Tatsächliche Einwirkungen auf das Kaufgrundstück und Vormerkungsschutz: Zur Rechtsstellung des geschützten Käufers und des Erwerbers bei vormerkungswidrigem Zweitverkauf [1 ed.] 9783428492749, 9783428092741

Welche Rechtsfolgen lösen tatsächliche Einwirkungen des Verkäufers auf ein Kaufgrundstück im Verhältnis zum Käufer aus?

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German Pages 443 Year 1999

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Tatsächliche Einwirkungen auf das Kaufgrundstück und Vormerkungsschutz: Zur Rechtsstellung des geschützten Käufers und des Erwerbers bei vormerkungswidrigem Zweitverkauf [1 ed.]
 9783428492749, 9783428092741

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WOLFGANG RICHTER

Tatsächliche Einwirkungen auf das Kaufgrundstück und Vonnerkungsschutz

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 229

Tatsächliche Einwirkungen auf das Kaufgrundstück und Vormerkungsschutz Zur Rechtsstellung des geschützten Käufers und des Erwerbers bei vormerkungswidrigem Zweitverkauf

Von Wolfgang Richter

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Richter, Wolfgang: Tatsächliche Einwirkungen auf das Kaufgrundstück und Vormerkungsschutz : zur Rechtsstellung des geschützten Käufers und des Erwerbers bei vormerkungswidrigem Zweitverkauf / von Wolfgang Richter. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum bürgerlichen Recht; Bd. 229) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09274-0

Alle Rechte vorbehalten

© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-09274-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 8

Bewahre in allen Dingen die Freiheit des Geistes und sieh zu, wohin er dich führt. Ignatius von Loyola

Vorwort Die Arbeit ist im Sommersemester 1997 durch den Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen worden. Das Manuskript wurde im April 1996 abgeschlossen. Die erst während der Drucklegungsarbeiten erschienene Abhandlung von Mollenkopfkonnte daher nicht mehr berücksichtigt werden. Bedanken möchte ich mich in erster Linie bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Klaus Müller, fiir die umsichtige Betreuung der umfangreichen Abhandlung. Seine kritische, gleichwohl liberale Begleitung hat den erfolgreichen Abschluß der Arbeit entscheidend gefördert. Wertvolle Anregungen habe ich vom Zweitberichterstatter, Herrn Prof. Dr. Manfred Harder, erhalten, bei dem ich mich auch fiir die Übernahme des Korreferats bedanken möchte. Mein wissenschaftliches Arbeiten ist nicht zuletzt geprägt durch Herrn Prof. Dr. Christoph Trzaskalik, an dessen Lehrstuhl fUr Öffentliches Recht und Steuerrecht ich wissenschaftlicher Mitarbeiter sein durfte. Auch ihm möchte ich an dieser Stelle Dank sagen. Weiterhin gilt mein Dank Herrn cand. iur. Peter Bub fUr zahlreiche Gespräche und manchen kaufrechtlichen Hinweis. Frau Birgit-Christina Heinke danke ich für ihre Unterstützung, besonders fiir das Korrekturlesen der Erstfassung. Frau Stephanie Rauch hat Teile der Arbeit in den Computer eingegeben, auch ihr sei hier dafUr gedankt. Besonders herzlich möchte ich meinen Eltern danken, die mich bei Eritstehung und Vollendung der Arbeit ideell und materiell vorbehaltlos und großzügig unterstützt haben. Ohne sie wäre die Arbeit nicht möglich gewesen. Schließlich danke ich dem Verlag fiir die Aufnahme der Abhandlung in sein Programm. Mainz, im Oktober 1998

Wolfgang Richter

Inhaltsübersicht Einleitung

31

I. Kapitel: Problemstellung ......................................................................................... 31

1. T eil Die Konsequenzen tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis des Käufers zum Verkäufer

40

1. Abschnitt

Die Inanspruchnahme des Verkäufers wegen (eigener) schädigender Einwirkungen auf das Grundstück oder seine wesentlichen Bestandteile

40

2. Kapitel: Die Käuferrechte bei vom Verkäufer unverschuldeter Verschlechterung und Zerstörung ....................................................................................................... 40 3. Kapitel: Die Käuferrechte, wenn der Verkäufer selbst das Grundstück oder seine wesentlichen Bestandteile schuldhaft verschlechtert bzw. zerstört ........................ 82

2. Abschnitt

Die Haftung des Grundstückskäufers, wenn der Verkäufer vor der Übergabe Verwendungen (i.w.S.) auf das Grundstück macht

125

4. Kapitel: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S ................................................. 125 5. Kapitel: Die Rechtslage bei substanzändernden werterhöhenden Einwirkungen (Verwendungen Lw.S.) ........................................................................................ 172 Zusammenfassung zum 1. Teil .................................................................................... 178

8

Inhaltsübersicht 2. Te i I Die Rechtslage im Fall einer vormerkungswidrigen Veräußerung des Kaufgrundstücks

181

1. Abschnitt

Die Zu lässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen zwischen dem vormerkungsberechtigten Käufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber

181

6. Kapitel: Rechtsprechungsübersicht und kurze Skizze des Meinungsstandes ........ 181 7. Kapitel: Die Einwände gegen einen unmittelbaren Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis zwischen dem Geschützten und dem vormerkungswidrigen Erwerber ................................................................................................ 190 8. Kapitel: Die Zulässigkeit der "abgekürzten" Abwicklung tatsächlicher Einwirkungen nach dem Gesetzeswortlaut und der Entstehungsgeschichte von V ormerkung und sachenrechtlichem Vorkaufsrecht ................................................... 19J 9. Kapitel: Die Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner und der Schutz des vorgemerkten Käufers mit Hilfe von § 826 ..................... 204 10. Kapitel: Die Vereinbarkeit des unmittelbaren Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen mit dem Zweck der Vormerkung ............................................................. 248 Zusammenfassung zum I. Abschnitt des 2. Teils ........................................................ 262

2. Abschnitt

Probleme der Ausgestaltung

264

1. Unterabschnitt

Die Unterlassungs- und Ausgleichspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers im Fall von (drohenden) Verschlechterungen des betroffenen Grundstücks

264

11. Kapitel: Vorgeschlagene Rechtsgrundlagen tUr die Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche, wenn die Verschlechterung vom vormerkungswidrigen Erwerber verschuldet ist ....................................................................................... 264 12. Kapitel: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung .............................. 273 13. Kapitel: Der Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers vor Verschlechterungen, die der vormerkungswidrige Erwerber nicht verschuldet hat .................. 371

Inhaltsübersicht

9

2. Unterabschnift Die Verpflichtung des vorgemerkten Grundstückskäufers zum Ausgleich von Verwendungen des vormerkungswidrigen Erwerbers sowie die Rechtslage im Fall einer (wertsteigernden) Umgestaltung des Grundstücks

385

14. Kapitel: Der Anspruch des vormerkungswidrigen Erwerbers gegen den Vorgemerkten auf Ersatz seiner Verwendungen ............................................................ 385 15. Kapitel: Die Rechtslage im Fall der Umgestaltung des Grundstücks durch den vormerkungswidrigen Erwerber ........................................................................... 411 Zusammenfassung zum 2. Teil .................................................................................... 415

Literaturverzeichnis .................................................................................................. 419 Sachregister ............................................................................................................... 433

Inhaltsverzeichnis Einleitung

31

1. Kapitel

Problemstellung

31

I. Einführung ................................................................................................................ 31 II. Zum Begriff der tatsächlichen Einwirkungen ........................................................... 34 III. Die Grundkonstellation beim durch Eigentumserwerbsvormerkung gesicherten Kauf ......................................................................................................................... 37 IV. Gang der Darstellung ............................................................................................... 39

1. Teil

Die Konsequenzen tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis des Käufers zum Verkäufer

40

1. Abschnitt Die Inanspruchnahme des Verkäufers wegen (eigener) schädigender Einwirkungen auf das Grundstück oder seine wesentlichen Bestandteile

40

2. Kapitel

Die Käuferrechte bei vom Verkäufer unverschuldeter Verschlechterung und Zerstörung

40

I. Der Fall der für den Verkäufer zufälligen Verschlechterung .................................... 41 I. Minderung, Wandlung, §§ 459, 462 .................................................................... 42 a) Anwendbarkeit ............................................................................................... 42 aa) Der Meinungsstand zum Verhältnis der §§ 459 ff. zu den allgemeinen Regeln in der Zeit vor dem Gefahrilbergang ........................................... 42

12

Inhaltsverzeichnis bb) Stellungnahme ......................................................................................... 45 b) Voraussetzungen ............................................................................................ 47 aa) Mangel.. ................................................................................................... 48 bb) Im Zeitpunkt des Gefahrübergangs ......................................................... 49 cc) Keine Kenntnis des Käufers vom Mangel, § 460 .................................... 49 c) Rechtsfolge ............................. ........................................................................ 49 aa) Minderung ............................................................................................... 49 (I) Feststellung des geminderten Kaufpreises ......................................... 50 (2) Kostenlast fiir die Ermittlung des geminderten Kaufpreises .............. 51 bb) Wandlung ........................................................................... ........ ............. 55 d) Ergebnis ......................................................................................................... 55 2. Anspruch auf Herausgabe eines "Fehlersurrogats" gemäß § 281 i.V. m. § 323 Abs. 2 ................................................................................................................ 56 a) Anwendbarkeit ............................................................................................... 56 aa) Die Entscheidung BGHZ 114, 34 ............................................................ 57 bb) Die Reaktionen im Schrifttum ................................................................. 58 cc) Eigene Auffassung ................................................................................... 59 dd) Entsprechende Anwendung des § 281 im Gewährleistungsrecht? .......... 61 b) Ergebnis ......................................................................................................... 65 3. Anspruch auf Beseitigung entstandener Schäden bzw. Mängel .......................... 65 a) Herleitung aus dem Erfiillungsanspruch, § 433 Abs. I .................................. 67 b) Nachbesserungsanspruch aufschadensersatzrechtlicher Grundlage .............. 70 c) Mängelbeseitigungsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und G1auben ................................................................................................................. 70 d) Ergebnis ......................................................................................................... 71 4. Ergebnis zu I. ...................................................................................................... 72

11. Der Fall der fiir den Verkäufer zufälligen Zerstörung .............................................. 73

l. Anwendung der Unmöglichkeitsvorschriften? ........................... ........ ........ ......... 73 2. Ergebnis zu 11 ...................................................................................................... 81

Inhaltsverzeichnis

13

3. Kapitel

Die Käuferrechte, wenn der Verkäufer selbst das Grundstück oder seine wesentlichen Bestandteile schuldhaft verschlechtert bzw. zerstört

82

I. Anspruch auf Schadensersatz.................................................................................... 83 1. Schadensersatz gemäß § 463 ............................................................................... 83

2. Schadensersatz wegen schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) .................... 85 a) Voraussetzungen ............................................................................................ 85 aa) Pflichtverletzung ..................................................................................... 85 (l) Verletzung einer Hauptpflicht ........................................................... 85

(2) Verletzung einer Nebenpflicht.. ......................................................... 88 bb) Verschulden ............................................................................................ 89 cc) Ergebnis ................................................................................................... 90 b) Rechtsfolge .................................................................................................... 90 c) Konkurrenzverhältnis zu § 325 ...................................................................... 91 d) Konkurrenzverhältnis zu den §§ 459 ff.......................................................... 92 aa) Meinungsstand ........................................................................................ 92 bb) Stellungnahme ......................................................................................... 95 (l) Insbesondere: Zum Fall der Hauptpflichtverletzung ("Schlechterfüllung") ........................................................................ 96

(2) Insbesondere: Zum Fall der Nebenpflichtverletzung ("Schlechtleistung") .......................................................................... 98 3. Ergebnis zu I ..................................................................................................... 101 11. Anspruch auf Unterlassung drohender (weiterer) Beschädigungen des Kaufgegenstandes ................................................................................................................... 102 1. Bestehen eines derartigen Anspruchs ................................................................ 102 a) Vorüberlegungen .......................................................................................... 102 aa) Zur Verknüpfung mit dem Prozeßrecht.. ............................................... 102 bb) Zur systematischen Einordnung dieser Unterlassungspflicht.. .............. 103 b) Auffassungen, die einen derartigen Unterlassungsanspruch ablehnen ......... 104 c) Vermittelnde Auffassungen (Alff, Stürner) .................................................. 106 d) Eigene Auffassung ............................................................. ....... .. ................. 107

14

Inhaltsverzeichnis aa) Rechtsgrundlage und begriffliches Verständnis dieses Unterlassungsanspruchs .............................................................................................. 107 bb) Einwände gegen die herkömmliche Ablehnung leistungstreuegestützter Unterlassungsanspruche ................................................................... 111 cc) Kritik der Position Stümers ................................................................... 114 dd) Einwände gegen die Meinung AUfs; die Parallele zum Deliktsrecht .... 119 ee) Beschränkung des Schutzanspruchs auf die Verhinderung des Untergangs des Erfüllungsanspruchs? ............................................................ 119 2. Einschränkungen dieses Anspruchs ................................................................... 120 a) Konkretisierungsprobleme ........................................................................... 121 b) Schranken aus Treu und Glauben, § 242 ...................................................... 121 aa) Verhältnismäßigkeit des an den Schuldner gerichteten Verhaltensgebots ....................................................................................................... 121 bb) Gläubigeranspruch nur auf den Leistungserfolg gerichtet... .................. 122 3. Ergebnis zu 11 .................................................................................................... 123

2. Abschnitt Die Haftung des Grundstückskäufers, wenn der Verkäufer vor der Übergabe Verwendungen (i.w.S.) auf das Grundstück macht

125

4. Kapitel

Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

125

I. Verwendungsersatz gemäß § 450 Abs. I ................................................................ 127

11. Verwendungsersatz gemäß § 450 Abs. 2 ................................................................ 128 I. Begriff der sonstigen Verwendungen ................................................................ 129 2. Qualifikation der Verweisung auf die §§ 677 ff................................................ 132 3. Voraussetzungen des § 677 ........................................................... .................... 133 a) Führung eines fremden Geschäftes............................................................... 133 b) Fremdgeschäftsfiihrungswille ...................................................................... 136 4. Differenzierung der Rechtsfolgen über die §§ 683, 684 .................................... 136 5. Ergebnis zu 11 .................................................................................................... 137

Inhaltsverzeichnis

15

III. Bereicherungsausgleich gemäß §§ 812 ff.. ............................................................. 138

l. Kein Ausschluß der §§ 812 ff. durch § 450 ....................................................... 138 2. Der Bereicherungstatbestand ............................................................................. 139 a) Das erlangte "Etwas" ................................................................................... 139 b) Der Bereicherungsvorgang........................................................................... 144 c) Rechtsgrundlosigkeit der Bereicherung........................................................ 145 d) Ergebnis zu 2 ............................................................................................... 146 3. Rechtsfolgen ...................................................................................................... 146 a) Herausgabe des Erlangten oder Wertersatz .................................................. 146 b) Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 .................... ........................... 148 c) Schutz des Käufers vor aufgedrängter Bereicherung.................................... 148 aa) Gegenrechte des Käufers ....................................................................... 150 ( I) SchadensersatzansprUche ................................................................. 150 (2) Gewilhrleistungsrechtlicher Schutz des Käufers .............................. 153 (3) Verschuldensunabhängiger Beseitigungsanspruch .......................... 154 (4)Ergebniszuaa) ................................................................................ 156 bb) Analoge Anwendung von § 814, l. FalL ............................................. 157 cc) Recht der Wegnahmegestattung und Wegnahmerecht... ........................ 158 dd) Einschränkung der Wertersatzpflicht gemäß § 818 Abs. 2 nach subjektiven Kriterien ................................................................................. 159 (I) Anknüpfung an § 818 Abs. 2 oder Abs. 3? ..................................... 160 (2) Höhe und Abwicklung der WertersatzverpfIichtung ....................... 164 d) Verschärfte Haftung gemäß §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. I ............................... 167 e) Ergebnis zu 3 ................................................................................................ 170 4. Ergebnis zu III ................................................................................................... 171

5. Kapitel

Die Rechtslage bei substanzändernden werterhöhenden Einwirkungen (Verwendungen i.w.S.)

172

16

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung zum 1. Teil

178

2. Te i I Die Rechtslage im Fall einer vormerkungswidrigen Veräußerung des Kaufgrundstücks

181

J. Abschnitt

Die Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen zwischen dem vormerkungsberechtigten Käufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber

181

6. Kapitel

Rechtsprechungsübersicht und kurze Skizze des Meinungsstandes

181

I. Schädigende wertmindemde Einwirkungen ............................................................ 181

II. Werterhöhende und werterhaltende Einwirkungen (Verwendungen i.e.S.) ............ 184 III. Substanzändernde Einwirkungen (Verwendungen i.w.S.) ..................................... 188

7. Kapitel

Die Einwände gegen einen unmittelbaren Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis zwischen dem Geschützten und dem vormerkungswidrigen Erwerber

190

8. Kapitel

Die Zu lässigkeit der "abgekürzten" Abwicklung tatsächlicher Einwirkungen nach dem Gesetzeswortlaut und der Entstehungsgeschichte von Vormerkung und sachenrechtlichem Vorkaufsrecht

193

I. Der gesetzliche Befund ........................................................................................... 193

II. Die Rolle der tatsächlichen Einwirkungen auf das vorgemerkte Grundstück in der Entstehungsgeschichte von Vormerkung und sachenrechtlichem Vorkaufsrecht .. 196 I. Die Situation bei der Vormerkung..................................................................... 196 2. Die Situation beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht... ..................................... 199

Inhaltsverzeichnis

17

IH. Ergebnis ................................................................................................................. 204

9. Kapitel Die Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner und der Schutz des vorgemerkten Käufers mit Hilfe von § 826 204 I. Die Haftung des Verkäufers, der die Vormerkung bestellt hat, für Verschlechterungen des Grundstücks, wenn sich dieses in der Hand eines vormerkungswidrigen Erwerbers befindet .......................................................................................... 205 1. Verschuldensunabhängige Inanspruchnahme des Verkäufers ........................... 205

2. Verschuldenshaftung des Verkäufers ................................................................ 206 a) Schuldhafte Pflichtverletzung (sPV, pVV) .................................................. 206 aa) Tatbestandliche Voraussetzungen ......................................................... 206 bb) Rechtsfolge, insbesondere: Anwendung von § 281? ............................. 208 b) Verzug, § 286 Abs. 1 ................................................................................... 209 c) Ausschluß der Haftung wegen Leistungsunvermögens des Verkäufers und Vormerkungsschuldners .............................................................................. 210 3. Unterlassungsanspruch des Käufers .................................................................. 214 4. Ergebnis ............................................................................................................ 215 5. Folgerungen für das Rechtsschutzbedürfnis des Vorgemerkten ........................ 216 H. Schadensersatzanspruch des Vorgemerkten gegen den vormerkungswidrigen Erwerber gemäß § 826 ........................................................................................... 218 1. Voraussetzungen und Adressaten von § 826 ......................... ........ .................... 218

2. Ergebnis ............................................................................................................ 221 III. Im Fall des Doppelverkaufs: Die Ansprüche des vormerkungswidrigen Erwerbers gegenüber seinem Verkäufer wegen des (drohenden) Verlustes von Eigentum und Besitz am vormerkungsbetroffenen Grundstück ..................................... 221 1. Anspruch gemäß § 325 Abs. 1 i.V. m. §§ 433 ff., 440 Abs. 1 ........................... 222 a) Tatbestandliche Voraussetzungen ................................................................ 223 b) Rechtsfolgen, insbesondere: Ausgleich von Verwendungen des Käufers und vormerkungswidrigen Erwerbers .......................................................... 227 aa) Schadensersatz wegen Nichterfüllung ............. ............................. ......... 227 bb) Rücktritt ................................................................................................ 228 2 Richter

18

Inhaltsverzeichnis cc) Rechte aus § 323 .................................................................................... 232 c) Zulässigkeit und Auslegung von Haftungsausschlüssen .............................. 232 aa) Vereinbarkeit mit § 443 ......................................................................... 233 bb) Vereinbarkeit mit §§ 9-11 AGBG ......................................................... 233 cc) Vereinbarkeit mit § 242 ......................................................................... 235 2. Rechtslage beim Kauf in Kenntnis der Eigentumserwerbsvormerkung ............ 236 3. Anspruch auf Abtretung von Verwendungsersatzansprüchen des (Doppel-) Verkäufers gegen den vorgemerkten Käufer? .................................................. 240 4. Ergebnis ............................................................................................................ 243 5. Folgerungen rur das Rechtsschutzbedürfnis des vormerkungswidrigen Erwerbers - die These Gurskys vom "Rechtsnotstand" .............................................. 244

IV. Fazit ....................................................................................................................... 247

10. Kapitel

Die Vereinbarkeit des unmittelbaren Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen mit dem Zweck der Vormerkung

248

I. Der Zweck der Vormerkung im Spiegel ihrer gesetzlichen Wirkungen .................. 248 11. Der Zweck der Vormerkung aus der Perspektive ihrer Entstehungsgeschichte ...... 255 III. Die inhaltliche Bedeutung des gesicherten Rechtsverschaffungsanspruchs im Hinblick auf den Vormerkungszweck .................................................................... 256 IV. Ergebnis ................................................................................................................. 260

Zusammenfassung zum 1. Abschnitt des 2. Teils

262

2. Abschnitt

Probleme der Ausgestaltung

264

1. Unterabschnitt

Die Unterlassungs- und Ausgleichspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers im Fall von (drohenden) Verschlechterungen des betroffenen Grundstücks

264

Inhaltsverzeichnis

19

11. Kapitel

Vorgeschlagene Rechtsgrundlagen für die Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche, wenn die Verschlechterung vom vormerkungswidrigen Erwerber verschuldet ist

264

I. Anspruch aus § 823 Abs. 1 ..................................................................................... 265 11. SchadensersatzansprUche analog §§ 989 ff.. ........................................................... 268 III. Die "Abtretungslösung" Flumes ............................................................................. 271 IV. Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Leistungszwecks des Anspruchs aus § 888 Abs. I (Klaus Müller) ................................................... 272

12. Kapitel

Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

273

I. Einwände gegen die deliktische Lösung ................................................................. 273 1. Die Rechtsstellung des Vorgemerkten als "sonstiges Recht" i.S. von § 823 Abs. 1 ............................................................................................................... 273 a) Die sozialtypische Offenkundigkeit ............................................................. 274 b) Die soziale Ausschließungsfunktion ............................................................ 274 c) Der spezifische Zuweisungsgehalt der Position des Vorgemerkten ............. 277 aa) Der Begriff des Zuweisungsgehalts ....................................................... 277 (1) Gegenstand und Inhalt der Zuweisung bzw. Zuordnung ................. 277 (2) Die Unmittelbarkeit der Zuordnung ................................................ 281 bb) Der Zuweisungsgehalt der Rechtsstellung des Vorgemerkten .............. 281 2. Die Parallele zum Recht zum Besitz ................................................................. 283 a) Die Rechtsstellung des Besitzers als "sonstiges Recht" i.S. von § 823 Abs. 1 .......................................................................................................... 284 b) Vergleich der Rechtsstellung des obligatorisch berechtigten Besitzers mit der des vorgemerkten Grundstückskäufers ................................................. 286 3. Die Bedeutung der Konkursfestigkeit der Position des Vorgemerkten ............. 290 4. Exkurs: Deliktsschutz gemäß § 823 Abs. 2 i.V. m. §§ 883 Abs. 2, 888 Abs. 1 ........................................................................................................ 295 5. Ergebnis zu I. .................................................................................................... 296

20

Inhaltsverzeichnis

11. Einwände gegen die Lösung über die §§ 989 ff.. .................................................... 297 l. Entsprechende Anwendung der §§ 987 ff. im Bereich des Ersatzes von Nutzungen? ...................................................................................................... 297

2. Die Anwendung der §§ 989 ff. als speziellere Regelung gegenüber § 823 Abs. I ............................................................................................................... 298 3. Die These vom vorwirkenden Herausgabeanspruch und der analogen Anwendung von § 292 ................................................................................................. 299 4. Die Rechtsnatur des Zustimmungsanspruchs aus § 888 Abs. 1 - die Parallele zu den Schutzansprüchen aus § 894 und § 985 ................................................ 301 a) Vergleich der Rechtspositionen der Anspruchsinhaber (Aktivseite der Ansprüche) ....................................................................................................... 301 b) Vergleich von Anspruchsziel und Position des Anspruchsverpflichteten (Passivseite der Ansprüche) ........................................................................ 303 aa) Das Ziel des Anspruchs aus § 894 und die Position des im Grundbuch Eingetragenen ....................................................................................... 303 bb) Das Ziel des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 und die Position des vormerkungswidrigen Erwerbers aus der Sicht der Theorien zur Deutung der relativen Unwirksamkeit ................................................................. 304 (l) Die herrschende Auffassung von der Duplizität bzw. Spaltung der Rechtsinhaberschaft ........................................................................ 305 (2) Die Lehre von der Spaltung der Verfilgungsmacht.. ........................ 306 (3) Die Lehre von der bedingten Rechtsinhaberschaft des vorrnerkungswidrigen Erwerbers ............................................................... 308 (4) Die Theorie von der materiellen Zustimmungspflicht des vorrnerkungswidrigen Erwerbers ............................................................... 309 (5) Die Lehre vom Absicherungsrecht .................................................. 310 cc) Stellungnahme zu den Meinungen zum Ziel des Anspruchs aus § 888 Abs. I .................................................................................................... 312 dd) Stellungnahme zu den Auffassungen bzgl. der Rechtsposition des vormerkungswidrigen Erwerbers ................................................................ 314 (l) Ablehnung der Lehre von der bedingten Rechtsinhaberschaft des vorrnerkungswidrigen Erwerbers .................................................... 315 (2) Ablehnung der Duplizitätstheorie .................................................... 316 c) (Zwischen-) Ergebnis ................................................................................... 321

Inhaltsverzeichnis

21

d) Überprüfung des Ergebnisses zu c) anhand eines Vergleichs der Rechtsnatur (Funktion) der Ansprüche aus §§ 894,985 mit der des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 .......................................................................................... 322 aa) Die Rechtsnatur der Ansprüche aus § 894 und § 985 ............................ 322 bb) Die Rechtsnatur des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 ................................. 326 (1) Die Funktion des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 ................................ 326 (2) Einwände gegen die obligatorische Natur des § 888; die Gründe der h.M. für dessen Qualifikation als "dinglicher" Anspruch ......... 331 (3) Das "dingliche Element" des Zustimmungsanspruchs: Qualifikation der Pflicht aus § 888 als realobligatorisch ................ 333

a) Die geschichtliche Entwicklung des Instituts der Realobligation 335

ß) Die Rechtslage in der Schweiz .................................................... 340 y) Die faktische Anerkennung von Realobligationen als "gesetz-

liche Schuldverhältnisse" (des Sachenrechts) ............................. 341

0) Folgerungen für das sachenrechtliche Vorkaufsrecht und die Vonnerkung................................................................................. 345 cc) Ergebnis ................................................................................................. 351 5. Ergebnis zu 11 .................................................................................................... 352

III. Kritik der Lösungen von Flume und Müller ........................................................... 354

1. Die Auffassung Flumes vom Anspruch des Vorgemerkten auf Abtretung von

Schadensersatzansprüchen des Schuldners gegen den vonnerkungswidrigen Erwerber ........................................................................................................... 354

2. Der von Müller vorgeschlagene Schadensersatzanspruch aufgrund schuldhafter Verletzung des Leistungszwecks des § 888 Abs. 1 ................................ 359

IV. Zusammenfassung und eigene Lösung: Schadensersatzpflicht des vonnerkungswidrigen Erwerbers aus schuldhafter Verletzung von Pflichten (sPV, pFV) aus einem zwischen ihm und dem Vorgemerkten bestehenden Schuldverhältnis eigener Art ("Erfilllungshilfsschuldverhältnis") .................................................... 361 1. Die Ableitung eines an den vonnerkungswidrigen Erwerber gerichteten Gebots der Unterlassung anspruchsbeeinträchtigender tatsächlicher Einwirkungen aus Institut und Schutzgut der Vonnerkung .............................................. 363 2. Die konkrete Rechtfertigung der Schadensersatzpflicht aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pFV) ........................................................................... 368

22

Inhaltsverzeichnis 13. Kapitel Der Schutz des vorgemerkten Grundstückskllufers vor Verschlechterungen, die der vormerkungswidrige Erwerber nicht verschuldet hat 371

I. Der Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers vor Einwirkungen Außenstehender .................................................................................................................... 371 1. Normative Basis und Rechtfertigung dieses Schutzes ....................................... 371

a) Schutz des Vorgemerkten analog § 869 ....................................................... 372 b) Zusätzlicher Unterlassungsanspruch des Vorgemerkten analog § 1134 ....... 373 2. Stellungnahme ................................................................................................... 373 11. Die Zuweisung eines Verschlechterungssurrogats zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Rechtsinhaber ...................................................... 376 1. Besonderheiten im Kaufrecht ............................................................................ 376 2. Ausdehnung eines Anspruchs auf das Fehlersurrogat auf den vormerkungswidrigen Rechtsinhaber? .................................................................................. 377 3. Bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Herausgabe des Fehlersurrogats? ....... 379 111. Ergebnis ................................................................................................................. 383

2. Unterabschnitt Die Verpflichtung des vorgemerkten Grundstückskllufers zum Ausgleich von Verwendungen des vormerkungswidrigen Erwerbers sowie die Rechtslage im Fall einer (wertsteigernden) Umgestaltung des Grundstücks

385

14. Kapitel Der Anspruch des vormerkungswidrigen Erwerbers gegen den Vorgemerkten auf Ersatz seiner Verwendungen

385

I. Die vorgeschlagenen Rechtsgrundlagen ................................................................. 385

1. Die analoge Anwendung der §§ 994 ff.............................................................. 385 2. Die früher vorherrschende differenzierende Auffassung zum sachenrechtlichen Vorkaufsrecht ........................................................................................ 392 3. Bereicherungsrechtliche Ansprüche .................................................................. 393 a) Anwendung der Leistungskondiktion ........................................................... 394 b) Annahme einer Bereicherung "in sonstiger Weise" ..................................... 395

Inhaltsverzeichnis

23

4. Die Lösung Legarts ........................................................................................... 396 11. Kritik und eigene Auffassung ................................................................................. 397

1. Einwände gegen die analoge Anwendung der §§ 994 tI. .................................. 397 2. Eigene Ansicht .................................................................................................. 402 a) Die Auffassung Legarts als Ausgangspunkt ................................................. 402 b) Der bereicherungsrechtliche Ausgleich im Fall des vormerkungswidrigen Grundstückserwerbs .................................................................................... 403 c) Der Umfang des Ausgleichs ......................................................................... 408 111. Ergebnis ................................................................................................................. 410

15. Kapitel

Die Rechtslage im Fall der Umgestaltung des Grundstücks durch den vormerkungswidrigen Erwerber

411

Zusammenfassung zum 2. Teil

415

Literaturverzeichnis .................................................................................................. 419 Sachregister ............................................................................................................... 433

Abkürzungsverzeichnis

a.A., a.M. a.a.O. ABGB abI. Abs. Abschn. abw. / Abw. AcP a.E. AG AGBG allg. A. / M.

ALR

Anh. Anm. AO arg. ASt. ausf. BAG BAGE BauGB BayObLG BayObLGZ BB BBauG begr. / Begr. ber. bes. Bespr. BeurkG

anderer Ansicht, anderer Meinung am angegebenen Ort (österreichisches) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch ablehnend Absatz, Absätze Abschnitt abweichend / Abwicklung Archiv filr die civilistische Praxis am Ende Amtsgericht; Aktiengesellschaft Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemeine Ansicht / Meinung Allgemeines Landrecht filr die preußischen Staaten (1794), eingeteilt in Teile, Titel, Paragraphen Anhang Anmerkung Abgabenordnung (1977) argumentum / Argument Außen stelle ausfiIhrIich Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Baugesetzbuch (seit 1987) Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts Der Betriebsberater Bundesbaugesetz (1960-1987) begründet / Begründer berichtigt besonders Besprechung Beurkundungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis BFH BFHlNV BGB BGBl. I, Il BGE BGH BGHZ I BGHSt BREG bspw. BStBl. I, Il BVerfG BVerfGE BVerwG BWNotZ bzgl. bzw. cic CISG

D. DAR DB d.h. DNotZ DogmJb DR DRiZ DRZ EI EIl ebd. EEG EGBGB Einl EKG entspr. ErbbauVO

25

Bundesfinanzhof Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt, Teil I, Il Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivil- I Strafsachen Rückerstattungsgesetz für die britische Zone beispielsweise Bundessteuerblatt, Teil I, Il Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg bezüglich beziehungsweise culpa in contrahendo United Nations Convention on Contracts for the International Sale ofGoods (=UN-Kaufabkommen v. 11.4.1980) Digesten (Digesta Iustiniani), auch Pandekten genannt, 2. Teil des Corpus Iuris Civilis (534), eingeteilt in Bücher, Titel, Fragmente und Paragraphen Deutsches Autorecht Der Betrieb das heißt Deutsche Notarzeitschrift s. IheringsJb. Deutsches Recht Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechts-Zeitschrift Erster Entwurf zum BGB (1888) Zweiter Entwurf zum BGB (1895) ebenda (preußisches) Gesetz über den Eigentumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und Gerechtigkeiten (1872) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einleitung Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (1973-1990) entsprechend Verordnung über das Erbbaurecht

26 erg. / Erg. EStG evtl. EWiR f./ ff. FG FS GBO GbR GewO GG ggf. ggüb. grdl. grds. Gruchot GVBI. GWB HGB h.M. / A. h.L. HRR Hrsg. / hrsgg. Hs. HypothO i.d.F. i.e. i.E. i.e.S. IheringsJb. insbes. InsO i.S. i.ü. i.V.(m.) i.w.S. JA JFG JR Jura

Abkürzungsverzeichnis ergänzend / Ergänzung Einkommensteuergesetz eventuell Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende/ fortfolgende Festgabe; Finanzgericht Festschrift Grundbuchordnung; (preußische) Grundbuchordnung (1872) Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls gegenüber grundlegend grundsätzlich Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, begr. v. Gruchot Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handelsgesetzbuch herrschende Meinung!Ansicht herrschende Lehre Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber / herausgegeben Halbsatz (preußische) Hypothekenordnung (1783) in der Fassung im einzelnen im Ergebnis im engeren Sinne Iherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts, begr. v. Rudo/fv.Ihering insbesondere Insolvenzordnung (ab 1.1.1999) im Sinne im übrigen in Verbindung (mit) im weiteren Sinne Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts Juristische Rundschau Jura - Juristische Ausbildung

Abkürzungsverzeichnis JuS JW JZ Kap. KE KG KGJ

KO krit. LAG LG lit.

LM LS LZ

m.

MDR MittBayNot m.N. m.w.N. m.z.N. NJW NJW-RR Nr. o.a. OGH OGHZ oHG OLG OLGE OLGRspr. OLGZ OR OWiG Pkw pFV pVV preuß.

27

Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kapitel Kommissionsentwurf Kammergericht; Kommanditgesellschaft Jahrbuch rur Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen Konkursordnung kritisch Landesarbeitsgericht Landgericht litera (=Buchstabe) Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsgg. v. Lindenmaier und Möhring Leitsatz Leipziger Zeitschrift rur deutsches Recht mit Monatsschrift rur deutsches Recht Mitteilungen des Bayrischen Notarvereins mit Nachweisen mit weiteren Nachweisen mit zahlreichen Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport Zivilrecht Nummer oben angegeben Oberster Gerichtshof rur die britische Zone Entscheidungen des OGH in Zivilsachen offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht s.OLGRspr. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Obligationenrecht, (schweizerisches) Obligationsrecht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Personenkraftwagen positive Forderungsverletzung positive Vertragsverletzung preußisch

28 ProdHG RabelsZ RAG RAGE Recht RG RGBI. RGZ Rh.-Pf. rh.-pf. Rpfl. RSiedlG Rspr. s. / S. sog. Sp. sPV SJZ str. st. Rspr. StGB system. TE Tz. u.

UA u.a. überw. unstr. unv. usw. u.U. UWG v. Verf. VerglO VersR vgl. Vorbem VuR VVG

Abkürzungsverzeichnis Produkthaftungsgesetz Zeitschrift rur ausländisches und internationales Privatrecht, begr. v. Ernst Rabel Reichsarbeitsgericht Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts Das Recht Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinland-Pfalz; rheinland-pfaIzisch Der Deutsche Rechtspfleger Reichssiedlungsgesetz (1919) Rechtsprechung siehe / Seite sogenannt Spalte schuldhafte Pflichtverletzung Süddeutsche Juristenzeitung streitig, strittig ständige Rechtsprechung Strafgesetzbuch systematisch Teilentwurf Textziffer und Unterabschnitt unter anderem überwiegend unstreitig unverändert und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von, vom, vor Verfasser Vergleichsordnung Versicherungsrecht vergleiche Vorbemerkung Verbraucher und Recht Gesetz über den Versicherungsvertrag

Abkürzungsverzeichnis VZS WamRspr. WasserG

WEG WM

z.B. ZblFG ZBGR ZGB ZHR ZIP zit. ZPO z.T. zust. ZVG ZZP

29

Vereinigte Zivilsenate Warneyer, Die Rechtsprechung des RG bzw. des BGH in Zivilsachen (Landes-) Wassergesetz Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht Wertpapiermitteilungen zum Beispiel Zentralblatt für freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat (schweizerische) Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht (schweizerisches) Zivilgesetzbuch Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zivilprozeßordnung zum Teil zustimmend Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Zeitschrift für Zivilprozeß

Einleitung 1. Kapitel

Problemstellung I. Einführung Aus dem Titel lassen sich die drei Themen dieser Untersuchung ablesen: Tatsächliche Einwirkungen - Grundstückskauf - Schutz durch eine Vormerkung. Die tatsächlichen Einwirkungen sind dabei das verbindende Element zwischen den zwei Schwerpunkten Grundstückskauf und Vormerkungsschutz. "Tatsächliche Einwirkungen", hierunter sind in einer ersten Annäherung Verschlechterungen und Verbesserungen einer Sache, hier eines Grundstücks, zu verstehen. Das Studium tatsächlicher Einwirkungen auf ein Kaufgrundstück bedeutet, daß den Folgen tatsächlicher Einwirkungen im Fall eines noch nicht erfilllten (Grundstücks-) Kaufvertrages nachgegangen werden soll. Dabei wird eine Einschränkung gemacht: Tatsächliche Einwirkungen des Käufers selbst auf das Grundstück bleiben unberücksichtigt. Den Grund dieser Einschränkung erhellt der zweite Schwerpunkt dieser Untersuchung: Regelungsgegenstand der Vormerkung ist der Schutz des Inhabers eines grundstücksbezogenen (Erwerbs-) Rechts, nicht aber die Sanktion eines Fehlverhaltens desselben. Die Vormerkung ist eines der umstrittensten Rechtsinstitute des bürgerlichen Rechts. Dies hängt vorwiegend mit ihrer eigenartigen Stellung im "Grenzbereich" zwischen Schuld- und Sachenrecht zusammen. Die von § 883 Abs. 2 1 angeordnete "relative Unwirksamkeit" beeinträchtigender Verfilgungen läßt sich nur schwer in Einklang bringen mit einem Rechtssystem, das auf den Grundgedanken der eindeutigen Zuordnung von Rechtspositionen zu den jeweiligen Rechtssubjekten beruht.

I

§§ ohne besondere Kennzeichnung sind solche des BGB.

Einleitung

32

Zuordnungskonflikte wären leichter erträglich, wenn die betroffene Rechtsposition als solche wertbeständig wäre. Daran fehlt es aber in aller Regel. Bei Rechten an Sachen kann der Inhaber der tatsächlichen Gewalt auf die Sache einwirken und damit zugleich den Wert des Sachenrechtes selbst beeinflussen. Auf diese Weise wird auch die Verbindung zu den "tatsächlichen Einwirkungen" geknüpft: Unter den zahllosen Streitfragen rund um die Vonnerkung ist die Frage besonders umstritten, ob zwischen dem durch eine "Auflassungs-" (besser: "Eigentumserwerbs-") Vonnerkung gesicherten Grundstückskäufer und dem, der das Grundstück vonnerkungswidrig erworben hat, Ausgleichsansprüche bestehen, wenn dieser "vonnerkungswidrige" Erwerber den Wert des vonnerkungsbetroffenen Grundstücks durch tatsächliche Einwirkungen veränderr. Die hier vorgelegte Abhandlung will in erster Linie zur Klärung dieser Streitfrage einen Beitrag leisten. Erst kürzlich hat Rosien eine ausführliche Arbeit über das Problem einer Verschlechterungshaftung dieses "vonnerkungswidrigen" Erwerbers - häufig auch "Dritterwerber" genanne - vorgelegt4 . Der Ansatz der hiesigen Untersuchung geht über den Rosiens hinaus, weil auch die Frage einbezogen wird, ob und inwieweit der Vorgemerkte zum Ersatz von Verwendungen des vonnerkungswidrigen Erwerbers verpflichtet ist. Dies ist möglicherweise ein Grund dafür, daß der Verfasser in wichtigen Punkten zu anderen Ergebnissen kommt als Rosien. Ein weiterer Grund liegt wohl im zweiten Schwerpunkt dieser Arbeit; der Frage nach dem Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen des Grundstücksverkäufers im Verhältnis zum Käufer. Dieser zweite - von der Reihenfolge der Untersuchung her: erste - Schwerpunkt ist dadurch bedingt, daß von verschiedenen Standpunkten zur Situation bei der Vonnerkung auch die Rechtslage im Kaufrecht zur Unterstützung der Vgl. hierzu näher unten im 6. Kapitel. Der Ausdruck "Dritterwerber" erscheint nicht glücklich: Der "vormerkungswidrige" Erwerber tritt zwar als dritte Person zu dem Zweipersonenverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer hinzu, typischerweise ist er aber ein "Ersterwerber"; erst der Umstand, daß er das betroffene Grundstück vor dem vorgemerkten Käufer erwirbt, macht den Erwerb vormerkungsrelevant. Trotz sprachlicher Bedenken - es ist ja nicht die Person, sondern der von ihr vorgenommene Erwerbsakt vormerkungswidrig - wird hier wegen der begrifflichen Prägnanz der Ausdruck "vormerkungswidriger Erwerber" bevorzugt. 4 Rosien, Der Schutz des Vormerkungsberechtigten - eine Untersuchung zum Schutz vor Einwirkungen tatsächlicher Art auf das vormerkungsbetroffene Grundstück, Köln, 2

3

1994.

1. Kap.: Problemstellung

33

eigenen Auffassung herangezogen wird 5 und der Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang schon im kaufrechtlichen Bereich keineswegs unproblematisch ist. An dieser Stelle soll der Hinweis auf den alten Streit über das Verhältnis der "positiven Vertragsverletzung" (p VV) - hier wird der Ausdruck "schuldhafte Pflichtverletzung" (sPV) bevorzugt - zu den Gewährleistungsvorschriften der §§ 459 ff. 6, auf die Entscheidungen BGHZ 114,34 ff. 7 und 129, 103 ff. 8, die die Konkurrenz zwischen den §§ 459 ff. und dem Surrogatsanspruch gemäß § 281 ins Blickfeld gebracht haben sowie auf die wenig beachtete Vorschrift des § 450 zur Verwendungsersatzpflicht des Käufers 9 genügen. Diese durchaus vormerkungsbezogen bedachte kaufrechtliche Thematik bildet nicht nur einen Schwerpunkt der Untersuchung, sondern zugleich auch deren Grenze: Ihr können nur sehr bedingt Antworten entnommen werden für vormerkungsgesicherte Eigentumsverschaffungsansprüche, die auf einer anderen Rechtsgrundlage, z.B. einer Schenkung beruhen. Das Gleiche gilt für vorgemerkte Ansprüche, die statt auf den Erwerb von Eigentum auf den eines beschränkten dinglichen Rechts, etwa einer Hypothek, einer Dienstbarkeit oder eines Erbbaurechts gerichtet sind. Dies mag als Manko empfunden werden, rechtfertigt sich aber immerhin damit, daß sowohl die Eigentumserwerbsvormerkung als auch der Kaufvertrag in der Praxis am häufigsten vorkommen und besonders dort die Frage eines Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen virulent wird. Bedeutung und praktische Häufigkeit des Kaufvertrages legitimieren zugleich die weitere Beschränkung des Feldes der Untersuchung, die darin liegt, daß als Grundgeschäft der vormerkungswidrigen Verfügung wiederum ein Kaufvertrag unterstellt wird. Kurz gesagt: Es geht um die Konstellation eines Doppel- (ver-) Kaufs lO • Ferner ist die Untersuchung bezogen auf den Kaufvertrag zwischen dem Vorgemerkten und seinem (später vormerkungswidrig verfügenden) Schuldner "erfüllungsorientiert"; d.h. die Darstellung ist von der Prämisse geleitet, daß der vorgemerkte Käufer nach Möglichkeit trotz etwaiger tatsächlicher Einwirkun5 S. Staudinger/Seujert, 11/1956, § 888 Rn 7; Staudinger/Gursky, 12/1 987, § 888 Rn 61; Kahler, NJW 1984,2849,2856 Fn. 90; Hager, JuS 1990,429,437 Fn. 143. 6 Dazu näher im 3. Kapitel. 7 BGH, V.v.8.3.1991, V ZR 351/89 (=NJW 1991, 1675 =WM 1991, 1044 =BB 1991, 1078 =LM § 281 Nr. 11). 8 BGH, V.v. 10.3.1995, V ZR 7/94 (=NJW 1995,1737 =WM 1995,1147). S. ferner OLG Hamm, NJW-RR 1993,1366 und ausfiihrIich sogleich im 2. Kapitel. 9 Hierzu näher im 4. Kapitel. 10 Dazu allgemein Dubischar, JuS 1970, 6 ff.

3 Richter

34

Einleitung

gen am Vollzug des Kaufvertrages festhalten will. Aus diesem Grund werden etwa Fragen der Minderung ausfiihrlicher erörtert als solche der Wandlung: Eine vergleichbar "tendenziöse" Blickrichtung ergibt sich bei der Abhandlung des Verwendungsausgleichs. Da ein vormerkungswidriger Erwerber Verwendungen auf das betroffene Grundstück typischerweise im Eigeninteresse vornimmt, liegt hier ein besonderer Akzent der Darstellung. Da das sachenrechtliche, "dingliche", Vorkaufsrecht (§§ 1094 ff.) auf die Vormerkungsregeln verweist und das Verfügungsverbot (§§ 135 f.) mit der Vormerkung die Rechtsfolge der relativen Unwirksamkeit gemeinsam hat, sind auch Rechtsprechung und Schrifttum zu diesen Instituten angemessen in die Untersuchung einzubeziehen. Schließlich noch eine Bemerkung zum Thema "Anwartschaft": Die Frage, ob der Grundstückskäufer durch den Vollzug der Auflassung oder durch die Eintragung der Vormerkung eine Anwartschaft erlangt und welche Folgen dies hat, ist - namentlich im zweiten Fall - umstritten 11. Diese Untersuchung beschränkt sich auf die Zeit vor der Auflassung und behandelt deshalb die "Auflassungsanwartschaft" gar nicht. Die "Vormerkungsanwartschaft" wird eher knapp erörtert. Zu beiden Rechtsfiguren hat sich Rosien eingehend und überzeugend geäußert 12 . Eine neuerliche ausführliche Erörterung erscheint daher entbehrlich. 11. Zum Begriff der tatsächlichen Einwirkungen

Bezogen auf die bewirkte Wertveränderung können tatsächliche Einwirkungen auf eine Sache wertmindernd, werterhaltend und werterhöhend sein. Hinsichtlich der Sachidentität kann zwischen Einwirkungen unterschieden werden, die die Sachidentität unberührt lassen und solchen, die sie verändern. Die zuletzt genannten Einwirkungen werden hier auch als sachumgestaltende bezeichnet. Im Fall der wertmindernden Einwirkung spricht man meist von einer (Be-) Schädigung der Sache; der Eigentümer der Sache erleidet im allgemeinen einen Schaden. Ein Schaden im Sinne einer unfreiwilligen Vermögenseinbuße tritt dagegen nicht auf, wenn der Berechtigte die Wertminderung willentlich in Kauf nimmt, etwa, weil sie nur vorübergehender Natur ist. Beispielsweise liegt zwar

II Vgl. z.B. BaurlStürner, SachenR, 16/1992, § 3 II 3; Medicus, DNotZ 1990, 275 ff.; Dieckmann, FS Schiedermair, 1976, S. 93 ff. 12 Rosien, 1994, S. 146-169.

1. Kap.: Problemstellung

35

eine (vorübergehende) Wertminderung, aber kein Schaden vor, wenn der Eigentümer das auf seinem Grundstück stehende Haus abreißt, weil er ein neues, schöneres Gebäude errichten will. Für den Juristen sind nur die wertmindernden Einwirkungen von Interesse, die beim Rechtsinhaber einen Schaden hervorrufen, auch in dieser Arbeit werden nur wertmindernde schädigende Einwirkungen behandelt. Bei den schädigenden Einwirkungen ist im Rahmen des Schadensersatzrechts weiter nach dem Verschulden zu unterscheiden. Hat eine Person die Schädigung der Sache vorsätzlich oder fahrlässig verursacht, so haftet sie dem Eigentümer deliktisch nach § 823 Abs. 1 auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens. Desgleichen gilt im Rahmen von Sonderbeziehungen, insbesondere von Verträgen; nur wird hier die Haftung im allgemeinen auf den Tatbestand einer schuldhaften Pflichtverletzung ("positive Vertrags verletzung", pVV) gestützt. Ist der Schaden an der Sache ohne das Verschulden einer bestimmten Person eingetreten, so können dem Eigentümer gleichwohl Ersatzansprüche zustehen. Im Fall der Gefährdungshaftung, Z.B. nach § 7 StVG, ist die Schädigung zwar nicht verschuldet, aber doch einer bestimmten Person im weitesten Sinne zuzurechnen. Ist der Schaden durch ein Naturereignis entstanden, Z.B. durch einen Sturm oder einen Hagelschauer, so ist ein Schädiger nicht vorhanden; dem Eigentümer kann jedoch ein Wertersatzanspruch gegen ein Versicherungsunternehmen zustehen, wenn die Sache für derartige Schädigungen Versicherungsschutz genießt. Für den Bereich des Kaufrechts kann an dieser Stelle schon einmal auf den verschuldensunabhängigen Anspruch auf Minderung gemäß § 462 hingewiesen werden, der eingreift, soweit der Verschlechterungsschaden einem Sachmangel gleichzuachten ist 13 • Werterhaltende und werterhöhende Einwirkungen auf eine Sache werden durch den Begriff der Verwendungen gekennzeichnet. Verwendungen sind willentliche Vermögensaufwendungen, die (zumindest auch) einer Sache selbst zugute kommen, in dem sie sie wiederherstellen, erhalten oder verbessern sollen l4 . Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts l5 und der herrschenden Lehre l6 ist damit der Verwendungs begriff hinreichend umrissen; er erfaßt damit auch S. dazu im 2. Kapitel, I.l.b). So z.B. BGHZ 109, 179, 182 (=NJW 1990, 447); Palandt/Bassenge, 55/1996, Vor § 994 Rn 5. 15 RGZ 152, 100, 101 f. \J

14

36

Einleitung

sachverändernde Aufwendungen. Der Bundesgerichtshofl7 und ein Teil des Schrifttums l8 vertreten eine abweichende Auffassung: Aufwendungen, welche die Sache grundlegend veränderten, seien keine Verwendungen, weshalb etwa eine Ersatzleistung gemäß §§ 994 ff. für sachumgestaltende Maßnahmen ausscheide. Hier wird mit der überwiegenden Meinung im Schrifttum der weite Verwendungsbegriff für zutreffend erachtet l9 . Gleichwohl ist auf die Umgestaltungsaufwendungen - Verwendungen i.w.S. - auch im Hinblick auf eine etwaige Leistungsunmöglichkeit des Verkäufers gesondert einzugehen. Das Gesetz unterscheidet weiterhin zwischen notwendigen und anderen als notwendigen Verwendungen 2o • Die zweite Gruppe wird der Einfachheit halber allgemein mit dem Begriff "nützliche Verwendungen" umschrieben. Die werterhaltenden Einwirkungen werden dabei über den Begriff der notwendigen Verwendungen erfaßt. Notwendig sind Verwendungen dann, wenn sie objektiv erforderlich sind, um die Sache zu erhalten oder ordnungsgemäß zu bewirtschaften; die also Maßnahmen sind, die nicht nur den besonderen Zwekken des Verwenders dienen 2l . Hierbei kann man weiter unterscheiden zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen22 • Gewöhnliche Erhaltungsmaßnahmen sind solche, die regelmäßig wiederkehren, einschließlich der laufenden Beseitigung normalen Verschleißes. Typische Beispiele für gewöhnliche Erhaltungsmaßnahmen sind die regelmäßige Wartung des Kamins oder die Erneuerung einzelner, altersbedingt schadhaft gewordener Dachziegel bei einem Haus. Ist das Dach aber infolge eines Sturms teilweise abgedeckt worden, so ist die erforderliche Reparatur eine außergewöhnliche Erhaltungsmaßnahme.

16 S. StaudingeriGursky, 13/1993, Vorbem zu §§ 994-1003 Rn 5 ff., Rn 9; Soergel/Mühl, 12/1989, § 994 Rn 2; Haas, AcP 176 (1976), 1, 12 ff. je m.w.N.; ferner Müller, SachenR, 3/1993, Rn 581. 17 S. BGHZ 10,171, 177; 41,157, 160 m.w.N.; beide Entscheidungen betrafen das Bauen auf fremdem Boden. 18 Z.B. Westermann/Pinger, SachenR I, 6/1990, § 33 12; Palandt/Putzo, 55/1996, § 547 Rn 10. 19 Zur Begründung sei auf die überzeugende Argumentation bei Haas, AcP 176 (1976), 1, 14 f. sowie auf Staudinger/Gursky, 13/1993, Vorbem zu §§ 994-1003 Rn 7 ff. verwiesen. 20 Z.B. in den §§ 994 Abs. 1,996. Ein Verwendungsersatz gemäß §§ 994 ff. ist freilich ausgeschlossen, soweit der Tatbestand von § 950 erfiillt ist; so zutreffend Müller, SachenR, 3/1993, Rn 581; StaudingeriGursky, 13/1993, Vorbem zu §§ 994-1003 Rn 9. 21 So BGHZ 64,333,339. 22 S. etwa §§ 994 Abs. 1,2124.

1. Kap.: Problemstellung

37

Werterhöhende Einwirkungen auf die Sache fallen demgegenüber regelmäßig23 in die Kategorie der nützlichen Verwendungen. Hierher zählt beispielsweise der Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses, die Neugestaltung der Fassade oder die Anlage eines Gartenteiches. Auch beim Ersatz von Verwendungen können subjektive Elemente eine mehr oder weniger gewichtige Rolle spielen. Beim Ersatz von Aufwendungen, der grundsätzlich den Ersatz von Verwendungen miteinschließt, wird etwa allerdings objektivierend - darauf abgestellt, inwieweit der Verwender aus seiner Sicht die Maßnahmen fiir notwendig halten durfte 24 . Im Verhältnis zwischen unberechtigtem Besitzer und Eigentümer hängt der Umfang des Verwendungsersatzes davon ab, ob der Verwender hinsichtlich seines Besitzrechts in gutem Glauben war, also auf ein Besitzrecht vertraute, das ihn in bestimmtem Umfang zur Vornahme von Verwendungen legitimierte25 .

III. Die Grundkonstellation beim durch Eigentumserwerbsvormerkung gesicherten Kauf Bei den im Rahmen dieser Untersuchung zu diskutierenden Fällen geht es um folgende Standardsituation: Käufer A und Verkäufer B schließen einen Kaufvertrag über ein (Haus-) Grundstück. Der Erwerbsanspruch des Käufers wird durch die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch abgesichert. Zwischen Vertragsschluß und Erfüllung kann aus ganz unterschiedlichen Gründen eine längere Spanne Zeit vergehen. Zum Beispiel mag der Verkäufer daran interessiert sein, ein Gebäude noch fiir eine Übergangszeit weiter zu nutzen, der Käufer muß noch Finanzierungsfragen klären. Für die Zeitspanne können technische Gründe verantwortlich sein, etwa kann sich ein (zweiter) Notartermin fiir die Auflassung hinauszögern oder das Grundbuchamt ist überlastet. Schließlich kann der Kaufvertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen sein, die erst nach gewisser Zeit eintritt: Der Vater verkauft das Hausgrundstück gegen Zahlung einer Rente an den Sohn oder die Tochter unter der Bedingung, daß dieser einen bestimmten Beruf ergreift (z.B. sich als Anwalt zuläßt) oder eine BerufsqualifIkation erwirbt. 23 Zu Ausnahmen s. unten im 14. Kapitel, II.2.c). sowie Soergel/Huber, 12/1991, § 500 Rn 2. 24 In diesem Sinne etwa § 670, § 683 i.V.m. § 670, § 693. 25 S. dazu §§ 994, 996.

38

Einleitung

Bevor es nun zur Auflassung an den Käufer kommt, entschließt sich der Verkäufer - aus welchen Gründen auch immer - das Grundstück einem Dritten C zu verkaufen, läßt es diesem sogleich auf und übergibt es ihm. Dieser Dritte, der vormerkungswidrig (Erst-) Erwerbende, beginnt anschließend damit, das Grundstück bzw. seine wesentlichen Bestandteile in seinem Sinne zu verändern, indem er tatsächliche Einwirkungen der unter 11. beschriebenen Art vornimmt. Nach § 883 Abs.2 ist die Übereignung vom Verkäufer an den Ersterwerber insoweit unwirksam, als sie den vorgemerkten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Ist der vorgemerkte Anspruch dann fiiHig, kann der Käufer deshalb vom Verkäufer mit Aussicht auf Erfolg die (erneute) Übereignung des Grundstücks an sich selbst verlangen. Der vormerkungswidrige Ersterwerber muß gemäß § 888 Abs. 1 der erforderlichen Grundbuchänderung zustimmen. Außerdem muß er das Grundstück herausgeben. Bis es dahin kommt, kann wiederum einige Zeit verstreichen. Zwar kann der Käufer im Weigerungsfalle nach ganz überwiegender Auffassung in beliebiger Reihenfolge, also auch gleichzeitig, gegen den Verkäufer und den Ersterwerber vorgehen 26 , doch auch diese gleichzeitige Durchfilhrung zweier Prozesse kann Jahre dauern. Wegen dieser langen Zeitspanne zwischen Vertragsschluß und Durchsetzung des vorgemerkten Anspruchs stellt sich mit einiger Dringlichkeit die Frage nach der Behandlung der tatsächlichen Einwirkungen, und zwar je nach Blickrichtung in verschiedener Weise. Für den vormerkungsgesicherten Käufer geht es darum, das Grundstück als Kaufsache in den vertraglich ausdrücklich festgelegten oder in dem bei Vertragsschluß ersichtlichen bzw. zugrundegelegten Zustand zu erhalten. Deshalb wird er in erster Linie daran interessiert sein, vertragswidrige Einwirkungen möglichst von Anfang an zu unterbinden. Falls dies mißlingt, wird sein Bestreben dahin zielen, die Beseitigung der störenden Veränderungen oder den Ersatz des ihm dadurch entstandenen Schadens zu erreichen oder doch wenigstens den zu zahlenden Kaufpreis zu reduzieren. Falls die Schädigung durch eine Naturkatastrophe oder einen außerhalb der Dreiecksbeziehung stehenden Dritten verursacht wurde, wird er darauf hoffen, etwaige Wert- bzw. Schadensersatzansprüche bzw. das aus diesen Ansprüchen Erlangte gemäß oder entsprechend § 281 auf sich überleiten zu können.

26 St. Rspr., s. RGZ 53,28,31; 78, 71, 73; RG, JW 1927,1413,1414 m. zust. Anm. Raape, a.a.O., 1927; BayObLG, DNotZ 1922, 122; BGHZ 54,56,62; BGH, BB 1958, 1225; OLG Düsseldorf, OLGZ 1977,330,332.

1. Kap.: Problemstellung

39

Umgekehrt wird der Ersterwerber verlangen, daß ihm, wenn er das Grundstück schon herausgeben muß, wenigstens die nunmehr nutzlos gewordenen Aufwendungen auf das Grundstück oder seine wesentlichen Bestandteile ersetzt werden, dies um so mehr, als diese jetzt dem Käufer zugute kommen und jedenfalls aus seiner Sicht diesen bereichern. Es kann durchaus vorkommen, daß das, was dem Verwender als Werterhöhung erscheint, sich dem Käufer als Beeinträchtigung der Kaufsache darstellt, so daß sich eine Situation der "aufgedrängten Bereicherung" ergibt.

IV. Gang der Darstellung Im nachfolgenden 1. Teil werden zunächst die Rechtsfolgen tatsächlicher Einwirkungen im oben bestimmten Sinn von seiten des Verkäufers auf das bestehende vertragliche Verhältnis zum Käufer untersucht. Im daran anschließenden 2. Teil wird die Rechtsstellung des vormerkungsgeschützten Käufers gegenüber einem vormerkungswidrigen Erwerber unter die Lupe genommen, wenn dieser (oder auch ein außerhalb der bisher benannten Rechtsbeziehungen stehender Dritter) entsprechende tatsächliche Einwirkungen vornimmt.

l.Teil

Die Konsequenzen tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis des Käufers zum Verkäufer 1. Abschnitt

Die Inanspruchnahme des Verkäufers wegen (eigener) schädigender Einwirkungen auf das Grundstück oder seine wesentlichen Bestandteile 2. Kapitel

Die Käuferrechte bei vom Verkäufer unverschuldeter Verschlechterung und Zerstörung Die den Käufer schädigenden Einwirkungen auf das Kaufgrundstück können vom Verkäufer verschuldet sein, im Normalfall des Kaufs ist es indes häufiger, daß sich ohne dessen Verschulden der tatsächliche Zustand des verkauften Grundstücks verschlechtert hat. Weil zudem das kaufrechtliche Mängelgewährleistungsrecht grundsätzlich eine verschuldensunabhängige Inanspruchnahme des Verkäufers vorsieht, sollen zunächst die Folgen einer unverschuldeten Verschlechterung des Kaufgrundstücks untersucht werden. Methodisch wird dabei so verfahren, daß die im Zusammenhang mit diesem Einwirkungsfall, wie auch in den anderen Konstellationen tatsächlicher Einwirkungen auftretenden Fragen anhand eines typisierenden Beispiels erörtert werden. Dieses Vorgehen weist zumindest den Vorteil eines erhöhten Praxisbezuges auf. Naturgemäß kann und soll es nur um Verschlechterungen in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang gehen. Verschlechterungen vor dem Vertragsschluß fallen aus der Untersuchung heraus, weil eine Vormerkung erst mit Vertragsschluß, erst mit Begründung des zu sichernden Anspruchs entstehen kann und somit eine Verbindung zum zweiten Teil dieser Arbeit fehlte.

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung I Zerstörung

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Entsprechendes gilt fiir die Zeit nach dem Gefahrübergang, denn § 446 Abs. I legt eindeutig fest, daß ab diesem Zeitpunkt der Käufer das Risiko der zufälligen Verschlechterung bzw. des zuflilligen Untergangs der Kaufsache trägt. Hier nun jedoch der typisierende Beispielsfall: B verkauft dem A ein Villengrundstück. Um dem A die Finanzierung zu ermöglichen, soll das Grundstück erst in drei Monaten aufgelassen werden. Einige Tage nach Abschluß des notariellen Kaufvertrages steckt C die Villa in Brand. Das Feuer wird jedoch frühzeitig bemerkt und gelöscht, so daß die Villa nur beschädigt ist. C wird alsbald gefaßt, er ist jedoch völlig mittellos. B hatte das Anwesen bei der VVersicherung (freiwillig) gegen Feuerschaden versichert. Als A von allem erfährt, möchte er wissen, welche Rechte ihm gegenüber B zustehen. Da er die Villa ohnehin umbauen wollte, ist A daran interessiert, an dem Vertrag festzuhalten. A will auch wissen, ob er die Versicherungssumme von B oder von V herausverlangen könnte. Abwandlung: Welche Rechte hat A, wenn das Feuer unbemerkt bleibt, so daß die Villa bis auf wenige Grundmauern niederbrennt?

Anband dieses Beispiels wird im folgenden den Rechten des Grundstückskäufers gegenüber seinem Verkäufer nachgegangen. Dabei ist grundsätzlich entsprechend der prinzipiellen Unterscheidung des Schuldrechts zwischen Mängelgewährleistung und (Voll-) Unmöglichkeit - zwischen Verschlechterung und Zerstörung zu trennen.

I. Der Fall der für den Verkäufer zufälligen Verschlechterung Abstrakt betrachtet gibt es drei Möglichkeiten, die vertragliche Vereinbarung und die durch die Verschlechterung nachträglich geänderte Wirklichkeit einander anzupassen. Man kann den Vertrag an die geänderte Realität anpassen, wozu auch der Extremfall der Vertragsauflösung gerechnet werden kann. Diesen Weg geht das Gewährleistungsrecht der §§ 459 ff. Gleiches gilt, wenn man dem Käufer als zweite Variante einen Anspruch auf das infolge der Verschlechterung zugeflossene Surrogat fiir den Substanzverlust zubilligt. Beispielhaft steht hierfür der Anspruch aus § 281. Als dritte Möglichkeit kann man versuchen, die geänderte Realität wieder in Einklang mit der vertraglichen Vereinbarung zu bringen. Dieser - im Fall unbehebbarer Substanzänderung freilich aussichtslose - Weg wird beschritten, wenn dem Käufer ein Beseitigungs- bzw. Nachbesserungs-

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oder Nacherfiillungsanspruch gewährt wird. Mit diesen denkbaren drei Möglichkeiten des Rechtsschutzes ist der weitere Gang der Untersuchung schon fixiert. 1. Minderung, Wandlung, §§ 459,462

a) Anwendbarkeit Für die Klärung der Rechte des Käufers ist der Zeitpunkt des Gefahrübergangs das maßgebliche Datum. Nach diesem Datum ist der Käufer grundsätzlich auf die Sachmängelgewährleistungsrechte beschränkt; vor diesem Termin ist die Rechtslage sehr streitig, weil die §§ 459 ff. nach dem Gesetzeswortlaut noch nicht gelten und daher die allgemeinen Regeln frei anwendbar sein könnten. Beim Grundstückskaufregelt § 446 den Gefahrübergang. Nach § 446 Abs. 1 S. I geht die Gefahr im Zeitpunkt der Übergabe der Kaufsache, hier des Grundstücks, über. Erfolgt die Eintragung des Käufers als Eigentümer im Grundbuch bereits vor der Übergabe, so geht nach § 446 Abs. 2 die Gefahr schon zu diesem Zeitpunkt auf ihn über. In dem eingangs geschilderten typisierenden Beispiel ist demnach die Gefahr noch nicht übergegangen. Dies entspricht dem Fall, daß ein vormerkungswidriger Erwerber das Grundstück vor Geltendmachung des vormerkungsgeschützten Anspruchs verschlechtert, weil ja weder die Grundbuchumschreibung erfolgt ist noch der Vormerkungsberechtigte den unmittelbaren Besitz am Grundstück erlangt hat. Deshalb ist im folgenden zu dem Streit über das Verhältnis der Mängelgewährleistungsrechte zu den allgemeinen Regeln vor Gefahrübergang Stellung zu nehmen. aa) Der Meinungsstand zum Verhältnis der §§ 459 ff. zu den allgemeinen Regeln in der Zeit vor dem Gefahrübergang

Die wohl noch überwiegende Lehre hält die Mängelgewährleistungsvorschriften der §§ 459 ff. auch vor Gefahrübergang filr Sonderregeln, die die allgemeinen Regeln ausschließen I.

I Esser/Weyers, SchuldR BT, 7/1991, § 5113; Larenz, SchuldR 11/1, 13/1986, § 41 Ic; Palandt/Putzo, 55/1996, Vor § 459 Rn 2 f.; Staudinger/Honsell, 13/1995, Vor-

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Die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre gehen dagegen davon aus, daß die Gewährleistungsrechte "an sich" erst nach Gefahrübergang entstehen und folgert daraus, daß der Käufer bis zu diesem Zeitpunkt nach den allgemeinen Regeln vorgehen kann und muß 2 • Nach Treu und Glauben soll der Käufer aber berechtigt sein, die Gewährleistungsrechte schon vor Gefahrübergang geltend zu machen, wenn bereits sicher ist, daß bei Gefahrübergang ein Sachmangel vorliegen wird; sei es, weil der Mangel unbehebbar ist, sei es, weil der Verkäufer die Behebung des Mangels endgültig verweigert. Durch diese vorgezogene Geltendmachung der Gewährleistungsrechte wird der Geltungsbereich der allgemeinen Regeln nach Auffassung der Rechtsprechung aber nicht eingeschränkt, der Käufer soll besser gestellt werden3 . Folgt man dieser Rechtsprechung, so hat das fiir die hier zu erörternde Fallkonstellation folgende Konsequenzen: Führt die Verschlechterung zu einem unbehebbaren Mangel oder verweigert der Verkäufer von vornherein dessen Beseitigung, so kann der Käufer schon vor Gefahrübergang Minderung oder Wandlung verlangen bzw. einer Zahlungsaufforderung die Wandlungs- bzw. Minderungseinrede entgegenhalten. Daneben kann er bzw. muß er, wenn der Schaden behebbar ist und der Verkäufer die Beseitigung nicht von vornherein ablehnt, nach den allgemeinen Regeln vorgehen. Dabei ist wiederum zu differenzieren: Stellt sich heraus, daß der Verschlechterungsschaden doch unbehebbar ist, so hat der Käufer die Rechte aus § 323. In allen anderen Fällen kann er nach § 326 Abs. 1 vorgehen4, wenn die Voraussetzungen dieser Norm vorliegen. Dieser Hinweis auf an sich Selbstverständliches ist geboten, weil der kaufrechtliche Verschaffungsanspruch wohl nicht eben häufig vor Übergabe des Grundstücks Billig und einredefrei sein dürfte. Die Vereinbarung eines bestimmten Übergabetermins kann nämlich als Stundung oder wenigstens als pactum de non petendo gedeutet werden, mit der bem zu §§ 459 ffRn 17,31 ff.; Soergel/Huber, 12/1991, § 459 Rn 84, Vor § 459 Rn 183 m.w.N. - Ebenso aus der Rspr. OLG Hamm, NJW-RR 1993,1366. 2 BGHZ 34, 32, 34 (zu § 119 Abs.2); BGHZ 129, 103, 106 (zu §§ 323, 281); s. schon RGZ 66, 279, 281 f. (zu § 320) sowie BGHZ 10, 242, 248 f. (zu § 326 im Umkehrschluß); Brox, Bes. SchuldR, 20/1995, Rn 95; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 390; Erman, JZ 1960, 41, 42 f; ErmaniGrunewald, 9/1993, Vor § 459 Rn 11 ff., § 459 Rn 24 f; Jauernig/Vollkommer, 7/1994, § 459 Anm. IV. I. J So ausdrücklich BGHZ 34, 32, 37; bestätigt durch BGHZ 129, 103, 105 f. (=NJW 1995, 1737, 1738). Für die BefUrworter im Schrifttum z.B. Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 390. 4 S. BGH, WM 1984, 936, 938; RGRKlMezger, 12/1974, § 459 Rn 29; Erman, JZ 1960, 41, 42 f; wohl auch Peters, JZ 1978, 92, 94.

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Folge, daß der Verkäufer sich nicht in dem - von § 326 Abs. 1 vorausgesetzten - Verzug befindet. Welcher Art die Rechte aus § 323 sind, hängt grundsätzlich davon ab, in welche "Unmöglichkeitskategorie" man den unbehebbaren Mangel, bzw. die unbehebbare Verschlechterung einordnet. Stellt man sich auf den Standpunkt, die Lieferung einer unbehebbar mangelhaften Kaufsache sei im ganzen keine taugliche Erfilllung5 , so kommt man zur Annahme von Vollunmöglichkeit, was nach § 323 Abs. 1 und 3 zur Rückabwicklung des Vertrages nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen fUhrt. Für den Verkäufer ist diese Regelung günstiger als die Wandlung, die nach § 467 zur Rückabwicklung des Vertrages nach Rücktrittsrecht, §§ 346 ff., zwingt, weil ihm der Entreicherungseinwand aus § 818 Abs. 3 ermöglicht wird. Daneben kann der Käufer nach §§ 323 Abs.2, 281 vorgehen und einen erlangten Ersatz herausverlangen, bzw. die Abtretung des Ersatzanspruchs fordern; in diesem Fall bleibt er aber zur Gegenleistung verpflichtet. Die Rechtsstellung des Käufers wird dabei dadurch verbessert, daß er bei einem minderwertigen Ersatz (-anspruch) auch nur zu einer nach §§ 472, 473 ermäßigten Gegenleistung verpflichtet ist. Sollte der Ersatzanspruch höherwertiger sein als der geschuldete Kaufgegenstand, das Hausgrundstück, so ist aus dem Schweigen des Gesetzes zu schließen, daß dieser Vorteil dem nach §§ 323 Abs. 2, 281 vorgehenden Käufer zugewiesen sein soll. Nimmt man hingegen die Position ein, daß bei einer unbehebbar verschlechterten Spezieskaufsache die Lieferung zwar gegenständlich möglich ist, die Leistungsunfahigkeit sich also nur auf die vereinbarte Qualität beschränkt6, dann folgt daraus die Einordnung als qualitative Teilunmöglichkeit. Dies bedeutet, daß der Käufer, wenn er nach §§ 323 Abs. 1,3 vorgeht, grds. weiterhin die Kaufsache abnehmen muß, seine Gegenleistungspflicht aber nach § 323 Abs. 1 letzter Halbsatz i.V.m. §§ 472, 473 gemindert ist, wobei Zuvielleistungen wiederum nur nach Bereicherungsrecht über § 323 Abs. 3 zurückverlangt werden können. Nur bei Interessewegfall könnte er sich vom Vertrag lösen 7• Wegen dieser grundsätzlichen Abnahmepflicht und der bereicherungs5 Die Frage ist von Bedeutung bei der Zulassung des Wahlrechts zwischen dem kleinen und dem großen Schadensersatz bei §§ 463, 635. S. zu § 635 etwa BGHZ 27, 215 (=JZ 1959, 125, 126 m. Anm. Erman 126 f.). 6 In dieser Weise argumentiert etwa die h.M. im Zusammenhang mit der Rechtfertigung des Instituts der pVV gegenüber den Unmöglichkeitsregeln. Als Stichwort sei hier nur auf den sog. "engen, gegenständlichen" Unmöglichkeitsbegriffhingewiesen. 7 Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 323 Rn 9; OLG Ramm, NJW-RR 1993, 1366; instruktiv Scherner, JZ 1971, 533 ff.; vgl. ferner MKiEmmerich, 3/1994, § 323 Rn 49; wi-

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rechtlichen Abwicklung ist auch diese Variante filr den Käufer ungünstiger als die Minderungsregel in § 462. Auch bei der Klassifizierung der unbehebbaren Verschlechterung als qualitative Teilunmöglichkeit soll der Käufer nach §§ 323 Abs. 2, 281 vorgehen könnens. Die Rechtsprechung billigt dem Käufer durch die Erlaubnis, nach den allgemeinen Regeln vorzugehen, somit die folgenden zusätzlichen Rechte zu: Ist die vor Gefahrübergang entdeckte Verschlechterung behebbar, so kann der Käufer, soweit die Voraussetzungen - insbesondere Verzug des Verkäufers - vorliegen, nach § 326 Abs. I vorgehen und so zu einem Schadensersatzanspruch kommen. Ist die Verschlechterung nicht mehr behebbar, so kann der Käufer über §§ 323 Abs. 2, 281 Ersatzleistungen auf sich überleiten. Nach der wohl h.L. ist der Käufer auf die Mängelgewährleistungsrechte beschränkt. Ist die Verschlechterung unbehebbar, kann er diese schon vor Gefahrübergang nach Entdeckung geltend machen. Läßt sich die Verschlechterung beseitigen, muß er bis zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, der auch beim Grundstückskauf in aller Regel der Übergabezeitpunkt sein wird, abwarten, um die Verschlechterung als Mangel zu rügen. bb) Stellungnahme Als zentrales Argument filr die Anwendung der allgemeinen Regeln vor Gefahrübergang dient der Rechtsprechung der Umstand, daß die Gewährleistungsansprüche erst im Zeitpunkt des Gefahrübergangs entstehen9 • Sie stützt ihre Auffassung auf den Wortlaut von § 459 Abs. 110 und auf die Regelung des § 477 Abs. 111 • dersprüchlich hingegen SoergellWiedemann, 12/1990, § 323 Rn 55 bzw. 58: Soweit Wiedemann, a.a.O. Rn 55, prüfen will, ob die Teilunmöglichkeit die Durchführung des Gesamtvertrags in Frage stellt, bedeutet dies nichts anderes als die Prüfung des Interessewegfalls "von Amts wegen". 8 So StaudingerlOtto, 13/1994, § 323 Rn 48, auch MKiEmmerich, 3/1994, § 281 Rn 7. Angesichts des Wortlauts von § 323 Abs. 2: " ... Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes ... " ist dies freilich nicht unzweifelhaft. Da die Beschädigung gegenüber dem Untergang ein "Weniger" darstellt, läßt sich die Einbeziehung des "Beschädigungssurrogats" aber im Wege des Schlusses a maiore ad minus rechtfertigen. - Gegen die Anwendung von § 323 aber MKiEmmerich, 3/1994, § 323 Rn 14, im Anschluß an BGHZ 114, 34, 39: §§ 459 ff. als Sonderregeln für zufiillige nachträgliche Teilunmöglichkeit. 9 BGHZ 34,32,34; BGHZ 129, 103, 106; grdl. RGZ 53, 70, 73; 138,354,356. 10 BGHZ 34, 32, 34; BGHZ 129, 103, 106; RGZ 53, 70, 73; 138,354,356. 11 RGZ 53, 70, 73.

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Nach dem Wortlaut des § 459 Abs. 1 beginnt die Haftung mit dem Gefahrübergang, weil sie sich auf das Vorhandensein von Mängeln zu diesem Zeitpunkt gründet. Nach § 477 Abs. I beginnt die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche mit der Ablieferung bzw. Übergabe des Kaufgegenstandes zu laufen. Da die Verjährung gern. § 198 grundsätzlich (frühestens) mit der Entstehung des Anspruchs beginnt, läßt sich auch daher folgern, daß die Gewährleistungsansprüche erst zu diesem Zeitpunkt entstehen. Diese Schlußfolgerung ist freilich nicht zwingend, denn es läßt sich § 477 Abs. 1 nicht entnehmen, ob die Regelung an den Grundtatbestand des § 198 anknüpft oder ob sie - wie etwa § 201 - den Beginn der Verjährungsfrist auf einen Zeitpunkt nach dem Entstehen des Anspruchs festlegen will. Das Schweigen des Gesetzgebers im Rahmen der Regelung des § 477 Abs. 1 dürfte aber der Auffassung der Rechtsprechung recht geben. Gesteht man der Rechtsprechung zu, daß die Gewährleistungsansprüche erst mit dem Gefahrübergang gegenwärtig entstehen, so muß aber andererseits bedacht werden, daß der "Rechtsboden" für diese Ansprüche bereits mit dem Vertragsschluß, mit der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung gelegt worden ist. Mit dem Vertragsschluß "entstehen" diese Ansprüche als künftige, d.h. aufschiebend - durch das Vorhandensein von Mängeln - bedingte und aufschiebend - auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs - befristete. Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Gewährleistungsrechten Vorwirkungen beizumessen l2 . Es kommt hinzu, daß das Abstellen auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs vom Gesetzgeber als bewußte Erweiterung der damals geltenden Verkäuferhaftung gedacht war. Nach gemeinem Recht haftete der Verkäufer nur für Mängel, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhanden waren 13 . Die Gefahr des Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung ging bereits zu diesem Zeitpunkt auf den Käufer über: "perfecta emptione periculum est emptoris" 14. Dieser frühe Gefahrübergang wurde als unbefriedigend empfunden IS und deshalb - entsprechend dem synallagmatischen Prinzip - grundsätzlich auf den Wechsel in der Sachherrschaft verlagert. Die damit im Rahmen der Sachmän12 Ähnlich schon Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 184; s. auch Larenz, SchuldR 1111, 13/1986, § 41 Ic. \3 S. Mugdan 11, S. 124 m.w.N. (=Motive 11, S. 225 f.). 14 S. dazu Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 446 Rn 12. 15 Mugdan 11, S. 113 f. (=Motive 11, S. 206): " ... widerstrebt... der Natur der vertragsmäßigen gegenseitigen Verbindlichkeiten ... ".

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gelgewährleistung einhergehende Haftungserweiterung war dem Gesetzgeber bewußt und von ihm gewolle 6 • Daher kann es schwerlich als Wille des Gesetzgebers angenommen werden, daß für Mängel und Verschlechterungen, die in der Zeit zwischen Vertrags schluß und Wechsel in der Sachherrschaft entstehen, der Verkäufer vorrangig nach den allgemeinen Regeln haften sollte, wenn diese sonst durch die §§ 459 ff. als Sonderregeln verdrängt werden. Mit der unbeschränkten Zulassung der allgemeinen Rechtsbehelfe vor Gefahrübergang werden zudem die Wertungen der spezielleren §§ 460, 461 unterlaufen, was sich besonders deutlich im Fall der Irrtumsanfechtung nach § 119 Abs. 2 zeigt17. Außerdem werden die Käuferrechte vom Zufall des Zeitpunkts der Entdeckung des Mangels abhängig, nämlich davon, ob der Käufer die Möglichkeit hat und auch nutzt, den Mangel vor Gefahrübergang zu entdecken 18 • Im Ergebnis sprechen die besseren Gründe für die grundsätzliche Verdrängung der allgemeinen Rechtsbehelfe durch die §§ 459 ff. b) Voraussetzungen Nach § 462 kann der Käufer, wenn der Kaufgegenstand Sachmängel aufweist, wandeln oder mindern. Im Beispielsfall ist der Käufer nicht an einer Wandlung interessiert; er möchte unbedingt das Grundstück erwerben. Ein vergleichbares Interesse kann auch grundsätzlich dem vormerkungsgeschützten Käufer unterstellt werden, denn unabhängig davon, wie weit man die Schutzwirkung der Vormerkung ausdehnt, dokumentiert schon der Gebrauch dieses Sicherungsmittels als solchem ein gesteigertes Interesse am Erwerb dieses Grundstücks. Daher darf sich die weitere Untersuchung mit Recht auf die Frage konzentrieren, ob der Käufer (im Beispiel der A) Minderung verlangen kann. Da die Voraussetzungen gleich sind, haben die nachfolgenden Ausfiihrungen aber auch für die Wandlung Gültigkeit. Gern. § 462 kann der Käufer Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) verlangen wegen eines Mangels, den der Verkäufer nach den §§ 459, 460 zu vertreten hat. Nach § 465 ist die Minderung vollzogen, wenn der Verkäufer sich auf Verlangen mit ihr einverstanden erklärt hat. Vgl. Mugdan 11, S. 124 (=Motive 11, S. 225). S. dazu statt aller Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 185 m.w.N. 18 Ebenso Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 185 m.N. Ferner in diesem Sinn OLG Hamm, NJW-RR 1993, 1366. Vgl. auch schon Flume, Eigenschaftsirrtum, 1948, S.134. 16

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aa) Mangel

Die Verschlechterung des Grundstücks muß folglich einen Mangel i.S. dieser Vorschriften darstellen. Der Begriff des Sachmangels umfaßt Fehler der Kaufsache sowie das Fehlen zugesicherter Eigenschaften 19. Nach dem heute ganz herrschenden subjektiven (konkreten) FehlerbegriffO ist ein Fehler jede, dem Käufer ungünstige, nicht unerhebliche Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit von der im Vertrag vereinbarten oder zugesicherten Beschaffenheit21 . Unter Zugrundelegung dieser Begriffsbestimmung ist jede die Erheblichkeitsschwelle22 des § 459 Abs. 1 S. 2 überschreitende Verschlechterung des Grundstücks gegenüber dem vertraglich geschuldeten Zustand zugleich ein Fehler i.S.v. § 459 Abs. 1. Auf die Erheblichkeitsschwelle kommt es nicht an, wenn der bestimmte, jetzt verschlechterte Zustand Gegenstand einer Zusicherung des Verkäufers war3 . In unserem Beispiel der brandgeschädigten Villa ist ein Fehler i.S. des Gewährleistungsrechts unproblematisch zu bejahen, wenn der Verkauf eines Hausgrundstücks vereinbart worden ist. Der Schaden am Haus ist zugleich Mangel der Kaufsache "Hausgrundstück,,24.

S. statt aller Palandt/Putzo, 55/1996, § 459 Rn 1. Grundlegend RGZ 135, 339, 342 ("Ruisdael"); 161, 330, 334 f. ("Venusberg"); BGHZ 16, 54, 55 ("Ultraschallgerät"); aus der Literatur Flurne, Eigenschaftsirrtum, 1948, S. 109 ff.; Larenz, SchuldR 11/1, 13/1986, § 41 Ia; Esser/Weyers, SchuldR BT, 7/1991, § 5 11 1; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 236 ff., 251a; Medicus, BR, 17/1996, Rn 324,332; umfassende Schrifttumsnachweise bei Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 20 ff. Einen subjektiv-objektiven Fehlerbegriff vertreten Enneccerus/Lehmann, SchuldR, 15/1958, § 108 11 1; Fikentscher, SchuldR, 8/1992, § 70 11 2a, Staudinger/Honsell, 13/1995, § 459 Rn 18; MKlHP.Westermann, 3/1995, § 459 Rn 8 ff.; zu Recht krit. SoergellHuber, 12/1991, Vor § 459 Rn 31. Der von Haymann, RG-Festgabe III, 1929, S. 317 ff. entwickelte objektive Fehlerbegriff wird heute nur noch vereinzelt im Schrifttum vertreten, z.B. von Knöpfte, NJW 1987, 801; weitere Nachweise bei Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 32 Fn.50. 21 S. Soergel/Ballerstedt, 10/1967, Vor § 459 Rn 11; weitere Formulierungen aus der Rechtsprechung bei Soergel/Huber, 12/1991, § 459 Rn 22. 22 Vgl. dazu MKlHP. Westermann, 3/1995, § 459 Rn 26 f.; Soergel/Huber, 12/1991, § 459 Rn 77. 23 Dies ergibt sich schon aus der inneren Systematik von § 459. 24 S. BGHZ 114,34,36; auch BGHZ 129, 103, 106; OLG Hamm, NJW-RR 1993, 1366; aus dem Schrifttum zur Vormerkung Rosien, 1994, S. 215. 19

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bb) Im Zeitpunkt des Gefahrübergangs

Nach § 459 Abs. 1 muß der Mangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegen. Nach den oben unter a) gewonnenen Erkenntnissen kommt eine vorgezogene Geltendmachung der Gewährleistungsrechte nur in Betracht, wenn der Mangel unbehebbar ist oder seine Beseitigung vom Verkäufer verweigert wird. Auf den Ausgangsfall angewendet bedeutet dies, daß der Käufer das Minderungsverlangen erst mit Übergabe des Grundstücks geltend machen kann, sofern der Brandschaden nicht bis dahin vom Verkäufer beseitigt wurde. Dieser Zwang zum Abwarten hat seinen guten Sinn und ist dem Käufer zumutbar. Der Verkäufer erhält dadurch die Möglichkeit, den Schaden bis zum Gefahrübergang zu beseitigen. Überdies ist der Käufer regelmäßig erst nach Übertragung der Sachherrschaft in der Lage, Art und Umfang der Mängel, die Gebrauchstauglichkeit des Kaufgegenstandes sowie den Erfolg etwaiger Beseitigungsmaßnahmen des Verkäufers festzustellen, um sich über den am besten geeigneten Rechtsbehelf klar zu werden. Der Zwang zum Abwarten bietet daher auch einen Schutz vor Übereilung.

ce) Keine Kenntnis des Käufers vom Mangel, § 460

Der Ausschlußtatbestand des § 460 greift in unserer Situation nicht ein, weil die Verschlechterung und damit der Mangel erst nach Vertragsschluß entstanden ist. Die Voraussetzungen der Minderung bzw. der Wandlung sind somit erfliHt. c) Rechtsfolge aa) Minderung

Rechtsfolge der Minderung ist die Herabsetzung des Kaufpreises in dem Verhältnis, "in welchem zur Zeit des Verkaufs der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Werte gestanden haben würde" (§ 472). Danach bedeutet Minderung eine Vertragsanpassung mit dem Zweck, die durch die Fehlerhaftigkeit des Kaufgegenstandes hervorgerufene Störung des Äquivalenzverhältnisses zu beheben 25 . Dies ist etwas anderes als Schadenser25 Zum Äquivalenzgedanken auch Peters, BB 1983, 1951 ff.; zu dessen Bedeutung im Rahmen des Streits zwischen Nichterfiillungs- und Gewährleistungstheorie Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 171. 4 Richter

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satz, der der Beseitigung oder dem Ausgleich eines Schadens dient. Bei der Minderung ist die Mängel- und insoweit auch die Schadensbeseitigung dem Käufer zugewiesen, der zum Ausgleich dafiir nur den Kaufpreis fiir die mangelhafte Sache entrichten muß. Weil dem Käufer im Rahmen der Minderung die Schadensbeseitigung als eigene Aufgabe zugeordnet ist, kann er im Rahmen dieses Rechtsbehelfs weder Ersatz des entgangenen Gewinns (§ 252) im Falle der Weiterveräußerung noch Ersatz fiir entstandene Schäden an seinen sonstigen Rechtsgütem sowie fiir Vermögenseinbußen infolge vertaner Aufwendungen verlangen26 • (1) Feststellung des geminderten Kaufpreises

Die Feststellung des geminderten Kaufpreises ist trotz den scheinbar eindeutigen Anweisungen des § 472 mit Schwierigkeiten verbunden, weil zwei der drei rur die Ermittlung nötigen Werte, nämlich der fiktive wahre Wert der Kaufsache und der wahre Wert der mangelhaften Sache, nur mit oder ohne sachverständige Hilfe geschätzt werden können 27 • Nach dem oben Ausgeruhrten kann der geminderte Kaufpreis grundsätzlich nicht durch den Abzug der Mängelbeseitigungskosten vom geschuldeten Kaufpreis erfolgen 28 . Eine dahingehende Praxis 29 stünde nicht im Einklang mit dem Gesetz und wäre vom Ergebnis her nur in dem Fall zu rechtfertigen, daß der geschuldete Kaufpreis mit dem fiktiven Warenwert der mangelfreien Sache (Sollwert) übereinstimmt und der Marktwert (Verkehrswert) der fehlerhaften Sache gerade der um die Mängelbeseitigungskosten geminderte Sollwert iseo. Dieser Gedanke findet seinen Niederschlag auch in der nach § 472 "relativen" Berechnungsmethode rur den geminderten Kaufpreis; s. dazu MKlHP. Westermann, 3/1995, § 472 Rn 5; SoergellHuber, 12/1991, § 472 Rn 9. 26 Zur Differenzierung nach diesen Schadensarten ausruhrlich Huber, AcP 177 (1977), S. 281, 286 ff. 27 Dazu ausführlicher Peters, BB 1983, 1951 ff. Anschaulich zur Berechnung des Minderungsbetrages Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 340 ff. 28 So auch Erman/Weitnauer, 8/1989, § 472 Rn 5; MKlHP.Westermann, 3/1995, § 472 Rn 8 m.w.N.; Peters, BB 1983, 1951, 1952; grds. auch StaudingeriHonsell, 13/1995, § 472 Rn 8; a.A. BGH, JR 1962, 58 m. Anm. Ostler. 29 Vgl. aber Palandt/Putzo, 55/1996, § 472 Rn 8 und BGH, JR 1962, 58. 30 S. BGH, WM 1991, 1593; Erman/Grunewald, 9/1993, § 472 Rn 5; MKlHP. Westermann, 3/1995, § 472 Rn 8. Nicht selten wird der Marktwert der fehlerhaften Sache unter Hinweis auf die Verkehrsauffassung mit dem um die Reparaturkosten geminderten Kaufpreis gleichgesetzt, so etwa RGRKlMezger, 12/1974, § 472 Rn 2; Soergel/Huber, 1111986, § 472 Rn 20 - enger jetzt aber in 12/1991, § 472 Rn 13.

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Im Regelfall wird man allerdings davon ausgehen müssen, daß der Marktwert der fehlerhaften Sache nicht dem um die Mängelbeseitigungskosten geminderten Marktwert der fehlerfreien Sache entspricht. Geht etwa durch die Mängelbeseitigung der "Schmelz des Neuen" verloren, so geht die Wertminderung im Zweifel über die Mängelbeseitigungskosten hinaus. Bei Speziessachen bleibt die Wertminderung unter Umständen wegen der Einzigartigkeit der Sache hinter den Mängelbeseitigungskosten zurück. Insbesondere bei Gebäudegrundstücken ist das naheliegend, wenn etwa ein Lagevorteil so wichtig ist, daß das Vorhandensein von Mängeln (in bestimmtem Umfang) von Geschäftsverkehr vernachlässigt wird3l . (2) Kostenlast für die Ermittlung des geminderten Kaufpreises Für den minderungsberechtigten Käufer ist bedeutsam, wer die Kosten der Ermittlung des geminderten Kaufpreises zu tragen hat. Diese Frage ist umstrittenn. Für eine Kostenlast des Verkäufers hat sich Huber ohne nähere Begründung und unter Berufung auf eine Entscheidung des Reichsgerichts ausgesprochen 33 • Harm Peter Westermann hält die Kosten der Minderwertfeststellung für Rechtsverfolgungskosten, die der Käufer nur bei Vorliegen einer besonderen 31 Peters, BB 1983, 1951, 1953 will in den Fällen, in denen die Mängel nicht oder nicht deutlich genug auf den Verkehrswert der Sache durchschlagen, die Mängel - negativ - bewerten und vom Kaufpreis absetzen, um den Käufer nicht rechtlos zu stellen. Dieses Verfahren ist jedoch mit der gesetzlichen Regelung schwerlich vereinbar. - AbI. auch MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 472 Rn 5. 32 Ausfiihrlich dazu auch Thomczyk, VuR 1990,73 ff. 33 Soergel/Huber, 12/1991, § 472 Rn 11 unter Berufung aufRG, JW 1931,3270. Die Entscheidung des RG stützt entgegen dem falsch formulierten dritten Leitsatz die Auffassung Hubers jedoch nicht. In dem reichsgerichtlich entschiedenen Fall war unklar, ob der klagende Käufer sein Rückzahlungsverlangen auf Minderung oder Schadensersatz (§ 463) stützte. Miteingeklagt waren die Kosten eines Sachverständigengutachtens zur Mängelfeststellung (Schwammbefall des Hauses). Im Urteil heißt es dazu (auf S 3270 unter 1.): "Stellt dagegen der Hauptanspruch den Minderungsanspruch dar, so kann nicht der Nebenanspruch [auf Erstattung der Gutachterkosten - Erg. des Verf.], der mit einem Minderwert des Hauses nichts zu tun hat, als Schadensersatzanspruch auf Grund des § 463 S. 2 BGB zuerkannt werden, da die KI. nur entweder Minderung oder Schadensersatz fordern, nicht aber ihre Ansprüche teils aus § 462 BGB, teils aus § 463 S. 2 BGB ableiten darf. Ob neben dem Minderungsanspruch der Nebenanspruch aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 823 Abs. 2 LV.m. § 263 StGB, § 826 BGB) als Schadensersatzanspruch begründet sein könnte, ist nicht zu untersuchen."

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Anspruchsgrundlage - z.B. eines Kostenfestsetzungsbeschlusses LV.m. § 91 ZPO - ersetzt verlangen könne 34 . Peters hält diese Kosten wie Westermann für Rechtsverfolgungskosten, meint aber, daß auch die SchadensersatzansprUche des Gewährleistungsrechts trotz der elektiven Konkurrenz neben der gewählten Minderung zu deren Ersatz führen 35 • Die Auffassung von Peters ist abzulehnen, weil sie den Grundsatz der elektiven Konkurrenz, der in den §§ 462,463,480 ausdrücklich geregelt ist, einfach beiseite schiebe6 • Dieser Grundsatz mag zu Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten insbesondere beim Wechsel von den ädilizischen Rechtsbehelfen (WandlunglMinderung) zum Schadensersatz führen 37 , dies rechtfertigt jedoch nicht ein völliges Ignorieren des Gesetzeswortlauts. Im Rahmen des sogenannten "kleinen" Schadensersatzes bei §§ 463, 480 erlangt der Käufer neben dem Ersatz der Schadensfeststellungskosten auch den Ersatz der Wertminderung (merkantiler oder technischer Minderwert) oder der Mängelbeseitigungskosten38 • Liegen die Voraussetzungen des Schadensersatz34 MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 472 Rn 8; Staudinger/Honsell, 13/1995, § 472 Rn 9; Erman/Grunewald, 9/1993, § 472 Rn 6.

35 Peters, BB 1983, 1951, 1953; in diese Richtung auch MKlH.P.Westermann, 3/1995, § 465 Rn 3, 16 m.w.N. 36 Dagegen bereits RG, JW 1931, 3270; s. ferner Erman/Grunewald, 9/1993, § 463 Rn 18; Soergel/Huber, 12/1991, § 465 Rn 23 f. m.w.N. 37 Dazu ausführlicher MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 465 Rn 16 ff. und Jakobs, JuS 1974, 341 ff. - Der Käufer kann sich im übrigen dadurch helfen, daß er sich die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche vorbehält; dazu Soergel/Huber, 12/1991, § 465 Rn 25. Vgl. auch BGH, NJW 1990,2680 f. Soweit eine freiwillige Wandlungs- bzw. Minderungsvereinbarung nach § 465 zustandegekommen ist, kann dem Käufer, der nachträglich erkennt, daß er einer arglistigen Täuschung zum Opfer gefallen ist, wegen des vergleichsähnlichen Charakters der Vereinbarung nach § 465 mittels der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage der Übergang zum Schadensersatzanspruch ermöglicht werden. Im Rahmen der einredeweisen Geltendmachung der Sachmängelgewährleistung gegenüber der Kaufpreisklage des Verkäufers wird der Käufer - wenn man nicht eine unspezifizierte Mängeleinrede zuläßt - nur auf die Alternativen Wandlung/großer Schadensersatz oder Minderunglkleiner Schadensersatz festgelegt, denn er muß nur entscheiden, ob er die Sache zurückgeben oder behalten will. Wegen des Charakters der Einrede als Verteidigungsmittel können aus ihrer Geltendmachung zwar Rückschlüsse auf die "Angriffsrichtung" (Vertragsauflösung oder -anpassung), nicht aber auf die "Angriffstiefe" des gewährleistungsberechtigten Käufers gezogen werden. In diesem Sinne auch MKlH.P. Westermann, a.a.O., Rn 17 f. mit ausführlicherer Begründung; sowie Erman/Weitnauer, 8/1989, Vor § 459 Rn 55a. Aus der Rechtsprechung s. RGZ 147, 390, 393; BGHZ 29,148,156 f. 38 Kleiner Schadensersatz und Minderung stehen - ebenso wie großer Schadensersatz und Wandlung - in einem Stufenverhältnis des Mehr/Weniger zueinander, so auch

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung 1 Zerstörung

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anspruchs aus §§ 463, 480 vor, so ist dem Käufer zu diesem Anspruch zu raten; liegen die Voraussetzungen nicht vor, dann kann auch neben der Minderung nicht Schadensersatz filr die Minderwertfeststellung nach diesen Vorschriften gewährt werden 39 • Auch die Auffassung von Huber kann nicht überzeugen. Die Kosten der Mängelfeststellung können dem Verkäufer nur auferlegt werden, wenn ihn eine entsprechende Untersuchungspflicht trifft oder eine Erstattungsregelung vorhanden ist. Beides ist nicht der Fall. Eine Erstattungsregelung ist nicht vorhanden und kann auch nicht in einer analogen Anwendung des § 467 S. 2 gefunden werden40 • Bei der Vorschrift handelt es sich der Sache nach um eine Schadensersatzregelung41 , die dem verschuldensunabhängigen Wandlungs- bzw. Minderungsrecht wesensfremd ist. Daher fehlt es schon an einer Regelungslücke. Außerdem werden die Mängelfeststellungskosten im Rahmen der Wandlung vom Regelungsbereich dieser Vorschrift gar nicht erfaßt. Die Kosten der Mängelfeststellung sind solche zur Vorbereitung der Rückabwicklung des Kaufvertrages. § 467 S.2 bezieht sich hingegen nach Wortlaut und Systematik allein auf die Kosten des Abschlusses und der Durchführung des Kaufvertrages42 • Ein weitergehender Wille des Gesetzgebers 43 hat im Wortlaut der Regelung keinen Niederschlag gefunden44. Soergel/Huber, 1111986, § 465 Rn 14, weniger deutlich allerdings in 12/1991, § 465 Rn 24. 39 Die Kosten der Feststellung der Mängel und des Minderwerts können kaufrechtlich allerdings neben §§ 463, 480 auch über einen Anspruch aus sPV (pVV) als "Mangelfolgeschaden" ersetzbar sein. Dieser Anspruch steht nicht im Verhältnis elektiver Konkurrenz zur Wandlung oder Minderung; s. Soergel/Huber, 12/1991, § 465 Rn 31 m.N.; ebenso z.B. BGHZ 77,215,217. - Nach BGH, NJW 1978, 2241, 2242 sollen die Mängelfeststellungskosten aber Reparaturkosten sein und deshalb ein über sPV nicht ersetzbarer "Mangelschaden"; hiergegen jedoch zutreffend Soergel/Huber, 12/1991, § 463 Anh. Rn 39. 40 S. z.B. Jauernig/Vollkommer, 7/1994, § 467 Anm. Ib. 41 BGH, WM 1985, 467, 468 (=NJW 1985, 2697); ErmanlWeitnauer, 8/1989, § 467 Rn 9; MKlHP. Westermann, 3/1995, § 467 Rn 10; Soergel/Huber, 12/1991, § 467 Rn 103 m.w.N. 42 Wie hier BGHZ 87, 104, 109 ("Dachziegel"); speziell zu den Kosten der Mängelfeststellung OLG Karlsruhe, NJW 1986, 2579; OLG Koblenz, NJW-RR 1989, 336, 337; MKlHP.Westermann, 3/1995, § 467 Rn 10; Soergel/Huber, 12/1991, § 467 Rn 113; StaudingeriHonsell, 13/1995, § 467 Rn 35. - A.A. OLG Braunschweig, Recht 1914, Nr. 758; LG Nümberg-Fürth, MDR 1982, 668; Roussos, BB 1986, 10, 14; JauerniglVollkommer, 7/1994, § 467 Anm. 3b cc; Müller, SchuldRBT, 1990, Rn 310; Thomczyk, VuR 1990,73,74 f m.w.N. 43 Vgl. Mugdan 11, S. 127, 155 f (=Motive II, S. 230, 282). 44 S. BGHZ 87, 104, 107 f, 109 m.w.N.

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Dem Verkäufer, der nicht Hersteller ist, obliegt auch keine allgemeine Untersuchungspflicht hinsichtlich der Mängelfreiheit der Kaufsache45 . Soweit in AusnahmeflilIen Untersuchungspflichten bejaht werden - z.B. beim Vorliegen eines Handelsbrauchs, einer Verkehrsübung oder wegen der besonderen Sachkunde eines Fachhändlers46 -, ist es durchaus zweifelhaft, ob diese Pflichten den Zweck haben, den Käufer vor diesem Schaden - Vermögenseinbuße wegen der Untersuchungskosten - zu bewahren. Die Untersuchungspflichten sind in aller Regel vertragliche Schutzpflichten, d.h. in das Vertragsrecht inkorporierte deliktische Verkehrssicherungspflichten, die Drittrechtsgüter des Käufers schützen sollen, nicht aber allgemein dessen Vermögen47 • Daraus ergibt sich, daß die Kosten der Feststellung des Minderpreises Kosten der Rechtsverfolgung sind und der Käufer aus dem Minderungsrecht selbst keinen Anspruch auf deren Ersatz hat. Das Ergebnis ist für den Käufer, der die Störung des Äquivalenzverhältnisses nicht zu verantworten hat, unbefriedigend, muß aber de lege lata hingenommen werden. Andererseits ist zu bedenken, daß in diesen Fällen eine schuldhafte Verursachung des Mangels seitens des Verkäufers nicht vorliegt. Das Ergebnis relativiert sich im übrigen, weil dem Käufer in zweierlei Weise Abhilfe geschaffen werden kann: Geht der Verkäufer freiwillig auf die Minderung ein, so besteht die Möglichkeit einer teilweisen Kostenerstattung im Rahmen dieser Vereinbarung. Kommt es zum Rechtsstreit, so kann die Klage auf Teilrückzahlung des Kaufpreises bzw. auf teilweise Befreiung von der Kaufpreisschuld mit zunächst unbeziffertem Antrag gestellt werden, §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 287 Abs. 2 ZP048 . 45 St. Rspr, s. bereits RG, JW 1910, 748, 749 ("Gymnastikgerät"); RGZ 125,76, 78 ("chromhaltiger Schrott"); BGH, NJW 1968, 2238, 2239 (=WM 1968, 1249, "Dieselkraftstoff'); ausfiihrliche Rechtsprechungsnachweise bei Staudinger/Köhler, 13/1995, § 433 Rn 136 und Soergel/Huber, 12/1991, § 433 Anh. I Rn 98 Fn. 35. 46 Etwa RGZ 125,76,78; s. auch BGH, NJW 1968, 2238, 2239; weitere Nachweise bei Soergel/Huber, 12/1991, § 433 Anh. I Rn 100 ff.; Staudinger/Köhler, 13/1995, § 433 Rn 136 f. 47 Insoweit wäre dann eine Haftung aus sPV (pVV) begründet. Vgl. auch § 3 ProdHG und zur Produzentenhaftung nach §§ 823 ff. PalandtlThomas, 55/1996, § 823 Rn 201 ff. 48 In diesem Sinne beiläufig BGH, JZ 1972, 319 und BGHZ 77,320,326; aus dem Schrifttum Soergel/Huber, 12/1991, § 462 Rn 65; StaudingeriHonsell, 13/1995, § 465 Rn 17; Enneccerus/Lehmann, SchuldR, 15/1958, § 110 I 2b; SteiniJonas/Leipold, ZPO, 20/1985, § 287 Rn 22; mit (verfehlter) schadensersatzrechtlicher Begründung auch MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 465 Rn 10. - A.A. RGRKlMezger, 12/1974, § 472 Rn 2, der eine Schätzung nach § 287 ZPO fiir unzulässig hält, ohne jedoch zwischen § 287 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO zu differenzieren. Mezger ist insoweit recht zu geben als die Schätzung nicht "frei" sein darf, sondern an

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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Im Rahmen der Beweisaufnahme prüft das Gericht dann das Vorhandensein und den Umfang der Mängel. Ist die Minderung berechtigt, entgeht der Käufer auf diese Weise der Gefahr, wegen eines überhöht angesetzten Minderungsbetrages eine Teilklageabweisung hinnehmen zu müssen. bb) Wandlung

Der Vollständigkeit halber seien hier auch die Rechtsfolgen der Wandlung angesprochen. Nach § 467 S. 1 erfolgt die Rückgängigmachung des Kaufs nach Maßgabe der Vorschriften des vertraglichen Rücktrittsrechts, §§ 346 fI., wobei sich die Verweisung auf die zur Anwendung geeigneten Vorschriften beschränkt. Im übrigen ist der Verkäufer nach der bereits angesprochenen Vorschrift des § 467 S. 2 zum Ersatz der Vertragskosten verpflichtet. Darunter fallen die Kosten des Abschlusses und der DurchfUhrung, der "Verwirklichung", des Vertrages, nicht aber - wie oben ausgefiihrt - die Kosten der Rückabwicklung des Vertrages einschließlich der Mängelfeststellungskosten. d) Ergebnis (Unverschuldete) Verschlechterungen eines verkauften Grundstücks bzw. seiner wesentlichen Bestandteile in der Phase zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang sind Fehler i.S.v. § 459 Abs. 1, mit der Folge, daß der Käufer ab dem Gefahrübergang Minderung oder Wandlung verlangen kann. Entdeckt der Käufer die Verschlechterung schon vor Gefahrübergang, so kann er - entgegen der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur - nicht nach den allgemeinen Regeln vorgehen und etwa die Rechte aus §§ 326, 323 geltend machen. Die allgemeinen Regeln werden durch die Sondervorschriften in ihrem Anwendungsbereich auch vor dem Gefahrübergang verdrängt. Auf der Rechtsfolgenebene hat die Wahl der Minderung, wie im Beispielsfall, fiir den Käufer die Konsequenz, daß er das brandgeschädigte Haus auf eigene Kosten reparieren muß. Zum Ausgleich braucht er nur einen geminderten

die Regelung in § 472 gebunden ist, so zutreffend Jauernig/Vol/kommer, 7/1994, § 472 Anm.2a. Grds. abI. Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPR, 15/1993, § 97 II 3b (2); MKlLüke, ZPO, 1992, § 253 Rn 125 ff.

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Kaufpreis zu zahlen. Die Kosten der Minderwertfeststeliung kann er lediglich im Rahmen der Verfolgung seiner Rechte ersetzt verlangen. Die Wahl der Wandlung führt zur Rückabwicklung des Vertrages nach Rücktrittsrecht und zum Ersatz der Vertragskosten, worunter die Mängelfeststellungs- und Rückabwicklungskosten nicht fallen.

2. Anspruch au/Herausgabe eines "Fehlersurrogats" gemäß § 281 i. Vm. § 323 Abs. 2 a) Anwendbarkeit Folgt man der oben unter 1. vertretenen Auffassung von der Verdrängung der allgemeinen Vorschriften durch das Gewährleistungsrecht auch für die Zeit zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang, so ist schon aus diesem Grund problematisch, ob der Käufer vom Verkäufer der beschädigten Sache Abtretung des Ersatzanspruches oder Herausgabe des bereits erlangten Ersatzes fordern kann. Der Anspruch aus § 281 ist nämlich den allgemeinen Regeln zuzuordnen. Eine Verweisung im Rahmen der §§ 459 ff. auf § 281 ist nicht vorhanden. Die Vorschrift bezieht sich zwar nach Wortlaut und systematischer Stellung auf Fälle der Unmöglichkeit der Leistung, begrifflich ergeben sich aber Überschneidungen im Anwendungsbereich, da - wie unter I. angesprochen - unbehebbare Mängel auch als Voll- oder Teilunmöglichkeit eingestuft werden können. Im übrigen ist die Frage einer Analogie zu diskutieren. Für die Anwendung des § 281 im Bereich der Mängelgewährleistung im Fall von Beschädigungen der Kaufsache nach Vertrags schluß plädierten schon bald nach Inkrafttreten des BGB vereinzelte Stimmen im Schrifttum, allerdings ohne nähere Begründung und ohne Kennzeichnung als Analogie 49 . Auch im neueren Schrifttum fanden sich Befürworter einer entsprechenden Anwendung der §§ 323 Abs. 2, 281 5

°.

Erst eine Entscheidung des V. Senats des BGH aus dem Jahr 1991 hat das Problem ins Blickfeld geTÜckt51 . 49 Kisch, Unmöglichkeit, 1900, § 19 I (=S. 195); Crame, System 11, 1902, § 220 Fn. 33 (=S. 448). 50 Saergel/Huber, 11/1986, Vor§459 Rn 193, beibehalten in 12/1991, Vor§459 Rn 25 I. 51 BGH, U.v. 8.3.1991, V ZR 351/89, BGHZ 114,34 (=NJW 1991, 1675 =BB 1991, 1078 =ZIP 1991, 593 =WM 1991, 1044). Die Bedeutung der noch jüngeren Entscheidung BGHZ 129, 103 (=NJW 1995, 1737 =WM 1995, 1147) erschöpft sich im wesentli-

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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aa) Die Entscheidung BGHZ 114, 34 In dem vom BGH beurteilten Fall war nach Vertragsschluß an dem verkauften Haus (-grundstück) ein Brandschaden entstanden, der bis zur Übergabe nur teilweise beseitigt worden war. GewährleistungsanspTÜche waren vertraglich - wirksam - ausgeschlossen. Die beklagte Käuferin hatte den vollen Kaufpreis entrichtet. Die klagende Verkäuferin verlangte ebenso wie die widerklagende Käuferin von ihrer Kontrahentin die Freigabe (eines Teils) der von der Feuerversicherung hinterlegten Entschädigungssumme.

Während das OLG Köln als Berufungsinstanz die Anwendung von § 281 damit rechtfertigte, daß durch den Brand die vertragsmäßige Übergabe und Übereignung des Anwesens teilweise unmöglich geworden sei52 , stellte der BGH lapidar fest, daß es sich bei dem Brandschaden um einen Sachmangel LS. der §§ 459 ff. handele und verwies auf seine ständige Rechtsprechung, wonach die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften als besondere und abschließende Regelung die allgemeinen Bestimmungen über Leistungsstörungen ausschließen. Der vereinbarte Gewährleistungsausschluß ändere daran nichts. Zu diesen Bestimmungen gehöre im Grunde auch der aus § 281 folgende Anspruch auf das "stellvertretende commodum". Deshalb sei die Anwendung dieser Regelung neben den §§ 459 ff. auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zweifelhaft53 . Die Zulassung eines Anspruchs aus § 281 auf das "Fehlersurrogat" auch nach Übergabe und Übereignung würde nur das System der Gewährleistung erweitern. Der Anspruch hinge mit dem Mangel der Kaufsache zusammen und könnte nur soweit reichen, als er zum Ausgleich des Mangels erforderlich wäre. Soweit der Mangel vor Gefahrübergang teilweise behoben worden sei, könne die Herausgabe des Surrogats keinesfalls verlangt werden. Der Sache nach handle es sich um einen mängelbedingten Gewährleistungsanspruch54 • Folgerichtig schließt der BGH daraus, daß es dann systemgerecht sei, auf diesen Anspruch - wenn man ihn denn zulasse - auch die kurze Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 S. I anzuwenden. Der Senat verweist hier auf die einhellige chen in der Bestätigung von BGHZ 34, 32 ff.; zum Konkurrenzverhältnis zwischen §§ 323 Abs.2, 281 und den §§ 459 ff. in deren ureigenem Anwendungsbereich (Geltendmachung nach dem Gefahrübergang) werden keine neuen oder von BGHZ 114, 34 ff. abweichenden Argumente vorgetragen. Für die Zeit vor dem Gefahrübergang wie BGHZ 129, 103: Erman/Grunewald, 9/1993, Vor § 459 Rn 16; Jauernig/Vollkommer, 7/1994, § 459 Anm. IV.3. 52 So laut BGHZ 114, 34, 35 f; wie das OLG Köln jetzt auch BGHZ 129, 103, 105 f tUr die Zeit vor dem Gefahrübergang. 53 BGHZ 114,34,36 f m.w.N. 54 BGHZ 114,34,37.

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, wonach § 477 Abs. 1 über seinen Wortlaut hinaus auf alle unmittelbar mit dem Mangel zusammenhängenden Ansprüche anzuwenden ist55 . Weil der Käufer in dem vom BGH zu entscheidenden Fall diese Verjährungsfrist hatte verstreichen lassen, brauchte das Gericht nicht zu entscheiden, ob der Käufer gemäß §§ 323 Abs. 2,281 einen Anspruch auf das Fehlersurrogat hatte 56 • bb) Die Reaktionen im Schrifttum

Die Entscheidung des V. Senates hat im Schrifttum ein unterschiedliches Echo ausgelöst. Neben den das Urteil billigenden Stimmen57 hat sich namentlich Lobinger58 kritisch geäußert. Lobinger betUrwortet die unmittelbare und nicht der Verjährung des § 477 unterworfene Anwendung von § 281 bei unverschuldeten Verschlechterungen der Kaufsache zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang. Lobinger wendet sich gegen die Annahme einer vollständigen Verdrängung der Regeln über die nachträgliche (Teil-) Unmöglichkeit durch die §§ 459 ff. Ein Vergleich der Regelungsbereiche der §§ 323 ff. und der §§ 459 ff. ergebe, daß sich die letztgenannten Vorschriften im Grundsatz auf eine Regelung der Haftung fiir anfänglich vorhandene Mängel beschränkten59 . Der Wortlaut der

55

BGHZ 114, 34, 38 m.w.N. Aus dem Schrifttum s. etwa PalandtlPutzo, 55/1996,

§ 477 Rn 4 ff.; SoergellHuber, 12/1991, § 477 Rn 8,10 ff.

56 Ablehnend nunmehr OLG Hamm, NJW-RR 1993, 1366, das aber offenläßt, ob bei vereinbartem umfassenden Gewährleistungsausschluß ausnahmsweise § 281 angewandt werden könne. 57 S. etwa Wiedemann, EWiR § 281 BGB 1/1991; ErmaniGrunewald, 9/1993, Vor § 459 Rn 15; StaudingerlOtto, 13/1994, § 323 Rn 12. Zur Frage einer analogen Anwendung von (§ 323 Abs. 2 LV.m.) § 281 s. unten dd). 58 In JuS 1993,453 ff. (Rezension zu BGHZ 114, 34). - Im Ergebnis wie Lobinger (unmittelbare Anwendung von § 281 auch nach dem Gefahrübergang): MKiEmmerich, 3/1994, § 281 Rn 7; auf Emmerich verweisend MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 459 Rn 5. 59 In diesem Sinne schon Haymann in AcP 135 (1932), S.228, 230 f.[Rezension] und in JW 1930, 823, 824 f. - Ähnlich auch Chr.Paulus, JZ 1991, 555, 559 [Anm. zu BGHZ 114, 161 =NJW 1991, 2019 =JZ 1991, 1086 m.Anm. Selb]. Paulus macht geltend, daß die Regel, wonach die §§ 459 ff. Spezialnormen zu den allgemeinen Vorschriften seien, nur insoweit richtig sein könne, als sie die inftage kommenden Fälle abdecke. Offenbar will Paulus zwischen Sachverschlechterungen und Sachmängeln unterscheiden und die erstgenannten aus dem Gewährleistungsrecht herausnehmen. Da § 459 auf den Zeitpunkt

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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§§ 459, 462 stünde dem nur scheinbar entgegen; die Erweiterung auf nachträgliche Verschlechterungen sei als Ausnahmeregelung allein aus Praktikabilitätsgründen - nämlich dem Vorteil der Einfachheit des Gesetzes bei lediglich marginalen Unterschieden zwischen ädilizischer Haftung und der Haftung für die noch fortdauernde Gefahr (heutiger § 323) - erfolgt. Da der eigentliche Regelungsbereich der ädilizischen Haftung nicht betroffen sei, könnten die §§ 459 ff. den Anspruch aus § 281 nicht ausschließen 60 .

Bestätigung erfahre dieses Ergebnis durch die Ordnungs funktion des § 281, die sich von der der §§ 323 ff., §§ 459 ff. grundlegend unterscheide. Diese Vorschriften seien Instrumente des Schadensersatzes, der Nachteilsregulierung; § 281 diene hingegen der Vorteilsabschöpfung. Der Surrogationsanspruch sei der Sache nach eine bereicherungsrechtliche Vorschrift. Genausowenig wie sich aber ein Ausschluß des Bereicherungsrechts durch das Deliktsrecht erlaube, sei es deshalb zulässig, die § 459 ff. als Spermormen für den Surrogationsanspruch anzusehen. Bereicherungs- und Schadensersatzhaftung dürften und müßten volle Gültigkeit nebeneinander beanspruchen, weil sie unterschiedliche Störungen des Vermögens auf unterschiedliche Weise und ohne Überschneidungen beseitigten61 • ce) Eigene Auffassung

Die Thesen Lobingers vermögen nicht zu überzeugen. Er beachtet nicht hinreichend den Umstand, daß der Surrogationsanspruch in § 323 über dessen Abs. 2 inkorporiert ist. Dies zeigt sich zuerst in seiner Argumentation zum Anwendungsbereich der §§ 459 ff. Es ist widersprüchlich, wenn er einerseits - unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte - die Unterschiede zwischen § 323 und §§ 459, 462 für marginal hält, andererseits auf die erhebliche Abweichung zwischen § 281 und den §§ 459 ff. verweist62 . Die Entstehungsgeschichten von § 323 und § 281 sind untrennbar miteinander verwoben63 , die Abweichung zwischen § 323 und den §§ 459, 462 hinsichtlich des Surrogationsanspruchs bestand schon in den Vordes Gefahrubergangs und nicht auf den des Vertragsschlusses abstellt, ist dieser Weg nicht unbedingt überzeugend. 60 Lobinger, JuS 1993,453,455 f. 61 Lobinger, JuS 1993,453,456 f. 62 Lobinger, JuS 1993,453,456. 63 Bezeichnenderweise stellen Jakobs/Schubert, SchuldR I, 1978, S. 209 ff. die Entstehungsgeschichte der §§ 275, 279, 281, 323, 324 in einem gemeinsamen Abschnitt dar.

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entwürfen64 und im 1. Entwurf5 • Da die Quellenlage ansonsten unergiebig ist66, kann man daraus nur schließen, daß die 1. Kommission auch diese Abweichung fiir unwesentlich und daher bei Mängeln fiir verzichtbar hielt, oder daß sie diesen Unterschied gänzlich übersehen hat. Denkbar ist auch eine dritte Variante: Im Hinblick auf den Wortlaut der Surrogationsregel gab es filr die Kommission kein Konkurrenzproblem, weil diese Regel nur auf den Fall der Vollunmöglichkeit gemünzt und an die Fälle der Teilunmöglichkeit gar nicht gedacht war. Im übrigen knüpfte die Erweiterung der Gewährleistungshaftung auf Mängel zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang nicht unmittelbar an die Vorläuferregelungen zu § 323 an, sondern erfolgte im Zusammenhang mit der Spezialregelung der Gefahrtragung beim Kauf (heutiger § 446). In Abweichung von den Grundsätzen des römischen, des gemeinen Rechts, nach denen die Gefahr der zufälligen Verschlechterung bzw. des zuBilligen Untergangs bereits mit dem Vertragsschluß auf den Käufer überging67 , wurde durch die 1. Kommission in einem Grundsatzbeschluß der Gefahrübergang prinzipiell auf den Zeitpunkt der Sachübergabe verlegt68. Deshalb erschien es der Kommission praktisch, wenn auch nicht zwingend, auch die Mängelgewährleistung des Verkäufers bis auf diesen Zeitpunkt auszudehnen 69 . Mithin wurde beim Kauf nicht eine ursprünglich bestehende Haftung 64 Der von dem Redaktor v.Kübel verfaßte Teilentwurf Obligationenrecht (TE-OR) Nr. 22 "Folgen der Nichterfüllung" enthielt in seinem § 10 die heute in den §§ 323 Abs. 1 und 3, 275 Abs. 1 BGB enthaltenen Vorschriften. Der Surrogationsanspruch war in § 11 Abs. 2 dieses Teilentwurfs geregelt (§ 11 Abs. 1 enthielt eine auf die Zahlungsunfähigkeit beschränkte Vorläufernorm zu § 279 BGB). §§ 12, 13 des Teilentwurfs nahmen auf den § 10 Bezug und statuierten ein Rücktrittsrecht des Leistungsgläubigers bei unverschuldeter Teilunmöglichkeit der Leistung. Dieses Rücktrittsrecht wurde von der 1. Kommission beseitigt, weil es ihr als eine ungerechtfertigte Begünstigung des Leistungsgläubigers erschien, s. hierzu Jakobs/Schubert, SchuldR I, 1978, S. 216 f. und Mugdan 11 (Motive), S. 114 f. § 459 BGB beruht auf § 22 TE-OR Nr. 20 "Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen" (ebenfalls von v.Kübel verfaßt). 65 Vgl. §§ 238, 368 E I (entspr. §§ 281, 323, 324 BGB) und § 381 EI (entspr. § 459 BGB). 66 Eine Verknüpfung zwischen Kaufrecht und der Haftung rur unverschuldete nachträgliche Unmöglichkeit findet sich nur noch bei der Beratung des Vorläufers des § 446 BGB, des § 8 des ebenfalls von v.Kübel erstellten TE-OR Nr. 32 "Kauf.Tausch.". Die in dessen ersten Absatz vorgesehene Bezugnahme auf die Unmöglichkeitsvorschriften einschließlich des Surrogationsanspuchs wurde von der 1. Kommission entfernt, weil sie mit der Sonderregelung zum GefahTÜbergang beim Grundstückskauf (heutiger § 446 Abs.2 BGB) nicht harmonierte. S. dazu Jakobs/Schubert, SchuldR 11, 1980, S. 82 f1, 87. 67 S. die Nachweise bei Mugdan 11 (Motive), S. 113 f, 124, 179. 68 S. dazu Jakobs/Schubert, SchuldR 11, 1980, S. 78, 80 f Der Grundsatzbeschluß datiert vorn 22.9.1876.

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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filr nachträgliche Unmöglichkeit aus Praktikabilitätsgründen zugunsten der Mängelgewährleistung eingeschränkt, sondern die Erweiterung der Gewährleistung ging mit der Erweiterung der "Unmöglichkeitshaftung" einher. Mit der Ausdehnung der Gewährleistungshaftung sollte daher der "klassische" Anwendungsbereich der §§ 459 ff. (Haftung filr bei Gefahrübergang vorhandene Mängel) erhalten bleiben und nicht etwa (atypisch) erweitert werden. Schwerer wiegt die Vernachlässigung des § 323 Abs. 2, soweit Lobinger mit der Ordnungs funktion des § 281 argumentiert. Es ist zwar zutreffend, diese Vorschrift als bereicherungsrechtlich zu charakterisieren, denn wie bei den §§ 812 ff. werden mit ihrer Hilfe dem Anspruchsadressaten nach der Rechtsordnung nicht zustehende Vermögenswerte "abgeschöpft". Doch fehlt es an dem von Lobinger behaupteten überschneidungsfreien Nebeneinander von § 281 einerseits und den §§ 323 ff. und §§ 459 ff. andererseits. Wenn dem so wäre, müßte der Leistungsgläubiger (Käufer) kumulativ nach § 281 und nach §§ 459, 462 vorgehen können. Dies ist aber offenkundig und zu Recht nach dem filr gegenseitige Verträge geltenden § 323 nicht der Fall. Der Leistungsgläubiger muß sich entscheiden, ob er nach § 323 Abs. 1 und 3 LV.m. § 818 den Vertrag rilckabwickeln will - bzw. bei Teilunmöglichkeit ihn gemäß § 323 Abs. 1 2. Hs. gemindert aufrechterhalten will - oder ob er nach § 323 Abs. 2 LV.m. § 281 das Surrogat beanspruchen will und damit am Vertrag festhalten und dann zur vollen Gegenleistung verpflichtet bleiben will. - Anders ausgedrückt: Der Surrogatsanspruch ist einer von mehreren oben eingangs von I. bereits angesprochenen Wegen, um eine Äquivalenzstörung zu beseitigen. Er ist damit entgegen Lobinger funktional ein Teil des Gewährleistungsrechts, nur eben eine "bereicherungsrechtliche Variante" desselben. Die über § 323 Abs.2 LV.m. § 281 ermöglichte bereicherungsrechtliche Korrektur der Äquivalenzstörung ist im Rahmen der §§ 459 ff. nicht vorgesehen, so daß sich eine unmittelbare Anwendung des § 281 im Gewährleistungsrecht verbietet. In Betracht kommt daher allenfalls eine analoge Heranziehung dieser Vorschrift. dd) Entsprechende Anwendung des § 281 im Gewährleistungsrecht?

Reinicke/Tiedtke haben sich im Anschluß an das Urteil des BGH filr diese Analogie ausgesprochen und sie begrilndeeo. Jakobs/Schubert, SchuldR II, 1980, S. 123 f. In: Kaufrecht, 5/1992, S. 221 f.; auch Tiedtke, NJW 1992,3213; diesem zustimmend Palandt/Putzo, 55/1996, Vor § 459 Rn 4. Ebenso Staudinger/Honsell, 13/1995, Vorbem zu §§ 459 ff. Rn 21; StaudingerlLöwisch, 13/1995, § 281 Rn 9; ferner schon 69 70

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Es sei weder sinnvoll, den Versicherer freizustellen, weil der Verkäufer wenn er den vollen Kaufpreis erhalte - keinen Schaden erlitten habe, noch sei es sachlich gerechtfertigt, diesem Verkäufer zusätzlich auch noch die Versicherungssumme zuzusprechen. Er würde dann aus dem Brand Vorteile ziehen, die er ohne ihn nicht hätte. § 281 betreffe einen gesetzlich geregelten Fall ergänzender Vertragsauslegung. Die Erwägung in den Motiven, das Prinzip der Vorschrift beruhe auf der berechtigten Unterstellung, der Verpflichtungswille sei darauf gerichtet gewesen und entspreche der Billigkeit71, treffe auch auf die Fälle zu, in denen die Sache nicht untergehe, sondern nur mangelhaft werde. Hätte man schließlich die Parteien bei Vertragsschluß befragt, was im Falle eines Brandschadens vor Übergabe mit der Versicherungssumme geschehen solle, so hätten die Parteien gerechterweise bestimmt, daß dem Käufer die Versicherungssumme gebühren solle 72 • Diese Argumentation von Reinicke/Tiedtke läßt sich ergänzend dahingehend vertiefen, daß § 281 ein allgemeines bzw. verallgemeinerungsfähiges Rechtsprinzip beinhaltet, wonach vertraglich bedingte und damit fiir den Schädiger oder Ausgleichspflichtigen zufällige Schadens verlagerungen diesen nicht entlasten sollen und der aus dem Vertrag Berechtigte für die durch den Schaden verursachte Beeinträchtigung seines Erfiillungsanspruchs einen angemessenen Ausgleich erhalten soll. Die Existenz eines solchen Rechtsprinzips wird durch die Herausbildung des heute weithin anerkannten Instituts der Drittschadensliquidation deutlich belegt73. Argumentation und Lösung von Reinicke/Tiedtke sind zwar in sich schlüssig und führen zu sachgerechten Ergebnissen, sie sind jedoch nicht zwingend. Dies läßt sich zunächst anhand des vom BGH entschiedenen Falles zeigen, von dem auch die Argumentation von Reinicke und Tiedtke ausgeht: Eine Alternative zu deren Lösung bietet sich, wenn man bei dem vereinbarten Gewährleistungsausschluß ansetzt. Anerkanntermaßen sind Gewährleistungsausschlüsse in notariellen Verträgen eng auszulegen74 . Eine ergänzende Vertragsauslegung hätte daher zu dem Ergebnis führen können, daß die durch SoergellHuber, 12/1991, Vor § 459 Rn 251 unter Hinweis auf den nur graduellen Unterschied zwischen Beschädigung und Zerstörung. 71 Mugdan 11, S. 25 (=Motive 11, S. 46). 72 ReinickelTiedtke, Kaufrecht, 5/1992, S. 222. 73 In diesem Sinne auch Tiedtke, NJW 1992, 3213, 3214 f. Vgl. zur Drittschadensliquidation näher PalandtlHeinrichs, 55/1996, Vor § 249 Rn 112 ff.; Soergel/Mertens, 12/1990, Vor § 249 Rn 247 tT.; auch Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 446 Rn 23 f., 25 tT., 51 tT. 74 S. BGH, WM 1960, 1119, 1120;, WM 1962,511,512; vgl. ergänzend BGHZ 98, 100, 106 (=NJW 1986, 2824) zur Wirksamkeit von Freizeichnungen bei Altbauten; aus

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den Brandschaden verursachten Mängel nicht von dem Gewährleistungsausschluß erfaßt werden7s • Denn hätte man den Parteien bei Vertragsschluß die Möglichkeit eines Brandschadens vor Übergabe bzw. Gefahrübergang vor Augen gefilhrt, so wäre es eine anstelle der Vereinbarung über die Abtretung der Versicherungsforderung genauso naheliegende Reaktion gewesen, wenn die Parteien diesen Fall aus dem Gewährleistungsausschluß ausgeklammert hätten. Dann hätte der Käufer wegen des Brandschadens eben doch mindern oder wandeln können76 • Der Verkäufer hätte den Minderungsbetrag in etwa über den Ersatzanspruch gegen den Feuerversicherer kompensieren können. Hätte der Verkäufer eine Brandversicherung nicht abgeschlossen - es besteht keine generelle Versicherungspflicht77 -, so wäre diese einschränkende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses der einzige Weg, dem Käufer Gerechtigkeit widerfahren zu lassen78. Andererseits bestünde kein Anlaß, dem Käufer die Versicherungssumme oder ein Minderungs- bzw. Wandlungsrecht zuzubilligen, wenn sich nach Wortlaut oder durch Auslegung ergibt, daß der Gewährleistungsausschluß auch die nachträgliche Verschlechterung durch Brand o.ä. erfassen sollte. Wer sich als Käufer aus freien Stücken auf eine solche Klausel einläßt, dem ist nicht zu dem Schrifttum PalandtlPutzo, 55/1996, § 476 Rn 8; ausruhrlich SoergellHuber, 12/1991, § 459 Rn 223 und StaudingerlHonsell, 13/1995, § 476 Rn 10 ff. 75 Nach SoergellHuber, 12/1991, § 459 Rn 223 bezieht sich ein Haftungsausschluß im Zweifel nur auf Fehler, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhanden und deshalb, jedenfalls im Prinzip, erkennbar sind. Demnach fallen Mängel infolge von zufälligen Verschlechterungen nach Vertragsschluß grds. nicht unter einen Gewährleistungsausschluß. Zustimmend StaudingerlHonsell, 1311995, § 476 Rn 11: gesonderte Freizeichnung erforderlich. 76 Im Fall BGHZ 114, 34 kam wohl nur die Minderung in Betracht, weil der Kaufvertrag der Abwendung einer Enteignung diente. 77 Vgl. PrölsslJPrölss, VVG, 25/1992, Vorbem IV. I. Auch eine Versicherungspflicht des Verkäufers besteht grds. nicht; s. BGHZ 114, 34, 39; MKlHP. Westermann, 311995, § 433 Rn 65; abw. noch RGZ 50, 169; dem folgend StaudingerlKöhler, 13/1995, § 433 Rn 141. 78 Diese Alternativlösung läßt sich im Grunde genommen auch gegen Teilbereiche der Drittschadensliquidation ins Feld ruhren: Verschlechterungen des Kaufgegenstandes nach Gefahrübergang aber vor Besitzerlangung des Käufers wie sie beim Versendungskaufauftreten, könnten - statt über § 281 - im Wege der analogen Anwendung von Minderung und Wandlung ausgeglichen werden. Hier stellt sich die Frage, ob der Auslegungsgsgrundsatz vom Vorrang der lex specialis nicht auch bei der Entscheidung zwischen zwei möglichen Analogieschlüssen bestimmend sein müßte. Die Lösung über die Drittschadensliquidation ist aber deshalb interessen- und systemverträglicher, weil sie besser dem Zweck des Gefahrübergangs entspricht, den Verkäufer aus der Haftung rur die Sache zu entlassen. Dieser Zweck wird über die analoge Anwendung von § 281 eher erreicht, weil sich der Schadensausgleich - anders als bei der Minderung - wirtschaftlich unmittelbar zwischen Schädiger oder Versicherer und dem Käufer vollzieht.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

helfen, jedenfalls nicht, soweit man das Prinzip der Vertragsfreiheit wirklich akzeptiert. Es erscheint dann auch nicht gerechtfertigt, diesen Gewährleistungsausschluß mit Hilfe von § 281 zu überspielen 79 . Gegenüber dem auf einem umfassenden Gewährleistungsausschluß beharrenden Verkäufer kann der Käufer sich dadurch absichern, daß er die Anwendung von § 281 bei inter partes unverschuldeten Verschlechterungen vereinbart. Betrachtet man das Problem losgelöst von der Problematik eines Gewährleistungsausschlusses, so muß man feststellen, daß dem Käufer mit der Minderung ein geeignetes Instrument an die Hand gegeben ist, den Kaufvertrag an die veränderte Wirklichkeit anzupassen. Läßt sich aber die durch die nachträgliche Verschlechterung der Kaufsache bewirkte Störung im Äquivalenzverhältnis durch Minderung - bzw. Wandlung - effektiv beseitigen, so fehlt schon die erste Voraussetzung einer Analogie, nämlich die Lücke im Gesetz. Die Anwendung des § 281 im Rahmen der §§ 459 ff. bedeutet daher nicht die Sicherung elementaren Käuferschutzes, sondern dessen - durchaus wünschenswerte - Optimierung. Die Bemerkung des V. Senates des BGH von der durch die Analogie bedingten Erweiterung der Gewährleistungsrechte ist somit ganz zutreffend. Wünschenswerte, gleichwohl aber nicht zwingend notwendige Verbesserungen des Käuferschutzes sind nicht im Wege der Analogie vorzunehmen; sondern sie sind Sache des Gesetzgebers. Im Zuge der anstehenden Schuldrechtsreform könnte in nicht allzuferner Zeit eine entsprechende Regelung in das Gesetz aufgenommen werden 80 •

79 Dies widerspricht nicht dem o.a. Grundsatz der engen Auslegung von Gewährleistungsausschlüssen, weil § 281 in der Analogie ausschließlich als Mängelgewährleistungsrecht fungiert - anders als etwa die Anfechtungsvorschriften, die in BGH, WM 1962, 511 f. angesprochen worden sind. 80 Im Entwurf der Schuldrechtskommission ist eine derartige Regelung allerdings bislang nicht vorgesehen. Man könnte etwa eine Verweisung auf § 281 KE in die §§ 440,441 KE einfügen. Im Abschlußbericht der Schuldrechtskommission ist die Frage, soweit ersichtlich, nicht behandelt worden. Für eine Ergänzung des geltenden Rechts bietet sich folgende Regelung an: § 462a (1) Statt der Wandlung oder Minderung kann der Käufer auch verlangen, daß der Verkäufer einen infolge des Mangels (einer Verschlechterung) der Kaufsache erlangten Ersatzanspruch an ihn abtritt oder den deshalb empfangenen Ersatz an ihn herausgibt. (2) Das Recht aus Abs. 1 kann vertraglich nicht abbedungen werden. (3) Soweit dem Käufer wegen des Mangels ein Anspruch auf Schadensersatz [wegen Nichterfüllung] zusteht, so mindert sich dieser Anspruch um den Wert des nach Abs. 1 Empfangenen.

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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b) Ergebnis Nach der hier vertretenen Auffassung von der Exklusivität der §§ 459 ff. hat der Käufer keinen Anspruch auf Herausgabe eines "Fehlersurrogats", wenn die Kaufsache nach Vertragsschluß, aber vor Gefahrübergang zufällig, d.h. ohne Verschulden der Vertragspartner, verschlechtert wird. Auch eine analoge Anwendung von §§ 323 Abs.2, 281 ist mangels einer Lücke im Gesetz abzulehnen; der Käufer erfährt über das Minderungs- bzw. Wandlungsrecht einen genügenden Schutz seiner Interessen. Der Anspruch auf das "Fehlersurrogat" stellt eine wünschenswerte Erweiterung und Verbesserung der Gewährleistungsrechte des Käufers dar. Der Gesetzgeber sollte eine diesbezügliche Regelung im Rahmen der anstehenden Schuldrechtsreform gesetzlich verankern. Auf der Grundlage der unter 1. dargestellten obergerichtlichen Rechtsprechung, die bis zum Gefahrübergang die allgemeinen Vorschriften uneingeschränkt anwendet, kann der Käufer bis zu diesem Zeitpunkt die Herausgabe eines Fehlersurrogates verlangen, wenn der Fehler bzw. die Verschlechterung unbehebbar ist und damit als Teil- bzw. Vollunmöglichkeit der Leistung erfaßt werden kann. Stellt sich die (Unbehebbarkeit der) Verschlechterung erst nach dem Gefahrübergang heraus, so ist der Käufer auch nach der Rechtsprechung und dem ihr folgenden Teil der Lehre auf die Mängelrechte der §§ 459 ff. beschränkt. Ob § 281 auf die §§ 459 ff. entsprechend angewendet werden kann, hat die Rechtsprechung mit unverkennbar skeptischer Tendenz bislang offenlassen können. 3. Anspruch auf Beseitigung entstandener Schäden bzw. Mängel

Bei einem gegen den Schuldner gerichteten Anspruch auf Mängelbeseitigung spricht man im Kauf- und Werkvertragsrecht vom Nachbesserungsanspruch. Während im Werkvertragsrecht der Nachbesserungsanspruch eine Regelung in § 633 Abs.2 LV.m. § 634 Abs. 1 S. 1 und 2 erfahren hat, fehlt im Kaufvertragsrecht eine ausdrückliche Bestimmung. Aus dem Regelungszusammenhang der §§ 433, 434 ergibt sich aber, daß der Käufer die Beseitigung von Rechtsmängeln aus § 433 Abs. 1 verlangen kann 81 •

81

Vgl. statt aller PalandtlPutzo, 55/1996, § 434 Rn 8.

5 Richter

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Mangels einer eindeutigen Regelung ist es umstritten, ob der Käufer die Beseitigung von vertragswidrigen Beeinträchtigungen der Sachsubstanz (=Sachmängel) vom Verkäufer verlangen kann. Die wohl überwiegende Meinung lehnt einen gesetzlichen Nachbesserungsanspruch des Käufers grundsätzlich ab 82 ; andere befiirworten einen derartigen Mängelbeseitigungsanspruch83 ; wieder andere bejahen die Möglichkeit, den Verkäufer mittelbar zur Nachbesserung zu zwingen 84 • Seitens der Rechtsprechung hat der V. Senat des BGH einen unmittelbaren Mängelbeseitigungsanspruch des Käufers auch vor dem Gefahrübergang verneint85 • Im übrigen bejaht die Rechtsprechung - von ihrem Standpunkt zum Konkurrenzverhältnis der §§ 459 ff. zu den allgemeinen Regeln 86 ganz konsequent - wie der oben erwähnte Teil der Literatur die Möglichkeit, den Verkäufer vor Gefahrübergang über § 326 mittelbar zur Nachbesserung zu zwingen87 . Bei der wohl wichtigsten Problemgruppe in diesem Bereich, den Kaufverträgen über noch im Bau befindliche oder gerade fertiggestellte Häuser, hat die Rechtsprechung den Konflikt dadurch entschärft, daß sie hier (zu Recht) von vornherein Werkvertragsrecht anwendet und damit auf den dort geltenden Nachbesserungsanspruch zurückgreifen kann 88 • Die Befiirworter im Schrifttum leiten den Nachbesserungsanspruch aus drei verschiedenen Wurzeln ab 89 . Zum ersten wird an den Erfiillungsanspruch aus 82 Z.B. Köhler, JZ 1984, 393,400; Graue, 1964, S. 288; Götz, 1960, S. 47; Larenz, SchuldR 11/1, 13/1986, § 41 He; Soergel/Huber, 12/1991, § 462 Rn 74 und Vor § 459 Rn 147 m.w.N. in Fn.4; StaudingeriHonse//, 13/1995, Vorbem zu §§ 459 ff. Rn 4, § 462 Rn 13. - Nach Graue, 1964, S. 277 sprechen praktische Gründe allerdings rur einen Nachbesserungsanspruch. - In der Praxis ist es üblich geworden, dem Käufer ein gegenüber den Gewährleistungsrechten vorrangiges vertragliches Recht auf Nachbesserung einzuräumen. Vgl. dazu auch die Regelung in § 11 Nr. 10 Iit. b AGBG. 83 Peters, JZ 1978, 92, 98. De lege ferenda auch Huber, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten I, 1981, S. 646, 767, 864 ff. 84 Z.B. Erman, JZ 1960,41,42; Erman/Grunewald, 9/1993, Vor § 459 Rn 12. 85 BGH, NJW 1990, 901 unter Bezugnahme auf das Urteil desselben Senats in BGHZ 34, 32, 34. Diese Bezugnahme ist allerdings nicht recht verständlich, weil diese Entscheidung lediglich die Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln neben den §§ 459 ff. und die Geltendmachung der Mängelrechte vor Gefahrübergang thematisiert. 86 S. dazu bereits oben unter I. 87 BGH, WM 1984, 936, 938 (zum Unternehmenskauf) auf der Basis von BGHZ 34, 32. 88 Seit BGHZ 60, 362 (=NJW 1973, 1235); w.N. bei PalandtlThomas, 55/1996, § 633 Rn 4. 89 S. übersichtlich insbes. Peters, JZ 1978, 92, 94 ff., vgl. auch Köhler, JZ 1984, 393,394 ff.

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§ 433 Abs. 1 angeknüpft, zum zweiten an die Schadenersatzansprüche aus §§ 463, 480 Abs. 2 bzw. auch aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV). Schließlich zieht man auch den Gesichtspunkt der Leistungstreue, § 242, heran. Angesichts des Themas der Arbeit beschränkt sich die Untersuchung hier auf die gesetzliche Regelung beim Stückkaufo. a) Herleitung aus dem Erfiillungsanspruch, § 433 Abs. 1 Ein Nachbesserungsanspruch beim Spezieskauf kann überhaupt nur auf der Grundlage der (Nicht-) Erfilllungstheorie begründet werden. Folgt man der Gewährleistungstheorie, nach der auch die Lieferung einer mangelhaften Sache die vollständige Erfilllung des Kaufvertrages bewirkt91 , so scheidet ein Nachbesserungsverlangen aus diesem Grund bereits aus 92 • Auch innerhalb der Anhängerschaft der Nichterfilllungstheorie ist das Bestehen eines Nachbesserungsanspruchs des Stückkäufers umstritten, wobei das oben angedeutete Meinungsspektrum erhalten bleibt: Vereinzelt wird ein unmittelbarer Beseitigungsanspruch durchgängig filr die Zeit vor und nach dem Gefahrübergang angenommen 93 , zum Teil wird ein indirekter Zwang zur Mängelbeseitigung nur rur die Zeit vor Gefahrübergang in der Weise bejaht, daß dem Käufer gegenüber dem Angebot einer behebbar mangelhaften Kaufsache die Rechte aus §§ 320, 326 zugesprochen werden94 . Schließlich finden sich auch Stimmen, die beide Varianten des Nachbesserungsrechts des Käufers ablehnen95 . Welche Argumente werden rur einen Primäranspruch des Spezieskäufers auf Nachbesserung angefilhrt? Vor Gefahrübergang könne der Käufer bei Mangelhaftigkeit der Ware das Zurückbehaltungsrecht aus § 320 geltend machen, es sei nur folgerichtig, dann 90 Zum Gattungskaufvgl. Peters, JZ 1978,92 ff., 98; Köhler, JZ 1984,393 ff., Götz, 1960, S. 60 ff. 91 So etwa Larenz, SchuldR 11/1, 13/1986, § 41 He; Esser/Weyers, SchuldR BT, 7/1991, § 4 I; Staudinger/Honsell, 13/1995, Vorbem zu §§ 459 ff. Rn 9 f.; Palandt/Putzo, 55/1996, Vor § 459 Rn 5. 92 In diesem Sinne Staudinger/Honsell, 13/1995, Vorbem zu §§ 459 ff. Rn 18; EsserlWeyers, SchuldR BT, 711991, § 5 III 3(bis); s. auch Peters, JZ 1978, 92, 94 Fn. 35. 93 Peters, JZ 1978, 92, 96. 94 BGH, WM 1984,936,938; Erman, JZ 1960,41,42; ErmaniGrunewald, 9/1993, Vor § 459 Rn 12. 95 So z.B. Soergel/Huber, 1211991, Vor § 459 Rn 245, § 462 Rn 74; MKlHP. Westermann, 311995, § 459 Rn 3, § 462 Rn 9; Staudinger/Honsell, 13/1995, Vorbem zu §§ 459 ff. Rn 18.

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auch einen Nachbesserungsanspruch zu gewähren. Es sei geradezu widersinnig, den Parteien die Freiheit zu geben, bestimmte Eigenschaften der Sache zu vereinbaren, die dementsprechenden Rechte des Käufers (und Pflichten des Verkäufers) aber zu leugnen 96 . Auch die "tatsächlichen Gegebenheiten des Wirtschaftslebens" geböten den Anspruch, denn der Hersteller-Verkäufer und der dem Hersteller eng verbundene Händler seien ohne weiteres und am besten zur Mängelbeseitigung in der Lage 97 • Das Schweigen der kaufrechtlichen Regeln des BGB stehe der Annahme eines - auch nach Gefahrübergang geltend zu machenden - Nachbesserungsanspruchs nicht entgegen, da der Gesetzgeber die Problematik nicht hinreichend erkannt habe. Deshalb böten die §§ 434, 633 Abs.2 kein Argumentum e contrario 98 . Die vorgetragenen Argumente sind nicht durchgreifend. Für die Zeit nach Gefahrübergang hat Köhler überzeugend aufgezeigt, daß das Schweigen des Gesetzgebers beredt ist99 • Eine planwidrige Gesetzeslücke bestand weder zur Zeit des Inkrafttretens des BGB noch ist sie durch einen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft hervorgerufen worden. Der historische Gesetzgeber hat das Problem gesehen lOO und bewußt anders gelöst als etwa das österreichische ABGB von 1811 101 • Der heutige Gesetzgeber hat es 1976/77 nicht für nötig erachtet, über die Regelungen in § 11 Nr. 10 lit. a-d AGBG und § 476a BGB hinaus einen gesetzlichen Nachbesserungsanspruch zu statuieren lO2 • Daher muß im Umkehrschluß aus den §§ 434, 633 Abs. 2 ein Mängelbeseitigungsanspruch gegen den Verkäufer jedenfalls für die Zeit nach dem Gefahrübergang verneint werden. Nach der hier vertretenen Auffassung sind die Gewährleistungsrechte auch schon vor Gefahrübergang als bedingte Rechte existent und schränken die allgemeinen Regeln ein lO3 • Das Argumentum e contrario aus §§ 434, 633 Abs.2 behält daher auch hier seine Bedeutung und spricht gegen einen Beseitigungsanspruch auch schon vor Gefahrübergang. Peters, JZ 1978, 92, 94. Peters, JZ 1978,92,95. 98 Peters, JZ 1978, 92, 95 f. 99 Köhler, JZ 1984,393,395 m.w.N. 100 Das zeigen die Äußerungen in Mugdan 11, S. 125 (=Motive 11, S. 227); Mugdan 11, S. 675 f. (=Protokolle I, S. 697 f.). 101 Das österr.ABGB von 1811 statuiert in § 932 Abs. 1 S. 1 ausdrücklich ein Recht des Käufers auf Verbesserung. Zur streitigen Rechtslage im Geltungsbereich von preuß.ALR I 5 §§ 325-331 vgl. Götz, 1960, S. 29 Fn. 2. 102 Dazu auch Köhler, JZ 1984,393,395. 103 S. oben l.a) m.N. in Fn. l. 96

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Anders ist die Situation, wenn man mit der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur vor Gefahrübergang die allgemeinen Regeln filr uneingeschränkt anwendbar häle 04 • Aber auch wenn man sich diese Auffassung zu eigen macht, sprechen die besseren Gründe gegen einen unmittelbaren oder mittelbaren "Nacherfüllungsanspruch": Entgegen der Auffassung von Peters ist es schon nicht zwingend, daß mit einer Einrede als Abwehrrecht notwendig ein Anspruch als Angriffsrecht verbunden istlOS. Des weiteren wäre es auch nicht interessengerecht, wenn der Verkäufer ohne Rücksicht auf den Zuschnitt seiner Tätigkeit zur Nachbesserung verpflichtet wäre. Zahlreiche Verkäufer sind nicht selbst Hersteller oder mit diesem eng verbunden lO6 . Ein Mängelbeseitigungsanspruch widerspricht wohl auch der grundsätzlichen Typik des Kaufvertrages. Dieser ist ein Lieferungsvertrag, kein Herstellungsvertrag 107. Außerdem würde § 463 massiv überspielt, wenn ein Nachbesserungsanspruch als selbständig einklagbarer "Resterfüllungsanspruch" bestünde. Auf diesen wäre (vor Gefahrübergang) § 326 anwendbar, so daß wegen jedem vor Gefahrübergang entdeckten Mangel im Endeffekt Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangt werden könnte lO8 . Dieser Aspekt spricht auch sehr deutlich gegen den mittelbaren Zwang zur Mängelbeseitigung über § 326, den die Rechtsprechung und ein Teil der literatur vertreten. Nach richtiger Auffassung kann daher weder filr die Zeit nach noch filr die Zeit vor Gefahrübergang kraft Gesetzes ein unmittelbarer oder mittelbarer Nachbesserungsanspruch des Spezieskäufers begründet werden.

Auch dazu schon oben l.a) m.N. in Fn. 2. In diesem Sinne wohl auch MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 462 Rn 10. Ähnlich wie Peters, aber in umgekehrte Richtung argumentiert Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 236 f., der wegen des fehlenden Nachbesserungsanspruchs die Einrede des nichterfiillten Vertrages für "gegenstands- und sinnlos" hält, weil eine Zugum-Zug-Verurteilung nicht möglich sei. 106 So überzeugend Köhler, JZ 1984,393,395. 107 Die Formulierung stammt von Götz, 1960, S. 47. Allerdings ist nicht zu verkennen, daß die heute regelmäßige Vereinbarung eines Nachbesserungsrechts des Verkäufers in den AGB zu einer Modifikation des Typus Kaufvertrag führt bzw. schon geführt hat. 108 S. auch Köhler, JZ 1984, 393, 395. 104 105

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

b) Nachbesserungsanspruch auf schadensersatzrechtlicher Grundlage Auch ein schadensersatzrechtlich begründeter Mängelbeseitigungsanspruch kann nicht überzeugen lO9 • Allerdings ist es zutreffend, daß die Schadensersatzleistung gern. § 249 S. I vorrangig im Wege der Naturalrestitution zu erfolgen hae lO • Die Regelung paßt jedoch nicht für vertragliche Schadenersatzansprüche. Schon nach dem Wortlaut ist es widersprüchlich, wenn als Schadensersatz "wegen Nichterfüllung" Erfüllung verlangt werden könnte. Die Regeln über die Erfiillungsansprüche dürfen vom Schadensersatzrecht nicht unterlaufen werden. Es würde auch zu einer ungerechtfertigten wesentlichen Änderung des Vertragsinhalts fUhren, wenn im Wege des sekundären Schadensersatzrechts etwas verlangt werden könnte, was primär nicht beansprucht werden kann lll . Ein Mängelbeseitigungsanspruch im Gefolge der Schadensersatzansprüche aus § 463 bzw. aus pVV ist daher abzulehnen. c) Mängelbeseitigungsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben Gelegentlich wird anband einer Billigkeitserwägung dem Käufer ein Mängelbeseitigungsanspruch auch in der Zeit nach Gefahrübergang unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zugesprochen: Wenn dem Verkäufer in Ausnahmefallen ein Nachbesserungsrecht zustehe, dann müsse dies in anderen Ausnahmeflillen auch zu einem entsprechenden Anspruch des Käufers fUhren ll2 . Köhler hat demgegenüber zu Recht darauf verwiesen, daß eine dahingehende Erwägung Gefahr läuft, nicht genügend zwischen Rechten und Pflichten ein und desselben Schuldners zu unterscheiden ll3 . Nach der Regelungskonzeption der §§ 459 ff. und der Interessenlage kommt ein Mängelbeseitigungsanspruch gegen den Verkäufer nur in Betracht, wenn eine fachkundige Nachbesserung durch Dritte nicht möglich ist, wenn also allein der Verkäufer das nötige Kön109 Hierfilr aber Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 405; Peters, JZ 1978, 92, 97 f.; in AusnahmeflilIen auch MKlHP. Westermann, 3/1995, § 463 Rn 23. 110 Peters, JZ 1978, 92, 97 f. 111 Köhler, JZ 1984,393, 396; ebenso EsserlWeyers, SchuldR BT, 7/1991, § 5 III 3. Freilich kann der Käufer aber im Rahmen des Schadensersatzes über § 249 S. 2 den Ausgleich der Kosten filr eine von ihm selbst veranlaßte Mängelbeseitigung geltend machen. S. Soergel/Huber, 12/1991, § 463 Anh. Rn 21 bzw. § 463 Rn 53 f. 112 MKlHP. Westermann, 3/1995, § 462 Rn 9 a.E. 113 Köhler, JZ 1984,393,396.

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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nen und das erforderliche Wissen zur Behebung des Mangels aufweist 1l4 . In diesem Fall läuft der der Minderung auch zugrunde liegende Gedanke, daß Mängelbeseitigung durch Dritte möglich und (eher) zumutbar ist, leer, so daß die Anwendung dieser Vorschriften keine interessengerechten Ergebnisse zeitigt. Schließlich filhrt auch der Hinweis auf einen aus dem Gesichtspunkt der Leistungstreue herzuleitenden Anspruch auf Schutz vor schädigenden EinwirkungenIlS zu keiner anderen Betrachtungsweise. Zwischen Mängelverhinderung und Mängelbeseitigung besteht ein qualitativer Unterschied. Außerdem befassen sich die §§ 459 ff. nicht unmittelbar mit der Mängelverhinderung, sie regeln vielmehr ausfilhrlich, welche Folgen sich aus vorhandenen bzw. bereits entstandenen Mängeln ergeben. Deshalb stehen diese Vorschriften einem auf die allgemeinen Regeln, zu denen auch § 242 gehört, gegründeten Schutzanspruch vor schädigenden Einwirkungen auf das Vertragsobjekt nicht entgegen, wohl aber einem gesetzlichen Anspruch auf Beseitigung bereits vorhandener Mängel. Der Grundsatz von Treu und Glauben kann daher ebenfalls nicht allgemein zu einem Mängelbeseitigungsanspruch filhren. d) Ergebnis Ein gesetzlicher Mängelbeseitigungsanspruch (Anspruch auf Nachbesserung eines mangelhaften Kaufgegenstands) des Spezieskäufers besteht nach geltendem Recht nicht. Ein solcher Anspruch läßt sich weder aus dem Erfilllungsanspruch herleiten noch als Wahlmöglichkeit eines schadensersatzberechtigten Käufers im Rahmen von § 249. Auch der Gedanke von Treu und Glauben filhrt nur ausnahmsweise dann zu einem gegen den Verkäufer gerichteten Nachbesserungsanspruch, wenn eine Mängelbeseitigung nicht durch Dritte, sondern allein durch den Verkäufer möglich ist und die §§ 459 ff., speziell das Minderungsrecht, deshalb entwertet sind. Nach der (auch schon oben unter 1. dargelegten) hier abgelehnten Rechtsprechung kann der Käufer bis zum Gefahrübergang nach §§ 320, 326 vorgehen und mit der Drohung des Schadensersatzanspruchs den Verkäufer zur Mängelbeseitigung anhalten.

114 115

So zu Recht Köhler, JZ 1984, 393, 396. S. dazu sogleich im 3. Kapitel, unter 11.

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

4. Ergebnis zu 1. Im Fall der für den Verkäufer zufalligen Verschlechterung des verkauften Grundstücks bzw. seiner wesentlichen Bestandteile vor Gefahrübergang kann der Käufer nach der hier vertretenen Auffassung ausschließlich Minderung oder Wandlung verlangen. Um diese Rechte geltend zu machen, muß er grundsätzlich den Gefahrübergang abwarten. Nur wenn die Verschlechterung nicht mehr zu beseitigen ist (Fall des unbehebbaren Mangels) oder sich der Verkäufer weigert, eine Mängelbeseitigung zu versuchen, kann der Käufer auch schon vor Gefahrübergang wandeln oder mindern. Die §§ 459 ff. verdrängen ab Vertragsschluß als spezielles Recht in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen Regeln, insbesondere die §§ 320, 323, 326. Deshalb kann der Käufer auch vor Gefahrübergang weder die Herausgabe eines "Fehlersurrogats" noch die Beseitigung der Verschlechterung verlangen. Da das Gesetz keine planwidrigen Lücken enthält - Minderung und Wandlung sind bei zufälliger Verschlechterung grundsätzlich ausreichende Rechtsbehelfe -, ist eine Analogie zu §§ 323 Abs. 2, 281 bzw. zu § 633 Abs. 2 nicht statthaft. Gleiches gilt für die Zeit nach dem Gefahrübergang. Nach der Rechtsprechung und einem Teil der Lehre verdrängen die §§ 459 ff. vor dem Gefahrübergang nicht die allgemeinen Regeln. Deshalb kann der Käufer nach dieser Meinung vor Übergabe des Grundstücks auch nach §§ 320, 326 vorgehen, d.h. die Annahme des verschlechterten Grundstücks verweigern, um den Verkäufer auf diese Weise zur Mängelbeseitigung zu veranlassen. Ein einklagbarer Anspruch aufNachbesserung besteht aber auch nach dieser Auffassung weder vor noch nach dem Gefahrübergang. Ist die Beseitigung der Verschlechterung nicht möglich (Fall des unbehebbaren Mangels), dann kann der Käufer bis zum Gefahrübergang neben der vorgezogenen Wandlung oder Minderung auch gemäß §§ 323 Abs.2, 281 die Herausgabe von "Fehler-" oder "Beschädigungs surrogaten" verlangen, unabhängig davon, ob der unbehebbare Mangel als Fall der Teil- oder der Vollunmöglichkeit zu verstehen ist. Inwieweit die Rechtsprechung dem Käufer auch nach dem Gefahrübergang den Anspruch auf das "Fehlersurrogat" zugesteht, ist offen - mit wohl eher ablehnender Tendenz.

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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11. Der Fall der für den Verkäufer zufälligen Zerstörung

I. Anwendung der Unmäglichkeitsvorschriften? Versteht man unter der Zerstörung einer Sache streng begrifflich deren vollständigen physischen Untergang, so ist die Zerstörung eines Grundstücks als eines abgegrenzten Teils der Erdoberfläche unter normalen geophysikalischen Verhältnissen undenkbar und kann daher aus der weiteren Betrachtung ausgeschieden werden. Auch die wasserrechtlich bedeutsamen Fälle der Überflutung ll6 und des Uferabrisses 117 führen allenfalls dem Sprachbild nach, nicht aber rechtlich zu einem "Untergang" der betroffenen Grundstücksteilfläche. Das Wasserrecht sieht lediglich in bestimmten Fällen dieser Art einen Wechsel in der Eigentümerposition vor 1l8 • Zu überlegen ist aber, ob dieser auf das Nicht-mehr-Vorhandensein bezogene Zerstörungsbegriff auch im Hinblick auf eine interessengerechte Beurteilung nicht zu eng gefaßt ist. Müssen nicht besonders massive Eingriffe in die Substanz des Grundstücks, insbesondere seiner wesentlichen Bestandteile der vollständigen physischen Vernichtung gleichgestellt werden, - gerade auch im hier zu betrachtenden Leistungsstörungsrecht? Es geht, mit anderen Worten ausgedrückt, darum, ob der Wegfall bestimmter die Art (und Individualität) des Grundstücks kennzeichnender Merkmale l19 dazu führt, daß das Grundstück, obwohl es noch gegenständlich vorhanden ist, als nicht mehr dasselbe, als "Aliud" im Sinne eines "Andersseins", bzw. eines "Anders-Geworden-Seins" angesehen werden muß.

S. dazu etwa § 6 WasserG Rh.-Pf. (GVBI. 1983,31). S. dazu § 8 WasserG Rh.-Pf. 118 Dies ist z.B. dann der Fall, wenn das Gewässerbett ein selbständiges Grundstück bildet, das nicht im Eigentum der Uferanlieger steht. S. hierzu § 6 Abs. I WasserG Rh.Pf. - Vgl. allgemein zum Eigentum an (Binnen-) Gewässern die §§ 4 ff. WasserG Rh.Pf. und die Parallelvorschriften in den Wassergesetzen der übrigen Bundesländer. Zum Einfluß des Wasserrechts auf das Sachenrecht s. auch den Überblick bei BaurlStürner, SachenR, 16/1992, § 27 V sowie die Kommentierungen zu Art. 65 EGBGB. 119 Praktisch werden dürfte dies vor allem bei Gebäuden als wesentlichen Bestandteilen - die folgende Darstellung konzentriert sich deshalb auf diesen Fall -; eventuell auch bei größeren Baumkulturen. Einzelne Bäume oder kleinere Baumgruppen haben nicht die Kraft, den Kaufgegenstand besonders zu charakterisieren. Beispielhaft rur einen unmittelbaren Eingriff in die Grundstückssubstanz können das Trockenlegen eines Sees oder die Verseuchung des Bodens sein. Das Sprengen eines Felsens oder das Trockenlegen eines Sumpfes sind im Zweifel keine wertmindernden Einwirkungen. 116

117

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Die Annahme einer solchen "Aliudisierung" hätte kaufrechtlich die Konsequenz, daß die Übereignung des bisher geschuldeten Grundstücks nicht mehr möglich wäre. Der Erfiillungsanspruch - und damit eine diesen sichernde Vormerkung - ginge also unter und statt dessen würden die Sekundärrechte aus §§ 323 ff. Platz greifen 120. In der Abwandlung des Beispielfalls aus der Einleitung würde diese Sicht bedeuten, daß die Übereignung der Kaufsache "Villengrundstück" unmöglich geworden ist, weil sich das Kaufobjekt durch den Brand zu einem "Trümmer-" oder "Ruinengrundstück" gewandelt hat und damit der ursprünglich geschuldete Leistungsgegenstand untergegangen ist. Die Alternative zu dieser Lösung über das Unmöglichkeitsrecht ist es, bei der Anwendung des Gewährleistungsrechts der §§ 459 ff. zu verbleiben l2l , zunächst etwa mit dem Hinweis darauf, daß Leistungsgegenstand das Grundstück als zuordnungsrechtliche Hauptsache ist und dieser Leistungsgegenstand tatsächlich noch physisch vorhanden ist. Die Zerstörung eines wesentlichen Bestandteils fUhrt demnach eben nur zur Verschlechterung der Hauptsache 122 • Bei dieser Lösung bestünde der kaufvertragliche Erfiillungsanspruch - und damit eine diesen sichernde Vormerkung - fort. Der hier aufgeworfene Konflikt ist als solcher in Rechtsprechung und Schrifttum - anders als die schon bei Vertrags schluß vorhandene Art- und Individualitätsabweichung l23 - eher selten Gegenstand von Erörterungen gewesen l24 .

120 So etwa das OLG OIdenburg, NJW 1975, 1788, das jedoch - genausowenig wie das nachfolgend zitierte Schrifttum - den Ausdruck "Aliudisierung" gebraucht. Für eine Anwendung von §§ 323 ff. beim Gattungs-Aliud argumentiert auch Gil/ig, 1984, S. 172 ff. In diesem Sinne ferner schon Haymann in AcP 135 (1932), S.228, 230 f.[Rezension] und in JW 1930, 823, 824 f.[Urteilsanmerkung]; wohl auch J.v.Gierke, ZHR 114 (1951), S. 73, 90. Hingegen möchten ReinickelTiedtke, Kaufrecht, 5/1992, S. 220 die §§ 323 ff. analog anwenden. Allgemein - d.h. ohne auf kaufrechtliche Besonderheiten einzugehen - bejahen eine "Aliudisierung" StaudingerlLöwisch, 13/1995, § 275 Rn 3; MKiEmmerich, 3/1994, § 275 Rn I I; jeweils m.w.N. 121 Allerdings hat Haymann in AcP 135 (1932), S. 228,230 f. und in JW 1930, 823, 824 f. die Anwendung der §§ 323 ff. auf jede nachträgliche Verschlechterung oder Zerstörung damit zu rechtfertigen versucht, daß die §§ 459 ff. sich nur auf schon bei Vertragsschluß vorhandene Mängel bezögen. Angesichts des klaren Wortlauts von § 459, der eindeutig auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs abstellt, und der bereits oben I.2.a.bb. angesprochenen Entstehungsgeschichte vermag diese These nicht zu überzeugen. 122 So BGHZ 102, 322, 325 f. in einem deliktsrechtlichen Fall.

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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Das OLG Oldenburg hat in einem einschlägigen Fall auf die "wirtschaftliche Betrachtungsweise" abgestellt und mit deren Hilfe die Anwendung der §§ 323 ff. gerechtfertigt 125. Verkauft war in diesem Fall ein gebrauchter Pkw, dessen Übergabe aus vom Käufer zu vertretenden Umständen scheiterte 126. In dem Zeitraum von knapp zwei Jahren zwischen dem ersten, vergeblichen Übergabetermin und der Erhebung der vom OLG zu entscheidenden Zahlungsund Abnahmeklage des Verkäufers unternahm dieser nichts, um den Wagen zu erhalten mit der Folge, daß sich die technische Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs so verschlechterte, daß der Wagen nach den Feststellungen des Gerichts mit vertretbaren Mitteln nicht mehr fahrbereit gemacht werden konnte. Der Pkw stelle in seinem jetzigen Zustand, so heißt es in dem Urteil 127, wirtschaftlich eine völlig andere Sache dar als zur Zeit des Kaufvertragsschlusses,

123 Die Behandlung des anfanglichen Gattungs- und Individualitäts-Aliuds ist Gegenstand der schon klassisch zu nennenden Kontroverse zwischen den kaufrechtlichen Fehlertheorien. Vgl. hierzu - neben den gängigen Kommentaren und Lehrbüchern zum Kaufrecht - insbesondere Fabricius, JuS 1964, 1 ff. 124 Das Problem wird angesprochen von OLG Oldenburg, NJW 1975, 1788. Die im Schrifttum zum Unmöglichkeitsrecht - insbes. den Kommentaren zu den § 275 - angeruhrten Fälle spielen zumeist im Mietrecht oder beziehen sich auf den Kauf von Rechten: So betraf die vom OLG Oldenburg zur Rechtfertigung des eigenen Standpunkts herangezogene Entscheidung OLG Zweibrücken, OLGZ 1970, 306 ff. den Kauf zweier Jagdpachtrechte, bei der die Übernahme des einen Pachtvertrages unmöglich wurde, weil die zustimmungspflichtige Jagdgenossenschaft die Genehmigung versagte. In der Entscheidung BGHZ 2,268 ff. (=NJW 1951,649 f.) ging es darum, daß die Erfiillung eines Werklieferungsvertrages mit dem Deutschen Reich betreffend zum Einbau in U-Boote bestimmter Geräte dadurch unmöglich wurde, daß die Besatzungsmacht die fertigen Geräte bzw. die zur Herstellung vorgesehenen Bauteile beschlagnahmte und zerstörte; d.h. rur den Werklieferer waren die Geräte und Bauteile nicht mehr gegenständlich vorhanden, weil sie infolge der Beschlagnahme seiner Verfiigungsmacht entzogen waren. Schließlich ging es in dem Fall OGHZ I, 110 ff. darum, ob ein "Untergang" i.S. von § ll EMV [Einheitsmietvertrag rur Baugeräte, s. Deutscher Reichsanzeiger Nr. 132 vom 8.6.1940] auch dann anzunehmen sei, wenn die Mietsache nicht körperlich verändert wurde sondern in Feindeshand gefallen war und auf diese Weise der Verfiigungsmacht der Vertragsparteien entzogen wurde, was der OGH unter Berufung auf die zu § 447 ergangene Entscheidung RGZ 114, 405 und in Auseinandersetzung mit der Gegenauffassung bejahte. - Einen ähnlich gelagerten mietrechtlichen Fall entschied OLG Stuttgart, SJZ 1949, Sp. 412 ff. unter Anwendung von § 306. 125 OLG Oldenburg, NJW 1975, 1788 ff. 126 Deswegen hatte das OLG Oldenburg, a.a.O. S. 1788, auch in zeitlicher Hinsicht keine Bedenken, die §§ 323 ff. anzuwenden. 127 NJW 1975, S. 1788.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

so daß seine Lieferung nicht mehr als Erfüllung des Kaufvertrages angesehen werden könne. Der Fall, daß ein Kraftfahrzeug nicht mehr fahrbereit sei und mit vertretbaren Mitteln nicht mehr fahrtüchtig gemacht werden könne, sei der vollständigen Unmöglichkeit gleichzusetzen I28 • Auch das Schrifttum orientiert sich, zumeist im Anschluß an die Entscheidung des OLG Oldenburg, im wesentlichen an der wirtschaftlichen Sichtweise 129 • Wendet man diese wirtschaftliche Betrachtungsweise auf den Fall des in ein TrümInergrundstück verwandelten Hausgrundstücks an, so spricht - zumindest auf den ersten Blick - einiges dafür, auch hier von einem Aliud zu sprechen und die §§ 323 ff. heranzuziehen. Ein Ruinengrundstück ist für Wohnzwecke, sei es Eigennutzung, sei es Vermietung, nicht mehr geeignet und es bedarf erheblicher Mittel zur Wiederherstellung des Gebäudes und der damit verbundenen ursprünglich vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten. Die Unterschiede werden auch deutlich in den voneinander abweichenden Marktpreisen für bebaute und Trümmergrundstücke. Bei näherem Hinsehen zeigen sich aber doch einige Diskrepanzen zum Fall des durch Verrottung aliudisierten Kraftfahrzeugs, die in der Verschiedenheit von beweglichen Wirtschafts gütern und Immobilien wurzeln. So ist der verrottete Pkw als Ganzes funktional unbrauchbar geworden, allenfalls einige Einzelteile mögen für einen Schrotthändler oder ein RecyclingUnternehmen von Wert sein. Das Trümmergrundstück ist demgegenüber als solches nicht unbrauchbar. Grund und Boden sind, weil nicht vermehrbar, nur begrenzt verfügbar und deshalb knapp und teuer. Sie sind offenkundig auch unbebaut oder "ruiniert" von erheblichem Wert. Anders als mit einem unbrauchbaren Auto kann ein Käufer auch mit einem in eine Trümmerfläche verwandelten Gebäudegrundstück noch etwas anfangen. Diese Erkenntnis wird durch die sachenrechtlichen Zuordnungsregeln der §§ 93 ff. unterstrichen. Die Qualifikation von Grundstücken als Hauptsachen und Gebäuden etc. als deren wesentliche Bestandteile ist eine Folge der wirtschaftlichen Sonderstellung von Grund und Boden. Das Kaufrecht als "Recht der (entgeltlichen) Zuordnungsänderung" ist weitaus stärker als andere Rechtsgebiete 130 an diese Zuordnungsregeln in §§ 93 - 95 gebunden. 128 Das OLG löst den Fall mittels §§ 324 Abs. 1, 325 Abs. 1,254 Abs. 1 und erörtert dabei ausführlich das Problem der - gesetzlich nicht geregelten - beiderseits zu vertretenden Unmöglichkeit (OLG Oldenburg, NJW 1975, 1788, 1789 m.w.N.). Vgl. dazu insbesondere auch Hadding, AcP 168 (1968), S. 150 ff. 129 S. StaudingerlLöwisch, 13/1995, § 275 Rn 3; MKiEmmerich, 3/1994, § 275 Rn 11; zurückhaltend Soerge//Wiedemann, 12/1990, § 275 Rn 23. 130 Vgl. für das Schadensersatzrecht etwa BGHZ 102,322,326.

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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Die wirtschaftliche Betrachtungsweise kann daher nicht, jedenfalls nicht eindeutig, zur Bejahung eines Aliuds filhren, wenn wesentliche Grundstücksbestandteile zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang zerstört werden. Es kommt hinzu, daß die Abgrenzung zwischen der Beschädigung und der Zerstörung eines wesentlichen Bestandteils nicht immer leichtflUlt. Eine "Aliudisierung" der Kaufsache insgesamt kann aber grundsätzlich nur in Betracht kommen, wenn der wesentliche Bestandteil ganz zerstört ist 131 • Gegen die Annahme eines Aliuds spricht im Grunde auch der heute vorherrschende\32 enge, gegenständliche Leistungsbegriff: Das Grundstück als solches ist noch vorhanden, allerdings in veränderter Beschaffenheit. Damit ist, wie schon eingangs angedeutet, der Leistungsgegenstand an sich teilweise noch erhalten geblieben, weshalb es in dieser Hinsicht begrifflich an einem Aliud fehlt. Dieser enge Leistungs- und damit auch Unmöglichkeitsbegriff entspricht aber mehr der im Gesetz angelegten Systematik des Leistungsstörungsrechts, das zwischen Unmöglichkeit, Verzug und Mängelgewährleistung unterscheidet und die beiden letztgenannten Störungen eben nicht dem Unmöglichkeitsrecht unterstellt l33 . Für die Frage, ob die Zerstörung wesentlicher Grundstücksbestandteile, insbesondere von Gebäuden, kaufrechtlich zu einem Aliud oder nur zu einem Sachmangel filhrt, ist schließlich die Beurteilung der Interessenlage von erheblichem Gewicht. Soweit die Einordnung der nachträglichen Zerstörung von 131 S. dazu näher BGHZ 102,322,325 f zum gleichgerichteten Problem der WiederhersteIlbarkeit i.S. von § 251 Abs. 1 bei Gebäuden. 132 Die Vorherrschaft ergibt sich aus der allgemeinen Anerkennung der sPV (pVV). Ein weiter, auch die Fälle der sPV (PVV) umfassender Unmöglichkeits- bzw. Nichterfüllungsbegriff wird im Anschluß an Himmelschein, AcP 135 (1932), S.255, 295 ff. noch heute von Emmerich, Leistungsstörungen, 3/1991, § 20 IV m.w.N. bzw. MK/Emmerich, 3/1994, Vor § 275 Rn 218 ff., § 275 Rn 7 ff., 59, 62 vertreten. In diesem Sinne auch Gillig, 1984, S. 427 f Aus der Rechtsprechung s. OLG Düsseldorf, OLGZ 1978,202 (=JuS 1978, 780); das Urteil ist vereinzelt geblieben. De lege ferenda auch Huber, in BMJ(Hrsg.), Gutachten 1,1981, S. 647,671 ff. \33 S. dazu auch Stall, AcP 136 (1932), S. 257, 268 ff., 273 ff. Stall hat deutlich gemacht, daß der weite Unmöglichkeits begriff weder von Mommsen, dem Begründer der Unmöglichkeitslehre, noch den Gesetzesverfassern, die ausweislich Motive II, S. 49, 51, 56 den Verzug als Fall einer teilweisen Unmöglichkeit ansahen, voll durchdacht war. Gerade anhand der Verzugsvorschriften gelingt Stall in Auseinandersetzung mit Himmelschein, AcP 135 (1932), S. 255, 295 ff., der Nachweis, daß in das Gesetz eben doch ein gegenständlicher Unmöglichkeitsbegriff eingegangen ist. Hier dazu nur soviel: Versteht man den Unmöglichkeitsbegriff weit, dann führt jeder Verstoß gegen vereinbarte Leistungsumstände als "teilweise" Unmöglichkeit zur gänzlichen Nichterfüllung, eine Teilnichterfüllung kann es dann nicht geben; das steht aber im Widerspruch zur Regelung in den §§ 280 Abs. 2, 283, 287. - Dazu auch noch unten im 3. Kapitel, I.2.c).

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Gebäuden usw. begrifflich nicht eindeutig fixiert ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob die Rechtsfolgen des Unmöglichkeitsrechts oder des Gewährleistungsrechts die Leistungsstörung interessengerechter bewältigen. Die Zerstörung - oder Verschlechterung - der Kaufsache nach Vertragsschluß belastet bei Außerachtlassung der Sekundärrechtsbehelfe grds. nur den Käufer. Dieser ist vertraglich verpflichtet, eine bestimmte Geldleistung zu erbringen, deren Wert unverändert ist, während die Gegenleistung durch den Eingriff in die Sachsubstanz in ihrem Wert verändert, d.h. gemindert ist. Es geht also um Käuferschutz. Die Interessen des Verkäufers sind allenfalls dann schutzwürdig und -bedürftig, wenn die Leistungsstörung - wie hier - ohne sein Zutun, d.h. ohne sein Verschulden eingetreten ist. Daher ist es besser, die Entscheidung über das weitere Schicksal des Vertrages dem Käufer zu übertragen und ihm ein Wahlrecht zwischen Auflösung, Anpassung und unveränderter Einhaltung des Vertrages, also zwischen Wandlung, Minderung und TÜgeloser Akzeptanz der in vertragswidriger Beschaffenheit angebotenen Kaufsache einzuräumen als den Vertrag insgesamt fiir unwirksam zu erklären. Dem Verkäufer entstehen dabei keine Nachteile, denn wenn es beim Leistungsaustausch bleibt, erhält er mit dem geminderten Kaufpreis jedenfalls das Äquivalent der von ihm tatsächlich erbrachten Leistung. Bei Anwendung von § 323 hat der Käufer zwar formal auch ein Wahlrecht zwischen Rückabwicklung und Beibehaltung des Kaufvertrages; die Aufrechterhaltung des Vertrages nach §§ 323 Abs.2, 281 hat aber nur die Funktion, dem Käufer den Zugriff auf ein dem Verkäufer zustehendes Surrogat zu sichern. Es geht in diesem Zusammenhang auch nicht an, den mit der Anwendung der Unmöglichkeitsvorschriften zum "Aliud" erklärten Kaufgegenstand als gemäß § 281 herausgabefiiliigen Surrogats bestandteil anzuerkennen, denn dies stünde im Widerspruch zum eigenen Ansatzpunkt. Außerdem würde auf diese Weise die im Gesetz bei Vollunmöglichkeit nicht vorgesehene Minderung durch die Hintertür eingefiihrt. Das kann nicht überzeugen. Es zeigt sich also, daß die Anwendung der §§ 459 ff. die hier vorrangigen Käuferinteressen wesentlich besser zur Geltung bringt als die der §§ 323 ff. Demgegenüber wendet Gillig ein i34 , eine Abwicklung des Gattungs-Aliuds über das Mängelrecht weise sachliche Schwächen auf. Seine Argumentation illustriert er mit dem Beispiel, daß der speziesgeschuldete Sack nicht - wie vereinbart - Zucker, sondern Salz enthält.

134 Gillig, 1984, S. 175 f. Gilligs Äußerung bezieht sich freilich unmittelbar auf die schon bei Vertragsschluß vorhandene Gattungsabweichung und daher auf die Kontroverse zwischen den kaufrechtlichen Fehlerbegriffen.

2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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Verlange der Käufer nach Lieferung des Gattungs-Aliuds, also des Sackes voll Salz, nicht Wandlung des Vertrages, sondern Minderung des Kaufpreises, so erhalte der Leistungsaustausch eine Rechtfertigung, obwohl der eingetretene Erfolg in der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung - gekauft ist der Sack als einer voll Zucker - keine Entsprechung habe 135 • Auch die Regelung zur Durchfilhrung der Minderung in § 472 passe in diesem Fall nicht. Die Minderung werde nach dieser Vorschrift über einen Vergleich zwischen mangelfreiem und mangelhaftem Leistungsgegenstand auf der Grundlage der Wertvorstellungen der Parteien hinsichtlich der mangelfreien Leistung bewirkt. Dieser dem § 472 vorschwebende Vergleich sei nicht möglich, denn es müsse auf eine dritte Größe zurückgegriffen werden, nämlich den Marktpreis des Aliuds. Damit würden aber gar nicht vergleichsfiihige Größen gesetzwidrig - zueinander in Beziehung gesetzt 136 • Die dargelegte Argumentation Gilligs ist wenig überzeugend. Die These, im Falle der Minderung erhalte der Leistungsaustausch eine (vertragliche) Rechtfertigung, obwohl der eingetretene Erfolg in der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung keine Entsprechung habe, richtet sich einerseits gegen das Institut der einem Vergleichsvertrag ähnlichen Minderung überhaupt, denn, wie auch Gillig anerkennt 137 , ist jeder Kaufvertrag auf Lieferung mangelfreier Ware gerichtet, so daß in diesem Fall genauso der erreichte Leistungserfolg - Angebot bzw. Lieferung mangelhafter Ware - in der Vereinbarung keine Entsprechung hat. Man kann nicht - wie Gillig im Ergebnis verfährt - das individualisierende Element aus der Vereinbarung des Stückkaufs herausnehmen und dann zu dem Schluß kommen, filr die Minderung fehle es an einer vertraglichen Grundlage. Bei derartigem Vorgehen wird der Spezieskauf zum Gattungskauf umgedeutet, was im Widerspruch zur Gesetzeslage steht, die zwischen beiden Arten des Kaufs unterscheidet. Andererseits. wäre es aufgrund Gilligs These nur konsequent, das weitere Schicksal des Vertrages überhaupt der Disposition des Käufers zu entziehen, denn wenn der Käufer etwa gänzlich darauf verzichtet, seine Gewährleistungsrechte oder nach Gillig die Rechte aus § 323 geltend zu machen, hat der konkrete Leistungserfolg ebensowenig eine Grundlage in der vertraglichen Vereinbarung wie im Falle der Minderung. Gillig müßte daher folgerichtig bei Bejahung eines Gattungs-Aliuds den Vertrag kraft Gesetzes filr nichtig erklären und dem Käufer die bereicherungsrechtliche Abwicklung des Vertrages vorschreiben. GilIig, 1984, S. 176. So ist Gi/lig, 1984, S. 176 wohl zu verstehen. 137 GilIig, 1984, S. 43 ff., 89 f. 135

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Es ist Gillig zuzugeben, daß in dem von ihm gewählten Beispiel des als Zucker verkauften Sackes Salz die Wahl der Minderung problematisch ist. Aber wenn der Käufer einen Sack Zucker benötigt, ist es reichlich unwahrscheinlich, daß er sich fiir die Minderung entscheidet, wenn der geschuldete und gelieferte Sack nichts anderes als Salz enthält. Bei weniger extremen Gattungsabweichungen ist die Interessenlage schon anders, was bereits oben fi1r die hier interessierende Divergenz zwischen Gebäude- und Trütnmergrundstück aufgezeigt wurde. Erfaßt man mit der hier vertretenen Auffassung die Zerstörung wesentlicher Grundstücksbestandteile, insbesondere auch von Gebäuden als Peius, dann fehlt eine Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 323, wie Reinikke und Tiedtke sie vorgeschlagen haben 138 , rechtfertigen könnte. Nach obigen Ausführungen zur Interessenlage hätte nur eine zusätzliche Anwendung von §§ 323 Abs. 2,281 neben §§ 459,462 einen Sinn. Diese wurde jedoch bereits ftüher 139 als mit dem geltenden Recht unvereinbar verworfen. Die Anwendung der Unmöglichkeitsvorschriften ist allerdings noch über eine weitere Argumentationsvariante begründbar. Ein Haus bildet zwar als wesentlicher Bestandteil eine rechtliche Einheit mit dem Grundstück und kann nach §§ 93,94 Abs. I nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Gleichwohl werden Häuser im Verkehr als selbständige Einheiten bzw. Wirtschaftsgüter angesehen. Dies zeigt sich etwa daran, daß sich die Brandversicherung nur auf die Gebäude bezieht. Besonders deutlich wird das im Bilanzrecht, wonach Gebäude und Grundstücke selbständige Wirtschaftsgüter darstellen. Diesen Ansatz weiterverfolgend könnte man im Falle der Zerstörung des verkauften Hauses im Wege einer Betrachtung ex-post den Verkauf einer Mehrheit von Sachen annehmen, die zu einer quantitativen Teilunmöglichkeit der Übereignung und Übergabe von geschuldetem Haus und Grundstück führen würde. Ein derartiges Vorgehen ist aber bedenklich und schon daher nicht hilfreich. Grundstück und Gebäude beeinflussen sich in ihrem wirtschaftlichen Wert gegenseitig und können deshalb nur sehr bedingt als selbständige Einheiten betrachtet werden 140. Die Situation im Bilanzrecht ist mit dem Fall des Grundstückskaufs nicht vergleichbar. Thema des Bilanzrechts ist die regelmäßige Wertermittlung zum Zwecke der Gewinnfeststellung. Diese wiederum ist Ausgangspunkt fi1r Ausschüttungen an Gesellschafter, für die Kreditwürdigkeit des Kaufmanns und die Reinicke/l'iedtke, Kaufrecht, 5/1992, S. 220. Oben 1.2. 140 In diesem Sinne auch BGHZ 102,322,325 f. m.w.N. 138

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2. Kap.: Käuferrechte bei unverschuldeter Verschlechterung I Zerstörung

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Ertragsbesteuerung. Die Separierung von Grundstück und Gebäude hat dabei ihren Sinn, weil allein die Gebäude einem Wertverzehr durch Abnutzung unterliegen. Das Kaufrecht als Hauptfall der Verpflichtung zur Übertragung von Vermögensgegenständen gehört zum Kernbereich der Anwendung der Zuordnungsnormen der §§ 93 ff. Diese Vorschriften sollen die Zerschlagung von Vermögenswerten verhindern, die durch das Auseinanderfallen des Eigentums an Hauptsache und wesentlichem Bestandteil droht. Die Vorschriften sind zwingendes Recht, weshalb eine Außerkraftsetzung im Wege der Fiktion dem gesetzgeberischen Willen eklatant widersprechen würde. Außerdem ist hier derselbe Einwand zu berücksichtigen, der auch gegen die "Unmöglichkeit durch Aliudisierung" erhoben wurde. Die Rechtsfolgen bei Anwendung des Unmöglichkeitsrechts sind unbefriedigend und wenig interessengerecht. Das ist im Falle der (quantitativen) Teilunmöglichkeit nicht anders als bei der bereits erörterten Vollunmöglichkeit. Nach § 323 Abs. 1,2. Fall muß der Gläubiger den noch möglichen Teil der Leistung abnehmen und einen verhältnismäßig geminderten Kaufpreis entrichten. Der Rücktritt (wegen Interessewegfalls) ist ihm nach dem Willen des Gesetzgebers verwehrt, weil der Schuldner die Leistungsstörung nicht zu vertreten hat und die Gewährung eines Rücktrittsrechts einzig fiir den Gläubiger diesen ungerechtfertigt privilegieren würde l41 . 2. Ergebnis zu /1. Die beiderseits unverschuldete Zerstörung wesentlicher Grundstücksbestandteile, namentlich von Gebäuden, zwischen Vertragsschluß und Übergabe fUhrt im Falle des Spezieskaufs nicht zur Anwendung der Unmöglichkeitsregeln. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, die bei beweglichen Sachen zur Anwendung der §§ 323 ff. fUhren kann, spricht bei der Beurteilung wertmindernder Einwirkungen auf Immobilien eher fUr das gegenteilige Ergebnis. Auch die Interessenlage schlägt fiir die Anwendung der §§ 459 ff. zu Buche. Die Stärke des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts ist darin begründet, daß der Käufer anders als bei den Unmöglichkeitsvorschriften - unabhängig vom Grad der Substanzeinbuße des Kaufgegenstandes ein Wahlrecht zwischen Vertragsauflösung (Wandlung) und Vertragsanpassung (Minderung) hat und es somit allein von seinen Interessen bzw. seiner Entscheidung abhängt, ob er den beschädig141

Mugdan II, S. 114 (=Motive II, S. 207 f.).

6 Richter

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

ten oder "zerstörten" Leistungsgegenstand, im hier vordringlich interessierenden Fall ein Gebäudegrundstück, abnehmen muß oder nicht. Dieses Wahlrecht verletzt nicht die wegen des fehlenden Verschuldens durchaus schutzWÜTdigen Interessen des Verkäufers, denn er erhält jedenfalls ein leistungsäquivalentes Entgelt; im übrigen sind seine Interessen wegen § 446 Abs. 1 denen des Käufers nachgeordnet. Die Fälle unverschuldeter nachträglicher Beschädigung und Zerstörung wesentlicher Grundstücksbestandteile sind daher gleichermaßen nach den §§ 459 ff. als Mängelgewährleistungsflille zu behandeln. Die unter I. 4. festgehaltenen Ergebnisse gelten deshalb in den Fällen der Zerstörung wesentlicher Bestandteile eines Grundstücks wie auch bei massiven Substanzeingriffen.

3. Kapitel

Die Käuferrechte, wenn der Verkäufer selbst das Grundstück oder seine wesentlichen Bestandteile schuldhaft verschlechtert bzw. zerstört Thema dieses Kapitels sind die zusätzlichen Rechte des Käufers, wenn der Verkäufer selbst die Verschlechterung vorsätzlich oder fahrlässig herbeifUhrt. Auch in diesem Fall stehen dem Käufer als "Mindeststandard" die im 2. Kapitel erörterten Rechte zu. Als weitergehende Rechte sind Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche zu erörtern. Während die Schadensersatzansprüche dem Zweck dienen, eine mögliche Vermögenseinbuße des Geschädigten umfassend zu kompensieren, erhält der betroffene Käufer mit der Zubilligung eines (vorbeugenden) Unterlassungsanspruchs ein Mittel an die Hand gegeben, die Erfiillung seines ursprünglichen Leistungsanspruchs zu retten, in dem er seinem SchuldnerN erkäufer ein "anspruchsschonendes" Verhalten gebieten kann. Unter Berücksichtigung des im 2. Kapitel gefundenen Ergebnisses, daß wegen des Hauptsachecharakters des Grundstücks die Zerstörung dessen wesentlicher Bestandteile nicht zum Untergang, zur Vollunmöglichkeit der geschuldeten Leistung fUhrt, bezieht sich die "Rettungsfunktion" des Unterlassungsanspruchs beim Grundstückskauf auf die Rettung des Inhalts und nicht auf die Rettung der Existenz des ErfUllungsanspruchs, jedenfalls soweit es um tatsächliche Einwirkungen geht.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung I Zerstörung

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Hinsichtlich der im 2. Teil zu erörternden - heftig umstrittenen - Rechtslage im Verhältnis zwischen dem vorgemerkten Käufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber 142 hat die nun folgende Untersuchung eine nicht unerhebliche Schlüsselfunktion, weil mit den hier zu fmdenden Ergebnissen eine wichtige Argumentationsgrundlage gelegt wird. So dürfte etwa ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verschlechterung des Grundstücks im Verhältnis zwischen dem vorgemerkten Käufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber schwerlich begründbar sein, wenn dem Käufer gegenüber seinem Verkäufer schon kein solcher Ersatzanspruch zustände 143 • Das typisierende, illustrierende Fallbeispiel aus dem vorigen Kapitel ist bei schuldhaftem Handeln des Grundstücksverkäufers wie folgt abzuwandeln: B verkauft dem A ein Villengrundstück. Um dem A die Finanzierung zu ermöglichen, soll das Grundstück erst in drei Monaten aufgelassen werden. Einige Tage später bereut B den Verkauf und beschließt, das Grundstück zu behalten und ein mehrstöckiges Mietshaus darauf zu errichten l44 . Um den A vor vollendete Tatsachen zu stellen, beginnt er sogleich mit dem Abriß der Villa. Nun erfährt A von allem und fragt, welche Rechte ihm gegen B zustehen. Da ihm das Grundstück gut gefällt, will er den Kaufvertrag keinesfalls rückgängig machen. A möchte auch wissen, ob es nicht möglich wäre, den B am weiteren Abriß der Villa zu hindern.

Mittels dieses Falles als Leitfaden sollen im folgenden die Schadensersatzund Unterlassungsansprüche des Käufers untersucht werden. Der Schadensersatzanspruch wird unter I. abgehandelt, der Unterlassungsanspruch nachfolgend unter 11.

I. Anspruch auf Schadensersatz 1. Schadensersatz gemäß § 463

Nach § 463 karm der Käufer einer Speziessache statt Wandlung oder Minderung Schadenersatz wegen Nichterfiillung verlangen.

Dazu näher im 6. und 11. Kapitel. S. dazu Kohler, NJW 1984, 2849, 2857 mit Fn. 90; Rosien, 1994, S. 215 und näher oben im 7. Kapitel. 144 Von der Zu lässigkeit dieses Vorgehens nach öffentlichem (Bau-) Recht soll hier ausgegangen werden. 142 143

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l. Teil, l. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 462 - vom Verkäufer nach den §§ 459, 460 zu vertretender 145 Mangel zur Zeit des Gefahrübergangs - wird fiir den Schadensersatzanspruch verlangt, daß eine vom Verkäufer zugesicherte Eigenschaft (schon) zur Zeit des Kaufs, d.h. des Vertragsschlusses, fehlte, § 463 S. 1146 , oder daß der Verkäufer zu dieser Zeie 47 eine arglistige Täuschung begangen hat, § 463 S. 2. Diese - arglistige, d.h. vorsätzliche - Täuschung muß darin bestehen, daß der Verkäufer dem Käufer einen Fehler verschwiegen 148 oder nicht vorhandene Eigenschaften der Sache vorgespiegelt hat l49 . Die Fälle einer (schuldhaften) Verschlechterung der Kaufsache nach Vertragsschluß werden somit von § 463 prinzipiell nicht erfaßt. Die Vorschrift knüpft an Verhaltensweisen des Verkäufers im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertrags schluß an: Während § 463 S. 1 sich als Regelung einer Garantiehaftung begreifen läßt, sanktioniert § 463 S. 2 einen vorsätzlichen Angriff des Verkäufers auf die Willensentschließung des Käufers und damit einen Teilbereich der Haftung aus Culpa in contrahendo (CiC)150. Auch inhaltlich haben diese Anspruchsgründe nichts mit der Verletzung einer Obhuts- bzw. Fürsorgepflicht fiir einen bereits verkauften Gegenstand gemein. Wegen dieser fehlenden zeitlichen wie inhaltlichen Übereinstimmung ist § 463 als Anknüpfungstatbestand einer Haftung wegen verschuldeter Verschlechterung - auch im Wege der Analogie - ungeeignet.

145 Der Begriff des "Vertreten-müssens" bezeichnet in diesem Zusammenhang - anders als üblich - kein schuldhaftes Handeln des Verkäufers, sondern bezieht sich allein auf die Erfiillung der Tatbestandsmerkmale der §§ 459,460. 146 S. hierzu etwa SoergellHuber, 12/1991, § 463 Rn 6 fI., insbes. Rn 7; ferner Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 361 f. 147 Dieser Zeitpunkt ist sowohl fiir das Vorhandensein des Mangels als auch fiir die Arglist des Verkäufers maßgeblich; s. z.B. PalandtlPutzo, 55/1996, § 463 Rn 11; ausfiihrlicher SoergellHuber, 12/1991, § 463 Rn 7 ff. und StaudingerlHonsell, 13/1995, § 463 Rn 9 f. m.w.N. 148 Das arglistige aktive Vortäuschen der Fehlerfreiheit wird erst recht erfaßt; s. statt aller StaudingerlHonsell, 13/1995, § 463 Rn 46. 149 Insoweit wird § 463 S. 2 analog angewandt; st. Rspr. seit der grundlegenden Entscheidung RGZ 66, 335, 337; s. außerdem RGZ 132, 76, 78; BGH, NJW 1960, 237 (=LM § 123 Nr. 8); NJW 1978, 2240; zuletzt BGH, NJW 1993, 1643; aus dem Schrifttum PalandtlPutzo, 55/1996, § 463 Rn 13; RGRKlMezger, 12/1974, § 463 Rn 7; StaudingeriHonsell, 13/1995, § 463 Rn 45; MKlHP. Westermann, 3/1995, § 463 Rn 10; Larenz, SchuldR 11/1,13/1986, § 41 IIc 3; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 360. ISO In diesem Sinne aus der Rechtsprechung RGZ 135, 339, 346; BGHZ 60,319,321 m.w.N.; ebenso SoergellHuber, 12/1991, Vor § 459 Rn 211 ff., 213 m.w.N.; ablehnend aber Larenz, SchuldR 11/1, 13/1986, § 41 lIe.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung 1 Zerstörung

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2. Schadensersatz wegen schuldhafter Pflichtverletzung (spV, pVV)

Die schuldhafte Pflichtverletzung ("positive Vertragsverletzung" , pVV) ist gewohnheitsrechtlich anerkannt und im Leistungsstörungsrecht - als generalklauselartiger Grundtatbestand - etabliert. Herkömmlicherweise werden Fallgruppen unterschieden. Die praktisch wichtigsten Fallgruppen sind die Schlechterfilllung und die Verletzung von Nebenpflichten. Trotz der grundsätzlichen Anerkennung sind noch viele Einzelheiten umstritten. Besonders problematisch ist das Verhältnis der sPV (pVV) zum kaufvertraglichen Sachmängelgewährleistungsreche51 . Auf diese schon klassisch zu nennende Streitfrage soll hier erst am Ende der Untersuchung eingegangen werden. a) Voraussetzungen Sofern man - wie es hier geschehen soll - die Konkurrenzprobleme gesondert behandelt, beschränkt sich der Tatbestand der sPV (p VV) auf das Vorliegen einer verschuldeten Verletzung vertraglicher Pflichten. aa) Pflichtverletzung

Erste Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs ist die Verletzung vertraglicher Pflichten. Welche Pflichten verletzt der Verkäufer, der die Kaufsache, die sich noch in seinem Besitz und Eigentum befindet, nach Vertragsschluß, aber vor Gefahrübergang verschlechtert? (1) Verletzung einer Hauptpflicht

Im Rahmen eines Schuldverhältnisses lassen sich Haupt- und Nebenpflichten unterscheiden. Als Hauptpflichten werden die Pflichten bezeichnet, die das Schuldverhältnis prägen I52 , z.T. auch die Pflichten, die beim gegenseitigen Vertrag im Synallagma stehen 153.

151 Übersichten dazu bei Palandt/Putzo, 55/1996, Vor § 459 Rn 2 ff.; Köhler, JA 1982, 157 ff.; umfassend auch Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 38 ff. (speziell zur sPV/pVV), Rn 175-281; auch StaudingeriHonsell, 13/1995, Vorbemzu §§ 459 ff. Rn 16 ff.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Unter der Prämisse der Nichterfüllungstheorie, daß die Lieferung bzw. Übergabe einer mangelhaften Speziessache Nichterfilllung einer kaufvertraglichen Hauptleistungspflicht ist l54 , kann dem Verkäufer, der eine infolge Verschlechterung mangelhafte Sache übergibt, eine Verletzung dieser Hauptpflicht vorgeworfen werden. Nach Maßgabe der oben erwähnten Fallgruppeneinteilung begründet dies einen Fall der Schlechterfüllung. Folgt man hingegen der Gewährleistungstheorie, nach der Erfüllung beim Spezieskauf bereits durch die Übergabe der Kaufsache in ihrer jeweiligen Beschaffenheit - also ganz unabhängig von etwaigen Mängeln - eintritt l55 , so kann dem Verkäufer eine Hauptpflichtverletzung nicht vorgehalten werden. Die Vertreter der Gewährleistungstheorie nehmen statt dessen eine "Störung der subjektiven Äquivalenz,,156 oder eine "Enttäuschung berechtigten Vertrauens,,157 an, die außerhalb des Pflichtenkanons von Haupt- und Nebenpflichten

152 So aber Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 2 I; PalandtlHeinrichs, 55/1996, Einl vor § 241 Rn 6. 153 Der Unterschied zeigt sich etwa beim Werkvertrag: Die Pflicht zur Lieferung eines mängelfreien Werkes steht zwar im Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma), ist aber keine den Werkvertrag als Typus prägende Pflicht. Palandt!I'homas, 55/1996, § 631 Rn 12 ordnet die Pflicht zur mängelfreien Werklieferung (wegen ihrer Zuordnung zum Synallagma) als Hauptpflicht ein. Vgl. auch Medicus, BR, 17/1996, Rn 206 f 154 Nach dieser heute wohl überwiegend vertretenen Theorie (grundlegend Rabel, v.Caemmerer) ist die Mangelfreiheit der Kaufsache Teil der primären Leistungspflicht. Die §§ 459 ff. sind eine spezielle sekundäre Ausgleichsordnung fur diesen Fall der Teilnichterfullung (v.Caemmerer, FS WoljJ, 1952, S.I, 18). Vertreter dieser Auffassung sind im neueren Schrifttum z.B. SoergellHuber, 12/1991, Vor § 459 Rn 169 mit ausfuhrlicher Darstellung des Streitstandes in Rn 145-174, StaudingeriOstler, 11/1955, Vor § 459 Rn 3; Erman/Weitnauer, 8/1989, Vor § 459 Rn 35; RGRKlMezger, 12/1974, Vor § 459 Rn 3; Erman, JZ 1960, 41 f; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 230. Der "Nichterfullungstheorie" steht zumindest im Ergebnis auch die "Vertragsbruchstheorie" Flumes nahe. Für Flume ist die Leistung einer mangelhaften Kaufsache "keine Erfullung des Kaufvertrages, sie ist ein "breach of contract", weil der Kaufvertrag auf die Leistung der Kaufsache im mangelfreien Zustand gerichtet ist, aber sie ist nicht Nichterfullung einer Erfullungspflicht", - Zitat aus: Flume, Eigenschaftsirrtum, 1948, S. 41. 155 Der Grund der Sachmängelhaftung liegt nach dieser Theorie darin, daß der Verkäufer zusätzlich eine besondere Gewähr (Garantie?) fur die Mängelfreiheit übernommen hat, die im Fall der Fehlergewährleistung nach § 459 Abs. 1 auf dem Gesetz selbst, im Fall der Zusicherung, § 459 Abs. 2, auf einer Vereinbarung beruhen soll. 156 So etwa SoergellBallerstedt, 10/1967, Vor § 459 Rn 15; StaudingerlHonsell, 13/1995, Vorbem zu § 459 ff Rn 15. 157 In diesem Sinne Larenz, SchuldR Il/l, 13/1986, § 41 He; StaudingerlHonsell, 13/1995, Vorbem zu § 459 ff. Rn 15; EsserlWeyers, SchuldR BT, 6/1991, § 5 11. S. ferner MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 459 Rn 82 mit Rn 2 f.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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liegen soll. Larenz lS8 spricht von einer Einstandspflicht als einer Sekundärpflicht. Die Enttäuschung des Käufervertrauens in die Beschaffenheit der Speziessache beinhalte selbst keine Verletzung vertraglicher Pflichten. Folgt man dem, so läßt sich jedenfalls beim Spezieskauf eine sPV (pVV) der Fallgruppe Schlechterfiillung nicht begründen. Larenz versteht unter Schlechtleistung denn auch konsequent - aber mißverständlich gegenüber der hier gebrauchten Einteilung - die Verletzung von leistungsbezogenen Nebenpflichten in Abgrenzung zur Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten, die er als weitere Verhaltenspflichten bezeichnet l59 . Der Konflikt zwischen den beiden Theorien kann dahinstehen 160, wenn der Verkäufer (auch) eine vertragliche Nebenpflicht verletzt hätte. Larenz, SchuldR IIIl, 13/1986, § 41 He. Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 24 Ia. 160 Im neueren Schrifttum wird der Theorienstreit nicht selten als unergiebig (ErmaniGrunewald, 9/1993, Vor § 459 Rn 11; auch StaudingeriHonsell, 13/1995, Vorbem zu § 459 ff. Rn 10) qualifiziert und auf eine Stellungnahme verzichtet. Dies erscheint jedoch allzu positivistisch gedacht. - Die Nichterfüllungstheorie ist der Gewährleistungstheorie vorzuziehen: Die Gewährleistungstheorie macht die § 459 ff. zu einem atypischen Fremdkörper im Leistungsstörungsrecht. Beim Gattungskauf und beim Werkvertrag ist die Lieferung mangelhafter Ware bzw. Werke eine (teilweise) Nichterfüllung des Vertrages. Auch die Überlassung einer mangelhaften Mietsache ist ein Fall der Teilnichterfüllung, wie sie aus §§ 537, 538 ergibt. Die Gewährleistungstheorie birgt das Risiko, daß mit einem stereotypen Hinweis auf den Charakter der §§ 459 ff. als (abschließender) Sonderregelung gegenüber den allgemeinen Vorschriften eine interessengerechte Argumentation verhindert wird. Die Annahme einer Leistungspflicht des Verkäufers setzt nicht notwendig einen korrespondierenden Anspruch des Käufers voraus (vgl. auch die Parallele im öffentlichen Recht bei der Schutznormtheorie: Nicht jeder gesetzlichen Pflicht der Verwaltung korrespondiert ein auf deren Einhaltung gerichteter einklagbarer Anspruch des Bürgers). Die Nichterfüllungstheorie steht auch nicht im Widerspruch zu § 306; aus der Unmöglichkeit der Erfüllung folgt notwendig nur deren Unerzwingbarkeit, nicht aber die Nichtigkeit der Vereinbarung. Gerade die Berufung auf die Störung der subjektiven Äquivalenz - darauf laufen letztlich alle Deutungen des Rechtsgrunds der §§ 459 ff. durch die Vertreter der Gewährleistungstheorie hinaus - entzieht der Argumentation der Anhänger dieser Theorie den Boden, denn eine Störung des subjektiven Äquivalenz bedeutet nichts anderes als eine Störung des Synallagmas, d.h. eine Störung der miteinander verknüpften Leistungspflichten. Das Synallagma, die Verknüpfung der Leistungspflichten, ist - wie Larenz selbst [in SchuldR I, 14/1987, § 15 I] deutlich macht - Inhalt des Vertrages, nicht nur dessen Geschäftsgrundlage. - Die Rechtsprechung hat sich nicht explizit zur Kontroverse zwischen Gewährleistungs- und Nichterfüllungstheorie geäußert. Einzelne Entscheidungen lassen sich aber nur auf der Grundlage der Nichterfüllungstheorie rechtfertigen: Nach RGZ 66, 279, 281 f. ist es ein Teil der Erfiillungspflicht, daß der Verkäufer die Speziessache mit der zugesicherten Eigenschaft liefert; in WM 1983, 363, 364 hat der BGH von einer Pflicht 158

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

(2) Verletzung einer Nebenpflicht Bei den Nebenpflichten im Rahmen eines schuldrechtlichen Vertrages, die grundsätzlich auf § 242 gestützt werden, läßt sich funktional zwischen leistungsbezogenen Nebenpflichten und Schutzpflichten unterscheiden 161. Während die Schutzpflichten im gesteigerten sozialen Kontakt zwischen den Vertragspartnern wurzeln und Beeinträchtigungen der Rechtsgütersphäre der Parteien über das allgemeine Lebensrisiko hinaus verhindern sollen, dienen die leistungsbezogenen Nebenpflichten dazu, dem Gläubiger den Leistungserfolg möglichst umfassend und ungeschmälert zugute kommen zu lassen. Da die Kaufsache zwischen Vertragsschluß und Übergabe grundsätzlich noch nicht der Rechtsgütersphäre des Gläubigers (Käufers) zugeordnet ist, scheidet ein Verstoß des Verkäufers gegen eine Schutzpflicht von vornherein aus. Hingegen ist die Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht zu bejahen. In der Zeit zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang trifft den Verkäufer eine Obhutspflicht bzgl. der Kaufsache. Der Schuldner - hier der Verkäufer - hat den noch in seinem Besitz befindlichen, aber zu übergebenden Leistungsgegenstand so aufzubewahren und zu behandeln, daß dieser sich nicht nachteilig verändert und auch keine Schäden an sonstigen Rechtsgütern des Gläubigers hervorruft l62 . Ist vor dem Gefahrübergang eine Verschlechterung eingetreten, so läßt bereits dieser nachteilige Befund den Schluß zu, daß der Verkäufer objektiv eine (Verhaltens-) Pflicht verletzt hat. Dies rechtfertigt sich damit, daß der Schaden noch im Verantwortungsbereich des Schuldners (Verkäufers) entstanden ist l63 . des Verkäufers eines Gebrauchtwagens gesprochen, ein Fahrzeug mit intaktem Motor zu liefern. Ausführlich und überzeugend zum Ganzen SoergellHuber, 12/1991, Vor § 459 Rn 145 ff. 161 In diesem Sinne SoergellTeichmann, 12/1990, § 242 Rn 133; ähnlich auch MKlG.Roth, 3/1994, § 242 Rn 115-118. - Zur Untauglichkeit einer Differenzierung der Nebenpflichten nach ihrer Klagbarkeit siehe im einzelnen unten II. 162 Dies ist wohl allgemeine Meinung. S. etwa BGH, DB 1972, 34; Larenz, SchuldR I, § 2 I, § 10 IIe; SoergellTeichmann, 12/1990, § 242 Rn 162, 166; speziell zum Kaufvertrag Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 141; auch Rn 405; SoergellHuber, 12/1991, § 433 Anh I Rn 15 f.; RGRKlMezger, 12/1974, § 433 Rn 49; StaudingerlKöhler, 13/1995, § 433 Rn 140 f.; MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 433 Rn 65, 68. Auch die Gesetzesmaterialien gehen von einer Aufbewahrungsptlicht aus; s. Mugdan II, S. 772 (=Protokolle II, S. 1733 f.) - zu § 464 E I (=§ 450 BGB). 163 So die Rechtsprechung, die die Beweislast nach Verantwortungsbereichen verteilt. Die Literatur differenziert teilweise nach der Art der verletzten Ptlicht. Eine gute Über-

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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bb) Verschulden

Um den Anspruch aus sPV (pVV) auszulösen, muß die Pflichtverletzung schuldhaft erfolgt sein. Verschulden liegt vor bei einem objektiv rechtswidrigen (pflichtwidrigen) und subjektiv vorwerfbaren Verhalten eines Zurechnungsflihigen l64 . Bzg1. der Obhutspflichtverletzung ist die Bejahung des Verschuldensvorwurfs wenig problematisch, da die Verletzung einer Verhaltenspflicht in Rede steht. Im Bereich der Fahrlässigkeit - Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. I S. 2 - gilt entsprechend dem BedÜTfuis des Rechtsverkehrs kein individueller, sondern ein objektivierter Sorgfaltsmaßstab, so daß Pflichtverletzung und Fahrlässigkeitsvorwurf vielfach zusammenfallen 165 • Hinsichtlich der Verletzung der Hauptleistungspflicht, mangelfreie Ware zu übergeben, gilt das folgende: Diese Hauptpflicht ist unmittelbar erfolgsorientiert; sie bezieht sich auf den Zweck, den Erfolg des Schuldverhältnisses selbst. Eine Störung dieses Erfolges - Leistungsstörung in einem engeren Sinne als Erfilllungsstörung - impliziert noch nicht notwendig ein Verschulden des Verkäufers, da sie auch von Dritten oder vom Vertragspartner herbeigeführt werden kann 166 • Ein Verschulden des Verkäufers hinsichtlich dieser Erfiillungsstörung ist daher nur zu bejahen, wenn ihm ein individueller Verhaltensvorwurf zu machen ist, wenn er sich also pflichtwidrig verhalten hat, d.h. eine (leistungs- oder präziser erfüllungsbezogene) Verhaltens- bzw. Nebenpflicht verletzt hat. Letztlich ist also die Nebenpflichtverletzung konstituierend für den Schadensersatzanspruch.

sicht der Beweislastfragen im Fall der sPV (pVV) findet sich bei PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 282 Rn 6-16 m.w.N. 164 Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 276 Rn 5. Vgl. auch SoergellMWolf, 12/1990, § 276 Rn 38 m.w.N. 165 PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 276 Rn 15; s. näher SoergellM Wolf, 12/l990, § 276 Rn 36, 39. Freilich sind die folgenden Unterschiede zu beachten: Während das Rechtswidrigkeitsurteil aufgrund einer Betrachtung im Nachhinein (expost) erfolgt, fallt die Entscheidung über das Verschulden - den Fahrlässigkeitsvorwurf anhand einer auf den konkreten Fall bezogenen Betrachtung im Vorhinein (ex-ante), wobei auf die Erkennbarkeit des Verletzungserfolgs, der möglichen und geeigneten Gegenmaßnahmen sowie des Bestehens einer Pflicht überhaupt abgestellt wird (s. auch SoergellM Wolf, a.a.O.). 166 S. nur §§ 275, 323, 324, 459.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

ce) Ergebnis

Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, daß die Verschlechterung der Kaufsache zwischen Vertragsschluß und Übergabe die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht indiziert und - wenn man der Nichterfüllungstheorie zuneigt - zugleich ein Verstoß gegen die Hauptleistungspflicht der Übergabe und Übereignung einer mängelfreien Sache droht. Kommt es dann zum Gefahrübergang, sind auf der Grundlage der Nichterfilllungstheorie daher zwei Fälle der schuldhaften Pflichtverletzung (sPV, pVV) zu bejahen. Beide Tatbestände überschneiden sich; sie sind im Ergebnis auf dasselbe Interesse gerichtet. Die Überschneidung liegt in den unterschiedlichen Ansätzen der p VV -Tatbestände begründet. Die Fallgruppe "Schlechterfiillung" knüpft an den Zustand des Leistungsgegenstandes, an den Leistungserfolg an und fragt, ob die "schlechte" Erfiillung vom Schuldner, dem Verkäufer verschuldet ist. Die Fallgruppe "Nebenpflichtverletzung" knüpft unmittelbar an Verhaltensweisen bei der Leistungserbringung, hier die schuldhafte Verletzung einer Obhutspflicht, an und fragt nach dem dadurch entstandenen Schaden. Im Fall der schuldhaften Verschlechterung zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang sind beide Tatbestände wohl notwendig komplementär, weil der Nebenpflichtverstoß des einen Tatbestandes das Verschulden im andern konstituiert und die Hauptpflichtverletzung im einen Tatbestand sich als Schaden, d.h. auf der Rechtsfolgenseite beim andern niederschlägt. Das Konkurrenzverhältnis zwischen beiden Fallgruppen soll hier offengelassen werden, da es allein die Nichterfiillungstheorie betrifftl67. Für unseren Beispielsfall ergibt sich daher, daß grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) zu bejahen ist. b) Rechtsfolge Rechtsfolge des Anspruchs aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) ist der Ersatz des durch die Pflichtverletzung adäquat kausal verursachten Schadens 168. 167 Wegen des verschiedenartigen Ansatzes beider Tatbestände - einerseits verhaltens- andererseits erfolgsbezogen - kommt eine Verdrängung des einen durch den anderen Tatbestand wohl kaum in Betracht. 168 S. PalandtlHeinrichs, 55!l996, § 276 Rn 123; Soergel/Wiedemann, 12/1990, Vor § 275 Rn 491 f. Die Frage nach dem (freien) Wahlrecht zwischen dem "kleinen" und "großen" Schadensersatz wegen Nichterfiillung stellt sich hier nicht, da der Anspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung (pVV) zu den Gewährleistungsrechten (Min-

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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c) Konkurrenzverhältnis zu § 325 Bevor auf das schwierige Verhältnis der sPV (p VV) zu den § 459 ff. eingegangen wird, soll zunächst in aller Kürze das Verhältnis zu den Unmöglichkeitsvorschriften angesprochen werden. Ein Vorrang der Unmöglichkeitsregeln gegenüber der schuldhaften Pflichtverletzung (sPV, pVV) läßt sich nur unter der Prämisse eines weiten, alle Arten der Leistungsstörung umfassenden Unmöglichkeitsbegriffes begründen. Gegen diesen weiten Unmöglichkeits- bzw. Nichterfiillungsbegriff wurde bereits oben bei der Erörterung des Verhältnisses der Unmöglichkeits vorschriften zu den §§ 459 ff. im Fall der Zerstörung wesentlicher Grundstücksbestandteile Stellung bezogen l69 . Im Verhältnis der sPV (pVV) zu § 325 kann daher kaum anderes gelten, unabhängig davon, daß die sPV im Gegensatz zum Gewährleistungsrecht weder geschriebenes noch spezielles Recht darstellt. Für den engen, gegenstandsbezogenen Unmöglichkeitsbegriff der heute ganz herrschenden Meinung sprechen zudem noch folgende Gesichtspunkte: Ein weiter, alle Leistungsstörungen umfassender Unmöglichkeitsbegriff ist zunächst für Laien und Rechtspraktiker gleichermaßen wenig anschaulich. Weiter verstellt eine dahingehende Begriffsbildung die Möglichkeit zu störungsbezogener Differenzierung auf der Tatbestands- wie auf der Rechtsfolgenseite und bedeutet damit einen Rückschritt bei der Entwicklung eines den auszugleichenden Interessen angemessenen allgemeinen Schuldrechts 170. Schließlich ist auf die gewohnheitsrechtliche Anerkennung zu verweisen, die die sPV (pVV) erfahren hat. Die dadurch gewonnene Rechtssicherheit sollte nicht leichter Hand aufgegeben werden 171 • derung, Wandlung) nicht - wie § 463 - in elektiver Konkurrenz steht, sondern neben diesen geltend gemacht werden kann, s. dazu RGZ 52, 18; RG, DR 1941, 637, 638; BGHZ 77,215,217; Soergel/Huber, 12/1991, § 465 Rn 31. Zu den Konkurrenzfragen sogleich noch unter c. Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) kann also - soweit man ihn neben den §§ 459 ff. überhaupt zuläßt - neben der Wandlung oder Minderung geltend gemacht werden. Soweit der Anspruch mit einem Mangel zusammenhängt, gilt rur die Verjährung § 477 entsprechend; das ist wohl allg. Auffassung, s. z.B. BGHZ 60, 9, 13 f.; 77, 215, 219; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 379; Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 67 f m.N. 169 S. oben 2. Kapitel unter 11.1., insbes. Fn. 132, 133. 170 Vgl. hierzu etwa die Kritik von Diederichsen, AcP 182 (1982), S. 101, 119 und Soergel/Wiedemann, 12/1990, Vor § 275 Rn 372 am Gutachten Hubers zur Schuldrechtsreform. Darin schlägt Huber vor, alle Leistungsstörungen in einem einheitlichen Tatbestand der "Nichterfiillung" zu verschmelzen; s. Huber, in BMJ (Hrsg.), Gutachten I, 1981, S. 647, 671 ff. 171 So wohl auch Soergel/Wiedemann, 12/1990, § 275 Rn 48.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Der Streit um den Unmöglichkeitsbegriff hat freilich im Fall der verschuldeten Verschlechterung - im Gegensatz zur unverschuldeten Verschlechterung und Zerstörung - wenig Auswirkungen, da der Sache nach nur um die dogmatisch "richtige" Rechtsgrundlage des Schadensersatzanspruchs debattiert wird 172. d) Konkurrenzverhältnis zu den §§ 459 ff. Traditionsreich und praktisch wichtiger ist der Streit über das Konkurrenzverhältnis des Anspruchs aus sPV (p VV) zu den Vorschriften der kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistung l73 . aa) Meinungsstand

Folgt man der Rechtsprechung und dem Teil der Lehre, nach denen die Gewährleistungsrechte erst mit dem Gefahrübergang entstehen l74 , so kann der Käufer den sPV-Anspruch wegen schuldhafter Verschlechterung des Kaufgrundstücks bis zum Gefahrübergang uneingeschränkt geltend machen. Wegen des Nachbesserungsrechts des Verkäufers hat dies aber nur dann einen Sinn, wenn der Verschlechterungsschaden unbehebbar ist oder der Verkäufer dessen Beseitigung bis zum Gefahrübergang ablehnt, wenn sich also bis zum Gefahrübergang an der nachteiligen Substanzeinwirkung voraussichtlich nichts mehr ändert. Der Käufer kann bis zu diesem Zeitpunkt dann nach dieser Auffassung den gesamten adäquat kausalen Schaden ersetzt verlangen, nicht nur den sogenannten "Mangelfolgeschaden" I7S. Nach der hier vertretenen Auffassung entfalten die §§ 459 ff. auch vor dem Gefahrübergang Sperrwirkungen gegenüber den allgemeinen Regeln, so daß die Rechtslage vor und nach diesem Termin insoweit keine Unterschiede aufweist I76 .

172 Vgl. z.B. Huber, AcP 177 (1977), S.281, 335, der auf die schuldhafte Verschlechterung der Kaufsache § 325 anwenden wollte; diese Auffassung hat Huber jetzt zugunsten der Haftung aus sPV (p VV) aufgegeben; s. Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 249. l73 Ausfiihrliehe Übersicht zum Streitstand bei Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 38 ff. 174 S. oben 2. Kapitel, I.l.a) aa). 175 Zu diesem Begriffz.B. BGHZ 77, 215, 218 und sogleich im Text. 176 S. oben 2. Kapitel, I. La) bb).

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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Folgt man dem oder nimmt man auf der Basis der Auffassung der Rechtsprechung einmal an, daß die Verschlechterung des Grundstücks erst nach dem Gefahrübergang entdeckt wird, stellt sich die Frage, inwieweit die sPV (p VV) als Institution des allgemeinen Schuldrechts in den hier einschlägigen Tatbeständen der Schlechterfiillung (Hauptpflichtverletzung) und der Nebenpflichtverletzung (nach Larenz: Schlechtleistung) mit dem kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrecht kollidiert und welche Folgen diese Kollision insbesondere im Fall der schuldhaften Verschlechterung der Kaufsache nach sich zieht. Die Kollision besteht formal darin, daß die Umstände, die im Rahmen der §§ 459 ff. das Tatbestandsmerkmal "Mangel" (Fehler, fehlende Eigenschaften) ausmachen, bei beiden Fallgruppen der sPV (p VV) auf der Rechtsfolgenebene grundsätzlich als zu beseitigender ("Mangel-") Schaden erfaßt werden. Bezogen auf die Hauptpflichtverletzung liegt ein (Teil-) Nichterfiillungsschaden vor, bezogen auf die Nebenpflichtverletzung ist der "Mangelschaden" durch den Pflichtenverstoß adäquat kausal verursacht. Die Rechtsprechung und die ihr folgende herrschende Lehre beseitigen diesen Konflikt seit Anfang der vierziger Jahre 177 durch eine Differenzierung auf der Rechtsfolgenebene: Die §§ 459 ff. seien eine abschließende Regelung bzgl. dieser sogenannten Mangelschäden. Hierunter verstehen sie den Schaden, der unmittelbar durch die mangelhafte Lieferung selbst entstanden ist; dazu zählt etwa die fehlende oder eingeschränkte Gebrauchstauglichkeit der Kaufsache, der bleibende Minderwert, der Nutzungsausfall, der entgangene Gewinn, die Mehrkosten eines Dekkungskaufs sowie die Mängelfeststellungs- und -beseitigungskosten 178 • Hinsichtlich der sogenannten Mangelfolgeschäden - das sind die Schäden, die der Käufer infolge des Mangels an seinen übrigen Rechtsgütem, aber auch an sonstigem Vermögen erleidee 79 - enthalte das Gesetz eine Regelungslücke, die durch die Anwendung der Grundsätze über die sPV (p VV) geschlossen werden könne l80 • Seit RG, DR 1941,637 f. ("Bongossiholz"). So z.B. BGHZ 77, 215, 218 (=NJW 1980, 1950, "Fußbodenplatten"), BGH, NJW 1978, 2241, 2242; Staudinger/Honsell, 13/1995, § 463 Rn 48; MKJHP. Westermann, 3/1995, § 463 Rn 42; s. auch Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 52 ff.; § 463 Anh. Rn 22 ff., 28 m.w.N. 179 So z.B. BGHZ 77,215, 218 (=NJW 1980, 1950); Larenz, SchuldR 11/1, 13/1986, § 41 He. 180 Seit RG, DR 1941, 637, 638 s1. Rspr.; von BGH, NJW 1965, 532 (=LM § 463 NT. 12 - "Sielleitung") übernommen und von BGHZ 77, 215, 217 f. bekräftigt. Aus dem Schrifttum s. Larenz, SchuldR 11/1, 13/1986, § 41 He - auf ihn geht die Begriffsbildung "Mangel-" bzw. "Mangelfolgeschaden" zurück -; Enneccerus/Lehmann, SchuldR, 15/1958, § 112 I 3; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 403; StaudingeriHonsell, 177 178

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Die Brandschäden an dem Haus aus dem einleitenden Beispielsfall an der Kaufsache sind Mangelschäden im Sinne dieser Einteilung mit der Folge, daß der Käufer nach dieser Meinung aus sPV (pVV) keinen Ersatz des entstandenen Schadens verlangen kann, sondern auf die Rechte aus § 462 (Minderung oder Wandlung) verwiesen bleibt. Darüber hinausgehend hält Brox l81 die sPV (pVV) neben dem kaufrechtlichen - wie auch dem sonstigen - Mängelgewährleistungsrecht fiir unanwendbar, soweit die Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Mangelhaftigkeit steht. Es fehlt nach seiner Auffassung an der behaupteten Regelungslücke, da über §§ 463, 480 Abs. 2 alle adäquat kausal verursachten Schäden und damit auch die Mangelfolgeschäden ersetzt würden. Da diese Vorschriften nachträgliche Verschlechterungen der Kaufsache nicht erfassen, fUhrt die Meinung von Brox genau wie die eben dargestellte herrschende Auffassung dazu, daß in diesem Fall (neben Minderung und Wandlung) kein Ersatz von "Mangelschäden" verlangt werden kann. Den entgegengesetzten Standpunkt vertritt ein Teil der Lehre 182 im Anschluß an die frühere Rechtsprechung des Reichsgerichts l83 . Huber hat diese Meinung eingehend begründet l84 . Er hält Schadensersatzan-

sprüche aus sPV (pVV) neben den Ansprüchen aus §§ 463,480 Abs. 2 fiir uneingeschränkt anwendbar, so daß aus dieser Anspruchsgrundlage auch Ersatz fiir die o.a. Mangelschäden verlangt werden könne. Dies entspreche sowohl dem allgemeinen Prinzip, daß der Schuldner fiir von ihm zu vertretende Vertragsverletzungen auf Schadensersatz hafte als auch dem allgemeinen Prinzip des Schadensersatzrechts, wonach der Ersatzpflichtige jeden Schaden zu ersetzen hat, der im Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht liegtl8s. Ferner greift Huber ein Argument des Reichsgerichts wieder auf, wonach der Gesetz-

13/1995, Vorbem zu §§ 459 ff. Rn 78,82 f; MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 463 Rn 42; Soergel/Wiedemann, 12/1990, Vor § 275 Rn 419, s. aber auch Rn 414 - dazu unten im Text; ErmaniGrunewald, 9/1993, Vor § 459 Rn 39 (mit Bedenken); Palandt/Putzo, 55/1996, Vor § 459 Rn 6; Köhler, JA 1982,157, 161. 181 Brox, Bes. SchuldR, 20/1995, Rn 91, 100; ebenso schon BroxlElsing, JuS 1976, I, 7. 182 Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 55 m.w.N.; MKiEmmerich, 3/1994, Vor § 275 Rn 228; Heck, Schuldrecht, 1930, S.280; Gillig, 1984, S. 293 ff, 303. Für den Fall der schuldhaften Beschädigung der Kaufsache vor dem Gefahrübergang auch Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 405; Soergel/Wiedemann, 12/1990, Vor § 275 Rn 414; Medicus, BR, 17/1996, Rn 361; Knöpfte, NJW 1990,2497,2505. 183 RGZ 52,18 ff.; 53,200 ff.; 117,315 ff. 184 Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 55 ff. 185 Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 55.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung 1 Zerstörung

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geber die §§ 459 ff. nicht als Beschränkungsregeln fUr die allgemeine Verschuldenshaftung konzipiert habe 186.

bb) Stellungnahme In der Tat läßt sich die Unterscheidung zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden mit dem schadensersatzrechtlichen Grundprinzip, daß der durch die Pflichtverletzung adäquat kausal verursachte Schaden zu ersetzen ist, nicht vereinbaren 187. Die Unterscheidung fuhrt zudem zu Abgrenzungsschwierigkeiten, zu einer kaum mehr überschaubaren Kasuistik und zu einer damit verbundenen erheblichen RechtsunsicherheitI88.189. Es trifft auch nicht zu, daß der BGB-Gesetzgeber das Problem der Mangelfolgeschäden allgemein oder besonders beim Kauf übersehen hat l90 . Der - abgelehnte - Antrag, eine zusicherungsunabhängige Garantiehaftung des gewerblichen Verkäufers einzufiihren "bei Mängeln, auf welche sich die für das Gewerbe erforderliche Sachkunde bezieht" fUr den Schaden, "welchen der Mangel 186RGZ52, 18, 19. - Das gemeine Recht kannte neben der Haftung für dolus (=Vorsatz) auch eine allgemeine Haftung wegen Verschuldens (auch: "Verschuldung"); die Haftung für culpa, die (neben dem Vorsatz) jede Fahrlässigkeit des Schuldners erfaßte. S. hierzu etwa Brinz, Pandekten 11.1., 2/1879, §§ 265 ff., § 267; Dernburg, Pandekten 11, 711903, § 37 1.; WindscheidlKipp, Pandekten 11, 9/1906, § 265 je m.w.N. Diese gemeinrechtlich anerkannte allgemeine Verschuldenshaftung war im ersten Entwurf zum BGB (in § 224 E I) noch ausdrücklich enthalten, ging aber infolge von redaktionellen Änderungen verloren, bzw. war aus den §§ 242, 276 BGB als Nachfolgevorschriften nicht mehr ohne weiteres ableitbar. S. dazu Emmerich, Leistungsstörungen, 311991, § 2 III m.w.N.; ferner auch Stoll, AcP 136 (1932), S.257, 272 mit Fn. 26-28, 282 f. Vgl. zur Entwicklung des § 224 E I noch JakobslSchubert, Schuldrecht I, 1978, §§ 276-278 B., C. 11., C. III. 187 Brox/Elsing, JuS 1976, 1,7; Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 55. 188 Brox/Elsing, JuS 1976, 1,7; Soergel/Huber, 1211991, Vor § 459 Rn 56; MKlEmmerich, 3/1994, Vor § 275 Rn 233 ff.; auch EsserlWeyers, SchuldR BT, 711991, § 6 11 3. 189 Der Ausschluß des Ersatzes von "Mangelschäden" widerspräche auch der Vorstellung der Gesetzesverfasser, die davon ausgingen, daß der Verkäufer für jedes Verschulden einzutreten habe, durch welches der Untergang oder die Verschlechterung der Sache herbeigeführt worden sei; s. Mugdan 11, S. 772 (=Protokolle 11, S. 1733 f.) zu § 464 EI (=§ 450 BGB). Mit Verschuldenshaftung in diesem Sinn ist die bereits angesprochene culpa-Haftung gemeint, die als Schadensersatzhaftung zu verstehen ist. S. hierzu wiederum Stoll, AcP 136 (1932), S. 257, 282 f. m.N. und Beispielen aus dem Gesetzestext des BGB, z.B. § 645 Abs. 3; § 767 Abs. 1 S. 2. Vgl. ferner die Bezeichnung " Verschulden bei Vertragsschluß" (cu/pa in contrahendo) und die Rechtsfolge dieses Instituts. 190 So aber BGHZ 77,215, 222; dagegen Soergel/Huber, 1211991, Vor § 459 Rn 39 m.w.N.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

bei bestimmungs gemäßen Gebrauche der Sache verursacht", bezeugt das Gegenteil \91. Man kann aus der Ablehnung dieses Antrags eher folgern, daß der Gesetzgeber Mangelfolgeschäden beim Kauf fiir weniger bedeutsam erachtet und die §§ 463, 480 als abschließende und ausreichende Regelung hierfUr angesehen hae 92 . Die Entstehungsgeschichte der §§ 459 ff. stützt insoweit nur die Auffassung von Brox. Gegen dessen Lösung spricht andererseits, daß sie die aus heutiger Sicht unbefriedigende und atypische Benachteiligung des Käufers im Vergleich zum Mieter, Werkbesteller und anderen Gläubigern eines Erfiillungsanspruchs zementiert 193 • Die Beschränkung der Schadensersatzhaftung des Verkäufers auf die Fälle der arglistigen Täuschung und Zusicherung bei Vertragsschluß wird den Interessen des Käufers nicht gerecht. Auch dieser hat ein Bedürfnis nach Schutz vor Beeinträchtigungen und nach angemessenem Schadensausgleich, wenn der Verkäufer einen Mangel verschuldet bzw. gegen eine Nebenpflicht schuldhaft verstoßen hat. Solange der Gesetzgeber sich nicht zu einer Reform des Schuldrechts durchgerungen hat, kann dem Käuferschutz nur mit einer eher restriktiven Auslegung der §§ 463, 480 Abs. 2 Rechnung getragen werden. Als Zwischenergebnis läßt sich festhalten, daß die besseren Argumente fiir die in den Rechtsfolgen uneingeschränkte Anwendung der sPV (p VV) im Fall der schuldhaften Verschlechterung der Kaufsache sprechen, so wie dies von der Mindermeinung im Anschluß an die ältere Rechtsprechung des Reichsgerichts vertreten wird. Jedoch wurde bislang der oben dargelegte Befund von zwei Pflichtverstößen - auf der Basis der Nichterfiillungstheorie - noch weitgehend außer acht gelassen. Das Konkurrenzproblem soll nunmehr auch unter diesem Aspekt beleuchtet werden. (1) Insbesondere: Zum Fall der Hauptpflichtverletzung ("Schlechterfiillung") Im Hinblick auf die Schlechterfiillung ist allerdings zu bedenken, daß die Verletzung der Hauptpflicht des Kaufvertrages, mangelfreie Ware zu liefern, sich zwar nicht unmittelbar mit dem Tatbestand, aber doch mit dem RechtsS. Motive 11, S. 228 f. und bei Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 39. Zu den Folgerungen aus dieser gesetzgeberischen (Fehl-) Einschätzung aber sogleich unter (I). 193 In diesem Sinne Huber, in BMJ (Hrsg.), Gutachten I, 1981, S.647, 765 f.; auch Gillig, 1984, S. 292, 297; vgl. auch BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht, 1992, S. 16 ff., 20 ff. 191

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3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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grund der Haftung aus §§ 459 ff. deckt, der ja nach der Nichterfüllungstheorie darin besteht, daß Übergabe und Übereignung einer mangelhaften Kaufsache keine ordentliche Erfüllung des Kaufvertrages darstellen. Gegen diese handgreifliche Übereinstimmung läßt sich zunächst einwenden, daß gegenüber der grundsätzlich verschuldensunabhängigen Haftung aus §§ 459 ff. durch die Addition des Verschuldenserfordemisses eine neue spezielle Qualität der Haftung erreicht wird. Diese Argumentation wird aber durch den Hinweis auf § 463 Satz 2 entwertet. Die §§ 459 ff. sind keine reine verschuldensunabhängige Haftungsregelung; durch § 463 ist auch die Verschuldenshaftung, wenn auch unzureichend, in die §§ 459 ff. integriert 194 • Für eine (volle) Haftung aus sPV (pVV) der Fallgruppe Schlechterfüllung läßt sich jedoch mit besserer Überzeugungskraft folgendes anführen: Aus den oben angesprochenen Gesetzesmaterialien läßt sich auch schließen, daß der Gesetzgeber die Bedeutung der schuldhaften Schlechterfüllung nicht richtig eingeschätzt hat. Dieser Umstand kann ihm beileibe nicht zum Vorwurf gemacht werden, denn die Wirtschaftsentwicklung hin zur industriellen Massenproduktion war im Jahr 1890 gewiß noch nicht voll überschaubar. Der wirtschaftliche Wandel rechtfertigt es, insoweit doch eine planwidrige Lücke im kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht anzunehmen, die durch die Anwendung der sPV der Fallgruppe "Schlechterfüllung" geschlossen werden darf, mit der Konsequenz, daß - in Übereinstimmung mit der Auffassung Hubers - auch der Mangelschaden über diese Anspruchsgrundlage ersetzt werden kann. Für eine rechtsfolgenunbeschränkte Anwendung der sPV-Regeln spricht außerdem der Umstand, daß auf diese Weise WertungswiderspTÜche zu § 325 und § 160 Abs.2 vermieden werden. Nach dem oben Ausgeführten sind beim Grundstückskauf allerdings Fälle tatsächlicher Unmöglichkeit der Leistung praktisch ausgeschlossen, so daß § 325 nur im Bereich rechtlicher Unmöglichkeit Anwendung finden kann. Gleichwohl bleibt - auch in der Beschränkung auf den Kauf beweglicher Sachen - das Phänomen merkwürdig: Hält man sich nämlich an die überwiegend von Rechtsprechung und herrschender Lehre verfochtene Maxime - kein Ersatz des Mangelschadens über die Regeln der sPV (pVV) -, dann würde im Fall des völligen Untergangs des Leistungsgegenstandes der "Mangelschaden" über § 325 ersetzt, im Fall der blo194 Bezogen auf die Übereinstimmung im Haftungsgrund zwischen den §§ 459 ff. und der sPV-Fallgruppe "Schlechterfiillung" als Hauptpflichtverletzung kann die Differenzierung der h.M. auf Rechtsfolgenebene zur Lösung des Problems der unzureichenden Verschuldenshaftung im Kaufrecht durchaus als gegenüber der - abgesehen von §§ 463, 480 Abs. 2 - völligen Haftungsfreistellung interessengerechtere Lösung eingeordnet werden. Das ändert freilich nichts an den oben geäußerten dogmatischen Bedenken.

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

ßen Verschlechterung hingegen nicht. Angesichts der fließenden Übergänge zwischen Unmöglichkeit und Schlechtleistung, zwischen Zerstörung und Beschädigung, kann das kaum überzeugen 195. Schließlich haftet nach § 160 Abs. 2 der aufschiebend bedingt Verpflichtete dem anderen Teil auf Schadensersatz - auf das Erfüllungsinteresse 196 -, wenn er das von der Bedingung abhängige Recht während der Schwebezeit schuldhaft beeinträchtigt oder vereitelt. Nach überwiegender Auffassung sind hierbei auch tatsächliche Einwirkungen auf den bedingt geschuldeten Gegenstand erfaße 97 • Es ist wenig einleuchtend, daß der aufschiebend bedingt berechtigte Käufer im Fall des Bedingungseintritts für Beschädigungen der Kaufsache während der Schwebezeit Schadensersatz verlangen kann, für Beschädigungen nach Bedingungseintritt jedoch nach der herrschenden Meinung nur Wandlung oder Minderung geltend machen darfl98 • Nach der hier vertretenen Auffassung kann der Käufer daher im Fall der schuldhaften Schlechterfüllung, d.h. im Falle eines schuldhaften Verstoßes gegen die kaufvertragliche Hauptpflicht, keine mangelhafte bzw. verschlechterte Ware zu liefern, Ersatz des gesamten adäquat kausal verursachten Schadens verlangen. Hierzu rechnet auch der Schaden, der durch den Mangel bzw. die Verschlechterung der Kaufsache selbst bedingt ist. (2) Insbesondere: Zum Fall der Nebenpflichtverletzung ("Schlechtleistung") Blickt man nun auf den Fall der vom Standpunkt der Nichterfüllungs- wie von dem der Gewährleistungstheorie festgestellten Verstoß gegen die Obhutspflicht als einer leistungsbezogenen Nebenpflicht, so ist zur Klärung des

195 In diesem Sinne auch Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 62 und 249 m.w.N.; Zimmer, BB 1988, 2192, 2194; vom Standpunkt der Gegenmeinung auch Köhler, JA 1982, 157, 161. 196 Staudinger/Dilcher, 12/1979, § 160 Rn 8; RGRKlSteffen, 12/1974, § 160 Rn 2. 197 So MKlH.P.Westermann, 3/1993, § 160 Rn 5; Soergel/M.Wolf, 12/1987, § 160 Rn 2. Flume, AT 11,4/1992, § 394. (S. 714) spricht von einer Pflicht - des aufschiebend bedingt Berechtigten - zur Erhaltung des Leistungsgegenstandes. Ebenso dürften auch Medicus, AT, 4/1990, Rn 842 und Larenz, AT, 7/1989, § 25 IIIb entscheiden, die den Rechtsgrund der Haftung aus § 160 Abs. 1 in der Verletzung von Nebenpflichten des bedingten Vertrages sehen. 198 Der Wertungswiderspruch zwischen § 160 Abs. 1 und der Anwendung der sPV (p VV) im Zusammenhang mit dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht durch die h.M. läßt sich allerdings auch durch eine auf das Kaufrecht begrenzte einschränkende Auslegung des § 160 Abs. 1 beseitigen. Damit wird das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht aber um so mehr zum Fremdkörper im Schuldrecht.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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Konkurrenzverhältnisses zu fragen, inwieweit die §§ 459 ff. den Verstoß gegen (leistungsbezogene) Nebenpflichten erfassen. Es wurde bereits angesprochen, daß die §§ 463, 480 Abs. 2 lediglich einen Fall der Verletzung von Aufklärungs- und Informationspflichten im Zeitpunkt vor und im funktionalen Zusammenhang mit dem Vertragsschluß l99 erfassen200 . Diese Vorschriften sollen sicherstellen, daß der Käufer seine auf den Vertragsschluß gerichtete Willenserklärung frei von unredlicher Einflußnahme - durch falsche oder ungenügende Informationen - der Gegenseite treffen kann. Sie schützen damit - wie die §§ 119 ff. und ein Teilbereich der cic - dessen Entscheidungsfreiheit. Im übrigen knüpfen die §§ 459 ff. unabhängig vom Verschulden bzw. speziellen Nebenpflichtverstößen an das Vorliegen eines Mangels beim Gefahrübergang an. Es vermag daher schwerlich zu überzeugen, aus der in §§ 463, 480 Abs. 2 eher vereinzelt durchgefilhrten Normierung von Nebenpflichtverstößen auf Erfassung und Ausschluß sämtlicher oder auch nur aller leistungsbezogenen Nebenpflichten zu schließen. Gegen diese Folgerung spricht vor allem der Aspekt, daß die einzelnen Nebenpflichten sowohl sachlich als auch in ihrer zeitlichen Anknüpfung innerhalb des Prozesses zwischen Entstehung und Erfilllung des Schuldverhältnisses deutlich voneinander unterscheidbar sind. Im Hinblick auf die §§ 463, 480 Abs. 2 läßt sich deshalb allenfalls der Ausschluß - sachlich aller Aufklärungspflichten betreffend den Kaufgegenstand oder - zeitlich - aller (leistungsbezogenen) Nebenpflichten im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß oder am engsten - aus beiden Kriterien kombiniert - der Ausschluß der Haftung nach allgemeinem Schuldrecht hinsichtlich der Verletzung von Aufklärungs- und Informationspflichten im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß rechtfertigen. Die schuldhafte Verletzung von Obhutspflichten zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang fallt weder sachlich noch zeitlich innerhalb diese Konkurrenzbereiche. Falls der Gesetzgeber geglaubt haben sollte, mit den §§ 463, 480 Abs.2 die Verletzung von Nebenpflichten beim Kauf ausreichend und abschließend geregelt zu haben201 , muß eine planwidrige Regelungslücke bejaht werden, denn hätte der Gesetzgeber die Bedeutung der Nebenpflichtverletzun199 BGHZ 60, 319, 321 spricht von § 463 Satz 2 als einem Tatbestand des Verschuldens bei Vertragsschluß. 200 Die Schadensersatzhaftung nach § 463 Satz I wegen nichteingehaltener Zusicherung ist verschuldensunabhängig; man kann diese Haftung aber so sehen, daß das Gesetz den Bruch des als Zusicherung besonders betonten Wortes einem Verschulden gleichrangig erachtet. 201 Dafilr finden sich in den Gesetzesmaterialien keine Hinweise - wohl auch deshalb, weil der Gesetzgeber deren Bedeutung verkannt hat.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

gen zutreffend erkannt202 , so hätte er mit Sicherheit eine umfassende Regelung getroffen. Soweit also die schuldhafte Verschlechterung der Kaufsache durch die Verletzung einer kaufvertraglichen Nebenpflicht bedingt ist, haftet der Verkäufer unbeeinflußt von den §§ 459 ff. aus sPV (pVV) auf Ersatz des gesamten adäquat kausal verursachten Schadens, also auch des "Mangelschadens" im oben umrissenen Sinn. In welche Richtung sich die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang entwickeln wird, ist offen 203 . Es ist durchaus möglich, daß die Gerichte den hier vorgeschlagenen Weg beschreiten und im Falle von Nebenpflichtverletzungen von der Unterscheidung nach Mangel- und Mangelfolgeschaden absehen. Aus den "Verpackungsfällen", auf die in dieser Beziehung gelegentlich hingewiesen wird204 , läßt sich aber keine Tendenz zu einer dahingehenden Rechtsprechungsänderung ablesen. Bei den Verpackungsfiillen ging es um den Ersatz von Schäden an der Kaufsache und an anderen Rechtsgütem des Käufers, die der Verkäufer durch eine mangelhafte Verpackung verursacht hatte 20s • Der BGH stützte die uneingeschränkte Schadensersatzhaftung in diesen Fällen zwar auf eine schuldhafte Verletzung einer vertraglichen (leistungsbezogenen) Nebenpflicht, mit dem Konkurrenzverhältnis zum Mängelgewährleistungsrecht brauchte er sich aber nicht weiter zu befassen 206 , weil der "Mangelschaden" bzw. der "Sachmangel" erst nach Gefahrübergang entstand207 und damit die §§ 459 ff. nicht (mehr) anwendbar waren 208 . 202 In diesem Sinne auch schon ausfiihrIich Stoll, AcP 136 (1932), S.257, 277 f. m.w.N. 203 Es sei hier in Erinnerung gerufen, daß sich das Problem fiir die Rechtsprechung nur in dem Fall stellt, daß der durch den Nebenpflichtverstoß bedingte Schaden an der Kaufsache selbst zwar vor Gefahrübergang entsteht - und damit zugleich Mangel ist, aber erst nach diesem Zeitpunkt entdeckt wird. 204 Z.B. Soerge//Wiedemann, 1211990, Vor 275 Rn 414. 205 BGHZ 66, 208 ("gefiillte Kfz-Batterien"); 87, 88 ("verbackene Fußbodenplatten"); vgl. auch schon BGH, NJW 1968, 1929. 206 In diesen Fällen war stets zu prüfen, ob nicht schon der Verpackungsmangel als solcher einen Sachmangel darstellt. Dies ist der Fall, wenn von der Verpackung der Ware ihr Wert oder die Möglichkeit des Weiterverkaufs abhängt oder wenn die Originalverpackung die Ware kennzeichnet, so BGHZ 87, 88, 91 unter Bestätigung und Ergänzung von BGH, OB 1958, 868. 207 In BGHZ 66, 208 ließ der Käufer die Ware beim (Erst) Verkäufer abholen, in BGHZ 87, 88 ging es um einen Versendungskauf. 208 Vgl. ergänzend RGZ 161, 330, 338 ("Venusberg"): sPV (pVV) als "cu/pa post contractum finitum": in diesem Fall entstand der MangeVSchaden an der Kaufsache selbst erst nach dem Gefahrübergang, weshalb die §§ 459 ff. nicht mehr einschlägig waren.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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3. Ergebnis zu /. Hat der Verkäufer die Verschlechterung der (Spezies-) Kaufsache zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang verschuldet, so kann der Käufer nur nach den Grundsätzen der schuldhaften Pflichtverletzung ("positiven Vertragsverletzung") Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangen. Eine direkte oder analoge Anwendung von § 463 S. 2 scheidet aus. Auf der Grundlage der NichterfUllungstheorie sind im Verschlechterungsfall grundsätzlich zwei Tatbestände der sPV (pVV) erfUllt; es liegt sowohl ein Fall der "SchlechterfUllung" (Hauptpflichtverletzung) als auch ein Fall der "Nebenpflichtverletzung" vor. Nach der Gewährleistungstheorie ist nur ein Fall der Nebenpflichtverletzung ("Schlechtleistung" in der Einteilung von Larenz) gegeben. Beide Tatbestände der sPV (p VV) fUhren nach der hier vertretenen Auffassung vor und nach dem Gefahrübergang zum Ersatz des gesamten adäquat kausal verursachten Schadens in Geld - eine Naturalrestitution kommt nach den AusfUhrungen zum Beseitigungsanspruch nicht in Betracht -; so daß auch der Verschlechterungsschaden, der Schaden an der Kaufsache selbst ("Mangelschaden"), vom Verkäufer ersetzt werden muß. Die §§ 459 ff. stehen in beiden Fällen dem Ersatz dieses Schadens nicht entgegen. Hinsichtlich der Nebenpflichtverletzung ergibt sich das aus dem Gesichtspunkt, daß die Regelung in § 463, die nur einen kleinen Teilbereich der Verletzung (leistungsbezogener) Nebenpflichten - einen Teilbereich der Haftung aus cic - erfaßt, nicht als Haftungsausschluß fUr die Verletzung sämtlicher anderen Nebenpflichten verstanden werden kann. Bezüglich der "SchlechterfUllung" folgt die uneingeschränkte Haftung trotz vorhandener sachlicher Konkurrenz insbesondere aus den Wertungswidersprüchen zu den Haft:ungsnorrnen § 325 und § 160 Abs. 2. Für den Zeitraum vor Gefahrübergang stimmt die Rechtsprechung wegen der von ihr angenommenen freien Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln, zu denen auch die sPV-Tatbestände zählen, mit diesem Ergebnis Oberein. Wird der Verschlechterungsschaden dagegen erst nach Gefahrübergang entdeckt bzw. lehnt man die uneingeschränkte Anwendung der allgemeinen Regeln vor dem Gefahrübergang ab, so ist nach der Rechtsprechung und der wohl herrschenden Auffassung im Schrifttum aus sPV (PVV) nur der "Mangelfolgeschaden" ersatzfiihig. Da der Verschlechterungsschaden Teil des "Mangelschadens" ist, steht dem Käufer nach herrschender Lehre vor und nach Gefahrübergang, nach der Rechtsprechung nur nach diesem Zeitpunkt ein Schadensersatzanspruch nicht zu, er muß sich mit dem Recht auf Minderung oder Wandlung begnügen.

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Die Urteile in den "Verpackungsfallen" deuten nicht auf eine andere Rechtsprechung hin, weil in diesen Fällen der Schaden an der Kaufsache erst nach dem Gefahrübergang entstand, weshalb schon die Voraussetzungen von § 459 nicht erfiillt waren.

11. Anspruch auf Unterlassung drohender (weiterer) Beschädigungen des Kaufgegenstandes 1. Bestehen eines derartigen Anspruchs Die Frage, ob ein Anspruch auf Unterlassung von Beeinträchtigungen der Sachsubstanz eines Kaufobjekts besteht, wird kontrovers beurteilt. Die Diskussion vollzieht sich dabei zumeist unter dem Stichwort der (Ein-) Klagbarkeit von Schuldnerpflichten209 , was jedoch das Problem nicht ganz zutreffend widerspiegelt. a) Voruberlegungen

aa) Zur Verknüpfung mit dem Prozeßrecht Mit dem Begriff der Klagbarkeit wird dem Wortsinn nach die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung eines Rechts, d.h. die Befugnis zur Klage umschrieben2lO • Es handelt sich hierbei nicht allein um die gleichnamige Prozeßvoraussetzung2ll , sondern auch um eine Befugnis des materiellen Rechts 212 , deren ratio legis der Ausschluß privater Gewaltanwendung zur Rechtsdurchsetzung zugunsten eines förmlichen Regeln unterliegenden staatlichen Zwangs ("Gewaltmonopol") ist. Diese "Befugnis zur Klage" oder vielleicht besser: Rechtsschutzbefugnis ist mit dem schuldrechtlichen Anspruch, der Forderung,

209 Vgl. etwa Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 242 Rn 24 f; ErmanIWerner, 911993, § 242 Rn 54; MKlG.Roth, 3/1994, § 242 Rn 134, 140 f.; RGRKlAIjJ, 12/1974, § 241 Rn 7; auch Stürner, JZ 1976, 384, 390. S. hierzu ferner Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 317 m.w.N. 210 S. dazu auch Staudinger/J.Schmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 141 ff., 142. 211 S. z.B. Zöl/er/Greger, ZPO, 19/1995, Vor § 253 Rn 19; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPR, 15/1993, § 92 III I. 212 S. StaudingerlJSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 142 m.w.N.: Doppelfunktion, "materiellrechtlich-prozessualer Zwitter"; s. auch Larenz, SchuldR I, 14/1987,

§ 2 III.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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nicht notwendig verknüpft; sie ist insbesondere nicht dessen Voraussetzung, d.h. Voraussetzung fiir das Bestehen einer Verbindlichkeit213 • Richtigerweise kann grundsätzlich über prozessualen Schutz erst dann nachgedacht werden, wenn man sich über das Bestehen des durchzusetzenden Rechts geeinigt hat214 • Dabei ist einzuräumen, daß gerade wegen des Verbots gewaltsamer privater Rechtsdurchsetzung ein vorhandenes materielles (subjektives) Recht in aller Regel auch klageweise geltend gemacht werden kann.

bb) Zur systematischen Einordnung dieser Unterlassungspflicht Die hier in Rede stehende Pflicht, negative Einwirkungen auf den Gegenstand, dessen Übertragung geschuldet ist, zu unterlassen, ist Teil der übergeordneten Pflicht des Schuldners, die (ordnungsgemäße) Erfüllung nicht zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. Vorliegend geht es um Beeinträchtigung bzw. Vereitelung durch Realakt, dieser korrespondiert die geläufigere Erfüllungsvereitelung oder -beeinträchtigung durch Rechtsakt. Das vielleicht bekannteste Beispiel der Erfilllungsvereitelung durch Rechtsakt ist die vertragswidrige Übereignung der Kaufsache an einen Dritten, die im Regelfall zum nachträglichen Unvermögen des Schuldners mit der Schadenersatzfolge aus § 325 (i.V.m. § 440) führt. Die Frage nach einem Anspruch des Käufers auf Unterlassung schädigender Einwirkungen auf die verkaufte, aber noch nicht übereignete Sache ist also dahingehend zu abstrahieren und zu präzisieren, ob der Gläubiger vom Schuldner verlangen kann, daß dieser sich die Erfüllung seiner Verpflichtung nicht beeinträchtigt; ob den Leistungstreuepflichten des Schuldners ein "Leistungstreueanspruch" des Gläubigers gegenübersteht.

213 Die Verfasser des BGB hatten jedoch grundsätzlich die Vorstellung, daß nur klagbare Ansprüche eine Verbindlichkeit begründen; vgl. §§ 656, 752 ff.; andererseits aber auch § 1297; hierzu ausfiihrlicher Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 144 ff. m.W.N. 214 Dazu näher unten c., d.cc. und allgemein (zur Unterlassungs- und negativen Feststellungsklage) Zeuner, FS Dölle I, 1963, S. 295 ff.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

b) Auffassungen, die einen derartigen Unterlassungsanspruch ablehnen Die wohl noch überwiegende Auffassung differenziert zwischen selbständigen und unselbständigen Nebenpflichten und hält nur die erstgenannten für anspruchsbewehrt und einklagbar2l5 . Als selbständig werden dabei (im wesentlichen) die gesetzlich geregelten Nebenpflichten angesehen, Z.B. die Auskunftspflicht des Verkäufers gemäß § 444; die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Beauftragten gemäß § 666; die Pflicht des Mieters zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nach § 550; die Schutzpflicht des Dienstherrn (Arbeitgebers) gemäß § 618 sowie die handelsrechtlichen Wettbewerbsverbote der §§ 60, 61, 112, 113 HGB 2I6 . Die Leistungstreuepflichten (oder Sorgfaltspflichten) werden den unselbständigen Nebenpflichten zugerechnet. Ihnen wird der korrespondierende "Erfiillungs-" Anspruch des Gläubigers - bzw. die "Klagbarkeit" - mit der Begründung abgesprochen, sie seien nur die Kehrseite des Leistungsanspruchs 217 , ihre Verletzung sei nur die Rechtsbedingung für die Entstehung des Schadenersatzanspruchs des Leistungsstörungsrechts 2l8 . 215 RGZ (Vereinigte Zivilsenate) 72, 393, 394 m.w.N. gegen RGZ 67, 3, 5; RGZ 133, 51, 62; OLG Frankfurt, JZ 1985, 337; PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 242 Rn 25; MKlG.Roth, 3/1994, § 242 Rn 140 f; Henckel, AcP 174 (1974), S. 97, 111; noch StaudingerlJSchmidt, 12/1980, § 242 Rn 744; MKiKramer, 3/1994, § 241 Rn 14 t1; differenzierend aber § 241 Rn \0; EnnecceruslLehmann, 15/1958, § 4112; ErmanlWerner, 9/1993, § 242 Rn 54 f.; SoergellKnopp, 10/1967, § 242 Rn \09 f m.w.N.; Fikentscher, Schu1dR, 8/1992, § 8 III (=Rn 31). 216 So z.B. Henckel, AcP 174 (1974), S. 97, 111 f., der Kriterien fiir das Umschlagen einer unselbständigen in eine selbständige Nebenpflicht vermißt. S. etwa auch MKiKramer, 3/1994, § 241 Rn 16 und ergänzend die Kommentare zu den genannten Vorschriften: Zu § 444: PalandtlPutzo, 55/1996, Rn 1 ff., 4, 5; MKlH.P. Westermann, 3/1995, Rn 2; SoergellHuber, 12/1991, Rn 15; RGRKlMezger, 12/1974, Rn 4; StaudingerlKöhler, 13/1995, Rn 12. Zu § 550: PalandtlPutzo, 55/1996, Rn 1; ErmaniJendrek, 9/1993, Rn 1; MKlVoelskow, 3/1995, Rn 1 f - Bei § 550 ergibt sich der Anspruchscharakter schon aus der gesetzlichen Formulierung "Unterlassungsklage". Zu § 618: PalandtlPutzo, 55/1996, Rn 6; MKlH.Lorenz, 2/1988, Rn 62. Zu § 666: RG, HRR 1928 Nr. 1726; RGRKlSteffen, 12/1974, Rn 25; MKiSeiler, 2/1986, Rn 13. Zu §§ 60, 61 HGB: Baumbach/Hopt, HGB, 29/1995, § 61 Rn 2 m.w.N. Zu §§ 112, 113 HGB: Baumbach/Hopt, HGB, 29/1995, § 113 Rn 4. 217 Siber, 1903, S.86 f; Lehmann, 1906, S.90; s. ferner Soergel/Feichmann, 12/1990, § 242 Rn 174. 218 Siber, 1903, S. 180.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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Hinter der Entscheidung anhand des Kriteriums der Selbständigkeit steht wohl letztlich das der gesetzlichen Regelung: Eine Nebenpflicht, die nicht gesondert im Gesetz geregelt ist, wird als unselbständige Pflicht eingestuft. Diese Auffassung hat eine Wurzel in einer frühen Entscheidung der Vereinigten Zivilsenate des Reichsgerichts 2I9 • In dieser hat das Reichsgericht - nach zunächst gegenteiliger Auffassung220 - den Standpunkt vertreten, das geltende Recht kenne "bei den auf ein Tun gerichteten Schuldverbindlichkeiten keinen klagbaren und nach § 890 ZPO vollstreckbaren Anspruch auf Unterlassen des mit der Verpflichtung zum Tun Unvereinbaren". Die negative Seite der Verpflichtung zum positiven Tun sei nicht Inhalt der Leistung i.S. von § 241. Vom Reichsgericht ausdrücklich offengelassen, aber von der Lehre bejaht, wurde die Durchsetzbarkeit von Leistungstreuepflichten, wenn diese konkret oder konkludent zwischen den Parteien vereinbart waren 221 . Das OLG Frankfurt222 ist der Auffassung, der Gläubiger könne nur die Erfiillung seines eigenen Anspruchs, nicht aber die Nichterfiillung eines fremden Anspruchs verlangen. Das geltende Recht lasse es zu, daß jemand über denselben Gegenstand gegenüber verschiedenen Partnern identische Verpflichtungen eingehe. Für deren Wirksamkeit und Erfiillung sei die zeitliche Reihenfolge der Vertragsschlüsse belanglos. Andernfalls könnte der Schuldner von beiden Gläubigem erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden und dürfte weder die eine noch die andere Verbindlichkeit erfiillen. Diese Lösung stelle offensichtlich keine sinnvolle Regelung der schuldrechtlichen Beziehungen dar. Der Gläubiger sei deshalb in diesen Fällen grundsätzlich darauf beschränkt, die für den Fall der Nichterfiillung des positiven Leistungsanspruchs vorgesehenen gesetzlichen oder vertraglichen Rechte geltend zu machen. Darüber hinausgehende materiellrechtliche UnterlassungsanspTÜche setzten eine besondere Vereinbarung zwischen den Parteien voraus. Die Möglichkeit einer Unterlassungsklage sei im übrigen keine Frage des Rechtsschutzinteresses, sondern der materiellen Anspruchsberechtigung 223 •

RGZ (VZS) 72, 393 f. RGZ 67, 3, 4 f. 221 In diesem Sinne z.B. Köhler, AcP 190 (1990), S. 496,506; auch schon Lehrnann, 1906, S. 90 f. 222 OLG Frankfurt, JZ 1985, 337. 223 OLG Frankfurt, JZ 1985,337. 219 220

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

c) Vermittelnde Auffassungen (Alff, Stürner) Eine vermittelnde Auffassung vertritt Alff24 • Er hält "unselbständige" Unterlassungspflichten nicht generell fiir "unklagbar". Über die Klagbarkeit müsse von Fall zu Fall entschieden werden. Sie sei regelmäßig dann zu bejahen, wenn schutzwürdige besondere Interessen des Gläubigers sie geboten erscheinen lassen. Etwas anders argumentiert Stümer225 • Von der Differenzierung der vorherrschenden Ansicht nach der Selbständigkeit - bzw. der gesetzlichen Regelung wendet er sich ab. Er unterscheidet vielmehr ihrer Art nach dreierlei Nebenpflichten: Erstens die Schutzpflichten, die den bereits vor dem Vertrag existierenden Güterstand vor Einbußen bewahren sollen 226 ; zweitens die Nebenpflichten, die zusätzlich zur Hauptleistung ein weitergehendes Leistungsinteresse befriedigen sollen 227 und drittens die Sorgfaltspflichten, die der Herbeifiihrung des Leistungserfolges im engeren Sinne dienen und als Bestandteile eines geordneten Leistungsplanes die positivrechtlich geregelten Leistungsstörungen vermeiden sollen. Während Stürner fiir die Schutz- und die "leistungsergänzenden" Nebenpflichten - jedenfalls bei Konkretisierbarkeit - einen Erfiillungsanspruch bejaht228 , lehnt er diesen bei den Leistungstreuepflichten, seiner dritten Fallgruppe, grundsätzlich ab, weil der Gesetzgeber sich mit der Bereitstellung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gegen einen - nach seiner Auffassung systematisch durchaus denkbaren - Erfiillungsanspruch ausgesprochen habe 229 . Gegen einen Erfiillungsanspruch bei den Leistungstreuepflichten spricht nach Stürner auch der Umstand, daß dessen Sicherung im einstweiligen Verfiigungsverfahren eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeute, d.h. eine Leistungsverfiigung mit Befriedigungscharakter darstelle. Diese sei aber nur in be224 RGRKlAlff, 12/1974, § 241 Rn 7. Ähnlich Medicus, BR, 17/1996, Rn 208; Henkkel AcP 174 (1974), S. 97, III f.; ebenso im Ergebnis Lenzen, NJW 1967, 1260 f., der auf das Rechtsschutzbedürfnis abstellt. 225 Stürner, JZ 1976, 384 ff. 226 Stürner, JZ 1976, 384, 385. - Zu den Schutzpflichten zählt Stürner die Regelungen in §§ 536, 550, 618. 227 Hierzu gehören nach Stürner, a.a.O. 388 f. §§ 444, 666 BGB; §§ 60, 61, 112, 113 HGB. 228 Stürner, JZ 1976,384,388,390. 229 Stürner, JZ 1976, 384, 390 f.; ebenso Köhler, AcP 190 (1990), S. 496, 506: Anspruch nur subsidiär zum vorläufigen Rechtsschutz; s. auch Gernhuber, SchV, 1989, § 3 14b: keine Unterlassungsklage bei drohender Veräußerung, Verschlechterung usw. des Leistungsgegenstandes bzw. a.a.O. § 3 V 2: einstweiliger Rechtsschutz bei kollidierenden Forderungen möglich.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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stimmten typischen Fällen zugelassen und von der positivrechtlichen Konstruktion her die Ausnahme. Stümer ist allerdings der Meinung, das Zeitelement könne zu einer abweichenden Betrachtung fUhren. Bestehe bis zum Eintritt des Erfolges der Hauptleistung eine große Zeitspanne, so gewinne die Leistungstreuepflicht eigenes Gewicht und werde als selbständige Pflicht geschuldet, der dann auch ein gewöhnlicher materiellrechtlicher Anspruch entspreche. Mit der bevorstehenden Abwicklung der Hauptleistungspflicht verlören diese Pflichten ihren selbständigen Charakter23o • d) Eigene Auffassung Die einen Leistungstreueanspruch prinzipiell ablehnenden Auffassungen vermögen nicht zu überzeugen. Namentlich im Anschluß an Jürgen Schmidt ist davon auszugehen, daß der Gläubiger grundsätzlich einen Anspruch darauf hat, daß der Schuldner erfiillungsvereitelnde und -beeinträchtigende Maßnahmen unterläße 31 • Dieser Unterlassungs- bzw. Schutzanspruch wird jedoch rechtlich eingeschränkt durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242) und praktisch durch "rechtstechnische" Anforderungen 232 . aa) Rechtsgrundlage und begriffliches Verständnis dieses Unterlassungsanspruchs

Die Rechtsgrundlage fiir diesen (vorbeugenden) Unterlassungsanspruch ist mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung - in einer Analogie zu § 1004 zu fmden 233 , wobei freilich zu beachten ist, daß der diesbezügliche Unterlassungsanspruch nur relativ, gegenüber dem Schuldner, gelten kann, weil Stürner, JZ 1976, 384, 391. S. näher Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 326 ff., 330 f., 342. Im Grundsatz auch SoergellTeichmann, 12/1990, § 242 Rn 173, der aber in Rn 174 aber das (prozessuale) Rechtsschutzbedürfnis für die Geltendmachung von Pflichten verneint, die als Unterlassungspflicht nur die Kehrseite der Leistungspflicht seien. - Wie hier nunmehr BGH, NJW 1995, 1284, 1285 zum Unterlassungsanspruch des Dienstherm gegenüber dem Dienstverpflichteten. 232 S. dazu unten 2. und ergänzend SoergellTeichmann, 12/1990, § 242 Rn 174; Staudinger/JSchmidt, Einl zu §§ 241 ff. Rn 332 ff.; Stürner, JZ 1976,384,386 ff. sowie allgemein die oben Fn. 224 genannten vermittelnden Ansichten. 233 Tendenziell wie hier Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 333 f., 336 f., 339, der immer wieder die Parallele zum quasinegatorischen Unterlassungsanspruch zieht. Der III. Senat des BGH hat in NJW 1995, 1284, 1285 unmittelbar auf die 230 231

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

nur dieser verpflichtet ist, erfiillungsvereitelnde Maßnahmen zu unterlassen, nicht aber ein außenstehender Dritter. Die oben234 angesprochenen im Schuldrecht geregelten ("Nebenleistungs-") Ansprüche bieten wegen ihres zumeist leistungsergänzenden Charakters, aber auch wegen ihres Zuschnitts auf den konkreten Einzelfall, keine tauglichen Rechtsgrundlagen fiir eine Analogie 235 . Dies gilt auch fiir den mietrechtlichen Schutzanspruch aus § 550, bei dem es sich zwar um einen Leistungstreueanspruch der hier postulierten Art handelt, der aber - anders als in der interessierenden kaufrechtlichen Konstellation - dem Schutz des Geld- (und Rückgabe-) Gläubigers gegen den Leistungsgläubiger dient 236 . Der an dieser Stelle befiirwortete Unterlassungsanspruch ist einer der denkbaren Schutz- bzw. Gefahrbeseitigungsansprüche (Schutzmittel, Ansprüche i.e.S.) LS. Rimmelspachers, Henckels und Jürgen Schmidts, der von der Forderung, dem "Erfiillungsanspruch", der "Einziehungsbefugnis,,237 zu unterscheiden ist. Allerdings wird herkömmlicherweise im Anschluß an die (in das BGB eingeflossene) Lehre Windscheids 238 nicht weiter zwischen dem Anspruch LS. von schuldhafte Pflichtverletzung (sPV, pVV) abgestellt; ebenso schon MKiEmmerich, 3/1994, Vor § 275 Rn 308. - Gegen eine Bezugnahme auf § 1004 Abs. I S.2 aber Staudinger/Gursky, 13/1993, § 1004 Rn 13. Gursky rechtfertigt den vorbeugenden Unterlasssungsanspruch allein mit dem "unmittelbar evidenten" - auch hier rur richtig erachteten - Satz, daß "Schadensverhütung besser als Schadensvergütung" ist (so insbes. Enneccerus/Lehmann, SchuldR, 15/1958, § 252 I I). S. auch LarenzlCanaris, SchuldR 11/2, 13/1994, § 87 I. 234 Unter b). 235 Wie hier im Ergebnis StaudingerlJSchmidt, Einl zu §§ 241 ff. Rn 327. 236 Im Hinblick auf den geschützten Rückgabeanspruch ist die Parallele gleichwohl unverkennbar. 237 So die Terminologie bei Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 122 f. 238 S. Windscheid, Die actio des römischen Zivilrechts vom Standpunkte des heutigen Rechts, 1856, S. 1 ff.; ferner WindscheidlKipp, Pandekten 1,9/1906, § 43 1. Windscheid stellte sich gegen die damals herrschende Ansicht, die unter einer actia, einem Klagrecht, das durch die Verletzung eines Rechts erzeugte Recht auf gerichtlichen Schutz verstand, das "Recht, in welches sich ein [subjektives - Erg. des Verf.] Recht durch seine Verletzung verwandelt". Er hält diesem Verständnis zwei Thesen entgegen, nämlich daß jeder Klage (actia) ein (von ihr selbständiges) materiellrechtliches Substrat zugrunde liegt und daß dieses Substrat nicht ein verletztes Recht, sondern der "Anspruch" ist. Zur Begründung des ersten Grundsatzes verweist er auf das gegenüber dem römischen Rechtssystem gewandelte Verständnis richterlicher Tätigkeit (der Richter ist nicht mehr rechtsschöpferisch tätig, sondern wendet ihm vorgegebenes Recht an). Den zweiten Grundsatz rechtfertigt er mit dem Hinweis, daß die schuldrechtlichen Ansprüche keine Rechtsverletzung voraussetzten, der Schuldner ohne eine solche zu einer Handlung verpflichtet sei (Windscheid, a.a.O., s. ferner sehr übersichtlich JSchmidt, FS Jahr, 1993,

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§ 194 Abs. I und der Forderung unterschieden. Die Forderung ist vielmehr der Anspruch aus Schuldverhältnissen, neben den die Ansprüche aus sachen-, familien- und erbrechtlichen Verhältnissen treten; zwischen dem Oberbegriff Anspruch und dem Unterbegriff Forderung besteht nach h.M. kein sachlicher Unterschied 239 • Nach Rimmelspacher ist der materiellrechtliche (schuldrechtliche) Anspruch jedoch "zerlegbar" in eine (vennögenswerte) Rechtsposition und den zu deren Sicherung und Verwirklichung dienenden Rechtsbehelfen ("Schutzmittel,,)240. Die Rechtsposition bildet nach ihm das Erfüllungsobjekt, gibt den Rechtsgrund der Leistung ab, an sie knüpfen die Sicherungsrechte an, sie ist der Gegenstand der Übertragungs- und Belastungsakte241 . Andererseits ist nur das Schutzmittel, der Schutzanspruch der Bezugspunkt der Verjährungsregeln, was Rimmelspacher insbesondere aus den §§ 222 Abs.2, 813 Abs. I S.2, aber auch z.B. aus §§ 203, 206 ableitet242 • Henckee 43 hat diese Erkenntnisse Rimmelspachers aufgenommen und - gerade auch im Hinblick auf den hier interessierenden vorbeugenden Rechtsschutz - den herrschenden einheitlichen Anspruchsbegriff Windscheidscher Prägung infragegestellt. Die Annahme Windscheids, wonach der Anspruch - anders als die römischrechtliche actio - keine Rechtsverletzung voraussetze44, ließ sich zwar für den "schuldrechtlichen Anspruch" vertreten und führte zu dessen Identität mit der "Forderung", hatte aber Ungereimtheiten bei den "dinglichen Ansprüchen" zur Folge, weil der unberechtigte Besitz bzw. die unberechtigte Grundbucheintragung i.S. der §§ 985, 894 zwanglos als eine Verletzung des dinglichen Rechts, des Eigentums, zu qualifizieren ist. Windscheid versuchte sich mit der Annahme zu helfen, daß die dinglichen Ansprüche (unmittelbar) mit dem Recht selbst als "Ansprüche gegen Jedermann" entstünden. Dieser Ausweg ist freilich versperrt, sofern Forderung und S.401, 403 f, auch Henckel, AcP 174 (1974), S.97, 140 f.; Rimmelspacher, 1970, S. 16 ff.). 239 Larenz, AT, 7/1989, § 14 I; Medicus, AT, 4/1990, Rn 75; Enneccerus/Nipperdey, AT 1, 15/1959, § 222 Anm.19; Gernhuber, SchV, 1989, § 3 I 5; auch Jauernig/Vollkommer, 7/1994, § 241 Anm. 2a; Soergel/G.Walter, 12/1987, § 194 Rn 2,5. 240 Rimmelspacher, 1970, S. 107 ff., 168 ff.; ihm grds. folgend Henckel, AcP 174 (1974), S. 97,134. 241 Rimmelspacher, 1970, S. 48 ff., 103 f 242 Rimmelspacher, 1970, S. 50 ff., 53, 111 f 243 Henckel, AcP 174 (1974), S.97, 134 ff., 140 ff. S. auch Picker, Beseitigungsanspruch, 1972, S. 50 ff. 244 Windscheid, Actio, 1856, S. 2; auch WindscheidlKipp, Pandekten I, 9/1906, § 44.

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Anspruch gleichgesetzt werden und die Forderung als relatives Recht in bewußten Gegensatz zu den absoluten Rechten gestellt wird245 • Henckel 246 zeigt zwei Wege auf, um aus diesem Dilemma des Windscheidschen Anspruchsbegriffs herauszukommen: Der eine - radikalere - besteht darin, nur die Schutzmittel i.S. Rirnmelspachers mit dem Terminus Anspruch zu belegen und allein die vermögenswerte Rechtsposition als Forderung zu bezeichnen247 • Der "Erfiillungsanspruch" ist dabei die gesetzliche Sanktion für eine Verletzung des subjektiven Rechts "Forderung", die - vereinfacht gesprochen - darin besteht, daß der Schuldner eben diese Forderung, das Einziehungsrecht, zum Fälligkeitstermin nicht (freiwillig) erfüllt hat248 • Beim zweiten Weg wird der einheitliche Anspruchsbegriff aufgegeben und zwischen dem schuldrechtlichen Erfüllungsanspruch und den Schutzansprüchen unterschieden. Der Erfüllungsanspruch ist hiernach weiterhin identisch mit dem Forderungsrecht, er ist Rechtsposition, trägt jedoch die Berechtigung zum Erfüllungszwang als Sanktion für deren Verletzung gewissermaßen in sich. Dem Schutz- oder Gefahrbeseitigungsanspruch kommt hingegen kein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zu, er schützt eine Rechtsposition (oder Rechtssphäre), die außerhalb seiner selbst liegt und entsteht erst mit der Verletzung des Rechts bzw. beim vorbeugenden Unterlassungsanspruch mit der drohenden Rechtsverletzung 249 • Namentlich aus Gründen der Verständlichkeit soll im Rahmen dieser Arbeit - zumindest terminologisch - der weniger radikale zweite Weg eingeschlagen werden. Demnach werden die Begriffe "Forderung" und "Erfüllungs- bzw. Leistungsanspruch" als Synonyme gebraucht und von den Schutz- bzw. Gefahrbe245 Zur Kritik an Windscheid s. etwa schon Kipp, in Windscheid/Kipp, Pandekten I, 9/1906, § 43 1., Fn. 3; ferner Henckel, AcP 174 (1974), S.97, 140, Fn. 87; JSchmidt, FS Jahr, 1993, S. 40 I, 406. 246 Henckel, AcP 174 (1974), S. 97,141 f 247 S. auch schon Regelsberger, Pandekten I, 1893, § 52 IV I (zu ihm Henckel, AcP 174 (1974), S. 97, 142, Fn. 91). Diesen Weg berurwortet JSchmidt, FS Jahr, 1993, S. 401, 406 ff., 412 ff. 248 Insofern liegt eine Entscheidung rur eine bestimmte Sanktion vor. Der Anspruch auf "Errullungszwang" ist nämlich keineswegs die einzig mögliche Sanktion auf die Forderungsverletzung (Nichterfiillung); ebenso gut möglich ist eine Sanktion in Form von Schadensersatz in Geld. Beispielhaft ist hier das römische Recht zu nennen (hierzu Kaser, RPR, 16/1992, §§ 32, 35 12.), s. ferner das klassische Common Law, sowie die Regelungen des modernen internationalen Kaufrechts, Art. 24 EKG und Art. 46 CISG (näher dazu JSchmidt, FS Jahr, 1993, S. 401, 413 f). 249 S. Henckel, AcP 174 (1974), S. 97, 141 f; ablehnend JSchmidt, FS Jahr, 1993, S. 401,406.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung 1Zerstörung

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seitigungsansprüchen, den Schutzmitteln unterschieden 250 . Diese Ausdrucksweise wird auch eher der Funktionsverschiedenheit der Ansprüche gerecht: Der Erfilllungsanspruch "verwirklicht" die Rechtsposition "Forderung" (Einziehungsbefugnis) auch dann, wenn man ihn als bloßes Schutzmittel begreift251 ; während die Ansprüche aus §§ 985, 894, 1004 - entgegen einer geläufigen Anschauung - das Eigentum nicht "verwirklichen", sondern diese Verwirklichung - durch Nutzung oder Verfilgung - erst (wieder) ermöglichen sollen 252 • Die soeben dargelegten konstruktiven Erwägungen mögen zwar plausibel sein, so mag man einwenden, die Argumente der herrschenden Ansicht und auch die Stürners zur Ersatzfunktion des vorläufigen Rechtsschutzes sind damit freilich noch nicht widerlegt. Im folgenden ist daher nachzuweisen, daß weder die Argumente der herrschenden Meinung noch die von Stürner und Alff gegen einen "Leistungstreueanspruch" in Form eines (vorbeugenden) Unterlassungsanspruchs ausreichende Überzeugungs kraft besitzen. bb) Einwände gegen die herkömmliche Ablehnung leistungstreuegestützter Unterlassungsansprüche

Gegen das zuerst von Siber, aber auch von Lehmann vorgetragene Argument, der Leistungstreueanspruch des Gläubigers sei als bloße Kehrseite des Erfilllungsanspruchs bedeutungslos, ist einzuwenden, daß diese Sichtweise nicht hinreichend zwischen Haupt- und Nebenleistungspflichten differenziert. Dies zeigt sich deutlich am Beispiel des zeitlichen Geltungsbereichs dieser Pflichten. Ist der Anspruch auf die Hauptleistung noch nicht fällig, so kann der Gläubiger Erfilllung noch nicht verlangen und ist der Schuldner zu ihr auch nicht verpflichtet. Gleichwohl hat er schon die Pflicht, alles zu unterlassen, was die Erfilllung vereiteln oder beeinträchtigen kann. Diese Pflicht entsteht sofort mit dem Vertrags schluß.

250 Dem folgt im übrigen auch die Darstellung Henckels, AcP 174 (1974), S. 97, 122 ff. 251 Vgl. auch Rimmelspacher, 1970, S. 108: "Die Rechtsposition als Anwartschaft auf einen Wert verwirklicht sich, indem der Wert aus einem fremden Bereich in den Bereich überführt wird, dem die Rechtsposition angehört." 252 Näher hierzu und zu der damit zusammenhängenden Frage, ob die Ansprüche aus §§ 985, 894 auf eine Leistung des Anspruchsverpflichteten gerichtet sind - so etwa Müller, SachenR, 3/1993, Rn 443; StaudingeriGursky, 13/1993, § 985 Rn 5, der die Konzeption Henckels ablehnt - unten im 2. Teil, 12. Kapitel II.4.d) aa).

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Weil die Pflichten in zeitlicher Hinsicht nicht aneinandergekoppelt sind, können sie nicht invers zueinander sein. Dann ist es aber auch ausgeschlossen, daß ein Unterlassungsanspruch bzgl. der Vereitelung oder Beeinträchtigung der Erfilllung die bloße Kehrseite des ErfUllungsanspruchs sein kann 253 • Der Umstand, daß mit dem Erhalt der verkauften Sache ein besonderer Arbeitsumfang verbunden sein kann, spricht ebenso gegen das "Inversionsmodell". Siber vermeidet diesen Widerspruch dadurch, daß er hier besonders vereinbarte, auf Arbeitsleistung gerichtete selbständige einklagbare Ansprüche annimmt, die mit dem Hauptanspruch nicht notwendig verbunden seien254 • Da Rechte und Pflichten konkludent vereinbart werden können, kann diese Meinung dazu ruhren, daß der tatsächliche Aufwand "zur Leistungstreue" (Arbeitsaufwand) das entscheidende Kriterium fiir die Begründung von Leistungstreueansprüchen wird. Das kann nicht überzeugen. Auch das Argument, den Leistungstreuepflichten korrespondiere kein Gläubigeranspruch, weil sie die Rechtsbedingung fiir das Entstehen des Schadenersatzanspruchs aus § 325 (oder sPV/pVV) darstellten, ist nicht einleuchtend255 • Wenn es zuträfe, daß die Tatbestandsmerkmale eines Anspruchs nicht selbst die Struktur eines Anspruchs haben dürften, dann würden die Schadenersatzansprüche wegen Nichterrullung die zugehörigen Errullungsansprüche ausschließen und der deliktische Schadenersatzanspruch würde als solcher Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche zum Schutz des deliktisch geschützten Rechtsgutes ausschließen. Anhand des Beispiels aus dem Deliktsrecht zeigt sich, daß dieses Argument jedenfalls durch die Rechtsentwicklung überholt ist256 • Eine Differenzierung nach dem Vorhandensein einer gesetzlichen Regelung - darauf läuft die Position der überwiegenden Meinung hinaus - ist aus zwei Gründen wenig überzeugend.

253 Von einer "Kehrseitenfunktion" kann man daher allenfalls ab Fälligkeit des Hauptanspruchs, des Erfiillungsanspruchs sprechen. 254 Siber, 1903, S. 175. 255 Gegen diese Argumentation auch Staudinger/JSchmidt, 13/1995, Einl zu §§ 241 ff. Rn 330, 339; Stürner, JZ 1976, 384, 390. Lenzen, NJW 1967, 1260, 1261 verweist ergänzend darauf, daß ein Schadensersatzanspruch kein vollwertiger Ersatz rur die gerichtliche Erzwingung der "unselbständigen Nebenpflichten" ist, weil die Schadensbezifferung unverhältnismäßig schwierig sein kann und dessen Durchsetzung von der Liquidität des Schuldners abhängt. 256 S. nunmehr auch BGH, NJW 1995, 1284, 1285, wonach ein (vorbeugender) Unterlassungsanspruch nicht im Widerspruch zum Schadensersatzanspruch aus sPV (pVV) steht. Andernfalls bestünde, so der BGH, a.a.O., eine "unerträgliche Rechtsschutzlücke".

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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Zum einen sind die gesetzlichen Regelungen selbst unterschiedlich und daher wertungsbedürftig257 : Während Z.B. die §§ 444, 618 nur die Pflicht zur Herausgabe von Urkunden, zu Schutzmaßnahmen statuieren, hat der Schuldner nach § 666 auf Verlangen (des Gläubigers) die nötigen AuskUnfte zu erteilen. Gleichwohl wird auch bei §§ 444, 618 ein Anspruch des Gläubigers bejaht258 • Zum anderen ermöglicht das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung nicht nur den Schluß e contrario auf eine vom Normgeber nicht gewollte Erzwingbarkeit, sondern auch die Annahme einer planwidrigen Lücke, die wegen der vergleichbaren Interessenlage durch Analogieschluß LS. eines Anspruchs zu fiillen wäre259 . Es trifft auch nicht zu, wie Reichsgericht und OLG Frankfurt meinen, daß derartige Unterlassungs- bzw. Schutzansprüche dem geltenden Recht unbekannt sind. Wäre dem wirklich so, dann dürfte es weder die Verfiigungsverbote gemäß § 136 LV.m. § 135 noch die Möglichkeit der Eintragung einer Vormerkung ins Grundbuch aufgrund einstweiliger Verfiigung gern. § 885 Abs. 1 S. 1, erster Fall geben. Ein Gläubiger, der keinen Anspruch darauf hat, die Erfiillungsvereitelung durch Rechtsakt des Schuldners zu verhindern, kann nicht berechtigt sein, diesen Rechtsakt durch einstweilige Verfiigung zu verbieten bzw. zu vereiteln 260 • Die Argumentation des OLG Frankfurt betrifft ohnehin nur diesen Fall der Erfiillungsvereitelung durch Rechtsakt, nicht den an dieser Stelle vorrangig interessierenden Fall der Erfiillungsvereitelung oder -beeinträchtigung durch Realakt. Mit Hilfe dieser Argumentation kann daher ein Leistungstreueanspruch nicht generell verneint werden. Im übrigen ist auch die Perspektive des OLG Frankfurt falsch, denn es geht dem Gläubiger nicht primär um die NichterfUllung eines fremden Anspruchs, sondern um die Sicherung der Erfiillung seines eigenen Anspruchs. 257 Ebenso Stürner, JZ 1976, 384, 385 (zu den Schutzpflichten §§ 536, 550, 618 BGB), 388 (zu den leistungsergänzenden Nebenpflichten §§ 444, 666 BGB; §§ 60, 61, 112, 113 HGB). 258 Vgl. zu § 444: Palandt/Putzo, 55/1996, Rn 4, 5; MKlH.P. Westermann, 3/1995, Rn 2; Soergel/Huber, 12/1991, Rn 15; RGRKlMezger, 12/1974, Rn 4; Staudinger/Köhler, 13/1995, Rn 12. S. erg. auch BGH, NJW 1992,905,906. Zu § 618: Palandt/Putzo, 5511996, Rn 6; MKlH.Lorenz, 2/1988, Rn 62; Soergel/Kraft, 11/1980, Rn 21; ErmaniHanau, 9/1993, Rn 14; s. auch Staudinger/Mohnen, 11/1958, Rn 40 m.N. der Gegenauffassung. Vgl. aus der Rechtsprechung LAG Düsseldorf (ASt. Köln), BB 1965,245 zu § 618 BGB i.V.m. § 120a GewO. S. ergänzend zur Parallelvorschrift § 62 HGB BaumbachiHopt, HGB, 29/1995, Rn 5. 259 So auch StaudingerlJ.Schmidt, 1311995, Einl zu §§ 241 ff. Rn 327. 260 Zur angeblichen Ersatzfunktion des vorläufigen Rechtsschutzes für den Schutzanspruch s. sogleich unter cc). 8 Richter

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Einem Sicherungsanspruch gegen die Erfiillungsbeeinträchtigung bzw. -vereitelung durch Rechtsakt steht auch der Umstand nicht entgegen, daß die Doppelverpflichtung auf dasselbe Leistungsinteresse vom Gesetzgeber gewollt und zugelassen worden ist 261 • Der Umstand, daß der Schuldner vom beiden Gläubigem auf Unterlassung verklagt werden kann, ist in diesem Zusammenhang nicht weniger sinnvoll als der, daß er von beiden Gläubigem auf Erfilllung verklagt werden kann 262 • Mit der Regelung der §§ 136, 135; 885 Abs. 1 S. I, erster Fall hat sich der Gesetzgeber entschlossen, das Kollisionsproblem bei der Doppelverpflichtung über den Gesichtspunkt der Priorität der Geltendmachung der in diesen Vorschriften vorausgesetzten LeistungstreueansprUche des Gläubigers zu lösen263 • Der Schuldner ist deshalb nicht völlig frei, welche von zwei auf dasselbe Interesse gerichteten Verpflichtungen er erfüllt. Er muß den Anspruch vorrangig befriedigen, dessen Erfüllung zuerst durch gerichtliche Entscheidung - mit der Folge relativer Unwirksamkeit späterer Verfügungen und Vollstrekkungsmaßnahmen - abgesichert worden ist. Nur wenn keiner der beiden (oder mehreren) Einziehungsbefugnisse (Erfüllungsansprüche ) durch Gerichtsakt gesichert worden ist, steht es im Belieben des Schuldners, welchen der Ansprüche er erfüllt; wird das Kollisionsproblem über die Priorität des (tatsächlichen) Erfilllungsaktes gelöst. ce) Kritik der Position Stürners Im Zusammenhang mit der Argumentation Stümers ist an die prinzipielle Trennung zwischen materiellem und Prozeßrecht anzuknüpfen. Stürners These von der Ersatzfunktion von Arrest und einstweiliger Verfügung filr einen materiellen Anspruch verletzt dieses Trennungsprinzip, weil prozessuale Rechte ohne materiellrechtliches Fundament gewährt werden. Sie bleibt so im schon seit Windscheid überholten aktionenrechtlichen Denken verhaftet264 • Ein solches Denken müßte wohl hingenommen werden, wenn die gesetzliche Regelung so eindeutig wäre, daß sie ausschließlich mit dieser Denk-

Motive I, S. 276 (=Mugdan I, S. 505 f.). Ebenso Köhler, AcP 190 (1990), S. 496, 505. 263 So auch Kahler, JZ 1983, 586, 591 gegen Wieling, JZ 1982, 839, 842 und JZ 1983, 592. Wieling meint, die nacheinander von den zwei Käufern beim Doppelkauf erwirkten Verfügungsverbote heben sich auf, insbesondere weil Verfügungsverbote und Forderungen keinen Rang hätten. Das wird jedoch der Regelung in § 136 iV.m. § 135 nicht gerecht. 264 S. soeben unter aa). sowie Staudinger/J.Schmidt, 13/1995, Einl zu §§ 241 ff. Rn 319, 340. Vgl. ferner Kaufmann, JZ 1964,482,487 f. 261

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3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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kategorie erklärt werden könnte. Dies ist indes nicht der Fall, wie sich an § 926 ZPO zeigen läßt. In dieser Vorschrift kommt das Wesen des vorläufigen Rechtsschutzes zum Ausdruck. Nach § 926 Abs. I i.V.m. § 936 ZPO hat das Gericht des vorläufigen Rechtsschutzes, wenn die Hauptsache (noch) nicht anhängig ist, auf Antrag anzuordnen, daß der Verfilgungskläger binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben habe. Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so hat das Gericht die einstweilige Verfilgung auf Antrag aufzuheben. § 926 ZPO stellt die Verbindung des vorläufigen zum endgültigen Rechtsschutz her: Soweit endgültiger Rechtsschutz (Rechtsschutz in der Hauptsache) nicht geltend gemacht wird, soll es auch keinen vorläufigen Rechtsschutz geben. D.h., der vorläufige Rechtsschutz steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum endgültigen Rechtsschutz, zum Rechtsschutz in der Hauptsache. Die Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes besteht nach einer Formulierung Fritz Baurs darin, die Rechtsgefiihrdung und Rechtsunsicherheit zu beheben, die sich aus dem Noch-nicht-Vorhandensein einer endgültigen Entscheidung ergeben265 • Es handelt sich um die verfassungsrechtlich - durch das Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG - gebotene Reaktion des Gesetzgebers auf den Umstand, daß zum einen staatliche Entscheidungen im allgemeinen und insbesondere die durch ein rechtsstaatliches Verfahren geprägten Entscheidungen Zeit brauchen, so daß der Streit nicht sofort autoritativ beigelegt werden kann, und daß zum anderen private Selbsthilfe der Betroffenen von Ausnahmefiillen abgesehen verboten ist. Die Formulierung Baurs bedarf allerdings einer Präzisierung. Es kann nur um die Beseitigung von Rechtsunsicherheit und Rechtsgefiihrdung im Zusammenhang mit einer noch nicht vorhandenen, aber durchsetzbaren, erzwingbaren endgültigen staatlichen Entscheidung gehen266 • Denn wo die Beachtung einer endgültigen staatlichen Entscheidung schon nicht erzwingbar ist267 , kann auch eine vorläufige Berücksichtigung einer zukünftigen Entscheidung dieses Inhalts nicht eingefordert werden. Für den Erlaß einer einstweiligen Verfilgung fehlt dann das Rechtsschutzbedürfnis. Baur, Studien, 1967, S. 11; ihm folgend Henckel, AcP 174 (1974), S. 97, 106. Für das Arrestverfahren ergibt sich das schon aus dem Wortlaut von § 916 Abs. 1 ZPO. Ein nicht vollstreckungstahiger Zahlungsanspruch kann daher nicht durch Arrest gesichert werden. Für das Verfügungsverfahren kann nichts anderes gelten. Evtl. sind im Falle von § 940 ZPO Abstriche zu machen. Wie hier Rosenberg/Gaul/Schilken, ZwVR, 10/1987, § 74 III. 267 S. hierzu die Fälle in § 888 Abs. 2 ZPO. 265

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Der vorläufige Rechtsschutz hat somit Konservierungsfunktion hinsichtlich streitbefangener Rechtspositionen im Hinblick auf verfahrensbedingte Durchsetzungsverzögerungen. Hauptsache LS. des vorläufigen Rechtsschutzes kann daher nur der Anspruch sein, über den das Gericht gegenwärtig entscheiden müßte und der sofort exekutiert werden könnte, wenn die verfahrens bedingte Entscheidungsund Durchsetzungsverzögerung gewissermaßen "gleich Null" gesetzt werden könnte. Die Schwierigkeiten, die die Position Stürners mit sich bringt, werden offenbar bei den hier interessierenden noch nicht fälligen (also betagten, bedingten, befristeten) schuldrechtlichen Ansprüchen. Nach § 916 Abs. 2 ZPO ist auch für solche Ansprüche grundsätzlich vorläufiger Rechtsschutz möglich, es sei denn, daß der bedingte Anspruch wegen der entfernten Möglichkeit des Bedingungseintritts einen gegenwärtigen Vermögenswert (!) nicht hat. Setzt man bei diesen Ansprüchen die verfahrensbedingte Entscheidungs- und Durchsetzungsverzögerung gleich Null, d.h. fragt man nach der Hauptsache LS. von § 926 Abs. 1 ZPO, so ergibt sich zwingend, daß hier einzig und allein der von Stürner negierte Unterlassungsanspruch im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden muß 268 . Die hier vorgetragene These, daß allein der Unterlassungsanspruch Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens LS. von § 926 ZPO sein kann, steht freilich im Widerspruch zu einer vordringenden prozeßrechtlichen Auffassung, nach der in den von § 916 Abs. 2 ZPO erfaßten Fällen eine Klage auf künftige Leistung gemäß §§ 257 - 259 ZPO oder eine Feststellungsklage als Hauptsacheklage geeignet und ausreichend sein solf69 •

268 Stürner, JZ 1976, 384, 391 venneidet diesen Widerspruch zu seiner Ausgangsthese, in dem er dem Zeitelement anspruchsbegründende Wirkung zuteilt. Offen bleibt dabei allerdings, wie lange die Zeitspanne sein muß, um einen Anspruch zu gebären. Im Ergebnis wie hier Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 340. 269 Furtner, NJW 1964, 745, 746; Minnerop, 1973, S. 66 ff.; Rosenberg/Gaul/Schilken, ZwVR, 10/1987, § 75 II 1; MKJHeinze, ZPO, § 916 Rn 12; enger Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20/1981, § 916 Rn 9 f; BaumbachiLauterbachiHartmann, ZPO, 54/1996, § 916 Rn 8; Zöller/Vollkommer, ZPO, 19/1995, § 916 Rn 8. - Der in diesem Zusammenhang von Furtner und Minnerop zitierte Fall RGZ 74, 158 ff. kann richtigerweise nur "über Eck" und nicht "abgekürzt" gelöst werden: Der Zessionar des Grundstücksverschaffungsanspruchs hat einen Schutzanspruch gegen den Zedenten, der darauf gerichtet ist, daß dieser den noch seinem Vennögen zugewiesenen Verschaffungsanspruch mittels einer Vonnerkung sichert. Diese hier nur angedeutete Lösung ist sicherlich umständlich, aber sie allein beachtet die vollstreckungsrechtlichen Vorgaben.

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Der Erfiillungsanspruch selbst kann - vielleicht von AusnahmeBillen abgesehen - sicher nicht (Streit-) Gegenstand des Hauptsacheverfahrens sein, weil er noch nicht Billig, noch nicht durchsetzbar ist. Feststellungsklage nach § 256 zpo und Klage auf künftige Leistung bieten keinen geeigneten Ausweg, weil sie dem (Verfiigungs-) Kläger gerade nicht das geben, was er wirklich braucht. Über die Feststellungsklage erhält der Gläubiger mit Rechtskraftwirkung bescheinigt, daß er einen (noch nicht Billigen Erfilllungs-) Anspruch gegen den Schuldner hat. Diesem wird die Behauptung abgeschnitten, er sei dem Gläubiger gegenüber nicht verpflichtet; falls er über das Bestehen und den Umfang der Verpflichtung im Unklaren war, weiß er nunmehr verbindlich, daß und inwieweit ihn diese Verpflichtung trifft270 • Mit der Klage auf künftige Leistung, §§ 257 - 259 ZPO, erhält der Gläubiger zwar einen vollstreckbaren Titel. Aber Streitgegenstand ist wiederum der Erfiillungsanspruch selbst. Weil dieser noch nicht Billig ist, muß der Gläubiger in jedem Fall mit der Vollstreckung bis zum Eintritt der Fälligkeit warten 271 • Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Titel allenfalls feststellende Wirkung dahingehend, daß ein Anspruch besteht, der ab einem bestimmten Zeitpunkt vollstreckt werden darf. Bei den noch nicht falligen Erfiillungsansprüchen hat die Durchsetzungsverzögerung ihre Ursache nicht im staatlichen Verfahren, sondern sie ist in der Rechtsposition, der Forderung selbst begründet. Die RechtsgeBihrdung, die aus dieser materiellrechtlichen Durchsetzungsverzögerung resultiert, kann im Ergebnis freilich nur mit denselben Mitteln beseitigt werden, die auch gegen die Gefahren der verfahrensbedingten Durchsetzungsverzögerung zur Verfiigung stehen. Die Verhaltens ge- und Verbote, die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausgesprochen werden können, müssen demnach bei den nicht Billigen Ansprüchen auch im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden können, um effektiven Rechtsschutz zu erreichen. Den dazu erforderlichen Transfer der Verhaltensge- und Verbote in das Hauptsacheverfahren kann allein der Schutzanspruch i.S. Rimmelspachers, Henckels und Jürgen Schmidts in Form des Unterlassungsanspruchs leisten, weil nur die mit ihm verknüpfte Klage auf (sofortige) Leistung (prozessuale Leistungsklage) entsprechende Tenorierungsund damit Vollstreckungs möglichkeiten zuläßt, nicht aber Feststellungsklage oder Klage auf künftige Leistung. 270 Zum Schutzbereich der Feststellungsklage vgl. rechtsübergreifend und grundlegend Trzaskalik, Die Rechtsschutzzone der Feststellungsklage im Zivil- und Verwaltungsprozeß, 1978. 271 Vgl. etwa die Tenorierungsbeispiele bei Furtner, Urteil, 5/1985, S. 133 ff.

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1. Teil, 1. Abschn. : Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Die Durchsetzung dieses Schutz- bzw. Unterlassungs anspruchs kann sich ihrerseits verfahrensbedingt verzögern; dies wird sogar die Regel sein. Deshalb ist es dieser Unterlassungsanspruch, der dann durch einstweilige Verfiigung gesichert wird, nicht aber der Erfiillungsanspruch, dessen Durchsetzung ja nicht verfahrens bedingt blockiert ist. Die Kritik Stümers, daß die diesem Ziel dienende einstweilige Verfiigung eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeute und Befriedigungscharakter habe 272 , ist insoweit zwar berechtigt, aber nicht durchgreifend. Denn es geht, wie eben gezeigt, um verschiedenartige Durchsetzungsverzögerungen. Streitgegenstand der Hauptsache ist ein Schutzanspruch (Sicherungsanspruch, Gefahrbeseitigungsanspruch), der dem Erhalt einer vorhandenen Rechtsposition dient und nicht deren Verwirklichung. Weil es in der Hauptsache ohnehin nur um die Sicherung einer Rechtsposition geht, ist deren Vorwegnahme im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht nur hinnehmbar, sondern sogar geboten. Das gefundene Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu § 916 Abs.2 ZPO. Der Grundgehalt dieser Regelung läßt sich dahin zusammenfassen, daß durch Arrest und einstweilige Verfiigung nur Rechtspositionen geschützt werden können, die einen gegenwärtigen Vermögenswert haben. Die Vorschrift trifft damit eine Aussage über die Sicherungsfähigkeit von Rechtspositionen, nicht aber eine darüber, mit welchen Schutzmitteln diese Rechtsposition im Hauptsacheverfahren gesichert werden kann oder muß. Deshalb behält auch die Auffassung ihre Bedeutung, wonach künftige Ansprüche im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes sicherbar sind, wenn Feststellungsklage oder Klage auf künftige Leistung möglich sind273 • Diese Klagen kommen zwar nicht als Klagen der Hauptsache i.S.v. § 926 ZPO in Betracht, sie zeigen aber an, ob die Rechtsordnung diesem künftigen (Erfiillungs-) Anspruch bereits einen gegenwärtigen Vermögenswert zubilligt und er deshalb eine im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - und erst recht im Hauptsacheverfahren - sicherungsflihige Rechtsposition beinhaltet274 • Siehe oben c). Vgl. dazu ausfUhrlich SteiniJonas/Grunsky, ZPO, 20/1981, § 916 Rn 6 ff., 9 f. 274 Für die hier vertretene Auffassung kann auch § 648 als im Schuldrecht ausdrücklich geregelter Schutzanspruch sprechen. Dieser Anspruch auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek kann im Wege der einstweiligen VerfUgung durch Eintragung einer (Hypotheken-) Vormerkung gesichert werden. In den zu derartigen Fällen ergangenen Urteilen liegen Rechtsprechung (z.B. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1986, 322; OLG Frankfurt, NJW 1983, 1129, 1130 m.w.N.; LG Mainz, NJW 1973, 2294 f.; RGZ 62, 62, 64) und überwiegendes Schrifttum (BaumbachiLauterbachlHartmann, ZPO, 54/1996, § 926 Rn 9; ThomaslPutzo, ZPO, 19/1995, § 916 Rn 14; SteiniJonas/Grunsky, ZPO, 20/1981, § 919 Rn 3 i.V.m. § 926 Rn 11) ganz auf der hier vertretenen Linie, wenn sie als Hauptsache i.S. von § 926 ZPO einzig die 272 273

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

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dd) Einwände gegen die Meinung AIffs; die Parallele zum Deliktsrecht

Auch die Position Alffs vermag nicht zu überzeugen. Grundlegende dogmatische Fragen können nicht einer Entscheidung im jeweiligen Einzelfall anhand der konkreten Interessenlage überlassen werden; sie sind vielmehr einer wissenschaftlichen Klärung zuzufiihren 275 • Bei ergebnisbezogener Betrachtungsweise dürfte die Auffassung Alffs vom hier vertretenen Standpunkt allerdings nicht zu sehr abweichen, da auch bei grundsätzlicher Bejahung eines Schutzbzw. Unterlassungsanspruchs eine Interessenabwägung vorzunehmen ist 276 • Schließlich spricht auch die Parallele zum Deliktsrecht fUr die Annahme eines erzwingbaren Anspruchs auf Einhaltung der Leistungstreuepflichten. Die Gründe, die dazu gefiihrt haben, daß jedem Inhaber eines deliktischen Schadenersatzanspruchs auch ein quasinegatorischer Unterlassung- und Beseitigungsanspruch gewährt wird, gelten gleichermaßen auch im Vertragsrecht277 • Es ist kaum nachvollziehbar, daß ein Mieter einen Anspruch auf Unterlassung ruhestörenden Lärms gegen den im Haus wohnenden Vermieter zwar aus Besitzschutz, §§ 861, 862 sowie Deliktsrecht, § 823 Abs.2 LV.m. § 117 OWiG, die sich an jedermann wenden, haben soll, von Vertrags wegen aber auf Minderung und Schadenersatzansprüche als nachträglichen Rechtsschutz verwiesen sein soll. ee) Beschränkung des Schutzanspruchs auf die Verhinderung des Untergangs des Erfüllungsanspruchs?

Problematisch könnte noch sein, ob die (drohende) bloße Beschädigung der Kaufsache ausreicht, um den Schutzanspruch auszulösen. Dagegen ließe sich einwenden, daß hier der Erfiillungsanspruch nur im Wert beeinträchtigt wird, nicht aber völlig untergeht.

Klage aus § 648 BGB zulassen; nicht aber die Zahlungsklage aus § 631 BGB, ggf. i.Y.m. § 259 ZPO. - Gegen diese Rechtsprechung wenig überzeugend Leue, JuS 1985, 176 - zu OLG Frankfurt, a.a.O. -, ihm folgend Zöller/Vollkommer, 19/1995, § 926 Rn 30; ferner MKiHeinze, ZPO, 1992, § 926 Rn 16. 275 In diesem Sinne auch OLG Frankfurt, JZ 1985,337. 276 Siehe unten 2. 277 StaudingerlJSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 330,339; Motzer, JZ 1983, 884,887 (zu den Schutzpflichten); nunmehr auch BGR, NJW 1995, 1284, 1285.

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I. Teil, I. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

Die besseren Gründe sprechen aber fiir eine Einbeziehung der Fälle der Erfiillungsbeeinträchtigung in den Schutzanspruch. Der Schutzanspruch wurde hergeleitet aus dem in § 242 verankerten Gesichtspunkt der Leistungstreue. Die ihm korrespondierende Leistungstreuepflicht des Schuldners ist nicht auf die Fälle der bloßen Erfiillungsvereitelung festgelegt, sondern umfaßt die Pflicht, die Erfiillung in der rechten Art und Weise zu bewirken. Dies beinhaltet die Verpflichtung, Handlungen zu unterlassen, die den Leistungsgegenstand beeinträchtigen und dadurch den Erfiillungsanspruch entwerten können. Für den zugehörigen Anspruch des Gläubigers kann da nichts anderes gelten. Die Regelung in § 135 LV.m. § 136, die als Indiz fiir die gesetzgeberische Anerkennung leistungsbezogener Schutzansprüche herangezogen wurde, regelt ihrem Wortlaut nach zwar nur den Verstoß gegen Veräußerungsverbote und damit Erfiillungsvereitelungen, es ist aber allgemein anerkannt, daß dieser Wortlaut zu eng geraten ist und die Vorschriften sich allgemein auf Verfiigungsverbote beziehen 278 . Damit sind aber auch Erfiillungsbeeinträchtigungen rechtlicher Art durch die §§ 135, 136 erfaßt. Es kommt hinzu, daß der Gläubiger in beiden Fällen gleichermaßen schutzbedürftig ist. Es wäre fiir den Gläubiger kaum zumutbar, tatenlos zusehen zu müssen, wie das von ihm zu beanspruchende Objekt Schritt fiir Schritt verschlechtert wird und dadurch sein Erfiillungsanspruch im Wert herabgesetzt wird 279 • Schließlich ist dem Käufer vom Gesetzgeber das Recht eingeräumt worden, bei Mängeln der Sache den Untergang des Erfiillungsanspruchs herbeizufiihren, in dem er Wandlung oder "großen" Schadenersatz verlangt. Daran zeigt sich, daß Erfiillungsvereitelung und -beeinträchtigung aufs engste miteinander verwoben sind und eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt ist. 2. Einschränkungen dieses Anspruchs

Begrenzungen des Schutzanspruchs ergeben sich unter zweierlei Gesichtspunkten. Zum einen kann es schwierig sein, den genauen Inhalt des Anspruchs festzulegen, zum andern muß der Freiheitssphäre des Schuldners Rechnung getragen werden: sie darf nach Treu und Glauben nicht über Gebühr eingeengt werden.

278 S. statt aller Soergel/WHejermehl, 12/1987, §§ 135, 136 Rn I: § 135 spricht von allgemein von einer" Verfiigung über einen Gegenstand", die einem "Veräußerungsverbot" widerspricht. 279 Vgl. auch BGH, NJW 1995, 1284, 1285: "unerträgliche Rechtsschutzlücke".

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

121

a) Konkretisierungsprobleme Das an den Schuldner zu richtende Verhaltens gebot läßt sich nur nach Maßgabe der jeweiligen Gefahrensituation näher bestimmen. Dabei kann es zu Konkretisierungsproblemen kommen. Mangelnde Konkretisierbarkeit kann im Einzelfall dazu führen, daß der Schutzanspruch überhaupt nicht realisiert werden kann. Die Konkretisierungsprobleme sind jedoch lösbar und stehen insbesondere auch nicht grundsätzlich dem Schutz- und Unterlassungsanspruch entgegen. Dies zeigt sich beispielhaft an parallelen Schutz- und UnterlassungsanspTÜchen, die ausdrücklich im Gesetz geregelt sind, wie etwa § 1004, § 550 oder den wettbewerbsrechtlichen UnterlassungsanspTÜchen, z.B. § I UWG280 • b) Schranken aus Treu und Glauben, § 242 aa) Verhältnismäßigkeit des an den Schuldner gerichteten Verhaltensgebots

Da die (allgemeine) Handlungsfreiheit des Schuldners durch ein an ihn gerichtetes Verhaltensgebot eingeschränkt wird, muß dieses - gemessen an der mit ihm einhergehenden Freiheitsbeschränkung - verhältnismäßig sein 281 • Da

280 Zu den Konkretisierungsfragen s. auch Stürner, JZ 1976, 384, 390 f.; StaudingerlJ.Schmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 334; sowie Münzberg, JZ 1967, 689, 692 f. 281 Stürner, JZ 1976, 384, 386 meint im Zusammenhang mit den Schutzpflichten, deren Erzwingbarkeit müsse Ultima ratio der Gefahrenabwehr sein. Dies erscheint zu weit gegriffen, wie sich etwa an einem der von ihm gewählten Beispiele zeigen läßt: Der Lieferant, der in ein einsturzgeflihrdetes Haus liefern soll, hat wohl einen erzwingbaren Schutzanspruch, dieser ist jedoch nur verhältnismäßig und insoweit wirksam, als Lieferung außerhalb der Gefahrenzone verlangt werden kann, ein Anspruch auf Sanierung des Hauses ist zweifelsfrei unverhältnismäßig. Es dürfte angemessener sein, das Verhaltensgebot enger zu fassen als den Schutzanspruch gänzlich zu negieren. Staudinger/J.Schmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 336, verweist in diesem Zusammenhang auf § 254. Es dürfte allerdings die ganz seltene Ausnahme sein, daß der Gläubiger die "Leistungsuntreue" des Schuldners mitveraniaßt hat. Aus § 254 ist vielmehr ein weiteres Argument flir die Bejahung des materiellrechtlichen Schutz- bzw. Leistungstreueanspruchs abzulesen: Wenn der Gläubiger kraft Gesetzes zur Schadensminderung angehalten wird, dann impliziert das auch die Pflicht, nach Möglichkeit schon die Entstehung eines Schadens zu verhindern. - Bei Schutzansprüchen, die auf ein aktives Tun des Verpflichteten gerichtet sind (hier nicht einschlägig), greift nach Stürner, JZ 1976, 384, 388 das Prinzip der Verkehrsüblichkeit ein.

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1. Teil, 1. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

die Grundrechte im Privatrecht nicht unmittelbar Geltung beanspruchen282 , muß die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus einer Zivilrechtsnorm abgeleitet werden. Die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtfertigt sich hier aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 283 • Ein unverhältnismäßiges Verhaltensgebot an den Schuldner bedeutet eine unzulässige Rechtsausübung, einen Rechtsmißbrauch284 • Da es um schuldvertragliche Rechte geht, müssen die verlangten Gefahrbeseitigungsmaßnahmen bzw. Unterlassungen ohnehin unmittelbar den Maßstäben von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrs sitte entsprechen. Eine unangemessene, unverhältnismäßige Einschränkung der Handlungsfreiheit des Schuldners entspricht aber gerade nicht der Verkehrs sitte. An dieser Stelle hat die im Schrifttum vielfach als anspruchsbegründend285 herangezogene Interessenabwägung zwischen den Schutzbedürfnissen des Gläubigers und dem Interesse des Schuldners an einer weitestmöglich ausgedehnten Freiheitssphäre ihren Platz. Es kann hier offen bleiben, ob der "Einwand der Unverhältnismäßigkeit" konstruktiv als rechtshindemde oder rechtsvernichtende Einwendung zu verstehen ise86 • bb) Gläubigeranspruch nur auf den Leistungserfolg gerichtet

Eine weitere - ebenfalls an § 242 anknüpfende - Begrenzung des Schutzanspruchs und des aus ihm folgenden Verhaltensgebots ergibt sich aus dem Umstand, daß der Gläubiger nur Anspruch auf den Leistungserfolg durch ein (be-

282 S. BVerfGE 7, 198,205, S1. Rspr., zuletzt BVerfGE 73,261,269; das BAG hat seine abweichende S1. Rspr. (seit BAGE 1, 185 ff.) mit BAGE 52, 88,97 (=NJW 1987, 674, 676) aufgegeben. Gute Argumentationsskizze bei PierothiSchlink, StaatsR Il, 9/1993, Rn 202 ff.; s. auch Jarass/Pieroth, GG, 2/1992, Art. 1 Rn 24 ff. 283 S. etwa Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 242 Rn 53 f.; ferner ausfUhrlich Staudinger/JSchmidt, 13/1994, § 242 Rn 779 ff., 782, 787 f. mit zahlreichen Beispielen aus der Rspr. Genannt sei hier nur BGH, NJW 1990, 117, 120 (zur Abwehr einer Patentstörung). 284 Vgl. hierzu allg. Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 242 Rn 38 ff. Auch StaudingerlJSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 336 erwägt die hilfsweise Heranziehung der Grundsätze der "unzulässigen Rechtsausübung". 285 S. dazu schon oben l.c) Fn. 224,225 m.w.N. 286 S. Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 242 Rn 41; vgl. auch Erman/Werner, 9/1993, § 242 Rn 96.

3. Kap.: Käuferrechte bei verschuldeter Verschlechterung / Zerstörung

123

liebiges) Schuldnerverhalten hat287 • Es ist dem Schuldner grundsätzlich freigestellt, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln er den Leistungserfolg bewirkt. Im Falle des kaufvertraglichen ErfUllungsanspruchs kommt das bis zur Übereignung fortbestehende - durch die Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger nur relativ eingeschränkte - Nutzungsrecht des Schuldners als Eigentümer bzw. Besitzer hinzu. Diese Rechte beschränken den Wirkungsbereich des Schutzanspruchs, des Leistungstreueanspruchs ebenfalls. Im Falle tatsächlicher Sachveränderungen wird man dem Schuldner außerdem den Nachweis oder die Glaubhaftmachung zu gestatten haben, daß eine Wiederherstellung des geschuldeten Sachzustands bis zur Fälligkeit bzw. zum Gefahrübergang möglich, gewollt und gesichert ist. Ein solcher Nachweis läßt die konkrete Gefahrensituation und damit auch den vorbeugenden Unterlassungs- bzw. Schutzanspruch entfallen.

3. Ergebnis zu II.

Entgegen der herkömmlichen Auffassung erwächst dem Spezieskäufer aus dem Kaufvertrag ein materiellrechtlicher Leistungstreueanspruch analog § 1004 gegen den Verkäufer gerichtet auf Unterlassung erfüllungsvereitelnder und -beeinträchtigender Maßnahmen rechtlicher wie tatsächlicher Art. Dieser Leistungstreueanspruch ist selbständig gerichtlich einklagbar. Ist der kaufvertragliche Erfiillungs-, d.h. Verschaffungsanspruch bereits fiillig, so verlagert sich die Durchsetzung des Leistungstreueanspruchs von vornherein in das vorläufige Rechtsschutzverfahren. Ist der ErfUllungsanspruch noch nicht fiillig, so muß der Leistungstreueanspruch in aller Regel auch im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden können. Entgegen der herrschenden Meinung genügt im Hauptsacheverfahren weder eine Feststellungsklage noch eine Klage auf künftige Leistung. Mit diesen Rechtsbehelfen kann "Leistungstreue" nicht erzwungen werden. Dem Schutzbedürfuis des Leistungstreue verlangenden Gläubigers kann allein mit einer Leistungsklage auf (vorbeugende) Unterlassung des leistungsbeeinträchtigenden Verhaltens ("Unterlassungsklage") Rechnung getragen wer287 S. hierzu die grundlegenden Ausfilhrungen von Wieacker, FS Nipperdey I, 1965, S. 783 ff. Leistung im Sinne des Allgemeinen Schuldrechts ist nach Wieacker (a.a.O., S. 812) "nicht nur Leistungsverhalten des Schuldners, aber auch nicht nur Eintritt des Leistungserfolges, sondern Eintritt des Leistungserfolges durch ein Leistungsverhalten des Schuldners."

124

l. Teil, l. Abschn.: Verkäuferhaftung wegen schädigender Einwirkungen

den. Das vorläufige Rechtsschutzverfahren, §§ 916 ff. ZPO, kann weder den Leistungstreueanspruch noch die Unterlassungsklage ersetzen. Seiner Rechtsnatur nach ist der Leistungstreueanspruch ein vom Erfiillungsanspruch, dem Leistungsanspruch, zu unterscheidender Gefahrbeseitigungsanspruch (Schutz- bzw. Unterlassungsanspruch), vergleichbar mit den §§ 12, 862, 985, 1004. Die Geltendmachung dieses speziellen Schutzanspruchs kann durch rechtstechnische Anforderungen erschwert oder gar ausgeschlossen sein. Außerdem kann der Anspruch durch Schuldnerrechte (Verhältnismäßigkeit des auszusprechenden Verhaltensgebots, Verpflichtung des Schuldners nur zur Erreichung des Leistungserfolges durch beliebiges Verhalten) in seiner Wirkung eingeschränkt sein. Schließlich steht dem Schuldner - insbesondere bei tatsächlichen Einwirkungen auf den Kaufgegenstand - der Nachweis offen, daß im Fälligkeitszeitpunkt der geschuldete Sachzustand (wieder-) hergestellt ist, was die Gefahrensituation fiir die vermögenswerte Rechtsposition "Forderung (aus dem Kaufvertrag)" und den korrespondierenden Schutzanspruch entfallen läßt.

2. Abschnitt

Die Haftung des Grundstückskäufers, wenn der Verkäufer vor der Ubergabe Verwendungen (i.w.S.) auf das Grundstück macht 4. Kapitel

Die Vornahme von Verwendungen i.e.S. Wie bereits in der Einleitung l angedeutet, erfordert der enge Verwendungsbegriff der Rechtsprechung, aber auch der Aspekt einer denkbaren Unmöglichkeit der Leistung eine zweigeteilte Untersuchung der Ausgleichsansprüche für werterhaltende und werterhöhende Einwirkungen des Verkäufers. Die Frage, ob für werterhöhende Einwirkungen, die zugleich eine Substanzveränderung bewirken, eine Sonderbehandlung gegenüber den anderen werterhöhenden Maßnahmen gerechtfertigt ist, wird im 5. Kapitel untersucht werden. Im folgenden soll es nur um die Auswirkungen von Verwendungen gehen, die zu keiner (umfassenden) Substanzveränderung bzw. Sachumgestaltung führen und als Verwendungen Le.S. in Rechtsprechung und Schrifttum unumstritten sind. Entspre\t;hend den schon behandelten Einwirkungsfilllen soll auch die Erörterung des "Ausgleichs für werterhaltende und werterhöhende Maßnahmen anhand eines typisierenden Beispielsfalls vorgenommen werden; wobei - um den Vormerkungsbezug zu wahren - der Schwerpunkt auf die Analyse der Fälle der im Eigeninteresse vorgenommenen wertverbessemden Maßnahmen gelegt wird: B verkauft dem A ein Hausgrundstück. Im beiderseitigen Interesse soll das Grundstück erst in drei Monaten aufgelassen und übergeben werden. Zwei Wochen nach Vertragsschluß ist die alljährliche Überprüfung und Wartung des Schornsteins und der Heizungsanlage flillig. Dem B entstehen dadurch Kosten in Höhe von 100 DM. Der Schornsteinfeger stellt einen größeren Defekt an der Heizungsanlage fest. B sieht sich gezwungen, die Anlage unverzüglich reparieren zu lassen. Hierbei fal-

I

Im 1. Kapitel, unter 11.

126

1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

len Kosten in Höhe von 10 000 DM an. Schließlich läßt sich B von dem geschäftstüchtigen Vertreter V beschwatzen, im Garten ein Schwimmbecken anzulegen. Nach einem neuen Schnellverfahren wird das Becken innerhalb von zwei Wochen fest im Boden installiert. Die Kosten hierfilr betragen 25 000 DM. Auch entschließt sich B, die an sich noch ordentliche Fassade des Hauses neu streichen zu lassen, wobei weitere 15 000 DM Kosten anfallen. Als der A fristgerecht mit dem Kaufpreis erscheint und Auflassung und Übergabe verlangt, erklärt ihm B, erst müsse er ihm die Kosten rur die von ihm getätigten Bauund Reparaturmaßnahmen in Höhe von 50 100 DM erstatten, weil ihm diese nach der Übergabe schließlich zugute kämen. Wie ist die Rechtslage, wenn I. B die Maßnahmen vorgenommen hat im Hinblick auf eine - unzutreffende - Auskunft des bisher zuverlässigen Rechtsanwalts R, wonach der Kaufvertrag unwirksam sei und B das Grundstück behalten könne, was dem B angenehm war, weil er im Nachhinein glaubte, einen schlechten Verkauf getätigt zu haben? 2. B bei sonst gleichem Fall I. den Irrtum des Rechtsanwalts R hätte erkennen können? 3. B meinte, ein schlechtes Geschäft gemacht zu haben und die Maßnahmen vornahm, um den A davon abzuhalten, die Erfilllung des Vertrages zu verlangen? Ändert sich die Rechtslage in allen drei Fällen, wenn A vor Ablauf der drei Monate von den Aktivitäten des B erfuhr, aber nichts unternahm, um diesem Einhalt zu gebieten?

Bei unterstellt wirksamem Kaufvertrag steht dem A grundsätzlich ein flUHger Anspruch aus § 433 Abs. 1 auf Auflassung und Übergabe des gekauften Grundstücks zu. Einen etwa bestehenden Verwendungsersatzanspruch könnte der B diesem Erfilllungsanspruch einredeweise entgegenhalten. Einschlägig ist hierbei die Einrede des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 Abs. 2. In der Vorschrift ist zwar nur die Pflicht des Schuldners zur Herausgabe eines Gegenstandes angesprochen. Zur Herausgabe eines Gegenstandes ist der Schuldner aber nicht allein bei Herausgabeansprüchen als solchen verpflichtet, sondern - neben anderen Pflichten - auch dann, wenn er Adressat eines Sachverschaffungsanspruchs, wie hier desjenigen aus § 433 Abs. 1, ist. Dieses Verständnis wird gestützt durch den Blick auf die ähnlich formulierte Regelung in § 292 Abs. 1. Auch hier gelten Sachverschaffungspflichten nach wohl allgemeiner Auffassung2 als miterfaßt, was zudem durch die Entstehungsgeschichte bestätigt wird 3 • Wer anderer Auffassung ist, muß § 273 Abs. 1 anwenden. 2 3

Vgl. statt aller Pa/andt/Heinrichs, 55/1996, § 292 Rn 3. S. Mugdan II, S. 30 (=Motive II, S. 55 f).

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

127

§ 320 kann demgegenüber nicht herangezogen werden: Zwar sind die Verwendungen an einem Gegenstand des Synallagmas vorgenommen worden, doch überschreitet der geltendgemachte Verwendungsersatzanspruch schon aus formalen Gründen das vereinbarte Austauschverhältnis, auch wenn er bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sich wie eine Erhöhung des Kaufpreises auswirken mag. Entscheidend ist hier, daß nach der Disposition des Verkäufers zusätzlich zum Kaufpreis ein anderer Anspruch geltendgemacht wird. Als spezielle Rechtsgrundlage filr den Verwendungsersatzanspruch des Verkäufers gegen den Käufer kommt zunächst - noch4 - § 450 in Betracht. Während § 450 Abs. I eine Spezialregelung filr bestimmte notwendige Verwendungen darstellt, verweist § 450 Abs. 2 filr "sonstige" Verwendungen auf die Vorschriften über die Geschäftsfilhrung ohne Auftrags.

I. Verwendungsersatz gemäß § 450 Abs. 1 Nach § 450 Abs. 1 kann der Verkäufer Ersatz filr bestimmte notwendige Verwendungen verlangen, wie wenn er vom Käufer mit der Verwaltung der Sache beauftragt worden wäre. Das bedeutet, daß der Verkäufer nicht nur entsprechend § 670 Ersatz filr die Verwendungen verlangen kann, die er - subjektive Betrachtungsweise - den Umständen nach filr erforderlich halten durfte, sondern er wird auch nach §§ 665, 666 verpflichtet; d.h. er hat sich um Wei-

4 Im Zuge der geplanten Schuldrechtsreform soll die Vorschrift ebenso wie § 446 Abs. 2 ersatzlos entfallen. S. nur BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht, 1992,298. 5 In § 5 TE-OR Nr. 32 "KaufTausch." war ursprünglich in Absatz 1 die Pflicht des Verkäufers statuiert, die verkaufte Sache bis zur Übergabe an den Käufer "mit der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters zu bewahren". Im Hinblick auf die Beschlüsse zu den §§ 144 tT., 224 EI (§§ 242, 276-278 BGB) und wegen der Nichtberücksichtigung des Falles, daß der Käufer sich im Annahmeverzug befindet, wurde dieser Absatz als überflüssig und nicht unbedenklich gestrichen. S. dazu Jakobs/Schubert, SchuldR 11, 1980, S.99. Nach Absatz 2 des § 5 TE-OR Nr. 32 war eine allgemeine Verwendungsersatzhaftung des Käufers entsprechend der Haftung des Eigentümers gegenüber dem gutgläubigen unrechtmäßigen Besitzer vorgesehen. Die damit vorgesehene Bereicherungshaftung (s. etwa noch § 936 E I) erschien der 1. Kommission als für den Fall des "vorzeitigen" Gefahrübergangs nicht ausreichend, weshalb sie diesbezüglich einen unbedingten Anspruch auf Ersatz (nur) der notwendigen Verwendungen vorsah. In diesem Zusammenhang wurde auch die Verweisung auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) hinsichtlich der übrigen Verwendungen in die Regelung aufgenommen, s. § 464 E I und Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 99.

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

sungen des Käufers zu bemühen und ist diesem Auskunft und Rechenschaft schuldig6 . Voraussetzung für diesen Verwendungs ersatzanspruch des Verkäufers gemäß § 450 Abs. 1 ist aber, daß die Gefahr schon vor der Übergabe auf den Käufer übergegangen ist - im folgenden "vorzeitiger" Gefahrübergang genannt und der Verkäufer vor der Übergabe Verwendungen vorgenommen hat und diese nach dem (vorzeitigen) Gefahrübergang notwendig geworden sind. Der Verwendungsersatz ist also in doppelter Hinsicht beschränkt: einerseits auf notwendige Verwendungen und andererseits auf die Fälle des vorzeitigen Gefahrübergangs. Beim Grundstückskauf handelt es sich insoweit allein um die vorzeitige Grundbucheintragung des Käufers als Eigentümer nach § 446 Abs. 2 und den Annahmeverzug des Käufers mit den Folgen aus §§ 324 Abs. 2, 300 Abs. 17. In keiner Variante des typisierenden Beispielsfalls ist ein vorzeitiger Gefahrübergang zu bejahen, weshalb ein Verwendungsersatzanspruch nach § 450 Abs. 1 i.V.m. § 670 von vornherein ausscheidet. Nichts anderes gilt für den vormerkungsgeschützten Grundstückskäufer, denn dieser will ja sowohl die Übergabe als auch den Erwerb des Eigentums an dem Grundstück - notfalls mit Hilfe des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 - erst erreichen. Der Anwendungsbereich von § 450 Abs. 1 beschränkt sich bei vormerkungsbezogener Betrachtung auf die Zeitspanne nach Auflassung und Bucheintragung (erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs aus § 888 Abs. 1) bis zur Übergabe des Grundstücks.

11. Verwendungsersatz gemäß § 450 Abs. 2

In § 450 Abs. 2 heißt es nur, daß der Käufer zum Ersatz sonstiger Verwendungen nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag verpflichtet ist. Mit Hilfe dieser Verweisung werden die Ausgleichstatbestände der §§ 677 ff. für den Ersatz von Verwendungen des Verkäufers dienstbar gemacht. 6 Die Bezugnahme auf das Auftragsrecht wurde erst bei der zweiten Lesung des E 11 in den § 389 Eil eingefügt, weil man den Verkäufer zur frühzeitigen Einholung von Weisungen und zur Rechenschaftslegung verpflichten wollte; s. Mugdan 11 (Protokolle), S. 773; vgl. auch schon Motive 11, S. 325 (=Mugdan 11, S. 181), wo der Verkäufer bereits als Beauftragter angesprochen wird. 7 Die spezielle Gefahrtragungsregel in § 300 Abs. 2 bezieht sich nur auf den Gattungskauf.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

129

Vor Einordnung dieser Verweisung und dem weiteren Eingehen auf diese Vorschriften ist zunächst - in Beachtung des Gesetzesaufbaus - der Begriff der sonstigen Verwendungen i.S. von § 450 Abs. 2 zu klären.

1. Begriff der sonstigen Verwendungen Was unter den sonstigen Verwendungen i.S. der Vorschrift zu verstehen ist, ist problematisch. Gemeint sein können entweder andere als notwendige (nützliche) Verwendungen im Anwendungsbereich von § 450 Abs. 1, also nach Gefahrübergang, aber vor Übergabe; alle anderen Verwendungen außer den in Absatz 1 erfaßten, d.h. auch notwendige Verwendungen vor Gefahrübergang und Übergabe und schließlich nur die nützlichen Verwendungen vor Übergabe, unabhängig von Gefahrübergang. Die Einbeziehung auch der notwendigen Verwendungen vor Gefahrübergang ist verfehlt, weil der Verkäufer bis zu diesem Zeitpunkt von Kaufvertrags wegen zur Erhaltung der Sache verpflichtet ist und die Erhaltungskosten grundsätzlich mit dem Kaufpreis abgegolten sind8 • Ein Kostenersatz filr notwendige Verwendungen vor Gefahrübergang stünde im Widerspruch zu den §§ 459 ff., 446 Abs. 19. Auch die Entstehungsgeschichte von § 450 Abs. 2 spricht gegen diese Interpretation: Die zwischenzeitlich von der 2. Kommission vorgesehene Streichung der Verweisung war gerade durch die Befilrchtung motiviert, auch der Verkäufer, der bloß in Erfiillung seiner vertraglichen Verpflichtungen Verwendungen vornehme, könne als (ersatzberechtigter) Geschäftsfiihrer des Käufers betrachtet werden 10. Die Wiederaufnahme der Vorschrift erfolgte - wie schon die Einfiigung - aus einem anderen, sogleich zu erörternden Grund. Genausowenig kann die Auffassung überzeugen, die Regelung in § 450 Abs. 2 beschränke sich auf den Ersatz der nicht notwendigen Verwendungen in der Zeit nach dem vorzeitigen Gefahrübergang ll . Für diese Auslegung läßt sich 8 So SoergellHuber, 12/1991, § 450 Rn 8; Staudinger/Köhler, 13/1995, § 450 Rn 2; MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 450 Rn 4; PalandtlPutzo, 55/1996, § 450 Rn 4. 9 Mängelbeseitigungskosten sind regelmäßig notwendige Verwendungen. Nach § 446 Abs. 1 trägt der Verkäufer die Gefahr rur zufällige Verschlechterungen und die Lasten bis zum GefahTÜbergang. Nach § 995 S. 1 gehört das Tragen der auf der Sache ruhenden Lasten zu den notwendigen Verwendungen. IO S. zunächst nur Mugdan 11 (Protokolle), S. 773. 11 In diesem Sinne jedoch SoergellBallerstedt, 10/1967, § 450 Rn 4; wohl auch MKlH.P. Westermann, 311995, § 450 Rn 4. 9 Richter

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

wohl - mit gewisser Überzeugungskraft - die systematische Stellung der Regelung anfUhren, dieses Argument wird freilich durch die Entstehungsgeschichte und den Sinn der Vorschrift widerlegt. In der Vorläuferregelung des § 464 Satz 2 E I waren ausdrücklich auch die sonstigen Verwendungen vor Gefahrübergang aufgefiihrt; die Änderung in der Fonnulierung bei § 450 Abs. 2 war nicht durch den Willen zum Ausschluß dieses Zeitraums aus dem materiellen Anwendungsbereich der Vorschrift motiviert. Die Regelung in § 450 Abs. 2 hat - wie schon § 464 Satz 2 E I gegenüber Satz 1 - vor allem den Zweck, klarzustellen, daß auch außerhalb des Regelungsbereichs des ersten Absatzes Verwendungsersatzansprüche des Verkäufers möglich sein sollen. Sie dient der Venneidung des bei einem Nonnierungsverzicht auf der Hand liegenden argumentum e contrario aus dem Absatz 1, das zum gegenteiligen Ergebnis fUhren wUrde 12. Die von Ballerstedt l3 berurchtete Überspielung der kaufvertraglichen Vereinbarung tritt nicht ein, da § 450 abdingbar ist l4 und abweichende vertragliche Vereinbarungen schon deshalb vorgehen lS •

12 Die Verhinderung dieses argurnenturn e contrario war der maßgebliche Grund fUr die EinfUgung der Verweisung in den § 464 Satz 2 EI. S. dazu Le. Mugdan II, S. 181 (=Motive II, S. 326). Die 2. Kommission strich den Satz 2 dann wieder. Die Streichung wurde gegen den Widerstand der auf das arg. e contr. hinweisenden Minderheit mit der bereits angesprochenen Erwägung vorgenommen, die Beibehaltung des Satzes lege das Mißverständnis nahe, der Verkäufer sei auch dann als GeschäftsfUhrer des Käufers zu betrachten, wenn er lediglich in Erfullung seiner vertraglichen Verpflichtungen Verwendungen vornehme. Außerdem meinte die Kommissionsmehrheit, die Frage, ob der Käufer wegen anderer, nicht auf einer vertraglichen Verpflichtung beruhenden Maßnahmen des Verkäufers diesem ersatzpflichtig sei, sei an dieser Stelle nicht zu beantworten. S. Mugdan II, S. 772 f. (=Protokolle II, S. 66 f.). Bei der Beratung der Parallelvorschrift im Mietrecht, § 514 Abs. 2 E I (=§ 547 Abs. 2 BGB) meinte die 2. Kommission hingegen wieder, eine ersatzlose Streichung der Verweisung auf die Regeln der GeschäftsfUhrung ohne Auftrag könnte zu dem Mißverständnis fUhren, im Gegenschluß dem Absatz I zu entnehmen, der Mieter solle wegen nützlicher Verwendungen keine Anspruche erheben dürfen. S. Mugdan II (Protokolle), S. 840. Im Anschluß daran entschied die Kommission, den § 464 Satz 2 E I wieder in den Entwurf aufzunehmen, s. Mugdan II (protokolle), S.773. Unzutreffend insoweit Soergel/Huber, 12/1991, § 450 Rn 6 Fn. 23, der offenbar von einer Eigenmächtigkeit der Redaktionskommission ausgeht. 13 Soergel/Ballerstedt, 10/1967, § 450 Rn 4. 14 Wohl allgemeine Auffassung; s. etwa Palandt/Putzo, 55/1996, § 450 Rn 2; ErmaniGrunewald, 9/1993, § 450 Rn 4. 15 Die Frage nach der Qualifikation der Verweisung braucht deshalb an dieser Stelle noch nicht entschieden zu werden. Versteht man § 450 Abs. 2 als Tatbestandsverweisung, liegen auch die Voraussetzungen einer "auftragslosen" GeschäftsfUhrung nicht vor. So z.B. Soergel/Huber, 12/1991, § 450 Rn 9.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

131

Deshalb sind unter den sonstigen Verwendungen i.S. von § 450 Abs. 2 richtiger Ansicht nach alle nützlichen Verwendungen vor der Übergabe, unabhängig vom Gefahrübergang, zu verstehen. Bezogen auf die im typisierenden Beispielsfall vorgenommenen tatsächlichen werterhaltenden und werterhöhenden Einwirkungen gilt daher: Bei den Wartungskosten für den Schornstein handelt es sich um regelmäßig wiederkehrende laufende Ausgaben, also um notwendige Verwendungen, nämlich um gewöhnliche Erhaltungskosten i.S. von § 994 Abs. 1. Diese Kosten sind bereits mit dem Kaufpreis abgedeckt. Aufgrund seiner vertraglichen Erhaltungspflicht hat der Verkäufer diese Kosten zu tragen. Der Sache nach ergibt sich diese Kostenlast auch aus § 446 Abs. 1; denn wer das Verschlechterungsrisiko trägt, muß bei konsequenter Betrachtung auch die Kosten zur Vorsorge und Vermeidung von Verschlechterungen übernehmen 16 • Ähnlich läßt sich mit Hinweis auf § 459 Abs. 1 argumentieren, wobei klarzustellen ist, daß die Unterlassung von Wartungsmaßnahmen als solche noch keinen Mangel der Sache darstellt, sondern eben nur spätere Mängel verursachen oder die Aufdeckung vorhandener Mängel verhindern kann. Die Reparaturkosten an der Heizungsanlage stellen notwendige Verwendungen in Form der außergewöhnlichen Erhaltungskosten dar. Wiederum ergibt sich die Kostentragungspflicht des Verkäufers aus der vertraglichen Sacherhaltungspflicht, deren Verletzung hier überdies durch die §§ 459, 462 sanktioniert wird. Die nicht funktionsfähige Heizungsanlage bedeutet einen Mangel der Kaufsache Hausgrundstück, der zur Minderung oder zur Wandlung führen kann. Da notwendige Verwendungen, wie eben ausgeführt, nicht als sonstige Verwendungen i.S. von § 450 Abs. 2 anzusehen sind, scheidet ein Kostenersatz für diese Maßnahmen im Beispielsfall von vornherein aus. Der Einbau des Schwimmbades fUhrt bei objektiver Betrachtung genauso wie der Fassadenanstrich zu einer Wertsteigerung des Hausgrundstücks. Die Maßnahmen sind als nicht notwendige (nützliche) Verwendungen zu qualifizieren und werden daher als sonstige Verwendungen vom Anwendungsbereich des § 450 Abs. 2 erfaßt.

16 Die Interpretation stimmt auch mit der Wertung in § 994 Abs. I überein: Soweit dem Sachbesitzer die Nutzungen verbleiben, hat er auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten zu tragen.

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I. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

2. Qualifikation der Verweisung auf die §§ 677 ff.

Richtiger Auffassung nach handelt es sich bei der Verweisung in § 450 Abs.2 um eine Tatbestandsverweisung (Rechtsgrundverweisung) auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag 17 . Dies folgt zwingend schon daraus, daß je nach dem, ob eine berechtigte oder unberechtigte Geschäftsruhrung vorliegt, ganz unterschiedliche Anspruche des Geschäftsruhrers mit erheblich divergierenden Rechtsfolgen vorgesehen sind: Entspricht die Geschäftsruhrung dem Willen oder dem Interesse des Geschäftsherrn oder genehmigt dieser sie, so kann der GeschäftsfUhrer erfolgsunabhängig Aufwendungsersatz gemäß § 670 verlangen. Widerspricht hingegen die Geschäftsruhrung dem Willen und/oder Interesse des Geschäftsherrn, kann der Geschäftsruhrer die Herausgabe des durch die Geschäftsruhrung Erlangten nach Bereicherungsrecht beanspruchen. Die verschiedenen Rechtsfolgen in §§ 683, 684 lassen sich nicht als bloße Haftungsmodalitäten eines einheitlichen Ausgleichsanspruchs - wie etwa die §§ 818, 819 - verstehen, sondern charakterisieren unterschiedliche Anspruche. Enthält das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsruhrung ohne Auftrag somit keine eindeutige Rechtsfolgenanordnung rur die Anspruche des Geschäftsruhrers, muß eine nicht näher präzisierte Verweisung auf die Vorschriften der GeschäftsfUhrung ohne Auftrag notwendig eine Tatbestandsverweisung sein. Auch die gemeinsame Entstehungsgeschichte mit § 547 Abs. 2 18 , der von der ganz h.M. als Rechtsgrundverweisung auf die §§ 677-687 beurteilt wird l9 , spricht rur eine entsprechende Auslegung des § 450 Abs. 2. Zweifelhaft könnte noch sein, ob und inwieweit auch § 687 in die Verweisung mit einbezogen ist. In den durch diese Vorschrift angesprochenen Fällen der irrtümlichen und angemaßten Eigengeschäftsruhrung liegt nur, aber immerhin, objektiv die Führung eines fremden Geschäfts ohne Auftrag vor, es fehlt hingegen am subjektiven Element des FremdgeschäftsfUhrungswillens. Dieser 17 So die wohl h.M., s. Soergel/Huber, 12/1991, § 450 Rn 7; StaudingerlKöhler, 13/1995, § 450 Rn 8; wohl auch ErmaniGrunewald, 9/1993, § 450 Rn 2: Verweisung auf die §§ 677, 683, 684; a.A. jedoch - ohne Begründung - RGRKlMezger, 12/1974, § 450 Rn 3. Widersprüchlich PalandtlThomas, 55/1996, Einfv § 677 Rn 7: Fremdgeschäftsfiihrungswille sei nicht erforderlich, da eine Rechtsfolgenverweisung vorliege. Für den Aufwendungsersatzanspruch seien aber stets die Voraussetzungen von § 683 nötig. Ähnlich auch Palandt/Putzo, 55/1996, § 450 Rn 4: Rechtsgrundverweisung auf § 683. Mit dem Wortlaut von § 450 Abs. 2 ist das aber kaum vereinbar. 18 S. dazu oben Fn. 12. 19 Vgl. statt aller Palandt/Putzo, 55/1996, § 547 Rn 9.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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ist gerade das Charakteristikum des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag ("negotiorum gestio"io. § 687 statuiert - abgesehen von dem Wahlrecht nach § 687 Abs. 2 - keine eigenen Ansprüche und dient nur der Abgrenzung und KlarsteIlung, daß die irrtümliche und angemaßte Eigengeschäftsführung dem in den §§ 677 ff. geregelten gesetzlichen Schuldverhältnis nicht unterfallen, sondern nach anderen - den allgemeinen - Regeln zu behandeln sind. In diesem Sinne einer Abgrenzungsregel gehört auch § 687 zum Inhalt der Verweisung in § 450 Abs. 2.

3. Voraussetzungen des § 677

a) Führung eines fremden Geschäftes Jede Geschäftsfilhrung ohne Auftrag i.S. des Schuldverhältnisses nach §§ 677 ff. setzt in Übereinstimmung mit der irrtümlichen und der angemaßten Eigengeschäftsführung voraus, daß der Geschäftsführer mit seinem Tätigwerden ein (objektiv) fremdes Geschäft geführt hae 1• Akzeptiert man § 450 Abs. 2 als Tatbestandsverweisung auf die §§ 677-687, so müßte auch der Verkäufer, der zwischen Vertragsschluß und Übergabe werterhöhende Einwirkungen vornimmt, damit ein fremdes Geschäft geführt haben. Gegen die Fremdheit des Geschäftes der Verbesserungsmaßnahme spricht, daß der Verkäufer als Eigentümer an sich gemäß § 903 berechtigt ist, auf die Sache - nach Maßgabe der Grenzen des Rechts - in beliebiger Weise einzuwirken. So gesehen liegt der Schluß nahe, daß der Verkäufer bis zum tatsächlichen Eigentumsübergang mit werterhöhenden Einwirkungen sein eigenes Geschäft betreibt. Demgegenüber ist zu bedenken, daß die kaufvertragliche Verpflichtung, namentlich die aus § 242 abgeleitete Nebenpflicht der Sacherhaltung, diese Gestaltungsfreiheit des Eigentümers schon in der Weise limitiert, daß dieser sich gegenüber dem Käufer - also nur relativ - nachteiligen Einwirkungen auf die

20 Vgl. insoweit auch die Entstehungsgeschichte, etwa Mugdan II (Motive), S. 478, 486 und MKiSeiler, 2/1986, Vor § 677 Rn 2. 21 Kritisch hierzu Gursky, AcP 185 (1985), S. 13 ff., der in stärkerer Orientierung am Wortlaut des § 677 eine subjektive Konzeption der Geschäftsführungsvorschriften vertritt. Die eigenständige Prüfung der h.M., ob objektiv ein fremdes Geschäft geführt worden ist, hat aber wohl den Vorzug größerer praktischer Handhabbarkeit. Außere Umstände lassen sich leichter feststellen und beweisen als innere Tatsachen.

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

Sache zu enthalten hat. Dabei ist freilich - wie oben gesehen 22 - problematisch, inwieweit der Käufer berechtigt ist, den Verkäufer an nachteiligen Einwirkungen aktiv (durch vorbeugenden Unterlassungs anspruch und daran anknüpfende Leistungsklage bzw. einstweilige VerfUgung) zu hindern. Ein dahingehender Schutzanspruch fUhrt zu einer unmittelbaren Einschränkung der eigentümerischen Gestaltungsfreiheit - im Gegensatz zur bloß mittelbaren Beeinträchtigung durch die Sanktionierung nachteiliger Eingriffe mittels sekundärer schuldrechtlicher Leistungspflichten (Minderung, Wandlung, Schadensersatz). Nicht nur wenn man aufgrund der oben23 angestellten Erwägungen einen Anspruch des Käufers auf leistungstreues Verhalten des Verkäufers bejaht, ergibt sich aus der schuldrechtlichen Vereinbarung, dem Kaufvertrag, daß der Verkäufer-Eigentümer mit werterhöhenden Verwendungen im Unterschied zum "Normaleigentümer" eben doch ein fremdes Geschäft fUhrt. Der Grundsatz der Vertragstreue als solcher, die Leistungstreuepflicht des Verkäufers, bedeutet zugleich auch eine Einschränkung der eigentümerischen Gestaltungsfreiheit hinsichtlich werterhöhender Einwirkungen. Nach Abschluß des Kaufvertrages ist es dem Noch-Eigentümer grundsätzlich im Verhältnis zu seinem Schuldner verboten, Verbesserungen oder Umgestaltungen an der Kaufsache vorzunehmen. Die Anerkennung bzw. die Erkenntnis der relativen Einschränkung der Einwirkungsfreiheit des veräußerungsverpflichteten Eigentümers paßt im übrigen harmonisch zu der von Picker24 im Zusammenhang mit der Rechtfertigung der

3. Kapitel, unter II. Im 3. Kapitel, II.l.d). 24 Picker, JZ 1987, 1041, 1044 m.w.N. {ausruhrlicher ders., AcP 183 (1983), S. 369 ff., 393 ff., 507 f.) . - Im Rahmen seiner Uberlegungen zur (Neu-) Strukturierung der vertraglichen und deliktischen Schadensersatzhaftung, die auf dem allgemeinen Gebot der Schadensvermeidung (des "neminem laedere") basieren, weist Picker, a.a.O., 1044 dem schuldrechtlichen Vertrag rur die Haftung auch konstitutive Bedeutung zu, " ... als er den besonderen Rechts- und Güterkreis festlegt, der dem Partner über die allgemeine Rechts- und Güterzuordnung hinaus kraft der privatautonomen Rechtsgestaltung der beiden Parteien zusteht. Er schafft also, wenn man so will, eine nur rur die Parteien gültige zusätzliche Sachen- und Vermögensrechtsordnung... Dem Vertrag ist demgemäß zu entnehmen, welche Positionen dem einen Teil ungeachtet der dinglichen Lage inter partes bereits als Vermögenswert zugeordnet, deshalb vom anderen Teil als fremder Rechtskreis zu respektieren und folglich im Verletzungsfall zu ersetzen sind.". A.A.jedoch BGH (V. Senat), WM 1987, 181, 182 (=NJW 1987,771 =LM § 249 (A) Nr. 79) bzgl. der Zuweisung von Nutzungen; kritisch zu diesem Urteil Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 23 ff. - In dem vom BGH beurteilten Fall ging es um (Herausgabe und) Entschädigung rur die Nutzung einer Wohnung, an der sich der Grundstücksveräußerer (Verkäufer) ein "dingliches" Wohnrecht vorbehalten hatte, bzw. zu dessen Rückübertragung sich die Eigentumserwerber (Käufer) verpflichtet hatten (was im Rahmen der Ver22

23

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen Le.S.

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Schadensersatzhaftung des Verkäufers fUr Verschlechterungen zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang vertretenen These, daß die verkaufte, aber weder übereignete noch übergebene Sache gleichwohl "inter partes" bereits dem Käufer als Vermögens wert zugeordnet ist. Zu guter Letzt läßt sich noch ein eher formales Argument zugunsten der Fremdheit des Geschäftes in die Waagschale werfen: Die Verweisung auf die Geschäftsfilhrungsvorschriften in § 450 Abs. 2 wäre ziemlich sinnlos, wenn ein Verwendungsersatz regelmäßig an der fehlenden Fremdheit des Geschäftes scheiterte. Die Auffassung, daß der Verkäufer als Eigentümer bei Verwendungen zwischen Abschluß des Kaufvertrages und der Übergabe des Kaufgegenstandes ein eigenes Geschäft filhre, läßt sich auch nicht mit der schon oben als wenig überzeugend erkannten Auffassung Ballerstedts zum Inhalt des Begriffs der sonstigen Verwendungen "retten". Denn abgesehen vom Fall des § 446 Abs. 2 wäre es wohl begrüDdungsbedürftig, wieso das eigene Geschäft des Eigentümers bei Fortbestand der Eigentümerposition gerade durch den Gefahrübergang zu einem fremden wird.

tragsauslegung umstritten war). Im Vergleich zu der hier interessierenden Konstellation zwischen Verkäufer und Käufer waren die Parteirollen insofern verkehrt. Die Entscheidung des BGH ist - ohne Picker zu widerlegen, aber entgegen Wilhelm im Ergebnis zutreffend. Eine "Eingriffskondiktion" auf Herausgabe der vom Schuldner zwischen Vertragsschluß und Erfilllung gezogenen Nutzungen würde die Verzugsvorschriften unterlaufen. Vor Fälligkeit des Anspruchs können dem Gläubiger von vornherein keine Nutzungen zustehen, weil er schon nicht Leistung verlangen kann. Nach Fälligkeit hat der Gläubiger zwar Anspruch auf Nutzung des Leistungsgegenstandes, aber wenn ihm dieser nicht zur Verfilgung gestellt wird, d.h. nicht erfilllt wird, ist er gehalten, seine Rechte geltend zu machen, indem er den Schuldner in Verzug setzt und ihn auf Leistung verklagt. Daneben ist tur eine Eingriffskondiktion weder Platz noch Bedürfnis vorhanden. Das Verhältnis Käufer - Verkäufer vor Gefahrübergang und Fälligkeit ist dem eines Verleihers zum Entleiher wohl am ähnlichsten; nur wenn die Nutzung durch den Verkäufer schon bei Vertragsschluß enden soll, ist ein Verwahrungsverhältnis, wie es auch die Gesetzesverfasser annahmen (s. Mugdan H, S. 772 und oben 3. Kapitel, I.2.a) aa) (2).), passender. Beim Grundstückskaufist in der Regel wohl die Weiternutzung bis zum Gefahrübergang vereinbart. Zur Abgrenzung zur Lehre Dulckeits vom "relativen Eigen" s. unten 12. Kapitel, I.2.b) Fn. 86. Zur hier nur angedeuteten schadensersatzrechtlichen Konzeption Pickers vgl. etwa Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 9 Ic aE., § 24 Ia (zustimmend); Emmerich, Leistungsstörungen, 3/1991, § 5 I 2a (ablehnend).

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I. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

b) Fremdgeschäftsfilhrungswille Der Fremdgeschäftsfilhrungswille liegt vor, wenn der GeschäftsfUhrer mit dem Bewußtsein und dem Willen, im Interesse eines andern zu handeln, tätig wird 25 . Maßgeblicher Zeitpunkt ist der des Tätigwerdens. In allen Versionen des Beispielsfalles ist der Fremdgeschäftsfilhrungswille des B zu verneinen. In den Konstellationen 1 und 2 war sich B nicht bewußt, ein fremdes Geschäft zu fUhren, in Konstellation 3 handelte er hingegen in eigenem Interesse, obwohl ihm klar war, ein fremdes Geschäft zu filhren.

4. Differenzierung der Rechts/algen über die §§ 683,684 Wäre der Fremdgeschäftsfilhrungswille zu bejahen, käme es filr das Vorliegen einer berechtigten Geschäftsfilhrung - neben der hier unproblematischen "Auftragslosigkeit" - weiter darauf an, daß die werterhöhenden Maßnahmen des Verkäufers dem Interesse und dem Willen des Käufers entsprechen, § 683, oder daß dieser die Verwendungen genehmigt, § 684 Satz 2. In jedem dieser Fälle kann der Verkäufer dann Ersatz filr seine Verwendungen gemäß § 670 verlangen. Dies bedeutet, daß er unabhängig von einer Wertsteigerung des Grundstücks den Ersatz der von ihm aufgewandten Kosten insoweit verlangen kann, als er sie den Umständen nach filr erforderlich halten durfte. Sind die Voraussetzungen von §§ 683, 684 S.2 nicht erfilllt, so wäre der Käufer als Geschäftsherr dem Verkäufer gegenüber gemäß § 684 Satz 1 verpflichtet, das infolge der Geschäftsfilhrung Erlangte "nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben". Nach zutreffender überwiegender Auffassung26 handelt es sich bei dieser Vorschrift um eine Rechtsfolgenverweisung 27 • Der Verkäufer ist, anders als bei 2S In diesem Sinne etwa Erman/Ehmann, 9/1993, Vor § 677 Rn 4; Palandt/Thomas, 55/1996, § 677 Rn 3. Die Rechtsprechung stellt zumeist nur auf den Willen des Geschäftsführers ab, der freilich das entsprechende Bewußtsein impliziert, s. z.B. RGZ 130, 310, 311; BGHZ 65, 354, 356; aber auch BGH, LM § 677 Nr. 2. 26 BGH, WM 1976, 1056, 1060 (=DB 1976, 2154 f.); PalandtlThomas, 55/1996, § 684 Rn I; StaudingeriWitlmann, 13/1994, § 684 Rn I; Jauernig/Vollkommer, 7/1994, § 684 Anm. I; Müller, SchuldR BT Rn 1933; a.A. Klauser, NJW 1965,513,515 unter Hinweis auf § 951; Gursky, AcP 185 (1985), S. 13,40; MKJSeiler, 2/1986, § 684 Rn 3 (wegen §§ 814, 815, 817 S. 2). 27 Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm, denn es wird nicht auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung verwiesen, sondern lediglich auf

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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der berechtigten Fremdgeschäftsfilhrung, nun nicht mehr berechtigt, erfolgsunabhängig den Ersatz seiner Aufwendungen zu verlangen, sondern er kann lediglich - soweit möglich - den Verwendungserfolg in natura herausverlangen, im übrigen eine durch die Verwendung eingetretene und noch vorhandene Bereicherung des Käufers "abschöpfen,,28.

5. Ergebnis zu 11.

Nimmt der Verkäufer zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang Verwendungen vor, so kann er filr notwendige Verwendungen keinen Ausgleich verlangen. Diesbezügliche Kosten sind durch den Kaufpreis abgegolten. Hinsichtlich der nicht notwendigen Verwendungen ist über § 450 Abs. 2 nach Maßgabe der Regeln über die Geschäftsfilhrung ohne Auftrag zu differenzieren: Ein Verwendungs ersatzanspruch besteht dann, wenn die mit Fremdgeschäftsfilhrungswillen vorgenommenen werterhöhenden Einwirkungen dem Willen und Interesse des Käufers entsprechen oder von diesem genehmigt werden. In allen anderen Fällen besteht kein kaufrechtlicher Verwendungsersatzanspruch; im Fall der mit Fremdgeschäftsfilhrungswillen durchgefilhrten unwillkommenen werterhöhenden Einwirkung kann der Verkäufer über § 684 S. 1 die Herausgabe des Verwendungserfolgs nach Bereicherungsrecht verlangen. Ist die Verwendung - wie in den Beispielsflillen - nicht mit Fremdgeschäftsfilhrungswillen vorgenommen worden, ist § 450 Abs. 2 nicht einschlägig.

die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung - vgl. etwa demgegenüber die Verweisung in § 450 S. 2. Außerdem steht bereits fest, daß eine etwaige Bereicherung rechtsgrundlos erfolgt ist, weil die Geschäftsführung wegen der fehlenden Willens- und Interessenübereinstimmung als unberechtigt beurteilt wird, weshalb insoweit kein gesetzliches Schuldverhältnis anzunehmen ist. Die Bereicherung ist dabei "durch die Geschäftsführung" zustandegekommen, weshalb - bereicherungsrechtlich gesehen - nicht festgelegt ist, ob die Bereicherung "durch Leistung" oder "in sonstiger Weise" eingetreten ist. Eine diesbezügliche Festlegung kann im Einzelfall aber erforderlich werden, etwa wenn die Anwendung des auf bestimmte Leistungskondiktionen zugeschnittenen § 820 in Rede steht. 28 Im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang teilweise befürwortet, den Bereicherungsanspruch der Höhe nach auf die Kosten der vorgenommenen Verwendungen zu begrenzen. So M Wolf, JZ 1966, 467, 470 m.N.; auch Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 1936. Dagegen zu Recht MK/Seiler, 2/1986, § 684 Rn 6 m.w.N.

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

III. Bereicherungsausgleich gemäß §§ 812

rr.

Weil § 450 Abs. 2 als Anspruchsgrundlage fiir den als Eigengeschäftsfiihrer tätigen Verkäufer ausscheidet, bleibt fiir diesen als letzte Möglichkeit die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der vorgenommenen werterhöhenden Einwirkungen: Ansprüche aus §§ 994 ff. und §§ 951,812 ff. kommen nicht in Betracht. Da der Verkäufer im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme noch Eigentümer des Grundstücks war, bestand kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis; aus dem gleichen Grund fehlt es an einem Rechtsverlust i.S. von §§ 946, 951.

1. Kein Ausschluß der §§ 812.ff. durch § 450

Ein Rückgriff auf das Bereicherungsrecht ist jedoch nur zulässig, wenn § 450 insoweit keine Sperrwirkung entfaltet. Eine solche Sperrwirkung läge nahe, wenn ebenso wie § 450 auch die §§ 812 ff. als Verwendungsersatznormen (Le.S.) angesehen werden müßten. Nach dem Grundsatz "lex specialis derogat legi generali" wäre die Anwendung der §§ 812 ff. nicht möglich. Die §§ 812 ff. können jedoch nicht als Verwendungsersatznormen (i.e.S.) beurteilt werden: Ein Verwendungsersatzanspruch soll einen Vermögensverlust beim Verwender ausgleichen und knüpft daher ausschließlich an dessen Vermögenssituation an. Ein Bereicherungsanspruch hat demgegenüber zum Ziel, eine von der Rechtsordnung nicht gebilligte Vermögensmehrung auf Kosten eines anderen zu korrigieren. Meßlatte ist demgemäß die Vermögenssituation des Empfangers des Verwendungserfolges. Anders ausgedrückt: Die Verwendung wird im Fall des Bereicherungsanspruchs grundsätzlich eben nicht vergütet, sondern ihr Ergebnis rückabgewickelt. Freilich ist die Rückabwicklung häufig wegen §§ 93, 94 nicht möglich, so daß der Bereicherte Wertersatz zu leisten hat. Dieser Umstand wirkt zwar wirtschaftlich ähnlich wie eine Verwendungsersatzleistung, macht den Bereicherungsanspruch aber nicht zu einem Verwendungsersatzanspruch (Le.S.). Die Rechtsprechung des BGH zu § 951 bestätigt diesen Befund: Als Wertersatz nach § 818 Abs. 2 sind nicht die Verwendungen des Bereicherungsgläubigers zu erstatten, sondern die Wertsteigerung des von der Verwendung betroffenen Gegenstandes 29 • Bereicherungsansprüche, insbesondere die Verwen-

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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dungskondiktion, können daher nur als Verwendungsersatzregeln in einem weiteren Sinn bezeichnet werden 30 • Noch ein weiterer Umstand spricht gegen eine Sperrwirkung von § 450 Abs. 2 gegenüber bereicherungsrechtlichen Ansprüchen. Die in diesem Zusammenhang interessierenden Fälle der irrtümlichen und angemaßten Eigengeschäftsführung werden - abgesehen von der als Wahlrecht konzipierten Vorschrift in § 687 Abs. 2 - von der Regelung in § 450 Abs. 2 i.V.m. § 677 ff. gerade nicht erfaßt. Eine Ausschlußwirkung im Fall einer unverschuldeten irrtümlichen Eigengeschäftsführung erscheint schon apriori schwerlich interessengerecht. § 450 Abs. 2 schließt im Ergebnis einen auf den Verwendungserfolg bezogenen Bereicherungsausgleich nicht aus 31 •

2. Der Bereicherungstatbestand

a) Das erlangte "Etwas" Gegenstand des Bereicherungsvorgangs kann grundsätzlich jeder Vermögensvorteil sein; es besteht keine Beschränkung auf den Erwerb von Sachen oder Rechten32 . In den hier interessierenden Fällen der Verwendungsvomahme

29 BGHZ 10, 171, 179f.; 17,236,241 (=WM 1955, 1253 =NJW 1955, 1106); WM 1973, 71,73. 30 Sofern im Rahmen dieser Arbeit allgemein von "Verwendungsausgleich" gesprochen wird, umfaßt dies sowohl den Verwendungsersatz i.e.S. als auch den bereicherungsrechtlichen "Verwendungsausgleich" . 31 Wie hier Staudinger/Köhler, 13/1995, § 450 Rn 9. - S. im übrigen auch das Schrifttum zu § 687. In diesem Bereich ist die Zu lässigkeit des Bereicherungsausgleichs im Fall der irrtümlichen Eigengeschäftsfiihrung allgemein anerkannt. So z.B. Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 1961; Larenz, SchuldR 11/1, 13/1986, § 57 IIb; ErmaniEhmann, 9/1993, § 687 Rn 2; StaudingerlWittmann, 13/1994, § 687 Rn 3; MKiSeiler, 2/1986, § 687 Rn 7 m.w.N. 32 Grundlegend RGZ 108, 329, 332 m.w.N.: Kondiktion der nach § 873 Abs. 2 bindend gewordenen Auflassungserklärung durch den Verkäufer im Hinblick auf die geltendgemachte Formnichtigkeit des Kaufvertrages. S. auch PalandtlThomas, 55/1996, § 812 Rn 16 ff. Darüber hinaus ist es zutreffend, daß das (gegenständlich) erlangte "Etwas" u.V. noch nicht einmal einen meßbaren Vermögenswert haben muß; entscheidend ist zu berücksichtigen, daß das Bereicherungsrecht funktional eine verfehlte Zuordnung von Rechtspositionen im weitesten Sinn korrigieren soll; gerade auch im Hinblick auf das

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

des Verkäufers in irrtümlicher oder angemaßter Eigengeschäftsführung erlangt der betroffene Käufer jedenfalls mit durchgefiihrter Auflassung und Übergabe Eigentum und Besitz an dem mit dem Kaufgrundstück verbundenen - vertraglich nicht vereinbarten - Verwendungserfolg. Dies ergibt sich aus §§ 93 ff. und hierüber dürfte Einigkeit bestehen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob das erlangte "Etwas" damit in zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht genügend präzise umrissen ist. Die Bedenken ergeben sich aus dem Vergleich mit der Auffassung von Rechtsprechung und Schrifttum zum Bereicherungsausgleich beim Bauen auf fremdem Boden und aus der Parallele zu den §§ 677 ff. Der Bereicherungsanspruch beim (Ein-) Bau auf fremdem Boden entsteht im Zeitpunkt der dinglichen Rechtsänderung 33 . Wohl in Übereinstimmung damit stellt die Rechtsprechung vereinfachend regelmäßig auf den Zeitpunkt der Vollendung des Einbaus bzw. der Fertigstellung des Gebäudes ab 34 • Kommt es nicht zur Vollendung der Baumaßnahmen, ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Bereicherungsgläubiger den Weiterbau endgültig aufgibe 5 . Entsprechendes gilt in Parallele bei den Geschäftsfiihrungsvorschriften: Der Auf- bzw. Verwendungs ersatzanspruch gemäß §§ 677,683,684 S. 2,670 entsteht mit Vornahme der Aufwendungen 36, spätestens mit Zahlung der Rechnungen der Bauhandwerker bzw. -unternehmer. Für die "Geschäftsfiihrungskondiktion" gern. §§ 677, 684 S. 1, 812, 818 ff. muß grundsätzlich Ähnliches gelten. Da es aber auf die Vermögens mehrung beim Geschäftsherrn ankommt, Abstraktions- und Trennungsprinzip. Deshalb sind entgegen BGH, NJW 1952, 417 (=LM § 812 Nr. 6) auch immaterielle Rechtsgüter wie eine schriftliche Ehrenerklärung kondizierbar. Vgl. zu diesem Problem etwa MK/Lieb, 2/1986, § 812 Rn 287; RGRKlHeimann-Trosien, 12/1974, § 812 Rn 1; ausfiihrlich Reimer, 1990, S. 35 ff., 38 m.w.N.; wie der BGH aber PalandtlThomas, 55/1996, § 812 Rn 16; unklar Soergel/Mühl, 1111985, § 818 Rn 4. 33 So Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2639; Westermann/Gursky, SachenR I, 6/1990, § 54 4.; noch genauer Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 31: Zeitpunkt der ersten meßbaren Wertsteigerung. 34 Schon RGZ 130, 310; BGH, NJW 1962, 2293 (=LM § 951 Nr. 16); WM 1963, 135 (=LM § 951 Nr. 17); NJW 1954,265,266 (=LM § 946 Nr. 6); WM 1969,295,296; WM 1973, 71,73. Ebenso Soergel/Mühl, 12/1989, § 951 Rn 17. Ablehnend Klauser, NJW 1965, 513, 517; Westermann, SachenR, 5/1969, § 54 5c: Zeitpunkt der Wiedererlangung des Grundstücks durch den Eigentümer (entsprechend § 996); weitere Nachweise der Gegenauffassung bei Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 32. 35 RGZ 130, 310; BGHZ 10, 171, 180 (=LM § 547 Nr. 2); BGH, LM § 951 Nr. 14. 36 PalandtIThomas, 55/1996, § 683 Rn 8 mit § 670 Rn 4: Zeitpunkt, in dem der Beauftragte seine Dispositionen getroffen hat; MK/Seiler, 2/1986, § 683 Rn 17 mit § 670 Rn 11.

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verzögert sich die Entstehung der Geschäftsfiihrungskondiktion auf den Zeitpunkt der ersten meßbaren Vermögensmehrung; aus der (legitimen) vereinfachenden Sicht der Rechtsprechung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Geschäftsfiihrungsmaßnahme. Berücksichtigt man diese Auffassungen unter der wohl schwerlich bezweifelbaren Prämisse, daß der Entstehungszeitpunkt aller Verwendungskondiktionen einheitlich - nach der hier vertretenen Auffassung auf den Zeitpunkt der ersten meßbaren Wertsteigerung des Verwendungsobjekts - bestimmt werden muß 37 , dann müßte auch hier eine Bereicherung des Käufers bereits in dem genannten Zeitpunkt eingetreten sein. Da der Erwerb von Eigentum und Besitz am Grundstück wie angesprochen erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet, ist das zu diesem Zeitpunkt erlangte "Etwas" in der - nicht geschuldeten - Wertsteigerung des kaufrechtlichen Erfiillungsanspruchs zu finden. Insofern liegt zumindest eine Bereicherung dem Grunde nach vor38 • Bei der überwiegend anerkannten bereicherungsrechtlich primär gebotenen objektiven Betrachtungsweise bzgl. des erlangten Etwas, ist schon der kaufrechtliche Verschaffungsanspruch selbst durch die Verwendungen und die dadurch eingetretene objektive Wertsteigerung der Kaufsache Hausgrundstück wertvoller geworden 39 , Diese Überlegung wird bestätigt durch die spiegelbild37 Für die Verwendungsersatzansprüche, die von der Verwendungskondiktion prinzipiell zu unterscheiden sind, ist dementsprechend einheitlich auf den Zeitpunkt der Durchruhrung der Auf- bzw. Verwendungen ("Aufwendungsanfall") abzustellen. 38 In Parallele zu den gestreckten Erwerbstatbeständen des Sachen-, insbesondere des Grundstücksrechts, kann man hier auch von einem gestreckten Bereicherungsvorgang sprechen. 39 Eine ähnliche Situation zeigt sich im Bilanzrecht im Zusammenhang mit der Realisierung stiller Reserven: Diese entstehen, wenn der Buchwert eines Wirtschafts guts etwa infolge von Abschreibungen bzw. Absetzungen rur Abnutzung (vgl. §§ 253 ff. HGB; §§ 7 ff. EStG) oder anderen Wertänderungen geringer ist als der Verkehrswert (Veräußerungswert). Diese stillen Reserven kann man durchaus als "latente Gewinne" bezeichnen. Für diese besteht allerdings gemäß §§ 252 Abs. 1 Nr. 4, 253 Abs. 1 HGB; § 6 EStG grds. ein Bilanzierungsverbot, d.h. sie dürfen vor ihrer Realisierung weder handels- noch steuerrechtlich berücksichtigt werden. Vgl. dazu näher Knobbe-Keuk, BilanzsteuerR, 9/1993, §§ 6 und 7. Das ausdrücklich angeordnete Bilanzierungsverbot deutet aber darauf hin, daß eine bereits gegenwärtige Bereicherung vorliegt, die aus Gründen des Gläubigerschutzes (Vorsichtsprinzip) noch nicht bilanzieIl berücksichtigt werden darf. Die Praxis bestätigt diese Sicht, weil die z.B. in Grundstücken und Gebäuden enthaltenen stillen Reserven trotz dem Bilanzierungsverbot geeignet sind, den Kreditrahmen eines Unternehmens zu erweitern. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Blick auf die Behandlung der stillen Reserven im Konkurs des Unternehmens: Nach wohl herrschender Auffassung im

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liche Situation im Falle der Verschlechterung der Kaufsache. In diesem Fall mindert sich der Wert des Verschaffungsanspruchs durch die Verschlechterung. Dieser Wertverlust, der eine Störung des Synallagmas verursacht, wird durch die zugleich entstehenden Ansprüche aus Gewährleistungsrecht bzw. schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) wieder ausgeglichen40 . Bei Erfiillung des aufgewerteten Anspruchs erlangt der Käufer mit dem Gefahrübergang als Surrogat i.S. von § 818 Abs. 1 anstelle der Wertsteigerung des Anspruchs den mit dem Grundstück verbundenen Verwendungserfolg selbst. Im Sinne von § 818 Abs. 1 wird dem Käufer durch die Erfiillung die Wertsteigerung des Anspruchs entzogen und durch den Verwendungserfolg in natura ersetzt. Gegen das solchermaßen präzisierte bereicherungsrechtliche Etwas läßt sich nicht mit Überzeugungskraft einwenden, daß der Verkäufer als Verwender und Besitzer der Kaufsache bis zur Übergabe die Bereicherung problemlos wieder beseitigen kann, denn der Wegfall der Bereicherung spricht wegen § 818 Abs. 3 auch in anderen Fällen nicht gegen die Entstehung oder Existenz eines Bereicherungsanspruchs. An der Berechtigung dieser Sicht des bereicherungsrechtlichen Etwas könnte man aber zweifeln im Hinblick auf die Geltendmachung bzw. Fälligkeit des Bereicherungsanspruchs. Wenn der Bereicherungsanspruch, wie hier postuliert, konkursrechtlichen Schrifttum (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 1111994, § 3 Rn 34b; § 58 Rn 9c m.w.N.; Jaeger/Henckel, KO, 9/1977, § 3 Rn 74; KilgerlK.Schmidt, KO, 16/1993, § 3 Anm. 4k) soll nämlich der Einkommen- bzw. Körperschaftsteueranspruch, der infolge der Realisierung stiller Reserven des Anlagevermögens durch den Konkursverwalter entsteht, aufzuteilen sein, je nachdem, ob die stillen Reserven vor oder nach Konkurseröffnung angesammelt worden sind. Soweit der Steueranspruch auf die vor Konkurseröffnung entstandenen stillen Reserven entfällt, soll er kein Massekostenanspruch i.S. von § 59 Nr. 2 KO (§ 55 Nr. 2 InsO), sondern zur Tabelle (§§ 12, 138 ff. KO bzw. § 87 i.V.m. §§ 28, 29 InsO) anzumelden sein. Diese Auffassung ist nur verständlich und nachvollziehbar, wenn schon die stille Reserve als solche, d.h. die Differenz zwischen dem Buchwert und dem bei Veräußerung erzielbaren Wert, einen Vermögenswert, ein "erlangtes Etwas" LS. des Bereicherungsrechts darstellt. Im Hinblick auf das im Handels- und Steuerrecht - anders als im zivilen Bereicherungsrecht - ausdrücklich angeordnete Realisationsprinzip und den davon abhängigen Entstehungszeitpunkt des Steueranspruchs dürfte aber die steuerrechtlich vorherrschende Auffassung vorzuziehen sein, wonach der Steueranspruch insgesamt den Massekosten zuzuordnen ist (vgl. dazu BFH, BStBl II, 1984, 602, 603 f. (=ZIP 1984, 853); BFH/NV 1994,477; Tipke/Kruse, AO, Stand 1995, § 251 Tz. 23c m.w.N.). 40 Bei den werterhöhenden Einwirkungen tritt zwar auch eine Störung des Synallagmas auf, diese Störung liegt aber außerhalb des Synallagmas und wirkt lediglich über die §§ 93, 94 auf dieses ein. Der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Verschaffungsanspruch wird durch einen außersynallagmatischen Vorgang aufgewertet und auf außerhalb des Austauschverhältnisses stehende Werte erstreckt.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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mit Eintritt des Verwendungs erfolgs bereits dem Grunde nach entsteht, müßte er auch sofort, d.h. schon vor dem Gefahrübergang geltend gemacht werden können, jedenfalls dann, wenn man die Grundregel des § 271 Abs. 1 beherzigt, daß Ansprüche sogleich mit ihrer Entstehung taUig werden. Eine erste Antwort auf dieses Bedenken läßt sich wiederum aus dem Vergleich mit der spiegelbildlichen Situation beim Gewährleistungsrecht fmden: Die Gewährleistungsansprüche entstehen - wie oben41 dargelegt - dem Grunde nach mit dem Auftreten des Mangels, die Geltendmachung ist aber aufschiebend befristet auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Das entsprechende Ergebnis für den Bereicherungsanspruch ist angemessen, weil fiir den Regelfall erst mit Übergabe bzw. Übereignung der Käufer die in der Wertsteigerung des Erfiillungsanspruchs liegende Bereicherung realisieren kann. Außerdem ist das Wertersatzverlangen des Verkäufers wohl regelmäßig als rechtsmißbräuchlich zu qualifizieren, solange er noch die Sachherrschaft an dem im Wert erhöhten Gegenstand hat42 • Anderes muß unter Umständen dann gelten, wenn der Käufer seinen im Wert erhöhten Verschaffungsanspruch vor der Erfiillung an einen Dritten abtritt. Mit der Abtretung kann sich zugleich auch die Bereicherung des Käufers verwirklichen. Dies geschieht etwa dann, wenn der Käufer die ihm bekannt gewordene Wertsteigerung zur Vereinbarung eines für den Zweitkäufer (Zessionar) - erhöhten Entgelts nutzt. Hier ist nur der Käufer und Zedent um den Mehrerlös aus dem Forderungskauf bereichert; der dem Zessionar zufließende Verwendungserfolg ist durch diese Vereinbarung mit dem Zedenten gerechtfertigt. Soweit der Käufer seinen Erfiillungsanspruch in Unkenntnis der Wertsteigerung verkauft, realisiert sich die Bereicherung hingegen wiederum erst mit Übergabe und Übereignung des Grundstücks, d.h. mit der Erfiillung des aufgewerteten Anspruchs aus dem Kaufvertrag43. Die Annahme, daß der Bereicherungsanspruch regelmäßig erst mit Erfiillung des Verschaffungsanspruchs taUig wird, fUhrt nicht zum Ausschluß seiner Geltendmachung durch das Zurückbehaltungsrecht nach § 273. Allerdings gewährt § 273 Abs. 2 - entsprechendes gilt für den Abs. 1 der Vorschrift - seinem Wortlaut nach nur ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund ei2. Kapitel, I.l.a) bb). S. dazu auch unten 3.a), c)cc). 43 Dies gilt unabhängig von der sogleich vorzunehmenden Qualifikation des Bereicherungsvorgangs. Die schwierigen Fragen des Bereicherungsausgleichs in Dreiecksbeziehungen bzw. Mehrpersonenverhältnissen können an dieser Stelle nicht vertieft werden. Vgl. dazu statt aller Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2115 ff. und MKiLieb, 2/1986, § 812 Rn 30 ff. 4\

42

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

nes fälligen Anspruchs wegen Verwendungen auf den herauszugebenden Gegenstand. Bei einer strikt am Wortlaut orientierten Auslegung könnte deshalb ein Zurückbehaltungsrecht nicht bejaht werden 44 • Ein solches Verständnis der Vorschrift steht aber nicht im Einklang mit ihrer Rechtschutzfunktion. Sie widerspricht der Prozeßökonomie und der Interessenlage, denn es liegt weder im Interesse der Parteien noch des Gerichts, kurz hintereinander zwei Prozesse zu führen bzw. den Verkäufer zunächst zu verpflichten, den Kaufgegenstand ganz herauszugeben, wenn er unmittelbar nach der Herausgabe sofort wieder einen - den nicht geschuldeten - Teil bzw. dessen Vermögenswert zurückverlangen könnte. Daher lassen es Rechtsprechung und herrschende Auffassung zu Recht genügen, wenn der Gegenanspruch, der die Grundlage des Zurückbehaltungsrechts bildet, gleichzeitig mit der Erfüllung des andern Anspruchs fällig wird4s •

b) Der Bereicherungsvorgang Liegt das erlangte Etwas gemäß der oben gewonnenen Erkenntnis in der spätestens mit Abschluß des Verwendungsvorgangs eintretenden Wertsteigerung des Erfiillungsanspruchs, so ist damit zugleich auch die Vornahme der Verwendungen, der wertsteigernden Einwirkungen, als Bereicherungsvorgang festgelegt. Die Frage kann dann nur noch lauten, ob die Durchführung der werterhöhenden Einwirkungen als Leistung oder als Bereicherung in sonstiger Weise zu qualifizieren ist. An eine Leistung, verstanden als eine bewußte zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens, kann von vornherein nur bei der Verwendungsvornahme in angemaßter Eigengeschäftsführung gedacht werden; im Fall der irrtümlichen Eigengeschäftsführung fehlt es schon am Bewußtsein, mit der Maßnahme zum Vorteil fremden Vermögens zu handeln. Aber auch die Verwendungsvornahme in angemaßter Eigengeschäftsführung kann nicht als Leistung i.S. des Bereicherungsrechts qualifiziert werden46 • In 44 In diesem Sinne insbesondere Desterle, JZ 1979, 634 ff. (Besprechung von BGHZ 73,317 (=JZ 1979,404). 45 BGHZ 73,317,319 m.w.N.; 111, 154, 156; 116,244,248; BGH, NJW-RR 1986, 991, 993; OLG Hamburg, NJW 1971, 1317; Soergel/MWo/f, 12/1990, § 273 Rn 16; Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 273 Rn 7; Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 162.; Staudinger/Selb, 13/1995, § 273 Rn 10. 46 A.A. offenbar MKiLieb, 2/1986, § 812 Rn 254 für Handlungen eines bösgläubigen Eigenbesitzers. Wie hier Medicus, BR, 17/1996, Rn 893.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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Betracht käme hier nur der Leistungszweck der condictio causa data non secuta, die die Rückforderung von (Vor-) Leistungen zum Gegenstand hat, die in Erwartung eines "Erfolges", einer Gegenleistung, erbracht werden, dessen Eintritt rechtlich nicht erzwungen werden kann. Der bezweckte Erfolg, dessen Nichteintritt die Kondiktion aus § 812 Abs. 2 S. 2, zweiter Fall, auslöst, muß aber Gegenstand einer tatsächlichen Einigung der Parteien des Leistungsaustauschs gewesen sein, die nicht den Charakter einer vertraglichen Bindung haben darr7 . Bei der angemaßten Eigengeschäftsfiihrung - dritte Variante des Beispielsfalls - werden die werterhöhenden Einwirkungen vom Verkäufer gerade nicht im Hinblick auf eine Zweckübereinstimmung nichtrechtsgeschäftlicher Natur vollzogen, sondern in Verfolgung des einseitigen, selbst gesetzten Zweckes, die geschuldete Erfilllung zu vereiteln. Deshalb entfällt auch in dieser Konstellation mangels Leistung die Rückforderung im Wege der Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 2 S. 2, zweiter Fall. Die durch die Werterhöhung des Erfiillungsanspruchs eingetretene Bereicherung des Käufers ist deshalb in sonstiger Weise auf Kosten des Verkäufers eingetreten. Die Bereicherung geht auf Kosten des Verkäufers, weil dieser mit Abschluß der Verwendungen - bei der gebotenen Außerachtlassung des Bereicherungsanspruchs -, solange die Grundstücksverbindung besteht, gezwungen ist, dem Käufer den Verwendungserfolg zusammen mit dem Leistungsgegenstand zuzuwenden48 .

c) Rechtsgrundlosigkeit der Bereicherung Der Verwendungserfolg fließt dem Käufer rechtsgrundlos zu, wenn der Verkäufer von Vertrags wegen nicht zu dessen Herbeifiihrung verpflichtet ist. Bei den mit Eigengeschäftsfiihrungswillen vorgenommenen tatsächlichen werter47 Wohl unstreitig, s. BGH, NJW 1992, 2690; Palandtrrhomas, 55/1996, § 812 Rn 86; auch MKlLieb, 2/1986, § 812 Rn 162 f. 48 Das Ergebnis, daß der äußerlich einheitliche Vorgang der Auflassung und Übergabe bereicherungsrechtlich nur teilweise als Leistung, zum anderen Teil als "leistungslose Zuwendung" infolge der Verbindung mit dem Leistungsgegenstand, als Surrogation einer dem Grunde nach bereits entstandenen Bereicherung anzusehen ist, mag irritieren, ist aber unter der Prämisse einer Bestimmung des "Erlangten" nach objektiven Kriterien nicht zu vermeiden. Wer sich daran stört, müßte auch Einwände gegen die Zulassung einer (Verwendungs-) Kondiktion bzw. eines Geschäftsfiihrungsanspruchs neben dem Kaufpreiszahlungsanspruch erheben, was wiederum dem Regelungsgehalt von § 450 Abs. 2 widerspricht. 10 Richter

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I. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

höhenden Einwirkungen ist dies regelmäßig der Fall, so auch in allen Varianten des typisierenden Beispielsfalls.

d) Ergebnis zu 2. Soweit der Verkäufer werterhöhende Einwirkungen auf das Kaufgrundstück in irrtümlicher oder angemaßter EigengeschäftsfUhrung vorgenommen hat, steht ihm tatbestandlieh ein Anspruch wegen Bereicherung in sonstiger Weise (Verwendungskondiktion) gegen den Käufer zu. Dieser Bereicherungsanspruch entsteht dem Grunde nach schon mit dem Abschluß der Verwendungen bzw. mit Eintritt der ersten meßbaren Wertsteigerung von Grundstück und darauf gerichtetem Verschaffungsanspruch, kann aber - wie auch die Gewährleistungsansprüche des Käufers - grundsätzlich erst zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs geltend gemacht werden. Die Übereignung und Übergabe des Grundstücks in ErfUllung des Kaufvertrages fUhrt nicht zu einer "Mit"-Leistung des Verwendungserfolges, sondern lediglich zu einer seitens des Bereicherungsgläubigers veranlaßten Surrogation i.S. von § 818 Abs. 1, indem die Wertsteigerung des ErfiHlungsanspruchs in Eigentum und Besitz am Verwendungserfolg und der damit verbundenen Wertsteigerung der Kaufsache selbst umgewandelt wird.

3. Rechts/algen a) Herausgabe des Erlangten oder Wertersatz Nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 hat der Bereicherungsschuldner primär das Erlangte bzw. ein an dessen Stelle getretenes Surrogat herauszugeben; erst in zweiter Linie, nämlich wenn eine Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus anderen Gründen unmöglich ist, muß gemäß § 818 Abs. 2 Wertersatz geleistet werden. Bei Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs vor Auflassung und Übergabe - im Wege des Zurückbehaltungsrechts - besteht das Erlangte in der Wertsteigerung des ErfUllungsanspruchs. Diese ist ihrer Beschaffenheit nach nicht herausgabefahig, so daß grundsätzlich gemäß § 818 Abs. 2 Wertersatz zu leisten wäre. Soweit eine Abtrennung des Verwendungserfolges einfach und mit lediglich geringen Vermögensverlusten möglich ist, ist das Wertersatzverlangen des Verkäufers aber nach § 242 als rechtsmißbräuchlich zu qualifizieren:

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen Le.S.

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Nach Auflassung und Übergabe wandelt sich das Erlangte um in Eigentum und Besitz am Verwendungserfolg, dem nicht geschuldeten Grundstücksbestandteil, und der damit verbundenen Wertsteigerung des gekauften Grundstücks. Wenn eine Trennung leicht und mit nur geringen Vermögenseinbußen möglich ist, ist an die Stelle des ursprünglich nicht herausgabefilhigen "Etwas" ein restituierbares Surrogat getreten, dessen Rückgabe Vorrang vor der nur sekundär zugelassenen Wertersatzverpflichtung genießt. Es wäre treuwidrig und rechtsrnißbräuchlich, wenn der Verkäufer dieser demnächst eintretenden Rechtslage und seiner noch bestehenden Sachherrschaft nicht dadurch Rechnung trüge, daß er die Ursache des Bereicherungsanspruchs durch Abtrennung beseitigte. Soweit der Bereicherungsanspruch erst nach Gefahrübergang geltend gemacht wird, ist der Käufer aus den gleichen Gründen berechtigt, den ungerechtfertigt erlangten Grundstücksbestandteil abzulösen und dem Verkäufer zur Verfugung zu stellen. Eine diesbezügliche Verpflichtung des Käufers scheitert abgesehen von der Frage des Rechtsmißbrauchs - wohl auch an dem Rechtsgedanken von § 951 Abs. 1 S. 2, wonach in VerbindungsflilIen der Entreicherte Herausgabe in Natur nicht verlangen kann 49 • Der Gesichtspunkt, eine unnötige Zerschlagung wirtschaftlicher Werte zu verhindern, trifft auch bei der Verwendungskondiktion in der hier einschlägigen Variante zu. Im allgemeinen dürfte eine Herausgabe in Natur aber ohnehin an §§ 93, 94 scheitern, weshalb es beim Wertersatz bliebe. So ist es auch im Beispielsfall: Die Farbe ist durch den Anstrich wesentlicher Bestandteil des Gebäudes, das Schwimmbad durch den Einbau wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden5o . Eine Verpflichtung zur Herausgabe des Verwendungserfolges in Natur scheidet deshalb auch nach der Übergabe des Grundstücks aus. Der Bereicherungsanspruch des Verkäufers wegen der Verwendungen richtet sich daher vor und nach dem Gefahrübergang grundsätzlich auf Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2.

49 S. zu § 951 Abs. I S. 2 BGHZ 23,61,62 f.; Soergel/Mühl, 12/1989, § 951 Rn 15; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2625 ff.; M Wolf, JZ 1966, 467, 472; Kritik am Abtrennungsrecht des Bereicherten im Hinblick auf §§ 818 Abs. 4,819 bei StaudingeriGursky, 13/1995, § 951 Rn 23: Der verschärft Haftende dürfe mit der Abtrennung seine Haftung nicht beschränken können. - Ähnlich wie hier will aber Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 2 bei einer Leistungskondiktion wegen rechtsgrund loser Sachverbindung § 951 Abs. I S. 2 entsprechend anwenden; ebenso Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2655. 50 Zur Beurteilung eines Schwimmbeckens aus Fertigteilen als wesentlichen Grundstücksbestandteil s. BGH, NJW 1983, 567 f.

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

b) Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 Nach § 818 Abs. 3 ist die Herausgabe- oder Wertersatzpflicht des Kondiktionsschuldners ausgeschlossen, sofern dieser nicht mehr bereichert ist. Typische Fälle der Entreicherung sind etwa Ausgaben ohne Eigenersparnis im Falle einer finanziellen Bereicherung oder der körperliche Untergang des Bereicherungsobjekts bei der Bereicherung durch Sachzuwendung. Oben unter 2. wurde festgestellt, daß die Bereicherung vor Auflassung und Übergabe in einer Werterhöhung des Erfilllungsanspruchs besteht. Ein Wegfall dieser objektiven Werterhöhung des Verschaffungsanspruchs nach § 818 Abs. 3 kommt wohl nur in Betracht, wenn der Verwendungserfolg, der die Wertsteigerung bei Kaufgrundstück und darauf gerichtetem Verschaffungsanspruch verursacht hat, - auf welche Weise auch immer - verloren geht; weil damit eben auch diese Wertsteigerung hinfällig wird. Zu denken ist hierbei insbesondere an den nachträglichen Untergang, aber auch an die spätere Entfernung des zum Grundstücksbestandteil gewordenen Verwendungserfolgs. Auf das Eingangsbeispiel bezogen wäre eine Entreicherung des Käufers zu bejahen, wenn das Schwimmbecken durch einen Brand oder ein Unwetter so schwer beschädigt bzw. zerstört würde, daß die weitere Nutzung ausgeschlossen wäre. Ebenso entfiele eine Wertsteigerung von Grundstück und Verschaffungsanspruch, wenn Randalierer durch das Werfen von Farbbeuteln die neu angelegte Fassade verunstalteten51 . Schließlich wäre ein Wegfall der Bereicherung auch dann zu bejahen, wenn der Verkäufer vor dem Gefahrübergang den Verwendungserfolg wieder rückgängig machte und den ursprünglichen Zustand wieder herstellte. Im Beispielsfall ist das wohl nur hinsichtlich des Schwimmbeckens denkbar.

c) Schutz des Käufers vor aufgedrängter Bereicherung Bei der Untersuchung der werterhöhenden Einwirkungen auf das Kaufgrundstück wurde bislang der Umstand ausgeblendet, daß der Bereicherungsanspruch des Verkäufers durch einen Eingriff in einen fremden Rechtskreis erzeugt wurde. Mit der Vornahme der wertverbessernden Maßnahmen hat der

51 Dabei ist unterstellt, daß die Polizei die Täter nicht ermitteln kann, so daß die dem Käufer gemäß § 818 Abs. I abzutretenden Schadensersatzansprüche wertlos sein werden. Abgesehen davon stehen dem Käufer dann auch die Mängelrechte der §§ 459 ff. zu.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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Verkäufer - wie oben52 gesehen - ein objektiv fremdes Geschäft, ein Geschäft des Käufers gefUhrt. Der Käufer ist mit dieser GeschäftsfUhrung, abgesehen vom Fall der berechtigten GeschäftsfUhrung ohne Auftrag, gerade nicht einverstanden, mit anderen Worten: die Bereicherung wird ihm aufgedrängt. Die aufgedrängte Bereicherung taucht als Rechtsproblem typischerweise im Rahmen von § 951 auf, ist aber auch im unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 812 ff. von Bedeutung. Zu lösen ist der Konflikt zwischen dem Interesse des Bereicherungsgläubigers an der Korrektur der tatsächlich zu seinen Lasten eingetretenen ungerechtfertigten Vennögenszuordnung und dem Interesse des Bereicherungsschuldners, seine Vennögensdispositionen in freier Selbstbestimmung zu treffen. Die fehlende ausdrückliche gesetzliche Regelung hat die juristische Kreativität in hohem Maße angeregt, was sich leicht an den zahlreichen Lösungsvorschlägen belegen läßt53 . Die nachfolgende Untersuchung setzt im Einklang mit der wohl herrschenden Meinung bei den möglichen Gegenrechten des bereicherten Käufers an 54 . Soweit diese gesetzlichen Möglichkeiten nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich fUhren, ist der Rückgriff auf Analogien oder Auslegungsmodifikationen eröffnet. Die Rechtsprechung hat sich im Einzugsbereich von § 951 oder der §§ 994 ff. mit der Heranziehung dinglicher Wegnahmerechte bzw. -gestattungen nach § 997 oder analog § 1001 S. 2 beholfen. In der Lehre wurde außerdem vorgeschlagen, § 814 Fall 1 entsprechend anzuwenden. Die überwiegende Lehre befiirwortet jedoch die Bemessung des vom Bereicherten zu leistenden Wertersatzes nach subjektiven Kriterien, wobei streitig ist, ob schon § 818 Abs. 2 in diesem Sinne auszulegen ist oder ob die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Bereicherten sich aus einer analogen Anwendung von § 818 Abs. 3 ergibt.

Unter II.3. Vgl. die Übersichten bei Palandt/Bassenge, 55/1996, § 951 Rn 18 ff.; Soergel/Mühl, 11/1985, § 812 Rn 162; Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 39 ff.; MKiLieb, 2/1986, § 812 Rn 258 ff., der sich allerdings auf die rein bereicherungsrechtlichen Lösungsvorschläge beschränkt; ausführlich neuerdings Reimer, 1990, S. 125 ff. S4 Siehe z.B. BGHZ 23, 61, 63; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2640 ff.; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2282 f.; Soergel/Mühl, 11/1985, § 812 Rn 162. S2 S3

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

aa) Gegenrechte des Käufers (1) Schadensersatzansprüche Es sind hier allein vertragliche Schadensersatzansprüche, und zwar solche aus § 463 oder aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) denkbar. Ansprüche aus § 463 scheiden dabei tatbestandiich wiederum 55 deshalb aus, weil sie ein Auseinanderklaffen der Ist- von der vereinbarten Sollbeschaffenheit schon zur Zeit des Vertragsschlusses verlangen. In der hier interessierenden Konstellation ist die Zustandsveränderung gerade erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten. Eine analoge Anwendung der Vorschrift ist wegen der Spezialität der in der Vorschrift angesprochenen Pflichtverletzung abzulehnen. § 463 schützt das Käufervertrauen in die sachbezogenen Erklärungen des Verkäufers bei Vertragsschluß; mit Verfehlungen des Verkäufers nach Vertragsschluß hat das in § 463 sanktionierte Verhalten nur den Charakter der Pflichtverletzung gemein. Bei dem somit einzig verbleibenden Anspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) spitzt sich das Problem auf die Schlüsselfrage der vom Verkäufer verletzten Pflicht zu. Aus dem Kaufvertrag müßte sich eine Pflicht des Verkäufers zur Unterlassung werterhöhender Maßnahmen ableiten lassen. Das Ergebnis dieser Ableitung wird durch die bisherigen Erkenntnisse und durch die Interessenlage vorgezeichnet. Im Bereich der Verschlechterungshaftung wurde oben56 ein (vorbeugender) Schutzanspruch auf Unterlassung leistungsbeeinträchtigender und -vereitelnder Maßnahmen bejaht. Bei der Untersuchung der Regelung in § 450 wurde festgestellt, daß der Verkäufer bei werterhöhenden Einwirkungen ein objektiv fremdes Geschäft, ein Geschäft des Käufers führt. Die Einordnung wurde damit begründet, daß der Verkäufer ab Vertragsschluß nicht mehr frei mit der noch in seinem Eigentum befindlichen Sache verfahren kann, sondern diese dem Käufer im vereinbarten Zustand zu übergeben hat. Der Kaufvertrag bewirkt eine auf das Verhältnis inter partes beschränkte Bindung der Eigentümerbefugnisse. Mangels sonstiger Anhaltspunkte ist dabei im Regelfall als "Übergabezustand" die Sachverfassung bei Vertragsschluß mit etwaigen vertraglich festgelegten Abweichungen - vereinbart. Aus dieser "Zustandsvereinbarung" folgt nun nicht nur, daß vom Verkäufer vorgenommene Verschlechterungen pflichtwidrig sind, sondern es läßt sich aus ihr ferner 55 56

S. schon oben 3. Kapitel, 1.1. Im 3. Kapitel, unter H.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen Le.S.

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schließen, daß der Verkäufer ab Vertragsschluß das Verbesserungs- und Umgestaltungsrecht bzgl. der Kaufsache inter partes an den Käufer verliert57 . Will der Verkäufer also Verbesserungs- bzw. Umgestaltungsmaßnahmen an der bereits verkauften, aber noch in seinem Besitz befindlichen Sache vornehmen, so hat er sich beim Käufer zu erkundigen und dessen Entschließung abzuwarten. Tut er dies nicht und nimmt werterhöhende Einwirkungen auf eigene Faust vor, so handelt er pflichtwidrig. Die Annahme einer Pflichtverletzung stimmt auch mit der Interessenlage überein. Mit Abschluß des Vertrages weiß der Verkäufer, daß ihm die Sache nur noch vorübergehend zur Nutzung zur Verfügung steht; der Käufer beginnt mit der zukünftig ihm gehörenden Sache zu planen, wobei er seine Planung naturgemäß nur auf den kraft ausdrücklicher vertraglicher Absprache fixierten, bzw. den bei Vertrags schluß besichtigten oder beschriebenen Zustand stützen kann 58 . Für den Verkäufer besteht demnach die vertragliche Pflicht, werterhöhende Einwirkungen auf das Kaufobjekt zu unterlassen bzw. solche Einwirkungen nur in Absprache mit dem Käufer vorzunehmen. Im Hinblick auf den objektivierten Sorgfaltsmaßstab bei § 276 Abs. 1 S.2 ist die Pflichtverletzung in der Regel auch verschuldet, wobei es genügt, wenn der Verkäufer den Vertrag ftlr gültig hält und unabgesprochen werterhöhende Einwirkungen vornimmt. In der zweiten und dritten Variante des BeispielsfaUes ist demgemäß ein Gegenanspruch des Käufers aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) zu bejahen. In der ersten Variante scheitert der Anspruch hingegen am fehlenden Verschulden des Verkäufers. Dieser durfte sich auf die (unzutreffende) Auskunft seines sonst zuverlässigen Rechtsbeistandes verlassen und davon aus ge-

57 Da dem Käufer aber bis zum Gefahrübergang nur das Gestaltungs-, nicht aber das Nutzungsrecht zusteht, ist auch dieser allein nicht zu Verbesserungs- und Umgestaltungsmaßnahmen befugt. Es kommt hier zu einer nach Gemeinschaftsrecht (§§ 741 ff., insbesondere §§ 744, 745) zu lösende Kondominiallage, wie sie in anderem Zusammenhang schon Kohler postuliert hat (s. Kohler, Rückabwicklung, 1989, S. 363 ff., 366 ff). 58 Das gefundene Ergebnis widerspricht auch nicht dem rechtstatsächlichen Befund, insbesondere beim Gattungskauf (Kauf von Serienerzeugnissen), daß häufig Verbesserungen zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang seitens des Verkäufers oder des Herstellers vorgenommen werden. Zum einen enthalten die Kaufverträge hier meist einem entsprechenden Vorbehalt, zum andern kann man auch ein konkludentes Einverständnis des Käufers annehmen, weil diese Verbesserungen gerade nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Schließlich spielt die Individualität des Kaufobjekts beim Gattungskauf nicht die gleiche Rolle wie beim Stückkauf.

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

hen, daß die Verbesserungs- und Gestaltungsbefugnis infolge der Nichtigkeit des Vertrages bei ihm verblieben war59 . Dieser Schadensersatzanspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) wirft allerdings auf der Rechtsfolgenebene Probleme auf: Die Beseitigung des Verwendungserfolges läßt sich nur erreichen, soweit gemäß §§ 249, 250 Naturalrestitution möglich und zulässig ist. Naturalrestitution scheidet nach § 251 aus, wenn sie nicht möglich, nicht genügend oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist. In diesen Fällen kommt dann allein eine Geldentschädigung in Betracht; dies aber auch nur dann, wenn ein Vermögensschaden eingetreten ist60 • In den hier interessierenden Alternativen des Beispielsfalls ist dies bei näherem Hinsehen gerade nicht der Fall: Das Kaufobjekt "Hausgrundstück" ist durch die Vornahme der Verwendungen objektiv wertvoller geworden. Demgemäß liegt eine Vermögenseinbuße beim Käufer nicht vor. Dessen Einbuße liegt in dem Verlust oder der Beeinträchtigung seiner Dispositionsfreiheit. Sie ist betroffen, wenn z.B. der geplante Tennisplatz auf der Fläche eingerichtet werden sollte, auf der sich jetzt das Schwimmbecken befindet oder wenn die ursprüngliche Fassade dem Käufer optisch zusagte, die neu gestrichene ihm hingegen nicht gefallt, so daß er sich genötigt sieht, die Fassade erneut zu ändern. Diese Gestaltungs- bzw. Planungsfreiheit bezüglich der Nutzung des gekauften Grundstücks ist ein immaterielles Rechtsgut61 , sie wurzelt in der grundgesetzlich geschützten Eigentumsfreiheit62 •

59 Der Rechtsanwalt dürfte in diesem Stadium nicht als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers anzusehen sein, da er im Außenverhältnis (noch) nicht als Mandatar aufgetreten ist. Eine Drittschadensliquidation des Verkäufers zu Gunsten des Käufers dürfte wohl daran scheitern, daß die Schadensverlagerung nicht als zufällig qualifiziert werden kann. Die Drittschadensliquidation würde aber dem Verursacherprinzip am besten entsprechen. Im übrigen dürfte es zu weit gehen, schon aus dem mit dem Vertrags schluß als solchem gesetzten Rechtsschein eine Pflicht des Verkäufers zum Abwarten und zur Information der Gegenpartei herzuleiten. 60 § 251 dient in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich an sich nur der Abgrenzung von Naturalrestitution und Geldentschädigung bei Vermögensschäden. Die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Wiederherstellung hat aber auch bei immateriellen Schäden Bedeutung. Es kann kaum richtig sein, daß immaterielle Schäden völlig unabhängig vom Umfang der dazu erforderlichen Aufwendungen beseitigt werden müssen. In diesem Sinne z.B. Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 28 III. Man mag allenfalls der Meinung sein, daß diese Gesichtspunkte bei immateriellen Schäden nicht im Rahmen von § 251, sondern bei § 242 zu erörtern sind. Für analoge Anwendung des § 251 Abs. 2 Hermann Lange, 2/1990, § 5 VII 1, 4 (S. 237, 239). BGHZ 63, 295, 301 (=NJW 1975, 640, 641 f., "Narbenbeseitigung") hat § 242 herangezogen. Vgl. auch Staudinger/Medicus, 12/1983, § 251 Rn 18 ff.; MKlGrunsky, 3/1994, § 251 Rn 17 m.w.N. 61 In diesem Sinne etwa auch Reimer, 1990, S. 54 ff., 95.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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Soweit die Beseitigung des Verwendungserfolges nicht möglich oder wegen des unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar ist, läuft der Schadensersatzanspruch aus sPV (pVV) letztlich leer, denn der immaterielle Schaden ist irreparabel63 und an einem materiellen (Vermögens-) Schaden fehlt es64 .

(2) Gewährleistungsrechtlicher Schutz des Käufers Weiterhin ist zu erwägen, ob der Käufer sich gegenüber dem Bereicherungsanspruch des Verkäufers mit den Rechtsbehelfen des Gewährleistungsrechts zur Wehr setzen kann. Nachdem § 463 - wie unter (1). gesehen - nicht greift, sind hier nur noch die verschuldensunabhängigen Rechtsbehelfe der Wandlung und Minderung, bzw. die aus diesen Rechten begründeten Einreden zu betrachten. Die Wandlung ist dabei kein taugliches Schutzmittel, weil sie zur Rückabwicklung des Vertrages und damit gleichermaßen zum Erlöschen des Erfiillungsanspruchs des Käufers wie des Bereicherungsanspruchs des Verkäufers fuhrt. Das somit verbleibende Minderungsrecht bzw. die Minderungseinrede ist nicht schon deshalb unanwendbar, weil werterhöhende Einwirkungen keinen Fehler i.S. von § 459 Abs. 1 verursachen könnten. Nach dem hier zugrundegelegten subjektiven Fehlerbegriff der ganz herrschenden Meinung ist unter einem Fehler jede dem Käufer nachteilige Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit der verkauften Sache zu verstehen 65 • Die Ist-Beschaffenheit ist fiir den Käufer nachteilig, wenn sie eine Gebrauchsbeeinträchtigung zur Folge hat. Eine zusätzliche Reduzierung des objektiven Werts des Kaufgegenstandes ist dabei, wie sich aus dem Wortlaut von § 459 Abs. 1 ergibt, nicht erforderlich66 . Ist beispielsweise der Käufer ein Naturschützer und der Kauf auf ein Haus-

62 Schon die Forderungsinhaberschaft unterfällt der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie; s. z.B. BVerfGE 45, 142, 179 (rur den Kaufpreiszahlungsanspruch); 68, 193,222; aus dem Schrifttum s. PierothiSchlink, StaatsR 11, 9/1993, Rn 999 f. m.w.N. 63 Der Frage, ob der in § 253 geregelte grundsätzliche Ausschluß einer Geldentschädigung bei Verletzung immaterieller Rechtsgüter rechtspolitisch sinnvoll oder verfassungsgemäß ist, kann an dieser Stelle nicht nachgegangen werden. V gl. hierzu etwa Soergel/Mertens, 12/1990, Vor § 249 Rn 71 ff. und die Kommentare zu § 253. 64 S. auch Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 40. 65 S. statt aller Palandt/Putzo, 55/1996, § 459 Rn 8 ff. und oben 2. Kapitel, I.1.b) aa). 66 So schon RGZ 135, 339, 343 ("Ruisdael").

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

grundstück nebst verwildertem Garten mit Feuchtbiotop gerichtet, dann liegt ein Sachmangel vor, wenn der Verkäufer zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang den Biotop trockenlegt und an dessen Stelle ein Schwimmbecken einbaut, auch wenn das Grundstück dem objektiven Verkehrswert nach durch den Umbau wertvoller geworden ist. Zweifelhaft ist die Anwendung der Minderungseinrede gegenüber dem Bereicherungsanspruch aber schon deshalb, weil sie sich, wie sich aus dem Wortlaut von § 478 Abs. I ergibt, allein und unmittelbar gegen den Kaufpreiszahlungsanspruch selbst richtet und anderen Zahlungsansprüchen nicht entgegengesetzt werden kann67 • Dieser Einwand ließe sich wohl durch den Rückgriff auf die allgemeine auf § 242 gestützte Einrede des Rechtsmißbrauchs entkräften. Wandlungs- und Minderungseinrede sind nur ein spezieller Unterfall dieser Einrede, die mit der Formel "dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est" umrissen werden kann. Nicht widerlegbar und damit entscheidend ist aber der Umstand, daß die an objektiven Wertmaßstäben orientierte Minderung dann nicht durchfiihrbar ist, wenn die fehlerhafte Sache nicht weniger wert ist als die fehlerfreie, was erst recht gelten muß, wenn die mangelhafte Sache sogar noch mehr wert ist als die im mangelfreien Zustand. Will der Käufer hier die gebrauchsbeeinträchtigende Abweichung der Ist- von der vereinbarten Sollbeschaffenheit rügen, so kann er nicht mindern, sondern ist anerkanntermaßen auf die Geltendmachung der Wandlung beschränkt68 • Im Ergebnis kann der Bereicherungsanspruch daher - bei gleichzeitigem Festhalten am Vertrag - mit Mitteln des Gewährleistungsrechts nicht blockiert werden.

(3) Verschuldensunabhängiger Beseitigungsanspruch EntflUlt ein Schadensersatzanspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung, weil der Verkäufer die Verbesserungen nicht schuldhaft vorgenommen hat, stellt sich die Frage, ob dem Käufer nicht im Verhältnis zum Verkäufer entsprechend der Situation beim Schutz absoluter Rechte ein verschuldensunabhängiger Be67 Siehe z.B. BGH, WM 1983, 1391, 1393; Soerge//Huber, 12/1991, § 478 Rn 16; ErmaniGrunewa/d, 9/1993, § 478 Rn 6. 68 BGH, NJW 1990, 2682, 2683; F/ume, Eigenschaftsirrtum, 1948, S. 130; v.Caemmerer, FS Wolff, 1952, S. 1, 16; StaudingeriHonse/l, 13/1995, § 472 Rn 1: Minderung "gegenstandslos"; Soergel/Huber, 12/1991, § 472 Rn 9.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen Le.S.

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seitigungsanspruch zugebilligt werden muß (vgl. § 1004t9 . Präzise umrissen müßte sich der Rechtsbehelf auf die Beseitigung eines "forderungswidrigen Zustands", auf die Beseitigung einer "Situation der Leistungsuntreue" richten. Soweit - wie soeben unter (2) gesehen - tatbestandiich ein Mangel vorliegt, liefe die Zulassung eines Beseitigungsanspruchs auf einen durch die §§ 459 ff. ausgeschlossenen Nachbesserungsanspruch hinaus?o. Ein Beseitigungsanspruch analog § 1004 Abs. 1 S. 1 käme allenfalls dann in Betracht, wenn kein Mangel vorliegt. Ein solcher Anspruch auf Beseitigung eines forderungswidrigen Zustands würde aber in Widerspruch geraten zu dem eben unter (1) bejahten Anspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV). Es handelte sich um einen verschuldensunabhängigen Schadensbeseitigungsanspruch, der teilidentisch wäre mit dem Schadensersatzanspruch. Ein sofortiges, vor Gefahrübergang durchsetzbares Beseitigungsverlangen würde zudem den Verkäufer in seinem bis zu diesem Zeitpunkt bestehendem Nutzungsrecht beeinträchtigen. Wegen der fehlenden "Nutzungskompetenz" des Käufers vor Gefahrübergang ist die in der unabgesprochenen Verwendungs vornahme liegende Pflichtverletzung mit Abschluß der Verwendungen beendet, es besteht keine fortdauernde Leistungsuntreue; der "forderungswidrige Zustand" des Grundstücks ist Folge, nicht fortwirkende Quelle der Pflichtwidrigkeie l . Dieser Aspekt macht auch den Unterschied aus zu dem oben72 bejahten Gefahrbeseitigungs- bzw. Schutzanspruch. Der Schutzanspruch wendet sich unmittelbar gegen den (bevorstehenden bzw. gegenwärtigen) Einwirkungsakt selbst und sichert die Käuferinteressen an der Vermeidung eines Schadens. Der Anspruch auf Beseitigung eines "forderungswidrigen Zustandes" könnte demgegenüber nur einen bereits eingetretenen Schaden korrigieren. Deshalb ist er im Umkehrschluß zu dem Anspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung zu verneinen?3.

69 So die wohl h.M. zur Rechtslage bei § 951, s. z.B. BGH, NJW 1965, 816 (=MDR 1965, 476 =LM § 951 Nr.21) m.N.; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2282; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2646 ff. (dort mit Einschränkungen aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben). 70 S. dazu oben 2. Kapitel, 1.3. 71 Vgl. auch Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 40. 72 Im 3. Kapitel, II.I.d), 2. 73 In diesem Sinn etwa auch Picker, Beseitigungsanspruch, 1972, S. 31; StaudingeriGursky, 13/1993, § 1004 Rn 7; Gursky, JR 1989,397,399,401; vom Standpunkt der h.A. etwa Larenz/Canaris, SchuldR 11/2, 13/1994, § 86 I 2a.

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

(4) Ergebnis zu aa) Soweit der Verkäufer die werterhöhenden Einwirkungen schuldhaft vorgenommen hat, kann sich der Käufer gegen den Bereicherungsanspruch mittels eines Anspruchs aus sPV (p VV) zur Wehr setzen. Der Schadensersatzanspruch ist nach § 249 grundsätzlich auf die Beseitigung des Verwendungserfolges, der aufgedrängten Bereicherung gerichtet. Falls eine Beseitigung nicht möglich oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, entfiHlt ein (Entschädigungs-) Anspruch nach §§ 251 ff., da der Käufer keinen Vermögensschaden erlitten hat - er ist ja statt dessen zumindest dem Grunde nach bereichert -, sondern nur in seiner Dispositionsfreiheit, einem immateriellen Rechtsgut, beeinträchtigt ist. Daraus ergibt sich zugleich, daß der Schadensersatzanspruch gerade in den praktisch häufigen Fällen nicht greift, in denen der Bereicherungsanspruch wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe des "Erlangten" gemäß § 818 Abs. 2 auf Wertersatz gerichtet ist. § 251 und § 818 Abs. 2 sind dabei wohl zwangsläufig parallel auszulegen. Die werterhöhende Einwirkung stellt regelmäßig zugleich einen Sachmangel i.S. von § 459 dar. Die Gewährleistungsrechte versagen jedoch als Schutzmittel gegen den Bereicherungsanspruch:

§ 463 ist bei Einwirkungen nach Vertragsschluß schon tatbestandiich nicht einschlägig und eine Analogie kommt nicht in Betracht. Die Wandlungseinrede bringt nicht nur den Bereicherungsanspruch des Verkäufers, sondern auch den Leistungsanspruch des Käufers zu Fall. Die Minderungseinrede ist (technisch) ausgeschlossen, weil die mangelhafte Sache nicht weniger wertvoll ist als die mangelfreie. Davon abgesehen können Wandlungs- und Minderungseinrede prinzipiell nur dem Kaufpreiszahlungsanspruch entgegengesetzt werden. Auch ein verschuldensunabhängiger Beseitigungsanspruch - gerichtet auf die Beseitigung des "forderungswidrigen" Zustandes - ist nicht anzuerkennen. Soweit nicht ein durch die §§ 459 ff. nicht zugelassener Nachbesserungsanspruch in Rede steht, würde es sich um einen Schadensbeseitigungsanspruch handeln, der mit dem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch teilidentisch und deshalb unvereinbar wäre. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß eigene Rechte den Käufer nur vor schuldhaft vorgenommenen werterhöhenden Einwirkungen und der damit verbundenen aufgedrängten Bereicherung schützen können, und dies auch nur begrenzt auf beseitigungsfiihige Einwirkungen. Das Problem der Wertersatzpflicht des aufgedrängt Bereicherten wird gar nicht erst angetastet.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen Le.S.

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Soweit im Fall unverschuldet getätigter werterhöhender Einwirkungen überhaupt keine (wirksamen) Gegenrechte des Käufers bestehen, läßt sich daraus nicht der Schluß ziehen, daß dieser die aufgedrängte Bereicherung hinzunehmen hat. Denn damit steht allenfalls die Schutzwürdigkeit des Entreicherten fest, nicht jedoch die Schutzunwürdigkeit oder mindere Schutzwürdigkeit des aufgedrängt Bereicherten. Diese kann bei einer sachgerechten Lösung des Kollisionsproblems schwerlich unberücksichtigt bleiben. Auch deshalb müssen die anderen Vorschläge zur Auflösung des Konflikts zwischen dem Entreicherten und dem aufgedrängt Bereicherten untersucht werden. bb) Analoge Anwendung von § 814, 1. Fall

Verschiedentlich wird filr einen Teil der Fälle aufgedrängter Bereicherung eine Lösung in der analogen Anwendung von § 814, 1. Fall gesehen. § 814, 1. Fall statuiert eine rechtshindemde Einwendung gegen die Leistungskondiktion (in Form der condictio indebiti), wenn der Leistende - bei Leistung - gewußt hat, daß er nicht zur Leistung verpflichtet ist. Anband dieser Vorschrift zeige sich, daß das Bereicherungsrecht nur bei durch Irrtum beeinflußten Vermögensverschiebungen Ansprüche gewähre. Dies müsse auch im Falle von Verwendungen auf fremden Grund und Boden, der Aufdrängung der Bereicherung gelten 74 • Im hier interessierenden Fall der unverschuldet irrtümlichen Eigengeschäftsfiihrung käme es demnach nicht zu einer weiteren Einschränkung des Bereicherungsanspruchs über den Schutz durch Gegenansprüche hinaus 75 und wiederum wäre der Blick allein auf die Schutzwürdigkeit des Entreicherten fixiert. Abgesehen davon ist die analoge Anwendung von § 814, 1. Fall schon deshalb wenig überzeugend, weil dieser Kondiktionsausschluß auch dann eingreift, wenn ausnahmsweise eine Naturalrestitution gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 in Betracht kommt. Dies ist nicht interessengereche6 • Dieser Lösungsvorschlag hat sich deshalb mit Recht nicht durchgesetzt77 . 74 So insbes. Klauser, NJW 1965, 513, 515. S. ferner ErmanlH.P.Westermann, 9/1993, § 814 Rn 6 und MWalter, NJW 1971, 1845, 1846. Übersicht über die Meinungsvarianten bei Reimer, 1990, S. 125 f. 75 Im Gegenteil wäre - abweichend vom obigen Zwischenergebnis auch bei leicht fahrlässiger "Fehlbeurteilung der Sachlage" - so der Ausdruck v.Caemmerers, FS Rabel I, 1954, S. 333, 367 - der Bereicherungsanspruch zu bejahen. Dies ergibt sich aus dem von Klauser mit herangezogenen § 996 i.V.m. §§ 990 Abs. 1,932 Abs. 2. 76 So schon MK/Lieb, 2/1986, § 812 Rn 261; Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 46. 77 Neben den bereits Genannten ablehnend auch Reuter/Martinek, 1983, § 15 III 2a (S. 545), Koppensteiner/Kramer, 2/1988, § 16 II 3b (S. 166 f.); Medicus, BR, 17/1996

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

cc) Recht der Wegnahmegestattung und Wegnahmerecht Die Rechtsprechung hat sich in den Fällen des Bauens auf fremden Boden dafiir ausgesprochen, den aufgedrängt bereicherten Eigentümer vor der Wertersatzpflicht gemäß §§ 951,812,818 Abs. 2 durch Zubilligung eines Rechts der Wegnahmegestartung analog § 1001 S.2 78 bzw. - im Eigentümer-BesitzerVerhältnis - durch Verweisung des Entreicherten auf das Wegnahmerecht gemäß § 997 zu schützen79 • Auf die hier aufgedrängte Wertsteigerung des Erfüllungsanspruchs bzw. allgemein einer Forderung bezogen würde dies bedeuten, daß der Käufer den bereicherungsrechtlichen Wertersatzanspruch mit dem Hinweis abwehren könnte, dem Verkäufer stehe es frei, die von ihm erzeugte ungerechtfertigte Wertsteigerung der Forderung durch Beseitigung des Verwendungs erfolgs am Forderungsgegenstand (Leistungsobjekt) rückgängig zu machen und so die "latente" Entreicherung zu seinen Gunsten zu korrigieren. Anstelle der hier nicht passenden §§ 1001 S.2, 997 müßte die Rechtsprechung diesen Schutz des aufgedrängt Bereicherten wohl aus § 242 ableiten. Gegen diesen Lösungsansatz ist einzuwenden, daß er wiederum nur zu einer Teillösung führt, denn Wegnahmegestattung bzw. Wegnahmerecht versagen ja gerade in den häufigen Fällen, in denen eine Herausgabe bzw. Wegnahme nicht möglich ist oder mit u.u. unzumutbar hohen Kosten verbunden ist. Beispielhaft ist hier wieder der Fassadenanstrich zu nennen 80 • Andererseits wäre ein genereller Ausschluß der Kondiktion wegen des bestehenden Wegnahmerechts bzw. der Wegnahmegestartung unabhängig von der Möglichkeit, die Wegnahme zu verwirklichen, weder systematisch zu rechtfertigen noch rechtspolitisch sinnvoll. Dieser Ansatz flillt gegenüber den bisher erörterten Lösungen ins andere Extrem, indem er sich einseitig an der SchutzbedÜTftigkeit des aufgedrängt Bereicherten orientiert. Er bedeutet entgegen § 818 Abs. 2 einen prinzipiellen

Rn 899; Larenz/Canaris, SchuldR 11/2, 13/1994, § 72 IV 2b; w.N. bei Reimer, 1990,

S. 127. 78 So BGHZ 23,61,65. Zustimmend Palandt/Bassenge, 55/1996, § 951 Rn 20; Jauernig/Schlechtriem, 7/1994, § 812 11 3b; ErmanlW.Hefermehl, 9/1993, § 951 Rn 16, RGRKlPikart, 12/1976, § 951 Rn 38; im Ergebnis auch Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2644. 79 Siehe BGHZ 41, 157, 164. In dieser Entscheidung hat der BGH nicht nur den von ihm vertretenen engen Verwendungs begriff bekräftigt, sondern auch - trotzdem - im Rahmen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses bei Umgestaltungsaufwendungen den Rückgriff auf § 951 ausgeschlossen. Dazu noch unten dd) und im 5. Kapitel. 80 Vgl. dazu im übrigen bereits oben die Ausführungen zu §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. I.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen Le.S.

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Ausschluß des Wertersatzes unabhängig von einer - wie etwa in §§ 814, 815, 817 S. 2; § 687 Abs. 2 S. 2, § 996 vorausgesetzten - besonderen Schutzunwürdigkeit des Entreicherten. Die unterschiedslose Entlastung des Bereicherten wird dem Interessenkonflikt jedenfalls dann nicht gerecht, wenn der Entreicherte - wie in der ersten Variante des Beispielsfalls - unverschuldet irrtümlich die Bereicherung veraniaßt hat8'.

dd) Einschränkung der Wertersatzpflicht gemäß § 818 Abs. 2 nach subjektiven Kriterien Die wohl überwiegende Lehre versucht das Problem der aufgedrängten Bereicherung - meist in Kombination mit einzelnen anderen der eben bereits erörterten Vorschläge - durch eine Beschränkung des Umfangs des Wertersatzanspruchs in den Griff zu bekommen. Der vom Bereicherten zu leistende Wertersatz soll sich nicht nach objektiven Kriterien, wie etwa dem Verkehrswert, bestimmen, sondern nach dem konkreten Nutzen, den der Bereicherte nach seinen individuellen Verhältnissen und Vermögensdispositionen von dem aufgedrängten Wert hat82 . Dabei ist umstritten, ob diese subjektive Bemessung des Wertersatzes schon unmittelbar aus § 818 Abs. 2 folgt83 oder sich im Wege einer analogen Anwendung des § 818 Abs. 3 ergibt84 . 81 So Staudinger/Gursky, 1311995, § 951 Rn 41 m.w.N. zur Lage im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 951. Gleichfalls ablehnend etwa M Wolf, JZ 1966, 467, 472; Reuter/Martinek, 1983, § 15 III (S.546), Koppensteiner/Kramer, 2/1988, § 1611 3b (S. 167 f.); Koller, DB 1974, 2385, 2388; Reimer, 1990, S. 167 ebenfalls m.w.N. zum Streitstand. 82 Palandt/Bassenge, 55/1996, § 951 Rn 21; Erman/H.P. Westermann, 9/1993, § 818 Rn 3, 17, § 814 Rn 6; JauerniglSchlechtriem, 7/1994, § 81211 3b; MKiLieb, 211986, § 812 Rn 262 ff.; EsserlWeyers, 7/1991, § 51 I 4c; Schapp, SachenR, 2/1995, § 13 III 1 [Rn 273]; SchwablPrütting, SachenR, 2511994, § 39 IV 3; Medicus, BR, 17/1996, Rn 899; Koppensteiner/Kramer, 2/1988, § 16114 (S. 169 ff.); Reimer, 1990, S. 93 ff.; Koller, DB 1974,2385,2389; Klauser, NJW 1965, 513, 516; Hagen, FS Larenz, 1973, S. 867, 881 ff.; Larenz, FS v.Caemmerer, 1978, S. 209, 227. - AbI. Westermann/Gursky, SachenR I, 6/1990, § 545; Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 43 ff. m.w.N. der h.L. 83 Erman/H.P. Westermann, 9/1993, § 818 Rn 3, 17, § 814 Rn 6; EsserlWeyers, 7/1991, § 51 I4c; Palandt/Bassenge, 55/1996, § 951 Rn 21; KoppensteineriKramer, 211988, § 1611 4 (S. 169 ff.); Hagen, FS Larenz, 1973, S.867, 881 ff.; offengelassen von Medicus, BR, 17/1996, Rn 899; Jauernig/Schlechtriem, 7/1994, § 812 11 3b. 84 Dafilr MKiLieb, 2/1986, § 812 Rn 262 ff.; SoergellMühl, 11/1985, § 818 Rn 54; Reimer, 1990, S. 93 ff.; Koller, DB 1974, 2385, 2389; Klauser, NJW 1965, 513, 516; Ehlke, VersR 1980, 595, 596 f.; Larenz, FS v.Caemmerer, 1978, S.209, 222 ff., 227;

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

Die gelegentlich geäußerte Kritik, die subjektive Bestimmung des Wertersatzes lasse sich aus dem Gesetz nicht ableiten 8S , trifft insofern nicht den Punkt. Man kann richtigerweise gegen diese Vorschläge nur einwenden, daß die Auslegung von § 818 Abs. 2 unzutreffend ist, bzw. die Voraussetzungen fiir eine analoge Anwendung von § 818 Abs. 3 nicht gegeben sind. Weiterhin ist streitig, ob dieser an den subjektiven Verhältnissen des aufgedrängt Bereicherten orientierte Wertersatz mittels einer sofort talligen Einmalzahlung 86 oder durch sukzessive Zahlungen nach Maßgabe der jeweils gerade realisierten Wertsteigerung 87 oder in einer Kombination aus beidem88 abzuwikkeIn ist.

(1) Anknüpfung an § 818 Abs. 2 oder Abs. 3? Hier ist nicht der Ort, noch einmal umfassend die Diskussion um den Begriff des Wertersatzes in § 818 Abs.2 nachzuvollziehen89 • Die folgenden Überlegungen sollen sich, insbesondere unter Ausblendung der Kontroverse um die Einbeziehung von Veräußerungsgewinnen90 , allein auf die Frage der aufgedrängten Bereicherung und die Gegenüberstellung des subjektiv gefaßten Wertersatzbegriffs mit der Analogie zu § 818 Abs.3 konzentrieren. Dieses Vorgehen läßt sich damit rechtfertigen, daß die Problematik der Gewinnherausgabe sich ggf. auch außerhalb von § 818 Abs. 2 lösen ließe 91 • Zunächst ist es schon gesetzessystematisch bedenklich, wenn der Wertersatzbegriff in § 818 Abs. 2 lediglich in den Fällen aufgedrängter Bereicherung

Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2301, 2055; Andeutungen bereits bei v.Caemmerer, FS Rabel I, 1954, S. 333,381. Auch die Rechtsprechung tendiert in diese Richtung, so etwa BGHZ 55, 128, 132 f., 134 ("Flugreise"); 82, 299, 307 f. ("Kunststofthohlprofil II"). 85 So Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 45; bezogen auf die Anwendung von § 818 Abs. 3 auch ErmanlHP. Westermann, 9/1993, § 818 Rn 17. 86 Koller, DB 1974, 2385, 2389; wohl auch Palandt/Bassenge, 55/1996, § 951 Rn 21. 87 Z.B. Medicus, BR, 17/1996, Rn 899; auch Larenz/Canaris, SchuldR Il/2, 13/1994, § 72 IV 3d. 88 So Westermann, SachenR, 5/1969, § 54 5c; Pinger, MDR 1972, 187, 189. 89 Ausführlich dazu Larenz, FS v. Caemmerer, 1978, S. 209 ff. 90 Auch dazu etwa Larenz, FS v.Caemmerer, 1978, S. 209, 218 ff.; ferner Staudinger/WLorenz, 13/1993, § 818 Rn 17 und 27; MKiLieb, 2/1986, § 818 Rn 26,je m.w.N. 91 Vgl. MKiLieb, 2/1986, § 818 Rn 35.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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auf den subjektiven Wert bezogen wird, im übrigen aber an der objektiven Wertbestimmung festgehalten wird 92 • Andererseits ist der Hinweis berechtigt, daß das Problem der aufgedrängten Bereicherung unabhängig von der Bösgläubigkeit des Bereicherten gelöst werden muß93 . Das zeigt sich deutlich, wenn die Bereicherung ihrerseits schuldhaft verursacht worden ist. Es wäre in diesem Fall offensichtlich ungerecht, bei dem Interessenausgleich allein die Bösgläubigkeit des Empfiingers zu berücksichtigen, das Verschulden des Kondiktionsgläubigers aber zu ignorieren. Für eine einheitliche subjektive Wertermittlung schon bei § 818 Abs. 2 hat Koppensteiner geltend gemacht, sie ergebe sich in erster Linie aus der Lückenfiillungsfunktion dieser Vorschrift im Vergleich zur Primärrechtsfolge aus §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1. Nach diesen Vorschriften sei gerade das herauszugeben, was der Bereicherte konkret erlangt habe - also ein subjektiver Wert94 . Der Haftungsausschluß des gutgläubigen Kondiktionsschuldners bei ersatzlosem Wegfall des Erlangten lasse sich nicht mit § 818 Abs. 3 begründen, weil diese Vorschrift - wie sich aus dem Vergleich mit den §§ 818 Abs.4, 819 Abs. 1 ergebe - als Bereicherungsminderung nur die Aufwendungen erfasse, die im Vertrauen auf die vermeintliche Rechtsbeständigkeit des Erwerbs getätigt werden95 . VorzugsWÜTdig ist demgegenüber die Anknüpfung an § 818 Abs. 3. Die Vorschrift ist entsprechend auf den Fall anzuwenden, in dem eine Bereicherung nach Maßgabe der persönlichen Dispositionen des Empflingers von Anfang an nicht vorhanden ist96 • Eine Regelungslücke ist zu bejahen, denn der historische Gesetzgeber hat das Problem zumindest im Bereicherungsrecht so nicht gesehen97 . Außerdem 92 So offenbar ErmanlHP. Westermann, 9/1993, § 818 Rn 3, 16, der meint, Einheitslösungen seien in diesem Bereich nicht möglich. 93 Insoweit zutreffend ErmanlHP. Westermann, 9/1993, § 818 Rn 3. 94 So Koppensteiner/Kramer, 2/1988, § 1611 4 (S. 170). 95 Koppensteiner/Kramer, 2/1988, § 1611 4 (S. 170) i.V.m. § 14 11 (S. 128 f.). 96 Koller, DB 1974, 2385, 2389 hält eine Analogie fiir nicht erforderlich, weil die 1. Kommission (Motive 11, S. 836 =Mugdan 11, S. 467) das "Nicht-mehr-bereichertsein" auf den - naturgemäß - späteren Zeitpunkt der Ermittlung der Höhe der Bereicherung bezogen habe. - Für die Analogie ausdrücklich Larenz, FS v. Caemmerer, 1978, S. 209,222 f. 97 A.A. offenbar Esser/Weyers, 7/1991, § 51 I 4e unter Berufung auf Motive 11, S. 837 (=Mugdan 11, S. 467 f.). An dieser Stelle finden sich tatsächlich Ausfiihrungen zu der Fallkonstellation, wenn durch die herauszugebende Sache unmittelbar das Vermögen des Empfängers beschädigt worden ist. Abgesehen davon, daß sich diese Ausfiihrungen auf § 818 Abs. 3 beziehen, liegt die Annahme wohl näher, daß diese Bemerkun-

11 Richter

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

kann man wohl zu Recht aus der Intensität der literarischen Diskussion schließen, daß sich seit Inkrafttreten des BGB ein "verfeinertes Problembewußtsein" gebildet hat98 , weshalb die ursprüngliche Regelung den Vorstellungen des heutigen Gesetzgebers schwerlich genügt99. Außerdem ist die Interessenlage im originären Anwendungsbereich von § 818 Abs. 3 mit der im Fall der aufgedrängten Bereicherung im wesentlichen vergleichbar: § 818 Abs. 3 gewährleistet, daß der (gutgläubige) Bereicherungsschuldner nicht zum "Griff in die eigene Tasche" gezwungen wird 100. Zu einem vergleichbaren Griff käme es aber, wenn das noch vorhandene, aber nicht gegenständlich herausgebbare Erlangte, rur den Bereicherten wertlos ist, weil er es nicht gebrauchen und daraus keinen effektiven Nutzen ziehen kann lO1 • Die von Koppensteiner vorgenommene Restriktion des § 818 Abs. 3 allein auf die Berücksichtigung der Aufwendungen, die im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs getätigt werden, läßt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht ableiten. Auch der Vergleich mit §§ 818 Abs. 4,819 Abs. 1 zwingt nicht zu dieser sehr weitgehenden Beschränkung. Auch die Ergänzungsfunktion von § 818 Abs. 2 zu den §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 spricht eher filr eine Wertermittlung bei § 818 Abs.2 nach objektiven Kriterien und filr die Berücksichtigung der subjektiven Umstände im Rahmen von § 818 Abs. 3. In den genannten Vorschriften wird nämlich deutlich zwischen der - gegenstands orientierten - Herausgabe des Erlangten und der - vergen allein "Mangelfolgeschäden" betreffen (z.B. die rechtsgrundlos erworbene Kuh steckt die Herde mit einer Krankheit an). - Vgl. aber die in anderem Zusammenhang stehenden § 687 Abs. 2 S. 2 und § 996, deren Wertungen im Bereicherungsrecht zu Recht nicht ohne Einfluß geblieben sind. Vgl. auch Staudinger/Gursky, 13/1995, § 951 Rn 46-49, der u.a. aus diesen Vorschriften im Wege einer "Gesamtanalogie" einen Kondiktionsausschlußgrund rur qualifiziert vorwerfbare Bereicherungsaufdrängungen ableitet. Die von Gursky berurwortete restriktive Auslegung der Verweisungsnormen der §§ 547 Abs. 2, 601 Abs.2 S. 1, 1049 Abs. 1, 1216 S. 1 ist allerdings nicht überzeugend. Insbesondere leuchtet es nicht ein, dem historischen Gesetzgeber zu unterstellen, er habe bei der Verweisungsanordnung seine eigene Unterscheidung zwischen berechtigter und unberechtigter Geschäftsruhrung ohne Auftrag übersehen. Diese Annahme ist weiterhin deshalb zweifelhaft, weil auch in den EigengeschäftsruhrungsflHlen zugunsten des Geschäftsruhrers nur auf die §§ 812 ff. zurückgegriffen werden kann. 98 So MKlLieb, 2/1986, § 812 Rn 259. 99 Vgl. auch die Vorschläge von König in: BMJ (Hrsg.), Gutachten 11, 1981, S. 1515 ff., 1524. 100 So z.B. BGHZ 1, 75, 81; 55, 128, 131 m.w.N. 101 MKlLieb, 2/1986, § 812 Rn 262.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen Le.S.

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mögensorientierten - Bereicherung unterschieden lO2 . § 818 Abs. 2 geht von dem Erlangten aus und "übersetzt" dieses - soweit möglich und erforderlich - in einen Vennögenswert. Das Erlangte hat der Kondiktionsschuldner grds. unabhängig von dem damit filr ihn verbundenen persönlichen Nutzen herauszugeben 103. Erst auf der sekundären Ebene des § 818 Abs. 3 rückt die Bereicherung ins Blickfeld. Hier ist der Vennögensvergleich beim Bereicherten angesiedelt, in dessen Rahmen auf seine persönlichen Verhältnisse Rücksicht genommen wird. Eine subjektive Bemessung schon des nach § 818 Abs. 2 zu leistenden Wertersatzes würde daher entgegen dem Gesetzeswortlaut das Erlangte und die Bereicherung in unzutreffender Weise vennengen l04 . Außerdem würde sie der Sicht des historischen Gesetzgebers widersprechen. Dieser verstand § 818 Abs. 2 als Beweiserleichterung filr den Kondiktionsgläubiger und ging gerade deshalb von einem Wertersatz in Höhe des (objektiven) gemeinen Werts, des Verkehrswerts des Erlangten, auslOS.

102 S. dazu schon v.Caemmerer, FS Rabel I, 1954, S. 333, 368. Grundlegend auch BGHZ 55, 128, 133. Zu dieser Entscheidung und zum Ganzen ausführlich Soergel/Mühl, 1111985, § 818 Rn 30 ff., 32 m.w.N. Reimer, 1990, S. 40 ff. spricht plastisch von einer Überlagerung von Gegenstandsorientierung und Vermögensorientierung im Bereicherungsrecht. Dessen Schlußfolgerung, a.a.O. S.46, anband der vorhergehenden schadensersatzrechtlichen Betrachtung auf eine grundsätzliche Vermögensorientierung des Bereicherungsausgleichs mit gegenstandsorientierter Überlagerung in §§ 818 Abs. 1 und 2 ist freilich nicht überzeugend: Aus dem Nebeneinander von Naturalrestitution für materielle und immaterielle Schäden und der Geldentschädigung nach § 251 ff. nur für materielle (=Vermögens-) Schäden, arg. e § 253, läßt sich viel eher der von der h.M. vertretene Vorrang der Gegenstandsorientierung herleiten. Zutreffender dürfte es indes sein, von einem ergänzenden Nebeneinander auszugehen. S. aus schadensersatzrechtlicher Sicht Soergel/Mertens, 12/1990, Vor § 249 Rn 37. 103 Man kann bei §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 durchaus von einer bereicherungsrechtlichen Naturalrestitution sprechen. Zur Achsensymmetrie (Spiege!bildlichkeit) zwischen Bereicherungsausgleich und Schadensersatz - Symmetrieachse ist die Vermögenslage des Betroffenen, die ohne die Bereicherung bzw. Schädigung bestünde - vgl. aus neuerer Zeit näher Reimer, 1990, S. 39 ff. und Hagen, FS Larenz, 1973, S. 867 ff. Hagen konzentriert seine Untersuchung allerdings auf die Fälle der Aufgabe oder Modifikation der rein vermögensbezogenen Differenzhypothese. 104 So zu Recht MKiLieb, 2/1986, § 818 Rn 35; grundlegend bereits v.Caemmerer, FS Rabel I, 1954, S. 333, 368. 105 S. Mugdan II (Motive), S. 467. Für eine Wertermittlung bei § 818 Abs. 2 anhand des (objektiven) Verkehrswerts auch die wohl st.Rspr., s. BGHZ 82,299, 307 m.w.N.; 112,376,381.

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I. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

(2) Höhe und Abwicklung der Wertersatzverpflichtung Wohl im Anschluß an eine Äußerung von Lieb lO6 hat Reimer lO7 die bei der ModifIkation des Umfangs des Wertersatzanspruchs auftretende Fragestellung präzisiert. Es gehe - so Reimer - eigentlich nicht darum, was die objektiv eingetretene Wertsteigerung subjektiv für den Bereicherten wert sei, sondern im Hinblick auf die betroffene Dispositionsfreiheit müsse gefragt werden, ob es dem bei Beibehaltung seiner persönlichen Nutzungsplanung nicht bereicherten Empfänger zuzumuten sei, seine Dispositionen so umzustellen, daß auch er die objektive Werterhöhung in vollem Umfang realisiert. Gerechtfertigt hat Reimer seine Auffassung mit der spiegelbildlichen Situation im Schadensersatzrecht. Nach § 254 Abs. 2 S. 1,2. Fall ist der Geschädigte - positiv formuliert - gehalten, die Maßnahmen zu ergreifen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensabwendung oder -minderung ergreifen würdelos. Wie weit diese Obliegenheit reicht, entscheidet die Rechtsprechung aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles. Dabei werden dem Geschädigten durchaus erhebliche Änderungen seiner Lebensplanung abverlangt 109. Die nach § 254 Abs. 2 S. 1,2. Fall zu entscheidende Frage laute schon von Gesetzes wegen, inwieweit es dem Geschädigten zuzumuten ist, seine Lebensplanung in bestimmter Weise zu ändern, um einen vorhandenen Schaden zu mindern bzw. den Eintritt eines Schadens überhaupt zu verhindern llo . Zutreffend weist Reimer darauf hin, daß die Dispositionsfreiheit als solche ein immaterielles Rechtsgut darstellt, das sich deshalb nicht ohne weiteres in einen ausschließlich vermögensbezogenen Wertbegriffintegrieren läßt lll . Trotzdem ist es nicht erforderlich, § 254 Abs. 2 S. 1, 2. Fall in der Situation der aufgedrängten Bereicherung entsprechend heranzuziehen 112. § 818 Abs.3 MKlLieb, 2/1986, § 812 Rn 264; vgl. auch Eh/lee, VersR 1980, 595, 597 f. Reimer, 1990, S. 94 f. 108 BGH, NJW 1951, 797; BGHZ 4, 170, 174 (=NJW 1952, 299, 300); BGH, VersR 1965, 1173; KG, DAR 1976, 154; Pa/andt/Heinrichs, 55/1996, § 254 Rn 32. 109 Z.B. die Pflicht zur Arbeitsaufnahme, so etwa BGH, NJW 1976, 1501; BGHZ 91, 357,364 ff. (=NJW 1984, 2520 =JZ 1985, 86 m.Anm. Hermann Lange); w.N. bei Soerge//Mertens, 1211990, § 254 Rn 72 ff. oder die Pflicht zum Berufswechsel nebst dazu erforderlicher Umschulung, s. RGZ 160, 119, 121 f.; BGHZ 10, 18, 20 (=NJW 1953, 1098); BGHZ 74, 221, 226 (=NJW 1979, 1403, 1404); w.N. bei Soerge//Mertens, 1211990, § 254 Rn 71. S. ferner zum Ganzen MKlGrunsky, 3/1994, § 254 Rn 48-5Ia. 110 Reimer, 1990, S. 56 ff., 58. 111 Reimer, 1990, S. 95. 112 So Reimer, 1990, S.97; a.A. wohl Koller, DB 1974, 2385, 2458; Eh/lee, VersR 1980,595,599. - Der BGH lehnt die Anwendung von § 254 im Bereicherungsrecht ab und zieht erforderlichenfalls den Grundsatz von Treu und Glauben, § 242, her106

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4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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liegt, wie bereits angesprochen, der Gedanke zugrunde, daß der (gutgläubige) Bereicherte bei der Korrektur der ungerechtfertigten Güterzuordnung nicht zum Griff in die eigene Tasche gezwungen werden darf. Diesem Gedanken liefe es zuwider, wenn der Bereicherte den objektiven Wert des aufgedrängten Etwas ersetzen müßte, ohne daß es ihm zuzumuten wäre, seine Dispositionen so zu ändern, daß ihm dieser objektive Wert des Erlangten auch tatsächlich voll zugutekommt. Anders ausgedrückt: Ist es dem aufgedrängt Bereicherten nach Abwägung der beteiligten Interessen nicht zuzumuten, sich den objektiven Wert des Erlangten zunutze zumachen, dann führte ein den objektiven Wertzufluß umfassender Ersatz gemäß § 818 Abs. 2 zu dem Griff in die eigene Tasche, zu dem unfreiwilligen Vermögensopfer, dem Schaden, den § 818 Abs. 3 gerade verhindern will ll3 . Ob die Realisierung der objektiven Wertsteigerung fi1r den aufgedrängt Bereicherten zumutbar ist, entscheidet sich im Anschluß an Reimer nach folgenden Kriterien ll4 : dem Ausmaß der Wertsteigerung, dem Verschulden des Bereicherungsgläubigers, der Austauschbarkeit des bereicherungsbetroffenen Gegenstandes, dem Grad der Funktionsänderung bzw. der Umgestaltung - damit zusammenhängend der Grad der Reversibilität der Veränderungen - und schließlich dem Affektionsinteresse des Bereicherten an dem betroffenen Gegenstand l15 . Zusammengefaßt ist es dem Bereicherten um so eher zuzumuten, die objektive Werterhöhung des betroffenen Gegenstandes als Bereicherung zu realisieren, je extremer die objektive Wertsteigerung und die Sach- und Funktionsveränderung ausfallen, um so weniger ausgeprägt die Sachindividualität ist und um so weniger der Kondiktionsgläubiger die aufgedrängte Bereicherung verschuldet hat. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien dürfte in der ersten Variante des Beispielsfalls eine Realisierungspflicht des Käufers und damit seine Haftung auf vollen Wertersatz nach § 818 Abs.2 anzunehmen sein. Von erheblichem

an: BGHZ 14,7, 10; 37, 363, 370. Gegen die Anwendung von § 254 auch Soergel/Mühl, 11/1985, § 818 Rn 63; befilrwortend hingegen RGRKlHeimann-Trosien, 12/1974, Vor § 812 Rn 5. lI3 So richtig Reimer, 1990, S. 97 f. 114 Dazu im einzelnen Reimer, 1990, S. 100 ff. 115 Hierzu näher Reimer, 1990, S. 106 ff. m.w.N.; gegen die Berücksichtigung von Affektionsinteressen Koller, DB 1974,2385,2458.

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

Gewicht ist dabei der Umstand, daß den Verkäufer kein Verschulden an der aufgedrängten Bereicherung trifft 116. Zugunsten des Käufers ist andererseits zu berücksichtigen, daß die durch die Anlage des Schwimmbades und den Fassadenanstrich eingetretene Wertsteigerung bezogen auf den Kaufpreis nicht allzu groß sein dürfte. Das Gleiche gilt rur den Grad der Funktionsänderung und der Umgestaltung. Auch ist zu berücksichtigen, daß das Hausgrundstück als Speziessache von erheblicher Individualität einzuordnen ist. Da sich § 818 Abs. 2 aber auf den Verkehrswert bezieht, muß - soweit die Bereicherung überhaupt zu realisieren ist - auch die Verkehrswerterhöhung herausgegeben werden. Erforderlichenfalls muß die Verkehrswerterhöhung mit sachverständiger Hilfe ermittelt werden. Zur Vermeidung von Härten kann der an sich in einem mit Übergabe (Beginn der Realisierung) fiillige Bereicherungsausgleich mittels Ratenzahlungen vorgenommen werden. Prozessuale Handhabe hierfiir bietet § 287 Abs. 2 ZPO. Für diese pauschalierte Abwicklung des Bereicherungsausgleichs spricht, daß sie die Nachteile einer subjektiven Bemessung des Wertersatzes umgeht. Ein sukzessiver Ausgleich je nach konkreter, zukünftiger Realisierung der Bereicherung ist unpraktikabel, denn der Entreicherte wäre gezwungen, über Jahre hinweg die Vermögens sphäre des Bereicherten zu beobachten ll7 . Außerdem paßt diese Ausgleichsmethode nicht recht zu der auf einen konkreten Zeitpunkt bezogenen Haftungsverschärfung gemäß §§ 818 Abs. 4,819 Abs. 1118 . Bei einer nach dem zukünftigen konkreten Nutzen bemessenen Einmalzahlung besteht andererseits, worauf Gursky zu Recht hingewiesen hat 1l9 , ein erhebliches Prognoserisiko hinsichtlich des später tatsächlich eintretenden Nutzungsvorteils. Bei der hier vertretenen Lösung werden diese Probleme durch das Festhalten am objektiv zu bestimmenden Wertersatz vermieden. Zu diesem objektiven Wertersatz ist der aufgedrängt Bereicherte aber auch nur verpflichtet, soweit ihm dies nach Maßgabe der Interessenabwägung zuzumuten ist.

116 Dabei bleibt die Frage offen, inwieweit der Verkäufer evtl. verpflichtet ist, dem Käufer seine (neue) Auffassung von der Unwirksamkeit des Vertrages unverzüglich mitzuteilen und ob er ggf. dem Käufer aus c.i.c. auf Schadensersatz haftet. 117 Koller, DB 1974,2385,2458; StaudingeriGursky, 13/1995, § 951 Rn 45; Reimer, 1990, S. 82. 118 StaudingeriGursky, 13/1995, § 951 Rn 45. 119 StaudingeriGursky, 13/1995, § 951 Rn 45.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen Le.S.

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Dieses Festhalten am objektiven Wertausgleich ist auch nicht unangemessen, wie ein Vergleich mit ähnlichen Konstellationen im Schadensersatzrecht zeigt 120: So ist der Schädiger verpflichtet, einen merkantilen oder auch technischen Minderwert auszugleichen, unabhängig davon, ob der Geschädigte den beschädigten Gegenstand überhaupt verkaufen wollte l21 • Ähnliches gilt im Falle des "Abzugs neu fiIr alt" im Falle von § 249 S. 2 122 • Der Abzug wird vorgenommen ohne eine nähere Prüfung, ob dadurch die Lebensdauer des beschädigten Gegenstandes tatsächlich insgesamt verlängert worden ist 123. Ebensowenig wird im Rahmen der Vorteilsausgleichung bei der Höhe des anzurechnenden Vorteils berücksichtigt, daß der Vorteil dem Geschädigten aufgezwungen worden ise 24 .

d) Verschärfte Haftung gemäß §§ 818 Abs. 4,819 Abs. 1 Die verschärfte Haftung des Bereicherten wird gemäß § 819 Abs. 1 ausgelöst durch die positive Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit der Bereicherung, nach § 818 Abs. 4 spätestens mit der Rechtshängigkeit des Bereicherungsanspruchs. Von diesen Zeitpunkten an haftet der Bereicherte nach den allgemeinen Vorschriften. Dies hat zur Folge, daß er sich grundsätzlich nicht mehr gemäß § 818 Abs. 3 auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann 12S • Mit den allgemeinen Vorschriften werden die Regeln des allgemeinen Schuldrechts in Bezug genommen, wobei jedoch im einzelnen streitig ist, ob ganz ge-

Dazu ausfiihrlicher Reimer, 1990, S. 82 f. S. SoergellMertens, 12/1990, § 249 Rn 75 f; MKlGrunsky, 3/1994, Vor § 249 Rn 14 f. Grundlegend BGHZ 35, 396, 397 f (=NJW 1961, 2253); zum merkantilen Minderwert bei Gebäudeschäden vgl. BGH, NJW 1981, 1663; NJW 1986,428. 122 Vgl. hierzu BGHZ 30, 29; 102, 322 (=NJW 1988, 1835 =JZ 1988, 407 m. Anm. Grunsky) und SoergellMertens, 12/1990, § 249 Rn 78 m.w.N. 123 S. Reimer, 1990, S. 82 f. und beispielhaft BGHZ 102, 322, 331. 124 Reimer, 1990, S. 83. 125 So die wohl noch h.M.; s. etwa BGHZ 55, 128, 132 tI.; 57, 137, 150; 72, 252; PalandtIThomas, 55/1996, § 818 Rn 53; RGRKlHeimann-Trosien, 12/1974, § 818 Rn 23; StaudingerlW.Lorenz, 13/1993, § 819 Rn 15 mit § 818 Rn 52 je m.w.N.; a.A. aber Wilhelm, Rechtsverletzung, 1973, S. 182 ff.; Reimer, 1990, S. 32 f; MKlLieb, 2/1986, § 818 Rn 112je m.w.N.; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2107 ff. Die h.M. kommt aber zumeist mit Hilfe der allgemeinen Regeln (z.B. § 275) zu der Gegenauffassung entsprechenden Ergebnissen. 120

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

nerell auf diese Vorschriften verwiesen ist oder ob nur bestimmte Normen anwendbar sind. Außer Streit ist jedoch die Heranziehung der §§ 291, 292 126 • Nach § 291 ist eine Geldschuld, wie sie bei der Wertersatzverpflichtung vorliegt, ab Fälligkeit nach Maßgabe der §§ 288 Abs. 1, 289 S. 1 zu verzinsen. Nach §§ 292 Abs. 1, 989 Abs. 1 haftet der Bereicherte nunmehr auf Schadensersatz, sofern das Bereicherungsobjekt durch sein Verschulden verschlechtert wird, untergeht oder aus einem sonstigen Grund nicht herausgegeben werden kann 127 • Außerdem muß er gemäß §§ 292 Abs. 2, 987 die gezogenen, aber auch die schuldhaft wider die Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft nicht gezogenen Nutzungen herausgeben bzw. ausgleichen. Im Gegenzug kann er die ab diesen Zeitpunkten vorgenommenen notwendigen Verwendungen gemäß §§ 292 Abs. 2, 994 Abs. 2, 677 ff. ersetzt verlangen. Im Zusammenhang mit den hier zu erörternden Fallkonstellationen tauchen bei der verschärften Haftung die folgenden Probleme auf: Welchen Einfluß hat diese auf die oben konstatierte, zunächst nur dem Grunde nach bestehende Bereicherung und - damit verknüpft - welche Konsequenzen ergeben sich fiir die hier zur Lösung der Interessenkollision bei der aufgedrängten Bereicherung in Anlehnung an Reimer favorisierte Abwägung analog § 818 Abs. 3? Berücksichtigt man den Umstand, daß sich der nach §§ 818 Abs.4, 819 Abs. 1 Haftende nach h.M. nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, so liegt es nahe, ab Kenntnis von der "buchmäßigen" Bereicherung oder Rechtshängigkeit der dem Grunde nach bestehenden Verwendungskondiktion eine Pflicht zur Realisierung und Herausgabe der Bereicherung anzunehmen. Diese Schlußfolgerung ist aber - unabhängig davon, ob der h.A zur Unanwendbarkeit von § 818 Abs. 3 zu folgen ist - problematisch, weil die Wertsteigerung des Erfiillungsanspruchs als Bereicherung zwar dem Grunde nach vorhanden ist, sich bzgl. der Realisierung aber in einer zweifachen Schwebelage befindet: Vor Übergabe und Übereignung bzw. Forderungsverkauf steht die "objektive" Höhe der Bereicherung noch nicht endgültig fest. Dieser Befund wird dadurch bestätigt, daß vor Erfiillung die Wertsteigerung der Forderung, das erlangte Etwas, dem Einfluß des Bereicherten weitgehend entzogen ist. Solange 126 Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2107; PalandtlThomas, 55/1996, § 818 Rn 52; Soergel/Mühl, 11/1985, § 818 Rn 98; MKiLieb, 2/1986, § 818 Rn 109; Staudinger/WLorenz, 13/1993, § 818 Rn 50. 12? Soweit Verzug eingetreten ist, etwa weil der Bereicherungsanspruch rechtshängig geworden ist oder der Entreicherte die Herausgabe der Bereicherung angemahnt hat, kommt es nicht einmal mehr auf das Verschulden an, § 287 S. 2.

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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sich das Kaufobjekt inklusive des Verwendungserfolgs noch im Besitz des Verkäufers befmdet, ist der Umfang des erlangten Etwas und der damit verbundenen Bereicherung allein vorn Willen des Verkäufers abhängig 128 • Die zweite Schwebe lage ist durch die Aufdrängung der Bereicherung bedingt. Solange nicht die oben l29 dargelegte Abwägung vorgenommen worden ist, steht auch nicht fest, ob der "objektiv" bereicherte Käufer seine Vermögensdispositionen umzustellen hat und verpflichtet ist, die Bereicherung "subjektiv" zu realisieren. Weil das Erlangte, die Wertsteigerung der Forderung, als solches nicht selbständig herausgabeflihig ist und vor der "objektiven" Realisierung dieser Wertsteigerung - sei es durch Übergabe und Übereignung im Falle der Verwirklichung, sei es durch erhöhten Geldzufluß im Fall der Veräußerung des Anspruchs - kann daher trotz Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit des Erlangten eine verschärfte Haftung mangels endgültig feststehender "objektiver" Höhe der Bereicherung nicht ausgelöst werden. Dieses Ergebnis korrespondiert auch mit der oben l30 kaufrechtlich begründeten grundsätzlichen Fälligkeit des Bereicherungsanspruchs erst mit Erfüllung des Kaufvertrages. Die Kenntnis der Rechtsgrundlosigkeit des Erlangten und damit verbundene ungenutzte Abwehrmöglichkeiten sind, auch wenn wegen der bloß "buchmäßigen" Bereicherung eine verschärfte Haftung noch nicht eintreten kann, gleichwohl keineswegs irrelevant. Denn Bösgläubigkeit und ungenutzte Verhinderungsmöglichkeiten sind notwendig in die bei der aufgedrängten Bereicherung erforderliche Interessenabwägung miteinzubeziehen 131. Es wäre andererseits aber nicht gerechtfertigt, das Ergebnis der Abwägung, ob die Realisierung der aufgedrängten Bereicherung dem Bereicherten zuzumuten ist, durch die tatbestandiich erfüllten Voraussetzungen der verschärften Haftung zu präjudizieren. In diesem Fall würde die Entscheidung über die Bereicherung wieder einseitig auf die Schutzunwürdigkeit des Bereicherten gestützt, ohne daß dem Umstand Rechnung getragen werden könnte, daß der Entreicherte wegen der von ihm veranlaßten bzw. verschuldeten Entreicherung im Regelfall selbst schutzunwürdig ist und weiterhin maßgeblichen Einfluß auf die Fortexistenz der Bereicherung besitzt.

128 Auch die Entreicherung des Verkäufers ist daher ähnlich wie die Bereicherung des Käufers noch in der Schwebe. 129 Unter c) dd). lJO Unter 2.a). 13l So auch von seinem bereicherungsrechtlichen Standpunkt aus Reimer, 1990, S. 100 ff., 112 f.

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1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

Da die Haftung nach den allgemeinen Regeln an ein herausgabeflihiges Etwas bzw. an eine objektiv und subjektiv vorliegende Bereicherung anknüpft, ist die Frage nach der Pflicht zur subjektiven Realisierung der latenten Bereicherung stets vor oder im Zeitpunkt des Eintritts der verschärften Haftung zu beantworten. Deshalb ist der Streit, ob und inwieweit § 818 Abs. 3 auch nach Eintritt der verschärften Haftung unmittelbar oder analog anwendbar ist, fiir die Situation der aufgedrängten Bereicherung unerheblich. e) Ergebnis zu 3. Bei den Rechtsfolgen des unter 2. festgestellten Bereicherungsanspruch muß danach unterschieden werden, ob die Beseitigung des Verwendungserfolges möglich ist oder nicht. Ist die Abtrennung leicht und allenfalls mit geringen Vermögenseinbußen möglich, ist schon die Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs im Wege des Zurückbehaltungsrechts rechtsmißbräuchlich, weil der Verkäufer bis zur Übergabe selbst die Beseitigung vornehmen kann. Nach Gefahrübergang ist der Käufer in diesen Fällen berechtigt, die werterhöhende Einwirkung zu entfernen und dem Verkäufer zur VerfUgung zu stellen. Eine entsprechende Verpflichtung des Verkäufers ist im Hinblick auf den Rechtsgedanken von § 951 Abs. 1 S. 2 problematisch. Ist die Abtrennung möglich, aber mit Aufwand verbunden, kann der Käufer, wenn der Verkäufer die werterhöhenden Einwirkungen schuldhaft vorgenommen hat, Beseitigung auf der Grundlage eines Anspruchs aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) verlangen. Fehlt ein Verschulden des Verkäufers, muß nach den anderen Regeln zur aufgedrängten Bereicherung entschieden werden. Wenn die Beseitigung i.S. von §§ 818 Abs. 2,251 unmöglich oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, ist der Käufer grds. zum Wertersatz verpflichtet. Das Problem der aufgedrängten Bereicherung kann hier weder mit GegenansprOchen noch mit der analogen Anwendung von § 814, 1. Fall oder mit dem Verweis auf eine Wegnahmegestattung oder ein Wegnahmerecht allein angemessen bewältigt werden. Bei den Gegenrechten versagt der ohnehin verschuldensabhängige Schadensersatzanspruch aus sPV (p VV), weil mangels einer Vermögenseinbuße eine Geldentschädigung nach §§ 251 ff. ausgeschlossen ist. Die eingetretene Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit ist nach § 253 nicht entschädigungsfähig. Zwar fUhrt die werterhöhende Einwirkung regelmäßig zu einem Sachmangel, die §§ 459 ff. können aber nicht zur Abwehr des Wertersatzanspruchs

4. Kap.: Die Vornahme von Verwendungen i.e.S.

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fruchtbar gemacht werden. Abgesehen davon, daß die zugehörigen Einreden nur gegenüber dem Kaufpreiszahlungsanspruch erhoben werden können, fehlt es für die Minderungseinrede an einem Vermögensverlust und die Wandlung fUhrt zum (nach hier vorgegebener Prämisse nicht gewünschten) Untergang des käuferischen ErfUllungsanspruchs. Ein verschuldensunabhängiger Beseitigungsanspruch des Käufers läßt sich neben dem Anspruch aus sPV (p VV) nicht rechtfertigen. Soweit ein Mangel vorliegt, handelte es sich um einen vom Gesetzgeber beim Stückkauf nicht gewollten und gesetzlich nicht vorgesehenen Nachbesserungsanspruch. Nach der hier vertretenen Auffassung ist das Problem des Wertersatzes bei aufgedrängter Bereicherung mit Hilfe einer analogen Anwendung von § 818 Abs.3 zu lösen. Der aufgedrängt Bereicherte ist zum (vollen) Wertersatz verpflichtet, wenn es ihm nach Abwägung der Umstände zuzumuten ist, die Bereicherung filr sich zu realisieren. Als Modell hierfilr dient die vergleichbare Abwägung im Zusammenhang mit der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs.2 S. 1, 2. Fall. Ist es dem Käufer nach Maßgabe dieser Abwägung nicht zuzumuten, seine Dispositionen zu ändern, so ist er analog § 818 Abs. 3 von Anfang an nicht bereichert. Da das erlangte Etwas erst durch die Surrogation beim Gefahrübergang herausgabefähig wird und im allgemeinen - Ausnahme sind die Fälle der entgeltlichen Abtretung des kaufvertrag lichen Verschaffungsanspruchs - auch erst zu diesem Zeitpunkt die Bereicherung i.S. eines tatsächlichen und nicht nur "buchmäßigen" Vermögenszuwachses objektiv und subjektiv realisiert werden kann, ist eine verschärfte Haftung des Käufers trotz vorhergehender Kenntnis der werterhöhenden Einwirkung als ungerechtfertigter Bereicherung auch erst mit dem Gefahrübergang möglich. Die Kenntnis des Käufers und eine von ihm unterlassene Verhinderung der (weiteren) werterhöhenden Einwirkungen könnenjedoch die Interessenabwägung bei § 818 Abs. 3 dahingehend beeinflussen, daß dem Käufer die ("subjektive") Realisierung der "buchmäßigen" Bereicherung eher zugemutet werden kann. 4. Ergebnis zu III.

Der Ausgleich von in Eigeninteresse vorgenommenen werterhöhenden Einwirkungen (nützlichen Verwendungen), die der Verkäufer nach Vertragsschluß und vor dem Gefahrübergang vorgenommen hat, richtet sich nach Bereicherungsrecht. Der Verkäufer hat einen Anspruch wegen einer Bereicherung des Käufers in sonstiger Weise (Verwendungskondiktion). Der Anspruch entsteht mit der ersten meßbaren Wertsteigerung des Grundstücks und des auf dieses gerichteten Verschaffungsanspruchs, wird aber regelmäßig erst mit ErfUllung

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l. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

(Gefahrübergang) fällig, weil im allgemeinen erst zu diesem Zeitpunkt dem Käufer die Möglichkeit der Realisierung der Bereicherung eröffnet wird. Bei dem Bereicherungsausgleich ist zu beachten, daß dem Käufer die Bereicherung aufgedrängt wurde. Bei Verschulden des Verkäufers kann der Käufer aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) die Beseitigung des Verwendungserfolges verlangen. Ansonsten, insbesondere wenn die Beseitigung unmöglich oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, kann der Umstand des Aufdrängens dazu fUhren, daß der Käufer analog § 818 Abs. 3 von Anfang an nicht bereichert ist. Das ist der Fall, wenn es ihm unzumutbar ist, sich die aufgedrängte Bereicherung zunutze zu machen. Die Entscheidung hierüber ist mit Hilfe einer Interessenabwägung vorzunehmen, fiir die als Pendant die Abwägung im Rahmen von § 254 Abs. 2 S. 1,2. Fall dienen kann.

5. Kapitel

Die Rechtslage bei substanzändernden werterhöhenden Einwirkungen (Verwendungen i.w.S.) Ob eine Aufwendungsersatzpflicht des Käufers auch bei werterhöhenden sachumgestaltenden Maßnahmen des Verkäufers besteht, ist zweifelhaft. Die Zweifel werden durch die diesem Problem vorgelagerte Frage genährt, ob nicht durch diese umgestaltenden Einwirkungen bereits der ErfUllungsanspruch des Käufers untergegangen ist. Wäre dem so, wäre naturgemäß auch eine Pflicht zum Aufwendungs- bzw. Verwendungsersatz hinfällig geworden. Beispielhaft fiir in diesem Sinn substanzverändemde Maßnahmen sind zu nennen: Das Wohnhaus auf dem gekauften Grundstück wird zu einem Wohn-/Geschäftshaus oder zu einem reinen Geschäftshaus umgebaut; die alte Villa wird durch ein mehrstöckiges Mietshaus ersetzt; die Lagerhalle weicht einem Fabrikgebäude; der Bauernhof wird zum Ferienhotel, die Scheune zum Wohnhaus 132 umgebaut. Ebenfalls hierher gehören die Fälle, in denen das als unbe-

\32 Z.B. BGH, WM 1987, 1533. Vgl. auch RGZ 117, 112 ff. zum Umbau einer Gastwirtschaft (beide Judikate zu § 818 Abs. 2).

5. Kap.: Rechtslage bei substanzändernden werterhöhenden Einwirkungen

173

baut verkaufte Grundstück bis zum Gefahrübergang bebaut wird 133, - jedenfalls dann, wenn die Bebauung nicht den Käufervorstellungen entspricht. In all diesen Fällen taucht in etwas abgewandelter Form das bereits im Zusammenhang mit der Verkäuferhaftung wegen der Zerstörung des Grundstücks bzw. (genauer) seiner wesentlichen Bestandteile diskutierte Problem der "Aliudisierung" wieder auf134 • Begrifflich ist es naheliegend - naheliegender als im Fall der Zerstörung wesentlicher Grundstücksbestandteile -, die Unmöglichkeit der Leistung anzunehmen, wenn der Leistungsgegenstand, das Kaufgrundstück, so verändert wird, daß er gar nicht mehr mit dem übereinstimmt, "als was" er verkauft wurde. Andererseits ist das Grundstück als Hauptsache nach wie vor vorhanden, übereignungsflihig und mitnichten wertlos geworden. Auch die Umgestaltung fUhrt zu einer fiir den Käufer nachteiligen Abweichung der Ist- von der geschuldeten Sollbeschaffenheit, weil sie - noch eher als die im 4. Kapitel behandelten bloßen Verbesserungen - zu einer Beeinträchtigung der Tauglichkeit zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch fUhrt. Die veränderte Gebrauchstauglichkeit ist geradezu ein Charakteristikum der Umgestaltung. Nach der ganz herrschenden subjektiven Fehlertheorie ist damit wiederum eben auch ein Fehler LS. von § 459 Abs. 1 zu bejahen. Das Schrifttum zu § 275 stellt - wie bei der Abgrenzung zwischen Verschlechterung und Zerstörung des Leistungsgegenstandes - auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise ab i3S • Unmöglichkeit sei zu bejahen, meint etwa Emmerich 136, wenn die Sache, d.h. der Leistungsgegenstand, so verändert worden sei, daß sie (wirtschaftlich gesehen) mit dem ursprünglich Geschuldeten nichts mehr gemein habe. Unmöglichkeit sei hingegen zu verneinen, wenn der Lei133 Z.B. (Unmöglichkeit bejahend) RGZ 133, 293, 295; 169, 65, 76 (obiter dictum); (konkret offenlassend oder verneinend) BVerwG, NJW 1980, 2538; BGH, NJW 1980, 1789 f., NJW 1981, 2687 ff. (=JR 1982,98 m. Bespr. Linke a.a.O. S. 91 ff.) - alle Entscheidungen zu § 818 Abs. 2. Entscheidungen, in denen die Unmöglichkeit der Erfiillung eines Grundstücksverschaffungsanspruchs wegen der Umgestaltung des Grundstücks erörtert wird, habe ich abgesehen von RG, HRR 1933 Nr. 1850 (=Recht 1933 Nr. 301) - nicht gefunden. Zu dieser vormerkungsbezogenen Entscheidung unten im 6. Kapitel unter III. sowie im 15. Kapitel. 134 S. oben 2. Kapitel, 11.1.; ferner auch Otte, JuS 1970,154 ff., insbes. zu § 950. 135 Ebenso Otte, JuS 1970, 154, 158 f., der aber die Formel von der "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" noch rur zu pauschal hält. Auch die o.a. Rechtsprechung zu § 818 Abs. 2 stützt sich auf "wirtschaftliche Erwägungen". 136 MK/Emmerich, 3/1994, § 275 Rn 11.

174

1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

stungsgegenstand zwar eine wesentliche Veränderung erfahren habe, aber nach Treu und Glauben eine sinngemäße Anpassung der noch möglichen an die vertraglich vorgesehene Leistung zuzumuten sei J37 • Ähnlich äußert sich Löwisch, der annimmt, Verarbeitung führe zur Unmöglichkeit der Leistung, es sei denn, daß der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden oder die Leistung trotz der Veränderung noch ihren Zweck erfilllen könne J38 • Eine Lösung dieses im Einzelfall schwierigen Abgrenzungsproblems wäre entbehrlich, wenn - wie bei der Zerstörung wesentlicher Bestandteile - die Anwendung des Gewährleistungsrechts nicht nur begrifflich denkbar, sondern auch bei Betrachtung der Rechtsfolgen günstiger und interessengerechter und deshalb dem Unmöglichkeitsrecht vorzuziehen wäre. Blickt man demgemäß auf die jeweiligen Rechtsfolgen, so kommt es bei Heranziehung der §§ 323, 325 wohl ausnahmslos zur Rückabwicklung des Vertrages, entweder nach Bereicherungsrecht (bei § 323) oder nach Schadensersatz- bzw. Rücktrittsrecht (bei § 325). Der Surrogationsanspruch aus §§ 323 Abs. 2, 281 spielt allenfalls dann eine Rolle, wenn die Umgestaltung nicht vom Verkäufer ausging und filr diesen selbst einen Schaden darstellt. Löst man den Umgestaltungsfall gewährleistungsrechtlich, so kommt es ebenfalls und kaum verwunderlich in erster Linie zur Rückabwicklung des Vertrages mittels Wandlung und (ergänzendem) Schadensersatz im Fall der schuldhaften Pflichtverletzung (sPV, pVV). Wegen der Werterhöhung des Kaufgrundstücks ist die Minderung undurchfilhrbar; genauso ist wegen des fehlenden Vermögensschadens die Geldentschädigung nach §§ 251 ff. beim Schadensersatz wegen sPV (pVV) ausgeschlossen 139 • Lediglich soweit Beseitigung der Veränderungen ("Rückgestaltung") möglich ist, ist daher der Schadensersatzanspruch aus sPV (pVV) neben bzw. anstelle der undurchfilhrbaren Minderung filr den Käufer von Vorteil, weil er zwar nicht die Beseitigung selbst, aber doch die hierzu erforderlichen Kosten ersetzt verlangen kann 140. Allerdings ist dieser Beseitigungskostenanspruch aus sPV wohl eher theoretisch, weil die Umgestaltung des Grundstücks nur in seltenen Fällen rückgängig zu machen sein wird. 137 MK/Emmerich, 3/1994, § 275 Rn 13 unter Berufung auf BGHZ 38, 146, 149; BGH, MDR 1965, 361. 138 Staudinger/Löwisch, 13/1995, § 275 Rn 3; vgl. auch RGZ 54,28,31, wo Unmöglichkeit rur den Fall bejaht wird, daß die speziesgechuldeten Rollen Rotationsdruckpapier bereits bedruckt worden sind. 139 Bei einer substanzverändernden Einwirkung, die sich in einer Wertminderung des Grundstücks erschöpft, ist die Minderung natürlich unproblematisch; diese Fälle entsprechen eher den bereits oben erörterten Verschlechterungs- bzw. ZerstörungsflHlen. 140 Vgl. die Ausruhrungen oben 2. Kapitel, 1.3. zum Mängelbeseitigungsanspruch.

5. Kap.: Rechtslage bei substanzändernden werterhöhenden Einwirkungen

175

Für den Käufer besteht außerdem das Risiko, daß er, wenn er das Kaufgrundstück erlangt hat, nach den im 4. Kapitel dargestellten (Zumutbarkeits-) Kriterien in erheblichem Umfang Wertersatz leisten muß. Als Fazit des Rechtsfolgenvergleichs ist mithin festzuhalten: Bei käuferorientierter Betrachtung weist die Abwicklung über das Gewährleistungsrecht wegen der Möglichkeit, den Leistungsgegenstand noch zu erlangen, Vorteile auf. Da der Käufer aber in diesem Fall mit nicht geringen Wertersatzpflichten rechnen muß, ist dieser Vorteil des Gewährleistungsrechts nicht sehr ausgeprägt. Soweit die Umgestaltung vom Verkäufer unverschuldet im Eigeninteresse vorgenommen wurde, kann das durch das Gewährleistungsrecht eröffnete Festhalten des Käufers am Erfüllungsanspruch zu unbilligen Ergebnissen führen, weil dem Verkäufer die Früchte seines nicht unredlichen Tuns entzogen werden; er statt dessen auf einen Wertersatzanspruch verwiesen wird und der Käufer das Grundstück in der nunmehrigen Form eigentlich nicht erwerben wollte. Durch die Umgestaltung wird die käuferische Gestaltungsfreiheit erheblich eingeschränkt. Die zukünftig mögliche Nutzung des Grundstücks ist im Widerspruch zu seinen Vorstellungen und zur vertraglichen Vereinbarung vor- und umgeprägt. Der Käufer wird regelmäßig veraniaßt, seine Nutzungsplanung zu ändern. Abriß und "Rückgestaltung" mögen bei ausreichenden fmanziellen Mitteln denkbar sein, sind aber wirtschaftlich nicht sinnvoll und unverhältnismäßig. Staatlicherseits besteht ein Interesse daran, die unnütze Zerschlagung wirtschaftlicher Werte zu verhindern (vgl. § 251). Zusammenfassend läßt sich wohl sagen, daß die Umstände, die im 4. Kapitel für die Zumutbarkeit der Realisierung der aufgedrängten Bereicherung und die damit einhergehende Wertersatzpflicht sprachen, im Fall der graduell noch weitergehenden Umgestaltung der Kaufsache für die Aufhebung des Vertrages als interessengerechteste Lösung angeführt werden können. Bei Anwendung der Unmöglichkeitsvorschriften auf die Umgestaltungstalle ist der käuferische Erfiillungsanspruch mit dem Abschluß der substanzverändernden Maßnahmen untergegangen. Gegen die Heranziehung dieser Vorschriften kann man daher noch einwenden, daß hiermit eine gefiihrliche Mißbrauchsmöglichkeit eröffnet wird. Dem Verkäufer wird es an die Hand gegeben, die Erfiillung des Vertrages zu vereiteln. Die Gefahr der Erfiillungsvereitelung besteht allerdings bei jedem Vertrag und ist keineswegs allein auf tatsächliche Einwirkungen beschränkt. Das vorhandene Risiko wird zudem dann gemindert, wenn man dem Käufer, wie hier vertreten l4 \ auch vor Fälligkeit einen Gefahrbeseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruch zubilligt, der insbesonde141

S. oben 3. Kapitel, II.l.d).

176

1. Teil, 2. Abschn.: Käuferhaftung bei Verwendungen des Verkäufers

re im Wege der einstweiligen Verfiigung durchgesetzt werden kann. Mit diesem Mittel kann der Käufer entsprechenden Aktivitäten des Verkäufers frühzeitig Einhalt gebieten. überdies können auch in die Abgrenzung zwischen bloßem Mangel und zur Unmöglichkeit fiihrendem Identitätsverlust entsprechende Zumutbarkeitserwägungen einbezogen werden. Schließlich wird auch § 826 grobe Mißbräuche verhindern können l42 . Bedenkt man diese Schutzmöglichkeiten, so ist die Mißbrauchsgefahr nicht so drückend, daß die Umgestaltungsfalle generell ins Gewährleistungsrecht verwiesen werden müßten. Als Resume, ist festzustellen, daß die (einheitliche) Abwicklung der Umgestaltungsfalle über das Mängelgewährleistungsrecht gegenüber einer differenzierten Lösung mittels Unmöglichkeits- und Gewährleistungsrecht nicht vorzugs würdig ist. Die damit notwendig gewordene Abgrenzung zwischen Leistungsunmöglichkeit und bloßer Mangelhaftigkeit erfolgt, wie oben bereits angesprochen, mit Hilfe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Da die Regelung des § 950 nur die Verarbeitung beweglicher Sachen betrifft, kann sie bei der Veränderung von Immobilien nur sehr beschränkt herangezogen werden. Das Fehlen einer dem § 950 vergleichbaren Regelung im Immobilienbereich und die Betonung des Hauptsachecharakters des Grundstücks in § 946 sind aber wohl als Indiz rur eine gebotene Zurückhaltung auch bei der Annahme von Leistungsunmöglichkeit zu werten l43 . Maßgeblicher Ansatz auch im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist der Umstand, "als was" das nunmehr umgestaltete Grundstück verkauft worden ist. Damit ist die durch die Umgestaltung eingetretene Funktionsveränderung in Beziehung zu setzen, mit der Konsequenz, daß um so eher Leistungsunmöglichkeit zu bejahen ist, je extremer die Funktionsveränderung ausgefallen ist l44 • Die z.T. anders ausgerichtete Rechtsprechung zur bereicherungs-

142 Zur Anwendung und Bedeutung dieser Vorschrift im Verhältnis zwischen dem vorgemerkten Käufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber s. unten im 9. Kapitel unter 11. 143 Ebenso tendenziell zu den bereicherungsrechtlichen Fällen MKlLieb, 2/1986, § 818 Rn 31; StaudingerlWLorenz, 13/1993, § 818 Rn 21. S. auch Larenz/Canaris, SchuldR I1/2, 13/1994, § 72 III Ia, die bei § 818 Abs. 2 § 251 Abs.2 analog anwenden wollen: Unmöglichkeit der Herausgabe des "Erlangten" nur dann, wenn der mit der Herausgabe verbundene Nachteil für den Bereicherten außer Verhältnis zu dem vom Entreicherten erzie1baren Vorteil stünde. 144 Vgl. insoweit auch RGZ 117, 112, 113; differenzierend BGH (V Senat), WM 1987, 1533, 1534: Funktionsänderungen "nicht allein maßgeblich"; ablehnend noch BGH (V Senat), NJW 1981, 2687.

5. Kap.: Rechtslage bei substanzändernden werterhöhenden Einwirkungen

177

rechtlichen Unmöglichkeit der Rückgabe des Erlangten 145 kann dem nicht entgegengehalten werden. Das Bereicherungsrecht ist auf die Korrektur von Fehlern in der rechtlichen Zuordnung ausgerichtet, so daß in erster Linie dieser Zuordnungs fehler korrigiert werden muß und erst in zweiter Linie Wertersatz zu leisten ist 146 • Eine Funktionsveränderung ist in diesem Zusammenhang zwar nicht bedeutungslos, muß aber im Zweifel hinter dem objektiven Interesse an der Fehlerkorrektur zurücktreten. Bei der Vollziehung eines Vertrages geht es dagegen primär um die Verwirklichung von Parteiinteressen, sekundär unter dem Gesichtspunkt des "pacta sunt servanda" um Rechtssicherheit. Die Parteiinteressen haben im Vertrag ihren Niederschlag gefunden; unter Umständen haben auch die Motive filr den (Ver-) Kauf Anklang gefunden. Soweit daher das Grundstück funktional nicht mehr dem entspricht, als was es erworben sollte, läuft die tatsächliche Verwirklichung den im Vertrag fixierten und damit objektivierten Interessen zuwider, weshalb die Aufrechterhaltung des Vertrages aus diesem Grund nicht gerechtfertigt erscheint.

145 S. insbesondere BGH, NJW 1981, 2687, 2688, der maßgeblich die Höhe der Wertdifferenz vor und nach der Umgestaltung sowie den Gedanken der Zumutbarkeit heranzieht. 146 Abweichend wohl Linke, JR 1982,91,93 f.

12 Richter

Zusammenfassung zum 1. Teil Im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer haben tatsächliche Einwirkungen des Verkäufers, Dritter oder natürlicher Art zwischen Vertrags schluß und Gefahrübergang die folgenden Konsequenzen:

Wertmindernde Einwirkungen (Verschlechterungen bzw. Zerstörungen) werden grds. vom Mängelgewährleistungsrecht der §§ 459 ff. erfaßt. Bei unverschuldeten Verschlechterungen kann der Käufer Minderung oder Wandlung regelmäßig erst im Zeitpunkt des Gefahrübergangs verlangen. Entgegen der Rechtsprechung und einem Teil des Schrifttums verdrängen die §§ 459 ff., soweit Sachmängel in Rede stehen, die allgemeinen Regeln auch schon vor dem Gefahrübergang. Aus diesem Grund ist ein Anspruch auf das "Fehlersurrogat" gemäß §§ 323 Abs.2, 281 ebenso ausgeschlossen wie ein Nachbesserungsverlangen über § 326. Ein Anspruch auf das Fehlersurrogat stellt zwar eine wünschenswerte Verbesserung des Gewährleistungsrechts dar, bei einer unverschuldeten Verschlechterung ist der Käufer aber über das Minderungsrecht ausreichend geschützt. Gewährleistungsausschlüsse sind im Hinblick auf - meist gar nicht bedachte - Verschlechterungen zwischen Vertrags schluß und Gefahrübergang restriktivauszulegen. Ein unmittelbarer Nachbesserungs- (Mängelbeseitigungs-) Anspruch ist beim Stückkauf nicht vorgesehen. Es besteht auch keine planwidrige Lücke im Gesetz, die eine Analogie zu § 633 Abs. 2 bzw. § 1004 Abs. 1 S. 1 eröffnete. Die unverschuldete Zerstörung wesentlicher Grundstücksbestandteile, d.h. die wertmindemde Sachveränderung - ein Untergang des Grundstücks als solches kann wegen der damit einhergehenden Apokalypse außer acht gelassen werden - ist ebenfalls, auch unter Berücksichtigung der Interessenlage, nach Gewährleistungs- und nicht nach Unmöglichkeitsrecht zu beurteilen. Hat der Verkäufer die Verschlechterung oder Zerstörung verschuldet, so kann der Käufer den dadurch entstandenen Schaden nach den Grundsätzen zur schuldhaften Pflichtverletzung (sPV, pVV) ergänzend neben der Minderung bzw. der Wandlung geltend machen. Eine direkte oder analoge Anwendung von § 463 S. 2 paßt hier nicht. Der den allgemeinen Regeln zuzuordnende Anspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung wird durch das Gewährleistungsrecht nicht ausgeschlossen, weil die §§ 459 ff. einerseits die Verletzung vertraglicher

Zusammenfassung zum 1. Teil

179

Nebenpflichten nur punktuell erfassen und weil hinsichtlich der "Schlechterfilllung" als solcher nicht akzeptable WertungswiderspTÜche zu § 325 und zu § 160 Abs. 2 entstünden. Zu ersetzen ist entgegen der h.A. der gesamte adäquat kausal verursachte Schaden, nicht nur der sog. Mangelfolgeschaden. Gegen die von seiten des Verkäufers drohenden Verschlechterungen des Kaufgrundstücks kann sich der Käufer mit Hilfe eines (vorbeugenden) Unterlassungsanspruchs zur Wehr setzen. Im Gegensatz zu der wohl noch überwiegenden Auffassung ist dieser Anspruch grds. zu bejahen; es handelt sich nicht bloß um die "Kehrseite des Erfilllungsanspruchs", sondern um einen eigenständigen, den §§ 894, 985, 1004 entsprechenden, jedoch nur relativ wirkenden "Schutzanspruch" zugunsten des Rechtsguts "Forderung". Der prozessuale vorläufige Rechtsschutz macht diesen materiellrechtlichen Anspruch nicht entbehrlich, sondern setzt ihn voraus. Einschränkungen dieses Anspruchs (bis hin zum Ausschluß) ergeben sich aber aus dem Gesichtspunkt mangelnder Konkretisierbarkeit und aus dem von Treu und Glauben im Hinblick darauf, daß das an den Schuldner gerichtete Verhaltensgebot dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterworfen ist. Werterhaltende Einwirkungen werden vom Begriff der notwendigen Verwendungen erfaßt. Für notwendige Verwendungen zwischen Vertrags schluß und Gefahrübergang kann der Verkäufer vom Käufer ohne gesonderte Vereinbarung keinen Ersatz beanspruchen, derartige Aufwendungen sind mit dem Kaufpreis abgegolten. Werterhöhende Einwirkungen sind regelmäßig nützliche (nicht notwendige) Verwendungen. Diese Verwendungen hat der Verkäufer gemäß § 450 Abs.2 nach den Regeln über die Geschäftsfiihrung ohne Auftrag zu ersetzen. Daher ist zu differenzieren: Entspricht die mit Fremdgeschäftsführungswillen vorgenommene werterhöhende Einwirkung dem Willen und Interesse des Käufers, hat dieser nach Auftragsrecht (§ 670) Verwendungsersatz zu leisten. Stimmt die Einwirkung nicht mit dem Interesse und Willen des Käufers überein, so ist der Fall über § 684 S. 1 bereicherungsrechtlich zu lösen. Hat der Verkäufer die werterhöhenden Einwirkungen im Eigeninteresse, d.h. nicht mit FremdgeschäftsfUhrungswillen vorgenommen, so ist § 450 Abs. 2 nicht anwendbar. Der Verwendungsausgleich vollzieht sich wiederum nach Bereicherungsrecht; § 450 Abs. 2 sperrt den Bereicherungsausgleich nicht. Einschlägiger Bereicherungsanspruch ist die Verwendungskondiktion. Das erlangte Etwas besteht bis zum Gefahrübergang bzw. einer entgeltlichen Forderungsabtretung in der durch die Verwendung erlangten Wertsteigerung des kaufrechtlichen Erfilllungsanspruch ("latente" oder "Buch-" Bereicherung). Bei Erfilllung des Kaufvertrages erhält der Käufer als Surrogat dieser Wertsteige-

180

Zusammenfassung zum I. Teil

rung den gegenständlichen Verwendungserfolg in Verbindung mit dem Leistungsgegenstand. Soweit das Erlangte, der Verwendungserfolg, nicht in Natur herausgegeben werden kann, muß der Käufer gemäß § 818 Abs. 2 Wertersatz leisten. Dem hierbei auftretenden Problem der aufgedrängten Bereicherung ist mit Gegenansprüchen und -rechten des Käufers nicht beizukommen, sofern die Beseitigung des Verwendungserfolges nicht möglich oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist (vgl. § 251), weil der Käufer keinen Vermögensschaden erlitten hat, sondern in seiner Dispositionsfreiheit, einem immateriellen Rechtsgut, verletzt ist. Der Situation der aufgedrängten Bereicherung ist vielmehr dadurch Rechnung zu tragen, daß der Käufer analog § 818 Abs. 3 von Anfang an nicht bereichert ist, wenn eine Interessenabwägung - ähnlich der im Rahmen von § 254 Abs. 2 S. 1,2. Fall erforderlichen - ergibt, daß es dem Käufer unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles nicht zuzumuten ist, seine ursprünglichen Dispositionen umzustellen und sich den Verwendungserfolg zunutze zu machen. Bei werterhöhenden sachumgestaltenden Einwirkungen ist - wie in den Fällen der Zerstörung wesentlicher Grundstücksbestandteile - abzugrenzen zwischen der Unmöglichkeit der Erfiillung des kaufvertraglichen Verschaffungsanspruchs und der bloßen Mangelhaftigkeit des Kaufobjekts. Da hier - anders als in den Zerstörungsfällen - bereits etwas Neues geschaffen worden ist, besteht nach der Interessenlage kein Vorrang des Gewährleistungsrechts. Die Abgrenzung erfolgt mit Hilfe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, bei der namentlich der Grad der Funktionsveränderung die Entscheidung prägt. Ist Unmöglichkeit der Leistung zu verneinen, so ist der Kaufvertrag zu erfiillen und der Ausgleich der werterhöhenden Einwirkungen nach den oben skizzierten Regeln des Bereicherungsrechts vorzunehmen.

2. Te i I

Die Rechtslage im Fall der vormerkungswidrigen Veräußerung des Kaufgrundstücks 1. Abschnitt

Die Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen zwischen dem vormerkungsberechtigten Käufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber 6. Kapitel

Rechtsprechungsübersicht und kurze Skizze des Meinungsstandes Als Einfiihrung soll dem vonnerkungsbezogenen 2. Teil dieser Arbeit eine Rechtsprechungsübersicht mit Skizze des Meinungsstandes vorangestellt werden. Diese orientiert sich an der in der Einleitung vorgenommenen Gliederung der Einwirkungsmöglichkeiten. I. Schädigende wertmindernde Einwirkungen Gerichtsentscheidungen zu diesem Teilaspekt sind rar. Das Oberlandesgericht München lehnte 1962 1 den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfiigung ab, mit dem ein sachenrechtlich Vorkaufsberechtigter nach Ausübung dieses Rechtes dem vorkaufswidrigen Neueigentümer verbieten wollte, auf dem Grundstück Bäume zu fällen, Sträucher zu roden und Erdbewegungen ausfuhren zu lassen. Das sachenrechtliche Vorkaufsrecht hat im Verhältnis zum Erstkäufer

I

OLG München, B.v. 15.11.1962 - 3 W 1437/62 -, NJW 1963,301 m. Anm. Hoche.

182

2. Teil, 1. Abschn.: Zu lässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

gemäß § 1098 Abs. 2 die Wirkung einer Vormerkung, weshalb die Konflikte zwischen Vorkaufsberechtigem und Erstkäufer zwangsläufig mit in die Untersuchung einzubeziehen sind. Das OLG befand, die Vormerkung schütze nur vor rechtlichen, nicht vor tatsächlichen Einwirkungen auf das Grundstück. Lediglich unter den Voraussetzungen des § 826 sei ein unmittelbarer Schutz des Vorkaufs berechtigten gegenüber dem Erstkäufer möglich, im übrigen sei dieser auf die vertraglichen Schadensersatz-, Wandlungs- oder Minderungsansprüche gegen seinen Schuldner, den Verkäufer, beschränkt. Auch im Schrifttum sind die Meinungen geteilt. Nicht wenige Autoren bejahen Schadensersatz-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Vorgemerkten im Verhältnis zum vormerkungswidrigen Erwerber. Während dabei fiir den Schadensersatzanspruch verschiedene Rechtsgrundlagen, nämlich § 823 Abs. 12 , §§ 989 ff. 3 oder eine "schuldhafte Verletzung des Leistungszwecks des § 888,,4 herangezogen werden, wird der Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch allgemein auf § 1004 Abs. 1 gestützts. Zur Begründung wird überwiegend darauf abgestellt, daß die Rechtsstellung des Vorgemerkten bereits so sehr "verdinglicht" sei, daß dieser wie der Inhaber eines absoluten Rechts geschützt werden müsse 6 • Andere Autoren lehnen - wie das OLG München - Schadensersatz-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber gänzlich ab; hauptsächlich mit dem bereits genannten Argument, daß die Vormerkung nur vor rechtlichen Einwirkungen schütze7 • Völlig zu Recht betrachtet Wacke deshalb diese Streitfrage als noch unentschieden8 •

2 Z.B. Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 383 ff., Beer, 1975, S. 167 f.; Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 20 IV le; Westermann, SachenR, 5/1966, § 84 IV 4c. 3 MKlWacke, 2/1986, § 888 Rn 17. 4 Müller, SachenR, 2/1990, Rn 1167b; 3/1993, Rn 1171g. 5 Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 20 IV le, Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 383 ff., Westermann, SachenR, 5/1966, § 84 IV 4c; MKlWacke, 2/1986, § 888 Rn 17. - Näher zur Anwendbarkeit dieser Rechtsnormen unten im 2. Abschnitt, 11. und 12. Kapitel. 6 Abweichend jedoch Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1171gff., 1171j: Parallele zu §§ 989, 990. 7 Z.B. Staudinger/Seu[ert, 1111956, § 888 Rn 7; Chr.Paulus, 1981, S. 84 ff.; Kahler, NJW 1984, 2849, 2857 und in: Verfilgungsverbot, 1984, S. 105 f., 161 ff.; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 61. - Hierzu näher in den folgenden Kapiteln dieses Abschnitts. 8 MKIWacke, 2/1986, § 888 Rn 17 Fn. 27.

6. Kap.: Rechtsprechungsübersicht und kurze Skizze des Meinungsstandes

183

Mit einem Fall unverschuldeter schädigender Einwirkungen hatten sich nacheinander das aLG Celle9 und der V. Senat des BundesgerichtshojslO als Revisionsinstanz auseinanderzusetzen. Hier war ein aufschiebend bedingter Rückauflassungsanspruch zugunsten der Ehefrau des ursprünglichen Verkäufers eines Hausgrundstücks durch Vormerkung gesichert. Das Gebäude wurde durch einen von den Schuldnern des Rückauflassungsanspruchs, den früheren Käufern, nicht verschuldeten Brand weitgehend zerstört. Der Feuerversicherer zahlte die fällige Versicherungssumme an den Inhaber zweier vormerkungswidrig bestellter Grundschulden gemäß §§ 1192, 1127 Abs. 1, 1128 Abs. 3,1282 Abs. 1, 1228 Abs. 2 aus: Nach § 1127 Abs. 1 erstreckt sich das Pfandrecht des Grundschuldgläubigers zugleich auf die Forderung des Eigentümers gegen den Sachversicherer, nach § 1128 Abs. 3 gilt diese Forderung als dem Grundschuldgläubiger verpfändet. Mit Fälligkeit der durch die Grundschulden gesicherten (Darlehens-) Forderung war der Grundschuldgläubiger gemäß § 1282 Abs. 1 LV.m. § 1228 Abs.2 ermächtigt, den ihm als verpfändet geltenden Anspruch auf die Entschädigung der Brandversicherung einzuziehen. Etwa zur gleichen Zeit trat die Bedingung fiir den Rückauflassungsanspruch ein, dieser wurde geltend gemacht und auch erfüllt. Die Anspruchsberechtigte und nunmehr neue Grundeigentümerin verlangte daraufhin von dem Grundschuldgläubiger unter Verweis auf die Vormerkungswidrigkeit der Grundschulden die Brandversicherungsentschädigung heraus. Beide Gerichte gaben der Vorgemerkten einen Bereicherungsanspruch gegen den Grundpfandgläubiger und wiesen ihr den Wertersatz fiir den Brandschaden am Gebäude zu. Im Schrifttum sind diese Urteile überwiegend auf Kritik gestoßen 11. Zum einen wird eingewandt, daß der vormerkungsgesicherte Rückauflassungsanspruch durch die Einziehung der Feuerversicherungssumme gar nicht berührt werde. Mit der Einziehung werde nicht über das Grundeigentum oder eine damit verbundene Berechtigung verfUgt, sondern lediglich über die Versicherungsforderung. Diese werde nicht "automatisch" mit der Auflassung auf den Vorgemerkten übertragen; dieser müsse sie vielmehr nach § 281 im Wege einer eigenstän-

90LG Celle, V.v. 20.12.1985 - 4 V 17/85 -, WM 1986, 569 (=MittBayNot 1986,

126).

10 BGH, V.v. 30.1.1987 - V ZR 32/86 -, BGHZ 99, 385 (=ZIP 1987, 435 =NJW 1987, 1631 =MDR 1987,568 =JR 1987,455 m. Anm. Kohler). 11 Zustimmend jedoch Hager, JuS 1990, 429, 436; Palandt/Bassenge, 55/1996, § 883 Rn 20.

184

2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

digen Abtretung auf sich überleiten 12 • Von anderer Seite wird geltend gemacht, der Vorgemerkte könne bei zweckentsprechender Auslegung aus § 888 Abs. 1 nur die Löschung der Grundschulden ex nunc verlangen; schon deshalb könne nicht die Rückabwicklung von Leistungen auf vormerkungswidrig bestellte Rechte vor Fälligkeit des gesicherten Anspruchs verlangt werden 13 • Im Rahmen der vorliegenden Arbeit stellt sich etwas abgewandelt die Frage, wie über die Zuweisung substanzersetzender Zuflüsse - als solcher kann die Entschädigungsleistung des Versicherungsuntemehmens filr den Brandschaden betrachtet werden - zu entscheiden ist, wenn der vormerkungswidrige Erwerber den Brandschaden erleidet und die Versicherungssumme einzieht. Nach der eben dargelegten Rechtsprechung könnte der vormerkungswidrige Erwerber ebenfalls einem entsprechenden Bereicherungsanspruch des Geschützten ausgesetzt sein; zumindest dann, wenn die Schäden am Grundstück bzw. am Gebäude bei Fälligkeit des vorgemerkten Anspruchs noch nicht beseitigt sind. Diesbezügliche Erwägungen sind jedoch auch anband der kaufrechtlichen Ergebnisse des 1. Teils zu überprüfen. Schließlich wird im Schrifttum vertreten, daß der Vorgemerkte schädlichen Einwirkungen außenstehender Dritter auf das in der Hand eines vormerkungswidrigen Erwerbers befmdliche Grundstück analog § 869 bzw. § 1134 mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen begegnen könne 14. Fälle aus der Praxis filr diese Konstellation gibt es bislang jedoch nicht.

11. Werterhöhende und werterhaltende Einwirkungen (Verwendungen i.e.S.) VerwendungsersatzansprUche des vormerkungswidrigen Erwerbers gegenüber dem Geschützten haben die Gerichte ungleich häufiger beschäftigt als die gegenläufigen SchadensersatzansprUche. Die Fälle betreffen zumeist den Anwendungsbereich eines sachenrechtlichen ("dinglichen") Vorkaufsrechts.

Berger, WM 1986, 873, 874; Kohler, JR 1987,456,457. Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1170c. 14 Für Ansprüche analog § 869 Canaris, FS Flume I, 1978, S.371, 386 f.; seiner Auffassung angeschlossen haben sich MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 130; Erman/Schiemann, 9/1993, § 823 Rn 42; Hager, JuS 1990, 429, 437 Fn 141. - Für einen ergänzenden Anspruch analog § 1134 (neben § 869) MKiWacke, 2/1986, § 888 Rn 17; ferner AKlB. v.Schweinitz, 1983, § 888 Rn 19. - Näher zur Anwendbarkeit dieser Normen unten im 2. Abschnitt, 13. Kapitel. 12 13

6. Kap.: Rechtsprechungsübersicht und kurze Skizze des Meinungsstandes

185

Bereits 1913 entschied das aLG Rostockl 5 , daß dem nur besitzenden, d.h. noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragenen Erstkäufer ein Verwendungsersatzanspruch entsprechend §§ 994 ff. zustehe, sobald der V orkaufsberechtigte seine Eintragung als Eigentümer erlangt habe. Aus § 999 Abs. 2 folge, daß auch Verwendungen erfaßt würden, die vor dem Eigentumserwerb des Vorkaufsberechtigten gemacht worden seien. Bösgläubigkeit des Erstkäufers i.S. von §§ 990 Abs. 1, 994 Abs. 2, 996 sei erst dann anzunehmen, wenn dieser die Gewißheit erlangt habe, daß ihm gegenüber das Vorkaufsrecht geltend gemacht werde. Bei einer Entscheidung des aLG München aus dem Jahr 1914 16 ging es zwar nicht um Verwendungs-, aber doch um Aufwendungsersatzansprüche. Der klagende Erstkäufer hatte schon vor(!) Vertragsschluß auf dem Grundstück lastende Bodenzinse abgelöst. Nach Ausübung des Vorkaufsrechts verlangte er vom Berechtigten die Erstattung dieser Aufwendungen. Das Gericht hielt Ansprüche aus §§ 812 ff. und aus § 292 gegenüber dem Vorkaufsberechtigten für denkbar. Es verneinte aber Bereicherungsansprüche, weil nach der Vertragsurkunde das Grundstück als zinsfrei verkauft worden war, der Vorkaufsberechtigte also die Zinsfreiheit des Grundstücks mit Rechtsgrund erlangt hatte. § 292 hielt das Gericht für unanwendbar, weil der Ersterwerber das Grundstück nie besessen hatte. Der VI Senat des Reichsgerichts billigte 1928 17 dem vormerkungswidrigen Erwerber das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 2 wegen seiner Verwendungen schon gegenüber dem Zustimmungsanspruch des § 888 Abs. 1 ZU18. Die Bereicherung des Vorgemerkten trete nicht erst mit der Herausgabe des Grundstücks ein, sondern schon mit der Einwilligung des vormerkungswidrigen Erwerbers in die Eigentumsumschreibung des durch ihn verbesserten Grundstücks. Da dem vormerkungswidrigen Erwerber die Vormerkung und der geschützte Anspruch bekannt gewesen seien, könne der Ersatz von Verwendungen nur entsprechend § 994 Abs. 2 LV.m. den Vorschriften über die Geschäftsfiihrung ohne Auftrag stattfmden. Bezogen auf den konkreten Fall lehnte das RG allerdings eine nach § 994 Abs. 2 i.V.m. §§ 684, 812 ff. auszugleichende Berei-

15 OLG Rostock, V.v. 4.6.1913 (11. Zivilsenat), OLGRspr. ("OLGE") 29 (1914), 353 ff. 16 OLG München, V.v. 7.4.1914 (3. Zivilsenat), OLGRspr. 33 (1916),287 f. 17 RG, V.v. l.lO.1928 - VI ll/28 -, HRR 1928, Nr. 2276. 18 Im Leitsatz der Entscheidung wird irrtümlich auf den Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894, Bezug genommen; in den Entscheidungsgründen heißt es demgegenüber, die Klage sei auf die Vormerkung gestützt und gehe auf Zustimmung zur Eintragung des Klägers als Eigentümer.

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

cherung ab, weil der Vorgemerkte infolge der Verwendungen nur das erlangt habe, was ihm ohnehin vom Verkäufer geschuldet gewesen sei 19. Ohne sich mit den vorstehenden Entscheidungen aus der Vorkriegszeit auseinanderzusetzen, lehnte der 8. Senat des aLG Hamburg 1961 20 jeden Ausgleich von Verwendungen im Verhältnis zwischen dem Vormerkungsberechtigten und dem vormerkungswidrigen Erwerber ab. Das Gericht prüfte und verwarf Ansprüche aus §§ 994 ff., aus §§ 994 ff. i.V.m. § 999 Abs. 2, Geschäftsfiihrung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht. Nach seiner Auffassung sollte sich der Ausgleich von Verwendungen im Rahmen der beiden bestehenden Schuldverhältnisse vollziehen. Im Jahre 1964 hatte erstmals der V Senat des Bundesgerichtshoji l Gelegenheit, zu dem Problemkreis - beiläufig - Stellung zu beziehen. Der zu entscheidende Fall betraf ein Vorkaufsrecht nach § 4 des Hamburger Aufbaugesetzes 22 , das vom Gericht wie ein sachenrechtliches Vorkaufsrecht nach §§ 1094 ff. behandelt wurde. Der Erstkäufer hatte im Wege der Hilfswiderklage Aufwendungsersatzansprüche gegenüber dem Zustimmungs- und Herausgabeverlangen der klagenden vorkaufsberechtigten Stadt Hamburg erhoben. Der BGH verneinte die Anwendung der § 994 ff. mit dem Bemerken, die Vorkaufsberechtigte sei noch nicht Eigentümerin des betroffenen Grundstücks. Abweichend von der eben mitgeteilten Entscheidung des OLG Hamburg aus dem Jahr 1961 erwog der V. Senat einen Ausgleich nach den Vorschriften über die Geschäftsfilhrung ohne Auftrag, den er aber aus anderen Gründen nicht weiterzuverfolgen brauchte23 •

19 Der Fall war insofern besonders gelagert, als der "Verkäufer" sich dazu verpflichtet hatte, einen auf dem Grundstück befindlichen Rohbau bis zur Auflassung fertigzustellen, also ein Werklieferungsvertrag nach § 651 Abs. 1 S.2 dem geschützten Anspruch zugrunde lag. Der vormerkungswidrige Eigentümer, der das Grundstück im Zwangsversteigerungsverfahren erworben hatte, ließ das Gebäude durch den Bauunternehmer fertigstelIen. 20 OLG Hamburg, B.v. 2.10.1961- 8 V 56/61 -, NJW 1961,2350 f. 21 BGH, V.V. 31.1.1964 - V ZR 28/62 -, WM 1964,298 ff. 22 Hamburger Autbaugesetz vom 11.4.1949, GVBI. S.45, i.d.F. vom 12.4.1957, GVBI. S. 241 (landesrechtliche Vorläuferregelung zum BBauG bzw. BauGB). 23 Von den mit der Widerklage geltend gemachten Aufwendungsersatzposten waren in der Revision nur noch der bezahlte Kaufpreisanteil, die Notarkosten und die gezahlte Grunderwerbsteuer streitbefangen. Die Äußerungen zu den §§ 994 ff. bzw. §§ 677 ff. waren die Entscheidung nicht tragende Erwägungen zur Erstattung des Kaufpreisanteils, die das Gericht schließlich aus § 1100 S. I zusprach.

6. Kap.: Rechtsprechungsübersicht und kurze Skizze des Meinungsstandes

187

Wiederum das OLG Hamburg, diesmal jedoch der 6. Senat, gewährte 1971 24 dem Erstkäufer einen Ersatzanspruch gegen den Vorkaufsberechtigten wegen seiner Aufwendungen fUr das Aufhöhen des betroffenen Grundstücks nach Maßgabe der §§ 812 ff. Der Bereicherungsanspruch könne gemäß § 273 Abs. 2 auch schon gegenüber dem Zustimmungsanspruch geltend gemacht werden; die Bereicherung trete mit der Vollstreckung des Zustimmungs- und Herausgabeurteils ein, so daß die Zug-um-Zug-Verurteilung sachlich gerechtfertigt und prozeßökonomisch sinnvoll sei. Schließlich knüpfte der V. Senat des Bundesgerichtshofs in zwei Urteilen aus den Jahren 197925 und 1983 26 an die oben geschilderte Vorkriegsrechtsprechung an, indem er dem vormerkungswidrigen Erwerber Ansprüche gegenüber dem Berechtigten auf den Ersatz von Verwendungen entsprechend den §§ 994 ff. zusprach. Im Urteil von 1979, das ein grundbuch- und damit vormerkungsgesichertes Wiederkaufsrecht nach § 20 Reichssiedlungsgesetz (RSiedlGf7 betraf, bejahte der Senat im Anschluß an das OLG Rostock28 Bösgläubigkeit des Wiederverkäufers ab dessen Kenntnis von der Ausübung des Wiederkaufsrechts. An dieser Sicht hielt das Gericht in dem Judikat aus dem Jahr 1983 fUr das sachenrechtliche ("dingliche") Vorkaufsrecht nicht mehr fest; es behandelte den Erstkäufer - im Ergebnis wie der VI. Senat des RG 29 - wegen der Kenntnis des bestehenden Vorkaufsrecht schon ab dem Besitzerwerb als bösgläubig i.S. von §§ 990 Abs. 1,994 Abs. 2, 996. Die Stellungnahmen in der Literatur bieten ein weitgehend getreues Spiegelbild der unterschiedlichen Auffassungen der Rechtsprechung30 • Die entsprechende Anwendung der Vorschriften über das EigentümerBesitzer-Verhältnis, also der §§ 994 ff., wurde ebenso vorgeschlagen wie die Lösung über das Bereicherungsreche 1 oder die Vorschriften über die Geschäfts-

24 OLG Hamburg, U.v. 11.2.1971 - 6U 70/70 -, NJW 1971, 1317ff. m. Anm. Meyer, NJW 1971, 1317 ff. und M Walter, NJW 1971, 1845 ff. 25 BGH, U.v. 5.10.1979 - V ZR 71/78 -, BGHZ 75, 288 (=NJW 1980, 833 =MDR 1980,299 =JZ 1980,233 =LM § 888 Nr. 3 LS. m. Anm. Räße). 26 BGH, U.v. 20.5.1983 - V ZR 291/81 -, BGHZ 87, 296 (=NJW 1983, 2024 =MDR 1983, 740 =LM § 1098 Nr. 9 LS. m. Anm. Vogt). 27 Reichssiedlungsgesetz vom 11.8.1919, RGBI. 1919, S. 1429-1436. 28 OLG Rostock, OLGRspr. 29 (1914),353 ff. 29 RG, HRR 1928, Nr. 2276. 30 Außerordentlich umfassende Schrifttumsnachweise bei Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 56. 31 MWalter, NJW 1971, 1845; MKJHP.Westermann, 2/1986, § 1100 Rn 5; RGRKJHeimann-Trosien, 12/1974, § 812 Rn 46; Turnau/Förster, LiegenschaftsR I,

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2. Teil, l. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

fiihrung ohne Auftrag32 • Beim "dinglichen" Vorkaufsrecht wurde angeregt, die Rechtshängigkeitshaftung nach § 292 LV.m. §§ 994 ff. auch schon fUr die Zeit vor der gerichtlichen Geltendmachung des Herausgabe- und Zustimmungsanspruchs heranzuziehen 33 • Vereinzelt geblieben ist die Meinung, dem vormerkungswidrigen Erwerber stünden Verwendungsersatzansprüche entsprechend und nach Maßgabe der Ansprüche des Schuldners des vorgemerkten Anspruchs ZU34. Schließlich hatte auch die Ablehnung jedweden Verwendungsausgleichs im Verhältnis zwischen (vormerkungswidrigem) Erstkäufer und dem Geschützten, wie sie das OLG Hamburg 1961 vertrat, ihre Anhänger im Schrifttum35 • In der neueren Lehre hat sich allerdings im Zusammenhang mit den jüngsten Urteilen des BGH die analoge Anwendung der §§ 994 ff. weitgehend durchgesetzt36 • Ob damit das nach einer Formulierung Gurskys "seit Inkrafttreten des BGB außerordentlich umstrittene" Problem3? endgültig gelöst ist, ist keineswegs sicher.

III. Substanzändernde Einwirkungen (Verwendungen i.w.S.) Einen "Umgestaltungsfall" hatte im Jahr 1933 der V. Senat des Reichsgerichts 38 zu entscheiden. Der vormerkungswidrige Erwerber hatte das betroffene Grundstück bebaut und nach Erkenntnis des Gerichts damit wirtschaftlich um1900, § 1100 Anm. I; neben den §§ 677 ff. auch StaudingerlDittmann, 11/1963, § 1100 Rn 6; Lange, SachenR, 1967, S. 122 Fn. 9a. 32 StaudingerlDittmann, 11/1963, § 1100 Rn 6 und Lange, SachenR, 1967, S. 122

Fn.9a. 33 So Raape, 1908, S. 66; Fuchs, GBR I, 1902, § 888 Anm. 14; o.v.Gierke, DPR, 1905, § 154 Fn. 41; wohl auch Meyer, NIW 1971,1317 f. 34 Legart, Gruchot 73 (1933), S. 307,315. 35 Die Stellungnahme von Endemann, BR 8,911905, § III 3d Fn. 23 ist allerdings nicht eindeutig. 36 Gursky, IR 1984, 3 ff.; Kahler, NJW 1984, 2849 ff.; Hartmann, NJW 1956, 899; E.Schwerdtner, BWNotZ 1972, 145 ff.; PalandtlBassenge, 5511996, § 888 Rn 8; SoergellStürner, 12/1989, § 888 Rn 4 und § 1100 Rn 3; StaudingerIMayer-MalyIMader, 13/1994, § 1100 Rn 10; MKiWacke, 2/1986, § 888 Rn 19; Erman/Hagen, 911993, § 888 Rn 5; Westermann, SachenR, 5/1966, § 84 IV 4c; Westermann/Eickmann, SachenR 11, 611988, § 100 IV 4d; SchwablPrütting, SachenR, 25/1994, § 82 III a.E.; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1171k. - Weitere Nachweise sowie näher zum Ganzen unten im 2. Abschnitt, 14. Kapitel. 37 StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 56. 38 RG, U.v. 22.3.1933 - V 47/32 -, HRR 1933, Nr. 1850 (=Recht [vielfach falsch "DRZ" zitiert] 1933, Nr. 301).

6. Kap.: Rechtsprechungsübersicht und kurze Skizze des Meinungsstandes

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gestaltet. Seiner - offenbar auf Feststellung der Unwirksamkeit der Vormerkung oder des Nichtbestehens des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 gerichteten39 - Klage hielt das Gericht entgegen, auf den Anspruch aus § 888 könne die Rechtsprechung zur Unmöglichkeit der Herausgabe des Erlangten nach § 818 Abs. 2 (RGZ 133, 293 ff.) nicht angewandt werden40 . § 888 sei kein bereicherungsrechtlicher Anspruch; außerdem widerspräche es dem Zweck des § 888 Abs. 1, wenn eine Auflassungsvormerkung durch die wirtschaftliche Umgestaltung des Grundstücks hinfiillig gemacht werden könnte. Ergänzend meinte der Senat, der vormerkungswidrige Erwerber verdiene ebensowenig Schutz wie derjenige, der schuldhaft LS. von § 912 über die Grenze gebaut habe. Sofern der Vorgemerkte die Bebauung wissentlich geduldet habe, könne dem Anspruch aus § 888 evtl. die Einrede der Arglist entgegengehalten werden; dafür sei aber nichts vorgetragen worden. Solange die Vormerkung im Grundbuch eingetragen sei, müsse jeder Erwerber des Grundstücks damit rechnen, daß sie noch zu Recht bestehe und der Anspruch aus § 888 geltend gemacht werde. Im Schrifttum wird die Entscheidung, soweit sie Beachtung gefunden hat, allgemein gebilligt41; Z.T. wird aber der Vergleich mit § 912 als verfehlt kritisiert42 . Bei allem Streit in den vorgestellten Fallkonstellationen dürfte jedoch Einigkeit darüber bestehen, daß es sich lohnt oder doch lohnen sollte, über die Rechtsfolgen tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis des Vorgemerkten zum vormerkungswidrigen Erwerber nachzudenken.

39 Die Fundstellen in HRR 1933, Nr. 1850 bzw. Recht 1933, Nr. 301 geben hierzu keine näheren Auskünfte. 40 Dazu bereits oben im 5. Kapitel. 41 StaudingeriSeufert, 11/1956, § 888 Rn 6 mit Fn ... *; StaudingeriGursky, 12/1987, § 888 Rn 41; RGRKlAugustin, 12/1978, § 888 Rn 12; Soerge/IStürner, 12/1989, § 888 Rn 5; ErmaniHagen, 9/1993, § 888 Rn 5; WestermannlEickmann, SachenR 11, 6/1988, § 100 IV 4d. 42 So StaudingerlSeufert, 1111956, § 888 Rn 6 Fn. ***; WestermannlEickmann, SachenR 11,6/1988, § 100 IV 4d. - S. näher unten im 2. Abschnitt, 15. Kapitel.

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2. Teil, I. Abschn.:Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

7. Kapitel

Die Einwände gegen einen unmittelbaren Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis zwischen dem Geschützten und dem vormerkungswidrigen Erwerber Läßt man die Rechtsprechungs- und Literaturübersicht Revue passieren, so fällt zunächst auf, daß der Meinungsstand bezüglich der unmittelbaren Abwicklung tatsächlicher Einwirkungen je nach deren Wert unterschiedlich ist. Die Pflicht des Vormerkungsgeschützten zum Ersatz werterhaltender und -erhöhender Einwirkungen (Verwendungen) wird fast einhellig bejaht. Dagegen ist es heftig umstritten, ob dem Vormerkungsberechtigten in diesem Verhältnis Schadensersatz-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche zustehen. Dies ist insofern überraschend, als das Gesetz im Regelfall bei Herausgabeansprüchen Verwendungsersatzpflichten mit Schadensersatzansprüchen koppelt und auf diese Weise fiir Ausgewogenheit der gegenseitigen Verpflichtungen sorgt. Als Paradebeispiel seien hier nur die §§ 987 ff. genannt. Die Befiirworter einer einseitig auf Verwendungsersatz beschränkten unmittelbaren Abwicklung tatsächlicher Einwirkungen stehen daher unter besonderem Rechtfertigungsdruck, wollen sie sich nicht dem Vorwurf der Inkonsequenz aussetzen. Und tatsächlich rechtfertigt etwa Gursky diese Unausgewogenheit mit einem nur im Fall des Verwendungsausgleichs bestehenden Rechtsnotstand, der die analoge Anwendung der §§ 994 tT. in diesem Fall erforderlich mache 43 • Unter Zurückstellung dieser Frage44 sollen jedoch zunächst die gegen die Gewährung von Schadensersatz-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen vorgebrachten Argumente zusammenfassend dargestellt werden. Die derartige Ansprüche ablehnenden Autoren fUhren vor allem Regelungsgehalt und Zweck der Vormerkung ins Feld. Typisch ist etwa die Argumentation des OLG München im oben dargestellten Beschluß vom 15.11.196245 : Das Gericht fUhrt aus, daß die Hauptwirkung der Vormerkung darin bestehe, daß der geschützte Anspruch durch nachfolgende rechtsgeschäftliche Verfiigungen oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht mehr vereitelt oder beeinträchtigt werden könne, weil diese Maßnahmen gegenüber dem Vormerkungsberechtigten unwirksam seien. Solange aber der

43

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Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 56 bzw. Rn 61. Näher dazu im 9. Kapitel, unter m., insbes. 111.5. OLG München, NJW 1963,301 ff.

7. Kap.: Einwände gegen den unmittelbaren Ausgleich von Einwirkungen

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Käufer eines Grundstücks als Eigentümer eingetragen sei, könne er im übrigen mit seinem Eigentum nach seinem Belieben verfahren (§ 903). Er könne sein Eigentum auch gegenüber dem Vonnerkungsberechtigten geltend machen, soweit nicht dessen Anspruch beeinträchtigt werde 46 . Tatsächliche Einwirkungen auf das Grundstück, seine Erzeugnisse oder Bestandteile könne der Vonnerkungsgläubiger regelmäßig nicht verhindern. Dieses aus § 883 Abs. 2 S. 1 hergeleitete Ergebnis sieht das OLG durch zwei weitere Gesichtspunkte bestätigt: Zum ersten fehlten für die Vonnerkung Vorschriften wie die §§ 1133-1135, die den Hypothekengläubiger vor Verschlechterungen des haftenden Grundstücks schützen47 . Zum zweiten könne der Vormerkungsgläubiger vom als Eigentümer eingetragenen Dritten nur Zustimmung zur Grundbuchänderung verlangen. Mehr könne aus § 888 nicht hergeleitet werden. Eine ausdehnende Auslegung dinglicher Rechte sei nicht möglich. Rechte gegenüber dem (vonnerkungswidrigen) Erwerber könne der Vormerkungs- oder dinglich Vorkaufsberechtigte allenfalls aus § 826 herleiten48 • Sofern die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorlägen, sei der Vormerkungsberechtigte bei Veränderung oder Verschlechterung des Grundstücks auf einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegenüber seinem Schuldner beschränkt, nicht anders wie wenn dieser selbst die Verschlechterung herbeigefuhrt hätte49 . Seufert, auf den die Argumentation des OLG München zurückgeht, meint knapp 50, Zweck der Vormerkung sei und bleibe der Schutz vor rechtsgeschäftlichen Gefahrdungen; tatsächlichen Einwirkungen könne und solle sie nicht verhindern. Die Rechtsstellung des Vorgemerkten werde durch etwaige Verschlechterungen des Grundstücks gar nicht berührt. Dieser sei auf die vertragli-

OLG München, NJW 1963,303. Bei Gefährdung der Sicherheit einer Hypothek durch Verschlechterung des Grundstücks kann der Hypothekengläubiger nach § 1133 dem Eigentümer eine Beseitigungsfrist setzen und sich nach deren fruchtlosem Ablauf sofort aus dem Grundstück befriedigen. § 1134 eröffuet dem Hypothekengläubiger die weitere Möglichkeit, gegen den Eigentümer oder einen Dritten, der die Verschlechterung verursacht hat, auf Unterlassung zu klagen. § 1135 dehnt die Rechte aus den §§ 1133, 1134 auf die Fälle der Verschlechterung oder den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zuwiderlaufenden Entfernung von Zubehörstücken, die zum Haftungsverband der Hypothek gehören, aus. 48 Im Anschluß an StaudingeriSeufert, 11/1956, § 888 Rn 7. 49 OLG München, NJW 1963,303. 50 StaudingerlSeufert, 11/1956, § 888 Rn 7, ferner auch StaudingeriGursky, 12/1987, § 888 Rn 61. 46 47

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2. Teil, I. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

chen Schadensersatz-, Wandlungs- oder Minderungsansprüche gegen seinen Schuldner beschränkt51 . Diese Argumentation ausbauend, macht Gursky52 geltend, die Sachmängelgewährleistungsrechte genügten auch zum Schutz des Vorgemerkten; insoweit fehle es an einem Rechtsnotstand. Davon abweichend begründet Jürgen Kohler53 die Ablehnung von Schadensersatzpflichten des vormerkungswidrigen Erwerbers damit, daß dem Käufer gegen seinen Verkäufer schon keine Schadensersatzansprüche zustünden. Der vormerkungswidrige Erwerber könne dann erst recht nicht auf Schadensersatz haften. Die Gegenauffassung fiihre zu einer "von der Schutzfunktion der Vormerkung nicht mehr gedeckten, wohl besonders begründungs bedürftigen SuperHaftung,,54. Unterstützt hat neuestens diese Argumentation Rosien, der wie hier die tatsächlichen Einwirkungen als Sachmängel einordnet, aber ausgehend von der kaufrechtlichen Gewährleistungstheorie daraus schließt, daß sie die Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs überhaupt nicht beeinträchtigen55 . Schadensersatzansprüche des Käufers gegenüber dem Verkäufer wegen der Verschlechterungen seien nur dann möglich, wenn diese dazu fiihrten, daß dem Grundstück eine zugesicherte Eigenschaft i.S. von §§ 459 Abs. 2,463 S. 1 fehle 56 . Nach den oben im 1. Teil57 gewonnenen Erkenntnissen kann die Auffassung von Kohler und Rosien freilich nicht überzeugen. Die Gewährleistungstheorie ist abzulehnen, weil sie keinen soliden Rechtsgrund fiir die §§ 459 ff. liefern kann und den Charakter dieser Vorschriften als Fremdkörper im Leistungsstörungsrecht des BGB nur noch vertieft58. Außerdem ist auch vom Standpunkt der Gewährleistungstheorie aus die Negierung von Schadensersatzansprüchen wegen schuldhafter Verschlechterung des Kaufgegenstandes in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang nicht beifallsWÜfdig. Wie oben59 gezeigt, liegt im Regelfall eine Nebenpflichtverletzung (Obhutspflichtverletzung, "Schlechtleistung") vor, die ebenfalls zum Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) 51 StaudingeriSeufert, 11/1956, § 888 Rn 7, Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 61; dagegen aber Hager, JuS 1990,429,437 Fn. 143. 52 Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 61. 53 Kahler, NJW 1984,2849,2857. 54 So ausdrücklich Kahler, NJW 1984, 2849, 2857 Fn. 90. 55 Rasien, 1994, 215. 56 Rasien, 1994, 198 f. 57 S. im 3. Kapitel, 1.2. 58 Hierzu bereits 3. Kapitel, I.2.a) aa) (I). 59 3. Kapitel, 1.2.a) aa) (2).

8. Kap.: Zulässigkeit nach Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte

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führt, wobei die §§ 459 ff. dem Ersatz des Verschlechterungsschadens, des sog. "Mangelschadens" nicht entgegenstehen, soweit dieser durch Minderung bzw. Wandlung nicht vollständig kompensiert wird60 . Weitere Einwände richten sich gegen die von den BetUrwortern von Schadensersatzansprüchen herangezogenen Anspruchsgrundlagen, wie etwa § 823 Abs. 1 oder §§ 989, 990. Diese Einwände werden daher zweckmäßigerweise bei der Erörterung dieser Anspruchsgrundlagen diskutiert61 • Im folgenden soll zunächst anhand des Gesetzeswortlautes, der Entstehungsgeschichte, der Interessenlage und des Zwecks der Vormerkung sowie der sonstigen Ersatzmöglichkeiten untersucht werden, ob ein unmittelbarer Ausgleich für tatsächliche Einwirkungen zwischen dem vormerkungsgeschützten Käufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber grundsätzlich möglich und vonnöten ist. Erst nach Bejahung dieser Frage ist es erforderlich, sich über die zutreffende Ausgleichsordnung zwischen dem gesicherten Käufer und dem vormerkungswidrigen Erwerber Gedanken zu machen.

8. Kapitel

Die Zulässigkeit der "abgekürzten" Abwicklung tatsächlicher Einwirkungen nach dem Gesetzeswortlaut und der Entstehungsgeschichte von Vormerkung und sachenrechtlichem Vorkaufsrecht

I. Der gesetzliche Befund Die gesetzliche Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Rechtsinhaber ist karg. Sie beschränkt sich auf die in § 883 Abs. 2 angeordnete Unwirksamkeit des Rechtserwerbs gegenüber dem Geschützten und dessen damit verbundenen Anspruch nach § 888 Abs. 1 auf Zustimmung zur Grundbuchumschreibung.

60 Dazu wiederum oben 3. Kapitel, I.2.b) und d). - Ebenso Hager, JuS 1990, 429, 437 Fn. 143. 61 Ausführlich dazu unten im 11. und 12. Kapitel. 13 Richter

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2. Teil, I. Abschn.: Zu lässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Der Beseitigungsanspruch gemäß § 886 steht nicht nur dem Inhaber eines vormerkungswidrig erworbenen Rechtes zu, sondern - beispielsweise, wenn die Vormerkung den Erwerb eines beschränkten dinglichen Rechtes ermöglichen soll - auch dem Grundeigentümer als Buchbetroffenem und Schuldner des vorgemerkten Anspruchs; jeweils, soweit ihnen eine dauernde (peremptorische) Einrede gegenüber dem geschützten Anspruch zusteht. Desgleichen gilt fur das nach § 887 zugelassene Aufgebotsverfahren, mit dessen Hilfe die Vormerkung zum Erlöschen gebracht werden kann. Die Regelung beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht ist etwas dichter. Wiederum ist der Rechtserwerb des Neueigentümers (Erstkäufers) dem Geschützten gegenüber ("relativ") unwirksam, § 1098 Abs. 2 i.V.m. § 883 Abs. 2. Der Neueigentümer kann gemäß § 1099 Abs. 1 durch Mitteilung des Inhalts des geschlossenen Kaufvertrages fur den Berechtigten die Ausschlußfrist des § 510 Abs. 2 in Lauf setzen. Hat der Vorkaufsberechtigte sein Recht fristgemäß ausgeübt, kann er vom Ersterwerber nach § 1098 Abs.2 i.V.m. § 888 Abs. 1 die Zustimmung zur Grundbuchänderung verlangen. Aus § 1100 S. 1 ergibt sich, daß der Berechtigte neben der Zustimmung zugleich die Herausgabe des Grundstücks fordern kann. Dieselbe Vorschrift gewährt dem Erstkäufer (oder seinem Rechtsnachfolger) das Recht, Zustimmung und Herausgabe zu verweigern, bis der Berechtigte ihm den bereits an den Verkäufer gezahlten Kaufpreis erstattet hat. Ab dem Eigentumserwerb des Berechtigten kann der Erstkäufer gemäß § 1100 S. 2 dem Herausgabeanspruch nicht mehr nur ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten, sondern er hat wegen des schon gezahlten Kaufpreises einen Erstattungsanspruch, den der Vorkaufsberechtigte Zug um Zug gegen die Herausgabe des Grundstücks erfullen muß. Im Verbund mit den Befreiungstatbeständen in §§ 1101, 1102 wird so die Zahlung des Kaufpreises an den Verkäufer bzw. dessen Rückerstattung an den Erstkäufer durch Abwicklung unmittelbar zwischen Berechtigtem und Erstkäufer abgekürzt. Das Aufgebotsverfahren nach § 1104 kann nicht spezifisch als Recht des Ersterwerbers verstanden werden, es betrifft den Eigentümer des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks als solchen. Als Ergebnis ist daher festzuhalten: Weder die §§ 883 ff. noch die §§ 1094 ff. halten Regeln fur die Verhinderung oder den Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen auf das betroffene Grundstück bereit.

8. Kap.: Zulässigkeit nach Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte

195

Dieses Schweigen des Gesetzes kann bedeuten, daß der historische Gesetzgeber die Abwicklung tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis zwischen dem Berechtigten und dem vonnerkungswidrigen Erwerber ausschließen wollte - so wie etwa das Schweigen des BGB zum Eigentum an einzelnen Wohnungen in einem Gebäude i.S. des heutigen Wohnungseigentumsgesetzes62 beredt war im Sinne eines Ausschlusses derartiger Rechte 63 . In diesem Fall wäre es primär eine rechtspolitische Frage, ob diese Entscheidung zu korrigieren wäre. Eine durch Rechtsprechung und Lehre auszutUllende Regelungslücke wäre nur dann anzunehmen, wenn sich die fiir die damalige Entscheidung erheblichen Tatsachen mittlerweile geändert hätten und der historische Gesetzgeber in Kenntnis dieser neuen Tatsachen eine andere Regelung vorgenommen hätte 64 • Denkbar ist aber auch, daß der Gesetzgeber einen Ausgleich nach allgemeinen bzw. an anderer Stelle im Gesetz benannten Regeln zulassen wollte und/oder Wissenschaft und Praxis über den Ausgleich und die dafiir am besten geeigneten Vorschriften entscheiden lassen wollte. Schließlich kann das Schweigen des Gesetzes damit zu erklären sein, daß der Gesetzgeber das Problem übersehen oder verkannt hat. Dann wäre zu fragen, ob andere Ausgleichsnonnen ähnliche Interessenlagen regeln und diese aus Gleichbehandlungsgründen auf das Verhältnis zwischen dem Vorgemerkten und dem vonnerkungswidrigen Erwerber anzuwenden wären, mit anderen Worten: ob eine Analogie geboten ist. In welchem Sinn das Schweigen des Gesetzes zu deuten ist, erhellt ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Vonnerkung bzw. des sachemechtlichen Vorkaufsrechts.

62 Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) vom 15.3.1951 (BGBI. I S. 175, ber. S. 209). 63 So z.B. Larenz, Methodenlehre, 6/1991, S. 370 (11. Teil, Kapitel 5, 2a. Vgl. auch Art. 182 EGBGB, wonach bei Inkrafttreten des BGB bereits begründetes Stockwerkseigentum bestehen bleibt. Aus dieser Vorschrift ergibt sich in Verbindung mit dem Schweigen des BGB, daß die Neubegründung von Stockwerkseigentum mit Inkrafttreten des BGB ausgeschlossen war. 64 Kritisch zur Annahme von Regelungslücken in diesem Fall Pawlowski, Methodenlehre, 2/1991, Rn 462: Dieser Annahme liege die Vorstellung zugrunde, daß das Recht allein oder doch vornehmlich von den staatlichen Gesetzen bestimmt werde. Die Wertungsjurisprudenz, die das gesetzte Recht als Ausprägung einer hinter diesem stehenden Wertordnung betrachtet, habe daher keinen Anlaß, eine auf dem Wertewandel beruhende Rechtsfortbildung mittels der Konstruktion von Gesetzeslücken zu rechtfertigen. Der Lückenbegriff erleichtert allerdings Argumentation und Konsensbildung, was auch Pawlowski konzediert (a.a.O., Rn 471).

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2. Teil, I. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

11. Die Rolle der tatsächlichen Einwirkungen auf das vorgemerkte Grundstück in der Entstehungsgeschichte von Vormerkung und sachenrechtIichem Vorkaufsrecht

1. Die Situation bei der Vormerkung Die Kodifizierung der Vormerkung als eines Rechtsbehelfs zur Sicherung von Ansprüchen auf dingliche Rechtsänderung wurde noch von der ersten Kommission zur Erarbeitung des BGB, die im Jahr 1888 den ersten Entwurf (E I) vorlegte, abgelehnt65 , obwohl vergleichbare Regelungen bekannt waren66 und sich nach Auffassung der Praxis auch bewährt hatten67 • Angesichts der heftigen Kritik, die dieser Verzicht im Schrifttum und bei den Regierungen fast aller größeren Gliedstaaten des Deutschen Reiches hervorgerufen hatte 68 , entschied sich die zweite Kommission, die in den Jahren 1890 1895 den ersten Entwurf überarbeitete und einen zweiten Entwurf (E 11) fertigte, dann doch fiir eine Regelung des Instituts69 . In der vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der 2. Kommission (Redaktionsvorlage des Kommissionsmitgliedes Planck) wurde die Vormerkung durch die §§ 844a, 845 in den E I eingestellt und dem Widerspruch (§ 844 EI) zugeordnet. § 844a E I regelte u.a. die relative Unwirksamkeit vormerkungswidriger Verfiigungen und die Rangwirkung der Vormerkung. § 845 E I normierte die Eintragungsvoraussetzungen und verwies fiir das weitere Verfahren auf die Regelung der ZPO über einstweilige Verfiigungen70 • Diese Verweisung auf das Verfiigungsverfahren klärte aber nicht hinreichend, wie der vorgemerkte Anspruch verwirklicht werden sollte und wie das Verhältnis des Berechtigten zum vormerkungswidrigen Erwerber ausgestaltet sein sollte. Deshalb schlug das Kommissionsmitglied Jacubezky vor, die Vormerkung zu einer selbständigen Grundstücksbelastung, sozusagen einem "dinglichen" Ver6S s. etwa Jakobs/Schubert, SachenR I, 1985, S.319, 321 f, auch Mugdan III, S. 131, 133 f. (=Motive III, S. 238 ff., 240 f.). 66 S. die Übersicht bei Mugdan I1I, S. 131 f. (=Motive I1I, S. 238 f). Für diese Rechte war die Bezeichnung "protestationes pro conservando iure et loco" gebräuchlich. Beispielhaft zu nennen sind hier 2. Titel, §§ 289, 290, 298, 299 preuß.HypothO v. 1783; §§ 8, 22, 60 preuß.EEG v. 1872 bzw. §§ 64,88 preuß.GBO v. 1872. Zum "ius ad rem" des preuß.ALR s. noch unten 10. Kapitel, unter 11. 67 S. Mugdan III, S. 565 f (=Protokolle III, S. 114), ferner Schubert, 1966, S. 129. 68 Vgl. die Nachweise bei Schubert, 1966, S. 129 f.; Biermann, Widerspruch, 1901, S. 67 ff. 69 S. im einzelnen Jakobs/Schubert, SachenR I, 1985, S. 343 ff. 70 Dazu Jakobs/Schubert, SachenR I, 1985, S. 349 f.

8. Kap.: Zulässigkeit nach Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte

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schaffungsrecht auszubauen und in einern eigenen Gesetzesabschnitt zusammenzufassen7I . Nach Jacubezky sollte der geschützte Gläubiger von dem neuen Eigentümer bzw. Rechtsinhaber die Verschaffung des vorgemerkten Rechtes verlangen können. Der persönliche Schuldner sollte berechtigt sein, den Vorgemerkten an den neuen Eigentümer zu verweisen, soweit er von diesem Befriedigung zu erlangen vermöge (§§ a, c, f des Antrags). Der Vorschlag lief damit auf einen Schuldbeitritt eigener Art hinaus 72. Unter dem Blickwinkel dieser Arbeit ist § d dieses Vorschlags von besonderem Interesse. Diese Vorschrift sah einen unmittelbaren Ausgleich von Nutzungen, Schäden und Verwendungen zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber (einschließlich dem Erwerber von Besitzberechtigungen) vor, und zwar nach Maßgabe der Vorschriften über das EigentümerBesitzer-Verhältnis filr die Zeit ab Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs. Alternativ zu dieser Entwicklung der Vormerkung zum "dinglichen Verschaffungsrecht" wurde angeregt, die Regelung des Grundbuchberichtigungsanspruchs um einen Anspruch des Vorgemerkten gegen den vormerkungswidrigen Erwerber auf Zustimmung zur Grundbuchänderung zu ergänzen73 • Eine persönliche Verpflichtung des (vormerkungswidrigen) Eigentümers in Ansehung des vorgemerkten Anspruchs sollte danach nicht bestehen, abgesehen davon, daß dieser sich durch die schuldhafte Vereitelung des Rechts verantwortlich machen WÜTde 74 • Die Kornrnissionsmehrheit gab diesem Alternativvorschlag eines bloßen Zustimmungsanspruchs des Vorgemerkten den Vorzug. Sie sah kein Bedürfnis filr eine Ausgestaltung der Vormerkung zu einern dinglichen Recht mit schuldbeitrittsähnlicher Wirkung. Man solle nicht darüber hinausgehen, was der Zweck der Einrichtung, nämlich die Sicherung des persönlichen Anspruchs, erfordere. Dieser Zweck lasse sich auch erreichen, wenn man auf dem Boden der bisherigen Beschlüsse verbleibe und lediglich ausspreche, daß der jeweilige Eigentümer seine grundbuchmäßige Zustimmung zur Verschaffung des betroffenen Rechtes zu geben habe. Der Vorschlag Jacubezkys fiihre zu einern zusätzlichen (Verschaffungs-) Anspruch des Vorgemerkten, den dieser wahlweise wie bei ei71 S. hierzu und zum folgenden Jakobs/Schuber!, SachenR I, 1985, S. 351 ff.; Mugdan II1, S. 567 ff. (=Protokolle III, S. 740 ff.).

72 Vgl. dazu und zum Begriff der "Realobligation" näher unten im 12. Kapitel, II.4.d) bb) (2) und (3). 73 S. Jakobs/Schuber!, SachenR I, 1985, S. 352 f.; Mugdan III, S.569 (=Protokolle III, S. 743). 74 So bei Mugdan III, S. 569 (=Protokolle III, S. 744).

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2. Teil, 1. Abschn.: Zu1ässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

nem Gesamtschuldverhältnis geltend machen könne. Daraus folge eine Begünstigung des persönlichen Schuldners, die insbesondere dann völlig ungerechtfertigt sei, wenn die Vormerkung aufgrund einer einstweiligen Verfiigung eingetragen worden sei 75 . Trotz dieser Ablehnung des Grundprinzips seines Antrags erhielt Jacubezky seine Einzelvorschläge aufrecht, so daß auch der bereits erwähnte § d besprochen wurde. Er wies darauf hin, die Haftung des vormerkungswidrigen Erwerbers nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ergebe sich daraus, daß ihm der persönliche Anspruch infolge der Eintragung der Vormerkung bekannt gewesen sei und er deshalb auf das Recht des Vorgemerkten wie ein unrechtmäßiger, verklagter Besitzer gegenüber dem Eigentümer Rücksicht nehmen müsse. Demgegenüber wurde eingewandt, daß der Erwerber nicht mit der Realisierung des Anspruchs rechnen müsse, solange er nicht geltend gemacht sei. Die Kommissionsmehrheit hielt die Aufnahme einer solchen Vorschrift fiir entbehrlich. Ohne gesonderte Regelung ergebe sich, daß der (geschützte) Gläubiger seinen persönlichen Schuldner unbedingt fiir etwaige Verschlechterungen oder eine sonstige Vereitelung seines Anspruchs haftbar machen könne, den jeweiligen Eigentümer dagegen nur, soweit diesem ein Verschulden zur Last zu legen sei 76 . Aus dieser Diskussion und ihrem Ergebnis folgt, daß das Schweigen der §§ 883 ff. bzgl. des Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Rechtsinhaber nicht im Sinne eines Ausgleichsverbotes in diesem Verhältnis verstanden werden kann. Der historische Gesetzgeber ging vielmehr von einer Haftung des Inhabers des vormerkungsbetroffenen Rechtes fiir von ihm verschuldete Verschlechterungen nach allgemeinen Regeln aus. Dabei ist freilich unklar, an welche Haftungsnormen die 2. Kommission gedacht hat. In Betracht zu ziehen ist hier wohl einmal die deliktische Verschuldenshaftung aus § 823 Abs. 1, aber auch die gemeinrechtlich anerkannte, auf alle Verschuldensformen ausgedehnte culpa-Haftung, wie sie noch in § 224 Abs. 1 S.2 des E I (dem Vorläufer von § 276 Abs. 1 S. 1 BGB) ausdrücklich niedergelegt77 war und deren Funktion die heute gewohnheitsrechtlich anerkannte Haftung aus schuldhafter Pflichtverletzung ("positiver

Mugdan III, S. 570 (=Protokolle III, S. 746). Mugdan III, S. 571 unter C. (=Protokolle III, S. 747). 77 Dazu StoII, AcP 136 (1932), S. 279 ff., 283 und bereits oben 3. Kapitel, I.2.d) aa) Fn. 186 bzw. 189. 75

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8. Kap.: Zulässigkeit nach Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte

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Vertragsverletzung", pVV) übernommen hae s. Wegen des heute als versehentlich erkannten Verlustes der ausdrücklichen culpa-Haftung im Gesetzgebungsverfahren kann man insoweit schon von einer planwidrigen Gesetzeslücke sprechen79 • Hinsichtlich des Ersatzes von Verwendungen hat die 2. Kommission bei der Erörterung des § d - den Materialien zufolge - keine Erwägungen angestellt. Infolge der Verknüpfung der Verwendungs ersatz- mit der Schadensersatzproblematik kann aber schwerlich angenommen werden, daß die fehlende ausdrückliche Regelung in den §§ 883 ff. als Ausgleichsverbot zu interpretieren ist. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß die Kommission die Frage nicht fiir regelungsbedürftig hielt und deren Beantwortung Wissenschaft und Praxis überlassen wollte. Dafiir spricht auch der Gesichtspunkt, daß die Kommission im Hinblick auf die dem vormerkungswidrigen Erwerber zustehenden Einreden ausdrücklich in dieser Weise verfuhrSO.

2. Die Situation beim sachenrechtlichen Vorkauftrecht Beim sachenrechtlichen ("dinglichen") Vorkaufsrecht ist die Entstehungsgeschichte in anderer Weise aufschlußreich. Ein von der heutigen Regelung zu unterscheidendes sachenrechtliches Vorkaufsrecht war bereits in den §§ 952 - 960 E I enthalten. Die Abweichung betraf vor allem das in den §§ 955 - 959 E I geregelte Verhältnis des Vorkaufsberechtigten zum (Erst-) Käufer; die Beziehungen zum Verkäufer wurden nach § 954 E I - mit der Regelung in § 1098 Abs. I BGB übereinstimmend - gemäß den V orschriften über das schuldrechtliche V orkaufsrechtSl beurteilt. 78 Wie sich aus der systematischen Stellung des § 224 Abs. I S. 2 im E I und aus den Intentionen der Gesetzgebungskommission ergibt, war die cu/pa-Haftung nicht auf vertragliche Schuldverhältnisse beschränkt. In den Motiven wird in einer Fußnote ausdrücklich darauf hingewiesen, daß "die Regel" [der cu/pa-Haftung] für alle Schuldverhältnisse, auch die in sachenrechtlichen, familien- oder erbrechtlichen Verhältnissen begründeten, gelte; s. Mugdan 11, S. 15 Fn. • (=Motive 11, S. 27 Fn. 3), wo übrigens auch die Geschäftsführung ohne Auftrag als nach damaliger Einteilung (nur) "quasikontraktisches" Schuldverhältnis als der Regel unterworfen behandelt wird, indem § 750 E I (entspricht § 680 BGB) als deren Ausnahme angesehen wird. 79 Auch hierzu StolI, AcP 136 (1932), S. 279 ff.; ferner Emmerich, Leistungsstörungen, 3/1991, § 2 III m.w.N. sowie oben im 3. Kapitel, I.2.d) aa) Fn. 186 bzw. 189. 80 Vgl. Mugdan III, S. 571 f. unter F. (=Protokolle III, S. 748). 81 S. §§ 481-487 E I und §§ 504-514 BGB, die sachlich weitgehend übereinstimmen.

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Soweit der Erstkäufer bereits Besitzer und/oder Eigentümer des betroffenen Grundstücks geworden war, hatte der Berechtigte diesem gegenüber gemäß § 957 Abs. 1 E I einen eigenen Besitz- und Eigentumsverschaffungsanspruch. Zugleich war der Erstkäufer über § 957 Abs. 4 E I verpflichtet, von ihm verursachte Belastungen mit dinglichen Rechten zu entfernen. Im Gegenzug (§§ 957 Abs. 5, 958 E I) hatte er einen Erstattungs- und Befreiungsanspruch bzgl. der schon erfüllten bzw. noch bestehenden vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Verkäufer. Dem Erstkäufer standen nach § 955 E I auch alle Einreden des Verkäufers gegenüber dem Berechtigten zu. Der Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen war in § 957 Abs. 3 E I normiert. Der Ersterwerber hatte einen Anspruch auf Ersatz seiner Verwendungen und haftete für Erhaltung und Verwahrung des Grundstücks, beides nach Maßgabe der Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, wobei die verschärfte Haftung mit dem Zeitpunkt der Erklärung der Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber dem Erstkäufer einsetzte. Wegen § 930 Abs. 1 E 182 begann die Verschlechterungshaftung damit überhaupt erst nach Zugang der Ausübungserklärung, §§ 931 Abs. 1, 933 E 183 . Der Verwendungsersatzanspruch gemäß § 936 Abs. 1 E I wurde durch die verschärfte Haftung nicht unmittelbar beeinflußt und richtete sich auf die beim Eigentümer infolge der Wiedererlangung der Sache eingetretene Bereicherung. Die Bereicherungssumme wurde aber gemäß § 936 Abs. 2 E I um den Reinertrag der gezogenen, aber nicht herauszugebenden Nutzungen gekürzt, weshalb die verschärfte Haftung den Verwendungsersatzanspruch mittelbar beeinflußte84 • In der 1. Kommission war dazu zunächst erwogen worden, die Rechte und Pflichten des Erstkäufers in Ansehung der tatsächlichen Einwirkungen entsprechend denen des Verkäufers oder des Prozeßbesitzers im Eigentümer-BesitzerVerhältnis auszugestalten. Eine solche Regelung empfand man aber dann als zu sehr drückende Erschwerung der Herausgabepflichten des Erstkäufers 85 . Dieser werde nach dem Zweck des Instituts regelmäßig mit der Nichtausübung des

Entspricht § 993 Abs. 1 a.E. BGB. Sie entsprechen den §§ 989, 990 Abs. 1 BGB. 84 Nach §§ 931 Abs. 1,933 EI (entspr. §§ 987 Abs. 1,990 Abs. I BGB) war der unrechtmäßige Besitzer ab Bösgläubigkeit bzw. ab Rechtshängigkeit zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen verpflichtet, vor dieser Zeit waren gemäß § 930 Abs. 1 E I keine Nutzungen herauszugeben (demgegenüber abweichend § 993 Abs. 1 BGB bzgl. der "Übermaßfrüchte"). - Bei einheitlicher Betrachtung des Ausgleichs für Nutzungen und Verwendungen wirkte sich demnach die Haftungsverschärfung bei Rechtshängigkeit bzw. Bösgläubigkeit in diesem Bereich nicht aus. 8S JakobslSchubert, SachenR 11, 1991, S. 351 f. 82 83

8. Kap.: Zulässigkeit nach Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte

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Vorkaufsrechts rechnen86 . Hieraus ergebe sich auch die Anknüpfung der verschärften Haftung als Prozeßbesitzer ab Empfang der Benachrichtigung über die Ausübung des Vorkaufsrechts 87 . Um diese zweckorientierte Argumentation zu verstehen, ist ein Blick auf die Gründe erforderlich, die fiir die Regelung des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts im BGB maßgeblich waren88 : Zum einen sollte es - in Verbindung mit der Belastung des Grundstücks mit festen Geldrenten - als Ersatz fiir die nicht mehr zugelassene Landleihe bzw. Erbpacht dienen. Volks- bzw. agrarwirtschaftlich bestand ein Interesse daran, Landarbeiter durch die Überlassung von Bodenflächen seßhaft zu machen. Diesem Ziel diente die mit dem sachenrechtlichen Vorkaufsrecht erreichbare Erschwerung der Weiterveräußerung der überlassenen (übereigneten) Bodenflächen. Zugleich behielt der die Ansiedlung fördernde Staat oder private Großgrundbesitzer als Vorkaufsberechtigter die Kontrolle über die Auswahl des Erwerbers, indem er durch Ausübung des Vorkaufsrechts den Erwerb ihm mißliebiger oder ungeeignet erscheinender Interessenten verhindern konnte. Daneben sollten Angehörige einer Familie, der ein Landgut als Existenzgrundlage diente, insbesondere Altenteiler, die das Gut gegen Rentenzahlung ihren Kindern überlassen hatten, die Veräußerung an familienfremde, unerwünschte Personen verhindern können. Beide Zwecke charakterisieren das sachenrechtliehe Vorkaufsrecht in seiner Funktion als Veräußerungsbeschränkung, als Abwehnnittel, bei dem der Erwerb des Vorkaufsberechtigten nur eine Nebenfolge darstellt. In dieser Hinsicht ist es sicher zutreffend, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts eher Ausnahmecharakter haben sollte. Heute spielen diese agrarischen Zwecke - wenn überhaupt - eher eine untergeordnete Rolle. Die zweite Funktion des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts, die dem Zweck der Vormerkung korrespondierende Erwerbssicherungsfunktion, hat deutlich an Gewicht gewonnen89 • S. dazu auch Mugdan III, S. 255 unten (=Motive III, S. 458). Jakobs/Schubert, SachenR 11, 1991, S.352; auch Mugdan III (Motive), S.256 unter 3. 88 Jakobs/Schubert, SachenR 11, 1991, S. 338 f., auch Mugdan III (Motive), S. 249 ff. 89 Das Vorkaufsrecht bekommt diese Funktion etwa, wenn ein Produktionsbetrieb einen Teil der Betriebsfläche zunächst nur gepachtet hat und sich ein Vorkaufsrecht auf die gepachteten Flächen einräumen läßt, um diese erforderlichenfalls erwerben zu können. S. ergänzend auch StaudingerIMayer-MalyIMader, 13/1994, Einl zu §§ 1094 ff. Rn 9 f., SoergellStürner, 12/1989, Vor § 1094 Rn 5 sowie Schurig, 1975, S. 15 f. 86

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2. Teil, 1. Abschn.: Zu lässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Bzgl. der Verschlechterungshaftung war die Kommission der Meinung, sie ergebe sich folgerichtig aus der dem Erstkäufer zugewiesenen aktiven Rechtsposition bei dem Ersatz von Verwendungen. Bei einer arglistigen Verschlechterung hafte dieser ohnehin nach den allgemeinen Vorschriften 90 . Konsequenterweise wurde das von dem Kommissionsmitglied Kurlbaum vorgeschlagene Minderungsrecht des Berechtigten gemäß §§ 368 Abs. 1, 392 E 191 abgelehnt. Ein solches Minderungsrecht hätte dem Erstkäufer die Gefahr der zufalligen Verschlechterung des Grundstücks aufgebürdet. Die 1. Kommission hielt dies nur fiir gerechtfertigt, wenn der Erstkäufer selbst eine dem Vorkaufsverpflichteten vergleichbare Stellung einnehme, in dieser Weise, die die Ausübung des Vorkaufsrechts fiir ihn belastender gestalten würde, habe man ihn aber auch sonst nicht eingestuft92. Als Zwischenergebnis zum sachenrechtlichen Vorkaufsrecht läßt sich demnach festhalten: Die 1. Kommission sah das sachenrechtliche Vorkaufsrecht bevorzugt in seiner Funktion als Veräußerungsbeschränkung zur Abwehr unliebsamer Erwerber und hatte deshalb überwiegend den Schutz des Erstkäufers im Sinn, soweit sie im Verhältnis dieses zum Vorkaufsberechtigten den Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen regelte. Die 2. Kommission paßte ohne nähere Erörterung93 das sachenrechtliche Vorkaufsrecht seiner Wirkung nach der zuvor neu in den Gesetzentwurf eingestellten Vormerkung94 an. Damit stand das in den §§ 955 - 959 EI geregelte Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Erstkäufer zur Disposition. Beispielsweise wurde § 955 E I, der dem Erstkäufer die Einreden des Vorkaufs verpflichteten zubilligte, als entbehrlich gestrichen. Da der Zustimmungsanspruch vom Bestand des Eigentumsverschaffungsanspruchs abhängig sei, sei es selbstverständlich, daß der Erstkäufer dem ihm gegenüber geltend gemachten Anspruch auch alle Einreden des Verpflichteten gegen den Verschaffungsanspruch entgegenhalten könne 95 •

90 Jakobs/Schubert, SachenR 11, 1991, S. 352; - hier wurde wohl an die Haftung gemäß §§ 704, 705 E I (entspr. sinngemäß § 826 BGB) gedacht. 91 Entspricht §§ 323 Abs. 1,472 BGB. 92 Jakobs/Schubert, SachenR 11, 1991, S. 352 unter f.; auch Mugdan III (Motive), S. 255 f. unter 2. a.E. 93 S. Jakobs/Schubert, SachenR 11, 1991, S.360, 362 unter I.b) und Mugdan III (Protokolle), S. 713 oben. 94 S. dazu oben unter 1. 95 Mugdan III (Protokolle), S. 714 f. unter IV.

8. Kap.: Zu lässigkeit nach Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte

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Bei der Diskussion des § 957 E I spielte der Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen keine Rolle mehr. Die 2. Kommission stritt nurmehr darüber, ob die Vorschrift ersatzlos gestrichen werden solle 96 oder ob dem Ersterwerber ein Zurückbehaltungsrecht wegen des von ihm bereits gezahlten Kaufpreises zustehen und - notwendig damit verknüpft - ihm der Erstattungs- und Befreiungsanspruch des § 957 Abs. 2 E I gegenüber dem Berechtigten erhalten bleiben sollte. Zum Schutz des Erstkäufers insbesondere vor dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Verkäufers entschied sich die Kommissionsmehrheit fiir den zweiten Weg97 • Welche Schlüsse sind nun aus dem Wegfall der Ausgleichsregelung in § 957 Abs. 3 E I zu ziehen? Nach der hier skizzierten Entstehungsgeschichte wäre es auch beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht verfehlt, ein Ausgleichsverbot betreffend tatsächlicher Einwirkungen anzunehmen. Das Vorkaufsrecht wurde ohne Kontroversen der Regelung der Vormerkung angepaßt, bei der das Schweigen des Gesetzes einem Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen im Verhältnis zwischen dem Berechtigten und dem vormerkungswidrigen Erwerber gemäß oder doch entsprechend den allgemeinen Regeln nicht entgegenstehen sollte. Wegen der unumstrittenen Übernahme der Vormerkungsregeln muß auch im Falle des sachenrechtIichen Vorkaufsrechts von einer Offenheit des Gesetzes fiir einen Ausgleich nach allgemeinen Regeln ausgegangen werden98 • Als Beleg fiir diese Sicht kann auch der Verzicht auf eine eigene Vorschrift über die dem Erstkäufer zustehenden Einreden des Verkäufers und Vorkaufsverpflichteten dienen, der keinesfalls im Sinne eines Ausschlusses verstanden werden sollte. Man kann allenfalls eine Abweichung zwischen beiden Instituten dahin feststellen, daß nach beiden Kommissionen beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht die Abwehrfunktion im Vordergrund stand, während bei der Vormerkung von vornherein und nur die Erwerbssicherungsfunktion in Betracht kam.

96 So der Vorschlag des Kommissionsmitgliedes Planck, der die Beteiligten auf die ihnen jeweils persönlich Verpflichteten verweisen wollte; S. Jakobs/Schubert, SachenR 11, 1991, S. 362 und näher Mugdan III (Protokolle), S. 716. 97 S. § 1100 S. 2 und Mugdan III (Protokolle), S. 716 f. Die vom Kommissionsmitglied Struckmann vorgeschlagene Anwendung der - heutigen - §§ 1000-1003 BGB (§§ 938, 938a EI bzw. §§ 913, 914 Eil) wurde insoweit ausdrücklich abgelehnt (s. dazu Jakobs/Schubert, SachenR 11, 1991, S. 362 unter c. und d. sowie Mugdan III (Protokolle), S. 717). 98 Ebenso etwa BGHZ 75, 288, 291.

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

111. Ergebnis Die Untersuchung von Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte fuhrt zu dem Ergebnis, daß das Gesetz sowohl bei der Vormerkung als auch beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht zum Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen schweigt, dieses Schweigen aber nach der Entstehungsgeschichte beider Institute nicht im Sinne eines Ausgleichsverbots in diesem Verhältnis interpretiert werden kann. Im Gegenteil erachtete die 2. Kommission jedenfalls filr den Teilbereich der Verschlechterungen eine aus den allgemeinen Regeln folgende Haftung für verschuldete Einwirkungen dieser Art als selbstverständlich.

9. Kapitel

Die Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner und der Schutz des vorgemerkten Käufers mit Hilfe von § 826 Ein Haupteinwand gegen unmittelbar an den vormerkungswidrigen Erwerber gerichtete Schadensersatz-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche besteht in dem Hinweis, daß dem Vorgemerkten genügend anderweitige Ersatzansprüche zustünden, wobei insbesondere auf den Vertragspartner, den Schuldner des vorgemerkten Anspruchs, verwiesen wird. Außerdem wird § 826 als Anspruchsgrundlage benannt. Auch soweit das OLG Hamburg Verwendungsersatzansprüche des vormerkungswidrigen Erwerbers gegen den Geschützten ablehnte, begründete es seine Auffassung mit den vorhandenen vertraglichen Ausgleichsmöglichkeiten99 • Die beim Verwendungsersatz herrschende Auffassung hält diese Ausgleichsmöglichkeiten dagegen offensichtlich filr unzureichend; Gursky spricht sogar von einem "Rechtsnotstand"lOo. Daher sind diese Ersatzansprüche gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner sowie der Schutz mit Hilfe von § 826 im folgenden näher zu untersuchen. Gemäß der Aufgabenstellung beschränkt sich die Untersuchung auf den Fall, daß der vormerkungsgesicherte Anspruch einem Kaufvertrag entspringt.

99 100

OLG Hamburg, NJW 1961, 2350, 2351. Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 56.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 205

I. Die Haftung des Verkäufers, der die Vormerkung bestellt hat, für Verschlechterungen des Grundstücks, wenn sich dieses in der Hand eines vormerkungswidrigen Erwerbers befindet Anknüpfungspunkt fiir die Haftung des Verkäufers wegen der Verschlechterungen durch den vonnerkungswidrigen Erwerber kann einerseits die ungünstige Einwirkung als solche, andererseits aber auch die vorgängige vertrags- und vonnerkungswidrige Veräußerung bzw. vertragswidrige Übergabe des geschuldeten Grundstücks sein. I. Verschuldensunabhängige Inanspruchnahme des Verkäufers

Hier kann im wesentlichen auf die Ausfiihrungen im 1. Teil zurückgegriffen werden. Der Verkäufer ist bei Verschlechterungen zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang verschuldensunabhängig nach den §§ 459, 462 zur Minderung oder Wandlung verpflichtet 1ol • Im übrigen kann von ihm allein kraft Gesetzes weder die Herausgabe eines Fehler- bzw. Verschiechterungssurrogats lO2 noch die Beseitigung der Verschiechterungen lO3 verlangt werden. Im Falle der vormerkungswidrigen Übereignung geht der Surrogats anspruch ohnehin ins Leere, weil dem Verkäufer nach der vonnerkungswidrigen Verfilgung im Außenverhältnis, d.h. außerhalb des Wirkungsbereichs der relativen Unwirksamkeit, keine Rechtsinhaberstellung mehr verbleibt, aus der Ersatzansprüche erwachsen könnten: Der vonnerkungswidrige Erwerber ist als Eigentümer Versicherungsnehmer und zur Geltendmachung deliktischer Schadensersatzansprüche befugt, weshalb etwaige Verschlechterungssurrogate zunächst ausschließlich ihm zufließen lO4 . Die Mindesthaftung aus §§ 459, 462 gilt - außer in den ("Nonnal-") Fällen von Naturereignissen und deliktisch handelnden Personen - auch in dem Fall, daß die Verschlechterungen von einem vonnerkungswidrigen Erwerber verursacht worden sind. S. oben, 2. Kapitel, 1.1. S. oben, 2. Kapitel, 1.2. 103 S. oben, 2. Kapitel, 1.3. 104 Zweifelhaft könnte dies allenfalls vom Standpunkt der zur relativen Unwirksamkeit wohl noch überwiegend vertretenen "Duplizitätstheorie" sein, die von einer Spaltung bzw. Verdoppelung der EigentümersteIlung ausgeht. Näher zu dieser Ansicht und zum Verständnis der relativen Unwirksamkeit unten im 12. Kapitel, unter II.4.b) bb)dd). 101

102

206

2. Teil, 1. Abschn.: Zu lässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

2. Verschuldenshaftung des Verkäufers

a) Schuldhafte Pflichtverletzung (sPV, pVV) aa) Tatbestandliche Voraussetzungen

Da der Verkäufer die Verschlechterung des Grundstücks nicht selbst vorgenommen hat, scheidet eine entsprechende Haftung auf Schadensersatz wegen schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) aus. Eine unmittelbar auf die von dem vormerkungswidrigen Erwerber vorgenommenen Verschlechterungen gestützte Haftung könnte sich allenfalls über § 278 ergeben. Dann müßte der vormerkungswidrige Erwerber aber Erfiillungsgehilfe des vormerkungsverpflichteten Verkäufers sein und außerdem gegenüber dem vormerkungsberechtigten Käufer die Verschlechterung verschuldet haben. Erfiillungsgehilfe i.S. von § 278 ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfiillung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird 105. Verbindlichkeiten in diesem Sinn sind alle Schuldnerpflichten, also nicht nur die Haupt-, sondern auch alle Nebenpflichten lO6 • Der vormerkungswidrige Erwerber agiert bei seinen Einwirkungen aber typischerweise als Eigenbesitzer (§ 872). Sein Umgang mit dem Grundstück ist nicht (mehr) vom Willen des Schuldners erfaßt lO7 • Schon gar nicht soll er nach dem Willen des Vormerkungsschuldners und Verkäufers in einen Erfiillungsakt gegenüber dem vormerkungsgeschützten Käufer eingeschaltet sein. Die rein faktische bzw. über § 888 Abs. 1 gesetzlich statuierte (und damit selbständige) Beteiligung an der Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs genügt nicht. Mangels Erfiillungsgehilfenposition des vormerkungswidrigen Erwerbers scheidet mithin eine diesbezügliche Haftung des Vormerkungsschuldners wegen dessen Verschlechterungen aus. Die vertragswidrige Übergabe des Grundstücks an den vormerkungswidrigen Erwerber - in Erfiillung des mit diesem geschlossenen Vertrages - bedingt jelOS BGHZ 13, 111, 113; 50, 32, 35; 62, 119, 124; 98, 330, 334; Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 278 Rn 7; MKiHanau, 3/1994, § 278 Rn 12; Soergel/MWolf, 12/1990; § 278 Rn 22 m.w.N. 106 S. statt aller Soergel/M Wolf, 12/1990; § 278 Rn 15; Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 278 Rn 16 m.w.N. 107 Natürlich erwirbt der vormerkungswidrige Erwerber Eigentum und Besitz am Grundstück mit Willen des Schuldners; da die Veräußerung bzw. der zugrundeliegende Kauf ein Umsatzgeschäft darstellt, erschöpft sich die Willensbetätigung des Verkäufers und Vormerkungsschuldners hierin.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 207 doch eine Verletzung der Obhutspflicht bzgl. des Kaufgegenstandes Grundstück gegenüber dem vormerkungsgeschützten Käufer. Wie bereits im 1. Teil 108 angesprochen, ist der Verkäufer verpflichtet, den verkauften Gegenstand schonend zu behandeln, sorgfältig zu verwahren und vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Mit der willentlichen Entäußerung des Grundstücks aus seiner Sachherrschaft ist der Verkäufer nicht mehr in der Lage, seiner (fortdauernden) Obhuts pflicht nachzukommen. Der vom vormerkungswidrigen Erwerber verursachte Einwirkungsschaden ist daher dem Verkäufer zuzurechnen 109 • Die Obhutspflichtverletzung ist vom Verkäufer in aller Regel verschuldet, weshalb dem Vormerkungsgeschützten grundsätzlich ein Anspruch aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) wegen des Einwirkungsschadens zusteht llO . Ausnahmsweise kann es allerdings am Verschulden fehlen. Beispielhaft sei hier der Fall genannt, daß der Verkäufer den Zweitverkauf und die vormerkungswidrige Verfiigung in der - irrigen - Annahme vornimmt, der Vertrag mit dem vormerkungsgeschützten (Erst-) Käufer sei unwirksamili. Konnte er diesen S. oben, 3. Kapitel, I.2.a) aa) (2). S. auch BGH, NJW 1973, 615, 616 ("Luftpumpenraketen"); Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 27 III b. 110 Vgl. dazu auch schon oben, 3. Kapitel, I.2.a) bb). 111 Erwähnt sei hier nur die Entscheidung BGH, U.v. 7.10.1964, - V ZR 107/62 -, unveröffentlicht; Aktenzeichen mitgeteilt von D.Reinicke, NJW 1968, 788, 789. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall wurde ein Grundstück während der Besatzungszeit im Jahre 1951 verkauft und die Auflassung erklärt. Der vormerkungsgeschützte Käufer und der Verkäufer gingen zunächst beide davon aus, daß der Vertrag der Genehmigung durch den besatzungsrechtlichen Treuhänder und die britische Militärregierung bedürfe. Als sich etwa zwei Wochen später abzeichnete, daß die Genehmigung versagt werden würde, verkaufte, übereignete und übergab der Verkäufer das Grundstück an den Zweitkäufer. Dieser verlangte nunmehr vom Erstkäufer Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung, die dieser jedoch im Hinblick auf ein zwischenzeitliches Schreiben des Notars, der den Erstkauf beurkundet hatte, ablehnte. In diesem Schreiben teilte der Notar den Vertragsparteien mit, daß er den Erstvertrag nach neuer Überprüfung nicht mehr fiir besatzungsrechtlich genehmigungsbedürftig halte. Diese Rechtsauffassung wurde später durch alle Instanzen gerichtlich bestätigt; allerdings kam die Berufungsinstanz im Streit zwischen den bei den Käufern zu dem - unzutreffenden - aber rechtskräftigen Ergebnis, Erst- und Zweitkauf seien mangels Vertretungsmacht des fiir den Verkäufer Handelnden unwirksam. Daraufhin wiederholte der Verkäufer den Vertrag mit dem Zweitkäufer, der nun erneut vom Erstkäufer die Bewilligung zur Löschung der Auflassungsvormerkung verlangte. Diese Klage wurde abgewiesen und der Zweitkäufer im Wege der Widerklage zur Zustimmung zur Eigentumseintragung des Erstkäufers nach § 888 Abs. 1 verurteilt. Die vom Erstkäufer schließlich im Wege der Prozeßaufrechnung geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Verzugs und schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) wies der V. Senat des BGH mangels Verschuldens des Verkäufers ab. Bei den 108

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2. Teil, l. Abschn.: Zu lässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Rechtsirrtum nicht vermeiden 1l2 , dann ist ihm die vertragswidrige Verfiigung bzw. eine darauf beruhende Leistungsverzögerung nicht vorwerfbar. In einer solchen Fallkonstellation entfiillt dann jeglicher Schadensersatzanspruch des Vorgemerkten hinsichtlich der vertragswidrigen Übergabe bzw. der vormerkungswidrigen Verfiigung. Die Beschränkung auf den verschuldensunabhängigen Minderungsanspruch kann unbillig sein, namentlich dann, wenn die vermeintlichen Unwirksamkeitsgründe nicht vom Vorgemerkten veraniaßt worden sind und wenn der vormerkungswidrige Erwerber die Verschlechterungen in bewußter Mißachtung der V ormerkung und des durch sie geschützten Anspruchs vorgenommen hat.

bb) Rechts/alge, insbesondere: Anwendung von § 281?

Als Rechtsfolge des Anspruchs aus schuldhafter Pflichtverletzung hat der Anspruchsgegner den aus der Pflichtverletzung adäquat kausal entstandenen Schaden zu ersetzen, was hier den Einwirkungsschaden miteinschließt. Oben 1l3 wurde ein mit den Gewährleistungsrechten der §§ 459 ff. konkurrierender Anspruch (analog) § 281 auf das "Fehlersurrogat" abgelehnt. Etwas anderes könnte aber fiir die Ansprüche aus sPV (p VV), beispielsweise fiir den eben bejahten Anspruch gelten. Weder läßt sich hierfiir ein Bedürfnis generell verneinen, noch besteht hier wegen der Lückenhaftigkeit hinsichtlich verschuldensabhängiger Ansprüche eine vergleichbare Exklusivität des Kaufrechts. Eine Heranziehung von § 281 ist jedoch nur sinnvoll, wenn überhaupt abtretbare Ersatzansprüche des Verkäufers bestehen. Sofern nicht aus der relativen Unwirksamkeit als solcher Ansprüche hergeleitet werden 1l4 , sind derartige Ersatzansprüche allerdings zunächst nicht vorhanden. Sie können sich aber ergeben infolge der Rückabwicklung oder Auflösung des dem vormerkungswidrigen Erwerb zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts. Basierte der vormerkungswidrige Erwerb z.B. auf einem Kauf, so kann

vormerkungswidrigen Verfügungen im Rahmen des Zweitkaufs und dessen Wiederholung habe sich der Verkäufer in einem unverschuldeten Rechtsirrtum über die Wirksamkeit des Erstkaufvertrags befunden. Anhand des vorstehend geschilderten Sachverhalts ist diese Beurteilung unmittelbar einleuchtend. 112 Dazu statt aller Pa/andt/Heinrichs, 55/1996, § 285 Rn 4,5 m.w.N.; aus der Rspr. BGH, NJW 1994, 2755. 113 Im 1. Teil, 2. Kapitel, unter 1.2. 114 V gl. hierzu F/ume, AT 11, 4/1992, § 17 6d und näher unten im 12. Kapitel, III.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 209

der Käufer infolge der durch die Geltendmachung der Vonnerkung bedingten Unmöglichkeit nach § 325 Abs. 1 vom Vertrag zurücktreten oder von diesem Abstand nehmen (§§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs.3)115. Im Rahmen dieser Abwicklungsverhältnisse können fiir den (Doppel-) Verkäufer Schadens- bzw. Wertersatzansprüche gemäß §§ 989, 327, 347 S. 1; §§ 989, 327, 812 Abs. 1, 820 Abs. 1, 818 Abs. 4,292 Abs. 1 oder §§ 323 Abs. 3, 818 Abs. 2 entstehen. Die Begründung derartiger Ansprüche ist aber nicht gesichert. Hat beispielsweise der vonnerkungswidrige Erwerber in Unkenntnis der Vonnerkung erworben, so hat er gemäß §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 die Wahl zwischen Schadensersatz wegen Nichterfiillung, Rücktritt und den Rechten aus § 323. Entscheidet er sich fiir den Schadensersatz wegen Nichterfiillung, so begründet dies fiir den Verkäufer keinen gegenläufigen Schadens- oder Wertersatzanspruch wegen der Verschlechterung des Grundstücks. Noch unsicherer ist die Entstehung surrogativer Ansprüche bei einer Kette vonnerkungswidriger Erwerber. Insofern fUhrt der Surrogatsanspruch daher zu keiner Verbesserung der Rechtsstellung des schadensersatzberechtigten Vorgemerkten.

b) Verzug, § 286 Abs. 1 Hat der geschützte Käufer seinen Verkäufer nach Fälligkeit des vorgemerkten Anspruchs in Verzug gesetzt, so hat dieser nach § 286 Abs. 1 den durch den Verzug entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Verschlechterungen beim bzw. durch den vonnerkungswidrigen Erwerber beruhen indes nicht auf der Verzögerung der Leistung, sondern auf der vertragswidrigen Übergabe bzw. der vormerkungswidrigen Verfiigung, die ihrerseits erst die Ursache fiir den Verzug bildet. Deswegen wird der Verschlechterungsschaden an sich nicht von § 286 Abs. 1 erfaßt. Entscheidend fiir das richtige gegenteilige Ergebnis ist die in § 287 S. 2 angeordnete Erweiterung der Schuldnerhaftung im Verzug. Nach dieser Vorschrift ist der Schuldner während des Verzuges auch fiir die zutallige - d.h. von keinem der Vertragspartner zu vertretende - Unmöglichkeit verantwortlich. Nach wohl allgemeiner Auffassung l16 schließt diese Regel auch die durch Zufall eintretende Verschlechterung ein. Deshalb muß der Schuldner fiir jede Verschlechterung

Dazu ausführlicher unter III. PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 287 Rn 2; ErmaniBattes, 9/1993, § 287 Rn 3; SoergellWiedemann, 12/1990, § 287 Rn 5; StaudingerlLöwisch, 13/1995, § 287 Rn 10 m.w.N. 115

116

14 Richter

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2. Teil, I. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

durch den vormerkungswidrigen Erwerber dem Käufer nach §§ 286 Abs. 1,287 S.2 Schadensersatz leisten. Der mit der vormerkungswidrigen Verfilgung verbundene Verlust der Sachherrschaft macht die Herbeifilhrung des Verzuges filr den Gläubiger recht unproblematisch; im allgemeinen dürften auch am Verschulden keine Zweifel bestehen. Über § 286 Abs. I werden allerdings nur die Verschlechterungsschäden ersatzfiihig, die nach Eintritt des Verzuges entstanden sind. Für die regelmäßig vor Fälligkeit vom vormerkungswidrigen Erwerber vorgenommenen Verschlechterungen schafft deshalb § 286 Abs. 1 keine Abhilfe.

c) Ausschluß der Haftung wegen Leistungsunvermögens des Verkäufers und Vormerkungsschuldners Der Weg in die Schadensersatznormen der sPV (pVV) und des § 286 Abs. 1 bzw. in das Mängelgewährleistungsrecht ist aber nur frei, wenn die vormerkungswidrige VerfUgung nicht zum nachträglichen Unvermögen des Schuldners zur Leistung gefilhrt hat. Das Unvermögen hat gemäß § 275 Abs. 2 - abgesehen von den Fällen des § 279 - den Untergang des Primäranspruchs zur Folge l17 , ein Ergebnis, das im Hinblick auf die Vormerkung eigentlich ausgeschlossen werden muß. Die Frage ist nur, ob die Vormerkung kraft ihrer selbst zum Ausschluß des Unvermögens filhrt oder ob dieses Ergebnis auch mittels der schuldrechtlichen Theorien zum Unvermögen gerechtfertigt werden kann. Unter welchen Voraussetzungen die VerfUgung über den Leistungsgegenstand - und der im Normalfall damit einhergehende Verlust der VerfUgungsmacht - zum Unvermögen des Schuldners fUhrt, ist streitig. Nach herkömmlicher Auffassung liegt Unvermögen zur Leistung vor, wenn der Schuldner zur Leistungserbringung auf Dauer außerstande ist, ein Dritter

117 Dieser Untergang des Primäranspruchs ist unabhängig vom Verschulden. Teilweise wird zwar vertreten, daß der Leistungsanspruch bei zu vertretendem Unvermögen fortbestehe (so z.B. Brehm, JZ 1974, 573, 576). Diese Auffassung ist aber schon deshalb unrichtig, weil sie zu einer Doppelverpflichtung des Schuldners fuhren würde: Einerseits wäre er weiterhin zur Leistung verpflichtet, andererseits wäre er nach §§ 280 Abs. I, 325 Abs. I zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet - ein offenkundig widersinniges Ergebnis. Richtig deshalb Soergel/Wiedemann, 12/1990, § 280 Rn 33.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 211

aber dazu in der Lage ist llS . Eine mögliche Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit spielt nach dieser Auffassung nur eine Rolle als Einwand des Schuldners gegenüber der Klage aus §§ 280 Abs. 1, 325 Abs. 1. Der Schuldner muß hier unter Beweis stellen, daß er nicht nur in der Lage, sondern auch willens ist, das Leistungshindernis zu beseitigen und den Leistungserfolg zu erbringen l19 . Klagt der Gläubiger auf die Leistung, kann er wegen dieses Willensmoments den Unvermögenseinwand des Schuldners nicht mit dem Hinweis entkräften, daß es dem Schuldner möglich sei, das Leistungshindernis wieder zu beseitigen. Es genüge nicht, so heißt es, daß der Schuldner etwas tun könnte, er müsse es schon tun bzw. wenigstens tun wollen 120. Im Falle der vertrags- und vormerkungswidrigen Verfilgung ist nach dieser Auffassung Unvermögen zu bejahen, denn der Verkäufer kann das geschuldete Grundstück weder übergeben noch ohne fremde Hilfe übereignenm. Beides kann aber der vormerkungswidrige Erwerber. Neigt man dieser Auffassung zu, so ist die Aufrechterhaltung der Leistungsflihigkeit des Schuldners durch die Vormerkung eine pure Fiktion. Die wohl überwiegende Auffassung legt an die Bejahung des Unvermögens im Fall der vertragswidrigen Verfilgung über den Leistungsgegenstand strengere Maßstäbe an. Unvermögen ist nicht schon dann zu bejahen, wenn der Schuldner (allein) zur Leistung außerstande ist, ein Dritter aber sie erbringen könnte, sondern erst dann, wenn es dem Schuldner unmöglich oder unzurnutbar ist, seine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen 122 ; im hier interessierenden Fall des Anspruchs auf Verschaffung einer individualisierten Sache, sich diese wieder zu beschaffen. llS Larem, SchuldR I, 14/1987, § 8 I; Brox, Allg. SchuldR, 22/1995, Rn 234; Brehm, JZ 1987, 1089 ff. 119 In diesem Sinne auch BGH, WM 1973, 1202. 120 So insbesondere Brehm, JZ 1987, 1089, 1093. 121 Der Vormerkungsschuldner mag zwar die Rechtsmacht zur Verfügung über das vorgemerkte Grundstück besitzen, er vermag aber nicht aus eigener Kraft die zum Eigentumserwerb nach § 873 erforderliche Grundbuchänderung zu bewirken. Die Frage stellt sich nicht in den Ausnahmefällen, in denen die Inhaberschaft am vormerkungsbetroffenen Recht nicht im Grundbuch eingetragen wird. Beispielhaft sei hier genannt die Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Abtretung einer Forderung, rur die ein Grundpfandrecht verpfändet worden ist. Vgl. §§ 1273, 1291 und StaudingeriGursky, 12/1987, § 888 Rn I m.w.N. 122 G.Roth, JuS 1968, 101, 106; StaudingerlLöwisch, 1311995, § 275 Rn 50; MKiEmmerich, 3/1994, § 275 Rn 89 f., 93 ff., 96, 101 f.; SoergellWiedemann, 12/1990, § 275 Rn 52, 54. Auch die Rechtsprechung verfährt meist in dieser Weise: S. BGH, NJW 1988, 699, 700; NJW 1982, 2552 f. (=WM 1982, 1284); BGHZ 62, 388, 393 (=NJW 1974,1552 =WM 1974,780); BGHZ 56, 308, 311 (=NJW 1971,2065 f.).

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Zur Begründung wird insbesondere angefilhrt, der Schuldner habe sich zur Leistung an sich verpflichtet 123 , er sei verpflichtet, sich die Leistung zu ennöglichen l24 • Beschränkt man die Sicht auf den Schuldner und den vonnerkungswidrigen Erwerber, so müßte auch nach dieser Auffassung Unvennögen mit der unerwünschten Folge des Verlustes des Primäranspruchs bejaht werden, wenn der Schuldner keinen Rückgabeanspruch gegen den vonnerkungswidrigen Erwerber hat und dieser zur Herausgabe und Auflassung des Grundstücks nicht bereit ist. Nimmt man jedoch auch den vonnerkungsgeschützten Käufer mit in den Blick 125 , verändert sich das Bild. Der Vonnerkungsgeschützte kann zusammen mit seinem Schuldner den Leistungserfolg mit Hilfe der Vonnerkung über den Nonnenverbund der §§ 433 Abs. I, 883 Abs.2, 888 Abs. 1, 985 erzwingen. Will der Geschützte auf diesem Weg vorgehen, so stellt er, um den plastischen Ausdruck Günter Roths 126 aufzugreifen, die eigene Leistungsfähigkeit in den Dienst seines Schuldners. Die Bewirkung des Leistungserfolges ist dem Schuldner zuzurechnen 127. Ist der Schuldner zur Beschaffung des Leistungsgegenstandes verpflichtet, kann er diese Bereitstellung der Leistungsfähigkeit des Gläubigers auch nicht ablehnen. Erhebt der vonnerkungsgeschützte Käufer die Leistungsklage, kann der Schuldner sich deshalb nicht mit Erfolg auf sein Unvennögen berufen 128 • Umgekehrt ist die Klage des Gläubigers auf Schadensersatz wegen Nichterfilllung nach § 325 Abs. I dann nur schlüssig, wenn der Kläger auf die Rechte aus der V onnerkung verzichtee 29 •

G.Roth, JuS 1968, 101, 107. MKlEmmerich, 3/1994, § 275 Rn 102. 125 S. übereinstimmend zu dieser "Gesamtschau" auch Beer, 1975, S. 148, 150 f. 126 In JuS 1968, 101, 106. 127 Dies paßt auch mit dem Umstand zusammen, daß die vormerkungswidrige Verfügung nicht zu einer Schuldübernahme des vormerkungswidrigen Erwerbers fuhrt. Dazu näher im 12. Kapitel, 1I.4.d) bb). 128 Genausowenig kann der Schuldner den Gläubiger darauf verweisen, er könne doch unmittelbar nach § 888 Abs. I vorgehen, denn er ist und bleibt zur Leistung verpflichtet. Vgl. insoweit die Rechtsprechung zu § 435, BGH, NJW-RR 1986, 310 m.w.N. Bei einer vormerkungswidrigen Auflassung kann der Verweis auf § 888 Abs. I den Schuldner schon deshalb nicht entlasten, weil er, wenn noch nicht geschehen, die Auflassung gegenüber dem Vormerkungsberechtigten erklären muß. 129 Sachlich bedeutet das Instrument der Vormerkung also eine Erweiterung des Handlungsspielraums des Geschützten, denn er kann wählen, ob er, ohne die Rechte aus der Vormerkung geltend zu machen, Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder eben Erfüllung verlangen will. Die Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten ändert aber nichts an dem oben Fn. 117 bereits angesprochenen Exklusivitätsverhältnis zwischen dem Leistungsanspruch und dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. 123

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9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnem und § 826 213

Diese wohl überwiegende Auffassung filhrt also zu einer recht plausiblen Erklärung, warum trotz vormerkungswidriger Verfilgung der Leistungsanspruch des Käufers fortbesteht und kein Unvermögen eintritt. Problematisch ist aber, ob tatsächlich eine derartige Beschaffungspflicht des Schuldners besteht. Die Annahme einer Beschaffungspflicht des Schuldners ist unabhängig vom Inhalt der vertraglichen Vereinbarung jedenfalls in den Fällen des willentlichen Verlustes der Leistungsflihigkeit - zu denen generell die vormerkungswidrigen Verfilgungen zählen - überzeugend. Andernfalls stünde die Erfilllung vom Verträgen über die Verschaffung individuell bestimmter Sachen zur freien Disposition des Schuldners. Dieser hätte es in der Hand, seine Erfilllungsflihigkeit mit Leichtigkeit durch eine entsprechende Verfilgung - beispielsweise an die Ehefrau oder einen Strohmann - zu beseitigen\3O. In den meisten Fällen wird zwar die Schadensersatzdrohung ein derartiges Verhalten verhindern, doch wird es immer Fälle geben - gerade beim Kauf von Immobilien - in denen dieser Schutz nicht ausreicht, sei es, weil das Erwerbsobjekt besonders ausgewählt wurde und die zugrundeliegende Motivation nicht kommerzialisierbar ist, sei es, weil der Verkäufer kraft seines Vermögens in der Lage ist, auch hohen Schadensersatzverpflichtungen problemlos nachzukommen. Daß eine solche Dispositionsfreiheit nicht nur den Käufer benachteiligt, sondern auch mit elementaren Rechtsgrundsätzen unvereinbar ist, zeigt die Parallele zu § 162. Nach dieser Vorschrift wird der Eintritt oder Ausfall einer Bedingung fmgiert, wenn der durch diesen Umstand Belastete den Eintritt der Bedingung treuwidrig vereitelt oder herbeifilhrt. Denkt man sich den Leistungsanspruch des Gläubigers als auflösend bedingt durch den Wegfall der Leistungsflihigkeit des Schuldners, dann kann die willentliche Vereitelung der Leistungsflihigkeit grundsätzlich nicht zur Entlastung des Schuldners filhren. Da filr den Schuldner jedoch tatsächlich ein Leistungshindernis besteht, das nicht "hinwegfmgiert" werden kann, muß der willentliche Verlust der Erfilllungsflihigkeit im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 162 zwangsläufig zur Entstehung einer (Wieder-) Beschaffungspflicht filhren. Zu bedenken bleibt noch der Einwand, daß eine Beschaffungspflicht wegen § 887 Abs. 3 ZPO nicht mittels eines Herausgabe- bzw. Sachverschaffungstitels durchgesetzt werden kann l3l . Nach dieser Regelung können die Vorschriften über die Ersatzvornahme bei der Handlungsvollstreckung in § 887 Abs. 1 und 2 ZPO nicht auf die Herausgabevollstreckung angewendet werden. Schon diesem

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S. nur den Fall BGH, NJW 1982,2552 f. (=WM 1982, 1284). Ihn erhebt Brehm, JZ 1987, 1089, 1091.

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2. Teil, I. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Wortlaut nach enthält aber § 887 Abs. 3 ZPO keine generelle Regelung des Zusammentreffens der Handlungs- und Herausgabevollstreckung. Nach der Entstehungsgeschichte bezieht sich die Vorschrift lediglich auf die Fälle des § 884 ZPO (Herausgabe bzw. Leistung vertretbarer Sachen)132 und betrifft außerdem auch nur den eigentlichen Herausgabeakt 133 . Für eine weite Auslegung des § 887 Abs. 3 ZPO als grundsätzliche Sperre für die Vollstreckung mit der Herausgabepflicht einhergehender Handlungspflichten besteht daher kein Anlaß 134 • Sie widerspräche auch dem schon angesprochenen vorrangigen Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung seines Individualanspruchs und dem Prinzip möglichst weitgehender Zulassung der Naturalvollstreckung 135 • Demnach steht auch § 887 Abs. 3 ZPO der Annahme von Beschaffungspflichten im Falle der vertragswidrigen Verfiigung nicht entgegen 136 . Aus all dem folgt, daß im Einklang mit der schuldrechtlichen Theorie die vormerkungswidrige Verfiigung nicht zum Unvermögen des Schuldners fiihrt. Der Primäranspruch bleibt daher grundsätzlich bestehen und für den vormerkungsgeschützten Käufer ist deshalb der Weg frei in das Mängelgewährleistungsrecht bzw. zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) oder aus § 286 Abs. 1 neben dem Erfiillungsanspruch.

3. Unterlassungsanspruch des Käufers Wie oben 137 ausgefilhrt, hat der Käufer gegen den Verkäufer grundsätzlich einen Anspruch auf Unterlassung erfiillungsvereitelnder und -beeinträchtigender Maßnahmen. Der Anspruch ist jedenfalls hinreichend konkretisierbar bezüglich

MKiSchilken, ZPO, 1992, § 883 Rn 10. ZöllerlStöber, ZPO, 19/1995, § 883 Rn 9; SteiniJonaslMünzberg, 20/1988, § 883 Rn9m.w.N. 134 So die wohl h.M.; S. ZöllerlStöber, ZPO, 19/1995, § 883 Rn 9; MKiSchilken, ZPO, 1992, § 883 Rn 9, 10; SteiniJonaslMünzberg, 2011988, § 883 Rn 9 m.w.N.; abI. jedoch Brox/Walker, ZwVR, 4/1993, Rn 1068; Baur/Stürner, ZwVR I, 1211995, Rn 39.6, die den Gläubiger auf die Interesseklage nach § 893 ZPO verweisen und beschränken. 135 So auch MKiSchilken, ZPO, 1992, § 883 Rn 10. 136 Die Beschaffungspflicht muß nicht expressis verbis im Tenor aufgefilhrt sein, es genügt, daß sie sich im Wege der Titelauslegung ergibt; S. SteiniJonaslMünzberg, 20/1988, § 883 Rn 3; MKiSchilken, ZPO, 1992, § 883 Rn 8. 137 1. Teil 3. Kapitel, II.l.d). 132 133

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 215 solcher nachteiliger Einwirkungen, die bis zum Gefahrübergang bzw. bis zur Fälligkeit des Verschaffungsanspruchs nicht mehr beseitigt werden können. Nach der Übergabe des Grundstücks wird dem Verkäufer die Befolgung dieses Unterlassungsanspruchs wegen der nun fehlenden Sachherrschaft unmöglich, der Unterlassungsanspruch gegen ihn geht unter. Anders als die dinglichen Schutz- und Unterlassungsansprüche aus §§ 985, 1004 entsteht dieser Unterlassungsanspruch nicht neu gegenüber dem neuen Sachherrscher bzw. Störer, weil er auf das Schuldverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer beschränkt ist. Mit der Übergabe des Grundstücks an den vormerkungswidrigen Erwerber geht dem Käufer daher - bei Verneinung entsprechender unmittelbarer Beziehungen zum vormerkungswidrigen Erwerber - der vorbeugende Rechtsschutz gegen (erfiillungsbeeinträchtigende) nachteilige tatsächliche Einwirkungen verloren.

4. Ergebnis Da die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte (Wandlung, Minderung) verschuldensunabhängig sind, ist es insoweit unerheblich, ob die Verschlechterung beim Verkäufer oder beim vormerkungswidrigen Erwerber eintritt. Die vertrags- und vormerkungswidrige Veräußerung des Grundstücks läßt diese Käuferrechte unberührt. Die vertragswidrige Übergabe des Grundstücks an den vormerkungswidrigen Erwerber bedeutet weiterhin eine regelmäßig schuldhafte (fortdauernde) Obhutspflichtverletzung. Die daraus folgende Schadensersatzpflicht aus sPV (p VV) umfaßt auch etwaige vom vormerkungswidrigen Erwerber herrührende Einwirkungsschäden. Die Entstehung von - als "Fehler-" oder "Verschlechterungssurrogat" im Rahmen des Schadensersatzes abtretbaren - Ersatzansprüchen des Verkäufers aus seinem Rechtsgeschäft mit dem vormerkungswidrigen Erwerber ist nicht gewährleistet. Der sPV-Anspruch ist ebensowenig wie ein nach Fälligkeit des vorgemerkten Anspruchs denkbarer Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens gemäß §§ 286 Abs. 1,287 wegen Leistungsunmöglichkeit ausgeschlossen. Durch die Wirkung der Vormerkung besteht das Leistungsvermögen des Verkäufers nicht nur ftktiv, sondern tatsächlich fort. Der Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Unterlassung erfiillungsbeeinträchtigender Einwirkungen auf den Leistungsgegenstand entflillt hingegen, soweit der Verkäufer im Zuge der vormerkungswidrigen Verfiigung auch die Sachherrschaft über das Grundstück verloren hat.

216

2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

5. Folgerungenfür das Rechtsschutzbedürfnis des Vorgemerkten Die Auffassung, daß fiir Schadensersatz- und (vorbeugende) Unterlassungsansprüche des vorgemerkten Käufers gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber wegen tatsächlicher Einwirkungen kein Bedürfnis bestehe, weil der Vorgemerkte durch die gegen seinen Vertragspartner gerichteten Rechte bereits ausreichend geschützt sei 138, wird durch die gewonnenen Erkenntnisse nur zum Teil gestützt: Im Fall der unverschuldeten Verschlechterung unter der Sachherrschaft des vormerkungswidrigen Erwerbers erleidet der vorgemerkte Käufer allerdings keine Einbußen, weil ihm nach der hier vertretenen Auffassung ohnehin nur die Gewährleistungsrechte (Minderung, Wandlung) zustehen, nicht aber Beseitigungs- oder Fehlersurrogatsansprüche. Diejenigen, die - entgegen der hier vertretenen Ansicht - den Fehlersurrogatsanspruch aus § 281 neben dem Gewährleistungsrecht zulassen wollen, müssen an dieser Stelle eine Rechtsschutzeinbuße fUr den Vorgemerkten konstatieren: Ein in der Position des vormerkungswidrigen Erwerbers entstandener Surrogatsanspruch verbleibt bei diesem und kann nicht - jedenfalls nicht ohne weiteres - dem vormerkungswidrig verfUgenden Verkäufer zugeordnet werden. An dieser Stelle 139 hierzu nur soviel: Grund dafiir ist weniger der Umstand, daß grundsätzlich nur die im Zeitpunkt der vormerkungswidrigen VerfUgung vorhandene Rechtsposition (Grundeigentum) von der relativen Unwirksamkeit erfaßt wird, als vielmehr der Aspekt, daß die Inhaberschaft an der Surrogationsforderung gegenüber dem Grundeigentum eine eigenständige Position darstellt, die nicht durch Auflassung gemäß §§ 873, 925, sondern durch Abtretung gemäß § 398 übertragen wird. Auch die (verschuldensabhängige) schadensersatzrechtliche Absicherung des vorgemerkten Käufers gegenüber dem Verkäufer kann in Folge der hier vertretenen Auffassung 140 an sich als ausreichend beurteilt werden, denn die vormerkungswidrige VerfUgung fUhrt im Regelfall zu einem Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter (Obhuts-) Pflichtverletzung (sPV, pVV), der auch die schädigenden Einwirkungen des vormerkungswidrigen Erwerbers als Schaden miterfaßt. S. oben vor I. und im 7. Kapitel. Näher unten im 13. Kapitel, unter H. 140 Nach der hier abgelehnten herrschenden Auffassung ist der Verschlechterungsschaden jedoch nicht ersatzfähig, weil es sich um einen Mangelschaden handelt und die Regeln der sPV (pVV) neben dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht nur hinsichtlich der Mangelfolgeschäden zugelassen werden. S. oben 3. Kapitel, I.2.d) aa). 138

139

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnem und § 826 217

Unter Rechtsschutzgesichtspunkten problematisch ist aber der Ausnahmefall, wenn die in der vormerkungswidrigen Verfilgung und der Übergabe liegende Vertragsverletzung vom vormerkungsverpflichteten Verkäufer nicht verschuldet ist. Dann käme es zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs allerdings darauf an, ob der vormerkungswidrige Erwerber unmittelbar ein Rechtsgut des Vorgemerkten oder eine diesem gegenüber bestehende Pflicht verletzt hat. Die nur eingeschränkte Gültigkeit der These von den ausreichenden Rechtsschutzmöglichkeiten des Vorgemerkten im Verhältnis zu seinem Schuldner (Verkäufer) wurzelt neben dem eben angesprochenen Fall hauptsächlich in der fehlenden Absicherung des Vorgemerkten durch einen Unterlassungsanspruch. Der nach hier vertretener Auffassung grundsätzlich zu bejahende vertragliche Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Unterlassung (irreversibler) erfilllungsbeeinträchtigender Einwirkungen auf das Leistungsobjekt geht mit Übertragung der Sachherrschaft am Leistungsgegenstand Grundstück auf den vormerkungswidrigen Erwerber ersatzlos unter. Bleibt es bei dem Ergebnis, daß der Vorgemerkte Rechtsschutz wegen tatsächlicher Einwirkungen allein bei seinem Vertragspartner suchen kann, so wäre er erfilllungsbeeinträchtigenden Einwirkungen des vormerkungswidrigen Erwerbers schutzlos ausgeliefert bzw. müßte nach vollendetem Eingriff seinen Vertragspartner auf Schadensersatz sei es wegen sPV (pVV), sei es gemäß § 325 - in Anspruch nehmen. Daß diese Situation mit dem Verfassungspostulat effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) schwerlich zu vereinbaren ist, liegt auf der Hand. Die Zulassung eines Unterlassungsanspruchs gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber hätte andererseits auch die Anerkennung eines Schadensersatzanspruchs in diesem Verhältnis zur Folge, denn die Begründung von Unterlassungspflichten bedeutet die Statuierung von Pflichten überhaupt, die schuldhaft verletzt werden können. Deshalb müßten unausweichlich auch Schadensersatzansprüche in diesem Verhältnis bejaht werden, was im Hinblick auf die Schadensmitverantwortung des vormerkungswidrigen Erwerbers - auch gegenüber dem Schuldner des vorgemerkten Anspruchs - durchaus angemessen erscheint l41 .

141

In diese Richtung auch Hager, JuS 1990,429,437 Fn. 143.

218

2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

11. Schadensersatzanspruch des Vorgemerkten gegen den vormerkungswidrigen Erwerber gemäß § 826 Zu prüfen ist aber noch, ob die durch den fehlenden Unterlassungsanspruch bestehende durchaus empfmdliche Rechtsschutzlücke mit Hilfe von § 826 ausgefüllt werden könnte. Eine drohende vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Vorgemerkten seitens des vormerkungswidrigen Erwerbers könnte anerkarmtermaßen ebenfalls mit einem Unterlassungsanspruch abgewendet werden 142 .

1. Voraussetzungen und Adressaten von § 826 Nach § 826 ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt 143 . Als Adressaten eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 kommen sowohl der Verkäufer, d.h. der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs, als auch der vormerkungswidrige Erwerber in Betracht. Der Anspruch gegen den Verkäufer, dessen Anknüpfungspunkt allein der Vertragsbruch (die Vertragsverletzung) sein karm, ist dabei von geringer Bedeutung, weil die Voraussetzungen des parallelen Anspruchs aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pVV) sich - bei gleichem Umfang des Ersatzes - wesentlich einfacher nachweisen lassen. Anstelle des Schädigungsvorsatzes genügt jedes Verschulden, und es entfallt der Nachweis der Sittenwidrigkeit des schädigenden Verhaltens, hier der zweiten Veräußerung. Bezogen auf den vormerkungswidrigen Erwerber führt eine im vormerkungswidrigen Erwerbsakt selbst liegende sittenwidrige Schädigung 144 nicht zum Ersatz des durch eine sich anschließende tatsächliche Einwirkung entstandenen (weiteren) Schadens. Das liegt daran, daß die schädigende Einwirkung auf einer neuen eigenständigen Willensentschließung des vormerkungswidrigen Erwerbers beruht, die dazu führt, daß der durch die nachteilige Einwirkung entstandene Schaden nicht mehr adäquat kausale Folge der Mitwirkung am Vertragsbruch ist 145 • Der (wegen der Vormerkung letztlich erfolglose) Entzug der Soergel/Hönn, 1111985, § 826 Rn 92; MKiMertens, 2/1986, § 826 Rn 85. Allgemein zu § 826 - statt aller - Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2466 ff. 144 Zur Sittenwidrigkeit der "Verleitung zum Vertragsbruch" s. etwa BGHZ 12, 308, 317 f.; BGH, NJW 1981,2184,2185; OLG Hamm, VersR 1987, 509. 145 Zutreffend weist Rosien, 1994, S.204, darauf hin, daß der vormerkungswidrige Erwerber bei evtl. parallel laufender Sittenwidrigkeit des Vertrages gemäß § 138 Abs. 2 142

143

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 219

Kaufsache ist der eine, deren nachträgliche Beschädigung (Veränderung) ist ein anderer, neuer Schädigungsakt. Daher kann der vormerkungsgeschützte Käufer den ihm durch die nachteiligen tatsächlichen Einwirkungen entstandenen Schaden nur dann nach § 826 ersetzt verlangen, wenn der Einwirkungsakt selbst als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu qualifizieren ist. Rosienl 46 hält die Sittenwidrigkeit des Einwirkungsaktes dann fiir gegeben, wenn der Einwirkungserfolg deutlich von der geplanten oder bisherigen Nutzung durch den vormerkungswidrigen Erwerber abweicht und die Einwirkungen offensichtlich nur zu dem Zweck vorgenommen wurden, dem Vormerkungsberechtigten Schaden zuzufilgen oder ihm die Durchsetzung seines Anspruchs zu verleiden. Außerdem sollen nur die Einwirkungen von § 826 erfaßt werden, die nach Rechtshängigkeit des Zustimmungsanspruchs aus § 888 Abs. 1 vorgenommen werden. Diese Auffassung ist nicht unproblematisch, wie der Blick auf die vergleichbare Situation zwischen Käufer und Verkäufer (Gläubiger und Schuldner) zeigt. Nachteilige tatsächliche Einwirkungen auf den Kaufgegenstand filbren nach Maßgabe der Nichterfilllungstheorie zu einer Beeinträchtigung des Erfilllungsanspruchs, u.V. zu dessen Vereitelung. Die vorsätzliche Verletzung von Vertragspflichten verstößt regelmäßig zwar gegen Treu und Glauben, ist aber nicht generell sittenwidrig l47 . Sittenwidrigkeit ist nach wohl herrschender Auffassung dann zu bejahen, wenn eine Vertragspartei darauf ausgeht, den Vertragszweck zu vereiteln l48 . Davon abweichend hält Mertens l49 die Verletzung des Vertrages durch einen der Vertragspartner immer dann fiir sittenwidrig, wenn in ihr die Mißachtung der Institution des Vertrages unverkennbar ist. Eine solche Mißachtung sei zu bejahen, wenn der Schuldner außerhalb einer persönlichen oder wirtschaftlichen Notlage vorsätzlich oder gewissenlos eindeutige vertragliche Hauptpflichten verletze. Die vorsätzliche Verschlechterung des Kaufgrundstücks zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang dürfte demnach häufig zu einem Anspruch aus Ansprüchen seines Vertragspartners oder dessen Rechtsnachfolgers aus §§ 989, 990 ausgesetzt ist. 146 Rosien, 1994, S. 204. 147 BGHZ 12, 308, 318; RAGE 3, 145; PalandtlThomas, 55/1996, § 826 Rn 55; Erman/Schiemann, 9/1993, § 826 Rn 28; SoergellHönn, 11/1985, § 826 Rn 204. 148 RG, WarnRspr. 1909, Nr.89; Recht 1912, Nr.739; PalandtlThomas, 55/1996, § 826 Rn 55; SoergellHönn, 11/1985, § 826 Rn 204; StaudingerlSchäfer, 12/1984, § 826 Rn 165. 149 MKiMertens, 2/1986, § 826 Rn 27.

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

§ 826 fiihren, denn die Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache ist als synallagmatische einer Hauptpflicht gleichzuachten und ein vorsätzlicher Verstoß gegen sie läuft - das ist wohl zusätzlich vom Umfang der Verschlechterung abhängig - auf die von der überwiegenden Auffassung geforderte Absicht der Vertragszweckvereitelung hinaus 150. Vom Standpunkt der Gewährleistungstheorie aus, der auch Rosien anhängti51 , ist die Begründung einer Schadensersatzpflicht gemäß § 826 aus diesem Blickwinkel schwer möglich. Denn wenn die Übereignung einer mangelhaften (verschlechterten) Sache schon keine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt, entfällt ein Sittenwidrigkeitsvorwurf auf dieser Grundlage. Der Käufer ist auf die Mängelrechte der §§ 459 ff. verwiesen. Für das eigentlich interessierende Verhältnis zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber ergibt sich daraus, daß eine Haftung des Letztgenannten wohl nur dann überzeugend begründet werden kann, wenn dieser verpflichtet ist, den Erfiillungsanspruch des vorgemerkten Käufers zu respektieren, wenn seine Eigentümerbefugnisse insoweit eingeschränkt sind l52 . Weitere Folge ist, daß die Umkehrung der Ausgangsposition die Rechtslage zutreffend beschreibt: Die Schadensersatzpflicht nach § 826 macht auf andere Vorschriften gestützte Schadensersatzpflichten nicht entbehrlich, sondern setzt sie im Gegenteil erst voraus. Denn eine Pflicht zur Beachtung, zur Respektierung des fremden Erfiillungsanspruchs kann nur aufgrund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses bestehen oder weil dieser Erfilllungsanspruch - anders als gemeinhin bei relativen Rechten l53 - eine begrenzte Drittwirkung entfaltet, die dann bereits gemäß § 823 geschützt ist. Hält man den vormerkungswidrigen Erwerber nicht fiir verpflichtet, den Erfiillungsanspruch des Vorgemerkten zu respektieren, dann ist es auch nicht

\50 S. aber auch Erman/Schiemann, 9/1993, § 826 Rn 28, der den Rückgriff auf § 826 für entbehrlich hält, soweit Schadensersatz nach Leistungsstörungsrecht geschuldet wird. \5\ Rosien, 1994, S. 198. \52 Rosien, 1994, S. 204 läßt dies offen. \53 Die ganz herrschende Auffassung lehnt zu Recht einen allgemeinen Deliktsschutz für Forderungen ab, so z.B. BGHZ 12, 307, 317 f.; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2394a; MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 109 f.; Soergel/Zeuner, 11/1985, § 823 Rn 43; Erman/Schiemann, 9/1993, § 823 Rn 36. Das Schuldverhältnis beschränkt sich auf die Begründung von Rechten zwischen den Parteien. Näher zum Problem und zur früher vertretenen "Theorie von der Außenwirkung der Obligation" Otte, JZ 1969, 253 ff.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 221

plausibel, ab Geltendmachung oder Rechtshängigkeit des Zustimmungs anspruchs aus § 888 eine sittenwidrige Schädigung zu bejahen, jedenfalls dann nicht, wenn man § 888 Abs. 1 als rein formalen Hilfsanspruch einordnet, der keine materiellen Bindungen begründee s4 . Ebensowenig wäre es einleuchtend, über die Annahme eines sittenwidrigen Eigentumsmißbrauchs die Haftung gemäß § 826 zu begründen und auf diese Weise die gerade im Zusammenhang mit der Ablehnung von Schadensersatzund Unterlassungsansprüchen allgemeiner Art hervorgehobene Eigentümerfreiheit wieder zu relativieren 155 •

2. Ergebnis

Als Ergebnis bleibt festzuhalten: Mit § 826 läßt sich die Lücke des fehlenden Unterlassungsanspruchs im Verhältnis des Vorgemerkten zum vormerkungswidrigen Erwerber nicht ausfiillen. Ebensowenig kann die Haftung aus § 826 Schadensersatzansprüche in diesem Verhältnis entbehrlich machen; die Anwendung des § 826 setzt solche Ansprüche statt dessen voraus: Eine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung läßt sich nämlich überzeugend nur begründen, wenn der vormerkungswidrige Erwerber verpflichtet ist, den vorgemerkten (kaufvertraglichen) Erfiillungsanspruch zu beachten; wenn sein Eigentumsrecht durch diesen Anspruch begrenzt ist.

IU. Im Fall des Doppelverkaufs: Die Ansprüche des vormerkungswidrigen Erwerbers gegenüber seinem Verkäufer wegen des (drohenden) Verlustes von Eigentum und Besitz am vormerkungsbetroffenen Grundstück Spätestens wenn der Vormerkungsberechtigte dem vormerkungswidrigen Erwerber gegenüber seine Rechte geltend macht, wird dieser mit der Tatsache 154 So BGHZ 49, 263, 267: "unselbständiger Hilfsanspruch mit lediglich verfahrensrechtlicher Bedeutung". Einschränkend Westermann/Eickmann, SachenR 11, 6/1988, § 100 IV 4c "überwiegend verfahrensrechtliche Bedeutung"; anders jedoch Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 47: "es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Zustimmungsanspruch selbst ein materiellrechtlicher Anspruch ist.". 155 So aber OLG München, NJW 1963, 301, 303. Darauf fußt offenbar auch der Ansatz von Rosien, 1994, S. 204.

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

konfrontiert, daß der Erwerb von Eigentum und Besitz an dem Grundstück nicht im Einklang mit der im Grundbuch verzeichneten Vormerkung steht. Er muß nun damit rechnen, der Grundbucheintragung des Geschützten zustimmen und das Grundstück herausgeben zu müssen. In dieser Situation ist es fiir ihn von Interesse, ob er den gezahlten Kaufpreis wieder zurückerhalten und einen Ausgleich fiir die von ihm vorgenommenen Verwendungen verlangen kann. Als Adressat dieser Anspruche kommt naturgemäß erst einmal sein Vertragspartner in Betracht, der ihm das Grundstück veräußert hat. Die Untersuchung soll sich hierbei auf den praktisch häufigsten Fall eines Kaufvertrages als Grundgeschäft beschränken; denkbar ist natürlich auch ein Tauschvertrag, eine Schenkung oder sonst ein atypischer Veräußerungsvertrag ls6 • Anband der gewonnenen Erkenntnisse kann dann die bereits oben angesprochene Auffassung Gurskys gewürdigt werden, es bestünde ein Rechtsnotstand, der die Zulassung von Verwendungsersatzanspruchen des vormerkungswidrigen Erwerbers gegenüber dem Vorgemerkten erfordere.

1. Anspruch gemäß § 325 Abs. J i. Vm. §§ 433 ff.. 440 Abs. J Soweit der vormerkungswidrige Erwerber das Grundstück in Unkenntnis der Belastimg durch die Vormerkung erworben hat - z.B. weil diese versehentlich gerötet, aber ein Widerspruch dagegen bereits vor der Grundbuchumschreibung zu seinen Gunsten eingetragen worden ist - kommt als Rechtsgrundlage fiir einen Rückgriff gegen seinen Verkäufer § 325 Abs. 1 LV.m. §§ 433 ff., 440 Abs. 1 in Betracht. Dieser Anspruch besteht wegen § 439 auch dann, wenn der Käufer beim Erwerb schuldhaft keine Kenntnis von der eingetragenen Vormerkung besaß, etwa, weil er keinen Einblick in das Grundbuch genommen hat lS7 •

156 Wegen der Verweisung in § 515 gelten die folgenden Ausfilhrungen zum Kauffilr den Tauschvertrag grundsätzlich entsprechend. Im Schenkungsrecht schränkt § 523 Abs. 1 die Haftung des Schenkers auf die Fälle des arglistigen Verschweigens von Rechtsmängeln ein. 157 Dazu allgemein BGHZ 110, 196.201 ("B.B.-Hemden"); BGH, NJW 1960, no, nl; WM 1988, 1599, 1600; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 224; Soergel/Huber, 12/1991, § 439 Rn 3l.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 223

a) Tatbestandliche Voraussetzungen Wenn keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden sind, hat der Verkäufer mit der Übergabe und Auflassung des vonnerkungsbelasteten Grundstücks seine vertraglichen Verpflichtungen nicht ordentlich erfüllt. Nicht ganz so klar ist aber, welche vertragliche Verpflichtung verletzt worden ist. Die wohl überwiegende Auffassung und Rechtsprechung knüpft auch im Falle von Eigentumserwerbsvonnerkung und sachenrechtlichem Vorkaufsrecht an die Rechtsmängelgewähr nach § 434 an 158 • Nach dieser Vorschrift ist der Verkäufer verpflichtet, den Kaufgegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegenüber dem Käufer geltend gemacht werden können. Dies trifft sachlich auch für die Geltendmachung der durch die Vonnerkung des (kaufrechtlichen) Erfiillungsanspruchs entstandenen Rechte des Geschützten, namentlich den Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1, zu. Demgegenüber lehnt Ulrich Huber einen Verstoß gegen § 434 ab und konstatiert statt dessen eine Verletzung der Eigentumsverschaffungspflicht des § 433 Abs. 1159 • Dabei nimmt er an, daß die Eigentumserwerbsvonnerkung bzw. ein sachenrechtliches Vorkaufsrecht oder Veräußerungsverbot den Verkäufer hindere, dem Käufer das Eigentum zu verschaffen. Diese Begründung Hubers ist so nicht ganz zutreffend. Nach allen zur relativen Unwirksamkeit vertretenen Theorien erlangt auch der Käufer, der im Widerspruch zu einer Eigentumserwerbsvonnerkung erwirbt - jedenfalls zunächst wirksames Eigentum am Grundstück 160. Problematisch ist in diesem Zusam158 So RG, WarnRspr. 1919, Nr.95; RGZ 149, 195, 197; Staudinger/Köhler, 13/1995, § 434 Rn 6; MKlHP. Westermann, 3/1995, § 434 Rn 6; ErmaniGrunewald, 9/1993, § 434 Rn 3; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 98. - Auch im Gesetzgebungsverfahren ging ein Teil der zweiten Kommission von einem Verstoß gegen diese Vorschrift aus; siehe Mugdan 11, S. 652 (=Protokolle III, S. 750). Nach Einfiihrung der Vormerkung hatte sich die zweite Kommission mit dem Vorschlag auseinanderzusetzen, fiir den Fall der Geltendmachung der Eigentumserwerbsvormerkung dem (vormerkungswidrigen) Käufer ein gesetzliches Rücktrittsrecht einzuräumen. Die Kommission erachtete dieses Rücktrittsrecht fiir entbehrlich, weil der Käufer, wenn er nicht schon Bescheid wisse, durch die Eintragung im Grundbuch auf die Vormerkung hingewiesen werde, eine besondere Abrede im Vertrag vorzunehmen. Die Fälle hätten keine praktische Bedeutung. Erforderlichenfalls müsse der Partei wille durch Auslegung erforscht werden. Von anderer Seite wurde bemerkt, die Pflicht des Verkäufers zur Beseitigung der Vormerkung werde sich schon aus § 376 Eil (=§ 434 BGB) ergeben. S. im einzelnen dazu Mugdan 11, S. 651 f. (=Protokolle III, S. 749 f.). 159 Soergel/Huber, 12/1991, § 434 Rn 33. 160 Näher dazu unten 12. Kapitel, 1I.4.b) bb)-dd). Von einem (zumindest zunächst) wirksamen Eigentumserwerb des vormerkungswidrigen Erwerbers bzw. Erstkäufers geht z.B. auch RG, JW 1922, 576 (zum sachenrechtlichen Vorkaufsrecht) aus.

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2. Teil, I. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

menhang allein, ob die relative Unwirksamkeit dieses Erwerbs gegenüber dem Geschützten bedeutet, daß der Eigentumserwerb in diesem Verhältnis ex tunc oder nur ex nunc, von Anfang an oder erst mit Erfiillung des geschützten Anspruchs, unwirksam ist l61 ; mit anderen Worten, ob das Eigentum des vormerkungswidrigen Erwerbers schon von Anfang an nur partiell wirksam oder doch zunächst vollwirksam ist, aber mit Ausübung des Rechts aus der Vormerkung verloren geht. Wirtschaftlich gesehen ist das verschaffte Eigentum einem auflösend bedingten Eigentum vergleichbar l62 . Entgegen Huber ist daher die Eigentumsverschaffungspflicht als solche zumindest formal erfiillt. Sie ist aber andererseits nicht ordentlich erfiillt worden, denn es dürfte doch außer Streit sein, daß der Verkäufer grundsätzlich verpflichtet ist, unbedingtes, rechtsbeständiges Eigentum zu verschaffen 163. Deshalb trifft Hubers Annahme einer Verletzung der Eigentumsverschaffungspflicht im Ergebnis gleichwohl zu. Da hier einerseits Drittrechtsbelastung und Verstoß gegen die Eigentumsverschaffungspflicht miteinander verschränkt sind und andererseits (von Gesetzes wegen) eine unterschiedliche Rangfolge der verletzten Pflichten nicht auszumachen ist, ist es wohl kaum verfehlt, im Fall der Veräußerung eines mit einer Eigentumserwerbsvormerkung oder einem sonstigen eigentumsentziehenden Dritt-

Auch hierzu näher unten 12. Kapitel, II.4.b) bb)-dd). Die Eigentumserwerbsvormerkung soll ja gerade Ersatz für die nach § 925 Abs. 2 nicht erlaubte bedingte Auflassung sein. So wurde die ursprünglich gebilligte auflösend bedingte Auflassung in § 870 E I im Hinblick auf die Einführung der Vormerkung durch die zweite Kommission wieder gestrichen. S. dazu Mugdan III (Protokolle), S. 613 f. 163 Davon gehen etwa aus BGHZ 11, 16,20; BGH, NJW 1983,275. Auch beim Kauf beweglicher Sachen unter Eigentumsvorbehalt wird wohl überwiegend angenommen, daß der Verkäufer mit der Verschaffung aufschiebend bedingten Eigentums und der Übergabe des Besitzes den Kaufvertrag noch nicht erfüllt hat, sondern erst mit dem - von einem Verkäuferverhalten nunmehr grds. unabhängigen - Erwerb des Volleigentums durch den Käufer. S. z.B. Palandt/Putzo, 55/1996, § 455 Rn 5; Erman/Grunewald, 9/1993, § 455 Rn 8; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 1111994, § 17 Rn 18c m.w.N.; Müller, DB 1969, 1493, 1495. A.A. Fikentscher, SchuldR, 8/1992, § 71 V 3b (Rn 756 ff.); Staudinger/Honsell, 13/1995, § 455 Rn 29 m.w.N.; wohl auch Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 412; differenzierend MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 455 Rn 31 f.: bzgl. der Rechtsmängelhaftung noch keine Erfüllung. Die - im Hintergrund der Gegenansicht stehenden - konkursrechtlichen Probleme (§ 17 KO bzw. § 103 InsO) sind im Konkursrecht zu lösen, so zutr. Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O. - S. dazu nunmehr § 107InsO. Bei nachträglichem Eigentumsvorbehalt ist die Nichterfüllung wohl unstreitig. 161

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9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnem und § 826 225

recht belasteten Grundstücks von einem Verstoß gegen beide Pflichten - aus § 433 Abs. 1 und § 434 - auszugehen l64 • Dabei wird freilich noch deutlich werden, daß der Verstoß gegen § 433 Abs. 1 die größere Wirkkraft zeigt. Davon abgesehen ist die Frage, ob ein Verstoß gegen § 434 und/oder § 433 Abs. 1 vorliegt, fiir die Anwendung der Verweisungsvorschrift unerheblich, da beide Verstöße von § 440 Abs. 1 erfaßt werden 16S. § 325 Abs. 1 kann über § 440 Abs. 1 jedoch nur angewandt werden, sofern dem Verkäufer die Erfilllung der o.a. Pflichten unmöglich geworden ist 166 . Solange noch Aussieht darauf besteht, den Vorgemerkten zum Verzieht auf die Geltendmachung seiner Rechte zu bewegen, kann der vormerkungswidrige Erwerber von seinem Verkäufer Beseitigung der Belastung verlangen, ihn in Verzug setzen 167 und schließlich über § 326 zum Schadensersatz wegen Nichterfiillung oder Rücktritt übergehen. Meist jedoch wird die vom Verkäufer geschuldete Beseitigung der Eigentumserwerbsvormerkung ohne Aussicht auf Erfolg sein. Ihm ist dann die Leistung unmöglich geworden l68 • Zweifelhaft ist in diesem Zusammenhang noch, ob es sieh um anfängliches oder nachträgliches Unvermögen handelt. Die Frage ist klärungsbedürftig, weil bei nachträglichem Unvermögen Schadensersatz und Rücktritt verschuldensabhängig sind, während der Verkäufer fiir sein anfängliches Unvermögen nach zutreffender Auffassung grundsätzlich garantiemäßig, d.h. verschuldensunabhängig, einzustehen hat l69 . 164 Die beiden Pflichtverstöße können entgegen SoergellHuber, § 439 Rn 9, nicht separiert werden, weil das belastende Drittrecht - die Vormerkung - gerade das Eigentumsentziehungsrecht beinhaltet, das zur "Schlechterfüllung" auch der Eigentumsverschaffungspflicht führt. 165 S. aber auch StaudingerlKöhler, 13/1995, § 440 Rn 7: § 440 regle nur den Fall der Nichtverschaffung unbelasteten Rechts. 166 § 440 Abs. 1 verweist auf die §§ 320-327. Von diesen Vorschriften passen die §§ 320-322 nach erfolgtem Leistungsaustausch nicht mehr, so daß grundsätzlich nur die §§ 323 ff. herangezogen werden können. 167 War der Termin für die frühere (scheinbar vollständige) Erfüllung kalendermäßig fixiert, so befindet sich der Verkäufer möglicherweise unentdeckt seit dieser Zeit im Verzug, vgl. § 284 Abs. 2. 168 Es handelt sich hierbei wohl um Teilunmöglichkeit, weil Eigentum und Besitz zwar verschafft worden sind, jedoch nicht lastenfrei bzw. dauerhaft. 169 Für eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht z.B. RGZ 69, 355, 357; 80, 247,250; BGHZ 11, 16,21; BGH, NJW 1983,275; WM 1988, 1599, 1600. Aus dem Schrifttum s. etwa RGRKlMezger, 12/1974, § 440 Rn 6; StaudingerlKöhler, 13/1995, § 440 Rn 24 f., 26; ErmaniGrunewald, 9/1993, § 440 Rn 5, SoergellHuber, 12/1991,

IS Richter

226

2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Ulrich Huber hält in diesen Fällen nachträgliches Unvennögen fiir gegeben l7 O. Zur Begründung weist er darauf hin, daß im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Ausübung des gebuchten Eigentumsentziehungsrechts noch nicht festgestanden habe und der Verkäufer erst mit der Geltendmachung dieser Rechte das Vennögen zur Erfüllung der Eigentumsverschaffungspflicht verliere. Diese Argumentation ist nicht stichhaltig. Sachlich handelt es sich um ein anfängliches Unvennögen des Verkäufers. Der Umstand, daß der durch die Geltendmachung der Rechte bewirkte Eigentumsverlust erst nach Vertragsschluß eintritt, steht dem nicht entgegen. Auflassungsvonnerkung bzw. sachenrechtliches Vorkaufsrecht waren schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Grundbuch vennerkt. Der Verkäufer war also von Anfang an nicht in der Lage, lastenfreies Eigentum zu verschaffen l7I . Solange die Beseitigung (oder der Wegfall) der Last noch möglich erschien, war nur die Frage der Behebbarkeit dieses anfänglichen Unvennögens noch offen. Der Umstand, daß sich die Unbehebbarkeit eines anfänglichen Unvennögens erst nach Vertrags schluß herausstellt, verwandelt dieses nicht in nachträgliches Unvennögen. Gleiches gilt, wenn man auf die Eigentumsverschaffungspflicht abstellt: Der Verkäufer genügt dieser Pflicht von Anfang an nicht ordentlich, wenn er dem Käufer - wirtschaftlich betrachtet - nur auflösend bedingtes und nicht dauerhaftes, rechtsbeständiges Eigentum überträgt. Mit Durchsetzung des vorgemerkten Eigentumserwerbsrechts tritt die auflösende Bedingung ein und die Unbehebbarkeit des anfänglichen Unvennögens zur Leistung dauerhaften Eigentums steht fest I72 • Im Ergebnis hat demnach der Verkäufer des vonnerkungsbelaste-

§ 433 Rn 288 ff. m.z.N.; Larenz, SchuldR I, 1411987, § 811; Medicus, BR, 1711996, Rn 280 ff., 282; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 212. - Anders aber Gudian, NJW 1971, 1239, 1241; ErmanlWeitnauer, 8/1989, § 440

Rn 8 ff.; kritisch auch MKlH.P. Westermann, 311995, §§ 440, 441 Rn 8 m.N. Für die

h.A. spricht auch die Meinung der Gesetzesverfasser, s. Motive 11, S. 216 (=Mugdan 11, S. 119). 170 Soergel/Huber, 12/1991, § 439 Rn 18 f.; wohl auch BGH, WM 1987,986,989. 171 In diesem Sinne auch BGH, WM 1988, 1599, 1600 betreffend eine Eigentumsrückerwerbsvormerkung. Ebenso etwa Grunewald, 1980, S.34, 40 f., 43, 45 zur Rechtsmängelhaftung. 172 Wie hier BGHZ 11, 16, 20 f.; BGH, NJW 1983, 275; wohl auch RGZ 132, 145, 148. - Die Entscheidung BGHZ 11, 16 betraf die Belastung eines Kaufgrundstücks mit der Pflicht zur Rückerstattung "arisierten" Vermögens nach dem BREG (Rückerstattungsgesetz für die britische Zone). Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der NS-Zeit stand die Ausübung dieser Übertragungsrechte nicht fest. Art. 39 Abs. 1 BREG fingierte lediglich das Bestehen des Rückerstattungsrechts - des Rechtsmangels - auf den Zeitpunkt

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 227

ten Grundstücks fiIr den Fall der Ausübung dieses Rechts verschuldensunabhängig entsprechend § 325 Abs. 1 einzustehen. Der Käufer kann daher Schadensersatz wegen Nichterfilllung verlangen, vom Vertrag zurücktreten oder die Rechte aus § 323 geltend machen.

b) Rechtsfolgen, insbesondere: Ausgleich von Verwendungen des Käufers und vormerkungswidrigen Erwerbers aa) Schadensersatz wegen Nichterfüllung

Soweit entsprechend § 325 Abs. 1 S. 1 Schadensersatz wegen Nichterfiillung verlangt werden kann, ist der Gläubiger vermögensmäßig so zu stellen, wie

des Vertragsschlusses, nicht aber dessen Ausübung. Die Annahme nachträglichen Unvermögens lehnte der BGH, a.a.O. S. 21, gleichwohl ausdrücklich ab. - Im Fall BGH, NJW 1983,275 ging es um ein schon bei Vertragsschluß bestehendes Übereignungs- bzw. Enteignungsrecht nach öffentlichem Bauplanungsrecht (BBauG), das der Verkäufer nach Vertragsschluß, aber vor Auflassung und Übergabe befriedigte. Wäre der Eigentumswechsel bereits vollzogen gewesen, so hätte auch der Käufer das Grundeigentum an den Planungsträger übereignen müssen. Unabhängig von dem Umstand, daß auch Bebauungspläne jederzeit geändert werden können oder der Planungsträger auf die Ausübung seiner Rechte hätte verzichten können, nahm das Gericht anflingliches Unvermögen an. - Dem Urteil RGZ 132, 145 lag der Verkauf eines mit einem relativen dinglichen Verfügungsverbot nach dem preuß.ALR belasteten Grundstücks zugrunde. Der VI. Senat des Reichsgerichts bestätigte die Auffassung der Berufungsinstanz, daß eine anfängliche objektive Unmöglichkeit LS. von § 306 nicht gegeben sei und wandte § 323 an Stelle der §§ 325 ff. an. Aus den Entscheidungsgründen, a.a.O. S. 148, wird nicht deutlich, ob sich die Anwendung von § 323 wegen der Kenntnis des Käufers unmittelbar aus der Vereinbarung oder aus der Anwendung von § 439 Abs. I ergibt. - Anders ist möglicherweise BGH, WM 1987,986 zu verstehen. Hier ging es um den Kauf eines Grundstücks, das schon bei Vertragsschluß nach § 20 ZVG beschlagnahmt war, was beide Parteien wußten. Dem Verkäufer gelang es nicht, die Zwangsversteigerung abzuwenden und den entsprechenden Grundbuchvermerk zu beseitigen. Der Käufer ersteigerte daraufhin das Grundstück und verlangte vom Verkäufer zur Abgeltung seiner Erwerbsmehrkosten die Abtretung von dessen Ansprüchen auf den vorhandenen Versteigerungsübererlös. Das Gericht hielt den Anspruch aus §§ 323, 281 oder § 325 tUr gerechtfertigt, ohne jedoch hinreichend klar zu machen, ob das Unvermögen des Verkäufers ein anfängliches oder nachträgliches war. - Eine Konstellation, die auf nachträgliches Unvermögen hinauslief, behandelte hingegen RG, WarnRspr. 1919, Nr. 95: Der vom Zweitkäufer verklagte (Doppel-) Verkäufer geriet mit der Erfüllung des Zweitkaufvertrages in Verzug (§ 326), weil der Erstkäufer nach Abschluß des Zweitkaufs aufgrund einstweiliger Verfügung eine Eigentumserwerbsvormerkung erwirkt hatte und im Besitz des Kaufgrundstücks war.

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2. Teil, I. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfiillt hätte ("positives Interesse"). Dabei ist ein Gesamtvennögensvergleich durchzufiihren, bei dem sämtliche durch die Nichterfiillung entstandene Vor- und Nachteile des Gläubigers zu saldieren sind 173 • Daher umfaßt dieser Anspruch neben der Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises als "Mindestschaden" auch den im Vertrauen auf die Erfiillung des Vertrages geleisteten Verwendungsaufwand l74 .

bb) Rücktritt

Wesentlich komplizierter ist die Situation im Fall des Rücktritts. Hier erfolgt die Rückabwicklung gemäß § 327 S. 1 i.V.m. §§ 346 ff. Die Herausgabe des Grundstücks an den Vonnerkungsberechtigten steht dabei der Rückerstattung an den Verkäufer gleich 175 • Seit jeher streitig ist beim gesetzlichen Rücktrittsrecht, wie tatsächlichen Veränderungen des vom Berechtigten zurückzugewährenden Gegenstandes Rechnung zu tragen ist l76 . Im Vordergrund stehen hierbei freilich - auch wegen der Ausschlußregelung in § 351 - die praktisch häufigeren Fälle der (wesentlichen) Verschlechterung oder des Untergangs des Rückgewährobjekts. Der Ausgleich von Verwendungen spielt, abgesehen von der hier interessierenden Fallkonstellation, am ehesten noch bei der Wandlung eine Rolle, weil auch dort eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, daß die Kaufsache über einen längeren Zeitraum genutzt wird und demgemäß auch Verwendungen vorgenommen werden. Ausgangspunkt des Streits ist die Frage, ob die Regelung in § 347, die die Parteien des Rückgewährschuldverhältnisses schon vom Empfang der jetzt zurückzugewährenden Leistung an wie vom Eigentümer verklagte unrechtmäßige Besitzer behandelt, auch beim gesetzlichen Rücktrittsrecht angemessen ist. Wäre dies der Fall, wie eine teilweise vertretene Ansicht meint 177 , dann könnte der rücktrittsberechtigte Käufer und vonnerkungswidrige Erwerber Vgl. statt aller PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 325 Rn 14, 20 ff. Dazu etwa PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 325 Rn 14 f.; Emmerich, Leistungsstörungen, 3/1991, § II V I; näher SoergellWiedemann, 12/1990, § 325 Rn 52 f. (auch mit Nachweis einschränkender Stimmen) sowie StaudingerlOtto, 13/1994, § 325 Rn 80 ff. 175 Dies entspricht dem Rechtsgedanken von § 440 Abs. 2; die Vorschrift gilt allerdings nur für bewegliche Sachen. In diesem Sinne auch RG, JW 1922, 576. 176 S. hierzu etwa SoergellHadding, 12/1990, § 347 Rn 6 ff.; StaudingerlKaiser, 13/1995, § 347 Rn 9 ff. (Verschlechterungen), Rn 92 ff. (Verwendungen). 177 S. RGZ 145, 79, 82; wohl auch BGHZ 87, 104, 107 ("Dachziegel"); MKiEmmerich, 3/1994, § 327 Rn 17; ders., Leistungsstörungen, 3/1991, § 10 IV 3; 173

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9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 229

Verwendungsersatz (nur) gemäß § 994 Abs.2 i.V.m. §§ 683, 684 beanspruchen. Dies bedeutet Aufwendungsersatz entsprechend § 670, sofern die notwendigen Verwendungen vom Verkäufer gemäß § 684 S. 2 genehmigt werden, seinem Interesse und Willen entsprechen oder soweit § 679 eingreift. Andernfalls ist gemäß §§ 684 S. 1,818 ff. lediglich eine vorhandene Bereicherung herauszugeben I78 • Hinsichtlich des Erfolgs nützlicher Verwendungen greift dann nur das Wegnahrnerecht gemäß § 997 ein. Diese Beschränkung des gesetzlich zum Rücktritt Berechtigten auf die Stellung eines verklagten unrechtmäßigen Besitzers ist aber nicht gerechtfertigt, weil dieser einerseits den Rücktritt nicht zu vertreten hat und andererseits beim Empfang der Leistung den Rücktrittsgrund regelmäßig noch nicht kennt und fiir ihn daher gar kein Anlaß besteht, seinen Umgang mit dem Leistungsgegenstand auf die mögliche Rückabwicklung des Vertrages hin auszurichten I79 . Nach insbesondere in der Rechtsprechung vertretener Auffassung ist deshalb auf den gesetzlich Rücktrittsberechtigten analog § 327 S. 2 Bereicherungsrecht anzuwenden 180. In diesem Fall haftet der Berechtigte bis zur Kenntnis vom Rücktrittsgrund gemäß §§ 818 Abs. I-Abs. 3; ab Kenntnis gelten über die §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. I, 292 wieder die ab Rechtshängigkeit der Herausgabeklage eingreifenden Vorschriften des Eigentümer-Bes itzer-Verhältnisses (insbesondere §§ 989, 990, 994 Abs. 2, 997). Auch wenn die Vorschrift des § 327 S. 2 nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte nur den Fall des vom Rücktrittsgegner unverschuldeten Rücktritts betrifft 181 , enthält sie doch einen verallgemeinerungsfiihigen Grundsatz, der die Anwendung des Bereicherungsrechts auch auf den gutgläubigen Rücktrittsberechtigten rechtfertigt.

StaudingeriKaiser, 13/1995, § 347 Rn 18 ff.; Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 26 b 1; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 312,317 f (bzgl. der Wandlung); Huber, JZ 1987, 649, 654 (je m.w.N. auf das monographische Schrifttum). Z.T. modifizieren diese Autoren so z.B. MKiEmmerich, 3/1994, § 327 Rn 15 - hinsichtlich des Verschuldens (wie bei § 351) und der Rechtsfolgen von § 989 (nur Wertersatz). 178 Vgl. auch schon oben, 4. Kapitel, H.4. 179 So etwa Soergel/Wiedemann, 12/1990, § 327 Rn 25; Soergel/Hadding, 12/1990, § 347 Rn 10; MKlJanßen, 3/1994, § 347 Rn 12; a.A. StaudingeriKaiser, 13/1995, § 347 Rn 21 (unter Hinweis auf § 820). 180 So BGH, WM 1987, 47, 48 (=JZ 1987, 625), NJW 1992, 1965 (klarstellend bzgl. Nutzungen); im obiter dictum auch schon BGHZ 53, 144, 148 f.(=NJW 1970, 656 f); ferner RGZ 130, 119, 123 f.; OLG Köln, OLGZ 1970, 454, 455. Aus dem Schrifttum z.B. noch StaudingerlKaduk, 12/1985, § 347 Rn 26. A.A. jedoch BGHZ 87, 104, 106 ("Dachziegel") bzgl. der Wandlung. 181 Hierzu näher Soergel/Wiedemann, 12/1990, § 327 Rn 1 f

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2. Teil, l. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Angesichts der ausdrücklichen Verweisungsregel in § 327 S. 1 ist aber eine uneingeschränkte Anwendung des Bereicherungsrechts nicht zu billigen. Weil § 327 S. 1 die entsprechende Anwendung der Regeln über das vertragliche Rücktrittsrecht anordnet, ist § 347 auf den Rücktrittsberechtigten immerhin grundsätzlich anzuwenden, aber (im Wege einer teleologischen Reduktion) erst ab dessen Kenntnis von dem Rücktrittsgrund 182 . Der Weg in das Bereicherungsrecht ist daher zugunsten des Rücktrittsberechtigten nur bis zu diesem Zeitpunkt eröffuet. Der Käufer und vormerkungswidrige Erwerber erlangt in diesem Sinne Kenntnis von dem Rücktrittsgrund, sobald ihm die Eintragung der Eigentumserwerbsvormerkung bekannt wird 183, spätestens dann, wenn der Vorgemerkte ihm gegenüber seine Ansprüche geltend macht. Hinsichtlich des hier interessierenden Verwendungsersatzes führt die Anwendung des Bereicherungsrechts primär dazu, daß etwaige Auf- bzw. Verwendungen als Abzugsposten mit Hilfe des Entreicherungseinwandes nach § 818 Abs.3 geltend gemacht werden können\84. Wegen der u. U. längeren Besitzzeit des vormerkungswidrigen Erwerbers ist es aber denkbar, daß der Erhaltungs- und Verbesserungsaufwand die in dieser Zeit gezogenen Nutzungen wertmäßig übersteigt. Gleiches gilt, wenn eine wirtschaftlich meßbare Nutzung erst nach einer längeren Investitionsphase geplant war und der Rücktrittsgrund dem Berechtigten erst gegen Ende dieser Investitionsphase bekannt wird. Der bloße Hinweis auf das ius variandi und die daraus

182 Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 347 Rn 8; Soergel/Hadding, 12/1990, § 347 Rn 10; Muscheler, AcP 187 (1987), S.343, 367; weitergehend MKlJanßen, 3/1994, § 347 Rn 12, 15a; Soergel/Wiedemann, 12/1990, § 327 Rn 25: grob fahrlässige Un-

kenntnis genügt. 183 Dies wird freilich häufig der Zeitpunkt des Vertragsschlusses sein. In diesem Fall bleibt die Kontroverse um die Anwendung von § 347 beim gesetzlichen Rücktrittsrecht bedeutungslos. 184 Es handelt sich um Aufwendungen, die im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs vorgenommen worden sind. Sie sind anerkanntermaßen im Rahmen von § 818 Abs.3 zu berücksichtigen. S. etwa PalandtlThomas, 55/1996, § 818 Rn 41; MKiLieb, 2/1986; § 818 Rn 64; Larenz/Canaris, SchuldR 11/2, 13/1994, § 73 I2d; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2061. - Weitergehend berücksichtigt die Rspr. alle Nachteile, die in einem adäquat kausalen Zusammenhang zum Bereicherungstatbestand stehen, z.B. BGH, WM 1970, 1421; NJW 1980, 1789 f.; ebenso RGRKlHeimann-Trosien, 12/1974, § 818 Rn 26. - Umgekehrt hält Kohler, Rückabwicklung, 1989, S. 288 ff., 467 § 818 Abs. 3 in den meisten Fällen der Rückabwicklung gescheiterter Austauschverträge rur unanwendbar.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnem und § 826 231

folgende Möglichkeit, anstelle des Rücktritts Schadensersatz wegen Nichterfiillung zu wählen l85 , scheint hier schwerlich angemessen. Zur Lösung des Problems wird entweder auf eine analoge Anwendung der §§ 994 Abs. 1, 996 186 oder aber auf die allgemeine Auf- bzw. Verwendungskondiktion 187 zurückgegriffen. Nach der hier vertretenen Konzeption ist die Verwendungskondiktion vorzugswürdig l88 . Die §§ 994 Abs. 1,996 bieten zwar einen umfassenden Verwendungsschutz; die §§ 987 ff. passen aber nicht recht beim Ausgleich von (unwesentlichen) Verschlechterungen, weil sie keine Wertersatzpflicht statuieren l89 , sondern nur die Alternative zwischen Schadensersatz (§§ 989, 990) und keinem Ausgleich (§ 993 a.E.) vorsehen. Bestätigt wird die Heranziehung der Verwendungskondiktion durch die oben l90 im Zusammenhang mit § 450 Abs.2 gefundene Lösung. Durch die Sachverbindung infolge der Verwendung (§§ 93, 94 191 ) wird der bereits bedingt vorhandene Rückgewähranspruch gemäß §§ 327 S. 1, 346 auf den Gegenstand über das "faktische" Synallagma hinaus greifend und nicht durch dieses gedeckt in seinem Wert gesteigert. Diese "außersynallagmatische" Wertsteigerung muß - soweit sich nicht innerhalb des um die Nutzungsrückgewähr erweiterten Austauschverhältnisses eine Kompensationsmöglichkeit (über § 818 Abs. 3) eröffnet - mit der Auf- bzw. Verwendungskondiktion zugunsten des Rücktrittsberechtigten korrigiert werden 192. 185 So aber BGH, WM 1985, 467, 468 (=NJW 1985,2697). Dagegen zu Recht Museheler, NJW 1985,2686, sowie AcP 187 (1987), S. 343, 390 f, 392. 186 Museheler, AcP 187 (1987), S. 343, 358; Larenz/Canaris, SchuldR 11/2, 13/1994, §§ 69111 le, 73 I 4b. - Gegen die Anwendung von § 996 BGHZ 87, 104, 107 ("Dachziegel"). 187 Soergel/Hadding, 12/1990, § 347 Rn 10; MKlJanßen, 3/1994, § 347 Rn 28; Palandt/Heinriehs, 55/1996, § 347 Rn 10; ausfiihrlich Kohler, Rückabwicklung, 1989, S. 462 ff., 469. 188 Die Schuldrechtsreformkommission sieht in § 347 Abs.2 BGB-KE Verwendungsersatzansprüche des Rücktrittsberechtigten mit einer Bereicherungshaftung des Gegners bzgl. nützlicher Verwendungen. S. BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht, 1992, S.294. 189Vgl. aber Emmerieh, Leistungsstörungen, 3/1991, § 10 IV 3b m.w.N., der beim gesetzlichen Rücktrittsrecht unter Hinweis auf § 487 Abs. 2 die §§ 347, 989 i.S. einer Wertersatzpflicht liest; ebenso Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 26 b I; Kohler, Rückabwicklung, 1989, S. 47 f, 405 ff. 190 Im 4. Kapitel, 111.2. 191 Vgl. auch §§ 946 ff., die wegen der Eigentümeridentität im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme nicht anwendbar sind. 192 Eine inhaltlich weite Auslegung der Aufwendungskondiktion nimmt Kohler, Rückabwicklung, 1989, S. 474 ff., 480 f vor, nach dem (fehlgeschlagene) notwendige

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

ce) Rechte aus § 323

Die Abstandnahme vom Vertrag entsprechend § 325 Abs. 1 S.3 i.V.m. § 323 Abs. 3 193 führt zu einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des Vertrages. Hinsichtlich des Ersatzes von Verwendungen kann deshalb auf die Ausfiihrungen zum Rücktritt verwiesen werden. Die Geltendmachung des Anspruchs auf das "stellvertretende commodum" nach §§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs.2, 281 bedeutet sachlich eine modifizierte Vertragserfiillung, die vorliegend darauf hinausläuft, daß der vormerkungswidrige Erwerber vom Verkäufer die Herausgabe des vom Vorgemerkten gezahlten Kaufpreises verlangen kann. Ein Verwendungsausgleich ergibt sich in diesem Fall nicht.

c) Zulässigkeit und Auslegung von Haftungsausschlüssen Wie sich im Umkehrschluß aus § 443 ergibt, sind die §§ 433-437, 439-442 dispositives Recht. In Grundstückskaufverträgen wird häufig die Haftung fiir Rechtsmängel formularmäßig oder individuell ausgeschlossen. Außerdem wird der Verkäufer, der weiß, daß eine Eigentumserwerbsvormerkung oder ein sachenrechtliches Vorkaufsrecht fiir einen Dritten gebucht ist, U.U. - unseriöserweise - versuchen, sich von der diesbezüglichen Rechtsmängelhaftung freizuzeichnen. Deshalb muß untersucht werden, ob und inwieweit eine solche Haftungsfreizeichnung wirksam sein kann.

Verwendungen ebenfalls von der Aufwendungskondiktion erfaßt werden, wenn sie im Interesse des Kondiktionsschuldners (vgl. §§ 683, 684 S. 2) lagen. Damit werden die nach § 994 Abs. 2 ersatzfiiliigen Verwendungen umfassend in die Auf- bzw. Verwendungskondiktion integriert. Entsprechendes gilt nach Kahler, a.a.O., S. 476 f. für Verwendungen im Zusammenhang mit herauszugebenden bzw. zukünftig noch zu ziehenden Nutzungen. Tragend ist in diesen Fällen der Gedanke der ersparten Aufwendungen. Zur aufgedrängten Bereicherung s. schon oben, 4. Kapitel, III.3.c). 193 Hierzu näher Saergel/Wiedemann, 12/1990, § 325 Rn 71 ff.; Staudinger/Otta, 13/1994, § 325 Rn 103 ff.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 233

aa) Vereinbarkeit mit § 443

Eine erste Grenze filr die Haftungsfreizeichnung setzt § 443. Nach dieser Vorschrift ist der Ausschluß oder die Beschränkung der Gewährleistung filr Rechtsmängel nach den §§ 433-437, 439-442 nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt. Die Nichtigkeit fiI.hrt nach wohl allgemeiner Auffassung nicht zur Anwendung von § 139; d.h. der Umstand, daß etwa der Verkäufer den Vertrag bei Kenntnis der Ungültigkeit des Haftungsausschlusses nicht abgeschlossen hätte, macht den Vertrag nicht im ganzen unwirksam l94 • Arglistiges Verschweigen liegt vor, wenn der Verkäufer den Rechtsmangel bei Vertragsschluß kennt bzw. mindestens mit seinem Bestehen rechnet und weiß oder damit rechnet, daß der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Kenntnis den Kauf nicht oder nicht so abgeschlossen hätte l95 • Ein Gewährleistungsausschluß hat demnach vor § 443 Bestand, wenn der Verkäufer darauf vertraut, daß dem Käufer das im Grundbuch vermerkte Recht, Eigentumserwerbsvormerkung oder sachenrechtliches Vorkaufsrecht, bekannt ist, etwa weil er annimmt, der Käufer habe Einblick in das Grundbuch genommen. Wegen der Unseriosität des Verkäufers sind an dieses Vertrauen sicherlich hohe Anforderungen zu stellen.

bb) Vereinbarkeit mit §§ 9-11 AGBG

Soweit die Freizeichnung von Rechtsmängeln formularmäßig erfolgt, ist ihre Zulässigkeit - über § 443 hinaus - an den Maßstäben des AGBG zu messen. Dabei ist § 11 Nr. 8 AGBG unanwendbar, da sich dieses Klauselverbot allein auf die Fälle nachträglicher Unmöglichkeit beziehe 96 . Heranzuziehen ist statt

194 S. z.B. SoergellHuber, 12/1991, § 443 Rn 2; StaudingerlKöhler, 13/1995, § 443 Rn 11; PalandtlPutzo, 55/1996, § 443 Rn 2. 195 OLG Breslau, JW 1926, 2707, 2708; PalandtlPutzo, 55/1996, § 443 Rn 6; Staudinger/Köhler, 13/1995, § 443 Rn 3 tI.; MKlH.P. Westermann, 3/1995, § 443 Rn 3; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 228; weitergehend hält SoergellHuber, 12/1991, § 443 Rn 4 Ursächlichkeit der Unkenntnis des Käufers tUr den Vertragsschluß nicht tUr erforderlich. 196 So die wohl h.M., siehe OLG Frankfurt, BB 1984, 300; v. Westphalen, WM 1983, 974,978; StaudingerlSchlosser, 12/1980, AGBG, § 11 Rn 8; SoergellU.Stein, 12/1991, AGBG, § 11 Rn 78; MKiBasedow, 3/1993, AGBG, § 11 Rn 118; a.A. PalandtlHeinrichs, 55/1996, AGBG, § 11 Rn 40 m.N. Nach ErmanlH.Hefermehl, 9/1993, AGBG,

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

dessen § 9 AGBG. Nach § 9 Abs. 1 AGBG sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung liegt gern. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG im Zweifel vor, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Entsprechendes gilt nach Nr. 2, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, daß die Erreichung des Vertragszweckes gefiihrdet ist. Eine formularmäßige Freizeichnung von der Haftung wegen einer bei Vertragsschluß vorhandenen Belastung des Grundstücks mit einer Eigentumserwerbsvormerkung oder einem sachemechtlichen Vorkaufsrecht bedeutet nach den obigen Ausfilhrungen eine Freistellung von der Haftung fiir anflingliches Unvermögen zur Leistung. Das Nicht-Einstehen-Wollen rur derartige Belastungen ist gleichbedeutend mit der Abstandnahme von der Verpflichtung, dauerhaftes, rechts beständiges Eigentum zu verschaffen. Die Garantiehaftung fiir die eigene Leistungsfähigkeit ist einerseits ein Leitbild des Gesetzes, ein wesentlicher Grundgedanke des allgemeinen Schuldrechts i.S. von § 9 Abs.2 Nr. 1 AGBG, andererseits ist die Verpflichtung, rechtsbeständiges Eigentum zu verschaffen, eine Kardinalpflicht des Kaufvertrages i.S. von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG 197 • Ein formularmäßiger Gewährleistungsausschluß fiir die Belastung mit Auflassungsvormerkung oder sachemechtlichem Vorkaufsrecht 198 benachteiligt den Käufer daher unangemessen und ist wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam 199 . Es dürfte freilich eine seltene Ausnahme sein, daß der Verkäufer sich

§ 11 Nr. 8 Rn 4 soll § 11 Nr. 8 AGBG entsprechend anzuwenden sein. Wegen der subsidiär geltenden Generalklausel des § 9 AGBG fehlt es jedoch an einer Gesetzeslücke. 197 Vgl. dazu OLG Frankfurt, BB 1984, 300; v. Westphalen, WM 1983, 974, 978 m.w.N. 198 Im Fall eines sachenrechtlichen Vorkaufsrechts ist allerdings zu beachten, daß das anfängliche Unvermögen zur Verschaffung rechtsbeständigen Eigentums behoben ist, wenn das Vorkaufsrecht innerhalb der Frist des § 510 Abs. 2 nicht ausgeübt wird. Dies gilt auch dann, wenn das Vorkaufsrecht weiterhin bestehen bleibt, weil es rur mehrere oder alle Vorkaufsfiille bestellt wurde, vgl. § 1097; denn dann belastet es im wesentlichen nur einen zukünftigen KäuferlErwerber. 199 Die Unwirksamkeit einer formularmäßigen Freizeichnung rur anfängliches Unvermögen ist wohl einhellige Auffassung; OLG Frankfurt, BB 1984, 300; Soergel/U.S/ein, 12/1991, AGBG, § 9 Rn 39; v.Westphalen, WM 1983, 974, 978; vgl. auch Palandt/Heinrichs, 55/1996, AGBG, § 9 Rn 23. Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des AGBG s. BGHZ 82, 162, 168 f. m.w.N.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 235

formularmäßig ausdrücklich von der Haftung fiir eine Belastung mit einer Auflassungsvormerkung oder einem sachenrechtlichen Vorkaufsrecht freizeichnet. Geläufige Praxis ist hingegen ein formularmäßiger allgemeiner Haftungsausschluß fiir Rechtsmängel. Eine solche Klausel ist nach dem eben Ausgefuhrten restriktiv so zu interpretieren, daß eigentumsentziehende Belastungen von ihr nicht erfaßt werden. Da die Klausel im Hinblick auf Grundpfandrechte oder weniger bedeutende Wegerechte durchaus interessengerecht sein kann, steht dieser Auslegung das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion nicht entgegen. Dies läßt sich insbesondere damit rechtfertigen, daß der Verstoß gegen § 9 AGBG atypische Ausnahmefiille betrit'ff°o.

ce) Vereinbarkeit mit § 242 Die Bedenken, die zur Unwirksamkeit einer formularmäßigen Freizeichnung von der Haftung im Falle der Belastung mit eigentumsentziehenden Rechten gefuhrt haben, sprechen grundsätzlich auch gegen einen individuell vereinbarten Haftungsausschluß. Praxisrelevant dürfte dabei genau wie bei den eben erörterten Fällen formularmäßiger Freizeichnung allein ein genereller Haftungsausschluß fiir Rechtsmängel sein. Richtigerweise ist ein solcher Gewährleistungsausschluß im Zweifel so auszulegen, daß die Mängel, die zu einer Eigentumsentziehung fUhren können, von ihm nicht erfaßt werden20I . Denn es widerspricht im allgemeinen den Grundsätzen von Treu und Glauben und der Verkehrssitte, §§ 157, 242, wenn der Verkäufer nicht für die Verschaffung dauerhaften Eigentums eintreten wilfo2 •

200 Zur Zulässigkeit der einschränkenden Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen in diesen Konstellationen vgl. Palandt/Heinrichs, 55/1996, AGBG, Vorbem vor § 8 Rn 10 m.w.N. Ablehnend wohl Soergel/UStein, 12/1991, AGBG, § 6 Rn 13; s. dort aber auch Rn 15 zur ergänzenden Vertragsauslegung. 201 So zutreffend OLG Stettin, JW 1931, 2754 f.; BGHZ 11, 16, 24 f.; auch Soergel/Huber, 12/1991, § 434 Rn 86; Herz/eider, JW 1926, 2707; a.A. OLG Breslau, JW 1926,2707,2708; Asch, JW 1931,2754,2755. 202 In diesem Sinne insbesondere BGHZ 11, 16, 24 f. (zum Rückerstattungsrecht): Nach Auffassung des 11. Senats widerspricht es der Verkehrssitte, Grundstücksübereignungsverträge abzuschließen, bei denen schon von vornherein der Erwerber das Risiko eines nicht rechtmäßigen Erwerbs trägt und er somit Gefahr läuft, daß hierfür aufgewandte Entgelt in vollem Umfang zu verlieren. Zustimmend StaudingerlKähler, 13/1995, § 434 Rn 37.

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Dem steht nicht entgegen, daß der Grundstückskaufvertrag gern. § 313 notariell beurkundet wird und der Notar u.V. gegen die Prüfungs- und Belehrungspflicht nach §§ 17-21 BeurkG verstoßen hat. Diese Vorschriften schließen die Heranziehung der Grundsätze von Treu und Glauben insbesondere beim Gebrauch formelhafter Wendungen nicht aus 203 • Denn der Wortlaut der Klausel allein macht dem insoweit schutzbedürftigen Erwerber nicht bewußt, daß der Verkäufer nicht fiir die Übertragung rechts beständigen Eigentums garantieren will. Andererseits kann im Regelfall nicht davon ausgegangen werden, daß der Käufer bei entsprechender Aufklärung den Vertrag überhaupt abgeschlossen hätte. Die Gültigkeit einer formelhaften Freizeichnung fiir alle Rechtsmängel kann daher im Hinblick auf eigentumsentziehende Grundstücksbelastungen vor §§ 242, 157, nur Bestand haben, wenn der Notar oder der Verkäufer dem Käufer umfassend und eingehend die einschneidenden Folgen des Haftungsausschlusses in diesen Fällen deutlich gemacht haf 04 •

2. Rechtslage beim Kauf in Kenntnis der Eigentumserwerbsvormerkung

Kauft der vormerkungswidrige Erwerber das Grundstück in Kenntnis der Eigentumserwerbsvormerkung, scheint es naheliegend, auf diesen Fall § 439 Abs. 1 anzuwenden. Nach dieser Vorschrift hat der Verkäufer einen Mangel im Recht nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel beim Abschluß des Kaufes kennt. Die Vorschrift beruht auf dem Gedanken, daß der Käufer nicht schutzwürdig ist, der in Kenntnis eines bestehenden Rechtsmangels gleichwohl einen Kaufvertrag abschließt. Insofern muß er sich behandeln lassen, als ob er auf die Gewährleistungsrechte verzichtet hätte 205 • Die Ausdrucksweise, daß der Verkäufer - Ein vormerkungswidriger Erwerb ist zwar als solcher grundsätzlich rechtmäßig, die Problemlage ist aber die gleiche. Ebenso OLG Stettin, JW 1931, 2754; Herzjelder, JW 1926, 2707; a.A. OLG Breslau, JW 1926, 2707, 2708; Asch JW 1931, 2754, 2755. 203 Vgl. BGHZ 108, 164, 169 f.; 101,350,353; beide m.w.N. auch der Gegenauffassung. 204 In diesem Sinne BGHZ 108, 164, 168 f.; 101, 350, 354 f. zur Freizeichnung von der Gewährleistung für Sachmängel beim Kauf neuerrichteter Häuser. 205 So überzeugend Staudinger/Köhler, 13/1995, § 439 Rn 2 m.N. abweichender Deutungen; auch Jauernig/Vollkommer, 7/1994, § 439 Anm. Ib. - Im Sinne eines vermuteten Verzichts auf die Gewährleistungsrechte die Gesetzesverfasser, s. Mugdan 11, S. 119 (=Motive 11, S.215) und insbesondere die Rspr. BGHZ 13, 341, 345; NJW 1960, 720, 721; NJW 1979, 713, 714; MKlH.P.Westermann,

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 237

den Mangel nicht zu vertreten habe, läßt sich dahin verstehen, daß nur die Verschuldenshaftung des Verkäufers nach §§ 440 Abs. 1,325,326 entfallt und dem Käufer weiterhin die Rechte aus §§ 320-323 zustehen206 • Überzeugender ist es indes, die Vorschrift im Sinne eines Verlustes sämtlicher Rechte aus §§ 320327,440 Abs. 1, zu deuten207 • Die Regelung ist - wie sich aus Wortlaut und gesetzessystematischer Stellung ergibt - in Parallele zu den §§ 460, 464 im Bereich der Sachmängelgewährleistung zu sehen 208 • In diesem Zusammenhang wird aber allgemein der Verlust sämtlicher Gewährleistungsrechte angenommen209 • Es kommt hinzu, daß bei Kaufabschluß schon vorhandene und nicht beseitigungsflihige Mängel zu anfänglichem (Teil-) Unvermögen fUhren, fiir das der Verkäufer grundsätzlich verschuldensunabhängig einzustehen hat; d.h. das Verschulden des Verkäufers spielt gerade keine Rolle. Diese Rechtsfolge des § 439 Abs. 1 - Ausschluß sämtlicher Gewährleistungsrechte - paßt andererseits erkennbar nicht auf die Fälle der nicht bzw. nicht ordentlich errullten Eigentumsverschaffungspflicht. Sie würde nämlich dazu fUhren, daß das Geschäft rur den Käufer zu einer emtio spei, zu einem spekulativen Kauf wird, bei der er das Risiko des (dauerhaften) Eigentumserwerbs selbst trägt und daher fiir den Kaufpreis evtl. keinen dauerhaften Gegenwert erhält2lO . Ein solches Risiko wird ein Käufer im allgemeinen kaum tragen wollen; eine emtio spei mag allenfalls dann in Betracht zu ziehen sein, wenn der Kaufpreis deutlich unter dem Wert des Kaufgegenstandes liegt2lI.

3/1995, § 439 Rn I; ähnlich SoergellHuber, 12/1991, § 439 Rn 3: "Regel des dispositiven Rechts". 206 So z.B. noch StaudingerlKöhler, 12/1978, § 439 Rn I, 7; Erman/Grunewald, 9/1993, § 439 Rn 1; auch RGZ 132,145, 148; BGH, WM 1987,986,988. 207 So PalandtlPutzo, 55/1996, § 439 Rn 1; SoergellHuber, 12/1991, § 439 Rn 7; MKlHP. Westermann, 3/1995, § 439 Rn I; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 223; nunmehr auch StaudingerlKöhler, 13/1995, § 439 Rn 19; nicht eindeutig RGZ 52, 274, 276; s. auch Mugdan 11, S. 119 (=Motive 11, S. 216): "Jeder Anspruch ..... flillt hinweg." 208 So zutreffend SoergellHuber, 12/1991, § 439 Rn 7; PalandtlPutzo, 55/1996, § 439 Rn I; wohl auch BGHZ 110, 196, 203 ("B.B.-Hemden"). 209 PalandtlPulzo, 55/1996, § 460 Rn 8; SoergellHuber, 12/1991, § 460 Rn I; Müller, SchuldR BT 1990, Rn 275. 210 Zum Begriff der emtio spei siehe RGZ 88, 165, 167; auch SoergellHuber, 12/1991, Vor § 433 Rn 75. 211 Nach h.M. ist allerdings § 439 Abs. lohne weiteres anwendbar, wenn nur der Käufer die Belastung mit dem Eigentumsentziehungsrecht kennt. S. etwa SoergellHuber, 12/1991, § 439 Rn 16, 19; Erman/Grunewald, 9/1993, § 439 Rn 3; Staudinger/Köhler, 13/1995, § 439 Rn 4. Für konsequente Anwendung von § 439 Abs. 1 beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht auch Jacobi, JW 1922, 796, 797 für den Fall, daß der Käufer trotz der unterlassenen Mitteilung des Verkäufers von dem sachenrechtlichen Vorkaufsrecht Kenntnis hat.

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2. Teil, 1. Abschn.: Zu lässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Die mangelnde Eignung von § 439 Abs. 1 zur Lösung des Problems wird auch durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. Leitbild der Gesetzesverfasser war die Belastung von Kaufgrundstücken mit Dienstbarkeiten, d.h. mit Drittrechten, die die Rechtsinhaberschaft am Kaufgegenstand nicht berühren212 • Wenn man die Vorschrift nicht schon von vornherein fiir unanwendbar erachtee 13 , ist die dispositive Vorschrift im Regelfall wohl ausdrücklich oder konkludent abbedungen214 • Was die Parteien anstelle einer emtio spei gewollt haben, ist dann durch Auslegung zu ermitteln. Ein interessengerechtes Auslegungsergebnis ist etwa, daß die Parteien den Vertrag auflösend bedingt durch die Verwirklichung der Eigenturnserwerbsvormerkung oder des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts geschlossen haben215 • Als Auslegungsaltemative kommt in Betracht, daß die Parteien das anfiingliche Unvermögen des Verkäufers als nicht verschuldet und daher nur entsprechend § 323 behandeln wollten216 • Schließlich ist es noch denkbar, daß die Parteien es bei der Garantiehaftung des Verkäufers fiir sein anfiingliches Unvermögen bewenden lassen wollten 217 .

Im Regelfall dürfte aber der Verkäufer gleichermaßen Kenntnis von dem Eigentumsentziehungsrecht haben. 212 Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang mit § 434 BGB (§ 371 E I), obgleich die Motive zu § 439 BGB auch § 433 (§ 370 E I) ausdrücklich in Bezug nehmen; siehe Mugdan 11, S. 118 f. (=Motive 11, S. 214,216). Ebenso Soergel/Huber, 12/1991, § 439 Rn 2. 21J So tur schon bei Vertragsschluß fehlendem Eigentum des Verkäufers etwa MKlHP. Westermann, 3/1995, § 439 Rn 2; Palandt/Putzo, 55/1996, § 439 Rn 2; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 226; Knöpfte, NJW 1991, 889 f. - AA Staudinger/Köhler, 13/1995, § 439 Rn 4. 214 Vgl. BGHZ 13, 341, 343; BGH, NJW 1960, 720; differenzierend Staudinger/Köhler, 13/1995, § 439 Rn 4. 215 So RG, JW 1922, 576; OLG Marienwerder, HRR 1937, NT. 1495. Beide Entscheidungen betrafen Kaufverträge, die in beiderseitiger Kenntnis eines sachenrechtlichen Vorkaufsrechts geschlossen worden waren. Ebenso ("im Zweifel") Soergel/Huber, 12/1991, § 505 Rn 26; ferner Staudinger/Mayer-Maly/Mader, 13/1994, § 1098 Rn 19; Staudinger/Köhler, 13/1995, § 439 Rn 5; MKlHP. Westermann, 3/1995, § 439 Rn 2. Jacobi, JW 1922, 796 stimmt dem RG nur insoweit zu, als der Verkäufer dem Käufer von dem beeinträchtigenden Vorkaufsrecht Mitteilung gemacht hat; andernfalls wendet er § 439 Abs. 1 an. 216 So etwa Soergel/Huber, 12/1991, § 439 Rn 18 f., der aber von nachträglichem Unvermögen ausgeht; auch RGZ 132, 145, 148; BGH, WM 1987,986,988. 217 Vgl. MKlHP. Westermann, 3/1995, § 439 Rn 2; Staudinger/Köhler, 13/1995, § 439 Rn 5 Garantie tur die Nichtausübung des (Vorkaufs-) Rechts; auch BGH, WM 1987,986,988.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnem und § 826 239

Hinsichtlich der beiden zuletzt genannten Auslegungsvarianten sind die Rechtsfolgen bereits oben218 dargestellt worden: Der Käufer und vormerkungswidrige Erwerber kann Verwendungsersatz als Teil des Mindestschadens verlangen, wenn er Schadensersatz wegen Nichterfiillung gemäß § 325 Abs. 1 beanspruchen kann. Im Fall des Rücktritts oder der Abstandnahme vom Vertrag kann er seine Verwendungen (gleich welcher Art) primär über § 818 Abs. 3 als Abzugsposten und ergänzend noch vorhandene Werterhöhungen bzw. (zukünftig) ersparte Aufwendungen mit Hilfe der Verwendungskondiktion kompensieren. Wegen der beiderseitigen Kenntnis von der Eigentumserwerbsvormerkung wird jedoch häufig, wenn nicht gar regelmäßig, die verschärfte Haftung über § 347 bzw. §§ 820 Abs. 1 S. 2,818 Abs. 4, 292 eingreifen, bei der der Verwendungsersatz auf die notwendigen Verwendungen nach Maßgabe von § 994 Abs.2 sowie das Wegnahmerecht nach § 997 beschränkt ist. Wenn der Käufer und vormerkungswidrige Erwerber über §§ 323 Abs.2, 281 das "stellvertretende commodum" begehrt, kann er hingegen keinen Verwendungsersatz verlangen. Auch bei der Vereinbarung eines auflösend bedingten Rechtsgeschäfts vollzieht sich der Verwendungsausgleich grundsätzlich in bereicherungsrechtlichen Bahnen. Es ist allerdings nicht unumstritten, nach welchen Vorschriften ein auflösend bedingtes Rechtsgeschäft rückabzuwickeln ist. Die wohl überwiegende Auffassung zieht die "condictio ob causam fmitam", § 812 Abs. 1 S.2, 1. Fall heran219 ; die Gegenauffassung hält, insbesondere wegen der Rückbeziehungsklausel des § 159 bzw. der Schadensersatznorm in § 160 Abs. 2, vertragliche Rückgewähransprüche filr gegeben220 ; eine vermittelnde Auffassung will Bereicherungsrecht anwenden, dieses aber durch die Regelungen des Vertrages modifizieren221 • Folgt man der herrschenden bzw. der vermittelnden Auffassung, so gilt zunächst wiederum das oben zum Rücktritt Ausgefilhrte - Verwendungs ersatz über § 818 Abs. 3 bzw. die Verwendungskondiktion. Ein ausdrücklich unter eine auflösende Bedingung gestelltes Rechtsgeschäft erfiillt typischerweise die Unter l.b). RG, WamRspr. 1921, Nr. 43; MKlH.P. Westermann, 3/1993, § 159 Rn 3; SoergellM Wolf, 12/1987, § 158 Rn 29; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2015 f. 220 So Flume, AT 11, 411992, § 40 2d; Larenz, AT, 7/1989, § 25 IV; Medicus, AT, 5/1992, Rn 840; Wunner, AcP 168 (1968), S. 425,447 f. 221 Für Modifikation Kahler, Rückabwicklung, 1989, S. 7 f1, 15 f. In diesem Sinne auch schon BGH, MDR 1959, 658 (=LM § 159 Nr. 1); PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 159 Rn 1; RGRKlSteffen, 12/1974, § 158 Rn 7; RGRKlHeimann-Trosien, 12/1974, § 812 Rn 83, die von einer dem Vertragsrecht subsidiären Anwendung des Bereicherungsrechts ausgehen. 218 219

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Voraussetzungen von § 820 Abs. I S.2222 , was den Verwendungsersatz nach Maßgabe der §§ 994 Abs. 2, 997 beschränkt. Ergibt sich die auflösende Bedingung nur konkludent aus dem Vertrag, mag es eventuell einmal anders liegen223, 224. Die Anhänger einer vertraglichen Rückabwicklung kommen namentlich dann in Schwierigkeiten, wenn vertragliche Regelungen fehlen. Die Normen des Bedingungsrechts, insbesondere §§ 159, 160, sind ebenfalls lückenhaft. Gerade Regeln über den hier interessierenden Verwendungsausgleich sind nicht vorhanden. Dann stellt sich erneut die Frage nach dem anzuwendenden Ausgleichsmodus und der Rückgriff auf das Bereicherungsrecht ist vorgezeichnet225 . Diese Schwierigkeiten sprechen deutlich fiir die Auffassung, die das Bereicherungsrecht durch die vertraglichen Vereinbarungen modifiziert bzw. insoweit subsidiär anwendet.

3. Anspruch auf Abtretung von Verwendungsersatzansprüchen des (Doppel-) Verkäufers gegen den vorgemerkten Käufer? Soweit der Verkäufer einer Sache zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang (sowie danach) "sonstige", d.h. nützliche Verwendungen auf diese vornimmt, kann er, wie oben226 dargelegt, grds. gemäß § 450 Abs.2 i.V.m. §§ 677 ff. bzw. mit der Verwendungskondiktion vom Käufer Ausgleich verlangen. Deshalb kann die Frage gestellt werden, ob nicht der vormerkungswidrige Erwerber und (Zweit-) Käufer im Zuge der Rückabwicklung seines Kaufvertrages anstelle eines unmittelbaren Ausgleichs filr seine nützlichen Verwendungen auch die Abtretung derartiger Ansprüche vom (Doppel-) Verkäufer verlangen

222 So z.B. Staudinger/WLorenz, 1311993, § 820 Rn 6; MKiLieb, 2/1986, § 820 Rn 8; EsserlWeyers, SchuldR BT, 611991, § 51 III 2d. 223 V gl. zu den subjektiven Anforderungen in den Fällen des § 820 Abs. 1 BGH, WM 1961, 947, 948 (=JZ 1961, 699); BGHZ 118, 383, 393; ferner Larenz/Canaris, SchuldR III2, 1311994, § 73 II 1c. 224 Modifikationen können sich insbesondere dann ergeben, wenn die auflösende Bedingung ohne Rückwirkungsklausel i.S. von § 159 vereinbart ist: Dann sind Nutzungen und (korrespondierende) notwendige Verwendungen schwerlich auszugleichen. 225 Symptomatisch etwa Larenz, AT, 7/1989, § 25 IV, der im Hinblick auf die Kenntnis bei der Parteien von der auflösenden Bedingung auf § 820 Abs. 1 S. 2 Bezug nimmt. 226 Im 1. Teil, 4. Kapitel, 11., III.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnem und § 826 241

kann. Ein diesbezüglicher Anspruch, der sich auf § 281 227 oder § 818 Abs. 1 gründen könnte, ist aber in verschiedener Hinsicht problematisch: Zunächst ist schon das Bestehen eines abtretbaren Verwendungsersatzanspruchs zweifelhaft: Verwendungsausgleichs- bzw. Geschäftsfiihrungsansprüche entstehen normalerweise unmittelbar in der Person des Verwenders bzw. Geschäftsfiihrers selbse 28 • Da es sich um Ansprüche außerhalb (neben) der vertraglichen Leistungsbeziehungen handelez9, besteht kein zwingender Grund, diese Ansprüche an die Leistungsbeziehungen zu binden. Weiterhin sind die Verwendungsersatzansprüche des (Doppel-) Verkäufers - ihr Bestehen einmal unterstellt - weder ein von § 281 bzw. § 818 Abs. 1 erfaßter Veräußerungserlös 230 noch ein Ersatz fiir den vom Verkäufer an den vormerkungswidrigen Erwerber (im Rahmen der Rückabwicklung des in dieser Beziehung bestehenden Kaufvertrages) zu erstattenden Kaufpreises 231 • Etwaige Verwendungsersatzansprüche des Verkäufers könnten aber Surrogat sein rur eine dem Verkäufer im Rahmen der Rückabwicklung des Kaufvertrags mit dem vormerkungswidrigen Erwerber zugeflossene Bereicherung. Im Zuge dieser Rückabwicklung hat der Verkäufer einen Anspruch auf Rückübertragung von Eigentum und Besitz an dem vormerkungsbetroffenen Grundstück. Dieser Anspruch ist zunächst nur aufschiebend bedingt durch die Geltendmachung des vormerkungsgesicherten Anspruchs einerseits und der Rechte aus § 325 andererseits. Mit Vornahme der Verwendungen durch den vormerkungswidrigen

227 So beim Schadensersatz wegen Nichterfllllung; beim Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 327, 346 tf. (z.B. BGH, NJW 1983, 929, 930) sowie bei verschärfter Bereicherungshaftung (BGHZ 75, 203, 206 f.). 228 Daher kann man von gesetzlichen Verhaltensobligationen sprechen, von Schuldverhältnissen, die kraft Gesetzes durch ein bestimmtes Verhalten ausgelöst werden. Dazu und zu den kontrastierenden Zustandsobligationen, die an einen Zustand, eine Rechtsposition des Schuldners (wie z.B. dessen EigentümersteIlung) anknüpfen, noch unten im 12. Kapitel, 1I.4.d) bb) (3). 229 S. schon oben, 4. Kapitel, 11., III. 230 Nach ganz h.M. erfaßt § 281 auch den Erlös aus der Veräußerung des geschuldeten Gegenstandes: S. statt aller BGHZ 46,260,264; Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 281 Rn 6; Soergel/Wiedemann, 12/1990, § 281 Rn 28 m.w.N. Anders ist der Streitstand hinsichtlich des Surrogats nach § 818 Abs. 1. Die h.M. sieht den Veräußerungserlös nicht als Surrogat des "Erlangten" an, sondern verpflichtet den Bereicherungsschuldner gemäß § 818 Abs. 2 zum Ersatz des (objektiven) Werts des Erlangten. So z.B. BGHZ 24, 106, 110 f; 112, 288. 294; Larenz, FS v.Caemmerer, 1978, S. 209, 218 tf., 221; Staudinger/W.Lorenz, 13/1993, § 818 Rn 17 und 27 m.w.N.; a.A. z.B. MK/Lieb, 2/1986, § 818 Rn 26 m.w.N. Vgl. auch oben 4. Kapitel, III.3.c) dd). 231 S. oben 4. Kapitel, III.2.a) mit Fn. 40. 16 Richter

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Erwerber und dem Eintritt des Verwendungserfolges erlangt der Verkäufer entsprechend den obigen Ausfiihrungen232 eine Wertsteigerung dieses Rückgewähranspruchs als "latente" Bereicherung. Wegen der grundstücksbezogenen, erfiillungssichemden Wirkung der Vormerkung233 erlangt aber auch der Vorgemerkte eine vergleichbare Wertsteigerung seines kaufrechtlichen Verschaffungsanspruchs 234 • Korrespondierend zu der doppelten Herausgabepflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers - einerseits gegenüber seinem Verkäufer, andererseits nach Zustimmung gemäß § 888 Abs. 1 und Eigentumserwerb des Vorgemerkten gegenüber diesem aus § 985 235 - scheint hier eine doppelte Bereicherung vorzuliegen. Der Schein trügt jedoch, jedenfalls dann, wenn man daran festhält, daß die Verwendungskondiktion nur dem Verwender selbst zusteht, nur in dessen Person entsteht. In diesem Fall bestehen keine Verwendungsersatzansprüche des Verkäufers gegen den Vorgemerkten und dessen Bereicherung entfällt dadurch, daß er in gleichem Umfang verpflichtet ist, den im Wert erhöhten Verschaffungsanspruch des Vorgemerkten zu erfiillen, ohne die bei eigener Verwendungsvornahme begründeten Ausgleichsansprüche zu haben236 . Nach Vorstehendem erwachsen dem (Doppel-) Verkäufer keine Verwendungsersatzansprüche gegen den vorgemerkten Käufer, wenn der vormerkungswidrigen Erwerber die nützlichen Verwendungen auf das Grundstück vorgenommen hat, weil die Verwendungskondiktion - ebenso wie ein Anspruch des Geschäftsfiihrers ohne Auftrag - an die Person des Verwenders bzw. Geschäftsfiihrers und nicht an die jeweiligen Leistungsbeziehungen gebunden ist. S. oben I.b) bb) zum Rücktritt und erneut im 4. Kapitel, III.2.a.) Hierzu oben unter I.2.c) sowie sogleich im 10. Kapitel. 234 Die Frage nach der handelnden Person spielt hier ebensowenig eine Rolle wie bei der - verschuldensunabhängigen - Minderung bzw. Wandlung. 235 Beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht entsteht der von der h.M. aus § 11 00 abgeleitete Herausgabeanspruch sogleich mit dem Zustimmungsanspruch. Zu diesem Anspruch näher unten im 11. Kapitel, 11. mit Fn. 22 und 12. Kapitel, 11.3., Fn. 118. 236 V gl. zu der angesprochenen doppelten Herausgabepflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers auch den ähnlich gelagerten Fall der Rückgewährpflichten des Käufers gestohlener Sachen. Nach der wohl überwiegenden Auffassung führt die Rückgabe an den (wahren) Eigentümer (s. auch § 440 Abs. 2) nicht zum Ausschluß des Rücktritts wegen verschuldeter Unmöglichkeit der Rückgewähr gemäß § 351. S. BGHZ 5,337,340; PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 351 Rn 4; Soergel/Hadding, 12/1990, § 351 Rn 6, je m.w.N. auch der abw. Auffassungen. Wohl wegen des schneller eintretenden Rechtsfriedens hat die Rückgabe an den Eigentümer Vorrang gegenüber der Rückgewähr an den Verkäufer. Das gilt auch für die hier erörterte Situation und spricht auch für einen unmittelbaren Verwendungsausgleich zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber und dem Vorgemerkten. 232

233

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 243

Insofern ist ein unmittelbarer Verwendungsausgleich zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber und dem vorgemerkten Käufer nicht entbehrlich, sondern geboten.

4. Ergebnis

Die Rückgriffsrechte des vormerkungswidrigen Erwerbers gegenüber seinem Verkäufer sind unterschiedlich, je nachdem, ob der vormerkungswidrige Erwerber die Eigentumserwerbsvormerkung des Dritten beim Vertragsschluß kennt oder nicht. Hat der Käufer keine Kenntnis von dem (potentiell) eigentumsentziehenden Drittrecht, so haftet ihm der Verkäufer bei dessen Verwirklichung wegen anfänglichen Unvermögens zur Verschaffimg rechts beständigen Eigentums auf Schadensersatz wegen Nichterfiillung analog § 325. Insofern kann der Verkäufer im Rahmen seiner Haftung filr den "Mindestschaden" auch zum Ersatz nutzlos gewordener Verwendungen herangezogen werden. Im Fall des Rücktritts ist die Rechtslage bzgl. des Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen sehr streitig; nach der hier vertretenen Auffassung gilt filr den Rücktrittsberechtigten bis zur Kenntnis von dem Rücktrittsgrund Bereicherungsrecht. Der Käufer und vormerkungswidrige Erwerber kann deshalb Verwendungen, die er vor Kenntnis von der Vormerkung vorgenommen hat, grds. über § 818 Abs. 3 berücksichtigen und im übrigen den Verwendungserfolg (die Werterhöhung des Grundstücks) mit der allgemeinen Auf- bzw. Verwendungskondiktion ersetzt verlangen. Hinsichtlich des Erfolgs nützlicher Verwendungen ist aber eine Bereicherung des Verkäufers zu verneinen, da dieser verpflichtet ist, diesen Verwendungserfolg zusammen mit dem Leistungsgegenstand (dem Grundstück im geschuldeten Zustand) an den Vorgemerkten weiter zu übertragen. Dabei steht dem Verkäufer selbst keine Verwendungskondiktion gegen den Vorgemerkten zu, weil er die Verwendungen nicht vorgenommen hat und insoweit nicht entreichert ist. Nach Kenntnis von der Vormerkung bzw. des daraus resultierenden Rücktrittsgrundes beschränkt sich der Verwendungsersatz nach Maßgabe von §§ 347 S. 2,994 Abs. 2 auf die notwendigen Verwendungen. Im übrigen kann auf das Wegnahmerecht nach § 997 zurückgegriffen werden. Ein vertraglicher Gewährleistungsausschluß steht der Haftung des Verkäufers grundsätzlich nicht entgegen, da es regelmäßig gegen § 9 AGBG bzw. § 242 verstößt, sich von den Folgen anfiinglichen Unvermögens zur Leistung freizusprechen.

244

2. Teil, l. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Weiß der vormerkungswidrige Erwerber beim Vertragsschluß über die Eigentumserwerbsvormerkung Bescheid, so ist es in erster Linie Sache der Vertragsauslegung, in welchem Umfang der Verkäufer für die Nichtausübung bzw. die Verschaffung rechtsbeständigen Eigentums haften will. Die dispositive Regelung in § 439 Abs. 1 paßt hier nicht recht, weil der Käufer das Risiko des Erwerbs dauerhaften Eigentums in den seltensten Fällen tragen will und daher eine emtio spei, ein spekulativer Kauf, ausscheidet. Als mögliches Auslegungsergebnis kommt - neben dem Festhalten an der Garantiehaftung des Verkäufers entweder die Vereinbarung eines auflösend bedingten Kaufvertrages oder eine Rückabwicklung entsprechend § 323 in Betracht. In all diesen Fällen kann der Käufer und vormerkungswidrige Erwerber vom Verkäufer - wegen des Wissens um die Vormerkung - regelmäßig nur seine notwendigen Verwendungen gemäß § 994 Abs.2 (i.V.m. § 347 S.2 bzw. §§ 820 Abs. 1 S. 2, 818 Abs. 4,292) ersetzt verlangen, ansonsten ist er auf das Wegnahmerecht gemäß § 997 beschränkt.

5. Folgerungenfür das Rechtschutzbedürfnis des vormerkungswidrigen Erwerbers - die These Gurskys vom "Rechtsnotstand" Konfrontiert man diese Ergebnisse mit der Argumentation Gurskys, der einen Rechtsnotstand annimmt, der zur Annahme von Verwendungsersatzansprüchen (analog §§ 994 ff.) des vormerkungswidrigen Erwerbers gegenüber dem Berechtigten, hier dem geschützten Käufer zwinge237 , so ergibt sich das Folgende: Gursky betont zunächst völlig zu Recht, daß sich die SchutzunwUrdigkeit des vormerkungswidrigen Erwerbers nicht generell verneinen lasse. Dieser könne im Extremfall schuldlos in Unkenntnis der Vormerkung und damit seiner potentiellen Herausgabepflicht sein. Hierbei filhrt er beispielhaft den schon oben angesprochenen Fall der zu Unrecht gelöschten Vormerkung an, wenn ein lastenfreier Erwerb ausscheidet, weil zwischen Verwendungsvornahme und Eigentumsumschreibung ein Widerspruch gemäß § 899 gegen die Löschung der Vormerkung im Grundbuch eingetragen wird. Nach den hier gefundenen Ergebnissen ist der vormerkungswidrige Erwerber allerdings auch in weitgehendem Umfang durch Ausgleichsansprüche gegenüber seinem Veräußerer geschützt. Neben dem Schadensersatzanspruch analog

237

S. näher Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 56 (auch zum Folgenden).

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 245

§§ 325 Abs. 1, 440 Abs. 1, 433 ff. ist im Fall des Rücktritts auf § 818 Abs.3 bzw. die Verwendungskondiktion zu verweisen. Der Hinweis Gurskys auf die im Rahmen dieser kaufrechtlich orientierten Arbeit weniger interessierende Ausschlußregel des § 523 im Schenkungsrecht ist jedoch durchaus berechtigf38. Wichtiger sind jedoch zwei weitere Erwägungen Gurskys: Die Ausgleichsansprüche239 gegen den Verkäufer seien kein vollwertiger Ersatz fiir die fehlende (unmittelbare) Verwendungsersatzregelung, weil sie wegen des fehlenden Druckmittels des Zurückbehaltungsrechts (Retention) schlechter zu verwirklichen seien. Außerdem würde durch diese Ansprüche der Vermögensverlust nur auf den Verkäufer verlagert. Der vernünftig nicht zu rechtfertigende unentgeltliche Zufluß des Verwendungserfolges beim Vormerkungsgeschützten werde hingegen nicht kompensiert, was auch im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben in Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG zweifelhaft seI. Hinsichtlich der fehlenden Retentionsmöglichkeit ist Gursky uneingeschränkt zuzustimmen: Bei der Rückabwicklung des Kaufvertrages bräuchte der vormerkungswidrige Erwerber das Grundstück nur Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung bzw. die Erstattung des Kaufpreises nebst dem Verwendungserfolg zurückzugeben und -übereignen24o . Beim "vormerkungsgestörten" Kauf kann der Geschützte statt dessen die Herausgabe des Grundstücks über den Zustimmungsanspruch nach § 888 Abs. 1 und die nachfolgende Vindikation nach § 985 an sich erzwingen und dies, sofern man mit dem 8. Senat des OLG Hamburg241 "direkte" Verwendungsersatzansprüche des vormerkungswidrigen Erwerbers ablehnt, ohne einschränkendes Zurückbehaltungsrecht. Soweit Gursky eine bloße Verlagerung des "Verwendungsverlustes" auf den Verkäufer sowie den ungerechtfertigten unentgeltlichen Vermögenszufluß des Verwendungserfolges beim Vorgemerkten rügt, kann dem nur mit Einschränkungen gefolgt werden. So sind die einen Teil der notwendigen Verwendungen bildenden gewöhnlichen Erhaltungskosten, wie die Wertung in §§ 994 Abs. 1 S. 2, 995 S. 2 zeigt, als Lasten von dem zu tragen, dem die Nutzungen gebüh238 Es handelt sich hierbei aber wohl mehr um ein Problem schenkungsrechtlicher Wertungen. 239 Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 56, erörtert nur den Schadensersatzanspruch nach § 325. 240 Nach der bereicherungsrechtlichen "Saldotheorie" bzw. der "Lehre vom faktischen Synallagrna" müßte freilich grds. saldiert werden. Vgl. etwa Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2063; v.Caemmerer, FS Rabel 1,1954, S. 333, 386 f. 24\ OLG Hamburg, NJW 1961,2350 f.

246

2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

ren. Solange man sich an § 446 hält, ist dies bis zur Übergabe bzw. Eigentumsumschreibung des Grundstücks jedoch nicht der Vorgemerkte, sondern entweder der vormerkungswidrige Erwerber selbst oder - wie beim Rücktritt oder den Abwicklungsvarianten im Fall beiderseitiger Kenntnis der Vormerkung wegen § 987 LV.m. § 347 S. 1 bzw. §§ 820 Abs. 1, 818 Abs. 4,292 Abs. 1 oder auch wegen § 818 Abs. 1 - sein Verkäufer242 . Die Belastung des (Doppel-) Verkäufers mit etwaigen außergewöhnlichen Erhaltungskosten über die Schadensersatzpflicht bzw. über § 994 Abs. 2 i.V.m. den oben angegebenen Verweisungsnormen steht im Hinblick auf die ihm gegenüber dem vorgemerkten Grundstückskäufer bis zum Gefahrübergang treffende Sacherhaltungspflicht im Einklang mit den kaufrechtlichen Wertungen243 und ist aus diesem Grund ebenfalls keineswegs unbillig. Schließlich ist aber zu berücksichtigen, daß der Verkäufer nach den Ergebnissen oben244 hinsichtlich der Werterhöhung des Grundstücks durch nützliche Verwendungen (sonstige Verwendungen LS.v. § 450 Abs.2) nicht bereichert ist, weil er zugleich verpflichtet ist, diese Werterhöhung mit dem Grundstück an den Vorgemerkten zu übertragen und ihm selbst mangels eigener Verwenderschaft: keine kompensatorischen Ansprüche gegen den Vorgemerkten zustehen. Insoweit ist der vormerkungswidrige Erwerber auf einen Ersatzanspruch unmittelbar gegen den Vorgemerkten angewiesen, wobei - nach den bisherigen Ergebnissen - entgegen der herrschenden Ansichf45 alles auf eine bereicherungsrechtliche Lösung hindeutet. Zusammenfassend kann fi1r den vormerkungswidrigen Grundstückserwerb durch Kauf festgehalten werden, daß der Verzicht auf einen unmittelbaren Verwendungsausgleich mit dem Vorgemerkten zu durchaus erheblichen Rechtsschutzeinbußen fi1r den vormerkungswidrigen Erwerber fUhrt. Mit dem Zurückbehaltungsrecht verliert er eine pfandähnliche Sicherheit, die wesentlich fi1r eine effektive Durchsetzung seiner Ansprüche ist. Ferner entfallt hinsichtlich der Werterhöhung des Grundstücks durch nützliche Verwendungen jeglicher Ausgleich.

242 Zutreffend ist deshalb die Einschränkung von Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 57, 60; Kahler, NJW 1984,2849,2857 Fn. 88. 243 S. die Ausfiihrungen oben im 4. Kapitel unter 11. zu § 450 Abs. 2. 244 S. oben 3. 245 S. oben 6. Kapitel, 11. Zur Auseinandersetzung im einzelnen mit dieser h.M. s. unten im 14. Kapitel.

9. Kap.: Ausgleichsmöglichkeiten gegenüber den Vertragspartnern und § 826 247

IV. Fazit Unter Rechtsschutzgesichtspunkten sprechen die besseren GrUnde fiir einen ergänzenden - unmittelbaren Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen zwischen einem vorgemerkten Grundstückskäufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber. Dem Vorgemerkten fehlt insbesondere der (vorbeugende) Unterlassungsanspruch, der ihn vor Verschlechterungen und Umgestaltungen schützt. Ferner besteht ein Bedürfnis fiir einen (verschuldensabhängigen) Schadensersatzanspruch zumindest in dem - schon praktisch gewordenen Fall -, daß die vormerkungswidrige Verfilgung einmal keine schuldhafte Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt. Eine Beschränkung der Schadensersatzpflicht allein auf den Schuldner des vorgemerkten Anspruchs ist ferner auch fiir diesen unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten problematisch: Der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs wird allein filr einen Schaden in Anspruch genommen, den der vormerkungswidrige Erwerber zumindest mitverursacht, in manchen Fällen sogar auch überwiegend verursacht hat. Diese Entlastung des vormerkungswidrigen Erwerbers ist aber nicht gerechtfertigt, wenn (auch) er Kenntnis von der Vormerkung gehabt hat. Ihm wird damit die Möglichkeit der risikolosen Schädigung eines Dritten eröffnet, was dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit, einem Grundprinzip unsrer Rechtsordnung widerspricht. Umgekehrt bedeutet schon das Fehlen des Zurückbehaltungsrechts am Grundstück fiir den vormerkungswidrigen Erwerber eine spürbare Rechtsschutzlücke. Außerdem entfällt ein Ausgleich fiir Wertsteigerungen des Grundstücks infolge nützlicher Verwendungen. Dem Vorgemerkten fließt hinsichtlich der (nützlichen) Verwendungen, da mangels Verwendungsvornahme bzw. Entreicherung keine Inanspruchnahme durch den Verkäufer erfolgen kann, ein Vorteil zu, auf den er keinen Anspruch hat. Dieser Vorteil kann freilich filr ihn von geringem Wert oder gänzlich wertlos sein, da er ihm aufgedrängt wird.

248

2. Teil, I. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

10. Kapitel

Die Vereinbarkeit eines unmittelbaren Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen mit dem Zweck der Vormerkung Zum Abschluß dieses Abschnitts soll noch der Frage nachgegangen werden, inwieweit ein unmittelbarer Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen mit dem Zweck der Vormerkung im Einklang steht: Bezweckt die Vormerkung nicht auch den Schutz des Gesicherten vor tatsächlichen Einwirkungen, dann lassen sich Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen den vormerkungswidrigen Erwerber kaum rechtfertigen. Eine entsprechende Entscheidung über die gegenläufigen Verwendungsersatzansprüche liegt nahe, weil sonst die kaufrechtlich vorgegebene Balance zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen des Käufers einerseits und den gegen ihn gerichteten Verwendungsersatzansprüchen gestört wäre. Eine Beschränkung des Ausgleichs tatsächlicher Einwirkungen auf den Verwendungsersatz bedeutet eine durch die Bestellung der Vormerkung begründete käuferbenachteiligende Modifikation des Kaufvertrags, weil der Käufer verpflichtet wäre, einem außerhalb des Vertrages stehenden Dritten Wertersatz fiir dessen Verwendungen zu leisten, ohne daß er ihn umgekehrt mit Hilfe eines Unterlassungsanspruchs daran hindern könnte, den Grundstückszustand zu seinen Lasten zu verändern. Dafiir daß die Vormerkung eine solche Vertragsmodifikation mit partieller Käuferbenachteiligung - etwa im Interesse des Verkehrs schutzes - bezweckt, müßten sich schon konkrete Anhaltspunkte ergeben. Der Zweck der Vormerkung läßt sich ermitteln einerseits aus der Analyse ihrer gesetzlichen Wirkungen und andererseits aus ihrer Entstehungsgeschichte anhand der Gründe des Gesetzgebers fiir ihre Einfilhrung und nähere Ausgestaltung. Außerdem ist ein Blick auf das Schutzobjekt der Vormerkung zu werfen und die inhaltliche Bedeutung des gesicherten Anspruchs in Bezug auf den Vormerkungszweck zu würdigen.

I. Der Zweck der Vormerkung im Spiegel ihrer gesetzlichen Wirkungen

Die wichtigste Wirkung der Vormerkung ist die in § 883 Abs. 2 geregelte "relative Unwirksamkeit" anspruchsbeeinträchtigender Verfilgungen. Der Begriff der "relativen Unwirksamkeit" ist als solcher dem BGB fremd. In § 883 Abs.2 S. 1 heißt es wörtlich, daß eine nach Eintragung der Vormer-

10. Kap.: Unmittelbarer Ausgleich und Zweck der Vormerkung

249

kung vorgenommene Verftigung " ... insoweit unwirksam [ist], als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen wUrde,,246. Wie sich aus der Verwendung des Wortes "insoweit" ergibt, ist die Unwirksamkeit in § 883 Abs. 2 S. 1 personal und sachlich relativ. Sie beschränkt sich auf das anspruchsvereitelnde bzw. -beeinträchtigende Element. Die personale Relativität - subjektive Unwirksamkeit - ergibt sich auch aus der Anspruchsbezogenheit; die Unwirksamkeit besteht nur gegenüber dem Anspruchsinhaber. Das Gesetz macht dies durch den allein dem Vorgemerkten zugewiesenen Zustimmungsanspruch in § 888 Abs. 1 deutlich, der nicht isoliert von § 883 Abs. 2 gesehen werden kann247 , 248. Daraus ergeben sich hinsichtlich des Zwecks der Vormerkung die folgenden Aspekte: Die Vormerkung will die Erftillung des durch sie geschützten Anspruchs auf dingliche Rechtsänderung sichern. Die Sicherungswirkung ist aber beschränkt aufVerfilgungen, d.h. auf bestimmte die Erfilllung beeinträchtigende oder vereitelnde Rechtsakte. In Verbindung mit dem Anspruch aus § 888 Abs. 1 folgt, daß das Grundbuch fiIr die beeinträchtigenden Verftigungen jedoch nicht gesperrt sein soll; d.h. das vormerkungsbetroffene Liegenschaftsrecht soll dem Rechtsverkehr nicht entzogen werden. Der Erfilllungsschutz soll die Verkehrsfähigkeit nicht beeinträchtigen. Nach § 883 Abs. 3 bestimmt sich der Rang des Rechts, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, nach der Eintragung der Vormerkung. Die Re246 Eine ähnliche Formulierung findet sich bei den Vorschriften über das Veräußerungs- bzw. Verfilgungsverbot in den §§ 135, 136. In § 135 Abs. 1 S. 1, auf den in § 136 verwiesen wird, heißt es, daß die verbotswidrige Verfugung " ... nur diesen Personen gegenüber unwirksam [ist]", deren Schutz das Verbot bezweckt. 241 So zu Recht U. Weber, 1962, S. 38 f. gegen Fuchs, LZ 1914, Sp. 3, 12 ff. Heute ist das wohl einhellige Auffassung; vgl. StaudingeriGursky, 12/1987, § 883 Rn 159; SoergellStürner, 12/1989, § 883 Rn 28. Zur Auffassung von Ernst Wolfs. noch unten 12. Kapitel, II.4.b) bb) (3), cc), dd) (1). 248 Beim Verfugungsverbot ergibt sich die subjektive Unwirksamkeit unmittelbar aus der Formulierung. Andererseits scheint die Unwirksamkeit sachlich unbegrenzt zu sein, weil die Einschränkung auf das anspruchsvereitelnde bzw. -beeinträchtigende Element fehlt. In Rechtsprechung und Schrifttum ist jedoch zu Recht anerkannt, daß das Interesse des Verbotsgeschützten bei §§ 135, 136 auch als objektive Begrenzung der Unwirksamkeitsfolge fungiert (siehe etwa Soergel/W.Hejermehl, 12/1987, §§ 135, 135 Rn 19 m.w.N.). Daher muß der Wirkungsmechanismus bei § 883 Abs.2 S. 1 und bei §§ 135, 136 grundsätzlich gleich sein. Unterschiede können sich allenfalls daraus ergeben, daß das Verfugungsverbot einen allgemeinen Zustimmungsanspruch gegen den Drittbetroffenen nicht kennt. Wegen § 888 Abs. 2 beschränkt sich die unmittelbare regelungstechnische Übereinstimmung von Verftigungsverbot und Vormerkung auf das Liegenschaftsrecht, auf das sich der Anwendungsbereich der Vormerkung ohnehin begrenzt.

250

2. Teil, 1. Abschn.: Zu lässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

gelung betrifft nur Vonnerkungen, die den Erwerb rangfiihiger Rechte sichern. Weil das Eigentum keinen Rang hat, gilt die Vorschrift nicht fi1r Eigentumserwerbsvonnerkungen249 • Sachlich bedeutet § 883 Abs. 3 nur eine Verfahrensvereinfachung gegenüber dem Vorgehen nach §§ 883 Abs.2, 888 Abs. l. Eine Rechtsbestellung nach Entstehung der Vonnerkung würde nämlich die Ertlillung des geschützten Anspruchs auch im Hinblick auf die eintretende Rangverschlechterung beeinträchtigen und damit der relativen Unwirksamkeit unterfallen. § 883 Abs.3 erspart somit (nach Erwerb des vorgemerkten Rechts) die Durchfiihrung eines Rangtauschs gemäß § 88025

°.

Gemäß § 883 Abs.2 S.2 werden auch Verfiigungen im Zwangsvollstrekkungsverfahren und bei der Arrestvollziehung sowie Verrugungen des Konkursverwalters von der relativen Unwirksamkeit nach § 883 Abs. 2 S. 1 erfaßt. Wegen der relativen Unwirksamkeit ist der vonnerkungsgesicherte Anspruch auch kein "die Veräußerung hinderndes Recht" i.S. von § 771 ZPO. Auch § 772 ZPO ist unanwendbar, weil die Vonnerkung kein Veräußerungsverbot nach §§ 135, 136 darstellt251 . Die Errullung des vorgemerkten Anspruchs scheitert damit auch nicht am Vollstreckungszugriff anderer Gläubiger des Vonnerkungsschuldners, ohne jedoch die Zwangsvollstreckung zu blockieren. Gemäß § 48 ZVG werden vonnerkungsgesicherte Ansprüche im Zwangs versteigerungsverfahren so behandelt als wäre das vorgemerkte Recht bereits eingetragen. Dies gilt jedoch grds. nur fi1r vorgemerkte Ansprüche auf eine weitere Grundstücksbelastung252 • Der Vorgemerkte wird Verfahrensbeteiligter (§ 9 ZVG), das vorgemerkte Recht erhält einen Rang gemäß § 10 Abs. 1 Nr.4 oder Nr.6 ZVG. Die weiteren Folgen richten sich danach, ob der vorgemerkte Anspruch dem Recht des betreibenden Gläubigers im Range vorgeht oder nicht. Ist der vorgemerkte Anspruch gegenüber dem betreibenden Gläubiger vorrangig, so flmt er in das geringste Gebot (§ 44 ZVG). Er bleibt gemäß § 52 S. 1 ZVG bestehen und kann gemäß §§ 883, 888 auch gegenüber dem Ersteher MKlWacke, 2/1986, § 883 Rn 57; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 173. Chr.Paulus, 1981, S. 83 f.; Rosien, 1994, S. 52 f.; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 171 f. m.w.N. 251 Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 184,206 m.w.N. 252 BGHZ 53, 47, 49 (=NJW 1970, 565); MKlWacke, § 883 Rn 50; StaudingeriGursky, 12/1987, § 883 Rn 186. Nur solche Ansprüche können die Höhe der Gebote und den Erlös des Zwangsversteigerungsverfahrens beeinflussen. Zur Behandlung der Eigentumserwerbsvormerkung s. sogleich. Vormerkungen zu Sicherung von Ansprüchen, die sich auf die Umgestaltung, Übertragung oder Aufhebung von bereits bestehenden GrundstOcksbelastungen beziehen, teilen als Nebenrechte das zwangsversteigerungsrechtliche Schicksal der das Hauptrecht bildenden Belastung. S. dazu Rosien, 1994, S. 59 m.w.N. 249

250

10. Kap.: Unmittelbarer Ausgleich und Zweck der Vormerkung

251

durchgesetzt werden. Die durch § 48 ZVG vermittelte Gleichstellung der Vormerkung mit dem eingetragenen Recht wirkt insoweit nicht über den Zweck des Erfiillungsschutzes hinaus. Sofern die Vormerkung dem Recht des betreibenden Gläubigers nachrangig ist, erlischt sie nach § 52 S. 2, 91 Abs. 1 ZVG mit dem Zuschlag, an ihre Stelle tritt der Wertersatzanspruch nach § 92 ZVG. Hier zeigt sich eine die reine Erfiillungssicherung überschreitende Wirkung, denn der Wertersatzanspruch nach § 92 ZVG dient nur noch der Absicherung von Sekundärinteressen des Vorgemerkten2S3 . Die Eigentumserwerbsvormerkung hindert nach heute unstreitiger Auffassung nicht gemäß §§ 28, 37 Nr. 5 ZVG die Zwangsversteigerung2s4 • Sie wird gemäß § 48 ZVG behandelt, aber nicht, wie es dem Wortlaut der Vorschrift entspräche, wie das eingetragene Recht - das Eigentum des Vorgemerkten wäre nach §§ 28, 37 Nr.5 ZVG Versteigerungshindernis -, sondern lediglich als Grundstücksbelastung2SS . Sofern sie dem Recht des betreibenden Gläubigers im Rang vorgeht, wird sie ins geringste Gebot aufgenommen, so daß auch der Eigentumsverschaffungsanspruch dem Ersteher gegenüber gemäß §§ 883, 888 durchgesetzt werden kann2s6 • Bei der nachrangigen Eigentumserwerbsvormerkung gelten wiederum die §§ 52 S. 2, 91 Abs. 1,92 ZVG 2S7 •

253 Der schuldrechtliche Anspruch besteht grds. unabhängig vom Zwangsversteigerungsverfahren und unabhängig vom Untergang der Vormerkung weiter; der Schuldner (und Vollstreckungsschuldner) könnte ihn jedoch nur mit Hilfe des Erstehers erfiillen (vgl. oben im 9. Kapitel, I.2.c.). Im Regelfall (bzw. nach Maßgabe des dort Besprochenen) tritt daher Unvermögen zur Leistung ein, so daß der auf den Versteigerungserlös bezogene Wertersatzanspruch nach § 92 ZVG mit dem unmittelbar gegen den Schuldner gerichteten Anspruch aus § 325 konkurriert. 254 BGHZ 46, 124, 126 (=NJW 1967, 566); StaudingeriGursky, 12/1987, § 883 Rn 189 m.w.N. 255 Grund für diese teleologische Reduktion ist wohl der im Zusammenhang mit der relativen Unwirksamkeit festgestellte Vormerkungszweck, die Erfilllung des vorgemerkten Anspruchs zu sichern, ohne jedoch die Verkehrsfiihigkeit der Grundstücksrechte auszuschließen. 256 BGHZ 46, 124, 127; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 190. 257 Als Wert muß der volle Grundstückswert abzüglich der vom vorgemerkten Gläubiger zu übernehmenden Belastungen angesetzt werden. Sehr str. ist, ob bei der Wertberechnung der vom Vorgemerkten zu zahlende Kaufpreis berücksichtigt werden muß; verneinend RGZ 144, 281, 283; Erman/Hagen, 9/1993, § 883 Rn 23; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 191 m.w.N. ("Surrogationstheorie"); bejahend Wärbelauer, DNotZ 1963, 718, 721 ff.; Keuk, NJW 1968, 476, 478 f.; RGRKlAugustin, 12/1978, § 883 Rn 98; MKIWacke, 2/1986, § 883 Rn 52 m.w.N. ("Differenztheorie"); ähnlich wohl BGHZ 56, 94, 97.

252

2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

Auch im Konkursverfahren (Insolvenzverfahren) würde der durch die relative Unwirksamkeit vermittelte Schutz allein nicht genügen, um die Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs sicherzustellen, weil der Konkursverwalter bei beiderseits nicht vollständig erfiillten gegenseitigen Verträgen nach § 17 Abs. 1 KO (§ 103 Abs. 1 InsO) im Interesse der Masse wählen kann, ob der Vertrag erfiillt werden soll. Dieses Wahlrecht wird jedoch durch § 24 S. 1 KO (§ 106 Abs. 1 InsO) ausgeschlossen, soweit der Anspruch auf die vorgemerkte Rechtsänderung in Rede steht. Der Anwendungsbereich des § 24 S. 1 KO (§ 106 Abs. 1 InsO) reicht über den Ausschluß des § 17 KO (§ 103 InsO) hinaus, weil er nicht auf Ansprüche aus gegenseitigen Verträgen beschränkt ist, sondern auch fiir einseitige Verträge sowie dann gilt, wenn der Vorgemerkte schon vor Konkurseröffuung seinerseits voll erfiillt hatte 258 • Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 24 S. 1 KO (§ 106 Abs. 1 InsO) und daraus, daß der Titel, der die §§ 17-28 KO (§§ 103 ff. InsO) enthält, nicht nur die Erfiillung gegenseitiger Verträge betrifff59. Der aufgrund einer anderslautenden BGH-Entscheidung260 durch Gesetz vom 22.6.1977 angefiigte § 24 S. 2 KO (=§ 106 Abs. 1 S. 2 InsO) stellt klar, daß auch bei Verbundverträgen wie dem Bauträgervertrag261 bzgl. des vormerkungsgesicherten (Teil-) Anspruchs auf dingliche Rechtsänderung das Wahlrecht des Konkursverwalters nach § 17 Abs. 1 KO (§ 103 Abs. 1 InsO) ausgeschlossen ist. Die Möglichkeit der Erfiillungsverweigerung beschränkt sich daher auf die sonstigen Leistungsverpflichtungen. Durch § 24 S. I KO (§ 106 Abs. 1 InsO) wird der Konkursverwalter insgesamt schlechthin zur Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs verpflichtet; die Beschränkungen der §§ 12, 14, 61 ff., 138 ff., 193 KO (§§ 87, 89, 38 ff., 174 ff., § 254 InsO) fmden keine Anwendung262 • Für den konkursaufhebenden 258 s. JaegeriHenckel, KO, 9/1982, § 24 Rn 2; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11/1994, § 24 Rn 1; Chr.Paulus, 1981, S. 64; Rosien, 1994, S. 47. 259 S. die Tite1überschrift und etwa § 23 KO; auch Chr.Paulus, 1981, S. 64. 26°BGH, U.v. 29.10.1976, V ZR 4/1975, BB 1976, 1629 (=NJW 1977, 146 =JZ 1977, 61 =JR 1977, 203 m. Anm. Bassenge). Die Entscheidung rief ein lebhaftes Echo und (zu Recht) überwiegende Ablehnung im Schrifttum hervor; vgl. die Nachweise bei Jaeger/Henckel, KO, 9/1982, § 24 Rn 35. Richtungweisend bereits früher Müller, DB 1974, 1561 ff. 261 Vereinfachter Vertrags inhalt: Der Bauträger (und Grundeigentümer) verpflichtet sich gegenüber seinem Vertragspartner zum Bau eines Hauses und zur anschließenden Übereignung des Hausgrundstücks. 262 Jaeger/Henckel, KO, 9/1982, § 24 Rn 23; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11/1994, § 24 Rn 11; Rosien, 1994, S. 48.

10. Kap.: Unmittelbarer Ausgleich und Zweck der Vormerkung

253

Zwangsvergleich (§§ 173 ff. KO) bringt dies § 193 S. 2 KO nochmals gesondert zum Ausdruck (V gl. entsprechend § 254 Abs.2 InsO fiIr den Insolvenzplan nach Maßgabe der §§ 217 ff. InsO). Eine entsprechende Wirkung hat die Vormerkung, wie sich aus den §§ 26,50 Abs. 4 und 82 Abs. 2 VerglO ergibt, im konkursvermeidenden Vergleichsverfahren nach der Vergleichsordnung263 • Die Eröffnung und Durchfilhrung eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens berühren also die ErfiUlbarkeit des vormerkungsgeschützten Anspruchs nichr 64 • Die Vormerkung entfaltet schließlich noch Schutzwirkungen gegenüber den Erben des Schuldners des vorgemerkten Anspruchs. Nach § 884 kann sich der Erbe des Schuldners nicht auf die Beschränkung seiner Haftung berufen, soweit der Anspruch durch die Vormerkung gesichert ist. Grundsätzlich haftet der Erbe gemäß §§ 1922, 1967 Abs. 1 fiIr die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt, d.h. sowohl mit dem Nachlaß- als auch mit seinem eigenen Vermögen. Unter den Voraussetzungen der §§ 1975 265 , 1990266 BGB, § 113 Abs. 1 Nr.4 Vergl0267 kann die Haftung auf den Nachlaß beschränkt werden. Da das vormerkungsbetroffene Recht regelmäßig zum Nachlaßvermögen gehört, läuft die Haftungsbeschränkung aber zumeist leer68 • Überdies greifen bei Nachlaßkonkurs und -vergleich schon der oben geschilderte allgemeine insolvenzrechtliche Vormerkungsschutz (§§ 24 KO, 26, 50 Abs. 4 VerglO; § 106 InsO) ein; die Nachlaßverwaltung ist nur zulässig, solange angenommen werden kann, daß der Nachlaß zur Deckung aller Nachlaßverbindlichkeiten ausreicht; andernfalls muß der Nachlaßverwalter gemäß § 1985 Abs. 2 i.V.m. § 1980 den Nachlaßkonkurs

263 S. nunmehr §§ 106,254 Abs. 2 InsO. In Abweichung zum Konkursrecht nach der KO ist allerdings die sog. "Rückschlagsperre" nach §§ 28, 87 VerglO zu beachten, wonach eine auf einer einstweiligen Verfiigung beruhende Vormerkung mindestens dreißig Tage vor Stellung des Vergleichsantrags erlangt worden sein muß, um "vergleichsfest" zu sein. Diese "Rückschlagsperre" ist aus der VerglO in die InsO übernommen worden, s. § 88 InsO). 264 Anderes gilt naturgemäß rur auf Geldleistungen gerichtete Sekundäransprüche, wie zum Beispiel beim Grundstückskauf der Anspruch aus Minderung oder ein Schadensersatzanspruch aus sPV (p VV). Diese Ansprüche sind einfache Konkursforderungen. 265 Anordnung der Nachlaßverwaltung, Eröffnung des Nachlaßkonkurses bzw. des Nachlaßinsolvenzverfahrens (§§ 315 ff. InsO). 266 Berechtigte Erhebung der Dürftigkeitseinrede. 267 Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Nachlaßkonkurses. 268 S. Staudinger/Gursky, 12/1987, § 884 Rn 3; U. Weber, 1962, S. 59. Zur Frage des Schutzes über § 884, wenn der Erbe im Rahmen der Dürftigkeitseinrede ein Zurückbehaltungsrecht wegen auf den Nachlaß gemachter Aufwendungen geltend macht, vgl. einerseits Staudinger/Gursky, 12/1987, § 884 Rn 1 und andererseits Chr.Pau/us, 1981, S. 72 f.

254

2. Teil, I. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

beantragen269 . Da der vonnerkungsgesicherte Anspruch nach § 884 von erbrechtlichen Haftungsbeschränkungen unberührt durchsetzbar sein soll, stellt ihn das Gesetz folgerichtig gemäß § 1971 auch vom Aufgebotsverfahren hinsichtlich der Nachlaßgläubiger nach §§ 1970 ff. frei. Ferner kann der Erbe gemäß 2016 Abs. 1 nicht die mit der beschränkten Erbenbaftung korrespondierenden aufschiebenden Einreden der §§ 2014 ff. erheben270 • Zusammenfassend läßt sich der Zweck der Vonnerkung anband der dargestellten gesetzlichen Wirkungen als Mittel der Erfiillungssicherung unter Wahrung der Verkehrsfiihigkeit des betroffenen Rechtes charakterisieren. Sie gewährleistet einen nahezu umfassenden Sukzessionsschutz und gibt das vorgemerkte Recht nur insoweit als Zugriffsobjekt konkurrierender Gläubiger in Zwangsvollstreckung und Konkurs frei, als die Erfiillung des geschützten Anspruchs dadurch nicht beeinträchtigt wird. Der Erfiillungsschutz geht aber, wie insbesondere die Behandlung der nachrangigen Vonnerkung im Zwangsversteigerungsverfahren zeigt, nicht über den Schutz des zu erwerbenden Rechts hinaus. Soweit dieses in der Zwangsversteigerung keinen Bestand hat, greift auch der Erfiillungsschutz nicht durch. Es scheint sich daher die These zu bestätigen, daß der Schutz durch die Vonnerkung auf rechtliche Einwirkungen, auf den Verlust der Rechtszuständigkeit des Schuldners begrenzt ist271 • Andererseits ist ein Schutz vor (erfiillungsbeeinträchtigenden) tatsächlichen Einwirkungen vom Zweck der Erfiillungssicherung durchaus gedeckt. Die Verkehrsfiihigkeit des Grundstücks wird dadurch wohl praktisch, nicht aber - was entscheidend ist - rechtlich nachteilig beeinflußt. Die Zulassung einer (ohnehin nur teilweisen) unmittelbaren Abwicklung tatsächlicher Einwirkungen bewirkt keine Grundbuchsperre. Angesichts des Umstandes, daß die Rechtsstellung des vonnerkungswidrigen Erwerbers grundsätzlich nicht von Dauer ist, erscheint es auch nicht unbillig, ihn zur Rücksichtnahme auf die Belange des Vorgemerkten zu verpflichten. Ergänzend ist schließlich zu beachten, daß ein Bedürfnis fiir einen - besonderen - Schutz vor tatsächlichen Einwirkungen überhaupt nur in Folge eines Wechsels in der Rechtszuständigkeit entsteht, weil der Anspruchsschuldner (Verkäufer) schon aufgrund des Schuldverhältnisses mit dem Vorgemerkten zur Unterlassung tatsächlicher Einwirkungen verpflichtet ist.

S. PalandtlEdenhofer, 55/1996, § 1985 Rn 7; Chr.Paulus, 1981, S. 68 f. Näher dazu etwa Rosien, 1994, S. 64 m.N. und das erbrechtliche Schrifttum. 271 So insbes. Rosien, 1994, S. 210 f., 212; StaudingerlGursky, 1211987, § 888 Rn 61. 269 270

10. Kap.: Unmittelbarer Ausgleich und Zweck der Vormerkung

255

11. Der Zweck der Vormerkung aus der Perspektive ihrer Entstehungsgeschichte Der Zweck, den die Gesetzesverfasser der Vormerkung beimaßen, läßt sich aus den Gründen fiir ihre Einfilhrung ablesen272 • In den Protokollen273 wird den die Vormerkung ablehnenden Kritikern, die eine Wiedereinfilhrung des "ius ad rem,,274 befiirchteten, entgegnet, es handele sich lediglich darum, aus ZweckmäßigkeitsgrUnden dem Gläubiger fiir seine persönliche Forderung einen durch die Einrichtung des Grundbuchs ermöglichten Schutz zu gewähren. Im Unterschied zu gewöhnlichen Geldforderungen, denen das gesamte Schuldnervermögen als Befriedigungsobjekt zur Verfiigung stehe, sei hier nur das Grundstück als Zugriffsobjekt vorhanden. Der Umstand, daß beim Erwerb beweglicher Sachen eine vergleichbare Sicherung nicht vorhanden bzw. möglich seim, zwinge nicht dazu, auch beim Immobilienerwerb auf eine Regelung zu verzichten276 • DahinDazu schon allgemein oben im 8. Kapitel, 11.1. Mugdan III, S. 565 f. (=Protokolle III, S. 114 f.). 274 Nach dem preuß.ALR beinhaltete der schuldrechtliche Anspruch auf Verschaffung einer bestimmten Sache zugleich ein "ius ad rem", ein "Recht zur Sache" (12 §§ 135-141, I 10 § 25, I 19 § 5 preuß.ALR), das sich mit der Übertragung des Besitzes an den Gläubiger, der "traditio" zum eigentlichen dinglichen Recht, dem "ius in re" umwandelte. Kraft dieses "ius ad rem" konnte der Käufer von Zweiterwerbern, die seinen schuldrechtlichen Anspruch auf die Sache zur Zeit der Übergabe oder der Eintragung in das Hypothekenbuch kannten, die Herausgabe verlangen. Der schuldrechtliche Verschaffungsanspruch beinhaltete also zugleich "dingliche" (Herausgabe-) Rechte. Diese Verknüpfung zwischen Schuld- und Sachenrecht entsprach den Vorstellungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts zur Eigentumsübertragung. Danach vollzog sich der Eigentumserwerb durch "titulus" (Titel) und "modus (acquirendi)" ("Erwerbungsart"). Als Titel konnten das obligatorische Grundgeschäft, aber auch eine sonstige Willenserklärung, eine Gesetzesbestimmung oder ein Urteil fungieren. Als Erwerbungsart war die Besitzübergabe, die "traditio" vorgesehen. Die Eintragung in das Hypothekenbuch war (noch) keine Erwerbungsart, sondern legitimierte den "besitzenden Bucheigentümer" nur zu rechtswirksamen Verfiigungen. Ein eigenständiger und abstrakter, d.h. unabhängiger dinglicher Vertrag zur Eigentumsübertragung wurde nicht angenommen. Das Prinzip der Trennung zwischen schuldrechtlichem und dinglichem Rechtsgeschäft setzte sich erst Anfang des 19. Jahrhunderts unter dem Einfluß Friedrich earl von Savignys durch und wurde alsbald "herrschende (gemeinrechtliche) Lehre". Das "ius ad rem" war so wie es im preuß.ALR ausgestaltet war mit dem Trennungsprinzip nicht zu vereinbaren. Es wurde durch die §§ 4, 15 des preuß.EEG im Jahre 1872 für das Gebiet Preußens ausdrücklich abgeschafft. Vgl. näher zum Ganzen Felgentraeger, F. C.Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre, 1927 und Schubert, 1966, dort insbes. S. 101 f., 122. 275 Die Figur des Anwartschaftsrechts aus Eigentumsvorbeh~ltskauf war in der heute geläufigen Form noch nicht bekannt. 276 Mugdan III, S. 566 (=Protokolle III, S. 115). 272

273

256

2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

ter stand der Gedanke, daß Grundstücke allgemein einen gegenüber beweglichen Sachen wesentlich höheren Wert besitzen277 • Mit dem Zweck der Vormerkung wurde auch im Streit um deren nähere Ausgestaltung argumentiert. Der Vorschlag Jacubezkys, die Vormerkung zu einem "dinglichen" Vollrecht (Verschaffungsrecht) auszubauen, wurde mit dem Bemerken abgelehnt, man solle nicht über den Zweck der Einrichtung, nämlich die Sicherung des persönlichen Anspruchs, hinausgehen278 • Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich damit nur, daß die Vormerkung keine über die Sicherung der Erfiillung des Rechtsverschaffungsanspruchs hinausgehenden Wirkungen entfalten sollte. Daß sich die Wirkungen der Vormerkung nach dem Gesetzeswortlaut nur auf rechtliche Einwirkungen beschränken, steht dem unmittelbaren Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen nicht entgegen, weil die Vormerkung und insbesondere das Verhältnis zwischen dem Vorgemerkten und einem vormerkungswidrigen Erwerber bewußt lückenhaft geregelt worden ise 79 • Im Gegenteil spricht gerade die Selbstverständlichkeit, mit der die Gesetzesverfasser von einer Verschuldenshaftung des vormerkungswidrigen Erwerbers (nach den allgemeinen Regeln) ausgingen, daß sie sogar eine eigene Regelung fiir entbehrlich hielten280, sehr deutlich dafiir, daß eine solche (Folge-) Haftung des vormerkungswidrigen Erwerbers im Einklang mit dem Vormerkungszweck gesehen wurde.

III. Die inhaltliche Bedeutung des gesicherten Rechtsverschaffungsanspruchs im Hinblick auf den Vormerkungszweck Nach § 883 Abs. 1 S. 1 dient die Vormerkung der Sicherung eines "Anspruchs auf Einräumung ... eines Rechtes an einem Grundstück ... ". Insofern 277 278

1I.1.

S. Schubert, 1966, S. 129 f. S. Mugdan III, S. 570 (=Protokolle III, S. 746) und bereits oben im 8. Kapitel,

279 Vgl. insgesamt Mugdan III, S. 571 f. (=Protokolle III, S.747, 748 f.): Die 2. Kommission verzichtete auch auf eine ausdrückliche Regelung der Einwendungen des vormerkungswidrigen Erwerbers sowie der Erstreckung der Vormerkungswirkung auf die getrennten Erzeugnisse, Bestandteile und das Zubehör. S. auch Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 7. Drastisch Heck, SachenR, 1930, § 47 I 3: "Das Gesetz gibt nur eine Skizze, ... ein juristisches Knochengerippe, dem erst die Rechtspflege Fleisch und Blut zu beschaffen hat." 280 S. dazu bereits oben im 8. Kapitel, 11.1.

10. Kap.: Unmittelbarer Ausgleich und Zweck der Vormerkung

257

stellt sich die Frage, was eigentlich Inhalt dieser von der Vonnerkung gesicherten Rechtsverschaffungspflicht ist. Beschränkt sich diese Pflicht auf die bloße Übertragung der Rechtszuständigkeit an einer Sache, einem Grundstück oder umfaßt sie die Übertragung des Rechts an einer Sache in einer bestimmten (geschuldeten) Beschaffenheit? Anders - auf den Zweck der Vonnerkung und den vonnerkungswidrigen Erwerber hin fonnuliert: Beschränkt sich die Verpflichtung des vonnerkungswidrigen Erwerbers auf die Mitwirkung bei der Verschaffung eines abstrakten, quasi "papierenen" Rechts, einer bloßen Rechtszuständigkeit oder ist er - zumindest bei der Eigentumsverschaffung - auch an die vertraglich vereinbarte und damit im Anspruch festgelegte Sollbeschaffenheit der Sache als dem Objekt des zu verschaffenden Eigentums gebunden? Für die Einbeziehung auch des konkret geschuldeten Sachzustands in den Rechts- bzw. Eigentumsverschaffungsanspruch streiten Sprachgebrauch und Verständnis des Gesetzes. Die Begriffe "Sache" und "Eigentum" werden an vielen Stellen des BGB als Synonyme gebraucht. Als besonders naheliegendes Beispiefs1 mag die Fonnulierung in § 883 Abs. 2 dienen, wo zwischen der Verfügung "über das Grundstück" und der "über ein Recht [an einem Grundstück]" unterschieden wird. Mit "Grundstück" ist in diesem Zusammenhang das "Grundstückseigentum" gemeint; nur dieses kann juristisch korrekt Gegenstand einer Verfügung sein282 • Daran zeigt sich zugleich die enge Verbindung zwischen der Sache und dem Sachenrecht Eigentum. Das Eigentum als subjektives Recht, als "Befugnisbündel,,283 bestimmt sich - wie jede (nicht personengebundene) Befugnis - durch zwei Elemente, nämlich den Umfang (Inhalt) und dem Objekt der Berechtigung;

281 Ein weiteres Beispiel ist etwa die Regelung in § 99 über die Rechts- bzw. Sachfrüchte. Dazu unten, 12. Kapitel, Ll.c) aa) Fn. 63. 282 V gl. in diesem Kontext auch den Wortlaut von § 883 Abs. I, wo in Abweichung zum Abs. 2 nicht vom Anspruch auf Übertragung "eines Grundstücks" die Rede ist, sondern vom Anspruch auf Einräumung eines Rechts an einem Grundstück. S. zu diesem Sprachgebrauch des BGB auch Larenz, AT, 7/1989, § 16 I, IV; Wi/helm, SachenR, 1993, Rn 43 ff. 283 Zum Verständnis von Rechten als Befugnisbündeln s. Staudinger/1.Schmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 204 ff., 207 m.w.N. (bzgl. des Schuldverhältnisses) und ders., 1969, S. 263 ff., 272 (bzgl. des Eigentums); ferner schon WolfflRaiser, SachenR, 10/1957, § 51 III; Larenz, JZ 1962, 105, 108 Fn. 17; Gernhuber, SchV, 1989, § 2 I 3. - Im Gegensatz hierzu steht die "Quellentheorie", die das Schuldverhältnis, das Eigentum usw. als "Quelle" von Einzelbefugnissen, als anspruchserzeugenden Tatbestand begreift (hiergegen überzeugend 1. Schmidt, Gernhuber, je a.a. 0.).

17 Richter

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2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

objektlose Befugnisse sind nicht denkba?84. Die Sache selbst in ihrer jeweiligen konkreten Beschaffenheit ist daher Inhalt des subjektiven Rechts "Eigentum,,285. Die Richtigkeit dieser Sicht belegt das anerkannte Verständnis von § 823 Abs. 1: Nach dem Gesetzeswortlaut verpflichtet nur die schuldhafte Eigentumsverletzung und nicht die Sachbeschädigung zum Schadensersatz. Gleichwohl ist aber unstreitig und völlig zu Recht die Sachbeschädigung geradezu der Musterfall einer Eigentumsverletzung. Daraus folgt, daß ein Anspruch auf Eigentumserwerb notwendigerweise auf den Erwerb von Eigentum in einer bestimmten Beschaffenheit gerichtet ise86 . Nachteilige tatsächliche Einwirkungen auf die Sache selbst sind Eigentumsbeeinträchtigungen und verletzen daher an sich (mittelbar) auch etwaige Ansprüche, die auf den Erwerb des betroffenen Eigentums gerichtet sind287 . Für die Berücksichtigung der Sollbeschaffenheit des Kaufgrundstücks gerade auch im Verhältnis zum vormerkungswidrigen Erwerber sprechen die Regelungen in §§ 314, 926 bzw. in § 953, die sich auf das Zubehör und die vom Grundstück getrennten Erzeugnisse und Bestandteile beziehen. Nach nahezu einhelliger Auffassung erstreckt sich die Vormerkungswirkung auch auf diese Erzeugnisse, Bestandteile und auf das Zubehör288 • Das bedeutet, die Veräußerung derartiger Gegenstände, namentlich von abgetrennten Bestandteilen, wird ebenfalls

284 In diesem Sinne auch Larenz, AT, 7/1989, § 16 IV, der aber Forderungen (und Optionsrechte) als objektlos ansieht. Das ist zutreffend unter dem Gesichtspunkt, daß der Mensch Rechtssubjekt ist und prinzipiell kein Rechtsobjekt sein darf; gleichwohl kann man rechtstechnisch davon sprechen, daß "Objekt" der Forderung ein bestimmtes menschliches Verhalten sei. 285 Ebenso etwa BGHZ 41,30,35; auch schon RG, Recht 1911, Nr. 3161. 2861n diesem Sinne auch OLGHamburg, NJW 1971, 1317, 1318; a.A. aber S.Schmidt, BWNotZ 1975, 104 f. (unter unzutreffender Berufung auf RGRKlMezger, 12/1974, § 459 Rn 2). Er geht davon aus, daß sich die § 459 ff. auf die Pflicht des Verkäufers zur Sachübergabe beziehen. Das vermag nicht zu überzeugen, zumal § 459 nicht auf den Zeitpunkt der Sachübergabe, sondern den des Gefahrübergangs abstellt. 287 Da die Forderung ("Einziehungsbefugnis") als solche aber - wegen der dann unkalkulierbaren Vermehrung der Zahl der Geschädigten zu Recht - keinen (vollen) DeIiktsschutz genießt, beschränkt sich die Schadensersatzpflicht des deliktischen Schädigers grds. auf den Eigentümer. Vgl. dazu bereits im 9. Kapitel, 11.1. Fn. 153 sowie im 12. Kapitel, I.l.b) mit Fn. 54, dort auch zur abweichenden Einordnung der Forderungszuständigkeit. 288 S. BGH, LM § 559 Nr. 1; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1170h ff.; PalandtlBassenge, 55/1996, § 883 Rn 20; RGRKlAugustin, 12/1974, § 883 Rn 91; SoergellStürner, 12/1989, § 883 Rn 30; MKiWacke, 2/1986, § 883 Rn 45; StaudingerlGursky, 12/1987, § 883 Rn 167 ff. m.z.N.; ablehnend bzgl. des Zubehörs S.Schmidt, BWNotZ 1975, 104, 106f.

10. Kap.: Unmittelbarer Ausgleich und Zweck der Vormerkung

259

von der relativen Unwirksamkeit erfaßf89 • Außerdem ist zu berücksichtigen, daß auch die Dereliktion (s. §§ 928, 959) eine Veriligung und demnach dem Geschützten gegenüber unwirksam isf90. Werden z.B. die Fenster aus dem Gebäude auf dem vormerkungsbetroffenen Grundstück entfernt und veräußert oder als Abfall entsorgt, so ist diese tatsächliche Einwirkung wegen des Verfiigungscharakters der anschließenden Veräußerung bzw. Dereliktion vom Vormerkungsschutz erfaßt. Weiter schließt die Annahme, daß die Vormerkung lediglich ein abstraktes, "papierenes" Eigentum, eine bloße Rechtszuständigkeit erfaßt, mit einiger Zwangsläufigkeit auch etwaige Verwendungsersatzansprüche eines vormerkungswidrigen Erwerbers aus. Wenn die Sollbeschaffenheit der Kaufsache Grundstück im Verhältnis zu diesem irrelevant wäre, fehlte es in dieser Beziehung schon an einem Maßstab filr die Feststellung des Wertzuflusses beim Vorgemerkten. Diese Unbeachtlichkeit des konkreten Sachzustands spräche außerdem dafilr, daß diesbezügliche Verwendungsersatzansprüche unmittelbar im Verhältnis zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber und dem Vorgemerkten kraft Gesetzes ausgeschlossen wären. Der vormerkungswidrige Erwerber wäre hinsichtlich seiner Verwendungen unbedingt auf seinen Veräußerer angewiesen 291 • Auch unter diesen Umständen kann eine strenge Beschränkung des Zwecks der Vormerkung auf den Schutz vor rechtlichen Einwirkungen, auf den Schutz vor dem Verlust der Rechtszuständigkeit des Schuldners nicht überzeugen. Der Schutz vor tatsächlichen Einwirkungen ist letztlich eine logische Konsequenz des Schutzes des Eigentumsverschaffungsanspruchs. Es ergibt keinen Sinn, einen Anspruch gegen Einwirkungen durch Rechtsakte erfiillbar zu halten, zugleich aber die Möglichkeit einer folgenlosen Erfiillungsbeeinträchtigung 289 Gutgläubig-vormerkungsfreier Erwerb gemäß §§ 932 ff., 936 ist ebenso möglich wie der berechtigte Erwerb gemäß §§ 954 ff., s. Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 169. 290 Die Auswirkungen einer vormerkungswidrigen Dere1iktion sind im Schrifttum umstritten. Während die einen ohne Besonderheiten von einem Fall relativer Unwirksamkeit ausgehen, so etwa WoljJ7Raiser, SachenR, 10/1957, § 48 III 1 Fn. 27; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1170d; U. Weber, 1962, S. 131 ff., verlangt die wohl h.M. die Zustimmung des Vorgemerkten zur Rechtsaufgabe analog § 876, weil die Vormerkung mit dem zu erwerbenden Recht steht und fallt, nimmt damit absolute Unwirksamkeit einer Rechtsaufgabe ohne Zustimmung des Vorgemerkten an, S. z.B. schon KG, JFG 9 (1932), S. 218, 220; MKlWacke, 2/1986, § 883 Rn 47; ausführlich StaudingeriGursky, 12/1987, § 883 Rn 166 m.w.N. 291 Der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs müßte zwecks Korrektur der entstandenen ungerechtfertigten Vermögensverteilung notwendig eine Art "Verwendungsliquidation im Drittinteresse" zugunsten des vormerkungswidrigen Erwerbers durchführen, mit entsprechenden konstruktiven Problemen (s. auch oben 9. Kapitel, 1I1.3.).

260

2. Teil, 1. Abschn.: Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs

durch Einwirkungen tatsächlicher Art zu eröffnen. Dann würde das mit der einen Hand Gegebene (Erfiillungsschutz durch Sukzessionsschutz) mit der anderen Hand (Risikoerhöhung hinsichtlich der Erfiillungsbeeinträchtigung durch tatsächliche Einwirkungen) wieder genommen292 •

IV. Ergebnis Die Untersuchung ihrer gesetzlichen Wirkungen hat ergeben, daß die Vormerkung die Erfiillung des geschützten Anspruchs durch einen weitgehenden Sukzessionsschutz gewährleistet. Kraft Gesetzes werden damit an sich nur die negativen Folgen eines Wechsels in der Rechtszuständigkeit fiir den gesicherten Anspruch vermieden. Da der vorgemerkte Gläubiger sich gegen tatsächliche Einwirkungen seines Schuldners mit den Mitteln des Leistungsstörungsrechts dazu zählt auch der (vorbeugende) Unterlassungsanspruch - wehren kann, entsteht ein Bedürfuis fiir einen besonderen Schutz überhaupt erst durch den Fortbestand der Erfiillbarkeit des Rechtsverschaffungsanspruchs trotz dem Wechsel in der Rechtszuständigkeit. Die Gesetzesverfasser hielten einen solchen (Folge-) Schutz vor tatsächlichen Einwirkungen fiir zweckentsprechend und so selbstverständlich, daß sie auf eine gesonderte Regelung im Recht der Vormerkung verzichteten. Der gesicherte Eigentumsverschaffungsanspruch ist seinem Inhalt nach nicht nur auf den Erwerb der Rechtszuständigkeit gerichtet, sondern zielt auf den Erwerb des Eigentums an einer Sache in konkreter (geschuldeter) Beschaffenheit ab. Es liegt daher nahe, daß auch die zumindest nach Maßgabe des § 888 Abs. I bestehende Mitwirkungspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers bei der Erfiillung des gesicherten Anspruchs sich nicht nur auf die Übertragung einer bloßen Rechtszuständigkeit bezieht, sondern auf den Erwerb des Rechts an einer Sache in einer bestimmten, konkreten Beschaffenheit. Der (sekundäre) Schutz vor und Ausgleich von tatsächlichen Einwirkungen ist im Grunde eine logische Folge des ausdrücklich gesetzlich geregelten Sukzessionsschutzes. Es ist kaum sinnvoll, die ErfiUlbarkeit eines Anspruchs gegen rechtliche Beeinträchtigungen zu sichern, wenn diese Sicherung in ihrem Anwendungsbereich mit dem Abbau eines vorhandenen Schutzes vor tatsächlichen

292 Ebenso schon Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371,385; MKlWacke, 2/1986, § 888 Rn 17.

10. Kap.: Unmittelbarer Ausgleich und Zweck der Vonnerkung

261

Einwirkungen verbunden wird. Insoweit wird nur ein Gefahrenrnoment durch ein anderes ersetzt. Der Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers vor tatsächlichen Einwirkungen eines vormerkungswidrigen Erwerbers sowie der Ausgleich solcher Einwirkungen unmittelbar in diesem Verhältnis steht deshalb im Einklang mit dem Zweck des Rechtsinstituts der Vormerkung.

Zusammenfassung zum 1. Abschnitt des 2. Teils Die §§ 883 - 888 enthalten keine Regelungen fiir Ausgleich und Abwehr tatsächlicher Einwirkungen unmittelbar zwischen dem vorgemerkten Käufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber. Die gesetzliche Regelung ist aber bewußt unvollständig. Die Gesetzesverfasser gingen von der Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln aus und hielten eigenständige Vorschriften im Recht der Vormerkung fiir entbehrlich. Dies gilt vor allem fiir die Schadensersatzpflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers, aber auch fiir dessen Verwendungs ersatzanspruch. Der Haupteinwand einer im Schrifttum häufig vertretenen Ansicht, es fehle das Rechtsschutzbedürfnis fiir Schadensersatz- und (vorbeugende) Unterlassungsansprüche des Vorgemerkten gegen den vormerkungswidrigen Erwerber, weil dieser sich in ausreichendem Maße an seinen Vertragspartner halten könne, ist nicht stichhaltig. Die ausschließliche Verweisung auf den jeweiligen Vertragspartner fUhrt nicht nur beim Verwendungsersatz begehrenden vormerkungswidrigen Erwerber, sondern auch beim Vorgemerkten zu interessewidrigen Rechtsschutzlücken. So fehlt dem vorgemerkten Käufer insbesondere ein vorbeugender Unterlassungsanspruch. Ein Schadensersatzanspruch fehlt in dem immerhin schon praktisch gewordenen Fall, daß die vormerkungswidrige VerfUgung einmal keine schuldhafte Vertragsverletzung darstellt. Außerdem ist die Nichtberücksichtigung eines eigenen Verschuldensanteils des vormerkungswidrigen Erwerbers mit dem unserer Rechtsordnung zugrundeliegenden Prinzip der Eigenverantwortlichkeit nicht zu vereinbaren. Auch § 826 vermag hier keine Abhilfe zu schaffen. Ein Unterlassungs- bzw. Schadensersatzanspruch des Vorgemerkten gegen den vormerkungswidrigen Erwerber aus § 826 setzt voraus, daß dieser den vorgemerkten Anspruch als Rechtsgut zu respektieren hat, d.h. an die entsprechenden Vereinbarungen im gesicherten Kaufyertrag gebunden ist. § 826 macht damit eine materiellrechtliche Bindung des vormerkungswidrigen Erwerbers an die vereinbarte Sachbeschaffenheit gerade nicht entbehrlich, sondern setzt sie voraus. Soweit umgekehrt der vormerkungswidrige Erwerber allein auf seinen Vertragspartner verwiesen ist, fehlt ihm wegen seiner Verwendungen auf das Grundstück gegenüber dem Zustimmungs- und Herausgabeverlangen des Vorgemerkten ein Zurückbehaltungsrecht und ein Ausgleichsanspruch fiir die werterhöhenden nützlichen Verwendungen.

Zusammenfassung zum I. Abschnitt des 2. Teils

263

Ein unmittelbarer Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen entspricht schließlich auch dem Zweck der Vormerkung. Ihr Zweck ist die Sicherung der ErftHlung des geschützten Rechtsverschaffungsanspruchs unter Beibehaltung der Verkehrsflihigkeit des betroffenen Grundstücksrechts. Diesem Anliegen dienen auch Abwehr- und Ausgleichsansprüche wegen tatsächlicher Einwirkungen. Die Verkehrsflihigkeit des betroffenen Grundstücksrechts wird durch die Zulassung eines (ohnehin nur partiellen) unmittelbaren Ausgleichs derartiger Einwirkungen allenfalls tatsächlich, nicht aber rechtlich behindert. Für die Vereinbarkeit mit dem Zweck der Vormerkung spricht ferner der Umstand, daß der geschützte Eigentumserwerbsanspruch sich nicht auf die Verschaffung der bloßen Rechtszuständigkeit beschränkt, sondern auf die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück in einem bestimmten Zustand abzielt. Ausgleich und Abwehr tatsächlicher Einwirkungen sind schließlich neben dem Sukzessionsschutz nur konsequent, weil andernfalls die Gefahr ftlr die Erfilllung des vorgemerkten Anspruchs nur in ihrer Art verändert, jedoch nicht oder doch nur wenig vermindert würde. Obgleich eine gesetzliche Regelung fehlt, sind daher Ausgleich und Abwehr tatsächlicher Einwirkungen unmittelbar zwischen dem vorgemerkten Grundstückskäufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber nach Interessenlage, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck der §§ 883 - 888 zulässig und geboten.

2. Abschnitt

Probleme der Ausgestaltung Nach den Erkenntnissen des vorigen Abschnitts ist eine unmittelbare Abwicklung tatsächlicher Einwirkungen zwischen dem vorgemerkten Grundstückskäufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber, obwohl vom Wortlaut her nicht vorgesehen, nach Entstehungsgeschichte, Interessenlage und Zweck der Vormerkung zulässig und geboten. Eine sinnvolle Rechtsfortbildung ist jedoch nur möglich, wenn sich fUr den Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen Rechtsnormen fmden lassen, die sich weitgehend bruchlos in das "Sicherungssystem" Vormerkung und sein Umfeld einrugen lassen. Fänden sich keine passenden, ggf. analog anzuwendenden Normen aus anderen Rechtsbereichen, so wäre der Gesetzgeber zum Tätigwerden berufen. In den beiden nun folgenden Unterabschnitten werden, beginnend mit den Schadensersatz- und Unterlassungs ansprüchen des vorgemerkten Grundstückskäufers, die in Rechtsprechung und Schrifttum vorgeschlagenen Rechtsgrundlagen auf ihre Tauglichkeit hin durchgemustert und zugleich die eigene Lösung entwickelt und begründet. J. Unterabschnitt

Die Unterlassungs- und Ausgleichspflicht des vormerkungswidrigen Enverbers im Fall von (drohenden) Verschlechterungen des betroffenen Grundstücks 11. Kapitel

Vorgeschlagene Rechtsgrundlagen für die Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche, wenn die Verschlechterung vom vormerkungswidrigen Erwerber verschuldet ist Wie bereits oben l in der Rechtsprechungsübersicht angesprochen, werden Schadensersatzansprüche des Vorgemerkten gegenüber dem vormerkungswidI

Im 6. Kapitel, unter I.

11. Kap.: Vorschläge rur SchadensersatzansprUche bei Verschulden

265

rigen Erwerber entweder auf Deliktsrecht (§ 823 Abs. 1) oder auf eine Analogie zu den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses oder als "vormerkungsimmanente Lösung,,2 auf eine "schuldhafte Verletzung des Leistungszwecks des § 888" gestützt. Der Unterlassungsanspruch wird - soweit angesprochen - übereinstimmend aus § 1004 Abs. I hergeleitet und im Bezug zur jeweils herangezogenen Schadensersatznorm gesehen. Gleichermaßen wird bzgl. eines Beseitigungsanspruchs verfahren. Die Bejahung eines Beseitigungsanspruchs aus § 1004 ist nach den Ausfiihrungen im 1. Teil3 im praktisch häufigsten Fall des vormerkungsgesicherten Grundstückskaufs jedoch verfehlt, weil dem Käufer schon im Verhältnis zum Verkäufer nach der gesetzlichen Regelung kein (Mängel-) Beseitigungsanspruch zusteht. Die Vormerkung kann als akzessorisches, d.h. vom geschützten Anspruch abhängiges Sicherungsrecht keine Rechte schaffen, die nicht bereits im Kausalverhältnis begründet sind. Aus diesen Gründen konzentriert sich die folgende Darstellung auf die Klärung der Frage der "richtigen" Schadensersatznorm zugunsten des Vorgemerkten.

I. Anspruch aus § 823 Abs. 1 Die Anwendung der deliktischen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche auf die Beziehung zwischen dem Vormerkungsberechtigten und dem Zwischenerwerber wurde wohl erstmals von Harry Westermann vorgeschlagen. Westermann meinte, für schuldhafte Verschlechterungen könne die Vormerkung als absolutes Recht LS. des § 823 die Ersatzgrundlage bieten 4• Um eine ausführlichere Begründung hat sich besonders Canaris bemüht5. Canaris sieht - in weitgehender Übereinstimmung mit den hier gewonnenen Ergebnissen6 - ein praktisches Bedürfnis filr derartige Ansprüche und verweist

So die Kennzeichnung des Vorschlags von Müller durch Rosien, 1994, S. 13 ff. S. oben im 2. Kapitel, 1.3. 4 Westermann, SachenR, zuletzt 5/1966, § 84 IV 4c; ebenso WestermannlEickmann, SachenR 11,6/1988, § 100 IV 4d. 5 Canaris, FS Flume I, 1978, S.371, 383 ff. und nunmehr LarenzlCanaris, SchuldR 11/2, 13/1994, § 76 11 4h. Wie Canaris auch MKlMertens, 2/1986, § 823 Rn 129 f. 6 S. oben, 9. Kapitel, 1., 11. 2

3

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

auf den Fall, daß der vormerkungswidrige Erwerber das betroffene Hausgrundstück durch den Abriß oder den Umbau des Hauses umzugestalten beginnt oder Zubehörstücke entfernt, auf die sich die Wirkung der Vormerkung erstreckt. Es gehe nicht an, dem Vormerkungsberechtigten einen Anspruch allein deshalb zu versagen, weil die Vormerkung keinen dinglichen Anspruch auf Schaffung des vorgemerkten Rechts, insbesondere keinen Herausgabeanspruch gewähre 7 • Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche hätten sich vom dinglichen Recht gelöst und mit dem Deliktsschutz verknüpft. Die Heranziehung des Deliktsrechts rechtfertigt Canaris zunächst damit, daß die Rechtsstellung des Vorgemerkten im Verhältnis zum Zwischenerwerber den Charakteristika eines "sonstigen Rechts" i.S. von § 823 Abs. I entspreche. Nach der Wertung der §§ 883 Abs. 2, Abs. 3 sei das vorgemerkte Recht bereits dem Geschützten "zugeordnet". Die Rechtsstellung des Vorgemerkten sei wegen der Eintragung ins Grundbuch filr den Dritten auch erkennbar, so daß er als potentieller Schädiger gewarnt sei. Die Anwendung des § 823 Abs. 1 beschränke sich auch nicht auf echte dingliche Rechte wie sich am "Recht zum Besitz" zeige, das anerkanntermaßen unter die Vorschrift falle. Wenn aber schon das "Recht zum Besitz" Deliktsschutz genieße, dann müsse dies erst recht filr die wegen der Konkursbeständigkeit noch stärker verdinglichte Vormerkung gelten. Die Versagung des Deliktsschutzes filr den Vorgemerkten fiihre zu einem nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch, zumal zur Unterstützung auf die Analogie zwischen Sachbesitz und Buchbesitz hingewiesen werden könne. Die Gewährung des Deliktsschutzes überzeuge auch vom praktischen Ergebnis her. Ohne einen Schutz vor tatsächlichen Einwirkungen sei die Stellung des Vormerkungsberechtigten sehr stark gefährdet. Die Anerkennung eines Schutzes vor derartigen Einwirkungen sei daher nur die folgerichtige Ergänzung des von § 883 gewährten Verfilgungs- und Sukzessionsschutzes. Dem Deliktsschutz stehen nicht entgegen, daß der Gesetzgeber die Vormerkung nicht als volles dingliches Recht ausgestaltet habe. Zum einen sei der Deliktsschutz nicht an die volle Dinglichkeit des Rechts gekoppelt, zum anderen sei vom Gesetzgeber nur die Frage nach dem dinglichen Anspruch auf Schaffung des vorgemerkten Rechts gegen den jeweiligen Eigentümer wertungsmäßig durchdacht worden 8 • Die Einräumung von Schadenersatz-, Beseitigungs- sowie Unterlassungsansprüchen kollidiere schließlich auch nicht mit § 883 Abs. 2. Zwar sei nach die7 8

Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 384 f. Canaris, FS Flume 1,1978, S. 371, 385.

11. Kap.: Vorschläge rur Schadensersatzanspruche bei Verschulden

267

ser Vorschrift grundsätzlich noch der Veräußerer als Berechtigter anzusehen 9, die Konstruktion passe aber nicht fiir die Geltendmachung der deliktischen Ansprüche. Der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs werde die ihm zustehenden Deliktsansprüche wegen der Interessen- und Ptlichtenkollision, in der er sich in der Regel befmde, nicht energisch genug geltend machen bzw. aufgrund der obligatorischen Vereinbarung mit dem Dritten überhaupt an der Durchsetzung dieser Ansprüche gehindert sein. Den Schutzbereich des § 823 Abs. 1 hinsichtlich der Vormerkung bestimmt Canaris unter Rückgriff auf den gesicherten Anspruch 10. Aus dem diesem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis sei zu ermitteln, ob eine Einwirkung vormerkungswidrig sei oder nicht. Auf der subjektiven Seite setzt der Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 voraus, daß der Zweiterwerber vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Nach Canaris ll reicht die bloße Kenntnis der Vormerkung nicht aus, um dem Dritten einen Verschuldensvorwurf zu machen. Umgekehrt schließe der unterlassene Blick ins Grundbuch Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht aus 12 • Entscheidend sollen vielmehr die Wahrscheinlichkeit der Durchsetzung des vorgemerkten Anspruchs und die Vormerkungswidrigkeit der Einwirkung sein: Durfte der vormerkungswidrige Erwerber bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt glauben, daß der Anspruch nicht durchgesetzt werde oder hielt er mit demselben Sorgfaltsmaßstab seine Einwirkung nicht fiir vormerkungswidrig, dann entfiillt ein Verschuldensvorwurf. Der verkehrserforderlichen Sorgfalt ist nach Canaris regelmäßig nur Genüge getan, wenn der Dritte Auskünfte auch beim Vormerkungsberechtigten einholt; auf die Auskünfte seines Veräußerers, des Vormerkungsschuldners, darf er sich nicht verlassen \3. Der Anwendungsbereich der §§ 823 Abs. 1, 1004 ist nach Canaris allerdings auf das Verhältnis des Vorgemerkten zum vormerkungswidrigen Erwerber beschränkt 14 • Gegenüber verschlechternden Einwirkungen von anderen Personen

9 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 385. Insoweit folgt Canaris der herrschenden Lehre von der durch die relative Unwirksamkeit verursachten "Duplizität" oder Spaltung der Rechtsinhaberschafl. Zu dieser Lehre und den anderen Deutungen der relativen Unwirksamkeit noch unten im 12. Kapitel, II.4.b) cc). 10 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 385. 11 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 386. 12 Insoweit zieht Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 386 den Rechtsgedanken von § 1128 Abs. 3, 2. Hs. heran. 13 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 386. 14 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 386 f.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. VA.: Verschlechterungshaftung

fehle es vor Durchsetzung des vorgemerkten Anspruchs an einer mit einem dinglichen Recht vergleichbaren Zuweisung. Die daraus resultierende Aufspaltung der Verdinglichungswirkung nach Personenkreisen liege im Wesen des § 883 Abs.2; sie komme auch bei anderen Verdinglichungstatbeständen - z.B. § 392 HGB - vor. Ein deliktischer Schutz gegenüber sonstigen Dritten sei auch von der Interessenlage her nicht geboten, denn der Zwischenerwerber werde in solchen Fällen seine Rechte selbst nachdrücklich geltend machen. Da man diesem seine Rechte nicht nehmen könne, würde eine Zubilligung der Rechte aus §§ 1004, 823 Abs. 1 an den Vormerkungsberechtigten eine Verdoppelung der Zuständigkeit bewirken, die zu zusätzlichen Komplikationen ruhren würde l5 .

11. Schadensersatzansprüche analog §§ 989 ff. Eine Schadensersatzpflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers nach Maßgabe der Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis wurde bereits von den Gesetzesverfassem diskutiert, aber letztlich als entbehrlich abgelehnt l6 . Trotz dieser Entstehungsgeschichte wurde und wird die Anwendbarkeit der §§ 989 ff. im Verhältnis zwischen Vormerkungsberechtigten und Zweiterwerber immer wieder bejaht l7 • Schon Fuchs und Raape hielten die Anwendung der §§ 989 ff. fiir geboten. Zur Begründung fiihrten sie an, daß der Vorgemerkte einen eigenen Herausgabeanspruch gegen den vormerkungswidrigen Erwerber habe, auf den in jedem Fall § 292 anzuwenden seilS. Aufgrund der Regeln über die relative Unwirksamkeit habe der "kollidierende Erwerber" von Anfang an mit der Durchset-

15 Zum Schutz des Vorgemerkten vor Einwirkungen Dritter befiirwortet Canaris, a.a.O., S. 371, 386 f. jedoch eine entsprechende Anwendung von § 869. Dazu näher im 13. Kapitel unter I. 16 S. Mugdan III, S. 571 sub C. (=Protokolle III, S. 747) und bereits oben im 8. Kapitel unter II.1. 17 Fuchs, GBR I, 1902, § 888 Anm. 14; Raape, 1908, S.66; Rache, NJW 1963, 301; MKlWacke, 211986, § 888 Rn 17; jetzt auch Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1171i. 18 Fuchs, GBR 1,1902, § 888 Anm. 14; Raape, 1908, S. 66 mit S. 59. Raapes Arbeit bezieht sich zwar auf das Veräußerungsverbot gemäß § 135, er sieht die Situation bei der Vormerkung aber ausdrücklich als Parallelfall, a.a.O., S. 66.

11. Kap.: Vorschläge für Schadensersatzansprüche bei Verschulden

269

zung des geschützten Anspruchs zu rechnen und sein Verhalten danach einzurichten. Deshalb müßten die §§ 989, 990 von vornherein gelten l9 . Auch Hoche plädierte in seiner Anmerkung zum oben dargestellten Beschluß des OLG München20 für die Anwendung dieser Vorschriften21 • Seine Argumentation bezieht sich jedoch auf die spezielle Situation beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht und kann daher auf den Fall des vormerkungsgesicherten Erwerbsanspruchs nicht ohne weiteres übertragen werden22 • Eine eigene Rechtfertigung der Anwendung der §§ 989 ff. hat Wacke vorgenommen23 • Auch er sieht ein Bedürfnis filr die Schadensersatzhaftung, denn "schwerwiegende Eingriffe in das Grundstück (z.B. Gebäudeabriß, Abholzen) können den vorgemerkten Anspruch genauso beeinträchtigen wie dessen Belastung mit Rechten". Im Anschluß an die Auffassung von Canaris hält er die konkursfeste Stellung des Vorgemerkten mit der Eintragung ins Grundbuch für genügend verdinglicht, um sie gemäß § 823 Abs. I als sonstiges Recht anzusehen. Im Gegensatz zu Canaris sind nach Wacke jedoch die §§ 989 ff. die speziellere Regelung, weil der vormerkungswidrige Erwerber als "relativer Eigentümer" nicht schlechter stehen dürfe als der bloße Eigenbesitzer aus unwirksamer Übereignung. Hinsichtlich des Schutzbereichs des Schadensersatzanspruchs und

19 Fuchs, GBR I, 1902, § 888 Anm. 14; Raape, 1908, S.66. Ebenso o.v.Gierke, DPR, 1905, § 154 Fn. 41; auch Meyer, NJW 1971, 1317 f. 20 OLG München, NJW 1963,301. 21 Hoche, NJW 1963,301. 22 Hoche, NJW 1963, 301 leitet im Anschluß an RGZ 84, 100, 107 f. aus § 1100 einen eigenständigen Herausgabeanspruch dinglicher Natur ab, der bei Besitzerlangung des Erstkäufers mit Ausübung des Vorkaufsrechts entsteht. Der besitzende Erstkäufer hafte gemäß §§ 989, 990 ab Bösgläubigkeit hinsichtlich der Besitzberechtigung; Bösgläubigkeit trete spätestens mit Kenntnis von der Ausübung des Vorkaufsrechts ein. Anders als beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht, dessen § 1100 als Überbleibsel des in § 957 Abs. I S. I E I ausdrücklich geregelten Herausgabeanspruchs gesehen werden kann, fehlt es bei der Vormerkung im Verhältnis zwischen dem Geschützten und dem vormerkungswidrigen Erwerber an jeglicher Andeutung einer unmittelbaren Herausgabeanordnung, was wegen des nicht auf den Eigentumserwerb beschränkten Anwendungsbereichs der Vormerkung nicht verwunderlich ist. Der BGH hat die Auffassung des RG und Hoches mittlerweile ausdrücklich bestätigt, s. BGHZ 115, 335, 344 (=NJW 1992, 236, 238) m.w.N., ohne sich jedoch auf die Rechtsnatur dieses Anspruchs festzulegen. Gegen die Ableitung eines eigenständigen Herausgabeanspruchs aus § 1100 aber Kohler, NJW 1984, 2849, 2850. Kohler bezieht die Regelung in § 1100 auf den nach Zustimmung und Grundbuchumschreibung entstehenden Anspruch aus § 985. Für die h.M. sprechen jedoch Entstehungsgeschichte und der auf den Eigentumserwerb begrenzte Anwendungsbereich der §§ 1094 ff. 23 MK/Wacke, 2/1986, § 888 Rn 17.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

der Anforderungen an das Verschulden des Dritten folgt Wacke den von Canaris aufgezeigten Kriterien 24 • Schließlich besteht auch in der Rechtsprechung eine unverkennbare Tendenz zur Anwendung der §§ 989 ff. Zwar hatte der BGH noch keinen Fall einer schuldhaften Verschlechterung des Grundstücks durch den vormerkungswidrigen Erwerber zu entscheiden; doch deuten die zum Verwendungsersatz ergangenen Urteile in diese Richtung: Der V. Senat des BGH25 rechtfertigte die Anwendung der §§ 994 ff. nämlich mit dem Hinweis, daß der vormerkungswidrige Erwerber im Verhältnis zum Geschützten, im entschiedenen Fall einem Wiederkaufsberechtigten nach dem RSiedlG, nur Bucheigentum ("grundbuchmäßiges Eigentum") erlangt habe. Nach der wirklichen Rechtslage gebühre dem Berechtigten das Eigentum, denn mit dem Wiederkauf erlange dieser gegen den Verpflichteten (Erstkäufer und Wiederverkäufer) einen durchsetzbaren Rückübereignungsanspruch. Die Zustimmung des Dritten sei allein im Hinblick auf die der Eintragung entgegenstehende "relativ unrichtige" Grundbuchlage erforderlich. Der vormerkungswidrige Erwerber befmde sich damit in einer Position, die der des Bucheigentümers gegenüber dem Berichtigungsanspruch aus § 894 entspreche. Es sei aber anerkannt, daß auf den Grundbuchberichtigungsanspruch des materiellen Eigentümers gegen den Bucheigentümer die §§ 987 ff. anwendbar seien26 . Eine gerechte Bewertung der Interessenlage erfordere angesichts der dinglichen Wirkung der Auflassungsvormerkung auch hier die Anwendung der §§ 987 ff. Die fiIr den unrechtmäßigen Eigenbesitzer konzipierte Verwendungsersatzregelung der §§ 994 ff. berücksichtige, daß der vormerkungswidrige Erwerber die Verwendungen im Vertrauen auf das ihm nach seinem Kaufvertrag zustehende Eigentum vornehme und der Wiederkäufer nach Ausübung seines gesicherten Rechtes nur die Nachteile hinnehmen müsse, die die §§ 994 ff. dem Eigentümer zumuten.

24 MKlWacke, 2/1986, § 888 Rn 17 im Anschluß an Canaris, FS Flume I, 1978, S.371, 386 f. Zur Auffassung Wackes im Falle der Verschlechterung durch sonstige Personen s. im 13. Kapitel unter I. 25 BGHZ 75, 288, 292; bestätigt von BGHZ 87, 296, 297. S. schon oben im 6. Kapitel, 11. 26 Der BGH verweist hier auf BGHZ 41,30,34 (=NJW 1964, 811); RGZ 114, 266; 115,35,46; 121,335; 163,62; RGRKlPikart, 12/1977, § 987 Rn 27.

1l. Kap.: Vorschläge rur Schadensersatzansprüche bei Verschulden

271

Der Umstand, daß der Dritte im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme aufgrund des Schuldverhältnisses mit dem Erstkäufer rechtmäßiger Besitzer war, stehe nicht entgegen, da filr die Anwendung der §§ 987 ff. nur erforderlich sei, daß das Besitzrecht später weggefallen sei, weil sonst der berechtigte Besitzer schlechter behandelt würde als der unberechtigte 27 •

III. Die "Abtretungslösung" Flumes

Konstruktiv abweichend zu den bisher dargestellten Auffassungen begründet Flume - primär bezogen auf das VerfUgungsverbot gemäß §§ 135, 136 - die Anwendung der §§ 989 ff. 28 • Flume sieht diese Ansprüche nicht originär in der Person des Geschützten begründet, sondern in der des Schuldners, des verbotsbzw. vormerkungswidrig VerfUgenden. Diese Ansprüche bestünden aber nur auf der Grundlage des relativen Verfiigungsverbots, ohne daß der Veräußerer selbst materiell anspruchsberechtigt see9 . Der Geschützte müsse wie bei der Durchsetzung des gesicherten Rechts seine Rechte gegenüber dem Schuldner verfolgen. Dieser sei zur Übertragung der Ansprüche zuständig, weil die verbots- bzw. vormerkungswidrige Verfiigung dem Geschützten gegenüber unwirksam sei. Eine Rechtsgrundlage filr den Abtretungsanspruch gibt Flume zwar nicht an, in Betracht kommt hierfiir wohl einzig § 281.

27 S. BGHZ 34, 122, l31 (=NJW 1961,499), BGH, NJW 1979,716. Diese Rspr. wird im Schrifttum überwiegend abgelehnt, Soergel/Mühl, 12/1989, Vor § 987 Rn 12; MKiMedicus, 2/1986, Vor §§ 987-1003 Rn 10; beide m.w.N. und unten im 12. Kapitel,

n.

28 Flume, AT 11,4/1992, § 17 6d, S. 360 f. Parallel behandelt Flume Ansprüche aus § 812 wegen des Verbrauchs und aus § 816 wegen Übertragung des verbotsbetroffenen Gegenstandes an einen Gutgläubigen. 29 Flume, AT 11, 4/1992, § 17 6d, S. 359: "Die Frage nach der materiellrechtlichen Grundlage dieser Zuständigkeit ist ohne Sinn.". 30 Müller, SachenR, 2/1990, Rn 1167b, 3/1993, Rn 1171g.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

IV. Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Leistungszwecks des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 (Klaus Müller) Klaus Müller30 hat in jüngster Zeit die Schadensersatzpflicht des vonnerkungswidrigen Erwerbers eng mit dem Anspruch aus § 888 Abs. 1 verknüpft. Dessen "Leistungszweck" werde bei einer schuldhaften Verschlechterung des Grundstücks vereitelt, wenn diese die ordnungsgemäße Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs beeinträchtige. Zur Begründung dieser Verpflichtung stützt sich Müller auf die Regelungskonzeption der §§ 883, 888: Nach § 883 Abs. 2 solle der vorgemerkte Anspruch durch Verfügungen oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht negativ beeinflußt werden. Durch die Zustimmungspflicht des Dritten gemäß § 888 Abs. 1 solle sichergestellt werden, daß auch der Dritte diesem Gebot des § 883 unterworfen werde. Der vonnerkungswidrige Erwerber handelt nach Müller schuldhaft, wenn er erkennt oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, daß er infolge der Verschlechterung des Grundstücks zwar fonnal noch der Grundbuchumschreibung zustimmen kann, aber dem Leistungszweck des § 888 Abs. 1, das Grundstück zur ordnungsgemäßen Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs zur Verfügung zu stellen, nicht mehr Genüge tun kann3l . Eine Rechtsgrundlage fiir diesen Schadensersatzanspruch hatte Klaus Müller zunächst nicht ausdrücklich benanne 2 • Deshalb konnte seine Auffassung im Sinne einer Haftung aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pFV) interpretiert werden33 • Nunmehr zieht Müller unter Berufung auf Wacke - bei Beibehaltung seiner Argumentation - die analog anzuwendenden §§ 989 f. als Rechtsgrundlage des Schadensersatzanspruchs heran34 •

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34

Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1171g. Müller, SachenR, 2/1990, Rn 1167b. S. z.B. Rosien, 1994, S. 91 Fn. 19. Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1171g, 117li gegen 2/1990, Rn 1167d.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

273

12. Kapitel

Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

I. Einwände gegen die deliktische Lösung

Die Überzeugungskraft der deliktischen Lösung fiir die Schadensersatz- bzw. Unterlassungsansprüche hängt entscheidend davon ab, ob die Rechtsstellung des Vorgemerkten gegenüber dem vormerkungswidrigen Zwischenerwerber den Charakteristika eines sonstigen Rechts i.S. von § 823 Abs. 1 entspricht. Im Anschluß an die dahingehende Untersuchung soll - gewissermaßen als Ergebniskontrolle - das argumentum a fortiori, das Canaris aus dem anerkannten Deliktsschutz des Rechts zum Besitz hinsichtlich des Deliktsschutzes des Vorgemerkten ableitet, auf seine Stichhaltigkeit überprüft und die Bedeutung der Konkursfestigkeit der Rechtsstellung des Vorgemerkten in diesem Zusammenhang erörtert werden. In einem Exkurs wird schließlich untersucht, ob nicht § 823 Abs. 2 den gesuchten Schadensersatzanspruch liefern kann.

1. Die Rechtsstellung des Vorgemerkten als "sonstiges Recht" i.S. von § 823 Abs. 1

Als sonstiges Recht sind nach ganz herrschender Auffassung nur absolute Rechte anzuerkennen, d.h. Rechte, die alle Personen binden und deshalb auch von allen verletzt werden können35 . Dabei sind als Bezugspunkt vornehmlich das Eigentum, aber auch die in § 823 Abs. 1 genannten Persönlichkeitsgüter heranzuziehen36 • Konkretisierend und in Anknüpfung an die bereicherungsrechtliche Lehre vom Zuweisungsgehalt werden die sonstigen Rechte auch umschrieben als Persönlichkeitsgüter und sachherrschaftsvermittelnde Positionen, die ähnlich wie

35 So schon RGZ 57, 353, 356; 59, 49; BGHZ 65,211,212; RGRKJSteffen, 12/1981, § 823 Rn 26; StaudingerISchä!er, 12/1984, § 823 Rn 73; Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2362. 36 SoergellZeuner, 11/1985, § 823 Rn 41; MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 103; Erman/Schiemann, 9/1993, § 823 Rn 35.

18 Richter

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

die genannten Rechte "durch eine gewisse soziale Ausschließungsfunktion, einen spezifischen Zuweisungsgehalt und die entsprechende sozialtypische Offenkundigkeit charakterisiert sind,,37.

a) Die sozialtypische Offenkundigkeit Überprüft man die Rechtsstellung des Vorgemerkten darauf, ob sie die vorgenannten Merkmale eines sonstigen Rechts erfilllt, so ist das Kriterium der sozialtypischen Offenkundigkeie s unproblematisch. Durch die Verlautbarung im Grundbuch mit der ihr innewohnenden Wamfunktion ist die Rechtsposition des Vorgemerkten in der fiir Grundstücksrechte üblichen Weise publik gemache 9 •

b) Die soziale Ausschließungsfunktion Die soziale Ausschließungsfunktion eines Rechts wird als Kriterium in den Vordergrund gerückt, wenn die herrschende Meinung formuliert, (nur) gegen jedermann gerichtete, jedermann bindende Positionen seien als sonstige Rechte dem Deliktsschutz nach § 823 Abs. I unterstellt. Klassische Beispiele dieser "absoluten" Rechte sind vor allem die beschränkten dinglichen Rechte und die Immaterialgüterrechte40. Der Umstand, daß die beschränkten dinglichen Rechte zu den klassischen absoluten bzw. sonstigen Rechten gehören, zeigt eine Ungereimtheit in der Auffassung derer auf, die die Vormerkung einem absoluten Recht gleichstellen und sie als sonstiges Recht beurteilen. Da die Vormerkung auf ein Grundstück, auf eine Sache bezogen ist, müßte sie entsprechend dem geläufigen Verständnis der dinglichen Rechte als absoluten Rechten an Sachen41 auch als dingliches Recht

37 So MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 101; ebenso ErmaniSchiemann, 9/1993, § 823 Rn 35; Larenz/Canaris, SchuldR II12, 13/1994, § 7611 4a. 38 Dieses Kriterium wird stark betont von Esser/Weyers, SchuldR 11, 7/1991, § 55 I

2bm.N. 39 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 384. Hierin liegt ein Unterschied zu den Verfiigungsverboten gemäß §§ 135, 136; insoweit treffend Larenz/Canaris, SchuldR II12, 13/1994, § 7611 4g, Fn. 98 gegen Chr.Paulus, JZ 1993, 555, 556. 40 So z.B. Larenz/Canaris, SchuldR II12, 13/1994, § 76 II 4a. 41 Z.B. Larenz, AT, 7/1989, § 13 III; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 9; Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 1 II 3a; Wolff/Raiser, SachenR, 10/1957, § 1 14.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

275

eingeordnet werden. Zwar gibt es in der Tat auch Stimmen, die die Vormerkung als dingliches Recht qualifizieren42 , doch die wichtigsten Anhänger eines Deliktsschutzes im Verhältnis des Vorgemerkten zum vormerkungswidrigen Erwerber folgen dieser Auffassung nicht, sondern sehen die Vormerkung mit der überwiegenden Meinung43 als ein zwischen Schuld- und Sachenrecht stehendes Sicherungsrecht eigener Art an44 , ohne den Widerspruch in ihrer Ansicht aufzulösen4s . Nach gängiger Ansicht manifestiert sich die Ausschließungsfunktion, die Absolutheit einer Rechtsposition in einem umfassenden Klageschutz gegenüber Beeinträchtigungen aller Art, wobei unter Orientierung am Eigentum als dem klassischen absoluten Recht auf die dinglichen (Gefahrbeseitigungs-) Ansprüche aus §§ 985, 1004, aber auch auf die Ansprüche aus § 823 Abs. 1 und aus §§ 812 ff. abgestellt wird46 • Dem durch die Einbeziehung des § 823 Abs. 1 in den Klageschutz drohenden Zirkelschluß läßt sich nur entrinnen, wenn man zur Beantwortung der Frage nach der Absolutheit der Vormerkung den deliktischen (und auch den bereicherungsrechtlichen) Klageschutz ausklammert und sich auf den "vormerkungsimmanenten", d.h. durch die §§ 883 ff. selbst vermittelten Schutz beschränkt47 • Den §§ 883 ff. ist aber weder allein noch im Zusammenwirken mit § 24 KO (§ 106 InsO), § 48 ZVG ein allumfassender, gegen jedermann wirkender Schutz 42

Wunner, NJW 1969, 113 ff.; Kempf, JuS 1961, 22 ff.; Wieling, SachenR I, 1990,

§ 1 11 3a.

43 S. schon RGZ 151, 389, 392; BGHZ 25, 16, 23; 60, 46, 49; PalandtlBassenge, 55/1996, § 883 Rn 2; Tiedtke, Jura 1981, 354, 370; umfassende Nachweise bei StaudingerlGursky, 12/1987, § 883 Rn 202. 44 Westermann, SachenR, 5/1966, § 84 I; WestermannlEickmann, SachenR 11, 6/1988, § 100 I 2; ErmaniHagen, 9/1993, § 883 Rn 3, je m.w.N.; nicht eindeutig BaurlStürner, SachenR, 16/1992, § 20 VII: "mit gewissen dinglichen Wirkungen ausgestattete Sicherung eines ... Anspruchs" und andererseits § 3 11 2c, wo die Vormerkung ihrer Wirkung nach einem beschränkten dinglichen Erwerbsrecht gleichgeachtet wird. 45 Hierauf weist Rosien, 1994, S. 102 f. zutreffend hin. 46 Z.B. Gernhuber, BR, 3/1991, § 23 I; BaurlStürner, 16/1992, § 4 I; Heck, SachenR, 1930, § 1,3.; WestermannlHP. Westermann, SachenR 1,6/1990, § 2 1,11; Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 373 f.; s. auch Rosien, 1994, S. 103. Weitergehend bezieht Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 6 ff., auch den Anspruch aus § 687 Abs. 2, die Aufopferungsansprüche aus §§ 904, 906 Abs. 2 S. 2 sowie die Vergütungshaftung des bösgläubigen oder verklagten Nutzers eines fremden Rechtsobjekts gemäß §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 in den Klageschutz mit ein. Canaris, a.a.O., zählt auch den Verfilgungs- und Sukzessionsschutz, sowie die Konkurs- und Zwangsvollstreckungsfestigkeit zu den Wirkungen der Absolutheit. Dazu sogleich und unter 3. 47 Zutreffend Rosien, 1994, S. 103.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

zu entnehmen. Der vonnerkungsgeschützte Anspruch ist weiterhin gegen den Schuldner gerichtet, allein dieser ist zur ErfiHlung verpflichtet. Der über die §§ 883 ff. gewährte Verfilgungs- und Sukzessionsschutz sowie die durch § 48 ZVG, § 24 KO (§ 106 InsO) vennittelte Absicherung in Zwangsversteigerung und Konkurs hält nicht jeden beliebigen Dritten dazu an, das betroffene Recht, das betroffene Grundstück wegen der Vonnerkung unangetastet zu lassen, sondern allenfalls diejenigen, die mit Mitteln des Rechts auf das vonnerkungsgeschützte Grundstücksrecht zugreifen wollen bzw. zugegriffen haben. Deren Zugriff wird überdies auch nicht wie beim Eigentum und den beschränkten dinglichen Rechten direkt mit einem Abwehranspruch (Gefahrbeseitigungs- bzw. Schutzanspruch) blockiert, sondern mit dem "Vorbehalt" der relativen Unwirksamkeit zugelassen und erst später (indirekt) bei der Rechtsverwirklichung korrigiert. Der durch die V onnerkung ausdrücklich garantierte Schutz beschränkt sich also auf bestimmte Eingriffsarten bzw. auf bestimmte Personenkreise und ist somit gerade nicht allumfassend i.S. des zugrundegelegten Absolutheitsverständnisses 48 . Dieses Ergebnis wird dadurch untennauert, daß diejenigen, die dem Vorgemerkten den Deliktsschutz nach § 823 Abs. 1 zubilligen, diesen, der Wirkungsweise der Vonnerkung korrespondierend, lediglich im Verhältnis zu einem vonnerkungswidrigen Erwerber befilrworten und nicht gegenüber anderen, "außenstehenden" Dritten, die das vorgemerkte Recht, namentlich das Grundstückseigentum schädigen. Der Vorwurf eines systemwidrig gespaltenen Deliktsschutzes ist daher berechtigt49. Der Hinweis von Canaris, daß dies nun einmal in § 883 Abs. 2 so angeordnet sei50, kann diesen Systembruch und die Abweichung vom Absolutheitsbegriff nicht rechtfertigen. Daran ändert auch die von ihm51 gezogene Parallele zu § 392 HGB nichts, denn sie ist - abgesehen davon, daß abredewidrigen VertUgungen des Kommissionärs über das Kommissionsgut gemäß § 392 Abs. 1 noch nicht einmal relativ unwirksam sind52 - dem gleichen Einwand ausgesetzt. Schon wegen des fehlenden Absolutheitsschutzes und der somit fehlenden um48 Wie hier etwa auch Rosien, 1994, S. 104 f. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die Vormerkung einen "dinglichen" Verschaffungsanspruch gegen den jeweiligen vormerkungswidrigen Erwerber gewährte. Der Sukzessionsschutz ist entgegen Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 373 keine Folge absoluter Zuordnung. Dazu näher unten 3. 49 Ihn erhebt Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 61; der Sache nach auch Chr.Paulus, Verfiigungsverbot, 1981, S. 85, wenn er von einer "dogmatisch schwer verständlichen personellen Re1ativierung eines absoluten Rechts" spricht. 50 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 387. 51 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 387. 52 So auch Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 408.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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fassenden Ausschließungswirkung kann die Einstufung der Rechtsstellung des Vorgemerkten als sonstiges Recht i.S. von § 823 Abs. 1 nicht überzeugen.

c) Der spezifische Zuweisungsgehalt der Position des Vorgemerkten Folgt man streng den Regeln juristischer Gutachtentechnik, so erübrigt sich nach Ablehnung der Ausschließungs- bzw. Absolutheitswirkung der Position des Vorgemerkten jedes weitere Eingehen auf deren Zuweisungsgehalt, denn die Voraussetzungen eines sonstigen Rechts können ja nicht mehr vollständig erfiillt werden. Im Hinblick auf die Suche nach einer geeigneten Norm zur Ausfiillung der Rechtsschutzlücke hinsichtlich tatsächlicher Einwirkungen kann die Fortsetzung der Untersuchung aber Aufschluß darüber geben, ob allein der fehlende Absolutheitsschutz oder ob auch ein mangelnder Zuweisungsgehalt der deliktischen Lösung im Wege steht. Im ersten Fall ließe sich, falls geeignetere Lösungen nicht in Betracht kommen, wohl über eine analoge Anwendung von § 823 Abs. 1 diskutieren, im zweiten Fall wäre der deliktische Weg insgesamt kaum gangbar.

aa) Der Begriff des Zuweisungsgehalts

Mit dem Begriff des Zuweisungsgehalts ist gemeint, daß dem Inhaber der Rechtsposition i.S. von § 823 Abs. 1 mit dieser zugleich ein Persönlichkeitsgut oder ein Gegenstand ganz oder teilweise unmittelbar zugewiesen, zugeordnet sein soll.

(1) Gegenstand und Inhalt der Zuweisung bzw. Zuordnung Gegenstand der Zuordnung in diesem Sinn ist jedes Gut, das Objekt des Rechtsverkehrs sein kann, z.B. Sachen, Tiere, unkörperliche Güter, namentlich Rechte. Inhaltlich ist es zutreffend, wenn hinsichtlich der Gegenstände von einem Herrschaftsrecht, einer Herrschaftsbeziehung zwischen dem Rechtsinhaber und dem Zuordnungsobjekt gesprochen wirds3 • 53 Zum Begriff des Herrschaftsrechts s. Larenz, AT, 7/1989, § 13 I, 1I 3.; ders., FG Sontis, 1977, S. 129, 139, 141 ff. gegen J.Schmidt, 1969, S. 214 ff., 244, der a.a.O.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. UA.: Verschlechterungshaftung

Bei den Persönlichkeitsgütern bzw. Persönlichkeitsrechten paßt der Ausdruck "Herrschaftsrecht" aber nicht recht, weil hier einerseits Herrschaftssubjekt und -objekt zusammenfallen (z.B.: die Person hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit ihrer selbst, s. Art.2 Abs.2 GG) und andererseits unserer Rechtsordnung die Vorstellung fremd ist, daß der Mensch Objekt privater (Fremd-) Herrschaft ist54 . Besonders anschaulich wird der Begriff des Herrschaftsrechts am Beispiel des Eigentums. Gemäß § 903 kann der Eigentümer einer Sache grundsätzlich mit ihr nach Belieben verfahren55 . Der anschließende Halbsatz des § 903, wonach der Eigentümer andere von jeder Einwirkung ausschließen kann, bezieht sich auf die eben unter b) erörterte Ausschließungsfunktion und macht deutlich, daß Zuweisungsgehalt und Ausschließungsfunktion nicht isoliert zu betrachten sind, sondern korrespondieren und gemeinsam den Kern des Herrschaftsrechts ausmachen56 . Eine herrschaftsmäßige, vermögensmäßige Zuweisung von Gegenständen bzw. Gütern ist nicht denkbar ohne die Ausschließung Dritter von dieser Herrschaft, denn andernfalls wäre der Gegenstand in dieser Beziehung Gemeingut. Soweit der beherrschte Gegenstand eine Sache ist, deckt sich dieser

noch die Forderung, die Obligation, als Herrschaftsrecht des Gläubigers über den Schuldner zu qualifizieren sucht. Vorsichtige Distanzierung nunmehr bei Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 445. 54 Vgl. Art. 1 Abs. 1 GG. S. auch Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 445; Larenz, AT, 7/1989, § 13 11 5; ders., SchuldR 1,14/1987, § 2 11. - Dieser Aspekt ist letztlich wohl auch der entscheidende Grund, warum der schuldrechtliche Anspruch (die Forderung, die "Einziehungsbefugnis") inhaltlich nicht als (unmittelbares) Herrschaftsrecht anerkannt ist (dazu näher Larenz, a.a.O., § 2 11) und diesbezüglich - keinen Deliktsschutz genießt. Bei den Persönlichkeitsrechten stellt sich dieses Problem der "Fremdherrschaft" gerade nicht, weshalb dem Schutz gemäß § 823 Abs. 1 insoweit nichts im Wege steht. - Die Forderung ("Einziehungsbefugnis") ist andererseits als solche Vermögensgut und Herrschaftsobjekt, der Gläubiger hat die Verfilgungsbefugnis über sie, er ist "forderungszuständig". Die Forderungszuständigkeit, die Verfilgungsbefugnis über die Forderung ist ein Herrschaftsrecht, das analog §§ 1004, 985, 12 Absolutheitsschutz genießt (dazu überzeugend Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 439 ff., 442 m.N.) und erfilllt (insoweit) die Voraussetzungen rur den Deliktsschutz nach § 823 Abs. 1 (a.A. jedoch Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2394a). Fraglich kann - abgesehen vom Erfordernis der sozialtypischen Offenkundigkeit - nur sein, ob angesichts anderer Schutzmechanismen - wie z.B. § 816 - noch ein Bedürfuis rur den Deliktsschutz des Forderungsinhabers besteht. Dazu näher Otte, JZ 1969, 253 ff.; Staudinger/JSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 459 f. m.w.N. (verneinend); Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 2 11; Larenz/Canaris, SchuldR 1112, 13/1994, § 76 11 4g m.w.N. (bejahend). 55 Die vielfliltigen Beschränkungen durch Vorschriften des Öffentlichen Rechts sollen hier um der Verdeutlichung willen einmal außer acht bleiben. 56 In diesem Sinne z.B. auch Diederichsen, 1965, S. 50.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Begriff des sonstigen Rechts mit dem des dinglichen Rechts S7 . Dies ist wegen der Orientierung des Begriffs des sonstigen Rechts an dem des Eigentums nicht weiter verwunderlich. Seiner inhaltlichen Struktur nach setzt sich das Herrschaftsrecht zusammen aus einer oder mehreren auf das Herrschaftsobjekt bezogenen Nutzungsbefugnissen und der zugehörigen Verfiigungsbefugnis s8 . Die Verrugungsbefugnis ist eine Reflexivbefugnis, eine "Metabefugnis"S9, die sich unmittelbar auf die Nutzungsbefugnis(se) selbst bezieht und kein notwendiges Merkmal des Herrschaftsrechts, der unmittelbaren Zuweisung ist, wie sich etwa an den weithin indisponiblen Persönlichkeitsgütern zeigt60. Der Begriff der Nutzungsbefugnis ist in einem weiten Sinne zu verstehen, er umfaßt die konkreten Sachbenutzungsrechte, wie sie etwa neben dem Eigentum den beschränkt-dinglichen Nutzungsrechten wie Erbbaurecht, Nießbrauch, Dienstbarkeiten, aber auch dem Nutzungspfandrecht zugrunde liegen. Hierher gehören ferner auch die Aneignungsrechte an herrenlosem Gut, wie z.B. Jagd- und Fischereirecht61 , die gelegentlich - mit Vormerkung und "dinglichem" Vorkaufsrecht - als "dingliche Erwerbsrechte" charakterisiert werden62 . Jagd- und Fischereirechte begründen kein Herrschaftsrecht an dem herrenlosen Gut - sonst wäre dieses nicht mehr herrenlos -, sondern beinhalten vielmehr eine besondere, gleichrangig neben dem Eigentum stehende Nutzungsbefugnis an einem Grundstück, nämlich die Befugnis, Eigentum an dem auf dem Grundstück befmdlichen herrenlosen Gut (Wild, Fische) zu begründen. Man kann wohl ohne weiteres von einer sonstigen Ausbeute des Grundstücks i.S. von § 99 Abs. I sprechen und deshalb Wild und Fische als "Grundstücksfrüchte" ansehen, deren Ziehung jedoch nicht dem Eigentümer, sondern einem eigenständig Berechtigten, dem Jagd- bzw. Fischereirechtsinhaber zugewiesen ist63 •

57 Vgl. beispielhaft die Definition des dinglichen Rechts bei Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 375 als "absolutes Herrschaftsrecht an Sachen oder Rechten". 58 Zum Verständnis von Rechten (Rechtsinstituten) als "Befugnisbündeln" s. schon oben 10. Kapitel, III. Fn. 283. 59 Diese Bezeichnung gebraucht StaudingerlJSchmidt, 1311994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 138. 60 Vgl. in diesem Zusammenhang auch §§ 399, 400, die sich freilich auf Forderungen, d.h. aufRechte beziehen, die kein unmittelbares Herrschaftsverhältnis statuieren. 61 Zu diesen Rechten und allgemein zu den Aneignungsrechten WolfflRaiser, SachenR, 10/1957, §§ 78-81; Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 27 VII, § 53f; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2742 ff. 62 Z.B. Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 3 11 2c. 63 S. OLG Nümberg, VersR 1969, 620 f. Nur scheinbar anders PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 99 Rn 3, wo unter Berufung aufBGHZ 112, 392, 398 die Jagdbeute - im Er-

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Die dinglichen Verwertungsrechte (Grundpfandrechte, Reallast, Pfandrecht an beweglichen Sachen) beinhalten sowohl Nutzungs- als auch VerfUgungsbefugnisse, wobei der Schwerpunkt auf den VerfUgungsbefugnissen liegt64. Die Pflicht des Grundeigentümers zur Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147 zugunsten des Grundpfandgläubigers bzw. Reallastberechtigten bedeutet bei der Vollstreckung in Form der Zwangsverwaltung gemäß § 148 ff. ZVG die Zuweisung bestimmter Nutzungen (§ 100) des Grundstücks, wobei der Rechtsinhaber die Nutzungen nicht selbst ziehen darf, sondern sich der Person des Zwangsverwalters bedienen muß. Bei der Zwangsversteigerung gemäß §§ 15 ff. ZVG ist dem Rechtsinhaber in vergleichbarer Weise die VerfUgungsbefugnis zugewiesen, denn er darf die VerfUgung über das Grundeigentum nicht selbst vornehmen, sondern sie wird zu seinen Gunsten vom Vollstreckungsgericht (§ 35 ZVG) in einem besonderen Verfahren, der Zwangsversteigerung, durchgefUhrt. Entsprechendes gilt fUr das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204 ff.), das im Sonderfall als Nutzungspfand gemäß §§ 1213 f. dem Pfandgläubiger die Nutzungen zuweist und im Normalfall dem Pfandgläubiger - bei Pfandreife - die VerfUgungsbefugnis zubilligt, s. §§ 1228, 1233, 1242.

gebnis zutreffend - als (Rechts-) Frucht des Jagdrechts i.S. von § 99 Abs. 2 qualifiziert wird. Der Ausdruck "Grundstücksfrucht" wurde gewählt, um die tatsächliche Beziehung zwischen Frucht und "Muttersache" deutlich zu machen, auf die formal auch § 99 Abs. I abstellt. Die terminologische Unterscheidung, die das BGB zwischen Rechten "an Sachen" und Rechten "an Rechten" (z.B. beim Nießbrauch) macht, triffi nicht zu, denn die Rechte an Sachen, die das BGB kennt, sind tatsächlich Rechte an einem Recht, nämlich dem Eigentum. Zum synonymen Gebrauch der Begriffe Sache bzw. Grundstück und dem hieran bestehenden Eigentum s. schon oben 10. Kapitel, III. Instruktiv dazu Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 43 ff. i.V.m. Rn 42. Daher sind alle Sachfrüchte (tatSächliche Ebene) zugleich auch RechtsfTÜchte (rechtliche Ebene), nämlich des Eigentums oder eines eigentums gleichen Rechts. - Andererseits ist auch die Ausdrucksweise vom Recht "an einem Recht" problematisch, weil nicht ein Recht Gegenstand eines anderen ist, sondern einzelne Befugnisse aus einem "Stammrecht", einem "Befugnisbündel", abgespalten, d.h. übertragen werden. Auch hierzu näher Wilhelm, SachenR, 1993, a.a.O. Ebenso bereits WolfflRaiser, SachenR, 10/1957, § 51 III; wohl auch Müller, SachenR, 3/1993, Rn 4. 64 Eine VerfUgung fuhrt zu einer "Wertnutzung" der Sache, zu einer Ausnutzung des Werts der in der Befugnis (Eigentum) als Befugnisobjekt mitenthaltenen Sache.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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(2) Die Unmittelbarkeit der Zuordnung Die Kennzeichnung der Zuordnung als unmittelbar wurde gewählt, um die Unterscheidung der durch die relativen Rechte, die schuldrechtlichen Ansprüche, gewährten Zuordnung sicherzustellen. Die schuldrechtlichen Ansprüche ordnen den Leistungsgegenstand bzw. die geschuldete Leistung nur mittelbar, nämlich über die Person des Schuldners als dem Erfiillungsverpflichteten, ZU65.

bb) Der Zuweisungsgehalt der Rechtsste/lung des Vorgemerkten

Prüft man nun die Vormerkung bzw. die Rechtsstellung des Vorgemerkten daraufhin, ob sie vergleichbare unmittelbare Nutzungs- oder Verfiigungsbefugnisse an dem vorgemerkten Grundstücksrecht gewährt, so fällt das Ergebnis negativ aus. Die Eigentumserwerbsvormerkung gibt dem durch sie Geschützten nach dem Gesetzeswortlaut weder eine Befugnis zur konkreten Nutzung des Grundstücks noch irgendeine Verfiigungsbefugnis hierüber. Nach den bisherigen Erkenntnissen läßt sich lediglich festhalten, daß gerade nicht dem Vorgemerkten, wohl aber dessen Schuldner, hier dem Verkäufer, weiterhin zumindest eine spezifische Verfiigungsbefugnis über das vorgemerkte Grundstücksrecht zusteht66, um so die Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs bewirken zu können. Die Befugnis des Geschützten, zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt das Eigentum an dem Grundstück zu erwerben, vermittelt keine unmittelbare Sachherrschaft am Grundstück selbst; der Erwerb einer Sache bzw. der Nutzungsbefugnis an einer Sache ist noch keine Sachnutzung, sondern scham erst die Grundlage fiir diese. Daraus folgt, daß die Eigentumserwerbsvormerkung einen den als sonstigen Rechten anerkannten Positionen entsprechenden Zuweisungsgehalt nicht hat. Gleiches gilt fiir die Vormerkungen, die den Erwerb eines beschränktdinglichen Grundstücksrechts (z.B. Hypothek, Grunddienstbarkeit) sichern sollen: Eine Befugnis zu einer irgendwie gearteten Nutzung des Grundstücks bzw. eine darauf bezogene Verfiigungsbefugnis wächst dem Vorgemerkten mit deren Grundbucheintragung nicht zu; d.h. eine unmittelbare Sachherrschaft wird ihm nicht gewährt.

65 S. Westermann, SachenR, 5/1966, § 1 11 3a, b; Wi/helm, SachenR, 1993, Rn 16 f. Dazu noch unter 2. 66 Hierzu noch unten II.4.b) bb)-dd).

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Entsprechendes gilt ferner fiir das sachenrechtliche ("dingliche") V orkaufsrecht, denn wegen der über § 1098 Abs. 2 mit der Vormerkung übereinstimmenden Wirkung Dritten gegenüber stehen dem Vorkaufsberechtigten ebenfalls keine unmittelbaren Nutzungs- bzw. Verfiigungsbefugnisse (Herrschaftsrechte) an dem betroffenen Grundstück zu. Durch die Bestellung des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts wird ein zunächst teilweise noch unbestimmter, doppelt aufschiebend bedingter Grundstückskaufvertrag eigener Art vereinbart67 , der über die Bucheintragung und über § 1098 Abs.2 eine vormerkungsgemäße Erfiillungssicherung erfiihrt. Entgegen der h.A. 68 ist das "dingliche" Vorkaufsrecht deshalb kein "echtes" dingliches Recht69 , sondern eine Grundstücksbelastung eigener Art, die wie ein beschränktes dingliches Recht behandelt wird70 • Insgesamt ist jedenfalls die Schlußfolgerung zu ziehen, daß die "Zuordnungswirkung", die Canaris den §§ 883 Abs. 2 und 3 entnimmt, mit der Zuordnungswirkung, die die anerkannten, typischen sonstigen Rechte LS. von § 823 Abs. 1 beinhalten, nicht vergleichbar ise'.

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So insbes. die Rspr., z.B. RGZ 110, 327, 333; RGRKlRothe, 12/1979, § 1094

Rn I; dagegen nimmt Schurig, 1975, S. 106 ein Gestaltungsrecht auf einseitige Herbei-

führung einer kauflihnlichen schuldrechtlichen Beziehung zwischen dem Berechtigten und dem jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks an. Ihm folgen MKlH.P. Westermann, 2/1986, § 1094 Rn 5; StaudingerIMayer-MalyIMader, 13/1994, Vorbem zu § 1094 Rn 8; die zu Recht darauf hinweisen, daß die beiden Auffassungen nur verschiedene Aspekte der Rechtslage betonen und insofern weitgehend austauschbar sind. 68 Für die Einstufung als dingliches Recht Schurig, 1975, S. 96 ff.; StaudingerlMayer-MalyIMader, 13/1994, Vorbem zu § 1094 Rn 4 f.; MKlH.P. Westermann, 2/1986, § 1094 Rn 4; Erman/K.KüchenhojJ, 9/1993, § 1094 Rn 1; Westermann/Pinger, SachenR 11,6/1988, § 141 13; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 7: "dingliches Erwerbsrecht". Ein dingliches Anwartschaftsrecht nehmen an Erman/Ronlre, 7/1981, Vor § 1094 Rn 2 und diesem folgend SoergellStürner, 12/1989, Vor § 1094 Rn 2. Nicht eindeutig BGHZ 13, 133, 135, der das "dingliche" Vorkaufsrecht zwar dem "geschlossenen Kreis der Sachenrechte" zuordnet, den Begriff "dingliches Recht" aber vermeidet. Wie hier die Qualifikation als dingliches Recht ablehnend RGZ 110, 327, 333: "kein eigentlich dingliches Recht"; Immerwahr, IheringsJb 40 (1899), S. 279, 287: "gemischtes Rechtsinstitut"; zweifelnd ferner U Weber, 1962, S. 89. 69 Der Begriff "dingliches Recht" wird hier als Synonym des Begriffs "Herrschaftsrecht an einer Sache" gebraucht; als Synonym für den Begriff "sachbezogenes" bzw. "sachgebundenes Recht" triffi: er auch auf das sachenrechtiiche Vorkaufsrecht zu. 70 Zur genaueren Qualifikation s. unten 1I.4.d) bb). 71 S. insoweit auch die eingehende Untersuchung von Rosien, 1994, S. 118 ff. zur "zuordnenden" Wirkung der einzelnen Vormerkungsregeln.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Abgesehen von der sozialtypischen Offenkundigkeit erfitllt die RechtssteIlung des Vorgemerkten daher die anerkannten Voraussetzungen eines sonstigen Rechts i.S. von § 823 Abs. 1 nicht72 .

2. Die Parallele zum Recht zum Besitz

Auch die von Canaris gegebene Rechtfertigung der Anwendung von § 823 Abs. I aufgrund eines Erst-recht-Schlusses aus der Anerkennung des "Rechts zum Besitz" als sonstiges Recht ist problematisch. Canaris 73 stützt seinen Erst-recht-Schluß auf den Hinweis, daß die Rechtsstellung des Vorgemerkten wegen deren Konkursbeständigkeit noch stärker

72 Auch die Berücksichtigung der Denkform des Typus fUhrt zu keinem anderen Ergebnis. Von einem Typus, einem typischen Gebilde (z.B. einem "typischen niedersächsischen Bauernhaus") spricht man bei einer mehr oder minder große Zahl von Eigenschaften, charakteristischen Zügen, die ein derartiges Gebilde in ihrer Gesamtheit charakterisieren, ohne daß diese Eigenschaften in jedem einzelnen Fall notwendig sämtlich vorliegen müssen. Bspw. werden die einzelnen Schuldverträge als (Vertrags-) Typen verstanden; das Verständnis als Typus erleichtert die Erfassung von Zwischenformen (wie z.B. den Leasingvertrag). Als exemplarischer Typus ist auch die in den §§ 705 ff. geregelte Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu nennen, die in der Rechtswirklichkeit in mannigfaltigen Formen vorkommt. Die GbR bildet zugleich den einen Pol einer "Typenreihe", die über die oHG und die KG zu den Kapitalgesellschaften am anderen Pol fUhrt. Das durch die Bildung von solchen Typenreihen entstehende System ist - im Gegensatz zu einem abstrakt-begrifflichen System - "beweglich"; d.h. (auch) die Übergänge von einem Typus zum anderen sind fließend. Näher zur Denkform des Typus, zur Typenreihe und zum "beweglichen" System Larenz, Methodenlehre, 6/1991, S. 461 ff., 469 ff. § 823 Abs. I kann demgegenüber nur sehr bedingt mit der Denkform des Typus erfaßt werden: Zwar ist beim Umfang der Zuweisung eine graduelle Abstufung möglich; ebenso kann ein Recht (bzw. eine Rechtsinhaberschaft) in unterschiedlich intensiv wirkenden Formen publik sein; die Ausschließungswirkung gegenüber jedermann läßt sich demgegenüber jedoch nicht typologisch relativieren: Der Schutz eines Rechtsguts kann nur entweder absolut (gegenüber jedermann) oder relativ (gegenüber einer oder mehreren Personen) gelten. In diesem Sinne wohl auch Larenz, a.a.O., S. 472 f.(zur Unterscheidung zwischen relativen und absoluten Rechten). S. ferner Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 376 f., der aus dem Numerus-clausus-Prinzip des Sachenrechts die Unzulässigkeit typologischen Denkens im Grenzbereich zwischen den einzelnen dinglichen Rechten und zwischen den dinglichen und den relativen Rechten folgert; gleichwohl keine Bedenken hat, festumrissene Tatbestände der "Verdinglichung" obligatorischer Rechte zuzulassen.

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verdinglicht sei als die des berechtigten Besitzers, und ergänzend auf die vielfach gezogene Parallele zwischen Buchbesitz und Sachbesitz. Indes ist aber schon die stillschweigende Prämisse von Canaris zweifelhaft, daß die Rechtsstellung des Vorgemerkten und die des Besitzers mit einem Recht zum Besitz vergleichbare Verdinglichungstatbestände darstellen, von denen die Position des Vorgemerkten wegen deren Konkursfestigkeit die stärker verdinglichte sei74 . Wenn dem so wäre, müßte die Rechtsstellung des berechtigten Besitzers die Voraussetzungen fiIr die Annahme eines sonstigen Rechts in geringerem Maße erfüllen als die Position des Vorgemerkten, was angesichts der unter 1. gewonnenen Erkenntnisse eher dafilr spräche, auch dem (berechtigten) Besitzer den Schutz gemäß § 823 Abs. 1 zu versagen.

a) Die Rechtsstellung des Besitzers als "sonstiges Recht" i.S. von § 823 Abs. 1 Hält man die oben unter 1. genannten Kriterien fiIr die Annahme eines sonstigen Rechts i.S. von § 823 Abs. 1 mit Canaris und Mertens fiIr zutreffend, so ist zunächst festzustellen, daß der bloße (unberechtigte) Besitz grundsätzlich nicht durch § 823 Abs. 1 geschützt sein kann 75 . Durch die Innehabung der tatsächlichen Gewalt wird zwar die geforderte sozialtypische Offenkundigkeit hergestellt und über die §§ 861, 862 auch eine gewisse Ausschließungswirkung erzeugt76, es fehlt jedoch bei der bloßen Tatsache des Besitzes, d.h. des unbe73 Canaris, FS Flume I, 1978, S.371, 384 f.; ihm folgend MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 129. 74 Die Argumentation von Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 384 f. scheint hier durchaus typologisch geprägt, obwohl er diese Denkweise im Grenzbereich zwischen absoluten und relativen Rechten mit Recht ablehnt (a.a.O., S. 376 f. und soeben Fn. 72). 75 So die wohl h.M., z.B. StaudingerlSchäfer, 12/1984, § 823 Rn 100 f.; MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 125; SoergellZeuner, 1111985, § 823 Rn 53; Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 9 VI; Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 364. Abweichend jedoch Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2390 und SachenR, 3/1993, Rn 180 ff., der allerdings beim Umfang des zu ersetzenden Schadens die jeweilige Besitzberechtigung mitberucksichtigt. Das entspricht im Ergebnis dem von der Rechtsprechung eingeschlagenen Weg. Diese hat die Frage nach dem (generellen) Deliktsschutz des unberechtigten Besitzers bislang immer offengelassen und auf den konkret geltend gemachten Schaden abgestellt, s. z.B. BGHZ 79, 232, 236 ff. 76 Hauptzweck der §§ 861, 862 ist allerdings die Sicherung des Rechtsfriedens (sog. "Friedenstheorie"): Wer ein Besitzrecht an der Sache behauptet, soll nur mittels gerichtlicher Entscheidung und nicht im Wege der "Selbsthilfe" auf die Sache zugreifen können. Davon abweichend sieht Heck, SachenR, 1930, § 3 5.-8. die Kontinuität der Lebensverhältnisse, den "Organisationswert" des Besitzes als Schutzzweck der §§ 861, 862 (sog. "Kontinuitätstheorie"). Verbindend StaudingerlBund, 13/1995, Vorbem zu

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rechtigten Besitzes, grundsätzlich an der Zuweisung einer auf die Sache bezogenen Nutzungs- (oder Verfilgungs-) Befugnis. Hat der Besitzer jedoch nicht nur die tatsächliche Gewalt über die Sache, sondern auch aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung (z.B. Miete, Pacht) oder kraft gesetzlicher Regelung eine Befugnis zur Sachnutzung im obigen weiten Sinn, so kann in dieser Kombination ein Zuweisungsgehalt nicht mehr verneint werden, so daß die Voraussetzungen filr die Annahme eines sonstigen Rechts i.S. von § 823 Abs. 1 erfiillt sind. So steht etwa dem besitzenden Mieter oder Pächter eine vom Eigentümer abgeleitete Sachnutzungsbefugnis zu; ihm ist die tatsächliche Sachbenutzung zugewiesen, weshalb er gegen die Beeinträchtigung oder Entziehung der Sachbenutzung auch über § 823 Abs. 1 geschützt ist. Ersatzfahig ist hier, aber auch nur hier77, der sog. "Nutzungsschaden", d.h. der Schaden, der dem Besitzenden mit dem o.a. Recht zum Besitz durch den Entgang oder die Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit entstanden ist. Auch dem "unberechtigten" Besitzer können im Einzelfall bestimmte Sachnutzungsbefugnisse zugeordnet sein. So ist dem unrechtmäßigen Besitzer im Rahmen der §§ 994 ff. die Befugnis zugewiesen, die Sache gemäß §§ 1000 ff. als Sicherheit bis zum Ausgleich der gemachten Verwendungen zurückzubehalten78. Soweit durch die Eingriffe Dritter die Sache beschädigt oder zerstört wird, ist der Besitzer im Umfang des durch den Eingriff vernichteten Verwendungserfolges, des "Verwendungsschadens", nach § 823 Abs. 1 zum Schadensersatz berechtigt79. Dieser Schadensersatzanspruch beruht allerdings weniger auf seiner Stellung als unrechtmäßiger Besitzer, sondern vielmehr auf einem Fortwirken seiner früheren Eigentümerposition an den eingebauten Sachen, die gesetzlich gerade

§§ 854 ff. Rn 19, wonach der Kontinuitätsgedanke den Friedensgedanken ergänzt; ebenso Müller, SachenR, 3/1993, Rn 88. - Näher zum Ganzen auch MKlJoost, 2/1986, Vor § 854 Rn 15 f; SoergellMühl, 12/1989, Vor § 854 Rn 13 je m.w.N. 77 So die wohl h.M.; s. BGHZ 65, 56, 58; 73, 355, 362; 79, 232, 235 ff.; Wieser, JuS 1970,557 f.; v.Caemmerer, FS Rabel I, 1954, S. 349 Fn. 59; z.T. weitergehend Medicus, AcP 165 (1965), 115, 120 f.; auch Müller, SachenR, 3/1993, Rn 181. A.A. z.B. Heck, SachenR, 1930, § 3 4.,7.; Dulckeit, 1951, S. 17 f. mit Fn. 9; w.N. zur Gegenauffassung bei Wieser, NJW 1971, 597 f. 78 S. auch BGHZ 65, 56, 58 ("Abfilllanlage") zur Rechtsstellung des Fahrnismieters, wenn dieser nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273) geltend macht. 79 S. hierzu Medicus, AcP 165 (1965), S. 115, 123 ff.; Wieser, JuS 1970, 557, 558; MKlMertens, 2/1986, § 823 Rn 124 f.; StaudingerlSchäfer, 12/1984, § 823 Rn 100 f.; Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 366.

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durch die in den §§ 994 ff. zugebilligten VerwendungsersatzansprUche anerkannt ist80 • Zweifelhaft ist die Situation beim sog. "Haftungsschaden", das ist der Schaden, den der zur Rückgabe verpflichtete Besitzer dadurch erleidet, daß ein Dritter die Sache beschädigt, zerstört oder wegnimmt81 . Die dem Besitzer obliegende Pflicht zur Rückgabe der Sache in einem bestimmten Zustand läßt sich schwerlich im Verhältnis zu Außenstehenden als ein "Recht zur Rückgabe", als durch den Eingriff verletzte "Rückgabebefugnis" deuten. Die Fälle des Haftungsschadens können andererseits auch ohne eigenen Anspruch des Besitzers mit Hilfe der Drittschadensliquidation befriedigend gelöst werden 82 •

b) Vergleich der Rechtsstellung des obligatorisch berechtigten Besitzers mit der des vorgemerkten Grundstückskäufers Die unter a) gewonnenen Erkenntnisse zeigen, daß sich die Verdinglichungswirkungen bei einem vormerkungsgesicherten Anspruch und bei einem Recht zum Besitz qualitativ unterscheiden. Das Recht zum Besitz kann als relativ-unmittelbares Sachherrschaftsrecht charakterisiert werden.

80 Man kann es wohl so ansehen, daß im Verhältnis zu außenstehenden Schädigern die vor der Verbindung bestehenden Eigentumsverhältnisse als fortbestehend fingiert werden. Der Zweck des über die §§ 946 ff. bewirkten Eigentumswechsels - die Verhinderung einer wirtschaftlich unvernünftigen Zerschlagung neu geschaffener Sacheinheiten, s. MKlQuack, 2/1986, § 946 Rn 1; WestermannlGursky, SachenR I, 6/1990, § 52 I 1. - steht dieser Sicht nicht entgegen. 8\ S. zu diesem Schaden bereits Medicus, AcP 165 (1965), S. 115, 122 f.; Wieser, JuS 1970,557,558; MKiMertens, § 823 Rn 124 f.; Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 366. - Gegen einen auf den Haftungsschaden gerichteten Anspruch aus § 823 Abs. 1 des "völlig unberechtigten" Besitzers etwa WestermannlGursky, SachenR I, 6/1990, § 8 4. 82 Wie hier StaudingerlSchäfer, 12/1984, § 823 Rn 102. Abweichend jedoch BGH, NJW 1984, 2569, 2570 zum Besitzrecht des Werkunternehmers vor Abnahme (§ 640), das durch § 823 Abs. 1 in Höhe des Haftungsinteresses (§ 644) gegen Schädigungen durch Dritte geschützt sei. Vom hier vertretenen Standpunkt ergibt sich das praktisch gleiche Ergebnis, wenn man annimmt, daß die Besitzüberlassung an den Werkunternehmer gerade wegen dessen vertraglicher Schadensersatzverpflichtung konkludent eine Ausübungsermächtigung (oder Abtretung) fiir die dem Eigentümer zustehenden dekkungsgleichen Ansprüche aus § 823 Abs. 1 beinhaltet. Vgl. zu ähnlichen Lösungen beim Anwartschaftsrecht des Eigentumsvorbehaltskäufers, insbesondere bzgl. der §§ 985 ff., Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2438a m.N. und ferner den Rechtsgedanken des § 255.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Die Sachherrschaft z.B. des Mieters ist relativ, sie ist vom Eigentümer abgeleitet. Dieser bleibt im Außenverhältnis an sich Inhaber der Sachherrschaft, der Nutzungs- und Verfiigungsbefugnis. Im Innenverhältnis zwischen VermieterlEigentümer und Mieter wird aber letzterem kraft des Schuldverhältnisses eine Nutzungsbefugnis in vertraglich festgelegtem Umfang zugewiesen; die übrigen Befugnisse, insbesondere die Verfiigungsbefugnis, behält der Eigentümer. Der Sache nach wird so der besitzende obligatorisch Berechtigte zu einem Sachwalter, zu einem Repräsentanten des hinter ihm stehenden Eigentümers 83 . Durch die possessorischen Besitzschutzansprüche (§§ 861, 862) wird die relativ zugewiesene Sachherrschaft partiell verabsolutiert, weil diese Ansprüche sich gegen jedermann richten. Diese Lösung ist auch interessengerecht, denn gäbe es die Besitzschutzansprüche nicht und wollte man der Obligation grds. wie bislang keine Drittwirkung beimessen, wäre der Mieter bzw. ein sonst obligatorisch zum Besitz Berechtigter vor Beeinträchtigungen seiner Nutzungsbefugnis durch Dritte nur so zu schützen, daß der Eigentümer seine Schutzansprüche (insbes. §§ 985, 1004) selbst zugunsten des Besitzberechtigten auf dessen Anforderung hin ausübt oder ihm statt dessen diese Rechte ab dem Zeitpunkt der Besitzeinräumung zur Ausübung überläßt. Beide Wege werden jeweils den Bedürfuissen der Parteien der Obligation nicht voll gerecht: Der Besitzberechtigte hätte keinen effektiven Störungsschutz, wenn er sich jedesmal an den u.u. räumlich weit entfernten und daher schwer erreichbaren Eigentümer wenden müßte, um eine Störung abzuwenden, was fiir diesen zudem höchst lästig wäre. Die Ausübungsüberlassung 83 Zur Einstufung des obligatorisch zum Besitz Berechtigten als Sachwalter des Eigentümers s. näher Picker, Drittwiderspruchsklage, 1981, S. 469 ff.; ihm folgend Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 29. In seiner Habilitationsschrift gelingt es Picker anhand einer umfassenden Darstellung der rechtsdogmatischen Entwicklung unter Berücksichtigung der historisch-sozialen Einflüsse aufzuzeigen, daß die Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO entgegen der vom aktionenrechtlichen Denken geprägten h.A. (s. etwa ZölleriHerget, ZPO, 19/1995, § 771 Rn 4; SteinJJonaslMünzberg, ZPO, 21/1994, § 771 Rn 4 m.w.N.) kein rein prozessuales Institut ist, sondern daß sie in der actio negatoria (§ 1004) ihre materiellrechtliche Grundlage hat (Picker, a.a.O., S. 10 ff., 38 ff., 474 ff.; ebenso z.B. MK/K.Schmidt, ZPO, 1992, § 771 Rn 1,3 m.w.N.). Die Widerspruchsbefugnis des obligatorisch Besitzberechtigten rechtfertigt Picker damit, daß dieser als Sachwalter des hinter ihm stehenden Eigentümers berechtigt sei, dessen Schutzanspruch als dessen Prozeßstandschafter gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger geltend zu machen. - Bedenken hiergegen bei SteinJJonaslMünzberg, ZPO, 21/1994, § 771 Rn 4 mit Fn. 24. - Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung muß man wohl annehmen, daß bei Abschluß des obligatorischen Vertrages bzw. bei der Besitzüberlassung zwischen dem Eigentümer und dem Besitzberechtigten eine stillschweigende Vereinbarung bzgl. der Ausübungsüberlassung des Schutzanspruchs aus § 1004 und der zugehörigen Prozeßstandschaft getroffen wird.

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ist andererseits fiir den Eigentümer unbefriedigend, weil er sich seiner Rechte begibt, ohne eine sichere Gewähr dafiir zu haben, daß diese Rechte in jedem Fall in seinem Sinn ausgeübt werden. Entgegen Diederichsen84 ist die Sachherrschaft des obligatorisch zum Besitz Berechtigten jedoch nicht mehr nur mittelbar, sondern doch eher unmittelbarer Natur: Die Unmittelbarkeit der Sachherrschaft wird durch die Besitzüberlassung hergestellt. Mit der Besitzüberlassung wird die Obligation (z.B. Miete, Pacht; die Leihe ist wegen des jederzeitigen Rückgaberechts, § 604 Abs. 3, ein Sonderfall) in Vollzug gesetzt; das Forderungsrecht, die "Einziehungsbefugnis" auf Einräumung des Besitzes, wandelt sich in das Recht zum Besitz, d.h. zum Behalten-Dürfen, zum Nutzen-Dürfen um85 • Innerhalb des Schuldverhältnisses hat der obligatorisch berechtigte Besitzer als Nutzungsbefugter die unmittelbare Sachherrschaft; dem Eigentümer bzw. dinglich Berechtigten verbleibt neben der Verfiigungsbefugnis eine mittelbare Sachherrschaft, die sich etwa in der Zuweisung der Mieterträge als Grundstücksfrüchte LS. von § 99 Abs. 3 widerspiegelt. Dem vorgemerkten Grundstückskäufer stehen demgegenüber, wie oben unter 1. aufgezeigt, keinerlei Nutzungs- und/oder Verfiigungsbefugnisse an dem Grundstück zu. Dennoch kann man auch hier von einer eigenen Art "Sachherrschaft" des Vorgemerkten über das Grundstück sprechen, nämlich in seiner Rolle als Käufer und zumindest im Verhältnis gegenüber dem Verkäufer. Diese "Sachherrschaft" ist allerdings ihrer Struktur nach relativ, mittelbar und negativ. Sie ist - wie die des obligatorisch Besitzberechtigten - relativ, weil sie vom Schuldner-Eigentümer abgeleitet ist. Sie ist eine Sachherrschaft inter partes; inter partes ist der Leistungsgegenstand nach Vertragsschluß bereits dem Gläubiger (Käufer) in gewisser Weise ("wertmäßig") zugeordnet86 . Diederichsen, 1965, S. 65. Hierzu näher Staudinger/J.Schmidt, 13/1994, Einl zu § 241 ff. Rn 130 ff., 133 m.w.N. - A.A. jedoch (ohne Begründung) Gernhuber, SchV, 1989, § 5 I 1 Fn.2; vgl. aber auch Gernhuber, a.a.O. § 2 I 4c, wo die "Erwerbsgrunde" als Schuldverhältnis anerkannt werden. 86 In diesem Sinne Picker, JZ 1987, 1041, 1044 m.w.N.; Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 23 ff. S. zum Ganzen bereits oben im 1. Teil, 4. Kapitel, II.3.a) Fn. 24. Diese "wertmäßige" Zuordnung ergibt sich aufgrund einer Wertung aus den schuldrechtlichen Regeln; sie folgt nicht etwa aus einer relativen Übertragung des Eigentums an der Sache selbst im Schuldvertrag, wie sie Dulckeit, 1951, S. 43, im Rahmen seiner Lehre vom "relativen Eigen" annimmt. Dulckeit hält deshalb einen eigenständigen dinglichen Vertrag für überflüssig (a.a.O., S. 31 f.); der Erwerb der vollen (absoluten) Rechtsstellung erfolgt durch die Besitzverschaffung bzw. die Bucheintragung (a.a.O., S.43). In extremer Konsequenz seiner Ansicht nimmt Dulckeit (a.a.O., S.43; auch schon S. 9) an, daß der Veräußerer bis zur Übergabe lediglich kraft Rechtsscheins (!) als 84

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12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Die Sachherrschaft ist im Gegensatz zu der des obligatorisch Besitzberechtigten jedoch lediglich eine - durch § 823 Abs. 1 nicht geschützte - mittelbare Sachherrschaft. Die Sachbeziehung wird ja nur über die Person des Schuldners hergestellt, der seinerseits die unmittelbare - und damit deliktisch nach § 823 Abs. 1 geschützte - Sachherrschaft behält. Der Käufer erlangt erst dann eine dem Mieter oder Pächter vergleichbare Rechtsposition, wenn der Verkäufer ihm den Besitz an der Kaufsache übertragen hat und die Gefahr gemäß §§ 446,447 auf ihn übergegangen ist. In diesem Fall steht auch ihm, selbst wenn er noch nicht Eigentümer geworden ist, eine Nutzungsbefugnis an der Kaufsache zu, die gegenüber dem Verkäufer durch das obligatorische Recht zum BehaltenDürfen, zum Nutzen-Dürfen abgesichert wird. Diese relativ-mittelbare Sachherrschaft des Käufers vor Gefahrübergang ist schließlich eine negative, denn ihm stehen im Verhältnis zum Verkäufer bis dahin zwar wegen § 446 noch keine Nutzungsbefugnisse am Leistungsgegenstand (Grundstück) und keine VerfUgungsbefugnis bzgl. des Eigentums am Leistungsgegenstand ZU87, er ist aber immerhin bis zum Gefahrübergang vor nachteiligen Einwirkungen des Verkäufers auf diesen geschützt. Der diesbezügliche Schutzanspruch (analog § 1004 Abs. 1)88 wird durch die Schadensersatzansprüche des Leistungsstörungsrechts "quasideliktisch" ergänzt. Die Absicherung durch die Vormerkung verändert diese relative, mittelbare und negative Sachherrschaft nicht in ihrer Struktur; sie macht den Gläubiger de~ Sachverschaffungsanspruchs ,,nur" immun gegen den Verlust der ErfUllungsfä-

Eigentümer gelte, der Eigentümer im Innenverhältnis (der Inhaber des "relativen Eigens") sei der wahre Eigentümer. Dulclreits Lehre ist offenkundig mit dem geltenden Recht, insbesondere mit dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip unvereinbar. Eine ausftlhrliche Kritik der Lehre Dulclreits findet sich bei Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 378 f. und bei Diederichsen, 1965, S. 74 ff., 77 ff. - Gernhuber, SchV, 1989, § 3 I4b, lehnt im Rahmen seiner Kritik an Dulclreit offenbar auch eine (nur) "wertmäßige" Zuordnung des Leistungsgegenstandes zum Gläubigervermögen ab - ohne sich jedoch mit Picker auseinanderzusetzen. Vom Standpunkt Gernhubers entfallt freilich dann jede Rechtfertigung ftlr einen vorläufigen Rechtsschutz gegen leistungsvereitelnde Maßnahmen (insbes. Verftlgungen) des Schuldners; eine Konsequenz, die Gernhuber keineswegs - und wegen §§ 135, 136 auch zu Recht nichtzieht (a.a.O., § 3 V 2). Im Hinblick auf die anerkannte Akzessorietät der Vormerkung bleibt es ferner im Dunkeln, weshalb Gernhuber es überhaupt in Erwägung zieht, dem Vorgemerkten gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber Unterlassungs- und Schadensersatzansprilche zuzugestehen (a.a.O., § 3 III 4b mit Fn. 53). 87 Die Verftlgungsbefugnis beschränkt sich auf die ihm insgesamt zugewachsene Po. sition, das Anwartschaftsrecht. 88 Zu diesem Schutzanspruch schon oben im l. Teil, 3. Kapitel, unter 11. 19 Richter

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

higkeit des Schuldners durch Verlust der Rechtszuständigkeit infolge anspruchsbeeinträchtigender Verfilgungen.

3. Die Bedeutung der Konkursfestigkeit der Position des Vorgemerkten Wie bereits erwähnt haben Canaris89 und, ihm folgend, Wacke 90 den Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 auch mit der Konkursfestigkeit der Vormerkung bzw. des vorgemerkten Anspruchs gerechtfertigt91. Die Konkursfestigkeit der Rechtsstellung des vorgemerkten Grundstlickskäufers kann jedoch die Anwendung von § 823 Abs. 1 auf schädigende tatsächliche Einwirkungen eines vormerkungswidrigen Erwerbers nicht begründen. Der undifferenzierte Gebrauch des Begriffs der "Konkursfestigkeit" verdunkelt nur den unterschiedlichen Regelungsgehalt der Sonderrechte im Konkurs. So wird mit dem Aussonderungsrecht gemäß §§ 43 ff. KO (§§ 47 f. InsO) die fälschliche Zurechnung eines subjektiven Rechts, eines Vermögensgegenstandes zur Konkursmasse korrigiert92 . Die "Versilberung" des fremden Rechts durch den Konkursverwalter wäre ein Eingriff in die Sachherrschaft in Form der " Verfilgungsherrschaft" (Rechtszuständigkeit), die grundsätzlich allein dem Rechtsinhaber zugewiesen ist. Insofern, aber auch nur insofern hat das Aussonderungsrecht Indizwirkung fiir die "Absolutheit", die "Dinglichkeit" eines subjektiven Rechts, für dessen Qualifikation als sonstiges Recht i.S. von § 823 Abs. I. Die - unstreitige 93 - Aussonderungsbefugnis des Inhabers einer FordeCanaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 386 f. MKlWacke, 2/1986, § 888 Rn 17. 91 Diese Argumentation wurzelt wohl in der Auffassung von Pflüger, AcP 79 (1892), S. 406 ff., 414 ff., 424, wonach "dinglich" die Ansprüche seien, die vom Konkurs des Beklagten nicht berührt werden und aufgrund derer der Gegenstand (das Anspruchsobjekt) heil aus der Konkursmasse herausgezogen werden könne (a.a.O., S 414 f.). Der Konkurs werde so zum "Prüfstein der Dinglichkeit" (a.a.O., S. 424). - Zutreffend wenden Eichler, Inst. I, 1954, S. 13 und ihm folgend Trapp, 1974, S. 44 f. hiergegen ein, Aus- und Absonderungsrecht "erläutern weniger das Wesen der dinglichen Rechte, als daß sie Folgeerscheinungen derselben sind". Daraus läßt sich im Vmkehrschluß zumindest ein indizieller Charakter für die unmittelbare, absolute Zuweisung von Befugnissen, für das Vorhandensein eines Herrschaftsrechts annehmen. Ablehnend (gegen Pflüger) auch Diederichsen, 1965, S. 38 Fn. 112; Rosien, 1994, S. 138 m.w.N. 92 S. näher Kilger/K.Schmidt, KO, 16/1993, § 43 Anm. I; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11/1994, § 43 Rn I, Ib,je m.w.N. 93 RGZ 98, 143, 145; Kilger/K.Schmidt, KO, 16/1993, § 43 Anm. I, 6; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11/1994, § 43 Rn 2. 89

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12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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rung, wenn der Gemeinschuldner sich der Inhaberschaft berühmt und der Konkursverwalter sie deshalb zur Masse zählt und sie in deren Namen geltend macht, filhrt mitnichten dazu, daß die Forderung deshalb als volles absolutes Recht einzustufen wäre 94, sondern lediglich zu einem weiteren Indiz dafilr, daß die Verfiigungsbefugnis über die Forderung, die "Forderungszuständigkeit", aber auch nur diese, das Kriterium der "absoluten Zuordnung" filr die Anerkennung als sonstiges Recht erfilllt95 • Und demgemäß bestätigt der Umstand, daß der Vorgemerkte bzgl. des Grundeigentums nicht als Aussonderungsberechtigter anerkannt ist - weder nach dem Gesetz noch nach Rechtsprechung oder Schrifttum - nur die oben gewonnene Erkenntnis, daß der Vorgemerkte noch keine Sachherrschaft, Verfiigungsherrschaft, über das Grundstück hat und deshalb nicht vom Schutz des § 823 Abs. I erfaßt ist. Hinsichtlich des Absonderungsrechts gemäß §§ 47 ff. KO (§§ 49 ff. InsO) gilt Vergleichbares. Das Absonderungsrecht richtet sich auf vorzugsweise Befriedigung eines Anspruchs aus einem zur Masse gehörigen Gegenstand96 • Die Absonderungsbefugnis steht u.a. allen Pfandrechtsinhabern und bestimmten Zurückbehaltungsberechtigten zu; s. i.e. den Katalog in §§ 47-49 KO (§§ 49-51 InsO). Die zur Verwertung des betroffenen Massegegenstandes erforderlichen Verfiigungen kann neben dem Konkursverwalter auch der Absonderungsberechtigte treffen, §§ 4 Abs. 2, 126 ff. K0 97 • Im Absonderungsrecht setzt sich die kraft des Pfandrechts usw. bestehende Herrschaft über die Pfandsache bzw. das Eigentum an ihr im Konkursverfahren fort; das Pfandrecht ist auch insoweit konkursfest98 • Umgekehrt ist das Absonderungsrecht Indiz filr diesbezügliche

94 In diesem Sinne auch U Weber, 1962, S. 82 gegen Pflüger, AcP 79 (1892), S. 406 ff., 414 ff. 95 S. dazu schon oben l.c) aa) (1) Fn. 54. 96 S. Kilger/K.Schmidt, KO, 16/1993, § 47 Anm.l; KuhnlUhlenbruck, KO, 1111994, § 47 Rn 1 je m.w.N. 97 Soweit die Verwertung durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung erfolgen soll, handelt für sie - auf deren Antrag - das Vollstreckungsgericht, §§ 1, 15, 146 ZVG. - Im Insolvenzverfahren nach der InsO hat der Absonderungsberechtigte keine eigene Verwertungsbefugnis mehr, jedoch ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, die Interessen des Absonderungsberechtigten zu wahren (s. auch §§ 165 ff. InsO). 98 In (polemischer) Überspitzung könnte man sagen, daß die (Grund-) Pfandrechte nach Canaris die "dinglichsten" unter den dinglichen Rechten sind, weil sie doppelt konkursfest sind: hinsichtlich der Pfandgläubigerschaft besteht die Aussonderungsbefugnis gemäß § 43 KO bzw. § 47 InsO (z.B.: eine Fremdgrundschuld wird vom Konkursverwalter als Eigentümergrundschuld behandelt) und hinsichtlich der Verwertungs(Verfügungs-) Befugnis am Pfandobjekt besteht die Absonderungsbefugnis gemäß §§ 47, 48, 49 Abs. 1 Nr. 2 KO (§§ 49 ff. InsO).

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. VA.: Verschlechterungshaftung

Sachherrschaft und sonstiges Recht i.S. von § 823 Abs. 199 • Der Vorgemerkte hat aber gerade kein Absonderungsrecht bzgl. des betroffenen Grundstücks; die "Konkursfestigkeit" der Vormerkung ist an anderer Stelle geregelt. Diese Regelung bzgl. der Konkursfestigkeit der Vormerkung bzw. des vormerkungsgeschützten Anspruchs fmdet sich in der Konkursordnung im 2. Titel des 1. Buches, der in den §§ 17-28 die "Erfiillung der Rechtsgeschäfte" behandelt (§§ 103 ff. InsO). Gemäß § 24 KO (§ 106 InsO) ist, wie schon angesprochen, der Konkursverwalter verpflichtet, den vormerkungsgeschützten Gläubiger zu befriedigen. In § 21 KO (vgl. §§ 108, 110, 111 InsO) ist eine parallele Sonderregelung fiIr Mieter und Pächter im Konkurs des Vermieters bzw. Verpächters getroffen: Sofern dem MieterlPächter vor Konkurseröffnung die Mietbzw. Pachtsache überlassen wurde, ist der Konkursverwalter gemäß § 21 Abs. 1 KO (weiterhin) zur Erfiillung des Miet- oder Pachtvertrages verpflichtet (noch weiter gehend § 108 Abs. 1 InsO). Die "konkursfestere" Position des Vorgemerkten gegenüber dem besitzenden MieterlPächter ergibt sich nicht aus der Konkursordnung, sondern aus § 883 Abs. 2 S. 2 BGB. Das Miet- oder Pachtverhältnis geht im Fall der Zwangsversteigerung oder bei freihändigem Verkauf durch den Verwalter zwar auf den Erwerber (Ersteher) - im Wege der Vertragsübernahme - über, dieser kann den Miet- bzw. Pachtvertrag aber mittels des Sonderkündigungsrechts gemäß § 21 Abs.4 KO i.V.m. § 57a ZVG (bzw. gemäß § 111 InsO) beenden. Die gemäß § 883 Abs. 2 S. 2 BGB angeordnete relative Unwirksamkeit einer vormerkungswidrigen Verfilgung des Verwalters sichert hingegen dauerhaft den Erhalt und die Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs auch gegenüber dem Erwerber des vorgemerkten Rechts. Die Konkursfestigkeit der Vormerkung gewinnt ihre besondere Qualität also gerade auch dadurch, daß der ohnehin schon vorhandene Verfiigungs- bzw. Sukzessionsschutz noch im Konkurs des Schuldners fortbesteht.

99 Das vielfach - z.B. von Rahn, BWNotZ 1970, 25, 27; Knöpfle, JuS 1981, 157, 159 Fn. 31; Rosien, 1994, S. 138 - zum Beleg der These, daß nicht alle konkursfesten Rechte zugleich auch dingliche Rechte seien, gegen Pflüger, AcP 79 (1892), S.406, 414 ff. vorgebrachte Beispiel der Beschlagnahme des Grundstücks zugunsten eines die Zwangsversteigerung betreibenden persönlichen Gläubigers gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG stützt diese These jedoch nicht, weil durch den Beschlagnahmevermerk, auch wenn dieser an sich gemäß § 23 Abs. 1 ZVG nur die Wirkung eines Verfilgungsverbotes hat, eine Art Pfllndungspfandrecht und damit "Verfilgungsherrschaft" über das Eigentum am beschlagnahmten Grundstück begründet wird. Die Beschlagnahme erfolgt ja nicht um ihrer selbst willen, sondern zum Zwecke der Verwertung durch die Zwangsversteigerung gemäß §§ 35 ff. ZVG. Vgl. auch die Parallelregelungen bzgl. der Pflindung beweglicher Sachen (§ 804 i.V.m. §§ 814, 825 ZPO) und Forderungen (§ 829 i.V.m. § 835 ZPO).

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Sukzessionsschutz ist jedoch grundsätzlich kein konstitutives Element der Sachherrschaft und damit kein wesentliches Kriterium zur Bejahung eines sonstigen Rechts LS. von § 823 Abs. 1. Das wird offensichtlich am Beispiel des Eigentums, das als Leitbild fUr die Anerkennung sonstiger Rechte dient. Das Eigentum genießt deliktischen Schutz, ohne daß es auf eine Sukzessionsbeständigkeit überhaupt ankommt lOO • Die Frage nach dem Sukzessionsschutz stellt sich überhaupt erst im Zusammenhang mit einem Rechtsverhältnis, einer Rechtsbeziehung zwischen zwei (oder mehreren) Rechtsinhabern. Insofern ist es allerdings zutreffend, daß der Sukzessionsschutz Bedeutung hat fUr die Sachherrschaftsrechte, fUr die dinglichen Rechte. Denn es ist zwar theoretisch denkbar, ein beschränktes dingliches Recht (z.B. einen Nießbrauch) so zu konstruieren, daß es mit dem Tod des Eigentümers oder mit der Übertragung des Eigentums erlischt, d.h. die übertragenen Eigentümerbefugnisse diesem mit seiner Verfiigung bzw. mit dem Tod wieder "anwachsen"; praktisch ergäbe eine solche Konstruktion jedoch wenig Sinn, weil die an sich bestehende Sachherrschaft - der Nießbraucher kann die Rechte aus §§ 985, 1004 LV.m. § 1065 auch bei dieser Konstruktion gegenüber dem Eigentümer geltend machen - mit einer Verfilgung über das Eigentum wegen des fehlenden Sukzessionsschutzes jederzeit beendet werden könnte und daher insgesamt nur von geringem Wert ist. Der Sukzessionsschutz ist bei den beschränkten dinglichen Rechten erforderlich, um die allein wirtschaftlich zweckmäßige und interessengerechte Dauerhaftigkeit der "beschränkten" gegenüber der dem Eigentümer verbliebenen Sachherrschaft sicherzustellen. In dieser Hinsicht - im Sinne eines Hilfskriteriums - kommt dem Sukzessionsschutz in der Tat wesentliche Bedeutung fUr die durch Übertragung von Einzelbefugnissen aus dem Befugnisbündel Eigentum entstehenden Sachherrschaftsrechte zu. Sukzessionsschutz ist andererseits aber bei jeder Rechtsstellung, bei jedem Rechtsverhältnis möglich, unabhängig davon, ob es Sachherrschaftsrechte betrifft oder nicht. Als Beispiele seien hier nur erwähnt die Fälle der Schuld- bzw. Haftungsübernahme gemäß §§ 414 ff., 419 BGB; die umfassenden Sukzessionstatbestände des Erb- und Handelsrechts gemäß §§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB; §§ 25, 130 HGB und schließlich - hier von besonderem Interesse - die Fälle der Vertragsübernahme, die z.B. gesetzlich vorgesehen ist bei Miet- und Pachtverhältnissen gemäß §§ 569a, 571, 577, 581 Abs.2 BGB, bei ArbeitsverIOD Schon deshalb ist es verfehlt, wenn Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 373 f. den Verfilgungs- und Sukzessionsschutz als Wirkung und damit als Kriterium der Absolutheit einer Zuordnung anführt.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

hältnissen gemäß § 613a BGB, bei Versicherungsverträgen gemäß §§ 69, 151 Abs. 2 VVG. In den Fällen der gesetzlichen Vertragsübemahme mag man von einer "Verdinglichung" des jeweiligen Schuldverhältnisses sprechen, man muß sich jedoch darüber im klaren sein, daß damit etwas anderes gemeint ist als "Dinglichkeit" im Sinne einer bestehenden, beliebige Dritte ausschließende (Sach-) Herrschaft lOl • Der Begriff "Verdinglichung" meint in diesen Fällen des Sukzessionsschutzes nur, daß die strikte Bindung des Schuldverhältnisses an die verpflichtete Person auf einer Seite gelockert ist und mit der Inhaberschaft bestimmter Rechte verknüpft ist, z.B. der Rechte des "Betriebsinhabers" bei § 613a BGB, des Eigentums am (überlassenen) Miet- bzw. Pachtobjekt bei §§ 571, 581 Abs. 2 BGB, des Eigentums bzw. Besitzrechts lO2 am versicherten Gegenstand bei §§ 69 ff. VVG I03 • Der VertUgungs- und Sukzessionsschutz dient allgemein dazu, Rechtsverhältnisse dauerhaft auszugestalten, ohne über den Inhalt dieser Rechtsverhältnisse eine Aussage zu treffen. Als Ergebnis ist somit festzustellen, daß die durch § 24 KO (§ 106 InsO), § 883 Abs. 2 S. 2 BGB vermittelte Konkursfestigkeit der Rechtsstellung des Vorgemerkten nicht die filr die Anerkennung als sonstiges Recht LS. von § 823 Abs. 1 erforderliche unmittelbare, absolute Sachherrschaft über das Grundstück erzeugen kann. Entgegen verbreiteter Auffassung kann § 823 Abs. 1 daher nicht zum Schutz des vorgemerkten Grundstilckskäufers vor ungünstigen tatsächlichen Einwirkungen eines vormerkungswidrigen Erwerbers herangezogen werden.

101 Wie hier Weitnauer, FS Larenz, 1983, S.705, 721; auch Dimopoulos-Vosikis, AcP 167 (1967), S. 515, 526 f. Für das schweizerische Recht schon früher sehr klar Liver, ZBGR 1962, 257 ff. (=PRA, 1972, S. 207,212 f.) Näher zum Ganzen noch unten II.4.d) bb). 102 Die §§ 69 ff. VVG werden beim Mieter-lPächterwechsel analog angewandt, soweit Versicherungsverträge betroffen sind, die der Mieter bzw. Pächter im eigenen Interesse abgeschlossen hat. S. dazu Prölss/Kollhosser, VVG, 25/1992, § 69 Anm. E.a. 103 Hier drängt sich die Parallele zu den "subjektiv-dinglichen" beschränkten dinglichen Rechten geradezu auf. Diese Rechte - dazu zählen Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff.), Reallast (§§ 1105 ff.) und sachenrechtliches Vorkaufsrecht (§§ 1094 ff) - müssen (Grunddienstbarkeit) bzw. können zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt werden und werden deshalb auch als "Realrechte" bezeichnet, s. StaudingerlSeiler, 13/1995, Einl zu §§ 854 ff. Rn 22. Die zur Ausgestaltung dieser Rechte bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisse, die regelmäßig - anders wohl beim "dinglichen" Vorkaufsrecht - ein Dauerschuldverhältnis darstellen, sind weitere Beispiele zu den im Text genannten "verdinglichten" Obligationen. S. auch hierzu Weitnauer, FS Larenz, 1983, S. 705, 712 ff. und unten II.4.d) bb).

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

295

4. Exkurs: Deliktsschutz gemäß § 823 Abs. 2 i. v.m. §§ 883 Abs. 2, 888 Abs. I

In Ergänzung der bisher erörterten Lösungsvorschläge bleibt zu erwägen, ob dem Vorgemerkten nicht Schutz vor tatsächlichen Einwirkungen mit Hilfe von § 823 Abs. 2 gewährt werden könnte 104 • Den §§ 883 ff., namentlich den §§ 883 Abs.2, 888 Abs. 1, müßte dazu Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 zukommen. Mögen auch die Voraussetzungen filr die Annahme eines Schutzgesetzes in Detailfragen umstritten seinlOS, so ist man sich doch im Kernbereich einig: Die Schutznorm muß als solche eine bestimmte Verhaltensanweisung, ein Ge- oder Verbot, statuieren und diese Verhaltensanweisung muß den Schutz von Rechtsgütern oder rechtlich anerkannten Interessen bestimmter, aus der Allgemeinheit herausgehobener Personen bzw. Personenkreise zumindest mit bezwecken 106 . Unproblematisch ist in diesem Zusammenhang, daß die §§ 883 Abs. 2, 888 Abs. 1 dem individuellen Schutz des Vormerkungsberechtigten zu dienen bestimmt sind. Jedoch enthält § 883 Abs. 2 dem Wortlaut nach kein Verhaltensge- oder -verbot an den vormerkungswidrigen Erwerber, sondern flillt über die vormerkungswidrige Verfügung ein prinzipielles Unwirksamkeitsurteil. § 888 Abs. 1 enthält zwar ein Verhaltensgebot zum Schutz des Vorgemerkten, statuiert aber nicht das hier erforderliche Verhaltensgebot, tatsächliche Einwirkungen auf das Grundstück insoweit zu unterlassen als sie die Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs beeinträchtigen oder vereiteln könnten. 104 Die Entscheidung BGHZ 114, 161 ff. (=NJW 1991, 2019, =WM 1991, 1560, =JZ 1991, 1086 m.Anm. Selb, a.a.O. und Bespr. Chr.Paulus, JZ 1993, 555 ff.) ist hier nicht einschlägig. Der BGH bejaht in diesem Urteil den Schutz des vormerkungsgesicherten Auflassungsempflingers vor nachteiligen Vertiefungen des Nachbargrundstücks gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 909 unter Berufung auf das ihm nach h.A. zustehende Anwartschaftsrecht. Im Gegensatz zu der hier zu diskutierenden Situation hatte der BGH den Umstand zu berücksichtigen, daß die Parteien die Auflassung bereits vorgenommen hatten. Außerdem ging es in BGHZ 114, 161 ff. nicht um das Verhältnis zwischen dem vormerkungsgeschützten Grundstückskäufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber, sondern um das zu einem sonstigen Schädiger, auf das Canaris § 869 analog und Wacke zusätzlich auch § 1134 analog anwenden wollen (möglicherweise beschränkt auf den Fall, daß das Grundstück sich in der Hand eines vormerkungswidrigen Erwerbers - und nicht in der des Verkäufers - befindet). Dieser Unterschied wird von Chr.Paulus, a.a.O., bei seiner allgemeinen Kritik am Deliktsschutz rur den Vorgemerkten nicht hinreichend berücksichtigt. 105 Vgl. MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 140 ff. m.w.N. 106 BGHZ 64, 232, 237 m.w.N. (zu § 1 GWB als Schutzgesetz); Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2458 ff.; SoergellZeuner, 1111985, § 823 Rn 248; StaudingerlSchäfer, 12/1984, § 823 Rn 578; RGRKlSteffen, 13/1994, § 823 Rn 539 m.w.N.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. VA.: Verschlechterungshaftung

Nach obigen Ausfilhrungen 107 läßt sich dieses Verhaltensgebot zwar aus dem Zweck der Vormerkung ableiten, es hat jedoch infolge der insgesamt lückenhaften Regelung der Vormerkung keinen positivrechtlichen Niederschlag gefunden. Wegen seines Blankettcharakters kann § 823 Abs. 2 richtigerweise nicht auf lediglich durch richterliche Rechtsfortbildung anerkannte Ge- und Verbotsnormen angewandt werden 108 • Der Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers vor tatsächlichen Einwirkungen eines vormerkungswidrigen Erwerbers kann daher nicht über § 823 Abs. 2 gewährleistet werden.

5. Ergebnis zu 1.

Der gebotene Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers vor nachteiligen tatsächlichen Einwirkungen eines vormerkungswidrigen Erwerbers läßt sich dogmatisch nicht über § 823 erreichen. Die Rechtsstellung des Vorgemerkten kann nicht als sonstiges Recht LS. von § 823 Abs. 1 qualifiziert werden. Das Grundstück ist dem vorgemerkten Käufer nicht unmittelbar und absolut zugeordnet, es besteht keine unmittelbare Sachherrschaft LS. einer "Nutzungs-" oder "Verfügungsherrschaft". Die Rechtsstellung des Vorgemerkten ist mit der eines "berechtigten" Besitzers, insbes. eines Mieters, nicht vergleichbar, dieser hat unmittelbare Sachherrschaft ("Nutzungsherrschaft") über das Grundstück, die dem Grunde nach zwar nur relativ gegenüber dem Eigentümer-Vertragspartner besteht, über die §§ 861, 862 aber partiell verabsolutiert ist. Auch die Konkursfestigkeit der Stellung des vorgemerkten Grundstückskäufers rechtfertigt nicht den Deliktsschutz über § 823 Abs. 1 BGB, denn weder der durch § 24 KO (§ 106 InsO) statuierte Erfüllungsschutz noch der in § 883 Abs. 2 S. 2 BGB geregelte Sukzessionsschutz begründet eine Herrschaftsposition am vorgemerkten Grundstück bzw. Grundeigentum. Die durch diese Vorschriften gewährte Rechtsstellung ist inhaltlich nicht mit den herrschaftsrechtsindizierenden Regelungen in §§ 43 ff., 47 ff. KO (§§ 47 ff. InsO) vergleichbar.

Im 10. Kapitel, III. Soergel/Zeuner, 11/1985, § 823 Rn 251; MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 151; Rosien, 1994, S. 200 f.; a.A jedoch Larenz/Canaris, SchuldR 1112, 13/1994, § 77 11 Ic. Differenzierend ErmaniSchiemann, 9/1993, § 823 Rn 155: richterrechtlich geschaffene, kraft etablierter gesetzesvertretender Ordnung bereitliegende Norm ausreichend (Bsp. Arbeitskampfrecht). 107 \08

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Schließlich kann auch § 823 Abs. 2 keinen deliktischen Schutz vor tatsächlichen Einwirkungen eines vonnerkungswidrigen Erwerbers bieten. Die Vorschrift setzt als deliktisch durch sie abzusicherndes Schutzgesetz ein positivrechtlich nonniertes Verhaltensge- oder -verbot voraus. Das Gebot an den vormerkungswidrigen Erwerber, die ErftHlung des vorgemerkten Anspruchs nicht durch tatsächliche Einwirkungen zu beeinträchtigen, ist jedoch in den §§ 883 ff. gerade nicht ausdrücklich geregelt, sondern aus Entstehungsgeschichte, Interessenlage und Zweck der Vonnerkung hergeleitet.

11. Einwände gegen die Lösung über die §§ 989 ff. Da der vorgemerkte Grundstückskäufer vor Beginn der Erftlllung noch kein Eigentum am vonnerkungsbetroffenen Grundstück hat, können die §§ 989 ff. jedenfalls nicht unmittelbar zum Ausgleich nachteiliger Einwirkungen eines vonnerkungswidrigen Erwerbers herangezogen werden. Fraglich ist, ob die bestehende Regelungslücke wie vielfach vorgeschlagen in entsprechender Anwendung der Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis geschlossen werden kann.

1. Entsprechende Anwendung der §§ 987.ff. im Bereich des Ersatzes von Nutzungen?

Der BGH und ein Teil des Schrifttums beftlrworten (auch) die analoge Anwendung der den Ersatz von Nutzungen regelnden Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses in der Beziehung des Vorgemerkten zu dem vormerkungswidrigen Erwerber J09 • Für den hier interessierenden Fall des vonnerkungsgesicherten Grundstückskaufs ist die Auffassung jedoch ebenso wie beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht abzulehnen: Angesichts der unmittelbaren Geltung von § 446 in beiden Fällen verbietet es sich, dem Käufer bzw. Vorkaufsberechtigten vor Gefahrübergang Nutzungsersatz entsprechend §§ 987, 990 zuzusprechen 110. Daraus ergeben sich zugleich erste Zweifel an einer ent109 So BGHZ 87, 296, 301 (=NJW 1983, 2024, 2025); Armbrüster, JuS 1991, 485, 489 (heide jedoch zum sachenrechtlichen Vorkaufsrecht); ausdrücklich zu §§ 883 ff. Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 1215. 110 A.A. zum sachenrechtlichen Vorkaufsrecht BGHZ 87, 296, 301 (=NJW 1983, 2024, 2025) und diesem folgend Staudinger/Mayer-Maly/Mader, 13/1994, § 1100

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. VA.: Verschlechterungshaftung

sprechenden Anwendung der §§ 989 ff., 994 ff. im Verhältnis zwischen dem vorgemerkten GrundstUckskäufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber, denn die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses regeln ja nicht isoliert voneinander den Ersatz von Nutzungen und Schäden einerseits bzw. Verwendungen andererseits, sondern bilden einen Verbund einander wechselseitig beeinflussenden Normen I"~.

2. Die Anwendung der §§ 989 ff. als speziellere Regelung gegenüber § 823 Abs. J

Der Auffassung Wackes, daß die §§ 989 ff. als Spezialregelung der Anwendung von § 823 Abs. 1 vorzuziehen sei ll2 , ist bereits dadurch der Boden entzogen, daß nach den Ergebnissen zu I. die Rechtsstellung des Vorgemerkten gerade nicht die Voraussetzungen eines "sonstigen Rechts" i.S. von § 823 Abs. 1 erflillt, auch nicht im Hinblick auf die konkursfeste Stellung des Vorgemerkten oder in Ansehung des Deliktsschutzes des Besitzers mit einem "Recht zum Besitz". Aber selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung einen deliktischen Schutz des vorgemerkten GrundstUckskäufers gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber bejahen würde, wäre der Vorrang der Vorschriften

Rn 10; SaergellStürner, 12/1989, § 1100 Rn 3; PalandtlBassenge, 55/1996, § 1098 Rn 4; Erman/K.Küchenhajf, 9/1993, § 1098 Rn 9; Westermann/Pinger, SachenR 11, 6/1988, § 141 11 5b; Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 1223. Diese Auffassung ist verfehlt, weil § 446 über die §§ 1098 Abs. 1, 505 Abs. 2 auch beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht anzuwenden ist. D.h., der sachenrechtlich Vorkaufsberechtigte wird bezüglich des (Kauf-) Grundstücks nutzungsberechtigt und lastenpflichtig gemäß § 446 entweder mit Übergabe des Besitzes oder mit Eintragung im Grundbuch als Eigentümer (oder über § 292 Abs. 2 mit Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs) - aber nicht vorher. Wie hier (zu § 1100:) Gursky, JR 1984, 3, 6; Kahler, NJW 1984, 2849, 2857; im Ergebnis auch RGRKlRathe, 12/1979, § 1100 Rn 5 m.w.N., Rn 7; MKlHP. Westermann, 2/1986, § 1098 Rn 7; - (zu § 888:) MKIWacke, 2/1986, § 888 Rn 16; StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 60; im Ergebnis auch RGRKlAugustin, 12/1978, § 888 Rn 13;AKlB.v.Schweinitz, 1983, § 888 Rn 18. Gegen einen rückwirkenden Nutzungsersatz auch noch BGH, WM 1974, 723 (=MDR 1974, 919 =LM § 883 Nr. 13). 111 Ebenso etwa Armbrüster, JuS 1991,485,489, der mit dieser Erwägung - entgegen § 446 - NutzungsersatzanspTÜche des Vorkaufsberechtigten bejaht. 112 S. oben 11. Kapitel, 11. und MKIWacke, 2/1986, § 888 Rn 17.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Gegensatz zur Rechtsprechung 113 und Teilen des Schrifttums 114 nicht zu billigen llS • Die von diesen verfochtene These, wonach die §§ 989 ff., 994 ff. anzuwenden seien, weil der rechtmäßige Besitzer nicht schlechter stehen dürfe als der unrechtmäßige, fUhrt im Ergebnis dazu, daß jedem Sachüberlassungsvertrag die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses als "Mindeststandard" inkorporiert werden (können), was in offenkundigem Widerspruch zu den differenzierten Regelungen im Besonderen Schuldrecht steht 116 • Überdies machen die §§ 989 ff., 994 ff. den Umfang des Schadens- bzw. Verwendungsersatzes von der Gutgläubigkeit des Besitzers bei der VerschlechterungfV erwendungsvomahme abhängig, wobei der gute Glaube sich auf die Besitzberechtigung bezieht. Ist der Besitzer aber zum Besitz berechtigt, fehlt es von vornherein an der entsprechenden Irrtumssituation ll7 .

3. Die These vom vorwirkenden Herausgabeanspruch und der analogen Anwendung von § 292 Gegen die Argumentation von Fuchs und Raape ist zunächst einzuwenden, daß der von ihnen angenommene Herausgabeanspruch - anders als beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht 11 8 - weder beim VerfUgungsverbot noch bei der 113 BGHZ 34, 122, 131 f (=NJW 1961,499 =JZ 1961, 540 m. Anm. Raiser, a.a.O., 529 ff. - "Werkunternehmerpfandrecht"); BGH, WM 1970, 1366; WM 1971, 1268, 1270; NJW 1979,716; auch BGHZ 75, 288, 292; 87, 296, 297. 114 Z.B. RGRKlPikart, 12/1977, § 994 Rn 17; PalandtlBassenge, 55/1996, Vorb. v § 994 Rn 4; auch Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 628. Schwab/Prütting, SachenR, 25/1994, § 48 VI 5b wollen die §§ 994 ff. analog anwenden (alle zu BGHZ 34, 122 ff.). 115 So zu Recht die wohl h.L.: Raiser, JZ 1961, 529, 530; MKlMedicus, 2/1986, Vor §§ 987-1003 Rn 10; SoergellMühl, 12/1989, Vor § 987 Rn 12; StaudingerlGursky, 13/1993, Vorbem zu §§ 987-993 Rn 10 m.z.N.; Vorbem zu §§ 994-1003 Rn 28; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 582 f.; Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 11 B 12; WestermanniPinger, SachenR I, 6/1990, § 33 I 5; Rosien, 1994, S. 180. 116 Raiser, JZ 1961, 529, 530 f; StaudingerlGursky, 13/1993, Vorbem zu §§ 987993 Rn 10 m.z.N.; Vorbem zu §§ 994-1003 Rn 28; MKlMedicus, 2/1986, Vor §§ 9871003 Rn 10; Rosien, 1994, S. 180: "nicht systemgerecht". 117 Staudinger/Gursky, 13/1993, Vorbem zu §§ 994-1003 Rn 28; MKlMedicus, 2/1986, Vor §§ 987-1003 Rn 10; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 582a. 118 Hier läßt sich dieser Herausgabeanspruch des Vorkaufsberechtigten (vor Übereignung) aus § 1100 ableiten. So mit Recht die ganz h.M., s. RGZ 84, 100, 107 f; Hoche, NJW 1963, 301, 302; Meyer, NJW 1971, 1317, 1318 m.N. des älteren Schrifttums; MKlHP. Westermann, 2/1986, § 11 00 Rn 11; StaudingerIMayer-MalyIMader, 13/1994, § 1098 Rn 17; nunmehr auch BGHZ 115, 335, 344 (=NJW 1992, 236, 238) m.w.N.;

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, l. VA.: Verschlechterungshaftung

Vonnerkung nach dem Gesetzeswortlaut besteht 1l9 • Der Anspruch aus § 888 ist lediglich auf die Zustimmung zur Grundbuchänderung gerichtet, nicht aber auf Herausgabe des Grundstücks. Selbst wenn aber, wie beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht, ein Herausgabeanspruch bestünde, könnte die Anwendung der §§ 989 ff. nicht unter Berufung auf § 292 auf die Zeit vor dessen Rechtshängigkeit ausgedehnt werden. § 292 setzt einen aktuell bestehenden Herausgabeanspruch voraus. Die Vorschrift regelt ferner nur die Haftung ab Rechtshängigkeit dieses Herausgabeanspruchs, mit der auch der hinsichtlich seines Besitzrechts gutgläubige Herausgabeverklagte belastet wird, weil er mit einem fUr ihn ungünstigen Prozeßverlauf rechnen und sich deshalb (zumindest fUr die Prozeßdauer) "gewissennaßen als Verwalter einer fremden Sache betrachten,,120 muß. Mit der Situation des vonnerkungswidrigen Grundstückserwerbers ist das insofern nicht vergleichbar, als dieser jedenfalls bis zur Fälligkeit des vorgemerkten Anspruchs Besitzrecht und Eigentum auch dem vonnerkungsgeschützten Gläubiger entgegenhalten kann I21 . Überdies schafft § 292 nur einen Mindeststandard gegenüber anderweitigen den Herausgabeanspruch begleitenden Regelungen bzgl. des Ausgleichs von Schäden, Nutzungen oder Verwendungen, denn die Regelung gilt nur, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis bzw. den Verzugsregeln zugunsten des Gläubigers oder - beim Verwendungsersatz - zugunsten des Schuldners etwas anderes ergibt 122 . Die Anwendung der §§ 989 ff. kann daher entgegen Fuchs und Raape nicht auf eine analoge (vorwirkende) Anwendung von § 292 gestützt werden.

a.A. nur Kohler, NJW 1984, 2849, 2850. Dazu bereits oben 11. Kapitel, 11. Fn. 22. Zur umstrittenen Rechtsnatur dieses Herausgabeanspruchs (obligatorisch oder dinglich) s. noch unten 4.d) bb) (3) 0). 119 Canaris, FS Flume I, 1978, S.371, 383; Gursky, JR 1984, 3, 5; MKlWacke, 2/1986, § 888 Rn 16; auch Rosien, 1994, S. 177 mit S. 95 f. 120 Mugdan III (Denkschrift), S. 978. S. auch Staudinger/Löwisch, 13/1995, § 292 Rn 1; Soergel/Wiedemann, 12/1990, § 292 Rn 1; MKlMedicus, 2/1986, § 989 Rn 1; Soergel/Mühl, 12/1989, § 989 Rn 1; ausführlich Kohler, Rückabwicklung, 1989, S. 365 ff. 121 So zutreffend Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 162. Zu dieser Frage noch sogleich unten 4.b.bb.(2)., dd. 122 Gursky, JR 1984, 3, 4 f; ihm folgend Rosien, 1994, S. 178.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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4. Die Rechtsnatur des Zustimmungsanspruchs aus § 888 Abs. 1 die Parallele zu den Schutzansprüchen aus § 894 und § 985

Die Argumentation der Rechtsprechung, wonach der Zustimmungsanspruch nach § 888 Abs. 1 ein Parallelanspruch zu den Schutzansprüchen aus § 894 bzw. § 985, d.h. mit diesen vergleichbar sei und deshalb die §§ 987 ff. entsprechend angewendet werden könnten, ist - anders als die Begründungen Wackes, Fuchs' und Raapes - nicht so leicht von der Hand zu weisen. Allerdings wurde die auch von der Rechtsprechung herangezogene These, daß der rechtmäßige Besitzer nicht schlechter stehen dürfe als der unrechtmäßige, bereits oben in Auseinandersetzung mit der Auffassung Wackes als systemwidrig und verfehlt widerlegt. Über die allgemeinen Einwände gegen die Anwendung der §§ 989 ff. könnte man sich jedoch U.U. hinwegsetzen, sofern die Parallelität zwischen § 888 Abs. 1 und § 894 tatsächlich zutrifft und auch die Anwendung der §§ 987 ff. auf den Grundbuchberichtigungsanspruch gerechtfertigt wäre. Wie oben 123 ausgefiihrt rechtfertigt der BGH die immerhin bereits von den Gesetzesverfassern angenornrnene 124 Parallelität zwischen § 888 Abs. 1 und § 894 mit drei Überlegungen: Der vormerkungswidrige Erwerber habe gegenüber dem Berechtigten nur Bucheigentum erlangt, dem Berechtigten gebühre das Eigentum, weil er einen durchsetzbaren Anspruch darauf habe, und die Zustimmung des vormerkungswidrigen Erwerbers sei allein im Hinblick auf die relativ unwirksame Grundbuchlage erforderlich 125.

a) Vergleich der Rechtspositionen der Anspruchsinhaber (Aktivseite der Ansprüche) Schon auf den ersten Blick ist das zweite die Anspruchsberechtigung betreffende Argument eher geeignet, § 888 und § 894 als unterschiedliche Ansprüche zu begreifen. Im Fall von §§ 894, 985 ist der Anspruchsinhaber bereits (wahrer) Eigentümer bzw. Berechtigter; im Fall von § 888 Abs. 1 will der Vorgemerkte die EiIm 11. Kapitel, 11. Mugdan III, S. 570 (=Protokolle III, S. 746). 125 BGHZ 75, 288, 292; von BGHZ 87, 296, 297 bestätigt. 123

124

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

gentümerposition bzw. das betroffene Recht erst erwerben l26 • Dieser Erwerb vollzieht sich gemäß § 873 durch Einigung (ggf. in Form des § 925) und Eintragung der Rechtsänderung ins Grundbuch, die mit § 888 Abs. 1 durchgesetzt werden soll. Die Rechtsposition des Vorgemerkten vor Auflassung kann auch nicht als Anwartschaftsrecht umschrieben werden, zu dessen Gunsten die §§ 985, 894 entsprechend angewandt werden könnten 127 • Dies gilt jedenfalls dann, wenn man - wie gerade auch die Rechtsprechung - der Begriffsbildung der herkömmlichen Auffassung folgt und hierunter (nur) den Fall faßt, daß von einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfiillt sind, daß von einer gesicherten Rechtsposition gesprochen werden kann 128. Durch die Bestellung der Vormerkung wird aber der mehraktige Erwerbstatbestand gemäß § 873 noch nicht eingeleitet; die Vormerkung ist keine notwendige Vorstufe zum Erwerb des durch sie betroffenen Rechts l29 • Sie erstarkt nicht zum Vollrecht, sondern sie erlischt mit dessen Entstehung 130 • Auch andere wesentliche Funktionen 131 eines Anwartschaftsrechts erftHlt die Vormerkung nicht: Sie ist mit dem gesicherten Anspruch untrennbar verknüpft und schafft kein neues, neben diesem stehendes Verfiigungsobjekt. Ebensowenig ist sie eigenständiges Zugriffsobjekt fiir die Gläubiger des gesicherten Käufers; sie wirkt "automatisch" zugunsten desjenigen, der den durch sie gesicherten Anspruch gemäß § 848 ZPO bzw. § 857 ZPO gepflindet hat 132 • 126 So zutreffend Gursky, JR 1984, 3, 4; Kohler, NJW 1984, 2849, 2851; auch Rosien, 1994, S. 180. 127 Das Anwartschaftsrecht des Eigentumsvorbehaltskäufers schützt die h.M. mittels einer entspr. Anwendung der §§ 985 ff., 1004; s. statt aller PalandtlBassenge, 55/1996, § 929 Rn 43. 128 S. etwa Westermann/H.P. Westermann, SachenR 1,6/1990, § 5 III 4a m.w.N. Die Rechtsprechung ergänzt diese Begriffsbestimmung um den Zusatz, daß die gesicherte Rechtsposition von dem anderen an der Entstehung Betenigten nicht mehr einseitig zerstört werden kann; s. BGHZ 27,360,368; 37, 319, 321; 45, 186, 188 f.; 49, 197,201; 83,395,399;89,41,44. Näher zum Ganzen auch Medicus, DNotZ 1990, 275, 276 f.; Hager, JuS 1991, I ff.; StaudingerlPfeifer, 13/1995, § 925 Rn 120, 122, 133 ff.; PalandtlBassenge, 55/1996, § 925 Rn 24 ff. (je zur Anwartschaft des Auflassungsempfängers). 129 S. RGRKlAugustin, 12/1978, § 883 Rn 9; StaudingerlPfoifer, 13/1995, § 925 Rn 120, 142. \30 Dazu auch Rosien, 1994, S. 149. l3l Zu diesen Funktionen vgl. Dieckmann, FS Schiedermair, 1976, S. 93, 97; MKlH.P.Westermann, 3/1993, § 161 Rn 6. 132 S. Medicus, DNotZ 1990,275,277,281 f.; auch Rosien, 1994, S. 149 f.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Wenn der BGH gleichwohl fonnuliert, der vonnerkungswidrige Erwerber habe nur Bucheigentum erlangt, da dem Vorgemerkten das Eigentum (bzw. das Recht) "gebühre", weil er einen durchsetzbaren Anspruch darauf habe, so liegt darin eine bedenkliche Mißachtung der durch das Trennungs- und Abstraktionsprinzip gesetzten Grenzen 133. Im Vergleich der Aktivseiten der Ansprüche aus § 888 Abs. 1 und § 894 kann die vom BGH gezogene Parallele daher kaum überzeugen.

b) Vergleich von Anspruchsziel und Position des Anspruchsverpflichteten (Passivseite der Ansprüche) aa) Das Ziel des Anspruchs aus § 894 und die Position des im Grundbuch Eingetragenen Der Grundbuchberichtigungsanspruch besteht zugunsten des wahren Berechtigten, falls das Grundbuch die Rechtsinhaberschaft nicht oder nicht in vollem Umfang zutreffend widerspiegelt. Der im Grundbuch Eingetragene ist gerade nicht der Inhaber des Rechts, das ihm durch die Verlautbarung im Grundbuch scheinbar zugeordnet ist. Eine Änderung der materiellen Rechtslage wird durch die Zustimmung des Buchberechtigten zur Berichtigung des Grundbuchs daher nicht hervorgerufen. Das Ziel des Anspruchs gemäß § 894, die Zustimmung des Betroffenen zur Berichtigung des Grundbuchs, hat deshalb rein verfahrensrechtlichen Charakter 134 • 133 Der V. Senat des BGH (BGHZ 75, 288, 292; 87, 296, 297) gerät hier in eine gefährliche Nähe zu der oben (unter I.2.b) Fn. 86) abgelehnten Auffassung Dulclreits vom "relativen Eigen". - In deutlichem Gegensatz hierzu steht die bereits oben im 1. Teil, 4. Kapitel, II.3.a) Fn.24 angesprochene Entscheidung desselben Senats (BGH, WM 1987,181), wo das Gericht bezogen auf die Frage einer Bereicherung des schuldrechtlich Herausgabeptlichtigen "in sonstiger Weise" die Meinung vertrat (a.a.O. S. 182), daß schuldrechtliche Ansprüche vor ihrer Erfilllung die beanspruchten Rechtsgüter noch nicht dem Gläubiger zuweisen. Richtig wird man (beim Kaut) differenzieren müssen zwischen der Nutzungsbefugnis, d.h. dem Wert der Sachnutzung(en) - vor Erfüllung keine Zuweisung an den Käufer -, und dem (von der Sache selbst zu unterscheidenden) Sachwert (Vermögenswert), der inter partes dem Käufer - als Kaufpreisäquivalent - schon vor der Erfilllung zugewiesen ist. Vgl. in diesem Zusammenhang auch J.Schmidt, 1969, S. 53 ff., 175 ff., der beim subjektiven Recht zwischen "Aktionsberechtigungen" und "Vermögensberechtigung" unterscheidet. - Zur Entscheidung BGH, WM 1987, 181 auch noch unten 13. Kapitel, II.3. 134 S. statt aller PalandtlBassenge, 55/1996, § 894 Rn 8; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 854, 859; SoergellStürner, 12/1989, § 894 Rn 1, 20; StaudingerlGursky, 12/1985, § 894 Rn 90 m.w.N.

304

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Der zu Unrecht im Grundbuch Eingetragene hat das betroffene Recht von Anfang an (seit Bestehen des Berichtigungsanspruchs) nicht wirksam erworben bzw. besessen. Anspruchsziel und rechtliche Position des Anspruchsgegners, des Buchberechtigten, sind insoweit miteinander verknüpft.

bb) Das Ziel des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 und die Position des vormerkungswidrigen Erwerbers aus der Sicht der Theorien zur Deutung der relativen Unwirksamkeit

Zur vergleichenden Beurteilung des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 und Würdigung der Auffassung des V. Senats des BGH muß etwas weiter ausgeholt werden. Die Aussagen, daß der vormerkungswidrige Erwerber im Verhältnis zum Geschützten nur Bucheigentum erlangt habe, und daß inhaltlich die Zustimmung nach § 888 Abs. 1 allein im Hinblick auf die relativ unwirksame Grundbuchlage erforderlich sei, d.h. lediglich verfahrensrechtlichen Charakter aufweise, können nur überprüft werden anhand der Deutung der in § 883 Abs. 2 angeordneten, das Institut der Vormerkung prägenden relativen Unwirksamkeit. Das Verständnis der relativen Unwirksamkeit ist entscheidend filr die Konstruktion des Eigentumswechsels, die Position des vormerkungswidrigen Erwerbers sowie die inhaltliche QualifIkation der Zustimmung nach § 888 Abs. 1. Während die Rechtsprechung bislang auf eine ausdrückliche Stellungnahme verzichtet hae 3s , sind die Äußerungen im Schrifttum zur Deutung der relativen Unwirksamkeit überaus zahlreich 136 • Heute 137 werden im wesentlichen noch tUnf Auffassungen zur Deutung der Regelung in den §§ 883 Abs. 2, 888 Abs. 1 vertreten. Der noch herrschenden "Duplizitätstheorie", die von einer Verdoppelung bzw. Spaltung der RechtsinJ3S Die zu den §§ 135, 136 im Bereich des Mobiliarsachenrechts ergangene Stellungnahme des IX. Senats des BGH, U.v. 7.6.1990, IXZR 237/89, BGHZll1, 364 (=NJW 1990, 2459) hat keine Klarheit gebracht. Zur Kritik an diesem Urteil s. etwa Kohler, Jura 1991, 349 ff. und unten dd) (2) Fn. 167. Zur Einordnung der Auffassung des rur Fragen des Grundstückskaufs zuständigen V. Senats des BGH s. sogleich im Text. 136 Umfassende SchrifttumsUbersichten finden sich in der Monographie von Beer, Die relative Unwirksamkeit, 1975 und bei Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 157 ff. m Zur historischen Entwicklung des Problems und zu älteren Auffassungen ausfiihrlieh Beer, 1975, S. 79 ff. Vgl. ergänzend auch die Darstellungen von Oertmann, IheringsJb 66 (1916), S. 130 ff., 249 ff.; Voß, IheringsJb 60 (1912), S. 293 ff., 303 ff.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

305

haberschaft ausgeht, steht die wohl im Vordringen begriffene Auffassung von der Spaltung der Verfilgungsmacht gegenüber. Daneben haben die Lehren von der bedingten Rechtsinhaberschaft und von der materiellen Zustimmungspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers ihre Anhängerschaft. Gleiches gilt fUr die mit der Lehre von der materiellen Zustimmungspflicht verwandte Auffassung vom "Absicherungsrecht" des Geschützten gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber.

(1) Die herrschende Auffassung von der Duplizität bzw. Spaltung der Rechtsinhaberschaft

Nach dieser im Schrifttum überwiegenden Auffassung 138 ftlhren die Regelungen in § 883 Abs. 2 S. 1 bzw. in §§ 135 Abs. 1 S. 1, 136 zu einer Spaltung oder Verdoppelung der Rechtsinhaberschaft. Die vormerkungswidrige VerfUgung ist in wortgetreuer Anwendung dieser Vorschriften allein gegenüber dem Vormerkungsgeschützten unwirksam; im Verhältnis des Schuldners zum vormerkungswidrigen Erwerber und jedem Dritten gegenüber ist die Verfilgung wirksam. Weil daher sowohl der Dritte als auch der VerfUgende als Rechtsinhaber angesehen werden, kommt es zu einer "Duplizität des Rechtssubjekts,,139 bzw. zu einer "den Absolutheitsgrundsatz durchbrechenden Spaltung,,140 des betroffenen Rechts. Nach dieser Auffassung erwirbt der vorgemerkte Grundstückskäufer das Eigentum von seinem Schuldner. Der vormerkungswidrige Erwerber ist im Verhältnis zum Geschützten nur Buchberechtigter. Der Anspruch aus § 888 Abs. 1 wird als "dinglicher" Hilfsanspruch angesehen, der erforderlich sei, um dem formellrechtlichen Bewilligungsgebot des § 19 GBO Genüge zu tun 141 . \38 Anhänger sind v.Tuhr, AT Il/1, 1914, S. 328; Wolff/Raiser, 10/1957, § 48 III 1; Westermann, SachenR, 5/1966, § 84 IV 3b; WestermannlEickmann, SachenR 11, 6/1988, § 100 IV 3a, b; Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 20 IV 1b; SoergellStürner, 12/1989, § 883 Rn 35; Schapp, SachenR, 2/1995, § 17 III (Rn 354); SchwablPrütting, SachenR, 25/1994, § 18 IV 2 a.E.; Müller, SachenR, 3/1993 Rn 1167; U.Weber, 1962, S. 30 ff., 35 ff.; Canaris, FS Flume I, S. 371, 385; Knöpfte, JuS 1981, 157, 162; Tiedtlee, Jura 1981, 354, 356. Nicht eindeutig sind die Stellungnahmen von MKiWaclee, 2/1986, § 883 Rn 46; RGRKlAugustin, 12/1978, § 888 Rn 1 ff. 139 Diesen Ausdruck gebraucht v.Tuhr, AT Il/l, 1914, S. 330. 140 So die Formulierung von WestermannlEickmann, SachenR 11, 6/1988, § 100 IV 3a. 141 Z.B. U.Weber, 1962, S.31; WestermannlEickmann, SachenR 11, 6/1988, § 100 IV 4c; SoergellStürner, 12/1989, § 888 Rn 1,3.

20 Richter

306

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. UA.: Verschlechterungshaftung

Die Auffassung des V. Senats des BGH in den Urteilen BGHZ 75,288; 87, 296 stimmt mit diesem Verständnis im wesentlichen überein. Allerdings sieht etwa Raiser als Anhänger der Duplizitätstheorie den Anspruch aus § 888 Abs. 1 über diese Ausfilhrungen hinaus als besonderen Berichtigungsanspruch an, der zusätzlich zur Berichtigung darauf abziele, "das Recht des Erwerbers, auch soweit es wirksam war, seiner Wirksamkeit zu entkleiden,,142. Auch Westermann und Wacke weisen auf die Besonderheit hin, daß der Anspruch - anders als der Berichtigungsanspruch - materiellrechtliche Veränderungen herbeifilhre, nämlich das Recht des Vorgemerkten zur Entstehung bringe und das des Zustimmungspflichtigen beseitige 143 . Insofern besteht auch nach diesen Anhängern der Duplizitätstheorie keine volle Vergleichbarkeit zwischen dem Anspruch aus § 888 Abs. I und dem aus § 894.

(2) Die Lehre von der Spaltung der Verfiigungsmacht Diese Lehre geht davon aus, daß der vormerkungswidrig Erwerbende "in jeder Hinsicht und jedermann gegenüber.!44, d.h. auch gegenüber dem Vorgemerkten, Rechtsinhaber wird. Der Verfilgende behält jedoch die Fähigkeit, die Rechtsmacht, über das nunmehr auch fiir ihn fremde Recht nochmals zugunsten des vormerkungsgesicherten Gläubigers zu verfilgen 145 . Die Grundlage fiir diese Auffassung hat Raape 146 mit seiner zum Verfilgungsverbot der §§ 135, 136 entwickelten "Gegenwirkungslehre" geliefert: Nach Raape ist die relative Unwirksamkeit als "absolute Wirksamkeit mit relativer Gegenwirkung" zu verstehen. Diese Auffassung entwickelt er modellhaft anhand der §§ 23, 26 ZVG. Obgleich die Beschlagnahme eines GrundWolfflRaiser, SachenR, 10/1957, § 48 III I. Westermann, SachenR, 5/1966, § 84 IV 4c; MKlWacke, 2/1986, § 888 Rn 2. S. ferner auch Schapp, SachenR, 2/1995, § 17 III (Rn 357), wonach die Zustimmung nach § 888 Abs. I nicht eindeutig als Bewilligung LS. von § 19 GBO, zu einer berichtigenden oder rechtsändernden Eintragung qualifiziert werden könne. 144 So der Ausdruck von StaudingerlGursky, 12/1987, § 883 Rn 160. 145 Anhänger dieser Auffassung sind (bzgl. §§ 135, 136:) Flume, AT 11, 4/1992, § 17 6d; Larenz, AT, 7/1989, § 23 IV; StaudingerlDilcher, 12/1979, § 135 Rn 11; SoergellW.Hefermehl, 12/1987, §§ 135, 136 Rn 18, 26 ff.; - (bzgl. § 883 Abs. 2:) StaudingerlGursky, 12/1987, § 883 Rn 160; StaudingeriErtl, 12/1982, Vorbem zu §§ 873-902 Rn 40; PalandtlBassenge, 55/1996, § 883 Rn 22; Chr.Paulus, 1981, S. 36 ff.; Rosien, 1994,S.218f. 146 Raape, Das gesetzliche Veräußerungsverbot des Bürgerlichen Gesetzbuches, 1908. 142 143

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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stücks nach § 23 ZVG die Wirkung eines Veräußerungsverbotes habe, sei es unbestritten, daß ein Dritter, an den der beschlagnahmebetroffene Schuldner veräußere, Eigentümer werde. Die Gegenwirkung äußere sich in § 26 ZVG, wonach die Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des (Versteigerungs-)Verfahrens keinen Einfluß habe, d.h. das Grundstück nach wie vor versteigert werden könne, obwohl es nunmehr eine schuldnerfremde Sache sei l47 . Ausdrücklich überträgt Raape seine Auffassung auf die Vormerkung, indem er zu der einer Eigentumserwerbsvormerkung widersprechenden Veräußerung ausfUhrt, daß der Veräußerer zwar das Eigentum an dem Grundstück verliere, er "erhält oder, wenn man will, behält jedoch die Befugnis, darüber zu verfilgen, soweit es zur Befriedigung des vorgemerkten Anspruchs erforderlich ist,,148. Die heutigen Auffassungen zur Spaltung der Verftlgungsmacht gehen demgegenüber davon aus, daß der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs die zu dessen Erftlllung nötige Verftlgungsmacht von Anfang an behält l49. Diese dem Schuldner verbleibende Verftlgungskompetenz wird dabei teilweise im Sinne einer gesetzlichen Fiktion verstanden Iso oder als gesetzliche Ermächtigung zur Verfilgung über ein fremdes Recht begriffenIsI. Die Lehre von der Spaltung der Verftlgungsmacht hat zur Folge, daß der Eigentumswechsel sich - jedenfalls im Ergebnis - zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber und dem vorgemerkten Grundstückskäufer vollzieht. Soweit wie im Regelfall ls2 - die Rechtsänderung eine Grundbucheintragung erfordert, wird dieser konstitutive Bedeutung filr den Rechtserwerb des Vorgemerkten beigemessen lS3 • Bis zur Erfilllung des vorgemerkten Anspruchs ist der vormerkungswidrige Erwerber auch gegenüber dem Geschützten Rechtsinhaber. Die relative Unwirksamkeit wirkt sich erst ex nunc im Zeitpunkt der Erfilllung des vorgemerkten Anspruchs zugunsten des Vormerkungsberechtigten aus lS4 . Ebenso wie die Anhänger der Duplizitätstheorie messen die, die von einer durch die relative Unwirksamkeit bewirkten Spaltung der Verftlgungsmacht

Raape, 1908, S. 49 f. Raape, 1908, S. 50. 149 Vgl. Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 160. 150 So Chr.Paulus, 1981, S. 38. 151 Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 160. 152 Zu Ausnahmen s. Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 1. 153 S. etwa zu §§ 135, 136: Flume, AT 11, 4/1992, § 17 6d; Larenz, AT, 7/1989, § 23 IV; Soergel/WHejermehl, 12/1987, §§ 135, 136 Rn 27; zu § 883 Abs. 2: StaudingeriGursky, 12/1987, § 883 Rn 163; Rosien, 1994, S. 42. 154 Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 164; ebenso i.E. Rosien, 1994, S. 218. 141

148

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

ausgehen, dem Anspruch aus § 888 Abs. 1 nur verfahrensrechtliche Bedeutung bzgl. § 19 GBO ZUISS. Rosien meint ergänzend lS6 , wegen der relativen Unwirksamkeit bedürfe es keiner materiellrechtlichen Mitwirkung des vormerkungswidrigen Erwerbers. Dessen Mitwirkung beruhe überhaupt nur darauf, daß zum einen dem Grundbuchamt die Prüfung abgenommen werden solle, ob der Erwerb des Zweitgläubigers vormerkungswidrig und daher relativ unwirksam sei, und zum andern dem vormerkungswidrigen Erwerber ermöglicht werden solle, Einreden und Einwendungen vorzubringen. Eher unklar sind die Äußerungen Gurskys lS7. Einerseits sieht er keine ausgeprägte Verwandtschaft des Anspruchs aus § 888 zu dem aus § 894, andererseits betont er, daß der Anspruch aus § 888 in einer ähnlich "ancillarischen" (=dienenden) Funktion zur Vormerkung stehe wie die Vindikation oder die anderen dinglichen Rechtsverwirklichungsansprüche zu ihrem Stammrecht, weil die Zustimmungspflicht nach § 888 Abs. 1 wie bei diesen aus einem gegenwärtigen Haben des Anspruchsgegners resultiere; im Fall der Weiterübertragung des vorgemerkten Rechts sei allein der gegenwärtige Rechtsinhaber zur Zustimmung verpflichtet. Das ist insofern widersprüchlich als Gursky zu diesen dinglichen (Rechtsverwirklichungs-) Ansprüchen an anderer Stelle der Sache nach auch den Berichtigungsanspruch aus § 894 rechnet'S8.

(3) Die Lehre von der bedingten Rechtsinhaberschaft des vormerkungswidrigen Erwerbers Nach der heute wohl nur noch von Ernst Wolr 59 vertretenen Lehre von der bedingten Rechtsinhaberschaft des vormerkungswidrigen Erwerbers ist die Unwirksamkeit einer vormerkungsbeeinträchtigenden Verfilgung aufschiebend be155 Raape, 1908, S. 50, 58; Chr.Paulus, 1981, S. 60 f., 62; Rosien, 1994, S. 93; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 16 f., 18 m.w.N. 156 Rosien, 1994, S. 93 f. Dazu unten Fn. 200. 157 Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 44. 158 StaudingeriGursky, 12/1985, § 894 Rn 8, Rn 14. 159 E. Wolf, SachenR, 211979, § 13 A h. Früher wurde diese Meinung auch von P/anck/Strecker, 5/1933, § 883 Anm. 3a ß; Endemann, BR 11/1, 8,9/1905, § 65 5a vertreten; weitere Nachweise bei Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 161. - Ernst Wolf, AT, 2/1976, § 10 B 11, bestreitet grundsätzlich die Existenz einer relati-

ven Unwirksamkeit im materiellen Recht, da ein Rechtsgeschäft nur wirksam oder unwirksam sein könne. Zwischenstufen seien nicht möglich.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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dingt durch die Vornahme der zur Erfiillung des gesicherten Anspruchs notwendigen Verftlgung l60. Dem entspricht es, wenn man die Wirksamkeit der vormerkungswidrigen Verftlgung als auflösend bedingt durch die Vornahme der den vorgemerkten Anspruch erfiillenden Verfilgung ansiehe 61 • Der Eigentumswechsel vollzieht sich dieser Auffassung nach im Verhältnis des Schuldners zu seinem vorgemerkten Gläubiger. Nach dem Bedingungseintritt soll das ungeteilte, auch dem Vorgemerkten gegenüber wirksame Eigentum des vormerkungswidrigen Erwerbers im Sinne eines Durchgangserwerbs auf den Schuldner zurückfallen, der es dann sofort auf den Vorgemerkten weiter übertragen kann. Eine materiellrechtliche ("sachlichrechtliche") Zustimmung des vormerkungswidrigen Erwerbers ist nicht erforderlich. Der Anspruch aus § 888 Abs. I ist lediglich auf die verfahrensrechtlich notwendigen Bewilligungen gerichtet 162 und ist daher nach Bedingungseintritt als spezieller Buchberichtigungsanspruch zu werten.

(4) Die Theorie von der materiellen Zustimmungspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers Nach der auf Knoke 163 zurückgehenden Lehre von der materiellen Zustimmungspflicht erlangt der vormerkungswidrige Erwerber durch die Verfiigung des Schuldners die Vollrechtsinhaberschaft, wiederum auch gegenüber dem Vormerkungsberechtigten. Der vormerkungswidrig Erwerbende ist jedoch verpflichtet, der späteren Verfilgung des nicht mehr berechtigten Schuldners zugunsten des Vormerkungsgesicherten nach §§ 182 ff. zuzustimmen l64 . Der Anspruch aus § 888 Abs. I hat nach Knoke keine bloß formelle, verfahrensrechtliche Bedeutung, sondern ist auf diese materiellrechtlich wirkende Zustimmung des vormerkungswidrigen Rechtsinhabers gerichtee 6s . Die VormerE. Wolf, SachenR, 2/1979, § 13 A h. So etwa Endemann, BR 11/1,8,9/1905, § 65 5a mit Fn. 57 (S. 416); Planck/Strekker, 5/1933, § 883 Anm. 3a ß. 162 E. Wolf, SachenR, 2/1979, § 13 Ab. 163 Knoke, FG Güterbock, 1910, S. 401 ff. Ihm folgen Harms, SachenR, 4/1983, S. 284 f.; StaudingerlSeufert, 11/1956, § 883 Rn 48 und § 888 Rn 4b; auch Lange, SachenR, 1967, § 25 III 2. 164 Knoke, FG Güterbock, 1910, S.401, 418. Knoke entwickelt seine Auffassung zwar zum relativen Veräußerungsverbot, betont aber mehrfach die Übertragbarkeit seiner Auffassung auf die Vormerkung, so etwa S. 419. 165 Knoke, FG Güterbock, 1910, S. 401,420. 160 161

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

kung bewirke insoweit eine obligatorische Verpflichtung. Es handele sich also "um eine mit Wirkung gegen Dritte ausgestattete, eine verdinglichte Forderung" des Geschützten, "um ein obligatorisches Recht zur Sache,,!66. Harms und Seufert, die heutigen Anhänger dieser Meinung, haben sich von dieser historisch verständlichen, gleichwohl unzutreffenden Kennzeichnung der Vormerkung als "Recht zur Sache" gelöst. Während Seufert die Einstufung als "Recht zur Sache" ausdrücklich und mit überzeugender Begründung verwirft!67, charakterisiert Harms das der Auffassung zugrunde liegende Verständnis als Umdeutung der relativen Unwirksamkeit in eine dingliche Wirksamkeit verbunden mit einer Restitutionspfliche 68 . Harms und Seufert messen dem Anspruch aus § 888 Abs. 1 dinglichen Charakter ZU!69. Seufert begründet dies mit dem Wesen des dinglichen Anspruchs, das darin bestehe, daß es sich gegen jeden richte, der im Zeitpunkt der Geltendmachung das zugehörige dingliche Recht beeinträchtige 170.

(5) Die Lehre vom Absicherungsrecht Auch die von Beer!7! entwickelte Theorie vom Absicherungsrecht geht von der subjektiv einheitlichen Rechtsinhaberschaft des vormerkungs- bzw. verbotswidrigen Erwerbenden aus; d.h. durch die Verfilgung des Schuldners wird dieser alleiniger Rechtsinhaber 172 . Die Rechtsinhaberschaft ist aber mit einem Knoke, FG Güterbock, 1910, S. 401, 419. Staudinger/Seufert, 1111956, § 883 Rn 39 weist zu Recht darauf hin, daß die Vormerkung im Gegensatz zum "ius ad rem" kein Forderungsrecht auf Sachleistung gegen den vormerkungswidrigen Erwerber gewährt. Außerdem ist nach Seufert, a.a.O., mit dieser Kennzeichnung nichts gewonnen, weil das BGB das Institut nicht kennt und deshalb keine zur LückenfUllung geeigneten Vorschriften bereithält. Zum "ius ad rem" s. schon oben im 10. Kapitel, II., Fn. 274. 168 So Harms, SachenR, 4/1983, S. 284 f.; auch Staudinger/Seujert, 1111956, § 883 Rn 48 und § 888 Rn 4b, der den Ausdruck "Restitutionspflicht" aber nicht gebraucht. 169 Harms, SachenR, 4/1983, S. 284: "dinglicher Hilfsanspruch"; Staudinger/Seujert, 1111956, Anm. * zu § 888 Rn 4. 170 Staudinger/Seujert, 1111956, § 888 Rn 4 Anm. *. 171 Beer, 1975, dort insbes. S. 146 ff.; ders. JA 1976, 213 ff.; ihm folgend MKlMayer-Maly, 3/1993, § 135 Rn 30; Staudinger/Mayer-Maly, 13/1994, § 1098 Rn 12. Bei der Vormerkung will Beer, 1975, S. 185 die Grundsätze des Absicherungsrechts nur mit Modifikationen anwenden, weil das Institut über die relative Unwirksamkeit hinaus noch zusätzliche Elemente beinhalte. Welcher Art diese Modifikationen sein sollen, fUhrt Beer allerdings nicht aus. 172 Beer, 1975, S. 137. 166 167

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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sogenannten "Absicherungsrecht" ähnlich wie mit einem beschränkten dinglichen Recht belastet. Dieses Absicherungsrecht ist einem beschränkten dinglichen Recht nur ähnlich, weil es sowohl dingliche, als auch schuldrechtliche Elemente aufweist'73. Gegenüber dem Schuldner hat die relative Unwirksamkeit im so verstandenen Sinn lediglich die Folge, daß sie den Erfiillungsanspruch des Geschützten nicht am Unvermögen des Schuldners scheitern läßt'74. Eine irgendwie geartete dingliche Berechtigung spricht Beer ebenso wie die Lehre von der materiellen Zustimmungspflicht dem Schuldner im Hinblick auf die Bewertung der Interessenlage ausdrücklich ab m . Der Rechtserwerb vollzieht sich mithin ausschließlich im Verhältnis des Geschützten zum verbots- bzw. vormerkungswidrigen Erwerber. Auch hier hat dessen Zustimmung zum Rechtserwerb materiellrechtliehe Bedeutung. Die §§ 182 ff. sind auf diese Zustimmung aber nur entsprechend anwendbar, da der Betroffene nicht wie bei der dort geregelten rechtsgeschäftlichen Zustimmung über diese frei entscheiden kann, sondern zu ihr kraft des Absicherungsrechts verpflichtet ist 176 , 177.

S. im einzelnen Beer, 1975, S. 160 ff. Beer, 1975, S. 148 ff., S. 151 f. 175 Beer, 1975, S. 89 f., 109, 114 f., 151 f., 161; im Anschluß an Heck, SachenR, 1930, S. 476; Flume, AT II, 4/1992, § 17 6d (S. 356 ff.). Im Gegensatz zu Beer hält Flume den Schuldner rur verfiigungsberechtigt (a.a.O., S. 358, Fn. 51). 176 So Beer, 1975, S. 165 f. Die Lehre Beers ist deshalb nichts anderes als eine Erweiterung und Entwicklung der Lehre von der materiellen Zustimmungspflicht: Die Erweiterung besteht darin, daß durch die hier unmittelbare Verknüpfung der Restitutionspflicht mit der relativen Unwirksamkeit selbst die Anwendbarkeit auf die Verfiigungsverbote eröffnet wird. Der Anspruch aus § 888 wandelt sich auf diese Weise von einem konstitutiven - die Restitutionspflicht erst begründenden - zu einem deklaratorisehen, die vorhandene Belastung mit der Restitutionspflicht, dem Absicherungsrecht, lediglich verdeutlichenden Anspruch. Beer, a.a.O., S. 166, sieht die Rechtsgrundlage rur seinen materiellrechtlichen Zustimmungsanspruch in der relativen Unwirksamkeit selbst, in dem von ihm herausgearbeiteten Absicherungsrecht. Da die Rechtsbeziehungen zwischen geschütztem und verbots- bzw. vormerkungswidrigem Erwerber allein in § 888 angesprochen sind, läuft das im Ergebnis auf eine - von Harms, a.a.O., noch abgelehnte - analoge Anwendung dieser Vorschrift hinaus. Die Entwicklung ist darin zu sehen, daß das Absicherungsrecht bzw. der Restitutionsanspruch nicht mehr nur als rein dingliches Recht verstanden wird, sondern als "gemischtes Recht eigener Art" mit schuldrechtlichen und dinglichen Elementen. Dazu noch unten 4.d) bb). 177 Dieses Element der Lehre Beers, den materiellrechtlichen Charakter der Zustimmung, verkennt offensichtlich Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 160, der Beer der von ihm vertretenen Theorie von der Spaltung der Verfiigungsmacht zurechnet. Ebenfalls unzutreffend Staudinger/Ertl, 12/1982, Vorbem zu §§ 873-902 Rn 40. 173

\14

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

cc) Stellungnahme zu den Meinungen zum Ziel des Anspruchs aus § 888 Abs. 1

Hinsichtlich des Ziels des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 verläuft die Trennlinie zwischen der Duplizitätstheorie, der Theorie von der Spaltung der Verfiigungsmacht sowie der Lehre von der bedingten Rechtsinhaberschaft einerseits und den Lehren von der materiellen Zustimmungspflicht und vom Absicherungsrecht andererseits. Während jene Theorien die nach § 888 Abs. 1 zu beanspruchende Zustimmung zur Grundbucheintragung ebenso wie die nach § 894 zu fordernde Zustimmung als verfahrensrechtliche Bewilligungserklärung gemäß § 19 GBO einordnen, messen diese der Zustimmung nach § 888 Abs. 1 (auch) materiellrechtliche Bedeutung i.S. der §§ 182 ff. bei. Von diesem Standpunkt aus wäre die vom V. Senat des BGH gezogene Parallele zu § 894 verfehlt. Die Lehre von der materiellen Zustimmungspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers kann aber ebensowenig überzeugen wie die Lehre vom Absicherungsrecht des Vorgemerkten. Beide Auffassungen stehen und fallen mit der Frage, ob der Erwerb des Vorgemerkten der materiellen Zustimmung seitens des vormerkungswidrigen Erwerbers bedarf. Die von ihnen postulierte materielle Zustimmungspflicht läßt sich jedoch weder aus dem Wortlaut des § 888 Abs. 1 noch aus der Entstehungsgeschichte der Vormerkung ableiten. § 888 Abs. 1 spricht von der "Zustimmung zu der Eintragung oder der Löschung", während in § 185 von der Einwilligung in die Verfiigung bzw. deren Genehmigung die Rede ist. Daß dieser Formulierungsunterschied mitnichten ein redaktionelles Versehen der 2. Kommission war, ergibt sich recht eindeutig aus den Gesetzesmaterialien, wo allein und wiederholt von der "grundbuchmäßigen Zustimmung" des eingetragenen Eigentümers zur Realisierung des vorgemerkten Rechts gesprochen wird J78 . Die ganz herrschende Auffassung steht schon deshalb völlig zu Recht auf dem Standpunkt, daß der Anspruch aus § 888 Abs. 1 auf eine rein verfahrensrechtliche Zustimmung, nämlich auf die Zustimmung nach § 19 GBO gerichtet ist 179 • Überdies fehlt der Lehre von der materiellen Zustimmungspflicht in den seltenen Fällen, in denen der vorgemerkte Anspruch außerhalb des Grundbuchs er178

S.43.

S. Mugdan III, S. 569, 570 (=Protokolle III, S. 744, 746). Vgl. auch Rosien, 1994,

179 S. BGHZ 49, 263, 266 f.; BayObLG, NJW-RR 1990, 722, 724; Raape, 1908, S.50, 58; Canaris, JuS 1969, 80, 82; Westermann/Eickmann, SachenR II, 6/1988, § 100 IV 4c; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1170y, 1171; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 16 m.z.N.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

313

füllt werden kann l80 , eine Anspruchsgrundlage für die auch hier konsequenterweise zu fordernde materielle Zustimmung des vormerkungswidrigen Rechtsinhabers. Ebenso ist es nicht einleuchtend, wieso hinsichtlich der Rangwirkung der Vormerkung die materielle Zustimmung des im Rang Zurücktretenden wegen § 883 Abs. 3 entbehrlich sein SOll181. Die Lehre vom Absicherungsrecht kann zwar die Widersprüche zur Regelung des § 888 vermeiden, weil die materielle Zustimmungspflicht aus dem durch die relative Unwirksamkeit entstehenden Absicherungsrecht selbst hergeleitet wird 182 • Andererseits ist ihr entgegenzuhalten, daß das entwickelte "Absicherungsrecht" keinerlei Anhalt im Wortlaut des § 883 bzw. der §§ 135, 136 fmdet. Auch die weiteren Auswirkungen sprechen gegen eine materielle Zustimmungspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers. Sie führt etwa zu unbilligen Ergebnissen, wenn die Vormerkung unwirksam war, der scheinbar vormerkungswidrige Erwerber aber der Verfügung des Schuldners zugestimmt hat. In diesem Fall würde der Schein-Vormerkungsgeschützte das betroffene Recht gleichwohl wirksam erworben haben i83 . Dies ist nicht interessengerecht. Ferner lösen die Gegenauffassungen den Fall überzeugender, daß das Grundbuchamt den Vorgemerkten verfahrensfehlerhaft trotz fehlender Zustimmungserklärung einträgt. Der Geschützte erlangt nach diesen Ansichten - weil der Schuldner als Berechtigter verfügt - dadurch das vorgemerkte Recht materiell wirksam l84 . Das ist vom Ergebnis her sachgerecht, weil das Ziel der Vormerkung erreicht wird. Die Lehren von der materiellen Zustimmungspflicht müssen dies ablehnen l85 , was jedoch zu überflüssigen Komplikationen führt, denn das 180 StaudingeriGursky, 12/1987, § 883 Rn 163 ruhrt hier beispielhaft eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Abtretung einer Forderung, rur die ein Grundpfandrecht verpfandet worden ist. Weitere Beispiele bei Staudinger/Gursky, 1211987, § 888 Rn l. 181 Hierauf weist Rosien, 1994, S. 44 zutreffend hin. 182 So verstehe ich Beer, 1975, S. 166; andererseits spricht Beer, a.a.O., S. 161 davon, "daß § 888 entgegen der h.M. nicht nur ein Grundbuchberichtigungsanspruch sein kann". Möglicherweise ist dies im Sinne einer Doppelnatur der Zustimmung nach § 888 zu verstehen. In diesem Fall wäre die Meinung Beers auch den vorstehenden Einwänden gegen die Theorie von der materiellen Zustimmungspflicht ausgesetzt. 183 U. Weber, 1962, S. 36 f.; Rosien, 1994, S. 43; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 18. 184 BayObLG, NJW-RR 1990, 722, 724; Pa/andt/Bassenge, 55/1996, § 888 Rn 2; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 16 m.w.N.; a.A. offenbar MKiWacke, 2/1986, § 888 Rn 15: Einem Anspruch des vonnerkungswidrigen Erwerbers aus § 894 gegen den Vorgemerkten stünde der dolo-petit-Einwand entgegen. 185 So konsequent StaudingeriSeufert, 1111956, § 888 Rn 4b.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Grundbuch müßte dann u.U. mehrfach geändert werden: zunächst müßte es zugunsten des vormerkungswidrigen Erwerbers berichtigt werden; nach erfolgreicher Durchsetzung des Zustimmungs anspruchs müßte erneut der Vorgemerkte eingetragen werden. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, daß die vom V. Senat des BGH gezogene Parallele zwischen § 888 Abs. 1 und § 894 hinsichtlich des Anspruchsziels zutrifft.

dd) Stellungnahme zu den Auffassungen bzgl. der Rechtsposition des vormerkungswidrigen Erwerbers

Von den verbliebenen drei Ansichten können in erster Linie die Duplizitätstheorie, u.U. aber auch die von Ernst Wolf vertretene Lehre von der bedingten Rechtsinhaberschaft den Vergleich der Position des vormerkungswidrigen Erwerbers mit der bloßen Buchposition des Adressaten des Berichtigungsanspruchs gemäß § 894 stützen. Die bloße Buchposition des Betroffenen und der auf deren Beseitigung gerichtete Anspruch gemäß § 894 bestehen - wie schon oben 186 im allgemeinen ausgefuhrt - in dem mit der Situation bei §§ 883 Abs. 2, 888 Abs. 1 am besten vergleichbaren Fall einer absolut unwirksamen Rechtsübertragung bereits ex tune ab dem Zeitpunkt der Vornahme der unwirksamen Verrugung. Eine solche Ex-tunc-Unwirksamkeit der vormerkungswidrigen Verrugung läßt sich zwar mittels der Duplizitätstheorie und der Lehre von der auflösend bedingten Rechtsinhaberschaft begründen, nicht aber durch die Lehre von der Spaltung der VerfUgungsmacht: Die Duplizitätstheorie geht vom (relativen) Fortbestand des vorgemerkten Rechts in der Hand des Schuldners aus. Aus der Sicht des Geschützten bleibt es "ex tune" bei der Rechtsinhaberschaft des Schuldners. Daher ist die Annahme naheliegend und konsequent, daß der vormerkungswidrige Erwerber in dieser Perspektive auch nur eine (ex tune bestehende) Buchposition erlangt hat l87 • Unter aa). So aus der Rechtsprechung BGHZ 99, 385, 388; BGH, NJW 1981, 446, 447; RGRKlAugustin, 12/1978, § 883 Rn 84 (nicht eindeutig); ErmaniHagen, 9/1993, § 883 Rn 17. Vgl. auch aus dem älteren Schrifttum z.B. Biermann, Widerspruch, 1901, S. 175; Crome, System III, 1905, § 376 6a. Anders noch BGH, WM 1974, 723 (=MDR 1974, 919) bzgl. Nutzungen; BGHZ 13, 1, 3; ablehnend auch Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1170c. 186 187

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

315

Nach der Lehre von der Spaltung der Verfiigungsmacht erlangt der vormerkungswidrige Erwerber hingegen ein zunächst auch gegenüber dem Vorgemerkten wirksames Eigentum, der Schuldner behält ex tunc nur eine spezielle Verfiigungsmacht zurück. Das zunächst auch gegenüber dem Vorgemerkten bestehende Eigentum des Dritten wird erst mit Erfiillung des vormerkungsgesicherten Anspruchs und damit erst "ex nunc" unwirksam l88 • Beim bedingten Rechtsgeschäft wiederum tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung nach der Grundregel in § 158 zwar grundsätzlich erst mit dem Eintritt der Bedingung ein; dieser Grundsatz kann aber - wie § 159 zeigt - im Sinne einer Rückbeziehung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäfts modifiziert werden 189.

(1) Ablehnung der Lehre von der bedingten Rechtsinhaberschaft des vormerkungswidrigen Erwerbers üb beim vormerkungswidrigen Erwerb eine die Rückbeziehung rechtfertigende Ausnahme zu § 158 anzunehmen wäre, kann indes offenbleiben, weil die Deutung der Unwirksamkeit gemäß § 883 Abs.2 i.S. einer aufschiebend bedingten Unwirksamkeit des vormerkungswidrigen Erwerbs und damit zugleich als auflösend bedingte Rechtsinhaberschaft des vormerkungswidrigen Erwerbers nicht überzeugen kann. Die von Ernst Wolf vertretene Lehre beschreibt den Rechtsverlust des vormerkungswidrigen Erwerbers zwar vom (wirtschaftlichen) Ergebnis her durchaus zutreffend 190, wie sich etwa schon bei der Erörterung der Unmöglichkeitsfragen in der Beziehung des vormerkungswidrigen Erwerbers zu seinem Veräußerer gezeigt hat l91 . Sie kann aber nicht überzeugend erklären, woher der Schuldner die Befugnis zur zweiten, den vorgemerkten Anspruch erfiillenden Verfiigung hat. Durch die erste Verfiigung hat er doch die Rechtsinhaberschaft 188 So StaudingerlGursky, 12/1987, § 883 Rn 162, 164; PalandtlBassenge, 55/1996, § 883 Rn 20; vom Standpunkt der Duplizitätstheorie i.E. ebenso MK/Wacke, 2/1986, § 888 Rn 16-18; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1170c. 189 Die Rückbeziehung nach § 159 hat allerdings nach h.M. nur schuldrechtliche Wirkung. S. dazu etwa BGHZ 10, 69, 72; Larenz, AT, 7/1989, § 25 III a2; PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 159 Rn 1; SoergellMWolj, 12/1987, § 159 Rn 1. 190 Dies erkennt etwa auch StaudingerlGursky, 12/1987, § 883 Rn 161 an: " ... die Rechtsstellung ... [läßt sich] cum grano salis als eine ... auflösend bedingte kennzeich-

nen.", 191

S. oben im 9. Kapitel, unter IIl.l.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

vollständig verloren. Dieser Einwand läßt sich wohl dadurch entkräften, daß man auf die Geltendmachung des vorgemerkten Anspruchs als Bedingung abstellt. Beide Varianten lassen sich im Fall der Eigentumserwerbsvonnerkung aber nicht mit § 925 Abs. 2 in Einklang bringen, wonach eine bedingte Auflassung unzulässig ist l92 . Außerdem wird im Widerspruch zum Wortlaut der §§ 883 Abs.2, 888 Abs. 1 und zur Entstehungsgeschichte 193 die personell-relative in eine absolute Unwirksamkeit umgedeutet. Eine personell beschränkte Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften mag Schwierigkeiten aufwerfen, denkunmöglich ist sie jedoch nicht. Das zeigt sich schon an den Gegenauffassungen, die auch praktisch geeignete Möglichkeiten zur Bewältigung der Relativität auf der Rechtsfolgenseite anbieten können 194 • Mit der Beschränkung auf das Begriffspaar Unwirksamkeit - Wirksamkeit verbaut sich Ernst Wolf den Weg zu differenzierenden, an den beteiligten Interessen orientierten Lösungen und verfällt in überholtes begriffsjuristisches Denken l95 . Schließlich besteht auch nach der Interessenlage kein vernünftiger Grund fiir einen Rückfall des Eigentums des vonnerkungswidrigen Erwerbers auf den Schuldner 196 .

(2) Ablehnung der Duplizitätstheorie Auch die herrschende Duplizitätstheorie unterliegt durchgreifenden Bedenken. Sie wirft zunächst schon konstruktive Probleme auf. Bereits Knoke l97 hat darauf hingewiesen, daß vom Standpunkt der Duplizitätstheorie aus nicht erklärbar ist, wie der vonnerkungs- oder verbotswidrige Erwerber sein Eigentum dadurch verlieren soll, daß der Schuldner das ihm noch verbliebene Eigentum auf den Geschützten überträgt. Zumindest Dritten gegenüber müßte er Eigentümer bleiben. Im Anwendungsbereich von § 888 könnte der Eigentumsverlust U. Weber, 1962, S. 35 f. Hierzu näher Rosien, 1994, S. 37 f. und bereits oben 8. Kapitel, 11. 194 In diesem Sinne schon Rosien, 1994, S. 39. 195 Dazu näher Beer, 1975, S. 92. 196 Flume, AT 11, 4/1992, § 17 6d Fn.49; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 161; LE. auch Beer, 1975, S.90, 109 f., 134; vgl. ferner Heck, SachenR, 1930, § 12010. 197 Knoke, FG Güterbock, 1910,401,408. 192 193

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorsehläge und eigene Lösung

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wohl mittels dieser Vorschrift bewerkstelligt werden 198; dann fUhrt die Vorschrift aber, wie Raiser, Westermann, Wacke sowie auch Schapp zu Recht festgestellt haben, über die formelle Grundbuchberichtigung hinaus zu einer Änderung der materiellen Rechtslage, weil die Befugnisse des vormerkungswidrigen Erwerbers an der Sache in der Relation zu Dritten nunmehr (ex nunc!?) erlöschen. Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 888, wie etwa beim verbotswidrigen Erwerb beweglicher Sachen, bleibt das Problem aber ungelöst. Außerdem kann es nicht überzeugen, wenn die Anhänger der Duplizitätstheorie l99 das Eigentum - im Einklang mit §§ 873, 925 - erst mit der Grundbuchumschreibung übergehen lassen. Denn: Nimmt man mit der Duplizitätstheorie an, daß der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs (relativer) Eigentümer bleibt, dann handelt es sich notwendigerweise um ein Eigentum außerhalb des Grundbuchs, ähnlich dem des nichteingetragenen Berechtigten, der Inhaber des Anspruchs aus § 894 ist. Es leuchtet dann nicht ein, daß dieses Eigentum sich bei der Auflassung des Schuldners an den Vorgemerkten - deren Ermöglichung einziger Zweck dieser Rechtsverdoppelung ist - wieder zu einer bloßen "Anwartschaft aus Auflassung" verflüchtigt. Die Anhänger der Duplizitätstheorie stehen also vor einem Dilemma: entweder inkonsequent den eigenen Ausgangspunkt im entscheidenden Moment zu räumen oder gegen die Grundregel des § 873, das Eintragungsprinzip, zu verstoßen. Die Theorie von der Spaltung der VerfUgungsmacht vermeidet diese konstruktiven Probleme. Die Eigentumsverschaffung bei der ErfUllung des Anspruchs des vorgemerkten Grundstückskäufers vollzieht sich in den gewohnten Bahnen von §§ 873, 925. Durch die Verfiigung des Schuldners bei der Auflassung erlangt der Vorgemerkte eine Position wie jeder andere Auflassungsempfanger. Der Eigentumswechsel vom vormerkungswidrigen Erwerber zum Vorgemerkten tritt mit der Grundbuchumschreibung ein, die der Vorgemerkte mit dem Anspruch aus § 888 Abs. 1 erzwingen kann20o , 201. 198 § 888 wäre - bei unterstellt fortbestehendem Eigentum des vormerkungswidrigen Erwerbers - wohl Ausdruck des "besseren Rechts" des Geschützten. 199 Z.B. Westermann/Eickrnann, SachenR 11, 6/1988, § 100 IV 4b, c; Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 20 IV Ib; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1167; SoergellStürner, 12/1989, § 888 Rn 1; Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 382; Knöpfte, JuS 1981, 157, 163. 200 Soweit von einzelnen Anhängern der Theorie von der Spaltung der Verfiigungsmacht angenommen wird, daß dem Anspruch aus § 888 überhaupt keine materiellreehtliehe Bedeutung zukommt - so z.B. Rosien, 1994, S.93 mit Fn. 23; mißverständlich auch StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 4; beide unter Berufung auf Westermann,

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

SachenR, 5/1966, § 84 IV 4b, der jedoch der Duplizitätstheorie folgt; ferner Chr.Paulus, 1981, S. 62 - gerät diese Auffassung in Widerspruch zu der (eigenen) Annahme, daß die Eintragung des Vorgemerkten konstitutive Bedeutung rur dessen Rechtserwerb habe - so wiederum Rosien, 1994, S. 42; StaudingeriGursky, 12/1987, § 883 Rn 163, § 888 Rn 2. Denn wenn und soweit die Eintragung gemäß § 873 Voraussetzung des Rechtserwerbs ist, dann hat der Anspruch aus § 888 insoweit zwangsläufig materiellrechtliche Bedeutung, es sei denn, man nimmt an, die beim Schuldner verbliebene Verfiigungsmacht beinhalte auch die Befugnis zur Geltendmachung des Grundbuchberichtigungsanspruchs gemäß § 894 (und dann doch auch des Herausgabeanspruchs nach § 985?), die bei der dinglichen Einigung (Auflassung) mit dem Vorgemerkten auf diesen übergehen würden. Bei dieser Annahme besteht aber praktisch kein Unterschied mehr zur Duplizitätstheorie und wiederum liegt ein Rechtserwerb durch schlichte dingliche Einigung entgegen § 873 auf der Hand. Oder soll das Grundstück in der Phase zwischen der Auflassung an den Vorgemerkten und dessen Eintragung im Grundbuch (relativ?) herrenlos sein? Unklar und widersprüchlich auch Chr.Paulus, 1981, S. 62 mit Fn. 56, wenn er den Zustimmungsanspruch (in Fn. 56) als "notwendige Ergänzung" der relativen Unwirksamkeit ansieht, der jedoch "keinesfalls eine materiellrechtlich ausgerichtete Sonderbeziehung zu dem Dritten" indiziere, andererseits aber meint, wegen der relativen Unwirksamkeit sei der Schuldner auch ohne die Existenz des § 888 "befähigt, die grundbuchrechtlich erforderliche Bewilligung ... zu erwirken". Mit welcher Rechtsgrundlage der Schuldner die Bewilligung des vormerkungs- bzw. verbotswidrigen Erwerbers erwirken soll, bleibt im Dunkeln, jedenfalls wenn man vom geltenden Grundbuchverfahrensrecht ausgeht. Zutreffend demgegenüber Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 2 bzw. Rn 47: materiellrechtlicher Anspruch. 201 Bei der Errullung eines durch Verfiigungsverbot gesicherten Anspruchs auf Verschaffung beweglicher Sachen durch den Schuldner, wenn dieser zuvor verbotswidrig verfiigt und die Sache dem Dritten übergeben hat, kommen beide Lehren nicht umhin, den Eigentumswechsel durch bloße Einigung als Ausnahme vom Traditionsprinzip der §§ 929 ff. vollziehen. S. Soergel/WHejermehl, 12/1987, §§ 135, 136 Rn 26; ebenso BGHZ 111, 364 (=NJW 1990, 2459, 2460) mit krit. Besprechung von Kohler, Jura 1991, 349 ff. In seiner Kritik lehnt Kohler den von Hefermehl und dem IX. Senat des BGH konstruierten Eigentumswechsel durch bloße Einigung ab (a.a.O., S. 350). Kohlers Versuch, das Traditionsprinzip zu retten, mißlingt jedoch: Sein erster Einwand geht dahin, daß der Verbotsgesicherte, weil er das Eigentum unter Verzicht auf die Übergabe bzw. deren Surrogate erlange, ungerechtfertigt gegenüber dem Fall besser gestellt werde, daß eine verbotswidrige Verfiigung nicht erfolgt sei, weil dann ja das Erfordernis der traditio eingehalten werden müsse. Die von Kohler behauptete Besserstellung des Verbotsgeschützten ist aber lediglich formalrechtlicher Natur. Denkt man die verbotswidrige Verfiigung hinweg, so hätte der Gläubiger z.B. den unmittelbaren Besitz der Sache durch sofortige Übergabe nach § 929 S. 1 erlangt. Auch durch die Vereinbarung eines Besitzkonstituts gemäß § 930 - wenn der Schuldner die Sache noch weiter nutzen wollte - oder die Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß § 931 - wenn ein Dritter die Sache berechtigt nutzt -, wäre der Gläubiger ohne erheblichen Mehraufwand Eigentümer geworden und hätte das Recht nach Maßgabe klarer rechtlicher Regeln erworben.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Weiterhin widerspricht die Duplizitätstheorie mit der angenommenen doppelten Rechtsinhaberschaft einem tragenden Prinzip des Sachenrechts, dem der eindeutigen, absoluten Zuordnung von Rechtspositionen202 • Dieser Vorwurf läßt sich zwar auch gegen die Theorie von der Spaltung der Verfiigungsmacht erheben, hier minimiert er sich jedoch, weil nicht das ganze Bündel an Befugnissen, das ein "Sachenrecht" wie z.B. das Eigentum ausmacht, dupliziert wird, sondern Das Weniger an Aufwand beim Rechtserwerb wird dadurch kompensiert, daß der Gläubiger genötigt wird, alsbald nach dem Eigentumserwerb sein neuerworbenes Recht gegenüber dem verbotswidrigen Erwerber nach § 985 durchzusetzen, und zwar in aller Regel in einem streitigen Prozeß, da der Dritte das vermeintlich ihm gehörende Eigentum mit allen Mitteln verteidigen wird. Wegen dieser mit dem Eigentumserwerb kraft bloßer Einigung nahezu zwangsläufig verbundenen Last der Durchsetzung des Schutzanspruchs aus § 985 kann von einer Privilegierung i.S. Kahlers keine Rede sein. Weiterhin tauscht Kahler ein Übel gegen ein anderes aus, wenn er, um das Traditionsprinzip zu retten, das Trennungsprinzip preisgibt. Um nichts anderes handelt es sich aber, wenn Kahler annimmt, daß der Schutzzweck des relativen Verfilgungsverbotes nicht nur die "Primärverteidigung" des verbotswidrigen Erwerbers mit der Behauptung, voll wirksames Eigentum erworben zu haben, ausschließt; sondern "folgerichtig" auch seine "sekundäre Verteidigung", aus dem Rechtsverhältnis mit dem verbotswidrig Veräußernden besitzberechtigt zu sein. Nach Kohler soll also die Obligation zwischen Schuldner und verbotswidrigen Erwerber aus der Sicht des Geschützten nichtig sein. Dies hat zur Folge, daß der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs trotz noch wirksamen Schuldverhältnis mit dem vormerkungswidrigen Erwerber einen Bereicherungsanspruch als schuldrechtlichen Anspruch i.S. der §§ 929, 931 an den Geschützten abtreten kann. Mit dieser Schlußfolgerung dehnt Kahler den Wirkungsbereich der relativen Unwirksamkeit im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut und zum Trennungsprinzip auf das Verpflichtungsgeschäft aus. Im übrigen mag es zwar zutreffen, daß die §§ 135, 136 das Schuldverhältnis zwischen dem Verkäufer und dem verbotswidrigen Erwerber beeinflussen; die Auflösung des Vertrages bzw. die Umgestaltung in ein Rückgewährschuldverhältnis ist aber mit der Geltendmachung der Leistungsstörung verknüpft. Diese kann nur der geltend machen, der durch die Störung - Verstoß gegen die Pflicht, rechtsbeständiges Eigentum zu verschaffen - belastet ist. Dies ist aber allein der verbotswidrige Erwerber. Die mangelnde Eignung seiner Lösung erkennt Kohler im Grunde selbst, wenn er künftige Ansprüche betreffend - darauf hinweist, daß die Übereignung nach § 929, 931 erst mit Entstehen des schuldrechtlichen Herausgabeanspruchs wirksam wird (S. dazu auch Staudinger/Wiegand, 13/1995, § 931 Rn 26). Ein Bereicherungsanspruch des Schuldners ist aber aufschiebend bedingt durch die Geltendmachung des Anspruchs aus §§ 323, 818 durch den verbotswidrigen Erwerber; dieser entsteht aber erst durch den Verlust des Eigentums, der wiederum erst mit Bedingungseintritt erfolgt. Es liegt daher ein Zirkelschluß vor. 202 S. etwa Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1, 70; BaurlStürner, SachenR, 16/1992, § 4 I; sehr klar Westermann/HP. Westermann, SachenR I, 6/1990, § 2 11, § 3 I, wo es ausdrücklich heißt: "Da die relative Unwirksamkeit einen systemwidrigen Fremdkörper darstellt, ist sie auch in engen Grenzen zu halten.". Westermann, a.a.O., hält offenbar die rückwirkende absolute Unwirksamkeit wie z.B. bei der Anfechtung rur eine geeignete Ersatzlösung.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

nur genau die Einzelbefugnis abgespalten wird, die zur Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs unabdingbar erforderlich ist, nämlich die darauf beschränkte Verfiigungsbefugnis. Der Einwand Eickmanns 203 , ohne Not werde der Begriff der Verfiigungsmacht Unklarheiten ausgesetzt, ist nicht stichhaltig. So ist die Bindung der Verfiigungsbefugnis an die Rechtsinhaberschaft (als eine von deren Teilbefugnissen) schon nach dem Gesetz nicht strikt, wie sich z.B. im Konkursverfahren zeigt, wo § 6 KO (§ 80 Abs. I InsO) eine Trennung von Rechtsinhaberschaft und Verfiigungsbefugnis bewirkt204 . Auch am eigenständigen Gutglaubensschutz durch § 366 HGB wird dies deutlich. Mit § 185 besteht keine Kollision, weil der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs als Berechtigter verfiigt und sich diese Berechtigung aus § 883 Abs. 2 durchaus ableiten läßt: Die vormerkungswidrige VerfUgung ist "insoweit" unwirksam als sie den vorgemerkten Anspruch (genauer: dessen Erfiillung) vereiteln oder beeinträchtigen würde. Die Unwirksamkeit der vormerkungswidrigen Verfiigung beschränkt sich auf genau die Verfiigungsbefugnis über das vormerkungsbetroffene Recht, die zur Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs erforderlich ist. Indem andererseits die Duplizitätstheorie an die Rechtsinhaberschaft insgesamt anknüpft und dem Schuldner ex tunc eine weitere (relative) Rechtsinhaberschaft zuweist, werden, wie bereits Beer im einzelnen aufgezeigt hat205 , eine ganze Reihe von Folgeproblemen ausgelöst. Dies beginnt mit der Zuordnung der Nutzungen, die aus der Sicht des Vorgemerkten dem Rechtsinhaber gebliebenen Schuldner gebühren, und setzt sich fort mit allen anderen an die Rechtsinhaberschaft anknüpfenden Rechte und Pflichten; beim hier interessierenden Eigentum sind dies z.B. Lasten, Steuern, Verwendungen und Schadensersatzansprüche. Diese "Mit-Zuordnung" von Rechten und Pflichten entspricht aber nicht der Interessenlage, denn der Schuldner wollte sich durch die vormerkungswidrige Verfiigung seiner Rechte begeben, was eine nach Art. 2 Abs. 1 GG der Privatautonomie verpflichtete Rechtsordnung grundsätzlich - wenn nicht höherwertige Interessen entgegenstehen - zu respektieren hafo6 . Da sich die relative Unwirksamkeit auf das Verfiigungsgeschäft beschränkt, gilt im Verhältnis des Schuldners zum vormerkungswidrigen Erwerbero7 weiterhin der

WestermannlEickmann, SachenR 11, 6/1988, § 100 IV 3a. In diesem Sinne auch schon Beer, 1975, S. 134 f. 205 Beer, 1975, S. 132 f.; ebenso Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 160; MKiMayer-Maly, 3/1993, § 135 Rn 27; Chr.Paulus, 1981, S. 34. 206 S. Beer, 1975, S. 110. 207 Zur Zuordnung der Nutzungen im Verhältnis des geschützten Käufers zum Schuldner s. schon oben unter 1. 203

204

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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schuldrechtliche Verschaffungsvertrag mit der Folge, daß Nutzungen seit Vollzug des Vertrages bzw. seit Gefahrübergang (z.B. nach § 446) dem vormerkungswidrigen Erwerber gebühren und dieser zugleich die Lasten und die Sachgefahr zu tragen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zweck der Vormerkung, der sich doch - wie oben im 10. Kapitel gezeigt - auf die Sicherung der Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs beschränkt und somit gar keine Interessen des Schuldners verfolgt208. Auch diese Folgeprobleme treten nicht auf, wenn mit der Lehre von der Spaltung der Verfiigungsmacht angenommen wird, daß die vormerkungswidrige Verfügung (ex tunc) lediglich insoweit unwirksam ist als dem Schuldner gerade die Verfügungsbefugnis zum Zwecke der Befriedigung des vorgemerkten Anspruchs verbleibt und der vormerkungswidrige Erwerber sein umfassend - und nicht nur im Verhältnis zu Dritten - geltendes Eigentum erst ex nunc mit Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs verliert. Aus dem somit gegebenen Befund, daß die Lehre von der Spaltung der Verfügungsmacht das Phänomen der relativen Unwirksamkeit nach § 883 Abs. 2 im Hinblick auf die Interessenlage und die Gesetzessystematik am überzeugendsten bewältigen kann, ergibt sich, daß die Rechtsposition des vormerkungswidrigen Erwerbers mit der eines Buchberechtigten LS. von § 894 nicht gleichgestellt werden kann.

c) (Zwischen-) Ergebnis Die von der Rechtsprechung gezogene Parallele zwischen dem Anspruch aus § 888 Abs. 1 und dem aus § 894 trifft allein beim Anspruchsziel - Abgabe einer verfahrensrechtlichen Zustimmungserklärung LS. von § 19 GBO - zu, nicht aber bzgl. der Rechtspositionen sowohl des Anspruchsinhabers als auch des Anspruchsbetroffenen. Der Vorgemerkte als solcher ist eben nicht der wahre Rechtsinhaber und der vormerkungswidrige Erwerber ist eben mehr als ein bloß Buchberechtigter. Die Anwendung der §§ 989 ff. im Verhältnis zwischen dem vorgemerkten Grundstückskäufer und einem vormerkungswidrigen Erwerber kann deshalb nach den bisherigen Ergebnissen nicht mit einer Parallele des Anspruchs aus

208

S. nochmals Beer, 1975, S. 105 ff.

21 Richter

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. DA.: Verschlechterungshaftung

§ 888 Abs. 1 zum Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 (bzw. dem Herausgabeanspruch nach § 985) gerechtfertigt werden.

cl) Überprüfung des Ergebnisses zu c) anhand eines Vergleichs der Rechtsnatur (Funktion) der Ansprüche aus §§ 894,985 mit der des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 Das gerade gefundene Ergebnis läßt sich zusätzlich mit Hilfe eines Vergleichs der Rechtsnatur bzw. Funktion der Ansprüche aus §§ 894, 985 und des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 kontrollieren.

aa) Die Rechtsnatur der Ansprüche aus § 894 und § 985 Üblicherweise werden die Ansprüche aus §§ 894, 985 ebenso wie der aus § 1004 als "dingliche" Ansprüche bezeichneeo9, was jedenfalls insofern zutrifft als diese Ansprüche sich auf Rechte an Sachen, auf das Sacheigentum, beziehen. Im Rahmen dieser Arbeit ist in Anlehnung an die Erkenntnisse Henckels2lO , Rimmelspachers 211 und auch Jürgen Schmidts212 von Schutz- bzw. Gefahrbeseitigungsansprüchen die Rede gewesen, die von den (Erfiillungs-) Ansprüchen (Forderungen, "Einziehungsbefugnissen") zu trennen seien213 • Unstreitig ist, daß die Ansprüche aus §§ 985, 1004 dem Schutz des Eigentümers und kraft Verweisung214 auch dem Schutz anderer dinglicher Berechtigter dienen; der Grundbuchberichtigungsanspruch gilt zugunsten jedes Inhabers eines buchungsfiihigen Rechts. Die Ansprüche sollen dem Eigentümer bzw. sonstigen Berechtigten die ungestörte Ausübung seiner Befugnisse sichern. Picker215 hat hierfilr den plastischen Ausdruck gebraucht, der Adressat dieser Ansprüche "usurpiere" dem Eigentümer zukommende Herrschaftsbefugnisse; d.h. die Ansprüche bezwecken die Abwehr eines objektiv unrechtmäßigen, eigentumswidrigen Zustandes, die Beseitigung einer Gefahr filr das Rechtsgut Eigentum. Die

Z.B. Müller, SachenR, 3/1993, Rn 443, Staudinger/Gursky, 13/1993, § 985 Rn 1. Henckel, AcP 174 (1974), S. 97 ff., 134 ff. 211 Rimmelspacher, 1970, S. 107 ff., 168 ff. 212 S. J.Schmidt, FS Jahr, 1993, S. 401,406 ff. bzw. Staudinger/J.Schmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 125. 213 S. oben, 1. Teil, 3. Kapitel, 1I.1.d) aa). 214 Vgl. etwa rur den Nießbrauch § 1065, rur das Fahmispfandrecht § 1227. 215 Picker, Beseitigungsanspruch, 1972, S. 50 ff. 209

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12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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wohl im Anschluß an Heck216 vielfach gebrauchte Bezeichnung von den (Eigentums- bzw. Rechts-) VerwirklichungsansprUchen ist demgegenüber wenig glücklich, denn die Rechtsposition Eigentum (bzw. Sachherrschaftsrecht) "verwirklicht" sich in der Ausübung der in ihr zusammengefaßten (Nutzungs-) Befugnisse an der Sache, nicht aber in der Abwehr von Störungen. Die Anspruche aus §§ 894, 985, 1004 sind als SchutzansprUche wie insbesondere Henckef l7 im Anschluß an Pickerls überzeugend nachgewiesen hat, von anderer Qualität als die schuldrechtlichen (Leistungs-) Anspruche, die Forderungen bzw. "Einziehungsbefugnisse". Die letztgenannten haben einen eigenständigen Vermögenswert und dienen der Handhabung bzw. Erleichterung des Transfers von (verkehrsfähigen) Gütern. Die Anspruche auf Grundbuchberichtigung, auf (Eigentums-) Herausgabe bzw. auf Beseitigung oder Unterlassung von sonstigen Störungen dienen (lediglich) dem Schutz einer außerhalb ihrer selbst liegenden Vermögensposition (des Eigentums); sie tragen keinen eigenen Vermögenswert in sich. Die aus den §§ 894, 985 und 1004 resultierenden Ptlichten sind daher entgegen verbreiteter Auffassung keine Leistungsptlichten2\9. Der zu Unrecht Bucheingetragene bzw. der unrechtmäßige Besitzer, der seiner Zustimmungs- bzw. Herausgabepflicht nachkommt, erfilllt nicht i.S. von §§ 362 ff. und erbringt keine Leistung i.S. der §§ 812 ff. 220 • Diese Vorschriften des Schuldrechts setzen voraus, daß der Schuldner kraft Vereinbarung oder kraft Gesetzes verpflichtet ist, einen Gegenstand seines Vermögens auf den Gläubiger zu übertragen; bei der Befriedigung der Anspruche aus §§ 894, 985 und auch § 1004 wird hingegen kein eigenes Vermögen preisgegeben, sondern lediglich eine rechtswidrig innegehabte fremde Vermögensposition geräumt22l . Deshalb sind die Regeln des allgemeinen Schuldrechts auf die SchutzansprUche grundsätzlich m unanwendbar223 • Heck, SachenR, 1930, §§ 31, 32. Henckel, AcP 174 (1974), S. 97,128 ff., 139 ff. 218 Picker, Beseitigungsanspruch, 1972, S. 158 f. m.w.N. Wie Henckel und Picker auch Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 587 ff.; s. ferner auch J.Schmidt, FS Jahr, 1993, S. 401, 412 ff. Aus dem älteren Schrifttum vgl. etwa v.Tuhr, AT 1,1910, S. 245 ff. 219 A.A. Müller, SachenR, 3/1993, Rn 443; ebenso Soergel/Mühl, 12/1989, § 985 Rn 1; StaudingeriGursky, 13/1993, § 985 Rn 5; 12/1985, § 894 Rn 13; MKiWacke, 2/1986, § 894 Rn 35. Aus der Rechtsprechung s. RGZ 146,355,360 (zu § 894). 220 Henckel, AcP 174 (1974), S. 97,128 f. 221 In diesem Sinne auch Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 588. 222 Dies, weil die Regeln des allgemeinen Schuldrechts sich grundsätzlich nur auf die "Leistungsansprüche" (Forderungen bzw. "Einziehungsbefugnisse") beziehen. Soweit im allgemeinen Schuldrecht allgemeinere Prinzipien geregelt sind, z.B. der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242) oder etwa die Hinterlegungsvorschriften (§§ 372 ff.), ist eine Anwendung auch auf die Schutzansprüche möglich und denkbar. Eine Prüfung im Einzelfall ist daher unverzichtbar. 216

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

Der hier verfochtenen Konzeption Henckels, daß die §§ 894, 985 keine erfüllbaren Leistungspflichten beinhalten, hat Gursk)?24 - auf dem Boden des herrschenden einheitlichen (undifferenzierten) Anspruchsbegriffs - mit im wesentlichen zwei Einwänden widersprochen: Nach § 362 Abs. 2 tritt Erfüllungswirkung auch dann ein, wenn der Schuldner an einen vom Gläubiger gemäß § 185 ermächtigten Dritten zum Zwecke der Erfüllung leistet. Henckef25 hält die Vorschrift im Zusammenhang mit der Vindikation für belanglos, weil der Schutzanspruch aus § 985 schon aufgrund des Besitzverlustes des Herausgebenden erlösche. Gursk)?26 macht hiergegen geltend, die Anwendung von § 362 Abs. 2 sei erforderlich, wenn der unrechtmäßige Besitzer die Sache an einen vom Eigentümer zur Empfangnahme ermächtigten Dritten weitergegeben habe. Dieser Erlöschenstatbestand sei rechtsethisch nicht vergleichbar mit dem Besitzverlust durch Besitzaufgabe oder pflichtwidrige Weitergabe an einen Dritten, deshalb sei eine Differenzierung vonnöten. Der rechtsethische Hinweis Gurskys ist sachlich zwar zutreffend, widerlegt aber nicht die Konzeption Henckels, weil die Anwendung von § 362 Abs. 2 nicht erforderlich ist, um eine differenzierte Lösung zu erreichen. Mit der Herausgabe an den Eigentümer oder an den von ihm ermächtigten Dritten, also dessen Geheißperson, erlischt die Vindikation nicht (nur) wegen des Besitzverlustes ihres Adressaten, sondern (auch) wegen Wegfalls der Gefahrensituation, des Schutzbedürfnisses. In den anderen Fällen, und nur in diesen, ist die Weggabe der Sache bzw. die Besitzaufgabe Anknüpfungspunkt einer evtl. Haftung gemäß §§ 989, 3. Fall, 990 und Entstehungsgrund einer neuen Vindikation gegen den nachfolgenden unrechtmäßigen Besitzer.

223 Wie hier StaudingeriSeiler, 13/1995, Einl zu §§ 854 ff. Rn 85. - Die wohl h.M. plädiert im Anschluß an Mugdan III, S. 222 (=Motive III, S. 399) rur die grundsätzliche (entsprechende) Anwendbarkeit der schuldrechtlichen Vorschriften, ist aber zu zahlreichen Ausnahmen gezwungen. S. Z.B. RGRKlPikart, 12/1977, § 985 Rn 32 ff.; MK/Medicus, 2/1986, § 985 Rn 31 ff. Diejenigen, die die §§ 894, 985, 1004 als "Leistungs-" Ansprüche qualifizieren, begründen dies z.T. auch damit, daß die §§ 987 ff. eine spezielle Regelung zum Leistungsstörungsrecht darstellen, so etwa Müller, SachenR, 3/1993, Rn 444 ff.; Staudinger/Gursky, 13/1993, Vorbem zu §§ 987-993 Rn 29. Das ist aber schwerlich mit § 992 in Einklang zu bringen. Die §§ 987 ff. sind vielmehr Spezialregeln gegenüber §§ 823 ff., 812 ff. Zur Kontroverse s. Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 5 II 1 b bb; Soergel/Mühl, 12/1989, Vor § 987 Rn 2; Staudinger/Gursky, 13/1993, Vorbem zu §§ 987-993 Rn 28 m.w.N. 224 Staudinger/Gursky, 13/1993, § 985 Rn 5. 225 Henckel, AcP 174 (1974), S. 97,128 f. 226 Staudinger/Gursky, 13/1993, § 985 Rn 5.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Zweiter Kritikpunkt Gurskys ist der Fall, daß der unrechtmäßige Besitzer die Sache an einen Dritten herausgibt, den er irrtümlich fiir den Eigentümer hält. Nach der Auffassung Henckels kann der bisherige von dem neuen unrechtmäßigen Besitzer nicht mit Hilfe der Leistungskondiktion den Besitz zurückverlangen227 • Gursky beurteilt dieses Ergebnis als interessewidrig, weil der bisherige Besitzer die Sache wieder herbeischaffen müsse, um sich selbst vor Schadensersatzansprüchen des wahren Eigentümers gemäß §§ 989, 3. Fall, 990 zu schützen228 • Hiergegen ist einzuwenden, daß der Anspruch aus §§ 989, 990 eine schuldhafte Vereitelung der Herausgabepflicht erfordert, d.h. der frühere Besitzer haftet nur dann, wenn er den Irrtum bezüglich des Putativeigentümers hätte erkennen und vermeiden können. In diesem Fall ist aber die Schutzwürdigkeit des unrechtmäßigen "Erstbesitzers" nicht sonderlich ausgeprägt. Weiterhin fehlt es am Schutzbedürfnis, wenn der Empfänger der Sache, der unrechtmäßige "Zweitbesitzer", den Irrtum des Erstbesitzers über seine EigentümersteIlung vorsätzlich herbeigefiihrt hat, denn dann ist er durch einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB gesichert. Im übrigen hilft dem Erstbesitzer § 255 sowie die Möglichkeit der Drittschadensliquidation229 • Schließlich hätte diese Leistungskondiktion einen mit der "Eingriffskondiktion" identischen Gehalt: Soweit die Besitzübergabe an den Putativeigentümer nicht in Erfiillung einer vertraglichen Verbindlichkeit erfolgt, sondern in Reaktion auf ein (scheinbar) aus § 985 gerechtfertigtes Herausgabeverlangen, bedeutet dieses Verlangen und die dadurch bedingte Besitzübergabe nichts anderes als einen (erneuten) Eingriff in die dem Eigentümer zugewiesene Position230 .

Henckel, AcP 174 (1974), S. 97,129. StaudingeriGursky, 13/1993, § 985 Rn 5. 229 S. oben I.2.a) m.N. 230 Entsprechendes gilt im Fall der zu Unrecht bewilligten Grundbuchberichtigung. In RGZ 146, 355, 360 hätte das Gericht anstelle der Leistungs- die Eingriffskondiktion heranziehen müssen. Die von Gursky hier (Staudinger/Gursky, 13/1993, § 985 Rn 5) vorgetragene Auffassung paßt auch nicht zu der von ihm vertretenen Ablehnung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 rur den "völlig unberechtigten" Besitzer (WestermannIGursky, SachenR I, 6/1990, § 8 4.): Wenn der im Hinblick auf § 985 übergebene Besitz zum Zweck der Rückgabe an den wahren Eigentümer "als Leistung" kondizierbar sein soll, legt dieser Zweck es nahe, auch einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 zum Zwecke der Freistellung von der gegenüber dem Eigentümer drohenden Haftung aus §§ 989, 3. Fall, 990 zu bejahen. - Abgesehen davon spricht die Konkurrenzsituation zu § 985 generell gegen eine Kondiktion des unrechtmäßigen Erstbesitzers gegen seinen Besitznachfolger: Sofern dieser nämlich neben § 985 noch einem Bereicherungsanspruch ausgesetzt wäre, müßte 227 228

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

An den Erkenntnissen von oben ist daher festzuhalten: Die (dinglichen) Schutzansprüche aus §§ 894, 985 und auch § 1004 bilden eine eigenständige Gruppe von Ansprüchen, die von den (schuldrechtlichen) Leistungsansprüchen (Forderungen) zu unterscheiden sind.

bb) Die Rechtsnatur des Anspruchs aus § 888 Abs. J Bei Berücksichtigung der eben unter aa. gewonnenen Erkenntnisse wäre die Anwendung der §§ 989 ff. auf den Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1 gerechtfertigt, wenn diese Vorschrift eine den §§ 894,985 und 1004 vergleichbare Schutzfunktion für ein Rechtsgut des Vorgemerkten aufwiese.

(1) Die Funktion des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 Zunächst ist festzustellen, daß der Zustimmungsanspruch nach § 888 Abs. 1 nicht dem Schutz der Vonnerkung selbst dient, so wie die Eigentumsansprüche dem Schutz des Eigentums. Die Zustimmung des vonnerkungswidrigen Erwerbers bezweckt ja gerade nicht den Erhalt der Vonnerkung als solcher, sondern führt letztlich sogar - nach Erfilllung des vorgemerkten Anspruchs - zu deren Untergang. Als Schutzanspruch zugunsten der Vonnerkung bzw. der in ihr verkörperten Rechtsstellung in diesem Sinn ist etwa § 894 zu beurteilen, soweit die Vorschrift mit der herrschenden Auffassung (analog) zugunsten des Vorgemerkten angewandt wird, weil etwa die Vonnerkung zu Unrecht aus dem Grundbuch gelöscht wurde 231 • Außerdem ist zu beachten, daß die Vonnerkung - anders als das Eigentum keinen eigenständigen Vennögensgegenstand, kein eigenes Rechtsgut darstellt, sondern als "Anhängsel" des geschützten Erfilllungsanspruchs ohne diesen wertlos ist. Aus diesem Grund könnte eine Schutzfunktion des § 888 Abs. 1 nur zugunsten des vorgemerkten Anspruchs im Ganzen (in dieser Verknüpfung) beer dennoch der Herausgabepflicht aus § 985 nachkommen, um nicht seinerseits gemäß §§ 989, 3. Fall, 990 schadensersatzpflichtig zu werden. 231 S. dazu RGZ 129, 184, 186; 132, 419, 424; BGHZ 60, 46, 50; MKiWacke, 2/1986, § 894 Rn 10; StaudingeriGursky, 12/1985, § 894 Rn 45 f. Ge m.w.N.). Die (nur) analoge Anwendung des § 894 auf die Vormerkung wird damit begründet, daß die Vormerkung " ... kein echtes dingliches Recht..." ist, sondern ein Sicherungsmittel eigener Art darstellt, das dem Schutz eines persönlichen Anspruchs dient und nur in einzelnen Richtungen "dingliche" Wirkungen hat; s. Staudinger/Gursky, a.a.O., m.w.N.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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stehen. Dies wird durch die bisherigen Ergebnisse ergänzt und bestätigt, denn dem Geschützten ist weder bereits das vormerkungsbetroffene Recht selbst zugeordnet noch ist er Inhaber einer Anwartschaft im herkömmlichen Sinn232 . Der Schutz des vorgemerkten Anspruchs in dieser Verknüpfung wird aber (außerhalb der vertraglichen Beziehungen) an sich primär durch die in § 883 Abs. 2 angeordnete relative Unwirksamkeit bewirkt. Der Zustimmungsanspruch wird erst dann benötigt, wenn der vorgemerkte Anspruch erfiillt, d.h. die in ihm verkörperte "Einziehungsbefugnis" ausgeübt werden soll. Dies spricht dafiir, die Vorschrift funktional dem Erfiillungsprozeß zuzuordnen: Ziel des Anspruchs ist die Abgabe der nach § 19 GBO erforderlichen Eintragungsbewilligung. Diese Bewilligung nach § 19 GBO ist auch im hier interessierenden Fall der Eigentumsübertragung (Auflassung) erforderlich und wird nicht durch das materielle Konsensprinzip des § 20 GBO entbehrlich233 • Nach seinem Wortlaut erhöht § 20 GBO nur die Eintragungsvoraussetzungen, indem vor Eintragung auch die dingliche Einigung nachgewiesen werden muß. Deshalb ist eine Gleichsetzung mit der Verfahrenshandlung des § 19 GBO verfehlt. In aller Regel ergibt sich aber durch Auslegung, daß die dingliche Einigungserklärung auch den Verfahrensakt der Eintragungsbewilligung mit umfaßf 34 • Aus dem Umstand, daß der Anspruch aus § 888 Abs. I auf die Abgabe einer verfahrensrechtlichen Erklärung gerichtet ist, kann nicht rückgeschlossen werden, daß der Anspruch selbst nur verfahrensrechtlichen Charakter hätte2J5 • Der Anspruch ist im Gegenteil dem materiellen Recht zuzuordnen, da er keine Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten eines laufenden (V erwaltungs-) Verfahrens vor dem Grundbuchamt regelt und wegen § 873 auch grundsätzlich236 notwendig ist, um die materielle Rechtslage zugunsten des Vorgemerkten zu ändern. S. oben unter a). S. näher Ertl, Rpfl. 1980, 41, 49; Demharter, GBO, 21/1995, § 20 Anm. la [Rn 2]; KEHEIErtl, GBO, 4/1991, § 20 Rn 6 ff. m.w.N. A.A. noch JauerniglJauernig, 7/1994, § 873 Anm. 11.3.; RGZ 141, 374, 376; StaudingerlSeujert, 11/1956, § 925 Rn 83; Horber(lDemharter), GBO, 16/1983, § 20 Anm.la. 234 BGHZ 60, 46, 52; Ertl, Rpfl. 1980, 41, 49; Demharter, GBO, 21/1995, § 19 Anm. 5b bb [Rn 16], § 20 Anm. la [Rn 2]; KEHEIErtl, GBO, 4/1991, § 20 Rn 7; a.M. aber MeikellLichtenberger, GBO, 7/1988, § 20 Rn 50. 235 Im Schrifttum heißt es im Anschluß an BGHZ 49, 263, 266 f. vielfach, der Anspruch aus § 888 habe nur "verfahrensrechtliche Bedeutung", so z.B. SoergellStürner, 12/1989, § 888 Rn 3. Wie hier StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 47. 236 Zu AusnahmefiHlen siehe StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 1; § 883 Rn 29. 232 233

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Der Vorgemerkte kann nämlich nicht damit rechnen, geschweige denn verlangen, daß das Grundbuchamt ihn unter Verletzung der §§ 19,39 GBO als Eigentümer einträgt. Gleichwohl würde er durch eine diese Vorschriften mißachtende Eintragung materiellrechtlich wirksam die Rechtsinhaberschaft, das Eigentum erwerben237 • Nach § 433 Abs. 1 S. 1 kann der Käufer vom Verkäufer Übergabe der Sache und Verschaffung des Eigentums verlangen. Nach §§ 873 Abs. 1, 925 wird das Grundeigentum durch Einigung und Eintragung des neuen Berechtigten im Grundbuch übertragen. Der Eigentumsverschaffungsanspruch als selbständiger Teilanspruch aus dem Kaufvertrag läßt sich zerlegen in einen - grds. unselbständigen - Teilanspruch auf Abgabe einer formgerechten Übereignungserklärung (Auflassung) und auf einen - grds. ebenso unselbständigen - Anspruch auf Bewerkstelligung der Eintragung ins Grundbuch238 • Dieser Teilanspruch auf Bewirkung der Grundbucheintragung beinhaltet die weiteren - wiederum grds. unselbständigen - Einzelansprüche auf Vornahme der zur Eintragung erforderlichen Verfahrenshandlungen nach §§ 13, 19 GB0 239 • Während der Käufer den Eintragungsantrag wegen seiner eigenen Antragsberechtigung gern. § 13 Abs. 1 S.2 GBO selbst stellen kann und dies aus rechtlichen Gründen - Erlangen der Verfahrensherrschaft und der damit nach h.M. verbundenen Begründung einer Anwartschaft240 - in der Praxis zumeist auch tun wird, ist er auf die Umschreibungsbewilligung des Inhabers des grundbuchmäßigen Rechts 241 gemäß § 19 GBO angewiesen.

237 Das ist nahezu unstreitig, s. z.B. StaudingeriGursky, 12/1987, § 888 Rn 16 a.E. Anders nur die Verfechter einer materiellen Zustimmungspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers. S. oben b) bb) (4), (5), cc) m.N. 238 V gl. die vollstreckungsrechtliche Seite: Ein zusprechendes Urteil über einen (kaufrechtlichen) Grundeigentumsverschaffungsanspruch wird gemäß §§ 894 ff. ZPO vollstreckt; das rechtskräftige Urteil fingiert die vom Schuldner zu erbringenden Leistungshandlungen (Willenserklärungen). 239 So etwa RGZ 113,403,405; Soergel/Huber, 12/1991, § 433 Rn 136 f. m.w.N. 240 S. etwa BGHZ 49, 197,201 f.; 106, 108; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1024 ff.; MKiKanzleiter, 2/1986, § 925 Rn 33 m.w.N.; zu BGHZ 106, 108 näher Medicus, DNotZ 1990, 275 ff.; ferner noch Rosien, 1994, S. 154 ff. S. auch schon oben a) Fn.128. 241 Das "grundbuchmäßige Recht" ist die verfahrensrechtliche Rechtsposition i.S. der GBO. Hierunter fallen die dinglichen Rechte, die Buchrechte i.S. des BGB, Vormerkungen, Widersprüche, Verfiigungsbeschränkungen und sonstige Vermerke aller Art, kurz: alles, was als eintragungsflihig wirksam ins Grundbuch eingetragen ist; so überzeugend KEHEIErtl, GBO, 4/1991, Einl B 12; Meikel/Sieveking, GBO, 7/1986, Einl C 6 ff. Vgl. auch § 84 Abs. 3 GBO.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Wenn der Verkäufer vormerkungs- und vertragswidrig verfilgt hat, kann er beide Verfahrenshandlungen nicht mehr in geeigneter Weise erbringen: Einen von ihm gestellten Antrag nach § 13 GBO wird das Grundbuchamt wegen Fehlen der Antragsberechtigung gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 GBO als unzulässig zurückweisen, denn der Verkäufer ist weder von der Änderung begünstigt noch betroffener Rechtsinhaber i.S. der Vorschrift. Nach im Grundbuchverfahrensrecht vertretener Auffassung soll bei einer rechtsändemden Eintragung betroffener Rechtsinhaber i.S.v. § 13 Abs. 1 S.2 GBO nur der wahre, d.h. materiell Berechtigte sein242 . Das ist aber problematisch, weil das Grundbuchamt zwar über die Richtigkeit des Grundbuchs wachen soll, aber die materielle Rechtslage grundsätzlich nicht prü~43. Selbst wenn man dieser Auffassung folgt, kann dem Verkäufer, der vormerkungswidrig verfilgt hat, dennoch kein eigenes Antragsrecht nach § 13 Abs. 1 S. 2 GBO zustehen, weil er nicht - bzw. nicht allein - wahrer Berechtigter i.S. dieser Auffassung ist. Nach der hier vertretenen Lehre von der Spaltung der Verfilgungsmacht ergibt sich das, weil er zwar verfilgungsbefugt, aber nicht Rechtsinhaber (Eigentümer) ist. Für die hier abgelehnte Duplizitätstheorie folgt dasselbe aus dem Umstand, daß die ,,relative" Unwirksamkeit im Verhältnis des Schuldners zum Geschützten gilt, nicht aber im Verhältnis des Schuldners zum Grundbuchamt. Eine vom VerkäuferN ormerkungsschuldner abgegebene Eintragungsbewilligung erfilllt die Voraussetzungen von § 19 GBO nicht, weil dieser nicht (mehr) Inhaber des grundbuchmäßigen Rechts isr 44 . Soweit im Zusammenhang mit § 19 GBO vertreten wird, nur der wahre, d.h. nach materiellem Recht Berechtigte könne die Eintragungsbewilligung abgeDas "Buchrecht" i.S. des BGB ist demgegenüber ein Begriff des materiellen Sachenrechts, der ein im Grundbuch eingetragenes "dingliches" Recht kennzeichnet, dem eine materielle Wirksamkeitsvoraussetzung fehlt. S. KEHE/Ertl, GBO, 4/1991, Einl B 12. 242 Demharter, GBO, 21/1995, § 13 Anm. 13b [Rn 46] m.w.N.; KEHE/Herrmann, GBO, 4/1991, § 13 Rn 60. 243 Vgl. § 891 BGB, § 39 GBO und Demharter, GBO, 21/1995, Anhang § 13, Anm. 9 [Rn 29]. Es dürfte zutreffen, als betroffenen Rechtsinhaber i.S. von § 13 Abs. 1 S.2 GBO allein den "Inhaber des grundbuchmäßigen Rechts" im soeben definierten Sinn zu qualifizieren. In diesem Sinne wohl auch KEHEIErtl, GBO, 4/1991, Einl B 12, B 15 ff. 244 S. KEHEIErtl, GBO, 4/1991, § 19 Rn 49 ff.; Meikel/Lichtenberger, GBO, 7/1988, § 19 Rn 85 ff. Die überwiegende Rechtsprechung hat sich - unter Berufung auf Ertl dieser Auffassung angeschlossen, s. BGHZ 66, 341, 345 (=DNotZ 1976, 490, 492 =Rpfl.1976, 206); BGH, Rpfl. 1984, 408, 409. Abweichend wohl nur noch das BayObLG, DNotZ 1990, 739; Rpfl. 1992, 56.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

ben245 , ist diese Meinung denselben Einwänden ausgesetzt, die eben gegen das Abstellen auf den materiell Berechtigten bei § 13 Abs. 1 S. 2 GBO vorgebracht wurden. Auch im Anwendungsbereich des § 19 GBO bleibt es überdies dabei, daß der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs nicht bzw. nicht allein wahrer Berechtigter ist. Dem Verkäufer ist also die Erbringung beider "Teilleistungspflichten" im Zuge der Erfilllung des kaufrechtlichen Eigentumsverschaffungsanspruchs unmöglich geworden. Gegen diese Sicht könnte man einwenden, der Käufer habe einen Anspruch nur auf den Leistungserfolg durch ein (grds. beliebiges) Leistungsverhalten des Schuldners, nicht aber auf bestimmte einzelne Leistungshandlungen246 • Dieser Einwand ist berechtigt, soweit und so lange es verschiedene Möglichkeiten gibt, den geschuldeten Erfolg zu erreichen. Ist die Leistungshandlung jedoch unabdingbar filr die Erreichung des Erfolges, so kann der Gläubiger vom Schuldner auch die rechtzeitige Erbringung dieser filr die Erfilllung notwendigen Handlung verlangen. Dieses Unvermögen zur Erbringung der Teilleistungspflichten - Umschreibungsantrag beim Grundbuchamt und Abgabe einer tauglichen Eintragungsbewilligung - fUhrt aber andererseits, wie bereits ausgefilhrf47 , nicht dazu, daß dem Verkäufer die Eigentumsverschaffung bzw. die Leistungserbringung insgesamt unmöglich wird. Denn mit der Bereitschaft zur Geltendmachung der Rechte aus der Vormerkung stellt der geschützte Käufer - um wieder die anschauliche Terminologie Günter Roths 248 zu gebrauchen - seine eigene Leistungsfiihigkeit in den Dienst des Verkäufers. Der Anspruch aus § 888 Abs. 1 hat somit die Funktion eines Teiierfilllungsoder auch Erfilllungsergänzungsanspruchs ("Erfilllungshilfsanspruch"). In ihm wird die normalerweise im Rahmen des (kaufrechtlichen Teil-) Anspruchs auf Eigentumsverschaffung unselbständige Leistungspflicht des Schuldners auf Abgabe der Eintragungsbewilligung gemäß § 19 GBO zu einer selbständigen, einklagbaren Pflicht.

245 Demharter, GBO, 2111995, § 19 Anm. 13b, d [Rn 46,48] m.N. - Es geht hier um die Frage, ob das Grundbuchamt einen gutgläubigen Erwerb verhindern darf oder ob es auch an die §§ 891, 892 gebunden ist; diese Frage ist im letzten Sinn zu beantworten. Näher hierzu Ertl, Rpfl. 1980,41,44 f. 246 S. Wieacker, FS Nipperdey I, 1965, S. 783 ff., 812 und (kurz) oben 3. Kapitel, II.2.b) bb). 247 Oben 9. Kapitel, I.2.c). 248 G.Roth, JuS 1968, 101, 106.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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In dieser Funktion ist der Anspruch aus § 888 Abs. I eindeutig schuldrechtlicher, obligatorischer Na~49. Diese obligatorische Natur wird bestätigt durch die bei der Deutung der relativen Unwirksamkeit gefundenen Ergebnisse: Eine Störung bzw. Inanspruchnahme einer fremden Rechtsposition ist nicht dadurch eingetreten, daß der vormerkungswidrige Erwerber das (grundbuchmäßige ) Recht innehat, denn nach der hier vertretenen Lehre von der Spaltung der VertUgungsmacht ist der vormerkungswidrige Erwerber gegenüber jedermann Rechtsinhaber geworden, auch gegenüber dem Geschützten, so daß er das vormerkungsbetroffene (grundbuchmäßige) Recht nicht widerrechtlich fiir seine Zwecke okkupiert haeso .

(2) Einwände gegen die obligatorische Natur des § 888; die Gründe der h.M. fiir dessen Qualifikation als "dinglicher" Anspruch Die Beurteilung des § 888 als schuldrechtlicher Anspruch widerspricht allerdings der seit jeher vorherrschenden Meinung, die diesen Anspruch als "dinglich" klassifIziert2s1 . Im Hintergrund dieser Klassifizierung steht - abgesehen vom Einfluß der Deutung der relativen Unwirksamkeit durch die herrschende Duplizitätstheorie zunächst der Aspekt, daß die Vorschrift sich an einen außerhalb des originären Schuldverhältnisses stehenden Dritten wendees2 . Für die Einordnung als dinglich statt obligatorisch spricht bei erstem Hinsehen auch der Umstand, daß ausweislich der Gesetzesmaterialien durch die Vormerkung ein (obligatorischer) Schuldbeitritt nicht bewirkt werden sollte und schon die Gesetzesverfasser eine Verwandtschaft des § 888 mit dem ("dinglichen") Grundbuchberichtigungsanspruch annahmen2S3 • Ferner wird gegen eine obligatorische Natur des Zustimmungs anspruchs eingewandt, daß ein obligatorischer Anspruch prozessuale und konkursrechtliche 249 Ebenso im Ergebnis, aber mit Modifikationen im einzelnen Raape, 1908, S. 72 ff.; Staudinger/Kober, 10/1935, § 888 Rn 4; von ihrem Standpunkt einer materiellrechtlichen Zustimmungspflicht aus auch Knoke, FG Güterbock, 1910, S. 401, 419 ff.; Beer, 1975, S. 159 ff. 250 Dies gilt der Sache nach auch bei Heranziehung der anderen Theorien zur relativen Unwirksamkeit, sofern diese den Vorgemerkten vor Erfüllung seines gesicherten Anspruchs noch nicht als Rechtsinhaber ansehen. 251 S. statt aller StaudingeriGursky, 12/1987, § 888 Rn 44 m.w.N. 252 S. insoweit z.B. StaudingeriSeufert, 1111956, § 888 Rn 4 Fn. "'. 253 Protokolle III, S. 746 (=Mugdan III, S. 570).

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. UA.: Verschlechterungshaftung

Probleme aufwerfe, weil die §§ 24, 266, 325, 727 ZPO dann nicht angewandt werden könnten und der Zustimmungsanspruch entgegen dem Zweck der Vormerkung im Konkurs des vormerkungswidrigen Erwerbers wegen §§ 3,69 KO (§§ 38,45 InsO) nicht mehr durchgesetzt werden könnte 254 • Demgegenüber wurde oben255 unter Hinweis auf die Situation beim Eigentum schon ausgefUhrt, daß der auch bei der Vormerkung vorhandene Sukzessionsschutz kein notwendiges Element einer (Sach-) Herrschaftsposition, eines dinglichen Rechts ist. Ferner wurde oben 256 eingehend dargelegt, daß die von den Gesetzesverfassern angenommene und vom BGH übernommene Verwandtschaft (Parallele) zwischen § 888 und § 894 - abgesehen vom Anspruchsziel - nicht besteht. Der Hinweis darauf, daß die Verfasser des BGB einen gesetzlichen Schuldbeitritt des vormerkungswidrig Eingetragenen ausschließen wollten, verfängt gegenüber der hier entwickelten Deutung des § 888 als obligatorischen Erfilllungshilfsanspruch nicht. Der auf einen gesetzlichen Schuldbeitritt hinauslaufende Antrag des Kommissionsmitglieds Jacubezky wurde nicht allein deshalb abgelehnt, weil der Dritte nicht übermäßig belastet werden dürfe 257 , sondern auch, weil ein Schuldbeitritt des jeweiligen Eigentümers bzw. Berechtigten eine ungerechtfertigte Begünstigung des ursprünglichen Schuldners beinhalte, namentlich dann, wenn die Vormerkung aufgrund einer einstweiligen Verfilgung eingetragen worden sei 258 • Das hier entwickelte schuldrechtliche Verständnis des § 888 fUhrt nun allerdings de facto zu einem partiellen - weil auf die isolierte Zustimmungspflicht beschränkten - Schuldbeitritt. Dieser partielle Schuldbeitritt widerspricht aber gerade nicht der Vorstellung der Mehrheit der 2. Kommission, sondern befmdet sich genau im Einklang mit den von ihr vorgebrachten Gründen gegen einen (vollen) Schuldbeitritt259 :

254 Z.B. Chr.Paulus, 1981, S.35 (gegen Raape); Westermann, 5/1966, § 84 IV 4c [S.424]. 255 Unter 1.3. 256 Unter 11.4. a) und b). 257 Diesen Aspekt betont etwa StaudingeriGursky, 12/1987, § 888 Rn 3. 258 So nahezu wortwörtlich Protokolle III, S. 746 (=Mugdan III, S. 570). - Vgl. zur Problematik auch die rechtspolitischen Erwägungen von Locher, AcP 148 (1943), S. 1,43 ff. 259 Das hier dargelegte Verständnis des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 entspricht auch der zutreffenden wohl allgemeinen Auffassung, wonach der vormerkungswidrige Erwerber nur diese grundbuchmäßige Zustimmung schuldet, nicht aber die vom Schuldner zu erbringende (Gesamt-) Leistung selbst. S. hierzu BGHZ 54, 56, 62; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 3.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Durch die Erstreckung nur der Zustimmungspflicht auf den vonnerkungswidrigen Erwerber wird weder der ursprüngliche Schuldner ungerechtfertigt entlastet noch der vonnerkungswidrig Eingetragene übennäßig belastet. Offen geblieben sind damit allein noch die prozessualen und konkursrechtlichen Einwände gegen einen obligatorischen Zustimmungsanspruch. Um diese zu entkräften, bedarf es eines noch genaueren Blicks auf die Natur des § 888. Der Anspruch hat zwar schuldrechtlichen Charakter, er enthält aber auch ein "dingliches Element,,26o.

(3) Das "dingliche Element" des Zustimmungsanspruchs: QualifIkation der Pflicht aus § 888 als realobligatorisch Die Einordnung des § 888 als "dinglich" ist nur unzutreffend, sofern man wie gängig - damit ausschließlich die Ansprüche bezeichnet, die die Sachherrschaftspositionen gegen Beeinträchtigungen ("Usurpationen") von jedennann schützen, denn bis zur Fälligkeit bzw. Erfi1l1ung des vorgemerkten Anspruchs usurpiert der vonnerkungswidrige Erwerber keine dem Geschützten zukommende Rechtsposition (Sachherrschaftsbefugnis). Die KlassifIkation ist jedoch zutreffend, wenn man dem Ausdruck "dinglich" in einem weiteren Sinn lediglich als "sachbezogen", "sachgebunden" versteht261 und damit kennzeichnet, daß der Anspruch aus § 888 Abs. 1 sich gegen jeden vonnerkungswidrigen Grundeigentümer bzw. (Sachen-) Rechtsinhaber 62 richtet. Insofern könnte man auch mit Hany Westennann und Dimopoulos-Vosikis von einer subjektiv dinglichen Pflicht reden263 . 260 V gl. insoweit auch schon lost, 1956, S. 97 t1; Beer, 1975, S. 152 ff. sowie Weitnauer, FS Larenz, 1983, S. 705 ff., 712 ff. 261 Dieser Inhalt kommt dem Begriff "dinglich" wohl im Rahmen des Gesetzesgebrauchs bei §§ 24-26 ZPO zu. 262 Genau genommen richtet sich der Anspruch aus § 888 Abs. 1 gegen den Inhaber des vormerkungsbetroffenen "grundbuchmäßigen" Rechts (S. wieder KEHEIErtl, GBO, 4/1991, Einl B 12). Dieser ist aber im Regelfall mit dem EigentümerlRechtsinhaber identisch. Zu einem Auseinanderklaffen der Positionen kommt es namentlich im Fall einer (absolut) unwirksamen Verfilgung des Schuldners bzw. eines Zwischenerwerbers zugunsten des Inhabers des grundbuchmäßigen Rechts, wobei der (außerhalb dieser Beziehung stehende) Vorgemerkte bis zur Klärung der Rechtslage durch die §§ 891 ff. geschützt ist. 263 Für eine solche Kennzeichnung bei vergleichbaren Ansprüchen Westermann, Rechtssubjekt, 1942, S. 7 ff. und Dimopoulos-Vosikis, AcP 167 (1967), S. 515 ff.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Zur Vermeidung von Mißverständnissen über seine Rechtsnauu-2 64 sollte der Anspruch aus § 888 Abs. 1 aber nicht als dinglich in diesem weiteren Sinn, die aus ihm resultierende Verpflichtung nicht als subjektiv dinglich bezeichnet werden265 • Sein Wesen wird wohl treffender dadurch charakterisiert, daß man ihn als zustands- bzw. realobligatorischen Anspruch einstuft; als Anspruch aus einem auxiliarischen Realschuldverhältnis zwischen dem Vormerkungsberechtigten und dem vormerkungswidrigen Erwerber. Dabei sind weder der Ausdruck noch das Institut der "Zustands-" oder "Realobligation" neu.

Westermann, a.a.O., S. 7 ff., 28 ff., 36 f. usw. bevorzugt in Parallele zu dem geläufigen, im BGB aber nicht gebrauchten Ausdruck "subjektiv dingliches Recht" die Bezeichnung "subjektiv dingliche Pflicht". Die Sachherrschaftsrechte charakterisiert Westermann, a.a.O., z.B. S. 59 f. als objektiv dingliche Rechte. Dimopoulos-Vosikis - ihm folgend Beer, 1975, S. 159 ff. - spricht von "dinglichen Pflichten", obgleich er a.a.O., S. 528 f. ausdrücklich feststellt, daß die von ihm untersuchten Pflichten nicht dinglich i.S. der dinglichen (Sachherrschafts-) Rechte seien. Ähnlich auch Weitnauer, FS Larenz, 1983, S. 705 ff., 712 ff., der in Anknüpfung an die oben Fn. 86 angesprochene Monographie Du/ckeits von "verdinglichten" Schuldverhältnissen spricht. In der Sache stimmen aber die genannten Autoren im wesentlichen mit dem hier vertretenen Standpunkt überein, - freilich ohne ihre Ansicht auf den Anspruch aus § 888 bzw. das sachenrechtliche Vorkaufsrecht zu übertragen. 264 Zu vergleichbaren Mißverständnissen im Bereich des WEG s. Weitnauer, FS Larenz, 1983, S.705, 717 ff., der sich, a.a.O., S.721 gegen die Redewendung von der "dinglichen Wirkung" schuldrechtlicher Vereinbarungen bzw. Verpflichtungen wendet. 265 Speziell rur die Zustimmungspflicht aus § 888 lehnt auch Westermann, Rechtssubjekt, 1942, S. 29 die Bezeichnung als subjektiv dingliche Pflicht ab, weil die Pflicht nicht mit dem Grundeigentum, sondern wegen der relativen Unwirksamkeit des Erwerbs mit dessen grundbuchmäßigen Schein [dem grundbuchmäßigen Recht] verbunden sei. Diese Differenzierung, die auf der hier abgelehnten Duplizitätstheorie fußt, ist im Hinblick auf die Regelung in den §§ 891-894 nicht sehr überzeugend. Man wird hier wohl doch - wie auch bei den sonstigen beschränkt dinglichen Rechten - an den Normalfall anknüpfen müssen. Würde man dieser Auffassung Westermanns folgen, ließe sich die Anwendung der §§ 24, 266 Abs. I ZPO auf den Anspruch aus § 888 schwerlich rechtfertigen; eine Konsequenz, die die ganz h.M ersichtlich und zu Recht nicht zieht. Gegen den Ausdruck "subjektiv dingliche Pflicht" auch [ZürcherKomm!] Liver, ZGB, IV.2., 211951, Einl Rn 155. Zur Rechtsentwicklung in der Schweiz s. sogleich unten.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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a) Die geschichtliche Entwicklung des Instituts der Realobligation

Das Institut als solches wurzelt in der römischrechtlichen bzw. gemeinrechtlichen "obligatio (actio) in rem scripta,,266, als deren wichtigste Fälle die "actio quod metus causa,,267, die "actio ad exhibendum,,268 sowie die "actiones noxales,,269 zu nennen sind. Allen diesen - persönlichen, d.h. obligatorischen - Klagen war gemeinsam, daß der Schuldner nicht endgültig als Person bestimmt war, sondern durch einen Zustand, eine Eigenschaft (bzw. Zuständigkeit) bezeichnet wurde, deren Träger wechseln konnte. So richtete sich etwa die auf die Vorlage von Gegenständen gerichtete actio ad exhibendum an den jeweiligen Inhaber (Besitzer) des Gegenstandes. Im Schrifttum der lahrhundertwende bürgerte sich anstelle der Bezeichnung "obligatio (actio) in rem scripta" die Bezeichnung als Zustands- oder Realobli-

266 Zu ihr allgemein Windscheid/Kipp I, 9/1906, § 45 2; Kaser, RPR, 16/1992, §4II Ib. - Andere gemeinrechtliche Bezeichnungen: "obligatio propter rem", "obligatio ob rem"; s. Liver, PRA, 1972, S. 207, 214. 267 Sie wird bei Ulpian, D.4.2.9.8 ausdrücklich als actio in rem scripta bezeichnet. Mit dieser Klage konnte das Opfer eines unter Zwang vorgenommenen Rechtsgeschäfts das ihm Abgepreßte nicht nur von seinem erpresserischen Vertragspartner, sondern auch von jedem Dritten zurückfordern, der den Gegenstand vom Erpresser erworben hatte. Da das Opfer sein Eigentum bereits an den erpresserischen Vertragspartner verloren hatte, war der zugrundeliegende Anspruch nicht dinglicher Natur, sondern ein obligatorischer Rückübereignungsanspruch. S. hierzu Windscheid/Kipp I, 9/1906, § 45 2. mit Fn.6; Kaser, RPR, 16/1992, § 8 IV 2; auch U Weber, 1962, S. 7 f. 268 S. D. 10.4. 1. ff. Diese Klage stand dem zu, der einen Anspruch bzgl. einer Sache besaß (oder zu besitzen glaubte). Soweit dies zur weiteren Rechtsverfolgung erforderlich war, konnte er von jedem, der die facultas exhibendi hatte, d.h. Sachinhaber war, die Vorlegung verlangen. Näher Kaser, RPR, 16/1992, § 27 I 5; UWeber, 1962, S.8; s. auch Enneccerus/Nipperdey, AT 1, 15/1959, § 75 V 3. Wie aus §§ 809-811 ersichtlich ist, hat dieses Institut auch Eingang in das BGB gefunden. 269 S. Gaius, Inst. 4.75-79; Gaius, D.9.4.1. Als actiones noxa/es wurde die deliktischen Strafklagen (actiones poena/es) gegen den Gewalthaber (Hausvater) gerichtet, wenn das Delikt von seinen Gewaltunterworfenen (Hauskinder, Sklaven) begangen wurde. Die Haftung bestand aber nur solange die Gewalthaberschaft bestand. Wurde die Gewalt (mancipium) an einen Dritten - durch mancipatio - übertragen (d.h. z.B. der Sklave veräußert), dann ging die Haftung auf den Erwerber über; wurde der Täter gewaltfrei (manumissio), traf ihn die Haftung nunmehr selbst. Ausführlicher zur Noxalhaftung Kaser, RPR, 16/1992, § 5011 4.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

gation ein270 • So spricht Crome 271 von Zustandsobligationen, " ... weil sich das Gläubigerrecht oder die Schuldnerpflicht filr eine bestimmte Person an deren Eintritt in einen gewissen Zustand anknüpft und meist auch - wenigstens fiir die Zukunft - mit Aufhören des letzteren wieder schwindet. Die Folge ist, daß jeder in den betreffenden Zustand Eintretende (z.B. der Erwerber eines Grundstücks, Inhaberpapiers usw.) als solcher berechtigt und verpflichtet ist...,,272. Von Tuh?73 beschreibt dasselbe Phänomen mit dem Ausdruck "mittelbar zuständige (Rechte und) Pflichten". Der hier bevorzugte Begriff der "Realobligation" hatte allerdings noch eine besondere Bedeutung im auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht endgültig entschiedenen Streit um die Rechtsnatur der Grundpfandrechte und der Reallast274 . Nach heute ganz herrschender Ansicht handelt es sich bei den Grundpfandrechten und der Reallast - ausschließlich - um dingliche Verwertungsrechte 275 • Der Grundpfand- bzw. Reallastgläubiger hat ein Sachherrschaftsrecht in Form einer ihm unter bestimmten Voraussetzungen zustehenden Verwertungsbefugnis, die aber nicht durch Selbsthilfe, sondern allein im Wege des staatlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens verwirklicht werden darf. § 1147 ist nach der herrschenden Auffassung jedoch nicht nur im Sinne eines Ausschlusses der Selbsthilfe zu verstehen, sondern auch dahingehend, daß der Grundpfand- bzw. 270 Vgl. den Hinweis bei v.Tuhr, AT I, 1910, S. 102 Fn. 33.

Crome, System 11, 1902, § 138 5. (rome, a.a.O., meint dabei, daß das Recht bzw. die Pflicht nicht im Wege der Rechts- oder Pflichtennachfolge übergehe, sondern bei jedem in den Zustand Eintretenden neu (ex sua persona) entstehe mit der Folge, daß in der Person des Vormannes entstandene Einwendungen ausgeschlossen sind. - Anders jedoch v. Tuhr, AT I, 1910, S. 68, der in den meisten Fällen (namentlich bei den Realrechten des § 96) eine besondere Art der Sukzession annimmt und eine Neuentstehung von Rechten und Pflichten im wesentlichen auf die Inhaberpapiere und das Rechtsverhältnis der Miteigentümer (Gemeinschafter) untereinander (§§ 744 ff.) beschränkt. Den Begriff "Realobligation" will Crome allerdings auf die Fälle beschränken, "in denen sich die an den Erwerb einer bestimmten Sache knüpfende Verpflichtung auf die Haftung des Schuldners mit jener Sache beschränkt." Damit spielt er auf die damals sehr kontrovers diskutierte Frage nach der Rechtsnatur von (Grund-) Pfandrechten und Reallast an. Dazu sogleich im Text. 273 V.Tuhr, AT I, 1910, S.66, 102, 213. Ebenso Enneccerus/Nipperdey, AT I, 15/1959, § 75 V 2, 3. 274 Vgl. hierzu etwa Westermann/Eickmann, SachenR 11, 6/1988, § 1l0; E. Wolf, SachenR, 2/1979, § 1I A; WoljflRaiser, SachenR, 10/1957, § 131. 275 RGZ 93, 234, 236; WoljflRaiser, SachenR, 10/1957, § 131 I; BaurlStürner, SachenR, 16/1992, § 36 11 2a; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1500 ff.; Soergel/Konzen, 12/1989, § 1113 Rn 1. 271

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12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Reallastgläubiger nicht Leistung, sondern nur die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück verlangen kann276 • Bei Inkrafttreten des BGB war indes die Meinung noch weit verbreitet, daß der Grundeigentümer gegenüber dem Pfandrechtsinhaber oder Reallastberechtigten (obligatorisch) zur Leistung verpflichtet sei. Dieses auch als Realobligation bezeichnete Schuldverhältnis wurde dahingehend charakterisiert, daß es wie bei der actio in rem scripta auf den jeweiligen Grundeigentümer als solchen bezogen sei, der jedoch als Schuldner nur verpflichtet sei, die Leistung "aus dem Grundstück", d.h. aus Mitteln des Grundstücks zu erbringen277 • Diese Realobligation wurde bei der ihrer Herkunft nach deutschrechtlichen278 Reallast teils anstelle, nach Inkrafttreten des BGB zumeist wie bei den Grundpfandrechten kumulativ neben dem dinglichen Verwertungsrecht angenomrnen 279 • Das Verständnis der Anhänger der pfandrechtlichen Realobligation war einerseits romanistisch, andererseits durch die ihnen fehlende begriffliche Trennung zwischen (materiellrechtlicher) Schuld und (vollstreckungsrechtlicher) Haftung280 geprägt. Die nach dem Wortlaut der §§ 1113, 1191, 1199 und insbesonV gl. hierzu MKiEickmann, 2/1986, § 1147 Rn 4. So z.B. Cosack, BR 11,3/1901, § 22111; Crome, System III, 1905, § 454 Ib mit Fn.22 (zur Reallast), § 460 3b mit Fn. 39 (zu den Grundpfandrechten), Siber, 1903, S.203. 278 S. MKlJoost, 2/1986, § 1105 Rn I; RGRKlRothe, 12/1979, Vor § 1105 Rn 2; aus dem älteren Schrifttum o.v.Gierke, DPR 11, 1905, S. 703 f.; Dernburg, BR III, 2/1901, § 199 I; Windscheid/ Kipp 11, 6/1906, § 291 mit Fn. 6. 279 S. die Übersichten bei o.v.Gierke, DPR 11, 1905, S. 704 tf.; v.Lübtow, FS Lehmann I, 1956, S.328, 352 ff. (beide zur Reallast); Wolff/Raiser, 10/1957, SachenR, § 131; auch Crome, System III, 1905, § 460 3 mit Fn. 19, 41 (je zum Pfandrecht). 280 S. die undifferenzierten Formulierungen bei Cosack, BR 11, 3/1901, § 221 11; Siber, 1903, S. 181, 183, 202 f. Der Sprachgebrauch Cromes (System 11, 1902, § 1385, System III, 1905, §§ 454, 460) entspricht nur scheinbar der heute grds. anerkannten begrifflichen Trennung zwischen Schuld und Haftung. Das wird deutlich in der Wendung: "Denn die Leistung anderswo herzunehmen, ist nur ein Recht, nicht eine Pflicht des Schuldners. Ein Zwang gegen ihn besteht nicht über den Werth des Pfandes hinaus." (System III, 1905, § 460 a.E. [So 645]. Eine ausführliche Übersicht über den damaligen uneinheitlichen Gebrauch der Begriffe Schuld (bzw. Verpflichtung) und Haftung und eine eingehende Rechtfertigung des heutigen Begriffsverständnisses gibt v. Tuhr, AT I, 1910, S. 108 tf., der in diesem Zusammenhang die Lehre von der (pfandrechtlichen) Realobligation ausdrücklich ablehnt und deren Anhängern Verwechslung mit der actio in rem scripta vorwirft (a.a.O., S. 116 mit Fn. 78; zur Auseinandersetzung mit Siber s. auch S. 112 Fn.67). Zu den römischrechtlichen Grundlagen vgl. Kaser, RPR, 16/1992, § 32 11, insbes. 11 5. - Freilich wird der Begriff der Haftung auch heute noch mit verschiedenen Bedeutungen gebraucht (vgl. dazu näher Gernhuber, SchV, 1989, § 4 I 2; StaudingerlJSchmidt, 13/1994, Einl zu §§ 241 ff. Rn 175; Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 2 IV). Abgesehen von dem hier interessierenden vollstreckungsrechtlichen Begriff, wird 276 277

22 Richter

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

dere des § 1105 "aus dem Grundstück" zu erbringende (Geld-) Leistung war mit einer römisch- bzw. gemeinrechtlichen actio in rem nicht zu erfassen, da die dinglichen (Sachherrschafts-) Klagen nicht auf ein Tun, ein Leisten ifacere), sondern nur auf ein Dulden (pati) gerichtet waren281 • Die Annahme einer gegenständlich auf das Grundstück begrenzten Leistungspflicht (Schuld) des jeweiligen Eigentümers erfolgte somit, um beiden Anforderungen - nämlich einerseits der aus dem Wortlaut der §§ 1105, 1113, 1191, 1199 abgeleiteten Leistungspflicht, andererseits der Beschränkung der Vollstreckung auf das Grundstück - gerecht zu werden. Vermutlich filhrte die nicht vollzogene begriffliche Trennung zwischen Schuld und Haftung282 sowie der Umstand, daß beim Fahrnispfand die Annahme einer vergleichbaren "Haftung" nämlich - auch (wenig verwunderlich) in der Gesetzessprache, z.B. in §§ 179 Abs. 3,427,431,528 Abs. 2,571 Abs.2 - ebenso als Synonym fiir "Leisten-sollen", "Schulden" gebraucht, um gefälliger formulieren zu können, sowie im Sinne einer "Verantwortlichkeit" fiir die Folgen eigenen oder fremden Verhaltens im weitesten Sinn, wie dies etwa in den Begriffen "Haftpflichtrecht", "Garantiehaftung", "Mängelhaftung" zum Ausdruck kommt. Im Kontext zum Begriff der "Schuld" ist jedoch regelmäßig "Haftung" in seiner vollstreckungsrechtlichen Bedeutung gemeint. In diesem Sinne etwa auch SoergellTeichmann, 12/1990, Vor § 241 Rn 5; MKJKramer, 3/1994, Einleitung [vor § 241] Rn 41. 28\ S. hierzu insbes. v.Lübtow, FS Lehmann 1,1956, S. 328, 362; o.v.Gierke, DPR 11, 1905, S. 704 f. 282 In Abweichung der eben dargestellten Lehre von der (pfandrechtlichen) Realobligation unterschied die "Theorie von der dinglichen Schuld mit beschränkter Haftung" entsprechend dem heutigen Verständnis zwischen Schuld und Haftung. Diese Lehre, die u.a. - w.N. bei WolfflRaiser, SachenR, 10/1957, § 13111 Fn. 10 und Planck/Strecker, 5/1938, Vorbem 3. vor § 1113 - von o.v.Gierke, DPR 11, 1905, S. 853 ff. vertreten wurde, nahm an, (auch) der jeweilige Eigentümer der Pfandsache schulde dem Gläubiger den Geldbetrag, er hafte dafiir aber nicht persönlich, sondern nur mit der Pfandsache (ähnlich wie etwa der Erbe nach Beschränkung der Erbenhaftung nur noch mit dem Nachlaß haftet, s. §§ 1975 ff.). Die in diesem Sinne modifizierte Lehre von der pfandrechtlichen Realobligation liegt sachlich der Auffassung von E. Wolf, SachenR, 2/1979, § II A und Eic/cmann (Westermann/Eickmann, SachenR 11, 6/1988, § 1l0; MKJEickmann, 2/1986, § 1147 Rn 4) zugrunde. - Keine Billigung verdient o.v.Gierke, a.a.O., S. 855 f., soweit er die Annahme einer in das Sachenrecht eingefiigten Obligation ablehnt und von einer "sachenrechtlichen Schuld" spricht, die dem Berechtigten keine Forderung, sondern ein "dingliches Gläubigerrecht" gewähre und auf die die Regeln des Obligationenrechts, d.h. des allgemeinen Schuldrechts niemals unmittelbar anwendbar seien. Das ist allzu begrifflich gedacht; ob ein Schuldverhältnis, eine Obligation vorliegt, entscheidet sich nach der Struktur der Rechtsbeziehungen, d.h. ob Verpflichtungen begründet werden, nicht aber danach, in weichem Buch des BGB das Rechtsverhältnis geregelt ist. Die Auffassung 0. v. Gierkes verwischt die (strukturellen) Grenzen zwischen den obligatorischen und den (Sach-) Herrschaftsrechten und bestätigt die oben geäußerten Vorbehalte gegen den Begriff "dingliche Pflicht".

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Realobligation keine Stütze im Gesetzeswortlaut fmder 83 , dazu, daß die Lehre von der pfandrechtlichen Realobligation ihre Anhängerschaft verlor 84 und mit ihr auch der Begriff der Realobligation - ebenso wie der der Zustandsobligation - in der deutschen Lehre praktisch in Vergessenheit geraten isr85 . Daß dieses Vergessen ein echter Verlust war, zeigt sich an der fehlerhaften Qualiflkation nicht nur des Anspruchs aus § 888 Abs. 1, sondern auch der Ansprüche aus §§ 1098 Abs. 2, 888 Abs. 1 sowie (e contr.) § 1100 als "dinglich" bzw. des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts insgesamt als unmittelbare Sachherrschaft vermittelndes Recht ("dingliches Erwerbsrecht"i86 • Diese Bewertung als Verlust wird bestätigt durch einen Blick auf die Rechtsentwicklung in der Schweii87 •

283 Das erkennt etwa Siber, 1903, S. 205 ausdrücklich an. Anders offenbar aber Crome, System III, 1905, § 490 mit Fn. 1. Zur vergleichenden Argumentation mit dem Fahrnispfand s. WoljflRaiser, SachenR, 10/1957, § 131 I, III 1 mit Fn. 16. Wegen der unterschiedlichen Struktur (Besitzabhängigkeit des Fahrnispfands) beschränkt sich die Parallele zu den Grundpfandrechten wohl auf die Verwertungs befugnis des Pfandgläubigers. 284 Eine Parteinahme im Streit um das Wesen der Grundpfandrechte und der Reallast würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Die Argumentation von WoljflRaiser, SachenR, 10/1957, § 131 und Planck/Strecker, 5/1938, Vorbem3. vor § 1113 ist jedenfalls nicht so zwingend, daß eine kurze Stellungnahme ausreichen könnte. Andererseits steht es außer Streit, daß die Grundpfandrechte und die Reallast (auch) ein dingliches Verwertungsrecht beinhalten, das den Kern des (Sachen-) Rechts ausmacht (s. Westermann/Eickmann, SachenR II, 6/1988, § 113 II). Der Streit geht nur darüber, ob die auf die Annahme eines dinglichen Verwertungsrechts beschränkte Deutung der h.M. ausreicht, um diese Rechte zutreffend zu erfassen. 285 In den aktuellen Lehrbüchern und Kommentaren zum Schuldrecht taucht der Begriff der Zustands- oder Realobligation - soweit ersichtlich - nicht mehr auf. Im sachenrechtlichen Schrifttum wird der Begriff der (pfandrechtlichen) Realobligation in der Regel nur eher stichwortartig bei den Ausführungen zum Wesen der Grundpfandrechte angesprochen (S. z.B. Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 36 II 2a; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1502). Immerhin spricht aber Müller, a.a.O., Rn 1475 bei § 1108 von einem Realschuldverhältnis. 286 S. zum Vorkaufsrecht z.B. Baur/Stürner, SachenR, 16/1992, § 3 II 2c. 287 Zur teilweise noch weitergehenden Rechtsentwicklung in Frankreich und Italien s. die knappen Übersichten bei Jost, 1956, S. 29 ff. (zum französischen Recht), S. 39 ff. (zum italienischen Recht).

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, !. UA.: Verschlechterungshaftung

ß) Die Rechtslage in der Schweiz In der Schweiz ist das Institut der "Realobligation" - im wesentlichen übereinstimmend mit der hier vorgenommenen Begriffsbildung - als "Mittelstufe" zwischen den dinglichen (=Sachherrschafts-) Rechten und den (rein persönlichen) Schuldverhältnissen seit Beginn der filnfziger Jahre, namentlich durch die Arbeiten von Liver88 , Josr89 sowie Meier-Hayor90 wieder eingefilhrt worden und seither in der dort herrschenden Lehre und der Rechtsprechung des Bundesgerichts 291 anerkannt. Neben der Bestimmung des (obligatorisch) Verpflichteten durch die Stellung als Inhaber eines dinglichen Rechts oder durch den Besitz an einer Sache wird die Realobligation in der schweizerischen Lehre dadurch charakterisiert, daß sie rangfähig ist, dem Grundsatz der Typengebundenheit untersteht, infolge der Bindung an die Rechtsinhaberschaft bzw. Besitzerstellung als solche beim Wechsel des Inhabers oder Besitzers die Vereinbarung einer Schuldübernahme entbehrlich ist und - was im einzelnen streitig ist - teilweise auch die fiir die dinglichen (Herrschafts-) Rechte geltenden Untergangsgründe maßgeblich sein sollen292 • Besonders hervorzuheben ist die Beurteilung als Realobligation fiir die im Grundsatz mit den gleichnamigen Instituten des BGB übereinstimmenden Einrichtungen des Vorkaufsrechts (Art.681 ZGB)293 bzw. der Vormerkung (Art. 959 ZGB). 288 [ZürcherKommIJ Liver, lGB, IV.2., 2/1951, Einl Rn 148 ff.; ders., PRA, 1972, S. 207 ff. 289 Jost, Die Realobligation als Rechtsinstitut, Bem, 1956 mit eher krit. Bespr. Ra;ser, Rabe/sl 23 (1958) S. 335. 290 [BernerKommIJ Meier-Hayoz, lGB, IV.!.!., 3/1958, System. Teil, S. 70 ff. 291 S. etwa BGE 92 (1966) 11 147 ff. (zum vorgemerkten Vorkaufsrecht nach Art. 681 lGB), 11 227 ff. (zum vorgemerkten Anspruch auf eine Bauhandwerkerhypothek gemäß Art. 837, 839 ZGB). Weitere Nachweise bei [ZürcherKommIJ Liver, lGB, IV.2., 2/1968, Nachträge S. 654 f. sowie bei [BernerKomml] Meier-Hayoz, ZGB, IV.!.!., 5/1981, System. Teil Rn 277 ff. 292 S. hierzu die Übersichten bei [BernerKomml] Meier-Hayoz, lGB, IV.!.!., 5/1981, System. Teil Rn 271 ff.; auch Jost, 1956, S. 97 ff., der diese Charakteristika als "dingliche Elemente" bezeichnet. 293 Das Vorkaufsrecht nach Art. 681 i.V.m. Art. 959 lGB vereinigt Elemente des vorgemerkten Vorkaufsrechts (§§ 504, 883 BGB) und des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts (§ 1094 ff. BGB). Es besteht ebenso wie das erste aus Vorkaufsrecht und Vormerkung als "dinglicher Verstärkung" und kann aber wie das zweite auch als subjektiv dingliches Recht (Realrecht) bestellt werden (dazu [BernerKomml] Meier-Hayoz, lGB, IV. 1.3., 3/1975, Art. 681 Rn 93 m.w.N.). Der wesentlichste Unterschied zum deutschen Recht liegt darin, daß der jeweilige Eigentümer verpflichtet ist, den mit Ausübung des Vorkaufsrechts begründeten Kauf-

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Die Rechtslage in der Schweiz ist freilich insofern von der des BGB verschieden als die Vormerkung des schweizerischen Rechts gegenüber der deutschen Institution einen wesentlich weiter gespannten, über die Erwerbssicherung hinausgehenden Anwendungsbereich hat - so sind etwa auch Miet- und Pachtverhältnisse vormerkbar94 - und schon der Wortlaut des Gesetzes von der Verknüpfung persönlicher Ansprüche bzw. Verpflichtungen mit dem betroffenen dinglichen Recht ausgehr 95 • Dabei wird angenommen, daß die Verpflichtung beim Inhaberwechsel grds. nicht ex lege auf den Erwerber übergeht, sondern in der Person des jeweiligen Rechtsinhabers neu entstehf96 •

y) Die faktische Anerkennung von Realobligationen als "gesetzliche Schuldverhältnisse" (des Sachenrechts)

Realobligationen sind der Sache nach - nicht aber unter dieser Bezeichnung überdies schon längst im deutschen Recht anerkannt. Zahlreiche Fälle, die die schweizerische Rechtslehre mit dem Begriff Realobligation umreißt, werden im deutschen Recht als "gesetzliche Schuldverhältnisse" bezeichnet. Dieser Ausdruck ist aber auch nur ein Oberbegriff, unter den so verschiedenartige Verhältnisse gepackt werden wie die Geschäftsfilhrung ohne Auftrag, das Deliktsrecht, das Bereicherungsrecht, das Gemeinschaftsrecht oder die sachherrschafts-

vertrag zu erfüllen. Die schweizerische Regelung ruhrt - anders als das deutsche Recht insoweit zu einer vollen Schuldübernahme und erspart dem Berechtigten das im deutschen Recht unvermeidliche zweiaktige Vorgehen. S. dazu auch Liver, PRA, 1972, S. 207, 216 ff., 218. 294 Auch dazu etwa Liver, PRA, 1972, S. 207, 219 ff. 295 S. Art. 959 (i.V.m. Art. 963) ZGB. - Art. 959 ZGB lautet: "Persönliche Rechte können im Grundbuche vorgemerkt werden, wenn deren Vormerkung durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wie bei Vor- und Rückkauf Kaufsrecht, Pacht und Miete. Sie erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Rechte. " Noch deutlicher Art.681 Abs. 1 ZGB rur das Vorkaufsrecht (übereinstimmend Art. 683 Abs. 1 ZGB rur Kaufs- und Rückkaufsrechte): " Wird ein Vorkaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt, so besteht es während der in der Vormerkung angegebenen Zeit gegenüber jedem Eigentümer zu den vorgemerkten Bedingungen oder, wo solche fehlen, zu den Bedingungen, zu denen dem Beklagten das Grundstück verkauft worden ist. " 296 S. Jost, 1956, S. 100; [BernerKomm!) Meier-Hayoz, ZGB, IV.I.I., 5/1981, System. Teil Rn 287; unklar [ZürcherKommi] Liver, ZGB, IV.2., 2/1951, Einl Rn 154 f.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

rechtsbegleitenden Rechtsverhältnisse wie z.B. das Rechtsverhältnis zwischen Nießbraucher und Eigentümer297 • Systematisch lassen sich die gesetzlichen Schuldverhältnisse des BGB durchaus weiter untergliedern in solche, die an ein bestimmtes Verhalten (Tun oder Unterlassen) einer Person anknüpfen, wie z.B. die §§ 677 ff., 823 ff. - gesetzliche Verhaltensobligationen - und solche, die an einen bestimmten Zustand, eine Zuständigkeit gebunden sind, etwa mit der Inhaberschaft an einem Sachenrecht ("Sachherrschaftsrecht") oder dem Besitz einer Sache zusammenhängen - gesetzliche Zustands- bzw. (im Bereich des Sachenrechts) Realschuldverhältnisse. So besteht zwischen den Beteiligten einer Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. eine gesetzliche Zustandsobligation298 , im Falle der Miteigentümergemeinschaft nach §§ 1008 ff. ein gesetzliches Realschuldverhältnis als speziellere Form dieser Zustandsobligation299 • Entsprechendes gilt fiir das schon seit langem als gesetzliches Schuldverhältnis anerkannte Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher (§§ 1034 ff.)300. Ebenso wie im schweizerischen kann auch im deutschen Recht danach unterschieden werden, ob das Realschuldverhältnis in der Person jedes Eigentümers (Rechtsinhabers) neu entsteht oder ob eine bereits bestehende Verpflichtung

297 Einen Überblick über die gesetzlichen Schuldverhältnisse des Sachenrechts gibt Staudinger/Seiler, 13/1995, Einl zu §§ 854 ff Rn 28-35. S. auch StaudingeriErtl, 1211982, Vorbem zu §§ 873-902 Rn 42 ff. Der Begriff des gesetzlichen Schuldverhältnisses ist überdies nicht bei allen im Sachenrecht geregelten Schuldverhältnissen passend. Namentlich die die beschränkt dinglichen Rechte begleitenden Schuldverhältnisse werden der Sache nach vertraglich begründet, so zutreffend Seiler, a.a.O., Rn 35. 298 Allerdings ist es streitig, ob und in welchem Umfang zwischen den Gemeinschaftern ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht. Als Bruchteilsberechtigung begründet die Gemeinschaft keine Erfiillungsansprüche der Gemeinschafter untereinander, wohl aber besteht nach zutreffender überwiegender Auffassung eine gesetzliche Sonderverbindung, gerichtet auf ordentliche Erfiillung der Pflichten aus §§ 743 ff., so MK/K.Schmidt, 2/1986, § 741 Rn 33; StaudingeriHuber, 1211981, Rn 162ff., 175; Soergel/Hadding, 1l/1985, Vor§741 Rn I; Schubert, JR 1975, 363 ff.; abweichend BGHZ 62, 243, 246: Gemeinschaft als "Quelle gesetzlicher Schuldverhältnisse". 299 In diesem Sinne bereits v. Tuhr, AT I, 1910, S. 67 f., 103. 300 S. RGZ 141, 220, 224; 143, 231, 234; BayObLGZ 1972, 364, 366 f.; BGHZ 95, 99, 100 f.; Crome, System III, 1905, § 435 mit Fn.4; PlanckiBrodmann, 511933, Vorb.3 vor § 1030; Wolff/Raiser, SachenR, 10/1957, § 117; MK/Petzold, 2/1986, Vor § 1030 Rn 13 ff.; Westermann/Pinger, SachenR II, 6/1988, § 137 IV; Müller, SachenR, 311993 Rn 3036a ff. - wohl allg. Auffassung. Ausdrücklich im Sinne einer gesetzlichen Zustandsobligation v.Tuhr, AT I, 1910, S. 67 f.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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kraft Gesetzes auf den neuen Eigentümer bzw. Rechtserwerber übergeheo 1• Je nachdem kann man von einer Realobligation im weiteren bzw. im engeren Sinn sprechen302 • Beispielhaft filr diese Realobligationen Lw.S. steht etwa die persönliche Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers gegenüber dem Reallastberechtigten gemäß § 1108303 • Ebenso gehören hierher die gesetzlich normierten (Regel-) Verpflichtungen von Bruchteilsgemeinschaftern304 , insbesondere Miteigentümern. Zu den mit Sukzessionsschutz ausgestatteten Realobligationen i.e.S. gehören etwa die die beschränkten dinglichen (Nutzungs-) Rechte ausgestaltenden Begleitschuldverhältnisse sowie bestimmte Pflichten der Bruchteilsgemeinschaf-

301 In diesem Sinne etwa bereits v.Tuhr, AT I, 1910, S. 68: "Meistens handelt es sich um eine besondere Art der Sukzession ... ". 302 Die Realobligationen im hier verstandenen Sinn sind von verwandten Einrichtungen abzugrenzen: - Eine enge Verwandtschaft zur Realobligation i.e.S. ist in den Fällen einer gesetzlichen Vertragsübernahme vorhanden. So besteht zwischen dem Grundstücksvermieter und dem Mieter trotz §§ 571 ff. kein Realschuldverhältnis. Die Vermieterpflichten sind nicht mit der EigentümersteIlung verknüpft, verpflichtet wird der Vermieter als solcher. Dementsprechend ist der Mietzinsanspruch auch kein Realrecht i.S. von § 96. § 571 findet im Fall der Vermietung durch den Nichteigentümer (z.B. Zwischenmieter) keine Anwendung und setzt andererseits auch noch die Besitzüberlassung an den Mieter voraus. S. näher v. Tuhr, AT I, 1910, S. 103 und 69; Westermann, Rechtssubjekt, 1942, S. 11 f. Im Fall von § 69 VVG handelt es sich ebenfalls nicht um eine Realobligation, weil der Versicherungsnehmer nicht als Eigentümer des versicherten Gegenstandes, sondern persönlich aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet wird. Versicherungsnehmer kann z.B. auch der Pächter des versicherten Gegenstandes sein. S. Westermann, Rechtssubjekt, 1942, S. 11; Prölss/Kollhosser, VVG, 25/1992, § 69 Anm. l.B., E. - Die Regelung in § 613a BGB fUhrt dazu, daß die Arbeitsverhältnisse auf Arbeitgeberseite zustands-, nicht aber realobligatorischen Charakter gewinnen, weil der jeweilige Betriebsinhaber verpflichtet ist, wobei der Betriebsinhaber nicht Eigentümer des "Unternehmens" sein muß. Betriebsinhaber ist, wer eigenen Namens mit dem Betrieb einen eigenen arbeitstechnischen Zweck verfolgt. S. Weitnauer, FS Larenz, 1983, S.705, 713 f.; Palandt/Putzo, 55/1996, § 613a Rn 12. Als eine der Realobligation i.w.S. vergleichbare (potentielle) Zustandsobligation dieses Typs läßt sich die Tierhalterhaftung gemäß § 833 anfUhren, die nicht an das Eigentum an dem Tier, sondern an die Tierhaltereigenschaft gebunden ist und in der Person des jeweiligen Halters neu entsteht. 303 Zutreffend daher Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1475. 304 S. z.B. §§ 743 Abs. 1, 745 Abs. 2.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

ter305 und die im Grundbuch eingetragenen (gesondert vereinbarten) Pflichten von Mit- oder Wohnungseigentümern306 , 307. 305 S. i.e. § 746 i.V.m. § 745 (hinsichtlich einer vereinbarten Verwaltungs- und Benutzungsordnung); ferner §§ 751 Satz 2,755 Abs. 2, 756 Satz 2. 306 S. für die Miteigentumsgemeinschaft § 1010 BGB. Gegenüber dem (subsidiär anwendbaren) Gemeinschaftsrecht bedeutet die Bindung des Sukzessionsschutzes an die Eintragung im Grundbuch allerdings eine Einschränkung. Im Hinblick auf das im Liegenschaftsrecht geltende Eintragungsprinzip (vgl. §§ 873 ff.) ist diese Einschränkung nur konsequent. - Der Beurteilung der nach § 10 10 im Grundbuch eingetragenen Verpflichtungen als realobligatorisch i.e.S. steht nicht entgegen, daß die Gesetzesverfasser in Motive III, S. 441 f der Meinung waren, bei den hier fraglichen Rechten handele es sich nicht um actiones in rem scriptae (und auch nicht um Veräußerungsverbote), sondern um eine besondere Art der Belastung der Anteile, denn die zweite Kommission wollte die Konstruktionsfrage nicht entscheiden. S. dazu PlanckiStrecker, 5/1933, § 1010 Anm. lc; StaudingeriGursky, 13/1993, § 1010 Rn 5. Die Annahme einer Verpflichtung des jeweiligen Miteigentümers, d.h. Anteilsinhabers (=Realobligation, =obligatio [nicht actio] in rem scripta), führt überdies auch nach der hier vertretenen Auffassung zu einer unmittelbaren Belastung des Miteigentümers bzw. dessen Anteils. Im übrigen ist weder in den Motiven, a.a.O., noch bei Staudinger/Gursky, a.a.O., ein vernünftiger Grund für die mangelnde Eignung der "obligatio in rem scripta" bzw. der Realobligation im hier verstandenen Sinn als Erklärungsmodell aufgeführt. 307 Für die Wohnungseigentümergemeinschaft s. §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG. Die (schuldrechtlichen) Pflichten der Gemeinschafter untereinander haben realobligatorischen Charakter (Realobligation i.w.S.), weil sie unmittelbar an die Rechtsstellung des Wohnungseigentümers anknüpfen, s. Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2263 f; Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 1099. An von der gesetzlichen Grundregelung (§§ 10 ff. WEG) abweichende Vereinbarungen (in der Praxis die Regel) ist der Rechtsnachfolger gemäß §§ 5 Abs.4, 10 Abs.2 WEG nur gebunden, sofern diese Vereinbarungen im Wohnungsgrundbuch publiziert sind. In diesem Fall liegt wegen des Sukzessionsschutzes eine Realobligation i.e.S. vor. V gl. auch die Rechtsprechung zur Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers für Wohngeldrückstände des vormaligen Wohnungseigentümers: BGHZ 88, 302, 308; 99, 358,361; BGH, NJW 1994, 2950, 2951 f Der BGH geht zwar einerseits davon aus, daß den diesbezüglichen Erwerberpflichten kein "selbständiges vom Wohnungseigentum losgelöstes dingliches Recht" korrespondiert und die Ansprüche nicht "auf dem Wohnungseigentum lasten", andererseits ist er der Auffassung, daß der Sondernachfolger im Unterschied zu einer rein schuldrechtlichen Verpflichtung - persönlich mit seinem gesamten Vermögen hafte, ohne daß es einer schuldrechtlichen Übernahme bedurfte. In ihrer wirtschaftlichen Tragweite wirke sich die Vereinbarung wie eine Belastung der Eigentumswohnung aus, im Sinne einer "Vorlast zugunsten der anderen Miteigentümer" (s. BGHZ 88, 302, 308). In BGHZ 99, 358, 361 spricht der BGH insoweit von einer "Verdinglichung der Wohnlasten". Diese Rechtsprechung ist ohne weiteres mit dem hier entwickelten Verständnis dieser Pflichten als realobligatorisch vereinbar. Ob die Figur der Realobligation geeignet ist, den Gegensatz zwischen der "Spaltungstheorie" und der "Einheitstheorie" (s. dazu übersichtlich MKiRöll, 2/1986, WEG, Vor § 1 Rn 15 ff.) zu überwinden, muß einer gesonderten Untersuchung vorbehalten bleiben.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Man mag diese Begriffsbildung und die Differenzierung der gesetzlichen Schuldverhältnisse vielleicht mit einer gewissen Berechtigung als begriffsjuristische Spielerei mit eher geringem Erkenntniswert abtun 308 ; es ist in diesem Zusammenhang aber darauf hinzuweisen, wie schwer sich Rechtsprechung und Lehre teilweise getan haben und zum Teil noch heute tun, die im Sachenrecht geregelten - zumeist ein Sachherrschaftsrecht begleitenden Rechtsverhältnisse als Schuldverhältnisse zu erkennen und schuldrechtliche Normen - namentlich seien hier die Verzugsvorschriften309 und die Gehilfenhaftung nach § 278 310 genannt - auf sie anzuwenden.

8) Folgerungen ftIr das sachenrechtliche Vorkaufsrecht und die Vormerkung Im Hinblick auf die hier erörterte Situation bei Vormerkung und sachenrechtlichem Vorkaufsrecht hat die mangelnde Ausdifferenzierung des Begriffs des gesetzlichen Schuldverhältnisses wohl - neben anderem, namentlich der Fixierung auf den Begriff der Anwartschaft - auch dazu gefiihrt, daß keinerlei Raum war ftIr die Vorstellung eines isolierten, d.h. ohne Verbindung mit einer parallel laufenden Sachherrschaftsbeziehung bestehenden, auf vertraglicher Vereinbarung beruhenden, aber dem sachenrechtlichen Typenzwang und dem Rangrecht unterliegenden (Real-) Schuldverhältnis, wie es hier fiir das sachen308 In diese Richtung etwa Raiser, RabelsZ 23 (1958), S. 335, 336 - Rezension der Arbeit von Jost -: "Angesichts der bestehenden Verschiedenheiten, die nicht allzuviele gemeinsame Regeln zulassen, ist der Erkenntniswert dieses Begriffs [der Realobligation] doch wohl geringer als J. glaubt." - Der Erkenntniswert des Begriffs "gesetzliches Schuldverhältnis" ist aber wohl kaum größer. Ein nicht unerheblicher Erkenntniswert kommt dem Begriff des Realschuldverhältnisses, der realobligatorischen Pflicht aber schon deshalb zu, weil der doppeldeutige Gebrauch des Begriffs "dinglich" und die damit verbundenen Mißverständnisse vermieden werden. 309 Nach BGHZ 49, 263, 266 f. (=NJW 1968, 788 m. abI. Anm. D.Reinicke a.a.O.) sind die Verzugsvorschriften auf den Zustimmungsanspruch nach § 888 Abs. 1 nicht anwendbar. Im Schrifttum wird dieses Erkenntnis nahezu einhellig abgelehnt, s. Müller, SachenR, 3/1993, Rn 117lf; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 47 m.w.N. 310 S. zur Anwendung von § 278 auf die Verpflichtungen aus § 1020 etwa BGH, LM § 242 [D] Nr.31: keine (schuldrechtliche) Verpflichtung i.S. eines neben der Grunddienstbarkeit stehenden gesetzlichen (Begleit-) Schuldverhältnisses; anders nunmehr BGHZ 95, 144, 146 m.w.N.; die Anwendung von § 278 bejahend. Schon v. Tuhr, AT I, 1910, nahm für die Verpflichtungen aus § 1020 eine gesetzliche Zustands- bzw. Realobligation an; ebenso wohl auch Crome, System III, 1905, § 430 5 mitFn.47. S. ferner Staudinger/Seiler, 13/1995, Einl zu §§ 854 ff. Rn 84 m.w.Bsp. - Zum nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis vgl. BGHZ 42, 374 ff.; MKlSäcker, 2/1986, § 912 Rn 18 ff. m.w.N.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

rechtliche Vorkaufsrecht und den Zustimmungsanspruch aus § 888 postuliert wird3\l. Die Merkmale, die Schurig312 und - ihm folgend - Mayer-Maly (und Mader)313 zur Rechtfertigung der Einordnung des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts als dingliches (=Sachherrschafts-) Recht anfiihren, sind nicht geeignet, einen Herrschaftscharakter der Position des Berechtigten zu begründen3l4 . Die Befugnis, bei einem Verkauf des belasteten Grundstücks durch den Verpflichteten an einen Dritten durch einseitige Erklärung gegenüber dem Verpflichteten einen Kauf mit diesem zustandezubringen3l5 , hat als solche nicht mehr Gestaltungscharakter als die entsprechende Befugnis eines schuldrechtlich Vorkaufsberechtigten; insbesondere ist mit dieser Befugnis kein aktuelles Nutzungsrecht im hier verstandenen weiten Sinne hinsichtlich der Grundstückssubstanz oder seines Wertes gewährt. Die von diesen Autoren aufgefiihrten "Dinglichkeitsmerkmale" sind vielmehr teils notwendige, teils ergänzende Merkmale einer realobligatorischen Verpflichtung als eines Schuldverhältnisses eigenständiger Prägung: Der Umstand, daß die Wirkungen des Vorkaufsrechts den jeweiligen Eigentümer als solchen treffen, d.h. die aus ihm resultierenden Pflichten nicht an eine konkret benannte Person, sondern an den jeweiligen Grundeigentümer anknüpfen 3l6 , ist notwendiges Charakteristikum einer Realobligation im hier verstandenen Sinn. Die Möglichkeit, daß das Vorkaufsrecht gemäß § 1103 als "subjektiv dingliches" Recht, als Realrecht i.S. von § 96 bestellt werden kann, ist - wie die Beispiele Eigentum und Nießbrauch zeigen317 - kein notwendiges Kriterium einer Herrschaftsbeziehung, genausowenig wie das einer realobligatorischen Verpflichtung, fiir die die SchuldnersteIlung entscheidend ist. Es wird nur (auch)

311 Die von Schurig 1975 verfaßte - wohl gründlichste - Monographie über das Vorkaufsrecht handelt die hier angesprochenen Fragen nur kursorisch und ohne Problembewußtsein ab; s. S. 96 f1, bes. S. 102. Insbesondere fehlt eine Auseinandersetzung mit der Rechtsentwicklung in der Schweiz und mit der Figur der Realschuld (der "dingliehen Pflicht"). 312 313 314

315 316

Schurig, 1975, S. 99 ff. Staudinger/Mayer-Maly/Mader, 13/1994, Einl zu §§ 1094 ff. Rn 5.

S. auch oben I.1.c) bb).

Staudinger/Mayer-Maly/Mader, 13/1994, Einl zu §§ 1094 ff. Rn 3.

Der Sache nach handelt es sich wohl um den Fall einer Singularsukzession, vgl.

v.ruhr, AT 1,1910, S. 68.

317 Der Erwerb bzw. die Bestellung als subjektiv dingliches Recht ist hier ausgeschlossen.

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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der Berechtigte bzw. der Gläubiger mittelbar durch das Grundeigentum be-

stimmt318 •

Auch die Begründung einer schuldrechtlichen Pflicht des jeweiligen Grundeigentümers hat Verfiigungscharakter, weil dadurch das Eigentum selbst belastet wird319 . Die Anwendung von § 873 auf die Bestellung des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts ist daher auch bei einem realobligatorischen Verständnis des Instituts geboten. Die Gutglaubensschutzvorschriften des Liegenschaftsrechts (§§ 891 ff.) sind ebenso anwendbar, weil sich auch der einer realobligatorischen Pflicht korrespondierende Anspruch wegen der Anknüpfung an die Grundeigentümerposition des Verpflichteten dem Wortlaut nach ohne Schwierigkeiten als (Leistungs-) Recht "an einem Grundstück" interpretieren läßt. Die Deutung, daß Rechte an einem Grundstück nur Sachherrschaftsrechte sein dürften, ist nicht zwingend; der Gutglaubensschutz ist an die Publizität des Rechts gebunden und nicht an dessen Charakter32o • Die in § 1098 Abs. 2 i.V.m. § 888 Abs. I bzw. § 1100 geregelten bzw. vorausgesetzten Ansprüche sind Ansprüche aus einem weiteren, durch den Vollzug des Erstgeschäfts - das den Vorkaufsfall ausgelöst hat - entstandenen Realschuldverhältnis mit dem vorkaufswidrigen Erwerber321 • Die Vormerkung als Rechtsinstitut kann - anders als fiüher vertretene Auffassungen meinten 322 - nicht allein im Sinne einer realobligatorischen Ver318 Entsprechendes gilt für die (echten) Inhaberpapiere (z.B. nach §§ 793, 807), die Wertpapiere i.e.S. (HueckJCanaris, 12/1986, § 1 I4a), bei denen die GläubigersteIlung mit dem Eigentum an der Schuldurkunde verknüpft ist. Die verbriefte Forderung ändert durch die Verbindung mit der EigentümersteIlung an der Urkunde nicht ihren obligatorischen Charakter. 319 Instruktiv (zur Vormerkung) U Weber, 1962, S. 108 f. 320 Vgl. auch die Kontroversen um den gutgläubigen Erst- oder Zweiterwerb einer Vormerkung bzw. eines vorgemerkten Anspruchs. Dazu etwa BGHZ 25, 16, 23 ff.; 28, 182,187; UWeber, 1962, S. 149 ff.; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1156,1161 ff.; StaudingerlGursky, 12/1985, § 892 Rn 44 ff.; MKlWacke, 2/1986, § 883 Rn 64 ff. (sehr weitgehend); alle m.w.N. 321 Für eine (wohl rein) obligatorische Natur des in § 1100 vorausgesetzten Herausgabeanspruchs MKIH P. Westermann, 2/1986, § 1098 Rn 11; früher schon StaudingerlDittmann, 11/1963, § 1100 Rn 4; Hartmann, NJW 1956, 899 f.; Meyer, NJW 1971, 1317; auch E.Schwerdtner, BWNotZ 1972, 145, 147 f. BGHZ 115, 335, 344 f. hat die Frage offengelassen. 322 S. etwa Jos.Kohler, BR 11/2, 1919, S. 358; für das sachenrechtliche Vorkaufsrecht a.a.O., S. 352; der die Vormerkung insgesamt als actio (obligatio) in rem scripta qualifizierte. Ähnlich Oberneck I, 4/1909, S. 449 f., der zwar nur bzgl. des Anspruchs aus § 888 von einer obligatio in rem scripta spricht und ausdrücklich darauf hinweist, daß es sich nicht um eine Definition des grundbuchmäßigen Vormerkungsvermerkes hande-

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, l. VA.: Verschlechterungshaftung

pflichtung gedeutet werden. Eine (volle) Schuldübernahme war von den Gesetzesverfassern - wie oben ausgefiihrt - nicht gewollt und wird durch das Institut auch nicht bewirkt. Realobligatorischen Charakter hat nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung allein die Verpflichtung aus § 888 Abs. 1. Diese entfaltet ihre Wirkung aber erst im Zusammenspiel mit der in § 883 Abs. 2 statuierten relativen Unwirksamkeit. An der in Rechtsprechung und Schrifttum vorherrschenden elastischen QualifIkation der Vormerkung als "arteigenes Sicherungsmittel,,323 ändert sich durch die Billigung des hier vorgeschlagenen Verständnisses des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 nichts. Allenfalls könnte man diese Charakterisierung dahingehend ergänzen, daß man von einem "arteigenen Sicherungsmittel mit real- oder auch zustandsobligatorischem Erfilllungshilfsanspruch" spricht. Durch die Bestellung der Vormerkung wird - aufschiebend bedingt durch die Vornahme einer vormerkungswidrigen Verfiigung und auch nur, soweit zur Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs erforderlich - ein gesetzliches (realobligatorisches ) Erfiillungshilfsschuldverhältnis begründee 24 . Die hier ausgefiihrte Einstufung der Verpflichtung des vormerkungswidrigen Erwerbers als realobligatorische beseitigt auch - um auf den Ausgangspunkt der Betrachtung zurückzukehren - die prozessualen und konkursrechtlichen Einwände gegen die obligatorische Deutung des § 888 Abs. 1: So wird das vormerkungswidrig übertragene bzw. eingeräumte Recht streitbefangen i.S. von §§ 265, 266, 325, 727 ZPO, wenn der Geschützte aus § 888 Abs. 1 klagt325, weil jeder vormerkungswidrige Erwerber als Inhaber des betroffenen Rechts zur Zustimmung verpflichtet ist. le, "womit sich Biermann und, ihm folgend, andere Schriftsteller begnügen", aber andererseits undifferenziert von einer durch § 888 bewirkten Erstreckung des (ganzen?) Schuldverhältnisses auf dritte Personen ausgeht. 323 RGZ 151, 389, 392; BGHZ 25, 16,23; 60, 46, 49; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 202 m.w.N. 324 Die Bestellung der Vormerkung ist ebensowenig ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter wie die Bestellung beschränkt dinglicher Rechte. Mit dem Erwerb des Eigentums sind neben Rechten auch vielfiiltige Pflichten verbunden; durch die Grundbucheintragung wird der Erwerber gewarnt, der Erwerb des "vormerkungsbelasteten" Eigentums geschieht freiwillig. - Wie hier zu einem gleichgelagerten Problem im Bereich des WEG (zur durch Teilungserklärung nach Maßgabe von § 8 LV.m. §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG begründeten "Haftung" des Rechtsnachfolgers rur Wohngeldrückstände eines Wohnungseigentümers) BGH, NJW 1994,2950,2951 f. 325 Ganz h.M., s. BGHZ 39,21,25 f.; KG OLGRspr. 23 (1911), 143, 144; 33 (1916), 58; Crome, System III, 1905, § 376 6a mit Fn. 125; Oberneck 1,4/1909, S. 456; ferner AKlB.v.Schweinitz, 1983, Rn 3; Biermann, 3/1914, Anm.6b; ErmaniHagen, 9/1993, Rn I; PlanckiStrecker, 5/1933, Anm. I2b; RGRKlAugustin, 12/1978, Rn 27; Staudin-

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Die obligatorische Natur des Anspruchs aus § 888 Abs. I berUhrt ferner nicht die Heranziehung der Regelung über den ausschließlichen dinglichen Gerichtsstand gemäß § 24 ZPO. Diese Vorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich als speziellere Regelung326 den nach der hier vertretenen Auffassung jedenfalls einschlägigen § 26 ZP0 327 • Die Zustimmungspflicht nach § 888 Abs. I läßt sich unter § 24 ZPO subsumieren, weil diese Norm nicht auf die Geltendmachung "dinglicher Rechte" abstellt, sondern an eine "dingliche Belastung" anknüpft, als die sowohl das Institut der Vormerkung insgesamt als auch die realobligatorische Pflicht zur Zustimmung zur Grundbuchänderung verstanden werden kann328 • Auch im Konkurs wird der Anspruch aus § 888 Abs. I nicht vereitelt329 • Dies läßt sich beim hier vertretenen Standpunkt freilich nicht mehr mit dessen "Dinglichkeit" (i.e.S.) rechtfertigen, denn der Anspruch ist nicht mit den §§ 894, 985 verwandt und verwirklicht keine Aus- bzw. Absonderungsbefugnis LS. der §§ 43 ff., 46 ff. KO (§§ 47., 49 ff. InsO) 330.

geriGursky, 12/1987, Rn 14 m.w.N. Ge zu § 888); auch ZöllerlGreger, 19/1995, ZPO, § 265 Rn 4; einschränkend MKlWacke, 2/1986, § 888 Rn 7: nur, wenn Rechtshängigkeit bekannt oder im Grundbuch eingetragen. Im Gegensatz hierzu sind die §§ 265, 266, 325, 727 ZPO nach zutreffender überwiegender Auffassung unanwendbar, wenn der geschützte Anspruch selbst eingeklagt wird, s. BGHZ 39, 21, 25 f.; RGZ 62,373,377; Stein/JonaslSchumann, ZPO, 20/1986, § 265 Rn 11; StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 14 m.z.N.; a.A. z.B. Fuchs, GBR I, 1902, § 883 Anm. 15; Raape, 1908, S. 76 f. 326 Stein/JonaslSchumann, ZPO, 21/1993, § 26 Rn 3; MKlPatzina, ZPO, 1992, § 24 Rn 20, § 26 Rn 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 19/1995, § 26 Rn I. 327 Für Anwendung des § 26 ZPO z.B. RGZ 53, 40, 44; Biermann, Widerspruch, 1901, S. 215; Oberneck I, 4/1909, S. 457 (der die Vormerkung nicht als dingliche Belastung sieht); ähnlich Endemann, BR 1111,8,9/1905, § 65 6c Fn. 81. 328 Die wohl überwiegende Auffassung hält die Vormerkung nicht "im eigentlichen Sinn" rur eine dingliche Belastung und stützt die Anwendung des § 24 ZPO auf den nach ihrer Meinung (Le.S.) dinglichen Charakter des Anspruchs aus § 888. S. MKlWakke, 2/1986, Rn 7; PlanckiStrecker, 5/1933, Anm. I2b; insbes. StaudingerlGursky, 12/1987, Rn 48 m.w.N. Ge zu § 888). Als "dingliche Belastung" kommen ihr zufolge offenbar ausschließlich die beschränkten dinglichen Rechte in Betracht; eine solchermaßen korrespondierende Interpretation ist aber durchaus nicht zwingend. Wie hier wohl Stein/JonaslSchumann, 21/1993, ZPO, §24 Rn 16, 17m.w.N.; ähnlich auch MKlPatzina, ZPO, 1992, §24 Rn 9, 10; möglicherweise auch Westermann/Eickmann, SachenR 11, 611988, § 100 IV 4c: " ... im Sinne der ZPO als dinglicher Anspruch zu behandeln ... ". 329 Das ist im Ergebnis wohl unstreitig. S. PlanckiStrecker, 5/1933, § 888 Anm. I 2c; StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 15; JaegerlHenckel, KO, 9/1982, § 24 Rn 24. 330 Im Fall der Eigentumserwerbsvormerkung hat der Anspruch aus § 888 Abs. 1 immerhin - aber auch nur - "aussonderungsvorbereitenden" Charakter.

350

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Die Behandlung als ein - ggf. nach § 69 KO (§ 45 InsO) zu schätzender Vennögensanspruch LS. von § 3 Abs. 1 KO (§ 38 InsO) verbietet sich aber schon angesichts des Zwecks der Vonnerkung, die Erfiillung des geschützten Anspruchs zu sichern. Zudem kann der Anspruch aus § 888 Abs. 1 nicht isoliert beurteilt werden, sondern ist im Zusammenhang mit der in § 883 Abs. 2 angeordneten relativen Unwirksamkeit des Erwerbs des Dritten zu sehen. Zwar hat der vonnerkungswidrige Erwerber nach der hier vertretenen Auffassung von der Spaltung der Verfiigungsmacht das vorgemerkte Recht grundsätzlich auch gegenüber dem Vorgemerkten wirksam erworben, die Wortfassung des § 883 Abs. 2 Satz 1: " ... insoweit unwirksam als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde" läßt sich aber durchaus dahingehend interpretieren, daß das vonnerkungswidrig erworbene (grundbuchmäßige) Recht, d.h. die isolierte (verfahrensrechtliche) Buchposition, im Konkurs zum Schutz des Vorgemerkten einer gesonderten Behandlung unterliegt und als solches - anders als das vonnerkungsbetroffene materielle Recht insgesame 31 - fiir den Konkursverwalter kein frei verfiigbarer Massegegenstand ise 32 • Schließlich zwingt auch die Regelung in § 883 Abs. 2 Satz 2 zu einer Sonderbehandlung des § 888 Abs. 1 im Konkurs des vonnerkungswidrigen Erwerbers: Die Umwandlung des Zustirnmungsanspruchs in eine schlichte Geldforderung paßt nicht damit zusammen, daß eine Verfiigung des Konkursverwalters über das betroffene Recht zwar grundsätzlich möglich ist, den Schutz des gesicherten Anspruchs aber gerade nicht nachteilig beeinflußt. Da sich der Zustimmungsanspruch wegen seines realobligatorischen Charakters mit dem grundbuchlichen Vollzug der Verfiigung des Konkursverwalters gegen den neuen Rechtsinhaber richtet, bräuchte der Vorgemerkte nur diesen Vollzug abzuwarten, um sein Recht doch noch durchzusetzen. Wenn aber eine Verfiigung des Konkursverwalters die Erfiillung des gesicherten Anspruchs nicht beeinträchtigen kann, dann muß dies erst recht (a maiore ad minus) fiir den dieser Verfiigung vorhergehenden Schritt der Eröffuung des Konkursverfahrens gelten. Die auch im Konkurs (weiter) geltende relative Unwirksamkeit vonnerkungswidriger Verfiigungen schließt daher die Umwandlung des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 in eine schlichte Geldforderung in Ausnahme zu §§ 3, 69 KO (§§ 38, 45 InsO) aus.

Hier greift ja zugunsten des Vorgemerkten § 883 Abs. 2 S. 2 ein. Dies ergibt sich wohl auch schon daraus, daß über das "grundbuchmäßige Recht" als solches normalerweise nicht selbständig verfugt werden kann. 331

332

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

351

ce) Ergebnis

Der Vergleich der Rechtsnatur bzw. Funktion der Ansprüche aus §§ 894, 985 mit der des Zustimmungsanspruchs aus § 888 bestätigt die gewonnenen Erkenntnisse: Abgesehen vom Anspruchsziel, der Zustimmung zur Grundbuchänderung, besteht zwischen dem Anspruch aus § 894 und dem Anspruch aus § 888 Abs. I keine Gemeinsamkeit. Die Vorschrift des § 894 bildet zusammen mit § 985 und § 1004 eine eigenständige Gruppe "dinglicher" Schutzansprilche. Diese Schutzansprüche unterscheiden sich ihrer Art nach von den schuldrechtlichen Leistungsansprüchen (den Forderungen bzw. "Einziehungsrechten"), weil der Anspruchsgegner nichts aus seinem eigenen Vermögen zu leisten hat, sondern nur eine rechtswidrig eingenommene Vermögensposition des Anspruchstellers räumen soll. Deshalb ist die in Folge eines Schutzanspruchs dem Anspruchsteller erbrachte Zuwendung weder Erfililung i.S. von § 362 noch mit der Leistungskondiktion zurückforderbar. Der Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1 ist - entgegen der Einschätzung der bisher ganz herrschenden Auffassung - kein in diesem Sinne "dinglicher" Anspruch, sondern ein realobligatorischer Erfiillungshilfsanspruch des Geschützten gegen den jeweiligen Inhaber des vormerkungsbetroffenen Rechts. Da der Anspruch aus § 888 Abs. 1 sich auf die Zustimmung zur Grundbuchänderung beschränkt, fUhrt er nach zutreffender wohl allgemeiner Auffassung nicht zu einem (vollen) Schuldbeitritt des vormerkungswidrigen Erwerbers; im Hinblick auf die hier als schuldrechtlich qualifizierte Zustimmungspflicht ist aber der Sache nach ein partieller Schuldbeitritt festzustellen. Der Zustimmungsanspruch ist ein (Erfüllungs-) Hilfsanspruch, weil nach wie vor der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs zur Erfilllung verpflichtet ist und der Anspruch auch nur dann eingreift, wenn zur Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs eine - durch den grundbuchverfahrensrechtlich Legitimierten zu bewirkende - Grundbuchänderung erforderlich ist. Strukturell ist der Zustimmungsanspruch ein verselbständigter Teil des weiterhin gegen den ursprünglichen Schuldner gerichteten Erfiillungs- bzw. Rechtsverschaffungsanspruchs. Daraus und aus dem Umstand, daß dem vormerkungswidrigen Erwerber bis zur Fälligkeit des vormerkungsgeschützten Anspruchs das betroffene Grundstücksrecht vermögensmäßig rechtmäßig zugewiesen ist, ergibt sich die obligatorische Natur des Anspruchs aus § 888 Abs. 1. Weil aus § 888 Abs. 1 der jeweilige (grundbuchmäßige) Inhaber des vormerkungsbetroffenen dinglichen Rechts verpflichtet wird, hat der Anspruch realobligatorischen Charakter.

352

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Nach dem hier unter Bezugnahme auf ältere Auffassungen und auf die schweizerische Lehre entwickelten Begriff ist unter einer Realobligation, einem Realschuldverhältnis, ein Schuldverhältnis zu verstehen, bei dem nicht eine bestimmte Person als solche verpflichtet wird, sondern die Verpflichtung trifft den Inhaber eines Sachenrechts als solchen mit der Bestellung oder dem Erwerb dieses Sachenrechts (dinglichen Rechts). Infolge der Anknüpfung an denjeweiligen Rechtsinhaber wird die Obligation auf Schuldnerseite sukzessionsbeständig und zugleich eine Belastung des jeweiligen dinglichen Rechts. Diese Sukzessionsbeständigkeit macht neben der Rangflihigkeit, der Typengebundenheit und der Begründung der Verpflichtung nach den jeweiligen sachenrechtlichen Regeln die Besonderheit des Instituts der Realobligation, des Realschuldverhältnisses aus. Wegen der vermittelten Klarheit über das Wesen des Instituts ist der Begriff der Realobligation gegenüber dem Sprachgebrauch von der ,,(subjektiv) dinglichen Pflicht" oder dem "verdinglichten Schuldverhältnis" vorzuziehen. Der realobligatorische Charakter der Verpflichtung aus § 888 Abs. 1 fUhrt auch dazu, daß fiir eine Klage des Geschützten aus § 888 Abs. 1 - im Einklang mit der herrschenden Auffassung - die §§ 24, 265, 266, 325, 727 ZPO gelten. Hingegen läßt sich die Konkursbeständigkeit des Zustimmungsanspruchs nicht allein mit dessen realobligatorischer Natur rechtfertigen; sie ergibt sich jedoch im Zusammenwirken mit der Regelung der relativen Unwirksamkeit in § 883 Abs.2.

5. Ergebnis zu II.

Ebensowenig wie die §§ 823 ff. können die analog angewandten §§ 989, 990 als Rechtsgrundlage fiir einen Schadensersatzanspruch des vorgemerkten Grundstückskäufers wegen schuldhafter Verschlechterungen gegenüber einem vormerkungswidrigen Erwerber überzeugen. Gegen die Anwendung spricht zunächst der Umstand, daß wegen der Gefahrtragungsregelung in § 446 die Vorschriften der §§ 987, 990 über den Ersatz von Nutzungen nicht herangezogen werden können. Eine selektive Heranziehung einzelner Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ist nicht zu billigen, weil die §§ 987 ff. einen einheitlichen Regelungskomplex sich wechselseitig beeinflussender Normen darstellen, der nicht ohne weiteres auseinandergerissen werden kann. Weil die Vorschriften des Deliktsrechts keine geeignete Grundlage fiir den Schadensausgleich abgeben, ist die Annahme eines Vorrangs der §§ 989, 990 kraft Spezialität gegenüber dem Deliktsrecht nicht einleuchtend. Die Anwen-

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

353

dung der §§ 989, 990 läßt sich auch nicht mit der These rechtfertigen, daß der rechtmäßige Besitzer nicht schlechter stehen dürfe als der unrechtmäßige, weil diese These den Vorrang der schuldrechtlichen Vereinbarung mißachtet und im Widerspruch zum geltenden Regelungssystem des besonderen Schuldrechts steht. Auch mit Hilfe von § 292 kann die entsprechende Anwendung der §§ 989, 990 nicht gerechtfertigt werden. § 292 setzt einen bestehenden Herausgabeanspruch voraus, der im Bereich der Vormerkung gerade fehlt, solange der Eigentumserwerb des Geschützten gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber nicht eingetreten ist. Außerdem könnte dem Herausgabeanspruch - wenn er denn (wie etwa beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht) bestünde - keine Vorwirkung beigemessen werden, weil der vormerkungswidrige Rechtsinhaber jedenfalls bis zur Fälligkeit des vorgemerkten Anspruchs auch gegenüber dem Geschützten zum Besitz berechtigt ist. Schließlich besteht auch keine Parallelität zwischen dem Zustimmungsanspruch aus § 888 und dem Grundbuchberichtigungsanspruch, die wegen der funktionellen Vergleichbarkeit von § 894 und § 985 nach h.M. die Heranziehung der §§ 989, 990 rechtfertigen könnte. Einzig im Anspruchsziel, der Abgabe einer verfahrensrechtlichen Zustimmungserklärung zur Grundbuchänderung durch den Eingetragenen, stimmen die Ansprüche aus § 888 und § 894 überein, im übrigen unterscheiden sie sich: Anders als bei § 894 ist der Vorgemerkte weder (wahrer) Rechtsinhaber noch Anwartschaftsberechtigter. Auf der Passivseite der Ansprüche kann der vormerkungswidrige Erwerber nicht mit dem bloßen Buchberechtigten bei § 894 gleichgesetzt werden. Die herrschende Duplizitätstbeorie, die diesen Vergleich zieht, kann die relative Unwirksamkeit nicht plausibel deuten, weil sie insbesondere Eigentumszuordnung und -wechsel in der Dreiecksbeziehung zwischen dem vorgemerkten Gläubiger, dessen Schuldner und dem vormerkungswidrigen Erwerber nicht befriedigend erklären kann. Nach der insgesamt am meisten überzeugenden Lehre von der Spaltung der Verfiigungsmacht ist der vormerkungswidrige Erwerber jedenfalls bis zur Fälligkeit des vorgemerkten Anspruchs auch gegenüber dem Vorgemerkten rechtmäßiger Eigentümer; er verliert sein Eigentum erst mit der Grundbuchumschreibung. Die Unterschiedlichkeit der Ansprüche aus § 888 und § 894 hat eine funktionsorientierte Untersuchung der Rechtsnatur dieser Ansprüche bestätigt. Während § 894 als Schutzanspruch dem Rechtsinhaber zur Abwehr einer rechtswidrigen Usurpation seiner Rechtsposition dient, ist der Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1 als verselbständigter Teil des Erfiillungsanspruchs (der Forderung), als Leistungsanspruch zu qualifizieren; genauer gesagt: als realobligatorischer ErfiUlungshilfsanspruch. 23 Richter

354

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Oder anders gewendet: Die Zustimmungspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers gemäß § 888 Abs. 1 ist realobligatorischer Natur.

111. Kritik der Lösungen von Flume und Müller Von den im 11. Kapitel vorgestellten Lösungsvorschlägen fiir die Schadensersatzansprüche des Vorgemerkten gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber sind alsdann noch die Auffassungen von Flome und Klaus Müller auf ihre Tauglichkeit und Systemverträglichkeit zu untersuchen. Bei der Auseinandersetzung mit diesen Meinungen wird das im Rahmen der Prüfung der deliktischen Lösung sowie des Schadensausgleichs nach Maßgabe der §§ 989, 990 erarbeitete Verständnis der relativen Unwirksamkeit und der Rechtsnatur des Zustimmungsanspruchs zugrunde gelegt.

J. Die Auffassung Flumes vom Anspruch des Vorgemerkten auf Abtretung von Schadensersatzansprüchen des Schuldners gegen den vormerkungswidrigen Erwerber

Zom besseren Verständnis sei die Auffassung Flomes333 noch einmal ins Gedächtnis gerufen. Flome äußert sich zwar nur zum relativen Verfiigungsverbot, seine Stellungnahme ist aber grundsätzlich auf die Situation bei der Vormerkung übertragbar. Seine Konstruktion ist von besonderem Interesse, weil er ein Vertreter der hier befiirworteten Lehre von der Spaltung der Verfiigungsmacht ist. Flome zieht allerdings im Einklang mit den unter 11. abgelehnten Auffassungen als Schadensersatznormen die §§ 989, 990 heran334 • Der Schadensersatzanspruch ist aber - ebenso wie die von ihm ferner postulierten Ansprüche aus § 812 im Fall des Verbrauchs des betroffenen Gegenstandes und aus § 816 im Fall der Veräußerung an einen Gutgläubigen - nicht unmittelbar dem Vorgemerkten zugeordnet, sondern besteht nur aufgrund der relativen Unwirksamkeit zugunsten des Schuldners, der vormerkungswidrig veräußert hat und auch nur als Gegenstand der Abtretung an den Geschützten. Materiellrechtlich stehen Flume, AT II, 4/1992, § 17 6d. Ähnlich Kohler, NJW 1984, 2849, 2853, jedoch beschränkt auf die Verwendungsersatzptlicht des Vorgemerkten. Hierzu unten im 14. Kapitel. 333

334

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

355

dem Schuldner nach Flume diese Ansprüche nicht zu; die Spaltung der VerfUgungsmacht ist seiner Ansicht nach nur rechtstechnischer Art, ein sachgerechtes Mittel, um den Zweck der Vormerkung zu erreichen33s • Insofern hat man wohl davon auszugehen, daß der Schadens ersatzanspruch wie auch die anderen Ansprüche aufgrund der relativen Unwirksamkeit zunächst nur fIktiv bestehen und erst mit Abtretung an den Vorgemerkten materiellrechtliche Substanz gewinnen. Flume stellt damit - dem Anliegen der Gesetzesverfasser entsprechend maßgeblich darauf ab, daß der Schuldner des vormerkungsgesicherten Anspruchs zur ErfUllung verpflichtet ist und bleibt. Die Überzeugungskraft seiner Lösung ist aber in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum einen ist die Heranziehung der §§ 989, 990 als Schadensersatznormen gerade auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse zu 11. fraglich, zum andern ist zweifelhaft und überprüfungsbedürftig, ob die von ihm verfochtene Lösung den Parteiinteressen gerecht wird. Die Anwendung der §§ 989, 990 setzt ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis oder im Rahmen einer Analogie eine vergleichbare Situation voraus. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut von § 883 Abs. 2 erfaßt die relative Unwirksamkeit aber nur das Verfiigungsgeschäft, die dingliche Beziehung, nicht auch die schuldrechtlichen Vereinbarungen. Der vormerkungswidrige Erwerber oder sein (bösgläubiger) Rechtsnachfolger kann daher einer rei vindicatio des Schuldners, der vormerkungswidrig verfUgt hat, mit Hilfe von § 986 das nach wie vor intakte Schuldverhältnis entgegenhalten, das die Grundlage der vormerkungswidrigen VerfUgung bildet. Ein Ignorieren dieses Befundes bedeutet eine nicht zu billigende Mißachtung des Trennungsprinzips. Es fehlt aber nicht nur an einer Position des vormerkungswidrigen Erwerbers als unrechtmäßiger Besitzer, auch der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs hat nach der von Flume vertretenen und hier unterstützten Lehre von der (bloßen) Spaltung der Verfiigungsmacht keine (volle) Eigentümerstellung, insbesondere kein daraus resultierendes Besitzrecht. Der Schuldner, der vormerkungswidrig verfiigt, behält nach dieser Auffassung nur genau die Verfiigungsbefugnis zurück, die ihn berechtigt, die fiir die Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs wesentliche Eigentumsverschaffung auszulösen (deren Vollzug mit Hilfe von § 888 ihm dann zuzurechnen ist); die übrigen Eigentümerbefugnisse erhält der vormerkungswidrige Erwerber.

335

Flume, AT 11, 4/1992, § 17 6d (S. 359, 361).

356

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Da die VerfUgungsbefugnis regelmäßig dem Rechtsinhaber (hier dem Eigentümer) zuzuordnen ist, kann man sagen, daß die Eigentümerbefugnisse an dem vormerkungsbetroffenen Grundstück aufgrund der relativen Unwirksamkeit tatsächlich auf zwei Personen verteilt sind. Zwischen dem Schuldner und dem vormerkungswidrigen Erwerber besteht daher eine Art latente "Befugnisgemeinschaft", eine "asymmetrische Rechtsgemeinschaft", auf die mangels vorhandener Regelungen die am ehesten passenden Vorschriften über die (Bruchteils-) Gemeinschaft, die §§ 741 ff., 1008 ff. entsprechend angewandt werden können. Da dem Schuldner des vorgemerkten Anspruchs keine eigentümerischen Nutzungsbefugnisse (Besitz- und Gebrauchsrechte ) an dem betroffenen Grundstück zustehen, fehlt es im Innenverhältnis an einem Bedürfnis fiir die Zubilligung des Herausgabeanspruchs aus § 985. Gefahren fUr die ihm zustehende spezielle Verfilgungsbefugnis liegen dagegen in einer möglichen Veräußerung des Grundstücks an einen hinsichtlich der Vormerkung Gutgläubigen sowie in der Verschlechterung bzw. dem Untergang ("Verbrauch") des vormerkungsbetroffenen Grundstücks als dem V erfiigungsgegenstand durch den vormerkungswidrigen Erwerber. Im Hinblick auf die negativen tatsächlichen Einwirkungen ergibt sich das Schutzbedürfnis daraus, daß die Existenz der VerfUgungsbefugnis untrennbar mit der des Verfilgungsgegenstandes verbunden ist. Die wegen des beschränkten Zwecks der VerfUgungsbefugnis richtigerweise an der vormerkungsgeschützten Verpflichtung zu messende Verschlechterung des Verfiigungsobjekts bedeutet einen unzulässigen Eingriff in die mit der Befugnis verbundene Zuordnung des (bereits konkretisierten) Veräußerungswerts des betroffenen Gegenstandes. Die von Flume vorgenommene Absicherung durch Ansprüche aus § 816 bei Veräußerung an einen Gutgläubigen und § 812336 im Falle des Verbrauchs ist daher durchaus interessen- und systemgerecht337 • Ebenso fUhrt die hier abgelehnte Heranziehung der §§ 989, 990 nicht dazu, daß dem Schuldner im Verhältnis zum vormerkungswidrigen Erwerber auf der Basis der Konzeption Flumes konstruktiv weder Schadensersatz- noch Unterlassungsansprüche wegen der Verschlechterung des vorgemerkten Grundstücks zugebilligt werden könnten. Diese Ansprüche lassen sich aus der vorhandenen "Befugnisgemeinschaft" ableiten, auf die - wie eben schon angesprochen - die 336 Flume, AT 11,4/1992, § 17 6d, hat wohl die "Eingriffskondiktion", § 812 Abs. 1 S. 1,2. Fall gemeint. Jedenfalls ist dies vom hier entwickelten Standpunkt die zutreffende Rechtsgrundlage. 337 A.A. jedoch Kahler, Verfilgungsverbot, 1984, S. 104 (bzgl. des Verfilgungsverbots).

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

357

Vorschriften über die Gemeinschaft nach Bruchteilen entsprechend angewandt werden können. Gemäß § 743 Abs.2 ist der einzelne Teilhaber verpflichtet, sein Gebrauchsrecht so auszuüben, daß der (rechtmäßige) Mitgebrauch der übrigen Teilhaber dadurch nicht geschmälert wird. Auf die vormerkungsbedingte "Befugnisgemeinschaft" umformuliert heißt das, der vormerkungswidrige Erwerber darf seine Eigentümerbefugnisse nur so ausüben, daß die zum Zwecke der Erfilllung des vormerkungsgesicherten (Kauf-) Vertrags erhaltene VerfUgungsbefugnis des Schuldners nicht beeinträchtigt wird. Die Verschlechterung bzw. Zerstörung des betroffenen Grundstücks durch den vormerkungswidrigen Erwerber stellt sich daher als ein gegen § 743 Abs. 2 verstoßender Übermaßgebrauch dar338 • Diesen könnte der Schuldner entsprechend §§ 743 Abs. 2, 1004 unterbinden, und der vormerkungswidrige Erwerber haftet bei Verschulden wegen der Verletzung der aus § 743 Abs.2 folgenden Gemeinschafterpflicht aus sPV (pFV) auf Schadensersatz339 • Der von Flume eingeschlagene Lösungsweg ist daher bei Berücksichtigung der eben vorgenommenen Korrekturen systemverträglich und deshalb grundsätzlich gangbar. Es bleibt die Frage, ob der Weg Flumes auch den Interessen der Beteiligten, namentlich denen des Vorgemerkten, ausreichend Rechnung trägt. Insofern ist es schon bezeichnend, daß Flume die Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche340 in der Person des Schuldners, der vormerkungswidrig verfUgt hat, nur fmgiert und ihnen erst nach Abtretung an den Geschützten materiellrechtliche Bedeutung zuspricht. Dieses Verfahren entspricht der wohl zutreffenden Einschätzung, daß der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs regelmäßig nicht daran interessiert sein wird, Ansprüche zum Schutz und Werterhalt der ihm nur aufgrund der relativen Unwirksamkeit zustehenden und auf den konkreten (Kauf-) Vertrag begrenzten Verfiigungsbefugnis geltend zu machen. 338 Vgl. auch § 745 Abs. 3 bzgl. wesentlicher Umgestaltungen des Gemeinschaftsgegenstandes. 339 Im Gemeinschaftsrecht bejahen diese Haftung aus sPV (pFV) Schubert, JR 1975, 363, 364 (überzeugend gegen BGHZ 62, 243); MK/K.Schmidt, 2/1986, § 743 Rn 13; ablehnend aber BGHZ 62,243,246 f.(=JR 1974,466 m.zust.Anm. Berg a.a.O.); Soergel/Hadding, 1111985, § 743 Rn 6; unklar StaudingerlHuber, 12/1981, § 741 Rn 168 bzw. 174. Vgl. insbesondere die treffende Formulierung von Schubert (a.a.O.): "Die [im Vergleich zum lediglich de1iktisch verpflichteten Jedermann - Erg.d.Verf.] besondere Einwirkungsmöglichkeit, die jedem Teilhaber zusteht, beinhaltet zugleich auch die schuldrechtliche Verpflichtung, die Rechte des anderen Teilhabers auf Mitgebrauch nicht zu beeinträchtigen." . 340 Zum bei der Eigentumserwerbsvormerkung besonders bedeutungsvollen Unterlassungsanspruch äußert sich Flume nicht ausdrücklich.

358

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

Dafiir spricht einerseits, daß der Schuldner mit der vormerkungs- und vertragswidrigen Verfügung die Schwelle des Gebots der Vertragstreue bereits überschritten hat; andererseits der Umstand, daß er in Konflikt mit den gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber eingegangenen Verpflichtungen gerät, ja sogar vereinbarungsgemäß die Geltendmachung derartiger Ansprüche ausgeschlossen sein kann341 . Durch die relative Unwirksamkeit wird die Verfügungsbefugnis des Schuldners nur zum Zwecke der Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs aufrechterhalten. Sachlich dient damit der Schutz der Verfügungsbefugnis insofern ausschließlich dem Vorgemerkten; der Schuldner könnte sich mit den an die Befugnis anknüpfenden und daher formal ihm zustehenden Ansprüchen allein von dessen Ersatzansprüchen entlasten. Wenn aber primär der Vorgemerkte gesichert werden soll und die relative Unwirksamkeit lediglich in seinem Interesse angeordnet ist, dann spricht dies eher dafiir, diese Schutz- und Sekundäransprüche unmittelbar dem Vorgemerkten zuzugestehen. Der Hinweis auf die bestehengebliebene Schuldnerstellung des Vormerkungsbestellers und die diesbezügliche Intention des Gesetzgebers kann demgegenüber nur bedingt verfangen. Die Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs vollzieht sich - unabhängig davon, wie man den Anspruch aus § 888 im einzelnen qualifiziert - auch nach der Intention der Gesetzesverfasser nicht allein im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner, sondern eben tatsächlich auch unter Mitwirkung des vormerkungswidrigen Erwerbers. So ist bei der Eigenturnserwerbsvormerkung neben der Zustimmung zur Grundbuchänderung auch die Besitzübertragung unmittelbar im Verhältnis des Vorgemerkten zum vormerkungswidrigen Erwerber abzuwickeln, auch wenn diese Besitzübertragung gerade nicht mittels des Erfüllungsanspruchs durchgesetzt wird, sondern mit einem diesem nachgeschalteten Eigenturnsherausgabeanspruch gemäß § 985. Es kommt hinzu, daß der vormerkungswidrige Erwerber aus Gründen des effektiveren Rechtsschutzes nach richtiger allgemeiner Auffassung berechtigt ist, seine Einwendungen - seien sie anspruchs- oder vormerkungsbezogen - direkt gegenüber dem Vorgemerkten vorzubringen und nicht etwa auf dem Umweg über den Schuldner342 • Daraus ergibt sich, daß die Gesetzesverfasser zwar den Fortbestand des gesicherten Schuldverhältnisses im Auge hatten, aber namentlich aus Praktikabilitäts- und Zweckmäßigkeitsgründen offen waren filr eine (partielle) unmittelbare Abwicklung zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber. Zutreffend Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 385. S. dazu RGZ 53, 28 ff.; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1171a ff.; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 36 ff. m.w.N. 341

342

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

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Die Konstruktion Flumes fUhrt schließlich auch im Konkurs des Schuldners zu unbilligen Ergebnissen, denn der Abtretungsanspruch des Vorgemerkten wandelt sich in diesem Fall - § 24 KO (§ 106 InsO) ist hier nicht anwendbar gemäß §§ 3, 69 KO (§§ 38, 45 InsO) in einen seiner Höhe nach zu schätzenden Zahlungsanspruch um, der nur mit der Quote bedient wird. Hält man mit Flume im Verhältnis zum vormerkungswidrigen Erwerber an der Fiktion fest, könnte der Konkursverwalter keinen Anspruch gegenüber diesem geltend machen und der vormerkungswidrige Erwerber wäre in Höhe seines Verschuldensanteils ungerechtfertigt vom Schadensersatz entlastet. Billigt man andererseits dem Verwalter einen "echten" Anspruch zu, fände anstelle eines Schadensausgleichs eine unbillige Sanierung der Konkursmasse statt343 • Die von Flume vorgeschlagene Lösung, wonach sich der Vorgemerkte die Unterlassungs-, Schadensersatz- und Wertersatzansprüche erst im Wege einer Abtretung verschaffen muß, ist daher nicht interessengerecht und erweist sich de facto als eine Erschwerung der Rechtsverfolgung um ihrer selbst willen, die vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes schwerlich überzeugen kann.

2. Der von Müller vorgeschlagene Schadensersatzanspruch au/grund schuldhafter Verletzung des Leistungszwecks des § 888 Abs. 1

Wie bereits oben344 skizziert, hat Klaus Müller die Schadensersatzpflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers (des "Vormerkungsverpflichteten") - fiir die er als Normen neuerdings die §§ 989, 990 entsprechend heranzieht - auf der Grundlage der Regelungskonzeption des § 883 aus dem "Gesichtspunkt der schuldhaften Vereitelung des Leistungszwecks des § 888" entwickelt: Nach der Regelungskonzeption des § 883 Abs. 2 soll durch eine dingliche Verfilgung der vorgemerkte Anspruch nicht beeinträchtigt werden. Durch die Verpflichtung des § 888 soll sichergestellt werden, daß diesem Gebot des § 883 auch der vormerkungswidrige Erwerber unterworfen ist. Bei einer Verschlechterung bleibe der Anspruch aus § 888 zwar formal noch erfilllbar, diese Erfilllung genüge aber nicht mehr dem Leistungszweck des § 888, das Grundstück

343 Dieses Ergebnis ist wohl auch im Hinblick auf die in § 24 KO (§ 106 InsO) enthaltene Wertung problematisch. 344 Im 11. Kapitel, IV.

360

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, l. UA.: Verschlechterungshaftung

zur ordnungsgemäßen Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs zur Verfiigung zu stellen345 • Rosien hat diese Auffassung Müllers eingehend kritisiert346 • Weder kann seiner Kritik in allen Punkten zugestimmt werden, noch kann die Argumentation Müllers hinreichend befriedigen. Zunächst hat sich die Annahme Müllers, daß die Vormerkung nach ihrem Zweck auch vor (schuldhaft) vorgenommenen tatsächlichen Einwirkungen schützen soll, entgegen den Zweifeln Rosiens 347 nach den hier gewonnenen Erkenntnissen als richtig erwiesen348 • Auch aus der von Rosien bei der Erörterung der Lösung Müllers ins Feld gefiihrten kaufrechtlichen Gewährleistungstheorie 349 läßt sich - wie bereits oben3so ausgefiihrt - kein durchgreifender Einwand gegen die Zubilligung von SchadensersatzanspTÜchen an den vorgemerkten Grundstückskäufer gewinnen, weil zum einen die Nichterfiillungstheorie vorzugsWÜTdig ist und zum andern die (schuldhafte) Verschlechterung der Kaufsache auch vom Standpunkt der Gewährleistungstheorie eine schadensersatzbewehrte Verletzung einer kaufvertraglichen Nebenpflicht darstellt. Ist somit zwar der Ausgangspunkt der Meinung Müllers zutreffend, so ist andererseits die weitere Kritik Rosiens an dessen Argumentation teilweise 3S1 berechtigt. Es kann nämlich dem unmittelbaren Gesetzeswortlaut nach weder § 883 Abs. 2 das Gebot entnommen werden, die Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs nicht zu beeinträchtigen, noch dem Anspruch aus § 888 Abs. I eine Sicherstellung, daß auch der vormerkungswidrige Erwerber diesem Gebot unterworfen ise s2 • Außerdem ist es angesichts des auf die bloße Zustimmungspflicht beschränkten Wortlauts des § 888 Abs. I jedenfalls erklärungsbedÜTftig, inwiefern eine anspruchswidrige Grundstücksverschlechterung dessen Leistungszweck nachteilig beeinflussen kann3s3 . Müller, SachenR, 2/1990, Rn 1167b, 3/1993, Rn 1171g. Rosien, 1994, S. 88 ff. 347 S. Rosien, 1994, S. 88. 348 S. dazu oben im 10. Kapitel. 349 S. Rosien, 1994, S. 88. 350 S. im 7. Kapitel und (im l. Teil) im 3. Kapitel, 1.2.d). 351 Die rein grundbuchverfahrensrechtliche Deutung des Zustimmungsanspruchs durch Rosien, 1994, S. 92 ff. hat sich schon oben unter II.4.b) als unzutreffend erwiesen. 352 So zutreffend Rosien, 1994, S. 89 f. Zu diesem Komplex s. noch sogleich (unter IV.) bei der Darstellung der eigenen Lösung. 353 Als Anknüpfungspunkt für eine dahingehende Interpretation könnte immerhin die oben im 10. Kapitel, unter III. gewonnene Erkenntnis dienen, daß der gesicherte Eigen345 346

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

361

Schließlich ist die von Müller nunmehr vorgenommene entsprechende Heranziehung der §§ 989 f. als Schadensersatznormen verfehlt. Zur Begründung kann auf die Ausfilhrungen unter 11. verwiesen werden: Der Vormerkungsberechtigte ist zur Zeit der Schädigung weder Eigentümer noch besteht eine dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vergleichbare Situation, weil der Verkäufer und damit auch der vormerkungswidrige Erwerber bis zum Gefahrübergang zum Besitz berechtigt sind. Der vormerkungswidrige Erwerber ist bis zur Grundbuchumschreibung Eigentümer, auch gegenüber dem Vorgemerkten. Der Anspruch aus § 888 Abs. 1 ist auch nicht mit den Schutzansprüchen aus §§ 985, 894 vergleichbar, denn er dient nicht dem Schutz einer Rechtsposition (des vorgemerkten Anspruchs), sondern deren Durchsetzung. Der Lösungsvorschlag Klaus Müllers kann daher in dieser Form nicht überzeugen.

IV. Zusammenfassung und eigene Lösung: Schadensersatzpflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers aus schuldhafter Verletzung von Pflichten (sPV, pFV) aus einem zwischen ihm und dem Vorgemerkten bestehenden Schuldverhältnis eigener Art ("Erfüllungshilfsschuldverhältnis") Der Gang der Untersuchung hat gezeigt, daß die bisher herangezogenen Rechtsgrundlagen filr den Schadensersatzanspruch des Vorgemerkten gegen den vormerkungswidrigen Erwerber erheblichen Einwänden ausgesetzt sind und deshalb kaum befriedigen können. Die Rechtsstellung des vorgemerkten Grundstückskäufers kann mangels unmittelbarer Sachherrschaft nicht als absolutes Recht LS. von § 823 Abs. 1 angesehen werden. Wegen des fehlenden Besitzrechts des Vorgemerkten filhrt der Vergleich mit dem "Recht zum Besitz" nicht zu einer anderen Beurteilung. Gleiches gilt filr den Hinweis auf die Konkursfestigkeit der Position des Vorgemerkten, da diese deutlich anders strukturiert ist als der Konkursschutz absoluter Rechte. Die Anwendung von § 823 Abs. 2 scheidet aus, weil ein positivrechtlich normiertes Unterlassungs gebot gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber

tumsverschaffungsanspruch auf den Erwerb von Eigentum an einer Sache in bestimmter, vereinbarter (Soll-) Beschaffenheit gerichtet ist. Vgl. auch hierzu die eigene Lösung (sogleich unter IV.).

362

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. DA.: Verschlechterungshaftung

fehlt. Entsprechendes gilt fiir § 826. Diese Vorschrift begründet keine Verpflichtung des vormerkungswidrigen Erwerbers, die Erfilllung der geschützten Forderung nicht zu beeinträchtigen, sondern setzt sie als bestehend voraus. Auch die §§ 989, 990 können nicht analog herangezogen werden, namentlich weil der Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. I als "Erfiillungshilfsanspruch" zu qualifizieren ist und - abgesehen vom Anspruchsziel der Abgabe einer verfahrensrechtlichen Zustimmung zur Grundbuchänderung -strukturell nicht mit den Schutzansprüchen aus §§ 894, 985 bzw. § 1004 übereinstimmt und diesen Ansprüchen funktional nicht gleichgestellt werden kann. Das Argument, daß der rechtmäßige Besitzer nicht schlechter stehen dürfe als der unrechtmäßige, mißachtet den Vorrang der Vertragsfreiheit und der Regeln des besonderen Schuldrechts und ist daher im Verhältnis zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber genauso verfehlt wie im unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 987 ff. Die modifizierte Anwendung der §§ 989, 990 durch Flume ist weder interessengerecht noch konstruktiv überzeugend, da die dem Schuldner des Vorgemerkten nach der zutreffenden Lehre von der Spaltung der Verfiigungsmacht erhaltene Verfiigungsbefugnis nicht, wie von diesen Vorschriften vorausgesetzt, mit einem Besitzrecht, einer Nutzungsbefugnis verknüpft ist. Schließlich erscheint auch die Lösung Müllers nicht stimmig: Soweit er an den Gesichtspunkt der schuldhaften Vereitelung des Leistungszwecks des § 888 Abs. I anknüpft, liegt es näher, den Schadensersatzanspruch im allgemeinen Schuldrecht, im Leistungsstörungsrecht zu suchen als an die §§ 989, 990 anzuknüpfen. Die Ergebnisse zu l.-III. sind andererseits auch nicht dergestalt, daß die Bejahung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ausgeschlossen und der Gesetzgeber zum Tätigwerden berufen wäre. Im Gegenteil: In der Auseinandersetzung mit den abgelehnten Lösungsvorschlägen haben sich schon wesentliche Elemente des hier bevorzugten Schadensausgleichs mit Hilfe eines Anspruchs aus schuldhafter Pflichtverletzung (sPV, pFV) aufgrund einer (gesetzlichen) Sonderverbindung zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber herauskristallisiert: So ist nach dem hier entwickelten Verständnis der relativen Unwirksamkeit der Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1 ein realobligatorischer Erfiillungshilfsanspruch. Mit der Grundbucheintragung der Vormerkung entsteht - auf vertraglicher Grundlage - ein aufschiebend bedingtes gesetzliches Auxiliarschuldverhältnis zwischen dem Vorgemerkten und einem potentiellen vormerkungswidrigen Erwerber. Die Bedingung fiir das Wirksamwerden dieses Auxiliarschuldverhältnisses ist die Vornahme einer vormerkungswidrigen Verfiigung

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

363

und der damit verbundene Eigentumserwerb. Weil die Zustimmungspflicht aus § 888 Abs. 1 an die grundbuchmäßig dokumentierte EigentümersteIlung gebunden ist, handelt es sich nach der hier entwickelten Auffassung um eine realobligatorische Verpflichtung. Diese realobligatorische Zustimmungspflicht aus § 888 Abs. I begründet freilich, wie schon mehrfach ausgefilhrt, ihrer Rechtsfolge nach keine Haftung des vormerkungswidrigen Erwerbers wegen verschuldeter anspruchsbeeinträchtigender tatsächlicher Einwirkungen auf das vormerkungsbetroffene Grundstück. Wenn aber andererseits der Anspruch aus § 888 Abs. 1 schon obligatorischer Natur ist, liegt es nahe, die Pflicht zur Unterlassung anspruchswidriger tatsächlicher Einwirkungen und die damit korrespondierende Haftung auf Schadensersatz auf eine entsprechende Sonderverbindung zu stützen, die mit der Verpflichtung aus § 888 Abs. 1 in einem einheitlichen "gesetzlichen" Schuldverhältnis verbunden ist. Dieses Schuldverhältnis wiese - wenn man den Anspruch aus § 888 Abs. 1 einmal außer acht läßt - wegen des Fehlens von Primärleistungspflichten strukturelle Ähnlichkeit mit der Figur der "culpa in contrahendo" oder der Sonderbeziehung bei der Bruchteilsgemeinschaft gemäß §§ 741 ff.

auf 54 .

Die Annahme einer derartigen Sonderverbindung wäre aber nur zu rechtfertigen, wenn sich - über die im 1. Teil aufgezeigten Gründe fiir den Schadensausgleich hinaus - auch aus den §§ 883 ff. selbst (wenigstens mittelbar) Anhaltspunkte ftlr eine Pflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers zur Unterlassung anspruchsbeeinträchtigender tatsächlicher Einwirkungen ergäben.

I. Die Ableitung eines an den vormerkungswidrigen Erwerber gerichteten Gebots der Unterlassung anspruchsbeeinträchtigender tatsächlicher Einwirkungen aus Institut und Schutzgut der Vormerkung

Eine Prüfung in diese Richtung kann - mit gewissen ModifIkationen - an den Gedankengang Klaus Müllers anknüpfen, der der Regelungskonzeption des § 883 Abs. 2 das Gebot entnimmt, durch eine Verfiigung den vorgemerkten Anspruch nicht zu beeinträchtigen und dieses Gebot über § 888 auf den vormer354 Wegen seines Hilfscharakters zur Sicherstellung der Erfilllung des vorgemerkten Anspruchs wäre das Schuldverhältnis im übrigen seinem Inhalt und Umfang nach einerseits durch den vorgemerkten Anspruch, andererseits durch die konkret vorgenommene vormerkungswidrige Verfiigung geprägt und begrenzt.

364

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

kungswidrigen Erwerber ausgedehnt sieht, wobei eine schuldhafte Verschlechterung des Grundstücks den "Leistungszweck" des § 888 verletze 55 • Die hiergegen vorgebrachten Einwände, daß dem Wortlaut nach weder § 883 Abs. 2 ein derartiges Gebot enthält noch § 888 Abs. 1 eine Unterwerfung des vormerkungswidrigen Erwerbers unter ein solches Gebot anordnet, sind zwar zutreffend; diese Erkenntnis läßt jedoch nicht den Schluß zu, daß ein derartiges Gebot nicht existiert bzw. gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber keine Gültigkeit beanspruchen kann. Die Regelung in § 883 Abs. 2 statuiert nach ihrem Wortlaut kein Gebot, sondern ordnet eine Rechtsfolge an, eine Sanktion, die ein bestimmtes Verhalten des Schuldners bzw. eines vormerkungswidrigen (Zwischen-) Erwerbers nach sich zieht: Eine Verfiigung, die nach Eintragung der Vormerkung über das Grundstück bzw. das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Eine Sanktionsnorm impliziert aber andererseits eine Verhaltensanforderung (ein Ge- oder Verbot), deren Übertretung mit der angeordneten Rechtsfolge geahndet wird3s6 . Daß es sich bei der Anordnung in § 883 Abs. 2 um eine Sanktion, d.h. um eine "bestrafende" Rechtsfolge handelt, ergibt sich daraus, daß die Geltung eines üblicherweise auf dieses Verhalten (die Verfiigung) hin eintretenden rechtlichen Erfolges eingeschränkt wird, denn diese Einschränkung bedeutet ja keine "Belohnung" oder Anerkennung dieses Verhaltens, sondern dessen soziale Mißbilligung, auch wenn diese Mißbilligung gegenüber der Sanktion einer absoluten Unwirksamkeit der Verfiigung geringer ausfallt. Das solchermaßen durch § 883 Abs. 2 sanktionierte Gebot, die Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs nicht durch eine Verfilgung zu vereiteln oder zu beeinträchtigen, wurzelt nicht in der Vormerkung selbse s7 , sondern unmittelbar in dem von ihr gesicherten Rechtsverschaffungsanspruch aus dem Grundstücks-

S. oben unter III.2. Vgl. hierzu auch Larenz, Methodenlehre, 6/1991, S. 250 ff. 357 Würde § 883 Abs. 2 ein zusätzliches eigenes Verbot der Erfiillungsbeeinträchtigung statuieren, so bedeutete dies, daß der Schuldner des vorgemerkten Anspruchs ggf. nicht nur wegen Vertragsverletzung, sondern auch wegen "Vormerkungsgebotsverletzung" schadensersatzpflichtig würde. Eine solche Doppelhaftung bedeutet aber eine überflüssige inhaltliche Erweiterung des gesicherten Anspruchs und wird deshalb im Schrifttum im Ergebnis zu Recht abgelehnt, s. etwa Chr.Paulus, 1981, S. 29, 87; Kahler, Verfiigungsverbot, 1984, S. 103 f.; Rasien, 1994, S. 90; MKIWacke, 2/1986, § 888 Rn 17; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 61 (zumeist auf eine zusätzliche Haftung aus § 823 Abs. 1 bezogen). 355

356

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

365

kaufvertrag und läßt sich zurückfUhren auf das allgemeine Gebot der Leistungsbzw. Vertragstreue, das seinen Niederschlag in § 242 gefunden hae 58 • Während im allgemeinen ein Verstoß des Schuldners gegen die Leistungstreuepflichten "nur" mit einem (vertraglichen) Schadensersatzanspruch belegt wird, modifiziert § 883 Abs. 2 diese Sanktion mittels der Anordnung der relativen Unwirksamkeit bei den in § 883 Abs. 1 genannten Ansprüchen zugunsten des Erhalts der Erfililbarkeit. Da weiterhin § 883 Abs. 2 einschränkungslos im Hinblick auf die handelnde Person jede nachteilige Verfügung nach Eintragung der Vormerkung mit der relativen Unwirksamkeit ahndet359, bedeutet dies, daß auch die Rechtsnachfolger des Schuldners bezüglich des Leistungsgegenstandes (des vormerkungsbetroffenen Grundstücks oder Rechts) zumindest diesem "speziellen" Gebot der Leistungstreue unterworfen sind - auch ohne Vertragspartner des Vorgemerkten zu sein. Insofern ist entgegen der oben dargelegten Auffassung Müllers360 § 888 nicht erforderlich filr die Erstreckung dieses Gebots auf den vormerkungswidrigen Erwerber; dessen Bindung ergibt sich schon mittelbar aus der nicht auf den Schuldner begrenzten Geltung der Rechtsfolgenanordnung des § 883 Abs. 2 361 • Im Hinblick auf den gesuchten Anhaltspunkt filr das postulierte gesetzliche Schuldverhältnis stellt sich die Frage, ob § 883 Abs. 2 nicht - über die Ausdehnung des konkreten, einzelnen Gebots, die Erfüllung des gesicherten Anspruchs nicht durch Verfügungen zu beeinträchtigen, hinaus - dahingehend verstanden werden kann, ja muß, daß der vormerkungswidrige Erwerber dem an sich nur filr den Schuldner geltenden Gebot der Leistungstreue insgesamt unterworfen ist; ihm damit über § 883 Abs. 2 also auch geboten ist, anspruchsvereitelnde tatsächliche Einwirkungen auf den Leistungsgegenstand Grundstück zu unterlassen. Für eine solche durch § 883 Abs. 2 bewirkte umfassende Ausdehnung des Gebots der Leistungstreue auf den vormerkungswidrigen Erwerber sprechen mehrere, z.T. miteinander verwobene Gründe: Ein erstes, besonders naheliegendes Argument liefert der gegen den vormerkungswidrigen Erwerber gerichtete Zustimmungsanspruch gemäß § 888 Abs. 1.

358 S. oben 1. Teil, 3. Kapitel, I.2.a) § 242 Rn 27; auch BGHZ 93, 29, 39.

aal m.N.; ferner

Palandt/Heinrichs, 55/1996,

359 Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 883 Abs. 2. Wie hier etwa Planck/Strekker, 5/1933, § 883 Anm. 3a a; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 883 Rn 156 m.w.N.; a.A. jedoch - ohne Begründung - RGRK/Augustin, 12/1978, § 883 Rn 89. 360 Müller, SachenR, 2/1990, Rn 1167b, 3/1993, Rn 1171g. 361 Ebenso im Ergebnis Rosien, 1994, S. 90.

366

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, l. VA.: Verschlechterungshaftung

Ganz unabhängig davon, ob man sich dessen hier entwickelter Qualifikation als real obligatorischer Anspruch anschließt oder nicht, ist es wohl nicht bestreitbar, daß der vormerkungswidrige Erwerber über diese Vorschrift verpflichtet ist, bei der Erfiillung des geschützten Anspruchs mitzuwirken. Eine gesetzgeberische Billigung anspruchsbeeinträchtigender tatsächlicher Einwirkungen stünde jedoch in offenem Widerspruch zu dem durch § 888 angeordneten Mitwirkungsakt bei der Erfilllung. Eine derart widersprüchliche Regelung sollte man dem Gesetzgeber nicht leichtfertig unterstellen, zumal dieser ausweislich der Gesetzesmaterialien362 von einer Verschuldenshaftung des vormerkungswidrigen Erwerbers ausging. Ein zweiter Grund, der fiir eine über § 883 Abs. 2 bewerkstelligte Ausdehnung des Gebots der Leistungstreue insgesamt angefilhrt werden kann, liegt in der Struktur dieses Gebotes selbst: Das Gebot der Leistungstreue ist als solches unteilbar; es kann nicht in völlig isoliert nebeneinander stehende Einzelgebote ("Teilgebote") zerlegt werden. Das zeigt sich schon in Sprachgebrauch und Praxis. Dort werden die einzelnen Leistungstreuepflichten nicht als isoliert nebeneinander stehende Einzelpflichten begriffen, sondern als Konkretisierungen einer allgemeinen Leistungstreuepflicht. Die Leistungstreuepflicht besteht generell und umfassend und wird nur durch die im konkreten Fall bestehende Gefahrenlage fiir das Rechtsgut "schuldrechtlicher Anspruch" (Leistungs- bzw. Erfiillungsanspruch, Einziehungsbefugnis) näher festgelegt. Sachlich handelt es sich bei dem Gebot der Leistungstreue außerdem um eine Unterlassungspflicht. Dem Betroffenen - im Normalfall dem Schuldner - ist aufgegeben, alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Erfilllung beeinträchtigen. Die Unteilbarkeit von Unterlassungspflichten ist aber anerkanne 63 • Um ein extremes - Beispiel zu gebrauchen: Das Gebot, die (rechtswidrige und schuldhafte) Tötung eines Menschen zu unterlassen, ist unteilbar; es kann keine Rolle spielen, mit welchen Mitteln die Tötung erfolgt. Dagegen könnte man einwenden, es komme auf die konkret geltende Fassung des Unterlassungsgebots an; aus der Fassung des § 883 Abs. 2 könne man eben

362 363

Rn 3.

Mugdan III, S. 571 sub C. und oben im 8. Kapitel, 11.1. Z.B. SoergellMWolf, 12/1990, § 266 Rn 10; PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 266

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

367

nur eine auf Verfilgungen beschränkte Unterlassungspflicht herleiten, nur diese könne als unteilbar eingestuft werden364 • Dieser Einwand filhrt zu einem weiteren filr die Unteilbarkeit der Leistungstreuepflicht streitenden Aspekt, dem des Rechtsgüterschutzes. Der Einwand hält nämlich einer am zu schützenden Rechtsgut orientierten Betrachtungsweise nicht stand. Das Verbot anspruchsbeeinträchtigender Verfilgungen fmdet seine Rechtfertigung im Schutz des vorgemerkten Rechts- bzw. Eigentumsverschaffungsanspruchs. Dieser richtet sich - wie oben365 ausgefilhrt - inhaltlich nicht auf die Verschaffung eines abstrakten, "papierenen" Eigentums, einer bloßen Rechtszuständigkeit, sondern auf die Verschaffung von Eigentum an einer Sache in (vertraglich) bestimmter (Soll-) Beschaffenheit. Der geschuldete tatsächliche Zustand ist daher untrennbarer Teil des durch die §§ 883 ff. geschützten Rechtsguts "schuldrechtlicher Anspruch (auf Verschaffung eines Rechts an einem Grundstück)". Der Anwendung von § 823 Abs. 1 im Verhältnis zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber wird mit Recht entgegengehalten, daß sie zu einem systemwidrig gespaltenen Deliktsschutz filhre 366 • Der deliktische, durch § 823 Abs. 1 gewährleistete Rechtsgüterschutz ist notwendig umfassend, nicht nur in personeller, sondern auch in sachlicher Hinsicht. Ein

364 Aus der ebenfalls anerkannten Unteilbarkeit der Rechtsverschaffungspflicht (s. dazu Soergel/M. Wolf, 12/1990, § 266 Rn 10; Palandt/Heinrichs, 55/1996, § 266 Rn 3 je m.w.N.) bzw. umgekehrt deren durch die Vonnerkung in gewisser Weise tatsächlich bewirkten Aufspaltung lassen sich keine Argumente rur oder gegen die Unteilbarkeit der Leistungstreuepflicht ableiten. Der Rechtsverschaffungsanspruch des Vorgemerkten gegen seinen Schuldner bleibt ja trotz dessen Unvennögen zur Vornahme einzelner Erfiillungsteilhandlungen insgesamt erhalten. Lediglich die einzelne Teilhandlungsptlicht der Bewilligung der Grundbuchänderung gemäß § 19 GBO wird über § 888 Abs. I (auch) dem vonnerkungswidrigen Erwerber auferlegt. Ferner wurde schon im I. Teil, 3. Kapitel, unter 1I.I.d) dargelegt, daß die Bedeutung der Leistungstreuepflicht über die einer bloßen "Kehrseite" des Erfiillungsanspruchs hinausreicht. Es besteht durchaus ein qualitativer Unterschied zwischen einer Pflicht zur aktiven, positiven Erfiillung eines Anspruchs und einer Pflicht, diese Erfiillung passiv, negativ nicht zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. Überdies dienen die "Aufspaltung" der Rechtsverschaffungspflicht einerseits und das Festhalten an der Unteilbarkeit der Leistungstreueptlicht dem Schutz des vorgemerkten Anspruchs und damit dem gleichen Ziel und sind daher Elemente einer in sich konsistenten Interpretation. 365 Im 10. Kapitel. 366 S. die Nachweise oben I.1.b) Fn. 49.

368

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA.: Verschlechterungshaftung

Recht,' das nur teilweise, d.h. gegen bestimmte Eingriffe geschützt ist, verliert außerhalb des geschützten Bereichs seinen Zuweisungsgehalt und damit zugleich - wenn der geschützte Bereich keine selbständige Befugnisqualität aufweist - seine Anerkennung als Rechtsgut überhaupt. Mit Hilfe des oben angesprochenen Beispiels ausgedrückt: Das "Recht auf Leben" wäre nicht mehr als solches anerkannt, wenn nur einzelne Methoden der Tötung verboten wären. Der schuldrechtliche Anspruch ist nun zwar kein absolutes Recht LS. von § 823 Abs. I, aber als relatives Recht im Verhältnis zum Schuldner umfassend geschützt. Der Schuldner ist uneingeschränkt dazu verpflichtet, die Erfiillung des Anspruchs nicht zu vereiteln oder zu beeinträchtigen. Insofern kann man von dem Anspruch als einem relativ geschützten Rechtsgut, Schutzgut sprechen. Auf das Verhältnis zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber bezogen bedeutet dies: Über §§ 883 Abs. I, Abs. 2 und in Verbindung mit der in § 888 Abs. 1 geregelten Erfiillungshilfspflicht wird der vorgemerkte Rechtsverschaffungsanspruch neben dem Schuldner fiir jeden vormerkungswidrigen Erwerber - aber eben nur fiir diesen - zu einem geschützten, von ihm zu respektierenden Rechtsgut. Das relative Rechtsgut "Forderung" wird in einer weiteren Relation zum Rechtsgut. Die Rechtsgutqualität verlangt einen umfassenden Schutz; es ist in sich widersprüchlich, wenn eine Rechtsposition von einer Person sowohl anerkannt werden soll als auch ignoriert werden darf. Die oben postulierte Sonderverbindung fmdet daher in der Regelung der §§ 883 Abs. 1, Abs. 2 LV.m. § 888 Abs. 1 genügend Anhaltspunkte und somit eine ausreichende Grundlage.

2. Die konkrete Rechtfertigung der Schadensersatzpjlicht aus schuldhafter Pjlichtverletzung (spV, pFV)

Bejaht man im Anschluß an die Ausfiihrungen zu I. eine auf §§ 883 Abs. I, Abs. 2, 888 Abs. I gestützte auxiliarische Sonderverbindung zwischen dem vorgemerkten Grundstückskäufer und dem vormerkungswidrigen Erwerber, so ist es nur folgerichtig, den aus der schuldhaften Verletzung der Pflicht, die Erfiillung des gesicherten Anspruchs nicht zu beeinträchtigen, resultierenden Schadensersatzanspruch den Instituten des allgemeinen Schuldrechts zu entnehmen. Da eine (schuldhafte) Verschlechterung des Grundstücks auf den vorgemerkten Anspruch bezogen (regelmäßig) weder zur Leistungsunmöglichkeit oder zur vorrangigen Anwendung des Gewährleistungsrechts (§§ 459 ff.) fUhrt

12. Kap.: Kritik dieser Lösungsvorschläge und eigene Lösung

369

noch einen Fall des Verzugs darstellt, ist der Rückgriff auf das Institut der schuldhaften Pflichtverletzung bzw. positiven Forderungsverletzung (sPV, pFV) zulässig und geboten. Etwas anderes ergibt sich u.U. dann, wenn man darauf abstellt, daß die Pflicht, die ErfUlIung des vorgemerkten Anspruchs nicht zu beeinträchtigen, als Hauptpflicht dieses Auxiliarschuldverhältnisses zu qualifizieren ist. Diese Pflicht ist eine "Dauerunterlassungspflicht" und daher regelmäßig eine absolute Fixschuld367 • Dies könnte dafiir sprechen, teilweise 368 Unmöglichkeit anzunehmen und die Schadensersatzpflicht auf § 280 Abs. 1 zu stützen. Da die Unterlassungspflicht aber aus dem "ErfUlIungshauptanspruch" abgeleitet und untrennbar mit diesem verbunden ist, erscheint es jedoch überzeugender, von einer schuldhaften Pflichtverletzung (sPV, pFV) auszugehen, solange die Errullung dieses gesicherten (Haupt-) Anspruchs noch möglich ise 69 • Über die Grundlage des aus den §§ 883, 888 abgeleiteten Auxiliarschuldverhältnisses hinaus lassen sich - in Zusammenfassung der an verschiedenen Stellen dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse - als Bestätigung weitere Gründe fiir eine Verantwortlichkeit des vormerkungswidrigen Erwerbers aus schuldhafter Pflichtverletzung anfilhren: Eine dahingehende Verantwortlichkeit stimmt mit den schon mehrfach angesprochenen Vorstellungen der Gesetzesverfasser tiberein. Diese gingen von einer Verschuldenshaftung bei tatsächlichen Einwirkungen aus, auch wenn die Materialien nicht völlig eindeutig im Sinne einer - der Verpflichtung aus sPV entsprechenden - cu/pa-Haftung gedeutet werden können37o • Eine Verpflichtung aus sPV (pFV) stimmt ferner strukturell mit der vergleichbaren Verpflichtung des Verkäufers tiberein, was der Akzessorietät der Vormerkung zu dem geschützten Anspruch Rechnung trägt. Der vormerkungswidrige Erwerber ist dadurch nicht mehr, nicht anders, sondern grundsätzlich -

367

517f

S. für vertragliche Unterlassungspflichten Köhler, AcP 190 (1990), S.496, 515,

368 Da die Pflicht zur Unterlassung ertUllungsbeeinträchtigender Maßnahmen für die Zukunft - bis zur Durchsetzung des vorgemerkten Anspruchs - fortbesteht, ist es verfehlt, vollständige Unmöglichkeit anzunehmen (S. etwa Köhler, AcP 190 (1990), S. 496, 518; ferner Soergel/Wiedemann, 12/1990, Vor § 284 Rn 14). 369 Vgl. im übrigen wiederum Köhler, AcP 190 (1990), S. 496,518: "Für punktuelle Zuwiderhandlungen erscheint es zwangloser mit positiver Vertragsverletzung zu arbeiten.". 370 S. oben im 8. Kapitel, 11.1.; zur culpa-Haftung s. auch 3. Kapitel, unter I.2.d) aa) Fn.186. 24 Richter

370

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA.: Verschlechterungshaftung

der Interessenlage gemäß - in gleichem Umfang bzw. eher weniger verpflichtet als der Schuldner. Soweit, wie im Regelfall, der Verkäufer und er gemeinsam rur den entstandenen Schaden verantwortlich sind, sind sie nebeneinander nach dem jeweiligen Verursachensbeitrag verpflichtet. Dies entspricht dem Verursacherprinzip als einem Grundprinzip unserer Rechtsordnung. Die Annahme einer Gesamtschuldnerschaft hätte ftlr den vormerkungswidrigen Erwerber den Nachteil, daß er das Risiko eines Verkäuferkonkurses insoweit allein tragen müßte. Der Sinn der Vormerkung erschöpft sich aber in der Sicherung der primären Leistung, sie soll grundsätzlich37l nicht etwaige Sekundärinteressen des Vorgemerkten im Fall der Zahlungsunfllhigkeit seines Schuldners absichem 372 • Die Heranziehung des vormerkungswidrigen Erwerbers nach den Grundsätzen der schuldhaften Pflichtverletzung (sPV, pFV) vermeidet eine der tatsächlichen Rechtsposition nach nicht gerechtfertigte Gleichsetzung des Vorgemerkten mit dem Eigentümer bzw. dem Inhaber eines LS. von § 823 Abs. 1 absolut geschützten Rechts. Sie entspricht schließlich wertungsmäßig der oben beschriebenen relativen, mittelbaren und negativen "Sachherrschaft" des Käufers gegenüber dem Verkäufer, die vormerkungsbezogen ihren Niederschlag in deren cum grano salis durchaus zutreffenden Charakterisierung als "negatives Herrschaftsrecht,,373 (=sachherrschaftsbeschränkendes Recht) gefunden hat.

371 Als Ausnahme ist wohl der Wertersatzanspruch im Fall der Zwangsversteigerung gemäß § 92 ZVG anzusehen. 372 Mit einigem Recht läßt sich der Einwand, die Vormerkung bezwecke nur den Schutz des primären Leistungsanspruchs auch gegen den Schadensersatzanspruch aus sPV erheben. Dieser Schadensersatzanspruch läßt sich aber schwerlich von dem zur Sicherung der Primärleistung unabdingbaren Unterlassungs-, d.h. Schutzanspruch trennen (i.E. wie hier nunmehr auch BGH, NJW 1995, 1284, 1285, dazu oben, 3. Kapitel, II.I.d), ganz abgesehen davon, daß die Effektivität dieses Schutzanspruchs bei fehlender Schadensersatzsanktion eher gering einzustufen wäre. Zudem widerspräche eine Haftungsfreistellung des vormerkungswidrigen Erwerbers dem Verursacherprinzip: Der vormerkungswidrige Erwerber hat ja den Schaden durch eine Verletzung ihm obliegender Pflichten verursacht; die Vormerkung transferiert schon die Pflicht und nicht bloß die Sanktion fiir deren Verletzung. 373 So WoljJ/Raiser, SachenR, 10/1957, § 48 VII 2 m.N., dagegen StaudingeriGursky, 12/1987, § 883 Rn 204: " ... wenig aussagekräftig und im Bereich der Lükkenergänzung wenig hilfreich".

13. Kap.: Schutz vor vom Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen 371

13. Kapitel

Der Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers vor Verschlechterungen, die der vormerkungswidrige Erwerber nicht verschuldet hat Die Frage eines Schutzes des Vorgemerkten vor vom vormerkungswidrigen Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen wird im Schrifttum zumeist nur unter dem Aspekt erörtert, inwieweit sich der Vorgemerkte unmittelbar gegen schädigende Einwirkungen Außenstehender wehren kann. In der Rechtsprechung ist das Problem unter dem Gesichtspunkt beurteilt worden, ob entweder dem Vorgemerkten oder dem vormerkungswidrigen Rechtsinhaber ein die Verschlechterung kompensierendes Surrogat gebührt. Soweit filr den vormerkungsbetroffenen Rechtsinhaber zufällige Schädigungen weder durch schuldhafte Einwirkungen Außenstehender entstanden sind, noch durch einen Surrogatsanspruch kompensiert werden, sind sie hingegen kein Diskussionstbema. Im hier interessierenden Bereich der Sicherung kaufrechtlicher Eigentumsverschaffungsansprüche ist das wohl schwerlich zu beanstanden, denn die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte, Minderung bzw. Wandlung, decken das SchutzbedÜTfnis des vorgemerkten Grundstückskäufers grundsätzlich in ausreichendem Maße ab. Das gilt freilich gleichermaßen filr die in Rechtsprechung und Schrifttum thematisierten Fälle, deren Lösung im folgenden zu überprüfen ist.

I. Der Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers vor Einwirkungen Außenstehender

J. Normative Basis und Rechtfertigung dieses Schutzes

Als rechtliche Anknüpfungspunkte zur Abwehr von Eingriffen außerhalb der Sonderbeziehung(en) stehender Personen werden in der Literatur eine analoge Anwendung von § 869 sowie - ergänzend - von § 1134 befilrwortet.

372

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA: Verschlechterungshaftung

a) Schutz des Vorgemerkten analog § 869 Für die analoge Anwendung von § 869 hat sich - in Abrundung seines deliktischen Lösungskonzepts hinsichtlich des vormerkungsbetroffenen Rechtsinhabers - Canaris ausgesprochen374 • Canaris stellt - wie auch schon oben375 dargelegt - zunächst fest, daß § 883 Abs. 2 seiner Konstruktion nach dem Vorgemerkten das betroffene Recht im Verhältnis zu Außenstehenden nicht in einer einem dinglichen Recht vergleichbaren Weise zuordne, weshalb § 823 Abs. 1 in dieser Beziehung nicht anwendbar sei. Dieses Ergebnis sieht er durch die Interessenlage bestätigt, denn es bestehe keine Gefahr, daß der vormerkungswidrige Erwerber seine deliktischen Ansprüche nicht mit dem erforderlichen Nachdruck geltend mache. Außerdem fiihre die Anerkennung eigener Delikts-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Vorgemerkten insofern zu Schwierigkeiten als eine Verdoppelung der Zuständigkeiten eintrete, da man dem vormerkungswidrigen Rechtsinhaber nicht einfach die deliktischen Anspruche nehmen könne. Der Vormerkungsberechtigte sei vor Einwirkungen Außenstehender allerdings analog § 869 zu schützen. Nach dieser Vorschrift kann ein mittelbarer Besitzer vom fehlerhaft Besitzenden die Wiedereinräumung des Besitzes an den rechtmäßigen unmittelbaren Besitzer verlangen bzw. neben dem unmittelbaren Besitzer die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 862 geltend machen. Darüber hinausgehend billigt Canaris dem Vorgemerkten auch das Recht zu, gegen den Schädiger auf (Ersatz-) Leistung an den vormerkungswidrigen Erwerber zu klagen und, wenn dieser die Leistung nicht annehmen wolle, sogar auf Leistung an sich selbst376 . Die analoge Anwendung des § 869 rechtfertigt Canaris mit dem Hinweis, daß der Vormerkungsberechtigte zwar in aller Regel kein mittelbarer Besitzer, seine Position diesem aber wertungsmäßig vergleichbar sei: Seine Position sei immerhin teilweise verdinglicht und im Grundbuch publiziert; die Stellung des mittelbaren Besitzers sei hingegen nicht nach außen erkennbar und beruhe unter Umständen nur auf einem obligatorischen Rechtsverhältnis 377 •

374 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 386 f. Ihm folgen MKiMertens, 2/1986, § 823 Rn 130; ErmaniSchiemann, 9/1993, § 823 Rn 42; Hager, JuS 1990,429,437 Fn. 141. 375 Im 6. Kapitel unter I. 376 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 387. 377 Canaris, FS Flume I, 1978, S. 371, 387.

13. Kap.: Schutz vor vom Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen 373 b) Zusätzlicher UnterJassungsanspruch des Vorgemerkten analog § 1134 Eine Modifizierung des Vorschlags von Canaris hat Wacke vorgenommen. Bei Beeinträchtigungen des Grundstücks durch sonstige Dritte, die seinen geschützten Anspruch gefiihrden, will Wacke dem Berechtigten UnterJassungsansprüche analog § 1134 zubilligen. Bei gegen den vormerkungswidrigen Eigentümer gerichteten Besitzentziehungen und -störungen will er - wie Canaris § 869 i.V.m. §§ 861, 862 zugunsten des Vorgemerkten anwenden378 •

2. Stellungnahme

Beide Auffassungen können nicht überzeugen. Die analoge Anwendung von § 869 ist abzulehnen, weil die Position des Vorgemerkten im Hinblick auf außerhalb des Schuld- bzw. Hilfsschuldverhältnisses stehende Personen nicht mit der eines mittelbaren Besitzers gleichgesetzt werden kann. Ein solcher Vergleich hat hinsichtlich der Abwehrrechte - wegen der Absicherung des Verschaffungsgläubigers durch das "quasideliktische" Leistungsstörungsrecht - innerhalb der schuldrechtlichen Beziehung(en) eine gewisse Berechtigung379 ; da im Verhältnis zu Außenstehenden ein dem Leistungsstörungsrecht vergleichbarer Schutz des Verschaffungsgläubigers fehlt, ist diese Parallele, soweit sie zutrifft, strikt auf die Parteien des Schuldverhältnisses beschränkt und kann keinesfalls auf das Verhältnis zu Außenstehenden ausgedehnt werden. Bestätigt wird diese Sicht durch den Umstand, daß ungeachtet aller sonstigen Differenzen alle Theorien zur relativen Unwirksamkeit darin übereinstimmen, daß der vormerkungswidrige Erwerber im Verhältnis zu außenstehenden Personen als ausschließlicher Inhaber des betroffenen Rechts angesehen wird380 • Überdies ist - gerade vom Standpunkt der "deliktischen Lösung" - die analoge Anwendung des § 869 in sich nicht schlüssig: Wenn der Vorgemerkte im Verhältnis zu Außenstehenden wertungsmäßig einem mittelbaren Besitzer gleichzustellen wäre, wie Canaris meint, dann wäre es auch nur konsequent, ihm auch den einem mittelbaren Besitzer sonst gewährten Schutz zuzubilligen. Nach MKiWacke, 2/1986, § 888 Rn 17; ebensoAKlB.v.Schweinitz, 1983, § 888 Rn 19. S. oben 12. Kapitel, I.2.b). Die Parallele trifft nur hinsichtlich der "negativen Seite", der Abwehrbefugnisse zu. Dazu sogleich unten im Text. 380 S. oben 12. Kapitel, II.4.b) bb). Auch Rosien, 1994, S. 186 verweist hierauf zu Recht. J78

379

374

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. UA: Verschlechterungshaftung

herrschender Meinung genießt aber der mittelbare Besitzer bei Eingriffen in die Sachsubstanz Deliktsschutz gemäß § 823 Abs. 1381 , ein Ergebnis, das Canaris fiir das Verhältnis des Vorgemerkten zu Außenstehenden unter Hinweis auf die Interessenlage und die problematische Verdoppelung der Zuständigkeiten mit gutem Grund ablehnt. An diesem Widerspruch zeigt sich erneut, daß die deliktische Lösung des Einwirkungsproblems insgesamt verfehlt ist: Die Vormerkung, insbesondere § 883 Abs. 2, unterwirft eben nur die Nachfolger des Schuldners im vormerkungsbetroffenen Recht der Erftlllungsmitwirkungspflicht gemäß § 888 Abs. 1 sowie der Pflicht, erftlllungsbeeinträchtigende Einwirkungen auf den - jedenfalls beim Eigentum - vom betroffenen Recht umfaßten Sachzustand zu unterlassen. Die Vormerkung gewährt damit keinen absoluten, d.h. gegen jedermann wirkenden Schutz, sondern dehnt nur den gegenüber dem Schuldner bestehenden Erftlllungsschutz auf den jeweiligen Inhaber des vormerkungsbetroffenen Rechts, also nur relativ aus. Auch der Vergleich mit der kaufrechtlichen bzw. schuldrechtlichen "Normallage" spricht gegen eine analoge Anwendung von § 869. Bei Einwirkungen Dritter auf den noch in der Hand des Verkäufers befmdlichen Kaufgegenstand werden dem Käufer soweit ersichtlich von niemandem analog § 869 Abwehrund Schadensersatzansprüche gegen den Dritten zugesprochen. Eine solche Analogie ist im Regelfall auch deshalb verfehlt, weil der (Spezies-) Käufer nach der Gesetzeskonzeption schon nicht von seinem Verkäufer Mängelbeseitigung (Nachbesserung) verlangen kann382 • Dies muß dann erst recht gegenüber von Dritten herrührenden Mängeln der Kaufsache gelten. Bei Sachverschlechterungen kann der Käufer vielmehr, da es sich um Sachmängel handelt, gegenüber dem Verkäufer die Gewährleistungsrechte (Minderung, Wandlung) geltend machen. Abgesehen von diesem gewährleistungsrechtlichen Schutz wird das Problem, etwa beim Versendungskauf, mit Hilfe der Drittschadensliquidation gelöst. Eigene bzw. gemeinschaftliche Abwehr- und Schadensersatzansprüche gegen Eingriffe außerhalb der Obligation stehender Dritter werden dem Käufer neben dem Verkäufer-Eigentümer nur zugestanden, wenn er ein Anwartschaftsrecht erlangt hat. 381RGZ102, 344, 347; RG, JW1931, 2904; BGHZ32, 194, 204f.; Medicus, AcP 165 (1965), S. 115, 138 f.; Soergel/Zeuner, 1111985, § 823 Rn 54; Soergel/Mühl, 12/1989, Vor § 854 Rn 15; MK/Mertens, 211986, § 823 Rn 126; Staudinger/Bund, 13/1995, § 869 Rn 12; Westermann/Gursky, SachenR I, 6/1990, § 8 4.; s. auch Müller, Schuldrecht BT, 1990, Rn 2390. 382 S. oben I. Teil, 2. Kapitel, 1.3.

13. Kap.: Schutz vor vom Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen 375 Der vonnerkungsgesicherte (kaufrechtliche) Eigentumsverschaffungsanspruch begründet aber nach zutreffender Auffassung allein kein Anwartschaftsrecht des Grundstückskäufers, weil durch die V onnerkung weder der Erwerbsakt eingeleitet noch ein neues, eigenständiges Vennögensobjekt geschaffen wird, das einem gesonderten vollstreckungsrechtlichen Zugriffunterliegt383. Weder die wertende Betrachtung noch die Wahl des Begriffs "Anwartschaftsrecht" ändern schließlich etwas an dem Befund, daß dem (vorgemerkten) Grundstückskäufer vor der Übergabe bzw. vor Fälligkeit des Übergabeanspruchs kein Recht zum Besitz am vonnerkungsbetroffenen Grundstück zusteht und ihm deshalb weder aus diesem noch aus einem anderen Recht eine Nutzungsbefugnis im weitesten Sinn am Grundstück zukommt, die mit Abwehrund Schadensersatzansprüchen gegen Dritte gesichert werden müßte 384 . Aus dem gleichen Grund - der fehlenden absoluten Zuordnung des betroffenen Grundstücks - ist es auch nicht gerechtfertigt, dem Vorgemerkten Schutzansprüche analog § 1134 zu gewähren. Sachlich handelt es sich bei § 1134 um eine Spezialvorschrift zu § 1004 im Hinblick auf die dingliche, also absolut geschützte Verwertungsbefugnis der Grundpfandrechtsinhaber385 • Abgesehen davon wäre der Anwendungsbereich des § 1134 neben dem Anspruch aus § 869 LV.m. § 862 ohnehin zweifelhaft: Für den Vorgemerkten bestünde ein Schutzbedürfnis überhaupt nur hinsichtlich solcher Einwirkungen Außenstehender, die seinen Anspruch beeinträchtigen. Ist dies nicht der Fall, ist seine Rechtsposition gar nicht berührt. Schließlich fehlt es auch an einem Bedürfnis fiir einen derartigen Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers, da dieser seinerseits über die §§ 459 ff. ausreichend abgesichert ist und kein Grund erkennbar ist, daß der vonnerkungswidrige Erwerber sich nicht wie ein "nonnaler" Eigentümer gegen Übergriffe fremder Dritter zur Wehr setzen wird.

383 S. oben 12. Kapitel, II.4.a). - AA BGHZ 106, 108, 111; wohl auch BGHZ 114, 161 ff. Anders ist evtl. zu entscheiden, wenn auch die Auflassung bereits vollzogen ist, wie im Fall BGHZ 114, 161 tf. In diese Richtung auch Medicus, DNotZ 1990, 275, 282 f.; Rosien, 1994, S. 158 ff., 162. Rosien, a.a.O., S. 162 ff. lehnt aber einen deliktischen Schutz dieses Anwartschaftsrechts ab. Dann kann die Bezeichnung "Anwartschaftsrecht" aber nicht befriedigen, weil das "Anwartschaftsrecht" des Eigentumsvorbehaltskäufers deliktischen Schutz genießt. 384 S. oben 12. Kapitel, I.2.b). 385 UWeber, 1962, S. 114; Rosien, 1994, S. 191; Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 62.

376

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. VA: Verschlechterungshaftung

Ein Schutz des vorgemerkten Grundstückskäufers analog § 869 bzw. analog § 1134 vor Einwirkungen Außenstehender auf das betroffene Grundstück läßt sich daher insgesamt nicht rechtfertigen.

11. Die Zuweisung eines Verschlechterungssurrogats zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Rechtsinhaber

Wie schon in der Rechtsprechungsübersicht dargestellt haben das OLG Celle 386 und nachfolgend der BGH387 der Inhaberin eines vorgemerkten Eigentumsrückerwerbsanspruchs im Verhältnis zu einem vormerkungswidrigen Grundschuldberechtigten die zur Kompensation eines vom Verpflichteten nicht verschuldeten Brandschadens vom Feuerversicherer geleistete Entschädigung zugesprochen.

1. Besonderheiten im Kaufrecht

Auf die Situation im Falle des hier interessierenden kaufrechtlichen Eigentumsverschaffungsanspruch können diese Entscheidungen nur begrenzt übertragen werden. Dies liegt namentlich an der oben388 dargelegten kaufrechtlichen Besonderheit der Konkurrenzsituation zwischen dem Gewährleistungsrecht der §§ 459 ff. und dem Surrogatsanspruch aus § 281. Nach der hier vertretenen Auffassung389 würde ein Anspruch auf das "Fehler- bzw. Verschlechterungssurrogat" nur das System der kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte, das einen solchen Anspruch nicht vorsieht, - in durchaus wünschenswerter Weise - erweitern. Soweit es sich um vom Verkäufer nicht verschuldete Verschlechterungen handelt, ist der Käufer aber durch die Rechte auf Minderung bzw. Wand-

OLG Celle, WM 1986, 569 f mit Bespr. Berger, WM 1986, 873 ff. BGHZ 99, 385 ff. (=JR 1987,455 m. Anm. Kohler). 388 Im 1. Teil, 2. Kapitel, 1.2. 389 S. oben 2. Kapitel, 1.2. Ebenso OLG Hamm, NJW-RR 1993, 1366; Wiedemann, EWiR 1991, § 281 BGB/l; ErmaniGrunewald, 9/1993, Vor § 459 Rn 15; ohne eine Entscheidung getroffen zu haben, tendenziell auch BGHZ 114,34,36 f. Für die Anwendung von § 281 neben den §§ 459 ff. etwa Soergel/Huber, 12/1991, Vor § 459 Rn 251; Lobinger, JuS 1993, 453, 455 f; tUr die Zeit vor Gefahrübergang auch BGHZ 129, 103, 105 (=NJW 1995, 1737). 386 387

13. Kap.: Schutz vor vom Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen 377

lung in ausreichendem Maße geschützt. Eine ausftUlungsbedürftige Regelungslücke besteht daher nicht. Dieser Befund, diese gesetzliche Interessenbewertung ändert sich nicht grundsätzlich dadurch, daß der Verkäufer zwischen Vertrags schluß und Gefahrübergang vormerkungswidrig verftIgt. Allerdings fallen nunmehr der Adressat der Gewährleistungsrechte (der SchuldnerNerkäufer) und der Inhaber des Fehlersurrogats (der vormerkungswidrige Erwerber) auseinander. Der durch dieses Auseinanderfallen bedingte Vermögensnachteil trifft, zumindest solange die Gewährleistungsrechte des vorgemerkten Käufers nicht vertraglich abbedungen worden sind, allein den Schuldner, der ihn durch die vormerkungswidrige Verfilgung selbst verursacht bzw. verschuldet hat. Weil der vormerkungswidrige Erwerber die Verschlechterung weder durch einen eigenen Eingriff verursacht noch verschuldet hat, besteht andererseits auch kein Anlaß, ihn zum Ausgleich zu verpflichten. Es ist nicht unangemessen, daß der Schuldner diesen auf seinem vertrags- und vormerkungswidrigen Verhalten beruhenden Vermögensnachteil hinzunehmen hat.

2. Ausdehnung eines Anspruchs auf das Fehlersurrogat auf den vormerkungswidrigen Rechtsinhaber?

Ein Anspruch des Käufers auf das "Fehlersurrogat" ist allerdings denkbar bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung, bei Befilrwortung einer Analogie oder im Fall einer Gesetzesänderung im Rahmen der Schuldrechtsreform. Auch in diesen Fällen bleibt aber fraglich, ob die Verpflichtung zur Surrogatsherausgabe oder -abtretung sich auch auf den vormerkungswidrigen Erwerber erstreckt. Eine solche Ausdehnung läßt sich nicht aus der Natur der Surrogation rechtfertigen, denn es handelt sich nicht um eine "dingliche" (unmittelbare), sondern um eine "schuldrechtliche" (mittelbare) Surrogation390 : Der Anspruch auf das Surrogat stützt sich auf die gesonderte Regelung in §§ 323 Abs.2, 281; er ist im Gegensatz zum Zubehöranspruch391 nicht Bestandteil des vormerkungsgesicherten Rechtsverschaffungsanspruchs. Der Käufer erwirbt den das Surrogat bildenden Versicherungs- oder Deliktsanspruch bzw. den zugeflossenen Betrag - anders als etwa wesentliche Grundstücksbe390

Zu diesen Begriffen näher M Wolf, JuS 1975, 643, 645.

391 Vgl. die Auslegungsregel in § 314.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 1. UA: Verschlechterungshaftung

standteile und Zubehör - nicht mit der Auflassung gemäß §§ 873, 925, 926, sondern durch Abtretung gemäß § 398 bzw. Übereignung des Geldbetrages gemäß §§ 929 ff. 392 • Das Surrogat, sei es der Anspruch oder der zugeflossene Geldbetrag, ist ferner keine in das Grundbuch eintragungsfähige Rechtsposition. Deshalb kann der Anspruch aus §§ 323 Abs. 2, 281 nicht selbst - auch nicht vorab als aufschiebend bedingter - durch eine Vormerkung gesichert werden393 • Eine derartige Sicherung stünde überdies nicht im Einklang mit dem Zweck der Vormerkung, der in der Sicherung der Primärleistung besteht. Der Surrogatsanspruch aus §§ 323 Abs. 2, 281 ist jedoch als Sekundärleistungsanspruch zu charakterisieren, der auf ein bloßes Geldwertinteresse gerichtet ise 94 . Zu erwägen bleibt allerdings noch, ob nicht ein eigenständiger Surrogats anspruch aus dem zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber bestehenden "Erfiillungshilfsschuldverhältnis,,395 hergeleitet werden kann. In diesem Fall müßte das durch die Vormerkung auf den vormerkungswidrigen Erwerber ausgedehnte Gebot, die Erfiillung des gesicherten Anspruchs nicht zu beeinträchtigen oder zu vereiteln, zugleich die Anordnung mit umfassen, ein Fehler- bzw. Verschlechterungssurrogat herauszugeben. Dagegen spricht aber wiederum, daß im hier interessierenden Fall der vormerkungswidrige Erwerber die Verschlechterung, die das Surrogat kompensieren soll, weder verursacht noch verschuldet hat; ein Anknüpfungspunkt fiir eine Herausgabeverpflichtung - abgesehen davon, daß er bis zur Grundbuchumschreibung Empfangsberechtigter fiir das Surrogat ist - damit nicht besteht. Auch in diesem Zusammenhang ist an den Zweck der Vormerkung zu erinnern, der auf die Sicherung der Primärleistung gerichtet ist und nicht Sekundärinteressen schützen soll. Bestätigt werden diese Argumente durch eine weitere Überlegung: Die Herausgabe eines Surrogats kann als eine spezielle Form der Selbstnachbesserung ähnlich der Regelung in § 633 Abs. 3 und somit als ein Unterfall der Mängelbeseitigungspflicht betrachtet werden. Die Mängelbeseitigungspflicht ist aber Teil der Erfiillungspflicht. Diese ist im Gegensatz zur "negativen" Leistungstreuepflicht "positive" Leistungspflicht. Nach den hier gewonnenen Erkenntnissen ist der vormerkungswidrige Erwerber aber nur der Lei392 So schon Berger, WM 1986, 873, 874; s. auch S.Schmidt, BWNotZ 1975, 104, 105 f.; ferner BGH, BB 1967, 1366. 393 S. Kahler, JR 1987,456,457. 394 S. Kahler, JR 1987, 456, 458. 395 S. dazu oben 12. Kapitel, IV.

13. Kap.: Schutz vor vom Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen 379

stungstreuepflicht des Schuldners mitunterworfen; am Vorgang der Erfiillung selbst soll er nur nach Maßgabe des § 888 Abs. 1 beteiligt sein. Soweit die Verschlechterung, die den Anlaß fiir den Zufluß des Surrogats bildet, nicht auf einem Verstoß gegen die Leistungstreuepflicht beruht, ist es daher nicht gerechtfertigt, den vormerkungswidrigen Rechtsinhaber gemäß § 281 zur Herausgabe eines Fehlersurrogats zu verpflichten.

3. Bereicherungsrechtlicher Anspruch au/Herausgabe des Feh/ersurrogats?

Mit Hilfe der "Eingriffskondiktionen" gemäß § 816 Abs.2 bzw. § 812 Abs. 1, S. 1, 2. Fa1l396 haben das OLG Celle bzw. der BGH in den oben erwähnten Entscheidungen einer vorgemerkten Eigentumsrückgewährgläubigerin im Verhältnis zum vormerkungswidrigen Erwerber ein Fehlersurrogat in Form der Entschädigungsleistung der Brandversicherung zugesprochen. Die Anwendung der beiden Eingriffskondiktionen setzt aber voraus, daß die Vorgemerkte im Zeitpunkt des Schadensfalls bereits Rechtsinhaberin war oder eine wertungsmäßig vergleichbare Rechtsstellung innehatte, die ihr dem Gehalt nach das Fehlersurrogat (unmittelbar) zuwies. Im Zeitpunkt des Brandschadens war die Vorgemerkte jedoch, wie auch der BGH zu Recht feststellt397, nicht Rechtsinhaberin: Sie war weder Versicherungsnehmerin, noch hatte sie die Forderung durch Abtretung erworben oder im Wege gesetzlicher Vertragsübemahme gemäß § 69 Abs. 1 VVG mit dem Erwerb des Eigentums an dem vorgemerkten Grundstück. Problematisch ist auch, inwieweit die Vorgemerkte eine dem Inhaber der Versicherungsforderung vergleichbare Position innegehabt hatte. Als Rückgewährgläubigerin hatte sie nur einen Anspruch gemäß § 281 auf Abtretung der Versicherungsforderung, solange diese noch nicht eingezogen war398 • Wie oben am Beispiel des Verhältnisses zwischen Eigentum und Eigentumsverschaffungsanspruch gesehen 399, ist es mit dem Trennungsprinzip aber nicht zu vereinbaren, den Inhaber einer (bloßen) Forderung auf Verschaffung eines 396 Näher hierzu Müller, SchuldR BT, 1990, Rn 2225 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht 11/2, 13/1994, § 69 I, 11. 397 BGHZ 99, 385, 386 f. 398 S. BGH, NJW 1983, 929, 930; BGHZ 99, 385, 388 f. m.w.N. - Nach Einziehung des Ersatzanspruchs richtet sich der Anspruch aus § 281 auf die Auszahlung des erlangten Geldbetrages. 399 S. oben 12. Kapitel, I.l.c), 1I.4.a).

380

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, l. VA: Verschlechterungshaftung

Rechts in bezug auf dieses Recht mit dem Rechtsinhaber selbst gleichzustellen. Aus diesem Grund ist dann aber auch die Annahme einer Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. I, S. I, 2. Fall zweifelhaft4°O. Dies bestätigt auch ein Blick auf die ohne vormerkungswidrige Verfiigung bestehende schuldrechtliche "Normallage": Im Verhältnis zu dem zur Eigentumsverschaffung Verpflichteten (z.B. Verkäufer, Rückgewährpflichtigen) wird, soweit ersichtlich, eine mit dem Anspruch aus § 281 konkurrierende Eingriffskondiktion auf das Surrogat nicht befiirwortet.

Im Gegenteil: der erkennende V. Senat des BGH hat nur wenige Monate zuvor im Fall einer auf Nutzungsentschädigung wegen Besitzentziehung bzw. nicht rechtzeitiger Besitzübertragung eine Eingriffskondiktion ausdrücklich verworfen, und zwar mit der Begründung, daß der Besitzverschaffungsanspruch den Besitz inter partes noch nicht dem Anspruchsberechtigten zuordne401 • Die gänzliche Negation einer Zuordnung des Leistungsgegenstandes inter partes durch den BGH ist jedoch nicht zutreffend. Das zeigt sich an den Schutzund Sanktionsnormen des Leistungsstörungsrechts, insbesondere an der Existenz eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs hinsichtlich erfiillungsbeeinträchtigender Maßnahmen und der damit verknüpften Einschränkung der eigentümerischen Einwirkungs- und Umgestaltungsbefugnis 402 und der mittels Verfiigungsverbot bzw. Vormerkung beschränkbaren Verfiigungsbefugnis. Die Anerkennung einer entsprechenden - auf den Sach- bzw. Vermögenswert begrenzten - Zuordnungswirkung403 des Schuldverhältnisses inter partes rechtfertigt aber noch nicht ohne weiteres die Anwendbarkeit einer Eingriffskondik-

400 In diesem Punkt ist die Entscheidung des BGH insgesamt unstimmig, wie sich an dem zu § 816 Abs. 2 gefundenen Ergebnis zeigt. § 816 Abs. 2 ist eine zu § 812 Abs. 1, S. 1, 2. Fall spezielle Kondiktion, die, so BGH, a.a.O., S. 386 f. den "Eingriff (! - Hervorhebung des Verf.) in eine fremde Forderungszuständigkeit" behandelt. Nach dem BGH war die Vorgemerkte wegen der fehlenden Rückwirkung des Eigentumserwerbs nicht wahre Berechtigte i.S. von § 816 Abs. 2, andererseits hatte das Gericht eigenartigerweise keine Bedenken, der Vorgemerkten - wegen des rückwirkenden Wegfalls der Einziehungsberechtigung des vormerkungswidrigen Grundschuldgläubigers die Versicherungsforderung zuzuweisen, die doch eigentlich dem Versicherungsnehmer bzw. Eigentümer zustehen sollte. - Zur Frage der Rückwirkung s. sogleich. 401 BGH, WM 1987, 181, 182 (=NJW 1987, 771 =LM § 249 (A) Nr. 79). 402 S. zur Begrenzung der Verbesserungs- bzw. Vmgestaltungsbefugnis bereits oben I. Teil, 4. Kapitel, II.3.a); zum vorbeugenden Vnterlassungsanspruch oben I. Teil, 3. Kapitel, II.l.d). 403 S. auch oben im 12. Kapitel, I.2.b) zur Charakterisierung dieser Sachherrschaft als relativ, mittelbar und negativ.

13. Kap.: Schutz vor vom Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen 381

tion als einer bereicherungsrechtlichen Norm zur Korrektur von Zuweisungsbzw. Zuordnungseingriffen. Dies aus zwei Gründen: Zum einen müßte zur Begründung einer Eingriffskondiktion gerade der Gehalt dieser (wertmäßigen) Zuordnung inter partes, des "negativen Herrschaftsrechts", beeinträchtigt sein, zum andern dürfen die Regelungen und Wertungen des Leistungsstörungsrechts nicht überspielt werden. Aus dem zuletzt genannten Grund verdrängen die Normen des Leistungsstörungsrechts in ihrem Anwendungsbereich als Spezialvorschriften die bereicherungsrechtlichen oder deliktischen Zuordnungsschutznormen. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch den Aspekt, daß der Surrogatsanspruch aus § 281 der "Vorteils abschöpfung" dient und deshalb selbst sachlich als bereicherungsrechtliche Norm zu qualifizieren ist404 • Wenn aber - wie oben unter 2. dargelegt - der Surrogatsanspruch aus § 281 nicht auf einen vormerkungswidrigen Rechtsinhaber erstreckt werden kann, dann spricht dies dagegen, dem Vorgemerkten das Surrogat mit Hilfe einer Eingriffskondiktion zuzusprechen. Einzugehen ist nun noch auf den zuerst genannten Aspekt, wonach eine Eingriffskondiktion auch nur dann in Betracht gezogen werden kann, soweit in eine dem vorgemerkten Anspruchsinhaber zugewiesene Position eingegriffen worden ist. Dies filhrt zurück zur Erörterung der Auffassung Flumes zum Schutz des Verbotsgeschützten4os • Flume bejaht an den Geschützten (wohl nach § 281) abzutretende Bereicherungsansprüche des Schuldners gegen den verbotswidrigen Rechtsinhaber, wenn dieser den betroffenen Gegenstand verbraucht (§ 812) oder filr den Geschützten wirksam406 über ihn verfUgt (§ 816). Die Bereicherungsansprüche in diesen Fällen wurden hier als interessen- und systemgerecht gebilligt. Jedoch wurde die "Abtretungslösung" Flumes als ungerechtfertigte Erschwernis angesehen und deshalb eine unmittelbare Anspruchsberechtigung des Vorgemerkten befilrwortet. Obgleich der vom OLG Celle bzw. vom BGH eingeschlagene Weg konzeptionell dem in Auseinandersetzung mit Flume gefundenen Ergebnis entspricht, kann ein Bereicherungsanspruch bezüglich eines Fehlersurrogats nicht den Fällen des Verbrauchs oder der gegenüber dem Vorgemerkten wirksamen VerfUgung gleichgestellt werden: Die Eingriffskondiktionen in den letztgenannten Fällen knüpfen an einen Eingriff des vormerkungs404 So etwa Picker, JZ 1987, 1041, 1044 Fn. 17; ihm folgend Lobinger, JuS 1993, 453,456. 405 S. oben, 12. Kapitel, III.1. 406 Vgl. § 135 Abs. 2. - Auch ohne entsprechende Regelung gelten für die Vormerkung ebenfalls die Gutglaubensvorschriften, namentlich die §§ 891 ff. Näher hierzu U. Weber, 1962, S. 149 ff. S. auch oben 12. Kapitel, Il.4.d) bb )(3) 0) Fn. 320.

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2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, I. UA: Verschlechterungshaftung

widrigen Erwerbers in die Rechtsstellung des Vorgemerkten an. Durch ein Verhalten gerade des vormerkungswidrigen Erwerbers wird die Rechtsstellung des Vorgemerkten geschmälert oder ganz aufgehoben. Dieser Verlust, der sich erst im Zeitpunkt der Fälligkeit des gesicherten Anspruchs auswirkt, wird bereicherungsrechtlich kompensiert. Durch die Einziehung eines Ersatzanspruchs nach rur ihn zufälliger Grundstücksbeeinträchtigung greift aber nicht der vormerkungswidrige Erwerber in die Rechtsstellung des Vorgemerkten ein; der Eingriff hat schon vorher stattgefunden, nämlich durch dritte Personen oder Naturgewalten, rur die der vormerkungswidrige Erwerber nicht verantwortlich ist. Gegen die Richtigkeit der Entscheidung BGHZ 99, 385 spricht noch ein anderer wesentlicher Gesichtspunkt. Entgegen der Auffassung des Gerichts entfiel die auf §§ 1127 Abs. 1, 1128 Abs. 3 LV.m. §§ 1282 Abs. 1, 1228 Abs. 2 beruhende Einziehungsbefugnis des vormerkungswidrigen Grundschuldberechtigten im Verhältnis zur vorgemerkten Rückgewährgläubigerin nicht wegen § 883 Abs. 2 mit rückwirkender Kraft. Wie oben407 begründet, vollzieht sich der Wechsel in der Rechtsinhaberschaft zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber erst ex nunc mit der Grundbuchumschreibung. Anders läßt sich die relative Unwirksamkeit mit dem Eintragungsprinzip des § 873 nicht vereinbaren408 • Außerdem entspricht nur dieses Ergebnis der schuldrechtlichen Stellung des Vorgemerkten: Dieser kann, sei er Käufer oder, wie in BGHZ 99, 385, Rückgewährgläubiger, erst ab Fälligkeit des Anspruchs die Eigenturnsübertragung verlangen, mit deren Vollzug erhält er die EigentümersteIlung nicht rückwirkend auf den ZeitS. 12. Kapitel, 1I.4.b) dd). Die hier vertretene Auffassung hat im Fall BGHZ 99, 385 zur Folge, daß sich die Bereicherung auf den Rückgewährschuldner verlagert. Mit der wirksamen Einziehung der Feuerversicherungssumme erlischt die grundschuldgesicherte Darlehensverbindlichkeit in entsprechender Höhe; gleiches gilt in entsprechender Anwendung von § 1181 Abs. 3 rur die Grundschuld selbst, es erfolgt keine Umwandlung in eine Eigentümergrundschuld, s. WestermannlEickmann, SachenR 11,6/1988, § 124 IV 1 m.N. Die Bereicherung (bzw. das Surrogat LS. von § 281) besteht dann in der Befreiung des Eigentümers/Rückgewährschuldners von dieser Darlehensverbindlichkeit. Zu diesem Ergebnis hätten BGH und OLG Celle wohl kommen müssen, wenn der Eigentümer dem Grundschuldberechtigten die Versicherungsforderung freiwillig oder gemäß § 1282 Abs. 1 S. 3 abgetreten hätte (s. dazu auch Kohler, IR 1987, 456, 457). Die Auffassung von BGH und OLG Celle ist aber vom Standpunkt der herrschenden Duplizitätstheorie ganz folgerichtig. Die unterschiedlichen Ergebnisse rur die wertungsmäßig vergleichbaren Fälle der Abtretung bzw. des Gebrauchens der Einziehungsbefugnis sprechen aber insgesamt gegen die Duplizitätstheorie und rur die hier vertretene Deutung der relativen Unwirksamkeit. 407 408

13. Kap.: Schutz vor vom Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen 383

punkt des Vertragsschlusses bzw. der Anspruchsentstehung. Die im Fall BGHZ 99,385 vereinbarte Ausübung des Rücktrittsrechts machte die vertragliche Grundlage des Eigentumserwerbs des Rückgewährschuldners nicht ex tunc unwirksam, sondern die Parteien wurden ex nunc verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen (nebst den bis dahin gezogenen Nutzungen) zurückzugewähren409 • Für eine weitergehende Vormerkungswirkung besteht daher kein Bedürfnis.

III. Ergebnis Soweit Verschlechterungen des vormerkungsbetroffenen Grundstücks nicht vom vormerkungswidrigen Erwerber verschuldet sind, stehen dem vorgemerkten Grundstückskäufer über die Gewährleistungsrechte gegenüber seinem Verkäufer hinaus keine besonderen Rechte zu. Auf eine analoge Anwendung von § 869 bzw. § 1134 gestützte Abwehrrechte gegen Einwirkungen von außerhalb der Dreiecksbeziehung stehenden Personen kommen nicht in Betracht. Der Vorgemerkte kann einem mittelbaren Besitzer mangels unmittelbarer Sachnutzungsbefugnis nicht gleichgestellt werden. Das vormerkungsbetroffene Grundstück (Grundstücksrecht) ist ihm zwar wertmäßig zugewiesen, dies gilt aber nur inter partes, d.h. im Verhältnis zum Verkäufer und - wegen §§ 883, 888 - auch im Verhältnis zum vormerkungswidrigen Rechtsinhaber, nicht aber in Bezug auf sonstige Personen. Auch ein Fehler- bzw. Verschlechterungssurrogat kann der Vorgemerkte vom vormerkungswidrigen Erwerber nicht beanspruchen, sofern die Verschlechterung ohne dessen Verschulden eingetreten ist. Selbst wenn ein solcher Anspruch - entgegen der hier vertretenen Auffassung - im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer bestünde, gilt dies nicht gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber. Das Surrogat wird vom gesicherten Rechtsverschaffungsanspruch nicht erfaßt. Die Vormerkung schützt aber nur diesen Primäranspruch, nicht auch einen weder eingetragenen noch eintragungsflihigen Sekundäranspruch aus §§ 323 Abs. 2, 281. Unmittelbar aus dem hier entwickelten Erfiillungshilfsschuldverhältnis kann - bei fehlendem Verschulden - ein Anspruch aus § 281 ebenfalls nicht hergeleitet werden, weil der vormerkungswidrige Erwerber nicht zur Erfilllung selbst, sondern nur zur Mithilfe bei ihr und zu deren Si-

409 S. RGZ 108, 27; BGHZ 88,46,48; BGH, NJW 1990,2068,2069. Einen Überblick zur früher umstrittenen Wirkung des Rücktritts gibt z.B. Soergel/Hadding, 12/1990, Vor § 346 Rn 3-5.

384

2. Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, l. VA: Verschlechterungshaftung

cherstellung verpflichtet ist. Demgemäß können entgegen der Rechtsprechung insoweit auch keine Bereicherungsansprüche (§ 816 Abs. 2 bzw. § 812 Abs. 1, S. 1, 2. Fall) gerechtfertigt werden. Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, daß nach der hier gewonnenen Erkenntnis die relative Unwirksamkeit i.S. von § 883 Abs. 2 nicht dazu fUhrt, daß der vormerkungswidrige Erwerber mit ErfiHlung des gesicherten Anspruchs seine - im Verhältnis zu Dritten unstreitig bestehende - Rechtsinhaberschaft rückwirkend auf den Verfilgungszeitpunkt (an den Vorgemerkten) verliert. Die Einziehung eines Ersatzanspruchs fUhrt daher nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung auf Kosten des Vorgemerkten.

2. Unterabschnitt

Die Verpflichtung des vorgemerkten Grundstückskäufers zum Ausgleich von Verwendungen des vormerkungswidrigen Erwerbers sowie die Rechtslage im Fall einer (wertsteigernden) Umgestaltung des Grundstücks 14. Kapitel

Der Anspruch des vormerkungswidrigen Erwerbers gegen den Vorgemerkten auf Ersatz seiner Verwendungen I. Die vorgeschlagenen Rechtsgrundlagen

Neben der dominierenden herrschenden Ansicht, die dem vormerkungswidrigen Erwerber VerwendungsersatzansprUche analog §§ 994 ff. zubilligt, fInden sich - wie schon in der Rechtsprechungsübersiehe angedeutet - nur wenige Stimmen, die andere Lösungen vorschlagen. Gerade auch weil die überwiegende Auffassung mit den bisher gewonnenen Ergebnissen schon auf den ersten Blick nicht eben harmoniert, ist diesen Stimmen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Neben der herrschenden Ansicht sind daher im folgenden die nach der Eigentumslage unterscheidende, früher überwiegende Auffassung zum sachenrechtIichen Vorkaufsrecht, die bereicherungsrechtlichen Lösungen sowie die nach Maßgabe des jeweils vormerkungsgesicherten Schuldverhältnisses differenzierende Ansicht Legarts darzustellen und vor dem Hintergrund der bisherigen Ergebnisse zu würdigen. J. Die analoge Anwendung der §§ 994 ff.

Die vorherrschende Auffassung spricht dem vormerkungswidrigen Erwerber gegenüber dem Vorgemerkten einheitlich, d.h. unabhängig von den jeweils zuI

S. oben im 6. Kapitel.

25 Richter

386

2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

grundeliegenden Schuldverhältnissen, Anspruche auf den Ersatz von Verwendungen analog §§ 994 ff. ZU2. Die analoge Anwendung der Verwendungsersatzregeln des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses erfordert zunächst den Nachweis einer planwidrigen Gesetzeslücke 3 • Die somit notwendige Regelungslücke wird von der überwiegenden Auffassung mit dem Hinweis bejaht, daß andere Ausgleichsnormen nicht herangezogen werden könnten4 : Eine unmittelbare Anwendung der §§ 994 ff. sei nicht möglich, weil - so die einen - der Vorgemerkte (noch) nicht Eigentümer des Grundstücks sei5. Andere verweisen darauf, daß der vormerkungswidrige Erwerber im Zeitpunkt der 2 BGHZ 75, 288, 291 f. (=LM § 888 Nr. 3 [LS] m. zust. Anm. Räfle - zum Wiederkaufsrecht nach § 20 RSiedIG); bestätigt durch BGHZ 87,296,297 (=LM § 1098 Nr. 9 [LS] m. zust. Anm. Vogt - zu § 1094); RG, HRR 1928, Nr. 2276. Aus dem Schrifttum zu § 888: StaudingerlSeujert, 1111956, § 888 Rn 6; StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 56 f.; RGRKlAugustin, 12/1978; § 888 Rn 13; AKlB.v.Schweinitz, 1983, § 888 Rn 20; MKiWacke, 2/1986, § 888 Rn 19; JauerniglJauernig, 7/1994, § 888 Anm.3; ErmaniHagen, 9/1993, § 888 Rn 5; PalandtlBassenge, 55/1996, § 888 Rn 8; Westermann, SachenR, 5/1966, § 84 IV 4c; Westermann/Eickmann, SachenR II, 6/1988, § 100 IV 4d; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1171k; Wilhelm, SachenR, 1993, Rn 1215; Wieling, SachenR, 2/1994, § 22 IV Ib gg; M Wolf, SachenR, 12/1994, Rn 359; Tiedtke, Jura 1981, 354, 357; Hager, JuS 1990, 429, 435; zweifelnd BaurlStürner, SachenR, 16/1992, § 20 IV le; SoergellStürner, 12/1989, § 888 Rn 4. Zu §§ 1094 ff. bzw. den gesetzlichen Vorkaufsrechten: StaudingerIMayer-MalyIMader, 13/1993, § 1100 Rn 10; ErmanlK.Küchenhoff, 911993, § 1098 Rn 9; PalandtlBassenge, 55/1996, § 1098 Rn 4; Crome, System III, 1905, § 445 5b Cl mit Fn. 94 (ab Ausübung des Vorkaufsrechts); Wolff/Raiser, SachenR, 10/1957, § 126 V 2b mit Fn. 41; Schwab/Prütting, SachenR, 25/1994, § 82 III a.E., Westermann/Pinger, SachenR II, 6/1988, § 141 II 5b; Hartmann, NJW 1956,899; Hoche, NJW 1963, 301, 302; E.Schwerdtner, BWNotZ 1972, 145 ff.; Gursky, JR 1984, 3, 5; Kohler, NJW 1984,2849 ff.; Armbrüster, JuS 1991,485,487. Zu §§ 135, 136: Kohler, Verfügungsverbot, 1984, S. 167 ff. 3 S. hierzu näher Larenz, Methodenlehre, 6/1991, S. 370 ff. 4 Der V. Senat des BGH (BGHZ 75,288,291; 87, 296, 297) hat sich - methodisch bedenklich - zu dieser Frage nicht geäußert. Soweit der Senat in BGHZ 87, 296, 301 ebenso schon E.Schwerdtner, BWNotZ 1972,145, 152 - (die §§ 994 ff. ergänzende) bereicherungsrechtliche Ansprüche mit dem Argument verneint, daß die rur anwendbar erachteten §§ 994 ff. die Verwendungsersatzansprüche erschöpfend regelten, hätte sich ihm allerdings die Überlegung aufdrängen müssen, ob überhaupt Raum rur die analoge Anwendung der §§ 994 ff. besteht. Hierauf hat schon Kohler, NJW 1984, 2849, 2855 f. zu Recht hingewiesen. Vgl. dazu etwa OLG Hamburg, NJW 1971,1317,1319. Würde man die Argumentation des BGH auf das (analogiebezogene) Lückenproblem anwenden, bedeutete dies freilich einen Zirkelschluß. 5 So z.B. BGHZ 75, 288, 291; Gursky, JR 1984, 3, 4; Kohler, NJW 1984, 2849, 2851.

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

387

Verwendungsvornahme noch rechtmäßiger Besitzer des Grundstücks gewesen sei6 . Die Vorschriften der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag seien nicht einschlägig, weil dem vormerkungswidrigen Erwerber der Fremdgeschäftsfiihrungswillen fehle. Dieser nehme die Verwendungen im Eigeninteresse vor; insbesondere der, der gutgläubig hinsichtlich der Dauerhaftigkeit seines Erwerbes sei, habe nicht den Willen, die Interessen des Vorgemerkten oder des Vorkaufsberechtigten zu fOrdern 7 . Auch bereicherungsrechtliche Ansprüche könnten nicht geltend gemacht werden: Der vormerkungswidrige Erwerber erbringe mit seinen Grundstücksverbesserungen keine Leistung gegenüber dem Vorgemerkten. Eine bewußte und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens liege von seiner Seite nicht vor8• Ein Bereicherungsanspruch gemäß § 951 Abs. I i.V.m. § 812 Abs. I S. 1, 2. Fall komme nicht in Betracht, weil der vormerkungswidrige Erwerber durch Grundstücksverbindungen keinen Rechtsverlust erleide, da er auf eigenem Grund und Boden agiere 9 • Auch eine unmittelbar auf § 812 Abs. 1 S. 1,2. Fall gestützte Verwendungskondiktion sei nicht möglich lO, weil der Vorgemerkte den Verwendungserfolg erst in Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs durch seinen Schuldner, also durch dessen Leistung, erlange 11. Im Verhältnis zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber bzw. Erstkäufer (beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht) und dem Geschützten mangele es an der im Bereich der Nichtleistungskondiktionen

6 RGRKlAugustin, 12/1978, § 888 Rn 13; ErmaniHagen, 9/1993, § 888 Rn 5; Gursky, IR 1984, 3, 4. 7 Gursky, JR 1984,3,4; Armbrüster, JuS 1991, 485, 486; auch Legart, Gruchot 73 (1933), S. 307, 311. 8 AusfUhrlich E.Schwerdtner, BWNotZ 1972, 145, 150 f.; Armbrüster, JuS 1991, 485,486. 9 Armbrüster, JuS 1991,485,486; Kohler, NJW 1984,2849,2856. 10 Abweichend bejaht E.Schwerdtner, BWNotZ 1972, 145, 152 die tatbestand lichen Voraussetzungen einer Verwendungskondiktion, sieht diese aber durch die §§ 994 ff. als subsidiär verdrängt. Vgl. hierzu schon oben Fn. 4. 11 Gursky, JR 1984, 3, 4 und Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 56; Kohler, NJW 1984, 2849, 2856; Armbrüster, JuS 1991,485,487. Zweifelhaft die Argumentation Legarts, Gruchot 73 (1933) S. 307, 310 f., der wegen § 273 Abs. 2 schon den Eintritt einer Bereicherung verneint und außerdem die Unterscheidung zwischen Aufwendungsersatz- und Bereicherungsanspruch anfUhrt.

388

2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. UA: Verwendungsausgleich

erforderlichen Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung 12 . Ein Versionsanspruch, d.h. ein Anspruch des Verwenders gegen einen Dritten, dem der Verwendungserfolg aufgrund vertraglicher Vereinbarung (durch Leistung des ursprünglich Bereicherten) zugeflossen sei l3 , sei nach dem BGB (außerhalb von §§ 816 Abs. 1 S. 2, 822) ausgeschlossen1 4 . Die Planwidrigkeit dieser "Ausgleichslücke" begründet Gursky15 damit, daß das BGB praktisch fiir jeden Fall, in dem eine Sache herauszugeben sei, Regelungen über den Verwendungsausgleich vorsehe und sich die SchutzunWÜTdigkeit des vormerkungswidrigen Erwerbers keinesfalls generell verneinen lasse. Es liege ein "Rechtsnotstand" vor 16 . Die Entstehungsgeschichte von Vormerkung und sachenrechtlichem Vorkaufsrecht stehe einer Lückenausfilllung nicht entgegen, weil unklar geblieben sei, aus welchen Gründen die 2. Kommission eine Verwendungsersatzregelung bei der Vormerkung rur entbehrlich gehalten bzw. die beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht ursprünglich vorgesehene Regelung gestrichen habe l7 . Die Heranziehung gerade der §§ 994 ff. wird mit unterschiedlichen Argumenten gerechtfertigt. Der V. Senat des BGH 18 hat in diesem Zusammenhang die oben 19 schon ausfilhrlich erörterte Auffassung von der parallelen Rechtsstellung von vormerkungswidrigem Erwerber und Buchberechtigten entfaltet. 12 So OLG Hamburg, NJW 1961, 2350, 2351; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 1171m; MKiLieb, 2/1986, § 812 Rn 266; ferner Räße, Anm. LM § 888 Nr. 3, der auch auf die Schwierigkeiten verweist, die sich aus einer aufgedrängten Bereicherung ergäben. 13 S. hierzu etwa v.Caemmerer, FS Rabel I, 1954, S. 333, 369 ff. (m.N. des älteren Schrifttums). Zur römischrechtlichen actio de in rem verso als Ursprung dieses Versionsanspruchs ("Versionsklage") vgl. Kaser, RPR, 16/1992, § 49 11 Ib m.w.N. 14 So Kahler, NJW 1984,2849,2856; Armbrüster, JuS 1991, 485, 487; allgemein zum "Verdikt der Versionsklage" Mugdan 11, S. 487 f. (=Motive 11, S. 871 f.); ReuteriMartinek, 1983, § 1 11 2; KoppensteineriKramer, 2/1988, § 9 I 5b; Jauernig/Schlechtriem, 7/1994, § 812 Anm. 11 Id; ferner Soergel/Mühl, 11/1985, Vor § 812 Rn 5. 15 In JR 1984,3,5, ebenso Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 56. 16 Ähnlich auch AKlB. v.Schweinitz, 1983, § 888 Rn 20, der auf das Schutzbedürfnis des vormerkungswidrigen Erwerbers verweist, der das Grundstück zunächst berechtigt besessen habe. Ausfilhrlicher dazu schon oben 9. Kapitel, III.5. im Zusammenhang mit den Rückgriffsmöglichkeiten des vormerkungswidrigen Erwerbers gegen seinen Verkäufer. 17 S. hierzu bereits oben im 8. Kapitel, 11.2. 18 S. BGHZ 75,288, 291 f.; bestätigt durch BGHZ 87, 296, 297. Grundsätzlich zustimmend Kohler, NJW 1984, 2849, 2851; Armbrüster, JuS 1991,485,487. 19 S. näher 12. Kapitel, 11.4.

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

389

Im Schrifttum wird zumeist auf § 999 Abs. 2 abgestellfo. Nach dieser Vorschrift ist der herausgabe berechtigte Eigentümer auch zum Ersatz von Verwendungen verpflichtet, die der Besitzer gemacht hat, bevor jener das Eigentum erworben hatte. Die Norm wird dabei überwiegend entsprechend21 oder ihrem Rechtsgedanken nach22 angewandt. Der Rechtsgedanke von § 999 Abs. 2 besage, daß nicht ausschließlich die Eigentumssituation im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme maßgeblich sein solle. Aus der Vorschrift ergebe sich, daß derjenige, der letztlich als Eigentümer von den Verwendungen profitieren werde, sich auch schon im "Vorstadium" dieses Eigentums, in der Position des Vormerkungsberechtigten, als Eigentümer behandeln lassen müsse. Dem Bedenken, daß - beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht - vor dessen Ausübung der (vorkaufsbelastete) Erstkäufer nicht als unrechtmäßiger Besitzer angesehen werden könne, sei entgegenzuhalten, daß die Ausübung des sachenrechtIichen Vorkaufsrechts - wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 883 Abs. 2 auf den Eintritt des Vorkaufsfalls ZUTÜckwirke 23 • Kohler hat die Argumentation des V. Senats des BGH aufgegriffen und die wertungsmäßige Vergleichbarkeit der Position des Vorgemerkten mit der des Berichtigungs- bzw. Vindikationsgläubigers auch auf § 999 Abs. 2 gestützr4 . Unter Anknüpfung an die oben2S erörterte Konstruktion Flumes26 nimmt Kohler im Verhältnis zwischen dem Veräußerer und dem vormerkungswidrigen Erwerber auf der Basis der durch § 883 Abs. 2 angeordneten relativen Unwirksamkeit eine (fiktive) relative Vindikationslage an. Zum Ausgleich der im Rahmen dieser Vindikationslage entstandenen VerwendungsersatzanspTÜche sei wegen der Erstreckungswirkung des i.S. einer actio in rem script~7 zu verstehenden § 999 Abs. 2 der Vorgemerkte verpflichtet.

20

Gegen die Heranziehung von § 999 Abs. 2 aber AKlB.v.Schweinitz, 1983, § 888

Rn 20.

21 So Westermann, SachenR, 5/1966, § 84 IV 4c; Staudinger/Seufert, 1111956, § 888 Rn 6; MKiWacke, 2/1986, § 888 Rn 19; Jauernig/Jauernig, 7/1994, § 888 Anm. 3; ErmaniHagen, 9/1993, § 888 Rn 5. 22 In diesem Sinne Armbrüster, JuS 1991, 485, 487. 23 Armbrüster, JuS 1991, 485, 487. Zu dieser - von der Duplizitätstheorie her motivierten - Vorstellung einer Rückwirkung vgl. oben 12. Kapitel, II.4.b) dd). 24 Kahler, NJW 1984, 2849, 2852 f. sowie ders., Verfiigungsverbot, 1984, S. 168 ff. Insoweit übereinstimmend Armbrüster, JuS 1991,485,487. 25 S. 12. Kapitel, III.1. 26 Kahler, Verfiigungsverbot, 1984, S. 150 ff.; ohne Bezugnahme aber NJW 1984, 2849, 2852 f. 27 Zu ihr bereits oben 12. Kapitel, II.4.d) bb) (3) ß).

390

2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. UA: Verwendungsausgleich

Gursky hingegen lehnt die Gleichstellung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Geschützten und dem vormerkungswidrigen Erwerber mit dem Verhältnis zwischen dem wahren und dem lediglich buchmäßig Berechtigten ab28 • Er stützt die analoge Anwendung der § § 994 ff. im wesentlichen darauf, daß die §§ 1049, 1216 oder die Verwendungsersatznormen des besonderen Schuldrechts filr eine Analogie ungeeignet seien, weil sie von einer bestehenden und den Parteien typischerweise bekannten Sonderbeziehung geprägt seien. Deshalb bleibe praktisch nur der Rückgriff auf die §§ 994 ff. übrig. Überdies bestünde ein weiterer Vorzug dieser Normen darin, daß sie unter den Verwendungsersatznormen des BGB die deutlichste Stellungnahme zum Problem des Schutzes vor aufgedrängter Bereicherung enthielten29 • Die Ausgleichspflichten im Verhältnis zwischen Eigentümer und unrechtmäßigem Besitzer unterscheiden sich je nachdem, ob die tatsächlichen Veränderungen von einem hinsichtlich seines Besitzrechts gut- oder bösgläubigen Besitzer bewirkt worden sind. Auch im Rahmen der von der überwiegenden Auffassung vertretenen analogen Anwendung der §§ 994 ff. ist daher über den Zeitpunkt des Beginns der verschärften Bösgläubigkeits- bzw. Rechtshängigkeitshaftung zu befmden. Die beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht früher vorherrschende Auffassung orientierte sich dabei an der ursprünglich in § 957 Abs. 3 E I vorgesehenen Regelung30, wonach Bösgläubigkeit des Erstkäufers ab dessen Kenntnis von der Ausübung des Vorkaufsrechts angenommen wurde 31 • Auf den Fall des vormerkungsgesicherten Eigentumserwerbsanspruchs übertragen würde dies bedeuten, daß der vormerkungswidrige Erwerber ab Kenntnis von der Geltendmachung des geschützten Anspruchs als unredlich anzusehen wäre. Der V. Senat des BGH hat diesen Standpunkt in seiner Entscheidung zum vormerkungsgleich gesicherten Wiederkaufsrecht nach § 20 RSiedlG näher begründet32 :

Gursky, IR 1984, 3, 4; auch StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 44. Gursky, IR 1984,3,5 und StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 56. 30 S. dazu erneut oben im 8. Kapitel, 11.2. 31 Grdl. OLG Rostock, OLGRspr. 29 (1914), S. 353,354 - auch unter Berufung auf Motive III, S.458; RGRKlRothe, 12/1979, § 1100 Rn 7; RGRKlDenecke, 1111963, § 1100 Anm. 4; StaudingerlDittmann, 1111963, § 1100 Rn 9-11; auch PlanckiStrecker, 5/1933, § 1100 Anm. 4; Lange, SachenR, 1967, § 28 IV Fn. 9 b. - A.A. Immerwahr, IheringsIb 40 (1898), S.279, 338; Peßler, NIW 1960, 1785, 1790: Schon die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Bestehens des Vorkaufsrechts fUhre zur Bösgläubigkeit. 32 S. BGHZ 75, 288, 294 f. 28

29

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

391

Aufgrund des Vertrages mit seinem Veräußerer sei der vormerkungswidrige Erwerber (konkret: der Wiederverkaufsverpflichtete) bis zur Ausübung des gesicherten Rechts berechtigter Besitzer und daher seine Unredlichkeit ausgeschlossen gewesen. Bösgläubigkeit i.S. von § 990 Abs. I könne frühestens mit der Ausübung des vormerkungsgeschützten Rechts angenommen werden. Die bloße Grundbuchkenntnis (oder - wegen §§ 990 Abs. I, 932 Abs.2 - grob fahrlässige Unkenntnis) reiche nicht aus, weil die im Grundbuch verlautbarte Vormerkung nur das Bestehen des gesicherten Anspruchs bezeuge. Der vormerkungswidrige Erwerber könne durchaus die Vorstellung haben, das gesicherte Recht werde - ähnlich wie das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinden33 - nur ausnahmsweise geltend gemacht und eine solche Ausnahme läge nicht vor. Schließlich bedeute es auch eine unangemessene Benachteiligung, wenn sich der Erstkäufer im Hinblick auf die bloße Möglichkeit der Ausübung des geschützten Rechts von vornherein jeder geordneten Bewirtschaftung des Grundbesitzes enthalten müßte, um eine Behandlung als unredlicher Besitzer zu vermeiden. In seiner Entscheidung vom 20.5.1983 34 hat der V. Senat diese Argumentation (zumindest) filr den Fall eines vertraglich begründeten sachenrechtlichen Vorkaufsrechts aufgegeben. Die vertragliche Beziehung zwischen dem Erstkäufer (vormerkungswidrigen Erwerber) und seinem Verkäufer sei filr die Frage der Bösgläubigkeit bedeutungslos; maßgebend sei allein das Verhältnis zum Vorkaufsberechtigten. Die Position des Erstkäufers, der in Kenntnis des Vorkaufsrechts darauf vertraue, wie vorgesehen Eigentümer zu werden, sei, wenn nicht besondere Umstände gegeben seien, ebensowenig schützenswert wie die auf grober Fahrlässigkeit beruhende Überzeugung des (unrechtmäßigen) Eigenbesitzers, er sei Eigentümer. Dieser Beurteilung stehe auch nicht entgegen, daß der Erstkäufer nicht schon zu einer Zeit bösgläubig gewesen sein könne, in der der aus § 11 00 abgeleitete Herausgabeanspruch noch gar nicht entstanden sei. In dem vergleichbaren Fall eines vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrechts werde der potentielle Rückgewährpflichtige gemäß § 347 S.2 schon ab dem Empfang der zurückzugewährenden Leistung wie ein bösgläubiger Besitzer behandelt. Dem Erstkäufer sei auch zuzumuten, mit der Vornahme von Verwendungen so lange zu warten, bis 33 Vgl. §§ 24 ff. BauGB. Bis zur Gesetzesnovelle 1976 (BGBI. I, 1976, S. 2221 ff.) war auf die Vorkaufsrechte nach §§ 24 ff. BBauG 1960 gemäß § 24 Abs.4 S.2 BBauG 1960 § 1098 BGB anzuwenden. Hierzu und zu dem mit der Novelle 1976 verfolgten Konzeption der "Entdinglichung" der gemeindlichen Vorkaufsrechte s. näher (aus zivilrechtlicher Sicht) Staudinger/Mayer-Maly/Mader, 13/1994, Einl zu §§ 1094 ff Rn 20 ff. 34 BGHZ 87, 296, 298 ff.

392

2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

die Zweimonatsfrist zur Ausübung des Vorkaufsrechts, die er gemäß § 510 Abs. 1 S. 2 auch selbst in Lauf setzen könne, verstrichen sei. Jede andere Lösung würde dazu führen, daß der Erstkäufer dem Berechtigten nützliche Verwendungen "gewissermaßen" aufdrängen und dadurch u.U. mittelbar dessen Entscheidung über die Ausübung seines Rechts beeinflussen könne. Diese Argumentation des BGH hat im Schrifttum weithin Zustimmung erfahrenJs •

2. Die früher vorherrschende differenzierende Auffassung zum sachenrechtlichen Vorkaufsrecht In Anknüpfung an die schon zu Beginn dieses Jahrhunderts getallten oberlandesgerichtlichen EntscheidungenJ6 differenziert eine vormals überwiegende Auffassung zur Rechtslage beim sachenrechtlichen Vorkaufsreche 7 danach, ob der Erstkäufer, der wegen § 1098 Abs. 2 einem vormerkungswidrigen Erwerber gleichsteht, nur den Besitz oder auch das Eigentum an dem vorkaufsbelasteten Grundstück erlangt hat. Ist der Erstkäufer lediglich Besitzer des Grundstücks geworden, so sollen ab dem Eigentumserwerb des Vorkaufsberechtigten die §§ 987 ff., 994 ff. Anwendung fmden. Für die Verwendungen, die der Erstkäufer vor diesem Zeitpunkt vorgenommen hat, hat das OLG Rostock mit dem Hinweis auf § 999 Abs. 2 ebenfalls die §§ 994 ff. herangezogen. Da die Stimmen im Schrifttum auf diese Entscheidung des OLG Rostock Bezug nehmen, geht man nicht fehl in der Annahme, daß dessen Auffassung gebilligt wird. Das zeigt sich auch an den (sonst entbehrlichen) AusfUhrungen zur Bösgläubigkeit des nur besitzenden Erstkäu-

35 S. beispielhaft Kahler, NJW 1984, 2849, 2854 f.; StaudingerlGursky, 12/1987, § 888 Rn 57; PalandtlBassenge, 55/1996, § 888 Rn 8. 36 OLG Rostock, OLGRspr. 29 (1914), 353 f.; OLG München, OLGRspr. 33 (1916), 287 f. 37 RGRK/Rathe, 12/1979, § 1100 Rn 5-7; RGRK/Denecke, 1111963, § 1100 Anm. 4; StaudingerlDittmann, 1111963, § 1100 Rn 9-11; auch Planck/Strecker, 5/1933, § 1100 Anm. 4; Lange, SachenR, 1967, § 28 IV Fn. 9; aus der Rspr. s. BGH, WM 1964, 298, 301. Auch BGHZ 87,296,297 (=LM § 1098 Nr. 9 [LS]) stellt rur die Zeit nach Rechtshängigkeit des in § 1100 vorausgesetzten Herausgabeanspruchs auf § 292 Abs. 2 ab; zustimmend Vogt, Anm. LM § 1098 Nr.9; ebenso StaudingerlLöwisch, 13/1995, § 292 Rn 15; Hartmann, NJW 1956, 899; wohl auch Peßler, NJW 1960, 1785, 1789; ferner Meyer, NJW 1971,1317 m.w.N.

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

393

fers: Dessen Unredlichkeit wird - im Anschluß an § 957 Abs. 3 E I - erst ab seiner Kenntnis von der Ausübung des Vorkaufsrechts angenommen38 • Hat der Erstkäufer hingegen nicht nur den Besitz, sondern auch die Eintragung im Grundbuch als Eigentümer erreicht, so gelten die Abwicklungsvorschriften der §§ 1100-1102. Als Zäsur filr den Verwendungsausgleich wird in diesem Fall die Rechtshängigkeit des in § 1100 vorausgesetzten (Zustimmungsund) Herausgabeanspruchs gesehen. Ab Rechtshängigkeit dieses Anspruchs, dessen Rechtsnatur nicht einheitlich beurteilt wird39, werden auf den Verwendungsausgleich über § 292 Abs. 2 wiederum die §§ 994 ff. angewandt. Vor diesem Zeitpunkt vorgenommene Verwendungen sollen demgegenüber nach den §§ 677 ff., 812 ff. ersetzt werden40 • Begründet wird die Anwendung dieser Vorschriften mit der Entstehungsgeschichte des sachenrechtlichen V orkaufsrechts. Die Vorschrift des § 957 Abs.3 E I, die auf die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses verwiesen habe, sei von der 2. Kommission gestrichen worden, weil man die entsprechende Anwendung der Eigentumsnormen fiir unangemessen gehalten habe41 . Außerdem beträfen die §§ 994 ff. nur das Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum, weshalb eine Analogie nur möglich sei, wenn der Erstkäufer bzw. vormerkungswidrige Erwerber noch kein Eigentum erlangt habe42 •

3. Bereicherungsrechtliche Ansprüche Ein bereicherungsrechtlicher Verwendungsausgleich zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber und dem Vorgemerkten wird - beim sachenrechtlichen Vorkaufsrecht - in zwei Varianten vertreten43 •

S. oben unter I. mit Fn. 31. Für obligatorische Natur z.B. StaudingerlDittmann, 1111963, § 1100 Rn 4; für "dingliche" Natur BGH, WM 1964, 298, 301; RGRKJRothe, 12/1979, § 1I00 Rn 2. S. auch oben 12. Kapitel, II.4.d) bb) (3) a) mit Fn. 321. 40 Unklar Meyer, NJW 1971, 1317, der nur auf § 292 abstellt. 41 So etwa StaudingerlDittmann, 1111963, § 1100 Rn 9 unter Berufung auf Protokolle III, S. 760. 42 In diesem Sinne RGRKJRothe, 12/1979, § 1100 Rn 5; Lange, SachenR, 1967, § 28 IV Fn. 9 a. 43 Offengelassen von TurnaulFörster, LiegenschaftsR I, 1900, § 1100 Anm. I, die ohne Konkretisierung auf eine bestimmte Kondiktion die Anwendung des Bereicherungsrechts befilrworten. 38

39

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

a) Anwendung der Leistungskondiktion Der 6. Senat des OLG Hamburg hat - wie schon in der Rechtsprechungsübersicht angedeutet - einem vormerkungswidrigen Ersterwerber einen bereicherungsrechtlichen Erstattungsanspruch gegen eine kraft Gesetzes vorkaufsberechtigte Stadt wegen seiner werterhöhenden Aufwendungen zugebilligt44. Das Gericht legt dem Anspruch die Leistungskondiktion zugrunde 4s , wobei es jedoch nicht auf den heute allgemein anerkannten fmalen (zweckorientierten) Leistungsbegritr6 abstellt, sondern die Annahme einer Leistung damit begründet, daß der Erstkäufer und Kondiktionsgläubiger die Bereicherung der V orkaufsberechtigten auf seine Kosten bewirkt habe47 • Die Bereicherung trete zwar erst mit Vollstreckung des auf Zustimmung zur Grundbuchänderung und Herausgabe lautenden Urteils ein, es sei aber prozeßökonomisch wenig sinnvoll, dem beklagten Erstkäufer die Geltendmachung eines ZUTÜckbehaltungsrechts zu verweigern und ihm den Bereicherungsanspruch erst nach Abschluß dieses Prozesses zu gewähren. Die Bereicherung der Vorkaufsberechtigten entstehe auch ohne rechtlichen Grund, weil dieser mit der Ausübung des Vorkaufsrechts lediglich einen Anspruch auf das Grundstück in dem Zustand erworben habe, in dem dieses sich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen dem Verkäufer und dem Erstkäufer befunden habe. Der Bereicherungsanspruch sei mangels Vorliegens eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses auch nicht durch die §§ 994 ff. ausgeschlossen. Ebenso fUhre § 292 zu keiner sachgerechten Fallösung, weil die Verwendungen im wesentlichen schon vor der Rechtshängigkeit des Zustimmungs- und Herausgabeanspruchs vorgenommen worden seien48 •

44 OLGHamburg, NJW 1971, 1317ff. m. Anm. Meyer ebd. sowie MWalter, NJW 1971, 1845. AusfiihrIich zu dieser Entscheidung auch E.Schwerdtner, BWNotZ 1972, 145 ff. 45 Dazu und zum Folgenden OLG Hamburg, NJW 1971,1317 f. 46 Seit BGHZ 40, 272, 277 st. Rspr. Aus dem Schrifttum s. etwa Müller, Schuldrecht BT, 1990, Rn 1974 ff. Zur Entwicklung vgl. Soergel/Mühl, 11/1985, § 812 Rn 3 ff. Zur sich neuerdings entwickelnden Kritik (namentlich im Rahmen der Dreipersonenverhältnisse) s. auch MKiLieb, 2/1986, § 812 Rn 23 ff. 47 Auch Meyer, NJW 1971, 1317 f. bejaht mit dem OLG Hamburg, a.a.O., eine "Leistung", lehnt aber im Gegensatz zu diesem eine Leistungskondiktion ab, weil der Erstkäufer nicht fremdes, sondern nur sein eigenes Vermögen vermehren wollte. 48 So OLG Hamburg, NJW 1971, 1317, 1319.

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

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b) Annahme einer Bereicherung "in sonstiger Weise" In seiner Anmerkung zu dem vorstehend geschilderten Urteil des 6. Senats des OLG Hamburg nimmt demgegenüber Michael Walter einen Fall der Bereicherung "in sonstiger Weise" an49 . Die Aufwendungen des bereits Eigentümer gewordenen Erstkäufers seien keine Leistung im Sinne des zweckorientierten Leistungsbegriffs, auch keine "Leistung an sich selbst", weil Dispositionen innerhalb der eigenen Vermögenssphäre, abgesehen vom Fall des Insichgeschäfts, keinem Schuldverhältnis und damit keiner "causa" zugeordnet werden könnten5o . Hinsichtlich der Arbeiten an dem Grundstück stelle sich die Frage des Vorrangs der Leistungskondiktion gar nicht. Die ungerechtfertigte Bereicherung des Vorkaufsberechtigten resultiere aus seinem Recht, vom Erstkäufer die Herausgabe des Grundstücks zu verlangen, was notwendig zugleich die Herausgabe von dessen werterhöhenden Beitrags beinhalte. Der bereicherungsrechtlich bedeutsame "Eingriff' liege daher in der rechtlichen Verbundenheit von Grundstück und Grundstücksverbesserung und damit in der Unmöglichkeit fiir den Erstkäufer bzw. vormerkungswidrigen Erwerber, den erzielten Verwendungserfolg als ihm gehörig zu behalten. Der bereicherungsrechtliche Ausgleich eines solchen "gesetzlichen Eingriffs" sei dem BGB nicht fremd, wie sich an § 951 zeige. Die Ausfilhrungen Walters lassen offen, ob sich dieser bereicherungsrechtliche Ausgleichsanspruch auf den Erfolg werterhöhender (nützlicher) Verwendungen beschränkt, oder ob auch werterhaltende (notwendige) Verwendungen erfaßt werden. Letzteres bejaht Harm Peter Westermann, der der bereicherungsrechtlichen Lösung Walters folgt51. Soweit der vormerkungswidrige Ersterwerber bei Vornahme der Verwendungen Kenntnis von dem Vorkaufsrecht oder der Vormerkung gehabt hat, soll dies mittels entsprechender Anwendung von § 81452 bzw. nach den Grundsätzen zur "aufgedrängten Bereicherung,,53 berücksichtigt werden.

49 MWalter, NJW 1971, 1845 f. Ihm folgen RGRK/Heimann-Trosien, 12/1974, § 812 Rn 46; MKlHP. Westermann, 2/1986, § 1100 Rn 5 und ErmanlHP. Westermann, 9/1993, Vor § 812 Rn 14; im Grundsatz auch E.Schwerdtner, BWNotZ 1972, 145, 152; ferner - trotz Ablehnung - auch Räfle, LM § 888 Nr. 3 unter 1. 50 So M Walter, NJW 1971,1845 f. im Gegensatz zu Meyer, NJW 1971, 1317 f. 51 MKlHP.Westermann, 2/1986, § 1100 Rn 5; unklar ErmanlHP.Westermann, 9/1993, Vor § 812 Rn 14. 52 So M Walter, NJW 1971, 1845, 1846. 53 So ErmanlHP. Westermann, 9/1993, Vor § 812 Rn 14.

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. UA: Verwendungsausgleich

4. Die Lösung Legarts

Legart lehnt eine einheitliche Behandlung des Verhältnisses zwischen dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber ab 54 • Er plädiert dafiir, auf dieses Verhältnis die fiir die Beziehung zwischen dem Geschützten und seinem Vertragsschuldner (dem Vormerkungsbesteller) geltenden Regeln anzuwenden 55 • Handelt es sich beispielsweise bei dem vormerkungsgesicherten Anspruch um einen aus Kaufvertrag, so könnte der vormerkungswidrige Erwerber demzufolge Verwendungsersatz verlangen wie der Verkäufer zwischen Vertragsabschluß und Erfüllung56 • Legart wirft den Vertretem einer einheitlichen Behandlung des Verhältnisses zwischen dem Geschützten und dem vormerkungswidrigen Erwerber vor, die Art des Anspruchs und die Gesamtrechtslage zu verkennen57 . Seine Auffassung rechtfertigt er mit dem Hinweis, daß es einen allgemeinen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen nicht gibt und auch nicht geben kann, weil Art und Umfang des Aufwendungsersatzes immer vom jeweiligen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten abhängen. Die Vormerkung sei bloß ein zusätzliches akzessorisches Sicherungsmittel, das das zugrundeliegende Rechtsverhältnis unberührt lasse. Es bestehe daher keine Berechtigung, eine einheitliche Regelung zu schaffen, die das zugrundeliegende Rechtsverhältnis außer Acht lasse. Seine Ansicht sieht er dadurch bestätigt, daß die einzelnen Aufwendungsersatzregeln zwar auf allgemeinere Vorschriften, wie etwa die der Geschäftsführung ohne Auftrag, verweisen, die Verweisungen seien jedoch vielfliltig und differenziert: Zum Teil werde auf Auftragsrecht verwiesen (§ 450 Abs. 1), zum Teil auf die §§ 677 ff. (so § 450 Abs. 2), ein anderes Mal auf die Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§ 467), ein wieder anderes Mal auf Bereicherungsrecht (§ 50058) usw.

Legart, Gruchot 73 (1933), S. 307 ff. Legart, Gruchot 73 (1933), S. 307, 312. Ohne Bezugnahme auf Legart im Ergebnis ebenso fiir das - vormerkungsgesicherte - Wiederkaufsrecht gemäß §§ 497 ff. Soergel/Huber, 12/1991, § 500 Rn 4. 56 Vgl. hierzu ausfiihrlieh oben im 4. Kapitel. 57 S. hierzu und zum Folgenden Legart, Gruchot 73 (1933), S. 307,312 ff. 58 § 500 ist allerdings keine Verweisungsnorm, sondern als eine eigenständige, an das Bereicherungsrecht bzw. § 996 angelehnte Regelung zu qualifizieren. 54 55

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

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Das Verhältnis zum vonnerkungswidrigen Erwerber könne nicht anders behandelt werden, da es auf dem Verhältnis zwischen dem Vorgemerkten und dessen Schuldner beruhe. Es sei auch ganz angemessen, daß der vonnerkungswidrige Erwerber in unterschiedlicher Weise Ersatz seiner Aufwendungen verlangen könne 59 : Wegen etwaiger Ausfälle könne er sich an seinen Vertragspartner halten. Wer vonnerkungswidrig erwerbe, wisse, daß er sich in Gefahr begebe. Der Gläubiger des vorgemerkten Anspruchs dürfe durch die vonnerkungswidrige Verfilgung, die ja ihm gegenüber ohne Bedeutung sei, nicht besser und nicht schlechter gestellt werden.

11. Kritik und eigene Auffassung J. Einwände gegen die analoge Anwendung der §§ 994 ff.

Die vorherrschende Auffassung, die das Problem des Verwendungsausgleichs zwischen dem vonnerkungswidrigen Erwerber und dem Vorgemerkten mit Hilfe der analogen Anwendung der §§ 994 ff. lösen will, unterliegt durchgreifenden Bedenken. Sie widerspricht zunächst den kaufrechtlichen Wertungen der §§ 446, 450, wonach die Sacherhaltungslast bis zum Gefahrübergang nicht dem Käufer, sondern dem Verkäufer zugewiesen ist60 • Gegen die analoge Anwendung der §§ 994 ff. läßt sich außerdem - zumindest fiir den hier interessierenden Bereich des Kaufrechts - grundsätzlich einwenden, daß es an einer Regelungslücke fehlt. Dies ergibt sich daraus, daß der vonnerkungswidrige Erwerber sich jedenfalls bei einem entgeltlichen Erwerb wegen der notwendigen Verwendungen grundsätzlich an seinen Vertragspartner halten kann61 und im übrigen - wie sogleich unter 2. darzulegen sein wird - unmittelbar gegenüber dem vorgemerkten Käufer Ansprüche aus den §§ 812 ff. bzw. den §§ 677 ff. geltend machen kann. Ferner hat die Untersuchung oben62 gezeigt, daß die vom BGH und von vielen im Schrifttum gezogene Parallele zwischen dem Zustimmungsanspruch aus 59 60 61

62

S. Legart, Gruchot 73 (1933), S. 307, 315 f. S. oben 4. Kapitel, 11.1. und unter 2. Dazu näher oben im 9. Kapitel, III. Im 12. Kapitel, 11.4.

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

§ 888 und dem Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 nicht zutrifft. Diese beiden Ansprüche sind - abgesehen davon, daß sie inhaltlich gleichermaßen auf die Zustimmung zu einer Grundbuchänderung gerichtet sind - in ihrem Wesen grundverschieden. Der Grundbuchberichtigungsanspruch ist ein Schutzanspruch zugunsten des wahren Berechtigten, mit dessen Hilfe der Grundbuchstand mit der schon seit Vornahme der (absolut) unwirksamen Verfiigung tatsächlich geltenden materiellen Rechtslage (wieder) in Einklang gebracht wird. Der Zustimmungs anspruch aus § 888 Abs. I hat demgegenüber filr den - bezogen auf den Zeitpunkt der filr Dritte voll wirksamen vormerkungswidrigen Verfiigung - erst zukünftigen Erwerb des vorgemerkten Rechts konstitutive Bedeutung, weil der rechtsgeschäftliche Erwerb von Liegenschaftsrechten gemäß § 873 Abs. I die Eintragung des'Erwerbers in das Grundbuch voraussetzt. Der Anspruch aus § 888 stellt diese Erwerbsvoraussetzung im Rahmen der Erfiillung des vorgemerkten Anspruchs sicher und ist aus diesem Grund nach der hier vertretenen Auffassung als (realobligatorischer) Erfiillungshilfsanspruch zu qualifizieren63. Eine wertungsmäßige Vergleichbarkeit der Positionen eines nicht im Grundbuch eingetragenen wahren Berechtigten und dem Inhaber eines vormerkungsgesicherten Rechtserwerbsanspruchs läßt sich auch weder mit der zum Schutz des Werkunternehmers im Fall der Reparatur bestellerfremder Sachen begründeten Rechtsprechung64 noch mit Hilfe von § 999 Abs. 2 herstellen oder rechtfertigen. Nach der aus Anlaß des Schutzes des Werkunternehmers, der eine bestellerfremde Sache repariert hat, vor der Vindikation des Eigentümers begründeten Rechtsprechung soll es (namentlich in einem dreigliedrigen Rechtsverhältnis 65) filr die Anwendung der §§ 994 ff. irrelevant sein, ob die nunmehr bestehende Vindikationslage schon im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme bestanden hat oder nicht. Der BGH stützt seine Auffassung darauf, daß der Wortlaut der §§ 994 Abs. 2,996 eine Einschränkung auf den Ersatz von Verwendungen, die während bestehender Vindikationslage vorgenommen worden sind, nicht herge-

S. dazu oben 12. Kapitel, lI.4.d). Grundlegend BGHZ 34, 122 ff (=NJW 1960,499 ff). Weitere Nachweise zu dieser Rspr. oben im 12. Kapitel, 11.2. Fn. 113. 65 Eigentümer und mittelbarer Besitzer 1. Stufe (z.B. der Vorbehaltsverkäufer) mittelbarer Besitzer 2. Stufe (z.B. der Vorbehaltskäufer und Werkbesteller) - unmittelbarer Besitzer (z.B. der Werkunternehmer, der eine Reparatur an dem Kaufgegenstand vornehmen soll). 63

64

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

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be und verweist im übrigen darauf, daß ein rechtmäßiger Besitzer nicht schlechter gestellt werden dürfe als ein (gutgläubiger) unrechtmäßiger Besitzer. Die Unzulänglichkeit dieses zuletzt genannten Arguments wurde bereits oben66 in Übereinstimmung mit weiten Teilen des Schrifttums aufgezeigt. Auch die Argumentation des Gerichts mit dem Wortlaut der §§ 994 Abs. 2, 996 kann schwerlich überzeugen: Aus dem systematischen Zusammenhang der §§ 987 ff. mit § 986 sowie der gesetzlichen Differenzierung zwischen gut- und bösgläubigem Besitzer ergibt sich mit ziemlicher Deutlichkeit, daß, solange und soweit der Besitzer sich auf ein Recht zum Besitz berufen kann, der Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen nach dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis vorzunehmen ist, das wiederum die Anwendung der Vorschriften über das EigentümerBesitzer-Verhältnis ausschließt67 • Ebensowenig kann der Hinweis auf § 999 Abs. 2 eine wertungsmäßige Gleichstellung des Vorgemerkten mit dem (wahren) Rechtsinhaber begründen oder allgemein die analoge Anwendung der §§ 994 ff. auf Verwendungen rechtfertigen, die vor der Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe des vormerkungsbetroffenen Grundstücks vorgenommen worden sind. Die Vorschrift des § 999 Abs. 2 ändert nichts an dem Umstand, daß die Entstehung der Ansprüche aus §§ 994 ff. voraussetzt, daß bereits im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme eine Vindikationslage bestanden hat. Die Regelung, die schon in der Entstehungsgeschichte umstritten war68 , fUhrt nur dazu, daß diese Ansprüche (aus §§ 994 ff.) wegen des Übergangs der Ausgleichspflichten auf den jeweiligen Folgeeigentümer den Charakter einer (obligatorischen) Eigentumslast tragen und damit als realobligatorische Ansprüche zu qualifizieren sind69 • Entgegen der Auffassung Kohlers 70 kann aber auch vor dem Rechtserwerb des Vorgemerkten eine (fiktive, relative) Vindikationslage zwischen dem vor66 Im 12. Kapitel, II.2., dort m.w.N. - S. hier nur noch Müller, SachenR, 3/1993, Rn 582, 582a; Westermann/Pinger, SachenR II, 6/1990, § 33 1 5b mit übersichtlicher Darstellung der Problematik. 67 So z.B. Schön/eid, JZ 1959, 301, 304; Westermann/Pinger, SachenR II, 6/1990, § 33 1 5b m.w.N. - Die Auffassung des BGH fUhrt übrigens in dreigliedrigen Rechtsbeziehungen dazu, daß die §§ 994 ff. diesbezüglich zu - von den Gesetzesverfassem bekanntlich abgelehnten - VersionsanspTÜchen mutieren. Da man diese entgegenstehende Entstehungsgeschichte offenbar ohne Bedenken übergeht, relativieren sich insoweit auch entsprechende Einwände gegen die Zulassung einer Verwendungskondiktion. 68 S. Mugdan III, S. 232 (=Motive III, S. 416) und S. 685 (=Protokolle III, S.358) sowie MK/Medicus, 2/1986, § 999 Rn 2. 69 S. Mugdan III, S.686 (=Protokolle III, S. 359 f.). Vgl. auch Kohler, NJW 1984, 2849,2852. 70 Kohler, NJW 1984, 2849, 2853.

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. DA: Verwendungsausgleich

merkungswidrigen Erwerber und dem Schuldner des vorgemerkten Anspruchs nicht angenommen werden. Eine Vindikationslage ergibt sich nicht aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis zwischen diesen, das ja durch die relative Unwirksamkeit unberührt bleibt: Der vonnerkungswidrige Erwerber müßte - in Ausübung seines Wahlrechts aus § 325 - zunächst den Rücktritt von diesem Vertrag erklären. Selbst dann könnte im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme kein (echtes) Eigentümer-Besitzer-Verhältnis bejaht werden, weil § 347 nur verlangt, daß die Parteien des Rückgewährschuldverhältnisses einander so stellen sollen, als ob eine Vindikationslage bestanden hätte. Eine (fIktive, relative) Vindikationslage zwischen dem Schuldner des vorgemerkten Anspruchs und dem vonnerkungswidrigen Erwerber läßt sich richtiger Ansicht nach auch nicht im Hinblick auf die infolge der relativen Unwirksamkeit entstandene Spaltung der Befugnisse an dem vonnerkungsbetroffenen Grundstück begründen. Kohler ist zuzugeben, daß die Annahme einer (freilich nur relativen) Vindikationslage vom Standpunkt der Duplizitätstheorie naheliegend ist. Die Duplizitätstheorie ist jedoch wegen ihrer konstruktiven Mängel und den unbefriedigenden Folgewirkungen abzulehnen71 • Vom hier bevorzugten Standpunkt der Lehre von der Spaltung der Verfilgungsmacht läßt sich eine durch die relative Unwirksamkeit begründete (relative, fIktive) Vindikationslage nicht rechtfertigen: Die Aufrechterhaltung der Verfilgungsmacht in der Hand des Schuldners zum Zweck der Erfiillung (allein) des vorgemerkten Anspruchs beinhaltet keine Befugnis zu einer Nutzung der Substanz des betroffenen Grundstücks als Besitzer, weshalb eine Vindikation - und sei sie nur fmgiert - in der Zeit zwischen der vonnerkungswidrigen Verfilgung und der Verwirklichung des vorgemerkten Anspruchs notwendig ausscheiden muß. Ein Verwendungs ausgleich innerhalb dieser (fIktiven) Rechtsgemeinschaft eigener Art hätte richtigerweise an den Vorteil anzuknüpfen, der dem begrenzt verfilgungsberechtigt gebliebenen Schuldner des vorgemerkten Anspruchs durch die Verwendungen des vonnerkungswidrigen Erwerbers erwächst (d.i. ersparter Erhaltungsaufwand, AusgleichsansprOche gegen seinen vorgemerkten Gläubiger) und müßte, sofern keine entsprechende Anwendung des Gemeinschaftsrechts in Betracht kommt (vgl. §§ 744 Abs. 2, 745 Abs. 3), auf die allgemeinen Ausgleichsvorschriften, also auf die §§ 812 ff. sowie die §§ 677 ff. gestützt werden 72.

S. oben 12. Kapitel, II.4.b) dd) (2). In diese Richtung wohl auch RGZ 63,280, 283; MKlK.Schmidt, 2/1986, §§ 744, 745 Rn 34 m.w.N. - A.A. Staudinger/Huber, 12/1981, § 744 Rn 27. 71

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14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

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Die Vorschrift des § 999 Abs. 2 kann daher insgesamt weder unmittelbar noch ihrem Rechtsgedanken nach die Anwendung der §§ 994 ff. im Verhältnis des vormerkungswidrigen Erwerbers zum Vorgemerkten rechtfertigen. Auch die von Gursky gegebene Erklärung der analogen Anwendung der §§ 994 ff. ist zweifelhaft. Unter rechtssystematischen Gesichtspunkten kann es kaum befriedigen, die §§ 994 ff. nur deshalb heranzuziehen, weil sie von allen Verwendungsersatzregeln (angeblich) am besten passen73 • Aus den vorstehenden Gründen kann schließlich auch die früher vorherrschende Auffassung zum sachenrechtlichen (realobligatorischen) Vorkaufsrecht'4 nicht überzeugen, soweit sie die §§ 994 ff. - unter Berufung auf § 999 Abs. 2 - lediglich im Verhältnis des Erstkäufers, der nur den Besitz am vorkaufsbetroffenen Grundstück erlangt hat, zum Vorkaufsberechtigten angewandt wissen will. Es trifft zwar zu, daß die §§ 1100-1102 ihrem Wortlaut nach nur auf den Erstkäufer anzuwenden sind, der Eigentümer des vorkaufsbetroffenen Grundstücks geworden ist. Es trifft aber gleichermaßen zu, daß der Vorkaufsberechtigte vor dem Vollzug des durch Ausübung des Vorkaufsrechts entstandenen Kaufvertrages noch kein Eigentum erlangt hat und ihm mangels Gefahrübergang - im Gegensatz zu dem Erstkäufer - auch noch keine Nutzungsbefugnis an dem Grundstück zusteht. Es dürfte interessengerechter sein, den Verwendungsausgleich an den Regeln zu orientieren, die nach Vollendung der vormerkungswidrigen Verfilgung gelten. Richtet sich der Verwendungsausgleich nach den Regeln der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag oder der Verwendungskondiktion, dann spielt es ohnehin keine Rolle, ob der Erstkäufer bzw. vormerkungswidrige Erwerber schon Eigentümer bzw. Inhaber des vormerkungsbetroffenen Grundstücksrechts geworden ist oder dies noch nicht der Fall ist'5.

Ebenso Armbrüster, JuS 1991,485,487. S. oben unter 1.2. 75 Vergleichbares hat übrigens wohl auch filr den Ausgleich nachteiliger tatsächlicher Einwirkungen zu gelten. Das zur Ahndung dieser Einwirkungen erforderliche Erfilllungshilfsschuldverhältnis entsteht dem Grunde nach bereits mit Einleitung der vormerkungswidrigen Verfllgung, also etwa mit der Auflassung an den Erstkäufer bzw. vormerkungswidrigen Erwerber (vgl. insoweit auch § 160 Abs. 1). 73

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26 Richter

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

2. Eigene Ansicht

a) Die Auffassung Legarts als Ausgangspunkt Für die Frage des Verwendungsersatzes ist indes in erster Linie an die Auffassung Legarts anzuknüpfen. Nur diese Auffassung wird der - sonst durchaus allgemein anerkannten - (strengen) Akzessorietät der Vonnerkung zu dem durch sie gesicherten Anspruch gerecht. Eine Limitierung oder Lockerung dieser Akzessorietät im Hinblick auf den Ausgleich tatsächlicher Einwirkungen und die dadurch bedingte Schärfung bzw. Milderung der Ausgleichspflichten bedeutet einen Eingriff in das dominierende vonnerkungsgesicherte Schuldverhältnis, der weder vom Wortlaut noch vom Zweck der § 883 ff. her gerechtfertigt werden kann. Ein Abweichen von dieser akzessorischen Bindung an das gesicherte Schuldverhältnis widerspräche auch dem Grundsatz, daß niemand mehr an Recht übertragen kann, als er selbst hae6 • Die relative Unwirksamkeit vonnerkungswidriger Verfiigungen filhrt zwar - wie oben77 dargelegt - nicht zu einer (vollen) Schuldübernahme, aber doch zu einer Ausdehnung bzw. einem Übergang einzelner Schuldnerpflichten, worauf die o.a. Regel anzuwenden ist. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb das Akzessorietätsprinzip in anderem Zusammenhang - etwa bzgl. der Schadensersatzansprüche - gelten soll, nicht aber im Fall des Verwendungsersatzes. Für die Auffassung Legarts nimmt ein, daß sie, dem Sicherungszweck der Vonnerkung entsprechend, im Rechtsverhältnis zwischen dem Vorgemerkten und dem vonnerkungswidrigen Erwerber keine von dem gesicherten Schuldverhältnis abweichende Rechte konstituiert und sich deshalb auch harmonisch in das hier entwickelte Verständnis als Erfiillungshilfsschuldverhältnis einfiigt. Kritisch ist jedoch gegenüber Legart anzumerken, daß er seine Auffassung im kaufrechtlichen Bereich nicht zu Ende gedacht hat. Dies wird deutlich bei Einbeziehung der Erkenntnisse von oben78 zum Verwendungsausgleich zwischen Verkäufer und Käufer: Die Verwendungsersatzregelung in § 450 erfaßt fUr sich genommen die Konstellationen zwischen Verkäufer und Käufer, die auf das Verhältnis zwischen

76 "Nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet.". S. Ulpian, 0.50.17.54; auchPaulus, 0.50.17.175.§ 1. 77 Im 12. Kapitel, I1.4.d) bb). 78 S. im 4. Kapitel.

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

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dem Vorgemerkten und dem vormerkungswidrigen Erwerber zu beziehen sind, ja durchaus unvollkommen. Die Regelung in § 450 Abs. 1 betriffi notwendige Verwendungen nach dem hier so genannten "vorzeitigen Gefahrübergang", d.h. zwischen Eigentumserwerb (oder Annahmeverzug) und Übergabe, und ist daher bei Verwendungen des vormerkungswidrigen Erwerbers, die dieser vor jeglichem Gefahrübergang vorgenommen hat, mangels Parallelität nicht anwendbar.

§ 450 Abs. 2 verweist filr "sonstige" Verwendungen tatbestandiich auf die Vorschriften über die Geschäftsfilhrung ohne Auftrag, §§ 677 ff. Diese Vorschriften sind damit zwar grundsätzlich anwendbar, allein es fehlt - wie die herrschende Ansicht zu Recht feststellt - wohl nicht im Sinne einer Gesetzmäßigkeit, aber doch typischerweise am FremdgeschäftstUhrungswillen des vormerkungswidrigen Erwerbers, d.h. am Willen und Bewußtsein im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme, filr den vorgemerkten Käufer zu handeln. Wie oben79 gesehen, schließt jedoch § 450 Abs. 2 Bereicherungsansprüche im Fall irrtümlicher oder angemaßter Eigengeschäftsfilhrung nicht aus und die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs sind auch grundsätzlich erfiillt. Dementsprechend ist im parallel zu behandelnden Verhältnis zwischen den vormerkungswidrigen Erwerber und dem Vorgemerkten der Verwendungsausgleich ebenfalls nach Bereicherungsrecht vorzunehmen.

b) Der bereicherungsrechtliche Ausgleich im Fall des vormerkungswidrigen Grundstückserwerbs Dieser Bereicherungsausgleich vollzieht sich dabei entgegen der Auffassung des 6. Senats des OLG Hamburg über eine Nichtleistungskondiktion, genauer gesagt: über die Verwendungskondiktion. Die Annahme einer Leistungskondiktion verbietet sich vom Standpunkt des ("modernen") fmalen Leistungsbegriffs, dem hier gefolgt wird, weil der vormerkungswidrige Erwerber die werterhaltenden bzw. -erhöhenden Einwirkungen nicht zum Zwecke der Erfiillung einer Verbindlichkeit gegenüber dem vorgemerkten Grundstückskäufer vornimmt. Blendet man den vormerkungsgesicherten kaufrechtlichen Übereignungsanspruch zunächst einmal aus der Betrachtung aus, so fUhrt die Vornahme der Verwendungen durch den vormerkungswidrigen Erwerber, wie Michael Wal-

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4. Kapitel, III.I.

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

ter80 zutreffend festgestellt hat, zu einer bloßen Vennögensumschichtung, zu einer Disposition innerhalb der eigenen Vennögenssphäre, die - mit Ausnahme des hier nicht einschlägigen Falles eines Insichgeschäfts - mangels Zuordnung zu einem Schuldverhältnis nicht als bereicherungsrechtlich bedeutsame Leistung "an sich selbst" qualifiziert werden kann. Da das Grundstück aber zugleich auch Leistungsgegenstand des vorgemerkten kaufrechtlichen Erfilllungsanspruchs ist und der dadurch bedingten "Erfiillungslast" (des Schuldners) in Fonn einer "Erfiillungsmitwirkungslast" auch j eder vonnerkungswidrige Erwerber unterworfen ist, bewirken dessen Aufwendungen auf das Grundstück nicht nur eine bloße Umschichtung eigenen Vennögens, sondern zugleich auch eine Wertsteigerung des kaufrechtlichen Leistungsgegenstandes und damit des kaufrechtlichen Anspruchs selbst. Wie auch schon oben81 ausgefiihrt ist somit eine Bereicherung des Vonnerkungsberechtigten (zumindest dem Grunde nach) bereits eingetreten. Demgegenüber verneint allerdings Kohler eine mit Abschluß der Verwendungsvornahme bereits gegenwärtige Bereicherung des Vorgemerkten82 • Nach Kohler "fehlt es am gegenwärtigen Erlangen eines wertmäßig konkret erfaßbaren Vorteils durch den Vorgemerkten". Kohlers Auffassung ist jedoch nicht beifallsWÜTdig. Die Wertsteigerung eines vorgemerkten Anspruchs auf Übereignung eines Grundstücks ist ebensogut (oder -schlecht) meßbar wie die Wertsteigerung des Grundstücks selbst. Beim Anspruch aus § 951 Abs. 1 i.V.m. §§ 812 ff. ist die Ennittlung der Wertsteigerung - ggf. mit sachverständiger Hilfe - bislang noch immer möglich gewesen. Ferner läßt sich auch eine gegenwärtige Wertsteigerung des vorgemerkten Anspruchs kaum bestreiten. Leistungsgegenstand dieses Anspruchs ist das vormerkungsbetroffene Grundstück in der vereinbarten Beschaffenheit. Wenn die Beschaffenheit des Leistungsgegenstandes Grundstück durch den Einbau beweglicher Sachen und andere Verwendungen positiv beeinflußt wird, schlägt die damit verbundene Wertsteigerung unmittelbar auf den Anspruch selbst durch, der ja (beim Spezieskauf) auf die Übereignung und Übergabe des Leistungsgegenstandes in seiner Identität gerichtet ist; unabhängig von zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterungen (Mängeln) oder Verbesserungen, deren "störender" Einfluß auf das Synallagma mit einem gesonderten Regime, nämlich dem der §§ 459 ff. bzw. dem der §§ 450, 677 ff., 812 ff. korrigiert wird. Anders ausgedrückt: Weil die §§ 93, 94 eine Differenzierung bei der Ei-

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MWalter, NJW 1971,1845 f. Im 4. Kapitel, III.2.a). Kohler, NJW 1984, 2849, 2856.

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

405

gentumsübertragung zwischen der Sache und ihren (wesentlichen) Bestandteilen verbieten, ist es unabhängig von den Möglichkeiten im Tatsächlichen auch rechtlich ausgeschlossen, die Übereignung (und Übergabe) auf den Leistungsgegenstand in dem geschuldeten Zustand zu beschränken und sich etwa das Eigentum an neu (durch Verwendung) hinzugefilgten Bestandteilen zurückzubehalten. Der einzige wirklich gravierende Einwand gegen eine Bereicherung des Vorgemerkten schon im Zeitpunkt nach Abschluß der Verwendungen durch den vormerkungswidrigen Erwerber, d.h. im Zeitpunkt des Eintritts des Verwendungserfolges 83 , läßt sich aus der problematischen sofortigen Realisierbarkeit der Bereicherung gewinnen 84 • Eine Realisierung der Bereicherung vor Übereignung und Übergabe ist aber möglich durch einen entsprechend höherwertigen Verkauf des infolge der Verwendungen in seinem Wert gestiegenen Anspruchs an einen Dritten. Ferner: Selbst wenn man das "erlangte Etwas", die Wertsteigerung des vormerkungsgesicherten Anspruchs, unter dem Gesichtspunkt der (sofortigen) Realisierbarkeit kritisch betrachtet, kommt man nicht umhin, zumindest eine Bereicherung dem Grunde nach, eine "latente" Bereicherung zu bejahen, der bereits eigenes Gewicht zukommt8S • Bestätigt wird dieses Ergebnis durch zwei weitere Überlegungen: Die Verwendungsersatzansprüche gemäß §§ 994, 996 befinden sich vor Eintritt der Voraussetzungen von § 1001 - Wiedererlangung der Sache durch den Eigentümer oder Genehmigung der Verwendungen - in einer identischen Schwebe lage wie der hier angenommene Bereicherungsanspruch86 • Unterstellt man die Auffassung Kohlers als zutreffend, so wären die Ansprüche aus §§ 994, 996 bis zum Eintritt der Voraussetzungen des § 1001 ohne jeden Vermögenswert, was kaum überzeugen kann und - dies leitet über zum zweiten Argument - auch V gl. dazu oben 4. Kapitel, III.2.a). Auch dazu bereits oben im 4. Kapitel, III.2.a). 85 In konsequenter Fortfiihrung dieser kritischen Betrachtungsweise wäre freilich weiter zu fragen, inwieweit überhaupt der Inhaber einer Forderung vor deren Realisierung bereichert sein kann. Auch die Forderung ist nichts anderes als eine rechtlich fixierte Erwerbsaussicht. Zur ähnlichen Problematik bei der bilanz- und konkursrechtlichen Behandlung der "stillen Reserven" im Anlagevermögen eines buchfiihrenden Kaufmanns s. schon oben im 4. Kapitel, III.2.a) Fn. 39. 86 Nach h.M. sind die Ansprüche aus §§ 994, 996 bis zum Eintritt der Voraussetzungen des § 1001 aufschiebend bedingt (so RGRKlPikart, 1211977; Soergel/Mühl, 1211989; Palandt/Bassenge, 55/1996, jeweils § 1001 Rn 1; Müller, SachenR, 3/.1993, Rn 623); nach anderer Ansicht sind sie noch nicht flillig (so MKiMedicus, 2/1986, § 1001 Rn 17) bzw. "unklagbar" (so Heck, SachenR, 1930, § 70,10.). 83

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

nicht mit der anerkannten Abtretbarkeit und Ptandbarkeit bedingter Ansprüche in Einklang zu bringen ist87 . Abtretbarkeit und Pflindbarkeit bedingter Forderungen wären ohne Sinn und praktische Bedeutung, wenn den bedingten Forderungen als solchen kein gegenwärtiger Vermögenswert zukäme. Auch die Einwendungen aus dem Gesichtspunkt der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung sind nicht stichhaltig. Wie oben88 ausgefilhrt erlangt der Vormerkungsberechtigte den Verwendungserfolg nicht, wie die vorherrschende Auffassung meint, durch Leistung infolge der Übereignung durch seinen Schuldner, sondern als Wertsteigerung seines Anspruchs schon mit dem Eintritt des Verwendungserfolgs am Leistungsgegenstand, dem vormerkungsbetroffenen Grundstück. Die spätere Übereignung durch den Schuldner des vorgemerkten Anspruchs filhrt hinsichtlich des Verwendungserfolges nur zu einer Surrogation des Erlangten gemäß § 818 Abs. 1: Die Wertsteigerung des gesicherten Anspruchs wird durch den Verwendungserfolg in natura ersetzt. Entgegen Kohler89 fmdet der Erwerb des mit dem Leistungsgegenstand verbundenen Verwendungserfolgs auch keinen Rechtsgrund ("causa") in dem vormerkungsgesicherten Anspruch9o . Der Erwerb hat eine gesetzliche Grundlage lediglich in der (irreversiblen) Grundstücksverbindung gemäß § 946 LV.m. §§ 93, 94, die aber keinen tauglichen Rechtsgrund filr eine Vermögensverschiebung liefert, wie § 951 zeigt91. Die Auffassung Kohlers steht auch im Widerspruch zur Rechtslage beim "normalen", d.h. nicht vormerkungsgesicherten 87 Zur Abtretbarkeit bedingter Ansprüche s. etwa Larenz, SchuldR I, 14/1987, § 34 III; SaergellZeiss, 12/1990, § 398 Rn 7; PalandtlHeinrichs, 55/1996, § 398 Rn 11

jem.w.N. Zur Ptlindbarkeit bedingter Ansprüche s. Z.B. BGHZ 53, 29, 32; ZöllerlStöber, ZPO, 19/1995, § 829 Rn 2 m.w.N. 88 Im 4. Kapitel, III.2.a). 89 Kahler, NJW 1984, 2849, 2856. 90 Anders lag es im Fall RG, HRR 1928, Nr. 2276, wo der vom vormerkungswidrigen Erwerber herbeigeftlhrte Verwendungserfolg Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung war und vom Schuldner des vorgemerkten Anspruchs geschuldet war. 91 Obgleich die Bereicherung des Vorgemerkten auf die Grundstücksverbindung zurückzufiihren ist, kommt eine analoge Anwendung von § 951 - wie von Armbrüster, JuS 1991,485,488 erwogen, jedoch im Ergebnis abgelehnt - nicht in Betracht. Wegen des allgemeingültigen Charakters des Bereicherungsrechts fehlt es an einer Regelungslücke. Außerdem hat die Verweisung des § 951 auf die §§ 812 ff. ohnehin nur klarstellende Funktion (SaergeIIMühl, 12/1989, § 951 Rn 1; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 2605; Westermann/Gursky, SachenR I, 6/1990, § 54, 1. [gegen Westermann, SachenR, 5/1966, § 541.]). Die unmittelbare Anwendung der §§ 812 ff. schließt freilich nicht aus, daß wegen der Ähnlichkeit der Konstellation die Wertungen des § 951 beim Bereicherungsausgleich im Einzelfall Berücksichtigung finden können.

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

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Kauf. § 450 Abs. 2 schließt, wie oben gesehen, einen Bereicherungsausgleich gemäß § 812 wegen vom Verkäufer in irrtümlicher oder angemaßter Eigengeschäftsfiihrung vorgenommener Verwendungen nicht aus. Bereicherungsrecht gilt gleichermaßen fiir den Ausgleich von Verwendungen, die der Verkäufer mit Fremdgeschäftsfiihrungswillen vornimmt, die aber nicht dem Willen oder Interesse des Käufers entsprechen. Die Regelung in § 450 Abs.2 i.V.m. §§ 677, 684, 812 ff. ist mit der Annahme unvereinbar, der Kaufvertrag bilde einen Rechtsgrund, eine "causa", fiir den Erwerb des Verwendungserfolgs. Außerdem vermag es auch wertungsmäßig nicht zu überzeugen, wenn die herrschende Auffassung eine Verwendungskondiktion zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber und dem Vorgemerkten unter Hinweis auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung verwirft, im gleichen Atemzug jedoch einen analog §§ 994 ff. auszugleichenden Vermögenszufluß in demselben Verhältnis bejaht. Schließlich steht der Umstand, daß beim Bereicherungsausgleich in den hier einschlägigen Fällen regelmäßig das Problem der Aufdrängung der Bereicherung zu erörtern ist, der bereicherungsrechtlichen Lösung nicht im Wege. Die oben92 dargestellten, von Reimer herausgearbeiteten Kriterien bieten eine geeignete Handhabe zur Entscheidung der Frage, ob eine Bereicherung wegen nicht hinnehmbarer Aufdrängung des Vermögenszuflusses zu verneinen ist, oder ob es dem Vormerkungsberechtigten trotz der beeinträchtigten Dispositionsfreiheit zugemutet werden kann, sich den Vermögenszufluß durch Umstellung seiner Dispositionen zunutze zu machen. Den Bedenken des BGH hinsichtlich der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vorgemerkten bzw. Vorkaufsberechtigten über die Ausübung seines Rechts93 kann im Rahmen dieser Zumutbarkeitsentscheidung ohne weiteres Rechnung getragen werden. Die "unverkennbaren Schwierigkeiten", die sich aus einer aufgedrängten Bereicherung nach Räfle94 ergeben sollen, sind daher wohl kaum zu befiirchten, vielmehr wird eine starre, allein am Kriterium der Bösgläubigkeit orientierte Entscheidungsalternative zugunsten einer flexibleren, dem Einzelfall besser gerecht werdenden Lösung aufgegeben. Soweit die Rechtsprechung zur Frage der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 1, 2. Fall zu ähnlichen (spiegelbildlichen) Zumutbarkeitserwägungen genötigt wird, sind Probleme der Handhabung in der Praxis, soweit erkennbar, nicht ersichtlich.

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Im 4. Kapitel, III.3.c) dd) (2). BGHZ 87, 296, 300. Räfle, LM § 888 Nr. 3 (=Anm. zu BGHZ 75, 288) unter I.

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

c) Der Umfang des Ausgleichs Ihrem Umfang nach beschränkt sich die Verwendungskondiktion des vormerkungswidrigen Erwerbers gegen den vorgemerkten Grundstückskäufer auf den Ausgleich von - durch die (kauf-) vertragliche Vereinbarung nicht erfaßten95 - Wertsteigerungen, die infolge der Verwendungen eingetreten sind, ohne daß es darauf ankäme, ob die Verwendungen als "notwendig" oder "nützlich" i.S. der §§ 994, 996 einzuordnen sind96 • Ein Bereicherungsausgleich bezogen auf notwendige werterhaltende Verwendungen ist entgegen der ganz herrschenden Auffassung97 und auch entgegen Harrn Peter Westerrnann98 nicht zu rechtfertigen. Für dieses Ergebnis streiten zwei Gründe: Zum einen kann sich der vormerkungswidrige Erwerber wegen der notwendigen Verwendungen an seinen Verkäufer halten99• Dieser ist - wie oben 1OO gesehen - zum Ersatz der notwendigen 9S Zum vertraglich berücksichtigten "Verwendungserfolg" vgl. wieder RG, HRR 1928, Nr. 2276. Gerade an dieser Entscheidung zeigt sich die Widersprüchlichkeit der herrschenden Auffassung. Zutreffend orientiert sich das Gericht hinsichtlich des Verwendungsausgleichs im Ergebnis am Inhalt des durch Vonnerkung abgesicherten Vertrages, obwohl es filr den Verwendungsausgleich die analoge Anwendung der §§ 994 ff. favorisiert. Stellt man den Vorgemerkten jedoch dem Eigentümer gleich, so hätten die Voraussetzungen des Ausgleichs gemäß § 994 Abs. 2 vorgelegen, weil sich vor der Durchfilhrung der Verwendungen seitens des vonnerkungswidrigen Erwerbers das Eigentum in einem "geringerwertigen" Zustand befunden hatte. Die richtige Entscheidung des RG läßt sich mit der hier vertretenen Auffassung, nicht aber bei analoger Anwendung der §§ 994 ff. auf das Verhältnis zwischen dem vonnerkungswidrigen Erwerber und dem Vorgemerkten überzeugend begründen. 96 In der Mehrzahl der Fälle dürfte aber die Gleichsetzung notwendiger und werterhaltender sowie nützlicher und werterhöhender Verwendungen zutreffen. Ein Gegenbeispiel notwendiger, werterhöhender Verwendungen liefert Soergel/Huber, 12/1991, § 500 Rn 2: Ersatz eines schon zur Zeit des Kaufs bauflilligen Dachstuhls. - Entscheidend ist letztlich immer, inwieweit der tatsächliche dem geschuldeten Sachzustand entspricht, inwieweit der Verwendungserfolg bereits im Synallagma erfaßt, d.h. im Kaufpreis miteinkalkuliert ist. Im Einzelfall kann dazu auch eine Schätzung erforderlich werden (vgl. § 287 Abs. 2 ZPO). 97 S. die Nachweise oben 1.1. in Fn. 2. - Soweit die Anhänger der analogen Anwendung der §§ 994 ff. dem vonnerkungswidrigen Erwerber im Verhältnis zum Vorgemerkten mit der hier vertretenen Auffassung die Nutzungen belassen, betrifft der Streit wegen § 994 Abs. I S. 2 nur die außergewöhnlichen Erhaltungskosten. S. dazu etwa Staudinger/Gursky, 12/1987, § 888 Rn 57 m.N. 98 MK/H.P. Westermann, 2/1986, § 1100 Rn 5. 99 Durch die Geltendmachung der Vonnerkung bzw. die Ausübung des sachenrechtlichen Vorkaufsrechts wird die zwischen ihnen bestehende vertragliche Beziehung in ihrem Bestand ja nicht berührt. S. z.B. BGH, DNotZ 1979, 561, 562; Staudinger/MayerMaly/Mader, 13/1993, § 1098 Rn 13.

14. Kap.: Der Anspruch des Erwerbers auf Ersatz seiner Verwendungen

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Verwendungen entweder über die Schadensersatzregelung in § 325 LV.m. § 440 Abs. 1101 ; im Fall des Rücktritts über §§ 347 S.2, 994 ff.; bei der Abstandnahme vom Vertrag bzw. beim auflösend bedingten Vertrag gemäß § 323 Abs.3 bzw. § 812 Abs. 1 LV.m. 820 Abs. 1,292 Abs. 2, 994 ff. verpflichtee0 2 • Zum andern ist zu berücksichtigen, daß den Verkäufer bis zum Gefahrübergang die Pflicht zur Sacherhaltung als Ausfluß der Leistungstreuepflicht trifft und die Sacherhaltungskosten regelmäßig mit dem zu zahlenden Kaufpreis abgegolten sind 103. Daraus folgt, daß dem vorgemerkten Käufer der Erfolg der notwendigen werterhaltenden Verwendungen nicht rechtsgrundlos zufließt bzw., anders ausgedrückt, daß der vormerkungswidrige Erwerber mit der Übernahme der Sacherhaltungskosten, mit der Vornahme diesbezüglicher notwendiger Verwendungen, den Schuldner des vorgemerkten Anspruchs, nicht aber den Geschützten bereichert. Im BGB gilt durchgehend der Grundsatz, daß die Erhaltungs last bzgl. einer Sache derjenige zu tragen hat dem die Nutzungen gebühren. Daher geht es nicht an, dem vorgemerkten Käufer die Sacherhaltungspflicht aufzubürden, ohne ihm zugleich die Nutzungen zuzuweisen lO4 • Da die Vormerkung am Status des Käufers als einem Forderungsinhaber nichts ändert, die Erfüllung weder einleitet noch vorwegnimmt, ist es auch nicht gerechtfertigt, dem vorgemerkten Käufer zu einem früheren Zeitpunkt als dem Gefahrübergang die Sachnutzungen zuzubilligen. Wer dies - wie etwa die Rechtsprechung des BGH - tut, mißt den (Zuordnungs-) Regeln des Sachenrechts gegenüber denen des Schuldrechts eine Rolle zu, die ihnen nicht gebührt: Die Sachenrechtsnormen haben dienende Funktion gegenüber den Regeln der Schuldverhältnisse, nicht umgekehrt. Der Inhalt der Schuldverhältnisse wird durch die jeweilige Vereinbarung bzw. die gesetzlichen (Ausgestaltungs-) Regelungen bestimmt, nicht aber durch die sachenrechtlichen "Durchfiihrungsnormen".

Im 9. Kapitel, unter III., dort insbes. l.b). In diesem Sinne BGH, DNotZ 1979, 561, 562 (ohne auf die Frage des Verwendungsersatzes einzugehen). 102 A.A. Hartmann, NJW 1956, 899, 900; ihm folgend Peßler, NJW 1960, 1785, 1789 (zu den gemeindlichen Vorkaufsrechten nach den Aufbaugesetzen). Beide lassen im Rahmen der (analogen) Anwendung von § 323 Abs.3 jedoch § 820 Abs. I außer acht. 103 S. dazu bereits oben, 4. Kapitel, 1I.1. 104 In diesem Sinne aber zahlreiche Anhänger der herrschenden Ansicht; s. dazu schon oben, 12. Kapitel, 1I.1. zum Nutzungsersatz. 100 101

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. UA: Verwendungsausgleich

111. Ergebnis Entgegen der vorherrschenden Auffassung ist der Verwendungsausgleich zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber und dem Vormerkungsberechtigten nicht analog §§ 994 ff. vorzunehmen. Zwischen den Beteiligten besteht keine einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vergleichbare Rechtsbeziehung. Die These, wonach ein rechtmäßiger Besitzer nicht schlechter stehen dürfe als ein unrechtmäßiger, ist in dieser generalisierenden Form unzutreffend und kann die entsprechende Anwendung der §§ 994 ff. ebenfalls nicht rechtfertigen. Gleiches gilt fiir den verbreiteten Hinweis auf § 999 Abs. 2. Die Vorschrift setzt ein bestehendes Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zwischen dem Voreigentümer und dem Besitzer voraus. Im Verhältnis zu seinem Veräußerer (im Dreipersonenverhältnis: dem Schuldner des vorgemerkten Anspruchs) ist der vormerkungswidrige Erwerber - bis zur Auflösung des Schuldverhältnisses rechtmäßiger Besitzer. Der Blick auf die durch die relative Unwirksamkeit der vormerkungswidrigen Verfilgung bewirkte Spaltung der Verfilgungsm.acht filhrt zu keiner anderen Entscheidung, weil die dem Schuldner des vorgemerkten Anspruchs verbleibende Rechtsrnacht keine Nutzungsbefugnis, verbunden mit einem Recht auf unmittelbaren Sachbesitz, beinhaltet, sondern sich auf die Verfilgungsbefugnis zum Zwecke der Erfilllung beschränkt. Schließlich besteht im hier interessierenden Fall des vorgemerkten Grundstückskaufs keine durch Analogie zu filllende Regelungslücke, weil die Regeln der Verwendungskondiktion bzw. der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag unmittelbar herangezogen werden können. In grundsätzlicher Übereinstimmung mit der Auffassung Legarts ist der Verwendungsausgleich zwischen vormerkungswidrigen Erwerber und dem Vorgemerkten nach Maßgabe des Schuldverhältnisses durchzufilhren, dem der vormerkungsgeschützte Rechtsverschaffungsanspruch entspringt. Ihre Rechtfertigung fmdet diese Lösung in der Akzessorietät der Vormerkung und dem - damit verbundenen - Umstand, daß dieser als bloßem Sicherungsmittel nicht die normative Kraft zukommen kann, wirksame vertragliche Regelungen bzw. die Regeln des (höherrangigen) Schuldrechts abzuändern oder auszuhebeln. Im Fall des vormerkungsgesicherten Grundstückskaufs bedeutet dies, daß der Verwendungsausgleich - wie durch § 450 Abs. 2 offengehalten - nach Maßgabe des Bereicherungsrechts bzw. den Regeln über die Geschäftsfilhrung ohne Auftrag vorzunehmen ist. Soweit es, wie im Regelfall, am Fremdgeschäftsfilhrungswillen des vormerkungswidrigen Erwerbers fehlt, greift zu dessen Gunsten die Verwendungskondiktion ein. Durch die Vornahme (sach-) werterhöhender Aufwendungen wird nicht nur der Wert des Grundstücks erhöht, sondern auchweil das Grundstückseigentum als solches über § 883 Abs.2 i.V.m. § 888

15. Kap.: Rechtslage bei Umgestaltung des Grundstücks

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Abs. 1 mit der Erfiillungsmitwirkungspflicht belastet ist - der Wert des gesicherten Rechtsverschaffungsanspruchs, und zwar ohne rechtlichen Grund. Mit der Errullung des vorgemerkten Anspruchs wird die Wertsteigerung des Anspruchs durch die des Grundstücks selbst als dem Leistungsgegenstand ersetzt. I.S.v. § 994 notwendige Verwendungen werden demnach, soweit sie lediglich werterhaltenden Charakter haben, nicht ausgeglichen. Die Frage, ob eine nur werterhaltende Maßnahme vorliegt, beantwortet sich wiederum nach dem Kaufvertrag zwischen dem Vorgemerkten und seinem Schuldner (Verkäufer), der die vormerkungswidrige Verrugung vorgenommen hat. Beim Bereicherungsausgleich ist ferner anband der oben im 4. Kapitel dargestellten Kriterien zu prüfen, ob die Wertersatzpflicht des Vorgemerkten wegen einer "Aufdrängung" der Bereicherung analog § 818 Abs. 3 entfällt.

15. Kapitel

Die Rechtslage im Fall der Umgestaltung des Grundstücks durch den vormerkungswidrigen Erwerber Zum Abschluß der Untersuchung ist noch ein Blick auf die Konsequenzen im Fall der Umgestaltung des betroffenen Grundstücks durch den vormerkungswidrigen Erwerber zu werfen. Für das Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer wurde oben 105 festgestellt, daß hierbei nach Maßgabe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zwischen dem Mängelgewährleistungsrecht und den Regeln der nachträglichen Unmöglichkeit abzugrenzen ist. Eine generelle Zuordnung dieser Fälle zum Gewährleistungsrecht fUhrt zu keiner interessengerechteren Lösung, weil die Vorteile fiir den Käufer nicht so deutlich zu Buche schlagen und andererseits der Verkäufer im Fall der Umgestaltung in irrtümlicher Eigengeschäftsfiihrung benachteiligt werden kann. Im Zusammenhang mit einer Umgestaltung durch den vormerkungswidrigen Erwerber ist unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse auf die schon in der Rechtsprechungsübersicht 106 geschilderte Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1933 107 zurückzukommen.

Im 5. Kapitel. S. oben 6. Kapitel, III. \07 RG, HRR 1933, Nr. 1850 (=Recht 1933, Nr. 301). \05

\06

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. VA: Verwendungsausgleich

Das Reichsgericht hat in dieser Entscheidung eine durch die Umgestaltung bewirkte (nachträgliche) Unmöglichkeit der Erfilllung des vorgemerkten Verschaffungsanspruchs abgelehnt und statt dessen auf den Zweck des Anspruchs aus § 888 abgestellt, dem es widerspräche, wenn eine Auflassungsvormerkung durch die wirtschaftliche Umgestaltung des Grundstücks vereitelt werden könnte. Der vormerkungswidrige Erwerber sei ebensowenig schutzwürdig wie derjenige, der schuldhaft über die Grenze gebaut habe (§ 912 Abs. 1). Wegen der Eintragung im Grundbuch habe der vormerkungswidrige Erwerber mit der Geltendmachung des Anspruchs aus § 888 rechnen müssen. Dem Verlangen aus § 888 könne ggf. die Einrede der Arglist entgegengehalten werden, sofern der Geschützte die Bebauung wissentlich geduldet habe. Bloße Untätigkeit bzgl. der Anspruchsverwirklichung sei zur Annahme von Arglist jedoch nicht ausreichend 108 . So sehr im Grundsatz eine am Zweck der Vormerkung bzw. des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 orientierte Gesetzesauslegung auch zu begrüßen ist, hier bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Argumentation des RG. Wie oben 109 gesehen ist Zweck der Vormerkung die Sicherung der ErfiIllbarkeit des in Bezug genommenen Rechtsverschaffungsanspruchs, und zwar in erster Linie vor vereitelnden Verfilgungen, zugleich aber auch - im Hinblick auf die Erfilllungsmitwirkungspflicht des vormerkungswidrigen Erwerbers - vor dessen weiteren tatsächlichen (und rechtlichen) Einwirkungen. Dieser Sicherungszweck und die damit einhergehende Akzessorietät zum gesicherten Anspruch bilden aber gleichzeitig auch die Obergrenze der Wirkungen der Vormerkung, d.h. der Vorgemerkte kann vom vormerkungswidrigen Erwerber nicht mehr verlangen als von seinem Schuldner (hier dem Verkäufer) selbst. Anders ausgedrückt: Die Vormerkung schützt (unstreitig) nicht vor der Unmöglichkeit der ErfiIllung, soweit der Verkäufer selbst das Grundstück (als Leistungsgegenstand) zwischen Vertragsschluß und Gefahrübergang umgestaltet; folglich kann sie dann grundsätzlich auch nicht den Eintritt nachträglicher Unmöglichkeit der Leistung durch Umgestaltungsmaßnahmen des vormerkungswidrigen Erwerbers verhindern.

\08 S. RG, HRR 1933, Nr. 1850 (=Recht 1933, Nr.301). Zustimmend StaudingerlSeujert, 1111956, § 888 Rn 6 mit Fn. ***; RGRK/Augustin, 12/1978, § 888 Rn 12; SoergellStürner, 12/1989, § 888 Rn 5; ErmaniHagen, 9/1993, § 888 Rn 5; Westermann/Eickmann, SachenR 11,6/1988, § 100 IV 4d. Zurückhaltender StaudingerlGursky, 1211987, § 888 Rn 41: Vormerkungswirkung "an sich" nicht ausgeschlossen. Kritisch hinsichtlich der Bezugnahme auf § 912 StaudingerlSeujert, a.a.O.; Westermann/Eickmann, a.a.O. \09 Im 10. Kapitel.

15. Kap.: Rechtslage bei Umgestaltung des Grundstücks

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Gegen diese Argumentation liegt der Einwand nahe, daß damit dem vormerkungswidrigen Erwerber eine geflihrliche Möglichkeit des Rechtsrnißbrauchs eröffnet wird, indem er mutwillig durch Umgestaltungsmaßnahmen die Rechte des Vorgemerkten zunichte machen könne. Allerdings trifft es wohl zu, daß das Umgestaltungsrisiko sich mit der Rechtsübertragung an den vormerkungswidrigen Erwerber erhöht, weil dieser das Grundstück als ihm gehörig erwerben will und auch nicht als "Hauptschuldner" zur ErfiHlung des vorgemerkten Anspruchs verpflichtet ist. Dem steht jedoch gegenüber, daß der Vorgemerkte nach der hier vertretenen Auffassung analog § 1004 die Unterlassung erfiillungsvereitelnder Maßnahmen ebenso von dem vormerkungswidrigen Erwerber verlangen kann, weil dieser aufgrund der Vormerkung als "Hilfsschuldner" zur Mitwirkung bei der Erfiillung durch den (Haupt-) Schuldner verpflichtet ist. Der Sache nach erkennt auch das RG diesen (vorbeugenden) Unterlassungsanspruch des Vorgemerkten gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber an, wenn es einerseits auf die Vorschrift des § 912 Abs. 1 zum nachbarrechtlichen Überbau hinweist und andererseits die Einrede der Arglist zugunsten des vormerkungswidrigen Erwerbers erörtert. Im Anwendungsbereich von § 912 Abs. 1 ist es nämlich anerkannt, daß der Nachbar, der vom Überbau betroffen ist, gemäß § 1004 Unterlassung beanspruchen kann, wenn der andere vorsätzlich, grob fahrlässig oder entgegen einem rechtzeitigen Widerspruch über die Grenze baut 11 o. Die Einrede der Arglist ist nur erörterungswürdig, sofern dem Vormerkungsberechtigte, der Kenntnis von begonnenen Umgestaltungsmaßnahmen erlangt hat, rechtlich (über § 1004) die Möglichkeit eröffnet ist, diese Maßnahmen zu unterbinden. Wegen der Publizität des Grundbuchs kann der Vorgemerkte weiterhin den Adressaten des Unterlassungsanspruchs prinzipiell ohne Schwierigkeiten ausfmdig machen. Im übrigen bleibt ihm die Möglichkeit, vom vormerkungswidri110 S. hierzu aus der Rspr. etwa BGHZ 62,388 ff. (=NJW 1974, 1552); 105,202 ff.; aus dem Schrifttum SoergeIIJF.Baur, 12/1989, § 912 Rn I; PalandtlBassenge, 55/1996, § 912 Rn 16; Müller, SachenR, 3/1993, Rn 358; WestermannlPinger, SachenR 11, 6/1988, § 80 I, V. Zumeist wird hier nur die Frage der Beseitigung des vollendeten Überbaus gemäß § 1004 thematisiert, was zur Kontroverse um die Bedeutung des § 1004 fUhrt. V gl. dazu Picker, Beseitigungsanspruch, 1972, S. 172 ff.; Staudinger/Gursky, 13/1993, § 1004 Rn 3 ff. einerseits; MKlMedicus, 2/1986, § 1004 Rn II ff., 23 ff.; SoergellMühl, 12/1989, § 1004 Rn 29, 112 f. andererseits. - Die Parallele, die das RG zwischen dem vormerkungswidrigen Erwerber und dem überbauenden Nachbarn gezogen hat, ist möglicherweise darin begründet, daß das Gericht eine Ähnlichkeit zwischen dem Bau auf fremdem Boden und dem Bau auf eigenem, aber mit einer Vormerkung, einer (realobligatorischen) Übereignungshilfspflicht nach § 888 belasteten Boden, gesehen hat; ein nicht unproblematischer, aber keinesfalls abwegiger Vergleich.

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2.Teil, 2. Abschn.: Ausgestaltung, 2. UA: Verwendungsausgleich

gen Erwerber Schadensersatz zu verlangen, sofern dieser die Umgestaltung in schuldhafter Mißachtung der Vormerkung vorgenommen und so die Erfilllung bzw. seine Erfilllungsmitwirkung vereitelt hat. Als Rechtsgrundlage filr diesen Schadensersatzanspruch ist § 280 Abs. 1 heranzuziehen. Ergänzend kann daneben auch § 826 eingreifen, wenn der vormerkungswidrige Erwerber gerade zum Zweck der Durchkreuzung des geschützten Rechtsverschaffungsanspruchs bzw. des gegen ihn gerichteten Erfilllungshilfsanspruchs gehandelt hae 11. Die besseren Argumente sprechen somit dafilr, im Gegensatz zur Auffassung des Reichsgerichts den Untergang des vorgemerkten Eigentumsverschaffungsanspruchs infolge von Umgestaltungsmaßnahmen des vormerkungswidrigen Erwerbers nicht generell auszuschließen. Aus den oben ll2 genannten Gründen, namentlich den Wertungen in §§ 946, 950, ist aber bei der Annahme eines Aliuds infolge einer Umgestaltung des speziesgeschuldeten Grundstücks Zurückhaltung geboten.

111 112

Zu § 826 vgl. bereits oben im 9. Kapitel unter 11. Im 5. Kapitel.

Zusammenfassung zum 2. Teil Hat der Verkäufer über das Kaufgrundstück vertrags- und vonnerkungswidrig verfUgt und befmdet sich das Grundstück nunmehr in der Hand des vonnerkungswidrigen Erwerbers, so stellt sich die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang tatsächliche Einwirkungen der im 1. Teil geschilderten Art auch unmittelbar im Verhältnis des vorgemerkten Käufers zu dem vonnerkungswidrigen Erwerber abgewehrt bzw. ausgeglichen werden können. Hinsichtlich der Schadensersatz- bzw. Unterlassungsansprüche im Fall schuldhafter Verschlechterungen ist die Rechtslage in Rechtsprechung und Schrifttum sehr streitig; und zwar sowohl die Frage, ob überhaupt derartige Ansprüche des Vorgemerkten bestehen, als auch bejahendenfalls auf welche Rechtsgrundlage sie gestützt werden können. Ähnlich umstritten ist der Fall der vom vonnerkungswidrigen Erwerber nicht verschuldeten Verschlechterungen. Bezogen auf den Ausgleich von Verwendungen des vonnerkungswidrigen Erwerbers plädiert die ganz überwiegende Auffassung fiir eine analoge Anwendung der §§ 994 ff. im Verhältnis zum Vorgemerkten. Diejenigen, die sich zu Umgestaltungsmaßnahmen des vonnerkungswidrigen Erwerbers äußern, sind sich darin einig, daß diese die Geltendmachung der Vonnerkung nicht ausschließen. Die im 1. Abschnitt vorgenommene Untersuchung der Zulässigkeit eines unmittelbaren Ausgleichs im Verhältnis zwischen dem Vorgemerkten und dem vonnerkungswidrigen Erwerber fiihrte zu dem Ergebnis, daß ein solcher unmittelbarer Ausgleich, obzwar gesetzlich nicht geregelt, nach Entstehungsgeschichte und Zweck der Vonnerkung - Sicherung der ErfUllung des Anspruchs auf Verschaffung eines Grundstücksrechts - gerechtfertigt ist. Für den (beschränkten) Ausgleich bzw. die Abwehr tatsächlicher Einwirkungen besteht auch ein Bedürfnis, da die Ausgleichs- und Abwehrmöglichkeiten gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner einen genügenden Schutz nicht gewährleisten können. Das zeigt sich namentlich beim vorbeugenden Unterlassungsanspruch, bei schuldhaften Verschlechterungen, aber auch den werterhöhenden Einwirkungen und beim ZUTÜckbehaltungsrecht zugunsten des vonnerkungswidrigen Erwerbers. Gemeinsame Voraussetzung von vorbeugendem Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verschlechterung des betroffenen Grundstücks ist eine Verpflichtung des vonnerkungswidrigen Erwerbers, den

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Zusammenfassung zum 2. Teil

gesicherten Anspruch als Rechtsgut zu respektieren, d.h. die Erfilllung dieses Anspruchs nicht zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. Eine derartige Unterlassungspflicht des vonnerkungswidrigen Erwerbers läßt sich aus der in § 883 Abs. 2 angeordneten Sanktion der relativen Unwirksamkeit sowie aus dem Zustimmungsanspruch gemäß § 888 Abs. 1 folgern. Diese Unterlassungspflicht erstreckt sich auch auf anspruchswidrige tatsächliche Einwirkungen, weil Unterlassungsptlichten als solche unteilbar sind und ein Rechtsgut seine Qualität als solches verlöre, wenn es von ein und derselben Person in bestimmten Beziehungen beachtet werden müßte, sonst aber ignoriert werden dürfte. Entgegen einer verbreiteten Auffassung kann § 823 Abs. 1 nicht als Schadensersatznonn zugunsten des Vorgemerkten herangezogen werden. Der schuldrechtliche Anspruch, die Forderung auf Rechtsverschaffung, wird auch durch Hinzutritt der Vonnerkung nicht zu einem absolut geschützten Rechtsgut. Die Vonnerkung schützt den Forderungsinhaber nicht gegenüber jedennann, sondern lediglich in einer weiteren Relation, in der zum Geweiligen) vonnerkungswidrigen Erwerber. Die vorgemerkte Forderung ist weder dem deliktisch geschützten "Recht zum Besitz" qualitativ gleichzuachten noch fUhrt ihre - im Vergleich zu den absoluten Rechten andersartige - Konkursfestigkeit zu einer Korrektur dieser Beurteilung. Die Anwendung von § 823 Abs. 2 scheitert, weil die Vorschrift als Blankettnonn eine ausdrückliche Verbotsregelung erfordert, die bei der Vonnerkung gerade nicht vorhanden ist. Ebensowenig wie § 823 Abs. 1 oder Abs.2 können die §§ 989, 990 als Schadensersatznonnen analog angewandt werden. Die insbesondere in der Rechtsprechung, aber auch schon von den Gesetzesverfassern gezogene Parallele zwischen dem Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1 und den Ansprüchen aus §§ 894, 985, trifft, abgesehen vom Anspruchsziel - der Abgabe der verfahrensrechtlichen Erklärung nach § 19 GBO - nicht zu. Der Vorgemerkte ist als solcher weder Inhaber des Rechts noch einer Anwartschaft im herkömmlichen Sinn; er will das betroffene Recht mit Hilfe (auch) des Anspruchs aus § 888 erst (neu) erwerben. Der vonnerkungswidrige Erwerber "usurpiert" nicht ein ihm fremdes Recht, sondern ist unstreitig gegenüber Dritten berechtigter Rechtsinhaber. Die in § 883 Abs. 2 angeordnete "relative Unwirksamkeit" vonnerkungswidriger Verfilgungen ist nach zutreffender Ansicht i.S. einer Spaltung bloß der Verfilgungsmacht, nicht aber des Eigentums insgesamt zu verstehen. Die noch herrschende Duplizitätstheorie widerspricht bei konsequenter Durchftlhrung dem in § 873 angeordneten Eintragungsprinzip und fUhrt zu interessewidrigen Folgewirkungen. Der Zustimmungsanspruch nach § 888 Abs. 1 ist demgemäß nicht als Schutzmittel, Schutzanspruch gegen eine widerrechtlich innegehabte Rechtsposition zu qualifizieren, sondern als ein auf eine verselbständigte (abgespaltene)

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Teilleistung gerichteter realobligatorischer "Erfilllungshilfsanspruch". Unter einer "Realobligation", einem "Realschuldverhältnis", ist dabei ein ("gesetzliches") Schuldverhältnis zu verstehen, bei dem - ähnlich wie bei einem Realrecht, einem "subjektiv dinglichen" Recht, der Berechtigte - der Verpflichtete nicht in Person, sondern durch eine Rechtsbeziehung zu einer konkreten Sache (z.B. die EigentümersteIlung) bestimmt wird. Da die Rechtsbeziehung zwischen dem Vorgemerkten und dem vonnerkungswidrigen Erwerber nach allem schuldrechtlichen Charakter hat, ist es folgerichtig und angemessen, als Schadensersatzanspruch des vorgemerkten Grundstückskäufers wegen anspruchswidriger schuldhafter Verschlechterung des betroffenen Grundstücks das Institut der schuldhaften Pflichtverletzung (sPV), d.h. der positiven Forderungsverletzung (PFV), heranzuziehen. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch ist mangels allgemeiner Regelung im Schuldrecht in Analogie zu § 1004 Abs. 1 zu gewähren. Hat der vormerkungswidrige Erwerber die Verschlechterung nicht verschuldet oder droht die Verschlechterung von außenstehenden Personen, bestehen zugunsten des vorgemerkten Grundstückskäufers keine Abwehr- und Ausgleichsanspruche.

Abwehranspruche gegen außenstehende Dritte scheitern, weil die Vonnerkung die Forderung auf Rechtsverschaffung nicht zu einem absoluten Recht erhebt. Ein verschuldensunabhängiger (Mängel-) Beseitigungsanspruch kommt schon aufgrund der kaufrechtlichen Vorgaben nicht in Betracht. Der vorgemerkte Grundstückskäufer kann auch nicht vom vonnerkungswidrigen Erwerber gemäß §§ 323, 281 ein Fehler- bzw. Verschlechterungssurrogat herausverlangen. Eine Herausgabepflicht des vonnerkungswidrigen Erwerbers besteht nicht, weil er nur zur Unterlassung schädigender Einwirkungen und zur Erfilllungsmitwirkung gemäß § 888 Abs. I, aber nicht zur ErfiUlung selbst verpflichtet ist. Im übrigen sichert die Vonnerkung ihrem Zweck nach nur die Erbringung der primären Leistung, nicht aber die Herausgabe von Surrogaten. Dementsprechend ist der vonnerkungswidrige Erwerber durch die Einziehung eines Verschlechterungssurrogats, wie etwa einer Versicherungsforderung, auch nicht gegenüber dem Vorgemerkten ungerechtfertigt bereichert. Die abweichende Rechtsprechung, die dem Vorgemerkten insoweit eine Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1,2. Fall (bzw. gemäß § 816 Abs. 2) zugesteht, verdient keine Billigung. Die Ansprüche des vormerkungswidrigen Erwerbers auf Ersatz von Verwendungen (werterhaltende und -erhöhende tatsächliche Einwirkungen) können entgegen der ganz herrschenden Auffassung nicht auf eine analoge Anwendung der §§ 994 ff. gestützt werden. Die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Ver27 Richter

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hältnisses passen hier ebensowenig wie im Fall des Schadensersatzes oder bezüglich der Nutzungen. Die Regelung in § 999 Abs. 2 filhrt zu keinem anderen Ergebnis, weil sie voraussetzt, daß der vormerkungswidrige Erwerber die Verwendungen als unrechtmäßiger Besitzer vorgenommen hat. Dies triffi: aber nicht zu, denn der vormerkungswidrige Erwerber ist nach der Lehre von der Spaltung der Verfilgungsmacht bis zur Durchsetzung des gesicherten Anspruchs rechtmäßiger Besitzer (Nutzungsbefugter) - auch dem Vorgemerkten gegenüber. Die Bestellung einer Vormerkung setzt die Regelung in §§ 446, 450, wonach den Käufer bis zum Gefahrübergang gerade keine Sacherhaltungslast triffi:, nicht außer Kraft. Deshalb ist ein Ersatz notwendiger (werterhaltender) Verwendungen durch den vorgemerkten Käufer verfehlt. Diesbezüglich besteht auch keine Rechtsschutzlücke; der vormerkungswidrige Erwerber kann sich im Fall des entgeltlichen Erwerbs - an seinen Vertragspartner halten. Überdies verbleiben ihm gegenüber dem Vorgemerkten die Nutzungen. Anders ist die Situation bei werterhöhenden Maßnahmen. Diese erhöhen mit dem Wert des Grundstücks zugleich auch den darauf bezogenen vorgemerkten Rechtsverschaffungsanspruch. Nach Maßgabe der im 1. Teil entwickelten Grundsätze kann der vormerkungswidrige Erwerber vom Vorgemerkten Wertersatz (bzw. Herausgabe der Bereicherung) mit der Verwendungskondiktion verlangen. Der Gefahr einer aufgedrängten Bereicherung ist dadurch zu begegnen, daß der Vorgemerkte analog § 818 Abs. 3 von vornherein nicht bereichert ist, wenn eine Interessenabwägung, die der zu § 254 Abs. 2 S. 1, 2. Fall vorgenommenen entspricht, ergibt, daß es ihm nach den Umständen des konkreten Falles nicht zuzumuten ist, seine Dispositionen umzustellen und den Verwendungserfolg filr sich nutzbar zu machen. Werterhöhende Umgestaltungsmaßnahmen (Verwendungen i.w.S.) können zum Untergang des geschützten Eigentumsverschaffungsanspruchs infolge nachträglicher Unmöglichkeit filhren. Weder die Bestellung der Vormerkung noch eine vormerkungswidrige Verfiigung kann diese Wirkung ausschließen. Der Vorgemerkte kann sich aber gegen derartige Einwirkungen des vormerkungswidrigen Erwerbers mit dem schon angesprochenen vorbeugenden Unterlassungsanspruch analog § 1004 Abs. 1 wehren; im übrigen macht sich der vormerkungswidrige Erwerber gemäß § 280 Abs. 1 schadensersatzpflichtig, wenn er derartige Maßnahmen in schuldhafter Mißachtung des geschützten Anspruchs vorgenommen hat.

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432

Literaturverzeichnis

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Sachregister

ABGB (österr.) 68 Absicherungsrecht, Lehre vom 310 ff. Abstraktionsprinzip 140,255,289,303 Abtretung - des (werterhöhten ) Verschaffungsanspruchs 143

- Erfullungs- 73 f., 108 ff., 210 ff., 322 (s. auch dort) - Erfullungshilfs- 330, 362 ff. - Gefahrbeseitigungs- 108 f., 175, 322 ff., - Geschäftsführungs- 241 - Gewährleistungs- 57

- der Verwendungsersatzansprüche 240 ff.

- Grundbuchberichtigungs- 301 ff., 322 ff.

"Abtretungslösung" 271, 354 ff., 381

- Herausgabe- 299 f.

actio

- künftiger 116 f.

- ad exhibendum 335

- Leistungs- (s. bei Erfullungs-)

- de in rem verso 388

- Leistungstreue- 103 ff.

- in rem 338

- Nachbesserungs- 65 ff., 155

- in rem scripta 335,344,347,389

- Primär- 210 ff.

- negatoria 287

- real obligatorischer 333 ff., 399

- quod metus causa 335

- Rechtsverwirklichungs- 111, 323

- und Anspruch 108 ff.

- Rückgewähr- 183,376,382

- und Forderung 108 ff.

- Schadensersatz- 82 ff., 218 ff., 227 f., 264 ff.

Actiones noxales 335 - poenales 335 AGBG 66, 68, 233 ff. "Aktionenrechtliches Denken" 114 f., 287 Aliud 73 ff. "Aliudisierung" 73 ff., 173 ff. Allgemeine Geschäftsbedingungen 233 ff. ALR (preuß.) 68,227,255

150 ff.,

182,

- schuldrechtlicher 303 - Schutz- 108 ff., 301 ff., 322 ff. - Surrogats- (Surrogations-) 56 ff., 205, 208 f., 232, 240 ff., 271, 377 ff. - Teil- 328 - und actio 108 ff. - und Forderung 108 ff.

Anspruch

- Unterlassungs- 82f., 102ff., 175, 182, 214 f., 264 ff., 413

- Aufwendungsersatz- 241,396

- Verschaffungs- 328, 412, 414

- bedingter 116 f., 406

- Vers ions- 388, 399

- Bereicherungs- 138 ff., 183,393 ff.

- Verwendungsersatz- 125 ff., 138, 184 f., 385 ff.

- Beseitigungs- 65 ff., 154 f., 182, 205, 265 - "dinglicher" 109 f., 322 ff.

- Wertersatz- 146 f., 158 ff. - Zustimmungs- 301 ff., 326 ff.

434

Sachregister

Anwartschaft - Auflassungs- 34, 302, 317 - Vonnerkungs- 34, 302

- Wegfall der 148, 167,230 - Wertersatz 138, 146 f., 158 ff. - Zuwendung (leistungslose) 145

Anwartschaftsrecht 302,375

Bereicherungsausgleich 138 ff.

- Vonnerkung als 302 Arrest 114 ff.

- Gegenstands- bzw. Vennögensorientierung 163

Aufbaugesetz( e) 186, 409 Auflassung (bedingte) 224, 316 Ausschließungsfunktion 274 f. Bau auf fremdem Boden 36, 140 f., 158 f BauGB 391 Bedingung - auflösende 239 f, 309, 315 - aufschiebende 98, 308 f., 315 Bedingungseintritt (Vereitelung) 98,213 Befugnis - "Bündeltheorie" 257 - Einziehungs- 108 f., 257 f., 278, 322 f. - Meta- 279

- pauschalierter 166 Besitz - als "sonstiges Recht" 284 ff. - berechtigter 285 - Recht zum 283 ff., 288 - rechtmäßiger 285 - unberechtigter 284 f. - unrechtmäßiger 229, 285, 325 Besitzer - als Sachwalter des Eigentümers 287 - bösgläubiger 390 - Eigen- 206 - gutgläubiger 390 - mittelbarer 372 ff.

- objektlose 258

- verklagter 229 Besitzschutz (Zweck) 284

- "Quellentheorie" 257 - Umgestaltungs- 134, 150 f, 380

BeurkG 236

- Nutzungs- 279

- Verfiigungs- 279 f., 320, 356 - zur Klage 102 f. Befugnisbündel257, 279 f., 319

Bestandteile 76 ff., 147,258,405 Bilanz-(steuer-)recht 80 f., 141 f. Brandversicherung (s. Feuerversicherung)

- aufgedrängte 39, 148 ff., 390, 395, 407

CISG 110 culpa in contrahendo (eie) 84, 95, 99, 363

- Bösgläubigkeit bei 161 - Buch- 141 ff., 168 ff., 405

culpa-Haftung (s. Haftung)

Bereicherung (s auch Kondiktion)

- Entreicherung 148, 167,230 - in sonstiger Weise 145,395 - "latente" 141 ff., 168 ff., 242, 405 - Leistungsbegriff 144,394,403 - Leistungsgegenstand 404 - Rechtsgrundlosigkeit 145 f. - Realisierbarkeit der 405 - Realisierungspflicht 164 f. - verschärfte Haftung 167 ff., 239

culpa post contractum finitum 100

Deliktsrecht 119 - Verhältnis zum EBV 298 f. Dereliktion 259 Dienstbarkeit(en) 238, 279 "Dingliches" Recht - als absolutes Recht 333 - als sachbezogenes Recht 333

Sachregister Dinglichkeit - "Konkurs als Prüfstein" 290 - Begriffsinhalte 333

435

- Wandlungs- 43, 153 Einstweilige Verfügung (s. Verfügung)

Dispositionsfreiheit 152, 164,213 f., 407

Eintragungsprinzip 317 Einwendung (aus § 814, 1. Fall) 157

Doppelverkauf33, 114,221 ff.

Einwirkungen

"Dritterwerber" 32 Drittschadensliquidation 62 f, 152, 286, 325,374 Drittwiderspruchsklage 287

- Außenstehender 371 ff. - rechtliche 103, 113 - substanzändernde (umgestaltende) 125, 172 ff., 411 ff.

"Duplizitätstheorie" 304 ff., 316 ff.

- tatsächliche 31,34 ff., 103, 113

"Durchsetzungsverzögerung" 116 ff.

- werterhaltende 35 f, 125 ff., 184 ff., 385 ff., 408 f.

EEG (preuß.) 196,255

- werterhöhende 35 f, 125 ff., 172 ff., 184 ff., 385 ff., 408 f

Eigentum - als absolutes Recht 278

-

wertmindernde 40 ff., 181 ff.

- als Herrschaftsrecht 278 - auflösend bedingtes 224

emtio spei 237 f. Erbbaurecht 279

- außerhalb des Grundbuchs 317

Erbpacht 201

- Buch- 255, 270 - rechtsbeständiges 226 f, 234 ff.

Erbrecht 253 f

- "relatives" 304 ff., 316 ff. - Stockwerks- 195 - und Sache 257, 280 - Wohnungs- 195,344 Eigentumserwerbsanspruch (s. unter Anspruch) Eigentümer - Putativ- 325 - Rechte 133,220 - Gestaltungsfreiheit 134, 150 f. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis - Verhältnis zum Deliktsrecht 298 f. Einrede - der Arglist 412 - des nicht erfüllten Vertrages 67 - des Rechtsmißbrauchs 154 - des ZurückbehaItungsrechts 67, 126, 143 f - Dürftigkeits- 253 - Mängel- 52 - Minderungs- 43, 153 f.

(schädigende)

133, 34 f.,

Erfüllung 323 f Erfüllungsanspruch - Pflicht zur Respektierung 220, 363 ff. - und Schutzanspruch (Gefahrbeseitigungsanspruch) 108 ff. - Untergang 172, 175 - Wertminderung 142 - Wertsteigerung 141 ff., 242 Erfüllungsbeeinträchtigung 103, 113 f., 120 Erfüllungsgehilfe 152,206 Erfüllungshilfsanspruch 330 Erfüllungshilfsschuldverhältnis 361 ff., 378 Erfüllungs-(mitwirkungs-)Iast 404 Erfüllungsvereitelung 103, 113 f, 120, 175,213 Erfüllungszwang 11 0 Erhaltungsmaßnahmen 36 ErhaItungskosten 131, 245 f, 408 f. Erzeugnisse 258 "Etwas" (bereicherungsrechtliches) 139

436

Sachregister

Fälligkeit - Bereicherungsanspruch 142 f - Gewährleistungsanspruch 43 Fehler (s. Kaufrecht) "Fehlersurrogat" 56 ff., 205 Feststellungsklage (s. unter Klage) Feuerversicherung 57 ff., 183,376 ff. Fixschuld 369 Forderung - als Herrschaftsrecht 277 f - als relatives Rechtsgut 368 - bedingte 406 - Deliktsschutz 220, 278 - "forderungswidriger Zustand" 155 - und actio 108 ff. - und Anspruch 108 ff. Forderungszuständigkeit 153, 278, 291 Früchte 279 f

Gewährleistungsausschluß 232 ff.

57,

62 ff.,

Gewährleistungsrechte (beim Kauf) - als bedingte Rechte 45 f, 68 - als Schutz vor aufgedrängter Bereicherung 153 f - bereicherungsrechtliche Variante der 61 - Entstehungsgeschichte 59 f., 95 f. - Entstehungszeitpunkt 43, 45 f, 68 - Ergänzung des geltenden Rechts 64 - und allgemeine Regeln 42 ff. - und § 281 56 ff., 61 ff. - und sPV (pFV/ PVV) 92 ff. - und Vormerkung 191 f - und Unmöglichkeitsrecht 42 ff., 58, 174 f. - Verjährung 46,58 Gewaltmonopol 102 Grundbuch - Antragsberechtigung 328 f

Gefahrübergang

- Berichtigungsanspruch 301 ff., 322 ff.

- gemeinrechtlicher 46

- Eintragungsantrag 328 ff.

- "vorzeitiger" 128 f, 403 Gemeinschaft - asymmetrische Rechts- 356 f, 400 - Bruchteils- 151,343 f, 356 f, 363 - Miteigentümer- 343 f - Wohnungseigentümer- 344 Gerichtsstand (dinglicher) 349 Gesamtschuld 370 Geschäftsfiihrung ohne Auftrag 127, 132, 133 ff., 162 angemaßte Eigengeschäftsfiihrung 132 f, 140, 144,403 - eignes Geschäft 133 - fremdes Geschäft 133 f. - Fremdgeschäftsfiihrungswille 132, 136, 403 irrtümliche Eigengeschäftsfiihrung 132 f, 140, 144,403 - (un-) berechtigte Geschäftsfiihrung 13 2, 162

- Eintragungsbewilligung 305 ff., 327 ff. - Konsensprinzip 327 - Zustimmung zur Änderung 305 ff. Grundbuchamt 313, 327 ff. "Grundbuchmäßiges Recht" 328 ff. Grundpfandrechte (Rechtsnatur) 336 f. Grundstücksbelastung (eigentumsentziehende) 223 ff., 233 ff. Grundstücksfrüchte 279 f Haftung - Bösgläubgkeits- 390 - culpa- 95, 198 f., 369 - Garantie- 84, 95 - Rechtshängigkeits- 390 - und Schuld 337 f. - Verschuldens- 95, 256 - Zufalls- 209 f

Sachregister Haftungsausschluß 232 ff. (s. auch Gewährleistungsausschluß) Hauptpflicht(en) (s. unter Pflicht) Hauptsache (prozessuale) 115 ff. Herausgabeanspruch 299 f. Herrschaftsrecht 277 ff. Hypothek - Bauhandwerkersicherungs- 118 f. - Schutzansprüche 191 Hypothekenerwerbsvorrnerkung 118 HypothO (preuß.) 196 InsO 252 f., 290 ff. Insolvenz (s. bei Konkurs) ius ad rem 255,310 Kaufrecht - Äquivalenzstörung 61,64,87 f. - Äquivalenzverhältnis 49 -als Zuordnungsänderungsrecht 76 - Beschaffenheitsvereinbarung 150, 257 f. - Fehlerbegriff(e) 48 f., 153, 173 - "Fehlersurrogat" 56 ff., 205 - Gefahrübergang 42 - Gewährleistungsrecht 42 ff. - Gewährleistungstheorie 67, 86 f., 192, 220 - Mangel 48 f., 153, 173 - "Mangelschaden" 93 ff. - "Mangelfolgeschaden" 92, 93 ff. - Mängelbeseitigungskosten 50 ff., 129 - Mängeleinrede 52 - Minderung 42 ff., 47, 49, 79, 153 f., 205 - Minderungseinrede 43, 153 f. - Minderwertfeststellung 50 ff. - Nachbesserungsanspruch 65 ff., 155 - (Nicht-) Erfilllungstheorie 67, 86 f., 219 - Rechtsmängelhaftung 223 ff. - Sacherhaltungslast 131, 133, 246, 397, 409 - Verschaffungsanspruch 328

437

- Verschlechterungssurrogat (s. Fehlersurrogat) - Vertragskosten 53, 55 - Verwendungsersatz 127 ff. - Wandlung 42 ff., 55, 153,205 Kaufvertrag - Gattungs- 87, 151 - Genehmigungspflicht (nach Besatzungsrecht) 207 f. Spezies- (Stück-) 41 ff., 56 ff., 65 ff. - Rückabwicklung 208 f. - spekulativer 237 f. - Typus 69 - Zuordnungswirkung "inter partes" 135, 150,303,380 Klagbarkeit 102 f. Klage - auf künftige Leistung 116 f. - Drittwiderspruchs- 287 - Feststellungs- 116 f. - Leistungs- 116, 212 - Unterlassungs- 102 ff. - Versions- 388 Kommissionär 276 Kondiktion (s. auch Bereicherung) - des Besitzes 325 - Eingriffs- 379 ff. - Geschäftsfilhrungs- 136 f., 140 - Leistungs- 144 f., 394, 403 - Nichtleistungs- 145,387,403 - Verwendungs- 144 f., 230 f., 240, 387, 403 ff. Konkurs - Absonderungsrecht 291 f. - als Prüfstein der Dinglichkeit 290 - Aussonderungsrecht 290 f. - Behandlung stiller Reserven 141 f. - des Vorbehaltsverkäufers 224 - Nachlaß- 253 - Rechte des Mieters 292

438

Sachregister

- "Konkursfestigkeit" des vorgemerkten Anspruchs 252 f, 290 ff. - Zustimmungspflicht im 349

Obligatio in rem scripta 335 ff. Obligation (s. Schuldverhältnis) Offenkundigkeit (sozialtypische) 274

Landleihe 20 I Leistungsbegriff - bereicherungsrechtlicher 394,403 - enger (gegenständlicher) 77, 91 - weiter 77,91 Leistungserfolg 122 f, 211 f Leistungsfähigkeit, (Wiederherstellung der) 211 ff. Leistungshandlung 122 f, 330 Leistungskondiktion (s. Kondiktion) Leistungspflichten 85 ff., 323, 378

Pfandrecht (s. Recht) Pflicht - Beschaffungs- 213 f. - Eigentumsverschaffungs- 223 ff. - (Ein-) Klagbarkeit 102 ff. - Haupt- 85 ff., 96 ff., 206 - Herausgabe- 242 - Leistungs- 85 ff., 323, 378 - Leistungstreue- 104 ff., 120,365 ff., 378 - Mängelbeseitigungs- 65 ff., 154 f, 378 - Neben- 85 ff., 98 ff., 104 ff., 206 - Obhuts- 88 f., 98 f, 207 - Rechtsverschaffungs- 223 ff., 257 ff., 367 - Sacherhaltungs- 131, 133,246,397,409

- Teil- 330 Leistungstreue 71, 103 ff., 120, 365 ff. Leistungsstörung 89 Mangel - Rechts- 65, 223 ff. - Sach- 48 f. Mängelbeseitigungskosten 50 ff., 129 Mängelgewährleistung "Metabefugnis" (s. unter Befugnis) Mietrecht - Besitzrecht des Mieters 287 ff. - Unterlassungsanspruch 104, 119 - Verwendungsersatz 130 Minderung (s. Kaufrecht) Minderwert 52 Miteigentümergemeinschaft (s. unter Gemeinschaft)

- Sachverschaffungs- 126 - Schadensminderungs- 164 f., 407 - Schutz- 87 f., 104 - Sorgfalts- 87, 104 ff. - subjektiv dingliche 333 f - Unterlassungs- 103 ff., 150 f., 366 f. - Untersuchungs- 54 - Verhaltens- 87 - Wertersatz- 147, 158 ff. Positive Forderungs- (Vertrags-) Verletzung (pFV/pVV) (s. unter schuldhafte Pflichtverletzung - sPV) Privatautonomie 320

Nachbesserungsanspruch 65 ff., 155 Nebenpflicht(en) (s. Pflicht)

Reallast 336 ff. Realobligation 334 ff. - pfandrechtliche 337 ff.

"neminem laedere" 134 Nichtleistungskondiktion (s. Kondiktion) Nießbrauch 279, 342 Nutzungen 280, 297 f Nutzungsersatz 297 f

Realrecht 294 Recht - Ablösungs- 147 - Absicherungs- 3 10 ff. - absolutes 274 tf.

Sachregister

439

- "an einem Recht" 280

- Theorien 304 ff.

- "an einer Sache" 280 - Aneignungs- 279

- Zuordnung von RechtenlPflichten 320 f.

- beschränkt dingliches 274

Rückerstattungsgesetz( e) 226

- Buch- 329

Rücktritt 228 ff., 382

- dingliches Erwerbs- 279 - Fischerei- 279

Sachherrschaft (s. auch unter Recht)

- Grundpfand- 280 - Herrschafts- 277 ff. - Immaterialgüter- 274 - Jagd- 279 - Persönlichkeits- 273, 278

RSiedlG 187,270,390 f.

- "negative" 288 f., 370 - relativ-mittelbare 288 f., 370 - relativ-unmittelbare 286 ff. Saldotheorie 245 Sanktionsnorm 364

- Pfand- 280

Schaden 34 f.

- Real- 294

- Brand- 57 ff., 94, 183 f., 376

- relatives 368

- immaterieller 152 f.

- Rücktritts- 228 ff., 391

- Minderwert 167

- sachbezogenes 333

- Minderungspflicht 164 f., 407

- Sachherrschafts- 286 ff.

- Mindest- 228

- sonstiges 273 ff.

- Vermögens- 152

- Verwertungs- 280

Schadensersatz

- Vorkaufs- (s. dort) - Wegnahme- 149, 158 f., 229, 239

- "Abzug neu filr alt" 167 - großer/ldeiner 52

- Wiederkaufs- 270, 390 f., 396

- Naturalrestitution 70, 152

- zur Sache 255,310

- Vorteilsausgleichung 167

- Zurückbehaltungs- 67, 126, 143 f., 245 Rechtserwerb (durch bloße dingliche Einigung) 317 f.

- wegen Nichterfilllung 70, 90, 210, 212, 227 f.

Rechtsfolgenverweisung 132, 136 Rechtsgrundverweisung 132 Rechtsrnißbrauch 122, 143, 146 f. Rechtsposition (vermögenswerte) 109 f., 118 f. Rechtsschutz - effektiver 115, 217 - endgültiger 115 - vorläufiger 114 ff. Rechtsstaatsprinzip 115 Rei vindicatio 322 ff., 355

Schädigung (sittenwidrige) 176, 191,204, 218 ff. Schuldbeitritt 332 "Schuldhafte Pflichtverletzung" (sPV) 33, 85 ff., 150 ff., 206 ff., 368 ff. - Rechtsfolgen 89 ff., 152, 208 f. - und Gewährleistungsrecht 92 ff. - und Unmöglichkeitsrecht 91 f. Schuldrechtsreform 64 Schuldübernahme 212, 341, 402 Schuldverhältnis - Erfiillungshilfs- 361 ff., 378

"Relatives Eigen" 288 f., 303

- gesetzliches 341 ff.

Relative Unwirksamkeit 31, 38, 224, 248 f., 304 ff., 316, 320 f.

- Real- 334 ff.

- Pflichten im 85 f.

440

Sachregister

- Rückgewähr- 228 ff., 239 ff. - Verhaltens- 241, 342 f

- nachträgliche 60 f., 210 ff., 225 ff., 233, 238,412

- Zustands- 241, 334 ff., 341 ff. Schutzanspruch (s. auch unter Anspruch) - Anwendung des Schuldrechts 323 - der Grundpfandgläubiger 375

- Teil- 44, 57 ff., 80 f, 225, 237 - Voll- 44,81,173 ff. Unmöglichkeitsrecht 42 ff., 91 f, 174

58,

73 f,

Unterlassungsanspruch (s. Anspruch)

Schutzgesetz 295

Unterlassungsklage (s. unter Klage)

Schutzmittel 108 f. Sittenwidrigkeit 218 ff.

Unvermögen 103, 210 ff., 225 ff., 234, 237 f

"Sonstiges Recht" 273 ff. Spiegelbildlichkei~ (von Bereicherungsund Gewährleistungsrecht) 141, 143, 163 f

- absolute 314 ff. - ex nunc 224, 315

Sukzessionsschutz (als Kriterium Sachherrschaft) 293 f.

der

Sukzessionstatbestände 293 f. Surrogat - des erlangten "Etwas" (bereicherungsrechtliches) 142, 146,241 - Fehler- 376 ff.

- i. S. von § 281 241 - Verschlechterungs- 376 ff. Surrogation 146,377 Synallagma 86 f., 127, 142,404 - "faktisches" 231, 245 Täuschung, arglistige 84 Tatbestandsverweisung 130, 132 Trennungsprinzip 114, 140, 255, 289, 303,319,355,379 Traditionsprinizip 318 f Treu und Glauben 70 f, 120 ff., 133, 158, 219, 234 ff., 323, 365 Typus (Lehre vom) 283 - und Deliktsanspruch 283 Überbau 189,412 f. Umgestaltung 172 ff., 411 ff. Unmöglichkeit - anflingliche 225 ff., 234, 237 f. - behebbare 226, 234

Unwirksamkeit

- ex tune 224,314 - relative 31,38,224,248 f., 304 ff., 316, 320 f Usurpation (von Befugnissen) 322 Veräußerungsverbot (s. unter Verfügungsverbot) Verbindung (von Sachen) 147, 176,231 Verdinglichung (obligatorischer Rechte) 266 f., 269, 294 Verfügung - als Wertnutzung 280 - einstweilige 106, 113 ff. - vertragswidrige 210 ff. Verfügungsrnacht 320 - Lehre von der Spaltung der 306 ff., 317 ff., 354 ff. Verfügungsverbot 113 f, 249 - des preuß.ALR 227 - Erfüllung des gesicherten Anspruchs 318 - Ersatzansprüche 271, 354 ff. - "Gegenwirkungslehre" 306 f - Herausgabeanspruch 299 f. Verhältnismäßigkeit 121 f. Verhaltensgebot 121, 360 f., 364 ff. - Konkretisierung 121 Vermögensverschiebung 388 Verschaffungsanspruch (s. Anspruch)

Sachregister Verschlechterungen - behebbare 43 ff. - unbehebbare 43 ff. - unverschuldete 40 ff., 371 ff. - verschuldete 82 ff., 264 ff. Verschlechterungssurrogat 56 ff., 376 ff. Verschulden 89 Verschweigen, arglistiges 233 Vertrag, Abstandnahme vom 232 Vertragsauslegung 63, 238 f Vertragsbruch 86, 218 ff. Vertragsfreiheit 63 Vertragstreue 134,358,365 Vertragsübernahme 293 f, 343 Verursacherprinzip 152,247,370 Verwendungen 35 f., 125 ff., 184 ff., 385 ff. - notwendige 36, 127 ff., 131 - nützliche 37, 127 ff., 131,240 - sonstige 127 ff. Verwendungsausgleich 138 f., 227 ff., 239 f, 393 ff. Verwendungserfolg 137, 139 ff., 242, 405 ff. Verwendungsersatzanspruch (s. unter Anspruch) Verwendungskondiktion (s. Kondiktion) Verzug 209 f. Vindikationslage 389, 398 ff. Vorkaufsrecht (sachenrechtliches) - als dingliches Recht 282, 346 - als Grundstückslast 282 - Ausübungsfrist 234, 392 - Bösgläubigkeit des Erstkäufers 390 ff. - des Öffentlichen Baurechts 391 - des (schweizerischen) ZGB 340 f. - Entstehungsgeschichte 199 ff. - gemeindliches 391 - gesetzliche Regelung 194 f. - Herausgabeanspruch 299 f., 347, 391 ff. - Nutzungsersatz 297

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- Rechtsnatur 282, 345 ff. - Verwendungsersatz 385 ff. - Zuweisungsgehalt 282 - Zweck 201 Vorkaufsrecht (schuldrechtliches) 199 Vormerkung - Akzessorietät 369,396,402,412 - als absolutes Recht 265 ff. - als dingliches Recht 266,275 - als dingliches Verschaffungsrecht 196 f. - als Sicherungsrecht eigener Art 275, 348 - als sonstiges Recht 266, 273 ff. - Deliktsschutz 265 ff., 273 ff., 295 f. - des (schweizerischen) ZGB 340 f - Entstehungsgeschichte 196 ff., 255 f. - Eigentumserwerbs- 32, 37, 223 f., 250 f - gesetzliche Regelung 193 f, 248 ff. - Hypothekenerwerbs- 118 - Konkursfestigkeit 252 f, 290 ff. - Nutzungsersatz 297 - Rang 249 f. - Rechtsnatur 265 ff., 274 f, 347 ff. - Regelungskonzeption 272 - Sukzessionsschutz 293 - und EBV 268 ff., - und Gewährleistungsrechte 191 f - Verdinglichung 266 f., 269 - Wirkungen 248 ff. - Zuweisungsgehalt 281 f - Zweck 190 f., 248 ff. Vormerkungsberechtigter - anderweitige Ersatzansprüche 192, 204 ff. - Herausgabeanspruch 268 - Nutzungsersatzanspruch 297 - Rechtsschutzbedürfnis 191 f., 204, 216 f - Schadensersatzanspruch 264 ff. - Zustimmungsanspruch 272 vormerkungswidriger Erwerber

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Sachregister

- bedingte Rechtsinhaberschaft 308 f. - materielle Zustimrnungspflicht 309 ff. VVG 294,343,379 Wandlung (s. Kaufrecht) Wasserrecht 73 WEG 195, 344 Wegnahmegestattung 158 f. Werkvertragsrecht 65 f., 86 f. Werkunternehmer 398 Wertersatzbegriff (bereicherungsrechtlicher) 159 ff. Wertsteigerung (außersynallagmatische) 142,231 Wertungsjurisprudenz 195 Widerspruch 196, 244 Wiederkaufsrecht 270, 390 f., 396 "Wirtschaftliche Betrachtungsweise" 75 ff., 173 ff., 176 Wohnungseigentum 195,344 Zerstörung 73 ff. ZGB (schweizerisches) 340 f. Zubehör 258 Zuordnung 277 ff. - absolute 319 - Unmittelbarkeit der 281 - "wertmäßige" 134 f., 288 f.

Zuordnungsregeln 76, 81 Zustandsobligation 334 ff. Zustimrnungsanspruch (§ 888) - Anwendung der Verzugsvorschriften 345 - als "dinglicher" Hilfsanspruch 305 - als Erfüllungshilfsanspruch 330 ff. - Funktion 326 ff. - Leistungszweck 272,359 f. - im Konkurs 348 ff. - Parallele zu § 894270,301 ff. - Rechtsnatur 301 ff., 326 ff. Zustimrnungspflicht - des vorrnerkungswidrigen Erwerbers 309 ff. - materiellrechtliche 309 ff. - verfahrensrechtliche 312 ff. - Rechtsnatur 348 - im Konkurs 349 Zuweisungsgehalt 277 ff. - der Vorrnerkung 281 f. - des Vorkaufsrechts 282 ZVG 227, 250 f., 280, Zwangsversteigerung 227, 250 f., 280 Zwangsverwaltung 280 Zwangsvollstreckung 250 - Ersatzvornahme 213 - Herausgabevollstreckung 213