Studien zur Minne und Ehe in Wolframs Parzival und Hartmanns Artusepik [Reprint 2018 ed.] 9783110835427, 9783110036725


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German Pages 345 [348] Year 1972

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VORWORT
INHALT
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN
EINLEITUNG
1. FEUDALE EHEAUFFASSUNG UND EHESCHLIESSUNGSPRAXIS UND IHRE REFLEXE IN DER EPISCHEN FIKTION
2. WESEN UND FUNKTION DER FROU MINNE IN HARTMANNS IWEIN UND WOLFRAMS PARZIVAL
3. ZUM VERHÄLTNIS VON MINNE, E UND ERE IM IWEIN UND IN DER GAHMURETHANDLUNG
SCHLUSSBEMERKUNGEN
VERZEICHNIS DER BENUTZTEN LITERATUR
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Studien zur Minne und Ehe in Wolframs Parzival und Hartmanns Artusepik [Reprint 2018 ed.]
 9783110835427, 9783110036725

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Herbert Ernst Wiegand Studien zur Minne und Ehe in Wolframs Parzival und Hartmanns Artusepik

Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker Begründet von

Bernhard Ten Brink und Wilhelm Scherer Neue Folge Herausgegeben von

Stefan Sonderegger und Thomas Finkenstaedt 49 (173)

w DE

G Walter de Gruyter • Berlin • New York 1972

Studien zur Minne und Ehe in Wolframs Parzival und Hartmanns Artusepik

Herbert Ernst Wiegand

w DE

G Walter de Gruyter • Berlin • New York 1972

ISBN 3 11 003672 X © 1972 by Walter de G r u y t e r & Co., vormals G. J . Göschen'sehe Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung * Georg Reimer K a r l J . Trübner • Veit & Comp., Berlin 30 • Alle Redite, insbesondere das der Obersetzung in f r e m d e Spradien, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanisdiem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. P r i n t e d in Germany Rotaprintdruck H i l d e b r a n d , Berlin

DEM ANDENKEN MEINER MUTTER

VORWORT Im Sommersemester 1965 veranstaltete Ludwig Erich Schmitt an der Universität Marburg gemeinsam mit seinen damaligen Assistenten Wolfgang Brandt, Marie-Luise Linn und Hans-Otto Spillmann ein literarisches Hauptseminar über Wolframs Parzival. Die vorliegenden Studien gehen letztlich auf dieses sehr anregende Seminar zurück. Das Interesse an dem hier behandelten Themenbereich entstand bei der Ausarbeitung eines Seminarreferates; es wurde intensiviert durch die Arbeit an einer sich anschließenden Hausarbeit und in zahlreichen fördernden und kritischen Gesprächen mit W. Brandt. Sieht man von der damals schwer greifbaren und unter der speziellen Perspektive des Gradualismus konzipierten Arbeit J. F. Poags ab, lag zum damaligen Zeitpunkt keine neuere Monographie zum Problemkreis "Minne und Ehe" im epischen Werk Wolframs vor. Eine Arbeit zu diesem Thema lag daher auf Grund der Forschungslage gewissermaßen in der Luft. Ich übernahm daher eine Dissertation mit dem Thema "Minne und Ehe in Wolframs Parzival". Als diese im Sommer 1967 im maschinenschriftlichen Manuskript abgeschlossen war, erfuhr ich - kurz bevor mit der Reinschrift begonnen werden sollte - aus einem Verlagsprospekt, daß auch noch andere anderenorts die Forscliungslage ähnlich eingeschätzt hatten und daß daher in Kürze die Arbeit von Marlis Schumacher "Die Auffassung der Ehe in den Dichtungen Wolframs von Eschenbach" erscheinen sollte. M. Schumacher hat mir damals dankenswerterweise sofort den Umbruch ihrer Arbeit zugeschickt, aus dem ich entnehmen mußte, daß eine Neukonzeption und inhaltliche Erweiterung meiner fertigen Arbeit nötig wurde. Im Sommer 1968 wurde dann diese völlig neue Fassung unter dem jetzigen Titel von der Philosophischen Fakultät der Universität Marburg als Dissertation angenommen. Nach der Überwindung technischer und vor allem finanzieller Schwierigkeiten (die Kostenvoranschläge

VIII

Vorwort

verschiedener Verlage für die Druckkostenzuschüsse, die ich leisten sollte, lagen zwischen 5000 und 9000 DM) erscheint die A r beit nun hier in nur leicht überarbeiteter Fassung. Eine weitgehende inhaltliche Überarbeitung erschien mir nach der Durchsicht der Literatur, die von 1968 bis Frühjahr 1972 zum Themenbereich publiziert wurde, nicht unbedingt erforderlich, womit keineswegs pauschal ausgesagt werden soll, daß in dieser Literatur dem von mir behandelten Themenbereich nicht neue Aspekte abgewonnen worden wären. Darüber hinaus bestand bei einer weitergehenden Bearbeitung die "Gefahr", daß - nach meiner inzwischen rund drei Jahre währenden Beschäftigung mit F r a gen der linguistischen Semantik, die gerade durch die methodische Problematik dieser Studien, nämlich durch die Konstitution von Wortinhalten aus schon immer interpretierten, fiktiven Texten und umgekehrt durch die inhaltliche Analyse von Textpartien auf Grund von textdeterminierten Wortinhalten initiert wurde - abermals eine, zumindest terminologisch und methodisch, völlig neue Arbeit entstanden wäre, wobei bei einer solchen Überarbeitung keineswegs sicher vorauszusehen gewesen wäre, ob inhaltlich wesentlich andere Ergebnisse erzielt worden wären, da sich inzwischen auch in der linguistischen Behandlung der Semantik sowohl von fiktiven als auch nichtfiktiven Texten in der neueren Forschung allmählich die - zeitweise unter dem Einfluß eines mehr oder weniger ahistorischen Strukturalismus - verstellte Einsicht wieder langsam durchzusetzen beginnt, daß eine bloß empirische und zugleich synchronische Behandlung der Inhaltsstruktur von sprachlichen Texten aller Art von vornherein zu kurz greift und damit das hermeneutische Problem wieder mehr in den Blickpunkt des Interesses rückt. Zu bedanken habe ich mich bei L. E . Schmitt (Marburg), der mir als Verwalter einer Assistentenstelle, neben der Arbeit an institutsinternen Projekten, ausreichend Zeit zur Anfertigung dieser Arbeit gewährte, bei meinen jetzigen Marburger Kollegen W. Brandt und H. -O. Spillmann für inhaltliche Anregungen, bei Ingomar Bog (Marburg) für anregende und kritische - nicht immer akzeptierte Marginalien, bei den Herausgebern, insbesondere Stefan Sonderegger (Zürich) für die Aufnahme in diese Reihe und nicht zuletzt bei dem Verlag Walter de Gruyter u. Co. für nie endende Geduld. Ganz besonderer Dank gilt jedoch meiner Mutter, ohne deren Hilfe eine fristgerechte Erstellung des maschinenschriftlichen Manuskriptes nicht möglich gewesen wäre, sowie Karin Steuber (Marburg), die das Typoskript herstellte, das als Druckvorlage diente. Sie konnte dabei die technischen Einrichtungen des Forschungsinstituts für deutsche Sprache (Marburg) benutzen. Marburg/Lahn

H. E . W.

INHALT VORWORT

VII

VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . XII 0.

EINLEITUNG

1

0.1.

Anmerkungen

7

1..

FEUDALE EHEAUFFASSUNG UND EHESCHLIESSUNGSPRAXIS UND IHRE REFLEXE IN DER EPISCHEN FIKTION

10

Methodologische Vorbemerkungen zum Verhältnis von historiographisch-zeichenvermittelter, sozialer Realität und philologisch erschlossener sowie interpretierter epischer Fiktion

10

Zur feudalen Eheauffassung und Eheschließungspraxis des Hochadels in Frankreich und Deutschland (1120-1200)

14

1.1.

1. 2.

1.2.1. Die Eheschließung als Instrument der Familienund Bündnispolitik ,

16

1.2. 2. Die Eheschließung als Mittel der Eroberungspolitik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

1. 2. 3. Die Eheschließung als Mittel zur Aussöhnung verfeindeter Adelsgeschlechter

22

1. 2.4. Zur Praxis der Kinderverlobung und Kindervermählung

23

1. 2. 5. Zu den Einschränkungen der Gattenwahl durch das Lehnsystem im französischen Bereich

24

1.2.6. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

25

X

1. 3.

Inhalt

Reflexe feudaler Eheauffassung und Eheschließungspraxis im Parzival

30

1. 3.1. Minne und lant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

1. 3. 2. Die Verheiratung der Alize . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

1. 3. 3. Zu den Ehen in der Gawanhandlung

44

1. 3.4. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

48

1.4.

Reflexe feudaler Eheauffassung und Eheschließungspraxis im Iwein und Erec

53

1 . 4 . 1 . Laudines Wiederverheiratung. . . . . . . . . . . . . . . . .

55

1 . 4 . 2. E r e c s Eheversprechen an Enites Vater Koralus

90

1. 4. 3. Die Eheauffassung des Grafen Oringles . . . . . . . . . .

99

1 . 4 . 4 . Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

105

1. 5.

Vergleich zwischen Wolfram und Hartmann

109

1. 6.

Anmerkungen

113

2.

WESEN UND FUNKTION DER FROU MINNE IN HARTMANNS IWEIN UND WOLFRAMS PARZIVAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

129

2.1.

Zur Forschung über die frou minne und zur F r a gestellung

129

2. 2.

Das Verhältnis der personifizierten minne zu den Minnegöttern im Eneasroman Veldekes . . . . . . . . .

2. 3.

Frou minne in Wolframs Parzival

2. 3.1. Zu Wolframs Auseinandersetzung mit Veldeke

132 . 144 144

2. 3. 2. Frou minne in der Blutstropfen-Episode und im ersten Minneexkurs

153

2. 3. 3. Frou minne in der Obie-Meljanz-Handlung

179

2. 3 . 4 . Frou minne im XII. Buch

186

2. 3. 5. Zusammenfassung

191

2.4.

Frou minne im Iwein

. 193

2. 5.

Vergleich zwischen Wolfram und Hartmann

217

2. 6.

Anmerkungen

221

Inhalt

XI

3.

ZUM VERHÄLTNIS VON MINNE, E UND ERE IM IWEIN UND IN DER GAHMURETHANDLUNG. . . . 238

3.1.

Vorbemerkung

238

3. 2.

Gahmuret

241

3. 2.1. Der Aufbruch .

241

3. 2. 2. Die Erwerbung Belacanes

245

3.2. 3. Die Ehe mit Belacane

252

3.2.4. Die Erwerbung Herzeloydes

261

3. 2. 5. Die Ehe mit Herzeloyde

267

3. 2. 6. Zusammenfassung.

.270

3. 3.

271

Iwein

3.3.1. Zur Ere-Auffassung der Artusritterschaft

272

3. 3.2. Zu Iweins Pflichten in der Laudinesphäre und zum Rat Gaweins

279

3. 3. 3. Zum Konflikt und seiner Lösung

283

3.3.4. Zusammenfassung

288

3.4.

Vergleich zwischen Wolfram und Hartmann

291

3. 5. 4.

Anmerkungen SCHLUSSBEMERKUNGEN

294 300

VERZEICHNIS DER BENUTZTEN LITERATUR

303

VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN a.A./A.A. ADA aH. AJP AK AKKR Anm. AR ASNS AT ATB Aufl. AUMLA B. Bd. /Bde. bes. BGDSL BMZ CL DLZ DR dt. /Dt. DTM DU DV DVJS DWB E. ebd. EG En. Euph. FF G. GGA GLL GQ GR GRM H. HBV hrsg. /Hrsg. hs./Hs./Hss. HZ I. JEGP Kap.

anderer Ansicht/Anderer Ansicht Anzeiger für deutsches Altertum a r m e r Heinrich American Journal of Philology Archiv für Kulturgeschichte Archiv für katholisches Kirchenrecht Anmerkung Archivum Romanicum Archiv für das Studium der neueren Sprachen Altes Testament Altdeutsche Textbibliothek Auflage Journal of the Australasian Universities Language and Literature Association Büchlein Band/Bände besonders Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. 4 Bde. Hildesheim 1963 Comparative Literature Deutsche Literaturzeitung Deutsche Rundschau deutsch/Deutsch Deutsche Texte des Mittelalters Der Deutschunterricht Deutsches Volkstum. Monatsschrift für das deutsche Geistesleben Deutsche Vierteljahresschrift für Literatur- und Geistesgeschichte Deutsches Wörterbuch. Von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Leipzig 1854 ff. Erec ebenda Etude Germanique Eneide Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte Forschungen und Fortschritte Gregorius Göttingische Gelehrte Anzeigen German Life and Letters The German Quarterly The Germanic Review Germanisch-romanische Monatshefte Heft Hessische Blätter für Volkskunde her ausgegeben/He rausgegeben handschriftlich/Handschrift/Handschriften Historische Zeitschrift Iwein The Journal of English and German Philology Kapitel

Abkürzungen Kom. Lexer

LGRP Lit. LR MA masch. mhd. /Mhd. MLN MLR MP MTZ N. F. nhd./Nhd. NM Neophil. NT ob. OL Pa. PMLA PQ RE Rez. RF RG RGB RGG RJB RLC RR S. SFQ Slg. Trist. Tristr. TTZ unt. Verf. vgl./Vgl. WB WW WZUG WZUJ WZUR

XIII

Kommentar Matthias Lexer. Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Zugleich als Supplement und alphabetischer Index zum Mittelhochdeutschen Wörterbuch von Benecke-Müller-Zarncke. 3 Bde. Leipzig 18721878 Literaturblatt für germanisch und romanische Philologie Literatur The Literary Review Medium Aevum maschinenschriftlich mittelhochdeutsch/Mittelhochdeutsch Modern Language Notes The Modern Language Review Modern Philology Münchner Theologische Zeitschrift Neue Folge neuhochdeutsch/Neuhochdeutsch Neuphilologische Mitteilungen Neophilologus Neues Testament oben Orbis Litte rarum Parzival Publications of the Modem Language Association of America Philological Quarterly Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung. Hrsg. v. Georg Wissowa. Stuttgart 1893 ff. Rezension Romanische Forschungen Revue Germanique Revue Générale Belge Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. 3. völlig neu bearb. Aufl. Hrsg. v. Kurt Galling. 6 Bde. Tübingen 1957 ff. Romanistisches Jahrbuch Revue de Literature Comparée Romanic Review Seite Southern Folklore Quarterly Sammlung Tristan Tristrant Trierer Theologische Zeitschrift unten Verfasser/Verfasserin vergleiche/Vergleiche Weimarer Beiträge Wirkendes Wort Wissenschaftliche Zeitschrift der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe

Abkürzungen

XIV ZBLG ZDA ZDB ZDG ZDK ZDP ZDU ZDWDU ZDWF ZEE ZFSL 2.RP

Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift

für für für für für für für für für für für für

bayrische Landesgeschichte deutsches Altertum Deutsche Bildung Deutsche Geisteswissenschaft Deutschkunde deutsche Philologie den deutschen Unterricht Deutschwissenschaft und Deutschunterricht deutsche Wortforschung evangelische Ethik französische Sprache und Literatur romanische Philologie

EINLEITUNG Nachfolgende Untersuchungen zur Minne und Ehe in Wolframs P a r zival und Hartmanns Artusepik verstehen sich bewußt als Studien. Diese offene Form der wissenschaftlichen Darstellung wurde mit Rücksicht auf die komplexen Gegenstände und die kaum noch zu übersehene Forschung gewählt. Die Wahl soll den Verzicht zum Ausdruck bringen, alle dem Verfasser aus den Dichtungstexten und aus der bisherigen Forschung bekannt gewordenen Aspekte der minne und e in den drei Epen untersuchen und miteinander vergleichen zu wollen. Die Auswahl der in den 3 Kapiteln analysierten Aspekte des Gegenstandes und der damit verbundenen offenen Interpretationsprobleme wurde naturgemäß auf Grund der Forschungslage getroffen*. Um die Begründung dieser Auswahl zu zeigen und um zugleich darzulegen, wie versucht werden soll, einer alten, angesichts hermeneutischer Verfahrensweisen legitimierten,Forderung geisteswissenschaftlicher Arbeit gerecht zu werden, die mit den Worten P. Wapnewskis lautet: "Wer sich um einen Gegenstand bemüht, hat zu bestehen vor seinen Vorgängern"^, wird sich nun kurz der Forschung zugewandt. Es gibt bekanntlich verschiedene Möglichkeiten, das Bemühen um das Bestehen vor der bisherigen Forschung darzustellen und damit für den Leser nachprüfbar zu machen. Von der Möglichkeit, einen geschlossenen Forschungsbericht zur Information über den Forschungsstand zur minne und e im Parzival. Erec und Iwein voranoder nachzustellen, wurde aus mehreren Gründen bewußt nicht Gebrauch gemacht. Denn ein solcher entspricht wohl kaum der gewählten Darstellungsform der Studien. Diese verlangen vielmehr die gezielte Auseinandersetzung mit den einzelnen Argumenten der Forschung zum jeweilig betrachteten Aspekt des Gegenstandes, also die kritische Forschungsdiskussion. Soll diese aber nicht nur - wie häufig genügt - in der mehr oder weniger pauschalen Ablehnung oder Befürwortung von "Ergebnissen" bestehen, was bei der Auseinandersetzung mit Interpretationen von Dichtung ohnehin in dieser Form kaum zweckmäßig wäre, dann empfiehlt es sich weniger, eine solche For-

2

Einleitung

schungsdiskussion getrennt voranzustellen, weil eine gezielt und detailliert geführte Diskussion notwendig mit den eigenen Argumenten eng verknüpft ist, wodurch Wiederholungen kaum zu vermeiden wären. Deswegen und weil damit zugleich die Chance besteht, der mit P . Wapnewskis Worten wiedergegebene Forderung in höherem Grade zu entsprechen, wurde die Auseinandersetzung mit der F o r schung in die Untersuchung selbst eingearbeitet. Nur einige B e merkungen, die notwendig sind, um die Auswahl der betrachteten Aspekte kurz zu begründen, seien weniger als Skizze zu den jeweiligen F o r s c h u n g s i n h a l t e n , sondern mehr als solche zum allgemeinen F o r s c h u n g s v e r l a u f vorangestellt. Begonnen sei mit einigen Beobachtungen zur Rezeption von F o r schungsergebnissen in der Parzivalforschung. Es ist eine auffällige Tatsache, daß bei der Erforschung der beiden, eng zusammenhängenden epischen Gegenstände minne und e. eine kritische Rezeption bereits vorhandener Forschungsmeinungen nicht in ausreichendem Maße erfolgte. Es fehlt daher an einer durchgehenden f o r schungsgeschichtlichen Kontinuität bei der Behandlung der hier fraglichen Gegenstände und vor allem an der Bezogenheit von E r gebnis und neuer Fragestellung, die für die hermeneutische E r w e i terung des Erkenntnishorizontes eines Forschungszweiges wesentlich ist^. Die bereits häufig festgestellte Fülle der Arbeiten zu Wolfram ^ läßt sich dafür nur bis zu einem gewissen Grade verantwortlich machen®. Vielmehr hat man offensichtlich den von P . Wapnewski betonten Grundsatz nicht immer genügend ernst genommen. Das lehrt ein Blick auf die vier Monographien zum Gegenstand und beginnt bereits bei der ersten selbständigen Arbeit: Studien zum Minnegedanken bei Wolfram von Eschenbach von dem Ranke-Schül e r K. Boestfleisch aus dem Jahre 1930. Die nach K. Lachmanns Ausgabe der Werke Wolframs von 1833 verstärkt einsetzende und ständte zunehmende Forschung zu den Gehaltsfragen in Wolframs Werk auf Aussagen zur Minne - und Eheauffassung bis 1929 durchzusehen und diese, die reichlich vorhanden waren", kritisch am Dichtertext zu überprüfen, wäre eigentlich die Aufgabe K. Boestfleischs gewesen. Er ist ihr jedoch weitgehend nicht nachgekommen. Dadurch hat er sich selbst die Möglichkeit genommen, Anregungen zu einzelnen Textstellen zu erhalten und seine Ergebnisse erläuternd gegenüber bereits gewonnenen Erkenntnissen abzusetzen. K. Boestfleischs Unterlassung hat zu einer weiteren in der nachfolgenden Forschung zur minne und e in Wolframs Werk g e führt^. Diese hat meistens nicht mehr auf Aussagen, die v o r d e r e r sten Monographie zum Gegenstand gemacht wurden, zurückgegriffen. Lediglich die Studien San Martes wurden von der Forschung nach

Einleitung

3

K. Boestfleisch öfters benutzt. Nur F. R. Schröder in einer Kurz-Rezension*® und mit Einschränkung F. Piquetinseiner Rezension** haben K. Boestfleischs Arbeit positiv gewertet. Die nachfolgende Forschung, u. a. vor allen Dingen H. Bauss* 2 , B0 Mockenhaupt*^, w. J. Schröder*^, J. F. Poag*^ und M. Schumacher*® haben die Ergebnisse und die Methode K. Boestfleischs abgelehnt. Was die Gesamtergebnisse K. Boestfleischs und vor allem seine Methode angeht, treffen die Urteile der genannten Forscher durchaus zu, nur wurde hier vergessen, daß die Methode des Ranke-Schülers durchaus geeignet war, manche Textstelle und auch manchen Zusammenhang nüchtern zu bewerten*^. Gerade deswegen ist die Arbeit K. Boestfleischs auch bei dem heutigen fortgeschrittenen Forschungsstand noch informativ. W. J. Schröders pauschales Urteil: " f . . . ] Die Arbeit von Kurt Boestfleisch / . . . / ist völlig verfehlt"*** ist deswegen nicht gerechtfertigt. Die nächste Monographie zum Thema ist die Dissertation des Maurer-Schülers E. Karl von 1952. E. Karl hat sich mit seinem Thema: Minne und Ritterethik bei Wolfram von Eschenbach ein sehr weites (wenn nicht sogar allzu weites) Bearbeitungsfeld abgesteckt. Er handelt Wolframs Ethik auf achten Seiten ab*^ ohne jede nachprüfbar gemachte Auseinandersetzung mit der gerade zu diesem zentralen Fragenkreis sehr umfangreichen und beachtenswerten Literatur 20 . Seine Feststellungen über die Ethik Wolframs sind daher viel zu allgemein. Das gleiche gilt für den vorangestellten Abschnitt über die Rolle der minne in Wolframs Ethik2*. Der Titurel und die Lieder werden - trotz des Themas! mit einem Satz abgetan, da sie angeblich nichts Neues gegenüber den beiden großen Epen sagen 22 . Die Diskussion mit der Forschung zum Parzival beschränkt E. Karl auf eine pauschale Zurückweisung der Thesen G. Webers zu Parzivals minne23 und auf eine Auseinandersetzung mit K. Boestfleisch . Mehrere Arbeiten zum Thema hat E. Karl nicht rezipiert 2 ^. Während K. Boestfleischs Methode, Belege aus allen Dichtungen Wolframs nebeneinander zu stellen und unter leitende, vorgegebene Gesichtspunkte zu subsumieren2®, weitgehend dazu führte, das epische Handlungsgefüge und damit den Stellenwert der Belege zu vernachlässigen, führte E. Karls Methode, überall der Handlung zu folgen, notwendig dazu, daß die epischen Minnere flektionen Wolframs im Parzival also besonders Pa. 281.10302.16, Pa. 532.1-534.8 u. Pa. 584.26-588.6 kaum berücksichtigt wurden. Da auch die Arbeiten nach E. Karl die " Minne exkurse" im ± arzival weitgehend unberücksichtigt ließen2'', sind

H

Einleitung

die Ausführungen K. Boestfleischs^, der versuchte, diese E r zählpartien vor allem mit der biographischen Methode zu interpretieren, bisher der einzige zusammenhängende Versuch geblieben, ihnen gerecht zu werden. Daß die Methode K. Boestfleischs den genannten Textstellen gerecht werden konnte, wird man bezweifeln dürfen. So existiert also hier eine Forschungslücke. Dieser unter der Fragestellung nach dem Wesen und der Funktion der frou minne zu schließen, ist daher die e r s t e A b s i c h t des 2. Kapitels der vorliegenden Arbeit. 2Q Eine z w e i t e findet in der vor allem von G. Hofmann erwiesenen Tatsache ihre Begründung, daß die epischen Minnereflektionen Wolframs in einer literarischen Tradition stehen, und daß auch frou minne ein poetisches Produkt mit literarischer Tradition ist. Auch in Hartmanns Artusepik, besonders im Iwein, spielt frou minne eine wichtige Rolle (vgl. I. 1519-1690,1. 20542057 u. I. 2971-3028). Da in der Hartmannforschung zwar mehrere Einzelbeobachtungen3^, aber keine geschlossene Untersuchung zur Rolle der frou minne vorliegt, bot es sich an, die Untersuchungen am Parzival durch die an Hartmanns Artusepik zu ergänzen und durch den Vergleich im literarischen Zusammenhang zu sehen. Damit dürfte die Berechtigung des 2. Kapitels vorliegender Studien forschungsgeschichtlich erwiesen sein. Um diese auch für das 3. Kapitel zu zeigen, wird sich nun wieder der Parzivalforschung zugewandt. Die auf E . Karl folgende Monographie zur minne bei Wolfram ist die Arbeit des Philippson-Schülers J . F. Poag: Minne and Gradualismus in the Works of Wolfram von Eschenbach: A Study of Wolframs Development of the Problems of Courtlv and Religious Love in the Light of Medieval ordo. J . F. Poag hat einen ausführlichen Forschungsbericht zur neueren Forschung vorangestellt"^. Doch war ihm die letzte Monographie zum gleichen Gegenstand, die Arbeit E . Karls leider nicht z u g ä n g l i c h ^ . Das hat dazu geführt, daß die Ergebnisse, soweit sie sich nicht dekken, diskussionslos nebeneinander stehen. Da die nächste Monographie zur Ehe, aber auch zur minne 3 3 bei Wolfram, die A r beit der Eggers-Schülerin M. Schumacher von 1967, die das Thema hat: Die Auffassung der Ehe in den Dichtungen Wolframs von Eschenbach, die letzte Monographie zur minne bei Wolfram, die Arbeit J . F. Poags, nicht berücksichtigt hat, wurde diese Diskussionslosigkeit nicht überwunden. Die hier aufgezeigte, nicht ausreichende Kommunikation innerhalb einer Forschung, die sich dem gleichen Gegenstand widmet, wird durch den kaum vermeidbaren äußeren Umstand noch

Ein

Zeitung

weniger ausreichend, daß verschiedene Arbeiten, die sich auch dem Problem der minne zuwandten, gleichzeitig fertiggestellt oder fast zur gleichen Zeit publiziert wurden34. Diese Situation hat dazu geführt, daß verschiedene Aspekte des Gegenstandes minne und e. von der neueren Forschung vernachlässigt wurden. Was den Parzival betrifft, gilt das u. a. besonders für das Verhältnis der minne und e zur ere und pris. Diese Beziehungen zu betrachten, wäre nach der Themenstellung vor allem die Aufgabe E. Karls gewesen. Seine Feststellungen sind jedoch zu summarisch 3 Allerdings gibt es in der älteren und neueren Parzivalforschung eine Fülle von Arbeiten, die auf dieses Verhältnis eingehen^". Doch fehlt eine zusammenhängende Darstellung: diese wenigstens für die Gahmurethandlung zu versuchen, ist die e r s t e A b s i c h t des 3. Kapitels vorliegender Arbeit. Das Problem des Verhältnisses von minne und e einerseits und ere und riterschaft andererseits gehört zur zentralen Thematik des Erec und Iwein. Man wird natürlich nicht behaupten wollen, daß die Hartmannforschung diesem Problem zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe3^. Doch haben gerade in jüngster Zeit mehrere Forscher, so u. a. F. Neumann3®, l . Wolff 3 * und P. Wapnewski4® die These der älteren Forschung ins Wanken gebracht, Erec verlige sich, Iwein "verrittere" sich und beide fänden schließlich zur maze als des richtigen Ausgleiches zwischen minne und e^ einerseits und der ritterlichen ere andererseits. Dadurch ist eine offene Forschungssituation entstanden. In dieser liegt die Berechtigung, das Problem - besonders wie es sich im Iwein darstellt - erneut zu beleuchten. Es ist deswegen das z w e i t e A n l i e g e n des 3. Kapitels, einen Diskussionsbeitrag zu diesem Problem zu liefern und seine Darstellung bei Hartmann durch den Vergleich mit dem Verhältnis von minne und e zur ere im Parzival in eine literarhistorische Perspektive zu stellen. 41 Wie M. Schumacher selbst richtig betont , wußte die Wolframforschung seit langem, daß die Ehe in Wolframs Dichtung einen hohen Rang einnimmt4^. Dieses mehr oder weniger allgemeine Wissen durch präzise Textanalyse konkretisiert und dabei zugleich das Verhältnis von minne und e. analysiert4,3 sowie die Eheauffassung in den Dichtungen Wolframs mit der scholastischen Ehelehre verglichen zu haben44, ist der Verdienst dieser bei weitem wertvollsten Arbeit zur minne und e. bei Wolfram. M. Schumacher hat damit eine Lücke in der Wolframforschung geschlossen. Eine auf Grund ihrer Themenstellung nur angedeu-

5

6

Einleitung

teten Sachverhalt^, nämlich den Zusammenhang der episch dargestellten Ehewirklichkeit und des damit verbundenen Eheverständnisses der epischen Figuren im Parzival mit der Eheauffassung und Eheschließungspraxis der aristokratischen Schichten in der außertextualen, sozialen Realität um 1200 eingehender zu analysieren, ist die e r s t e A b s i c h t des 1. Kapitels der hier vorgelegten Studien. In der Hartmannforschung fehlt eine Monographie über die Minne und Eheauffassung in den Dichtungen Hartmanns^®. Damit mag es zusammenhängen, daß in der Iwein- und Erecforschung, von Einzelbeobachtungen abgesehen^, bisher nicht der Versuch gemacht wurde, die episch dargestellte Ehewirklichkeit und die damit zusammenhängende Eheauffassung der epischen Figuren mit der Eheauffassung und Eheschließungspraxis der Adeslsschicht in der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu vergleichen. Diesen V e r s u c h zu wagen und zugleich Hartmanns und Wolframs Haltung als E r zähler zu der Eheauffassung und Eheschließungspraxis in der außertextualen Wirklichkeit zu ermitteln und miteinander zu vergleichen, ist das z w e i t e A n l i e g e n des 1. Kapitels. Die Einleitung sei mit einem Hinweis auf einen inneren Zusammenhang der drei in sich geschlossenen Kapitel beendet. Er besteht einmal in dem gemeinsamen epischen Gegenstand minne und e. Zum anderen darin, daß epische Dichtung und damit auch Elemente der epischen Fiktion in mehreren Beziehungen stehen, und zwar in innerepischen, literarhistorischen, biographischen, geistesgeschichtlichen und gesellschaftlichen. Diesen Beziehungen entsprechen bestimmte literaturwissenschaftliche Methoden^". Auf die Anwendung der biographischen Methode wurde verzichtet, weil zur Biographie Wolframs und Hartmanns keine außerliterarischen Informationen vorliegen. Von der Verwendung der geistesgeschichtlichen Methode wurde auf Grund der Forschungslage nur sehr beschränkt Gebrauch gemacht. Die anderen Methoden wurden getrennt und teilweise miteinander kombiniert benutzt. Damit wurde versucht, auf die komplexen Beziehungen, in denen dichterische Texte und damit auch bestimmte Elemente ihrer Fiktionsstruktur, wie z. B. minne und e stehen, möglichst weitgehend Rücksicht zu nehmen^.

Einleitung,

Anmerkungen

1 bis

9

7

0.1. Anmerkungen 1) Diese Aussagen (und ähnliche nachfolgende) beziehen sich auf den Forschungsstand von 1968. Eine Durchsicht der Forschung zum Gegenstand bis Ende 1971 konnte mich nicht dazu bewegen, die hier vorgelegten Studien inhaltlich grundsätzlich zu ändern. 2) Wapnewski 1964, 101. 3) Vgl. die Auseinandersetzung mit Boestfleisch bei Karl 1952, 233-241. 4) Mangelnde Diskussionsbereitschaft gibt es nach Eggers 1953/54,275 auch bei der Erforschung anderer Gehaltsfragen, besonders wenn es um die Religiosität geht. Für Eggers, ebd. 274 ff. war die Wolframforschung 1953 in einer Krise. Schumacher 1959, 16 schreibt 1959 an Eggers anknüpfend: "Auch heute ist diese Krise noch nicht überwunden; die Forschungsmeinungen gehen noch weit auseinander." Eggers hat allerdings nirgends behauptet, daß das Auseinandergehen der Forschungsmeinungen ein Krisenzeichen sei! Vielmehr nannte e r als Krisenzeichen "eine hektische Betriebsamkeit" (ebd. 290), "die offensichtliche Hast, mit der manche Arbeit rasch entworfen ist" (ebd. 275), die bevorzugte Hinwendung zum Problem der Religiosität (vgl. ebd. 275) und die mangelnde Bereitschaft, Wolframs Dichtungen als Wortkunstwerke zu betrachten. Für Kuhn 1956, 162 wird die Wolframforschung sogar "zum wissenschaftlichen Ärgernis", und zwar "durch eine Orientierungslosigkeit der F r a gestellungen, die die heterogenen Wege nicht mehr an der Sache kontrollieren läßt. " Seit 1970 verfügt die Wolfram-Forschung über eine umfangreiche A r beit, die mir zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Studien noch nicht zur V e r fügung stand; vgl. Bumke 1970. 5) Schon 1881 stellte Seeber 1881, 56 fest: "Seitdem Lachmann in seiner kritischen Ausgabe Wolfram's den eigentlichen Grundstein für die Parzivalforschung gelegt, ist bereits eine überreiche Literatur emporgeschossen / . . .J". Wapnewski 1955, 20 schreibt: "Über keinen Dichter des deutschen Mittelalt e r s , ja über kaum einen deutschen Dichter außer Goethe ist in den letzten Jahren so viel Literatur erschienen wie über ihn / W o l f r a m / . " Vgl. auch Blam i r e s 1966, VII und Eggers 1953/54, 274. 6) E s trifft natürlich zu, wenn Blamires 1966, VII feststellt: "It is hardly possible for any one person to have read and digested the whole of this massive Output. " Vgl. auch Bumke 1970, 9 f. Doch sollte man wenigstens versuchen, die f ü r das zu gewählte Thema wichtigsten Monographien zu rezipieren. Aber selbst das ist nicht der Fall. Daß die Fülle der Literatur ein ernstes Problem der Wolframforschung ist, ließe sich durch viele Beobachtungen zeigen. Nur ein Beispiel. H. Eggers 1953/54, 275 schreibt: "Der vorliegende Forschungsbericht macht es sich zur Aufgabe, auch die entlegeneren Arbeiten zur Wolframforschung heranzuziehen. " Es fehlen aber mehrere neuere Monographien. So u. a. die für die Erforschung der minne und Ehe wichtigen Arbeiten von Karl 1952, Giese 1952, Görlach 1952 und Etzler 1950. 7) Vgl. Lowet 9 f. 8) Man vgl. z. B. Grimm 1897, 29, Bahnsch 1880, 9, Morgan 1913, 184, Kant 1878, 99 f f . , Herter 1893, 12, Meyer-Markau 1882, 32, Sattler 1895, 92 f f . , Misch 1927, 263, San Marte 1861, 128 ff. u. 162 ff. u. San Marte 1862, 111 f f . , Ehrismann 1909, 673, Matthias 1921, 242, Jansen 1923, 104, von Mörner 1886, 46 f f . , Wächter 1838, 440 f f . , Osterwald 1863, 23 f f . , Bartsch 1883, 129 f f . , Cassel 1884, 36 f . , 137 f . , Knortz 1896, 34 f f . , Vogt 1922, 288, van Santen 1882, 14 f f . , Reichel 1858, 23 f f . , Eilts 1926, 106 ff. 9) Vgl. Mockenhaupt 1942, 165. Seine Auseinandersetzung mit der Forschung beginnt bei Boestfleisch 1930. Das gleiche gilt für Karl 1952, 1 f. u. 233-

8

Einleitung,

Anmerkungen

10 bis

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241. Poag 1961 macht eine Ausnahme. E r geht ebd. 5 f. bis auf Ehrismann 1908 zurück. 10)Bücherschau 477; hier heißt es: "Es ist eine fleißige und gründliche Arbeit, die eine wertvolle Bereicherung der W. -Literatur darstellt." 11)Piquet 1931, 433 f. 12)Vgl. Bauss 1938, 70. 13)Vgl. Mockenhaupt 1942, 165. Immerhin schränkt Mockenhaupt 1942, 165 seine Ablehnung ein, indem er zugesteht, man könne seit Boestfleisch nicht mehr übersehen, "daß auf die naturhaften Grundlagen des Minnelebens nach keiner Seite hin verzichtet wird [ . . . _ / " Das allerdings war der Forschung bereits vorher klar. Vgl. die in Anm. 6 angegebene Literatur. 14)Schröder 1952a, 150 f. 15)Er schließt sich W. J. Schröder an. Vgl. Poag 1961, 1 ff. 16)Vgl. Schumacher 1967, 13 ff. u. öfter. 17)Ein Beispiel für viele. Was K. Boestfleisch 1930, 34 f. zu Pa. 643.1-644.11 ist wohl textgerechter als die weit hergeholten Erklärungen bei Bostock 1957, 235-238. 18)Schröder 1952, 182, Anm. 1. Trotz dieses Urteils benutzt W. J. Schröder die Arbeit Boestfleischs. Vgl. Schröder 1952a, 151. 19)Karl 1952, 1-8. 20)So fehlt sogar eine Auseinandersetzung mit Ehrismann 1908, Heckel 1939 und Keferstein 1937 b. 21)Karl 1952, 8-16. 22)Karl 1952, 16. 23)Karl 1952, 70, Anm. 1 u. 82-84. 24)Karl 1952, 1 u. 233-241. 25)Man hätte wohl erwarten dürfen, daß Karl sich mit den Arbeiten von Hofmann 1930, Faschingbauer 1931, Neis 1944, Wallrabe 1925, Morgan 1913, Keferstein 1937a, Stapel 1936 und Kohler 1935 auseinandersetzt. 26)Man vgl. die Gliederungspunkte bei Boestfleisch 1930, Inhaltsverzeichnis. 27)Eine Ausnahme ist hier der Aufsatz von Poag 1962, dem es aber vor allem auf das Verhältnis zu Veldeke ankommt. 28)Boestfleisch 1930, 1-17, bes. 10-17. 29)Hofmann 1930, 1-45. 30)Vgl. z. B. Jeske 1909, 38, 114 f f . , Heidingsfeld 1880, 28, Kohler 1935, 86 f f . , Milnes 1961, 250 f f . , Kratins 1964, 37 f . , Schneider 1925, 269 f . , Endres 1965, 82 f f . , Sparnaay 1919, 311 ff. 31)Poag 1961, 1-24. 32)Poag 1961, 21, Anm. 3. 33)Vgl. bes. das Kapitel IV, 65-118 u. das Kapitel 119-177 bei M. Schumacher 1966. 34)Das trifft beispielsweise zu für die Arbeiten von G. Hofmann u. Boestfleisch, die beide 1930 veröffentlicht wurden, sowie für die Dissertationen von Giese, Karl und Görlach, die alle 1952 fertiggestellt wurden. 35)Im Detail wird sich mit Karl im 3. Kapitel auseinandergesetzt. 36)Vgl. stellvertretend für viele andere: Heckel 1939, 99 f f . , Emmel 1936, 43 f f . , Mockenhaupt 1942, 165 f f . , 188 f f . , Blamires 1966, 43 ff. u. öfter. 37)Vgl. stellvertretend für viele andere: Ehrismann 1927, 162 f f . , de Boor 1964, Lit. 70 u. 81, Eichler 1941, 61 f f . , Bollinger 1939, 76. 38)Neumann 1955, 328. 39)Wolff 1957/58, 17. 40)Wapnewski 1954, 63. 41)Schumacher 1966, 13. 42)Vgl. die Literaturangaben ebd. 13, Anm. 1.

Einleitung} 43) 44) 45) 46)

Anmerkungen

43 bis

49

Schumacher 1967, 119-171. Schumacher 1967, 192-227. Schumacher 1967, 22 f. Die Arbeit von Carne 1970 liegt rund zwei Jahre nach dem Abschluß dieser Arbeit. Vgl. dazu Spiewok / R e z . / 1971. 47) Vgl. z. B. v. Mörner 1886, 46 f f . , Ruh 1965, 48, Anm. 21. 48) Vgl. dazu Wellek/Warren 1959, 81 ff. 49) Auf eine ausführliche Methodenreflexion wird verzichtet, da sie den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Einige Hinweise zur Methode werden jedoch unter 1.1. gegeben.

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1. FEUDALE EHEAUFFASSUNG UND EHESCHLIESSUNGSPRAXIS UND IHRE REFLEXE IN DER EPISCHEN FIKTION 1.1. Methodologische Vorbemerkungen zum Verhältnis von historiographisch-zeichenvermittelter, sozialer Realität und philologisch erschlossener sowie interpretierter epischer Fiktion In diesem Kapitel wird versucht, Strukturelemente und strukturelle Zusammenhänge zweier dialektisch miteinander verbundener Teilbereiche der sozialen Realität* von 1120 bis 1200, die "feudale E h e a u f f a s s u n g " 2 und "feudale Eheschließungspraxis " 3 genannt werden, mit den interpretativ als entsprechend verstandenen Teilen epischer Fiktion zu vergleichen, die im gleichen Zeitraum dichterisch gestaltet und umgestaltet wurden. Die vergleichende Analyse hat erstens das Ziel, durch veränderte Beleuchtung der Texte bisher vernachlässigte Nuancen und durch andere Fragestellungen verdeckte Aspekte der Minne- und Eheauffassung und ihres Zusammenhangs in den drei Epen Parzival. Iwein und Erec aufzuzeigen. Zweitens hat sie den Zweck, durch die Ermittlung und Analyse eines tertium comparationis. nämlich eventueller Reflexe der feudalen Eheauffassung und Eheschließungspraxis in den drei Epen, die Voraussetzung zu einem weiteren, und zwar dem p a r tiellen Vergleich bestimmter Aspekte der Minne- und Eheauffassung in den drei Epen und der Haltung der Erzähler zur außertextualen Realität zu schaffen. Es handelt sich also methodologisch gesehen um die Kombination verschiedener Methoden mit dem Zweck, das bisherige Erkenntnisniveau besonders über dichterische und nur dadurch mittelbar über gesellschaftliche Phänomene, die besonders mit mirtne oder e, aber auch mit liebe. triuwe. gir, erbermde und hirat bezeichnet werden, um ein b e s c h e i d e n e s M a ß zu erhöhen.

Methodologische

Vorbemerkungen

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Die Variante der literarsoziologischen Methode, d i e auf W e r k i n h a l t e z i e l t , läßt sich als eine Methodenkombination aus der historischen und soziologischen Methode sowie aus der werkimmanenten Interpretation auffassen. Der Zweck der Analyse bestimmt das BedingungsVerhältnis dieser Methoden untereinander. Literarsoziologische Analyse, die der Erkenntnis von Werkinhalten dienen soll, setzt erstens werkimmanente Interpretation des Dichtertextes voraus und zweitens - g e t r e n n t d a v o n ! - historiographisch also ebenfalls durch Zeichen, meistens durch Sprache vermittelte Realitätskenntnis, aus der durch soziologische Schlußfolgerungen Realitäts- und damit verbundene Bewußtseinsstrukturen ermittelt werden können. Aus dem Vergleich von Ergebnissen, die aus werkimmanenter Interpretation gewonnen wurden, mit solchen, die aus der Kombination der historischen-soziologischen Fragestellung stammen, erwächst das literarsoziologische Ergebnis als Aussage über Werkinhalte und allenfalls noch über die Haltung des Erzählers zur außertextualen Realität^. Um die Problematik eines solchen Versuches anzudeuten, seien hier einige methodenkritische Bemerkungen vorausgeschickt. Zunächst muß auf die Prämisse eines Vergleiches von sozialer und dichterischer Wirklichkeit hingewiesen werden, deren Gültigkeit über Sinn oder Unsinn des Vorhabens entscheidet. Sie gilt dann, wenn man die Frage nach der Möglichkeit von Einflüssen sozialer Realität auf die Dichtung grundsätzlich bejaht, wobei ein Ja hier keineswegs das Nein zur umgekehrten Möglichkeit des Einflusses impliziert, also zur Möglichkeit des Einflusses von Dichtimg auf gesellschaftliche Wirklichkeit, die sicherlich auch um 1200 existierte. W. Witte führt zu dieser Frage aus: "It is widely admitted that the literature of any given period on the one hand and the social, economic, and political forces of that period on the other are in some important way interconnected, although critics are often reluctant to define the precise nature of this connection"^. Ist es aber für das hier intendierte Ziel unbedingt notwendig, die mannigfachen wechselseitigen Beziehungen dieses Verhältnisses "präzis" zu bestimmen ? Haben die verschiedenen Versuche in dieser Richtung nicht meistens weitgehend zu schematische und zu allgemeine Modelle hervorgebracht, deren Anwendung im jeweiligen Einzelfall der Interpretation wenig fruchtbar war? Das Studium der jüngsten Interpretationen mittelalterlicher Denkmäler aus marxistischer Feder hinterläßt - trotz der Vermittlung vieler erwägenswerter, kritischer Einzelbeobachtungen - gerade

12

Methodologische

Vorbemerkungen

wegen der einseitigen und starren Orientierung am vorgefaßten Modell einen im ganzen unbefriedigenden Eindruck®. Für unsere Zwekke eines partiellen Vergleiches streng abgegrenzter Teile der bei den vermittelten Bereiche "Text" und "außertextuale Realität" ist eine bindende Modellvorstellung aber weder nötig noch brauchbar, denn hier sollen keine mehr oder weniger spekulativen Aussagen über das komplizierte Verhältnis epischer Fiktionen in ihrer Totalität zur historisch sich entwickelnden sozialen Realität als Ganzes gemacht werden, sondern es soll nur durch vergleichende Analyse definierter Teile der beiden verschiedenen Bereiche gezeigt werden, wie Strukturelemente der außertextualen, gesellschaftlichen Realität sich als schon immer interpretierte Fiktionselemente der Dichtung wiederfinden, und zwar in transformierten "Formen", die in die Stoff-, Form- und Gehaltsbedingungen der jeweils erzählten Welt weitgehend integriert sind, wenn das ausdrücklich erklärte Ziel einer Dichtung nicht vornehmlich explizit geäußerte Gesellschaftskritik ist. Vor der Durchführung eines solchen Versuches empfiehlt es sich aber, auch ausdrücklich methodenkritisch auf seine wissenschaftsimmanenten Bedingtheiten hinzuweisen. Außertextuale, soziale Realität um 1200 ist uns nur im Medium der verschiedenen Typen von Quellen und Darstellungen faßbar'', also im zufallsbedingten Ausschnitt, über dessen Repräsentativität keine Aussagen möglich sind. Epische Dichtungen Hartmanns und Wolframs sind uns nicht im Original, sondern nur im vom jeweiligen Herausgeber textkritisch erschlossener Form zugänglich. Die "Gegenstände" des beabsichtigten Vergleichs sind also nur in vermittelter Weise existent. Diese Tatsache ist es besonders, die notwendig als relativierender Faktor in allen Ergebnissen solcher vergleichenden Analyse von vornherein enthalten ist. Darüber hinaus gilt es, besonders vorsichtig und kritisch bei der Verwertung der Ergebnisse der neuzeitlichen Geschichtsschreibung, und zwar besonders der Kulturgeschichtsschreibung über die Gegebenheiten der Realität um 1200 zu sein, da diese häufig "literarische Quellen" benutzen und dazu neigen, die Gegebenheiten der Dichtungen mit gesellschaftlicher Wirklichkeit zu identifizieren, zumindest aber bei der Darstellung der einzelnen Sachverhalte nicht immer ausreichend differenzieren®. Es wäre aber offensichtlich für die hier beabsichtigte Analyse ein methodischer Zirkel, ein aus der Dichtung bezogenes Bild sozialer Wirklichkeit mit dichterischer Wirklichkeit oder dem interpretatorisch gewonnenen Bild von ihr zu vergleichen^. Vielmehr ist es eine unumgängliche methodische Notwendigkeit, nur nachprüfbare Aus-

Methodologische

Vorbemerkungen

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sagen, die auf anderen als "dichterischen Quellen" basieren, zum Vergleich mit der Dichtungswirklichkeit heranzuziehen-'". Nur bei Beachtung dieser Forderung wird man Ergebnisse erhalten, die sich - unter Berücksichtigung der oben skizzierten Einschränkungen - tatsächlich auf das Verhältnis von außertextualer, sozialer Realität und epischer Fiktion beziehen. Schließlich muß auf ein weiteres methodisches Problem hingewiesen werden. Hartmann und Wolfram dichten nach den Epen Chrétien de Troyes, wobei bei dieser Aussage das Kyotproblem und die Frage eventueller Nebenquellen für Hartmanns Erec sowie die allerdings bezweifelbaren Hypothesen von P. Tilvis^ über eine mittel-niederrheinische Artusdichtung von vornherein außer Ansatz bleiben. Klammert man die Frage zunächst einmal aus, wer von den drei Dichtern als Vermittler eventueller Reflexe feudaler Eheauffassung und Eheschließungspraxis zu betrachten ist, weil eine solche Fragestellung für die Erhellung der erzählten Welt der deutschen Dichter irrelevant, vielmehr wohl mehr von biographischem und weniger von interpretatorischem Interesse ist, dann löst sich das eben skizzierte Problem relativ leicht auf, wenn gezeigt werden kann, daß die feudale Eheauffassung und Eheschließungspraxis in Frankreich zwischen etwa 1120 bis 1220 den gleichen Grundsätzen folgte wie in Deutschland*Es wird also zunächst zu fragen sein: Welche Gesichtspunkte bestimmten im einzelnen die feudale Praxis der Eheschließung in diesen Gebieten und dann,welche Schlußfolgerungen auf die Eheauffassung lassen sich aus dieser Praxis ziehen ?

I1*

Feudale

Eheauffassung

und

Ehesohließunaspraxis

1. 2. Zur feudalen Eheauffassung und Eheschließungspraxis des Hochadels in Frankreich und Deutschland (1120 - 1220) "Nur in den seltensten Fällen dürfte in Adelskreisen die persönliche Neigung an der Gattenwahl beteiligt gewesen sein. Standesrücksichten und Nützlichkeitserwägungen, politische, dynastische und wirtschaftliche Spekulationen bestimmten die Gattenwahl. Sie unterstand weitgehend dem Willen der Sippe und der Lehnsleute und diente als Instrument feudaler Interessen. Es ist bekannt, daß man in zahlreichen Fällen die zukünftige Ehe des Erbnachfolgers durch Kinderverlobung vertraglich festlegte, daß man Gesandte mit der Werbung beauftragte und daß die Nupturienten sich mitunter erst kurz vor der Eheschließung persönlich begegneten"^. Diese Feststellungen Schumachers treffen zu. Nur sind sie für die Zwecke eines Vergleiches der realen Verhältnisse mit den epischen zu s u m m a r i s c h ^ . Hier muß deswegen versucht werden, die P r a xis der feudalen Eheschließung zugleich auf breiterer Basis und detaillierter darzustellen, um somit zusammen mit einer möglichst exakten Vergleichsgrundlage ein möglichst anschauliches Bild s o wie eine Vorstellung von der Verbreitung dieser Praxis zu gewinnen, weil nur so der dichtervermittelte Einfluß der sozialen Realität auf die Epen einsichtig gemacht werden kann. Ein solches V o r haben stößt freilich auf erhebliche Schwierigkeiten. F. Schlösser stellt zu Recht fest: "Eine Kulturgeschichte der Ehe, die wissenschaftlichen Anforderungen genügt, muß erst noch geschrieben w e r den"! 5. und H. H. Steinhoff nennt eine umfassende Gesamtdarstellung über die Frau im Mittelalter "ein ernstliches Desideratum der Mittelalterforschung" 16. Bei dieser Forschungslage bleibt für eine germanistische Arbeit nur der Weg, auf der Basis möglichst vieler überlieferter Eheschließungen exemplarisch ein Bild der feudalen Eheschließungspraxis zu zeichnen, das besonders die charakteristischen Züge heraushebt. Dabei bietet sich die zeitliche Beschränkung auf etwa 1120 bis 1220 durch die Lebensdaten Chrétiens, Hartmanns und Wolframs an*' 7 . Mit Hinblick auf das Vergleichsobjekt, die Eheschließungen in den Epen, kann dabei die soziologische Auswahl, die die Basis für e i ne solche Skizze abgibt, auf den französischen und deutschen Hochadel begrenzt werden*®. Denn alle Personen im Parzival, die während der epischen Gegenwartshandlung eine Ehe eingehen oder in der Vorzeithandlung eine solche eingingen, gehören dem Hochadel an*®. Bei der Darstellung aller Ehen wird demnach offensichtlich das in der gesellschaftlichen Praxis gültige Ebenbürtigkeitsprinzip berücksichtigt, wonach z. B . auch die Tochter eines Grafen e i -

Feudale

Eheauffassung

und

Ehesohließunasvraxis

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nem König ebenbürtig ist^O. Dieses Faktum bereits kann als Reflex sozialer Realität interpretiert werden. Gahmuret ist "fil Ii roy Gandin" (Pa. 10.15). Durch seine Heirat mit der Königin Belakane (Pa. 31. 7) wird er "künec von Zazamanc" (Pa. 65.19). Herzeloydes erster Mann Castis ist König. Nach seinem Tode (Pa. 494.16 ff.) ist die junge Witwe Königin von Waleis und Norgals, und durch die Eheschließung mit Gahmuret wird Herzeloyde sogar "küngin über driu lant" (Pa. 103. 6). Alize, die Schwester des Königs Hardiz von Gascon, heiratet (Pa. 67.26 ff.) den Herzog Lambekin von Brabant (Pa. 7 4.1). Parzival wird durch die Ehe mit Condwiramurs König von Pelrapeire. (Pa. 202.26, Pa. 268.4). Der Fürstensohn Gurzgri heiratet (Pa. 178.16 ff.) die Tochter des Grafen Ehcunath (Pa. 503.16). Clamide ist "künec von I s e r terre" (Pa. 220.6). Die Herzogin von Lalant, Cunneware (Pa. 151. 22), wird durch die Ehe mit ihm (Pa. 327. 27) Königin von Iserterre. Meljanz, "der künec von Liz" (Pa. 388.19), heiratet die Fürstentochter Obie (Pa. 345.24, Pa. 397. 7 ff.). Gawan ist "des künec Lotes suon" (Pa. 300. 23) und geht mit Orgeluse, der Herzogin von Logroys (Pa. 619.26, Pa. 642. 6 ff.), die Ehe ein. Gramoflanz ist König von Rosche Sabbins (Pa. 693.13) und heiratet die Königstochter Itonje (Pa. 729.27 ff.). Der Herzog von Gowerzin (Pa. 628.22), Lishoys Gwelljus, führt die Tochter des Königs Lot, Cundrie (Pa. 730.1 ff.), heim. Florant, Fürst von Itolac (Pa. 624.3), ehelicht Sangive (Pa. 730. 6 ff.), die Königin von Norwaege (Pa. 672.11). Feirefiz ist König von Zazamanc (Pa. 758.13) und nach dem Tode der Sekundille auch König von Tribalibot (Pa. 740.11). Er vermählt sich (Pa. 818.19) mit Repanse de Schoye, Tochter des Gralkönigs Frimutel, die der Erzähler "künegin" (Pa. 235.15, vgl. Pa. 236.10) nennt (!). Loherangrin ist Königssohn und wird durch seine Heirat "fürste in Brabant" (Pa. 826.1). Auch die Personen im Erec und Iwein, die sich verheiraten, gehören zum höheren Adel. Erec ist "fil de roi Lac" (E. 1401) und später selbst König von Lac. Enite ist die Tochter des verarmten Grafen Koralus (E. 404.428). Enite wird mit dem Grafen (E. 6264) Oringles ohne ihre Zustimmung verheiratet (E. 6342 ff.). Iwein, der Sohn des Königs Vrienes, heiratet die königliche Witwe Laudine (I. 2420). Alle Ehen, die geschildert werden, gehören also in den Bereich der obersten Adelsschichten.

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Familien-

und

Bündnispolitik

1.2.1. Die Eheschließung als Instrument der Familien- und Bündnispolitik Sowohl im französisch-englischen Kulturbereich als auch im deutschen waren die Eheschließungen des hohen Adels auf Grund von E h e v e r t r ä g e n 2 1 ein bevorzugtes Mittel, politische Bündnisse im außen- und innenpolitischen Bereich vorzubereiten oder nachträglich zu bekräftigen^. F. Kern stellt fest: "Es gab in der Tat kaum eine Kombination im wechselnden Spiel der europäischen Politik, die sich nicht in einem Heiratsvertrag niedergeschlagen hätte" . "Politische Rücksichten waren meist nicht nur bestimmend, sondern ausschlaggebend bei der Wahl der Gattin"^, betont W. Kowalski. So ist es auch bezeichnend, daß sich diese Bedürfnisse des hohen Adels in der Rechtsentwicklung spiegeln. Er folgte im fürstlichen Eherecht nicht der Entwicklung des Landrechts, sondern hielt zunächst am älteren Recht fest, das es erlaubte, "die Verhältnisse jeder Ehe vertragsmäßig zu o r d n e n " 2 5 . Nachfolgend sei an einigen Beispielen, die sich leicht vermehren ließen, gezeigt, wie Eheschließungen als Mittel der Familien- und Bündnispolitik funktionierten. Der erste König aus dem Geschlecht der Staufer, Konrad HI., liebte Eheschließungen als politisches Mittel b e s o n d e r s ^ . z u Beginn seiner Regierungszeit mußte es ihm darauf ankommen, seine recht schwach fundierte Herrschaft durch politische Freunde zu stützen. Er wandte sich nach Osten. Hier befürchtete der böhmische Herzog Sobeslav, der Seniorenrat der Pfemysliden könne nach seinem Tode seinem Sohn Wladislav zugunsten eines der Söhne seines älteren Bruders Wladislav die Herzogswürde absprechen. Er sicherte Konrad in. politische Unterstützung zu und bekam dafür die vorherige Belehnung seines S o h n e s ^ . Die politische Verbindung wollte man durch familiäre Bande verstärken. Sobeslav gab seine älteste Tochter Maria dem ältesten Halbbruder Konrads HI., dem Markgrafen Leopold IV. von Österreich. Für den Babenberger hatte das zusätzlich einen politischen Vorteil, kam er doch dadurch mit seinem Nachbarn in familiäre Beziehungen^. Der Böhme aber erreichte sein politisches Ziel nicht. Nach seinem Tode wurde nicht sein Sohn, sondern sein Neffe als Wladislav II. zum Herzog erhoben 29 . Trotz dieses Rechtsbruches gegenüber dem deutschen Lehnsherrn kam der neue böhmische Herzog mit Konrad HI. in ein gutes Verhältnis. Dieses wurde erneut durch eine Eheschließung bekräftigt. Wladislav II. heiratete Gertrud, die dritte Halbschwester des deutschen Königs

Familien-

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Bündnispolitik

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Auf dem Fürstentag in Frankfurt im Mai 1142 verzichtete Albrecht der Bär auf das Herzogtum Sachsen^l. Konrad III. gab es dem dreizehnjährigen Heinrich zum Lehen, dem Sohn des am 20. 10. 1139 überraschend gestorbenen Heinrich des Stolzen und seiner Gemahlin Gertrud. Bayern, dessen Herzogsstuhl seit dem Tode Leopolds IV. am 18. 10. 1141 verwaist war, wollte er dem Einfluß der Staufer erhalten. Sein Halbbruder Heinrich Jasomirgott war Leopold IV. in Österreich gefolgt. Ihm wollte der deutsche König widerrechtlich auch Bayern übertragen. Um jedoch den Sohn Heinrichs des Stolzen auch für die nähere Zukunft dem Herzogstuhl Bayerns fernzuhalten, entstand der Plan, dessen verwitwete Mutter Gertrud mit Heinrich II. Jasomirgott von Österreich zu verheiraten . Die siebenundzwanzigjährige Tochter Kaiser Lothars willigte ein^3. So erreichte Konrad HI. durch diese Eheschließung sein politisches Ziel, das begehrteste Herzogtum an die Krone zu binden und die Weifen mit den Staufern zu versöhnen. Der Tod Gertruds am 18. 4. 1143 machte dieser politischen Konstellation allerdings bald ein E n d e ^ . Ein aufschlußreiches Beispiel für die Verknüpfung einer Ehe mit einem politischen Bündnis ist auch die Verheiratung der Schwester der Gemahlin Konrads HL , Berta von Sulzbach, mit dem Kaiser Manuel von Byzanz35. Roger hatte von Innocenz II. den Süden Italiens und die Königskrone zugesichert b e k o m m e n ^ . Die Entwicklung der Lage zugunsten des Normannen veranlaßte Kaiser Johannes politische und familiäre Verbindung mit Konrad HI. zu suchen. Nach wechselseitigen Gesandtschaften wurden die Abmachungen über die Heirat und das Bündnis gegen Roger IL von Sizilien durch den Tod des Kaisers am 8. 4. 1143 zunächst in Frage g e s t e l l t ^ . Mit einer Werbung um eine griechische Prinzessin - also ebenfalls mit dem Mittel einer politischen Heirat - wollte Roger II. die Bündnispläne der beiden Souveräne durchkreuzen, was aber m i ß l a n g t . Manuel nahm die durch den Tod seines Vaters unterbrochenen Eheverhandlungen wieder auf. Berta von Sulzbach heiratete 1146 den Komnemen und nahm den Namen Irene an. Eine weitere Bekräftigung der Bündnisbeziehungen zwischen den Komnemen und den Staufern stellte die zweite Vermählung Heinrichs Jasomirgott mit Theodora, der Tochter eines der Brüder Kaiser Manuels dar, die zudem noch dem Babenberger den politischen Nutzen brachte, daß der byzantische Hof ihn gegen seine Feinde, die Ungarn, unterstützen wollte^. Manuel und Konrad DI. versuchten sogar, die Richtung der Außenpolitik des voraussichtlichen Thronfolgers gegenüber den Normannen über ihren Tod hinaus im voraus in ihrem Sinne zu bestimmen. Sie verabredeten in Konstantinopel, Konrads Sohn Heinrich solle eine der beiden Nichten des oströmischen Kaisers ehelichen^®.

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Familien-

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Bündnispolitik

Dabei wurde zunächst offengelassen, welche der beiden Frauen es letztlich sein sollte. Die Austauschbarkeit der Personen zeigt hier besonders deutlich die Funktion der adeligen Frau als politisches Heiratsobjekt. Der frühe Tod Heinrichs 1150 verhinderte das Zustandekommen der geplanten Vermählung, doch seine bisherige mit Eheschließungen verknüpfte Bündnispolitik gegenüber Ostrom wollte der Staufer nicht aufgeben, vielmehr nach dem Tode seiner Gemahlin Gertrud durch eine erneute Heirat fortsetzen. Eine Gesandtschaft warb für den achtundfünfzigjährigen König um die Hand einer griechischen P r i n z e s s i n ^ ! . Konrad IH. starb jedoch 1152 im Jahr der Eheverhandlungen. Auch Friedrich Barbarossa verband die Bündnis- mit der Ehepolitik . Zwar folgte der Verlobung der englischen Königstochter Eleonore mit Barbarossas ältestem Sohn Heinrich keine Ehe, aber das Eheprojekt zeigt deutlich, daß die geplante Heirat die Pläne des Staufers, Heinrich II. von England für seine Kirchenpolitik zu gewinnen, unterstützen sollte^. Obwohl bereits dieses Eheprojekt wohl wegen der politischen Annäherung Friedrichs I. an Frankreich nicht verwirklicht worden war44, wurde ein erneuter Versuch unternommen, durch eine Eheschließung verwandtschaftlich-politische Bande zu knüpfen. Eine Gesandtschaft erreicht 1184 in England die Verlobung einer der Kaiserstöchter mit Richard von Poitou, dem Sohne des englischen Königs. Die Vermählung konnte wegen des Todes der Braut jedoch nicht stattfinden. Welche Zumutungen junge Mädchen als Objekt der Heiratspolitik auf sich nehmen mußten, zeigt einprägsam der folgende Fall. 1181 planten König Waldemar von Dänemark und Friedrich I. aus politischen Gründen die Verheiratung der jüngeren dänischen Königstochter mit einem Sohn des Kaisers und der älteren mit dem Grafen Siegfried von Orlamünde^. während die letzte Planung bald Wirklichkeit wurde, war 1181 die Braut des Kaisersohnes erst sieben Jahre alt. Die Heirat mußte deswegen zunächst aufgeschoben werden. Im Mai 1182 starb Waldemar der Große. Sein Sohn Knut gab seine Schwester Helena Wilhelm, dem jüngsten Sohn Heinrichs des Löwen, der damit dem Kaiser im Norden zuvorgekommen war. Zwar übergab Knut der deutschen Gesandtschaft gemäß der Eheverabredung seines Vaters seine Schwester und auch einen Teil der verabredeten Mitgift, der zweiten Gesandtschaft des Kaisers verweigerte er jedoch den Rest des Geldes. Barbarossa schickte daraufhin die dänische Braut zurück^ß. Um in Norditalien zuverlässige Bundesgenossen für seine italienischen Unternehmungen zu gewinnen, erneuerte Friedrich I. die fa-

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Bündnispolitik

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miliaren Verbindungen mit dem Hause von Montferrat. Er gab seine Tochter Beatrix dem Markgrafen Wilhelm von Montferrat^'. Verfolgt man die Eheverbindungen, die im Zusammenhang mit dem politischen Werdegang Heinrichs des Löwen stehen, so finden sich auch hier wieder mehrere Beispiele, die die enge Verzahnung zwischen politischen Bündnissen und Eheschließungen deutlich erkennen lassen. Den Verzicht seiner Mutter auf das Herzogtum Bayern hat Heinrich nach 1145 nicht mehr anerkannt^®. Vielmehr trat er gegenüber Konrad III. nun mit Ansprüchen auf das Herzogtum Bayern auf49. Um seine Pläne zu verwirklichen, sah er sich nach einem Bundesgenossen um. Er fand ihn auf dem großen Slawenkreuzzug in Herzog Konrad von Zähringen, der wegen des Streites der Zähringer mit den Staufern um das Herzogtum Burgund ein Gegner des Königs sein mußte. Wegen dieser politischen Konstellation und wegen seines großen Einflusses in Süddeutschland mußte Herzog Konrad als Haupt der begüterten Familie der geeignete Schwiegervater für den Sachsenherzog sem. Heinrich der Löwe heiratete dann auch wahrscheinlich 1148 die Tochter Konrads, dementia. Auf dem Reichstag zu Goslar im Juni 1154 bekam Heinrich der Löwe durch Fürstenspruch das Herzogtum Bayern®*. Die unter anderen politischen Voraussetzungen geschlossene erste Ehe des Weifen paßte nun allerdings nicht mehr zu den neuen politischen Fronten. Unter Barbarossa nämlich lebte der alte Familienhaß zwischen den Zähringern und den Staufern neu auf. Das war bereits durch seine Scheidung von Adelheid von Vohburg offenkundig g e w o r d e n 5 2 und zeigte sich u. a. verstärkt durch die Nichtanerkennung der Wahl des Zähringers Rudolf zum Erzbischof von Mainz, was ein feindliches Verhältnis zu dessen Bruder, Herzog Berthold IV. von Zähringen, hervorrufen mußte53. Heinrich der Löwe aber war gerade damals politisch sehr auf einen engen Anschluß an Friedrich Barbarossa bedacht.' So wurde die "Scheidung" von dementia, die rechtlich gesehen eine Eheungültigkeitserklärung war am 23. 11. 1162 ausgesprochen, und zwar auf Grund zu naher Verwandtschaft®®. Die wirklichen Gründe aber waren offensichtlich politischer Natur®6. Dieses Beispiel, das sich durch zahlreiche, in der Struktur parallele Fälle aus dem 12. und 13. Jahrhundert leicht vermehren ließe®'', zeigt, daß zur feudalen Eheschließungs- eine entsprechende Ehescheidungspraxis gehörte. Manche Ehescheidungen können gewissermaßen als erste Stufe zu einer neuen politischen Heirat betrachtet werden®®. Das beweist dann auch die nächste Vermählung Heinrichs des Löwen. Rainald von Dassel hatte in London 1165 die Verlo-

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Familien-

und

Bündnispolitik

bung mit der ältesten, damals wohl 8 Jahre alten Tochter Heinrichs Et., Mathilde, zustande gebracht. 3 Jahre später fand die Hochzeit statt 5 9 , zu einer Zeit also, in der Barbarossa in der schismatischen Frage auf die Unterstützung des englischen Königs hoffte, und deswegen gute Verbindungen nach London brauchte®", und Heinrich der Löwe wegen des ständigen Ansteigens der Opposition der sächsischen Fürsten Rückhalt beim Kaiser benötigte. Weist in diesem Falle das Kindesalter der Braut deutlich auf die politischen Motive der Hochzeit hin, so ist im folgenden Beispiel gerade das hohe Alter der Braut bezeichnend® . Gertrud, die älteste Tochter Heinrichs des Löwen aus erster Ehe, wurde mit Knut, dem dänischen Thronfolger, der mindestens 12 Jahre jünger war, verlobt®^. Diese Verlobung, der bald die Eheschließung folgte, sollte das politische Einvernehmen bekräftigen, das der Dänenkönig Waldemar mit Heinrich dem Löwen 1171 nach mehrjähriger Rivalität in der Slawenfrage erzielte^. Auch in Frankreich herrscht eine Eheschließungspraxis vor, die sich von der im deutschen Bereich in ihren Grundzügen nicht unterscheidet. Raimund V., Graf von Toulouse, war wegen der Macht des Hauses Anjou darauf angewiesen, Anlehnung beim französischen König zu s u c h e n A u c h konnte der König, da er ja mit Konstanze von Kastilien verheiratet war, die Feinde Raimunds in Spanien günstig beeinflussen®®. Auf der anderen Seite mußte Ludwig sehr daran gelegen sein, in Südfrankreich einen zuverlässigen Lehnsmann zu haben. Um den Interessenbund zu bekräftigen, gab Ludwig VII. 1154 seine verwitwete Schwester Konstanze dem Grafen in die Ehe 6 6 . Auch in anderen Fällen zeigt sich in der Politik Ludwigs VII. die Tendenz, die mächtigsten Lehen durch Familienverbindungen dem Königtum zu verbinden®'. Hierhin gehört die Ehe seiner Tochter Maria mit Theobald V., Grafen von Blois und Chartres®®. Andererseits versuchten die Fürsten durch verwandtschaftliche Bindung an die Capetinger jeweils die eigene Stellung unter den Vasallen zu stärken. Ein besonders charakteristischer Fall sind hier die Intrigen des Grafen Philipp von Elsaß, die bezweckten, den jungen Philipp August unter flandrischen Einfluß zu bringen und zu der Heirat des jungen Königs mit Isabella führten®9. War in den meisten geschilderten Fällen mit der Eheschließung auch Besitzerweiterung verbunden, aber sicherlich nicht der politische Hauptzweck, da die jeweilige Machtvergrößerung weniger auf die Besitzerweiterung, sondern mehr auf das Bündnis zurückzuführen war, so seien im folgenden Abschnitt Beispiele erwähnt,

Eroberungspolitik

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wo die Angliederung ausgedehnter Terretorien im Vordergrund stand. I . 2 . 2 . Die Eheschließung als Mittel der Eroberungspolitik War in den bisherigen Beispielen die Eheschließung vornehmlich ein wirksames Instrument gewesen, politische Bündnisse vorzubereiten und zu bestätigen, um erwünschte politische Konstellationen zu schaffen, so zeigen die folgenden Fälle, daß Verheiratungen sogar ein Mittel waren, eine "friedliche" Eroberungs- bzw. Rückerobe rungspolitik zu betreiben. 70 Nach der Scheidung Barbarossa von Adelheid , mit der er sich schon als Herzog von Schwaben verheiratet hatte, und nach dem Scheitern der Eheverhandlungen mit Ostrom"^, faßte der Kaiser aus politischen Gründen den P l a n ^ , die Erbtochter der Grafschaft Hochburgund Beatrix, die Tochter des Grafen Rainald HI., zu heir a t e n " ^ . i m Juni 1156 wurde die Ehe g e s c h l o s s e n " ^ . Friedrich vermehrte durch diese Verbindung nicht nur seine nicht allzu be trächtlichen Allotbesitzungen w e s e n t l i c h ^ , er sicherte sich nicht nur eine zuverlässige Übergangsmöglichkeit nach Norditalien, sondern er gewann überdies wieder entscheidenden Einfluß auf Gebiete, die sich der Oberherrlichkeit des deutschen Kaisers weitgehend entzogen hatten. So wurde Barbarossas zweite Eheschließung der erste Schritt zur Rückeroberung des Arelats^®. Die gleiche Eroberungstechnik wandte Friedrich I. auch in Sizilien an. Nachdem Wilhelm II. von Sizilien das Angebot Friedrichs I., eine seiner Töchter zu ehelichen, mit Rücksicht auf den Papst abgeschlagen hatte, versuchte der Staufer, die gleichen politischen Ziele durch eine veränderte Heiratspolitik zu erreichen. Wilhelm H. von Sizilien und seine Gemahlin Johanna, die Tochter Heinrich II. von England, hatten keine Kinder. Die berechtigte Erbin war Konstanze, die Tochter Rogers II. Friedrich I. gelang es, die Heirat seines ältesten Sohnes Heinrich mit der voraussichtlichen Erbin Siziliens durchzusetzen. Die Hochzeit fand am 27. 1. 1186 in Mailand s t a t t ^ . Konstanze war gegen 11 Jahre älter als Heinr i c h ^ . Nach dem Tode Wilhelms II. 1189 erhob der Staufer Anspruch auf Sizilien, und sein Sohn Heinrich VI. konnte sich 1134 nach dem Tode Tankreds von Lecce in Palermo krönen lassen®®. Eine gleichgeartete Expansionspolitik auch im Westen Europas zu verfolgen, bezweckte der Ehevertrag, in dem die Vermählung des Herzogs Konrad von Rothenburg, des jüngsten Sohnes des Kaisers,

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Aussöhnung

verfeindeter

Adelsgesohleahter

mit Berengaria, der Erbtochter des Königs Alfons VIII. von Kastilien und Toledo beschlossen wurde®*. Dieses Eheprojekt konnte jedoch nicht verwirklicht werden, weil die Verlobten beide vom Grafen Raimund II. von Burgund abstammten®^. Schließlich sei noch erwähnt, daß auch die Verbindung Irenes, der Tochter des byzantinischen Kaisers Isaak Angelos, mit dem Bruder Heinrichs VI., Philjpp von Schwaben, die wahrscheinlich im Jahre 1193 zustande kam , ein erster Schritt sein sollte, durch die Erringung von Erbansprüchen auf das byzantinische Reich, die Einheit des römischen Imperiums wiederherzustellen®^. Mit dieser aggressiven Funktion der Eheschließung sind jedoch die politischen Möglichkeiten von Eheverträgen noch keineswegs erschöpft. Vielmehr lassen sich manche Fälle unter einem neuen einheitlichen Gesichtspunkt ordnen. 1.2.3. Die Eheschließung als Mittel zur Aussöhnung verfeindeter Ade lsge schle chte r Schon bei einigen Eheschließungen, die abgeschlossene Bündnisse bekräftigen sollten, konnte man die Tendenz erkennen, verfeindete Familien miteinander zu versöhnen. Das gilt z. B. für die Vermählung Gertruds, der Tochter König Lothars, mit Heinrich II. Jasomirgott von Ö s t e r r e i c h ® Charakteristisch ist auch das folgende Beispiel. Graf Gebhard II. von Sulzbach hatte in der Auseinandersetzung zwischen Lothar von Supplinburg und den Staufern zunächst auf der Seite der Staufer gestanden. 1128 kam es jedoch zwischen ihm und der Gegenpartei zum Frieden, und Gebhard II. heiratete, um die Aussöhnung zu bekräftigen. 1132 Mathilde, die Schwester Herzog Heinrichs von Bayern®®. M i t A . Mardus®? kann angenommen werden, daß auch Konrad nach dem Ausgleich mit Lothar die Schwester Gebhards II., Gertrud, heiratete, um die Versöhnung zu bekräftigen. Am 22. 7. 1212 heiratete Otto IV. Beatrix, die älteste Tochter seines inzwischen verstorbenen Gegenkönigs Philipp, mit der er seit 1209 verlobt war. Neben dem realen Machtzuwachs, den der Weife hierdurch erheiratete®®, sollte die Eheverbindung die Versöhnung der altverfeindeten Parteien einleiten®®. Dies mißlang jedoch durch den frühen Tod der Beatrix.

Kinderverlobung

und

Kindervermählung

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1 . 2 . 4 . Zur Praxis der Kinderverlobung und Kindervermählung E s ist bekannt, daß Kinderverlobungen und -Vermählungen in den Adelskreisen des 12. und 13. Jahrhunderts keine Seltenheit waren®0. Urban II. hatte gesetzlich festgelegt, kein Mädchen solle vor dem zwölften Lebensjahr heiraten^!. Auch Alexander III. gab als Mindestalter der Braut zwölf Jahre an^2. So ist dieses Alter in den meisten bekannten Fällen auch die unterste Grenze für eine Eheschließung*^. Verlobungen wurden allerdings häufig bereits früher abgeschlossen^^. In allen diesen Fällen scheidet die Möglichkeit einer tiefer empfundenen gegenseitigen Zuneigung der kindlichen Partner, für die die Bezeichnung minne gerechtfertigt erscheint, zum Zeitpunkt der Verlobung oder der Eheschließung von vornherein aus^5. Die Gründe für die Verbindung der Kinder liegen deswegen notwendig im sozialen oder politischen Bereich. Deswegen werden hier, um den methodisch notwendigen Umfang der Vergleichsbasis zu gewinnen, nur einige Fälle genannt und auch auf die kurze Beleuchtung des politischen Hintergrundes, die bisher e r forderlich war, um in jedem Einzelfall die politische Motivation der Eheschließung zu zeigen, kann verzichtet werden^. Adelheid, die Tochter des englischen Königs, wurde 1110 im Alter von acht Jahren mit Heinrich V. verlobt^?. Ludwig VH. von Frankreich verlobte am 31. 8. 1158 seine älteste Tochter Margarethe, die noch ein Kleinkind war, mit dem dreijährigen Heinrich, dem Sohn Heinrichs II. von England^®. Die Schwester Margarethes, Adelaide, wurde 1169 mit Richard, dem Zweitältesten Sohne HeinQQ richs II. von England, verlobt o t \ Graf Gottfried von Bretagne wurde im Alter von acht Jahren mit Konstanze, der Erbin des Grafen Konan IV. von Bretagne verlobt 1 0 0 . Am 11. 6. 1139 fand die Verlobung des zweijährigen Sohnes Konrad III., Heinrich, mit Sophie statt, der um weniges älteren Tochter Belas II. von Ungarn*" 1 . 1181 wurde die siebenjährige Tochter des-Dänenkönigs Waldemar mit einem Sohn Kaiser Friedrichs verlobt 1 0 ^. 1164 wurde Waldemars einjähriger Sohn Knut mit Richinza verlobt, der jüngeren Tochter Heinrichs des Löwen aus erster E h e 1 0 ^ . 1165 wurde die achtjährige Mathilde, die ältere Tochter Heinrichs II. von England, mit Heinrich dem Löwen und Barbarossas erst wenige Monate alter Sohn mit Heinrichs II. jüngerer Tochter Eleonore verlobt 1 0 ^. Agnes, die Tochter Konrads des Pfalzgrafen bei Rhein, wurde als Kind mit Heinrich von Braunschweig, einem Sohne Heinrichs des Löwen, verlobt 10 **. Beatrix, die älteste Tochter Philipps von Schwaben, feierte 1209 mit elf Jahren ihre Verlobung mit Otto IV. 1 0 Maria, eine Tochter Philipps von Schwaben, wurde am 9. 2. 1207 mit dem

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Einschränkungen

der

Gattenwahl

späteren Heinrich II. von Brabant, der gerade geboren worden war, verlobt 10 " 7 . Genau so erging es im gleichen Jahr Kunigunde, einer weiteren Tochter des Staufers und Wenzel, dem zweijährigen Sohn Ottokars I. von Böhmen10**. Ludwig, der Sohn Philipps n. August von Frankreich, wurde am 23. 5. 1200 im Alter von 12 1/2 Jahren mit Bianca von Kastilien, der Tochter König Alfons, vermählt 1 0 ^. Philipp II. August von Frankreich heiratete mit 15 Jahren am 18. 4. 1180 die dreizehnjährige Isabella von H e n n e g a u l 10. Gertrud, die zwölfjährige Tochter König Lothars, wurde 1127 mit Heinrich dem Stolzen vermählt 1 1 1 . Heinrichs II. Schwester Maria wurde als Zwölfjährige mit Balduin VI. aus dem Hennegau verheir a t e t 1 1 ^ . Irene, die Tochter Kaiser Isaak Angelos, wurde sehr jung mit Roger, dem Sohn Tankreds von Lecce, v e r l o b t 1 1 D i e heilige Elisabeth wurde noch im Jahre ihrer Geburt 1207 dem höchstens achtjährigen Ludwig versprochen, dem Sohne Hermanns von Thüringen* 14 ; 1221 fand die Hochzeit statt. Die aufgeführten Beispiele ließen sich leicht vermehren 1 1 Erwähnt sei noch, daß manche Eheverträge bestimmten, daß im Falle des Todes der Braut bzw. des Bräutigams vor dem Zustandekommen der verabredeten Ehe, vorhandene Schwestern bzw. Brüder automatisch folgen sollten. H. Schulze spricht hier mit Recht von der "Fungibilität der Kinder" 1 1 6 . Die Feststellung H. Fehrs: "Es gibt - jedenfalls in den höheren Ständen - keinen Zwang zur Ehe mehr, wie ihn frühere Zeiten gekannt hatten. Die Braut ist Mitsubjekt des Verlöbnisvertrages geworden" 11,7 , gilt nur rechtstheoretisch. Wie die aufgezählten Fälle zeigen, waren die Verhältnisse in der gesellschaftlichen Praxis anders. 1 . 2 . 5. Zu den Einschränkungen der Gattenwahl durch das Lehnsystem im französischen Bereich Mit Hinblick auf das spätere Vergleichs vorhaben (Laudine) können hier die Beispiele auf den französischen Bereich beschränkt werden. Während in den bisherigen Beispielen die individuelle Gattenwahl durch die jeweiligen konkreten sozialen und politischen Ziele stark eingeschränkt, ja in den meisten Fällen unmöglich gemacht wurde, zeigen die folgenden, daß auch das gegenseitige Verpflichtungsverhältnis von Lehnsherr und Vasall prinzipielle Beschränkungen der Gattenwahl mit sich brachte. Die Realität der politischen Heinrat spiegelt sich hier bereits in Normen des Lehnrechts. Da es im hiesigen Zusammenhang aber um die Praxis geht, kommt es nicht in erster Linie darauf an, der Frage nach den Rechtsverhältnissen und den weiteren nach den Rechtsgrundlagen der Beispie-

Zusammenfassung

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le ins einzelne n a c h z u g e h e n * e s sei nur darauf hingewiesen, daß sie ihre lehnsrechtliche Basis in dem Zustimmungsrecht der Lehnsherren hatten, das sich adäquat zu den Verhältnissen in der sozialen Praxis aus dem Verheiratungsrecht entwickelt hat und dem auf der Seite der Vasallen eine Art Beratungsrecht entsprach**®. Der Markgraf Philipp von Namur war nach der Ermordung Balduins IX. von Flandern und VI. von Hennegau und dem Tod der Gräfin Maria 1204 für deren Töchter Johanna und Margarethe, seine Nichten, verantwortlich. Er mußte Philipp II. August schwören, daß er die beiden Erbinnen nicht ohne die Erlaubnis des französischen Königs verheiraten werde*20. Pierre de Dreux vermählte sich mit Alix von Thonars, der Erbin der Bretagne. Er bekam die Zustimmung des Königs unter der Bedingung, ihm den Lehnseid zu schwören* 21. Als Pierre von Courtenay die Gräfin von Nevers und Auxerre heiratete, mußte er sich die Zustimmung Philipps II. August holen* 22, Nicht immer konnte der Lehnsherr ohne Rücksicht auf seine Vasallen heiraten. Ludwig der Dicke beabsichtigte, die Tochter des Markgrafen von Montier rat zu ehelichen. Seine Vasallen und die Bischöfe bewegten ihn, darauf zu verzichten*23. Das gleiche galt auch, wenn eine Königin, die Lehnsherrin war, sich verheiraten oder wiederverheiraten wollte*24. im Laufe des späteren Mittelalters wurden Zustimmungs- und Beratungsrecht allmählich zur bloßen Formalität. 1.2.6. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen Nach dieser kurzen Zeichnung der feudalen Eheschließungspraxis lassen sich nun zusammenfassend nachprüfbare Aussagen über ihre Merkmale und ihre besonders typischen Züge machen. Weiterhin lassen sich Feststellungen treffen über einige charakteristischen Merkmale der sozialen Stellung des Mädchens, der unverheirateten Frau, der Ehefrau und der Witwe der hohen Aristokratie im 12. und 13. Jahrhundert im französischen und deutschen Bereich, und zwar so, daß sie die r e a l e Stellung als Braut und Ehefrau betreffen. Zugleich ergibt sich damit ein Bild der mit der Eheschließungspraxis dialektisch verbundenen Eheauffassung. Das Mädchen und die unverheiratete Frau, besonders wenn diese Erbtöchter waren, wurden vom Vater, vom Bruder, vom Vormund und vom eigenen Familienverband sowie von ihrem zukünftigen Gatten und dessen Familie als Geschäfts- und Heiratsobjekt betrachtet. Aus dieser Auffassung folgt, daß die Individualität der

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Zusammenfassung

adeligen Frau, Gefühle wie Liebe oder Neigung und die Existenz eines Ehewillens oder im Falle des Vorhandenseins dessen Richtung wenig ins Gewicht fielen. Bei der Entscheidung über die Eheschließung trat der personale Eigenwert der adeligen Frau hinter ihren s o z i a l e n und p o l i t i s c h e n F u n k t i o n s w e r t zurück. Kinder und unverheiratete Frauen, die innerhalb einer politischen Konstellation oder als Element einer gesellschaftlichen Interessenstruktur gleichen oder ähnlichen Funktionswert hatten, waren als Objekt der Gattenwahl prinzipiell austauschbar. Die Eheschließungspraxis von 1120 bis 1220 erlaubt nur einen Schluß: D i e a d e l i g e F r a u h e i r a t e t e n i c h t . Sie w u r d e v e r h e i r a t e t ] Angesichts der Ergebnisse der rechtshistorischen Forschung, die H. Conrad in der Formulierung zusammenfaßt: " D i e Ehe w u r de im M i t t e l a l t e r zum V e r t r a g z w i s c h e n den b e i den P a r t n e r n . Diese grundlegende Wandlung vollzog sich bis zum 12. J a h r h u n d e r t " 125, scheint die hier vorgetragene These einigermaßen provozierend. Aber die Aussage des Rechtshistorikers muß ja wohl ausschließlich auf die Rechtssituation der Epoche bezogen werden. Hier mag sie durchaus zutreffen. Rechtsverhältnisse und gesellschaftliche Praxis sind jedoch zwei verschiedene - wenn auch vermittelte - Bereiche. Gerade in der feudalen Gesellschaft war aber die Identität des Geltungsanspruchs mit der faktischen Geltungskraft von Rechtsnormen nur dann mit Sicherheit gegeben, wenn der Rechtswille der Interessenlage der führenden aristokratischen Schicht entsprach. Die Rechtsform der freien Vertragsehe der zukünftigen Ehepartner, die der der gesellschaftlichen Kontrolle weitgehend entzogenen Liebesehe entgegenkam, war aber der gesellschaftlichen und politischen Interessenlage entgegengesetzt, weil sie der Funktion der Ehe, als wirksames Instrument feudaler Interessen zu dienen, prinzipiell zuwiderlief. Man hat also mit einer Diskrepanz zwischen Rechtsnormensystem und sozialer Praxis zu rechnen. Deswegen läßt sich die These von der Eheunfreiheit der adeligen Frau mit der von der Ehe als Vertrag zwischen den beiden Ehepartnern durchaus, und zwar ohne den geringsten Widerspruch, vereinbaren. M. Lemmer schreibt: "Das Recht fordert zwar den Konsens, aber ob er in der Wirklichkeit die ihm danach zustehende Rolle immer gespielt hat und auf welche Weise er zustande gekommen ist, das mag sich unserem Wissen oft genug entziehen. "126 Auch M. Lemmer ist also von einer lückenlosen Identität von Geltungsanspruch und Geltungskraft des eherechtlichen Normensystems nicht überzeugt. Was das Wissen über die Art des Zustandekommens des Konsens betrifft, drückt sich M. Lemmer mit Recht sehr vorsichtig ausl27. Di e Analyse der feudalen Eheschließungspraxis und Eheauffassung und die sehr weit-

Zusammenfassung

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gehende rechtliche und soziale Abhängigkeit der Frau im feudalen Gesellschaftssystem vom Manne^8 rechtfertigen jedoch die Hypothese, daß zumindest der Konsens der Frau in der Realität nicht die Funktion haben konnte, die er nach dem Recht haben sollte. H. Conrad schreibt: "Zwar wirkten der Muntwalt der Braut und deren Verwandte bei der Eheschließung oder wenigstens bei der Verlobung noch mit, indem sie ihre Zustimmung gaben. Die Rechtsentwicklung neigte dazu, die Ehe auch beim Fehlen dieser Zustimmung als gültig anzusehen und nur andere Rechtsnachteile (z. B. Verlust des Erbrechts für die Frau) eintreten zu lassen. "129 Das Zustimmungsrecht war also gekoppelt mit dem Eintreten erheblicher Rechtsnachteile. Deutlich zeigt sich, welche Möglichkeiten in der Praxis bestanden, um Druck auf die Willensbildung der Tochter auszuüben. Daß diese genutzt wurden, zeigt das Recht und seine Entwicklung wiederum selber. R. Bartsch schreibt: "Heiratszwang war abgeschafft, scheint aber nicht selten vorgekommen zu sein; denn immer wieder muß die Ehefreiheit ausdrücklich betont und jede Beeinträchtigung des freien Willens der Brautleute abgelehnt w e r d e n " ! ^ Zu den bisherigen Überlegungen steht die Tatsache, daß die adelige Frau, wenn sie fürstliche oder königliche Witwe war, eine gewisse Vorzugsstellung gegenüber der unverheirateten und verheirateten Frau hatte, nicht im Widerspruch. Als Witwe war sie, besonders wenn keine männlichen Nachkommen existierten oder wenn diese noch nicht mündig gesprochen waren, der sozialen und politischen Bevormundung weitgehend entzogen. Sie war Subjekt und Mitsubjekt der Geschehnisse im gesellschafspraktischen Raum. Wollte sie sich jedoch dauerhaft gesellschaftlich und politisch behaupten, etwa um für den ältesten Sohn die Nachfolge im Regentenamt zu gewährleisten oder aber, um den militärischen Pflichten zu genügen, dann konnte eine Wiederverheiratung dringend notwendig werden. In einem solchen Falle aber hatte die Witwe bei der eigenen Gattenwahl nur die Möglichkeit, sich innerhalb einer beschränkten Zahl von männlichen Anwärtern mit gleichem sozialen oder politischen Funktionswert zu entscheiden. Das bedeutet aber: s i e k o n n t e e i n e p o l i t i s c h e A u s w a h l t r e f f e n und k e i n e l i e b e s b e stimmte Gattenwahl. Eng zur feudalen Eheschließungspraxis und Eheauffassung gehört die Ehescheidungspraxis. Änderte sich eine politische Konstellation, dann konnte der politische Funktionswert einer Ehefrau oder einer Verlobten in solchem Grade sinken, daß er sich der Nullmarke näherte* . In einem solchen Falle wurde die Ehescheidung aktuell. Verlöbnisse wurden dann aufgelöst. Da der politische und soziale Charakter der Ehezwecke in den ade-

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Zusammenfassung

ligen Schichten überwog, wurden die potentiellen Eheschließungen einer rechtlichen Kontrolle unterworfen. Solche Rechtsnormen e r möglichten zugleich eine Kontrolle der liebesbestimmten Gattenwahl, wenn diese sozialen oder politischen Interessen zuwiderlief. So war innerhalb des Lehnsystems in Frankreich die Frau sowohl als Vasallin als auch als Lehnsherrin sozialen und lehnsrechtlichen Zwängen ausgesetzt, die sie in der Wahl des Partners von vornherein einengten. Individuelle Gattenwahl ausschließlich aus persönlicher Neigung oder gar auf Grund eines Liebesverhältnisses war für beide Geschlechter so gut wie ausgeschlossen, ja der Anspruch darauf wurde rechtlich eingeschränkt. Die Ehe in den hocharistokratischen Kreisen Frankreichs und Deutschlands entwickelte sich somit nicht aus der Liebe zweier Menschen und war wohl in den meisten Fällen nicht die soziale und rechtliche Verwirklichung eines Liebesverhältnisses. Damit ist allerdings nicht ausgesagt, daß sich in einer Ehe, die aus politischen Motiven geschlossen wurde, dennoch Liebe zwischen den Ehepartnern entwickeln konnte 132. Ein solcher Fall, in dem persönliche Liebe in der Ehe entstand, war aber eine Ausnahme und gehörte nicht als bestimmender Faktor zum Kalkül der HeiratsPlanung. Die überwiegende Mehrzahl der Fälle beweist vielmehr eindeutig, daß Andreas Capellanus mit seiner offensichtlich der sozialen Realität der aristokratischen Kreise Frankreichs abgelauschten These von der Unvereinbarkeit von Liebe und Ehe in der damaligen Zeit genau das Richtige t r a f ^ 3 . Daß besonders die adelige Frau objektiv zum Handels- und Heiratsobjekt degradiert wurde, was ihr subjektiv keineswegs immer voll zum Bewußtsein kommen mußte, war eine notwendige Folge des sozialen und politischen Systems der Zeit, in der die Heiratspolitik, die meistens von Männern konzipiert war, in ihren verschiedenen Ausprägungen das Ziel hatte, wirtschaftliche und militärische Vorteile, gesellschaftlichen Einfluß und Ansehen und politische Macht für die eigene Person, für die eigene Familie und für das beherrschte Land zu erringen. Deswegen waren die eingegangenen Ehen auch meistens standesgemäß. Daß die Frauen besonders die Leidtragenden eines solchen sozialen Systems waren und manches Opfer für objektive Ordnungen und ihre Erhaltung bringen mußten, dürfte außer Frage stehen. Bis hierhin ergab sich die Argumentation direkt aus der geschilderten Eheschließungspraxis und aus der Konfrontation von Ergebnissen mit denen der rechtsgeschichtlichen Forschung. Es seien jedoch noch einige Schlußfolgerungen indirekter Art angeschlossen, die das Bild von der Eheauffassung abrunden sollen.

Zusammenfassung

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Ein erster Teil ergibt sich, stellt man die Frage nach menschlichen Verhaltensweisen, die mit der Liebe in der Ehe entstehen. So ist eheliche Treue in einer Gesellschaftsschicht, in der Ehe und Liebe getrennte Bereiche waren, nur aus gesellschaftlichen, allenfalls aus religiösen Motiven zu erwarten, nicht aber aus solchen, die vornehmlich aus persönlichen Beziehungen der Ehepartner selbst stammen. Schon gar nicht kann man mit Treue über den Tod hinaus rechnen. Ein zweiter Teil von Folgerungen ergibt sich als Antwort auf die Frage nach den Konflikten, die besonders für eine Frau entstehen konnten, wenn sie vor die Notwendigkeit einer politischen Ehe gestellt wurde. Fanden es die Frauen auf Grund ihrer Erziehung etwa selbstverständlich, politisch zu heiraten? Dachten sie - was die Ehe angeht - selbst in feudalen Kategorien? Oder mußte in der Epoche der Troubadours und Minnesänger nicht mancher Frau die Trennung von minne und Ehe schmerzlich zu Bewußtsein kommen? War der Konflikt zwischen politischen Pflichten und persönlichen Wünschen möglich oder nicht? Im Falle der Ingebork von Dänemark ist dieser Konflikt überliefert. Und es darf angenommen werden, daß dies nicht der einzige Fall war. Die Frage, ob Liebe in eine Ehe münden konnte, wenn die Verbindung politischen und sozialen Interessen der Verwandten zuwiderlief, führt zu weiteren Schlüssen. In einer Gesellschaftsschicht, in der die Ehezwecke vornehmlich sozial und politisch bestimmt sind, wird die Liebe - auch wenn sie nicht standesgemäß sein sollte - geduldet, solange aus ihr nicht ein Ehewille entsteht, dessen Richtung sozialen und politischen Ehezwecken entgegensteht. Liebende, die sich den zweckhaften Normen nicht beugen, und eine Liebesehe schließen wollen, haben mit Sanktionen zu rechnen, die den Eheverzicht bewirken sollen, weil ihre Liebe zur Gefahr für gesellschaftliche Gleichgewichte und die Institution der feudalen Konvenienzehe werden kann. Weitere Schlußfolgerungen rücken ins Gesichtsfeld, stellt man die Frage nach Stellung der copula carnalis in einer Ehe ohne Liebe! Wenn der Vollzug der Ehe nicht aus gegenseitiger, sinnlich-geistiger Liebe und nicht aus sinnlich-seelischer Sehnsucht möglich war, und wenn damit die Möglichkeit eines psychophysischen Einheits erlebnisses als Quelle seelischer Kraft und neuer Liebe fehlte, entsteht die Frage: welche Motive konnten außer diesen zum Vollzug der Ehe führen ? Offensichtlich nur zwei, und zwar erstens die Absicht, K i n d e r zu z e u g e n und zweitens der Zweck, n a t ü r l i c h e B e d ü r f n i s s e w i e k ö r p e r l i c h e L u s t zu b e -

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Parzival

f r i e d i g e n . Das erste Vollzugsmotiv, die generatio prolis. war seit der Ehezwecklehre des Augustinus*^ j a a u c h in der kirchlichen Eheauffassung der einzig anerkannte objektive Ehezweck, dem erst im 12. Jahrhundert die evitatio fornicationis hinzugefügt wurd e 1 ^ . Das erste Motiv wurde aber in der Praxis der Aristokratie wohl kaum nur in religiösem oder in nur rein menschlichem Zusammenhang gesehen. Es ging nicht darum, im Sinne des Augustinus das Gottesreich zu vergrößern, nicht nur um Mutter- oder Vaterglück, sondern immer auch darum, einen legitimen Thron- oder Erbnachfolger zu zeugen, d. h. um sehr reale Notwendigkeiten und Interessen 1 . So kann selbst der Ehevollzug durch seinen Zweck in einem gesellschaftlichen und politischen Beziehungsfeld stehen. Die Ehe war so gesehen nur eine "Geschlechtsgemeinschaft mit Rechtsfolgen" 1 ^. Auch hier ist die Gefahr offensichtlich, daß die Ehefrau nur einen Funktionswert hat, dem sie nur dann gerecht wird, wenn sie einen gesunden, männlichen Nachkommen zur Welt bringt. Geschieht der Vollzug der Ehe gar ausschließlich auf Grund des zweiten Vollzugsmotivs, also nur zur Befriedigung körperlicher Lust, dann ist die Frau beliebig austauschbares Mittel zu bloß naturgegebenen Zwecken. In den beiden angedeuteten Richtungen liegen die fatalen innerehelichen Folgen einer Eheauffassung, die ihre Ehezwecke vornehmlich aus dem sozialen und politischen Bereich nahm. Eine Folge dieser innerehelichen Gegebenheiten war es, daß die nicht genutzten erotischen Energien sich nach außen wandten, und ein verinnerlichtes Zusammenleben der Geschlechter in der Ehe schwer möglich war. So konnte sich zu den sozialen und politischen Ehezwecken und zu dem Zweck, legitime Nachkommen zu zeugen, allenfalls die Auffassung gesellen, die Ehe s e i M i t t e l z u r L e g i t i m i e rung d e s n a t ü r l i c h e n S i n n e n g e n u s s e s . 1. 3. Reflexe feudaler Eheauffassung und Eheschließungspraxis im Parzival In diesem und dem folgenden Abschnitt 1.4. soll nun versucht werden, Grundzüge der feudalen Eheschließungspraxis und der Denkweise, die mit ihr unmittelbar zusammenhängt, mit adäquaten Elementen der epischen Fiktion in Beziehung zu setzen. Damit wird aber keineswegs die Absicht verfolgt, bestimmte Einzelfiguren, Figurenkonstellationen oder damit verbundene Problemstellungen oder gar bestimmte Geschehnisabläufe der Dichtung m i t k o n kreten, historisch einmaligen Vorkommnissen d e r g e s e l l s c h a f t l i c h e n R e a l i t ä t zu v e r g l e i c h e n .

Minne

und

lant

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Snellemann hat diesen Versuch gemacht. Er parallelisiert Gahmuret mit Richard Löwenherz und Amphlise mit Aloysia, der jüngsten Tochter Ludwigs VII. und versucht, die Ähnlichkeit der Grundzüge des Lebens Richards mit Gahmurets Werdegang zu zeigen. Gahmuret und Amphlise werden damit zu epischen Schlüsselfiguren. Dabei werden allerdings öfters Textzusammenhänge um der These willen allzu sehr vereinfacht*39# Trotzdem gelingt es Snellemann, Ähnlichkeiten herauszuarbeiten, nur werden sie nicht fruchtbar gemacht für eine weitere Erkenntnis der Sinnstruktur und der inneren Handlungszusammenhänge des Parzival. Das ist aber bei der Methode Snellemanns auch gar nicht möglich, weil eben der Nachweis nicht erbracht werden kann, daß andere dichterische Gestalten, die mit Gahmuret in Handlungsbeziehungen stehen, entsprechenden historischen Personen und ihren Handlungen im Umkreis Richards gleichen. Hier wird deswegen anders verfahren und zunächst gefragt: Lassen sich einzelne Elemente, strukturelle Grundzüge als Verknüpfung solcher Elemente und als typisch erkannte Gegebenheiten der feudalen Eheschließungspraxis und der dazugehörigen Denkweisen und Mentalitäten als entsprechend den Bedingungen der erzählten Welt transformierte Fiktionselemente der Dichtung nachweisen? 1. 3.1. Minne und lant Nach dem "welsch gerihte" (Pa. 4.28) gilt das Majoratsrecht. Gahmurets älterer Bruder Galoes hat nach dem Tode Gandins Anschouwe geerbt. Der Erzähler betont ausdrücklich: "Gahmuret der wigant verlos sus bürge unde lant" (Pa. 5. 23-24). Zwar wird Gahmuret von seinem Bruder und seiner Mutter mit einer reichlichen Apanage ausgestattet (Pa.- 8.1 ff. und 11.10 ff.), doch scheint das für seinen Lebensstil nicht auszureichen. Schon früher war der jüngste Königssohn offensichtlich sehr anspruchsvoll. Denn kurz vor der Hochzeit mit Herzeloyde sagt er zu dieser mit Bezug auf Amphlise: "mir gap diu gehiure vom lande de besten stuire" (Pa. 95.1-2), und fügt dann ausdrücklich hinzu: "ich was do ermer denne nuo da greif ich willeclichen zuo" (Pa. 95. 3-4).

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Minne

und

lant

Man muß diese Aussagen wohl auf die Zeit vor der Hochzeit mit Belacane beziehen. Gahmuret muß deswegen auch, um einen angemessenen Lebensstil halten zu können, um Sold Dienst tun. Als er zum baruc ze Baldac kommt, stellt der Erzähler fest: "ja nam nach dienste alda den solt Gahmuret der werde man". (Pa. 14.10-11). Und als er vom Sturm nach Patelamunt verschlagen wird, heißt es: "er bot sin dienest umbe guot" (Pa. 17.11). Gahmuret ist also vor der Hochzeit mit Belacane land- und lehnloser Soldritter* . Durch die Ehe mit der Königin wird Gahmuret König von Zazamanc. Nach dem Vollzug der Ehe (Pa. 44.25 ff.) treten beide vor die herbeigeeilten Fürsten des Landes und Belacane sagt: "min lip und min lant ist disem riter undertan obez im vinde wellent lan". (Pa. 45.26-28). Während Gahmuret vor seiner ersten Ehe eben nur "der wigant" (Pa. 39.1), "der degen guot" (Pa. 30.4), "der helt von Anschouwe" (Pa. 41.17), "der werde man" (Pa. 14.11), "der junge Anschevin" (Pa. 17.9) und "fil Ii roy Gandin" (Pa. 10.15) genannt werden konnte, ist er nun k ü n e c ^ l . Dadurch hat er sich nicht nur eine bessere Existenz- und Machtgrundlage geschaffen, auch sein Ansehen unter den Standesgenossen, seine ere, ist damit wesentlich gestiegen. Daß er seine neue Würde durchaus nicht nur seiner Tapferkeit verdankt, weiß er genau. Im Gespräch mit Kaylet sagt er zu diesem: "ich kom gestern, hiute bin ich hie worden herre überz lant. mich vienc diu künegin mit ir hant: do wert ich mich mit minne sus rieten mir die sinne". (Pa. 49.20-24). Er verdankt sein Königtum demnach auch der Ehe, die aus der minne zu Belacane erwachsen ist. Auch als er sich nach der vesperie vor Kanvoleiz nach seiner verlassenen Gattin sehnt, betont er im Gespräch mit Kaylet: "si gab mir liute unde lant" (Pa. 90. 24). Dieser Gesichtspunkt gehört für Gahmuret offensichtlich auch in der Erinnerung zu seiner Ehe mit der Mohrin. Deutlich erkennt man also Parallelen und Differenzen zur feudalen Eheauffassung und Eheschließungspraxis. Die Parallelen liegen hier - von Gahmuret aus gesehen - im Erwerb von Besitz (lant) und größerem Ansehen (ere) durch eine standesgemäße Eheschließung innerhalb des Hochadels. Die Unterschiede liegen in

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der Motivierung der Eheschließung, die der in der gesellschaftlichen Praxis entgegengesetzt ist. Der Ehewille beider geht ausschließlich aus der minne hervor (vgl. Pa. 33.1 f f . ) . Die Ehe wird also aus minne geschlossen und weder von Gahmuret um der sozialen noch von Belacane um der politischen Vorteile willen: diese werden aber wie selbstverständlich genannt und gehören zur Eheschließung. Die Partner zielen allerdings nicht auf sie ab. Sie stellen sich aber nichtsdestoweniger ein. Belacane hilft die Ehe, die politische Lage dauerhaft zu meistern. Der land- und lehnlose Soldritter wird König. Die Frau ist hier nicht Heiratsobjekt wie in der Realität, sondern Subjekt der Vorgänge. Gegenüber ihren Vasallen ist sie bei der Gattenwahl offensichtlich keinen Zwängen ausgesetzt. Herzeloyde war in erster Ehe mit König Castis verheiratet (Pa. 494.15 f f . ) , der noch vor dem Vollzug der Ehe starb (vgl. Pa. 61. 15 u. 84. 6) und ihr zwei Länder hinterließ (Pa. 494. 29). Die königliche Witwe schreibt ein Turnier "ze Kanvoleis" (Pa. 60.10) aus. Dem Sieger bietet sie "zwei lant und ihr lip" (Pa. 60.16). Auf den ersten Blick gleicht ein solches Vorgehen mehr dem Märchen als der sozialen Realität, denn natürlich gab es keine Turniere, in denen zwei Länder zu gewinnen waren. Sieht man von diesem äußeren Unterschied ab, wird der Blick frei für überraschende Parallelen. Herzeloyde ist Herrscherin über die zwei Länder, Waleis und Norgals (Pa. 494. 23 f f . ) . Zwar wird nirgends berichtet, daß sie bei ihren Entschlüssen und Handlungen auf die Meinung ihrer Vasallen Rücksicht nimmt, die Tatsache eines Turniers um einen Ehemann und vor allem der Ausschreibungsmodus des Turniers beweisen jedoch, daß die junge Witwe an eine baldige Wiederverheiratung denken muß, wenn sie ihren Pflichten als Herrscherin gerecht werden will! Gerade der Ausschreibungsmodus ist sehr aufschlußreich, den Sieger, also den tapfersten Kämpfer in einem internationalen Turnier, heiraten zu wollen (Pa. 60.17). Hier geht zwar der Ehewille der Gattenwahl voraus, aber der Ausschreibungsmodus schließt zugleich j e d e i n d i v i d u e l l e - W a h l e i n e s E h e p a r t n e r s g ä n z l i c h a u s ; denn er sagt ja gerade, daß Herzeloyde nicht wählen kann (oder will), sondern verpflichtet ist oder sich verpflichtet hat. Turnierbedingungen einzuhalten, eben den Sieger zu heiraten*^. Die eigentliche "Wahl" drückt sich demnach in der Turnierausschreibung bereits aus. Sie wurde getroffen im Hinblick auf einen unbekannten Standesgenossen, der einen wichtigen Funktionswert haben muß, nämlich der beste Kämpfer zu sein. Die Tatsache, daß Herzeloyde sich später in den Sieger Gahmuret v e r l i e b t * ^ w a r bei der Ausschreibung des Turniers zwar vom Erzähler, nicht aber von Herzeloyde selbst vorauszusehen, der als epische Gestalt eine ungewisse Zukunft zugebilligt werden muß.

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Sie mußte also durchaus damit rechnen, daß der unbekannte Sieger nicht ihre Zuneigung fand, daß ihr nicht von einem bestimmten Du und der Liebe zu diesem, sondern von anderen Ehezwecken hervorgerufene Ehewille zur Ehepflicht wurde und die Eheschließung damit eine reine Zweckheirat. Man sieht also, bei Herzeloyde lassen sich Mentalitätsstrukturen und Denkweisen über die Ehe finden, die auch in der sozialen Realität eine Rolle spielten, und ohne die die feudale Eheschlieungspraxis nicht denkbar war; wie die Mitglieder der Aristokratie stellt Herzeloyde zunächst den E i g e n w e r t d e r P e r s o n zurück und sieht auf den durch den Sieg im Turnier m e ß b a r e n F u n k t i o n s w e r t 144. Gahmuret beabsichtigt die Ehe mit Herzeloyde zunächst keineswegs. Aber nachdem das Turniergericht ihn zum Sieger erklärt hat (Pa. 96.1-5), und nachdem er sich mit Herzeloyde über die Frage der huote einig geworden ist (Pa. 96.23 ff.), stellt der Erzähler lakonisch fest: "er emphienc diu lant unt och die magt" (Pa. 97.12). Auch durch seine zweite standesgemäße Eheschließung also vermehrt Gahmuret sein Ansehen und seinen Besitz beträchtlich. Das sind die Parallelen zur Praxis. Die Differenzen liegen wieder in der Motivation der Eheschließung. Der Erzähler bemüht sich zu zeigen, daß auch die zweite Ehe Gahmurets aus minne geschlossen wurde. Auch Gahmurets Verhältnis zu Amphlise zeigt deutlich Parallelen zur Praxis. Der "rois de Franze" (Pa. 69.28) ist gestorben. Die königliche Witwe Amphlise erbt das Königreich (Pa. 77.3) und denkt an Wiederverheiratung. Gahmuret ist an ihrem Hofe erzogen worden (Pa. 94. 21 ff. u. 325. 27). Er hat ein höfisches Minneverhältnis, das Antikonie später mit den Worten "ane bi ligen" (Pa. 406. 6) charakterisiert, zu der verheirateten Frau gehabt. Nun schickt sie eine Gesandtschaft von Franze zum großen Turnier nach Kanvoleiz. Ihr Anführer ist ein "kappelan"(Pa. 76.28). Seine Begleiter sind drei junge Fürsten mit Namen Lanzidant (Pa. 87.19), Liedorz (Pa. 87.23) und Liahturtelart (Pa. 87.30). Diese Männer sind mit der Werbung um Gahmuret beauftragt, und Amphlise hat ihnen einen Brief mitgegeben. Unschwer erkennt man in der Existenz einer Werbungs-Gesandtschaft eine Parallelität zur Realität, die bis in ihre Zusammensetzung geht. Die Gesandtschaften waren immer gemischte Gruppen aus der Geistlichkeit und den Großen eines Landes. Wiederum aber liegen die Reflexe der Praxis entweder nur im F a k t i s c h e n , und damit nur in einem Element der Eheschließungspraxis, oder n u r im B e w u ß t s e i n der epischen Gestalten und somit in einzelnen Elementen der Ehe-

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auffassung. Sie finden sich nicht in der die gesellschaftliche P r a xis kennzeichnenden Verknüpfung der beiden Ebenen. Deswegen gibt es auch hier keine Parallelität in einem ganzen Strukturzusammenhang. Die Motivation der Werbung ist anders als es in der P r a xis zu sein pflegte. Es wird nicht um einen Unbekannten aus politischen Gründen geworben, der Ehewille geht nicht der minne und der Gattenwahl voraus, sondern Antrieb zur Werbung ist die minne zu einer bestimmten Person (Pa. 76.23 ff.). Erneut ist aber mit der minne das Materielle eng verbunden, ja die Werbende weist selbst mehrmals ausdrücklich darauf hin. In dem Werbungsbrief der Königin heißt es: "kum wider, und nim von miner hant kröne, zepter unde ein lant. daz ist mich anerstorben: daz hat din minne erworben." (Pa. 77.1-4). Mit Bezug auf ihre Konkurrentin Herzeloyde schreibt sie: "ich bin schoener unde richer" (Pa. 77.13), und der wirkungsvolle Schluß des Briefes zeigt noch einmal die Verbindung von minne unde lant: "wiltu nach werder minne lebn, so hab dir mine kröne nach minne ze lone. " (Pa. 77.16-18). Amphlise ist also offensichtlich der Meinung, daß sie Gahmuret allein mit ihrer minne nicht gewinnen kann. Nur so wird die Betonung der Ehevorteile verständlich, die sich dann auch bei der Gesandtschaft Amphlises findet. Der kappelan sagt zu Gahmuret über seine Königin: "sie hat ouch lant unde muot und git iu lip unde guot. " (Pa. 97. 23-24). In Amphlises Argumentation zeigen sich deutlich Züge der Denkweise, die zur feudalen Eheschließungspraxis führten. Aber es zeigen sich auch unterschiedliche Züge, die wiederum darin bestehen, daß mit den Vorteilen der Eheschließung die minne verbunden ist. Betrachtet man die gesamte Amphlise-Gahmuret-Handlung, so bestehen die Unterschiede zur Realität darin, daß die Französin eine auf ein bestimmtes Du gerichtete Werbung vornehmen kann, für das sie sich frei entschieden hat, unabhängig von familiären Bindungen und vom Einfluß der Lehnsleute. Aufschlußreich im hiesigen Zusammenhang ist auch ein Blick in die Liaze-Episode. "Gurnemanz der vürste" (Pa. 162.20) hat seine drei Söhne Schenteflurs (Pa. 177.29), Lascoyt (Pa. 178.11) und Gurzgri (Pa. 178.15) im Ritterkampf verloren. Liaze, seine

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Tochter, ist die voraussichtliche Erbin des Landes. Eine Ehe mit Liaze bringt also die Herrschaft über Graharz mit sich. Die abstrakte Konstellation alter Fürst-Erbtochter-Königssohn, die in der konkreten epischen Situation in Graharz unterliegt, ist durchaus eine typische Konstellation der damaligen Realität, nur keine der dichterischen Gestalten handelt wie damals der aristokratische Kreis in entsprechender Lage. Gurnemanz, der durch den Tod seiner Frau (Pa. 178. 25) keine Hoffnung auf legitime Nachkommenschaft mehr haben kann, sieht in Parzival einen geeigneten Mann für Liaze und genau wie seine Hofleute (Pa. 175.10-13) einen Nachfolger in der Regentschaft. Im Rahmen der üblichen ritterlichen Gastfreundschaft schafft der fürstliche Gastgeber Situationen, in denen sich eventuell minne zwischen dem Gast und seiner Tochter entwickeln kann (Pa. 175.19 ff.). Er weist seinen Gast indirekt darauf hin, daß Liaze noch frei ist, indem er schelmisch an Parzivals Jeschute -Abenteuer erinnert und betont, seine Tochter hätte niemanden, der ihr ein "vingerlin" (Pa. 185. 30) und ein "vürspan" (Pa. 176.1) geschenkt hätte. M e h r a b e r t u t G u r n e m a n z n i c h t . E r s c h a f f t in seiner Lage verständlich - nur Voraussetzungen für ein mögliches, selbständiges Aufkeimen der minne. In seinen Hoffnungen auf Parzival als Schwiegersohn und in seinen Handlungen, die daraus hervorgehen, behandelt er Liaze und Parzival keineswegs als Heiratsobjekte; im Gegenteil; er schafft einen Raum, in dem sich persönliche Empfindungen möglicherweise frei entwickeln können. Wenn M. Schumacher 145 gerade die Liaze-Episode und das Verhalten des Gurnemanz als Indiz dafür benutzen will, daß Wolfram "die väterliche Gattenbestimmung bewußt ablehnte"*4®, dann wird das zumindest in den epischen Geschehnissen deswegen nicht recht deutlich, weil Gurnemanz nicht die Absicht zur Gattenbe s t i m mung hat. Gurnemanz billigt so auch den freien Entschluß seines jungen Gastes, ihn verlassen zu wollen. Es ist charakteristisch, daß er Parzival erst nach dessen Bitte um "urloub" (Pa. 177.9) sein persönliches Schicksal mitteilt und erst in diesem Zusammenhang sagt: "owe daz ich niht sterben kan, sit Liaz diu schoene magt und ouch min lant iu niht behagt". (Pa. 178. 8-10). Der weise Gurnemana wollte offensichtlich gerade verhindern, daß bei der Entstehung eines möglichen Minneverhältnisses Parzivals zu seiner Tochter, aus dem sich die erhoffte Ehe entwickeln könne, der Gast seine bemitleidenswerte Lage kenne, damit auf keinen Fall Ehezwecke für Parzival eine Rolle spielen könnten, die nicht in der minne zu Liaze liegen. Bei Gurnemanz zeigen sich also, was

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die minne und die Ehe betrifft, keine Spuren der feudalen Denkweise. Vielmehr berücksichtigt er den Anspruch der Person auf freie Gattenwahl 147 . Bemerkenswerte Schlüsse läßt auch das Vorgehen Clamides gegenüber Condwiramurs zu. Ihr Vater Tampenteire ist gestorben (Pa. 194.18 ff.). Sein männlicher Erbe, Condwiramurs' Bruder Kardeiz, lebt nicht mehr (Pa. 293.12-13). Daher ist Condwiramurs Königin. Mit ihrer Hand ist also die Herrschaft über das Königreich Brobarz verbunden. Die Königin ist demnach nicht nur wegen ihrer jungfräulichen Schönheit begehrenswert. Der junge König von Iserterre, Clamide, hat offensichtlich um sie werben lassen. Das teilt der Erzähler nicht direkt mit. Es geht aber deutlich aus dem Handlungszusammenhang hervor. Denn das Wissen Condwiramurs' um die Tatsache, daß Clamide sie begehrt, welches sie während ihres nächtlichen Besuches bei ihrem Gast hat (Pa. 194.12 ff.), läßt sich fiktionsimmanent nur so erklären. Aus der Aussage der Königin, sie wolle lieber Selbstmord begehen als Clamide heiraten (Pa. 195.23-25) sowie aus der Tatsache, daß Clamide zusammen mit seinem scheneschlant Brobarz bis hin zur Hauptstadt Pelrapeire verwüstet hat (Pa. 194.14-17), geht eindeutig hervor, daß Condwiramurs vorher eine Werbung ausgeschlagen haben muß. Deswegen versucht Clamide, sein Ziel mit militärischer Gewalt zu erreichen und läßt Pelrapeire belagern. Daß es ihm nicht nur um die Person Condwiramurs geht und die Handlungsantriebe nicht etwa nur in der minne zur Königin liegen, sein Ziel auch nicht nur "legitimierter Sinnengenuß" 148 i s t ; zeigen nicht nur der Handlungsablauf, sondern auch die Worte Clamides: "Condwiramurs wil mich han, und ich ir lip unt ir lant". (Pa. 204. 6-7), und als Parzival ihn besiegt hat, sagt er: "des man (Pa. 213.27-28) 1 4 9 . ir lip muoz ir lantichdirunsaelic ledec lan'\ Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die Antwort Clamides, die er dem Knappen gibt, der ihm entgegen geritten ist und ihm von der Niederlage Kingruns vor Pelrapeire berichtet (Pa. 204. 6-12). Clamides selbstsichere Worte: "Condwiramurs wil mich han" (Pa. 204. 6), die auf Grund des Wortgebrauchs von wellen in der Verbindung mit haben in vergleichbaren Textpartien des Parzival den Sinn von "Condwiramurs will mich heiraten" haben , sind zunächst objektiv falsch, da zum epischen Zeitpunkt, in dem sie gesprochen werden, Condwiramurs bereits mit Parzival verheiratet ist. Das jedoch kann der König von Iserterre noch nicht wissen. Sie sind

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jedoch auch vom Standpunkt Clamides aus gesehen sehr fraglich, denn Condwiramurs' und ihrer Mannen standhafte Verteidigung der Stadt hätte ihn doch zu anderen Schlüssen kommen lassen müssen. Wie kommt also Clamide dennoch zu dieser Behauptung? Sie stützt sich auf Informationen Kingruns. Dieser war der Meinung, weil er von der Ankunft der Schiffe nichts wußte, die Stadt müsse bald "durch hungers not" (Pa. 2 0 4 . 1 0 ) fallen. Er hat seinem königlichen Herren weiter mitgeteilt, daß die Königin Clamide "ir werden minne" (Pa. 2 0 4 . 1 2 ) b i e t e * 51 _ wie kommt aber nun Kingrun seinerseits zu dieser Aussage? Es gibt zwei Möglichkeiten der Erklärung aus den epischen Zusammenhängen. Erstens: Die Aussage Kingruns stimmt. Dann will Wolfram damit zeigen, daß Condwiramurs vor der Ankunft Parzivals in der verzweifelten Lage der Stadt als Herrscherin gehandelt, also auf eine f r e i e , l i e b e b e s t i m m t e Wahl d e s G a t t e n v e r z i c h t e t und ein Angebot gemacht hat, den ungeliebten Feind um des Friedens willen zu heiraten. Kingrun hat dann auf Grund des Eheangebots unter militärischen Zwang seinem Herren einen ungenauen Bericht gemacht und das Eheangebot mit einem Minneangebot identifiziert, obwohl von minne Condwiramurs' zu dem Feind keine Rede sein kann. Die zweite Erklärung ist weniger wahrscheinlich, aber möglich. Kingruns Aussage beruht auf einer vorschnellen Annahme. Er hat aus seiner Lagebeurteilung,die ausgehungerte Residenz müsse fallen, geschlossen, daß der bedrängten Königin in Kürze nichts anderes übrig bleiben werde als nachzugeben und dem Willen ihres Feindes gefügig zu sein, nämlich sie zu ehelichen, um damit auch das Erbe Tampenteires anzutreten. Welche der beiden Deutungsmöglichkeiten der Vorzug zu geben ist, ist im hiesigen Zusammenhang nicht wichtig zu entscheiden. Beide zeigen in gleichem Maße die Denkweise Kingruns und Clamides deutlich. Sie rechnen beide mit der Möglichkeit einer Ehe, die unter Zwang geschlossen wird. Sie denken hier genau so wie Gramoflanz, der Cidegast erschlägt, Orgeluse entführt, sie ein Jahr festhält, ihr eine Krone bietet, aber feststellen muß: "ine künde ir minne nie bejagen" (Pa. 6 0 6 . 1 3 ) . Noch als Clamide Parzival später am Artushof um Hilfe bittet, beweist seine Argumentation, nur durch Parzival wäre er vor Pelrapeire nicht erfolgreich gewesen (Pa. 3 2 7 . 8 - 1 3 ) , daß er nur die äußere Lage richtig sieht. Das bedeutet: es kommt ihm erst gar nicht zu Bewußtsein, daß er ohne die Existenz Parzivals zwar militärisch ans Ziel gekommen wäre, aber damit nicht notwendig auch menschlich. Daß ihm auch als Sieger nicht "automatisch" die Liebe der Königin zuteil werden muß, be-

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denkt er erst gar nicht. Obgleich auf Seiten Clámides nach seinen eigenen Aussagen wohl auch minne mit im Spiel ist (vgl. z. B. Pa. 213. 22-26 u. 219.15 ff.), b e h a n d e l t e r C o n d w i r a m u r s d o c h a l s H e i r a t s o b j e k t . Es ist deswegen auch bezeichnend, wenn der Erzähler selber Clámides Verhältnis zu Condwiramurs niemals mit minne bezeichnet! In Clámides Vorgehen und zu seiner Argumentation offenbart sich eine Denkart über die Ehe, über das Verhältnis von Liebe und Ehe und über die Frau, d i e d e r d e r A r i s t o k r a t i e zu W o l f r a m s Z e i t e n in w e s e n t l i c h e n Z ü g e n e n t s p r i c h t . Durch die konkreten epischen Gegebenheiten wird also die Konstellation sichtbar: minne unde lant. Condwiramurs und Brobarz sind zu gewinnen. Der Königsohn, P a r zival und der König Clámide kommen als Ehemänner in Frage. P a r zival denkt und handelt in Ehefragen genau gegenbildlich zur P r a xis 1 Clámides Denkweise entspricht weitgehend der des hohen Adels. Parzival erringt mit Condwiramurs, "bürge unde lant" (Pa. 202.26). Wenn M. Schumacher schreibt: "Im idealen Bereich von Wolframs Dichtung dagegen erscheint die Ehe nicht als Mittel zum Zweck, sondern als Selbstzweck" 1 , so ist das also zu generell und deswegen nur bedingt richtig, weil diese Aussage nur die in der Eheauffassung allerdings einheitliche Erzählerperspektive berücksicht i g t * ^ . Blickt man aus der Gestaltenperspektive, also hier aus der Clámides, dann erscheint die Ehe in diesem Falle durchaus auch als Mittel zum Zweck wie auch in anderen Erzählpartien des Parzival 1 Wolfram hat nun einmal keine trockene, in sich logische und in allen Details aufeinander abgestimmte Theorie der Ehe geschrieben, sondern eben ein Epos; hier können die Gestalten verschiedene Auffassungen, z. B. über minne und Ehe haben und danach handeln. Gerade in der dadurch möglichen Auseinandersetzung aber liegt der Reiz und die Überzeugungskraft einer Dichtung, und selbst die Auffassung des Erzählers,, die sich mit der bestimmter Gestalten der erzählten Welt decken kann, gewinnt erst an Tiefenschärfe, wenn sie in der epischen Entfaltung der Handlung tatsächlich erzählerisch realisiert und sich gegen die epische Realisation anderer Auffassungen in anderen Handlungsteilen durchsetzt. Das ist hier der Fall. Parzival und mit ihm der Erzähler auf der einen Seite und Clámide auf der anderen haben unterschiedliche Auffassungen von der Stellung der adeligen Frau und der Rolle der Liebe in der Ehe. Die Führung der Geschichte im ganzen zeigt aber, daß Parzivals Auffassung von der Ehe nach Meinung des E r zählers der Vorzug zu geben ist. Daß die minne des Jünglings (Pa. 217.19) Clámide zu Condwira-

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murs nicht allzu tief gewesen sein kann, zeigt auch der weitere Handlungsverlauf. Gleich in die erste höfische Dame, mit der er am Artushof in persönliche Berührung kommt, verliebt er sich. Es ist Cunneware de Lalant, zu der ihn Parzival als Gefangenen geschickt hat (Pa. 215.1 ff.), und die deswegen die Gewahrsam über ihn hat^^®. Über die Entwicklung der minne zwischen den beiden während der Gefangenschaft sagt der Erzähler nur wenig. Als Cunneware den am Artushof eingekehrten Parzival entwappnet, bemerkt er nur zurück- und vorausdeutend, daß der von einer "juncvrowe" (Pa. 306.10) herbeigeholte Mantel "uz phelle von Ninnive" (Pa. 306. 13) eigentlich für Clamide bestimmt war (Pa. 306.14-15), was zumindest auf ein freundschaftliches Verhältnis weist. Daß dieses ein Liebesverhältnis ist, erfährt man dann bald von Clamide selbst, und seine Äußerungen über Cunneware und ihre Liebe rundet das Bild ab, das bisher von ihm gezeichnet wurde. Zu Parzival sagt er: ob ich an freuden sol genesen, so helft mir daz si ere sich so daz ir minne ergetze mich ein teil des ich von iu verlos, da mich der freuden zil verkos. (Pa. 327.8-12). Seine Argumentation, daß sie, die Herzogin, "sich ehrt", d.h. ihr gesellschaftliches Ansehen vermehrt, wenn sie ihn, den König, einen Teil des früheren Verlustes mit "ir minne" (Pa. 327.10) ersetze, zeigt,wie er nun auch die auf die Ehe zielende minne mit gesellschaftlichen Gesichtspunkten verbindet. Beachtet man den Handlungszusammenhang, so zeigt sich, daß Clamide auch mit Hilfe der minne seine Gefangenschaft beendet. Auch hier gesellt sich zur Liebe ein Nutzen, der nicht aus der minne selber stammt. Der Erzähler betont: "Cunnewarn si gaben Clamide: wan dem was nach ir minne we. sinen lip gap e r r ze lone unde ir houbet eine kröne. (Pa. 327. 27-30). Zwar ist es Clamide nach "ir minne we" (Pa. 32. 8), aber es heißt eben sofort ergänzend: "sinen lip" (Pa. 327.29) und "eine kröne" (Pa. 327. 30) gab er ihr "ze lone" (Pa. 327. 29), also als Belohnung^ . D i e E h e i s t h i e r d e m n a c h n i c h t n u r d u r c h d i e minne m o t i v i e r t , w i r d n i c h t n u r um d e r minne u n d i h r e r s e l b s t w i l l e n g e s c h l o s s e n . Ein deutlicher Unterschied zur Eheschließungspraxis besteht allerdings darin, daß überhaupt vor der Eheschließung minne vorhanden ist. Von der Sei-

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te Cunnewares her gesehen, ist mit der Eheschließung der gesellschaftliche Vorteil der Erhöhung der ere verbunden» Sie wird zur Königin gekrönt (Pa. 336.28-30). Das bisher einheitliche Ergebnis der vergleichenden Betrachtung wird bestätigt durch weitere Beispiele. Gawan, "des künec Lotes suon" (Pa. 300. 23), erwirbt durch die Ehe mit Orgeluse das Herzogtum Logrois. Orgeluse stellt fest: "daz er ir libs und über ir lant von rehte herre waere". (Pa. 730-18-19). Parzival, Königs söhn ohne Land, erwirbt mit Condwiramurs das Königreich Brobarz. Der Erzähler berichtet: "do gap im bürge und lant disiu magetbaeriu brut". (Pa. 202.26-27). Feirefiz bekommt durch seine Ehe mit Secundille das Land Tribalibot (Pa. 740.10-12; vgl. Pa. 519. 2 ff. u. 757. 6 ff.). Als Belacanes Sohn sich um Repanse bemüht, spielt nicht nur die minne eine Rolle, sondern er betont auch: "ich tuon ir richhit bekant, so daz ir dienet witiu lant". (Pa. 814.15-16). Eine bemerkenswerte Parallele zur gesellschaftlichen Praxis zeigt sich auch darin, daß Repanses Willen bei der Eheschließung gar nicht zur Geltung kommt. Sie wird einfach vergeben (Pa. 818.19). Nirgends wird etwas darüber gesagt, daß Repanse den Heiden liebt. Zum Zeitpunkt der Eheschließung scheint sie vielmehr betrübt gewesen zu sein bei dem Gedanken an Secundille; als der Tod der Heidin bekannt wird, kann der Erzähler deswegen sagen: "Repanse de schoye mohte do alrest ir verte wesen vro". (Pa. 822. 21-22). Auch Orgeluse bietet Parzival keineswegs nur minne, sondern sie sagt: "ich bot im lant unt minen lip" (Pa. 619. 3), und auch Gramoflanz hält bei den Bemühungen um Orgeluse die minne allein nicht für ausreichend. Er hebt hervor: "ich bot ir kröne und al min lant". (Pa. 606.9). Man erkennt eindeutig, daß der Erwerb von Land bzw. eines Landes und damit verbunden die Erweiterung des politischen und sozialen Machtbereiches oder die Vermehrung der ere. die in der Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung durch eine standesgemäße Eheschließung liegt, sowohl durch den Handlungsverlauf gegeben ist als auch wie selbstverständlich zur Denkweise vieler Gestalten im Parzival gehört. In der Perspektive einzelner Gestalten erscheint die Frau auch als Heiratsobjekt. Keinesfalls immer ist sie in der V.'ahl des Ehepartners völlig frei. Die Motive

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für eine Eheschließung liegen nicht immer in der minne und der Ehe selbst. Diese Beobachtungen lassen sich als Parallelen zur feudalen Eheschließungspraxis und Denkweise über die Ehe, als realitätsanaloge Elemente in einer weitgehend idealisierten epischen Welt erklären. Der durchgehende Unterschied zur gesellschaftlichen Praxis war, daß bei der Motivation der Eheschließung immer minne als Ausgangspunkt des Ehewillens existierte. Die Deutung dieses Sachverhaltes sei hier zunächst zurückgestellt, bis weitere Beobachtungen, die in die gleiche Richtung weisen, dargelegt sind. 1 . 3 . 2 . Die Verheiratung der Alize Ein Beispiel, das der feudalen Eheschließungspraxis nicht nur in verschiedenen Einzelelementen, sondern auch s t r u k t u r e l l w e i t g e h e n d entspricht, ist die Verheiratung der Alize, der Schwester des Königs Hardiz von Gascone (Pa. 89.8) mit Lambekin, dem Herzog von Brabant und Hanouwe (Pa. 89.13-16). Um die Hintergründe und Zusammenhänge der Seitenhandlung um diese Personen aus den verstreuten Erzählerberichten und Dialogen überschaubar machen zu können, muß etwas weiter ausgeholt werden. Kaylet, "der künec von Spane" (Pa. 64.13), ist mit Rischoyde, Tochter des Titurel, verheiratet (Pa. 84.10-11 u. 88.20). Schon während Kaylets Aufenthalt in Patelamunt weist Gahmuret auf ein feindschaftliches Verhältnis von Kaylet und Hardiz, dem "künec von Gascane" (Pa. 48.10), hin (Pa. 48.7-11). Der Grund bleibt jedoch zu diesem Erzählzeitpunkt noch verborgen. Man erfährt ihn auch nicht bei dem nächsten Hinweis auf diese Feindschaft; als der Spanier von einem "riter" (Pa. 64.21) erfährt, daß Gahmuret vor Kanvoleiz eingetroffen ist, ruft er in der Hoffnung auf dessen Unterstützung aus: "der stolze künec Hardiz hat mit zorne sinen vliz nu lange vaste an mich gewant: den sol die Gahmuretes hant mit siner tjoste neigen". (Pa. 65. 5-9). Im Gespräch zwischen Kaylet und Gahmuret, der seine Unterstützung verspricht (Pa. 68.3 ff.), erfährt man dann, daß sich Kaylets Feindschaft nicht nur auf Hardiz, sondern auch auf Lambekin, den Herzog von Brabant, erstreckt. "Die sint mit zorne hie gein mir" (Pa. 67.29), betont Kaylet. Offensichtlich hängt das feindschaftliche Verhältnis der drei mit Alize zusammen, die zum Zeitpunkt

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A l-Lze

des Gesprächs bereits Herzogin von Brabant ist (Pa. 67.26-27). Kaylet erläutert Gahmuret einen ihm offensichtlich wichtigen Zusammenhang: "der herzöge von Brabant ist gestrichen in diz lant durch den künec Hardizen. sine swester Alizen gap im der künec von Gascon: sin dienst hat vor enphangen (Pa. 67.23-28) 1 5 8 .

Ion".

Daraus ist nun folgendes zu entnehmen: Lambekin ist im "dienst" (Pa. 67.28) des Hardiz nach Kanvoleiz gekommen. Ob als Lehnsmann oder auf Grund eines Solddienstvertrages läßt sich nicht entscheiden, ist auch im hiesigen Zusammenhang nicht von Bedeutung. Als im voraus erstatteten Ion für den Dienst hat Hardiz seine Schwester Alize mit dem Herzog vermählt. Nach dem Sieg Gahmurets über Hardiz (Pa. 73. 2-4) und Kaylets über Lambekin (Pa. 73.2930) trifft der Spanier den gefangenen Gascogner und beginnt das Gespräch mit seinem Feind ausgerechnet mit einem beziehungsreichen Hinweis auf Alize. Offensichtlich bezieht er sich auf frühere Vorgänge, die sie beide einstmals bewegten und die Kaylet nicht vergessen hat (vgl. Pa. 67.23-28). Er stellt fest: "iwer swester Alize mir minne bot; die nam ich da". (Pa. 89. 8-9). Diese Aussage Kaylets muß auf einen früheren Zeitraum bezogen werden, in dem er noch nicht mit Rischoyde verheiratet warl*9. Damals liebte Alize den Spanier. Kaylet "nam" (Pa. 89.9) ihre "minne" (Pa. 89.9). Ob er sie wirklich liebte, kann daraus nicht eindeutig geschlossen werden. Auch die genaue Streitursache und die Details der Handlungszusammenhänge damals lassen sich nicht eindeutig und in vollem Umfange rekonstruieren. So ist z. B. möglich, daß Hardiz die Hand seiner Schwester ausgeschlagen hat, weil er schon plante, sie mit Lambekin zu verheiraten, oder aber, daß Kaylet Rischoyde der Gascognerin vorgezogen hat. Klar ist nur: der Streit der Fürsten hängt mit Alize zusammen. Eindeutig ergibt sich jedoch die Parallelität zur damaligen Eheschließungspraxis. Hardiz und Lambekin, der als Lohn für Dienst eine Ehefrau annimmt, zeigen in Eheangelegenheiten deutlich Denkweisen, die denen des hohen Adels entsprechen. Alize ist für ihren Bruder Heiratsobjekt. Sie ist gesellschaftlichen Zwängen ausgesetzt und in ihr e r Gattenwahl nicht frei. Obwohl sie Kaylet liebte, wird sie mit Lambekin aus Nützlichkeitserwägungen verheiratet. Wiederum wird

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also die These M. Schumachers vom Selbstzweck der Ehe1®0 durch eine Analyse eingeschränkt, die die Gestaltenperspektive berücksichtigt. Der Fall der Älize unterscheidet sich in seiner Parallelität zur aristokratischen Eheschließungspraxis von den bisher analysierten Beispielen wesentlich dadurch, daß hier b e i d e r M o t i v a t i o n d e r E h e s c h l i e ß u n g d i e minne k e i n e R o l l e s p i e l t . Deswegen ist hier die Übereinstimmung mit der sozialen Praxis weitergehend. Denn die Parallelität findet sich nicht nur in einzelnen oder mehreren Elementen entweder der Eheauffassung oder Eheschließungspraxis wie bisher, sondern liegt auch in der charakteristischen Verknüpfung der Elemente aus dem Bereich des Denkens über die Ehe mit denen aus dem Bereich der Eheschließungspraxis. Es handelt sich also hier um eine s t r u k t u r e l l e P a r a l l e l i t ä t , die sich im Parzival nur in diesem und in einem weiteren Fall findet. 1.3.3. Zu den Ehen in der Gawanhandlung In der Gawanhandlung werden vier Ehen geschlossen, deren Zustandekommen durch den haz einzelner Gruppen untereinander zunächst Schwierigkeiten macht. Es sind das die Ehen zwischen Gawan und Orgeluse (Pa. 642. 6 ff.), Gramoflanz und Itonje (Pa. 729. 27-28), Lischoys und Cundrie (Pa. 730.2-3) und zwischen Florant und Sangive (Pa. 730. 6-7). Zwar haben die äußeren Handlungszusammenhänge der epischen Welt gerade in den fraglichen Erzählpartien nichts mit möglichen Handlungsabläufen der außerdichterischen Realität zu tun, sieht man aber auf die Struktur der erzählten zwischenmenschlichen Beziehungen, so ergeben sich wiederum Parallelitäten und Unterschiede zu Teilen der feudalen Eheauffassung und Eheschließungspraxis. Der König Gramoflanz, "fil Ii roy Irot" (Pa. 404.19), liebt Itonje, die Schwester Gawans, also "Lotes kint" (Pa. 606.29), ohne sie je gesehen zu haben (Pa. 607.13). Lot hat Irot nach Aussagen des Gramoflanz "ime gruoze" (Pa. 608.23) erschlagen. Gramoflanz liebt also die Tochter des Mörders seines Vaters 1 " 1 . Zwischen den durch den Streit ihrer Väter verfeindeten Sippe des Gramoflanz und der Gawans schlägt demnach die "Fernminne" eine Brücke. Als Gawan und Gramoflanz sich gegenseitig zu erkennen geben, verabreden sie einen Zweikampf. Dadurch wird aber die minne zwischen Gawans Schwester und Gramoflanz und ihre Einmündung in eine Ehe gefährdet. Es ist nun aufschlußreich zu sehen, welcher erzählerischer Aufwand getrieben wird, damit der verhängnisvolle

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Zweikampf nicht stattfinden kann und Gramoflanz und Itonje zueinander finden. K. Boestfleisch schreibt treffend: "Es ist ein andauerndes Hin und Her zwischen Gesandten, Knappen des Gramoflanz an Artus, Botschaften an Itonje, Vermittlungen der Bene, Aufträgen des Artus. Die Sache des Herzens ist hier eine solche andauernder diplomatischer Verhandlungen"162 ^ entscheidenden Stadium der Ereignisse nehmen Artus, der Oheim Gawans, und Brandelidelin, der Oheim des Gramoflanz, die Verhinderung des Zweikampfes in die Hand. Sie ziehen sich zu einem Gespräch unter vier Augen in ein kleines Zelt zurück. Aus ihrem Dialog geht deutlich hervor, daß sie beide den Zweikampf wegen der minne ihrer Verwandten verhindern wollen, aber auch, um d i e F e i n d s c h a f t d e r b e i d e n S i p p e n zu b e e n d e n . Beides ist miteinander verknüpft. Geschickt planend benutzen sie die minne. um die Versöhnung einzuleiten. So sagt Brandelidelin: "Iwer niftel Itonje sol mime neven gebieten e, daz er den kämpf durch si verber, si daz er ir minne ger". (Pa. 727.1-4). Der Plan glückt vollkommen. Die Versöhnung ist allgemein. Gawan und Orgeluse versöhnen sich mit Gramoflanz (Pa. 729.16-26). Die Aussöhnung findet ihren besonderen Ausdruck in der Eheschließung der Itonje mit Gramoflanz. "Artus gap Itonje Gramoflanz ze rehter e" (Pa. 729.27-28). Sieht man von hier aus auf die Eheschließungspraxis, liegen die Parallelen offensichtlich in der Tatsache, daß die Aussöhnung verfeindeter Gruppen des Adels mit einer Eheschließung verbunden wird, die Ehe also wiederum nicht nur Selbstzweck istl®^. Der wesentliche Unterschied zur gesellschaftlichen Praxis jedoch besteht darin, daß die beiden Oheime die minne in ihre Planung einbeziehen und die anderen dichterischen Gestalten die suone aus der Kraft der minne gewinnen!®^ während das in der gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht der Fall war. Hier wurde die gesellschaftliche Aussöhnung vollzogen und nachträglich zu ihrer Bekräftigung eine Ehe geschlossen, in deren Planung die Liebe keine Rolle spielte. Daß hier tatsächlich Reflexe der aristokratischen Eheschließungspraxis vorliegen, zeigt auch besonders die Tatsache, daß der E r zähler sich mit der Darstellung einer einzigen "Aussöhnungsehe" nicht begnügt. Gawan hat zwei Fürsten Orgeluses in einer tjost besiegt, und zwar Lischoys Gwelljus, den Herzog von Gowerzin (Pa. 535. 8 ff.), und später den turkoyten Florant, Fürst von Itolac (Pa.

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597.16 ff.). Nach der Fürsprache Orgeluses (Pa. 623. 25 ff.) entläßt Gawan die beiden Freunde aus seiner Gefangenschaft (Pa. 630. 12-16) und stellt sie anschließend sofort den vier Königinnen vor (Pa. 630. 22 ff.), die er in Schastel marveil erlöst hatte. In dem geselligen Beisammensein auf dem Wunderschloß tauchen dann die beiden fürstlichen Freunde mehrmals zusammen mit ihren Damen auf, also mit Sangive und Cundrie. Zwar wird hier nicht ausführlich die Entwicklung der minne zwischen Lischoys und Cundrie und zwischen Florant und Sangive geschildert, aber das mehrmals erzählte Beisammensein der beiden Paare sowie die Anspielungen des E r zählers sprechen für sich. So hat der Erzähler trefflich die Stimmung einer sich auflösenden, höfischen Abendgesellschaft eingefangen (Pa. 641.1-24); iuncvrouwen und ritter sitzen durcheinander, und von ihren Gesprächen erfahren wir: "des freude sich an sorgen räch, swer da nach werder minne sprach, ob er vant süeziu gegenwort" (Pa. 641. 5-8). Die Bezeichnung "werbaere" (Pa. 641.10) bezieht sich auch auf Florant und Lischoys und desgleichen die Aussage: "der wirt warp mit dengesten". (Pa. 641.11). Als Gawans stattlicher Heerzug durch das Lager des Artus reitet, hat er ihn so geordnet, daß neben einem Ritter jeweils eine Dame reitet: "der turkoite Florant zeime gesellen wart erkant Sangiven von Norwaege. Lyschoys der gar untraege reit bi der suezen Cundrie". (Pa. 669.21-25). Der Erzähler teilt keinen Gesprächsinhalt der nebeneinander reitenden Gruppen mit, aber er meint vielsagend: "daz waren kranke sinne op die sprachen iht von minne". (Pa. 669.19-20). Man erkennt also, wie Wolfram sich bemüht hat, daß die Eheschließungen der beiden Fürsten sich an eine Zeit des Beisammenseins anschließen, in der die Partner die Möglichkeit hatten, sich kennenzulernen. Der nur berichteten epischen Handlungsführung ist auch hier eine psychologische Motivierung immanent, und deswegen überraschen den aufmerksamen Zuhörer die Inhalte folgenden Berichtes nicht: "Den ouch ir minne lerte pin, den herzogen von Gowerzin, Lischoys wart Cundrie gegebn:

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ane freude stuont sin lebn, unz er ir werden minne enphant. dem turkoiten Florant Sangiven Artus ze wibe bot: die het da vor der künec Lot. der fürste ouch si vil gerne nam: diu gäbe minne wol gezam." (Pa. 730.1-10). Mit Hinblick auf den bisherigen Ablauf der Nebenhandlung sind die beiden Vermählungen auch Bekräftigungen vorausgegangener Versöhnungsakte. Die Aussöhnung zwischen Gawan und Lischoys findet ihren krönenden Ausdruck in der Heirat von Gawans Schwester und dem Fürsten, und die zwischen Gawan und Florant wird bekräftigt in der Eheschließung von Gawans Mutter und dem turkoyten. Während jedoch bei Gramoflanz und Itonje die suone nur unmittelbar durch die minne selbst möglich wurde, ist es hier anders. Die Versöhnung der Feinde hat bereits stattgefunden. Zwischen Lischoys und Cundrie entwickelt sich erst dann minne. von deren Existenz der E r zähler berichtet, als er ihre Vermählung mitteilt (Pa. 730.1-5). Die Parallelität zur Praxis ist also schon hier enger als im Fall des Gramoflanz, wenn auch diese Ehe wiederum nicht ohne minne geschlossen wird. Noch deutlicher aber erkennt man die Umrisse der Eheschließungspraxis in der Heirat der Sangive. Daß es sich hier um eine aus minne geschlossene Ehe handelt, ist beim Alter Sangives unwahrscheinlich. Die Ausdrucksweise des Erzählers ist ja auch sehr vorsichtig, dabei aber sehr aufschlußreich. Mit dem ausdrücklichen Hinweis auf Sangives Witwenstand (Pa. 730.8) ist natürlich der auf die Krone, die Sangive mit in die Ehe bringt, verbunden. Daß "der fürste" (Pa. 730.9) sie sehr gerne nimmt, was der Erzähler unmittelbar anschließend feststellt (!), wird bei ihrem Alter erst damit verständlich^®®. Die Bemerkung des Erzählers: "diu gäbe minne wol gezam". (Pa. 730.10) ist vielschichtig. Die Erzähleriroriie über die Eheschließung ist unverkennbar. Die Aussage, Sangive sei als "diu gäbe" (Pa. 730. 10) der minne wohl wert, trifft mehr ihre Stellung als Königin. Das Wort minne bezeichnet also hier offensichtlich eine aristokratische liaison. die zur Ehe wird, in der Liebe keine Rolle spielt, vielmehr war sie "mit rate vor erdaht" (Pa. 730.13). Es ist eine reine manage de raison, die allen Beteiligten nützt: Artus, Sangive, Florant und Gawan. Wie schon bei der Heirat der Alize, so ist auch hier minne nicht die Voraussetzung zur Ehe und somit die Parallelität mit der Praxis struktureller Natur.

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1 . 3 . 4 . Zusammenfassung und Schlußfolgerungen Trotz der grundsätzlichen Verschiedenheit der beiden Seinsbereiche Dichtung und soziale Realität und trotz der großen Distanz, die die konkreten epischen Geschehnisabläufe gerade im Parzival von möglichen Handlungsabläufen in der außerdichterischen Realität haben, konnte die durchgeführte vergleichende Betrachtung der Grundzüge der feudalen Eheauffassung und Eheschließungspraxis und der adäquaten Elemente der epischen Fiktion sowohl im Bereich der äußeren Handlung der Dichtung als auch in der Denkweise der dichterischen Gestalten Parallelen zur Praxis aufdecken, die als Reflexe dieser Praxis in der Dichtung verstanden werden können. Da Wolfram alle Eheschließungen seiner Quelle hinzugefügt hät, dürfte er zum größten Teil der Vermittler der Reflexe aus der außertextualen, gesellschaftlichen Realität sein. Zusammenfassend lassen sich die Parallelen zu dieser Realität in drei verschiedene Gruppen ordnen. Erstens: S t r u k t u r e l l e P a r a l l e l i t ä t z u r a u ß e r t e x t l i chen R e a l i t ä t liegt vor, wenn nicht nur einzelne oder mehrere isolierte Elemente der feudalen Eheauffassung und der mit ihr verbundenen Eheschließungspraxis sich als Elemente der epischen Fiktion nachweisen lassen, sondern wenn auch die für die Realität charakteristischen Verknüpfungsweisen dieser Elemente der beiden nicht zu trennenden Bereiche in der Dichtung auftreten, also beispielsweise, wenn sich die Parallelität sowohl in den äußeren Gegebenheiten, die mit der Eheschließung verbunden sind, zeigt als auch in der Motivation, die zur Heirat führt. Das wurde bei der Verheiratung der Alize und Sangive gezeigt. Hier erschien die Frau vornehmlich als Heiratsobjekt, gesellschaftlichen Zwängen und Rücksichten ausgesetzt. Die Ehe wurde ohne minne geschlossen, war nicht Selbstzweck, vielmehr waren mit ihr primär andere Zwecke gesellschaftlicher und politischer Art verbunden. Zweitens: Bei a l l e n a n d e r e n Eheschließungen im Parzival konnte eine P a r a l l e l i t ä t z u r f e u d a l e n E h e s c h l i e ß u n g s p r a x i s gezeigt werden, die nur in einzelnen Elementen der episch realisierten Eheschließungspraxis sich zeigte und sich nur auf die mit einer aristokratischen Heirat verbundenen äußeren Gegebenheiten bezog. Materielle und gesellschaftliche Vorteile wie Landgewinn, Besitzvermehrung, Vergrößerung der Macht und der ere erschienen wie selbstverständlich mit allen Eheschließungen verbunden. I m m e r aber unterschieden sich diese Ehen dadurch von der Praxis, daß sie aus minne geschlossen wurden, also auch gesellschaftliche und rechtliche Verwirklichung der minne waren.

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Drittens: In der Perspektive mehrerer dichterischer Gestalten e r schien die Ehe nicht nur als Selbstzweck, nicht primär als Verwirklichung der minne. sondern andere Zwecke politischer und sozialer Natur waren mit ihr mehr oder weniger verbunden. Die Neigung, nach der Existenz eines Ehewillens der Frau nicht zu fragen, machte sich bemerkbar. Bei verschiedenen dichterischen Figuren zeigte sich somit in verschiedener Ausprägung einer der aristokratischen Schicht analoge Mentalitätsstruktur und Denkweise. Hier handelt es sich also um P a r a l l e l e n z u r f e u d a l e n E h e auffassung. An diese kurze Zusammenfassung lassen sich nun einige Schlußfolgerungen anschließen. Besonders die Übereinstimmung zwischen Dichtung und außertextualer Wirklichkeit, die sich in dem mit allen Eheschließungen ganz selbstverständlich verbundenen Nutzen durchgehend zeigte, ist auffallend. Denn dieser Befund besagt doch: In der idealen Welt der Dichtung gibt es ein bestimmtes, öfters e r zähltes, stets inhaltsgleiches oder -ähnliches, episch voll integriertes, mehr oder weniger isolierbares Fiktionselement, das mit dem entsprechenden Strukturelement der außertextualen Realität identisch ist. Diese Beobachtungen führen zu der Frage: Zeigt sich in dieser einheitlichen Kompositionstechnik eine b e s t i m m t e A b s i c h t des Dichters? Durch die Tatsache, daß a l l e E h e s c h l i e ß u n g e n im P a r z i v a l u n a b h ä n g i g von d e r a l t f r a n z ö s i s c h e n V o r l a g e eingefügt sind, gewinnt diese Frage ihre besondere B e rechtigung. Sicherlich läßt sich die Absicht eines um 1200 Lebenden, der keinerlei biographische Zeugnisse hinterlassen hat, nicht mehr mit absoluter Sicherheit feststellen. Das einheitliche Ergebnis der Analyse erlaubt jedoch die vorsichtige Hypothese, daß eine bestimmte Absicht Wolframs als wahrscheinlich angenommen werden kann. Die Frage, welche das genau sein könnte, schließt sich hier naturgemäß unmittelbar an. Um ihre Beantwortung zu versuchen, muß allerdings eine Zwischenüberlegung eingeschoben werden. Während der moderne Schriftsteller es weitgehend sowohl mit einem anonymen als auch sozial heterogenen Publikum zu tun hat, kannte der mittelhochdeutsche Dichter wenigstens die soziale Zusammensetzung seines Publikums von vornherein sehr genau* 66. Wolfram wußte, daß er für die relativ homogene ritterlich-höfische Gesellschaftsschicht schrieb. Zu ihr gehörte allerdings nicht nur der hohe Adel, sondern auch die Ministerialen und der niedere Adel* dessen Eheauffassung und Eheschließungspraxis der des hohen Adels weitgehend entsprach. Er schrieb also genau für jene aristokratischen Gesellschaftskreise, deren maßgebliche Eheauf-

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fassung und Eheschließungspraxis oben analysiert wurde*®®. Nun läßt sich die Frage, welche Absicht sich hinter der einheitlichen Kompositionstechnik Wolframs wahrscheinlich verbirgt, be antworten. Mit der Übernahme des Strukturelementes der sozialen Realität, daß mit der Eheschließung stets mindestens für einen Partner gesellschaftliche oder politische Vorteile und materieller Nutzen verbunden sind, paßte er die äußeren Bedingungen a l l e r Eheschließungen im Parzival genau denjenigen an, unter denen sein potentielles Publikum Eheschließungen praktizierte. Aber in den aus der außertextualen Realität genommenen Rahmen spannte er als ideale Wirklichkeit ein vollkommenes Gegenbild zur gesellschaft liehen Wirklichkeit, seine Konzeption der Einheit von ritterlichhöfischer minne und gegenseitiger, sinnlich-geistiger Geschlechterliebe. Durch diese Kompositionstechnik erreicht er demnach einen nicht nur innerepischen, sondern vor allem durch die Publikumsund Vortragssituation bedingten K o n t r a s t , der seiner aristokratischen Zuhörerschaft deutlich ins Bewußtsein treten konnte. Indem also Wolfram im Parzival die S y n t h e s e von h ö f i s c h e r minne i n d i v i d u e l l e r G e s c h l e c h t s l i e b e und f e u d a l e r E h e in verschiedenen Variationen dichterisch darstellte, zeigte er seinem Publikum mit diesem episch verwirklichten Ideal, was dessen Eheauffassung nach seiner erzählerisch vorgetragenen Ansicht fehlte: die Einbeziehung gegenseitiger Liebe und die Berücksichtigung der erzieherischen Kräfte der minne. die diese nach Wolframs Auffassung gerade auch für die Ehewirklichkeit hatte*®®. Wolfram ist somit sicherlich "Gestalter idealer Wirklichkeit"*"^, unter Berücksichtigung der Vortrags- und Publikumssituation aber damit zugleich K r i t i k e r f e u d a l e r E h e a u f f a s s u n g und - p r a k t i k e n von einem dichterischen Standpunkt aus, der in historischer Perspektive v e r g l i c h e n m i t d e r s o z i a l e n R e a l i t ä t , als progressiv charakterisiert werden kann. Dabei darf diese vermutete Kritik Wolframs keineswegs so verstanden werden, als richte sie sich grundsätzlich gegen alle sozialen Ehezwecke und -vorteile. Sie wendet sich offensichtlich nur gegen eine absolute Vorherrschaft der sozialen und politischen Ehezwecke und die zu starke Vernachlässigung der Liebe in der Ehe im Denken und in der Praxis seiner Zuhörerschaft. Die Forschung hat bisher mehr den literarischen und weniger den außerliterarischen Zusammenhängen, in denen Wolframs Minne und Eheauffassung steht, wie sie sich im Parzival zeigt, Beachtung geschenkt und die Haltung des Parzivalerzählers zur Realität nur summarisch angedeutet. B. Mockenhaupt urteilt: Der Dichter will f . . . ] , "daß die Minnekultur der Ehe zugute komme und daß der

Zusammenfassung

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Ritter in seiner Ehefrau die Minnedame erblicke, B. Mockenhaupts nicht im einzelnen begründete und belegte Feststellung stützt das hier auf anderen Wegen gewonnene Ergebnis. Denn das Wollen Wolframs, von dem B. Mockenhaupt hier spricht, zeigt wohl, daß der ParzivalerZähler, was die Ehe betrifft, der Realität kritisch gegenüberstand. Zugleich stand er dem l i t e r a r i s c h e n Minne begriff kritisch gegenüber. So kann man mit E. Görlach feststellen: "Was er /Wolfram/ unter 'rehter e' versteht, ist / . . . ] eine Überwindung des höfischen Minnebegriffes. "•*•Wenn aber Martin Schumacher dann meint: "Wolfram kommt es / . . . ] nicht so darauf an, die höfische Minne in die Ehe hineinzuführen [ . . .J; er will vielmehr etwas w e s e n h a f t Neues zeigen und seine Eheauffassung der höfischen Vorstellung von frouwe und minne e n t g e g e n s e t z e n " 1 ' 3 , so wird hier in der einen Richtung einen Schritt zu weit gegangen und in der anderen bei W. J. Schröder, wenn er feststellt: "es /das Lob der Ehej enthält keine Wendung gegen den Minnekult"•'•''4, denn hier wird der außereheliche Charakter der höfischen minne zu wenig berücksichtigt. Sicherlich wollte Wolfram im Parzival seinem deutschen Publikum etwas Neues zeigen, aber sein eigentlicher Antipode war n i c h t n u r die höfische "Vorstellung von frouwe und minne" als ein literarisches Phänomen, sondern vornehmlich ein Strukturelement der sozialen Realität, die feudale Eheauffassung und Eheschließungspraxis mit ihrer Vernachlässigung der Liebe. In Wolframs Idealbild der Ehe als einem kritischen Gegenbild zur Wirklichkeit finden sich somit sowohl wesentliche Elemente der höfischen Minneauffassung als auch Reflexe der Realität. Wenn es auch wohl kaum zutrifft, daß Wolfram "die Ehe aus der ganzen Minneproblematik h e r a u s g e n o m m e n h a t , so muß man W. J. Schröder doch zustimmen, wenn er feststellt: "Wolfram befreit nur den Ehebegriff von der bloßen Legalität und stellt ihn unter das Gesetz des inneren Triebes" . Denn hier wird der eigentliche Bezugspunkt von Wolframs Idealbild, die soziale Realität und damit seine Hauptblickrichtung bei der Darstellung der minne und Ehe wenigstens angedeutet. W. Spiewok schreibt: "Der / . . . ] Minnekult bot alle Voraussetzungen für eine Auseinandersetzung mit der Institution der Feudalehe zugunsten der sittlichen Rechtfertigung der individuellen Geschlechtsliebe, zugunsten einer Neuwertung der weiblichen P e r sönlichkeit"!^. Diesen Aussagen kann man zustimmen. Wenn W. Spiewok aber dann schlußfolgert: "Die Endlösung 'Minne in der Ehe' ist also keineswegs / . . . ] eine progressive kulturhistorische Leistung, sondern im Gegenteil ein maximales Ausschalten der humanistischen Werte der Minneidee zugunsten eines feudal-ideologischen Kompromisses"*'' 8 , so ist das ein schwerwiegendes

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Fehlurteil. Denn ein "feudal-ideologischer Kompromiß" läge offensichtlich nur dann vor, wenn einerseits die humanistischen Werte der Minneidee in den episch dargestellten Ehen verlorenginge und andererseits die Ehe ihre Brauchbarkeit als Instrument feudaler Interessen nicht verlöre. Gerade das ist jedoch im Parzival nicht der Fall! Denn in den beiden Fällen, in denen strukturelle Parallelität zur Realität vorliegt und die Ehe als Mittel feudaler Anliegen erscheint, also im Fall der Alize und Sangive, fehlt die minne. In den anderen Fällen ist die minne nicht erst in d e r E h e , sondern bereits v o r d e r E h e existent. Zielte jedoch individuelle Geschlechtsliebe vor der Ehe auf Verwirklichung in der Ehe, dann wurde die Institution der Ehe als Instrument feudaler Interessen, als "Feudalehe", unbrauchbar, weil das Zusammenkommen der Ehepartner nicht mehr in ausreichendem Maße von Dritten kalkulabel war. Minne in der Ehe ist im Parzival also kein "feudal-ideologischer Kompromiß", sondern eine dichterische Synthese der in der außertextualen Realität aus gesellschaftlichen Gründen getrennten Bereiche. Diese Synthese des Parzivalerzählers zeigt sowohl s e i n e k r i t i s c h e H a l t u n g g e g e n ü b e r dem l i t e r a r i s c h e n M i n n e b e g r i f f als auch g e g e n ü b e r d e r E h e a u f f a s s u n g und E h e s c h l i e ß u n g s p r a x i s d e r R e a l i t ä t . Die hier aufgestellte These, in Wolframs Parzival finde sich in den Erzählpartien, in denen es um die Ehe geht, eine mit dichterischen Mitteln vorgetragene, indirekte Kritik feudaler Ehezustände, erhält eine Stütze in einer weiteren Überlegung. Während bisher durch die Berücksichtigung der Vortragssituation nur die kritische Haltung Wolframs betrachtet wurde, wie sie aus der Konfrontation der Bewußtseinswirklichkeiten des Publikums und der gesellschaftlichen Praxis, an der es teilhatte, einerseits mit der zu diesen gegenbildlichen Dichtungswirklichkeit andererseits zu ermitteln war, sei nun noch auf eine andere Möglichkeit, dichterisch Kritik vorzutragen, hingewiesen. Die Interpretation konnte zeigen, daß die Denkweise mehrerer Gestalten im Parzival über die Ehe der maßgeblichen Eheauffassung der Aristokratie im 13. Jahrhundert öfters weitgehend entsprach. Aber diese Denkweise führt die Gestalten nicht zum von ihnen intendierten Ziel. Beispielsweise kann Clamide Condwiramurs und Gramoflanz Orgeluse nicht heiraten. Parzival und Gawan aber, deren Eheauffassung die Liebe und höfische minne einbezieht, erwerben die beiden Frauen. Oder aber es entsteht Streit auf Grund der der außertextualen Realität parallelen Denkweise wie im Fall des Hardiz, Lambekinund Kaylet. Auch diese Beobachtungen zeigen die kritische Haltung Wolframs gegenüber der feudalen Eheauffas-

Iweîn

und

Erec

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sung und Eheschließungspraxis. Gestellt sei abschließend noch die Frage: Läßt sich eine Interpretation, die bestimmte Elemente der epischen Fiktion nicht nur in ihr e r fiktionsimmanenten Funktion, sondern auch als bezogen auf die soziale Realität betrachtet, mit der Kunstanschauung während der höfischen Zeit vereinbaren? B. Boesch schreibt zum Zweck der Kunst und der Absicht des Dichters: "An keiner Stelle im Mittelalter erscheint die Kunst ohne Absichten und Zwecke außerkünstlerischer Art: sie ist nicht selbstherrlich eine Welt für sich, sondern aufs engste mit den sittlichen Anschauungen und Forderungen der Zeit verknüpft" 1 7 9 . Genau wie die "sittlichen Anschauungen" und eben besonders die " F o r d e r u n g e n " sich auf die Wirklichkeit beziehen - und ein forderndes Verhalten setzt ja Kritik voraus, ja ist selbst Teil positiver Kritik - so auch die Dichtung. Wenn auch Wolfram nicht wie die späteren Dichter Zweck und Absicht seines Dichtens ausdrücklich herausstellt, so kann doch kein Zweifel darüber sein, daß gerade der Parzival. auch in anderen als den hier besprochenen Partien, den Bezug zur Wirklichkeit nie verliert 1 "®. "Die deutschen Dichter der r i t t e r l i c h - h ö f i s c h e n K u l t u r der Stauferzeit fühlen sich ganz als Glieder ihres Standes und im Dienste der höfischen Gesellschaft stehend" 1 ® 1 , schreibt P. Kluckhohn. Das trifft zu. Nur darf man daraus nicht den Schluß ziehen, daß die Funktion der Dichtung allein die unproblematische Verherrlichung der Zustände in der Gesellschaft war. 1.4. Reflexe feudaler Eheauffassung und Eheschließungspraxis im rwein und Erec Hier sollen in methodisch gleicher Weise wie im vorigen Abschnitt Reflexe feudaler Eheauffassung und Eheschließungspraxis in der Artusepik Hartmanns herausgearbeitet werden. Die Hartmannforschung gibt zu diesem Fragenkreis ähnlich wie die Wolframforschung nur indirekte und vereinzelte Hinweise1®2, da die hier in den Mittelpunkt gerückte Fragestellung bisher nur am Rande beachtet wurde. Das hat besonders das Verständnis der Laudinefigur erschwert. Sie ist bisher kaum in einer zusammenhängenden Betrachtung vor der Folie der gesellschaftlichen Realität gesehen worden. Häufig wurde sie dagegen, unter dem Einfluß der in der modernen Forschung korrigierten Vorstellung vom mittelhochdeutschen Dichter als bloßem Übersetzer 1 ®^ i m vornehmlich linearen Stellenvergleich zu Chrétiens Laudine betrachtet 1 Erst eine P e r spektive, die außertextuale Realität und Dichtung gleichermaßen im Auge behält, ermöglicht aber ein weitergehendes Verständnis der Schwierigkeiten und Fragen, vor die sich Laudine als epische Figur

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Iwein

und

Erea

plötzlich gestellt sieht. Die mehrmals unter ähnlichen Fragestellungen durchgeführte vergleichende Betrachtung des Iwein und Y v a i n * 8 5 hat so einerseits öfters zu dem nicht ausreichend begründeten, abwertenden Urteil geführt, Gedanken, Reden und Handlungen der Hartmann'schen Laudine seien psychologisch-fiktionsimmanent unzureichend m o t i v i e r t l 8 6 . Andere Forscher kommen gerade zu dem umgekehrten Ergebnis. Einige ausgewählte Zitate, die sich leicht erheblich vermehren ließen, mögen das zeigen. G. Jeske führt aus: "Im Iwein war es besonders der jähe Umschwung der Laudine vom Schmerz um den erschlagenen Gemahl in Liebe zu dem Mörder, der das Motivierungstalent Hartmanns herausforderte. Sicherlich keine leichte Aufgabe! Doch er hat sie glänzend gelöst, während Chrêstien hier völlig versagt" 1 ^. b. Gaster urteilt wie folgt: "Er /Hartman^ ist viel sorgfältiger und überlegter zu Werke gegangen, hat alle Unebenheiten in der Darstellung, auch alle unpassenden und verletzenden Ausdrücke getilgt, und dabei sich bestrebt, die plötzliche Sinnesänderung Laudines besser zu erklären als es die Vorlage vermochte. Schon der Umstand allein, daß ihm das Hauptstück der ganzen Dichtung besser gelungen ist, erhebt sein Werk weit über das französische Gedicht" 188 . Und jetzt soll die Gegenseite zu Worte kommen. R„ Putz schreibt beispielsweise zu I. 2115-2116: "Hartmann ist bestrebt, den Umschwung durch Mitwirkung tiefen Liebesgefühls zu erklären, wird aber gerade dadurch u n p s y c h o l o g i s c h " H . Roetteken argumentiert: "Laudine verliert auch dadurch, daß Hartmann das eine große und klare Motiv der Staatsraison mit einem zweiten, bald überwiegenden vermischt, mit einer Liebe, von der man nicht weiss, woher sie kommt"1 . H. Sparnaay kommt zu der unhaltbaren Feststellung: "Er /Hartmanny stand dem Thema aber als höfischer Dichter gegenüber, und als solcher mußte er die f . . . / Schwächen der Frau [ . . . ] liebenswürdig zu bemänteln suchen" 191. Aber war denn Chrétien kein höfischer Dichter? Hat Hartmann wirklich die Schwächen Laudines "bemäntelt" ? Folgender Interpretationsversuch, der auf Grund der Forschungslage notwendig wurde, um eine ausreichend differenzierende und geeignete Vergleichsbasis zur sozialen Realität zu gewinnen, wird allerdings - soweit er das Problem der politischen Ehe und Laudines Liebe sowie Hartmanns psychologische Motivationskunst betrifft - zu anderen Ergebnissen kommen, die bisher von der Forschung zwar angedeutet, nicht aber am Text begründet und ausreichend belegt vorgetragen wurdenl92.

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1.4.1. Laudines Wiederverheiratung Im folgenden wird keine Gesamtinterpretation der Laudinefigur gegeben, sondern analysiert werden die Gedanken, Reden und Handlungen sowie die innerepische, "gesellschaftliche" Situation Laudines in dem epischen Zeitraum vom Tode Ascalons bis zum Abschied Iweins. Dabei wird versucht, vornehmlich in der Perspektive Laudines zu blicken. Besonders die Notwendigkeit, einer epischen Gestalt in jedem Moment der erzählten Welt eine "reale", d. h. ungewisse Zukunft zuzubilligen, soll beachtet werden, weil dieser Gesichtspunkt bisher zu wenig berücksichtigt wurde. Aus den Trauergebärden und der Totenklage Laudines allein könnte man wohl kaum mit Sicherheit schließen, daß Laudine mit ihrem ersten Mann Ascalon nicht nur verheiratet war, sondern ihn auch geliebt hat, denn diese sind, verglichen mit anderen Darstellungen, weitgehend durchaus konventionell*^. Nur in dem Anruf: "ouwe, trutgeselle" (I. 1471) schwingen Töne mit, die andeuten, daß für die Witwe mit Ascalon nicht nur der "aller tiureste man" (I. 1455) erschlagen wurde, sondern auch der geliebte Ehemann*^. Da. der Erzähler aber herausstellt, daß die Klage echt ist (I. 1317-1320) und ausdrücklich betont "wand si muose toten sehn ein den liebesten man den wip ze liebe ie gewan. " (I. 1314-1316), kann geschlossen werden: In Laudines erster Ehe mit dem König Ascalon war Raum für persönliche Liebe*®^ sie kennt also aus eigener Erfahrung das vornehmlich zweckbestimmte, gewohnheitsmäßige Zusammenleben, oder besser: Nebeneinanderherleben nicht, das in der gesellschaftlichen Realität die Eheschließungspraxis meistens mit sich bringen mußte. So ergibt sich also bereits hier: Sehnsucht nach einer neuen, liebeserfüllten Ehe, die etwa in der Unerfülltheit ihrer ersten ihre psychische Ursache habein könnte, kann für die Begründung des Entschlusses zur Wiederverheiratung nicht stichhaltig geltend gemacht werden. Mit der Beerdigung ihres Gatten tritt für Laudine alles Persönliche zunächst ganz in den Hintergrund. Sie muß sich nun als Herrscherin bewähren, wenn sie ihre soziale Stellung und die damit verbundene ere in der epischen Zukunft behalten will. Deswegen gilt es zunächst zu fragen: Wie ist ihre Lage als Königin des Landes ? Sie tritt in alle Rechte und Pflichten des erschlagenen Herrschers ein. Die zivilen und verwaltungsrechtlichen Aufgaben werden erst gar nicht erwähnt, da sie offensichtlich nicht zum Problem werden; vielmehr sind es die militärischen Pflichten, denen Laudine nicht

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ohne weiteres nachkommen kann. Als Frau ist sie nicht in der Lage, persönlich den Brunnen zu verteidigen. Daß die Aufgabe der Landesverteidigung in der Dichtung in der Form der Verteidigung eines Brunnens erscheint, spielt für die vergleichende Betrachtung keine Rolle, da die Verteidigung des Brunnens auf der Ebene der Fiktion in der Perspektive Laudines den gleichen funktionellen Stellenwert hat und somit die gleichen Probleme aufwirft wie die konkrete Landesverteidigung in der außerepischen Realität für eine Herrscherin in entsprechender Lage. Aus mehreren Textstellen geht denn auch hervor, daß Laudine ihr Land verliert, wenn sie das Eintreten des Brunnenzaubers nicht verhindern kann (1.18231830, 2310-2320). Außerdem wird ausdrücklich von "lantwer" (I. 2168) gesprochen. Für Laudine muß also alles darauf ankommen, einen brauchbaren Verteidiger des Brunnens zu finden, wenn sie ihre soziale Stellung als Herrscherin dauerhaft behalten will. Das weiß auch Lunete ganz genau, als sie das erstemal von Iwein zu Laudine geht. Sofort lenkt sie das Gesprächsthema in diese Richtung: "uns ist ein vrumer herre erslagen: nu mac iuch got wol stiuren mit einem also tiuren" (1.1802-1804). Laudines Entgegnungen sind sehr gereizt (I. 1807-1808). Das Bild Ascalons als des besten Ritters will sie sich nicht zerstören lassen. Laudine reagiert hier noch völlig als trauernde, verzweifelte Frau. Noch nicht im geringsten hat sie sich auf die nicht abwendbaren Notwendigkeiten der Lage innerlich eingestellt. Lunete aber läßt sich von dem Gefühlsausbruch ihrer Herrin gar nicht beeindrucken. Vielmehr ruft sie der Herrscherin die objektive militärische und damit verbundene politische Lage wirkungsvoll ins Bewußtsein, auf deren Bewältigung es für Laudine in ihrer Funktion als Königin nun alleine ankommt. "ezn ist in niender so gewant, irn wellet brunnen und daz lant und iuwer ere Verliesen,

so muezt ir etswen kiesen der iun vriste unde bewar" (1.1824-1827). Die Inhalte dieses Redeteils bringen natürlich für Laudine keine prinzipiell neuen Erkenntnisse. Nur daß sie so früh nach dem Tod des Gatten gesprochen werden, ist sicherlich außergewöhnlich. Die Begründung für diese Eile folgt und liegt keineswegs nur darin, daß Lunete Iwein, dem sie sich wegen seines ritterlichen Verhaltens am Artushof immer noch verpflichtet fühlt (vgl. I. 1181-1183),

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dankbar einen Gefallen tun wollte. Ein Bote des Artus war da und hat angekündigt, daß der König mit einem Heer "nach disen zwelf tagen unde in kurzerme zil" (I. 1838-1839) zum Brunnen kommen wird. Durch diese Nachricht verschärft sich die Lage Laudines als Herrscherin ungemein. Was bisher nur ein möglicher Fall einer unbestimmten Zukunft war, wird nun bereits in Kürze Wirklichkeit: Der Brunnen muß verteidigt werden. Laudine steht damit unter größtem Zeitdruck. Innerhalb von längstens elf Tagen muß sie einen Ritter gefunden haben, der sich für die Landesverteidigung eignet. Dieser äußerste Zeitdruck muß bei der Beurteilung ihres Verhaltens stets bedacht werden. Lunete erwähnt aber noch weitere Tatsachen, die die Lage Laudines erheblich erschweren (1.18441853). Offensichtlich befindet sich unter den Gefolgsleuten kein Mann, der Tapferkeit und Kampferfahrung in ausreichendem Maße besitzt, um den Brunnen erfolgreich verteidigen zu können. Damit scheidet für Laudine als Lehnsherrin die Möglichkeit aus, einen verteidigungsfähigen Stellvertreter aus dem Kreis ihrer Lehnsmannen zu benennen. Dies war nach dem Lehnsrecht möglich^®®. Am Ende der ersten Gesprächspartie zwischen Laudine und Lunete ist die Herrscherin nin genau über die für sie und ihr Land bedrohliche Lage informiert. Das heißt aber - wie sich sehr bald herausstellen wird, - keineswegs, daß Laudine sofort bereit wäre, sich gemäß dieser Lage zu verhalten. Hier nun schiebt der Erzähler, bevor Laudine antwortet, einen aufschlußreichen Kommentar von 26 Versen in den Dialog ein (1.18631888)1^7, Schon die Tatsache des Erzählereingriffes läßt darauf schließen, daß mit der Antwort Laudines der Dialog in eine neue Phase eintreten, möglicherweise sogar inhaltlich eine neue Richtung nehmen wird. Der Erzähler, der die Gesprächsentwicklung offenbar im voraus kennt, bereitet hier sein Publikum auf den kommenden Umschwung in der Haltung Laudines vor. Deswegen gilt es zunächst, seine Argumentation soweit zu berücksichtigen, wie es hier für das Verständnis Laudines nötig erscheint. Der Erzähler beginnt seinen Kommentar wie folgt: "Swie si ir die warheit ze rehte hete underseit und si sich des wol verstuont, doch tete si sam diu wip tuont; si widerredent durch ir muot daz si doch ofte dunket guot. " (1.1863-1868). Was Lunete über die objektive Situation Laudines als Herrscherin gesagt hat, entspricht also der "warheit" (I. 1863). Ausdrücklich bestätigt das der Erzähler. Laudine hat ihre bedrohliche Lage auch

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durchaus erkannt. Auch das wird vom Erzähler betont (I. 1865). Bis dahin beziehen sich die Verse auf das gerade abgelaufene Gespräch zwischen Laudine und Lunete. Die folgenden (I. 1866-1868) aber sind vorausdeutend und beziehen sich auf die Auseinandersetzung zwischen den beiden Frauen (I. 1890 - 1992), die anschließend folgt. Trotz der verstandesmäßigen Einsicht also wird Laudine argumentieren "sam diu wip tuont" (I. 1866). Hier wird die Witwe demnach zunächst verallgemeinernd mit "den Frauen" verglichen. Die Aussage, die mit dem Vergleich verbunden ist, beinhaltet aber auch: Laudine handelt nicht nur "wie" diu wip. sondern eben damit auch "als" wifij und zwar dann, wenn sie sich "durch ir muot" (I. 1867) spontan gegen etwas wendet - und das kann ja wohl nur die Argumentation von Lunete sein -, obwohl es ihr im Grunde auf der sachlichen Ebene richtig erscheint. Gerade das Überwiegen des gefühlshaften Elementes aber und das Befangensein in ihrem persönlichen Schicksal entspricht nicht ihrer Lage. Sie muß, um in ere bestehen zu können, eben nicht als wip, sondern als künegin sich verhalten und das kann bedeuten, daß Gefühlshaltungen wie Trauer und Liebe und Treue über den Tod hinaus zurücktreten müssen. Hartmanns Erzählerkommentar weist hier deutlich auf eine Problemstellung hin, die sich durch die bisherige Handlungs- und Dialogführung langsam zuspitzt. In der Konfrontation von Erzähler kommentar und Gestaltendialog wird so zum erstenmal der innere Zwiespalt, den Laudine zu bewältigen hat, deutlich sichtbar. Ihn und den Verlauf seiner Überwindung darzustellen, ist eines der Hauptanliegen Hartmanns in der Zeichnung der Laudinefigur und ihrer Wandlung. Der Erzähler setzt dann seinen Einschub folgendermaßen fort: "daz si so dicke brechent diu dinc diu si versprechent, da schiltet si vil manec mite: doch dunketz mich ein guot site. er missetuot, der daz seit, ez mache ir unstaetekheit: ich weiz baz wa von ez geschiht daz man si also dicke siht in wanke Im gemüete: ez kumet von ir güete. " (1.1869-1878). Diese Verse zielen in die gleiche Richtung wie die vorangehenden. Sie kündigen den Gesinnungswandel Laudines an und deuten ihn. Subjekt der Aussage sind weiterhin diu wip, zu denen auch Laudine gehört, und es ist klar, daß die Verse besonders auf Laudine zu beziehen sind. Die Frauen halten sich oft nicht an etwas, was sie

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vorher ausdrücklich gesagt haben, stellt der Erzähler zunächst fest (I. 1869-1870). Auf welche Aussagen Laudines ist das zu beziehen? Nach dem Sinnzusammenhang und dem Stellenwert des E r zählereinschubs liegen diese Aussagen Laudines vor diesem. Laudine hat zunächst reichlich unüberlegt und hybrid mit Hinblick auf Ascalon behauptet: "und kerte unser herre got allen sinen vliz dar an, ern gemachte niemer tiureren man." (1.1808-1810). Lunete hat sie sogar vorgeworfen: "du verliusest mich gar, ob du iemer man gelobest neben im / . . . / " (1.1816-1818) Hier hat die verzweifelte Witwe "sam diu wip tuont" (1.1866) und damit als wip gesprochen. Einen besseren Ritter als Ascalon kann es nicht geben. E s wird sich aber zeigen, daß sie sich später von ihren Aussagen abwendet und zu einer neuen Haltung kommt. Auch diese Fähigkeit, sich gegen eigene, ältere Überzeugungen und Aussagen, die spontan in einer verzweifelten Situation gemacht wurden, auf Grund neuer überzeugender Argumente zu stellen und anders zu entscheiden, ist also die Art der Frauen, und der Erzähler nennt das "ein guot site" (I. 1872). Aber gerade dieses Vermögen, auf Grund späterer Einsicht in Notwendigkeiten umdenken zu können, befähigt Laudine später als Herrscherin zu handeln und Persönliches wie ihre Trauer um Ascalon zurückzudrängen. In der wohl so zu verstehenden Kommentarpartie wird also ausgesagt, daß im wip die Möglichkeit angelegt ist, auch nicht als wip, sondern als Herrscherin handeln zu können. Anschließend wendet sich der Erzähler gegen einen, der behauptet, daß die Möglichkeit des Gesinnungswandels von ihrer "unstaetekheit" (I. 1874) komme und stellt seine Meinung dagegen: "ez kumet von ihr güete" (I. 1878)198. Deswegen ist die Richtung der "wandelunge" (I. 1883) auch stets vom Schlechten zum Guten (vgl. I. 1879-1882). Sieht man auf den gesamten Verlauf der Handlung des Iwein, so behält hier der Erzähler durchaus Recht. Nach diesen Erklärungen des Erzählers setzt sich das Gespräch zwischen den beiden Frauen fort. Zunächst wiederholt "diu vrouwe jaemerlichen" (I. 1889) einen Gedanken, den sie schon früher ähnlich geäußert hatte (vgl. I. 1811 ff.), indem sie erneut auf den Tod als vermeintlichen Ausweg aus ihrer Lage hinweist. Erst dann geht sie zum erstenmal mit sachlichen Argumenten auf die Darstellung ihrer Situation ein, die Lunete ihr gegeben hat:

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"ob ich des niht geraten kan ichn müeze mit eim andern man mines herren wandel han, sone wilz diu werlt so niht verstan als ez doch gote ist erkant: der weiz wol, ob min lant mit mir bevridet waere, daz ichs benamen enbaere. " (1.1899-1906). Vorsichtig gibt sie also dem von Lunete geäußerten Gedanken (1.1803-1804) Raum, daß es ohne einen anderen Mann (vgl. 1.1900) kaum möglich sein wird, die verzweifelte Lage zu meistern. Sie versetzt sich in die Zukunft und in die Perspektive der "werlt" (1.1902), der höfisch-ritterlichen Öffentlichkeit im Bereich ihres Hofes; diese wird den "wandel" (I. 1901) Ascalons "mit eim andern man" (I. 1900), also eine mögliche Wiederverheiratung, nicht verstehen* Nur Gott wird dann ihr Zeuge sein, daß sie auf diesen wirklich verzichtet hätte, wenn sie allein dem Land den Frieden hätte geben und erhalten können. Als "leicht getröstete Witwe", die sie ja auch, wie der ganze bisherige Gesprächsverlauf beweist, durchaus nicht ist, will sie also in ihrer Umgebung keineswegs gelten. Deswegen kommt ihr ein anderer Gedanke, der beweist, daß ihr persönlich an einer neuen Heirat nicht gelegen ist. "sit ich an einem vrumen man min lant niht bevriden kan, so gewinn ich gerne einen, und anders deheinen, den ich so vrumen erkande daz er mime lande guoten vride baere und doch min man niht waere'. " (1.1909-1916). Laudine will also eine Wiederverheiratung umgehen und hofft, i r gendwie einen tapferen Ritter finden zu können, der ihr den Brunnen verteidigt ohne Aussicht auf ihre Hand und ihr Land! Diese vollkommen unrealistische Wunschvorstellung weist jedoch Lunete entschieden zurück. Die Wahrscheinlichkeit, daß solche Hoffnungen in so kurzer Zeit nicht zu verwirklichen sind, ist ja auch schon deswegen besonders hoch, weil sich erstens unter Laudines "gesinde" (I. 1845) bekanntlich kein Mann befindet, dessen kriegerische Fähigkeiten zur Verteidigung des Brunnens ausreichen und weil Iwein, was Lunete ja genau weiß (vgl. I. 1757-1760), Laudine liebt und weil zweitens eine Bitte um Hilfe an den Artushof entfällt, weil dieser sie ja gerade bedroht! Für die realitätsanaloge Denkweise der beiden Hartmann'sehen Frauengestalten ist es beze.leimend, daß

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sie auf den Gedanken, ein Ritter könne im Dienst um Laudines minne den Brunnen verteidigen, erst gar nicht kommen. So findet sich in Lunetes Antwort der überaus bezeichnende Satz: "ir sprechet als ein wip" (I. 1921). Diese Feststellung Lunetes: ihr redet wie eine Frau, ist zugleich ein Vorwurf. Denn die Situation Laudines verlangt, daß das persönliche Schicksal gegenüber den Pflichten des Herrscheramtes zurückgestellt wird. Laudine kann hier nicht allein als wip denken und handeln, sondern nur als Herrscherin, und das ist es auch, was Lunete zunächst erreichen muß, wenn sie ihre Pläne verwirklichen will^®. Kurz hatte Laudine im Konjunktiv den einzig realistischen Gedanken einer Wiederverheiratung vorsichtig erwogen (I. 1899-1906) und war dann aber gleich wieder auf einen vermeintlichen Ausweg verfallen (I. 1909-1916), der es ihr erlaubt hätte, einen persönlichen Bereich von den Pflichten als Landesherrin zu trennen. Wie bereits der Erzähler in seinem Einschub (1.1863 ff.) das Publikum, so weist nun Lunete ihre Herrin auf ihren inneren Zwiespalt hin, den es zu überwinden gilt. Lunetes weitere Argumentation ist nun psychologisch äußerst geschickt. Selbst wenn ihr einem Mann "guot unde lip" (I. 1922) gebt, führt sie aus, könnt ihr froh sein, wenn er eine "so groz arbeit" (I. 1918), wie es die Verteidigung des Brunnens ist, "willeclichen tuot" (I. 1924). Gleich darauf stellt sie eine Wiederverheiratung als nicht aussichtslos hin und weist Laudine auf den in ihrer Lage einzig gangbaren Weg. "nu habent ir schoene unde jugent, geburt richeit unde tugent und mugt ein also biderben man wol gewinnen, obes in got gan." (1.1923-1928). Laudine muß ihre ganze Person, ihre Schönheit, ihre Jugend und ihre edle Abkunft sowie ihre Macht und ihre guten Eigenschaften einsetzen, um der Aufgabe als Landesherrin gerecht werden zu können. Das kann sie aber nur, wenn sie sich nicht in der Trauer um Ascalon verliert: "nune weint niht mere" (I. 1929), und wenn sie nicht darauf beharrt, daß ihr erster Mann der beste aller Ritter war, denn dadurch nimmt sie sich selbst, psychologisch gesehen, die Möglichkeit, einen würdigen Nachfolger zu finden, um in ere aus ihrer bedrängten Lage zu kommen. Lunete weiß: die Landesherrin Laudine darf nicht nur rückwärts gerichtet ihr Bild des toten Gatten trauernd verehren. Ihr Blick muß für die Realitäten der Gegenwart und die Notwendigkeiten der Zukunft frei werden. Deswegen muß Lunete den Schritt wagen und das bisher unantastbare Bild Ascalons zerstören. Mit Bezug auf den Erschlagenen sagt sie:

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"waent ir daz elliu vrümekheit mit im ze grabe si geleit? zware des einist si niht, wand man noch hundert ritter siht die alle tiurre sint dan er ze swerte schilte unde s p e r ' . " (1.1933-1938). Die feine psychologische Beobachtungsgabe Hartmanns zeigt sich hier besonders deutlich. Lunete verliert gerade in dem Teil ihrer Rede, in dem sie den entscheidenden Versuch macht, die Aufmerksamkeit ihrer Herrin von Ascalon abzuziehen, die Kontrolle über ihre Argumente. In dem Bestreben, möglichst wirkungsvoll Laudines Bild von Ascalon einzureißen, übertreibt sie offensichtlich maßlos und spricht gleich von hundert Rittern (I. 1936), die alle im Ritterkampf tapferer wären als Laudines erster Mann. Daß mit "tiurre / . . . ] dan er" (I. 1937) nicht mehr gemeint ist, als im Ritterkampf überlegen, zeigen die Verse I. 1938 u. I. 2037. In Wirklichkeit kennt sie aber selbst nur einen, nämlich Iwein. Laudine ist empört: "du hast zware misseseit" (I. 1939). Auf die große Zahl der besseren Kämpfer geht sie erst gar nicht ein. Offenbar glaubt sie nicht einmal an die Existenz eines einzigen: "der zeige mir doch einen" (I. 1941), schleudert sie ihrer Ratgeberin ins Gesicht (vgl. I. 1945). Lunete aber vollzieht nun eine geschickte Wendung. Mit den Worten: "nu müezt ir min rihtaere sin. " (1.1954), spielt sie ihrer Herrin einen Teil der beabsichtigten Entscheidung in die Hand. Als "rihtaere" (I. 1954) muß Laudine sich nun bemühen, möglichst objektiv auf folgende Frage zu antworten: "nu erteilet mir (ir sit ein wip), swa zwene vehtent umbe den lip, weder tiurre si der da gesiget ode der da sigelos geliget. " (1.1955-1958). Auf eine solche Fragestellung, die alle rechtlichen und ethischen Gesichtspunkte außer acht läßt und nur nach dem Kampfestüchtigeren fragt, kann es nur eine Antwort geben. Und selbst wenn die vrouwe die weiteren Schlußfolgerungen ihrer Ratgeberin ahnt, müßte sie antworten: "der da gesigt, so waen ich." (I. 1959). Sofort wendet Lunete die objektiv, ohne Ansehen der Person gewonnene Erkenntnis auf den konkreten Fall Ascalon-Iwein an: "der in da jagte unde sluoc, der ist der tiurer gewesen: min herre ist tot und er genesn." (L1968-1970). Im Rahmen einer Kriegerideologie, in der die ritterliche Kampfestüchtigkeit und ihre Bestätigung in der ere oberster Wert ist, ist

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die Stringenz in Lunetes Argumentation von überraschender Logik und Überzeugungskraft. Auch psychologisch ist sie meisterhaft vorgegangen. Denn sie hat sich ja ganz in den Mittelpunkt der Denkweise Laudines versetzt. Für diese spielt ja offensichtlich der Glaube, mit dem tüchtigsten Ritter vermählt gewesen zu sein, eine bedeutende Rolle. Hier spricht sicherlich Liebe zu Ascalon und Stolz auf ihn mit, aber genau so eben auch ein starkes Bewußtsein des eigenen Wertes. Lunete hat ihre gesamte Argumentation so eingestellt, daß ihre Herrin die Struktur ihres Bewußtseins prinzipiell nicht ändern muß, wenn sie ihren Plänen folgt. Sie muß lediglich Ascalon mit seinem Besieger vertauschen und damit eine persönliche Bindung zerschneiden. Die Treue zu dem Ehemann über den Tod hinaus muß die Witwe aufgeben, wenn sie Lunetes Rat folgen und sich als Herrscherin bewähren will. Eventuelle ethisch-moralische Gesichtspunkte hat Lunete bei der von ihr gestellten Alternative allerdings vollkommen ausgeklammert. Mit ihnen muß Laudine offensichtlich selber fertig werden. Wie das geschieht, läßt Hartmann sein Publikum später miterleben (vgl. I. 2009 ff.). Hinter Lunetes Alternative steht die gleiche Denkweise wie hinter Kalogreants "Aventiure-Definition" (vgl. I. 528 ff.): Entscheidend ist der Sieg. Nach Recht oder Unrecht wird nicht gefragt. Der Unterschied besteht nur darin, daß Lunete zu diesem bloßen militärischen Denken auf Grund der ausweglosen Lage gezwungen ist, ja bezeichnenderweise gerade durch Iweins Angriff, der aus dem gleichen Denken geschah, was im 3. Kapitel noch näher erläutert wird. Wieder unterbricht der Erzähler den Dialog auf einem inneren Höhepunkt und kommentiert: "daz was ir ein herzeleit, daz si deheiner vrümekheit jqi iemen vür ir herren jach. " (1.1971-1973) Laudine öffnet sich den Argumenten ihrer-Dienerin zunächst nicht und hält an ihrem Bild von Ascalon fest. Vielmehr reagiert sie unbeherrscht - der Erzähler spricht von "unsite" (vgl. 1.1974) - 202 schickt Lunete weg und will sie nicht mehr sehen (I. 1975-1977) Aber gera^gfliese unbeherrschte Reaktion beweist ja, daß sie betroffen ist ! Laudine bereut die Maßnahme, Lunete weggeschickt zu haben, sehr bald. Als sie alleine ist, beginnt allmählich der innere Prozeß der wändelunge. Der Erzähler läßt ihn sein Publikum miterleben, da er Laudines Gedanken mitteilt. Zunächst macht sie sich klar: Lunete hat bisher "nu war geseit" (I. 2022) und ist "getriuwe unde guot" (I. 2024); sie gesteht sich selber, daß Lunetes Rat "durch alle triu-

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we" (I. 2019) gegeben wurde und erinnert sich, daß es bisher immer günstig war, wenn sie Lunetes Vorschlägen gefolgt ist (vgl. I. 20202021). So baut sie sich selbst den ersten Teil eines sicheren Grundes für ihren Gesinnungswandel auf einer menschlichen Beziehung auf, auf die sie bisher vertrauen k o n n t e 204. Sodann überprüft sie vor sich selbst die Argumentation Lunetes: "min herre was biderbe gnuoc: aber jener der in da sluoc, der muose tiurre sin dan er: erne het in anders her niht mit gewalt gejagt. " (I. 2033-2037). Was sie vorher nicht wahrhaben wollte, akzeptiert sie nun, nachdem die erste Empörung über Lunetes Verhalten verflogen ist und sich ihr Bewußtsein auf sachliche Argumente einstellen kann: "si hat mir dar an war gesagt. " (1.2038). Diese Feststellung bezieht sich also nur auf das "tiurre sin" (1.2035). Auf die schwierigste Frage, die ethisch-moralische Seite der Alternative aber, auf die Lunete mit keinem Wort eingegangen war, bezieht sie sich nicht. Daß Laudine darüber nachdenkt, unterscheidet sie von Lunete: Warum hat der Sieger den Besiegten erschlagen? Um diese Frage geht es Laudine doch wohl in den Versen I. 2039-2050. Zunächst gesteht sie sich selbst ein, daß sie Gründe genug hätte, um dem Sieger feindlich gesinnt zu sein (L 2039-2041). Aber das würde ihr weder politisch noch menschlich weiterhelfen, denn sie ist ja gerade auf dem Wege, gedanklich ein Verhältnis zu dem Sieger zu finden, das ihr den Entschluß erlaubt, ihn eventuell zum Ehemann zu nehmen. Also findet sie den einzig sachlich möglichen Entschuldigungsgrund, der ihr hilft, Iwein die Tat zu vergeben: Der Sieger hat aus Notwehr gehandelt (vgl. I. 2044 und 2050). Das kann nun allerdings erstens nicht erklären, warum der Fremde den Stein überhaupt unrechtmäßig begossen hat, und zweitens stimmt es mit dem tatsächlichen Verlauf des Kampfes selbst nicht überein; den aber kennt außer Iwein in der erzählten Welt niemand. Auch Laudine hat keine weiteren Informationen als die anderen Figuren. Bekannt ist diesen außer dem tötlichen Ausgang nur die Tatsache der Flucht Ascalons (vgl. I. 2037), und diese spricht nicht dafür, daß gerade der Verfolger in Notwehr gehandelt hat. Trotzdem aber ist, da auch die genauen Vorgänge am Burgtor Laudine nicht bekannt sind, ein Kampfverlauf denkbar, in dem Iwein, der unrechtmäßige Angreifer, in der Hitze des Gefechtes, ohne die Absicht, diesen zu töten, Ascalon den tötlichen Hieb versetzt hat, weil er im Verlauf des Zweikampfes in die unterlegene Rolle geriet. Und genau an diese sehr unwahrscheinliche, aber doch mögliche Vorstellung des Kampfes

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klammert sich die bedrängte Frau. Anders lassen sich die Verse I. 2039-2050 wohl kaum verstehen. Selbstverständlich kann auch diese Vorstellung des Kampfes, die sich Laudine macht, das mutwillige und unrechtmäßige Begießen des Steines nicht entschuldigen, für Laudine erscheint lediglich die Tötung Ascalons, die mangelnde erbermde Iweins in einem milderen (objektiv falschen) Licht, wodurch für sie die Vergebung der Tat erleichtert wird. Schon hier erkennt man also das Bestreben Laudines, zu dem Sieger, mit dem sie eventuell notgedrungen eine politische Ehe eingehen muß, menschlich - wenn auch zunächst nur in ihrem Bewußtsein - in ein Verhältnis zu kommen, das nicht durch Unversöhnlichkeit (vgl. I. 2056!) von vornherein gestört wäre. Schon hier zeigt sich, daß sich ihr frauliches Gefühl gegen die notwendige Zweckheirat sträubt. Sie wehrt sich bereits hier innerlich dagegen, nicht nur ungeliebtes "Heiratsobjekt" zu werden, denn diese Aussicht verbindet sich mit einem eventuellen Entschluß zu einer politischen Ehe mit einem Unbekannten. Deutlich erkennt man auch hier wieder den inneren Zwiespalt zwischen den auf menschliches Glück gerichteten Ansprüchen des wipund den staatspolitischen Notwendigkeiten, die an das wiß als landesvrouwe gestellt werden. Hartmann - und das wird sich im Verlauf der weiteren Analyse herausstellen - ist es gelungen, die Spannung zwischen beiden Polen in Laudine ständig aufrechtzuerhalten. Dadurch hat er es vermieden, einerseits eine liebestolle, schnell getröstete Witwe und andererseits eine gefühlskalte, nur politisch denkende Herrscherin zu gestalten. In der gleichen Phase ihrer inneren Entwicklung, in der sie beginnt, die bereits früher intellektuell durchaus eingesehene Unausweichlichkeit der in Kürze notwendigen politischen Eheschließung auch existentiell wirklich anzunehmen und zum neuen Orientierungsmittelpunkt des Verhaltens zu machen, um als landesvrouwe handeln zu können, setzt eine vom Gefühl unbestimmt getragene Gegenbewegung ein: Laudine hofft, dem glücklosen Zustand der politischen Ehe und dem unerträglichen Los der ungeliebten Ehefrau irgendwie entgehen zu können. Ein erster Schritt in die Richtung, eine günstige Ausgangslage für die Erfüllung ihrer ganz und gar unbestimmten Hoffnungen zu schaffen, stellt ihre Notwehrthese dar, die allerdings dazu führt, daß sie die Einstellung des Artusritters völlig verkennt. Der E r zähler kommentiert: "sus braht siz in ir muote ze suone und ze guote, und machte im unschult wider si. " (I. 2051-2053). In der "suone" (I. 2052) schafft Laudine sich die erste Grundlage, daß später in der politischen Ehe gegenseitige Liebe entstehen kann.

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Bis hierher wurde gezeigt, wie der Entschluß Laudines aus ihrer äußeren und inneren Lage entsteht. Das bedeutet: es wurde besonders die ichbezogene Komponente in Laudines Verhalten hervorgehoben. Das ist jedoch nur ein Aspekt. Daß Laudine zur wirklichen suone findet, geht noch auf eine andere Kraft zurück. Darüber berichtet der Erzähler in den Versen I. 2054-2057. Auf diese wird im 2. Kapitel ausführlich e i n g e g a n g e n ^ ^ Hier sei nur als Behauptung vorweggenommen: Laudine verliebt sich zu diesem Zeitpunkt der Handlung n i c h t in einen Unbekannten. Die Erwähnung der gewaltigen Minne (vgl. I. 2055) weist nicht auf Liebe zum anderen Geschlecht hin, sondern auf einen g e i s t i g e n A k t v e r g e b e n d e r L i e b e , der auch als solcher zu werten ist, obgleich er unter dem Druck der Lage entstanden ist. Daß sich Laudine nun tatsächlich mit der unabänderbaren Situation abgefunden hat, zeigen ihre weiteren Gedankengänge: " f . . . _ / ' mit mime übe mac ich den brunnen niht erwern: mich muoz ein biderbe man nern, ode ich bin benamen verlorn." (1.2058-2061). Aus diesem neuen Orientierungszentrum kann sie einen eigenen, ausschließlich p o l i t i s c h e n Entschluß gewinnen, der dem Rat Lunetes entspricht, eben den Mann zu heiraten, der "den wirt e r slagen hat" (I. 2065). Man wird auch nicht so ohne weiteres davon sprechen dürfen, Laudine folge hier einfach bedenken- und gedankenlos dem Rat der Lunete, und lasse sich "von der sophistischen Redegewandtheit ihrer Dienerin recht schnell überzeugen, daß der Sieger ein besserer Ritter als der Besiegte und daher trotz seiner Schuld an dem Tode des geliebten Mannes als Gatte erstrebenswert sei'1206. Vielmehr ist es eben gerade die Absicht des Erzählers zu zeigen, wie Laudine sich als die Betroffene dazu durchringt, einen Entschluß zu fassen, der dem politisch klugen Rat Lunetes entspricht. Aber zugleich mit dem Zustandekommen des Entschlusses setzt wieder jene Gegenbewegung ein, die in genau die gleiche Richtung weist wie die gerade aufgezeigte. Sie kommt zu dem Gedankengang: "ob ez anders umb in stat also rehte und also wol daz ich im min gunnen sol, so muoz er mich mit triuwen ergetzen miner riuwen, und muoz mich deste baz han daz er mir leide hat getan'. " (I. 2066-2072).

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Wieder drückt sie hier die Hoffnung aus, daß in der unvermeidlichen Ehe ein persönliches, menschlich erträgliches Verhältnis möglich sein wird. Laudine hofft nur, nicht etwa vornehmlich auf Geschlechtsliebe, sondern daß der unbekannte Sieger, weil er ihr Leid und Schmerzen zugefügt hat, sie um so liebevoller behandeln müsse . Laudine hofft auf die Menschlichkeit, die Nächstenliebe Iweins. Sie erhofft damit etwas, was der Artusritter Iwein nicht kennt, sondern erst lernen muß20®. Die Vorstellung, daß sie sich ihm "gunnen sol" (I. 2068) ohne irgendeine Art von gegenseitigem Vertrauen oder menschlicher Zuneigung, ist ihr schrecklich. Der bereits mehrmals aufgezeigte Zwiespalt in Laudine20®: hier das wip mit dem Anspruch auf persönliches Glück, hier die Königin mit der Pflicht der Landesverteidigung, taucht hier auf anderer Ebene wieder auf. Die Forscher, die Hartmann immer wieder mangelhafte psychologische Motivierung vorgeworfen haben 2 * 0 , haben nicht erkannt, daß es Hartmann in der Zeichnung der Laudinegestalt darum ging, die menschlichen Probleme darzustellen, die für eine Witwe in Laudines Position auftreten konnten, wenn sie plötzlich vor die unausweichliche Situation der politischen Heirat gestellt wurde. Die dabei notwendig auftretenden inneren Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen fraulichem Glücksbedürfnis und königlichem Pflichtbewußtsein hat Hartmann gerade meisterhaft dargestellt und motiviert. Das wird sich auch bei der weiteren Analyse der Darstellung zeigen. Am kommenden Tag empfängt Laudine Lunete erneut. Auf eine gewisse Eile, die Ausdruck innerer Unruhe ist, weist der Erzähler schon hier ausdrücklich hin: "sine saz bi ir niht lange unz si si vragen began. " (I. 2082-2083). Ihre erste Frage entspricht wiederum genau ihrer inneren Lage. Am Vorabend hatte sie sich zur Ehe mit.einem unbekannten Mann entschieden; auf dessen Funktionswert als guter Kämpfer ruhte u. a. dieser Entschluß. Nun will sie mehr von seiner Person erfahren. Sie fragt deswegen zunächst, wer eigentlich der Sieger ist (I. 20842085). Dann teilt sie Lunete ihren Gesinnungswandel mit: Sie will den Sieger zum Manne nehmen (I. 2100), wenn verschiedene Bedingungen erfüllt sind. Die Zusammensetzung dieser Bedingungen ist überaus charakteristisch und offenbart erneut die innere Gespaltenheit der Königin. Zunächst erwähnt sie "die burt" (I. 2089). Die Eheschließung darf also das Ebenbürtigkeitsprinzip nicht verletzen; sie muß standesgemäß sein. Laudine denkt hier also durchaus in gesellschaftlichen Kategorien und nimmt auf die Normen der Gesellschaft Rücksicht. Das zeigt sich auch in der weiteren Be-

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dingung, in der sich die Sorge um ihre ere zeigt. Die höfische Öffentlichkeit darf ihr die Heirat nicht zum Vorwurf machen (vgl. I. 2092-2095). Wenn schon eine Heirat um der Landesverteidigung willen notwendig ist, dann muß sie auch gesellschaftliche Anerkennung finden. Die anderen Bedingungen aber zielen über den sozialen und politischen Bereich hinaus. Der Unbekannte muß die "jugent" (I. 2089) und "ander tugent" (I. 2090) haben. Für den Ehezweck der Brunnenverteidigung sind diese Bedingungen zwar notwendig, aber zweitrangig. Vielmehr scheint durch sie erneut die Hoffnung Laudines hindurch, in der kommenden Ehe mehr zu finden als eine mariage de raison. Lunete kann ihre Herrin beruhigen: "ir sit mit im geret" (I. 2104). Auf die erneute Frage nach dem Namen des Siegers antwortet Lunete endlich: "erheizet, vrouwe, Iwein". (1.2117). Mit der Nennimg dieses, in der erzählten höfischen Gesellschaft offensichtlich berühmten Namens - auch Laudine erkennt seinen berühmten Träger sofort als "sun des künec Vrieenes" (I. 2111) verändert sich Laudines innere Situation gänzlich. Wenn der tapfere Iwein der Sieger ist, dann wächst die Wahrscheinlichkeit der e r folgreichen Brunnenverteidigung und die der gesellschaftlichen Zustimmung zur geplanten Ehe. Da aber wird Laudine plötzlich klar, daß sie bisher einen wichtigen Punkt in ihren Planungen völlig außer acht gelassen haben. Lunete hat bisher darüber noch gar nichts gesagt. Wie steht es eigentlich mit dem Ehewillen Iweins ? Dieser ist ja die Voraussetzung für die Möglichkeit der Ehe. Bisher wurde er offensichtlich von Laudine stillschweigend angenommen. Nun aber fragt sie Lunete: "weistu aber, geselle. rehte ob er mich welle?" (I. 2115-2116). Diese Frage erkundigt sich nicht nach einer eventuellen Liebe Iweins; wellen hat in Hartmanns Epik und im Büchlein niemals den Wortinhalt von n ü n n e n ^ l l i wie sollte auch Laudine, die ja von Iweins Aufenthalt in der Burg nichts weiß, auf die völlig abwegige Idee kommen, daß Iwein, der gerade ihren Ehemann getötet hat, ausgerechnet sie lieben könne, ohne sie überhaupt je gesehen zu haben? Vielmehr zielt Laudines Frage auf Iweins Ehewillen. Allein mit diesem Zielpunkt ist die Frage sinnvoll und verständlich. Man erinnere sich an die feudale Eheschließungspraxis: Der Ehewille ging häufig der persönlichen Begegnung voraus. Laudines Frage verrät also auch deutliche Spuren der Denkweise der hohen Aristokratie! Die Frage Laudines steht also auch nicht - wie mehrere Forscher ausführ e n ! 2 _ i Widerspruch zu der Tatsache, daß Laudine vorher den politischen Ehezweck in den Vordergrund gestellt hat. Vielmehr ist genau das Gegenteil der Fall. Da die Frage nicht auf eine eventuelle 2

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Liebe Iweins zielt, zeigt sie, daß es für Laudine nur den politischen Ehezweck gibt, aber um die politische Ehe zu verwirklichen, muß Iwein sie zwar keineswegs lieben, aber zur Ehe bereit sein, und gerade diese notwendige Voraussetzung kannte sie ja bisher noch gar nicht! Lunetes Antwort (I. 2117), in der etwas von ihrem Wissen um die Liebe Iweins zu Laudine mitschwingt, bejaht die Frage. Dann folgt die Gesprächspartie, in der der Erzähler zeigt, daß Laudine den Zeitpunkt kaum erwarten kann, in dem sie Iwein sieht (I. 2118 ff.). H. Sparnaay schreibt: "Mit der Sehnsucht der Braut harrt sie des Bräutigams" . Diese Deutung der Ungeduld Laudines ist nicht gerechtfertigt. Eine Sehnsucht Laudines nach Iwein zu diesem Zeitpunkt des epischen Geschehens ist nirgends angedeutet. Vielmehr zeigt das ungeduldige Drängen Laudines, daß sie die quälende Ungewißheit des Zustandes, in Kürze aus politischen Gründen heiraten zu müssen, ohne den Ehemann persönlich zu kennen, schnell hinter sich bringen möchte. Sie möchte Iwein sehen und sprechen, weil sich nur so herausstellen kann, ob ihre schwache Hoffnung auf ein persönliches Glück im Rahmen der Zweckheirat sich möglicherweise erfüllen kann oder nicht. Als Lunete nun erkennt, daß ihr Vorhaben sich in Wirklichkeit umsetzen läßt, erinnert sie ihre Herrin an einen wichtigen Schritt, dessen Unterlassung ihre Pläne gefährden könnte: "ouch sult er ein dinc niuwet lan: besendet iuwer liute morne unde hiute. ir naemet übele einen man, dane waere ir rat an." (I. 2148-2152). Lunete macht also auf das Recht der Lehnsleute aufmerksam, bei der Verheiratung der Lehnsherrin mitreden zu können. Der politische Entschluß der Königin bedarf also der Zustimmung, zumindest aber der Bestätigung durch die Großen des Königreiches. Erst dann wird die geplante Eheschließung die gesellschaftliche Anerkennung finden. Deutlich erkennt man Parallelen zur rechtlichen und sozialen Realität. Laudine ist demnach nicht durch die besondere Situation, sondern auch noch durch das Lehnsystem in der Freiheit ihrer Gattenwahl eingeschränkt. Sehr aufschlußreich ist nun ihre Antwort an Lunete: " £ . . . ] trutgeselle, ouwe, ich vürht ez mir niht wol erge: ezn ist lihte niht ir rat f . . . / " (1.2159-2161). Laudine hat also Befürchtungen, die Lehnsleute könnten ihren Ent-

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Schluß nicht billigen 2 1 4 . Sie hat diese aber, wie aus ihrem bisherigen Verhalten klar hervorgeht, weniger aus Angst, sie könne Iwein nicht zum Ehemann bekommen 2 *^, sondern es liegen ja offensichtlich andere Gründe vor, die sie schon früher äußerte (vgl. 1.1902 ff. u. 2092 ff.). Wenn etwa eine Mehrheit der Lehnsleute ihren Entschluß, Iwein zu heiraten, nicht billigen sollte, dann wird gerade dadurch ihre Stellung als Königin des Landes sehr geschwächt. Denn das bedeutet, daß sie mit ihrem ersten politischen Entschluß nach dem Tod des Königs nicht durchdringen könnte und damit die Landesverteidigung gefährdet wäre. Lunete aber kann ihre Herrin beruhigen. Ausgehend von der Überlegung, daß die Lehnsleute froh seien, nicht selber die "lantwer" (I. 2168) übernehmen zu müssen, sagt sie voraus: "si bietent sich zuo iuwern büezen, swenne si iuwer rede vernement, und bitent iuch daz ir in nement!" (I. 2170-2172). Als die Dienerin am anderen Abend zu ihrer Herrin mit der Botschaft von Iweins "Ankunft" zurückkommt, beschreibt der Erzähler die Reaktion Laudines mit den Worten, daß sie "von vreuden bleich unde rot" (I. 2203) wurde. Diese Erzähleraussage ist deswegen beachtenswert, weil zum erstenmal seit dem Leid, das Laudine durch den Tod Ascalons erfahren hat, Anzeichen an ihr bemerkt werden, die "von vreuden" (I. 2203) kommen. Warum gerät Laudine in freudige Bewegung, nachdem sie die "Ankunft" Iweins erfahren hat ? Jede Deutung, hier sei irgendeine Art von minne oder Sehnsucht nach einem neuen Ehemann die Ursache, läßt sich aus dieser Textstelle und der folgenden Textpartie (bis I. 2215) nicht rechtfertigen 2 *®. Man gewinnt wohl auch hier nur das richtige Verständnis, wenn man sich einerseits genau den begrenzten Ausschnitt des Erzählzusammenhanges vergegenwärtigt, den die dichterische Gestalt überblicken kann, und andererseits keinen methodisch nicht zu rechtfertigenden Schritt über die Grenzen der epischen Fiktion hinaus macht. Laudine weiß nicht, daß Iwein sie gesehen und sich in sie verliebt hat. Der E r zähler hat nicht mitgeteilt, wie Laudine sich den Inhalt des Botenauftrages vorgestellt hat, der bewirken soll, daß Iwein ausgerechnet auf die Burg eilt, deren Herren er kurz vorher erschlagen hat! Man kann also nicht entscheiden, ob f ü r d a s B e w u ß t s e i n L a u d i n e s Iwein etwa gekommen ist, weil er durch die Boten e r fahren hat, es ginge um eine Eheschließung mit Laudine. Man kann also auch nicht sagen, aus der Tatsache der Ankunft könne Laudine auf Iweins Ehewillen schließen! Vielmehr erklärt sich ihre "vreude" (vgl. I. 2203) wie folgt. Das Erscheinen Iweins muß in den Augen Laudines ein gutes Licht auf ihn werfen. Wenn er freiwillig gekommen ist, muß er offensichtlich Gründe haben, die die Erschlagung

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Ascalons rechtfertigen; zumindest aber scheint er den Willen zu haben, für seine Tat einzustehen, da er einer Begegnung mit der Witwe auf ihrer Burg nicht ausweicht, in der er sich praktisch in ihre Gewalt begibt. Für Laudine muß sogar allein die "Tatsache" der Ankunft ein erster Schritt zur Bestätigung ihrer früher aufgestellten Notwehrthese sein (vgl. I. 2042 f f . W e i t e r h i n b r i n g t sie die Ankunft Iweins der notwendigen politischen Heirat und damit der Möglichkeit der wirkungsvollen Landesverteidigung näher, denn sie ist ja für das Bewußtsein der Königin bisher der e r s t e r e a l e S ch r i t t in dieser Richtung; auch kann nun die quälende Ungewißheit über die Person Iweins bald ein Ende finden, und schließlich antwortet Lunete auf die erstaunte Frage Laudines: "wie mohter komen so vruo?" (I. 2209) mit den Worten: "da treip in diu liebe derzuo" (I. 2210), die für Laudine eigentlich höchst überraschend sein müßten. Was aber heißt hier "diu liebe" (I. 2210)? Die Zahl der möglichen Wortinhalte für das Substantiv ist bekanntlich groß^l". Daß die Sprecherin Lunete mit liebe die Liebe Iweins zu Laudine, über die sie informiert ist, bezeichnen will, ist möglich. Ist es aber unter Berücksichtigung des inneren und äußeren E r zählzusammenhangs wahrscheinlich ? Sollte die taktisch und psychologisch bisher so überaus geschickt agierende Lunete zu einem solch ungünstigen Zeitpunkt der Entwicklung ihr und Iweins Geheimnis ohne Vorbereitung plötzlich verraten? Und kann denn Laudine aus der Bezeichnung "liebe" (I. 2210) sinnvoll auf eine Liebe Iweins schließen ? Denn Laudine hat ja bisher nicht die geringste Ahnung, daß Iwein sie kennt und sich in sie verliebt hat. Auch ein solcher Schluß Laudines ist möglich, aber auf Grund der erzählten Zusammenhänge und der aus ihnen sich ergebenen Bewußtseinslage und auf Grund des Informationsniveaus Laudines nicht sehr wahrscheinlich. Mag auf Grund ihres Wissens um Iweins Liebe für Lunete im Wort liebe die Bedeutung "Liebe" mitschwingen, für Laudine hat die Aussage Lunetes I. 2210 wohl sicher die gleichfalls mögliche allgemeinere Bedeutung: freundliches Verhalten trieb ihn dazu, oder sie hat für sie den Sinn: die Freude (nämlich die über die vermeintliche Nachricht des garzuns) trieb ihn d a z u " ^ . Auch der unmittelbar auf Vers I. 2210 folgende Dialogabschnitt (I. 2211-2213) spricht für diese Interpretation. Wenn Laudine das Wort "liebe" (I. 2210) in der Bedeutung Liebe aufgefaßt hätte, wäre zu erwarten gewesen, daß sie auf diese für sie vollkommen überraschende Nachricht zumindest mit einem Wort eingegangen wäre. Wie die Verse I. 2211-2213 zeigen, ist das aber nicht der Fall. Vielmehr fragt sie mit Bezug auf Iweins "Eintreffen" auf ihrer Burg: "sage durch got, wer weiz ez doch?" (I. 2211) "vrouwe, ezn weiz niemen noch,

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niuwan der garzun unde wir. " (I. 2212-2213). Daß diese Frage und die Antwort sich auf die Anwesenheit Iweins beziehen, ist klar. Denn nirgends ist mitgeteilt, daß "der garzun" (I. 2213) etwas von der Liebe Iweins zu Laudine weiß. Dieser ist vielmehr nur von Lunete über die Tatsache informiert, daß Iwein sich in der Burg befindet. Zumindest aber kann aus I. 2179-2184 nicht mit Sicherheit geschlossen werden, daß "der garzun" (1.2213) von Lunete über Iweins Liebe informiert worden ist. Man sieht also: Es wäre allzu einseitig und voreilig und entspräche nicht dem Informationsniveau und der Bewußtseins- und Gemütslage Laudines, ihre "vreude" (vgl. I. 2203) nur auf die Nachricht Lunetes von der "Liebe" (vgl. I. 2210) im Sinne von Liebe Iweins zu Laudine zurückführen zu wollen. Hartmann hat die erste vreude Laudines nach dem Tod ihres ersten Ehegatten überzeugend aus mehreren Ursachen, die zusammenwirken, motiviert. Aus der gleichen polykausalen Motivationstechnik des Erzählers, die es ihm erlaubt, e r zählerisch komplizierten psychischen Zusammenhängen gerecht zu werden und damit ein psychologisch vertieftes Erzählen gestattet, erklärt sich auch Laudines Eile, nun Iwein gleich gegenübertreten zu wollen: "wan vüerstun danne her ze mir? genc enwec, ich beites hie". (1.2214-2215). Auch diese Hast und Ungeduld Laudines ist nur sinnvoll aus der Ungewißheit ihrer nahen Zukunft zu erklären und aus dem inneren Drang, das Qualvolle dieses Zustandes baldmöglichst zu überwinden. Bis hierhin hat die Analyse zeigen können, daß Laudines Denken und Handeln keine unverständlichen psychologischen Widersprüche zeigt. Der Schlüssel zu dieser geschlossenen Interpretation war die E r kenntnis, daß es Hartmann darauf ankam, die schwierige, zwiespältige Situation einer jungen Witwe darzustellen, die sich unter Zeitdruck zur notwendigen politischen Heirat entschließen muß, gleichzeitig aber die unbestimmte Hoffnung nicht aufgibt, den zu erwartenden Folgen dieses Entschlusses entgehen oder sie überwinden zu können, nämlich in einer voraussichtlich glücklosen, weil nur aus politischen Motiven geschlossenen Ehe leben zu müssen. Mit der ersten persönlichen Begegnung zwischen Laudine und Iwein tritt nun die Erzählung in eine neue Phase ein. Die Kritik vieler Forscher bezieht sich gerade auf die nun folgende Erzählpartie (1.22452420) und besonders auf das Verhalten Laudines und damit wiederum auf die mangelhafte psychologische Motivierung Hartmanns . Wenn die bisher vorgetragene Deutung gerechtfertigt sein soll, dann muß

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sie sich gerade in der ersten Begegnung Laudines mit Iwein bestätigen. Iwein wird von Laudine "undare" (I. 2247) empfangen: "do er kom gegangen, weder si ensprach noch eneic. " (I. 2248-2249). Man sieht: Das ist offensichtlich nicht der Empfang eines sehnsüchtig erwarteten, schon halb geliebten M a n n e s ^ D i e gespannte Atmosphäre in der Empfangsszene hat der Erzähler im Schweigen der beiden eingefangen (vgl. I. 2250 u. 2255); sie drückt sich auch darin aus, daß Iwein weit ab von Laudine Platz nimmt (vgl. I. 2253). Nur "bliuclichen" (I. 2254) sieht er sie an. Lunete bricht das Schweigen. Ihre Worte sind zunächst im leichten Ton zur Überbrückung der peinlichen Situation gesprochen (vgl. I. 2256-2269). Dann aber lenkt sie sicher zu dem entscheidenden Punkt über: "ir hat den künec Ascalon, ir vil lieben man, erslagen: wer solt iu des gnade sagen ? ir hat vil groze schulde: nu suochet ouch ir hulde" (1.2274-2278). Lunete nimmt also ihrer Herrin die Last ab, selber als erste auf den Tod Ascalons eingehen zu müssen. Im Gegensatz zu Laudine, die ja versucht hatte, in der Notwehr einen Grund zur Entschuldigung wenigstens für Iweins Totschlag zu finden, nennt sie die "vil groze schulde" (I. 2277) deutlich. Diese Feststellung schafft Klärung. Die deutlich ausgesprochene Schuld leugnen oder durch Worte erklären zu wollen, kommt für Iwein nicht in Betracht. Noch ehe er das erste Wort gesprochen hat, zeigt sein Handeln das Eingeständnis seiner Schuld^ : "Er bot sich drate uf ir vuoz und suochte ir hulde unde ir. gruoz als ein schuldiger man. " (I. 2283-2285). Aus der Sicht Iweins, der ja auf die minne Laudines hofft (vgl. I. 1623 ff.), ist das wohl die einzige Möglichkeit, zunächst einmal die "hulde" (I. 2284) Laudines zu gewinnen. Die Entscheidungsgewalt über sich legt er in ihre Hände: "swie ir weit, also wil ich. " (I. 2290). Den durch diesen Satz Iweins kurz aufkommenden Gedanken an Rache, enthalten in Laudines Hinweis auf die Möglichkeit, daß sie ihm nun das Leben nehmen könne (vgl. I. 2291-2294), lehnt sie, kaum erwogen, sofort entschieden als "unwiplich" (I. 2299) ab, zumal Iwein sich nach ihrer Kenntnis auch "ane getwanc" (I. 2296) in ihre Gewalt begeben hat. Dann geht sie nach einer sachlich vorgetragenen Recht-

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fertigung (I. 2300-2303), in der sie einen möglichen Verdacht der "unstaete" (I. 2301) von sich weist, sogleich zu dem über, was ihr das Wesentliche ist. Sie erläutert Iwein ihre ausweglose Lage als Königin, in die er sie gebracht hat. Dieser Redeteil Laudines lautet: "ir hat mir selch leit getan, stüende mir min ahte und min guot als ez andern vrouwen tuot, daz ich iuwer niht enwolde so gahes noch ensolde gnade gewahen. nu muoz ich leider gahen: wandez ist mir so gewant, ich mag Verliesen wol min lant Hiute ode morgen. daz muoz ich besorgen mit eim manne der ez wer: der ist niendr in mime her, sit mir der künec ist erslagen: des muoz ich in vil kurzen tagen mir einen herren kiesen ode daz lant Verliesen." (I. 2304-2320). Man entzieht sich der Grundlage für das Verständnis der Laudine gestalt, wenn man wie W. Ohly behauptet: "Die Notwendigkeit der Verteidigung ist [ . . . ] nur eine vorgeschobene Motivation, eine Selbsttäuschung und Selbstrechtfertigung, die vor allem dazu dient, vor Iwein den schnellen Umschwung ihres Gefühls zu erklären (2300 ff. )"223. Vielmehr wird Iwein hier sehr deutlich und unsentimental die W a h r h e i t gesagt: Ausschließlich militärpolitische Gründe haben zwar nicht den von außen kaum erzwingbaren geistigen Akt der Vergebung, aber den so frühzeitigen Termin dieser Vergebung seiner Tat erzwungen (vgl. "so gahes" I. 2308 u. "in vil kurzen tagen" I. 2318) und drängen unausweichlich darauf, einen Mann zum Zwecke der Landesverteidigung zu suchen! Iweins Hoffnungen auf das Wirken der frou minne, wie er es sich vorstellt, sind nicht in Erfüllung gegangen. Laudine läßt Iwein keinerlei Illusionen über die zweckhaften Motive ihres durch die Umstände so frühzeitig erzwungenen E h e w i l l e n s ^ ^ . Aus diesem folgt konsequent die unfreiwillige "Gattenwahl" nach dem Funktionswert: Iwein wird benötigt als "vrum man" (I. 2323), der in der Lage ist, Laudine und ihr Land durch erfolgreiche Verteidigung des Zauberbrunnens "vor aller vremden hochvart" (I. 2326) zu bewahren. Wenn Laudine nach einer solchen ausschließlich politischen und völlig illusionslosen

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Argumentation im gleichen Dialog unmittelbar anschließend noch von Liebe zu Iwein sprechen sollte, wäre das selbst für den verliebten Iwein wenig glaubhaft und vom Erzähler allerdings psychologisch schlecht motiviert, aber es ist - im Gegensatz zu der Meinung mehrerer H a r t m a n n - F o r s c h e r 2 2 5 _ zunächst kein Wort von Liebe zu Iwein in der langen Rede Laudines zu finden. Sie fährt in dieser fort: "und geloubet mir ein maere: e ich iwer enbaere, ich braeche e der wibe Site: swie selten wip mannes bite, ich baete iuwer e. ichn noetliche iu niht me: ich wil iuch gerne: weit ir mich?" (I. 2327-2333). Zunächst muß ausdrücklich betont werden, daß diese Verse nur im inneren Zusammenhang mit dem unmittelbar vorausgehenden Teil der Rede Laudines (I. 2300-2326) textgerecht zu verstehen sind. Darin hat Laudine ja gerade ausdrücklich festgestellt, wie notwendig sie Iwein als Landesverteidiger braucht. Jetzt sagt sie ihm: und glaubt mir eins: eher bräche ich die weibliche Sitte, bevor ich auf euch verzichten würde. Obgleich eine Frau einen Mann nie bitten sollte, ich bäte euch um die Ehe (vgl. I. 2327-2331). Die hiermit angekündigte Absicht, auf Iwein nicht verzichten zu wollen, ist somit keine versteckte L i e b e s e r k l ä r u n g 2 2 6 sondern aus dem gerade analysierten Gesprächszusammenhang geht ja eindeutig hervor, daß sie ausschließlich seine kämpferischen Fähigkeiten zum Zwecke der Landesverteidigung nicht entbehren kann. Somit zeigt sich hier nur der feste Wille der Königin, unter gar keinen Umständen auf den durch seinen Sieg über Ascalon qualifizierten Brunnen Wächter und damit auf die politische Heirat verzichten zu wollen^?. Um ihn zu heiraten, will sie sogar lieber "der wibe site" (I. 2329) brechen, um ganz als Herrscherin handeln zu können. j

Höfische Zurückhaltung der Frau will sie als Herrscherin unterd r ü c k e n ^ * * . wieder zeigt sich der bekannte Zwiespalt in Laudine. Aber nachdem die Verse I. 2328-2331 von Laudine ausgesprochen sind, ist ja die Bitte um die Ehe nur angekündigt, jedoch noch keineswegs erfolgt. Laudine hat ja bisher nur von der Möglichkeit eines solchen Angebots ihrerseits gesprochen. Diese Möglichkeit macht sie nun gleich nach einer kurzen Überleitung (I. 2332) zur Wirklichkeit, und zwar mit den Worten: "ich wil iuch gerne: weit ir mich?" (I. 2333)229. o a s Verb wellen ist als Synonym zu minnen in Hartmanns Epik nicht üblich. Es gibt nicht einen einzigen Beleg d a f ü r 2 3 0 . Auch deswegen hat die These ein Höchstmaß an Wahr-

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scheinlichkeit für sich, die lautet: In der Aussage und Frage Laudines (I. 2333) klingt nichts von Liebe an! Den Interpreten, die hier eine Liebeserklärung Laudines erkennen wollten 2 ^, kann also nicht zugestimmt werden, und zwar aus linguistischen und literar-soziologischen Gründen, deren Nichtbeachtung die Gesamtinterpretation der Laudine-Gestalt in eine falsche Richtung lenkt. Denn es ist e r stens nicht gerechtfertigt, einem im nhd. möglichen Wortinhalt des Verbs wollen 2 dem mhd. Verb wellen zuzuordnen, ohne den bei Hartmann üblichen Wortgebrauch zu beachten. Unter der Voraussetzung, daß wellen hier nicht den Wortinhalt lieben hat, sondern einfach wollen heißt, muß dann zweitens bedacht werden, daß für ein aristokratisches Publikum, für das Liebe und Ehe zwei verschiedene Bereiche waren und meistens nicht zusammenfielen, die Aussage "ich wil iuch gerne" (I. 2333) und die Frage "weit ir mich?" (I. 2333) nicht wie die nhd. Übersetzung: Ich will Euch gerne: wollt ihr mich? vor dem Hintergrund einer Eheauffassung, in der Liebe und Ehe zusammengehören, notwendig sinnidentisch oder sinnähnlich ist mit der Aussage "ich habe euch lieb" oder der Frage "liebt ihr mich ? ", wenn der übrige Textzusammenhang nicht ausdrücklich beweist, daß der Ehewille aus der Liebe hervorgegangen ist. Diese Beweiskraft aber hat der Kontext hier ja gerade nicht. "Ich wil iuch gerne" (I. 2333) ist damit eindeutig als das gerade von Laudine angekündigte Angebot der Ehe aus politischen Motiven zu werten. Der unmittelbare und weitere Kontext sowie der Wortinhalt des mhd. Verbes wellen (zumindest wie er sich bei Hartmann findet) lassen wohl kein anderes Verständnis zu. Nach dem Deutschen Wörterbuch ist nhd. wollen mit Akk. der Person in der Bedeutung "jemanden haben wollen, jemanden lieben oder jemanden heiraten wollen" aus elliptischer Redeweise entstanden. Es wird hinzugefügt, daß die jeweils aktualisierte Bedeutung von wollen und wellen aus dem Satzzusammenhang oder der Situation h e r v o r g e h e 2 ^ . Hier spricht aber alles für die Bedeutung heiraten wollen 2 ^. Ja man wird hier sogar elliptische Redeweise annehmen dürfen. Der erste Teil des Verses I. 2333 "ich wil iuch gerne" wäre dann verkürzte Redeweise für "ich wil iuch gerne (ze man) nemen (oder: han)", und die anschließende Frage "weit ir mich" (I. 2333), die sich nach dem Ehewillen Iweins erkundigt, ist zu verstehen als verkürzte Form von "weit ir mich (ze wibe) nehmen (oder: han)". Die syntaktische Kombination einer konjugierten Form von wellen mit nemen oder han in der Bedeutung heiraten findet sich mit und ohne die Ergänzung ze wibe bzw. ze man in Hartmanns Epik mehrmals. Alle Belege zeigen, daß auch ze wibe (ze man) nemen (han) von minnen immer dann semantisch streng zu trennen ist, wenn andere Textstellen nicht eindeutig den Schluß erlauben, daß der Ehewille aus der Liebe stammt und somit

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eine Minne-Ehe gegeben ist235. Keinesfalls kann aber in Hartmanns Epik allein aus der Formulierung ze wibe (ze man) nemen (han) oder einer Variation dieser syntaktischen Gruppe auf die Existenz von Liebe geschlossen werden. Schließlich finden sich in Hartmanns Epik, und zwar gerade auch in direkten Fragen, verkürzte Fügungen, in denen nach einer konjugierten Form von wellen der Infinitiv wegfällt, wenn der Kontext - wie in der hier fraglichen Erzählpartie das Erkennen eines klaren Sinnzusammenhanges e r l a u b t ^ 6. Dieser Befund unterstützt die hier aus dem Gesprächszusammenhang gewonnene Deutung des Verses 2333. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß die Interpunktion des Textherausgebers nicht die allein vertretbare ist. Es muß weder von der Syntax noch vom Kontext her notwendig nach "gerne" (I. 2333) ein Doppelpunkt und am Versende ein Fragezeichen gesetzt werden. Vielmehr kann auch wie folgt interpunktiert werden: "ich wil iuch gerne, weit ir mich." Dann wäre der Nachsatz als Bedingungssatz zu nehmen, und Laudine sagt zu Iwein: "Wenn ir mich heiraten wollt, will ich euch gerne heiraten." Es erscheint durchaus erwägenswert, ob diese Auffassung des Verses I. 2333 dem Sinnzusammenhang nicht besser entspricht. Laudine geht mit ihrer Frage (bzw. mit ihrer bedingten Aussage) an Iwein nicht das Risiko einer verneinenden Antwort ein, denn daß Iwein zur Ehe mit ihr bereit ist, weiß sie ja bereits von Lunete (vgl. I. 2117). Die Gründe für seine Ehebereitschaft kennt sie jedoch noch nicht. Daß die Frage: "weit ir mich?" (I. 2333) nicht auf eine Liebe Iweins zielt, zeigt indirekt auch die Antwort Iweins, dem bei der Argumentation Laudines wohl klar geworden sein muß, daß ihm hier die Ehe aus politischen Motiven angetragen wird. So ist denn auch in seiner Antwort nicht direkt von minne die Rede, vielmehr deutet er seine Liebe, von deren Existenz Laudine bisher wohl kaum etwas weiß237} n u r indirekt und vorsichtig an, denn eine feurige Liebeserklärung wäre nach der von politischer Vernunft getragenen Argumentation der Königin auch völlig d e p l a c i e r t ^ , so erwähnt er nur, er wäre ein "unsaelec man" (I. 2335), würde er Laudines Angebot ablehnen, fügt hinzu, dies sei sein schönster Tag (vgl. 1.2336) und schließt seine Zusage zur Ehe mit den Worten ab: "got ruoche mir daz heil bewarn, „„„ daz wir gesellen müezen sin. " (I. 2338-2339) . Bevor nun das Gespräch weiter verfolgt wird, sei hier ein Moment innegehalten und nach der inneren Lage Laudines nach dieser positiven Antwort Iweins auf ihr Eheangebot gefragt. Mit dieser Antwort weiß Laudine nun definitiv: die politische Lage ist gemeistert; als

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ihr zukünftiger Ehemann und Landesherr wird Iwein den Brunnen gegen den heranziehenden Artus verteidigen. Damit hat ihr politisches Handeln als Königin Erfolg gehabt. Über das persönliche Verhältnis in dieser geplanten Ehe wurde jedoch bisher nicht gesprochen. Für Iwein ist es klar: Seine Ehezusage erfolgte aus Liebe zu Laudine. Er hat zwar gerade erfahren, daß Laudine ihn aus politischen Motiven heiraten will, für ihn aber ist die beschlossene Ehe auch die soziale und rechtliche Verwirklichung seiner minne. Anders stehen jedoch die Dinge für Laudine. In seiner Ehezusage (I. 23342339) hat Iwein seine minne gerade vorsichtig angedeutet. Damit gelangt das Gespräch auf eine persönliche Ebene. In Laudine meldet sich nun wiederum die bange Hoffnung, die sich in ihrem Verhalten zeigte und ihren Äußerungen schon mehrmals fand240: wird ein e r trägliches Zusammenleben in dieser Ehe möglich sein ? Mit Iweins verstecktem Minnegeständnis gewinnen diese Hoffnungen an realem Boden. An die z u e r s t von I w e i n , zwar nicht mit dem Namen, aber der Sache nach in das Gespräch gebrachte minne knüpft nun Laudine an. Denn was könnte die Frau jetzt, nachdem für sie das Problem der Brunnenverteidigung gelöst ist und sie damit ihren Pflichten als landesvrouwe nachgekommen ist, mehr interessieren als die angedeutete minne ihres zukünftigen Ehemannes? Sie stellt deswegen zunächst die Frage: "ouwi, min her Iwein, wer hat under uns zwein Gevüeget dise minne?" (1.2341-2343). "Ouwi" (I. 2341) ist hier Interjektion des Erstaunens (vgl. I. 2344). Somit drückt sich in der Frage zunächst ein Erstaunen Laudines aus. Das ist nicht weiter verwunderlich; da sie nicht weiß, daß Iwein sie bereits früher gesehen und sich in sie verliebt hat, muß sie ja annehmen, daß seine minne im Laufe des Gesprächs entstanden ist241i. Überraschend ist jedoch die Richtung ihrer Frage. Sie fragt nach der Instanz oder der Person, die "dise minne" (I. 2343) zustande gebracht hat. Die Antwort darauf wird sich gleich ergeben. Das Demonstrativum "dise" (I. 2343) zeigt, daß Laudine nach dem Zustandekommen einer ganz bestimmten minne fragt. Das kann aber nach dem Verlauf des Dialogs nur die sein, die Iwein in seiner Ehezusage (I. 2334-2339) andeutete. Demnach fragt Laudine also eindeutig danach, wer Iweins minne zu ihr zustande gebracht hat! Sie gebraucht aber in dieser Frage die Formulierung "under uns zwein" (I. 2342). Widerspricht das nicht der gegebenen Interpretation, es handele sich hier ausschließlich um die Liebe Iweins zu Laudine? Weist diese syntaktische Fügung nicht eindeutig auf die Gegenseitigkeit der minne zu Laudine ? Diese Frage wird durch den Inhalt der gleich auf die Verse

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I. 2341-2343 folgenden Dialogpartie eindeutig gelöst. Zunächst fährt Laudine fort: "es wundert mine sinne, wer iu geriete disen wan so leide als ir mir hat getan, daz ich immer wurde iuwer wip". (I. 2344-2347). Laudine gibt also nun ihrer berechtigten Verwunderung darüber Ausdruck, wer verantwortlich dafür ist, daß Iwein trotz seiner Tat den Glauben und die Hoffnung hat (vgl. "wan" I. 2345), daß sie jemals seine Frau werden könne. Man sieht also die direkte Frage (1.23412343) und die sich anschließende indirekte (I. 2344-2347) sind dem Sinngehalt nach eng aufeinander bezogen: Laudine fragt zunächst; wer die minne Iweins zustande gebracht hat und dann, woher der Ehewille Iweins kommt (I. 2344-2347). In dieser Doppelfrage ist also versteckt eine dritte enthalten, nämlich die nach dem Zusammenhang der minne Iweins mit seinem Ehewillen. Darin drückt sich eine gewisse Skepsis Laudines aus, die durchaus verständlich ist, wenn man sich auch hier erneut verdeutlicht: Laudine steht vor dem für sie erstaunlichen Phänomen, daß Iweins minne zu ihr während ihres Beisammenseins entstanden ist, Lunete aber bereits v o r einer persönlichen Begegnung Iweins mit Laudine dessen Bereitschaft zur Ehe mitteilte (vgl. I. 2117)! Natürlich will sie nun wissen, was für Iwein und Lunete eine klare Sache ist, nämlich wie der Zusammenhang von Iweins Ehewillen mit seiner gerade angedeuteten minne ist, und ob der Ehezweck nun in Iweins mjnne liegt, oder ob es etwa noch andere gibt, die mit Iweins minne nichts zu tun haben. Iwein hat den dreifachen Sinn ihrer Doppelfrage offensichtlich sehr genau verstanden. Er nimmt das Stichwort "raten" (vgl. I. 2345 "geriete']) auf und antwortet: "nur rietz niuwan min selbes lip" (I. 2348) Z 4 2 . Zu beachten ist das "niuwan" (I. 2348). Keine andere Person, keine überindividuelle Instanz, sondern n u r "sin selbes lip" (vgl. I. 2348) hat Iwein geraten, Laudine könne seine Frau werden, d. h. also: Der Entschluß stammt nur aus Iwein selber. Die weiteren Fragen Laudines zeigen nun sehr genau, daß sie die mittelalterliche Vorstellung von der Entstehung der minne gut kennt, "wer rietz dem libe durch got?" (I. 2349) fragt sie sofort weiter, und Iwein antwortet bereitwillig: "das tete des herzen gebot. " (I. 2350). Er bezieht sich damit auf die ratende Funktion des Herzens, einer der Hauptfunktionen dieses Organs nach den psychologischen Vorstellungen im Mittelalter243. Aber Laudine ist noch nicht zufrieden: "nu aber dem herzen wer?" (I. 2351) "dem rieten aber diu ougen her. " (I. 2352). Noch eine Frage, und Laudine ist am Ziel: "wer riet ez den ougen do?" (I. 2353). Iwein gesteht es gerne: "ein rat,

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des mugt ir wesen vro, iuwer schoene und anders niht" (I. 2354-2355). Damit sind alle Fragen, die die Königin gestellt hat, gelöst. Laudine selber, ihre Schönheit - und Iwein betont ausdrücklich: nur diese allein - ist für alles verantwortlich, für "dise minne" (I. 2343) und für "disen wan" (I. 2345). Gemäß der Theorie des Sehens im Mittelalt e r und damit im Zusammenhang gemäß dem "Weg der allgemeinen mittelalterlichen Erkenntnistheorie"^ 5 ist die minne Iweins zu Laudine so entstanden, daß das Bild ihrer Schönheit durch seine Augen an sein Herz weitergegeben wurde^46 j und dieses hat Iwein sein weiteres Verhalten geraten; so entstand aus der minne sein Ehewille und aus ihm seine Ehezusage. Demnach stammen nach Iweins Aussagen, die den epischen Tatsachen entsprechen, beide eindeutig aus der minne. und Laudine weiß: Iwein will sie, obwohl er für Laudines Bewußtsein bereits vor der ersten persönlichen Begegnung seine Bereitschaft zur Ehe erkennen ließ, aus Liebe heiraten. Nun läßt sich auch die noch ungeklärte Frage der Interpretation beantworten. Wieso spricht Laudine von minne "under uns zwein" (I. 2342) ? Wie bereits betont wurde, zeigen ihre gezielten Fragen, daß ihr der Weg der Entstehimg der minne durchaus geläufig ist. Sie weiß eben, daß dieser Entstehungsprozeß in e i n e r P e r s o n nur z w i s c h e n z w e i P e r s o n e n möglich ist, gemäß dem im Dialog verfolgten Weg. Deswegen drückt sie sich minnetheoretisch sehr korrekt aus, wenn sie m i t B e z u g auf I w e i n s m i n n e zu i h r f r a g t : "wer hat u n d e r u n s z w e i n gefüeget dise minne?" (I. 2342-2343)247. von gegenseitiger Liebe zwischen Iwein und Laudine ist also nicht die Rede^48 Damit erbringt die Interpretation die Erkenntnis: es gibt bis hierher eine einheitliche Linie in der Haltung Laudines und damit in der psychologischen Motivation des Erzählers von einem "Zwiespalt der Motivierung [ . . p o l i t i s c h e Heirat oder Liebesheirat"249 kann nicht gesprochen werden, weil Hartmann Laudine nicht vor diese Alternative gestellt hat. Weder der Erzähler, noch eine der drei dichterischen Gestalten haben bisher auch nur ein einziges Wort gesagt, daß ernsthaft den Schluß erlaubt: Laudine liebt Iwein. Hartmann hat sich demnach einerseits gehütet, bisher eine psychologisch kaum zu motivierende Liebe Laudines zu Iwein darzustellen, die in dem kurzen Zeitraum von Ascalons Tod bis zum Erscheinen Iweins neben der Trauer um Ascalon und der Sorge um die Verteidigung des Brunnens hätte entstehen müssen, wobei noch zu bedenken ist, daß in diesem Zeitraum nur eine kurze persönliche Begegnung stattfindet. Andererseits hat er es jedoch vermieden, in Laudine eine völlig gefühllose, herrschsüchtige Frau zu zeichnen, die in der Lage wäre, in Eheangelegenheiten ausschließlich politisch, nur als Herrscherin

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zu denken und zu handeln und mit der verstandesmäßigen Erkenntnis der Notwendigkeit zur politischen Ehe völlig die Hoffnung auf persönliches Glück in der Zukunft aufzugeben. Zum Verständnis Laudines muß hier einmal in der Analyse zurückgegriffen werden und besonders an diesen letzten Zug in Laudines wändelunge, der gerade die menschliche Seite des Problems der politischen Heirat zeigt, noch einmal zusammenfassend erinnert werden. Von seiner Entstehung an konnte die Interpretation diesen Aspekt verfolgen, der als Gegendruck des Gefühls und Glückstrebens gegen den eigenen, von Lunete vorgezeichneten Entschluß der politischen Vernunft zu verstehen ist. Schon in dem Bestreben Laudines, Iweins Tat durch die Annahme, sie sei aus Notwehr geschehen, zu verstehen, und in der damit verbundenen Vergebung seiner Schuld deutete sich ein Aufbegehren gegen die reine Zweckheirat an. Ihre Hoffnung auf eine liebevolle Behandlung Iweins, weil er ihr Leid angetan hat, wies in die nämliche Richtung. Das gleiche galt für die Bedingungen ("jugent" I. 2089 und "ander tugent" I. 2090), die Iwein erfüllen mußte, um als Ehemann in Frage zu kommen. Wenn also in Laudines Äußerungen vor der ersten persönlichen Begegnung mit Iwein seit ihrem Entschluß, den Unbekannten zu heiraten, die Hoffnung auf persönliches Glück zu finden war, spricht alles dafür, daß sich diese Gemütsverfassung auch während dem ersten Zusammentreffen mit Iwein äußerte. In der Tatsache, daß sie überhaupt fragend (I. 2341-2343) auf die von Iwein angedeutete minne zu ihr eingegangen war, hatte die Interpretation ebenfalls einen Audruck dieser Hoffnung gesehen. Gibt es noch mehrere Anzeichen für sie ? Laudine sagt: "ich wil iuch gerne." (I. 2333). Das Adverb "gerne" (I. 2333) weist (bei beiden möglichen Interpunktionen des Verses I. 2322) eine Nuance über die nüchterne Sachlichkeit des Eheangebots hinaus. Laudine hatte weit ausgeholt, um Iwein die politischen Motive ihres Ehewillens auseinanderzusetzen. Ihre Argumentation (I. 2305 -2332) war ganz die einer pflichtbewußten Herrscherin. Ganz zu Ende ihrer langen Rede äußert sich nun in dem Wort "gerne" (I. 2333) das wip. S o i s t in dem bisher verfolgten Teil des Gesprächs zwischen Laudine und Iwein das Adverb "gerne" (I. 2333) das einzige Wort Laudines, in dem sich Persönliches äußert. Ihre Hoffnung auf die Möglichkeit, auch in der politischen Ehe ein e r trägliches Zusammenleben, vielleicht sogar persönliches Glück finden zu können, hat sich in der ersten Begegnung mit Iwein offensichtlich verstärkt. Nur so wird das "gerne" (I. 2333) verständlich. Wo aber liegen die Ursachen dafür? Da Laudines Eheangebot vor dem vorsichtigen Minnegeständnis Iweins ausgesprochen wird, e r -

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gibt sich: Iwein hat schon vorher einen positiven Eindruck auf Laudine gemacht. Mit Liebe hat das gar nichts zu tun. Er ist zu erklären aus seinem bisherigen Verhalten in der Perspektive Laudines (vgl. I. 2283-2294) und wohl besonders aus seiner stattlichen E r scheinung. Man beachte wohl: Iwein trägt "die besten wat" (I. 2198) aus Ascalons Kleiderausstattung (vgl. I. 2191-2199). Als er später im "palas" (I. 2372) vor die versammelten Hof- und Lehnsleute tritt, stellt der Erzähler fest: "und si hern Iwein gesahen, benamen si des jähen, sine Sachen nie so schoenen man. " (I. 2373-2375). Iwein kann sich demnach auch in der Ausstattung und Schönheit mit Ascalon messen. Der kurze Rückgriff in der Interpretation bestätigt also das Ergebnis: bei der ersten Begegnung zwischen Laudine und Iwein gibt es noch keine gegenseitige Liebe. Hartmann hat allerdings diese E r zählphase so komponiert, daß eine ausreichende psychologische Motivation für späteres Aufkeimen der Liebe in Laudine möglich bleibt. Nach diesem Rückgriff kann nun das Gespräch zwischen Laudine und Iwein bis zu seinem Ende verfolgt werden. Nach Iweins Erklärung, daß Laudines Schönheit für seine minne verantwortlich ist (I. 23542355), antwortet sie: "sit unser ietwederz giht ez si des anderen vro>, (1.2356-2357)

[.....]

wer ist der uns des wende wirn geben der rede ein ende?" (I. 2359-2360). Obwohl Laudine nun genau weiß, daß Iwein sie liebt und sie aus Liebe heiraten will, geht sie darauf kaum ein. Sie stellt nüchtern fest, daß sie beide zum Ausdruck gebracht haben, mit dem anderen zufrieden zu sein, sich über den anderen zu freuen^®. Dann bricht sie das Gespräch ab. Man darf aber nicht vergessen: für Laudine, die sich unter politischem Druck zur Ehe mit einem ihr Unbekannten entschließen mußte, ist die Feststellung, "des anderen vro" (I. 2357) sein zu können, eine glückliche Wendung der Dinge. Die Eile, mit der Laudine das Gespräch mit Iwein abbricht, ist aus dem Bestreben zu erklären, auch die letzte Ungewißheit über das Zustandekommen der Ehe möglichst schnell zu beseitigen. Die herbeigeholten Großen des Landes sollen der geplanten Ehe zustimmen: "nu gen wir zuo den liuten hin" (I. 2362). Hand in Hand (vgl. 1.2371) betreten sie "daz palas" (I„ 2372). Diese Geste ist hier nicht, wie

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z. B. im Erec in ganz anderer Situation (vgl. E. 4494 ff.) Ausdruck der Verliebtheit oder der Liebe, sondern sie soll den Versammelten "besten" (I. 2364) von vornherein zeigen, daß Iwein und Laudine sich über die Eheschließung einig sind. Die versammelten Großen sind von Iwein begeistert. Der Erzähler berichtet: "ouch enwart nie riter anderswa baz enpfangen dan er da." (I. 2377-2378). Die Tatsache, daß Iwein Ascalon, ihren Lehnsherrn, erschlagen hat, spielt hier am Hofe Laudines wie später in der Artusritterschaft nicht die geringste Rolle251. Daraus kann nur geschlossen werden, daß i n n e r h a l b d e r e r z ä h l t e n W e l t Iweins Sieg nicht als ethisch verwerfliche Tat gewertet wird, was nicht heißt, daß Hartmann sie genauso betrachten muß. Lunetes Rat entsprach demnach ganz dem Denken der erzählten Rittergesellschaft. Laudines Absicht findet die Zustimmung der Anwesenden: " si mohtn ir willen unde ir heil ir lihte geraten. ich waen si rehte taten: wan duht siz alle missetan, si wolt in doch genomen han. " (1.2398-2402). Der Erzähler betont also, daß Laudine jetzt, nachdem sie I w e i n k e n n t (beachte das: "in" I. 2402), ihn notfalls auch gegen den Willen der Lehnsleute geheiratet hätte. Nach dem Verlauf des Geschehens kann man aber daraus nicht schließen: weil sie ihn l i e b t ^ ^ , sondern weil sie - einmal durch die Umstände zur schnellen politischen Ehe gezwungen - froh ist (vgl. "gerne" I. 2333; vgl. I. 23562357), daß der Unbekannte ein so angesehener Ritter wie der Sohn des König Vrienes ist, der inzwischen auch persönlich einen günstigen Eindruck auf sie gemacht hat. Sie weiß also inzwischen auch, daß sie die Ehe nicht mit einem ihr unsympathischen Mann vollziehen muß. Auch hier gewinnt man also ein tieferes Verständnis Laudines nur, wenn man auch einer dichterischen Gestalt eine "reale", d. h. ungewisse Zukunft zubilligt. Denn diese positive Wendung der Dinge, diese reale Chance auf ein persönliches Eheglück, die zwar unbestimmt erhofft wurde, aber für Laudine nicht vorauszusehen war, möchte sie nun nicht mehr missen. Deswegen kann der Erzähler hier sagen: "si wolt in doch genomen han." (I. 2402)253, Nach der Zustimmung der Fürsten gibt es keine subjektiven und objektiven Hinderungsgründe mehr. Die Hochzeit kann stattfinden: "da waren pfaffen gnuoge: die taten in die e zehant.

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sie gabn im vrouwen unde lant. " (I. 2418-2420). Ein sehr aufschlußreicher Erzählerkommentar, der etwas über Laudine als Ehefrau aussagt, schließt sich unmittelbar an: "vrou Laudine hiez sin wip. si kund im leben unde lip wol gelieben mit ir tugent. da was diu burt und tiu jugent, schoene und richeit. " (I. 2421-2425). Der Erzähler stellt also heraus, daß Laudine Iwein das Leben angenehm machen kann, und zwar "mit ir tugent" (I. 2423). Es ist meistens schwierig, den genauen Wortinhalt von "tugent" zu bestimmen254# Hier aber bestimmt ihn der Erzähler offensichtlich selbst, denn so müssen die Verse I. 2424-2425 doch wohl verstanden werden; "da" (I. 2424), also bei Laudine als Iweins "wip" (I. 2421), gab es folgende Vorzüge: die edle Abkunft, die Jugend, die Schönheit und die Macht. Sie zusammen machen Laudines Vortrefflichkeit, ihre "tugent" aus. Die minne zählt also nicht zu den Vorzügen, die Iwein das Leben angenehm machen! So bestätigt auch dieser Erzählerkommentar die bisherige Deutung. Sehr bald nach der "brutlouft" (I. 2434) kommt König Artus mit einem Heer zum Zauberbrunnen und löst das Unwetter aus. Für den neuen Landesherren ist der Verteidigungsfall eingetreten. In einer "tjost" besiegt er Keie (vgl. I. 2542-2612) und lädt anschließend Artus mit seiner Ritterschaft auf seine Burg ein. "Die künegin was des gastes vro." (I. 2623), heißt es. Ausdrücklich bedankt sie sich bei Iwein. Der Erzähler erklärt, daß sie sich aus folgendem Grund ("von schulden" I. 2670) freut: "wan si was unz an die zit niuwan nach wanc wol gehit: nu enwas dehein wan der an: alrest liebet ir der man." (1.2671-2674). Auch diese Erläuterungen des Erzählers, gegeben in der Perspektive Laudines, bestätigen die bisherige Richtung der Interpretation. Bis jetzt war Laudine nur auf eine Vermutung hin ("nach wane" I. 2672) gut vermählt. Denn daß Iwein tapferer sein mußte als Ascalon, konnten die beiden Frauen mit einiger Sicherheit schließen. Daß er aber in Zukunft auch wirklich den Brunnen verteidigen werde, konnte Laudine bisher nur hoffen. Erst jetzt wird ihr Iwein wert (vgl. I. 2674). Die Begründung gibt der Erzähler gleich darauf: "do ir diu ere geschach daz si der künec durch in gesach,

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do hete si daz rehte ersehn daz ir wol was geschehn, und hete ouch den brunnen mit manheit gewunnen und wert ouch den als ein helt. " (I. 2675-2681). Es sind also eindeutig der gesellschaftliche und ritterliche Erfolg Iweins, die zu der Erzähleraussage führen: "alrest liebet ir der man. " (I. 2674). Eine Angst, die Laudine von vornherein hatte, hat sich mit dem Besuch des Artus erneut als unbegründet herausgestellt: Nicht nur die höfische Öffentlichkeit in ihrem Land, sondern sogar der Artushof nimmt keinen Anstoß an ihrer schnellen Wiederverheiratung. Der politische Ehezweck ist erfüllt: Iwein hat bewiesen, daß er den Brunnen erfolgreich verteidigen kann. Damit ist Laudine zufrieden. Daß Iwein das weniger um der Landesverteidigung willen, sondern um seiner ere willen am Artushof getan hat, kann Laudine nicht wissen, wie sie ja überhaupt nicht ahnen kann, daß der Artusritter Iwein sich als Landesfürst auf die Dauer nicht eignet. Sie kommt zu dem selbstsicheren Schluß: "ich han wol geweit" (I. 2682). So ist auch dieser Gedankengang Laudines durch den engeren Zusammenhang, in den der Erzähler ihn gestellt hat (vgl. I. 2670-2681), eine Bestätigung der Ergebnisse der bisherigen Analyse. Doch muß hier noch ein weiterer Aspekt bedacht werden, den man gewinnt, wenn man den weiteren Erzählzusammenhang berücksichtigt. Der Vers 2682 bringt den ersten Einblick in Gedankengänge Laudines über Iwein n a c h der Eheschließung. Rund eine Woche sind die beiden verheiratet. Da Iwein Laudine liebt, ist mit diesem epischen Zeitraum vom Tag der Eheschließung bis zu dem Zeitpunkt, in dem Laudine denkt: "ich han wol gewelt"(I. 2682) indirekt die Aussage gemacht: die Ehe ist vollzogen worden. Erst unter Einbeziehung dieses Gedankenganges gewinnt man den genauen Stellenwert und damit den ganzen Aussagegehalt des Verses 2682. Einerseits ist der Gedanke Laudines, richtig gewählt zu haben, für sie erst möglich, nachdem Iwein seinen Willen und seine Fähigkeit, denBrunnen zu verteidigen, durch den Sieg über Keie unter Beweis gestellt hat (vgl. I. 2674), andererseits aber wäre der gleiche Gedanke in so uneingeschränkter Form nicht möglich, wenn sich nicht die Hoffnungen Laudines, in Iwein nicht nur einen tapferen Brunnenverteidiger, sondern auch einen liebevollen Mann zu finden, in den vergangenen ersten Tagen der Ehe erfüllt hätten. Was der Erzähler für Laudine vor der ersten persönlichen Begegnung mit Iwein als unbestimmte Hoffnung Laudines dargestellt und was er in dem ersten Zusammentreffen als Möglichkeit offen gelassen hatte, deutet sich hier nun

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zum erstenmal in den Erzählzusammenhängen versteckt an: Laudine verliebt sich in Iwein. Aber die Liebe Laudines zu Iwein, die sich beim Abschied Iweins dann deutlich zeigt, entsteht erst in d e r Ehe mit Iwein, erst hier also wird die Liebe gegenseitig. Da Hartmann einerseits - wie die Interpretation mehrmals zu zeigen versuchte - ganz eindeutig eine nur durch politische Umstände erzwungene Wiederverheiratung darstellen wollte, andererseits aber in Laudine keineswegs eine nur politisch denkende, gefühllose Herrscherin gezeichnet hat, setzt der Gedankengang Laudines: "ich han wol geweit" (I. 2682) voraus: Iweins Liebe zu Laudine ist in den ersten Tagen der ehelichen Gemeinschaft nicht auf Abneigung gestoßen, denn sonst wäre ein so uneingeschränkter Gedankengang Laudines wohl kaum möglich. Während bisher auf eine Liebe Laudines zu Iwein nur indirekt durch den Erzählzusammenhang, in dem ein Gedanke Laudines stand (I. 2682), geschlossen werden konnte, zeigt sie sich beim Abschied Iweins von Laudine zum erstenmal deutlich in ihren Reden und Handlungen. Da die Interpretation zeigen konnte, daß vor der Eheschließung keine Liebe Laudines zu Iwein bestand, sprechen die Äußerungen der Liebe Laudines in der Abschiedsszene nun eindeutig für die bereits auf Grund des Verses 2682 gewonnene These: Die Liebe Laudines zu Iwein ist erst in d e r Ehe entstanden. Iwein folgt gegen Ende des achttägigen (vgl. I. 2763) Aufenthaltes der Artusritterschaft dem Rat seines Freundes Gawein^Sö und bittet die überraschte und von ihm unfair überlistete Laudine^ß u m die Erlaubnis, "turnieren" (I. 2921) zu dürfen, und zwar für ein ganzes Jahr. Laudine droht ihm mit ihrem Haß, wenn er nicht pünktlich zurückkommt (vgl. I. 2926-2928), und zwar offensichtlich vor allen Dingen aus Besorgnis um "ere" (I. 2936) und "lant" (I. 2936). Aber ist das "unpsychologisch", wie R. Putz meint^?? Genau das Gegenteil ist der Fall. Nach allen Erfahrungen, die Laudine in der Lage, allein als Frau den Brunnen nicht verteidigen zu können, gemacht hat, ist es psychologisch verständlich, wenn sie - nachdem ihr einmal die Zustimmung zur Ritterfahrt abgelistet wurde - den turnierhungrigen Iwein wenigstens eindringlich und bindend an seine übernommenen Pflichten als Landesherr erinnert. Mit ihrer Ermahnung handelt Laudine also ganz als verantwortungsbewußte Königin. Dann gibt sie Iwein einen Ring als "ein geziuc der rede" (I. 2946), daß sie sich eine Nichteinhaltung der Frist nicht bieten lassen wird und wohl auch als "Symbol der gegenseitigen T r e u e p f l i c h t " 2 5 8 m i t den Worten: "ichn wart nie manne so holt dem ich ditz selbe golt wolde lihen ode gebn" (I. 2947-2949).

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Hier beim Abschied spricht Laudine zum erstenmal selbst deutlich von ihrer Liebe zu Iwein. Der Stein des Ringes soll Iwein gemäß lithotherapeutischen Vorstellungen im Mittelalter Glück bringen (vgl. I. 2950-2955) 259 . Alles ist zum Aufbruch bereit. Der Erzähler berichtet: "nu reit diu vrouwe mit ir man wol dri mile ode me. daz scheiden tete ir herzen we". (1.2958-2960). Auch der Erzähler betont also nun ausdrücklich die Gegenseitigkeit der Liebe, und nach dem ersten Teil seiner Auseinandersetzung mit frou minne^äO kommentiert er: "Si wehselten beide der herzen under in zwein diu vrouwe und her Iwein: im volgte ir herze und sin lip und beleip sin herze und daz wip. " (I. 2990-2994). Nach diesem Herzenstausch ist klar: Iwein und Laudine trennen sich in gegenseitiger Liebe. So bleibt nun noch die Frage: Wie hat der Erzähler die Entstehung der Liebe Laudines in den ersten Tagen der Ehe psychologisch motiviert? Die Motivation ist durch die Entwicklung der äußeren Handlung und des inneren Geschehens gegeben und liegt auf einer einheitlichen Linie. Zugleich mit dem Entschluß zur politischen Ehe entstand die unbestimmte Hoffnung auf die Möglichkeit persönlichen Glücks in der zukünftigen Ehe. Das zeigte die Notwehrthese und Laudines Bereitschaft, dem unbekannten Sieger die Schuld zu vergeben. In der ersten persönlichen Begegnung zeigt sich Iwein als eine stattliche, höfisch ritterliche Erscheinung. Laudine erfährt, daß er sie liebt und aus Liebe heiraten will. Der Hof und die Lehnsleute sind von Iwein begeistert. Die Eheschließung findet statt. Bis hierhin war von einer Liebe Laudines nicht die Rede. Dann folgen die ersten Ehetage. Der Vollzug der Ehe durch den verliebten Iwein ist selbstverständlich. Ein näheres Kennenlernen, zu dem bisher keine Zeit war, wird möglich. Iwein erfüllt die in ihn gesetzten Erwartungen als Landesverteidiger durch den Sieg über Keie. Die Eheschließung findet durch den Besuch der Artusritterschaft erneut gesellschaftliche Anerkennung. Die Hoffnung Laudines auf persönliches Glück in der politischen Ehe hat sich erfüllt. Beim Abschied von Iwein zeigt sich zum erstenmal deutlich die Liebe Laudines zu Iwein. Man sieht: Hartmann hat die Entstehung der Liebe Laudines in der Ehe überzeugend motiviert.

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Damit ist der V e r s u c h , ein vertieftes Verständnis der Wiederverheiratung Laudines zu gewinnen, abgeschlossen, und es gilt, die Frage zu beantworten, die bisher, um die Stringenz der Analyse nicht zu beeinträchtigen, nur beiläufig behandelt wurde: Wo liegen hier Parallelen zur feudalen Eheschließungspraxis vor ? Blickt man zunächst in der P e r s p e k t i v e I w e i n s , so ist für ihn mit der standesgemäßen Eheschließung die Erringung einer Königskrone verbunden. Der Erzähler hebt das auch ausdrücklich hervor: "si gabn im vrouwen unde lant" (I. 2420). Daß dieser Aspekt durchaus eine Rolle spielt, zeigen auch die Worte Gaweins: "iu hat erworben iuwer hant ein schoene wip unde ein lant" (I. 2781-2782) (vgl. 1.2747-2748). Soweit die Parallelen zur Realität; die Motivation der Eheschließung jedoch entspricht nicht der in der Wirklichkeit. Iwein ist in seiner Gattenwahl keinerlei sozialen oder politischen Zwängen ausgesetzt. Einen politischen oder sozialen Ehezweck kennt er nicht. Vielmehr heiratet er Laudine, weil er sie liebt; sein Ehewille geht aus seiner Liebe hervor, und die Ehe ist für ihn somit in erster Linie rechtliche und soziale Verwirklichung der minne. I n d e r P e r s p e k t i v e L a u d i n e s sehen die Zusammenhänge ganz anders aus. Die Motivation der Ehe entspricht der in der Realität. Die politische Lage ist die Ursache des Ehewillens; ihre Zuspitzung durch das Anrücken des Artusheeres läßt ihn aus Zwängen entstehen und macht Laudine zum Objekt der Situation. Der Ehezweck ist somit politischer Natur. Die "Gattenwahl" richtet sich nach dem militärischen und politischen Funktionswert eines unbekannten Individuums. Sie ist bis auf das äußerste eingeschränkt, und nachdem sich herausgestellt hat, daß im Lande kein Ritter mit ausreichendem Funktionswert als Kämpfer existiert, ist sie in das Gegenteil einer Wahl verkehrt, da Laudine keine Wahl bleibt. Laudines Angst um die soziale Anerkennung der Ehe mit Iwein ist zu einem guten Teil auch die Folge der sozialen und rechtlichen Situation der Lehnsherrin, die auf das Zustimmungsrecht bzw. Beratungsrecht der Vasallen Rücksicht nehmen muß. Die Parallelen zur feudalen Eheschließungspraxis sind also sehr weitgehend. Im Gewand einmaliger E r zählgegebenheiten findet sich hier nicht nur die einzelne Parallele zu einem bestimmten Phänomen in der Praxis der aristokratischen Eheschließung oder zu einem Strukturelement der feudalen Eheauffassung, sondern es sind die w i c h t i g s t e n E l e m e n t e d e r a u ß e r e p i s c h e n R e a l i t ä t in c h a r a k t e r i s t i s c h e r V e r k n ü p f u n g a l s S t r u k t u r in d i e e p i s c h e F i k t i o n e i n -

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g e g a n g e n . Laudine steht daher in einer Situation, die in ihren wesentlichen Grundzügen einer möglichen Situation der sozialen Realität entspricht. Damit treten für sie auch Probleme auf, vor die eine Landesherrin in entsprechender Lage gestellt war. Laudines Lage, mit der politischen Eheschließung als Herrscherin handeln zu müssen, aber gleichzeitig die Hoffnung auf persönliches Eheglück nicht aufzugeben, ist ein realitätsanaloges Problem, wie es sich für eine adelige Frau im Rahmen der feudalen Eheschließungspraxis jederzeit ergeben konnte, wenn sie nicht in Minne- und Ehefragen selbst ausschließlich gesellschaftlich und politisch dachte. Die Tatsache, daß Iwein Ascalon erschlagen hat, stellt in diesem Zusammenhang lediglich eine dichterische Zustpitzung dar, die besonders geeignet ist zu zeigen, welche Konsequenzen in der aristokratischen Praxis lagen, die Zwecke der Ehe vornehmlich politisch zu bestimmen. Auch in der Verhaltens- und Denkweise der dichterischen Gestalten zeigen sich ausgeprägte Spuren der feudalen Eheauffassung. Das trifft für manche Einzelheiten zu, auf die an entsprechender Stelle hingewiesen wurde, und zeigt sich besonders in der Einschätzung der ehelichen Treue. In einer Gesellschaftsschicht, in der Liebe und Ehe weitgehend getrennte Bereiche waren, konnte eheliche Treue nicht aus der Liebe entstehen; es gab für sie kaum eine ethische, allenfalls eine gesellschaftliche Begründung. Eheliche Treue über den Tod hinaus mußte hier beinahe absurd wirken. Lunetes Verhalten zeigt deswegen deutliche Spuren der Denkweise, wie sie in der außerepischen Welt zu finden war; aber auch Laudines Lehnsleute, Artus und Gawein, nehmen nicht den geringsten Anstoß an Laudines Verhalten. Letzterer findet sogar sehr lobende Worte für Laudine und spricht von ihrem "staeten muote" (I. 2891)! Nur Iwein, bei dem sich in Ehefragen keine Spuren der feudalen Denkweise zeigen, bewährt sich nach seinem Terminversäumnis in der ehelichen Treue, was man als positives Gegenbild zur Realität werten darf. Die Lösung des Konfliktes, vor den Hartmann Laudine gestellt hat, ist so nur möglich, weil nur Laudine, aber nicht beide Eheleute, was das Verhältnis von minne und Ehe betrifft, gemäß der gesellschaftlichen Realität gezeichnet sind und Iwein Laudine bereits vor der Ehe liebt. Damit ist aber eine wesentliche Voraussetzung für die Liebe in der Ehe geschaffen, die es in der Wirklichkeit der aristokratischen Gesellschaft kaum gab. Die Auflösung des Konfliktes der Laudine durch die Vereinigung von Liebe und Ehe gelingt also Hartmann nur durch eine Motivierung des Ehewillens wenigstens bei einem Ehepartner, die der der Realität entgegengesetzt ist. Warum die gegenseitige minne in der Ehe zunächst nicht zum Glück der beiden führen kann, wird im 2. und 3. Kapitel zu zeigen versucht.

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1. 4. 2. E r e c s Eheversprechen an Enites Vater Koralus Verschiedene Zusammenhänge, in denen E r e c s Eheversprechen an den verarmten Grafen steht, sind bisher nicht genau herausgearbeitet worden. Eng damit hängt es zusammen, daß E r e c s Minne - und Eheauffassung zu einseitig von seinem Verhalten in der ersten Ehe zeit, zu ausschließlich vom verligen her gesehen wurde^61. Die Akzente verschieben sich jedoch bedeutsam, schließt man die weiteren Handlungszusammenhänge in die Beurteilung mit ein und achtet man mehr auf die Erzähltechnik und die Kommentare des Erzählers. Der ungerüstete E r e c ist angesichts der höfischen Damenwelt und Ginover, der Gattin des Artus, auf einem Ritt von Maliclisier, dem Zwerg Iders, mit einer Rute geschlagen worden (vgl. E . 66-110). Der Erzähler nennt das "unere" (E. 107), "leit" (E. 111) und "schade" (E. 162). E r e c selbst spricht von "schände" (E. Ild6), und "groz laster" (E. 488). Alles kommt für ihn darauf an, seine ere wiederherzustellen. Zu Ginover sagt er: "ir gesehet mich nimmer mere, ichn gereche mich an disem man von des getwerge ich mal gewan. " (E. 135-137). Daraus ist zu entnehmen, daß er nicht mehr zum Artushof zurückkehren will, wenn er nicht durch Rache sein geschmälertes Ansehen wiederherstellen kann. Wenn seine Rache aber erfolgreich ist, will er n a c h d r e i T a g e n s p ä t e s t e n s zurückkehren (vgl. E . 142). E r verabschiedet sich und reitet Ider nach. Eine Rüstung und Waffen kann er nicht holen, weil e r sonst Ider und dessen B e gleitung aus den Augen verlöre (vgl. E . 150-159). E r e c verfolgt sie in sicherem Abstand bis zum Abend und beobachtet, wie Ider auf die Burg Tulmein des Herzogs Imain reitet. Dann verläßt der Erzähler für eine kurze Erzählzeit (E. 181-217) seinen Helden, um seinem Publikum - noch bevor er seinen Helden über diesen Erzählzusammenhang informiert - zu berichten, zu welchem Zweck Ider mit seiner vriundin nach Tulmein geritten ist* . E s handelt sich um die endgültige Gewinnung des bereits zweimal gewonnenen Sperbers. E r e c weiß davon jedoch nichts. Der Erzähler betont ausdrücklich, was eigentlich durch den bisherigen Handlungsverlauf ganz klar ist, daß er nur "durch sin leit" (E. 220) in den "market underm huse" (E. 223) geritten ist. Ein zweites Mal führt er aus, was das Publikum auf Grund der zurückliegenden Erzählzusammenhänge auch bereits weiß: "ouch was er habelos da gar. er enhete sich niht gewarnet dar:

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Koralus

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wan in kam diu reise gahes an, a l s i c h iu da v o r g e s a g e t h a n . er enhete da niht mere (daz bekumberte in do sere) 253 wan daz phert und sin gewant." (E. 238-244) Die zweifachen Versicherungen zeigen, daß der Erzähler besonderen Wert auf diese Tatsachen legt. Der Grund wird sich zu einem späteren Zeitpunkt der Interpretation ergeben. Dann findet Erec "ein altez gemiure" (E. 252) und trifft im Hof auf den verarmten Grafen Koralus, der ihm freundlich Herberge gewährt. Gesinde hat er nicht. Deswegen ruft er seine Tochter Enite herbei und gibt ihr den Auftrag, Erecs Pferd zu versorgen. Bei dieser Gelegenheit sieht Erec Enite zum erstenmal. Der Erzähler gibt eine ausführliche Beschreibung der verarmten Komtesse (vgl. E. 323-341). Die verschlissene und zerrissene Kleidung kann über die außergewöhnliche Schönheit der Gestalt nicht hinwegtäuschen. Im Gegenteil: Nachdem der Erzähler Enites roc beschrieben hat, führt er aus: "dar under was ir hemde sal und ouch zebrochen eteswa: so schein diu lieh da durch wiz alsam ein swan. " (E. 327-330). Und nur wenige Verse weiter betont er noch einmal: "ir lip schein durch ir salwe wat alsam diu lilje, da si stat under swarzen dornen wiz." (E. 336-338). Die schöne Gestalt Enites hat sicherlich auch auf Erec gewirkt. Von einer Reaktion Erecs auf die Schönheit Enites berichtet der Erzähler allerdings hier noch nichts. Nur mit dem Auftrag des Alten ist Erec nicht ganz einverstanden. "Erecken muote ir ungemach. " (E. 342), heißt es. Koralus aber lehnt das Angebot des Gastes, sein Pferd selber zu versorgen, ab. Dann gibt Hartmann einen stark gerafften Lebensbericht des Gastgebers (vgl. E. 396-439). Wiederum wird das Publikum über Tatsachen v o r Erec unterrichtet und erfährt u. a. die Ebenbürtigkeit Enites (vgl. E. 435-439). Zu diesem Zeitpunkt des Handlungsverlaufes kennt nun das Publikum u. a. folgende erzählten Fakten. Erstens: Erec will innerhalb von drei Tagen seine ere wiederherstellen und sich an Ider rächen. Zweitens: Auf Tulmein soll ein Turnier zur Ermittlung der schönsten Frau stattfinden. Ider will den

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Erea

und

Koralus

Sperber zum dritten Male für seine Freundin holen. Keiner wagt mit ihm zu kämpfen. Drittens: Enite ist eine besonders schöne Frau, die Erec ebenbürtig ist. Der Erzähler hat also dem Publikum den Schluß nahegelegt: Hätte E r e c eine Dame und eine Rüstung, könnte er den möglichen Kampf um den Sperber als Rachekampf zur Wiederherstellung seiner ere austragen. E r e c , dessen Informationsniveau zum gleichen Zeitpunkt der Handlung wesentlich geringer ist, kann jetzt die gleiche Schlußfolgerung noch nicht ziehen. Die hier angewandte Technik der Spannungserzeugung zeigt aber sehr genau, worauf es dem Erzähler ankommt: Wie wird E r e c sich verhalten, wenn er das gleiche Wissen hat wie das Publikum? In einer geschlossenen Erzählpartie (E. 440-473) hebt nun der E r zähler Erec auf das gleiche Informationsniveau wie seine Zuhörer. Dadurch erreicht er, daß das gespannte Publikum nun in der Lage ist, genau die Genese seiner Schlüsse, die er aus den Umständen ziehen wird, zu verfolgen. Nachdem die Begrüßung beendet und die Versorgung des Pferdes erledigt ist, interessiert ihn nur noch sein Rachekampf mit Ider: "Erecken muote vaste sin schade den er da vor gewan:" (E. 445-446). Da sein Feind mit einer Dame in der Burg des Herzogs Imain eingekehrt ist, die auffallenden Festlichkeiten in dem Marktflecken, die er vorher beim Durchritt durch das Dorf beobachtet hat (vgl. Eo 450), aber mit dem Herzogsitz in Beziehung stehen können, fragt er unmittelbar anschließend nach den möglichen Zusammenhängen. Der Erzähler berichtet: "den wirt er vragen began waz der schal von den liuten möhte bediuten" (E. 447-449). Nun erfährt er von Koralus den Anlaß der Festlichkeiten und auch vom "sparwaeres strit" (E. 455). Mit diesem muß er nun seinen Feind Ider in Beziehung sehen, da dieser ja mit einer Dame auf die Burg geritten ist. Deswegen fragt er jetzt nach Ider und erfährt, daß Ider gekommen ist, um den Sperber für seine Dame zu holen. Aufschlußreich ist nun, wie E r e c s weitere Fragen lauten. Der E r zähler berichtet: "also schiere er diz mit vrage er vürbaz uns im der wirt tete wiez umbe in selben

vernam, kam, erkant was gewant." (E. 470-474).

Daraus ist nun zu entnehmen: Im gleichen Augenblick, in dem zu

Ereo

und

Koralus

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dem Wissen Erecs, daß Enite sehr schön ist, die Information über den Sperberkampf kommt, erkennt e r , daß er mit Enite an dem Wettkampf auf Tulmein teilnehmen könnte. Deswegen müssen ihn nun die näheren Verhältnisse und vor allem der Stand seines Gastes und dessen Tochter interessieren. Nur so wird die vollkommen veränderte Fragerichtung (E. 471-473) erklärlich. Zwar weiß Erec wahrscheinlich längst, daß Koralus ein Standesgenosse ist, denn von seinem schneeweißen Haar heißt es: "vil wol gestraelet ez lac über sin ahsel ze tal." (E. 279-280). Eine solche Haartracht aber war im Bauernstand nicht üblich264. Aber des Grafen Armut könnte ja Gründe haben, die es einem Königssohn nicht erlauben, seine Tochter nach Tulmein mitzunehmen. Erec erfährt nun aber die genauen Lebensumstände des Gastgebers und dessen Ehrenhaftigkeit. Damit weiß e r auch über Enite, was das Publikum bereits vorher erfuhr: "ir geburt was ane schände. " (E. 499). Somit weiß Erec nun alles, was e r für seine Zwecke wissen will, und es hat sich gezeigt, daß sein Verhalten gegenüber Koralus (E. 440-473) bisher ausschließlich von dem für ihn quälenden Gedanken bestimmt war: Wie kann ich durch einen Kampf mit Ider meine ere wiederherstellen ? Dann setzt Erec zu einer langen Rede an (E. 476-524), die es ausführlich zu analysieren gilt. Sie steht in innerem Zusammenhang mit dem Dialog, den der Erzähler berichtend unmittelbar zuvor wiedergegeben hat (E. 440-473). Sie ist in einer gewissen E r r e gung gesprochen. "Erec stuont uf" (E. 475), heißt es. Seine innere Bewegtheit zeigt sich wohl in dieser äußeren Bewegung. Gerade hat Erec von den ärmlichen Lebensverhältnissen und dem bedauernswerten Schicksal seines Gastgebers gehört. Der Erzähler hatte vorher dazu mit Bezug auf Koralus, Karsinefite und Enite (vgl. E. 428-431) die bedeutsamen Worte gesagt: "swen dise edelarmen niht enwolden erbarmen, 255 der was herter dan ein stein. " (E. 432-434) Nimmt Erec von dem Unglück seines Gastgebers Notiz? Erbarmt e r sich der Familie ? E r beginnt seine Rede: "'genade, wirt und herre, daz ez mir iht gewerre. Sit ez so umbe iuch stat, so suoche ich helfe unde r a t . " (E. 476-479). Wie ist der Vers 479 zu verstehen? Durch den Kontext ist er auf das Unglück des Grafen bezogen. E. 478-479 sind also zu übersetzen: Da es sich so mit euch verhält, suche (mit futurischer Bedeu-

Erea

und

Koralus

tung) ich Beistand und Rat 2 ® 6 . Die Frage bleibt aber: Wird er für den verarmten Grafen nach Beistand und Rat suchen, wie der kausale Vordersatz (E. 478) nahelegt? Hat das Unglück seines Gastgebers Erec wirklich beeindruckt? Oder aber verhält es sich so: Erec hat aus der Lebensdarstellung des Koralus nur das für seine derzeitige Lage günstige aufgenommen, nämlich, daß er, der Jüngling, es hier mit einem alten, erfahrenen und ehrenhaften Grafen zu tun hat, dessen Tochter ihm also ebenbürtig ist (vgl. unter diesem Gesichtspunkt: "sit ez so umbe iuch stat" ) (E. 448) und der ihm man denke an den bevorstehenden Wettkampf auf Tulmein - für "sin ungemach" (E. 462), das er ihm bisher verheimlicht hat, nützlich werden kann, so daß er für sich "helfe unde rat" (E. 479) sucht. In der Tat bittet er ja etwas später (vgl. E. 495 ff.) um Rat. Oder aber will Erec, indem er "helfe unde rat" (E. 479) für sich sucht, gleichzeitig den für den Grafen suchen und finden? Die Interpretation wird versuchen, auf diese Fragen eine Antwort zu geben. Erec spricht nun zunächst von seinem "leit" (E. 481), teilt in geraffter Form den Inhalt der Maliclisier-Episode und seine Absicht mit, sich an Ider rächen zu wollen (vgl. E. 480-494). Dann fährt er fort: "rates muoz ich iuch biten: beide helfe unde heil stat vil gar ane teil, herre, in iuwer hant. möhtet ir mir umbe isengewant getuon deheiner slahte rat (ich sage iu wie min muot stat), so enwürde er strites niht vermiten. " (E.49 5-502). Hier tauchen also die Worte "rat" (vgl. E. 495) und "helfe" (E. 496) erneut auf; rat, "helfe unde heil" (E. 496) liegen ganz in der Hand des Grafen. Welches heil ist gemeint? Das der gräflichen Familie, oder das Erecs oder das Glück aller? Den Rat, den Erec, der ja "habelos" (E. 238) ist, erwartet, nennt er hier nun: Er bittet um eine Rüstung, um auf Tulmein gegen Ider kämpfen zu können. Gleich darauf bittet er auch um den Beistand: "mit rosse bin ich wol geriten: so soldet ir mich lan riten mit iuwer tohter Eniten uf die selben hochzit. ich behabete den strit daz si schoener waere (und naeme den sparwaere)

Erea

und

Koralus

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dan des ritters vriundin." (E. 503-510). Was das durch Hartmanns Erzähltechnik vorinformierte Publikum erschließen konnte, ist geschehen. Erec hat die Chance, seinen Rachekampf auf Tulmein austragen zu können, erkannt und sich deswegen mit einem doppelten Anliegen an Koralus gewandt. Aber er verbindet sein Gesuch um "helfe unde rat" mit einem überraschenden Angebot: "nu sehet ob ez müge sin und tuotz uf daz gedinge, ob mir also gelinge daz mir der sige belibe, so nim ich si ze wibe." (E. 511-515). Erec verspricht also Koralus, falls er Sieger bleibt, Enite zu heiraten. Die oben offen gebliebenen Fragen lassen sich also nun beantworten. Der reiche Königssohn Erec, Erbe eines Königreiches, bittet in eigener Sache der ere den verarmten Grafen um "helfe unde rat" (vgl. E. 479), und indem er dies tut, gibt er dem Alten die Möglichkeit, sein Elend durch die Erfüllung der Bitten zu beenden, und damit liegen "helfe und heil" (E. 496) für alle Beteiligten in der Hand des Koralus. Damit diesem der Entschluß, ihm Enite zur Frau zu geben, nicht zu schwer fällt, hebt Erec nun seine Anonymität auf: "dar umbe endurfte irz niht lan, si enhat an mir niht missetan, ez mac wol mit eren sin. ich künde iu den vater min: der ist der künec Lac genant. beide liute unde lant, lip und allez daz ich han mache ich ir undertan, daz si des muoz walten." (E. 516-524). Damit schließt Erec seine folgenreiche Rede ab. Für das Verständnis bleiben hier mehrere Fragen offen, die nacheinander gestellt und beantwortet werden müssen. Erstens: Hat Erec sich mit seinem bedingten Eheangebot wirklich der "edelarmen" (E. 432) erbarmt? Klar ist: Kommt die Ehe zustande, dann ist der Grafenfamilie aus ihrer Armut geholfen. Das Motiv, das das Eheversprechen Erecs auslöst, ist aber keineswegs christliche Nächstenliebe als Pflicht des Ritters. Denn die Barmherzigkeit, die Hilfsbereitschaft für bedrängte Glieder der Gesellschaft als Kampfmotiv Erecs ist nur Schein, weil sein Eheangebot

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Erec

und

Koralus

nicht in erster Linie die helfe in der Form der später beabsichtigten Heirat bezweckt. Das Eheangebot ist Mittel zu Erecs erstem Zweck, seine verlorene ere wiederherzustellen. Es soll vor allem den Rachekampf am folgenden Tag auf Tulmein ermöglichen, damit Erec im Falle des Sieges "über den dritten Tag" (E. 142) mit zurückgewonnener ere wieder am Artushof sein kann. Man kann also nicht wie H. Stolte sagen: "Er (Erec) [ . . . ] verlobt sich mit Enite, der schönen Tochter des Alten, um f ü r s i e beim Sperberkampf gegen Iders zu fechten"267. Zweitens: Was läßt sich aus dem Eheangebot über Erecs Eheauffassung ermitteln ? Die Bedingtheit des Eheangebots besagt eindeutig: Heirat und damit helfe für die Grafenfamilie kommen nur in Frage, wenn die ere wiederhergestellt ist. Mit anderen Worten: Erst kommt die ere. das eigene Ansehen beim Artushof, und dann die helfe und die Ehe. So erlaubt ihm letztlich seine, aus dem Eheversprechen an Koralus erschließbare Eheauffassung (und die damit verbundene Minneauffassung). die die Eheschließung nicht von der minne, sondern von der persönlichen ere abhängig macht, die ere über alles zu stellen, aber Elemente der gleichen Ehe- und damit verbundenen Minneauffassung sind - wie sich gleich genauer ergeben wird - die Ursache, daß er seine ere verliert! Der Geschehnisablauf im Erec von Vers 1-524 und die Kommentare des Erzählers innerhalb dieses Erzählabschnittes sowie der Zusammenhang mit der Tatsache des verligens lassen diesen Schluß wohl zu^68. Drittens: Was sagt Erecs Eheangebot über seine Stellung zu Enite aus ? Das Eheversprechen wird dem Vater gegeben. Der Vater gibt seine Einwilligung ohne Rücksprache mit der Tochter. Das Glück seiner Tochter liegt ihm sicherlich am Herzen, aber der Gedanke, daß Enite Erec nicht heiraten will, weil sie möglicherweise keine Liebe zu ihm empfindet, kommt ihm nicht. Enite findet ihre Bevormundung in der Ehefrage durchaus angemessen. Sie erkennt den sozialen E h e z w e c k an s i e Zugang ge- und verwährt, zumindest zweideutig. Die Deutung hängt offensichtlich davon ab, auf welche Funktion des Schlosses der Kontext überwiegend hinweist, ins Assoziationsfeld des Aufoder des Verschließens. Die metaphorische Sprechweise setzt frou minne und sloz (vgl. Pa. 292.28) identisch. Frou minne als Personifikation der starken minne aber war ja verantwortlich, daß Parzival "von den witzen" (Pa. 289.2) getrennt wurde. Diese Funktion der frou minne entspricht im Bildbereich der Metapher des Schlosses dessen einschließende Funktion. Deswegen wird man sich der Deutung des Verses Pa. 292.28 W. Stapel anschließen müssen. Wenn sich frou minne also offensichtlich gegen den geistig-seelischen Bereich des Menschen wendet, gegen den hohen muot!93 und gegen die "sinne" (Pa. 292.28), womit hier im menschlichen Bereich wohl die Summe der geistigen und empirischen Kräfte bezeichnet wird, dann ist klar, daß ritterliche Bewaffnung "schilt" (Pa. 292.29), "swert" (Pa. 292. 29) und "snell ors" (Pa. 293. 30) sowie ritterlich Verteidigungsanlagen wie "hoch pure mit türnen wert" (Pa. 292. 30) keinen wirkungsvollen Schutz gegen frou minne bieten können. Wiederum ist aber damit nicht gesagt, daß es g a r k e i n e n Widerstand gegen frou minne gibt* 94 denn von möglichen geistig-seelischen Abwehrkräften und -maßnahmen wird nicht gesprochen. Die Verse Pa. 292.29-293.1, die die wesentlichen Teile der Ritterrüstung und die Burg nennen, erlauben im Zusammenhang mit der Verneinung im Vers Pa. 292.29 n i c h t die Interpretation: n i c h t s hilft gegen euch (vgl. Pa. 292. 29), Liebe ist hier nicht "a power against which man has no defense"!^ sondern der Sinnzusammenhang ist offenbar ein anderer: Ihr wendet euch gegen die sinne. Ritterli-

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Blutstropfen-Episode

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erster

Minneexkurs

eher Kampf und ritterliche Verteidigung helfen deswegen gegen euch nichts. Kein nur ritterlich gerüsteter Ritter ist gegen die Einwirkung der frou minne gefeit; genau das hat sich auch an Parzival gezeigt, denn der ist ja in der Blutstropfen-Episode bestens ritterlich gerüstet und trotzdem wehrlos gegen frou minne. Der Erzähler stellt dann die bereits genannte Frage an frou minne: "bede uf erde unt in dem mer waz entrinnet iwerm kriege, ez flieze oder fliege ?" (Pa. 293.2-4). Vom ritterlichen Menschen und dessen Bereich, also wohl von einem wesentlichen Teil dessen, was er vorher "daz werde" (Pa. 291.9) genannt hatte, wendet sich der Erzähler nun kurz der niederen Kreatur zu, also wohl zu einem Teil dessen, was er als "daz smaehe" (Pa. 291.9) bezeichnet hatte. Daß frou minne die niedere Kreatur besiegt (vgl. Pa. 291.12), die nur triebhaft ihrem Geschlechtsinstinkt folgt, zeigt erneut, wie groß der Bereich ihres Einflusses ist, beweist aber nicht, daß sie im Bereich des Menschen allmächtig ist. Die Frage des Erzählers (Pa. 293.2 ff.) ist eine rhetorische. Sie zielt auf etwas, was nicht fraglich ist. Im Bereich der nichtmenschlichen Kreatur hat frou minne große Macht. Aber selbst diese ist wiederum eingeschränkt, da ihr hier anders als im menschlichen Bereich die "Verbündeten" fehlen; der Geschlechtsinstinkt als die tierische Form der minne ist isoliert, nur auf die Zeugung gerichtet. In diesem Bereich kann frou minne keine untriuwe (vgl. Pa. 291.19) begehen, ihre Macht ist hier eine gebundene. Die oben gestellte Frage 19 ® kann nun beantwortet werden. Wolfram erkennt die Macht der frou minne an, aber nirgends ihre Allmacht 1 9 7 . Damit kann zu der vom Erzähler gewählten Reihenfolge des Textes zurückgekehrt werden, die die Analyse zum Zwecke der Klärung eines Zusammenhanges dem Erzähler vorauseilend, vorübergehend vernachlässigen mußte. Der Erzähler fährt fort: "frou minne, ir habt ein ere, und wenc decheine mere. frou liebe iu git geselleschaft: anders waer vil dürkel iwer kraft". (Pa. 291.15-18). Auf diese berühmten Verse wurde bereits in anderem Zusammenhang kurz eingegangen19®. Zunächst wird man wohl kaum wie E. Kohler sagen können, daß in diesen Versen der "schwer-

Blutstropfen-Episode

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Minneexkurs

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ste Vorwurf"*®® an die minne liegt. Vielmehr handelt es sich um eine Erläuterung einer wesentlichen Ursache der Macht der frou minne. Der Erzähler sagt zu frou minne: Ein bestimmtes (dies e s ) 2 0 0 Ansehen besitzt ihr und außerdem durchaus keins, daß nämlich frou liebe euch Gesellschaft leistet. Sonst wäre eure Macht stark beeinträchtigt (durchlöchert). Das bedeutet also: Das Ansehen der frou minne. der starken minne und ihre Macht werden erklärt durch ihre Verbindung mit frou liebe. Die Frage ist nur: Was ist mit der Personifikation frou liebe gemeint ? Die Meinungen darüber gehen weit auseinander. San Marte schreibt: "Endlich aber verbindet Wolfram mit liebe den Begriff der h ö c h s t e n i n n i g s t e n H e r z e n s f r e u d e , der b e s e e l i g e n d e n Wonne eines die ganze Seele erfüllenden Glücks; das ist die frou liebe, die er frou minne beigesellt; es ist die jungfräuliche Liebe, die noch absieht von der genade. die Liebe in ihrer ersten Reinheit und doch in seeligster Begeisterung"^^. In seiner Parzivalübersetzung spricht er von "Frau Freude"202 E. Görlach schließt sich der Meinung San Martes e . Martin übersetzt liebe mit "Herzensfreude. Wohlgea n 203 fallen"2®^. qo Keferstein schreibt: "Demgegenüber verweist er Frau Minne an Frau Liebe als an das geistigere, aber nicht ausschließlich geistige Prinzip. Diese Frau Liebe lehrt die wahre und echte Neigung zumLiebespartner, die ihn als leibseelische ganze Person erfaßt" 2 0 5 . G. Bötticher vermischt in seiner Argumentation Elemente des zweiten mit solchen des dritten "Minneexkurses". Er führt aus: "Die andere /als die sinnlichen Mächte Venus, Amor und Kupido/, die sittliche Macht aber, welche sie ebenso gut bestimmen kann, ist diu liebe, welche ihr den Charakter der Treue gibt. Erst in Verbindung mit ihr ist die Minne allmächtig"2®®. K. Pannier kommentiert seine Übersetzung: "Liebe ist die treue Hingebung, in ihr findet der Dichter das Machtvolle der Minne " 2 ®T G. Hofrpann schreibt zu Pa. 291. 15-18: "Die Macht der Minne gründet sich auf Freude und Lust"2®®. H. Wallrabe schreibt mit Bezug auf die hier fragliche und auf andere Textstellen: "liebe erscheint dann als erotisch betonte Freude, als Lust in erotischem Sinne, der am stärksten in unserem Wort Gelüste zum Ausdruck kommt. Die erotische Lust ist wieder in sich sehr abgestuft. Erst aus dem Zusammenhang ergibt sich die genaue Schattierung"2®®. L. Bock schreibt vom Wort liebe: "Gewöhnlich [ . . . / bezeichnet es eine getriuliche ger / . . . ] d. h. ein wechselseitiges Verlangen, eine Neigung, die zu einem Pflichtverhältnis noch hinzukommt /.../• Diese liebe tritt auch zur minne noch hinzu 291.15 [ . . .Z" 2 *®. K. Simrock übersetzt frou liebe mit "Frau Freude" 2 *!, W. Sta-

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Minneexkurs

pel mit "Frau Liebe" 2 1 2 und H. M. Mustard/C. E. Passage mit "Lady Affection" 2 1 ^ w a s m a n wohl als "Frau Zuneigung" verstehen muß. F„ Knorr/R. Fink übersetzen mit "Frau Liebreiz" 2 1 ^. W. Hertz übersetzt die fraglichen Verse gar nicht 2 1 Angesichts dieser Zitate gilt es also, zunächst zu fragen: ist frou liebe eine Personifikation der Freude oder der Liebe ? Beides ist ja prinzipiell auf Grund des Wortgebrauches von liebe im Parzival möglich 21 6. Daß Frou minne "den trurgen" (Pa. 291.2) "vro" (Pa. 291. 2) macht, aber nur "mit kurze wernder fröude" (Pa. 291. 3), hatte der Erzähler ihr vorgeworfen. Und daß Parzival den Minne bann als vreude empfunden hat, geht aus seinen Worten nach dem Verschwinden der Blutstropfen hervor (vgl. Pa. 302.7-17). Hier zeigt sich also deutlich, daß frou minne sich mit der Freude verbinden kann. Es war gesagt worden, daß die Bedingung für Ansehen und Macht der frou minne auf ihrer Verbindung mit der frou liebe beruht (vgl. Pa. 291.15-18)217. Wo aber ist frou minne zu Ansehen gelangt, wo hat sie ihre Macht gezeigt? Nachdem der Erzähler gerade von der Verbindung der frou minne mit frou liebe gesprochen hat (!), fährt er in seiner Anrede fort: "frou minne, ir pflegt untriuwen mit alten siten niuwen. ir zucket2!® manegem wibe ir pris, unt rat in sippiu amis. und daz manec herre an sinen man von i w e r r k r a f t hat missetan, unt der friunt an sime gesellen. 2ig (iwer site kan sich hellen), unt der man an sime herren." (Pa. 291.19-27) In allen genannten Fällen hat frou minne ihre Macht bewiesen (vgl. Pa. 291. 24 u. Pa.291.18 "iwer/r/ kraft!"), und gezeigt, daß diese hier offenbar nicht "dürkel" (Pa. 291.18) ist, d.h. frou minne hier in ihrer Verbindung mit frou liebe gewirkt hat. Durch diese Verbindung mächtig und angesehen war sie in der Lage, zur Blutschande (vgl. Pa. 291.22) 2 2 0 zu raten, das Lob und Ansehen mancher Frau an sich zu reißen (vgl. Pa. 291.21) und Lehns- und Freundschaftsverhältnisse zu zerstören (vgl. Pa. 291. 23-27). Auf Grund dieses durch den Text gegebenen Zusammenhanges wird man wohl kaum argumentieren können, frou liebe sei Herzensfreude, beseeligende Wonne, jungfräuliche Liebe, Wohlgefallen, Neigung, eine sittliche Macht, ein geistigeres Prinzip als frou m i n n e 2 F r o u liebe ist k e i n e P e r s o n i f i k a t i o n d e r L i e b e , sondern eine der Freude, und zwar wie H. Wallrabe zwar nicht begründete, aber richtig erkannte^ 2 ,

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einer erotisch begründeten Freude"^ 3_ Das geht eindeutig aus dem Gesagten und auch daraus hervor, daß frou liebe im Parzival nur einmal erscheint und hier nur in "geselleschaft" (Pa. 291.17) mit frou minne. Frou liebe ist deswegen eine Personifikation, die zwar nicht ohne Verbindung mit frou minne denkbar, im Parzival aber nur in dieser Verbindung episch realisiert ist und deswegen vom Interpreten auch nur in dieser betrachtet werd e n darf224,

Hier zeigt sich also erneut die Berechtigung der Hypothese, frou minne sei eine Personifikation der starken minne. Denn gerade zu dieser gehört ja die liebe. die erotische gefärbte Freude. Die ere, die leidenschaftliche minne hat, kommt nicht zuletzt von ihrer Verbindung mit der liebe. Daß diese Verbindung ambivalent ist, fördernde und zerstörende Kraft hat, wußte Wolfram sehr genau. Ihre fördernde Wirkung hat er im epischen Geschehen öfters dargestellt. Darauf muß jedoch in anderem Zusammenhang eingegangen werden^ Der Erzähler fährt in seinem "Minneexkurs" fort: "frou minne, iu solte werren daz ir den lip der gir verwent, dar umbe sich diu sele sent. frou minne, sit ir habt gewalt, daz ir die jugent sus machet alt, dar man doch zeit vil kurziu jar, iwer werc sint halscharlicher var. " (Pa. 291.28-292.4). In den Versen Pa. 291.28-30 zeigt nun der Erzähler, daß er sich des Problems des Dualismus in der Liebe zwischen den Geschlechtern wohl bewußt war. Was er hier frou minne vorwirft, daß sie nämlich die Trennung zwischen der körperlichen Komponente der Liebe und der seelischen bewirken kann, das hat er im epischen Geschehen in seinen Minneverhältnissen und Ehen nicht dargestellt. Gemessen an Wolframs gradualistischer Minneauf fassung im Parzival ist der Vorwurf, daß frou minne den Körper in übler Weise an die "gir" (Pa. 291.29) gewöhnt226} weswegen die Seele schmerzliches Verlangen empfindet (vgl. Pa. 291.30), wohl der weitestgehende, den er frou minne machen kann. E. Martins Übersetzung von Pa. 291. 30, weswegen "die Seele (im Jenseits) leidet'227^ iSt möglich, aber man wird dem Sinnzusammenhang wohl ebensogut gerecht, wenn man das "Leiden der Seele" auch auf den innerweltlichen Bereich bezieht228. Wenn der Körper sich der gir hingibt, wird die Liebe als ein leibsee-

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lisches Phänomen auf gespalten, und der seelische Bereich des Menschen kommt zu kurz. Die sich anschließenden Verse Pa. 292.1-4 sind durch das "sus" (Pa. 292.2) mindestens auf die vorangehenden Verse Pa. 291.28292. 30 bezogen229 und über diese, die ja mit den Versen Pa. 291.19-30 bereits in enger innerer Verbindung stehen, auf den zuletzt genannten Abschnitt der Anrede. Es ist deswegen mißverständlich, wenn man wie G. Hofmann nur kommentiert: "Liebe macht a l t " " " . Solcher Allerweltweisheiten hat sich Wolfram im ersten "Minneexkurs" enthalten. Vielmehr hat er durch die Rückbeziehung au3f das Vorangehende genau gesagt, welche Art von "Liebe" und warum diese die Jugend alt macht. Gerade hatte der Erzähler frou minne vorgeworfen, daß sie den körperlichen Bereich vom seelischen trennt und zur baren Lust verleitet. Nun fügt er hinzu: auf solche Art ("sus" Pa. 292.2) macht ihr die Jugend alt. Der Sinnzusammenhang ist also: wenn die starke minne zur bloßen gir absinkt, zerrüttet sie die Jugend, macht sie alt. Frou Minne, weil ihr diese (vgl. "daz [.. .J" Pa. 292.2) Macht habt (vgl. Pa. 292.1) - und diese ist bei der unerfahrenden Jugend wiederum gerade aus der Verbindung mit frou liebe zu e r klären - sind eure Werke heimtückisch (Pa. 292. 4). Diesen Vorwurf macht der Erzähler hier frou minne. Sie lauert im Hinterhalt (vgl. Pa. 292. 4)231. ihr Angriff ist deswegen nicht frühzeitig genug erkennbar. Das bedeutet: die leidenschaftliche Liebe zwischen den Geschlechtern kommt unverhofft und überraschend. Der Erzähler fährt in seiner Anrede an frou minne fort: "disiu rede enzaeme keinem man, wan der nie trost von iu gewan. het ir mir geholfen baz, min lop waer gein iu niht so laz. ir habt mir mangel vor gezilt und miner ougen ecke also verspilt daz ich iu niht getruwen mac. min not iuch ie vil ringe wac. " (Pa. 292.

5-12).

Diese Partie des "Minneexkurses" unterscheidet sich von den bisher analysierten Teilen im Ton und auch durch das Bezugssystem, in dem sie steht. Bisher waren die Aussagen des E r zählers auf das epische Geschehen in der Blutstropfen-Episode bezogen, auf allgemeinere Probleme, die dem Erzähler damit im Zusammenhang in den Blick kamen, auf mögliche Fälle der Realität oder vielleicht auf andere Dichtungen. Die gerade zitierte Textpartie wird im Zusammenhang mit a n d e r e n " 2 in der For-

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schung häufig, ohne daß man sich die Problematik eines solchen Verfahrens genügend zu Bewußtsein gebracht hätte, auf eine Minneaffäre Wolframs in der Realität bezogen 2 3 3 . Selbstverständlich kann Wolfram eine "Minneaffäre" gehabt haben, und nichts spricht dagegen, daß er sich im Parzival nicht auch auf eine solche hätte berufen können. Bei Wolframs vielfach realitätsbezogenem Dichten ist das sogar wahrscheinlich. Aber ganz abgesehen davon, daß alle Textstellen, die mit Wolframs Minneaffäre (oder Minneaffären) in Verbindung gebracht wurden, gemäß den Gegebenheiten epischer Fiktion auch bloß fiktiven Charakter haben oder ganz bewußt eine eventuelle reale "Minneaffäre" verschleiern, verdrehen oder vortäuschen können, bedeutet es eine allzu optimistische und durch nichts gerechtfertigte, unkritische Überschätzung der zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Methoden, wenn man auf Grund von vereinzelten Textstellen, über die bloße Feststellung der Möglichkeit einer realen Minneaffäre hinausgeht und den konkreten Verlauf eines Realitätszusammenhangs rekonstruieren will, über den nicht eine einzige außerliterarische Information vorliegt 2 3 ^. Solche Rekonstruktionsversuche, wie scharfsinnig und kenntnisreich auch immer sie vorgetragen sein mögen, entbehren des Chrakters einer wissenschaftlichen Hypothese und müssen als in wissenschaftlicher Form vorgetragene, unverbindliche Privatmeinungen angesehen werden 23 ®. Es muß deswegen offen bleiben, worauf sich Wolfram bezieht. Vielmehr wird nur gefragt, was der Erzähler hier aussagt und welche Beziehungen zwischen dem zuletzt zitierten und anderen Teilen des "Minneexkurses" bestehen. K. Bostfleisch schreibt zu Pa. 292. 5 ff.: "Damit beginnt die Peripetie des Exkurses, eine allmähliche Zurücknahme des Gesagten, ein Zurückweichen in die demütige Haltung des minnenden Verehrers, das Vorschieben wieder des höfischen Idealbildes vor das Schreckbild der Leidenschaft" 2 3 6 . Der Text zeigt aber (vgl. Pa. 292. 5 ff.), daß man diesem Urteil wohl kaum zustimmen känn. Das sogenannte höfische Idealbild der minne wird in dem "Minneexkurs" nirgends angesprochen. Nirgends nimmt Wolfram das Gesagte zurück, auch nicht in den Versen Pa. 292.13-15. Nachdem Wolfram bisher die Macht der frou minne dargestellt hat, stellt er fest, daß er niemals "trost" (Pa. 292. 6) durch sie erwarb, daß sie ihm nicht genug geholfen (vgl. Pa. 292.7), Entbehrung zum Ziel gesetzt (vgl. Pa. 292.9) und seine "not" (Pa. 292.12) immer zu gering geachtet hat. Deswegen steht ihm die "Scheltrede" zu (vgl. Pa. 292. 5 u. 292.8), und deswegen kann er frou minne nicht trauen. Aus diesen Vorwürfen läßt sich nur

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schließen, daß Wolfram feststellt, er habe die Macht der starken minne nicht genug zu spüren bekommen, und sie habe sich um seine "not" (Pa. 292.12) wenig gekümmert. Er steht ihr skeptisch gegenüber. Auch auf diese Weise relativiert er also die Macht der frou minne. Der Erzähler fährt dann fort: "doch sit ir mir ze wol geborn, daz gein iu min kranker zorn immer solde bringen wort. iwer druc hat so strengen ort, ir ladet uf herze swaeren soum. her Heinrich von Veldeke sinen boum mit kunst gein iwerm arde maz: het er uns do bescheiden baz wie man iuch süle behalten! er hat her dan gespalten wie man iuch sol erwerben. von tumpheit muoz verderben maneges toren hoher funt. was od wirt mir daz noch kunt daz wize ich iu, frou minne. " (Pa. 292.13-27). Auf Veldekes "boum" (Pa. 292.18) wurde bereits in anderem Zusammenhang kurz eingegangen 2 ™. Es wurde auch gezeigt, daß frou minne in der Eneide nicht existiert und die personifizierte minne im Eneasroman nichts mit frou minne zu tun hat2^®. Wenn also Wolfram hier ausführt, daß Veldeke "sinen boum mit kunst" (Pa. 292.18 u. 292.19) mit der "art" (vgl. Pa. 292.19) der frou minne verglichen hat, dann gibt es zwei Möglichkeiten: entweder Wolfram bezieht sich hier auf ein heute unbekanntes Gedicht Veldekes, in dem frou minne eine Rolle spielte 2 *^, oder aber - und das ist wohl das wahrscheinlichere - er hält den Stil und die Bedingungen der Anredesituation, in der er sich gegenüber frou minne befindet, nicht konsequent durch. Weil für ihn frou minne eine Personifikation der starken minne ist, spricht er nun (ab Pa. 292.19) von dieser, ohne noch im vollen Ausmaße zu berücksichtigen, daß er sie personifiziert hat. Das zeigen deutlich die beiden Verben "behalten" (Pa. 292.21) und "erwerben" (Pa. 292.23), die ganz offensichtlich auf die Personifikation frou minne nicht recht passen wollen. Dieses Problem spiegelt sich sehr deutlich in den Übersetzungen. K. Simrock übersetzt vom Sinn her ansprechend: "Eure Gunst behalten" 2 4 0 . Das aber steht nicht im Text. S. Stapel übersetzt "festhalten" 2 4 1 . Diese Übersetzung evoziert aber ein nicht gerade treffendes Bild. G.

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Bötticher übersetzt wörtlich "euch behalten" und "euch erwer j3enn242! a ber soll man frou minne behalten und erwerben können? Offensichtlich passen die beiden Verben nur auf das Personifizierte, nicht auf die Personifikation. Die starke minne kann man behalten und erwerben. Daß hier das Personifizierte fast unbemerkt an die Stelle der Personifikation treten kann, zeigt erstens wiederum deutlich den nur formalpoetischen Charakter der frou minne und zweitens, daß frou minne im Parzival keine "Veldek' sehe Personifikation" ist, weil der Erzähler bezeichnenderweise gerade im Zusammenhang mit seiner Bezugnahme auf Veldeke, der eine wesensgleiche Personifikation nicht kennt, das Personifizierte anstelle seiner Personifikation setzen muß, damit die Anspielung auf Veldeke sinnvoll wird. Daß der Erzähler hier nur auf die Minneerwerbung bei Veldeke sich bezieht, läßt bereits seine Aversion gegen die Minnegötter, die ja bei dieser maßgeblich beteiligt sind, d u r c h b l i c k e n 2 4 3 . Zum Abschluß seiner Anrede an frou minne wendet sich der Erzähler wieder Parzival und dem Geschehen in der BlutstropfenEpisode zu (vgl. Pa. 293. 5 f f . ) , um damit wieder zur epischen Szene selbst überleiten zu können. Was von Parzival gesagt wird (vgl. Pa. 293. 5-11), ist nichts Neues. Anschließend heißt es: "Kardeiz fiz Tampenteire, ir bruoder, namt ir och sin lebn. sol man iu solne Zinse gebn wol mich daz ich von iu niht han, iren wolt mir bezzer senfte lan. " (Pa. 293.12-16). Über den Tod des Bruders der Condwiramurs ist nichts bekannt. Deswegen kann auch nicht gesagt werden, daß er in einer Minne tjostgestorben sei . Vielmehr wird man auf Grund des Textes nur feststellen können, daß minne die Ursache des Todes war. Daß - wie auch immer - frou minne dies vermag, zeigt wohl erneut, daß man berechtigt ist, sie als eine Personifikation der starken minne aufzufassen. Nach Beendigung des ersten "Minneexkurses" setzt der Erzähler zum Bericht über die tjost Keies gegen Parzival an (Pa. 293.19ff,), Kurz vor Beginn des "Minneexkurses" hatte er Keies Kampfmotiv ausdrücklich erwähnt. Dieser empfand es als "unere" (Pa. 290.16), daß Parzival, herausfordernd gerüstet, vordem Lager des Artus halt machte (vgl. Pa. 290.8-10). Dann hatte der Erzähler berichtet, wie der "seneschalt" (Pa. 290.23) gerüstet wurde. Niemand aus der Zuhörerschaft konnte zu diesem Er-

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zählzeitpunkt daran zweifeln, daß Keie gegen Parzival tjostieren wird. Angesichts der Um- und Aufwertung der Keiegestalt, die Wolfram gegenüber seiner Quelle und auch gegenüber der Keiegestalt bei Hartmann vorgenommen h a t 2 ^ w a r es deswegen bereits auffallend, wenn der Erzähler ausführte: "der / P a r z i v a l / truoc der minne grozen last: daz fuogte im sne unde bluot. ez ist s ü n d e , s w e r im mer nu tuot. " (Pa. 290.26-28)246. Nach dem Abschluß des Minneexkurses verläßt nun Keie "gewapent riterliche" (Pa. 293.20) das Artuslager, redet zunächst P a r zival reichlich rüde an (vgl. Pa. 293. 30-294.8), schlägt ihm,der, durch den Anblick der Blutstropfen gebannt, nicht antwortet, mit dem "schaft" (Pa. 294.10) an den Helm und vergleicht ihn mit einem Esel. Hier unterbricht der Erzähler seinen Bericht mit einer erneuten Anrede an frou minne: "frou minne, hie seht ir zuo: ich waen manz iu ze laster tuo: wan ein gebur spraeche san, mime herrn si diz getan, er klagt ouch, möhter sprechen, frou minne, lat sich rechen den werden Waleise: wan liez in iwer vreise unt iwer strenge unsüezer last, ich waen sich werte dirre gast." (Pa. 294.21-30). Die Forschung hat herausgearbeitet, daß diese Anrede Anspielungen auf Walther 40.19 ff. enthält 2 ^. Dadurch stehen einzelne Wörter (wie z. B. "gebur" Pa. 294.23, "herrn" Pa. 294.24, "dirre gast" Pa. 294. 30) semantisch in mindestens zwei Bezugssystemen, was dazu führt, daß - f ü r den, der die Anspielung kennt - im Text zugleich mehrere (mindestens zwei) Wortinhalte dieser Wörter realisiert sind2^®. Sieht man jedoch davon einmal ab und auf den bloß innerepischen Zusammenhang und berücksichtigt somit nur ein Bezugssystem, dann ergibt sich folgendes: Von Keie aus gesehen kann die Herausforderung Parzivals nicht "ze laster" (Pa. 294.22) der frou minne gemeint sein, denn e r hat ja andere Kampfmotive und weiß von dem Minnebann P a r z i vals gar nichts! Will also der Erzähler den vorgegebenen epischen Zusammenhang, daß die Herausforderung Keies auf P a r zivals Person gerichtet ist, objektiv auch noch anders gewertet

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wissen, dann muß er sich irgendwie erklären. So wendet er sich erneut an seine stumme Dialogpartnerin frou minne. Sehr deutlich wird hier wiederum deren formalpoetischer Charakter e r kennbar. Er fordert frou minne zunächst zum Aufpassen auf (vgl. Pa. 294.21). Dann interpretiert er Keies rüpelhaftes Verhalten als nicht gegen Parzival, sondern gegen frou minne gewandt. Ich glaube (oder sogar: ich hoffe (!)), daß man das euch zur Schande tut (vgl. Pa. 294. 22). Die folgenden Verse Pa. 294. 23-24 lassen sich sehr verschieden auffassen. "Gebur" (Pa. 294.23) kann als "ungebildeter Mensch" 249 , und "mime herrn" (Pa. 294.24) als "meinen H e l d e n " 2 5 0 übersetzt werden, denn Parzival wird ja vom Erzähler als "des maeres herren" (Pa. 338. 7) bezeichnet. Dann wären also Pa. 294.23-24 wie folgt zu verstehen: Nur ein Ungebildeter (also einer, der den Sinn der Geschichte nicht versteht) spräche so, meinem Helden (Parzival) sei (ist) dies (Keies Verhalten) angetan. Die Gebildeten, die in den Sinn der Geschichte Eingeweihten beziehen - wie der Erzähler selbst - Keies Herausforderung und Angriff auf frou minne als der Urheberin für Parzivals Minnebann. Man wird wohl zugestehen müssen, daß diese durchaus eine sinnvolle Auffassung der Stelle ist, besonders wenn man berücksichtigt, daß es ohne die Anrede an frou minne (Pa. 294. 21-30) und der damit verbundenen Interpretation des Geschehens durch den E r zähler selbst keineswegs offensichtlich gewesen wäre, daß Keies aggressives Verhalten nicht nur aus dessen Kampfmotiven und aus dessen Sicht der Situation heraus als auf Parzival gemünzt zu deuten, sondern auch aus der Perspektive des Erzählers zu verstehen und deswegen auf frou minne zu beziehen ist. Doch es gibt noch eine zweite Möglichkeit, die Verse Pa. 294. 23-24 zu verstehen. "Gebur" (Pa. 294.23) steht im Gegensatz zu "herrn" (Pa. 294.24). Nur ein Höriger spräche so, meinem Herren (nicht mir) ist dies angetan . Mit anderen Worten: nur ein höriger Bauer beziehe die Schande, die mit Keies Verhalten verbunden ist, nicht auf sich, weil er keine ere hat, sondern auf seinen Herren und dessen ere. Da ja nach dem Willen des Erzählers Keies Verhalten gegen frou minne und deren ere gerichtet ist, ihr "ze laster" (Pa. 294.22) gereichen soll und nicht etwa Parzival, der Keie auch nicht antworten kann (vgl. Pa. 294.9, 294.10 u. 294. 25) und ihn gar nicht bemerkt, muß auch frou minne selbst, will sie sich nicht als ein gebur verhalten und als solcher gelten, die Schande nicht an ihren herrn weitergeben, sondern auf sich selbst und ihre ere beziehen. Fragt man nun, wer der herr der frou minne im Parzival ist, so kommt man zu

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der überraschenden Antwort: Natürlich der Parzivalerzähler selber252> D e n n ohne den Erzähler ist seine Personifikation frou minne episch nicht existent. Der Erzähler ist herr der frou minne! Genau so wie der gebur von seinem herrn. so ist frou minne vom Erzähler abhängig. Der Sinn des ersten Teils dei^Anrede an frou minne (Pa. 294.2125) wird klar, sieht man kurz auf den zweiten Teil. Denn hier wird frou minne nun aufgefordert, "den werden Waleise" (Pa. 294. 27) aus ihrer "vreise" (Pa. 294. 28) freizugeben. Sie kommt dieser Aufforderung aber nicht nach. Damit wird aber der Sinnzusammenhang, in der die kurze Anrede an frou minne steht, deutlich, "ez ist sünde, swer im mer nu tuot" (Pa. 290. 28), hatte der Erzähler festgestellt. Nicht Keie tut "im mer" (Pa. 290. 28) an, auch nicht der Erzähler, sondern frou minne. die starke minne versucht dies, indem sie Parzival keine Gelegenheit geben will, sich gegen Keie zu verteidigen, sich an ihm zu rächen (vgl. Pa. 294. 26); sie wird aber von ihrem herrn. dem Erzähler, durch die Führung der Handlung daran gehindert und ihre Macht eingegrenzt. Welcher der beiden Deutungen von Pa. 294. 23-24 der Vorzug zu geben ist, wird sich schwer entscheiden lassen. Eine Entscheidung ist jedoch hier für die Absichten der Analyse nicht unbedingt notwendig, da - was frou minne anbetrifft - beide in die gleiche Richtung weisen, denn beide zeigen, daß der Erzähler sich gegen die starke minne wendet. Damit die Kritik an dieser in plastischer Weise möglich wird und zugleich er und Keie von der Sünde entlastet werden, Parzival zu viel zuzumuten, personifiziert er die starke minne. um dann durch die Anrede an frou minne sowohl die Deutung des epischen Geschehens selbst zu geben als auch frou minne zu beschuldigen. Faßt man nun zusammen, was über das Wesen und die Funktion der frou minne in der Blutstropfen-Episode gesagt wurde, dann ergibt sich folgendes einheitliches Bild. Frou minne in der Blutstropfen-Episode und im ersten "Minneexkurs" ist eine Personifikation der starken minne. Diese kann den die Ritter fördernden, sittlichen Kräfte der minne entgegenwirken. Was die starke (bzw. strenge) minne vermag, kann auch frou minne. Einflußweise und -richtung, und die Grenzen des Einflusses der frou minne und der der starken minne sind identisch. Die Macht der frou minne ist groß; sie erstreckt sich auf alle Daseinstufen, ist jedoch nicht unbeschränkt. Sie beruht auf ihrer Verbindung mit frou liebe, die eine Personifikation der

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erotisch betonten Freude ist, und im Parzival nur in Verbindung mit frou minne existiert. Frou minne ist eine allegorische Figur auf der untersten möglichen Verwirklichungsstufe der Allegorie. Sie hat bloß formalpoetischen Charakter und ist in der erzählten Welt selbst nicht bekannt. Sie verdankt ihre Existenz im Parzival allein der Absicht des Erzählers, über das Wesen der starken minne reflektieren und polemisieren oder die epischen Geschehnisse interpretieren zu wollen. Sie soll nicht die Vorstellung eines übernatürlichen Wesens oder einer Minnegöttin vermitteln. Alles scheinbar Personale an frou minne. das durch die Anrede mit frou über das im Bericht übliche, notwendige metaphorische Personifizieren hinaus evoziert wird, berechtigt nicht,hinter frou minne mehr zu vermuten. Gerade das scheinbar Personenhafte hat nur erzählerischen Funktionswert, um nämlich die Skepsis gegenüber der starken minne in wirkungsvolle poetische Form zu bringen. Deswegen hat frou minne mit den Minnegöttern und der personifizierten minne in der Eneide nichts zu tun. 2.3.3. Frou minne in der Obie-Meljanz-Handlung Gegen Ende des VII. Buches findet die Versöhnung zwischen Obie und Meljanz statt. Die äußeren Voraussetzungen zu dieser wurden durch das geschickte Spiel Gawans und Obilots mit der Sicherheit. die der besiegte Meljanz Gawan geben mußte, geschaffen (vgl. Pa. 395. 25 - 396. 20) 2 5 3 . Zu der inneren Situation, die die suone möglich macht, berichtet der Erzähler "da mit und der

meistert frou minne ir krefteclichem sinne, herzenlichiu triuwe, zweier liebe al niuwe:" (Pa. 396. 21-24).

Zunächst soll versucht werden, diese Textstelle zu übersetzen. W. Stapel gibt sie wie folgt wieder: "Da schuf Frau Minne mit ihrer gewaltigen Kunst und ihrer herzlichen Treue die Liebe der beiden neu"" 1 *. Diese Übersetzung ist offensichtlich grammatisch falsch. Wie die Flexion von herzenlich eindeutig zeigt, ist "herzenlichiu triuwe" (Pa. 396. 23) wie "frou minne" (Pa. 396. 21) Subjekt. W. Stapel ist wohl durch die fehlende Kongruenz zwischen Prädikat und Subjekt verleitet worden, "herzenlichiu triuwe" (Pa. 396.23) als präpositionales Dativ-Objekt aufzufassen, denn "meistert" (Pa. 396.21) ist ja offensichtlich Singular. Die fehlende Kongruenz ist jedoch, wenn das Prädikatsverb meh-

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reren durch und verbundenen Subjekten vorausgeht, nichts Ungewöhnliches und findet sich im Mhd. häufiges. Es kann also keine Rede davon sein, daß frou minne "mit f . . J ihrer herzlichen Treue" oder "with f . . . ] loving loyalty" 2 5 " etwas schuf. F.Knorr/ R. Fink übersetzen: "Da ließ Frau Minne mit ihrer Kraft und Weisheit dte Herzenstreue ihrer beider Liebe wieder ganz neu erblühen" 2 5 '. Auch dieser Übersetzung kann nicht zugestimmt werden. Daß hier "herzenlichiu triuwe" (Pa. 396.23) als Akkusativ-Objekt wiedergegeben wird, läßt sich grammatisch nicht vertreten. Die weitere Analyse wird zeigen, daß mit beiden Übersetzungen weitreichende Sinnentstellungen verbunden sind. Eine weitere, sicherlich sehr schwer eindeutig zu entscheidende Frage ist, ob "liebe" (Pa. 396.24) mit "Liebe" oder einem treffenden Wort aus dem Wortfeld der Freude wiederzugeben ist. Das zu entscheiden, wird nur nach einer Analyse der Entwicklung des Minneverhältnisses zwischen Obie und Meljanz möglich sein. Schließlich treten auch in den Versen Pa. 396.21-22 semantische Schwierigkeiten auf. Meistern kommt in Wolframs gesamter Dichtung nur hier vor 25 ®. Außerdem tritt nur hier das Adjektiv krefteclich als Attribut zu sin. K. Bartsch übersetzt Vers Pa. 396. 22: "mit der Macht ihres Geistes" 2 5 ^. wie der Wortgebrauch von sin(n) in der mhd. Literatur2®® und auch im Parzival 2 ®* zeigt, ist sin(n) ein Abstraktum, das sowohl dem "Sinnbezirk des Verstandes" 2 ® 2 als auch dem der Emotion zugehört2®^. Es ist deswegen nicht einzusehen, warum sin(n) (vgl. Pa. 396.22), wenn es sich auf frou minne bezieht, ausgerechnet "Geist" heißen soll, zumal auch kaum etwas dafür spricht, daß frou minnes Handlungen bisher "geistvoll" waren. Überprüft man den Wortgebrauch von meistern in der mhd. Literatur2®^, dann zeigt sich, daß von den möglichen Bedeutungsbereichen hier zwei infrage kommen: einmal etwas lenken, leiten, bewirken, beherrschen auf Grund von M a c h t und zum anderen etwas schaffen, zustande bringen auf Grund eines K ö n n e n s 2 ® 5 . Der Wortinhalt "zahlreich", den krefteclich haben kann 2 8 6 , entfällt, da "sinne" (Pa. 296.22) Dativ Singular ist. Krefteclich kann also nur mit "mächtig" oder "kräftig" übersetzt Werden. Daraus läßt sich schließen, daß von den möglichen Wortinhalten von meistern der zuerst genannte, also: "durch Macht bewirken"2®'7 zu bevorzugen ist. Bleibt also zunächst die Frage: Was bezeichnet das Wort "sinne" (Pa. 396. 22), wenn es, da auf die personifizierte minne bezogen, wohl kaum Verstand, Geist, Vernunft usw. meinen kann? Um diese Frage mit Argumenten und Belegen beantworten zu können, werden einige Zwischenüberlegungen notwendig.

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Unter den Belegen für sin im Parzival finden sich mehrere, die sich nicht so ohne weiteres mit einem Wort für die rationalen E r kenntniskräfte des Menschen wiedergeben lassen. Vor allen Dingen, wenn von sin des herzen mit Bezug auf die minne gesprochen wird, wird das Verständnis schwierig. X. v. Ertzdorff hat herausgearbeitet, daß in der theologischen Tradition bis ins 12. Jahrhundert das herz als geistiges Organ des Menschen vorgestellt wurde, in dem die verschiedenen Erkenntniskräfte, die zusammenwirken und nicht voneinander abtrennbar sind, ihren Sitz haben. Dieser Herzbegriff wurde der höfischen Liebeslyrik vermittelt269, und es ist sicher, daß dieser auch im Parzival faßbar ist 2 7 ^, hier aber nicht von solch entscheidendem Einfluß für die Liebesauffassung wird, wie in der hochhöfischen Liebeslyrik, für deren "gespannte Interlektualität" 27 * er mitverantwortlich, von der aber im Parzival nur wenig zu spüren ist. Vielmehr macht sich im Parzival auch die antike Tradition bemerkbar 2 7 2 . in dieser verbindet sich der Begriff des Herzens mehr mit dem Emotionalen, mit den Affekten, die den rationalen Erkenntniskräften parallel, aber auch entgegenwirken können. Vor diesem Hintergrund, der hier nur angedeutet werden konnte, seien nun einige Belege betrachtet. Obie denkt über Meljanz: "den jungen werden süezen man vor al der werlt ich minne: dar jagent mich h e r z e n s i n n e " . (Pa. 365.28-30) 2 7 3 274 275 W. Stapel und F. Knorr/R. Fink übersetzen "herzen sinne" (Pa. 365. 30) beide mit "Herz" und treffen damit ohne Zweifel das Richtige, denn im Nhd. kann "Herz" metaphorisch die Summe der emotionalen Kräfte und Strebungen bezeichnen 27 ®. "Sinne" (Pa. 365. 30) muß also hier bei wörtlicher Übersetzung wohl mit einem Wort aus dem Sinnbezirk des Gefühls wiedergegeben werden, etwa mit "Regungen", "Empfindungen", "Gefühle". Vor die Wahl gestellt, den Besitz aller Könige oder Orgeluses Liebe zu bekommen, will sich Gawan für das letztere entscheiden (vgl. Pa. 523.14-19). Er sagt in diesem Zusammenhang zu Orgeluse: "so raetet mir mins h e r z e n s i n daz ichz in lazen solte. iwer minne ich haben wolte. " (Pa. 523. 20-22) 2 7 7 . Auch hier übersetzen W„ Stapel 2 7 8 und F. Knorr/R. Fink 2 7 9

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"herzen sin" (Pa. 523.20) zutreffend mit "Herz". Es ergeben sich für die wörtliche Übersetzung von "sin" (Pa. 532.20) die gleichen Möglichkeiten wie oben. Gawan vertraut in Fragen der minne offensichtlich auf den Rat (vgl. Pa. 523. 20) der emotionalen Kräfte seines Herzens. Auch in den Belegen Pa. 637. 30 und Pa. 726.30 bezeichnet sin ein emotionales Vermögen. In allen gegebenen Belegen bezieht sich sin auf die minne. Blickt man nun zurück auf die Textstelle Pa. 396.21-24, dann zeigt sich auch hier die Möglichkeit, "sinne" (Pa. 396. 22) mit "Gefühl" zu übersetzen. Daß hier sin und minne in anderer Beziehung stehen wie in den angeführten Belegen, ist auf die Personifikation der minne als frou minne zurückzuführen. Krefteclicher sin läßt sich also mit "mächtiges" oder "kräftiges Gefühl" wiedergeben oder einfach mit "Leidenschaft". Demnach kann als Übersetzung für Pa. 396.21-24 vorgeschlagen werden: Dort schufen Frau Minne mit ihrer Leidenschaft und die aus dem Herzen stammende Treue das Liebesglück der beiden ganz neu. Bedenkt man nun, daß selbstverständlich auch hier mit frou minne kein wie auch immer geartetes episches oder gar reales Wesen gemeint ist, sondern daß frou minne auch hier eine bloße P e r sonifikation zu darstellerischen Zwecken ist, und zwar eine P e r sonifikation der minne zwischen und in Obie und Meljanz, dann lautet der Sinn dieser Stelle: Die leidenschaftliche Liebe der beiden und ihre Treue bewirkten, daß ihr Liebesglück neu entstand. Ob diese Interpretation möglich ist, soll nun kurz an der Darstellung des Minneverhältnisses zwischen Obie und Meljanz nachgeprüft werden, wobei allerdings die Handlungszusammenhänge als bekannt vorausgesetzt werden müssen 2 ® 0 . Lyppaut, Fürst von Bearosche, erzieht seinen jugendlichen Lehnsherren Meljanz, König von Liz, der im dienst Obiens, der ältesten Tochter seines Vasalls ritterschaft übt. Der knappe, den der zu seinem Kämpfte rmin reitende Gawan nach dem vorbeireitenden Heerzug fragt, und der Gawan über die Situation in Bearosche aufgeklärt, berichtet: "ein tages gedehez an die stat daz si der junge künec sat nach sime dienste minne." (Pa. 345. 27-29). E. Karl schreibt zur Stelle: "Nun naht er ihr mit der unterwürfigen Bitte, sie möge seinen M i n n e d i e n s t a n n e h m e n " 2 8 1 . Das steht jedoch nicht im Text. Der junge König will vielmehr minne für bereits geleisteten dienst. Was Meljanz hier mit "min-

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ne" (Pa. 345.29) meint, geht aus seiner Feststellung hervor, die der knappe Gawan mitteilt: "genade doch bim dienste stet, swer triwe rehte mezzen wil." (Pa. 346. 22-23). Obie weist das Verlangen des jungen Königs empört zurück (vgl. Pa. 346.2-18). Dagegen ist nichts einzuwenden, aber sie geht dabei entschieden zu weit, weil sie den Werbenden und Begehrenden unhöfisch verspottet^?. Indem der Erzähler Obies Spott in einem Vergleich mit dem Minneschicksal der Annore und des Galoes münden läßt (vgl. Pa. 346.15-18)283^ weist er andeutungsweise daraufhin, wo die Gefahren der hochvart Obies liegen. Obilot, Obies jüngere Schwester, deren Alter nicht genau mitgeteilt wird, aus deren Verhalten sich aber schließen läßt, daß sie auf der Schwelle vom Kindes- zum Mädchenalter steht, ist mit dem Verhalten ihrer Schwester nicht einverstanden: "unfuoge ir dennoch mer gebot: geim künege Meljanz von Liz si kerte ir hochverte vliz, do er si hat ir minne. gunert sin sölhe sinne!" (Pa. 353.18-22). Auch der Erzähler selbst ist mit Obies Verhalten nicht einverstanden. Er spricht von ihrer "losheit" (Pa. 386.17), durch die Unschuldige "in arbeit" (Pa. 386.18) gekommen sind und stellt fest: "si kom dicke uz frouwenlichen siten." (Pa. 365. 20). Meljanz nun seinerseits reagiert auf den übertriebenen Stolz und den Spott allzu hitzköpfig und ohne jede Überlegung, beruft sich auf seine Stellung als Lehnsherr Lyppauts (vgl. Pa. 346.27-30) und verdächtigt schließlich grundlos seinen Vasall, nachdem Obie sich auf ihre "vriheit" (Pa. 347.4) berufen hat, er habe seine Tochter gegen ihn beeinflußt (vgl. Pa. .347. 8-10). Wie schon bei Obie, so spiegelt der Erzähler auch hier das Verhalten des Meljanz in dem Urteil eines Geschlechtsgenossen. Der knappe sagt über Meljanz: "hochvartlichen zornes vliz hat er gevrumet ane not: unrehtiu minne im daz gebot. " (Pa. 344.16-18). Obie und Meljanz trennen sich im Zorn, und der voreilige Jüngling befehdet seinen treuen Lehnsherrn. Der Erzähler läßt keinen Zweifel darüber, daß die Ursache der verfahrenen Siutation im Bearosche die minne zwischen Obie und Meljanz ist (vgl. Pa. 365. 1 ff„). Die beiden sind der minne jedoch noch nicht gewach-

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s e n 2 8 4 . Bei beiden führt sie zu einem Fehlverhalten, in dem sich dann zeigt, welche leidenschaftliche Kraft in der minne der beiden jungen Menschen steckt. Der Erzähler ruft aus: "kein munt ez immer gar volzelt waz minne Wunders füegen kan. ez si wib oder man, die krenket herzeminne vil dicke an hohem sinne." (Pa. 365. 6-10). Die minne zwischen beiden bleibt jedoch trotz der verfahrenen äußeren Umstände und der feindlichen Haltung des Meljanz bestehen. Zum Publikum gewandt, erklärt der Erzähler: "Obie unt Meljanz, ir zweier minne was so ganz und stuont mit solhen triuwen, sin zorn iuch solde riuwen. " (Pa. 365.11-14). Daß Meljanz Obie im Zorn verlassen hat, fügte ihr leit zu (vgl. Pa. 365.15 ff.), und die Fürstentochter gesteht sich selbst zu: "den jungen werden süezen man vor al der werlt ich minne: dar jagent mich herzen sinne'." (Pa. 365.28-30). Hier zeigt sich also nun die Berechtigung "liebe" (Pa. 396.24) mit "Liebesglück" als einem Wort aus dem Wortfeld der Freude zu übersetzen, da ja die Liebe der beiden nicht neu geschaffen werden muß, sondern genau so wie die triuwe durchgehend bestanden hat bei allem äußeren Durcheinander. Sie hat aber beiden Leid zugefügt. E r s t bei der Versöhnung herrscht wieder "liebe" (Pa. 396.24), Freude, Liebesglück. Die Frage, welche Art der minne frou minne h i e r personifiziert, läßt sich nun beantworten. Es ist die auf Erfüllung hinzielende minne zwischen Obie und Meljanz, die der Erzähler "herzeminne" (Pa. 365.2) und "herzen minne" (Pa. 365.9) nennt und die, weil sie aus dem herzen als dem Zentrum des Menschen stammt, diesen ganz e r faßt und seine anderen ebenfalls dort verwurzelten Kräfte lähmen kann285} W orin sie sich von der starken oder strengen minne, wie sie der Parzivalerzähler versteht, nicht wesentlich unterscheidet! Nur durch die Gunst der Umstände, und zwar vor allen Dingen durch Gawans Haltung und Obilots naive Einsicht (vgl. Pa. 396. 19) wirkt sich hier die minne nicht dauerhaft nachteilig aus. Nachdem die äußeren Voraussetzungen für die Versöhnung geschaffen sind, wird sie möglich, weil die minne der beiden zwei

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Eigenschaften hat: sie ist intensiv (vgl. Pa. 396. 22) und dauerhaft (vgl. Pa. 396.23). In diesem inhaltlichen Zusammenhang sind die Verse 396.21 -24, von denen die Analyse ihren Ausgang nahm, zu sehen. So bleibt nur noch die Frage nach der Funktion der frou minne. Wäre frou minne eine Bezeichnung für eine wie auch immer vorgestellte Wesenheit, dann wäre diese absolut funktionslos. Denn alles, was in und um Bearosche vorgeht, sowohl in der inneren und äußeren Handlung, ist eingehend faktisch oder psychologisch motiviert. Alles Minnegeschehen im VII. Buch ist Menschenwerk, von außen beeinflußbar nur durch den christlichen Gott. Für eine Wesenheit frou minne ist kein Raum. Frou minne ist deswegen auch hier eine Personfifikation zu bloß formalpoetischen Zwecken. Indem Wolfram in Vers Pa. 396.21 anstatt einfach von minne plötzlich von frou minne spricht, lenkt er die Aufmerksamkeit seines Publikums darauf, daß er hier etwas Besonderes zu sagen hat: Minne, die den ganzen Menschen erfaßt, aus dem herzen stammt und deswegen intensiv und dauerhaft ist, zeigt sich hier erst in ihrem eigentlichen Sinn, nämlich die Geschlechter zueinander zu führen und dann dauerhaft aneinander zu binden. Daß dies für ein aristokratisches Publikum um 1200 durchaus etwas Besonderes war, erkennt man, sieht man solche Textstellen vor dem Hintergrund der sozialen Realität im Bereich der Liebe und Ehe einerseits und andererseits im Zusammenhang mit der Spiritualisierung der minne in Teilen des Minnesangs und der damit eng verbundenen Frouwe-Ideologie, die den von Wolfram hier hervorgehobenen Sinn der minne zwischen den Geschlechtern gänzlich vernachlässigte. Und was der Erzähler in den Versen Pa. 396.21-24 im vorweggenommenen Kommentar zum Publikum sagt, das wird dann in der epischen Handlung realisiert: "Obien hant fürn mantel sleif, da si Meljanzes arm begreif: al weinde kust ir roter munt da der was von der tjoste wunt. manc zäher im den arm begoz, der von ir liehten ougen vloz. wer macht si vor der diet so balt ? daz tet diu minne junc unt alt." (Pa. 396.25-397.2). Bevor auf die offensichtlichen Unterschiede zwischen der frou minne in der Blutstropfen-Episode und im ersten Minneexkurs

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und der frou minne in der Obie-Meljanz-Handlung eingegangen wird, wird sich zunächst dem XII. Buch zugewandt, in dem frou minne erneut auftritt. 2.3.4. Frou minne im XII. Buch Zu Beginn des XII. Buches findet sich der dritte "Minneexkurs" (Pa. 583.1-587.14) 286 . Wie die beiden anderen, so ist auch er verbunden und durchsetzt mit einer Fülle von literarischen Anspielungen (vgl. bes. Pa. 583.8-584.1, 587.7-8) 2 8 7 , auf die es jedoch im hiesigen Zusammenhang nicht ankommt. K. Boestfleisch urteilt zutreffend, wenn er feststellt, daß der dritte Minneexkurs "nicht von so allgemeiner Bedeutung wie die beiden anderen" 2 8 8 ist. Während Gawan im Bette liegt (vgl. Pa. 582. 30), setzt der Erzähler zu einer erneuten Betrachtung über die minne an, die sich an Gawans noch unerfüllter minne zu Orgeluse entzündet. Zunächst stellt er berühmte Kämpfe aus der Artusepik zusammen, und zwar mit dem Zweck, die Kampfesnot der beteiligten Helden mit dem kumber Gawans zu vergleichen, um die not Gawans um so mehr herausheben zu k ö n n e n 2 8 ® . Dann stellt er die Frage: "weihen kumber mein ich nuo?" (Pa. 584. 5). Es stellt sich nun heraus, was ohnehin einem aufmerksamen Zuhörer klar sein mußte, daß nämlich nicht etwa von den vielen Wunden Gawans gesprochen wird, die ihn während seiner Bettruhe plagen, sondern von dem kumber um Orgeluse. Gawan aber kann offensichtlich nicht schlafen. Der Erzähler weist auf "sin dienestlichez wachen" (Pa. 584. 21) 290 hin. Um darzustellen, daß Gawan an Orgeluse denkt, bedient sich der Erzähler einer auch im Minnesang und der Epik2®2 vor ihm bekannten Technik. Er nimmt die Implikationen eines Bildes wörtlich und gewinnt so in spielerischer Dialektik Argumente, um das Zueinander zweier Liebender, die getrennt sind, auszudrücken (vgl. Pa. 584.8-24). Die Tatsache, daß die Gedanken an Orgeluse den verwundeten Gawan quälen, nimmt der Erzähler zum Anlaß, um festzustellen: "da tuot frou minne ir zürnen schin an dem der pris hat bejagt, werlich und unverzagt hat sin iedoch funden. gein dem siechen wunden solte sie gewalts verdriezen: er möht doch des geniezen, daz sin ane sinen danc

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wol gesunden e betwanc. " (Pa. 584. 26-585.4). E„ Karl schreibt zu diesen und den vorausgehenden Versen: "Orgeluse, die große Frau, sitzt in dem kleinen Haus von Gawans Herzen. Gleich verwandelt sie sich in Frau Minne selbst, die ihren Zorn an dem Helden a u s l ä ß t " ^ , von dieser angeblichen Verwandlung der Herzogin in frou minne. von der man auch nicht weiß, wie man sie sich vorzustellen hätte, steht im Text nichts. Vielmehr ist auch hier "frou minne" (Pa. 584.26) zunächst als eine Personifikation der minne zu verstehen, um die es im epischen Geschehen geht, also der Gawans zu Orgeluse. Und wie bereits im ersten "Minneexkurs" (vgl. Pa. 288.4 u. 288. 30) 2 9 4 , so nennt auch hier der Erzähler frou minne zunächst im epischen Bericht, um sie dann im folgenden anreden zu können (vgl. Pa. 585. 5 ff.). Auch hier läßt sich der Beleg von "frou minne" (Pa. 584. 26) im epischen Bericht wieder durch minne substituieren, ohne daß sich damit eine Sinnänderung ergibt. Also ist der Inhalt der Personifikation frou minne hier gleich dem Wortinhalt des Wortes minne. wenn es die minne Gawans zu Orgeluse bezeichnet. Diese minne ist keineswegs eine bloß sinnliche, sondern eine leidenschaftliche Liebe, die den ganzen Menschen erfaßt hat, die aber zugleich den Ritter zur höchsten Leistung um der Liebeserfüllung und der ere willen anspornt^5. Hier gefährdet diese minne nun Gawans Genesung. Denn das "zürnen" (Pa. 584. 26) der frou minne ist Gawans nächtlicher kumber um Orgeluse. Frou minne versündigt sich also nach des Erzählers Meinung wie einst an Parzival so auch an Gawan, denn er hatte vorher betont, wer Gawan die Ruhe nähme, trüge "sünde" (Pa. 583.3)^". Der Erzähler ist offensichtlich nicht damit einverstanden, daß frou minne heimtückisch den schwer Verwundeten anfällt, daß also die minne Gawans zu Orgeluse hier die Genesung Gawans gefährdet. Auffallend ist, daß der Erzähler hier behauptet, frou minne habe Gawan bereits früher bezwungen (vgl. Pa. 585.2-4). Das hat er aber selber gar nicht berichtet. Denn von dem Wirken der frou minne war ja bisher nur mit Bezug auf Parzival und Condwiramurs und Obie und Meljanz die Rede. Allerdings hat die minne selbst Gawan ja bereits sehr zu schaffen gemacht, und zwar die zu Antikonie (vgl. Pa. 405.1 ff.) und dann die zu Orgeluse (vgl. Pa. 508.1 ff.). Da hier aber nicht von frou minne. sondern nur von minne gesprochen wurde, ist dies somit erstens eine indirekte Stütze für die These, der Inhalt der Personifikation frou minne sei gleich dem Wortinhalt des Wortes minne. wenn es die Liebe Gawans zu Orgeluse bezeichnet und zweitens.frou min-

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ne sei eine bloße Personifikation zu dem Zweck, die Realisierung bestimmter Erzählabsichten des Erzählers zu ermöglichen. Daß die Anrede an frou minne dem Erzähler dazu dient, neben der epischen Handlung Aussagen über die minne machen zu können, zeigen auch folgende Verse: "Frou minne, weit ir pris bejagn, möht ir iu doch lazen sagn, iu ist an ere dirre strit. Gawan lebt ie sine zit als iwer hulde im gebot: daz tet ouch sin vater Lot. muoterhalp al sin geslehte daz stuont iu gar ze rehte sit her von Mazadane, den ze Famurgane Terdelaschoye fuorte, den iwer kraft do ruorte. Mazadanes nachkomn, von den ist dicke sit vernomn daz ir enkein iuch nie verliez." (Pa. 585. 5-19). Hier wird nun sehr deutlich, daß die dichterische Aussage, keiner aus der Nachkommenschaft Mazadans und der Fee habe frou minne je verlassen, gleichbedeutend ist mit der Feststellung: Keiner von diesen entsagte der minne. weil sie von den Urahnen her zur Veranlagung des Geschlechtes gehört. Zugleich wird mit dieser Aussage im Zusammenhang mit den Erzähleraussagen Pa. 585. 29-587.1 der Inhalt der Personifikation frou minne so erweitert, daß er gleich der Summe aller im Parzival möglichen Wortinhalte des Wortes minne wird, wenn dieses eine Liebe zwischen den Geschlechtern bezeichnet. Daß Wolfram nicht während der Darstellung auch noch anderer Minneverhältnisse zwischen Gestalten aus diesem Geschlecht von frou minne spricht, liegt deswegen wohl darin begründet, daß er dort nicht das Bedürfnis verspürte, an Hand der epischen Vorgänge über die minne mit Hilfe des Mittels einer Anrede an frou minne zu theoretisieren oder auf einer zweiten fiktiven Ebene die epischen Vorgänge selbst zu deuten. Weiter ist bemerkenswert, daß der Erzähler in der Anrede an frou minne ganz unvermittelt von "minne" (Pa. 585. 25) spricht, genau so wie er umgekehrt ja im epischen Bericht ganz plötzlich von frou minne spricht (vgl. Pa. 584. 26). Die Austauschbarkeit des Personifizierten mit der Personifikation selbst in

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der Anrede an die letztere zeigt abermals den bloß formalpoetischen Charakter der frou minne. Daß der Vers Pa. 585. 25 tatsächlich zur Anrede an frou minne gehört, wird durch das "iu" (Pa. 585. 28) klar und dessen Bezug zu den vorangehenden Versen. Ob die Belege von minne (Pa. 586.8, 586.13, 586.15 u. 586.24) noch in der Vers Pa. 585. 5 beginnenden Anrede an frou minne stehen oder in einem eingeschobenen, stark gerafften epischen Bericht, wird sich schwer eindeutig entscheiden lassen, denn die Wendungen "als ir wol hat vernomn" (Pa. 586.11) und "ich nenne iu siner mage mer" (Pa. 586.14) lassen sich wie ähnliche anderenorts auch auf das Publikum b e z i e h e n ^ . Deswegen läßt sich die Textstelle Pa. 585. 5-587. 6 auf zwei verschiedene Weisen einteilen. Da Wolfram Pa. 585.25 in der Anrede an frou minne von minne spricht, und er das nicht als Stilbruch empfand, können auch die anderen Belege von minne (Pa. 586.8, 586.13, 586.15 u. 586. 24) in der Anrede stehen, und die ganze Textstelle Pa. 585. 5587. 6 wäre als Anrede an frou minne zu verstehen. Oder aber man kann wie folgt gliedern: Pa. 585. 5-586.4 ist Anrede an frou minne. Pa. 586. 5-18 ist eingeschobener epischer Bericht, um dem Publikum das Schicksal Ilinots zu erläutern. Dann wird die Anrede fortgesetzt (Pa. 586.19-21), erneut durch eine epische Vorausdeutung auf die Minnegeschichte der Itonje und des Gramoflanz unterbrochen (Pa. 586. 22-25) und dann mit den Versen Pa. 586. 26-587. 6 zu Ende geführt. Nach dem bisher über das Verhältnis von frou minne und minne im Parzival Gesagten ist eine Entscheidung, welche der beiden Möglichkeiten die vom Erzähler gewollte ist, nicht notwendig, um Wesen und Funktion der frou minne zu verstehen, denn es macht keinen Unterschied, ob z. B. "Gawans künne" (Pa. 586.12) durch minne oder frou minne Leid ertrug. Es wurde gesagt, daß frou minne im dritten "Minneexkurs" zunächst als eine Personifikation der minne zwischen Gawan und Orgeluse zu verstehen i s t ^ ö , Damit ist zugleich ausgesagt, daß im XII. Buch frou minne als eine Personifikation einer inhaltlich anderen Art von minne erscheint als z. B. in der BlutstropfenEpisode. In dieser Episode fehlen der minne Parzivals zu Condwiramurs objektiv die Antriebsqualitäten im höfischen Sinne299. Die minne Gawans zu Orgeluse aber hat diese im höchsten Maße. Das zeigt die gesamte Minnehandlung um Gawan und die Herzogin 3 0 0 . Aus dem Sachverhalt, daß frou minne eine Personifikation verschiedener episch dargestellter Arten von minne sein kann, folgt nun natürlich nicht, daß man zwischen mehreren Personifikatio-

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nen, die mit frou minne bezeichnet werden, unterscheiden darf. Denn die stets gleiche Benennung mit frou und die damit verbundene Evokation der wenn auch im Parzival noch so blassen Vorstellung e i n e r Person bewirken, daß die im sprachlichen Nacheinander des Erzählens gemachten Erzähleraussagen über frou minne sich zu e i n e m Vorstellungskomplex zusammenfügen. Anders ausgedrückt heißt das: es werden nacheinander neue Seiten der frou minne sichtbar. Frou minne wird im Verlaufe des Erzählens für das Publikum plastischer. Dieser Vorgang zeigt sich nun besonders im dritten "Minneexkurs". Denn hier führt der Erzähler nun aus, daß die gesamte Nachkommenschaft Mazadans und auch die für die Geschehnisse wichtigsten Gestalten des Gralgeschlechtes frou minne dienten (vgl. Pa. 585.10 ff. u. Pa. 586. 30-587.1).Besonders die Tatsache, daß das Wesen der frou minne mit fortschreitender Erzählzeit zunehmend plastischer wird, mag dafür verantwortlich sein, daß man frou minne mit Venus in Zusammenhang brachte, ja frou minne mit Venus identifizierte, und damit frou minne zumindest den Abglanz einer Liebesgöttin verlieh^!, was gerade nicht im Sinne Wolframs war, der die Darstellung einer Liebesgöttin und der damit verbundenen Vorstellungen ausdrücklich zurückgewiesen hat, wohl weil er sich bewußt war, daß alle Liebe auf Gott hingeordnet ist und zugleich von ihm ausgeht. Die Abrundung, die frou minne im Verlaufe des Erzählens gewinnt, kommt vielmehr ihrer Funktion als poetisches Mittel des Erzählers zugute, das Publikum auf besondere Seiten der minne im epischen Geschehen und der minne überhaupt aufmerksam zu machen. Daß der Parzivalerzähler mit frou minne. wenn auch nicht ausschließlich, so aber doch vornehmlich auf die für den höfischen Menschen gefährliche Seiten der minne hat hinweisen wollen, bezeugt der größere Teil des Inhaltes seiner Aussagen über frou minne. H. Kolb stellt deswegen zurecht fest: "Wie kaum ein anderer weltlicher Autor der literarisch ungemein lebendigen Jahrzehnte um 1200 hat Wolfram von Eschenbach das Destruktive der Minne gesehen und angefeindet f.. ./"302. Besonders um diese Anfeindung über das epische Geschehen hinaus verdeutlichen zu können, schuf der Erzähler frou minne. in deren "Charakter" deswegen die negativen Züge überwiegen. Nur in der Obie-Meljanzhandlung erscheint frou minne kurz im positivem Licht.

Zusammenfassung

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2. 3. 5. Zusammenfassung Frou minne in Wolframs Parzival ist keine Veldekesche Personifikation. Sie hat weder mit Venus, noch mit der personifizierten minne im Eneasroman etwas zu tun und auch nicht mit der untrennbaren Einheit beider. Im zweiten "Minneexkurs" (Pa. 532.1-534. 8) setzt sich der P a r zivalerzähler u. a. mit Veldekes Darstellung der minne in der Eneide auseinander. Er wendet sich gegen die drei heidnischen Minnegötter Venus, Amor und Cupido als mitverantwortliche Instanzen für die Entstehung und den Verlauf der minne und setzt seine Minne-triuwe -Konzeption gegen die Vorstellungen seines meisters. ohne dabei seine eigene Position mit dem Wortgebrauch von liebe besonders abzugrenzen. Der erste "Minneexkurs" (Pa. 291.1-294. 30) ist in manchen Gedanken von Veldeke beeinflußt. Formal zeigt sich der Einfluß auch in der Anrede an frou minne. Da frou minne keine Veldekesche Personifikation ist, ist auch frou liebe kein Element der Auseinandersetzung mit Veldeke. Vielmehr ist sie eine Personifikation der erotisch betonten Freude, die nur im Zusammenhang mit Liebe zwischen den Geschlechtern existiert. Deswegen tritt frou liebe nur in gesellschaft mit frou minne auf, deren Ansehen und Macht wesentlich auf dieser Verbindung gründet. Wesen und Funktion der frou minne im Parzival sind allein aus dem Parzivaltext selbst zu ermitteln. Ausgehend von der Annahme, daß Personifikationen semantische Probleme aufgeben, wenn man den Personifikationsinhalt untersuchen will, wurde versucht, durch Interpretation des jeweils infrage kommenden epischen Minnegeschehens den Wortinhalt von minne einzugrenzen, um dann den Inhalt der Personifikation frou minne ermitteln zu können oder anders ausgedrückt: es wurde versucht, den jeweils dargestellten "Wesenszug" von frou minne zu erkennen. In der Blutstropfen-Episode ist frou minne eine Personifikation der starken minne zwischen den Geschlechtern, wie sie der P a r zivalerzähler sieht. Das bedeutet: sie ist eine Personifikation einer leidenschaftlichen minne. die in der art und im herze des Menschen ihren Ursprung hat und dort verwurzelt ist und so übermächtig werden kann, daß sie dann den veredelnden und leistungssteigernden Kräften der minne entgegenwirkt. Deswegen kann sie den hohen muot des Ritters beeinträchtigen. Sie mischt sich in andere menschliche Bindungen ein und wirkt dort ausgesprochen destruktiv. Sie wendet sich ausschließlich gegen die geistig-

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seelischen Kräfte des Menschen. Ritterliches Gerüstetsein und damit ritterliches Dasein allein geben deswegen gegen sie keinen Schutz. Nach dem Abschluß des ersten "Minneexkurses" kennt also das Publikum von frou minne bestimmte Seiten. Im weiteren Verlauf des Erzählens wird dann das Bild von frou minne vervollständigt. Zunächst geschieht dies durch ihre Erwähnung in der Obie-Meljanz-Handlung im VII. Buch. Hier wird nun eine andere Seite der frou minne sichtbar, weil hier frou minne eine Personifikation einer anderen Art von minne ist, oder anders ausgedrückt: weil hier minne (also der gleiche Ausdruck wie in der Blutstropfen Episode) mit einem anderen Wortinhalt personifiziert wird. Frou minne ist hier eine Personifikation einer noch nicht erfüllten, leidenschaftlichen minne. wie sie zwischen Obie und Meljanz besteht. Beide sind der minne noch nicht gewachsen. Es kommt zum Streit; dieser führt zu menschlichem und gesellschaftlichem Fehlverhalten. Nachdem Mitglieder der Gesellschaft die äußeren Voraussetzungen geschaffen haben, zeigt sich, daß in leidenschaftlicher unerfüllter Liebe auch versöhnliche Kräfte existieren können. Frou minne zeigt eine neue Seite ihres Wesens. Sie verbindet sich mit herzenlicher triuwe und bewirkt die Versöhnung und das erneute Liebesglück der beiden. Im dritten "Minneexkurs" (Pa. 583.1-587.14) wird das Bild der frou minne weiter ergänzt und abgerundet. Wieder erscheint hier frou minne als eine Personifikation einer anderen Art von minne. nämlich der Gawans zu Orgeluse, wodurch neue Seiten ihres Wesens sichtbar werden. Selbst die minne. die die Antriebsqualitäten im höfischen Sinne im höchsten Maße besitzt, kann dem Ritter schädlich werden, wenn das Drängen auf die Liebeserfüllung hin die Genesung eines schwer Verwundeten gefährdet. Durch die Aussage, daß die gesamte Nachkommenschaft Mazadans sowie die für die Geschehnisse wichtigen Personen des Gralgeschlechtes frou minne dienten, wird das Bild der frou minne abgerundet. Damit wird zugleich deutlich, daß der Gesamtinhalt der Personifikation frou minne gleich der Summe aller in der P a r zivaldichtung möglichen Wortinhalte des Wortes minne ist, wenn dieses eine Liebe zwischen den Geschlechtern bezeichnet. Auf diese Weise wird das Wesen der frou minne nacheinander im Verlaufe des Erzählens zunehmend plastischer. Dieser Sachverhalt erlaubt jedoch nicht den irrationalen Schluß, mit dieser E r zählweise verbinde sich die Absicht, dichterisch ein Wesen zu kreieren, das Einfluß auf die Entstehung oder den Verlauf der

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minne in und zwischen den Gestalten habe. Vielmehr wird gerade dadurch eine andere Funktion der frou minne besonders hervorgehoben. Im Unterschied zur personifizierten minne (bzw. Minne) in der Eneide Veldekes, die den Gestalten und dem Erzähler bekannt ist, schafft sich der Parzivalerzähler in frou minne eine stumme allegorische Figur, die nur ihm und dem Publikum bekannt ist, und zwar erstens mit dem Zweck, in Anreden an diese Figur Aussagen über Aspekte des Minnegeschehens in der erzählten Welt und die minne überhaupt neben dem epischen Geschehen machen zu können und zweitens in der Absicht, durch dieses poetische Mittel auf bestimmte Aspekte der minne im Geschehen ausdrücklich aufmerksam zu machen. Besonders wenn er auf die destruktiven Komponenten der minne für den Menschen ausdrücklich hinweisen will, greift er zur Anrede an frou minne. Von dem Gesamtinhalt dieser Personifikation, dem "Wesen" der frou minne. werden deswegen überwiegend die Elemente in der minne herausgehoben, die dem Menschen und der Gesellschaft schaden können. Die Tatsache, daß das Wesen der frou minne im Nacheinander des Erzählens zunehmend plastischer hervortritt, ist deswegen besonders geeignet, das Destruktive der minne für das höfische Publikum herauszustellen. Dies dürfte eine der wichtigsten Absichten des Parzivalerzählers in den Minneexkursen und besonders in der Darstellung der frou minne gewesen sein. 2.4. Frou minne im Iwein In Hartmanns Iwein finden sich neun Belege für frou minne. Fünf davon stehen in der Erzähleraussage (I. 1537, 2971, 3011, 3254, 7053), einer in der Anrede des Erzählers an frou minne (1.2995), einer in der Rede eines nicht genannten fiktiven Gegenübers Hartmanns (I. 7038) und zwei in dem erzählten Gedankengang Iweins (I. 1625 u. 1638). Weiterhin finden sich sieben Belege für Minne mit initialem Graphen M, davon fünf im Bericht (I. 1547, 1557, 1567, 1607, 2055), einer in der Rede der frou minne (I. 3016) und einer in den mitgeteilten Gedanken Iweins (I. 1647). Aus den Textzusammenhängen (vgl. z. B. I. 1536-1547) und vor allen Dingen daraus, daß frou minne sich selbst als "Minne" (I. 3016) bezeichnet, ergibt sich wohl, daß durch Minne mit initialem Graphen M das gleiche epische Phänomen bezeichnet wird wie mit frou m i n n e 3 0 3 . Schon diese kurze Zusammenstellung der Belege für frou minne und Minne zeigt, daß im Iwein grundsätzlich andere, wesentlich differenziertere Verhältnisse herrschen als im Parzival, da

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frou minne nicht nur auf der Ebene Erzähler-Publikum existiert, sondern auch a l s B e w u ß t s e i n s i n h a l t e i n e r d i c h t e r i s c h e n G e s t a l t und damit nicht nur für das Publikum und den Erzähler, sondern auch für die Gestalten selber Teil der erzählten Welt ist. Es wird sich deswegen zeigen, daß Wesen und Funktion der frou minne im Iwein anders zu bestimmen sind als bei Wolfram. Die Forschung vertritt sehr unterschiedliche Auffassungen über die Rolle der frou minne im Iwein. Ein zusammenhängender Interpretationsversuch, der alle Belege und damit notwendig den Verlauf der minne Iweins zu Laudine berücksichtigt, existiert nicht und soll deswegen hier im folgenden v e r s u c h t werden^^, j m Detail wird - gemäß der Begründung in der Einleitung - auf die Forschung bei den infrage kommenden Textstellen und Gehaltszusammenhängen eingegangen, doch seien einige Zitate aus der neueren Forschung vorweggestellt^, die kennzeichnen, wie weit auseinander die einzelnen Auffassungen liegen und die damit indirekt auf die Kompliziertheit des Problems hinweisen. H. Schneider schreibt: "/. • •/ Hartmanns ' Frau Minne' ist keine frevelhaft leichtfertige Liebesgöttin, die die Frauen lüstern macht, sondern eine Vollstreckerin göttlicher Fügung"306. r , c . I. Endres führt aus: "Minne is invoked by Iwein-Hartmann as a deus f.J ex machina in order to render the impossible possible /.. ./"307 und# J v r 0 u Minne is not an organic part of the narration but is loosely and sporadically added to it. This applies to the formal as well as to the content level"308. H. Milnes stellt fest: "First of all she /frou minne/ is a miracle-worker, a dea ex machina for getting over difficulties in plot motivation /.. Oy,7309 und; "This Frou Minne is an intellectualized parody /auf die höfische minne besonders die des Minnesangs/, rigorously stripped of all reminiscense of human emotions"***". Gemäß der Verteilung der Belege von frou minne und Minne wird man bei dem Versuch, Wesen und Funktion der frou minne zu bestimmen, auf den Verlauf der minne zwischen Iwein und Laudine eingehen müssen, und zwar besonders aus der Perspektive des Erzählers und Iweins, so daß die folgende Analyse zugleich eine Ergänzung zum Abschnitt 1.4.1. bildet, in dem teilweise die selben epischen Vorgänge zwar nicht ausschließlich, aber doch vornehmlich aus der Perspektive Laudines und Lunetes betrachtet wurden. Deswegen wird sich nun zunächst der Darstellung der minne Iweins zu Laudine zugewandt, und zwar zunächst unter der Fragestellung: Wie ist die minne Iweins zu Laudine geartet?

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Durch das "vingerlin" (I. 1202), das Lunete ihm geschenkt hat, unsichtbar gemacht, beobachtet Iwein, wie der tote Ascalon auf einer Bahre vorbeigetragen wird. Dahinter geht trauernd Laudine. Ihren Jammer beschreibt der Erzähler mit eindringlichen Worten (vgl. I. 1307-1330)^11. Wichtig im hiesigen Zusammenhang sind besonders folgende Verse: "von jamer si uz brach ir har und diu cleider. " (I. 1310-1311). Die erste Reaktion Iweins auf den Anblick der leidenden Witwe teilt der Erzähler mit den Worten mit: "swa ir der lip blozer schein, da ' rsach si der herre Iwein: und da was ir har und ir lieh so gar dem wünsche gelich daz im ir minne verkerte die sinne, daz er sin selbes gar vergaz und daz vil kume versaz so si sich roufte unde sluoc." (1.1331-1339). Der Vorgang des Verliebens nimmt also seinen Ausgang bei der körperlichen Schönheit Laudines, die Liebe Iweins zu Laudine ist damit im mittelalterlichen Sinne "objektbestimmt", ganz so, wie es später im Dialog zwischen Iwein und Laudine (vgl. I. 23402355) dargestellt w i r d ^ ^ . Darstellung des Erzählers zeigt gewiß deutlich, daß hier besonders der sinnliche Aspekt in der Liebe Iweins zu Laudine betont werden soll. Doch Iweins Liebe unterscheidet sich durchaus von der Erecs. Die isolierte Betrachtung dieser Textstelle hat jedoch manchen Interpreten dazu verführt, Iweins minne nicht angemessen zu beurteilen. W. Ohly z. B. spricht so vom "Übermanntwerden durch eine rein sinnlich verstandene m i n n e D a v o n kann jedoch keine Rede sein. Denn nach Ablauf einer kurzen Erzählzeit heißt es: "do si her Iwein ab ersach, unde ir meinlich ungemach, ir starkez ungemüete unde ir staete güete, ir wipliche triuwe und ir senliche riuwe, do minnet er si deste me. " (1.1599-1605). B. Gaster urteilt zutreffend, daß diese Verse "die Innigkeit und Wahrheit seiner /iweins/ L i e b e 3 1 4 bekunden. Denn hier zeigt

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sich doch, daß Iwein Laudine keineswegs ausschließlich ihrer schönen Gestalt wegen liebt, sondern eben auch ihrer charakterlichen Qualitäten wegen, die sich in der Trauer um Ascalon zeigen^ Seine minne wird sogar noch größer, als er diese erkennt (vgl. I. 1605). Wäre seine Liebe bloß sinnlicher Natur, so wäre auch kaum zu verstehen, daß Iwein später während der langen Zeit der Trennung seiner Frau die Treue hält (auf das Terminversäumnis wird noch eingegangen), obgleich der Erzähler ihn mehrmals in Situationen bringt, in denen eine vornehmlich sinnlich veranlagte Natur kaum hätte widerstehen können (vgl. z. B. I. 3785-3827 u. 6569-6591). Gegen die These von der bloßen Sinnlichkeit der minne Iweins spricht auch die Tatsache, daß er sich nicht verligen will und dem Rat Gaweins folgt. P. Wapnewski stellt so zutreffend fest, daß er während seiner langen Abwesenheit "unbeirrbar seiner Frau zugetan "316 i S t. Zu beachten ist weiterhin, daß Hartmann die Liebe Iweins ausdrücklich "herzeminne" (I. 1541) nennt. Gemäß dem im Büchlein explizit erläuterten Herzbegriff Hartmanns, der sich in seiner gesamten Dichtung nur in der Nuance und nicht im Wesen verändert wiederfindet^^ und der dem Herzbegriff um 1200 entspricht^®, kann herzeminne nur eine Liebe bezeichnen, die den ganzen Menschen erfaßt hat, sein gesamtes innerweltliches Sein 3 1 9 . Hinzu kommt, daß Iwein, als er Laudine zum erstenmal sieht, nicht nur Liebe empfindet. Der Erzähler stellt fest: "im tete der kumber also we an dem schoenen wibe daz erz an sime libe gerner haete vertragen, sin heil begunder gote clagen, daz ir ie dehein ungemach von sinen schulden geschach. so nahen gienc ime ir not, in duhte des daz sin tot Unclägelicher waere dan ob si ein vinger swaere. " (1.1344-1354). Hier wird klar ausgesprochen, daß Laudines "kumber" (I. 1344) ihn schmerzt und ihre "not" (I. 1351) ihm nahe geht. Das Urteil W. Ohlys, daß das Mitleid Iweins "durch die sinnliche Schönheit des nackten L e i b e s " 3 ^ hervorgerufen werde, ist nicht textgerecht und überdies eine Aussage, die - unter der Voraussetzung, daß es sich wirklich um Mitleid handelt - offensichtlich jeder

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psychologischen Erfahrung widerspricht. Vielmehr ist Iweins "Mitleid" als ein Teil seiner Liebe selbst zu werten und hat mi erbermde im christlichen Sinne nichts zu tun. Daß diese Einschätzung der Qualität der scheinbaren compassio Iweins berechtigt ist, zeigt der innere Zusammenhang mit einer anderen Textstelle. Iwein hat seiner Helferin Lunete noch nicht mitgeteilt, daß er sich in seine "viendinne" (I. 1423) verliebt hat. Draußen hört er das Wehklagen der Burgbewohner und Laudines, die er unbedingt e r neut sehen möchte (vgl. I. 1425). Deswegen sagt er zu Lunete "mit listen" (I. 1431), das Wehklagen der Burgbewohner gehe ihm mehr "ze herzen" (I. 1433) als er ausdrücken könne, und er wolle die Leute "bime grabe" (I. 1438) gerne sehen (vgl. I. 1432-1438). Daß hier Iwein Mitleid und Nächstenliebe mit den Trauernden nur vortäuscht, sagt der Erzähler sofort anschließend: "die rede meinder niender so: wan ern gaebe drumbe niht ein stro, ob si mit glichen valle da zehant alle laegen uf der baren die da gesinde waren ane diu vrouwe eine." (I. 1439-1445). Was schon die widerrechtliche Tötung Ascalons aus egoistischen Motiven zeigte, bestätigt sich hier. Iwein kennt keine compassio und keine Caritas . Alle christlichen Aspekte der Liebe selbst in der säkularisierten Form der ritterlichen Hilfsbereitschaft sind ihm,wie der gesamten Ritterschaft des Artuskreises im Iwein. wie W. Ohly zutreffend gezeigt hat322? vollkommen fremd. Das Mitleid, das er angesichts des Jammers Laudines spürt (I. 13441354), ist als Folge oder als Bestandteil seiner Liebe zu ihr zu verstehen, genau so wie er hier Laudine nicht aus Mitleid, sondern aus Liebe erneut sehen will. Als Iwein Laudine dann durch das Fenster sehen kann, berichtet der Erzähler: "her Iwein saz verborgen in vreuden unde in sorgen im schuof das venster guot gemach, des er genoz daz er si sach: da wider vorhter den tot. sus heter wünne unde not." (I. 1691-1696),, Iwein denkt an sein Glück. Sein Verhalten hat mit eigentlicher erbermde nichts, ja nicht einmal mit "common h u m a n i t y " 3 2 3 etwas zu tun, wie H. B. Willson zutreffend feststellt. Zwar sind die Darlegungen von A. S. Matthias über den Egoismus Iweins

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allzu überspitzt"*^ d 0 C h ist der Liebe Iweins durchaus eine egoistische Komponente immanent, was jedoch nach der mittelalterlichen Auffassung bei jeder Liebe zu irdischen Objekten der Fall ist und deswegen nicht negativ zu sehen ist^25. Damit kann die oben gestellte Frage nach der Qualität der Liebe Iweins^26 zusammenfassend beantwortet werden. Iweins minne zu Laudine ist zwar stark sinnlich bestimmt, aber keineswegs bloß sinnlicher Natur, sondern ist herzeminne: das heißt nicht, daß sie besonders "herzlich" ist, sondern daß sie sich auf die ganze P e r son richtet, weil sie durch die ganze Person entzündet wurde. Sie wird damit ohne Einschränkung vom Erzähler als "echte" Liebe zum anderen Geschlecht dargestellt. Deswegen besteht objektiv für Iwein von vornherein nicht - wie Gawein meint - die Gefahr des verligens. das eine Folge der bereits vor der Ehe E r e c s existenten und in der Ehe übertriebenen Sinnlichkeit der Liebe ist* . Aber es geht im Iwein weniger um die Werthaftigkeit der episch dargestellten minne Iweins zum arideren Geschlecht, s o n d e rn um I w e i n s A u f f a s s u n g von d e r L i e b e ! Nach den Vorstellungen der christlichen Liebesethik zur Zeit Hartmanns war Gott Ursprung und Ziel aller Liebe zugleich^^ö, Minne zum anderen Geschlecht und Nächstenliebe und damit auch Rittertat und ere sieht der Iweinerzähler - wie sich im einzelnen herausstellen wird - in diesem Zusammenhang. Für Iweins Bewußtsein jedoch hat die minne zum anderen Geschlecht ihren Bezug auf Gott verloren. Neben dieser minne vergißt er die Nächstenliebe (vgl. I. 1439-1445). Damit hat Iweins minne zur Frau in einer als auf Gott hingeordneter ordo verstandenen Welt keinen festumrissenen Stellenwert, ist ein isoliertes Element genau so wie die von Kalogreant definierte, sozial zweckfreie , nicht auf den hilfsbedürftigen Nächsten und damit auf Gott bezogene aventiure (vgl. I. 524-537)^ . Der Artusritter Iwein verabsolutiert nicht nur die ere. sondern auch die minne zum anderen Geschlecht. Das wird sich im einzelnen bei der Analyse der Funktion der frou minne noch genauer zeigen. Deswegen wird sich nun den Textstellen zugewandt, in denen frou minne genannt wird, und zwar zunächst der Textpartie I. 1519-1556; hier steht frou minne bzw. Minne im Erzählerbericht. Gefragt wird: Was oder wer ist frou minne auf d e r E b e n e E r z ä h l e r - P u b l i k u m ? Wie groß Iweins Streben nach ere bei der Artusritterschaft ist, hat der Erzähler mehrmals (vgl. z. B. I. 1051-1071) und hier besonders dadurch unterstrichen, daß Iwein, obgleich ihm die "kraft der minne" (I. 1520) bereits sehr zu schaffen macht, eine andere sorge (vgl. I. 1534) hat, und zwar, wie er seinen Sieg

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mit "schinlichen dingen" (I. 1526) angesichts der Artusritterschaft beweisen kann (vgl. I. 1519-1533). In dieser Situation der Unentschlossenheit, in der im "dise sorgen beide" (I. 1534), nämlich die um die ere einer- und die um die minne andererseits - "geliche we" (I. 1535) tun, kommentiert der Erzähler: "vil schiere wart des einen me: vrou Minne nam die obern hant, daz si in vienc unde bant. si bestuont in mit Überkraft, und twanc in des ir meisterschaft daz er herzeminne truoc siner viendinne, diu im ze tode was gehaz." (1.1536-1543). Man erkennt also: frou minne wird in dem Moment vom Erzähler eingeführt, in dem es gilt zu zeigen, daß das Gleichgewicht der beiden inneren Strebungen Iweins, der Strebung nach ere und der nach minneooo verloren geht,1 und die ——— minne allein für Iwein bestim0 mend wird . Das bedeutet aber: frou minne erscheint an einem für die äußere und innere Handlung wichtigen Wendepunkt. Denn die ursprüngliche Absicht des Ausrittes Iweins war Gewinnung von ere durch siegreiche aventiure. Das gesamte Planen Iweins ist jedoch jetzt durchkreuzt. Vom menschlichen Standpunkt aus muß diese Minnebindung widersinnig erscheinen 3 ^. Hat also H. Milnes recht? Ist frou minne "a dea ex machina for getting over difficulties in plot motivation?" 33 ^ Dient hier z. B. frou minne bloß dazu, um die Umstimmung Iweins dem Publikum glaubhaft zu machen ? Und dient sie hier und in den anderen Textpartien nur dazu, dem Erzähler aus der Verlegenheit zu helfen? Eine Beurteilung der frou minne. die diese Frage bejaht, ist sicherlich möglich. Doch müßte sie anders begründet werden, sonst bleibt sie wohl doch allzusehr im Vordergründigen. Hinzu kommt eine unscharfe und zu allgemeine Verwendung des Deus-ex-machina-Begriffes. Denn der Gott, der in der griechischen Tragödie wahrscheinlich mittels einer Maschinerie auf die Bühne heruntergelassen wurde, um kurz vor der Katastrophe den inneren Konflikt und den Handlungsknoten zu lösen, war für die dramatischen Gestalten und das Publikum z u g l e i c h sichtbar. Er handelte nicht, ohne daß die dramatischen Figuren das wußten. In der Epik herrschen jedoch ganz andere Verhältnisse. Frou minne kann hier "auftreten", ohne daß die epischen Figuren davon etwas wissen. So ist der Deusex -machina-Begriff nicht ohne nähere Erläuterungen von der Tragödie auf die kpik übertragbar, zumindest ist damit nichts gewonnen. Abgesehen von einer Fülle von Unterschieden, die zwi-

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sehen einem "deus ex machina" und frou minne existieren, sei nur noch auf einen wesentlichen hingewiesen: der deus ex machina war immerhin ein deus. an dem die im Drama verwirklichte Welt glaubte. Durch ihn trat zu der psychologischen die explizit religiöse M o t i v a t i o n ^ F r o u minne ist jedoch kein Gott innerhalb der epischen Welt. Dichtungstheoretisch ist klar: frou minne ist hier in der zitierten Textstelle (I. 1537, vgl. 1547) zunächst eine Personifikation, die nicht in der erzählten Welt selbst, sondern nur auf der Ebene E r zähler-Publikum bekannt ist, Oder anders ausgedrückt: frou minne ist hier nur für den Erzähler und das Publikum episches Fiktionselement. Das Publikum wird hier aber - zum Unterschied zu den Verhältnissen im Parzival - nur vorübergehend vom Erzähler auf ein höheres Informationsniveau gehoben als die dichterischen Figuren. Da in der erzählten Welt zur infrage kommenden erzählten Zeit (I. 1536) nur die minne Iweins zu Laudine existiert, ist frou minne hier eine Personifikation dieser episch dargestellten minne Iweins zu Laudine in ihrer konkreten erzählten Einmaligkeit. Weil für die Zuhörerschaft frou minne ein Bestandteil der erzählten Welt im Iwein ist, kann sie zunächst nur aus den hier erzählten Handlungen der frou minne auf ihr Viesen, ihren "Charakter" schließen. Dieser ist deswegen identisch mit der minne Iweins zu Laudine oder anders ausgedrückt: der Personifikationsinhalt ist identisch mit dem bisher erzählerisch realisierten Wortinhalt von minne. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit, mit der Hartmann sehr bewußt rechnete (vgl. I. 1557-1592) und worauf in anderem Zusammenhang eingegangen wird^®, daß nämlich durch die Kenntnis der frou minne aus anderen Dichtungen das Publikum bei der Einführung der frou minne im Iwein bereits vorhandene Vorstellungen mit den neu beim Dichtungsvortrag evozierten verbinden konnte, läßt sich - genau wie bei der Analyse der Verhältnisse im Parzival - derselbe Sachverhalt auch anders ausdrücken: frou minne ist die mit der Standesbezeichnung vrouwe versehene Personifikation des Abstraktums minne in seinem weitesten möglichen Begriff. Da aber in der epischen Welt des Iwein nicht alle möglichen Phänomene, die sich mit minne bezeichnen lassen, realisiert sind, werden hier für das Publikum von frou minne nur bestimmte "Wesenszüge", nur bestimmte "Charakterseiten" sichtbar, eben die, die aus ihrem "Wirken" in der erzählten Welt des Iwein erkennbar sind. Doch fehlt noch die Berücksichtigung eines Zusammenhangs, der klar wird, geht man auf ein wichtiges Strukturelement der Personifikation selber ein, daß nämlich durch den Akt des P e r -

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sonifizierens, wenn es der Kontext erlaubt, beim Publikum die Vorstellung einer wie auch immer gearteten personalen Wesenheit erzeugt werden und daß damit möglicherweise sogar der Effekt der Deifikation verbunden sein kann. Diesen wichtigsten Strukturelementen der Personifikation muß bei der Analyse der Verhältnisse im Iwein von vornherein eine größere Aufmerksamkeit geschenkt werden als bei der der Parzivaltextstellen. Denn im Iwein ist der Grad der Personifikation höher, und frou minne ist in der erzählten Welt selbst bekannt^?. Beides war ja im Parzival nicht der Fall. Hinzu kommt, daß der Personifikationsinhalt ein anderer ist. Man muß deswegen hier zwei Fragen stellen. Erstens: Wollte der Erzähler wirklich die Vorstellung einer Person erwecken und wie ist der Effekt der Deifikation zu verstehen? Zweitens: Welches reale, außerepische Äquivalent könnte einer vom Erzähler im Publikumsbewußtsein evozierten Vorstellung einer Person, die Einfluß auf den Menschen ausübt, entsprechen ? Die Fragen hängen eng miteinander zusammen, und es wird versucht, sie deswegen zusammenhängend zu beantworten. Daß es nicht Hartmanns Absicht war, daß sich beim Publikum sicherlich vorhandene VenusVorstellungen soweit mit denen von frou minne im Iwein evozierten verbanden, daß Venus gleich frou minne gesetzt wurde, geht erstens daraus hervor, daß er frou minne nicht Venus genannt hat, zweitens daraus, daß die erzählte Welt im Iwein zum Teil christliche Züge trägt und drittens aus der berechtigten Annahme, daß Hartmann sicherlich nicht für ein heidnisches Publikum schrieb. Ein sonstiges außerepisches Äquivalent m i t p e r s o n a l e n Z ü g e n gab es jedoch wohl kaum, wohl aber eines,das keine personalen Züge trug, und das war wohl die allen christlichen Liebesethiken - wie verschieden sie auch im Detail sein mögen - zugrunde liegende "Idee", daß alle Liebe von Gott stammt und auf ihn zielt. Das tertium comparationis dieser christlichen Vorstellung mit denen von frou minne hervorgerufenen war wohl die Bezogenheit der minne auf eine auße'rmenschliche, überirdische Macht. Der mit der Personifikation eintretende Effekt der Deifikation kann in einer christlichen Welt entweder genutzt werden, um die Verabgötterung des Personifizierten zu zeigen oder um auf die Gottbezogenheit des Personifizierten hinzuweisen. Letzteres ist auf der Ebene Erzähler-Publikum der Fall. Auf die andere Möglichkeit wird zurückzukommen sein. Wollte ein mittelalterlicher Dichter diese Bezogenheit explizit darstellen, wollte er also das Gerichtetsein auf und das Gewirktsein der minne von Gott betonen, und wollte er (bzw. konnte er auf Grund der Inhalte der Quelle) diese christliche Grundidee nicht nur in der Struktur der Dichtung darstellen und auch nicht durch einen stän-

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digen didaktischen und episch kaum voll zu integrierenden "Fingerzeig" auf Gott, sondern durch ein episch möglichst weitgehend integriertes Einzelelement, dann konnte er dies erzähltechnisch wohl nur mit Hilfe des in der literarischen Tradition bereitgestellten Mittels der Personifikation. Dadurch wurde jedoch zugleich die Vorstellung eines personalen Wesens evoziert. Wollte also der Erzähler mit Hilfe der frou minne über das Wissen Iweins hinaus auf die genannte christliche Grundidee hinweisen, dann mußte er zugleich die mit der Personifikation verbundene Vorstellung der Person neutralisieren. Es wird sich herausstellen, daß er dies getan hat. Daraus ergibt sich: frou minne auf der Ebene Erzähler-Publikum - und ausschließlich von der ist hier zunächst die Rede - steht nicht für eine wie auch immer geartete gotinne, sondern sie weist auf die Macht der minne und damit auf die doppelte Bezogenheit der minne auf Gott hin. Sie ist damit ein Mittel des Erzählers, um einen in dem epischen Minnegeschehen (Liebe zur Feindin!) durchaus enthaltenen wesentlichen Zug der aventiure meine, w i e s i e d e r d e u t s c h e I w e i n e r z ä h l e r v e r s t a n d e n w i s s e n w i l l , für das Publikum besonders deutlich hervorzuheben, daß er nämlich Iweins minne zu Laudine nicht nur als zwischenmenschliches und rein innerweltliches Phänomen verstanden wissen will, sondern daß mit dieser minne zur Frau als spontane Regung des Gefühls für Iwein zugleich die Pflicht zur Caritas verbunden ist. Die Bezogenheit a u c h d e r m i n n e z u m a n d e r e n G e s c h l e c h t auf Gott zu erkennen, ist Iwein aufgegeben. Den für den Erzähler offensichtlich betonungswerten Sachverhalt, daß die minne Iweins zu Laudine auch in ihrer doppelten Bezogenheit auf Gott zu sehen ist, immer dann hervorzuheben, wenn ihn das epische Minnegeschehen selbst dem Publikum nicht zureichend verdeutlicht oder ein anderes Verständnis möglich ist, ist ein wesentlicher Teil der Funktion der frou minne auf d e r E b e n e E r z ä h l e r - P u b l i k u m , die mit der zusammenhängt, die Macht aller "Arten" von minne oder der e i n e n Liebe explizit dichterisch zeigen zu wollen. Dazu stimmt, daß sich im Unterschied zu den Verhältnissen im Parzival als Inhalt der Personifikation frou minne auf der Ebene ErzählerPublikum besonders die konstruktiven Züge der minne finden. Besonders im Gespräch mit frou minne (vgl. I. 2971-3028) 339 läßt der Erzähler gegenüber dem Publikum keinen Zweifel daran, daß letztlich er als Erzähler selbst hinter frou minne steht. Er zeigt damit seinem Publikum, daß frou minne im Iwein nur ein dichterisches Mittel ist, die meine des Geschehens hervorzuheben und damit das epische Minnegeschehen zu deuten und z e r stört so gerade hier die Illusion, als sei frou minne eine perso-

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nale Wesenheit. Man sieht also: mit der Charakterisierung "dea ex machina" ohne nähere Erläuterung ist die Rolle der frou minne nicht zureichend umschrieben. Diese hypothetisch vorausgestellten Bemerkungen gilt es nun durch möglichst stellenwertgerechte Beleginterpretation zu verifizieren. Zu diesem Zwecke wird sich nun der Textpartie I. 1610-1690 zugewandt, in der der Erzähler Gedanken Iweins mitteilt. Gestellt wird die Frage: Wie stellt sich der Artusritter Iwein selbst die minne und die Rolle der frou minne vor und welche Erwartungen stellt er an frou minne? Nachdem der Erzähler festgestellt hat: "und ime wart nach ir also we daz diu Minne nie gewann groezern gwalt an keinem man. " (1.1606-1608), teilt er Iweins Gedanken über die minne und über sein Verhältnis zu Laudine mit^®. Iweins Gedanken beginnen mit einer Hinwendung zu Gott. Schon das zeigt, daß Iwein genau spürt, was der E r zähler seiner Zuhörerschaft explizit durch das Auftreten der frou minne vermitteln wollte: die minne zu Laudine ist von einer höheren Macht gewirkt. Es heißt: "eia herre got der guote wer git so starke sinne daz ich die so sere minne den mir zemtode ist gehaz?" (1.1610-1613). Iwein richtet also an Gott die Frage nach der verantwortlichen Instanz für seine minne. die - auch für ihn auffällig genug - sich ausgerechnet auf eine Frau richtet, die ihn tötlich hassen muß, weil er ihren geliebten Mann (vgl. I. 1315-1316) erschlagen hat. Eine Antwort Iweins auf die Frage nach dem Wer bleibt jedoch hier zunächst aus. Eine neue Frage kommt Iwein: "od wie möhte sich gevüegen daz daz si mir gnaedec würde nach also swaerer bürde miner niuwen schulde?" (1.1614-1617). Wie kann er die genade Laudines trotz seiner Schul erwerben? Daß er allein mit menschlicher Kraft dies nicht wird erreichen können, dessen ist er sich sehr genau bewußt (vgl. 1.1639-1640). "ich weiz wol daz ich ir hulde niemer gewinnen kan:" (1.1618-1619).

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Aber obgleich Iwein spürt, daß die minne von einer überirdischen Kraft mitgewirkt ist, sucht er die Erklärung für seine Liebe zur Feindin nicht etwa bei Gott; für ihn ist offensichtlich die minne zwischen den Geschlechtern ein rein innerweltliches Phänomen. Dazu stimmt, daß der Schuldbewußte nicht etwa von Gott Beistand bei der Erringung Laudines erhofft. Beides liegt gänzlich außerhalb seiner Perspektive. Vielmehr heißt es vielsagend: "Nu weiz ich doch ein dinc wol, des ich mich wol troesten sol: wirt min vrouwe Minne rehte ir meisterinne als si min worden ist. ich waene si in kurzer vrist ein unbilliche sache wol billich gemache. " (1.1623-1630). Daß eine dichterische Figur beim Bedenken der eigenen Situation mit der Hilfe der frou minne rechnet, das gibt es im Parzival nicht. Das zeigt allein schon, daß Wesen und Funktion der frou minne im Iwein anders zu bestimmen sind als dort. Iwein setzt hier nicht "ein hohes Vertrauen auf die Macht der göttlichen minne 11341} sondern der Erzähler benutzt hier die Personifikation frou minne im Munde seiner männlichen Hauptfigur als poetisches Mittel, um zeigen zu können, daß für diesen die minne zum ande ren Geschlecht eine Macht ist, der er sein uneingeschränktes Vertrauen schenkt, auf die er alle Hoffnung setzt und die er damit im wahrsten Sinne des Wortes "ver-göttert". Der Artusritter Iwein verabsolutiert die minne zum anderen Geschlecht und deifiziert sie damit. Sie wird ihm damit zum Gott neben Gott. Das zu verdeutlichen, ist eine erste Funktion der Personifikation frou minne im e r z ä h l t e n B e w u ß t s e i n I w e i n s . Daß hier ein Artusritter, also eine Figur der erzählten Welt, offensichtlich mit dem Eingreifen eines "Wesens" zu seinen Gunsten, mit der Macht der frou minne rechnet, hat einen gänzlich anderen Wirklichkeitsgrad, als wenn der Erzähler auf der Ebene Erzähler-Publikum von frou minne spricht. Denn Iweins Aussagen beziehen sich ausschließlich auf Sachverhalte innerhalb der erzählten Welt. Das bedeutet, daß für die Vorstellung einer Person, die mit frou minne i n n e r h a l b d e r e p i s c h e n W e l t evoziert wird, kein außerepisches Äquivalent existieren muß. Vielmehr kann dieses in einer nicht direkt realitätsanalogen Schicht der erzählten Welt liegen, und zwar in der selben, in der auch etwa der Löwe und der Zauberring Lunetes zu finden sind. H. Schneiders Aussage, Hartmanns frou minne sei eine "Vollstreckerin

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göttlicher F ü g u n g " m u ß also eingeschränkt werden: in der Sicht Iweins ist sie das nicht. Iwein setzt seinen Gedankengang wie folgt fort: "ezn ist nie so unmügelich, bestet si si also mich unde geraet ir her ze mir swie gar ich ir hulde enbir, und het ich ir leides me getan, si müesse ir zorn allen lan und mich in ir herze legen vrou Minne muoz si mir bewegen:" (1.1631-1638). Gegen alle psychologische Erfahrung und trotz der Schwierigkeiten seiner Lage rechnet er damit, daß frou minne Laudine g e n a u s o (vgl. I. 1632) bezwingt (!), wie sie ihn bezwungen hat. E r traut ihr Unmögliches zu, für ihn ist sie in Liebesdingen einerseits allmächtig, andererseits hat sie für sein Bewußtsein jedoch die Pflicht (vgl. I. 1 6 4 9 ) ^ 3 , entweder Laudine zu bezwingen oder seine Liebe zu ihr wieder von ihm zu nehmen (vgl. I. 1647-1652). Mit anderen Worten: frou minne hat das typische Wesen einer s e l b s t g e s c h a f f e n e n G o t t i n g , einer Abgöttin, deren Allmacht und somit deren Handlungsfreiheit Iwein solange anerkennt, wie sie seinem eigenen Glücke dient^^. e s ist deswegen bezeichnend, daß es heißt: " m i n vrouwe Minne" (I. 1625). Man überlege einmal, was Iwein hier von frou minne erwartet. Sie soll ausgerechnet in der Frau, deren geliebten Mann er getötet hat, individuelle Geschlechtsliebe zu ihm erzeugen, eine genauso geartete Liebe also, wie er sie zu Laudine fühlt (vgl. I. 1632-1633). Das bedeutet: Iwein glaubt, daß Liebe zum anderen Geschlecht alle Schuld vergessen macht; er ist der Meinung, daß minne zum anderen Geschlecht leisten kann, was allein Nächstenliebe im christlichen Sinne vermag. Das-beweist erneut, daß ihm Caritas eine gänzlich fremde Form der Liebe ist und darüber hinaus, daß für ihn minne zum anderen Geschlecht d e r e i n z i g e A k t d e r H i n w e n d u n g zum M i t m e n s c h e n i s t . Nachdem der Artusritter Iwein zunächst die ere verabsolutiert hat und um der ere willen rechtswidrig einen Unschuldigen erschlug, verabsolutiert er nun den zweiten Zentralwert des Artusrittertums, die minne zum anderen Geschlecht. Noch einmal wird er sich darüber klar, daß frou minne mit ihrer Macht für die Liebe zu Laudine verantwortlich ist. "daz ich ze vriunde han erkorn

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mine totviendinne, dazn ist niht von mime sinne: ez hat ir gebot getan:" (1.1654-1657). Daß die Liebe zur "totviendinne" (I. 1655) nicht "ir gebot" (1.1657), sondern das "Gebot" Gottes ist, daß für ihn über die spontane minne zum anderen Geschlecht hinaus eine Liebes p f l i c h t im Sinne der Caritas, die ja nicht nur Akt des spontanen Gefühls ist, verbunden ist, daß er, der die Pflicht der Nächstenliebe mit dem tötlichen Streich gegen Ascalon sündhaft verletzt hat, seine Schuld gegen Laudine wieder gut machen soll, auf diesen für einen christlichen Ritter doch so naheliegenden Zusammenhang kommt der Artusritter Iwein nicht. Doch muß erneut betont werden: Iweins minne zu Laudine als Liebe zum anderen Geschlecht ist als solche makellos und keineswegs nur bloße Sinnlichkeit. Daß sie nicht darüber hinaus im Sinne christlicher Liebesethik zur Geltung kommt, daß Iwein es trotz seiner minne zu Laudine nachher in der Ehe an Nächstenliebe fehlen läßt, liegt an der Verabsolutierung der minne zum anderen Geschlecht und darüber hinaus - wie sich herausstellen wird - an der artusgemäßen Minneauffassung, der er verhaftet ist, und die ihm Gawein wieder zu Bewußtsein ruft. Zur ere und minne aber gehört nach des Erzählers Meinung Caritas. Das lernt Iwein nach seinem Sturz. Um den Zusammenhang, in dem die Vorstellungen Iweins über frou minne zu sehen sind, zu erläutern, muß nun die fortlaufende Analyse der Gedankenführung Iweins kurz unterbrochen und auf den weiteren Verlauf der epischen Minnehandlung eingegangen werden. Daß für Iwein mit der Minnebindung an Laudine, die mit seinem Willen zur christlichen Ehe wird (!), tatsächlich die Pflicht zur Nächstenliebe gesetzt ist, zeigt wohl der gesamte Handlungszusammenhang. Alles auf der Aventiure - Fahrt ist auf die mangelnde Caritas Iweins nicht nur gegenüber Ascalon und dem gesinde. sondern auch gegenüber Laudine bezogen. Das Wort "erbarmen" und seine Derivationen bzw. Wörter des gleichen semantischen Bereiches treten mit Bezug auf Iwein erst nach der Heilung seines Wahnsinnes auf; während seiner Aventiure -Fahrt wird dann mehrmals betont, daß Iwein sich bedrängter Menschen erbarmt (vgl. z. B. I. 4740, 4853 ff., 4932, 6407, 6415) 345 . Daß Iwein die Pflicht zur Nächstenliebe gegenüber Laudine versäumt, beginnt damit, daß er Gaweins Rat (vgl. I. 2770-2912) folgt, der nicht nur eine gänzliche Fehlinterpretation der Situation Erecs enthält, sondern auch nicht im geringsten auf die Situation Iweins und Laudines paßt 3 4 6 . Er entzieht sich, entsprechend der von

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Gawein gepredigten, dem Artusritter gemäßen Vorstellungswelt von dem Zusammenhang von ere und minne. nicht nur seinen durch die Heirat eingegangenen Verpflichtungen als Ehemann und Landesherr, sondern im guten Glauben, dies s e i n e r ere und damit indirekt auch der minne zu Laudine und seiner Ehe schuldig zu sein (!), treibt ihn die von Gawein vorgetragene hofgemäße Ereund Minne - Auffas sun g (!) dazu, daß die minne zu seiner Ehefrau nicht zugleich als Caritas wirken kann, denn er läßt den Brunnen ohne Verteidiger, damit die Bevölkerung ohne Schutz und Laudine ohne seine Hilfe mit ihren Pflichten als Landesherrin zurück, ohne zu erkennen, daß seine mit ihrer ere nun eng verbunden ist, und stürzt sich für ein Jahr in - gemessen an seiner neuen Stellung - sinnloses Turniertreiben. Iwein kennt also keineswegs "nur die A b e n t e u e r l u s t " 3 4 7 . Daß ihm - wie M. Klöckner schreibt - "Ritterehre mehr gilt als M i n n e " ^ 4 8 ^ kann man nicht sagen, und er ist auch nicht - wie L. Sandrock feststellt - "der ideale Fürst""^®. Das Terminversäumnis weist in die gleiche Richtung. Es zeigt keineswegs, daß Iwein seine Ehefrau vergessen hat und nicht mehr liebt und auch nicht, "daß durch übertriebenen Ritterdienst der Frauendienst vernachlässigt w i r d " ^ v i e l m e h r hat der Erzähler deutlich darauf hingewiesen, daß das gerade nicht der Fall ist (I. 3082-3095). Aber ein seilender gedanc (vgl. I. 3083) und senlichiu triuwe (vgl. I. 3089) beweisen zwar die Existenz der Liebe zu Laudine, die sich in der langen Abwesenheit als Sehnsucht und Treue zeigt, aber indem der Erzähler Lunete als Botin Laudines Iwein gerade in dieser Stimmung erreichen und die Anklage sprechen läßt (vgl. I. 3111-3196), macht er vollends deutlich, daß von Iwein mit seiner Liebe zu Laudine mehr gefordert war, nämlich über die Spontaneität des Gefühls der minne zum anderen Geschlecht hinausreichende Liebe, die sich in dauernder Hilfe für die bedrängte Frau als Tat äußern sollte. Damit war notwendig der Verzicht auf hof gemäßes Turnierund Aventiure-Leben, auf unverbindliches und selbstgerechtes, weil nicht mehr sozial verpflichtetes Artusritter-Dasein verbunden. Zwar hat Iwein den Brunnen einmal verteidigt, aber das war ihm ein willkommenes Mittel, endlich auf diesem Wege seinen Sieg in der aventiure zu beweisen und seine ere vor Artus zu vermehren. Für Iwein war aber mit der Liebe zu der Witwe des von ihm Erschlagenen die Pflicht, verbunden, in ein verantwortungsreiches Herrscheramt einzutreten und nach mittelalterlichem Verständnis damit zugleich die Pflicht zur Nächstenliebe. Sein Wegreiten beweist, daß er sich diesen Pflichten gegenüber Laudine und der Bevölkerung seines Landes nicht bewußt ist. P. Wapnewski spricht von einem Iwein durch Laudine" { [ . . . ] will-

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kürlich aufoktroyierten) Termin" und H. de Boor davon, daß Laudine Iwein eine Frist s e t z t ^ . Davon steht jedoch im Text nichts. Vielmehr steht hier genau das Gegenteil"^. j w e in, der ja das Pflichtbewußtsein Laudines als Herrscherin genau kennen muß (vgl. I. 2300-2326), folgt dem Rat Gaweins, der Königin "mit minnen" (I. 2886) "ein urloup" (I. 2887) abzugewinnen, indem er auf ganz und gar unfaire Art und Weise Laudine die Trennung ablistet (vgl. I. 2913-2923) 3 5 4 , und zwar gleich von sich aus für ein ganzes Jahr um Erlaubnis bittet, auf Turniere reiten zu dürfen (vgl. I. 2924-2925). Laudine stimmt nur zu, damit sie ihr Versprechen, ihm eine Bitte zu erfüllen, nicht brechen muß. Man kann deswegen nicht wie L. Blume sagen: " Aus L i e b e zum M a n n e läßt das Weib ihn seinen Ideen nachgehen; w e i l d e r Mann e s so w i l l , tritt das liebende Weib freiwillig vor der Idee zurück Laudine betqnt aber ausdrücklich, und das zeigt auch f.. - und hier ist L. Blume zuzustimmen - ihre Liebe zu Iwein und ist zugleich ihre Pflicht als Herrscherin, daß sie auf dem von ihm genannten Zeitraum von einem Jahr besteht und sich ein späteres Zurückkommen nicht bieten lassen wird (vgl. I. 2926-2944). Durch dieses Verhalten, also durch die B e t o n u n g e i n e s T e r m i n s als dem Ende eines Zeitraumes, um den e r s e l b s t g e b e t e n h a t , und auch ausdrücklich mit anderen Worten (vgl. I. 2935-2939) weist sie ihn deutlich auf seine eingegangenen Verpflichtungen hin. In Iweins Terminversäumnis kommt deswegen treffend zum Ausdruck, daß Iwein, trotz seiner minne. die aus seiner Perspektive in eine Minne-Ehe führte, den mit dieser übernommenen Bindungen und Pflichten als Herrscher und Ehemann, eben auch der christlichen Pflicht zur Caritas, nicht gerecht wird. Nach diesen Ausführungen, die versuchten, die weiteren Zusammenhänge aufzudecken, in der die Gedanken Iweins über die minne und frou minne zu sehen sind, kann zu der oben unterbrochenen Analyse der erzählten Gedankenwelt Iweins zurückgekehrt werden. Zu der bisherigen Argumentation scheint der Schluß in Iweins Gedankenführung im Widerspruch zu stehen. Iwein macht sich klar: "ouwe daz diu guote in selhem unmuote ist so rehte wünneclich! nu wem waere si gelich, enhete si dehein leit? zware got der hat geleit sine kirnst und sine kraft, sinen vliz und sine meisterschaft, an disen loblichen lip:

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ez ist ein engl und niht ein wip!" (1.1681-1690). Iwein ist sich hier der Schöpferkraft Gottes genau bewußt. Und es muß in diesem Zusammenhang erneut daran erinnert werden, daß er auch die mittelalterliche Vorstellung, die minne sei vornehmlich objektgewirkt, genau kennt (vgl. I. 2341-2355). Aber der spezifisch höfische, diese beiden Vorstellungen verbindende Gedanke, der wesentlich dazu beitrug, daß die minne als eine ethische Macht verstanden wurde, weil durch die von Gott gewirkte Schönheit und Tugend der Frau, die objektgewirkte minne des Mannes eben auch von Gott stammen und auf ihn gerichtet sein kann, ist ihm fremd. Damit ist die oben gestellte Frage, wie sich Iwein die minne und die Rolle der frou minne vorstellt und was er von ihr erwartet, beantwortet; es wurde versucht, diese Vorstellungen zugleich in Beziehung zu sehen mit dem Handlungsverlauf. Um jedoch die Frage nach der Funktion der frou minne im Iwein beantworten zu können, muß zunächst eine weitere Frage geklärt werden: Gehen die Erwartungen Iweins, die er an frou minne stellt, in Erfüllung? Wie sich herausstellen wird, hängt diese Frage eng mit der nach der Auffassung von frou minne und damit von der minne zusammen, die der Erzähler hat. Diese wurde vorwegnehmend schon angedeutet und wird nun deutlicher gezeichnet. Nachdem Laudine, die den Kampfverlauf zwischen Iwein und Ascalon nicht kennt, zu der Annahme gekommen ist, Iwein habe in Notwehr gehandelt, kommentiert der Erzähler: "sus braht siz in ir muote ze suone und ze guote, und machte im unschult wider si. do was gereite da bi diu gwaltige Minne eine rehtiu süenaerinne ^57 under manne und under wibe. " (I. 2051-2057) R. C. I. Endres führt aus: "Nevertheless her /die der frou minne/ Überkraft is / . . . ] a foreign body, which very soon loses all credibility. Political necessities and the clever persuasion of Lunete make Laudine change her mind and by no means vrou Minne [ . . . ] Sober calculations are so clearly depicted as ultimate motives that diu gewaltige Minne in v2054 appears as a somewhat incoherent addition. Only after the political needs have forced Laudine into making her decision, is the blessing of vrou Minne appended to her union with Iwein. In spite of her beeing so gewaltig, she then suddenly plays a subordinate and negligible part.

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This forms an almost ludicrous contrast" 3 *^. Diesen Ausführungen kann nur partiell zugestimmt werden. Selbstverständlich waren es vor allen Dingen die Notwendigkeiten der politischen Lage, die Laudine bewogen, Iwein zu heiraten. Das herauszustellen, hat der Erzähler gerade beabsichtigt^®. Das sieht R. C. J„ Endres durchaus richtig. Aber die Rolle der frou minne beurteilt er wohl nicht zutreffend. Man muß die Verse I. 2054-2057 unter Berücksichtigung ihres Stellenwertes genauer analysieren. Der Erzähler hat zunächst dargestellt, wie (vgl. "sus" 1.2051) Laudine zur "suone" (I. 2052) mit Iwein gekommen ist; das bedeutet: der Erzähler hat gezeigt, wie Laudine sich bemüht, zu dem den politischen Forderungen entsprechenden Entschluß eine innere Haltung zu gewinnen, die es ermöglicht, daß dieser Entschluß zur politischen Ehe nicht zugleich die Entscheidung bedeutet, ständig in haz und Feindschaft mit dem zukünftigen Ehemann leben zu müssen. Auf diese ich-bezogene Komponente ihres Entschlusses wurde im I. Kapitel näher eingegangen. H. Eilts führt aus: "Sie wendet sich [.. .J zu dem, was allgemein anerkannte Richtschnur des Lebens ist"360 jßß dieser "Richtschnur" ist die minne zum anderen Geschlecht gemeint. Aber Laudine entbrennt hier nicht in L i e be zu einem abwesenden, ihr unbekannten Mann, sondern sie vollzieht eine gedankliche Hinwendung zum Nächsten. Bei diesem geistigen Akt der Versöhnung und Vergebung, der auf den sachlichen Erwägungen über die Notwehr ruht, allein ist frou minne beteiligt. Der Erzähler nennt sie hier deswegen expressis verbis "ein rehtiu süenaerinne" (I. 2056). Von einer Liebe, die "als eine schlimme B e g e h r l i c h k e i t " 3 6 1 erscheint, kann nun wirklich keine Rede sein und auch nicht davon, daß "der gewaltigen Minne geradezu die Schuld an jener schnellen Sinnesänderung zugeschoben wird"362 < Da in der Versöhnung und Vergebung durch Laudine die eigentliche psychische Leistung liegt, die es ermöglicht, daß letztlich Laudine und Iwein zusammenfinden, weist der Erzähler hier auf den Beistand der frou minne hin; aber das "Eingreifen" der frou minne entspricht nicht im geringsten den Vorstellungen Iweins (vgl. I. 1625 f f . ) . Frou minne bewirkt nicht gegen alle psychologische Wahrscheinlichkeit in Laudine Liebe zu Iwein als Liebe zum anderen Geschlecht, wie sie es umgekehrt psychologisch durchaus verständlich, wenn auch entgegen den Plänen Iweins, bei diesem getan hatte, sondern sie hilft Laudine die suone zu finden. Deswegen kann man nicht wie O. Kratins feststellen: "Both lovers are e q u a l l y under her/dem der frou minne/ influence" . Man wird auch wohl kaum sagen können, "daß Laudine von einer höheren Gewalt getrieben wird, und deshalb für ihre Tat eigentlich kaum verantwortlich i s t " 3 " 4 . Vielmehr

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ist auch hier frou minne keine höhere Gewalt, sondern ein dichterisches Mittel, um dem Publikum ausdrücklich zu verdeutlichen, daß auf dem Weg Laudines zur suone vergebende Liebe gegenüber Iwein geübt wird und daß dieser geistige Akt auch eine Form der minne ist. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß Hartmann ja auch mit Bezug auf Gaweins und Iweins Freundschaft von frou minne spricht (vgl. I. 7015-7074). Der Personifikationsinhalt ist also auf der Ebene Erzähler-Publikum nicht nur minne zum anderen Geschlecht wie in der Perspektive Iweins. Jetzt erkennt man und kann zusammenfassend feststellen, daß der Erzähler hier selbst eine ganz andere Auffassung von frou minne hat als Iwein und dadurch, also durch die unterschiedliche Perspektive Iweins und des Erzählers und damit die unterschiedliche Sicht des Wesens und der Funktion der frou minne. wird die Kritik an der Minneauffassung Iweins und damit an der des Artuskreises offensichtlich. Denn indem der Erzähler augenscheinlich nun hier die Personifikation frou minne als poetisches Mittel benutzt, um die bemerkenswerte dichterische Aussage besonders hervorzuheben, daß nämlich auch ein wesentlicher Sinn der minne darin besteht, Versöhnung unter den Menschen, ja unter Feinden zu stiften, zeigt er, daß der höfische Minnebegriff Iweins, dem eine Verabsolutierung der minne zum anderen Geschlecht und damit eine Isolierung dieser aus dem Gesamtzusammenhang der Liebe immanent ist, für ihn nicht akzeptabel ist. Frou minne wirkt hier gemäß christlicher Liebesforderungen. Sie bewirkt, daß Laudine eben nicht die "totviendinne" (I. 1655) Iweins ist, wie dieser glaubt. Für den Erzähler steht also die minne zum anderen Geschlecht in einem weiteren, christlich bestimmten Zusammenhang. Indem Hartmann also zeigt, daß frou minne nicht wie Iwein es sich wünschte, sondern ganz anders zu seinen Gunsten, nämlich im Sinne christlicher Liebesethik wirkt, präzisiert er die Erzählerkritik an den Vorstellungen vom Wesen.und von der Funktion der frou minne. wie sie Iwein hat. Wo Iwein das Wirken der frou minne im Sinne einer Erzeugung von Liebe zum anderen Geschlecht erwartete, da wirkt sie auf rein geistige Art, bewirkt Vergebung einer Schuld, wirkt im Sinne christlicher Nächstenliebe. Damit läßt sich die These formulieren: frou minne. w i e s i e s i c h I w e i n v o r s t e l l t , und damit die Minneauffassung Iweins und des Artuskreises wird durch das Wirken der frou minne auf d e r E b e n e E r z ä h l e r - Pub l i k u m und damit durch die christlich bestimmte Minneauffassung des Erzählers korrigiert. Frou minne in der zweifachen Perspektive, in der Iweins und der des Erzählers, ist damit auch ein Element der Artus-

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im

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weltkritik, die der Erzähler im Iwein übt 3 ®^ Kritik richtet sich darauf, daß die Minneauffassung der Artuswelt genau so wie die artusgemäße Aventiure- und Ere-Auffassung ihre Bezogenheit auf den Nächsten und damit auf Gott verloren haben. H. de Boors Feststellung: "Die Kernauffassung der Minne, wie sie dem Artusroman eigen ist und im Iwein dargestellt war, hatte er /Hartmann/ für sich selbst längst überwunden"3®®, muß also modifiziert werden: im Iwein wird bereits gezeigt, in welcher Richtung die artusgemäße Minneauffassung überwunden werden kann. Um die Stringenz der Analyse nicht allzu sehr zu gefährden, wurde die Textpartie I. 1557-1592 nicht in die Interpretation einbezogen. Das muß nun nachgeholt werden. Nachdem der Erzähler frou minne im Iwein eingeführt (vgl. I. 1537) und ihre "meisterschaft" (I. 1540) gezeigt hat, setzt er zu einem Exkurs über frou minne (I. 1557-1592) an, der folgendermaßen beginnt: "e hate sich Minne nach swachem gewinne geteilet an manege stat. da es si nieman enbat: von danne nam si sich nu gar unde kerte sich dar Mit aller ir kraft, ze diu daz ir meisterschaft da deste merre waere. " (1.1557-1565). Es wurde bereits kurz darauf hingewiesen, daß Hartmann sehr bewußt damit rechnete, daß sein Publikum frou minne aus anderen Dichtungen kannte und deswegen bestimmte Vorstellungen von ihr haben konnte3®7. Auf diese und damit auf andere Dichtungen, in denen frou minne eine Rolle spielte, bezieht sich Hartmann hier (vgl. "e" I. 1557). Aus diesen kaum mit Sicherheit feststellbaren Dichtungen3®® "kommt" frou minne nun in den Iwein. um hier ihre "meisterschaft" (I. 1564) um so mehr zu zeigen. Da frou minne ein poetisches Produkt ist, kann das natürlich nur bedeuten: Die Personifikation der minne als Mittel der dichterischen Darstellung wird nun auch hier im Iwein gebraucht. Zunächst klagt der Dichter nicht etwa "über die Ungerechtigkeit der Minne" 3 " 9 , wie E. Kohler behauptet" 370 , und er wirft auch nicht, wie E. Görlach meint, der minne "Selbsterniedrigung" 3 ' 1 vor, sondern er macht deutlich, daß er mit den anderen dichterischen Darstellungen der frou minne nicht einverstanden ist 3 "^, Hartmanas "große Klage über die Minne" 3 ' 3 ist damit zumindest

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auch (wenn nicht sogar nur) eine Klage über die Darstellung der minne vor dem Iwein. Worauf Hartmanns Kritik zielt, macht der Text selbst genau deutlich: "ein dinc ist clagebaere: sit Minne kraft hat so vil daz si gewaltet sweme si wil und alle künege die nu sint noch lihter twinget danne ein kint, so ist si einer swachen art, daz si ie so diemüete wart daz si iht boeses ruochet und so swache stat suochet, diu ir von rehte waere smaehe unde unmaere. si ist mit ir süeze vil dicke under vüeze der Schanden gevallen. " (1.1566-1579). Nach dieser Zurückweisung der Darstellung der frou minne vor dem Iwein. setzt er seine frou minne und damit seine Darstellung der minne deutlich gegen die anderen ab und fordert damit sein Publikum auf, eventuelle Vorstellungen über frou minne aus anderen Dichtungen nicht mit denen von seiner frou minne zu verwechseln. "doch enhat si hie niht missetan: wir sulen si genesen lan. si erweite hie nu einen wirt deiswar von dem si niemer wirt geswachet noch guneret. si ist rehte zuo gekeret: si belibet hie mit eren: sus solde si zuo keren. " (1.1585-1592). "Hie" (I. 1585) bedeutet: im Iwein bei Iwein: "si" (I. 1585) bezeichnet damit die frou minne in des Erzählers Darstellung. Der ganze Vers I. 1585 bezieht sich durch das Tempus des Prädikats eindeutig auf die Erzählpartie I. 1537-1556. Das bedeutet demnach, daß der Erzähler mit dem Handeln der frou minne einverstanden ist, Iwein an Laudine zu binden, und heißt wohl nicht nur, wie H. E i l t s ^ ausführt, daß die Liebe Iweins zu Laudine gerechtfertigt werden soll; vielmehr will Hartmann vor allem seine eigene Darstellung der minne und die Verwendung der personifizierten minne als poetisches Mittel abgrenzen und rechtfertigen, was sich auch noch in den anschließenden Versen zeigt. Diese Exkurs-

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partie (I. 1587-1592) enthält aber zugleich eine epische Vorausdeutung zukunftsgewisser A r t ^ ^ und beweist erneut, daß Iweins minne als solche zum anderen Geschlecht makellos ist und bleibt und daß sie dies schließlich nach der Korrektur seiner Minneauf fassung in seinen "Sühne-Aventiuren"^^®, in denen er Caritas lernt, auch im christlichen Sinne wird. Denn Iwein kehrt schuldbewußt und versöhnungsbereit zu Laudine zurück jenseits aller artusgemäßen Minneideologie (vgl. I. 8137-8148). Nachdem er gelernt hat, was Nächstenliebe und was caritative Rittertat ist, kann die Minne und Ehegemeinschaft auf einer neuen Ebene, auf der für ihn minne und Caritas nicht mehr getrennte, sondern einander zugeordnete Phänomene sind, erneuert werden. Hartmanns epische Vorausdeutung: frou minne "belibet hie mit eren" (I. 1591) bestätigt sich in ihrem vollen Aussageumfang am Schluß des Iwein. Abschließend gilt es noch zwei Textstellen, in denen frou minne im Zusammenhang mit der minne Iweins und Laudines erwähnt wird, in die Analyse einzubeziehen, und zwar das Gespräch Hartmanns mit frou minne (I. 2971-3028) und die Verse I. 3254-3257, die in einem Zusammenhang miteinander stehen. Mit den Worten: "ze lande vuor der künec Artus, diu vrouwe widere ze hus. " (I. 2969-2970). schließt der Erzähler den epischen Bericht über die Trennung Iweins und Laudine ab. Diese frühe Trennung erscheint Hartmann offensichtlich erklärungsbedürftig. Denn vorher hatte er ja im Exkurs betont, daß frou minne in Iwein den rechten "wirt" (I. 1587) gefunden hat und bei ihm zu Ansehen gelangt im Gegensatz zu ihrem früheren Wirken (vgl. I. 1586-1592). Aus der frühen Trennung könnte das Publikum aber schließen, daß die minne Iweins zu Laudine nicht beständig genug sei und demnach frou minne hier keineswegs "mit eren" (I. 1591) besteht. Um dieses mögliche Verständnis des Handlungsablaufes zu verhindern, tritt hier der E r zähler als Ich-Erzähler "gleichsam auf einer oberen Bühne s e l b s t " a u f und läßt sich in ein fiktives Streitgespräch mit frou minne e i n ^ ö . im Gegensatz also zu Wolfram läßt Hartmann frou minne in eigener Sache sprechen. Aber diese ist zugleich Hartmanns eigene Sache. Denn wie W. Dittmann zutreffend gezeigt hat, kann kein Zweifel darüber bestehen, daß hinter frou minne und ihren Ansichten Hartmann selber s t e h t u n d man kann aus diesem Grund und nach dem über das Verhältnis von personifizierter minne. Minnegöttern und frou minne Gesagten G. Hofmann nicht zustimmen, der feststellt, daß "die stumme,

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215

unverantwortliche Göttin der Minneklagen und -gebete der En. hier zur kritisierenden, überlegenen Dame der Gesellschaft"^^® geworden ist. Es ergibt sich also der Sachverhalt: der Erzähler des äußeren Handlungsverlaufes liegt als Ich-Erzähler mit frou minne und d. h. mit sich selbst als Interpret der aventiure meine im fingierten Streit mit dem Zwecke, die meine des aus der Quelle übernommenen Handlungsverlaufes über dessen Aussagekraft hinaus so zur Geltung zu bringen, wie er selbst sie verstanden wissen will. Zugleich wird damit von Hartmann dem Publikum geschickt klargemacht, daß es frou minne auf der Ebene Erzähler-Publikum bloß als ein dichterisches Mittel verstehen soll, die meine des Minne geschehens zu verdeutlichen. Jede Assoziation, frou minne sei als ein wie auch immer geartetes Wesen zu verstehen, wird damit abgeschnitten. Der Erzähler argumentiert durch den Mund der frou minne. daß die äußere Trennung kein wirkliches Getrenntsein bedeutet, weil Iwein mit Laudine das Herz getauscht hat. Diese (also seine eigene) Interpretation übernimmt der Ich-Erzähler und berichtet diesen Herzenstausch: "si wehselten beide der herzen under in zwein, diu vrouwe und her Iwein: im volgte ir herze und sin lip, und beleip sin herze und das wip." (I. 2990-2994). Um jedoch von vornherein einem möglichen Einwand des bloßen Rationalisten zu entkräften und einem weiteren Mißverständnis, das mit seiner Handlungsdeutung eintreten könnte, zu entgehen, versetzt sich Hartmann vorbeugend in dessen Rolle und redet als Ich-Erzähler erneut frou minne an (vgl. I. 2995-3010). Er nimmt das Bild vom Herzenstausch wörtlich und benutzt zugleich einen weiteren herze-Begriff, der das herz nicht nur als Sitz der emotionalen Kräfte versteht, wie es beim Bild vom Herzenstausch vorausgesetzt ist. Auf die abwegige Argumentation, die dadurch zustandekommt, läßt sich kaum mit sachlichen Entgegnungen antworten. Frou minne reagiert deswegen heftig, wirft ihrem Gesprächspartner schwachen Verstand und damit unzureichendes Verständnis der inneren Handlung vor (vgl. I. 3011-3012) und stellt fest, daß er mit ihrer "meisterschaft" (I. 3015) nie in Berührung gekommen sei382 ; gerade durch den Herzenstausch werde die Lebenskraft beider gesteigert (vgl. I. 3016-3019). Der IchErzähler stellt resignierend fest: "done torst ich vragen vürbaz:

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wan swa wip unde man ane herze leben kan, daz wunder daz gesach ich nie:" (I. 3020 - 3023)382. Er muß jedoch zugeben: "doch ergienc ez nach ir rede hie. " (I. 3024). Das bedeutet: die innere Handlung ist so zu verstehen, wie der Erzähler es will, Daß Iwein Laudine trotz der Trennung liebt, daran kann also nicht gezweifelt werden. Er trennt sich von ihr im besten Glauben, weil befangen in der artusgemäßen Auffassung von minne und ere, daß selbst diese Trennung die minne zu Laudine beweist. Auch hier wird sich Iwein keineswegs bewußt, daß diese Trennung in Wirklichkeit aber mangelndes Pflichtbewußtsein, mangelnde Caritas gegenüber Laudine und den Landesbewohnern ist. Erst nachdem ihn Lunete von der Höhe seines Artusruhms, der Scheinruhm war, gestürzt hat, wird er .sich seiner Schuld gegenüber Laudine bewußt. "er verlos sin selbes hulde: wan ern mohte die schulde uf niemen anders gesagen: in het sin selbes swert erslagen" (L 3221 - 3224). Iwein verläßt heimlich das Lager des Artus. Alle Bindungen zu der Artuswelt gibt er auf. Ihm bleibt überhaupt nur noch eine Bindung: das ist die Liebe zu Laudine. Der Erzähler berichtet: "er was ein degen bewaeret und ein helt unervaeret: swie manhaft er doch waere und swie unwandelbaere an libe unde an sinne, doch meistert vrou Minne daz im ein krankez wip verkerte sinne unde lip. der ie ein rehter adamas riterlicher tugende was, der lief nu harte balde ein tore in dem walde. " (I. 3249-3260). Iwein war der Inbegriff der Ritterlichkeit im Sinne der Artuswelt, die minne zu Laudine jedoch erreicht es, daß er vollkommen verwandelt (I. 3256) wird, "ein tore" (I. 3260). E. Scheunemann stellt zu Recht fest: "Der Wahnsinn ist die Folge der verlorenen Minne, nicht die Folge der verlorenen E h r e " 3 ' 3 . Der tore ist gegenüber dem "adamas riterlicher tugende" (I. 3257-3258) im

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zwischen

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und Hartmann

217

Sinne der Artuswelt ein Positivum. Denn das tore-Dasein ist die Voraussetzung für den wirklichen Ritter Iwein, der zur erbermde findet, dessen Taten der Aventiure-Definition Kalogreants (vgl. 1. 528-542) nicht mehr entsprechen, die nicht mehr sozial zweckf r e i sind, sondern solche des Rechts und der Nächstenliebe für bedrängte Glieder der Gesellschaft. Hier (I. 3254-3256) erinnert Hartmann nicht "noch einmal daran, daß es die Vrou Minne sei, die dies /den Sturz Iweins/ alles verschuldet"^®^, sondern frou minne, die minne zu Laudine, hier wiederum personifiziert, um den Zuhörer auf diesen Zusammenhang, auf die meine des Geschehens ausdrücklich aufmerksam zu machen, schafft es, daß Laudine, "ein krankez wip" (I. 3255), den Artusritter zum tore macht und damit die Voraussetzung schafft, daß Iwein vom Hochmut zur Demut, von schuldhaft gewonnener Schein-ere zur ere durch Taten der erbermde geführt wird. Dadurch, daß Iwein die Nächstenliebe übt und erfährt, gewinnt er zugleich eine Einstellung zur Liebe, in der die artusgemäße Minne auffassung und damit Verabsolutierung der minne zum anderen Geschlecht nicht mehr kennt, so daß am Ende des Iwein die Minneauf fassung des Erzählers und die Iweins identisch sind. 2. 5. Vergleich zwischen Wolfram und Hartmann Frou minne im Iwein Hartmanns und im Parzival Wolframs in ihrem Wesen und in ihrer Funktion miteinander vergleichen zu wollen, heißt zugleich frou minne in literarhistorischer Sicht betrachten. Zwischen der Minnedarstellung in der Dido- und Lavinehandlung in Veldekes Eneide einerseits und in Wolframs Parzival und Hartmanns Iwein andererseits gibt es manche Übereinstimmung. Diese zweifellos vorhandene literarhistorische Kontinuität wurde vor allem bisher von der Forschung betont, und zwar sowohl von den literarhistorischen Überblicken als auch von der Spezialforschung. Die herausgearbeiteten Übereinstimmungen liegen auf unterschiedlichen Ebenen: z. B. im individuellen Sprachstil, in der Wortwahl, in der Metaphorik und in der Bilderwelt. Vieles davon weist auf gleiche oder ähnliche Gedanken und Vorstellungen von der minne zwischen den Geschlechtern. Die Übereinstimmungen in der Darstellung und in der Auffassung dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß zwischen Veldeke auf der einen und Wolfram und Hartmann auf der anderen Seite ein tiefer Schnitt verläuft. Wolfram und Hartmann haben die literarische Darstellung der minne gänzlich entmythologisiert, weil sie beide ein psychologisches und zugleich christlich-

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Vergleich

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Wolfram

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Hartmann

religiöses Konzept der minne hatten. Der Unterschied zwischen der Darstellung der minne in der Eneide und der bei Hartmann und Wolfram wird besonders deutlich, blickt man auf die personifizierte minne und die Minnegötter und deren wechselseitiges Verhältnis bei Veldeke und auf frou minne im Iwein und Parzival. In der Eneide sind die drei Minnegötter Venus, Amor und Cupido keine allegorischen Figuren, sondern literarische Darstellungen heidnischer Götter, die außerhalb des Bewußtseins der epischen Figuren existieren und an deren göttliche Existenz und Einwirkung auf das zwischen- und innermenschliche Minnegeschehen die dichterischen Figuren glauben. Auf Grund dieses Sachverhaltes kann die personifizierte minne (bzw. Minne) nicht auf ein personenhaftes Wesen neben den Minnegöttern weisen und auch nicht auf eine von diesen unabhängige übernatürliche Macht. Vielmehr weist der Akt des Personifizierens ständig darauf hin, daß die minne als ein Phänomen erlebt wird, das am Wesen der Minnegötter teil hat. Minne in der Eneide ist deswegen zu verstehen als die untrennbare Einheit des psychophysischen Vorgangs in und zwischen den Geschlechtern mit den Minnegöttern selbst. In der Vorstellung von der minne. die die epischen Figuren im Eneasroman haben, sind die Kategorien Ursache und Wirkung sowie innen und außen nicht scharf voneinander getrennt. Mit dieser Darstellung hat der E r zähler trefflich die Bewußtseinsverhältnisse in Zusammenhang mit heidnischem Götterglauben getroffen. Damit ist jedoch offensichtlich, daß im Iwein und im Parzival .in denen keine Minnegötter als verehrte göttliche Wesen dargestellt sind, keine personifizierte minne existieren kann, die in ihrem Wesen und in ihrer Funktion der personifizierten minne in der Eneide entspricht. Frou minne im Iwein und im Parzival ist deswegen keine Veldekesche Personifikation, und das heißt zugleich: die personifizierte minne hat hier nicht mehr auf die gleiche Weise wie in der Eneide an göttlichem Wesen teil. So sind frou minne im Iwein und im Parzival in dem Punkt, in dem sie sich von der personifizierten minne in der Eneide unterscheiden, gleich. Sieht man nun im einzelnen auf die Rolle der frou minne bei Hartmann und Wolfram, dann ergeben sich gleiche und unterschiedliche Züge. Der Iweinerzähler handhabt souverän die in der Personifikation angelegten verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten, um die meine des Minnegeschehens in seinem Sinne hervorzuheben. Den mit der Personifikation je nach dem Personifikationsinhalt und dem erzählten Wirken verbundene Effekt der Deifikation benutzt er geschickt in zweifacher Weise.

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zwischen

Wolfram

und

Hartmann

219

Erstens: Auf der Ebene Erzähler-Publikum dient er ihm dazu, auf die Macht der minne auch neben der epischen Handlung hinzuweisen und damit zugleich darauf, daß das Personifizierte, die minne. nicht nur ein innerweltliches Phänomen ist, sondern in einer doppelten Bezogenheit zu einer überirdischen Macht steht, die in einer christlichen Welt nur Gott sein kann. Die mit der Personifikation entstehende Illusion einer personalen Wesenheit zerstört er dadurch, daß er dem Publikum zu erkennen gibt, daß frou minne nur ein poetisches Mittel ist, hinter dem der Erzähler selber steht. Zweitens: Im erzählten Bewußtsein Iweins benutzt er den Effekt der Deifikation, um zu verdeutlichen, daß für Iwein vor seinem Sturz die minne zum anderen Geschlecht die einzige Hinwendung zum Mitmenschen ist, daß der Artusritter die Frauenminne verabsolutiert, zum Gott neben Gott erhebt, also die minne verabgöttert. Der verengten Perspektive, in der Iwein die Liebe sieht, entspricht der geringe Personifikationsinhalt der frou minne im e r zählten Bewußtsein Iweins. Das bedeutet: Iwein kennt nur einen "Wesensteil" der frou minne. Der Erzähler dagegen kennt sie ganz. Zum Personfikationsinhalt auf der Ebene Erzähler-Publikum gehört deswegen nicht nur die minne zum anderen Geschlecht, sondern ungetrennt davon auch die Nächstenliebe in verschiedenen Ausprägungen. Gerade weil auf der Ebene Erzähler-Publikum die Liebe im weiteren Sinn Personifikationsinhalt ist, wird deutlich, daß der Erzähler die minne zum anderen Geschlecht nicht als isolierte Form der Liebe verstanden wissen will. Im Unterschied zum Parzival verdichten sich im Iwein in frou minne. wie sie der Erzähler sieht, die konstruktiven Elemente der minne. Wohl besonders deswegen grenzt Hartmann seine Darstellung der frou minne von früheren ab. Durch die unterschiedliche Perspektive, in der frou minne im Iwein erscheint, also die des Erzählers und die Iweins, wird diese Minnepersonifikation in der Hand des Erzählers zu einem Mittel, die Minneauffassung Iweins zu kritisieren, und damit wird frou minne zugleich zu einem Element der im Iwein geübten Artusweltkritik. Die Kritik zielt darauf, daß der Minneauffassung der Artuswelt eine Verabsolutierung der Frauenminne immanent ist, die die Nächstenliebe vergessen macht und damit den Gesamtzusammenhang der Liebe verkennt. Im Vergleich zu der des Iweinerzählers ist die Handhabung des poetischen Mittels der Personifikation frou minne im Parzival wesentlich weniger differenziert. Das hängt vor allem damit zusammen, daß frou minne im Parzival keiner epischen Gestalt be-

220

Vergleich

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Wolfram

und

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kannt ist und somit nur auf der Ebene Erzähler-Publikum existiert. Das Wesen der frou mixine im Parzival. der Personifikationsinhalt, unterscheidet sich von dem der frou minne im Iwein beträchtlich. Er ist im Parzival nur minne zum anderen Geschlecht. Während im Iwein besonders das Konstruktive an der Liebe als Personifikationsinhalt hervortritt, ist das im Parzival gerade anders. Hier treten besonders die destruktiven Elemente der minne als Wesenszüge der frou minne hervor. Frou minne beeinträchtigt den hohen muot des Ritters. Sie kann den Menschen zur gir verleiten und damit seine Existenz frühzeitig zerrütten. Sie mischt sich heimtükkisch in menschliche Triuwe-Beziehungen. Auf der Verbindung mit frou liebe beruht ihre Macht. Durch das Wirken der frou minne und den Verlauf der Minnehandlungen wird der mit dem Akt des Personifizierens möglicherweise verbundene Effekt der Deifikation vom Parzivalerzähler gänzlich neutralisiert und auch nicht - wie im Iwein - dazu ausgenutzt, die Bezogenheit der minne auf Gott anzudeuten. In weit höherem Maße als Hartmann benutzt Wolfram, indem er sie anredet, frou minne dazu - vom epischen Minnegeschehen ausgehend - über die Grenzen des dort Dargestellten hinaus, neben der Handlung Aussagen über die minne zu machen. Damit hängt es zusammen, daß frou minne im Iwein weitergehend in das epische Geschehen integriert ist als im Parzival. Weder bei Hartmann noch bei Wolfram ist frou minne ein Mittel, um den Erzähler aus Motivationsschwierigkeiten zu helfen. Frou minne ist überhaupt kein Mittel, um Minnesachverhalte oder Minnegeschehnisse zu motivieren. Die Entstehung und der Verlauf der minne zwischen den Geschlechtern ist in beiden Romanen durch die Geschehnisse selbst ausreichend motiviert. Vielmehr ist frou minne ein Mittel der Deutung, der Kritik und der Hervorhebung. Frou minne im Iwein und Parzival ist deswegen kein episches Element, das den Schluß erlaubt, die beiden Erzähler hätten die minne dämonisiert, mythisiert, mystifiziert oder als von außen wirkende "Kraft" dargestellt - wie mehrfach behauptet wurde - sondern umgekehrt: der souveräne Gebrauch dieses poetischen Mittels und der jeweilige Personifikationsinhalt zeigen, daß diese Vorstellungen von beiden Erzählern gerade überwunden werden. Beide waren sich der Macht der minne bewußt, aber diese Macht hat psychophysische Ursachen. Nur eine so verstandene Liebe e r laubte beiden Erzählern, die minne auch im sittlichen und christlichen Zusammenhang zu sehen.

2.

Kapitel,

Anmerkungen

1 bis 16

221

2.6. Anmerkungen 1) Vgl. Heinrichs von Veldeke Eneide 1852, CCXVI. Ehrismann 1927, 219 f. Hofmann 1930, 1-45. Boestfleisch 1930, 10-17. Wolff 1952/53, 69. Vgl. Schwietering 1925, 42-46. Poag 1962, 721. 2) Ob e r E r e c Hartmanns von der Eneide Veldekes beeinflußt ist, ist eine offene Frage. Vgl. dazu Neumann 1950, 69 f. und die dort verzeichnete L i t e r a tur. Im Unterschied zum Iwein. der reich überliefert ist (15 Hss. der ganzen Dichtung, z. T. mit Lücken, und 13 Bruchstücke; vgl. dazu Linke 1964, 329 ff. und zu den Verwandtschaftsverhältnissen der Hss Wolff, Die Iwein-Handschriften 111 f f . ) , ist die Überlieferung des Erec bekanntlich schlecht. In dem Leitzmann'sehen Text findet sich ein Beleg für "vrou Minne" (E. 3718) und zwei f ü r "Minne" mit Initialem Graphen M (E. 1858 u. 1859). Da weder das Wolfenbütteler Bruchstück noch das Wiener Erec-Bruchstück (genaue B e zeichnungen der Fragmente bei Linke 1964, 326) die genannten Verse ü b e r liefert, steht der Text f ü r die Belege allein auf dem "Ambrásser Heldenbuch", das mehr als 300 Jahre vom Original getrennt ist. Der "großgeschriebene" initiale Graph M der Belege E. 1858 u. 1859, die beide im Versinneren stehen, ist deswegen eine zu geringe Stütze f ü r die Annahme, mit "Minne" (E. 1858 u. 1859) sei das gleiche epische Phänomen bezeichnet wie mit "vrou Minne" (E. 3718). Zumindest erschien es dem Verfasser nicht geraten, auf dem unsicheren Belegmaterial und auf einen einzigen vrou-MinneBeleg eine Argumentation aufzubauen. 3) Schönbach 1891, 374. 4) Dazu vgl. bes. Schwietering 1924, 71-75 und Schwietering 1925, 46. 5) Lachmanns Parzival-Ausgabe (5. Ausg.) h a t f r o u minne,Leitzmann hat im Erec vrou Minne (3. Aufl. besorgt v. L. Wolff),Benecke/Lachmann haben im Iwein ebenfalls vrou Minne (5. Aufl. durchg. v. L. Wolff). Im Text der Arbeit wird hier einheitlich frou minne geschrieben, außer im HartmannZitat. 6) Vgl. ob. S. 1 f. 7) Heinrichs von Veldeke Eneide 1852, CCXIV - CCXIX. 8) Heinrichs von Veldeke Eneide 1852, CCXVI. Natürlich ist hier auch Einfluß Eilharts (Tristr. 2505 f f . ) möglich, der - wie Scholz 1966, 43, Anm. 3 zutreffend bemerkt - "noch mehr in dieser Anaphorik" schwelgt. Doch scheint auf Grund besonders der Namensnennung Veldekes Pa. 292.18 und Pa. 404. 29 dessen Einfluß wahrscheinlicher. Eine sichere Entscheidung ist aber nicht möglich. Wenn Norman 1961/62, 61 f. ausführt, daß Eilhart ziemlich sicher frou minne in die deutsche Literatur eingeführt habe, bedeutet das allerdings keineswegs, daß deswegen hier Einfluß Eilharts angenommen w e r den muß. 9) Hofmann 1930, 1-45. 10) Hofmann 1930, 1. 11) Hofmann 1930, 8. 12) Hofmann 1930, 8. 13) Hofmann 1930, 6, Anm. 3. 14) Boestfleischs Abschnitt 2 "Exkurse und persönliche Aeußerungen" (10-17) gehört zu seinem I. Kapitel "Persönliche Minne" (1-26), worin es um Wolfr a m s persönliche Minnebeziehungen und Minnedienst geht! Vgl. dazu S. 172f. 15) Boestfleisch 1930, 11. Hervorh. v. Verf. Boestfleisch 1930, 14 arbeitet überhaupt mit einem unklaren Personifikationsbegriff. Das geht daraus hervor, daß f ü r ihn Cupido und "her minnen druc" (Pa. 532.1) gleiche poetische Mittel sind von abgeblaßter Konventionalität. 16) Zur Anrede der minne bei anderen Dichtern vgl. Ehrismann 1904, 191 ff.

222

2.

Kapitel,

Anmerkungen

17 bis

38

17) Vgl. Pa. 288.4, Pa. 288.30, Pa. 293.5, P a . 294.21, Pa. 294.26, Pa.300. 14, Pa. 396.21, Pa. 584. 26, P a . 585. 5, Pa. 586. 26, Pa. 586. 30. 18) Poag 1962, 727. 19) Poag 1962, 733. Hofmann 1930, 1 setzt indirekt frou minne mit Venus und der personifizierten Minne gleich, da e r Pa. 291.1-4 mit En. 11102 u. 11178 parallelisiert. 20) Vgl. z. B. Wolff 1952/53, 69. 21) de Boor 1964, 46. So hatte z. B. Wittkop 1929, 34 festgestellt: "Die Minne steht durchaus im Mittelpunkt des Epos. " Und Quint 1954, 267 spricht davon, daß "das römische Nationalepos zu einem Abenteuerroman umgebildet und unter die dominierende Idee der Minne gestellt wurde. " Vgl. auch E h r i s mann 1927, 89. 22) Vgl. Dittrich 1966, 301-353. 23) Dieser Entschluß wurde unter Berücksichtigung der Argumentation bei Dittrich 1966, 598-606 und Schröder 1965 / R e z . / , 185-189 getroffen. Daß das Verfahren der Herausgeber "dem subjektiven Ermessen Tür und Tor" öffnet, wie Schröder ebd. 187 feststellt, zeigt sich auch in der gegenüber hsl. Überlieferung recht willkürlichen Groß- und Kleinschreibung des initialen Graphen von minne. 24) Zu den Titeln der Arbeiten vgl. Lit. -Verz. 25) Der Name Venus wird 32mal genannt, der Name Amor l l m a l und der Name Cupido 12mal. Belege f ü r Venus: 18.15, 21.21, 21.26, 35.40, 37.26, 38.15, 38.38, 63.23, 72.37, 75.10, 76.22, 157.11, 157.19, 158.1, 158.17, 158.22, 158.32, 158.35, 161.25, 163.3, 163.16, 163.34, 267.24, 269.23, 270.26, 272.35. 273.13, 284.18, 291.15, 293.12, 295.32, 296.8. Belege f ü r Amor: 264.19, 269.18, 270.25, 272.34, 273.23, 291.12, 291.24, 293.10, 296.9, 296.28, 298.22. Belege für Cupido: 18.18, 36.1, 39.2, 51.18, 51.20, 52.20, 76.23, 270.24, 272.34, 284.16, 293.10, 296.9. 26) Dittrich 1960/61, 234 stellt fest: "Dieser Notruf Didos an die Minnegötter steht ganz im Zeichen einer Analogie zu christlicher Frömigkeits- und Gebetshaltung [.. .J". Diese Deutung scheint doch zu sehr gewollt. Dem mhd. Verb "erbarmen" (En 52. 20) und dem mhd. Substantiv genade (En. 51.18) brauchen hier durchaus keine Wortinhalte zugesprochen zu werden, die auf die christlichen Begriffe Gnade und Erbarmen weisen. Veldeke hat hier einfach ein heidnisch-religiöses Verhältnis darstellen wollen. Auch der Heide erwartete von seinen Göttern Hilfe und Beistand. Auch er konnte "fromm" sein. 27) Vgl. auch En. 269.18-269.24. 28) Ob sich Unterschiede in dem religiösen Verhältnis, das Dido und Lavine zu ihren Göttern haben, ergeben, wie Dittrich 1960/61, 233 ff. meint, ist eine weitere' Frage, deren Beantwortung für die Klärung der hier vorliegenden Fragestellung irrelevant ist. 29) Böckmann 1949, 127. 30) Boestfleisch 1930, 14. 31) Boestfleisch 1930, 14. 32) Nickel 1927, 9. 33) Bezold 1922, 60. 34) Wolff 1952/53, 52. Hervorh. v. Verf. 35) So Schwietering 1925, 44 mit Bezug auf die Eneide. Der offensichtliche Druckfehler versuchen f ü r verursachen wurde im Zitat beseitigt. 36) Zur Bruderschaft von Amor und Cupido vgl. Dittrich 1960/61, 87, A n m . l . 37) Vgl. auch En. 298.22. Hier sagt Eneas: "min bruder Amor habe dank. " 38) Dittrich 1960/61, 277.

2. Kapitel,

Anmerkungen

39 bis

48

223

39) Die Hs G wird benutzt nach dem Abdruck der Ausg. der Eneide von Schieb u. Frings. 40) Vgl. die Beleglisten in Anm. 43 dieses Kapitels. 41) Das läßt sich nur aus dem Anliegen Dittrichs erklären, Veldeke habe eine bewußte Distanzierung von den antiken Göttern zugunsten des Christengottes vorgenommen, so daß die Spannung von gote und got zu einem System gemacht wird, das sich überall zeigen soll. Die notwendige methodische Vorfrage jedoch, ob es vertretbar ist, daß man eine so komplizierte Argumentation, wie sie bei Dittrich 1960/ 61 vorgetragen wird, auf der Existenz bzw. Nichtexistenz eines Flexionsmorphs -e bzw. -en aufbauen kann, wurde nicht einmal gestellt! 42) Vgl. unt. S. 140 f. 43) Die Belege für Minne sind: 261.26, 261.27, 263.29, 263.35, 264.22, 265. 11, 265.14, 268.26, 268.27, 269.33, 272.28, 272.38, 272.40, 273.1, 273. 3, 273. 5, 273.8, 273.10, 273.18, 273.20, 275.22, 275.36, 278.28, 287.7. 294.8, 294.10, 294.12, 294.14, 294.16, 294.18, 294.20, 294.22, 294.24, 294.26, 294.36, 295.17, 295.19, 295.21, 295.23, 295.25, 295.27, 295.29, 295.31, 295.33, 296.21, 298.11, 298.15, 298.20, 299.32, 300.20. 300.40. 304.12. 304.30, 334.22. 44) Galle 1888, 66. 45) Roetteken 1887, 79. 46) Wittkop 1929, 34. 47) Das sind folgende Belege: 18.16, 28.36, 32.39, 36.8, 37.31, 37.34, 37.37, 38.11, 38.14 , 38 . 26, 38 . 32 , 38 . 34, 39.13 , 49 . 37 , 50 . 36, 51.35, 52.23, 54.3, 54.8, 55.26, 56.16, 56.26, 57.11, 57.28, 58.15, 58.27, 58.39, 62.9, 62.14, 64.22, 65.24, 68.37, 70.37, 71.24, 72.17, 72.35, 74.4, 74.25, 75.9, 75.26, 76.28, 77.14, 78.4, 79.5, 79.34, 80.13, 80.21, 99.29, 113. 30, 115.21, 116.5, 120.6, 120.38, 127.4, 142.14, 157.20, 158.18, 163. 14, 170.24, 170.35, 171.30, 188.11, 202.15, 216.16, 218.24, 220.14, 231.14, 241.23, 247.7, 256.27, 257.38, 258.38, 260.27, 262.6, 262.10, 262.40, 263.6, 264.9, 264.40, 265.3, 265.19, 265.29, 265.31, 266.25, 266.36, 269.2, 270.21, 270.24, 270.29, 271.6, 271.20, 271.28, 272.1, 272.11, 273.14, 273.17, 273.23, 276.39, 278.18, 278.23, 279.40, 280.21, 280.34, 280.38, 281.19, 281.28, 282.26, 284.12, 284.16, 284.20, 284.36, 285.5, 285.29, 286.35, 292.21, 292.26, 292.29, 292.37, 295.2, 296.1, 296.11, 296.14, 297.27, 298.23, 298.39, 299.7, 301.19, 301.35, 303.21, 323.22, 323.37, 324.3, 340.29, 341.30, 345.2, 348.36, 349.40. 48) Auf den zweiten Teil der Frage nach dem Unterschied von "groß-" und "kleingeschriebenen" initialem Graphen kann im vorliegenden Zusammenhang, in dem ja nur die Voraussetzung für eine Analyse der frou minne bei Hartmann und Wolfram geschaffen werden sollen, nicht eingegangen werden. Denn man wird ohne persönliche Einsicht in alle überlieferten Hss. bzw. Hs. -Bruchstücke eine Interpretation nicht nur auf dem "großgeschriebenen" M aufbauen wollen. Deswegen seien hier nur einige Beobachtungen mitgeteilt. L. Ettmüller ist in seiner Ausgabe der ältesten Hs. B (1210-1220) gefolgt und nur von ihr abgewichen, "wo HG entschieden dem Urtexte näher stehen" (Ettm. XI). Nach dieser Aussage soll einmal angenommen werden (denn auf die Lesarten wird man sich kaum verlassen wollen), daß L. Ettmüller in der Großschreibung des initialen Graphen von minne genau Hs.B wiedergibt. Vergleicht man nun "Hs.B" mit Hs.G, dann ergeben sich einige sehr auffallende Unterschiede. Nach "Hs.B" fragt Lavine ihre Mutter: "wer ist diu Minne?" (En. 261.27). Nach Hs.G heißt die gleiche Frage: "was ist minne?" (En. G 9799). Auf diesen auffallenden Unterschied hat bereits M. -L. Dittrich 1966, 307 hingewiesen. Die Frage ist nur: Steht diese Verschiedenheit der Frage mit der Schreibung des initia-

224

49) 50) 51) 52) 53)

2. Kapitel}

Anmerkungen

49 bis

53

len Graphen in einen Zusammenhang? Denn der erste Beleg nach "Hs.B" mit'Großschreibung" ist En. 261.26 (!). Nach "Hs.B" fragt Lavine aber auch: "so saget mir denne waz minne ist" (En. 262. 6). Entsprechend wechselt nach "Hs.B" "Klein- mit Großschreibung" erst nach dieser zweiten Frage (!). Während in Hs. G, entsprechend der doppelten Frage nach der "Sache", minne (vgl. En. G 9818) sich fast ausnahmslos mit "Kleinschreibung" findet. Die Ausnahmen wären zu betrachten. Die Hs.G hat am Versanfang nur "Großschreibung". Die Belege En. 2064, 10078, 10246, 10248, 10249, 10251, 10253, 11098, 11100, 11102, 11104, 11106, 11108, 11110, 11112, 11114, 11116, stehen im Versanfang und sind deswegen nicht als Ausnahmen zu werten. Vielmehr zeigen die Belege 10256 u. 102 58 mit "Kleinschreibung" am Versende, daß bei allen vorangehenden Belegen mit "Großschreibimg" am Versanfang keine Person, sondern die "Sache" minne gemeint ist. Es finden sich zunächst zwei Ausnahmen. Die erste ist der Beleg En. G 2374. Um den Zusammenhang zu erkennen, wird er im Kontext zitiert. Es handelt sich um einen Teil von Didos Klage: "Uwer muter Venus Unde uwer bruder Cupido Die machent mich vil unvro, Die mir daz herze hant benomen, Daz mir nicht mugen ge vromen Alle mine sinne. Owie unsanffte Minne. Wie du mich hast betwungen." (En. G 2368-2375) Während es bei L. Ettmüller "ouwe, unsenfte minne" (En. 76. 28) heißt (1), erkennt man hier sehr deutlich, daß "Minne" (En.G 2374) sich auf Venus bezieht und nicht notwendig als Personifikation zu verstehen ist, sondern als metaphorischer Name für Venus verstanden werden kann. Die zweite Ausnahme ist der Beleg En.G 10476. Auch hier kann sich "Mynne" (En. 10476) auf Venus beziehen, allerdings auch auf die minne Lavines selbst. Dieser Einzelbeleg kann allerdings das eindeutige Gesamtbild nicht trüben, denn die weiteren Ausnahmen finden sich in der zusammenhängenden oben zitierten Textpartie En. 295.19-295.34 = En. 11149-11164, für die ja oben (vgl. S.135f.)gezeigt wurde, daß eine Deutung der acht Belege Minne als metaphorischer Name für Venus möglich ist! Es ergibt sich: In der Hs.G liegt im Vergleich zur "Hs.B" eine andere Minneauffassung vor! In G überwiegt der psychologische Akzent. Die mythologischen Elemente sind geringer. Wie war Veldekes Ansicht? Auch mit Hilfe des Behaghel'schen Stemmas (vgl. Heinrichs von Veldeke Eneide 1882,. XXXVI), wird man kaum entscheiden wollen, ob G oder B dem Archetypus betreffs der "Großschreibung" des initialen Graphen näher steht, auch wenn G ansonsten für die Textkritik der größere Wert beigemessen wird. Hier bleibt also eine Frage offen. Ob es sich lohnt, ihr nachzugehen, mögen intimere Kenner der Veldeke-Überlieferung entscheiden. Nur die in Anm. 43 unterstrichenen 5 Belege mit'Großschreibung" treten im Erzählerbericht auf. Lausberg 1963, 141. Zur Personifikation als ästhetische Kategorie vgl. Galle 1888, 1-24 und die dort verzeichnete Literatur. Terminus nach Gruenter 1957, 14. Terminus nach Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik, 1. Bd, in: Sämtliche Werke (Jubiläumsausgabe). Hrsg. v. H. Gloekner, Stuttgart 1927, 12.Bd, 528. Zit. nach Gruenter 1957, 14. Bei der Betrachtung der anderen Einwirkungsweisen, der Fackel, des Kus-

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Anmerkungen

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81

225

ses, der Lanze ergibt sich für die folgende Argumentation keine andere Richtung. Ob das "Bildgleichnis Amors im Tempel" dafiir zeugt, daß die Liebesgötter "teils / . . . ] nur noch Symbolwert besitzen", wie Dittrich 1960/61, 234 behauptet, scheint fraglich. Überhaupt scheint es problematisch, mit Bezug auf die Amorstatue von "Symbol" zu reden. Goethe zumindest hätte hier wohl treffender von Allegorie gesprochen. Zum Problem des Verhältnisses von Allegorie und Symbol vgl. Luk&cs 1963, I, 2. 727-775. Eine mögliche Erklärung für die Herkunft dieser Salbenbüchse gibt Schwietering 1925, 44 f. Hervorh. v. Verf. K. Reinhardt 1960, 7 schreibt: "Das Problem der Personifikation war jüngst noch eins der strittigsten der Religionsgeschichte und füllt in der Philologie, zumal der klassischen [.. .J noch immer eins der wichtigsten Kapitel." Demgemäß gibt es in diesen beiden Fächern eine sehr umfangreiche Literatur über das Problem der Personifikation im Zusammenhang mit der Entstehung der Götter. Diese voll zu berücksichtigen war nicht möglich. Folgende Arbeiten wurden benutzt. K. Reinhardt, U. v. Wilamowitz-Moellendorff, H. Usener, L. Petersen, Stoeßl, Deubner, M. P. Nilsson, C. J. Classen und J. Grimm. Zu den Titeln vgl. Lit. -Verz. Vgl. zu dieser Lehre Petersen 1939, 2 f. Wilamowitz-Moellendorff 1931/32, I, 25 ff. u. öfter. Grimm 1844, H, 836. Petersen 1939, 4 f. Vgl. Usener 1929, 364-375. Petersen 1939, 4 f. Zur Kritik von Useners Ansichten vgl. Reinhardt 1960, 8 ff. Auch Reinhardt 1960 , 8 ff. vertritt den zweiten Typus. Petersen 1939, 7. Nilsson 1925, 172. Vgl. ob. S. 132 ff. Hervorh. v. Verf. Behaghel 1923, 1, 68. Behaghel 1923, 69. Vgl. ob. S. 140 ff. Vgl. S. 159 f. Boestfleisch 1930, 11. Vgl. ob. S. 131. Auch Ehrismann 1908, 431 identifiziert frou minne mit Venus. Für ihn gilt die Gleichung frou minne = Venus = concupiscentia. Poag 1962, 727. Vgl. ob. In diesem Zusammenhang ist es aufschlußreich, daß Zundel 1955, 146 f. feststellt, es sei im Minnesang nicht mit Sicherheit zu erschließen, daß die personifizierte minne gleich Venus sei. Vgl. aber Kohler 1935, 10 ff. In der nachklassischen Epik liegen die Verhältnisse anders. Vgl. Eyrisch 1953, 39 f. So Lachmanns Bemerkung (5. Ausg.) im Lesartenapparat zu Pa. 292.18. So Bartsch in Wolfram's von Eschenbach Farzival und Titurel 1870/71. Kom. zu VI, 378 u. 379=292.18 u. 292.19. So Martin 1903, /Kom.J zu Pa. 292.18. Vgl. Meier 1907 , 508 f. Meier 1907 , 508. Vgl. Weise 1910, 37 f. Zum ganzen Fragenkomplex vgl. Weise 1910, 3538 u. bes. Hofmann 1930, 10-18. Hofmann 1930, 14 schreibt: "Aber gerade die Zahl und Verschiedenheit dieser Erklärungsmöglichkeiten läßt erkennen, daß eine exakte beweisen-

226 82) 83) 84) 85) 86) 87)

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2. Kapitel, Anmerkungen

82 bis 108

de Lösung mit den uns vorliegenden Mitteln nicht mehr möglich ist." Schwietering 1925,passim. Keferstein 1937a, 20. Dazu Schwietering 1925, 42 f. und Poag 1962, 731. Boestfleisch 1930, 11. Vgl. ob. S. 131. Poag 1962, 725 u. öfter. Möglicherweise Eilhart. Hier redet Isalde Cupido an (Tristr. 2468). Sie ruft auch aus: "owe, frauwe Amur" (Tristr. 2464). "Amur" (Tristr. 2464) dürfte wohl als Fremdwort für minne zu werten sein, da es im gleichen Monolog heißt: "Eia frawe Minne" (Tristr. 2505). A. A. Galle 1888, 66. San Marte 1861, 60. Zur Bruderschaft vgl. Dittrich 1960/61, 87, Anm. 1. Faschingbauer 1931, 12 f. bezieht den Textabschnitt Pa. 532 ff. der beiden deutlichen Belege iiicht auf Veldeke. Sie nimmt ihn als eine Schmährede Wolframs auf Gawans sinnliche Liebe: "Daher ist Wolfram seine /Gawans/ Liebe bloße Begierde, von Amor, Cupido und Venus' geschoze und mit fiure erregt. Schon die Einbeziehung antiker Gottheiten deutet auf die ethische Schätzung dieser Liebe durch Wolfram hin. War doch Venus im Mittelalter die Verführerin zu verbotener Sinnenlust, deren Genuß den Fluch der Kirche nach sich zog." (Faschingbauer 1931, 12 f.). Durch diese kaum vertretbare Einschätzung des "Minneexkurses" kommt Faschingbauer dann zu einer Abwertung der minne Gawans. Daß Venus als "Verführerin zu /von der Kirche/ verbotener Sinnenlust" galt, trifft allerdings zu. Vgl. dazu Bezold 1922, 60. Auch im Eneasroman rät sie zumindest in einem Fall zur bloßen Sinnenlust. Denn von Eneas, der Dido nicht wirklich liebt, heißt es: "und er legete sie dar nider, alsez Venus geriet" (En. 63.22-63.23). Und schließlich sei noch an die delikate Ehebruchsgeschichte der Venus erinnert (vgl. En. 157.9 ff.). So wäre es denkbar, aber aus dem Text kaum belegbar, daß sich Wolfram in der Zurückweisung der Minnegötter, bes. der Venus zugleich gegen eine allzugroße Sinnlichkeit der Liebe wenden wollte, keinesfalls aber der Erzähler gegen die Liebe Gawans zu Orgeluse. (Vgl. Pa. 532.19-532.30). Die Überlegungen, die Steinmeyer 1889, 12 ff. zu gehiure und ungehiure angestellt hat, beziehen sich nicht auf den Wortinhalt. Poag 1962, 722. Poag 1962, 723. Hervorh. v. Verf. Poag 1962, 724. Vgl. das Vollmer-Zitat bei Poag 1962, 725. Dazu vgl. Schröder 1957/58, 168 ff. Poag 1962, 724. Poag 1962, 724 f. Poag 1962, 724. Zur triuwe Sigunes vgl. Labusch 1959, 43-47. Giese 1952, 19-34. Schumacher 1967, 121 f. Eine wesentlich genauere Darstellung der triuwe Sigunes gibt Götz 1967, passim. Zur triuwe Parzivals im Zusammenhang mit minne und Ehe vgl. Schumacher 1967, 134 ff. Poag 1962, 724. Vollmer 1914, bes. 54-76. Heckel 1939, 35-58. Schultheiss 1937, 30 ff. Pretzel 1952, 297-298. Ehrismann 1908, 412 f. u. 428 ff. Spiess 1957, 10-61. Moeckenhaupt 1942, 64-68; 70-78; 97; 172-179 u. 216-220. Poag 1961, 200-202.

2. Kapitel,

Anmerkungen

109 bis

ISO

227

109) Schumacher 1967, 120-123; 132-143. 110) Lachmann hat hier nach "balt" (Pa. 533.9) Komma. E s wird sich hier der Interpunktion Leitzmanns angeschlossen. E r hat Fragezeichen. 111)Vgl. Martin 1903, / K o m . / zu 533.16. 112)Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 309 hat "unterrichten". Boestfleisch 1930, 15 meint, Wolfram wolle die personifizierte Minne "belehren". 113) Vgl. ob. S. 146. 114) Weil Schumacher 1967, 121, Anm. 5 hier die Auseinandersetzung mit Veldeke nicht berücksichtigt, bezieht sie Pa. 533.30 fälschlich auf die allerdings zweifelsfrei vorhandene, gradualistische Abstufung der Erscheinungsformen der minne im Parzival. Zum Gradualismus vgl. Poag 1961, 144 ff. 115) Poag 1962, 732 ff. 116) Dazu Hofmann 1930, 1-10. 117) Vgl. ob. S. 130-132. 118) Vgl. Poag 1962, 727 ff. Bereits Wallrabe 1925, 20 ff. hat versucht, den Wortinhalt von Liebe im Parzival zu bestimmen. Seine Belege sind jedoch nicht vollständig (nur 34). E r kommt in vielen Fällen zu anderen Ergebnissen wie Poag. Auf ihn wird eingegangen, wenn die Analyse der entsprechenden Textstellen versucht wird. 119) Vgl. Poag 1962, 727-731, bes. 729: Folgende Belege von liebe brauchen keineswegs notwendig "an expression for the emotion of love" (ebd. 729) zu sein: liep (Pa. 8 . 2 1 ) ist wohl "Geliebte". Pa. 65.18 ist ' F r e u d e ' (so auch Wallrabe 1925, 20). Pa. 671.4 i s t ' Freude' (so auch Wallrabe 1925, 20). Pa. 627.21 ist ' Freude' (so auch Wallrabe 1925, 20). Pa. 765.22 ist ' F r e u d e ' . Selbstverständlich sind die semantischen Grenzen zwischen den allgemeinen Wortinhalten ' Liebe' und ' Freude' bereits im Parzival stark fließend, während sich in der Eneide das Wort liebe mit dem Wortinhalt ' L i e b e ' noch nicht findet. Man wird jedoch besonders in einem Falle, in dem keine Geschlechterliebe geschildert wird, immer den Wortinhalt' F r e u de' auch berücksichtigen müssen. Zumindest können die hier angeführten Belege kaum zur Stütze der These: "It is liebe [ . . . ] which is responsable for love's origin" (ebda. 729) herangezogen werden. 120) Poag 1962, 731. 121) Poag 1962, 729. 122) 9mal in der Form lieb bzw. liep. Die Belege liep für Geliebter oder Geliebte sind nicht mitgezählt. 123) Die 30 Belege, die dem Wortfeld der Freude zugehören, sind: Pa. 3 . 3 0 , 4 3 . 1 0 , 6 5 . 1 8 , 193.20, 270.26, 2 7 2 . 9 , 2 8 6 . 1 8 , 308.12, 3 8 4 . 1 6 , 390.18, 3 9 6 . 2 4 , 3 9 7 . 4 , 4 2 9 . 1 6 , 4 3 4 . 6 , 4 5 9 . 2 9 , 554.22 , 560.10 , 609.2, (vgl. San Marte 1862, 129 "Zärtliche Zuneigung"), 609.30, 625.8, 655.2, 661.27, 671.4 , 672.21, 675.19 , 728.24, 758.30, 765.22, 7 8 3 . 2 , 7 8 4 . 4 . Eine ähnliche (nicht vollständige) Zuordnung der Belege findet sich bei San Marte 1862, 127 ff. 124) Vgl. z. B . Pa. 1 2 . 5 , 6 8 . 2 , 7 0 . 6 , 100.13, 140.18, 272.14, 346.20, 825. 26. 125) Poag 1962, 730. 126) San Marte 1862, 129: "Liebe geht in freundliche, zärtliche Zuneigung ü b e r . " Vgl. z. B . Pa. 202.30, 352.26, 3 6 5 . 1 , 673.18 (dieser Beleg läßt sich ebensogut mit "Freude" übersetzen), 712.23, 712.27, 748.12. 127) Vgl. z. B . P a . 100.13, Pa. 4 0 7 . 5 , 409.21 (dazu Poag 1966, 86). 128) Wallrabe 1925, 20 ff. 129) Vgl. z. B. P a . 7 0 . 6 , 1 2 . 5 , 7 8 . 2 3 , 272.14, 272.15, 346.20, 396.24, 785.2. 130) Vgl. z. B . Pa. 3 5 . 2 5 , 4 4 . 2 8 , 5 7 . 2 , 77.15, 8 4 . 2 , 9 4 . 1 2 , 9 6 . 2 1 , 101.20.

228

2. Kapitelj Anmerkungen

131 bis ISO

131) Vgl. Poag 1962, 731. 132) Poags Auffassung zu "liep" (Pa. 533.25) ebd. 728, Anm. 9 ist möglich, genau ist jedoch die von Martin und Bartsch vertretene Ansicht gerechtfertigt. 133) Poag 1962, 733. 134) Poag 1962, 733. 135) Dazu vgl. S. 169 ff. 136) Zwar wird Veldeke im ersten "Minneexkurs" namentlich genannt (Pa. 292. 18), aber nicht im Zusammenhang mit frou liebe, sondern in Verbindung mit einer in ganz anderen Sinnzusammenhängen stehenden Anspielung. Vgl. dazu 137) Über den Gehalt der Blutstropfen-Episode und ihre Funktion für Parzivals Gralsweg sowie über das Wesen der minne. die hier geschildert wird, gehen die Meinungen der Forscher auseinander. Vgl. bes. Kolb 1957, 369377. Bauer 1963, 91-96. Haas 1964, 114-124. Boestfleisch 1930, 8-15, 23, 53, 71, 100. Karl 1952 , 60 f. Schumacher 1967, 110-113. Wehrli 1954, 24 f. Mergell 1943, 88-95. Mockenhaupt 1942, 170. Görlach 1952, 82-85. Schröder 1952a, 1531. Faschingbauer 1931, 10 f. Emmel 1952/53, 167-170. Blamires 1966, 166-169 , 250-254. Misch 1927, 263. Poag, Ovidian Tradition 1965, 74 f. Poag 1961, 118 ff. und neuerdings die Arbeit von Wolf 1970, 59 ff. 138) Es muß also darauf ankommen, daß dem jeweiligen Syntagma frou minne ein aus den jeweils in Frage kommenden Textpartien erschlossener Inhalt zugeordnet wird. 139)Es geht dabei um folgende Belege: Pa. 283.14, 283.18, 287.6, 287.11, 289.16, 290.26, 290.29, 293.27, 294.9, 296.8, 296.9, 300.2. Von den Parzival-Übersetzungen erhält man hier keine Auskunft. Denn diese übersetzen mhd. minne mit Minne (oder beliebig auswechselbar mit "Liebe") und nehmen damit Minne als mhd. Wort; vorausgesetzt wird dabei, Minne sei ein Wort, dessen Wortinhalt ohne weitere Erläuterungen klar und eindeutig ist. Das ist aber gerade nicht der Fall. Vgl. z. B. Knorr/Fink 1940/Übers./, 166ff., Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 164 ff. u. Simrock 1917 / Ü b e r s . / , Pa. 282.1 ff. 140) Vgl. auchPa. 293.8 u. 296.2. 141) Vgl. Spiess 1957, 40 u. Martin 1903 / K o m . / zu 282.23. 142)Vgl. auchPa. 295.5. 143) So auch Mergell 1943, 90. 144)Hervorh. v. Verf. 145) H. Wallrabe 1925, 21 führt aus: "Parzival ist zwar durch die Blutstropfen wieder einmal stark der minne innegeworden, aber nicht der waren minne, sondern einer recht mangelhaften, denn sie hat ihn ja in Traurigkeit versetzt. " Im Text Pa. 283.14 ff. steht jedoch genau das Gegenteil. 146) Vgl. Haas 1964, 116, Anm. 1. 147) Auch diese syntaktische Gruppe aus der Anrede aus frou minne bezieht sich wohl auf Parzivals Minne Versenkung. Vgl. dazu S. 162 ff. 148) Vgl. Poag 1965, 74 f. 149) Wenn Poag 1962, 730 feststellt: "strengiu minne is used exclusively to designate the love of Ovidian tradition ", so steht das im eigenartigen Widerspruch zu seinen Ausführungen in Poag 1965, passim und ist nicht zutreffend. Die Liebe Gahmurets zu Belakane, die Parzivals zu Condwiramurs und die Gawans zu Orgeluse (vgl. 643.8),an der die strenge minne beteiligt ist, hat mit "love of Ovidian tradition" im Sinne Poags nicht zu tun, sondern ist leidenschaftlich-sinnliche Liebe, die für Wolfram mit der art gegeben ist. 150) Zur Auffassung Wolframs über die Vererbung selbst von Eigenschaften,

2. Rapiteli

Anmerkungen

151 bis

178

229

die heute als erworbene angesehen werden wie z. B. manche Aspekte der triuwe vgl. Rosenberg 1963, passim u. bes. 219 ff.; aber auch die Veranlagung zur minne und zum Kampf galt als erblich. Deswegen kann z. B. Gahmuret in seinem Brief an Belakane sagen: "werde unser zweier kindelin anme antlütze einem man gelich, deiswar der wirt ellens rieh, erst erborn von Anschouwe.. diu minne wird sin frouwe:" (Pa. 55.28-56.2). Wie der Lebensweg des Feirefiz zeigt, behält Gahmuret mit seiner Voraussage recht. 151) Daß not sich auf das Verhältnis von Parzival und Condwiramurs bezieht und nicht etwa auf Parzivals Kämpfe mit Segramors und Keie, ist eindeutig. 152) Für den Beleg 289.16 kann das nicht mit Sicherheit gesagt werden, da hier der Wortinhalt von minne durch die Bezugnahme auf einen anderen fiktiven Bereich, in dem Salomon und die Minne eine Rolle spielte (welcher das war, ist trotz der zahlreichen Hypothesen zur Sache nicht zu ermitteln), durchaus verändert sein kann, da der Beleg in einem anderen Assoziationsfeld des Erzählers und des Publikums steht. 153) Vgl. ob. S. 153. 154)Boestfleisch 1930, 50. 155)So auch Schumacher 1967, 88. 156)Schumacher 1967, 88. 157) Vgl. dazu in anderen Zusammenhängen Schumacher 1967, 100. 158)Dazu vgl. Emmel 1952/53, 169. 159) Vgl. ob. S. 153. 160)Auf den dritten Beleg (Pa. 300.14) wird S. 160 f. eingegangen. 161) Vgl. z. B. Pa. 65.27, 81.1, 84.2, 251.10, 184.18, 301.22, 334.30, 365. 7, 397.2, 603.22, 723.22, 736.6, 737.28, 816.14. 162) Vgl. ob. S. 132 ff. 163) Vgl. ob. S. 138, Anm. 52. 164)Vgl. das Bezold-Zitats. 133. 165) Vgl. ob. S. 145 ff. 166)Es ist deswegen mißverständlich, wenn man von "des Dichters Z w i e S p r a c h e mit frou minne und frou liebe" spricht wie Mergeil 1943, 92. 167) Zur sog. epischen Integration vgl. Meyer 1950, passim; zum hiesigen Zusammenhang bes. 302 ff. 168) Vgl. ob. S. 154 ff. 169) Vgl. dazuS. 241 ff. 170) Vgl. dazu unt. S. 171 ff. 171) Ehrismann 1908, 431 schreibt zum Stellenwert: "die verse 466, 1-6 sind in unmittelbaren gegensatz gedacht zu 291.1-293. 6. " Das ist eine Behauptung. Eine Stütze im Text konnte nicht gefunden werden. 172) Zur Beeinträchtigung des hohen muotes durch die minne vgl. Pa. 195.10, 769.14 u. 811.20. Die Belege Pa. 319.21, 357.20, 409.18, 437.27, 441. 27, 792.1 u. 822.14 stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der minne. 173) In diesem und den vier folgenden Zitaten sind die Hervorh. v. Verf. 174)Boestfleisch 1930, 11. 175)Boestfleisch 1930, 11. Görlach 1952, 85 schließt sich dieser Meinung an. 176) Schröder 1952a, 175. Leider ist Schröders Auseinandersetzung mit dem ersten "Minneexkurs" allzu summarisch. 177) Schröder 1952a, 158 ff. 178) Hofmann 1930, 2.

230

2.

Kapitel,

Anmerkungen

179 bis

199

179)Die Übersetzungen übersetzen durchweg "decheines" (Pa. 291.11) positiv. Vgl. Pannier 1897 / Ü b e r s . / , 319, Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 170, Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 171, Mustard/Bassage 1961 / Ü b e r s . / , 158 u. Bötticher 1 8 8 5 / Ü b e r s . / , 134. 180) Dieses Nebeneinander in der mhd. Epik ist eine bekannte Tatsache. Vgl. z. B. Behaghel 1923, I, 422 ff. 181)Vgl. z. B. Pa. 68.28, 136.29, 160.12, 255.28, 280.25, 480.12, 43.18, 46.12, 151.13, 184.10, 216.26, 324.10, 350.8, 351.20, 28.9, 11.5. 182) Vgl. z. B. Text und Lesarten folgender Belege: Pa. 601.6, 340.24, 736.13, 367.20, 144.20, 209.30, 436.17, 453.20, 589.27, 675.8, 709.16, 717.11, 786.9, 796.17, 511.20. 183) Vgl. z. B. 7.21, 199.27, 579.15, 528.13. 184) Vgl. S. 167 f. 185) Oder mit F. Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 171 " / . . . / in dieser Welt." 186) Wenn Kohler 1935, 96 ausführt: "Wolfram fährt fort in seiner Anklage, daß die Liebe "daz smaehe und daz werde" auf der Erde, das ihr gar nicht feindlich gesinnt ist, in ihre Gewalt zwingt", geht sie offensichtlich von einer negativen Übersetzung von decheines aus und kommt so zu einem vernünftigen Sinn. Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 171 z. B. übersetzen dechein positiv. "Über das Verworfene und das Edle und was sonst in dieser Welt mit Euch im Streite liegt, über all das habt Ihr schnell gesiegt." Die Frage ist nur, was der Sinn einer solchen ebensogut möglichen Übersetzung sein soll. So kann ja z. B. keine Rede davon sein, daß Parzival mit frou minne "im Streite liegt" und warum sollte "daz smaehe unt daz werde" (Pa. 291.9) mit frou minne grundlos im Streite liegen ? 187) Aus dieser Publikumsberufung kann man natürlich keineswegs schließen, daß diese Übereinstimmung tatsächlich gegeben war. 188)Kraft (vgl. "pi kreften" Pa. 291.13) mit Allmacht wiederzugeben - wie z.B. Pannier 1897 / Ü b e r s . / , 319 - ist also nicht gerechtfertigt. Auch BMZ I, 871 gibt für Pa. 291.13 "Macht" an. Kraft mit Allmacht zu übersetzen, ist nur berechtigt in Belegen, die sich auf Gott beziehen (vgl. z. B. Pa. 124. 21, 228.24, 480.11 u. 123. 5), oder wenn der Kontext es fordert. Hier ist dies gerade nicht der Fall. 189) Martin 1903 / K o m . / zu 292.28. 190) Ebd. zu 292.28. Auch Simrock 1917 / Ü b e r s . / , 292.28 übersetzt in diesem Sinne frei: "Ihr helft zu allem klugen Sinne." Faschingbauer 1931, 10, Anm. 2 wendet sich zutreffend gegen Martin. 191)Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 171. Mit gleichem Sinn Bötticher 1 8 8 5 / Ü b e r s . / , 136: "Ein Schloß legt ihr um den Verstand." Ähnlich Pannier 1897 / Ü b e r s . / , 320. 192)Vgl. z. B. Pa. 3.5, 160.17, 437.7, 440.15, 643.8, 715.9, 734.7. 193) Vgl. Pa. 291. 7 u. ob. S. 162 ff. 194) Das führt Görlach 1952, 82 aus. 195) So Poag 1965, 69, Hervorh. v. Verf. 196)Vgl. ob. S. 164. 197) Wolfram hat ja auch in der epischen Welt selbst alles getan, um die Macht der minne einzuschränken. Das zeigen trefflich die Veränderungen, die er gegenüber seiner Quelle vorgenommen hat. Dazu vgl. Kolb 1957, bes. 369 ff. 198) Vgl. ob. S. 151 ff. 199) Kohler 1935, 96. Diese Auffassung Kohlers ist nur möglich, weil sie nicht untersucht, welche Art von minne in frou minne personifiziert wird. Für sie "ist" frou minne hier höfische Liebe,wie aus ihrer Argumentation indirekt hervorgeht.

2. Kapitel,

Anmerkungen

200

bis

236

231

200) Man beachte die demonstrative Funktion des unbestimmten Artikels im Mhd. 201) San Marte 1862, 130. 202) San Marte 1858 / Ü b e r s . / zu Pa. 291.17. 203) Görlach 1952 , 85. 204) Martin 1903 / K o m . / zu Pa. 291.17. 20 5) Kef er stein 1937a, 29. 206) Bötticher 1885 / U b e r s . / , 291. 207) Pannier 1 8 9 7 / Ü b e r s . / , 319, Anm. 1. 208) Hofmann 1930, 3. 209)Wallrabe 1925, 20. 210) Bock 1879, 41 f. 211)Simrock 1917 / Ü b e r s . / zu Pa. 291.17. 212) Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 170. So auch Pannier 1 8 9 7 / Ü b e r s . / , 319 u. Bötticher 1 8 8 5 / Ü b e r s . / , 291. 213) Mustard/Passage 1961 / Ü b e r s . / , 158. 214)Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 171. 215) Hertz 1927 / Ü b e r s . / , 146 f. 216) Zum Wortgebrauch von liebe vgl. ob. S. 151 ff. 217) Vgl. ob. S. 168. 218)Im Lachmann'schen Text (5. Ausg.) steht: " zncket". Hier handelt es sich aber offensichtlich um einen Druckfehler. Die 3. Ausg. von 1872 hat noch: "zucket". 219) Hervorh. v. Verf. 220) Vgl. Martin 1903 / K o m . / zu Pa. 291.22. 221) Vgl. ob. S. 169 ff. die Zitate. 222) Vgl. das Zitat ob. S. 169. 223) Mit Walther 49,25 wie Schreiber 1922, 128 f. will, hat frou liebe, was den Personifikationsinhalt betrifft, wohl nichts zu tun. Man kann deswegen auch kaum Scholz 1966, 45 zustimmen, der Korn 1932, 65 u. Anm. 125 beipflichtend Wolfram auf Grund seiner Berufung auf frou liebe in die geistige Nähe Walthers rücken will. 224) Deswegen sind die mancherorts sehr weitgehenden Schlüsse, die an die Existenz der frou liebe geknüpft werden, nicht gerechtfertigt, weil sie der Textgrundlage entbehren. Vgl. z. B. G. Bötticher 1885 / Ü b e r s . / , 290 f . , der frou liebe in einen Gegensatz zu den Minnegöttern Pa. 532.1 ff. bringt. Vgl. auch Görlach 1952, 85. 225) Vgl. S. 241 ff. 226) Vgl. Martin 1 9 0 3 / K o m . / z u Pa. 291.29.227) Martin 1903 / K o m . / zu Pa. 291. 30. 228) So auch Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 170: "darum dann die Seele Pein erduldet. " 229) Martin 1903 / K o m . / zu "sus" Pa. 292.2 f. kann kaum überzeugen. 230) Hofmann 1930, 4. 231) Vgl. Martin 1903 / K o m . / z u Pa. 292.4. 232)Besonders mit folgenden Textstellen: Pa. 114.5-116.4, 130.14-16, 287. 11-287.18, 334.10, 334.26-30, 337.1-6, 337.27-30, 365.1-10, 403.25404.16, 450.5-8, 532.11-18, 534.1-8, 587.9-11. 233) Vor allen Dingen das Kapitel "Wolframs Minnedienst" bei Schreiber 1922, 198-216, Boestfleisch 1930, 1-10 und Domanigs Abschnitt "Wolframs Häuslichkeit" / ! / , in: Domanig 1882, 72-76. 234) Leitzmann 1926 / R e z . / , 467 spricht mit Bezug auf Schreiber von einem "völlig unkritischen und beispiellos naiven" Buch. 235) Aus diesem Grunde wird auf eine nähere Auseinandersetzung mit solchen Rekonstruktionsversuchen, die man hier erwarten könnte, verzichtet. Das gleiche gilt genau so für alle Argumente und Hypothesen, vgl. z. B. Doma-

232

2. Kapitel,

Anmerkungen

236 bis

259

nig 1882, 67 f f . , die sich bewußt oder unbewußt auf die durch nichts gerechtfertigte Meinung stützen, Wolfram sei ein glücklicher Gatte und Familienvater gewesen. Denn alle zur Begründung dieser Meinung herangezogenen Textstellen (wie z. B. Pa. 188.23-24, 216.26-217.6, 337.27-30, 827.25-30) lassen sich auch anders deuten. 236) Boestfleisch 1930, 12. 237) Vgl. ob. S. 144 f. u. Anm. 75-81. 238) Vgl. ob. S. 143 f. 239) Vgl. ob. S. 144. 240) Simrock 1917 / Ü b e r s . / zu Pa. 292.21. 241)Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 170. 242)Bötticher 1885 / Ü b e r s . / , 136. 243) Dazu vgl. ob. S. 145 ff. 244) So Boestfleisch 1930, 71. 245) Das hat Emmel 1951, 100-107 herausgearbeitet. Zur Keiegestalt bei Hartmann neuerdings anders Milnes 1961, 243 ff. 246)Hervorh. v. Verf. 247) Jüngst hat Scholz 1966, 42-52 die Ergebnisse gegeneinander abgewogen und zusammengefaßt. Er kommt ebd. 50 zu dem vorsichtigen Schluß: "es scheint bewiesen zu sein, daß Wolfram auf Walther anspielt. " 248) Diese Aussage bezieht sich auf ein linguistisches Sprachzeichenmodell, das aber im hiesigen Zusammenhang nicht näher ausgeführt werden soll. Vgl. dazu: Wiegand 1970. 249) Selbstverständlich ist damit zugleich niedere Herkunft bezeichnet. Knorr/ Fink 1940 / Ü b e r s . / , 173 übersetzen deswegen mit "dummer Bauer". 250) So auch Bartsch in Wolfram's von Eschenbach Parzival und Titurel 1870/71 zu Pa. VI, 443 u. 444=294.23 u. 294.24 u. Knorr/Fink 1970 / Ü b e r s . / , 173. 251) Sinnentsprechende Übersetzung bei Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 172. 252) Und unter Berücksichtigung der Beziehungen zu Walther ist es auch dieser. Von hier aus wäre der Sinn der Anspielung auf Walther 40,19 ff. neu zu untersuchen. Auf jeden Fall dürfte die Anspielung wesentlich tiefgründiger sein, als man bisher glaubte, denn offensichtlich läßt sich sowohl "pebur" (Pa. 294.23) und "herrn" (Pa. 294. 24) auf Walther beziehen, ohne daß damit ein Widerspruch verbunden sein müßte. 253) Vgl. dazu Mergell 1943, 263 ff. 254) Stapel 1937/Übers./, 229. 255) Vgl. Paul 1960, Mhd. Gram. § 233. Dort finden sich auch Beispiele. 256) So Mustard/Passage 1961 / Ü b e r s . / , 213. Hier liegt das gleiche grammatische Mißverständnis vor wie bei Stapel. Ebenso bei Pannier 1897 / Ü b e r s . / , 421 f. 257)Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 229. Unverständlich bleibt Webers Argumentation. ET weist in Wolfram von Eschenbach 1963, 815, Anm. 136 zunächst darauf hin, herzenlichiu triuwe sei Subjekt und gibt eine richtige Übersetzung, verweist aber dann mit einem "oder" (!) auf Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 229. Auch Hertz 1927 / Ü b e r s . / , 200 kann man nicht zustimmen. Auch er spricht von Frau Minne "in rechter Herzenstreu". 258)Die Beobachtung ist auch deswegen bemerkenswert, weil dieser einzige Beleg (Pa. 396.21) als Prädikat zu frou minne auftritt, bei Hartmann I. 3254 aber die gleiche Verbindung existiert. Überdies spricht Hartmann 1.1540, 1564, 3015 von der "meisterschaft" der frou minne und nennt sie 1.1626 "meisterinne". Daß Wolfram sich hier an den Iwein "erinnerte", ist durchaus möglich. Daß der Iwein für Wolfram in manchen Zügen "Vorbild" war, wurde ja bereits mehrmals betont. Vgl. z. B. Schneider 1947, 9. 259)Kom. in Wolfram' s von Eschenbach Parzival und Titurel 1870/71 zu Pa.

2. Kapitel,

Anmerkungen

260

bis

299

233

VII, 1762 = Pa. 396.22. Diese Deutung ist die konsequente Fortführung des Kom. z u P a . VI, 388=Pa.292 28. 260) Vgl. die Belege bei BMZ 1,2. 311-316. 261) Vgl. z. B. den semantischen Unterschied in den Belegen: Pa. 8.14, 24.8, 47.18, 172.12, 184.28, 204.19, 221.22, 333.22, 365.30, 592.15, 733.4. 262) Formulierung nach Trier 1931. 263) Vgl. Anm. 173 u. die Bedeutungsmöglichkeiten von sin bei Saran/Nagel 1957, 190 f. 264) Vgl. die Belege bei BMZ H , l . 128 f. u. Lexer I, 2087 f. 265) Martin 1903 /Kom.7 zu Pa. 396.21 gibt u. a. für meistern die Übersetzung "mit Macht und Weisheit leiten" an. Näher begründet ist diese Meinung nicht. Aus welchen Gründen man hier aber u. a. " / . . . / mit Weisheit" übersetzen soll, ist nicht einzusehen. 266) Vgl. BMZ I, 872. 267) So auch Bartsch, Kom. in Wolfram' s von Eschenbach Farzival und Titurel 1870/71 z u P a . VII, 1761 =Pa.396.21. 268) Ertzdorff 1958, 1 ff. u. Ertzdorff 1962, 251 ff. 269) Ertzdorff 1958, 265. 270) Dies im einzelnen herauszuarbeiten, wäre eine lohnende Aufgabe. Bei Büchel 1925, 6-20 u. Fickel 1948, 172 ff. kommt dieser Gesichtspunkt zu kurz. 271) Ertzdorff 1958, 265. 272) Vgl. Poag 1965, 69-71 u. 75. 273) Hervorh. v. Verf. 274) Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 212. 275)Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 213. 276) Vgl. die Belege bei Grimm, DWB 4,11, 1207 ff. 277) Hervorh. v. Verf. 278) Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 303. 279)Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 300. 280) Zu diesem vgl. Mohr 1957, 11 ff. 281) Karl 1952, 118. Hervorh. v. Verf. 282)So auch Schumacher 1959, 73. 283) Vgl. Pa. 91.16 ff. 284) Vgl. Mohr 1957, 16. 285) Auch diese Aussagen müssen wiederum vor dem Hintergrund des mittelalterlichen Herzbegriffes gesehen werden. 286) Boestfleisch 1930, 15 zählt ihn bis Pa. 588. 6. Das empfiehlt sich aber deswegen weniger, weil Gawan die Verse Pa. 587.15-22 spricht, hier also bereits wieder episches Gegenwartsgeschehen dargestellt wird. 287) Zu den Anspielungen vgl. Martin 1903 / K o m . / z u Pa. 583 ff. Hofmann 1930, 29-32. John Meier 518 f. 288) Boestfleisch 1930, 15. 289) So auch Karl 1952, 137. 290) Vgl. Martin 1903 /"Kom./ zu Pa. 584. 21. 291) Vgl. z. B. MF 194.22 ff. 292) Vgl. I. 2971 ff. 293) Karl 1952, 137. 294) Vgl. ob. S. 158 f. 295) Vgl. dazu Poag 1961, 176-180. 296) Vgl. ob. S. 176. 297) Vgl. z. B. Pa. 112.15, 196.29, 217.26, 229.19, 281.9. 298) Vgl. ob. S. 186 f. 299) Vgl. ob. S. 162.

234

2. Kapitel,

Anmerkungen

300 bis

324

300)Dazu vgl. Karl 1952, 129 ff. 301) Vgl. z. B. Boestfleisch 1930, 11. Ehrismann 1908, 431. Wapnewski 1955, 148. 302)Kolb 1957, 373 f. 303)Daß Minne mit "großgeschriebenen" initialem Graphen M gleich frou minne ist, wurde bisher stets als selbstverständlich vorausgesetzt bzw. man hat sich darüber kaum Gedanken gemacht. Folgt man allein dem Lachmanrfscheiy' Wolff'schen Text, ist dies gerechtfertigt. Die Hs. B aber z. B. hat die "Großschreibung" für Minne in den Belegen I. 1547, 1557, 1567, 1607, 1647, 2055, 3016 nicht. Allerdings schreibt die Hs.B auch frou minne (Lachmann: vrou Minne). Nach Hs. B könnte man also argumentieren: immer wenn Minne personifiziert ist, ist sie mit frou minne identisch. Dann ergäbe sich eine nur im Detail nicht in der Richtung veränderte Argumentation. Der Verfasser hat sich aber ausschließlich auf den Lachmann/Wolff'sehen Text gestützt, der in der "Großschreibung" der fraglichen Minnebelege mit dem Text Henricis und Bechs übereinstimmt und versucht, die Argumentation vor allen Dingen auf die Belege von frou minne zu stellen. 304) Da in dieser Arbeit nur die minne zwischen den Geschlechtern untersucht wird, werden die beiden Belege I. 7037 u. 7053 und damit die Textstelle I. 7012-7074 nicht in die Analyse einbezogen, da sich hier minne auf die Freundesliebe zwischen Gawan und Iwein bezieht. Diese beiden Belege widersprechen jedoch nicht den Ergebnissen der Analyse. 305)Die ältere Hartmann-Forschung hat sich weitgehend darauf beschränkt, die Personifikation nach Art und Grad einzuteilen. Vgl. z. B. Schmuhl 1881, 24 f. Heidingsfeld 1880, 28 ff. Das gilt trotz der Einleitung letztlich auch für die Arbeit von Galle 1888. 306) Schneider 1925, 269 f. 307) Endres 1965, 82. 308) Endres 1965, 83 f. 309) Milnes 1961, 250. 310) Milnes 1961, 251. Zu der Interpretation der frou minne von H. Milnes vgl. Kratins 1964, 38, Anm. 19, der diese als "an erroneous recent Interpretation" bezeichnet, die auf "modern and inapplicable notions of realism" beruhe. 311) Vgl. ob. S. 55. 312) Vgl. ob. S. 79 ff. 313) Ohly 1958, 106. Auch Sparnaay 1933/38, 49 schreibt: "Der Dichter / . . J betont, daß seine Liebe zunächst nur sinnliches Begehren sei." Vorsichtiger drückt sich Stockmann 1963, 10 aus: "Hartmann betont stark die sinnliche Komponente des Geschehens / . . . / " . 314) Gaster 1896, 53. Ähnlich auch Halbach 1939, 96. Vgl. auch Drube 1931,80. 315) Das betonte bereits Eilts 1926, 136. 316) Wapnewski 1964, 65. Auch Emmel 1936, 39 betont die Treue Iweins. 317) Vgl. Gross 1936, 5. Von dieser an sich sehr aufschlußreichen Arbeit ist allerdings zu sagen, daß sie in manchem von der neueren Forschung (Ertzdorffs Arbeiten z. B.) überholt ist. Das vielversprechende Thema verlangt dringend eine Neubearbeitung. 318) Vgl. Ertzdorff 1958, 98 ff. 319) Vgl. dazu auch die Ausführungen über herzeminne im Parzival ob. S. 183 f. 320) Ohly 1958, 106. 321) So auch Willson 1962, 217 f. im ganzen jedoch mit anderer Akzentsetzung. 322) Ohly 1958, 95 ff. 323) Willson 1962, 217. 324) Matthias 1951, 12 ff.

2. Kapitel,

Anmerkungen

325 bis

353

235

325) Zur "Eigenliebe" in der Liebe vgl. z. B. Gilson 1950 , 301 ff. Schröder 1952a, 158 ff. und die dort verzeichnete Literatur. Vgl. auch Poag 1961, 25-94. 326) Vgl. S. 195 f. 327) Vgl. ob. S. 97 f. 328) Vgl. dazu im einzelnen Gilson 1950 , 201-220. 329) Zum ordo-Begriff vgl. Krihgs 1941, 13 f f . , 50 ff. undMüller 1924, 694 ff. 330) de Boor 1964, 65 sagt zur Aventiure-Definition Kalogreants: "Sie /die aventiure/ ist zweckentkleidete Tat, ihr Sinn ist die Leistung als solche, die den Wert des Mannes erhöht". Das ist ein Widerspruch in sich selbst. Denn "Sinn" ist hier nur ein anderer Begriff für Zweck. Zweckfreie Taten des Menschen gibt es aber nicht. Für eine sittliche Wertung der Tat kommt es darauf an, wie die Zwecke nach der jeweils gültigen Wertpyramide geartet sind. 331) Was bei der aventiure herauskommt, hat der Erzähler durch eine der armen Jungfrauen auf der Burg zum schlimmen Abenteuer gesagt: Unglück der Mitmenschen vgl. I. 6325 ff. Dazu Wolff 1957/58, 17 ff. 332) Dies festzustellen, ist dem Erzähler offensichtlich sehr wichtig, da er noch einmal darauf eingeht; vgl. Iwein 1723 ff. Vgl. zur Stelle auch Scheunemann 1937, 111 f . , der anders wertet. 333) So auch Wolff 1952/53, 62. 334) Milnes 1961, 250. 335) Zum Deus-ex-machina-Begriff vgl. Spira passim u. bes. 9-11, 82 f f . , 156 ff. 336)Vgl. unt. S. 212. 337) Vgl. die Belegzusammenstellung ob. S. 193. 338) Vgl. ob. S. 133 das Zitat v. F. v. Bezold. 339) Vgl. unt. S. 212. 340) Hofmann 1930, 51 stellt zutreffend fest: "Eine direkte Beziehung zu Veld. läßt sich auch bei dieser Reflexion des liebeskranken Iwein nicht nachweis e n / . ..7". 341) So Gaster 1896, 54. 342) Vgl. ob. S. 194. 343)Auch Fink 1919 / Ü b e r s . / , 253 übersetzt "reht" (I. 1649) hier mit "Pflicht". 344) Was Kratins 1964, 35 zu frou minne als Glied einer anderen Argumentationsreihe ausführt, stimmt gut zu der hier gegebenen Analyse. Schon Eilts 1926, 137, die sich nicht mit frou minne beschäftigt und nicht die Unterschiede zwischen Erzähler- und Gestaltenperspektive beachtet, hat jedoch schon Diskrepanzen festgestellt: 1 Obgleich es so dargestellt ist, als habe die Minne den Ritter in ihrer Gewalt, hilft in Wirklichkeit die Minne Iwein, seine Wünsche zu erfüllen." 345)Klöckner 1948, 83 stellt fest: "Alle Kämpfe, die Iwein nach dem Wahnsinn ausführt, sind Samariterdienste." Vgl. auch ebd. 78. 346) Vgl. Ohly 1958, 109 f. 347) So Eichler 1941, 61. 348) Klöckner 1948, 78. 349) Sandrock 1931, 44. 350) So Bollinger 1939, 76. 351) Wapnewski 1964, 63. 352) de Boor 1964, 82. Zu de Boors Ausführung ist auch zu bemerken, daß es im Iwein nirgends in der epischen Handlung selbst um Minnedienst geht. Von den wenigen Belegen für dienst und dienen bezieht sich keiner auf die minne zwischen Iwein und Laudine. 353) Vgl. neben dem Text auch Fink 1919 / Ü b e r s . / , 272.

236

2. Kapitel,

Anmerkungen

354 bis

382

354) So auch Ohly 1958, 109. Ähnlich auch Halbach 1939, 99. Er spricht von der "Überrumpelung durch den Urlaup [.. ,Jn. 355) Blume 1879, 24. 356) Blume 1879, 24; mit dieser Zustimmung verbindet sich allerdings nichtdiezu den kaum gerechtfertigten Verallgemeinerungen wie z. B. ebd. 24 "Denn das W e i b i s t n u r N a t u r " . 357) Vgl. ob. S. 65f. Hier wurde diese Textpartie ausführlich analysiert. Die Verse I. 2054-2057 wurden dort ausgeklammert. Daß dies auf Grund der Zusammenhänge und der Fragestellung berechtigt war, wird sich nun nachträglich bestätigen. 358)Endres 1965, 83. 359)Dazu vgl. ob. S. 68 ff. 360) Eilts 1926, 138. 361) So Roetteken 1887, 194. Daß Roetteken 1887, 194 nichts dagegen hat, daß die Liebe als eine schlimme Begehrlichkeit erscheint, wenn "man" (wer?) sich auf die "mystische Macht der personifizierten Minne" beruft, die sich der Verf. allerdings nicht vorstellen kann, ist erstaunlich! 362) So Rauch 1869, 29. 363)Kratins 1964, 37. 364) So Spamaay 1919, 314. 365) Zu anderen Elementen der Artusweltkritik vgl. Ohly 1958, 95 ff. 366) de Boor 1964, 83. 367) Vgl. ob. S. 200 ff. 368) Für die Vermutung, daß sich der Erzähler auch hier, wie in Gaweins Rat (vgl. I. 2786 ff.), auf den Erec bezieht, spricht die Tatsache, daß das Handeln der frou minne dort (vgl. E. 3668 ff.) dem entspricht, was hier über sie gesagt wird. Vgl. aber Anm. 2 dieses Kapitels. 369) Kohler 1935, 83. 370)Der letzte Satz bei Kohler 1935, 89 entbehrt offensichtlich jeder Logik! 371) Görlach 1952, 40. 372)Daß Iwein (!) hier (I. 1566-1567) klagt, "dass gegen die Liebe, die göttlichen Ursprungs sei [ . . . ] , kein Menschenwille helfe" wie Jeske 1909, 38 ausführt, ist nicht einzusehen. Auch Gaster 1896, 55 bezieht dieselben Verse (I. 1566-1567) falsch. 373) So nennt Eilts 1926, 137 die Erzählpartie. 374) Eilts 1926, 137 f. 375) "belibet" (X. 1591) ist wohl als Präsens mit futurischer Bedeutung zu nehmen. 376) Terminus nach Wapnewski 1964, 65. 377) Dittmann 1963, 152. 378) Jeske 1909, 115 rechnet den Dialog Hartmanns mit frou minne unter die "lyrischen Zusätze Hartmanns". Eine solche Zuordnung scheint aber wohl kaum berechtigt. 379) Dittmann 1963, 154; vgl. dazu auch ob. S. 202 f. 380)A.a.O. 49. Hofmann 1930, 49. 381) Görlach 1952, 34 nimmt das für ein Selbstzeugnis Hartmanns. Dieser habe nie "die Gewalt der Minne erlitten". Daß Fiktionselemente nicht naiv als dichterische Selbstaussagen genommen werden können, wurde bereits betont. Vgl. ob. S. 172 f. 382) Aus dem Sinnzusammenhang des Gesprächsverlaufs ergibt sich wohl, daß mit "herzelos" (I. 3018), das nur hier in Hartmanns Dichtung vorkommt, "ane herze" gemeint ist im Sinne von "ohne" e i g e n e s Herz". Diese Argumentation der frou minne nimmt Hartmann auf, so daß "ane herze" (I. 3022) ebenfalls den Sinn hat "ohne e i g e n e s Herz".

2. Kapitel,

Anmerkungen

383 bis

384

237

383)Scheunemann 1937, 115. Obwohl Scheunemann 1937, 116 bereits erkannt hat: "Der Artusbereich ist in seiner fraglosen Gültigkeit erschüttert", gelingt es ihm nicht, diese Erkenntnis für die Textinterpretation fruchtbar zu machen. 384)So Sparnaay 1919, 316.

3. ZUM VERHÄLTNIS VON MINNE, E UND ERE IM IWEIN UND IN DER GAHMURETHANDLUNG 3.1. Vorbemerkung Um wenigstens andeutungsweise auf die Variationsbreite des literarischen Themas vom Verhältnis von minne, e und ere in Wolframs Parzival und in Hartmanns Artusepik hinzuweisen, seien einige skizzenhafte Bemerkungen zur Gawanhandlung im Parzival und zum Erec vorausgeschickt. Minne und ere sind bekanntlich in besonderem Maße in Hartmanns Artusdichtung, aber auch in Wolframs Graldichtung - zumindest in der Gahmuret- und Gawanhandlung - die beiden Pole höfisch-ritterlichen Daseins. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen minne und ere, eine mittlere Spannung zwischen beiden Polen des Daseins oder ein wechselseitiges Fruchtbarwerden des Strebens nach minne und ere kann Ausdruck für eine unter innerweltlichen Aspekten gelungene Lebensführung des Ritters sein. Beispielhaft dafür ist die Gawangestalt Wolframs. Dazu seien nur einige Hinweise gegeben*. Ohne daß man so weit gehen sollte wie W. J . Schröder, für den die Gawanhandlung das Umsetzen einer Minnelehre in epische Handlung ist 2 , findet sich doch éine innere Zuordnung der drei Hauptepisoden (Obilot-, Antikonie- und Orgeluse-Episode) der Gawanhandlung unter dem Gesichtspunkt der minne. o B. Mergell kennzeichnet die Obilot-Episode ° mit dem Stichwort "Dienst ohne Minneerfüllung" 4 . Das trifft zu. Nur sollte man wohl mehr die Betonung darauf legen, daß es ein Dienst ohne Hoffnung auf Minnelohn ist und deswegen in Gawans Perspektive kein eigentlicher Minnedienst. Das bedeutet: Gawan kämpft in Bearosche nicht um der minne willen, sondern aus anderen Motiven. Er will Obilot einen launigen Mädchenwunsch erfüllen und

Vorbemerkung

239

ihrem bedrängten Vater beistehen, die verfahrene Situation zu meistern, ohne sich dabei so weitgehend zu engagieren, daß er in Gefahr gerät, seinen Kampftermin in Schampfanzun zu versäumen. Berücksichtigt man Gawans Weg bis zur Eheschließung mit Orge luse, kann man wohl einerseits kaum wie W. Mohr sagen, "daß die Minne wohl nur ein Nebenthema in seiner /Gawans/ LebensSinfonie ist® und daß sie "für Gawan kaum eine wichtigere Rolle als für Parzival"" spielt; andererseits ist aber Gawan, berücksichtigt man neben der Obilot-Episode auch noch seine Erlösungstat in Schastel marveil, nicht bloß Minneritter, wie W. Stapel ausführt^, und man kann auch nicht wie dieser feststellen: in Gawans "Minnehof" /Schastel marveil!/ "hören wir nichts von Gott, hier dient man der Göttin 'Frau M i n n e ' . So ist es wohl auch eine Überspitzung, die Gawan nicht gerecht wird, wenn D. Blamires ausführt: "Gawan incarnates l'homme moyen sensuel whose whole nature derives its driving power from sexuality. Die minne. der eine Pol höfisch-ritterlichen Daseins, ist sicherlich ein "Hauptthema" in der Gawanhandlung; aber es existiert ein zweites; es wird umschrieben mit den Begriffen: riterschaft, aventiure. arebeit. strit, pris und ere. Beide Themen umgreifen höfisch-ritterliches Dasein und werden in verschiedener Weise untereinander verknüpft, ohne jedoch so eng aufeinander bezogen zu sein wie in der Gahmurethandlung* . Denn Gawans Rittertum ist zwar einerseits vornehmlich, aber nicht ausschließlich minnebe stimmt; er kennt auch andere Kampfmotive, was sich in Bearosche und auch im Schastel marveil zeigt. Gawans Rittertum ist damit verschieden von dem Gahmurets. Gawan steht auf einem höheren gradus als Parzivals Vater. Auf der anderen Seite läßt er sich durchaus auch einmal von seiner natürlichen Sinnlichkeit mitreißen und sieht die minne zur Frau nicht nur als erdienten Lohn der riterschaft und Antrieb zum strit wie Gahmuret. Das zeigt sich deutlich in der Antikonie -Episode* \ die man mit B. Mergell unter das Stichwort "Minneverlangen ohne Dienst"^ stellen kann. Auch in der Antikonie-Episode greifen minne und strit noch nicht ineinander. Die Antikonie-Episode steht damit unter dem Gesichtspunkt der minne - in einem dialektischen Gegensatz zur Obilot-Episode* Erst in der Begegnung mit Orgeluse setzt sich Gawans Minne verlangen in dienst um. Nun ist strit als dienst das ritterliche Mittel, die werdekeit zu beweisen und zu steigern, die Hoffnung auf Minneerfüllung, auf genade treibt Gawan zur arebeit im ritterlichen Kampf. F ü r B . Mergell herrscht in der Orgeluse-Episode "Gleich-

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Vorbemerkung

gewicht von Dienst und M i n n e D i e s e Formulierung bedarf zumindest der erläuternden Ergänzung. Denn jetzt ist dienst etwas anderes als in der Obilot-Episode; jetzt ist er "minnehaltiger". "erotisierter" strit. Der Frauendienstgedanke ist recht eigentlich einer der verbindenden Gedanken zwischen minne auf der einen Seite und dem bloßen strit um seiner selber willen und dem Streben nach ere und pris auf der anderen Seite. Die beiden Pole höfisch-ritterlichen Daseins geraten in der Gawanhandlung nie ernstlich in Konflikt; Gawan bewegt sich in diesem innerweltlichen Spannungsfeld ohne jede ernsthafte Gefährdung. Sein Weg führt ihn in die kladestine Minne-Ehe mit Orgeluse. Damit verschwindet Gawan im epischen Hintergrund des Parzival; die nächste Phase seines Lebens wäre die als Landesherr und Ehemann, in der - wie in der Gahmurethandlung - Konfliktmöglichkeiten zwischen minne und ere auftreten können; sie wird jedoch nicht mehr erzählt. Anders ist das im Erec. Thema dieses ersten Artusromans in deutscher Sprache ist bekanntlich das Verhältnis von minne und e r e ^ . und zwar besonders in der Ehe. Minne und ere wirken miteinander und g e g e n e i n a n d e r * 6. in der Ehe des Herrschers geraten die beiden Pole höfischen Daseins in ernstlichen Konflikt^. Dieser hat mehrere Schichten. Schuldursache ist eine falsche Minne und Eheauffassung sowie eine falsche Auffassung vom Rittertum und von den Pflichten eines Königs*®. Die von der gesellschaftlichen Welt am Karnanter Hof erkennbare Schuld ist das verligen. Dieses ist übergroße Sinnlichkeit in der ehelichen Liebe und somit Verfehlen der rechten minne; damit notwendig eng verbunden ist ein Sich-Abschließen von der höfischen Gesellschaft sowie die Vernachlässigung der Ritter- und Königspflichten. Der Verlust der Hofesvreude in Karnant und damit der Verlust der ere Erecs ist die Folge. Die Vereinbarkeit von minne und ere in der königlichen Ehe und damit in der Gesellschaft (!) ist schließlich nur möglich durch eine andere Auffassung von den ritterlichen Zentralwerten und damit eine Erneuerung des gesamten Wertesystems, an dem Erec sich orientiert. Minne, e, riterschaft und ere bekommen einen anderen Inhalt durch die Hinwendung Erecs zum Nächsten. Diese ist die innere Voraussetzung dafür, daß Erec erneut als König gekrönt werden kann. Doch mit den Gesichtspunkten des Verhältnisses von minne. e und ere, wie sie in der Gawanhandlung und im Erec auftauchen, sind die Variationsmöglichkeiten des Themas in Wolframs Parzival und Hartmanns Artusepik noch keineswegs erschöpft. Auch im Iwein und in der Gahmurethandlung geht es u. a. um das Ver-

Gahmuret

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hältnis von minne, e und ere. Und hier erscheinen neben den bereits kurz gestreiften auch neue Aspekte, die teilweise in Verbindung mit den skizzierten auftreten. Um zu zeigen, wie verschieden in zwei höfischen Dichtungen das Ineinander und das Gegeneinander von minne. e und ere gesehen und motiviert werden konnte, soll v e r s u c h t werden, den Weg und den Konflikt Iweins mit dem Gahmurets unter dem genannten Gesichtspunkt miteinander zu vergleichen. Ein solcher zusammenhängender Versuch existiert bisher in der Literatur noch nicht. Dazu wird zunächst eine getrennte Betrachtung der Iwein- und der Gahmurethandlung unter der Fragestellung nach dem Verhältnis von minne. e und ere nötig. 3.2. Gahmuret "Strit und minne was sin ger" (Pa. 35.25). Diesen bekannten Vers stellt Ho Sacker*® zu recht seiner Gahmuret-Interpretation voraus, denn mit strit und minne sind verkürzt die beiden ererbten, wichtigsten Strebungen in Gahmurets Wesen bezeichnet. Neben dem Verständnis des Verhältnisses von Heidentum und Christentum^ ist deswegen die Analyse der Beziehungen, in denen das Streben Gahmurets nach minne einerseits und das nach strit und riterschaft^ und damit nach werdekeit. lop, pris und e r e 2 2 andererseits stehen, eine wesentliche Voraussetzung für das Verständnis von Parzivals Vater und der Konflikte, in die er auf seinem e r zählten Lebensweg gerät. Eng mit der Entwicklung des Verhältnisses der beiden in Gahmurets art verwurzelten Strebungen verbunden ist das im Laufe der Gahmurethandlung auftauchende Problem des Verhältnisses von höfischer minne einerseits und Ehe andererseits. Wie sich im Laufe der Interpretation zeigen wird, lassen sich einige Gesichtspunkte dieses Problems nur im Zusammenhang mit der Einsicht in das sich verändernde Verhältnis des Strebens nach minne und nach pris verstehen. 3.2.1. Der Aufbruch Die Analyse sei mit der Frage begonnen: Welcher Art ist das Verhältnis des Strebens nach minne und nach pris durch strit beim Aufbruch Gahmurets aus Anschouwe ? Gandins "tot an riterschaft" (Pa. 5.28), in dem ihm seine beiden

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Söhne folgen werden, ist der äußere Anlaß für Gahmurets Aufbruch. Zwar gilt nach dem "welhsch gerihte" (Pa. 4. 28) das Majoratsrecht: Galoes erbt allein, doch ist er bereit, sein Erbe mit dem jüngeren Bruder zu teilen (vgl. Pa. 7. 6 ff.); zu den zur Neubelehnung herbeigeeilten Fürsten sagt er von seinem jüngeren Bruder: "er sol min ingesinde sin" (Pa. 7. 3). Es besteht also keine materielle Notwendigkeit für Gahmuret, als land- und lehnloser Soldritter 2 3 "in diu lant" (Pa. 8.8) zu reiten 24 . Im Gegenteil: "Die höfische Welt mit all ihrem Prunk steht ihm offen /.. .7" 2 °. Doch Gahmuret folgt dem Angebot seines Bruders nicht, sondern er sagt "als im sin herze jach" (Pa. 7.17), er wolle niemandes ingesinde sein. Nach gemach (Pa. 7.22) strebt er nicht. Vielmehr achtet er sehr bewußt auf seinen pris (vgl. Pa. 7. 23). Er sagt zu seinem Bruder: "niht wan harnasch ich han: het ich dar inne mer getan, daz virrec lop mir braehte, etswa man min gedachte'". (Pa. 7. 27-30). Es kommt Gahmuret also auf das "lop" (Pa. 7. 29) an, und lop ist "der bei der Umwelt Sprache gewordene pris" 2 ® und hat somit ere zur Folge. Doch nicht nur sein Streben nach ritterlichem pris wird im Dialog mit Galoes erkennbar. Gahmuret sagt zu seinem Bruder: "ob mich gelücke wil gewarn, so erwirbe ich guotes wibes gruoz. ob ich ir dar nach dienen muoz, und ob ich des wirdec bin, so raetet mir min bester sin daz ichs mit rehtem triwen pflege". (Pa. 8.10-15). Wenn ihm also das "gelücke" (Pa. 8.10)27 w o hi will, wird er "guotes wibes gruoz" (Pa. 8.11) erwerben. Es ist klar, daß das gelücke für Gahmurets ritterliches Bewußtsein ihm nur günstig ist, wenn er Erfolge im strit hat. Man wird sich also H. Sacker anschließen dürfen: "Gahmuret hopes his deeds will win the favour of women"2®. Die Gunst der Frauen (oder: einer Frau) will er gewinnen, die sich in einem "gruoz" (Pa. 8.11), dem Zeichen der Anerkennung für erfolgreichen ritterlichen strit (vgl. Pa. 95. 25 f . ) , ausdrückt. Falls er ihr dann anschließend2^ "dienen" (Pa. 8.12) darf, und wenn er dessen "wirdec" (Pa. 8.13) ist - und das ist er eben nur, wenn er werdekeit durch strit gewonnen hat und dies durch einen gruoz öffentlich bestätigt wurde - will er diesen Minne dienst "mit rehtem triwen" (Pa. 8.15) durchführen. Und das sagt

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ihm sein "bester Jäin" (Pa. 8.14), also sein V e r s t a n d ^ oder seine "ganze Einsicht" , nicht etwa sein herz. Gahmuret weiß, daß er seinen Drang nach strit und minne nur im Rahmen der Konventionen und Standesideale entfalten kann. Offensichtlich ist Gahmuret in Franze am Hofe der Amphlise gut im ritterlich-höfischen Sinne erzogen worden, was er ja auch später selbst betont (vgl. Pa. 94. 21 f f . ) . Man sieht: Es geht hier also a u s s c h l i e ß l i c h - wie auch D. Blamires richtig sieht - um " f . . . ] Service on behalf of minne" . Man kann also nicht wie J. F. Poag die Verse Pa. 8. 10-15 ohne weiteres in Beziehung zu den beiden Ehefrauen Gahmurets und seinem Verhalten als Ehemann besonders gegenüber Belacane setzen und fragen: "But does Gahmuret really treat his woman (women) 'mit rehten triuwen' 3 3 ? Eine solche Fragestellung führt leicht zur Fehlbeurteilung. Vielmehr muß gefragt werden: Vollbringt er seinen ritterlichen Minnedienst mit rehten triwen ? Im Laufe der Analyse wird sich zeigen, daß man diese Frage bejahen muß. Aber es geht Gahmuret nicht nur um Minnedienst und auch nicht nur um öffentliche Ergebenheitsbeweise der höfischen Damenwelt in konventionellen Formen, die Zeichen eines prises sind. Er sagt zu Galoes: "wir fuoren gesellecliche (dennoch het iwer riche unser vater Gandin), manegen kumberlichen pin wir bede dolten umbe liep. ir wäret ritter unde diep, ir kündet dienen unde heln: wan künde ouch ich nu minne stein owe wan het ich iwer kunst und anderhalp die waren gunst!'" (Pa. 8.17-26). Galoes war auf den "Streifzügen" der beiden königlichen Junggesellen "ritter unde diep" (Pa. 8.22). Als ritter konnte er um minne "dienen" (Pa. 8. 23). Das spielt sich vor den Augen der Gesellschaft ab. Ritterliches Dienen geschieht durch strit in der Öffentlichkeit. Galoes war jedoch zugleich "diep" (Pa. 8.22). Als solcher konnte er "heln" (Pa. 8.23), was wohl "heimlich lieben" bedeutet. Beide Brüder erduldeten "kumberlichen pin" (Pa. 8.20), nicht etwa um die Frau als vrouwe, sondern "umbe liep" (Pa. 8. 21), um die Frau als Geliebte. Auch Gahmuret hofft darauf, als diep "minne stein" (Pa. 8. 24) zu können; das bedeutet demnach: er hofft nicht nur auf "guotes wibes gruoz" (Pa. 8.11), sondern auch auf die sinnlichen Freuden der Liebe, die eben vertraulich,

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"heimlich" und nicht öffentlich zü haben sind. Daß minne stein durchaus auch den sinnlichen Bereich der Liebe meint, zeigt der Beleg Pa. 643.1. Hier wird mit der gleichen Wortverbindung das eheliche Beilager Gawans und Orgeluses bezeichnet3^ t Die wariu gunst (vgl. Pa. 8.26) der Frauen, die sich Gahmuret wünscht, b e steht also aus zwei Aspekten: einmal aus dem öffentlichen, der sich im gruoz zeigt, und zum anderen aus dem heimlichen Minnelohn. Nicht nur im Gespräch mit seinem Bruder Galoes zeigt sich Gahmurets Streben nach pris und minne. sondern auch im Abschiedsgespräch mit seiner Mutter Schoette (vgl. Pa. 10. 15-12.1). E r sagt zu ihr: "ich var durch mine werdekeit nah ritterschaft in fremdiu lant". (Pa. 11. 6-7). "Werdekeit" (Pa. 116.7) als Voraussetzung für pris und ere will Gahmuret im strit (= riterschaft) gewinnen. Wie eng das Streben nach riterschaft mit dem nach minne im Zusammenhang gesehen wurde, zeigt sich darin, daß Schoette, obgleich ihr Sohn expressis verbis wedgr von minne noch von Minnedienst etwas gesagt hat, antwortet 35 : sit du nach hoher minne wendest dienest unde muot, lieber sun, la dir min guot uf die vart niht versmahen". (Pa. 11.10-13). Der von Gahmuret gezeigte "muot" (Pa. 11.11), um seiner werdekeit willen ritterschaft zu üben, weist also für Schoette auf die A b sicht ihres Sohnes hin, "dienest" (Pa. 11.11) um "hoher minne" (Pa. 11.10) willen zu üben. Was im Parzival eigentlich g e n a u mit hoher minne bezeichnet wird, läßt sich kaum mit Sicherheit feststellen. Was F. N e u m a n n 3 ^ über den Begriff Hohe Minne ausgeführt hat, kann man auf den Parzival nicht übertragen 3 '. Nur eines ist allen sieben Belegen für hohiu minne3** gemeinsam: hohiu minne wird vom Ritter durch strit und möglicherweise damit v e r bundener axebeit3® erworben, und mit der Hoffnung auf minne kann zugleich ein erzieherisches Moment, die Steigerung des ritterlichen Kampfwillens, verbunden sein. Worin dann die minne als B e lohnung für die arebeit im einzelnen besteht, ist sehr unterschiedlich. Die eingangs gestellte F r a g e n a c h dem Verhältnis des Strebens nach minne und nach pris beim Aufbruch Gahmurets läßt sich nun beantworten. Gahmuret will seine werdekeit durch erfolgreichen strit erhöhen, um pris und ere zu erlangen. Streben nach pris a l l -

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gemein ist zugleich Streben nach pris bei den Frauen, der sich z.B. in einem gruoz äußern kann. Eng verbunden mit dem Streben nach pris ist die Hoffnung auf Frauenminne 4 *. Aussicht auf pris und auf minne sind also die Antriebskräfte zum strit. Erworbener pris ist allerdings für Gahmurets Bewußtsein Bedingung für die genade. die Gewährung von minne durch die Frau. Die beiden artverwurzelten Strebungen, die nach minne und die nach pris und ere. weisen also beim Aufbruch für Gahmuret in d i e g l e i c h e R i c h t u n g ; b e i d e b e d i n g e n u n d f ö r d e r n e i n a n d e r . Minnelohn ist für Gahmuret Bestätigung seines erfolgreichen Rittertums. Die Einstellung zur Frau, die sich aus dieser Auffassung ergibt, läßt sich mit H» Sacker kurz in dem Satz wiedergeben: "What he r e quires from women is the inspiration to fight well, and the reward for so doing" 4 ^. Bezeichnend für Gahmuret ist, daß er zwar die beiden treibenden Kräfte seines Aufbruches kennt, aber nicht den Zielpunkt, an dem sein Streben enden soll. Er sagt zu Galoes: "min herze iedoch nach hoehe strebet: ine weiz war umbez alsus lebet, daz mir swillet sus min winster brüst, owe war jaget mich min gelust?" (Pa.9. 23-26). 43 Auf Fortunas Rad will Gahmuret aufwärts steigen. Er strebt nach "hoehe" (Pa. 9.23). Diese ist für ihn erreicht, wenn er pris und minne erworben hat. Warum sein Inneres ihn allerdings dazu treibt und wohin ihn letztlich diese Antriebe führen, weiß Gahmuret nicht 4 4 . 3. 2. 2. Die Erwerbung Belacanes Die nächste Phase der Analyse sei unter die Frage gestellt: Wie ist das Verhältnis von pris und minne in der Begegnung mit Belacane b i s z u r E h e s c h l i e ß u n g ? Gemäß seinem Streben nach pris. dessen Erwerb für ihn zugleich die Voruassetzung ist für den Minneerwerb, will Gahmuret nur in den Dienst des Herrschers treten, "der die hoehsten hant trüege uf erde übr elliu lant" (Pa. 13.13-14) 45 . Er tritt deswegen in den Dienst des baruc ze Baldac (vgl. Pa. 13.16 ff.). Er erreicht sein Ziel; "sin manlichiu kraft behielt den pris in heidenschaft" (Pa. 15. 15-16) heißt es, ja er überragt im Kampf alle anderen und gewinnt den Ruf, daß ihm niemand wiederstehen kann (vgl. Pa. 15.18-24). Der Erzähler berichtet:

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"sins herzen gir nach prise greif: ir aller tat vor im zesleif und was vil nach entnihtet sus was ie der berihtet, der gein im tjostierens pflac" (Pa. 15. 25-29). Doch selbst beim baruc hält es Gahmuret nicht. E r kommt nach Patelamunt, der Hauptstadt von Zazamanc; "daz mer warf in mit stürme dar" (Pa. 16.20), berichtet der Erzähler. Gahmurets zielund rastloses Herumziehen ist Ausdruck seiner inneren Rastlosigkeit 4 6 . Gahmurets pris eilt ihm voraus. Lachfilirost, der Burggraf Belacanes, erkennt ihn schon bei der Landung von der Burg aus an seinem Ankerwappen und erinnert sich, daß er "ze Alexandrie" (Pa. 18.14) den größten pris hatte (vgl. Pa. 18.16). Noch ehe die erste Begegnung zwischen Belacane und Gahmuret stattgefunden hat, hört sie vom Burggrafen von seinen Taten (vgl. Pa. 21.11 ff.) und: "daz er den pris übr mänegiu lant hete al ein zuo siner hant.' " (Pa. 22.1-2). So eröffnet denn "diu wirtin" (Pa. 24.14) das Gespräch auch mit den Worten: "herre, ich han von iu vernomn vil riterlicher werdekeit" (Pa. 24.16-17). Gahmurets Schönheit, die mehrmals betont wird (vgl. z„ B. Pa. 29.1 ff., 56. 22 u. 61. 2 8 ) 4 7 , der Glanz seiner äußeren Erscheinung und die Tatsache, daß er "für küneges künne erkant" (Pa. 22. 17) ist sowie seine riterlichiu werdekeit - und hier bestätigen sich seine Überlegungen beim Aufbruch bilden die besten Voraussetzungen, daß ihm die minne der Frauen rasch zuteil wird. So wird es verständlich, daß Belacane, die "liehte varwe spehen" (Pa.29.3) kann, sich gleich bei der ersten Begegnung in Gahmuret verliebt 4 ®. "der künneginne riche ir ougen fuogten hohen pin, do si gesach den Ansehevin. der was so minnecliche gevar, daz er entsloz ir herze gar" (Pa. 23.22-26). Gahmuret verliebt sich nicht ganz so schnell. So geht denn sein erstes Hilfeangebot (vgl. Pa. 24.21-28) an Belacane auch nicht aus minne hervor; nur wegen des kurzen Hinweises Belacanes auf ihren "kumber" (Pa. 24.19) wird es gegeben, ohne daß Gahmuret etwas Näheres über die Umstände weiß. Es ist eine Wiederholung

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des Angebots an offizieller Stelle, das er bereits bei seiner Landung im Hafen gemacht hat, und zwar auch, als er den "kumberliehen pin" (Pa. 17.10) der Bevölkerung vernommen hat. Hier Hilfe leisten zu können, kommt allerdings seinem Streben nach strit und pris entgegen. Dann fragt er "mit ritters sinne" (Pa. 26. 2), was der Grund des Krieges ist, woraufhin ihm Belacane in einer langen Rede (Pa. 26.9 - 28.9) die Geschichte des Minnedienstes Isenharts erzählt, die das Publikum zum Teil schon kennt (vgl. Pa. 16.4-18) und auf die hier nur im Rahmen der Fragestellung eingegangen werden kann^S. Die Frage Gahmurets gibt Belacane Gelegenheit, in manchen Partien ihres Berichtes auf ihre weiblichen Vorzüge und höfische Gesinnung hinweisen zu können. So sagt sie u. a.: "min wipheit was unbewart, do ich sin dienst nach minne enphienc, deiz im nach fröuden niht ergienc. des muoz ich immer jamer tragen." (Pa. 26.26-29). Dem Fremden, in den sie sich ja bereits verliebt hat, gesteht sie also, daß ihr Verhalten gegenüber Isenhart falsch war. Den gleichen Fehler - so kann Gahmuret schließen - wird sie nicht noch einmal machen. Weiter sagt sie: "nu hat min schamndiu wipheit sin Ion erlenget und min leit dem helde erwarp min magetoum an riterschefte manegen ruom". (Pa. 27.9-27.12). Belacane ist also durchaus in der Lage, einen Ritter zum strit und damit zum "ruom" (Pa. 27.12) anzutreiben. Sie hat also die gleiche Auffassung vom Verhältnis von minne und pris - nur aus der Sicht der Frau - wie Gahmuret. Belacanes Rede, die mit den Worten endet: "ih enwart nie wip decheines man' " (Pa. 28.9) ist also nicht nur mit Hinblick auf den Toten, sondern auch mit Rücksicht auf den Gast gesprochen . Für Gahmuret muß es nun verlockend erscheinen, Isenharts Stelle einzunehmen. Belacanes jamer. ihre kiusche und triuwe und sicherlich aber auch besonders die Möglichkeit, neuen pris durch strit im dienst, möglicherweise sogar im Minnedienst, also von der Hoffnung auf minne angetrieben, gewinnen zu können, sind für Gahmuret ein unwiderstehlicher Anreiz. Kaum hat Belacane ihren Bericht über Isenhart und seinen Minnedienst beendet, berichtet der Erzähler: "Gahmureten duhte san, swie si waere ein heidenin,

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mit triwen wiplicher sin in wibes herze nie geslouf",, (Pa. 28.10-13). Belacanes Bericht hat Eindruck auf Gahmuret gemacht. Sie hat damit die Grundlage gelegt, daß die aufkeimende Liebe gegenseitig wird. Sie setzt ihren Bericht fort (vgl. Pa. 28. 21-26), und es heißt: "Diu frouwe ersiufte dicke, durch die zäher manege blicke si schamende gastlichen sach an Gahmureten / . . . / " (Pa. 28.27-30). Der Jammer um Isenhart kann nicht verhindern, daß sich Belacanes Verliebtheit wenigstens schüchtern in Blicken äußert, und Gahmuret bemerkt diese ersten Anzeichen der Zuneigung sehr wohl: "alda wart undr in beiden ein vil getriulichiu ger: si sach dar, und er sach her". (Pa. 29. 6-8). So ist am Ende der ersten Begegnung die Anziehung zwischen beiden wechselseitig. Die höfische Etikette verlangt eine nicht zu lange Ausdehnung des ersten Empfangs. Man muß sich trennen, doch der Erzähler betont: "doch was ir lip sin selbes lip: ouch het er ir den muot gegebn, ^ sin leben was der frouwen lebn. " (Pa. 29.14-16) . Gahmurets erste Worte bei diesem Empfang waren ein Dienstangebot an die Königin (vgl. Pa. 24.21-28). Gahmurets letzte Worte sind ein erneutes Dienstangebot: "frouwe, gebietet über mich: swar ir weit, darst min gerich. ich dien iu allez daz ich sol.'" (Pa. 29. 23-25). Vergleicht man dieses Dienstangebot mit dem ersten, so ergibt sich, daß es zumindest um eine Nuance persönlicher ist. Vorher hatte er seine "helfe" (Pa. 24.21) angeboten. Sie war eine mit "schilt" (Pa. 24.27), nur verstanden als kriegerische Hilfe. Jetzt stellt er sich als Mensch für jeden Dienst®^ zur Verfügung. Den Grund darf man wohl in Gahmurets beginnender Liebe sehen. Mit der Hoffnung auf pris verbindet sich die auf Belacanes Dank, und das kann nach dem Verlauf der Begegnung auch die minne Belacanes sein. Dann erbietet sich der "burcgrave" (Pa. 29.27), Lachfilirost, seinem Gast die Befestigungen der Stadt zu zeigen (vgl. Pa. 29.27 ff.).

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Nichts interessiert Gahmuret mehr als das; es heißt: "Gahmuret der degen guot sprach, er wolde gerne sehen wa riterschait da waere geschehen." (Pa. 30.4-6). Auf dem Erkundungsritt mit Lachfilirost 53 erhält Gahmuret von diesem auch Aufklärung über seinen gefährlichsten Gegner. E r ist "der stolze Hiuteger" (Pa. 32.7)®*. Jeden Morgen reitet er "vor der porte gein dem palas" (Pa. 32.12), wo ihn die Frauen beim tjostieren beobachten können. Der Burggraf sagt von ihm: "in lobent ouch unser frouwen. swen wip lobent, der wirt erkant, er hat den pris ze siner hant, unt sines herzen wunne.' " (Pa. 32. 20-23). Gegen diesen Gegner anzutreten, ihn an pris zu übertreffen und damit das höchste lop der Damenwelt zu gewinnen, muß Gahmuret besonders reizvoll erscheinen, und wohl deswegen reitet er am nächsten Morgen gerade vor das Tor, an dem sich Hiuteger gewöhnlich einstellt. Zum Abendessen beim Burggrafen erscheint Belacane und bedient Gahmuret selbst (vgl. Pa. 33.2-34.13) 5 5 und bietet ihm e r e 5 6 . Die "fast demütige Dienstbereitschaft"der schwarzen Königin bringt Gahmuret in Verlegenheit (vgl. z. B. Pa. 33.19), und er sagt zu ihr: "getar ich iuch des, frouwe, bitn, so lat mich in der maze lebn. ir habt mir er ze vil gegebn.'" (Pa. 33. 28-30). Diese Aussage wiegt jedoch nicht allzu schwer und ist sicher mehr Ausdruck der Höflichkeit als wirklicher Vorwurf^®. Denn kaum ist Belacane gegangen, sagt der Erzähler von Gahmuret: "er fröute sich daz man im bot groz ere" (Pa. 35.1-2). Belacanes Besuch hat die beginnende Liebe zwischen ihr und Gahmuret verstärkt. Deutlich zeigt sich das in der Wortwahl des E r zählers: "des herze truoc ir minnen last. daz selbe ouch ir von im geschach;" (Pa. 34.16-17). Und Gahmuret, der über die ihm erwiesene ere "fro" (Pa. 34. 30) ist, ist, was die minne betrifft, "truric" (Pa. 34. 30): " f . . . ] in twanc doch ander not. daz was diu strenge minne:

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diu neiget hohe sinne. " (Pa. 35.4). Gahmurets minne steigert sich zur Leidenschaft. Seine art (vgl. Pa. 96.20 f. u. 56.17 f.), seine Abstammung von der Fee macht sich hier zum erstenmal deutlich bemerkbar. Zu seinem Streben nach pris kommt der Drang nach minne. Gahmuret geht zu Bett. Doch zur Ruhe kommt er nicht: " / . . . ] den helt verdroz daz so lanc was diu naht. in brahte dicke in unmaht diu swarze Moerinne, des landes küneginne. er want sich dicke alsam ein wit, daz im krachten diu lit. strit und minne was sin ger nu wünschet daz mans in gewer. sin herze gap von stozen schal, wand er nach riterschefte swal. Daz begunde dem recken sine brüst bede erstrecken, so die senwen tuot daz armbrust da was ze draete sin gelust. (Pa. 35.18-36. 2). D. Blamires schreibt: "The way in which this /daß Gahmuret Belacane liebt/ manifests itself physically in Gahmuret is described variously, showing the extent of joy and pain which minne causes him, both on its own account and because it conflicts with his desire for aventiure" 59. Diese Aussagen beziehen sich auf die Verse Pa. 35.18-25. Zu den anschließenden Versen bis Pa. 36.2 führt D. Blamires aus: " f . . . ] he describes the conflict /zwischen minne und aventiure/ in a number of ways, so as to emphasize the importance of it in Gahmuret's character""®. Diesen Ausführungen kann nicht zugestimmt werden. Von einem Konflikt zwischen minne und aventiure steht im Text (Pa. 35.18-36. 2) nichts. I h n g i b t e s v o r d e r E h e m i t B e l a c a n e n i c h t . Vielmehr wirken die beiden Strebungen, die nach minne und die nach priSj die bei D. Blamires Drang nach aventiure genannt wird, hier in die gleiche Richtung; "strit und minne was sin ger" (Pa. 35.25) heißt hier nicht, daß er einerseits nach minne und andererseits nach strit bzw. aventiure strebt, so daß ihn hier das Bewußtsein oder Gefühl zweier divergierender Strebungen quält. Strit und minne sind auch hier, wie H. Sacker zutreffend feststellt, "mutually dependent fields" 61. Wenn Gahmurets Herz in Erwartung der riterschaft am kommenden Tag bewegt ist (vgl. Pa. 35.27 ff.), dann zugleich in der Hoffnung auf den Dank Belacanes, der nach dem bisherigen Verlauf der

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Begegnung auch in der Gewährung ihrer Liebe bestehen kann. Die noch unerfüllte Liebe, die ihn hier nachts quält, schwächt nicht seinen Kampfeswillen, sondern treibt ihn zum Kampfe an. Die Hoffnung auf pris und auf minne wirken in d i e g l e i c h e R i c h t u n g . Deswegen kann der Erzähler unmittelbar vor dem Beginn des Zweikampfes mit Hiuteger feststellen: "sin dienest nam der minnen solt: ein scharpher strit in ringe wac. " (Pa. 37. 8-9), Was die Analyse bisher nur auf Grund des Charakters Gahmurets erschließen konnte, wird hier nun unzweideutig vom Erzähler selbst ausgesprochen. Gahmuret, der bei der Ankunft seinen "dienest umbe guot" (Pa. 17.11) anbot, z i e l t ^ nun im strit, seinem "dienest" (Pa. 37.8) für Belacane, auf "der minnen solt" (Pa. 37.8). Dafür 6 3 oder deswegen wiegt ihm "ein scharpher strit" (Pa. 37.9) gering. Sehr deutlich ergibt sich also das Zusammenwirken von strit und minne. Kampf ist jetzt Minnedienst. Hinzu kommt der Anreiz, daß die tjost mit Hiuteger vor den Augen der Frauen stattfindet: "diu küngin in dem venster lac: bi ir sazen frouwen m e r . " (Pa. 37.10-11). Nicht nur den schottischen Herzog, sondern auch die beiden anderen Gegner "von Normandie Gaschier" (Pa. 38.17) und den Fürst Razalic besiegt er (vgl. Pa. 37.12-41.29). Minne und strit, Hoffnung auf pris und auf Minnelohn wirken zusammen. Gahmuret ist, wie E„ Karl sich ausdrückt, "das Vorbild der in Kraft übersetzten M i n n e " V o n den frouwen wird Gahmuret als Sieger über Hiuteger "vil gepriset" (Pa. 38.14), und nach dem Sieg über den letzten Gegner stellt der Erzähler fest: "do was daz urliuge gelant, und im ein grozer pris geschehen. "(Pa. 41. 28-29). Wiederum wie schon beim baruc ist Gahmurets Streben nach pris an sein Ziel gelangt und diesmal aber auch sein Streben nach minne. Mit dem pris stellt sich hier nun die Liebeserfüllung ein, da hier der erfolgreiche strit zugleich Minnedienst war. Nachdem Belacane Gahmuret - und der Erzähler betont erneut: "der da behalden het den pris" (Pa. 44.10) - durch die Stadt geführt hat (vgl. Pa. 44. 8 ff.), schickt sie Gahmurets Knappen mit deutlichen Worten (vgl. Pa. 44.12-16) weg, und Wolfram berichtet: "entwapent mit swarzer hant wart er von der künegin. ein declachen zobelin und ein bette wol geheret,

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dar an im wart gemeret ein heimlichiu ere. alda was niemen mere: die juncfrouwen giengen für und sluzzen nach in zuo die tür do phlac diu küneginne einer werden süezen minne, und Gahmuret ir herzen truot." (Pa. 44.18-29). Damit hat Gahmuret - wie beim Aufbruch erhofft - die waren gunstßS einer Frau erworben, und zwar durch riterschaft (strit. aventiure, pris. ere). Die zu Beginn des Abschnittes gestellte Frage®® nach dem Verhältnis von pris und minne bis zur Eheschließung mit Belacane ist hiermit beantwortet: Streben nach strit und nach minne sind wie beim Aufbruch im Bewußtsein so in der Begegnung mit Belacane im Denken und Handeln Gahmurets g l e i c h g e r i c h t e t , g e h ö r e n u n t r e n n b a r z u s a m m e n . Minnesehnsucht, Hoffnung auf minne in der Öffentlichkeit und in der Kemenate sind für ihn Antrieb zum strit; Miniteerfüllung ist Bestätigung erfolgreicher riterschaft. Für Gahmuret gibt es v o r d e r . E h e minne nicht ohne strit und strit nicht ohne minne. Deswegen wird für ihn die Ehe problematisch. 3. 2. 3. Die Ehe mit Belacane Der nächste Schritt der Interpretation sei demgemäß unter die Frage gestellt: Wie wird Gahmuret mit seinem ererbten Drang nach strit in der Minne-Ehe fertig ? Zunächst ist klar: in der Ehe mit Belacane hat sein Drang nach minne vorerst Erfüllung gefunden. Liebe stellt sich jetzt allerdings ganz anders dar. Sie muß nicht mehr durch dienst ritterlich erobert werden, sondern sie ist jetzt ruhiger Besitz. Der Reiz des Unbekannten und Fremden ist damit verloren. Die Liebe in der Ehe ist darüber hinaus - eine Folge der neuen Art des Zusammenlebens mit der Frau - ihres spezifischen Minnecharakters im höfischen Sinne entkleidet: die Hoffnung auf Erfüllung der minne treibt nicht mehr notwendig zum strit an. Denn die eheliche Minneerfüllung ist nicht mehr vornehmlich Lohn der riterschaft als dienst und in ihrer Wiederholbarkeit nicht mehr immer erneut Bestätigung für erfolgreiches Rittertum, sondern "nur" erneute Bestätigung der Liebe. Damit wird d i e V e r b i n d u n g des Strebens nach minne und strit. wie sich bisher darstellte, d u r c h d i e E h e m i t

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B e l a e a n e z e r r i s s e n ; so verändert sich für Gahmuret auch der Inhalt und die Funktion der minne. Die noch zu erwerbende Frau konnte für ihn "Erzieherin" zum strit sein, weil sie der Entfaltung seiner Anlagen nicht im Wege stand; der Ansporn war so vornehmlich sinnlicher Natur®''. Die erworbene Frau, die Ehefrau, ist hier für Gahmuret nicht mehr Ansporn zur riterschaft. Da Gahmuret keine anderen Kampfziele kennt als den Gewinn von pris und minne, kann es ihm nicht gelingen, was später selbst Parzival nur mühsam vermag, den strit in den Dienst der Ehefrau zu stellen, und damit den Erwerb von noch unbekannter minne um anderer, höherer Kampfziele willen, die jenseits der minne liegen, zurückzustellen und dadurch zugleich die Treue zur Ehefrau zu bewahren und die Liebe zu ihr zu vertiefen. Auch die erläuterte Veränderung der Struktur der Liebe in der Ehe darf man wohl mit dafür verantwortlich machen, daß Gahmuret, obwohl er Belaeane liebt, sich in der Ehe mit ihr nicht glücklich fühlt. Auch hier liegen also Konfliktursachen. Entscheidend ist jedoch Gahmurets unbändiger Drang nach riterschaft. Wie stark dieser eingeborne Drang ist, zeigt sich erstaunlich schnell, und zwar noch bevor von einer huote Belacanes ernstlich gesprochen werden könnte®®! Auf dem Hochzeitsfest, das zugleich ein großes Versöhnungsfest ist (vgl. Pa. 53. 23-25), hat Gahmuret sich als mildtätiger Fürst gezeigt (vgl. Pa. 53.15-22) . Hier erhält er auch das prächtige Zelt Isenharts zum Geschenk (vgl. Pa. 52.23 ff.). Die glanzvolle Hochzeit geht zu Ende. Der Erzähler berichtet: "smorgens vor der veste rumdenz gar die geste. sich schieden die da waren, und fuorten manege baren. daz velt herberge stuont al bloz, wan ein gezelt, das waz vi! groz. daz hiez der künec ze schiffe tragn: do begunderm volke sagn, er woldez füern in Azagouc: mit der rede er si betrouc." (Pa. 54.7-16). Mit dem Abzug der Fürsten und der Heere beginnt für Gahmuret der Alltag eines Hofherren und Landesfürsten. Im Streben nach pris und minne war er nach Patelamunt verschlagen worden. Der Erzähler hatte damals die auch für den hiesigen Zusammenhang aufschlußreiche Bemerkung gemacht:

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"liute vinster so diu naht warn alle die von Zazamanc: bi den duht in diu wile lanc. doch hiez er herberge nemen. " (Pa. 17-24-27). Er fühlte sich also zunächst zu den Schwarzen gar nicht so besonders hingezogen; trotzdem blieb er (vgl. Pa. 17.27 "doch"). Warum eigentlich? So darf man wohl fragen. Als Gahmuret in den Hafen segelte, berichtete Wolfram von ihm: "do saher uz an dez velt. da was geslagen manec gezelt al umb die stat wan gein dem mer: da lagn zwei kreftigiu her. " (Pa. 16. 25-28). Die Aussicht auf strit, auf aventiure, die von diesem ersten Eindruck ausgeht, hatte ihn "herberge nemen" (Pa. 17.27) lassen. Als die Heere nun nach der Hochzeit abziehen, verschwindet zunächst jede konkrete Aussichtauf strit mit ihnen. Das Bewußtsein oder auch nur das unbestimmte Gefühl, daß er der Zurückbleibende ist, der Gebundene, der Mann am Ziel, muß bei dem Anblick des Aufbruches der Heere besonders stark in ihm werden. In dieser Situation befiehlt er nun, sein Zelt auf sein Schiff zu transportieren. Der Bleibende, der nicht aufbrechen kann, weil er sich jetzt noch zu stark in der minne und Ehe gebunden fühlt, gibt spontan einen Befehl, dessen Inhalt zeigt, wie mächtig sein Streben nach aventiure ist. Bei der Bevölkerung deutet die Verladung des Zeltes auf Aufbruch. Er belügt sie mit der Antwort, er wolle es nach Azagouc bringen und spielt damit zugleich den pflichtbewußten Herrscher, der in das zweite Land fahren will, das er nun beherrscht. Der Befehl zum Transport des Zeltes auf sein Schiff kann natürlich nicht beweisen, daß Gahmuret bereits jetzt konkrete Fluchtpläne hat und somit der Befehl der erste Schritt der Ausführung ist. Man wird deswegen auch kaum wie E. Karl sagen können: "Gahmuret scheint den Plan zur Flucht länger mit sich herumgetragen zu hab e n " ^ . Denn das hieße ja, daß er ihn schon vor der Hochzeit, zumindest aber schon während des Hochzeitsfestes, gehabt hätte. Vielmehr zeigt der Befehl, vom Erzähler psychologisch einfühlsam geschildert als beim Aufbruch der Heere s p o n t a n gegebener nur, wie mächtig Gahmurets Streben nach aventiure ist und daß er trotz der Minnebindung in der Ehe - irgendwann wieder auf aventiure ziehen wird, um seinen Drang nach strit und pris zu stillen. Schon in dem Befehl Gahmurets deutet sich also an, daß die Trennung der innerlich verbundenen Strebungen nach minne und nach

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strit in der Ehe zum Konflikt führen muß. Und so berichtet der Erzähler denn auch psychologisch konsequent: "da was der stolze küene man, unz er sich vaste senen began. daz er niht riterschefte vant, des was sin freude sorgen phant. Doch was im daz swarze wip lieber dan sin selbes lip." (Pa. 54.17-22). Gahmuret sehnt sich also sehr bald nach riterschaft. und dieses Sehnen steht für ihn im Widerspruch zu seiner Liebe zu Belacane. Trotz der Liebe hat er keine "freude" (Pa. 54.20), keinen hohen muotmehr^l. Die eheliche Liebe wirkt sich für Gahmuret nicht fruchtbar aus. Nach etwa drei Monaten hält es Gahmuret nicht mehr aus. Mit dem Kapitän seiner Kogge schmiedet er den Fluchtplan (vgl. Pa. 54.27 ff.). Dieser rät ihm: " / . . . ] ir sultz helen lise vor den die tragent das swarze vel. "(Pa. 55.4-5). Gahmuret folgt diesem Rat: "sin golt hiez er ze schiffe tragn. nu muoz ich iu von scheiden sagn. die naht fuor dan der werde man: daz wart verholne getan. do er entran dem wibe, do hete si in ir libe zwelf wochen lebendic ein kint. vaste ment in dan der wint. " (Pa. 55.9-16). Später auf dem Turnier in Kanvoleiz, als er sich nach Belacane sehnt und sich "minnen wankes" (Pa. 90.28) schämt, begründet er selbst seine Flucht gegenüber Herzeloyde, Hardiz und Kailet: "der frouwen huote mich uf pant daz ich niht riterschefte vant. " (Pa.90. 29-30). Und noch später betont er gegenüber Herzeloyde noch einmal, daß Belacane ihn "uf von strite bant" (Pa. 97.3) und gibt dieses Verhalten als Grund an, daß er ihr "liute unde lant" (Pa. 97.4) zurückließ. Von dieser huote. der " R i t t e r s h u t " i n der Ehe, hat der E r zähler in der ohnehin nur recht kurzen Erzählzeit, die er der Ehe mit Belacane widmet, allerdings direkt nichts mitgeteilt. Man kann nur schließen, daß Gahmuret etwa drei Monate ohne riterschaft lebte. Wie Belacane sich als Ehefrau Gahmurets verhält, ob sie tatsächlich etwa verhinderte, daß Gahmuret an Turnieren teilneh-

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men konnte, wird nicht erzählt, Sondern geschildet wird sie ja nur als Werbende und als Verlassene. Zwar hat sie vor der Eheschließung Gahmuret ziemlich "in Beschlag genommen" - man erinnere sich nur an den Bericht des Erzählers nach den Siegen Gahmurets (vgl. Pa. 44.1 ff.) - aber hier vor der Ehe herrschten ganz andere B e d i n g u n g e n " ^ . Deswegen kann aus ihrem Verhalten als Werbende nicht ohne weiteres auf ihr (nicht erzähltes) Verhalten in der Ehe geschlossen werden. Man darf deswegen auch nicht, ohne sich der Problematik des Vorgehens bewußt zu sein, so weit gehen wie H„ Sacker, der mit Hinweis auf die Verse Pa. 90.29 f. feststellt: " / . . . ] she maintains a close watch on him to prevent his engaging in combat, and this he cannot b e a r " ^ . Eine solche Interpretation heißt doch, allzu leichtgläubig die subjektive Sicht Gahmurets, in der er seine Ehe mit Belacane nachträglich sieht, mit objektiven (nicht erzählten!) Sachverhalten identisch zu setzen. Man wird also nur feststellen können: vor sich und seiner Umwelt begründet Gahmuret seine Flucht nachträglich mit der huote Belacanes. Man kann wohl deswegen auch nicht wie K. S p r o e d t ^ die volle Identität von Wolframs eigener Aussage (Pa. 54.17-20) mit Gahmurets späterer Begründung seiner Flucht (Pa. 90.29 f.) feststellen. Denn immerhin heißt ja die Aussage des Erzählers, daß Gahmuret "niht riterschefte vant" (Pa. 54.19), und das kann auch meinen, daß es keine Gelegenheit dazu gab. Bekanntlich gibt er aber gegenüber Belacane in seinem Abschiedsbrief (Pa. 55.21-56.26) eine ganz andere Begründung. Der Brief beginnt: "' Hie enbiutet liep ein ander liep. ich pin dirre verte ein diep: die muose ich dir durch jamer stein. frouwe, in mac dich niht verheln, waer din ordn in miner e. so waer mir immer nach dir we: und han doch immer nach der pin. " (Pa. 55. 21-27). Er endet mit der Feststellung: "frouwe, wiltu toufen dich, du maht ouch noch erwerben mich'". (Pa. 56.25-26). Es gibt also nun d r e i B e g r ü n d u n g e n für die Flucht Gahmurets: die des Erzählers (Pa. 54.17 ff.), die Gahmurets gegenüber Belacane im Abschiedsbrief und die nachträgliche Gahmurets auf dem Turnier in Kanvoleiz (Pa. 90. 29 ff. u. Pa. 96. 30 ff.) 7 6 . Es ist klar, daß eine solche Textkonstellation für mehrere mögli-

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che Interpretationen offen ist. Das spiegelt sich sehr deutlich in der Forschung, von der sich die bisherige Argumentation allerdings bereits darin unterscheidet, daß die nachträgliche Sicht Gahmurets nicht mit der Erklärung des Erzählers (Pa. 54.17-20) als identisch angesehen wird. Wenn sicherlich auch mehrere Interpretationen vertretbar sind, so wird man doch nicht allen bisherigen zustimmen wollen. W. J . Schröder macht es sich doch wohl ein wenig zu einfach; er führt aus: "Die Begründung, die Gahmuret brieflich gibt: sie /Belacane/ sei ja nicht getauft (55.17 ff.), spottet jedem psychologischen Deutungsversuch [ . . . ] Es ist doch einfach so: Gahmuret muß, um seine Funktion zu erfüllen, vom heidnischen in den christlichen Lebensraum übertreten; dafür ist sein Hinweis auf die fehlende Taufe der einzig richtige und daher auch in jedem Sinne zureichende Grund"^T Diese Aussagen W. J . Schröders stehen im Zusammenhang mit seiner Auffassung, daß im Parzival die Gestalten und ihre Handlungen emem Grundplan zu genügen haben und so lediglich Rollen ausfüllen' 8 . "Sie sind nicht Person, sondern Figur - mag der Dichter auch im übrigen alles tun, um sie lebenswahr zu ges t a l t e n " ^ . Mit anderen Worten: nach W. J . Schröders Meinung tut Wolfram als Dichter alles für die Lebenswahrheit seiner Gestalten, nur wenn sie dem angeblichen Grundplan folgen, spottet ihr Denken und Handeln jedem psychologischen Deutungsversuch! Dieser Auffassung von olframs Dichten wird man nicht zustimmen können. Ist denn Gahmurets briefliche Begründung wirklich jenseits aller Psychologie ? Die meisten Forscher sind hier anderer Meinung. Gegen die psychologische Erklärung F. Panzers®® hat sich bereits K. Sproedt° gewandt. Ihren Argumenten sind einige hinzuzufügen. F. Panzer sieht keinen Widerspruch in der Begründung des Erzählers und der Gahmurets. Für ihn geschieht der Hinweis auf die fehlende Taufe aus zuht und Takt, um nicht auf "das körperlich Trennende" 8 ^ und darauf, "daß sein Mannessein nicht aus der Liebe allein sich nähren kann" 8 ^ hinweisen zu müssen. So feinfühlig diese Deutung auch sein mag, gerade deswegen paßt sie auf Gahmuret nicht. Denn Wolfram hat sich gerade bemüht zu zeigen, daß die Liebe Gahmurets den Rassenunterschied, den er selbst ausdrücklich mehrmals betont 8 ^, überwindet und Gahmuret ihn eben nur gegenüber der Burggräfin beim Empfangskuß (vgl. Pa. 20.24 ff.), nicht aber gegenüber Belacane empfindet 8 5. Weiterhin ist nicht einzusehen, warum das Bekenntnis, daß er auf riterschaft ziehen will, mangelnde zuht bedeutet hätte. Für M. F. Richey ist Gahmurets briefliche Begründung ein Vor-

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wand; sie schreibt:" The pretext is both baseless and callous/., .y7" 8 6 Die wahren Ursachen liegen für sie in Gahmurets art, die ihn zwingt, wie seine Sippe zu leben und zu sterben® . D. Blamires schreibt "He f...] tries to excuse himself on the grounds that Belacane is not baptized / . . .J The reason for Gahmuret's departure, however, lies deeper than the excuse which he gives would lead us to believe, since he himself is not convinced of the same argument when it is put on him by Herzeloyde. Adventiure is the ruling feature of his life; all else is secondary. Where he has no opportunity for riterschaft. minne alone cannot hold him"®®. Beides sind sicherlich mögliche Deutungen. Nur K. Sproedt hat den brieflich geäußerten Fluchtgrund nicht als Vorwand oder Entschuldigung, sondern ernst genommen und versucht, in Gahmuret wirkliche religiöse Skrupel, die sich langsam verstärken, nachzuweisen®*. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit allen Argumenten K. Sproedts überschreitet den durch die hiesige Fragestellung gesteckten Rahmen. Doch scheint es so, daß K. Sproedt den Vers Pa. 28.11 überschätzt^®, und so das Argument der fehlenden Taufe zu sehr als Höhepunkt früher unbestimmt vorhandener Skrupel erscheint. K. Sproedts Hinweise auf die Art von Gahmurets Religiosität*1 helfen jedoch zu verstehen, warum der Anschevin gerade die fehlende Taufe als V o r w a n d und E n t s c h u l d i g u n g anführt. Daß Gahmurets Hinweis auf die fehlende Taufe so und nicht als religiöser Skrupel aufzufassen ist, daran wird man mit Rücksicht auf die Grundstruktur seines Charakters wohl festhalten müssen. Auf keinen Fall kann man deswegen I. Gieses Aussage zustimmen: "Das Fehlen der Gemeinsamkeit im Glauben an Gott, d. h. der unsakramentale Charakter der Ehe führt zur Auflösung der Bindung"92. Nach diesem Blick auf die Forschung kann folgender Deutungsversuch der Flucht Gahmurets vorgeschlagen werden. In der Ehe mit Belacane findet Gahmuret keine freude mehr, obwohl er seine Frau liebt (vgl. Pa. 54.20 ff.) und dies seiner "art" von der feien" (Pa. 96. 20) entspricht. Die Sehnsucht nach riterschaft als der von Gandin und Adanz ererbte Drang (vgl. Pa. 56. 6 ff.) wird überstark. Gahmuret lebt so in der Ehe unglücklich im Konflikt zweier ererbter Anlagen. Die Einheit seines Wesens, die nur gegeben ist, wenn das Streben nach minne und strit ineinandergreifen, ist verloren. Gahmuret ist verzweifelt, in einer Krise. Er hofft, daß riterschaft ihn von "ungemüetes kraft" (Pa. 91.2) befreien wird. So fühlt er sich in minne an die Frau gebunden und sehnt sich doch von ihr fort. Er findet keine in sich selbst liegenden Möglichkeiten, diesen Konflikt zu lösen. Seiner schwangeren Frau wagt er nicht of-

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fen mitzuteilen, daß er sich auf die Suche nach riterschaft und damit ausgerechnet jetzt in Lebensgefahr begeben will. E r kann ihren voraussichtlichen jamer nicht ertragen (vgl. Pa. 55.22 f.) und wählt den Weg der brieflichen Mitteilung. Mit seiner Flucht geht er einer wirklichen Lösung des Konflikts zwischen minne und strit aus dem Wege, denn Gahmuret kann ja gemäß seiner Veranlagung auch nicht allein von riterschaft leben! Erfüllung in aventiure und strit werden in ihm wieder die Sehnsucht nach minne wecken. Die Flucht bedarf also nicht nur der Rechtfertigung vor Belacane, sondern auch vor Gahmuret selbst! So findet er im Brief den Grund, der den subjektiven Konflikt nicht von innen her bewältigt, sondern nur zudeckt. E r schiebt einen objektiven Sachverhalt vor: die Religionsverschiedenheit. In dem Moment also, in dem er nicht mehr ein noch aus weiß, gewinnt für ihn die objektive Bindung, der christliche Glaube, der bisher bei ihm kaum eine über die Konvention hinausreichende Rolle spielte, plötzlich vorübergehend entscheidendes Gewicht und kann Belacane gegenüber als durchaus ernst gemeinte Erklärung und sich selbst gegenüber vorübergehend als ausreichende Entschuldigung für seinen Wankelmut dienen und ihm den Abschied von der geliebten Frau innerlich erträglicher machen**3. Später während des Turniers in Kanvoleiz glaubt er dann an seine eigene frühere Entschuldigung selbst nicht mehr. Hier wird nun deutlich, daß Gahmuret mit seiner Flucht in ein Leben mit strit den Konflikt nicht hat lösen können. Gahmuret hat strit gefunden und erneut pris gewonnen. Jetzt klagt er: "ich sen mich nach der künegin. ich liez ze Patelamunt da von mir ist min herze wunt, in reiner art ein süeze wip. ir werdiu kiusche mir den lip nach ir minne jamers mant. si gap mir liute unde laut. mich tuot fro Belakane manlicher freuden ane: ez ist doch vil manlich, swer minnen wankes schämet sich. der frouwen huote mich uf pant, daz ich niht riterschefte vant: do wände ich daz mich riterschaft naem von ungemüetes kraft. der han ich hie ein teil getan." (Pa. 90.18-91. 2).

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Gahmurets Sehnsucht nach riterschaft - so hatte der Erzähler berichtet - hatte ihn aus Patelamunt getrieben (vgl. Pa. 54.17 ff.). Jetzt ist diese Sehnsucht vorläufig gestillt: Gahmuret hat pris in der vesperie gewonnen. Nun aber sehnt er sich nach minne und nach Belacane! Die Erbanlage Terdelaschoyes macht sich nun wieder verstärkt bemerkbar. In der Minne-Ehe mit Belacane hatte er keine freude (vgl. Pa. 54.20), weil er keine riterschaft fand: jetzt hat er strit gefunden und hat keine freude. weil ihm Belacane und die minne fehlt. Auch jetzt ist die Einheit seines Wesens, der Zusammenklang seiner Anlagen nicht gegeben. Zwar hat Gahmurets kumber auch noch andere Ursachen, denn er hat Ritter beobachtet, die den Schild seines Bruders mit der Spitze nach oben trugen (vgl. Pa. 91.9-11), und auch eine gewisse Reue mag mitspielen; der Text aber läßt keinen Zweifel darüber, daß besonders die Minne-Sehnsucht Ursache des kumbers ist. Wieder zeigt sich, daß Gahmuret nur wirklich glücklich sein kann, wenn minne und strit ineinandergreifen. Obwohl Gahmuret sich nach Belacane sehnt und sie (und zugleich sich) gegen das Gerücht verteidigt, "ir swerze" (Pa. 91. 5) hätte ihn davongejagt (vgl. Pa. 91.4 f.), schiebt er ihr doch mit dem Argument der huote die Verantwortung für seine Flucht zu 9 ^. Zu der Einsicht, daß er sie alleine trägt, kommt er hier genau so wenig wie zu dem Zeitpunkt, zu dem er den Brief schrieb. Nur findet er jetzt einen anderen Entschuldigungsgrund vor sich selbst und seiner Umwelt. Verglichen mit dem der Religionsverschiedenheit ist der der huote allerdings insofern ein Fortschritt, weil Gahmuret sich nun wenigstens eingesteht, daß seine Flucht gar nicht mit dem Religionsunterschied, sondern mit seinem Drang nach r i terschaft zusammenhängt. Auf diesem Wege der Selbsterkenntnis, der sich hier andeutet, wird er dann später fortschreiten 9 Die drei verschiedenen Begründungen der Flucht des Anschevins aus Patelamunt 9 ® sind also durchaus psychologisch verständlich und nicht miteinander im Widerspruch. Wolfram ist es gelungen, gerade durch die scheinbar widerspruchsvolle Darstellung, den labilen Charakter Gahmurets zu zeichnen. Damit ist die oben 97 gestellte Frage, wie Gahmuret mit seinem eingeborenen Drang nach riterschaft in der Minne-Ehe mit Belacane fertig wird, beantwortet. Die Ehe mit der Mohrin scheitert daran, daß es Gahmuret nicht gelingt, den K o n f l i k t z w e i e r e r e r b t e r A n l a g e n , die sich als Streben nach riterschaft und als solches nach minne äußern, zu bewältigen.

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3 . 2 . 4 . Die Erwerbung Herzeloydes Der nächste Schritt der Interpretation sei unter die Frage gestellt: Wie ist das Verhältnis der beiden Strebungen Gahmurets auf dem Turnier in Kanvoleiz v o r d e r E h e mit Herzeloyde? Gahmuret und sein Gefolge halten einen prunk- und eindrucksvollen Einzug in Kanvoleiz . Es ist ganz offensichtlich auch von Gahmuret bewußt so geplant, möglichst großes Aufsehen zu erregen. Seine Knappen hat er mit seinem Prunkzelt vorausgeschickt; "drizec soumaer" (Pa. 61.14) sind nötig zum Transport des Zeltes, das "richeit" (Pa. 61.15) verrät. Herzeloyde "mit maneger werden frouwen" (Pa. 61. 5) beobachtet den Aufbau des hochgezeltes aus den Fenstern des palas. Die Meldung, daß der "künec von Zazamanc" (Pa. 62.16) kommt, gelangt auch bald zu Herzeloyde, und es ist kein Wunder, bedenkt man den Inhalt der Turnierausschreibung, daß sie neugierig ist auf den ihr unbekannten Fremden; "we wan kumt er et selbe drin?" (Pa. 62.26), fragt sie und schickt einen gar zun, sich danach zu erkundigen (Pa. 62. 27). Der stattliche Zug läßt nicht mehr lange auf sich warten (vgl. Pa. 62. 28 ff.). Der Erzähler hat eine kleine Beobachtung mitgeteilt. Von Gahmuret sagt er: "do leite der degen wert ein bein für sich ufez phert," (Pa. 63.13-14). QQ "Mit vornehmer Lässigkeit" hat Gahmuret ein Bein vor sich auf sein Pferd gelegt. Von derselben Stelle aus, von der auch seine vorausgerittenen Knappen Herzeloyde erblickten (vgl. Pa. 60.27 ff.), sieht auch Gahmuret die Königin zum erstenmal. Es heißt: "von dem liehten schine, der von der künegin erschein, derzuct im neben sich sin bein: uf rihte sich der degen wert, als ein vederspil, daz gert. diu herberge duht in guot. also stuont des heldes muot: si dolt ouch wol, diu wirtin, von Waleis diu künegin. " (Pa. 64.4-12). Blitzartig ist alle Lässigkeit verschwunden; Herzeloydes Schönheit beeindruckt Gahmuret unmittelbar. Der Erzähler hat es in einer Art Reflexbewegung eingefangen: sein Bein zuckt in die richtige Reiterhaltung zurück. Wie ein Jagdfalke, der fangbereit nach Beute späht, richtet sich Gahmuret auf. Der bloße Anblick einer schönen Frau fährt ihm gewissermaßen in die Glieder. Kein Zwei-

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fei: mit dieser Beschreibung der Wirkung des Erblickens Herzeloydes auf Gahmurets Reitersitz wollte der Erzähler die spontan entstehende innere Spannung in Gahmuret beschreiben: strit, wibes gruoz und möglicherweise sogar minne sind in Aussicht. Gahmuret findet wohl deswegen die "herberge" (Pa. 64.9) angenehm, und Herzeloyde gewährt sie ihm gerne (vgl. Pa. 64.9-12). Eine gewisse Übereinstimmung zwischen Herzeloyde und Gahmuret wird hiermit festgestellt. Es geht aber zu weit, hier wie E . Karl "von Liebe auf den ersten Blick"100 Z u sprechen; auch Gahmurets späteres Verhalten gegenüber Herzeloyde (vgl. Pa. 83.10 ff.) spricht gegen diese Interpretation. Wie sehr für Gahmuret diese erotisch gefärbte Turnieratmosphäre mit ihrem Ineinander von Lust am strit und Hoffnung auf pris und minne das eigentliche Lebenselement ist, wird hier vom Erzähler angedeutet. Beim Einritt in Kanvoleiz zeichnet sich für Gahmuret erneut die Chance ab, daß das Streben nach strit und minne ineinander wirken. Gahmuret hat seinem Vetter Kailet versprochen, mit ihm gegen Hardiz zu fechten (vgl. Pa. 68. 3 ff. Die vesperie hat bereits verfrüht begonnen. Auffällig ist, daß Gahmuret zunächst nicht bei den Eifrigsten ist. E r ruht noch "in sime gezelte" (Pa. 68. 30). Schließlich erhebt er sich doch, aber nicht, um aktiv am Turniervorspiel der Ritter teilzunehmen. Der Erzähler berichtet: "ern kert sich niht an gahez schehen: müezecliche er wolde ersehen wiez ze beder sit da waer getan, " (Pa. 69. 7-9). Offensichtlich fehlt ihm noch der richtige innere Schwung, an der Waffenübung teilzunehmen, denn in diesen Vorübungen zum eigentlichen Turnier am nächsten Tage geht es ja offiziell noch nicht um Hand und Land der Königin, und das Versprechen gegenüber Kailet vermag in ihm keineswegs einen besonderen Kampfeseifer zu wekken. Doch seiner ursprünglichen Absicht, nur zusehen zu wollen, kann Gahmuret doch nicht lange treu bleiben. Bevor er jedoch eingreift, berichtet der Erzähler: "diu riterschaft so nahe was, daz die frouwen ab dem palas 1f)„ wol sahn der helde arbeit." (Pa. 69.21-23) 1 U i i . E s ist klar, daß auch die Ritter wissen (bzw. :sehen), daß sie von der höfischen Damenwelt beobachtet werden. Da kann Gahmuret nicht länger auf seinem Teppich sitzen bleiben. Was Herzeloyde

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bereits vermißt (vgl. Fa. 69.27 f.), geschieht: Gahmuret beteiligt sich an den Vesperie-Kämpfen. H. Sacker stellt dazu fest: " / . . .J he / . . J rides into the fray without particular enthusiasm. The reason for this is nowhere specified, but it may be taken as certain that no contest can bring him much joy which is not inspired by the hope of minne"103 H. Sacker urteilt hier bereits mit vergleichendem Blick auf Gahmurets Kampfeifer nach dem Empfang von Ampflises Brief, und unter dieser Perspektive trifft seine Interpretation durchaus zu. Nur geht dadurch in seiner Darstellung die vom E r zähler so wirkungsvoll geschilderte Steigerung verloren: erst wollte Gahmuret nur zusehen und gar nicht kämpfen (vgl. Pa. 69. 7-9), angesichts der kämpfenden Ritter und der Damen kämpft er dann doch, und nach dem Empfang des Liebesbriefes stürzt er sich mit aller Begeisterung in das Turniertreiben. Dieser Brief, dessen Inhalt der Erzähler mitteilt (vgl. Pa. 76. 2377.18), wird ihm zusammen mit einem Ring (vgl. Pa. 76.17) und vier "soumschrin" (Pa. 77. 7) von Ampflises kappelan überreicht, als er sein Pferd umtauschen will. Mit Ampflise zusammen ist er am französischen Hof erzogen worden: "wir waren kinder beidiu do, unt doch ze sehen ein ander vro. " (Pa. 94. 27-28). "Wir können hier die Einwirkung des Minnekultes bis hinab zur Kindererziehung greifen. "104^ schreibt E. Karl z u t r e f f e n d * ® Ampflise war Gahmurets Jugendliebe. Als sie sich dann mit dem König von Frankreich verheiratete, wurde sie seine Minneherrin und hat ihn zum Ritter erzogen: "mir wont noch hiute ir helfe mite da von daz mich min frouwe zoch" (Pa. 94.24-25), stellt er fest. Er hat große Hochachtung vor ihr. Als er ihre Handschrift erkennt, verneigt er sich (vgl. Pa. 76.21). Vorher auf seiner Fahrt zum baruc und während seiner" Zeit in Zazamanc hatte er sich allerdings nie an sie erinnert. Selbst bei seiner Rückkehr nach Europa unternimmt er nichts, um mit ihr in Verbindung zu treten*®®. Vielmehr läßt Ampflise nach ihm suchen (vgl. Pa. 70. 2 ff.). Der "rois de Franze" (Pa. 69.29) ist gestorben. Sie ist nun wieder frei und schickt eine Werbungsgesandtschaft nach Kanvoleizl07 Schon bevor Gahmuret zum erstenmal in die Kampfspiele eingreift* hatte der Erzähler spannungserzeugend und auf den späteren Konflikt vorausdeutend festgestellt, daß Ampflise Gahmuret "in groze not brahte mit ir minne" (Pa. 69. 30-70.1). Unmittelbar nach dem Empfang des Briefes ist das jedoch zu-

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nächst einmal anders. Der Erzähler berichtet: "sin härsnier eins knappen hant wider uf sin houbet zoch Gahmureten truren floch." (Pa. 77. 20-22). Wollte er vorher ohne konkrete Hoffnung auf minne müezecliche zusehen, hatte ihn dann die Gegenwart der höfischen Damenwelt immerhin schon zur Teilnahme veranlaßt, so heißt es nun nach dem Empfang des Briefes: "er wolt sich arbeiten." (Pa. 77.25). Denn in ihrem Brief hatte - was im hiesigen Zusammenhang besonders wichtig ist - Ampflise auch geschrieben: "du solt ouch min ritter sin ime lande ze Waleis vor der houbtstat ze Kanvoleis. " (Pa. 77.8-10). Jetzt ist Gahmuret wieder Minneritter. "Alle seine stürmische Kraft wird dadurch entbunden. Mit der Kraft eines Motors [ . . . ] braust er los. Der Motor ist die Liebe"*^ Was Gahmuret aus dem Briefinhalt besonders wichtig ist und wie der Brief wirkt, hebt Wolfram ausdrücklich hervor. "alda wart von Gahmurete geleistet Ampflisen bete, daz er ir ritter waere: ein brief sagt im daz maere. avoy nu wart er lazen an. op minne und eilen in des man ? groz liebe und starkiu triuwe sine kraft im frumt al niuwe. " (Pa. 78.17-24). H. Sacker schreibt zutreffend: "Now once again minne and strit go hand in hand" . Gahmurets Einsatz ist nun so groß, daß Kailet später feststellen kann, daß die "uzer herte" (Pa. 86.25)1*1, nämlich vor allem die vier Könige Brandelidelin, Lähelin, Hardiz und Schaffillor (vgl. Pa. 85. 25) als Gefangene in Gahmurets Zelt sitzen. Deswegen gelingt es der inneren Partei, die äußere "mit strite unz an ir poulun" (Pa. 82.9) zu treiben. Obwohl Gahmuret sich früher als die anderen Ritter aus den Kämpfen zurückzieht (vgl. Pa. 80. 6 ff.), hat sein Einsatz den Ausschlag für den Sieg gegeben. Gahmuret ist der erfolgreichste Ritter; der höchste pris gehört ihm. Durch das Ausarten der vesperie, durch die bereits gefällte Entscheidung kann das eigentliche Hauptturnier nicht stattfinden (vgl. Pa. 86.21 ff.). Neben dem Turniereifer der anderen Ritter, die von der minne angetrieben wurden (vgl. z. B. 75.13), war es besonders Gahmurets von Ampflises Brief inspirierter

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Herzeloyd.es

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Kampfeifer, der dafür verantwortlich ist. Da nun die Turnierausschreibung, daß der Ritter mit dem höchsten pris Herzeloyde und ihre beiden Länder bekommen soll, auf das Vorspiel übertragen wird, ist Gahmuret in eine Konfliktsituation geraten: hier die Ansprüche Ampflises, vertreten durch ihre Werbungsgesandtschaft, hier die Herzeloydes, vertreten durch sie selbst, von Gahmuret zunächst bezweifelt und abgestritten (vgl. Pa. 95.13 ff.), später aber bestätigt durch den Spruch des Turniergerichts: "swelch ritter heim hie uf gebant, der her nach riterschaft ist komn, hat er den pris hie genomn, den sol diu küneginne han.'" (Pa. 96. 2-5). Über den Inhalt und die Tiefendimension des Konfliktes gehen die Meinungen der Forscher auseinander*^ Die Diskussion bewegt sich zum weitaus größten Teil außerhalb des durch die hiesige Fragestellung gesteckten Rahmens. Deswegen kann auf sie nur eingegangen werden, soweit die Aspekte des Konfliktes betroffen werden, die hier von Bedeutung sind. Durch das Ineinanderwirken von strit und minne ist Gahmuret in eine Lage geraten, die er nur durch die Ehe bewältigen kann. In Patelamunt hatte die minne zu Belacane den Rassen- und Glaubensunterschied vergessen gemacht, und so hatte Gahmurets innerer Lebensrhythmus, strit und minne. für ihn zunächst unproblematisch zur Ehe geführt. Die Probleme entstanden später. In Kanvoleiz ist die Situation ganz anders. Zunächst ist das Paradoxe: die Ansprüche Herzeloydes auf Gahmuret sind durch den pris erwachsen, den dieser als Ritter Ampflises gewonnen hat, angespornt von der Erinnerung an diese und ihren Minneversprechungen. Gahmuret hat erlebt, was er in ihrem Dienst vermag. Sie hat ihm während des Turniers vorübergehend hohen muot gegeben. Schon allein deswegen muß er sich zu ihr hingezogen fühlen. Hinzu kommen die alten Bande, die ihn mit der Französin verbinden (vgl. Pa. 94.21-95.4). Als ihn Herzeloyde fragt, ob ihr "der Franzoyser künegin" (Pa. 94.18) im Wege sei, weil er ihren Ansprüchen nicht genügen wolle, antwortet Gahmuret spontan: "ja diu ist min wariu frouwe. " (Pa. 94.21). Gerade vorher hatte er aber als Hinderungsgrund für eine Ehe mit Herzeloyde Belacane angegeben (vgl. Pa. 94. 5 f.), und schließlich führt er den Tod seines Bruders an (vgl. Pa. 95. 6). "Gerade das Unentschiedene, das Hin- und Hergerissenwerden zwischen alten und älteren Bindungen und dem neu Herandrängenden, die innere Ratlosigkeit, die sich bald hierhin, bald dorthin wendet, zeigt den echten K o n f l i k t " * ^ . Herzeloyde jedoch läßt keinen der Gründe gelten. Vielmehr fragt sie: "wa

266

Die

Erwerbung

Herzeloydes

mite weit ir iuch wern?" (Pa. 95.12). Nun rückt Gahmuret mit seinem letzten, bereits vorher angekündigten (vgl. Pa. 94.7-10) Rechtsgrund heraus: das Turnier hat nicht stattgefunden; also gelten die Turnierbedingungen nicht. Daraufhin wird das Turniergericht eingesetzt, dessen Spruch Gahmuret letztlich die Entscheidung abnimmt. Der Autorität des Richterspruches fügt er sich. Ein Element der ritterlichen Standesordnung gibt ihm seine Sicherheit zurück, wie besonders seine Argumentation gegenüber dem kappelan der Französin beweist, die ritterliche Haltung, die er von Ampflise gelernt habe, zwinge ihn nun hier, das Urteil anzuerkennen (vgl. Pa. 97.25-98.6). Aufschlußreich ist nun, wie Gahmuret darauf reagiert, daß er nun unausweichlich an Herzeloyde gebunden ist. Obgleich Herzeloyde ihm freude nach iamer verspricht (vgl. Pa. 96. 7-10), stellt der Erzähler zunächst fest: "Er het iedoch von jamer pin" (Pa. 96.11). Wohl um den Umschwung in Gahmuret um so deutlicher herauszuheben, heißt es aber sofort anschließend: "do was des abrillen schin zergangen, dar nach komen was kurz kleine grüene gras. daz velt was gar vergrüenet; daz ploediu herzen küenet und in git hochgemüete. vil boume stuont in blüete von dem süezen luft des meien. sin art von der feien muose minnen oder minne gern des wolt in friundin da gewern. " (Pa. 96.12-22). Der Erzähler stellt die kurze Naturschilderung und den Hinweis auf Gahmurets art vielsagend nebeneinander. Gahmuret wird nicht d i r e k t mit der äußeren Natur verglichen, und es wird auch nicht gesagt, daß er direkt von ihr beeinflußt ist. Aber trotzdem zeigt doch das Ineinander der Schilderung von innerer und äußerer Natur, daß Gahmuret der äußeren Natur vergleichbar ist, und daß erui seinem inneren Lebensrhythmus ähnlich unfrei ist wie diese 1 1 5 . Gegen seine Feennatur kann er nicht an. Doch kennt er sich jetzt besser als damals in Patelamunt. Er weiß, daß er auch gegen seinen Drang nach riterschaft nicht ankommen kann und daß er somit beiden gerecht werden muß. Entsprechend sagt er jetzt zu Herzeloyde: "frowe, sol ich mit iu genesen, so lat michane huote wesen.

Die

Ehe

mit

Herzeloyde

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wan verlaet mich immer jamers kraft, so taet ich gerne riterschaft. lat ir niht turnieren mich, so kan ich noch den alten slich, als do ich minen wibe entran, die ich ouch mit riterschaft gewan. " (Pa. 96.25-97.2). Und als Herzeloyde damit einverstanden ist, konkretisiert er seine Bedingungen sofort. Jeden Monat ein Turnier will er besuchen (vgl. Pa. 97. 7 ff. )„ Auch darauf geht Herzeloyde ein. Für Gahmuret steht damit der Ehe nichts mehr im Wege. Damit ist die zu Beginn dieses Abschnittes^® gestellte Frage nach dem Verhältnis des Dranges nach strit und nach minne v o r d e r E h e mit Herzeloyde beantwortet. In Kanvoleiz wirken minne und strit wieder ineinander. Gahmuret lebt wieder gemäß seinem e r erbten inneren Lebensrhythmus. Je konkreter die Hoffnung auf minne ist, um so größer wird der Kampfeseifer. Die Folge ist hoher pris. Doch Gahmuret hat aus dem Konflikt zwischen minne und riterschaft in der Ehe mit Belacane die Konsequenz gezogen, daß er beiden ererbten Anlagen gerecht werden muß, auch in einer e r neuten Ehe. Seine Argumentation gegenüber Herzeloyde zeugt darüber hinaus von der Einsicht, daß für ihn eheliche Liebe auf die Dauer nur erträglich und reizvoll ist, wenn sie minne bleibt, wenn sie in innerer Spannung zur riterschaft steht und wenn sie damit seinem Wesen entspricht. Diese Selbsterkenntnis, die zugleich die Erkenntnis seiner Grenzen ist, schafft die Voraussetzung, daß er mit Herzeloyde glücklicher leben kann. Damit ist für den letzten Schritt der Interpretation unter der Frage nach dem Verhältnis von minne und strit in d e r E h e mit Herzeloyde der Weg schon vorgezeichnet. 3. 2. 5. Die Ehe mit Herzeloyde In der Ehe mit Herzeloyde vergißt Gahmuret seinen Schmerz schnell. Der Erzähler berichtet: "juncfrouwen unt diu künegin in fuorten da er freude vant und al sin truren gar verswant. entschumphiert wart sin riwe und sin hochgemüete al niwe: daz muose iedoch bi liebe sin. frou Herzeloyd diu künegin

268

Die

Ehe mit

Eerzeloyde

ir magettoum da ane wart." (Pa. 100.8-15). Aber im Unterschied zu der Entwicklung in der Ehe mit Belacane kommt es hier nicht zum Konflikt zwischen ehelicher minne und Drang nach riterschaft. Denn Herzeloyde hält sich an die Abmachungen. Gahmuret besucht so erfolgreich manches Turnier. Auch für die Ehe Gahmurets mit Herzeloyde hat der Erzähler nur eine kurze Erzählzeit übrig. Es heißt: "al kleine wiz sidin ein hemde der künegin, als ez ruorte ir blozen lip, diu nu worden was sin wip, daz was sins halsperges dach. ahzehniu manr durchstochen sach und mit swerten gar zerhouwen. e er schiede von der frouwen. daz leit ouch si an bloze hut, so kom von riterschaft ir trut, der manegen schilt vil dürkel stach. ir zweier minne triwen jach. " (Pa. 101.9-20). Gahmuret kämpft um den pris mit dem Minnezeichen seiner eigenen Frau. Jetzt greifen eheliche minne und Streben nach pris im strit ineinander. Gahmuret kämpft jetzt angespornt von der minne zu Herzeloyde. Man wird deswegen auch sagen müssen, daß Herzeloyde, sein wip. und zugleich seine frouwe. seine Minneherrin ist. B. Mockenhaupt schreibt: "Der Dichter will / . . . ] , daß die Minnekultur der Ehe zugute komme und daß der Ritter in seiner Ehefrau die Minnedame erblicke"*^. Das trifft zu. Wenn er aber dann fortfährt: "Darum sind außer Gahmuret, der, die Vorgeschichte des Romans ausfüllend, den zu überwindenen höfischen Ausgangspunkt des Ritters zwischen Gattin und Minneherrin darstellt, alle anderen Paare nach dem Wolframschen Ideal g e z e i c h n e t " * s o trifft das für Gahmuret nicht zu. Auch Gahmuret findet hier seinem gradus entsprechend zu einer Synthese zwischen Ehefrau und Minneherrin, die allerdings - gemäß seiner Veranlagung - nicht die Tiefendimension des Parzivals erreicht. Die Tatsache, daß Gahmuret die Minnezeichen Herzeloydes trägt, zeigt denn auch, wie das Dienstangebot an Ampflise (vgl. Pa. 98. 3 ff.), das er dem kappelan dieser zum Trost mit auf den Weg gibt, zu verstehen ist. "Gahmuret dezimiert / . . . ] das Minneverhältnis zu Ampflise auf ein reines Dienstverhältnis, das nichts mehr mit Liebe zu tun hat und auch keine wirkliche Minne mehr e i n s c h l i e ß t " ^ . Schon in der Tatsache, daß für Gahmuret Herzeloyde MB 1111(1

Die

Ehe

mit

Herzeloyde

269

frouwe ist, zeigt sich denn auch: er ist zu einem Ausgleich seiner beiden angeborenen Strebungen gekommen. Man kann deswegen nicht zustimmen, wenn D. Blamires von Gahmuret sagt: " / . . . ] he does not achieve, even at the end, a genuine balance between minne and aventiure"1^0 und: "Gahmuret never finds a Solution of the problem"121~ Gahmuret findet durchaus eine Lösung. D e r ständige Wechsel zwischen ehelicher minne und strit. zwischen gemach und arebeit und die mit dieser Lebensweise verbundene Steigerung der werdekeit und des ritterlichen pris ist die - gemessen an Gahmurets Anlagen - optimale Lösung. G. Etzler schreibt deswegen z u treffend: "Die Ehe mit Herzeloyde bringt dem Helden die Erfüllung des Lebensglückes, Ritterkampf und Liebe wechseln miteinander G l e s s e n ^ Parzival, ist das eine Lösung auf einem a tj"122 niedrigeren gradus. Für Gahmuret wird die Ehe nicht zur Basis, höhere Ziele zu erreichen; strit und eheliche Liebe fördern sich gegenseitig, ohne daß eine innere aufsteigende Linie zu erkennen wäre. Weder die Ehe wird vertieft noch Gahmurets Rittertum. Bald erreicht ihn die Botschaft, der baruc sei von Feinden bedroht (vgl. P a . 101.25 f f . ) . E r eilt ihm zu Hilfe und fällt im Ritterkampf, nachdem ein Ritter heimlich seinen adamas mit "bockes bluot" (Pa. 105.18) bespritzt hat und dieser "weicher danne ein swamp" (Pa. 105.21) geworden war. Auch bei seinen Kämpfen vor Alexandrien trägt Gahmuret wieder das Minnezeichen Herzeloydes (vgl. Pa. 106.22 f . ) , und das bedeutet: er kämpft zu Ehren seiner Frau und gewinnt in ihrem Andenken Kraft. Man kann deswegen H. N a u mann nicht beipflichten, der ausführt: "Schließlich stirbt er /Gahmuret/, entflohen den Gattinnen im Ritterdienst Ampflisens, der allein ihm kein Problem ist"^23 < Gahmuret stirbt im Kampf für den baruc. aber im Ritterdienst H e r z e l o y d e s * ^ . Deswegen kann Parzival später zu seinem Bruder über seinen Vater sagen: "diu tjost ergienc vor Baldac: da wart sin werdeclichez lebn durh minne an den re gegebn. " (Pa. 751.26-30). Und auch der Erzähler betont das (vgl. Pa. 586.19-21). Gahmuret hat also vor Baldac nicht nur für den baruc gekämpft, sondern auch im Minnedienst um der minne Herzeloydes willen. Gahmuret stirbt so, wie e r gelebt hat: strit und minne haben ihn in den Tod geführt. Das Höchste, was er erreichen konnte, hat er erreicht: ritterlichen pris und den Gleichklang von minne und strit auch in der Ehe.

270

Zusammenfassung

3.2.6. Zusammenfassung Das Streben nach pris und das nach minne sind die beiden wichtigsten Wesensmerkmale in Gahmurets Charakter. Beide entstammen seiner art, sind ererbt. Gahmuret spürt beide Strebungen in sich. Sie zu entfalten, ist sein Ziel. Deswegen verläßt er Anschouwe. Daß das Streben nach pris und das nach minne ineinandergreifen, sich gegenseitig fördern können, ist Gahmuret beim Aufbruch bewußt. Daß die Entfaltung seiner Anlagen im Rahmen der Konventionen und Wertvorstellungen seines Standes zu geschehen hat, ist ihm selbstverständlich. Deswegen will er zunächst seine werdekeit im strit beweisen, pris erringen, damit die Chance auf die öffentliche und heimliche Gunst der Frauen vergrößern und den strit als Minnedienst auf die Minneerfüllung hin ausrichten. Genau das zeigt sich bei der Erwerbung Belacanes. Gahmurets beim baruc errungener pris eilt ihm voraus. Belacane verliebt sich schnell in ihn. Die Liebe Gahmurets folgt, aber erst nachdem er gehört hat, daß Belacane dienst entgegennimmt. Diesen dienst, diesen durch Hoffnung auf Minneerfüllung "erotisierten" strit am kommenden Tag kann Gahmuret kaum erwarten. Seine schlaflose Nacht ist nicht Ausdruck eines unbestimmten Konfliktbewußtseins zwischen minne und strit, sondern Zeichen seiner art-bedingten Ungeduld, vor den Augen der Frauen als Minne ritte r Belacanes den höchsten pris zu erringen. Streben nach minne und pris durch strit wirken in die gleiche Richtung, sind untrennbar miteinander verbunden. Einen Konflikt zwischen beiden gibt es vor der Ehe mit Belacane nicht. Vor Patelamunt kann Gahmuret sein Wesen voll entfalten. Im Minnedienst erringt er den höchsten pris. Die erhoffte Minneerfüllung folgt. Gahmuret ist verheiratet und damit Landesherr. Minne. Ehe und Königtum sind Lohn der riterschaft. In der Ehe mit Belacane kommt es nun zum Konflikt zwischen minne und riterschaft. Gahmurets Streben nach minne ist in der Ehe zunächst in Erfüllung gegangen. Die Liebe stellt sich nun anders dar. Die Verbindimg des Strebens nach minne mit dem nach riterschaft geht verloren. Minneerfüllung ist nicht mehr Lohn und Bestätigung erfolgreicher riterschaft. und die Hoffnung auf sie treibt nicht mehr notwendig zum strit an. Mit dem fehlenden Ineinanderwirken seiner beiden ererbten Anlagen verliert Gahmuret seinen Lebensrhythmus, die Einheit seines Wesens. Trotz der Liebe zu Belacane fühlt er sich in der Ehe mit ihr unglücklich, fehlt ihm die freude. Sein Drang nach riterschaft wird übermächtig. Er verläßt Belacane, findet in mangelnder Selbsterkennt-

Iwein

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nis in der Religionsverschiedenheit das Argument zur Selbstrechtfertigung und entflieht der Lösung des Konflikts, denn mit dem rastlosen Leben nach riterschaft wird in ihm wieder die Sehnsucht und das Streben nach minne auftauchen, und er wird vor dem gleichen Problem stehen. Später schiebt er mit dem Argument der huote die Schuld für sein Verhalten auf Belacane und gibt indirekt damit die eigentliche Konfliktursache zu. In Kanvoleiz atmet Gahmuret wieder Turnierluft. Das erotische Fluidum, die bloße unbestimmte Aussicht, Streben nach minne mit solchem nach strit verbinden zu können, allein die Chance der vollen Entfaltung des eigenen Wesens als Minneritter verleiht Gahmuret spontan innere Spannkraft. Wie sich Gahmurets Interesse an den Kämpfen zusehends steigert, hat der Erzähler deutlich herausgestellt. Erst will Gahmuret bei der vesperig nur zusehen, angesichts der höfischen Damenwelt löst er bereits sein Kampfversprechen gegenüber Kailet ein, und nach dem Empfang des Minnebriefes stürzt er sich als Minneritter Ampflises mit vollem Elan in das Turniertreiben und erlangt den höchsten pris. angetrieben von der Hoffnung auf minne. Das Turniergerieht nimmt ihm die Entscheidung zwischen zwei Frauen ab. Die Ehe mit Herzeloyde ist unausweichlich. Doch Gahmuret kennt sich nun selbst besser als in Patelamunt. Er sichert sich die Möglichkeit, auf Turniere ziehen zu können im Wissen um die Abhängigkeit seines Glückes von dem Ineinanderwirken seiner ererbten Anlagen, und Herzeloyde stimmt zu. Auch eheliche Liebe gibt es für ihn nur in der Verbindung mit riterschaft. Diese Einsicht verhindert einen erneuten Konflikt. In der Ehe mit Herzeloyde verwirklicht sich Gahmurets Glück: strit und minne wechseln miteinander ab, bleiben auch in der Ehe aufeinander bezogen. Diesen Lebensrhythmus, o h n e e i n e i n n e r e a u f s t e i g e n d e L i n i e unterbricht der Tod. Gahmuret stirbt, wie er gelebt hat: im miteinander verbundenen Streben nach minne und pris. 3. 3. Iwein Die im Iwein erzählte Welt läßt sich dichotomisch in zwei gesellschaftliche Bereiche einteilen: den des Königs Artus und der Artusritterschaft und den übrigen Bereich. Beide Teile der erzählten Welt treten mehrfach miteinander in Beziehung. Analysiert man die Erzählpartien, in denen davon berichtet w i r d * " , dann kann man mit E. Scheunemann feststellen: "Der Artusbereich ist in seiner fraglosen Gültigkeit erschüttert" 126 0 ( j e r p Heer: "Hartmann glaubt nicht mehr an die Heilsgültigkeit der geschlossenen

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Ere-Auffassung

der

Artusvitterschaft

Welt des Artushofes"* 2 7 . Wie sich das im einzelnen zeigt, hat W. Ohly herausgearbeitet^28. Seine Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Im Iwein ist der "außerhöfische" Bereich nicht nur negativ gesehen. Der Artushof zeigt sich beim Zusammentreffen mit dem restlichen Teil der erzählten Welt als in seinen Ansprüchen stark gefährdet und unterliegt öfters. Der Artushof stellt sich im Urteil der nichthöfischen Welt nicht nur positiv dar. In solchßXL Fällen bezieht der Iweinerzähler keine Stellung für den Artushof . 3.3.1. Zur Ere-Auffassung der Artusritterschaft Um zu versuchen, die Grundlinien des Verhältnisses von minne und ere im Iwein aufzuzeigen, wird vor dem Hintergrund dieser Sachverhalte zunächst gefragt: Wie ist die Ere-Auffassung der Artusritter schaft und mit welchen Motiven zum Handeln tritt der Artusritter Iwein vom Artusbereich in die "außerhöfische"130 Welt? Am Artushof erzählt der Artusritter Kalogreant im Kreise von fünf Waffengefährten Dodines, Gawein, Segremors, Iwein und Keie sowie unter den Augen seiner vrouwe Ginover (vgl. I. 87 ff.) ein etwa zehn Jahre zurückliegendes (vgl. I. 260) Erlebnis, das er auf einem Ausritt hatte (vgl. I. 259-802). Da dieser Ritt einer "nach aventiure" (I. 261) war "ze Breziljan in den walt" (I. 263), spielt der Begriff der aventiure in Kalogreants Erzählung eine wichtige Rolle. Was beinhaltet dieser Begriff ? Im Iwein finden sich zehn Belege für aventiure* . Der Beleg I. 3026 kommt für die hiesige Fragestellung nicht in Betracht, da er die Bedeutung "Erzählung, Geschichte" hat. Von den restlichen neun Belegen finden sich sieben in dem Bericht Kalogreants. Diese werden hier zunächst betrachtet. Auf seinem Ausritt ist er auf einer Burg bei einem Ritter zu Gast (vgl. I. 280). Kalogreant erzählt: "do wir mit vreuden gazen und da nach gesazen, und ich im hate geseit daz ich n a c h a v e n t i u r e reit, des wundert in vil sere, und jach daz im nie mere dehein der gast waere komen von dem er haete vernomen daz er a v e n t i u r e suochte. " (I. 369-377) Bei dieser ersten Begegnung mit einem Burgherren und Ritter der "außerhöfischen" Welt zeigt sich, daß Aventiure -Ritter hier nicht bekannt sind. Das ist immerhin eine bemerkenswerte Tatsache.

Epe-Auffassung

der

Avtusrittersahaft

273

Danach erzählt Kalogreant, wie er auf einen "gebure" (vgl. 1.432) trifft und gibt die berühmte Beschreibung des "Waldmenschen". Th. Cramer schreibt, Hinweise von E. Schönbach aufnehmend: "Man mag erwägen, ob der zum Ort der bösen Tat weisende Waldmann nicht zumindest assoziativ mit der Verführungsfunktion der Kainssöhne in Verbindung gebracht wurde"133 Es mag sein, daß Hartmann oder mancher Zuhörer solche Assoziationen hatte, innerhalb der erzählten Welt hat sie allerdings niemand. Denn der "guz [ . . . ] Uf der aventiure stein" (Pa. 583-584), um mit Wolfram zu sprechen, wird von keinem der Artusritter als "böse Tat" gewertet. In der Beschreibung des Waldmannes (vgl. I. 425-482), die Hartmann Kalogreant in den Mund gelegt hat, ist vielmehr zunächst eine Karikatur des Bauern aus der Perspektive des Artusritters und damit zugleich eine Charakterisierung des letzteren zu sehen. Hartmann hat in der Beschreibung eines Bauern durch einen Artusritter zur Unterhaltung der Anwesenden gezeigt, wie in diesem höfischen Kreise über den außerhöfischen, nichtritterlichen Bereich gedacht und gespottet wurde. Kalogreants Bericht und Beschreibung, in denen von dem für die Karikatur bezeichnenden Stilmittel der Übertreibung von charakteristischen Merkmalen reichlich Gebrauch gemacht ist, sagt daher auch manches über Kalogreant selber und dessen Zuhörer aus. Kalogreant erscheint als ein mit feiner Beobachtungsgabe ausgestatteter Ritter. Er hat Sinn für Humor; ja in dem später folgenden Bericht über seine Niederlage (vgl. I. 629 ff.) findet sich sogar ein wenig Selbstironie^34> Kalogreant hat nach zehn Jahren offensichtlich eine gewisse innere Distanz zu seinen Erlebnissen damals. Das ist jedoch nur die eine Seite. Auf der anderen findet sich eine gewisse Arroganz. Er teilt seinem Zuhörerkreis gleich zu Beginn seiner Erzählung unmißverständlich mit, daß es sich hier um einen Bauern handelt (vgl. I. 432) und schafft damit die Verstehensvoraussetzung dafür, daß er im folgenden eine bewußt übertriebene Schilderung, eine Karikatur gibt. Die karikierende Schilderung des gebure. die mit der Absicht geschieht, das Dasein und die Lebensweise des Bauern zu verunglimpfen, zeigt, daß Kalogreant diesen letztlich nicht als vollwertigen Menschen betrachtet. Indem er so tut, als hätte er Angst vor der Herde und ihrem Hirten gehabt (vgl. I. 409-424 u. I. 469-478), erreicht er sogar zunächst den Effekt, daß der - wie sich im anschließenden Dialog herausstellt (vgl. I. 484-485) - völlig friedfertige Hirt als ein unheimliches und bedrohliches "Wesen" e r scheint. Dann teilt Kalogreant das Gespräch, das er mit dem gebure führte, der zuhörenden Runde mit (vgl. I. 483 ff.). Hartmann hat das Gespräch so gebaut, daß der Standesdünkel und die Arro-

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Ere-Auffas sung der

Artusr-ittersohaft

ganz des Artusritters treffend zum Ausdruck kommt. Was Kalogreant während der Gesprächswiedergabe genau weiß, eben daß er es mit einem Bauern zu tun hat, das wußte er, als das Gespräch vor zehn Jahren stattfand, wohl auch. Seine Frage: "mahtu mich danne wizzen lan, was creatiure bistu?" (I. 486-487). hat deswegen die Funktion zu zeigen: mir, dem Artusritter Kalogreant, sind Bauern als Menschen nicht bekannt. Dem Bauern muß diese Frage reichlich dumm vorkommen. Seine Antwort zeigt das deswegen auch deutlich: "ein man, als du gesihest nu" (I. 488). Dieses "Wesen", dem Kalogreant in seiner Karikatur alles Menschliche genommen hat, hat also tatsächlich behauptet, "ein man" (I. 488), ein Mensch zu sein. Obwohl Kalogreant vorher bereits gesehen hat, daß der gebure unbehelligt mitten unter den Tieren sitzt und auch daraus geschlossen hat, daß diese ihn fürchten müssen (vgl. I. 418-424) und deswegen genau weiß, daß er hier auf einen Hirten gestoßen ist, bleibt er bei seinem arroganten Fragespiel, fragt nach dem "ambet" (I. 489) des Bauern und ob die Tiere ihm nichts tun (vgl. I. 491), und zwar immer, um durch sein fingiertes Nichtwissen seinen grenzenlosen Abstand zu diesem Lebensbereich herauszustellen. Doch der Bauer beantwortet alle Fragen einfach und sachlich. Als Ergebnis seiner Antworten, die Kalogreant berichtet (vgl. I. 484-517), steht das Bild eines Menschen da, der in seinem Lebensbereich eine sinnvolle Tätigkeit ausübt und seinen Aufgaben voll gerecht wird^S. Dann geht der Bauer seinerseits zum Fragen über. Zunächst will er wissen, was Kalogreant sucht (vgl. I. 518 ff.). Dieser erzählt nun: "ich sprach 'ich wil dich wizzen lan, j3g ich suoche a v e n t i u r e ' . " (I. 524-525) Im Unterschied zu Kalogreant fragt aber der Bauer nach etwas, was er tatsächlich nicht kennt, und in der Sicht der Erzählenden und seiner Zuhörer am Artushof ist gerade dieses Nichtwissen besonders geeignet, das Verachtenswerte der Lebensweise des Bauern darzustellen; " a v e n t i u r e ? waz ist daz?" 1 ^ (I. 527), erkundigt sich der Hirt. Hatte schon der Ritter der außerhöfischen Welt noch nie gehört, daß jemand aventiure sucht 1,38 , so weiß nun der Bauer gar nicht, was das Wort aventiure bezeichnet. Kalogreant erklärt es in seiner berühmten "Definition" der aventiure: "'daz wil ich dir bescheiden baz.

Eve-Auf fas sung der

Artusrittersahaft

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nu sich wie ich gewafent bin: ich heize ein ritr und han den sin daz ich suochende rite einen man der mit mir strite, der gewafent si als ich. daz priset in, ersieht er mich: gesige ich aber im an, so hat man mich vür einen man, und wirde werder danne ich si. " (I. 528-537). Wenn man diese "Definition" ohne nähere Erläuterung wie H. Milnes eine "effete and inane definition of the point of knight-errantry" nennt, ist damit nicht allzuviel gewonnen. W. Ohly schreibt: "In dem Augenblick aber, da er /iwein/ auf den hohen Vokabelschatz seiner Gesellschaft verzichten muß, bleibt von der aventiure als Wertbegriff nicht viel übrig"*^. So läßt sich allerdings nicht argumentieren. Denn es geht nicht an, von einem im Iwein nicht belegten Aventiure-Begriff als "Wertbegriff" aus den hier episch verwirklichten zu beurteilen. Man kann deswegen nicht zustimmen, wenn W. Ohly schreibt: "Sie /die aventiure/ erscheint als eine im Grunde sinnlose Plänkelei / . . .y"141_ w a s der "Wert", besser die Funktion der aventiure für einen Artusritter ist, wird hier vielmehr sehr genau dargelegt. Nach der hier gegebenen "Definition" ist aventiure der auf einem Ausritt sich verwirklichende, gesuchte Kampf eines Artusritters mit einem anderen kampfbereiten Ritter. Wichtig ist die Betonung des suochens (vgl. I. 531). Zwar weiß der Aventiure -Ritte r, daß er den Kampf sucht. Seine Bedingungen im einzelnen kennt er jedoch nicht. Ein Aventiure Ritt ist deswegen immer ein Wagnis, hat Mut und den Willen zur arebeit zur Voraussetzung. Findet ein Kampf statt, dann ist dieser eine der möglichen Formen, in der sich eine Begegnung des Artusritters mit der "außerhöfischen" Welt vollzieht. Ziel des Kampfes ist der Sieg, der im Tod des Feindes bestehen kann; "daz priset in" (I. 534), den Sieger, d. h. also macht ihn lobens- und rühmenswert, gereicht ihm zum pris. Sieg im Aventiure -Kampf ist für den Artusritter Voraussetzung für die ere. Aventiure ist damit nicht "zweckentkleidete Tat"! 42; w j e jj. de Boor ausführt, vielmehr ist die Gewinnung von ere ihr Zweck*^. Vom Artusritter aus gesehen, ist also der Aventiure-Kampf eine Begegnung mit der "außerhöfischen" Welt, die durch ihren Zweck, die Verwirklichung des Ansehens bei Hofe nur in Hinblick auf den Artusritter selbst und den Artushof geschieht. Hier macht sich also eine durch die Auffassung von der aventiure bedingte Selbstisolierung des Artushofes bemerkbar. Sieht man nun auf die aventiure als "Wertbegriff", dann lassen sich folgende "Wertmerkmale"

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Ere-Auffassung

der

Artusrittersahaft

dieses Begriffes herausstellen: aventiure bringt arebeit. ungemach, schult damit die ritterliche Kampftüchtigkeit, setzt Mut, ja die Bereitwilligkeit, das Leben zu wagen, voraus und bringt ere am Artushof. Wer also die aventiure so definiert, wie Kalogreant zeigt, daß er nur in sich selbst ruhende, kriegerische Wert kennt, die er in seiner ere gesellschaftlich bestätigt und gespiegelt sehen will. Ginover und die vier anwesenden Artusritter (Artus selbst schläft!) akzeptieren diese "Definition" der aventiure. Nimmt man dazu, daß Artusritter sich um höfisches Auftreten bemühen, dann lassen sie sich definieren als durch höfisches Benehmen verfeinerte Haudegen; Haudegen sind sie deswegen, w e i l n i c h t s ü b e r d i e M o t i v e d e s K a m p f e s und d a m i t ü b e r d a s S t r e b e n n a c h e r e g e s a g t i s t und weil sie damit die kriegerischen Werte als solche und ihre Bestätigung in der ere absolut setzen* in der Tat beschreibt letztlich die "Aventiure-Definition" Kalogreants einen "primitive andbrutish code of b e h a v i o r " 1 4 5 _ Daß Hartmann bestrebt war, "das neue höfische Ideal des Rittertums /die aventiure/ im deutschen Publikum einzubürgern"*^, wird man deswegen wohl nicht sagen können. W. Ohly schreibt, daß der Hirte dem von Kalogreant erklärten Inhalt der aventiure "verständnislos gegenübersteht"*^ Er fährt fort: "Ihm /dem Hirten/ ist eine so verstandene aventiure nur 'ungemach' (545), für einen solchen Lebensinhalt hat er nur ein ratloses Achselzucken ü b r i g " * 4 8 _ Diesen Feststellungen kann man nicht zustimmen, denn die Antwort des Bauern auf Kalogreants "Aventiure-Definition'' beweist genau das Gegenteil (vgl. I. 544564). Zwar sagt der Hirt, daß er noch nie gehört hat "waz a v e n t i u r e waere" (I. 549)*49, gleichwohl hat er die wichtigsten Merkmale der aventiure nach der Erklärung Kalogreants erfaßt. Er hat erkannt, daß Kalogreant nicht "sanfte" (I. 546) leben will und nach "ungemache" (I. 545) strebt. Er hat auch verstanden, daß aventiure Wagnis ist und Kalogreant den "lip wagen" (I. 551) will, und schließlich geht aus den Worten des Hirten indirekt hervor: er sieht, daß es dem Ritter um ere geht (vgl. I. 555-560). Der Hirt entnimmt der "Aventiure-Definition" also genau das, was man ihr entnehmen kann. Kalogreants Erlebnisbericht ist also eine Selbstdarstellung des Artusrittertums, die die Nutzlosigkeit und Weltabgeschlossenheit des Aventiure -Rittertums trefflich zum Ausdruck bringt. Vergleicht man Kalogreant und den Hirten, so erfüllt letzterer seine Pflichten in der Welt in vollem Maße, während das von einem Ritter ä la Kalogreant wohl kaum gesagt werden kann. Schon hier deutet sich an: die Gesinnung des bloßen Aventiure -Rittertums muß überwun-

Ere-Auffassung

der

Artusritterschaft

277

den werden. Das leistet stellvertretend Iwein in aventiuren. die der "Definition" Kalogreants nicht mehr entsprechen. Der Absolutsetzung der kriegerischen Werte und dem Streben nach ihrer Bestätigung durch (oder: in) der ere. wie es sich aus der "Aventiure -Definition" Kalogreants ergibt, ist überdies eine Ambivalenz eigen, die es wohl zu beachten gilt. Da nicht gesagt ist, w o f ü r g e k ä m p f t w i r d , sondern nur, daß der S i e g e r den pris und damit die ere gewinnt, geraten die kriegerischen Werte und der Begriff der ere am Artushof ins Z w i e l i c h t . Denn nach Kalogreants "Definition" kann ere (bzw. unere) sowohl im Dienste des Unrechts als des Rechts erworben werden! Daß diese Schlußfolgerungen stimmen, wird ersichtlich, schaut man auf das Quellen-Abenteuer Kalogreants und Iweins. Kalogreant kämpft, was er selbst zum Zeitpunkt des Kampfes nicht weiß, danach aber - wie seine Erzählung zeigt - durchaus eingesehen hat, auf der Seite des Unrechts. Ascalon, der rechtmäßige Besitzer des Landes und des Brunnens, ruft ihm zu: "riter, ir sit triuwelos" (I. 712) und nennt Kalogreants Tat "hochvart" (I. 715). Der König urteilt hier zutreffend und ist im Recht, denn der Angreifer hat sich in der Sicht Ascalons einer vastatio terrarum schuldig gemacht, ohne die Fehde rechtzeitig anzusagen* Ascalon besiegt den Artusritter, schenkt dem Besiegten keinen Blick (vgl. 750 f.), und dieser muß - wie er selbst berichtet - ohne Pferd und Rüstung "als ein erloser man" (I. 766) den Brunnen verlassen. Kalogreant hat seine aventiure bisher am Artushof geheimgehalten. Wie reagieren die Artusritter auf diesen Bericht? Keiner stellt sich auf die Seite des Rechts! Kalogreant wird auch nicht aus dem Artuskreis ausgeschlossen. Es stimmt also nicht, wenn H. de Boor schreibt: "Jeder Einbruch in die Ehre schließt aus dem Artuskreis aus, bis die Ehre durch Aventiure wiederhergestellt ist" 151. Nicht Kalogreant selbst soll sein geschmälertes Ansehen wiederherstellen, sondern Artus, der von Ginover von "Kalogreandes swaere" (I. 891) gehört hat, erklärt sich mit seinem Entschluß, "in vierzehn tagen" (I. 900) zu Ascalons Brunnen zu ziehen, mit den Rittern seines Hofes kritiklos solidarisch und stellt sich damit eindeutig auf die Seite des Unrechtes; "mit aller siner maht" (1.902) will er zum Brunnen ziehen. Die Stellung der Artusritterschaft zu diesem Entschluß kennzeichnet Hartmann mit den Worten: "do si daz haten vernomen, daz duhtes riterlichen guot: wan dar stuont ir aller muot." (I. 904-906). Der gesamte Artushof ist sich demnach einig darin, das an Asca-

278

Ere-Auffassung

der

Artusritterschaft

Ion begangene Unrecht zu wiederholen und damit Kalogreant zugleich zu rächen. In noch erhöhtem Maße tritt diese Anschauung im Verhalten Iweins hervor. Als Verwandter Kalogreants fühlt er sich diesem besonders verpflichtet und sagt zu ihm: " / . . . ] neve Kalogreant, ez rieht von rehte min hant swaz dir lasters ist geschehn." (I„ 805-807). Das erste Motiv für den Aufbruch Iweins ist also Rache. Das zweite ist Rivalität mit Gawein um der zu erringenden ere willen (vgl. I. 911-951). Die Tatsache, daß die ere nur durch eine erneute widerrechtliche Tat gewonnen werden kann, spielt in den Überlegungen Iweins keine Rolle, obwohl er das auf Grund der Erzählung Kalogreants hätte schließen müssen. Was aus der "Aventiure-Definition" Kalogreants geschlossen wurde, bestätigt sich also hier. Im Unterschied zu Kalogreant bleibt Iwein Sieger über Ascalon und tötet ihn. Der Unterschied zwischen Kalogreant als dem erlosen Artusritter (vgl. I. 766) und Iwein als dem mit ere. die durch die Einkehr des Artushofes am Hofe Laudines und von Gawein ausdrücklich (vgl. I. 2770 f f . ) bestätigt wird, besteht also allein in der größeren ritterlichen Kampfestüchtigkeit auf der Seite des Unrechtes. Die Gefahren, die mit der Verabsolutierung der ritterlichen Tüchtigkeit und dem Streben nach ihrer Bestätigung in der ere verbunden sind, hätten deutlicher episch kaum ausgesprochen werden können. Dem kämpferischen Wirken des Artusrittertums in der "außerhöfischen" Welt fehlt daher j e d e t i e f e r e s i t t l i c h e M o t i v i e r u n g . Man kann also nicht wie H. Emmel sagen: " e r e allgemein formuliert meint bei Hartmann den von der G e s e l l s c h a f t anerkannten B e s i t z der Tugend und zwar der jeweils g e f o r d e r t e n T u g e n d " * M i t diesen Feststellungen ist die zu Beginn dieses Abschnittes gestellte Frag e * ^ nach der Ere-Auffassung der Artusritterschaft und den Handlungsmotiven Iweins beantwortet. Aus dem bisher Gesagten geht darüber hinaus hervor: Die minne spielt beim Eintritt Iweins in die "außerhöfische" Welt keine Rolle. Minne und ere stehen in der Perspektive Iweins in k e i n e r V e r b i n d u n g . Kampf und Streben nach ere am Artushof sind nirgends durch die minne motiviert* Überhaupt spielt die minne im Iwein: im Artusbereich eine geringe R o l l e * T h e m a der A r tusritter ist vielmehr vornehmlich die aventiure und die ere (vgl. I. 108 ff.).

LaudineSphäre

und Rat Gaweins

279

3. 3 . 2 . Zu Iweins Pflichten in der Laudinesphäre und zum Rat Gaweins Diese Beziehungslosigkeit zwischen minne und ere ändert sich für Iwein in der Begegnung mit Laudine* Die minne Iweins zur totviendinne bindet ihn an die Frau, an der er schuldig geworden ist. Durch die Ehe mit Laudine wird er Landesherr. Als solcher und als Ehemann hat er bindende Pflichten übernommen und ist fest an die "Laudinesphäre" als einem für die Handlung bedeutenden Teil der "außerhöfischen" Welt im Iwein gebunden. In dem neuen Lebensraum Iweins herrschen zum Teil andere gesellschaftliche Bedingungen als am Artushof. Auch in der "außerhöfischen" Welt spielt die ere eine bedeutende Rolle. Doch sie steht in einem anderen Beziehungsfeld. Ihr Inhalt ist damit nicht mehr wie im Denken der Artusritterschaft allein höfisches Ansehen auf Grund der im Aventiure-Sieg bewiesenen ritterlichen Kampfestüchtigkeit. Hier geht es somit nicht mehr vornehmlich um riterliche ere im engeren Sinn, sondern hier besteht ere dann, wenn die jeweilige gesellschaftliche Stellung erhalten und von den anderen Standesmitgliedern anerkannt wird. Die ere einer königlichen Ehefrau beispielsweise ist damit von der Fähigkeit und dem Willen ihres Ehemannes abhängig, seinen Pflichten als Landesherr nachzukommen. Deswegen sagt Laudine beim Abschied zu Iwein: " / . . . / ' iu ist daz wol erkant daz u n s e r e r e und unser lant wil gar uf der wage lit, enkumt ir wider niht enzit, daz ez wol geschaden m a c . " (I. 2935-2939) 1 5 8 . Iwein gelingt es nicht, den Wechsel vom bindungslosen, nur der eigenen riterschaft und ihrer Bestätigung in der ere verpflichteten Artusritterdasein zum pflichtbestimmten und verantwortlichen Landesherrendasein zu vollziehen. Iwein., der sich die Kleider Ascalons anlegen läßt (!) (vgl. I. 2191 ff.), ist nicht in der Lage, die Stellung des von ihm besiegten Königs vollwertig auszufüllen. E r stellt sich nicht den neuen Anforderungen, sondern folgt dem Rat Gaweins (I. 2770-2912), den es nun - allerdings nur im Hinblick auf das Thema des Kapitels - zu analysieren gilt. Iweins Waffengefährte beendet seinen freundschaftlichen Rat mit folgenden Worten: "ir hat also gelebt unz her daz ich an iu niht wandels ger, nach eren als ein guot kneht:

280

Laudine Sphäre

und

Rat

Gaweins

nu hat ir des ersten reht daz sich iuwer ere breite und mere. irte iuch etswenne dez guot michel harter danne der muot, nu mugt ir mit dem guote volziehen dem muote. nu sit biderbe und wol gemuot: so wirt diu riterschaft noch guot in nanegem lande von uns zwein. des volget mir, her Iwein'." (I. 2899-2912). Gawein und Iwein waren früher zusammen auf Turnieren (vgl. I. 2803). Wie es sich für einen Artusritter gehört, hat Iwein bis zu seiner Verheiratung "nach eren" (I. 2901) gelebt; das bedeutet: er hat stets darauf geachtet, daß seine ritterliche Tüchtigkeit am Artushof öffentliche Anerkennung fand und durch seine Waffentaten der Ruhm der Tafelrunde sich mehrte. Daß hier ein wandel (vgl. I. 2900), eine Veränderung eintritt, will Gawein verhindern. Er will zusammen mit Iwein "turnieren als e" (I. 2803), damit die "riterschaft" (I. 2910) zu ihrem Recht kommt. Man sieht bereits hier: Gawein argumentiert gänzlich vom Standpunkt des bedingungslosen Artusritters und Junggesellen. Früher hatte das guot, wohl weil es nicht in ausreichendem Maße vorhanden war, Iwein in der ritterlichen Gesinnung, nur "nach eren" (I. 2901) zu leben, behindern können. Nun, da es durch die Heirat erworben ist, kann Iwein mittels des Besitzes dieser Gesinnung in vollem Maße genüge tun. Gawein betrachtet also offensichtlich Iweins neue Stellung als Landesherr nur als ökonomisch sichere Ausgangsbasis für ein sorgloses Turnierleben (vgl. I. 2905-2908). Er behauptet, vor allem käme es nun für Iwein darauf an, seine ere zu mehren. Wiederum versteht Gawein hier unter ere das durch erfolgreiche riterschaft erworbene Ansehen am Artushof. Ja, er behauptet sogar, Iwein habe die P f l i c h t (vgl. I. 2902), diese ere zu vergrößern! Vom Standpunkt des Artusritters, der die Ansprüche des Hofes zur Geltung bringt, mag das richtig sein. Aber dieser so uneingeschränkt vertretene, höfische Standpunkt entspricht keineswegs den Ansprüchen, die im "außerhöfischen" Raum an einen Herrscher gestellt werden. Von den Pflichten, die Iwein als Landesherr voraussichtlich erwarten, erwähnt Gawein nur die, die in der Tat für den Artusritter Iwein wenig anziehend sein können. Dies sind die alltäglichen wirtschaftlichen Sorgen. W. Ohly schreibt zutreffend: "Mit dem ganzen Hochmut des Artusritters zeichnet er /Gaweinj darüber hinaus als Kontrastbild zum Ritter des Hofes die Figur des verbauernden Landedelmanns, der, ausschließlich mit der

Laudinesphäre

und Rat

Gaweins

281

Sorge um sein wirtschaftliches Wohlergehen beschäftigt, alle höhe ren Gesichtspunkte höfischer Gesittung vergißt f . . . 7 " 159. Die militärischen Pflichten jedoch, die mit Iweins neuer Stellung verbunden sind, die Brunnenverteidigung nämlich, in der sich Gelegenheit findet, die Kampfestüchtigkeit unter Beweis zu stellen, und zwar nicht nur für die eigene ere. sondern auch zym Wohle anderer, erwähnt Gawein bezeichnenderweise mit keinem Wort! Gawein entwirft so ein für seinen Zweck, Iwein zum Mitreiten zu veranlassen, geeignetes, gemessen an den epischen Realitäten aber zu einseitiges und deswegen v e r f e h l t e s B i l d von I w e i n s P f l i c h ten. Aber er zeichnet nicht nur die Gefahr des "Verbauerns", sondern unter Hinweis auf Erec auch die des verligens (vgl. I. 2783-2806). Bei dem Charakter Laudines, die, im Unterschied zu der als Landesherrin unerfahrenen Enite, auf das Ansehen in der Gesellschaft bedacht und mit den Pflichten einer Königin vertraut ist, und auch wegen der Andersartigkeit von Iweins Liebe besteht jedoch diese Gefahr kaum. Gawein gibt also seinen wohlgemeinten Rat von falschen Voraussetzungen aus. Doch führt noch einen weiteren Gesichtspunkt an, der mit dem angeschlagenen Thema des verligens zusammenhängt und der ihm geeignet erscheint, Iwein zum Mitreiten um der ere willen zu veranlassen. Gawein argumentiert: "nu durch wen möhte ein vrumer man gerner wirden sinen lip danne durch sin biderbez wip ? hat er sich eren verzigen und wil sich bi ir verligen, unde giht des danne, gelich eim boesen manne, daz erz ir ze liebe tuo dane gezieh si niemer zuo: wan ir ist von herzen leit sin unwirde und sin Verlegenheit. swie rehte liep er ir si, si müet, ist e r r ze dicke b i . " (I. 2860-2872). Gawein weist seinen Freund hier nun darauf hin, daß "ein vrumer man" (I. 2860) gerade um seiner eigenen Ehefrau willen darauf aus ist, sich selbst "werthafter" zu machen, was er nur kann, wenn er nach eren lebt. Lebt er aber anders, verligt er sich; dann ist seine "unwirde" (I. 2870) und seine "Verlegenheit" seiner Ehefrau "von herzen leit" (I. 2869). Ist er zu häufig bei ihr,

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Laudinesphäre

und Hat

Gaweins

ist es ihr nicht recht und fördert die Liebe nicht. Gawein argumentiert also, daß es für die minne und damit auch für die Ehe gut ist, wenn der Mann auf seine ere als Ritter bedacht ist. Um der ehelichen minne willen kann der Ritter nach eren leben; die Vergrößerung seiner werdekeit und ere fördert und steigert die eheliche minne. Für Gawein gibt es also keine Konfliktmöglichkeiten zwischen minne und Ehe einerseits und Ritterpflichten und ere andererseits. Beides läßt sich nach seiner Meinung sehr wohl miteinander verbinden. Gawein achtet hier nun vornehmlich auf die minne in der Ehe und setzt sie in Beziehung zur riterlichen ere. Er überträgt damit die Verhältnisse, wie sie zwischen Minneherrin und Ritter herrschen, die Spannung zwischen minne und ere. auf das eheliche Verhältnis, ohne dabei zu bedenken, daß eine Fürstenehe nicht nur ein Minne Verhältnis ist. Nimmt man also die Argumente Gaweins zusammen, dann spricht scheinbar nichts dagegen, sondern in der Perspektive des Artusritters alles dafür, daß Iwein die Artusritterschaft begleitet. Dieser folgt deswegen auch kommentar- und kritiklos dem Rat Gaweins und verläßt mit dem Artushof den "außerhöfischen" Bereich, wie er ihn betreten hatte: um der ritterlichen ere willen. Um die Konturen der bisherigen Analyse hervorzuheben, wird nun zunächst zusammengefaßt, was bisher ermittelt werden konnte. Der Begriff der aventiure und ere sind im Denken der Artusritterschaft eng miteinander verbunden. Ere ist die öffentliche Anerkennung der Kampfestüchtigkeit, die durch einen Sieg im Aventiure Kampf bewiesen wurde. Öffentlich anerkannte Kampfestüchtigkeit, ere, ist der höchste Wert des Artusrittertums. Da nicht danach gefragt wird, wofür gekämpft wird, kann ere sowohl durch den Kampf für das Recht als durch den für das Unrecht entstehen. Damit ist die Artusritterschaft eine Gemeinschaft von ritterlichen Haudegen mit höfischem Benehmen, die vor allem rein militärische Werte kennt. Andere ethische Maßstäbe sind dieser Rittergemeinschaft fremd. Mit diesem Krieger-Bewußtsein tritt Iwein in die "außerhöfische" Welt ein. Minne und ere stehen zu diesem Zeitpunkt in keiner Beziehung. Durch einen Sieg in der aventiure will er seine ere am Artushof vergrößern. Das gelingt ihm durch die widerrechtliche Tötung eines Unschuldigen. Entgegen seinem Plan wird er durch die minne an die Frau gebunden, an der er sich verschuldet hat. Die Ehe mit ihr stellt ihn vor die Pflichten des Getöteten. Damit wird Laudines ere als Königin, also ihr Ansehen in der Öffentlichkeit der "Laudinesphäre", von der B e reitschaft Iweins abhängig, seine Pflichten als Landesherr zu e r füllen. Iweins und Laudines ere sind miteinander verknüpft. Ehe

Konflikt

und

Lösung

283

und ere stehen nun in Beziehung miteinander. Gawein, ganz vom Standpunkt des Artusritters und von dem des bindungslosen Junggesellen blickend, sieht durch die Heirat die ere seines Freundes gefährdet. Für Gawein ist ere die Anerkennung am Artushof, die ein Ritter wegen seiner Siege im AventiureKampf oder durch Turniererfolge gewinnt. Entgegen den tatsächlichen Erfordernissen sieht er Iweins erste Pflicht darin, solche ere zu gewinnen und damit seine bisherige ere zu vergrößern. Für Gawein ist das durch die hirat gewonnene lant nur eine günstige Ausgangsbasis für sorgenfreies Turnierleben. Als angebliche Gefahren für Iweins ere verweist er auf das "Verbauern" und das verligen. Schließlich stellt Gawein heraus, daß es sogar um der minne willen geschieht und somit der Ehe zugute kommt, wenn der Mann seinen Wert durch ein ritterliches Leben nach eren erhöht. Iwein akzeptiert Gaweins Argumentation und folgt des Freundes Rat, Laudine um der ere willen vorübergehend mit lant und liuten alleine zu lassen. Es ist also offensichtlich, daß Iwein zumindest ähnlich denkt wie Gawein. Beide erkennen nicht die andersartigen Bedingungen der "außerhöfischen" Welt. Sie sehen nicht, daß es hier nicht mehr in erster Linie darum gehen kann, ere am Artushof durch erfolgreiche riterschaft zu gewinnen, sondern daß hier die ere Iweins mit der Laudines verbunden und nur dadurch zu erhalten und zu mehren ist, daß er seinen Pflichten als Landesherr nachkommt, die er mit der Ehe übernommen hat. Für Gawein und Iwein ist die Ehe nur eine Bindung an die geliebte Frau. An ihre ere in der "Laudinesphäre" denken sie beide nicht. Die mit der Fürstenehe verbundenen Pflichten verachten sie und sind sich ihrer nicht genügend bewußt. Iwein kennt nur zwei Werte, die für ihn maßgebend sind: minne zum anderen Geschlecht und ere als öffentliche Anerkennung von erfolgreichen Rittertaten am Artushof. Ein solcher Mann ist der ideale Artusritter, als Landesherr in der "außerhöfischen" Welt muß er versagen, und sein Versagen beginht mit der unfairen Überlistung Laudines. 3 . 3 . 3 . Zum Konflikt und seiner Lösung Mit dem Abschied von Laudine verläßt Iwein die "Laudinesphäre" unter den gleichen Voraussetzungen, mit denen er sie betreten hat: im ritterlichen Streben nach ere am Artushof. Doch Iwein bleibt in doppelter Weise an sie gebunden: durch den Herzenstausch, also durch die minne zu Laudine und durch den Eid, spätestens am Ende des selbstgewählten Zeitraumes von einem Jahr an seinen Hof zurückzukehren. Durch das Terminversäumnis

284

Konflikt

und

Lösung

wird er eidbrüchig. Treffend kommt darin seine Pflichtvergessenheit zum Ausdruck. Mit Recht wird Iweins Eidbrüchigkeit von Laudine auch vornehmlich so aufgefaßt. Nirgends in der öffentlichen Anklage Lunetes vor dem Artushof geht es um die minne Iweins zu Laudine (vgl. I. 3111-3196). Vielmehr geht es vornehmlich um die verletzten Pflichten Iweins gegenüber Laudine und seinem Land und damit um die in der Öffentlichkeit der "Laudinesphäre" geschmälerte ere Laudines: "ir lip unde ir lant" (I. 3158), sagt Lunete zu Iwein, vertraute Laudine euch an, "daz ir daz soltet bewarn" (I. 3159). Deutlich wird hier auf Iweins Pflicht als Landesverteidiger hingewiesen. Iwein hat Laudine laster (vgl. I. 3132) zugefügt und ihr "lip und ere" (I. 3136) genommen. Deswegen soll Iwein am Artushof als ein "verrataere" (I. 3118) gelten. Aus dem gleichen Grund spricht Lunete ihm die triuwe ab (vgl. I. 3170 ff.), und auch die Artusritterschaft soll ihn "von dirre stunt" (I. 3182) als einen "triuwelosen man" (I. 3183) betrachten. Laudine will in Zukunft ohne Iwein "genesen" (I. 3192), und Lunete zieht dem Verdutzten "ir vingerlin" (I. 3193) von der "ungetriuwen hant" (I. 3195). Im Unterschied zu Iwein hat also Laudine ihren Eid gehalten. Wie beim Abschied unmißverständlich angedroht, trifft Iwein nun "ir haz" (I. 2928), da er seinen Eid gebrochen hat. Daß sie dies bereits beim Abschied ankündigte, zeigt, wie genau sie zwischen minne und mit der Ehe verbundenen Pflichten als Landesoberhaupt trennt. Ein Mann, der um der ritterlichen Turniererfolge willen seine Pflichten als Landesherr vergißt und eidbrüchig wird, ist für Laudine und ihr Land untragbar. Was sich bereits im 1. Kapitel öfters zeigte, bestätigt sich hier: Laudine weiß im entscheidenden Moment als Königin (nicht etwa als Minneherrin!) zu handeln. Damit ist der "Ehekonflikt" zwischen Laudine und Iwein aktuell. Laudine löst ihn durch ihre Botin Lunete aus. Schuldig jedoch ist Iwein, was er auch sofort einsieht (vgl. I. 3222 f . ) . Doch ist dieser "Ehekonflikt" nicht ein Zerwürfnis zwischen den persönlichen, privaten Belangen der Ehepartner. Die minne ist an dem Konflikt gar nicht beteiligt. Zumindest die minne Iweins zuLaudine bleibt bis zum Ende der Dichtung unverändert bestehen . Daß Iwein den Verlust der minne beklagt, später Sehnsucht hat und die minne Laudines zurückerobern will, ist eine gänzlich andere Frage und hat mit dem Konflikt nichts zu tun. Vielmehr ist der "Ehekonflikt" ein öffentlicher. In der Ehe Laudines mit Iwein stoßen die Ansprüche, Wertvorstellungen und gesellschaftlichen Bedingungen zweier verschiedener gesellschaftlicher Bereiche aufeinander. Die einen sind die des Artusrittertums, die anderen die mit der Ehe verbundenen des Herrscheramtes im "außerhöfischen" Bereich. Iwein

Konflikt

und

Lösung

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wird, weil er der Minne- und Ereauffassung Gaweins folgt, nur den Ansprüchen des Artushofes gerecht. E r handelt ausschließlich g e mäß den kriegerischen Wertvorstellungen der Artusritterschaft. Deswegen muß er in seiner neuen Stellung versagen, und zwar weil Ehe und Herrscheramt untrennbar verbunden sind, als Landesherr und Ehemann zugleich. Der Konflikt ist also wohl so zu verstehen. E s ist letztlich ein Konflikt zwischen zwei verschieden strukturierten Wertsystemen. Iwein lernt auf seinem Aventiureweg durch r i terschaft als Dienst am Nächsten die Orientierung an einem ritterlichen Wertesystem, dessen Wertestruktur die Voraussetzung in sich birgt, daß er auch den Pflichten, die er als verheirateter L a n desherr hat, gerecht wird. Das soll im folgenden näher erläutert werden. Unmittelbar nach der Anklage Lunetes sucht Iwein also die Schuld daran, daß er alles verloren hat, ere. wiß, guot, vreude bei sich (vgl. I. 3201-3224) und verläßt heimlich den Artushof, ohne daß Artus Gelegenheit hätte, sich zu den Vorwürfen Lunetes zu äußern*®*. W o liegen die tieferen Gründe für das Versagen Iweins? Worin b e steht seine Schuld? Um das zu erkennen, sieht man wie P . W a p newski am besten auf den Aventiureweg Iweins nach seiner Heilung aus dem Wahnsinn. "Denn dieser Bußweg muß doch in einem gemäßen Verhältnis zur Schuld s t e h e n " * 62, Nun sind Iweins Rittertaten nach der Heilung mit der Feimorgan-Salbe (vgl. I. 3419 f f . ) - was wohl kaum durch Textanalyse erneut gezeigt werden muß - bekanntlich Taten der Hilfe zugunsten des Rechts, Taten des Dankes, der Selbstlosigkeit, des Mitleids, kurz: Taten der e r b e r m d e * ^ . Von dieser Tatsache aus ist also nun zu fragen: Wo fehlt es Iweins Handlungen vor seinem Sturz an erbermde ? P . Wapnewski stellt fest: "Iwein hat sich des elementarsten Verstoßes gegen die triuwe und erbermde. gegen das Recht auf Schutz und Schonung schuldig gemacht. E r hat den König Ascalon e r s c h l a g e n " * ® ^ Ist aber Iweins Bußweg nur auf die Tötung Ascalons bezogen ? Hat er es nur hier an erbermde fehlen lassen? Muß er die liebende Hinwendung zum Mitmenschen nur wegen dieser Tat lernen? Sicherlich wird in der Tötung Ascalons das Fehlen der erbermde besonders deutlich. Aber die Tötung ist - wie oben gezeigt wurde 6 5 - nur die Folge der Artusrittergesinnung, der jede sittliche Verankerung fehlt und die nur kriegerische Wertvorstellungen mit der ere als obersten Wert kennt. Selbstverständlich bleibt Iweins Schuld und sein Versagen persönliche Schuld und persönliches Versagen, aber beides ist - innerhalb der epischen Realität gesellschaftlicft motiviert.

286

Konflikt

und Lösung

Iweins Taten der erbermde geschehen aber aus einer ganz anderen Gesinnung heraus. Indem Iwein lernt, daß er auf Gott und die Hilfe des Nächsten angewiesen i s t 1 6 ^ lernt er selbst die Gesinnung der Nächstenliebe, aus der heraus dann seine Taten der Barmherzigkeit geschehen. Vorher kannte er nur ere und minne zum anderen Geschlecht. Nächstenliebe aber war ihm wie auch den anderen A r tusrittern vor seinem Sturz vollkommen fremd. Aber das zeigte sich n i c h t n u r g e g e n ü b e r A s c a l o n , sondern auch in seinen Äußerungen über das gesinde (vgl. I. 1431 ff.) und in seinem Verhalten gegenüber Laudine und der Bevölkerung seines Landes^?. Auch hier führte ihn seine Artusrittergesinnung zu einem Fehlverhalten. Weil Iwein die ere am Artushof und die minne zum anderen Geschlecht verabsolutierte und weil ihm damit jede helfende und liebevolle Hinwendung zum Nächsten unbekannt war, konnte er nicht erkennen, daß für ihn als Aufgabe mit der minne zu Laudine mehr verbunden war als Frauenliebe und mit der Ehe andere Pflichten als Streben nach bloßer Ritterere. 168 Es geht also auf Iweins Aventiureweg nicht nur um die Buße für eine einzelne Tat, die Tötung Ascalons, sondern es geht darüber hinaus um die Erneuerung des gesamten Menschen. Die Wertpyramide der Artusritterschaft, nach der sich Iwein bis zu seinem Fall orientierte, muß vollkommen umstrukturiert werden. Das geschieht so, daß für die ere als die öffentlich anerkannte Kampfestüchtigkeit nun got an die Pyramidenspitze rückt. Damit verändert sich das gesamte Wertesystem, und zwar die Substanz der Werte und ihr Verhältnis untereinander. Auch hier ist ere ein hoher Wert, aber sie entsteht nicht mehr einfach durch Sieg, sondern durch Taten für den Nächsten und ist damit auf got gerichtet. Aventiure geschieht somit nicht mehr vornehmlich um der eigenen ere willen. Sie ist also auch hier nicht "zweckentkleidete Tat" 1 6 9 . Ihr Zweck ist sozial-ethisch. Aventiure geschieht im Dienst des Nächsten 170 , Rittertum ist Dienst für bedrängte Glieder der Gesellschaft (vgl. I. 6001-6004). Der Sieg im ritterlichen Kampf beruht nicht mehr nur auf eigener Kraft, sondern er kommt mit Hilfe des Löwen zustande. Was der Löwe symbolisiert, ist in der Forschung sehr umstritten 1 7 1 . Eins wird aber auf jeden Fall deutlich: der Ritter mit dem Löwen steht eben durch den Löwen über den anderen Rittern der erzählten Welt und auch über seinem früheren Artusritterdasein'. Da Iweins Wiederaufstieg unter der Führung Gottes beginnt, was im Text ausdrücklich gesagt ist (I. 3261-3266), wird man wohl feststellen können, daß mit der Kampfeshilfe des Löwen auf die Hilfe Gottes im Kampf hingewiesen werden soll (vgl. z . B . I. 5275 f.).

Konflikt

und

Lösung

287

Auch die minne zum anderen Geschlecht nimmt eine andere Stellung in dem veränderten Wertesystem ein, nach dem Iwein nun lebt. Die Frauenminne ist für ihn nicht mehr nur die einzige liebende Hinwendung zum Mitmenschen, ist nicht mehr die einzige Form der Liebe, die Iwein kennt. Gaweins Auffassung, daß einerseits die minne den Ehemann antreiben soll, ritterliche ere am Artushof zu gewinnen und daß andererseits das Streben nach Artus-er« sogar für die minne in der Ehe gut sei und um der Ehefrau willen geschehe, hat Iwein nicht mehr. Weil Iwein Caritas gelernt hat und dadurch die dem Artushof gemäße Minne- und Ereauffassung überwunden hat, hat er die Voraussetzung geschaffen, seine Ehe mit Laudine zu erneuern. Im Iwein "ist die Erneuerung des Rittertums aus dem Geiste des Dienstes Bedingung für die Erneuerung der Ehe"^2. Über W. Ohly hinaus muß jedoch betont werden: die neue Auffassung von den Pflichten eines Ritters birgt zugleich die Voraussetzung in sich, daß Iwein nun den muot hat, der gewährleistet, daß er seinen Pflichten als Landesherr nachkommen wird, die mit der Ehe untrennbar verbunden sind. 170 Nach einem Aufenthalt am Artushof 1 bricht Iwein unter diesen neuen Voraussetzungen abermals zum Brunnen auf. Diesmal allerdings nicht mehr, um ere in einer aventiure zu gewinnen, sondern um die minne Laudines zurückzuerobern und damit zugleich seine ere. die für ihn jetzt einen anderen Inhalt hat; "diu minnende not" (I. 7790) bringt ihn auf den Gedanken, den Stein erneut zu begießen. Iwein denkt: "ir getete der kumber ouch so we daz ich noch ir minne mit gewalt gewinne'." (I. 7802-7804). H. Sacker schreibt zutreffend: " £ . . . ] his /iweins/ violence (gewalt 7804) now has an unambiguously positive function"* Iwein löst das weter erneut aus (vgl. I. 7805 ff.). Seine Absicht, Laudines minne wiederzugewinnen, versucht er also so zu verwirklichen, daß er ihr durch das Begießen des Steines ihre Schutzbedürftigkeit schmerzlich vor Augen führt; dahinter steht aber die Absicht, die Versöhnung herbeizuführen, und das heißt zugleich, die Schutzlosigkeit Laudines zu überwinden. Es ist psychologisch wohl treffend motiviert, wenn Hartmann nach der langen Trennung, in der Iwein die eheliche Treue stets gehalten hat, hier als Motiv zur Rückkehr zu Laudine besonders die minne herausstellt (vgl. 1.7784, 7790, 7803). Aber Iwein weiß, daß mit der Rückgewinnung Laudines die Erneuerung seiner ere zusammenhängt. Schon bei der unbeabsichtigten "Zwischeneinkehr" bei Laudine ist ihm das klar geworden:

288

Zusammenfassung

"vrowe, wie lützel du weist daz tu den slüzzel selbe treist! du bist daz sloz und daz schrin da ere und tiu vreude min inne beslozzen l i t . ' " (I. 5543-5546). Die ere Iweins ist also jetzt nicht mehr durch Laudine und die Ehe gefährdet, wie es Gawein seinem Freund einredete, v i e l m e h r g i b t e s e r e f ü r I w e i n n u r n o c h in d e r E h e m i t L a u d i n e ; auch deswegen ist also die Wiedergewinnung der minne für ihn wichtig. Über die Bewertung der Einzelheiten beim Zustandekommen der Versöhnung (vgl. I. 5953 ff.) gehen die Ansichten weit auseinander 1 '5. j m hiesigen Zusammenhang kommt es auf die Analyse dieser weniger an. Vielmehr gilt es wohl vornehmlich den Sachverhalt herauszustellen: nach der Versöhnung der beiden wird Iwein sich anders verhalten und mit Laudine voraussichtlich in glücklicher Ehe leben, was der Erzähler allerdings nur noch andeutet (vgl. I. 8139 ff.). Denn Iwein hat nun die Voraussetzungen, den Forderungen, die mit der minne zu Laudine von vornherein an ihn gestellt waren, gerecht zu werden. Das gewährleistet das Faktum, daß Iwein Nächstenliebe gelernt hat, sich nach einem anderen Wertesystem orientiert und damit die Ehe in anderen Beziehungen sieht. 3.3.4. Zusammenfassung Der Ere-Begriff der Artusritterschaft ist ambivalent. Da die Motive für den Aventiure-Kampf um der ere willen nicht festgelegt sind, sondern nur, daß der Sieger den pris hat, kann ere durch ritterlichen Einsatz für Recht oder Unrecht entstehen. Mit dem Streben nach ere am Artushof, dem höchsten Ziel eines Artusritters, tritt Iwein in den "außerhöfischen" Raum ein. Minne und ere stehen zunächst in keinerlei innerer Verbindung. Iwein ist kein Minneritter, er kämpft nicht in der Hoffnung auf minne. sondern vor allem um der größeren ritterlichen ere willen, aus Rivalität mit Gawein und um Kalogreant zu rächen. Mit der minne zu Laudine ändert sich diese Beziehungslosigkeit zwischen minne und ere. Durch die Ehe mit Laudine wird Iwein Landesherr. Damit hat er Pflichten übernommen, und zwar mehr und andere als als bindungsloser Junggeselle undnur der Ritterere verpflichteter Artusritter. Seine ere ist nun mit der Laudines und mit den Pflichten des Herrscheramtes eng verknüpft, hat einen anderen Inhalt und kann nur erhalten und vergrößert werden

Zusammenfassung

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durch die Bewährung als Ehemann und Landesherr und nicht durch Turniererfolge und Vermehrung der ere als Ritter. Das weiß Laudine. Iwein jedoch will es nicht wissen oder erkennt es nicht. Iwein folgt vielmehr dem Rat Gaweins. Der Freund zeichnet ihm ein gänzlich verzerrtes Bild seiner Pflichten als Landesherr. Er behauptet darüber hinaus, jetzt habe Iwein vor allem die Pflicht, seine ere und werdekeit am Artushof durch Turniererfolge zu mehren. Die Ehe stellt er ihm als Gefahr für die ritterliche ere da und weist auf das verligen Erecs hin und zugleich darauf, daß die Erhöhung der werdekeit und das ritterliche Streben nach ere die eheliche minne fördere. Ritterliche Leistung und Erfolge auf Turnieren um der Erhaltung und Steigerung der ehelichen Liebe willen: das ist die "minnetheoretische" These Gawans. Der Junggeselle Gawan überträgt die Verhältnisse, wie sie zwischen Minneherrin und Ritter herrschen, die wechselseitige Spannung zwischen minne und ere. auf die Ehe. Er glaubt, in der Ehe herrschten vornehmlich die Bedingungen eines Minneverhältnisses und vergißt, daß die Ehe eines Landesherren eben nicht nur eine Minnebeziehung ist. Für ihn kann es deswegen keinen Konflikt zwischen Fürstenehe und Ritterdienst um der ere willen geben. Gawan ist für die eigentliche Konfliktmaterie blind. In seiner begrenzten Perspektive ergänzen sich Fürstenehe und Streben nach Artusere. Es kommt aber doch zum Konflikt. Äußerer Anlaß ist das Terminversäumnis Iweins. Es ist Ausdruck seiner Pflichtvergessenheit gegenüber Laudine und seinem Land, und diese und nicht etwa versäumte Frauenminne ist Gegenstand des Konfliktes. In der Ehe Laudines mit Iwein stoßen die von Gawein vertretenen Ansprüche und Wertvorstellungen des Artusrittertums und die von Laudine und von Lunete am Artushof vertretenen, mit dem Herrscheramt im "außerhöfischen" Bereich eng verbundenen Pflichten aufeinander. Der Konfliktstoff liegt also gerade im Bereich der mit der Ehe verbundenen Pflichten, von deren Erfüllung Laudines ere abhängig ist und die Gawein erst gänzlich verzerrt darstellte und schließlich ganz vernachlässigte, als er auf die Spannung von ere und minne hinwies. Die Ursachen zum Konflikt liegen in der Orientierung an einem Wertesystem, das sich für die neue Stellung Iweins als nicht verbindlich und vorbildlich erweist. Gawein und Iwein kennen als liebende Hinwendung zum Mitmenschen nur Frauenminne und als obersten Wert nur ritterliche ere sowie die spezifisch höfische Verbindung zwischen beiden. Deswegen muß Iwein als Ehemann und Landesherr versagen. Die Verabsolutierung der ere und daraus entspringende Tötung Ascalons, seine Äußerung über das gesinde. sein pflichtvergesse-

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nes Verhalten gegenüber Laudine als Königin und gegenüber der Bevölkerung seines Landes weisen in die gleiche Richtung: Iwein fehlt jede über Frauenminne hinausreichende Beziehung zum Nächsten. Deswegen lernt er nach seinem Fall auf seinem Aventiure-Weg Nächstenliebe und übt sie in Taten der erbermde. Damit ist aber eine Erneuerung des gesamten Wertesystems verbunden, nach dem der Artusritter Iwein sich bis zu seinem Sturz orientierte. Gott rückt an die Stelle der ritterlichen ere. an die Spitze des Wertesystems. Damit verändert sich dieses gänzlich. Aventiure geschieht im Dienst des Nächsten und ist damit auf Gott gerichtet. Sieg und ere kommen mit Hilfe Gottes zustande. Frauenminne ist nicht mehr die einzige Form der Liebe, die Iwein kennt. Die Orientierung nach diesem Wertesystem gewährleistet, daß Iwein in Zukunft den Forderungen, die mit der minne und Ehe von vorneherein verbunden waren, gerecht werden kann. Es geht also im Iwein nicht darum, daß die Ansprüche der minne in der Ehe einerseits und das Streben nach riterschaft und ere am Artushof andererseits durch maze ins Gleichgewicht gebracht werden. Das wäre nur ein billiger Kompromiß. Vielmehr ist das Artusritterdasein, das permanente Streben nach ere durch Sieg im Aventiure -Kampf und durch Erfolge auf Turnieren für einen verheirateten Landesherren unangemessen. Er muß sich an anderen Wertvorstellungen orientieren. Streben nach ere am Artushof und Fürstenehe sind unvereinbar. Gaweins Übertragung der typischen Minne ritterideologie vom Verhältnis von minne und ere auf die Ehe eines Landesherren, seine Theorie von der Vereinbarkeit und gegenseitigen Förderung von ehelicher minne und Streben nach Artus-ere hat sich als falsch erwiesen. Die Ehe eines Landesherren und seine ere als solcher und als Ritter sindnicht in einem Wertesystem miteinander zu vereinen, in dem die ritterliche ere am Artushof oberster Wert, in dem damit alles ritterliche Streben auf Artus ausgerichtet und die Frauenminne die einzig geltende Form der Liebe ist. Vielmehr ist Iweins Ehe und ere nur vereinbar, wenn er sich an einem System von Wertvorstellungen orientiert, in dem die nach dem Fall selbst erfahrene und dann geübte Nächstenliebe der wichtigste "Wert" und damit alles ritterliche Handeln auf Gott hingeordnet ist. Eine solche Auffassung von der riterschaft birgt die Voraussetzung für pflichtbewußtes Handeln als Landesherr in sich. Die Hinwendung zum Nächsten ist das geforderte Plus, das minne, e und ere eines Landesherren miteinander verbinden kann.

Vergleich

zwischen

Wolfram

und

Hartmann

231

3.4. Vergleich zwischen Wolfram und Hartmann Um auf die Variationsbreite der Behandlung des Themas vom Verhältnis von minne, e. und ere hinzuweisen, wurde in den Vorbemerkungen kurz auf den Erec und auf die Gawanhandlung im Parzival hingewiesen. Der Iwein und die Gahmurethandlung bringen neue Variationen des Themas. Letztere bieten sich besonders deswegen zu einem Vergleich an, weil neben dem gemeinsamen Thema als tertium comparationis auch die äußere Handlung gewisse Ähnlichkeiten zeigt: Gahmuret verläßt Belacane heimlich. Iwein verläßt Laudine, nachdem er ihr die Genehmigung abgelistet hat. Beide verlassen ihre Ehefrauen um der riterschaft willen. Hand in Hand mit der Ähnlichkeit dieser Phase der Iwein- und Gahmurethandlung geht eine gewisse Ähnlichkeit des Konflikts, die allerdings geringer ist, als es zunächst scheinen könnte. Diese Ähnlichkeit und damit gegebene Vergleichbarkeit ist der Forschung bereits öfters a u f g e f a l l e n * ^ , M. F. Richey beispielsweise schreibt: "As Iwein fails to keep tryst with Laudine, so Gahmuret forsakes Belacane, in each case for the same abstract reason, predominance of the claims of knightly honour over those of love"177. Stimmt aber diese Feststellung der Identität in Gahmurets und Iweins Handeln? Ist denn für Gahmuret das Überwiegen der Ziele der ritterlichen ere ein "abstract reason" ? Und liegt denn im Falle Iweins nur die Vorherrschaft des Strebens nach ritterlicher ere vor? Die vorangegangene Analyse hat versucht zu zeigen, daß man diese Fragen nicht uneingeschränkt bejahen kann. Demnach muß auch der Vergleich zumindest anders akzentuiert werden. 170 Im Anschluß an H. Swinburne führt J. F. Poag aus: "Gahmuret f.../ is more than simply the unresolved problem between chivalry and love. His problem is greater than the problem of Erec or Iwein. There is more to be resolved here than simply the conflict between marital love on the one hand and knighthood on the other. In the figure of Gahmuret the whole complex of courtly love stands in need of redemption, in need of being freed from lack of moral depth, from artificiality, from a surrender to the irrational, to the destructive love of the Ovidian tradition"^®. Die Aussagen J. F. Poags über die Gahmuretgestalt mit Hinblick auf die Minnedarstellung im gesamten Parzival mögen zutreff e n * 80. Aber ist tatsächlich Gahmurets "Problem" bedeutender und weitreichender ("greater") als das Iweins? Ist es nicht vielmehr gerade umgekehrt? Da die Beantwortung dieser Frage zum Teil auch von nachträglicher Wertung abhängig und damit notwendig vorurteilsbestimmt ist, sei sie nur gestellt. Die Analyse

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Wolfram

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Hartmann

dürfte jedoch gezeigt haben, daß der "Ehekonflikt" im Iwein nicht nur "simply the conflict between marital love on the one hand and knighthood on the other" ist. Die Motivation des Konfliktes in der Gahmurethandlung und im Iwein ist trotz der Ähnlichkeit in der äußeren Handlung grundverschieden. Bei Gahmuret handelt es sich in der Ehe mit Belacane um den Konflikt zweier ererbter Anlagen, die sich als miteinander verbundenes Streben nach minne und riterschaft äußern. Mit der vorübergehenden Erfüllung des Dranges nach minne in der Ehe kommt es zum Konflikt der beiden Strebungen; es droht die Gefahr, daß die Wesenseinheit Gahmurets verlorengeht, da er sich nur als Minneritter, im Ineinanderwirken von strit und minne im ritterlichen Minnedienst entfalten kann. Die Motivation des Konfliktes ist somit vornehmlich psychologisch unter besonderer Berücksichtigung der art. Im Iwein ist sie dagegen vornehmlich soziologisch. In der Ehe Iweins treffen die Ansprüche und Wertvorstellungen zweier verschiedener episch dargestellter gesellschaftlicher Bereiche, die des Artushofes und die der "Laudinesphäre", aufeinander. Gahmuret verliert in der Ehe mit der Heidin die vreude. seinen hohen muot, gerät in eine Krise, verläßt heimlich Belacane und flieht in die riterschaft. Ohne sich der Ursachen des Konfliktes schon recht bewußt zu sein, weicht er damit zunächst einer Lösung aus und folgt seinem inneren Drang. Er verläßt seine Ehefrau also nicht, um einer in der erzählten Welt gültigen, ritterlichen Forderung willen oder um einer Minnekonzeption gerecht zu werden. Man kann auch nicht sagen, daß er solche ethischen Forderungen der erzählten ritterlichen Standesgesellschaft etwa verinnerlicht hätte, um sie sich dann selbst zu stellen, denn es bleibt eben das Faktum, daß das Streben nach minne und das nach riterschaft ererbt sind. So ist also Gahmurets Flucht ganz von innen her motiviert. Genau umgekehrt ist die Motivation der Trennung im Iwein. Iwein akzeptiert kommentarlos Gaweins Rat. Das bedeutet: er anerkennt auch als Ehemann und Landesfürst die Forderungen des Artushofes und die von Gawein vorgetragene Minneauffassung. Er verläßt Laudine, um gesellschaftlichen, "ritterethischen" und minnetheoretischen Forderungen gerecht zu werden. Er will dem von, Gawein beschworenen Konflikt zwischen Ehe und ere verhindern und tut damit den ersten Schritt, daß er zustande kommt. So unterschiedlich die Motivation des Konfliktes ist, so unter schiedlich ist auch die Lösung. Das Scheitern der Ehe mit Belacane führt Gahmuret zur Selbsterkenntnis. Sein Drang nach minne und der nach strit sind nur konfliktlos zu verbinden, wenn sie

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Wolfram

und

Hartmann

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auch in der Ehe ineinanderwirken. Gahmuret führt darauf seine Ehe mit Herzeloyde so, daß sie seinem inneren Lebensrhythmus gerecht wird: strit und minne wechseln miteinander ab, bleiben aufeinander bezogen, die eheliche Liebe wird zum Lohn der riterschaft und spornt zu erneutem strit an. Diese Lösung ist wie der Konflikt von innen her motiviert. Gahmuret will sich selbst gerecht werden, seinem Wesen treu bleiben und findet damit sein Glück. Diese Lösung ist möglich, weil die Pflichten eines Landesherren in der Gahmurethandlung nur am Rande erscheinen*®*. Gahmuret ist zwar König, Erzählgegenstand ist jedoch vornehmlich sein ritterliches Dasein. Anders liegen die Verhältnisse im Iwein. Hier geht es gerade um die mit der Ehe übernommenen Pflichten als Landesherr* . Deswegen reicht die Perspektive Gaweins und Iweins nicht aus, die die Ehe vornehmlich als Minne Verbindung ansehen. Der Konflikt in der Gahmurethandlung wird nirgends mit einer Schuld Gahmurets verknüpft. Das jedoch ist im Iwein der Fall. Das Terminversäumnis ist Ausdruck seiner Pflichtvergessenheit gegenüber Laudine und der Bevölkerung des Landes. Die Schuldursache ist hier die gleiche wie bei der Tötung Ascalons: Orientierung an dem Wertesystem der Artusritterschaft, das Nächstenliebe nicht kennt. Voraussetzung zur Lösung des Konfliktes ist deswegen die Hinwendung zum Nächsten und die damit verbundene Erneuerung des Wertesystems. Eine Orientierung an ihm gewährleistet, daß die minne und Ehe eines Landesherren nicht mehr mit dem Streben nach ere in Konflikt gerät. Die Konfliktverhinderung war also auf anderer Ebene zu versuchen, jenseits aller Ere-Vorstellung der Artusritterschaft und aller "Minnetheorie" Gaweins. Die Lösung des Konfliktes zwischen dem eingeborenen Drang nach minne und dem nach pris durch riterschaft hat für Gahmuret weder eine vertiefte Auffassung vom Rittertum noch eine Vertiefung der ehelichen Liebe zur Voraussetzung,noch bringt sie selbst eine solche mit sich. Sein Lebensweg ist ohne innere aufwärtsweisende Linie, während Iweins Lebensweg auf einer höheren Stufe endet.

294

3. Kapitel,

Anmerkungen

1 bis

29

3. 5. Anmerkungen 1) Zur Gawangestalt und-handlung vgl. u. a. bes. Mohr 1958, 1-22, Mockenhaupt 1942, 166 f . , Keferstein 1937a, 18 f f . , Kef erstein 1937, 256-274. Karl 1952, 110-146. Poag 1961, 176-180. Sacker 1963, 64-86 u. 128-156. Blamires 1966, bes. 386-412. Mergell 1943, 246 ff. Schumacher 1959, 6878 u. 144-164. Boestfleisch 1930, 72-79. Emmel 1951, 121-130. Schröder 1952, 189-192 u. Wynn 1962, 142-172. Einen kurzen Überblick über die F o r schung und die Probleme der Gahmuretvorgeschichte und der Gawanhandlung finden sich jetzt bei Bumke 1970, 187 ff. 2) Vgl. Schröder 1952, 189 ff. 3) Zu dieser Episode vgl. Mohr 1957, bes. 14 ff. Ertzdorff 1962, 129-140. Stapel 1936, 108-114. 4) Mergell 1943, 266. 5) Mohr 1958, 5 f. Vgl. dazu auch Blamires 1966, 387. 6) Mohr 1958, 6. 7) Stapel 1955, 24 ff. Schröder 1952, 189 schreibt: "So ist Gawan der typische Minneritter, seine Abenteuer sind die typischen Minneerlebnisse." Ob das zutrifft, erscheint fraglich. Vielmehr dürfte der typische Minneritter Gahmuret sein. Daß man Gawan von Rittern wie z. B. Gramoflanz und Orilus, was die minne angeht, unterscheiden muß, hat vor allem Poag 1961, 176 herausgestellt. 8) Stapel 1955, 26. Die got-Belege beweisen das Gegenteil. Vgl. auch Pa. 586. 1-14. 9) Blamires 1966, 411 f. Diese Aussage steht so auch im Widerspruch zu Blamires' eigener Interpretation des Buches VII ebd. 387-392. 10) Dazu vgl. unt. S. 241 ff. 11) Poag 1966, 83-88. 12) Mergell 1943, 266. 13) Vgl. Blamires 1966, 393. 14) Mergell 1943, 267. 15) So schon Ehrismann 1927, 168. Vgl. Ohly 1958, 60 ff. Wapnewski 1962, 46 f. 16) Vgl. Ohly 1958, 60. 17) Die Ansichten der Forschung über Ursachen und Inhalte des Konfliktes gehen auseinander. Vgl. dazu Ohly 1958, 154, Anm. 13. 18) Vgl. ob. 19) Sacker 1963, 7. 20) Vgl. dazu Sproedt 1962, bes. 1-110 und die bei Bumke 1970, 190, Anm. 118 angegebene Lit., Schumacher 1959, 29 ff. Boestfleisch 1930, 106. 21) strit und riterschaft werden häufig synonym gebraucht. Mockenhaupt 1942, 179 schreibt: "Rittertum und Kampf sind identisch. Das Wort ritterschaft (riterschaft) ist in den 27 Fällen der beiden ersten Bücher zweimal Begriffswort, das wir heute mit Rittertum wiedergeben (97.25; 112.19), zweimal ist es Sammelname für die Gesamtheit der Ritter (49.2; 93.21), sonst bedeutet es stets den ritterlichen Kampf als rittertat (25.10) / . . . ] " . 22) Zum gegenseitigen Verhältnis der Wortinhalte von werdekeit. log, pris und ere vgl. Heckel 1939, 99-103 u. 105. 23) Dazu vgl. ob. S. 31 ff. 24) Vgl. auch Sacker 1963, 9. 25) Sproedt 1962, 2. 26) Heckel 1939, 103. 27) Zu gelücke vgl. Scharmann 1935, 68. 28) Sacker 1963, 10. 29) Vgl. Martin 1903, /Kom.y zu 8.12 u. Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 9 "dann".

3. Kapitel,

Anmerkungen

30 bis

69

295

Vgl. Büchel 1925, 32. Martin 1903, / K o m . ] zu 8.14. Blamires 1966, 37. Poag 1961, 105. Was Schumacher 1967, 71 über minne stein sagt, ist auf Grund dieses Beleges zumindest einzuschränken. Vgl. auch Karl 1952, 19 u. Boestfleisch 1930, 98. Neumann 1961, 180 ff. So auch Boestfleisch 1930, 98 f. Was hier allerdings über hohiu minne im Parzival ausgeführt wird, ist sehr problematisch. Das sind folgende Belege: Pa. 11.10, 318.15, 318.22, 458.7, 712.6, 731.8, 757.24. Zur arebeit bei Wolfram vgl. Schwarz 1938, 31-39. Vgl. ob. S. 241. Ähnlich Karl 1952, 26. Sacker 1963, 10. Vgl. Martin 1903 / K o m . / zu Pa. 9.22. u. Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 10. Sacker 1963, 10 spricht davon, daß Gahmuret auch nach Reichtum strebe. Davon steht jedoch im Text nichts. Dazu vgl. Adolf 1934, 260 ff. Vgl. auch Die Anker-Symbolik: Pa. 14.12-15.9, 73.1, 80.5, 92.9 f f . , 99. 7 ff. Zum Ankersymbol und seiner unterschiedlichen Bewertung vgl. Etzler 1950, 33-36. Cucuel 1937, 39 ff. Lowet 1965, 121. Sproedt 1962, 72. Mackensen 1955, 24 ff. Bumke 1970, 186. Zur Schönheit Gahmurets vgl. Etzler 1950 , 65. Zu dieser ersten Begegnung vgl. Sproedt 1962, 18 ff. Vgl. im einzelnen dazu Karl 1952, 32 ff. Zu Karls Auffassungen von Belacane Schumacher 1959, 31 f. Poag 1961, 98 ff. Sproedt 1962, 30 ff. Ähnlich Karl 1952, 33 f. Wie unterschiedlich solche Verse aufgefaßt werden können, zeigt ein Vergleich der Meinungen von Karl 1952, 34 u. Schumacher 1967, 36. Vgl. Martin 1903, / K o m . / zu Pa. 29.25 u. Knorr/Fink 1940 / Ü b e r s . / , 23. Zur Kriegslage um Patelamunt vgl. die Skizze bei Mustard/Passage 1961 / Ü b e r s . / , 15. Zu Hiuteger und dem Milieu des Frauenrittertums zutreffend Poag 1961, 96 ff. A. A. bei Richey 1923, 13 ff. Im einzelnen vgl. dazu Sproedt 1962, 36 ff. u. Karl 1952, 34 f. Das Wort kommt in der Erzählpartie, in der der abendliche Besuch dargestellt wird, fünfmal mit diesem Wortinhalt vor: Pa. 33.23, 33.30, 34.4, 34.12 u. 35.2. Sproedt 1962, 37. Die Schlüsse bei Sproedt 1962, 37 sind deswegen wohl auch zu weitgehend. Blamires 1966, 41. Blamires 1966, 41. Sacker 1963, 13. Vgl. die Übertragung von Vers Pa. 37. 8 bei Matthias 1925 / Ü b e r s . / , 58. Diesen Anschluß hat auch Stapel 1937 / Ü b e r s . / , 24. Karl 1952, 35. Vgl. ob. S. 243. Vgl. ob. S. 245. Ähnlich Karl 1952, 34 f. Zum Problem der huote vgl. unt. S. 255 ff. Karl 1952, 35 formuliert wohl hier - wie übrigens öfters - etwas zu salopp. Er schreibt von Gahmuret: "Mit Lust spielt er den Schah von Persien, der mit Huldbezeigungen nur so um sich wirft."

296 70) 71) 72) 73)

3. Kapitel,

Anmerkungen

70 bis

108

Karl 1952, 36. Vgl. auch Sacker 1963, 10 f. Terminus nach San Marte 1862, 141. San Marte 1862, 141 f. interpretiert Belacanes Verhalten gegenüber Isenhart als huote ! Das scheint aber doch einigermaßen zweifelhaft. 74) Sacker 1963, 14. 75) Sproedt 1962, 65. 76) I. Giese 1952, 46 schreibt: "Gahmuret gibt also ihren verschiedenen Glauben als Grund seiner Trennung von ihr an [ . . . ] entscheidend ist / . . . / , daß gerade diese Art der Begründung der Handlungsweise Gahmurets wirksam genug zu sein scheint, um die Hörer des Dichters zu überzeugen. " Die zwei anderen Begründungen beweisen aber das Gegenteil. 77) Schröder 1952, 167. 78) In ähnlicher Weise findet sich diese Auffassung auch bei Schröder 1963, 11 f. 79) Schröder 1963, 168. 80) Panzer 1940, 9 f. 81) Sproedt 1962, 60 ff. 82) Panzer 1940, 9. 83) Panzer 1940 , 9. 84) Dazu vgl. Karl 1952, 38, Anm. 1. 85) Vgl. auch Pa. 91.4 ff. 86) Richey 1923, 23. Auch Schumacher 1959, 31 schreibt: " / . . . ] Gahmuret nimmt das Heidentum Belacanes nur als Vorwand. " 87) Richey 1923, 24. 88) Blamires 1966, 42 f. 89) Sproedt 1962, 57 ff. 90) Sproedt 1962, 62. 91) Sproedt 1962, 59 ff. 92) Giese 1952, 46. Ausführliche und zutreffende Kritik an Gieses Auffassung vom Sakramentschrakter der Ehe bei Wolfram findet sich bei Schumacher 1967, 218 ff. 93) Zu den rechtlichen Fragen des Problems vgl. Schumacher 1967, 26 ff. 94) Ähnlich auch Walker 1928, 116. 95) Vgl. dazu S. 267. Einen Schritt weiter geht Blamires 1966, 44: "In this passage Gahmuret realizes that his nature involves two contradictory elements, that the two cannot be satisfied together and yet that neither alone can be the essence of his existence. " 96) Vgl. ob. S. 257. 97) Vgl. ob. S. 252. 98) Zu diesem Einzug vgl. Karl 1952 , 40 ff., Cucuel 1937, 48 ff., Richey 1923 29 ff 99) Stapel 1937/Übers./, 38. 100) Karl 1952, 41. 101) Vgl. dazu ob. S. 43 ff. 102) Vgl. auch Pa. 73.11-13. 103) Sacker 1963, 17. 104) Karl 1952, 27. 105) Vgl. dazu auch Feuerlicht 1939, 145-148. Seine Ausführungen münden in den Satz: " / . . . ] der eigentliche Frauendienst ist nur die innere Fortführung des Pagendienstes." Vgl. auch Limmer 1928, 66-81. 106) Vgl. auch Karl 1952, 27. 107) Vgl. dazu ob. S. 34 ff. 108) Über die Einordnung der Verse Pa. 69.29-70. 6 ist sich die Forschung nicht einig. Leitzmann ordnet sie nach Pa. 71. 6 ein. Ein beachtenswertes Argument dafür findet sich bei Schumacher 1959, 33. Stapel 1937 /Übers.7,

3. Kapitel}

Anmerkungen

109 bis

144

297

39 u. Anm. 1 will die Stelle nach Pa. 64.12 einordnen. Alle drei Einordnungen zeigen jedoch, daß Wolfram den sich anbahnenden Konflikt vorher andeuten wollte. Vgl. dazu Etzler 1950, 53 u. 56. 109)Karl 1952, 28. 110)Sacker 1963, 18. 111) Vgl. Martin 1903, / k o m . / z u Pa. 48.15. 112) Vgl. z. B. Bahnsch 1880, 26 ff. Misch 1927, 261 f. Karl 1952, 27 ff. Blamires 1966, 45 ff. Sproedt 1962, 83 ff. Richey 1923, 40 ff. Sacker 1963, 17 ff. Mergeil 1943, 331 ff. Naumann 1938, 138. Keferstein 1937a, 17 f. Poag 1961, 103 ff. Etzler 1950, 53 ff. 113) Vgl. Sproedt 1962, 86 f. 114) Vgl. ob. S. 265. 115) Zutreffend spricht deswegen Etzler 1950, 64 f. vom Minnezwangmotiv. 116) Vgl. ob. S. 261. 117) Mockenhaupt 1942, 166. 118) Mockenhaupt 1942, 166. 119) Keferstein 1937a, 17. 120)Blamires 1966, 38. 121)Blamires 1966, 38. 122) Etzler 1950 , 63. 123) Naumann 1938, 138. Auch die weiteren Ausführungen Naumanns über Gahmuret treffen nicht zu. 124) So auch Sacker 1963, 21. 125)Vgl. z. B. die Suche Lunetes 1. 4163 f f . , die Kämpfe mit Meljanz I. 4683 f f . 126) Scheunemann 1937, 16. 127) Heer 1962, 326. 128)Ohly 1958, 95-104 den 1. Exkurs: das Bild des Artushofes im "Iwein". Mit dieser Zustimmung zu den Ergebnissen dieses Exkurses ist nicht die zu den Erläuterungen W. Ohlys über die "heilsgeschichtliche Struktur" der Artusepen Hartmanns verbunden. Auch kann nicht allen Details in diesem Exkurs zugestimmt werden. Vgl.274ff. Ein anderes Artusbild findet sich z.B. bei Bindschedler 1957, 86 ff. 129) Ohly 1958, 104. 130) "außerhöfisch" hat hier und im folgenden die Bedeutung: "nicht zum Artusbereich gehörig". Selbstverständlich ist dieser Bereich in literarhistorischer Sicht ein Teil der "höfischen" Literatur. 131)Das sind folgende Belege: I. 261, 372, 377, 525, 527, 549, 631, 3026, 3918, 6331. 182) Hervorh. v. Verf. 133) Cramer 1966, 36. 134) Vgl. Benecke/Lachmann, Kom. zu 763 in Hartmann von Aue 1959. 135) Ähnlich Milnes 1961, 242. 136) Hervorh. v. Verf. 137) Hervorh. v. Verf. 138) Vgl. ob. S. 272 f. 139) Milnes 1961, 242. 140) Ohly 1958, 101 f. 141) Ohly 1958, 102. 142) de Boor 1964, 65. Vgl. auch Kap. II. Anm. 325. 143)Wenn de Boor 1964, 65 schreibt: "Triebkraft aller Aventiure ist die E h r e " , so ist das zumindest mißverständlich. Hervorh. v. Verf. 144) Was Fink 1939, 129 über Kalogreant und das Artusrittertum sagt, trifft deswegen nicht zu, weil er von der ungeprüften Voraussetzung ausgeht, für Hartmann sei der Artusrilter schlechthin ritterliches Vorbild. Er

298

3. Kapitel,

Anmerkungen

145 bis

175

muß deswegen Kalogreants Auffassung vom Rittertum als "eine Art Sport" mit seiner Auffassung vom Ritter als "politischer Mensch" in Einklang brin gen, "dessen Tat in Zielrichtung und Ablauf durch ein allen verbindliches sozial-ethisches Gesetz gelenkt wird. " Das ist aber wohl kaum möglich. 145) Sacker 1961, 8. 146) Ehrismann 1927, 177. 147) Ohly 1958, 102. 148)Ohly 1958, 102. 149) Hervorh. v. Verf. 150) Vgl. Cramer 1966, 35. 151) de Boor 1964, 65. 152)Emmel 1936, 31. 153) Vgl. ob. S. 272. 154) Entsprechend dieser Tatsache findet sich I. 1-1334 kein Beleg für minne. 155) Ähnlich Fink 1939, 126. 156)Der erste Beleg für minne im Iwein findet sich I. 1335. 157) Terminus nach Emmel 1936, 34. 158) Hervorh. v. Verf. 159) Ohly 1958, 109. 160) Vgl. dazu ob. S. 195 ff. 161)Der Erzähler erwähnt zwar, daß "hern Iweines swaere" (I. 3241) Artus "starke leit" (I. 3240) war und daß er ihn suchen läßt (vgl. I. 3244), weil er ihm Trost und Zuversicht zusprechen wollte (vgl. I. 3243). Ob man daraus wie Scheunemann 1937, 110 ff. schließen darf, die ere am Artushof sei Iwein gar nicht verlorengegangen, scheint zweifelhaft. Vgl. zu der Frage auch Ohly 1958, 112. 162) Wapnewski 1964, 65. 163) Vgl. de Boor 1964, 81; Wapnewski 1964, 65. Schwietering 1957, 159. Willson 1962, 218 ff. Ohly 1958, 114 ff. 164) Wapnewski 1964, 66. 165) Vgl. S. 277 ff. 166) Dazu vgl. im einzelnen Ohly 1958, 114 ff. 167) Vgl. dazu ob. S. 197 ff. 168) Entsprechend ist der Wortinhalt von aventiure im Beleg I. 3918 im Bericht ein ganz anderer als in der Erzählung Kalogreants! 169) de Boor 1964, 65. Vgl. ob. S. 275 f. 170)Ere ist deswegen z. B. in Vers I. 4832 ein ganz anderer Wert als z. B. in Gaweins Rat (I. 2770-2912). 171) Für Ehrismann 1927, 182 ist der Löwe "Sinnbild der Treue". Sacker 1961, 15, Anm. 7 wendet sich dagegen mit dem Argument, im Kampf gegen Gawein .kämpft er dann ohne seine Treue, da er hier den Löwen zurückläßt. Zu Sackers eigener Deutung vgl. ebd. 16. Ohlys Feststellungen zum Löwen sind uneinheitlich. Einmal ist er "deux ex machina" (114), dann "Verkörperung der triuwe" (116) und "der verlängerte Arm Gottes" (116), und dann spricht er von der "Bedeutung des Löwen als Gottesbote" (117). H. Sparnaay 1933/38, n, 39 erblickt in dem Löwen schon bei Chrétien nur "ein wirksames Mittel das Interesse der Zuhörer zu fesseln. " Für Ohly 1958/59, 18 f. bedeutet der Löwe das Recht. Hatto 1965, 97 schreibt: "The lion is Christ: who eise would be at grips with the Serpent, the Ancient Enemy ?" 172) Ohly 1958, 123. 173) Vgl. dazu Ohly 1958, 121 ff. 174) Sacker 1961, 24. 175) Vgl. z. B. Witte 1929, 161. Putz 1927, 83 f. Wapnewski 1964, 68. Halbach 1939, 101. Ohly 1958, 124.

3. Kapitel,

Anmerkungen

176 bis

182

299

176) Einen eingehenden Vergleich gibt es nicht. 177) Richey 1952, 161. 178) Swinburne 1956, 197. 179) Poag 1961, 109. 180) Ob allerdings die Minnedarstellung in der Gahmurethandlung etwas mit "love of the Ovidian tradition" zu tun hat, scheint fraglich. Denn die minne ist eigentlich in den beiden ersten Büchern des Parzival nicht vornehmlich destruktiv, und daß die Liebe irrational ist, ist noch kein Zeichen dafür, daß ihre Darstellung in Ovid' scher Tradition steht. Wenn überhaupt in der Gahmurethandlung etwas destruktiv in der Liebesdarstellung ist, dann die Verbindung der Liebe mit dem Kampf. Aber auch gerade diese Verbindung hat wieder konstruktive Aspekte. 181) So tritt Gahmuret z. B. während der Hochzeitfeierlichkeiten in Kanvoleiz als Landesherr in Erscheinung. 182) So gesehen ist die Darstellung des Konfliktes im Iwein von größerer "Realitätsanalogie" als in der Gahmurethandlung.

SCHLUSSBEMERKUNGEN In den drei in sich abgeschlossenen Kapiteln dieser Arbeit wurden - wie in der Einleitung erläutert - jeweils verschiedene, von der Forschung vernachlässigte oder mit anderen Methoden beleuchtete Aspekte des epischen Gegenstandes minne und e unter unterschiedlichen, von einander unabhängigen Fragestellungen betrachtet. Der damit gegebenen Darstellungsform der Studien entspricht es wohl, daß als Gesamtzusammenfassung nur eine lockere Aneinanderreihung der verschiedenen Ergebnisse möglich wäre. Darauf kann jedoch verzichtet werden, da die Interpretations- und Vergleichsergebnisse bereits in den einzelnen Kapiteln zusammengefaßt wurden. Stattdessen soll abschließend als kurze Ergänzung auf innere Zusammenhänge verschiedener Aspekte der unterschiedlichen E r gebnisse in den drei Kapiteln hingewiesen werden. Zunächst seien einige Bemerkungen zu Wolfram gemacht. Der Parzivalerzähler - so wurde im 1. Kapitel festgestellt - ist Gestalter idealer Ehewirklichkeit und damit zugleich Kritiker der feudalen Eheauffassung und Eheschließungspraxis. Seine Kritik zielt besonders auf das Fehlen gegenseitiger, individueller Geschlechtsliebe in der feudalen Konvenienzehe und auch darauf, daß die erotischen Energien und die leistungssteigernden Kräfte der Liebe in der außertextualen, sozialen Realität nicht genügend für eine Verinnerlichung, Vertiefung und Humanisierung der innerehelichen Beziehungen fruchtbar gemacht werden. Einige Aspekte der Ergebnisse im 2. Kapitel stehen nun mit dieser Haltung des Parzivalerzählers zur gesellschaftlichen Praxis im Zusammenhang. Sollte Wolframs dichterisches Gegenbild zu den Verhältnissen in der Realität eine annehmbare Alternative bieten, dann war vor einem literarisch informierten Publikum, das die Eneide Veldekes kannte, eine Auseinandersetzung mit bestimmten Elementen der Veldek' sehen Minneauffassung von besonderem Interesse,

Sah

lulihemerkunger.

301

ja die dichterische Betonung einer Gegenposition war geradezu "notwendig". Sollte die minne mit der Ehe verbunden werden um der Vervollkommnung innerehelichen Beziehungen willen, dann durfte die Schilderung der minne als eine Art unwillkommene Krankheit, auf deren Entstehung und Verlauf außerindividuelle Instanzen maßgeblichen Einfluß ausübten, nicht unwidersprochen bleiben. Die minne. wie sie Veldeke geschildert hatte, bot wenig Ansatzpunkte, um eine fruchtbare Integration von minne und Ehe zu gestatten. Wolframs Haltung gegenüber Veldeke, und zwar besonders die Zurückweisimg der Verbindung der minne mit den Minnegöttern, bot deswegen eine günstige Möglichkeit, die eigene Auffassung auch neben der epischen Handlung zu präzisieren. In die gleiche Richtung weist die Anfeindung der destruktiven Elemente der minne in den Anreden an frou minne. Gerade vor diesem Diskussionshintergrund wurde die andersartige Darstellung der minne mit ihrer betonten Hervorhebung der konstruktiven Elemente der minne im epischen Geschehen des Parzival selbst besonders plastisch. Nur eine minne. die überwiegend die zwischenmenschlichen Beziehungen, ritterliches Streben und die Gesellschaft förderte, war geeignet für eine überzeugende Gestaltung der Minne-Ehe als Alternative zu den Verhältnissen in der sozialen Realität. Wolframs besonders neben dem epischen Geschehen vorgetragene Zurückweisung der destruktiven Elemente in der minne ist deswegen im Zusammenhang zu sehen mit seiner Absicht, ein ideales Gegenbild zur gesellschaftlichen Praxis zum Zwecke ihrer Kritik zu setzen. Auf diese Weise stehen also einige Aussagen zu Wolfram, die im 1. und 2. Kapitel gemacht wurden, im Zusammenhang. Auch manche Aussagen über den Iwein, die im 1. bis 3. Kapitel gemacht wurden, stehen in innerem Zusammenhang, auf den bereits mehrmals an entsprechender Stelle eingegangen und verwiesen wurde. Einiges sei hier ergänzend hervorgehoben. Hartmann ging es in der Darstellung der Beziehungen von Laudine zu Iwein weniger um das Problem des Verhältnisses der frouwe zum Ritter. Minnedienst gehört nicht zum zentralen Themenkreis des Iwein. Laudine ist weniger als herrische Minneherrin, sondern wohl mehr als verantwortungsbewußte Landesherrin zu verstehen. Hartmann wollte zeigen, welche menschlichen Probleme die unausweichliche Notwendigkeit der politischen Ehe mit einem Unbekannten für eine Frau der adligen Gesellschaftsschicht mit sich bringen kann. Auf der einen Seite zeigt der Iweinerzähler eine kritische Distanz zur Eheauffassung seiner Zeitgenossen. E r hat erkannt, daß besonders die Frauen die Leidtragenden

302

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en

waren, wenn die Ehezwecke vornehmlich im sozialen und politischen Bereich lagen, die Liebe keine oder eine zu geringe Rolle spielte und die Frauen - wie z.B. in Laudines Lage -gezwungen waren, nach einer solchen Eheauffassung zu handeln. Auf der anderen Seite aber zeigt er, daß die "Übertragung der Ritterideologie vom Verhältnis von minne und ere sich auf die Ehe eines Landesfürsten nicht übertragen läßt. Auch hier waren die Frauen, allein gelassen mit den Pflichten, wiederum die Leidtragenden. Auch gegen eine Eheauffassung, die vornehmlich die erotischen Beziehungen der Ehepartner im Auge hatte, wie die von Gawein vorgetragene, zeigt der Iweinerzähler eine kritische Haltung. Sie zeigt sich in der Führung der Geschichte und in der Funktion der frou minne. Beide Eheauffassungen, die in der außertextualen Realität um 1200 vorherrschende und die von Gawein vorgetragene, sind für den Iweinerzähler nicht akzeptabel. Verglichen mit der Realität gehört für ihn zur Ehe Liebe. Verglichen mit der Auffassung Gaweins muß für ihn zur Frauenliebe, die Iwein hat, Nächstenliebe kommen, die er lernen muß, damit die Ehe eines Landesfürsten bestehen kann.

VERZEICHNIS DER BENUTZTEN LITERATUR Vorbemerkung zur Zitierweise Bei Zitaten aus mhd. Texten werden aus schreibtechnischen Gründen die Ligaturen durch Vokal + e,5 durch z wiedergegeben. Aus den gleichen Gründen wird auf die Wiedergabe von Elisionspunkten und Vokallängezeichen verzichtet. Übersetzungen werden nach Kurztiteln zitiert; diese sind im Verzeichnis der benutzten Literatur den vollständigen Titeln vorangestellt. Beispiel: Fink 1919 / Ü b e r s . / , 18. Andreas Capellanus 1892: Andreae Capellani regii Francorum de amore libri très. Hrsg. v. E. Trojel. Kopenhagen. Chrétien de Troyes 1909: Erec und Enide. Hrsg. v. Wendelin Foerster, 2. Aufl. Halle. (Romanische Bibliothek 13). Chrétien de Troyes 1926: Yvain. Hrsg. v. Wendelin Foerster, 2. Aufl. Halle. Eilhart von Oberge 1877: Hrsg. v. Franz Lichtenstein. Straßburg. London. (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker 19). Gottfried von Strassburg 1964: Tristan und Isolde. Hrsg. v. Friedrich Ranke. Text. 8. Aufl. Zürich. Berlin. Hartmann von Aue 1867: Hrsg. v. Fedor Bech. 1 - 3 . Theil. Leipzig. (Deutsche Classiker des Mittelalters 4 - 6). Hartmann von Aue 1881: Der arme Heinrich und dasBüchlein. Hrsg. v. Moriz Haupt. 2. Aufl. der "Lieder und Büchlein und des armen Heinrich. " Besorgt von Ernst Martin. Leipzig. Hartmann von Aue 1942: Gregorius. Hrsg. v. Hermann Paul. 7. Aufl. besorgt v. Albert Leitzmann. Halle. (ATB 2). Hartmann von Aue 1963: Erec. Hrsg. v. Albert Leitzmann. 3. Aufl. besorgt v. Ludwig Wolff. Tübingen. (ATB 39). /Nach dieser Ausg. wird zitiert/. Hartmann von Aue 1959: Iwein. Eine Erzählung. Mit Anmerkungen von Georg Friedrich Benecke und Karl Lachmann. 6. Ausg. Unveränd. Nachdruck der 5. von Ludwig Wolff durchges. Ausgabe. Berlin 1959. /Nach dieser Ausg. wird zitiert/. Hartmann von Aue 1968: Iwein. Eine Erzählung. Hrsg. v. Georg Friedrich Benecke und Karl Lachmann. Neu bearb. v. Ludwig Wolff. 7. Ausg. Bd I: Text, Bd H: Handschriftenübersicht, Anmerkungen und Lesarten. Berlin.

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w DE

G

Walter de Gruyter Berlin-New^förk Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker Herausgegeben von Herrmann Kunisch, Stefan Sonderegger und Thomas Finkenstaedt

Zuletzt trschitntn:

Sibylle von Steinsdorff

Der Briefwechsel zwischen Bettine Brentano und Max Prokop von Freyberg Groß-Oktav. X, 356 Seiten. 1972. Lw. DM 116,— (Bd. 45 [169]) ISBN 3 11 003618 5

lipo Tapani Piirainen

Das Stadtrechtsbuch von Sillein Einleitung, Edition und Glossar Groß-Oktav. 228 Seiten und 2 Seiten Faksimile auf Kunstdruck. 1972. Lw. DM 68 — (Bd. 46 [170]) ISBN 3 11 003543 X

Albertine Trutmann

Studien zum Adjektiv im Gotischen Groß-Oktav. XVIII, 186 Seiten. 1972. Lw. DM 54,— (Bd. 47 [171]) ISBN 3 11 001888 8

Karol Sauerland

Diltheys Erlebnisbegriff Entstehung, Glanzzeit und Verkümmerung eines literaturhistorischen Begriffs Groß-Oktav. VI, 181 Seiten. 1972. Lw. DM 64,— (Bd. 48 [172]) IBSN 3 11 003599 5