders im GmbH-, Aktien- und Genossenschaftsrecht, s. RGZ 118, 337, 340; BGHZ 14, 163, 168; aus der Lit. statt anderer Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 69 Rdnr. 1; Beuthien, GenG, § 87 Rdnr. 1; KölnKomm/Kraft, AktG, Vor § 262 Rdnr. 11. 10 So bspw. im Stiftungsrecht: Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 9; Ebersbach, Handbuch, S. 149; im Vereinsrecht: RGRK/Steffen, BGB, § 49 Rdnr. 4; Erman/H.P. Westermann, BGB, § 49 Rdnr. 5. 11 U. H. Schneider/Burgard, FS Claussen, S. 499 ff. 12 Grundlegend K. Schmidt, AcP 174 (1974), 55 ff.; im Anschluss an ihn ebenso etwa MünchKomm/Reuter, BGB, § 41 Rdnr. 20, § 49 Rdnr. 8 f.; Staudinger/Weick, BGB, § 47 Rdnr. 17; Soergel/Hadding, BGB, § 47 Rdnr. 1, 10 f. m. w. Nw. 13 So bspw. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 9; Soergel/Hadding, BGB, § 49 Rdnr. 1; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 60 Rdnr. 6; KölnKomm/Kraft, AktG, Vor § 262 Rdnr. 12; Hüffer, AktG, § 262 Rdnr. 2 m. w. Nw. 14 Bloße faktische Unmöglichkeit der weiteren Zweckverfolgung, namentlich mangels hierzu ausreichender Mittel, lässt hingegen den satzungsmäßigen Zweck nicht entfallen. 15 So zutreffend etwa Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 69 Rdnr. 3; Beuthien, GenG, § 87 Rdnr. 1; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 69 Rdnr. 2; ausf. Paura, Liquidation, S. 19 ff.
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men werden, dass der Stiftungszweck als wichtigster Ausdruck des Stifterwillens mit der Auflösung der Stiftung seine Verbindlichkeit verliert, andernfalls den Stiftungsorganen und der Stiftungsaufsicht ihr wichtigster Handlungsmaßstab abhanden käme. Ermächtigt beispielsweise der Stifter die Stiftungsorgane zur Bestimmung der Anfallberechtigten, so bietet der Liquidationszweck hierfür keinen Maßstab. Vielmehr muss sich ihre Auswahl im Rahmen der Zweckbestimmung halten,16 vgl. § 46 S. 2 BGB17. Und was für den Stiftungszweck gilt, nämlich dass er durch den Liquidationszweck nur überlagert, nicht aber verdrängt wird, gilt auch für die übrige Stiftungsverfassung: Sie bleibt unberührt, soweit §§ 46 ff. BGB nichts anderes bestimmen und der Liquidationszweck keine Abweichungen erfordert. Das bedeutet im Einzelnen: 2. Einzelheiten Für die Liquidation gelten gemäß § 88 S. 2 BGB die Vorschriften des Vereinsrechts (§§ 46–53 BGB) entsprechend. Bestimmt die Stiftungssatzung nichts anderes, so sind die Mitglieder des Stiftungsvorstands Liquidatoren, § 48 Abs. 1 BGB. Sind mehrere Liquidatoren bestellt, so müssen deren Beschlüsse – in Abweichung von § 86 S. 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 S. 3 BGB – vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmungen einstimmig gefasst werden, § 48 Abs. 3 BGB. Ihre Aufgabe ist es, die laufenden Geschäfte zu beendigen, ausstehende Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss an die Anfallberechtigten auszukehren, § 49 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dabei ist die Vertretungsmacht der Liquidatoren entgegen herrschender Auffassung18 nicht ___________ 16 Insoweit zutr. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 15. 17 Dass Vereins- und Stiftungszweck über die Auflösung hinaus zu berücksichtigen sind, kann man auch § 88 S. 3 i. V. m. § 46 S. 2 BGB sowie den entsprechenden Bestimmungen der Landesstiftungsgesetze (Art. 17 Abs. 2 BayStiftG, §§ 11 S. 2 BbgStiftG, 10 S. 2 BreStiftG, 23 HeStiftG, 13 S. 2 MVStiftG, 9 NdsStiftG, 23 Abs. 1 SaStiftG, 23 Abs. 1 und 2 SAStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 SHStiftG, 23 Abs. 1 ThStiftG) entnehmen. Danach hat der Fiskus, wenn ihm das Vermögen eines Vereins oder einer Stiftung infolge deren Auflösung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (also liquidationslos) zufällt, das Vermögen tunlichst in eine deren Zwecken entsprechenden Weise zu verwenden. Was aber für den Fiskus nach Vermögensanfall und Vollbeendigung gilt, nämlich den Stiftungs- bzw. Vereinszweck tunlichst zu respektieren, das muss erst recht für die Liquidatoren gelten. 18 Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 12; Ebersbach, Handbuch, S. 149; im Vereinsrecht etwa RGZ 146, 376, 377; RGRK/Steffen, BGB, § 49 Rdnr. 3; Erman/H.P. Westermann, BGB, § 49 Rdnr. 2.
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durch den Liquidationszweck beschränkt.19 Entsprechend beschränkt ist vielmehr nur ihre Geschäftsführungsbefugnis. Dritten gegenüber wird die Stiftung aus den von den Liquidatoren abgeschlossenen Rechtsgeschäften nur dann nicht berechtigt und verpflichtet, wenn ein Geschäft dem Liquidationszweck evident widerspricht (Missbrauch der Vertretungsmacht)20. Nach Möglichkeit haben sie auch satzungsmäßige Beschränkungen, wie insbesondere Veräußerungsverbote hinsichtlich bestimmter Vermögensgegenstände einzuhalten:21 Soweit ihre Veräußerung nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zum Zwecke der Auskehrung an die Anfallberechtigten notwendig ist, hat sie zu unterbleiben, vgl. § 49 Abs. 1 S. 3 BGB. Die betreffenden Vermögensgegenstände sind den Anfallberechtigten nach Abschluss des Liquidationsverfahren zu übereignen. Gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB haben die Liquidatoren die Auflösung bzw. die Aufhebung der Stiftung öffentlich bekanntzumachen und die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mitteilung zur Anmeldung anzuhalten, § 50 Abs. 2 BGB. Meldet sich ein bekannter Gläubiger gleichwohl nicht, so ist der geschuldete Betrag zu hinterlegen, § 52 Abs. 1 BGB. Ist aus anderen Gründen eine Berichtigung von Verbindlichkeiten nicht möglich oder eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen an die Anfallberechtigten nur ausgekehrt werden, wenn dem betreffenden Gläubiger Sicherheit geleistet ist, § 52 Abs. 2 BGB. Schließlich darf das Vermögen den Anfallberechtigten nicht vor Ablauf eines Jahres nach der Bekanntmachung der Auflösung oder Aufhebung der Stiftung ausgekehrt werden. Die Liquidatoren haften den Gläubigern für die schuldhafte Verletzung dieser Verpflichtungen als Gesamtschuldner, § 53 BGB.
___________ 19 So zu Recht K. Schmidt, AcP 174 (1974), 55, 76; sowie etwa MünchKomm/Reuter, BGB, § 49 Rdnr. 13; Soergel/Hadding, BGB, § 49 Rdnr. 13; anders die traditionelle Auffassung so Erman/H.P. Westermann, BGB, § 49 Rdnr. 2; auch BGH, NJW 1984, 982 (zur KG). Die Gegenansicht beruht auf der bereits als verfehlt gekennzeichneten Annahme einer Einschränkung der Rechtsfähigkeit der juristischen Person in der Liquidation und ist aus den dort genannten Gründen abzulehnen, vgl. auch U. H. Schneider/Burgard, FS Claussen, S. 499, 508 ff. 20 So im Ergebnis auch BGH, ZIP 1984, 312; vgl. dazu auch K. Schmidt, AcP 184 (1984), 529 ff. 21 Missverständlich Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 12. Richtig ist aber, dass etwaige Beschränkungen der Vertretungsmacht wegfallen, die dem Liquidationszweck entgegenstehen, Ebersbach, Handbuch, S. 149.
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B. Fortsetzung der Stiftung Zwei Fälle sind zu unterscheiden: Zum einen ist denkbar, dass die Stiftungssatzung Vorkehrungen enthält, insbesondere einen Träger benennt, um die Stiftung nach ihrer Auflösung als unselbständige Stiftung fortzuführen.22 Zum anderen können die zuständigen Stiftungsorgane einen Fortsetzungsbeschluss fassen. Dabei gelten für Zuständigkeit und Beschlussverfahren dieselben Regeln wie bei der Auflösung, da die Fortsetzung actus contrarius der Auflösung ist. Im Übrigen müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein23: Erstens muss der Auflösungsgrund weggefallen sein bzw. beseitigt werden. Ein gesetzlich geregelter Fall findet sich in § 86 S. 1 i. V. m. § 42 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach kann der Stiftungsvorstand die Fortsetzung der Stiftung beschließen, wenn das Insolvenzverfahren auf Antrag der Stiftung eingestellt (vg. §§ 212 f. InsO), oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Stiftung vorsieht, aufgehoben (§§ 217 ff., 248, 254, 258 InsO) wird. Weitere Beispiele sind: Eine wegen dauerhaften Vermögensverfalls aufgelöste Stiftung erhält eine Zustiftung, die eine weitere Zweckverfolgung ermöglicht. Eine auflösende Bedingung fällt wieder weg. Die Mitglieder des die Auflösung beschließenden Organs ändern nachträglich (im Rahmen des ihnen eingeräumten Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraums) ihre Meinung und beschließen daher nunmehr die Fortsetzung. Denkbar ist aber auch eine Fortsetzung durch (vorangehende) Satzungsänderung: Enthält die Satzung etwa für den Bestand der Stiftung eine bestimmte Frist, so können die zuständigen Stiftungsorgane diese Bestimmung unter den für qualifizierte Grundlagenänderungen geltenden Voraussetzungen (s. o. § 13 A.I.2.b.) auch noch nach Ablauf der Frist ändern und sodann (bzw. zusammen damit) die Fortsetzung beschließen. Zu beachten ist schließlich: Beruht die Auflösung auf einem Verwaltungsakt (Aufhebungsbescheid), so reicht es – anders als wenn die Auflösung auf einem Beschluss der zuständigen Stiftungsorgane beruht und dieser lediglich genehmigt wurde24 – nicht aus, dass der den Verwaltungsakt rechtfertigende Grund (also etwa der zu einer Aufhebung gemäß § 87 Abs. 1 BGB führende Vermögensverfall) wegfällt. Erforderlich ist vielmehr eine Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) des ___________ 22 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 10. 23 Vgl. K. Schmidt, GR, S. 315 f.; Hennrichs, ZHR 159 (1995), 593 ff. 24 Grund der Auflösung ist in diesem Fall der Beschluss und nicht dessen Genehmigung. Diese verhilft jenem vielmehr lediglich zur Wirksamkeit.
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Verwaltungsakts.25 Hierauf besteht freilich unter den Voraussetzungen der § 51 VwVfG entsprechenden Landesbestimmungen ein Rechtsanspruch. Zweitens muss die Fortsetzung der Stiftung dem wirklichen oder mutmaßlichen Stifterwillen entsprechen. Hiervon ist regelmäßig auszugehen. Die Stiftungssatzung kann aber auch Vorgaben hierüber enthalten. Drittens darf noch nicht mit der Verteilung des Stiftungsvermögens begonnen worden oder gar bereits Vollbeendigung (s. u. D.) eingetreten sein.26 Das hat zur Folge, dass in Fällen einer Gesamtrechtsnachfolge bei Auflösung, also namentlich bei Anfallberechtigung des Fiskus, eine Fortsetzung der Stiftung nicht in Betracht kommt. Das ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich.27 Und viertens bedarf der Fortsetzungsbeschluss – ebenso wie der Auflösungsbeschluss – der Genehmigung der Stiftungsaufsichtsbehörde. Dabei handelt es sich nicht um eine Art neuer Anerkennung der Stiftung. Daher ist insbesondere nicht erforderlich, dass zum Zeitpunkt der Genehmigung des Fortsetzungsbeschlusses weiterhin eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet erscheint. Vielmehr ist die Genehmigung zu erteilen, wenn die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind und keine Gründe vorliegen, die eine Aufhebung der Stiftung rechtfertigen würden. Von alledem zu unterscheiden ist die Frage der Rechtsfolgen, wenn die Stiftungsorgane keinen Auflösungsbeschluss fassen, obwohl sie hierzu nach der Satzung verpflichtet sind, oder sie die Stiftung fortsetzen, obwohl eine auflösende Befristung oder Bedingung eingetreten und damit die Stiftung ipso iure aufgelöst ist. Die Frage ist nicht geklärt. Auf der Hand liegt, dass eine solche unrechtmäßige Fortsetzung ein Einschreiten der Stiftungsaufsichtsbehörde rechtfertigt.28 Ist die Stiftung aufgelöst und setzt sie der Vor___________ 25 Vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 60 Rdnr. 98; s. ferner ebd. Rdnr. 99. 26 Ganz h. M., s. etwa Soergel/Hadding, BGB, Vor § 41 Rdnr. 23; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 60 Rdnr. 85 jew. m. w. Nw. 27 So zu Recht K. Schmidt, Verbandszweck, S. 295. 28 Unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB kann die Behörde die Stiftung aufheben. Ist die Stiftung ipso iure aufgelöst, so kann die Behörde den Vorstand als geborene Liquidatoren abberufen und andere bestellen, Art. 21 Abs. 1, 2 BayStiftG, §§ 12 Abs. 1 BWStiftG, 9 Abs. 5 BlnStiftG (nur Abberufungsrecht), 9 Abs. 1 und 2 BbgStiftG, 13 Abs. 3, 4 BreStiftG, 6 Abs. 3 HbgStiftG (nur Abberufungsrecht, s. aber auch § 6 Abs. 4), 15 HeStiftG, 18 MVStiftG, 14 NdsStiftG, 9 NRWStiftG, 9 Abs. 5 RPStiftG (nur Abberufungsverlangen, s. aber auch § 9 Abs. 6 RPStiftG), 14 SaarStiftG, 19 Abs. 3, 4 SaStiftG, 19 Abs. 3, 4 SAStiftG, 13 SHStiftG (nur Abberufungsrecht, s. aber auch § 15), 19 Abs. 3, 4 ThStiftG. Abberufen kann sie den Vorstand auch, wenn
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stand gleichwohl fort, so sind seine Mitglieder überdies nach Maßgabe des § 88 S. 1 i. V. m. § 53 BGB den Gläubigern gegenüber sowie nach allgemeinen Regeln der Stiftung und ggf. den Anfallberechtigten gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Ist die Stiftung lediglich auflösungsreif, aber mangels entsprechenden Beschlusses noch nicht aufgelöst, so ist ferner denkbar, dass die statutarisch Anfallberechtigten auf Auflösung klagen können.
C. Vermögensanfall Gemäß § 88 S. 1 BGB fällt das nach Beendigung der Liquidation verbleibende Vermögen an die Anfallberechtigten. Wer Anfallberechtigter ist, bestimmt sich in erster Linie nach dem Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung. Die Auswahl ist dem Stifter völlig freigestellt.29 Als Anfallberechtigte kommen natürlich vor allem die Destinatäre in Betracht. Der Stifter kann aber auch jeden Dritten sowie sich selbst30 zum Anfallberechtigten bestimmen. Überdies kann er die Bestimmung der Anfallberechtigten auch in das pflichtgemäße (grundsätzlich aber nicht in das freie)31 Ermessen eines oder mehrerer Stiftungsorgane stellen.32 Schließlich kann er sich das Recht zur Benennung der Anfallberechtigten oder deren Auswechslung in der Satzung vorbehalten. In diesem Fall kann er sie zuletzt durch letztwillige Verfügung bestimmen.33 Fehlen im Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung Bestimmungen über die Anfallberechtigung, so fällt das Vermögen der Stiftung nach § 88 S. 2 BGB an den Fiskus des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz hat, oder an einen anderen nach dem Recht dieses Landes bestimmten Anfallberechtig___________
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ein satzungsgemäßer Auflösungsgrund vorliegt, das Ermessen des Vorstands auf Null reduziert ist, und er gleichwohl keinen Auflösungsbeschluss fasst. Dagegen kann die Behörde in einem solchen Fall die Stiftung nicht selbst aufheben. Hierzu fehlt es an einer Ermächtigungsnorm. Bei steuerbegünstigten Stiftungen sind allerdings §§ 55 Abs. 1 Nr. 4, 61 f. AO zu beachten. S. o. § 16 A.II.2. S. o. § 13 A.II.3., 4. Im Blick hierauf ist auch eine entsprechende Ermächtigung „außenstehender“ Dritter möglich. A. A. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 15; Ebersbach, Handbuch, S. 146; v. Rotberg, BWStiftG, § 15 Anm. 3, weil andernfalls die Stiftung einer nicht zulässigen Fremdbestimmung unterworfen würde. Dass dieser Gedanke verfehlt ist, wurde bereits verschiedentlich betont, s. o. § 13 A.II.2.d. Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 18; Ebersbach, Handbuch, S. 148.
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ten.34 Eine Ausnahme hiervon galt nach § 25 Abs. 1 RPStiftG a. F. Danach fiel das Vermögen zu seinen Lebzeiten an den Stifter zurück. Ist der Fiskus Anfallberechtigter, so hat er das Vermögen tunlichst in einer dem Stiftungszweck entsprechenden Weise zu verwenden, § 88 S. 2 i. V. m. § 46 S. 2 BGB. Das gilt auch dann, wenn das einschlägige Landesstiftungsgesetz keine entsprechende Vorgabe enthält. Der Fiskus erwirbt das Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Es finden die Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende Erbschaft (also insbesondere §§ 1942 Abs. 2, 1966, 2011 BGB) entsprechende Anwendung, § 88 S. 2 i. V. m. § 46 S. 1 BGB. Einer Liquidation bedarf es in diesem Falle daher nicht. Im Übrigen haben die Anfallberechtigten einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Stiftung auf Auszahlung bzw. Übertragung des nach der Liquidation verbleibenden Vermögens, § 88 S. 2 i. V. m. § 47 BGB. Der Anfallberechtigte kann den Anfall jedoch auch analog §§ 1942, 1953 BGB ausschlagen;35 das Vermögen fällt dann dem Nächstberechtigten, ggf. dem Fiskus an.
D. Vollbeendigung Die Stiftung ist vollbeendigt, sobald sie vermögenslos ist. Vermögenslos ist die Stiftung, – wenn das Liquidationsverfahren abgeschlossen und der verbleibende Überschuss an die Anfallberechtigten ausgekehrt wurde, – ipso iure bei Gesamtrechtsnachfolge. Einer Registerlöschung bedarf es hingegen, anders als bei allen übrigen juristischen Personen für die Vollbeendigung (sog. Lehre vom Doppeltatbestand)36 nicht; denn die Stiftung ist de lege lata allenfalls nach § 33 HGB ___________ 34 Das Landesrecht differenziert oft danach, dass bei örtlichen Stiftungen die jeweilige Gemeinde, bei kirchlichen Stiftungen die Kirche anfallsberechtigt ist, s. Art. 17 Abs. 1 BayStiftG, §§ 11 S. 1 BbgStiftG, 23 Abs. 1 HeStiftG, 9 Abs. 1 NdsStiftG, 23 Abs. 1 SaStiftG, 23 Abs. 1 SAStiftG, 7 Abs. 1 S. 1 SHStiftG, 23 Abs. 1 ThStiftG; s. ferner Staudinger/Rawert, BGB, § 88 Rdnr. 6. 35 Palandt/Heinrichs, BGB, § 88 Rdnr. 1; vgl. auch den Fall LG Mainz, NZG 2002, 738. 36 Diese Lehre geht auf K. Schmidt zurück, zusammenfassend, ders., GmbHR 1988, 209 ff. Im Anschluss an ihn MünchKomm/Reuter, BGB, § 41 Rdnr. 13, § 49 Rdnr. 17; anders (mit Vermögenslosigkeit) Soergel/Hadding, BGB, § 49 Rdnr. 14; noch anders (mit Löschung) Hüffer, AktG, § 262 Rdnr. 23 jew. m. w. Nw.
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einzutragen. Diese Eintragung ist jedoch für ihren Bestand als juristische Person nicht konstitutiv. Und die in manchen Stiftungsgesetzen der Länder vorgesehene Bekanntmachung des Erlöschens der Stiftung37 oder dessen Eintragung in ein Stiftungsverzeichnis38 hat ebenso wie die Bekanntmachung und Eintragung ihrer Errichtung nur deklaratorische Bedeutung.39
E. Nachtragsliquidation Stellt sich nach Abschluss der Liquidation heraus, dass doch noch verteilbares Aktivvermögen vorhanden ist, so ist die Stiftung nur scheinbar beendet. Erforderlich wird nunmehr die Durchführung einer sog. Nachtragsliquidation. Bei dem fraglichen Vermögen kann es sich insbesondere um Ersatzansprüche der Stiftung gegen Organmitglieder handeln. Erforderlich ist allerdings, dass das Vermögen die Kosten einer Nachtragsliquidation übersteigt.40 Ist eine Nachtragsliquidation durchzuführen, so sind gemäß § 88 S. 2 i. V. m. §§ 48 Abs. 1 S. 2, 29 BGB Notabwickler als Nachtragsliquidatoren zu bestellen; denn die Organstellung der ordentlichen Liquidatoren endet in der Regel mit der Vollbeendigung durch konkludente Amtsniederlegung.
F. Zusammenfassung des vierten Teils Während die Liquidation der Stiftung mit nur wenigen Besonderheiten vereinsrechtlichen Regeln folgt (§ 88 S. 2 i. V. m. §§ 46 bis 53 BGB), sind bei der Auflösung eine Reihe von Stiftungsspezifika insbesondere im Blick auf die Befugnisse der Stiftungsaufsichtsbehörde zu beobachten. Entscheidend jedoch ist das hohe Maß an Gestaltungsfreiheit, dass der Stifter auch im Blick auf die Auflösung der Stiftung genießt. Danach muss die Stiftung keineswegs für die „Ewigkeit“ errichtet werden. Auch muss sich der Stifter ___________ 37 §§ 16 BWStiftG, 13 BbgStiftG, 17 NdsStiftG, 17 SaarStiftG. In anderen Ländern ist dagegen nur die Auflösung bzw. Aufhebung oder eine Zusammenlegung der Stiftung bekanntzumachen, Art. 16 Abs. 2 i. V. m. 7 BayStiftG, §§ 2 Abs. 2 BlnStiftG, 17 HeStiftG, 21 MVStiftG, 20 Abs. 4 SaStiftG, 20 Abs. 4 SAStiftG, 20 Abs. 4 ThStiftG. 38 § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 SHStiftG; § 20 Abs. 1 S. 3 SaStiftG (Auflösung), § 20 Abs. 1 S. 3 SAStiftG (Auflösung), § 20 Abs. 1 S. 3 ThStiftG (Auflösung). 39 Statt aller Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 12 Rdnr. 65. 40 Das Auftauchen von Gläubigern ohne die Möglichkeit der Realisierung ihrer Ansprüche aus dem Stiftungsvermögen rechtfertigt dagegen nicht die Liquidation nachträglich fortzusetzen. Streitig ist, wie zu verfahren ist, wenn eine vollbeendigte juristische Person noch Erklärungen abgeben oder entgegennehmen muss, s. hierzu etwa Hachenburg/Hohner, GmbHG, § 74 Rdnr. 32 f. m. Nw. zum Meinungstand.
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durchaus nicht endgültig von dem Vermögen trennen, dass er der Stiftung zuwendet. Vielmehr kann er einerseits die Stiftung selbst, andererseits aber auch das Stiftungsgeschäft befristen oder auflösend bedingen und sich selbst zum Anfallberechtigten bestimmen (was freilich die Gemeinnützigkeit ausschließt). Den zuständigen Stiftungsorganen kann er ferner Auflösungsgründe vorgeben und sich selbst sowie den Destinatären überdies ein freies Auflösungsrecht einräumen. Und schließlich kann er das Stiftungsgeschäft mit einem Widerrufsvorbehalt versehen. Die gegen solche Gestaltungen vorgetragenen Bedenken haben sich sämtlich als unbegründet erwiesen.
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Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung § 28 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse: die korporativ verfasste Stiftung A. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Fassen wir nun zunächst noch einmal die Ergebnisse der bisherigen Untersuchung zusammen: 1. Der Gestaltungsfreiheit sind grundsätzlich allein durch das zwingende Recht Grenzen gesetzt. Soweit diese Grenzen eingehalten werden, sind auch atypische Gestaltungen zulässig. Liegt danach eine zulässige Typenabweichung vor, kann allerdings die Anwendung nicht der formaltypischen, sondern der typengerechten Normen geboten sein. Vor allem an dieser Stelle ist die maßstabbildende Funktion des dispositiven Rechts zu berücksichtigen. (§ 3) 2. Zwar entsteht eine Stiftung durch Doppelakt, nämlich durch das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig, und nicht wie Körperschaften durch Prozess. Eine Vorstiftung gibt es daher nicht. Dieser Unterschied beruht jedoch auf Besonderheiten des deutschen Rechts und nicht auf der mitgliederlosen Struktur der Stiftung. Vielmehr unterscheidet sich das Stiftungsgeschäft nicht grundlegend von dem Gründungsgeschäft einer Körperschaft wie etwa demjenigen einer GmbH. Hier wie dort handelt es sich um rechtsgeschäftliche Organisationsakte, die auf die Errichtung einer juristischen Person gerichtet sind. Beide können durch einseitiges Rechtsgeschäft, aber auch durch Vertrag vorgenommen werden. Im letzten Fall entsteht bei der Stiftung eine Vorgründungsgesellschaft. Regelmäßig erlischt jedoch das Rechtsverhältnis zwischen den Gründern mit der Stiftungserrichtung. Anders als Gründungsmitglieder eines Verbandes sind Stifter keine „geborenen“ Organmitglieder, sondern stehen der Stiftung nach ihrer Errichtung gleich Dritten gegenüber. Die Stifter können sich jedoch zu Mitgliedern von Stiftungsorganen bestellen (s. u. 15). (§ 4) 3. Im Stiftungsrecht ist ebenso wie im Verbandsrecht grundsätzlich zwischen Zweck und Gegenstand zu unterscheiden. Dabei kommt dem Stiftungszweck wiederum keine grundlegend andere Bedeutung zu als dem Verbandszweck. Zulässig sind alle gesetzeskonformen Stiftungszwecke. Das gilt insbesondere für Unternehmens-, Funktions- und Familienstiftungen sowie grundsätz655
Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
lich auch für Stiftungen für den Stifter. Die Stiftung muss also nicht fremdnützig, schon gar nicht gemeinnützig, sondern kann auch eigennützig und darf nur nicht selbstnützig sein, sich also ausschließlich auf die Erhaltung und Verwaltung ihres eigenen Vermögens beschränken. Dieses Verbot von Selbstzweckstiftungen hat jedoch nur einen eng begrenzten Anwendungsbereich und spielt daher praktisch keine Rolle. (§ 5) 4. Auf die Anerkennung der Stiftung besteht unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 BGB ein Rechtsanspruch. Dabei verlangt das Erfordernis der Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks eine angemessene Relation zwischen Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation. Grundsätzlich ist das gerichtlich voll nachprüfbar. Nur soweit die nach § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB erforderliche Prognoseentscheidung in Grenzfällen unvermeidbar subjektive Werturteile enthält, steht der Behörde ein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Die Vermögensausstattung muss ausreichen, um den Stiftungszweck zeitlich nicht nur vorübergehend und der Sache nach nicht nur ganz unbedeutend zu fördern. Materiell unterkapitalisierte Stiftungen sind daher nicht genehmigungsfähig. Eine bestimmte Mindestkapitalausstattung ist jedoch nicht erforderlich. Die Stiftungsorganisation muss vor allem widerspruchsfrei und vollziehbar sein. Insbesondere darf die Handlungsfähigkeit der Stiftung nicht gefährdet sein. (§ 6) 5. Die Stiftungsverfassung beruht auf dem zwingenden Bundes- und Landesrecht, dem Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung sowie dem nachgiebigen Bundes- und Landesrecht und umfasst alle Regelungen, aus denen sich die das Stiftungsleben bestimmenden Grundentscheidungen ergeben. Abweichungen vom dispositiven Gesetzesrecht müssen dabei in der Satzung normiert, d. h. dort zumindest zugelassen werden und dürfen nur unter dieser Voraussetzung in sog. Nebenordnungen geregelt werden. Für die Auslegung von Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung gelten nach der Anerkennung der Stiftung dieselben Regeln wie für die Satzung von Körperschaften. (§ 7) 6. Die Stiftungsaufsicht ist auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränkt. Sie dient vor allem dem Schutz der Stiftung, nicht dagegen dem Schutz des Stifters oder der Destinatäre. Erscheint die Rechtmäßigkeit der Stiftungsverwaltung durch ein stiftungsinternes System von „checks and balances“ hinreichend gesichert, ist aufgrund des Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsprinzips eine Lockerung der Stiftungsaufsicht geboten, und zwar auch dann, wenn dies in dem einschlägigen Landesstiftungsgesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist. (§ 8) 7. Der Organbegriff ist institutionell-funktional zu bestimmen. Institutionell muss sich die Organeigenschaft aus der Verfassung, also aus dem Gesetz 656
§ 28 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
oder der Satzung im materiellen Sinne ergeben. Funktional muss es sich um einen Entscheidungsträger handeln, der an dem autonomen Handeln und/ oder Wollen einer rechtsfähigen Organisation unmittelbar oder mittelbar (etwa durch Bestellungs-, Kontroll- oder Beratungskompetenzen) mitzuwirken befugt ist. Die verfassungsmäßige Zuweisung derartiger Funktionen bedeutet somit die Einrichtung eines Organs. Dabei sind geborene und gekorene Organmitglieder zu unterscheiden. Geborene Organmitglieder sind solche, die ihre Organstellung durch ihre Verbandsmitgliedschaft erwerben. Gekorene Organmitglieder erwerben ihre Organmitgliedschaft dagegen durch einen Bestellungsakt. (§ 9) 8. Die gesetzliche Regel- und zugleich Minimalverfassung der Stiftung ist denkbar „schlank“. Danach hat die Stiftung lediglich einen Alleinvorstand als einziges, allzuständiges, d. h. sowohl zur Geschäftsführung und Vertretung als auch zu Grundlagengeschäften berufenes Organ. Geschäftsführung und Vertretung sind durch Verweisung auf die vereinsrechtlichen Vorschriften geregelt. Insoweit gelten nur wenige stiftungsrechtliche Besonderheiten. Insbesondere wird die organschaftliche Vertretungsmacht des Vorstands weder durch den Stiftungszweck noch durch die in manchen Stiftungsgesetzen vorgesehenen Zustimmungsvorbehalte begrenzt. Diese enthalten bei verfassungskonformer Auslegung vielmehr nur Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis. (§ 10) 9. a) Die Möglichkeiten der Einrichtung und Ausgestaltung einer mehrstufigen Organisationsverfassung sind bei der Stiftung nahezu unbegrenzt. Eingerichtet werden können insbesondere Überwachungs-, Beratungs- und/oder eigenständige Willensbildungsorgane. Dadurch kann die Organisationsverfassung der Stiftung zumindest formal derjenigen einer Korporation nachgebildet werden. Darüber hinaus ist es möglich, bestimmten Personen durch die Satzung einzelne organschaftliche Rechte einzuräumen. b) Eine materielle Annäherung der Organisationsverfassung einer Stiftung an die eines Verbandes ist schließlich dadurch möglich, dass der Stifter einzelne oder alle Mitglieder eines Organs ausdrücklich oder konkludent dazu berechtigt und ggf. verpflichtet, im Rahmen der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens bestimmte Partikularinteressen (z. B. von Arbeitnehmern oder eines Familienstammes) zu vertreten. In diesem Rahmen kann er Organmitglieder auch ermächtigen, eigene Interessen bei der Ausübung ihres Amtes zu verfolgen. So liegt es etwa bei der Einrichtung einer Stifteroder Destinatärsversammlung. Ein Interessenumbruch findet hierdurch freilich nicht statt. Im Konfliktfall bleiben die Interessen der Stiftung vorrangig und dürfen nicht hintangestellt werden.
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c) Entstehen innerhalb oder zwischen den Stiftungsorganen Streitigkeiten, so ist die Aufsichtsbehörde diese zwar zu schlichten, grundsätzlich nicht aber zu entscheiden befugt. Das ist vielmehr Sache der Zivilgerichte. Echte Organklagen sind freilich abseits besonderer gesetzlicher Bestimmungen mangels Rechts- und Parteifähigkeit von Organen unzulässig. Grundsätzlich zulässig sind hingegen Klagen eines Organs namens der Stiftung gegen die Mitglieder eines anderen Organs. Ausnahmsweise ist auch eine actio pro societate denkbar. Einzelne Organmitglieder können ferner nicht nur schuldrechtliche Individualansprüche, sondern auch organschaftliche Mitwirkungsund Vorzugsrechte klageweise durchsetzen. Schließlich sind sie befugt, die formelle und materielle Mangelhaftigkeit von Organbeschlüssen im eigenen Namen gerichtlich feststellen zu lassen. Gestaltungsmöglichkeiten im Blick auf solche „Organstreitigkeiten“ hat der Stifter vor allem insofern, als er die Klagebefugnis statutarisch regeln kann. (§ 11) 10. Die innere Ordnung von Stiftungsorganen ist gesetzlich nur rudimentär geregelt. Dementsprechend sind den Gestaltungsmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt. Dabei bestehen, wie bereits die Verweisungskette der §§ 86 S. 1, 28 Abs. 1, 32, 34 BGB nahelegt, keine grundlegenden Unterschiede zwischen der Beschlussfassung in Verein und Stiftung, einer Mitgliederversammlung und einem pflichtgebundenen Kollektivorgan. Große Unterschiede bestehen dagegen zwischen der Arbeitsweise von Ein- und Mehrpersonen-Organen. Diese sind jedoch ebenfalls weder rechtsform- noch organspezifisch. Bedeutende Differenzen zwischen Verband und Stiftung gibt es insofern also ebenfalls nicht. (§ 12) 11. a) Auch im Blick auf Grundlagenänderungen ist die Stiftung erheblich flexibler als ihr Ruf. Nach § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB sind Satzungsänderungen zulässig, wenn – die Sachlage von den Annahmen des Stifters, die den Anordnungen der Stiftungsverfassung zugrunde liegen, abweicht und – die unveränderte Befolgung der Stiftungsverfassung gemessen an dem objektiven Stifterwillen insbesondere im Blick auf die Verfolgung des Stiftungszwecks nicht (mehr) interessengerecht ist. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Je bedeutsamer die in Frage stehende Bestimmung ist, desto erheblicher muss sich daher die Sachlage geändert haben und desto größer müssen die Vor- bzw. Nachteile sein, die der Stiftung ohne die Satzungsänderung entgehen bzw. entstehen würden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann haben die zuständigen Stiftungsorgane die Satzung nach pflichtgemäßem Ermessen, d. h. insbesondere unter Beachtung der Stiftungsverfassung entsprechend dem objektiven
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Stifterwillen und mit dem Ziel der Förderung des Stiftungszwecks, zu ändern. Eine Zweckänderung oder Aufhebung der Stiftung setzt dagegen gemäß § 87 BGB die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Zweckerfüllung voraus. Nach Landesrecht reicht hingegen auch hierfür oft schon eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse aus. b) Die Flexibilität der Stiftung kann durch eine entsprechende Abfassung der Stiftungsverfassung weiter verstärkt, allerdings auch erheblich eingeschränkt werden. Insoweit gilt die Regel: Je weniger präzise und detailliert die Stiftungsverfassung gehalten ist, desto größer ist der Spielraum der Stiftungsorgane. Freilich darf die Stiftungsverfassung hierdurch nicht jegliche Kontur verlieren. Der Stifter kann den zuständigen Stiftungsorganen aber auch einen über § 86 S. 1 i. V. m. §§ 27 Abs. 3, 665 BGB hinausgehenden Entscheidungsfreiraum einräumen. Einfache Satzungsänderungen können voraussetzungslos, d. h. insbesondere ohne dass es einer Änderung der Sachlage bedarf, in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stiftungsorgane gestellt werden. Eine Änderungen des Stiftungszweck i. e. S. oder die Aufhebung der Stiftung sind dagegen nur unter den vom Gesetz bestimmten (s. o. a.) oder vom Stifter justiziabel benannten Voraussetzungen zulässig. Dabei dürfen freilich keine überspannten Anforderungen an die Bestimmtheit der vom Stifter benannten Voraussetzungen gestellt werden. Zulässig wäre danach bspw. eine Bestimmung, wonach die zuständigen Stiftungsorgane eine Änderung des Zwecks oder die Aufhebung der Stiftung bei einer wesentlichen Veränderung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nach pflichtgemäßem Ermessen vornehmen dürfen. Im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung kann der Stifter zudem die Berücksichtigung von Partikularinteressen zulassen (s. o. 9.a.). Schließlich kann der Stifter sich selbst das Recht vorbehalten oder den Destinatären einräumen, die Grundlagen der Stiftung autonom zu ändern. Das wurde eingehend begründet. c) Umgekehrt kann der Stifter Änderungen der Stiftungsverfassung, sei es in einzelnen Punkten, auf bestimmte Dauer oder insgesamt ausschließen. In diesem Fall markiert allein § 87 BGB die Grenze der Gestaltungsfreiheit: Zwar kann der Stifter auch für den Fall einer rechtlichen oder tatsächlichen Unmöglichkeit der Zweckverfolgung Verfassungsänderungen ausschließen, nicht aber die Aufhebung der Stiftung. Möglich sind selbstverständlich auch beliebige Kombinationen all dieser Möglichkeiten. Z. B. kann der Stifter bei einer Familienstiftung zunächst sich selbst das Recht zu autonomen Grundlagenänderungen vorbehalten, die nächste Generation von Verfassungsände-
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rungen ausschließen und die Stiftung sodann zur Disposition der folgenden Generation stellen usw. (§ 13) 12. Vergleicht man die Begründung und die Beendigung des mitgliedschaftlichen und des organschaftlichen Rechtsverhältnisses (i. e. S.), so sind sie sich nach dem gesetzlichen Leitbild ganz unähnlich. Das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis wird durch Beteiligung an der Gründung, Beitritt (Aufnahme) oder Rechtsnachfolge begründet und durch Vollbeendigung des Verbandes, Austritt bzw. Ausschließung, Rechtsnachfolge und Tod beendet. Dagegen kann ein organschaftliches Rechtsverhältnis (i. e. S.) allein durch Bestellung begründet werden. Es endet ebenfalls durch Vollbeendigung der Stiftung (bzw. des Verbandes) oder Tod sowie insbesondere durch Amtsniederlegung, Abberufung, einverständliche Aufhebung und Zeitablauf. Trotz ihrer Andersartigkeit sind dabei Aufnahme und Bestellung, Austritt und Amtsniederlegung, Ausschließung und Abberufung jedoch funktional vergleichbar. Überdies erlaubt die Gestaltungsfreiheit, sie einander weiter anzunähern. So bestimmt etwa § 6 Abs. 1 S. 1 der Satzung der Bürgerstiftung Dresden: „Die Stifterversammlung besteht aus den Stiftern, Zustifterinnen und Zustiftern, d. h. aus Personen, die mindestens DM 2.000 zum Stiftungsvermögen beigetragen haben“. Statutarisch kann überdies – außer bei Mitgliedern des Vorstands – gewillkürte Stellvertretung zugelassen und sogar eine Übertragbarkeit und Vererblichkeit des organschaftlichen Rechtsverhältnisses vorgesehen werden. Und das sind nur die „erstaunlichsten“ der Vielzahl von aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten. (§ 14) 13. Die organschaftlichen Rechte lassen sich – ebenso wie Mitgliedschaftsrechte – in Mitverwaltungs- und Vermögensrechte unterteilen. Zudem kann man – auch insoweit ähnlich wie bei Mitgliedschaftsrechten – differenzieren zwischen: – allgemeinen organschaftlichen Rechten, die grundsätzlich, d. h. vorbehaltlich gesetzlicher Differenzierungen und abweichender Satzungsbestimmungen, allen Organmitgliedern gleichermaßen zustehen, – besonderen organschaftlichen Rechten, die sich aus der Mitgliedschaft in einem bestimmten Stiftungsorgan ergeben und – statutarischen Vorzugsrechten, die einzelnen Organmitgliedern als materielle Satzungsbestandteile eingeräumt werden. Dabei kann es sich, muss es sich aber nicht um absolut höchstpersönliche Rechte („ad personam“, § 14 G.) handeln. Zu ersteren gehören – wie bei einem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis auch – insbesondere das Teilnahme-, Informations- und Stimmrecht, zu zweiteren etwa die organschaftliche Vertretungsmacht, die Geschäftsführungs660
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befugnis oder Kontrollrechte und zu den zuletzt genannten Rechten beispielsweise ein Recht auf Mitgliedschaft in einem Stiftungsorgan bzw. auf bestimmte organschaftliche Befugnisse wie etwa ein Bestellungsrecht, Mehrstimmrechte oder ein Vetorechte sowie besondere Vermögensrechte. Bei den organschaftlichen Rechten handelt es sich um individuell durchsetzbare, subjektive Rechte, und zwar ungeachtet dessen, dass ihre Ausübung grundsätzlich pflichtgebunden ist (sog. Pflichtrechte). (§ 15 A.) 14. Die wichtigsten mitgliedschaftlichen Pflichten sind die Beitragspflicht einerseits und die Treupflicht andererseits. Eine solche Treupflicht trifft freilich nicht nur Verbandsmitglieder, sondern ganz allgemein Organmitglieder. Dabei variiert Inhalt und Intensität der Treupflicht allerdings zum einen nach dem Inhalt des jeweiligen Rechtsverhältnisses und zum anderen nach der Stärke möglicher Einwirkungen auf die Interessen des anderen Teils. Anstelle der mitgliedschaftlichen Beitragspflicht tritt bei Organwaltern die (hier sog.) organschaftliche Dienstpflicht. Allerdings kann die Beitragspflicht ebenfalls solche organschaftlichen Dienstpflichten umfassen. Oft aber besteht die Beitragspflicht vornehmlich in Geld- oder Sachleistungspflichten, insbesondere einer Einlagepflicht. Und derartige Pflichten treffen Organwalter für gewöhnlich nicht, wohl aber den oder die Stifter. Hergestellt werden kann dabei eine Verknüpfung, zum Beispiel in der Weise, dass derjenige, der einen bestimmten Betrag stiftet, Mitglied eines Stiftungsorgans (Stifterversammlung) wird (s. o.12). Im Blick auf die Rechte und Pflichten der Organmitglieder ergibt sich somit ein ähnlicher Befund wie bei der Begründung und Beendigung organschaftlicher Rechtsverhältnisse: Trotz der Verschiedenheit des mitgliedschaftlichen und des organschaftlichen Rechtsverhältnisses (i. e. S.) zeigen sich Übereinstimmungen, die durch entsprechende Satzungsgestaltung weiter verstärkt werden können. Allerdings bleiben auch ganz grundsätzliche Unterschiede bestehen, wie insbesondere die bloße Zweiseitigkeit des organschaftlichen gegenüber der Mehrseitigkeit des mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisses. Deutlich wird jedoch, auf welche Weise eine Stiftung korporativ strukturiert werden kann, nämlich durch Dehnung des organschaftlichen Rechtsverhältnisses, insbesondere zugunsten von Stiftern und Destinatären. (§ 15 B.) 15. Von Gesetzes wegen sind Stifter und Destinatäre zwar „rechtlos“. Ihnen kommen weder Mitverwaltungs- noch Vermögensrechte zu. Werden sie zu Organmitgliedern bestellt, kann jedoch ihre Rechtsstellung mit Hilfe vorstehender Gestaltungsinstrumente derjenigen von Verbandsmitgliedern angenähert werden. Organisationsrechtlich kann eine Stiftung daher als Stifter661
Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
korporation oder Destinatärsgemeinschaft (zu diesen Begriffen sogleich u. D.I.) ausgestaltet werden, wie sie sich in der Praxis beispielsweise bei Bürgerstiftungen einerseits und Familienstiftungen andererseits finden. (§ 16) 16. a) Im Stiftungsrecht wird die Aufbringung und Erhaltung des Stiftungskapitals für gewöhnlich nicht unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes, sondern unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung einer nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks betrachtet. Dementsprechend kennt das Stiftungsrecht weder eine bestimmte Mindestkapitalausstattung noch Kapitalsicherungsvorschriften im kapitalgesellschaftsrechtlichen Sinne, was sich zum Teil auch aus der mitgliederlosen Struktur der Stiftung erklärt. Dieses Fehl führt manche zu der Annahme, der Gläubigerschutz im Stiftungsrecht sei unzureichend. Verglichen wird die Stiftung insofern sogar mit dem Verein. Indes ganz zu Unrecht; denn im Ergebnis sind Gläubiger bei der Stiftung besser als bei Kapitalgesellschaften geschützt. Zwar muss der Stifter kein bestimmtes Mindestkapital aufbringen. Die Anerkennungsbehörde hat jedoch zu prüfen, ob das der Stiftung zugesagte Vermögen eine nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet. Dadurch wird der Rechts- und Geschäftsverkehr anders als im Kapitalgesellschaftsrecht wirksam gegen das Entstehen materiell unterkapitalisierter Stiftungen geschützt. Und auch das stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungssystem (Unterbilanz- und Ausschüttungsverbot, Werterhaltungs- und Veräußerungsgebot) ist trotz seines anderen Ansatzes und seiner Beweglichkeit erheblich strenger als das kapitalgesellschaftsrechtliche; denn es verlangt nicht nur eine nominelle, sondern eine reale Kapitalerhaltung, die zudem durch die Stiftungsaufsichtsbehörde periodisch kontrolliert wird. Insolvenzen von Stiftungen sind dementsprechend selten. b) Allerdings sind die stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln nicht zwingend. Der Stifter kann diese Regeln lockern, indem er bspw. statt einer materiellen nur eine nominelle Kapitalerhaltung vorschreibt oder einen Teil des Stiftungskapitals zum Verbrauch freigibt. Voraussetzung und Schranke der Gestaltungsfreiheit ist insofern nur, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert bleibt. Das gesamte Stiftungskapital zum Verbrauch freigeben kann der Stifter daher nur ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen (dazu § 6 C.II.3.). c) Umgekehrt kann der Stifter auch die stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften verschärfen, indem er z. B. vorsieht, dass die Gewinnrücklagen jährlich mit einem bestimmten Prozentsatz der Stiftungserträge zu dotieren sind oder dass Ausschüttungen nur aus dem festgestellten Bilanzgewinn erfolgen dürfen. Ferner kann er die Rechtsfolgen verbotener Aus662
§ 28 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
schüttungen (s. u. 22.) dadurch verschärfen, dass er die Stiftungsorgane verpflichtet, Ausschüttungen nur dann vorzunehmen, wenn die Empfänger zuvor gegenüber der Stiftung schriftlich auf den Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB) verzichtet haben. (§ 17) 17. Durchführen kann die Stiftung auch Kapitalmaßnahmen. Bei einer entsprechenden statutarischen Vorsorge kann das Stiftungskapital ebenso flexibel wie das Grund- bzw. Stammkapital einer AG oder GmbH sein. Diese Feststellung darf freilich nicht über die erheblichen rechtlichen Unterschiede zwischen diesen Vorgängen hinwegtäuschen. Einer nominellen Kapitalerhöhung im Wege der Innenfinanzierung durch Ansammlung von Erträgen setzt das stiftungsrechtliche und ggf. das steuerrechtliche Admassierungsverbot Schranken. Ersteres ist allerdings in den Grenzen einer dauernden und nachhaltigen Förderung des Stiftungszwecks abdingbar. Einer effektiven Kapitalerhöhung im Wege der Außenfinanzierung durch Zustiftungen stehen dagegen weniger rechtliche als tatsächliche Schwierigkeiten (Mitteleinwerbung) entgegen. Ist das Stiftungskapital teilweise aufgezehrt, ist zur Beseitigung der Ausschüttungssperre unter bestimmten Voraussetzungen eine nominelle Kapitalherabsetzung zulässig und geboten. Schließlich ist auch eine effektive Kapitalherabsetzung denkbar, was allerdings u. a. eine analoge Anwendung der §§ 50–53 BGB verlangt. (§ 18) 18. Für eine Fremdfinanzierung kommen alle aus dem allgemeinen Zivilrecht bekannten Möglichkeiten in Betracht. Grundsätzlich zulässig ist auch das Eingehen von partiarischen Rechtsverhältnissen. In gewissen Grenzen können sich Stiftungen daher auch mit Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten an den Kapitalmarkt begeben. Die Begründung einer atypischen stillen Beteiligung an der Stiftung ist jedoch nur zulässig, wenn die Satzung dies vorsieht. Das Problem des Eigenkapitalersatzes stellt sich richtigerweise bei der Stiftung allenfalls ganz ausnahmsweise. (§ 19) 19. Bei der Vermögensverwaltung und der Erträgnisverwendung sind zwar aufgabenspezifische Regeln zu beachten. Grundlegende rechtsformspezifische Unterschiede bestehen jedoch nicht. Vielmehr gelten eine Reihe allgemeiner Prinzipien, wie das Gebot der Vermögenstrennung, das Verbot des Eingehens unverhältnismäßig großer Risiken und die Pflicht zu einer sparsamen Mittelverwendung. Einzuhalten sind auch die Grundregeln ordnungsgemäßer Geschäftsbesorgung: Entscheidungen müssen adäquat vorbereitet sein, sie dürfen nicht gesicherten Erkenntnissen und Erfahrungen widersprechen und ihre Umsetzung ist angemessen zu überwachen. Eine ausschließliche Anlage in Zinstiteln ist danach i. d. R. pflichtwidrig, weil sie gesicherten Erkenntnissen und Erfahrungen widerspricht. Wie Carstensen zutreffend feststellt, kann mangelnde Effizienz bei der Vermögensverwal663
Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
tung und der Vermögenserhaltung weder mit Beschränkungen des Stiftungsnoch des Steuerrechts entschuldigt werden.1 Dem Stifter ist es allerdings unbenommen, ja zu empfehlen, Regelungen hinsichtlich der Vermögensverwaltung und Erträgnisverwendung zu treffen. (§ 20) 20. Die Rechtsgrundlagen der Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen sind vielgestaltig. Dabei stimmen die bürgerlich-rechtlichen und landesstiftungsrechtlichen Anforderungen (Erstellung eines Jahresabschlusses, bestehend aus einer Jahresabrechnung, einer Vermögensübersicht und einem Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks) jedenfalls insoweit überein, dass sie uno actu erfüllt werden können. Ist die Stiftung verpflichtet, nach §§ 238 f. HGB Rechnung zu legen (wofür es richtigerweise lediglich darauf ankommt, ob sie nach Art und Umfang kaufmännischer Einrichtungen bedarf), ist das hingegen nicht ohne weiteres der Fall. Das Hauptproblem der Rechnungslegung von Stiftungen besteht dabei in dem Erfordernis und dem – auch im Blick auf die Ausschüttungsbemessung und -begrenzung wesentlichen – Nachweis einer realen Kapitalerhaltung. Problematisch ist insofern nicht nur die Ermittlung, sondern auch die Behandlung von Wertzuwächsen und -verlusten. (§ 21) 21. Die Defizite der Stiftungspublizität sind unübersehbar. Greift nicht § 33 HGB ein, wird der Rechts- und Geschäftsverkehr nicht einmal über die elementarsten Verhältnisse der Stiftung verlässlich informiert. Und außerhalb des Anwendungsbereichs des Publizitätsgesetzes findet keine Rechnungslegungspublizität statt. Hier besteht weiterhin der dringendste Reformbedarf. (§ 22) 22. Hinsichtlich der Haftungsverfassung der Stiftung gelten überwiegend allgemeine Regeln. Besonders hervorzuheben ist, dass der Stifter für die Aufbringung des Stiftungskapitals einzustehen und die Destinatäre verbotene Auszahlungen gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB zurückzugewähren haben. Auch in Haftungsfragen sind die Gestaltungsmöglichkeiten des Stifters verhältnismäßig groß. Seine Haftung für die Aufbringung des Stiftungskapitals kann er bspw. auf schenkungsrechtliches Niveau absenken, die Haftung der Destinatäre für verbotene Auszahlungen sowohl mildern als auch verschärfen. Und mildern oder verschärfen kann er schließlich auch die Haftung der Organmitglieder gegenüber der Stiftung. (§§ 23–25) 23. Während die Liquidation der Stiftung mit nur wenigen Besonderheiten vereinsrechtlichen Regeln folgt (§ 88 S. 3 i. V. m. §§ 46 bis 53 BGB), sind ___________ 1 Carstensen, Vermögensverwaltung, S. 302.
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§ 28 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
bei der Auflösung eine Reihe von Stiftungsspezifika insbesondere im Blick auf die Befugnisse der Stiftungsaufsichtsbehörde zu beobachten. Vorliegend von Interesse ist jedoch vor allem das hohe Maß an Gestaltungsfreiheit, dass der Stifter auch im Blick auf die Auflösung der Stiftung genießt. Danach muss eine Stiftung keineswegs für die „Ewigkeit“ errichtet werden. Auch muss sich der Stifter durchaus nicht endgültig von dem Vermögen trennen, das er der Stiftung zuwendet. Vielmehr kann er einerseits die Stiftung selbst, andererseits aber auch das Stiftungsgeschäft befristen oder auflösend bedingen. Den zuständigen Stiftungsorganen kann er Auflösungsgründe vorgeben und sich selbst sowie den Destinatären überdies ein freies Auflösungsrecht einräumen. Und schließlich kann er das Stiftungsgeschäft mit einem Widerrufsvorbehalt versehen. (§§ 26–27)
B. Der weitere Gang der Untersuchung Alles in allem hat sich somit gezeigt, dass sich nicht nur die meisten Fragestellungen im Stiftungs- und im allgemeinen Verbandsrecht gleichen. Vielmehr stimmen auch die Antworten oft überein. Soweit Unterschiede bestehen, sind sie überdies vielfach nicht stiftungsspezifischer, sondern positiv-rechtlicher Natur, beruhen also insbesondere nicht auf der Mitgliederlosigkeit der Stiftung. Das gilt etwa für das Anerkennungserfordernis oder auch die mangelhafte Stiftungspublizität. Selbst die Stiftungsaufsicht ist in ihrer derzeitigen Form kein Strukturmerkmal der Stiftung. Schließlich können verbleibende Unterschiede zwischen Verband und Stiftung durch Gestaltungsmaßnahmen an- und ausgeglichen werden. Gezeigt hat sich nämlich zugleich, dass die Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht nicht zuletzt aufgrund der relativ geringen Regelungsdichte mit zudem meist dispositiven Normen gewolltermaßen sehr groß, und zwar größer als bei allen anderen Rechtsformen ist. Dies zählt zu den ausgesprochenen Vorzügen der Stiftung. Zulässig ist demnach auch, was heute verbreitet als „Schreckensbild“ angesehen wird: eine korporativ verfasste Stiftung. Früher erschien es hingegen noch als geradezu selbstverständlich, dass es Mischformen zwischen Körperschaften einerseits sowie Anstalten und Stiftungen andererseits geben kann.2 Mit Savignys Theorie der juristischen Person waren Stiftungen als mitgliederhafte Korporationen ohne weiteres vereinbar.3 Und selbst Otto v. Gierke und Otto Mayer, auf die diese Gegensatzbildung zurückgeführt ___________ 2 S. RG, LZ 1929, 324; RG, HRR 1931, Nr. 1427; aus der Lit. Windscheid, Pandektenrecht I, S. 223 f., sowie aus jüngerer Zeit Ebersbach, Handbuch, S. 111 m. w. Nw. 3 So Liermann in: Deutsches Stiftungswesen 1966–76, S. 153, 172; Richter, Stiftung, S. 98.
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werden kann, erkannten diese Möglichkeit an.4 Und in ausländischen Rechtsordnungen ist dieser strikte Gegensatz – ebenso wie im älteren gemeinen Recht5 – ohnehin weithin unbekannt.6 Die Familienstiftung preußischen Rechts war eine Mischform zwischen Stiftung und Verein7 und die niederländische Stiftung ist es heute noch8. Und die Zulässigkeit von sog. Stiftungskörperschaften ist auch hierzulande anerkannt.9 M. a. W. sollte die – keineswegs selbstverständliche, aber hierzulande geltende – dogmatische Unterscheidung zwischen Verbänden einerseits und Stiftungen andererseits nicht zu der Annahme (ver)führen, es dürfe keine Mischformen zwischen diesen Typen geben.10 Allerdings dürfen die einzelnen Bestimmungen des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung nicht nur isoliert, sondern müssen auch in ihrem Zusammenwirken betrachtet werden. So ist zwar beispielsweise die Beteiligung der Stiftung an Kapital- und Personengesellschaften nach herrschender Meinung grundsätzlich zulässig.11 Gleichwohl begegnet eine Stiftung & Co. KG vielfach Bedenken12 und eine KGaA mit einer Stiftung als Komplementärin13 dürfte manchen als Gipfel der „Perversion“14 erscheinen. Die Bedenken gegen derartige Gestaltungen speisen sich aus vielen Quellen. Vielen dieser Quellen wurde freilich bereits im Laufe der Untersuchung „das Wasser abgegraben“ – so etwa, was die Zulässigkeit von Familien- und ___________ 4 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 971 ff.; ders., Privatrecht I, S. 474 f.; O. Mayer, VerwaltungsR II, S. 604 f., 608 ff.; ders., FS Laband I, S. 1, 20 ff., 40. 5 Seifart/v. Campenhausen/Coing, Handbuch, § 5 Rdnr. 22 ff. 6 Vgl. Mestmäcker, Verhandlungen 44. DJT, S. G 6 ff.; Kronke, Stiftungstypus, S. 11 f., Schlüter, Privatautonomie, S. 253 ff.; Richter, Stiftung, S. 445. 7 S. o. § 13 Fn. 93. 8 S. o. § 13 bei Fn. 104. 9 Näher u. § 29 B.IV.1. 10 Dahingehend auch Hommelhoff in: Stiftungsrecht in Europa, S. 227, 233 f.; Hof, ebd., S. 301, 336 f.; Richter, Stiftung, S. 449, 453, plädiert aufgrund seiner beeindruckenden rechtsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden Studie de lege ferenda sogar dafür, dass es den Stiftungsgründern überlassen werden sollte, ob die Stiftung treuhänderische Mitglieder hat. 11 S. etwa KG, StiftRspr. II, S. 68, 70; sowie aus der Lit. statt anderer Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 13 Rdnr. 139 ff. m. w. Nw. 12 S. u. § 29 A.III. 13 Für die Zulässigkeit einer KGaA mit einer GmbH als Komplementär in BGHZ 134, 392 ff.; aus der Lit. Priester, ZHR 160 (1996), 250 ff.; dagegen namentlich K. Schmidt, ZHR 160 (1996), 265 ff. 14 So das Verdikt von K. Schmidt, DB 1987, 261, 263, über die Stiftung & Co. KG; zur Stiftung & Co. KGaA ders., ZHR 160 (1996), 265, 284.
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§ 28 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
Unternehmensstiftungen anbelangt15. Ausführlich dargelegt wurde ferner, ob und unter welchen Voraussetzungen eine autonome Willensbildung bei der Stiftung zugelassen werden kann.16 Widerlegt wurden dabei zahlreiche, gegen die Zulässigkeit von korporativ strukturierten Stiftungen angeführte Argumente, wie z. B. der zumeist missverstandene Grundsatz der „Stiftungsautonomie“.17 Im Folgenden geht es nun um eine Gesamtschau. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei die Behauptung, Mischformen zwischen Verband und Stiftung verstießen gegen den numerus clausus der Rechtsformen im Privatrecht wie sie so oder ähnlich immer wieder zu lesen ist.18 Angesprochen sind hiermit die auch im Gesellschaftsrecht verbreiteten Bedenken gegen Grundtypenvermischungen und Typendehnungen. Zwar wurde oben (§ 3 C.II.2.) bereits dargelegt, dass ein Typenzwang abzulehnen ist und der numerus clausus der Rechtsformen nur die Zahl und damit die Auswahl, nicht aber die Ausgestaltung der Rechtsformen beschränkt (s. § 3 C.V.). Gezeigt werden soll jedoch erstens, dass Grundtypenvermischungen und Typendehnungen in nahezu allen denkbaren Variationen in der Praxis vorzufinden sind und in Rechtsprechung und Lehre Anerkennung gefunden haben. Dabei soll zweitens exemplarisch an die dabei aufgetretenen wesentlichen Probleme und ihre Lösung erinnert werden (§ 29). Ziel ist, Erkenntnisse zu gewinnen, die – drittens – bei der Behandlung von korporativ strukturierten Stiftungen (§ 30) fruchtbar gemacht werden können; denn auch wenn man den vorstehenden Überlegungen nicht folgt und derartige Gestaltungen ablehnt, so ist deren Existenz doch ein Faktum, auf die das Recht Antworten bereit halten muss. Zunächst gilt es freilich zu erläutern, was mit dem Ausdruck „korporativ verfasste Stiftung“ gemeint ist und welche Erscheinungsformen sie aufweist.
C. Der Begriff „korporativ verfasste Stiftung“ Eine feststehende Definition oder auch nur ein verbreitetes Verständnis dessen, was unter einer „korporativ verfassten Stiftung“ zu verstehen ist, gibt es nicht. Der Begriff ist aber auch nicht ganz neu. Vielmehr ist in der Literatur verstreut von „korporativen“ oder auch „körperschaftlichen“ „Ele___________ 15 16 17 18
S. o. § 5 C.II.-VI. S. o. § 13 A.II.3. S. o. § 13 A.II.2.d. Staudinger/Rawert, BGB, § 85 Rdnr. 8; Schlüter, Privatautonomie, S. 257; Jeß, Verhältnis, S. 40 f., um nur einige zu nennen.
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Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
menten“ in Bezug auf die Stiftungsverfassung die Rede, die eine vom Stifterwillen losgelöste, autonome Willensbildung „von unten“19 erlauben. Das trifft einen richtigen und wichtigen, aber eben nur einen Aspekt. Allerdings sind die Begriffe „korporativ“ und „körperschaftlich“ ihrerseits unscharf. Man kann sie synonym, „korporativ“ aber auch weiter, nämlich nicht nur Körperschaften, sondern alle Verbände betreffend, also im Sinne von „verbandsmäßig“ verstehen. Letzteres ist hier gemeint; denn gekennzeichnet werden soll nicht der Gegensatz zwischen einer körperschaftlichen und einer personalistischen Verfassung, sondern der Gegensatz zwischen der Verfassung von Verbänden und der Verfassung von Stiftungen. In seiner Widersprüchlichkeit soll also der Ausdruck „korporativ verfasste Stiftung“ das Rechtsproblem bezeichnen, ob die Stiftungsverfassung einer (körperschaftlichen oder auch personalistischen) Verbandsverfassung angenähert werden kann. Damit stellt sich die weitere Frage, welche Merkmale die Verfassung einer Stiftung als derjenigen eines Verbandes angenähert und damit die Stiftung als korporativ verfasst erscheinen lassen. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus dem entscheidenden Unterschied zwischen Verband und Stiftung.20 Während beide auf rechtsgeschäftlicher Grundlage errichtete Organisationen zur Förderung eines bestimmten Zwecks sind, ist ein Verband ein freiwilliger Personenzusammenschluss, eine Stiftung hingegen lediglich ein rechtlich verselbstständigtes Vermögen. Dementsprechend können die Verbandsmitglieder in ihrer Gesamtheit über den Verband, seine Verfassung und sein Vermögen in den Grenzen zwingenden Rechts frei disponieren, wohingegen die Stiftungsorgane regelmäßig pflicht- und das Stiftungsvermögen zweckgebunden sind. Während die Verbandsmitglieder „Herren des Verbandes“ sind – oder umgekehrt formuliert: der Verband nach ihrem aktuellen Willen lebt und Diener ihrer Interessen ist –, dient die Stiftung allein ihrem Zweck, lebt allein nach dem tradierten Stifterwillen, hat keinen „Souverän“. Als korporativ verfasst ist daher eine Stiftung zu bezeichnen, die sich materiell betrachtet als Zusammenschluss oder als eine Gemeinschaft von Personen darstellt, deren Interessen die Stiftung dient und nach deren aktuellem Willen sie lebt. Dabei ist die Grenze des Stiftungstypus nicht erst dann überschritten, wenn die Beteiligten ebenso wie Verbandsmitglieder über die Stiftung, ihre Verfassung und ihr Vermögen frei zu disponieren befugt sind.21 Vielmehr ist es ausreichend, wenn die Beteiligten an der internen ___________ 19 So etwa Staudinger/Rawert, wie vor. 20 S. dazu auch Jeß, Verhältnis, S. 29 ff. 21 So aber Kronke, Stiftungstypus, S. 124.
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§ 28 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
Willensbildung maßgeblichen Anteil haben und dabei die Pflichtbindung soweit gelockert ist, dass die Stiftungsorganisation korporationstypisch als eine von dem Willen der Beteiligten getragene Interessengemeinschaft und nicht stiftungstypisch als Instrument zur Verewigung des Stifterwillens, der Stiftungszweck dementsprechend lediglich als Richtschnur für ein selbstbestimmtes Handeln und nicht als fremdbestimmte Direktive erscheint. Geht man hiervon aus, so ergeben sich folgende Merkmale und Erscheinungsformen korporativ verfasster Stiftungen:
D. Merkmale und Erscheinungsformen korporativ verfasster Stiftungen Eine korporativ verfasste Stiftung zeichnen drei Merkmale aus: Erstens handelt es sich um einen Personenzusammenschluss oder um eine Personengemeinschaft, deren Beteiligte zweitens an der Willensbildung der Stiftung mitwirken und deren Bindung an den Stifterwillen dabei drittens auf die ein oder andere Weise gelockert ist. Vermögensrechte müssen den Beteiligten dagegen nicht zustehen. Im Einzelnen:
I. Personenvereinigung Die korporativ verfasste Stiftung kann als Zusammenschluss von Stiftern oder als Gemeinschaft von Destinatären ausgestaltet sein. 1. Stifterkorporation Schließen sich mehrere Stifter zusammen, um gemeinsam eine Stiftung zu errichten, so entsteht hierdurch u. U. eine sog. Vorgründungsgesellschaft (s. o. § 4 B.IV.2., 4.b.). Allein deswegen ist die Stiftung selbst noch nicht korporativ verfasst. Anders ist dies hingegen, wenn die Stifter Vorkehrungen treffen, um ihr Zusammenwirken zur Förderung des „gemeinsamen“ Stiftungszwecks über die Stiftungserrichtung hinaus zu ermöglichen. Hierzu können sie sich in der Stiftungssatzung zu Mitgliedern eines Stiftungsorgans bestellen. Das ist freilich an und für sich nichts Ungewöhnliches. Um eine Stiftung als korporativ verfasst ansehen zu können, müssen vielmehr auch die weiteren Merkmale (u. II. und III.) erfüllt sein. Diese Merkmale können allerdings bei einer Einpersonen-Stiftungen ebenfalls vorliegen. Bei einer Einpersonen-Stiftung fehlt es aber an einem Personenzusammenschluss. Auch eine Einpersonen-GmbH oder -AG ist jedoch kein Personenzusammenschluss und gleichwohl ein Verband; denn die Ver669
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fassungen von GmbH und AG sind für einen Personenzusammenschluss offen22. Dementsprechend wird man auch eine Einpersonen-Stiftung als korporativ verfasst anzusehen haben, wenn ihre Satzung „Beitritte“ erlaubt, indem sie beispielsweise vorsieht, dass Personen, die der Stiftung einmalige oder laufende Zuwendungen in bestimmter Höhe gewähren, Mitglied in einem Stiftungsorgan werden (können). Auf diese Weise kann etwa eine Opernhausförderstiftung vereinsmäßig verfasst werden. Ist eine Einpersonen-Stiftung nicht derart für ein Zusammenwirken mehrerer Personen offen, sind aber die übrigen unter II. und III. genannten Merkmale erfüllt, so ist die Stiftung zwar nicht als korporativ, wohl aber als anstaltsmäßig verfasst anzusehen (näher dazu u. § 29 B.III.). Anders gewendet stellen sich hier all diejenigen Probleme nicht, die sich aus einem Zusammenwirken mehrerer ergeben, wohl aber diejenigen, die aus der Herrschaft einzelner folgen. 2. Destinatärsgemeinschaft In der Literatur wird verschiedentlich ferner eine Korporation von Destinatären für möglich gehalten.23 Das meint das Richtige, ist aber eine Fehlbezeichnung. Zwar können Destinatäre mit ganz ähnlichen Rechten ausgestattet werden wie die Mitglieder eines Verbandes. Das erweist die gesetzliche Ausgestaltung der Familienstiftung preußischen Rechts.24 Indes handelt es sich niemals um einen freiwilligen Personenzusammenschluss, sondern vielmehr um eine Schicksals- oder Zwangsgemeinschaft;25 denn wer Destinatär ist, bestimmt der Stifter. Ist die Stiftung im Übrigen korporativ verfasst, sollte daher besser von einer Destinatärsgemeinschaft die Rede sein. Freilich sind die Rechtsprobleme von Gemeinschaften (i. e. S.) und Gesellschaften (i. w. S.) insofern teilidentisch, als hier wie dort das Zusammenwirken mehrerer eine Regelung finden muss.26 So sind denn die §§ 741 ff. BGB als Grundnormen auch subsidiär im Gesellschaftsrecht anwendbar. Im Unterschied zu Verbänden fehlt Gemeinschaften dagegen für gewöhnlich eine organisatorische Verfestigung, weswegen gesellschaftsrechtliche Normen umgekehrt grundsätzlich nicht auf Gemeinschaften i. e. S. angewendet werden können. Dies ändert sich jedoch, wenn eine Gemeinschaft eine mit Verbänden vergleichbare organisatorische Verfestigung erfährt.27 ___________ 22 23 24 25 26 27
Zutr. Wiedemann, GR, S. 6 f. Soergel/Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 16. S. o. § 13 bei Fn. 90. Vgl. Wiedemann, GR, S. 13. S. Wiedemann, GR, S. 14. Vgl. BGHZ 25, 311.
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Nun sind Stiftungen stets organisatorisch festgefügte Gebilde. Für Destinatärsgemeinschaften, d. h. für Stiftungen, deren Satzung ein Zusammenwirken der Destinatäre in einem Stiftungsorgan (Destinatärsversammlung) vorsieht (dazu sogleich II.) und die auch im Übrigen korporativ verfasst sind (s. u. III.), dürften daher grundsätzlich dieselben Regeln gelten wie für Stifterkorporationen.
II. Beteiligung an der Willensbildung Kennzeichen korporativ verfasster Stiftungen ist ferner, dass die an dem Personenzusammenschluss bzw. der Gemeinschaft Beteiligten ähnlich wie Mitglieder an der stiftungsinternen Willensbildung teilnehmen (können). Das setzt voraus, dass sie kraft Satzung Mitglied eines Stiftungsorgans sind. Fraglich ist, welche Kompetenzen diesem Stiftungsorgan zukommen müssen, damit die Beteiligten eine Verbandsmitgliedern vergleichbare Rechtsstellung haben. Um diese Frage beantworten zu können, darf man nicht von den unentziehbaren Mindestbefugnissen des einzelnen Verbandsmitglieds28 ausgehen; denn das einzelne Verbandsmitglied ist lediglich (geborenes) Organmitglied, nicht aber selbst Verbandsorgan. Organ ist die Mitgliedergesamtheit. Unentziehbare Befugnis der Mitgliedergesamtheit ist das Recht, die Verfassung des Verbandes nach Belieben zu ändern und ihn aufzuheben.29 Das macht die Mitgliedergesamtheit zum Herren des Verbandes; denn auch wenn ihr sonstige Kompetenzen genommen sind, so kann sie sich mit Hilfe dieses „Grundrechts“ doch jegliche andere Kompetenz (wieder) verschaffen. Korporativ verfasst ist eine Stiftung daher stets dann, wenn der Stifter- bzw. (wie nach preußischem Recht bei Familienstiftungen) der Destinatärsgesamtheit das Recht zusteht, die Verfassung der Stiftung nach Belieben zu ändern oder die Stiftung aufzuheben. Hierin liegt dann zugleich eine entscheidende Lockerung der stiftungstypischen Pflicht- und Vermögensbindung (s. u. III.). Nun ist eine solche Gestaltung nach hier vertretener Auffassung zwar zulässig (s. o. § 13 A.II.3., 4.), aber derzeit noch ungewöhnlich. Allerdings wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine Stiftung nicht lediglich dann als korporativ verfasst anzusehen ist, wenn sie über ein der Mitgliedergesamtheit vergleichbar autonomes Entscheidungszentrum verfügt. Dies würde vielmehr die Problemsicht aus drei Gründen verkürzen. ___________ 28 S. dazu etwa Lutter, AcP 180 (1980), 84, 151. 29 Sog. Satzungsautonomie, s. dazu o. § 3 A. sowie § 13 A.II.2.d.
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Zum einen können andere Maßnahmen, insbesondere Entscheidungen der Geschäftsführung für das Verbands- bzw. Stiftungsleben praktisch von zumindest ebenso großer Bedeutung sein wie Grundlagenentscheidungen. So nutzt der Mitgliedergesamtheit von Publikumsverbänden ihre Grundlagenkompetenz oftmals wenig. Faktisch entscheidet nicht selten eine sich kooptierende Verwaltungselite, deren Vorschläge von der Mitglieder- oder gar nur einer Vertreterversammlung bloß noch „bestätigt“ werden. Zum Zweiten kann die Stiftungsverfassung so gestaltet werden, dass eine Befugnis zu autonomen Grundlagenentscheidungen faktisch entbehrlich ist. Hierauf wird sogleich (u. III.) zurückzukommen sein. Sind aber die dort genannten Merkmale mit der Folge gegeben, dass die Stiftung korporationstypisch nach dem aktuellen Willen der an ihr Interessierten lebt, so stellen sich zum Dritten eben auch korporationstypische Probleme wie z. B. Mehrheits-/Minderheitskonflikte ein. Zwar können solche Konflikte generell in jeder Gruppe und daher auch in jedem mehrköpfigen Organ auftreten. Quantität und Qualität derartiger Konflikte nehmen jedoch zu, je größer die Tragweite und der Spielraum von Entscheidungen ist und desto größer Quantität und Qualität der in sie einfließenden Individualinteressen sind. Fazit: Steht der Gesamtheit der Stifter bzw. Destinatäre nicht das Recht zu, die Verfassung der Stiftung nach Belieben, sondern nur unter den hierfür gesetzlich oder statutarisch vorgesehenen Voraussetzungen zu ändern und die Stiftung aufzuheben, so ist die Stiftung gleichwohl als korporativ verfasst anzusehen, wenn das Organ, in dem die Stifter bzw. Destinatäre zusammengeschlossen sind, entweder das einzige oder das „höchste“ (also insbesondere durch kein anderes Stiftungsorgan kontrollierte) Stiftungsorgan mit Bestellungskompetenz und Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführungsorgan ist; denn damit können sie alle wesentlichen Entscheidungen des Stiftungslebens selbst treffen. Und eben dies ist ausschlaggebend.
III. Lockerung der Bindung an den Stifterwillen Auch wenn ein Stiftungsorgan alle wesentlichen Entscheidungen des Stiftungslebens treffen kann, so unterliegt es hierbei jedoch einer doppelten Pflichtbindung, die seine Handlungs- und Entscheidungsfreiheit empfindlich einschränken kann. Erstens haben die Stiftungsorgane die Verfassung der Stiftung, und das heißt auch den (wirklichen oder mutmaßlichen) Stifterwillen (zum Zeitpunkt der Stiftungserrichtung) zu beachten. Zwar sind auch die Mitglieder eines Verbandes an dessen Verfassung gebunden, doch zu672
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gleich jederzeit frei, sie zu ändern. Dagegen können die zuständigen Stiftungsorgane die Stiftungsverfassung regelmäßig nicht frei, sondern lediglich unter den gesetzlich oder statutarisch bestimmten Voraussetzungen und unter Beachtung des Stifterwillens ändern. Überdies haben Organmitglieder zweitens ihre organschaftlichen Befugnisse im Interesse der Stiftung auszuüben. Im Unterschied zu Verbandsmitgliedern ist ihnen die Verfolgung von Eigeninteressen grundsätzlich versagt (wenngleich auch Verbandsmitglieder ihre fremdnützigen Entscheidungsbefugnisse – z. B. in Geschäftsführungsangelegenheiten – nicht eigennützig ausüben dürfen und zudem bei der Ausübung eigennütziger Befugnisse der Treupflicht unterliegen, also selbst insofern nicht völlig frei sind). Diese Bindung der Stiftungsorgane an die Verfassung und die Interessen der Stiftung (hier kurz als Pflichtbindung bezeichnet) kann jedoch in vielfältiger Weise gelockert werden. Erstens kann die Stiftungsverfassung weit gefasst und dadurch den Stiftungsorganen ein entsprechend weiter Handlungs- und Entscheidungsspielraum eingeräumt werden. Probate Mittel hierfür sind: ein Minimum an Vorgaben (insbesondere weite Fassung des Stiftungszwecks), Beseitigung oder Erweiterung dispositiver, gesetzlicher Einschränkungen sowie die Statuierung von Ermächtigungsnormen, die es den Stiftungsorganen ermöglichen, gesetzes- oder satzungskonkretisierende Entscheidungen in Nebenordnungen zu treffen. Durch derartige Maßnahmen kann zugleich der Bedarf für Satzungsänderungen reduziert werden. Zweitens können die gesetzlichen Voraussetzungen für Satzungsänderungen abgesenkt werden (s. o. § 13 A.II.4.). Drittens kann der Stifter einzelnen oder allen Mitgliedern eines Organs gestatten, im Rahmen der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens bestimmte Partikularinteressen zu vertreten oder auch ihre eigenen Interessen zu verfolgen. So liegt es etwa bei der Einrichtung einer Stifter- oder Destinatärsversammlung. Ein Interessenumbruch findet hierdurch zwar nicht statt. Im Konfliktfall bleiben die Interessen der Stiftung vorrangig und dürfen nicht hintangestellt werden. Gleichwohl vergrößert dies den Entscheidungsfreiraum der betreffenden Organmitglieder, zumindest bei übereinstimmendem Handeln. Viertens kann ein Interessengleichlauf zwischen dem Zweck der Stiftung und den Interessen von Organmitgliedern hergestellt werden. So liegt es etwa bei einer Stifterkorporation, da hier der Stiftungszweck gleichsam „gemeinsamer Zweck“ der Stifter ist. Und bei einer Destinatärsgemeinschaft kann der Stiftungszweck ganz auf die Interessen der Destinatäre zugeschnit-
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ten werden. Ist bspw. der Stiftungszweck die Förderung von fünf bestimmten Theaterbetrieben und sind alle fünf Theater Mitglied in einer Destinatärsversammlung als höchstem Stiftungsorgan vertreten, dann können und sollen sie dort selbst bestimmen, was den Interessen der Theater am besten frommt. Fünftens kann der Stifter eine Abberufung von Organmitgliedern auf wichtige Gründe beschränken (so liegt es regelmäßig bei den Mitgliedern einer Stifter- oder Destinatärsversammlung, s. o. § 14 B.III.). Sechstens kann der Stifter den Verschuldensgrad auf grobe Fahrlässigkeit absenken sowie den Abschluss einer D&O-Versicherung vorsehen und dadurch das Haftungsrisiko der Organmitglieder minimieren. Dabei wird die Handlungsfreiheit der Organmitglieder durch die beiden zuletzt genannten Maßnahmen zwar nicht rechtlich, wohl aber faktisch erweitert. Durch eine Kombination dieser Maßnahmen kann bei Stifterkorporationen und Destinatärsgemeinschaften ein Maß von Handlungs- und Entscheidungsfreiheit geschaffen und die Pflichtbindung dabei derart gelockert werden, dass die Beteiligten ebenso wie Verbandsmitglieder überwiegend selbstund nicht fremdbestimmt zu handeln befugt sind und die Stiftung dadurch korporationstypisch mehr als eine von dem Willen der Beteiligten getragene Gemeinschaft denn stiftungstypisch als Instrument zur Verwirklichung eines fremden Willens, nämlich desjenigen des Stifters, erscheint.30
IV. Vermögensrechte Vermögensrechte müssen den Beteiligten an einer Stifterkorporation oder Destinatärsgemeinschaft hingegen nicht zustehen, um sie als körperschaftlich verfasst zu bezeichnen. Zwar können sie statutarische Ansprüche auf Stiftungsleistungen haben und anfallsberechtigt sein (s. o. § 16). Überdies kann ihr organschaftliches Rechtsverhältnis übertragbar und vererblich ausgestaltet werden (s. o. § 14). Wie das Vereinsrecht exemplarisch zeigt, sind jedoch weder Vermögensrechte notwendiger- oder auch nur typischerweise Teil des mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisses noch ist das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis notwendiger- oder auch nur typischerweise übertragbar und vererblich. Wenden wird uns jetzt noch einmal der Frage der Zulässigkeit von Grundtypenvermischungen und Typendehnungen im Allgemeinen und von korporativ verfassten Stiftungen im Besonderen zu. ___________ 30 Das räumt auch Jeß, Verhältnis, S. 35, ein.
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§ 29 Zur Zulässigkeit von Grundtypenvermischungen und Typendehnungen Grundtypenvermischungen und Typendehnungen sind ein verbreitetes und trotz vielfältiger Bedenken heute in Rechtsprechung und Lehre zu Recht weithin anerkanntes Phänomen. Seine Rechtfertigung findet es in der Privatautonomie. Verfehlt ist daher die Frage, ob für diese oder jene Gestaltung ein anerkennenswertes Bedürfnis besteht; denn recht verstanden bedeutet Privatautonomie, dass eine Gestaltung – wenn und soweit sie nicht gegen zwingendes Recht verstößt – allein schon deswegen – privatrechtlich – anerkennenswert ist, weil sie von den Parteien gewollt ist. Dabei soll freilich nicht verschwiegen, sondern im Gegenteil aufgezeigt werden, dass Grundtypenvermischungen und Typendehnungen teilweise erhebliche Rechtsprobleme verursachen. Diese Probleme haben freilich ganz unterschiedliche Ursachen. Teils sind sie schlicht auf mangelhafte Beratung und Gestaltung zurückzuführen, teils auf eine allgemein unbefriedigende Rechtslage oder gar auf bewusst lückenhafte Gesetze. Teilweise sind die Probleme also vermeidbar, teilweise keine Folge, sondern teilweise sogar Ursache von Grundtypenvermischungen und Typendehnungen. Das Hauptproblem ist freilich eine sach- und interessengerechte Normauslegung und -anwendung. Das bereitet Schwierigkeiten, ist jedoch als solches kein Grund, Grundtypenvermischungen und Typendehnungen die Anerkennung zu versagen. Gerade bei der GmbH & Co. KG hätten allerdings gute Argumente für ihre Unzulässigkeit gesprochen. Umso aufschlussreicher ist, dass sich diese Argumente nicht durchsetzen konnten – und wie man seither versucht, die aufgeworfenen Fragen zu lösen. Zwar mögen manche wünschen, das Rad der Rechtsentwicklung zurückzudrehen.1 Aus heutiger Sicht sind jedoch Grundtypenvermischungen und Typendehnungen nicht nur ein rechtstatsächliches, sondern auch ein rechtsdogmatisches Faktum. Den eingeschlagenen Weg kann daher heute nur noch der Gesetzgeber verlassen, wie etwa die Entscheidung des II. Senats des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit der GmbH & Co. KGaA zeigt.2 Ein Ende dieser Rechtsentwicklung ist freilich überhaupt nicht in Sicht. Zu denken ist etwa an eine ausländische Kapitalgesellschaft als Komplementärin einer KG. ___________ 1 S. Reuter, FS Mestmäcker, S. 277 ff. 2 BGHZ 134, 392.
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Das soll indes nicht heißen, dass deswegen jedwede Grundtypenvermischung oder Typendehnung zulässig wäre. Vielmehr ist das bei jeder Gestaltung erneut zu prüfen. Wohl aber bedeutet dies, dass die Messlatte für Einschränkungen der Privatautonomie im Gesellschaftsrecht sehr hoch liegt. Bei alledem kann allerdings hier nicht in die Tiefe gegangen werden, und zwar teils deshalb, weil – wie insbesondere über die GmbH & Co. KG – geradezu Bibliotheken geschrieben wurden, teils aber auch deshalb, weil bisher jede eingehende Untersuchung fehlt, wie etwa über Mischformen zwischen Anstalten und Körperschaften. Das eine aufzuarbeiten ist hier ebenso wenig der Ort, wie das andere nachzuholen. Um die Grundstrukturen der Probleme von Grundtypenvermischungen und Typendehnungen und ihrer Bewältigung aufzuzeigen, ist dies jedoch auch nicht erforderlich.
A. Die Zulässigkeit von Grundtypenvermischungen Als „Grundtypenvermischung“ bezeichnet man seit Zielinski3 das Phänomen einer gezielten, organisationsrechtlichen Verbindung zweier oder mehrerer Organisationen unterschiedlicher Rechtsform zu einer Einheitsorganisation. Hauptbeispiel und in der Praxis bedeutendster Fall ist die GmbH & Co.4 KG, die auch im Folgenden den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet. Anstelle der GmbH kann jedoch auch eine andere Kapitalgesellschaft, ein wirtschaftlicher Verein, eine Stiftung (dazu u. III.) oder auch eine weitere GmbH & Co. KG (sog. doppelstöckige GmbH & Co. KG) oder mehrere Kapitalgesellschaften etc. treten. Anstelle der KG kann es sich ebenso um eine andere Personengesellschaft (OHG oder BGB-Gesellschaft, einschließlich einer stillen Gesellschaft5), eine andere Kapitalgesellschaft (namentlich eine KGaA, dazu u. II.), einen Verein sowie eine Stiftung (dazu u. V.) handeln – um nur einige der denkbaren Kombinationsmöglichkeiten zu nennen. Die organisationsrechtliche Verbindung findet dabei jeweils dadurch statt, dass – um es am Beispiel der GmbH & Co. KG zu erläutern – die GmbH geschäftsführendes Mitglied6 der KG ist. Eben dies beschreibt zugleich eine Gestaltungsgrenze: Mit Organisationen, deren Geschäftsführungsorgan zwingend ___________ 3 Grundtypenvermischungen und Handelsgesellschaftsrecht, 1925. 4 Die geläufige Bezeichnung „& Co.“ ist freilich insofern irreführend als die KG typischerweise gerade keinen anderen Komplementär als die GmbH hat. Gleichwohl soll an dieser Bezeichnung, weil eingebürgert, auch hier festgehalten werden. 5 Da eine stille Gesellschaft nicht nach außen auftritt, liegen allerdings hier die Dinge etwas anders. 6 Tritt eine Stiftung anstelle der KG wird die GmbH in der Stiftungssatzung zum Alleinvorstand der Stiftung bestellt, s. u. A.V.
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mit natürlichen Personen besetzt sein muss (z. B. GmbH oder AG), ist eine Grundtypenvermischung mit einer anderen Organisation als Geschäftsführungsorgan unzulässig.7
I. GmbH & Co. KG Eben hierin bestand denn auch der erste, weil naheliegendste Einwand gegen die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft.8 In der Tat hatte der historische Gesetzgeber nur natürliche Personen als persönlich haftende Gesellschafter vor Augen, als er die Rechtsverhältnisse der OHG und KG regelte. Das kommt auch heute noch, nachdem der Gesetzgeber die GmbH & Co. durch eine ganze Reihe gesetzlicher Vorschriften (insbesondere §§ 19 Abs. 5, 125a, 129a, 130a, 172 Abs. 6, 172a, 177a HG) anerkannt hat, namentlich in §§ 106 Abs. 2 Nr. 1, 161 Abs. 2 HGB klar zum Ausdruck. Eine gesetzliche Regelung, die den Kreis der persönlich haftenden Gesellschafter ausdrücklich auf natürliche Personen beschränkt (so §§ 552 Abs. 1, 594 Abs. 2 OR), fehlt jedoch. Und auch aus der Natur der Sache (wie etwa, dass nur natürliche Personen ein politisches Amt bekleiden können) ergibt sich dies nicht. Vielmehr war es, worauf das Reichsgericht in seiner berühmten, die GmbH & Co. KG anerkennenden Entscheidung (RGZ 105, 101 ff.) hinwies, bereits damals im Grundsatz längst anerkannt und unstreitig, dass juristische Personen Gesellschaftsverträge abschließen können. Dies darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die GmbH & Co. KG ein „Kind der Gesetzesumgehung“9 ist. Sie wurde „geboren“, weil die Gesellschafter die Vorteile einer Kapitalgesellschaft mit denjenigen einer Personengesellschaft kombinieren wollten. So richten sich denn auch die nach wie vor gegen sie vorgetragenen – heute, nach ihrer gesetzlichen Anerkennung als rechtspolitisch zu bezeichnenden – Bedenken gegen all diejenigen „Vorteile“, die diese „Rechtsform“ gegenüber der gesetzestypischen Verfassung einer GmbH bzw. KG genießt10: Der Verbreitung der GmbH & Co. KG stand das Steuerrecht Pate: Vermieden werden sollte die zunächst von Preußen 1906 eingeführte Doppelbelastung der Kapitalgesellschaft und ihrer Mitglieder durch Körperschafts- und Einkommensteuer bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der beschränkten ___________ 7 In diesem Fall kann eine organisationsrechtliche Verbindung nur konzernrechtlich, namentlich durch Unternehmensvertrag hergestellt werden. 8 Vgl. KGJ 11, 20 ff.; OLG Hamburg, HansGZ 1891, 22. 9 K. Schmidt, GR, S. 1626. 10 Für eine Zusammenstellung dieser „Besonderheiten“ s. etwa Binz, GmbH & Co., § 1 Rdnr. 35 ff.
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Haftung aller beteiligten natürlichen Personen. Zwar wurde diese Doppelbelastung 1977 (!) durch die Einführung des Anrechnungsverfahrens beseitigt, das seinerseits 2001 von dem sog. Halbeinkünfteverfahren abgelöst wurde. Auch sind andere Steuervorteile, die sich mit der GmbH & Co. KG erzielen ließen, bzw. Steuernachteile, die durch sie vermieden werden konnten, zwischenzeitlich entfallen. Solange die steuerliche Belastung je nach Rechtsform variiert, Steuern durch rechtliche Gestaltung vermieden werden können, solange wird ein „Belastungsvergleich“ die Wahl der rechtlichen Gestaltung – legitimerweise – beeinflussen. So ist es denn auch allein der Inkonsistenz der gesetzlichen Regelung zu danken, dass durch die GmbH & Co. KG die Mitbestimmung vermieden oder doch entschärft werden kann11. Und gar allein auf den Unwillen des Gesetzgebers ist es zurückzuführen, dass die GmbH & Co. KG lange nicht dem Bilanzrichtliniengesetz unterfiel, und zwar obwohl Kommission und Rat auf diese ablehnende Haltung 1990 mit einer eigenen Richtlinie12 reagiert haben, die eben dies fordert, aber bis 1999 nicht in das deutsche Recht umgesetzt wurde.13 Wenn aber der Gesetzgeber Normen schafft, die „Schlupflochakrobaten“ Einfallstore öffnen oder gar bestimmte Rechtsformen privilegieren, dann darf man dies zwar beklagen und versuchen, die Lücken soweit wie möglich zu schließen. Man darf hieraus jedoch keine Argumente gegen die Zulässigkeit der betreffenden Gestaltung herleiten. Das gilt hier ebenso wie im Stiftungsrecht, wo gegen die Zulässigkeit von Unternehmensstiftungen ebenfalls Lücken des Mitbestimmungs- und Bilanzrechts angeführt wurden und werden14. Anders liegen die Dinge freilich dort, wo nicht die Lücken gesetzlicher Gebote (aus)genutzt, sondern gesetzliche Verbote oder drittschützende Normen umgangen bzw. vermieden werden (sollen). In solchen Fällen kann eine Gestaltung als unzulässig (nichtig) zu verwerfen sein. Das setzt freilich voraus, dass der Sinn und Zweck des gesetzlichen Verbots bzw. der drittschützenden Norm dies erfordert. Das Gesetz muss sich nicht lediglich gegen die Vornahme eines Geschäfts bestimmter Art, sondern gegen dessen rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolg wenden. Zudem ist zu fordern, dass der ___________ 11 S. hierzu etwa Zöllner, ZGR 1977, 319 ff.; U. H. Schneider, ZGR 1977, S. 335 ff.; Binz/Sorg, GmbH & Co. KG, § 15 Rdnr. 3 ff. 12 Richtlinie des Rates 90/605/EWG vom 8.11.1990 – GmbH & Co. KG-Richtlinie, Abl. EG Nr. L 317 v. 16.11.1990, S. 60 ff. und dazu Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, S. 143 f.; Everling, ZGR 1993, 153 ff. 13 EuGH, BB 1999, 1485; jetzt §§ 264a–264c, 285 Nr. 11a und 15, 286 Abs. 3 S. 1, 318 Abs. 1 S. 2 HGB i. d. F. vom KapCoRiLiG vom 24.2.2000, BGBl. I, S. 154. 14 S. o. § 5 C.IV.1.
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unerwünschte Erfolg auch nicht durch eine sachgerechte Normauslegung und -anwendung abgewendet und damit dem Sinn und Zweck des Gesetzes Genüge getan werden kann; denn andernfalls ist ein Eingriff in die – grundgesetzlich geschützte – Privatautonomie sachlich nicht gerechtfertigt.15 Die GmbH & Co. KG ist hierfür ein gutes Beispiel: Im Personengesellschaftsrecht gilt bekanntlich das Prinzip der Selbstorganschaft. Es besagt zum einen, dass die Gesellschaft über geborene Organe für die Geschäftsführung und Vertretung verfügt.16 Es besagt zum anderen, dass nur persönlich haftende Gesellschafter an der organschaftlichen Geschäftsführung und Vertretung teilhaben dürfen.17 Bei der GmbH & Co. KG wird nun zwar die KG durch ihren persönlich haftenden Gesellschafter, nämlich die GmbH vertreten. Formal wird dem Prinzip der Selbstorganschaft damit Genüge getan. Die GmbH handelt jedoch durch ihren Geschäftsführer, der seinerseits kein persönlich haftender Gesellschafter (vielmehr nicht selten weder Mitglied der KG noch der GmbH, sondern ein Dritter) ist.18 Und eben hierin liegt die Gesetzesumgehung. Fraglich ist nun zunächst, ob das Prinzip der Selbstorganschaft zwingend, Fremdorganschaft also verboten ist. Das kann man mit guten Gründen bestreiten.19 Zwar kann man das Prinzip der Selbstorganschaft aus den strukturellen und dogmatischen Unterschieden zwischen Gesamthandsgesellschaften und juristischen Personen ableiten.20 Allein deswegen ist es jedoch nicht zwingend. Unzutreffend ist ferner die Behauptung, niemand brauche „für die Tätigkeit eines Dritten – der selbst nicht mitgliedschaftlich beteiligt ist – die volle persönliche Verantwortung zu übernehmen“21; denn wenn das richtig wäre, müsste jede Stellvertretung verboten sein. Vielmehr könnte man aus dem Knebelungsverbot allenfalls die Forderung ableiten, dass der Schutz der persönlich haftenden Gesellschafter gebiete, dass sie einem Fremdgeschäftsführer Weisungen erteilen und ihn abberufen können müs___________ 15 S. o. § 3 B.II., C.III.1. 16 K. Schmidt, GR, S. 410 m. w. Nw. 17 Vgl. BGHZ 36, 292; 51, 198; Nitschke, Personengesellschaft, S. 252 ff.; Baumbach/ Hopt, HGB, § 114 Rdnr. 24 f., § 125 Rdnr. 5; zuletzt H. P. Westermann, FS Lutter, S. 955 ff., jew. m. w. Nw. 18 Gelöst werden können dadurch Führungs- und Nachfolgeprobleme in der Personengesellschaft, denen freilich auch auf andere Weise als ausgerechnet durch Errichtung einer GmbH & Co. KG begegnet werden könnte. 19 Verneinend H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 328 ff., 443 ff.; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 119, 124, 166 f.; Helm/Wagner, BB 1979, 225 ff.; Dellmann, FS Hengeler, S. 64 ff.; Werra, Selbstorganschaft, S. 79 ff. m. w. Nw. 20 S. etwa Flume, PG, S. 240 ff.; K. Schmidt, GR, S. 410. 21 So Wiedemann, GR, S. 344.
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sen. Hier kann dies freilich dahinstehen; denn bei der GmbH & Co. KG haftet (normalerweise) ohnehin keine natürliche Person unbeschränkt. Auch gibt es bekanntlich keine zwingende Korrelation zwischen Herrschaft und Haftung.22 Allenfalls könnte man meinen, dass die unbeschränkte Haftung Mitgesellschaftern und Gläubigern einen größeren Schutz vor vermeidbaren Fehlern des Managements biete.23 Diese Überlegung dürfte jedoch mehr dem Reich der Theorie als dem der Praxis angehören, zeichnen sich doch Unternehmerpersönlichkeiten oftmals gerade durch eine erheblich höhere Risikobereitschaft aus als angestellte Manager. Ein Disziplinierungseffekt geht aber auch von § 43 GmbHG aus. Und gegen betrügerische Machenschaften ist ohnehin ebenso wenig ein Kraut gewachsen wie gegen bloße Unfähigkeit. Die von einer unbeschränkten persönlichen Haftung mglw. ausgehende Verhaltenssteuerung ist daher kein hinreichender Grund, das Prinzip der Selbstorganschaft für zwingend zu halten. Mit Recht hat daher bereits das Reichsgericht diesen Einwand gegen die GmbH & Co. KG nicht gelten lassen.24 Nicht ganz von der Hand zu weisen ist dagegen folgende Überlegung: Das Gesetz gehe im Personengesellschaftsrecht von der Vorstellung aus, persönliche Haftung könne eine Kapitalsicherung ersetzen. Diese Vorstellung sei zwar verfehlt. Solange aber das Gesetz im Personengesellschaftsrecht weder Kapitalgarantien noch eine Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung vorsehe, müsse an dem Prinzip der Selbstorganschaft festgehalten werden.25 Zwar liegt auch dieser Überlegung die – zweifelhafte – Behauptung zugrunde, dass Selbstorganschaft eine größere Gewähr für eine ordnungsgemäße Unternehmensleitung biete als Fremdorganschaft. Ein Verbot der Fremdorganschaft lässt sich daher hieraus ebenfalls nicht ableiten. Zutreffend aufgezeigt wird jedoch die – wenn auch ungenügende – gläubigerschützende Funktion der persönlichen Haftung. Anders gewendet kann also aus dem Fehlen von (strikten) Kapitalgarantien sowie einer Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung im Personengesellschaftsrecht zwar nicht auf ein Verbot von Fremdorganschaft, wohl aber möglicherweise auf ein Gebot unbeschränkter persönlicher Haftung geschlossen werden. ___________ 22 Ganz h. M., vgl. etwa BGHZ 45, 204; Flume, PG, 244; K. Schmidt, GR, S. 237 ff.; Wiedemann, JZ 1969, 470, 471; s. aber auch Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 117 ff., alle m. w. Nw. 23 So etwa Wiedemann, JZ 1969, 470, 471: „Der mitfliegende Pilot im Cockpit flößt uns die Zuversicht einer gefahrlosen Reise ein.“ Im Anschluss ebenso etwa K. Schmidt, GR, S. 413 f. 24 RGZ 105, 101, 104 f. 25 So K. Schmidt, GR, S. 414.
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Und eben dies ist das zweite personengesellschaftsrechtliche Prinzip,26 das durch eine GmbH & Co. KG umgangen wird. Zwar haftet die GmbH als Komplementärin unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der KG. Entgegen den gesetzlichen Vorstellungen sind jedoch alle beteiligten natürlichen Personen von dem Risiko einer unbeschränkten Haftung befreit: die Gesellschafter der GmbH nach § 13 Abs. 2 GmbHG und die Kommanditisten nach §§ 171 ff. HGB. Dabei ist die durch §§ 171 ff. HGB bewirkte Kapitalbindung deutlich weniger strikt als diejenige im GmbH-Recht. Überdies können die bei der GmbH bestehenden Kapitalgarantien durch Ausschüttungen an die Kommanditisten ausgehöhlt werden. Beides zusammengenommen hat aus Sicht der Gesellschafter den Vorteil einer erheblich größeren finanziellen Flexibilität. Für die Gläubiger bedeutet dies jedoch ein deutlich erhöhtes Risiko, zumal es ursprünglich auch keine Konkursantragspflicht bei Überschuldung der GmbH & Co. KG gab. M. a. W. wird bei einer GmbH & Co. KG sowohl das personengesellschaftsrechtliche als auch das kapitalgesellschaftsrechtliche Gläubigerschutzsystem nur noch formal eingehalten, materiell aber umgangen bzw. ausgehöhlt. Bedenklich ist dabei nicht so sehr die Ersetzung der unbeschränkten Haftung einer natürlichen durch die unbeschränkte Haftung einer juristischen Person. Letztere mag vielleicht sogar der bessere Schuldner sein; denn juristische Personen haben bekanntlich weder Spielleidenschaften noch eine kostspielige Geliebte. Bedenklich ist vielmehr, dass die Leidenschaften der Komplementäre die Solvenz der GmbH gefährden können. Gleichwohl hat die Rechtsprechung und später der Gesetzgeber die GmbH & Co. KG im Ergebnis zu Recht anerkannt; denn der Typenabweichung kann durch eine typengerechte Normanwendung Rechnung getragen werden. Hierzu galt es zu erkennen, dass eine GmbH & Co. KG im Blick auf die beschränkte Haftung aller beteiligten natürlichen Personen einer Kapitalgesellschaft näher steht als einer Personengesellschaft.27 Für die Kapitalsicherung hat die Rechtsprechung hieraus die Konsequenz einer Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG auf die GmbH & Co. KG gezogen.28 Dem ist der Gesetzgeber gefolgt: §§ 129a, 172a HGB ordnen eine entsprechende Anwendung der §§ 32a, 32b GmbHG an. Für das Firmenrecht ist die Konsequenz, dass die Firma einer Personengesellschaft einen die Haftungsbeschränkung kennzeichnenden Zusatz enthalten muss, wenn keine natürliche ___________ 26 BGHZ 142, 315 ff. 27 Vgl. BVerfGE 24, 170, 182; BGHZ 62, 216, 227. 28 Vgl. BGHZ 60, 324; 67, 171; 69, 274; 76, 326; 104, 33; 110, 342.
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Person unbeschränkt haftet.29 Auch wurde eine Konkursantragspflicht bei Überschuldung eingeführt.30 Und hinsichtlich der Haftung des GmbH-Geschäftsführers hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass er (auch) der KG aus § 43 Abs. 2 GmbHG analog unmittelbar verantwortlich sei.31 Nun sind damit bei weitem noch nicht alle besonderen Probleme, die eine GmbH & Co. KG aufwirft, angesprochen. Überdies wird die Atypizität und damit die Häufung der Probleme bei einer Publikums-GmbH & Co. KG noch weiter gesteigert. Hinreichend deutlich geworden sein sollte jedoch, dass zwar die Bedenken gegen derartige Gestaltung keineswegs unberechtigt waren, ihnen jedoch durch eine sach- und typengerechte Normanwendung Rechnung getragen werden konnte. Ist dies der Fall, so rechtfertigt selbst ein Verstoß gegen gesetzliche Strukturprinzipien es nicht, einer Gestaltung die Anerkennung zu versagen. Was bleibt, ist ein verbreitetes Unbehagen, das sich in zahlreichen Schmähungen32 Luft macht. Teils beruht es auf einem abweichenden (rechtspolitischen) Vorverständnis, etwa auf generellen Vorbehalten gegen Haftungsbeschränkungen33 oder gegen eine allzu erfindungsreiche Kautelarpraxis34. Teils wird es durch den Missbrauch dieser Rechtsform durch Wirtschaftskriminelle genährt und bestätigt35. Gewiss: Die Entscheidung des Reichsgerichts, die GmbH & Co. KG zuzulassen, hat einen enormen prozes___________ 29 BGHZ 62, 216, 227 – entsprechende Anwendung der §§ 4 Abs. 2 AktG, 4 Abs. 2 GmbHG; seit 1980 § 19 Abs. 5 HGB. 30 §§ 130a, 130b HGB, § 19 Abs. 3 InsO. 31 Vgl. BGHZ 75, 321; 76, 326, 327; s. ferner BGHZ 100, 190. 32 So sprach J. v. Gierke, Handelsrecht, S. 229, von einer „grotesken Verrenkung“ der KG. In dem Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission (Rdnr. 828) ist von einer „pervertierten Formenkombination“ die Rede. Großfeld, Gestaltungsaufgabe, S. 33 ff., konstatiert ein gestaltungspolitisches Versagen des Zivilrechts. Und K. Schmidt, GR, S. 1661, hält die GmbH & Co. KG für den „Sündenfall des Gesellschaftsrechts“. 33 Vgl. K. Schmidt, GmbHR 1984, 272, 275 f. Dementsprechend erblickt Wiethölter in: GmbH & Co., S. 11, 12, hierin eine Fortsetzung der früher gegen die GmbH gerichteten „Schimpfkanonade“. Heute dürfte freilich die Legitimität beschränkter Haftung außer Zweifel stehen, vgl. Lehmann, ZGR 1986, 345 ff.; ders., GmbHR 1992, 200 ff.; G.H. Roth, ZGR 1986, 371 ff. Zur Verteidigung der GmbH & Co. KG aus wirtschaftsverfassungsrechtlicher Sicht s. ferner H.P. Westermann, GmbH & Co. KG, passim. 34 In diese Richtung etwa Reuter, Perpetuierung, S. 239 f.; ders., FS Mestmäcker, S. 271, 277 ff. vgl. auch Kübler, GR, S. 403, der die durch die GmbH & Co. KG verursachte Verdoppelung des Regelungsaufwandes und die hiermit verbundene Verkomplizierung der Rechtsordnung beklagt. S. dazu ferner K. Schmidt, GmbHR 1984, 272, 277 f. („GmbH & Co. – ein Produkt kautelarjuristischer Hybris?“) m. w. Nw. 35 Vgl. K. Schmidt, GR, S. 1625.
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sualen, gesetzgeberischen und wissenschaftlichen Aufwand zur Lösung der hiermit verbundenen Folgeprobleme nach sich gezogen. Andernfalls hätte überdies möglicherweise die gesamte Rechtsentwicklung hinsichtlich von Typenvermischungen und Typendehnungen einen anderen Weg genommen. So gesehen war die Entscheidung sicherlich von sehr viel weiter reichender und grundlegenderer Bedeutung als dies dem Gericht bewusst gewesen ist. Und mancher mag sich schon allein der Klarheit und Einfachheit der Rechtsordnung halber wünschen, sie wäre anders ausgefallen. Einfacher bedeutet hier aber auch ärmer. Dabei ist stets zu bedenken, dass atypische Gestaltungen die Antwort der Parteien auf ihren Interessen nicht entsprechende gesetzliche Regelungen sind. Dabei hat es der Gesetzgeber allzeit in der Hand, bestimmte Ordnungsvorstellungen zu formulieren und sie durch die Normierung zwingenden Rechts durchzusetzen. Tut der Gesetzgeber dies nicht oder nicht hinreichend, so dürfen die Gerichte nicht an seine Stelle treten. Soweit Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden, bleibt dann vielmehr die Ordnung dessen, was rechtens sein soll, den Parteien überlassen. Abweichende rechts- und ordnungspolitische Vorstellungen, die Frage also, ob eine bestimmte Gestaltung unerwünscht ist, hat allein der Gesetzgeber zu entscheiden.36
II. GmbH & Co. KGaA Den Überlegungen von Karsten Schmidt gegen die Zulässigkeit einer Kapitalgesellschaft als Komplementärin einer KGaA konnte sich der Bundesgerichtshof37 daher allein schon deswegen nicht anschließen, weil es nicht seine Aufgabe ist, darüber zu entscheiden, ob „das Recht der Kommanditgesellschaft auf Aktien in dem Sinne fortgebildet werden [soll], daß es die aus Sicht des Gesetzgebers zweifellos atypische … Beteiligung einer Komplementär-Kapitalgesellschaft trägt“38. Zu beantworten hatte das Gericht vielmehr allein die Frage „Warum nicht?“, also welche Gesetzesbestimmungen – einzeln und/oder in ihrer Gesamtschau – einer solchen Gestaltung entgegen stehen könnten. Dieser Methode mag man Positivismus und Relativismus vorwerfen.39 Und gewiss steht sie wie jede Rechtsanwendung in der Gefahr, dass ein bestimmtes Vorverständnis die Lösungen diktiert.40 Indes gehört ein gewisses „Hin- und Herwandern des Blicks“ zwischen Lösung ___________ 36 37 38 39 40
S. zu dem hier vertretenen Verständnis der Privatautonomie o. § 3 B.I. BGHZ 134, 392 ff. K. Schmidt, ZHR 160 (1996), 265, 272. K. Schmidt, ZHR 160 (1996), 265, 269, 272. K. Schmidt, ZHR 160 (1996), 265, 269.
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und Ergebnis zu den hermeneutischen Elementareinsichten.41 Und die Gefahr, dass ein bestimmtes Vorverständnis die Antworten diktiert, ist bei einer Wiederbelebung der Lehre vom Typenzwang noch erheblich größer; denn hier ist das Vorverständnis vielfach bereits das Ergebnis.42 Überzeugende positiv-rechtliche Argumente gegen die Zulässigkeit einer GmbH & Co. KGaA ließen sich nicht finden, und zwar auch nicht bei einer Gesamtschau der einschlägigen Vorschriften.43 Das galt namentlich für den Gläubigerschutz, zumal „bei der KGaA nicht die persönliche Haftung des Komplementärs, sondern das von den Kommanditaktionären aufgebrachte, durch die aktienrechtlichen Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften geschützte Grundkapital die eigentliche Haftungsgrundlage für die Gesellschaftsgläubiger“ 44 darstellt. Und dass die einer unbeschränkten persönlichen Haftung aus Gründen der Verhaltenssteuerung nicht zwingend bedarf, wurde oben bereits dargelegt.45 Fraglich ist allerdings, welcher Umstand, wenn nicht die unbeschränkte persönliche Haftung des Komplementärs, d. h. die Verknüpfung seines persönlichen wirtschaftlichen Schicksals mit demjenigen der KGaA, der Grund für seine im Vergleich zum Vorstand einer AG stärkeren Stellung ist. Die Antwort lautet: Das von der Verfassung einer AG abweichende Organisationsstatut einer KGaA. Sie ist keine bloße Spielart der AG, sondern der gesetzlich vorgesehene Fall einer Grundtypenvermischung, nämlich zwischen KG und AG. Zwar rechtfertigt dies nicht den Schluss von der Zulässigkeit einer GmbH & Co. KG auf die Zulässigkeit einer GmbH & Co. KGaA. Auch kann man die unbeschränkte Haftung des Komplementärs als Preis für seine starke Stellung ansehen. Er wird jedoch auch von einer GmbH als Komplementärin entrichtet. Dabei zeigt ein Vergleich mit der Lage bei Abschluss eines Beherrschungsvertrags, dass eine vergleichbar starke organisationsrechtliche Stellung auch im Aktienrecht nicht zwingend mit der unbeschränkten Haftung einer natürlichen Person einhergehen muss. Und dieser Vergleich erweist zugleich, dass auch das Argument eines aktienrechtlichen Legitimationsdefizites im Blick auf Kontroll- und Geschäftsführerwechsel in der Komplementär-GmbH nicht überzeugt;46 denn auch bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags vollzieht sich ___________ 41 Canaris, JZ 1993, 377, 380; vgl. auch Larenz, ML, S. 401. 42 S. o. § 3 C.II.2. 43 Vgl. BGHZ 134, 392 ff.; Priester, ZHR 160 (1996), 250 ff. jew. m. w. Nw. Zum umfangreichen Schrifttum s. auch Hüffer, AktG, § 278 Rdnr. 6, 8. 44 BGHZ 134, 392, 397; Priester, ZHR 160 (1996), 250, 258 f.; K. Schmidt, ZHR 160 (1996), 265, 277 f. 45 Wie hier BGHZ 134, 392, 398 f.; Priester, ZHR 160 (1996), 250, 259 f.; a. A. K. Schmidt, ZHR 160 (1996), 265, 278 ff. 46 K. Schmidt, ZHR 160 (1996), 265, 281.
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ein Kontroll- und Geschäftsführungswechsel in der herrschenden Gesellschaft unabhängig von dem Willen der außenstehenden Aktionäre der beherrschten Gesellschaft. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommanditaktionäre im Rahmen des Gründungsakts auf die GmbH als Komplementärin geeinigt haben und sie sich auch bei einer „normalen“ KGaA ihres Einflusses auf die Auswahl neuer Komplementäre begeben können.47 Und schließlich: Wer mit einem Typenzwang argumentiert, muss sich fragen lassen, was denn der Typus der KGaA ist. Wollte man annehmen, es handelte sich um eine Sonderform der AG, so verlören konsequenterweise alle personengesellschaftsrechtlichen Argumente (Selbstorganschaft, unbeschränkte persönliche Haftung des Komplementärs) an Gewicht. Wollte man umgekehrt annehmen, es handelte sich um eine Sonderform der KG, verlören folgerichtig alle aktienrechtlichen Argumente (Vergleich mit AGVorstand, Legitimationsdefizit) an Überzeugungskraft. Wollte man schließlich annehmen, es handelte sich um einen eigenständigen Typus, so wären Vergleiche sowohl mit der Rechtslage bei der AG als auch bei der KG problematisch. Sieht man aber die KGaA als das an, was sie ist, nämlich als gesetzlich geregelten Fall einer Grundtypenvermischung, dann ist sie zugleich Ausdruck eben jener Typenfreiheit, deren Bestehen von der Typenlehre bestritten und deren Inanspruchnahme von ihr als „kautelarjuristischer Wildwuchs“48 bekämpft wird. Auch die GmbH & Co. KGaA hat der Gesetzgeber inzwischen anerkannt, § 279 Abs. 2 AktG.
III. Stiftung & Co. KG Unter einer Stiftung & Co. KG wird im Allgemeinen (analog einer GmbH & Co. KG) eine Kommanditgesellschaft verstanden, deren einziger Komplementär eine Stiftung ist. Kommanditisten können Stifter, Destinatäre (etwa Familienmitglieder) oder Dritte sein. Dabei kann die Stiftung entweder Instrument der Kontrolle der Kommanditisten über das Unternehmen sein (nämlich, wenn diese zu Mitgliedern eines Stiftungsorgans bestellt werden, das seinerseits die Stiftung kontrolliert) oder umgekehrt zur Obstruktion der Kommanditisten dienen (nämlich wenn die Stiftungsorgane unabhängig von den Kommanditisten sind und besetzt werden). ___________ 47 Priester, ZHR 160 (1996), 250, 261; vgl. ferner BGHZ 134, 392, 399 f. 48 K. Schmidt, ZHR 160 (1996), 265, 272.
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Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
Zahlenmäßig gibt es relativ wenige Stiftung & Co. KGen.49 Darunter finden sich freilich einige prominente Beispiele, wie etwa die Schickedanz Holding Stiftung & Co. KG, die Lidl u. Schwarz Stiftung & Co. KG sowie die Peter Eckes KG, die mit der Ludwig-Eckes-Familienstiftung und der Peter-EckesFamilienstiftung sogar zwei Stiftungen als Komplementäre hat.50 Rechtspolitisch wird vielfach ein Verbot der Stiftung & Co. KG gefordert,51 wie es nach § 1 Abs. 2 des österreichischen Privatstiftungsgesetzes besteht. Verbreitet wurde bzw. wird sie freilich bereits nach geltendem Recht für unzulässig gehalten.52 Die gegen sie geäußerten Bedenken sind vielfältig. Zu unterscheiden sind stiftungsrechtliche und gesellschaftsrechtliche Einwände. 1. Stiftungsrechtliche Einwände Geltend gemacht wird, eine Stiftung, deren (einziger) Zweck es sei, als Komplementärin einer KG zu dienen, verstieße gegen das Verbot von Selbstzweckstiftungen53 und/oder die angeblichen Verbote von Unternehmensstiftungen54, von Funktionsstiftungen55 und von privatnützigen Stiftungen56. Diese Einwände haben sich bereits als ungerechtfertigt erwiesen (s. o. § 5 C.II.-VI.). Gleichwohl lehnten die zuständigen Behörden nicht selten die Genehmigung einer Stiftung, die Komplementärin einer KG werden soll, mit der Begründung ab, eine solche Gestaltung sei rechtsmissbräuchlich.57 Erschöpfte sich ihre Begründung in dieser Behauptung, so war freilich der Ablehnungsbescheid mangels zureichender Begründung schon nach altem Recht rechts___________ 49 Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 13 Rdnr. 85 schätzt die Zahl auf 100. 50 Für weitere Beispiele s. Schiffer, ZEV 1999, 424, 425. 51 So etwa Art. 1 § 81 des Entwurfes eines StiftRReformG von der FDP, BT-Drs. 14/336, S. 2; noch weitergehend Art. 1 § 81 Abs. 1 des Entwurfes eines StiftRReformG von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13/9320, S. 3; aus der Lit. etwa Goerdeler, FS Heinsius, S. 169, 175. 52 Außer den nachfolgend genannten Autoren etwa K. Schmidt u. a. in: Stiftungswesen, S. 33 f.; Rawert u. a. in: Staudinger, BGB, Vor § 80 Rdnr. 88, 103; Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 70; Seifart/Seifart, Handbuch1, § 10 Rdnr. 65; SiegmundSchultze, NdsStiftG, § 4 Anm. 2a; a. A. bspw. Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 21, sowie – naturgemäß – die rechtsberatende Praxis, bspw. Schulze zur Wiesche, WPg 1988, 128 ff. 53 Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 88; Stengel, Personengesellschaft, S. 61. 54 Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 103; MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 87 ff. 55 MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 9, 84. 56 K. Schmidt, DB 1987, 261, 262 f. 57 So die Erfahrung von Hennerkes/Binz/Sorg, DB 1986, 2269.
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widrig;58 denn sie lässt nicht erkennen, worauf sich dieser Vorwurf gründet. Bezöge er sich auf das vermeintliche Fehlen eines zulässigen Stiftungszwecks, so wäre er regelmäßig unzutreffend. Bezöge er sich hingegen auf eine tatsächlich unzureichende Kapitalausstattung der Stiftung, so ist zu unterscheiden: Rechtsmissbräuchlich wäre die Übernahme der Komplementärstellung durch eine Stiftung, deren Kapital nicht einmal die Seriositätsschwelle des § 5 Abs. 1 GmbHG erreicht;59 denn hierin läge eine sittenwidrige Gläubigergefährdung. Nicht anerkennungsfähig wäre die Stiftung ferner, wenn das Stiftungskapital zwar die Schwelle des § 5 GmbHG erreicht oder überschreitet, das Stiftungskapital aber erkennbar außer Verhältnis zu der Geschäftstätigkeit der KG und damit zu den von der Stiftung zu tragenden wirtschaftlichen Risiken steht.60 Zwar ist es richtig, dass der Komplementär nur ausnahmsweise, nämlich vornehmlich dann, wenn bei der KG „nichts mehr zu holen ist“, aus seiner unbeschränkten Haftung in Anspruch genommen wird. Auch dürfen die Gläubiger einer KG im Allgemeinen nicht erwarten, dass der Komplementär über die für ihre Befriedigung erforderlichen Mittel verfügt. Bei der gesetzestypischen KG verspricht der Komplementär vielmehr nur, persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der KG einzustehen, nicht aber hierzu auch – wenigstens bis zu einem bestimmten Betrag – in der Lage zu sein. Soweit der Komplementär keine natürliche Person ist, ist jedoch das allgemeine Unterkapitalisierungsverbot61 zu beachten. Zwar ist im Recht der Kapitalgesellschaften eine materielle Unterkapitalisierung allenfalls ausnahmsweise ein Eintragungshindernis;62 denn der Registerrichter ist grundsätzlich auf die Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Normativbestimmungen beschränkt. Das ist indes im Stiftungsrecht anders: Die zuständige Behörde kann und muss die Anerkennung der Stiftung verweigern, wenn eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht ge___________ 58 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 39 Rdnr. 22, 25 ff. m. w. Nw.; s. aber auch § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG. 59 Hennerkes/Binz/Sorg, DB 1986, 2269, 2270; Weimar/Geitzhaus/Delp, DB 1986, 1999, 2004; K. Schmidt, GR, S. 1663; Schwarz, BB 2001, 2381, 2388; vgl. auch Nietzer/Stadie, NJW 2000, 3457, 3460. Kirmse in: Instrumentalisierung, S. 27, 39, fordert generell für unternehmensverbundene Stiftungen ein Mindestkapital von 50.000,– Euro. 60 Ähnlich Weimar/Geitzhaus/Delp, DB 1986, 1999, 2004. 61 Vgl. K. Schmidt, GR, S. 523 ff., ferner Vonnemann, GmbHR 1992, 77; Wüst, JZ 1995, 990 ff., jew. m. w. Nw. 62 S. Th. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 26 Rdnr. 45 ff.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 9c Rdnr. 31, jew. m. w. Nw.
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sichert ist (s. o. § 6 C.I., II.). Allerdings darf dieses Argument nicht dazu missbraucht werden, die generelle Zulässigkeit einer Stiftung als Komplementärin zu bestreiten63 und damit den Willen des Gesetzgebers, der sich sowohl für die generelle Zulässigkeit von Unternehmens- als auch von Komplementärstiftungen ausgesprochen hat,64 zu konterkarieren. Vielmehr ist zu bedenken, dass die strenge Zweckbindung des Stiftungsvermögens zu der Eignung der Stiftung als unbeschränkt haftende Komplementärin beitragen kann.65 Nicht anerkennungsfähig ist allerdings ferner eine Stiftung & Co. KG, bei der zwar nicht die Stiftung, wohl aber die Kommanditgesellschaft materiell unterkapitalisiert ist; denn aufgrund der Komplementärstellung hängt das Wohl und Wehe der Stiftung von demjenigen der KG ab. Ist die KG materiell unterkapitalisiert, so ist die Stiftung von vornherein einem derart gesteigerten, ihren Bestand gefährdenden Haftungsrisiko ausgesetzt, dass eine dauerhafte und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht gesichert ist. Anders als bei einer GmbH & Co. KG kann also von Rechts wegen keine materiell offenbar unterkapitalisierte Stiftung & Co. KG entstehen. Zudem darf der Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft nicht so abgefasst sein, dass er übermäßige Entnahmen der Kommanditisten begünstigt, andernfalls die Kapitalbasis sowohl der Gesellschaft als auch mittelbar der Stiftung und damit auch eine dauerhafte und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gefährdet ist. Auf diesen Aspekt wird sogleich noch einmal zurückzukommen sein (s. u. 2.). Im Allgemeinen kein Grund für die Verweigerung der Anerkennung einer Stiftung, die Komplementärin einer KG werden soll, ist dagegen das stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgebot, wonach das Stiftungskapital in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten ist (dazu o. § 17 C.). Das lässt sich freilich nicht einfach damit begründen, dass dieses Gebot abdingbar ist;66 denn das ist nur im Rahmen der Gewährleistung einer dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks richtig.67 Und die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verbrauchsstiftung sind bei einer Komplementärstiftung nicht gegeben.68 Allerdings richtet sich das stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgebot allein an die Stiftungsorgane, nicht an den Stifter. Den Stiftungsorganen ist es daher bei Meidung von Schadensersatz ___________ 63 64 65 66 67 68
Zutr. Schwarz, ZEV 2003, 306, 313. Vgl. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bericht, S. 47 ff., 50. So zu Recht Erman/O. Werner, BGB, Vor § 80 Rdnr. 21 a. E. So aber Hennerkes/Binz/Sorg, DB 1986, 2269. S. o. § 17 C.II. S. o. § 6 C.II.3.
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nicht gestattet, Risiken einzugehen, die den Bestand des Stiftungskapitals gefährden. Entgegen teilweise vertretener Ansicht,69 kann sich daher nicht jede beliebige Stiftung als Komplementärin zur Verfügung stellen, um sich auf diese Weise eine Haftungsprämie zu verdienen.70 Der Bestimmung des Stifters untersteht jedoch nicht nur die Reichweite des Kapitalerhaltungsgebots, sondern auch die Risikodisposition der Stiftung. Ebenso wie er der Stiftung eine mündelsichere Anlage des Stiftungsvermögens vorschreiben kann, kann er ihr auch (ausdrücklich oder konkludent) risikoreiche Geschäfte gestatten oder sogar gebieten.71 Und eben dies ist der Fall, wenn die Stiftung nach dem Stifterwillen Komplementärin einer KG werden soll.72 Nach allem bestehen somit jedenfalls dann keine durchschlagenden stiftungsrechtlichen Bedenken gegen die Errichtung einer Stiftung & Co. KG, wenn sowohl die Stiftung als auch die KG ausreichend mit Eigenkapital ausgestattet sind und der Gesellschaftsvertrag diese Kapitalbasis absichert. 2. Gesellschaftsrechtliche Einwände Unter gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten ist es vor allem die Kapitalerhaltung, die bei einer Stiftung & Co. KG Sorge bereitet. Klar sollte sein, dass wenn eine juristische Person einzige Komplementärin ist und damit die „Bremsfunktion“ entfällt, die von einer unbeschränkt haftenden natürlichen Person auf die Ausschüttungswünsche von Kommanditisten ausgeht, Kapitalgarantien diese gläubigerschützende Funktion übernehmen müssen.73 Derartige Kapitalgarantien bestehen bei der Stiftung in Form des stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsgebots. Wird es gelockert, darf der Kapitalschutz einer Komplementär-Stiftung wegen § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB im wirtschaftlichen Ergebnis nicht wesentlich hinter demjenigen einer GmbH zurückbleiben. Insbesondere muss das Stiftungskapital zumindest bei Absinken auf einen bestimmten nominellen Mindestbetrag durch eine Ausschüttungssperre geschützt sein. Ebenso wie bei einer GmbH & Co. KG kann jedoch auch bei einer Stiftung & Co. KG der Kapitalschutz durch Ausschüttungen an die Komplementäre unterlaufen und damit ausgehöhlt werden. Im Blick hierauf fordert K. Schmidt daher ein an §§ 30 f. GmbHG angelehntes Ausschüttungsverbot ___________ 69 70 71 72
So etwa Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 13 Rdnr. 90. Ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, §§ 80, 81 Rdnr. 91. S. o. § 20 A.III. bei Fn. 38. Allerdings hat sich der Stiftungsvorstand spätestens dann von der Beteiligung an der KG zu trennen, wenn die Existenz der Stiftung bedroht ist, s. auch o. § 5 C.VI.4. 73 Vgl. BGHZ 110, 342, 357; auch Kronke, Stiftungstypus, S. 87.
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Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
auch zu Lasten der Kommanditisten.74 Näher untersucht wurde die Frage allerdings bisher nicht.75 Eine analoge Anwendung der §§ 30 f. GmbHG kommt allerdings nicht in Betracht.76 Hält man aber die Kommanditisten entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur GmbH & Co. KG77 auch für die Erhaltung des Stiftungskapitals für verantwortlich, so verstoßen Entnahmen seitens eines Kommanditisten, die zu Lasten des Geschäftsanteils der Komplementär-Stiftung gehen oder infolge derer eine Unterbilanz bei der KG entsteht oder vertieft wird, gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht und sind aus diesem Grund an die KG zurückzugewähren.78 Haben andere Kommanditisten (durch ihre Zustimmung) an der Auszahlung schuldhaft mitgewirkt, so haften sie als Gesamtschuldner.79 Überdies haften die Mitglieder des Stiftungsvorstandes, die die Auszahlung schuldhaft bewirkt haben, sowie ggf. die Mitglieder anderer Stiftungsorgane, die an ihr schuldhaft mitgewirkt oder sie schuldhaft und pflichtwidrig nicht verhindert haben, auf Schadensersatz aus p.F.V. ihres organschaftlichen Rechtsverhältnisses. Schließlich ordnet § 172a HGB die sinngemäße Geltung der §§ 32a, 32b GmbHG an.80 Abgesehen davon sollte der Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft so gefasst sein, dass sichergestellt ist, dass die Kommanditisten nur Entnahmen tätigen können, wenn ihre Pflichteinlage erbracht und erhalten ist und eventuelle Gewinnvorträge zum Ausgleich späterer Verluste verwendet werden müssen. Vorzusehen ist daher erstens ein festes Kapitalkonto, neben dass ein variables Konto, das sog. Kapitalkonto II, tritt. Dies bewirkt, dass Entnahmen nur möglich sind, wenn ein eventueller Verlustvortrag zuvor ___________ 74 K. Schmidt, GR, S. 1655 f., 1664; s. auch BGHZ 110, 342; Stengel, Personengesellschaft, S. 106 f. 75 Nicht überzeugend Stengel, Personengesellschaft, S. 113 f., der u. a. übersieht, dass § 169 HGB der Auszahlung eines einmal erworbenen Gewinnanspruchs in der Krise der Gesellschaft nicht entgegensteht, s. MünchKomm/Grunewald, HGB, § 167 Rdnr. 16. 76 Ebenso Weimar/Geitzhaus/Delp, DB 1986, 1999, 2007; Hennerkes, StbJb 1984/85, 107, 122; Hennerkes/Binz/Sorg, DB 1986, 2269, 2271; Brandmüller, Stiftungen, S. 72 f., 131; Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 90. 77 Vgl. BGHZ 110, 342, 355 ff. 78 Daneben greift ggf. § 172 Abs. 4 HGB ein. 79 BGHZ 93, 146; anders aber jetzt BGHZ 142, 92, 96 m. abl. Anm. Altmeppen, ZIP 1999, 1355; s. ferner BGH, NZG 2002, 520 mit insofern abl. Anm. von Burgard, NZG 2002, 606, 607; zustimmend aber die herrschende Lehre etwa Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 31 Rdnr. 22, alle m. w. Nw. 80 Die Vorschrift ist auch auf die Stiftung & Co. KG anwendbar, Oepen, NZG 2001, 209, 211.
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ausgeglichen wurde und dass stehen gelassene Gewinne zum Ausgleich späterer Verluste verwendet werden müssen. Um Letzteres zu gewährleisten, darf zweitens neben dem Kapitalkonto II kein Darlehenskonto geführt werden.81 Drittens sollte im Gesellschaftsvertrag geregelt sein, dass ein Gewinnanspruch nur entsteht und Entnahmen nur vorgenommen werden dürfen, wenn das Kapitalkonto II ausgeglichen ist, so dass insbesondere offene Einlageschulden den Anspruch auf Gewinnauszahlung entfallen lassen.82 Viertens sollte die Komplementärstiftung vom Verlust ausgeschlossen83 und es fünftens der Gesellschaft verboten sein, ihren Gesellschaftern Darlehen zu gewähren. Schließlich ist sechstens daran zu denken, im Gesellschaftsvertrag festzuhalten, dass diese Regeln nur durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss abänderbar sind, so dass die Stiftung ihre Änderung stets verhindern kann. Im Anerkennungsverfahren hat sich die Behörde daher den Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft vorlegen zu lassen und zu prüfen, ob solche Kautelen vorgesehen sind. Ist dies der Fall und verfügen Stiftung und KG über ein ausreichendes Eigenkapital (s. o. 1.), dann ist die Anerkennung der Stiftung unbedenklich. Begünstigt der Gesellschaftsvertrag hingegen übermäßige Entnahmen der Kommanditisten, dann ist die Anerkennung zu versagen, weil dann die Kapitalbasis sowohl der Gesellschaft als auch mittelbar der Stiftung und damit auch eine dauerhafte und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gefährdet ist.
IV. Stiftung & Co. KGaA Folgt man den hier (o. II., III.) angestellten Überlegungen, so dürfte schließlich auch eine Stiftung & Co. KGaA sowohl stiftungs- als auch gesellschaftsrechtlich zulässig sein,84 zumal für einen ausreichenden Gläubigerschutz bereits aufgrund von § 278 Abs. 3 AktG gesorgt ist. Einschlägige Fälle sind freilich bislang noch nicht bekannt geworden, obwohl es sich hierbei um eine ausgesprochen interessante Gestaltungsalternative handeln könnte, da sie dem Stiftungsunternehmen auch den Weg an den Kapitalmarkt ermöglicht85. ___________ 81 S. MünchKomm/Grunewald, HGB, § 167 Rdnr. 19. 82 S. MünchKomm/Grunewald, HGB, § 167 Rdnr. 4, 6, 9. 83 Eine solche Gestaltung ist zulässig und wird in der Praxis gerade auch dann gewählt, wenn eine juristische Person Komplementärin ist, s. MünchKomm/Grunewald, HGB, § 168 Rdnr. 15. 84 Ebenso Hüffer, AktG, § 278 Rdnr. 9a. 85 S. allerdings schon o. § 19 bei Fn. 5 und Fn. 30.
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V. Ein Verband als Organgesellschaft der Stiftung Denkbar ist auch eine gegenüber der Stiftung & Co. KG/KGaA umgekehrte Gestaltung: Anstatt die Stiftung als geschäftsführende Gesellschafterin an einer Personengesellschaft zu beteiligen, kann auch ein Verband, namentlich ein Verein oder eine GmbH zum Alleinvorstand (oder auch zum Alleinmitglied eines anderen „höchsten“ Stiftungsorgans) bestellt werden.86 Dabei macht es im vorliegenden Zusammenhang überdies grundsätzlich keinen Unterschied, ob die Verbandsmitglieder (= Stifter) wiederum Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs des „herrschenden“ Verbandes mit der Folge sind87, dass sie selbst unmittelbar (auch) in dem betreffenden Stiftungsorgan zusammenwirken, oder ob sie einen Dritten in das vertretungsberechtigte Organ berufen und damit nur mittelbar auf die Stiftung einwirken. Derartige Gestaltungen sind bisher nur aus dem italienischen Recht bekannt,88 sind aber auch nach deutschem Recht zulässig. Aus dem Verbandsrecht jedenfalls sind Einwände hiergegen nicht ersichtlich. Und auch stiftungsrechtlich ist eine solche Gestaltung grundsätzlich unbedenklich. Insbesondere ist im Stiftungsrecht anerkannt, dass auch juristische Personen zu Mitgliedern eines Stiftungsorgans bestellt werden können.89 Und einen Grundsatz der „Stiftungsautonomie“ i. S. einer Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen, der gegen die Zulässigkeit einer solchen Konstruktion ins Feld geführt werden könnte, gibt es nicht.90 Überdies ergeben sich auch unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes wegen der stiftungsrechtlichen Kapitalerhaltungsregeln keine Bedenken. Tatsächlich finden sich in der Praxis viele Stiftungen, die von einem Verband organisationsrechtlich abhängig sind. Freilich sind hierzulande bislang keine Fälle bekannt, in denen der Verband ausschließlich oder überwiegend lediglich als Organgesellschaft einer Stiftung dient. Das kann sich jedoch ändern, wenn die Kautelarpraxis die Vorteile einer solchen Gestaltung erkennt; denn auch auf diese Weise können die Vorteile einer Stiftung mit denjenigen eines Verbandes kombiniert werden. So bedarf es in der Stiftungssatzung keiner besonderen Vorkehrungen zur Ermöglichung einer Übertragbarkeit und Rechtsnachfolge im Blick auf die „Beteiligung“ an der ___________ 86 Ausf. dazu Hoppe, abhängige Stiftung, S. 57 ff. 87 In diesem Fall ist es empfehlenswert die Mitgliedschaft in dem vertretungsberechtigten Organ als mitgliedschaftliches Sonderrecht jeden Mitglieds auszugestalten. 88 S. Kronke, Stiftungstypus, S. 120 f. 89 S. o. § 14 A.III. 90 S. o. § 13 A.II.2.d.
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Stiftung; denn diese wird dann über die Mitgliedschaft in dem Verband vermittelt und richtet sich dementsprechend nach den hierfür jeweils geltenden Regeln. Letzteres lässt sich allerdings auch dadurch erreichen, dass der Verband Treuhänder einer unselbständigen Stiftung ist.91
B. Die Zulässigkeit von Typendehnungen Von Typendehnungen ist zu sprechen, wenn die Grenzen eines Typus (z. B. Personengesellschaft) in Richtung auf einen anderen Typus (z. B. Körperschaft) durchbrochen werden, indem typusbildende Merkmale des einen Typus abbedungen und durch solche des anderen Typus ersetzt werden. Grundtypenvermischungen (o. A.) gehen regelmäßig mit einer solchen Typendehnung einher. So werden etwa bei einer Stiftung & Co. KG regelmäßig stiftungstypische Elemente in die KG hineingetragen. Diese stiftungstypischen Elemente können sodann auf der Ebene der KG weiter verstärkt (namentlich durch eine Schwächung der Rechte der Kommanditisten) oder auch auf der Ebene der Stiftung abgeschwächt werden (namentlich durch eine Verknüpfung der Kommanditbeteiligung mit einer Organstellung bei der Stiftung), so dass die Stiftung ihrerseits als mitgliedschaftlich oder sogar als ausgesprochen personalistisch verfasst anzusehen ist. Damit wird zugleich deutlich: Grundtypenvermischungen bezwecken und bewirken zwar regelmäßig eine Typendehnung. Typendehnungen können jedoch auch ohne eine Grundtypenvermischung bewirkt werden. Denkbar sind Typendehnungen in alle möglichen Richtungen, wobei die durch eine Typendehnung bewirkte Annäherung zwischen zwei verschiedenen Typen jeweils von beiden Seiten möglich ist. So kann beispielsweise eine Körperschaft ebenso personalistisch wie eine Personengesellschaft körperschaftlich verfasst werden. Dabei bestehen allerdings jeweils unterschiedliche Grenzen der Gestaltungsfreiheit, die – seitdem das Bestehen eines Typenzwangs weithin und zu Recht abgelehnt wird – vornehmlich aus dem relativ geringen Bestand an zwingenden Normen abgeleitet werden und daher weit gezogen sind. Dementsprechend rückt auch hier die Frage einer typusgerechten Normanwendung in den Vordergrund. Wie schon zuvor soll dies freilich auch im Folgenden nur exemplarisch aufgezeigt werden.
___________ 91 S. dazu Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 40.
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Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
I. Personalistisch verfasste Körperschaften und körperschaftlich verfasste Personengesellschaften Stellt man die typusbildenden Merkmale von Personengesellschaften und Körperschaften einander gegenüber, so ergibt sich folgendes Bild: Personengesellschaften
körperschaftliche jur. Personen
Selbstorganschaft
Fremdorganschaft
Konsensprinzip
Mehrheitsprinzip
Abhängigkeit von dem Bestand der Mitglieder, d. h. automatisches Erlöschen der Gesellschaft bei Ausscheiden des vorletzten Mitglieds
Unabhängigkeit von dem Bestand der Mitglieder, d. h. (vorübergehender) Fortbestand einer juristischen Person sogar nach Ausscheiden des letzten Mitglieds92
Mitgliederwechsel nicht vorgesehen
Auf Mitgliederwechsel angelegt
Unbeschränkte Haftung zumindest eines Mitglieds93
Keine Haftung der Mitglieder für Verbindlichkeiten des Verbandes
Während also, kurz gesagt, Personengesellschaften auf eine individuelle Tätigkeitsgemeinschaft einer relativ kleinen Anzahl natürlicher Personen angelegt sind, sind Körperschaften überindividuelle Organisationen, die auf eine Vielzahl sich nicht persönlich engagierender Mitglieder ausgerichtet sind. 1. Von diesem Bild weicht die Realstruktur von Körperschaften freilich vielfach ab. Die im Sinne der Häufigkeit typische GmbH ist insofern personalistisch verfasst, da sie meistens nur über eine relativ kleine Anzahl von Mitgliedern verfügt,94 die oft zugleich einzeln oder gemeinsam die Geschäfte der GmbH führen. Weitere Beispiele für eine solche personalistische Realstruktur sind etwa Kleinvereine oder Familien-AGs. Eine solche personalistische Realstruktur entspricht freilich nicht der gesetzlichen Struktur von Körperschaften, und zwar auch nicht im Recht der GmbH, wiewohl deren personalistische Realstruktur durch das Gesetz evoziert ist95. Dabei ist ein solches Auseinanderklaffen von gesetzlicher Struktur und Realstruktur kein Problem der Gestaltungsfreiheit, wohl aber ___________ 92 Zur Keinmann-GmbH s. u. B.IV.1.a. 93 Vgl. BGH 142, 315. 94 Ca. 45 % aller GmbH sind Einpersonengesellschaften, weitere 37 % haben lediglich zwei Gesellschafter, Burgard ZIP 2002, 827, 828 m. Nw. 95 Vgl. Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 69 ff.
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der typusgerechten Normanwendung und -auslegung.96 Markantestes Beispiel hierfür ist der sog. nicht rechtsfähige Verein, den das Gesetz in § 54 BGB als Personengesellschaft behandelt wissen will, obwohl es sich seiner Realstruktur nach um eine Körperschaft handelt. Diese unsachliche Einordnung hat dazu geführt, dass entgegen dem Wortlaut des § 54 BGB die Regeln des Vereinsrechts weitgehend analog auch auf den nicht eingetragenen Verein angewendet werden.97 Und auch im GmbH-Recht waren – wenngleich weit weniger weitreichende – Korrekturen notwendig. Namentlich wurde die ursprünglich im Personengesellschaftsrecht entwickelte mitgliedschaftliche Treupflicht auf das GmbH-Recht übertragen.98 Zwar ist heute weithin anerkannt, dass es sich hierbei um eine allgemeine mitgliedschaftliche Pflicht handelt, der also insbesondere auch die Mitglieder von Publikumsverbänden zu gehorchen haben.99 Die insoweit an das einzelne Mitglied zu stellenden Anforderungen differieren jedoch je nach dem Maß des ihm zur Verfügung stehenden Einflusses auf den Verband: Je größer dieser ist – und das heißt auch: je stärker sich sein Einfluss demjenigen eines gesetzestypischen Personengesellschafters annähert – desto stärker ist seine Treupflichtbindung.100 Dabei wirkt sie sich vor allem bei Beschlussfassungen aus, wodurch (u. a.) der körperschaftlichen Mehrheitsherrschaft Grenzen gezogen werden. Nun können die Mitglieder einer Körperschaft versuchen, im Gestaltungswege deren Rechtsstruktur ihrer Realstruktur anzupassen. Das ist etwa dadurch möglich, dass Selbstorganschaft vorgeschrieben oder Mitgliedern ein Sonderrecht auf Mitgliedschaft in dem Geschäftsführungsorgan eingeräumt, das Mehrheitsprinzip durch das Konsensprinzip ersetzt oder auch eine Übertragung der Mitgliedschaft von der Zustimmung der übrigen Mitglieder abhängig gemacht wird. Grundsätzlichen Bedenken begegnen solche Gestaltungen nicht, sind sie doch teilweise bereits im Gesetz vorgesehen. 2. Nun ist das Personengesellschaftsrecht zwar grundsätzlich liberaler als das Körperschafts-, namentlich das Kapitalgesellschaftsrecht. Der Bestand ___________ 96 Allerdings ist eine typusgerechte Normanwendung und -auslegung nicht immer möglich. Teilweise ist daher auch der Gesetzgeber gefordert. Zuletzt ist er einem dahingehenden Bedürfnis im Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2.8.1994, BGBl. I, S. 1961, gefolgt. 97 S. etwa Soergel/Hadding, BGB, § 54 Rdnr. 11 ff. 98 Das war ein allmählicher Prozess von obiter dicta wie zuerst in RGZ 164, 257, 262, über BGHZ 9, 157, 163 bis hin zu BGHZ 65, 15. 99 S. schon BGHZ 9, 25, 38, aber auch BGH, JZ 1976, 561 m. Anm. Lutter; den Durchbruch brachte BGHZ 103, 184; 129, 136. 100 So schon BGHZ 9, 25, 38; ferner 89, 162, 166, und 129, 136, 143 ff.
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an zwingenden Normen ist geringer. Überdies können einige „Nachteile“ des Kapitalgesellschaftsrecht, z. B. im Blick auf die Aufbringung und Erhaltung des Kapitals, auf die Mitbestimmung und Publizität vermieden und u. U. zugleich steuerliche Vorteile erzielt werden. Dies macht die Anziehungskraft der Personengesellschaften aus. Störend wirken freilich gerade ihre typusbildenden Merkmale, die die Kautelarpraxis dementsprechend abzuwandeln sucht. Es kann daher nicht verwundern, dass sich gerade hier die Diskussion um Gestaltungsfreiheit und Typengesetzlichkeit entzündet hat. In der Tat sind einige der typusbildenden Merkmale des Personengesellschaftsrechts zwingend. Das gilt nach herrschender Meinung erstens für das Prinzip der Selbstorganschaft.101 Das gilt zweitens für die Unmöglichkeit einer Einmann-Personengesellschaft. Und das gilt drittens für die persönliche Haftung zumindest eines Gesellschafters. Überwinden lassen sich diese Merkmale nur durch Errichtung einer Kapitalgesellschaft oder Stiftung & Co. KG,102 wodurch man jedoch zumindest einige der erhofften Vorteile wiederum aufgibt bzw. nicht erreichen kann (s. o. A.I.–IV.). Überdies verfügt bereits von jeher die Kommanditgesellschaft nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung über einen körperschaftlichen Einschlag.103 Sie eignet sich daher besonders gut für eine weitere körperschaftliche Ausgestaltung, die freilich auch bei der OHG oder GbR möglich ist. 3. Nun sollen hier nicht alle Möglichkeiten einer körperschaftlichen Strukturierung von Personengesellschaften aufgezeigt sowie die sich dabei und daraus ergebenden Fragen diskutiert werden. Das haben andere eindrucksvoll besorgt104 und Ausführungen hierzu finden sich in vielen Lehrbüchern105. Exemplarisch herausgegriffen und zusammengefasst dargestellt werden soll lediglich das Problem der Ersetzung des Konsens- durch das Mehrheitsprinzip; denn es verdeutlicht besonders gut sowohl das Ineinandergreifen als auch die Abgrenzung zwischen Fragen der Gestaltungsfreiheit und einer typusgerechten Rechtsanwendung: ___________ 101 S. dazu bereits o. bei Fn. 19. 102 Bei einer Kapitalgesellschaft oder Stiftung & Co. KG werden diese Merkmale lediglich formal eingehalten, s. o. A.I. Das gilt auch im Blick auf das Erfordernis, dass jede Personengesellschaft zumindest zwei Mitglieder aufweisen muss. Materiell betrachtet kann sich jedoch hinter einer GmbH & Co. KG ein einziger Gesellschafter verbergen, der zugleich einziger Kommanditist und einziger Gesellschafter der GmbH ist. 103 Statt anderer Nitschke, Personengesellschaft, S. 16. 104 S. vor allem Nitschke, Personengesellschaft, passim und H.P. Westermann, Vertragsfreiheit, passim. 105 Etwa Kübler, GR, S. 376 ff.
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§ 29 Grundtypenvermischungen und Typendehnungen
a) Dass sowohl das Konsensprinzip (§§ 709 Abs. 1 BGB, 119 Abs. 1 HGB) zugunsten des Mehrheitsprinzips als auch die Regel einer Abstimmung nach Köpfen (§§ 709 Abs. 2 BGB, 119 Abs. 2 HGB) zugunsten einer Abstimmung nach Kapitalanteilen grundsätzlich abbedungen werden können, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften und ist dementsprechend unstreitig. Auf den ersten Blick könnte man daher meinen, für die Einführung des Mehrheitsprinzips genüge eine Bestimmung, die etwa in Anlehnung an §§ 109 Abs. 1 HGB, 47 Abs. 1 GmbHG lautet: „Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.“ Nach herrschender Meinung erfasste eine solche Klausel indes nur Beschlüsse über Geschäftsführungsangelegenheiten, nicht dagegen über Grundlagenänderungen.106 Begründet wird dies mit Erwägungen des Minderheitenschutzes: Würden derartige Generalklauseln auch Grundlagenentscheidungen erfassen, so würden hierdurch der Mehrheit unabsehbare Kompetenzen eingeräumt. Nach der Rechtsprechung gilt daher der sog. Bestimmtheitsgrundsatz: Soll das Mehrheitsprinzip auch für Grundlagenänderungen gelten, so muss im Gesellschaftsvertrag hinreichend bestimmt geregelt sein, welche Beschlussgegenstände einer Mehrheitsentscheidung unterliegen.107 Nicht erforderlich ist dabei, dass der Gesellschaftsvertrag einen minutiösen Katalog aller fraglichen Beschlussgegenstände enthält, der gleichsam in Verlängerung des Konsensprinzips die Zustimmung aller Gesellschafter zu der späteren Grundlagenänderung vorwegnimmt.108 Ausreichend sind vielmehr abstrakte Regelungen, wie sie sich im Körperschaftsrecht finden, solange sich aus ihnen nur klar und deutlich ergibt, dass die fragliche Grundlagenentscheidung von ihnen erfasst wird.109 In der Lehre ist der Bestimmtheitsgrundsatz umstritten. Während die vorherrschende Ansicht110 ihm – teils aus Gründen des Minderheitenschutzes, teils unter Hinweis auf eine von ihm ausgehende Warn- und Legitimationsfunktion – zustimmt, lehnt eine im Vordringen befindliche Meinung ihn als formalistisch, unflexibel, ungeeignet und überholt ab und will ihn durch differenziertere Lösungen, namentlich eine an die Kernbereichslehre und ___________ 106 Vgl. RGZ 114, 393, 395; BGH, DB 1961, 402. 107 S. etwa RGZ 91, 166; 151, 321, 327; BGHZ 8, 35, 41 ff.; 48, 251; BGH, WM 1973, 100, 101 f.; 1987, 1102. 108 So aber Martens, DB 1973, 413, 414 f.; ähnlich Wiedemann, GR, S. 410 f.; Immenga, ZGR 1974, 385, 419; dagegen Leenen, FS Larenz, 1983, S. 371, 375 ff.; Marburger, NJW 1984, 2252, 2254; K. Schmidt, GR, S. 454, 456. 109 RGZ 151, 321, 326 f.; BGHZ 8, 35, 42; BGH, WM 1973, 100; U. H. Schneider, ZGR 1972, 357, 372 f.; K. Schmidt, GR, S. 454; ders., ZHR 158 (1994), 204, 205 ff. 110 So, neben den zuvor genannten Autoren, etwa auch Soergel/Hadding, BGB, § 709 Rdnr. 39 ff.; Baumbach/Hopt, HGB, § 119 Rdnr. 39.
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Treubindung der Gesellschafter anknüpfende Beschlusskontrolle ersetzen, um auf diese Weise den auch von ihr für erforderlich gehaltenen Minderheitenschutz zu bewirken111. b) Eine Stellungnahme hat mit einem Blick auf das Körperschaftsrecht zu beginnen, dem das Mehrheitsprinzip entnommen ist. Ein solcher Blick erweist sogleich, dass das Mehrheitsprinzip dort durchaus differenziert behandelt wird: Während grundsätzlich eine einfache Stimmenmehrheit ausreicht (s. §§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB, 133 Abs. 1 AktG, 47 Abs. 1 GmbHG, 43 Abs. 2 GenG), bedarf es für Grundlagenbeschlüsse regelmäßig aus Gründen des Minderheitenschutzes einer qualifizierten Mehrheit (§§ 33 Abs. 1 BGB, 179 Abs. 2 AktG,112 53 Abs. 2 GmbHG, 16 Abs. 24 GenG – um nur die wichtigsten der einschlägigen Bestimmungen zu nennen). Dabei kann von dem Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit in der Satzung zumeist nicht abgewichen werden. Ausnahmen hiervon enthalten freilich insbesondere §§ 40 BGB, 179 Abs. 1 S. 2 HS. 1 AktG, 16 Abs. 4 GenG. Im Vereinsrecht kann dies damit erklärt werden, dass aufgrund der regelmäßig fehlenden wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder es eines weniger ausgeprägten Minderheitenschutzes bedarf. Und im Aktien- und Genossenschaftsrecht hat man sich vor Augen zu halten, dass zahlreiche wesentliche Grundlagenbeschlüsse eine Sonderregelung erfahren haben, die eine qualifizierte Mehrheit zwingend vorschreiben,113 so dass im Ergebnis nur Grundlagenänderungen von (zumindest aus Sicht des Gesetzes) relativ untergeordneter Bedeutung, bei entsprechender Satzungsgestaltung mit einer geringeren Mehrheit beschlossen werden können. M. a. W. ist es bei Körperschaften mit wirtschaftlicher Zwecksetzung aus Gründen des Minderheitenschutzes nach dem Gesetz nicht möglich, generell für Grundlagenänderungen lediglich eine einfache Mehrheit vorzusehen. Etwas anderes kann daher auch nicht im Personengesellschaftsrecht gelten. Bemerkenswert ist überdies, dass das GmbH-Recht dem Vereins-, Aktienund Genossenschaftsrecht entsprechende Ausnahmen von dem Erfordernis ___________ 111 So etwa MünchKomm/Ulmer, BGB, § 709 Rdnr. 84 ff.; Brändel, FS Stimpel, S. 95, 101 ff.; Hennerkes/Binz, BB 1983, 713 ff.; Hüffer, ZHR 151 (1987), 396, 407 f. 112 Bei der von dieser Vorschrift verlangten Mehrheit von 3/4 des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals handelt es sich um ein sog. weiteres Erfordernis (s. o. § 12 B.II.b), das zu der einfachen Stimmenmehrheit nach § 133 Abs. 1 AktG hinzutreten muss. Soweit weder Mehrstimmrechte noch Stimmrechtsbeschränkungen bestehen decken sich freilich Stimmrechts- und Kapitalmehrheit. 113 S. insbes. §§ 52 Abs. 5, 179 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, 179a Abs. 1 S. 2, 182 Abs. 1, 193 Abs. 1, 202 Abs. 2, 222 Abs. 1, 229 Abs. 3, 262 Abs. 1 Nr. 2, 274 Abs. 1, 293 Abs. 1, 295 Abs. 1, 319 Abs. 2, 320 Abs. 1 AktG, §§ 16 Abs. 2, 78 Abs. 1 GenG.
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§ 29 Grundtypenvermischungen und Typendehnungen
einer qualifizierten Mehrheit für Grundlagenänderungen nicht kennt, was dafür spricht, dass bei Gesellschaften mit einer personalistischen Realstruktur solche Satzungsgestaltungen nicht zuzulassen sind. Des Weiteren hat man sich die Reichweite des Konsensprinzips vor Augen zu führen. Im Bereich von Publikumsgesellschaften hat der BGH entschieden, dass der Bestimmtheitsgrundsatz keine Anwendung finden soll.114 Das heißt, das Pferd von hinten aufzäumen. Bei Publikumsgesellschaften kann nämlich schon aufgrund ihrer Realstruktur das Konsensprinzip keine Anwendung finden, da andernfalls die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft bedroht und überdies die Satzungsautonomie übermäßig eingeschränkt würde115. Vielmehr gilt jedenfalls dann, wenn nichts anderes vereinbart ist, in Analogie zu den Vorschriften des Körperschaftsrechts für einfache Gesellschafterbeschlüsse das Prinzip der einfachen und für Grundlagenbeschlüsse das Prinzip der qualifizierten (3/4-)Mehrheit. Dies ist ein Gebot der typusgerechten Normanwendung. Sieht der Gesellschaftsvertrag bei Publikumsgesellschaften entweder undifferenziert oder konkret für solche Beschlussgegenstände die Geltung des Prinzips der einfachen Mehrheit vor, die nach Körperschaftsrecht zwingend eine qualifizierte Mehrheit verlangen (z. B. Kapitalerhöhung)116, so ist eine solche Klausel im vorgenannten Sinne geltungserhaltend zu reduzieren. Überdies sind die Vorschriften des Körperschaftsrechts auch dann analog heranzuziehen, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft im Blick auf bestimmte Beschlussgegenstände lückenhaft ist. Ist eine Personengesellschaft aufgrund der Anzahl der an ihr beteiligten Gesellschafter nicht oder nicht eindeutig als Publikumsgesellschaft zu qualifizieren, so verbleibt es im Ausgangspunkt bei der Anwendbarkeit der §§ 709 Abs. 1 BGB, 119 Abs. 1 HGB. Enthält in solchen Fällen der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsklausel, so ist es zunächst eine Frage der Auslegung, ob sie sich grundsätzlich auch auf (alle) Grundlagenbeschlüsse erstrecken soll. Anhaltspunkte hierfür können sich außer aus dem Wortlaut der Klausel und ihrer bisherigen Handhabung auch aus der sonstigen Verfassung der Gesellschaft, nämlich daraus ergeben, ob sie auch im Übrigen körperschaftlich oder gesetzestypisch personalistisch verfasst ist. Ergibt die Auslegung, dass das Mehrheitsprinzip auch für Grundlagenbeschlüsse gelten soll, so sind wiederum die körperschaftlichen Grundsätze im vorgenannten Sinne entsprechend heranzuziehen. Ergibt die Auslegung hingegen kein klares Er___________ 114 Vgl. BGHZ 66, 82; 71, 53; 85, 350. 115 S. u. bei Fn. 157. 116 Der Entscheidung BGHZ 66, 82, ist daher im Ergebnis nicht zuzustimmen.
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gebnis, also keine solche Grundsatzentscheidung für die Anwendbarkeit des Prinzips der qualifizierten Mehrheit auch bei Grundlagenentscheidungen, so verbleibt es insoweit grundsätzlich bei dem Konsensprinzip. Außer Geschäftsführungsangelegenheiten unterliegen dann nur diejenigen Beschlussgegenstände der Mehrheitsentscheidung, die ihr mit Bestimmtheit unterworfen sind. Nur in diesem Falle also findet der sog. Bestimmtheitsgrundsatz im vorbezeichneten Sinne Anwendung. Dabei ist freilich auch hier zu beachten, dass für Grundlagenentscheidungen eine einfache Mehrheit dort nicht ausreicht, wo das Körperschaftsrecht zwingend eine qualifizierte Mehrheit erfordert. Abweichende gesellschaftsvertragliche Bestimmungen sind dementsprechend aus Gründen des Minderheitenschutzes geltungserhaltend zu reduzieren.117 Schließlich sind Mehrheitsentscheidungen „natürlich“ stets durch die Treubindung, das Gleichbehandlungsgebot, mitgliedschaftliche Sonderrechte sowie die Kernbereichslehre Grenzen gezogen.
II. Körperschaftlich verfasste Anstalten und anstaltsmäßig verfasste Körperschaften Bei der Anstalt handelt es sich um eine besondere Rechtsform des öffentlichen Rechts, die von Körperschaften und Stiftungen des (öffentlichen und privaten) Rechts zu unterscheiden ist. Definiert wird sie als eine von einer oder mehreren Personen des öffentlichen Rechts getragene, rechtlich verselbständigte, mit eigenen Personal- und Sachmitteln ausgestattete Organisation, durch die der Träger (sog. Anstaltsherr) eigene oder ihm gesetzlich übertragene, fremde öffentliche Angelegenheiten wahrnimmt und auf deren Erfüllung er daher regelmäßig dauerhaft maßgeblichen Einfluss ausübt.118 Dabei unterscheidet sie sich von Körperschaften durch ihre Mitgliederlosigkeit.119 Insofern stehen Anstalten Stiftungen nahe.120 Beide, Anstalt und Stiftung, erscheinen als Vollstrecker eines fremden Willens und ohne Möglichkeit, einen eigenen Willen zu bilden. Während die Stiftung jedoch nach ihrer Errichtung typischerweise von dem Stifter unabhängig ist und dieser insbesondere seinen Willen in Bezug auf die Stiftung nicht aktualisieren ___________ 117 Eine bloße Beschlusskontrolle kann dies nicht leisten; denn sie kann nur die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses überprüfen. Ein wirksamer Schutz der Minderheit muss aber diese nicht nur vor rechtswidrigen Übergriffen der Mehrheit, sondern auch ihre Privatautonomie und damit ihre von der Mehrheit abweichende Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Entscheidung schützen. 118 S. Wolff/Bachof/Stober, VerwR Bd. 3, § 88 Rdnr. 1 ff., 6 m. w. Nw. 119 S. Wolff/Bachof/Stober, VerwR Bd. 3, § 88 Rdnr. 20. 120 Früher hat man daher öffentlichrechtliche Stiftungen den Anstalten zugerechnet, s. O. v. Gierke, Privatrecht I, S. 645 Anm. 2; ders., Genossenschaftstheorie, S. 12.
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kann, bleibt die Anstalt typischerweise jederzeit und in jeder Beziehung ihrem Träger unterworfen. Und eben hierin, nämlich in der Fähigkeit, einen eigenen Willen bilden zu können, unterscheidet sich die Körperschaft von der Anstalt. Zwar ist auch die Körperschaft ganz vom Willen ihrer Mitglieder abhängig. Dieser Wille wird ihr jedoch – anders als der Wille des Trägers der Anstalt – als eigener zugerechnet. Die Körperschaft ist also – anders als die Anstalt – autonom. Materiell betrachtet sind die Übergänge freilich fließend. Hat eine Anstalt mehrere Träger, die in einem Organ der Anstalt zusammengefasst sind, so mag sie sich von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nur durch die Bezeichnung in dem Errichtungsakt unterscheiden. Umgekehrt gibt es aber auch Körperschaften des öffentlichen Rechts, die anstaltsmäßige Züge tragen. Um solche Mischformen zwischen Körperschaft und Anstalt handelt es sich in der Regel etwa bei den Hochschulen. Das kommt bereits in § 58 Abs. 1 HRG zum Ausdruck, wonach sie „Körperschaften des öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen“ sind.121 All dies bedarf hier keiner weiteren Erörterung; denn ein allgemeines öffentliches Anstalts- oder Körperschaftsrecht, das zu einer typusgerechten Rechtsanwendung zwingen oder der Gestaltungsfreiheit der jeweiligen Errichtungskörperschaft Grenzen ziehen würde, gibt es nicht.122 Diese werden vielmehr in jedem Einzelfall durch das jeweils maßgebliche, höherrangige Recht gezogen.122a Körperschaftlich verfasste Anstalten des Privatrechts kann es nicht geben, da es sich hierbei um eine genuin öffentlich-rechtliche Rechtsform handelt. Wohl aber gibt es Körperschaften des Privatrechts, die anstaltsmäßig verfasst sind. Als Beispiele nennen Wolff/Bachof/Stober123 die sog. Freien Sparkassen und die Privatschulen. Erstere waren, soweit es sich nicht um Stiftungen, sondern um Vereine gehandelt hat124, aus Sicht ihrer Organisations- und Finanzverfassung indes wohl eher als Stiftungskörperschaften (dazu u. IV.) einzuordnen; denn die für Anstalten wie Körperschaften gleichermaßen typische Herrschaft der Mitglieder bzw. Träger über die Organisation und das Vermögen des Rechtsträgers dürfte in diesen Fällen regel___________ 121 Näher Wolff/Bachof/Stober, VerwR Bd. 3, § 97 Rdnr. 34 m. w. Nw. 122 R. Breuer, VVDStRL 44, 216, spricht daher von einer „organisationsrechtlichen Konturenlosigkeit“; s. ferner Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 134; Krebs, NVwZ 1985, 613; Rüfner, DÖV 1985, 610. 122a Zur Anstalt des öffentlichen Rechts als neuer Unternehmensform der kommunalen Wirtschaft Ehlers, ZHR 167 (2003), 546 ff. 123 VerwR Bd. 3, § 88 Rdnr. 5. 124 Zwischenzeitlich sind alle ehemals als Vereine organisierten Sparkassen in Aktiengesellschaften umgewandelt worden.
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mäßig durch hohe Quoren für Grundlagenänderungen bei gleichzeitigem Fehlen von Vermögensrechten zurückgedrängt sein.125 Als anstaltsmäßig verfasst kann man hingegen Einpersonen-Gesellschaften ansehen.126 Zwar ist ihre Verfassung eine mitgliedschaftliche.127 Auch wird ihr der Wille ihres Mitglieds als eigener zugerechnet. Aufgrund ihrer Realstruktur findet indes keine verbandstypische Willensbildung statt. Vielmehr erscheint die Gesellschaft – eine GmbH stärker als eine AG – als bloße Vollstreckerin des Willens ihres Mitglieds und steht in ähnlicher Weise zu dessen Disposition wie eine Anstalt zur Disposition ihres Trägers. Zwar ist heute die Zulässigkeit von Einpersonen-Gesellschaften gesetzlich anerkannt (s. nur §§ 2 AktG, 1 GmbHG sowie die 12. Richtlinie vom 22.12.1989, 89/667/EWG) und dementsprechend unstreitig128. Das ändert indes nichts daran, dass das Körperschaftsrecht auf eine solche monokratische Herrschaft nicht ausgelegt ist, woraus – zumal bei der GmbH – dementsprechende Rechtsprobleme resultieren.129 Infolge des Ausfalls verbandsinterner Kontrollmechanismen bereitet vor allem der Gläubigerschutz Schwierigkeiten. Im Zuge der gesetzlichen Anerkennung der Einpersonen-GmbH hat der Gesetzgeber hierauf mit einer Reihe von Sondervorschriften reagiert. Zu nennen sind hinsichtlich der Organisationsverfassung §§ 35 Abs. 4, 48 Abs. 3 GmbHG sowie hinsichtlich der Finanzverfassung, namentlich der Kapitalaufbringung §§ 7 Abs. 2 S. 3, 8 Abs. 2 S. 2, 19 Abs. 4, 56a, 57 Abs. 2 GmbHG. An dem grundlegenden Problem, nämlich wie sichergestellt werden kann, dass der Gesellschafter seine unkontrollierte Herrschaft nicht zu Lasten der Gesellschaft und ihrer Gläubiger ausnutzt, ändern diese Vorschriften freilich nichts. Vielmehr harrt es noch seiner Lösung. Dazu sind Vorschläge gemacht worden.130
III. Anstaltsmäßig verfasste Stiftungen und stiftungsmäßig verfasste Anstalten Und weiter: Ebenso wie es typendehnende Mischformen zwischen Anstalten und Körperschaften gibt, gibt es typendehnende Mischformen zwischen Anstalten und Stiftungen. Dabei kann man den typologischen Unterschied zwi___________ 125 S. etwa §§ 40, 44–46 der Satzung der Frankfurter Sparkasse (a. F.), abgedruckt in: R. Fischer/Herbst, RSP, unter B 2.6.2.9. 126 Vgl. Rittner, Person. S. 237 f.; Kronke, Stiftungstypus, S. 285. 127 Wiedemann, GR, S. 6 f. 128 Zu den früher geäußerten Bedenken s. etwa Meyer-Cording, JZ 1978, 10 ff. m. w. Nw. 129 Näher dazu etwa K. Schmidt, GR, 1243 ff. m. w. Nw. 130 Burgard, ZIP 2002, 827 ff. m. w. Nw.
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schen diesen beiden Rechtsformen, wie zuvor (II.) bereits angedeutet, daran festmachen, dass die Anstalt typischerweise organisationsrechtlich und finanziell von ihrem Träger abhängig, die Stiftung dagegen typischerweise in beiderlei Hinsicht von ihrem Stifter unabhängig ist:131 Der Stifter hat im Gegensatz zum Anstaltsträger nach der Errichtung der Stiftung regelmäßig weder Einfluss auf ihre Verfassung noch auf ihre Geschäftsführung. Die Stiftung finanziert sich aus ihren Erträgen, nicht durch Mittelzuweisungen eines Trägers. Typischerweise ist ihr einmalig ein bestimmtes Vermögen zu einem bestimmten Zweck übertragen.132 Ein weiterer Unterschied besteht in der Zwecksetzung: Während Anstalten Aufgaben ihrer Träger (seien es deren eigene oder ihnen gesetzlich zugewiesene fremde Aufgaben) wahrnehmen, lässt sich dies von privatrechtlichen Stiftungen (anders als bei öffentlich-rechtlichen Stiftungen)133 für gewöhnlich nicht sagen.134 Lässt sich feststellen, dass es sich um einen privatrechtlichen Rechtsträger ohne Verbandsstruktur handelt, so kommt als Rechtsform allerdings ohnehin nur eine (selbständige oder unselbständige) Stiftung in Betracht, da das Privatrecht keine Anstalten kennt. Typologische Annäherungen sind dabei wiederum von beiden Seiten aus möglich:135 Eine Anstalt kann organisationsrechtlich und finanziell von ihrem Träger weitgehend unabhängig sein. Gute Beispiele hierfür sind etwa die Bundesbank oder die Rundfunkanstalten.136 Umgekehrt kann sich ein Stifter unstreitig Einfluss auf die Geschäftsführung137 und nach hier vertretener Ansicht auch auf die Grundlagen der Stiftung138 vorbehalten. Überdies gibt es namentlich im öffentlichen,139 aber auch im privaten140 Bereich Stiftungen, die Aufgaben des Stifters wahrnehmen und von dessen laufenden Zuwendungen abhängen. Letzteres ist stiftungsrechtlich freilich dann bedenklich, wenn die Stiftung keinen Anspruch auf diese Zuwendungen hat, ___________ 131 Statt anderer Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor. § 80 Rdnr. 21. 132 Diesen Aspekt hebt BVerfGE 10, 20, 46 hervor; aus der Lit. Seifart/v. Campenhausen/ v. Campenhausen, Handbuch, § 16 Rdnr. 13. 133 S. o. § 2 bei Fn. 16. 134 S. auch LVwG Hannover, StiftRspr. I, S. 13, 14 f. m. Anm. Leisner, S. 32. 135 Vgl. Ebersbach, Handbuch, S. 187. 136 Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, Handbuch, § 16 Rdnr. 12. 137 S. o. § 16 II.1.; zu Stiftungen des öffentlichen Rechts auch BVerfG, StiftRspr. I, S. 97, 103 ff. 138 S. o. § 13 A.II.3., 4. 139 Prominentestes Beispiel auf Bundesebene ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, Handbuch, § 16 Rdnr. 12. 140 Zu denken ist insofern etwa an Kulturstiftungen von großen Unternehmen, die für diese letztlich werbend tätig sind.
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sondern sie – wie in solchen Fällen nicht selten – unter Haushaltsvorbehalt stehen; denn in diesem Fall ist eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht gewährleistet, was an und für sich ein Anerkennungshindernis darstellt (s. o. § 6 C.II.2).141 Tatsächlich setzen sich die zuständigen Behörden bei kommunalen Stiftern allerdings nicht selten über solche Bedenken hinweg. Festzuhalten bleibt: Auch hier bildet nicht der Typus, sondern – bestenfalls – das zwingende Gesetzesrecht die Grenze der Gestaltungsfreiheit.142 Bleibt zu fragen, worin der Unterschied zwischen einer solchen anstaltsmäßig und einer hier sogenannten korporativ verfassten Stiftung liegt. Die Antwort kann man darin sehen, dass Korporationen im Gegensatz zu Anstalten auf das Zusammenwirken mehrerer ausgelegt sind. Freilich haben auch Anstalten nicht selten mehrere Träger. Gleichwohl wird man eine Stiftung, bei der ein einzelner Stifter seinen Willen autokratisch durchzusetzen vermag, also eine korporative Willensbildung weder stattfindet noch vorgesehen ist, eher als anstaltsmäßig verfasst ansehen dürfen. Verstärkt wird dieses Bild, wenn die Stiftung Aufgaben des Stifters wahrnimmt und von seinen laufenden Zuwendungen abhängt. Eine scharfe Grenzziehung ist indes weder möglich noch nötig: Nicht möglich, weil sich Anstalten und Körperschaften im Blick auf die typischen Befugnisse von Trägern und Mitgliedern materiell zu wenig unterscheiden. Und nicht nötig, weil eine typusgerechte Rechtsanwendung bei einer anstaltsmäßig verfassten Stiftung nicht zur Anwendung von anstaltsrechtlichen Grundsätzen führen würde; denn zum einen ist es angesichts der Vielgestaltigkeit von Anstalten fraglich, ob sich solche Grundsätze überhaupt auffinden ließen und zum anderen begegnete eine Anwendung öffentlich-rechtlicher Organisationsnormen im Privatrecht Bedenken. Soweit eine typusgerechte Rechtsanwendung bei anstaltsmäßig verfassten Stiftungen in Frage steht, wird man daher ebenso wie bei korporativ verfassten Stiftungen auf gesellschaftsrechtliche Grundsätze zurückzugreifen haben, und zwar ggf. speziell auf solche Überlegungen, die zu Einpersonen-Gesellschaften angestellt werden.
___________ 141 Grundsätzlich gelten für die Errichtung rechtsfähiger kommunaler Stiftungen die allgemeinen Regeln, Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, Handbuch, § 32 Rdnr. 6. 142 Muscheler, ZSt 2003, 67 ff., hält die staatliche Errichtung von Stiftungen bürgerlichen Rechts für generell unzulässig, Fiedler, ZSt 2003, 191 ff., für verfassungswidrig; vorsichtiger Kilian, ZSt 2003, 179 ff.; Schulte in: NPLYB 2001, S. 127 ff.
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IV. Stiftungskörperschaften und korporativ verfasste Stiftungen Schließlich sind im Wege der Typendehnung auch Annäherungen zwischen Körperschaften und Stiftungen möglich, und zwar nicht nur – was anerkannt ist143 – von Seiten körperschaftlicher Rechtsformen, vornehmlich der GmbH und des Vereins, sondern nach hier vertretener Ansicht eben auch von Seiten der Stiftung.144 Nachdem der maßgebliche Unterschied zwischen diesen beiden Typen das Vorhandensein bzw. Fehlen von Mitgliedern ist, zielt eine stiftungsähnliche Ausgestaltung von Körperschaften auf eine Schwächung der Rechtsposition der Mitglieder ab, während sich eine korporativ verfasste Stiftung gerade umgekehrt dadurch auszeichnet, dass bestimmten Beteiligten Rechte eingeräumt werden, die denjenigen von Mitgliedern mehr oder weniger nahe kommen. Im Einzelnen zunächst zu den sog. Stiftungskörperschaften: 1. Stiftungskörperschaften Die Vorteile von Stiftungskörperschaften werden vornehmlich darin gesehen, dass es für ihre Errichtung keiner Anerkennung bedarf, sie keiner Staatsaufsicht unterliegen und der noch lebende Stifter sich mehr Einfluss vorbehalten kann, als dies nach herrschender, wenngleich unzutreffender Auffassung bei Errichtung einer Stiftung möglich ist.145 Eben hierin liegt freilich zugleich das Hauptproblem. Dieses Mehr an Einfluss beruht nämlich darauf, dass der Stifter (Gründungs-)Mitglied der Körperschaft ist. Das Problem liegt nun darin, wie kautelarjuristisch gewährleistet werden kann, dass seine Rechtsnachfolger und/oder andere Mitglieder ihre mitgliedschaftlichen Rechte nicht dazu (aus-)nutzen, der Körperschaft eine andere als die vorgesehene Zweckbestimmung zu geben, sie aufzulösen oder sich (in anderer Weise) in den Genuss des Vermögens der Körperschaft zu setzen. Wie also – so lautet die Frage – kann die stiftungstypische VermögenZweck-Bindung bei Körperschaften auf Dauer gewährleistet werden? Bei der Stiftung besteht typischerweise eine solche dauerhafte VermögenZweck-Bindung eben deshalb, weil sie keine Mitglieder hat und ihr daher (regelmäßig) ein autonomes Entscheidungszentrum fehlt, das sie abändern ___________ 143 S. aus tatsächlicher Sicht die eindrucksvolle Auflistung von Stiftungsvereinen und -GmbHs bei Riehmer, Körperschaften, S. 217 ff. Wohl bekannteste Beispiele sind die Robert Bosch Stiftung GmbH und die FAZIT-Stiftung Verlagsgesellschaft mbH. S. ferner – auch aus rechtsvergleichender Sicht – Schlüter, Privatautonomie, S. 249 ff. 144 Ebenso bereits Strickrodt, AföU 3 (1957), 206, 210 ff.; s. aber auch ders., FS Draheim, S. 250, 259 ff. 145 Statt anderer Bamberger/Roth/Schwarz, BGB, Vor § 80 Rdnr. 24.
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könnte. Damit liegt der Gedanke nahe, diesen „Unsicherheitsfaktor“ auch bei der Körperschaft zu beseitigen und einen Verband ohne Mitglieder zu schaffen.146 a) Keinmann-GmbH Im Gründungswege ist dies freilich nicht möglich (vgl. §§ 56 BGB, 1 GmbHG), dem Verein überdies die Rechtsfähigkeit zu entziehen, wenn seine Mitgliederzahl dauerhaft unter drei absinkt, § 73 BGB. Im GmbHRecht fehlt hingegen eine ähnliche Bestimmung. Vielmehr ist jedenfalls die Einpersonen-GmbH gesetzlich anerkannt. Dementsprechend wird darüber gestritten, ob eine GmbH auch ganz ohne Mitglieder fortbestehen kann und darf. Klar ist nur, dass ein solcher Zustand durch Erbfolge, Erwerb eigener Geschäftsanteile, Kaduzierung oder aufgrund § 27 Abs. 3 GmbHG eintreten bzw. herbeigeführt werden kann.147 Während dieser Zustand nach ganz herrschender Meinung jedoch nicht von Dauer sein kann, die Mitgliederlosigkeit vielmehr einen Auflösungsgrund darstellt,148 sieht dies eine beachtliche Mindermeinung anders149. Dieser Mindermeinung ist zuzugeben, dass eine Reihe von Argumenten der vorherrschenden Ansicht wenig überzeugend sind. Das gilt namentlich für alle Arten von Typusargumenten, die sich auf das „Wesen der GmbH“, ihre Eigenschaft als Körperschaft, als juristische Person oder den Gegensatz zur Stiftung berufen.150 Nicht zwingend ist ferner der Einwand, einer KeinmannGmbH fehle der Vermögensbezug auf wenigstens ein Mitglied oder sie sei funktionsunfähig;151 denn der typischerweise gegebene Vermögensbezug kann abbedungen (s. u.) und die GmbH kautelarjuristisch auf eine mitglie___________ 146 Zum mitgliederlosen Verein Lieder, ZSt 2004, 330 ff., und ZSt 2005, 16 ff. 147 Ein Teil der Literatur (z. B. Buchwald, GmbHR 1958, 169, 171; Winkler, GmbHR 1972, 73, 77; i. E. auch Oldenburg, Keinmann-GmbH, S. 69 ff.) nimmt allerdings an, dass der Erwerb des letzten, zur Mitgliederlosigkeit führenden Anteils nichtig sei. Dies ist jedoch nicht interessengerecht und entspricht daher auch nicht der vorherrschenden Ansicht, etwa Roth/Altmeppen, GmbHG, § 33 Rdnr. 22 f. m. w. Nw. 148 Etwa Hachenburg/Hohner, GmbHG, § 33 Rdnr. 89 ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 60 Rdnr. 24; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 60 Rdnr. 65; Flume, jP, S. 184 ff. Umstritten ist allerdings der Zeitpunkt, differenzierend Scholz/H.P. Westermann, GmbHG, § 33 Rdnr. 44, alle m. w. Nw. 149 So Kreutz, FS Stimpel, S. 379 ff.; A. Paulick, GmbH ohne Gesellschafter, 1979; Bretschneider, gesellschafterlose GmbH, 1994; Rück, Keinmann-Gesellschaft, 1994, alle m. w. Nw. 150 Zutr. Kreutz, FS Stimpel, S. 379, 384 ff. 151 S. nochmals Kreutz, FS Stimpel, S. 379, 387 ff.
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derlose Existenz vorbereitet werden. Gleichwohl zielen diese Bedenken in die richtige Richtung: Oben (§ 13 A.II.3.b.cc.) wurde herausgearbeitet, dass der Gedanke der Richtigkeitsgewähr als Funktionsbedingung der Privatautonomie die Gestaltungsfreiheit begrenzt. Aufgezeigt wurde in diesem Zusammenhang, dass fremdnützige Befugnisse grundsätzlich pflichtgebunden sein müssen. Nun sind zwar die Geschäftsführer einer Keinmann-GmbH ebenso pflichtgebunden wie die Geschäftsführer einer mehrgliedrigen „Normal“-GmbH. Die Pflichtbindung alleine gewährleistet freilich noch kein interessengerechtes („richtiges“) Handeln, wenn deren Einhaltung nicht kontrolliert und durchgesetzt wird. Nun kann zwar die Keinmann-GmbH mit einem Aufsichtsrat ausgestattet werden, der diese Kontrolle wahrnimmt. Das alleine reicht jedoch nicht aus, um die Interessengerechtheit der Verwaltung zu gewährleisten. Denn wer kontrolliert die Kontrolleure? Im Stiftungsrecht übernimmt diese Rolle die Stiftungsaufsicht. Diese kann zwar gelockert werden, wenn die Stiftung über ein Kontrollorgan verfügt, das die Aufgaben der Behörde übernimmt (s. o. § 8 E.). Auch ist die Stiftungsaufsicht insofern kein Strukturmerkmal der Stiftung als sie de lege ferenda durch andere externe Kontrollmechanismen ersetzt werden könnte.152 Abdingbar ist die Stiftungsaufsicht de lege lata jedoch zu Recht nicht. Und bei einer Keinmann-GmbH fehlte es sowohl an einer Staatsaufsicht als auch an anderen externen Kontrollmechanismen, die die Interessengerechtheit der Verwaltung gewährleisten. Damit ist die „Richtigkeit“ der Entscheidungen der Organe einer Keinmann-GmbH nicht in dem von der Privatrechtsordnung als unabdingbare Funktionsbedingung vorausgesetzten Mindestmaß institutionell abgesichert. Gefährdet wird hierdurch nicht nur die GmbH, sondern auch der Rechtsverkehr. Eine Keinmann-GmbH ist daher, wie gesagt, aufzulösen. b) 100 %ige wechselseitige Beteiligung Faktisch das gleiche Ergebnis wie bei einer Keinmann-GmbH lässt sich ferner durch eine 100 %ige wechselseitige Beteiligung zweier (oder mehrerer) Gesellschaften mbH herbeiführen. Die sich in einem solchen Fall aus § 33 GmbHG ergebenden Probleme können dabei ohne große Schwierigkeiten überwunden werden.153 Analog anzuwenden sind indes §§ 19 Abs. 3, 71d S. 4, 71b AktG mit der Folge, dass beide Gesellschaften mit ihrem Stimm___________ 152 S. o. § 8 D. (a. E.). 153 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 13 Rdnr. 127; Hachenburg/ Hohner, GmbHG, § 33 Rdnr. 71 ff. jew. m. w. Nw.
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Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
recht ausgeschlossen sind,154 wodurch zwei auf Dauer unveränderliche und unliquidierbare Rechtsträger entstünden. Selbst aber wenn man dem nicht folgen wollte, so stünden dieser Konstruktion ganz die gleichen Bedenken entgegen wie einer Keinmann-GmbH.155 c) Ausschluss von Vermögensrechten, Gewährleistung loyaler Mitglieder, Erschwerung von Grundlagenänderungen Zu Recht geht die Praxis daher andere Wege. Die Stiftungsähnlichkeit der Körperschaft wird nicht versucht, durch eine Aussperrung von Mitgliedern herzustellen, sondern durch eine Kombination von Gestaltungsmaßnahmen, die sich in drei Gruppen einteilen lassen.156 Erstens werden den Mitgliedern soweit wie möglich Vermögensrechte vorenthalten, um sie auf diese Weise von einem Zugriff auf das Körperschaftsvermögen abzuschneiden. Im Vereinsrecht ist das ohne weiteres möglich, entspricht dies doch der gesetzlichen Regelverfassung. Aber auch bei der GmbH kann das Recht der Mitglieder auf Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös ausgeschlossen und der Abfindungsanspruch bei Ausscheiden reduziert, wenn nicht gar ausgeschlossen werden. Zweitens wird durch verschiedenste Satzungsgestaltungen versucht, die Loyalität der Mitglieder zu gewährleisten. Beim Verein kommt insoweit namentlich eine Mitgliederergänzung durch Kooptation, die Festschreibung bestimmter Auswahlkriterien für die Auswahl der Mitglieder sowie das automatische Erlöschen der Mitgliedschaft bei Wegfall dieser Eigenschaften in Betracht. Im GmbH-Recht ist eine Vinkulierung der Anteile, ihre Zwangseinziehung, die Statuierung von Ausschließungsgründen und von Abtretungspflichten bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen sowie die Festschreibung von Austrittsrechten denkbar. ___________ 154 Hachenburg/Ulmer, GmbHG, Anh. § 77 Rdnr. 46; Scholz/Emmerich, GmbHG, Anh. Konzernrecht, Rdnr. 81. Die gegen einen Stimmrechtsausschluss auch bei der Keinmann-GmbH von Kreutz, FS Stimpel, S. 379, 387 ff., geltend gemachten Argumente greifen hier jedenfalls nicht durch; denn aus der Gesamtheit der (teils missglückten) Vorschriften über wechselseitige Beteiligungen ergibt sich, dass das Gesetz sie zwar nicht gänzlich verbietet, wohl aber bei Überschreiten gewisser Größenordnungen missbilligt. Der Stimmrechtsausschluss ist daher einer der Maßnahmen, durch die wechselseitigen Beteiligungen entgegengewirkt werden soll. 155 A. A. Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Handbuch, § 13 Rdnr. 128. 156 Zum Folgenden ausführlich Riehmer, Körperschaften, passim; Römer, StiftungsGmbH, passim sowie bereits Strickrodt, NJW 1964, 2085 ff.; ferner Reuter in: Entwicklungstendenzen, S. 85 ff., und Vinken, Trägerin, S. 157 ff.; ferner Priester, GmbHR 1999, 149; Wochner, DStR 1998, 1835; ders., Rpfleger 1999, 310 ff.; O. Werner, GmbHR 2003, 331 ff.; auch Soergel/Neuhoff, BGB, Vor § 80 Rdnr. 39.
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Drittens schließlich können Grundlagenänderungen durch höhere als die gesetzlich vorgesehenen Beschlussquoren sowie durch die Normierung weiterer Voraussetzungen hierfür erschwert werden. Gerade in diesem entscheidenden Punkt bestehen jedoch wesentliche Grenzen der Gestaltungsfreiheit: Die Befugnis der Gesamtheit der Mitglieder, die Verfassung des Verbandes zu ändern oder ihn aufzuheben, muss in ihrem Kern gewahrt bleiben, andernfalls die betreffende Satzungsbestimmung sowohl gegen das Prinzip der Verbandsautonomie als auch gegen das (komplementäre) Verbot einer Selbstknebelung der Mitglieder verstößt. Nichtig sind daher sowohl sog. „Ewigkeitsklauseln“ als auch andere Kautelen, die Grundlagenbeschlüsse faktisch ausschließen, wie etwa die Statuierung des Konsensprinzips bei Verbänden mit einem großen Mitgliederkreis.157 Zumindest gegen ein übereinstimmendes Handeln aller Mitglieder können mithin Stiftungskörperschaften nicht wirksam auf Dauer geschützt werden.158 Und eben hierin liegt konstruktiv der entscheidende Nachteil von Stiftungskörperschaften gegenüber Stiftungen. Viertens: Dieser Nachteil kann allerdings dadurch ausgeglichen werden, dass der Verein als Träger einer unselbständigen Stiftung gegründet wird.159 In diesem Fall bleiben die Mitglieder – zumindest in dem soeben genannten Umfang – zwar „Herren“ des Vereins, sie haben aber das Vereinsvermögen nach dem rechtlich von der Vereinssatzung zu trennenden „Stiftungsgeschäft“ (umstritten ist, ob es sich dabei um einen Treuhandvertrag, eine Schenkung unter Auflage gemäß §§ 516, 525 BGB oder beides handelt)160 des zuwendenden Stifters zu nutzen und zu verwalten. Des Weiteren kann der Stifter nach einer neueren Auffassung durch eine Auflage vorsehen, dass sich der Stiftungsträger, also der Verein, so behandeln lassen muss, als wäre das Stiftungsvermögen fremdes Vermögen, mit der Folge, dass der Verein für einen pflichtwidrigen Umgang mit dem Vermögen haftet.161 Schließlich ___________ 157 Statt anderer Soergel/Hadding, BGB, § 33 Rdnr. 7 m. w. Nw. 158 Im Grundsatz heute wohl allgemeine Meinung, s. außer Riehmer, Körperschaften, S. 71 ff., 110 ff., 151 ff.; Römer, Stiftungs-GmbH, S. 74 ff.; Soergel/Neuhoff, BGB, § 80 Rdnr. 7; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 107; K. Schmidt in: Stiftungsrecht in Europa, S. 175, 191, Staudinger/Rawert, BGB, Vor § 80 Rdnr. 178 m. w. Nw. A. A. noch Strickrodt, NJW 1964, 2085, 2086. 159 S. K. Schmidt in: Stiftungsrecht in Europa, S. 175, 192 f.; MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 108. 160 Näher MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 84 ff.; ders., FS Hadding, S. 231, 240 ff.; K. Schmidt in: Stiftungsrecht in Europa, S. 175 ff.; Koos, Fiduziarische Person, 2004; Westebbe, Stiftungstreuhand, 1993; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 36; Wochner, ZEV 1999, 125 ff., jew. m. w. Nw. 161 MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 95; K. Schmidt in: Stiftungsrecht in Europa, S. 175, 183.
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sollte der Stifter – wenn kein Fall des § 525 Abs. 2 BGB vorliegt – einen Vollziehungsberechtigten bestimmen, der die Vollziehung seiner Auflagen auch nach seinem Ableben durchsetzt.162 Betreibt der Stifter diesen Aufwand, dann ist der Verein sehr weitgehend einer Stiftung angenähert.163 2. Korporativ verfasste Stiftungen Lässt man all diese verschiedenen Möglichkeiten von Typendehnungen an sich Revue passieren, so wird erneut deutlich, was schon Schultze-v.Lasaulx in seiner Besprechung der Habilitationsschriften von Nitschke, Teichmann und H.P. Westermann feststellte: Die Vorstellung, es gäbe einen Typenzwang, ist eine Illusion und als solche zu verabschieden.164 Typendehnung und Grundtypenvermischung verstoßen nicht gegen den numerus clausus der Rechtsformen. Zwar mag sich gegen manche dieser Gestaltungen das individuelle Rechtsgefühl aufbäumen. Auch mag man die Motive, die zu solchen Gestaltungen führen, subjektiv verurteilen und die wehrlose Preisgabe von Ordnungsvorstellungen an zügellose Kautelarjuristen beklagen. Die drei „Amtsrichtergrundsätze“ („Das haben wir noch nie so gemacht“. „Da könnte ja jeder kommen“. Und: „Wo kämen wir denn da hin“), von denen man manchmal den Eindruck hat, sie schimmerten unter dem Mantel einer mehr oder weniger aufwendigen Argumentation hervor, zeugen von dieser Ratlosigkeit, vermögen aber die Gestaltungsfreiheit ebenso wenig zu begrenzen wie außergesetzliche Wertvorstellungen. Im Grundsatz kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass auch die Stiftung Typendehnungen zugänglich ist. Eine zwingende Grenze der Gestaltungsfreiheit ergibt sich allerdings daraus, dass die Stiftung keine Mitglieder hat und haben kann. Gegen diesen Rechtssatz verstoßen korporativ verfasste Stiftungen jedoch nicht. Im Einzelnen: a) Die Mitgliederlosigkeit der Stiftung als Grenze der Gestaltungsfreiheit Das Stiftungsgeschäft und der Gesellschaftsvertrag einer Körperschaft stimmen darin überein, dass beide Grundlage der Errichtung einer juristischen ___________ 162 Ohne Regelung sind nach Ableben des Stifters seine (u. U. aber unzuverlässigen oder uninteressierten) Erben – ggf. neben der Behörde – vollziehungsberechtigt. Der Stifter kann aber auch Dritte einsetzen, etwa ein Kreditinstitut oder den jeweiligen Präsidenten eines Gerichts und hierfür auch ein aus der Schenkung zu zahlendes Entgelt vorsehen. 163 Mit noch etwas mehr Aufwand bei der Gestaltung der Satzung der Gesellschaft ist die gleiche Konstruktion mit einer GmbH als Stiftungsträger möglich, näher MünchKomm/Reuter, BGB, Vor § 80 Rdnr. 110. 164 ZfgG 21 (1971), 325, 341 ff.; näher und m. w. Nw. o. § 3 C.II.2.
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Person sind. Der Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass infolge eines Gesellschaftsvertrags ein Dauerrechtsverhältnis zwischen den Parteien untereinander sowie zwischen ihnen und dem Verband entsteht. Infolge eines Stiftungsgeschäfts entsteht dagegen regelmäßig kein Dauerrechtsverhältnis zwischen dem Stifter und der Stiftung. Vielmehr begründet es lediglich einen Anspruch der Stiftung auf Erfüllung des Zuwendungsversprechens und eine dementsprechende Leistungspflicht des Stifters. Hat er sie erfüllt, so erlischt sein Rechtsverhältnis zu der Stiftung (vgl. § 362 Abs. 1 BGB). Hernach ist das Stiftungsgeschäft nur noch für die Verfassung der Stiftung von Bedeutung. Ein Dauerrechtsverhältnis zwischen Stifter und Stiftung entsteht nur insoweit, als der Stifter sich in dem Zuwendungsversprechen zu laufenden Leistungen an die Stiftung verpflichtet oder sich zum Mitglied eines Stiftungsorgans bestellt. Vorstehendes gilt auch dann, wenn die Stiftung durch Vertrag zwischen mehreren Stiftern errichtet wird. Auch das durch den Vertrag zugleich begründete Rechtsverhältnis zwischen den Stiftern untereinander erschöpft sich im Wesentlichen darin, an der Errichtung der Stiftung mitzuwirken und der Stiftung die im Vertrag zugesagten Leistungen zu erbringen (s. o. § 4 B.IV.4). Diese gesetzliche Konzeption, dass also infolge des Stiftungsgeschäfts kein mitgliedschaftliches Rechtsverhältnis zwischen Stiftung und Stifter entsteht, sondern der Stifter der Stiftung nach ihrer Errichtung grundsätzlich gleich einem Dritten gegenübersteht, kommt in zahlreichen Vorschriften, namentlich in der fehlenden Verweisung des § 86 BGB auf die §§ 32 bis 41 BGB, zum Ausdruck. Von ihr kann durch Gestaltung nicht abgewichen werden. Den Grund hierfür kann man in dem numerus clausus der Gesellschaftsrechtsformen mit einem dementsprechenden Rechtsformzwang bei Rechtsformverfehlung sehen.165 Bezogen auf das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis bedeutet dies, dass es nur aber auch immer schon dann entsteht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Freilich handelt es sich auch hierbei im Grunde lediglich um eine Frage der Normanwendung und -auslegung, wie folgendes Beispiel verdeutlichen soll: Tun sich mehrere Stifter zur Errichtung einer Stiftung zusammen und bilden sie deren Verfassung derjenigen eines Vereins nach, insbesondere indem sie sich zu „Mitgliedern der Stiftung“ bestimmen und die §§ 32–39, 41 BGB für entsprechend anwendbar erklären, so ist weder das Stiftungsgeschäft noch einzelne seiner Bestimmungen von vornherein wegen Überschreitung der Grenzen der Gestaltungsfreiheit unwirksam. Vielmehr ist zu unterscheiden: ___________ 165 S. hierzu K. Schmidt, GR, S. 101 ff. m. w. Nw.
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Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
Wird die „Stiftung“ nicht als rechtsfähig anerkannt und nimmt sie gleichwohl ihre Geschäftstätigkeit auf, so ist ein nichtrechtsfähiger Verein entstanden, dessen Mitglieder die „Stifter“ sind. Wird die Stiftung dagegen als rechtsfähig anerkannt und ist die Anerkennung nicht nichtig (wofür eine Überschreitung der Grenzen der Gestaltungsfreiheit kein hinreichender Grund ist), so ist die Stiftung als solche wirksam entstanden. In diesem Fall werden die Stifter jedoch nicht „Mitglieder der Stiftung“, sondern lediglich Mitglieder eines Stiftungsorgans, dessen Befugnisse denjenigen der Mitgliederversammlung eines Vereins nachgebildet sind. Und das ist nach hier vertretener Ansicht eine zulässige Gestaltung. Und selbst wenn man dieser Ansicht im Blick auf §§ 33, 41 BGB mit der vorherrschenden Meinung nicht folgen wollte, so hätte dies lediglich zur Folge, dass die entsprechenden Bestimmungen der Stiftungssatzung insoweit unwirksam wären, als sie autonome Grundlagenänderungen gestatten. Sie wären deswegen geltungserhalten dahingehend zu reduzieren, dass einfache Satzungsänderungen in das pflichtgemäße Ermessen der „Stifterversammlung“ gestellt wären. Und im Blick auf Änderungen des Stiftungszwecks (i. e. S.) und die Aufhebung der Stiftung bliebe es bei den (landes-)gesetzlichen Bestimmungen.166 Das Beispiel verdeutlicht zugleich, auf welche Weise der Typus Stiftung korporativ gedehnt wird, nämlich durch Modulation des organschaftlichen Rechtsverhältnisses. b) Korporative Typendehnung durch Modulation des organschaftlichen Rechtsverhältnisses (i. e. S.) Bei der Frage, wie Körperschaften stiftungsmäßig ausgestaltet werden können, wurde aufgezeigt, dass der nächstliegende Weg, nämlich einen Verband ohne Mitglieder zu schaffen, nicht gangbar ist. Statt dessen wird insbesondere versucht, das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis so auszugestalten, dass die Mitglieder faktisch nicht mehr Herren, sondern – gleich den Mitgliedern anderer Organe – Diener des Verbandes sind. Das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis wird also einem organschaftlichen Rechtsverhältnis (i. e. S.) angenähert. Bei der korporativen Strukturierung einer Stiftung wird der umgekehrte Weg beschritten. Auch hier ist die naheliegendste Möglichkeit, nämlich der ___________ 166 S. o. § 13 A.II.4. Lehnte die zuständige Behörde eine von den Stiftern autonom beschlossene Satzungsänderung mit dieser Begründung ab, die dahingehenden Satzungsbestimmungen seien unwirksam, würde dies die Stifter allerdings ggf. berechtigen, eine Auflösung der Stiftung wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse zu betreiben, vgl. o. § 13 A.I.2.b.
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§ 29 Grundtypenvermischungen und Typendehnungen
Stiftung Mitglieder zu geben, verschlossen. Stattdessen wird das organschaftliche einem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis angenähert. Die Voraussetzungen hierfür sind gut; denn trotz vieler Unterschiede sind das organschaftliche Rechtsverhältnis (i. e. S.) und das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis in vielerlei Hinsicht von vornherein rechtsähnlich. Durch Gestaltung kann ein Übriges getan werden. Das ist der erste Schlüssel zu einer korporativen Ausgestaltung der Stiftung und wurde oben (§§ 14, 15) ausführlich dargelegt. Dabei wird der Gestaltungsfreiraum bei der Stiftung dadurch weiter vergrößert, dass sie keine Mitglieder hat. Dieses Fehl hat nämlich zur Folge, dass einer Fremdbestimmung der Stiftung keine Grenzen durch die Privatautonomie von Mitgliedern gezogen sind. Wie schon mehrfach betont gibt es keinen der Verbandsautonomie entsprechenden Grundsatz der „Stiftungsautonomie“.167 Vielmehr ist die Stiftung notwendigerweise gänzlich von Nicht-Mitgliedern fremdbestimmt – und zwar nicht nur was ihre Verwaltung, sondern auch was ihre Verfassung anbelangt: Sie wurde ihr von einem Dritten, nämlich dem Stifter gegeben, und kann auch nur von Fremdorganen (bzw. subsidiär der Stiftungsaufsichtsbehörde) abgeändert werden. Insoweit, nämlich im Blick auf die Zuweisung der Grundlagenkompetenz an Fremdorgane, ist daher bereits die gesetzliche Ausgangslage im Stiftungsrecht gemessen an der Rechtslage im Gesellschaftsrecht als atypisch zu bezeichnen. Und eben hierin liegt der zweite Schlüssel zur Annäherung des organschaftlichen an ein mitgliedschaftliches Rechtsverhältnis und damit zu einer korporativen Ausgestaltung der Stiftung. Anstelle des Mitgliederwillens tritt allerdings der Stifterwille. Er ist Richtschnur allen Stiftungshandelns. Der Stifter ist aber im Gegensatz zu Mitgliedern für gewöhnlich nicht in der Lage, seinen Willen zu aktualisieren. Die schöne und vielzitierte Formulierung von Rittner, der Stifterwille herrsche „deistisch“,168 gibt dieses Verhältnis zutreffend wieder. Selbst wenn also der Stifter versucht, die Entscheidungen der Stiftungsorgane im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung weitgehend vorzuprägen, so verbleibt den Organen doch regelmäßig ein Ermessensspielraum, den der Stifter anders als die Mitglieder eines Verbandes nicht durch (Weisungs-)Beschluss einengen kann. So gesehen sind die Stiftungsorgane strukturell freier als die Verwaltungsorgane von Verbänden. Überdies dient der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens zwar dem Schutz der privatautonomen Entscheidungen des Stifters. Der Stifter ___________ 167 S. o. § 13 A.II.2.d. 168 Rittner, Person, S. 233.
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kann auf diesen Schutz jedoch (zumindest weitgehend) verzichten, da er nach der Errichtung der Stiftung ihr gleich einem Dritten gegenübersteht und er mithin durch Entscheidungen der Stiftungsorgane nicht selbst in eigenen Rechten betroffen wird. Der Stifter kann daher den Ermessensspielraum der Stiftungsorgane jedenfalls insoweit erweitern, dass sie im Ergebnis nur noch an den Stiftungszweck gebunden sind. Und eben hierin, also in der Ausdehnung der Ermessensspielräume, liegt der dritte Schlüssel zur Annäherung eines organschaftlichen an ein mitgliedschaftliches Rechtsverhältnis und damit zu einer korporativen Ausgestaltung der Stiftung. c) Grenzen der Annäherung Nutzt der Stifter die bestehenden Gestaltungsspielräume voll aus, so kann er der Stiftung eine Verfassung geben, nach der bestimmte Personen, ohne „Mitglied der Stiftung“ zu sein, über ähnliche Kompetenzen und eine ähnliche Rechtsstellung wie Mitglieder eines Verbandes verfügen. Damit fragt sich erneut, wo die Grenzen einer solchen Typendehnung verlaufen. Dabei läge zunächst der Gedanke nahe, sie umgekehrt proportional zur Rechtslage bei Stiftungskörperschaften zu ziehen. Dort wurde aufgezeigt, dass der Verband und seine Verfassung nicht wirksam gegen den übereinstimmenden Willen seiner Mitglieder abgesichert werden können. Zumindest insoweit müssen die Verbandsmitglieder Herren des Verbandes bleiben. Die Verbandsautonomie bildet in diesem Falle also die äußerste Grenze der Gestaltungsfreiheit. Auf die Stiftung übertragen bedeutete dies, dass die Herrschaft des Stifterwillens unabdingbar wäre, die Stiftung und ihre Verfassung also gerade nicht zur Disposition eines Stiftungsorgans gestellt werden könnten. Indes wurde oben bereits aufgezeigt, dass es einen komplementären Grundsatz der Stiftungsautonomie nicht gibt, der Stifter vielmehr auf den durch den Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens bewirkten Schutz seiner privatautonomen Entscheidung verzichten kann. Allein der Gedanke der Richtigkeitsgewähr als Funktionsbedingung der Privatautonomie zieht insoweit der Gestaltungsfreiheit mit der Folge Grenzen, dass der Stifter nicht jedem beliebigen Dritten, sondern nur sich selbst oder den Destinatären die Befugnis zu autonomen Grundlagenentscheidungen einräumen kann.169 Gegen solche Gestaltungen könnte des Weiteren vorgetragen werden, dass dadurch zwingende mitgliederschützende Normen des Verbandsrechts umgangen werden könnten. In der Tat scheint es auf den ersten Blick wider___________ 169 Ausf. o. § 13 A.II.3.
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§ 29 Grundtypenvermischungen und Typendehnungen
sprüchlich zu sein, dass bei einem Verein beispielsweise sog. „Ewigkeitsklauseln“ unzulässig sind, während solche Klauseln bei Stiftungen nach hier vertretener Ansicht auch dann keinen Bedenken begegnen, wenn die Stiftungsverfassung im Übrigen derjenigen eines Vereins nachgebildet ist. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass auch dann, wenn der Stifter sich selbst oder den Destinatären die Befugnis zu autonomen Grundlagenänderungen einräumt, das zwischen ihnen und der Stiftung bestehende Rechtsverhältnis ein organschaftliches Rechtsverhältnis ist und bleibt und nicht etwa zu einem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis mutiert. Zwar kann ein organschaftliches Rechtsverhältnis im Stiftungsrecht funktional sehr weitgehend einem mitgliedschaftlichen nachgebildet werden. Stets verbleibt es jedoch bei den rechtsgrundsätzlichen Unterschieden zwischen diesen beiden Rechtsverhältnissen. M. a. W. ist jede Rechtsfrage von einem ganz anderen Ausgangspunkt her zu entscheiden. Das mögen zwei Beispiele verdeutlichen: (1) Die Verbandsautonomie ist Ausfluss der Privatautonomie der Mitglieder. Einschränkungen der Satzungsautonomie dürfen daher nicht zu einer sittenwidrigen Selbstknebelung der Verbandsmitglieder in ihrer Gesamtheit führen. Das ist der Grund, warum sog. Ewigkeitsklauseln im Verbandsrecht nichtig sind. Ganz anders stellt sich demgegenüber die Rechtslage im Stiftungsrecht dar. Einen der Verbandsautonomie entsprechenden Grundsatz der Stiftungsautonomie gibt es, wie gesagt, nicht. Vielmehr hat die Stiftung keine kraft eigenen Rechts zu autonomen Entscheidungen befugte Mitglieder, sondern verfügt lediglich über gekorene, an den Stifterwillen gebundene Organe. Stifter und Destinatäre stehen der Stiftung nach der gesetzlichen Regelverfassung gleich Dritten gegenüber, sind also weder geborene Organmitglieder noch haben sie sonst irgendwelche Rechte gegenüber der Stiftung. Dementsprechend sind „Ewigkeitsklauseln“ im Stiftungsrecht unstreitig zulässig; denn sie beschränken niemandes Privatautonomie. Vielmehr zielt ja bereits der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens auf dessen Verewigung. Beruft nun der Stifter sich selbst, Zustifter oder Destinatäre zu Mitgliedern eines Stiftungsorgans und lockert er dessen Bindung an seinen ursprünglichen Willen, so kann er zwar auf diese Weise die Verfassung der Stiftung derjenigen eines Verbandes annähern. Hierin aber liegt eine Stärkung der Rechtsstellung der Betreffenden, und zwar natürlich auch dann, wenn sich die Lockerung der Bindung an den Stifterwillen nicht auf alle Fragen erstreckt. Daraus folgt zugleich, dass in derartigen Gestaltungen keineswegs eine Umgehung zwingender verbandsrechtlicher Grundsätze gesehen wer-
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Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
den kann;170 denn hiermit ist keine Selbstknebelung der Betreffenden, sondern eben gerade umgekehrt eine Stärkung ihrer Rechtsstellung verbunden. Der Erfolg der einen wie der anderen Gestaltung ist also ganz unähnlich, nämlich entgegengesetzt. So ist denn auch nichts Missbilligenswertes darin zu erkennen, wenn beispielsweise der Stifter eines Kunstmuseums Kunstfreunde dadurch zu Zustiftungen motivieren will, dass er Zustiftern in der Stiftungssatzung Mitverwaltungsrechte einräumt. Vielmehr besteht für derartige Gestaltungen ein praktisches Bedürfnis. Das erweist auch das Aufkommen und die Ausgestaltung von Bürgerstiftungen. (2) Organschaftliche Befugnisse sind grundsätzlich fremdnützig, ihre Ausübung dementsprechend pflichtgebunden, und zwar nicht nur hinsichtlich des Wie, sondern auch hinsichtlich des Ob. Organmitglieder trifft daher regelmäßig eine Pflicht zur Aufgabenwahrnehmung. Nun kann die Intensität dieser Pflicht in jedem Einzelfall ganz unterschiedlich ausfallen z. B. je nachdem, ob das Amt als Haupt- oder als Nebenamt ausgestaltet ist. Ausnahmsweise kann aber auch die Pflicht zur Aufgabenwahrnehmung weitgehend entfallen, nämlich dann, wenn das Amt überwiegend der Wahrnehmung eigener Interessen der Organmitglieder dient. Und so kann es sich bei einer Stifter- oder Destinatärsversammlung als Stiftungsorgan verhalten. Demgegenüber sind Verbandsmitglieder grundsätzlich nicht zur Wahrnehmung ihrer mitgliedschaftlichen Rechte verpflichtet. Vielmehr haben sie ein „Recht zum Desinteresse“; denn die ihnen zustehenden Befugnisse bestehen grundsätzlich allein in ihrem Interesse. Über das Ob und Wie ihrer Ausübung entscheiden sie daher autonom. Nur ausnahmsweise ergeben sich aus der mitgliedschaftlichen Treupflicht Mitwirkungspflichten. Allerdings kann die Wahrnehmung organschaftlicher Befugnisse auch als Beitrag vereinbart sein. So verhält es sich in Fällen, in denen die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft zu den mitgliedschaftlichen Pflichten gehört, so §§ 709 Abs. 1, 714 BGB, §§ 114 Abs. 1, 125 Abs. 1 HGB. Überdies sind Befugnisse hinsichtlich der Geschäftsführung fremdnützig, das Mitglied daher auch hinsichtlich des Wie pflichtgebunden. Das Regel-/Ausnahmeverhältnis ist also in beiden Fällen geradewegs umgekehrt. M. a. W.: Was bei mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen vielfach allgemeinen Regeln entspricht, bedarf bei einem organschaftlichen Rechtsverhältnis, soll es einem mitgliedschaftlichen angeglichen werden, besonderer Kautelen. Das Problem liegt also vor allem in einer sachgerechten Gestaltung. Dieser Aufgabe muss sich freilich gerade ein Stifter ohnehin mit ___________ 170 Zu den Voraussetzungen einer Gesetzesumgehung als Grenze der Gestaltungsfreiheit, s. o. § 3 C.III.1.
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§ 29 Grundtypenvermischungen und Typendehnungen
Sorgfalt widmen; denn die spärlichen gesetzlichen Vorgaben stellen allenfalls für Kleinstiftungen ein ausreichendes Regelungsmodell dar.
C. Zusammenfassung Sowohl Grundtypenvermischungen als auch Typendehnungen sind grundsätzlich zulässig. Das gilt auch für die Stiftung & Co. KG sowie korporativ verfasste Stiftungen. Dabei liegt das Problem von Grundtypenvermischungen und Typendehnungen weniger in den Grenzen der Gestaltungsfreiheit als in einer sachgerechten Gestaltung selbst sowie einer typengerechten Normanwendung. Davon wird nunmehr zu handeln sein.
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§ 30 Typengerechte Normanwendung bei korporativ verfassten Stiftungen Regeln für eine typengerechte Normanwendung bei korporativ verfassten Stiftungen aufzustellen, fällt deshalb nicht leicht, weil es bisher nur wenig Fallmaterial gibt.1 Nur anhand konkreter Sachverhalte lässt sich jedoch zuverlässig beurteilen, ob und inwieweit die formaltypischen Regeln (hier also die stiftungsrechtlichen Regeln) trotz atypischer Sachverhaltsgestaltung zu interessengerechten Lösungen führen, typengerecht angepasst werden müssen oder die materiell typengerechten Regeln (hier also gesellschaftsrechtliche Regeln) anzuwenden sind. Bei der GmbH & Co. KG hat es daher Jahrzehnte gedauert, bis heute von einer hinreichend gesicherten Rechtslage gesprochen werden kann. Als das Reichsgericht 1922 über die Zulässigkeit dieser Grundtypenvermischung entschied, waren die Folgeprobleme und Weiterungen, die sich daraus ergeben würden, noch kaum absehbar. Ähnlich verhält es sich hier. Allerdings ist auch in Zukunft weder mit einer vergleichbaren Fülle an Fällen noch mit einer vergleichbaren Vielfalt an Rechtsproblemen wie bei der GmbH & Co. zu rechnen. Genügen soll es daher hier vier Rechtsfragen aufzugreifen: Welche Rolle spielt bei einer korporativ verfassten Stiftung noch der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens (dazu A.) und die Stiftungsaufsicht (B.)? Wie sind Mehrheits-/Minderheits-Konflikte zu lösen (C.)? Und schließlich: Bedarf es besonderer Kautelen im Blick auf den Gläubigerschutz (C.)?
A. Maßgeblichkeit des Stifterwillens Von einer korporativ verfassten Stiftung kann nur gesprochen werden, wenn die Bindung an den Stifterwillen gelockert oder gar durch die statutarische Befugnis zu autonomen Grundlagenänderungen aufgehoben ist (s. o. § 28 D.III.). Dann aber stellt sich die Frage, welche Bedeutung dem obersten Grundsatz des Stiftungsrechts, nämlich der Maßgeblichkeit des Stifterwillens, überhaupt noch zukommt. Die Antwort ist: eine kaum vermindert große! Die Verfassung der Stiftung wird, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesrecht beruht, durch das Stiftungsgeschäft und die Stiftungssatzung bestimmt, § 85 BGB. Hieran ändert sich im Ausgangspunkt, d. h. solange die Verfas___________ 1 S. aber RG, JW 1909, 160 = Gruchot 53, 852; RG, LZ 1929, 324 und dazu Soergel/ Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 16; Ebersbach, Handbuch, S. 111 f.
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§ 30 Typengerechte Normanwendung bei korporativ verfassten Stiftungen
sung, also insbesondere die Satzung der Stiftung nicht geändert wird, infolge einer korporativen Strukturierung der Stiftung überhaupt nichts; denn auch im Verbandsrecht ist dies nicht anders. Entsteht also Streit über die Kompetenzen eines Organs oder die Rechte und Pflichten von Organmitgliedern oder von sonstigen Beteiligten, so ist stets zunächst die Stiftungssatzung zu befragen. Dabei ist der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Stifters, wie er im Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung objektiv zum Ausdruck gekommen ist, zu erforschen (s. o. § 7 E.III.4.). Das ist auch insofern von Bedeutung, als sich der Stifter in der Stiftungssatzung über verbandsrechtliche Grundsätze hinwegsetzen kann. Nur deshalb, weil eine Stiftung korporative Strukturmerkmale aufweist, kommen daher noch lange nicht hinsichtlich jeder Einzelfrage verbandsrechtliche Grundsätze zur Anwendung – oder anders formuliert: Die Stiftung ist stets nur insoweit korporativ verfasst, als dies auch in der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommt. Die Frage einer typengerechten Normanwendung und -auslegung stellt sich also grundsätzlich nur dann und insoweit, als die Stiftungssatzung keine Regelung enthält und auch der Stifterwille nichts hergibt. Und selbst wenn sich dort keine Antworten finden, so ist zunächst einmal zu fragen, welche Regeln das Stiftungsrecht bereithält. Nur soweit sich diese als unangemessen erweisen, ist auf verbandsrechtliche Grundsätze zurückzugreifen. Nun ist es allerdings gerade ein Merkmal korporativ verfasster Stiftungen, dass den Stiftungsorganen ein weites Ermessen eingeräumt ist. Das ändert indes nichts an dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens, sondern nur an seiner Reichweite. Lediglich insoweit die zuständigen Stiftungsorgane die Stiftungssatzung ändern, wird der Stifterwille aufgehoben bzw. zurückgedrängt. Auch dies entspricht freilich allgemeinen stiftungsrechtlichen Grundsätzen (s. o. § 13 Fn. 8) Ein Unterschied gegenüber der gesetzlichen Regelverfassung besteht bei korporativ verfassten Stiftungen im Blick auf den Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens allein dann und nur insoweit, als sich der Stifter die Befugnis vorbehalten oder den Destinatären eingeräumt hat, die Grundlagen der Stiftung autonom zu ändern (s. o. § 13 A.II.3., 4.); denn in diesem Falle sind die Betreffenden bei Grundlagenänderungen, und nur bei Grundlagenänderungen nicht an den Stifterwillen gebunden. Von dieser Ausnahme abgesehen bleibt also der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens auch bei einer korporativ verfassten Stiftung unberührt. Allein seine Reichweite ist faktisch dadurch beschränkt, als es gerade Kennzeichen einer korporativen Strukturierung ist, dass den Stiftungsorganen ein weiter Handlungs- und Entscheidungsfreiraum eingeräumt ist. 719
Fünfter Teil: Die korporativ verfasste Stiftung
B. Funktion der Aufsichtsbehörde Die Stiftungsaufsicht ist bekanntlich in erster Linie Garant des Stifterwillens. Diese ihre vornehmste Funktion verliert dementsprechend an Bedeutung, je mehr die Bindung der Stiftung und ihrer Organe an den Stifterwillen statutarisch gelockert wird. Auch im Extremfall, nämlich der Ermöglichung autonomer Grundlagenänderungen, wird die Stiftungsaufsicht jedoch nicht bedeutungslos (s. bereits o. § 13 A.II.2.c.). Vielmehr ist ihre Funktion als Rechtsaufsichtsbehörde unerlässlich. Zwar kann und muss die Aufsicht aufgrund des Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsprinzips gelockert werden, wenn die Stiftung über ein wirkungsvolles organisationsrechtliches System von „checks und balances“ verfügt.2 Und das gilt gerade bei Stifterkorporationen oder Destinatärsgemeinschaften. Ein gänzlicher Verzicht auf die Aufsicht wäre jedoch schon aus Gründen des Verkehrsschutzes verfehlt. Vielmehr rückt gerade diese Aufgabe bei Stifterkorporationen und Destinatärsgemeinschaften stärker in den Vordergrund. Hierzu hat sie vor allem die Rechnungslegung der Stiftung zu überprüfen und dabei insbesondere darauf zu achten, dass die Stiftung nicht gegen die – gesetzlichen und/oder statutarischen – Kapitalerhaltungsvorschriften verstößt. Einzuschreiten hat sie ferner bei drohender oder gar eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Und einzuschreiten hat sie – selbstverständlich –, wenn die Stiftung bzw. ihre Organe das gesetzlich konkretisierte Gemeinwohl verletzen. Die Stiftungsaufsicht wird also bei korporativ verfassten Stiftungen keineswegs obsolet. Vielmehr findet lediglich eine Verlagerung ihres Aufgabenschwerpunktes statt. Während ihre Bedeutung als Garant des Stifterwillens abnimmt, rückt ihre verkehrsschützende Funktion stärker in den Vordergrund.
C. Mehrheits-/Minderheits-Konflikte I. Problemstellung 1. Breiten Raum in der gesellschaftsrechtlichen Praxis und Lehre nimmt das Problem der Bewältigung von Mehrheits-/Minderheits-Konflikten ein. Derartige Konflikte können in jeder Gemeinschaft und in jedem mehrköpfigen Gremium entstehen – also nicht nur im Verbandsrecht zwischen den Ver___________ 2 S. o. § 8 E.
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bandsmitgliedern, sondern auch in einem Verwaltungsorgan und mithin auch innerhalb von Stiftungsorganen. Dabei nimmt das Konfliktpotential mit – der Weite des Ermessensspielraums, – dem Maß der Selbstbetroffenheit und – der Größe der Interessengegensätze der Stimmberechtigten zu, weswegen sie bei Beschlüssen von Verbandsmitgliedern häufiger auftreten als bei Beschlüssen von homogen zusammengesetzten, pflichtgebundenen Fremdorganen. Bei Stiftungen sind Mehrheits-/ Minderheits-Konflikte daher für gewöhnlich selten.3 Ist eine Stiftung aber – sei es als Stifterkorporation oder als Destinatärsgemeinschaft – korporativ verfasst, so steigt das Konfliktpotential und damit die Notwendigkeit seiner rechtlichen Bewältigung. 2. Mehrheits-/Minderheits-Konflikte werden vielfach als Problem der Mehrheitsherrschaft und des Minderheitenschutzes dargestellt.4 Und dies ist im Blick auf die Häufigkeit des Auftretens solcher Konflikte auch gewisslich richtig. Indes können Mehrheits-/Minderheits-Konflikte nicht nur bei Geltung des Mehrheits-, sondern auch bei Geltung des Konsensprinzips auftreten. Während im ersten Fall die Gefahr besteht, dass die Mehrheit der Minderheit ihren Willen oktroyiert, besteht nämlich im zweiten Fall die Gefahr, dass die Minderheit den Mehrheitswillen obstruiert. Freilich ist beides nicht als solches illegitim. Im Gegenteil: Soweit das eine oder andere Prinzip gilt, bezweckt es gerade, dass sich die Minderheit der Mehrheit beugen muss, bzw. umgekehrt, dass die Mehrheit ihren Willen nicht gegen die Minderheit durchsetzen kann. In erster Linie gerechtfertigt werden muss daher die Geltung des jeweiligen Prinzips. Auf den ersten Blick scheint das Konsensprinzip dem Gedanken der Selbstbestimmung besser gerecht zu werden, weswegen vielfach angenommen wird, allein die Geltung des Mehrheitsprinzips bedürfe einer Rechtfertigung5. Das ist jedoch allzu „schuldrechtlich“ gedacht.6 Zu bedenken sind die Besonderheiten von Gesellschaftsverträgen, die im Gegensatz zu typischen Schuldverträgen (1.) nur eine Rahmenordnung für das (2.) dauerhafte (3.) Zusammenwirken (4.) einer Mehrzahl von Personen regeln. Hierzu aber passt das Konsensprinzip schlecht, da der Einigungszwang leicht zu einer Lähmung des Verbandes und damit auch zu einer Beschränkung des Selbst___________ 3 4 5 6
S. aber OLG Koblenz, NZG 2002, 135; LG Mainz, NZG 2002, 738, 740. S. etwa Roitzsch, Minderheitenschutz, S. 15 ff. S. zur Geschichte des Majoritätsprinzips Baltzer, Beschluß, S. 186 ff. Exemplarisch Soergel/Hadding, BGB, § 35 Rdnr. 1, sowie o. § 12 B.II.6.a.
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bestimmungsrechts der Mehrheit führen kann. Deswegen wird das Konsensprinzip im Personengesellschaftsrecht, wo es kraft dispositiven Rechts gilt (s. §§ 705, 709 Abs. 1 BGB, 119 Abs. 1 HGB), weithin abbedungen.7 Nicht vorbehaltlos zuzustimmen ist ferner der Annahme, das Konsensprinzip habe den Vorteil einer erhöhten Richtigkeitsgewähr für sich;8 denn dies trifft nur bei einem positiven Abstimmungsergebnis zu. Bei einem negativen Abstimmungsergebnis ist dagegen die Legitimationsbasis u. U. denkbar gering: An einer einzigen Stimme kann scheitern, was alle anderen für richtig halten. Das soll nun freilich nicht heißen, dass das Mehrheitsprinzip die größere Legitimität für sich beanspruchen könnte. Vielmehr treten hier dieselben Probleme auf, nur eben umgekehrt. Sie werden überdies verschärft, wenn nicht nach Köpfen, sondern nach Kapitalanteilen abgestimmt wird, Mehrstimmrechte bestehen oder sonst die Stimmenmacht oder das Stimmgewicht zwischen den Mitgliedern ungleich verteilt ist. 3. Allgemein gewendet lässt sich somit sagen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Mehrheits-/Minderheits-Konflikts zunimmt, je weniger Stimmberechtigte eine Entscheidung gegen den Willen der Mehrzahl herbeiführen oder verhindern können. Dabei ist die Legitimation dieser Rechtsmacht in einem Kompromiss zwischen dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts der Beteiligten, dem Gedanken der Richtigkeitsgewähr und – nicht zuletzt – der privatautonomen Entscheidung für die jeweils gewählte Gestaltung zu sehen. Und dieser Kompromisscharakter erklärt zugleich, warum weder das Konsens- noch das Mehrheitsprinzip unbeschränkt gelten können, sie vielmehr im Einzelfall Korrekturen bedürfen. Und eben hiervon wird im Folgenden zu handeln sein. Dabei geht es um die Frage, ob die hierfür im Gesellschaftsrecht entwickelten Grundsätze auf das Stiftungsrecht und speziell auf korporativ verfasste Stiftungen übertragen werden können und müssen.
II. Grenzen der Mehrheitsherrschaft Die Grenzen der Mehrheitsherrschaft werden im Gesellschaftsrecht namentlich durch – das zwingende Recht, – die Treupflicht, ___________ 7 S. o. § 29 B.I. 8 So K. Schmidt, GR, S. 451 f.
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– den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie – mehrheitsfeste Mitgliedschaftsrechte markiert.9 Dass sich niemand über zwingendes Recht hinwegsetzen darf und ein Beschluss, der hiergegen verstößt, daher fehlerhaft ist, ist eine Selbstverständlichkeit und bedarf hier keiner näheren Ausführungen. Fraglich ist dagegen, ob Mehrheitsbeschlüssen im Stiftungsrecht auch die drei anderen Grenzen gezogen sind. 1. Treupflicht a) Es darf heute als anerkannt gelten, dass jedes Mitglied jeden Verbandes eine mitgliedschaftliche Treupflicht trifft.10 Sie beruht richtigerweise auf dem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis, also auf der rechtlichen Sonderbeziehung des Mitglieds zum Verband und zu den anderen Mitgliedern i. V. m. § 242 BGB.11 Dementsprechend hat die mitgliedschaftliche Treupflicht eine doppelte Schutzrichtung, nämlich einerseits gegenüber dem Verband und andererseits gegenüber den anderen Mitgliedern.12 Sie beinhaltet in erster Linie das Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen des Verbandes und der anderen Mitglieder. Welche konkreten Handlungs- oder Unterlassungspflichten hieraus folgen, ist in jedem Einzelfall zu konkretisieren – was freilich die Bildung von Fallgruppen nicht ausschließt. Ebenso im Einzelfall konkretisierungsbedürftig bzw. fallgruppenspezifisch sind die Rechtsfolgen einer Treupflichtverletzung. Sie reichen von der Nichtigkeit einer treuwidrigen Stimmabgabe bis hin zu Schadensersatzansprüchen. b) Im Gegensatz zu dem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis schafft das organschaftliche Rechtsverhältnis (i. e. S.) nur eine Sonderbeziehung zwischen dem einzelnen Organmitglied und dem Verband bzw. der Stiftung, nicht aber zwischen den Organmitgliedern untereinander.13 Dementsprechend sind Organmitglieder grundsätzlich nur der Bestellungskörperschaft bzw. Stiftung, nicht aber ihren Kollegen gegenüber zur Interessenwahrung verpflichtet. Ihren Kollegen gegenüber trifft sie lediglich als Ausfluss ihrer
___________ 9 Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 461. 10 S. aus der Rechtsprechung etwa BGHZ 9, 157, 163; 65, 15; 103, 184; 129, 136; kritisch aber etwa Flume, ZIP 1996, 161. 11 S. Burgard, ZIP 2002, 827, 834 f. m. w. Nw. auch zur Gegenansicht. 12 Statt anderer K. Schmidt, GR, S. 552 ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97 f., 126 f. 13 S. o. § 14.
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organschaftlichen Pflichten gegenüber dem Verband bzw. der Stiftung eine Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit.14 c) Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob die Beteiligten einer Stifterkorporation oder Destinatärsgemeinschaft nur der Stiftung oder auch ähnlich wie Mitglieder einander zur Treue verpflichtet sind. Die Antwort hängt davon ab, ob zwischen ihnen eine rechtliche Sonderbeziehung besteht. Dies wird man bejahen können;15 denn bei einer Stifterkorporation handelt es sich – ähnlich wie bei Gesellschaften – um eine Zweckgemeinschaft. Und eine Destinatärsgemeinschaft wird man – insoweit ähnlich einer Erbengemeinschaft – als eine Interessengemeinschaft16 ansehen müssen17. d) Von der Frage der Existenz von Treupflichten zu unterscheiden ist freilich die Frage ihres Umfangs und ihrer Reichweite. Insoweit lässt sich als Faustregel formulieren: Je stärker ein Verband oder eine Gemeinschaft auf ein gemeinschaftliches Zusammenwirken seiner Mitglieder angelegt und angewiesen ist, je größer der organisationsrechtlich vermittelte Einfluss des Einzelnen dabei ist und je bedeutender die in Frage stehenden Interessen im Einzelfall sind, desto intensiver ist die Pflichtbindung.18 e) Beispiel:19 Zweck einer Familienstiftung ist erstens die Erhaltung mehrerer Immobilien (Burgen und Schlösser) samt Inventar sowie zweitens die Finanzierung der Ausbildung der Familienmitglieder durch Zahlung von Ausbildungsbeihilfen. Von den Immobilien darf sich die Stiftung laut Satzung nur trennen, wenn ihr Erhalt wirtschaftlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist oder in einer Familienversammlung alle Familienmitglieder zustimmen. Eine der Immobilien bedarf einer Sanierung, deren Kosten über ___________ 14 S. o. § 15 B.II. 15 Vgl. Wüst, Interessengemeinschaft, S. 61 ff. 16 Vgl. außer dem Vorgenannten Würdinger, Interessengemeinschaft, S. 16; Wiedemann, GR, S. 13; die Rechtsfigur der Interessengemeinschaft ablehnend Staudinger/Langhein, BGB, § 741 Rdnr. 174; zurückhaltend auch MünchKomm/K. Schmidt, BGB, § 741 Rdnr. 71 ff.; Soergel/Hadding, BGB, Vor § 741 Rdnr. 10 ff. Richtigerweise wird man drei Fragen auseinander halten müssen, nämlich erstens, ob infolge der Gemeinsamkeit von Interessen eine rechtliche Sonderbeziehung zwischen den Interessierten entstehen kann. Die Frage stellen, heißt sie zu bejahen. Ganz andere Fragen sind hingegen zweitens, welche Voraussetzungen hierfür bestehen und drittens welche Rechtsfolgen daran zu knüpfen sind. Die zweite Frage ist noch ungeklärt. Und im Blick auf die dritte Frage ist die Kritik an der Rechtsfigur der Interessengemeinschaft insofern berechtigt, als bei der analogen Anwendung der §§ 741 ff. BGB Vorsicht und Zurückhaltung geboten ist. Vorliegend sind sie gewiss nicht anwendbar. 17 Ebenso Ebersbach, Handbuch, S. 113. 18 Vgl. BGHZ 9, 25, 38; ferner 89, 162, 166, und 129, 136, 143 ff. 19 S. auch o. § 11 Fn. 39.
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mehrere Jahre hinweg eine Zahlung von Ausbildungsbeihilfen nicht mehr erlaubt, was besonders die ärmeren Familienstämme träfe. Auf deren Wunsch hin wurde daher ein Käufer gesucht und gefunden, der einen angemessenen Preis für die Immobilie zu zahlen bereit wäre. Bei der Abstimmung über die Veräußerung der Immobilie stimmt ein Familienmitglied (K) mit dem Argument dagegen, er sei gegen das „Verscherbeln“ von Familienbesitz. Die arme Verwandtschaft sollte „lieber ’was schaffen“. Er hätte sich sein Studium auch selbst verdient. Wären die Familienmitglieder bei ihrer Entscheidung streng pflichtgebunden, müssten sie sich für die Veräußerung der Immobilie entscheiden; denn beide Zwecke, nämlich der Erhalt der Immobilien einerseits und die Zahlung von Ausbildungsbeihilfen andererseits, stehen gleichberechtigt nebeneinander. Und ohne den Verkauf der Immobilie müsste die Zahlung von Ausbildungsbeihilfen für mehrere Jahre eingestellt werden. Geht man hingegen davon aus, dass es sich bei der Familienstiftung um eine Destinatärsgemeinschaft handelt, bei der die Familienmitglieder im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens auch eigene Interessen und Vorstellungen zur Geltung bringen dürfen, dann könnten sie sich – zumindest einstimmig – auch für die Sanierung der Immobilie entscheiden. Pflichtwidrig wäre eine solche Entscheidung deswegen nicht, weil der Stiftungszweck Zahlung von Ausbildungsbeihilfen nur zeitlich begrenzt und in Übereinstimmung mit den Begünstigten ausgesetzt würde. Allerdings müssten die Familienmitglieder bei ihrer Entscheidung – folgt man vorstehender Ansicht – auch Rücksicht auf die Interessen aller anderen Familienmitglieder nehmen. Nachdem einige Familienmitglieder auf die Ausbildungsbeihilfen angewiesen sind, wäre K daher im konkreten Fall verpflichtet, der Veräußerung zuzustimmen. 2. Gleichbehandlungsgrundsatz a) Der verbandsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt, dass jedes Mitglied unter gleichen Voraussetzungen gleich und unter ungleichen Voraussetzungen der Verschiedenheit entsprechend behandelt wird. Seine Geltung ist seit langem von Rechtsprechung20 und Lehre21 anerkannt. Ausdrücklich normiert ist er freilich nur in § 53a AktG. Dementsprechend nach wie vor umstritten ist sein Geltungsgrund. Teils wird er im Willen der Beteilig-
___________ 20 Vgl. BVerfGE 14, 263, 285; RGZ 38, 14, 15 f.; 120, 363, 371 f.; BGHZ 20, 363, 369; 55, 381; 116, 359, 373. 21 Eingehend Cohn, AcP 132 (1930), 129 ff.; L. Raiser, ZHR 111 (1948), 75 ff.; G. Hueck, gleichmäßige Behandlung, S. 35 ff., 44 ff., 225 ff., 333 ff.; Zöllner, Schranken, S. 301 ff.
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ten,22 teils in dem Bestehen eines Gemeinschaftsverhältnisses,23 teils in der Ausübung von Verbandsmacht,24 teils mit unterschiedlicher Gewichtung und Nuancierung in einer Kombination dieser Gesichtspunkte,25 gesehen. Indes weist Wiedemann zu Recht darauf hin, dass diese Gesichtspunkte „nicht eigentlich die Frage nach dem Geltungsgrund, sondern nach den Tatbestandsvoraussetzungen“ beantworten;26 denn die Frage der Gleichheit kann sich nur gegenüber vergleichbar Betroffenen und die Frage ihrer Behandlung nur dann stellen, wenn jemand einseitig zu entscheiden in der Lage ist. Der Geltungs- und damit der Verpflichtungsgrund ist in der rechtlichen Sonderbeziehung der Beteiligten zueinander i. V. m. § 242 (Treupflicht) zu sehen.27 Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass die Privatautonomie auch unsachliche und damit willkürliche Differenzierungen erlaubt. Grenzen hierfür ergeben sich jedoch aus §§ 138, 242 BGB, sind also dort zu ziehen, wo eine Ungleichbehandlung sitten- oder eben treuwidrig wäre. Zwar lässt sich aus diesen Vorschriften keine allgemeine Pflicht zu einer gleichmäßigen Behandlung ableiten.28 Treuwidrig ist eine Ungleichbehandlung jedoch dann, wenn und soweit der Betroffene aufgrund der rechtlichen Sonderbeziehung zwischen den Parteien nach „Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ (§§ 157, 242 BGB) eine gleichmäßige Behandlung erwarten darf. In welchen Fällen diese Voraussetzungen gegeben sind, ist somit abseits zwingenden Gesetzesrechts eine Frage der Auslegung der rechtlichen Sonderbeziehung zwischen den Beteiligten. Bei Gemeinschaftsverhältnissen ist insoweit anzunehmen, dass der Wille der Beteiligten grundsätzlich auf die Vermeidung unsachlicher Differenzierungen gerichtet ist.29 Und das ist nicht etwa eine Willensfiktion.30 Vielmehr gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz im Verbandsrecht gerade deshalb, weil die Mitglieder ihn als selbstverständlich voraussetzen31 und er dadurch gleichsam zur Geschäftsgrundlage des Gemeinschaftsverhältnisses wird. ___________ 22 So Cohn, AcP 132 (1930), 129, 154 ff. 23 So G. Hueck, gleichmäßige Behandlung, S. 152 f., 169 ff., 222 ff.; s. auch Wüst, Interessengemeinschaft, S. 60 f. 24 L. Raiser, ZHR 111 (1948), 75, 93 ff. 25 So z. B. Wiedemann, GR, S. 428 f.; K. Schmidt, GR, S. 462 f. 26 Wiedemann, GR, S. 428. 27 Zutr. Soergel/Hadding, BGB, § 38 Rdnr. 19. 28 G. Hueck, gleichmäßige Behandlung, S. 169 ff.; MünchKomm/G.H. Roth, BGB, § 242 Rdnr. 57. 29 Vgl. MünchKomm/Reuter, BGB, § 34 Rdnr. 19. 30 So aber Wiedemann, GR, S. 429. 31 Insoweit zutr. Wiedemann, wie vor; ebenso Hüffer, AktG, § 53a Rdnr. 3.
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Zugleich erklärt dies, weswegen der Gleichbehandlungsgrundsatz dispositiv ist:32 Durch oder aufgrund des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung können einzelne Mitglieder privilegiert und/oder andere diskriminiert werden (vgl. etwa §§ 35 BGB, 11 f. AktG). Auch kann eine solche Ungleichbehandlung nachträglich durch Satzungsänderung eingeführt oder auch durch einen (einfachen) Beschluss erfolgen. In den zuletzt genannten Fällen setzt dies allerdings voraus, dass alle nichtprivilegierten bzw. diskriminierten Mitglieder dem Beschluss zustimmen. Das ist freilich nur dann erforderlich, wenn es an einem sachlichen Differenzierungsgrund für die Privilegierung bzw. Diskriminierung fehlt, sie also aus verbandsfremden Gründen erfolgt, andernfalls ja schon keine Ungleichbehandlung im Rechtssinne vorliegt. Durch Mehrheitsbeschluss ohne Zustimmung der Benachteiligten können daher auch die Maßstäbe der Gleichbehandlung geändert werden, wenn es hierfür einen sachlichen Grund gibt. b) Im Stiftungsrecht wird die Frage der Gleichbehandlung vornehmlich im Blick auf Leistungen an Destinatäre diskutiert.33 Richtigerweise ist wie folgt zu differenzieren: aa) Bei der Stiftungserrichtung ist der Stifter völlig frei, ob und wem er welche Rechte im Stiftungsgeschäft oder der Stiftungssatzung einräumt. Insoweit ist er in derselben Lage wie die Gründer eines Verbandes. Eine rechtliche Sonderbeziehung, aufgrund deren er nach Treu und Glauben verpflichtet sein könnte, bestimmte Personen gleichmäßig zu behandeln, besteht in aller Regel nicht. Begrenzt wird seine Autonomie insoweit einzig durch die guten Sitten. Diese Grenze ist indes eher theoretischer Natur. Sie wird jedenfalls nicht schon dadurch überschritten, dass der Stifter allein die Angehörigen einer bestimmten Konfession34 oder lediglich männliche, nicht aber weibliche Familienangehörige begünstigt.35 bb) Die Stiftungsorgane sind an den Stifterwillen, wie er im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommt, gebunden. Darin enthaltene Vorgaben und Differenzierungen sind für sie verbindlich. ___________ 32 Die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann freilich nur in einzelnen Beziehungen und nicht insgesamt abbedungen werden; denn dies verstieße gegen das Verbot einer Selbstknebelung, § 138 BGB. 33 S. BGH, StiftRspr. III, S. 89, 95 ff.; BayVerfGH, StiftRspr. II, S. 105 ff.; BayVGH, StiftRspr. II, S. 2 ff.; aus der Lit. Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 91 f.; Ebersbach, Handbuch, S. 113; Blydt-Hansen, Destinatäre, S. 108 f.; MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 27; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 146 m. w. Nw. 34 Zu konfessionell beschränkten Stiftungen s. Siegmund-Schultze, DÖV 1994, 1017 ff. 35 BGH, StiftRspr. III, S. 89, 95 ff.; BayVerfGH, StiftRspr. II, S. 105 ff.; BayVGH, StiftRspr. II, S. 2 ff.
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Die Frage einer Gleichbehandlung stellt sich daher allenfalls insoweit, als den Stiftungsorganen danach ein Ermessensspielraum verbleibt. Aber auch dieses Ermessen haben sie pflichtgemäß auszuüben. Für sachfremde, also nicht der Stiftungsverfassung entsprechende Erwägungen und Differenzierungen, ist daher kein Raum. Unsachliche Entscheidungen sind demnach als pflichtwidrig zu unterlassen, widrigenfalls sind die Verantwortlichen der Stiftung ggf. zum Schadensersatz verpflichtet. Gegenüber den Destinatären oder sonstigen an der Stiftung Interessierten besteht eine Pflicht zur Gleichbehandlung nur, wenn sich diese Pflicht ausdrücklich oder konkludent aus der Satzung ergibt.36 Räumt die Stiftungssatzung den Destinatären dagegen keine Rechte ein, so fehlt es bereits an einer rechtlichen Sonderbeziehung zwischen ihnen und der Stiftung, die Grundlage einer Gleichbehandlungspflicht sein könnte.37 M. a. W. kann es zwar auch im Stiftungsrecht eine Pflicht zur gleichmäßigen Behandlung geben. Soweit das der Fall ist, ist ihr Ansatzpunkt jedoch ein völlig anderer. Während das Gleichbehandlungsgebot im Verbandsrecht vor allem die Autonomie der Mitglieder begrenzt, ist es im Stiftungsrecht ggf. Ausdruck der Pflichtbindung der Stiftungsorgane. Dementsprechend unterschiedlich ist die Funktion: Während das Gleichbehandlungsgebot im Verbandsrecht in erster Linie dem Individualschutz dient, geht es im Stiftungsrecht zuvörderst um den Schutz der Stiftung und des Stifterwillens vor unsachlichen oder gar eigennützigen Entscheidungen seiner Organe. Ein Individualschutz besteht nur insoweit, als dies in der Stiftungssatzung vorgesehen ist. cc) All dies gilt im Grundsatz auch bei Stifterkorporationen und Destinatärsgemeinschaften. Vorrang hat also der ursprüngliche Stifterwille, wie er im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommt. Er ist stets ein sachlicher Differenzierungsgrund. Innerhalb dieses Rahmens haben die Beteiligten jedoch einen Individualanspruch auf Gleichbehandlung; denn aufgrund ihres Gemeinschaftsverhältnisses besteht zwischen ihnen eine Sonderrechtsbeziehung, die sie zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet (Treupflicht, s. o. 1.) und aufgrund der sie nach „Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ eine gleichmäßige Behandlung erwarten dürfen.38 Das begrenzt auch ihre Befugnis, in den Grenzen pflichtgemäßer Ermessensausübung Eigeninteressen zur Geltung zu bringen und erst Recht etwaige autonome Entscheidungsbefugnisse. ___________ 36 Strickrodt, Stiftungsrecht, S. 91 f.; Ebersbach, Handbuch, S. 113; Seifart/v. Campenhausen/Hof, Handbuch, § 7 Rdnr. 146. 37 Im Ergebnis ebenso MünchKomm/Reuter, BGB, § 85 Rdnr. 27. 38 Dahingehend auch Ebersbach, Handbuch, S. 113; anders Muscheler, WM 2003, 2213, 2220.
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dd) Wiederum soll das Gemeinte an einem Beispiel verdeutlicht werden: Zweck einer gemeinnützigen Stiftung ist die Förderung von fünf Theaterbetrieben, die allesamt in einer Destinatärsversammlung repräsentiert sind. Die Destinatärsversammlung entscheidet u. a. über die Verwendung der Stiftungserträge. Vorgaben über die Erträgnisverwendung enthält die Satzung nicht. Beschlossen werden soll nunmehr über eine Nebenordnung, die die Erträgnisverwendung regelt. Über den Verteilungsschlüssel besteht Streit. In dieser Situation müsste ein streng pflichtgebundener Vorstand entweder die Mittel gleichmäßig oder nach objektiven Kriterien (wie z. B. Zuschauerzahl, Mittelbedarf und künstlerische Leistung, die etwa durch die Auswertung von Feuilletons oder durch die Bestellung eines Expertengremiums feststellt wird) verteilen. Die Destinatäre sind insofern freier. Zwar sind auch sie pflichtgebunden. Sie dürfen daher z. B. keine Vollausschüttung vorsehen, sondern müssen eine Werterhaltungsrücklage in steuerlich höchst zulässiger Höhe bilden (s. o. § 17 C.I.3., § 18 A.I.1.b.). In den Grenzen dieser Pflichtbindung ist jedoch anzunehmen, dass sie bei der Beschlussfassung über die Erträgnisverwendung auch Eigeninteressen zur Geltung bringen dürfen und sollen (s. o. § 11 A.III.) Sie können sich daher auf jedweden Verteilungsschlüssel einigen, der ihren Interessen frommt. Mit einfacher Mehrheit können sie auch sachliche Differenzierungskriterien beschließen, durch die einzelne Betriebe nicht willkürlich benachteiligt werden. Gelingt die Festlegung solcher Kriterien jedoch nicht, dann ist – folgt man der vorstehenden Ansicht – eine gleichmäßige Mittelverteilung vorzusehen. 3. Mehrheitsfeste Rechte a) Im Gesellschaftsrecht sind der Mehrheitsherrschaft, genauer autonomen Änderungen der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags durch Mehrheitsbeschluss, ferner dadurch Grenzen gezogen, dass bestimmte Mitgliedschaftsrechte zumindest in gewissen Grenzen unabdingbar, ohne Zustimmung der Betroffenen bzw. ohne das Vorliegen wichtiger Gründe unentziehbar oder jedenfalls stimmrechtsfest sind.39 b) Im Stiftungsrecht stellt sich demgegenüber die Rechtslage wie folgt dar: Ebenso wie Mitgliedschaftsrechte sind auch organschaftliche Rechte40 grundsätzlich nur durch Satzungsänderung entzieh- oder veränderbar.41 Satzungsänderungen sind indes grundsätzlich nicht autonom, sondern nur unter ___________ 39 Näher dazu K. Schmidt, GR, S. 470 ff., von dem diese Unterteilung übernommen ist. 40 S. o. § 15 A.IV. 41 KG, StiftRspr. I, S. 163, 166 f.
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den im Gesetz oder der Satzung bestimmten Voraussetzungen und in Bindung an den Stifterwillen zulässig.42 Das beschränkt von vornherein die Möglichkeit zu Eingriffen in organschaftliche Rechte. Überdies wird es sich bei solchen Eingriffen teilweise um qualifizierte, d. h. um solche Grundlagenänderungen handeln, die die Stiftungsverfassung wesentlich umgestalten oder gar den Stiftungszweck berühren, so dass sie regelmäßig nur bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse zulässig sind.43 Einer Zustimmung der Betroffenen bedarf es dagegen – soweit in der Stiftungsverfassung nichts anderes bestimmt ist – nicht.44 In den Grenzen des § 86 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 BGB45 ist selbst ein Eingriff in den Kernbereich der Organmitgliedschaft möglich, wenn die Voraussetzungen für eine solch weitreichende Satzungsänderung vorliegen. Auch Rechte von Destinatären sind davor nicht geschützt, und zwar auch dann nicht, wenn das Landesrecht Gegenteiliges zu bestimmen scheint.46 c) Das alles gilt auch bei korporativ verfassten Stiftungen. Allerdings kann sich der bzw. können sich die Stifter nach hier vertretener Auffassung das Recht vorbehalten oder den Destinatären einräumen, die Stiftungssatzung autonom zu ändern. In diesem Fall entfällt der durch die eingeschränkte Zulässigkeit von Satzungsänderungen bewirkte Schutz von Rechten und Befugnissen Einzelner. Gilt überdies das Mehrheitsprinzip und enthält die Satzung im Blick hierauf keine Vorsorgemaßnahmen – etwa indem sie bestimmt, dass in statutarische Vorzugsrechte (s. o. § 15 A.III.) nur mit Zustimmung der Betroffenen eingegriffen werden kann – so wären mithin der Mehrheitsherrschaft insoweit (wohl aber durch die Treupflicht und das Gleichbehandlungsgebot) keine Grenzen gesetzt. Das befremdet. Sollte ein derartiger Fall auftreten, ist daher zu erwägen, gesellschaftsrechtliche Überlegungen (namentlich im Blick auf Sonderrechte und zur sog. Kernbereichslehre47) entsprechend heranzuziehen.48 ___________ 42 43 44 45 46
S. o. § 13 A.I. S. o. § 13 A.I.2.b sowie den Fall KG, StiftRspr. I, S. 163 ff. S. o. § 12 B.II.6.a sowie KG, StiftRspr. I, S. 163, 166. S. o. § 10 A.V., B.V. S. §§ 11 Abs. 2 S. 4 MVStiftG, 7 Abs. 2 S. 3 NdsStiftG, 7 Abs. 2 S. 3 SaarStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 SaStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 SAStiftG, 21 Abs. 2 S. 2 ThStiftG und dazu o. § 16 B.III. 47 S. dazu etwa BGH, NJW 1995, 194; K. Schmidt, GR, S. 471 f.; Wiedemann, GR, S. 360 ff.; MünchKomm/Ulmer, BGB, § 709 Rdnr. 84 ff.; Scholz/Priester, GmbHG, § 53 Rdnr. 47, jew. m. w. Nw. 48 Vgl. auch RG, LZ 1929, 324, und dazu Ebersbach, Handbuch, S. 111; Soergel/ Neuhoff, BGB, § 85 Rdnr. 16.
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III. Minderheitenschutz 1. Neben den vorgenannten Grenzen der Mehrheitsherrschaft wird im Verbandsrecht ein Schutz der Minderheit auf vielfältige Art und Weise, nämlich durch institutionelle Regeln, subjektive und kollektive Rechte unmittelbar und mittelbar bewirkt. Dabei sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsformen – auch konzeptionell – erheblich. Institutionell wird ein Schutz der Minderheit insbesondere durch das jeweilige organisationsrechtliche System von Leitungsmacht, Kontrolle und Verantwortlichkeit sowie das Beschlussverfahrensrecht erreicht. Hinzu treten Mitgliedschaftsrechte, wie namentlich Informations- und Klagerechte, die – wiewohl sie allen Mitgliedern gleichermaßen zukommen – typischerweise minderheitenschützende Funktion entwickeln. Schließlich kennt das Körperschaftsrecht echte Minderheitsrechte, die einer Minderheit als solcher kollektiv zukommen. Zu nennen ist etwa das Recht auf Einberufung von Versammlungen und auf Beeinflussung der Tagesordnung, §§ 37 BGB, 122 AktG, 50 GmbHG, 36 VAG. M. a. W. handelt es sich bei dem Minderheitenschutz weniger um ein in sich geschlossenes System, als um einen Rechtsgedanken, der bei der Normanwendung und -auslegung einer Vielzahl höchst unterschiedlicher Vorschriften zu berücksichtigen ist.49 2. Verfügt die Stiftung entsprechend der gesetzlichen Regelverfassung als einziges Organ nur über einen Alleinvorstand, so stellt sich die Frage eines Minderheitenschutzes ebenso wenig wie bei Einpersonen-Gesellschaften. Schon bei einem mehrköpfigen Vorstand aber bewirken zum einen institutionelle Regeln (namentlich über das Beschlussverfahren) und zum anderen eine Reihe von organschaftlichen Rechten (vor allem Informationsrechte und Klagebefugnisse50), dass die Minderheit der Mehrheit nicht wehrlos ausgeliefert ist. Dabei verstärkt sich der institutionelle Minderheitenschutz geradezu „wie von selbst“, je ausdifferenzierter die Organisationsverfassung der Stiftung ist. Auch kann der Stifter echte Minderheitenschutzrechte statuieren, wie überhaupt das Maß des Minderheitenschutzes weitgehend zu seiner Disposition steht. Zwingende Regeln gibt es auch insofern verhältnismäßig wenige. Näheres findet sich oben bei der Darstellung der Organisationsverfassung. 3. Bei korporativ verfassten Stiftungen ändert sich an dieser Rechtslage nichts. Auch hier ist es in erster Linie eine Gestaltungsaufgabe, die Gewichte zwischen Mehrheiten und Minderheiten so auszutarieren, dass Konflikte vermieden oder doch wenigsten bewältigt werden können. Im Übrigen ___________ 49 Näher zum Vorstehenden K. Schmidt, GR, S. 473 ff. m. zahlr. w. Nw. 50 S. o. § 11 A.III., § 12 B.II.–IV., § 15 A.I. und V.
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ist bei der Normanwendung und -auslegung im Einzelfall auf die ggf. besondere Interessenlage Rücksicht zu nehmen.
IV. Grenzen der Ausübung von organschaftlichen Rechten 1. Oben wurde ausgeführt, dass Mehrheits-/Minderheits-Konflikte nicht nur dadurch entstehen können, dass die Mehrheit der Minderheit ihren Willen oktroyiert, sondern auch dadurch, dass die Minderheit den Mehrheitswillen obstruiert. Dies kann zum einen im Wege der Stimmrechtsausübung durch Ausnutzung einer Sperrminorität geschehen. Zum anderen können aber auch andere mitgliedschaftliche Befugnisse (z. B. Informations- oder Klagerechte) oder Minderheitenrechte als Mittel der Obstruktion eingesetzt werden. Dem müssen ebenso wie der Mehrheitsherrschaft Grenzen gezogen werden. Und diese Grenze markiert im Gesellschaftsrecht die alle Mitglieder treffende Treupflicht. Verboten ist danach nicht nur eine missbräuchliche Rechtsausübung.51 Geboten ist vielmehr auch eine Rücksichtnahme auf die Interessen der Mehrheit.52 Das kann neben Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen auch zu positiven Stimmpflichten53 führen. 2. Im Stiftungsrecht ist zunächst wiederum von der Pflichtbindung der Organmitglieder auszugehen. Überschreiten sie das ihnen eingeräumte Ermessen, so können auch hier die Rechtsfolgen von der Nichtigkeit der einzelnen Stimmabgabe54 über Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen55 bis hin zur Unbeachtlichkeit einer verweigerten Zustimmung bzw. positiven Zustimmungspflichten56 reichen. Dabei ist ihre Interessenbindung noch intensiver, da ihnen die Verfolgung von Eigeninteressen grundsätzlich untersagt ist. 3. Allerdings gibt es auch im Stiftungsrecht Befugnisse, die den Inhabern ausschließlich im eigenen Interesse zugewiesen sind, wie etwa Klagerechte von Destinatären. In solchen Fällen setzt dann auch im Stiftungsrecht zu___________ 51 S. etwa BGHZ 109, 296. Ob dieses Missbrauchsverbot Teil der Treupflicht oder dogmatisch eigenständig einzuordnen ist, wird freilich nicht einheitlich beantwortet, s. Hirte, BB 1988, 1469, 1474; Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 466. 52 BGHZ 129, 136; dazu Lutter, JZ 1995, 1053 ff.; Häsemeyer, ZHR 160 (1996), 109 ff.; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221 ff.; abl. Flume, ZIP 1996, 161, 165 ff.; zu ihm Marsch-Barner, ZIP 1996, 853 ff. 53 S. dazu statt anderer Zöllner, Anpassung, passim, sowie Winter, Treubindungen, S. 176 ff. 54 S. o. § 12 B.IV. 55 S. o. § 11 C.III.1.b. 56 S. o. § 12 B.II.6.b (a. E.).
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mindest das Verbot einer missbräuchlichen Rechtsausübung sowie ggf. die Treupflicht (s. o. II.1.) der Rechtsausübung Grenzen.
D. Gläubigerschutz Oben (§ 29) hat sich gezeigt, dass bei Grundtypenvermischungen der Gläubigerschutz vielfach die größten Probleme bereitet, weil das gesetzliche Gläubigerschutzsystem hierdurch teilweise ausgehöhlt wird. Bei Typendehnungen ist dies dagegen – außer bei anstaltsmäßig strukturierten Körperschaften, namentlich der Einmann-GmbH – weniger problematisch. Und im Stiftungsrecht liegen die Dinge ohnehin ganz anders und in gewisser Weise einfacher. Einerseits gibt es kein regelrechtes Gläubigerschutzsystem. Der stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgrundsatz dient in erster Linie dem Schutz der Stiftung und des Stifterwillens und nur reflexartig dem Schutz der Stiftungsgläubiger (s. o. § 17 C.). Er ist dementsprechend dispositiv (s. o. § 17 C.II.). Andererseits ist Schranke der Gestaltungsfreiheit jedoch stets, dass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint, § 80 Abs. 2 Fall 2 BGB.57 Der stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgrundsatz ist daher grundsätzlich nicht vollständig abdingbar.58 Ist aber die Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert, dann ist auch die Fähigkeit der Stiftung zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gesichert. Und dass der stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungsgrundsatz eingehalten wird und die Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert bleibt, dies zu überwachen ist unabdingbare Aufgabe der Stiftungsaufsicht. Der Gläubigerschutz bereitet daher auch bei korporativ verfassten Stiftungen grundsätzlich59 keine besonderen Probleme.
E. Zusammenfassung 1. Als korporativ verfasst ist eine Stiftung anzusehen, die sich materiell betrachtet als Zusammenschluss oder als eine Gemeinschaft von Personen darstellt, deren Interessen die Stiftung dient und nach deren aktuellem Willen ___________ 57 Das gilt auch im Falle der Zulässigkeit einer effektiven Kapitalherabsetzung, s. o. § 18 B.II. 58 Eine Ausnahme gilt lediglich für Verbrauchstiftungen, die jedoch nur unter engen Voraussetzungen zulässig sind, s. o. § 6 C.II.3. 59 Zur Stiftung & Co. KG s. allerdings o. § 29 A.III.
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sie lebt. Dabei ist die Grenze des Stiftungstypus nicht erst dann überschritten, wenn die Beteiligten ebenso wie Verbandsmitglieder über die Stiftung, ihre Verfassung und ihr Vermögen frei zu disponieren befugt sind. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die Beteiligten an der internen Willensbildung maßgeblichen Anteil haben und dabei die Pflichtbindung soweit gelockert ist, dass die Stiftungsorganisation korporationstypisch als eine von dem Willen der Beteiligten getragene Interessengemeinschaft und nicht stiftungstypisch als Instrument zur Verewigung des Stifterwillens, der Stiftungszweck dementsprechend lediglich als Richtschnur für ein selbstbestimmtes Handeln und nicht als fremdbestimmte Direktive erscheint (s. o. § 28 C.). 2. Eine korporativ verfasste Stiftung zeichnen somit drei Merkmale aus: Erstens handelt es sich um einen Personenzusammenschluss (Stifterkorporation, o. § 28 D.I.1.) oder um eine Personengemeinschaft (Destinatärsgemeinschaft, o. § 28 D.I.2.), deren Beteiligte zweitens an der Willensbildung der Stiftung maßgeblich mitwirken (näher o. § 28 D.II.) und deren Bindung an den Stifterwillen dabei drittens auf die ein oder andere Weise gelockert ist (o. § 28 D.III.). Vermögensrechte können, müssen aber den Beteiligten dagegen nicht zustehen (o. § 28 D.IV.). 3. Im Blick auf die rechtliche Behandlung von korporativ verfassten Stiftungen wurde insbesondere Folgendes festgestellt: a) Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens bleibt grundsätzlich auch bei einer korporativ verfassten Stiftung unberührt. Allein seine Reichweite ist faktisch dadurch beschränkt, als es gerade Kennzeichen einer korporativen Strukturierung ist, dass den Stiftungsorganen ein weiter Handlungs- und Entscheidungsfreiraum eingeräumt ist. b) Auch die Stiftungsaufsicht wird bei einer korporativ verfassten Stiftung keineswegs obsolet. Vielmehr findet lediglich eine Verlagerung ihres Aufgabenschwerpunktes statt. Während ihre Bedeutung als Garant des Stifterwillens abnimmt, rückt ihre verkehrsschützende Funktion stärker in den Vordergrund. c) Bei korporativ verfassten Stiftungen besteht zwischen den Beteiligten eine rechtliche Sonderbeziehung; denn bei einer Stifterkorporation handelt es sich – ähnlich wie bei Gesellschaften – um eine Zweckgemeinschaft. Und eine Destinatärsgemeinschaft wird man – insoweit ähnlich einer Erbengemeinschaft – als eine Interessengemeinschaft anzusehen haben. Folge ist, dass die Beteiligten ähnlich wie Mitglieder einander zur Treue verpflichtet sind, also auf die Interessen der anderen Beteiligten Rücksicht zu nehmen haben. Auch der verbandsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt daher
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entsprechend. Die Beteiligten dürfen mithin eine gleichmäßige Behandlung erwarten. Beides begrenzt ihre Befugnis, im Rahmen der Ermessensausübung Eigeninteressen zur Geltung zu bringen. c) Hinsichtlich des Gläubigerschutzes bereiten korporativ verfasste Stiftungen – mit Ausnahme der Stiftung & Co. KG (dazu o. § 29 A.III.) – keine besonderen Probleme.
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796
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Literaturverzeichnis
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Literaturverzeichnis
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Literaturverzeichnis
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801
Fundstellenverzeichnis der aus „Stiftungen in der Rechtsprechung“ (StiftRspr.) Band I–IV zitierten Entscheidungen∗ Gericht
Band
Seiten
Entscheid, Datum, Aktenzeichen
Fundstellen (Auswahl)
BVerfG
I
97–107
Beschluss, 6.11.62 – 2 BvR 151/60
BVerfGE 15, 46
BVerfG
III
58–73
Beschluss, 11.10.77 – 2 BvR 209/76
BVerfGE 46, 73
BVerfG
III
157–162
Beschluss, 8.3.83 – 2 BvL 27/81
BVerfGE 63, 312
BayVerfGH
II
105–112
Entscheidung, 5.2.74 – Vf. 18-VII-71
BayVerfGHE 27, 1 = VerwRspr 25, 641 = BayVBl 1974, 405
BGH
I
33–35
Urteil, 16.1.57 – IV ZR 221/56
LM § 85 BGB Nr. 1 = NJW 1957, 708
BGH
I
138–147
Urteil, 29.11.65 – III ZR 198/63
WM 1966, 221
BGH
II
124–127
Urteil, 11.12.74 – IV ZR 135/73
WM 1975, 198
BGH
III
1
Urteil, 26.4.76 – III ZR 21/74
LM § 80 BGB Nr. 1 und § 86 BGB Nr. 2 = WM 1976, 869
BGH
III
5–12
Urteil, 28.10.56 – III ZR 136/74
LM § 85 BGB Nr. 2 und § 86 BGB Nr. 3 = BB 1977, 263
BGH
III
27–33
Urteil, 3.3.77 – III ZR 10/74
BGHZ 68, 142
BGH
III
57–58
Urteil, 19.9.77 – II ZB 9/76
BGHZ 69, 250
BGH
III
89–97
Urteil, 9.2.78 – III ZR 59/76
BGHZ 70, 313
___________ *
Die Angaben sind überwiegend der genannten Entscheidungssammlung, ansonsten der Online-Datenbank von juris entnommen.
803
Fundstellenverzeichnis Gericht
Band
Seiten
Entscheid, Datum, Aktenzeichen
Fundstellen (Auswahl)
BGH
III
118
Urteil, 28.4.80 – II ZR 193/79
LM § 26 BGB Nr. 3 = NJW 1980, 2799 = WM 1980, 1170
BGH
III
149–152
Urteil, 8.7.82 – III ZR 103/80
BGHZ 84, 352
BGH
IV
58–66
Urteil, 22.1.87 – III ZR 26/85
BGHZ 99, 344
BayObLG
II
95–97
Beschluss, 25.10.72 – BReg 2 Z 56/72
BayObLGZ 72, 340 = NJW 1973, 249
BayObLG
IV
72–73
Beschluss, 25.6.87 – BReg 2 Z 67/87
NJW-RR 1987, 1418
BayObLG
IV
90–96
Beschluss, 5.10.89 – BReg 3 Z 114/89
BayObLGZ 89, 387 = NJW-RR 1990, 476
BayObLG
IV
135–144
Urteil, 9.10.90 – BReg 2 Z 438/89
BayObLGZ 90, 264
BayObLG
IV
145–151
Beschluss, 27.11.90 – BReg 1a Z 4/89
NJW-RR 1991, 523
Hanseat. OLG III
193–194
Beschluss, 17.3.70 – 8 FS 1/69
(unveröffentlicht)
KG
I
131–136
Beschluss, 19.8.65 – 1 VA 4/65
OLGZ 65, 336
KG
I
163–174
Beschluss, 13.5.68 – 1 VA 2/67
WM 1968, 856
KG
II
68–71
Beschluss, 4.2.72 – 1 VA 1/69
(unveröffentlicht)
KG
II
166
Beschluss, 22.4.68 – I VA 3/67
WM 1968, 903
KG
III
35–39
Urteil, 6.7.70 – 16 U 1777/69
(unveröffentlicht)
KG
III
50–54
Beschluss, 29.3.77 – 1 VA 4/76
(unveröffentlicht)
KG
III
85–88
Beschluss, 31.1.78 – 1 VA 8/76
(unveröffentlicht)
KG
III
122–128
Beschluss, 9.1.81 – 1 VA 2/80
OLGZ 81, 297
804
Fundstellenverzeichnis Gericht
Band
Seiten
Entscheid, Datum, Aktenzeichen
Fundstellen (Auswahl)
OLG Celle
I
55–59
Urteil, 5.1.59 – I U 13/58
NdsRpfl 1959, 81
OLG Frankfurt IV
46–49
Urteil, 17.4.86 – 1 U 107/85
OLGZ 88, 201
OLG Hamburg III
106–111
Urteil, 4.1.79 – 3 U 37/8 (unveröffentlicht)
OLG Hamm
168–169
Urteil, 17.10.91 – 22 U 12/91
OLGR Hamm 92, 31 = NJW-RR 1992, 451
OLG München II
46–49
Urteil, 24.7.70 – 1 U 988/69
KirchE 11, 255
OLG Nürnberg
III
21–25
Beschluss, 30.12.76 – FS I 27
(unveröffentlicht)
OLG Nürnberg
III
98–99
Beschluss, 22.2.78 – FS IV 1
(unveröffentlicht)
OLG Schleswig
III
136–137
Beschluss, 15.9.81 – 1 W 128/81
(unveröffentlicht)
OLG Stuttgart
I
118–120
Beschluss, 12.2.64 – 8 W 229/63
NJW 1964, 1231
BAG
I
97
Urteil, 7.12.61 – II AZR 12/61
NJW 1962, 555
BAG
IV
108–119
Urteil, 7.8.90 – 1 AZR 372/89
NJW 1991, 514
BVerwG
I
158–161
Urteil, 26.4.68 – VII C 103.66
BVerwGE 29, 314
BVerwG
II
89–94
Urteil, 22.9.72 – VII C 27.71
BVerwGE 40, 347
BVerwG
II
152–155
Urteil, 4.3.60 – VII C 99.57
(unveröffentlicht)
BVerwG
III
178
Beschluss, 5.2.65 – VII B 101.64
(unveröffentlicht)
BVerwG
IV
27–28
Beschluss, 10.5.85 – 7 B 211/84
NJW 1985, 2964
BVerwG
IV
105–108
Beschluss, 30.7.90 – 7 B 71.90
KirchE 28, 203 = NJW 1991, 1844 = BayVBl 1990, 728
IV
805
Fundstellenverzeichnis Gericht
Band
Seiten
Entscheid, Datum, Aktenzeichen
Fundstellen (Auswahl)
BVerwG
IV
151–153
Beschluss, 29.11.90 – 7 B 155.90
NJW 1991, 713
BayVGH
I
7–10
Urteil, 26.5.54 – 7 V 50
DÖV 1954, 667
BayVGH
I
76–81
Urteil, 15.2.60 – 43 V 59 BayVGHE 12, 617
BayVGH
I
90–93
Urteil, 28.11.69 – 3 V 58 BayVGHE 13, 120 = BayVBl 1961, 86
BayVGH
II
1
Urteil, 6.5.68 – 1 V 67
BayVGH
II
2–17
Urteil, 26.2.69 – 14 V 66 BayVGHE 24, 10
BayVGH
II
18–28
Urteil, 22.5.69 – 40 V 66 BayVGHE 23, 47
BayVGH
III
178–190
Urteil, 21.11.66 – 45 V 65
(unveröffentlicht)
BWVGH
I
11–13
Urteil, 23.6.55 – 3 K 184/51
ESVGH 5, 127
BWVGH
III
13–15
Urteil, 2.11.76 – X 49/75 (unveröffentlicht)
OVG Berlin
III
152–154
Urteil, 8.7.82 – 3 B 32.81
OVGE BE 16, 100
OVG Bremen
IV
127–132
Urteil, 28.8.90 – 1 BA 9/90
(unveröffentlicht)
OVG Hamburg
III
55–57
Urteil, 28.4.77 – Bf II 6/76
HmgJVBl 1977, 107
OVG Lüneburg
I
148
Urteil, 20.9.66 – II A 60/65
OVGE MüLü 22, 484
OVG Lüneburg
IV
8–12
Urteil, 18.9.84 – 10 A 102/82
OVGE MüLü 37, 505 = NJW 1985, 1572
OVG Münster
I
54–55
Bescheid, 8.10.58 – IV A 1218/56
OVGE MüLü 14, 103 = NJW 1959, 1700
OVG Münster
I
94–96
Beschluss, 20.9.61 – II A 232/62
OVGE MüLü 17, 75 = DÖV 1961, 951
VGH Mannheim
IV
5–7
Beschluss, 17.9.84 – 10 S 1697/84
NJW 1985, 1573
VG Minden
IV
83–88
Urteil, 23.8.89 – 10 K 2164/88
(unveröffentlicht)
LVwG Hannover
I
13–32
Urteil, 20.2.56 – A II 13/55
(unveröffentlicht)
806
BayVBl 1969, 30
Stichwortverzeichnis Abberufung 83, 174, 185 f., 208, 217, 258, 267, 270 f., 285, 314, 390, 392, 396 f., 401 ff., 659, 673 – Organmitglied 401 ff. – Rechtsbehelf gegen Abberufung 404, 434 ff. Actio pro societate 287 f. Admassierungsverbot 494 ff. – steuerliches 494 f. – stiftungsrechtliches 496 f. Aktiengesellschaft 23, 32, 51, 54, 64, 139 f., 284, 321, 524, 527, 569, 601, 615, 631, 694, 700 Amtshaftungsanspruch 204, 209 f., 616 ff. – von Destinatären 618 – der Stiftung 616 f. Anerkennung der Stiftung 106, 156 ff., 359, 475, 583 f., 627 – Antrag 157 – Bekanntmachung 569 f. – Beurteilungsspielraum 161, 162 ff. – dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks 160, 164 ff. – einzureichende Unterlagen 158 – Ermessen 7, 163 – formelle Voraussetzungen 157 ff. – materielle Voraussetzungen 160 ff. – mehrere Stifter 92 ff., 158 f. – Nebenbestimmungen 175 f. – Rechtsanspruch 5, 7, 9, 13, 44, 75, 126, 163, 182, 385, 656 – Rechtsbehelfe 177 f. – Rechtsfolgen 175, 177 – Rücknahme 464, 570, 627 ff., 648 – Versagungsgründe 79 ff., 120 ff.
– Widerruf 570, 627 ff., 648 Anfallberechtigung 507, 650 ff. Anfechtung des Stiftungsgeschäfts 78, 90, 106 f., 579 Anstalt des öffentlichen Rechts 701 ff. Anstaltsmäßig verfasste Körperschaften 700 Anstaltsmäßig verfasste Stiftungen 702 Anstaltsstiftung 30, 276, 483 – Begriff 30 Anstellungsvertrag 405, 442 f. – Kündigung 405 Aufhebung der Stiftung 339 ff., 379 ff., 570, 627 ff. – durch Stiftungsaufsicht 627 f., 642 – Gemeinwohlgefährdung 81, 124 ff., 623 – Rechtsschutz 642 Auflösung der Stiftung 621 ff.; s. auch Auflösungsbeschluss; Auflösungsgründe – ipso iure 640 – Verfahren 640 ff. Auflösung stiller Reserven 496, 538 Auflösungsbeschluss 623, 640 ff. – Genehmigung 624, 641 – Verfahren 640 f. – Zeitpunkt 641 Auflösungsgründe 621 ff. – auflösende Bedingung 625, 632 f. – Beendigung der Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts 634 ff. – Beschluss 633 ff. – bundesrechtliche Auflösungsgründe 622 ff. 807
Stichwortverzeichnis
– Eintreten satzungsgemäß bestimmter Umstände 633 f. – freies Ermessen 634 – Fristablauf 631 f. – Gemeinwohlgefährdung 623 f. – landesrechtliche Auflösungsgründe 627 ff. – Mängel des Stiftungsgeschäfts 624 ff. – statutarische Auflösungsgründe 631 ff. – Unmöglichkeit der Zweckerfüllung 123 f., 623 – wesentliche Veränderung der Verhältnisse 627 – Zu- und Zusammenlegung 624, 629 ff. Aufwendungsersatz 232, 429 Aufzeichnungen 230, 548, 553 f., 558 Ausgliederung 538, 582 – Haftung der Stiftung 582 – stiftungsrechtliche Zulässigkeit 538 Auslegung – des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung nach der Anerkennung 182 f., 191 ff., 656 – des Stiftungsgeschäfts vor der Anerkennung 84, 106 Auslegungskompetenz 201 – Übertragung 201 Ausschüttungsverbot 468, 484 f., 489, 499, 592, 689 f. Bedingtheit des Stiftungsgeschäfts 122 f., 631 ff. – auflösende 122, 176, 506 – aufschiebende 122, 635 f. Behörde als Stiftungsvorstand 259 f. Beirat 271 ff. 808
Bekanntmachungen 175, 509, 569 ff., 626, 651 Belastungen des Stiftungsvermögens 134, 457 f., 468 Berater des Stiftungsvorstands 271 ff. Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks 560 f. Beschlüsse von EinpersonenOrganen 325 ff. – fehlerhafte Beschlüsse 329 f. Beschlüsse von Kollektivorganen 300 ff.; s. auch Beschlussverfahren; Beschlussmängel Beschlussmängel 319 ff. – formelle Mängel 319 – Mängel der Stimmabgabe 320 – materielle Mängel 320 – Rechtsfolgen 321 ff. – Ursachen 319 Beschlussverfahren 300 ff. – Antragstellung 304 – Beratung 304 f. – Beschlussfähigkeit 305 – Beschlussfassung ohne Zusammenkunft 318 – Beschlussquoren 307 ff. – Einberufung 301 ff. – Feststellung des Abstimmungsergebnisses 317 – Feststellung des Beschlussergebnisses 318 – Stimmabgabe 306 – Stimmauswertung 317 – Stimmzählung 317 – Verkündung des Beschlussergebnisses 318 – weitere Erfordernisse 312 ff. Besondere Vertreter 261 ff. Beteiligung der Stiftung 335 f., 542, 666, 685 ff. – als Komplementärin 666, 685 ff.
Stichwortverzeichnis
– an Kapitalgesellschaften 542, 666 – an Personengesellschaften 666 Beteiligungspublizität 568 f. Beurteilungsspielraum 127, 161 ff., 277, 379, 608, 624, 634, 656 Bewertung des Stiftungskapitals 502, 509 Bilanzierung 558 ff. Buchführung 547 ff., 556 ff. – Begriff 556 – doppelte Buchführung 554 – einfache Buchführung 557 – Formen 556 f. – gesetzliche Regelungen 547 ff. – kameralistische Buchführung 557 – kaufmännische Buchführung 550 f. – Ordnungsmäßigkeit 556 f., 558 – zuständiges Organ 550 Buchführungspflichten 548 ff. – aufsichtsrechtliche 565 f. – steuerrechtliche 553 ff. – stiftungsrechtliche 557 – Wechselbeziehungen 561 ff. Bürgerstiftung 31 ff., 269, 355, 419, 660 – Begriff 31 f. – Satzungsänderungen 269, 355 – Stifterversammlung 269, 419, 660 Darlehen 442, 445 – Aufnahme 241, 511 ff. – kapitalersetzendes 519, 522 ff. – kurzfristiges 512 – langfristiges 512 – partiarische 515 – Verzinsung 512 Dauer der Stiftung 122 f., 631 ff. – Auflösungsgründe 632 f., 635 – Bedingung 122, 632 f., 635
– Befristung 122, 176, 506 Dauerhaftigkeit des Stiftungszwecks 3, 11, 16, 120 ff., 448 Dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks 79, 83, 146, 160 ff., 234, 276 f., 430, 475 ff., 638, 648, 661, 687 ff., 703, 732 – Anforderungen an die Organisationsverfassung 172 ff. – Anforderungen an die Vermögensausstattung 164 ff. Delegation 172, 224 ff., 299, 412, 564 Destinatäre 11 ff., 52, 128 ff., 203 ff., 281 f., 371, 380 ff., 459 ff., 508 f., 526, 528 f., 541, 615 ff., 632 f., 650, 656 ff., 715, 728 ff. – Anspruch auf Leistung 431, 460 ff. – Auswahl 459 – Begriff 459 – Haftung 583 ff. – Klagebefugnisse 463 ff. – mitgliedschaftsähnliche Rechtsstellung 459, 461 f., 469 – Mitverwaltungsrechte 467 – Rechte 460 ff. – Rechtsgrund der Leistung 462 f., 591 f. – Rechtsschutz bei Satzungsänderung 308, 463 ff. – Rechtsstellung 446, 459 ff. – Schutz 463 ff. – Vermögensrechte 468 f. Destinatärsgemeinschaft 441, 470, 661 f., 670 ff., 720 f., 724 f., 728, 734 Destinatärsversammlung 139, 173, 292, 395, 409, 414, 429, 431, 441, 467, 657, 671 f. Doppelstiftung 31, 33, 147, 543 809
Stichwortverzeichnis
– pflichtgebundenes 116, 121, 186, 302, 337, 339 f., 343, 379, 382 f., 388, 511, 537, 540, 623, 658 f., 719, 732 Erträgniserwirtschaftung 530 ff. Erträgnisverwendung 530 ff. – Bildung von Rücklagen 542 – Deckung Verwaltungsaufwand 540 Ehrenamt 173, 232, 264, 394, 442, – Sparsamkeitsgebot 540 483, 559, 603 Eigenkapital 436, 472 ff., 493, Familienfideikommiss 20, 128 ff., 503 ff., 543 ff., 689; s. auch funktionales Eigenkapital 354 Eigenkapitalersatz 14, 519 ff., Familienstiftung 33, 127 ff., 354 f., 663 371, 389, 460, 470, 529, 655 ff., Eigennützigkeit 17, 111, 133, 686, 724 f. 373 ff., 421, 439 ff., 458, 656, 673 – Aufsicht 127 – Begriff 29 Einkommensstiftung 30, 166 ff. Einpersonengründung 76 ff., 192; – preußischen Rechts 354, 371, 460, 665, 669, 670 s. auch Stiftungsgeschäft – Zulässigkeit 117 ff., 131 f. Entlastung 267, 270, 608 ff. – Rechtsfolgen 609 ff. Fehlerhafte Beschlüsse 288 ff. – stiftungsrechtliche Zulässigkeit Finanzierung von Beteiligungs608 gesellschaften 543 ff. Erben des Stifters 79 f., 107, Förderstiftung 30, 481, 551, 560, 576, 670 130 f., 159, 177 f., 287, 448 f., 457, Formerfordernis 237, 252 f., 318 626 f. – Haftung 577, 587 ff. – Stiftungsgeschäft 77 f. – Widerrufsrecht 84 ff. – Stiftungsvertrag 106 ff. Erbersatzsteuer 20, 42 Fremdkapital 14, 472 f., 510 ff.; Erbvertrag 93, 97 f. s. auch Eigenkapitalersatz, partiarische Rechtsverhältnisse Erhaltung der Leistungskraft – Grenzen der Finanzierung 512 f., 478, 543, 606 Ermessen der Anerkennungs517 behörde 7, 163 Fremdnützigkeit 17, 111, 155, Ermessen der Aufsichtsbehörde 231 f., 259, 373 ff., 423, 433, 439, 207, 280, 292, 384 f. 458, 469, 655, 673, 707, 716 Fundraising 540 Ermessen der Stiftungsorgane Funktionales Eigenkapital 519 ff. 116, 121, 186, 224, 339, 350 ff., 400, 403, 439 f. – Finanzplankredit 520 ff. – freies 202, 228, 343 f., 373, 382, – objektiv eigenkapitalersetzende Kredite 522 ff. 404, 458, 634, 650
Dotationsquelle 112, 138, 146, 150, 165, 486, 544 Durchgriff 69, 583 ff., 613 – allgemein 588 f. – auf den Stifter 588 f. – Durchgriffshaftung 71, 588 ff., 613
810
Stichwortverzeichnis
– Rangrücktrittsvereinbarung 520 Funktionsstiftung 31, 146 ff., 686 Gegenstand der Stiftungstätigkeit 29 ff., 113 ff., 346, 385 Geldentwertung 164, 336, 481, 533, 539 Gemeinnützige Stiftung 3, 21, 26 ff., 111, 130, 155, 213, 215, 485, 513, 653, 656, 729 – Begriff 29 – Doppelstiftung 31, 33 – Rücklagenbildungen 496 ff., 542 f. – Versorgung des Stifters und dessen Angehöriger 127 ff. Gemeinschaftsstiftung 10, 31 f., 441 Gemeinwohlgefährdung 123 ff., 148 – Anerkennungshindernis 124 f., 157 – Aufhebungsgrund 340, 385, 623 ff. – Begriff 6, 124 – Stiftungszweck 124 f. Genehmigung 7 ff., 156, 160, 203, 624 ff., 640 – Aufhebung 509, 627 ff., 640 ff. – Rechtsgeschäfte 188, 208, 233, 241 ff., 442 – Satzungsänderung 188, 208, 228, 280 f., 308, 327 – Zweckänderung 308, 340 f., 384 ff. Genossenschaften 64, 112 f., 316, 321, 513, 519, 600, 602 Gesamtrechtsnachfolge 418, 621, 630, 641 ff. Geschäftsfähigkeit 85, 395, 397 – Stifter 85 – Organmitglieder 395, 397
Geschäftsführung 223 ff. – Erträgnisverwendung 540 ff. – Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis 233 ff. – Informationspflicht des Vorstands 228 ff. – Pflicht zur persönlichen Geschäftsführung 224 f. – Verfassungsgebundenheit des Vorstands 226 f. – Vermögensverwaltung 530 ff. Geschäftsordnung 185, 286, 296 ff., 410, 413, 426, 443, 598; s. auch Nebenordnungen Geschäftsverteilung 225, 298, 410, 412 Gesetzesumgehung 47, 65 ff., 73, 677, 679 Gesetzgebungskompetenz 4 f., 26, 182, 358, 595 ff., 630 Gestaltungsfreiheit 8 f., 24, 34 ff.; s. auch Grenzen der Gestaltungsfreiheit, Privatautonomie, Satzungsautonomie Gewinn- und Verlustrechnung 554, 559 Gläubigerschutz 14, 131, 141 ff., 474 ff., 498 ff., 508, 514, 556, 580, 627, 643, 662, 681 ff., 702, 733 Gleichbehandlung 56, 58, 212, 215, 313, 320, 374, 725 ff. Gleichbehandlungsgrundsatz 460, 462, 723, 725 ff. GmbH 12, 71, 77, 97, 110, 139, 143, 226, 240, 266, 270, 321 f., 406, 412, 474, 505, 523 ff., 581, 593 ff., 655, 663, 669 f., 706 GmbH & Co. KG 677 ff. GmbH & Co. KGaA 683 ff. Grenzen der Gestaltungsfreiheit 8 ff., 24, 34 ff., 47 ff. – dispositives Recht 34, 39 f., 49 811
Stichwortverzeichnis
– Gesetzesumgehung 65 ff. – inhaltliche Angemessenheit 50 ff. – Institutionen 55 ff. – Rechtsformzwang 70 ff. – Rechtsmissbrauch 65 ff. – Rechtsprinzipien 35 ff. – Typus 52 ff. – Wesen 52 ff. – Wirtschaftsverfassung 41 ff., 60 f. – zwingendes Recht 48 ff. Grenzen der Mehrheitsherrschaft 722 ff. – Gleichbehandlungsgrundsatz 725 ff. – mehrheitsfeste Rechte 729 f. – Treupflicht 723 f. – zwingendes Recht 731 ff. Grundlagenänderungen 188, 208, 312, 332 ff., 365, 383 ff., 452, 464; s. auch Satzungsänderungen – Änderung Stiftungszweck 114, 116, 334 ff. – Anhörung des Stifters 384, 450 ff. – Aufhebung der Stiftung 622, 627, 642 – bundesrechtliche Voraussetzungen 335 ff., 385 f. – dispositive Regelungen 349 ff. – durch die Stiftungsorgane 339, 354 – durch Stiftungsaufsicht 385 f. – Genehmigung durch Stiftungsaufsicht 360, 383 ff. – landesrechtliche Voraussetzungen 341 ff., 384 – Rechtsschutz der Destinatäre 385, 463 ff. – Rechtsschutz des Stifters 448 f. – statutarische Voraussetzungen 384 – Zu- und Zusammenlegung 629 f. – Zulässigkeit 332 812
– Zustimmung des Stifters 450, 452 ff. Grundrechtsschutz – des Stifters 42 ff. – der Stiftung 47, 210 Grundregeln ordnungsgemäßer Geschäftsbesorgung 224 f., 260, 384, 437, 545, 663 Grundregeln sachgerechter Entscheidungsfindung 426, 437, 604, 608, 610 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) 556 f. Grundsätze ordnungsgemäßer Jahresrechnung (GoJ) 558 Grundstockvermögen 472 ff.; s. auch Stiftungskapital; Stiftungsvermögen – Aufbringung 472 ff. – Begriff 472 – Belastung 134, 457 f., 468 – Übertragung 475 – Zusammensetzung 472 f. – Zuwendungsversprechen 475 Gruppenorgan 272 ff. Haftung der Destinatäre 583 ff. – für verbotene Auszahlungen 591 f. Haftung der Erben des Stifters 587 f. Haftung der Organmitglieder für die Verletzung öffentlichrechtlicher Pflichten 615 f. Haftung der Organmitglieder gegenüber Beteiligungsgesellschaften 613 f. Haftung der Organmitglieder gegenüber der Stiftung 593 ff. – Anspruchsgrundlagen und -voraussetzungen 593 ff. – Entlastung 608 ff. – Exculpation 604 f.
Stichwortverzeichnis
– Rechtsfolgen 606 f. – Verzicht 608 ff. Haftung der Organmitglieder gegenüber Destinatären 613 Haftung der Organmitglieder gegenüber Dritten 612 Haftung der Organmitglieder gegenüber Stiftern 613 Haftung der Stiftung 578 ff. – auf verbandsrechtlicher Grundlage 581 f. – bei Ausgliederung 581 f. – für Schulden des Stifters 578 ff. – Rückgriff auf Organmitglieder 593 ff. Haftung der Stiftungsaufsicht 616 f. Haftung des Stifters 583 ff. – für Aufbringung des Grundstockvermögens 583 ff. – Durchgriff 588 f. – Konzernhaftung 590 f. Handelsregister 567 f. – Eintragungen 248 f., 325, 498, 553, 567 f. Hauptgeldstiftung 30 Holdingstiftung 31, 139, 551 Inflation s. Geldentwertung Informationspflichten 228 ff. – gegenüber der Aufsichtsbehörde 229 – gegenüber der Stiftung 229 Informationsrechte – Destinatäre 460 f., 467 ff. – Organmitglieder 422 ff. Insolvenz 130, 133, 137, 142, 221, 225 f., 473, 478, 492, 519 ff., 569, 578 f., 612, 622 f., 633, 642 ff., 662, 680 Institutionenbildung 55 ff. Institutionenlehren 57 ff.
Interorganstreitigkeiten 283 ff. Intraorganstreitigkeiten 288 ff. Jahresabrechnung 559 f. Jahresabschluss 140, 562; s. auch Jahresabrechnung; Vermögensübersicht; Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks Kameralistische Buchführung 557 f. Kapitalaufbringung 474 ff. – Gestaltungsmöglichkeiten 477 – Vermögensübertragung 475 f. – Zuwendungsversprechen 79 ff., 158, 475 ff., 580, 583 ff., 711 Kapitalerhaltung 478 ff. – Ausschüttungsverbot 484 f. – Gestaltungsmöglichkeiten 490 f. – Rechtsfolgen 490 – Unterbilanzverbot 479 f. – Veräußerungsgebot 485 ff. – Werterhaltungsgebot 481 ff. Kapitalerhaltungsrechnung 496, 562 Kapitalerhaltungsrücklage 500, 542 Kapitalerhöhung 494 ff. – formelle 494 ff. – materielle 500 ff. Kapitalherabsetzung 504 ff. – formelle 504 f. – materielle 506 ff. Kapitalmaßnahmen 493 ff.; s. auch Kapitalerhöhung; Kapitalherabsetzung Kapitalstiftung 30, 83, 148, 166, 276, 483, 496, 513, 517, 524, 530 ff. Kaufmannseigenschaft 551, 645 Keinmann-GmbH 694, 706 f. 813
Stichwortverzeichnis
Kirchliche Stiftung 20, 28, 33, 571, 651; s. auch Stiftung kirchlichen Rechts Komplementärstiftung 146 f., 688, 691 Körperschaftlich verfasste Anstalten 700 f. Körperschaftlich verfasste Personengesellschaften 694 ff. Kommunale Stiftung 29, 32 f., 704 Kontrollorgan s. Überwachungsorgan Kontrollrechte 255, 337, 420 f., 530, 661 – Destinatär 461, 467, 564 – Stifter 448, 455 f. Konzernhaftung 590 f. Kooptation 20, 258, 268, 397, 402, 708 Körperschaftliche Elemente 11, 181, 351, 354, 357, 368, 369, 381, 403; s. auch korporativ verfasste Stiftung Korporativ verfasste Stiftung 667 ff., 705, 710 ff. Krankenhausstiftung 145, 149 f., 483, 550
Liquidation 643 ff.; s. auch Vermögensanfall; Vollbeendigung – Einfluss der Liquidation auf die Verfassung der Stiftung 644 ff. – Fortsetzung der Stiftung 648 f. – Nachtragsliquidation 652 – Notwendigkeit der Durchführung eines Liquidationsverfahrens 643 f. – Verbot der Liquidation „auf kaltem Weg“ 644
Maßgeblichkeit des Stifterwillens 122, 188 ff., 354, 367 ff., 447 ff., 463 f., 489, 496, 718 f., 733 Mehrere Stifter s. Mehrpersonengründung Mehrheits-/Minderheitskonflikte 145, 210, 290, 300, 364, 672, 718, 720 ff. Mehrpersonengründung 92 ff.; s. auch Stiftungsvertrag Minderheitenschutz 308, 313, 695 ff., 720 ff., 731 Mindestkapitalausstattung 79, 178, 474 ff., 656, 662 Mitgliedschaft 222, 277, 288, 313 f., 391 ff., 503, 521, 529, 580, Landesrecht 187 ff., 241 ff., 341 ff., 657, 660 f., 693, 695, 708, 730 449 ff., 549, 569 ff., 594 ff., 627 ff.; s. auch Landesstiftungsgesetze Landesstiftungsgesetze 1, 7 f., Name der Stiftung 78, 81, 122, 183, 570 f. 17, 28, 82, 117, 132, 160, 164, 172, 185, 244 f., 258, 267, 367, Nebenordnungen 184 ff., 228, 231, 383 ff., 464, 479, 565 ff., 569 ff., 300, 337, 383, 656, 673, 729 Nicht rechtsfähige Stiftung 18, 594, 628, 646, 651, 658; 28, 89, 166, 647, 692, 702, 708, s. auch Landesrecht 709 Leistungsanspruch 428 ff., 500 Nominalwertprinzip 561 – Destinatär gegen Stiftung 462 f., Notbedarf 586 468 f. Notbestellung 399 ff., 407 Leistungsfähigkeit 49, 63, 132, 167, 241, 245, 352, 476, 483 Notvorstand 172, 233, 406, 607 814
Stichwortverzeichnis
Numerus clausus der Rechtsformen 11 f., 47, 56, 70 ff., 357, 667, 710 f. Organbegriff 219 ff. Organe 219 ff., 237, 258, 267 ff., 294 ff., 325, 333, 411 ff.; s. auch besondere Vertreter; Destinatärsversammlung; Gruppenorgan; Organbegriff; Organmitgliedschaft; Stifterversammlung; Vorstand; Überwachungsorgan; Willensbildungsorgan – Beschlussfassung 294, 300 ff., 318, 325 – fakultative Organe 261 ff. – innere Ordnung 294, 296 ff. – personeller Umfang 295 Organisationsverfassung 172, 217, 261 ff. Organklagen 278 ff. – echte 283 – unechte 284 Organmitglieder 390 ff., 420 ff., 593 ff.; s. auch Organmitgliedschaft; organschaftliche Pflichten; organschaftliche Rechte – Abberufung 401 ff. – Abberufung durch Stiftungsaufsicht 403, 405 – Altersgrenze 398, 400 – Amtsdauer 400, 402 – Amtsniederlegung 406 f. – Anstellungsmodalitäten 442 f. – Anwartschaft 395, 398, 467 – Aufwendungsersatz 429 – Bestellung durch Aufsichtsbehörde 399 f. – Botenschaft 414 – Eignung 397 – einverständliche Aufhebung 407 – Erstbestellung 393 ff.
– gewillkürte Vertretung 409, 411 ff. – Haftung 593 ff. – Kündigung Anstellungsvertrag 405 f. – Notbestellung 399 – persönliche Voraussetzungen 397 – Pflichten 420, 435 ff., 441 ff. – Rechte 420 ff., 441 ff. – Rechtsgeschäfte mit Organmitgliedern 239 ff., 442 – Tod 400 – unvereinbare Tätigkeiten 438 f. – Vergütung 429 ff. – Vertretung 409 ff. – Wegfall persönlicher Voraussetzungen 401 f. – Wiederbestellung 400 – Zweitbestellung 395 f. Organmitgliedschaft 390 ff.; s. auch Organmitglieder; organschaftliche Pflichten; organschaftliche Rechte – Beendigung 400 ff. – Begründung 391 ff. – Botenschaft 414 f. – Einverständliche Aufhebung 407 – Ersatzmitgliedschaft 407 f. – gewillkürte Vertretung 411 ff. – Grundlagenänderungen 407 – im engeren Sinne 392 – im weiteren Sinne 391 – schuldrechtliche Rechte und Pflichten 441 ff. – stellvertretende Mitgliedschaft 409 ff. – Substitution 408 f. – Übertragbarkeit 415 ff. – Vererblichkeit 418 – Vertretung 409 ff. – Zeitablauf 400 815
Stichwortverzeichnis
Organschaftliche Pflichten 435 ff.; s. auch Organmitglieder; Organmitgliedschaft; organschaftliche Rechte – Dienstpflicht 436 ff. – Durchsetzbarkeit 439 – Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere Lockerung der Pflichtbindung 439 ff. – Treupflicht 438 Organschaftliche Rechte 420 ff.; s. auch Organmitglieder; Organmitgliedschaft; organschaftliche Pflichten – besondere Rechte 428 – Durchsetzbarkeit 434 f. – Informationsrecht 422 ff. – Mitverwaltungsrechte 421 ff. – Rechtsnatur 432 ff. – statutarische Vorzugsrechte 431 f. – Stimmrecht 427 f. – Teilnahmerecht 421 f. – Vermögensrechte 428 ff. Organstreitigkeiten 278 ff. – Intraorganstreitigkeiten 283 ff., 288 ff. Organwalter 222, 314 f., 379, 391 f., 433 ff., 661 Österreichische Privatstiftung 10, 24, 75, 135, 355, 455, 635, 685
Partiarische Rechtsverhältnisse 513 ff.; s. auch stille Beteiligung Passivvertretung 258 ff. Perpetuierung – des Stifterwillens 12, 15 f., 18, 21, 23, 448 – Problematik 18 ff. Personalistisch verfasste Körperschaften 667 f., 692, 694, 699 816
Pflegerbestellung – Stiftung vor Genehmigung 89 Pflichtteilsanspruch – Destinatäre 131 f. – Erben des Stifters 131 – Haftung der Erben des Stifters 587 f. – Haftung der Stiftung 586 Pflichtteilsergänzung 587 Portefoliostrategie 190, 534 Privatautonomie 37 ff. – Geltungsgrund 37 ff. – verfassungsrechtliche Verankerung 41 ff. Privatnützigkeit 15 ff., 29 ff., 111, 212 f., 466, 607, 685 Prüfung der Rechnungslegung 563 ff. – durch Aufsichtsbehörde 214, 565 f., 719 – durch externe Prüfer 214, 267, 271, 564, 574 – durch Finanzbehörden 574 – Gegenstand 563 f. – interne Prüfung 564, 574 – Kosten 564, 566 – Rechtsgrundlagen 564 ff. – Sonderprüfung 565 Publikumspersonengesellschaften 21 ff., 51 f., 67, 73, 317 Publizität 567 ff. – Aufgabe 567 – Begriff 567 ff. – Beteiligungspublizität 568 – bundesrechtliche Vorschriften 567 ff. – formelle Publizität 574 f. – gewillkürte Publizität 576 – Handelsregisterpublizität 567 f. – landesrechtliche Vorschriften 569 ff. – materielle Publizität 574 f.
Stichwortverzeichnis
Sachwalter 208, 221, 399 ff. – Bestellung durch Aufsichtsbehörde 400 f. Sammelstiftung 30 f., 166, 168, 178, 269 Satzung s. auch Satzungsänderung – Auslegung 192 ff. – Lücken 339 Satzungsänderungen 36, 172, Rechnungslegung 547 ff. 183 ff., 308 ff., 332 ff.; s. auch – Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung 556 ff. Grundlagenänderungen Satzungsautonomie 35 ff. – Inhalt 558 ff. – Probleme 561 ff. Schenkung 381, 475, 500, 507, 584 f. – Prüfung 563 ff. – Rechtsgrundlagen 548 ff. Schiedsgericht 202, 291, 293 Selbstkontrahieren 232, 239, – Ziele 555 f. 255 ff. Rechnungsprüfung 563 ff. Rechtsaufsicht 204 ff., 208 f., Selbstzweckstiftung 147 ff. 210 f., 212 ff. Sitz der Stiftung 75, 78, 82, 177, 183, 568 f., 572, 650 Rechtsformverfehlung 70 Rechtsformzwang 70 ff. Sparkassen 150, 701 Sparkassenstiftungen 150 Rechtsmissbrauch 65 ff. Spenden 11, 26, 31, 472, 540; – individueller 68 s. auch Fundraising – institutioneller 68 ff. Staatsaufsicht s. Stiftungsaufsicht Rechtsmittel – Abberufung Organmitglied 405 f. Stadtstiftung 31 f., 296 – Anerkennung 177 f. Statut s. Satzung Stellvertretung 77, 247, 372, – aufsichtsrechtliche Maßnahmen 409 ff., 419, 422, 660, 679 175 f., 359 f. – Satzungsänderung 448 f. Steuerbegünstigte Zwecke 119, 134, 554 f. Reform des Stiftungsrechts 1 ff., 573 ff. Steuerrecht 24 f., 496, 553 Repräsentationsgremien 274 Stifter Ressortverteilung 184 – als Organmitglied 391 Rücklagen 542 f.; s. auch – Anhörung bei Grundlagenänderung 194, 342, 344, 380, Admassierungsverbot 449 ff. – Beteiligungsgesellschaften 543 ff. – Bildung 542 – Anspruch auf Einschreiten der – Kapitalerhaltungsrücklage 500, Stiftungsaufsicht 205, 278 ff., 542, 562 281, 290, 447, 449 – Neubewertungsrücklagen 563 – Bestellung von Organmitgliedern – satzungsmäßige Rücklagen 662 392 ff., 395 ff., 399 f. – – – – –
Rechnungslegungspublizität 568 Rechtsgrundlagen 567 ff. Reformüberlegungen 573 ff. Stiftung & Co. KG 568 stiftungsspezifische Vorschriften 569 ff. – Stiftungsverzeichnisse 571
817
Stichwortverzeichnis
– Grundrechtsschutz 41 ff., 72 f., 125 f., 157, 206, 215, 243, 363, 365, 448, 450 – Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens 181 ff., 188 ff., 367 ff., 447, 718 – Grundsatz der „Rechtlosigkeit“ 447 ff. – Haftung 583 – juristische Person 76 – mehrere 13, 33, 75, 92, 103 f., 109, 158 f., 456 – Mitverwaltungsrechte 455 ff. – Pflicht- und Vermögensbindung 458 – Rechtsstellung 390 f., 446 ff. – Satzungsänderung 36, 191, 228, 333 ff., 350 ff., 381 – Übertragbarkeit 458 f. – Vermögensrechte 468 – Zustimmung zu Grundlagenänderungen 452 ff. Stifterfreiheit 35 ff.; s. auch Gestaltungsfreiheit, Grenzen der Gestaltungsfreiheit, Satzungsautonome, Privatautonomie – Geltungsgrund 37 ff. – verfassungsrechtliche Verankerung 41 ff. Stifterkorporation 669 f. Stifterversammlung 31, 355, 382, 395, 419, 456, 503, 660, 712 Stifterwille s. Grundsatz der Maßgeblichkeit des Stifterwillens Stiftung – als abhängiges Unternehmen 361, 591 – als Gesellschafterin 543, 581, 614, 685 ff., 691 – Anerkennung 156 ff. – Anspruch auf Einschreiten der Stiftungsaufsicht 279 f. 818
Aufhebung 627 ff., 643 Auflösung 621 ff. Begriff 26 ff. Dauer 120 ff., 123, 631 ff., 635 Errichtung 89 f. Erscheinungsformen 26 ff., 669 ff. Finanzverfassung 471 ff. Grundrechtsschutz 47, 73, 126, 206, 215, 366 – Gründung 75 ff. – Haftung 578 ff. – Haftungsverfassung 577 ff. – Insolvenz 18, 142, 226, 473, 478, 492, 519 ff., 612, 622, 642, 643 ff. – Liquidation 643 ff. – Merkmale 26 ff. – Minimalverfassung 172 f., 217, 223, 259, 371, 656 – Name 78, 81, 122, 183, 570, 572 – öffentliche 28 – öffentlich-rechtliche 28 – Organisationsverfassung 172 ff., 217 ff., 261 ff. – Rechtsgeschäfte mit Organmitgliedern 211, 233, 241, 442 – Sitz 75, 78, 82, 177, 183, 568 f., 572, 650 – Umwandlung 63, 538, 581 f., 629 – unselbständige 18, 89, 647, 692, 702, 708 – unternehmensverbundene 30 f., 136 ff., 146, 147 ff. – Verband als Organgesellschaft 692 f. – Verfassung 181 ff. – Wesen 52 ff., 356 f. – Zweck 110 ff., 160 f., 541, 560 Stiftung & Co. KG 685 ff. Stiftung & Co. KGaA 691 Stiftung des öffentlichen Rechts 28 Stiftung für den Stifter 132 ff. – – – – – – – –
Stichwortverzeichnis
Stiftung kirchlichen Rechts 28 Stiftungsaufsicht 203 ff. – Abberufung von Organmitgliedern 208 – Anspruch auf Einschreiten 278 ff., 290, 447, 449, 464, 469 – Ansprüche gegen Organmitglieder 420 ff. – anzeigepflichtige Rechtsgeschäfte 85, 242, 332 f. – Aufgaben 203 ff. – Aufhebung der Stiftung 127, 176 f., 340, 386 ff., 626 ff., 642 f., 648 – Auskunftsanspruch 207 f., 565 – Auswahlermessen 209, 623 – Bedeutung 203 ff. – Befugnisse 207 f., 399, 604 f. – Beratungsfunktion 9, 80, 586, 618 – Bewertung 210 f. – eigene Ziele 211 – Ermessen 280, 468, 623 – Erteilung Vertretungsbescheinigung 249, 260 – Genehmigung Auflösung 624, 629, 640 f. – Genehmigung Grundlagenänderungen 208, 228, 280 f., 312, 322, 327, 337 ff., 383 ff., 452 f., 509 – Genehmigung Rechtsgeschäfte 233, 241 ff., 442, 530 – Grenzen 203 ff. – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 207, 209, 215, 267, 336, 347 f., 387 f., 656 – Grundsätze der Ausübung 209 f. – Haftung 616 ff. – Handlungsermessen 209, 280, 408, 461, 624 – Informationsrecht 207 f., 565
– Lockerung 212 – Prüfung der Rechnungslegung 565 f. – Rechtsaufsicht 47, 126, 204 ff., 210 ff., 246, 309, 383, 656 – Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Stiftungsaufsicht 279 ff. – Stifterwille 181, 367, 447, 672, 718 – Subsidiaritätsgrundsatz 280, 405 – Vertretungsbescheinigung 249 f., 260 – Zweck 203 ff. Stiftungsautonomie 351, 360 ff., 427, 580, 641, 667, 712 ff. – Begriff 36 f., 692 – verfassungsrechtlicher Schutz 47 Stiftungsbegriff 26 ff. Stiftungserrichtung 89 f. Stiftungsgeschäft unter Lebenden 77 ff.; s. auch Satzung, Stiftungsvertrag – allgemeine Anforderungen 77 f. – Änderung 98 – Anfechtung 78 – Auslegung 84, 192 ff. – Beendigung der Wirksamkeit 635 ff. – Bedingungen 635 f. – Befristung 635 – Form 77 f., 85 – inhaltliche Anforderungen 78 f. – Nichtigkeit 78, 97, 101, 106 f., 635 ff. – organisationsrechtlicher Inhalt 80 ff. – Rechtswirkungen 84 ff. – vermögensrechtlicher Inhalt 79 f. – Widerruflichkeit 84 ff. – Widerrufsvorbehalt 85, 636 ff. Stiftungsgeschäft von Todes wegen 76, 90 ff. 819
Stichwortverzeichnis
Stiftungsgesetze s. Landesrecht, Landesstiftungsgesetze Stiftungskapital 19, 141, 164 ff., 214, 471 f.; s. auch Stiftungsvermögen; Grundstockvermögen – Begriff 472 ff. – Erhaltung 478 ff. – Verbrauch 122 f., 169 ff., 480, 490 f., 505, 508, 662, 688 Stiftungskörperschaften 12, 18, 31, 665, 701, 704 ff., 708, 713 – Keinmann-GmbH 706 f. – 100%ige wechselseitige Beteiligung 707 f. Stiftungsmäßig verfasste Anstalten 702 ff. Stiftungsorgane s. Organe Stiftungsorganisation s. Organisationsverfassung Stiftungsrecht s. auch Landesrecht, Landesstiftungsgesetze – Geschichte 14 ff. – Reform 1 ff. , 573 ff. Stiftungsregister 5, 573 ff. Stiftungssatzung s. Satzung Stiftungstätigkeit 3 ff., 19, 29 f., 82, 346 – Gegenstand 30, 113 ff. Stiftungsverfassung s. auch Stiftungsgeschäft; Satzung – Abgrenzung zu Nebenordnungen 184 ff. – Änderung s. Grundlagenänderungen – Auslegung 192 ff. – Bedeutung des Landesrechts 187 f. – Begriff 183 f. – Inhalt 183 f. – Rechtsquellen 181 ff. – Revisibilität 198 f. Stiftungsvermögen s. auch Stiftungskapital; Grundstockvermögen 820
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Anfall 643 ff., 650 f. Begriff 27, 164 ff. Veräußerung unter Wert 480 Verbrauch 169 ff. Vermögenstrennung 531 Vermögensverfall 623 f., 628, 647 f. Stiftungsvertrag – Begriff 75, 86, 106 – Anwendung allgemeiner Regeln 106 f. – Form 106 – Pflichten der Parteien 107 ff. Stiftungsverwaltung 23, 203 ff., 209, 213, 215, 235, 478 Stiftungsverzeichnis 571 ff. Stiftungsvorstand s. Vorstand Stiftungszweck s. auch Gegenstand der Stiftungstätigkeit – Allzweckstiftung 16, 117 ff., 124, 126 f. – Änderung durch Stiftungsaufsicht 385 ff. – Änderung durch Stiftungsorgane 340, 345 ff., 379 ff. – Auflösung der Stiftung bei vollständiger Erfüllung 623 – Ausgestaltung 117 ff., 160 ff., 673 – Bedeutung 115 f. – Begriff 110 ff. – Bestimmtheit 120 ff. – Dauer 11, 15 f., 27, 120 ff. – dauernde und nachhaltige Erfüllung 79, 146, 160 ff., 234, 276, 475 ff., 639, 687 – Erweiterung 502 ff., 630 – Familienstiftung 127 ff. – Fideikommiss 128 ff. – Formulierung 149, 166 – Funktionsstiftung 146 f. – gemeinnützige 26 ff., 111, 135, 206, 213, 215, 355, 485 ff.
Stichwortverzeichnis
– Gemeinwohlgefährdung 123 ff. – Genehmigung einer Änderung 383 ff. – Gesetzeskonformität 115 ff., 117 ff., 155, 160, 655 – gesetzliches Verbot 80 f., 351 – Nebenzweck 80, 121, 152, 190, 487 ff. – privatnützige 15, 21, 213 – Rechte der Destinäre bei Änderung 463 ff. – Rechte des Stifters bei Änderung 344, 446 – Rechtliche Unmöglichkeit 340 ff., 385, 388, 622, 658 f. – Relation zum Stiftungsvermögen 160, 178, 655 – Relation zur Stiftungsorganisation 160, 178, 655 – Selbstzweckstiftung 147 ff. – Stifterwille 122 f., 188 ff. – Stiftung für den Stifter 132 ff. – Stiftungszweck i.e.S. 114 f., 121, 151 f., 364 – Stiftungszweck i.w.S. 152, 270, 374 – Unmöglichkeit 114, 123, 340 ff., 385 ff., 622, 658, 695 – Unternehmensstiftung 136 ff. – Unterscheidung zwischen Zweck und Gegenstand 110 ff., 149 f., 155, 655 – zulässige Zwecke 117 ff. Stille Beteiligung 514 ff. Stille Reserven 538 Subsidiaritätsgrundsatz 280, 405, 431, 465 Termingeschäfte 246, 536 f. Testamentsvollstreckung 91 Treupflicht 145, 435 f., 438 f., 660, 722 ff.
Typendehnung 52 ff., 693 ff. – bei korporativ verfassten Stiftungen 718 ff. – typengerechte Normanwendung 52 ff., 677 ff., 683 ff., 693 ff. Typengesetzlichkeit 12, 34, 54, 134, 695 Typenvermischung 12, 31, 55, 147, 666, 676 ff., 717, 732 Überwachungsorgan 267 ff., 284, 292, 300 Umgehung s. Gesetzesumgehung Unbestimmte Rechtsbegriffe – Auslegung und Anwendung 162 ff., 379 Unselbständige Stiftung s. nicht rechtsfähige Stiftung Unterbilanzverbot 479 ff. Unterhaltsstiftung 127 ff., 431 Unternehmensausgliederung 538, 582 Unternehmensselbstzweckstiftung 147 ff. Unternehmensstiftung – Anerkennungsfähigkeit 127, 136 ff., 146 ff., 164, 172, 685 ff. – Begriff 30 f. – Gemeinnützigkeit 111 – Kapitalbeschaffung 137 – Nebenzweck 80 f., 487 f. – Rendite 485 ff., 531 ff. – Unternehmen als Dotationsquelle 138, 150 Unternehmensträgerstiftung 30 f., 139, 248 f., 524, 530 Veräußerungsgebot 485 ff. Veräußerungsgewinn 512, 534, 538 Veräußerungsverbot, satzungsmäßiges 138, 646 821
Stichwortverzeichnis
Verbandsautonomie 36, 56, 276, 360 ff., 708, 712 ff. Verbrauchsstiftung 122, 169 ff., 178, 491 Verbundene Unternehmen 20 Verfassung der Stiftung s. Stiftungsverfassung Vermögensanfall 643 ff., 650 f. Vermögensanlage 189, 339, 486, 504, 535, 602 – Aktien 532 ff. – Immobilien 487, 532 ff., 724 f. – Portfoliostrategie 190, 534 – Rohstoffe 536 – Zinstitel 533 ff., 663 Vermögenserhaltung s. Kapitalerhaltung Vermögenstrennung 458, 504, 531, 545, 663 Vermögensübersicht 549, 559 f., 566, 664 Vermögensübertragung s. Kapitalaufbringung Vermögensumschichtungen 480, 497, 508, 532, 537 ff. Vermögensverwaltung 165, 189, 486, 497, 504, 530 ff., 550 ff., 566, 602, 663 f.; s. auch Fundraising; Kapitalerhaltung; Vermögensanlage; Vermögenstrennung; Vermögensumschichtungen – Erwirtschaftung von Erträgen 530 f., 540 – Risikostreuung 535 – Spekulationsgeschäfte 532 – Verluste 493, 497 ff., 536, 562, 566, 603, 663, 689 f. Versammlungsleiter 296 ff., 307, 317 f. Vertragsfreiheit 34 ff., 54 f., 69, 364, 514 822
Vertretung, rechtsgeschäftliche 257 f. Vertretungsbescheinigung 249 f., 260 Vertretungsmacht anderer Organe 261 ff. Vertretungsmacht des Vorstands – bundesrechtliche Begrenzungen 239 ff. – Grenzen der Beschränkbarkeit 137, 248 – Grundsatz der Unbeschränktheit 56, 238 f., 248 – landesrechtliche Begrenzungen 241 ff. – Passivvertretung 258, 423 – statutarische Beschränkungen 246 – Unübertragbarkeit 256 – Vertretung durch Mehrere 250 ff. Vertretungsmacht Dritter 257 f., 433 Vetorecht 275, 421, 427, 431, 454, 660 Vollbeendigung der Stiftung 643 ff., 651 f. Vorstand 223 ff. – Abberufung 208, 217, 270 ff., 390 ff., 401 ff. – als Geschäftsführungsorgan 223 ff. – als Vertretungsorgan 237 ff. – als Willensbildungsorgan 258 – Amtsdauer 83, 185 f., 390 – Anhörung vor Grundlagenänderung 287 – Anzahl der Vorstandsmitglieder 185 f. – Aufwendungsersatz 232 f. – Behörde als Vorstand 259 – Bestellung 83, 183, 208, 217, 270 ff., 390 ff. – Entlastung 184, 267, 270, 608 ff.
Stichwortverzeichnis
– Ersatzmitglied 407 f., 416 – Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis 233 ff. – Herausgabepflicht 231 f. – Informationspflichten 228 ff. – Notbestellung 399 f. – Pflicht zur persönlichen Geschäftsführung 224 – Stifter 227 f., 234, 246, 260 – Verfassungsgebundenheit 226 ff. – Vergütung 174, 232 f., 390 f., 429 f., 442 ff. – Vertretung durch Mehrere 236 f., 250 ff. – Vertretungsmacht 237 – Verzinsungspflicht 231 – Vorschuss 232 f. Vorratsstiftung 166 ff., 174, 178, 493, 502 Vorstiftung 75, 87 f., 108, 475, 583, 655 Werterhaltungsgebot 481 ff., 661 Wertermittlung 561 Wesen der Stiftung 12 ff., 35, 52 ff., 73, 356 f. Widerruf – der Stiftungsanerkennung 570, 625, 627 f., 648
– des Stiftungsgeschäfts 78, 84 ff., 583 ff. – durch Erben 85 Widerrufsvorbehalt 85, 176, 636 ff., 652, 664 Willensbildungsorgan 258, 269 ff., 414 Zahl – der Stiftungen 1 – der Stiftungsneugründungen 1 Zeitnahe Mittelverwendung s. Admassierungsverbot Zulegung 349, 384 f., 386 f., 623, 626 ff. Zusammenlegung 269, 340, 345 ff., 384 f., 386 f., 407, 570, 626 ff., 643 Zustiftung 186 ff., 500 ff.; s. auch Kapitalerhöhung – Annahme 500 ff. – Einwerben von Zustiftungen 31, 166, 540 – Genehmigung 501 – Rechtsnatur 103, 500 – Stiftungssatzung 79 ff., 475, 593 ff., 637 f. Zuwendungsversprechen Zweck s. Stiftungszweck
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