Verbklassifizierung und aspektuelle Alternationen im Englischen [Reprint 2017 ed.] 9783110911381, 9783484303980

The syntactic behaviour of verbs is largely determined by their meaning. A problem for this theory is that verbs behave

215 112 25MB

German Pages 237 [240] Year 1999

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Table of contents :
Vorwort
Abkürzungen
1. Thema und Aufbau
2. Semantisch-aspektuelle Klassifizierung von Verben
3. Syntaktische Klassifizierung von Verben
4. Linking: Die Vermittlung von Argumenten
5. Aspektuelle Alternationen
6. Semantische Verbklassen
7. Abschließende Betrachtung zur Elastizität von englischen Verben
Literatur
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Verbklassifizierung und aspektuelle Alternationen im Englischen [Reprint 2017 ed.]
 9783110911381, 9783484303980

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Linguistische Arbeiten

398

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E. Brekle, Gerhard Heibig, Hans Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese

Anja Wanner

Verbklassifizierung und aspektuelle Alternationen im Englischen

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1999

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wanner, Anja: Verbklassifizierung und aspektuelle Alternationen im Englischen / Anja Wanner. Tübingen : Niemeyer, 1999 (Linguistische Arbeiten ; 398) ISBN 3-484-30398-0

ISSN 0344-6727

D7 Philosophische Fakultät © Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Buchbinder: Nädele Verlags- und Industriebuchbinderei, Nehren

Inhalt

Vorwort Abkürzungen

IX X

1 Thema und Aufbau

1

2 Semantisch-aspektuelle Klassifizierung von Verben

6

2.1 Vorbemerkungen zur lexikalischen Dekomposition

7

2.2 Mögliche Einwände gegen den lexikalistischen Ansatz

9

2.3 Aspektuelle Kategorien im Lexikon 2.3.1 Dynamizität 2.3.2 Telizität 2.3.3 Punktualität 2.3.4 Kausativität 2.4 Aspektuelle Klassen: Beschreibung und Tests

13 14 17 21 23 24

2 . 4 . 1 ACTIVITIES

24

2 . 4 . 2 STATES

26

2 . 4 . 3 ACHIEVEMENTS

30

2 . 4 . 4 ACCOMPLISHMENTS

33

2.5 Zusammenfassung 3 Syntaktische Klassifizierung von Verben 3.1 Klassifizierung mit Bezug auf die D-Struktur 3.1.1 Zum Begriff der Unakkusativität 3.1.2 Interne und externe Verben 3.1.3 Syntax-orientierte Testverfahren 3.1.3.1 Wahl des Hilfsverbs 3.1.3.2 Platzhalter-Subjekte 3.1.3.2.1 There und die Zuweisung von inhärentem Kasus 3.1.3.2.2 It und der Verweis auf ein Satzkomplement 3.1.3.3 Adjectival Passive Formation 3.1.3.4 Aspektuelle Komplementation 3.1.3.4.1 Das Beispiel Cognate Object 3.1.3.4.2 Zum Verhältnis von aspektueller Funktion und Kasuszuweisung 3.2 Klassifizierung mit Bezug auf die Argumentstruktur 3.2.1 Repräsentation der Argumentstruktur 3.2.1.1 Kontext-Argument 3.2.1.2 Externes Argument 3.2.1.3 Interne Argumente

37 40 40 41 44 48 49 51 52 56 59 63 64 ..67 69 70 71 73 75

VI 3.2.2 Wortbildungsprozesse als Testverfahren 3.2.2.1 Passivierung 3.2.2.2 Adjectival Passive Formation Revisited 3.2.2.3 Nominalisierung: -er und -ee 3.3 Zusammenfassung 4 Linking: Die Vermittlung von Argumenten

78 78 82 84 90 92

4.1 Linking-Modelle in der generativen Grammatik 4.1.1 ¿/«A;'«g-Potential der Θ-Theorie 4.1.1.1 Zur Definition von semantischen Rollen: AGENT und THEME 4.1.1.2 Thematische Hierarchie 4.1.1.3 Uniformity of Theta Assignment Hypothesis (UTAH) 4.1.2 Aspektuelle Ausgestaltung der Θ-Theorie 4.1.2.1 Aspektuelle Rollen und die Funktion des Ausmessens 4.1.2.2 Aspektuelle Hierarchie 4.1.3 Linking Rules und der Umgang mit Konfliktföllen 4.1.3.1 Das probabilistische Modell (Dowty 1991) 4.1.3.2 Das hierarchische Modell (Grimshaw 1990) 4.1.3.3 Das Präzedenz-Modell (Levin/Rappaport 1995a) 4.1.4 Zwischenresümee: Der optimale Ansatz

92 95 96 100 101 103 103 110 111 112 117 123 129

4.2 Linking im Rahmen der Optimalitäts-Theorie 4.2.1 Der Kern der Optimalitäts-Theorie 4.2.2 Übertragung des Ansatzes auf die Vermittlung von Argumenten 4.2.2.1 Voraussetzungen: Kandidaten und Constraints 4.2.2.2 Anwendung: Ranking von Vermittlungsregeln 4.2.2.3 Bewertung: Einschätzung von Vor- und Nachteilen

130 130 133 133 136 144

5 Aspektuelle Alternationen

147

5.1 Die Resultativ-Konstruktion 5.1.1 Charakterisierung und Abgrenzung 5.1.2 Syntaktische Analyse 5.1.3 SAS-orientierte Analyse

148 148 151 156

5.2 Die Kausativ-Alternation 5.2.1. Charakterisierung und Abgrenzung 5.2.2 Syntaktische Analyse 5.2.3 SAS-orientierte Analyse 5.2.3.1 Zielgruppe: Fokusl- vs. Fokus2-Verben 5.2.3.2 Zur Notwendigkeit einer semantischen Feinabstimmung 5.2.4 Vergleich mit der Passiv-Konstruktion

159 160 162 166 170 174 177

5.3 Zusammenfassung

180

VII

6. Semantische Verbklassen

182

6.1 Psych Verbs 6.1.1 Differenzierung: Fear-Verben vs. Frighten-Verben 6.1.2 SAS-orientierte Analyse 6.1.3 Syntaktische Klassifizierung 6.1.4. Aspektuelle Alternationen

182 182 186 188 191

6.2 Verbs of Movement 6.2.1 Differenzierung: Walk-Verben vs. Arrive-Verben 6.2.2 SAS-orientierte Analyse 6.2.3 Syntaktische Klassifizierung 6.2.4. Aspektuelle Altemationen

193 193 195 198 201

6.3 Zusammenfassung

203

7 Abschließende Betrachtung zur Elastizität von englischen Verben

205

7.1 What's in a Name? 7.1.1 Morphologische Identität bei der Kausativ-Alternation 7.1.2 Lexikalische Vorgaben

205 205 208

7.2 Resümee und Ausblick

209

Literatur

219

Vorwort

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, denjenigen zu danken, deren persönliches Engagement das Zustandekommen dieser Studie maßgeblich beeinflußt hat. Mein Dank gilt zuerst Thomas Gardner, der mir die Freiheit ließ, im syntaktischen Umfeld ein lexikalisches Thema zu entwickeln, dessen Ausarbeitung er mit viel Geduld und Unterstützung, nicht zuletzt bei der Gestaltung des Arbeitsalltags, begleitet hat, sowie gleichermaßen Hero Janßen, der mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit und zahlreichen fachlichen und organisatorischen Hilfestellungen darüber gewacht hat, daß mir trotz mancher eigenwilliger Schrittfolgen auf dem Parkett der Wissenschaft das Ziel des Unternehmens Promotion nicht aus den Augen geriet. Ohne ihre langjährige umfassende Förderung hätte ich Zuversicht und Ehrgeiz wohl auf ein anderes Berufsfeld gerichtet. Ferner danke ich meinen Kolleginnen in der linguistischen Abteilung des Englischen Seminars fur das team-orientierte Arbeitsklima mit vielen anregenden Diskussionen ad hoc und in situ und Alexander Kaiser außerdem für seine linguistische und computertechnische Beratung bei der Erstellung der Druckvorlage, des weiteren Allison Stewart für ihre unbefangene und detaillierte Kommentierung englischer Daten, Peter Jordan, Ulrike Meyer und Renate Winter für ihre verläßliche Hilfe bei der Korrektur sowie, nur in chronologischer Reihenfolge zuletzt, Richard Wiese für sein Entgegenkommen, eine Arbeit "jenseits der Schmerzgrenze" (gemeint war, hoffentlich, der ursprüngliche Umfang) für die Reihe Linguistische Arbeiten anzunehmen. Dieses Buch ist auch das sichtbare Ergebnis einer Ausbildung, die ich immer als Privileg empfunden habe. Ich danke Veronika Gerhard, die mich zum entscheidenden Zeitpunkt zum Abenteuer Studium ermutigte, der Studienstiftung des deutschen Volkes, die das Abenteuer bis zum Entstehen dieser Arbeit nicht nur in finanzieller Hinsicht weniger riskant machte, und schließlich ganz besonders meinen Eltern, die mit Stolz und Optimismus den Weg verfolgt haben, den ich ohne ihren Rückhalt nicht hätte gehen können.

Göttingen, im Oktober 1998

Anja Wanner

Abkürzungen

ACC: ACH: ACT:

(Sally built a house) ACHIEVEMENT (The glass broke) ACTIVITY (A Iiis on pushed the cart) ACCOMPLISHMENT

AG:

AGENT

AIH: APF: AS: CO:

Aspectual Interface Hypothesis Adjectival Passive Formation Argumentstruktur Cognate Object (He smiled a stupid smile) Created Object (They smiled a beaming thankyou) Directed Change Linking Rule Definiteness Effect Direct Object Restriction Default Linking Rule Externally Caused Erweitertes Projektionsprinzip

CREO:

DCR: DE: DOR: DR: EC: EPP: EXP:

EXPERIENCER

GB:

Government and Binding

G/S/L:

GOAL/SOURCE/LOCATION

HOL:

HOLISTIC THEME (She walked to the store) Internally Caused Immediate Cause Linking Rule Individual-level Predicate (She is very intelligent) Implizites Argument (in Passiv-Konstruktionen) INCREMENTAL THEME (build a house)

IC: ICR: ILP: IMP: INC: INST:

INSTRUMENT

LOC:

LOCATION

LR: OT: SAS: SC: SLP: SQA:

Linking Rule(s) Optimalitäts-Theorie Semantisch-aspektuelle Struktur Small Clause Stage-level Predicate (She is not available at the moment) Specified Quantity Aspect (Spezifizierung von NPs/DPs)

TH:

THEME

ThH: UH:

Thematische Hierarchie Unakkusativität-Hypothese Uniformity of Theta Assignment Hypothesis Vermittlungsregel(n) Vacuously Satisfied

UTAH:

VR: V.S.:

1 Thema und Aufbau

Das Thema dieser Arbeit ist der Zusammenhang zwischen der semantischen Struktur und dem syntaktischen Potential englischer Verben. Den theoretischen Bezugsrahmen bildet die generative Grammatik, speziell das modular konstruierte Prinzipien- und Parameter-Modell nach Chomsky (1981) bzw. Chomsky/Lasnik (1993). Im Mittelpunkt der Diskussion stehen die Argumente des Verbs, also die interpretierbaren Ausdrücke, die das Verb als Prädikat aufgrund seiner semantischen Struktur erfordert oder ermöglicht. Damit ist die vorliegende Arbeit ein Beitrag zur Erforschung der Interaktion von Lexikon und Syntax. Mit der modularen Organisation der Grammatik, dem Status des Projektionsprinzips und der Aufwertung von Merkmalen zu grammatischen Kategorien hat das Lexikon in der generativen Grammatik seit den frühen 80er Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen (s. Lieber (1980), Williams (1981b), Selkirk (1982), Jackendoff (1983)). Weit davon entfernt, nur ein "storehouse of unpredictable information" (Stowell 1992:13) zu sein, wurde das Lexikon zu einer Domäne für regelhafte Prozesse, innerhalb derer die syntaxrelevanten Eigenschaften lexikalischer Elemente kodiert werden: "a store and a process component" zugleich (Hoekstra/van der Hulst/Moortgat 1980b:26).' Dabei avancierte nach Einschätzung von Stowell/Wehrli (1992a:3) "the architecture of lexical argument structure" zum zentralen Thema der Theorie des Lexikons innerhalb des generativen Paradigmas. Die Argumentstruktur, "the lexical representation of grammatical information about a predicate" (Grimshaw 1990:1), gilt als die Schnittstelle von Lexikon und Syntax. Sie war zunächst als geordnete Auflistung von Argumentstellen konzipiert (Williams 1981b), die zusammen mit den Strukturprinzipien der X-bar-Theorie die wichtigste Vorgabe für die Generierung wohlgeformter Strukturen darstellte. Nicht zuletzt durch Fragestellungen aus dem Bereich des Spracherwerbs (Wie erwirbt ein Kind Wissen über das syntaktische Verhalten von Verben?), wie sie z.B. Pinker (1989) formuliert, wandte man sich verstärkt der anderen Seite der Schnittstelle zu, dem Verhältnis von Argumentstruktur und der ihr zugrundeliegenden semantischen Struktur, für deren Repräsentation es verschiedene Bezeichnungen und Modelle gibt. Hier wird weitgehend der Repräsentationsform von Levin/Rappaport (1995a,b,c) gefolgt und die Bezeichnung "semantisch-aspektuelle Struktur" verwendet. Eine der Hauptströmungen syntaktische Distribution von wird, die im Einklang mit den Diesen Ansatz bezeichnet man

im Bereich der Lexikon-Theorie Verben durch ihre lexikalischen Prinzipien der Grammatik auf die auch als "lexikalistische Position",

geht davon aus, daß die Eigenschaften bestimmt Syntax projiziert werden. und zwar in dem Sinne

"daß das Lexikon das syntaktische Verhalten von Verben weitgehend determiniert [...]; nicht in dem Sinne, daß die Syntax ein bloßes Epiphänomen des Lexikons darstellt und keine autonome Position in der Grammatik einer Sprache zu beanspruchen habe." (Wunderlich 1985:183)

Umstritten ist, ob das Lexikon insofern eine autonome Komponente der Grammatik ist, als es - wie hier angenommen - über eine eigene Menge von Regeln und Repräsentationen verfügt, oder ob es darüber hinausgehend eine abgeschlossene Komponente ist, die die Anwendung von Regeln einer anderen Komponente (Syntax) blockiert (Weak vs. Strong Lexicalist Hypothesis), vgl. Baker (1988a).

2 Problematisch für den projektionsorientierten Ansatz sind auf den ersten Blick Fälle, in denen die syntaktische Struktur nicht mit der Information aus dem Lexikoneintrag übereinstimmt, wenn also z.B. transitive Verben ohne Komplement vorkommen und intransitive Verben mit Komplement. Anstatt derartige Fälle in die Peripherie der Grammatik abzudrängen oder als reine Diskurs-Phänomene zu bewerten, ist es ein Leitgedanke dieser Arbeit, daß Verben in semantisch-aspektueller wie in syntaktischer Hinsicht "elastisch" sind, und zwar in kalkulierbarer Weise. 2 So ist z.B. smile wie in ( l a ) semantisch gesehen ein verb of facial expression (Levin 1993), in syntaktischer Hinsicht ein Intransitivum und nach aspektuellen Kriterien ein ACTIVITY-Verb, d.h., es drückt ein dynamisches Ereignis ohne inhärenten Endpunkt aus. Die Daten in (lb-d) zeigen jedoch, daß smile auch abweichend von dieser Klassifizierung verwendet werden kann: als transitives Verb wie in (lb), als Bewegungsverb wie in ( l c ) oder sogar als Verb der Zustandsänderung wie in (ld). In diesen Fällen bildet das Verb den Kern eines Ereignisses mit inhärentem Endpunkt, der in ( l b ) in der Existenz eines Objekts, in ( l c ) im Erreichen eines Orts und in ( l d ) im Erreichen eines Zustande liegt. In diesem Zusammenhang wird für Sätze wie (lb-d) von der "Telisierung" eines Ereignisses durch ein hinzugefügtes Komplement gesprochen, und die Komplemente selbst werden als "aspektuelle Komplemente" bezeichnet. (la) She smiled happily. ( 1 b) She smiled a radiant smile, (cognate object) ( l c ) She smiled her way to the stage. (directed movement) ( l d ) She smiled herself tired, (change of state)

Wenn Verben generell semantisch flexibel sind und ein breites Spektrum von syntaktischen Strukturen lizensieren, könnte man die lexikalistische Position grundsätzlich in Frage stellen. Mit Levin (1993) wird jedoch angenommen, daß gerade Verbalternationen Aufschluß über die Organisation der lexikalischen Semantik bieten: "[T]he behavior of a verb, particularly with respect to the expression and interpretation of its arguments, is to a large extent determined by its meaning. Thus verb behavior can be used effectively to probe for linguistically relevant pertinent aspects of verb meaning." (Levin 1993:1)

Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, inwieweit es sich bei den genannten Erweiterungen des Gebrauchs von smile um produktive Alternationsmuster handelt, die sich aus der Interaktion der semantischen Struktur des Verbs mit den Strukturprinzipien der Syntax ergeben. Als Grundlage zur Isolierung der Bestandteile der Verbsemantik, die in diesem Sinne "linguistically relevant" sind, werden bewährte Modelle der semantischen Dekomposition in der Tradition von Dowty (1979) und Jackendoff (1983) herangezogen und durch neue Theorien zur Lizensierung von Komplementen ergänzt (z.B. Tenny (1994)), die speziell die aspektuelle Funktion von Argumenten untersuchen, z.B. den Effekt der Telisierung wie in (lb-d). Es ist die Aufgabe einer Theorie der Vermittlung (linking theory), die Prinzipien zu erfassen, nach denen sich die syntaktische Umsetzung der lexikalischen Struktur bestimmt. Diese Prinzipien werden hier als Vermittlungsregeln (linking rules) formuliert, die sich auf Bestandteile der semantischen Struktur beziehen. Im Idealfall sind Vermittlungsregeln

2

Die Bezeichnung "elastisch" für die Flexibilität lexikalischer Strukturen geht zurück auf Levin/ Rappaport (1995b).

3

universal gültig und überlappen sich nicht, so daß für jedes Argument eindeutig der syntaktische Status vorausgesagt werden kann. Würde es sich so verhalten, sollten Verben mit bestimmten semantischen Strukturen in verschiedenen Sprachen das gleiche syntaktische Verhalten zeigen. Wenn dies nicht der Fall ist, hat man zwei Alternativen: Entweder man gibt die lexikalistische Position auf, oder man gestaltet die linking theory so, daß sie Raum für die Variation im Sprachvergleich läßt. Hier wird der zweiten Möglichkeit gefolgt. Für eine linking theory als einer Theorie der Bereitstellung von Argumentpositionen in der Syntax auf der Basis von Argumentstellen im Lexikoneintrag müssen die folgenden Punkte erarbeitet werden: (a) die Ebenen der Verb-Klassifizierung mit entsprechenden Repräsentationen, (b) Kriterien für die Klassifizierung auf jeder Ebene ("Testverfahren") und (c) die Prinzipien, die die Umsetzung von Information einer Ebene für eine andere Ebene regeln (linking principles), nach Möglichkeit mit Spielraum für Unterschiede im Sprachvergleich. Diese Anforderungen geben zugleich den Aufbau dieser Studie vor: Im ersten Teil der Arbeit werden englische Verben zu grammatisch relevanten Klassen auf verschiedenen Repräsentationsebenen zusammengefaßt; im zweiten Teil werden verschiedene LinkingModelle daraufhin überprüft, inwieweit sie mit dem elastischen Verhalten von Verben kompatibel sind; im dritten Teil werden die Arbeitshypothesen in bezug auf Alternationsmuster und semantische Klassen, die für den projektionsorientierten Ansatz als "schwierig" gelten, überprüft. Zur besseren Orientierung sollen einige Aspekte der Argumentation kapitelweise dargestellt werden: In Kap. 2 wird begründet, weshalb zwei Ebenen der lexikalischen Repräsentation - hier "SAS" (semantisch-aspektuelle Struktur) und "AS" (Argumentstruktur) genannt - angenommen werden. Die Bezeichnung "semantisch-aspektuelle Struktur" bringt zum Ausdruck, daß die semantische Struktur durch aspektuelle Prädikate wie CAUSE, BECOME, DO gegliedert ist. Für die Klassifizierung auf dieser Ebene wird auf die eingeführten Bezeichnungen von Vendler (1967) und Dowty (1979) zurückgegriffen, die man als Kategorien für "internen" oder "lexikalischen" Aspekt, etwa im Sinne von Aktionsart, verwenden kann. "Externe" aspektuelle Faktoren, wie die Spezifizierung von Tempus und Definitheit, werden weitgehend ausgeblendet. Einbezogen wird hingegen die Funktion des Komplements für die Konstituierung der aspektuellen Struktur. STATES: like rock music, possess a house ACTIVITIES: play the piano, smile, talk to sb. ACHIEVEMENTS: arrive, openiMr, reach the summit ACCOMPLISHMENTS: open the door, build a house

Aspektuelle Etiketten wie "ACHIEVEMENT" und "ACTIVITY" werden als Kürzel fur Strukturmuster auf der Ebene der semantisch-aspektuellen Struktur angesehen. Durch die Dekomposition dieser Kategorien können komplexe Ereignisse in weniger komplexe Teilereignisse zerlegt werden, so daß es möglich ist, die strukturelle Verwandtschaft der verschiedenen aspektuellen Klassen zu erkennen. Es wird dargestellt, daß komplexe Ereignismuster mehr Argumentstellen enthalten als weniger komplexe Ereignisse. Eine wichtige Annahme ist, daß lexikalisch weniger komplexe Ereignisse in der Syntax zu komplexeren Ereignissen ausgebaut werden können. Beispiele für diese Art von "aspektueller Komplementation" sind die in (lb-d) angegebenen Sätze. Aspektuelle Verschiebungen können zu einem veränderten syntaktischen Verhalten führen.

4 Kap. 3 beschäftigt sich mit der syntaktischen Klassifizierung von Verben. Darunter fällt auch die Klassifizierung mit Bezug auf die Argumentstruktur, die das syntaktische Gesicht des Lexikoneintrags bildet. Entsprechend wird angenommen, daß zwischen Argumentstruktur und D-Struktur ein transparentes Vermittlungsverhältnis besteht. Es werden verschiedene Testverfahren für die Klassifizierung auf beiden Ebenen diskutiert. Dabei wird dargestellt, daß einige der gängigen diagnostics für das Englische keine aussagekräftigen Ergebnisse liefern, während andere, die im Englischen gut anzuwenden sind, nicht zum Inventar der klassischen Testverfahren zählen. Weil die gängigen syntaktischen Verb-Klassifizierungen sich nicht auf die Argumentstruktur beziehen, wird zunächst das Verhalten der Verben im Hinblick auf die syntaktische Realisierung ihrer Argumente betrachtet. Es wird gezeigt, daß die Kriterien, mit denen man traditionell zwischen "transitiven" und "intransitiven" Verben unterscheidet, nur an der Oberfläche des Satzes ausgerichtet sind. Mit Perlmutter (1978) wird angenommen, daß bei den "intransitiven" Verben differenziert werden muß zwischen den "Unergativa", bei denen das Subjekt ein externes Argument ist und als solches in der normalen Basis-Position für Subjekte generiert wird, und den "Unakkusativa", bei denen das Oberflächensubjekt ein internes Argument ist, das in die Subjektposition bewegt wird, weil es in seiner BasisPosition nicht kasusmarkiert werden kann. Es wird dafür argumentiert, die Verben zu einer syntaktischen Klasse zusammenzufassen, die ein D-Struktur-Subjekt haben (also die unergativen und die transitiven Verben), und nicht diejenigen, die auf der Oberfläche kein Objekt haben (die unergativen und unakkusativen Verben). In Kap. 4 werden die Zusammenhänge zwischen lexikalischer und syntaktischer Struktur untersucht, aufgrund derer sich die Argumentstruktur konstituiert. Komplizierter als das linking zwischen Argumentstruktur und Syntax gestaltet sich die Formulierung von linking rules zwischen semantisch-aspektueller Struktur und Argumenstruktur. Es wird gezeigt, daß aspektuelle und semantische Eigenschaften im Wettstreit miteinander stehen können, wenn es darum geht, den grammatischen Status eines Arguments zu bestimmen. Verschiedene gängige Linking-Modelle werden daraufhin überprüft, inwieweit sie derartige Konfliktfälle (mismatches) behandeln. Der hier erarbeitete Ansatz orientiert sich im Vorgehen - Konstituierung der Argumentstruktur durch linking rules - an Levin/Rappaport (1995a), ist hierarchisch organisiert wie das Modell von Grimshaw (1990) und integriert Dowtys (1991) Erkenntnisse über prototypische Subjekte und Objekte. Als Bezugsmodell für die hierarchisch geordneten linking rules wird die Optimalitäts-Theorie herangezogen, die von Prince/Smolensky (1993) für die Phonologie erarbeitet und von Grimshaw (1993) auf die Syntax übertragen wurde. Im Mittelpunkt von Kap. 5 stehen zwei Verbalternationen, die das Zusammenspiel von lexikalischer und syntaktischer Struktur besonders deutlich illustrieren und die als produktive Strategien der Verschiebung von aspektuellen Klassen im Englischen analysiert werden. Zunächst wird die Resultativ-Konstruktion untersucht (She ran herself breathless). Sie ist dadurch gekennzeichnet, daß ein intransitives Verb transitiv verwendet werden und den Kern eines kausativen Ereignisses bildeen kann. Es wird gezeigt, weshalb eine komplexere aspektuelle Struktur eine komplexere syntaktische Struktur erfordert. Im Kontrast dazu wird die Kausativ-Alternation als eine Möglichkeit der Reduktion von aspektueller Komplexität analysiert. Im Rahmen dieser Konstruktion tritt ein transitives Verb scheinbar intransitiv auf (Allison opened the door/The door opened).

5

In Kap. 6 werden die angenommenen Vermittlungsregeln aus einer anderen Perspektive überprüft: Es wird diskutiert, weshalb Verben, die nach semantischen Kriterien eine kohärente Klasse bilden sollten, sich syntaktisch nicht wie eine solche verhalten. Im ersten Abschnitt erfolgt eine syntaktische und semantisch-aspektuelle Analyse der Verben der psychologischen Wahrnehmung, den sog. psych verbs (z.B. fear, frighten), deren Verhalten mit gängigen Annahmen zur Realisierung von Argumenten nicht immer zu vereinbaren ist und gerade deshalb Aufschluß gibt liber die hierarchische Anordnung der hier angenommenen Vermittlungsregeln. Im zweiten Abschnitt werden die Bewegungsverben betrachtet, bei denen zwischen den Verben der Bewegungsart (walk, crawl) und den Verben der gerichteten Bewegung mit inhärentem Endpunkt (arrive, fall) unterschieden wird. Diese Verben sind dadurch gekennzeichnet, daß das handelnde Subjekt einer Bewegung unterliegt. Auf der Grundlage dieser Analysen und Ergebnisse wird in Kap. 7 schließlich noch einmal die Leitfrage fokussiert, inwieweit man von der semantischen Repräsentation englischer Verben auf ihr syntaktisches Potential schließen kann (mit einem Seitenblick darauf, welche Rolle dabei die morphologische Form der Verben spielt). Die aspektuelle Elastizität von Verben wird in einen größeren Kontext der Flexibilität lexikalischer Strukturen eingeordnet, und es wird skizziert, in welcher Weise Verben auch in rein semantischer Hinsicht über den Kernbereich hinaus gebraucht werden können, der durch den Lexikoneintrag festgeschrieben ist. Abschließend werden Vorschläge gemacht, wie man die in dieser Arbeit entwickelten Hypothesen auf anderen Gebieten überprüfen könnte.

2 Semantisch-aspektuelle Klassifizierung von Verben

Will man Verben nach ihrem syntaktischen Verhalten zu Klassen zusammenfassen, sind entscheidende Kriterien Anzahl und Art ihrer Argumente. Mit "Art" ist in der Regel ein bestimmter Status in der Argumentstruktur gemeint, der sich in der Syntax widerspiegelt (internes oder externes Argument, direktes oder indirektes Argument). Verben können maximal ein externes und zwei interne Argumente haben. Diese Beschränkung ergibt sich, wie zu zeigen sein wird, aus der aspektuellen Funktion der Argumente. Die Begriffe "intern" und "extern" werden dabei in der Regel mit einer bestimmten syntaktischen Position eines Arguments identifiziert. Nach der strukturellen Definition von Williams (1981b) wird ein internes Argument innerhalb der maximalen Projektion des lexikalischen Kopfes generiert, das externe außerhalb dieser Projektion. Im Rahmen der VP-Intemal Subject Hypothesis muß man den Begriff des externen Arguments relativieren: Es wird zwar innerhalb der maximalen Projektion des lexikalischen Kopfes generiert (in [Spec,XP]), weiterhin aber außerhalb der kleinsten Domäne, die den Kopf und das interne Argument umfaßt. Die Argumentstruktur (AS) ihrerseits leitet sich ab aus einer strukturierten semantischen Repräsentation, die hier als "Semantisch-Aspektuelle Struktur" (SAS) bezeichnet wird. Bresnan (1995) wirft die Frage auf, ob das mapping zwischen AS und D-Struktur (alternativ: das mapping zwischen SAS und AS) "trivial" sei, also eine völlig transparente 1:1-Abbildung. Wenn ja, sei eine der Ebenen überflüssig, denn sie sei lediglich eine andere Ausbuchstabierung der ihr zugrundeliegenden Repräsentation. Hier wird gezeigt werden, daß SAS und AS nicht das lexikalische Spiegelbild der D-Struktur sind, sondern notwendige Ebenen der Repräsentation mit eigenständigen Strukturprinzipien und spezifisch anwendbaren grammatischen Prozessen. Daß die Semantik eines Verbs ein entscheidender Faktor fur sein syntaktisches Verhalten ist, kommt eindrucksvoll in der detailreichen Zusammenstellung von Alternationsmustern in Levin (1993) zum Ausdruck. Wichtig ist, daß man "die Semantik" eines Verbs nicht nur als charakterisierende "Verbbedeutung" auffaßt, mit der semantische Klassen wie Verben der Bewegung, Verben der Wahrnehmung etc. gebildet werden, sondern auch und vor allem als eine der Argumentstruktur zugrundeliegende strukturierte semantische Repräsentation, wie sie - mit unterschiedlicher Bezeichnung - in verschiedenen Modellen der lexikalischen Dekomposition (z.B. bei Dowty (1979), Hale/Keyser (1993b), Jackendoff (1983), Levin/Rappaport (1995a), Pinker (1989)) angenommen wird.1

'

Jackendoff nennt seine semantische Repräsentation "lexical conceptual structure" (les), Hale/Keyser verwenden für ihre Repräsentation im X'-Format die Bezeichnung "lexical relational structure" (LRS), während Levin/Rappaport umgekehrt von "lexical semantic representation" (lsr) sprechen.

7 2.1 V o r b e m e r k u n g e n zur lexikalischen Dekomposition

Die hier zugrunde gelegte semantisch-aspektuelle Klassifizierung folgt im wesentlichen dem Vorgehen von Dowty (1979), der sich seinerseits auf die Unterscheidungen und Bezeichnungen bei Vendler (1967) bezieht und dessen Ereignis-Typen in eine strukturierte Repräsentation überfuhrt. Dabei werden Verb-Argument-Komplexe hauptsächlich danach eingeteilt, welche Zwischenstadien das jeweilige Ereignis impliziert und welche temporalen Adverbiale sie erlauben. 2 Dowtys "reductionist approach" geht davon aus, daß STATES die Grundlage fur alle vier Ereignistypen sind. Damit unterscheidet sich Dowtys Ansatz z.B. von Jackendoff (1983), der verschiedene nicht mehr zu segmentierende Grundprädikate annimmt. Durch DO wird ein statisches Prädikat dynamisiert, durch BECOME wird ein homogenes Prädikat telisiert, und durch CAUSE werden zwei Ereignisse, in der Regel vom Typ ACTIVITY und ACHIEVEMENT, kausal miteinander verbunden, d.h., neben dem Kernereignis wird auch noch eine Aussage darüber gemacht, wodurch das Ereignis zustande gekommen ist.3 (1)

STATE: ACTIVITY: ACHIEVEMENT: ACCOMPLISHMENT:

[X BE [Ζ]] [Χ DO [Ζ]] [y BECOME [ (AT) Ζ]] [[Χ DO [Ζ,]] CAUSE [y BECOME [(AT) Z 2 ]]]

Die hier verwendete vereinfachte Repräsentationsform, vorweggenommen in (1), orientiert sich am Modell von Levin/Rappaport, die sich eingehend mit Formen der Verbalternation im Englischen beschäftigen. 4 Ihnen zufolge hat eine semantische Struktur mindestens drei Bestandteile: offene Stellen (Variablen), ausgeführte semantische Spezifizierungen (Vorgaben) und eine begrenzte Menge von strukturierenden Prädikaten. "A lexical semantic representation that takes the form o f a predicate decomposition involves two basic types o f primitive elements: primitive predicates and constants. A verb's meaning is represented using members of a fixed set o f primitive predicates, together with constants typically chosen from a limited set of semantic types - that either fill argument positions in these predicates or act as modifiers of these predicates. A verb's arguments are represented by the open argument positions associated with these predicates." (Levin/Rappaport 1995a:23)

Lexikalische Variablen sind offene Stellen in der semantischen Repräsentation. Sie werden durch Platzhalter (x, y, z) repräsentiert, die - gemäß den linking rules - syntaktisch als Argumente realisiert werden. Lexikalische Variablen bestimmen also die Anzahl der Argumente des Verbs.

2

Die Bezeichnung "Ereignis" (event) wird hier situationsneutral gebraucht und erstreckt sich auch auf statische Ereignisse; vgl. die Bezeichnung "eventuality" bei Bach (1986). In anderen Modellen wird dafür argumentiert, ACHIEVEMENTS und ACCOMPLISHMENTS anhand des Kriteriums Durativität vs. Punktualität zu unterscheiden, s. z.B. Brinton (1988). Dieses Vorgehen würde es nicht erlauben, die Kausativ-Alternation als eine aspektuelle Alternation zu beschreiben. Zur Darstellung und Kritik eines solchen Ansatzes vgl. Mulder (1992). Für die Fragestellungen dieser Arbeit ist die vereinfachte Darstellung in Anlehnung an Levin/Rappaport ausreichend. Ein alternatives Modell ist die Dekomposition nach Bierwisch ( 1 9 8 3 ) und Wunderlich (1987).

8 "The adicity of a verb is [...] a direct reflection o f a lexical semantic property o f the verb, namely, the number o f open positions in the lexical semantic representation." (Levin/Rappaport 1995a:95)

Jedes Verb muß in seiner lexikalischen Repräsentation mindestens eine offene Stelle haben, da es die Funktion von Verben ist, Satzzusammenhänge aufzubauen und Beziehungen zwischen Elementen herzustellen. Im Normalfall werden lexikalische Variablen syntaktisch durch Argumente gesättigt. Es ist jedoch auch möglich, sie präsyntaktisch zu sättigen und sie so der Syntax quasi zu entziehen. Als eine solche Möglichkeit wird in dieser Arbeit die lexikalische Bindung diskutiert, durch die eine komplexe Ereignisstruktur im Lexikon reduziert wird. Im Bereich der lexikalischen Vorgaben sind die Verben einer semantischen Klasse voneinander zu unterscheiden (z.B. die Verben der Bewegungsart wie walk, run, crawl). Im Gegensatz zu den offenen Variablen sind lexikalische Vorgaben, Jackendoffs "implicit arguments", ausgefüllte Bestandteile der semantischen Repräsentation. Sie werden daher immer mitverstanden und nicht als syntaktische Argumente realisiert. Ein Typ der lexikalischen Vorgaben sind inhärent gesättigte bzw. konstant gesetzte Variablen (wie z.B. der Endzustand bei Verben wie operi). Häufig geben Konstanten in der semantischen Repräsentation dem Verb seinen Namen (z.B. bei saw das INSTRUMENT, bei butter das THEME, b e i pocket

d a s GOAL).

Zentrale Bestandteile jeder Theorie einer lexikalischen Dekomposition sind abstrakte Prädikate. Sie strukturieren die semantische Repräsentation in Teilereignisse und erlauben es, Verbbedeutungen bestimmten aspektuellen Klassen (wie ACTIVITY und STATE) zuzuordnen. Levin/Rappaport sprechen hier von "struktureller" semantischer Information (im Gegensatz zur "idiosynkratischen" semantischen Information im Bereich der lexikalischen Vorgaben). Abstrakte Prädikate bilden nach einigen wenigen Kompositionsprinzipien die aspektuelle Struktur eines Ereignisses ab. Für semantisch-aspektuelle Grundmuster wie in (2) findet man auch die Bezeichnung "thematic cores" (Pinker) oder "lexical semantic templates" (Levin/Rappaport). Für die Syntax ist der Inhalt der idiosynkratischen semantischen Information - innerhalb einer bestimmten semantischen Klasse - weitaus seltener von Belang als die strukturelle semantische Information. Deshalb wird hier weitgehend darauf verzichtet, lexikalische Vorgaben detailliert auszuformulieren. Bezieht man sich vorrangig auf die strukturelle Semantik, gehören die Verben open und dry in eine semantisch-aspektuelle Klasse, weil sie das gleiche Ereignismuster aufweisen: 5 (2a)

v [dry]:

[[X DO-STH] CAUSE [y BECOME (AT) Ζ]], Ζ = DRY

(2b)

v[open]:

[[Χ DO-STH] CAUSE [y BECOME (AT) Ζ]], Ζ = OPEN

Der Unterschied liegt im Bereich der idiosynkratischen Semantik, hier: in der Spezifizierung des Endzustands z, der bei beiden Verben lexikalisiert ist. Dabei ist es unerheblich, wie dieser Endzustand herbeigeführt wird; das erste Teilereignis [x DO-STH] ist nicht weiter

5

Zur Notation: Variablen werden hier als Platzhalter x, y, ζ notiert, lexikalische Vorgaben werden kursiv gesetzt und abstrakte Prädikate in Kapitälchen. Ein evtl. anzunehmendes Ereignisargument zur "spatio-temporal location" wird vernachlässigt (s. dazu Kap. 3.2.1.1).

9 spezifiziert. Anders liegt der Fall bei Verben wie cut, bei denen der Gebrauch eines INSTRUMENT Bestandteil der lexikalischen Repräsentation ist:6 (2c)

γ [cut]] :

[[χ DO-STH (by using a sharp INSTRUMENT)] c a u s e [y b e c o m e ( a t ) z]]

Zwar gilt auch für open und dry, daß bei den Ereignissen, deren semantischen Kern sie bilden, häufig ein INSTRUMENT eingesetzt wird (z.B. open a can, dry one's hair), aber ein solches INSTRUMENT ist eben nicht integraler Bestandteil ihrer semantischen Struktur. Levin/Rappaport (1991:134) und Pinker (1989) warnen daher, von realen Ereignissen auf die semantische Struktur zu schließen: "[I]t's not what possibly or typically goes on in an event that matters; it's what the verb's semantic representation is choosy about in that event that matters." (Pinker 1989:108)

Während bei den Verben in (2) im wesentlichen das gleiche semantisch-aspektuelle Strukturmuster vorliegt, liegt der Unterschied in der SAS-Repräsentation von open in (3) im Bereich der abstrakten Prädikate. Man sieht, wie eine bestimmte Konstante in unterschiedliche Ereignismuster eingebettet sein kann. (3a) (3b) (3c)

Sally opened the door. The door opened. The door was open.

v [open] t r a l l s : v [open] i n t r a n s : A [open]:

[[χ d o - s t h ] c a u s e [y b e c o m e ζ]], ζ = OPEN [y b e c o m e ζ], ζ = OPEN [ ζ], Ζ = OPEN

Nur bei einer Dekomposition des Ereignisses in semantische Konstanten und aspektuelle Prädikate können die Sätze aufeinander bezogen werden. Im Idealfall kann jeder STATE zu einem komplexeren Ereignis erweitert werden. "The idea is that different aspectual properties of the various kinds of verbs can be explained by postulating a single homogeneous class of predicates - stative predicates - plus three or four sentential operators and connectives. English stative verbs are supposed to correspond directly to these stative predicates in logical structure, while verbs of the other categories have logical structures that consist of one or more stative predicates embedded in complex sentences formed with these 'aspectual' connectives and operators." (Dowty 1979:71).

2.2 M ö g l i c h e E i n w ä n d e gegen den lexikalistischen Ansatz

Betrachtet man das syntaktische Verhalten eines Verbs als unmittelbare Projektion seiner semantischen Struktur, ist zu erwarten, daß ein Verb sich in unterschiedlichen Sprachen syntaktisch gleich verhält. Insb. bei einstelligen Verben sollte das einzige Argument je nach Verbbedeutung immer als externes oder immer als internes Argument generiert werden, d.h., das Verb sollte sich also über eine Einzelsprache hinweg immer unergativ bzw. unakkusativ verhalten. Wenn dies nicht der Fall ist, heißt das nicht, daß die Ausgangsthese widerlegt worden ist, denn Variation im mapping von Semantik zu Syntax hat durchaus ihren Platz innerhalb

6

Kap. 5.2.3 wird zeigen, inwiefern es fur die Syntax von Belang ist, ob bei einem Verb mit komplexer Ereignisstruktur das erste Teilereignis eine lexikalische Vorgabe enthält oder nicht.

10 eines lexikalistischen Modells. Als Gründe für vermeintlich problematische "unaccusative mismatches" (Levin/Rappaport 1989) sind denkbar: (a) Die Verben, die man vergleicht, haben nicht wirklich die gleiche semantischaspektuelle Struktur, sondern sind sich nur hinsichtlich der idiosynkratischen Semantik ähnlich. 7 Typische Grenzfälle für die eindeutige semantisch-aspektuelle Klassifizierung von Verben sind die psych verbs (wie enjoy, delight, fear), die als kognitive Perzeption oder als kausatives Ereignis konstruiert werden können, wobei es möglich ist, daß in einer Einzelsprache für beide Varianten die gleiche Verbform benutzt wird. Man muß daher für den Sprachvergleich beachten, welches Ereignisspektrum ein bestimmtes Verb in einer Sprache abdecken kann. Selbst wenn die zu vergleichenden Verben morphologische Ähnlichkeit aufweisen (z.B. arrive und arrivare), ist damit nicht gesagt, daß sie semantisch identisch sind. Denkbar wäre z.B., daß ein Verb in einer der beiden Vergleichssprachen nur [+human]-Subjekte erlaubt. Schließlich kann sich auch bei ein und demselben Verb in einer Einzelsprache die Bedeutung ändern - und damit auch die syntaktische Distribution. Ein Beispiel hierfür ist das Verb enjoy, das bis ins Frühneuenglische auch als kausatives Verb auftrat, aber im modernen Englisch nicht mehr kausativ verwendet werden kann (im Gegensatz zum deutschen Äquivalent erfreuen)* (b) Eine zweite Erklärung für vermeintliche Konfliktfälle ist, daß nicht berücksichtigt wird, daß der linking approach keinesfalls ein starres l:l-Verhältnis zwischen semantischen und syntaktischen Strukturen vorhersagt. Z.B. wird Unakkusativität als eine syntaktische Eigenschaft durchaus nicht auf ein einziges semantisches Merkmal reduziert. Vielmehr gilt: "different apparent unaccusative diagnostics single out distinct (but not necessarily disjoint) semantically coherent classes of verbs" (Levin/Rappaport 1989:315). Wenn unergative Verben passiviert werden können und unakkusative nicht, heißt dies weder, daß alle unergativen Verben das Passiv bilden, noch daß die Verben, die passiviert werden können, in semantischer Hinsicht eine natürliche Klasse bilden sollten. Die meisten Konstruktionen, die als Testverfahren für Unakkusativität herangezogen werden können, erfassen nur eine spezifische Subklasse von unakkusativen Verben. Zwischen Semantik und Syntax gibt es ein "many-to-many mapping" (Jackendoff 1997); linking rules beziehen sich in der Regel auf Einzelbestandteile der semantischen Struktur, nicht auf komplette semantische Repräsentationen. (c) Selbst wenn im Dekompositions-Ansatz universal gültige linking rules zwischen Semantik und Syntax angenommen werden, heißt dies nicht, daß kein Raum für Variation besteht. Auch in der Syntax nimmt man universale Prinzipien an, die so formuliert sind, daß sie einerseits für alle Sprachen gültig sind, aber andererseits in verschiedenen Sprachen unterschiedlich ausgeprägt sein können. Die Grammatik einer Einzelsprache ist durch eine spezifische Fixierung von Parametern innerhalb der UG-Prinzipien charakterisiert. In dieser Arbeit wird einem anderen Modell zur Erklärung von Einzelgrammatiken, der Optimalitäts-Theorie (Prince/Smolensky 1993, Grimshaw 1994, 1997), der Vorzug gegeben:

7

Als Beispiel s. die Kritik von Levin/Rappaport (1995a: 101) an einigen Vergleichspaaren der komparatistischen Untersuchung von Kausativverben in Haspelmath (1993).

8

Das O E D (1989 2 ) gibt als ersten Eintrag für das kausative enjoy 1484 an ("For to gladde and enjoye the people"). Diese Verwendung entspricht der morphologischen Struktur des Verbs, denn en- ist ein typisches Kausativierungsaffix (vgl. en-rage, en-courage, en-danger).

11 Hier nimmt man an, daß die Prinzipien der UG hierarchisch geordnet sind und daß die Grammatik einer Einzelsprache durch eine spezifische Rangordnung (ranking) von Prinzipien bestimmt wird (s. Kap. 4.2.1). Das heißt, daß aus den Daten einer bestimmten Sprache keine voreiligen Schlüsse für die Klassifizierung eines Verbs in einer anderen Sprache zu ziehen sind. Wenn mit Hilfe der «e-Klitisierung arrivare als unakkusatives Verb klassifiziert wird, folgt daraus nicht, daß auch arrive ein unakkusatives Verb sein müßte, denn die universal gültigen Vermittlungsregeln könnten im Italienischen anders hierarchisch geordnet sein als im Englischen. Als ein weiterer Einwand wird häufig vorgebracht, daß man mit einem lexikalistischen Modell dem variablen Verhalten von Verben in einer Einzelsprache nicht gerecht werden könne. Wenn lexikalische Strukturen syntaktisch umgesetzt werden müssen, ist nicht zu erwarten, daß Verben wie break in einer kausativen und einer nicht-kausativen Variante vorkommen oder daß Verben wie walk telische wie atelische Ereignisse ausdrücken können, wie in (4a/b) illustriert. (4a) (4b)

Harry walked along the river (for hours). Harry walked to the store (in an hour).

Mit dem Aufstieg der funktionalen Kategorien haben seit Ende der 80er Jahre Analysen an Bedeutung gewonnen, die an das Vorgehen der Generativen Semantik erinnern: Semantisch komplexe Prädikate werden wie einst bei McCawley (1968) durch die sukzessive Anwendung von (optionalen) Bewegungen gebildet.' Nicht existente Verben sind entweder "accidental lexical gaps" oder sie verletzen die Wohlgeformtheitsbedingungen für die angenommenen Bewegungen. Semantisch-aspektuelle Merkmale werden in den Rang von syntaktischen Köpfen erhoben, oder man nimmt verbale Projektionen ohne lexikalische Realisierung (sog. "light verbs") an, deren Anzahl im Prinzip nicht eingeschränkt ist. Als Vertreterin des "constructionist approach" lehnt es z.B. Borer (1994) aufgrund derartiger Beispiele strikt ab, das syntaktische Verhalten von Verben aus dem Lexikon zu projizieren. Borer wertet diese Daten so, daß das Potential einer telischen Lesart unabhängig von der Semantik der Verben besteht. Sie nimmt als Komplement von T° eine Aspekt-Phrase an, in deren Spezifizierer-Position ein Argument zwischenlanden kann, bevor es, um kasusmarkiert zu werden, nach [Spec,TP] weiterbewegt wird. Die (optionale) Bewegung nach [Spec,AspP] fuhrt dazu, daß sich eine telische Lesart ergibt.10 Die Bewegung aus der VP nach [Spec,TP] kann also in einem Schritt erfolgen oder mit Zwischenlandung in [Spec, AspP]. Im ersten Fall ergibt sich eine atelische Interpretation, s. (4a'), im zweiten eine telische, s. (4b').

9

(4a')

r .[Harry AS p»[e v ..[walk,

t, (along the river)]]]

(4b')

r[Harry ASF.[t v,[walk,

t, (to the store)]]]

Gegen M c C a w l e y s Analyse für kill argumentierte bereits überzeugend Fodor (1970). Für eine Diskussion des Einflusses der Klassiker der generativen Semantik (McCawley, Lakoff, Ross) auf die Weiterentwicklung der generativen Grammatik s. N e w m e y e r (1996:Part II). Zusätzlich übernimmt sie v o n Ouhalla ( 1 9 9 1 ) den Vorschlag, die V P nicht intern zu strukturieren. Damit entfällt bei ihr die syntaktische Basis fur die Unakkusativität-Hypothese.

12 Ein Problem für diesen Ansatz ergibt sich dadurch, daß bei Verben mit mehr als einem Argument immer eines der Argumente nach [Spec,AspP] bewegt werden muß, denn die [Spec,TP]-Position wird für das zweite Argument benötigt. Es sollte sich also bei allen Verben mit zwei Argumenten immer eine telische Interpretation ergeben. Dies ist jedoch nicht der Fall: Auch transitive Verben können ACTIVITIES sein (play the piano, push the cart). Außerdem stellt sich die Frage, wie die DP, die in [Spec,AspP] verbleibt, Kasus zugewiesen bekommt. Wenn nämlich Asp° selbst Kasus zuweisen kann, ist unklar, weshalb bei einstelligen Verben die DP nicht in der [Spec,AspP]-Position verbleibt und dort kasusmarkiert wird. Oder andersherum: Weshalb kann die DP in (4b') nach [Spec,TP] bewegt werden, ohne dort zum zweiten Mal kasusmarkiert zu werden? Borer kommt nicht umhin, alternativ zur telisierenden Aspekt-Phrase eine weitere funktionale Projektion anzunehmen ("FP"), deren Spezifizierer-Position nichts mit Telizität zu tun hat. Alternativ zu den Strukturen in (4a'/b') kann die Struktur in (4c) generiert werden. (4c)

r[Spec F

[ Spec v „[ V,DP,DP]]]

Woran aber ist zu erkennen, ob die aspektuell neutrale FP vorliegt oder die spezifische Ausprägung als AspP mit Telisierungseffekt? Mit dieser Frage kommt man zum zentralen Problem bei Borer: Sie muß davon ausgehen, daß grundsätzlich beide Strukturen möglich sind. Je nach syntaktischem Kontext sollte ein Verb ein telisches oder ein atelisches Ereignis ausdrücken können, weil beide funktionalen Projektionen, "FP" und AspP, frei generierbar sind. Aber es gibt viele Verben, die nur eine der beiden Strukturen lizensieren, insb. die Verben, die inhärent für einen Endpunkt spezifiziert sind, wie arrive, wilt, blush. Andererseits ist es bei den Verben wie walk und laugh durchaus nicht immer möglich, eine telische Lesart zu erzielen. So darf in (4d) die DP nicht in [Spec,AspP] zwischenlanden, während in (4e) eine Struktur ohne Zwischenlandung nicht zu dem gewünschten Ergebnis, der telischen Interpretation, fuhren würde. (4d) (4e)

Sally laughed. Sally arrived.

T '[Sally¡ Asp ..[e v ..[

laugh, t¡]]] bzw. T .[Sally¡ Fp..[t v „[ laugh, t¡]]] t¡]]]

r .[Sallyj ASP"[t¡ v»[arrive,

Borer sieht sich letztlich gezwungen, für Verben wie arrive im Lexikoneintrag zu vermerken, daß bei ihnen die Bewegung eines Arguments nach [Spec,AspP] obligatorisch ist, d.h., die FP-Variante steht für sie nicht zur Verfügung. Verben wie arrive, wilt, break werden demnach durch ein diakritisches Merkmal gekennzeichnet. Dieses Merkmal ist gleichbedeutend mit der lexikalischen Spezifizierung als [+telisch] - ohne allerdings irgendwie in Zusammenhang mit der Semantik eines Verbs gebracht werden zu können. Borer kann keine Antwort auf die Frage finden, weshalb bei wilt und arrive die Bewegung nach [Spec, AspP] obligatorisch ist, bei smile und walk hingegen nicht. Ihre Analyse mag dazu imstande sein, die aspektuelle Struktur von Sätzen syntaktisch abzubilden - da sie jedoch nicht erklären kann, woraus sich diese Strukturen ergeben, ist sie der lexikalischen Dekomposition deutlich unterlegen. Aus der Tatsache, daß die semantische Struktur von Verben nicht im l:l-Verhältnis auf die Syntax projiziert wird, folgt also nicht, daß man deshalb gar keine semantische Struktur angeben sollte. Lexikalische Repräsentationen sind kein Ballast, sondern eine notwendige Bezugsebene für grammatische Prozesse.

13

2.3 Aspektuelle Kategorien im Lexikon

"Aspects are different ways of viewing the internal temporal constituency of a situation". Mit dieser Definition betont Comrie (1976:3) die perspektivische (d.h. sprecherbezogene) Komponente der grammatischen Kategorie Aspekt. Ein Ereignis kann z.B. als vollendet (perfektiv) oder als noch stattfindend und daher noch nicht beendet (imperfektiv) dargestellt werden. Diese Komponente von Aspekt, "the temporal perspective or point of view taken of a situation" (Brinton 1985:158), ist von dem perspektiv-unabhängigen Aspekt-Begriff, wie er fìir die interne Struktur einer Proposition gebraucht wird, zu trennen. Für diesen "internen" Aspekt-Begriff wird häufig auch die Bezeichnung "Aktionsart" verwendet. "[A] situation may be viewed as a completed whole (perfective) or as ongoing and incomplete (imperfective), also as beginning (ingressive), ending (terminative), or continuing (continuative). These aspectual notions are normally expressed in verbal inflections or periphrases. Intrinsically, though, a situation may be either static or dynamic, punctual or durative. Such aktionsart notions are normally expressed in the lexical meaning of the verb and in its arguments." (Brinton 1985:158)

Die "intrinsische" aspektuelle Struktur eines Ereignisses wird also von lexikalischen Kategorien bestimmt, speziell dem Verb und seinen Argumenten. Hinsichtlich dieser AspektDomäne liegt in den folgenden Beispielsätzen die gleiche aspektuelle Struktur vor: (5a) (5b) (5c)

Sally closed the window ten minutes ago. Sally is closing the window. Sally might close the window.

Close bedingt, daß das Fenster zu Beginn des Ereignisses nicht geschlossen war und am Ende des Ereignisses geschlossen ist. Es gibt also eine Vorher-Nachher-Relation; das Ereignis hat unabhängig von der externen Verankerung einen inhärenten Ausgangs- und Endpunkt. Die aspektuelle Struktur des Satzes wird durch die Interaktion von "internen" und "externen" aspektuell relevanten Kategorien bestimmt. Die "inherent aspectual (i.e. semantic aspectual) properties" (Comrie 1976:41) des Verbs perkolieren also nicht wie kategoriale Merkmale in einer X-bar-Struktur. Für die hier zu behandelnden Fragestellungen hinsichtlich der Klassifizierung von Verben und der Analyse von Verbalternationen sind im wesentlichen die propositions-internen aspektuellen Eigenschaften relevant. Folglich wird die viewpoint-bezogene Aspekt-Komponente mehr oder weniger aus der Betrachtung ausgeblendet. "

" Eine Darstellung der modalen Aspektkategorien in Form von "aspectual oppositions" findet man z.B. bei Comrie (1976). Eine detaillierte nicht-lexikalisch orientierte Abhandlung der kompositioneilen Bestimmung von Satzaspekt ("aspectuality") bietet Verkuyl (1993). Zur "event composition" mit Bezug auf Teilereignisse s. auch Pustejovsky (1991). Für eine kritische Diskussion gängiger Differenzierungen von "Aspekt" vs. "Aktionsart" s. Brinton (1988), die "aktionsart categories" durch Kreuzklassifizierung der Merkmale [± dynamisch], [± durativ], [± homogen], [± iterativ] bestimmt (1988:57, Table 1.11).

14 Die hier verwendeten Kategorisierungen orientieren sich weitgehend an Dowty (1979), der die vier aspektuellen Klassen von Vendler (1967), nämlich STATES, ACTIVITIES, ACCOMPLISHMENTS u n d ACHIEVEMENTS, in e i n e s t r u k t u r i e r t e R e p r ä s e n t a t i o n ü b e r f u h r t u n d

es dadurch ermöglicht, die strukturelle Verwandtschaft der einzelnen Klassen zu erfassen. Die Klassifizierung erfolgt weitgehend über traditionelle aspektuelle Kontrastpaare (wie statisch/dynamisch, telisch/atelisch), und als Testverfahren werden die Kompatibilität mit bestimmten Adverbialen sowie Implikationen für bestimmte Stufen des Ereignisses herangezogen. Weniger aussagekräftig sind Testverfahren, bei denen ein Ereignis in einen Matrixsatz (und damit in eine zweite Ereignisstruktur) eingebettet wird (z.B. als Komplement von finish, stop, forcé), weil das Ereignis, um das es geht, in solchen Fällen nicht isoliert betrachtet werden kann. 12

2.3.1

Dynamizität

Eine der grundlegenden aspektuellen Differenzierungen ist die zwischen dynamischen und statischen Ereignissen. Für statische Ereignisse gilt: "[T]here is not progress in the event, i.e. every point in the time-span within which the predicate holds is identical to every other" (Hoekstra 1992:160).

Daraus folgt: "Statives can be judged true or false of an individual by reference to the state of the world at only a single movement of time." (Dowty 1979:71).

Bei statischen Ereignissen bildet jeder einzelne Punkt auf der temporalen Achse des Ereignisses das ganze Ereignis ab. Das gilt z.B. für Satz (6a). Würde man das Ereignis filmen, könnte jedes einzelne Bild des Films für das ganze Ereignis stehen, d.h., man bräuchte nur ein Photo, um ein Ereignis, das drei Stunden andauert, adäquat abzubilden. (6a) (6b)

The box stood on the shelf (for three hours). Harry ran (for three hours).

Dies ist nicht so bei dynamischen Ereignissen wie in (6b). Greift man einen einzelnen Zeitpunkt, ein Bild des Films heraus, kann man zur Abbildung auf dem Bild nicht sagen, daß es running sei (man könnte es höchstens durch Weltwissen vermuten), die einzelnen Bilder der Filmaufnahme wären unterschiedlich. Dieses visuelle Kriterium macht den Unterschied zwischen statischen und dynamischen Ereignissen zwar einprägsam deutlich, es ist jedoch nur für bestimmte Verbklassen anzuwenden, denn nicht jedes Ereignis ist gleichermaßen sichtbar zu machen. Wie soll man z.B. Verben, die mentale Zustände oder Prozesse involvieren (wie think, wonder, convice, know) visuell umsetzen? Comrie führt als ein weiteres Kriterium zur Unterscheidung von dynamischen und statischen Ereignissen den Energieaufwand an, der notwendig ist, um das Ereignis in Gang zu halten:

12

Eine tabellarische Übersicht über die Testverfahren von Dowty findet man in Dowty (1979:60) nachgedruckt bei van Valin (1987:642) und modifiziert bei Wanner (1997:63); Brinton (1988: 241 f.) stellt Beispiele und Testverfahren von Vendler zusammen.

15 "With a state, unless something happens to change that state, then the state will continue: this applies equally to standing and knowing. With a dynamic situation, on the other hand, the situation will only continue if it is continually subject to a new input of energy: this applies equally to running and to emitting a pure tone [...] To remain in a state requires not effort, whereas to remain in a dynamic situation does require effort, whether from inside (in which case we have an agentive interpretation [...]), or from outside (in which case we have a nonagentive interpretation) [...]." (Comrie 1976:49) Dieses Energie-Kriterium ist allerdings ebensowenig ein linguistisches Kriterium wie die photographische Abbildung. Auch ist es offenbar nicht im physikalischen Sinne anzuwenden, denn natürlich kann es auch Energie erfordern, einen Zustand aufrecht zu erhalten (dies gilt gerade für das von Comrie benannte Beispiel stand). Syntaktisch wird der Unterschied zwischen dynamischen und statischen Ereignissen vor allem bei Konstruktionen sichtbar, die eine dynamische Proform erfordern: 13 So kann nur bei dynamischen Ereignissen auf die Frage "What happened?" geantwortet werden, und nur hier ist eine Pseudo-Cleft-Konstruktion möglich (do ist das abstrakteste dynamische Verb und keine geeignete Proform für ein statisches Prädikat, s. dazu z.B. Jackendoff 1983). (7a) What happened next? They melted the ice./They laughed./*They sat on the sofa./*They were intelligent. (7b) What the scientist did was... ...melt the ice./...laugh like a hyena./*...sit on a sofa./*...be intelligent. Während happen eher nach dem ganzen Ereignis fragt und als minimale Ausdrucksform für alle dynamischen Ereignisse geeignet ist, ist do insb. dann eine geeignete Proform, wenn das Ereignis einen "DO-er" involviert, was bei Ereignissen vom Typ ACHIEVEMENT nicht der Fall ist. (7c) What happened next? The ice melted. (7d) What did Sally do? Melt the ice. (7e) ?What did the ice do? Melt. Ereignisse, die nach diesem Test statisch sind, können in der Syntax in aller Regel nicht zu telischen Ereignissen erweitert werden, was ein Indikator dafür ist, daß es keinen Ereignistyp "delimited state" gibt (vgl. den Grammatikalitätsunterschied in (8)/(9)). (8a) *The president owned the house famous. (8b) * Sally feared those dogs aggressive. (9a) She ran her sneakers dingy. (9b) She laughed herself hoarse. Die Resistenz gegenüber telisierenden "type shifting phenomena" (syntaktische Konstruktionen, die den Ereignistyp verändern) ist ein Charakteristikum statischer Ereignisse, das vergleichsweise selten erwähnt wird. Es spricht auf den ersten Blick für eine grundsätzliche Trennung von dynamischen und statischen Ereignistypen auch im Lexikon (repräsentiert d u r c h u n t e r s c h i e d l i c h e P r ä d i k a t e , z . B . BE/STAY v s . DO/GO).

13

Vgl. Levin/Rappaport (1995a), die als Testkonstruktion für eine verbale Proform involvieren.

STATES

nur solche gelten lassen, die

16 Manche der häufig als stativity tests aufgeführten Konstruktionen testen nicht wirklich, ob ein Ereignis dynamisch oder statisch ist, sondern ob ein AGENT vorhanden ist.14 Dies gilt für die Bildung des Imperativs, die Kompatibilität mit agens-orientierten Adverbien wie deliberately sowie die Möglichkeit, als Komplement von force oder persuade aufzutreten. So generalisiert Dowty (1979:55) zwar richtig, "Only non-statives occur as complements of force and persuade" und "Only non-statives can occur as imperatives", versäumt aber zu betonen, daß es auch dynamische Prädikate gibt, die diese Konstruktionen nicht erlauben, nämlich genau diejenigen, die - wie STATES - keinen AGENT (im Sinne eines potentiell kontrollierenden actor) lizensieren. (10a) (10b) (10c) (lOd)

"Know the answer, Sally! *Sally was knowing the answer. * Sally knew the answer carefully *They forced Sally to know the answer.

(10a') (10b 1 ) (10c 1 ) (10d')

»Spot the bird! *Sally was finding the key. *The ice melted carefully. *They forced Sally to find the key.

Diese "Tests" sind daher fur die Unterscheidung von dynamischen vs. statischen Ereignissen nicht aussagekräftig. Wenn kein AGENT vorhanden ist, folgt daraus nicht, daß es sich um ein statisches Ereignis handelt, denn nicht jedes dynamische Ereignis ist kontrollierbar. Bei der Definition eines AGENT kommen meistens das semantische Kriterium "volition" und das aspektuelle Kriterium "dynamicity" zusammen. Fillmore (1968:32) definiert AGENT durch "a semantic reading which attributes to the N P will or volition toward the action expressed by the sentence", Gruber (1976) als "intender of action", van Oosten (1977) über "responsibility". Als AGENT kommen nach diesen Kriterien nur vernunftbegabte Wesen in Betracht. Bei vielen Verben sind jedoch Alternativen zu diesem klassischen "animate intentional and volitional agent" möglich. Insb. findet man häufig ein INSTRUMENT oder ein NATURAL FORCE-Subjekt, und nicht jedes [+human]-Subjekt muß als bewußt handelnder AGENT konstruiert werden: ( I I a ) Harry broke the window deliberately. ( l i b ) Harry broke the vase by stumbling over it. (11c) The hammer/The storm broke the window.

Daher wird manchmal auch der Begriff "controllability" gebraucht, der darauf rekurriert, daß ein "sentient agent" möglich ist (Dowty 1979). Ob ein Ereignis kontrollierbar ist, kann durch agens-orientierte Adverbien wie deliberately überprüft werden, ein weiteres Testverfahren ist die Einbettung in einen /orce-Kontext (They forced Harry to break the window/*to lose his keys).Manchmal wird für den prototypischen AGENT auch die Bezeich-

14

S. z.B. D o w t y (1979), van Valin (1987). Zur Kritik s. Levin/Rappaport (1995a:170f.). Allerdings sind Testverfahren mit Matrixverben nur eingeschränkt aussagekräftig. Im Fall von force wird das PRO-Subjekt im Infinitiv vom Objekt des Matrixsatzes kontrolliert. Eine Ungrammatikalität kann auch daraus resultieren, daß das Objekt nicht mit den Selektionsrestriktionen von force kompatibel ist (*He forced the stone to break the window). Eine nicht eingebettete grammatische Konstruktion, bei der es darauf ankommt, daß das Subjekt Kontrolle über das Ereignis hat, ist das unpersönliche Passiv, vgl. Perlmutter (1978), Zaenen (1993).

17 nung ACTOR gebraucht. 16 Ein AGENT ist dann in erster Linie ein "DO-er" - unabhängig davon, ob das Ereignis willentlich in Gang gebracht wurde oder nicht. Bei dieser eher aspektuellen Definition gilt "agentivity entails eventhood" (Roberts 1987:49), und STATES können keinen AGENT haben.

2.3.2

Telizität

Eine zweite wichtige aspektuelle Unterscheidung ist die, ob ein Ereignis "homogen" verläuft oder auf einen inhärenten Endpunkt zuläuft. Ereignisse der zweiten Art werden als "telisch" bezeichnet (auch: bounded oder delimited). Damit ist gemeint, daß es einen "natural endpoint" (Smith 1991:6), einen inhärenten, zwingenden Endpunkt des Ereignisses gibt. "The conditio sine qua non for telicity is the inclusion o f a definite endpoint, sometimes called the culmination, goal, limit, or terminal point." (Wechsler 1989:421)

Der inhärente oder natürliche Endpunkt eines Ereignisses ist zu unterscheiden von einer externen temporalen Begrenzung eines Ereignisses wie in (12a). In (12b) hingegen wird das Ereignis abgebrochen, bevor der inhärente Endpunkt, die Existenz eines Objekts "circle", erreicht wird. (12a) Sally swam in the pool until 6:30. (12b) The child stopped drawing a circle.

Im Kontrast dazu gibt es bei homogenen Ereignissen keine Progression und damit auch keinen inhärenten Endpunkt. Bei einem homogenen Ereignis gilt: "any part of the process is of the same nature as the whole" (Vendler 1967:102). "Homogeneity, as I will call it, says that you can be sure to find the same sort o f action at any part o f the interval". (Verkuyl 1993:44)

Daraus ergibt sich fur die linguistische Beschreibung, "the subevents which make up the main event are describable by the same core sentence" (Dowty 1991:568). Wenn Sally fünf Stunden lang (t¡.... t j einen Wagen schiebt (Klavier spielt, Auto fährt, spazierengeht, Gymnastik macht, Enten beobachtet, auf dem Sofa sitzt), ist für jeden einzelnen Zeitpunkt zwischen tj und t„ wahr, daß sie einen Wagen schiebt (Klavier spielt, etc.), s. (13a). Dies ist nur möglich, wenn kein change involviert ist und wenn die Handlung nicht kulminiert. Telizität und Homogenität sind also komplementär distribuiert. Dabei können nur dynamische Ereignisse telisch sein, weil es keinen change ohne Bewegung geben kann. (13a) Sally played tennis from five to seven. = > Sally played tennis at five thirty, at six twenty, and at six forty-five. (13b) Sally switched o f f the light from five to seven. Φ> Sally switched o f f the light at five o'clock, at six twenty, and at six forty-five.

16

S. z.B. Kiefer (1993). Jackendoff ( 1 9 8 3 : 1 7 6 ) verwendet die Bezeichnung ACTOR unabhängig davon, ob jemand etwas absichtlich tut oder nicht: "willfulness or intentionality is an optional property o f an actor".

18

Aus diesem "Stellvertreter'-Kriterium (jeder Zeitpunkt steht stellvertretend fur das ganze Ereignis) ergibt sich als ein Charakteristikum homogener Ereignisse, daß, wie in (13c), die imperfektive Form die perfektive impliziert ("imperfective paradox"). (13c) Sally is playing the piano. => Sally has played the piano. (13d) Sally is repairing the car. Sally has repaired the car.

Syntaktische Tests fur telicity sind die Kompatibilität mit "frame adverbials" (Pustejovsky) wie "in an hour" und anderen Konstruktionen, die auf die Vollendung des Ereignisses rekurrieren. Hingegen können telische Ereignisse nicht durch durative Adverbiale wie for an hour modifiziert werden, was wiederum bei homogenen Ereignissen möglich ist. (14a) Sally swam in the pool for an hour/* in an hour. (14b) Sally swam to the boat *for an hour17/ in an hour. (14c) It took Sally ten minutes to swim to the boat/*to swim.

(14b) zeigt, daß das Ereignis swim erst dann telisch ist, wenn ein GOAL hinzugefügt wird. Die räumliche Begrenzung des Ereignisses führt hier zu einem zwangsläufigen Endpunkt auf der temporalen Skala. Ein ähnlicher Effekt, "translation of spatial delimitedness into temporal delimitedness" (Tenny 1987b:112), ergibt sich durch ein räumlich begrenztes ("spatially delimited") Objekt. Die folgenden Beispiele illustrieren, weshalb auch nominalen Argumenten "a feature involved in terminative aspect"" zugesprochen wird. 19 (15a) He ate three apples/*apples in ten minutes. (15b) They played a game of chess/*chess in ten minutes.

Es wird ersichtlich, daß das direkte Objekt eine besondere Funktion für die Ereignisstruktur des Satzes hat bzw. daß seine Meßbarkeit (als Spezifizierbarkeit und räumliche Begrenzung) in Zusammenhang mit der Meßbarkeit des Ereignisses (als Telizität und zeitliche Begrenzung) steht. "Spatial and temporal delimitedness are parallel in many respects. A temporally delimited event has a fixed duration, even if that duration is unknown. A spatially delimited object or material has some fixed extent in space, even if that extent is unknown." (Tenny 1994:25)

Während man sich bei telischen Ereignissen meistens auf den Endpunkt konzentriert, beschäftigt sich Tenny stärker mit dem Verlauf des Ereignisses. Telische Ereignisse sieht sie dadurch charakterisiert, daß es neben dem inhärenten Endpunkt häufig ein Argument gibt, das den Verlauf des Ereignisses "ausmißt". Vom "Ausmessen" eines Ereignisses durch ein

17

Die Grammatikalitätsbewertung bezieht sich auf die relevante Lesart (Sally schwamm genau einmal zum Boot und dieses Ereignis dauerte eine Stunde lang). 18 Verkuyl (1993:3) faßt dies in Form des Merkmals [± SQA] (fur Specified Quantity Aspect). Für eine formalsemantische Analyse der Funktion von NPs für die Konstituierung der Ereignisstruktur vgl. Krifka (1992). " Selbst bei Vendler klingt an, daß der lexikalische Ereignistyp des Verbs nicht immer auch zum Ereignistyp des ganzen Satzes wird. So erwähnt er (1967:108) explizit die habituelle Lesart, die bei ACTIVITIES ein type shifting, wie Pustejovsky es nennt, zu STATES bewirkt (Do you smoke?), und gibt bei seiner Aufzählung typischer Beispiele für die vier aspektuellen Klassen stets VerbKomplement-Komplexe an, z.B. unter ACCOMPLISHMENTS play a game of chess (hier ergibt sich erst aufgrund des inhärenten Maßobjekts game die telische Lesart).

19 Argument kann man insofern sprechen, als man bei einer bestimmten Gruppe von telischen Ereignissen am Zustand dieses Arguments ablesen kann, wie weit das Ereignis vorangeschritten ist. Das Argument selbst beinhaltet dann die Skala für das Voranschreiten des Ereignisses. Die zentrale Hypothese Tennys ist, daß nur das direkte interne Argument (gemeint ist ein DP-Komplement) das Ereignis in diesem Sinne ausmessen kann: "The direct internal argument o f a verb o f change 'measures out' over time the event described by the verb. The verb's direct internal argument may be thought o f as being converted into a function o f time at some level o f semantic representation. This is an aspectual property, because aspect refers to the internal temporal organization o f an event. The term 'measures out' is used [...] as a convenient metaphor for uniform and consistent change, such as change along a scale." (Tenny 1989:7)

Mit Bezug auf die Terminologie Tennys läßt sich demnach für (16) sagen, daß hier das Argument in der Objektposition das Ereignis "ausmißt". Das Ereignis läßt sich in Abschnitte teilen, die mit distinkten Zuständen bei dem Objekt korrelieren. Das Voranschreiten des Ereignisses kann am Zustand der Wand bzw. des Eises abgelesen werden. In diesem Sinne ist das Objekt ein Maß-Argument.20 (16a) Sally painted the wall (halfway). (16b) Sally melted the ice (halfway).

Für die Annahme, daß nur ein direktes Argument als Maß-Argument fungieren kann, sprechen Daten aus dem Bereich der Spray/load-Alternation. In (16c) liest man das Voranschreiten des Ereignisses am Zustand der Wand ab (das Ereignis ist beendet, wenn die ganze Wand mit Farbe bedeckt ist, wobei unerheblich ist, ob die Farbe vollständig aufgebraucht wurde oder nicht); in (16d) kommt es darauf an, daß die ganze Farbe verbraucht ist, und es spielt keine Rolle, ob die Wand komplett mit Farbe bedeckt ist. (16c) They sprayed the wall with red paint. (16d) They sprayed the paint onto the wall.

Argumente, fur die gilt, daß jedem distinkten Punkt auf einer Zeitskala Τ ein distinkter Punkt auf der Objektskala O entspricht, wie es Mulder (1992) ausdrückt, heißen bei Dowty (1991) "INCREMENTAL THEME". Sie unterliegen nicht nur ganz allgemein einer Veränderung, sondern bilden in sich das Fortschreiten des Ereignisses schrittweise ab. Beispiele für INCREMENTAL THEMES finden sich bei verschiedenen semantischen Verbklassen: (17a) verbs of creation: write a letter, build a house, perform a sonata (17b) verbs of consumption/destruction: eat an apple, destroy a system (17c) verbs of (definite) change of state: polish a shoe, paint the wall

Die so definierten Maß-Argumente sind hier weitgehend identisch mit dem Begriff des "affected object", wie ihn Anderson (1977) in großzügiger Übertragung der aspektuellen Klassifizierung von Verben auf die von ihnen abgeleiteten Substantive geprägt hat, um die

20

Fraglich ist jedoch, ob man wirklich von einer direkten Korrelation zwischen dem Voranschreiten des Ereignisses und der Veränderung im Maß-Argument sprechen kann, wie dies Tenny tut, wenn sie das aspektuelle halfway durch das quantitative half (of) paraphrasiert - [Sally painted half the wall/melted half the ice] als "possible paraphrases" der Sätze in (16a/b).

20 deverbalen Substantive semantisch zusammenzufassen, bei denen das Komplement auch in der Spezifizierer-Position stehen kann (vgl. the play's performance/*enjoyment). "'Affected' is used in an extended sense to mean changed, moved, altered in status, or created." (Anderson 1977:15)

Der Begriff "affectedness" wird nicht nur im Zusammenhang mit dem NP Preposing diskutiert, sondern auch bei der Middle Formation ins Spiel gebracht. Nur Verben mit "affected object" sollen diese Konstruktion zulassen (s. Fagan (1992)). (18a) This kind of play will not perform easily. (18b) *This kind of play will not enjoy easily.

Allerdings erweist sich hier die o.g. Definition von "affectedness" als zu weitreichend bzw. zu unpräzise. Denn wie will man abgrenzen, wann ein Objekt als "affected" gilt und wann nicht? Wenn man mit einem Stock gegen eine Wand schlägt, ist diese dann "affected" (weil der Schlag evtl. kleine Kerben hinterläßt)? Soll es von der Größe und Festigkeit des Objekts abhängen, ob hit ein "affected object" hat? Das hieße, die Semantik des Verbs nach außersprachlichen Kriterien zu beschreiben, und würde klar gegen das eingangs skizzierte Prinzip der "autonomy of lexical semantics" verstoßen. In ihrer Untersuchung zur MiddleKonstruktion sprechen sich Hale/Keyser (1987) dagegen aus, "affectedness" an den erkennbaren Auswirkungen tatsächlicher Ereignisse festzumachen und lenken den Blick zurück auf die semantische Struktur der Verben. Anhand eines Vergleichs von cut und hit erklären sie, worauf es beim Begriff "affectedness" tatsächlich ankommt: "The solution [...] lies in the meanings of the verbs, not in the real-world events which they might be used to report. It is linguistically irrelevant that the wall is affected when someone hits it [...]. The verb does not refer to the production of an effect but, rather, to the concept of some entity moving in such a way as to come forcefully into contact with another entity. By contrast, the production of an effect [...] is indeed an aspect of the meaning of cut; the verb denotes an event in which some entity produces a separation [...] in the material integrity of another entity." (Hale/Keyser 1987:4)

Während also hit ein Kontakt-Verb ist und keine Zustandsänderung impliziert, ist jedes cutEreignis mit einem "definite change of state in the object" (Smith 1978:104) verbunden. Linguistisch gesehen, sind die Auswirkungen eines /¡//-Ereignisses auf das Objekt unerheblich. Das ist auch zu erwarten, wenn es bei hit keinen inhärenten Endpunkt gibt und somit die wichtigste aspektuelle Voraussetzung für "affectedness" des Objekts nicht erfüllt. Die aspektuelle Definition eines "affected argument" nach Tenny bringt besser als Andersons semantische Hyperkategorie zum Ausdruck, inwieweit es sich bei einem "affected argument" um ein besonderes Argument handelt: "An affected argument measures out the event by virtue of its being a direct internal argument. What is special about this is that it also delimits the event." (Tenny 1992:8)

Ereignisse mit "affected argument" sind eine Untergruppe von telischen Ereignissen. Bei ihnen hat ein Argument (nach Tenny immer das interne) eine besondere aspektuelle Funktion: Es fungiert als Maß-Skala für das Voranschreiten des Ereignisses und determiniert den inhärenten Endpunkt des Ereignisses. Diese Doppelfunktion ist das aspektuelle Korrelat des semantischen Konzepts eines "definite change", wie ihn Smith (1978) und Anderson (1977) beschreiben.

21 2.3.3

Punktualität

Ein weiterer Kontrast, der zur lexikalisch-aspektuellen Klassifizierung herangezogen wird, ist der zwischen durativen und punktuellen Ereignissen. Punktuelle Ereignisse sind immer telisch, also immer dynamisch, und drücken eine Zustandsänderung aus, ohne einen Weg zu implizieren, der dorthin fuhrt. Paradoxerweise fixieren sie gerade nicht einen einzigen Punkt auf der temporalen Skala, sondern drücken eine pure Vorher-Nachher-Relation aus. Es ist nicht möglich, das Ereignis auf ein Bild zu reduzieren, was als Indikator dafür genommen werden kann, daß punktuelle Ereignisse eine Subklasse der telischen Ereignisse sind. Comrie illustriert dies am Beispiel reach the summit: "[T]here is one moment when John had not yet reached the summit, and another moment when he had, with no time intervening between the two. N o matter how slowly one presented the film of John's mountaineering exploits, the interval between these two moments would always be zero, and it would always be inappropriate to say at this point, John is reaching the summit." (Comrie 1976:43)

Allerdings gehen die Meinungen darüber auseinander, ob es wirklich einen qualitativen Unterschied zwischen "time instants" und "time stretches" (Vendler) gibt. Vorherrschend ist die Auffassung, daß punktuelle Ereignisse nicht minimal lang andauern, sondern eine eigene aspektuelle Qualität aufweisen: "punctual situations do not have any duration, not even duration of a very short period" (Comrie 1976:42). Damit wird betont, daß es bei punktuellen Ereignissen keinen Verlauf des Ereignisses gibt. Im Kontrast dazu gilt bei Tenny (1994:16): "Duration is relative" - punktuelle Ereignisse haben minimale Dauer. Entsprechend kann es bei Verben, die punktuelle Ereignisse ausdrücken, keine lexikalische Spezifizierung dahingehend geben, wie der change of state herbeizuführen ist (z.B. durch eine lexikalische Vorgabe für ein INSTRUMENT, wie bei cut). Da aber nicht jedes durative telische Ereignis eine solche Spezifizierung aufweist, kann man punktuelle Ereignisse auf diese Weise nicht systematisch von durativen Ereignissen abgrenzen. Nach syntaktischen Kriterien sind punktuelle Ereignisse jedoch grundsätzlich von durativen zu unterscheiden. Z.B. erlauben sie, wie schon Vendler hervorhebt, nicht das progressive, das einen imperfektiven viewpoint ausdrückt. (19a) (When I entered the room,) Sally was opening the window/writing a letter. (19b) *(When I entered the room,) John was finding the tickets/spotting a spider.

Daß punktuelle Ereignisse diese Eigenschaft mit statischen Ereignissen teilen, mit denen sie, was Aufbau und Verlauf des Ereignisses betrifft, eigentlich gar nichts gemeinsam haben sollten, weist darauf hin, daß das progressive im Englischen nicht durch eine einzige aspektuelle Eigenschaft lizensiert wird. Comrie (1976:35) gibt als "general definition of progressiveness" als grammatikalisierter aspektueller Kategorie "the combination of progressive meaning and nonstative meaning" an. Punktuelle Ereignisse haben zwar "nonstative meaning", aber sie beinhalten keine Progression. 21

21

Nach der Ansicht von Mulder (1992:37) sind punktuelle Ereignisse nicht mit dem progressive kompatibel, weil -ing sich auf "an arbitrary point on the time-scale of the event" beziehe. Punktuelle Ereignisse hätten keine Zeit-Skala, d.h., "there are no available points".

22 Punktuelle Ereignisse sind immer telisch (nach der hier zugrundegelegten Definition) und können erwartungsgemäß nicht mit durativen Adverbialen kombiniert werden. (20a) Sally found the tickets/reached the summit of the mountain (with-)in five minutes. (20b) *She found the key/reached the summit of the mountain for two days.

Es ist auch in der Regel nicht möglich, daß sich das Adverbial auf den eingebetteten Endzustand bezieht, was bei nicht-punktuellen telischen Ereignissen möglich ist, wenn es sich, wie in (21a/b) um einen reversiblen change of state handelt: (21a) Harry closed the door for two minutes. (21b) Harry put the pancakes in the oven for ten minutes.

Die /or-Phrase gibt hier in der natürlichsten Interpretation nicht an, wie lange das Ereignis andauert (Tenny (1987b:21) verwendet hierfür die Bezeichnung "semelfactive reading", s. (21a')), sondern wie lange der herbeigeführte Endzustand andauert (statische Lesart, s. (21a")) oder, wenngleich marginal, innerhalb welchen Zeitraums mehrere Einzelereignisse stattfinden (iterative Lesart, s. (21a'")). (21a') The single act of closing the door took two minutes. (21 a") The door remained closed for two minutes. (21a'") Within the time span of two minutes the door was closed (and opened) several times.

Pustejovsky (1991:62) deutet Daten wie (21a/b) so, daß es innerhalb des telischen Ereignisses ein homogenes Teil-Ereignis geben muß, das für die Modifizierung durch ein Adverbial zugänglich ist. Das Skopusverhalten von Adverbien sei eine idiosynkratische Eigenschaft. Können sie Skopus über das ganze Ereignis und/oder eingebettete Teilereignisse haben, ergeben sich verschiedene Lesarten für komplexe Ereignisse. Eingebetteter Bestandteil des telischen Ereignisses in (21) sei ein STATE (der Endzustand), und dieser sei für das durative Adverbial zugänglich. So einleuchtend diese Analyse auf den ersten Blick scheint, so wenig erklärt sie, weshalb auch eine iterative Lesart möglich ist. Auch wäre zu erwarten, daß alle Ereignisse, die in einen STATE münden, gleichermaßen zugänglich für ein duratives Adverbial wären. Das ist jedoch gerade nicht der Fall, wie die Beispiele in (20) zeigen. Punktuelle Ereignisse verhalten sich auch hinsichtlich der Interpretation von frame adverbials anders als (kurze) durative Ereignisse. Frame adverbials sind mit punktuellen Ereignissen kompatibel, was jedoch nicht ohne weiteres einleuchtet, da sie die Dauer bis zur Vollendung einer Handlung ausdrücken. Wenn punktuelle Ereignisse keine Dauer haben, wie ist ihre Kompatibilität mit frame adverbials zu erklären? Bei genauer Betrachtung ist zu erkennen, daß die frame adverbials bei punktuellen Ereignissen nicht die Länge des Ereignisses angeben, sondern eine Präsupposition über eine Vorbereitungsphase miteinschließen können. (22a) He repaired the car in ten minutes. It took him ten minutes to repair the car. (22b) He found the key in ten minutes. It took him ten minutes to find the key.

In (22a) dauert das linguistisch ausgedrückte Ereignis (repair the car) zehn Minuten; (22b) hingegen ist nicht so zu interpretieren, daß das linguistisch ausgedrückte Ereignis (find the key) zehn Minuten andauert und auch nicht der Endzustand, daß er nämlich den Schlüssel bei sich hat. Vielmehr wird der Satz interpretiert wie in (22b'): (22b 1 ) He had been looking for the key for ten minutes - and then he found it.

23 Offenbar ist die zugrundeliegende "Aktionsart" nur einer von mehreren interagierenden Faktoren, die die Lizensierung von Adverbialen bestimmten, s. auch Engelberg (1994).

2.3.4 Kausativität In den meisten aspektuellen Klassifizierungen spielt Kausativität keine Rolle. In der Tat verhalten sich kausative Ereignisse hinsichtlich der Lizensierung von Adverbialen weitgehend wie andere telische Ereignisse. Dennoch handelt es sich durchaus um eine Kategorie, mit der man eine Aussage über die interne Struktur eines Ereignisses machen kann. Ein kausatives Ereignis hat eine komplexe Struktur, bei der sich immer ein telisches Teilereignis und ein Verursacher bzw. ein verursachendes Teilereignis isolieren lassen (vg. Kap. 5.2). Bei einem kausativen Ereignis wie in (23a) gelten die Implikationen (i)-(iii): (23a) Harry broke the glass. (i) The glass was not broken before Harry acted. (ii) The glass was broken just after Harry acted. (iii)

The glass would not have become broken on that particular occasion if Harry had not acted and all else had remained the same.

Das Ereignis impliziert also eine Zustandsänderung vom Anfangszustand ζ zum Zeitpunkt t, zu einem Endzustand [-. z] zu einem Zeitpunkt t, +x bzw., wie hier, von [-. z] (z = BROKEN) zu [z], der dem Objekt zugeordnet wird, sowie jemanden oder etwas, der oder das diese Änderung direkt bewirkt, (i) und (ii) beinhalten also, daß kausative Ereignisse telisch sind, (iii) ist mehr als nur eine Angabe über die Begleitumstände eines change of state. Vielmehr wird das Ereignis eingeteilt in ein telisches Ereignis, an dem nur das Objekt beteiligt ist, und ein dynamisches Ereignis ("Harry...acted"), an dem das Subjekt beteiligt ist. Die Argumente des Verbs werden also unterschiedlichen Teilereignissen zugeordnet. Üblicherweise werden Ereignisse mit einer CAUSE-Komponente als semantisch biklausal analysiert: "causation is traditionally taken to be a relation between events" (Dowty 1979:103).22 In einer semantischen Struktur wird Verursachung über ein abstraktes CAUSE-Prädikat repräsentiert, das den "causing subevent" und den "central subevent" (Levin/Rappaport 1995b) verbindet. Hinsichtlich der Kategorie der Argumente dieses Prädikats gibt es verschiedene Ansätze bzw. Möglichkeiten. Im Jackendoff-Modell (1983) kommt als erstes Argument ein Ereignis oder ein ACTOR in Frage. Dies wird durch die Belegung der Subjektposition widergespiegelt: In (24a) ist das Subjekt ein [THING], in (24b) ist es ein [EVENT]: 23 (24a) The scientist frightened the patient. (24b) The scientist's examination of the candidate frightened the patient.

Selbst wenn in (24a) das Subjekt nach Jackendoff zur Kategorie [THING] gehört, ist der Satz nicht notwendigerweise so zu verstehen, daß die Wissenschaftlerin allein durch ihre

22

Für einen Ansatz, in dem lexikalische Kausativa auch als syntaktisch biklausal analysiert werden, vgl. Hoekstra (1992) und Mulder (1992). Nach Grimshaw ( 1 9 9 0 ) hat examination (im Gegensatz zu exam) immer eine Ereignis-Lesart (technisch ausgedrückt durch das Kontext-Argument ).

24 Existenz (also ohne irgendetwas zu tun) die Patientin erschreckt. Frighten ist lediglich nicht dafür spezifiziert, daß die Zustandsänderung auf eine bestimmte Art und Weise herbeigeführt wird. Beide Repräsentationen in (25) wären daher fur frighten denkbar: (25a) [x CAUSE [y BECOME FRIGHTENED]] (25b) [[χ DO-SOMETHING] CAUSE [y BECOME FRIGHTENED]]

Bei Verben wie cut hingegen wird selbst bei einem [THING]-Subjekt ein DO-Teilereignis ergänzt, denn das Verb ist fur den Gebrauch eines INSTRUMENT spezifiziert. Für diese Verben ist nur die Repräsentation in (25b) angemessen. Hingegen spielt es keine Rolle, ob das Subjekt das Ereignis intentional ausführt oder nicht, d.h., Kausativität ist getrennt von Agentivität zu betrachten: Es gibt kausative Ereignisse ohne AGENT (The sudden high melted the ice) und nicht-kausative Ereignisse mit AGENT (Sally whistled happily). Eine SAS-orientierte Definition von CAUSER als erstes Argument von CAUSE wäre zu eng, um das x-Argument in (25b) als CAUSER zu klassifizieren. Daher soll hier ein CAUSER als ein Argument definiert werden, das nur am "causing subevent" eines komplexen Ereignisses beteiligt ist bzw. diesen "identifiziert". 24 Nach der Repräsentation in (25b) ergibt sich, daß jeder CAUSER als erstes Argument von DO auch ein ACTOR ist und daß kausative Ereignisse nicht punktuell sein können, da ihr erstes Teilereignis durativ ist. Im Rahmen der hier vertretenen Linking-Theorie (s. Kap. 4.2) muß ein kausatives Verb immer mindestens zwei Argumente haben, die den unterschiedlichen Teilereignissen zugeordnet sind. In diesem Punkt unterscheiden sich kausative Ereignisse von allen anderen Ereignisklassen.

2.4 A s p e k t u e l l e K l a s s e n : B e s c h r e i b u n g und T e s t s

Im folgenden werden die vier Ereignisklassen skizziert, wie sie hier nach den o.g. Kriterien angenommen werden. Der Komplexitätsgrad der Ereignisse wird durch ihre semantischaspektuelle Struktur abgebildet. Die Dekomposition in aspektuelle Muster (oder templates) erlaubt es, verschiedene Ereignisklassen aufeinander zu beziehen. Als Indikator für die strukturelle Verwandtschaft der SAS-Klassen wird das aspektuelle type shifting besonders hervorgehoben.

2.4.1

ACTIVITIES

Charakterisierung: ACTIVITIES (auch: PROCESSES) sind homogene dynamische Ereignisse, die ohne Angabe eines GOAL "indefinite duration" (Levin/Rappaport 1995:135) haben, d.h., es handelt sich um Ereignisse ohne natürlichen Endpunkt, "a sequence of events identifying the same semantic expression" (Pustejovsky 1991:56). Zwar erfüllen ACTIVITIES als homo-

24

Eines der wesentlichen hier angenommenen Vermittlungsprinzipien ist, daß jedes Teilereignis syntaktisch zu identifizieren ist (zu Details s. Kap. 4.2.2).

25 gene Ereignisse das Stellvertreter-Kriterium, jedoch kann man sie nicht wie STATES in einem Bild darstellen: Wenn Harry drei Stunden lang joggt (bügelt, des Nachbars Hund streichelt), sind verschiedene Einzelbilder nötig, um das Ereignis abzubilden. Repräsentation: ACTIVITIES sind minimal komplexe dynamische Ereignisse. Dowty leitet sie durch ein DO-Prädikat von STATES ab, während Jackendoff STATES und ACTIVITIES als gleich komplex analysiert. In Anlehnung an Dowty werden ACTIVITIES hier wie in (26) repräsentiert. (26) [[xDO[/«CT(y)]]] "ACT" steht abkürzend für ein inhärent dynamisches Prädikat. Ob ACTIVITIES ein Argument (x) oder zwei Argumente (x, y) haben, hängt von der spezifischen Semantik dieses Prädikats ab. Das x-Argument als das erste Argument von DO wird als ACTOR bezeichnet. Ein AGENT ist eine spezielle Ausprägung des ACTOR, nämlich ein potentiell kontrollierender DO-er. Nach dieser Definition kann es einen AGENT nur bei dynamischen Ereignissen geben.

Beispiele: Typische Beispiele für ACTIVITIES sind die Verben der Bewegungsart in ihrer "intransitiven" Verwendungsweise (run, walk, swim, dance) und transitive motion verbs (push, pull, movej, jeweils ohne GOAL-Argument. Des weiteren sind als größere Gruppe zu nennen die verbs of nonverbal expression (laugh, yawn, smile, frown) sowie die verbs of (controllable) emission (squeak, purr). Syntaktisches Verhalten: Als homogene Ereignisse sind ACTIVITIES nicht mit frame adverbials kompatibel. Als dynamische Ereignisse können sie in der Regel als Antwort auf die Frage "What happened?" stehen. Sie bilden das progressive. Kann das Subjekt als AGENT interpretiert werden, sind Adverbiale wie deliberately lizensiert, und das Ereignis kann als Komplement von force eingebettet werden. Auch ist dann der Imperativ möglich. In Sprachen, die ein unpersönliches Passiv bilden, können ACTIVITIES passiviert werden. (27a) (27b) (27c) (27d) (27e) (27f)

Sally played in the backyard for hours/* in an hour. What happened? Sally smiled. Sally was playing the piano./The sun was shining. Sally/*The kettle whistled deliberately. Sally was playing the piano. They forced Sally¡ [PRO¡ to move]./*They forced the stone¡ [PROj to move].

(27g) Don't play in the backyard! (27h) Es wurde getanzt/gelacht/gehüpñ und gesprungen.

Type shifting: Lexikalische ACTIVITIES können in der Syntax zu komplexen Ereignissen expandiert werden, indem ein geeigneter Telisierungskontext geschaffen wird. Dabei bleibt die DO-Komponente enthalten, so daß das komplexe Ereignis zur Klasse der ACCOMPLISHMENTS gehört. Bei den prototypischen ACTIVITIES, den Verben der nicht-gerichteten Bewegung, geschieht dies z.B. durch Hinzufügung eines GOAL, bei den Verben anderer semantischer Klassen durch ein DP-Komplement in Form eines cognate object oder im Rahmen einer Resultativ-Konstruktion. (28a) Sally walked to the store (in an hour). (28b) She smiled her famous I-can't-help-it smile. (28c) The children laughed themselves hoarse/into a frenzy.

26 Dowtys Generalisierung spricht dafür, zu analysieren:

ACTIVITIES

als Teilereignis von

ACCOMPLISHMENTS

"In fact, I have not been able to find a single activity verb which cannot have an accomplishment sense in at least some special context." (Dowty 1979:61)

Problem: Auf den ersten Blick scheint es unsystematisch, daß DP-Komplemente nicht immer zur Telisierung eines ACTIVITY-Ereignisses führen. So gibt es transitive ACTIVITIES, vgl. (29a), und telisierte ACTIVITIES ohne DP-Komplement, s. (29b). Auch kommen nur ganz spezifische DPs als Komplement von "eigentlich" intransitiven ACTIVITIES in Frage, wie (29c) zeigt. (29a) Sally played the piano/clapped the dog (for an hour/* in an hour). (29b) Sally walked to the store. (29c) The stranger smiled a sardonic smile/his approval/*a stupid grin/*a big surprise.

Kap. 3.1.3.4 wird zeigen, daß die Telisierung von ACTIVITIES durch DP-Komplemente durchaus systematisierbar ist. DP-Komplemente wie in (29a), die in der Argumentstruktur verankert sind, haben einen anderen grammatischen Status als DP-Komplemente wie in (29c), die keine "echten" Argumente sind und nur aufgrund ihrer aspektuellen Funktion lizensiert sind. Durch derartige "aspektuelle Argumente" werden ACTIVITIES zu ACCOMPLISHMENTS expandiert. Auf den Sonderstatus der Bewegungsverben wie walk, bei denen es nicht notwendig ist, ein DP-Komplement zu ergänzen, um das Ereignis zu telisieren, wird in Kap. 6.2 eingegangen.

2.4.2

STATES

Charakterisierung: Ein STATE ist ein homogenes, nicht-dynamisches Ereignis, "a single event, which is evaluated relative to no other event" (Pustejovsky 1991:56). Wie bereits ausgeführt, gilt fur homogene Ereignisse das Stellvertreter-Kriterium, für STATES sogar in der strengen visuellen Auslegung: Ein Bild steht für das ganze Ereignis. In der Regel wird unterschieden zwischen temporären STATES (in den Worten von Dowty (1979:115): "a property currently in evidence") und Individual-Prädikaten ("a more or less permanent property [...] ascribed to an individual [...], even though the individual is not evidencing the property at the moment"). Beispiele: STATES im weiteren Sinne (zur Differenzierung s.u.) werden durch verbs of existence (be, seem, exist) ausgedrückt. Dabei kann es vom nachfolgenden Prädikat abhängig sein, ob das Ereignis als temporärer oder ganzheitlicher Zustand interpretiert wird (z.B. be available vs. be intelligent). Nach Jackendoff sind besitzanzeigende Verben wie have, possess, own eine Variante der BE-Ereignisse. Verbklassen, bei denen kontrovers diskutiert wird, ob sie statische Ereignisse konstituieren, sind die Perzeptionsverben (see, hear), die nicht-kausativen psych verbs (fear, like) sowie Positionsverben (sit, lie, stand). Als STATES im engeren Sinne werden nur die Individualprädikate ("qualities" bei Quirk et al. (1985), "individual-level predicates" bei Carlson (1980)) betrachtet. Syntaktisches Verhalten: Da jeder einzelne Zeitpunkt das ganze Ereignis abbildet, sind nicht mit imperfektivem Aspekt kompatibel. Da keine Veränderung stattfindet,

STATES

27 kann es keinen natürlichen Endpunkt eines statischen Ereignisses geben. Als homogene Ereignisse sind STATES mit durativen Adverbialen (for an hour) kompatibel und nicht mit frame adverbials wie in an hour, die auf die Vollendung des Ereignisses abzielen. STATES lizensieren keinen AGENT im Sinne eines ACTOR. (30a) (30b) (30c) (30d)

* Sally is having a house. •Sally existed to the next meeting. Sally had a house for ten years/*in ten years. * Sally existed deliberately ./*They forced Sally to possess a house./*Possess a house!

STATES erlauben kein progressive, weil sie nicht "successive phasal processes in time" (Verkuyl 1993:36) ausdrücken. Diese Eigenschaft teilen sie mit punktuellen Ereignissen: Während jene gar keine Phasen enthalten, gibt es bei STATES nur eine andauernde Ereignisphase. Manche statischen Prädikate verhalten sich jedoch so, als sei die ausgedrückte Ereignisphase lediglich ein Ausschnitt (stage) aus einem länger andauernden Ereignis. In solchen Fällen ist auch das progressive möglich. Die Beispiele in (31) zeigen, daß nicht alle BE-Ereignisse das typische STATE-Verhalten zeigen: 25 (31a) (31b) (31c) (3Id)

Harry was laughing/being polite /* being tall. There were firemen available/*good-natured. He stopped laughing/being obnoxious/*being tall. Be quiet!/*Be intelligent!

Die Prädikate in (30) und (31) werden in manchen Klassifizierungen als verschiedene Subklassen von statischen Ereignissen betrachtet (vgl. die Hyperklasse "statives" bei Quirk et al. (1985)), während in anderen Modellen, in Anlehnung an Carlson (1977, 1980), die Nähe der Prädikate in (31) zu den ACTIVITIES betont wird (durch die Hyperklasse "stagelevel predicates"). Repräsentation: Der Unterschied zwischen "stage-level predicates" (SLPs) als "predicates that apply only to stages of individuals" und "individual-level predicates" (iLPs) als "predicates that apply only to individuals" (Carlson 1980:152) wird häufig semantisch definiert als ein Unterschied zwischen temporären, veränderbaren und dauerhaften, nicht veränderbaren Zuständen. 26 Allerdings ist es eine Frage des Weltwissens (oder sogar der Weltanschauung), ob man einen Zustand herbeiführen kann oder nicht. Die klassischen Beispiele für Individualprädikate betreffen üblicherweise Menschen und deren physische Ausstattung, da diese als "gegeben" angesehen wird (be intelligent, have blue eyes), was in Zeiten von Gen-Manipulation und virtueller Realität durchaus in Frage gestellt werden kann. Letztlich muß das syntaktische Verhalten von SLPs vs. ILPS auf einen strukturellen Unterschied in der semantischen Repräsentation zurückgeführt werden können. Bei Dowty geschieht dies dadurch, daß SLPs die gleiche Repräsentation haben wie ACTIVITIES. Sie enthalten eine Do-Komponente und lizensieren eine AGENT-Lesart. ILPs hingegen enthalten bei Dowty überhaupt kein abstraktes Prädikat. Sie sind als "primitive

25

26

Zu syntaktischen Konstruktionen, hinsichtlich derer sich stage-level und individual-level predicates unterschiedlich verhalten, s. Carlson (1980), Kratzer (1989) und Felser (1995:8Iff.). Vgl. die Definition von Quirk et al. (1985:200) für "qualities", die bei ihnen in etwa den ILPS entsprechen: "Qualities are relatively permanent and inalienable properties of the subject referent", vs. STATES, die den SLPS entsprechen, als "less permanent situation types".

28 state predicates" die Grundlage aller Ereignisse und zugleich die am wenigsten komplexen Ereignisse, vgl. die Repräsentation in (32a). ( 3 2 a ) ILP: [STATE]

SLP/ACTIVITY: [X DO [STATE]]

Dowty (1979:114) sieht den Hauptunterschied zwischen SLPs und iLPs darin, daß die zweite Gruppe als Zusatzfaktor "the notion of volition (and/or intention)" fur das Subjekt zuläßt. Wenn ein AGENT zuerst ein DO-er ist, müssen SLPs wie dynamische Ereignisse behandelt werden. Nur ILPs sind für ihn echte STATES, während alle SLPS kontrollierbar sind und ein abstraktes DO involvieren. Diese Analyse ist kompatibel mit dem Ansatz Kratzers (1989), die SLPs und ILPs strukturell darüber unterscheidet, daß SLPs ein Ereignis-Argument haben und ILPs nicht. In anderen Ansätzen wird hingegen nicht angenommen, daß dynamische Ereignisse Expansionen von statischen Ereignissen sind. Stellvertretend für diese Richtung stehen die Arbeiten von Jackendoff. Er führt ein minimales dynamisches Ereignis nicht auf ein statisches Ereignis zurück, sondern nimmt GO - in seiner lokalistischen Theorie vergleichbar mit Dowtys DO - als ein "conceptual primitive" an (vgl. Jackendoff 1990b:44). Überführt man seine Strukturen in die Notation von Dowty, ergibt sich für STATES eine ebenso komplexe Struktur wie für minimale dynamische Ereignisse, vgl. (32b): ( 3 2 b ) ILP: [X BE [Χ7Λ7Ε]]

SLP/ACTIVITY: [Χ DO

[ACTIVHI]]

Anders als die Repräsentation von Dowty ist (32b) mit der Annahme eines Ereignisarguments auch für statische Ereignisse kompatibel (vgl. Higginbotham (1985)). Bei Dowty ist problematisch, daß eingebettete STATES, die natürlich kein Ev-Argument haben sollen, die gleiche Repräsentation haben wie Matrix-STATES. Nimmt man hingegen mit Kratzer (1989) an, daß ILPs kein Ereignis-Argument haben, kann man die Kombination von und BE z.B. darüber ausschließen, daß eine Projektion mit Ereignisargument keine wohlgeformte extended projection im Sinne Grimshaws (1991) von Verben mit BE-Repräsentation ist.27 Diese Repräsentation hat den Vorteil, daß auch bei STATES linking rules mit Bezug auf abstrakte Prädikate in der SAS formuliert werden können. Allerdings ist es nach (32b) schwierig, SLPs und ILPs überhaupt aufeinander zu beziehen, da sie keinen gemeinsamen Bestandteil in der SAS-Repräsentation haben. Da viele Prädikate als SLP oder als ILP konstruiert werden können (im Prinzip alle Zustände, die herbeigeführt werden können, also kontrollierbar sind - und welche wären grundsätzlich davon ausgeschlossen?), sollte die Repräsentation von SLPs und ILPs diese Elastizität erkennen lassen. Berücksichtigt man außerdem die Vor- und Nachteile von (32a/b), ergibt sich als geeignete Repräsentationsform (32c): ( 3 2 c ) ILP: [X BE [STATE]]

SLP: [Χ DO [STATE]]

ACT: [Χ DO [ACTIVITY]]

(32c) geht davon aus, daß es inhärent statische und dynamische Prädikate gibt und daß statische in dynamische überführt werden können. SLPs haben mit A C T I V I T I E S den struktu-

27

Alternativ kann angenommen werden, daß der Ereignistyp im Lexikon spezifiziert wird. Ritter/Rosen (1993:522) nehmen z.B. ("event") fur SLPS an ("denotes an action or temporary state of the subject") und

("property") fur ILPS ("denotes a permanent property").

29 relien Bestandteil der Repräsentation gemeinsam (DO) und mit iLPs den idiosynkratischen Teil. Type shifting: Daß Sätze wie (33a) ambig sind, illustriert, daß es statische Prädikate gibt, die alternativ als stage-level oder als individual-level predicate konstruiert werden können. (33a) Harry was obnoxious/polite/timid. (33a 1 ) Harry w a s an obnoxious/a polite/a timid person, (ILP) (33a") Harry was behaving obnoxiously/politely/timidly, (SLP)

Das type shifting von ILP zu SLP ist nach der Repräsentation in (32c) ein Wechsel von STATE zu ACTIVITY. Analysiert Dowty dieses type shifting als Hinzufügung von DO, ist es nach (32c) ein Austausch von BE durch DO, also eine Form der Rekategorisierung (vergleichbar dem relabelling in der Wortbildung), wie sie auch Quirk et al. (1985) annehmen: 28 "[T]he definition o f Stative verbs is not so much that they are incompatible with the progressive, as that w h e n they are combined with the progressive, s o m e change o f interpretation other than the addition o f 'temporary' meaning o f the progressive aspect is required. This change o f interpretation can usually be classified as a transfer, or reclassification o f the verb as dynamic, eg. as having a meaning o f process or agentivity." (Quirk et al. 1985:201ff.)

Im Verbalbereich ist das type shifting möglich für STATE-Verben mit [+human]-Subjekten. Dowty nennt hier die Perzeptionsverben, die als statische Verben (cognitives) oder als dynamische Verben (actives) vorkommen. Dabei können die beiden Ereignismuster durch dasselbe Verb ausgedrückt werden (taste, feel, smell) oder durch Verbpaare wie see/watch und hear/listen. Eine andere Gruppe von Verben, die das type shifting zulassen, sind die Positionsverben (lie, stand, sit). Durch bestimmte syntaktische Konfigurationen kann die SLP- bzw. die ILP-Variante eines "elastischen" Prädikats forciert werden. So kommt es z.B. bei der i/jere-Konstruktion und der Komplementation von Perzeptionsverben auf ein SLP-Prädikat an (Felser 1995, 1997): (34)

I've never seen John so enthusiastic in my life!/play football/taste the wine/sit on the sofa.

Es liegt in der Natur von STATES, daß sie nicht telisiert werden können. Nur über den Umweg SLP/ACTIVITY kann ein S T A T E - V e r b ein telisches Ereignis ausdrücken. Levin/Rappaport (1995a: 138ff.) nennen hier die Resultativ-Konstruktion sowie die way-Konstruktion mit einem verb of emission, das normalerweise als STATE klassifiziert wird (*What the garbage/the skunk did was stink).29 (35a) The skunk stank us out o f house and home. (35b) He stank his smelly way home. (35c) *What the skunk/the garbage did was stink. (35d) What happened? *The garbage/the skunk stank.

28

Es gibt j e d o c h keine morphologische Markierung für dieses type shifting (vgl. D o w t y

29

Zur Möglichkeit, das Verb als ACTIVITY mit AGENT-Subjekt zu gebrauchen, vgl. das klassische Perlmutter-Beispiel (Er werd door de krengen gestonken). Solche Beispiele wertet Zaenen ( 1 9 9 3 : 1 3 9 ) jedoch klar als "jokes"; sie sollten daher nicht überstrapaziert werden.

1979:119).

30 Der umgekehrte Fall, die Rekategorisierung von dynamischen zu statischen Ereignissen, liegt möglicherweise bei der MiMe-Konstruktion vor (Fiengo 1974, Roberts 1985). Allerdings kommen hierfür gerade nicht ACTIVITY-Ereignisse in Frage, so daß es sich doch um mehr als nur eine Form des aspektuellen type shifting zu handeln scheint. (36a) * W e saw the e g g s poach well. (36b) *These trousers are ironing easily. (36c) *What the professor did was bribe easily.

Dowty (1979:175) nennt als Beispiele für die Reduzierung von ACTIVITIES auf STATES Bewegungsverben wie flow und run in Landschaftsbeschreibungen. (37a) The river flows/?is flowing through the centre o f the town. (37b) The highway runs/?is running past the farm.

Allerdings kann hier eingewandt werden, daß das Präsens bei allen Ereignissen eine entdynamisierende Wirkung hat; häufig ergibt sich z.B. eine habituelle Lesart (Harry swims). Die Kategorie Tempus kann jedoch nicht herangezogen werden, um die interne aspektuelle Struktur von Verben zu analysieren. Problem: Weil sich viele STATES zu ACTIVITIES umkategorisieren lassen, wurde eine Repräsentation gewählt, die es erlaubt, die beiden Ereignistypen strukturell aufeinander zu beziehen. Andererseits lassen sich durchaus nicht alle STATES gleichermaßen als ILPs oder SLPs konstruieren. Z.B. kann tall nicht in den Kontexten verwendet werden, die ein SLP erfordern. (38a) *I saw Harry be tall. (38b) * Harry was being tall.

Sollte es letztlich doch allein auf einen kulturell determinierten Unterschied zwischen veränderbaren und nicht veränderbaren STATES ankommen? Dagegen sprechen jedoch Daten wie (38c): (38c) I saw the man stand in the corner/*the book stand on the shelf.

Offenbar spielt für die Elastizität des Prädikats auch die Semantik des Subjekts eine wichtige Rolle. Beide Faktoren bleiben in einer strukturell orientierten semantischen Repräsentation weitgehend unberücksichtigt.

2.4.3

ACHIEVEMENTS

Charakterisierung: ACHIEVEMENTS sind minimale telische Ereignisse. Sie drücken eine Relation zwischen zwei Zuständen aus: entweder souRCE-orientiert den Wechsel von [z] zu [-Ι z] (depart, lose, destabilizeintr) oder GOAL-orientiert den Wechsel von [-. z] zu [z] (arrive, find, stabilizeintr). Ereignisse mit inhärentem Endpunkt müssen dynamisch sein und können nicht homogen strukturiert sein. Für ACHIEVEMENTS gilt daher weder das linguistische noch das visuelle Stellvertreter-Kriterium. Es wird keine Aussage darüber gemacht, wie die Zustandsänderung zustande kommt. Beispiele: Typische ACHIEVEMENTS sind Verben, die Zustandsänderungen ausdrücken, die man als "natürlich" bezeichnen könnte, weil sie in den Eigenschaften des Objekts angelegt

31

sind (wilt, decay)™ Eine weitere Gruppe von ACHIEVEMENT-Verben sind die verbs of inherently directed motion (wie arrive, fall), die - im Gegensatz zu ACTIVITIES - auch ohne GOAL-Argument ein telisches Ereignis ausdrücken. Weiterhin gehören alle Verben, die als transitive Verben punktuelle Ereignisse konstituieren, zu den ACHIEVEMENTS (recognize, reach, find). Repräsentation: Das entscheidende Element in der Repräsentation von ACHIEVEMENTS ist das Prädikat BECOME als Ausdruck von Telizität. (39)

[x BECOME [(AT) Ζ]], Ζ = STATE

Wenn der Endzustand ζ lexikalisiert ist (z.B. bei cool2, open2), hat das Verb nur ein Argument. Die Repräsentation in (39) sieht nur auf den ersten Blick genauso komplex aus wie die von ACTIVITIES. Eigentlich ist BECOME jedoch eine Abkürzung für [GO [FROMSTATE... T0 s t a t e ]], was die Repräsentation nach Jackendoff in (40c) verdeutlicht. Ein Ereignis, dessen SAS das Prädikat BECOME enthält, macht eine Aussage über die Relation zwischen zwei verschiedenen STATES, [S] und [-.s] (bzw. [ - . S ] und [s]), zu zwei verschiedenen Zeitpunkten. ACHIEVEMENTS sind demnach komplexere Ereignisse als ACTIVITIES, weil BECOME ein komplexeres Prädikat ist als DO (Dowty rückt BECOME deshalb in die Nähe von Tempus-Operatoren). (40a) [The soup] x cooled. (40b) [x BECOME [Ζ]], Ζ = COOL (40c) [ E V E N T G O [ r a I N 0 X [ Ρ Α 1 Ή FROM [ S T A T E - , Ζ ] TO [ S T A T E Ζ]]]], Ζ = COOL

Syntax: Als telische Ereignisse können ACHIEVEMENTS mit den bekannten Adverbialen (in an hour etc.) auftreten. Durative Adverbiale können sich nicht auf das ganze Ereignis beziehen, möglicherweise jedoch auf den eingebetteten Endzustand (s.o.). Handelt es sich um punktuelle Ereignisse, ist das progressive nicht möglich. Auch kann hier keine Einbettung in ein Komplement von stop erfolgen. Da ACHIEVEMENTS kein ACTIVITY-Teilereignis umfassen, kann es keinen potentiellen AGENT geben, die entsprechenden Adverbiale (carefully) sind daher ebenso ungrammatisch wie die Einbettung in ein //«¿sA-Komplement. (41a) (41b) (41c) (4Id) (4le) (4If)

The ice in the pond melted (with)in three hours. Because of the sudden high, the ice in the pond melted for a day. *Harry w a s finding the key. The w o o d stopped decaying./*Harry stopped reaching the summit. *The ice was melting slowly/*carefully. *The ice finished melting./*Harry finished arriving at eight o'clock.

Anders als einstellige ACTIVITIES lizensieren ACHIEVEMENTS mit nur einem Argument kein cognate object: (42a) Harry smiled his stupid I-can't-help-it smile. (42b) * Sally arrived a glamorous arrival.

30

Dieser Ansicht sind zumindest Levin/Rappaport (1995a), die diese Verben "internally caused change o f state verbs" nennen (vgl. Kap. 4.1.3.3).

32 Type Shifting: Eine der produktivsten aspektuellen Alternationen im Englischen ist die zwischen ACCOMPLISHMENTS und ACHIEVEMENTS. Oft kann ein Einzelverb beide Ereignistypen ausdrücken, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein duratives oder ein punktuelles Ereignis handelt: (43a) Sally broke the glass (?halfway)./The glass broke (?halfway). (43b) Sally opened the door (halfway)./The door opened (halfway).

Es kann gezeigt werden, daß die Ausgangsform hier das komplexere Ereignis ist, das auf ein ACHIEVEMENT reduziert wird (zur ausführlichen Analyse s. Kap. 5.2). Bei ACHIEVEMENTS, die ihren "Namen" vom eingebetteten Endzustand beziehen (open, cool), handelt es sich meistens um die dekausativierte Variante eines ACCOMPLISHMENT-Verbs. Deshalb können Satzpaare wie in (43c) nicht als Nachweis dafür genommen werden, daß es ein type shifting von SLP zu ACHIEVEMENT gibt. (43 c) The door was open./The door opened. ACHIEVEMENTS haben in der Regel ein direktes internes Argument. Es gibt im Englischen

eine Konstruktion mit detelisierendem Effekt, bei der das direkte Argument in eine PP eingebettet wird (Konativ-Alternation), so z.B. in (44a). Dieser Effekt tritt bei ACHIEVEMENTS nicht ein, vgl. (44b). (44a) Sally cut the bread./Sally cut at the bread. (44b) Harryj arrived t¡ at the station.

Dies ist ein weiteres Argument dafür, ACHIEVEMENTS und ACCOMPLISHMENTS voneinander zu trennen. Problem: Die hier vorgenommene Klassifizierung ordnet punktuelle Ereignisse als eine Subklasse der ACHIEVEMENTS ein. Das entspricht nicht der in der Literatur vorherrschenden Ansicht, daß es sich bei der Unterscheidung von punktuellen und durativen Ereignissen um eine der zentralen aspektuellen Differenzierungen handelt. Was die hier fokussierten Fragestellungen betrifft, gibt es jedoch keinen systematischen Unterschied zwischen ACCOMPLISHMENT/ACHIEVEMENT-Alternationen mit "durativen" und "punktuellen" ACHIEVEMENTS (vgl. (43a/b)), so daß die Subsumierung von punktuellen Ereignissen unter die telischen Ereignisse vertretbar ist. Ungeklärt bleibt, inwiefern durative Adverbiale Skopus über einen eingebetteten STATE haben können. Die Beispiele in (45) weisen daraufhin, daß das Skopus-Verhalten v o n f o r Phrasen nicht allein durch Bezug auf Teilereignisse erklärt werden kann. (45a) Sally opened the window for an hour. vs. *The window opened for an hour. (45b) T h e scientists melted the ice for a day. vs. Because of the sudden high, the ice in the pond melted for a day. (45c) *John departed for a day. vs. John arrived for a day. (45d) *John reached the summit for a day.

In (45a) kann der Endzustand bei dem ACCOMPLISHMENT-Verb modifiziert werden, in (45b) hingegen bei dem ACHIEVEMENT-Verb. In (45c) scheint es eine Rolle zu spielen, ob das Ereignis SOURCE- oder GOAL-orientiert ist, aber schon (45d) spricht gegen eine derartige Vereinfachung.

33 2.4.4

ACCOMPLISHMENTS

Charakterisierung: ACCOMPLISHMENTS sind die komplexesten lexikalischen Ereignistypen. Sie werden hier, der Argumentation von Dowty folgend, in Abgrenzung zu anderen telischen Ereignissen über den Faktor Kausativität definiert.31 "This presence or absence o f a causal event seemed to be the most salient distinction between the accomplishment and achievement class for Vendler (and is for me), so I will use accomplishment verb (phrase) from this point on to denote "definite interval" predicates which entail this subsidiary activity or event, and achievement verb (phrase) to refer to those that do not, irrespective o f agency or multi-part change o f state" (Dowty 1979:183).

Zum BECOME-Ereignis, dem minimalen telischen Ereignis, tritt also ein auslösendes Teilereignis. Dieses ist nicht immer näher spezifiziert, wird aber meistens als ACTIVITY mitverstanden, wie die Paraphrasierungen von (46a) illustrieren: (46a) Harry broke the glass/melted the ice. (46a') Harry broke the glass/melted the ice by doing something. (46a") Harry's doing something broke the glass/melted the ice.

Im Fall break spielt es keine Rolle, ob Harry das Glas absichtlich zerbrochen hat oder zufällig, ob er das Eis berührt hat oder nicht. Entscheidend ist, daß er irgendetwas getan haben muß, damit es zu der betreffenden Zustandsänderung kommt. Wenn (46a) wahr ist, gelten die folgenden Implikationen: (i) (ii) (iii)

The glass was not broken before Harry acted. The glass was broken just after Harry acted. The glass would not have become broken on that particular occasion if Harry had not acted and all else had remained the same.

Die erste Implikation bezieht sich auf einen Anfangszustand ([-.Â/fO/ŒN] zum Zeitpunkt t¡), die zweite auf einen Endzustand ([BROKEN] zum Zeitpunkt t i+x ) und die dritte auf die kausale Verknüpfung zwischen dem ersten und dem zweiten Teilereignis. Alle diese Komponenten sind in der aspektuellen Repräsentation bei Dowty enthalten. Beispiele: Typische Vertreter der ACCOMPLISHMENTS sind verbs of creation (knit, build, draw) sowie die Verben der Zustandsveränderung in ihrer "transitiven" (kausativen) Verwendungsweise (cut, open, polish), bei denen Teile eines Objekts mit dem Voranschreiten des Ereignisses korrelieren können (Dowtys "INCREMENTAL THEME"). In beiden Fällen ist das Objekt ein MEASURE-Argument im Sinne Tennys: Es spiegelt den Verlauf des Ereignisses und determiniert dessen Endpunkt. "Semantically, accomplishments are complex, consisting of an activity (or process) and an object that measures out the activity." (Hoekstra 1992:163)

Aber auch kausative change of ííaíe-Ereignisse, die nicht schrittweise ablaufen, gehören zu den ACCOMPLISHMENTS (s. das angegebene Beispiel break). Durch den Begriff des Ausmessens können auch Ereignisse, bei denen keine materielle Zustandsänderung vorliegt

31

Zum Kontrast vgl. Mulder (1992:36): "The difference between accomplishments and achievements is that only accomplishments have duration, whereas achievements happen momentarily."

34

(z.B. read a book), zu den ACCOMPLISHMENTS gerechnet werden.32 fassen also nicht nur die klassischen change of state-Verben.

ACCOMPLISHMENTS

um-

Repräsentation: ACCOMPLISHMENTS werden hier als komplexe Ereignisse analysiert, die in zwei Teilereignisse zerlegt werden können: den causing subevent vom Typ ACTIVITY und den central subevent vom Typ ACHIEVEMENT: (47)

ACCOMPLISHMENT!ACTIVITY^ D O - S T H ] CAUSE ACHIEVEMENT^ B E C O M E ( A T ) Z ] ]

Für diese Analyse sprechen vor allem Daten aus dem Bereich des type shifting: Einerseits können ACTIVITIES zu ACCOMPLISHMENTS expandiert werden (indem ein y-Argument hinzugefügt wird), und andererseits können ACCOMPLISHMENTS auf ACHIEVEMENTS reduziert werden (indem das x-Argument unrealisiert bleibt). Weitere Unterstützung erfährt diese Analyse dadurch, daß bei vielen ACCOMPLISHMENTS die Aktivität, die zur Zustandsänderung führt, lexikalisch spezifiziert ist. Dies gilt z.B. für Verben wie cut und stab: Während man ein Glas auf vielerlei Arten zerbrechen kann (mit Hilfe eines Gegenstands, indem man es fallen läßt, indem man sich darauf setzt etc.), kann man eine Torte nur auf eine bestimmte Art und Weise, nämlich unter Zuhilfenahme eines geeigneten INSTRUMENT, schneiden. D.h., cut und stab enthalten eine lexikalische Vorgabe innerhalb des verursachenden Teilereignisses vom Typ ACTIVITY. Bei diesen ACCOMPLISHMENTS liegt der semantische Schwerpunkt des Verbs auf dem ersten Teilereignis. Deshalb sollen diese Verben als "Fokus 1-Verben" bezeichnet werden. Entsprechend heißen Verben wie open, die ihren Namen von einer Konstanten aus dem zweiten Teilereignis beziehen, "Fokus2-Verben". Diese Differenzierung ist vergleichbar mit der von Rappaport/Levin (1998) in "manner verbs" und "result verbs". Kap. 5.2 wird zeigen, inwiefern sie relevant für die Analyse der Kausativ-Alternation ist. ACCOMPLISHMENTS haben immer mindestens zwei Argumente, die den beiden verschiedenen Teilereignissen zugeordnet werden können. Je nach Verbspezifizierung kann das Argument, das das zweite Teilereignis identifiziert, auch am ersten Teilereignis beteiligt sein (z.B. erfordern Verben wie repair Kontakt mit dem Objekt, d.h., y ist am Teilereignis [x DO-STH] beteiligt). Dennoch kann y nicht das erste Teilereignis identifizieren, weil es ein anderes Argument gibt, das ausschließlich am ersten Teilereignis beteiligt ist, nämlich x. Das Argument, das das erste Teilereignis identifiziert, wird hier als CAUSER bezeichnet. Ein belebter CAUSER kann, wie in (48a), als AGENT interpretiert werden. Diese Gemeinsamkeit mit ACTIVITIES ergibt sich aus der Annahme, daß beide Ereignisklassen ein DO-Ereignis involvieren und daß ein AGENT ein ACTOR mit bestimmten semantischen Merkmalen ist.

(48a) [The magician] frightened the little boy (by pretending to wrap a snake around his head). (48b) [The magician's sudden appearance] frightened the little boy. (48c) [Thinking of the magician's appearance] frightened the little boy. Bei ACCOMPLISHMENTS ist das x-Argument jedoch in erster Linie ein tation als ACTOR/AGENT ist nachrangig.

32

Wechsler (1989:422) spricht hier von RESULT-ACCOMPLISHMENTS (build a

CAUSER;

PATH-ACCOMPLISHMENTS (read a book)

house).

die Interpre-

im Gegensatz zu

35

Syntax: Da ACCOMPLISHMENTS zwei Teilereignisse beinhalten, haben die entsprechenden Verben immer mindestens zwei Argumente, die die jeweiligen Teilereignisse identifizieren. Je nach Spezifizierung der Verben kann es sich dabei, bezogen auf das SAS-Muster in (47), um χ und y handeln (repair, open, build) - diese Variante tritt am häufigsten auf - oder, wenn y konstant ist, um χ und ζ (butter, saddle, wax). Ist keine der Variablen lexikalisch spezifiziert, werden x, y und ζ als Argumente realisiert (put, place). Als telische Ereignisse sind ACCOMPLISHMENTS mit frame adverbials und anderen Konstruktionen kompatibel, die auf die Kulmination eines Ereignisses abzielen. Wenn der CAUSER als AGENT konstruiert werden kann, sind agens-orientierte Adverbiale wie carefully möglich. (49a) (49b) (49c) (49d)

She repaired the car in two hours. It took her two hours to repair the car. She finished repairing the car (in two hours). She opened the door carefully, vs. *The door opened carefully.

Typisch fur ACCOMPLISHMENTS ist die erwähnte Skopus-Ambiguität mit almost. Es scheint, als könne sich almost auf die beiden verschiedenen Teilereignisse beziehen. (49e) She almost repaired the machine. (49e') She didn't even start, (wide scope) (49e") She worked on the machine, but didn't manage to make it work properly, (narrow scope)

Vergleichbar ist das Verhalten von durativen Adverbialen, die mit dem Ereignistyp ACCOMPLISHMENT nicht kompatibel sind, wohl aber mit den eingebetteten Ereignistypen ACTIVITY u n d STATE. (49f) She opened the door for two hours. (49g) She put the books on the shelf for two hours.

Diese Daten unterstützen nach Pustejovsky die Dekomposition von komplexen Ereignissen ( T f ü r " t r a n s i t i o n " ) , ACCOMPLISHMENTS u n d ACHIEVEMENTS, in Ρ ( " p r o c e s s " , e n t s p r i c h t

ACTIVITY) und S ("state") auf einer Repräsentationsebene Event Structure (ES). Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß die Distribution von Adverbialen nicht allein durch Bezug auf Teilereignisse erklärt werden kann. Z.B. ist es in (49f/g) nicht möglich, die forPP auf das erste Teilereignis zu beziehen, mit dem sie - da es sich um ein homogenes Teilereignis handelt - durchaus kompatibel ist (vgl. Harry walked along the river for an hour). Was den Skopus von almost angeht, sollte es einen Unterschied geben zwischen der Lesart, bei der sich almost auf das ganze Ereignis bezieht (Skopus über T), und der Lesart, bei der sich almost nur auf das erste Teilereignis bezieht (Skopus P). Ein solcher Interpretationsunterschied besteht jedoch nicht. Schließlich scheint, wie bereits ausgeführt, die Belegung der Subjektposition Einfluß darauf zu haben, ob ein Adverbial Skopus Uber ein Teilereignis haben kann (Harry/*A sudden high arrivedfor a week). Die Annahme einer Ebene ES kann diesen Zusammenhang nicht erklären. Type Shifting: Das auffälligste Phänomen des type shifting bei ACCOMPLISHMENTS ist die A l t e r n a t i o n z w i s c h e n ACCOMPLISHMENT u n d ACHIEVEMENT in d e r

für die im Englischen häufig die gleiche Verbform verwendet wird. (50a) Harry opened the door, (ACCOMPLISHMENT) (50b) The door opened, (ACHIEVEMENT)

Kausativ-Alternation,

36 Das Ereignis, das in (50b) ausgedrückt wird, ist vollständig in (50a) enthalten. Während Pustejovsky annimmt, daß es für Verben wie open, die als ACHIEVEMENT und ACCOMPLISHMENT auftreten, eine Ebene der Repräsentation geben muß, auf der die transitive und die intransitive Form gleich sind (nämlich ES), nehmen Levin/Rappaport an, daß es sich um ein einziges Verb handelt, dessen SAS das komplexe ACCOMPLISHMENT-Muster aufweist, das unter bestimmten Umständen auf ein ACHIEVEMENT-Ereignis reduziert werden kann: "[W]e assume that the alternating unaccusative verbs have a single lexical semantic representation associated with both their unaccusative and transitive forms, and that this is a causative lexical semantic representation. [...] causative verbs do not arise from a process o f causativization - they are inherently causative - but instead undergo a process of detransitivization under certain conditions." (Levin/Rappaport 1995a:82f.)

Dieser Argumentationslinie wird weitgehend in Kap. 5.2 gefolgt. Während die Kausativ-Alternation die aspektuelle Verwandtschaft zwischen ACCOMPLISHMENTS und ihrem zweiten Teilereignis illustriert, weist die Resultativ-Konstruktion auf die aspektuelle Verwandtschaft von ACCOMPLISHMENTS und ACTIVITIES hin. Hier verhält es sich allerdings nicht so, daß ACCOMPLISHMENTS auf ACTIVITIES reduziert werden können. Vielmehr können lexikalische ACTIVITY-Verben in der Syntax zu ACCOMPLISHMENTS expandiert werden. Der lexikalische Ereignistyp ACCOMPLISHMENT kann also in der Syntax nachgebildet werden. In diesem Sinne werden Beispiele wie (51b) als "syntaktische ACCOMPLISHMENTS" bezeichnet. (51a) Terry wiped the table (*in ten minutes). (51b) Terry wiped the table clean (in ten minutes).

Fügt man einem Ereignis vom Typ ACTIVITY einen STATE hinzu, wird eine kausale Verknüpfung etabliert: Für (51b) ergibt sich die Interpretation, daß durch die ACTIVITY, die das Verb wipe ausdrückt, eine Zustandsänderung von [-7 CLEAN] zu [CLEAN], herbeigeführt wurde. Es liegt also die gleiche aspektuelle Struktur vor wie bei lexikalischen ACCOMPLISHMENTS. Dabei avanciert das x-Argument zum CAUSER. "An accomplishment like χ constructs y is analyzed as an activity in which χ engages in construction plus a resulting state in which existence is predicated o f y". (Grimshaw 1990:26)

Ein syntaktischer Unterschied zwischen lexikalischen und syntaktischen ACCOMPLISHMENTS liegt darin, daß nur bei lexikalischen ACCOMPLISHMENTS der Endzustand ein inhärenter Bestandteil des Prädikats sein kann, "a specific state built into the predicate which serves as a criterion for the action to be perfected" (Wechsler 1989:421). Bei syntaktischen ACCOMPLISHMENTS muß der Endzustand hingegen syntaktisch realisiert werden, weil er gerade nicht Bestandteil der Semantik des Verbs ist. (52a) They repaired the car in ten minutes. (52b) They wiped the table *(clean) in ten minutes.

Eine weitere Form des type shifting ist die sog. Konativ-Alternation, bei der ein Ereignis vom Typ ACCOMPLISHMENT so dargestellt wird, daß das kausative Teilereignis in Gang kommt, ohne daß jedoch das zweite Teilereignis bis zum inhärenten Endpunkt vollzogen wird.

37 (53a) Sally broke the bread/cut the apple. (53b) Sally broke at the bread/cut at the apple.

Der detelisierende Effekt der Konativ-Alternation ist daran geknüpft, daß das interne Argument in eine PP eingebettet wird. Offenbar kann es dann nicht mehr als Maß-Argument fungieren. Damit kann auch das Subjekt kein CAUSER mehr sein, so daß man hier vielleicht von der Reduzierung des ACCOMPLISHMENT auf das ACTIVITY-Ereignis sprechen kann. Wiederum wird der Zusammenhang zwischen Telizität und direktem internem Argument illustriert. Problem: ACCOMPLISHMENTS wurden hier über ein kausatives Teilereignis definiert. Es ist jedoch nicht möglich, wie bei DO und BECOME die CAUSE-Komponente durch Kompatibilität mit bestimmten Adverbialen nachzuweisen. ACCOMPLISHMENTS lizensieren agensorientierte Adverbiale, weil ein CAUSER auch ein DO-er ist, und sind mit frame adverbials kompatibel, weil sie insgesamt ein telisches Ereignis ausdrücken. Die Frage der Lizensierung von durativen Adverbialen bleibt unbeantwortet. Durch die Beschreibung von Verbalternationen als Formen des aspektuellen type shifting wird suggeriert, daß allein das SAS-Muster ausschlaggebend für das variable Verhalten der Verben ist. Dabei kann längst nicht jedes ACCOMPLISHMENT auf ein ACHIEVEMENT reduziert werden oder in der Konativ-Alternation detelisiert werden (vgl. *The apple cut/*She read at the book), und es gibt auch nicht zu jedem ACHIEVEMENT ein kausatives Pendant (*The car arrived the guests). In Anlehnung an Pinker (1989) soll angenommen werden, daß mit Bezug auf die SAS-Muster die "broad conflation classes" isoliert werden können, die für eine Alternation prinzipiell in Frage kommen, und daß man innerhalb dieser strukturell definierten Klassen nach semantischen Kriterien die "narrow conflation classes" herauskristallisieren kann, bei denen bestimmte Alternationen wirklich möglich sind. Semantische Merkmale, die für die Konativ-Alternation herangezogen werden, sind beispielsweise "motion" und "contact" (vgl. Pinker (1989:104ff.)). Die hier angeregte Unterscheidung in Fokus 1- und Fokus2-ACCOMPLISHMENTS ist ein Schritt über die semantischaspektuelle Klassifizierung allein nach strukturellen Gesichtspunkten hinaus.

2.5

Zusammenfassung

Vendler (1967:107) hatte seiner Spezifizierung von vier lexikalischen Ereignisklassen "an air of completeness" attestiert. Dieses Ergebnis kann weitgehend bestätigt werden, wenngleich Vendlers Ausführungen keine Anleitung zur systematischen Klassifizierung sind, sondern eher ein Entwurf auf dem Weg dorthin. Leitgedanke fur die semantisch-aspektuelle Klassifizierung war, daß das syntaktische Verhalten von Verben im Hinblick auf die Realisierung von Argumenten durch bestimmte aspektuelle Muster ("cores", "templates") gelenkt wird, welche Bestandteil der semantischen Repräsentation der Verben sind. In diesem Sinne wurde von einer semantisch-aspektuellen Struktur (SAS) gesprochen. Dabei wurden, wie in (54) ersichtlich, in Anlehnung an Dowty (1979) als zentrale Eigenschaften Dynamizität (repräsentiert durch DO), Telizität (repräsentiert durch BECOME) und Kausativität (repräsentiert durch CAUSE) angenommen. Nachgeordnet wurden Punktualität als mög-

38 Nachgeordnet wurden Punktualität als mögliche Spezifizierung von BECOME-Ereignissen und Agentivität als optionale Spezifizierung von DO-Ereignissen thematisiert.

(54)

event

[-dynamic]

[+dynamic]

H.P ("true" STATES)

[+telic]

[-telic]

be tall own a house s LP ("dynamic"

ACTIVITY

STATES)

run,

like the be

book

[-caus. subevent]

[+caus. subevent]

smile

play the

piano

polite ACHIEVEMENT

ACCOMPLISHMENT

melt

melt the ice

("intr.")

reach the

summit

build a

house

Diese Darstellung ähnelt der traditionellen Klassifizierung nach Quirk et al. (1985), macht jedoch nicht deutlich, daß nicht alle aspektuellen Klassen gleich komplex sind. Insgesamt ist daher die Klammernotation von Dowty vorzuziehen, wobei hier wegen der beschränkten Möglichkeit, STATES zu dynamischen Ereignissen umzuwandeln, in Anlehnung an Jackendoff angenommen wurde, daß es minimale dynamische Prädikate gibt (repräsentiert durch ACT). ( 5 5 a ) ACTIVITY: [Χ DO [ΛΓΓ]] ( 5 5 b ) STATE: ILP: [Χ BE [state]}

SLP: [X DO

[state]]

( 5 5 c ) ACHIEVEMENT: [y BECOME [(AT) Z]] ( 5 5 d ) ACCOMPLISHMENT: [[X DO-STH ] CAUSE [y BECOME [(AT) Z]]]

ACCOMPLISHMENTS wurden darüber hinaus danach spezifiziert, ob es für das verursachende Teilereignis eine lexikalische Vorgabe gibt (Fokus 1-Verben) oder nicht. Als ein wichtiges Prinzip für das linking von SAS und Argumentstruktur wurde vorgeschlagen, daß SAS-Teilereignisse nicht im l:l-Verhältnis auf die Syntax projiziert werden, sondern durch Argumente "identifiziert" werden. Unter der Annahme, daß jedes (Teil-) Ereignis eines bestimmten Komplexitätsgrads durch ein Argument identifiziert wird, ergibt sich, daß komplexe Ereignisse mehr Argumente benötigen als einfache Ereignisse. ACCOMPLISHMENTS müssen immer mindestens zwei Argumente haben, während alle anderen Ereignistypen nur ein Argument verlangen (gegebenenfalls jedoch ein weiteres lizensieren).

39 Anhand einer kritischen Betrachtung von Borer (1994) wurde dagegen argumentiert, komplexe semantische Strukturen in der Tradition der Generativen Semantik in der Syntax zu konstruieren. Die SAS-Prädikate BECOME, DO, CAUSE werden als Einheiten des Lexikons nicht als syntaktische heads projiziert. Die Elastizität der Verben in bezug auf die Realisierung von Argumenten wird nicht als Argument gegen eine semantisch-aspektuelle Spezifizierung im Lexikon angesehen. Vielmehr werden die verschiedenen Formen der Argumentalternation und des aspektuellen type shifting als Ausdruck der strukturellen Verwandtschaft der SAS-Repräsentationen bewertet. Dabei wurde angesprochen, daß dem internen Argument eine zentrale Rolle für die Konstituierung telischer Ereignisse zukommt und daß insb. ein Zusammenhang zwischen der Meßbarkeit des Objekts und der Meßbarkeit des Ereignisses besteht. Auf aspektuelle Einflüsse "von außen" (z.B. Tempus, Definitheit) wurde hingegen nicht eingegangen.

3 Syntaktische Klassifizierung von Verben

3.1

K l a s s i f i z i e r u n g m i t B e z u g a u f die D - S t r u k t u r

Syntaktisch werden Verben in der Regel nach der Anzahl sowie der syntaktischen Position ihrer Argumente klassifiziert. Dabei erschweren unterschiedliche Bezeichnungen (selbst innerhalb des GB-Rahmens und für eine Einzelsprache) einen Vergleich bestehender Klassifizierungen. So findet man für ein Verb der Kausativ-Alternation wie open in ( l a / b ) für open ι die traditionelle Klassifizierung als "transitives", speziell "kausatives" Verb, während open2 als "intransitiv", speziell "unakkusativ" bezeichnet wird (Perlmutter 1978, Levin/Rappaport 1995a), alternativ als "antikausativ", speziell "inchoativ" (Grimshaw 1990, Zubizaretta 1987) oder auch als "ergativ" (Burzio 1986, Hale/Keyser 1986). ( 1 a) open¡ : Harry opened the window. (lb) open2'· The window opened. Die jeweils bezeichneten Klassen sind nicht deckungsgleich. Nicht jedes transitive Verb ist ein Kausativum (es gibt transitive STATE-Verben wie possess), und nicht jedes intransitive Verb verhält sich unakkusativ (vgl. smile) oder drückt eine allmähliche Zustandsänderung aus (vgl. arrive), wie dies für "inchoative" Verben zu erwarten wäre (s. Bußmann 1990 2 :329). Am größten ist die Verwirrung bei der Bezeichnung "ergativ" für Verben in Sprachen, die gar nicht über den morphologischen Kasus Ergativ verfügen. Da man auf die Gemeinsamkeiten zwischen dem (Oberflächen-) Subjekt von intransitiven Verben und dem Objekt von transitiven Verben rekurriert, wäre es selbst dann nicht angebracht, von "ergativen" Verben zu sprechen, wenn es den morphologischen Kasus in diesen Sprachen gäbe, denn die genannten Argumente würden in einer Ergativ-Sprache mit dem Absolutiv markiert. Abgesehen davon wird die Bezeichnung "ergativ" in der generativen Grammatik inkonsistent verwendet: Während Burzio (1986) die Bezeichnung - ohne besondere Motivation - als neuen Namen für die Klasse von Verben einführt, die nach Perlmutter "unakkusativ" heißen, nämlich für Verben ohne D-Struktur-Subjekt (vgl. Burzio (1986:72, Fn. 11 u. 12)), verwenden Keyser/Roeper (1984) die Bezeichnung nur für eine Teilmenge dieser Verben, und zwar für diejenigen, die auch transitiv verwendet werden können, wie etwa break und open (vgl. Hale/Keyser (1987), Haegeman (1994 :336f.)). Erschwert wird der Vergleich bestehender Klassifizierungen weiterhin dadurch, daß unterschiedliche Testverfahren herangezogen werden, um den syntaktischen Status eines Arguments zu ermitteln. Will man Verben nach der D-Struktur-Position ihrer Argumente klassifizieren, muß gerade in Sprachen wie dem Englischen, in denen die [Spec,IP]Position immer belegt sein muß, genau geprüft werden, ob das Element in der Subjektposition in dieser Position basisgeneriert wurde oder nicht. Dafür werden zum einen syntaktische Konstruktionen, die auf die Belegung der Subjektposition abzielen, herangezogen, zum anderen Testverfahren aus der Wortbildung, für die ein externes Argument notwendig ist. Geht man mit Speas (1990) und Grimshaw (1991) davon aus, daß ein θ-markiertes Subjekt nicht innerhalb einer funktionalen Projektion generiert wird, sondern immer aus einer VP-intemen Position dorthin bewegt wird, ist die Aussagekraft von Tests, mit denen

41 man feststellen will, ob die [Spec,IP]-Position (resp. [Spec,AgrP] etc.) schon auf der DStruktur belegt ist, gering. Solange man keine gleichwertigen Testverfahren für die Belegung von [Spec,VP] hat, stehen daher Tests, die sich auf die Argumentstruktur beziehen, im Vordergrund. Sie sind jedoch nur dann aussagekräftig, wenn man transparente Vermittlungsregeln zwischen AS und D-Struktur annimmt. Da die Testverfahren zur syntaktischen Klassifizierung in der Regel auch semantisch restringiert sind, können sie immer nur für eine Teilmenge der Verben angewendet werden. Mitunter hilft man sich so, daß zur syntaktischen Klassifizierung eines Verbs χ in einer Einzelsprache Ergebnisse aus den Testverfahren für die Entsprechung von χ in einer anderen Sprache übertragen werden. Hinter diesem Vorgehen steht die Annahme, daß sich die syntaktische Klasse eines Verbs nach universal gültigen Regeln aus seiner Semantik ableiten läßt. Es ist jedoch durchaus nicht selbstverständlich, daß die Prinzipien, die zwischen Semantik und Syntax vermitteln, für alle Sprachen in gleicher Weise gelten. Wenn nachgewiesen werden kann, daß arrivare im Italienischen kein D-Struktur-Subjekt hat, folgt daraus, daß das vergleichbare arrive im Englischen ein unakkusatives Verb ist? Dieser Frage geht Perlmutter (1978) in verschiedenen Auslegungen der sog. "UnakkusativitätHypothese" nach.

3.1.1 Zum Begriff der Unakkusativität "The unaccusative/unergative distinction [...] has immediate and far reaching implications for work in lexical semantics. The correlation between the syntactic and semantic classification of the verbs offers a window into the organization of the lexicon that should be exploited." (Levin 1985:17)

Mit dem Begriff der Unakkusativität ist eine systematische Unterscheidung innerhalb der Klasse der traditionell als "intransitiv" bezeichneten Verben verbunden. Perlmutter (1978) bezeichnet die Möglichkeit, daß Verben mit nur einem Argument unterschiedliche syntaktische Strukturen projizieren, als LJnaccusative Hypothesis (UH). Seine Definition ist syntaktisch orientiert: "The basic claim of the Unaccusative Hypothesis is simply stated: Certain intransitive clauses have an initial 2 but no initial 1." (Perlmutter 1978:160)

In Anlehnung an seine Terminologie werden Verben, die ein D-Struktur-Komplement, aber kein D-Struktur-Subjekt projizieren, "unakkusativ" genannt. Alternativ werden Unakkusativa mit Bezug auf ihre Argumentstruktur darüber definiert, daß sie kein externes Argument haben: "an unaccusative verb is one that takes an internal argument but no external argument" (Levin/Rappaport 1995:3). Das Gegenstück zu den Unakkusativa, Verben also, die ein externes, aber kein internes Argument haben, nennt Perlmutter "unergativ". 1 Abweichend davon heißen die unakkusativen Verben bei Burzio (1986) "ergativ" und die unerga-

1

Genaugenommen spricht Perlmutter (1978:161) nicht von Verbklassen, sondern von ArgumentKonfigurationen im Satz ("strata"), die er in drei Typen einteilt: "A transitive stratum contains a 1 -arc and a 2-arc. An unaccusative stratum contains a 2-arc but no 1 -arc. An unergative stratum contains a 1-arc but no 2-arc."

42 tiven "intransitiv". In beiden Fällen ist entscheidend, ob das Verb ein D-Struktur-Subjekt projiziert oder nicht. Anders als bei der Unterscheidung in intransitive und transitive Verben wird hier also der Status des externen Arguments betont (Burzio (1986) verwendet das Merkmal [±9S]). Ergänzt wird die Unakkusativität-Hypothese durch die Annahme, daß es von der Semantik der Verben abhängt, ob sie unergative oder unakkusative Strukturen lizensieren. Insofern steht Perlmutter fiir eine "integrierte" Auslegung von Unakkusativität. Seine Grundidee - Unakkusativität als semantisch basiertes syntaktisches Phänomen - wurde in der generativ ausgerichteten Linguistik unter zwei Hauptfragestellungen weiterentwickelt: "In sum, there are two problems concerning the representation of unaccusatives: determining what it is, and determining why it is what it is." (Grimshaw 1986:256)

Während sich ¿(«Äwg-Theorien vorrangig mit der Frage beschäftigen, aufgrund welcher Kriterien sich ein einstelliges Verb unergativ oder unakkusativ verhält (z.B. Levin/Rappaport 1995), nehmen die Arbeiten in der Folge von Burzio die Existenz von unakkusativen Verben als Verben, die kein D-Struktur-Subjekt projizieren, als gegeben und untersuchen ihr syntaktisches Verhalten, z.B. im Hinblick auf die Fähigkeit, Kasus zuzuweisen (Belletti 1988). Weil spätestens seit Burzios Standardwerk zum Italienischen als erwiesen gilt, daß Argumentstruktur und Kasusverhalten zwei Seiten derselben Medaille sind, werden mitunter unakkusative Verben nicht über ihre Argumentstruktur, sondern über eine Kasuseigenschaft charakterisiert, so z.B. von Belletti (1988): "The unaccusative hypothesis, as formulated most prominently by Perlmutter (1978) and Burzio (1986), claims that verbs o f this class do not assign Case to their selected D-structure object." (Belletti 1988:1)

Der Kern der Burzio-Generalisierung ist die anhand italienischer Daten erarbeitete Aussage, daß unakkusative Verben nicht den strukturellen Kasus Akkusativ zuweisen können. Wie Burzio heben auch Belletti (1988) und Belletti/Rizzi (1988) hervor, daß unakkusative Verben jedoch als Zuweiser von inhärentem Kasus ("partitive"), fur den bestimmte semantische Restriktionen gelten, in Frage kommen: "[A] verb is unaccusative because it lacks the capacity to assign structural accusative Case; no general claim is made to the effect that it should lack Case-assigning capacities altogether." (Belletti 1988:3)

Sind die notwendigen Bedingungen fur die Zuweisung eines inhärenten Kasus nicht gegeben, muß das nominale Komplement von V bewegt werden, um kasusmarkiert werden zu können. Als Landeplatz bietet sich die Subjektposition an. Wäre eine leere Subjektposition nicht das eigentliche Charakteristikum von "unaccusative strata", könnte nicht vorhergesagt werden, daß diese Bewegung immer möglich ist, wenn sie nötig ist. Das Kasusverhalten ist nur eine zweitrangige Eigenschaft von unakkusativen Verben, auch wenn der Name der Klasse etwas anderes suggeriert. Burzio selbst stellt klar: "It may be worth noting for the sake of clarity that the above classification refers to θ-structure information and not for example to Case marking properties." (Burzio 1986:30)

Schriebe man hingegen mit Belletti das Kasusverhalten als Kern der UnakkusativitätHypothese fest, würden z.B. die Raising-Verben nicht als Unakkusativa erfaßt, da bei ihnen kein "selected D-structure object" vorliegt. Auch wäre problematisch, daß Belletti aufgrund

43 von DP-Bewegungen in unakkusativen Strukturen annehmen muß, daß die Zuweisung von inhärentem Kasus optional ist, denn anderenfalls würde die bewegte DP doppelt kasusmarkiert. Die UH selbst ist an und für sich eher unspektakulär. Erst durch die Frage, welches die entscheidenen Faktoren dafür sind, daß ein Argument in einer bestimmten Position generiert wird, gewinnt die UH an Bedeutung für eine Linking-Theorie.2 Perlmutter (1978:161) geht davon aus, daß Unakkusativität eine syntaktische Eigenschaft ist, die semantisch determiniert wird ("initial unergativity vs. unaccusativity is predictable from the semantics of the clause"). 3 Damit ist noch nichts darüber ausgesagt, inwieweit die Regularitäten der Vermittlung zwischen Syntax und Semantik als sprachübergreifende Universalien darzustellen sind. "A major question that arises in connection with the Unaccusative Hypothesis is that of the extent to which initial unaccusativity vs. initial unergativity is cross-linguistically uniform and the extent to which it varies from language to language." (Perlmutter 1978:161)

Am interessantesten ist natürlich eine starke Auslegung des Universalitätsanspruchs: Die Prinzipien, die zwischen semantischer und syntaktischer Struktur vermitteln, sind umfassend und universal gültig. Ein Verb, das im Englischen unakkusativ ist, müßte sich dann bei vergleichbarer Semantik auch im Italienischen unakkusativ verhalten. Aber aus der Annahme, daß sich die syntaktische Klasse eines Verbs im wesentlichen aus seiner Semantik ergibt, folgt nicht zwangsläufig, daß diese Zusammenhänge für alle Sprachen gleichermaßen gelten. Es ist durchaus möglich, den integrierten Ansatz Perlmutters flexibler auszulegen. So wäre denkbar, daß einige der Prinzipien, die zwischen Semantik und Syntax vermitteln, universal sind, während andere nur in einer Einzelsprache Geltung haben. Entsprechend könnten sich z.B. Verben der Zustandsänderung in allen Sprachen gleich verhalten, während Existenzverben zu verschiedenen syntaktischen Klassen gehören könnten. Alternativ soll hier angenommen werden, daß die Vermittlungsprinzipie zwar universal sind, aber nicht in jeder Einzelsprache den gleichen Stellenwert haben (zu Details s. Kap. 4.2). Im Kontrast zu diesen Varianten des integrierten Ansatzes gibt es die semantische Auslegung von Unakkusativität (z.B. van Valin (1987, 1990), Zaenen (1993)), der zufolge der Unterschied zwischen unergativen und unakkusativen Verben nicht syntaktisch kodiert ist, sowie als Gegenpol den syntaktischen Ansatz (z.B. Rosen (1984)), der in Frage stellt, daß syntaktisch unakkusatives Verhalten semantisch determiniert ist. Natürlich kann man auch annehmen, daß Unakkusativität ein völlig arbiträres Phänomen ist. Dann jedoch müßten die großen Übereinstimmungen im syntaktischen Verhalten bestimmter Verben in verschiedenen Sprachen als unerklärliche Zufälle abgetan werden. Darüber hinaus wäre zu erwarten, daß einstellige Verben ein besonderes Problem für den Spracherwerb darstellen, was nach einschlägigen Untersuchungen jedoch nicht der Fall zu sein scheint (vgl. Pinker (1989)). Grimshaw warnt daher davor, wegen oberflächlicher Ungereimtheiten den integrierten Ansatz als solchen aufzugeben:

2

Zur Frage, inwieweit die Unakkusativa eine aspektuell kohärente Klasse sind, s. Arad (1998). Im Gegensatz zu Perlmutter macht Burzio keine Aussage darüber, woraus sich die syntaktische Klasse eines Verbs ableitet. Implizit erweist er sich jedoch als Anhänger des integrierten Ansatzes, wenn er in seiner Analyse von /Aere-Konstruktionen davon ausgeht, "that English has roughly the same class of ergative verbs as Italian" (Burzio 1986:159).

44 "It is of course possible that unaccusativity is completely unpredictable, but the pervasiveness and systematicity of the distinction surely argue against this. If the unaccusative/unergative distinction is an arbitrary division which must be mastered by each learner of each language, how can we explain its cross-linguistic similarities? [...] Indeed, why should the distincition exist at all? [...] What is required is an analysis of the predicates involved, and not just a list of their supposed meanings." (Grimshaw 1986b:249).

Eine flexible Auslegung des integrierten Ansatzes scheint am besten geeignet, das syntaktisch ähnliche Verhalten bestimmter Verben, die nach semantischen Kriterien kohärente Klassen bilden, angemessen zu erfassen. Ganz im Sinne Grimshaws soll dabei Bezug auf die semantische Struktur der Verben genommen werden statt auf "supposed meanings".

3.1.2 Interne und externe Verben Die Unakkusativität-Hypothese ermöglicht eine systematische Unterscheidung innerhalb der Klasse von Verben, die traditionell als "intransitiv" bezeichnet wird. In Abgrenzung zu "transitiven" Verben, die ein D-Struktur-Subjekt und ein Komplement in Form eines Satzes oder einer DP projizieren (vgl. Quirk et al. (1985:53f.), Williams (1981:96)), werden "intransitive" Verben darüber definiert, daß sie auf der S-Struktur gar kein Komplement haben. So heißt es z.B. bei Quirk et al. (1985: 53f.): "[They] are followed by no obligatory element and occur in type SV". Nach diesem Begriff von Intransitivität ist die Klasse der intransitiven Verben sehr heterogen. Sie umfaßt mindestens die Verben in den Konfigurationen unter (2): (2a) (2b)

e V DP_ case e V DP c a s e DP non _ struct

(2c) (2d) (2e)

e V CP/PP DP V DP V (DP)

[John, arrived t¡], [Harry¡ was promoted ,j] [Sally ¡ was awarded t¡ the medal]

case

[It was believed that...], [It seemed that...] [Sally smiled] [John was eating (something)]

Dagegen stellt sich die Klasse der transitiven Verben vergleichsweise homogen dar. Ein nominales Komplement ist dann lizensiert, wenn das Verb Kasus zuweisen kann. Daß diese Kasuseigenschaft in der Regel mit der Lizensierung eines externen Arguments (eines DStruktur-Subjekts) korreliert, ist ein noch immer unerklärter Zusammenhang, der unter dem Stichwort "Burzios Generalisierung" notiert wird. 4 (3 a)

DP V DP s t r u c (

(3b) (3c)

DP V DP s t r u c t c a s e DP n o n _ s t n l c t DP V DP PP/CP

[Harry sliced the mushrooms]

case case

[She gave him a book] [She asked him about.../if.„]

Da in traditionellen Verbklassifikationen die Klassifizierung nach einer nicht sichtbaren syntaktischen Ebene wie der D-Struktur nicht vorgesehen ist, kann der Unterschied zwi-

4

Marantz (1984:49) formuliert die Kasusrelationen - in Analogie zu thematischen Relationen - als syntaktische Rollen: Ein transitives Verb weist seinem Komplement eine syntaktische Rolle zu und seinem Subjekt eine semantische ([+log sub]). Beide Eigenschaften bezieht er nach der Burzio-Generalisierung aufeinander. Ein Versuch, die Zusammenhänge der Burzio-Generalisierung zu erklären, ist die Case Blocking-Theorie von Woolford (1993).

45 sehen unakkusativen und unergativen Strukturen nicht erfaßt werden (es sei denn, er bliebe bis zur S-Struktur erhalten, was aber im Englischen aufgrund des Extended Projection Principle nicht der Fall ist). Die innerhalb der generativen Linguistik intensiv geführte Diskussion, ob Sätze wie [The glass broke] die Struktur von (2a) oder von (2d) aufweisen, kann so nicht vorangebracht werden. Selbst wenn man, wie in (4), die Unterscheidung von unergativen und unakkusativen Verben in die Verbklassifizierung integriert, bleibt das Problem, daß Verben über zwei Eigenschaften definiert werden, die unterschiedlichen Modulen der Grammatik zuzuordnen sind: Transitive Verben müssen strukturellen Kasus zuweisen können und ein externes Argument bzw. D-Struktur-Subjekt haben. Da Burzios Generalisierung kein erklärendes Prinzip ist, müssen beide Eigenschaften separat genannt werden. (4)

Verb [+ext. Arg, +int. DP-Arg.

+Structura i CaS e]

no

yes

I

I

INTRANSITIVES

TRANSITIVES

I break/ write

[+ext. Arg]

[ -ext. Arg.]

I

I UNERGATIVES

UNACCUSATIVES

I smile dance

basic

derived

I

I arrive wilt

break2 open 2

Kein universalgrammatisches Prinzip spricht dagegen, daß ein Verb nur ein internes Argument hat und diesem auch strukturellen Kasus zuweisen kann; die Subjektposition könnte leer bleiben oder durch ein semantisch leeres Platzhalter-Element belegt werden. Z.B. diskutiert Sobin (1985) für Passiv-Konstruktionen im Deutschen und Ukrainischen, ob trotz der Absorption der indirekten Θ-Rolle weiterhin struktureller Kasus zugewiesen werden kann. Problematisch an der Klassifizierung in (4) ist vor allem, daß es keine syntaktische Struktur und keinen morphologischen Prozeß gibt, die ausschließlich auf die Klasse der intransitiven Verben rekurrieren. In keinem Punkt bilden arrive, break2 und smile eine natürliche Klasse, von der die transitiven Verben ausgeschlossen sind. Auch die Tatsache, daß alle drei Verben im Englischen als kein (unpersönliches) Passiv bilden, fügt sie nicht zu einer Klasse zusammen, denn die entsprechenden Sätze sind aus unterschiedlichen Gründen ungrammatisch. (5a) (5b) (5c) (5d)

*lt was arrived punctually./*Es wurde pünktlich angekommen. *It was broken a glass./Es wurde ein Glas N o m / < A k k zerbrochen. *It was smiled happily ./Es wurde herzlich gelacht. A tired goodbye was smiled by the exhausted princess.

46 Während arrive und break2 nicht passivierbar sind, weil sie nicht über ein externes Argument verfügen (vgl. Jaeggli (1986)), kann smile, wie (5d) zeigt, durchaus passiviert werden, wenngleich nur als transitives Verb. Daß (5c) ungrammatisch ist, liegt daran, daß es im Englischen aus Kasusgründen kein unpersönliches Passiv von Verben ohne Satzkomplementen gibt. Diese Einschränkung gibt es im Deutschen nicht; deshalb ist das deutsche Beispiel in (5c) grammatisch. Während also unergative und unakkusative Verben keine natürliche Klasse zu bilden scheinen, gibt es wichtige Gemeinsamkeiten zwischen unergativen und transitiven Verben, die nach (4) nicht zu erwarten sind. Beide Klassen lizensieren ein nominales Komplement bzw. eine transitive Struktur. Während bei transitiven Verben das Komplement θ-markiert ist und relativ frei gewählt werden kann, ist diese Möglichkeit bei unergativen Verben stark restringiert, wie (6a) zeigt. Als spezifische aspektuelle Ausprägung einer transitiven Struktur lizensieren beide Klassen die Resultativ-Konstruktion, s. (6b/c). (6a) The princess waved/smiled/bowed a tired goodbye/*a happy face/*the audience. (6b) The children laughed themselves hoarse/into a frenzy. (6c) They pounded the metal flat/into the shape of a star.

Im Gegensatz zu unergativen Verben, die potentielle transitive Verben sind, können unakkusative Verben grundsätzlich nicht transitiv verwendet werden. Eine Struktur wie in (6e) kann nicht resultativ interpretiert werden: Sally ist atemlos, als sie ankommt, nicht als Ergebnis des Ankommens. (6d) (6e)

* Sally arrived a late arrival/an unexpected chaos/a warm welcome/herself breathless. Sally arrived breathless.

Wenngleich in beiden Fällen unergative Verben in die Nähe von transitiven Verben gerückt werden, ist der hier skizzierte Ansatz nicht kompatibel mit der Inkorporations-Analyse von Hale/Keyser (1993: 75ff.). Angesichts von Paraphrasierungen wie in (7a/b) nehmen sie an, daß unergative Verben durch die Verschmelzung eines light verb mit einem nominalen Komplement entstehen. (7a) (7b)

She smiled./She put on a smile. He sneezed./He produced a sneeze.

Hale/Keyser zufolge liegt einem unergativen Verb wie smile auf der Ebene der "L-Syntax", einer lexikalischen Repräsentationsebene im X-bar-Format, ein abstraktes transitives Verb mit nominalem Komplement zugrunde (hier: NP[smileJ), dessen head (hier: N[smile]), an das Verb adjungiert wird. Ein Subjekt innerhalb der VP ist nur dann lizensiert, wenn eine Subjekt-Prädikat-Relation etabliert werden muß. Eine DP zählt aber nicht als Prädikat, so daß in diesem Fall kein Subjekt in der [Spec,VP]-Position forciert wird. Die VP gilt als nicht vollständig, was ein externes Subjekt in der [Spec,IP]-Position erfordert. Problematisch für diesen Ansatz sind die syntaktisch transitiven Verwendungsweisen von unergativen Verben, zumal diejenigen, bei denen das Komplement von V nicht dem Komplement in der Paraphrasierung entspricht (wie in (6a)). Deshalb sollen unergative Verben hier weiterhin als potentiell transitiv, nicht als zugrundeliegend transitiv betrachtet werden. Wenn es sich so verhält, daß alle Verben, die ein externes Argument haben, prinzipiell auch ein Komplement haben können, aber nicht vice versa (s. Burzio (1986:185)), bietet es sich an, Verben in erster Linie über das externe Argument zu klassifizieren. Es sollten also

47 nicht die unergativen und die unakkusativen Verben zu einer syntaktischen Klasse "Verben ohne S-Struktur-Komplement" zusammengefaßt werden, sondern die unergativen und die transitiven Verben zu einer syntaktischen Klasse "Verben mit externem Argument". Alternativ könnte man dem Vorschlag Hoekstras (1984:227) folgen und Transitivität subjektorientiert definieren: "transitivity is regarded no longer as a property of combining with an NP to form a VP [...], but rather as having an external θ-role". In diesem Sinne von Transitivität wären allein unakkusative Verben intransitive Verben. Um Verwechslungen mit dem traditionellen Transitivitäts-Begriff zu vermeiden, sollen die Verben, die nach Hoekstras Definition transitiv sind, hier als "externe" Verben bezeichnet werden und die nach Hoekstra intransitiven Verben als "interne" Verben.5 Damit ist (8) das hier zugrunde gelegte Modell der syntaktischen Klassifizierung von Verben: Verb

(8)

[+ext. Arg.]

-ext. Arg.]

EXTERNE VERBEN

[+int. A r g + o ]

I TRANSITIVA

I

INTERNE VERBEN ("UNACCUSATIVES")

[-int. Arg+θ]

I UNERGATIVA

I

break¡

smile

write

dance

basic

I arrive wilt

"derived"

I break-2 open 2

Die Klasse der internen Verben ist weitgehend identisch mit Burzios ergativen und Perlmutters unakkusativen Verben. Die Raising-Verben als interne Verben mit Satzkomplement werden nicht gesondert erwähnt, da sich die Kategorie ihres Komplements (keine DP, sondern ein Satz) aus ihrer Semantik ergibt. Hingegen werden die Verben der KausativAlternation besonders hervorgehoben, weil angenommen wird, daß sie keinen eigenen Lexikoneintrag bekommen, sondern verkürzte Projektionen der transitiven Variante sind (s. Kap. 5.2).6 Im Bereich der externen Verben werden unergative Verben von transitiven Verben darüber unterschieden, daß sie kein Komplement haben, das in der SAS verankert ist. Wenn sie mit einem Komplement vorkommen, ist dieses in der Regel aspektuell lizensiert: Es identifiziert ein zweites Teilereignis und hat so einen telisierenden Effekt. Unergative Verben gehören nämlich in der Regel zur Klasse der ACTIVITIES und können als solche wie in (6a/b) durch ein "aspektuelles Argument" zu komplexeren Ereignissen vom Typ ACCOMPLISHMENT erweitert werden. Während das nicht-thematische Komplement bei Unergativa

5

Vgl. die Bezeichnungen "s-verbs" (für externe Verben) und "o-verbs" (für interne Verben) bei Mulder (1992). Auch Burzio ( 1 9 8 6 ) nimmt für Verben wie sink/affondare nur einen Lexikoneintrag an. Allerdings ist für ihn die Möglichkeit, die Kausativ-Alternation zuzulassen, eine idiosynkratische Eigenschaft, die er im Lexikon als Spezifizierung [± 0 S ] notiert.

48 ausdrücken (push the cart, play the piano, enjoy a movie). Interne Verben lizensieren kein aspektuelles Komplement der Kategorie DP. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn es handelt sich um inhärent telische Verben der Klasse ACHIEVEMENT. Das variable syntaktische Verhalten kann nur erfaßt werden, wenn man die lexikalische Struktur von Verben nicht als starre Vorgabe, sondern als ein Projektionspotential betrachtet, im Sinne einer "elasticity of verb meaning" (Levin/Rappaport 1995b) bzw. systematischen "multiple class membership" (Quirk et al. 1985) die, wie bereits gezeigt wurde, hinsichtlich der aspektuellen Spezifizierung von Verben ohnehin angenommen werden muß. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine lexikalische Struktur verkürzt oder erweitert projiziert werden, ein Komplement kann als Variable in der SAS lizensiert sein oder allein über seine aspektuelle Funktion. Unter dieser Einschränkung sind die folgenden Testverfahren zu betrachten.

3.1.3 Syntax-orientierte Testverfahren Unakkusativität wird im Rahmen der generativen Grammatik im wesentlichen über eine bestimmte D-Struktur-Konfiguration definiert. In diesem Abschnitt sollen Konstruktionen vorgestellt und besprochen werden, die als (syntaktische) "unaccusative diagnostics" dienen und auf das Englische anwendbar sind (für einen Überblick s. Grimshaw (1986)). Dabei gilt, daß die jeweiligen Testverfahren in der Regel nur eine Subklasse der Unakkusativa erfassen: "[M]ost unaccusative diagnostics do not single out the sole argument o f all unaccusative verbs and the D-Structure objects o f all passive verbs. This kind o f mismatch involves the existence o f two or more apparent unaccusative diagnostics that single out distinct (but not necessarily disjoint) semantically coherent classes o f verbs." (Levin/Rappaport 1995:12)

Was die Syntax betrifft, geht es bei den verschiedenen unaccusative diagnostics immer darum festzustellen, ob ein Subjekt postverbal (im Regelfall als Komplement) generiert wurde oder nicht. Dabei sind die Tests meistens so angelegt, daß man die Belegung der Objektposition nachweist. Dies gilt z.B. für eines der klassischen syntaktischen Testverfahren, die «e-Klitisierung im Italienischen, die ausführlich von Burzio (1986) diskutiert wird. Allgemein wird angenommen, daß im Italienischen das Subjekt unabhängig von der syntaktischen Klasse des Verbs immer in prä- oder postverbaler Position stehen kann ("free subject inversion", s. (9a/b)). Ein Subjekt in der postverbalen Position nennt Burzio "isubject". Burzio stellt fest, daß die Distribution des partitiven klitischen Elements ne Aufschluß darüber gibt, ob ein i-Subjekt als D-Struktur-Objekt basisgeneriert wurde oder ob es als D-Struktur-Subjekt in eine postverbale Position bewegt wurde: "Ne-Cl is possible with respect to all and only dirçct objects" (1986:30). Die Beispiele in (9c) zeigen, daß sich hinsichtlich der «e-Klitisierung in bezug auf ein i-Subjekt das "intransitive" Verb arrivare wie ein Passivpartizip verhält und das nach traditionellen Kriterien ebenfalls "intransitive" telefonare wie ein transitives Verb (ne selbst wird in seiner S-Struktur basigeneriert und innerhalb einer clitic chain mit dem i-Subjekt koindiziert). Anhand dieses Testverfahrens differenziert Burzio zwischen Verben mit und ohne D-Struktur-Subjekt ([+0S] resp. [-6S]) und führt für die [-9 S ]-Verben die Bezeichnung "ergativ" ein.

49 (9a)

Molti Molti Molti Molti

esperti esperti esperti esperti

esamineranno il caso. ("Many experts will-examine the case") telefoneranno. ("Many experts will-call") saranno invitati. ("Many experts will-be invited") arriveranno. ("Many experts will-arrive")

(9b)

Esamineranno il caso molti esperti. Telefoneranno molti esperti. Saranno invitati molti esperti. Arriveranno molti esperti.

(9c)

*Ne esamineranno il caso molti. ("Of-them will-examine the case many") *Ne telefoneranno molti. ("Of-them will-call many") N e saranno invitati molti. ("Of-them will-be invited many") N e arriveranno molti. ("Of-them will arrive many")

Die weitere Diskussion wird zeigen, daß bei den meisten Testverfahren eine bestimmte DStruktur-Konfiguration nur eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung fur die Wohlgeformtheit einer bestimmten Konstruktion ist. Selbst die scheinbar freie SubjektInversion im Italienischen, die eine Grundlage für die Verwendung der «e-Klitisierung als Testverfahren ist, erfordert nach Ansicht von Grimshaw/Samek-Lodovici (1994) diskursspezifische Voraussetzungen. Da sie ohnehin nicht auf das Englische übertragen werden kann, sollen diese nicht weiter besprochen werden. Zu den syntaktischen Tests treten Daten aus dem Bereich der Wortbildung. Derartige diagnostics, deren bekanntestes wohl die Passivierung ist, werden in Kapitel 3.2.2 diskutiert. Als Sonderfall ist die Adjectival Passive Formation zu bewerten, die zwar in den Bereich der Wortbildung fällt, für die es aber ein entscheidender Faktor ist, ob ein Argument als das einzige Komplement eines Verbs realisiert werden kann. Daher wird diese Konstruktion auch zu den syntaktischen Testverfahren gezählt. Den Anfang soll jedoch ein Testverfahren machen, das zwar als "one of the most striking facts" (Burzio 1986:53) des Phänomens Unakkusativität beschrieben wird, für das es jedoch noch keine unumstrittene Analyse gibt: die Wahl des Hilfsverbs.

3.1.3.1 Wahl des Hilfsverbs Es ist in der Tat "striking", daß die Verben, die nach den gängigen Testverfahren interne Verben sind, in vielen Sprachen das Perfekt mit einem anderen Hilfsverb bilden als unergative Verben. In Sprachen, die das Perfekt mit verschiedenen Hilfsverben bilden, gilt die Tendenz, daß externe Verben "Α-Hilfsverben" selegieren (z.B. avere im Italienischen, haben im Deutschen, avoir im Französischen), interne hingegen "E-Hilfsverben" (essere, sein, êtrej, die häufig auch zur Bildung des Passivs herangezogen werden. (10a) Giovanni è arrivato. ("G. is arrived") vs. Giovanni ha telefonato. ("G. has called") (10b) Er ist angekommen. (E) vs. Er hat angerufen. (A) (10c) Il est arrivé. (E) vs. Il a téléphoné. (A)

Gäbe es wirklich immer ein 1:1 -Verhältnis zwischen unakkusativer D-Struktur und der Wahl des Hilfsverbs, hätte man mit der Hilfsverb-Wahl ein besonders leicht anzuwendendes Testverfahren für die zugrunde liegende syntaktische Struktur, selbst dann, wenn die Zusammenhänge zwischen diesen beiden Eigenschaften nicht befriedigend erklärt sind.

50 Levin/Rappaport wollen denn auch die Hilfsverbwahl begrenzt als Testverfahren gelten lassen: "Although the connection between unaccusative syntactic configuration and the selection of the auxiliary essere 'be' is not well understood [...], there is a complete correlation between the verbs which select the auxiliary essere 'be' and those which allow ne-cliticization, as far as we have been able to determine. Therefore, we consider auxiliary selection a reliable test for unaccusativity in Italian." (Levin/Rappaport 1989:317)

Die Schlüsselstelle in diesem Zitat liegt in den letzten beiden Wörtern: Im Italienischen mag die Hilfsverbwahl zu 100% mit einer bestimmten syntaktischen Konfiguration korrelieren (obwohl auch das nicht unumstritten ist, s. Borer (1994)), daraus folgt jedoch nichts für andere Sprachen, insb. nicht ftir die Klassifizierung einstelliger Verben im modernen Englisch, das für das Perfekt nur ein Hilfsverb zur Verfügung stellt. Aber auch in den Sprachen, in denen es als Testverfahren gilt, gibt es keine befriedigende Analyse, die über eine rein technische Seite der Hilfsverb-Lizensierung, wie z.B. Vikner/Sprouse (1989), hinausgeht. Zaenen (1993) wertet die Hilfsverb-Wahl deswegen als Indikator dafür, daß Unakkusativität kein syntaktisches Phänomen ist. Aufgrund von Daten wie in (11) plädiert sie dafür, zumindest im Niederländischen als entscheidenden Faktor für die Hilfsverb-Wahl die aspektuelle Struktur des Ereignisses anzunehmen. Ein ACTIVITY-Verb steht normalerweise mit dem Α-Hilfsverb und erfordert ein Ε-Hilfsverb, wenn das Ereignis telisiert wird. (IIa) (1 lb) (11c) (lid)

Hij Hij Hij Hij

heeft/*is gezwommen. ("He has/*is swum", [-telic]) *heeft/is weggezwommen. ("He *has/is swum away", [+telic]) heeft/*is gelopen. ("He has/* is run", [-telic] is/?heeft naar huisgelopen. ("He is/?hasrun home", [+telic])

Auch im Deutschen kann man diese Tendenz feststellen, s. (12a/b). Jedoch sprechen Beispiele wie (12c/d) dagegen, daß der Faktor Telizität allein für die Wahl des Hilfsverbs ausschlaggebend ist (auch ist in süddeutschen Varietäten das Ε-Hilfsverb bei Verben der Bewegung durchaus üblich). (12a) (12b) (12c) (12d)

Sie Sie Sie Sie

hat/*ist stundenlang geturnt, ([-telic], A) ""hat/ist den Baum hinaufgeturnt. ([+telic], E) hat/?ist noch einmal ihre Kür geturnt. ([+telic], A, ?E) hat/* i st sich völlig außer Atem geturnt. ([+telic], A, *E)

Wenn hier dennoch die Hilfsverb-Wahl diskutiert wird, dann deshalb, weil es im Englischen immerhin unterschiedliche Hilfsverben für die Bildung von Passiv und Perfekt gibt. Während Burzio annimmt, daß die Wahl des Hilfsverbs durch die lexikalischen Eigenschaften des Vollverbs determiniert wird (daher auch die Bezeichnung AUX Selection), spricht sich Janßen dafür aus, aufgrund der strukturellen Position von Hilfsverb und Partizip das Hilfsverb selbst als seiegierenden head anzunehmen: "Ein Hilfsverb selektiert sein partizipiales Komplement je nach den lexikalischen Eigenschaften, die es diesem Komplement übertragen kann, damit der Kasusfilter bezüglich der Objekt-NPen der Vollverben nicht verletzt wird." (Janßen 1993:225)

Janßen argumentiert dahingehend, daß ein Partizip als [+N-Kategorie], die mit dem Subjekt kongruiert, nicht allein Kasus zuweisen kann, während have auch als Hilfsverb Kasus zuweisen kann, ohne jedoch ein DP-Komplement zu selegieren. Es verfügt quasi über ein nicht ausgeschöpftes Kasuspotential. Unter bestimmten strukturellen Bedingungen sei es

51 möglich, daß das Hilfsverb seine Fähigkeit, Kasus zuzuweisen, an eine VP mit einem partizipialen head übertrage ("vererbe"). Über diesen Umweg könne dann das nominale Komplement eines Partizips kasusmarkiert werden. Be hingegen verhalte sich als Hilfsverb wie als Vollverb unakkusativ: Weder habe es ein externes Argument, noch könne es Kasus zuweisen oder vererben. Deshalb könne in Passiv-Konstruktionen ein nominales Komplement nicht in situ kasusmarkiert werden, mit dem Ergebnis, daß eine Bewegung in die Subjektposition notwendig ist. Dieser kasusorientierte Ansatz ist im Englischen nur für die Unterscheidung von Passiv und Perfekt anzuwenden, prinzipiell sollte er auch auf Sprachen übertragbar sein, die für das Perfekt zwei Hilfsverben benutzen. Allerdings macht er keine Aussage darüber, welches Hilfsverb bei Verben mit Satzkomplement zu erwarten ist. Jedoch ist hier, wie (13a/b) zeigen, das Α-Hilfsverb obligatorisch, ohne daß es auf die Zuweisung von Kasus ankommen könnte. Außerdem sollten Fälle wie (13c) ausgeschlossen sein, in denen ein nominales Komplement strukturell kasusmarkiert wird, ohne daß ein AHilfsverb seine Eigenschaft, Kasus zuzuweisen, an das Partizip vererbt haben könnte. (13a) Sie hatte/*war gedroht, nie wieder eine Wette abzuschließen. (A) (13b) Es hatte/*war gedroht, daß sie die Wette gewinnen würde. (A) (13c) Er ist/?hat einen neuen Streckenrekord gelaufen. (E)

Diese kurze vergleichende Betrachtung unterstützt die Annahme, daß die Prinzipien, die die Vermittlung zwischen semantisch-aspektueller und syntaktischer Struktur regeln, in verschiedenen Sprachen unterschiedlichen Status haben können. Es mag der Fall sein, daß in bestimmten Sprachen das Hilfsverb einzig durch die syntaktische Struktur und die Anforderungen des Kasusfilters bestimmt ist. In anderen Sprachen können semantische oder aspektuelle Bedingungen hinzukommen oder sogar wichtiger sein. Da auch für Einzelsprachen keine explanatorisch adäquate Analyse vorliegt, die alle diese Faktoren einbezieht, soll dieses vermeintlich so leicht zugängliche "Testverfahren" - wenn überhaupt - nur unterstützend eingesetzt werden.

3.1.3.2

Platzhalter-Subjekte

Ein Testverfahren, das speziell für das Englische gilt, hängt mit dem Parameter der Subjektbelegung zusammen. Im Englischen muß die Subjektposition lexikalisch belegt sein, sei es durch ein θ-markiertes Subjekt oder durch ein Platzhalter-Element ohne Argumentstatus. Ob man diese Anforderung hinsichtlich der Subjektposition als Extended Projection Principle (Chomsky 1981) oder in Form eines Subjekt-Parameters formuliert, macht keinen großen Unterschied. Ist kein basisgeneriertes Subjekt vorhanden, wird die Subjektposition durch Bewegung gefüllt oder mit einem semantisch leeren Element besetzt. Dafür kommen im Englischen die "pleonastic elements" (Chomsky 1981:26) it und there in Frage. (14a) It seems that Sally will win the prize./Sally seems to win the prize. (14b) There arrived a man./A man arrived.

Die Distribution von it und there ist jedoch weitaus komplizierter, als zu erwarten wäre, würde es sich um reine Platzhalter-Elemente handeln. Da die beiden Elemente nicht austauschbar sind (s. (14c)), kann ihre Distribution nicht allein davon abhängen, daß eine Subjektposition nicht belegt ist. Schwieriger ist zu erklären, weshalb manche Verben, die

52 nach allen anderen Kriterien zu den internen Verben gehören, weder it noch there als Subjekt erlauben (s. (14d)). Schließlich zeigt (14e) im Vergleich mit (14b), daß es nicht nur auf die Verbklasse ankommt, sondern auch auf die Spezifizierung des nominalen Arguments (definiteness effect). (14c) *There seems that Sally will win the prize./*It arrived a man. (14d) * There/* It wilted a flower. (14e) *There arrived Harry.

Die folgende Diskussion wird zeigen, daß Konstruktionen mit it und there Indikatoren für unakkusative Strukturen sind, die als alleinige Testverfahren jedoch nicht ausreichend sind. Ein Verb, das ein it oder there in der Subjektposition erlaubt, ist in der Regel ein internes Verb, während ein Verb, das sie nicht erlaubt, nicht notwendigerweise ein externes Verb sein muß. Sowohl it als auch there kommen vorzugsweise mit bestimmten semantischen Verbklassen vor (there mit "räumlichen Verben" und Existenzverben, it mit RaisingVerben und passivierten Verben des Denkens, Sagens, Meinens). Damit haben beide "Platzhalter"-Konstruktionen einen völlig anderen Stellenwert als die ne-Klitisierung im Italienischen, die keine besonderen Anforderungen dieser Art stellt. Die Verben der Kausativ-Alternation sind aufgrund ihrer Semantik weder für it- noch für f/jere-Subjekte geeignet. Für die syntaktische Klassifizierung von Verben wie sink2, die im Italienischen leicht durch die «e-Konstruktion als interne Verben ausgewiesen werden können, sind somit weder it- noch iAere-Konstruktionen aufschlußreich.

3.1.3.2.1

There und die Zuweisung von inhärentem Kasus

"The hallmark of the /Aere-insertion construction, which is typically found with intransitive and passive verbs, is the presence of there before the verb and the postverbal appearance of a noun phrase, which would otherwise appear as the surface object." (Levin 1993:90)

Über den Status der there-Konstruktion äußert sich Levin jedoch vorsichtig:

als Testverfahren für eine unakkusative Struktur

"The semantic make-up of the set of verbs found in this construction together with the presence o f an immediately postverbal NP with at least some verbs has led to propose that the r/iere-insertion construction is an unaccusative diagnostic." (Levin 1993:91)

Wenn man mit Belletti (1988:3) ein "i-Subjekt" als "any postverbal NP that can also appear in preverbal subject position" definiert, erlaubt die /Äere-Konstruktion i-Subjekte im Englischen. (15a) There appeared a ship at the horizon. (15b) A ship appeared at the horizon.

Dabei ergibt sich ein Problem fur die Kasustheorie: Da (15a) grammatisch ist, muß angenommen werden, daß die postverbale DP in situ kasusmarkiert werden kann, was problematisch ist, wenn man die Auffassung vertritt, daß interne Verben nicht Kasus zuweisen können. Bezieht man hingegen die Möglichkeit ein, daß das interne Verb inhärenten Kasus zuweist, ist zwar (15a) nicht mehr problematisch, dafür aber (15b): Wenn die DP in ihrer D-Struktur-Position kasusmarkiert wird, wäre die Bewegung in die Subjektposition eines

53 finiten Satzes nicht nur unmotiviert, sie sollte sogar zu einem ungrammatischen Ergebnis fuhren, denn die dabei etablierte Α-Kette würde doppelt kasusmarkiert. (15b) ist jedoch ebenso grammatisch wie (15a). Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma bieten Bellettis Überlegungen zur Zuweisung von inhärentem Kasus. In Anlehnung an Chomsky (1986) nehmen Belletti/Rizzi an, daß es zwei Arten des abstrakten Kasus gibt: "STRUCTURAL CASE (nominative and accusative), assigned at S-structure under government, and INHERENT CASE (genitive, dative...), assigned at D-structure and realized at S-structure. Inherent Case is lexically idiosyncratic and thematically related." (Belletti/Rizzi 1988:332)

Den Begriff der "thematischen Verwandtheit" dehnt Belletti sehr weit aus. Aus der Tatsache, daß die postverbale DP in der f/iere-Konstruktion nicht définit sein darf, wenn sie in situ verbleibt, schließt sie, daß diese DP inhärent kasusmarkiert wird. Définit sind fur sie dabei Eigennamen und DPs "whose Spec is the definite article" (Belletti 1988:5). Diese Einschränkung, illustriert in (16), wird allgemein als "definiteness effect" bezeichnet. (16a) (16b) (16c) (16d)

There appeared a ship/many ships on the horizon. T h e r e appeared the ship/every ship on the horizon. A ship/Many ships appeared on the horizon. The ship/Every ship appeared on the horizon.

Belletti nimmt an, daß die indefinite Lesart der i-Subjekte der Interpretation entspricht, die man in stärker flektierenden Sprachen mit dem Kasus "Partitiv" verbindet. Den morphologischen Nominativ (nominative case), den diese DPs tragen, klassifiziert sie folglich als Realisierung des (abstrakten) inhärenten Kasus Partitiv (partitive Case oder Partitive): "[U]naccusative verbs, although unaccusative, preserve the capacity of inherently assigning partitive Case to their thematic object. Recall also that partitive Case always selects an indefinite meaning for the NP that carries it - a meaning equivalent to that of a lexical quantifier some. From this, a straightforward account is provided for the fact that the DE [= definiteness effect] typically appears in the object position of unaccusative verbs: this follows from the Case properties of these verbs." (Belletti 1988:5)

Für Belletti ist also der definiteness effect nicht auf einen Zusammenhang zwischen there und der postverbalen NP/DP zurückzufuhren, sondern allein auf das Verhältnis zwischen V und dem nominalen Argument. Mit dem Partitiv könnten demnach sowohl indefinite THEMES als auch GOALS etc. markiert werden. Entscheidend ist, daß die DP ein nominales Komplement des Verbs ist und von V θ-markiert wird. Das stärkste Argument Bellettis für diesen Ansatz ist, daß ein internes Verb nur dann eine postverbale DP lizensiert, wenn diese ein Argument des Verbs ist. So steht für das Subjekt des eingebetteten Satzes in Äa/i/'rtg-Konstruktionen, das kein Argument des Verbs ist, der Partitiv nicht zur Verfügung, so daß hier eine Bewegung obligatorisch ist, selbst wenn es sich um eine indefinite DP (im Sinne Bellettis) handelt: (17a) * There seems Sally/some woman from Boston to have made an important contribution. (17b) Sally/Some woman from Boston seems to have made an important contribution.

Damit ist zwar die Frage beantwortet, unter welchen Umständen eine postverbale DP wie in (15a) von einem internen Verb kasusmarkiert werden kann, es bleibt jedoch das Problem der doppelten Kasusmarkierung in Sätzen wie in (15b). Belletti "löst" dieses Problem durch die Annahme, die Zuweisung von inhärentem Kasus sei optional. Insgesamt sind die Argumente dafür, einen abstrakten Kasus Partitiv anzunehmen, der morphologisch zufällig

54 mit dem Nominativ identisch ist, wenig überzeugend. 7 So stellen denn auch Vainikka/Maling (1996) dar, daß Bellettis abstrakter Partitiv (Partitive) nicht viel gemeinsam hat mit dem morphologischen Partitiv (partitive) im Finnischen, der nicht an ein Defmitheitskriterium gebunden sei (es gibt definite DPs im Partitiv und indefinite DPs, die nicht im Partitiv stehen) und sich eher wie ein struktureller Kasus verhalte, dessen Realisierung vor allem von der Ereignisstruktur des Satzes abhängig sei. (18a) Hän luki kirjan^^^ (he read a-book/the-book) (18b) Hän luki kirjaa PART (he was-reading a-book/the-book)

Des weiteren zeigen Vainikka/Mailing, daß im Finnischen auch das Subjekt eines small clause von V den Partitiv zugewiesen bekommen kann - ein deutlicher Kontrast zu den Raising-Daten im Englischen und Italienischen. Der Blick auf eine Sprache, die über den morphologischen Kasus Partitiv verfügt, läßt Bellettis Analyse also eher unplausibel erscheinen. Wenngleich there kein bloßer Platzhalter zu sein scheint, ist deswegen nicht auszuschließen, daß die /Aere-Konstruktion Aufschluß über die syntaktische Klasse eines Verbs gibt. Stellen wir also das Definitheitsproblem zurück und rücken die Frage in den Vordergrund, mit welchen Verben there vorkommt. Nach Burzio sollten nur Verben, die sich im Italienischen als "ergativ" qualifizieren (nachzuweisen durch den «e-Test), die thereKonstruktion zulassen. Von dieser syntaktisch bestimmten Gruppe wiederum ist nur eine semantisch bestimmte Teilgruppe mit there kompatibel. So ist bei Verben wie break.2 im Englischen in keinem Fall eine postverbale DP lizensiert, sei sie nun définit oder indefinit: (19a) A glass/the glass broke. (19b) * There broke a glass/the glass.

Auf den ersten Blick scheinen diese Daten darauf hinzuweisen, daß Verben wie break.2 sich unergativ verhalten. Allerdings wird allgemein akzeptiert, daß die i/jere-Konstruktion eine "'presentative' function" hat (Quirk et al. 1985:1411). Nicht alle internen Verben sind gleichermaßen geeignet, als "verb of existence or appearance" eingesetzt zu werden. Levin (1993:88ff.) differenziert zwischen den Verbklassen, die als "intransitive" Verben in Frage kommen könnten: (20a) (20b) (20c) (20d) (20e) (20f)

verbs of change of state'. * There melted a lot of snow on the streets of Chicago. verbs of existence: There is/grows a flowering plant on the windowsill. verbs of appearance: There appeared a ship on the horizon/* at 8 o'clock. verbs of disappearance: ?There disappeared an/the actor from the stage. verbs of manner of motion·. * There ran a little boy in the yard. passives: There was found in this cave an ancient treasure.

Marginal sind auch einige transitive Verben möglich (Erdmann 1990:69): (20g) Suddenly there entered the hall an ugly old man. (20h) * There entertains you the symphony orchestra of the NDR.

7

Für eine morpho-syntaktische Argumentation gegen die Partitiv-Analyse anhand von Daten aus verschiedenen germanischen Sprachen s. Felser/Rupp (1997), die ihrerseits den Definitheitseffekt auf die Relation zwischen there und dem nominalen Argument zurückführen.

55 Diese Daten zeigen, daß die Verben, die in der i/iere-Konstruktion auftreten, nicht über ein SAS-Muster zusammenzufassen sind: There kommt vorrangig mit STATES und ACHIEVEMENTS v o r , a b e r e b e n n i c h t m i t allen STATES u n d ACHIEVEMENTS. D i e V e r b e n m ü s s e n im

weitesten Sinne "räumlich orientiert" sein. Besonders interessant dabei ist der Kontrast zwischen appear und disappear, der nur so zu deuten ist, daß die deiktische Orientierung des Verbs ein relevanter Faktor ist: Während Verben, die darauf gerichtet sind, daß der "Hier"-Ort der Äußerung erreicht wird, mit there möglich sind, sind Verben, die darauf gerichtet sind, daß dieser Ort verlassen wird, tendenziell nicht mit there kompatibel. Auffällig ist weiterhin, daß in den meisten Fällen neben der postverbalen DP auch eine postverbale PP mit räumlicher Orientierung realisiert wird (s. (20c)). Auch die Tatsache, daß ausgerechnet das Element there, das normalerweise als Proform fur LOCATIONS (wie man sie b e i STATES h a t ) u n d GOALS ( w i e m a n sie b e i V e r b e n d e r g e r i c h t e t e n B e w e g u n g h a t )

auftritt, die Subjektposition füllt, weist auf den präsentativen Charakter der Konstruktion hin. Die Verben der Bewegungsart sind nicht inhärent für eine Richtung spezifiziert, schon gar nicht für eine Bewegung zum deiktischen Hier-Punkt. Daß Passiv-Partizipien eher selten den Kern von /Aere-Konstruktionen bilden, weist ebenfalls auf den Faktor der räumlichen Orientierung hin (im Beispiel von Levin - (20f) - wird die DP durch eine Adjunktionsbewegung in eine Fokus-Position gebracht). Auch die folgenden Beispiele aus Quirk et al. (1985:1408) illustrieren den präsentativen Charakter der i/iere-Konstruktion: (21)

There rose in his imagination grand visions of a world empire. There exist a number of similar medieval crosses in different parts of the country. There may come a time when the Western Nations will be less fortunate. Not long after this, there occured a sudden revolution in public taste. ?There struck me a sudden idea./*There struck me a tall man.

Quirk et al. heben hervor, daß diese Sätze nicht nur im räumlichen Sinne "presentative" sind: "The existential sentence has been described as 'presentative', in serving to bring something on to the discoursal stage deserving our attention. This seems especially true of a rather less common, more literary type of existential clause in which there is followed by a verb other than be." (Quirk et al. 1985:1408)

Diese text- bzw. diskursbezogene Funktion von there wird ausführlich von Erdmann (1990) diskutiert, der sich dagegen ausspricht, there als ein dummy element für die Subjektposition zu analysieren. Die folgenden Beispiele aus englischen Prosa-Texten, zitiert nach Erdmann (1990:67ff), zeigen, daß die fAere-Konstruktion häufig zusammen mit einer Topikalisierung vorkommt. (22a) "Above the warehouse there lived an Italian family..." "Through all Greek folk poetry there runs a deeply tragic note..." "Beneath this well-washed exterior there beats a heart as black as a cockroach." "Every ten minutes [...] there departed one of the green-painted horse-omnibuses..." "At this moment, up in the wood, there broke out an excited yelping..."

In solchen Fällen scheint auch die Restriktion hinsichtlich der Definitheit der DP nicht zu gelten:

56 (22b) "When they had arrived at the docks, and duly driven the cars to the appointed berth, there remained the two usual formalities." "Within, there existed, rather unexpectedly, that somewhat empty, insistently correct appearance of the private dwellings of those who..."

Nach der Ansicht von Erdmann ergibt die korpusbezogene Analyse ganz klar, daß alle Versuche, die Distribution von there allein von der semantischen und/oder syntaktischen Klasse der betreffenden Verben abhängig zu machen, in die Irre fuhren. Insbesondere müsse die Struktur des Satzes in Relation zur Informationsstruktur des Textes betrachtet werden. Die spezifische Funktion von there liege darin, daß "the weight of constituents" im Satz verteilt werden kann. "There sentences introduce or re-introduce items into a discourse; as a result, the constituent fulfilling this function tends to occur last in the sentence. [...] The rhythm of a there sentence tends to avoid the juxtaposition of heavy constituents. [...] If there are several heavy constituents in the sentence, they are distributed according to the extent to which they are known: the more familiar comes at the beginning, the less familiar at the end of the sentence." (Erdmann 1990:73)

Die Faktoren, die die /Aere-Konstruktion bestimmen, sind also vielfältig: Ist kein besonderer Kontext gegeben, ist die semantische Klasse des Verbs das entscheidende Kriterium. Aus dieser wiederum folgt die syntaktische Klasse: Existenzverben konstituieren STATES, Verben des Auftretens und Erscheinens ACHIEVEMENTS. Für die Formulierung von linking rules heißt das, daß das erste Argument von BECOME ein internes Argument ist. Dies mag zwar auch bei Verben der Zustandsänderung der Fall sein, aber diese Verben sind aufgrund ihrer Semantik nicht für ein fAere-Subjekt geeignet. Hinzu kommt, daß die thereKonstruktion nur dann als Testverfahren für die syntaktische Klassifizierung von Verben eingesetzt werden kann, wenn geklärt ist, wie die postverbale DP kasusmarkiert wird. Der Ansatz Bellettis - V als Zuweiser von inhärentem Kasus "Partitiv" - muß als wenig überzeugend zurückgewiesen werden. Zum einen halten sich die Gemeinsamkeiten zwischen der englischen /Aere-Konstruktionen und echten Partitiv-Zuweisungen in morphologiereichen Sprachen wie dem Finnischen in Grenzen, zum anderen zeigt Erdmann anhand zahlreicher Daten, daß die Definitheitsbedingung offenbar außer Kraft gesetzt werden kann, wenn es die Diskurssituation erfordert. In keiner Weise ist die /Aere-Konstruktion daher als englisches Äquivalent zur «e-Klitisierung im Italienischen anzuwenden.

3.1.3.2.2 It und der Verweis auf ein Satzkomplement Neben there gibt es im Englischen noch ein zweites Element, das bei internen Verben die Subjektposition besetzen kann, nämlich it. Wie there kann auch it in anderen Kontexten als Argument verwendet werden. Und analog zu there tritt auch das vermeintlich semantisch leere it meistens zusammen mit einer Konstituente auf, für die it eine geeignete Proform ist, nämlich mit einem Satz. Die bei there unerläßliche DP ist bei it nur zusätzlich zu einem Satz möglich. Ein morphosyntaktischer Unterschied zwischen it und there liegt darin, daß it wie die entsprechende Proform als 3. Person Singular spezifiziert ist, während there im Numerus nicht spezifiziert ist. Für das finite Verb sind bei there die Merkmale der postverbalen DP ausschlaggebend, bei it hingegen gibt es keine Verbindung zur evtl. auftretenden DP und

57 folglich auch keinen Definitheitseffekt. It tritt nur in finiten Sätzen auf und bekommt vom finiten Infi den Nominativ zugewiesen. (23a) There have occured some problems./There has occured a problem. (23b) It was the general assumption that he would leave./*It were the general assumptions... (23 c) It was/* were assumed that they would attend the meetings. Die Distribution von it im Englischen ist wesentlich stärker restringiert als die von es im Deutschen. Bußmann (1990 z :225) nennt für das Deutsche drei verschiedene Varianten von nicht-thematischem es: (a) es als Platzhalter flir Subjekt- und Objektsätze (Es wundert mich, daß Du die Prüfung bestanden hast/Ich kann es nicht verstehen, daß sie ihn wirklich heiraten will), (b) das Vorfeld-es, das auftritt, wenn das Subjekt aus Fokus-Gründen nach rechts verschoben wird (Es gastierten verschiedene Theatergruppen), und (c) das expletive es, "das weder Referenz noch Bedeutung, also nur morpho-syntaktische Funktion besitzt" (Es regnet/gibt.../riecht nach.../schaudert mich)1 Typ (c) entspricht dem it, das zur Klassifizierung von Verben eingesetzt werden soll. Im Englischen tritt das expletive it am häufigsten als Subjekt von Verben mit Satzkomplement auf, also bei Raising-V erben und in Passiv-Konstruktionen (nur dann ist die Subjektposition keine Θ-Position). (24a) It was assumed that Emma would turn down the offer. (24b) It seems that Harriet is in love with Mr. Knightley. Eine Tta/'szHg-Bewegung ist hier nicht notwendig, weil Sätze nicht dem Kasusfilter unterliegen. Das Subjekt des eingebetteten Satzes wird vom finiten Infi kasusmarkiert. Ist Infi nicht finit, muß eine NP/DP-Bewegung erfolgen, weil das verbale Element (Passivpartizip oder Raising-Verb) nicht Kasus zuweisen kann. (24a') *It was assumed Emma to turn down the offer./Emma was assumed to turn down... (24b1) * It seemed Harriet to be in love with him./Harriet seemed to be in love with him. Nach Belletti kann kein inhärenter Kasus zugewiesen werden, weil die betreffende DP kein Argument des Verbs ist. Damit kann jedoch nicht erklärt werden, weshalb die folgenden Sätze ungrammatisch sind. (24c) *It existed a/the problem, vs. There existed a problem. (24d) *It was danced merrily. Wenn exist den inhärenten Kasus zuweisen kann, wieso kann dann in (24c) nicht it in der Subjektposition stehen, sondern nur there? Auch die Annahme, daß in (24d) ebenfalls der Kasusfilter verletzt ist, weil das Passivmorphem Kasus absorbieren muß (vgl. Wanner (1991:132ff.)), kann nicht überzeugen, da Verben wie dance durchaus Kasus zuweisen können und auch passivierbar sind (s.u.). Zusammen mit (24e/f) scheinen diese Daten eher darauf hinzudeuten, daß es darauf ankommt, daß it auf einen Satz verweisen kann. Fehlt ein solcher Satz, stellt sich, wie Quirk et al. anmerken, ein "feeling of ellipsis" ein, vgl. (24g). Dies könnte darauf zurückgeführt werden, daß die entsprechenden Verben keine DP, sondern ein Satzkomplement subkategorisieren. In (24g) fehlt dann das Subjekt des small clause, bzw. das nicht θ-markierte it kann nicht als solches fungieren (mit einem pronominalen it wäre der Satz grammatisch).

8

Für eine ausfuhrliche Untersuchung zum expletiven es im Deutschen s. Lenerz (1985).

58 (24e) *It occured to her a disappointment, vs. It occured to her that she might not be invited. (24f) It was a surprise that Emma didn't marry Mr. Elton. (24g) 'Itj.gj was a surprise.

Quirk et al. (1985:1392) analysieren Sätze wie (24f) als Extraposition und bezeichnen das it als "anticipatory it" - "because of its pronominal correspondence to a later item". Zum Zweck der Fokussierung könne der Satz, auf den it verweise, nach rechts verschoben werden, mitunter sei diese Verschiebung sogar obligatorisch, nämlich bei den Raising-Verben. Zwar wird damit der Charakter des it getroffen, aber die Analyse selbst ist im Rahmen der GB-Theorie nicht haltbar. Nach dem Projektionsprinzip kann der that-Satz nicht als externes Argument von be generiert werden, und eine Bewegung in eine Komplementposition ist ausgeschlossen. Be ist ein internes Verb und subkategorisiert nur ein propositionales internes Argument. Die Subjektposition von be wird entweder mit einem Platzhalter belegt oder durch Anwendung von move α gefüllt, wobei α auch ein Satz sein kann. Es gilt demnach für it, genau wie für there, daß eine bestimmte syntaktische Konfiguration eine notwendige Bedingung für diese Art von Subjekt ist, nämlich [e V XP]. Somit kann auch die //-Konstruktion als Indikator für eine unakkusative Struktur bzw. ein internes Verb gelten. Beide Verben stellen darüber hinaus Anforderungen an die postverbale XP, und in beiden Fällen sprechen die Daten dagegen, daß it und there semantisch leere Elemente sind, die zufällig neben den entsprechenden θ-markierten Proformen bestehen. "Since it is the most neutral and semantically unmarked of the personal pronouns, it is used as an 'empty' or 'prop' subject [...]. Even less meaning can be claimed for the it which occurs as an anticipatory subject in cleft sentences [...] or in clauses with extraposition [...] But here, too, it can be maintained that the pronoun is not quite void of meaning, since it arguably has cataphoric reference (forward coreference) to a clause [...] in the later part of the same sentence." (Quirk et al. 1985:348f.)

Weil it offenbar kein reines Platzhalter-Element ist, gibt es im Englischen kein unpersönliches Passiv im engeren Sinne: (25a) It was reported/assumed/believed/claimed that the president would attend the meeting. (25b) *It was smiled/danced/whispered.

Beispiele wie (25c) zeigen, daß die Verben aus (25b) durchaus passiviert werden können, vorausgesetzt, es müssen weder it noch there die Subjektposition besetzen. Die Sätze in (25b) sind ungrammatisch, weil it seine Verweis-Funktion nicht ausüben kann. (25d) zeigt, daß ein Satz nicht als aspektuelles Telisierungs-Argument fungieren kann. Bleibt als einzige Möglichkeit, dance zu passivieren, die Konstruktion in (25c), bei der das aspektuelle Argument die Form einer DP hat. (25c) The next dance will be danced by the president of the committee and her husband. (25d) *It will be danced that the Jets attack the Sharks.

Wenn it nicht fur Verben in Frage kommt, die kein Satzkomplement lizensieren, folgt daraus, daß die /'f-Konstruktion ebensowenig wie die i/iere-Konstruktion darüber Aufschluß geben kann, ob Verben wie break2 eine unakkusative oder eine unergative Struktur projizieren. Die folgenden Beispiele sagen nichts über die syntaktische Klasse der Verben aus. (26a) *It broke that a/the mirror was completely broken. (26b) *It sank the/a ship.

59 Anders als bei Verben des Glaubens, Meinens, Sagens kann bei den Verben der Zustandsänderung das Komplement nicht die Form eines Satzes annehmen. Ein aspektuelles Komplement ist nicht lizensiert, weil es sich um inhärent telische Verben handelt. Da außerdem aspektuelle Komplemente nicht die Form von finiten Sätzen annehmen, läßt sich kein Kontext mit /i-Subjekt konstruieren, der aufschlußreich fllr die syntaktische Klassifizierung dieser Verben wäre.

3.1.3.3 Adjectival Passive

Formation

Während die Platzhalter-Konstruktionen im wesentlichen syntaktische Testverfahren sind, die mehr oder weniger stark semantisch restringiert werden, handelt es sich bei der Adjectival Passive Formation (APF) um einen im Lexikon anzusiedelnden Wortbildungsprozeß, der durch eine syntaktische Anforderung eingeschränkt ist. Insofern kann die APF nur indirekt als syntaktisches Testverfahren zur Verbklassifizierung gelten. Das Adjectival Passive ist als Konstruktion wie als Testverfahren von der normalen Passiv-Konstruktion zu unterscheiden. Passivadjektiv und Passivpartizip sind im Englischen homophon, sie stehen beide in der Regel mit einer Form von be. Im Deutschen hingegen wird das Adjectival Passive mit einer Form von sein gebildet und die normale Passivkonstruktion mit einer Form von werden. Der wesentliche Unterschied zwischen Adjectival Passive und dem "echten" Passiv liegt darin, daß das Adjectival Passive einen Zustand (stage-level predicate) ausdrückt (daher auch die Bezeichnung "Zustandspassiv"), während im Zuge der Passivierung keine Änderung der Ereignisklasse des zugrundeliegenden Verbs erfolgt.' Der semantische Kern einer Passiv-Konstruktion ist ein Partizip, der eines Adjectival Passive ist ein Adjektiv, vgl. die Aussage von Fabb (1984:153): "statai passives are adjectives, and actal passives are verbs". Als Adjektiv kann ein Passivadjektiv attributiv verwendet werden (a broken box), es erlaubt Affixe, die ein Adjektiv subkategorisieren (an unpainted door), es kann durch very modifiziert werden (He was very frightened) und kann das Prädikat in einem small clause nach statischen Verben bilden (The book remained unsold). Levin/Rappaport (1986:624) führen alle charakteristischen Eigenschaften des Adjectival Passive, aufgelistet in (27), auf die Anwendung einer einzigen Regel zurück, die Konversion (relabelling) des Passivpartizips zum Adjektiv. 10 (27)

9

a. Affixation of the passive morpheme -ed b. Change of category: [+V, - Ν ] - > [+V, + N ] c. Suppression of the external role of the base verb d. Externalization of an internal role of the base verb e. Absorption o f Case f. Elimination of the [NP, VP] position

Zur Motivierung der Unterscheidung von "echten" Passiv-Konstruktionen und Adjectival Passives s. Wasow (1977), Hust (1977), Hoekstra (1984) sowie als Überblick Wanner (1991:1 Iff.). Alternativ könnte man ein Null-Suffix annehmen (zur Problematisierung s. Olsen (1991)) oder mit Miller (1993) die Konversion als Bewegung analysieren.

60 Für ein Ableitungsverhältnis zwischen Passivpartizip und Passivadjektiv spricht vor allem die Formengleichheit, gerade bei unregelmäßig flektierenden Verben: (28a) The window was broken by the storm./the broken window (28b) The letter was written by the president./the unwritten letter

Es wäre nicht nur unökonomisch, Passivadjektive und -partizipien unabhängig voneinander abzuleiten, man würde auch eine Grundregel der Morphologie nicht beachten, nämlich daß identisch markierte Formen verwandte Formen sind. "[S]uch an analysis would be costly: in addition to postulating two -ed affixes for regularly formed participles, w e would have to list each irregular allomorph twice, once as an adjective and once as a verb. Such a system [...] has another disadvantage: it counts as accidental the fact that, for any given verb, the allormorph listed as a verb and the one listed as an adjective are always identical (that is, it does not explain why write has the form written as both its adjectival participle and its verbal participle)." (Lieber 1983:276)

Man leitet das Adjektiv vom Partizip ab (und nicht umgekehrt), weil das Partizip mehr Gemeinsamkeiten mit dem zugrundeliegenden Verb aufweist." Für das Passivpartizip nimmt z.B. Stowell (1981:17) an, daß es hinsichtlich der Eigenschaft [± N] neutralisiert ist ("a neutralized category, being unspecified for the feature [±N]"), während das Passivadjektiv ohne Zweifel eine [+N]-Kategorie ist.12 Anders als bei Passivadjektiven kann bei Passivpartizipien das externe Argument syntaktisch realisiert werden (in der ¿^-Phrase); es ist sogar dann syntaktisch aktiv, wenn keine Ay-Phrase auftritt. Zu diesen "implicit argument effects" gehört die Lizensierung von agens-orientierten Adverbialen und purpose clauses (s. Jaeggli (1986), Roberts (1987) und Baker/Johnson/Roberts (1989)). (29a) The example was misconstrued (by the linguist) (PRO to prove a point). (29b) the misconstrued example (*by the linguist) (*PRO to prove a point).

Die Argumente des Verbs können insgesamt erhalten bleiben, weil die Bildung des Passivpartizips nicht mit einer Veränderung der SAS verbunden ist (vgl. Grimshaw 1990:113ff.). Passivadjektive hingegen gehören - wie andere Adjektive - zur Klasse der STATES, welche im Vergleich mit ACCOMPLISHMENTS eine weniger komplexe SAS haben und entsprechend

weniger Argumente lizensieren. Auch haben Adjektive kein externes Argument im klassischen Sinne. Higginbotham (1985) nimmt für sie wie für Substantive ein Kontext-

"

12

Gegen diese Ableitungsrichtung sprechen allerdings "Passivadjektive" von Verben, die gar kein syntaktisches Passiv bilden (a wilted flower, a fallen leaf). Angesichts derartiger "Passivadjektive" ohne Passivpartizip, die nur adjektivische Verwendungen des Perfektpartizips sein können, geht Zubizaretta (1987) davon aus, daß das Passivadjektiv dem Passivpartizip zugrunde liegt bzw. auf einer früheren Ebene der Grammatik gebildet wird, während Williams (1981b) beide Formen unabhängig voneinander direkt vom Verb ableitet. Alternativ kann man mit Bresnan (1982b) als zugrundeliegende Form in allen Fällen das Perfektpartizip annehmen. Im folgenden werden Formen wie a fallen leaf vereinfachend unter dem Begriff des Passivadjektivs subsumiert, um das Testverfahren der attributiven Verwendung eines Partizips auf -ed im Englischen unter einem Begriff zusammenzufassen. Als Kontrast s. z.B. Czepluch (1982:21), der das Partizip als eine "neutralized V-form [+V, α Ν]" analysiert, die j e nach Kontext als [+N] oder [-N] spezifiziert wird, sowie Hoekstra (1984:198ff.), der das Passivpartizip hinsichtlich der Eigenschaft [±N] gar nicht spezifiziert.

61

Argument R an, dessen Position bei attributiver Verwendung durch "Θ-Identifizierung" mit dem R-Argument des Substantivs geschlossen wird. Dieses Kontext-Argument ist insofern von Interesse, als bei deverbalen Adjektiven eines der thematischen Argumente des Verbs zum Kontext-Argument des Adjektivs werden kann (s. Kap. 3.2.2.2). Handelt es sich um ein internes Argument, bezeichnet man dies als "Externalisierung" des Arguments. Im Kontrast zu Levin/Rappaport, die die Externalisierung als Begleiteffekt der Umkategorisierung des Partizips analysieren, formuliert Williams (1981b) eine explizite Externalisierungsregel für Wortbildungsprozesse E(X), wobei "X" für eine bestimmte Θ-Rolle steht. "E (X): erase the underline on the external argument, if there is one, and underline X. If X = 0, then underline nothing." (Williams 1981b:92)

Die Bildung des Passivadjektivs vergleicht er mit der Suffigierung durch -able: "In both cases w e derive an adjective, and in both cases w e have thematic constancy: the Theme must be the subject o f the output word [...] The adjectival passive, then, has no interesting syntactic component to its description [...]; to syntax it is just another adjective." (Williams 1981 b:94)

Nach Williams ist für die APF die Θ-Rolle THEME relevant (und damit das Konzept der ΘRollen an sich), d.h., nur Verben mit THEME dürften ein Passivadjektiv erlauben, und bei Verben mit THEME und GOAL dürfte nur das THEME extemalisiert werden. Wenn Williams recht hätte, wäre die APF kein Indikator für die syntaktische Klasse des Verbs, denn die Regel E(X) ist explizit für Verben mit und ohne externes Argument formuliert, und ΘRollen müßten in die Argumentstruktur aufgenommen werden. Es läßt sich jedoch leicht nachweisen, daß es bei der APF nicht auf "thematic constancy" ankommt. So können z.B. auch aspektuelle Argumente, die nicht in der Argumentstruktur verankert sind, das externe Argument von Passivadjektiven sein: (30) a half-smiled smile, a well-run marathon, an undanced dance

Könnte man diese Daten vielleicht durch eine entsprechende Ausweitung der Definition von THEME noch erfassen, sind die Daten, die von Levin/Rappaport (1986) angeführt werden, nicht mehr in eine semantisch restringierte Extemalisierungsregel zu integrieren. Levin/Rappaport zeigen, daß bei den Verben der Double Oty'eci-Konstruktion durchaus nicht immer das THEME zum externen Argument des Passivadjektivs wird. Sie arbeiten heraus, daß dann und nur dann ein Passivadjektiv gebildet werden kann, wenn das externe Argument des Passivadjektivs das einzige "direkte Argument" (DP-Komplement) des Verbs sein kann. Ihre Beobachtungen fassen Levin/Rappaport (1986) als Sole Complement Generalization (SCG) zusammen: "An argument that may stand as sole N P complement to a verb can be externalized by APF." (Levin/Rappaport 1986:631).

Beim Verb feed in (31 ) erfüllt nur das GOAL-Argument diese Auflage, bei seil in (32) das bei teach in (33) können GOAL und THEME einzeln stehen, so daß das Passivadjektiv zwei verschiedene R-Argumente haben kann, während bei hand in (34) keines der Argumente "sole complement" sein kann, mit der Folge, daß gar kein Passivadjektiv möglich ist. THEME,

62 (31a) She fed the cat some milk. (31b) »She fed ^ [ s o m e milk]./She fed ^ J t h e cat], (31c) *some unfed milk/the unfed cat (32a) She sold him her car. (32b) She sold TO[a car]./*She sold G0AL [a customer]. (32c) her unsold car/*an unsold customer (33a) They taught the children some manual skills. (33b) They taught ^ [ s o m e manual skills]./Who will teach (33c) those untaught skills/those untaught children

GOAL [those

children]?

(34a) They handed him a knife. (34b) *She handed a knife./*She handed the customer . (34c) *a recently handed knife/*a recently handed person

Den syntaktischen Status von "sole complements" haben auch die aspektuellen Argumente in (30). Es scheint also unerheblich zu sein, ob das zu externalisierende R-Argument ein echtes Argument des Verbs ist oder nicht, ob es das einzige interne Argument des Verbs ist oder nicht, ob es als THEME interpretiert wird oder nicht. Wichtig hingegen sind die syntaktische Kategorie des Arguments (DP) und sein syntaktischer Status (mögliches "sole complement"). 13 Die Beobachtung, daß das Argument, das externalisiert werden kann, dasjenige ist, das im syntaktischen Kontext nicht weggelassen werden kann, zieht natürlich die Frage nach sich, warum sich die o.g. Verben in diesem Punkt unterschiedlich verhalten. Weshalb kann feed nicht ohne GOAL stehen und seil nicht ohne THEME? Die Antwort kann nicht im SAS-Muster als solchem liegen: Beide Verben drücken ein Ereignis aus, bei dem das THEME einer Bewegung unterliegt, deren Endpunkt durch das GOAL festgelegt wird. Eine Hypothese, die in Kap. 7 näher ausgeführt wird, ist, daß der "Name" eines Verbs Aufschluß über sein syntaktisches Verhalten geben kann, wenn das Verb seinen Namen aus einer lexikalischen Vorgabe bzw. Konstante in der semantischen Repräsentation bezieht. Dies gilt z.B. für das Verb feed, bei dem es eine lexikalische Vorgabe hinsichtlich des THEME gibt (food). Das realisierte THEME wäre dann nicht die Umsetzung einer lexikalischen Variablen, sondern die Ausbuchstabierung einer lexikalischen Vorgabe. Deshalb kann das GOAL als "sole complement" stehen. Ließe man hingegen das GOAL weg, wäre das zweite Teilereignis nicht mehr identifiziert. So plausibel diese Überlegungen für Verben wie feed sein mögen, sie können allerdings nicht auf Verben wie seil angewendet werden. Sieht man einmal von der Frage ab, welches Argument bei ditransitiven Verben "sole complement" sein kann, ist die Generalisierung von Levin/Rappaport offenbar dahingehend einzuschränken, daß sie nicht auf alle Ereignistypen anzuwenden ist. Die folgenden Daten belegen, daß zwar möglicherweise alle externen Argumente von Adjektiven "sole complements" von Verben sind, daß aber nicht umgekehrt alle "sole complements" als externes Argument eines Passivadjektivs fungieren können. So ist bei play nur dann ein Passivadjektiv möglich, wenn play den Kern eines telischen Ereignisses bildet, vgl. den Kontrast in (35a/b).

13

Ackerman (1992) weist daraufhin, daß dieser Ansatz problematisch ist für Sprachen, in denen Komplemente grundsätzlich optional sind; als Beispiel nennt er Ungarisch.

63 (35a) Sally played the piano./The piano will be played by Jane Fairfax./*the unplayed piano (35b) They played a game of chess./The game will be played according to the new rules./ the half-played game

In beiden Fällen gibt es ein Passivpartizip, von dem das Adjektiv abgeleitet werden könnte, und ein "sole complement", das dabei externalisiert werden könnte. Offenbar spielt darüber hinaus eine Rolle, ob das Komplement einer Veränderung unterliegt oder nicht. Die APF scheint also nicht allein syntaktisch restringiert zu sein. Sie ist jedoch zumindest in einer Richtung als aussagekräftiges, wenngleich indirektes Testverfahren zur Ermittlung des syntaktischen Status von DPs zu empfehlen: Wenn ein Passivadjektiv möglich ist, ist dies ein Indikator dafür, daß es sich bei der DP, die als externes Argument des Passivadjektivs fungiert, um ein DP-Komplement des zugrundeliegenden Verbs handelt (als internes oder aspektuelles Argument).

3.1.3.4 Aspektuelle Komplementation Nachdem einige gängige Testverfahren besprochen wurden, soll nun ein Verfahren vorgestellt werden, das relativ selten zur syntaktischen Klassifizierung von Verben herangezogen wird. Dabei ist es einfach anzuwenden und bringt klare Ergebnisse: Man füge bei einem vorliegenden Satz ein nominales Komplement hinzu und prüfe, ob das Ergebnis grammatisch ist. Wenn ja, handelt es sich um ein Verb, das strukturellen Kasus zuweisen kann, ohne dieses Potential bereits ausgeschöpft zu haben, also um ein unergatives Verb. Die folgenden Beispiele illustrieren, welche Art von nicht subkategorisierter DP für diesen Test in Frage kommt: (36a) (36b) (36c) (36d)

She She She She

(37a) (37b) (37c) (37d)

He He He He

ran ran ran ran

a mile/the N e w York Marathon/a new world record. her shoes threadbare. a hole in her shoes. herself breathless.

smiled smiled smiled smiled

his way out of the room/into his aunt's confidence. his thanks/his approval/a warm welcome at everyone. his sardonic smile. himself stupid.

Diese Komplemente, die weder subkategorisiert noch θ-markiert werden, sondern allein durch die Zuweisung von Kasus lizensiert zu sein scheinen, sind nicht etwa semantisch leere Elemente oder Bestandteile von idiom chunks, sondern DPs, die zur Interpretation des Satzes entscheidend beitragen - und zwar insb. hinsichtlich der Ereignisstruktur. Ihre Position und Funktion vorwegnehmend, werden die postverbalen DPs in (36/37) hier als "aspektuelle Komplemente" bezeichnet. Eigentlich sollten sie als Komplemente Argumente des Verbs sein, aber jedes Argument braucht eine Θ-Rolle, und eine solche steht für sie nicht zur Verfügung, da sie nicht in der SAS der Verben verankert sind. In der klassischen Formulierung der X-bar-Theorie sind nicht θ-markierte Komplemente nicht vorgesehen, vgl. Chomsky (1981:36). Daß es sich bei den fraglichen Konstituenten tatsächlich um (a) DPs und (b) Komplemente (und nicht etwa Adjunkte) handelt, läßt sich durch bewährte strukturelle Tests nachweisen. In (38) wird exemplarisch für das Beispiel (36a) der Status der postverbalen DP überprüft.

64 (38a) (38b) (38c) (38d) (38e) (38f)

Sally ran the New York Marathon and Allison ran it too. What did Sally run? Her first marathon. Sally ran the New York Marathon *and Allison did so the Berlin City Race. Sally ran her first marathon in January and Allison did so in March. * Sally ran successfully her first marathon. Sally ran the Boston Marathon and some other city race within two weeks.

Die fragliche Konstituente kann durch eine DP-Proform ersetzt werden, sie kann durch whBewegung verschoben werden und fungiert außerdem als sentence fragment, man kann zwischen sie und das Verb kein Adjunkt einfügen, sie kann mit einer gleichartigen Konstituente koordiniert werden, und der do so-Test belegt, daß Verb und DP zusammen V'Status haben, nicht aber das Verb allein. Die Daten in (39) zeigen, daß die zu diskutierenden DPs dem Kasusfilter unterliegen und strukturell kasusmarkiert werden müssen. In einer Passiv-Konstruktion muß die DP bewegt werden, um kasusmarkiert werden zu können, s. (39a/b). Bei unakkusativen Verben wäre diese Bewegung auch nötig; da aber die Subjektposition schon belegt ist (mit dem ebenfalls aus Kasusgründen bewegten internen Argument des Verbs), ist sie nicht möglich; die Sätze (39c/d) sind somit ungrammatisch. (39a) (39b) (39c) (39d)

A warm welcome was smiled at everybody who turned up before 10 o'clock. *It was smiled a beaming thankyou by the young dancer. *He arrived a late arrival/his way to the stage. *The statue broke a loud smash.

Für den Kasusfilter gibt es also keinen Unterschied zwischen DPs mit Argumentstatus und DPs ohne Argumentstatus. Deshalb lizensieren transitive Verben neben ihrem "echten" DPKomplement kein aspektuelles DP-Komplement. (39e) She pounded the silver flat/into a flat square/*a flat square. (39f) *He whistled the tune a meditative whistle. Aspektuelle Komplemente der Kategorie DP sind aufgrund der notwendigen Kasuszuweisung nur bei unergativen Verben zu erwarten. Die weitere Diskussion wird zeigen, daß die syntaktische Lizensierung dieser Komplemente (durch die Zuweisung von Kasus) ein Reflex der aspektuellen Lizensierung (durch die Identifizierung eines Teilereignisses) ist. Damit sind aspektuelle Komplemente zuerst ein Indikator für eine bestimmte semantischaspektuelle Struktur, in Abhängigkeit davon aber auch für die syntaktische Klasse des jeweiligen Verbs.

3.1.3.4.1

Das Beispiel Cognate

Object

Das semantische Spektrum für nicht θ-markierte DPs ist naturgemäß geringer als das für echte Argumente. Nicht jede Art von DP ist als aspektuelles Komplement geeignet. Ein bestimmter Typ von aspektueller Komplementation liegt vor, wenn die DP ein "cognate object" ( c o ) ist. In der Regel versteht man unter diesem Begriff DPs, deren Semantik vollständig in die Verbbedeutung inkorporiert ist und die zudem morphologisch verwandt mit dem Verb sind:

65 "In this type of object, the noun head is semantically and often morphologically related to the verb. The object can therefore not be considered a participant. Its semantic function is to repeat, wholly or partially, the meaning of the verb." (Quirk et al. 1985:750)

Inkorporierte Bestandteile der lexikalischen Struktur können nicht Variablen sein, die in der Syntax zu Argumenten mit referentieller Funktion werden. Nur unter sehr spezifischen Bedingungen können sie überhaupt ausbuchstabiert werden. Sie tragen eigentlich, so die gängige Meinung, nichts zur propositionalen Semantik des Satzes bei und treten deshalb meistens zusammen mit einem Modifikator auf: (40a) He smiled his stupid smile/?a smile. (40b) They fought a desperate fight/?a fight.

Levin (1993:96) ordnet dem Modifikator dabei eher eine adverbiale Funktion zu. In der Tat kann man in vielen Fällen ein entsprechendes Adverb finden: (40a') He smiled stupidly. (40b 1 ) They fought desperately.

Quirk et al. (1985) betrachten derartige Paraphrasierungen als bedeutungsgleich ("equivalent") mit den entsprechenden cos. Betrachtet man jedoch die Ereignisstruktur der Sätze, ist diese Gleichsetzung nicht haltbar (s.u.). Als DP-Komplemente sollten c o s prinzipiell syntaktisch genauso beweglich wie "echte" Argumente sein. In der Tat können sie - unter geeigneten Kontextbedingungen - modifiziert, bewegt und koordiniert werden. (41a) What did he whistle? A low whistle of satisfaction. (41b) She smiled her famous smile and her full approval of the performance.

MacFarland (1994) stellt einige Beispiele zusammen, die verdeutlichen, daß COs auch in der Subjekt-Position von Passiv-Konstruktionen auftreten können, s. (41c), und daß, wenngleich marginal, auch die Topikalisierung von COs möglich ist, s. (41d). Außerdem können sie, wie in (4le), das externe Argument eines Passivadjektivs sein. (41c) A weary sigh was sighed by the overworked field worker at the end of a long day. vs. *A weary sigh was sighed by Bill. (Jones 1988) (4Id) For he who lives more lives than one, more deaths than one must die. (Oscar Wilde) (4 le) The backlog of unflown flights was, of course, apalling. (aus dem Guardian)

Löst man sich einmal von der Vorstellung, daß es nur eine Klasse von Komplement-DPs gibt, nämlich "echte" Argumente, die beliebig ausgetauscht, ersetzt und bewegt werden können, sind die Daten in (41) als Anhaltspunkt dafür zu nehmen, daß COs Komplemente sind. Diese Position steht im Einklang mit ihrer aspektuellen Funktion, auf die im folgenden eingegangen werden soll. Es scheint, als komme für jedes Verb nur ein bestimmtes CO als aspektuelles DPKomplement in Frage (s. den Kontrast in (42a)). Es geht aber offenbar nicht allein um enge semantische und/oder morphologische Verwandtschaft zwischen Verb und Komplement, denn in den meisten Fällen sind verschiedene Abstrakta als dem CO vergleichbare Komplemente möglich, s. (42b). Levin (1993) bezeichnet derartige Komplemente als "reaction object".

66 (42a) He smiled a sardonic smile/*a stupid grin. (42b) He smiled a (beaming) thankyou/a tired goodbye at the committee.

Gemeinsam ist allen Fällen, daß die postverbale DP ein wahrnehmbares "Objekt" bezeichnet, das nicht unabhängig von dem Ereignis, das das Verb ausdrückt, existiert, sondern im Verlauf dieses Ereignisses zustande kommt bzw. produziert wird. Damit hat das Ereignis einen natürlichen Endpunkt, der in der Existenz dieses Objekts liegt. Im Fall des CO ist die Produktion dieses Objekts aufgrund der spezifischen Semantik des Verbs mehr oder weniger selbstverständlich. Das COs selbst bringt wenig neue Information und muß deshalb in der Regel modifiziert werden. Der gleiche Effekt stellt sich übrigens auch bei transitiven Verben ein, vgl. (42c/d): (42c) ?She smiled a smile./?They fought a fight. (42d) ?She donated a donation to the museum./?They built a building.

"Reaction objects" wie in (42b) müssen hingegen nicht weiter modifiziert werden, denn ihre Produktion ergibt sich nicht aus der Semantik der Verben. Für beide Gruppen von Komplementen soll im folgenden die Bezeichnung CREO (fìlr "created object") verwendet werden. Durch ein CREO ergibt sich eine Struktur wie bei einem transitiven Verb: Während bei Transitiva das Objekt ein echter "participant" des Ereignisses ist, das als solches in der lexikalischen Struktur des Verbs verankert ist (z.B. bei build a house), können ACTIVITYVerben durch ein CREO zu ACCOMPLISHMENTS erweitert werden. COs sind nur eine spezifische Ausprägung dieses "created object" oder CREO. Beide sind in der Regel INCREMENTAL THEME im Sinne Dowtys (1991), vgl. Kap. 4.1.2.1. Daß COs einen Telisierungseffekt haben, wird u.a. durch den Grammatikalitätsunterschied in bezug auf die Einbettung nach finish belegt (s. (43a/a')). Auch der almost-Test ergibt, daß sich CO-Konstruktionen wie ACCOMPLISHMENTS verhalten. Während Satz (43b') nur die Lesart hat, daß überhaupt nicht gelächelt wurde, kann (43b) auch so interpretiert werden, daß sie lächelte, wobei ein bestimmter Gesichtsausdruck nur beinahe zustande kam. (43a) Chris finished whistling a meditative whistle (and then went on with his work). (43a 1 ) "Chris finished whistling (and then went on with his work). (43b) She almost smiled her famous I-can't-help-it smile. (43b 1 ) * She almost smiled.

Nimmt man diese Daten zusammen, ergibt sich, daß durch das CO die Ereignisstruktur des Satzes verändert wird. Statt eines homogenen Ereignisses wird ein telisches Ereignis ausgedrückt, und es ergibt sich eine Vorher-Nachher-Relation. Zu Beginn des Ereignisses existiert das Lächeln noch nicht, am Ende des Ereignisses existiert es. Das CO bestimmt also den natürlichen Endpunkt des Ereignisses, während das Subjekt das erste Teilereignis identifiziert. In Anlehnung an Pustejovsky (1991), der den Argument-Begriff auf einen bestimmten Status in der Ereignisstruktur ausdehnt, bezeichnet MacFarland COs daher als Argumente: "[CJognate objects 'measure out' and delimit the event described by the verb, an event that is otherwise temporally unspecified. [...] cognate object constructions are transitions and have a complex event structure. [...] objects in transition event structures must be arguments of the verb; since cognate object constructions are transitions, it follows that the cognate objects in these constructions are arguments of their verbs." (MacFarland 1994:165f.)

67 Ob man, wie MacFarland, aspektuelle Komplemente als "Argument" bezeichnet, ist nebensächlich. Wichtig ist, daß aufgrund einer aspektuellen Funktion ein DP-Komplement möglich ist. Hier wird zur Abgrenzung vom klassischen Argument-Begriff der Θ-Theorie die Bezeichung "aspektuelles Argument" gewählt. Eine postverbale DP kann dadurch lizensiert sein, daß sie als Argument im aspektuellen Sinne fungiert. Sie muß zur Konstituierung der Ereignisstruktur beitragen, z.B. indem sie das Ereignis telisiert. Die aspektuelle Lizensierung von DP-Komplementen ist also eine Alternative zur thematischen Lizensierung durch das Θ-Kriterium.

3.1.3.4.2 Zum Verhältnis von aspektueller Funktion und Kasuszuweisung Als eigenständige DPs müssen aspektuelle Komplemente wie andere DPs kasusmarkiert werden. Da sie nicht in der lexikalischen Struktur verankert sind, steht ein inhärenter Kasus für sie nicht zur Verfügung. Sie müssen strukturell kasusmarkiert werden und sind folglich nur nach Präpositionen und nach unergativen Verben möglich, die über ein nicht ausgeschöpftes Kasus-Potential verfügen. Bei transitiven Verben mit DP-Komplement steht kein Kasus mehr für ein aspektuelles DP-Komplement zur Verfügung. Das gleiche gilt für interne Verben: Nach der Burzio-Generalisierung weisen sie nicht strukturellen Kasus zu, so daß das interne Argument in die Subjekt-Position bewegt werden muß. Selbst wenn man entgegen der Burzio-Generalisierung nicht ausschließen will, daß interne Verben strukturellen Kasus zuweisen können, ist nicht zu erwarten, daß dieser ausgerechnet an ein aspektuelles Komplement geht statt an das interne Argument, das nicht einmal inhärent kasusmarkiert wird (sonst müßte es nicht in die Subjekt-Position bewegt werden). Aber die syntaktische Lizensierung einer DP durch Kasus ist nur ein Reflex der Lizensierung durch die SAS der Verben sowie die Prinzipien der aspektuellen Komposition in der Syntax. Würde es sich nicht so verhalten, wären COs auch nach transitiven Verben zu erwarten, deren Kasuspotential noch nicht ausgeschöpft ist, weil ihr Komplement als Satz realisiert wird. Die folgenden Beispiele, in denen das Verb zwei Komplemente hat, ein CO und ein thematisches Komplement, sind jedoch ungrammatisch. (44a) *She explained [a complicated explanation] [that she would not accept the offer]. (44b) *She asked [an unexpected question] [if she could leave early].

Die Ungrammatikalität kann nur erklärt werden, wenn man annimmt, daß c o s nicht nur kasus-lizensiert sein müssen. Die COs, die hier betrachtet wurden, haben die aspektuelle Funktion, ein BECOME-Ereignis zu identifizieren. Damit tragen sie entscheidend zur Konstituierung der Ereignisstruktur des Satzes bei und sind nicht bloß eine Ausbuchstabierung lexikalisch inkorporierter Information. Deshalb sind neben COs auch andere Formen der Telisierung möglich. Will man den Argumentbegriff auf diese Art von Komplement ausdehnen, gelangt man zu der folgenden Definition: Ein aspektuelles Argument ist eine XP in einer Argumentposition, die nicht durch das Θ-Kriterium lizensiert ist, sondern durch ihre aspektuelle Funktion und einen [+Case]-Kontext. Die hier vorgestellte Analyse von aspektuellen Komplementen erlaubt es, zumindest eine Teilrelation der Burzio-Generalisierung explanatorisch adäquat abzusichern: Unergative Verben drücken ACTIVITIES bzw. DO-Ereignisse aus und benötigen als solche kein Komplement. Da aber ACTIVITIES ZU ACCOMPLISHMENTS erweitert werden können, haben diese

68 Verben das aspektuelle Potential, ein zweites Teilereignis zu lizensieren. Dieses muß durch ein Komplement identifiziert werden. Die Verben, die ein DP-Komplement in aspektueller Hinsicht lizensieren, können einem solchen Komplement auch Kasus zuweisen. Umgekehrt verhält es sich bei unakkusativen Verben. Sie gehören zur Ereignisklasse ACHIEVEMENT bzw. drücken BECOME-Ereignisse aus. Deshalb benötigen sie ein internes Argument. Ein weiteres DP-Komplement ist in aspektueller Hinsicht nicht lizensiert, weil j a bereits ein telisches Ereignis vorliegt. Konsequenterweise verfügt das Verb auch nicht über das syntaktische Potential, ein weiteres DP-Komplement zu lizensieren (durch Kasusmarkierung). Unakkusative Verben kommen also in erster Linie deshalb nicht mit c o s vor, weil sie bereits ein Argument haben, das ein BECOME-Teilereignis identifiziert. Die Möglichkeit, strukturellen Kasus zuzuweisen, hängt also davon ab, welche Ereignisse in welcher Form zu identifizieren sind; sie sollte daher nicht, wie in Anlehnung an die "BurzioGeneralisierung" allgemein üblich, in Abhängigkeit von der Argumentstruktur, speziell der Präsenz eines externen Arguments, beschrieben werden. A s p e k t u e l l e K o m p l e m e n t e s i n d t y p i s c h f ü r ACTIVITIES, w e i l ACTIVITIES z u ACCOMPLISH-

MENTS expandiert werden können. Hingegen sind STATES nicht zu telisieren, und ACHIEVEMENTS u n d ACCOMPLISHMENTS s c h ö p f e n ihr K a s u s - P o t e n t i a l b e r e i t s in b e z u g a u f ihr " e c h -

tes" internes Argument aus. Welche Formen der aspektuellen Komplementation möglich sind, wird weitgehend durch die semantische Klasse des Verbs determiniert. So zeigen die Beispiele aus (37), hier noch einmal wiederholt als (45), daß es bei smile vergleichsweise viele Möglichkeiten der Telisierung gibt. (45a) (45b) (45c) (45d)

He He He He

smiled smiled smiled smiled

his way out of the room/into his aunt's confidence, (directional use) his thanks/his approval/a warm welcome at everyone, (reaction object) his sardonic smile, (cognate object) himself stupid, (resultative construction)

CO und "reaction object" werden gleichermaßen als CREO verstanden. Anders verhält es sich bei der Resultativ-Konstruktion: Hier ist ein belebtes Objekt als postverbale DP möglich. Da dieses jedoch nicht als CREO interpretiert werden kann, muß der Endpunkt des Ereignisses durch eine weitere XP (AP oder PP) determiniert werden, die - im Vorgriff auf die Analyse in Kap. 5.1 - ebenfalls unter den Begriff des aspektuellen Komplements subsumiert werden soll. Zwei aspektuelle Argumente der Kategorie DP sind aus Kasusgründen ausgeschlossen. Nicht jedes unergative Verb kommt mit allen Formen der aspektuellen Komplementation vor. Die Auflistung von Levin (1993) zeigt, daß es von der semantischen Klasse der Verben abhängt, ob ein CO und/oder ein "reaction object" möglich ist, s. die folgenden Beispiele: (46a) Linda winked her agreement./'1'Linda winked a bold wink. (46b) Paul breathed a deep breath./*Paul breathed Mary awake.

Diese Einschränkungen gilt es zu beachten, wenn man aspektuelle Komplemente als Testverfahren zur syntaktischen Klassifizierung heranzieht. Man sollte daher immer verschiedene Typen der aspektuellen Komplementation testen. Da Einschränkungen wie in (46) nicht syntaktisch zu begründen sind, gilt, daß eine einzige grammatische Variante ausreichend nachweist, daß ein externes Verb vorliegt.

69 3.2 Klassifizierung mit B e z u g auf die Argumentstruktur

Die Argumentstruktur wird oft als Schnittstelle zwischen Lexikon und Syntax bezeichnet, und Argumente werden einerseits mit Bezug auf die lexikalische Repräsentation (als Variablen in der SAS) und andererseits mit Bezug auf syntaktische Positionen (A-Positionen als potentielle Θ-Positionen) definiert. Ein Argument im Sinne der GB-Theorie ist ein referenzfähiger Ausdruck, der in bestimmter Weise in der lexikalischen Repräsentation verankert ist und nach dem Projektionsprinzip syntaktisch realisiert werden muß, wobei nur wenige syntaktische Positionen als "A-Position" in Frage kommen. Weniger GB-spezifisch formuliert: "Argumente sind, grob gesagt, semantische und kognitive Entitäten im Bezugsbereich eines Prädikats; sie repräsentieren außersprachliche, sozusagen ontische Objekte, denen wir durch das Prädikat Eigenschaften zusprechen oder die wir in Relation zueinander setzen." (Wunderlich 1985:184)

Die Argumentstruktur ist die Repräsentationsebene, auf der die Argumente des Verbs in einer grammatisch relevanten Ordnung aufgeführt werden. Grimshaw (1990:1 f.) skizziert den Status der Argumentstruktur in der lexikalischen Auslegung des GB-Modells als syntaxrelevante lexikalische Repräsentationsebene: "[AJrgument structure represents a complex of information critical to the syntactic behavior of a lexical item. [...] The term refers to the lexical representation of grammatical information about a predicate. [...] Argument structure interfaces with two other kinds of representation. One is lexical semantic structure [...]. The second representation which a-structure interfaces with is deep structure [...] In the strongest possible theory the a-structure of a lexical item is predictable from its meaning, and the d-structure the item appears in is predictable from its a-structure in interaction with independent parametric characteristics of the language." (Grimshaw 1990: If.)

In diesem Modell ist die Argumentstruktur keine unabhängig motivierte Repräsentationsebene, sondern sie nimmt quasi als Filter zwischen semantischer und syntaktischer Repräsentation nur einen Ausschnitt der semantisch-aspektuellen Repräsentationsebene auf. Vorherrschend ist die Ansicht, daß die Argumentstruktur die inhaltliche Komponente der SAS ausblendet. Folglich enthält die Argumentstruktur keine Information über die Interpretation der Argumente: "Thematic information goes into determining a verb's argument structure, but that is the extent of its influence; the rest of the syntax cannot 'see' it directly" (Pinker 1989:71)

Wenn das syntaktische Verhalten von Verben zu großen Teilen aus ihrer SAS folgt (aiterativ: wenn die Argumentstruktur aus der SAS folgt und das syntaktische Verhalten aus der Argumentstruktur), stellt sich die Frage, inwiefern es sich bei der Argumentstruktur um eine eigenständige Ebene der grammatischen Repräsentation handelt. Dies ist kein Problem, das speziell in bezug auf die Argumentstruktur auftritt. Eine Ebene der grammatischen Repräsentation muß nicht dadurch legitimiert werden, daß sie nicht aus anderen Vorgaben abgeleitet werden kann. Entscheidend ist, daß diese Ebene andere Strukturprinzipien hat als die vorgegebenen Ebenen und daß sie die Bezugsebene für grammatische Prozesse ist. Wenn es grammatische Prozesse gibt, die auf die Strukturprinzipien der Argumentstruktur Bezug nehmen oder die auf der Ebene der Argumentstruktur stattfinden, ist diese damit ausreichend legitimiert.

70 3.2.1 Repräsentation der Argumentstruktur Der Begriff "Argumentsin/Äft/r" legt nahe, daß es sich bei dieser Repräsentationsebene, die als Schnittstelle zwischen Syntax und Lexikon fungiert, nicht einfach nur um eine triviale (im Sinne von: nicht weiter zu begründende) Auflistung syntaktisch relevanter Elemente handelt. Im wesentlichen begnügt man sich jedoch damit, in Anlehnung an Williams (1981b) eine Unterscheidung in interne und externe Argumente vorzunehmen und das externe Argument als solches zu markieren. Alternativ wird in den Arbeiten des MITLexikon-Projekts die Argumentstruktur als "Lexical Relational Structure" im X-bar-Format angegeben (z.B. Hale/Keyser (1993b)). In manchen Ansätzen wird neben diesen thematischen Argumenten ein nichtthematisches Kontext-Argument "E" angenommen, das bei Verben dazu dient, das Ereignis für die Verankerung in Raum und Zeit zugänglich zu machen (Davidson 1967, Higginbotham 1985). Des weiteren wird im Bereich der internen Argumente in manchen Arbeiten zwischen "direkten" und "indirekten" Argumenten unterschieden (Levin/Rappaport 1995a). Als direktes Argument zählen DPs und Sätze, als indirektes Argument zählen PPs. Indirekt ist dabei nicht das Verhältnis zwischen V und PP, sondern das zwischen dem Verb und der DP, die in die PP eingebettet ist. Repräsentiert wird die Argumentstruktur eines Prädikats wiederum in Anlehnung an Williams (1981b) - meistens als nicht-strukturierte Auflistung von Argumenten. Lediglich das externe Argument wird, falls vorhanden, durch ein diakritisches Merkmal (Unterstreichung) markiert, s. (la). ( 1 a)

break, : [θ,, θ 2 ]

put: [θ,, θ 2 , θ 3 ] (Williams 1981b)

Die Θ-Platzhalter werden durchnumeriert, um zu signalisieren, daß es sich um verschiedene Θ-Rollen handelt - um welche, wird nicht gesagt, weil sich diese Information aus der SAS ergeben soll: "The a-structure contains no information about particular theta roles" (Grimshaw 1990:10). Dieser Anspruch ist jedoch nicht haltbar, wenn Wortbildungsregeln (wie die Externalisierung und Internalisierung eines Arguments bei Williams) in bezug auf die Θ-Rolle des Ziel-Arguments parametrisiert werden (z.B. "Externalisiere das THEME"). Nur wenn Θ-Rollen eindeutig strukturell definiert sind, wie z.B. in der konzeptuellen Semantik Jackendoffs, kann man mit Recht von "convenient mnemonics for particularly prominent configurations" sprechen (Jackendoff 1987:378). Während also ( l a ) keine strukturierte Repräsentation ist und zudem die Realität von ΘRollen als grammatisch relevanten Einheiten impliziert, macht Grimshaw (1990) den Versuch, die Argumentstruktur hierarchisch durchzuorganisieren (repräsentiert durch Klammernotation). Jedem Argument soll ein spezifischer Hierarchiestatus zugewiesen werden, der sich durch die Einstufung des Arguments in eine aspektuelle und eine thematische Skala ergibt.14 Das externe Argument ist kein besonderes Argument, sondern lediglich das Argument, das den höchsten Hierarchiestatus hat. Statt der Unterstreichung wird es als einziges Argument nur von einem Klammerpaar umfaßt, s. (lb). Der Grimshaw-Ansatz ist

14

Allerdings arbeitet Grimshaw die aspektuelle Skala nicht aus. Deshalb ist die Repräsentation fur put in ( l b ) idealisiert, denn Grimshaw gibt keine Anleitung dafür, wie die beiden internen Argumente hier aspektuell zu differenzieren sind. Eine Repräsentation, in der zwei Argumente den gleichen Status haben (etwa (y (x,z)) für put), ist nicht vorgesehen.

71 in der Theorie bestechend, hat jedoch in der praktischen Ausführung große Mängel. Z.B. wäre zu erwarten, daß jedes einstellige Verb ein externes Verb wäre, denn ein einziges Argument müßte immer das ranghöchste Argument und damit ein externes Argument sein. Dieses Problem kann Grimshaw nur durch rigorose Zusatzregeln "lösen", vgl. Kap. 4.1.3.2. (lb) break: (y (x)) ( 1 c) break: e, x

put: (y (x (z)) (Grimshaw 1990) put: e, χ (Levin/Rappaport 1995a)

Deshalb soll hier im Vorgehen weitgehend der Repräsentation nach Levin/Rappaport gefolgt werden (vgl. (lc)), die dem externen Argument wiederum einen Sonderstatus einräumt, ohne dieses jedoch über den Begriff der maximalen Projektion zu definieren. Die Repräsentation nach (lc) enthält ein Kontext- oder Ereignis-Argument und die Differenzierung zwischen indirekten und direkten Argumenten, die aber als interne Argumente gleichrangig nebeneinander stehen. Anders als Williams repräsentieren Levin/Rappaport Argumente nicht als zuzuweisende Θ-Rollen, sondern als offene Stellen, die, wie Higginbotham (1985) vorschlägt, in unterschiedlicher Weise syntaktisch geschlossen werden können (discharging). Um den strukturellen Charakter der Repräsentation abzubilden, soll die Klammernotation von Grimshaw entlehnt werden. (ld) break: [e, (x(y))]

put: [e, (x(y, P loc z))]

Damit ist ( l d ) die hier verwendete Repräsentationsform für die Argumentstruktur.

3.2.1.1

Kontext-Argument

Normalerweise bezieht man sich mit dem Begriff des Arguments auf einen Bestandteil in der semantischen Repräsentation eines lexical item. Argumente müssen syntaktisch realisiert werden und erhalten charakteristische Interpretationen, die man zur Vereinfachung als Θ-Rollen etikettiert. Darüber hinausgehend plädiert Higginbotham (1985) in Anlehnung an Davidson (1967) für die Annahme einer weiteren Argumentstelle, die für die Einbindung des lexical item in den syntaktischen Kontext zuständig ist. Dieses Argument soll hier möglichst neutral als "Kontext-Argument" bezeichnet werden. 15 Für Verben wird als Kontext-Argument ein Ereignis-Argument "E" angenommen, dessen Aufgabe darin besteht, das Ereignis für die temporale Verankerung zugänglich zu machen - "at the point where VP meets Infi" (Higginbotham 1985:561). Technisch geschieht dies bei Higginbotham durch existential closure der Argumentstelle (Higginbotham 1985:556). Damit ist die Anforderung des modifizierten Θ-Kriteriums, daß jede Argumentstelle zu schließen ist ("Every thematic position

15

Die gemeinsame Bezeichnung "Kontext-Argument" fur das Ereignisargument bei Verben und das Referenzargument bei Substantiven soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß "E" und "R" möglicherweise keine Gemeinsamkeiten aufweisen (vgl. Williams (1981b:86), der der Überzeugung ist, daß es zu R "no counterpart in the verbal system" gibt). Als nicht-thematische Argumente scheinen sie jedoch eher vergleichbar zu sein als R und das externe Argument von Verben, vgl. auch Wunderlich (1987:33f.), der den Begriff des "referential argument" auf das Ereignisargument von Verben ausdehnt, weil beide Kontext-Argumente die gleiche Funktion haben: "Referential arguments serve to anchor linguistic expressions in the external world".

72 is discharged"), in Form des "θ-binding" erfüllt, und der Satz ist interpretierbar. In diesem Modell entspricht der Argumentstelle für das Kontext-Argument keine syntaktische Konstituente; es gibt also kein l:l-Verhältnis zwischen Argumenten als Positionen in der Argumentstruktur und Argumenten als Konstituenten in der Syntax. Wenngleich die Ausweitung der Argumentstruktur durch Higginbotham - zusammen mit seiner Modifizierung des Θ-Kriteriums - in der generativen Linguistik weitgehend zum Standard avanciert ist (vgl. Speas (1990)), gehen doch die Ansichten über die Art, die Realisierung und die Funktion dieses Arguments auseinander. So analysiert z.B. Kratzer (1989) das Kontext-Argument als eigentliches externes Argument des Verbs, das wie andere Argumente syntaktisch realisiert werden muß (als einziges Argument außerhalb der VP), während Grimshaw (1990:64) das verbale Kontext-Argument nicht in die normale Argument-Hierarchie aufnimmt: "E, if present in the a-structure at all, certainly does not count as the external argument of verbs". Im Kontrast zu Higginbotham nimmt Kratzer fur individual-level predicates kein Kontext-Argument an. Felser (1995) schließt sich dieser Argumentation an und generiert das Kontext-Argument von Verben als Ereignisargument E in der Spec-Position einer Aspekt-Phrase. Individual-level predicates seien nicht aspektuell spezifizierbar (sie können z.B. nicht im progressive stehen) und Iizensierten somit weder Ereignisargument noch Aspekt-Phrase. Wieder anderer Auffassung sind Ritter/Rosen (1998:137), die annehmen, "that syntactic events, in which event roles are assigned, are necessarily delimited events". Weniger umstritten als das Ereignis-Argument ist das Kontext-Argument im Nominalbereich. Als "externes Argument" von Substantiven nehmen Williams (1981b) und DiSciullo/ Williams (1987) ein Referenz-Argument an, dem kein syntaktisches Argument entspricht. Hingegen spricht sich Grimshaw (1990:63ff.) dagegen aus, für alle Substantive das gleiche Kontext-Argument anzunehmen. Anhand von Daten aus dem Bereich der Nominalisierung stellt sie dar, daß das syntaktische Verhalten von deverbalen Substantiven wie examination dem von Verben ähnlicher ist als das Verhalten von "normalen" Substantiven wie journey. Für die erste Klasse führt sie die Bezeichnung "complex event noun" ein und ordnet ihnen als Kontext-Argument statt des R-Arguments ein nominales Ereignis-Argument "Ev" zu. Substantive mit Ev-Argument unterscheiden sich von Substantiven mit R-Argument z.B. dadurch, daß sie aspektuelle Modifizierer lizensieren und ein PRO-Subjekt im purpose clause kontrollieren können (durch ihr Ev-Argument). (2a) (2b)

the constant examination of the candidates (in order to determine whether...) the (*constant) journey (to Paris) (*in order to prove that...)

Nach Grimshaw können nur von Verben abgeleitete Substantive ein Ev-Argument haben. Dabei hängt es von den lexikalischen Eigenschaften des Affixes ab, ob das abgeleitete Substantiv als Kontext-Argument ein Referenz-Argument oder ein Ereignis-Argument hat (Grimshaw 1990:67).16 In der Regel nimmt man weder für R noch für Ev ein syntaktisches Äquivalent an. Die Argumentstelle R kann z.B. durch "Θ-Identifizierung" mit dem R-Argument von Adjektiven geschlossen werden. Dieses nominale Kontext-Argument ist hier von Interesse, weil

16

Alternativen bieten sich im Modell der syntaktischen Affigierung: So schlagen van Hout/Roeper (1998) eine "Voice-Event Phrase" vor, die auch Bestandteil deverbaler Substantive sein kann.

73 bei deverbalen Substantiven oder Adjektiven eines der (thematischen) Argumente von V zum R-Argument werden kann. Dies gilt für die Nominalisierung durch -er und -ee wie für die Adjectival Passive Formation, so daß diese Wortbildungsprozesse als Testverfahren für die Präsenz eines bestimmten Arguments in der Argumentstruktur von Verben verwendet werden können. Der syntaktische Status des verbalen Kontext-Arguments spielt hingegen für die weitere Diskussion keine Rolle; die Argumentstelle E bei Verben wird daher vernachlässsigt. Auch soll hier nicht weiter verfolgt werden, ob alle Verben das gleiche Kontext-Argument haben, da angenommen wird, daß sich der Charakter dieses Arguments aus den semantischaspektuellen Eigenschaften des Verbs ergibt. Wenn im folgenden von externen und internen Argumenten die Rede ist, sind immer nur thematische Argumente gemeint.

3.2.1.2 Externes Argument Die Bezeichnung "externes" Argument geht auf Williams (1981b) zurück und ist im wesentlichen struktuell definiert: Das externe Argument wird außerhalb der Projektion, die V und etwaige interne Argumente umfaßt, generiert. Es kann nur ein externes Argument geben, weil es nur eine A-Position außerhalb der VP gibt (so die klassische Argumentation). Williams begründet den Sonderstatus des externen Arguments damit, daß dieses Argument als Subjekt mit der VP als Prädikat durch Anwendung einer Prädikationsregel koindiziert wird (vgl. Williams 1981b:83f.). Da das Prädikat nur einen Index tragen kann, kann es auch nur ein Subjekt bzw. externes Argument geben. Das Subjekt muß außerhalb der VP stehen, weil die Prädikationsregel nur angewendet werden kann, wenn Subjekt und Prädikat einander c-kommandieren. Wie Williams nehmen auch Belletti/Rizzi (1988) an, daß eigentlich jedes Argument das externe Argument sein könnte: "[W]e adopt the hypothesis that θ-grids have a minimal internal structure in that they formally single out, for instance through underscoring, the external θ-role, the θ-role assigned to the subject position. For concreteness, we will assume an optimally simple procedure operation on lexical representations, hence prior to D-structure: Underscore Θ." (Belletti/Rizzi 1988:343)

Die Subjektposition wird jedoch nicht immer mit dem externen Argument belegt. Bei unakkusativen Verben wird das interne Argument in die Subjektposition bewegt, um dort kasusmarkiert zu werden. Als Subjekt des Satzes fungiert dann ein internes Argument. Die Subjekt-Prädikat-Relation kann demnach auch dann etabliert werden, wenn es kein Argument gibt, das VP-extern generiert wird. Es spräche also nichts dagegen, das externe Argument VP-intern zu generieren. Der Sonderstatus, den das externe Argument gerade in der Repräsentation bei Williams hat, kann daher nicht mit Bezug auf die Syntax begründet werden. Die Relation zwischen externem Argument und VP wird in der GB-Theorie auch ohne Bezug auf eine Prädikationsregel als besonders beschrieben. Chomsky nimmt an, daß das externe Argument seine Interpretation nicht allein von V zugewiesen bekommt: "[T]he θ-role of the subject (where it has one) is determined by the VP of S rather than by the verbal head of this VP (analogously, in the case of subject of NP)." (Chomsky 1981:37)

In diesem Zusammenhang spricht man auch von der "indirekten" Θ-Rolle des externen Arguments (Chomsky 1981) oder der "kompositionellen" Θ-Markierung des Subjekts (Marantz 1984, Wyngaerd 1988). Anhand von Beispielen wie in (3) schließt Marantz

74 (1984:25), "the different predicates formed by adding different direct objects to most simple transitive verbs assign different semantic roles to their subjects", und geht so weit, das externe Argument aus dem Lexikoneintrag auszuklammern. (3a) Mary threw a baseball/a party/a fit/support behind the candidate. (3b) John killed a cockroach/a bottle/the conversation/an evening watching TV. Speas (1990:102) nennt denn auch die syntaktische Position nur als einen von drei Einzelansprüchen, die an das Konzept des externen Arguments geknüpft sind: "(a) One argument of a head is designated as the most prominent one. (b) This argument is projected external to the maximal projection of the head. (c) This argument is visible to rules of grammar in a way that other arguments are not." Entscheidend ist dabei der letzte Punkt: Könnte man (c) nicht nachweisen, würde es sich erübrigen, von einem externen Argument zu sprechen, da dieser Begriff grammatisch nicht relevant wäre. Punkt (b) ist, wie gezeigt, in dieser Formulierung als problematisch zu bewerten (auch Speas geht es vor allem darum zu zeigen, daß (b) weder automatisch aus (a) und (c) folgen muß, noch empirisch nachzuweisen ist). In der aktuellen Syntaxtheorie wird allgemein angenommen, daß alle thematischen Argumente innerhalb der lexikalischen Projektion generiert werden (VP-Internal Subject Hypothesis) und zur Zuweisung bzw. Abgleichung von grammatischen Merkmalen in funktionale Projektionen bewegt werden. Das externe Argument eines Verbs wird in einer Spec-Position einer verbalen Projektion generiert: entweder in [Spec,VP] oder innerhalb einer übergeordneten "vp", deren Kopf ein lexikalisch nicht realisiertes kausatives Verb ("v") ist. Die Bezeichnung "externes Argument" wird weiterhin benutzt, obwohl man das Argument nicht mehr VP-extern generiert. Noch flexibler kann die D-Struktur-Position des externen Arguments im Rahmen einer Extended Projection-Analyse (Grimshaw 1991) behandelt werden: Alle thematischen Argumente des Verbs werden innerhalb der Extended Projection von V generiert, welche die VP und alle funktionalen Kategorien des Infl-Bereichs umfaßt (IP, TP, AgrP, AspP...). Das externe Argument muß in Relation zu den anderen Argumenten die höchste Argumentposition einnehmen. Der Sonderstatus wird - in scharfem Kontrast zu Williams - nicht syntaktisch, sondern lexikalisch begründet: "The lexically determined prominence relations must be preserved in the syntax" (Heim/Kratzer 1998:54). Diese Ausssage, ebenso wie Punkt (a) bei Speas, gewinnt erst an Kontur, wenn man "prominent" lexikalisch und syntaktisch definiert, z.B. als a-symmetrische C-Kommandierung in Relation zu den anderen Argumenten. Eine lexikalische Definition mit Bezug auf die Argumentstruktur legt Grimshaw (1990) vor. In ihrer Theorie der Argumentstruktur bezieht sich der Begriff auf die hierarchische Einstufung eines Arguments auf zwei vorgegebenen Skalen, einer aspektuellen (die sich an SAS-Ereignismustern orientiert) und einer semantischen (in Form einer Hierarchie von Θ-Rollen). Jedem Argument wird ein spezifischer Hierarchie- oder Prominenzwert zugemessen. Ein Argument, das auf der aspektuellen und der thematischen Skala das höchste ist, wird zum externen Argument und sollte als solches den Regularitäten unterliegen, von denen im dritten Kriterium Speas1, Punkt (c), die Rede ist. Im Rahmen dieser Theorie ist das externe Argument besonders und normal zugleich: Sein Status wird - wie bei allen anderen Argumenten - durch die Einstufung auf der aspektuellen wie der thematischen Skala bestimmt, es ist lediglich höher eingestuft als die anderen. Es gilt: "An external argument is just the limiting case" (Grimshaw 1990:34).

75 "[T]here is no particular mystery to the idea of an external argument [...]. It is a kind of argument that inevitably results when both dimensions pick out the same argument as most prominent." (Grimshaw 1990:35)

Zu den Phänomenen, die durch Bezug auf das externe Argument als "höchstes Argument" (ohne expliziten syntaktischen Status) erklärt werden können, gehört die Interpretation innerhalb von Komposita mit deverbalem Kopf, den sog. verbal compounds. Grimshaw nimmt an, daß die Θ-Markierung durch den Kopf einem zyklischen Prinzip unterliegt und daß sich daraus Einschränkungen für die Realisierung von Argumenten innerhalb eines Kompositums ergeben: Das "niedrigste" Argument werde zuerst θ-markiert (innerhalb einer Domäne, die dieses Argument und das Verb umfaßt, aber kein anderes Argument), das höchste Argument werde zuletzt θ-markiert. Die domänenspezifische Θ-Markierung wird als Begründung für das "First Sister Principle" (Roeper/Siegel 1978) angeführt: "The non-head of a synthetic compound satisfies an argument position in the a-structure of the head. [...] elements inside a compound are theta-marked prior to elements outside a compound. [...] the inside of a compound forms a domain for theta-marking." (Grimshaw 1990:14)

Wenn ein hierarchisch niedrigeres Argument vor dem hierarchisch höheren Argument Θmarkiert wird und das Kompositum eine Domäne für die Θ-Markierung bildet, kann es nicht der Fall sein, daß innerhalb dieser Domäne das hohe (externe) Argument realisiert wird, wenn ein niedriges (internes) Argument vorhanden ist: (4a) (4b)

letter-writing by children, * people-writing of letters pasta-eating by children, *children-eating of pasta

Die Grammatikalitätsverteilung in (4b) weist demnach darauf hin, daß der Argumentstatus von letter resp. pasta niedriger oder "less prominent" ist als der von people resp. children.

3.2.1.3 Interne Argumente Die internen Argumente eines Verbs gelten als seine eigentlichen Argumente und wurden in früheren Ansätzen durch den Subkategorisierungsrahmen erfaßt (c-selection). Sie werden - strukturell gesehen - zuerst θ-markiert, für sie gelten selektionale Restriktionen, und sie stehen eng am Verb. Während der syntaktische Status des externen Arguments umstritten ist, wird für die D-Struktur-Position des internen Arguments allgemein akzeptiert, daß es sich hier um ein Komplement von V handelt. Im Fall zweier Komplemente kommt es zu Konflikten mit der X-bar-Theorie, wenn man striktes binäres Verzweigen für die Syntax annimmt (Kayne 1994). Stehen die Argumente in der Argumentstruktur noch gleichrangig nebeneinander, werden ihnen in der Syntax mittlerweile in der Regel hierarchisch verschiedene Positionen zugeordnet. Eine "minimalistische" Analyse nach Chomsky (1995) sieht vor, daß jedes Verb nur ein Komplement haben kann. Zusammen mit der [Spec,VP]-Position stehen aber nur zwei Argumentpositionen zur Verfügung. Eine dritte wird durch die Annahme einer übergeordneten verbalen Projektion ("vp") geschaffen, deren Kopf ein abstraktes (also leeres) "light verb" mit kausativer Interpretation ist. Das externe Argument wird nun in der Spec-Position der vp generiert, das direkte Objekt in der Spec-Position der VP und das indirekte Objekt bzw. PP-Argument als Komplement von V. V selbst wird an ν adjungiert, so daß sich (a) ein

76 komplexes Verb und (b) die gewünschte Abfolge im Satz (externes Argument - Verb - DP PP) ergibt. Diese sog. Shell-Analyse orientiert sich an Larsons (1988) Analyse für englische Double OAyecNKonstruktionen, die radikal mit der traditionellen Ansicht brach, das direkte Objekt gehöre "enger" zum Verb als das indirekte Objekt." Hatte Larson seine Analyse noch empirisch motiviert (durch Bindungsdaten, die darauf hinwiesen, daß das direkte Objekt das indirekte Objekt asymmetrisch c-kommandieren müsse), werden inzwischen die internen Argumente standardmäßig bei allen Verbklassen hierarchisiert (vgl. Radford (1997:367ff.)). Wie in den Analysen der Generativen Semantik werden semantisch komplexe Verben in verschiedene syntaktische Konstituenten zerlegt, was mit einem inflationären Gebrauch von Verben ohne lexikalische Realisierung verbunden ist und die Formulierung von linking rules erschwert. Räumt man hingegen dem Prinzip der strikt binären Verzweigung keinen besonderen theoretischen Status ein, sind Fälle, in denen zwei Argumente auch syntaktisch gleichrangig nebeneinander stehen (als Komplemente von V) nur dann problematisch, wenn es sich um zwei nominale Komplemente handelt, die gleichermaßen auf V als Kasuszuweiser angewiesen sind. Im Normalfall ist das zweite interne Argument jedoch eine PP. Durch diverse "light verbs" könnte man beliebig viele Argumente in der syntaktischen Struktur unterbringen, tatsächlich hat ein Verb jedoch maximal zwei interne Argumente, im Regelfall DP und PP. In Anlehnung an Marantz (1984), für den nur die nominalen Komplemente echte Argumente des Verbs sind, bezeichnen Levin/Rappaport das nominale Argument als "direkt" und das präpositionale als "indirekt": "[A]n NP may be an argument of a verb yet receive its θ-role from a θ-role assigner other than the verb. An N P assigned its role directly by the verb will be called its direct argument. An N P that is an argument of a verb but is assigned its θ-role indirectly through the use o f some other θ-role assigner will be called an indirect argument. [...]The direct argument of a verb must be governed by the verb, and the indirect arguments must be governed by their respective θ-role assigners." (Levin/Rappaport 1986:638)

Nicht das ganze PP-Komplement wird als indirektes Argument von V bewertet, sondern die DP, die in die PP eingebettet ist. Wiederum könnte man von einer kompositionellen ΘZuweisung sprechen: V bestimmt die Interpretation der PP, dementsprechend wird Ρ selegiert, und Ρ weist seinem DP-Komplement eine Θ-Rolle zu. Diese DP wird von V nicht regiert, sondern befindet sich in der Domäne der Θ- und kasuszuweisenden Präposition, die ihrerseits als Kopf des PP-Komplements von V selegiert wird. Strenggenommen ist es überflüssig, eine Beziehung zwischen V und der eingebetteten DP zu konstruieren, da die ganze PP in ihrer Interpretation von V abhängig ist." Die folgenden Beispiele zeigen, daß die Wahl der Präposition darüber entscheidet, ob ein telisches Ereignis vorliegt oder nicht. Zwischen dem Verb und der in die PP eingebetteten DP läßt sich keine Beziehung herstellen.

17

Eine technische Voraussetzung für die Shell-AnMyse ist die Annahme, daß für die Zuweisung (bzw. Abgleichung) von Kasus nicht mehr die Rektion durch V die relevante Relation ist, sondern die Specifier-Head-Re\ation.

18

Anders liegt der Fall im Nominalbereich: In DPs wie [the construction of the building] ist of eine semantisch leere Präposition, die keine θ-Rolle zuweisen kann, so daß die eingebettete DP in Abhängigkeit von Ν interpretiert wird.

77 (5a) (5b)

They pushed the cart to the river (in three hours). They pushed the cart along the river (for three hours/* in three hours).

Inwiefern ist die Unterscheidung von direkten und indirekten internen Argumenten für die Grammatiktheorie relevant? Mehr Erkenntnisgewinn als ein Ansatz, der sich auf indirekte Θ-Markierung im Komplementbereich stützt, verspricht die Analyse von Tenny (1987a, 1989), die den Unterschied zwischen direkten und indirekten Argumenten darin sieht, daß DPs und PPs jeweils eine andere "aspektuelle Rolle" tragen. In einer Kurzfassung lassen sich ihre Ergebnisse so darstellen (zu Details s. Kap. 4.1.2.1): Geht man von einem möglichst komplexen Ereignistyp aus, ergibt sich als Zuordnung, daß die internen Argumente zu einem anderen Teilereignis gehören als das externe Argument. Sie tragen vor allem dazu bei, den Verlauf eines Ereignisses abzubilden bzw. auszugestalten, während das externe Argument ein Ereignis in Gang bringt bzw. aufrecht erhält. Für die Ausgestaltung des Ereignisses nimmt Tenny zwei aspektuelle Funktionen an, das Ausmessen (measuring out) und das Begrenzen (delimiting), die mit bestimmten syntaktischen Positionen in Einklang zu bringen sind. Diese beiden Funktionen können in einem Argument zusammenfallen oder zwei verschiedenen internen Argumenten zugeordnet werden. Dabei ist das typische MaßArgument eine DP und das typische Grenz-Argument eine PP. Weitere Argumente im Komplementbereich sind aspektuell nicht legitimiert. Direkte Argumente, also DPKomplemente, sind Tenny zufolge nicht nur aufgrund des Kasusfilters in besonderer Weise von V abhängig, sie haben auch eine spezielle aspektuelle Funktion: "Direct argument-hood itself [...] imposes some special interpretation in which the argument seems more "affected" when it is expressed as a direct argument than when it is expressed as an indirect argument. The direct argument is semantically as well as syntactically priviledged [sic]." (Tenny 1987b:74)

Bei Verben, die ein telisches Ereignis ausdrücken, ist ein Argument notwendig, das einer Veränderung unterliegt. Dieses Argument ist das klassische DP-Komplement bzw. direkte Argument. Es birgt in sich die Skala, an der das Voranschreiten des Ereignisses abzulesen ist, und mißt in diesem Sinne das Ereignis aus. So ist in (6a) am Zustand des Hauses (bzw. des Objekts, das einmal ein Haus war oder sein wird) abzulesen, wie das Ereignis voranschreitet. In (6b) liegt die Maß-Skala fllr das Voranschreiten des Ereignisses im Zustand der Blumen; deshalb wird angenommen, daß das Subjekt ein basisgeneriertes direktes Argument ist. In beiden Fällen wird auch der Endpunkt des Ereignisses allein durch das DPKomplement determiniert. Ausmessen und Begrenzen fallen hier in einem Argument zusammen. (6a) (6b)

Sally built a house./Sally destroyed the house./Sally cleaned the house. The flowers wilted. - » [The flowers]¡ wilted t ¡

Besonders deutlich sind die Zusammenhänge zwischen der Kategorie des Komplements und seiner aspektuellen Funktion bei der Spray/7oa¿-Alternat ion zu sehen. In (6c) zeigt der Zustand der Wand das Voranschreiten des Ereignisses an, in (6d) hingegen die verbleibende Menge der Farbe. Entsprechend ist in (6c) das Ereignis beendet, wenn die ganze Wand mit Farbe bedeckt ist (unabhängig davon, wieviel Farbe noch übrig ist), und in (6d), wenn die Farbe aufgebraucht ist (unabhängig davon, welcher Anteil der Wandfläche damit besprüht wurde). In beiden Fällen mißt das "direkte" Argument das Ereignis aus.

78 (6c) (6d)

She sprayed the wall with paint. She sprayed the paint onto the wall.

Die DP, die in eine PP eingebettet ist, ist nur mittelbar von der Zustandsänderung betroffen. Sie ist damit kein "affected argument" und kann deshalb z.B. nicht das Subjekt einer MiMe-Konstruktion sein, mit der die Verantwortlichkeit eines internen Arguments für die Durchführbarkeit eines Ereignisses fokussiert wird. (6e) * [The store]j runs to t ¡ easily.

Die PP selbst kann hingegen einen direkten Beitrag zur Konstituierung der Ereignisstruktur leisten, nämlich dann, wenn, anders als in (6a/b), Ausmessen und Begrenzen nicht in einem Argument zusammenfallen. Ohne die PP würde (6f) kein telisches Ereignis ausdrücken. (6f) She pushed the cart to the store.

Im weiteren sollen daher die Bezeichnungen "direktes" und "indirektes" Argument vermieden werden. Mit Tenny wird angenommen, daß DP und PP aspektuell gleichrangig sind. Sie können zusammen ein BECOME-Teilereignis identifizieren und werden vorerst auch als syntaktisch gleichrangig, nämlich als Komplemente von V, analysiert.

3.2.2 Wortbildungsprozesse als Testverfahren Eine der zentralen Bedingungen für die Legitimation der Argumentstruktur liegt darin, daß es grammatische Prozesse gibt, die sich auf die Organisationsprinzipien der Argumentstruktur beziehen. Dies gilt speziell für Wortbildungsprozesse, die mit einer Veränderung lexikalischer Eigenschaften verbunden sind und daher nicht der Syntax zugeordnet werden können. Anders als bei den syntaktischen Konstruktionen, die insofern Testverfahren sind, als ihre Zielgruppe eine nach syntaktischen Kriterien bestimmte Klasse von Verben ist, wird bei den hier diskutierten Wortbildungsprozessen die Argumentstruktur des Verbs verändert. Die Argumentstruktur ist also nicht nur die Bezugsebene, um die geeignete Zielgruppe von Verben zu beschreiben, sondern sie ist darüber hinaus Gegenstand der Prozesse, die als Testverfahren herangezogen werden.

3.2.2.1 Passivierung Die Passivierung gilt seit Perlmutter (1978) als klassisches Testverfahren für Unakkusativität. Mit dem Schwerpunkt auf der unpersönlichen Passiv-Konstruktion hatte Perlmutter untersucht, von welchen Bedingungen die Möglichkeit zur Passivierung abhängig ist und dabei als wesentliches Kriterium erarbeitet: Es muß ein externes Argument vorhanden sein (bzw., im Rahmen der Relational Grammar, ein "1-arc", also in etwa ein D-StrukturSubjekt). Auf den Punkt gebracht: Unergative Verben können passiviert werden, unakkusative Verben nicht. Nicht passivierbar sind nach Perlmutter (1978:162f.) u.a. die folgenden semantischen Klassen (gemeint sind immer die nicht-kausativen Varianten der Verben):

79 (7a) (7b) (7c)

predicates whose initial nuclear term is semantically a Patient (burn, fall, drop, sink) predicates of existing and happening, including duratives (exist, remain, happen, arise) non-voluntary emission of stimuli that impinge on the senses (shine, sparkle, glitter, smell)

Auffällig ist, daß die Verben nach aspektuellen Kriterien zur Klasse der ACHIEVEMENTS oder STATES gehören (zur Anwendung von Dynamizitäts-Tests für die Verben in (7c) vgl. Levin/Rappaport (1995a: 171)). Im Rahmen der GB-Theorie wird die Passivierbarkeit von Verben auf die Anforderungen des Passivmorphems in bezug auf die Argumentstruktur zurückgeführt. Nach der Standard-Analyse von Jaeggli (1986) lassen sich die zentralen Eigenschaften der PassivKonstruktion wortsyntaktisch erklären: Aufgrund der lexikalischen Eigenschaften des Passivmorphems wird die externe Θ-Rolle des Verbs an das Passivmorphem zugewiesen ("ΘAbsorption"). Daraus folgt, daß nur externe Verben passivierbar sind. Das externe Argument selbst muß dabei kein klassischer AGENT sein, wie die folgenden Beispiele belegen: (8a) (8b) (8c)

The headmaster is feared by most of the pupils. The ice was melted by the sudden rise of temperature. She was driven nuts by his carelessness.

In der Regel verlangt das Passiv-Morphem auch die Zuweisung von Kasus ("KasusAbsorption"). 19 Als Folge kann eine von V bzw. dem Partizip regierte DP nicht mehr in situ kasusmarkiert werden; eine Bewegung in eine kasusmarkierte Position wird notwendig. Die Subjektposition steht als Landeplatz zur Verfügung, weil sie aufgrund der Zuweisung der externen Θ-Rolle an das Passivmorphem keine Θ-Position ist. Wenn die DP nicht auf das Partizip als Kasuszuweiser angewiesen ist, ist die Bewegung nicht obligatorisch, und ein Platzhalter-Element kann die Subjektposition füllen. (8d)

She was expected to accept the offer./It was expected that she would accept the offer.

Das Passivmorphem selbst erhält als θ-markiertes Element den Status eines "impliziten Arguments": Es lizensiert, wie in (8e-g) ersichtlich, agens-orientierte Adverbiale, kann ein PRO-Subjekt in einem Adjunktsatz kontrollieren und ermöglicht die passiv-typische byPhrase. (8e) (8f) (8g)

The company; sank the ship (deliberately). The ship was sunk-iMPj (deliberately) (by the company ¡). The ship was sunk-iMP; (PRO¡ to collect money from the insurance).

Für eine morphemspezifische Analyse spricht, daß es bei der Kausativ-Alternation keine "implicit argument effects" gibt: (8h)

*The ship sank (deliberately) (by the company) (PRO to collect money...).

Ohne an dieser Stelle auf die technischen Probleme der Analyse von Jaeggli einzugehen (s. Baker/Johnson/Roberts (1989), Wanner (1991)), läßt sich festhalten, daß die Passivierung

" Während Jaeggli (1986) die Kasusabsorption für parametrisierbar hält (s. auch Goodall (1993)), ist sie für Baker/Johnson/Roberts (1989) aufgrund der visibility condition obligatorisch.

80 ein Prozeß zu sein scheint, der auf der Ebene der Argumentstruktur greift und dessen Zielgruppe sich nach der Argumentstruktur bestimmt. 20 Für die Passivierung als Testverfahren für die Argumentstruktur ist vor allem das unpersönliche Passiv interessant, die Variante der Passiv-Konstruktion, die sich ergibt, wenn Verben ohne Komplement passiviert werden. Daß es sich hier um normale PassivKonstruktionen handelt, wird durch die o.g. Passiv-Effekte unterstrichen (¿»y-Phrase, purpose clause, agens-orientierte Adverbiale). (9a) (9b)

Es wurde nicht geraucht, um den Kindern kein schlechtes Beispiel zu geben. Er wordt door de kinderen nog niet gerookt. ("There is by the children not yet smoked")

In der unpersönlichen Passiv-Konstruktion entfällt die passiv-typische Bewegung des Komplements in die Subjektposition, die, wie gezeigt, ohnehin keine konstituierende Eigenschaft des Passivs ist. Weil kein R-Ausdruck in die Subjektposition verschoben werden kann, zeichnet sich das unpersönliche Passiv durch "the lack of a specified subject" aus (Siewierska 1984:95). In Sprachen wie dem Englischen, in denen die Subjektposition nicht einfach leer bleiben darf, gibt es die Möglichkeit, sie durch ein Platzhalter-Element zu besetzen. Dieses Platzhalter-Element kann vergleichsweise unspezifisch sein (wie das es im Deutschen) oder durch Anforderungen an die weitere Satzstruktur restringiert sein (wie it im Englischen); denkbar ist weiterhin, daß es kein solches Platzhalter-Element gibt und somit in der betreffenden Sprache keine unpersönlichen Passiv-Konstruktionen. Nach der oben skizzierten Analyse von Jaeggli ist zu erwarten, daß nur externe Verben das Passiv bilden. Das unpersönliche Passiv sollte darüber Aufschluß geben, ob ein Verb mit nur einem Argument zu den externen oder den internen Verben gehört. Aber welche Konstruktionen soll man zum unpersönlichen Passiv rechnen? Definiert man das unpersönliche Passiv über die Passiv-Morphologie und ein Platzhalter-Element in der Subjektposition, wären alle Beispiele in (10) unpersönliche Passiv-Konstruktionen, wobei (10b) nur eine stilistische Variante einer normalen Passivkonstruktion ist. (10a) (10b) (10c) (lOd)

Es wurde behauptet, daß die Präsidentin den Vorschlag abgelehnt hatte. Es wurde ein Roman vorgestellt, der gerade neu erschienen war. Es wurde fröhlich getanzt und gesungen. *Es wurde in der Mittagshitze schnell verwelkt/gewelkt.

Alternativ kann man nur diejenigen Konstruktionen zu den unpersönlichen PassivKonstruktionen rechnen, bei denen das Verb keine Argumente syntaktisch realisiert, also (lOc/d). Bei dieser strengen Auslegung des Begriffs gelangt man zu dem Schluß, daß es im Englischen kein unpersönliches Passiv gibt, was jedoch zu Problemen mit der Einordnung von ( I I a ) führt. (IIa) (1 lb) (1 lc) (lid)

20

It was claimed that the president had declined the offer. *It was presented a novel that had just appeared. *It was sung and danced happily. *It was wilted rapidly.

Analog wird die Kausativ-Alternation auf einen Prozeß zurückgeführt, der auf der S A S greift und dessen Zielgruppe sich nach der SAS bestimmt (s. Kap. 5.2.3).

81 Daher soll hier der Mittelweg gewählt werden: Unpersönliche Passiv-Konstruktionen im weiteren Sinne sollen diejenigen Passiv-Konstruktionen genannt werden, bei denen ein Platzhalter-Element die Subjekt-Position belegt und es keine DP gibt, die diese Position einnehmen könnte oder durch eine Kasuskette mit ihr verbunden ist; unpersönliche PassivKonstruktionen im engeren Sinne sind diejenigen, bei denen kein Argument des Verbs syntaktisch realisiert wird. Im Englischen gibt es demnach keine unpersönlichen PassivKonstruktionen im engeren Sinne, da es keine geeigneten Platzhalter-Elemente für die Subjektposition gibt. Die Passivierung als Testverfahren ist daher im Englischen nur begrenzt anzuwenden; bei Verben mit nur einem Argument ergibt sie kein eindeutiges Ergebnis: Entweder ist schon das Passivpartizip ungrammatisch, weil das Verb kein externes Argument hat, oder die Passiv-Konstruktion als solche ist ungrammatisch, weil es kein geeignetes Element gibt, das die Subjektposition füllen könnte. Wie sollte zu entscheiden sein, aus welchem der beiden Gründe die folgenden Beispiele ungrammatisch sind? (12a) *It was broken by the glass. (12b) *It was arrived by the guests at last. (12c) *It was smiled happily by the children.

Die unpersönliche Passiv-Konstruktion ist also ein Testverfahren, das nur in einer Richtung funktioniert: Wenn ein einstelliges Verb ein unpersönliches Passiv bildet, handelt es sich um ein externes Verb. Ist das unpersönliche Passiv nicht möglich, folgt daraus hingegen nicht unweigerlich, daß es sich um ein internes Verb handelt, weil die Konstruktion nicht allein durch eine Anforderung an die Argumentstruktur restringiert wird. In diesem Sinne aussagekräftig ist das Testverfahren z.B. im Deutschen und Niederländischen, weil es hier ein geeignetes Platzhalter-Element gibt. Hier sind genau die Verbklassen, die Perlmutter isoliert hatte, nicht passivierbar (die Beispiele aus dem Niederländischen stammen von Zaenen (1993)). (13a) *Es wurde von allen Gästen pünklich angekommen. *Es wurde in den Fluten versunken. *Es wurde langsam aber sicher gewelkt/verwelkt. (13b) *Er werd door het water verdampt. ("There is evaporated by the water") *Er werd alien door zijn moeder overleefd. ("There is survived by his mother alone") •In dat ziekenhuis werd er gestorven. ("In that hospital there is died")

Die Beispiele in (13) gehören alle zur Klasse der ACHIEVEMENTS. Damit wird die Hypothese unterstützt, daß das erste Argument von BECOME zum internen Argument wird. Dafür sprechen auch die folgenden Beispiele aus dem Niederländischen, die illustrieren, daß ein Bewegungsverb nur dann passiviert werden kann, wenn es kein telisches Ereignis ausdrückt: (14a) Er werd door de kinderen op het ijs gegleden. ("There is slidden on the ice by the children") (14a') *Er werd door de sneeuw van det dak afgegleden. ("There is slidden from the roof by the snow") (14b) Er werd gelopen. ("There is run") (14b') * Er werd naar huis gelopen. ("There is run home")

Derartige Daten werden oft als problematisch für eine syntaktische Auslegung von Unakkusativität betrachtet (Zaenen 1993:139ff.). Es scheint weniger umständlich, die Passivie-

82 rung direkt vom Faktor Telizität abhängig zu machen, als über den Umweg der Argumentstruktur zu gehen und anzunehmen, daß z.B. Bewegungsverben als externe oder als interne Verben konstruiert werden können. Allerdings scheint es im Deutschen nicht so sehr darauf anzukommen, ob ein telisches Ereignis vorliegt (vgl. (14c/c')), sondern darauf, ob das implizite Argument (bzw. das Argument in der vo/7-Phrase) Kontrolle über das Ereignis hat (vgl. (14d/d')). Dabei soll doch gelten, daß es fllr das Passiv nur auf die Präsenz eines externen Arguments ankommt und nicht auf die Θ-Rolle AGENT. ( 14c) Es wurde gerannt/geschwommen/gehüpft, (über Kinder beim Spiel) (14c') Es wurde nach Hause gerannt/ans Ufer geschwommen/um den Teich herum gehüpft. (14d) Es wurde den ganzen Abend lang von den Gästen gescherzt, gelacht und getanzt. ( 14d') *Es wurde von den Blättern sacht geraschelt und im Wind hin- und hergetanzt.

Vermutlich spielt hierbei eine Rolle, daß man im Passiv eine wie auch immer geartete asymmetrische AGENT/PATIENT-Relation konstruiert. 21 Wenn nur ein Argument vorhanden ist, ist diese Asymmetrie naturgemäß nicht mehr gegeben. Umso wichtiger könnte es sein, daß das implizite Argument wenigstens als potentieller AGENT konstruiert werden kann. Wird das Ereignis, das das Verb ausdrückt, als kontrollierbar empfunden, hätte das Argument eine prototypische Eigenschaft (Dowty 1991) und sollte daher zum externen Argument werden. Ist nun im Deutschen das Passiv von anderen Faktoren abhängig als im Niederländischen, oder muß man annehmen, daß die betreffenden Verben im Deutschen eine andere Argumentstruktur haben als im Niederländischen? Die Unterschiede bei den Verben der Bewegung sollen nicht darüber hinwegtäuschen, daß es große Gemeinsamkeiten bei den inhärent telischen Verben gibt: Diese sind in beiden Sprachen nicht passivierbar, was hier als Indiz gegen ein externes Argument bei ACHIEVEMENTS gewertet wird. Die Verben der Bewegung sind mit und ohne Passivierung ohnehin ein schwieriger Fall für eine Vermittlungstheorie, die sich an SAS-Strukturmustern orientiert. Sie werden daher gesondert in Kap. 6.2 betrachtet. An dieser Stelle bleibt festzuhalten: Weil es im Englischen kein unpersönliches Passiv im engeren Sinne gibt, ist die Passivierung nur bei Verben mit mindestens zwei Argumenten als Testverfahren heranzuziehen. Für die Argumentstruktur der Bewegungsverben im Englischen kann die Passivierung als Testverfahren nicht angewendet werden.

3.2.2.2 Adjectival Passive Formation

Revisited

Die APF wurde bereits als ein indirektes Testverfahren für den syntaktischen Status einer DP diskutiert (Kap. 3.1.3.3). Als externes Argument eines Passivadjektivs ist eine DP möglich, die das "sole complement" des zugrundeliegenden Verbs bilden kann. Während im Passiv die Ereignisstruktur erhalten bleibt, da das externe Argument nicht vollständig ausgeblendet wird (im Gegensatz zur Kausativ-Alternation), gehört ein Adjektiv zur Ereignisklasse STATE. Es hat ein Kontext-Argument R, das bei attributivem Ge-

21

Zu Daten aus dem Spracherwerb, die diese Hypothese unterstützen, s. ζ. B. Pinker (1989), Borer/ Wexler (1987), Lebeaux (1988).

83

brauch mit dem R-Argument eines Substantivs identifiziert werden kann. Das R-Argument des Passivadjektivs ist identisch mit einem Argument des zugrundeliegenden Verbs, das ein BECOME-Ereignis identifizieren kann. Damit werden "echte" wie aspektuelle Argumente erfaßt. Ob ein externes Argument vorhanden ist, spielt keine Rolle. Es bilden also externe wie interne Verben ein Passivadjektiv, s. (15a/b). Allein unergative Verben sollten also ausgeschlossen sein (es sei denn, sie kommen mit aspektuellem Komplement vor, aber dann werden sie transitiv verwendet). ( 15a) the half-cut oranges, a broken glass (15b) a half-wilted flower, a fallen tree (15c) *an undanced person vs. a half-smiled smile

Der explanatorische Hintergrund für die "sole complement generalization" liegt im komplexen Zusammenspiel zwischen der Realisierung von Argumenten von Adjektiven und der von Verben. Relativ einleuchtend ist die kategoriale Bedingung an das zu externalisierende Argument: Da das externe Argument eines Adjektivs immer eine DP ist, kann auch nur ein DP-Argument zum externen Argument eines Adjektivs werden. Da DP-Argumente häufig als THEME interpretiert werden, kann man auf den ersten Blick den Eindruck gewinnen, die Intepretation an sich sei ein relevanter Faktor. Es wurde jedoch bereits gezeigt, daß ein GOAL, das als DP realisiert werden kann, ebenso gut als externes Argument eines Adjektivs fungieren kann. GOALS, die nur als PP realisiert werden, erfüllen jedoch die syntaktische Bedingung nicht und sind deshalb (und nicht etwa, weil sie keine THEMES sind) als externes Argument für ein Adjektiv ungeeignet. So wie die Passivierung als Test für die Präsenz eines externen Arguments angesehen wird, betrachtet man die Adjectival Passive Formation (APF) als einen Prozeß, der auf ein internes Argument angewiesen ist. Wären beide Konstruktionen nur durch die Anforderungen an den Argumentstatus eines Arguments restringiert, lägen perfekte komplementäre Testverfahren für den Status eines Arguments bei einstelligen Verben vor. Bildet das Verb ein Passiv, wird ein externes Argument "unterdrückt" (suppressed)', bildet es ein Passivadjektiv, wird ein internes Argument externalisiert. Machen wir also den Adjektiv-Test mit den semantischen Verbklassen, die nach Perlmutter nicht passivierbar sind, um zu überprüfen, ob sie ein Passivadjektiv bilden. (16a) predicates w h o s e initial nuclear term is semantically a Patient (burn, fall, drop, Engl.: the burnt house, the fallen leaf, the half-sunk ship Dt.: das verbrannte Haus, das gefallene Blatt, das halb gesunkene Schiff (16b) predicates o f existing and happening, including duratives (exist, remain, happen, Engl.: *a remained question, *an unhappened accident Dt.: eine übrig gebliebene/*gebliebene Frage, der gestern geschehene Unfall (16c)non-voluntary emission of Stimuli that impinge on the senses (shine, sparkle, Engl.: *a sparkled diamond, *the stunk dog

sink)

arise)

glitter,

smell)

Dt.: *ein gefunkelter Diamant, *der gestunkene Hund

Ergebnis: Passivpartizip und Passivadjektiv treten nicht immer in komplementärer Distribution auf, auch nicht in den Sprachen, die über ein unpersönliches Passiv im engeren Sinne verfügen. Im Englischen sind alle der genannten Verben nicht passivierbar, und nur die Verben in (16a) bilden das Passivadjektiv; im Deutschen (wie auch im Niederländischen) gibt es keinen Grammatikalitätsunterschied bei den Verben in (16c). Bei Verben mit

84 nur einem Argument kann die für eine Passiv-Konstruktion typische Asymmetrie zwischen Subjekt und Objekt nicht konstruiert werden. Tendenziell bilden die einstelligen Verben ein Passiv, deren Argument agens-artige Eigenschaften aufweist. Analog dazu kann man für das Passivadjektiv annehmen, daß das Argument, das externalisiert wird, patiens-artige Eigenschaften aufweisen muß. Der Kontrast zwischen bleiben und übrig bleiben in (16b) deutet darauf hin, daß das einzige Argument in telischen Ereignissen diese Anforderung wohl erfüllt, während das Argument bei den Verben in (16c) keine Eigenschaften aufweist, die für eine "asymmetrische" Zuordnung zu verwerten wäre. Aspektuelle Komplemente, die zur Telisierung eines Ereignisses beitragen, können hingegen das externe Argument des Passivadjektivs sein. Im Fall der cognate objects sind jedoch nur Passivadjektive akzeptabel, die in irgendeiner Form modifiziert sind. Diese Einschränkung gilt auch für θ-markierte "created objects", bei denen mit der Existenz des Objekts das Ereignis, das zu ihrem Entstehen führte, selbstverständlich ist, vgl. (17b). (17a) a half-smiled smile, an undanced dance, her yawned goodbye (17b) a half-built house (vs. *a built house)

Sowohl das statische als auch das dynamische Passiv sind demnach nicht nur durch eine Anforderung an die syntaktische Verbklasse restringiert. Ein Verb, das diese nicht erfüllt, erlaubt keine der beiden Konstruktionen; ein Verb, das beide Konstruktionen zuläßt, gehört möglicherweise zu einer semantisch flexiblen Klasse, bei der bestimmte Merkmale der lexikalischen Repräsentation unterschiedlich fokussiert werden können.

3.2.2.3 Nominalisierung: -er und -ee Mit der Verlagerung von Wortbildungsprozessen in das Lexikon (Chomsky 1970) war der Aufstieg der Argumentstruktur als der Ebene der lexikalischen Information, die das syntaktische Verhalten determiniert, vorgezeichnet. In den 80er Jahren stand mit der "Wortsyntax" eine Theorie der lexikalischen Affigierung im Mittelpunkt, die die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Strukturprinzipien innerhalb von Sätzen ("S-Syntax") und Wörtern ("W-Syntax") untersuchte. 22 Dabei wurde der Begriff der Vererbung (inheritance) von lexikalischer Information, insbesondere von Teilen der Argumentstruktur, geprägt.

22

S. dazu z.B. die Übersicht in Spencer (1991), die Arbeiten von Selkirk (1982), Lieber (1983), Toman (1987 2 ) sowie Olsen (1986) und Williams (1981a). Lieber (1992) versucht, nicht nur den Kopf-Begriff aus der X-bar-Syntax, sondern auch Spezifizierer und Modifizierer in die Wortbildung zu integrieren. Die Wortsyntax konkurriert mit dem Modell der syntaktischen Affigierung (Fabb 1984, Pesetsky 1985, Baker 1988a), in dem die X-bar-Komponente der Wortsyntax beibehalten, die Wortbildung aber in die Syntax (oder auf LF) verlagert wird, sowie mit dem kognitivsemantischen Modell (Fanselow 1988, Bierwisch 1989), das keine X-bar-Strukturen für die Wortbildung vorsieht und eher die Unterschiede zwischen Morphologie und Syntax betont (fur eine Zusammenfassung s. Olsen (1989)).

85 "[Inheritance of argument structure is the crucial explanatory factor with respect to the syntactic valency of derived words. [...] the inheritance hypothesis claims that the argument structure of a derived word is determined by the argument structure of its base. In the simplest case the argument structures of the two words are identical. In less simple cases some other operation is involved." (Booij/van Haaften 1988:31, 39) Lieber (1992:87) unterscheidet zwischen Vererbung als "the passing of argument structure from one node to another" und Perkolation als "the passing of morphosyntactic features [...] from one node to another". Eine andere Variante, die Vererbung von Argumenten gesondert zu behandeln, besteht darin, sie wie DiSciullo/Williams (1987) als einen Kompositionsprozeß zu analysieren, bei der die Argumentstruktur des linken Elements in die des Kopfes inkorporiert wird. Substantive, die von einem Verb abgeleitet werden, können die Argumentstruktur des Verbs bzw. Teile davon "erben". Die Argumente des Substantivs können wortintern, wie in (18a), oder wortextern, wie in (18b), realisiert werden (zu Details der Argument-Realisierung s. Lieber (1983) und Grimshaw (1990:Ch.3)). (18a) Sally drove the truck. (18b) The verb governs the DP.

drive: [e, (x(y))] govern: [e, (x(y))]

truck-driver the verb's government of the DP

Bis auf eine Ausnahme haben die vererbten Argumente die gleiche syntaktische Kategorie bei Verben und Substantiven: Nominale Komplemente können nicht als DP realisiert werden, weil Substantive keine Kasuszuweiser sind. Deshalb wird die Präposition of als Kasuszuweiser eingefügt (the construction "(of) the building). Weil das Suffix die syntaktische Kategorie des komplexen Wortes determiniert, bezeichnet man es als den Kopf des komplexen Wortes. 23 Folgerichtig erhalten kopf-fähige Affixe einen eigenen Lexikoneintrag, in dem u.a. spezifiziert wird, welche Kategorie sie als Schwester subkategorisieren. Die grammatischen Eigenschaften des komplexen Wortes ergeben sich im Idealfall aus den lexikalischen Eigenschaften von Affix und Schwester sowie aus allgemeinen Perkolationsmechanismen (z.B. Lieber (1983)). Wortbildungsprozesse ohne morphologische Markierung werden als Null-Affigierung oder als Konversion analysiert, was wahlweise zu diversen Null-Affixen mit ganz unterschiedlichen lexikalischen Eigenschaften führt (Olsen 1990a,b) oder zu Wortbildungsregeln außerhalb des X-bar-Formats. Daß ein Suffix aufgrund seiner kategorialen Spezifizierung als Kopf fungiert, schließt offenbar nicht aus, daß Eigenschaften des Komplements, z.B. des Verbstamms, perkolieren können. Dieses Prinzip erfaßt Selkirk (1982:76) durch den Begriff des relativierten Kopfes (relativized head): Das Suffix ist aufgrund seiner Position der kategoriale Kopf des komplexen Worts. Daraus ergibt sich, daß die Eigenschaften, fur die es spezifiziert ist, an den dominierenden Knoten übertragen werden. Eigenschaften, für die das Suffix nicht spezifiziert ist, können "von links" aufgefüllt werden. Lieber prägt für diese Perkolation zweiten Ranges den Begriff Backup Percolation (wobei sie sich nur auf morphosyntaktische Merkmale bezieht): "If the node dominating the head remains unmarked for a given feature after Head Percolation, then a value for that feature is percolated from an immediately dominated nonhead branch marked for that feature." Lieber (1992:92)

23

Zur Heterogenität von Kriterien zur Bestimmung des Kopfes s. Zwicky (1985) und Bauer (1990).

86 Das Suffix ist der Kopf in bezug auf die Wortart, das Verb kann der Kopf in bezug auf die Argumentstruktur sein. Hier entsteht leicht der Eindruck der Beliebigkeit: Immer dann, wenn man gezwungen ist, Eigenschaften des kategorialen "Nicht-Kopfes" perkolieren zu lassen, muß man dieses Element hinsichtlich dieser Eigenschaft zum Kopf erklären. Z.B. muß das Suffix der Kopf hinsichtlich des Kontext-Arguments sein und das Verb der Kopf hinsichtlich der thematischen Argumente (DiSciullo/Williams (1987:41) gehen sogar so weit, einen Kopf für das Merkmal [± external argument] vorzuschlagen). Blockiert das Affix hingegen z.B. die Vererbung des externen Arguments (was schwerlich mit dem Mechanismus der funktionalen Komposition zu vereinbaren ist), muß es selbst der Kopf hinsichtlich dieser Eigenschaft sein (im Zweifelsfall mit einer "leeren" Argumentstruktur). In jedem Fall sollte ein Wortbildungsprozeß einen kalkulierbaren Effekt haben (Uniformity Principle). Nach Chomsky (1981:126) kann ein morphologischer Prozeß in folgender Weise eine Argumentstruktur betreffen: "Each morphological process either (i) transmits θ-role uniformly, (ii) blocks θ-role uniformly, (iii) assigns a new θ-role uniformly" (Chomsky 1981:126)

Aber schon ein Blick auf die Passiv-Konstruktion, bei der das externe Argument weder vererbt noch blockiert wird, zeigt, daß der Einfluß auf die Argumentstruktur nicht auf die o.g. Möglichkeiten beschränkt werden kann. Alternativ kann man im Rahmen einer eher traditionellen Perspektive mit Booij/van Haften (1988) das Affix als eine formale Realisierung einer bestimmten Wortbildungsregel betrachten, zumal es ohnehin erforderlich ist, die semantische Komponente eines Wortbildungsprozesses zu beschreiben. Booij/vanHaften (1988) vertreten die Auffassung, daß die Vererbung von Argumenten der Normalfall bei der Derivation ist. Allerdings könne sie dadurch eingeschränkt sein, daß bestimmte Arten von Argumenten nur mit bestimmten lexikalischen Kategorien kompatibel sind. Als Beispiel nennen sie die Inkompatibilität von -er-Substantiv und Satzkomplement. Da Substantive auf -er konkrete Objekte (meistens Personen) bezeichnen, seien hier Satzkomplemente, die bei abstrakten Substantiven möglich sind, ausgeschlossen: ( 19a) She announced that she would accept the offer. (19b) *the announcer that she would accept the offer (19c) her announcement that she would accept the offer

Es handele sich demnach nicht um eine lexikalische Eigenschaft, die im Lexikoneintrag von -er spezifiziert werden müßte, sondern um "a restriction on the word formation process itself' (Booij/van Haften 1988:37). Welchen Ansatz man auch wählt, in jedem Fall geht es darum, die Klasse von Verben, die von einem produktiven Wortbildungsprozeß betroffen sind, möglichst präzise zu beschreiben. Dabei ist die Argumentstruktur der Verben ein wichtiger Faktor. Wenn z.B. das Passivmorphem eine externe Θ-Rolle absorbieren muß, können nur externe Verben passiviert werden. Die Nominalisierung als wortsyntaktisches Testverfahren herauszugreifen, bietet sich deshalb an, weil es im Englischen eine Reihe von Nominalisierungssuffixen gibt, die sich in bezug auf die Anforderung an die Argumentstruktur der Verben deutlich unterscheiden. Als Kontrastpaar sollen hier die Suffixe -er und -ee gewählt werden, die gemeinsam haben, daß das Ergebnis der Nominalisierung eines der Argumente des Verbs bezeichnet. Wie bei den Passivadjektiven ist in diesen Fällen das Kontext-Argument R des

87 Substantivs identisch mit einem der Argumente des Verbs. Die betreffende Argumentstelle wird also nicht vererbt, sondern wortintern geschlossen, bei -er durch das externe Argument und bei -ee durch ein internes Argument. Insofern geht der Zusammenhang zwischen Suffix und Argumentstruktur des Verbs über eine reine Subkategorisierung hinaus: Die Argumentstruktur des Verbs ist direkt betroffen von der Nominalisierung. Dabei spielt die semantische Interpretation des Arguments keine Rolle, wie die folgenden Beispiele der Ableitung auf -er illustrieren: (20a) EXPERIENCED lover (of French cuisine), admirer (of Spanish art) (20b) AGENT: writer, dancer, driver (20c) INSTRUMENT: (can-)opener, (pencil-) sharpener

Die Argumentstelle wird innerhalb des Wortes geschlossen, so daß die entsprechende ΘRolle, anders als bei der Passiv-Konstruktion, nicht außerhalb realisiert werden kann. Über das R-Argument kann jedoch eine Subjekt-Prädikat-Relation etabliert werden. (21a) (wall)-painter (*by the children) (21b) The children are good wall-painters.

Die Nominalisierung auf -er ist nach den Kriterien von Booij/van Haften ein Wortbildungsprozeß, der auf der Ebene der Argumentstruktur anzusiedeln ist, da er direkt die Argumentstruktur betrifft und da die Argumentstruktur des zugrundeliegenden Verbs das entscheidende Kriterium dafür ist, ob die Ableitung grammatisch ist oder nicht. Bei einstelligen Verben sollte die Ableitung auf -er also zwischen internen und externen Verben trennen. Die folgenden Beispiele bestätigen die Ergebnisse der bisher angewendeten Testverfahren. ACTIVITY-Verben wie work sind mit -er kompatibel, ACHIEVEMENT-Verben wie arrive sind es nicht. Auch bei den Verbklassen, die sich im Sprachvergleich hinsichtlich anderer Testverfahren nicht stabil verhalten (z.B. Verben der Bewegung hinsichtlich der Passivierung und der Hilfsverb-Wahl), wird ein eindeutiges Testergebnis erzielt. (22a) (22b) (22c) (22d)

work: such that χ works arrive: such that χ arrives defrost: such that χ defrosts y run: such that χ runs

worker: [R=x], work: [e, (x)], *arriver [R=x], arrive: [e, ((x))], defroster: *[R=x], [R=y], defrost: [e, (x(y))] runner: [R=x], run: [e, (x)]

So läßt sich auch Aufschluß über die Argumentstruktur der Verben gewinnen, die im Englischen nicht passivierbar sind. Es scheint keinen Unterschied zu machen, ob das Verb über ein internes Argument verfugt oder nicht und ob das Subjekt Kontrolle über das Ereignis hat oder nicht. Im Deutschen scheint es sich ähnlich zu verhalten. Von den einstelligen Verben können nur diejenigen, die das unpersönliches Passiv bilden, auf -er abgeleitet werden. (23 a) Es wurde gearbeitet/gesungen/getanzt. Arbeiterin/Sängerin/Tänzer (23b) *Es wurde angekommen/versunken/hingefallen. * Ankommer/* Versinker/*Hinfaller

Nicht immer muß das -er-Substantiv einen klassischen AGENT bezeichnen. Häufig wird es auch als INSTRUMENT interpretiert. (24)

hair dryer, can opener, coffee maker, nail polisher

Dies scheint problematisch, weil ein INSTRUMENT üblicherweise überhaupt nicht als Argument eingestuft wird. Allerdings kann hier darauf verwiesen werden, daß das INSTRUMENT

88

auch als externes Argument des Verbs in seiner kausativen Verwendungsweise fungieren kann. Aspektuell gesehen gibt es keinen nennenswerten Unterschied zwischen einem belebten und einem unbelebtem CAUSER. (25a) Sally opened the door with a credit card. (25b) D o you really think this credit card will open the door? (25c) Credit cards are perfect door openers.

Demzufolge ist (25c) regelkonform, weil (25b) möglich ist. Daß (25b) möglich ist, ist wiederum darauf zurückzuführen, daß ein INSTRUMENT als CAUSER fungieren kann. Entscheidend ist, daß man unter einem opener nicht den Gegenstand verstehen kann, der geöffnet wird. Das Argument, das das zweite Teilereignis identifiziert, kann also nicht mit R identifiziert werden. Nicht in dieses Bild passen allerdings die Beispiele aus Kochrezepten, die Levin/Rappaport (1988) zitieren, s. (26a/b). Falls es sich hier überhaupt um produktive Ableitungen handelt, sprechen jedoch Paraphrasierungen wie (26c) dafür, daß sie auf der Grundlage von McW/e-Konstruktionen gebildet werden. (26a) This potato is a good baker. (26b) dunker (type o f doughnut), sipper (drink), dipper (vegetable to be used with dips) (26c) This potato bakes very well.

Als Gegenpol zur -er fungiert bei bestimmten Verbklassen das Suffix -ee, das auf dem nominalisierten französischen (Passiv-)Partizip basiert (Marchand (19692:267) bezeichnet daher das abgeleitete Substantiv als "passive noun"). Während -er auf ein externes Argument rekurriert, wird bei -ee ein internes Argument zum Kontext-Argument, s. (27a). Besonders deutlich wird der Kontrast bei transitiven Verben, die beide Arten von Ableitungen zulassen, vgl. (27b): (27a) interview, such that χ interviews y v interview: [e (χ (y))]; N interviewer [R=x], *[R=y]; N interviewee [R=y], *[R=x] (27b) "While this method [the sociolinguistic interview] avoided surreptitious recording, it resulted in talk that was constrained by the asymmetry o f the interview situation (the interviewer and the interviewee are not equals) [...]." (Coates: Women Talk. p. 5)

Im Vergleich zu deverbalen Substantiven auf -er gibt es deutlich weniger usualisierte Substantive auf -ee (wie z.B. employee). Tendenziell bilden eher Verben lateinischen Ursprungs die Ableitung auf -ee, während es für -er keine solche Restriktion gibt (bei den [+latinate]-Verben wird -er oft als -or realisiert), vgl. die Auflistung bei Marchand (19692). Typische Beispiele sind die Daten in (28a/b): (28a) "You can always tell a week examinee" (Lodge: Small World, p. 2 8 8 ) (28b) "[... ] like an amputee groping for a missing limb" (Lodge: Small World, p. 5 5 5 )

Neuableitungen auf -ee wirken ungewöhnlich, wenn das zugrundeliegende Verb nicht lateinischen Ursprungs ist (wie in (28c)) oder wenn das Gegenstück auf -er/-or viel stärker usualisiert ist (wie in (28d/e)).24

24

N o c h ungewöhnlicher sind -ee- Ableitungen im Deutschen, so z.B. die Bezeichnung Trainee einen Lehrling in einem gehobenen Ausbildungsprogramm. Bei der Zeitschrift

für

Cosmopolitan

89 (28c) "[It] would be better if they made the pickees make up their own replies to the questions instead of reading out those stupid pat answers." (Fielding: Bridget Jones's Diary, p. 103) (28d) "[His] girl tutees suddenly began to dress like prostitutes" (Lodge: Changing Places, p. 26) (28e) "Is this where the narratee sits?" (Lodge: Small World, p. 295)

(28e) ist ein Beispiel dafür, daß bei Verben mit zwei Komplementen das externalisierte Argument vorzugsweise dem indirekten Objekt entspricht. Ebenso wie ein referee nicht die Person ist, die an jemanden verwiesen wird, sondern die, an die man jemanden verweist, bezeichnet narratee in (28e) nicht das, was erzählt wird, sondern die Person, der man etwas erzählt. Diese Präferenz läßt sich nicht erklären, wenn man nicht zwischen diesen Argumenten differenziert. Wenn -ee-Ableitungen als Kontrast zu Formen auf -er eingesetzt werden, kann auch ein nicht belebter Gegenstand bezeichnet werden. Gerade in linguistischen Arbeiten werden die Elemente, die an einer asymmetrischen Relation beteiligt sind, häufig als Ableitungen auf -er und -ee einander gegenüber gestellt (z.B. Case-assigner/Case-assignee, binder/ bindee, modifter/modifiee, governor/governee), hier zwei Beispiele aus dem Bereich der ΘTheorie: (28f) "[...] ice is the meltee in both cases" (Miller 1993:176) (28g) "The action denoted by the verb kiss, [...] must involve an AGENT (i.e. a kisser) and a THEME (i.e. a kissée)" (Felser 1995:19)

Auch in der Belletristik werden -ee-Ableitungen und -er-Ableitungen kreativ gebildet und einander gegenüber gestellt: (28h) "I'm tired of being the thriller, always trying to prove myself. Shit, I want to be the thrillee for a change. (McMillan: Waiting to Exhale, p. 13. Hervorhebung im Original) (28i) "'God bless the clamp', he said with devotion. 'And the clampers and the blessed clampees. The clampees, especially, in this case.'" (George: Playing for the Ashes, p. 256)

Im Prinzip sollten die Argumente, die durch -ee gebunden werden, auch das externe Argument eines Passivadjektivs sein können - und vice versa. Exemplarisch wird dies in (29) verdeutlicht: (29a) appoint: [e (χ (y))], such that χ appoints y (29b) the appointed (R=y) candidates (29c) This candidate is one of the appointees (R=y)

Auch die Gegenprobe funktioniert hier: Die Argumentstelle, die nicht durch -ee geschlossen wird, kann durch -er gesättigt werden und außerdem das implizite Argument in einer Passiv-Konstruktion sein. (29d) The candidates were appointed yesterday. (29e) appointer (R=x) of the candidates

Damit ist nachgewiesen, daß χ ein externes Argument und y ein internes Argument ist. Zusätzlich könnte man, wie Grimshaw (1990) vorschlägt, Daten aus der Komposition heranziehen, um zu belegen, daß y ein "niedrigeres" Argument ist als y.

können junge Frauen sich sogar als Mentee für die Betreuung durch eine erfolgreiche Mentorin bewerben.

90 (29f) candidate-appointing by the president vs. * president-appointing of candidates

Nicht immer kommt es jedoch zu dieser Übereinstimmung. Bei admire z.B. bringen alle Tests wunschgemäße Ergebnisse, ausgenommen die Ableitung auf -ee. (30a) (30b) (30c) (30d) (30e)

admire: [e (χ (y))], such that χ admires y the admired (R=y) pictures *This picture is a general admiree. This picture is admired by the president. The president is an admirer of this picture.

Wenn -ee eine Identifizierung von R und einem internen Argument bewirkt, sollten bei einstelligen Verben Ableitungen auf -er und -ee komplementär distribuiert sein. Manchmal ist jedoch keines der beiden Affixe möglich, s. die entsprechenden Beispiele in (31): (31a) dancer/* dancee, sparkler/*sparklee, but: * laugher/* laughee (31b) *escaper/escapee, * returner/returnee, but: * arriver/* arri vee

Andererseits sind manche existierenden Ableitungen nicht mit den hier angenommenen Regularitäten der Argument-Sättigung kompatibel: Ein reader kann - regelkonform - eine Person sein, die ein Buch liest (externes Argument gebunden), oder auch ein Buch mit verschiedenen Aufsätzen zu einem Thema (dann ist das interne Argument gebunden). Ein committee ist keine Person, die sich einer bestimmten Sache verschrieben hat, und ein conferee ist nicht notwendigerweise jemand, dem ein Titel verliehen wurde. Ein sports car seller verkauft etwas, und ein best seller wird gekauft. Bleibt festzuhalten, daß die Daten aus dem Bereich der Derivation tendenziell weniger verläßliche Ergebnisse liefern als Daten aus dem Bereich der Verbalternationen. Wenngleich die Argumentstruktur der zugrundeliegenden Verben ein wichtiger Faktor fur die Ableitung auf -er und -ee ist, spricht die Tatsache, daß einerseits zu erwartende Formen fehlen, während andererseits Formen, die eigentlich nicht mit den Anforderungen an die Argumenstruktur kompatibel sind, usualisiert sind, dafìir, diese Testverfahren gerade bei Verben mit nur einem Argument nur unterstützend heranzuziehen.

3.3

Zusammenfassung

In syntaktischer Hinsicht lassen sich Verben nach Belegung der Subjektposition zu Verben mit basisgeneriertem Subjekt und Verben ohne basisgeneriertes Subjekt zusammenfassen. Damit wurde der syntaktischen Auslegung des Begriffs der Unakkusativität nach Perlmutter (1978) gefolgt. Da hier angenommen wird, daß sich diese syntaktische Konfiguration aus der Argumentstruktur der Verben ergibt, werden die entsprechenden Verbklassen als "externe" und "interne" Verben bezeichnet. Es hat sich gezeigt, daß es nicht sinnvoll ist, die Verben mit nur einem Argument zur Klasse der "intransitiven" Verben zusammenzufassen. Zum einen gibt es keinen grammatischen Prozeß, hinsichtlich dessen sich die einstelligen Verben wie eine natürliche Klasse verhalten, zum anderen konnte gezeigt werden, daß die unergativen Verben durchaus ein DP-Komplement lizensieren (z.B. in Form eines cognate object) und in diesem Sinne latent

91

transitive Verben sind. Die Fähigkeit der externen Verben, Kasus zuzuweisen bzw. ein Komplement syntaktisch zu lizensieren, wurde darauf zurückgeführt, daß sie als lexikalische ACTIVITIES zu syntaktischen ACCOMPLISHMENTS erweitert werden können. Das Kasusverhalten der Verben konnte auf ihre SAS zurückgeführt werden und hat sich damit als als sekundär für die syntaktische Klassifizierung erwiesen. Die Diskussion der gängigen syntaktischen Testverfahren hat erbracht, daß in den meisten Fällen die syntaktische Klasse des Verbs bzw. der syntaktische Status eines Arguments nur einer unter mehreren Faktoren ist, die für die Grammatikalität der Konstruktion ausschlaggebend sind. Dies gilt insbesondere für die Platzhalter-Subjekte im Englischen (it, there), für die eine nicht besetzte Subjekt-Position eine notwendige, aber keinesfalls eine hinreichende Bedingung ist. Für den Indikator der Hilfsverb-Selegierung wurde hingegen festgestellt, daß es keine klar erkennbare und auch erklärbare Verbindung zur syntaktischen Klasse des Verbs gibt (von einem Testverfahren kann man hier nicht sprechen, schon gar nicht für das Englische). Es ist nur in beschränktem Maße sinnvoll, Testverfahren aus anderen Sprachen heranzuziehen, um Aufschluß über die syntaktische Klasse der entsprechenden Verben im Englischen zu gewinnen, da vergleichbare semantisch-aspektuelle Strukturen in verschiedenen Sprachen nicht zu identischen Argumentstrukturen führen müssen. Indirekt kann man auch über Wortbildungsprozesse Aufschluß über den syntaktischen Status eines Arguments erhalten. Es wurden Wortbildungsprozesse besprochen, bei denen die Argumentstruktur von Verben als Baustein für die Argumentstruktur eines abgeleiteten Wortes fungiert. Die Adjectival Passive Formation (APF) wie auch die hier diskutierten Formen der Nominalisierung sind dadurch gekennzeichnet, daß eines der Argumente des Verbs zum Kontext-Argument R dieser nominalen Kategorien wird, wobei dem Konzept der Θ-Rollen keine Bedeutung zukommt. Bei der APF kommt es auf ein internes Argument an, das ein BECOME-Ereignis identifiziert, die Ableitung auf -ee ist ebenfalls nur bei Verben mit internem Argument möglich, vorzugsweise bei Verben lateinischen Ursprungs, deren internes Argument eine Person sein kann, während -er, wie auch das Passiv-Morphem, ein Test-Suffix für ein externes Argument ist. Allerdings mußte festgestellt werden, daß aufgrund der speziellen Anforderungen der Affix bzw. der Wortbildungsprozesse keine systematische komplementäre Distribution gegeben ist zwischen der Möglichkeit zur Passivierung und zur -er-Affigierung einerseits und der Möglichkeit, ein Passivadjektiv zu bilden, und der -ee-Affigierung andererseits. Deshalb ist es wichtig, immer mehr als einen Test durchzuführen. Insgesamt bestätigen sich die Ergebnisse aus der semantisch-aspektuellen Klassifizierung: In Abhängigkeit von ihrer semantisch-aspektuellen Struktur sind Verben grammatisch flexible Gebilde, die ein Spektrum von syntaktischen Strukturen lizensieren.

4 Linking: Die Vermittlung von Argumenten

Im hier vertretenen Grammatikmodell werden verschiedene Repräsentationsebenen angenommen, die über bestimmte Abbildungsmechanismen, hier Vermittlungsregeln genannt (auch: linking rules, mapping principles, correspondence rules etc.), miteinander verbunden sind. Die Vermittlungsregeln beziehen sich auf den Bereich, in dem zwei Repräsentationsebenen für einander zugänglich sind. Eine Linking- oder Vermittlungstheorie wird demnach nicht wie bei Grimshaw (1990:30) in erster Linie als "a general theory of argument realization" verstanden, sondern vielmehr als eine Theorie darüber, inwiefern grammatische Ebenen mit eigenständigen Strukturprinzipien miteinander korrespondieren können. Die einzelnen Ebenen werden durch klassenbildende Organisationsprinzipien und grammatische Prozesse, die die Strukturen genau dieser Ebene betreffen, begründet. Der erste Schritt zu einer solchen Theorie muß darin bestehen, das gemeinsame Vokabular (die für beide Ebenen zugänglichen Bestandteile) zu identifizieren. Das klassische T-Modell der GB-Grammatik (Chomsky 1981) siedelt lexikalische Projektionsebenen tiefer als die syntaktischen Ebenen an. Ein lexical item wird mitsamt seiner lexikalischen Information in eine syntaktische Konfiguration eingesetzt und seine lexikalischen Eigenschaften müssen auf allen syntaktischen Ebenen erhalten bleiben (Lexikalisches Projektionsprinzip). Lexikalisch-semantische Information wird demnach, gefiltert durch das Θ-Kriterium, im Einklang mit den Strukturprinzipien der X-bar-Theorie auf die Syntax projiziert. In neueren Modellen, z.B. bei Jackendoff (1997), werden die Module Lexikon und Syntax parallel gesehen, und statt der Projektion ist das linking in den Vordergrund gerückt. Während der Begriff "Projektion" die derivationale Ableitung der grammatischen Ebenen suggeriert, setzt der Begriff "linking" (hier: "Vermittlung") den Schwerpunkt auf die Interaktion autonomer Module, die über gemeinsame Strukturelemente fur einander zugänglich sind. Linking rules bzw. Vermittlungsregeln werden jeweils für Bestandteile der lexikalischen Repräsentation formuliert, nicht für den ganzen komplexen Eintrag; deshalb ist die Bezeichnung "projectional approach", die Borer (1994) für den Dekompositions-Ansatz prägt, nicht angemessen. Es ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, daß für ein lexical item mehrere Vermittlungsregeln gültig sind, die sich auch widersprechen können. Eine aussagekräftige Linking-Theorie ist auch daran zu messen, wie sie Konflikte dieser Art behandelt.

4.1 Z/«^/ng-Modelle in der generativen Grammatik

Die Annahme, daß die Semantik eines Verbs sein syntaktisches Verhalten entscheidend mitbestimmt, wird nicht zuletzt sprachökonomisch begründet: "I suggest that language has chosen a particular solution to the problem it took on when it tried to map flexible cognition onto rigid syntax. Language guards its verbs' grammatically relevant semantic structures vigilantly." (Pinker 1989:102)

93 In jeder Einzelsprache, so die Hypothese, gibt es systematische Zusammenhänge zwischen der Semantik eines Verbs und seinen syntaktischen Eigenschaften. Allerdings ist es auch der Regelfall, daß diese Zusammenhänge nicht so starr sind, daß ein Verb nicht "elastisch" verwendet werden könnte. Offenbar gibt es einen semantischen Kernbereich, der für das syntaktische Potential verantwortlich ist. Die meisten Vermittlungsprinzipien in der generativen Grammatik haben eine mehr oder weniger starke universalgrammatische Ausrichtung. Innerhalb des Prinzipien-und-Parameter-Ansatzes sind die allgemeinsten Vermittlungsprinzipien das Lexikalische Projektionsprinzip (Chomsky 1981) und das Θ-Kriterium (Chomsky 1981, Higginbotham 1985). Konkretere Angaben über die Umsetzung semantischer Information aus dem Lexikon enthalten beispielsweise die Case Hierarchy (Fillmore 1968), mit der die Belegung der Subjektposition an eine universale Hierarchie von semantischen Rollen (Cases) gekoppelt wird, sowie die Canonical Structural Representation (Chomsky 1986b), die sich mit der kategorialen Realisierung von Argumenten befaßt. Das Prominenzkriterium von Grimshaw (1990) ergänzt die Thematische Hierarchie durch eine Aspektuelle Hierarchie, während Tenny (1987a, 1994) im Rahmen ihrer Aspectual Interface Hypothesis (AIH) Θ-Rollen durch aspektuelle Rollen ersetzt. Ganz ohne Hierarchie kommt Dowtys (1991) Argument Selection Principle aus, demzufolge Argumente nach ihrer Nähe zu einem prototypischen AGENT und einem prototypischen PATIENT eingestuft werden. Während die Universal Alignment Hypothesis (Perlmutter/Postal 1984) eine ganz allgemeine Aussage darüber macht, daß es universale Vermittlungsregularitäten gibt, beziehen sich Jackendoffs (1983, 1990b) Syntactic-Conceptual Correspondence oder Projection Rules ebenso wie Pustejovksys (1991) Mapping Principles oder die Linking Rules von Levin/Rappaport (1995a) auf strukturell bestimmte Bestandteile der semantisch-aspektuellen Repräsentation. Ebenfalls am Einzelverb orientiert ist die Uniformity of Theta Assignment Hypothesis (UTAH) von Baker (1988a), die den syntaktischen Status der Argumente eines Verbs in verschiedenen Konstruktionen zum Gegenstand hat. Die meisten der genannten Prinzipien bzw. Regeln sind eindimensional: Sie nehmen eine Bezugsgröße an (z.B. semantische oder aspektuelle Rolle), die darüber entscheidet, wie ein Bestandteil der lexikalischen Repräsentation syntaktisch realisiert wird. Einige dieser Prinzipien machen dabei generelle Aussagen über den Zusammenhang zwischen Semantik und Syntax, andere beziehen sich nur auf die Umsetzung spezifischer Lexikoneinträge. So besagt das Prinzip der Canonical Structural Realization, daß Θ-Rollen generell bestimmte Projektionen lexikalischer Kategorien in bestimmten syntaktischen Positionen entsprechen, während die UTAH eine Aussage über die syntaktische Realisierung von Argumenten eines bestimmten Prädikats macht. Weiterhin unterscheiden sich die genannten Prinzipien darin, welche grammatischen Ebenen sie zueinander in Bezug setzen. Während sich z.B. Grimshaws Prominenzkriterium mit dem Zusammenhang zwischen SAS und AS befaßt, bezieht sich die Thematische Hierarchie ebenso wie die UTAH auf den Zusammenhang zwischen AS und D-Struktur. In den letzten Jahren ist zunehmend die aspektuelle Funktion von Argumenten in den Vordergrund gerückt. Speziell die Arbeiten von Tenny zeigen, wie man einige semantische Konzepte (z.B. "affectedness") aspektuell re-interpretieren kann (s. Kap. 2.3.2). Statt semantischer Merkmale (wie [lintentional]) sind aspektuelle Merkmale (wie [±telisch]) in den Vordergrund getreten. Eine Schlüsselstellung nimmt hier das Prominenz-Modell von Grimshaw (1990) ein: Grimshaw nimmt an, daß es eine universale semantische und eine

94

aspektuelle Hierarchie gibt, an der die Argumente eines Verbs zu messen sind. Die Argumentstruktur wird nicht direkt aus der semantischen Struktur abgeleitet, sondern ergibt sich aus der Einstufung der lexikalischen Variablen in die vorgegebenen Hierarchien. Dieser Vorschlag ist insb. deshalb interessant, weil er mismatches zwischen der semantischen und der aspektuellen Klassifizierung eines Arguments (hohe Einstufung auf der einen Skala, niedrige auf der anderen) ausdrücklich zuläßt und damit Konfliktfälle zwischen linking rules nicht als unangenehmen Sonderfall behandelt, sondern in das allgemeine Vermittlungsverfahren integriert. Allerdings, so wird zu zeigen sein, ist Grimshaws Art, derartige Konflikte zu lösen, nicht optimal. Dowty (1991) geht ebenfalls davon aus, daß semantische Rollen und kausale Relationen (gewissermaßen aspektuelle Rollen) syntaxrelevante Konzepte sind; jedoch arbeitet er nicht mit zwei unabhängigen Skalen, sondern definiert ein Feld zwischen zwei thematischen Polen, PROTO-AGENT und PROTO-PATIENT. Der Status eines Arguments wird daran gemessen, wieviele PROTO-AGENT- und wieviele PROTO-PATIENT-Eigenschaften es hat, wobei zu diesen Eigenschaften semantische wie aspektuelle Rollen gehören. Während Grimshaws Theorie auf einem hierarchischen Prinzip aufbaut, ist Dowtys Modell quantitativ orientiert, und es kann nur bedingt zu Konflikten kommen. Ein weiterer wichtiger Ansatz ist der von Levin/Rappaport (1995a), der auf bewährten Modellen der lexikalischen Repräsentation aufbaut. Ihre langjährige Beschäftigung mit dem Verhalten bestimmter Verbgruppen, speziell dem variablen Verhalten von Verben bzw. ihrer syntaktischen und semantischen "Elastizität", fuhrt zu dem Ergebnis, daß sowohl semantische als auch aspektuelle Strukturelemente für das linking relevant sind. Sie postulieren Vermittlungsregeln für strukturell bestimmte Elemente der lexikalischen Repräsentation und schließen Konfliktzonen zwischen verschiedenen Vermittlungsregeln nicht aus. Diese ergeben sich, wenn ein Element χ durch zwei verschiedene Regeln, deren Vorgaben nicht miteinander kompatibel sind, betroffen ist. Derartige Konfliktfälle werden im Mittelpunkt des Interesses stehen, weil sie Aufschluß über die Interaktion von Vermittlungsregeln geben. Levin/Rappaport lösen die Probleme, die sich in den Konfliktzonen ergeben, indem sie die Vermittlungsregeln in ein Präzedenz-Verhältnis setzen. So überzeugend dieser Ansatz im Detail ist, so fragwürdig ist jedoch, Vermittlungsregeln einfach nach Wichtigkeit zu ordnen, ohne daß das Hierarchie-Prinzip einen besonderen grammatischen Status hat. Es ist hier ein besonderes Anliegen zu zeigen, daß Konflikte innerhalb der Vermittlungsregeln aus unterschiedlichen Komponenten keine Unglücksfälle, sondern integraler Bestandteil der Vermittlungstheorie sind. Mismatches oder Konfliktzonen sind kein Beweis dafür, daß der lexikalische Dekompositionsansatz in eine Sackgasse ftlhrt - vorausgesetzt, die Theorie beinhaltet Mechanismen, die diese Konflikte regeln. Sich widersprechende Anforderungen an grammatische Elemente gibt es auch in anderen Bereichen der Grammatik (man denke an die Klassifizierung von PRO als [+anaphorisch, +pronominal]) - entscheidend ist, wie die Theorie mit ihnen umgeht. Eine elegante Lösung bietet fraglos die Optimalitäts-Theorie, die als Bezugsrahmen für die in Kap. 4.2 entwickelte Alternative zu den skizzierten Ansätzen dient.

95 4.1.1 Linking-Potential der Θ-Theorie Die Θ-Theorie ist eines der wichtigsten Module der GB-Theorie - zum einen deshalb, weil das zu ihr gehörende Wohlgeformtheitsprinzip, das Θ-Kriterium, sowohl auf der D-Struktur als auch auf der S-Struktur als auch auf LF erfüllt werden muß (Chomsky 1981), zum anderen, weil das Θ-Kriterium zusammen mit dem Projektionsprinzip neben dem StrukturPrinzip der X-bar-Theorie die wichtigste Vorgabe für die Generierung von Sätzen darstellt. Darüber hinaus ist der Begriff der Θ-Markierung wichtig für die Barrieren-Theorie (Chomsky 1986a) und damit für die Konstituierung von lokalen Domänen für Rektion und Bewegung. Die Bedeutung der Θ-Theorie und die Anwendung des Θ-Kriteriums zur Überprüfung von Wohlgeformtheit stehen jedoch im Mißverhältnis zur Ausformulierung der Begriffe und Strukturen, die der Theorie zugrunde liegen. Man ist sich weder einig über die Existenz von diskreten Θ-Rollen, noch gar über deren Anzahl, Definition oder Repräsentation. Auch ist die ursprüngliche Annahme Choniskys (1981) über mögliche Argumentpositionen im Satz stark relativiert worden, z.B. durch die Shell-Analyse für VPs (Larson 1988, Chomsky 1995) und das Konzept der Erweiterten Projektion (Grimshaw 1991). Die Zerfaserung des Begriffs "Argumentposition" spiegelt zum einen die Vagheit der θ -Theorie und den Mangel an verbindlichen Vermittlungsregeln, zum anderen die Abkehr vom dreistufigen X-bar-Schema mit seinen klaren Definitionen von Komplement- und Adjunkt-Position wider. Ergebnis ist, daß es beliebige Möglichkeiten zu geben scheint, lexikalische Information syntaktisch zu repräsentieren. Der Θ-Theorie zugeordnet wird oft ein inhaltlich orientiertes Realisierungsmodell, nämlich die Hypothese über eine Thematische Hierarchie (ThH), die im wesentlichen besagt, daß es ein universal gültiges Inventar von semantischen Relationen zwischen Verben und Argumenten gibt, dessen inhärente hierarchische Ordnung Bezugspunkt für grammatische Prozesse ist. Die ThH setzt voraus, daß diskrete Θ-Rollen als Bausteine einer universalen Semantik isoliert werden können. Allerdings ist dieses Unterfangen nach Einschätzung von Dowty (1991) nicht besonders weit gediehen: "There is perhaps no concept in modern syntactic and semantic theory which is so often involved in so wide a range of contexts, but on which there is so little agreement as to its nature and d e f i n i t i o n , a s THEMATIC ROLE ( o r THEMATIC RELATION) a n d its d e r i v a t i v e , THETA-ROLE in G o v e r n -

ment-Binding (GB) theory." (Dowty 1991:547)

Was die Formulierung von Θ-Rollen angeht, kann man zwei grundsätzliche Richtungen unterscheiden: Da ist zum einen der holistische Ansatz in der Tradition Filimores, demzufolge ein begrenztes Inventar von nicht aufzusplittenden oder abzuleitenden Θ-Rollen existiert, das intrinsisch hierarchisch geordnet ist und das mit syntaktischen Funktionen in Einklang gebracht werden soll. Dabei gilt, daß jede Θ-Rolle nur einmal zugewiesen und jedes Argument nur eine Θ-Rolle tragen darf. Θ-Rollen (in der Terminologie Filimores: "Case relationships"') haben hier einen unabhängigen Status als "tenseless set of relationships involving verbs and nouns" (Fillmore 1968:23) und werden nicht durch Bezug auf Verben definiert. Repräsentiert werden Θ-Rollen auf der Ebene der Argumentstruktur in

'

Die Bezeichnung "Case" soll daran anknüpfen, daß morphologische Kasus als Ausbuchstabierungen bestimmter semantischer Relationen aufgefaßt werden können (z.B. Dativ fur ein GOAL).

96 Form eines "θ-grid" (Stowell 1981), das jedoch keine inhaltliche Information enthalten soll, sondern nur die Anzahl der verschiedenen Θ-Rollen, die das Verb zuweist, spezifiziert. Daneben gibt es den verbbezogenen Dekompositions-Ansatz in der Tradition von Jackendoff, der Θ-Rollen Uber Positionen in der semantischen Struktur eines Prädikats definiert (vgl. Jackendoff (1987:372)). "θ-roles are inherently relational notions; they label relations o f arguments to predicators and, therefore, have no existence independent o f predicators." (Rappaport/Levin 1988:17)

Bei diesem Ansatz, dem hier weitgehend gefolgt wird, kann ein Argument mehrfach erfaßt werden (also im klassischen Sinne: mehrere Θ-Rollen haben), z.B. als Bestandteil des zweiten Arguments von CAUSE und als erstes Argument eines eingebetteten BECOMEPrädikats. Daß es dadurch zu einem Konflikt zwischen zwei Vermittlungsregeln kommen kann, ist durchaus beabsichtigt.

4.1.1.1 Zur Definition von semantischen Rollen: AGENT und THEME Für die Organisation der Argumentstruktur wird allgemein angenommen, daß die inhaltliche Seite der "thematischen Relation" zwischen Argumente und Verb zu vernachlässigen ist. Nur aus mnemotechnischen Gründen gelängen über die thematic labels AGENT, THEME, GOAL semantische Rollen, in den Lexikoneintrag. Diesen Ansatz charakterisiert Dowty (1991:549) als "argument-indexing view of thematic roles", der am deutlichsten durch das Θ-Kriterium gespiegelt wird, das keinen Bezug auf die Interpretation der Argumente nimmt, so z.B. bei Higginbotham (1985:561). Θ-Rollen haben nach Dowty im Kembereich der GB-Theorie nur die beiden folgenden Funktionen: "(i) distinguishing 'real', semantically contentful arguments of a predicate from dummy arguments such as it and there, and (ii) helping to keep track o f identity and distinctness o f N P s o f a particular semantic argument of a predicate during the course o f a derivation." ( D o w t y 1991:549)

Generell ist ein ausgeprägtes Mißverhältnis zu beobachten zwischen der Einschätzung der Relevanz von semantischen Rollen als solchen und dem Gebrauch der dazugehörigen thematic labels, da nun einmal gilt "argument structures are incomprehensible if the thematic role labels are omitted" (Grimshaw 1990:10). Dabei ist fraglich, ob es überhaupt einen Konsens über die Natur dieser "creatures of the syntax-semantics interface" (Dowty 1991:548) gibt. Bestenfalls kann man durch Bezug auf Θ-Rollen grammatische Prozesse erklären, schlechtestenfalls werden sie als "thinly disguised wild card to meet the exigencies of syntax" (Jackendoff 1987:548) eingesetzt. Daß der Status von semantischen Rollen als Bezugsgröße für grammatische Prozesse problematisch ist, wurde anhand der Regel "E (Th)" für die Bildung des Passivadjektivs bereits gezeigt (Kap. 3.1.3.3); andere "pitfalls of misidentifying the motivation for a role" führt Dowty (1991:556ff.) an. Von besonderem Interesse für das Thema dieser Arbeit ist die Frage, inwiefern semantische Rollen im Rahmen der Theorie den Beitrag von Argumenten hinsichtlich der Konstituierung der Ereignistruktur reflektieren. Dabei stehen die beiden Rollen AGENT und THEME im Vordergrund, weil sie am ehesten verschiedenen Teilereignissen zuzuordnen sind und mit bestimmten syntaktischen Positionen (Subjekt und Objekt) in Einklang zu bringen sind.

97 Die typische asymmetrische AGENT/THEME-Relation kommt am deutlichsten in kausativen Ereignissen zum Ausdruck: "Prototypical causation involves a single, willful, human agent who deliberately transfers energy toward a single perceived patient who noticeably changes state as a result in a single local event". (Pinker 1989:137)

Die semantische Rolle AGENT wird meistens mit Vorstellungen von Dynamik, Kontrolle und Intentionalität in Verbindung gebracht, die des THEME mit Veränderung und Bewegung (räumlich und nicht-räumlich), oft als Konsequenz aus dem Tun des AGENT. Gelegentlich mischt sich auch das "Thema" der funktionalen Satzperspektive hinein, wenn das THEME als das Argument definiert wird, über das etwas ausgesagt wird (dessen Standort lokalisiert wird), und es heißt: "The Theme [...] has the significance of being an obligatory element of every sentence" (Gruber 1976:38). Diese Einstufung des THEME als unmarkierte semantische Rolle findet man auch bei Fillmore (1968:25), hier unter der Bezeichnung "Objective" als "the semantically most neutral case, the case of anything representable by a noun whose role in the action or state identified by the verb is identified by the semantic interpretation of the verb itself'. Gruber (1965) entwarf ein räumlich ausgerichtetes Modell der Interpretation von Argumenten, das die Grundlage für die konzeptuelle Struktur bei Jackendoff bildet. Zustandsänderungen werden als abstrakte Bewegungen aufgefaßt, und das THEME ist das Argument, das einer solchen Bewegung unterliegt, sei es "in a concrete or in an abstract sense" (Gruber 1976:38f.). Als AGENT bezeichnet Gruber (1976:157) ein nominales Argument mit der Interpretation "intender of action", d.h., als AGENT kommen nur DPs mit der Spezifizierung [+animate] in Frage. Problematisch wird die Einordnung von "intenders of action", die einer Bewegung unterliegen, wie dies für das Subjekt der Bewegungsverben kennzeichnend ist (s. (lc)). Ist das Subjekt hier AGENT oder THEME? (la) (lb) (lc)

Harry broke the glass. Harry stood on the chair. Harry rolled down the hill.

(la') (lb') (lc')

The storm broke the window, The box stood on the shelf, The stone rolled down the hill.

Die Definition des AGENT enthält auch eine aspektuelle Komponente, da AGENTS in Verbindung mit "actions" gebracht werden. Definiert man "action" über Dynamizität, ist fraglich, ob das Subjekt in (lb) als AGENT klassifiziert werden kann (?What Harry did was stand on the chair). Und wie ist es zu bewerten, daß viele Verben - wie in den Beispielen in (1) - belebte und unbelebte Subjekt zulassen? Eine Generalisierung wird möglich im Ansatz Jackendoffs, der das lokalistische Konzept Grubers in seine Form der lexikalischen Repräsentation umsetzt. Argumente im Sinne des Θ-Kriteriums sind Variablen in der semantisch-konzeptuellen Struktur, die indiziert sind (inkorporierte Argumente sind nicht indiziert bzw. lexikalisch gesättigt) und syntaktisch gesättigt werden ("/Veo-9-Criterion"). Die Dekomposition ist wie bei Gruber am semantischen Feld der Bewegung orientiert, was man an den Prädikaten GO ΤΟ (statt BECOME), STAY, ORIENT und ihren Argumenten PATH, PLACE etc. sehen kann. Da diese Prädikate die aspektuelle Struktur kodieren, sind "Θ-Rollen" (wenn man diese Bezeichnung bei Jackendoff überhaupt anwenden will) zuerst aspektuelle Konstrukte. Semantische Merkmale (wie Belebtheit) werden nur zur Subklassifizierung herangezogen. Einen besonderen Status hat das THEME, das als "the NP whose motion or location is asserted"

98 (Jackendoff 1983:170) definiert wird. Wenn gilt, daß jeder Satz eine Aussage über eine Bewegung oder eine lokale Verankerung macht, enthält auch jeder Satz ein THEME. Die Strukturmuster der semantischen Repräsentation können in verschiedenen semantischen Feldern umgesetzt werden (wiederum eine Anlehnung an Gruber), so daß auch Ereignisse, die nicht direkt Ortsveränderungen ausdrücken, in dieser Weise zerlegt werden können (Thematic Relations Hypothesis). "In any semantic field of [EVENTS] and [STATES], the principal event- state-, path-, and placefunctions are a subset of those used for the analysis of spatial location and motion." (Jackendoff 1983:188)

Durch die Spezifizierung der abstrakten Verben als GOIDENT, GOEXIST etc. kann man sich auf semantisch bestimmte Subklassen der aspektuellen Muster beziehen. So können Verben nach semantischen Feldern und nach aspektuellen Mustern zusammengefaßt werden. Die klassischen Θ-Rollen ordnet Jackendoff bestimmten Konstitutenten der semantischen Struktur wie folgt zu: 2 (2)

ACTOR: AGENT: SOURCE: GOAL: THEME:

erstes Argument von ACT-ON (in etwa vergleichbar mit DO) erstes Argument von CAUSE erstes Argument von FROM innerhalb einer PATH-Konstituente das Argument von τ ο innerhalb einer PATH-Konstituente erstes Argument von GO/STAY/BE/ORIENT

Der ACTOR-Begriff von Jackendoff ist an das aspektuelle Kriterium Dynamizität gekoppelt. Das Prädikat ACT-ON impliziert, daß es immer noch ein zweites Argument gibt. Ersetzt man es durch DO, können auch einstellige Verben ein ACTOR-Argument haben. Ob der ACTOR belebt ist oder nicht, spielt keine Rolle, denn "willfulness or intentionality is an optional property of an actor" (Jackendoff 1983:176). STATES und ACHIEVEMENTS lizensieren keinen ACTOR, weil es in ihrer Repräsentation kein DO-Ereignis gibt. 3 D i e U n t e r s c h e i d u n g AGENT vs. ACTOR w e i s t a u f ein D i l e m m a

in d e r

semantisch-

aspektuellen Klassifizierung hin: Nicht jeder CAUSER ist ein klassischer AGENT im Sinne des Fillmoreschen "Agentive Case". Ein CAUSER muß nicht intentional handeln (Harry broke the glass by stumbling over it), und es muß sich auch nicht um ein vernunftbegabtes Wesen handeln (The prospect of being unemployed depressed them). Andererseits kommen intentional Handelnde auch bei nicht-kausativen Ereignissen vor (She smiled triumphantly). Jackendoff splittet daher den traditionellen AGENT-Begriff in drei Bestandteile auf: 4

2

3

Nicht ohne weiteres zu integrieren sind die Θ-Rollen EXPERŒNCER, lt. Jackendoff (1987:378) Argument einer "as yet unexplored State-function having to do with mental states", und INSTRUMENT, nach Jackendoff (1987:401) "an intermediary between Actor and Patient" bzw. einfach ein unbelebter AGENT (Jackendoff 1990b:259). Allerdings spekuliert Jackendoff (1990b:261) bei der Analyse von have darüber, ob es auch "a sort of stative Actor" geben kann. Jackendoff (1990b) sieht zwei Stränge (tiers) der lexikalischen Repräsentation vor. Mit "ÄFF" bezieht er sich auf die aspektuelle Schicht (aspectual tier), die der herkömmlichen semantischen Repräsentation (thematic tier) beigeordnet wird.

99 "To sum up the dissection o f the notion Agent, we see that it breaks into three semi-autonomous parts: doer o f action (first argument o f AFF), volitional Actor (first argument o f AFF +vo1 ), and extrinsic instigator (first argument of CAUSE)." (Jackendoff 1990b: 129)

Jackendoffs "doer of action" soll hier als ACTOR bezeichnet werden, der "volitional Actor" als AGENT und der "extrinsic instigator" als CAUSER. Ein ACTOR wird also nach aspektuellen Kriterien bestimmt; ein AGENT ist dann ein ACTOR mit bestimmten semantischen Merkmalen. Den CAUSER hingegen muß man nicht mit dem Konzept des ACTOR/AGENT verbinden. Die Gemeinsamkeiten zwischen dem externen Argument von smile (ACTOR, in der Regel AGENT) und dem externen Argument von break, ob belebt oder nicht, kann man erfassen, wenn man ACCOMPLISHMENTS als komplexe Ereignisse analysiert, deren erstes Teilereignis dem Typ ACTIVITY entspricht. Dann gibt es sowohl bei ACTIVITIES als auch bei ACCOMPLISHMENTS einen ACTOR, der bei ACCOMPLISHMENTS innerhalb des ersten Arguments von CAUSE steht und deshalb als CAUSER gilt (s. Kap. 2.3.4). Optional kann dieser ACTOR, der bei ACCOMPLISHMENTS immer ein CAUSER ist, die Merkmale aufweisen, die für einen AGENT typisch sind. Für diese Zerlegung von komplexen Ereignissen spricht auch, daß jedes Verb vom Typ smile (externes Argument in AGENT-Lesart) durch ein aspektuelles Komplement in ein Verb vom Typ break (externes Argument, AGENT fungiert als CAUSER) expandiert werden kann. Dowty (1979:112) weist daraufhin, daß die Tests, die herangezogen werden, um einen klassischen AGENT nachzuweisen (z.B. Imperativ, Einbettung nach persuade, INSTRUMENT als Adjunkt möglich), in erster Linie geeignet sind, dynamische von statischen Ereignissen zu unterscheiden. Nicht jedes dynamische Ereignis beinhaltet einen AGENT, aber AGENTS kommen nur bei dynamischen Ereignissen vor, vgl. die Kurzformel von Roberts (1987:199): "if Agent, then event". Gut zehn Jahre später entwirft Dowty ein AGENTKonzept, das aspektuelle Eigenschaften ausdrücklich miteinbezieht. Als "a novel attack on the perennially vexing questions of the theoretical status of thematic roles and the inventory of possible roles" führt Dowty (1991:547) ein zweipoliges thematisches Feld ein, in dem ΘRollen als Prototypen dargestellt werden, die mit den syntaktischen Funktionen Subjekt und Objekt korrelieren (zur ausfuhrlichen Diskussion s. Kap. 4.1.3.1). Es gibt zwei thematische Pole (PROTO-AGENT und PROTO-THEME) und diverse Eigenschaften (semantische und aspektuelle), die über den Status eines Arguments in diesem Feld entscheiden. Je mehr PROTO-AGENT-Eigenschaften ein Argument aufweist, umso wahrscheinlicher ist es, daß es die Subjektposition einnimmt. In diesem Sinne entsprechen AGENTS (in der o.g. Definition) eher dem PROTO-AGENT als einfache ACTORS. Aber nicht nur das AGENT-Konzept hat eine aspektuelle Komponente. Pinker empfiehlt ausdrücklich, aus dem traditionellen THEME-Begriff den Subtyp des PATIENT hervorzuheben: "[T]he patient must be inherently involved in or affected by the action, playing a role in defining what the action consists of. [...] the patient has a role in temporally delineating the event referred to by the verb. [...] A theme [...] is predicated to be in a location or state or to undergo a change o f location or state, whether or not it was caused by an agent." (Pinker 1989:85)

Jedes PATIENT-Argument ist also auch ein THEME. Das PATIENT-Argument ist gewissermaßen das Gegenstück zum CAUSER: Es unterliegt einer Zustandsänderung und bestimmt somit das Ende des Ereignisses mit (wenn der neue Zustand erreicht ist, ist das Ereignis beendet) bzw. "mißt es aus" (daher auch die Bezeichnung "Maß-Argument"), während ein

100 CAUSER eine Veränderung in Gang bringt. Nur bei telischen Ereignissen, bei kausativen wie bei nicht-kausativen, kann es ein PATIENT-Argument geben. Problematisch sind hier Fälle, in denen ein Argument einer Veränderung unterliegt und diese selbst verursacht (zum Beispiel das Subjekt in ( l c ) im Kontrast zum Subjekt in ( 1 c')).

4.1.1.2 Thematische Hierarchie Jeder Versuch, Θ-Rollen inhaltlich zu definieren, ist nur im Zusammenhang mit der Bedeutung von Θ-Rollen für grammatische Prozesse zu sehen. Allerdings wird in nicht wenigen Fällen das Konzept der Θ-Rolle überstrapaziert, weil die entscheidenden Faktoren fur die Anwendung einer lexikalischen oder syntaktischen Regel entweder "kleiner" als eine ΘRolle sind und nur eine semantisch-aspektuelle Eigenschaft betreffen, das ein Argument aufgrund seiner Position in der lexikalischen Repräsentation hat (Kausativ-Alternation), oder sie sind "größer" als eine Θ-Rolle, weil sie z.B. Diskurseigenschaften betreffen (vgl. Dowty (1991:559ff.)). Der einzige Ort, an dem der Inhalt von Θ-Rollen in der GB-Theorie explizit erwähnt wird, ist die Vorgabe einer Thematischen Hierarchie (ThH), die oft implizit als Ergänzung zum Θ-Kriterium gesehen wird. 5 (3)

AGENT > INSTRUMENT > EXPERIENCER > SOURCE/GOAL/LOCATION > THEME

Die ThH ist immer an ein bestimmtes Inventar von Θ-Rollen gekoppelt und geht meistens mit dem Prinzip einher, daß jede Θ-Rolle nur einmal von V zugewiesen werden kann bzw. daß es pro Satz jede Θ-Rolle nur einmal geben darf, vgl. Fillmore (1968:21): "each case relationship occurs only once in a simple sentence". Mit Hilfe einer semantischen Hierarchie soll u.a. das variable Verhalten von Verben hinsichtlich der Belegung der Subjektposition erklärt werden. 6 Angesichts von Beispielen wie in (4) stellt Fillmore (1968:33) die folgende Generalisierung auf: Wenn ein AGENT vorhanden ist, wird dieser zum Subjekt, es folgt das INSTRUMENT, und erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann ein THEME zum Subjekt werden. (4a) (4b) (4c)

Kay opened the door (with her key), vs. *The key opened the door by Kay. The key opened the door. vs. *The door opened with the key. The door opened.

In diesem Sinne ist die ThH eine Art Betriebsanleitung für die Positionierung von Argumenten bei mehrstelligen Verben. Allerdings sagt sie nichts über die D-Struktur-Position der Argumente aus, so daß der Erkenntnisgewinn für eine Linking-Theorie gering ist, zumal für Verben mit nur einem Argument. Unumstritten ist, daß dem AGENT der höchste und dem THEME der niedrigste Rang auf der ThH zukommt. Weniger Einigkeit besteht über die

5

S. z.B. Carrier-Duncan (1985) und Speas (1990). Gegen die ThH als grammatisches Organisationsprinzip wendet sich Kiefer (1993), der nicht auf semantische "prominence" baut, sondern auf pragmatische "relevance". Zu verschiedenen Varianten der ThH (Abfolge-Varianten) s. die Literaturangaben bei Tenny (1994:118ff.) sowie Croft (1998:28).

6

Eine andere Art der Anwendung ist Jackendoffs "Thematic Hierarchy Condition", die besagt, daß in Passiv-Konstruktionen die 6y-Phrase einen höheren Wert auf der ThH einnehmen muß ais das Argument in der Subjektposition, vgl. Jackendoff (1972:43).

101 Einstufung der anderen Θ-Rollen. Z.B. ist ein INSTRUMENT in Sätzen wie (4a) als Adjunkt eigentlich gar nicht in der Argumentstruktur verankert, und die gemeinsame Abhandlung von GOAL/SOURCE/LOCATION ist durchaus nicht selbstverständlich. Allgemein wird die ThH so interpretiert, daß ein AGENT ein dominantes Argument ist: Ist im Satz ein AGENT vorhanden, wird dieses Argument unweigerlich zum Subjekt, dem syntaktisch höchsten Argument. Semantischer und syntaktischer Hierarchierang ("Prominenzwert") scheinen sich zu entsprechen. Allerdings kann man die ThH auch genau andersherum interpretieren und dem THEME-Argument den höchsten Prominenzwert zumessen, weil es für die Verbbedeutung so wichtig ist, daß das Verb nicht elastisch genug ist, um ohne dieses Argument auszukommen (s. wiederum die Beispiele in (4)). In dieser Weise könnte man auch das Prinzip der zyklischen Θ-Zuweisung nach Grimshaw (1990) auslegen, demzufolge niedrigrangige Argumente vor höherrangigen Argumenten θ-markiert werden (s. Kap. 3.2.1). Ohnehin wertet Grimshaw (1990) in ihrer Prominenztheorie die ThH vom Statisten zum Hauptdarsteller in einer Linking-Theorie auf. Ohne große Umschweife nimmt sie - unter Berufung auf Jackendoff (1972) - eine universal gültige Thematische Hierarchie mit den folgenden Werten an: (5)

AGENT > EXPERIENCE!* > GOAL/SOURCE/LOCATION > THEME

Die ThH ist hier eine Skala, auf der der "Prominenz-Wert" eines Arguments gemessen wird. Jedem Argument wird ein Wert auf dieser Skala zugeordnet. Ein AGENT-Argument ist demnach "more prominent" als ein EXPERIENCER-Argument. Aus dem Prominenz-Wert auf dieser Skala allein folgt jedoch noch nichts über den syntaktischen Status des Arguments. Erst in Kombination mit dem Prominenz-Wert auf einer (theoretisch) unabhängigen aspektuellen Skala wird dieser endgültig bestimmt. In dieser Weise akzentuiert Grimshaw die semantischen und die aspektuellen Eigenschaften von Argumenten. Da sie aber auf traditionelle Bestimmungen der Θ-Rollen zurückgreift (AGENT in erster Linie als vernunftbegabter ACTOR), ist fraglich, ob diese Trennung durchzuhalten ist.

4.1.1.3

Uniformity of Theta Assignment Hypothesis

(UTAH)

Die "UTAH" ist ein relativierendes Vermittlungsprinzip, weil sie den Blick auf einzelne Verben lenkt, statt eine universale Hierarchie zu postulieren. Baker (1988a) beschäftigt sich mit Wortbildungsprozessen, die den grammatischen Status von Argumenten verändern (z.B. Passivierung). Im Mittelpunkt seiner Untersuchung stehen komplexe Verben, die durch "processes by which one semantically independent word comes to be 'inside' another"gebildet werden (Baker 1988a: 1). Diese Prozesse faßt Baker unter dem Begriff der Inkorporation zusammen und analysiert sie als Anwendung der Regel move α auf der Wort- bzw. X o -Ebene. Affixe können den Status von Köpfen haben, und komplexe Verben können durch Adjunktions-Bewegungen von V gebildet werden. Wie XP-Bewegungen hinterlassen Kopf-Bewegungen Spuren und unterliegen grammatischen Prinzipien wie dem ECP und dem Θ-Kriterium, das Baker nicht nur auf die Elemente bezieht, denen eine ΘRolle zugewiesen wird, sondern auch auf die Elemente, die Θ-Rollen zuweisen, vgl. Baker (1988a:52). Aufschluß über die D-Struktur-Position eines bewegten Elements (speziell: des Verbs bzw. eines seiner Argumente) gibt die semantische Relation zwischen Verb und

102 Argument, die nach dem Projektionsprinzip auf allen syntaktischen Ebenen repräsentiert werden muß. In Anlehnung an Chomsky (1981) betrachtet Baker (1988a:46) die DStruktur als "a linguistic representation of thematic structure". Dabei soll folgendes Transparenz-Prinzip gelten: "THE UNIFORMITY OF THÊTA ASSIGNMENT HYPOTHESIS (UTAH): Identical thematic relationships between items are represented by identical structural relationships between those items at the level o f D-structure." (Baker 1988a:46)

Die UTAH macht keine allgemeine Ausssage über die Realisierung von Θ-Rollen. Sie sagt also nicht, daß z.B. jedes THEME ein D-Struktur-Objekt sein sollte bzw. eine "niedrigere" syntaktische Position einnehmen sollte als ein AGENT, und unterscheidet sich damit deutlich von Tennys Vermittlungsprinzipien. Ausdrücklich bezieht sich Baker auf die Realisierung von Θ-Rollen eines bestimmten Verbs; die items, die zueinander in Relation gesetzt werden, sind ein Verb χ und seine Argumente. Gleiche semantische Relationen werden durch gleiche syntaktische Relationen repräsentiert. In den Beispielen in (6) hat die unterstrichene DP in allen drei Fällen die gleiche Interpretation in Relation zum Verb; folglich sollte sie in allen drei Sätzen die gleiche D-Struktur-Position einnehmen. (6a) (6b) (6c)

Julia melted the ice cream into mush. The ice cream melted into mush. The ice cream was melted into mush.

Hingegen kann allein auf der Basis der Beispiele (6a-c) keine Aussage getroffen werden über die D-Struktur-Position des Subjekts in (6d), denn das Subjekt in (6b) und das Subjekt in (6d) sind keine vergleichbaren items im Sinne der UTAH. (6d)

The door opened.

Da also die UTAH keine grundsätzliche Aussage über den Zusammenhang zwischen der Interpretation eines Arguments und seiner syntaktischen Positition macht, ist sie eigentlich nur dann heranzuziehen, wenn man die syntaktische Position eines Arguments bei einem bestimmten Verb schon kennt und dieses Verb dann in einem anderen syntaktischen Kontext untersucht. Wenn die UTAH sich nur auf die Relation von Argumenten zu einem bestimmten Verb bezieht, hängt viel davon ab, ob in zwei Beispielen das gleiche Verb vorliegt oder nicht. So ist zu fragen, ob die UTAH auch Fälle wie die folgenden abdeckt: (6e) (6f)

The cat killed the mouse. The mouse died.

Die Verben in (6e/f) sind in semantisch-aspektueller Hinsicht ebenso verwandt wie die in (6a/b). Baker (1988a:48) bezieht sich in seiner Untersuchung im wesentlichen auf "morphologiereiche" Sprachen und läßt die UTAH fur komplexe Verben mit dem gleichen Verbstamm gelten. Demzufolge würde man nach der UTAH für das Subjekt in (6b) eine Aussage über seine D-Struktur-Position machen können (Komplement von V), nicht jedoch über das Subjekt in (6f). Gerade für das Englische als einer Sprache, in der aspektuelle Verschiebungen selten morphologisch markiert werden, macht die UTAH eine klare Aussage: So wie man für Passiv-Konstruktionen annimmt, daß das Subjekt als Komplement von V generiert wird, weil es in der gleichen semantischen Relation zum Verb steht wie das Objekt in Aktiv-Sätzen, so fordert die UTAH auch für die Verben der Kausativ-Alternation eine Bewegungsanalyse, zumindest dann, wenn die Verbpaare morphologisch verwandt

103 sind. Auf Verben, die nicht "elastisch" sind (wie z.B. arrive), kann die UTAH hingegen nicht angewendet werden.

4.1.2 Aspektuelle Ausgestaltung der Θ-Theorie Es ist gezeigt worden, daß man bei der Formulierung von Θ-Rollen oft Bezug auf aspektuelle Eigenschaften nimmt, wie z.B. auf das Verursachen eines Ereignisses (ACTOR vs. AGENT bei Jackendoff) oder das Verändert-Werden durch ein Ereignis (THEME vs. PATIENT fokussiert, nicht bei Pinker). Diese Eigenschaften werden zunehmend in Linking-lhtoúzn nur in denjenigen, die sich auf eine semantische Repräsentation stützen, die durch aspektuelle Prädikate gegliedert ist. So nimmt Tenny (1989 et passim) statt thematischer Rollen aspektuelle Rollen an, und Grimshaw (1990) ergänzt die Thematische Hierarchie durch eine Aspektuelle Hierarchie. Im folgenden soll gezeigt werden, daß beide Formen der aspektuellen Ausgestaltung der Θ-Theorie keinesfalls eine SAS-Repräsentation überflüssig machen.

4.1.2.1 Aspektuelle Rollen und die Funktion des Ausmessens Tenny geht davon aus, daß allein die aspektuellen Eigenschaften von Verben ihr syntaktisches Verhalten determinieren. D-Struktur und SAS werden als autonome Module betrachtet, die über eine Schnittmenge aspektueller Strukturelemente (in Form von aspektuellen Rollen) für einander zugänglich sind. Ihre Kernthese faßt sie unter dem Stichwort "Aspectual Interface Hypothesis" so zusammen: "The mapping between thematic structure and syntactic argument structure is governed by aspectual properties. [...] Only the aspectual part o f thematic structure is visible to the syntax." (Tenny 1992:2)

Die Arbeiten von Tenny beziehen sich im wesentlichen auf das aspektuelle Zusammenspiel von Verb und Komplement(en). 7 Dabei fokussiert sie die aspektuelle Funktion von DPKomplementen hinsichtlich des Faktors Telizität: "countness" eines DP-Komplements führt zu "delimitedness" des Ereignisses (She ate the apple/*apples within five minutes). Als "aspektuelle Rolle" ist die Funktion eines Elements in einer Argumentposition für die Konstituierung der aspektuellen Struktur des Ereignisses zu verstehen. Statt eines Θ-Rasters wird dem Verb ein Aspekt-Raster (aspectual role grid) zugeordnet. So wird der holistische Ansatz der Θ-Theorie in einen holistischen Ansatz der aspektuellen Rollen überfuhrt. Dabei ist Tennys Linking-Theorie ein objekt-orientierter Ansatz: Alle aspektuellen Rollen beziehen sich auf die VP als den "event nucleus"; das externe Argument, sofern ein solches vorhanden ist, wird nicht als ein aspektuell relevantes Element erfaßt, das durch das Verb lizensiert wird. Aspektuelle Rollen sieht Tenny demnach nur für interne Argumente vor.

'

Die Aspectual Interface Hypothesis ist der Gegenstand mehrerer Veröffentlichungen von Tenny. Zitiert wird hier im wesentlichen nach der überarbeiteten Version in Tenny (1994).

104 "An argument can provide a measure, a path, or a terminus for the event described by the verb. These three ways o f participating in aspectual structure may be thought o f as aspectual roles." (Tenny 1994:94) "An external argument cannot participate in measuring out or delimiting the event described by the verb. An external argument cannot be a measure, a path, or a terminus. [...] Aspectual roles are mapped to internal argument positions." (Tenny 1994:114f.)

Da nach der Aspectual Interface Hypothesis allein die aspektuellen Eigenschaften des Verbs relevant sind, nimmt Tenny statt eines Θ-Rasters ein Aspekt-Raster an, in dem die aspektuellen Rollen, die das Verb zuweisen kann, aufgelistet sind. Diese sollen mit bestimmten syntaktischen Positionen korrespondieren. Drückt das Verb kein telisches Ereignis aus, bleibt das Raster leer. Ausgangspunkt für die Formulierung von aspektuellen Rollen ist die Überlegung, daß jedes telische Ereignis einen temporalen Endpunkt hat. Das Argument, das diesen Endpunkt angibt, bezeichnet Tenny als "TERMINUS". "The TERMINUS aspectual role is assigned to an argument o f the verb, which [...] marks the endpoint o f a course traversed in measuring out the event, and which defines the temporal endpoint o f the event." (Tenny 1994:95)

Wenn der Endpunkt, wie in (7a), inhärenter Bestandteil der Verbsemantik ist, muß das TERMINUS-Argument nicht syntaktisch realisiert werden. Bei Verben wie put hingegen ist die TERMINUS-Rolle obligatorisch zuzuweisen, s. (7b). (7a) (7b)

He arrived (at the station). They put the books *(on the table).

Wichtiger ist fur sie jedoch, daß es bei telischen Ereignissen ein Argument geben kann, das die Skala beinhaltet, an der man das Voranschreiten des Ereignisses ablesen kann. Diese Funktion eines Arguments, in der Regel eines DP-Komplements, bezeichnet Tenny als "Ausmessen" des Ereignisses: "The term 'measure out1 is used f...] as a convenient metaphor for uniform and consistent change, such as change along a scale." (Tenny 1992:4f.)

Für dieses Maß-Argument führt Tenny (1994) die eher unglücklich gewählte Bezeichnung "PATH" e i n : "The PATH aspectual role [...] is assigned to an argument o f the verb that provides a scale or parameter along which the event is measured out, and along which the TERMINUS role marks the endpoint of the event. The PATH role accompanies the TERMINUS role, explicitly or implicitly." (Tenny 1994:95)

Die beiden Rollen PATH und TERMINUS können auch in einem Argument zusammenfallen. In diesem Fall spricht Tenny (1994:95) von einem MEASURE-Argument. Hier liegt ein Unterschied zur Θ-Theorie, die es nicht zuläßt, daß ein Verb einem Argument zwei Θ-Rollen zugeweisen kann. Für jedes telische Ereignis gibt es nur eine solche Skala. Es sollte also kein Verb geben, das zwei voneinander unabhängig stattfindende Zustandsänderungen ausdrückt. Diese Einschränkung formuliert Tenny (1994:114) als Single Delimiting Constraint ("The event described by a verb may only have one measuring-out and be delimited only once"). Damit sind die folgenden aspektuellen Raster möglich:

105 (8a)

[ ]

(8b)

[MEASURE] [PATH, TERMINUS]

Varianten ergeben sich dadurch, daß die Zuweisung der aspektuellen Rollen optional sein kann (kenntlich gemacht durch runde Klammern) und daß man es fur sinnvoll halten könnte, ein externes Argument als solches wenigstens aufzuführen. Die folgenden Beispiele illustrieren, daß Verben, die mit und ohne Komplement vorkommen, nur dann ein telisches Ereignis ausdrücken, wenn sie ein "direktes Argument", also ein DP-Komplement haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses ein "echtes" Argument ist, das in der SAS verankert ist, oder "nur" ein aspektuelles Argument, das durch die syntaktische Struktur lizensiert ist. (9a) (9b)

Mary sang (*in an hour)./ Mary sang a joyful song (in five minutes). Mary washed (*in an hour)./Mary washed herself (in an hour).

Alternativ kann das Ereignis wie in (9c) durch zwei zusätzliche Konstituenten, PATH und TERMINUS, telisiert werden (Tenny nimmt an, daß es sich um Komplemente handelt), von denen die erste immer eine DP ist.9 Bei transitiven Verben ist bereits ein direktes Argument vorhanden. Hier erfolgt die Telisierung durch ein "indirektes" Argument, s. (9d). (9c) (9d)

I laughed (*in three hours)./I laughed *(myself) sick (in three hours). They pounded the metal flat/into the shape of a star.

Das PATH-Argument wird als DP realisiert, das TERMINUS-Argument als PP (oder AP). Diese Aufgabenverteilung illustriert Tenny auch anhand der Lokativ-Alternation: In (9a) bildet die Menge an zu versprühender Farbe die Skala für das Voranschreiten des Ereignisses, während in (9f) das Ereignis am Anteil besprühter Wandfläche ausgemessen wird. 10 (9e) (9f)

He sprayed the paint on the wall. He sprayed the wall with paint.

Schließlich zeigt (9g), wie man ein Ereignis detelisieren kann: Bei der sog. KonativAlternation wird ein direktes Argument durch Einbettung in eine PP zum indirekten Argument. Ohne direktes Argument ist das Ereignis nicht mehr telisch. (9g) She ate the apple (in an hour)./She ate at the apple (*in an hour).

Die Beobachtungen aus Beispielen wie in (9) faßt Tenny generalisierend zum MeasuringOut Constraint on Direct Internal Arguments zusammen, der besagt, daß nur direkte Argumente, also DP-Komplemente, ein Ereignis ausmessen können. Damit stellt Tenny einen Zusammenhang zwischen der syntaktischen Position "DP-Komplement" und der aspektuellen Funktion des Ausmessens her. Analog formuliert sie als Terminus Constraint on Indirect Internal Arguments, daß ein indirektes Argument, also ein PP-Komplement, im Satz

8

10

Allerdings ist anzumerken, daß bei Beispielen dieser Art die Grammatikalitätsbeurteilung durch Tenny durchaus umstritten ist, vgl. Dowty (1991:589, Fn. 32). Alternativ nehmen Ritter/Rosen (1998) im Rahmen einer VP Shell-Analyse an, daß in allen genannten Fällen das Ereignis durch ein Komplement telisiert wird. Problematisch ist jedoch, daß paint im ersten Beispiel durch den definiten Artikel eine quantifizierbare Menge bezeichnet, im zweiten nicht. Direkte Argumente können nicht zur Telisierung beitragen, wenn sie als [-SQA] spezifiziert sind (*She ate apples in three hours).

106 nur die aspektuelle Rolle TERMINUS realisieren kann. Dabei soll gelten: "If the event has a terminus, it also has a path, either implicit or overt." (Tenny 1994:114) Wenn telische Ereignisse immer ein internes Argument erfordern, folgt daraus, daß einstellige Verben, die telische Ereignisse ausdrücken, interne Verben sind (z.B. die, arrive, break2). Der Umkehrschluß gilt indes nicht, denn nicht jedes DP-Komplement führt unweigerlich zu einer telischen Lesart (play the piano). Tennys Vermittlungstheorie stellt einen direkten Zusammenhang zwischen aspektuellen Rollen und ihrer syntaktischen Realisierung her. (10)

Aspektuelle Rolle

-> Syntaktische Position/Kategorie

MEASURE TERMINUS

DP-Komplement ->

PP-Komplement

In Abhängigkeit von der semantischen Klasse der Verben kann das Ausmessen verschiedene Formen annehmen: Bei Verben der Zustandsänderung kann man an dem Argument, das der Zustandsänderung unterliegt, ablesen, wie weit das Ereignis vorangeschritten ist. Das Maß-Argument wird hier Stück für Stück verändert. Für diese Art von Argument verwend e t D o w t y ( 1 9 9 1 ) d i e B e z e i c h n u n g "INCREMENTAL THEME" (INC). D a s INC ist e i n A r g u -

ment, das sich in dem Maße verändert, in dem ein Ereignis voranschreitet." Dowty verwendet hier nicht das Bild des Ausmessens, sondern spricht von einem "Theme-to-event homomorphism" (1991:568). In den folgenden Beispielen ist das INC unterstrichen: ( I I a ) John built a house. ( l i b ) John polished his shoe. (11c) The perfume vaporized.

Das Fortschreiten des Bauens ( I l a ) ist durch das effizierte Objekt gekennzeichnet. Teile des Objekts korrelieren mit Teilen des Ereignisses, das beendet ist, wenn das Haus fertiggestellt ist. In ( I I b ) liegt zwar kein solches effiziertes Objekt vor (die Schuhe gibt es unabhängig von John und seinem Handeln), aber das Objekt wird gleichermaßen als INC interpretiert: Man kann das Voranschreiten des Ereignisses wie in (1 lc) am Zustand des Objekts erkennen, das der Zustandsänderung unterliegt, INCREMENTAL THEMES sind typisch fur verbs of creation (write a letter, build a house), verbs of consumption (eat an apple) und anderen verbs of (definite) change of state (polish a shoe, paint the wall, mow the lawn). Bei INCREMENTAL THEMES gilt, daß Teile des Objekts mit Teilen des Ereignisses korrelieren. Allerdings ist fraglich, ob es sich hier um eine l:l-Korrelation handelt, wie Tenny (1992:6) durch ihren halfway-Ttsi suggeriert: "halfway through the event may be equated with half of the object". Es scheint doch sehr darauf anzukommen, inwiefern der Endzustand graduierbar ist und welche technischen Möglichkeiten es gibt, einen bestimmten Zustand Stück für Stück oder auf einmal herbeizuführen, vgl. Jackendoff (1996:312f.). So muß für (IIb 1 ) bezweifelt werden, daß der zweite Satz eine Paraphrase des ersten ist. (11 b') John polished the shoe halfway. John polished half the shoe. (11 c') The perfume vaporized halfway. Half the perfume vaporized.

"

Eine INC-Subklasse sind die in Kap. 3.1.3.4 diskutierten aspektuellen Komplemente ("CREOS").

107 Tenny (1994:15) unterscheidet zwischen der Art des Ausmessens bei "incremental-theme verbs" (zu denen sie, anders als Dowty, nur verbs of creation und verbs of consumption rechnet) und bei "change-of-state verbs". Der Unterschied bestehe darin, daß bei INCVerben (im Sinne Tennys) das Objekt buchstäblich existentiell verändert wird, während es bei den change- Verben nur einer Veränderung im Hinblick auf eine ihm zugeordnete Eigenschaft unterliegt, die nicht die Existenz des Objekts betrifft. Dieser Unterschied ergibt sich jedoch aus der Semantik der Verben, und es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb es sich hier um zwei verschiedene Arten des Ausmessens handeln soll. Deshalb soll mit Dowty angenommen werden, daß Verben mit INCREMENTAL THEMES zu den verbs of change of state zu rechnen sind. Eine weniger direkte Variante des Ausmessens findet man bei Verben der Bewegung. Jedes telische Ereignis beinhaltet im Prinzip einen Weg, der zurückgelegt wird (die "Skala", an der die Veränderung abzulesen ist), und einen Zielpunkt als Ende dieses Weges. Am deutlichsten wird dies bei Verben der Bewegung in ihrer telischen Verwendung. Allerdings ergibt sich hier als Besonderheit, daß das PATH-Argument (a) meistens "implizit" bleibt und (b) selbst keiner Veränderung unterliegt. "[T]he event's temporal terminus is not necessarily achieved by progressing incrementally through the object. It is achieved by progressing along measurable degrees o f change in some property central to the verb's meaning." (Tenny 1994:17)

Aus den Beispielen in (12a-d) ergibt sich für run das aspektuelle Raster in (12e). (12a) (12b) (12c) (12d) (12e)

Sally ran to the store, (TERMINUS explizit, PATH implizit) Sally ran the long way to the store, (TERMINUS explicit, PATH explicit) Sally ran ten miles, (TERMINUS implicit, PATH explicit) Sally ran for hours, (no aspectual roles assigned) run: [(TERMINUS), (PATH)]

Damit verkennt Tenny jedoch den Beitrag des Arguments in der Subjektposition für das Ausmessen des Ereignisses. Denn das Voranschreiten des Ereignisses wird letztlich daran gemessen, welche Position das Subjekt in Relation zu Abschnitten auf dem PATH-Argument einnimmt. 12 Es handelt sich hier offensichtlich um eine indirekte Art des Ausmessens, an der zwei Argumente beteiligt sind. Für das Argument in der Subjektposition steht aber keine aspektuelle Rolle mehr zur Verfügung. Hilfreicher ist hier wiederum das Vorgehen von Dowty (1991), der zwischen unmittelbarem und mittelbarem Ausmessen unterscheidet: Ein Argument O mißt ein Ereignis unmittelbar aus, wenn jedem distinkten Punkt auf der Zeitskala Τ ein distinkter Punkt auf der Objektskala O entspricht. Mittelbares Ausmessen liegt hingegen vor, wenn jedem distinkten Punkt auf der Zeitskala Τ ein distinkter Punkt auf der Objektskala O in Relation zu einem anderen Argument, hier: dem PATH-Argument, entspricht. Für diese indirekten Maß-Argumente, durch die der PATH erst zur relevanten Objekt-Skala O wird, kreiert Dowty den Begriff des HOLISTIC THEME (HOL): "[T]hough they undergo a change o f state in stages, the change is 'incremental' only because o f some relationship they bear to the true Incremental Theme, not because they undergo a change part by part." (Dowty 1991:37).

12

Hingegen vertritt Jackendoff (1996:311) die Auffassung "the PP rather than the N P measures out the event", weil Telizität erst durch die PP hergestellt wird.

108 Das HOLISTIC THEME steht in den Sätzen in (12) in der Subjektposition. Sollte nachgewiesen werden können, daß es sich um ein externes Argument handelt, wäre Tennys Generalisierung, daß nur interne Argumente am Ausmessen eines Ereignisses beteiligt sind, nicht haltbar. Kap. 6.2 wird sich damit beschäftigen, inwieweit es gerade eine charakteristische Eigenschaft der Bewegungsverben ist, daß das Subjekt, selbst wenn es von seinen semantischen Eigenschaften her ein klassischer AGENT ist, in aspektueller Hinsicht eine Funktion wahrnimmt, die typisch für ein internes Argument ist. Denn das Subjekt in (12a) hat in bezug auf das Ausmessen des Ereignisses die gleiche Funktion wie das Objekt in (13a). Entsprechend ist bei den Verben der Bewegung auch kein anderes HOLISTIC THEME zu konstruieren, s. (13b).' 3 (13a) Sally pushed the cart to the store. (13b) * Sally ran the cart to the store.

Auch hinsichtlich des ΡΑΤΗ-Arguments wird Tenny den besonderen Eigenschaften der Verben der Bewegung nicht gerecht. Nach Tenny können sie nur ein PATH-Argument haben, wenn sie telische Ereignisse konstituieren, denn die PATH-Rolle ist eine Ergänzung zur TERMINUS-Rolle. Demzufolge hätte run in (14a) kein solches Argument. Aber dennoch erfolgt hier eine Bewegung entlang eines PATH. Gerade weil der PATH Bestandteil der lexikalischen Repräsentation von run ist, gibt es hier die Möglichkeit, das Ereignis zu telisieren, indem man einfach ein TERMINUS-Argument hinzufügt, ohne das PATH-Argument zu realisieren. Bei Verben anderer semantischer Klassen ist diese Form der Telisierung nicht ohne weiteres möglich; sie müssen erst zu Bewegungsverben umkonstruiert werden, s. (14c). (14a) Sally ran along the river. (14b) Sally ran/* coughed to the store. (14c) Sally coughed her way to the store.

Die Möglichkeit, jedes ACTIVITY-Verb in ein Verb der Bewegung umzuwandeln (elbow one's way to the stage), spricht dagegen, die verschiedenen Arten des Ausmessens streng voneinander abzugrenzen. Vielmehr scheint es ein Kontinuum an Unmittelbarkeit des Ausmessens zu geben, dessen Grenzen einerseits von INCREMENTAL THEMES bestimmt werden, bei denen Teile des Maß-Arguments direkt mit Teilen des Ereignisses korrelieren, und andererseits durch inkorporierte ΡΑΤΗ-Argumente als INCREMENTAL THEME, die überhaupt keiner Veränderung unterliegen (walk to Chicago) und nur als Bezugsskala für ein indirektes Maß-Argument (Dowtys HOLISTIC THEME) fungieren. Ob das Ereignis eher direkt oder indirekt ausgemessen wird, hängt von der Semantik der Verben ab. Problematisch an Tennys aspektuellen Rastern ist der Status von Komplementen, die keine Telisierungsfunktion haben (wie z.B. push the cart). Sie werden im Lexikoneintrag nicht erwähnt, vgl. Tenny (1994:107). Um nun nicht verschiedene Lexikoneinträge für push in (15a) und (15b) formulieren zu müssen, nimmt Tenny an, daß es die Möglichkeit

13

In der Induced

Action Alternation

(Sally jumped

the horse over the fence)

ist das Subjekt nicht

mehr HOLISTIC THEME, denn es kommt in erster Linie darauf an, daß das Objekt sich bewegt (vgl. The scientists

ran the rats through the

maze).

109 gibt, verschiedene aspektuelle Raster zusammenzuführen ("merging"), so daß fur push nur ein Raster angenommen werden muß, s. (15c): (15a) Bill pushed the cart (but it wouldn't m o v e ) ( 15b) Bill pushed the cart to the store. (15c) push: [(PATH, TERMINUS)]

push: [ ] push: [PATH, TERMINUS]

Das aspektuelle Raster des transitiven Verbs push ist damit das gleiche wie das des unergativen Verbs laugh, so daß unklar bleibt, weshalb push im Kontrast zu laugh überhaupt ein transitives Verb ist. (16a) Sally laughed. (16b) Sally laughed herself hoarse. (16c) laugh: [(PATH, TERMINUS)]

laugh: [ ] laugh: [PATH, TERMINUS]

Da das Objekt in (15a) nicht im Lexikoneintrag erwähnt ist, kann es auch keine MergeOperation geben, die die beiden Raster für push so zusammenführt, daß sich daraus ergibt, daß das Objekt in (15b) identisch ist mit dem Objekt in (15a). Damit geht eine wichtige Generalisierung verloren. Während Tenny vor allem die aspektuellen Funktionen von internen Argumenten im Auge hat, ist für die Unterscheidung von aspektuellen Klassen der Status des externen Arguments eines der entscheidenden Kriterien. Es ist bereits angesprochen worden, daß auch das externe Argument am Ausmessen des Ereignisses beteiligt sein kann (HOLISTIC THEME). Eine aspektuelle Funktion, die nur von einem externen Argument ausgeübt werden kann, ist die des CAUSER. Diese Funktion, so wurde gezeigt, ist entscheidend für die Trennung von ACCOMPLISHMENT und ACHIEVEMENT. In Tennys Rahmen ist es nicht möglich, zwischen diesen beiden Ereignisklassen zu differenzieren. Als CAUSER wurde das Argument bezeichnet, das nur am verursachenden Teilereignis beteiligt ist, was nicht ausschließt, daß auch andere Argumente an diesem Teilereignis beteiligt sind. Bei einem Kontaktverb wie paint ist z.B. immer auch das THEME Bestandteil des ersten Teilereignisses, während bei ACCOMPLISHMENTS wie promote das Argument, das der Zustandsänderung unterliegt, nicht am ersten Teilereignis beteiligt sein muß. (17a) [Sally] x painted [the wall] y paint: [[χ DO-STH to y (INA PARTICULAR MANNER)] CAUSE [ y BECOME PAINTED]] (17b) [The committee] x promoted [the candidate] y [to [a new position] z ]. promote·,

[[x DO-STH] CAUSE [ y BECOME (AT) z]]

Das y-Argument ist jedoch in (17a) nicht als CAUSER qualifiziert, weil es auch im zweiten Teilereignis auftritt. Es kann und muß daher das zweite Teilereignis identifizieren. Die Argumente, die am Ausmessen eines Ereignisses beteiligt sind, müssen auch Bestandteil eines BECOME-Ereignisses sein. Optional können sie auch Bestandteil eines DOTeilereignisses sein. Der besondere Status des Subjekts von Bewegungsverben könnte darin begründet liegen, daß es ein DO-Ereignis identifiziert und dennoch am Ausmessen beteiligt ist. Ein aspektuelles Raster à la Tenny kann diese Art der Information nicht liefern.

110 4.1.2.2 Aspektuelle Hierarchie Grimshaw (1990) vertritt einen aspektuell orientierten Ansatz, der in höherem Maße integrativ ist als der von Tenny. Sie nimmt eine aspektuelle Hierarchie an, die die thematische Hierarchie als universales Organisationsprinzip ergänzt. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist eine Klasse von Verben, die man durch das gemeinsame Θ-Raster [THEME, EXPERIENCER] definiert, die sog. psych verbs. Diese drücken mentale Prozesse und Erlebnisse aus, die allgemein nur Menschen zugeschrieben werden. Man könnte auch von EXPERIENCER-Verben sprechen, denn die Person, die den Geftihlszustand erlebt, wird als EXPERIENCER bezeichnet. Nach der klassischen Thematischen Hierarchie müßte bei Verben mit diesem Θ-Raster das EXP-Argument zum Subjekt werden, weil es höher eingestuft ist als das THEME-Argument. Dies ist bei den Verben in (18a) der Fall, jedoch nicht bei denen in (18b). Hier wird, entgegen der Erwartung, das THEME zum Subjekt. (18a) EXp[Sally] likes/hates/admires/fears/worries about/detests ^[Harry's brother], (18b) TH[The movie] amused/entertained/frightened/enraged Exp[Harry's brother]. Es wird als problematisch empfunden, daß Verben mit gleichem Θ-Raster unterschiedliche syntaktische Strukturen projizieren. Das Problem entsteht dadurch, daß man die Verben in (18a) und (18b) durch den Bezug auf Θ-Rollen zu einer Klasse zusammenzwingt. Soweit folgt auch Grimshaw dem traditionellen Ansatz. Indem sie aber eine zweite relevante Hierarchie einfuhrt, eröffnet sie die Möglichkeit, die beiden Gruppen von psych verbs nach aspektuellen Kriterien zu unterscheiden. Die aspektuelle Einstufungsskala (A-Hierarchie) ist ein Gegengewicht zur thematischen Skala (T-Hierarchie). Sie wird bei den psych verbs dazu herangezogen, ein Problem zu lösen, daß sich aus der Annahme der T-Hierarchie ergibt (s. Kap. 4.1.3.2). Jedem Argument wird ein Wert auf den beiden Hierarchien zugeordnet. Damit werden semantischer und aspektueller Status getrennt voneinander erfaßt und zu einem Gesamthierarchiewert gebündelt: Das Argument eines Verbs, das auf beiden Skalen den höchsten Wert erzielt und somit in zweifacher Weise "most prominent" ist, wird zum externen Argument. Den Argumentstatus kann man also nur ermitteln, wenn man die möglichen Werte auf beiden Skalen kennt. Für ihre T-Hierarchie greift Grimshaw auf eine der traditionellen Varianten der Thematischen Hierarchie zurück, ohne diese weiter zu kommentieren. Die AHierarchie hingegen gewinnt kaum klare Konturen, da Grimshaw überhaupt nur eine aspektuelle Rolle benennt, nämlich die des CAUSER: "The causal structure of a predicate also defines a hierarchy, just as the thematic structure does, a hierarchy in which the Cause argument is most prominent." (Grimshaw 1990:24) Die Gegenüberstellung in (19) verdeutlicht das Ungleichgewicht der beiden Hierarchien: ( 1 9 a ) thematic

tier: (AGENT (EXPERŒNCER (GOAL/SOURCE LOCATION (THEME))))

( 19b) aspectual tier.

(CAUSE (other

(...)))

(Grimshaw 1990:24)

Die rudimentäre aspektuelle Hierarchie ermöglicht es nicht, Argumente, die nicht unter den CAUSER-Begriff fallen, aspektuell einzustufen. Wenn ein Verb zwei Argumente hat, die beide nicht als CAUSER klassifiziert werden können, ist nicht zu sagen, welches der Argumente den höchsten aspektuellen Hierarchiewert hat. Es kann also nicht entschieden werden, ob das Verb ein externes Argument hat oder nicht. Zu diesem Problem in der Kalkula-

Ill tion der Argumentstruktur von mehrstelligen Verben tritt ein Problem im Bereich der Verben mit nur einem Argument: Nach der Prominenzkalkulation dürfte es keine einstelligen Verben mit internem Argument geben, da ein einziges Argument naturgemäß das höchste in beiden Hierarchien sein muß, unabhängig von seinem konkreten Einstufimgswert. An dieser Stelle sieht sich auch Grimshaw gezwungen, von ihrem relativen Konzept abzuweichen. Sie deutet an, daß man sich die Α-Hierarchie als eine Hierarchie von Positionen in bezug auf Teilereignisse vorzustellen hat, wobei gelten soll, daß Argumente mit einem bestimmten aspektuellen Status grundsätzlich nicht als externes Argument fungieren können. Grimshaws Andeutungen werden in Kap. 4.1.3.2 in eine konkrete Α-Hierarchie übersetzt. Es wird gezeigt, daß selbst bei einer Ausarbeitung der Α-Hierarchie ihr Ansatz sowohl bei einstelligen wie bei mehrstelligen Verben äußerst problematisch ist.

4.1.3 Linking Rules und der Umgang mit Konfliktfällen Linking rules verbinden den Status eines Elements in einer Repräsentationsebene A (hier: SAS) mit dem in einer Repräsenationsebene Β (hier: Argumentstruktur). Ansätze, die mit linking rules arbeiten, stehen in der Tradition des Dekompositionsansatzes, innerhalb dessen Θ-Rollen als Kürzel für strukturelle Positionen in einer lexikalischen Repräsentation definiert werden. Sie unterscheiden sich jedoch darin, wie deutlich auf die lexikalische Struktur Bezug genommen wird. Die folgenden linking rules illustrieren verschiedene Möglichkeiten, zum Ausdruck zu bringen, daß ein Argument, das einer Zustandsänderung unterliegt, den Status eines internen Arguments haben sollte. So nehmen Levin/Rappaport (1995a) in ihrer Directed Change Linking Rule nicht explizit Bezug auf die strukturellen Bestandteile der von ihnen angenommenen semantischen Repräsentation: "The argument of a verb that corresponds to the entity undergoing the directed change described by that verb is its direct internal argument." (Levin/Rappaport 1995a: 146)

Auch Pustejovskys Mapping principle A kreist das Zielargument eher beschreibend ein: "The semantic participant involved in a predicate opposition is mapped onto the internal argument position of the lexical structure (roughly the d-structure object position)." (Pustejovsky 1991:75)

Expliziten Bezug auf die SAS (bzw. eine vergleichbare Repräsentationsebene) nimmt hingegen Pinker (1989): "Link the second argument of 'cause' (the patient) to: the OBJ function (LFG)/direct internal argument (GB)." (Pinker 1989:74)

Letztlich greift auch Tenny, die eigentlich linking rules zwischen aspektuellen Rollen und syntaktischen Positionen formuliert, auf Strukturmuster in der semantischen Repräsentation zurück, wenn sie z.B. sagt, die ACHIEVEMENT-Repräsentation [y BECOME (AT) z] sei gleichbedeutend damit zu sagen, y fungiere als MEASURE-Argument. Auch ohne Bezug auf aspektuelle Raster und Rollen ist es daher möglich, zu der Aussage zu kommen, daß das erste Argument von BECOME ein internes Argument ist und - ein transparentes linking zwischen Argumentstruktur und Syntax vorausgesetzt - somit als Komplement von V realisiert werden sollte.

112 Während im holistischen Ansatz das linking darin besteht, zwei vorgegebene Hierarchien, die Thematische Hierarchie und die syntaktische Hierarchie (Subjekt > direktes Argument > indirektes Argument) möglichst im 1:1-Verhältnis aufeinander abzustimmen, ist es im Dekompositionsansatz nicht ausgeschlossen, daß für ein- und dasselbe Argument verschiedene linking rules wirksam sind, vgl. Levin/Rappaport (1995a: 153): "There is no reason why more than one linking rule may not apply to a single argument." Das Subjekt in (20a) kann gleichzeitig als das erste Argument von DO und das erste Argument von CAUSE erfaßt werden. Nicht auszuschließen ist weiterhin, daß die linking rules, die für ein bestimmtes Argument gelten, nicht miteinander kompatibel sind. So ist durchaus denkbar, daß das Subjekt in (20b) als erstes Argument von DO ebenso wie das Subjekt in (20a) ein externes Argument sein sollte. Gleichzeitig unterliegt es jedoch einem "directed change", so daß es nach Levin/Rappaport Gegenstand einer Regel ist, die den Status als internes Argument fordert. (20a) Sally drew a circle. (20b) Sally walked to the store.

Man kann solche Konfliktfälle - wie auch andere (vermeintliche) mismatches zwischen semantischer und syntaktischer Klassifizierung - entweder als Schwachstelle einer LinkingTheorie bewerten (vgl. die Behandlung von psych verbs bei Belletti/Rizzi (1988)) oder als wünschenswerte Beispiele für die Interaktion verschiedener Faktoren, die bei einer LinkiMg-Theorie wirksam sind (vgl. die Formulierung von linking rules bei Levin/Rappaport (1995a)). Im folgenden werden verschiedene Linking-Ansätze vorgestellt, die Konfliktfälle nicht nur marginal behandeln. Angestrebt wird, noch einen Schritt weiter zu gehen und, angelehnt an den Rahmen der Optimalitäts-Theorie, Konfliktfälle als integralen Bestandteil der Vermittlungstheorie zu betrachten.

4.1.3.1 Das probabilistische Modell (Dowty 1991) Dowty (1991) entwirft eine Vermittlungstheorie, die davon ausgeht, daß es zwei thematische Prototypen gibt, PROTO-AGENT und PROTO-PATIENT, in deren Spannungsfeld jedes Argument einzuordnen ist: "arguments may have different 'degrees of membership' in a role type" (Dowty 1991:571). Der PROTO-AGENT korrespondiert mit der Subjektposition, der PROTO-PATIENT mit der Position des direkten Objekts. Damit befindet sich Dowty im Einklang mit Pinker (1989), der, gestützt auf Daten aus dem Spracherwerb, bei seiner semantischen Dekomposition von einem prototypischen Ereignis ausgeht, das auf einer asymmetrischen AGENT-PATIENT-Relation basiert. "Prototypical causation involves a single, willful, human agent who deliberately transfers energy toward a single perceived patient who noticeably changes state as a result in a single local event" (Pinker 1989:137)

Einstellige Verben konstituieren demnach nie prototypische Ereignisse, weil sie keine asymmetrische Relation zwischen zwei Argumenten ausdrücken. Es könnte sein, daß sich deshalb einstellige Verben im Sprachvergleich syntaktisch weniger stabil verhalten als transitive, speziell kausative, Verben.

113

Ein prototypischer AGENT weist nach Dowty (1991:572) die Α-Eigenschaften in (21a) auf (und keine der P-Eigenschaften aus (21b)), ein prototypischer PATIENT entsprechend alle P-Eigenschaften aus (21b) (und keine der Α-Eigenschaften aus (21a)). Häufig werden einem Element jedoch sowohl Α-Eigenschaften als auch P-Eigenschaften zugeschrieben. Damit sind Konfliktfälle vorprogrammiert, denn der semantischen fuzziness stehen klare syntaktische Positionen gegenüber. (21 a) Contributing properties for the AGENT Proto-Role: A l . volitional involvement in the event or state A2. sentience (and/or perception) A3, causing an event or change o f state in another participant A4, movement (relative to the position o f another participant) A5. exists independently o f the event named by the verb (21b) Contributing properties for the PATIENT Proto-Role: PI. undergoes change o f state P2. incremental theme P3. causally affected by another participant P4. stationary (relative to movement of another participant) P5. does not exist independently o f the event, or not at all

Diese Listen, die prinzipiell offen sind, enthalten sowohl semantische als auch aspektuelle Eigenschaften. Mit volition und sentience erhalten Menschen als Handelnde oder Erlebende den Sonderstatus, den sie im holistischen Θ-Ansatz durch die Θ-Rollen AGENT und EXPERIENCER bekommen. Movement ist einerseits ein semantisches Kriterium, mit dem speziell Bewegungsverben erfaßt werden, andererseits liegt auch eine aspektuelle Komponente vor, weil movement Dynamizität impliziert. Schließlich bleiben rein aspektuelle Eigenschaften wie causation und affectedness, die direkt in das Vokabular der SAS übersetzt werden können. Besonders hebt Dowty das INCREMENTAL THEME hervor, das als direktes Maß-Argument in besonderer Weise am Ausmessen eines Ereignisses beteiligt ist. Verbindungen zu den "alten" Θ-Rollen sind leicht zu ziehen: So ist die Eigenschaft A2 ein Reflex der EXP-Rolle, die in der klassischen Θ-Hierarchie im oberen Bereich angesiedelt ist, der hier dem AGENT-Pol entspricht; der klassische AGENT selbst wird durch die semantische) Eigenschaft A I (evtl. auch A2), die ihn vom INSTRUMENT trennt, und die aspektuelle Eigenschaft A3 wiederauffindbar; das THEME wird im wesentlichen aspektuell akzentuiert, nämlich durch P I , P2, P3, die häufig genug zusammen auftreten. 14 Dowtys übergeordnetes Vermittlungsprinzip ist das Argument Selection Principle (ASP), das eine Verbindung zwischen dem Grad an Zugehörigkeit zu einem der beiden thematischen Prototypen und den syntaktischen Positionen für Subjekt und Objekt postuliert:

14

Es fällt auf, daß der PROTO-PATŒNT nicht über "Bewegung" definiert wird, wie man dies seit Gruber und Fillmore für das THEME kennt, sondern im Gegenteil durch Stillstand (P4). Allerdings hat D o w t y hier eine ganz spezielle Konstruktion im Sinn, die keinesfalls die Bewegungsverben betrifft, und versperrt sich grundsätzlich nicht der Annahme, "that motion should be treated as irrelevant for object selection altogether" ( D o w t y 1991:596).

114 "In predicates with grammatical subject and object, the argument for which the predicate entails the greatest number of Proto-Agent properties will be lexicalized as the subject of the predicate; the argument having the greatest number of Proto-Patient entailments will be lexicalized as the direct object." (Dowty 1991:576)

Damit ist auch schon gesagt, wie eventuelle KonfliktfMlle gelöst werden: Es kommt darauf an, ob ein Argument sich mehr wie ein PROTO-AGENT oder mehr wie ein PROTO-PATIENT verhält - und zwar jeweils in Relation zu seinen "Ko-Argumenten". Auf den ersten Blick handelt es sich also um ein quantitativ orientiertes Modell, bei dem alle Eigenschaften gleich viel zählen. Das Argument, das mehr Α-Eigenschaften aufweist, wird zum Subjekt bzw. externem Argument, das mit mehr P-Eigenschaften wird zum Objekt bzw. internen Argument. Da die asymmetrische AGENT-PATIENT-Relation im Mittelpunkt steht, sind indirekte Argumente, also PPs, nur marginal Gegenstand der Betrachtung. Auch auf statische Ereignisse ist das ASP nur begrenzt anzuwenden, da selbst P4 bedingt, daß mindestens eines der Argumente einer Bewegung unterliegt. Schließlich können auch einstellige Verben nicht ohne weiteres integriert werden, da hier das einzige Argument naturgemäß dasjenige mit den meisten A- und P-Eigenschaften ist (das ASP macht nur eine Aussage darüber, welches von zwei Argumenten eher das Subjekt werden sollte, nicht darüber, was mit einem einzigen Argument geschieht). Selbst bei kausativen Ereignissen treten Probleme in der Anwendung des ASP auf, denn nicht alle aufgezählten Eigenschaften sind gleichwertig in dem Sinne, daß sie gegeneinander aufgerechnet werden könnten. So hat jedes Argument, das als INCREMENTAL THEME klassifiziert wird (P2), zwangsläufig auch die Eigenschaft PI. D.h., eine PROTO-THEME-Eigenschaft impliziert eine andere, so daß ein Argument, dem P2 zugewiesen werden kann, immer auch über mindestens eine weitere P-Eigenschaft verfugt. Also scheint P2 eine gewichtigere Eigenschaft zu sein als PI. Andererseits sind die Listen nicht durchgängig hierarchisch strukturiert. Weder impliziert A2 AI (oder umgekehrt), noch impliziert P3 P2. Dowty (1991:574) behält sich vor, eine Gewichtung der Eigenschaften vorzunehmen ("I [...] would not rule out the desirabilty of'weighting' some entailments more than others for purposes of argument selection"), und zeichnet damit den Weg für eine hierarchisch orientierte Vermittlungstheorie vor. Im Normalfall weist ein Argument nicht alle, sondern nur einige der genannten Eigenschaften auf. Das sollte nicht weiter problematisch sein, da nach dem ASP fur den grammatischen Status des Arguments nur ausschlaggebend ist, ob es - relativ zu einem anderen Argument gesehen - näher zum Α-Pol oder zum P-Pol eingestuft wird. Dasjenige Argument wird zum Subjekt, das mehr Α-Eigenschaften aufweist, aber es wird nicht ausgeschlossen, daß manche Eigenschaften schwerer wiegen als andere und daß man für manche Verbklassen die Argumentstruktur bestenfalls prognostizieren kann. Dowtys probabilistisches Modell gibt also keine klare Anweisung zur Lösung von Konflikten, es sagt aber voraus, wann sich Konflikte ergeben können, nämlich bei Verben, deren Argumente eher in der Mitte des Feldes zwischen A- und P-Pol liegen (die also etwa gleich viele A- und P-Eigenschaften aufweisen. Diese Verben sollten tendenziell instabil sein - sowohl innerhalb einer Einzelsprache als auch im Sprachvergleich. Diese Möglichkeit formuliert Dowty als "Corollary Γ des ASP: "If two arguments of a relation have (approximately) equal numbers of entailed Proto-Agent and Proto-Patient properties, then either or both may be lexicalized as the subject (and similarly for objects)." (Dowty 1991:576)

115 Als Beispiel für in diesem Sinne instabile Verben sind die psych verbs zu nennen. So ist das y-Argument in (22a) und (22b) gleichermaßen durch die Eigenschaft A2 ("sentience") gekennzeichnet, aber in (22a) kommt eine wichtige P-Eigenschaft, nämlich P3 ("causally affected"), hinzu, was offenbar ausschlaggebend dafür ist, daß das Argument in diesem Fall nicht die Subjektposition einnimmt. Entsprechend weist das x-Argument in (22a), nicht jedoch in (22b) die Eigenschaft A3 auf. (22a) [The packet in the back seat] x frightened [Harry ] y (22b) [Harry ] y feared [the packet in the back seat] x

x: A3, A5 x: ?

y : A2, A5, PI, P3 y: A2, A5

Nach (22a) haben beide Argumente von frighten mit zwei Α-Eigenschaften den gleichen Anspruch auf die Subjektposition, aber "they are unequal in that one is a 'better' Patient, so it must be the direct object according to the selection principle" (Dowty 1991:580). Deshalb wird hier das EXP-Argument zum Objekt. In (22b) hingegen liegt die statische oder doch zumindest nicht-kausative Verwendung eines psych verb vor. Die Eigenschaften, die sich auf change und causation beziehen, können hier nicht angewendet werden. Das EXPArgument hat hier keine P-Eigenschaft und wird gemäß des ASP aufgrund der Eigenschaft A2 als Subjekt realisiert. Das zweite Argument muß folglich zum Objekt werden, auch wenn man keine P-Eigenschaft zuordnen kann. Wendet man das ASP auf die Argumente von Verben verschiedener semantischer Klassen an, ergibt sich die folgende Situation: Eindeutig sind die Argumente von ACCOMPLISHMENTS einzustufen, s. (23a). Selbst wenn beide Argumente die PROTO-AGENT-Eigenschaft A5 aufweisen, wie im vorliegenden Fall, ist das CAUSER-Argument aufgrund der Eigenschaft A3 eindeutig "besser" als Subjekt qualifiziert als das zweite Argument, das mindestens zwei prototypische THEME-Eigenschaften aufweist. Dabei spielt es keine Rolle, ob dem CAUSER die Eigenschaft A1 zugeordnet werden kann oder nicht. Anders verhält es sich bei der "intransitiven" Verwendung des Verbs, s. (23b). Hier liegt kein kausatives Ereignis vor, es entfallen somit die Eigenschaften A3 und P3. Dem einzigen Argument kann sowohl eine P- als auch eine Α-Eigenschaft zugeordnet werden, so daß keine eindeutige Aussage über seinen syntaktischen Status gemacht werden kann. (23a) Sally x opened the door y (23b) The door y opened

χ: ( A l ) , A3, A5 y: PI, P3, A5 15 y: PI, A5

Sollte wirklich die Eigenschaft PI gegen A5 aufgewogen werden können? Schließlich weisen nur bei ganz bestimmten semantischen Klassen die Objekte nicht die Eigenschaft A5 auf, z.B. bei den verbs of creation, deren Maß-Funktion bereits durch P2 zum Ausdruck gebracht wird, s. (23c). (23c) The architect built the operay

χ: A l , A3, A5

y: PI, P2, P3, P5

Die Eigenschaften A5 und P5 scheinen also nicht unabhängig motiviert, zumal Dowty (1991:574) unter "change of state" auch "coming into existence, going out of existence, and both definite and indefinite change of state" versteht. D.h., ein Argument mit der Eigenschaft P5 weist in der Regel auch die Eigenschaft PI auf. Bei den meisten Verbklassen muß dem Objekt jedoch A5 (und nicht P5) zugeordnet werden, was z.B. in (23b) dazu fuhrt, daß

15

P2 kann hier nicht zugeordnet werden, weil die Tür an sich nicht verändert wird.

116 ein vermeintliches Gleichgewicht zwischen A- und P-Eigenschaften entsteht. Da das Paar A5/P5 eher verwirrend als erhellend ist, soll es im folgenden nicht berücksichtigt werden. Für (23b) ergibt sich dann, daß open2 ein D-Struktur-Objekt bzw. ein internes Argument haben sollte. Die nächsten Beispiele verdeutlichen Probleme bei der Anwendung von A I , der typischen AGENT-Eigenschaft, speziell in bezug zu A4. Ob das Argument in der Subjektposition durch "volitional involvement" gekennzeichnet ist, läßt sich für (23 e) nicht definitiv sagen (und ist für (23d) nur aufgrund allgemeinen Weltwissens wahrscheinlich). In einem kausativen Ereignis wie in (23d/e) ist auch ohne Belang, ob intentional gehandelt wird oder nicht, denn zur (optionalen) Eigenschaft A1 tritt hier immer A3 hinzu. Gerade weil Verursachung nicht an Intentionalität oder bewußtes Erleben gekoppelt ist, kann jeder CAUSER auch unbelebt sein. A3 scheint also wichtiger zu sein als A I . Als Spiegelbild der Eigenschaft A3 ergibt sich, daß das Objekt durch P3 gekennzeichnet ist, während es bei ACTIVITIES wie in (23f) eigentlich keine Eigenschaft gibt, die den Objektstatus reflektiert. (23d) Sally x pushed the carty to the store

χ: A l , A 3

(23e) Sally x kicked the stone y down the hill

χ: ( A l ) , A 3

y: P I , P3 y: PI, P3

( 2 3 f ) Sally x played the piano y

χ: A l

y: ?

Hingegen scheint "volitional involvement" bei den Bewegungsverben eine Rolle zu spielen. Es ist bereits angesprochen worden, daß sich diese Verben spezifisch verhalten, wenn das Subjekt als AGENT konstruiert werden kann. Bei einem unbelebten Subjekt kann A I nicht zugeordnet werden. Welche Eigenschaften weist das Subjekt in (23g) auf? Da es sich um ein einstelliges Verb handelt, kann weder A4 noch P4 angewandt werden, d.h., der Status des Arguments ist unklar. Diese Situation muß nicht unbefriedigend sein, sondern kann auch so gedeutet werden, daß es sich hier nicht um eine syntaktisch stabile Verbklasse handelt, zumindest dann nicht, wenn das Subjekt keine Α-Eigenschaft aufweist. Diese Interpretation wird durch die Testverfahren, die Levin/Rappapport (1995a) durchfuhren, bestätigt (zu Details s. Kap. 6.2). (23g) The children x danced merrily

χ: A l

(23h) The leaves x danced in the wind

x: ?

Anders sieht es bei den Verben der inhärent gerichteten Bewegung aus, denn hier greift die Eigenschaft PI, da - wie bei allen telischen Ereignissen - ein change vorliegt. Hier kommt es also dann zu einer Konfliktsituation, wenn eine Α-Eigenschaft zugeordnet werden kann, s. (23i/j). Ist dies nicht der Fall, sollte das Verb sich unakkusativ verhalten, s. (23k). (23i) The actor x disappeared without being noticed

χ: A l , PI

(23j) Sally x arrived on time

χ: A l , PI

(23k) The sun x disappeared behind the forest

x: PI

Telizität spricht für das Vorhandensein eines internen Arguments, sentience als Voraussetzung ftir Intentionalität spricht flir das Vorhandensein eines externen Arguments. Kommen beide Eigenschaften bei einem einstelligen Verb zusammen, liegt ein instabiles Verb vor, ähnlich wie bei den verbs of bodily processes wie blush und sneeze. "[Predicates which are restricted to humans and involve some movement, but in which volitionality can be either present or absent (or for which it is 'marginal'), seem to vary from one language to another as to which class they belong." ( D o w t y 1991:607)

117

Es zeigt sich, daß die Vermittlung von Argumenten nicht allein arithmetisch geregelt werden kann. Auch Dowty verschließt sich einer hierarchisch orientierten Lösung von LinkingKonflikten nicht. Gerade bei causation handelt es sich offenbar um einen Faktor, der "schwer wiegt", denn Verben wie arrive sind auch im Sprachvergleich relativ stabil als interne Verben zu klassifizieren, obwohl dem internen Argument Α-Eigenschaften zugerechnet werden können. Dies würde heißen, daß PI gegenüber AI stärker zu gewichten ist. Problematisch für die Theorie sind transitive Verben wie undergo, bei denen das Argument zum Subjekt wird, das mehr P- als Α-Eigenschaften aufweist. Eigentlich sind beide Argumente von undergo dem prototypischen PATIENT näher als dem PROTO-AGENT. Da es aber aus Kasusgründen nicht möglich ist, daß das Verb zwei interne nominale Komplemente hat, wird eines der Argumente zum externen Argument. Weshalb dies bei undergo gerade das Argument ist, das einer Veränderung unterliegt, wird von Dowty sprachhistorisch erklärt: Bis ins 19. Jahrhundert seien Verben wie undergo und receive nur mit [+human]-Subjekten verwendet worden, ursprünglich habe also das Subjekt immer mindestens eine Α-Eigenschaft gehabt, nämlich A2 (sentience), möglicherweise sogar AI (volitional involvement). Dieser standen die P-Eigenschaften T1 (change, bei undergo) resp. T4 (stationary, bei receive) gegenüber. Offenbar kann, diachron betrachtet, ein Verb in seiner Kernbedeutung verändert werden, ohne daß sich dies auf seine syntaktische Klasse auswirkt. Anders gesagt: "historical semantic drift can result in a predicate that violates selection principles" (Dowty 1991:581). Daß Verben wie undergo nicht nur fur Dowtys ASP problematisch sind, zeigen auch Daten aus der Psycholinguistik (s. Pinker (1989)). Es kann daher nicht darum gehen, eine Vermittlungstheorie zu erarbeiten, in der diese Verben völlig unauffällig sind. Vielmehr sollte die Theorie so gestaltet sein, daß sie erklären kann, inwiefern Verben wie undergo markierte Fälle sind. Was den Umgang mit Konfliktfällen betrifft, liegen die Stärken von Dowtys Ansatz nicht darin, ein mismatch im konkreten Einzelfall aufzulösen. Dafür erlaubt sein Ansatz Aussagen darüber, bei welchen semantischen Verbklassen am ehesten Konfliktfalle für eine Linking-Thzoúe auftreten. Je eher das Ereignis als prototypisch asymmetrisch im Sinne Pinkers zu konstruieren ist, umso klarer sollte zu entscheiden sein, zu welcher syntaktischen Klasse das Verb gehört. Einstellige Verben können keine Asymmetrie zwischen zwei Argumenten ausdrücken. Sie gehören deshalb von vorneherein zu den eher instabilen Verbklassen, von denen man erwarten kann, daß sie in verschiedenen Sprachen verschiedene Argumentstrukturen haben.

4.1.3.2 Das hierarchische Modell (Grimshaw 1990) Was bei Dowty nur anklingt, daß nämlich nicht alle Eigenschaften, die den syntaktischen Status eines Arguments bestimmen, gleich schwer wiegen, ist bei Grimshaw das Grundprinzip ihres Ansatzes; es handelt sich also um ein inhärent hierarchisch strukturiertes Modell, das zudem gedacht ist, die herkömmliche Repräsentation der Argumentstruktur abzulösen. Wie bei Dowty wird ein Argument in Relation zu den Ko-Argumenten anhand zweier vorgegebener Bezugsgrößen eingestuft. Während es bei Dowty um die Nähe zu einem prototypischen AGENT und einem prototypischen PATIENT geht, kommt es bei Grimshaw darauf an, welche Position ein Argument in bezug auf zwei universale Hierarchien, them-

118 atic tier und aspectual tier, einnimmt, wobei Grimshaw die Aspektuelle Hierarchie, wie bereits kritisiert, nicht wirklich ausarbeitet. Jedem Argument wird - zumindest theoretisch ein distinkter Wert auf der thematischen und der aspektuellen Hierarchie zugeordnet, anstelle, wie bei Dowty, eine unbestimmte Anzahl von prototypischen AGENT- und PATIENTEigenschaften. Ein Verb hat nur dann ein externes Argument, wenn eines seiner Argumente in Relation zu den anderen Argumenten des Verbs die höchste Position auf beiden Hierarchien einnimmt (Prominenzkriterium). "The external argument is the most prominent argument in the a-structure o f a predicate. In fact, it must be the most prominent along two dimensions: thematic and aspectual." (Grimshaw 1990:5)

Da nur ein Argument diese Anforderung erfüllen kann, kann ein Verb nur ein externes Argument haben. Das externe Argument wird also nicht über eine spezifische thematische oder aspektuelle Rolle definiert, es ist nicht grundsätzlich verschieden von den anderen Argumenten, es ist lediglich höher eingestuft, und zwar auf beiden Hierarchien. Die Darstellung in (24) visualisiert diese Art der Einstufung von Argumenten.' 6 Ein externes Argument ist dann vorhanden, wenn sich die Linien zwischen thematischem und aspektuellem Wert für die einzustufenden Argumente nicht kreuzen, s. (24a). Für die Situation in (24b) könnte man von einem mismatch sprechen, weil der höchste aspektuelle Status nicht mit dem höchsten thematischen Status korrespondiert, verbildlicht durch das Kreuzen der Linien. Ein solcher Konfliktfall ist klar geregelt: Verben wie in (24b), deren aspektuell höchstes Argument nicht ihr thematisch höchstes Argument ist, haben kein externes Argument. Anders als Dowty sieht also Grimshaw keinen Spielraum für Variation im Sprachvergleich vor. (24a) A-HŒRARCHIE Stufe

1

Stufe

2

Stufe

3

Stufe

4

Α-Struktur:

T-HŒRARCHIE

(24b) A-HŒRARCHŒ

*

·

·

1

1

2

2

3

3

4

(x (y))

T-HŒRARCHŒ

4 ((x,y))

Um den Prominenzwert eines Arguments zu ermitteln, ist es notwendig, die Stufen auf den beiden Skalen möglichst präzise zu definieren. Mit der T-Hierarchie, die im wesentlichen mit der klassischen Thematischen Hierarchie identifiziert wird, verpflichtet sich Grimshaw der Tradition des holistischen Ansatzes. Allerdings werden die von ihr angenommenen ΘRollen (AGENT > EXPERIENCER > GOAL/SOURCE/ LOCATION > THEME) weder definiert, noch wird ihre hierarchische Anordnung diskutiert oder begründet. Dieses Vorgehen ist insb. deshalb problematisch, weil Θ-Rollen, wie gezeigt, traditionellerweise auch über aspektuelle Eigenschaften definiert werden. Dies müßte bei Grimshaw ausgeschlossen sein, da der

16

Die Linien sind lediglich eine einprägsame Form der Darstellung der Prominenzwerte; sie implizieren kein linking zwischen den beiden Hierarchien.

119 aspektuelle Status von Argumenten separat erfaßt wird. Nur implizit wird deutlich, daß Grimshaw mit AGENT den intentional handelnden Menschen meint und nicht Jackendoffs ACTOR. Damit wird es aber unmöglich, INSTRUMENTS unter diese Rolle zu subsumieren, so daß man sich fragt, wie unbelebte CAUSER-Argumente (The key opened the door) kalkuliert werden sollen. Ein zweites grundsätzliches Problem liegt darin, daß für die aspektuelle Hierarchie nur die Position des CAUSER angegeben wird. Bei nicht-kausativen Verben ist es so gar nicht möglich zu ermitteln, welches der Argumente in aspektueller Hinsicht "most prominent" ist. Das dritte Problem liegt im Bereich der einstelligen Verben: Nach der Prominenzkalkulation müßte es sich immer um externe Verben handeln, da ein einziges Argument nicht von anderen Argumenten in den Hierarchien dominiert werden kann. Damit entfiele die Unterscheidung in unergative und unakkusative Verben. Grimshaws "Lösung" dieses Problems verläuft in zwei Stufen: Zunächst bezieht sie die SAS-Repräsentation des jeweiligen Verbs mit ein und ermöglicht so unterschiedliche aspektuelle Werte fur Verben mit verschiedenen SAS-Mustern. "The generalization is that an argument which participates in the first sub-event in an event structure is more prominent than an argument which participates in the second sub-event. A cause is always part of the first sub-event." (Grimshaw 1990:26)

Damit ist für die einstelligen Verben jedoch noch nichts gewonnen, da diese keine kausativen Ereignisse ausdrücken. Und so konzediert Grimshaw (1990:39): "Apparently, more than relative prominence is involved; some measure of absolute prominence must contribute, too." Sie schlägt vor, den aspektuellen Status eines Arguments immer am SAS-Muster eines ACCOMPLISHMENT zu messen, auch wenn im konkreten Fall gar kein ACCOMPLISHMENT v o r l i e g t : "The aspectual dimension, then, is a projection of an abstract event structure (e), which always includes two subparts, an activity (act) and a state or change of state (s/cos)." (Grimshaw 1990:39f.)

Argumente aus einem ACTiviTY-Teilereignis, dem ersten Teilereignis von ACCOMPLISHMENTS sind aspektuell höher einzustufen als Argumente aus einem STATE- oder BECOMEEreignis, die als Argumente aus einem zweiten Teilereignis per definitionem nicht "prominent genug" sind, um sich als externes Argument zu qualifizieren. Daraus ergibt sich, daß einstellige ACHIEVEMENT-Verben (wie blush) kein externes Argument haben können, weil der aspektuelle Prominenzwert ihres einzigen Arguments dem eines Arguments im zweiten Teilereignis eines ACCOMPLISHMENT entspricht: "[T]he argument of an unaccusative can never meet the aspectual requirement for externality, because it intrinsically has the wrong status with respect to the event structure - it always has the aspectual prominence of the internal argument rather than that of the external argument." (Grimshaw 1990:40)

Die Α-Hierarchie hat man sich also als eine Hierarchie von Positionen in bezug auf Teilereignisse vorzustellen. (25) ist ein Versuch, die Α-Hierarchie in diesem Sinne aufzufächern und dabei die bisher gewonnenen Erkenntnisse über die Beteiligung von Argumenten in verschiedenen Teilereignissen zu integrieren. Gemäß dem Prinzip, daß das niedrigste Argument "am engsten" am Verb stehen sollte, würde das Argument, das als "direktes" Argument von V realisiert wird, die unterste Stufe der Skala einnehmen. Hierbei handelt es sich nach Tenny um Argumente mit der aspektuellen Rolle TERMINUS oder PATH. Der be-

120 sondere Status des HOLISTIC THEME liegt darin, daß es Bestandteil eines DO-Ereignisses ist und dennoch am Ausmessen des Ereignisses beteiligt ist. Schließlich könnte man sich über das erste A r g u m e n t von DO, den ACTOR (und potentiellen CAUSER), bis zum echten CAUSER

nach oben arbeiten: (25)

Aspectual Tier : Stufe 1 identifying causing DO-subevent Stufe 2 identifying DO-(sub)event

= CAUSER = ACTOR

Stufe 3 Stufe 4

= HOLISTIC THEME = PATH/TERMINUS

contained in DO-(sub)event and in BECOME-(sub)event identifying BECOME-(sub)event

Die Hierarchie in (25) reflektiert den Beitrag eines Arguments am Ausmessen eines Ereignisses. 17 Die Darstellung in (26) ist ein Versuch, die erweiterte Α-Hierarchie zur Repräsentation der Argumentstruktur von kausativen Verben heranzuziehen." Der CAUSER kann in beiden Fällen ein externes Argument sein, weil er auf der aspektuellen Skala das höchste Argument ist und weil es kein Argument gibt, das auf der thematischen Skala höher eingestuft wäre. Unabhängig davon, ob der CAUSER ein AGENT ist oder nicht, hat das Verb melt also ein externes Argument. (26a)

The scientists carefully.

melted the ice

A-HIERARCHIE

T-HIERARCHŒ

Stufe

(CAUS) 1

·

Stufe

The unkown substance

A-HŒRARCHŒ

1

1

(ACT) 2

2

2

Stufe

(HOL) 3

3

3

Stufe

(INC)

4

4

Α-Struktur:

4

·

(26a 1 )

·

melt: (χ (y))

·

melted the ice.

T-HŒRARCHŒ

* \ \ ·

1

(AG)

2

(EXP)

3

(G/S/L)

4

(ΤΗ)

melt: (χ (y))

Es gibt jedoch eine Klasse von kausativen Verben, die diesem Muster nicht folgt, nämlich die psych verbs vom Typ frighten. Bei ihnen wird das Argument, das der Zustandsänderung unterliegt, nicht als THEME, sondern als EXPERIENCER eingestuft (s. Kap. 6.1). Daraus ergibt sich, daß die Θ-Rolle THEME "frei" ist und dem CAUSER zugeordnet werden kann (während es in (26a/a') nicht möglich ist, das CAUSER-Argument thematisch als THEME einzustufen). Diese Zuordnung wird nicht weiter begründet, hat jedoch weitreichende Folgen. Denn so

17

Evtl. müßte ein weiterer Wert (zwischen Stufe 2 und Stufe 3) für ein mögliches zweites Argument in DO-Ereignissen wie push the cart, play the piano angenommen werden, das in der ACTIVITYVerwendung jedoch nicht zum Ausmessen beiträgt. Außerdem sind statische Ereignisse und ihre Identifikationsargumente hier nicht berücksichtigt.

18

Da bei Grimshaw die Θ-Rolle INSTRUMENT fehlt, werden die nicht agentiven CAUSER-Argumente in beiden Fällen auf der T-Hierachie möglichst niedrig, also auf einer Stufe über dem THEME, eingestuft, auch es sich nicht um ein GOAL-Argument handelt.

121 ergibt sich bei kausativen psych verbs ein Prominenzkonflikt: Das CAUSER-Argument ist das höchste Argument auf der Α-Hierarchie und das niedrigste auf der T-Hierarchie, s. (26b). Die psych verbs sind die einzige Verbklasse, die Grimshaw (1990) für einen solchen Prominenzkonflikt anfuhrt. Dieser entsteht allein deshalb, weil man die Verben über das ΘRaster [ E X P , T H E M E ] definiert. Steht hingegen, wie in (26b'), für das CAUSER-Argument die AGENT-Lesart zur Verfügung, wird die Θ-Rolle THEME nicht in Anspruch genommen, und es ensteht kein Konflikt. Im Kontrast zu (26a/a') verändert sich in (26b/b') also die Argumentstruktur, wenn der C A U S E R ein A G E N T ist. Dabei wird die AGENT-Lesart hier allein durch das agens-orientierte Adverb forciert. (26b)

The movie frightened the children.

A-HŒRARCHŒ

T-HŒRARCHŒ

(26b') The stranger frightened the children deliberately. A-HŒRARCHŒ

Stufe

(CAUS) 1

Stufe

(ACT) 2

2

Stufe

(HOL) 3

3

Stufe

(INC) 4

4

Α-Struktur:

1

1

frighten: ((x,y))

T-HŒRARCHŒ

·

/

/

·

1

(AG)

*

2

(EXP)

3

(G/S/L)

4 (TO)

frighten: (x (y))

Ein Prominenzkonflikt bei zweistelligen Verben führt unweigerlich zur Annahme von Verben mit zwei internen Argumenten. Dies ist bei Grimshaw aber nicht gleichbedeutend damit, daß das Verb zwei Komplemente hat. Für die D-Struktur-Position eines Arguments sei nämlich nur der aspektuelle Prominenzwert ausschlaggebend. Ein Argument, das auf der Α-Hierarchie das höchste ist, nicht aber auf der T-Hierarchie, ist kein externes Argument, kann aber dennoch als D-Struktur-Subjekt generiert werden (vgl. Grimshaw (1990: 31 f.)). Damit wird die Α-Struktur als unabhängige Repräsentationsebene etabliert. Allerdings erfährt man nicht, nach welchen Kriterien sich die D-Struktur-Positionen der Argumente bestimmen, die nicht die höchste aspektuelle Position einnehmen. Bei einstelligen Verben führt der reine Prominenz-Ansatz jedoch selbst bei Auffächerung der aspektuellen Hierarchie unweigerlich in eine Sackgasse. Die Beispiele in (27) zeigen, daß sich die Verben run und decay hinsichtlich der Anwendung von Testverfahren für die Argumentstruktur gegensätzlich verhalten. Nur run erlaubt die Ableitung auf -er und kann durch ein cognate object ergänzt werden, nur bei decay kann das Subjekt das externe Argument eines Passivadjektivs sein. Demnach sollte run ein externes Verb sein und decay ein internes. (27a) Sally is a runner. (27b) Sally ran a race. (27c) *the half-run woman

(27a') (27b1) (27c1)

*This tree is a decayer. *The tree decayed an unexpected decay. the half-decayed tree

122 Zu unterschiedlichen Α-Strukturen für diese beiden Verben gelangt Grimshaw jedoch nur, indem sie annimmt, daß das Argument von decay auf der Α-Hierarchie unterhalb der "Qualifizierungslinie" für ein externes Argument eingestuft ist, (in (27d'/d) als Linie zwischen Stufe 3 und 4 eingezeichnet). (27d')

The plants

decayed.

A-HŒRARCHŒ

(27D)

T-HŒRARCHŒ

THE CHILDREN RAN.

A-HŒRARCHŒ

T-HŒRARCHŒ

STUFE

(CAUS) 1

1

1

(AG)

STUFE

(ACT)

2

2

2

(EXP)

STUFE

(HOL)

3

3

3

(G/S/L)

Stufe

(INC)

4

4

(ra)

Α-Struktur

·

decay:

· ((χ))

4

4 run: (χ)

Eigentlich soll der Status auf der Α-Struktur sich durch das Einstufen auf zwei Hierarchien ergeben und der Status auf der D-Struktur durch den Wert auf der Α-Hierarchie. Hier jedoch ergibt sich der Status des Arguments auf der Α-Struktur allein durch den aspektuellen Wert: Es spielt keine Rolle, welchen Wert das Argument von decay auf der T-Hierarchie einnimmt, sein Status als internes Argument wird durch den niedrigen Wert auf der AHierarchie determiniert." Selbst bei einer aufgefächerten Α-Hierarchie muß weiterhin zusätzlich angenommen werden, daß ein Argument der untersten aspektuellen Stufe in keinem Fall zum externen Argument werden kann. Damit geht eine wichtige Parallele zwischen T- und Α-Hierarchie verloren, denn für die T-Hierarchie gibt es keine vergleichbare Beschränkung. Das Grimshaw-Modell sieht zwar Konfliktzonen vor, aber der vorgeschlagene Weg, diese Konflikte zu lösen, kann nicht überzeugen. Wenn letztlich der aspektuelle Status eines Arguments wichtiger ist als die Einstufung auf der T-Hierarchie, weil die aspektuelle Skala eine absolute Komponente enthält, und wenn der aspektuelle Status sich aus der SAS-Repräsentation ergibt, können ebensogut Vermittlungsregeln formuliert werden, die direkt Bezug auf die SAS nehmen.

"

King ( 1 9 9 4 ) kommt in seiner Anwendung des Grimshaw-Modells auf russische psych verbs zu dem Ergebnis, daß der aspektuelle Status (bezogen auf eine vorgegebene Hierarchie) wichtiger ist als der thematische Status. Liegt ein CAUSER vor, wird dieser zum externen Argument. Liegt kein CAUSER vor, wird das Argument mit dem höchsten Wert auf der T-Hierarchie zum externen Argument. Zu einem ähnlichen Schluß kommt Li ( 1 9 9 5 : 2 8 2 ) anhand von chinesischen V - V - K o m p o sita: "the effects o f the thematic hierarchy may be overriden by the causative hierarchy".

123 4.1.3.3 Das Präzedenz-Modell (Levin/Rappaport 1995a) Ausgangspunkt der detailreichen Studie von Levin/Rappaport (1995a) ist die Bekräftigung der These Perlmutters (1978), daß Unakkusativität ein semantisch determiniertes, syntaktisch realisiertes Phänomen ist. Dementsprechend gehen die Autorinnen vor allem der Frage nach, welche semantischen Verbklassen sich syntaktisch unakkusativ verhalten. Sie nehmen vier Vermittlungsregeln an, die den syntaktischen Status eines Arguments mit Bezug auf die Argumentstruktur bestimmen. Drei Regeln sagen den Status als direktes internes Argument voraus (darunter eine default rule), und nur eine bezieht sich auf das externe Argument. Eine Regel für ein "indirektes" Argument (realisiert als PP) fehlt. Die Regeln sind aspektuell ausgerichtet, werden aber von Levin/Rappaport (1995a) eher informell und ohne Bezug auf die Bestandteile der von ihnen angenommenen lexical semantic structure formuliert: Immediate Cause Linking Rule (¡CR): "The argument o f a verb that denotes the immediate cause of the eventuality described by that verb is its external argument." (p. 135) Directed Change Linking Rule (OCR'): "The argument o f a verb that corresponds to the entity undergoing the directed change described by that verb is its direct internal argument." (p. 146) Existence Linking Rule (ER) : "The argument o f a verb whose existence is asserted or denied is its direct internal argument." (p. 153) Default Linking Rule (DR): "An argument o f a verb that does not fall under the scope o f any o f the other linking rules is its direct internal argument." (p. 154)

Nicht alle Regeln können strukturbezogen "übersetzt" werden. So könnte man denken, daß die DCR fur das erste Argument von BECOME anzuwenden ist, aber Levin/Rappaport (1995a) beziehen die DCR nur auf einen "directed change" im lokalen Sinne. Auch bei der ER scheint es nicht vorrangig auf SAS-Strukturmuster anzukommen. Hier könnte man denken, daß die Regel sich auf STATES bezieht und Verben wie be, seem, exist umfaßt. Allerdings fassen Levin/Rappaport (1995) den Begriff der Existenzverben eher weit und subsumieren darunter auch verbs of coming into existence, also die Verben des Erscheinens und Auftretens, wie etwa appear, die zur Klasse der ACHIEVEMENTS gehören und deren Argument eigentlich unter die DCR fallen sollte. STATES und ACHIEVEMENTS haben jedoch keine gemeinsamen struktuellen Bestandteile in ihrer SAS-Repräsentation. Deshalb wäre zu überlegen, ob die ER zu einer Regel für STATES erweitert werden könnte, während die ACHIEVEMENTS von der DCR abgedeckt werden könnten. Durch die Annahme einer Default-Regel wird der Apparat von Vermittlungsregeln entlastet. Mit der DR wird gewährleistet, daß jedes Argument einer Vermittlungsregel unterliegt. Der unmarkierte Fall ist demnach, daß ein Verb ein internes Argument hat. Gleichzeitig kommt dadurch zum Ausdruck, daß nicht jedes DP-Komplement einem change unterliegen muß. "The assumption behind the Default Linking Rule is that, unless otherwise specified, a verb will take an internal argument before taking an external argument. This, in turn, suggests that the hierarchical organization o f argument structure reflects the order o f semantic composition o f a verb with its arguments." (Levin/Rappaport 1995a:154)

Diese Annahme wird nicht zuletzt durch die Existenz von aspektuellen Komplementen unterstützt. In Kap. 3.1.3.4 wurde gezeigt, daß jedes Verb ein Argument im Komplement-

124 bereich lizensiert, wohingegen nicht jedes Verb mit einem externen Argument vorkommen kann. Die Kehrseite einer Default-Regel für interne Argument ist, daß nur die Argumente, die unter die ICR fallen, zum externen Argument werden können. Alle externen Argumente hätten demnach etwas gemeinsam, nämlich die Eigenschaft, "immediate cause" eines Ereignisses zu sein. Da es zu einem Konfliktfall nur dann kommt, wenn ein Argument gleichzeitig der ICR und der DCR oder ER unterliegt, ist es notwendig, zuerst den Begriff des "immediate cause" zu klären. Wäre dieser deckungsgleich mit dem bisher verwendeten CAUSER-Begriff (s. Kap. 2 . 3 . 4 ) , sollten nur ACCOMPLISHMENTS ein externes Argument haben können. In diesem Fall wären jedoch Konflikte nicht möglich, denn das erste Argument von CAUSE ist nicht identisch mit dem ersten Argument von BECOME (dem Argument, das potentiell von der DCR erfaßt wird). Außerdem könnten ACTIVITIES nicht externe Verben sein, denn sie enthalten keine CAUSE-Komponente. Entsprechend bezieht sich die ICR nicht auf SAS-Muster, sondern auf die von Levin/Rappaport eingeführte Unterscheidung von "internally" vs. "externally caused eventualities" (bzw., verkürzt, IC- und EC-Verben). Bei dieser Differenzierung geht es nicht um Verursachung im Sinne der SAS-Repräsentation, sondern darum, welches Argument "zentral" für das Zustandekommen eines Ereignisses ist (unabhängig davon, ob das Ereignis eine Zustandsänderung beinhaltet). Levin/ Rappaport orientieren sich dabei an der Klassifizierung von Smith (1978), die Verben der Zustandsänderung ebenfalls danach unterscheidet, ob der change of state intern verursacht ist ("independent activity") oder "von außen" herbeigeführt werden kann ("external control"); allerdings beziehen Levin/Rappaport sich nicht nur auf telische Ereignisse. "With an intransitive verb describing an internally caused eventuality, some property inherent to the argument o f the verb is 'responsible' for bringing about the eventuality. For agentive verbs such as play and speak, this property is the will or volition of the agent who performs the activity. Thus, the concept o f internal causation subsumes agency." (Levin/Rappaport 1995a:91)

Ein klassischer AGENT ist verantwortlich dafür, daß ein Ereignis zustande kommt. Aber "interne Verursachung" umfaßt mehr als das kontrollierte Handeln eines AGENT. Zu den IC-Verben sollen auch diejenigen Verben gehören, bei denen sich das Ereignis aus "internal properties of the arguments" ergibt. Dies soll man daran erkennen, daß die Auswahl für das Argument in semantischer Hinsicht stark restringiert ist, wie z.B. bei den Emissionsverben (glitter, sparkle), bei denen das Subjekt in der Regel nicht als AGENT zu klassifizieren ist. Anders hingegen die EC-Verben: Hier ist das Spektrum für das Subjekt größer, und es ist ein "echter" CAUSER vorhanden: "[EJxternally caused verbs by their very nature imply the existence o f an 'external cause' with immediate control over bringing about the eventuality described by the verb: an agent, an instrument, a natural force, or a circumstance." (Levin/Rappaport 1995a:92)

Zu den Verben mit externer Verursachung in diesem Sinne gehören alle Fokus 1ACCOMPLISHMENTS (zur Einführung dieser Bezeichnung s. Kap. 2.4.4), denn wenn in der SAS des Verbs spezifiziert ist, in welcher Weise oder mit welchem INSTRUMENT eine Zustandsänderung herbeigeführt werden kann, ist der CAUSER "zentral" für das Zustandekommen des Ereignisses. Hingegen gilt nicht der Umkehrschluß, daß alle Fokus2-Verben IC-Verben sind. Levin/Rappaport (1995a) greifen bei ihrer Klassifizierung teilweise auf außersprachliches Wissen zurück, z.B. wenn sie break mit folgender Begründung als ECVerb einordnen:

125 "Something breaks because of the existence of an external cause; something does not break solely because of its own properties (although it is true that an entity must have certain properties in order for it to be breakable)." (Levin/Rappaport 1995a:92) Break in seiner intransitiven Verwendung habe kein externes Argument, weil das Argument, das der Zustandsänderung unterliegt, nicht als "immediate cause" des Ereignisses gelten könne. Gerade im Fall von break ist die Argumentation von Levin/Rappaport nur schwer nachzuvollziehen, denn es ist nicht klar, weshalb die Beschaffenheit des Objekts, das zerbricht, weniger wichtig für das Zustandekommen des Ereignisses sein soll als das Einwirken einer Kraft von außen. Ist break subjekt-orientiert und damit ein EC-Verb, weil kein Gegenstand ohne äußeren Anlaß zerbricht (und wenn ja: Wie kommt dies in der semantischen Repräsentation des Verbs zum Ausdruck?), oder ist es objekt-orientiert und damit ein IC-Verb, weil für das erfolgreiche Zustandekommen die materielle Beschaffenheit des Objekts ein wichtiger Faktor ist (einen Seidenschal kann man nicht zerbrechen)? Z.B. wird Geschirr aufgrund seiner inhärenten Eigenschaften als breakable oder unbreakable bezeichnet - und nicht im Hinblick auf das Einwirken eines potentiellen CAUSER (dann gäbe es nämlich kein unzerbrechliches Geschirr). Anders als Levin/Rappaport schätzt dann auch van Voorst (1995) die Verantwortlichkeit des Objekts für das Ereignis break ein: "An object breaking will do so because of its internal properties and after being put into motion, the very process of breaking (i.e. the coming about of the rupture) proceeds outside the realm of influence of the instigator." (van Voorst 1995:515) Während Levin/Rappaport es als unwahrscheinlich erachten, daß ein Gegenstand ohne äußeren Anlaß zerbricht, sollen andere Zustandsänderungen, wie z.B. bei decay, blossom "natürlich" sein und quasi von selbst erfolgen; entsprechend werden die Verben als ICVerben klassifiziert, d.h., ihr Argument fällt unter die ICR. Weil break ein EC-Verb sei und decay ein IC-Verb, gebe es von break eine kausative Variante und von decay nicht. Ohne jeden äußeren Einfluß (Temperatur, Witterung etc.) werden jedoch selbst genetisch programmierte Prozesse nicht in Gang gebracht, und selbst wenn: Es kann nicht die Aufgabe der Linguistik sein, darüber zu spekulieren, wie "natürlich" eine Zustandsänderung ist, zumal auch Verben wie decay und blossom in übertragener Bedeutung verwendet werden können, ohne daß dies Auswirkungen auf ihr grammatisches Verhalten hätte (*Diana's fate decayed the power of the Windsors). Die Frage scheint müßig, welches der Argumente eines Verbs nun mehr Verantwortung für das erfolgreiche und vollständige Zustandekommen des Ereignisses trägt. Linguistisch gesehen sind alle Argumente gleich wichtig, sonst wären sie nicht in der semantischen Struktur des Verbs verankert. Levin/Rappaport (1995a:98) nehmen jedoch für ihre Unterscheidung in Anspruch, sie sei rein konzeptuell und beziehe sich gerade nicht auf reale Ereignisse. Verdächtig ist, daß die Zugehörigkeit zu einer semantischen Klasse - IC- oder EC-Verb - am syntaktischen Verhalten des Verbs festgemacht wird: "We thus assume that the intransitive verbs that regularly have transitive causative uses are externally caused, and those intransitive verbs that do not are internally caused." (Levin/ Rappaport 1995a:93) Ob es sich um ein IC- oder ein EC-Verb handelt, müßte man jedoch ohne Blick auf das syntaktische Verhalten der Verben feststellen können, denn dieses soll sich gerade aus den semantischen Eigenschaften des Verbs ergeben. Der Frage, welchen Status "interne" und

126 "externe" Verursachung in der semantisch-aspektuellen Repräsentation haben, gehen Levin/Rappaport hingegen nicht nach. Eine Möglichkeit, die "interne" und "externe" Verursachung mit der SAS in Verbindung zu bringen, ist die bereits angesprochene Unterscheidung in Fokus 1- und Fokus2-Verben, die aber nur die Verben betreffen kann, die zur Klasse der ACCOMPLISHMENTS gehören. Im Zusammenhang mit der Analyse der KausativAlternation wird in Kap. 5.2 die Hypothese formuliert, daß Verben, bei denen das kausative Teilereignis lexikalisch spezifiziert ist, nicht dekausativiert werden können. Zumindest für diese Verben ist es überflüssig, nach interner und externer Verursachung zu unterscheiden. Stellt man die prinzipiellen Bedenken hinsichtlich der Klassifizierung von IC- und ECVerben hintan, wird offensichtlich, in welchen Fällen es typischerweise zu einem Regelkonflikt kommt: bei ACHIEVEMENTS, die als IC-Verben klassifiziert werden (zu diesen gibt es kein kausatives Gegenstück), also etwa bei Verben wie decay. Hier unterliegt das Argument gleichzeitig der DCR und der ICR. Es kann aber nicht gleichzeitig ein externes und ein internes Argument sein. Bei Grimshaw geht dieser Konflikt immer zu Gunsten des internen Arguments aus (weil das Argument in aspektueller Hinsicht nicht als externes Argument qualifiziert ist), bei Dowty kommt es darauf an, wieviele PROTO-AGENT- und PROTO-THEME-Eigenschaften das Argument auf sich vereinigt. Levin/Rappaport (1995a: 63) nun sprechen erstmals von einem "ranking of the linking rules". Die Regeln werden in ein Präzedenz-Verhältnis gesetzt, und im Konfliktfall gibt die vorrangige Regel den Ausschlag für das Verhalten des Verbs. Grundsätzlich ist eine beliebige Prioritätsfolge der Regeln denkbar, mit einer Ausnahme: Eine Default-Regel kann nicht wichtiger sein als eine der spezifischen Regeln. Darin liegt auch die Begründung dafür, neben der Default-Rege\ noch zwei andere Regeln anzunehmen (DCR und ER), die das gleiche Ergebnis voraussagen, nämlich den Status als internes Argument. Gäbe es nur die ICR und die DR, sollte sich in einem Konfliktfall immer die ICR durchsetzen. Der ICR zufolge sollten einstellige IC-Verben ein externes Argument haben. Handelt es sich hier um ACTIVITIES, spricht nichts dagegen, denn die ICR dominiert die DR. Verben wie play, sing, dance gehören deswegen zu den externen Verben. Was aber passiert, wenn einstellige IC-Verben ein telisches Ereignis ausdrücken, also ein Ereignis, bei dem die DCR greifen sollte? Zuerst sollen die Verben der Zustandsänderung betrachtet werden, die Levin/Rappaport zufolge als IC-Verben gelten. Levin (1993) benutzt für diese Klasse die Bezeichnung verbs of entity-specific change of state und kehrt damit die Zentralität des Arguments heraus, das der Veränderung unterliegt. Als ein Subtyp dieser Verben können die telischen verbs of bodily processes genannt werden, die Levin (1993:218) als "processes that are typically not under the control of the person that experiences them" charakterisiert. Hier wird noch einmal deutlich, daß "interne Verursachung" nicht mit Kontrolle gleichzusetzen ist. Bei den Verben in (28) kommt es zu einem Konflikt zwischen DCR und ICR: Das Subjekt gilt als "immediate cause" (es sollte also aufgrund der ICR ein externes Argument sein) und unterliegt gleichzeitig einem "directed change" (es sollte daher aufgrund der DCR ein internes Argument sein). (28a) The w o o d decayed (within three months). (28b) The flowers wilted (within a week/?for a week). ( 2 8 c ) Harry blushed (*a complete blush).

Anstatt nun durch Testverfahren zu untersuchen, ob diese Verben in ihrer telischen Lesart im Englischen ein externes Argument haben oder nicht, vergleichen Levin/Rappaport sie

127 mit ihren Entsprechungen in anderen Sprachen. Z.B. weisen sie darauf hin, daß arrossire, das italienische Pendant zu blush, mit dem Hilfsverb essere steht und deswegen ein internes Verb zu sein scheint. Wenn man bereit ist, die Hilfsverb-Wahl im Italienischen als Indikator für die syntaktische Klasse eines Verbs zu akzeptieren, kommt man zu dem Ergebnis, daß im Italienischen im Konflikt der ICR und der DCR die DCR den Ausschlag gibt. Levin/Rappaport benutzen für diese Hierarchie die Bezeichnungen "take priority" und "take precedence" - ohne jedoch eine umfassende Theorie zu entwerfen, in der Vermittlungsregeln hierarchisch angeordnet sind. Offenbar ist gemeint, daß durch das Präzedenz-Verhältnis festgelegt wird, welche der beiden Regeln im Konfliktfall zur Anwendung kommt. "[T]he Directed Change Linking Rule takes precedence over the Immediate Cause Linking Rule, so that the latter rule will not apply to any verb to which the former applies." (Levin/Rappaport 1995a:162f.)

Das heißt: Im Konfliktfall ist nur die Regel mit Priorität wirksam - der Regelkonflikt wird dadurch aufgelöst. Dabei bleibt unklar, weshalb Levin/Rappaport sich auf italienische Verben beziehen, um das Verhältnis der Regeln im Englischen zu klären. Der einzig denkbare Grund ist, daß sie eine universale Hierarchie der Vermittlungsregeln annehmen. Blush und die Entsprechungen in anderen Sprachen wären demzufolge immer dann (und nur dann) externe Verben, wenn sie atelische Ereignisse konstruieren können (die ICR dominiert die Default Rule); im telischen Kontext wären sie immer unakkusativ (die DCR dominiert die ICR). Ein weiterer potentieller Konfliktfall sind die Verben der Bewegungsart, die telische und atelische Ereignisse ausdrücken können. (29a) Sally danced (around). (29b) Sally danced out of the room. (29c) Sally danced herself dizzy/into a frenzy.

Ohne aspektuelles Komplement ist dance ein ACTIVITY-Verb, das nach den Kriterien von Levin/Rappaport ein IC-Verb ist und somit ein externes Argument haben sollte. In (29b) drückt dance hingegen eine Ortsveränderung aus, in (29c) eine Zustandsänderung. Nur (29b) wollen Levin/Rappaport jedoch unter den Begriff des "directed change" subsumieren und damit in den Skopus der DCR gelangen lassen. Zur Begründung für diese schwer nachvollziehbare Unterscheidung fuhren Levin/Rappaport an, daß in (29b) das Ereignis allein durch eine PP telisiert wird, während in (29c) zusätzlich ein DP-Komplement hinzugefugt werden muß. "[A]gentive verbs of manner of motion can indeed be associated with two related, though distinct, meanings, one consistent with an unaccusative and the other with an unergative classification of these verbs. [...] they enter into different resultative patterns depending on whether they describe directed or nondirected motion." (Levin/Rappaport 1995a: 187)

Während also bei inhärent telischen Verben wie decay eine Zustandsänderung als "directed change" gilt, sollen bei den Verben der Bewegungsart nur Fälle wie (29b) unter die DCR fallen. Demzufolge liegt nur in (29b), nicht jedoch in (29c) ein Konflikt zwischen ICR und DCR vor. Aufgrund der Annahme, daß in solchen Fällen nur die DCR zur Anwendung kommt, weil sie die dominante Regel ist, muß dance in (29b) ein internes Verb sein, während es in (29c) ein externes Verb ist, da keine Regel mit der ICR konkurriert. Damit setzen Levin/Rappaport eine der zentralen Annahmen für die lexikalische Repräsentation von

128 Verben außer Kraft, nämlich die, daß Strukturmuster in verschiedene semantische Felder eingebettet werden können. Ein Endpunkt, der im Erreichen eines Ortes liegt, wird anders behandelt als ein Endpunkt, der im Erreichen eines physischen Zustands liegt. Dabei kann nahezu jedes Verb als Bewegungsverb konstruiert werden, nämlich durch die X's WayKonstruktion (She elbowed her way to the stagej, bei der ein "directed change" wie bei der Resultativ-Konstruktion durch zwei Konstituenten, DP und PP, abgebildet wird. Die Besonderheit bei Verben der Bewegung liegt lediglich darin, daß bei ihnen das MaßArgument, ein PATH, lexikalisch inkorporiert ist. Wenn sie ein telisches Ereignis ausdrtlkken sollen, bei dem nicht das PATH-Argument als Maß-Argument fungiert, wie in (29c), muß ein anderes Maß-Argument an seine Stelle treten (zu Details s. Kap. 6.2). Ergänzend seien an dieser Stelle die Verben der inhärent gerichteten Bewegung erwähnt (arrive, fall), die mit dance in (29b) vergleichbar sind und somit zu den internen Verben zählen sollten. Betrachtet man arrive als ein IC-Verb (weil es nicht kausativ vorkommt), ergibt sich der Konflikt zwischen ICR und DCR, der, wie bereits erwähnt, dadurch aufgelöst wird, daß nur die DCR angewandt wird. Akzeptiert man jedoch nicht, die semantische Klasse aus der Syntax abzuleiten, wird man sich fragen, weshalb arrive eigentlich ein ICVerb sein soll. Es handelt sich hier sicherlich nicht um einen "natürlichen Prozeß", für den die Beschaffenheit des Arguments von arrive entscheidend ist. Ob Sally pünktlich ankommt oder nicht, hängt nicht von der "Beschaffenheit" von Sally ab, sondern ist von außen beeinflußbar, also prinzipiell extern zu verursachen. Ausgehend von diesen Überlegungen sollte arrive eher ein EC-Verb sein, so daß zu fragen ist, weshalb es eigentlich nicht als kausatives Verb vorkommt. Positiv ist am Ansatz von Levin/Rappaport hervorzuheben, daß versucht wird, das komplexe Gefüge aus semantischen und aspektuellen Faktoren auf einige wenige Vermittlungsregeln zu reduzieren. Hilfreich ist auch die Annahme einer default rule, die nicht in Konkurrenz zu den anderen Regeln treten kann. Andererseits wird die Konkurrenz von Regeln miteinbezogen: Es ist möglich, daß ein Argument mehreren, auch sich widersprechenden Regeln unterliegt. Ein solcher Konfliktfall wird gelöst, indem von den konkurrierenden Regeln nur eine angewendet wird, und zwar diejenige, die Priorität über die anderen hat. Dazu ist es erforderlich, die Dominanz-Abfolge der Regeln in einer Einzelsprache festzustellen. Diese Abfolge legt das interne Verhältnis der Regeln zueinander in allen Fällen, d.h. für alle Verben einer Einzelsprache, fest. Wenn im Englischen die DCR gegenüber der ICR dominant ist, steht zu erwarten, daß in allen Fällen, in denen es für ein Argument zum Konflikt zwischen ICR und DCR kommt, nur die DCR angewandt wird. Das entsprechende Argument wird also zum internen Argument. Zu kritisieren ist an diesem Ansatz, daß die Vermittlungsregeln vage und ohne Bezug auf die lexikalische Repräsentation der Verben formuliert sind. Sie erfassen auch nicht die gleichen Klassen von Verben, die man auf der Grundlage der von Levin/Rappaport angenommenen lexical semantic structure bilden kann. Das größte Problem stellt ohne Zweifel die Formulierung der ICR dar, die einzige Regel, die ein externes Argument voraussagt. Die Unterscheidung in "intern" und "extern" verursachte Ereignisse wird nicht nachvollziehbar als konzeptuell beschrieben, und es kommt zu dem Zirkelschluß, daß EC-Verben kausativ verwendet werden können und daß ein Verb, von dem es keine kausative Variante gibt, als IC-Verb zu klassifizieren ist. Der Versuch, alle Verben mit externem Argument über eine semantische Eigenschaft zu verbinden, gelingt nicht.

129 4.1.4 Zwischenresümee: Der optimale Ansatz Von einem optimalen Linking-Ansatz erwartet man, daß er die Zusammenhänge zwischen der lexikalischen Repräsentation und der syntaktischen Distribution von Verben in adäquater Weise erfaßt. Dabei kommt es darauf an, die semantische Repräsentation und die Vermittlungsregeln so zu gestalten, daß man den obligatorischen Vorgaben durch das Lexikon ebenso gerecht wird wie den Möglichkeiten, ein Verb abweichend davon bzw. darüber hinausgehend zu verwenden. Insbesondere sollten aspektuell lizensierte Komplemente in die Theorie integriert werden, denn die syntaktische Nachbildung von komplexen semantisch-aspektuellen Strukturmustern ist ein generelles Phänomen. Wenn man die These vertritt, daß sich das syntaktische Verhalten von Verben weitgehend aus ihrer lexikalischen Repräsentation ergibt, ist es außerdem wünschenswert, daß die strukturellen Bestandteile dieser Ebene in der Linking-Theorie eine wichtige Rolle spielen. Implizit orientieren sich alle hier diskutierten Modelle an einer nach aspektuellen Kriterien zerlegten Form der Verbbedeutung. Dabei ist der Ansatz von Levin/Rappaport am besten geeignet, explizit Bezug auf diese Repräsentationsebene zu nehmen, da er ohne zusätzliche grammatische Bezugsgrößen (wie die Thematische Hierarchie) auskommt. Auch auf ein gesondertes Aspekt-Raster, wie es Tenny vorschlägt, kann verzichtet werden, wenn man annimmt, daß sich die möglichen aspektuellen Komplemente aus der SAS der Verben ergeben. Die aspektuelle Lizensierung von Argumenten kann mit Bezug auf Teilereignisse, wie sie sich in der SAS darstellen, beschrieben werden. In allen hier dargestellten Modellen wurde der Argumentstatus durch semantische und aspektuelle Eigenschaften bestimmt. Wenn diese nicht im Einklang miteinander stehen, ergeben sich Konfliktfälle, z.B. wenn ein intentional handelnder A G E N T eine gerichtete Veränderung durchmacht (Tom walked to the store) oder wenn das Objekt einer Zustandsänderung immer belebt ist, der Auslöser hingegen nicht (The movie frightened the children). Dowty beschreibt derartige mismatches als Abweichung vom prototypischen A G E N T und P A T I E N T , Grimshaw als Konflikt zwischen dem thematischen und dem aspektuellen Hierarchiewert eines Arguments. Der Grimshaw-Ansatz ist insofern problematisch, als er sich auf Θ-Rollen bezieht, die unabhängig von der SAS der Verben definiert sein müßten (sonst gäbe es keine Veranlassung, die Thematische Hierarchie der Aspektuellen Hierarchie gegenüberzustellen). Die optimale Vermittlungstheorie muß Konfliktfälle identifizieren und sich dazu äußern, wie mit ihnen umzugehen ist. Auch sollte der optimale Ansatz ein Potential fiir Variation im Sprachvergleich enthalten. Ein negatives Beispiel in diesem Zusammenhang ist Tennys Aspectual Interface Hypothesis, die impliziert, daß die in allen Sprachen gleiche aspektuelle Struktur die Syntax bestimmt. Ein positives Gegenbeispiel findet man bei Dowty, der vorhersagt, welche Verben instabil im Sprachvergleich sein sollten, nämlich diejenigen, deren Argumente in der Mitte zwischen dem A G E N T - und dem P A T I E N T - P O I angesiedelt sind, sowie, tendenziell, Verben mit nur einem Argument. Implizit enthalten alle hier besprochenen Ansätze eine Aussage darüber, daß manche Eigenschaften eines Arguments für die Vermittlung schwerer wiegen als andere. Nicht jedes Modell ist jedoch gleich gut geeignet, linking rules unterschiedlich zu gewichten. So ist z.B. Dowtys Argument Selection Principle in keiner Weise hierarchie-orientiert, dennoch verneint Dowty (1991:574) nicht "the desirability of 'weighting' some entailments more than others for purposes of argument selection" (er bezieht sich hier vor allem auf "causa-

130 tion" gegenüber "movement"). Auch Grimshaw hat große Probleme zu erklären, daß ein bestimmter aspektueller Hierarchie-Rang unmittelbar den Argumentstatus determiniert, ohne daß der thematische Status eine Rolle spielt. Im folgenden soll daher ein Ansatz entwickelt werden, für den das Gewichten von Vermittlungsprinzipien keine Ausnahmesituation ist. Statt einer Hierarchie von Rollen soll eine Hierarchie von SAS-bezogenen linking rules formuliert werden. Das Bezugsmodell für eine solche Ζ,/nÄ/'wg-Theorie bildet die Optimalitäts-Theorie.

4.2 Linking im Rahmen der Optimalitäts-Theorie

4.2.1 Der Kern der Optimalitäts-Theorie Die Optimalitäts-Theorie (OT) ist eine umfassende Theorie über die Struktur, den Erwerb und die Verarbeitung von Sprache im Rahmen der generativen Linguistik. Sie wurde von Prince/Smolensky (1993) für die Phonologie entwickelt und von Grimshaw (1993,1994) für die Syntax, insb. den CP/IP-Bereich, erarbeitet. Hier soll die Herangehensweise der OT erstmals auf die Syntax-Semantik-Schnittstelle angewendet werden. Kern der OT ist ein neues Verständnis von universalgrammatischen Prinzipien. In der "konservativen" generativen Linguistik (gemeint sind die Hauptströmungen, die sich aus dem Prinzipien- und Parameter-Modell entwickelt haben) sind grammatische Prinzipien als Prinzipien einer Universalgrammatik formuliert. Sie gelten für alle Sprachen gleichermaßen und dürfen in keiner Sprache verletzt werden. Sprachliche Variation erklärt man durch unterschiedliche Fixierung von Parametern innerhalb dieser Prinzipien, z.B. hinsichtlich der linearen Abfolge von Kopf und Komplement oder der Möglichkeit, eine Subjektposition nicht zu belegen. Der Spracherwerb wird als sukzessive Fixierung von Parametern analysiert (u.a. Hyams (1986)). Ein Satz, der ein UG-Prinzip wie z.B. den Kasusfilter oder das ECP verletzt, sollte ungrammatisch sein. Alternativ wird in neueren Entwicklungen der GB-Theorie das Variationspotential in der Existenz und der unterschiedlichen hierarchischen Anordnung von funktionalen Kategorien und ihren Projektionen gesehen (z.B. Ouhalla (1991)). Entsprechend werden auch bestimmte Phänomene des Spracherwerbs bzw. Sprachverlusts über die Kompetenz hinsichlich der funktionalen Kategorien erklärt (Ouhalla 1993). Auch in der OT nimmt man an, daß es universal gültige Wohlgeformtheitsprinzipien gibt. Diese werden als constraints (hier: Restriktionen) formuliert. Sie sind jedoch nicht absolut: Ein Satz, der eine bestimmte Restriktion verletzt, ist besser als ein Satz, der sie nicht verletzt. Aber nicht jede Verletzung führt unmittelbar zur Ungrammatikalität, denn nicht jede Restriktion ist gleich wichtig in einer gegebenen Einzelsprache. Jede einzelsprachliche Grammatik ist nämlich durch eine spezifische Hierarchie (ranking) der Restriktionen gekennzeichnet. Durch unterschiedliche Möglichkeiten der hierarchischen Anordnung der Restriktionen ergibt sich das Variationspotential für den Sprachvergleich. "The core of Optimality Theory (OT) lies in these ideas: Constraints are universal. Constraints can be violated. Grammars are rankings of constraints." (Grimshaw 1997:373)

131

Grammatisch ist eine Struktur, die im Vergleich mit anderen Strukturen (candidates) die höchstrangige Restriktion erfüllt. Ob ein Kandidat grammatisch ist oder nicht, kann also nur im Vergleich mit anderen Kandidaten überprüft werden. Eine Struktur, die sich im Vergleich als "optimal" herausstellt, ist grammatisch. "Optimal" heißt also "besser als die Konkurrenz". "The optimal form is grammatical; all nonoptimal candidates are output form for a given input is selected from among the class of way: a form that, for every pairwise condition involving it, best constraint on which the competitors conflict, is optimal." (Grimshaw

ungrammatical. A n optimal competitors in the following satisfied the highest-ranking 1997:373)

Eine Struktur ist also nicht deshalb ungrammatisch, weil sie eines der Wohlgeformtheitsprinzipien verletzt, sondern weil es eine konkurrierende Struktur gibt, die dieses Prinzip nicht verletzt. Ob die Konkurrenz-Struktur rangniedrigere Restriktionen verletzt oder nicht, ist unerheblich, denn es kommt immer auf das Abschneiden in bezug auf die höchste Restriktion an, bei der sich die verschiedenen Kandidaten unterscheiden. Auch der optimale Kandidat kann Prinzipien verletzen. Dieses Vorgehen soll kurz am Beispiel des grammatikalisierten do im Englischen skizziert werden. Do verletzt als semantisch leeres Wort immer den constraint FULL-INT (fur "full interpretation"), der besagt, daß jedes lexikalische Element eine Interpretation haben muß. Deklarativsätze mit do sind nicht optimal (also ungrammatisch), weil sie FULL-INT verletzen, während Sätze ohne do diese Restriktion nicht verletzen. Aber nicht jeder Satz mit do ist ungrammatisch. In Fragesätzen und bei Verneinung ist do ein obligatorisches Element, obwohl es auch in diesen Fällen inhaltsleer ist. Folglich muß es eine Restriktion geben, die wichtiger ist als FULL-INT. In Fragesätzen ist do erforderlich, weil durch das Merkmal [+wh] eine neue Projektion geschaffen wird (die CP), deren Kopf belegt sein muß (Restriktion: OB-HD, fur "obligatory head"). 20 Offenbar dominiert also OB-HD die Restriktion FULL-INT, d.h., FULL-INT kann verletzt werden, wenn dadurch erreicht wird, daß OB-HD nicht verletzt wird - der Fragesatz mit do hat offenbar ein besseres "Preis/LeistungVerhältnis" als der Fragesatz ohne do. Dieses Dominanzverhältnis der beiden Restriktionen notiert man als "OB-HD > FULL-INT". Es soll für alle Fälle gelten, in denen es zu Konflikten zwischen den beiden Restriktionen kommt. Alternativ könnte man OB-HD auch dadurch erfüllen, daß man das Verb in die C-Position bewegt (*Left she?). Dies wäre jedoch verbunden mit einem Verstoß gegen die Restriktion NO-LEX-MVT ("no lexical movement"), die besagt, daß ein lexikalischer Kopf nicht bewegt werden darf. Es gibt also zwei Möglichkeiten, OB-HD zu erfüllen. Weil die Verbbewegung ungrammatisch ist und das periphrastische do optimal, muß gelten, daß NO-LEX-MVT im Vergleich zu FULL-INT im Englischen die höherrangige Restriktion ist, also: NO-LEX-MVT > FULL-INT. Es ist also "kostspieliger", NO-LEX-MVT zu verletzen, als FULL-INT nicht zu erfüllen.21

20

Im Rahmen ihres flexiblen Ansatzes der Extended Projection geht Grimshaw davon aus, daß ein Satz die minimal notwendige extendierte Projektion der V P ist. Ein Satz ist nur dann eine CP, wenn Kopf- oder Spezifizierer-Position der CP belegt sind, vgl. Grimshaw (1991, 1993). Im Deutschen hingegen sollte es sich andersherum verhalten, also: FULL-INT > NO-LEX-MVT, weil hier die Verbbewegung grammatisch ist.

132 Das Abschneiden der Kandidaten wird in Form einer Tabelle (tableau) repräsentiert. Tabelle (30) verdeutlicht, daß es nicht möglich ist, auf der Basis der Kandidaten 1-3 das ranking von OB-HD und NO-LEX-MVT zu ermitteln, da der optimale Kandidat 1 beide Restriktionen erfüllt. Es kommt also zu keinem Vergleichsfall, bei dem ein Kandidat gegen OB-HD und der andere gegen NO-LEX-MVT verstoßen würde. Außerdem wird deutlich, daß auch der optimale Kandidat eine Restriktion verletzt. 22 (30)

OB-HD

NO-LEX-MVT

FULL-INT

1. Did she leave?

pass

pass

fail

2. Left she?

pass

fail

pass

3. She left?

fail

pass

pass

Da es bei der Grammatikalitätsbewertung darauf ankommt, mehrere Kandidaten zu vergleichen, stellt sich natürlich die Frage, nach welchen Kriterien verschiedene Strukturen miteinander vergleichbar sind. Vergleichbare Kandidaten müssen mit den Strukturprinzipien der X-bar-Theorie kompatibel sein und müssen die gleiche Information über Köpfe und ihre Argumente enthalten. Sind diese Anforderungen erfüllt, können erweiterte Projektionen (lexikalische Projektionen plus die sie dominierenden funktionalen Projektionen) frei generiert und Elemente ohne semantischen Gehalt (do, that) frei eingesetzt werden, vgl. Grimshaw (1997:375f.). Die Argumentstruktur von Verben wird also als gegeben angenommen, und das Θ-Kriterium steht nicht als verletzbarer constraint zur Debatte. Deshalb ist es nicht möglich, alle Strukturen in (31) miteinander zu vergleichen. (31a) n>[The door will VP[close]] (31b) !p[The door will VP [ tj close]] (31c) n>[The door will vp [close t¡]] (3 Id) n>[The door will VP[t¡ close t¡]] Zwar können die syntaktischen Restriktionen darüber Aufschluß geben, ob das externe Argument VP-intern generiert werden sollte oder nicht (ob also (31a) "besser" ist als (31b)), sie können jedoch keine Aussage darüber treffen, ob das Subjekt überhaupt ein externes Argument ist (ob also (31a) "besser" ist als (31c)). Denn die Argumentstruktur ist vorgegeben, und sie enthält die Information darüber, ob open ein externes oder ein internes Argument hat. Handelt es sich um ein internes Argument, ist z.B. (31a) gar nicht generierbar und somit kein vergleichbarer Kandidat. Da viel davon abhängt, welche Kandidaten vergleichbar sind, bietet es sich an, die Herangehensweise der OT auf die Konstituierung der Argumentstruktur zu übertragen. Die OT

22

Die Kandidaten werden hier vereinfacht dargestellt, weil es nur darauf ankommt, die Abfolge der gegebenen Restriktionen zu illustrieren. So ist Kandidat 1 nur dann optimal, wenn do in der whProjektion basisgeneriert wird (bei einer Bewegung wäre die Restriktion STAY verletzt, die in etwa Chomskys (1991) Economy-Anforderung in den OT-Rahmen übersetzt).

133 ist inhärent vergleichend bzw. relativierend und bietet damit einen interessanten theoretischen Rahmen, um die komplexe Interaktion von semantischen und syntaktischen Strukturen zu erfassen. Grammatische Prinzipien können so formuliert sein, daß sie einander widersprechen. Konfliktfälle sind ein konstituierender Bestandteil der Theorie, denn ohne sie könnte die Rangfolge der Prinzipien nicht determiniert werden. Auch ist es möglich, diese Konflikte in verschiedenen Sprachen unterschiedlich aufzulösen und so die Unakkusativität-Hypothese, wie in Kap. 3.1.1 gefordert, flexibel auszulegen. Die Arbeitshypothese für die weitere Ausarbeitung lautet: Vermittlungsregeln zwischen SAS und AS können als Restriktionen für grammatische Argumentstrukturen im Sinne der OT formuliert werden.

4.2.2 Übertragung des Ansatzes auf die Vermittlung von Argumenten Wenn man die OT für eine Vermittlungstheorie nutzen will, bildet den Ausgangspunkt die Vergleichbarkeit der Kandidaten. Für Grimshaw sind nur die Kandidaten vergleichbar, bei denen die Argumentstrukturen von lexikalischen Köpfen regelkonform realisiert werden. Elementen mit einer semantischen Struktur wird damit ein besonderer Status eingeräumt. Welche Argumentstrukturen regelkonforme Realisierungen sind, wird nicht gesagt. Der nächste Schritt ist, SAS-bezogene Vermittlungsregeln als constraints im Sinne der OT zu formulieren. Dabei wird der Übergang von der SAS zur Argument-Struktur im Hinblick auf die Unterscheidung von internen und externen Argumenten im Mittelpunkt stehen. Es wird nicht explizit dazu Stellung genommen, welche SAS-Strukturen möglich sind und welche nicht, da es hier nicht um die Frage nach dem Zusammenhang zwischen realen Ereignissen und ihrer linguistischen Konstruktion geht. Die Minimalhypothese ist, daß reale Ereignisse nur gefiltert durch grammatische Strukturprinzipien sprachlich abzubilden sind. Als Pendant zu den Strukturprinzipien der X-bar-Theorie, die in der OT als nicht verletzbar angenommen werden, soll davon ausgegangen werden, daß es maximal ein externes Argument und zwei interne Argumente gibt. Diese drei Argumentpositionen korrelieren mit den aspektuellen Funktionen des Verursachens, Ausmessens und Begrenzens. Schließlich muß die Rangfolge der Restriktionen ermittelt werden. Die Formulierung der Restriktionen sollte Konfliktzonen vorhersagen. Zu welcher SAS-Klasse ein Verb gehört und welche Argumentstruktur es hat, läßt sich durch Testverfahren ermitteln. Wenn man das Ergebnis der linking rules kennt (die Argumentstruktur), sind Rückschlüsse auf das Dominanzverhältnis der Restriktionen möglich. Ein weiterer Schritt läge darin, zu überprüfen, ob Unterschiede im Sprachvergleich durch ein anderes ranking der Restriktionen zu erklären sind. Im Rahmen der vorliegenden Studie kann diese Fragestellung nur angedeutet werden.

4.2.2.1 Voraussetzungen: Kandidaten und Constraints Nur Vermittlungstheorien, die Konfliktfälle einkalkulieren, sind geeignet, in den OTRahmen gesetzt zu werden. Derartige Konfliktfälle sind vorprogrammiert, wenn ein Argument mehreren, einander möglicherweise widersprechenenden Vermittlungsregeln unterliegen kann. Jede linking rule ist als constraint formulierbar, denn sie schränkt mögliche Argumentstrukturen ein. Die Kandidaten, die es zu vergleichen gilt, sind also verschiedene

134 Argumentstrukturen. Wichtig ist auch, daß jedes Argument von einer linking rule erfaßt wird. Dies ist nicht der Fall bei Tenny, die sich nur um die Argumente kümmert, die zur Konstituierung der aspektuellen Struktur beitragen. Am einfachsten ist dies zu garantieren, wenn man wie Levin/Rappaport (1995a) eine default linking rule annimmt. Diese sollte natürlich einen niedrigen Rang einnehmen, denn sonst wären die anderen Vermittlungsregeln überflüssig. Ein wichtiger Unterschied zur OT im Syntax-Bereich liegt darin, daß lexical items unvorhersehbare Eigenschaften haben können. Diese können sich z.B. dadurch ergeben, daß ein Wort sich in seiner Bedeutung verändert, ohne daß die Argumentstruktur einen entsprechenden Wandel durchmacht (zu undergo und receive s. Kap. 4.1.3.1). Anders als bei Sätzen müssen sich daher "optimal" und "grammatisch" nicht immer decken. Von existenten Verben, deren Argumentstruktur nicht "optimal" ist (die also in diesem Sinne "markiert" sind), ist zu erwarten, daß sie auch in anderen Bereichen auffällig sind, z.B. im Spracherwerb und in der Sprachverarbeitung. Vergleichbare Kandidaten sind bei Grimshaw nur Sätze, die mit den linking rules zwischen Lexikon und Syntax sowie den Strukturprinzipien der Grammatik (X-bar-Theorie, Strukturerhaltung bei Bewegungen etc.) kompatibel sind. In ähnlicher Weise soll auch hier ein übergeordnetes strukturelles Prinzip angenommen werden: (32)

Identifikationsprinzip: 23 Jedes (Teil-) Ereignis muß durch ein Argument identifiziert werden, um syntaktisch sichtbar zu sein.

Ergänzt wird dieses Prinzip durch die Annahme, daß jedes Argument nur ein Teilereignis identifizieren kann. Die möglichen Argumente werden durch die SAS vorgegeben. Als zu identifizierende Ereignisse zählen die "Hauptereignisse" sowie die durch CAUSE verbundenen Teilereignisse bei ACCOMPLISHMENTS, s. (33). Tiefer eingebettete Teilereignisse (z.B. STATES innerhalb des zweiten Teilereignisses von ACCOMPLISHMENTS) müssen nicht identifiziert werden. Während ACCOMPLISHMENTS also immer mindestens zwei Argumente haben, können alle anderen Ereignisse durch ein Argument identifiziert werden. (33a) STATE: [STATE] (33b) ACTIVITY: [ACTIVITY] (33c) ACHIEVEMENT: [ACHIEVEMENT] (33 d) ACCOMPLISHMENT: [ACTIVITY] CAUSE [ACHIEVEMENT]

Jedes Teilereignis muß durch ein Argument identifiziert werden, aber es kann durch mehrere Argumente repräsentiert werden. Nur so ist zu erklären, daß STATES, ACTIVITIES und ACHIEVEMENTS durch Verben mit einem oder zwei Argumenten ausgedrückt werden können (vgl. Kap. 2.4). Da jedes Teilereignis mehrere Argumente enthalten kann, muß bestimmt werden, welches der Argumente jeweils den "ErstzugrifP auf die Identifikationsposition hat. Dies gilt insb. für den Status des externen Arguments, denn es kann nur ein externes Argument geben. So kann z.B. ein INSTRUMENT ein erstes Teilereignis eines ACCOMPLISHMENT identifizieren - aber nur dann, wenn kein AGENT vorhanden ist, vgl.

23

Ein ähnliches Prinzip ("Subevent Identification Condition") formulieren Rappaport/Levin (1998: 112).

135 (34b). Des weiteren muß man nach dem Status der Argumente fragen, die bei einem komplexen Ereignis beiden Teilereignissen zugeordnet werden können. So gilt z.B. für die ACCOMPLISHMENTS, die Kontakt zwischen CAUSER und Objekt bedingen (z.B. cut), daß das Objekt, das dem change unterliegt, auch Bestandteil des ersten Teilereignisses ist. Im Unterschied zum INSTRUMENT kann es aber in keinem Fall das kausative Teilereignis identifizieren, d.h., (34c) kann nicht als ACCOMPLISHMENT interpretiert werden. (34a) Harry cut the bread (with a knife). cut: [x DO-STH] CAUSE [y BECOME Ζ], Ζ = CUT; DO-STH involves y and an INSTRUMENT (34b) The knife cut the bread (*by Harry). (34c) *The bread cut.

Wenngleich also das y-Argument in (34a) Bestandteil beider Teilereignisse ist, so ist es doch nicht geeignet, das erste Teilereignis zu identifizieren, weil das x-Argument (ebenso wie das INSTRUMENT) ausschließlich zum ersten Teilereignis gehört. Wenn also mehrere Argumente ein Teilereignis identifizieren könnten, hat dasjenige den Erstzugriff, das ausschließlich an diesem Teilereignis beteiligt ist. Da zudem im vorliegenden Fall ζ konstant ist, muß y das zweite Teilereignis identifizieren. Anders sieht es aus, wenn es außer y kein Argument gibt, das das erste Teilereignis identifizieren könnte. Dieser Fall liegt bei den walk-Verben in ihrer telischen Verwendung vor und wird in Kap. 6.2 besprochen. Ergänzend wird ein unabhängig notwendiges Prinzip zur Sättigung von Variablen in der SAS angenommen, das noch Vorrang vor dem Identifikationsprinzip hat. Wenn die SAS fur ein Teilereignis mehr als eine Variable vorsieht, muß es Argumente in entsprechender Anzahl geben. Dies gilt z.B. für Verben wie put, bei denen - anders als bei cut oder break das z-Argument nicht lexikalisch determiniert ist, s. (35). (35)

put: [x DO-STH] CAUSE [y BECOME (AT) Ζ] Sally put the book *(on the table)./* Sally put an unsual putting/constellation/position.

Im Gegensatz dazu kann bei syntaktischen ACCOMPLISHMENTS das zweite Teilereignis durch ein Argument oder durch zwei Argumente identifiziert werden, s. (36b). Da der Endpunkt des Ereignisses nicht lexikalisch determiniert ist, kann das zweite Teilereignis nur dann durch ein Argument identifiziert werden, wenn dieses auch den Endpunkt festlegen kann. Dies ist bei der Lesart als "created object" (CREO) der Fall; der Endpunkt liegt dann darin, daß das Objekt existiert. (36a) smile: Sally (36b) smile: Sally

[Χ DO-STH] smiled happily. [x DO-STH] CAUSE [y BECOME (AT) Z] smiled herself happy ./Sally smiled her wonderful smile.

Nicht jedes Argument hat die Aufgabe, ein Teilereignis zu identifizieren. Deshalb ist das Identifikationsprinzip nur eine Minimalbedingung für die Konstruktion von Argumentstrukturen. Es sind Fälle diskutiert worden, in denen syntaktisch realisierte Argumente keinen Beitrag zur Konstituierung der Ereignisstruktur leisten, so z.B. die unterstrichenen Konstituenten in (37a/b). (37a) Harry pushed the cart. (37b) Sally arrived at the station.

136 Über die drei Argumentpositionen hinaus, die ein ACCOMPLISHMENT-Ereignis lizensiert, können jedoch keine weiteren Argumente realisiert werden. Dies läßt die Interpretation zu, daß das ACCOMPLISHMENT-Muster die maximale Anzahl von Argumentpositionen vorgibt. Ein gültiges Prinzip scheint dabei Tennys Single Delimiting Constraint zu sein ("The event described by a verb may only have one measuring-out and be delimited only once", s. Kap. 4.1.2.1). Die mögliche maximale Argumentstruktur besteht aus einem externen und zwei internen Argumenten.

4.2.2.2 Anwendung: Ranking von Vermittlungsregeln Als vergleichbare Kandidaten sollen nur Argumentstrukturen gelten, die mit dem Prinzip zur Identifizierung von (Teil-) Ereignissen kompatibel sind. Die Vermittlungsregeln, die den Status in der Argumentstruktur bestimmen, sollen möglichst weitgehend mit Bezug auf die SAS formuliert werden. Ein Versuch, die bisher besprochenen Ii«Ä;>jg-Regularitäten im OT-Rahmen zu formulieren, sind die folgenden constraints. Vorausgesetzt wird, daß lexikalische Ereignistypen syntaktisch nachgebildet werden können (so daß man z.B. die MEASURE-RULE gleichermaßen bei lexikalischen wie syntaktischen ACCOMPLISHMENTS anwenden kann). Statische Ereignisse bleiben aus der Betrachtung ausgeklammert. ( 3 8 a ) CAUSER-RULE:

D a s erste A r g u m e n t v o n CAUSE wird z u m externen Argument.

( 3 8 b ) ACTOR-RULE:

D a s erste A r g u m e n t v o n DO wird z u m externen Argument.

( 3 8 c ) MEASURE-RULE:

D a s erste A r g u m e n t v o n BECOME wird z u m internen Argument.

( 3 8 d ) DELIMITOR-RULE:

D a s z w e i t e Argument v o n BECOME wird z u m internen Argument.

Anders als bei Grimshaw sind die Regeln nicht in bezug auf imaginäre Teilereignisse formuliert, weil davon ausgegangen wird, daß die möglichen aspektuellen Strukturmuster an anderer Stelle spezifiziert werden. Auf den ersten Blick scheint es, als sei es überflüssig, zusätzlich zur ACTOR-RULE eine CAUSER-RULE anzunehmen, denn kausative Teilereignisse wurden bisher als ACTIVITIES analysiert, so daß die CAUSER-RULE ein Argument erfassen würde, das auch aufgrund der ACTOR-RULE zum externen Argument werden sollte. Allerdings muß ein CAUSER nicht immer auch ein D O - e r sein, denn die D O - S T H - K o m p o n e n t e in ACCOMPLISHMENTS ist optional (The poster on the wall frightened the children). Außerdem ist die Konstellation denkbar, daß die CAUSER-RULE einen hohen und die ACTOR-RULE einen niedrigen Hierarchiewert hat. ACTIVITY-Verben hätten in diesem Fall nur dann ein externes Argument, wenn sie zu einem ACCOMPLISHMENT expandiert würden. Die MEASURE-RULE entspricht in etwa der Directed Change Rule von Levin/Rappaport (1995a) und erfaßt im Regelfall das Argument, das einer Zustandsänderung unterliegt, während die DELIMITOR-RULE das Argument, das den Endpunkt des Ereignisses determiniert, zum Gegenstand hat. Nach den drei Regeln in (38a-c) wird es nicht zu Konflikten kommen, weil das Identifikationsprinzip ausschließt, daß ein Argument gleichzeitig der CAUSER-RULE und der MEASURE-RULE unterliegt. Mismatches ergeben sich gerade dadurch, daß nicht allein der Status des Arguments in der Ereignisstruktur eine Rolle spielt. Als ein immer wiederkehrender semantischer Faktor hat sich "volitional involvement" erwiesen,

137 nach Dowty eine zentrale PROTO-AGENT-Eigenschaft, hier aufgenommen in Form der CONTROL-RULE. (38e) CONTROL-RULE:

Ein Argument mit (potentieller) Kontrolle über das Ereignis wird zum externen Argument.

Dabei geht es nicht darum, ob jemand intentional handelt, sondern um "a presupposition that volition is possible for this type of action" (Dowty 1991:607). Nur Argumente mit Kontrolle über ein Ereignis können z.B. das Komplement von Verben wie force oder das Subjekt von Verben wie refuse sein, und nur sie lizensieren Adverbiale wie carefully,24 Darin spiegelt sich linguistisch die Sonderstellung von Menschen als einzigen bewußt handelnden Subjekten. Menschen können - linguistisch gesehen - fast alles kontrollieren. Ausgenommen sind tendenziell auf den Körper bezogene Ereignisse, wie z.B. bleed, sneeze25 Menschen kommen hier als ACTOR ohne Kontrollmöglichkeit vor. Daß diese Verben, wie Rosen (1984:6Iff.) darstellt, im Sprachvergleich "instabil" sind, liegt zum einen daran, daß Ereignisse in unterschiedlicher Weise als kontrollierbar konstruiert werden können, zum anderen muß die CONTROL-RULE in den einzelnen Sprachen nicht den gleichen hierarchischen Stellenwert haben. Die CONTROL-RULE soll sich nicht, wie bei Levin/Rappaport, auf Gegenstände erstrecken, da sich die Unterscheidung in "internal causation" (fur Verben wie decay) und "external causation" (für Verben wie break) als nicht unabhängig begründbar erwiesen hat. Die OT-gemäße Umsetzung des Konzepts einer Default-Regel besteht darin, eine Regel mit großem Skopus, aber niedriger Hierarchiestufe zu formulieren, etwa wie in (38f): (38f) DEFAULT-RULE:

Jedes Argument ist ein internes Argument.

Es könnte sich als notwendig erweisen, dieser Regel eine entgegengesetzte zur Seite zu Stellen ("Jedes Verb hat ein externes Argument"), weil denkbar ist, daß es Sprachen gibt, in denen ein hochrangiger constraint bezüglich eines basisgenerierten Subjekts besteht. Die Formulierung gegensätzlicher Regeln ist die OT-gemäße Umsetzung eines binären Parameters (vgl. die Ausführungen von Grimshaw (1994) zu den constraints HEAD-RIGHT und HEAD-LEFT, die die Position des Kopfes innerhalb einer XP regeln sollen). Da im Englischen eine Vermittlungsregel, die immer ein externes Argument fordert, einen niedrigen Status hätte, soll sie hier als potentielles Korrelat zur DEFAULT-RULE nicht weiter mitkalkuliert werden. Wenden wir nun die Vermittlungsregeln auf einige der Verbklassen an, die im Mittelpunkt der bisher besprochenen Ansätze stehen. Für die klassischen Kausativ-Paare wie in (39a/b) kommt es nur zu einem Konflikt zwischen CAUSER-RULE und DEFAULT-RULE (vgl. die Einstufung in der folgenden Tabelle). Die MEASURE-RULE sagt für das y-Argument in beiden Fällen den Status als internes Argument voraus. Dies wird durch das Verhalten der Verben bestätigt, z.B. kann in beiden Fällen das y-Argument das externe Argument eines Passiv-Adjektivs sein (a broken window). Das x-Argument wird aufgrund der CAUSERRULE zum externen Argument. Von einer DO-Aktivität, die auf das Fenster gerichtet ist,

24 25

Im Niederländischen kommt als Testverfahren die Passivierung hinzu, s. Perlmutter (1978). S. dazu Levin (1993: 218): "These verbs relate to involuntarily bodily processes; that is, processes that are typically not under the control o f the person that experiences them."

138 kann hier nicht gesprochen werden, die ACTOR-RULE kommt also - ebenso wie die TROL-RULE - nicht zum Tragen, sie ist "vacuously satisfied" ("Ν.S." in der Tabelle).

CON-

(39a) The storm broke the window.

break¡:

[[Χ DO-STH] CAUSE [y BECOME BROKEN]]

(39b) The w i n d o w broke.

break2:

[y BECOME BROKEN]

Anders verhält es sich in (39c): Hier wird das x-Argument auch von der ACTOR- und der CONTROL-RULE erfaßt. Alle drei Regeln, die ein externes Argument verlangen, beziehen sich hier auf das gleiche Argument, so daß es nur zu einem Konflikt mit der DEFAULT-RULE kommt, s. (39c'). (39c) The thief broke the window silently.

break: [[x DO-STH] CAUSE [y BECOME BROKEN]]

Auch fur andere ACHIEVEMENTS sagt die MEASURE-RULE ein internes Argument voraus. Diesmal kommt es nicht zu einem Regelkonflikt, weil alle Regeln, die externe Argumente betreffen, nicht angewendet werden können bzw. "vacuously satisfied" sind, s. (39d'). (39d) The w o o d decayed.

decay,

[y BECOME DECAYED]

Bei inhärent telischen Verben können keine aspektuellen Argumente ergänzt werden. Der Grund dafür liegt darin, daß das thematische Argument der Verben bereits das ACHIEVEMENT-Teilereignis identifiziert. Ein weiteres internes Argument kann keinen Beitrag zur Konstituierung der Ereignisstruktur leisten. Es ist lediglich möglich, den Endzustand näher zu spezifizieren - aus Kasusgründen nicht in Form einer DP. Theoretisch wäre auch ein externes aspektuelles Argument denkbar, nämlich ein CAUSER (*The humid weather decayed the wood). Daß dies nicht möglich ist, ist ein Indikator dafür, daß die Kausativierung im Englischen ein deutlich stärker restringierter Prozeß ist als die Telisierung durch aspektuelle Komplemente.

(39a') [the storm]

CAUSER-

CONTROL-

ACTOR-

MEASURE-

DELIMITOR-

DEFAULT-

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

extern

v.s.

?extern

v.s.

v.s.

intern

break¡ [the w i n d o w ]

v.s.

v.s.

v.s.

intern

v.s.

intern

(39b') [the w i n d o w ]

v.s.

v.s.

v.s.

intern

v.s.

intern

extern

extern

extern

v.s.

v.s.

intern

v.s.

v.s.

v.s.

intern

v.s.

intern

v.s.

v.s.

v.s.

intern

v.s.

intern

break2 (39c') [the thief] break ι [the w i n d o w ] (39d') [the w o o d ] decay

In der Tabelle gibt es eine Konfliktsituation nur zwischen den drei Regeln, die ein externes Argument verlangen, und der DEFAULT-RULE. Erwartungsgemäß führt eine Verletzung der DEFAULT-RULE nicht zur Ungrammatikalität. Für die Annahme der DEFAULT-RULE spricht das Beispiel (39e). Hier kann die MEASURE-RULE nicht angewendet werden, denn es handelt sich nicht um ein ACHIEVEMENT-Ereignis (*She pushed the cart in ten minutes). Die postverbale DP wird aufgrund der DEFAULT-RULE zum internen Argument. Das Argument in der Subjekt-Position wird aufgrund der ACTOR- und der CONTROL-RULE zum externen Argument, s. (39e'). Hingegen liegt in der grammatischen Variante in (39f) ein telisches

139 Ereignis vor. Weil der Endpunkt nicht lexikalisch determiniert ist und weil die postverbale DP nicht als CREO konstruiert werden kann, muß das ACHIEVEMENT-Teilereignis durch zwei Argumente identifiziert werden, s. die ungrammatische Variante in (39f). Zwar mag auch das Subjekt einer Bewegung unterliegen, jedoch ist es nicht das Maß-Argument, denn das Fortschreiten des Ereignisses wird an der Position des Wagens ausgemacht. (39e) Ada pushed the cart. (39f) Ada pushed *(the cart) to the store.

Ein Problemfall entsteht, wenn das Ereignis durch das Argument ausgemessen wird, das die Veränderung auch auslöst, wenn also ein Argument unter die MEASURE- und die CAUSER-RULE fällt. Dieser Konflikt liegt regelmäßig bei Verben der Bewegungsart vor. In ihrer ACTIVITY-Verwendung lizensieren sie ein Argument, s. (39g). Dieses unterliegt der ACTOR-RULE und, je nach Wahl des Subjekts, der CONTROL-RULE und sollte deshalb ein externes Argument sein, s. (39g'). Für den Status als externes Verb spricht die Tatsache, daß die Bewegungsverben aspektuelle Komplemente vom Typ DP lizensieren (She ran the race). Komplizierter ist die Sachlage in (39h): Hier liegt ein telisches Ereignis vor, offenbar vom Typ ACCOMPLISHMENT, denn das ACTIVITY-Teilereignis aus (39g) bleibt erhalten. In diesem Sinne ist das Argument in der Subjektposition ein CAUSER, denn es identifiziert das erste Teilereignis eines ACCOMPLISHMENT, s. (39g'). (39g) Ada ran. (39h) Ada ran to the store.

Anders als in (39f) wird das Ereignis hier daran ausgemessen, welche Position das SubjektArgument auf seinem Weg zu einem Endpunkt einnimmt. Nimmt man an, daß das Argument in der Subjektposition der MEASURE-RULE unterliegt, so ist zu schließen, daß mindestens eine der drei Regeln für ein externes Argument die MEASURE-RULE dominiert, denn das Subjekt ist ein externes Argument, wie z.B. die Ableitung runner belegt (zu Details des Ausmessens bei Bewegungsverben s. Kap. 6.2). CAUSER-

CONTROL-

ACTOR-

MEASURE-

DELIMITOR-

DEFAULT-

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

(39e')

[Ada]

V.S.

extern

extern

V.S.

V.S.

intern

push

[the cart]

V.S.

V.S.

V.S.

V.S.

V.S.

intern

(39f)

[Ada]

extern

extern

extern

V.S.

V.S.

intern

push

[the cart]

V.S.

V.S.

V.S.

intern

V.S.

intern

[the store]

V.S.

V.S.

V.S.

V.S.

intern

intern

[Ada]

V.S.

extern

extern

V.S.

V.S.

intern

(39h·)

[Ada]

extern

extern

extern

intern

V.S.

intern

run

[the store]

V.S.

V.S.

V.S.

V.S.

intern

intern

(39g')

run

Eine Klasse von Verben, die nicht nur bei Grimshaw mit Regelkonflikten verbunden ist, sind die psych verbs. Problematisch ist hier der Status des Arguments, das die Emotion erlebt (EXPERIENCER). Dieses kann einerseits einem change unterliegen (z.B. bei frighten) und wird doch andererseits oft so verstanden, daß es das Ereignis mitkontrolliert (She tried

140

to love hint). Um die Anzahl von constraints erst einmal möglichst gering zu halten, soll angenommen werden, daß dieses Sich-Aussetzen unter die CONTROL-RULE fällt (zu Details s. Kap. 6.1). Demzufolge fallen die unterstrichenen DPs in (39i-l) unter die CONTROL-RULE. (39i) (39j) (39k) (391)

They feared the storm. She loved her sister. The movie frightened the children. Harry frightened his brother with an African mask.

Die folgende Tabelle zeigt die Anwendung der linking rules für die Argumente in den Beispielsätzen (39k-l). Die aspektuell orientierten Regeln beziehen sich immer auf ein spezifisches Element, die semantische CONTROL-RULE kann, wie in (39Γ) ersichtlich, mehrere Argumente erfassen. Die einzelnen constraints werden in enger Auslegung angewendet: So sagt die CONTROL-RULE, daß die postverbale DP in (39k) ein externes Argument sein sollte. Sie macht indes keine Aussage darüber, welchen syntaktischen Status das zweite Argument haben sollte. Im Hinblick auf dieses Argument gilt die CONTROL-RULE daher als "vacuously satisfied".

(39j·) love

[she] [her sister]

(39k') [the movie] frighten [the child] (39Γ)

[Harry]

frighten [his brother]

CAUSER-

CONTROL-

ACTOR-

MEASURE-

DELIMITOR-

DEFAULT-

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

v.s. v.s.

extern v.s.

?extern v.s.

V.S.

V.S.

v.s.

V.S.

intern intern

extern v.s.

v.s. extern

v.s. v.s.

v.s. intern

V.S. V.S.

intern intern

extern v.s.

extern extern

extern v.s.

v.s. intern

v.s. v.s.

intern intern

Bei atelischen Verben wie love ist umstritten, ob es sich um ACTIVITIES oder um STATES handelt (daher das Fragezeichen in (39j')). Falls sie nicht zu den ACTIVITIES gerechnet werden können, ist die ACTOR-RULE "v.s.". Wenn in (39j) ein externes Argument vorliegt (dafür spricht, daß die Passivierung möglich ist), so wäre dies ein Nachweis für die Dominanzrelation CONTROL-RULE > DEFAULT-RULE. Nachdem ausgeführt wurde, wie die linking rules auf einzelne Argumente anzuwenden sind, soll nun mit Bezug auf Tableau A (s.u.) kurz dargestellt werden, wie das Vorgehen der Optimalitäts-Theorie auf die Konstituierung von Argumentstrukturen übertragen werden kann. Die vergleichbaren Kandidaten sind Argumentstrukturen, die mit den Strukturprinzipien der AS sowie mit dem Prinzip der Identifizierung von Teilereignissen kompatibel sind (Kandidat 4 scheidet z.B. aus, weil das Verb hier zwei externe Argumente hat). Die konkurrierenden Kandidaten werden hinsichtlich der constraints (hier: der in (38) formulierten linking rules) bewertet. Dabei gibt es drei Möglichkeiten: Entweder die Vermittlungsregel kommt zur Anwendung und wird erfüllt (markiert durch das Zeichen V ) , oder sie wird angewendet und wird verletzt (*), oder es gibt kein Argument, das ihr unterliegt (notiert als "v.s."). Im Idealfall verletzt der grammatische und damit optimale Kandidat genau einen constraint, und ein konkurrierender Kandidat verletzt einen anderen. Daraus kann man schließen, daß der constraint, der von dem optimalen Kandidaten verletzt wird,

141 niedriger einzustufen ist als der von dem Vergleichskandidaten verletzte. Aufgrund der geringen Variabilität in der Aussage der Regeln und den einschränkenden Prinzipien für mögliche Argumentstrukturen sind nur wenige Kandidaten generierbar, und diese sehen sich sehr ähnlich. Käme es nur darauf an, Konflikte zwischen zwei constraints zu betrachten, wäre es leicht, die Rangfolge zwischen ihnen festzustellen: Wenn man davon ausgeht, daß Emotionen kontrollierbar sind (in dem Sinne, daß man sich einem Erlebniszustand aussetzt), kommt es bei den frighten-Verben zu einem Konflikt zwischen der M E A S U R E - R U L E und der C O N T R O L - R U L E , da das Argument, das dem change unterliegt, durch seine Einwilligung quasi als Mitverursacher des Ereignisses interpretiert werden kann. Die C O N T R O L - R U L E erfordert den Status als externes Argument, während die M E A S U R E - R U L E den Status als internes Argument voraussagt. Da das EXPERJENCER-Argument in der Objekt-Position generiert wird, könnte man schließen, daß die M E A S U R E - R U L E die C O N T R O L - R U L E dominiert. Diese Art der Argumentation ließe jedoch die anderen wirksamen Restriktionen außer Acht, d.h. die C A U S E R - R U L E und die D E F A U L T - R U L E . Nur die C A U S E R - R U L E bestimmt das unbelebte Argument zum externen Argument des Verbs. Die Darstellung in Tableau A zeigt, daß der optimale Kandidat eine Restriktion erfüllt, die von allen anderen Kandidaten verletzt wird, nämlich die C A U S E R - R U L E . Sollte die C A U S E R - R U L E die höchstrangige Restriktion sein, ließe sich aus Tableau A nichts für die Rangfolge von M E A S U R E - R U L E und C O N T R O L - R U L E ableiten. Der Vergleich der Kandidaten 1 und 2 ergibt lediglich, daß die C A U S E R - R U L E die D E F A U L T - R U L E dominiert (diese wird bei Kandidat 1 verletzt, weil Χ kein internes Argument ist, und bei Kandidat 3, weil y kein internes Argument ist); der Vergleich von 1 und 3 weist darauf hin, daß C A U S E R - und/oder M E A S U R E - R U L E die C O N T R O L RULE dominieren. Tableau A für (39k) : The the

ACTOR-

MEASURE-

CONTROL-

DEFAULT-

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

V.S.

V

*

*

*

V

childreny

νl.frighten:[e, 2.

CAUSER-

moviexfrightened

frighten:

3. frighten:

(x (y))] [e, ( ( χ , y ) ) ]

*

v.s.

[e, ( y ( x ) ) ]

*

V.S.

4. frighten: [e, (χ,y)]

*

*

nicht generierbar CAUSER-RULE > DEFAULT-RULE

CAUSER

und/oder MEASURE-RULE >

CONTROL-RULE

Sollte es Sprachen geben, in denen bei den frighten- Verben im Einklang mit der Thematischen Hierarchie der EXPERIENCER zum externen Argument wird, ließe sich das durch die umgekehrte Rangordnung ( C O N T R O L - R U L E > C A U S E R - R U L E ) erklären. Anders als bei frighten verhält es sich bei den nicht-kausativen psych verbs. Zählt man sie nicht zu den ACTIVITIES, kann die A C T O R - R U L E nicht angewendet werden (sie wird deshalb in Tableau Β ebenso wie die C A U S E R - R U L E ausgeblendet). In diesem Fall läßt sich ein ranking zwischen C O N T R O L - R U L E und D E F A U L T - R U L E ermitteln.

142 Tableau Β f ü r (39i):

Theyy feared the stormx 1. fear, [e, (x(y))] 2. fear: [e, ((x,y))] ^3. fear. [e, (y(x))l

MEASURE-

CONTROL-

DEFAULT-

RULE

RULE

RULE

V.S.

*

*

V.S.

*

V

V.S.

V

*

CONTROL-RULE > DEFAULT-RULE

Das ranking von MEASURE-RULE und CONTROL-RULE kann man anhand von ACHIEVEMENTS ermitteln. Geeignet sind die Verben der inhärent gerichteten Bewegung wie arrive. Diese unterscheiden sich von Verben wie decay dadurch, daß die CONTROL-RULE anzuwenden ist. Verben wie arrive drücken mit und ohne PP-Komplement ein telisches Ereignis aus und lizensieren kein aspektuelles DP-Komplement, was ein Indiz dafür ist, daß sie nicht Kasus zuweisen können. Daraus wurde geschlossen, daß es sich um interne Verben handelt (Kap. 3.1.3.4.1). (39m) Sally arrived (at the station).

Das Subjekt in (39m) unterliegt einem change (of place/location) - und damit der MEASURE RULE - und ist gleichzeitig qualifiziert für die Anwendung der CONTROL-RULE (She tried to arrive on time). Die Anwendung von Testverfahren belegt, daß arrive ein internes Verb ist: Es ist kein cognate object möglich (*She arrived a late arrival), dafür ein í/iere-Subjekt (There arrived three men at the station), und das Argument kann das externe Argument eines Passivadjektivs sein (just-arrived passengers), s. auch Kap. 6.2.3. Es ist nicht möglich, gleichzeitig die CONTROL-RULE und die MEASURE-RULE zu erfüllen, weil das Verb nicht zwei Argumente lizensiert. Kandidat 1, der alle drei constraints erfüllen würde, ist also nicht generierbar. Der optimale Kandidat 3 verletzt die CONTROL-RULE, erfüllt aber die MEASURE-RULE, so daß - in Kenntnis der Rangfolge von CONTROL-RULE und DEFAULTRULE - zu schließen ist: MEASURE-RULE > CONTROL-RULE. Diese Rangfolge gilt im Englischen. Sollten sich Verben wie arrive in anderen Sprachen als externe Verben erweisen, wäre dies dadurch zu erklären, daß in diesen Sprachen die CONTROL-RULE die MEASURERULE dominiert. Es wären dann nicht alle ACHIEVEMENTS interne Verben, sondern nur diejenigen, bei denen das Subjekt keine Kontrolle über das Ereignis hat (also z.B. dekausativierte ACCOMPLISHMENTS wie break2). Tableau C f ü r (39m): Sallyx

arrived.

MEASURE-

CONTROL-

DEFAULT-

RULE

RULE

RULE

1. arrive·, [e, (x (y))] 2. arrive: [e, (x)] arrive: [e, ((x))]

nicht generierbar *

V

* *

V

MEASURE-RULE > CONTROL-RULE

Auf den ersten Blick scheint in (39h) die gleiche aspektuelle Struktur vorzuliegen wie in (39m): Das Subjekt unterliegt einer Bewegung, die ihren Endpunkt hat, wenn ein bestimmter PLACE erreicht ist. Ein wichtiger Unterschied liegt jedoch darin, daß die am've-Verben inhärent telisch sind, während die walk-Verben nur dann ein telisches Ereignis ausdrücken, wenn sie durch ein aspektuelles Komplement ergänzt werden; anderenfalls gehören sie zu

143 den

Als solche können sie zu einem ACCOMPLISHMENT - nicht zu einem - ergänzt werden. Das Subjekt in (39m) identifiziert ein ACHIEVEMENTEreignis und fällt deshalb unter die MEASURE-RULE. Das Subjekt in (39h) identifiziert ein ACTIVITY-Ereignis und fällt deshalb unter die ACTOR-Rule.26 ACTIVITIES.

ACHIEVEMENT

Tableau D für (39h): Adax

ran to the

CAUSER-

ACTOR-

MEASURE-

CONTROL-

DELIMITOR-

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

*

*

*

V

V

V V

*

*

*

*

storey

1. run: [e, ((x,y)] «"2. run: [e, (x(y))] 3. run: [e, (y(x))] CAUSER-

und/oder

*

ACTOR-RULE > MEASURE-RULE

Wenn man das ranking aus Tableau C berücksichtigt (MEASURE-RULE > CONTROL-RULE), wird ersichtlich, daß der entscheidende Faktor dafür, daß Kandidat 2 optimal ist, nicht darin liegt, daß Kandidat 2 die CONTROL-RULE erfüllt, denn diese wird von der MEASURERULE dominiert. Offenbar gilt, daß die MEASURE-RULE von der CAUSER- oder der ACTORRULE dominiert wird (bzw. von beiden). Nach der hier vorgegebenen Definition von CAUSER läßt sich kein internes ranking dieser beiden Restriktionen ermitteln, weil es in einem kausativen Ereignis keinen ACTOR gibt, der nicht auch ein CAUSER wäre. Die Einstufung der ACTOR-RULE ist insgesamt schwierig: Im Englischen muß sie die DEFAULT-RULE dominieren, um zu garantieren, daß auch ACTIVITIES, bei denen das Subjekt nicht unter die CONTROL-RULE fällt (Levin (1993) nennt hier z.B. die verbs of entityspecific modes of being), ein externes Argument haben (vgl. *a wavedflag, *a ragedfire). T a b l e a u E: The waved

(in the

1. wave:

flagx

CAUSER-

ACTOR-

MEASURE-

CONTROL-

DEFAULT-

RULE

RULE

RULE

RULE

RULE

V.S.

*

V.S.

V.S.

V

V.S.

V

V.S.

V.S.

*

wind)

[e, ((x))]

"~2. wave: [e, (x)]

.

ACTOR-RULE > DEFAULT-RULE

Mit der MEASURE-RULE kollidiert die ACTOR-RULE nur in Fällen wie in (39h), aber dort kommt auch die CAUSER-RULE zum Tragen, so daß die ACTOR-RULE nicht unabhängig eingestuft werden kann. Verben wie wave haben auch typischerweise kein Objekt, das unter die CONTROL-RULE fiele. Es läßt sich daher kein direkter Konfliktfall zwischen ACTOR- und CONTROL-RULE konstruieren. Aufgrund der diskutierten Beispiele lassen sich die Linking Principles im Englischen wie in (40a/b) darstellen. (40a) Allgemeine Z,/«A;>jg-Prinzipien: • Sättigung von Argumentpositionen • Identifizierung von Teilereignissen • Strukturprinzip: Maximal ein externes Argument und zwei interne Argumente

26

Zur Frage, ob das Subjekt als HOLISTIC THEME unter die MEASURE-RULE fällt, s. Kap. 6.2.2.

144 Das Prinzip zur Sättigung von Argumentpositionen entspricht in der Aussage und im Status dem Lexikalischen Projektionsprinzip für die Syntax, das Prinzip zur Identifizierung von Teilereignissen ist mit dem Θ-Kriterium vergleichbar und das Strukturprinzip für die Argumentstruktur mit den Strukturprinzipien der X-bar-Theorie. Diese Prinzipien schränken die Menge der generierbaren Kandidaten ein, sie sollen selbst nicht hierarchisch eingestuft werden. (40b) Ranking der Vermittlungsregeln im Englischen: CAUSER-RULE > MEASURE-RULE > ACTOR-RULE > CONTROL-RULE > DEFAULT-RULE

Das ranking der Vermittlungsregeln in (40b) ist mit den hier diskutierten Beispielen kompatibel (allerdings könnte die ACTOR-RULE auch von der CONTROL-RULE dominiert werden). Es spiegelt eine Tendenz wider, die auch in den anderen besprochenen LinkingModellen zum Ausdruck gekommen ist: Im Englischen wird der syntaktische Status eines Arguments vorrangig durch seinen aspektuellen Status determiniert. Je komplexer das Ereignis, umso klarer wird den beteiligten Argumenten ein unterschiedlicher aspektueller (und damit auch syntaktischer) Status zugewiesen.

4.2.2.3 Bewertung: Einschätzung von Vor- und Nachteilen Der hier skizzierte Vermittlungsansatz integriert Elemente aus den diskutierten Modellen unter dem Leitgedanken der hierarchischen Ordnung von SAS-bezogenen Vermittlungsregeln. Die Grundaussage der Unakkusativität-Hypothese von Perlmutter (1978), daß das syntaktische Verhalten eines Verbs weitgehend aus seiner semantischen Struktur zu erschließen ist, bleibt erhalten. Das Vorgehen wurde in der Anlage übernommen von Levin/Rappaport (1995a): Linking Rules werden fur einzelne Argumente formuliert, allerdings weitestgehend mit Bezug auf die SAS. Diese Herangehensweise entspricht der Stellung der SAS im Grammatikmodell. Regelkonflikte sind notwendig, um die Hierarchie von linking rules zu determinieren. Hier liegt ein Unterschied zu Levin/Rappaport, die zwar auch eine Rangfolge von Vermittlungsregeln annehmen, die aber ein Dominanzverhältnis nur dann festlegen, wenn es zu konfliktträchtigen Überlappungen kommt. Konfliktzonen entstehen in allen besprochenen Modellen, wenn aspektuelle und semantische Eigenschaften eines Arguments nicht so kombiniert sind, wie man es von den Argumenten in einem prototypischen Ereignis (intentional handelnder AGENT bewirkt Veränderung bei unbelebtem PATIENT) erwartet. Während Dowty ( 1 9 9 1 ) die Abweichung von einem prototypischen Ereignis in den Mittelpunkt seiner Argumentation stellt, sind in den anderen Modellen Konfliktfälle eher technisch zu erklären: Regeln mit gegensätzlichen Anforderungen beziehen sich auf dasselbe Argument, oder Einstufungen auf zwei hierarchischen Skalen korrespondieren nicht miteinander. In Dowtys Modell werden semantische und aspektuelle Faktoren addiert, im OT-Modell werden sie gewichtet. Die stabilste Situation ergibt sich bei Dowty dann, wenn es keinen Regelkonflikt für ein Argument gibt. Diese Situation ist im OT-Modell die Ausnahme. Auch im OT-Rahmen kann man eine Aussage über typische und weniger typische externe und interne Argumente und damit über Verben mit "stabiler" und mit "instabiler" Ar-

145 gumentstruktur (aus sprach vergleichender Perspektive) zu machen: Ein prototypisches externes Argument wird durch mehrere Vermittlungsregeln, die sich nicht widersprechen, erfaßt. Wird ein Argument nur durch eine Vermittlungsregel zum externen Argument bestimmt, ist es weniger wahrscheinlich, daß das Argument in einer anderen Sprache mit einem anderen ranking der Restriktionen ebenfalls extern ist, als wenn es aufgrund mehrerer Vermittlungsregeln zum externen Argument wird. Das hier skizzierte Modell ist allerdings nicht in der Lage, für eine Einzelsprache eine konkrete Aussage über den Status nicht-prototypischer Argumente zu machen. Der OT-Rahmen gibt nicht die Interpretation her, daß ein Argument, das von mehreren Vermittlungsregeln erfaßt wird und von diesen z.B. übereinstimmend zum externen Argument bestimmt wird, im Sprachvergleich ein stabiles Argument sein sollte. Denn bei der OT wird der grammatische Status nicht durch die Summe aller Einzeleinstufungen determiniert, sondern durch das Abschneiden hinsichtlich des höchsten constraint. Am Ansatz von Grimshaw (1990) war zu kritisieren, daß sie von vorgegebenen aspektuellen und thematischen Rollen ausgeht, die sie nicht weiter diskutiert, was schon allein deshalb ein Problem ist, weil Θ-Rollen traditionellerweise auch über aspektuelle Merkmale definiert werden. Der hier vorgestellte Ansatz definiert Vermittlungsregeln weitgehend mit Bezug auf SAS-Muster und beschränkt sich auf eine semantisch orientierte Regel (CONTROL-RULE). Weitere Regeln können ergänzt werden, wenn es notwendig sein sollte (z.B. könnte es sich erweisen, daß "movement" im physischen Sinne eine besondere Kategorie ist, wie Levin/Rappaport (1995a) meinen). Anders als bei Grimshaw kann der Status einzelner Argumente ohne Blick auf die anderen Argumente ermittelt werden. Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß man es auch bei einstelligen Verben anwenden kann; ein Nachteil könnte sein, daß so verloren geht, daß Verben mit nur einem Argument eher instabile Argumentstrukturen haben, weil sie kein aspektuell asymmetrisches Ereignis ausdrücken, bei dem ein erstes Argument eine Veränderung bei einem zweiten bewirkt. Ein weiterer Vorteil gegenüber Grimshaws Prominenzkriterium liegt darin, daß der Ausgang einer Konfliktsituation nicht von vornherein feststeht: Konnten Verben, bei denen sich die Einstufungslinien überkreuzten, bei Grimshaw kein externes Argument haben, so hängt der Ausgang einer Konfliktsituation hier davon ab, welche Vermittlungsregel dominant ist. Das fragliche Argument kann also prinzipiell extern oder intern sein. Argumente, bei denen sich Vermittlungsregeln widersprechen, bergen das Potential für Variation im Sprachvergleich, während für Argumente, bei denen es zu keiner Konfliktsituation kommt, das ranking in einer Einzelsprache unerheblich ist. Die Aussage von Dowtys Argument Selection Principle bleibt damit im Kern erhalten. Die Beschränkung auf wenige Regeln und nur ein übergeordnetes Strukturprinzip (Identifizierung von Teilereignissen) läßt natürlich manche Fragen offen. Intensiver müßte man sich z.B. mit der grundlegenden Frage beschäftigen, wann ein zweites Teilereignis durch ein einziges Argument identifiziert werden kann und wann nicht. Klar liegt der Fall bei Verben wie put, die zwei Variablen im BECOME-Ereignis enthalten. Diese müssen unabhängig vom Identifikationsprinzip gesättigt werden. Bei aspektuellen Komplementen gibt es jedoch in der Regel zwei Möglichkeiten: Entweder MEASURE- und DELIMITORArgument werden als zwei separate Konstituenten realisiert (work oneself to the top), oder eine einzige DP übt beide Funktionen aus (cognate object). Die zweite Möglichkeit bedingt, daß die DP als direktes Maß-Argument (INCREMENTAL THEME) interpretiert werden kann. Als solches hat es offenbar Vorrang vor dem DELIMITOR-Argument, wenn es um die

146 Identifizierung eines BECOME-Ereignisses geht. Die oben formulierten Regeln fur BECOMEEreignisse treten jedoch nicht in Konkurrenz zueinander, da zwei interne Argumente möglich sind. Daher wurde der Status der DELIMITOR-RULE nicht weiter untersucht. Möglicherweise ist sie gar nicht notwendig (die entsprechenden Argumente würden unter die DEFAULT-RULE fallen). Wenngleich gegen den Ansatz Tennys argumentiert wurde, das ΘRaster durch ein Aspekt-Raster zu ersetzen, so kommt man wohl nicht umhin, die aspektuellen Funktionen Ausmessen und Begrenzen in das ¿inAmg-Modell zu integrieren und diese in linking rules umzusetzen. Das Verhalten der Bewegungsverben zeigt, daß nicht jedes Maß-Argument das erste Argument von BECOME ist und umgekehrt (vgl. Kap. 6.2). Ob der OT-Ansatz anderen ¿/«^/«g-Modellen überlegen ist, kann eine Ausdehnung auf verschiedene Verbklassen und verschiedene Sprachen erweisen. Z.B. wurden STATES und punktuelle ACHIEVEMENTS nicht diskutiert; bei den Bewegungsverben müßte man die Diskussion ausdehnen auf Fälle, bei denen die CONTROL-RULE nicht greift. Das ranking der Vermittlungsregeln ist die Ausprägung einer Linking-Theorie in einer Einzelsprache. Gleichzeitig wird das Spektrum der möglichen Variation determiniert. Es wäre zu untersuchen, ob es z.B. Sprachen gibt, in denen die CONTROL-RULE die CAUSER-RULE dominiert (dann wäre bei Verben wie frighten, entertain der EXPERIENCER das externe Argument). Prinzipiell denkbar ist auch, daß eine DEFAULT-RULE alle anderen Regeln dominiert (dann gäbe es nur interne Verben). Ebensowenig wie in der klassischen GB-Theorie der Anspruch besteht, daß jede denkbare Kombination von Parameter-Fixierungen durch eine natürliche Sprache belegt sein muß, sollte man von der Optimality Theory erwarten, daß jedes ihrer rankings durch eine Einzelsprache bestätigt wird. In beiden Fällen ist die Variation nicht unendlich. Abschließend bleibt festzuhalten: Wenn die Argumentstrukturen in einer Einzelsprache durch eine Hierarchieabfolge von Vermittlungsregeln zu erklären sind und wenn (vermeintliche) Konfliktfälle im Sprachvergleich tatsächlich auf das unterschiedliche ranking dieser Regeln zurückgeführt werden können, ist der hier skizzierte Ansatz bestätigt. Das heißt nicht, daß es nicht wünschenswert wäre, einzelne Vermittlungsregeln klarer zur formulieren bzw. zu ergänzen. Im besonderen gilt das für die Regeln, die nicht Bezug auf die strukturelle semantische Repräsentation nehmen. Z.B. ist mit einem tendenziell unscharfen Begriff von "Kontrolle" gearbeitet worden. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob die semantischen Kategorien, die für die Vermittlung von Argumenten relevant sind, nicht ohnehin "fuzzy" sind, wie Dowty (1991) meint. Wenn aspektuelle und semantische Kategorien in gleicher Weise organisiert wären, wäre das zwar ökonomisch und elegant - theoretisch zwingend ist es jedoch nicht. Das gleiche gilt natürlich auch für den OT-Ansatz als solchen: Fraglos wäre es wünschenswert, mit einem einzigen Organisationsmodell die Strukturprinzipien verschiedener sprachlichen Ebenen zu erfassen. Dies ist einer der Leitgedanken der GB-Theorie. Ebensogut ist jedoch denkbar, daß jeder dieser Bereiche unterschiedliche Organisationsprinzipien hat, die nur über ein beschränktes "shared vocabulary" (DiSciullo/Williams 1987) für einander zugänglich sind.

5 Aspektuelle Alternationen

Verbalternationen sind produktive Muster der elastischen Verwendung von Verben, vor allem im Hinblick auf die Realisierung von Argumenten. Zu den bekanntesten Transitivitätsalternationen - "diathesis alternations that involve a change in a verb's transitivity" (Levin 1993:2) - gehören im Englischen z.B. die Passivierung (la), die Double ObjectKonstruktion ( l b ) sowie die Lokativ-Alternation (lc). ( l a ) They left the car in the garage./The car was left in the garage. ( l b ) She sent a letter to him./She sent him a letter. ( 1 c) They sprayed water on the plants./They sprayed the plants with water.

Die im folgenden zu untersuchenden Alternationen, die Resultativ-Konstruktion (2a) und die Kausativ-Alternation (2b), könnten ebenfalls unter den Begriff der Transitivitätsalternation subsumiert werden. Hier sollen sie jedoch als "aspektuelle Alternationen" bezeichnet werden, weil bei ihnen im Kontrast zu den Alternationen in (1) die Veränderung in der Realisierung von Argumenten mit einer aspektuellen Verschiebung einhergeht. (2a) (2b)

She screamed./She screamed herself hoarse. They dried the leaves./The leaves dried.

Aspektuelle Alternationen sind damit geeignet, die Zusammenhänge zwischen semantischaspektuellen Strukturmustern einerseits und dem erweiterten syntaktischen Potential andererseits zu untersuchen. Die Kompositionsprinzipien, die in Lexikon und Syntax wirken und die es z.B. ermöglichen, daß man das lexikalische Ereignismuster ACCOMPLISHMENT syntaktisch nachbilden kann (durch ein aspektuelles Komplement), werden als formulierbar angenommen, sie werden jedoch hier nicht eingehend diskutiert.' Aus dem Bereich der aspektuellen Alternationen werden die Resultativ-Konstruktion und die Kausativ-Alternation gewählt, weil beide Konstruktionen im Englischen sehr produktiv sind und daher häufig den Gegenstand syntaktischer Analysen bilden. Sie erfordern es, die hier angenommene SAS-orientierte Analyse in Einklang mit den Erkenntnissen der Syntaxforschung zu bringen, und können somit in besonderem Maße zur Überprüfung der Vermittlungsregeln beitragen. Außerdem erfordern sie die Betrachtung aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln: Bei der Resultativ-Konstruktion handelt es sich um eine expandierende Konstruktion, bei der das Verb mehr Komplemente hat, als die Argumentstruktur erwarten läßt, während die Kausativ-Alternation eine reduzierende Konstruktion ist, bei der ein lexikalisch lizensiertes Argument nicht realisiert wird. Die "Elastizität" von Verben läßt sich somit in verschiedene Richtungen überprüfen.

1

S. z.B. Levin/Rapoport (1988) zur Formulierung einer Regel "Lexical Subordination" fur die Einführung eines abstrakten Prädikats sowie Stiebeis (1996) zur Argumenterweiterung durch Präfixe und Wunderlich (1997a) zur Annahme einer allgemeinen Regel "Argument Extension" auf der Ebene der Semantischen Form.

148 5.1 Die Resultativ-Konstruktion

5.1.1 Charakterisierung und Abgrenzung Levin/Rappaport (1995a) charakterisieren die Resultativ-Konstruktion über den zentralen Bestandteil, das resultative Prädikat: "A resultative phrase is an XP that denotes the state achieved by the referent of the NP it is predicated of as a result of the action denoted by the verb in the resultative construction." (Levin/Rappaport 1995a:34)

Resultativ-Konstruktionen sind per definitionem telische Ereignisse, bei denen der Endzustand immer explizit ausgedrückt wird. In der Resultativ-Konstruktion wird ein homomorphes dynamisches Ereignis zu einem telischen Ereignis, dessen Endpunkt im Erreichen eines neuen Zustande liegt, der in Form einer XP (das resultative Prädikat) syntaktisch ausgedrückt wird. Beispielhaft sind die Sätze in (3): (3a) (3b) (3c)

The girls ran their sneakers threadbare (within a week) The children laughed themselves into a frenzy. The tulips were watered flat.

Zu einer Resultativ-Konstruktion gehören demnach immer das resultative Prädikat (realisiert als AP oder als DP innerhalb einer PP) und eine DP als "host of predication" (Jackendoff), die der Zustandsänderung unterliegt. Ereignisse, die auch ohne das resultative Prädikat bereits telisch sind, werden hier nicht zu den echten Resultativ-Konstruktionen gerechnet. Sätze wie in (4a/b), bei denen das Prädikat lediglich eine Ausbuchstabierung eines lexikalisch verankerten Endpunkts ist, werden hier als "Pseudo-ResultativKonstruktion" bezeichnet. (4a) (4b)

They cut the mushrooms into thin slices. The lake froze solid.

In Pseudo-Resultativ-Konstruktionen muß das Prädikat als Konkretisierung des inkorporierten Endzustands verstanden werden können. (4c) ist ungrammatisch in der ResultativLesart, weil der Endpunkt des Ereignisses bei arrive im Erreichen eines Ortes liegt und nicht im Erreichen eines Zustands, der durch breathless konkretisiert werden kann. In diesem Punkt sind Pseudo-Resultativ-Konstruktionen vergleichbar mit anderen Ausbuchstabierungen semantisch inkorporierter Information, wie z.B. in (4d): Cut bedingt den Gebrauch eines scharfkantigen Instruments, und ein Pinsel kommt fur diese Art von Instrument nicht in Frage. (4c) (4d)

He arrived breathless. (*resultative reading) *He cut the paper with a brush.

Die Grammatikalitätsverteilung in den folgenden Beispielen illustriert, daß resultative Prädikate sich nicht auf D-Struktur-Subjekte oder in PPs eingebettete postverbale DPs beziehen können: In (5a) ist nur ein Prädikat möglich, daß mit dem Objekt kompatibel ist, in (5b) kann der Satz nur dann resultativ interpretiert werden, wenn ein postverbales reflexives Element eingefügt wird, in (5c) verhindert die Einbettung in eine PP die resultative

149 Lesart, und in (5d) kann sich das Prädikat auf das Subjekt beziehen, weil dieses mit einer postverbalen Spur koindiziert ist. (5a) (5b) (5c) (5d)

She¡ ran her Nikes k threadbare k /*tired¡. Shej ran *(herself¡) tired¡. The smith pounded (*on) the metal¡ flat¡. The metal; was pounded t¡ flatj.

Für die DP, die in der Resultativ-Konstruktion der Zustandsänderung unterliegt, nehmen Levin/Rappaport (1995a) an, daß sie in einer von V regierten Position generiert werden muß (Direct Object Restriction). "The basic insight that emerges from work on the resultative construction is that a resultative phrase may be predicated of the immediately postverbal NP, but may not be predicated of a subject or of an oblique complement. We call this generalization the Direct Object Restriction." (Levin/Rappaport 1995a:34)

Wenn die postverbale DP in Resultativ-Konstruktionen immer in der Komplementposition stehen müßte, wäre die Resultativ-Konstruktion ein gutes Testverfahren für die syntaktische Klasse des Verbs. Kann sich das resultative Prädikat auf das Subjekt beziehen, muß dieses, wie in der Passiv-Konstruktion in (6a), in der Objektposition generiert worden sein. Die Ungrammatikalität in (6b) ist demnach ein Indikator dafür, daß talk ein unergatives Verb ist. Daß (6c) grammatisch ist, weist darauf hin, daß es sich bei der "intransitiven" Verwendung von freeze um ein internes Verb handelt - vorausgesetzt, für das Prädikat in Pseudo-Resultativ-Konstruktionen gilt die gleiche strukturelle Bedingung. Dafür spricht, daß sich in (6d) das resultative Prädikat ebenso wie bei echten Resultativ-Konstruktionen nur auf das Objekt beziehen kann. (6a) (6b) (6c) (6d)

The metal was pounded flat. *She talked tired. The river froze solid. They froze the lake solid/*happy.

Über diese Restriktionen hinsichtlich der Position der prädikatisierten DP hinaus ergeben sich aus der semantisch-aspektuellen Funktion von Resultativ-Konstruktionen auch Anforderungen an das Verb: Wenn Resultativ-Konstruktionen einen inhärenten Endpunkt setzen, muß ein dynamisches Verb vorliegen, denn statische Ereignisse können nicht unmittelbar telisiert werden. Der folgende Satz kann also nicht so interpretiert werden, daß die Wohnung abgenutzt oder berühmt ist, weil sie im Besitz von Jodie Foster war. (7)

*Jodie Foster owned this flat shabby/famous.

Es ist daher zu erwarten, daß im Normalfall ACTIVITIES den Kern von Resultativ-Konstruktionen bilden, da diese einerseits dynamische Ereignisse bilden und andererseits nicht bereits inhärent für einen Endpunkt spezifiziert sind. Die Resultativ-Konstruktion darf nicht verwechselt werden mit "depictive predicates" wie in (8a), die Aarts (1992:49) einprägsam als "meat-eating construction" bezeichnet. (8a) (8b) (8c)

John k ate the meat¡ raw¡/naked k . Bill cooked the meat dry unsalted/*unsalted dry. * Bill cooked the meat dry black.

150

Zum einen können sich depiktive Prädikate auf das Subjekt oder das Objekt beziehen (s. (8a)), zum anderen drückt das depiktive Prädikat in (8a) keinen Endzustand aus, der sich aus dem Ereignis ergibt. Weder ist das Fleisch als Ergebnis des Essens roh, noch ist John als Ergebnis des Fleischessens nackt. Aarts (1992:59) paraphrasiert Satz (8a) mit "John ate the meat while it was raw", d.h. "raw does not express a result, but rather a cirumstance". Schließlich können depiktive und resultative Prädikate zusammen auftreten (wobei die Reihenfolge nicht beliebig ist, s. (8b)), während zwei verschiedene resultative Prädikate einander ausschließen, s. (8c). Depiktive Prädikate kommen bei allen Arten von Verben vor (vgl. Rapoport (1993)); sie sind kein Indikator fur die Klassifizierung von Verben und werden im folgenden nicht weiter diskutiert. Resultativ-Konstruktionen im oben definierten Sinne können mit unergativen wie mit transitiven Verben gebildet werden. Resultativ-Konstruktionen mit transitiven Verben sind dadurch gekennzeichnet, daß sie auch ohne das resultative Prädikat grammatisch sind, weil die postverbale DP dem internen Argument des Verbs entspricht. Allerdings entfallt ohne das Prädikat die resultative Lesart. (9a) (9b)

She ran herself * (tired). /It took half an hour to run herself * (tired). He watered the tulips (flat)./He watered the tulips *(flat) in two days.

Kann ein transitives Verb grundsätzlich als ACTIVITY oder ACCOMPLISHMENT konstruiert werden, so ist in der Resultativ-Konstruktion nur noch die telische Lesart möglich. (9c) (9d)

The waiter wiped the table dry (in/* for five minutes). The gardner wiped the table (in/for five minutes).

Bei intransitiven Resultativ-Konstruktionen ist die postverbale DP kein Argument des Verbs. Das Spektrum der DPs, die hier möglich sind, ist kleiner als bei transitiven Resultativ-Konstruktionen. Die postverbale DP wird hier nicht vom Verb selegiert, sondern vom Prädikat. Cognate objects kommen nicht als Prädikatsgegenstand in Frage. Fassen wir zusammen: Die Resultativ-Konstruktion nimmt im Englischen in der Regel die Form [DP-V-DP-AP/PP] an. Sie ist durch eine strukturelle Anforderung und die SAS des beteiligten Verbs zu charakterisieren: Die resultative Lesart ist nur möglich, wenn es eine von V regierte DP gibt, auf die sich das resultative Prädikat beziehen kann. Diese DP fungiert in aspektueller Hinsicht als Maß-Argument und muß kein thematisches Argument des Verbs sein. Diejenigen Resultativ-Konstruktionen, bei denen die PrädikatsgegenstandDP ein θ-markiertes Argument ist, werden hier unter der Bezeichnung "transitive Resultativ-Konstruktionen" zusammengefaßt; diejenigen, bei denen die postverbale DP nicht von V s-selegiert wird, werden als "intransitive Resultativ-Konstruktionen" bezeichnet. Bei unergativen Verben tritt in der Resultativ-Konstruktion als postverbale DP häufig ein reflexives Element auf. Für die SAS der Verben, die in Resultativ-Konstruktionen stehen, gilt, daß es sich nicht um STATES handeln kann, weil diese nicht telisierbar sind. Bei ACTIVITIES bewirkt die Resultativ-Konstruktion eine aspektuelle Verschiebung zu einem telischen Ereignis, während sie bei inhärent telischen Ereignissen (ACCOMPLISHMENTS, ACHIEVEMENTS) den lexikalisch inkorporierten Endpunkt präzisiert. Aus diesem Grund werden hier zwei Typen von Resultativ-Konstruktionen unterschieden, und nur die Konstruktionen mit ACTIVITIES gelten als echte Resultativ-Konstruktionen. Aus der unterschiedlichen Lizensierung der resultativen Prädikate ergeben sich unterschiedliche Restriktionen für die semantische Kategorie des Prädikats.

151 5.1.2 Syntaktische Analyse Will man die Resultativ-Konstruktion als Test für eine bestimmte syntaktische Konfiguration nutzen, muß vor allem der syntaktische Status der postverbalen DP geklärt werden. Die von Levin/Rappaport (1995a) gewählte Bezeichnung Direct Object Restriction soll nicht über die Möglichkeit hinwegtäuschen, daß die postverbale DP das Subjekt eines small clause sein kann. Ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, daß "intransitive", "transitive" und "Pseudo"-Resultativ-Konstruktionen unterschiedliche syntaktische Strukturen haben. Nicht einheitlich ist z.B. der semantische Status der postverbalen DP: Bei intransitiven Resultativ-Konstruktionen wird keine der beiden typischen Konstituenten vom Verb Θmarkiert, bei den transitiven und den Pseudo-Resultativ-Konstruktionen ist die DP ein Argument des Verbs. Unterschiede ergeben sich auch für den Status des Prädikats: Bei intransitiven und transitiven Resultativ-Konstruktionen liegt eine Form der aspektuellen Verschiebung vor, während bei Pseudo-Resultativ-Konstruktionen etwas konkretisiert wird, das ohnehin Bestandteil der Verbsemantik ist. Dennoch könnte natürlich in allen drei Fällen die gleiche syntaktische Struktur vorliegen. Carrier/Randall (1992) diskutieren ausführlich drei verschiedene Möglichkeiten, Resultativ-Konstruktion zu analysieren. Diese unterscheiden sich vor allem in den Fragen, ob die postverbale DP und das resultative Prädikat eine Konstituente mit Satzstatus (small clause) bilden und ob transitive und intransitive Resultativ-Konstruktionen die gleiche Struktur aufweisen. Ausgangspunkt für die Small C/aiwe-Analyse ist nicht die Argumentstruktur des Verbs oder die aspektuelle Struktur der Resultativ-Konstruktion, sondern die Beziehung zwischen der postverbalen DP und dem resultativen Prädikat. Was sich wie ein Subjekt verhält, sollte auch ein strukturelles Subjekt sein, also in einer Spezifizierer-Position einer Konstituente mit Satzstatus stehen. "The argumentation runs as follows: if we can show that the [NP XP] string forms a unit [...] where there is a subject-predicate relation between the postverbal NP and XP, then that unit is necessarily a clause." (Aarts 1992:37) Diese Konstituente mit Satzstatus kann in den zu diskutierenden Fällen nur ein small clause sein, "a clausal structure lacking INFL and the copula" (Chomsky 1981:107). In der GB-Theorie hat sich der SC-Ansatz als Standard für die Abbildung von Subjekt-PrädikatRelationen durchgesetzt. Es besteht die Tendenz, morphosyntaktische Relationen zwischen zwei Elementen in einer funktionalen Projektion zu lokalisieren, deren Kopf das Element ist, das die Relation sichtbar realisiert. Im Fall des SC kann man zeigen, daß zwischen Subjekt und Prädikat Kongruenz besteht (They called him a liar/*liars). Diese wird durch ein Merkmal [+AGR] lokalisiert, das in den Stand eines syntaktischen Kopfes erhoben wird. Small clauses werden demnach als AGR-Phrasen analysiert. Eine Alternative zum Small Clause-Ansatz bietet die Prädikationstheorie von Williams (1983), der an der SC-Analyse das "ruling motto [...]: 'All subjects are structural subjects" kritisiert (Williams 1983:289). Für ihn ist die Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat "simply another case of theta role assignment" (Williams 1994:37). Zwar nimmt auch Williams an, daß sich das Subjekt in einer bestimmten syntaktischen Position befinden muß, aber bei ihm wird diese Position relativ zum Prädikat festgelegt, sie wird nicht als [Spec, XP] vorgegeben. Innerhalb dieses Ansatzes kann die postverbale DP ein Komplement von V sein und gleichzeitig das externe Argument bzw. Subjekt zum resultativen Prädikat, da

152 es sich um zwei verschiedene "argument complexes" handelt und das Θ-Kriterium auf jeweils einen Argumentkomplex beschränkt wird, vgl. Napoli (1989:73): "If an XP receives a theta role from two non-intersecting sources, then it must be the subject role player of at least one of those sources." Im Rahmen dieser beiden Ansätze diskutieren Carrier/Randall (1992) mehrere gängige Analysen für die Resultativ-Konstruktion. (a) Binary Small Clause-Analyse (BSC): In diesem Modell, vertreten z.B. von Hoekstra (1988), bilden Prädikatsgegenstand ("Subjekt") und das resultative Prädikat einen small clause, der ein Komplement des Verbs ist. Im Vordergrund der Betrachtung steht das Satzprinzip (Prädikation gibt es nur zwischen strukturellem Subjekt und einem Prädikat) und nicht die aspektuelle Struktur der Resultativ-Konstruktion bzw. die Selegierung ihrer Bestandteile. Nach dieser Analyse gibt es keinen Unterschied zwischen Resultativ-Konstruktionen und anderen SC-Komplementen wie z.B. nach believe und consider. (10a) They pounded s c [ t h e dough flat]. (10b) She shouted S c [herself hoarse].

Diese Analyse ist immer dann problematisch, wenn sich einer der beiden Bestandteile der Resultativ-Konstruktion wie ein Komplement oder Argument des Verbs verhält, weil weder die DP noch die PP/AP von V selegiert werden können. (b) Hybrid Small Clause-Analyse (HSC): Diese Analyse, die Levin/Rappaport (1995a) nicht ausschließen wollen, verbindet den SC-Ansatz mit Überlegungen hinsichtlich der Argumentstruktur der beteiligten Verben. Es wird angenommen, daß der resultative SC zusätzlich zu den ohnehin vorkommenden Komplementen auftritt. Handelt es sich also um eine transitive Resultativ-Konstruktion, liegen zwei Komplemente vor, DP und SC, und als Subjekt des SC muß ein PRO angenommen werden; liegt eine intransitive Resultativ-Konstruktion vor, hat das Verb nur ein Komplement, nämlich den resultativen SC. (10a') They pounded D P [the dough]¡ s c [ P R O ¡ flat]. (10b1) She shouted s c [herself¡ hoarse¡], (= identisch mit (10b))

An dieser Analyse ist problematisch, daß bei den transitiven Verben ein PRO die Subjektposition eines SC im Rektionsbereich von V belegt. Darüber hinaus müßte erklärt werden, weshalb bei unergativen Verben kein resultativer SC mit PRO in der Subjektposition möglich ist ("She shouted PRO hoarse). (c) Ternary Branching-Analyse (TB): Diese Analyse, für die sich Carrier/Randall (1992) aussprechen, ist nicht satzorientiert und geht von der Prädikation nach Williams (1983) aus. DP und XP bilden hier keine Konstituente mit Satzstatus, innerhalb der die SubjektPrädikat-Relation etabliert wird, sondern sind jeweils Komplemente von V. Damit ist diese Analyse der Gegenpol zur BSC-Analyse. (10a") They pounded D P [the dough]¡ ^ [ f l a t j j . (10b") She shouted DP [herself]¡ ^[hoarse]).

Problematisch ist hier, daß diese Analyse mit einigen zentralen Annahmen der GB-Theorie (Komplement = Argument, eindeutige Interpretation durch binary branching) nicht kompatibel ist. (d) Zu ergänzen ist eine weitere Analyse, die im Rahmen von Chomsky (1995) als Standard anzusehen ist, nämlich die VP Shell-Analyse, bei der durch eine zusätzliche verbale Projektion eines kausativen light verb ("vp") mehr Argumentpositionen zur Verfügung

153 stehen, so daß es möglich ist, ternäre Verzweigungen zu vermeiden, ohne daß man deswegen annehmen muß, daß DP und AP eine Konstituente bilden. ( 10a'") Theyj ^[tj poundedk VP [the dough tk Ap[flat]] (10b'")Shej ypftj shoutedk VP [herself tk ^[hoarse]]

Diese Analyse, vertreten z.B. von Ritter/Rosen (1998), wird im folgenden ausgeblendet, weil die hier etablierten Testverfahren nicht geeignet sind, eine Aussage darüber zu machen, ob es sinnvoll ist, SAS-Prädikate als syntaktische Köpfe umzusetzen. Wenden wir uns damit der Diskussion der Daten zu. Simple Konstituententests, wie Ersetzen und Verschieben, können nicht angewendet werden, da die fraglichen Konstituenten bestenfalls aspektuelle Argumente sind und als solche in ihrer syntaktischen Beweglichkeit stärker eingeschränkt sind als "echte" Argumente (vgl. Kap. 3.1.3.4). Ein Argument für die SC-Analyse ist die (vermeintliche) Parallelität von Resultativ-Konstruktionen und Sätzen wie in (1 la/b). (IIa) She considered him (to be) foolish, ( l i b ) I cannot imagine you (to be) in the show.

Stowell (1981:257f.) weist daraufhin, daß in den erweiterten Sätzen in (1 la/b) die postverbale DP eindeutig als Subjekt des Satzes fungiere und ihre Θ-Rolle innerhalb des eingebetteten Satzes (und nicht vom Matrixverb) zugewiesen bekomme. Diese Erweiterung ist bei Resultativ-Konstruktionen jedoch nicht möglich, wie die Beispiele (1 lc/d) zeigen. (11c) They hammered the metal (*to be/*to become/*to get) flat. (1 Id) They laughed themselves (*to be/*to become/*to get) into/in a frenzy.

Wenn die postverbale DP und das Prädikat eine gemeinsame Konstituente bilden, ist es ausgeschlossen, daß die DP vom Verb s-selegiert wird. Dies scheint jedoch bei transitiven Resultativ-Konstruktionen der Fall zu sein, wie Carrier/Randall (1992) nachweisen: Selbst wenn die Realisierung des Objekts optional ist, wird die Resultativ-Konstruktion immer so interpretiert, daß das Objekt unmittelbar vom Verb θ-markiert wird, s. (12b). (12a) The gardener watered (the tulips). (12b) The gardner watered the tulips flat. => The gardner watered the tulips. As a consequence, the tulips became flat. The gardner watered something. As a consequence, the tulips became flat.

Daß die postverbale DP in transitiven Resultativ-Konstruktionen von V s-selegiert wird, wird auch dadurch dokumentiert, daß sowohl bei Pseudo- als auch bei echten ResultativKonstruktionen für diese DP die gleichen Selektionsrestriktionen gelten wie für das interne Argument des Verbs, s. die Beispiele in (13). 2 (13a) The bears frightened the hikers speechless/*the campground empty. (13b) The bears frightened the hikers/*the campground.

2

Allerdings weist Wunderlich (1997a:122ff.) - mit Bezug auf Kaufmann (1995) - darauf hin, daß diese Art des "argument sharing" nur typisch für das Englische ist (*Die Bären erschreckten die Wanderer sprachlos/aus dem Wald). Er nimmt deshalb an, daß bei der lexikalischen Operation der Argumenterweiterung in der Semantischen Form spezifiziert werden muß, ob das neu eingeführte Argument identisch mit dem bereits vorhandenen Argument sein kann/muß.

154 Die BSC-Analyse wird dieser Interpretation der postverbalen DP als Argument des Verbs nicht gerecht. Sie scheidet damit für transitive Verben aus. Anders liegt der Fall bei intransitiven Resultativ-Konstruktionen. Hier kann die postverbale DP nicht als Argument von V interpretiert werden, was Hoekstra (1988:116) als Argument gegen die TB-Analyse und für die SC-Analyse wertet ("There is no sensible semantic relationship between the verb and the NP following in these examples"). Im Zusammenhang mit der Diskussion von cognate objects ist bereits darauf hingewiesen worden, daß die Auswahl für nicht thematisch lizensierte Elemente in Argumentpositionen stark eingeschränkt ist. So kann in intransitiven Resultativ-Konstruktionen in der Regel kein Argument eingeführt werden, das nicht typischerweise an dem Ereignis, das das Verb ausdrückt, beteiligt ist. (14a) She sneezed her handkerchief s o g g y / * h e r mother ill. ( 1 4 b ) She ran her sneakers threadbare/*her trainer happy.

Häufig ist bei intransitiven Resultativ-Konstruktionen die postverbale DP eine mit dem Subjekt koreferente Anapher. Auch die X's Way-Konstruktion kann als eine Form der reflexiven Resultativ-Konstruktion gelten. In dieser Konstruktion kann nahezu jedes ACTIVITY-Verb als Verb der Bewegungsart konstruiert werden. Dabei ist "X" immer koreferent mit dem Subjekt. 3 ( 1 4 c ) They talked themselves hoarse/their way into the committee/*his w a y into the committee. ( 1 4 d ) W e will dance ourselves dizzy/our w a y to the stage/*their w a y home.

Allein die HSC-Analyse weist der postverbalen DP in intransitiven und transitiven Resultativ-Konstruktionen einen unterschiedlichen syntaktischen Status zu. Allerdings ist zur Verteidigung der TB-Analyse anzumerken, daß diese gerade nicht von einem 1:1 -Verhältnis zwischen syntaktischer Position und Interpretation als Argument ausgeht. Bei transitiven Resultativ-Konstruktionen kann die DP als (internes) Argument von V und gleichzeitig als (externes) Argument des resultativen Prädikats interpretiert werden, bei intransitiven Resultativ-Konstruktionen würde diese Doppel-Interpretation entfallen, weil das Verb keine direkte Θ-Rolle zuweist. Die postverbale DP würde allein vom Prädikat selegiert, und Einschränkungen in der Auswahl der DPs würden sich daraus ergeben, daß beide Konstituenten, DP und AP, "nur" aspektuelle Argumente des Verbs wären. Gegen die BSC-Analyse sprechen weiterhin Daten aus dem Bereich der Kasustheorie. Bei Annahme einer SC-Analyse ist syntaktisch nicht zu erklären, weshalb intransitive Resultativ-Konstruktionen im [DP DP]-Format ungrammatisch sind, denn die zweite DP könnte, wie in (15a), über die AGR-Relation kasusmarkiert werden. Jedoch nimmt das Prädikat in Resultativ-Konstruktionen grundsätzlich nicht die Form einer DP an, weder bei transitiven noch bei intransitiven Resultativ-Konstruktionen, vgl. (15b/c): (15a) They considered him foolish/a fool. ( 1 5 b ) The smith pounded the metal into a flat surface/into four coins/flat/*a flat surface. ( 1 5 c ) H e drank himself consciousnessless/into a stupor/*a wreck.

3

Für eine ausfuhrliche Darstellung der Konstruktion s. Jackendoff ( 1 9 9 2 ) und Marantz ( 1 9 9 2 ) . Zur A n a l y s e der Konstruktion als Form der aspektuellen Komplementation s. Wanner ( 1 9 9 7 : 3 9 0 f f . ) . A u f Unterschiede z w i s c h e n der X's Goldberg ( 1 9 9 6 : 4 8 f f . ) hin.

Konstruktion und der Resultativ-Konstruktion weist u.a.

155

Carrier/Randall (1992:184) sind der Auffassung, daß DPs im wesentlichen aus semantischen Gründen nicht bzw. selten als Prädikat einer Resultativ-Konstruktion vorkommen; sie gestehen jedoch ein: "it is not clear what the precise formulation of the state restriction should be". Die Beispiele, die sie für Resultativ-Konstruktionen im Format [DP DP] angeben, sind fragwürdig (vgl. Wanner (1997:332f.)). Dabei spricht im Prinzip nichts dagegen, daß das Prädikat die Form einer DP annimmt. So ist bei Verben, die für eine ResultativKonstruktion subkategorisiert sind, ein DP-Prädikat durchaus möglich, vgl. Jackendoff (1990b:235). In (15d) liegen zwei postverbale DPs vor, die miteinander kongruieren. (15d) They made/elected her chairwoman of the conference.

Offenbar haben DPs durchaus das semantisch-aspektuelle Potential, als Prädikat einer Resultativ-Konstruktion zu fungieren. Daß sie in der nicht-lexikalischen Resultativ-Konstruktion nicht auftreten, kann als aufschlußreich für die syntaktische Analyse dieser Konstruktionen gewertet werden: Wenn ausgerechnet DPs in einer bestimmten Position nicht auftauchen, obwohl sie die Funktion, die mit dieser Position verbunden ist, durchaus ausüben könnten, ist dies oft darauf zurückzuführen, daß die entsprechende Position nicht kasusmarkiert wird. Daß DPs nicht als Prädikat in Resultativ-Konstruktionen vorkommen, kann demnach als Indikator dafür genommen werden, daß die Position, in der das resultative Prädikat steht, keine Kasusposition ist. In einem small clause wäre eine zweite DP kasus-lizensiert." Im Rahmen der TB-Analyse würde man so argumentieren, daß das Verb zwei DP-Komplemente hat, von denen es aber nur eins kasusmarkieren kann (gilt für transitive wie für intransitive Resultativ-Konstruktionen). Problematisch daran könnte sein, daß man nach dieser Argumentation Sätze wie (15a) nicht erwarten würde, denn für das Kasusverhalten des Verbs sollte es keinen Unterschied machen, ob die [DP DP]-Abfolge resultativ zu interpretieren ist oder nicht. Man könnte jedoch dahingehend argumentieren, daß consider (wie elect) ein satzwertiges Komplement s-selegiert, während die beiden postverbalen Konstituenten in Resultativ-Konstruktionen als aspektuelle Komplemente separat lizensiert wären. Weniger aussagekräftig sind die von Carrier/Randall diskutierten Daten aus dem Bereich der Wortbildung. Es ist bereits gezeigt worden, daß nur DPs, die als einziges Komplement von Verben vorkommen, das externe Argument von Passivadjektiven sein können (Sole Complement Generalization). Wenn die postverbale DP einer Resultativ-Konstruktion das externe Argument eines Passivadjektivs sein kann, ist dies ein Beweis gegen die BSCAnalyse, denn in dieser Analyse ist sie kein Komplement des Verbs. ( 16a) white-scrubbed tables (transitive) (16b) *run-thin pavement (intransitive)

Bei transitiven Resultativ-Konstruktionen ist die Externalisierung der postverbalen DP möglich, s. (16a), so daß diese Komplementstatus haben sollte (kompatibel mit der TBund der HSC-Analyse). Im Gegensatz dazu scheint es, als sei der intransitiven ResultativKonstruktion die BSC-Analyse angemessen, da hier die Externalisierung umgrammatisch ist, s. (16b). Allerdings darf man nicht außer acht lassen, daß pavement gar nicht als allei-

4

Einzig in der HSC-Analyse für transitive Verben weist das Verb Kasus an eine DP außerhalb des SC zu. Jedoch kommen auch in intransitiven Resultativ-Konstruktionen keine DP-Prädikate vor.

156 niges Komplement des Verbs run in Frage kommt, so daß auch gar nicht zu erwarten ist, daß sie das externe Argument eines Passivadjektivs sein kann. Die postverbale DP in Resultativ-Konstruktionen kann nicht als cognate object oder als direktes Maß-Objekt interpretiert werden und kann daher das Ereignis nicht allein telisieren. Außerdem ist einschränkend anzumerken, daß die Beispiele von Carrier/Randall nicht unumstritten sind. Jackendoff (1990b:236) bewertet Adjektiv-Komposita wie in (16a) als "at best marginal" und gibt zum Vergleich diverse ungrammatische Formen an (*washed-clean clothes, *watered-flat tulips, *hammered-round wire, *cooked-black stove), deren "less-thanperfect status" wiederum von Levin/Rappaport (1995a:44) auf den Head-Final Filter (Williams 1982) zurückgeführt wird, demzufolge der Kopf des Kompositums rechts stehen sollte. Durch Bildungen wie (16a), bei denen die korrekte Abfolge gewährleistet ist sehen sie zumindest als Tendenz die Ergebnisse von Carrier/Randall (1992) bestätigt: Passivadjektive von Verben der transitiven Resultativ-Konstruktion mögen nicht perfekt sein, Passivadjektive von Verben der intransitiven Resultativ-Konstruktion sind ausgeschlossen. Daraus folgt für sie, daß die postverbale DP in transitiven Resultativ-Konstruktionen ein Argument von V ist, in intransitiven hingegen nicht. Wenn auch die Testverfahren nicht in allen Fällen eindeutige Ergebnisse liefern, läßt sich doch sagen, daß bei transitiven und bei Pseudo-Resultativ-Konstruktionen die BSCAnalyse ausscheidet. Im folgenden soll untersucht werden, inwiefern ein genauerer Blick auf die aspektuelle Struktur der Konstruktion Argumente für oder gegen die verbleibenden Analysen liefern kann.

5.1.3 SAS-orientierte Analyse Die "echte" Resultativ-Konstruktion wird hier als Form der aspektuellen Verschiebung hin zu einem telischen Ereignis analysiert und wie bei Levin/Rappaport (1995a:62) als Indikator für die strukturelle Verwandtschaft von ACTIVITY und ACCOMPLISHMENT bewertet, wie sie auch durch ein cognate object erreicht werden kann. 5 Resultativ-Konstruktionen sind "syntaktische ACCOMPLIHSMENTS" und haben als solche das aspektuelle Muster in (17). (17)

[ [ x DO-STH ] CAUSE [y BECOME (AT) Z]]

Das externe Argument des Verbs (hier: x) identifiziert in dieser Konfiguration das verursachende Teilereignis und wird somit als CAUSER interpretiert. Der Endpunkt liegt im Erreichen des Zustands, den die AP bezeichnet. (18a) She pounded the metal (for three hours/* in an hour). (18b) She pounded the metal flat (in less than ten minutes).

5

Eine hier nicht diskutierte Form der aspektuellen Verschiebung mit Auswirkung auf die Komplementstruktur liegt im Bereich der Wortbildung: Auch durch ein A f f i x bzw. eine Partikel kann ein ACTIVITY-Verb telisiert werden (pray away a problem, ein Problem aussitzen). Eine Untersuchung dieser Formen würde u.a. der Frage nachgehen müssen, inwieweit man von einem aspektuellen Kopf in der Wort-Syntax sprechen kann. Zu einer umfassenden Analyse für das Deutsche s. Stiebeis (1996), zur Anwendung der Präfigierung mit out- (outrun, outlive) als Testverfahren für die Argumentstruktur s. Keyser/Roeper (1984).

157 Aber die AP kann das zweite Teilereignis nicht allein identifizieren. Als zweiter Bestandteil ist eine postverbale DP notwendig, die hier als Komplement des Verbs analysiert wurde. Die Direct Object Restriction läßt sich in Zusammenhang mit der Subjekt-PrädikatRelation bringen, wie sie für Resultativ-Konstruktionen kennzeichnend ist. Auch ein reflexives Element ist in dieser Weise zu analysieren. "On this analysis, the fake reflexive is not a pleonastic element introduced simply to ensure that in some narrow sense the DOR is satisfied. It functions as a 'subject' for the predicate heading the resultative phrase." (Levin/Rappaport 1995a:53)

Daß die postverbale DP als "subject role player" des Prädikats fungiert, erklärt zwar, daß Resultativ-Konstruktionen nur möglich sind, wenn eine solche DP vorhanden ist, aber es wird noch nicht klar, weshalb DP und AP überhaupt lizensiert sind. Als Komplement von V wird die DP durch die syntaktische Konfiguration [V DP PP/AP] als das Element interpretiert, das einem change unterliegt. Erst dadurch ergibt sich die telische Lesart in der Resultativ-Konstruktion. Im Rahmen der hier formulierten Vermittlungsprinzipien liegt die Funktion der DP darin, zusammen mit der AP ein zweites Teilereignis zu identifizieren. Die DP ist also in Resultativ-Konstruktionen wie im Fall der cognate objects ein aspektuelles Argument, mit dem Unterschied, daß sie nur eine aspektuelle Funktion ausübt, die des Ausmessens. Daß STATES von Resultativ-Konstruktionen in aller Regel ausgeschlossen sind, weist daraufhin, daß der Ereignistyp "delimited state" nicht möglich ist, zumindest kann er nicht kompositioneil gebildet werden, vgl. die Beispiele in (19), die in resultativer Lesart ungrammatisch sind: (19a) *She knew a recipe famous. (19b) *She knew her way into the Guinness book of records. ACTIVITIES sind die typischen Verben in Resultativ-Konstruktionen. Hinzugefugte Kom-

plemente werden als y oder ζ einer ACCOMPLISHMENT-Repräsentation wie in (17) interpretiert. In der Resultativ-Konstruktion wird y durch die DP und ζ durch die AP realisiert. Bei transitiven Verben ist typisch, daß als Maß-Argument unweigerlich das vorhandene interne Argument herangezogen wird. Durch die Ergänzung eines Endzustands wird die Θmarkierte DP zum Maß-Argument, an dem man das Voranschreiten des Ereignisses ablesen kann. ACTIVITIES sind nicht nur in aspektueller Hinsicht dehnbar. Levin/Rappaport (1995b) ¡Illustrieren die "elasticity of verb meaning" anhand des Kontaktverbs wipe, das je nach Semantik der postverbalen Elemente z.B. als verb of removing (wipe the crumbs off the table), verb of putting (wipe the crumbs into the sink), verb of change of state (wipe the slate clean) oder als verb of creation (wipe the crumbs into a pile) fungieren kann. In jedem Fall liegt jedoch das aspektuelle Muster eines ACCOMPLISHMENT vor. Bei ACTIVITIES mit einem Argument ist die aspektuelle Struktur die gleiche wie bei transitiven ACTIVITIES. Der Unterschied liegt im Status der postverbalen DP: Es muß eine DP vorliegen, die aufgrund ihrer strukturellen Position geeignet ist (a) als "Subjekt" mit dem Prädikat koindiziert zu werden, um (b) das Ereignis auszumessen. Da das Verb kein internes Argument hat, muß diese DP ergänzt werden. Die DP, die ergänzt wird, kann naturgemäß nicht von V θ-markiert werden und hat somit "nur" den Status eines aspektuellen Komplements. Das führt dazu, daß die Auswahl für diese DP begrenzt ist und daß die DP

158

syntaktisch weniger beweglich ist als die postverbale DP in transitiven ResultativKonstruktionen. Dieses Verhalten teilen die postverbalen DPs in intransitiven ResultativKonstruktionen mit anderen aspektuellen DP-Argumenten, z.B. den cognate objects (COs). Allerdings kommen in beiden Konstruktionen nicht die gleichen DPs vor, denn COs können aufgrund ihrer CREO-Lesart ein Ereignis gleichzeitig ausmessen und begrenzen. Das zweite Teilereignis des ACCOMPLISHMENT, [y BECOME (AT) ζ], ist dann als [y BECOME EXISTENT] zu interpretieren. Die Funktionen des Ausmessens und Begrenzens können, müssen aber nicht in einem Argument zusammenfallen, cos treten nicht zusammen mit einem resultativen Prädikat auf, während die DPs in intransitiven Resultativ-Konstruktionen nicht ohne das resultative Prädikat stehen können. (20a) S h e smiled her sardonic smile (*stupid). (20b) S h e laughed herself *(hoarse).

Auf die Frage, welche DPs als aspektuelle Komplemente, speziell in Resultativ-Konstruktionen, vorkommen, kann hier als Tendenz festgehalten werden, daß es sich oft um DPs handelt, die Objekte bezeichnen, die typischerweise bei dem ausgedrückten Ereignis involviert sind, oder um Anaphern, die durch das externe Argument gebunden werden, also keinen neuen Referenzwert erfordern. (21a) T h e kids laughed t h e m s e l v e s into tears./*The kids laughed their mother into tears. (21b) S h e sneezed the h a n d k e r c h i e f soggy./* She sneezed her b u d g i e dead.

Wenn man die Parallelen zwischen cognate objects und Resultativ-Konstruktionen auch syntaktisch erfassen möchte, gibt es zwei Möglichkeiten: So könnte man annehmen, daß ACTIVITIES immer durch ein zusätzliches Komplement telisiert werden können. Hat dieses die Form einer DP, ergibt sich die CREO-Lesart, wie sie bei COs vorliegt; hat es die Form eines small clause, liegt eine Resultativ-Konstruktion vor. Das zweite Teilereignis eines ACCOMPLISHMENT würde dann immer durch ein Argument identifiziert. Alternativ könnte man davon ausgehen, daß telische Ereignisse maximal zwei Komplementpositionen bereitstellen: eine für die DP, die einer Zustandsänderung im weiteren Sinne unterliegt, und die zweite für das Argument, das den Endpunkt determiniert. Werden diese beiden aspektuellen Funktionen von einem Argument ausgeübt, liegt ein INCREMENTAL THEME vor; werden sie auf zwei Argumente verteilt (von denen aus Kasusgründen nur eines eine DP sein kann), erhält man eine ternäre Struktur. Ein small clause wäre in dieser Analyse nicht als aspektuelles Komplement vorgesehen. Die zweite Variante ist mit den hier vorgeschlagenen Vermittlungsregeln kompatibel: In der Resultativ-Konstruktion gibt es immer ein Argument, das einem change unterliegt. Dieses Argument unterliegt der MEASURE-RULE und sollte als aspektuell lizensiertes internes Argument von V als DP-Komplement realisiert werden. Bei transitiven ACTIVITIES wird das interne Argument ohne Resultativ-Konstruktion von der DEFAULT-RULE erfaßt und bei Resultativ-Konstruktionen von der MEASURERULE. Bei allen diskutierten Vor- und Nachteilen wird hier daher die temäre Analyse für alle Resultativ-Konstruktionen angenommen. Bei ACCOMPLISHMENTS und ACHIEVEMENTS kann keine aspektuelle Verschiebung zu einem telischen Ereignis stattfinden. Daher wurden Beispiele wie (22a), die mit und ohne AP ein telisches Ereignis ausdrücken, als "Pseudo-Resultativ-Konstruktion" bezeichnet. Bei lexikalischen ACHIEVEMENTS liegt demnach auch nicht das kausative Muster aus ( 1 7 ) vor. Pseudo-Resultativ-Konstruktionen sind vergleichbar mit anderen "Ausbuchstabierungen"

159 lexikalischer Information, die die aspektuelle Struktur eines Ereignisses nicht verändern und bei denen ebenfalls im Regelfall die lexikalisch inkorporierte Information näher spezifiziert werden muß, vgl. (22c). (22a) Sally cut the mushrooms thin. (22b) The river froze solid/*picturesque. (22c) Sally pocketed her change in her jeans pocket/*in a pocket.

Dabei scheint der syntaktische Status von ausbuchstabierter semantischer Information dem von echten Argumenten vergleichbar, so daß Resultativ-Konstruktionen, bei denen sich die AP auf das Subjekt bezieht, nur grammatisch sind, wenn eine mit dem Subjekt koindizierte Spur angenommen werden kann. (22d) The table¡ was wiped t¡ clean¡. (22e) The river¡ froze t¡ solidj.

Subjekt und Spur sind durch Anwendung von move α koindiziert, Spur und AP durch Anwendung der Prädikationsregel. Während bei intransitiven Resultativ-Konstruktionen ein aspektuelles DP-Komplement hinzugefügt werden muß, kann bei lexikalischen ACHIEVEMENTS keine DP ergänzt werden, weil die Position bereits mit einer Spur belegt ist (*The river froze itself solid). Damit unterstützt die Pseudo-Resultativ-Konstruktion die Unakkusativität-Hypothese und die Klassifizierung von Verben wie freeze in ihrer nicht-kausativen Verwendung als interne Verben.

5.2 Die Kausativ-Alternation

Levin (1993) unterscheidet mehrere Formen der Kausativ-Alternation. Im weiteren Sinne fallen alle Verbpaare unter diesen Begriff, die "transitive and intransitive uses" aufweisen, "such that the transitive use has roughly the meaning 'cause to F-intransitive" (Levin/ Rappaport 1995a:79). Hier soll der Begriff für den Subtyp der Causative/Inchoative Alternation reserviert werden, die eines der am häufigsten auftretenden Alternationsmuster bei englischen Verben ist. Sie wird u.a. dazu herangezogen, den unterschiedlichen Komplexitätsgrad und die strukturelle Verwandtschaft von ACCOMPLISHMENT- und ACHIEVEMENTEreignissen zu erschließen. Levin/Rappaport (1995a:80) bezeichnen sie deswegen als "hallmark of a verb of change of state" im Englischen. Ein Ereignis wie in (la) beinhaltet immer ein Ereignis wie in (lb). ( 1 a)

Sally x broke the glass y .

break¡ : [[χ DO-STH] CAUSE [y BECOME BROKEN]]

( 1 b)

The glassy broke.

break2:

[[y BECOME BROKEN]]

(lb) ist als ACHIEVEMENT ein Ereignis, bei dem keine Aussage darüber getroffen wird, wie und/oder durch wen die Zustandsänderung zustande gebracht wird. Obwohl jedes kausative Ereignis in zwei Teilereignisse zerlegt werden kann, ist es nicht möglich, jedes kausative Verb als ACHIEVEMENT zu verwenden bzw. ein ACCOMPLISHMENT-Ereignis auf ein ACHIEVEMENT zu reduzieren. Zu den Fragen, die sich im Zusammenhang mit der KausativAlternation stellen, gehören die folgenden:

160 (a) Auf welchen grammatischen Prozeß ist dieses Alternationsmuster zurückzufuhren? Kann man wirklich von einem Alternationsmuster sprechen, d.h. gibt es ein Verb break, das transitiv und intransitiv verwendet werden kann, oder handelt es sich um zwei verschiedene Verben, die durch eine lexikalische Regel miteinander verbunden sind? (b) Welche Verben erlauben dieses Alternationsmuster (bzw. die Anwendung der lexikalischen Regel) und welche nicht? Inwiefern kann man durch die Kausativ-Alternation Aufschluß über klassenbildende semantische Merkmale und damit über die Organisation der SAS gewinnen? (c) Welche syntaktische Struktur liegt Satzpaaren wie in (1) zugrunde? Verhalten sich die "intransitiven" Varianten der kausativen Verben wie interne oder wie externe Verben? Welche Schlüsse sind daraus für die Vermittlungsregeln zu ziehen? Um diese Fragen zu beantworten, ist es notwendig, in einem ersten Schritt zu definieren, welche Fälle überhaupt zur Kausativ-Altemation gerechnet werden sollten.

5.2.1 Charakterisierung und Abgrenzung Wenn man von der Kausativ-Konstruktion als einer Verbalternation spricht, ist immer die lexikalische Kausativ-Konstruktion gemeint, bei der ein CAUSE-Prädikat integrierter Bestandteil der lexikalischen Repräsentation eines Verbs ist. Die periphrastische KausativKonstruktion ist völlig getrennt davon zu sehen, weil hier das verursachende Ereignis in einem anderen Satz steht als das verursachte Ereignis und folglich durch ein anderes Verb (im Englischen z.B. make, have, let) ausgedrückt wird. Von einer "Alternation" im lexikalischen Sinne kann daher nicht die Rede sein. Nahezu jedes Ereignis kann in eine periphrastische Kausativ-Konstruktion eingebettet werden, aber nicht jedes Ereignis kann in jeder Einzelsprache durch ein lexikalisches Kausativum ausgedrückt werden, vgl. (2a). Auch kann bei jeder syntaktischen Kausativ-Konstruktion der Matrixsatz mit dem kausativen Verb weggelassen werden, während nicht jedes lexikalische Kausativum dekausativiert werden kann, vgl. (2b) vs. (2c). (2a) (2b) (2c)

Her frank answer made him blush./*Her frank answer blushed him. She made him iron his shirts./He ironed his shirts. He ironed his shirts. /*The shirts ironed.

Haspelmath (1993), der sich sprachvergleichend mit verschiedenen Ausprägungen der semantischen, aspektuellen, morphologischen und syntaktischen Verwandtschaft zwischen kausativen und nicht-kausativen Ereignissen beschäftigt, definiert die Kausativ-Alternation eher semantisch: "An inchoative/causative verb pair is defined semantically: it is a pair o f verbs which express the same basic situation (generally a change of state, more rarely a going-on) and differ only in that the causative verb meaning includes an agent participant w h o causes the situation, whereas the inchoative verb meaning excludes a causing agent and presents the situation as occuring spontaneously." (Haspelmath 1993:90)

Für das Englische bietet es sich jedoch an, die Kausativ-Alternation stärker aspektuell zu definieren; die kausative Variante lizensiert zwar einen CAUSER, aber es muß sich nicht unbedingt um einen AGENT handeln, ebensogut ist ein INSTRUMENT oder ein EVENT als CAUSER m ö g l i c h .

161 Nach einer SAS-orientierten Definition wie in (1) würden auch Verbpaare wie kill/die unter den Begriff der Kausativ-Alternation fallen, da die SAS-Repräsentation und nicht die morphologische Ähnlichkeit der betreffenden Verben das entscheidende Kriterium wäre. In einer engeren Definition wird verlangt, daß die betreffenden Verbpaare morphologisch identisch (wie bei break) oder doch zumindest morphologisch verwandt sind (wie bei versenken/versinken). Die Faktoren, die dafür verantwortlich sind, ob beide SAS-Muster durch ein Verb oder zwei morphologisch verwandte Verben oder zwei verschiedene Verben realisiert werden, sind vielschichtig (vgl. Haspelmath (1993)). Wenn man davon ausgeht, daß es sich bei break¡ und break2 nicht um ein einziges Verb mit elastischer Verwendung handelt, sondern um zwei Verben mit unterschiedlichen lexikalischen Repräsentationen, gibt es keinen Grund, nur morphologisch identische Verben zu betrachten. Die hier vorgestellte Analyse für die Kausativ-Alternation stellt als ein Beitrag zur Elastizität von Verben morphologisch eng verwandte Verben in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Frage nach der für eine Einzelsprache typischen morphologischen Realisierung der Kausativ-Alternation muß in eine sprachhistorische Untersuchung eingebettet werden und kann hier nur marginal thematisiert werden (s. Kap. 7.1.1). Andere Ausprägungen einer Alternation zwischen zwei Verben, die zwar eine CAUSEKomponente involvieren, aber nicht die unter (1) genannten SAS-Muster, werden hier nicht zur Kausativ-Alternation gezählt. Das gilt z.B. für die verbs of putting in a spatial configuration, die kausativ verwendet werden können, s. (3a), wie auch für die Verben der Bewegung in der Induced Action Alternation (Levin 1993) in (3b). (3a) She stood the books on the table./The books stood on the table. (3b) Allison walked the dog./The dog walked.

Für die transitive Variante in (3 b) verwendet Levin (1993) auch die Bezeichnung "accompanied causation", weil sich der CAUSER zusammen mit dem Objekt bewegt. Betroffen sind vor allem die Verben der inhärent nicht gerichteten Bewegung, die im Normalfall ohne Komplement vorkommen. Diese Verben sollen auch dann von der KausativDiskussion ausgenommen werden, wenn sie, wie in (3c), durch ein PP-Komplement telisiert werden (was nach den Angaben von Levin/Rappaport (1995a: 110) bei der Induced Action Alternation nahezu immer der Fall ist). (3c)

Sally jumped the horse over the fence./The horse jumped over the fence.

Zwar liegt hier in beiden Varianten ein telisches Ereignis vor, jedoch ist dies nicht darauf zurückzuführen, daß jump inhärent für einen Endpunkt spezifiziert ist. Erst durch die PP ergibt sich die telische Lesart. Dieses Verhalten ist typisch für Verben der Bewegungsart (vgl. Kap. 6.2). Eine weitere Konstruktion, von der die Kausativ-Alternation abgegrenzt werden muß, ist die MoW/e-Konstruktion. In der traditionellen Grammatik bezeichnet man damit ein genus verbi mit eigenen Flexionsendungen (z.B. das "Medium" im Griechischen), das insofern in der "Mitte" zwischen Aktiv und Passiv liegt, als das Objekt in der Subjektposition steht, ohne daß Passivmorphologie verwendet wird, vgl. Kemmer (1993). In der generativen Linguistik hat sich die Bezeichnung M/'iMe-Konstruktion für Sätze wie in (3d) eingebürgert. (3d) This shirt irons easily ./Good examples construct with difficulty.

162 Entscheidend für die Zugehörigkeit zu einer MtW/e-Konstruktion ist nicht die morphologische Markierung des Verbs, auch nicht die syntaktische Struktur (so ist z.B. umstritten, ob eine Form der adverbialen Modifizierung obligatorisch ist oder nicht), sondern in erster Linie die Interpretation des Satzes, die in einer modalen Verschiebung liegt: Das Ereignis, das das Verb ausdrückt, findet nicht wirklich statt, wäre aber aufgrund der Eigenschaften des Arguments in der Subjektposition leicht herbeizuführen. Es wird also eher eine Eigenschaft als ein Ereignis beschrieben. Massam (1987) rückt die AZ/iMe-Konstruktion daher in die Nähe der /owgA-Konstruktion (This shirt is easy to iron), während für Condoravdi (1989:27) die MiMe-Konstruktion "parasitic on a transitivity alternation" ist.6 Fassen wir zusammen: Bei der Kausativ-Alternation im engeren Sinne handelt es sich um morphologisch verwandte oder identische Verben, die, entsprechend den SAS-Mustern in (1), in der intransitiven Variante ein ACHIEVEMENT- und in der transitiven Variante ein ACCOMPLISHMENT-Ereignis ausdrücken. Das typische kausative Verb im Englischen ist ein Verb der Zustandsänderung, mit dem man ein ACCOMPLISHMENT oder ein ACHIEVEMENT konstruieren kann (break, dry, open). Gerade die Tatsache, daß diese beiden Ereignistypen durch morphologisch identische oder ähnliche Verben abgedeckt werden können, ist als Argument für die semantisch-aspektuelle Verwandtschaft der beiden Ereignistypen herangezogen worden. Im Englischen wird keine der beiden Varianten morphologisch markiert, jedoch sind die betreffenden Verben häufig durch ein Kausativierungssuffix von Adjektiven oder Substantiven abgeleitet (equal-ize, intens-ify, soft-en). Für diese Verben wird hier die Bezeichnung "Fokus2-Verben" verwendet, wenn ihnen ein Bestandteil des zweiten Teilereignisses, nämlich der Endzustand z, den Namen gibt. Bei kausativen "Fokus 1Verben" hingegen wird ein Bestandteil des ersten Teilereignisses - oft eine MANNER-Komponente - fokussiert bzw. näher spezifiziert (poison, cut). Es wird gezeigt werden, daß Fokus 1-ACCOMPLISHMENTS die Kausativ-Alternation nicht erlauben.

5.2.2 Syntaktische Analyse Will man zwei Verben mit unterschiedlicher Argumentstruktur aufeinander beziehen, gilt es zu klären, welche der beiden Varianten die zugrundeliegende ist. Da die morphologische Form der Verben im Englischen keinen Aufschluß gibt, müssen andere Kriterien angewendet werden. Hier soll mit Levin/Rappaport (1995a) angenommen werden, daß im Fall der Kausativ-Alternation im Englischen die ACCOMPLISHMENT-Variante "basic" ist und daß es einen Prozeß der Dekausativierung gibt.7 Für diese Ableitungsrichtung spicht u.a., daß die Distribution der ACHIEVEMENT-Varianten stärker eingeschränkt ist als die der ACCOMPLISHMENTS. So steht bei der Kausativ-Alternation das Objekt der transitiven Variante zwar in

6

7

Auch Hale/Keyser (1987:27) ordnen die Mdc//e-Konstruktion als "a subcase of the ergative alternation" ein. Allerdings sind die Verben, die in der MiMe-Konstruktion stehen können, nicht identisch mit den Verben der Kausativ-Alternation (This shirt irons easily./*This shirt ironed yesterday). Für eine ausfuhrliche semantische Analyse der MùMe-Konstruktion s. Fagan (1988, 1992), fur eine vergleichende syntaktische Analyse von AfieW/e-Konstruktion und KausativAlternation s. Keyser/Roeper (1984). Für eine gegensätzliche Meinung aus psycholinguistischer Perspektive s. Borer/Wexler (1987).

163 der gleichen semantischen Relation zum Verb wie das Subjekt der intransitiven Variante, aber anders als im Passiv gilt, "the set of possible subjects for the intransitive use of a verb appears to be a subset of the set of possible objects for the transitive use of the same verb" (Levin/Rappaport 1995a:86). Anhand der Beispiele in (4) illustrieren sie, daß das semantische Spektrum für das Subjekt in der nicht-kausativen Variante kleiner ist als das fur das Objekt beim kausativen Verb. (4a) (4b) (4c)

Antonia broke the vase/the radio/her promise/the world record. The vase/The radio/*The promise/*The world record broke. Jean opened the door. /This book will open your mind. The door opened. /*Your mind will open from this book. The wind cleared the sky ./The waiter cleared the table. The sky cleared. /*The table cleared.

Bei den ACCOMPLISHMENTS muß das Subjekt kein klassischer AGENT sein und das Verb kann im übertragenen Sinne gebraucht werden. Daraus schließen Levin/Rappaport, daß die kausative Form die zugrundeliegende sein sollte. "We assume that the basic use of the verb will impose less stringent restrictions on its arguments, so that in those instances where there are different selectional restrictions on the transitive and intransitive uses, the use with the looser selectional restrictions, if there is one, will be basic." (Levin/Rappaport 1995a:86)

Wenn die ACHIEVEMENT-Variante von der ACCOMPLISHMENT-Variante abgeleitet ist, muß dies nicht automatisch heißen, daß Verben wie break und open in nicht-kausativer Verwendung interne Verben sind. Zwar wird dies durch die UTAH nahegelegt (vgl. Kap. 4.1.1.3), jedoch wäre durchaus denkbar, daß im Zuge einer lexikalischen Regel das interne Argument extemalisiert wird. Die Anwendung von Testverfahren spricht jedoch deutlich dafür, break2 und open2 als interne Verben zu klassifizieren: Die Verben lizensieren kein cognate object bzw. ein vergleichbares aspektuelles Komplement in Form einer DP, s. (5a), das Subjekt kann das externe Argument eines Passivadjektivs sein, s. (5b), während es nicht möglich ist, das Subjekt mit dem externen Argument eines auf -er abgeleiteten Substantivs zu identifizieren, s. (5c). (5a) (5b) (5c)

The door opened (* a sudden opening)./The glass broke (*a loud smash). the half-opened door, the half-melted substance, the broken glass * opener (R=y), such that y opened/opener (R=x), such that χ opened y

Für den Status als internes Verb spricht auch, daß kein verbales Passiv gebildet werden kann, weder im Englischen noch im Deutschen, das hinsichtlich der unpersönlichen PassivKonstruktion weniger eingeschränkt ist. Die Passiv-Konstruktion in (5f) ist nur mit dem kausativen open¡ grammatisch. (5d) (5e) (5f)

Das Schiff wurde versenkt/*versunken. Das Eis schmolz. /*In der Mittagshitze wurde von dem Eis ziemlich schnell geschmolzen. The door was opened ,/* opened 2 .

Allerdings könnte gegen Beispiel (5a) angeführt werden, daß ein cognate object hier nicht aspektuell lizensiert ist, da das Verb bereits ein telisches Ereignis ausdrückt. Jedoch würde aus syntaktischer Sicht nichts dagegen sprechen, daß eine ausbuchstabierte lexikalische Vorgabe die Form einer DP annehmen kann - es sei denn, die DP wäre nicht kasusmarkiert.

164 Auch gegen die Aussagekraft von (5b) ließe sich ein Einwand finden: Zwar ist hier das Subjekt aus (5a) das externe Argument eines Passivadjektivs und somit das interne Argument des zugrundeliegenden Verbs, aber es kann nicht nachgewiesen werden, daß die Form nicht vom Passivpartizip des transitiven Verbs abgeleitet worden ist. Jedoch spricht gegen eine Ableitung vom Passivpartizip, daß es entsprechende Formen auch von Verben gibt, die gar kein Passiv bilden (a fallen leaf). Zusammengenommen sprechen die Daten in (5) dafür, die nicht-kausative Variante von Verben wie break, open etc. als interne Verben zu klassifizieren. Daß sie nicht mit einem iAere-Subjekt vorkommen, wie Keyser/Roeper (1984) einwenden (*There opened the door), steht dieser Klassifizierung nicht entgegen, denn es ist bereits gezeigt worden, daß diese Konstruktion im Englischen nur bei einer Subklasse der internen Verben möglich ist (Kap. 3.1.3.2). Wie bei der Passiv-Konstruktion, so ist auch bei der Kausativ-Alternation die Bewegung des internen Arguments in die Subjektposition obligatorisch. D.h., daß das Verb als ACHIEVEMENT seinem Komplement nicht Kasus zuweisen kann. Dieses Verhalten ist natürlich problematisch filr die Annahme, es gebe nur einen Lexikoneintrag für Verbpaare wie open¡ und open2, denn weshalb sollte nur die kausative Variante strukturellen Kasus zuweisen können? Kann man beim Passivpartizip noch so argumentieren, daß eine Änderung der lexikalischen Kategorie sich auf die Fähigkeit auswirkt, strukturellen Kasus zuzuweisen (vgl. Chomsky (1981:55)), so ist es weitaus schwieriger zu erklären, weshalb open2 nicht ebensogut ein Kasuszuweiser sein soll wie open¡. Zwar sagt die Burzio-Generalisierung voraus, daß interne Verben nicht strukturellen Kasus zuweisen können, jedoch handelt es sich dabei, wie gezeigt wurde, nicht um ein explanatorisch adäquates grammatisches Prinzip. Allerdings würden kasuszuweisende interne Verben im Englischen zu Problemen führen: Wenn der Anlaß für die NP/DP-Bewegung entfiele, müßte die Subjektposition entweder leer bleiben - was im Englischen mit einer Verletzung des EPP verbunden wäre oder mit einem Platzhalter-Element besetzt werden - was im Englischen nur bei bestimmten semantischen Verbklassen möglich ist. Es ist vermutlich kein Zufall, daß die Verben, die mit there kompatibel sind, gerade nicht die Verben der Kausativ-Alternation sind (There arrived a man/*They arrived him on time). Allerdings bewerten Keyser/Roeper (1994:410) //jere-Subjekte in Sätzen wie (6b) nicht als völlig unakzeptabel, sondern nur als "marginal". Sie stellen die folgende Akzeptabilitätsskala auf: (6a) (6b) (6c) (6d)

There erupted three volcanoes. ?There sank a ship. *There sang a man. * T h e r e hit a man.

Daß die intransitiven Varianten der kausativen Verben eher mit there kompatibel sind als unergative Verben wie sing, unterstützt die Annahme, daß es sich um interne Verben handelt, denn im Gegensatz zu sing würde sink2 immerhin die syntaktische Voraussetzung fur ein there-Subjekt erfüllen. Damit ist jedoch immer noch nicht erklärt, weshalb Verben wie s ink2 nicht Kasus zuweisen können. Einen Weg, die Zuweisung von Kasus mit der aspektuellen Struktur zu verbinden, zeigt Roberts (1987:217ff.) auf. Er unterscheidet zwischen der Fähigkeit, strukturellen Kasus zuzuweisen, die er als lexikalisches Merkmal [+C] notiert, und der tatsächlichen Zuweisung des Kasus in der Syntax. Zugewiesen werden kann Kasus nur, wenn das Verb das Merkmal [+C] aufweist und wenn V mit Infi koindiziert werden kann, was wiederum nur möglich ist, wenn ein dynamisches Ereignis vorliegt.

165 Verben in M/íMe-Konstruktionen können nicht Kasus zuweisen, weil das Ereignis in dieser Konstruktion entdynamisiert ist. Auf die Kausativ-Alternation kann dieser Ansatz jedoch nicht übertragen werden, da hier ohne Zweifel ein dynamisches Ereignis vorliegt. Dennoch scheint ein Ansatz, der die syntaktische Lizensierung von DPs durch Kasus mit der aspektuellen Struktur zusammenbringt, als der bessere Weg im Vergleich zur BurzioGeneralisierung. Für den Komplement-Bereich wurde bereits gezeigt, daß die Fähigkeit, Kasus zuzuweisen, an die aspektuelle Lizensierung von Komplementen gekoppelt ist, seien diese im Sinne der Θ-Theorie Argumente von V oder nicht. Technisch einfacher ist es, das Kasusverhalten im Rahmen einer lexikalischen Regel festzulegen. Durch diese können alle lexikalischen Eigenschaften des Verbs verändert werden. Keyser/Roeper (1984:411) unterscheiden zwei Arten von lexikalischen Regeln: "rules that add new syntactic frames to existing entries" (dazu gehören alle Regeln, die Alternationsmuster betreffen) und "rules that create new entries". Die von ihnen formulierte "Ergative Rule" (1984:402) besteht aus drei Teilen: (a) Absorption des Objektkasus und Dethematisierung des Subjekts, (b) Bewegung des Objekts in die Subjektposition und (c) Löschung der Subjekt-0-Rolle. Das Besondere an dieser Regel ist, daß alle Schritte - auch die Bewegung - im Lexikon stattfinden sollen. Dies setzt eine lexikalische Struktur im Xbar-Format voraus, wie sie etwa von Hale/Keyser (1993b) vorgeschlagen wird. Mit dieser Analyse wollen Keyser/Roeper der Tatsache gerecht werden, daß das Verb sich "gemischt" verhält: In der Syntax erscheint es als ein internes Verb, das bereits ein DP-Komplement hat und somit kein weiteres mehr lizensiert; im Bereich der Wortbildung, speziell der Komposition, erscheint es als ein externes Verb, denn ein Adverb kann in ein Kompositum inkorporiert werden (s. (7a)), was nach dem First Sister Principle (Roeper/Siegel 1978) nur möglich sein sollte, wenn das Verb kein Komplement hat. Sink2 verhält sich nicht wie sink in der MiMe-Konstruktion (für die Keyser/Roeper (1984) eine syntaktische Bewegung annehmen), sondern wie ein externes Verb, vgl. (7a) mit (7b/c): (7a) (7b) (7c)

a fast-sinking ship a fast-acting pill *those easily-painting walls

Die lexikalische Bewegung (mit ihr die resultierende Spur) soll die Flexibilität bieten, das Verb einerseits mit einem Komplement zu versehen (auf der Ebene der D-Struktur) und andererseits für die Komposition von eben diesem Komplement zu befreien. Daher muß die Bewegung bereits im Lexikon angesiedelt werden, wobei die Spur offenbar nicht die Inkorporation des Adverbs blockiert. 8 Aber nicht für alle lexikalischen Prozesse ist die Spur in gleicher Weise ohne Bedeutung: So ist die Affigierung mit -er, wie bereits dargestellt, nicht möglich - ein Sachverhalt, für den Keyser/Roeper (1984:395f.) keine akzeptable Erklärung zur Hand haben (-er sei durchaus mit THEMES kompatibel, aber nicht mit THEMES, die eine lexikalische Objektspur haben). Bei allen weiteren Wortbildungsdaten, die Keyser/Roeper anführen (z.B. Präfigierung mit re- und out- ), gehen die Autoren über-

8

Allerdings sind Bildungen mit easily wie in (7c) unabhängig von der Argumentstruktur des Verbs sehr ungewöhnlich. Als "besser" werden Komposita mit easy bewertet (easy-painting walls, easyironing shirts), obwohl easy formal ein Adjektiv ist und somit in keinem Fall als "first sister" des Verbs in Frage kommt.

166 haupt nicht auf die aspektuellen Grundlagen dieser Derivationen ein. Dabei wäre es interessant zu sehen, ob diese Präfixe als aspektuelle Köpfe analysiert werden könnten, denn sie ändern die aspektuelle Kategorie des Verbs und im Einzelfall auch dessen syntaktische Klasse (Verben wie outrun verlangen ein nominales Komplement). Außerdem bringt diese Analyse mit sich, daß eine neue Art von leerer Kategorie eingeführt wird (die lexikalischen NP-Spuren), deren Verhalten nicht vorhersagbar ist. Hinsichtlich der Frage der Kasuszuweisung ist die Keyser/Roeper-Analyse keineswegs besonders elegant: Zwar gilt es zu erklären, weshalb break und sink nur als transitive Verben strukturellen Kasus zuweisen können, jedoch ist eine Regel, mit der man die Absorption eines Kasus festschreibt, auch nicht gerade ein großer Wurf, wenn es darum geht, den Zusammenhängen, die die BurzioGeneralisierung erfaßt, auf die Spur zu kommen. Die "Ergative Rule" erstreckt sich naturgemäß nur auf die Verben, die die Kausativ-Alternation erlauben - weshalb Verben wie arrive und seem nicht Kasus zuweisen, vermag sie nicht zu erklären. Es bleibt festzuhalten: Die unstrittigen Daten sprechen dafür, bei den Verben der Kausativ-Alternation im Englischen ein D-Struktur-Objekt anzunehmen. Die Kausativ-Alternation erfordert damit keine Neuordnung der Vermittlungsregeln, denn nach der M E A S U R E RULE ist zu erwarten, daß das einzige Argument dieser Verben in der ACHIEVEMENTVariante den Status eines internen Arguments hat. Der Prozeß der Dekausativierung betrifft somit vor allem das externe Argument, das das erste Teilereignis identifiziert. Offenbar hat dieser Prozeß Auswirkungen auf die Kasuszuweisung. Die Zusammenhänge zwischen Kasuszuweisung und aspektueller Struktur sind grundsätzlicher Art und müssen damit nicht als Bestandteil einer "Ergative Rule" notiert werden.

5.2.3 SAS-orientierte Analyse Mit der Bezeichnung "Kausativ-Alternation" rekurriert man auf einen Bestandteil der semantisch-aspektuellen Repräsentation, nämlich auf die CAUSE-Komponente bei transitiven Verben: "causation is nothing more than the co-occurence of an unspecified subject and a change of state" (van Voorst 1995:489). Im folgenden soll eine Analyse der KausativAlternation vorgestellt werden, die nicht nur deshalb SAS-orientiert ist, weil sie die Kausativ-Alternation als aspektuelle Alternation definiert. Darüber hinaus bezieht sie sich auf die Identifizierung von Teilereignissen und die Klassifizierung von Verben nach ihrem "semantischen Schwerpunkt" innerhalb der SAS. In der Kausativ-Alternation wird die kausative Komponente eines ACCOMPLISHMENT ausgeblendet, das komplexe Ereignis wird auf ein ACHIEVEMENT reduziert. (8a)

The cook x caramelized the sugary. caramelize¡

: [[χ DO-STH] CAUSE [y BECOME ζ]], ζ = CARAMEL

(8b) The sugary caramelized. caramelize2

: [y BECOME ζ], ζ = CARAMEL

Die folgenden Beispiele illustrieren noch einmal einige Unterschiede im syntaktischen Verhalten von ACCOMPLISHMENTS und ACHIEVEMENTS. (9a/b) zeigen, daß es in der ACHIEVEMENT-Variante kein PRO-Subjekt gibt, das von einem expliziten CAUSER im Matrixsatz kontrolliert werden kann:

167 (9a)

How long did it take the scientists to carbonize the substance?/* How long did it take the substance to carbonize? (9b) Sally finished demagnetizing the substance./*The substance finished demagnetizing.

(9c/d) zeigen, daß in der nicht-kausativen Variante w e d e r ein INSTRUMENT noch eine byPhrase noch ein agens-orientiertes A d v e r b möglich sind. Anders als beim Passiv ist der CAUSER nicht als implizites A r g u m e n t zu identifizieren. (9c) Sally opened the door with her credit card./ *The door opened with a credit card. (9d) Sally opened the door carefully. /*The door opened carefully (by Sally). Die Z u s t a n d s ä n d e r u n g wird o f t so interpretiert, als sei sie spontan u n d ohne erkennbare W i r k u n g von außen eingetreten. Diese Lesart kann durch ein entsprechendes A d j u n k t verstärkt werden, s. (10a). Hier liegt ein Unterschied zu lexikalischen ACHIEVEMENTS, die nicht kausativ verwendet werden können. Bei diesen ist das A d j u n k t "all by i t s e l f ' deutlich weniger akzeptabel. Die Zustandsänderungen, die von diesen V e r b e n ausgedrückt werden, sind h ä u f i g witterungs- oder zeitbedingt und insofern "natürlich" bzw. "internally caused" (Levin/Rappaport 1995a). O f f e n b a r wird der Faktor "Zeit" - zumindest im Englischen linguistisch nicht als CAUSER konstruiert, s. insb. (10c). (10a) The door opened all by itself. (10b) The flower wilted (»all by itself). (10c) *Time/the weather/the sun had wilted the flowers. Z u r ü c k zu den alternierenden Verben: Weil bei ihnen das externe A r g u m e n t nicht einmal als implizites A r g u m e n t vorhanden ist, m u ß , so die Argumentation von K e y s e r / R o e p e r (1984), eine lexikalische Regel zur A n w e n d u n g g e k o m m e n sein, denn syntaktische Regeln können nicht die Argumentstruktur ändern. Folgerichtig geben sie als Bestandteil der Ergativ-Regel an, daß das externe A r g u m e n t gelöscht wird. Spezifischer n i m m t Zubizaretta (1987:88) in ihrem mehrstufigen Modell der lexikalischen Repräsentation die Regel "delete CAUSE" an: "Deletion of the CAUSE feature entails deletion of the 'causer' (i.e. the external a r g u m e n t selected by causative verbs)." In dieser Form kann diese Regel nicht in das hier a n g e n o m m e n e Modell der lexikalischen Repräsentation integriert werden. Z w a r drückt sie die V e r b i n d u n g zwischen semantischer Struktur und Lizensierung von A r g u m e n t e n aus, j e d o c h w u r d e hier eine lexikalische CAUSE-Komponente nicht als M e r k m a l beschrieben, das man löschen könnte, sondern als spezifische V e r k n ü p f u n g zweier Teilereignisse. Würde m a n die CAUSE-Komponente in einer ACCOMPLISHMENT-Repräsentation löschen, blieben beide Teilereignisse bestehen; sie würden nur unabhängig voneinander stattfinden. Die dekausativierte Variante in der Kausativ-Alternation m a c h t j e d o c h keine A u s s a g e darüber, o b ein DO-Ereignis stattfindet. Hingegen ist es zu erklären, daß ein ganzes Teilereignis nicht auf die Syntax projiziert wird, w e n n das CAUSER-Argument nicht m e h r v o r h a n d e n ist. W e n n der CAUSER nicht m e h r als Variable zur V e r f ü g u n g steht, fehlt das A r g u m e n t , das das erste Teilereignis identifiziert. D a m i t ist auch ein CAUSE-Konnektor nicht lizensiert, denn es liegen nicht m e h r zwei Teilereignisse vor. Eine andere Art von lexikalischer Regel n e h m e n Levin/Rappaport (1995a) an: Sie gehen davon aus, daß es nur einen Lexikoneintrag f u r die V e r b e n der Kausativ-Alternation gibt, und zwar in F o r m eines ACCOMPLISHMENT. Unter bestimmten U m s t ä n d e n kann das CAUSER-Argument "lexikalisch g e b u n d e n " werden, mit d e m Effekt, daß das verursachende Teilereignis bereits im L e x i k o n identifiziert wird:

168 "Suppose that the intransitive form [...] arises from binding the external cause within the lexical semantic representation, where this binding is interpreted as existential quantification. The intransitive form will then be asserting that the central subevent came about via some causing subevent, without any specification of its nature." (Levin/Rappaport 1995a: 108)

"Lexical binding" greift demnach zwischen SAS und AS, vor der Anwendung der linking rules, s. die Darstellung in (11). Ein lexikalisch gebundenes Argument geht nicht in die Argumentstruktur - und damit auch nicht in die Syntax - ein. (IIa)open¡

(lib) open2

S A S : [Χ DO-STH] CAUSE [ y BECOME OPEN]

[Χ DO-STH] CAUSE [ y BECOME OPEN]

Lexical Binding

0

Linking Rules AS:

(χ)

((y))

((y))

Auf den ersten Blick scheint diese Analyse vor allem ein technischer Kunstgriff zu sein, der eine neue lexikalische Regel einführt. Aspektuelle Alternationen wurden bisher vorrangig unter der Fragestellung betrachtet, welche Strukturmuster überhaupt aufeinander bezogen werden können. Für die Resultativ-Konstruktion wurde angenommen, daß im Zusammenspiel von lexikalischer Struktur und aspektuellen Kompositionsprinzipien in der Syntax komplexere Ereignisstrukturen aufgebaut werden konnten. Weshalb sollte nicht analog zur Ergänzung durch optionale aspektuelle Argumente - das CAUSER-Argument einfach als optional gelten und daher weggelassen werden können? Eine rein syntaktische Lösung der Kausativ-Alternation ist nicht möglich, denn nach den bisher diskutierten Vermittlungsregeln kann das CAUSER-Argument nicht optional sein, weil es das erste Teilereignis identifizieren muß. Nur durch einen Prozeß im Lexikon kann der Status des Arguments so verändert werden, daß es den Vermittlungsregeln nicht mehr unterliegt. Levin/Rappaport wollen diesen Prozeß als "existential quantification" verstanden wissen. Nur unter dieser Bedingung sei es möglich, von einem einzigen Verb mit einer kausativen SAS zu sprechen. Das heißt, daß das erste Teilereignis zwar in syntaktischer Hinsicht ausgeblendet wird, aber dennoch als Ereignis, das stattgefunden hat, interpretiert werden kann. Damit wollen Levin/Rappaport den Interpretationsunterschieden zwischen abgeleiteten ACHIEVEMENTS (wie open2) und Basis-ACHIEVEMENTS (wie arrive) gerecht werden. Sie argumentieren dahingehend, daß Sätze wie in (12a) nach linguistischen Kriterien ein nichtkausatives Ereignis ausdrücken und dennoch allgemein so verstanden werden, daß es einen äußeren Anlaß für diese Zustandsänderung gibt (es handelt sich nicht um "natürliche" Zustandsänderungen, die allein durch die Eigenschaften des Objekts und/oder den Faktor Zeit zu erklären wären). Dieser äußere Anlaß, das verursachende Teilereignis, wird nicht weiter spezifiziert, weil das Argument, das es identifizieren würde, "lexikalisch gebunden" ist. (12a) The door opened. (12b) The glass broke.

—> Something happened, which caused the opening of the door. - > Something happened, which caused the breaking of the glass.

Problematisch für diese Analyse sind Sätze wie (10a), bei denen offensichtlich betont wird, daß es keinen äußeren Anlaß für das ACHIEVEMENT-Ereignis gegeben hat. Aber auch diese Daten sind zu integrieren: Offenbar hat das Adjunkt "all by itself' gerade die Funktion, die

169 normale Lesart zu unterbinden. Würde dieses Adjunkt mit einer kausativen SAS prinzipiell inkompatibel sein, sollte es nicht ausgerechnet mit den alternierenden Verben, sondern viel eher mit den lexikalischen ACHIEVEMENTS wie wilt vorkommen können. Das ist aber gerade nicht der Fall, wie (10b) zeigt. So betrachtet, ist das Adjunkt lediglich ein Indiz dafür, daß kein syntaktischer CAUSER vorliegt, was nicht heißen muß, daß dieser vollkommen aus der SAS des Verbs gelöscht sein muß. Andererseits darf Weltwissen ("Ein Glas zerbricht doch nicht einfach von selbst!") nicht in die linguistische Repräsentation hineingetragen werden. Selbst Keyser/Roeper (1984) gestehen zu, daß die kausative Komponente unter Umständen ein inhärenter Bestandteil der Semantik der alternierenden Verben ist: "The boat sinks does not require an agent, although the event it describes cannot occur without a cause." (Keyser/Roeper 1984:404). Für diese Auffassung, die die Grundlage der Argumentation Levin/Rappaports bildet, spricht, daß die Gruppe der lexikalischen ACCOMPLISHMENTS, die die Kausativ-Alternation erlaubt, durch zwei semantische Eigenschaften zu charakterisieren ist: Das erste Teilereignis darf keine lexikalisch spezifizierte MANNERKomponente enthalten, und es muß sich um ein Verb handeln, bei dem die Zustandsänderung nicht als natürlicher Prozeß verstanden wird. Nach Levin/Rappaport implizieren diese Verben immer einen '"external cause' with immediate control over bringing about the eventuality described by the verb: an agent, an instrument, a natural force, or a circumstance" (Levin/Rappaport 1995a:92). Wenn es sich bei der Unterscheidung in EC- und ICVerben wirklich um eine linguistische Klassifizierung handelt, könnte ihr durch die kausative Analyse Rechnung getragen werden (für eine kritische Betrachtung der Unterscheidung in EC- und IC-Verben s.. Kap. 4.1.3.3). Nun könnte man denken, daß immer dann, wenn ein Argument des Verbs nicht auf die Syntax projiziert wird, lexikalische Bindung stattgefunden hat, z.B. bei Fällen von Object Deletion wie in (13), bei denen gleichfalls eine Variable aus der lexikalischen Repräsentation nicht als Argument realisiert wird, aber dennoch mitverstanden wird. Anders als bei der Kausativ-Alternation werde jedoch hier für das nicht realisierte Argument ein typisches Objekt mitinterpretiert. In diesem Fall sei das nicht realisierte Argument "predictable rather than lexically specified", d.h., die Information über das Objekt "is determined by realworld knowledge; it is not linguistic knowledge" (Levin/Rappaport 1995a: 110). (13)

The children ate./The children read.

Dieser Argumentation muß man nicht unbedingt folgen, denn naturgemäß ist das semantische Spektrum für einen CAUSER, der für ein ganzes Teilereignis steht, größer als das für ein internes Argument, das im selben Teilereignis wie das Verb steht. Sätze wie die in (13) sind insofern durchaus vergleichbar mit der Kausativ-Alternation, weil sich auch hier durch das "fehlende" Argument eine veränderte Ereignisstruktur ergibt. In diesem Fall ist es das zweite Teilereignis, das nicht mehr identifiziert wird, folglich ergibt sich keine telische Lesart. Es sollte daher nicht vorschnell von der Hand gewiesen werden, daß auch interne Argumente lexikalisch gebunden werden können und daß dies bei der Object Deletion der Fall ist. Die aspektuelle Reduktion bliebe dem Lexikon zugeordnet, die aspektuelle Komposition der Syntax (aufbauend auf der SAS des Verbs). Nicht zu vergleichen ist die lexikalische Bindung hingegen mit inkorporierten Elementen in der lexikalischen Repräsentation. Hier wird eine Variable zur Konstanten umgewidmet, mit dem Effekt, daß dieses Argument immer mitverstanden wird (es kann ausbuch-

170 stabiert werden, wenn es näher spezifiziert wird, wenn also neue Information hinzukommt, wie im folgenden Beispiel illustriert: (14)

She buttered the bread (with a spoonful o f salted Danish butter)/(*with butter).

Für diesen Fall kann man annehmen, daß eine Variable lexikalisch gesättigt wird und deshalb nicht den Vermittlungsregeln unterliegt. Es ist unerheblich, ob man den einen Prozeß "lexikalische Sättigung" und den anderen "lexikalische Bindung" nennt, wichtig ist, daß man die beiden voneinander unterscheidet: Ein lexikalisch inkorporiertes Argument ist eine Argumentstelle, die schon innerhalb der SAS geschlossen wird und deshalb nicht den Vermittlungsregeln unterliegt. Bei der Inkorporation handelt es sich um einen Wortbildungsprozeß, während die lexikalische Bindung eines Arguments ein optionaler Prozeß zwischen SAS und AS ist. Das betreffende Argument ist auf der SAS-Ebene eine Variable und kann daher - im Gegensatz zu inkorporierten Argumenten - ohne weiteres syntaktisch realisiert werden (sobald es jedoch lexikalisch gebunden wird, steht es nicht mehr als Argumentstelle zur Verfügung). Ob lexikalische Bindung tatsächlich eine Form der existential quantification ist, soll dahin gestellt bleiben (z.B. wäre zu fragen, durch welchen Operator die Variable gebunden wird). Wichtig ist, daß es einen lexikalischen Prozeß geben muß, der es ermöglicht, daß ein komplexes Ereignis vor Anwendung der Vermittlungsregeln reduziert wird, ohne daß in die semantische Struktur der Verben eingegriffen wird.

5.2.3.1 Zielgruppe: Fokusl- vs. Fokus2-Verben Es wurde dargelegt, weshalb es sinnvoll ist, die Kausativ-Alternation auf einen lexikalischen Prozeß zurückzuführen, dessen Input die semantisch-aspektuelle Struktur ist. Insofern ist zu erwarten, daß die Verben, die die Kausativ-Alternation erlauben, mit Bezug auf ihre SAS charakterisiert werden können. Da es darum geht, ein kausatives Teilereignis auszublenden, sollten nur ACCOMPLISHMENTS für diesen Prozeß in Frage kommen. Diese Erwartung wird bestätigt, vgl. (15a/b). (15a) Sally knew the answer./*The answer knew. (15b) The children watched the dog./*The dog watched.

Allerdings erlauben bei weitem nicht alle lexikalischen ACCOMPLISHMENTS die KausativAlternation. Der Bezug auf das aspektuelle Muster reicht also nicht aus, die relevante "narrow conflation class", wie es Pinker (1989) nennt, zu isolieren. (15c) He cut the mushrooms. /*The mushrooms cut. (15d) The children demolished the car./ *The car demolished.

Aufschlußreich ist auch der Blick auf syntaktische ACCOMPLISHMENTS. Bei einer SASorientierten Analyse der Kausativ-Alternation ist nicht zu erwarten, daß diese Verben die Kausativ-Alternation erlauben, da es sich nicht um lexikalische Kausativa handelt. Auch diese Erwartung bestätigt sich:

171 (15e) He watered the flowers flat./*The flowers watered flat. (15f) She ran her soles off. /*The soles ran off. (15g) The waiter wiped the table clean. /*The table wiped clean.

Das Spektrum der Verben, die die Kausativ-Alternation erlauben, kann andererseits nicht einfach auf eine einzige semantische Klasse reduziert werden, da Verben ganz verschiedener semantischer Klassen diese Alternation zulassen, s. die zahlreichen Beispiele bei Levin (1993:27ff.). Auffällig ist, daß deadjektivische Verben oft die Kausativ-Alternation bilden. Dazu gehören Verben wie in (16a-d), die durch ein Suffix "chiefly on a Neo-Latin basis" (Marchand 19692:319) gebildet werden und tendenziell der Technik- und Wissenschaftssprache zuzuordnen sind, ebenso wie die auf -en abgeleiteten Verben in (16d) oder die Null-Ableitungen in (16e), die Levin (1993) als alternierend auflistet. (16a) (16b) ( 16c) (16d) (16e)

-ify -ize: -ate: -en: 0:

acidify, alkalify, carbonify, emulsify, fructify, liquefy, magnify, petrify, vitrify crystallize, equalize, neutralize, oxidize, polarize, stabilize, vaporize accelerate, degenerate, deteriorate, disintegrate, evaporate, granulate blacken, brighten, broaden, darken, freshen, neaten, smarten, straighten clear, clean, cool, dim, dry, empty, open, slow, warm

Offenbar kommt es weder auf die morphologische Form der Verben noch auf die Herkunft des Verbstamms an. Hingegen kann die Tatsache, daß sehr viele Verben der KausativAlternation von Adjektiven abgeleitet sind, in bezug zur SAS der Verben gesetzt werden. Bei diesen Verben handelt es sich im Regelfall um Fokus2-Verben: Sie haben ihren Schwerpunkt auf dem zweiten Teilereignis, denn der Endzustand ζ ist bei ihnen nicht nur konstant, sondern sogar lexikalisiert, d.h., er gibt dem Verb den Namen. Fokus 1-Verben hingegen haben den Schwerpunkt auf dem ersten Teilereignis. Dies kann durch ein inkorporiertes INSTRUMENT bedingt sein (das ebenfalls lexikalisiert sein kann, z.B. bei saw, poison) oder auch durch eine lexikalische MANNER-Vorgabe. So kontrastiert van Voorst die Verben eat (Fokus 1) und tear/break (Fokus2) wie folgt: "Verbs like eating specify quite clearly what the entity given by the subject is doing. It performs certain well-defined physical actions. In contrast, someone who bends or tears something can do this by doing virtually anything. He can use his hands, his feet, or he may even sit on an object to obtain the required effect. [...] None of these actions can be defined in terms of the verb bending or breaking. Only the outcome is specified." (van Voorst 1995:497)

Während es bei Fokus2-Verben völlig unerheblich ist, wie das zweite Teilereignis zustande gekommen ist, enthalten Fokus 1-Verben darüber eine lexikalische Vorgabe in ihrer SAS (in der vereinfachten Repräsentation (17a) unterstrichen). Entsprechend ist bei Fokus 1Verben die Auswahl für das Subjekt stärker eingeschränkt als bei Fokus2-Verben. Fokus2Verben sind in der Regel "very explicit about what is happening to the direct object" (van Voorst 1995:496), selbst wenn der Endzustand nicht lexikalisiert ist. Bezogen auf die Kausativ-Alternation ist nun die Hypothese, daß Fokus 1-Verben die Kausativ-Alternation nicht erlauben. Bei ihnen ist das erste Teilereignis lexikalisch spezifiziert und kann deshalb nicht aspektuell ausgeblendet werden.

172 (17a) Fokus 1-Verb saw: [The carpenter] x sawed [the w o o d ] y . /»[The w o o d ] y sawed. S A S : [X DO-STH WITH A SA tv] CAUSE [y BECOME Ζ], Ζ = SAWED J] Decausativization/Lexical Binding impossible •I) Application of Linking Rules A S : (x (y)) (17b)Fokus2-Verb open: [The carpenter],, opened [the d o o r ] y . /[The door] y opened. S A S : [X DO-STH] CAUSE [y BECOME Ζ], Ζ = OPEN y Decausativization/Lexical Binding impossible •li Application of Linking Rules A S : open¡ (x (y)), open2 ((y))

Diese Argumentationslinie wird auch von Levin/Rappaport vertreten, die Fokus2-Verben durch "a complete lack of specification of the causing subevent" charakterisieren. "[W]e can reformulate the condition sanctioning detransitivization: an externally caused verb can leave its cause argument unexpressed only if the nature o f the causing event is left completely unspecified." (Levin/Rappaport 1995a: 107)

Der Zusammenhang zwischen dem Maß an lexikalischer Spezifizierung und syntaktischer Elastizität gilt nicht nur für die Kausativ-Alternation. So begründen z.B. Ritter/Rosen (1996:39) die Tatsache, daß es mehr Redewendungen mit run als mit walk gibt, damit, daß walk in höherem Maße lexikalisch spezifiziert sei ("The entity that walks must have feet and must have sufficient control over its feet to insure that one of them is always on the ground. [...] The meaning of run is much less specific") und deshalb für die Wahl des Subjekts stärker eingeschränkt sei. Vergleichbares läßt sich über die Verben murder vs. kill sagen, deren lexikalische Repräsentation sich nur hinsichtlich des ersten Teilereignisses unterscheidet: Bei kill ist dieses nicht weiter spezifiziert (das OED gibt an "To put to death"), es handelt sich demnach nicht um ein Fokus 1-Verb; bei murder hingegen ist zwar im Kontrast zu saw - kein bestimmtes INSTRUMENT vorgegeben, dafür jedoch eine MANNER-Spezifizierung, die sich auf die geistige Verfassung bezieht (lt. OED "To kill (a human being) unlawfully with malice aforethought"). Diese Spezifizierung hat, was die allgemeine Beweglichkeit des Verbs betrifft, zur Folge, daß für murder nur Subjekte in Frage kommen, die "malice aforethoughts" wägen können, und für die Kausativ-Alternation bedeutet sie, daß bei murder als einem Fokus 1-Verb das kausative Teilereignis nicht ausgeblendet werden kann. Zur SAS von kill gibt es erwartungsgemäß eine dekausativierte Variante (in Form des Verbs die). Ein weiteres Vergleichspaar bilden die Verben cut und break, die sich auf den ersten Blick in semantischer Hinsicht recht ähnlich zu sein scheinen (beide drücken einen change in material integrity aus). Während break keine Aussage darüber macht, wie es zu dieser Zustandsänderung kommt, ist cut dahingehend spezifiziert, daß ein (scharfkantiges) INSTRUMENT verwendet wird. Dieses wird in (18a) mitverstanden, wie auch die ungrammatische Ergänzung des Satzes zeigt. Cut ist also offenbar ein Fokus 1Verb und kann daher nicht dekausativiert werden. (18a) Sally cut the bread (*without any instrument). ( 18b) [[X DO-STH WITH A SHARP INSTRUMENT1 CAUSE [y BECOME Ζ]], Ζ = CUT (18c) »The bread cut.

173 Anders liegt der Fall bei break: In (18d) ist kein INSTRUMENT impliziert. N a c h Pinker (1989:107) beinhaltet die semantische Repräsentation dieses Verbs noch nicht einmal Kontakt zwischen CAUSER und Objekt 9 . W e n n das erste Teilereignis nicht näher spezifiziert ist, gehört break nicht zu den F o k u s l - V e r b e n und sollte dekausativiert werden k ö n n e n . Die Daten bestätigen auch hier die Hypothese: (18d) Sally broke the glass (without any instrument). ( 1 8 e ) [[X DO-STH ] CAUSE [y BECOME ζ]], Ζ = BROKEN

(18f) The glass broke. Das Verhalten der Fokus 1- und F o k u s 2 - V e r b e n illustriert, "it's not w h a t possibly or typically goes on in an event that matters; it's what the verb's semantic representation is choosy about in that event that matters." Pinker (1989:108). Die Klasse der Verben, die die Kausativ-Alternation erlauben, läßt sich somit nach strukturell-semantischen Kriterien eingrenzen: Es m u ß sich um ACCOMPLISHMENTS handeln, deren erstes Teilereignis keine lexikalische V o r g a b e hinsichtlich MANNER oder INSTRUMENT enthält. Interessant ist in diesem Z u s a m m e n h a n g ein Blick auf die sog. "Konativ-Alternation", die nach Levin (1993:42) "an 'attempted' action" ausdrückt "without specifiying w h e t h e r the action w a s actually carried out". Mit B e z u g auf SAS-Repräsentationen heißt dies, daß bei einem ACCOMPLISHMENT das zweite Teilereignis nicht vollzogen wird, s. die Beispiele in (19). 10 Ein an sich telisches Ereignis wird als ein (nicht erfolgreicher) Versuch, das Ereignis komplett d u r c h z u f ü h r e n , konstruiert. Syntaktisch geschieht dies, indem das direkte Objekt in eine P P mit at eingebettet wird. (19a) Sally cut the bread (*for hours). (19b) Sally cut at the bread (for hours).

=> the bread was cut (separated into two pieces) *> the bread was cut

Damit wird der aspektuelle Status von D P - K o m p l e m e n t e n betont: W ä h r e n d bei der Resultativ-Konstruktion durch ein D P - K o m p l e m e n t ein ACHIEVEMENT-Ereignis identifiziert wird und so das Subjekt in den Status eines CAUSER erhoben wird, wird bei der KonativAlternation ein Ereignis detelisiert (und damit auch dekausativiert), indem ein DPK o m p l e m e n t in ein P P - K o m p l e m e n t eingebettet wird. Es gilt also: "The conative construction r e m o v e s the m e a s u r i n g properties of the verb's internal argument." (Tenny 1994: 47). Das verursachende Teilereignis wird in G a n g gebracht, ohne daß das zentrale Teilereignis zustande k o m m t bzw. den inhärenten E n d p u n k t erreicht. In E r g ä n z u n g zur Resultativ-Konstruktion (Ausbau eines ACTIVITY-Ereignisses zu einem ACCOMPLISHMENT) u n d zur Kausativ-Alternation (Reduzierung eines ACCOMPLISHMENT auf ein ACHIEVEMENT) spricht also auch die Konativ-Alternation dafür, ACCOMPLISHMENTS in ACTIVITY und ACHIEVEMENT zu zerlegen. Die Konativ-Konstruktion ist eine Detelisierungsstrategie, die im Einklang mit den hier a n g e n o m m e n e n Z u s a m m e n h ä n g e n zwischen aspektueller u n d syntaktischer Struktur steht. D a j e d e dieser Konstruktionen einen eigenen Interpretationsschwerpunkt hat, ist es im allgemeinen nicht möglich, zwei aspektuell gegensätzliche Kompositi-

9 10

Deshalb erlaubt break auch nicht die Konativ-Alternation (*She broke at the bread). Die Konativ-Alternation ist jedoch nicht nur mit ACCOMPLISHMENTS möglich (John hit (at) the wall), vgl. Wanner (1997:394) sowie die dort diskutierte Literatur.

174 onsprinzipien, z.B. Telisierung durch ein resultatives Prädikat und Detelisierung durch at einfach miteinander zu kombinieren und so quasi einen Null-Effekt zu erzielen. (20a) The dog chewed Sally's shoe./The dog chewed the shoe soggy./ "The dog chewed at the shoe soggy. (20b) Harry cut the mushrooms./Harry cut at the mushrooms./*Harry cut at the mushrooms thin.

Was die Kombination von Resultativ-Konstruktion und Kausativ-Alternation betrifft, so ist nicht zu erwarten, daß ein ACTIVITY-Verb wie wipe, das zunächst zu einem ACCOMPLISHMENT expandiert wird, dann wiederum auf ein ACHIEVEMENT reduziert werden kann, denn es sollte sich immer um ein Fokus 1-ACCOMPLISHMENT handeln, da das Verb als ACTIVITY den Schwerpunkt nicht auf dem zweiten Teilereignis haben kann. Andersherum kann es auf der Basis eines dekausativierten ACCOMPLISHMENT nur eine Pseudo-Resultativ-Konstruktion geben, denn selbst nach der Dekausativierung liegt immer noch ein telisches Ereignis vor. (21a) The waiter wiped the table clean./*The table wiped clean. (21b) The snow melted./The snow melted into mush.

5.2.3.2 Zur Notwendigkeit einer semantischen Feinabstimmung Die Unterscheidung von Fokus 1- und Fokus2-Verben ermöglicht es, die Klasse der Verben, die die Kausativ-Alternation erlauben, mit Bezug auf die SAS zu bestimmen - zumindest dahingehend, welche Verben die Kausativ-Alternation nicht erlauben. Damit hat man die Menge der potentiellen Kandidaten für die Kausativ-Alternation nach Kriterien eingegrenzt, die sich auf die strukturelle (ACCOMPLISHMENT-Muster) wie auch auf die idiosynkratische Semantik (lexikalische Vorgaben) der Verben beziehen. Aber nicht alle Verben, die nach diesen Kriterien in Frage kommen, erlauben die Kausativ-Alternation. So wäre z.B. das Verb clear, bei dem der Endzustand lexikalisiert ist, ein exemplarischer Kandidat für die Dekausativierung. Aber sie kann nur bei einem eingeschränkten Spektrum der Verwendung von clear angewendet werden, s. (22a/b). Das gleiche gilt auch für break, das bisher zur Illustrierung des Verhaltens von Fokus2-Verben herangezogen wurde, s. (22c/d). Offenbar bedarf es zusätzlich einer semantischen Feinabstimmung, um die Klasse der alternierenden Verben einzugrenzen. (22a) (22b) (22c) (22d)

The The The The

wind cleared the sky ./The sky cleared. waiter cleared the table./*The table cleared. children broke the mirror/The mirror broke. children broke their promise./*The promise broke.

Einen anderen Weg gehen Levin/Rappaport (1995a), die anhand von Beispielen wie in (22) die grammatikrelevante Klassifizierung von Verben nach "internal" und "external causation" (IC- vs. EC-Verben) begründen. Dabei geht es, wie in Kap. 4.1.3.3 dargestellt, nicht um eine Subklassifizierung lexikalischer Kausativa, sondern darum, welches Argument zentral für das Zustandekommen eines Ereignisses ist. Zu den IC-Verben sollen diejenigen Verben gehören, bei denen sich das Ereignis aus "internal properties of the argument" ergibt. Ereignisse mit EC-Verben seien "extern verursacht", weil bei ihnen die Zustandsänderung primär vom Einwirken einer äußeren Kraft (z.B. AGENT, INSTRUMENT) abhänge. Alle

175

Fokus 1-Verben sind EC-Verben, denn bei ihnen ist die Art des Einwirkens von außen so wichtig, daß sie in ihrer SAS explizit spezifiziert ist. Aber nicht jedes Fokus2-Verb, so die Hypothese, ist ein IC-Verb. Daß ein Endzustand lexikalisiert ist, sagt nicht unbedingt etwas darüber aus, ob die inhärenten Eigenschaften des Objekts oder das Einwirken von außen wichtiger für das erfolgreiche Zustandekommen des Ereignisses ist. Van Voorst, der einen rein semantischen Ansatz zur Dekausativierung vertritt, schlägt eine Subklassifizierung von ACCOMPLISHMENTS danach vor, ob das erste Teilereignis abgebrochen werden kann, wenn das zweite Teilereignis in Gang gekommen ist. Es geht also um eine Frage der Energiezufuhr: "[A] distinction needs to be made between accomplishments that can only come into existence because of the continued interference of an outside force and others that have a part that unfolds on its own and is beyond the power of an outside entity." (van Voorst 1995:515)

Für ihn ist entscheidend, ob das verursachende Teilereignis vor dem change of state stattfindet (Energiezufluß von außen nur als Anschub notwendig) oder ob es während des ganzen zweiten Teilereignisses anhält (kontinuierlicher Energiezufluß von außen notwendig). Im ersten Fall sollte die Dekausativierung möglich sein, denn das zweite Teilereignis ist nicht in seiner ganzen Länge an das erste Teilereignis gekoppelt, was für van Voorst die Voraussetzung dafür ist, daß das zweite Teilereignis auch spontan und ohne erkennbare Einwirkung von außen stattfinden kann. Diese Verknüpfung von physikalischen und linguistischen Abhängigkeiten ist jedoch nicht haltbar. Der Energiezufluß, der für eine Zustandsänderung notwendig ist, hängt von vielen Faktoren ab, am wenigsten jedoch von linguistischen. Ein Beispiel: Melt ist ein Verb, das die Kausativ-Alternation zuläßt. Nach van Voorst sollte hier also nur "Initial-Energie" notwendig sein. Will man aber eine größere Menge Metall oder irgendeine andere Substanz einschmelzen, reicht es nicht aus, die Temperatur so lange auf den Schmelzpunkt anzuheben, bis das Metall anfängt, sich zu verflüssigen. Würde man den Energiezufluß dann stoppen, wenn das Metall zu schmelzen beginnt, würde sich das Metall wieder verfestigen und nicht etwa weiterschmelzen. Bezogen auf die SAS: Stoppt man den Energiezufluß, sobald das zweite Teilereignis in Gang gekommen ist, wird dieses nicht bis zum inhärent spezifizierten Endpunkt ablaufen. Die von van Voorst angenommene Beziehung zwischen dem grammatischen Verhalten von melt (Dekausativierung möglich) und der außersprachlichen Realität (kontinuierliche Energiezufuhr notwendig) ist offensichtlich unbegründet. Kommen wir damit zurück zu der Frage, ob die Unterscheidung in IC- und EC-Verben linguistisch basiert ist. Ein Indiz dafür, daß die Unterscheidung von natürlichen ("internal") und kontrollierbaren ("external") Zustandsänderungen u.U. doch nicht nur außersprachlich begründet ist, bietet der Blick auf lexikalische ACHIEVEMENTS, zu denen es keine kausative Variante gibt. Ohne jeden äußeren Einfluß (Temperatur, Witterung etc.) kommen jedoch selbst genetisch programmierte Prozesse nicht in Gang. Aber offenbar kann dieser äußere Einfluß nicht als linguistischer CAUSER konstruiert werden, wie (23a) zeigt. (23a) *The sun/*The genetic programme wilted the flower.

Typisch für IC-Verben soll denn auch sein, daß es zu ihnen kein kausatives Pendant gibt (Levin/Rappaport 1995a:93). Jedoch drücken die ACHIEVEMENT-Verben, zu denen es keine kausative Variante gibt, durchaus nicht immer "natürliche" Zustandsänderungen aus. Was

176 z.B. macht walk zu einem EC-Verb, das kausativ gebraucht werden kann, und appear zu einem IC-Verb, das keine kausative Verwendung zuläßt? (23b) She walked her shoes flat. (23c) *The magician appeared a rabbit on the stage.

Mit der Frage, welche Ereignisse als kausativ konstruiert werden können, bewegt man sich auf einem Terrain außerhalb der Kausativ-Alternation, die hier als ein Prozeß der Dekausativierung beschrieben wurde. Welche Auslöser eines realen Ereignisses in linguistischer Hinsicht als CAUSER fungieren können, ist ein Thema, das in den Bereich der kognitiven Linguistik hineinreicht. Es wäre interessant zu sehen, inwiefern Entwicklungen in der außersprachlichen Realität (das mögliche externe Verursachen von "natürlichen" Ereignissen wie bloom) tatsächlich Einfluß auf das syntaktische Verwendungspotential der Verben haben." Für die Frage, ob die Verben der Kausativ-Alternation durch die Unterscheidung in ICund EC-Verben einzukreisen sind, bieten Daten wie in (23) keinen Aufschluß. Woran ist zu erkennen, ob es sich bei Verben wie melt um ein IC- oder um ein EC-Verb handelt? Macht man das Verhalten hinsichtlich der Kausativ-Alternation zum entscheidenden Kriterium, wäre dies ein perfekter Zirkelschluß, und man hätte keine neuen Einsichten in die Strukturierung semantischer Information gewonnen. Levin/Rappaport (1995a: 102) bringen hier zur Differenzierung von EC-Verben einen weiteren Faktor ein: "the transitive causative verbs that detransitivize are those in which the eventuality can come about spontaneously without the volitional intervention of an agent". EC-Verben wie assassinate seien nicht dekausativierbar, weil das Ereignis nicht spontan passieren könne - im Gegensatz zu break. Wie eine Aussage über "Spontaneität" in die semantische Repräsentation zu integrieren ist, bleibt jedoch wiederum unklar. Was assassinate angeht, ist eine derartige Aussage ohnehin völlig überflüssig, denn es handelt sich hier eindeutig um ein Fokus 1-ACCOMPLISHMENT, das nicht auf das zweite Teilereignis reduzierbar sein sollte. Der Ansatz, Verben zuerst nach IC und EC zu klassifizieren (teilweise nach außersprachlichen Kriterien) und dann innerhalb der EC-Verben aufgrund eines weiteren dubiosen Kriteriums (nämlich des möglichen Spontaneitätgrads des Ereignisses) die alternierenden Kausativa zu isolieren, bringt keine verwertbaren Ergebnisse. Die Feinabstimmung, die notwendig ist, um Fälle wie in (22) zu erfassen, sollte daher innerhalb der hier vertretenen strukturell-semantisch basierten Klassifizierung nach Fokus 1- und Fokus2-Repräsentationen erfolgen. So könnte für Verben wie clear überlegt werden, ob bei ihnen nicht eine optionale MANNER- oder INSTRUMENTKomponente inkorporiert ist, die durch ein NATURAL FORCE-Subjekt deaktiviert wird. Anders liegt der Fall bei break·. Es ist durchaus üblich, daß durch die Wahl des Objekts die Wahl des Subjekts eingeschränkt (oder auch erweitert) wird und damit das gesamte semantische Spektrum des Verbs. Es scheint, als könne durch die Wahl des Objekts der semantische Fokus des Verbs verschoben werden, in diesem Fall in Richtung Fokus 1-Verb. Es

" Nicht alle kausativen Verwendungsweisen müssen erklärt werden können. Diskurs- und textsortenspezifisch können Verwendungen entgegen der zu erwartenden Argumentstruktur durchaus als effektvolle Regelverstöße eingesetzt werden, so z.B. im folgenden Zitat: '"Gloria wanted me to disappear', she told the author. 'She just wanted to disappear me.'" (Betty Friedan über Gloria Steinern, zitiert nach S. Faludi: Backlash, p. 357. Hervorhebung nicht im Original.)

177 handelt sich hier durchaus nicht um eine beliebige Manipulation der semantischen Struktur. Die Klasse der Fokus2-Verben wurde nämlich negativ definiert: Der Einfachheit halber wurden alle Verben dazu gerechnet, bei denen das erste Teilereignis nicht spezifiziert ist. Durch die Wahl des Objekts und seine aspektuelle Funktion ergibt sich ein Rückkopplungseffekt für die Semantik des Verbs. Im konkreten Beispiel break ist die objekt-orientierte Lesart (ein Gegenstand wird in mehrere Teile zerlegt) versperrt, und dafür ist die SubjektWahl eingeschränkt. Letzteres ist ein Indiz für die Fokussierung des ersten Teilereignisses, so daß es gar nicht so erstaunlich ist, daß es bei break a promise keine ACHIEVEMENTVariante gibt. Es ist daher geboten, die Zusammenhänge zwischen der lexikalischen und der syntaktischen aspektuellen Struktur im Hinblick auf die Rolle des Objekts näher zu untersuchen. Entscheidend für die Fragestellung dieser Arbeit ist, daß die Kausativ-Alternation die hier vorgenommene Verbklassifizierung nach semantisch-aspektuellen Kriterien in hohem Maße unterstützt.

5.2.4 Vergleich mit der Passiv-Konstruktion Der Vergleich mit der Passiv-Konstruktion bietet sich an, weil hier - ähnlich wie bei der Kausativ-Alternation - das externe Argument eines Verbs nicht realisiert werden muß und das interne Argument in die Subjektposition gelangen kann.12 Auf den ersten Blick erscheint der Effekt beider Konstruktionen gleich: Ein Ereignis wird so dargestellt, daß das interne Argument in der Subjekt-Position steht und das externe Argument nicht genannt wird. Bei näherer Betrachtung erschließen sich jedoch wichtige Unterschiede, die insb. die Ereignisstruktur betreffen. Durch die Passivierung ergibt sich nämlich keine aspektuelle Verschiebung. Dies scheint auf den ersten Blick nicht kompatibel mit der Annahme, daß Teilereignisse durch Argumente identifiziert werden. Wenn in der Passiv-Konstruktion das externe Argument des Verbs nicht realisiert wird, wäre zu erwarten, daß das Teilereignis, das durch dieses Argument identifiziert wird, wie in der Kausativ-Alternation ausgeblendet ist. Jedoch kann nachgewiesen werden, daß das externe Argument in der PassivKonstruktion einen ganz besonderen syntaktischen Status hat: Zum einen kann es im Unterschied zur Kausativ-Alternation innerhalb eines Adjunkts, der ¿y-Phrase, realisiert werden, s. (24a). Zum anderen wird selbst in Passiv-Konstruktionen ohne ¿»y-Phrase das externe Argument mehr als nur "mitverstanden". Es lizensiert Elemente, die nur mit externen Argumenten, vorzugsweise AGENTS, zusammen vorkommen, und ist insofern syntaktisch sichtbar. Es gilt: "the seemingly unexpressed agent of a passive sentence is more 'syntactically real' than it should be if the agent theta role truly were not present at all." (Baker 1988:315f.). Das syntaktisch nicht realisierte externe Argument ermöglicht z.B. AGENTorientierte Adverbiale, s. (24b), kann arbiträre Anaphern binden, s. (24c), sowie ein arbiträres PRO in purpose clauses kontrollieren, s. (24d). Derartige Argumente - "thematic roles [which] fail to appear in explicit positions but retain syntactic functions" (Roeper 1987:267), werden als "implicit arguments" bezeichnet (in den folgenden Beispielen als

12

Gemeint ist immer das verbal passive, das über die Eigenschaften des Passivmorphems definiert wird. Weil das Verb im Englischen nur in Form des Partizips auftritt, wird das Passiv nicht zu den Verbalternationen gerechnet.

178 "IMP" am Passivpartizip gekennzeichnet, um zum Ausdruck zu bringen, daß das Passivpartizip verantwortlich für die "implicit argument effects" ist). 13 Das implizite Argument wird entweder arbiträr oder als koreferent mit dem Argument in der ¿^-Phrase interpretiert."1 (24a) (24b) (24c) (24d) (24e)

The door was opened-iMP¡ by S a l t y . The door was opened-iMP carefully. Such a privilege should be kept-lMP^ to oneself^. The ship was sunk-iMP, [PROj to collect the insurance], *The ship was sunk all by itself.

Die AGENT-orientierten Adverbien machen deutlich, daß die Passiv-Konstruktion die gleiche aspektuelle Struktur w i e der Aktivsatz hat. Zwar wird der CAUSER nicht immer explizit genannt, aber offensichtlich wird immer noch ein verursachendes Teilereignis mitausgedrückt, welches durch ein Argument - das implizite Argument - identifiziert wird. Hier liegt ein deutlicher Kontrast zur Kausativ-Alternation: Im Gegensatz zum Passiv kann kein implizites Argument nachgewiesen werden; es handelt sich um Ereignisse v o m Typ ACHIEVEMENT. Entsprechend ist auch die Realisierung innerhalb einer iy-Phrase nicht möglich, hinegen kann als Adjunkt all by itself eingesetzt werden, was wiederum im Passiv nicht m ö g lich ist. (25a) (25b) (25c) (25d)

*The ship sank by the storm. *The door opened carefully. *The door closed [PRO to keep the dog outside]. The ship sank all by itself.

Bei impliziten Argumenten stellt sich noch weniger als bei lexikalisch gebundenen Argumenten die Frage, ob es sich nur um konzeptuelle Konstrukte handelt. Sie müssen grammatisch repräsentiert sein, da sie syntaktische Funktionen übernehmen können. Sie bilden jedoch keine eigene syntaktische Konstituente mit Argumentstatus. Als PRO können sie nicht analysiert werden, weil es keine Position gibt, die für ein θ-markiertes PRO geeignet wäre; die Repräsentation als Spur würde einen Antezedenten erfordern, denkbar wäre z.B. ein leerer Operator in [Spec,CP], aber dann sollte im Passiv keine w h - B e w e g u n g möglich sein, was jedoch nicht der Fall ist (Where was the book put?). Da die ¿>>-Phrase nicht obligatorisch ist, scheidet sie als Antezedent für ein implizites Argument als Spur aus. Das implizite Argument in Passiv-Konstruktionen kann also keiner bekannten leeren Kategorie zugeordnet werden. Dementsprechend ist sein grammatisches Potential geringer als das von "vollwertigen" Argumenten. So unterscheidet Jaeggli (1986:615ff.) zwischen "argument control" (Α-Kontrolle), die nur von θ-markierten Elementen in Α-Positionen ausgeübt werden kann, und "thematic control" (T-Kontrolle), für die diese Beschränkung nicht gilt. Ein PRO-Subjekt in Infinitiv-Komplementen erfordert offenbar Α-Kontrolle, während für ein PRO-Subjekt in Infinitiv-Adjunkten T-Kontrolle ausreicht: (26a) Sally k promised him¡ [PRO k to repair the car], (26b) *He¡ was promised t¡ (by Sally k ) [ P R O ^ to repair the car].

13 14

Zu verschiedenen Definitionen von impliziten Argumenten s. Brody/Manzini (1988). Zur referentiellen Abhängigkeit von iy-Phrase und implizitem Argument vgl. Jaeggli (1986), Roberts (1987:58f„ 281) sowie DiSciullo (1990).

179 Der Zwischenstatus des impliziten Arguments - mehr als nur "mitverstanden" und doch nicht als DP in einer Argumentposition realisiert - wird in Zusammenhang mit dem Passivmorphem gebracht. Daraus resultiert der Gedanke, daß dem Passivmorphem selbst die entsprechende Θ-Rolle (es muß sich nicht um eine AGENT-Rolle handeln) zugewiesen wird: "the external θ-role of the verb is expressed explicitly on the passive suffix. It simply is not expressed on an NP position." (Jaeggli 1986:611). Diesen Vorgang bezeichnet Jaeggli (1986:592) als "absorption" der Θ-Rolle; an anderer Stelle wird von "suppression" gesprochen. Eine absorbierte oder unterdrückte Θ-Rolle verbleibt demnach in der Argumentstruktur und ist verantworlich für die o.g. implicit argument effects.'5 Anders als ein lexikalisch gebundenes Argument ist ein implizites Argument für die Syntax zugänglich, was für die Betrachtung der Argumentstruktur als Schnittstelle zwischen Lexikon und Syntax spricht. Nach Roeper (1984, 1987) werden Affixe wie das Passivmorphem, die zwar kein eigenes Θ-Raster haben, aber eine Θ-Rolle zugewiesen bekommen, "thematische Affixe" genannt. Die "Unterdrückung" eines Arguments ist nicht innerhalb eines einzelnen Lexikoneintrags möglich, wenn man sie als Zuweisung einer Θ-Rolle an ein gebundenes Morphem versteht bzw. als Sättigung einer offenen Argumentstelle durch Koindizierung mit dem thematischen Affix. Roeper nimmt daher an, daß nur morphologische Prozesse, die mit einem Affix markiert sind, zu impliziten Argumenten fuhren können. Das Spezifische an der Passiv-Konstruktion ist also nicht die Bewegung des Objekts in die Subjektposition, sondern vielmehr der Status des externen Arguments des zugrundeliegenden Verbs. Deshalb ist die Passivierung ein Testverfahren für die Argumentstruktur von Verben. Das externe Argument ist deshalb wichtig, weil sein grammatischer Status durch die Passivierung verändert wird. Die Passivierung hat keinen Einfluß auf die SAS der Verben. Entsprechend kommt es für die Wohlgeformtheit der Konstruktion auch nicht darauf an, daß das zugrundeliegende Verb zu einer bestimmten SAS-Klasse gehört, wenngleich Passiv-Konstruktionen vorzugsweise dann gebraucht werden, wenn eine deutliche AGENT/ PATIENT-Asymmetrie vorliegt (s. dazu Pinker (1989)). Die ACHIEVEMENT-Varianten in der Kausativ-Alternation können nicht passiviert werden, weil das externe Argument nicht mehr Bestandteil der Argumentstruktur ist. Hingegen können Resultativ-Konstruktionen frei ins Passiv gesetzt werden, vgl. (27). Aspektuelle Argumente ermöglichen es erst, daß ein unergatives Verb im Englischen passiviert werden kann. Der Grund dafür liegt jedoch nicht in der aspektuellen Struktur des Ereignisses, sondern darin, daß durch die Transitivierung eine DP vorhanden ist, die in die Subjektposition bewegt wird, so daß es nicht notwendig ist, auf eines der beiden Platzhalter-Elemente zurückzugreifen, die, wie gezeigt, beide im Hinblick auf ihre Kompatibilität mit bestimmten Verbklassen stark eingeschränkt sind. Weil jeder CAUSER ein externes Argument ist, bildet die Menge der Verben, die die Kausativ-Alternation zulassen, eine Teilmenge der Verben, die passiviert werden können. (27a) "She had talked her into love; but alas! she was not so easily to be talked out of it." (J. Austen: Emma. p. 196) (27b) "I always felt like an engine on a test-bed. Being, what do they call it, tested to destruction?" (D. Lodge: Changing Places, p. 186)

15

Für eine syntaktische Darstellung s. Roberts (1987) und Baker/Johnson/Roberts (1989).

180 Überlegenswert ist die Vorstellung von Levin/Rappaport (1995a: 108f.), bei KausativAlternation und Passiv-Konstruktion werde gleichermaßen ein Argument lexikalisch gebunden, der Unterschied liege allein darin, daß dies einmal auf der SAS-Ebene und einmal auf der AS-Ebene geschehe. Einige Unterschiede zwischen den beiden Konstruktionen könnte man dann allein durch den Bezug auf SAS oder AS erklären: Bei der KausativAlternation wird ein Argument gebunden, bevor es den Vermittlungsregeln unterliegt. Dadurch wird ein Teilereignis nicht identifiziert, so daß sich eine aspektuelle Verschiebung ergibt; entsprechend kommt es für die Wohlgeformtheit der Konstruktion auf die SAS der Verben an. Anders bei der Passiv-Konstruktion: Hier unterliegt die SAS unverändert den Vermittlungsregeln, so daß der Ereignistyp erhalten bleibt. Gebunden wird das Argument innerhalb der Argumentstruktur, die als Schnittstelle zur Syntax fur bestimmte syntaktische Prozesse zugänglich ist; entsprechend kommt es für die Wohlgeformtheit auf die AS der Verben an. Gegen diese Gleichbehandlung spricht jedoch die Annahme von Levin/Rappaport (1995a), lexikalische Bindung sei letztlich eine Art existentieller Quantifizierung. Wäre dies der Fall und würden sich Passivierung und Dekausativierung lediglich hinsichtlich der Ebene unterscheiden, auf der ein Argument existentiell quantifiziert wird, sollte im Passiv bestenfalls eine indefinite ¿^-Phrase möglich sein. Losgelöst von dieser Frage gilt, daß die Existenz von impliziten Argumenten die Unterscheidung von SAS und Argumentstruktur unterstützt. Während die SAS eine rein lexikaische Ebene der grammatischen Repräsentation ist, fungiert die Argumentstruktur als Schnittstelle zwischen Lexikon und Syntax: Eine Variable, die auf der SAS-Ebene gebunden wird, ist syntaktisch nicht sichtbar, während eine Argumentstelle, die innerhalb der Argumentstruktur gesättigt wird, in beschränktem Maße syntaktisch zugänglich ist.

5.3

Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden zwei verschiedene Formen der aspektuellen Verschiebung eingehend diskutiert und mit ähnlichen Konstruktionen verglichen: Die Resultativ-Konstruktion wurde als eine Erweiterung von ACTIVITY ZU ACCOMPLISHMENT durch Hinzufügung von Komplementen in der Syntax analysiert, die Kausativ-Alternation (bzw. den hier als "Kausativ-Alternation" definierten Subtyp von ACCOMPLISHMENT/ACHIEVEMENT-Paaren mit gleicher oder verwandter morphologischer Form) als im Lexikon anzusiedelnde Reduktion eines ACCOMPLISHMENT auf ein Ereignis vom Typ ACHIEVEMENT. Eine Struktur wird aspektuell komplexer, wenn man Argumente hinzufügt, und aspektuell weniger komplex, wenn man ein Argument wegläßt. Für die Resultativ-Konstruktion wurde eine ternäre Struktur angenommen: Alle Argumentstellen, die ein ACCOMPLISHMENT zur Verfügung stellt, werden aktiviert. Für die "intransitive" Variante in der Kausativ-Alternation wurde für eine Bewegungsanalyse argumentiert. Als entscheidend wurde bewertet, daß die besprochenen Alternationen die Hypothese unterstützen, daß Teilereignisse durch Argumente identifiziert werden. Ein "zweites" Teilereignis kann durch ein Komplement oder zwei Komplemente idenfiziert werden. Dies gilt für lexikalische ACCOMPLISHMENTS ebenso wie für ACCOMPLISHMENTS, die durch

181

aspektuelle Komplementation in der Syntax gebildet werden (z.B. cognate objects und Resultativ-Konstruktion). Ein "erstes" Teilereignis wird durch ein basisgeneriertes Subjekt identifiziert. Gelangt dieses Argument, wie bei der Kausativ-Alternation, nicht in die fur die Syntax zugängliche Argumentstruktur, ergibt sich eine aspektuelle Verschiebung zu einem nicht-kausativen Ereignis. In beiden Fällen konnte die Zielgruppe für die Konstruktion weitgehend aufgrund strukturell-semantischer Merkmale eingegrenzt werden. Dabei hat es sich als schwierig herausgestellt, aufgrund rein linguistischer Kriterien die Verben zu isolieren, die die KausativAlternation zulassen. Eindeutig konnte hingegen beschrieben werden, welche ACCOMPLISHMENTS nicht auf ein ACHIEVEMENT reduziert werden können: Hierbei handelt es sich um sog. Fokus 1-Verben, lexikalische ACCOMPLISHMENTS, bei denen das erste Teilereignis eine explizite Vorgabe hinsichtlich einer MANNER- oder INSTRUMENT-Komponente macht. Ein Vergleich mit der Passiv-Konstruktion hat ergeben, daß es mindestens zwei Möglichkeiten geben muß, eine Variable in der SAS der syntaktischen Realisierung als strukturelles Argument zu entziehen: Bei der Passiv-Konstruktion wird die Argumentstelle auf der Ebene der Argumentstruktur geschlossen, das entsprechende Argument verfügt als "implizites Argument" über ein eingeschränktes syntaktisches Potential und kann innerhalb einer òy-Phrase explizit gemacht werden; bei der Kausativ-Alternation hingegen ist das lexikalisch gebundene Element für die Syntax nicht sichtbar. Für die Annahme von zwei getrennten Ebenen, SAS und AS, mit zwei resultierenden Möglichkeiten, ein Argument lexikalisch zu binden und somit dem Θ-Kriterium quasi zu entziehen, spricht auch, daß bei der Kausativ-Alternation die betroffenen Verben über einen Strukturbestandteil der SAS definiert werden (das verursachende Teilereignis darf nicht lexikalisch spezifiziert sein), während es bei der Passiv-Konstruktion vorrangig auf einen Bestandteil der AS ankommt (es muß ein externes Argument vorhanden sein). SAS-Prozesse sind SAS-sensitiv, AS-Proesse sind AS-sensitiv. Es vervollständigt sich das Bild von den Zusammenhängen zwischen Argumentstruktur und Syntax, von denen das Θ-Kriterium nur einen Ausschnitt erfaßt: Der Normalfall ist, daß Variablen in der SAS zu Argumenten in der Syntax werden. Aber Ausdrücke in Argumentpositionen können auch anders lizensiert sein: In der Pseudo-Resultativ-Konstruktion werden inkorporierte Argumente ausbuchstabiert und dabei konkretisiert. In der ResultativKonstruktion wird ein komplexes aspektuelles Muster aufgefüllt; dabei wird ein zweites Teilereignis durch zwei Komplemente identifiziert. Bei den cognate objects wird das zweite Teilereignis durch ein Komplement identifiziert. Wenn es in der Syntax weniger Argumente gibt als Variablen in der SAS, so kann es daran liegen, daß eine Argumentstelle auf der Ebene der AS gesättigt wird. Dieser Fall liegt bei der Passiv-Konstruktion vor. Dadurch ergibt sich der Status eines impliziten Arguments (Realisierung nicht in einer Argumentposition möglich). Da diese Form der Sättigung von Variablen erst nach der Anwendung der Vermittlungsregeln stattfindet, kann ein implizites Argument ebenso wie ein echtes oder ein aspektuelles Argument ein Teilereignis identifizieren. Wird hingegen eine Variable innerhalb der SAS gebunden, ist sie weder für Vermittungsregeln noch für die Argumentstruktur noch für die Syntax zugänglich.

6 Semantische Verbklassen

Im vorangegangenen Kapitel wurde untersucht, nach welchen Kriterien Verben verschiedener semantischer Klassen sich syntaktisch variabel verhalten. Es galt zu erklären, weshalb ein Verb χ verschiedene syntaktische Strukturen lizensiert. In diesem Kapitel sollen vermeintliche Konfliktfälle zwischen lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur aus einer anderen Perspektive betrachtet werden: Verben, von denen nach inhaltlich-semantischen Kriterien zu erwarten wäre, daß sie eine gemeinsame Klasse konstituieren, verhalten sich syntaktisch unterschiedlich. Hier geht es um die Frage, welche Bestandteile der semantischen Repräsentation in syntaxrelevanter Weise klassenbildend sind - eine Frage, auf die es nur eine Antwort gibt: "English makes the decision for us." (Pinker 1989:102). In diesem Kapitel soll untersucht werden, welche Entscheidung das Englische für zwei nach semantischen Kriterien zusammengefaßte Klassen von Verben trifft, die in den verschiedenen besprochenen ¿/nA/ng-Modellen besondere Beachtung gefunden haben. Da sind zum einen die psych verbs, die insofern eine Herausforderung darstellen, als sie zwar nach semantischen Kriterien eine kohärente Klasse zu bilden scheinen, sich aber syntaktisch nicht wie eine solche verhalten. Auf dem Prüfstein ist dabei insb. die Θ-Rolle EXPERIENCER, über die diese Verben letztlich definiert werden. Des weiteren sollen die verbs of (directed and non-directed) movement näher untersucht werden, die einen besonderen Status haben, weil in der Jackendoff-Tradition das semantische Feld der Bewegung den Ausgangspunkt für die Muster der semantischen Dekomposition bildet. Sie sind u.a. deshalb interessant, weil bei ihnen ein ACTIVITY-Ereignis allein durch eine PP telisiert werden kann, während bei anderen ACTIVITIES die Telisierung durch eine DP oder eine DP und eine PP/AP erfolgt.

6.1 Psych

Verbs

6.1.1 Differenzierung: Fear-Verben vs. Frighten-V erben Unter der Bezeichnung "psych verbs" faßt man in der GB-Theorie Verben zusammen, die bestimmte kognitive Prozesse ausdrücken. Dazu gehören Verben des Empfindens bzw. der Wahrnehmung von Gefuhlszuständen (fear, like, enjoy) sowie Verben, die das Verursachen bzw. Auslösen einer Gemütsbewegung beschreiben (please, frighten, amuse, anger).' Mit wenigen Ausnahmen werden die kognitiven Erlebniszustände, die psych verbs ausdrücken, nur Menschen zugeschrieben. Diesen wird die Θ-Rolle EXPERIENCER zugeordnet (daher auch die Bezeichnung "experiencer verbs"). In der Regel werden die psych verbs über ein bestimmtes Θ-Raster, nämlich [ΕΧΡ,ΤΗ], definiert. Demzufolge haben psych verbs zwei Argumente: die Person, die das Gefühl erlebt (EXPERIENCER), und ein Objekt (auch: ein Sachverhalt oder ein Ereignis), auf das sich dieses Gefühl richtet (object/target of emotion) 1

Für eine ausfuhrliche Liste von psych verbs und der relevanten Literatur s. Levin (1993:188ff.).

183 bzw. das dieses Gefühl auslöst (cause/stimulus of emotion). Die 7brge/-Variante wird durch die Verben in (1) illustriert, die Cause-Variante durch diejenigen in (2). Bei der zweiten Gruppe kann ein belebtes Subjekt auch als intentional handelnder AGENT interpretiert werden. (1)

Fear-Verben

(EXPERŒNCER + target of emotion):

admire, abhor, adore, deplore, detest, enjoy, envy, fear, hate, like, loathe, love,

regret

( l a ) Harry enjoyed the party. ( 1 b) Sally regretted having invited her sister. ( 1 c) Ulli needn't fear the exam. (2)

Frighten-Ve rben (EXPERŒNCER + cause of emotion): agonize,

(2a) (2b) (2c)

amuse, anger, disappoint,

disgust, encourage, frighten,

humiliate,

terrify

The article in the Times angered Sally greatly. Sally frightened her little brother by putting on an African mask. The possibility of not being admitted to the university frightened Chris more than she would admit.

Ungeachtet dieser Unterschiede zwischen Objekt/Ziel und Auslöser der Emotion wird das zweite Argument von psych verbs in aller Regel als THEME bezeichnet, so daß beiden Gruppen von Verben das gleiche Θ-Raster zugeordnet werden kann, vgl. Tenny (1987a: 504): "the thematic role of the arguments in internal and external position is exactly the same". Dabei paßt der traditionelle THEME-Begriff als eines "object in motion or being located" (Gruber 1965) am ehesten auf das eigentliche Kennzeichen der psych verbs, den erlebten oder erzeugten Gefühlszustand selbst, ohne den es weder EXP-Argument noch Ziel- oder Auslöser-Argument geben würde. Die Emotion, hinsichtlich derer sich die Verben innerhalb der Ziel- und der Auslöser-Gruppe unterscheiden, ist fester Bestandteil der semantischen Struktur und gibt häufig dem Verb den Namen: 2 Die Verben love, hate, fear können paraphrasiert werden als feel love, feel hate, feel fear, die Verben delight, anger und horrify als cause sb. to feel delight, cause sb. to feel anger, cause sb. to feel horror. Die kausative Komponente in der semantischen Struktur der zweiten Gruppe wird in einigen Fällen durch die morphologische Struktur reflektiert (fright-en, agon-ize, horr-ify). Das, was gefühlt/empfunden wird, ist immer eine fixe lexikalische Vorgabe, so daß keine offene Argumentstelle für ein THEME zur Verfügung steht. Wenn man davon ausgeht, daß das THEME lexikalisch inkorporiert ist, entfällt die Grundlage dafür, die psych verbs über das Θ-Raster [ΕΧΡ,ΤΗ] zu definieren. Nimmt man jedoch für alle psych verbs die gleiche Argumentstruktur an, ist problematisch, daß diese unterschiedlich syntaktisch realisiert wird: Bei den Verben aus (1) steht das EXP-Argument im Einklang mit der Thematischen Hierarchie in der Subjektposition (vgl. Kap. 4.1.1.2), bei den Verben aus (2) steht es in der Objekt-Position. Das Grundproblem liegt darin, daß bei Verben mit (vermeintlich) identischem Θ-Raster unterschiedliche syntaktische Strukturen resultieren; das spezielle Problem liegt darin, daß bei den Verben aus (2) das thematisch niedrigere Element in der syntaktisch höheren Position realisiert wird. Kein Konflikt entsteht hingegen, wenn bei den Verben in (2) das Subjekt, wie in (2b), als AGENT interpre-

2

Verben des kognitiven Handelns (decide, conclude, think), die ebenfalls immer Menschen zugeordnet werden, gehören nach diesem Kriterium nicht zu den psych verbs.

184 tiert werden kann. Den Verben wird dann das Θ-Raster [AG,EXP] zugeschrieben, und das AGENT-Argument wird erwartungsgemäß in der Subjektposition realisiert. Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, wie sich die beiden Θ-Raster bei den frighten-Verben aufeinander beziehen lassen. Alternativ wäre zu überlegen, ob nicht vielmehr das EXP-Argument der Auslöser der Emotion ist. Pinker vergleicht psych verbs mit Perzeptionsverben und fragt: "What is the cause in an act of perception? Is it the perceiver, because he or she must be engaged in mental activity [...]? Or is the stimulus the cause, because its salient properties call attention to itself [...]?" (Pinker 1989:142)

Beide Varianten seien als "conceptual gestalt" denkbar und würden in vielen Sprachen, so auch im Englischen, als unterschiedliche Verbklassen grammatikalisiert. Den ersten Typ verkörperten die Verben in (1), z.B. als fear, den zweiten die Verben in (2), z.B. als frighten. Daß das Subjekt der fear- Verben die Emotion in gewisser Weise mitverursacht, wird dadurch belegt, daß einige dieser Verben (tendenziell diejenigen, die im weitesten Sinne positive Emotionen ausdrücken) als Komplemente von Kontrollverben wie plan und intend möglich sind, die ihrerseits nicht zu den psych verbs zählen. (3a) (3b)

Harry decided to enjoy the party ./Enjoy yourself! *She planned to fear the exam./*Fear those dangerous dogs!

Dagegen mag man einwenden, daß bei diesen Verben auch das zweite Argument in gewisser Weise Auslöser für eine Emotion sein kann (wer Hunde liebt, wird vielleicht froh gestimmt, wenn er/sie einen Hund sieht). Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Verursachung im linguistischen Sinne, wie der Konstrast zu den frighten-Verben zeigt. In (4a) wird im Verlauf des Ereignisses die Emotion, um die es geht, tatsächlich hervorgerufen, in (4b) nicht. (4a) (4b)

The article on AIDS upset /frightened/worried Sally, *yet she didn't feel upset at all. Sally loved/cherished/adored her little niece, yet she was angry when she saw her.

Nur die Verben, bei denen das Subjekt wirklich als Verursacher einer Zustandsänderung interpretiert wird, also die frighten-Verben, sind mit einem Adjunkt kombinierbar, das die Ursache für das Auslösen der Emotion näher spezifiziert. Das Adjunkt muß "metonymically related to the subject of the predicate" (Grimshaw 1990:23) sein, da es sich um eine nähere Spezifizierung des als Argument realisierten CAUSER handelt. (5a) (5b)

* Harry likes children by/with their sense of humour. The house frightened Sally with its empty rooms and open windows.

Auch das Subjekt wird bei den fear- Verben nicht als CAUSER im aspektuellen Sinn interpretiert. Bestenfalls ergibt sich die Interpretation, daß das EXP-Argument die Emotion zuläßt. Deshalb wurde in Kap. 4.2.2 auf das Subjekt der fear-Werben die CONTROL-RULE, nicht aber die CAUSER-RULE angewendet. Jackendoff (1990b:261) spricht in vergleichbaren Fällen davon, das Subjekt sei "a sort of stative Actor".

185 Während bei den fear-Verben kein Auslöser der Emotion genannt werden kann, ist es bei den frighten- Verben normalerweise nicht möglich, das "target of emotion" zu nennen: 3 (5c)

*The article angered Sally at the government.

Aus der komplementären Distribution von cause und target folgert Grimshaw ( 1990), daß es sich bei dem zweiten Argument bei psych verbs, dem "NON-EXP", in beiden Gruppen um ein Argument mit der gleichen Θ-Rolle handelt, und zwar um ein THEME (ohne daß begründet wird, weshalb es gerade ein THEME sein soll). Sätze wie (5c) sind dann ungrammatisch, weil sie zwei THEMES enthalten, einmal als Auslöser und einmal als Ziel der erlebten Emotion. Stellt man grundsätzliche Bedenken gegen eine Erklärung über Θ-Rollen zurück, spricht gegen diesen Ansatz, daß die Sätze durchaus interpretierbar sind und daß nach den gängigen Kriterien am ehesten die inkorporierte Emotion selbst als THEME zu klassifizieren ist. Alternativ kann man ungrammatische Daten wie in (5c) so deuten, daß beide Gruppen von psych verbs nur zwei offene Argumentstellen haben, obwohl konzeptuell vier Argumente denkbar wären: die Emotion selbst (THEME), Z.B. Wut, ein Auslöser für die Emotion (SOURCE), z . B . ein Zeitungsartikel, eine Person, die die Emotion erlebt (EXP), z . B . eine Zeitungsleserin, sowie das Objekt, auf das sich die Emotion richtet (GOAL), z . B . ein Gesetz. In periphrastischen Konstruktionen sind alle diese Argumente im Englischen realisierbar, als Argumente eines einzigen Prädikats jedoch nicht: (5d) (5e)

The article caused Sally to feel strong anger at the goverment. *The article felt/angered Sally strong anger at the government.

Weniger umstritten als das (vermeintliche) THEME-Argument ist nach den gängigen Definitionen das EXP-Argument, das als conditio sine qua non für die Zugehörigkeit zur Klasse der psych verbs angesehen wird. Wenn man mit Jackendoff (1990:262) die Emotion selbst als das Argument betrachtet, über dessen räumliche Verankerung etwas ausgesagt wird, dann ist bei den fear- Verben das EXP-Argument eher die LOCATION der Emotion und bei den frighten-Werben das GOAL. Ein "target of emotion" wäre bei den frighten-Werben nur ein weiteres GOAL und ist als solches konzeptuell nicht möglich. (50

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