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German Pages 170 [192] Year 1990
SLAWISTIK
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Beiträge zur Baltistik IV
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Band 3 4 • 1 9 8 9
Akademie-Verlag • Berlin
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ISSN 0044-3506
Z. Slaw., Berlin 34 (1989) 2, 161-326
Gestaltungshinweise für die Autoren Die Manuskripte sind in e i n e m Original mit z w e i Durchschlägen einzureichen und sollten einen Umfang von 25 Seiten nicht überschreiten. Die Manuskripte sind zu schreiben - auf Schreibmaschinenpapier Format A 4, — einseitig und zweizeilig, 30 Zeilen pro Seite, mit kräftigem Farbband, deutlich lesbar (saubere Typen). - Absätze sind durch das Absatzzeichen kenntlich zu machen, nicht durch Einrücken. Zitate und Quellenangaben im Text müssen wortwörtlich mit dem Original übereinstimmen. Buch- oder Aufsatztitel, Zitate im laufenden Text werden in doppelte, Bedeutungsangaben in einfache Anführungsstriche gesetzt, z. ß . lit. naga .Huf'. Zitate sind in der Originalsprache zu bringen. Zitate aus kyrillischen Quellen sowie kyrillische Buchtitel sind unbedingt mit der kyrillischen Maschine (nicht mit der Hand) zu schreiben. Diakritische Zeichen müssen deutlich lesbar sein und sind notfalls mit der Hand einzutragen. Personennamen werden im Normaldruck (nicht in Versalien) gebracht, kyrillisch geschriebene transkribiert (außer bei den Fußnoten). Hervorhebungen erfolgen nur durch Sperrung (gekennzeichnet durch unterbrochene Linie unter dem T e x t : ) oder durch Kursivdruck (Wellenlinie unter dem Text: Die Fußnoten sind fortlaufend zu numerieren und auf gesonderten Seiten — ebenfalls zweizeilig geschrieben — am Schluß des Manuskripts anzufügen. Sie müssen im Text und im Anmerkungsteil hinsichtlich ihrer Zahl und ihres Inhalts übereinstimmen. Die hochgestellten Fußnotenziffern im Text erhalten keine Klammern. Die Angaben in der Fußnote sind in dieser Reihenfolge zu bringen: Vorname des Verfassers (abgekürzt), Familienname (gesperrt), Titel des Werkes bzw. des Artikels, ggf. Reihe, Band, Zeitschrift, Erscheinungsort und -jähr, Seite. Beispiele: P. B o e r n e r , Erinnerungen eines Revolutionärs. Skizzen aus dem Jahre 1848, Bd. 2, Lpz. 1920, S. 83. JI. H . T o j i c t o ü , Coöp. com. b 4iiaAi*aTH TOMax, t . 1,M. 1960, S. 383. L. U d o l p h , Stepan Petroviö Sevyrev 1 8 2 0 - 1 8 3 6 ( = Bausteine zur Geschichte der Literatur bei den Slaven, Bd. 26), Köln —Wien 1986. Bei Zeitschriftenaufsätzen: D. R a d t k e , Zur Gebrauchsweise der Konjungationen a und n o im Russischen, in: Wiss. Zs. der Ernst-Moritz-Arndt-Univ. Greifswald (GSR) 10 (1961), S. 5 1 - 5 6 . U. L e h m a n n , Werk und Leser im Wandel, in: ZfSl 88 (1988), S. 1 5 - 1 9 . F ü r häufig zitierte Werke ist ein Signum zu geben, das in einer Fußnote oder (bei mehreren Werken) in einem speziellen Abkürzungsverzeichnis zu erläutern ist. Abkürzungen dürfen nur nach Duden (Abkürzungsverzeichnis) verwendet werden. Bei uns (in den Fußnoten) ständig abgekürzt: Berlin = Bln.; Leipzig = Lpz.; MocKBa = M.; JleHHHrpan = JI.; MocHBa—JleHHHrpa« = M.-JI.; Cuhkt—IleTepßypr = CIIö.; herausgegeben = hg. Korrekturen im Manuskript sind auf ein Mindestmaß zu beschränken und nur über der Zeile in Druckbuchstaben (nicht auf dem Rand) einzutragen. Manuskripte, die den genannten technischen Anforderungen nicht entsprechen, werden uns von der Druckerei nicht abgenommen. Solche Manuskripte gehen an den Autor zurück. In der Redaktion besteht keine Möglichkeit f ü r eine Abschrift von Manuskripten.
ZEITSCHRIFT FÜR
SLAWISTIK BAND 34
HEFT 2
1989
Herausgeber: Zentralinstitute für Literaturgeschichte und für Sprachwissenschaft der Akademie der Wissenschaften der DJ)H REDAKTIONSBEIRAT R. Rüzicka (Vorsitzender), W. Smolik (Sekretär), W. Beitz, E. Dieckmann, G. Dudek, E. Eichler, D. Freydank, K. Gabka, W. Gladrow, E. Hexelschneider, A. Hiersche, G. Jäger, M. Jähnichen, K. Kasper, E. Kowalski, R. Lötzsch, P. Nowotny, G. Schaumann, H. Schuster- Sewc, I. Seehase, M. Wegner, H. Zikmund
REDAKTIONSKOLLEGIUM G. Ziegengeist (Chefredakteur), R. Eckert (Stellv. Chefredakteur), E. Donnert, K. Gutschmidt, H. Jünger, P. Kirchner (Wiss. Leiter d. Red.), U. Lehmann, L. Richter, R. Rüzicka, G. Schlimpert
Beiträge zur Baltistik IV
A K AI) E M i E -V ERLAG B E II Li N
Die „Zeitschrift für ¡Slawistik" ist das zentrale Fachorgan der Slawistik in der D D R . In ihr «erden Sprachen und Literaturen, Folklore, Kulturgeschichte und Geschichte der slawischen Völker in Vergangenheit und Gegenwart untersucht. Spezialgebiete sind insbesondere die Sorabistik, die deutsch-slawischen Wechselbeziehungen auf den Gebieten der Sprache und der Literatur, die Namenforschung, die Geschichte der Slawistik und die Baltistik. — Tagungsberichte informieren über wichtige wissenschaftliche Konferenzen des In- und Auslandes. Rezensionen vermitteln einen guten Überblick über aktuelle Tendenzen und Entwicklungen in der internationalen slawistisehen Forschung. Bei unverlangt eingesandten Manuskripten besteht für die Redaktion keine Verpflichtung zur Veröffentlichung.
ßIiZl'(«SMpa3eOJIOrH3MbI C KOMIIOHeHTaMH
„pofl" H „ruieMH" in: LAB, H. 22, 1979, S. 96 — 103; d e r s . , Zur Variabilität phraseologischer Wendungen, in: LAB, H. 22, 1979, S. 144 — 149; d e r s . , parMenT wcTopHiecKoro irayieHHH ycTOitiHBhix coieTaHiiü b B O C T O M H O C J i a B H H C K H X H3UKax, in: ZfSl24 (1979), S. 533 —540; d e r s . , Phraseologismen innerhalb von Phraseologismen, in: LAB, H. 26, 1980, S. 58 — 64; d e r s . , Untersuchungen zur historischen Phraseologie und Lexikologie des Slawischen und Baltischen (Systemfragmente aus der Terminologie der Waldimkerei), = Linguistische Studien, A 81, Bln. 1981; d e r s . , Zum Problem der Identität phraseologischer Wendungen, in: Linguistische Studien, A 95 (Untersuchungen zur slawischen Phraseologie), Bln. 1982, S. 1—33; d e r s . , (zusammen mit E.-J. B u k e v i ö i ü t e ) , Zum vergleichenden Studium der P h r a s e o l o g i e . . . , in: ZfSl 29 (1984), S. 177 — 188; d e r s . , Zur vergleichenden Phraseologie des Ostbaltischen, in: Linguistische Studien, A 120, Bln. 1984, S. 201—216; d e r s . (zusammen mit I. G. D o b r o d o m o v ) , 3 H a * i e H n e H 3 y q e H H H $ p a 3 e 0 J i 0 r H 3 M 0 B b Tencie, in: ZfSl 31 (1986) S. 425 — 436; d e r s . , K KAyHapo1nHoro CHMnoaHyMa b paMKax sacesamiH Mew^yHapoaHoii k o m h c c h h no npoSneiwaM cJiaBHHCKoü t ,Teufel' variieren. Die zuletzt genannte Erscheinung wird in der vorliegenden Arbeit in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt und ausführlich untersucht. Wir wollen dabei so vorgehen, daß zuerst das litauische Material und dann die Belege aus dem Russischen und Belorussischen dargestellt werden. In einem Schlußteil werden schließlich zusammenfassende Gedanken geäußert. II. Das litauische Material Im folgenden sind die Belege so geordnet, daß die einzelnen Phraseologismen (Phraseme und Phraseotexteme) jeweils gesondert angeführt werden. Es wird die Gesamtheit der Varianten in der Lemmaform genannt. Sie stehen in gebrochenen Klammern ( ) und sind durch Kommas voneinander getrennt. Belege werden nur für die für uns wichtigen Varianten mit den Komponenten kelmas und velnias (wenn velnias nicht in der Variationsreihe vorkommt auch mit anderen variierenden Komponenten) genannt. 1. Lit. bald {biesas, devynl sünes, dievai, giltink, juölcas, kelmas, m&ras, vilnias) räuna ,der Teufel holt j—n', d. h. ,j—d geht zugrunde, stirbt, wird hinweggerafft': N er aus kelmas taip greif: ko lakstei kaip padükus — bütumbei nesusirgusl ,Der Teufel wird dich nicht so bald holen : Warum flogst du herum wie eine Tollwütige, sonst wärest du nicht krank geworden!' Tegu mane velnias rauna, jeigu as nesu jüsip draugasl ,Möge mich der Teufel holen, wenn ich nicht ihr Freund bin!' 6 1
5
6
vgl. dazu R . E c k e r t , Russische Phraseme und Phraseotexteme mit xjie6( —Jcojib. Zur Definition des Objektbereiches und der Einheiten der Phraseologie, in: Linguistische Studien, Nr. 120, Reihe A Arbeitsberichte (Untersuchungen zur slawischen Phraseologie I I ) Berlin 1984, S. 1 - 3 0 . vgl. R . E c k e r t , Zu einigen baltisch-slawischen Entsprechungen auf phraseologischem Gebiet (erscheint in PoznaÄ). beide Beispiele stammen aus Lietuviij kalbos iodynas (im folg.: LK.2), X I , Vilnius 1978, S. 326.
R . ECKERT,
Untersuchungen zum Baltischen und Slawischen
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D a s P h r a s e m k o m m t in derselben B e d e u t u n g a u c h mit dem präfigierten Verb parduti v o r : Ka\d~\ tavi kelmas käme parauty uz tok\ tavo neklausymql , D a ß dich der Teufel holen möge (wörtlich: der S t u b b e n ausreißen möge) f ü r solch einen U n g e h o r s a m ! ' Kad tavi velnias parduty, uz tok\ apgavimql , D a ß dich der Teufel hole f ü r solch einen B e t r u g ! ' Siehe L K Z , X I , S. 331. Von besonderem Interesse ist, d a ß lit. rduti kelmus , B a u m s t ü m p f e , Stöcke roden' heißt, während das o b e n e r w ä h n t e P h r a s e m kelmas räuna soviel wie ,j—d geht zugrunde, wird hinweggerafft' b e d e u t e t . 2. Lit. b&las (dievai, giltini, kelmai, sünys, velniai) zino ,weiß der Teufel', d . h. ,es ist nicht b e k a n n t ' : Kelmai jj zino, kur jis yra1 ,Weiß der Teufel, wo er ist'. Velniai zino, ko cia mes dar tupime8 ,Weiß der Teufel, was wir hier noch herumsitzen'. I m Gegensatz zu d e m zuerst e r w ä h n t e n P h r a s e m werden hier die substantivischen K o m p o n e n t e n im PI. gebraucht. 3. Lit. gyvq kelmq ,sehr viel' : Per dienq padirba gyvq kelmq? ,Den ganzen T a g ü b e r s c h a f f t er sehr (ungeheuer) viel'. D a n e b e n existieren noch die V a r i a n t e n gyvas nelabäsis (perkunas, velnias) u n d die m i t der erstgenannten in der F o r m des A k k . Sg. übereins t i m m e n d e V a r i a n t e gyvq sünj ,sehr viel'. Vgl. Cia akmentt gyvas velnias10 ,Hier 11 gibt es ungeheuer viel Steine' u n d Gyvq, su\ prisipirkau sagu ,Ich h a b e mir eine U n menge K n ö p f e g e k a u f t ' . I m L K Z , V, S. 524, ist a u c h der N o m . b e z e u g t : gyvas kelmas, vgl. Trecioj brigadoj darbinyki{, yra gyvas kelmas (begales) ,In der 3. Brigade sind eine U n m e n g e (sehr viele) Arbeiter'. Aus diesem G r u n d e k ö n n t e die L e m m a f o r m a u c h wie folgt angesetzt w e r d e n : gyvas kelmas (nelabäsis, perkunas, velnias). 4. L i t . nuo paties kelmo12 (velnio) ,sehr, ungewöhnlich, u n g e m e i n ' : Motina ta mitri nuo paties kelmo S. L K F Z , S. 302. ,Die M u t t e r ist sehr (ungewöhnlich) geschickt'. Du krepsius agrastn kol nuiiupinejau nubodo nuo paties velnio13 ,Bis ich zwei K ö r b e Stachelbeeren m ü h s a m gepflückt h a t t e , wurde es mir ungeheuerlich (sehr) langweilig'. N a c h Ausweis des L K F Z liegt f ü r nuo (paties) velnio gleichzeitig lexikalisch-quantitat i v e Varianz vor, d . h. wir h a b e n hier die V a r i a n t e n nuo paties velnio u n d nuo velnio. 5. Lit. su paciü kelmu {velniu) ,sehr': Salta su paciu kelmu14 ,Es ist sehr k a l t (hunde15 kalt)'. Gailu arklj, su paciu velniu ,Das P f e r d t u t einem ungemein (sehr) leid'. 6. L i t . kuris kelmas (velnias) ,was zum Teufel' (böse gesagt): Ar uzmigai, ar kuris kelmas, kad neatsiliepil?16 ,Bist d u zum Teufel schon eingeschlafen, d a ß d u nicht a n t wortest'. Kuris velnias nesioja tq prakeiktq vagil$ cia!? 1 7 ,Welcher Teufel (wer zum Teufel) bringt diese verfluchte Diebin hierher!?' N e b e n der l e t z t g e n a n n t e n V a r i a n t e 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
1*
vgl. J. P a u l a u s k a s , Lietuviij kalbos frazeologijos zodynas (im folg.: LKF2), Kaunas 1977, S. 121. vgl. LKFZ, S. 301. vgl. LK1, V, S. 524. vgl. LKF2, S. 300. ebd., S. 275. vgl. LK2, V, S. 524. vgl. LKF2, S. 302. vgl. LKZ, V, S. 524, und LKF2, S. 122. vgl. LKFZ, S. 302. ebd., S. 121. ebd., S. 300.
Z. Slaw. 34 (1989) 2
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tritt noch kurh{ velniy, dass. auf, vgl. Kuriu v einiu tu cia vampsai\ls ,Was zum Teufel hältst du hier Maulaffen feil?' Neben Icuris kelmas (velnias) und kuriu, velniu steht noch die Variante kokiu kelmy,, vgl. Kokiu kelmv, da tu cia atsitrankeil19 ,Was zum Teufel hat dich hierher verschlagen!' 7. L i t . rd kelmo (velnio) .nichts': Ne kelmo (nieko) nezinau20 .Nichts weiß ich'. Ne velnio nesuprato21 .Nichts hat er (sie, es) verstanden'. Vgl. ferner Karve pienui ne kelmuo (visiskai) neverta?2 .Diese K u h hat für die Milch (als Milchlieferant) überhaupt keinen W e r t ' . 8. L i t . kelmais (perkünais)
krduti23
bedeutet .schelten, fluchen, schimpfen' (wörtlich:
.mit Stöcken (Stubben) beschichten, beladen'). Für kelmais krduti konnten wir keinen Beleg beibringen, obwohl es in den Wörterbüchern mit Verweis auf Juska gesichert zu sein scheint. Die Variante dazu ist belegt: Pirmiau
gyre, dabar jau perkünais
krauna24
.Zuerst lobte er, jetzt schimpft er schon'. Zu den genannten Phrasemen existiert noch folgende Variante: velnius krduti .fluchen, beschimpfen': Visokius jis man krauti2i
velnius
pradejo
,Er fing an, mich heftig zu beschimpfen' (wörtlich: ,Er fing an, alle
T e u f e l auf mich zu laden'). 9. L i t . sukeikti
kelmais (perkünais,
velniais)
,mit allen Teufeln fluchen'. Die Belege
stammen aus den Werken von J. Zemaite: Puikiai
moka kelmais
gezeichnet vermag er (sie, es) zu flu .ien'. Ne vienas perkünais,
sukeikti26
.Aus-
velniais
keike
,Mehr als einer (nicht nur einer) fluchte mit allen Teufeln'. Wahrscheinlich lassen sich auch folgende Phraseotexteme mit variativen Komponenten im Litauischen ermitteln, die ziemlich genaue Entsprechungen im Russischen haben. W i r geben daher hier keine deutschen Übersetzungen: 10. Eik
(tu) kelmiopl27
,11,in ( t h ) k qepTy': Eik pö velniy,^
,11 um k >iepTy':
(Viskas)
nuejo velniop .(Bce) noniJio k iepTy' 2 9 . 11. Ak kad tave kelmas atiratu, !30 .Ach, möge dich der Teufel holen' hat eine gute Entsprechung in russ. üycTb Te6n jiemnft (qepT) B03bMeT! K . Büga ( K a l b a ir senove, Kaunas 1922, S. 24) vergleicht die Fluch- und Schimpfausdrücke lit. Eik (sau) po velnn{,\ = Eik (sau) po giltiniu\ ,IIRII (ceoe) k n e p T y l ' m i t dem bei S. Daukantas vorkommenden Fluch: Eik sau po Trim/pu! dass., wobei er für die K o m p o n e n t e Trimpi(, einen N o m . Sg. *Trimpa rekonstruiert und diesen zu den N a m e n der folgenden altpreußischen Gottheiten stellt: Potrympus / Po-trimp(a)s / —
vgl. L K 2 , V, S. 524. ebd. 2° ebd. 21 vgl. L K F 2 , S. 302. 22 vgl. L K 2 , V, S. 524. 23 vgl. L K Z , V, S. 524; L K Z , VI, S. 524. 24 vgl. L K F 2 , S. 208. 25 ebd., S. 300, und L K 2 , VI, S. 479. 26 vgl. L K 2 , V, S. 524. 27 ebd. 28 vgl. Rusij-lietuvii} kalbi} zodynas, I, Vilnius 1967, S. 437, wo das Phraseotextem russ. umgangssprachlich, vulgär Hosii K JiemeMy mit lit. Eik pö velniü\ übertragen wird. 29 ebd., S. 580. 3 ° vgl. L K 2 , V, S. 524. 18
19
R. ECKERT, Untersuchungen zum Baltischen und Slawischen
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Gottheit der Flüsse und Quellen; Autrympus / Au-'rimp(a)s / — Gottheit der Meere und Seen, und Na-trimpe. Diese Zusammenstellung erhärtet V . N . T o p o r o v (IlpyccKHft CJIOBapb, I , M. 1975, S. 175f.) durch Anführung einer lettischen Beschwörungsformel, die die Namenkomponente Trimpus enthält: Laj Trimpus nuo taviem laükiem, lüopiem, p\aväm, därziem un ganikläm nuogriezäs ,Möge Trimpus sich von deinen Feldern, ViehStücken), Wiesen, Gärten und Weiden abwenden', d. h. ,Möge Trimpus dir Schaden zufügen!'. Ebenso wie K . Büga geht T o p o r o v hinsichtlich lit. Trimpu, lett. Trimpus v o m Verb lit. trempti .aufstampfen' (vgl. koja \ zerriß trempti ,mit dem Fuß auf den Boden stampfen') aus. Er geht aber noch %veiter und stellt eine Beziehung zu so spezifischen Handlungen wie dem Aufstampfen mit dem Fuß bei Fruchtbarkeitsbräuchen her, z. B. wenn von der belorussischen Fruchtbarkeitsgottheit Jaryla gesagt w i r d : BajiaraBCH
flpujio
i l a yceiiy CBeTv,
Jarylo trieb sich
JIioa3hm «3eiiM njia33HB.
auf der ganzen W e l t herum, das Feld veranlaßte er R o g g e n hervorzubringen, die Menschen K i n d e r zu gebären.
A rß3e Mi OH Haroio, T a n JKHTO Kanoio . . .
W o er aber mit dem Fuße (stampfte), Dort kam eine H o c k e (Roggen hervor) . . .
I I O J I K ) HITITO p a ; ( 3 H H ,
Übrigens war nach S. Grunau Potrimppo
der „ G o t t von getreide". Vgl. B. B. IlBanoB,
B. H. TonopoB. IIccjiey,OBaHHH B oÖJiacTM cjiaBHucKiix «peBHOCTeii, M. 1974, S. 180. Dieser Exkurs zeigt ein übriges Mal die vielfältigen Beziehungen des hier untersuchten phraseologischen Materials zur Mythologie der Slawen und Balten. Nach dieser Repräsentation des uns zugänglichen Materials aus dem Litauischen, das vielfach auch aus den Dialekten stammt (wie L K Z ausweist), machen sich einige erklärende Ausführungen notwendig. Das litauische W o r t kelmas ist polysem. Es heißt .Baumstumpf, Stubben; S t a m m ; H a l m ; Bienenstock; Sippe' und ,Teufel'. Gleichzeitig ist es ein gemeinbaltisches W o r t , vgl. lett. celms ,Stubben, Baumstumpf' und apr. kalmus E Voc. 633 .Stock'. Auf den merkwürdigen Bedeutungsübergang ,Baumstumpf, Stubben' - > ,Teufel' wird, soweit wir die Literatur überblicken, nirgends eingegangen. Ungewöhnlich ist auch das Vorkommen des einzigen Konkretums kelmas in der phraseologischen Variationsreihe, die 1. aus Bezeichnungen für Gottheiten und mythologische Wesen besteht, vgl. lit. balä, bälas .der Böse; T e u f e l ' ; biesas .Teufel'; dievai .Götter'; giltine .Todesgöttin, T o d ' ; nelabäsis ,der Böse, L e i b h a f t i g e ' ; perkunas .Donner(gott)'; velnias ,Teufel'; 2. sich aus Tierbezeichnungen zusammensetzt: devyni sünes .neun Hunde' und sünys .Hunde' und 3. einige Abstrakta aufweist (die z. T . personifiziert sind): juökas .Gelächter, Scherz, Spaß, Spott' und märas .Pest'. Zu letzterem vgl. poln. cholera 1. .Cholera' 2. .verfluchter K e r l , verfluchtes W e i b ' und überhaupt als Fluch. Auch das Deminutivum zu kelmas lit. kelmükas hat als eine der Bedeutungen ,Teufelchen, kleiner Teufel' (als abgeschwächtes Schimpfwort), vgl. Ot reikia lupti keJmukq,!31 . 0 , der kleine Teufel muß etwas auf den Hosenboden bekommen'. Das K o m p o s i t u m kelmamusis wird als Schimpfwort bezeichnet 32 . Auf der Grundlage des Vergleiches von lit. kelmas in den obenerwähnten Phraseologismen mit der russischen phraseologischen Wendung M O J I I I T B C H neHbio ( I I H H M ) sowie einiger Zeugnisse aus dem Altrussischen haben wir die Vermutung ausgesprochen, daß
31 32
ebd., S. 526. ebd.. S. 523.
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hier heidnische Glaubensvorstellungen, die mit dem Waldgeist zusammenhängen, im Spiele waren. M i t der Verbreitung des Christentums setzte eine Verteufelung der heidnischen Gottheiten und Geister ein, so daß das Nebeneinander von kelmas und velnias, nelabäsis sowie perkünas nicht zu verwundern braucht. Das russische Material zeigt noch die Verbindung zwischen neHb ,Baumstubben' und nepT ,Teufel', vgl. „ J K h j i h b Jiecv, MOJiHJiHCb n e H b i o , BeHHaJinct BOKpyr ejin, a i e p T H nejiw" 33 sowie den stehenden Vergleich im Russischen: C h j j h t , KaK n e p T Ha neHbKe34. Auch für das Litauische lassen sich derartige Zusammenhänge ermitteln. N . Velius bringt bei der Analyse von litauischen Ortsnamen mit mythologischer Bedeutung einen N a m e n wie Velniabarzdyne mit Velnio barzda ,Bart des Teufels' in Zusammenhang, das seiner Meinung nach mit kelmyne = kelmynas ,Ort, wo viele Baumstubben sind' zu identifizieren ist35. Aus der Phraseologie der Mundart von Gerveciai führt J. Lipskiene das Phrasem velnio barzda (wörtlich ,des Teufels B a r t ' ) an, mit dem die schwarzen Wurzeln kleiner Farne bezeichnet werden, die gekocht als Mittel gegen Erschrecken benutzt wurden 36 . Die Rolle des Farnkrauts in der Mythologie und Volksmedizin ist bekannt. Das wichtige Zwischenglied zwischen Baumstubben und Teufel ist in der russischen (und z. .... belorussischen) Phraseologie gut belegt: I n Phraseologismen treten als variat i v e Komponenten die W ö r t e r für „ W a l d g e i s t " (russ. jieuiHit; russ. dial. JiecHÖft, jiemäK, JiemäH; beloruss. bei N o s o v i ö : Jitinift) und „ T e u f e l " (russ. 'iepT, beloruss. qopT) auf.
I I I . Das russische und belorussische
Material
W i r führen zuerst die Phraseologismen an, die sich durch Variation der Komponenten „ W a l d g e i s t " und „ T e u f e l " (die mit weiteren Komponenten variieren können) auszeichnen ( A ) und fügen dann in einem gesonderten Teil ( B ) weitere Phraseologismen mit der K o m p o n e n t e jieniHii (bzw. JiemäK, JiecHÖft) an, für die wir keine Varianten mit iepT danebenstellen können. A 1. Russ. literaturspr. Bor (rocnoflb, ajuiax, nepT, See, jieinHü, inyT, nec, xpeH) (ero, ee, Bac, h x ) 3HaeT (Be^aeT) .niemand weiß es; weiß der Teufel' (auch als Ausruf der Entrüstung, Freude, des Staunens etc.). Sowohl das Akademiewörterbuch als auch das Phraseologische Wörterbuch unter Redaktion von A . I . Molotkov, die diesen Phraseologismus anführen, liefern leider keinen Beleg mit der Variante Jiemi™. Sie ist aber sicher anzunehmen, denn die russischen Mundarten weisen Phraseologismen auf, wenn auch mit den Dialektwörtern JiecHÖft und JiemäK. V g l . JiecHÖft e r o 3HaeT, nouiTo o h TaKoii HenoHHTJiHBHÜ37. J l e m a n e r o 3HaeT, Ky^a a ero nojio>KHJia38. H e p T h x 3HaeT,
vgl. CaoBapb coBpeMöHHoro pyccKoro JnrrepaTypHoro H3HKa (im folg. : CCPJIfl) I X M.—JI 1959, S. 382. (Die Unterstreichungen stammen von mir — R . E . ) ' vgl. B. flajib, nocnoBi^bi pyccKoro Hapo«a, M. 1957, S. 514. vgl. N. Velius, Senoves baltij pasauleiiüra. Struktüros bruoiai, Vilnius 1983 S 171 v-gl L Lipskiene, GerveöiU tarmes frazeologizmai, in: Lietuviij kalbotyros'klausimai (Leksikos tyrinejimai), Vilnius 1972, S. 140. v g l . CjiOBapb pyccKHx HapoRHUx roBopoB (im f o l g . : C P H D , Bbin 16 S S74
CPHr, 17, S. 30.
'
•
. f . o,t.
XIII
R. ECKERT, Untersuchungen zum Baltischen und Slawischen
169
KTO HX HACTPOHJI TaK 39 . D a z u existiert eine genaue E n t s p r e c h u n g i m vgl. J l ^ i u m
ero
3 H a e i j b , r ^ s i eHT> n3fiBaBCH40 und H o p T
Belorussischen,
B e j j a H , UITO po5im;a y
rriTaii xai4 4 1 . 2. Russ. HO qepTa (russ. dial. jiemero, jiecHÖro) ,sehr v i e l , in g r o ß e r M e n g e ' : r i p y n r p o MajiHHH, c BepcTy AJIHHOH. C y n a no e r o BMFLY, PBIÖW B HEM ^ o n e p i a 4 2 . KapTouiKH 6HJIO B npouuiOM r o n y JJO J i e m e r o 4 3 . A u s den M u n d a r t e n des nördlichen
Kama-Gebietes:
Y MEHH CBOHX coöaK a o j i e c H o r o na. TYT HIIIO HYMNE XO«HT44. E i n e v e r s t ä r k e n d e V a riante dazu ist russ. dial. c TPN Jieuiero ,sehr v i e l ' : y Hac ecTb ßOJIHHCKHE COCHBI H HHaa ecTb c t p H j i e u i e r o 4 5 . H i e r h e r g e h ö r t auch seiner B e d e u t u n g und F u n k t i o n nach das m u n d a r t l i c h e P h r a s e m Jiemeßa cnjia ,sehr viel, eine g r o ß e M e n g e ' : r i a y r o B ( =
OBOAOB)
Hbrnne J i e m e ß a c n j i a 4 8 . 3. Russ. v u l g . lässig-umgangsspr. Ha KOH jieniHH (nec, i e p T ) , W a r u m , w o z u ' : H a KOH j i e i i i H H , . . . c,najicH MHe Barn npHKa3e3A
8 CM. 9
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CJiaBHCTOB.
—
M.,
1973,
c. 2 7 6 — 2 7 7 ;
B.
M.
MoKneiiKO,
$PA3EOJIORHHECKHE H 3 o r j i o c c H B CJIABHHCKHX SWAJIEKTAX, c . (JpaaeojiorHH. — M . , 1 9 8 0 , c. 5.
Opa3eojiorH*iecKHe 126—128;
OH w e ,
napanjiejiH H CNABHHCKAH
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B . H . K O B A J I b , COOTBGTCTBHH B CJiaBHHCKHX H CaJITHÄCItMX
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181
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695),
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n a nojiHiiio (CDCVM I, 2 4 2 ) — n o j i b C K . polozic zçby na policy ( S k o r . I I , 7 9 6 ) — dantis dèti (dziauti) ant lentynos (gred'n) ( L K F Z 6 1 ) , dantis pakapinti ant gredy, ( j baity, i gembç), dantis kabinti j sienq, ( L K F Z 6 2 ) , dantis pasidèti an polycios ( L i p s k . 1 1 9 ) — j i n n . Icärt zebus vadzi ( K o n a p e 1 1 7 ) „ H c n b i T b r e a T b JIHIHGHHH, r o J i o / t a T b " .
3yÖH JIHT.
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H H T e j I b H b i e B 0 3 M 0 H Í H 0 C T H FLJIH B H H C H e H H H
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KOB KAK B HACTOHINEM, TAK H B n p o n i J i o M .
^.ajibHeftmee,
3THX
OÔMNE
COOTBCTCTBHH
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Z. Slaw. 34 (1989) 2, B. M. 0 6
183-184
KoBajib
oßHofi öajiTO-caaBancKOH
Mim. velniu, pried^s
H30pa3eMe
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N P O ^ Y K T H B H O C T B $ p a 3 e M c KOMnoHGHTOM-^eMOHHMOM
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n e p K H B a j i : „ J l y K a B C T B o H x H T p o c T b CHHTajiHCb y n e p B o S b i T H b i x n j i e M e H MyapocTbio".
Bcero
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,,HeHHCTOii C H J I H ' : B CHCTeMe B 0 3 3 p e H H H c j i a B H H H a n p n p o , n y , A . npH3HaK0M yMa,
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p a c K p b i T H i i B H y T p e H H e i i (JtopMbi p a c c M a T p i i B a e M b i x
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JieKCeMbI,
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B
nocJioBimax
ca.w nepm ne pasöepem-, nepm nozy cjiOMum; CAOSHO UX nepm eepeeonnoü eiepT (See, n e c ) 3HaeT ( n e a a e T ) ,HHKTO He 3 H a e T ' ; p y c c n . Ha KOÜ n e p T ( n e c ) , n o i e M y , 3 a i e M l . C p . CTaTbio P . B K nepTa
.,Phraseologische
n y e n e Ha c. 1 6 3 — 1 7 6 .
Untersuchungen
zum Baltischen
und
Slawischen"
B HacTOHmeM M>I-
Z. Slaw. 84 (1989) 2
184
j i o r H H n o c j i e f l O B a T e j i b H o e O T p a w e H H e . C O^HOH C T o p o H i i , 8TO CJIOBO, e r o CHHOHHMH HJIH np0H3B0HHHe H3MeHu;
OT
Hero
C íipyroñ
HBJIÍHOTCH
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CHMBOJIOM
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HenpHBeTJiHBOCTH,
BepHOCTH,
npeflaHHOCTH,
JIOBKOCTH, BLiyHKH, onwTHocTH : p y c . coóanbfi eeptiocmb ¡npeda.HHOcm.bj] c co6aKa.MII ne cbiufemb; ffoôpuû nec na eemep He .laern ; Tlpu eepnoM nee cmopowc cnum; 5eji. p . Xmo 6ndy nepaôyd:ie, 3a caôaKy 6yÔ3e\ JJoôpu caôaKa .tenui 3a jiixoea uaAaeeua ; I ca.6a.Ka eedae, xmo naso eapmu; I caôaKa naMsimae, xmo ae noAimi^b ; n e u i C K . s p á t n a p s i k û z i „nyTKO
cnaTb";
c.-xopB.
raditi
kao
pàs
,,MHoro
pa6oTaTb';;
JIHT. s u ñ s u ô s l e
turéti
[ ß y K B a j i b n o e : H M e T b c o ö a i H H HIOX] „ n p e f l B H ß e T b H T O - J I H 6 O " .
,Es ist eins [fünf]' — B i e l e n s t e i n 321; entsprechend nkur. noch heute: (Ziegars) Ir piec. (JK). — Zu den baltischen und slawischen Zahlwörtern im Systemzusammenhang vgl. V. R ü k e - D r a v i n a , On numerals in Baltic and Slavic Languages, in: ABS 12 (1979), S. 54 — 67, die auf die große Rolle des Sprachkontakts bei Zahlwörtern hinweist. Im Li gibt es gemäß der Frage-Variante Kiek valandü? (E.-J. B.) auch eine mit der Kardinalzahl gebildete Antwort. Das Genus der die Stunden anzeigenden Kardinalia in litauischen sprachlichen Großlandschaften richtete sich nach dem Genus des Substantivs, das die „Stunde (x)" bezeichnete. Ist dieses ein Maskulinum, so ist es auch das Grundzahlwort, vgl. pr.-lit. Yr zegorius viens oder zegorius yr dii \trys] ,Es ist ein [drei] Uhr' (Schleicher Gram. 297) — entsprechend: Ziegorius feptyni ,Die Uhr ist sieben' (Kurschat Gram 417—418; entsprechend bei Seidel Lit. Gram. 88). Die Genusangabe bleibt auch in der verkürzten Uhrzeitangabe-Variante Yr viens [dujtrys] ,Es ist eins [zwei/drei]' erhalten (vgl. Schleicher Gram. 297). Der Typ pr.-lit. Yr ziegorius viens stellt gliedübersetzte Lehnprägung nach opr.-nd. (npr.) 't ös Seejer een(sen) dar, vgl. Anm. 7. — Vor allem in „Russisch-Litauen" hat „ S t u n d e " adynä geheißen. Folglich mußte das Genus des Kardinalzahlworts ebenfalls ein Femininum sein: Adynä Jeptynios (Kurschat Gram. 417 — 418). vgl. bei J u r i k - V e k s l e r 164: „Pulkstenis ir (Tagad ir) piecas minütes pirms (prieks — Sperrung F. H.) astoniem. Tagad ir bez piecäm minütem astoyi". — Ceöqac 6e3 JIHTH MHHyT BoceMb. Nkur. Pieces mi'nntes pries (pi) piec. ( J K ) ; vgl. nkur. pi ,am, an, bei, neben, zu(m)' (KW 61). aber: Za dziesi$c minut piqta (M. Gehrmann). -> ,Es ist zehn vor fünf'.
188
Z. Slaw. 3 4 (1989) 2
2.1.1.1.1. der Zeit, wo die S t u n d e noch nicht ganz voll ist D Le Li R P
Es ist noch nicht fünf ( Uhr). (Pulkstenis) Vel nav pieci.12 Dar nèrà penbi^ (valand/ o d e r : Dar nèrà penktös Emë HeT nHTH (nacoB). Jeszcze nie ma piqtej. / o d e r : Jeszcze nie piqta.
2.2. von soundsoviel
(valandös).
(Minuten) n a c h x
D Le Li
Es ist fünf (Minuten) nach fünf. (Pulkstenis) Ir piecas minutes pari pieciem.13 Penkios (minutés) po penkiy,. / o d e r : Penkios (minutés)
R
Ü H T b MHHyT UieCTOrO.
P
( Jest) Piçé (minut) po
sestös.
piqtej.
2.2.1. der Zeit k u r z n a c h der vollen S t u n d e D Le Li R P
Es ist kurz nach fünf ( Uhr). (Pulkstenis) Ir %ai péc pieciem. (1.) Pradzià (këlios minutés) sestös. / o d e r : (2.) (Këlios minutés) Po penki%. Haiajio uiecToro. (Jest) Kilka (pcirç) minut po piqtej.
3. von halben S t u n d e n 3.1. der vollen halben S t u n d e . T y p : E s ist halb x D Le Li R P 12 13
14
15
Es ist halb fünf. (Pulkstenis) Ir pus'pieci.14: (1.) offiziell: Pùsé penktös. / oder: (2.) umgangssprachlich: Pùsé penkiy,.16 IIojiOBHHa nHToro. / oder: IlojinHToro. (Jest) Pol (wpol) do piqtej.
nkur. Dar nau ir piec. ( J K ) . / oder: Ni ir dar piec. ( J K ) . vgl. aber bei J u r i k - V e k s l e r 164: „Pulkstenis (tagad) ir piecas minutes pic (pari) diviem", jedoch im N e h r u n g s k u r i s c h e n m i t anderer P r ä p o s i t i o n : Piec (pieces mi'nütes) pa piec. ( J K ) , vgl. nkur. pa ,hinter, n a c h , unter, vor, w o (Ruhe)' ( K W 55). — E i n e andere Vorstellung tritt uns in der K o n s t r u k t i o n lett. Tagad ir piecas minutes uz trirn = Ceii l iâc nHTb MHHyT TpeTbero. ( J u r i k - V e k s l e r 164, vgl. A n m . 2) entgegen. I m L e t t i s c h e n werden die E n t s p r e c h u n g e n v o n dt. halb fünf usw., also puspieci usw., zwar z u s a m m e n g e s c h r i e b e n , jedoch tragen sie e n t g e g e n der grundsätzlichen l e t t i s c h e n Wortinitialb e t o n u n g d e n A k z e n t auf der z w e i t e n Silbe, also pus'pieci. — N k u r . puse piec. ( J K ) . I m 19. J h . u n d A n f a n g des 20. J h . l a u t e t e L e das übliche Ä q u i v a l e n t für die halbe S t u n d e n o c h puszet oder puszel: puscel viens U . ,halb eins' (ME 3, 4 2 3 — 4 2 4 ) , puszel (puszelé.) tris ,halb drei' (Bielenstein 321), puszel diwi ,halb zwei' ( B r e n t a n o 79, § 154). L e t t . puscel ist L e h n ü b e r s e t z u n g n a c h m n d . halv(e)wege ,halb', vgl. m n d . hallte wege einen ,halb elf' — K o m p l e x I I ( S c h . - L ü . 2, 1 8 2 ; Mensing 5, 56). so die aus der G e g e n d v o n Suwalki (lit. Suvâlkai, poln. Suwalki) s t a m m e n d e G r o ß m u t t e r v o n F r a u Dr. E . - J . B u k e v i è i û t é . — D i e V a r i a n t e (2.) ist für P r e u ß i s c h - L i t a u e n für die Mitte des 19. J h . / A n f a n g des 20. J h . b e z e u g t : pùsé veno [dveju/trijü] ,halb eins [zwei/drei]' (Schleicher Gram. 297), pu'sê urie'no [dwie'jvJtriju'Y dass. (Seidel Lit. Gram 88, § 291).
189
F. HINZE, Die Uhrzeitangabe im Lettischen
3.2. von soundsoviel (Minuten) vor [nach] halb x resp. kurz vor [nach] halb x 3.2.1. von soundsoviel (Minuten) vor halb x D Le Li
Es ist fünf (Minuten) vor halb fünf. Pulkstenis ir bez piecäm (minûtêm.) pus'pieci.16 Be penkiî} minùiiit pùsè penkiv,,. / oder: Dvldesimt penkios (minutés)
R
J^BaaqaTt n m h (MHHyr) iiHToro.
P
(Jest) Za pie.c (minut) wpöl do piqtej.
penktös.
3.2.1.1. der Zeit ungefähr vor halb x 3.2.1.1.1. der Zeit kurz vor halb x D Le Li R
P
Es ist kurz vor halb fünf. (Pulkstenis) Ir isi pirms pus'pieciem. (1.) Oreit pùsè penki%. / oder: (2.) Be kelvq minùâiu pùsè penki%. OKOJIO IIOJIOBHHH nHToro. / oder: Ü O ^ T H noJioBHHa nHToro. (Jest) Za kilka (parç) minut wpöl do piqtej. / oder: Zaraz bçdzie wpöl do piqtej.
3.2.1.1.1.1. der Zeit, wo die halbe Stunde noch nicht ganz voll ist D Es ist noch nicht halb fünf. Le (Pulkstenis) Vel nav pus'pieci.17 Li Dar nèrà pùsês penkiy,. R
E m e HE IIOJIOBMHI>I n n T o r o .
P
Jeszcze nie (ma) wpöl do piqtej.
3.2.2. von soundsoviel (Minuten) nach halb x D Le Li
Es ist fünf (Minuten) nach halb fünf. (1.) (Pulkstenis) Ir piecas minutes pari pus'pieciem.ls (2.) (Pulkstenis) Ir bez divpadsmit piecâm minütem pieci. Penkios minutés po pùsês {pùsei) penki/ oder: Be dvïdesimt penkiy, minùMtf, penkios. / oder: Be dvldesimt penkit^ minùtiu penktà.
R
B e 3 ABAIMATH N N ™
P
Piçc (minut) po wpöl do piqtej.
IIHTB.
3.2.2.1. der Zeit kurz nach der halben Stunde D Le Li
Es ist kurz nach halb fünf. (Pulkstenis) Ir isi pëc pu'pieciem. Kêlios minutés po pùsês {pùsei) penki%.
R
3 a nojiOBHHy inecToro.
P
(Jest) Kilka (parç) minut po wpöl do piqtej. / oder: (Jest) Po wpöl do piqtej.
16 17 18
nkur. Piec (pieces mi'nütes) pi puse piec. (JK). nkur. Dar ñau puse piec(es). (JK) / oder: Dar ni 'ir puse piec(es). nkur. Piec (pieces mi'nütes) pa puse piec. (JK).
(JK).
190
Z. Slaw. 34 (1989) 2
4. e i n e r V i e r t e l s t u n d e D
Es ist Viertel
Le
(1.) (Pulkstenis) Ir ceturksnis pec (päri) 6etriem. / o d e r : (2.) ( P u l k s t e n i s ) Ir piecpadsmit (minütes) päri letriem,19 / o d e r : (3.) Ir ceturksnis uz pieciem. (1.) Penkiolika minüiiij, penktös. / o d e r u m g a n g s s p r a c h l i c h : (2.) Ketviftis penklös20 HeTBepTb (nHTHajfflaTL, MMiiyr) n n T o r o . (1.) (Jest) Pi^tnascie (kwadrans) po czwartej. / o d e r : (2.) Kwadrans na piqtq.
Li R P
fünf.
5. e i n e r D r e i v i e r t e l s t u n d e D
Es ist drei Viertel
Le
(1.) Pulkstenis ir ceturksnis pirms pieciem. / o d e r : (2.) Pulkstenis ir bez ceturks^a (piecpadsmit (minütem)) Be penkiölikos penkios.22 Ee3 neTBepTH i i h t l . (Jest) Za kwadrans {piqtnascie (minut)) piqta.
Li R P
fünf. pieci.21
Komplex II: ( F r a g e ) w a n n ? / o d e r : u m wieviel U h r ? — ( A n t w o r t ) 1. bei A n g a b e d e r vollen S t u n d e n z a h l : u m x ( U h r ) ; 2. bei A n g a b e d e r h a l b e n , Viertel- u n d D r e i v i e r t e l s t u n d e : u m h a l b [ V i e r t e l / d r e i Viertel] x; 3. bei A n g a b e d e r M i n u t e n z a h l zwischen zwei vollen S t u n d e n : ( u m ) soundsoviel ( M i n u t e n ) v o r [ n a c h ] x23 19
20
21
22
23
Im 19. Jh./Anfang des 20. J h . hieß Le perendelis {perendele) uf tschetrim ,ein Viertel vier' (Bielenstein 321) bzw. ferendel uf weenu, 1/4 1' (Brentano 79). — Nkur. Svertes piec. (• ,Komm um ein [zwei/ fünf] Uhr (Kurschat Gram., a. a. O). Diesen Sachverhalt bestätigt Seidel (Lit. Gram. 88, § 291), ganz entsprechend M. J . A. V o e l k e l , Litauisches Elementarbuch, 2. neu bearbeitete u. vermehrte Aufl., 3. Ausgabe, Heidelberg 1913, S. 70: Jis miré ant ziègoriaus penkû po pietu ,Er starb um fünf Uhr nachmittags'. — In „Russisch-Litauen" wurde die entsprechende Zeitbestimmung anders ausgedrückt: Ich stand heute um vier Uhr auf Aß ßlryt ketwirtöj adynoj atfikèliau (Kurschat Gram., a. a. O.). Aus der Formulierung „In der gewöhnlichen rede gänzlich abgekommen ist die alte bezeichnung der stunde, z. b. um sechs uhr morgens szesztô (szesztojè) adyno oder, mit auslaßung des substantivs adynà stunde, mittels der bloßen Ordinalzahl im locativ oder accusativ feminini" (Schleicher Gram., S. 297) geht hervor, daß früher diese Ausdrucksweise auch in Preußisch-Litauen verbreitet war. vgl. bei J u r i k / V e k s l e r 166: Es atnäksu piecas minutes pirms (prieks) astoyiem. -s- ,Ich werde fünf Minuten vor acht kommen'. — Prieks ,vor' ist nach Frau Dr. I. Waack in diesem Kontext veraltet. — Nkur. Vins näk piec (pieces mi'nütes) prieks piec. ( J K ) .
192
Z. Slaw. 34 (1989) 2
2.2. soundsoviel D Le Li R P
(Minuten) n a c h a:
Er kommt fünf (Minuten) nach fünf. Vins atnäk piecas minütes pec (pari) pieciem.2"1 Jis atels penkios minütes po penki%. OH npHßeT IIHTI> MiinyT mecToro. (Ort) przyjdzie pi$c (minut) po czwartej.
2.2.1. der Zeit kurz n a c h a; D Le Li R
P
Er kommt kurz nach fünf. Vitys atnäk isi pec pieciem. Jis atels (tuöj) po penki O H NPHFLET B Hanajie mecToro. (On) Przyjdzie nieco (niedlugo, tuz) po piqtej. / oder: (On) Przyjdzie kilka (parq) minut po piqtej.
3. der halben Stunden 3.1. der Zeit genau (um) halb x D Le Li R P
Er kommt (um) halb fünf. Virß atnäk (pulksten) pus'piecos.26 29 Jis atels püs$ penki%. OH npH^eT B IIOJIOBHHB nHToro. (On) Przyjdzie o wpöl do piqtej.
3.2. von soundsoviel 3.2.1. von soundsoviel
(Minuten) vor [nach] halb x resp. kurz vor [nach] halb x (Minuten) v o r halb x
D Le Li
Er kommt fünf (Minuten) vor halb fünf. Viys atnäk bez piecäm minütem pus'piecos.30 Jis atels be penkiy, püse penktös.
R
O H N P H ^ e T j j B a A U a T b nHTi> M i r a y T
P
(On) Przyjdzie pi^c (minut) przed wpöl do
HHToro.
piqtej.
3.2.1.1. der Zeit k u r z vor halb x D Le Li
Er kommt kurz vor halb fünf. Firis atnäk isi pirms (prieks) Jis atels pries pü-se, penki%.
pus'pieciem.
R
O H NPHFLET OKOJIO IIOJIOBHHLI n H T o r o .
P
(On) Przyjdzie na krötko {nieco, tuz) przed wpöl do piqtej. / oder: (On) Przyjdzie (par$) minut przed wpöl do piqtej.
27 28 29
30
kilka
nkur. Vins näk piec (pieces mi'nütes) pa piec. (JK). nkur. Vins näk uz pusa piec. (JK). In Preußisch-Litauen hieß im 19. Jh.: Er reiste um halb sechs Jis ißkellawo ant (ziegoriaus) püje ßeßiü; dagegen anders in Russisch-Litauen: Ich werde um halb sechs fortreisen. ->• As pusßeßtöj adynoj ißkelauju. (F. Kurschat Gram., a. a. O.). nkur. Vini näk piec {piec mi'nütes) priekses [!] pusa piec. (JK).
F. Hinze, Die Uhrzeitangabe im Lettischen
193
3.2.2. von soundsoviel (Minuten) n a c h halb x D Le Li R P
Er kommt fünf (Minuten) nach halb fünf. Viys atnäk piecas minütes päri (pec) pus'pieciem.31 Jis ateis be dvidesimt penkiil minü&iu penktq. Oh npHfleT 6e3 ABajmaTH tihtm (mmhvt) m t i , . (On) Przyjdzie piqc minut po wpöl do piqtej.
3.2.2.1. der Zeit k u r z nach halb x D Le Li R P
Er kommt kurz nach halb fünf. Vii}.s atnäk isi päri (pec)32 pus'pieciem. Jis ateis tuöj po püses (pusei) penkiq,. Oh npH.neT H e c K O J i b K O M H H y T nocjie iiojiobhhli nHToro. / oder: Oh npn^eT (r^e-To) OKOJIO nOJTOBHHBI n H T O P O . (On) Przyjdzie nieco (niedlugo, tuz) po wpöl do piqtej. / oder: (On) Przyjdzie kilka (par$) minut po wpöl do piqtej.
4. einer Viertelstunde D Le Li
Er kommt (um) Viertel fünf. Vins atnäk ceturksni pec (päri) 6etriem. / oder: Viiis atnäk piecpadsmit (minütes) päri ¿etriem.33 Jis ateis penkiölika penktös. n p H ^ e T b neTBepi'b
nHToro.
R
Oh
P
(On) Przyjdzie kwadrans (pi^tnascie minut) po czwartej.
5. einer Dreiviertelstunde D Le Li R P
Er kommt (um) drei Viertel fünf. (1.) Vins atnäk ceturksni pirms pieciem. / oder: (2.) Vins atnäk bez piecpadsmit (minütem) piecos.3* Jis ateis be penkiölikos penktq. Oh npH.neT 6e3 neTBepTH nHTb. (On) Przyjdzie za kwadrans (piqtnascie) piqta.
3. Einige vergleichende Bemerkungen
zu den hier dargestellten
TJhrzeitbezeichnungsweisen
3.0. Der Vergleich der oben gezeigten Uhrzeitbestimmungsweisen ergibt ein mehrschichtiges System von Beziehungen und Wechselwirkungen, das hier nicht zur Gänze beschreibbar ist. Die wichtigste, sofort in die Augen fallende Tatsache ist, daß nur zwei Systeme ohne Ausnahme in einer Hinsicht folgerichtig sind, nämlich 1. das deutsche — und ihm folgend das lettische — in der Verwendung des Kardinal- oder Grundzahlwortes zur Bestimmung der vollen Stunden (von x) auf die Minuten bezogen werden und 31 32 33 34
nkur. Vins näk pieces mi'nütes pa puse piec. ( JK). Nach Frau Dr. I. W a a c k ist päri im Lettischen gebräuchlicher. Bei J u r i k - V e k s l e r 166 steht jeweils pèc an erster Stelle, päri in der Rundklammer. nkur. Vins näk uz svirtes piec. (JK). nkur. Vins näk uz trissvertes piec (pieces). ( JK).
194
Z. Slaw. 3 4 (1989) 2
2. das polnische m i t der ausschließlichen Verwendung der Ordinalia (Ordnungszahlwörter) zur B e s t i m m u n g von x. Zwischen diesen beiden Systemen bewegen sich das litauische u n d das russische, die in typologischer Hinsicht Mischtypen der beiden unter 1. u n d 2. g e n a n n t e n darstellen. 3.1. D a s V e r h ä l t n i s Sprachen.
zwischen
Le
und
den
anderen
vier
verglichenen
3.1.1. Le ~ D. Die lettischen G r a m m a t i k e n betonen zu R e c h t die große N ä h e des lettischen U h r z e i t b e s t i m m u n g s s y s t e m s zu d e m des Deutschen. Diese N ä h e h a t im vorigen J a h r h u n d e r t u n d wenigstens bis zum ersten Drittel dieses J h s . zu einer f a s t völligen I d e n t i t ä t — so weit das die Unterschiedlichkeit zwischen dem s t a r k analytischen D e u t schen u n d d e m vorwiegend flexivischen Lettischen ü b e r h a u p t erlaubt — g e f ü h r t . Wir erwähnen k u r z die wichtigsten G e m e i n s a m k e i t e n zwischen dem lettischen und deutschen U h r z e i t b e s t i m m u n g s s y s t e m : / l . / die ausnahmslose Verwendung des K a r d i n a l z a h l w o r t s als ^-Bezeichnet' in beiden S p r a c h e n ; /2./ die Verwendung inhaltlich identischer Präpositionen in beiden S p r a c h e n : d t . vor ~ lett. pirms {pari35}; /3./ I d e n t i t ä t im Adverbialegebrauch in den F ü g u n g e n d t . kurz vor [nach] x ~ lett. ist pirms [pec {päri)] x-iem; /4./ die intimen syntaktischen Beziehungen zwischen nd. Klock/Seeger x u n d lett. pulksten. Diese intimen Beziehungen lassen sich bei der B e a n t w o r t u n g folgender F r a g e nachweisen: W a n n verwendet m a n lett. pulkstenis ,Uhr' u n d w a n n pulksten ,Uhr'? Grundsätzlich entspricht dem deutschen L e x e m n d . (de) Klock {Seeger) Inhä. (die) Uhr das lettische L e x e m pulksten(is). Lett. pulkstenis m. ,die U h r ' s t e h t h e u t e überall d o r t , wo m a n im D e u t s c h e n den Artikel einsetzt, also n d . de Klock {Seeger)/ahA. die Uhr sagt, vgl. in K o m p l e x (Frage) I. (1.) Cik (ir) pulkstenis? = n d . Wat is de Klock {Seeger)?/nhd. Wieviel ist die Uhr? ~ (Antwort) I (1.) Pulkstenis ir pieci = n d . de Klock {Seeger) is fiv(en)/nhd. die Uhr ist fünf. — L e t t . pulksten hingegen s t e h t dort, wo im Deutschen kein Artikel vor d e m «-Begleiter steht, in K o m p l e x I I . 1. (Antwort) pulksten piecos. Viris atnäk pulksten piecos = n d . (üm) klock {seeger) fiv(en)lnhd. um fünf (Uhr); nd. He kümpt (üm) Klock {Seeger) fiv(en)/nhd. Er kommt um fünf (Uhr). I I . 3. 1. Vins atnäk pulksten pus'piecos36 = nd. He kümpt (üm) half fiv(en)/nhd. Er kommt (um) halb fünf. Wie aus den Beispielsätzen ersichtlich, vollzieht lett. pulksten die niederdeutsche Anteposition des «-Begleiters (wie Klock, Seeger) nach, geht darin aber k o n s e q u e n t weiter bei der U h r z e i t b e s t i m m u n g a u c h der halben S t u n d e vom G r u n d t y p „ E r k o m m t (um) halb x"37 als das Deutsche, in welchem der «-Begleiter d o r t nicht stehen k a n n . D a s unflekt i e r t e lett. pulksten ist schließlich zum Adverb e r s t a r r t , d a es das syntaktische Verhalten des niederdeutschen in dieser Position unveränderlichen «-Begleiters ( z . B . Klock, Seeger) n a c h a h m t . Die U n t e r s c h i e d e zwischen D und le ergeben sich a u s d e m s t a r k flexivischen Grund35
36
37
wörtlich: „über", vgl. nhd. Es ist ein Viertel über zehn. (18. Jh.) ,Es ist Viertel elf' — D W X I / I I , Sp. 109; die entsprechende Funktion hatte nd. dörch ,durch' inne, vgl. meckl. teihn Minuten dörch teihn ,10 Minuten über, nach zehn' (W.-T. 2, 393). Über das dem nhd. über ,nach' entsprechende nd. öwer vgl. Anm. 22 (Mensing 3, S. 166). vgl. die Verwendung v o n lett. pulksten
auch in folgendem Satz: Oaidlju
lidz pulksten
nd. Ik töwte bet klok {zeger) drenjnhd. I c h wartete bis drei Uhr'. — L V V 655. vgl. lett. Pulksten pusdeviyos. -> , U m halb neun'. — LVV, S. 655.
trim.
->
F. HINZE, Die Uhrzeitangabe im Lettischen
195
Charakter des Lettischen überhaupt. So steht dem Deutschen (zusammen mit dem R u s sischen) Präpositionalverwendung bei der Bezeichnung von x der reine Lokativ des Lettischen gegenüber, vgl. Komplex I I um fünf {Uhr) ~ lett. (pulksten) piecos. N i c h t ü b e r e i n s t i m m u n g zwischen dem Deutschen der Gegenwart und dem Schriftlettischen herrscht in Komplex I in der Bestimmung der Viertel- und Dreiviertelstunde. Die Viertelstunde wird — wohl aus innerlettischem Systemzwang — wie der T y p „ E s ist soundsoviel (Minuten) nach x" behandelt (vgl. Gliederungspunkt I. 4, 1. und 2. Variante). Die 3. Variante scheint mir eine recht alte Systemteil-Variante zu repräsentieren, die typologisch dt. mundartlich Viertel auf ,r 38 /poln. Kwadrans na piqtq (2. Variante) entspricht. Nur das Nehrungskurische a h m t das Deutsche völlig nach. Variante 1 der lettischen Dreiviertelstunden-Bestimmung unterliegt — analog der Viertelstunden-Bestimmung in Variante 1 — innerlettischem Systemzwang nach dem Grundt y p dt. „ E s ist soundsoviel (Minuten) vor x" (Gliederungspunkt I. 5); Variante 2 reflektiert das russische Modell. — In Komplex I I unterliegt die Angabe der Viertelstunde im Lettischen wieder innerlettischem Systemzwang nach dem G r u n d t y p ,,soundsoviel (Minuten) n a c h x". Die Angabe der Dreiviertelstunde unterliegt in Variante 1 ebenfalls innerlettischem Systemzwang nach dem Modell des G r u n d t y p s ,,soundsoviel (Minuten) v o r x". — Partielle Nichtübereinstimmung liegt auch in Komplex I I (Frage) um icieviel Uhr? ~ lett. cikos? vor. Ganze Ubereinstimmung besteht dagegen zwischen D um wieviel Uhr? und Le auf mundartlicher Ebene, vgl. in der Mundart von Ergeme lett. Cikuos pülkstinuos? ,um wieviel Uhr?' 3 9 . Eine starke Störung der Identität der L T hrzeitbestimmungssysteme des D und Le scheint erst in den letzten 50 J a h r e n erfolgt zu sein. Teile des russischen Uhrzeitbezeichnungssystems haben nicht nur das Lettische beeinflußt, sondern auch das Litauische. Dazu siehe den Abschnitt Le, Li, R. 3.1.1.1. Gemeinsamkeiten zwischen D, Le, Li / l . / In Komplex I. (1.) Frage 1 Wieviel Uhr ist es? haben alle drei Sprachen auf der Inhaltsebene sowohl das Fragepronomen (wieviel ?/cik?/kiek?) als auch den .»Begleiter (Uhr/pulkstenis/valandä) gemein 4 0 ; /2./ bezüglich 3. 1.: D halb fünf/Lv pus'pieci/Li in der 2. Variante püse pe?ikiy,; 3.1.2. Gemeinsamkeiten zwischen Le, Li, R Das Verhältnis Le ~ R ist wie das Verhältnis Li ~ R. Das hervorstechendste Charakteristikum dieser Beeinflussung ist der Ausdruck des Verhältnisses der vollen Stundenund der daran fehlenden Minutenzahl innerhalb der Skala halb x und x, im R durch das System der Subtraktion mittels Präposition 6e3 + soundsoviel (Minuten) im Genitiv ausgedrückt. Begünstigt wurde dieser Kalkierungsprozeß zweifelsohne durch die materielle und semantische I d e n t i t ä t der Präpositionen im R (6e3) und Le (bez) und der se38
39 40
3
für 6. 15 Uhr sei viertel auf sieben „ältere Bezeichnung" im E r h e b u n g s p u n k t I 45 (Innichen) — bei E i c h h o f f , a. a. O.; vgl. die scherzhafte Frageabweisung schleswig-holsteinisch 'n viddel op'n Büxenknoop ,ein Viertel auf den Hosenknopf' (Mensing 5, S. 56); f ü r das Neuhochdeutsche des Baltikums vgl. entsprechende Angaben bei Ulmann. vgl. E. K a g a i n e , Ergemes izloksnes värdnlca p — i 3, Riga 1983, S. 145. R weicht typologisch lediglich hinsichtlich des ^-Begleiters a b : nicht *lia lit. Kazlduskas abgeleitet ist) usw. 3 Alle diese Personennamen büßten die litauischen Sprachelemente ein, obwohl damit Personen bezeichnet wurden, die Litauer waren. Solche Familiennamen machten in rein litauischen Gemeinden, in denen nie Polnisch gesprochen wurde, einen großen Teil aus, z. B. in der Gemeinde Kretinga 1794 45%, in der Gemeinde Darbenai 46% (nach Angaben des Geburtsregisters des Bistums Zemaiten) 4 u. ä. Demzufolge betrug wohl die Anzahl der Litauer auch in der Gemeinde Zoludek im J a h r e 1700 nicht 25%, sondern war viel höher. Davon zeugen auch zahlreiche Siedlungen in diesem Landstrich, deren Namen litauischer H e r k u n f t sind, z. B. Bakszty (: Bökstai), Dyrwance (: Dirvönai), Kiemiany (: Kiemenai), Krupiele (: Krupeliai), Kupri (: Küpriai), Marciniszki (: Martyniskiai, dial. Marcyniskiai), Mozejköw (: Mazeikiai), Pipirowce (: Pipiriske), Poniemurlce (: Panemüne), Skobejki (: Skabelkiai), Wojdzilowce (: Vaidilai) u . a . Das Verzeichnis der Gemeinde Zoludek aus dem J a h r e 1700 ist f ü r die litauische Anthroponymik auch deshalb von Bedeutung, weil es eine Fortsetzung solcher litauischer Personennamen enthält, die im gegenwärtigen Bestand der Familiennamen der Litauischen SSR nicht mehr erhalten sind, z. B. Didilka, Diedziulis, Dieskutis, Grandeiis, Ourbukas, Kaulukas, Kumpiejus, Lupikas, Mamulis, Matarukas, Palasiukas, Peisiukas, Riaukutis, Stunis (Stunys), Skrendys, Taurukas, Triputis, Vasiukas (Vosiukas), Vatulis, Zegelis, Zygmas, Zilukas. Übersetzt von E.-J. 3
4
Bukeviiiüte
darüber s. in: Z. Z i n k e v i c i u s , Lietuvilj antroponimija. Vilniaus lietuviij asmenvardziai XVII a. pradZioje, Vilnius 1977, S. 66ff., 73ff., 96ff., 105ff. u. a. Das Zentrale staatliche Archiv für Geschichte der Litauischen SSR, Fond 669, Inventarliste 1, Akte 69.
Z. Slaw. 34 (1989) 2, 209
E. H a m p
Litauisch tei ... tei ,sowohl ... als (auch)' Ich h a b e an anderer Stelle dargelegt 1 , d a ß der ie. L o k a t i v auf -i aus d e m auf Null endenden ¿-Lokativ des anaphorischen P r o n o m e n s e n t s t a n d e n ist. E b e n s o h a b e ich behauptet 2 , d a ß die älteste F o r m des Lokativs bei den t h e m a t i s c h e n S t ä m m e n m i t Nulle n d u n g auf *-e lautete. Deshalb war He der ursprüngliche L o k a t i v Singular des deiktischen P r o n o m e n s Ho. Tatsächlich h a b e n wir gerade dies in lit. te ,da, d a hast d u ! sieh d a ! ' vor uns. Auf der Konferenz zur historischen Sprachwissenschaft in P o z n a n 1981 glaube ich gezeigt zu haben, d a ß die baltische K o n j u n k t i o n i-r ebenso wie slawisches i , u n d ' auf einen v e r k e t t e t e n Gebrauch des anaphorischen P r o n o m e n s auf *i (Lokativ) zurückgehen 3 . D a h e r k ö n n e n wir He-i ganz wörtlich analysieren als ,in d e m Falle (Deixis) . . . d a r i n (Anaphora)' mit kongruierenden oder b e d e u t u n g s m ä ß i g gleichwertigen P r o n o m i n a ,in diesem Falle . . . u n d ' (,wenn d a s geschieht . . . u n d ' ) . Die ursprüngliche K o n s t r u k t i o n war vielleicht He ... i, die die eben a n g e n o m m e n e Sequenz ergab. D a n n w u r d e n die beiden äquivalenten Teile agglutiniert als He-i, wie wir bereits bei den E n t s p r e c h u n g e n dargelegt haben 4 . D a die F u n k t i o n dieser E l e m e n t e von A n f a n g a n darin b e s t a n d , die beiden Glieder symmetrisch aneinanderzubinden [miteinander zu v e r k n ü p f e n ] (,et ... et, — que . . . — que'), w u r d e tei, d a s Ergebnis, wiederholt. Auf G r u n d dieser historischen Herleitung von *te-i als einer V e r k e t t u n g semantischer E l e m e n t e finden wir nicht die Veränderung von Hei zu tie wie in namie ,zu H a u s e ' . Ü b e r s e t z t von R. Eckert 1 2 3 4
s. Papers from the Parasession on Diachronie Syntax, Chicago Linguistic Society, 1976, S. 349. s. Indogermanische Forschungen, Bd. 75, 1970, S. 105 — 106. vgl. The Reconstruction of Particles and Syntax, in: Historical Syntax, ed. J. F i s i a k, The Hague 1984, S. 173f. vgl. meine Analyse von albanisch tek ,zu', in: Zeitschrift für celtische Philologie, Bd. 37 (1979), S. 170—173. Ich glaube, eine solche Herkunft ist auch für das lateinische Relativpronomen vorauszusetzen, doch dies soll einem anderen Artikel vorbehalten bleiben.
Z. Slaw. 34 (1989) 2, 209
E. H a m p
Litauisch tei ... tei ,sowohl ... als (auch)' Ich h a b e an anderer Stelle dargelegt 1 , d a ß der ie. L o k a t i v auf -i aus d e m auf Null endenden ¿-Lokativ des anaphorischen P r o n o m e n s e n t s t a n d e n ist. E b e n s o h a b e ich behauptet 2 , d a ß die älteste F o r m des Lokativs bei den t h e m a t i s c h e n S t ä m m e n m i t Nulle n d u n g auf *-e lautete. Deshalb war He der ursprüngliche L o k a t i v Singular des deiktischen P r o n o m e n s Ho. Tatsächlich h a b e n wir gerade dies in lit. te ,da, d a hast d u ! sieh d a ! ' vor uns. Auf der Konferenz zur historischen Sprachwissenschaft in P o z n a n 1981 glaube ich gezeigt zu haben, d a ß die baltische K o n j u n k t i o n i-r ebenso wie slawisches i , u n d ' auf einen v e r k e t t e t e n Gebrauch des anaphorischen P r o n o m e n s auf *i (Lokativ) zurückgehen 3 . D a h e r k ö n n e n wir He-i ganz wörtlich analysieren als ,in d e m Falle (Deixis) . . . d a r i n (Anaphora)' mit kongruierenden oder b e d e u t u n g s m ä ß i g gleichwertigen P r o n o m i n a ,in diesem Falle . . . u n d ' (,wenn d a s geschieht . . . u n d ' ) . Die ursprüngliche K o n s t r u k t i o n war vielleicht He ... i, die die eben a n g e n o m m e n e Sequenz ergab. D a n n w u r d e n die beiden äquivalenten Teile agglutiniert als He-i, wie wir bereits bei den E n t s p r e c h u n g e n dargelegt haben 4 . D a die F u n k t i o n dieser E l e m e n t e von A n f a n g a n darin b e s t a n d , die beiden Glieder symmetrisch aneinanderzubinden [miteinander zu v e r k n ü p f e n ] (,et ... et, — que . . . — que'), w u r d e tei, d a s Ergebnis, wiederholt. Auf G r u n d dieser historischen Herleitung von *te-i als einer V e r k e t t u n g semantischer E l e m e n t e finden wir nicht die Veränderung von Hei zu tie wie in namie ,zu H a u s e ' . Ü b e r s e t z t von R. Eckert 1 2 3 4
s. Papers from the Parasession on Diachronie Syntax, Chicago Linguistic Society, 1976, S. 349. s. Indogermanische Forschungen, Bd. 75, 1970, S. 105 — 106. vgl. The Reconstruction of Particles and Syntax, in: Historical Syntax, ed. J. F i s i a k, The Hague 1984, S. 173f. vgl. meine Analyse von albanisch tek ,zu', in: Zeitschrift für celtische Philologie, Bd. 37 (1979), S. 170—173. Ich glaube, eine solche Herkunft ist auch für das lateinische Relativpronomen vorauszusetzen, doch dies soll einem anderen Artikel vorbehalten bleiben.
Z. Slaw. 34 (1989) 2, 2 1 0 - 2 1 2
J. Palionis
Zur Entstehung der Wörter aukä ,Opfer' und auköti
,opfern'
K . Büga und seine Nachfolger, die später wirkenden Linguisten P . Skardzius, E . Fraenkel u. a. 1 , waren geneigt, das Wort aukä mit der Bedeutung ,Opfer' f ü r eine Neubildung von S. Daukantas zu halten. I m 1. H e f t seines „Wörterbuchs der litauischen Sprache" machte K . Büga sogar darauf aufmerksam, daß „es f ü r einen Linguisten wichtig wäre zu wissen, daß aukä ein von Daukantas geprägtes Wort sei". Jedoch gibt es Fakten, daß dieses Wort in der oben genannten Bedeutung in den Schriftdenkmälern auch früher, noch vor Daukantas, gebraucht wurde. Es ist um 1720 in einer Sammlung der von einer unbekannten Person in Siauliai gehaltenen Predigten fixiert, von J . Birziska als „Contiones litvanicae" 2 betitelt, die jetzt in der Handschriftenabteilung der V.-Kapsukas-Universität Vilnius (Fond I, D 23)3 aufbewahrt wird. I n der 22. Predigt (Concio Litvanica pro Dominica 22 post Pentecosten) finden wir folgenden Satz: „Praszau jusu waykialay mana, tegul miayle Wieszpaties diewa szyrdij jusu kaip didziausia auka, b a t a y tasay czynsius nuog musu bus jam wdzi/cznas . . . " Obwohl dieser Satz nicht ganz vollständig ist (es fehlt die Kopula), ist daraus ersichtlich, daß das Wort aukä entweder in der Bedeutung altlit. apiera, dt. ,Opfer' oder in der nahestehenden Bedeutung lit. dovana, dt. ,Gabe' gebraucht wurde. D a ß aukä am ehesten ein altes Wort der Volkssprache ist, zeigen auch seine verbalen Ableitungen auküoti, auköti, aukduti. Die erste von diesen drei Ableitungen ist bereits in der Handschrift der Bibelübersetzung von J . Bretkünas in der Bedeutung ,schaukeln, weben' 4 fixiert: Bei imk krutis Awino papildijimo Aarono, ir kilnok (oben unterstrichen: aukük) t a t a i po akim Pono (II Moses 29, 26) 5 . In der gleichen Bedeutung, d. h. ,schaukeln, weben', poln. piastowai ,auf den Armen tragen, warten', kommt das Verb auküoti auch in der „Postille" von M. Dauksa (1599) einmal vor: kurjai auküdamas ir glapjtidamas ana ßwentqij k u d i k e l j . . . paläimino ii 430, 13, und zweimal kommt es im Buch von Jaugelis-Telega „ K n y g a nobaznystes" (1653) vor: 0 yr ant ranku aukuoty 79, 8; Kurio JoJtas a m 3 i n u o j a / Ta Panna cia aukuojä 136, 13. I m Akademie-Wörterbuch der litauischen Sprache (2. Aufl. 1968) ist auküoti mit Belegen aus den „Jahreszeiten" des K . Donelaitis, dem Wörterbuch von A. J u s k a , der Sammlung der litauischen Hochzeitslieder („Lietuviu svodbines dainos") und außerdem aus der Umgebung von Sakiai fixiert. Schon in einer dem gegenwärtigen Gebrauch näherstehenden Bedeutung, nämlich
1
2
3
4
6
s . K . B ü g a ; Rinktiniai rastai, t. I, Vilnius 1958, S. 3 5 6 - 3 5 7 ; t. I I I , Vilnius 1961, S. 81; Pr. S k a r d z i u s , Lietuviij kalbos í o d í i i j daryba, Vilnius 1941, S. 586—587, 592; E. F r a e n k e l , Litauisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, Göttingen 1962, S. 24 — 25; vgl. weiter: Lietuviij kalbos zodynas, t. I (Red.: J . B a l i i k o n i s ) , Vilnius 1941, S. 386. s. bei V. B i r z i s k a , Lietuviij bibliografía, Teil IV (I. Teil, Dritte Ergänzungen), Kaunas 1935, S. CCXVI. ausführlicher bei J. P a l i o n i s , Del „Contiones Litvanicae" kalbos, in: Kalbotyra X X I I I / 1 (1971), S. 3 5 - 4 7 . P. Hermann bemerkt, daß M. Luther das Verb weben in der Bedeutung ,hin und her schwingen' gebrauchte (s. P. H e r m a n n , Deutsches Wörterbuch, Halle [Saale] 1960, S. 725). In den Bibeltexten (BB) wird mit der ersten arabischen Ziffer der Abschnitt und mit der zweiten das Kapitel bezeichnet.
Z. Slaw. 34 (1989) 2, 2 1 0 - 2 1 2
J. Palionis
Zur Entstehung der Wörter aukä ,Opfer' und auköti
,opfern'
K . Büga und seine Nachfolger, die später wirkenden Linguisten P . Skardzius, E . Fraenkel u. a. 1 , waren geneigt, das Wort aukä mit der Bedeutung ,Opfer' f ü r eine Neubildung von S. Daukantas zu halten. I m 1. H e f t seines „Wörterbuchs der litauischen Sprache" machte K . Büga sogar darauf aufmerksam, daß „es f ü r einen Linguisten wichtig wäre zu wissen, daß aukä ein von Daukantas geprägtes Wort sei". Jedoch gibt es Fakten, daß dieses Wort in der oben genannten Bedeutung in den Schriftdenkmälern auch früher, noch vor Daukantas, gebraucht wurde. Es ist um 1720 in einer Sammlung der von einer unbekannten Person in Siauliai gehaltenen Predigten fixiert, von J . Birziska als „Contiones litvanicae" 2 betitelt, die jetzt in der Handschriftenabteilung der V.-Kapsukas-Universität Vilnius (Fond I, D 23)3 aufbewahrt wird. I n der 22. Predigt (Concio Litvanica pro Dominica 22 post Pentecosten) finden wir folgenden Satz: „Praszau jusu waykialay mana, tegul miayle Wieszpaties diewa szyrdij jusu kaip didziausia auka, b a t a y tasay czynsius nuog musu bus jam wdzi/cznas . . . " Obwohl dieser Satz nicht ganz vollständig ist (es fehlt die Kopula), ist daraus ersichtlich, daß das Wort aukä entweder in der Bedeutung altlit. apiera, dt. ,Opfer' oder in der nahestehenden Bedeutung lit. dovana, dt. ,Gabe' gebraucht wurde. D a ß aukä am ehesten ein altes Wort der Volkssprache ist, zeigen auch seine verbalen Ableitungen auküoti, auköti, aukduti. Die erste von diesen drei Ableitungen ist bereits in der Handschrift der Bibelübersetzung von J . Bretkünas in der Bedeutung ,schaukeln, weben' 4 fixiert: Bei imk krutis Awino papildijimo Aarono, ir kilnok (oben unterstrichen: aukük) t a t a i po akim Pono (II Moses 29, 26) 5 . In der gleichen Bedeutung, d. h. ,schaukeln, weben', poln. piastowai ,auf den Armen tragen, warten', kommt das Verb auküoti auch in der „Postille" von M. Dauksa (1599) einmal vor: kurjai auküdamas ir glapjtidamas ana ßwentqij k u d i k e l j . . . paläimino ii 430, 13, und zweimal kommt es im Buch von Jaugelis-Telega „ K n y g a nobaznystes" (1653) vor: 0 yr ant ranku aukuoty 79, 8; Kurio JoJtas a m 3 i n u o j a / Ta Panna cia aukuojä 136, 13. I m Akademie-Wörterbuch der litauischen Sprache (2. Aufl. 1968) ist auküoti mit Belegen aus den „Jahreszeiten" des K . Donelaitis, dem Wörterbuch von A. J u s k a , der Sammlung der litauischen Hochzeitslieder („Lietuviu svodbines dainos") und außerdem aus der Umgebung von Sakiai fixiert. Schon in einer dem gegenwärtigen Gebrauch näherstehenden Bedeutung, nämlich
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s . K . B ü g a ; Rinktiniai rastai, t. I, Vilnius 1958, S. 3 5 6 - 3 5 7 ; t. I I I , Vilnius 1961, S. 81; Pr. S k a r d z i u s , Lietuviij kalbos í o d í i i j daryba, Vilnius 1941, S. 586—587, 592; E. F r a e n k e l , Litauisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, Göttingen 1962, S. 24 — 25; vgl. weiter: Lietuviij kalbos zodynas, t. I (Red.: J . B a l i i k o n i s ) , Vilnius 1941, S. 386. s. bei V. B i r z i s k a , Lietuviij bibliografía, Teil IV (I. Teil, Dritte Ergänzungen), Kaunas 1935, S. CCXVI. ausführlicher bei J. P a l i o n i s , Del „Contiones Litvanicae" kalbos, in: Kalbotyra X X I I I / 1 (1971), S. 3 5 - 4 7 . P. Hermann bemerkt, daß M. Luther das Verb weben in der Bedeutung ,hin und her schwingen' gebrauchte (s. P. H e r m a n n , Deutsches Wörterbuch, Halle [Saale] 1960, S. 725). In den Bibeltexten (BB) wird mit der ersten arabischen Ziffer der Abschnitt und mit der zweiten das Kapitel bezeichnet.
J . PALIONIS,
Aukà und aukoti
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in der Bedeutung ,heben', lit. kilnoti, wird das Wort auhuoti in den 1735 (B1) und 1755 (B 2 ) 5a im ehemaligen Ostpreußen erschienenen Bibelübersetzungen gebraucht, vgl.: Lygey kaip jis tai a u k ü j ' nù jâucio, dèkawonès = apieroj' (III Moses 4, 10). Hier k o m m t auch die verbale Ableitung aukavimas ,Hebe' vor, die in Einzelfällen die erste Komponente des Kompositums aukavimo petys ,Hebe»Schulter' bildet : O deßine p e t j tur klebonas dût aukavimui / Und die rechte Schulter Jollen Jie dem Priejter geben zur Hebe von ihren DanksOpfern LB 6 / (B 1 , I I I Moses 7, 32) ; Nèja Jubojimo»krutinne bey a u k a w i m o p e t i aß èmjau nù waiku l3raelio / Denn die Webe»BruJt und die Hebe» Schulter habe ich genommen von den Kindern IJrael LB/ (ebd., 7, 34) ; Né/a aukâwimo» pétis bey Jubojimoikrutinne pri apierû t a u k û tarn atneßamös / Denn die Hebe»Schulter und die W e b o B r u J t zu den Opfern des Fettes, werden gebracht LB/ (ebd., 10, 15). Das Verb aukoti wurde nur in drei litauischen Texten in der Zeit vor D a u k a n t a s beobachtet: in der Handschrift der Bibelübersetzung von J . Bretkünas sowie in den Bibelausgaben aus den J a h r e n 1735 und 17557. I m Text von J . Bretkünas ist die Partizipialform aukoiamanghi dieses Verbs fixiert: Bei türri teipo pajchwenjti kilnoghimo/unterstrichen, oben in eckigen Klammern : Krutinimo/Kruti/korrigiert aus Krutis, am R a n d : aukoiamanghi, unterstrichen: aukaüwamo, hinzugefügt: Webebrujt, Hebejchulter (II Moses 29, 27). Hier war, wie die am R a n d hinzugefügten deutschen Entsprechungen aus der Lutherischen Bibel zeigen, die Bedeutung von aukoti mit der des aus Bibelübersetzungen des 18. J a h r h u n d e r t s stammenden Wortes aukauti, nämlich ,heben, weben', identisch. I n den Bibeltexten aus den J a h r e n 1735 und 1755 wurde aukoti ebenfalls nur einmal fixiert, und zwar nur in der Bedeutung ,heben' : Wien's tur aukôt, Ja wo rankôs Jâuje plonû kwiec3mileciû / Es soll einer heben eine H a n d voll Semmel» Mehls L B / I I I Moses 6, 15. Das alte Wort auka, dessen primäre Bedeutung ,Hebung, Hebe' (von entsprechenden f ü r Götter bestimmten Gegenständen) gewesen sein könnte, wurde nach der Übernahme des Christentums von dem polnischen afieraf/apiera (altpoln. ofiera) verdrängt. Diese Entlehnung wurde als ein bestimmter kanonisierter religiöser Terminus von den Autoren der ersten litauischen Schriften (M. Mazvydas, M. Dauksa, M. Petkevicius u. a.) eingeführt. Zusammen mit afieraj/apiera haben sich die Ableitungen afieravoti//apieravoti, afieravojimas/¡apieravojimas u. a. verbreitet. Demzufolge gibt es keinen einleuchtenden Grund, weder auka noch aukoti (resp. aukauti, aukuoti) f ü r eine „ E r f i n d u n g von D a u k a n t a s " — wie K . Büga 8 schrieb — zu halten. Diese Wörter konnte S. D a u k a n t a s aus der Umgangssprache seiner Zeit übernehmen, vor allem aus der Sprache der Vertreter der alten 2emaitengeneration, die diese Wörter in der Bedeutung ,das Heben, Weben', vielleicht sogar in der engeren Be-
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B 1 = Biblija, tai esti visas sventes rastas seno . . . Berlyne 1931; B 2 (su teksto nurodymaia) = 1913 — 1937 m. lietuviskas biblijos vertimas. LB = Biblia, Das i / t : Die ganze Heilige Schrift Alten und Neuen Te/taments, Nach der Über/etzung mit den Vorreden und Randglo//en D. Martin Luthers . . . Tübingen . . . 1729. Es ist zu bemerken, daß wegen der Verwechslung von o/uo es nicht möglich ist, kategorisch zu entscheiden, an welcher Stelle des Textes aukoti und an welcher auküti steht (vgl. die Wortformen Fut. 1. dofiu [BB II Moses 6, 8] und Präs. 1. dümi [ebd., III Moses 14, 34]; 1. PI. Mask. Krauioja [BB, III Moses, 12, 5] und Namuja [ebd., II Moses 12, 7]; laukoja [B 1 , B 2 , II Moses,
1, 14] und darjüja [ebd.]).
K. B ü g a , Rinktiniai rastai, t. I, S. 356. Z. S l a w i s t i k , B d . 34, H . 2
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Z. Slaw. 34 (1989) 2
deutung ,das Heben bestimmter Dinge zu den Göttern, das Opfern' gebraucht haben. D a ß aukä ein altes Wort aus der lebendigen Sprache ist, zeigen zwar selten, aber auch in unserer Zeit vorkommende und erhalten gebliebene Eigennamen: a) die Ortsnamen Aülcalcalnis9 — ein Berg in der Umgebung von Daugai und Aükrakstis10 — ein Dorf im R a y o n Alytus, b) die Hydronyme Auküpe — ein kleiner Fluß in der Umgebung von Kedainiai 1 1 und Aükupis — ein F l u ß in der Umgebung von Dotnuva, in der Umgebung von Krekenava und in der Umgebung von Anyksciai 12 und c) der Personenname Aukünas — ein Familienname 1 3 . Auch K . Büga hat auka in der Wortverbindung aukos kälnas aus der lebendigen Sprache der nordwestlichen Ecke des ehem. Kreises Telsiai erwähnt. Seiner Meinung nach soll die primäre Bedeutung dieser Wortverbindung dort ,Hügel, auf dessen Gipfel ein heiliger Hain war' 14 , gewesen sein. Jedoch in Anbetracht des in einigen Mundarten vorkommenden sporadischen Wechsels von ¡1/ und /«,/ war K . Büga geneigt, das Wort aukä mit alka und alkas zusammenzubringen und zu vermuten, daß das Wort auka in D a u k a n t a s ' Schriften aus alka, alkas entstanden sei 16 . An solch einer Deutung der Entstehung von auka zweifelte seinerzeit P. Skardzius, als er schrieb, daß „das zemaitische velarisierte l nicht so hart wie das der Ostaukstaiten sei, deshalb finden wir keine zuverlässigen F a k t e n f ü r den Wechsel al zu au in zemaitischen Mundarten" 1 6 . Aus diesem Grunde vermutete er, daß Daukantas, als er auka bildete, nicht nur alkas, alka, sondern auch andere ähnlich lautende Wörter, z. B. auküoti ,heben', vor Augen gehabt haben konnte 1 7 . P . Skardzius bezog in seine „Wortbildung" noch die Wörter dudra / dldra, nach deren Muster S. D a u k a n t a s seine Bildungen vornahm, ein 18 , aber das war eine Erklärung ignotum per ignotum. Die dargelegten Fakten zeigen meiner Meinung nach deutlich die volkstümliche H e r k u n f t von auka. Wenn m a n auka f ü r ein Wort aus der Volkssprache hält, das primär die Bedeutung ,das Heben, Schaukeln' hatte, so erscheint auch der Bezug von auka zu dukle ,eine, die Kinder schaukelt' (lett. aükle)19 als selbstverständlich, wobei man es f ü r eine Ableitung mit Suffix -le halten k a n n und von dem seinerseits mehrere Wörter (äukleti, duklinti, duklioti u. a.) abgeleitet sind. Übersetzt von E.-J. Bukeviciüte 9
P. S k a r d i i u s , 2od2hj daryba, Vilnius 1941, S. 442. B. Savukynas, Ezerij vardai, in: Lietuviij kalbotyros klausimai III, Vilnius 1960, S. 298. ebd.; außerdem bei A. V a n a g a s , Lietuviij hidroniimj etimologinis zodynas, Vilnius 1981, S. 52. 12 A. V a n a g a s , a. a. O. 13 B. S a v u k y n a s , a. a. O. 14 K. B ü g a , Rinktiniai rastai, t. I, S. 357. " ebd. 16 P. S k a r d i i u s , Rez. zu S. D a u k a n t a s , Derbay senuju Lituwiu yr ¿emayeziu 1822, Kaunas 1929, in: Archivum Philologicum VI, S. 198. 17 ebd. 18 P. S k a r d i i u s , Zodfciij daryba, S. 587. " s. E. F r a e n k e l , Litauisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 24. 10 11
Z. Slaw. 34 (1989) 2, 2 1 3 - 2 1 6
V. D r o t v i n a s
Das „Lexicón Lithuanicum': Die Handschrift und ihre
Edition
Die ältesten Denkmäler der litauischen Lexikographie s t a m m e n aus dem 1. Viertel des 17. J h . 1 E s liegen zwar mehrere historisch-lexikographische U n t e r s u c h u n g e n vor, eine Geschichte der litauischen Lexikographie steht jedoch noch aus. Die Wörterbücher aus Preußisch-Litauen stellen ein wichtiges K a p i t e l in der Geschichte der litauischen Lexikographie d a r . I h r e Anfänge sind genauso alt wie die Lexikographie im G r o ß f ü r s t e n t u m L i t a u e n . Aus der 1. H ä l f t e des 17. J h . sind n u r einige wenige litauische W ö r t e r b ü c h e r aus dem vormaligen Ostpreußen erhalten gebheben. Aus verschiedenen G r ü n d e n sind diese W ö r t e r b ü c h e r a m wenigsten erforscht, a u ß e r d e m ist über sie h e u t e n u r wenig b e k a n n t . Voraussetzung f ü r die E n t s t e h u n g litauischer philologischer Arbeiten waren die Bem ü h u n g e n der preußischen Regierung, die Verbreitung des P r o t e s t a n t i s m u s u n t e r d e n litauischen B a u e r n zu fördern. Der weitere F o r t s c h r i t t des p r o t e s t a n t i s c h e n S c h r i f t t u m s , der Gebrauch der litauischen Sprache in Kirche, Schule u n d Gericht war auf D a u e r o h n e spezielle L e h r m i t t e l des Litauischen nicht d e n k b a r . Gerade u m die E r a r b e i t u n g solcher L e h r m i t t e l handelt es sich in d e m Protokoll des Recessus generalis („Allgemeine Verordnungen") 2 der 1638 erfolgten Visitation der litauischen Gemeinden. Die P f a r r e r der litauischen Gemeinden wurden v e r p f ü c h t e t , eine kurze G r a m m a t i k sowie ein W ö r t e r b u c h der häufigsten u n d schwierigsten W ö r t e r zu schreiben. D e r P f a r r e r von GroßR u d u p e n e n , K r i s t ü p a s S a p ü n a s , war der erste, der sich auf diesen Aufruf hin meldete u n d u m 1643 eine bereits fertige litauische G r a m m a t i k u n d vermutlich ein lateinischlitauisches W ö r t e r b u c h — den sog. Nomenciator — erarbeitet h a t t e , die er 1651 der U n i v e r s i t ä t Königsberg überreichte. Die G r a m m a t i k von S a p ü n a s h a t Theophil G o t t heb Schulz zum D r u c k vorbereitet u n d erst 1673 herausgegeben, während das W ö r t e r buch unveröffentlicht blieb u n d über sein weiteres Schicksal nichts b e k a n n t ist 3 . Manus k r i p t e eines litauischen W ö r t e r b u c h s u n d zweier G r a m m a t i k e n h a t a u c h Daniel Klein d e m K u r f ü r s t e n von B r a n d e n b u r g , der gleichzeitig Herzog von P r e u ß e n war, überreicht. Seine G r a m m a t i k e n sind erschienen 4 , das W ö r t e r b u c h aber w u r d e aus unerfindlichen G r ü n d e n nicht veröffentlicht. D a s W ö r t e r b u c h selbst ist h e u t e u n b e k a n n t . E s gibt a u c h wenig Ä u ß e r u n g e n von Zeitgenossen d a r ü b e r . Bis zum heutigen T a g aber wird d a s W ö r t e r b u c h von D . Klein o f t m i t d e m aus d e m 17. J h . als H a n d s c h r i f t erhalten gebliebenen lexikographischen D e n k m a l „Lexicón L i t h u a n i c u m " in der litauischen Philologie
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zum ersten gedruckten litauischen Wörterbuch s. Näheres bei K. P a k a l k a , K. Sirvydo ,,Dictionarium trium linguarum", — Pirmasis lietuviij kalbos iodynas, — Vilnius 1979, S. 13 — 82. Recessvs generalis Der Kirchen Visitation In/terburgischen vnd anderer Littawi/chen Embter im Hertzogthumb Preu//en, Königsberg, De Anno 1639. Compendium grammaticae Litvanicae ... Regiomonti, 1673. Ausführlicher bei P i l y p a s R u i g y s , Lietuviij kalbos kilmes, büdo ir savybin tyrinejimas, Vilnius 1986, S. 463 (Erläuterungen S. 147 f.). Grammatica Litvanica edita . . . ä M. Daniele Klein . . . Regiomonti . . . ; M. Danielis Kleinii Compendium Litvanico-Germanicum ... Königsberg. M.DC.LIV., dazu auch Pirmoji lietuviij kalbos gramatika. 1653 metai, Vilnius 1957.
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Z. Slaw. 34 (1989) 2, 2 1 3 - 2 1 6
V. D r o t v i n a s
Das „Lexicón Lithuanicum': Die Handschrift und ihre
Edition
Die ältesten Denkmäler der litauischen Lexikographie s t a m m e n aus dem 1. Viertel des 17. J h . 1 E s liegen zwar mehrere historisch-lexikographische U n t e r s u c h u n g e n vor, eine Geschichte der litauischen Lexikographie steht jedoch noch aus. Die Wörterbücher aus Preußisch-Litauen stellen ein wichtiges K a p i t e l in der Geschichte der litauischen Lexikographie d a r . I h r e Anfänge sind genauso alt wie die Lexikographie im G r o ß f ü r s t e n t u m L i t a u e n . Aus der 1. H ä l f t e des 17. J h . sind n u r einige wenige litauische W ö r t e r b ü c h e r aus dem vormaligen Ostpreußen erhalten gebheben. Aus verschiedenen G r ü n d e n sind diese W ö r t e r b ü c h e r a m wenigsten erforscht, a u ß e r d e m ist über sie h e u t e n u r wenig b e k a n n t . Voraussetzung f ü r die E n t s t e h u n g litauischer philologischer Arbeiten waren die Bem ü h u n g e n der preußischen Regierung, die Verbreitung des P r o t e s t a n t i s m u s u n t e r d e n litauischen B a u e r n zu fördern. Der weitere F o r t s c h r i t t des p r o t e s t a n t i s c h e n S c h r i f t t u m s , der Gebrauch der litauischen Sprache in Kirche, Schule u n d Gericht war auf D a u e r o h n e spezielle L e h r m i t t e l des Litauischen nicht d e n k b a r . Gerade u m die E r a r b e i t u n g solcher L e h r m i t t e l handelt es sich in d e m Protokoll des Recessus generalis („Allgemeine Verordnungen") 2 der 1638 erfolgten Visitation der litauischen Gemeinden. Die P f a r r e r der litauischen Gemeinden wurden v e r p f ü c h t e t , eine kurze G r a m m a t i k sowie ein W ö r t e r b u c h der häufigsten u n d schwierigsten W ö r t e r zu schreiben. D e r P f a r r e r von GroßR u d u p e n e n , K r i s t ü p a s S a p ü n a s , war der erste, der sich auf diesen Aufruf hin meldete u n d u m 1643 eine bereits fertige litauische G r a m m a t i k u n d vermutlich ein lateinischlitauisches W ö r t e r b u c h — den sog. Nomenciator — erarbeitet h a t t e , die er 1651 der U n i v e r s i t ä t Königsberg überreichte. Die G r a m m a t i k von S a p ü n a s h a t Theophil G o t t heb Schulz zum D r u c k vorbereitet u n d erst 1673 herausgegeben, während das W ö r t e r buch unveröffentlicht blieb u n d über sein weiteres Schicksal nichts b e k a n n t ist 3 . Manus k r i p t e eines litauischen W ö r t e r b u c h s u n d zweier G r a m m a t i k e n h a t a u c h Daniel Klein d e m K u r f ü r s t e n von B r a n d e n b u r g , der gleichzeitig Herzog von P r e u ß e n war, überreicht. Seine G r a m m a t i k e n sind erschienen 4 , das W ö r t e r b u c h aber w u r d e aus unerfindlichen G r ü n d e n nicht veröffentlicht. D a s W ö r t e r b u c h selbst ist h e u t e u n b e k a n n t . E s gibt a u c h wenig Ä u ß e r u n g e n von Zeitgenossen d a r ü b e r . Bis zum heutigen T a g aber wird d a s W ö r t e r b u c h von D . Klein o f t m i t d e m aus d e m 17. J h . als H a n d s c h r i f t erhalten gebliebenen lexikographischen D e n k m a l „Lexicón L i t h u a n i c u m " in der litauischen Philologie
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zum ersten gedruckten litauischen Wörterbuch s. Näheres bei K. P a k a l k a , K. Sirvydo ,,Dictionarium trium linguarum", — Pirmasis lietuviij kalbos iodynas, — Vilnius 1979, S. 13 — 82. Recessvs generalis Der Kirchen Visitation In/terburgischen vnd anderer Littawi/chen Embter im Hertzogthumb Preu//en, Königsberg, De Anno 1639. Compendium grammaticae Litvanicae ... Regiomonti, 1673. Ausführlicher bei P i l y p a s R u i g y s , Lietuviij kalbos kilmes, büdo ir savybin tyrinejimas, Vilnius 1986, S. 463 (Erläuterungen S. 147 f.). Grammatica Litvanica edita . . . ä M. Daniele Klein . . . Regiomonti . . . ; M. Danielis Kleinii Compendium Litvanico-Germanicum ... Königsberg. M.DC.LIV., dazu auch Pirmoji lietuviij kalbos gramatika. 1653 metai, Vilnius 1957.
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Z. Slaw. 84 (1989) 2
identifiziert. Letzteres ist das Manuskript eines deutsch-litauischen Wörterbuchs (Format 17 X 21,2 cm, 226 S.). Es befand sich in der Handschriftensammlung des Staatsarchivs Königsberg. Als bibliographisches Objekt und lexikographische Quelle ist das Wörterbuch nicht neu. Die Kommission des litauischen Wörterbuchs in K a u n a s ließ dieses Wörterbuch, so wie einige andere zweisprachige Wörterbücher aus dem 17. und 18. .Jh., in den J a h r e n zwischen den beiden Weltkriegen nach K a u n a s kommen. Die Kommission zur Bergung lituanistischer Kostbarkeiten 5 entdeckte das Original des „Lexicon Lithuanicum" zusammen mit K . Donelaitis' Handschriften und anderen Unikaten 1946 im Schloß Lochstädt. Heute befindet sich das Wörterbuch in der Zentralbibliothek der Akademie der Wissenschaften der Litauischen SSR, die auch die Initiative ergriff, die Edition des „Lexicon Lithuanicum" vorzubereiten 6 . Bisher wurde das Wörterbuch weder lexikographisch noch historisch erforscht. Sowohl der Autor als auch das D a t u m der Fertigstellung des „Lexicon Lithuanicum" sind nicht bekannt. I m Wörterbuch selbst fehlen diese Angaben. Das Titelblatt, von dem der Name „Lexicon Lithuanicum" s t a m m t , ist jünger als der Text des Wörterbuchs. Er ist mit dem J a h r 1718 datiert. Zur Präzisierung der Entstehungszeit des „Lexicon Lithuanicum" — oder seiner Kopie — hat die von uns durchgeführte Analyse der Wasserzeichen auf dem Papier des Wörterbuchoriginals beigetragen. Das Wörterbuch ist auf Dreifinkenpapier geschrieben, dessen Wasserzeichen aus einer Kombination von drei Eicheln mit Finken sowie den Buchstaben S und H besteht. Derartiges Papier wurde 1632 —1658 in den Papiermühlen in Unter- und Oberecker gefertigt, die Severin Heinrich und seinem Sohn gehörten. Demzufolge wurde das „Lexicon Lithuanicum" frühestens nach 1639, d. h. nach dem Erscheinen des „Recessus generalis", geschrieben, d. h., es weist das gleiche Alter wie die Grammatik und das Wörterbuch von D. Klein auf. Schon 1922 wurde von G. Gerullis die Meinung geäußert, daß es sich bei dem „Lexicon Lithuanicum" um eine Kopie des Wörterbuchs von D . Klein handele und das Original selbst vermutlich verlorengegangen sei 7 . Dieser Ansicht hat V. Falkenhahn nicht widersprochen. J . Palionis hielt die Identifizierung des Wörterbuchs von D. Klein mit dem „Lexicon Lithuanicum" f ü r sehr fraglich. Die Identifizierung des „Lexicon Lithuanicum" mit dem Wörterbuch von D. Klein ohne die Vorlage des Textes des letzteren ist heute nicht mehr möglich. Schließlich ist auch nicht bekannt, welche Sprachen das Wörterbuch von D. Klein u m f a ß t e : Litauisch — Deutsch, Lateinisch — Litauisch oder ähnliche. Trotzdem besteht die Tradition, das „Lexicon Lithuanicum" mit dem Wörterbuch von D. Klein zu identifizieren, fort. W e n n das „Lexicon Lithuanicum" eine Kopie des Wörterbuchs von D. Klein wäre, m ü ß t e seine Schreibung mit der der „Grammatica Litvanica" und des „Compendium Litvanico-Germanicum" übereinstimmen. Der Vergleich der Schreibung — vor allem der doppelten und einfachen Schreibung der Konsonanten — zeigt, daß das „Lexicon Lithuanicum" vermutlich ohne Einfluß der Grammatiken von D. Klein entweder 5
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J. J u r g i n i s , Karaliauöiaus lituanikos likimas, in: Pergale, 2/1978, S. 144—151; ders., Teutonij ordino archyvo likimas, in: Mokslas ir gyvenimas, 10/1987, S. 18f. Lexicon Lithuanicum: Rankrastinis X V I I a. vokieiiij-lietuviij kalbij zodynas / Lietuvos TSR Mokslij Akademijos Centrale biblioteka; Einleitung, Transliteration des Wörterbuchtextes und Wortregister von V. D r o t v i n a s ; Redaktionsgruppe: A. I v a s k e v i c i u s (Leitung) u. a., Vilnius 1987. G. G e r u l l i s , Das Lexicon Lithuanicum Daniel Kleins, in: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung, Bd. 50, 1922, S. 233.
V.
DROTVINAS,
Das „Lexicon Lithuanicum"
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früher, d. h. noch vor D. Klein, oder gleichzeitig, aber selbständig verfaßt worden ist. Das Fehlen von genauen Angaben über das Wörterbuch von D. Klein, die kritische Interpretation früherer Fakten sowie der Vergleich der Schreibungen im „Lexicon Lithuanicum" und in den Arbeiten Kleins verbieten, das „Lexicon Lithuanicum" als eine Kopie des Wörterbuchs von D. Klein anzusehen. Vorläufig können wir das „Lexicon Lithuanicum" nur als ein anonymes deutsch-litauisches Wörterbuch bezeichnen. Aus graphologischer Sicht schließen wir anhand von drei unterschiedlichen Handschriften, daß das „Lexicon Lithuanicum" von drei Autoren geschrieben wurde. Der Hauptteil des Manuskripts — 185 Seiten — ist von e i n e m Autor verfaßt worden. Zu dieser Seitenzahl kommt jedoch noch ein Zusatz von zwei weiteren Autoren hinzu. Ob das Wörterbuch von einem anderen (älteren?) Text abgeschrieben (bzw. umgeschrieben?) wurde, läßt sich nur vermuten (bisher ist der Prototyp eines solchen Wörterbuchs nicht bekannt). Das „Lexicon Lithuanicum" enthält als Zusatz 390 deutsche Sprichwörter mit 459 litauischen Entsprechungen. Die Ergänzungen sowie der Text sind von derselben Person, d. h. vermutlich auch zur gleichen Zeit geschrieben worden. Dies alles läßt den Schluß zu, daß die Handschrift des „Lexicon Lithuanicum" als Ergebnis der Zusammenarbeit eines unbekannten Autors und zweier ebenfalls unbekannter Helfer in der 1. Hälfte des 17. Jh. entstanden ist. Die Bearbeiter des Wörterbuchs waren wahrscheinlich protestantische Pfarrer aus Ostpreußen, von denen mehrere an der Vervollkommnung des litauischen Schrifttums und der litauischen Sprache interessiert waren, die Notwendigkeit der Schaffung eines litauischen Wörterbuchs verstanden hatten und imstande waren, ein solches Wörterbuch zu verfassen, und die versuchten, dieses Vorhaben — individuell oder gemeinsam — zu verwirklichen. Das „Lexikon Lithuanicum" hat einen Gesamtumfang von 9200 deutschen Wörtern und 7200 litauischen Entsprechungen. Nach der Zahl der litauischen Wörter ist es größer als die erste Auflage des Wörterbuchs von K. Sirvydas (6000 Wörter) sowie als das erste gedruckte deutsch-litauische Wörterbuch von F. W. Haack aus dem Jahre 1730 (etwa 5000 Wörter). Das Wörterbuch hat keine spezielle Bestimmung, sein Inhalt ist allgemein und universell. Sein deutschsprachiges Stichwortverzeichnis verfolgte das Ziel, die Grundbegriffe der Natur, des Alltagslebens und der gesellschaftlichen Verhältnisse in litauischer Sprache wiederzugeben. Ob das Stichwortverzeichnis des „Lexicon Lithuanicum" authentisch ist oder ob es nach anderen Wörterbüchern jener Zeit zusammengestellt wurde, ist bisher noch nicht untersucht worden. Die eigentliche Lexik des Wörterbuchs ist nicht durchgehend unikal. Die Mehrheit der Wörter findet man bereits in Schriften aus dem 16. Jh. Wir erfahren jedoch gleichzeitig aus dem „Lexicon Lithuanicum", daß mehrere Wörter zum ersten Mal bereits im 17. Jh. und nicht erst im 18. Jh. fixiert wurden. Somit ist das „Lexicon Lithuanicum" auch in dieser Hinsicht von Bedeutung. Zu jener Zeit gab es in Ostpreußen in litauischer Sprache nur protestantische Schriften und Regierungserlasse. Das „Lexicon Lithuanicum" erweiterte die Sphäre des litauischen Sprachgebrauchs. Wohl zum ersten Mal bekam die litauische Sprache Gestalt in einem philologischen Werk, einem Wörterbuch. Es wurde versucht, die litauische Sprache von der Umgangssprache auf das Niveau einer Kultursprache zu heben. Die eigentliche litauische Lexik des Wörterbuchs wurde der Lexik der deutschen Sprache mit ihren älteren literarischen Traditionen angeglichen. Das „Lexicon Lithuanicum" repräsentiert den Beginn der lexikographischen Bearbeitung des Litauischen in Ostpreußen und stellt ein bedeutsames Gegengewicht zum ersten Wörterbuch des Litauischen im Großfürstentum Litauen dar. Die deutschen
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Stichwörter — sowohl Autosemantika als auch Synsemantika — haben manchmal mehrere litauische Entsprechungen. Daraus ersieht man, daß der Autor des Wörterbuchs ein guter Kenner des Litauischen war und fähig war, lexikalische Synonyme und Wortbildungsvarianten zu wählen. Im übrigen werden im Wörterbuch, so wie oft auch in vielen lexikographischen Werken jener Zeit, die flektierten Wörter fast „nackt" angeführt : Bei den Substantiven wird nur der Nominativ und bei den Verben nur der Infinitiv angegeben. Die Wörter und ihre Formen werden gewöhnlich ohne Beispiele angeführt. Das Wörterbuch ist in der ostpreußischen Mundart des Litauischen geschrieben, die der südlichen Mundart des westaukstaitischen Dialekts sehr nahesteht, die später Grundlage der nationalen litauischen Literatursprache wurde. Wenn das Wörterbuch gedruckt worden wäre, hätte es einen entscheidenden Beitrag zur Durchsetzung der südlichen westaukstaitischen Mundart in den Schriften jener Zeit leisten können. Das „Lexicon Lithuanicum" ist für die heutige Generation ein Denkmal der Vergangenheit der litauischen Sprache und des Teils der litauischen Bevölkerung, der im ehemaligen Ostpreußen lebte. Auch heute, 350 Jahre nach der Schaffung des Wörterbuchs, kann man aus ihm viel über die materielle und geistige Kultur der Preußisch-Litauer — der Lietuvininkai — erfahren. Das „Lexicon Lithuanicum" ist nicht nur ein Denkmal der litauischen Lexikographie, sondern auch der Philologie — und im weiteren Sinne ein Denkmal unserer gesamten Kulturgeschichte. Deshalb werden mit der Veröffentlichung des Wörterbuchs zwei Hauptziele verfolgt: Erstens wollen wir durch die Edition die Öffentlichkeit mit wenig bekannten Fakten der litauischen Nationalkultur bekannt machen. Zweitens geht es uns um die Schaffung günstigerer Bedingungen zur Erforschung des Wörterbuchs 8 . Die Publikation erweitert den Kontext der sowjetlitauischen philologischen Wissenschaft. Sie trägt dazu bei, die Traditionen der Erarbeitung von zweisprachigen Wörterbüchern aufzudecken. Sie beleuchtet die wenig erforschte Entwicklung des litauischen philologischen Denkens und den recht verschlungenen Weg der Geschichte der litauischen Lexikographie. Wir wollen hoffen, daß die Forschungsergebnisse des Wörterbuchs die litauische Sprachwissenschaft bereichern werden. Mit der Edition des „Lexicon Lithuanicum" wollten wir zur Verwirklichung des Beschlusses der Internationalen Baltistenkonferenz (Vilnius, 1985) über die Förderung der Untersuchungen und die Veröffentlichung der Denkmäler der baltischen Sprachen beitragen. Die Edition ist außerdem dem bevorstehenden 450. Jubiläum des ersten litauischen Buches, des „Katechismus" von M. Mazvydas, gewidmet. Übersetzt von E.-J. Bukeviciüte 8
zur Autorschaft und zum Entstehungsdatum sowie zur graphologischen Charakteristik und lexikographischen Technik s. V. D r o t v i n a s , „Lexicon Lithuanicum" — rankrastinis X V I I a. vokieöiif-lietuviij kalbij äodynas, in: Lexicon Lithuanicum, Vilnius 1987, S. 7—23.
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G. M i c h e l i n i
Der Artikel im Altpreußischen eine textsemantische
Analyse
In der altpreußischen Übersetzung des Enchiridions wird der deutsche bestimmte Artikel gewöhnlich mit stas, -a übersetzt 1 . Nicht gerade selten wird jedoch der deutsche bestimmte Artikel durch Null (0) wiedergegeben, er bleibt also unübersetzt. Altpreußisches 0 s t a t t des erwarteten stas, -a ist fast ausschließlich in Syntagmen belegt, die durch eine Präposition eingeleitet werden 2 : en (Anaphorische Funktion) endangon (47, 6; 51, 5—6; 57, 16) im Hirnel; en tirtfmu polafinfnan (63, 3—4) am Dritten-, en Tawa noufon (65, 19) KaHpe p a c c n a 3 a 3a nocjieflHHe roflH iiohbmjiocb MHOJKecTBO npoH3Be-
aeHHit, HaimcaHHHX ot nepBoro Jinqa. Ohh nacro ctpohtch b Büße pa3roßopa TOJiOBeKa c caMHM coßoft, B H y T p e H H e r o MOHOJiora, peiJwieKTiipyiomero pa3p;yMbH. AßTop-paccKa3hmk He tojibko nepejjaeT co,n;ep?KaHHe co6hthh, yqacTHHKOM KOToporo oh hbjihgtch, ho h KOMMeHTHpyeT H3HyTpn coöhthh, C B o e HHywoe noBeneHne, CBOHHHyHtne nocTyriKH, lyBCTBa, mhcjih, ou;eHHBaH hx c onpe^ejieHHHX HpaBCTBeHHtix iio3hi;hh."6 Der lebendige Literaturprozeß liefert jedoch Beispiele für noch ganz andere Varianten des inneren Monologs. So ist in Z. Skujins' Erzählung „Sunäkstes elegija" „Elegie von Sunäkste") dieses Gestaltungsprinzip nicht an eine Figur gebunden, deren Positionen mit moralischen Wertungen des Autors möglicherweise übereinstimmen. Dieser Prosaiker wählt für den inneren Monolog die eher negative Gestalt des Teufels, um durch dessen Selbstanalyse die Konstellation der sozialen und individuellen Konflikte seiner Zeit zu erschließen. Auf beiden Zeitebenen der Sujetkonstruktion, vor allem aber in der Zuwendung zum geschichtlichen Stoff, korreliert die Zunahme an ästhetischer Information mit einer 6
9 . IUyßHH, CoBpGMeHHMii pyccKHii paccKa3, JI. 1974, S. 180.
I. WAACK, Zur Struktur der lettischen Erzählung
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Abnahme der faktografischen Information. Trotzdem ist eine gewisse Objektivierung der an sich subjektive Züge tragenden Form des inneren Monologs in der Struktur dieser Erzählung nicht zu übersehen, da Subjektivität der Zentralgestalt kein Pendant zur Subjektivität des Autors darstellt. Die bewußte Distanzierung des Autors erfährt ihre Realisierung im künstlerischen T e x t durch ironische Stilfärbung, wobei hinter dem Schein der Ernsthaftigkeit die Doppeldeutigkeit der Aussage offenkundig wird. I m Erschließen der Gedanken- und Gefühlswelt des Menschen sowie in der Suche nach Bewahrung der Humanität in der geistigen Welt der Persönlichkeit ist die erzählerische Grundhaltung des Prosaikers A . K a l v e stärker von lyrischen Zügen durchdrungen als bei Z. Skujins. Der innere Monolog als konstitutives Strukturelement der Epik erscheint in A . Kalves Erzählungen nicht nur in der Form der ersten Person, sondern häufig auch in der Form der dritten Person. So wird in der Erzählung „Zemäs zvaigznes" ( „ T i e f e Sterne") die Verknüpfung des inneren Monologs mit der retrospektiven Sicht auf die Umwandlungsprozesse im lettischen Dorf der letzten Jahrzehnte realisiert. Vor einem sozial determinierten und geschichtlich nachvollziehbaren Hintergrund werden die wesentlichen Situationen eines individuellen Menschenschicksals markiert. Bezogen auf die Struktur des Erzähltextes ist hinsichtlich der Methode der Analyse die Tatsache bemerkenswert, daß der Autor nicht nur Gedankengänge und Gefühlsregungen des Helden nachvollzieht, sondern auch relativ stark die äußeren Ereignisse und Handlungen berücksichtigt, die jedoch eine gewisse Affinität zu Bewußtseinsprozessen aufweisen. So verläuft der innere Monolog von Vitolds in der genannten Erzählung nicht losgelöst von der Realität, sondern während einer detailliert, mit großer Sachkenntnis dargestellten bäuerlichen Tätigkeit — des Schlachtens eines Schweines. Der Impuls für die Introspektion des Helden geht in diesem Falle nicht von einer außergewöhnlichen bzw. außerordentlichen Situation aus. Die monologische Struktur als Ausdruck einer Besinnung des Helden wird vom Autor psychologisch motiviert, und das auslösende Moment ist im Helden selbst zu suchen. Die Reminiszenzen des Helden lassen zwar ein Panorama der Nachkriegsjahre auf dem Lande entstehen, primär geht es hier jedoch um eine persönliche Lebensbilanz. Die Konstruktion des inneren Monologs ermöglicht einen raschen, fließenden Übergang der verschiedenen Zeitschichten von Ereignissen in der weit zurückliegenden Kindheit und Jugend der Zentralfigur zur unmittelbaren Gegenwart, und von da aus wird ein Ausblick auf die Zukunft seiner Kinder getan. Die Vielfalt der Wirklichkeit — das Naturbild, dialogische Partien, durch tradierte Weisheit des Volkes geprägte verallgemeinernde Erkenntnisse und äußerst glaubwürdige praktische Überlegungen eines Bauern — wird in das Textgewebe des inneren Monologs ohne Verluste für seine Spezifik eingefügt. Beobachtungen dieser Art am Literaturprozeß der 70er und 80er Jahre erlauben, einer weit gefächerten Präsenz des inneren Monologs in der Struktur der lettischen zählung zu sprechen und lassen neben einem schöpferischen Umgang mit seinen währten produktiven Formen auch Erkundungen neuer W e g e und Möglichkeiten kennen.
von Erbeer-
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S. V i e s e
Lettische Volksdichtung aus der Sicht Johann Georg Kohls* Die Anfänge der Veröffentlichung und Popularisierung der lettischen Volkslieder sind eng mit der Tätigkeit fortschrittlicher deutscher Literaten verknüpft. Als erster ist in diesem Zusammenhang J o h a n n Gottfried Herder und seine Sammlung „Stimmen der Völker in Liedern" 1 zu erwähnen. I m zweiten Band dieser Sammlung, die 1779 erschien, sind 11 Übersetzungen lettischer Volkslieder sowie eine Charakteristik der lettischen Volkspoesie zu finden. Zu Beginn des vergangenen J a h r h u n d e r t s wurden mehrere Sammlungen lettischer Volkslieder in lettischer Sprache von deutschen Pastoren, die im Baltikum lebten, herausgegeben. I m J a h r e 1807 wird die „ E r s t e Sammlung letti-" scher Sinngedichte" von Gustav v. Bergmann 2 und die „Palzmarsche Liedersammlung" von Friedrich Daniel Wahr 3 herausgegeben. 1844 erscheinen die von Georg Ludwig Friedrich Büttner zusammengestellten „Lettischen Volkslieder" 4 . Jeder dieser Herausgeber versieht seine Edition mit einer kleinen Einführung in den Charakter der Lieder, äußert sich zu ihrer Bedeutung im Leben des Volkes, bei der Aneignung der lettischen Sprache und beim Verständnis f ü r die Psyche der Letten. Nach unserer Ansicht würde eine eingehende Analyse dieser Vorworte Einzelheiten in der Charakterisierung der lettischen Folklore und Ethnographie zutage fördern, die auch heute noch von Interesse sein könnten. I m folgenden wollen wir uns einem Manne zuwenden, der nicht zu dem erwähnten Personenkreis zählte, dessen Arbeiten jedoch hervorragende Bedeutung f ü r das Verständnis des lettischen Geisteslebens hatten. E s war ein Mann, der nicht in Lettland gelebt hat. Trotzdem überraschen seine Abhandlungen nicht nur durch seinen besonders scharfen Blick, durch seine Sympathie für die Geisteswelt der kleinen Völker, sondern auch durch seine Achtung gegenüber ihrer Lebensweise, ihren Bräuchen, ihrem Glauben. Dieser Mann ist der deutsche Forscher und Geograph J o h a n n Georg Kohl, der von 1808 bis 1878 gelebt und fast alle Länder Europas bereist hat. I n den dreißiger J a h r e n des vorigen J a h r h u n d e r t s machte er sich mit den Letten, Litauern und Esten bekannt. Als Ergebnis dieser Reise erschien im J a h r e 1841 sein zweibändiges Werk über die „deutsch-russischen Ostseeprovinzen" 5 . E t w a ein Viertel dieser umfangreichen Abhandlung ist der Lebensweise der Letten, ihren Bräuchen und Festen, ihrem Volksglauben und ihrer heidnischen Religion gewidmet. Auf mehr als hundert Seiten behandelt er die lettischen Volkslieder. Wodurch ist seine Schilderung heute noch wertvoll und wichtig? * Der vorliegende Beitrag stellt eine überarbeitete Fassung des gleichnamigen Vortrags dar, den Verfasserin am 14. 12. 1984 auf der 56. Konferenz der Baltisten der D D R in Berlin gehalten hat. (Redaktionelle Bearbeitung und Fußnoten von R. Eckert und F. Hinze). 1 J. 6 . H e r d e r , Stimmen der Völker in Liedern, gesammelt, zum Theil übersetzt durch J. G. Herder. Neu hg. durch Joh. v. Müller, Tübingen 1807. 2 G. v. B e r g m a n n , Erste Sammlung Lettischer Sinngedichte . . . Ruien 1807. 3 F. D. W a h r , Palcmaree/chu d/ee/mu krahjums, Rüjienä 1807. 4 [G. F. B u e t t n e r ] , Latwee/chu lau/chu d/ee/mas u n / i n g e s , Jelgawä 1844, in: Magazin, hg. von der Lettisch-Literäschen Gesellschaft. VIII. Bd. Der neuen Folge I. Bd. [2. und 3. Stück], Mitau 1844, X I I + 284 S. 6 J . G . K o h l , Die deutsch-russischen Ostseeprovinzen, oder Natur- und Völkerleben in Kur-, Liv- und Esthland, Theil 2, Dresden — Leipzig 1841.
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Lettische Volksdichtung aus der Sicht Johann Georg Kohls* Die Anfänge der Veröffentlichung und Popularisierung der lettischen Volkslieder sind eng mit der Tätigkeit fortschrittlicher deutscher Literaten verknüpft. Als erster ist in diesem Zusammenhang J o h a n n Gottfried Herder und seine Sammlung „Stimmen der Völker in Liedern" 1 zu erwähnen. I m zweiten Band dieser Sammlung, die 1779 erschien, sind 11 Übersetzungen lettischer Volkslieder sowie eine Charakteristik der lettischen Volkspoesie zu finden. Zu Beginn des vergangenen J a h r h u n d e r t s wurden mehrere Sammlungen lettischer Volkslieder in lettischer Sprache von deutschen Pastoren, die im Baltikum lebten, herausgegeben. I m J a h r e 1807 wird die „ E r s t e Sammlung letti-" scher Sinngedichte" von Gustav v. Bergmann 2 und die „Palzmarsche Liedersammlung" von Friedrich Daniel Wahr 3 herausgegeben. 1844 erscheinen die von Georg Ludwig Friedrich Büttner zusammengestellten „Lettischen Volkslieder" 4 . Jeder dieser Herausgeber versieht seine Edition mit einer kleinen Einführung in den Charakter der Lieder, äußert sich zu ihrer Bedeutung im Leben des Volkes, bei der Aneignung der lettischen Sprache und beim Verständnis f ü r die Psyche der Letten. Nach unserer Ansicht würde eine eingehende Analyse dieser Vorworte Einzelheiten in der Charakterisierung der lettischen Folklore und Ethnographie zutage fördern, die auch heute noch von Interesse sein könnten. I m folgenden wollen wir uns einem Manne zuwenden, der nicht zu dem erwähnten Personenkreis zählte, dessen Arbeiten jedoch hervorragende Bedeutung f ü r das Verständnis des lettischen Geisteslebens hatten. E s war ein Mann, der nicht in Lettland gelebt hat. Trotzdem überraschen seine Abhandlungen nicht nur durch seinen besonders scharfen Blick, durch seine Sympathie für die Geisteswelt der kleinen Völker, sondern auch durch seine Achtung gegenüber ihrer Lebensweise, ihren Bräuchen, ihrem Glauben. Dieser Mann ist der deutsche Forscher und Geograph J o h a n n Georg Kohl, der von 1808 bis 1878 gelebt und fast alle Länder Europas bereist hat. I n den dreißiger J a h r e n des vorigen J a h r h u n d e r t s machte er sich mit den Letten, Litauern und Esten bekannt. Als Ergebnis dieser Reise erschien im J a h r e 1841 sein zweibändiges Werk über die „deutsch-russischen Ostseeprovinzen" 5 . E t w a ein Viertel dieser umfangreichen Abhandlung ist der Lebensweise der Letten, ihren Bräuchen und Festen, ihrem Volksglauben und ihrer heidnischen Religion gewidmet. Auf mehr als hundert Seiten behandelt er die lettischen Volkslieder. Wodurch ist seine Schilderung heute noch wertvoll und wichtig? * Der vorliegende Beitrag stellt eine überarbeitete Fassung des gleichnamigen Vortrags dar, den Verfasserin am 14. 12. 1984 auf der 56. Konferenz der Baltisten der D D R in Berlin gehalten hat. (Redaktionelle Bearbeitung und Fußnoten von R. Eckert und F. Hinze). 1 J. 6 . H e r d e r , Stimmen der Völker in Liedern, gesammelt, zum Theil übersetzt durch J. G. Herder. Neu hg. durch Joh. v. Müller, Tübingen 1807. 2 G. v. B e r g m a n n , Erste Sammlung Lettischer Sinngedichte . . . Ruien 1807. 3 F. D. W a h r , Palcmaree/chu d/ee/mu krahjums, Rüjienä 1807. 4 [G. F. B u e t t n e r ] , Latwee/chu lau/chu d/ee/mas u n / i n g e s , Jelgawä 1844, in: Magazin, hg. von der Lettisch-Literäschen Gesellschaft. VIII. Bd. Der neuen Folge I. Bd. [2. und 3. Stück], Mitau 1844, X I I + 284 S. 6 J . G . K o h l , Die deutsch-russischen Ostseeprovinzen, oder Natur- und Völkerleben in Kur-, Liv- und Esthland, Theil 2, Dresden — Leipzig 1841.
S. VIESE,
Lettische Volksdichtung
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Erstens breitet er vor uns ein großartiges Panorama aus, das uns in ein Milieu versetzt, in dem das Volkslied noch ein reiches Leben f ü h r t und von der schriftlichen Literatur noch nicht verdrängt ist. Zweitens u m f a ß t die Zeit, in der J . G. Kohl das Leben der Letten beobachtete, die J a h r e der Kindheit unseres berühmten Folkloristen Krisjänis Barons und bringt uns dadurch einen wesentlichen Zeitabschnitt in der Geschichte des geistigen Lebens unseres Volkes näher, von dem die Letten nur sehr spärliche Berichte überliefert haben. Zudem beginnt J . G. Kohls Reise in Liepäja, setzt sich dann am Strand von Kurland entlang fort und f ü h r t quer durch die Heimat des eben genannten KriSjänis Barons im jetzigen Bezirk Tukums. Danach begibt sich Kohl über Riga und an der Gauja entlang nach Estland. Drittens setzt J . G. Kohl die von J . G. Herder begründete Tradition der Analyse der Volkslieder fort. F ü r ihn ist die lettische Volksdichtung keine exotische „Bauernpoesie", auf die man von oben herabschaut, sondern souveräne, kraftvolle, große K u n s t . E s ist charakteristisch, daß eines der Spätwerke J . G. Kohls, „Die Völker Europas" 6 , sich mit dem Ausspruch Napoleons „Dies alte E u r o p a langweilt mich!" auseinandersetzt. Nach Kohls Meinung ist das Europa, das zu Füßen gelangweilter Sieger liegt, noch nicht das ganze Europa. Dies scheint nur so zu sein. „ D a s alte E u r o p a " ist voll von neuem Leben, von wenig bekannten, sehr interessanten Völkern. Es gibt in diesem Europ a eine wundervolle, mannigfaltige N a t u r und auch eine alte und zugleich junge K u l t u r , die von den verschiedensten Nationen geschaffen wurde. Auch in diesem Buch, ebenso wie in den „Deutsch-russischen Ostseeprovinzen", wendet sich Kohl in einem umfangreichen Kapitel den Litauern und Letten zu. Gewiß ist nicht alles, was von Kohl geschrieben wurde, besonders einige seiner Hypothesen, vom S t a n d p u n k t der heutigen Wissenschaft annehmbar. Dennoch haben wir in seinem Werk ein interessantes Zeugnis der Vergangenheit vor uns. I n erster Linie stellen Kohls Werke eine Aussage über die bewundernswerte Vitalität der lettischen Folklore noch in der Mitte des vorigen J a h r h u n d e r t s dar. Während seiner Reise durch die lettischen Lande ist Kohl überrascht: fast alle Bauern, von der Leibeigenschaft unterdrückt und von der Bildung ferngehalten, sind Dichter. „Sie selbst sind roh und ungebildet, und doch fließen von ihren Lippen die zierlichsten Sprüche 7 , nach denen man auf die feinste innere Bildung schließen sollte. Sie formen die Lieder wie die Muschel die Perle, und zwar mit einer Sicherheit und Accuratesse wie die Bienen ihre Honigzellen .. ," 8 . Schon zuvor heißt es bei Kohl: „ I n der T h a t möchte jetzt schwerlich ein Volk in Europa zu finden sein, das so sehr den Namen eines Landes der Dichtung verdiente, als das lettische Völkchen und das Land der L e t t e n . " 9 Kohl bemerkte auch, daß die Deutschen im Baltikum mit der „Verbesserung des Bauerngeschmacks" und mit ihrer Fernhaltung des einfachen Volkes von „ihrer wahren Poesie" begonnen hatten. Wir müssen hinzufügen: E s ist nicht nur ein Kampf u m den 6
ders., Die Völker Europas. Cultur- und Charakterskizzen der europäischen Völker, Hamburg 1873. ders., Die deutsch-russischen Ostseeprovinzen ..., S. 124. — Mit den Sprüchen können die meist vierzeiligen lettischen Volkslieder gemeint sein, die von Krisjänis Barons und H. Wissendorffs in einer umfassenden und mustergültigen Edition herausgegeben worden sind als ,,Latvju dainas", Bd. 1—6, Jelgava — St. Petersburg 1894 — 1915. J. G. K o h l , Die deutsch-russischen Ostseeprovinzen ..., S. 124. ebd., S. 1 1 9 - 1 2 0 . 2
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„ G e s c h m a c k " in der Poesie im Sinne der K u n s t d i c h t u n g Europas, sondern auch ein ideologischer K a m p f gegen den heidnischen Glauben. Das H e i d e n t u m ist hier nämlich A n f a n g des vorigen J a h r h u n d e r t s noch in voller Blüte. I m Volk lebt das Bewußtsein, d a ß das Christentum die Religion der Eroberer ist. D a r u m werden die Kirchenlieder, die von den P a s t o r e n aus d e m Deutschen ins Lettische übertragen worden waren, von den L e t t e n „nirgends weiter als in der K i r c h e " gesungen. W e n n u n t e r den L e t t e n auch ein im „europäischen G e f ü h l " geschulter Dichter sich herausbildet, so schreibt er, nach Ansicht Kohls, doch dilettantisch, weil er von der Sicht seines Volkes auf das Leben in seinem L a n d e abgesondert ist. Dieses L a n d aber beginnt „jenseits der Schlösser und Gärten, welche die Deutschen bei ihnen b a u t e n , abseits der D ä m m e u n d Chausseen, welche die F r e m d e n errichteten u n d f ä n g t d a an, wo die Wege des L a n d e s n u r an feinen W a g e n s p u r e n über dem Moose hin zu erkennen sind, wo die Wälder und S ü m p f e beginnen. Es wölbt sich über diesem L a n d e eine runde, abgeschlossene H i m m e l s k u p p e l , an der eine Sonne, ein Mond u n d viele Sterne hin u n d her wandeln, die d e m L a n d e Segen und Fülle spenden" 1 0 . Seit alters her h a t diese Poesie des Volkes ihre Traditionen, die sich auf Natürlichkeit, Direktheit u n d Schlichtheit stützen. W e n n u m die Johanniszeit auf den Hügeln u n d an den F l u ß u f e r n singende Mädchenscharen sitzen u n d die melancholischen Melodien in die F e r n e sich ergießen, „scheint es, als wenn die ganze N a t u r in A u f r u h r sei" 11 . Die Bäume 1 2 und Blumen stehen den L e t t e n so nahe, d a ß sie an den Leiden u n d F r e u d e n der Menschen stets teilnehmen. „ D i e Pflanzen weinen u n d seufzen in ihren Liedern wie bei anderen Völkern die hohen G ö t t e r " , sagt K o h l u n d zitiert folgendes ins Deutsche übersetzte Volkslied: I n den Krieg hinziehend, W e r f ' mein Beil ich in die E i c h ' . Keiner ist, der u m mich weinet, Weine d e n n die grüne Eiche. 1 3
Nichtsdestoweniger stehen a u c h Götter dem lettischen Bauern in seinem täglichen Leben sehr nahe. J o h a n n Georg K o h l f ü h r t u n t e r a n d e r e m a u c h eine sehr interessante Aufzählung der alten Gottheiten an, wobei er die G u t m ü t i g k e i t , S a n f t h e i t u n d Freundlichkeit dieser Götter unterstreicht. Diese E i g e n s c h a f t e n sind seiner Meinung n a c h f ü r die ganze N a t i o n der L e t t e n charakteristisch. E b e n s o meint er, d a ß f ü r die lettische Nationalt r a c h t Grau und mildes Weiß die charakteristischen I arben seien. Die L e t t e n h a b e n viele „ M ü t t e r " — die W a l d m u t t e r (meza mäte), die M e e r m u t t e r (jüras mäte), die W i n d m u t t e r (veja mäte) u n d andere. I n ihrer Volksdichtung k o m m e n Gottes P f e r d e (dieva zirgi), G o t t e s O c h s e n (dieva versi), S o n n e n t ö c h t e r (saules meitas) u n d G o t -
tessöhne (dieva deli) vor. Zwischen den S o n n e n t ö c h t e r n u n d Gottessöhnen b e o b a c h t e t
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ebd., S. 127. ebd., passim. ebd., S. 140 — 147; vgl. dazu auch Par kokiem latviesu tautasdziesmäs, in: V. R ü k e - D r a v i n a , Cilveks un daba latviesu tautasdziesmäs, Stokholmä 1986, S. 5 — 67. J. G. K o h l , Die deutsch-russischen Ostseeprovinzen ..., S. 143.
S. VIESE, Lettische Volksdichtung
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m a n dasselbe Spiel der Liebe, der Neckerei und des Ü b e r m u t e s , wie es bei den Menschenkindern zu finden ist. E i n e n besonderen Platz n i m m t in der Mythologie die Gestalt der Sonne (saule) ein. Auch in der Volksdichtung hat die Sonne, wie K o h l unterstreicht, eine hervorragende B e d e u t u n g : „Die lettischen P o e t e n sprechen mit der Sonne wie mit ihresgleichen und f r a g e n sie z. B., w a r u m sie hinter den Bergen zögere. «Ach», a n t w o r t e t d a n n wohl die Sonne, «hinter dem Berge sitzt ein armes t r a u e r n d e s W a i s e n m ä d c h e n . I h r seht es nicht, aber ich m u ß ihre T r ä n e n trocknen.»" 1 4 Das Buch von J o h a n n Georg K o h l „Die deutsch-russischen Ostseeprovinzen" t r ä g t auch dazu bei, die H e r k u n f t von Gestalten in der lettischen Gegenwartsliteratur klarer zu erkennen. So ist z. B. in der klassischen D i c h t u n g unseres Nationaldichters J ä n i s Rainis nach dem J a h r e 1905 die E r d m u t t e r (zeme-s mäte) eine der dominierenden u n d wichtigsten dramatischen Gestalten. Sie t r ä g t den Schmerz des Volkes, sie erwartet eine neue Z u k u n f t , sie hegt alles Lebendige. In den h e u t e b e k a n n t e n Volksliedern k o m m t die E r d m u t t e r recht selten vor und t r i t t d a n n lediglich als Betreuerin der Verstorbenen, als S y n o n y m f ü r F r i e d h o f s m u t t e r , T o t e n m u t t e r auf. I n Kohls Bericht t r ä g t sie genau dieselben Wesenszüge wie im Schaffen von Rainis, wodurch sie eine viel umfangreichere, tiefere B e d e u t u n g erhält. Vertrat m a n früher die Ansicht, die E r d m u t t e r sei eine von Rainis geschaffene Gestalt, so zeigt sich jetzt, d a ß offensichtlich eine Begegnung des Dichters mit uraltem, heute schon vergessenem Folkloregut s t a t t g e f u n d e n h a t t e . J o h a n n Georg K o h l hat sich häufig über die Widerspiegelung der E m o t i o n e n des Menschen in den Volksliedern geäußert. Hier hat er ein sehr wesentliches Merkmal der lettischen Volkspoesie w a h r g e n o m m e n : ihre Berichte von Leid oder Glück sind keinesfalls hyperbolisiert. Bei der Schilderung der Gefühle benutzt diese Volksdichtung m i t t e l b a r e Ausdrucksmittel, wodurch die Darstellung des Erlebnisses poetisch, indirekt, geheimnisvoll wird. Ein Ausdruck wie „ T r ä n e n b r u n n e n der A u g e n " würde die lettischen Volkssänger verwundern, meint J . G. Kohl. Man „vergießt allerdings auch Tränen, aber i m m e r mit Maßen und in der Regel sieht es n i e m a n d " :
Keiner sah, noch w u ß t e es, W o ich, b i t t e r weinend, weilte, N u r der R o c k ä r m e l w u ß t e es, Mit d e m ich mir die T r ä n e n wischte. 1 5
Dasselbe läßt sich von der Liebespoesie des einfachen lettischen Volkes sagen. „ D i e Liebe der L e t t e n ist das schönste und reinste Gefühl, ihr Liebesgott, wie er sich in ihren 14
ebd., S. 137. « nur ähnlich bei J . G. K o h l , ebd., S. 164: Keiner Wußte es, Wo ich arme Waise Herzlich geweint. Nur die Sonne wußte es, Die mit warmen Strahlen Meine Tränen getrocknet, Und mein Tüchlein wußte es, Womit ich meine Thränen w ischte. 7
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Z. Slaw. 34 (1989) 2
Liedern zeigt, ein so sittiges und zartes Wesen, daß man sich sogar schwer entschließt, ihn A m o r oder Venus zu nennen", sagt K o h l . „ « E i n blutendes Herz» wäre einer lettischen Geliebten ein widerlich furchtbares und übertriebenes Bild . . . Alle Leidenschaft, aller Liebeswahnsinn ist aus der lettischen L i e b e verbannt. Nichtsdestoweniger aber ist das Verlangen stark, die Innigkeit groß, die Sehnsucht mächtig, der Schmerz tief." 1 6 Hier hat K o h l zweifellos die Frage nach Einheit von ideeller Aussage und künstlerischer Form der Volkslieder berührt. Der künstlerische E f f e k t wird durch erstaunlich schlichte Ausdrucksmittel erreicht. Es muß eingeräumt werden, daß L e t t e n ihre Volkslieder manchmal ziemlich oberflächlich analysiert haben, ohne hinter dieser Schlichtheit ein System von Gesetzmäßigkeiten zu erblicken, an dem jahrhundertelang g e f o r m t worden war und von dem ein bewundernswerter E f f e k t ausgeht. Dies findet überall seinen Ausdruck: in der W a h l der Details, in den Konstruktionen des Parallelismus, in der unlösbaren Einheit der Verfasser und Sänger der Volkslieder mit der Natur, die ein integraler Bestandteil der Volkspoesie ist. Dieses obengenannte System der Gesetzmäßigkeiten kommt gewiß auch in der Anordnung der Klangelemente jedes Verses zum Ausdruck. Welche Bedeutung diese scheinbare Schlichtheit hat, offenbart sich erst, wenn eine Übersetzung der lettischen Volkslieder in eine andere Sprache unternommen wird. Diese Übersetzung ist ohne eine intensive Beschäftigung mit der Struktur eines jeden poetischen Details sowie mit der Verknüpfung dieser Details mit anderen poetischen Elementen nicht zu leisten. Auch Johann Georg K o h l beschäftigte die künstlerische F o r m der Volkslieder. Lettisch konnte er kaum und deshalb erfuhr er den Inhalt der Volkslieder meist durch Nacherzählung. Darum konnte er ihre Wesensmerkmale nicht wahrnehmen und analysieren. E r beschränkte sich auf den Hinweis, daß es hier fast keine Reime gibt, und hob die Fülle der Alliterationen sowie der Silben- und W o r t Wiederholungen hervor. E r berichtete v o n der Konstruktion des klassischen Vierzeilers, der entweder aus Frage und A n t wort, aus Beobachtung und Urteil oder aus Bild und Vergleich besteht. K o h l vermutet jedoch hinter diesen allgemeinen Regeln eine größere Gesetzmäßigkeit, die das äußerliche Weltbild mit dem tiefen Seelenerlebnis meisterhaft vereint und von der er mit achtungsvoller Verwunderung sagt: „ D i e heilige, wunderbare Natur und der liebe Gott selbst sind es, die aus ihrem Munde sprechen. W e r begreift das W u n d e r ! " 1 7 Der scharfsinnige deutsche Forscher versuchte, dieses „ W u n d e r " in Gesprächen mit den Sängern der Volkslieder zu erklären. D a v o n zeugt eine der ergreifendsten Episoden im Buch v o n Johann Georg K o h l . E r berichtet davon, daß ein Reisender, bitte er um ein Volkslied, gewöhnlich die A n t w o r t erhalte: „ H e r r , es ist ja einfältiges, dummes Bauerngeschwätz, es paßt nicht für E u c h . " W e n n aber derselbe Fremde fragt, ob man ein W o r t im L i e d e nicht durch ein anderes ersetzen könne, so schüttelt der Gefragte den K o p f . „ N e i n , es muß so sein," heißt es, „ s o wie wir sagten ist es besser, d e n n " — andere Gründe haben sie natürlich nicht — „es klingt halt schöner und ist viel lieblicher". „ G l ü h t das Feuer der Poesie, sind die Steine zum Zauberkreise gelegt, da lassen sie sich an keiner Sylbe rütteln .. ," 18 schreibt J. G. K o h l . Dieser Ausspruch ist eine der treffendsten W e r tungen lettischer Volkslieder.
16
" "
ebd., S. 152 und 153. ebd., S. 125. ebd.
S. VIESE, Lettische Volksdichtung
261
Wir sind dem längst verschiedenen deutschen Forscher dankbar, der uns die zu seiner Zeit umfassendste Einschätzung lettischer Volkslieder hinterlassen hat, der das Milieu, in dem sie entstanden, dokumentiert hat und der sich aufrichtig und herzlich gegenüber dem Schöpfer dieser Lieder, dem lettischen Volk, verhielt 19 . 19
7*
Vor kurzem ist eine Übertragung ausgewählter lettischer Volkslieder in der D D R erschienen: Hab fünf Truhen voller Lieder. Lettische Dainas, Berlin o. J . [1985]. (Nachdichtung von Annemarie Bostroem. Hg. von W. E h l e r t . . . ) .
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V. R ü k e - D r a v i n a
Ein Lette aus Moskau besucht die skandinavischen Länder (1869) E r s t E n d e der 30er J a h r e des vorigen J a h r h u n d e r t s begannen russische Touristen Schweden zu besuchen. U m 1847 b e k a m e n die russischen Leser a u c h d u r c h eine Serie von Zeitungsartikeln eine z u s a m m e n h ä n g e n d e Reiseschilderung über Schweden 1 . E s gibt n u r wenige lettische Journalisten, die in den skandinavischen L ä n d e r n gewesen sind und über sie berichtet haben. Einer der ersten — im J a h r e 1869 — war Krisjänis Valdemärs (1825—1891) — Volkswirt, J o u r n a l i s t , Schriftsteller, Spezialist des Marinewesens u n d aktives Mitglied der nationalen lettischen Bewegung des vorigen J a h r h u n derts. D a m a l s war V. als J o u r n a l i s t bei mehreren Zeitungen tätig, die in Moskau in deutscher u n d russischer Sprache erschienen. Seine Reisebeschreibung erschien in Russisch in CoBpeMeHHaa JHsTonncb, BocKpecHtm npHÖaßjieHin
KT, ,,MOCKOBCKIIMT>
B-FC^OMOCTHMT",
N r 22 ( 3 - 4 ) , N r 24 ( 2 - 5 ) , N r 27 ( 1 - 2 ) , 1869. Diese Reisenotizen, die sich auf eigene E r f a h r u n g e n Valdemärs' in Skandinavien s t ü t z t e n , gehören zu der Serie „ E i n e Reise d u r c h N o r d e u r o p a von Niznij Novgorod bis Liverpool" (IlyTeuiecTBie no CtBepHoii Eßpon-fe OTT> Hn?KHflro HoBropo.ua s o JlHBepnyjm). I n ihnen wird über alle skandinavischen L ä n d e r berichtet. K r . Valdemärs, der diese d u r c h entsprechende F o n d s geförderte Reise als Seefahrtsexperte aus beruflichen Gründen u n t e r n o m m e n h a t t e , interessierte sich vor allem f ü r die Schiffahrt, die Handels- und Kriegsflotte, die H ä f e n u n d die Seefahrtsschulen sowohl in Schweden als a u c h in D ä n e m a r k , insbesondere aber in Norwegen, das er als nachahmenswertes Vorbild f ü r die baltischen L ä n d e r und R u ß l a n d b e t r a c h t e t e . I n diesem Bereich ist sein Zeitungsartikel reich an statistischen u n d sachgebundenen Angaben. Valdemärs k o n n t e t r o t z d e m die Leser gleichzeitig a u c h über die Allgemeinbildung, K u l t ur und allgemeine Wirtschaftslage der entsprechenden L ä n d e r informieren und auch seine persönlichen E i n d r ü c k e und B e o b a c h t u n g e n während der F a h r t den Lesern vermitteln. Als charakteristisches Merkmal der nordischen L ä n d e r wird die Schönheit der nordischen N a t u r hervorgehoben. „ E i n e der a t t r a k t i v s t e n Reisen — bei schönem W e t t e r — ist eine S c h i f f a h r t von Petersburg nach Stockholm, d u r c h den Archipel von Wiborg, Helsingfors, Äbo und A l a n d " . V. schwärmt von den unzähligen felsigen Inseln, die sowohl k a h l als a u c h mit kleinen B a u m g r u p p e n von Kiefern, Fichten oder Birken bewachsen sind, von d e m tiefen Wasser, in d e m sich die Fischerboote spiegeln. Beinahe sentimentalromantisch klingt die Schilderung der F a h r t auf d e m wie ein Spiegel glänzenden Meer vorbei a n den zahlreichen felsigen I n s e l n : „Bofla KaKt BejiHKOjrfeiiHoe 3epKajio oTpasKaeTt bh^-B KapTHHH, npe,n,CTaBJiHH BT> oßpameHHOMT) BHJJ'fi TO JIIOAefi, TO jrfcCi, TO P H U A ^ B M JIOAKH, MejIBKaromiH 3anHBaxi h noKoftHBixi. npojiHBaxi," (Nr 22, 3).
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Die S t a d t H e l s i n g f o r s , die sich mit ihren fröhlichen und auffallend g u t gekleideten Menschen k r a ß von d e m mittelalterlichen u n d düsteren Reval (Estland) unterscheidet, wird von V. als „ K l e i n - P e t e r s b u r g " bezeichnet. Auch S t o c k h o l m scheint ihm eine sehr schöne S t a d t zu sein; die Felsen, die eine beachtliche H ö h e erreichen, bieten eine groß1
A. K a n , Sverige med ryska resenärers ögon 1817 — 1913. Kungl. Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien. Historiskt arkiv 18, Stockholm 1986, S. 6.
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V. R ü k e - D r a v i n a
Ein Lette aus Moskau besucht die skandinavischen Länder (1869) E r s t E n d e der 30er J a h r e des vorigen J a h r h u n d e r t s begannen russische Touristen Schweden zu besuchen. U m 1847 b e k a m e n die russischen Leser a u c h d u r c h eine Serie von Zeitungsartikeln eine z u s a m m e n h ä n g e n d e Reiseschilderung über Schweden 1 . E s gibt n u r wenige lettische Journalisten, die in den skandinavischen L ä n d e r n gewesen sind und über sie berichtet haben. Einer der ersten — im J a h r e 1869 — war Krisjänis Valdemärs (1825—1891) — Volkswirt, J o u r n a l i s t , Schriftsteller, Spezialist des Marinewesens u n d aktives Mitglied der nationalen lettischen Bewegung des vorigen J a h r h u n derts. D a m a l s war V. als J o u r n a l i s t bei mehreren Zeitungen tätig, die in Moskau in deutscher u n d russischer Sprache erschienen. Seine Reisebeschreibung erschien in Russisch in CoBpeMeHHaa JHsTonncb, BocKpecHtm npHÖaßjieHin
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N r 22 ( 3 - 4 ) , N r 24 ( 2 - 5 ) , N r 27 ( 1 - 2 ) , 1869. Diese Reisenotizen, die sich auf eigene E r f a h r u n g e n Valdemärs' in Skandinavien s t ü t z t e n , gehören zu der Serie „ E i n e Reise d u r c h N o r d e u r o p a von Niznij Novgorod bis Liverpool" (IlyTeuiecTBie no CtBepHoii Eßpon-fe OTT> Hn?KHflro HoBropo.ua s o JlHBepnyjm). I n ihnen wird über alle skandinavischen L ä n d e r berichtet. K r . Valdemärs, der diese d u r c h entsprechende F o n d s geförderte Reise als Seefahrtsexperte aus beruflichen Gründen u n t e r n o m m e n h a t t e , interessierte sich vor allem f ü r die Schiffahrt, die Handels- und Kriegsflotte, die H ä f e n u n d die Seefahrtsschulen sowohl in Schweden als a u c h in D ä n e m a r k , insbesondere aber in Norwegen, das er als nachahmenswertes Vorbild f ü r die baltischen L ä n d e r und R u ß l a n d b e t r a c h t e t e . I n diesem Bereich ist sein Zeitungsartikel reich an statistischen u n d sachgebundenen Angaben. Valdemärs k o n n t e t r o t z d e m die Leser gleichzeitig a u c h über die Allgemeinbildung, K u l t ur und allgemeine Wirtschaftslage der entsprechenden L ä n d e r informieren und auch seine persönlichen E i n d r ü c k e und B e o b a c h t u n g e n während der F a h r t den Lesern vermitteln. Als charakteristisches Merkmal der nordischen L ä n d e r wird die Schönheit der nordischen N a t u r hervorgehoben. „ E i n e der a t t r a k t i v s t e n Reisen — bei schönem W e t t e r — ist eine S c h i f f a h r t von Petersburg nach Stockholm, d u r c h den Archipel von Wiborg, Helsingfors, Äbo und A l a n d " . V. schwärmt von den unzähligen felsigen Inseln, die sowohl k a h l als a u c h mit kleinen B a u m g r u p p e n von Kiefern, Fichten oder Birken bewachsen sind, von d e m tiefen Wasser, in d e m sich die Fischerboote spiegeln. Beinahe sentimentalromantisch klingt die Schilderung der F a h r t auf d e m wie ein Spiegel glänzenden Meer vorbei a n den zahlreichen felsigen I n s e l n : „Bofla KaKt BejiHKOjrfeiiHoe 3epKajio oTpasKaeTt bh^-B KapTHHH, npe,n,CTaBJiHH BT> oßpameHHOMT) BHJJ'fi TO JIIOAefi, TO jrfcCi, TO P H U A ^ B M JIOAKH, MejIBKaromiH 3anHBaxi h noKoftHBixi. npojiHBaxi," (Nr 22, 3).
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Die S t a d t H e l s i n g f o r s , die sich mit ihren fröhlichen und auffallend g u t gekleideten Menschen k r a ß von d e m mittelalterlichen u n d düsteren Reval (Estland) unterscheidet, wird von V. als „ K l e i n - P e t e r s b u r g " bezeichnet. Auch S t o c k h o l m scheint ihm eine sehr schöne S t a d t zu sein; die Felsen, die eine beachtliche H ö h e erreichen, bieten eine groß1
A. K a n , Sverige med ryska resenärers ögon 1817 — 1913. Kungl. Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien. Historiskt arkiv 18, Stockholm 1986, S. 6.
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V. RÜKE-DRAVINA, Ein Lette besucht Skandinavien
artige Aussicht auf die meisterhaft gestaltete Stadt mit ihren schönen Parkanlagen und auf den Mälarsee, der von den vielen Schiffen fast bedeckt ist und auf dessen Inseln die Stadt teilweise erbaut ist. Die Stadtverwaltung und die Einwohner Stockholms wissen die von der N a t u r geschenkten Anhöhen zu schätzen und können diese wesentlich besser nutzen als „bei u n s " in Moskau, schreibt er. Auch von den hohen Türmen Moskaus wäre es möglich, eine großartige Aussicht zu genießen, wenn Damen und Touristen, die nach Moskau kommen, sie leicht erreichen könnten. Stockholm habe etwa 160000 E i n wohner, aber da seien so viele Parkanlagen, Erholungs- und Vergnügungsstätten, wie sonstwo nur selten, und die Bevölkerung habe sich daran gewöhnt, daß sich im Sommer die ganze S t a d t mehr draußen aufhält als zu Hause. Die Stockholmer essen und trinken und vergnügen sich in Restaurants und in anderen öffentlichen Lokalen, denn diese seien einfach zu erreichen und f ü r jeden erschwinglich und preiswert (in den vornehmsten Lokalen koste eine Tasse Kaffee etwa 6 Kopeken und ein Glas schwedischen Punsches 1 0 - 1 1 Kopeken). Valdemärs' besonderes Interesse gilt der schwedischen Marine, er schreibt über die Navigationsschulen und erwähnt schließlich auch die Auswanderung von Schweden (etwa 10000 bis 15000 jedes J a h r ) nach Amerika und sogar nach Deutschland. Valdemärs' Beobachtungen sind jedoch keinesfalls bloße Schwärmerei über den skandinavischen Lebensstil. Sein kritisches Auge bemerkt auch Mängel. Die meisten Anmerkungen gelten Schweden, das ihm im Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern als ein in mancher Hinsicht noch zurückgebliebenes Land erscheint. I n gewissem Sinne erlebt V. sogar das damalige Zarenreich als liberaler, und zwar hinsichtlich der Religionsfreiheit, da „der militante Protestantismus" in Schweden noch immer keine Toleranz gegenüber anderen Religionen zeige. Die tief verwurzelte Zivilisation sei aber in Schweden überall zu sehen, sowohl in der Staatsform als auch im täglichen Leben. Hier kann man z. B. in den Wartesälen der Bahnhöfe Tische mit leckeren Speisen finden, und jeder Passagier könne sich soviel aussuchen, wie er möchte — denn Kellner und Aufpasser gäbe es in dem R a u m k a u m ! — und zuletzt bezahle jeder Passagier (freiwillig!!! denn Kontrollen gibt es keine)einen schwedischen Taler (d. h. 35—40 Kopeken). Dänemark stehe Rußland wegen der Heirat zwischen dem russischen Zaren und einer dänischen Prinzessin besonders nahe. Unter den skandinavischen Ländern genießt Dänemark bei ihm die größte Wertschätzung, vor allem wegen des hohen kulturellen Niveaus des ganzen dänischen Volkes, wie auch wegen des bedeutenden Beitrages, den das zahlenmäßig kleine Volk fast auf allen Gebieten der Wissenschaft, der Literatur und der K u n s t geleistet hat. I n Kopenhagen begegnet V. bei jedem Schritt der unvergänglichen K u n s t des genialen Bildhauers Bertil Thorvaldsen; er zählt dänische Künstler und Schriftsteller auf, die nach seiner Überzeugung auch jeder Intellektuelle aus den „großen" Nationen kennen m u ß (Bertil Thorvaldsen, Nils W . Gades, Adam Oehlenschläger, P . A. Heiberg, C. Hauch, Örsted, J o h a n Nicolai Madvig, H . C. Andersen): HiTT) HH OAHOH B'ilTBH yMCTBeHHOH JvljHTejIbHOCTH, BT. KOTOpOÄ flaTiaHe He OTJIHHaJIHCb 6 H ; caMBie r o p ß b i e BejiHKie HapoflH E B p o n u , nepe3i> nocpencTBO K O T o p t i x i ( o T i a c n i HXT> p e B H H B H X T , c o n e p H H K O B T . ) MH n o o Ö H K H O B e m i o n o j i y ^ a e M T . C B - k R i m i n o m i x t , H e H e 3 H a T b HXT> C K y j i b n T o p a T o p B a j i b A c e H a ( | 1 8 4 4 ) , K o i n n o H H C T a H m i b c a paTopoBi
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1850),
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264
Z. Slaw. 34 (1989) 2
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K o p e n h a g e n erschien ihm so schön, daß man diese Stadt, auch wenn man sie nur einmal und ganz kurz gesehen habe, nicht vergessen könne. Kopenhagen habe mehr als 155000 Einwohner. Die Stadt sei sehr eng gebaut, durch Wälle und Kanäle eingefaßt, es gäbe viele Parks. Überall sei in Kopenhagen etwas vom genialen Bildhauer Thorvaldsen zu sehen. Valdemärs erinnert an die alten K ä m p f e zwischen Dänen, Kuren und Esten im 8. —10. J a h r h u n d e r t . Mit sehr anerkennenden Worten spricht er über die dänischen Schulen — die Grundschulen und die höheren Schulen; er betont auch die hohe Zahl der Lesekundigen und daß die Dänen zu den am höchsten gebildeten Völkern der Welt gehören, daß es keinen Bereich der Wissenschaften gäbe, in dem nicht ein Däne erwähnt wird. Das dänische Volk habe eine große Vergangenheit. Er betont die Tatsache, daß die dänische Jugend bereits in der Schule mit den großen dänischen Schriftstellern und Persönlichkeiten bek a n n t gemacht wird und folgert daraus, daß, was sonst, wenn nicht die Intelligenz und der ßildungsstand eines Volkes seinen Reichtum ausmacht. Der russische Historiker Aleksander K a n hat bemerkt, daß die eigenartige Reisebeschreibung Valdemärs' von den Eindrücken abweicht, die andere Touristen aus Rußland im 19. J a h r h u n d e r t in Skandinavien gewonnen hatten 2 . Als Lette habe Valdemärs vieles anders gesehen und aufgefaßt. Worin liegt d a n n das Unterschiedliche bei Valdemärs? Daß die Landschaft dort als etwas besonders Schönes und Majestätisches erlebt wird, ist keine Erfindung von Valdemärs. Uber die felsigen finnischen und schwedischen Inseln, die sich abwechselnden Laub- und Nadelwälder und die hohen Berge haben viele Reisenden, sowohl Russen als auch Vertreter anderer Nationen, mit begeisterten Worten geschrieben. Als der berühmte russische Lexikograph Vladimir Dal' (1801 — 1872) 1817 als 15jähriger Seekadett von Riga nach Stockholm kam, schrieb er in seinem Tagebuch, daß es f ü r ihn fast unmöglich sei zu schildern, wie reizvoll dieses Fahrwasser mit seinen zahlreichen Schären sei 3 . V. Kiparsky erklärt die Begeisterung f ü r die skandinavische Landschaft durch den Mangel an ähnlichen Schönheiten der N a t u r in Rußland und in Westeuropa 4 . Auch die große Ehrlichkeit der Schweden, daß sie die Rechte jedes einzelnen Menschen respektieren und daß m a n sich auf ihr Wort verlassen kann, ist von beinahe allen ausländischen Reisenden bewundert worden. Diese positiven Züge des schwedischen Nationalcharakters hat etwa 50 J a h r e später auch der lettische Journalist und Schriftsteller Kärlis Ieviijs (1888—1978) in den 30er J a h r e n des 20. J a h r h u n d e r t s in seinen Artikeln in der großen Tageszeitung ,,Jaunäkäs Zinas" (Riga) geschildert 5 . Einen besonderen S t a n d p u n k t vertritt Valdemärs auf Grund seiner beruflichen Orientierung, da das Hauptziel seiner Reise und demnach sein größtes Interesse dem Marinewesen und der Seefahrt galt. 2 3
1 5
ebd., S. 14. St. D a h l , „Rysk sjökadett i Stockholm 1817". Bibliotek och historia. Festskrift tili Uno Willers, Stockholm 1971, S. 53. V. K i p a r s k y , Norden i den ryska skönlitteraturen, Helsingfors 1947, S. 27. vgl. Kärla Ieviija raksti par Zviedriju „Jaunäkäs Zinäs" 1930 — 1940. Faksirailu kräjums. Sakärtojis un komentejis J. T h a r s , Stockholm 1986.
V. RÜKE-DRAVINA,
265
Ein L e t t e besucht Skandinavien
Leichter als eingeborene Russen oder Deutsche, die nach Skandinavien reisten, konnte V. direkte Informationen von seinen Landsleuten, die früher im Baltikum gewohnt hatten, jetzt aber in den skandinavischen Ländern lebten, erlangen, da diese Menschen beide Länder besser vergleichen konnten. So war Valdemärs einem in Stockholm ausgebildeten Polen begegnet, der die Schule in Mitau (Lettland) besucht und später in Dorpat (Estland) — so wie Valdemärs selbst — studiert hatte. Aus eigener Erfahrung konnte dieser Pole vieles über Schweden erzählen. Auch seine guten Sprachkenntnisse (Lettisch, Russisch, Deutsch) erleichterten V. die menschlichen K o n t a k t e . Als Lette entdeckte V. auch in Schweden Arbeitsmethoden, eine wirtschaftliche K u l t u r sowie einen allgemeinen Lebensstil, die ihm von seiner Heimat her gut bekannt waren. I m großen und ganzen habe die schwedische Landwirtschaft ungünstige Bedingungen. Nur im südlichen Teil Schwedens seien Klima und Boden f ü r die Landwirtschaft geeignet, und gerade diese Gebiete erinnern an sein Heimatland Kurland. Seines E r achtens beruhen die gemeinsamen Eigentümlichkeiten dort nicht nur auf gewissen ähnlichen klimatischen und geologischen Bedingungen, sondern auch auf Spuren, die mehrere Perioden der gemeinsamen Geschichte hinterlassen haben. In Valdemärs' Reisebeschreibung finden wir Hinweise auf das Herzogtum Kurland, das im 17. J a h r h u n d e r t unter Herzog J a k o b eine ansehnliche Flotte besaß und sich damals auf der Ostsee durchaus mit Schweden und Dänemark messen konnte. „Damals war der Lebensstandard in Kurland und in Schweden nicht so unterschiedlich, als dies jetzt (d. h. in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts) der Fall ist", stellt V. fest. Als Journalist interessierte sich V. f ü r die Quellen, aus denen die Redaktionen der dortigen Zeitungen ihre Informationen über Rußland, Lettland und Estland bezogen, und erfuhr zu seiner unangenehmen Überraschung, daß diese Informationen recht oft nur aus der Zeitung „KejibHCKaa Ta3eTa" stammten, d. h., wie er meinte, ,,npn H'fcKOTopBixt B o n p o c a x t 113 c a i u a r o « y p H a r o iicTOHHMKa" ( N r 2 2 , 4 ) .
Als ehemaliger Redakteur der liberalen lettischen Zeitung „Peterburgas Avlzes" h a t t e Valdemärs den ständigen Kampf noch frisch in Erinnerung, den er im zaristischen R u ß land mit der Zensur auszufechten hatte. Nun konnte er mit großer Genugtuung die russischen Leser der Moskauer Zeitung über die skandinavische Presse informieren, die keinerlei Zensur kenne (es gebe weder Vor- noch Nachzensur), so daß der hohe ökonomische Wohlstand und die patriotische Gesinnung bei weiten Schichten des Volkes gerade dadurch errungen worden sei. Im Einklang mit Valdemärs Bestrebungen, die lettische Volksbildung und das allgemeine Nationalbewußtsein zu fördern, erscheinen in seinen Reisebeschreibungen ausführliche Angaben über die zahlreichen gut organisierten dänischen Schulen (sowohl Volksschulen wie auch höhere Schulen), wo die jungen Dänen mit den Leistungen ihres Volkes in der Literatur, K u n s t und Wissenschaft vertraut gemacht werden und dadurch einen gesunden Patriotismus entwickeln. Deshalb ist es nicht erstaunlich, daß V. den Wunsch ausdrückt, Rußland sollte in der Z u k u n f t dem dänischen Vorbild folgen, u m eine ähnliche Hebung des materiellen und kulturellen Niveaus zu erreichen: flaii
Bors
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HOB'Mmee cßjiHweHie PocciH e t
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OTenecTBO cepio3H , fee no^yiviaTb H no3a6oTHTbCH 061. 0 6 p a 3 0 B a i d n Maccbi H a p o f l a ; T o r n a TOJIBKO,
3a oTM'feHeHieMi rfejiecHaro Kp-fenocTHaro
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BOCTOM(a)) .erbrechen, sich übergeben' stellen. Der V a r i a n t e n r e i c h t u m dieses P h r a s e m s im Ostbaltischen u n d in der bulgarischen Volkssprache l ä ß t eher eine urslawisch-ostbaltische E n t s p r e c h u n g v e r m u t e n als K a l k i e r u n g f ü r das belorussische P h r a s e m . Zur A u s p r ä g u n g der Waldimkerei bei den Balten ü b e r h a u p t u n d den O s t b a l t e n im besonderen spricht Verf. Bd. I, S. 160, von drevine bitininkyste u n d I, S. 307 von misko bitininkyste u n d B d . I I , S. 79, was die materielle K u l t u r der alten Litauer b e t r i f f t , von girine, arba mediiokline bitininkyste u n d schließlich dem Beruf des drevininkas (Waldimkers, Zeidlers) (vgl. unsere Monographie „ U n t e r s u c h u n g e n zur historischen Phraseologie u n d Lexikologie des Slawischen u n d Baltischen [ S y s t e m f r a g m e n t e aus der Terminologie der Waldimkerei] [ = Linguistische Studien, Xr. 81], Berlin 1981). Die älteste F o r m der I m k e r e i in unseren Breiten war das A u s n e h m e n der Xester wilder Bienenschwärme in den W ä l d e r n (man k ö n n t e dies evtl. als medziokline bitininkyste bezeichnen). E s folgt die Waldimkerei (Zeidlerei), die m i t dem Anlegen von B e u t e n in B i e n e n b ä u m e n u n d deren B e w i r t s c h a f t u n g v e r b u n d e n ist (die genaue Bezeichnung wäre drevine bitininkyste). Diese reicht im Baltischen bis weit ins 18. J h . u n d wird von der H a u s b i e n e n w i r t s c h a f t allmählich abgelöst. Auf S. 49 (Bd. I) bleibt die rekonstruierte F o r m *g*m-sk-e-ti ,eina' unklar. Auf S. 371 (Bd. I) ist asl. smejg .lachen' zu berichtigen i n : sm,ejg sed. Auf S. 11 (Bd. I I ) sind aruss. r o j i n ^ t , (Hioffb) zu verbessern in r o j i n n t , T Iy;ib (HiOAb). Diese wenigen B e m e r k u n g e n u n d Berichtigungen beeinträchtigen den sehr g u t e n E i n d r u c k , d e n beide Bücher in inhaltlicher wie formaläußerlicher H i n s i c h t hinterlassen, in keiner Weise. Die beiden B ä n d e ü b e r t r e f f e n j e t z t schon alles, was bisher zur Geschichte der litauischen Sprache, genauer zu ihrer F r ü h - u n d Vorgeschichte, geschaffen worden ist. Besonderer Vorzug der Darstellung ist die Ausführlichkeit: Es werden alle K o m p o n e n t e n der Sprache b e l e u c h t e t , d a s L a u t system, die Morphologie, die S y n t a x (wie bereits e r w ä h n t allerdings a m schwächsten), die Lexik (hier die Appellativa u n d verschiedene Klassen der n o m i n a propria), die Phraseologie. D a s Sprachmaterial wird aus den baltischen Gegenwartssprachen u n d ihren Dialekten, aus den a l t e n Schriftd e n k m ä l e r n der baltischen Sprachen, aus den v e r w a n d t e n indoeuropäischen S p r a c h e n u n d a u s den m i t dem Baltischen in Beziehung stehenden indoeuropäischen u n d nichtindoeuropäischen Sprachen bezogen. Als besonders gelungen aber ist die enge V e r b i n d u n g der Geschichte u n d Kult u r der S p r a c h t r ä g e r u n d der Sprache, die vorbildliche N u t z u n g der historischen Wissenschaften f ü r die Aufhellung des Sprachwandels zu b e t r a c h t e n . Die vorsichtige B e w e r t u n g der F a k t e n u n d H y p o t h e s e n ist den beiden B ä n d e n sehr zugute g e k o m m e n . Wir k ö n n e n uns n u r wünschen, d a ß der Verf. seinen grandiosen P l a n in diesem Sinne in a b s e h b a r e r Zeit glücklich zu E n d e bringen möge, zum N u t z e n der Baltistik u n d L i t u a n i s t i k ! R. Eckert 13
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vgl. dazu z u l e t z t : B. B. ÜBaHOB, ,Il,HaJieKTHbie i raeHemiH caaBHHCKott iiSbiKonofi OÖIIIHOCTII H eauHCTBO speBHero cjiaBHHCKoro H3bwoBoro Miipa, i n : Pa3BHTne BTHHqecKoro caMOCosHamm CJIABHHCKHX HaposoB B a n o x y paHHero cpesHeBeKOBbH, M. 1982, S. 213—214. R . E c k e r t , Zur historischen Phraseologie der slawischen Sprachen (Phraseologismen mit d e n K o m p o n e n t e n „ d b r a t i " & ,,koza" bzw. „kozblb"), i n : Z problemöw frazeologii polskiej IV, Wroclaw . . . 1988, S. 5 9 - 7 0 .
Lexicon Lithuanicum. R a n k r a s t i n i s X V I I a. vokieciij — lietuvii} kalbij i o d y n a s [ H a n d s c h r i f t l i ches deutsch-litauisches W ö r t e r b u c h des 17. J a h r h u n d e r t s ] (Lietuvos T S R Mokshj A k a d e m i j o s Centrine biblioteka). Verlag ,,Mokslas", Vilnius 1987, 566 S. Die vorliegende E d i t i o n des ältesten zweisprachigen deutsch-litauischen W ö r t e r b u c h e s stellt eine P u b l i k a t i o n der Zentralbibliothek der A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n der Litauischen S S R dar, die v o n einem Redaktionskollegium u n t e r Beteiligung v o n V. D r o t v i n a s , A. Ivaskeviöius (vera n t w . R e d a k t e u r ) u n d J . Marcinkeviöius (Vorsitzender des Redaktionskollegiums) herausgegeben
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wurde. Die Einleitung, der transliterierte Text des Wörterbuches und das litauische Wortregister (S. 480 — 566) wurden von V. Drotvinas vorbereitet. Der Edition ist ein kurzes Vorwort (S. 5) vorangestellt, in dem darauf verwiesen wird, daß sich das Original des Wörterbuches in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek der Akademie der Wissenschaften der Litauischen SSR in Vilnius unter der Signatur P 137 — 10 befindet. Die Handschrift war aus dem vormaligen Preußischen Staatsarchiv in Königsberg ausgelagert worden. Sie wurde von einer Kommission der Akademie der Wissenschaften der Litauischen SSR zur Bergung lituanistischer Kostbarkeiten gegen Ende des zweiten Weltkrieges in der zerstörten Burg Lochstädt entdeckt. Das Wörterbuch stellt das älteste Denkmal der preußisch-litauischen Tradition der litauischen Lexikographie dar, die in der 1. Hälfte des 17. J h . auch im Großfürstent u m Litauen mit dem bekannten „Dictionarium trium linguarum" des Konstantinas Sirvydas 1 einsetzte. Aus diesem Grunde besitzt es f ü r die Geschichte der litauischen Lexikographie und im besonderen f ü r die lexikographische Entwicklung in Preußisch- oder Klein-Litauen eine eminente Bedeutung. In der Einleitung (S. 7 — 23) behandelt V. Drotvinas die Frage der Autorschaft des „Lexicon Lithuanicum", graphologische Fragen sowie die Grundlagen der lexikographischen Technik. Da im vorliegenden H e f t der Bearbeiter der Edition, V. Drotvinas, selbst in einem gesonderten Beitrag Ausführungen über das „Lexicon" macht 2 , werden wir uns im folgenden vor allem auf Fragenkomplexe konzentrieren, auf die er weniger oder nicht eingegangen ist. I m ersten Abschnitt der Einleitung wird eine Einordnung des „Lexicon L i t h u a n i c u m " in das Schrifttum zur litauischen Sprache des 17. J h . vorgenommen, wobei vor allem die gesellschaftlichen Hintergründe f ü r die Entstehung dieses frühen deutsch-litauischen Wörterbuches beleuchtet werden. Es diente in erster Linie der Festigung des Protestantismus in den Gebieten des Herzogtums Preußen mit litauischer Bevölkerung. Das Wörterbuch wurde von einer Reihe von Baltisten, so von J . Gerullis, dem Autor der ersten litauischen Grammatik, Daniel Klein (1603 — 1666) zugeschrieben, was jedoch auch auf Kritik stieß, z. B. seitens solcher Spezialisten wie B. A. Larin, T. Buch u n d J . Palionis. V. Drotvinas ist auf Grund der Untersuchung des Papiers, das das Wasserzeichen der Papiermühle Ober- und Unter-Ecker des Severin Heinrich aufweist (Dreiecker-Papier) zu dem Schluß gelangt, daß die Handschrift nach der Kirchenvisitation von 1639 (Recessus generalis) aufgezeichnet worden ist, wobei das Material der Handschrift aus der genannten Papiermühle, die von 1632 bis 1658 existierte, s t a m m t . Gleichzeitig ermittelte er durch eine Analyse der Graphik des „Lexicon Lithuanicum" wesentliche Unterschiede in den Schreibungen im Vergleich zur „Grammatica Litvanica" u n d dem „Compendium Litvanico-Germanicum" von D. Klein. Wäre D. Klein der Autor des „Lexicon Lithuanicum", so blieben diese Unterschiede unverständlich. Daher schlußfolgert V. Drotvinas zu Recht, daß eine sichere Autorschaft f ü r das genannte Wörterbuch nicht ermittelt werden kann und wir nur von einem anonymen deutsch-litauischen Wörterbuch aus der Mitte des 17. J h . spechen können. Der graphologische Befund h a t ergeben, daß 208 von 225 Seiten von einer Person geschrieben wurden und außerdem zwei weitere Personen beteiligt waren. Der Text enthält noch Zusätze, und zwar 390 deutsche Stichwörter mit 459 litauischen Entsprechungen, da zuweilen einem deutschen Stichwort mehrere litauische Entsprechungen — meist Synonyme — beigegeben wurden. V. Drotvinas vertritt weiter die Hypothese, daß das Exemplar des Wörterbuchautors in die H ä n d e von Kopisten gelangte, und zwar ohne die Zusätze, so daß diese nicht nur eine Kopie, sondern eine Erweiterung und Ergänzung anstrebten, wobei der Autor und seine Mitarbeiter wahrscheinlich protestantische Pastoren aus litauischen Gemeinden waren. I m letzten Abschnitt der Einleitung teilt V. Drotvinas eine Reihe interessanter Beobachtungen über die lexikographischen Verfahren mit, die im Wörterbuch Anwendung fanden. Nur in wenigen
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Dieses Werk wurde durch eine mustergültige Faksimile-Edition vor fast einem J a h r z e h n t der Wissenschaft zugänglich gemacht: Pirmasis lietuviij kalbos zodynas [Das erste litauische Wörterbuch]. Konstantinas S i r v y d a s . Dictionarium trium linguarum. (Lietuvos T S R Mokshj Akademijos Lietuviij kalbos ir literatüros institutas. Lietuvos T S R Mokshj Akademijos Centrine biblioteka), Verlag „Mokslas", Vilnius 1979, 894 S. vgl. V. D r o t v i n a s , Das „Lexicon L i t h u a n i c u m " : die Handschrift und ihre Edition, S. 213 bis 216 des vorliegenden Heftes.
R . ECKERT,
Lexicon Lithuanicum
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Fällen werden g r a m m a t i s c h e Zusatzinformationen zu d e n litauischen E n t s p r e c h u n g e n gegeben, in der Regel wird n u r das deutsche Stichwort u n d seine litauische E n t s p r e c h u n g a n g e f ü h r t . E b e n so selten sind Verweise auf W ö r t e r m i t ähnlicher Ableitung (z. B. 1 7 a : bezwingen — ap[galleti], pergalleti, yweikti) oder Herleitungen (z. B. 56: kreysel — sukkurys, sukkurielis ex sukti). N u r vereinzelt sind einige litauische S u b s t a n t i v a mit der Genitivform versehen (z. B. 67: Patrontafch — mierkä, Gen. -os). Die Verben stehen f a s t ausschließlich in der I n f i n i t i v f o r m , n u r sporadisch k o m m e n finite Verbalformen vor (vgl. 27 a : einfällt es mir — atsimenu; 63 a : nachgefpottet ich habe — pamedinejau, d a n e b e n n o c h : nachfpotten — pamegd~,oti). Wie bereits a u s g e f ü h r t , sind in der Regel die deutschen L e m m a t a m i t bloßen ( „ n a c k t e n " ) E n t sprechungen im litauischen Teil versehen. X u r in wenigen Fällen wird der G e b r a u c h der litauischen Wörter d u r c h Beispiele illustriert (Vgl. z . B . 7 9 a : Seitenftech — digulys : kadda digulys diege, negal ßmog\us] atfidivejti) bzw. werden E r k l ä r u n g e n in litauischer oder deutscher Sprache angeboten, vgl. 1 6 a : Beutnerftrick geinis, id (lunku wirwe) ju kur[e\ y medi kopa oder 7 8 a : Schwiegervater — s~;es~urs, Schwiegermutter — annitta : foJagt das Weib auff des Mannes Vater und Mutter. Der Einleitung sind kurze Z u s a m m e n f a s s u n g e n in russischer u n d deutscher Sprache 3 a n g e f ü g t (S. 2 4 - 2 5 ) . Dem W ö r t e r b u c h t e x t sind noch „ E r l ä u t e r u n g e n zur T r a n s l i t e r a t i o n " (S. 27 — 28) vorangestellt. Die Seiten 29 u n d 30 bringen eine R e p r o d u k t i o n des D e c k b l a t t e s (das übrigens jüngeren D a t u m s als die Blätter der W ö r t e r b u c h h a n d s c h r i f t ist), S. 31 e n t h ä l t die Transliteration der Titelseite. D a n a c h folgen jeweils die Seiten m i t d e m Faksimiledruck u n d ihre T r a n s l i t e r a t i o n e n (32 bis 479). Von u n s c h ä t z b a r e m W e r t f ü r die Arbeit m i t dem „Lsxicon L i t h u a n i c u m " ist das litauische W o r t register, das auf den S. 481—483 kurz eingeleitet wird. I m folgenden m ö c h t e n wir noch einige A u s f ü h r u n g e n m a c h e n , die das Ergebnis einer ersten D u r c h sicht dieser interessanten neuen Quelle der litauischen Lexik des 17. J h . sind. V. D r o t v i n a s f ü h r t in seiner Einleitung (S. 19) aus, d a ß der deutsche L e m m a t e i l des W ö r t e r buches 9200 Wörter, der litauische Äquivalenzteil dagegen 7200 W ö r t e r e n t h ä l t . Dies k o m m t u. E . d a d u r c h zustande, d a ß häufig ganzen W o r t v e r b i n d u n g e n des D e u t s c h e n (u. a. a u c h d e u t s c h e n Streckformen bzw. deutsehen P h r a s e m e n ) E n t s p r e c h u n g e n des Litauischen in F o r m von E i n w o r t lexemen zugeordnet werden. Vgl. z. B. 105: Wetter fo gutt ist — pagada; 82: sprengen in die Höhe — aukuti4; 88: Topff Überlauffen laßen — nubaginti; l i l a : zu rechter Zeit — c~,esu\ 106: Willen haben — sawalnilcauti; willens fein — ketteti; 99 a : Ungeftüm fein — deroti; 111: Zunahmm geben — prawardjOti; 1 8 a : blinde Kuh, spielen — gu^ineti; 2 9 a : einzig u[nd] allein — wienintelis; 38a: Fußfall thun — pafiklonoti5; 40 a : Geift auf ¡geben — ußdwefti; 45 a : Hand an den Seit[en] sezen — iffiremti; 63: Müthlein kühlen — pasitießiti; 66: Odem holen — atsidwefti; 76: schnarchen wie ein Pferd — krankßti; 104: Wehr und Waffen — ginklas; 111: zu gutt halten — nepadywiti; l i l a : zur Ruhe sich begeben — atsigulti u. a. A u ß e r d e m werden polysemantische W ö r t e r u n d H o m o n y m e des D e u t s c h e n in F o r m minimaler Kollokationen gegeben, vgl. z. B. 1 0 6 a : Wirbel am Kopf — mümü; Wirbel an Haut — brusgulei; Wirbel in Waffer — wyrus; Wirbel an der Thür — kaißtis. Andererseits entsprechen h ä u f i g deutschen K o m p o s i t a litauische M e h r w o r t b e n e n n u n g e n ( 2 a : Abendftern — wakaro ~waißde; 10: Augapffel — akkies wyjd~us; 13: Bauchwehe — pilwo skaudejimas etc.). H ä u f i g wird ein deutsches L e m m a m i t Hilfe mehrerer litauischer E n t s p r e c h u n g e n wiedergegeben, die in der Regel Synon y m e darstellen (vgl. z. B. 13: Bauer — buras, mujikkas, kiemons; 2 1 a : Compan — taworißcjus, draugas; 23 a : dick machen — tirßtai daryti, dußai penneti; 40: Gefährt — draugas, taworißc~,us; 80: singen — giedüti, dainüti u. a. Schließlich k o m m e n auch Beispiele vor, in denen einem deutschen L e m m a eine W o r t f ü g u n g im Litauischen e n t s p r i c h t (vgl. 1 6 a : betten — patala kloti; 108: würzen — jolymis u^darryti) bzw. in denen Beschreibungen im litauischen Teil erfolgen (z. B. 2 1 a : Comet — dangaus rukßte, swaijde fu üdega). Wir h a t t e n weiter oben gesehen, d a ß eine Reihe voi< P h r a s e m e n im d e u t s c h e n Teil des W ö r t e r buches v o r k o m m e n , f ü r die allerdings in der Regel keine phraseologischen E n t s p r e c h u n g e n im Litauischen angeboten werden. I n einigen Fällen f i n d e n sich aber im litauischen Teil dennoch P h r a s e m e , so daß das „Lexicon L i t h u a n i c u m " auch einen, wenn a u c h bescheidenen B e i t r a g zur
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Das deutsche Resümee h ä t t e vor d e m A b d r u c k stilistisch ü b e r a r b e i t e t werden sollen. vgl. zu diesem Verb den Beitrag v o n J . P a l i o n i s im vorliegenden H e f t , S. 210—212. vgl. noch 1 1 0 a : zu Fuß fallen — pafjikloniti.
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litauischen Phraseologie leistet. Man vgl. 70: Regenbog[en] — laumes jüßta. Das Phrasem laümes jüosta ist als solches im Großen Akademie-Wörterbuch 6 festgehalten und auch im Phraseologischen Wörterbuch der litauischen Sprache von J . Paulauskas 7 . Dem Phrasem senk dienä ,labai seniai' im L K F 2 , 67 mit der Variante senos dienos entspricht im „Lexicon Lithuanicum" ziemlich genau iß sennu dienu, das als Entsprechung von dt. von alter Zeit (101) auftritt. Auf S. 6 werden zu dt. Angeficht die Äquivalente weidas, gimis angeführt und als Illustration dazu wird die Wendung y weida tarriti (= { veida taryti) zitiert, die ziemlich genau das dt. Phrasem „ins Gesicht sagen" ,(eine Wahrheit, Grobheit etc.) jmdm. direkt, ohne Schonung sagen' wiedergibt. Auf S. 82a finden wir dt. spüren — pedus sekti, wobei sich letzteres mit litauischen Wendungen vom Typ j kienö pedas (pa)sekti ,in jmds. Fußtapfen treten'; pedomis sekti vergleichen läßt 8 . Ein Phrasem, das zur Wiedergabe von Mimik und Gestik diente, scheint im lit. nofi merkti vorzuliegen, das S. 100 als Äquivalent zu dt. winken angeführt wird, vgl. lit. merkti ,blinzeln, mit den Augen winken', merkti akimls .einander mit den Augen zuwinken', merkimas ,das Winken mit den Augen' 9 und nos{ imerkti i säkuma = nusigerti ,sich einen antrinken' 1 0 . Eine detaillierte Untersuchung der Phraseologie im „Lexicon Lithuanicum" steht noch aus, würde aber gewiß interessante Einsichten vermitteln. Im zu besprechenden Wörterbuch kommt auch ein gewisses Namenmaterial vor, das einigen Aufschluß über den geographischen Horizont des Autors bzw. seiner Helfer liefert. Es lassen sich 14 Länder- bzw. Gebietsnamen ermitteln: 23: Denmarck — Denmarkas; 2 3 a : Deutfchland — tauta Woke; 36: Finnland — Pinnujeme; 52 a: judifch Land — ~,ydawa; 59: Liefland — Latwija; Littauen — Lietuwa; 68: Pohlen — Lenku ~eme; Pommern — Pammare; 68a: Preußen — Prusu ~,eme\ 75a: Schlesien — ßile^ia; 78: Schweden — S~wedu ~,eme; 86: Tartarey — Totoryfte; 89a: Turkey — Turku jeme; 99: Ungarn — Wengru jeme. Ebenso groß ist die im Wörterbuch enthaltene Zahl von Städtenamen. Es handelt sich im einzelnen um folgende: 22a: Danzig — Danskas; 52a: Injterburg — YJtrutis; 55: Königsberg — Karala,ucj[us]; 53a: Kaun — Kaunas; 58a: Leipzig — Lipskas; 61: Memmel — Klaipeda; 62a: Mojcau — Majkawa; 68: Pillau — Pillawa; 69 a : Ragnet — Ragaine; 71a: Rom — Rimija, Rimas; 86: Tapjau — Teplewa; 87a: Tilfe — Tilje; 91a: Venedig — Venediie; 104a: Welau — Wielawa. Geringer ist die Anzahl der Flußnamen, nämlich nur drei (61: Memelfluß — Nemons mit der Variante Nemuns für dt. Hümmel 62 a ; 68 a : Pregel — Preglus und 104 a : Weychjel — Wisla) und die Anzahl der Personennamen. Vgl. 14a: Benedict — Bindjus; 44: Orikke — Origgas sowie die biblischen Namen: 61: Meffias — Meßioßus; 64a: Neper — Nepras und 108a: Zebaoth — ~,ebaot. Mit dieser Aufstellung ist der Anteil an nomina propria im „Lexicon" erschöpft. An den Schluß unserer Besprechung dieses für die Geschichte der litauischen Sprache so bedeutsamen Buches möchten wir einige Korrekturen stellen, die ausschließlich den deutschen Teil des Wörterbuches, und zwar die Transliteration, betreffen. Auf S. 64 muß es anstelle von ausbetten — ißpraßyti richtig ausbetteln heißen 11 ; S. 72 ist austrocken — ißd~,uti in austrocknen zu korrigieren; S. 83 lese ich anstelle von Benotficheit (?) feyn — priwalyti eher: Benothigetfeyn; S. 112 ist DachJyein, Dachziegel — c^erpic~,ia, plita in Dachftain oder Dachftein zu korrigieren; auf S. 141 lese ich einsfeyn anstelle von einjezen (?) — wienos dumos buti12; auf S. 299 ist Prager — dyba in Pranger zu verbessern, man vgl. noch davor prangen-, auf S. 307 ist rechejter — daugiafu turrys in reicherer zu verbessern; auf S. 324 heißt es wohl eher Schlaffpeltz anstelle von Schlafffeltz — nakt[kai]linei; S. 339 ist des Weiber Vater in des Weibes Vater zu berichtigen 13 ; S. 339 Shwindel ->• Schwindel; S. 375 tnönicht ->• thönicht (vielleicht auch thönigt) und S. 452 Wollertahrener Wollerfahrener — gerray ißtires. Auch der ausführliche Titel des „Recessus generalis der Kirchen-Visitation Insterburgischen und 6 7 9 9 10 11
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Lietuviu kalbos zodynas, VII, S. 190. J . P a u l a u s k a s , Lietuviij kalbos frazeologijos iodynas (im folg.: LKF2), Kaunas 1977, S. 149. A. K u r s c h a t , Litauisch-deutsches Wörterbuch, I I I , Göttingen 1972, S. 1841. op. cit., II, S. 1398. L K F 2 , S. 182. Die Seitenzahlen beziehen sich nun nicht mehr auf die Pagination der Handschrift, sondern der Edition. man vgl. noch S. 137: einmuthig — wienos dumos und einmuthigl[ich] — iß wienos dumos. so ist es auch auf S. 17 zitiert.
E.
HEMMERLING,
Lietuvii} kalbos palyginimi} z o d y n a s
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anderen Littawischen E m b t e n in H e r z o g t h u m s P r e u ß e n " (S. 8, A n m . 6) ist in „ R e c e s s v s generalis Der Kirchen Visitation I n / t e r b u r g i / c h e n v n d anderer Littawifchen E m b t e r im H e r t z o g t h u m b P r e u J / e n " zu verbessern. An dieser Stelle möchten wir H e r r n V. D r o t v i n a s (Vilnius) f ü r die Ü b e r sendung einer Kopie des Titelblattes des „ R e c e s s v s " in Z u s a m m e n h a n g m i t dieser K o r r e k t u r herzlich d a n k e n . Die a n g e f ü h r t e n Berichtigungen beeinträchtigen in keiner Weise den g u t e n G e s a m t e i n d r u c k , d e n die Edition dieses f r ü h e s t e n Werkes, das die deutsche u n d litauische Sprache zueinander in Beziehung setzt, vermittelt 1 4 . Reikia d a b a r gerai istyrineti sit^ reiksmingq, darbfj.! R.
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Eckert
V. U r b u t i s h a t in drei Artikeln die Abhängigkeit des sog. Klaipedaer W ö r t e r b u c h s von 1728 u n d des sog. Krauseschen W ö r t e r b u c h s aus der 1. H ä l f t e des 18. J h . vom „Lexicon L i t h u a n i c u m " u n t e r s u c h t u n d die Eigenständigkeit des ersteren zu b e g r ü n d e n v e r s u c h t . Dabei f ü h r t er eine Reihe interessanter E n t s p r e c h u n g e n — u n d auch Unterschiede — der g e n a n n t e n beiden W ö r t e r b ü c h e r im Vergleich zum „Lexicon L i t h u a n i c u m " a n . E r h a t d a d u r c h aufschlußreiche U n t e r s u c h u n g e n zur B e d e u t u n g des „Lexicon L i t h u a n i c u m " f ü r die deutsch-litauische Lexikographie im 18. J h . geliefert. Vgl. V. U r b u t i s , 1728 m. Klaipediskiu z o d y n o leksikografiniai saltiniai, i n : Baltistica X X I I I / 1 (1987), S. 57 —75; d e r s . , 1728 m. Klaipediskii} z o d y n o originalieji b r u o i a i , in: Baltistica X X I V / 1 (1988), S. 8 0 - 9 3 ; d e r s . , D a r apie 1728 m. Klaipediskii} zodyn^, i n : Baltistica X X I V / 2 (1988), S. 204 — 214.
K . B. V O S Y L Y T E , Lietuviu kalbos palyginimn zodynas [ W ö r t e r b u c h litauischen Sprache] Vilnius „Mokslas" 1985, 390 S.
der
Vergleiche
der
I n den letzten J a h r z e h n t e n n a h m e n die F o r s c h u n g e n z u r Lexikologie u n d P h r a s e o l o g i e de Litauischen einen bemerkenswerten Aufschwung, was sich in einer Reihe grundlegender W e r k e äußerte. Mit den Arbeiten a m A k a d e m i e - W ö r t e r b u c h der litauischen Sprache w u r d e ein weiterer b e d e u t s a m e r Schritt zur E r f o r s c h u n g der Phraseologismen vollzogen 1 . Dieses W ö r t e r b u c h erweist sich nicht n u r als eine Quelle reichen phraseologischen Materials, sondern es bildet auch den Ausg a n g s p u n k t f ü r verschiedene lexikographische Arbeiten, zu denen das einsprachige phraseologische W ö r t e r b u c h der litauischen Sprache 2 u n d zwei weitere russisch-litauische phraseologische Wört e r b ü c h e r zählen 3 . Die v e r s t ä r k t e n B e m ü h u n g e n , die Phraseologie des Litauischen zu b e a r b e i t e n u n d die Ergebnisse dieser Forschungen zu veröffentlichen, schlugen sich u. a. in d e m Erscheinen zweier spezieller Wört e r b ü c h e r auf phraseologischem Gebiet nieder, wobei das erste d e n somatischen Phraseologismen gewidmet ist 4 u n d das zweite sich m i t den stehenden Vergleichen oder k o m p a r a t i v i s c h e n Phraseologismen der litauischen Sprache b e f a ß t . Verf. des a n zweiter Stelle g e n a n n t e n W ö r t e r b u c h s der k o m p a r a t i v i s c h e n Phraseologismen, K i e m e n t i n a Vosylyte, ist a m I n s t i t u t f ü r Litauische Sprache u n d L i t e r a t u r der A k a d e m i e der Wissenschaften der Litauischen S S R in Vilnius t ä t i g , w i r k t be-
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Lietuvii} kalbos zodynas [ W ö r t e r b u c h der litauischen Sprache], B d . I — X I I I , Vilnius 1941 bis 1984 (Bd I : Vilnius 2 1968; B d . I I : Vilnius 2 1969). J . P a u l a u s k a s , Lietuvii} kalbos frazeologijos z o d y n a s [Phraseologisches W ö r t e r b u c h der litauischen Sprache], K a u n a s 1977. E . G a l n a i t y t e — J . P i k c i l i n g i s — M. S i v i c k i e n e , Mokyklinis rusi}-lietuvii} kalbt} f r a zeologijos z o d y n a s [Russisch-litauisches phraseologisches W ö r t e r b u c h f ü r die Schule], K a u n a s 1983; V. S t a s a i t i e n e — J . P a u l a u s k a s , Rusij-lietuviij kalbij frazeologijos z o d y n a s [Russisch-litauisches phraseologisches W ö r t e r b u c h ] , Vilnius 1985. J . L i p s k i e n e , Lietuvii} kalbos somatiniai posakiai (Su galvos dalii} pavadinimais) [Somatische R e d e w e n d u n g e n der litauischen Sprache (mit Bezeichnungen f ü r die Teile des Kopfes)], Vilnius 1979.
Z. Slaw. 34 (1989) 2
300
reits seit J a h r e n a n der H e r a u s g a b e des eingangs e r w ä h n t e n A k a d e m i e - W ö r t e r b u c h s m i t u n d b e f a ß t sich schon lange m i t Problemen der festen Vergleiche des Litauischen 5 . I n letzter Zeit ist ein zunehmendes Interesse f ü r die festen Vergleiche in der i n t e r n a t i o n a l e n Phraseologieforschung festzustellen, was sich u. a. im Erscheinen von monographischen Darstellungen u n d speziellen W ö r t e r b ü c h e r n zu dieser T h e m a t i k widerspiegelt. Man vgl. die Monographie über die festen Vergleiche des Russischen von V. M. Ogol'cev 6 , den ersten B a n d des tschechischen phraseologischen Wörterbuches, der die Vergleiche e n t h ä l t , von einem Kollektiv u n t e r Leitung von F. Cermäk 7 , J . H r o n e k u n d J . Machac u n d das W ö r t e r b u c h der festen Vergleiche der bulgarischen Sprache von V. K j u v l i e v a 8 . Die beiden l e t z t g e n a n n t e n lexikographischen Arbeiten bringen a u c h jeweils eine theoretische E i n f ü h r u n g in die P r o b l e m a t i k der stehenden Vergleiche. I n diesen K o n t e x t o r d n e t sich die Arbeit v o n K . Vosylyte ein, die ein erstes spezielles Lexikon der stehenden Vergleiche des Litauischen u n d somit erstmalig ü b e r h a u p t einer baltischen Sprache ist. I m vorliegenden W ö r t e r b u c h sind die charakteristischen traditionellen Vergleiche des Litauischen z u s a m m e n g e f a ß t . Das Illustrationsmaterial wie a u c h die Vergleiche selbst sind aus dem großen A k a d e m i e - W ö r t e r b u c h der litauischen Sprache, aus der W ö r t e r b u c h - K a r t o t h e k , a u s verschieden e n F o l k l o r e - S a m m l u n g e n sowie aus der lebendigen Volkssprache e n t n o m m e n worden. D a r ü b e r h i n a u s v e r w e n d e t Verf. a u c h die Schriften der litauischen Klassiker u n d die litauische Gegenw a r t s l i t e r a t u r . D a d u r c h repräsentiert die Autorin in ihrem W ö r t e r b u c h eine breite Schicht a k t i v gebräuchlicher sprachlicher Einheiten. E s wird e x a k t darauf hingewiesen, wo die e n t s p r e c h e n d e n W e n d u n g e n quellenmäßig zu finden sind bzw. in welchen M u n d a r t e n sie v e r w e n d e t werden. Das Buch, das reichhaltiges Material f ü r weitere F o r s c h u n g e n e n t h ä l t , schließt m i t einem semantischen Register ab. Das W ö r t e r b u c h ist übersichtlich a u f g e b a u t . Die Stichwörter sind d u r c h h a l b f e t t e Schrift hervorgehoben u n d alphabetisch angeordnet. Nach dem Stichwort folgt sogleich der feste Vergleich. Zwischen diesen beiden E i n t r a g u n g e n s t e h t als Trennungszeichen ein Q u a d r a t . Der G e b r a u c h einer W e n d u n g wird d u r c h einen oder mehrere Sätze illustriert. Als Stichwort gilt im W ö r t e r b u c h das W o r t , das volle B e d e u t u n g besitzt u n d den K e r n des Vergleichs bildet. Die B e d e u t u n g des festen Vergleichs erschließt sieh erst im Beispielsatz. Dieses Vorgehen ist notwendig u n d h ä n g t u n m i t t e l b a r von dem H a u p t p r o b l e m a b : W o sind die Grenzen des k o m p a r a t i v i s c h e n Phraseologismus? Gerade bei den festen Vergleichen ist es schwierig zu entscheiden, ob das eine oder das andere W o r t dem B e s t a n d des Vergleichs selbst angehört oder seiner lexikalischen U m g e b u n g zuzurechnen ist. Hier gehen die Meinungen der Wissenschaftler auseinander. Auf der einen Seite stehen F o r s c h e r wie V. M. Ogol'cev, die das K o m p a r a t u m nicht z u m B e s t a n d des festen Vergleichs zählen. Andererseits sind z. B. V. K j u v l i e v a , A. K u n i n , M. K o s t o v 9 der Meinung, d a ß sich ein Vergleich auf die ganze W e n d u n g erstrecke, weil „die s y n t a k t i s c h e Ganzheit u n d die Geschlossenheit des Ausdrucks sonst zerstört wird, der das Ergebnis einer im Volk fest verwurzelten Vorstellung ist" 1 0 . Rez. schließt sich dieser zweiten Auffassung hinsichtlich der Grenzen der Phraseologismen a n . I m Gegensatz dazu geht K . Vosylyte bei der Lösung dieses Problems von folgenden K r i t e r i e n a u s : Die K o m p o n e n t e n , die das zum A u s d r u c k bringen, was verglichen wird, gehören n i c h t z u m lexikalischen B e s t a n d des k o m p a r a t i v i s c h e n Phraseologismus, wenn sie eine selbständige lexikalische B e d e u t u n g u n d g r a m m a t i s c h e F u n k t i o n aufweisen k ö n n e n . Demzufolge bilden in d e n k o m p a r a -
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vgl. K . V o s y l y t e , Lietuviij kalbos lyginamifjij frazeologizm\j s a n t y k i s su aplinka, i n : Leksikos t y r i n e j i m a i ( = L K K X I I I / 1 9 7 2 ) , S. 99 —109; dies.,CpaBHHTejibHbie aizdurve , R a u m hinter der T ü r ' . Die möglichen Alternationen von Stammvokalen werden in einem komplizierten Schema beschrieben. Auch hier k o m m t es zur K o m b i n a t i o n dieses Verfahrens mit dem zuerst erwähnten, vgl. nest ,tragen' -»• nasta ,Last, Bürde', bzw. zu K o m b i n a t i o n e n mit Suffigierung, v g l . dzimt ,geboren werden' ->• dzemdet ,gebären'. R e l a t i v selten tritt es unkombiniert auf, v g l . plist ,reißen, brechen' (intransitiv) - > plest ,reißen' (transitiv). Die bei der Präfigierung verwendeten Einheiten (es sind die P r ä f i x e : aiz-, ap-; at-; ie-; no-; pa-; pär-; pie-; sa-; uz- und Negationspräfix ne-) haben Initialstellung im W o r t , und es k o m m e n (ausgenommen ne-) in der Regel nicht zwei P r ä f i x e vor. W o das doch der Fall ist, ist entweder die nichtpräfigierte F o r m außer Gebrauch gekommen (z. B. *zit in pazit ,kennen', daher ie pazlt .kennenlernen' möglich) oder die präfigierte F o r m wurde lexikalisiert ( v g l . pärdot ,verkaufen' zu dot ,gehen', daher izpärdot .alles verkaufen, ausverkaufen' möglich). Die Suffigierung ist stark ausgebaut und komplizierten R e g e l n unterworfen, [n zwei Schemata, jeweils für Verben und Substantive, werden die Endungen angeführt, die auf bestimmte S u f f i x e folgen (z. B. auf -san- f o l g t -a: dzimsana ,Geburt'). I n vier Ableitungsbäumen werden die Hierarchien zwischen W u r z e l t y p , S u f f i x und Endung schematisch dargestellt. Schließlich werden grundsätzliche Gesetzmäßigkeiten der K o m p o s i t i o n behandelt. Die gesonderte Behandlung der internationalen W ö r t e r ist durch ein spezielles R e p e r t o i r e v o n P r ä f i x e n (z. B. a-, ab-; a-, ad-; de-, dis- etc.) und v o n Suffixen (z. B. -(i)äd- + Endung /-e/ in olimp iad e), die, was letztere betrifft, in verschiedenen Gruppen in Schemata aufgeführt werden, bedingt. Gesonderte Aufstellungen sind den Stammvarianten in internationalen W ö r t e r n gew i d m e t (vgl. z. B. akt akc ag : aktlvs — reakcija — reaget). Die indeklinablen Substantive werden ganz kurz behandelt sowie die Beziehungen zwischen der Wortbildung des indigenen K o r p u s und des Korpus der internationalen W ö r t e r hinsichtlich ihrer Annäherung. Der einleitende Teil wird durch einen informativen, theoretischen Abschnitt über die Auffassung zum Morphem abgeschlossen. Besonders hervorzuheben ist die sehr ansprechende äußere F o r m des Buches und die K o r r e k t h e i t des Materials und der Darlegungen. W i r konnten nur einen einzigen Druckfehler (Ahmatova anstelle des richtigen Ahmanova, S. V I I ) ausmachen. Das vorliegende Wörterbuch ist nicht nur in theoretischer Hinsicht eine w e r t v o l l e Grundlage für die Ermittlung der derivativen Systembeziehungen und die Herauslösung v o n W o r t n e s t e r n in der gegenwärtigen lettischen Sprache und in diesem Sinne ein wichtiges Handbuch für den Baltisten und insonderheit den Lettonisten, sondern gestattet auch in der praktischen Erlernung des Lettischen durch Ausländer den W o r t s c h a t z in seiner inneren Systematik besser zu erfassen und für die fremdsprachliche Unterrichtung zu beschreiben. W i r können V e r f . zu diesem grundlegenden W e r k zum modernen Lettischen beglückwünschen. R.
1
Eckert
Man v g l . dazu folgende Monographie am Material des Russischen, die ebenfalls diese prinzipielle Unterscheidung b e k r ä f t i g t : I I H it P a 4 e K, I I H T e p 11 a IJ H o H a .:IL F I bie cyL(a (ME 1, 344). — K a r t e 6 und der entsprechende K o m m e n t a r (S. 221 — 222) zeigen die Verbreitung von lett. budele^/pudele (letzteres livländisch, schriftlettisch) ,Buddel, Flasche' (-«- nd. Buddel). — (10). V. S a u d i n a , Einige soziolinguistische Aspekte der Entlehnung litauischer Lehnwörter in selischen Dialekten (S. 228 bis 235; Res. S. 272 — 273) gibt vier Gründe für die Abnahme litauischer Lehnwörter in selischen Mundarten (Akniste usw.) an: 1. die beiden ostbaltischen Schriftsprachen entwickeln sich und dehnen ihren Einflußbereich auf die jeweiligen eigenen Mundarten aus; 2. es verschwinden viele Sachen (Realia) und mit ihnen deren Benennungen; 3. in der Gesellschaft gehen Veränderungen vor sich; 4. es fehlt eine lettisch-litauische Zweisprachigkeit. Stilistisch werden häufig auch solche litauischen Lehnwörter in den selischen Mundarten umgeformt, deren Äquivalente auch jene kennen, die Litauisch nicht können. Zum Schluß werden verschiedene semantisch umgeformte litauische Lehnwörter im Lettischen analysiert. I n einer eingehenden R e z e n s i o n bespricht O. B u s s das wichtige Buch von P. A r i s t e , Keelekontaktid. Eesti keele kontakt? tiiste keeltega [ = Sprachkaatakta. K o n t a k t s der estnischen Sprache mit anderen Sprachen], Tallinn 1981, 168 S. (S. 236 — 243) recht positiv. Das K a p . 1 biete eine kurze Charakteristik d?s Substratproblems in dar Sprachwissenschaft ü b e r h a u p t u n d konkrete analysierte Muster von Substratcrschsinungen in den Ojtsesfinnischen Sprachen. Das K a p . 2 ist dem Problem der Zw.:i- und Mehrsprachi^keit und die K a p . 3 und 4 sind den E n t lehnungen im Estnischen mit verschiedener H e r k u n f t gewidmet. Zum Abschluß des Sammelbandes folgt Dz. B a r b a r e ' s Bibliographie zu S p r a c h k o n t a k t e n des Lettischen f ü r die J a h r e 1975 — 1984 (S. 244 — 260), untergliedert in I. Bücher und Broschüren, Schriften- u n d Thesen sammln ng.'n. Es wurden alphabetisch stets erst die lettischen, dann die russisch verfaßten Titel aufgeführt (S. 244—247), I I . allgemeine Fragen des Sprachkontakts (S. 247 bis 255); dazu als Unterkapitel Lettisch und andere Sprachen: Lettisch-Englisch (S. 255 — 259); Lettisch-Französisch (S. 2 5 9 - 2 6 0 ) , Lettisch-Deutsch: nur drei Titel!! (S. 260). Alles in allem haben die lettischen Akademie-Kollegen einen interessanten Sammelband herausgebracht, der mancherlei Neues und Anregendes bietet. F. Hinze 9 10 11 12
13 14
Auch hier fehlt nkur. Uze dass. (KW 48; P1KV 98). Hier h ä t t e nkur. Skivis (P1KV 116), skivs (KWT 76) dass. zitiert werden können. vgl. auch slz. siba dass. ( o u n d die E n d u n g s a l t e r n a t i o n Acc. Sg. e»(X) ~ an (1). E s folgen alphabetische Auflistungen der S u b s t a n t i v - , A d j e k t i v - , Pronominal-, Verbal- u n d Adv e r b i a l s t ä m m e m i t d e n entsprechenden A l t e r n a t i o n e n u n d A l t e r n a t i o n s m u s t e r n . Vgl. z. B. bausenn — (X) ~ bousenn- (3) ~ busenn- (2) u n d au (x) ~ ou (3) u (2). Auch die P r ä p o s i t i o n e n u n d K o n j u n k t i o n e n , z. B. pirsdau (x) ~ pirschdau (x) , v o r ' ; käigi (x) ~ kaigi (3) ~ kaigj (1) ,wie' sowie die einzige I n t e r j e k t i o n m i t alternierenden graphischen F o r m e n (amen ~ aman) w e r d e n in derselben A r t b e h a n d e l t . Die gleiche P r o z e d u r wird auf die E n d u n g s a l t e r n a t i o n e n a n g e w a n d t u n d a u c h diese werden listenmäßig erfaßt. I m K a p i t e l „ D i e G r a p h e m a n a l y s e " erfolgt eine B e w e r t u n g der Allographe m i t gleicher H ä u f i g keit (Frequenz) als Fälle v o n signifikativer Neutralisierung. E s b e t r i f f t dies A l t e r n a t i o n s m u s t e r m i t Allographen gleicher F r e q u e n z , z. B. (1) : (1) oder (2) : (2) oder ( X ) : (X), wobei letztere d e n höchsten G r a d der Möglichkeit der Neutralisierung zwischen zwei G r a p h e m e n anzeigen. A u s g e h e n d d a v o n e r m i t t e l t der Verf. eine Abfolge signifikanter S t a m m a l t e r n a t i o n e n : Muster Muster Muster Muster Muster Muster Muster
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
mit mit mit mit mit mit mit
der der der der der der der
Frequenz Frequenz Frequenz Frequenz Frequenz Frequenz Frequenz
von von von von von von von
(X) : (X) (X) : (3) (3): (3) (2): (2) (3) : (2) (X) : (2) (1) : (1)
I n allen diesen A l t e r n a t i o n e n werden 2 Allographe als neutralisiert b e t r a c h t e t . Ob es sich d a b e i u m zwei Allographe als V a r i a n t e n e i n e s G r a p h e m s h a n d e l t oder u m allographische A l t e r n a t i o n e n zwischen zwei G r a p h e m e n , ist in jedem Falle zu b e s t i m m e n . D a n a c h wird jedes dieser A l t e r n a t i o n s m u s t e r einzeln b e h a n d e l t , z. B. Muster 1 m i t der F r e q u e n z von (X) : ( X ) : i •—• ij (z. H. etnl-st- ~ etnijst- ,Gnade'. Zu dieser Zeile erfolgt eine B e m e r k u n g , die besagt, d a ß der Allograph ij als spezielles Zeichen z u m A u s d r u c k des langen i b e t r a c h t e t wird, der A l t e r n a t i o n % •—< i j wird das G r a p h o n e m / (l) / zur Seite gestellt. Auf diese Weise gelangt der A u t o r zu einer Reihe v o n Aussagen über das Verhältnis v o n G r a p h e m u n d P h o n e m . N a t ü r l i c h werden a u c h die nichtsignifikanten S t a m m a l t e r n a t i o n e n be1 trachtet. I n einem A n h a n g werden Listen a n g e f ü g t , die stabile S u b s t a n t i v - , A d j e k t i v - (Adverb-), P r o n o minal- u n d V e r b a l s t ä m m e sowie isolierte I n f i n i t i v f o r m e n e n t h a l t e n , d. h. S t ä m m e u n d F o r m e n , die m e h r als 2 Mal im T e x t v o r k o m m e n , aber keine alternierenden (graphischen) F o r m e n a u f w e i s e n .
5
William R . S c h m a l s t i e g , A n Old Prussian G r a m m a r : T h e Phonology a n d Morphology of t h e Three Catechisms, T h e P e n n s y l v a n i a S t a t e U n i v e r s i t y Press, U n i v e r s i t y P a r k a n d L o n d o n 1974, u n d d e r s . , Studies in Old Prussian. A Critical Review of t h e R e l e v a n t L i t e r a t u r e in t h e Field since 1945, T h e P e n n s y l v a n i a S t a t e University Press, University P a r k a n d L o n d o n 1976.
R . ECKERT, O l d P r u s s i a n
325
Diese Auflistung wird fortgesetzt mit stabilen Substantiv-, Adjektiv- und Verbalendungen, stabilen indeklinablen Wörtern, z. B. pnnsdau (X) ,alsdann, danach', u n d einer Aufzählung der „isolierten" Wortformen, die nur einmal im Text begegnen: z. B. brendekermmn Mask. Akk. Sg. ,schwanger' 6 . Die zweite der eingangs erwähnten hier zu besprechenden Schriften von Toshikazu Inoue stellt eine unmittelbare Fortsetzung der ersten dar, weshalb es uns angebracht erschien, beide zusammen zu behandeln. Verf. u n t e r n i m m t hier eine Analyse des Enchiridions ausgehend von den Begriffen der Graphonologie, einer Ebene, die zwischen der graphematischen Ebene in der ersterwähnten Schrift und der Phonologie vermittelt. I n einem gesonderten Abschnitt begründet er die Gültigkeit und Anwendbarkeit der Graphemtheorie auch auf eine solche Sprache wie das Altpreußische, von der wir keine unmittelbaren F a k t e n über ihre L a u t u n g besitzen, sondern diese über Hypothesen durch den Vergleich mit den anderen baltischen Sprachen ermitteln müssen. E r setzt sich dann gründlich mit der Kontroverse zwischen W. R. Schmalstieg und J . F . Levin über die Bewertung der apr. Orthographie auseinander, wobei er Levin beipflichtet, der im Gegensatz zu Schmalstieg davon ausgeht, daß die Schreibungen in den apr. Texten f ü r die sprachliche Analyse relevant sind; d. h., nach Meinung des Verf. ist m a n nicht nur auf die Anwendung der vergleichend historischen Methode angewiesen. Schließlich behandelt Verf. sodann einige Probleme des apr. Vokalsystems, im besonderen das Teilsystem der Kurzvokale. Auf G r u n d der graphonemischen Analyse begründet er einen phonemischen Unterschied zwischen /e/ u n d jäj und gelangt zu einer Rekonstruktion von 4 Kurz vokalen f ü r das Apr.: i, e, ä, ü. I m Kapitel über die graphonemische Analyse legt Verf. die Beziehungen zwischen den Graphemen über die Graphoneme zum hypothetisch angenommenen Phonemsystem dar. Die durch die Graphemanalyse gewonnenen Wortformen mit hoher Stabilität sowie die besonders signifikanten Alternationen der Wortformen liefern nach Verf. das günstigste Ausgangsmaterial f ü r die Beschreibung der Beziehungen zwischen den Graph(on)emen u n d Phonemen. Umgekehrt können Wortformen mit geringer Stabilität sowie Alternationen mit geringer Signifikanz k a u m etwas zur Erhellung der Beziehungen zwischen Graphonemen u n d Phonemen beitragen u n d die überwiegende Mehrheit dieser Fälle können nach Meinung des Verf. als Schreibfehler klassifiziert werden. I n zwei Tabellen wurden die signifikanten Alternationsmuster jeweils f ü r den vokalischen und konsonantischen Bereich zusammengefaßt. Wir vermissen bei dieser strukturell sehr konsequent durchgeführten Analyse allerdings den Bezug auf ein Problem, das u. E. bei der Beurteilung der Schreibungen in den apr. Texten f ü r mutmaßliche Aussagen über das Phonemsystem bei aller Vermitteltheit dieser Beziehungen von Bedeutung ist — die Berücksichtigung der Tatsache, daß diese Schreibungen in bedeutendem Maße eine f ü r das Deutsche gängige graphische Tradition widerspiegeln. Der 2. Teil der zuletzt besprochenen Schrift stellt eine Textedition des Enchiridions dar (S. 47 bis 113), in der die Frequenz der Wortformen angezeigt ist, wenn diese 3, 2 oder 1 Mal im T e x t vorkommen (viermaliges Vorkommen und höhere Häufigkeiten bleiben unbezeichnet). Der Verf. geht von der Trautmannschen Edition aus 7 , h a t aber gleichzeitig die Korrekturen der Edition von Maiiulis 8 berücksichtigt und eigene Korrekturen angebracht. Abschließend gibt Verf. eine alphabetische Liste der apr. Wörter, die eine Häufigkeit von 4 und mehr aufweisen mit den Ziffern f ü r die Textstellen (S. 115 — 125). Eine zweite alphabetische Liste der Stammalternationen mit der Kennzeichnung der Frequenz jeder Stammform beschließt das Buch (S. 1 2 8 - 1 3 9 ) . Mit der im drittletzten Abschnitt von uns gemachten Einschränkung halten wir die beiden Arbeiten zum apr. Enchiridion von Toshikazu Inoue f ü r einen wertvollen Beitrag zum Studium des Altpreußischen, der vor allem durch seine Akribie und innere Konsequenz besticht u n d der gleichzeitig die Anwendbarkeit moderner struktureller Beschreibungsmethoden auf dieses alte längst verklungene baltische Idiom, das die Forscher immer wieder fasziniert, unterstreicht. R. Eckert 6
7 8
Zu diesem Wort vgl. R . E c k e r t , Baltistische Studien, Bln. 1971 (S. 5 6 - 5 9 : brendekermnen u n d seine Teilentsprechungen im Slawischen). R . T r a u t m a n n , Die altpreußischen Sprachdenkmäler, Göttingen 1970. V. M a i i u l i s , Prüsij kalbos paminklai, I I , Vilnius 1981.
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VERLAG PHILIPP RECLAM JUN., LEIPZIG
A u t o r e n und M i t a r b e i t e r dieses H e f t e s : G E R T R U D BENSE, Dr. phil., Wiss. Oberassistentin an der Sektion Sprach- und Literaturwissenschaft der Martin-Luther-Universität, Halle—Wittenberg; Georg-Cantor-Str. 21a, Halle, 4020. ELVIRA-JULIA B U K E V I C I Ü T E , Dr. phil., Wiss. Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Sprachwissenschaft der A d W der DDR, Berlin; Proskauer Str. 19, Berlin, 1035. G E O R G D O M I N , Dr. phil. habil., Professor em.; Fürstenwalder Damm 395, Berlin, 1162. V I N C E N T A S D R O T V I N A S , Dr. der philolog. Wiss., Professor und Leiter des Lehrstuhls für Litauische Sprache am Staatlichen Pädagogischen Institut Vilnius; Virsuliskiy 14—21, S U 232056 Vilnius - 56. RAINER E C K E R T , Dr. sc. phil., Professor und Bereichsleiter am Zentralinstitut für Sprachwissenschaft der A d W der DDR, Berlin; Murtzaner Ring 16, Berlin, 1140. V L A D A S G R I N A V E C K I S , Dr. der philolog. Wiss., o. Professor am Staatlichen Pädagogischen Institut, Vilnius; Gerosios Vilties 8—41, SU-232015 Vilnius. K A R L G U T S C H M I D T , Dr. sc. phil., o. Professor und Leiter des Bereichs Sprachwissenschaft an der Sektion Slawistik der Humboldt-Universität, Berlin; Zingster Str. 35/0802, Berlin, 1093. ERIC P. HAMP, Dr. phil. habil., Professor am Department of Linguistics der University of Chicago; 5200 So. Greenwood Ave., Chicago, III. 60615, USA. EMILIJA HEMMERLING, Dr. phil., Wiss. Assistentin an der Sektion Theoretische und angewandte Sprachwissenschaft der Karl-Marx-Universität, Leipzig; Ho-Chi-Minh-Str. 14, Leipzig, 7060. FRIEDHELM H I N Z E , Dr. phil., Wiss. Mitarbeiter am Zentralinstitut für Sprachwissenschaft der A d W der DDR, Berlin; Defreggerstr. 8, Berlin, 1193. PETER K N A B E , Dr. med. vet., Tierarzt; Leubetha, 9931. V. I. K O V A L ' , Kand. der philolog. Wiss., Dozent an der Philologischen Fakultät der Staatlichen Universität Gomel'; ul. Krest'janskaja 33, kv. 30, SU-246050 Gomel'. G U I D O M I C H E L I N I , Kand. der philolog. Wiss., o. Professor an der Universität Potenza; Via Marzaroli 36, 1-43100 Parma. K A Z Y S MUSTEIKIS, Dr. sc. phil., Professor und Lehrstuhlleiter für Russische Sprache der Gegenwart an der Pädagogischen Hochschule Vilnius; Seskines 21 —25, SU-232010 Vilnius. J O N A S P A L I O N I S , Dr. phil., o. Professor am Lehrstuhl für Litauische Sprache an der Staatlichen V.-Kapsukas-Universität, Vilnius; Lenino a. 9/1 - 27, SU-232000 Vilnius. V E L T A R Ü K E - D R A V I N A , Dr. phil., Professor und Leiter des Baltischen Seminars an der Universität Stockholm; Docentbacken 3, S-10405 Stockholm. S A U L C E R I T E VIESE, Wiss. Mitarbeiterin im Schriftstellerverband der Lettischen SSR; Turgeneva iela 19, SU-Riga. I N A R A W A A C K , Dr. phil., Wiss. Assistentin an der Sektion Sprach- und Literaturwissenschaft der Wilhelm-Pieck-Universität, Rostock; Bremer Str. 30, Rostock, 2500. Z I G M A S Z I N K E V I C I U S , Dr. der philolog. Wiss., o. Professor und Leiter des Lehrstuhls für Litauische Sprache an der Staatlichen V.-Kapsukas-Universität, Vilnius; Justiniskiu 41-24, SU-232056 Vilnius.
Z E I T S C H R I F T FÜR SLAWISTIK B A N D 34
1989
HEFT 2
INHALT E C K E R T , R., Phraseologische Untersuchungen zum Baltischen und Slawischen 163 K O B A f l b , B. H , K Bonpocy o xapaKTepe c|)pa3eo/iorMHecKMX C O O T B C T C T B H ii B CNABNHCKMX H 6a/LTMÜCKMX H3blKaX
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K O B A f l b , B. H., 0 6 oflHoü 6ajrro-aiaBHHCKoii M3o4>pa3ene H I N Z E , F., Die Uhrzeitangabe im Lettischen im Vergleich zu der des Deutschen, Litauischen, Russischen und Polnischen Z I N K E V I C I U S , Z . , Litauische Personennamen im Verzeichnis der Katholiken der Gemeinde Z o t u d e k ( ¿ e l u d e k ) des Jahres 1700 H A M P , E. P., Litauisch te/ . . . tei .sowohl . . . als (auch)' P A L I O N I S , J., Z u r Entstehung der W ö r t e r auki .Opfer' und auköti .opfern' D R O T V I N A S , V., Das „ L e x i c o n Lithuanicum" M I C H E L I N I , G „ D e r A r t i k e l im Altpreußischen H I N Z E , F. — P. K N A B E , Das litauische L e h n w o r t Skudde .Schaf' als D i a l e k t w o r t im Nordostdeutschen und als Schafzucht-Terminus in der deutschen Gegenwartssprache T P U H A B E L I K M C , B., 3aMeTKM no HMTOBCKOM flManeKTonornn B U K E V I C I Ü T E , E.-J., Z u den Hauptklassen von Lautsegmenten im Litauischen G R I N A V E C K I S , V., Z w e i e r l e i Silbenintonation bei zweisilbigen Verben in der litauischen Sprache B E N S E , G., Z u r Verwendungsweise der unflektierten Partizipien in der modernen litauischen Schriftsprache W A A C K , I., Z u r Funktion des inneren Monologs in der S t r u k t u r der lettischen sowjetischen Erzählung der 70er und 80er Jahre VIESE, S., Lettische Volksdichtung aus der Sicht Johann G e o r g Kohls R Ü K E - D R A V I N A , V., Ein Lette aus Moskau besucht die skandinavischen Länder (1869) H I N Z E , F., Überlegungen zu Johannes Bobrowskis Apostrophierung der „reinen Linguisten" in seinem Roman „Litauische C l a v i e r e " M U S T E I K I S , K., Z u r Sprachkultur in der Litauischen SSR D O M I N , G., Z u m kulturpolitischen Auftrag der Baltisten der D D R
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Tagungsberichte H I N Z E , F. - E.-J. B U K E V I C I Ü T E , 62. Konferenz der Baltisten der D D R B U K E V I C l Ü T I i , E.-J., 63. Konferenz der Baltisten der D D R Buchbesprechungen
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