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German Pages 492 [514] Year 1980
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Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Begründet von Joachim Jeremias und Otto Michel Herausgegeben von Martin Hengel, Otfried Hofius, Otto Michel
22
Otto Bauernfeind
Kommentar und Studien zur Apostelgeschichte mit einer Einleitung von Martin Hengel herausgegeben von
Volker Metelmann
ARTIBUS
J . C . B . M o h r (Paul Siebeck) Tübingen 1980
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Bauernfeind, Otto: [Sammlung] Kommentar und Studien zur Apostelgeschichte / Otto Bauernfeind. Mit e. Einl. von Martin Hengel. Hrsg. von Volker Metelmann. Tübingen: Mohr, 1980. (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament; 22) ISBN 3-16-142882-X 978-3-16-157274-6 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISSN 0512-1604
© Otto Bauernfeind / J . C . B . Mohr (Paul Siebeck) 1980 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlags ist es auch nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Printed in Germany. Satz und Druck: Guide-Druck, Tübingen. Einband: Heinrich Koch, Großbuchbinderei, Tübingen.
Inhalt Einleitung Otto Bauernfeind (14.1. 1889-26.12.1972) von Martin Hengel
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I Die Apostelgeschichte (Korrigierter Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1939 - T h H K V)
1
Die Apostelgeschichte (unvollendete Neubearbeitung, bisher unveröffentlicht)
283
II Zur Frage nach der Entscheidung zwischen Paulus und Lukas ( Z S T 2 3 1 9 5 4 S. 59-88)
'
353
Vorfragen zur Theologie des Lukas (bisher unveröffentlicht)
383
III Die Geschichtsauffassung des Urchristentums ( Z S T 1 5 1938 S. 347-378)
425
Der Schluß der Antiochenischen Paulusrede ('1 neologie als Glaubenswagnis, Festschrift für K . H e i m z u m 8 0 . Geb. 1954 S. 64-78) .
449
Die Begegnung zwischen Paulus und Kephas Gal. 1,18—20 ( Z N W 4 6 1955 S. 268-276)
464
Tradition und Komposition in dem Apokatastasisspruch Apostelgeschichte 3,20 f. (Abraham unser Vater, Festschrift für O . M i c h e l 1963 S. 13-23)
473
IV Bibliographie der Schriften von Otto Bauernfeind
487
Druckfehlerberichtigung
492
Hinweis: Seitenverweise innerhalb der unverändert nachgedruckten Beiträge beziehen sich auf die in eckigen Klammern stehende Originalseitenzählung.
Einleitung Otto Bauernfeind 14. 1. 1889-26. 12. 1972 Am 14. Januar des zurückliegenden Jahres wäre Otto Bauernfeind 90 Jahre alt geworden. Er hat dieses 9. Jahrzehnt seines Lebens nicht mehr vollenden dürfen, sondern starb vor 8 Jahren mit fast 84 Jahren. Bei vielen jüngeren Theologen - auch hier in Tübingen — mag sein Name schon heute vergessen sein. Eben darum ist es angebracht, seinen Lebensgang und sein wissenschaftliches Werk im folgenden kurz zu schildern, hat er doch bei denen, die ihn wirklich kannten, als Persönlichkeit wie als Gelehrter einen tiefen Eindruck hinterlassen. Auch der Schreiber dieser Zeilen darf bekennen, daß er ihm Bleibendes verdankt. Es ist daher schwer zu sagen, was in der Begegnung mit ihm nachhaltiger wirkte: seine unbestechliche wissenschaftliche Akribie, unbeugsame Wahrheitsliebe und Geradlinigkeit oder die stets freundliche Hilfsbereitschaft und liebenswürdige Bescheidenheit, der aller professoraler Ehrgeiz fremd war. Das äußerlich oft schwer Vereinbare verband sich bei ihm zu einem Charakter, wie man ihn - auch an Universitäten - nicht allzuhäufig findet und den man nicht mehr vergißt. Zwei sehr verschiedene Universitätsstädte waren es, die seinen Lebenslauf je zur Hälfte geprägt haben: das preußische Greifswald an der Ostseeküste und das schwäbische Tübingen. Man könnte diese „dialektischen" Aussagen fortsetzen: Otto Bauernfeind verstand seine theologische Arbeit als Dienst für die Kirche und stand dieser Kirche doch - u m ihres eigentlichen Auftrags willen - in konkreten Punkten sehr kritisch gegenüber. Er wußte sich der Glaubenstradition der Väter verpflichtet und gebrauchte mit unerbittlicher Exaktheit die philologisch-historischen Methoden - aus Treue gegenüber dem Wort, das ihm als wissenschaftlichem Exegeten anvertraut war. Aufgewachsen in der preußisch-nationalen Tradition des Kaiserreiches - am 1. August 1914 legte er sein Lizentiatenexamen ab und zog als Kriegsfreiwilliger ins Feld, wurde bei Langemarck schwer verwundet und anschließend Marinepfarrer — hat er später wie wenige dem Ungeist des Nationalsozialismus widerstanden und für seine Überzeugung schwere Opfer gebracht. Die Erfahrungen zweier Weltkriege und des Kirchenkampfes machten ihn zum Pazifisten aus Glaubensüberzeugung, sie fanden 1956 ihren Niederschlag in der Studie „Eid und Frieden. Fragen zur Anwendung und zum Wesen des Eides". Der Begriff der „Dialektik" ist freilich nicht zureichend, die spannungsreiche Geschlossenheit dieses Lebensweges und Charakters zu u m -
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Einleitung
schreiben. Es leuchtet hier auf, was christlicher Glaube von seinem U r sprung her „Leben aus der Gnade" nennt. A m Anfang stand eine heitere Jugend im Pfarrhaus von Behrenhoff bei Greifswald. Der einzige, spätgeborene Sohn ergriff aus innerer Berufung heraus den Beruf des Vaters und studierte Theologie. Seine Lizentiatenarbeit „Die literarische Form des Evangeliums" (1914) bestimmte seinen weiteren Weg, der ihn auf die wissenschaftliche Laufbahn führte. 1920 wurde er Assistent an seiner Heimatuniversität, zwei Jahre später habilitierte er sich mit einer Untersuchung über den Römerbrieftext des Origenes (TU 44,3 1923). 1928 folgte die scharfsinnige Studie „Die Worte der Dämonen im Markusevangelium". Sein neutestamentlicher Lehrer war Johannes Haußleiter, der Freund Theodor Zahns. Die jüngste Tochter seines Lehrers wurde seine Frau. Auf eine Bitte von Gerhard Kittel hin übernahm er 1931 als persönlicher Extraordinarius einen Lehrauftrag für neutestamentliche Exegese und Einführung in die Umwelt des Neuen Testaments in Tübingen. Die zugesagte Errichtung eines Extraordinariats wurde jedoch durch die Ungunst der Zeit verhindert. Als kurze Zeit später die Nationalsozialisten an die Macht kamen, bestand kein Interesse mehr daran, dieses Versprechen einzulösen. Otto Bauernfeind schloß sich der Bekennenden Kirche an, ja er galt weithin als ihr eigentlicher Vertreter in Tübingen. 1939 erschien sein Kommentar zur Apostelgeschichte, dem er einen guten Teil seiner Lebensarbeit gewidmet hat und dessen Abdruck den Hauptteil dieses Bandes ausmacht. Im gleichen Jahr weigerte er sich, die Erneuerung seines Lehrauftrags beim Berliner Kultusministeriums zu beantragen und verlor dadurch seine Dozentur an der Theologischen Fakultät. Lassen wir ihn über die Gründe für diese bekenntnishafte Entscheidung selber sprechen: „Über die persönliche Mitverantwortlichkeit sämtlicher damaliger Herren Reichsminister an dem Mißbrauch der weißen Stimmzettel bei den Reichtstagswahlen 1939, an den Synagogenbrandstiftungen im November 1938 sowie an anderen schmerzlichen Ereignissen war im Sommer 1939 schon so viel bekannt, daß es für viele Menschen sehr hart war, ein Stück Brot aus diesen Händen annehmen zu müssen. Noch härter aber war es, nun auf Kommando auch noch erneut darum bitten zu sollen und durch bereitwilliges Stellen des willkürlich befohlenen Antrages einen neuen Tropfen in den Ozean des Hochgefühls der Herren Minister zu tragen." Sein Gewissen verbot es ihm, „den Schritt von der stillschweigenden Anerkennung des Ministers zu der positiveren" zu tun, und gebot ihm, „hier einmal ,nein' zu sagen und es auf Nachteile ankommen zu lassen". Aus dem Lehrkörper der Universität ausgeschlossen, trat er in den Dienst der württembergischen Landeskirche und wurde mit dem Pfarramt für die Universitätskliniken betraut. Daraus ergab sich die spätere, bis in seine letzten Lebensjahre hinein aufrechterhaltene schöne Übung, daß, wenn ein Be-
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kannter, Student oder Kollege, in die Klinik eingeliefert wurde, der ehemalige Klinikseelsorger häufig der erste Besucher am Krankenbett war. Der Krieg forderte ein noch schwereres Opfer. U m Weihnachten 1944 wurde der einzige Sohn, der ihm in der schweren Zeit in besonderer Treue Freund und Wanderkamerad geworden war, an der Ostfront als vermißt gemeldet. Der Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes 1945 ermöglichte ihm wieder die Rückkehr in das Lehramt an der Theologischen Fakultät Tübingen und in seine geliebte neutestamentliche Arbeit. 1946 erhielt er einen Ruf an die neu begründete Universität Mainz, den er jedoch zugunsten eines für ihn in Tübingen errichteten Ordinariats ablehnte. Dies gab ihm die Möglichkeit zu neuer fruchtbarer Wirksamkeit im akademischen Unterricht und in der wissenschaftlichen Forschung, wobei freilich die sechs Jahre als Pfarrer und Seelsorger für ihn gewiß keine verlorene Zeit darstellten, denn gegenüber der praktischen Arbeit in der Kirche war er zeitlebens in besonderer Weise aufgeschlossen gewesen. Auch als theologischer Lehrer und Ausleger des Neuen Testaments wollte er ganz bewußt künftige Pfarrer ausbilden. Sein stets nüchtern-sachlicher Rat war in den schweren Nachkriegsjahren der theologischen Fakultät wie der württembergischen Landeskirche in gleicher Weise hilfreich; seine scharfsinnig-gründliche und zugleich temperamentvoll vorgetragene Textauslegung wurde gerade von anspruchsvollen Studenten geschätzt. Hinter dieser studentischen Sympathie stand darüber hinaus die Tatsache, daß er für seine Studenten immer Zeit und ein offenes Ohr für ihre Probleme besaß. Der Schreiber erinnert sich noch gut, wie er morgens um sieben U h r als Stiftler in die Vorlesung über die Apostelgeschichte eilte. Der Zuspätgekommene wurde bestenfalls mit einem freundlichen „Verzeihen Sie, daß ich schon begonnen habe" empfangen. Professorale Selbstherrlichkeit war ihm, dem allzeit Liebenswürdigen und Hilfsbereiten, in seinem ganzen Wesen fremd. Freilich scheute er auch nicht von einem klaren, unter Umständen hart klingenden Nein zurück, wenn er dieses für notwendig hielt, und sein gütiger H u m o r konnte sich zuweilen auch in Ironie verwandeln. Als Früchte der Arbeit in den Nachkriegsjahren reiften einige bedeutsame Artikel im Theologischen Wörterbuch zum N T - so nicht zufällig über den Begriff ,polemos' - , weiter entstand in Zusammenarbeit mit dem Freund und Kollegen Otto Michel die reich kommentierte Ausgabe und Übersetzung von ,De Bello Iudaico' v o n j o s e p h u s , und schließlich das schon erwähnte Werk „Eid und Frieden". Vor allem aber nahm er in dieser Zeit die Arbeit an der Apostelgeschichte wieder auf. In einigen Artikeln, die in diesem Band abgedruckt sind, setzte er sich mit der nach dem Krieg aufbrechenden radikalen Lukaskritik auseinander. Durch sein zurückhaltendes, behutsames und doch eindeutiges Urteil sind sie auch heute noch - oder gerade wieder — bedeutsam. Obwohl ein gro-
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Einleitung
ßer Teil der 1. Auflage seines Kommentars während des Krieges in Leipzig verbrannte, wurde derselbe nach dem Kriege nicht nachgedruckt. Der Autor bereitete vielmehr eine Neubearbeitung vor, in der er sich mit den neueren Thesen zur Apostelgeschichte auseinandersetzte, er konnte dieselbe jedoch nicht mehr zum Abschluß bringen. Diejenigen Teile, die er im Manuskript fertigstellte, die Einleitung und die Auslegung von Kapitel 1,1 - 14 sind ebenfalls in diesem Band erhalten. Nach seiner Emeritierung im Jahre 1957 führte er den akademischen U n terricht und seine Forschungstätigkeit im Rahmen des ihm Möglichen weiter. In dem Jahrzehnt nach seiner Emeritierung war es vor allem die Arbeit an der Josephusübersetzung, die einen guten Teil seiner Zeit und Kraft beanspruchte. Seine letzte Lehrveranstaltung über Bibelkunde des Neuen Testaments hielt er zweiundachtzigjährig im Sommersemester 1971 — 40 Jahre nach seiner ersten Vorlesung in Tübingen im Jahre 1931. Der Nachdruck des Kommentars, der Fragmente zu seiner Neubearbeitung und der themenbezogenen Aufsätze bedarf keiner besonderen Rechtfertigung, denn das Werk des Autors spricht für sich selbst. Trotz einer ganzen Reihe neuerer Kommentare hat es sich einen festen, bleibenden Platz in der Actaauslegung erworben. Als Exeget konzentrierte sich Otto Bauernfeind — unter Abweisung aller extremen Hypothesen und Urteile — ganz darauf, den Text selbst zum Sprechen zu bringen. Eben darum, weil er sich in intensiver Weise darum bemühte, die ursprüngliche Stimme des frühchristlichen Verfassers selbst zu vernehmen und zu interpretieren, eine Aufgabe, der man nur mit großer Gewissenhaftigkeit und unter sorgfältiger Abwägung der Argumente gerecht werden kann, behält sein exegetisches Werk auch für die Zukunft Bedeutung, denn diese Kunst des Hörens auf den Text ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Indem er so den Leser zur B e gegnung mit dem auctor ad Theophilum hinführen wollte, trat er als Exeget ganz hinter diesem Ziel zurück. Man spürt bei der Lektüre seiner Arbeiten etwas von der Devise Johann Albrecht Bengels, die bis zur 25. Auflage über dem Novum Testamentum Graece von E. Nestle stand. T e totum applica ad textum. Für die Gültigkeit des zweiten Satzes: rem totam applica ad te zeugt sein ganzer Lebensweg. Martin
Hengel
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Die Apostelgeschichte Korrigierter Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1939
Inhaltsverzeichnis. Einleitung § 1. § 2. § 3. § 4. § 5. § 6. § 7. § 8.
Ziel und Grundhaltung der AG Die AG in der Hand der alten Kirche Die Quellen der AG Schriftstellerische Eigenart und Sprache Das Verhältnis zu den Paulusbriefen und zu Jsph Verfasser und Abfassungszeit Der Text Literatur
A. Die Gemeinde der Apostel. 1 — 5 1. Einleitung, Verheißung und Befehl des Auferstandenen, Himmelfahrt. 1, 1 — 1 4 2. Die Ergänzung des Zwölfapostelkreises, 1, 1 5 — 2 6 3. Die Geistbegabung und die wunderbaren Zungen. 2, 1 — 42 . . . . a) Das Pfingstereignis. 2, 1 — 1 3 b) Die Predigt des Petrus. 2, 1 4 — 3 6 c) Das Ergebnis. 2, 3 7 — 4 2 4. Das Leben der Gemeinde in der ersten Zeit. 2, 4 3 — 4 7 5. Petrus und Johannes um Wohltat willen zur Verantwortung gezogen. 3, 1 — 4 , 3 1 a) Die Lahmenheilung des Petrus. 3, 1 — 1 0 b) Die Predigt des Petrus. 3, 1 1 — 2 6 c) Gefangennahme, Verhör und Freilassung. 4, 1 — 2 2 d) Das Gebet der Gemeinde und ihre Erfüllung mit Geisteskraft. 4, 2 3 — 3 1 6. Das Leben der Gemeinde — die Gütergemeinschaft. 4, 3 2 — 3 7 . . . 7. Der Frevel des Ananias und der Sapphira. ö, 1 — 1 1 8. Das Leben der Gemeinde — Wundertaten. 5, 1 2 — 1 6 9. Die Apostel erneut zur Verantwortung gezogen, Bedrohung ihres Lebens. 5, 1 7 — 4 2 a) Die Verhaftung der Apostel. 5, 1 7 — 1 8 b) Befreiung und erneute Predigt. 5, 1 9 — 2 5 c) Die Vorführung. 6, 26 d) Das Verhör. 5, 2 7 — 3 3 e) Die Rede des Gamaliel. 5, 3 4 — 3 9 b f) Schluß: Die Bestrafung und Entlassung, weiteres Wirken der Apostel. 5, 39 c — 4 2 . B. Die altere Missionszeit. Das Feld wird reif für Paulus. 6 — 1 2 . . . . 1. Die Einsetzung eines neuen Amtes in der Gemeinde. 6, 1 — 6 . . . . 2. Das Leben der Gemeinde — Neues Wachstum. 6, 7 . . . . . . . 3. Stephanus zur Verantwortung gezogen und gesteinigt. 6, 8 — 8 , 3 . . a) Konflikt und Anklage. 6, 8 — 7 , 1
l 1 6 7 9 10 11 13 14 15 15 24 31 36 42 52 57 58 58 61 71 77 83 83 88 89 91 92 93 93 94 97 97 99 105 106 109
XII
Inhaltsverzeichnis
4.
5.
6. 7.
8. 9. 10.
C.
b) Die Rede des Stephanns. 7, 2 — 5 2 a ) Die Patriarchen — Joseph. 7, 2 — 1 6 ß) Mose. 7, 1 7 — 4 3 . . . ' . . ' y) Stiftshutte und Tempel. 7, 4 4 — 6 0 d) Der Schluß der Rede. 7, 5 1 — 5 3 c) Der Tod des Stephanus. 7, 5 4 — 8 , l a d) Schluß: Verfolgung und Zerstreuung der Gemeinde. 8, l b — 3 . . . Philippus auf neuem Gebiet. 8, 4 — 4 0 a) Philippus und zwei Apostel in Samarien. 8, 4 — 2 5 b) Die Bekehrung des Aethiopiers. 8, 2 6 — 4 0 Paulus tritt in die Gemeinde ein. 9, 1 — 3 0 a) Die Berufung des Paulus. 9, 1 — 1 9 a a ) Einleitung: Sani der Verfolger. 9, 1 — 2 ß) Die Niederwerfung und Bekehrung des Verfolgers. 9, 3 — 9 . . y) Ananias vermittelt die Berufung. 9, 1 0 — 1 9 a b) Saulas in Damaskus und Jerusalem. 9 , 1 9 b — 3 0 Das Leben der Gemeinde: Frieden und neues Wachstum. 9, 3 1 . . . Auch Petrus betritt neues Gebiet. 9, 3 2 — 1 1 , 1 8 a) Die Heilung des Aeneas in Lydda. 9, 3 2 — 3 5 b) Die Erwecknng der Tabitha in Joppe. 9, 3 6 — 4 3 c) Petrus im Hause des gottesfürchtigen Cornelius. 10, 1 — 1 1 , 18 . . a ) Das Gesicht des Cornelius. 1 0 , 1 — 8 ß) Das Gesicht des Petrus. 1 0 , 9 — 1 6 • y) Die Botschafter des Cornelius in Joppe. 10, 1 7 — 2 3 a . . . . ä) Petrus kommt nach Cäsarea. 10, 2 3 b — 3 3 e) Die Predigt des Petrus. 10, 3 4 — 4 3 f ) Geistbegabung und Taufe des Cornelius. 10, 4 4 — 4 8 if) Petrus rechtfertigt sich in Jerusalem. 1 1 , 1 — 1 8 Die Ausbreitung bis Antiochien, Verkündigung an die Griechen. 1 1 , 1 9 — 2 6 Die Antiochenische Kollekte. 11, 2 7 — 3 0 Verfolgung in Jerusalem. 1 2 , 1 — 2 5 a) Das Vorgehen des Herodes, die Hinrichtung des Jakobus. 12, l f . b) Gefangenschaft und Befreiung des Petrus. 1 2 , 3 — 1 9 c) Das Ende des Verfolgers. 12, 2 0 — 2 3 d) Die Rückkehr der Antiochenischen Gesandten. 12, 2 4 f
Die Paulus-Mission von Antiochien bis Rom.
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13—28
1. Die „erste Missionsreise" und das Apostelkonzil. 1 3 — 1 5 , 3 5 . . . a) Die Abordnung des Barnabas und Paulus. 13, 1 — 3 b) Der Beginn der Reise. 13, 4 f c) Kampf und Erfolg in Cypern. 13, 6 — 1 2 d) Von Cypern nach Kleinasien. 13, 13 e) Antiochien in Pisidien. 13, 1 4 — 5 2 a ) Die Vorbereitung. 1 3 , 1 4 f ß) Die Predigt des Paulus. 1 3 , 16 — 4 1 Die Zeit der Verheißung. 1 3 , 1 6 — 2 5 Jesus. 13, 2 6 — 3 7 Abschluß. 1 3 , 3 8 — 4 1 y) Die Wirkung der Predigt. 1 3 , 4 2 — 5 2 f) Ikonion. 14, 1 — 6 g) Wundertat, Vergötterung und Verkündigung in Lystra. 14, 7 — 8 h) Die Steinigung des Paulus. 14, 19. 2 0 a i) Derbe, Rückkehr nach Antiochien. 14, 2 0 b — 2 8
110 113 115 117 119 119 121 121 123 127 129 131 132 133 134 135 137 138 138 139 140 143 144 146 147 148 150 151 153 156 159 159 160 165 166
.
167 168 169 169 171 171 172 172 173 174 177 177 179 180 183 184
XIII
Inhaltsverzeichnis
k) Das Apostelkonzil. 15, 1—35 a) Die Vorgeschichte. 15, 1—5 ß) Die Besprechung. 15, 6—21 y) Der Beschluß. 15, 22 - 29 ö) Der Bescheid naeh Antiochien. 15, 30—36 2. Die große („zweite" und „dritte") Missionsreise. 15, 36—21, 14 . . a) Die Trennung von Barnabas, Syrien and Eilikien. 15, 36—41 . . b) Derbe und Lystra, Timotheus. 16, 1—5 . . c) Kleinasien; Not und Klarheit. 16, 6—10 d) Philippi; die Bannung des Python, Gefängnis, Befreiungswunder. 16, 11—40 e) Thessalonich. 1 7 , 1 — 9 f) Reise über Beroea nach Athen. 17, 10—15 g) Athen. 17, 16—34 h) Korinth. 18, 1—17 a ) Die W e r k s t a t t der dxrjvonoioi.
18, 1 — 4
ß) Wirkung und Gegenwirkung. 18, 5 —8 y) Kraft von oben. 18, 9—11 S) Jüdischer Gegenstoß vor Gallion. 18, 12—17 i) Ephesus. 18, 18—19, 40 a) Die Reise. 18, 18—23 ß) Von der Johannestaufe zum Evangelium. 18, 24—19, 7 . . . y) Wirkung und Gegenwirkung. 19, 8—10 > h e j i o i t yXaiaaats" ein G e n e r a l m o t i v für die ganze G e s c h i c h t e sein mußte. Und dazu auch, daß das Irrationale, dem profanen Verständnis Enthobene des pneumatischen Lebens zum Ausdruck kommen sollte. Daß s i c h i h m a n g e s i c h t s d i e s e r Lage i n v 13, e i n V e r b i n d u n g s g l i e d z w i s c h e n dem in dem M o t i v w o r t gen a n n t e n E r e i g n i s u n d d e m a p o l o g e t i s c h e n Schriftwort bot, ist begreiflich genug ; die Annahme einer Erzählung über ein im engeren Sinne „glossolalisches" Ereignis ist überflüssig. W a s vor v 15 auf das irrationelle Moment weist, geht auf L k selbst zurück. I n dem V ö l k e r k a t a l o g v 9 — I I a dagegen wird man den B e s t eines besonderen trationsgegebenen Stückes sehen. Entscheidend dafür ist nicht das zweimalige ¿Uaravxo de v 7 und 12 mit dem jedesmal vorangehenden Hören der Rede (XuXovfUDv avtiSv) in eigener Sprache — das erklärt sich einfacher als Wiederaufnahme der Erzählung nach der langen Unterbrechung —, entscheidend ist vielmehr die Erwähnung J u d ä a s mitten unter den anderen Ländern, als wenn es überraschend wäre, daß Bewohner J u d ä a s galiläische B e d n e r verstehen können. Unzweifelhaft ist die L A Vovtfaiav hier richtig — alle anderen L A n sind Erleichterungsversuche —, und wenn sie richtig ist, dann ist ihre (u damit der ganzen Beihe) ursprüngliche Zugehörigkeit zu einer unserer Pfingstperikope irgendwie entsprechenden Erzählung so gut wie unmöglich. W i e man auch über die sonstigen Eigentümlichkeiten der Aufzählung denken mag, es bleibt immer wahrscheinlich, daß L k hier einen s c h o n v o r h a n d e n e n , aber aus anderem Zusammenhang stammenden V ö l k e r k a t a l o g v e r w e n d e t hat. Daß seine Vorlage trotz der eigenartigen Stellung J u d ä a s nicht außerjüdischen Ursprungs zu sein braucht, s v Dobschütz Z n W 1 9 0 2 , 4 0 7 ff. — Auf palästinischen Hintergrund deutet denn auch das, was sich nach diesen Ausklammerungen als mutmaßliche Erzählungsvorlage des L k ergibt. L k erzählt von Zungen, die sich zerteilen und damit irgendwie in Beziehung zu den verschiedenen Teilen der Völkerwelt stehen; die jüdische Tradition über den A k t der Sinaigesetzgebung weiß von einer Teilung des Gotteswortes in 70 Zungen (bzw in 7 „ S t i m m e n " und der 7 „Stimmen in 70 „Zungen"), d h in soviel Zungen, als e6 Völkersprachen gibt (Str-B I I , 664 f). L k beschreibt die Beschaffenheit der überweltlichen Zungen mit den W o r t e n „iooei nvQiii1', das J u d e n t u m kennt den Vergleich j e n e r Teilung der göttlichen Stimme mit dem Auseinanderspringen der Feuerfunken beim Niederschlagen des Hammers ( J e r 23,29), es k e n n t aus der Schrift das F e u e r bei der Sinaigesetzgebung ( E x 19,18), Philo schließlich weiß, daß das himmliche F e u e r als T r ä g e r der göttlichen Stimme sich zu der dtaXexios der Hörer (von mehreren diaXexroi ist hier jedoch nicht die Bede) artikuliert habe (rijf ipXoyos cii äiäXexzov aQ&Qov/uEvr^ Tqv avvtj&r[ roTi uxfiotafievoiSi de decalogo 11). E s ist oft mit R e c h t davor gewarnt worden, die Beziehungen zwischen diesen jüdischen Vorstellungen und unserer Pfingstperikope zu überschätzen, aber so viel kann doch gesagt werden: Die jüdische Tradition über die Sinaigesetzgebung enthielt Elemente, die denen der Pfingstgeschichte ähnlich sind und sie war offenbar nicht nur Lehrtradition, sondern auch Erzählungstradition. E s darf wohl nicht an eine theologisch-polemische Zuspitzung der christlichen gegen die jüdische Geschichte gedacht werden, an eine Überbietung der Sinaiszene durch das neue Sprachenwunder des Heiligen Geistes (s u), vielleicht überhaupt nicht an beabsichtigte B e r ü h r u n g zwischen beiden Erzählungsweisen, jedoch die A t m o s p h ä r e , in d e r e i n e v o r l u k a n i s c h e P f i n g s t e r z ä h l u n g m ö g l i c h w a r , in d e r w i r sie d a r u m a u c h zu s u c h e n h a b e n , i s t d u r c h dieSinaitradition d e u t l i c h g e w i e s e n . Christliche Kreise, die in der W e l t jüdischer Tradition zu Hause waren, werden sich von einer Manifestation des Heiligen Geistes erzählt haben, bei der verschiedene Sprachen gehört u verstanden wurden und bei der zerteilte Zungen (oder eine Zerteilung in verschiedene Zungen) sowie heiliges Feuer von Bedeutung waren, ein „Naturwunder" und zugleich ein „Sprachenwunder", das machtvoll über den engen R a u m Palästinas hinaus3*
36
a) Das Pfingstireignisi 2, 1—13.
wies. — G e f o r m t e T r a d i t i o n s s t ü c k e l e h r h a f t e r A r t w e r d e n w i r a l s V o f a l u f t n d e r h t m i a c h e n P f i n g s t e r z ä h l u n g a l s o i n g r ö ß e r e r Z a hl a n z u s e t z e n h a b e n , was der AG a l s g e f o r m t e E r z ä h l u n g T o r l a g , bes c h r ä n k t s i c h w a h r s c h e i n l i c h a u f e i n e n e i n z i g e n B e r i c h t . Einen Bericht, der — ohne Seitenblicke ins Gebiet des Ekstatischen — das Wunder der Sprachen darstellte. Ob dieser Bericht seinerseits auch wieder eine Vorgeschichte besaß und wie sich die Bearbeitung durch Lk zu dieser etwa anzunehmenden Vorgeschichte verhält, sei unten (Exk 1) gefragt. Als Gegenstück zu der oben (33) abgelehnten Auffassung, Lk habe die ganze Pfingstgeschichte aus dem Eigenen frei produziert, sei hier schließlich noch das entgegengesetzte Extrem genannt, die Auffassung, daß im Wesentlichen alles einfach auf Augenzeugenbericht beruhe, und daß aus diesem Grunde die Aussonderung einzelner Traditionsstücke gegenstandslos sei. Dieses traditionalistische Extrem kommt der Wahrheit gewiß näher, als das skeptische, afcer es scheitert an einem sehr einfachen Gegenargument: es ist schlechthin nicht einzusehen, weshalb Augenzeugen die Fragen des Ortes und der beteiligten Personen derart in der Schwebe gelassen haben sollten, wie es in der Pfingstgeschichte geschieht. Weder Augenzeugen noch volkstümliche Überlieferungen pflegen so zu verfahren.
a) D a s P f l n g s t e r e i g n i s . 2, 1—13. II, I. Und als sich [die Zeit für die verheißene Geistbegabung, nämlich] der Tag des Pfingstfestes erfüllte, da waren alle am gleichen Orte beieinander [keiner^ ist die nun folgende Begabung entgangen], 2. Und [es geschah etwas ganz Wunderbares, das nur schwer und nur zum Teil, nur vergleichsweise beschrieben werden kann, nämlich] es entstand plötzlich vom Himmel her ein Rauschen, wie wenn ein gewaltiger Wind daherfährt [ohne daß es ein eigentlicher Wind gewesen wäre] und erfüllte das ganze Haus, wo sie saßen. 3. Und es erschienen ihnen Zungen, die sich zerteilter^ gleichsam wie von Feuer und es [nämlich das Geheimnisvolle, das hier hörbar und sichtbar geworden war] setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle von Heiligem Geist erfüllt und begannen [das zu tun, was nun diesen Tag nicht nur von früherer Zeit, sondern auch von späteren großen Geisteserlebnissen unterscheidet, nämlich] „mit anderen Zungen zu reden", wie der Geist es ihnen gab auszusprechen. 5. E s waren aber in Jerusalem wohnhaft Juden [die sich nach der Gesinnung und auch nach dem Geburtsland von der Masse der jerusalemischen Juden abhoben, sie waren innerlichst] fromme Männer [und kamen] von jedem Volk unter dem Himmel her. 6. Als aber die [wunderbare] Stimme erscholl, strömte die Menge [dieser Leute] zusammen und geriet in Erregung; denn sie hörten sie [in solcher Weise] reden [, daß] ein jeder [sie] in seiner eigenen Sprache [hörte], 7. S i e erstaunten aber, sie wunderten sich und sprachen: S i e h ! sind nicht alle diese, die da reden, [wie wir doch wissen] Galiläer? 8. Und wie hören wir [sie] jeder in seiner eigenen Sprache, darin wir geboren sind? 9. Parther und Meder und Elamiter und Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadokien, Pontus und Asien, 10. Phrygien und Pamphylien. von Aegypten und dem lybischen Land bei Kyrene, ansässig gewordene Römer, 11. [wir sind zu einem Teil] Juden und [zum andern Teil] Proselyten, [also auch der Abstammung nach weit voneinander verschieden, manche von uns sind] Kreter [und manche] Araber — wie hören wir sie mit unseren Zungen reden von den großen Taten Gottes? 12. Sie erstaunten aber alle zusammen und waren ratlos und sprachen einer zum anderen: Was will das sein? 13. Andere aber [denen dies wunderbare Verständnis nicht gegeben war und von denen des Näheren hier nicht weiter die Rede sein soll] spotteten und sagten: sie sind voll [nicht von Geist, sondern] von jungem Wein. [Sie erhoben damit schon angesichts dieser grundlegenden Wirkung des Heiligen Geistes den Vorwurf, den in der Folgezeit Ungläubige beim Anhören der Geistesrede verzückter Christen immer wieder erhoben haben. Aber auch die Antwort, die diesem Vorwurf gegenüber am Platze ist, wurde schon damals alsbald von keinem Geringeren als Petrus selbst erteilt.]
a) Das Pimgstereignis. 2, 1—18.
37
[ 1 ] Der Ort der Geistesausgießung und die Zahl der Personen, denen sie zuteil wurde, sind nur allgemein umschrieben. Der Zusammenhang der AG läßt für nävieg keine andere Möglichkeit zu, als die 120 aus 1,15; daß es Lk dabei auf die 12 Apostel besonders ankommt, liegt auf der Hand (s v 14); sie sind es, die später durch ihre Handauflegung den Geistesempfang bei neugewonnenen Christen vermitteln (8,17). Jedoch auch die Tatsache ist für Lk wichtig, daß die ganze Schar der Gläubigen die Geistestaufe — die notwendige Ergänzung zur Wassertaufe des Johannes — empfangen hat und Zeuge der jetzt anhebenden neuen Heilstatsache wird. Auch im Zshg einer älteren Erzählung wäre das Subjekt ndvtsg begreiflich, auch ihr wird es (falls das Wort aus ihr stammt) darauf angekommen sein, daß das zu erzählende Ereignis von allen Gliedern eines bestimmten Kreises erlebt wurde. Der Ort ist für Lk nur insofern von Interesse, als er die Möglichkeit für ein Zusammensein aller bot, öfioS enl tö ai-cö sagt das pleonastisch. Wenn man aus v 2 erfährt, daß es sich um einen oixog gehandelt habe, so wird die Situation daraus nicht deutlicher; ob dieser oixog zu dem 1,13 genannten ineQ^ov in Beziehung steht, ist nicht gesagt. Diese Unbestimmtheit mag ein Kennzeichen schon der vorlukanischen Tradition gewesen sein, sie wird — wie so manche andere urchristliche Tradition — keinerlei örtliches, sondern nur sachliches Interesse gehabt haben: der Vorgang vollzog sich „im Haus". In diesem Fall wäre es von Bdtg, daß Lk kein größeres Wissen zu haben behauptet, als er in seiner Quelle fand. Natürlich ist es bei diesem Ueberlieferungsl)estand und bei dieser Zurückhaltung des Lk ein müßiges Unterfangen, heutzutage mit unseren Mitteln für eine älteste Traditionsstufe oder gar für den historischen Hintergrund dieser Erzählung noch einen bestimmten ohog privater oder sakraler (JsphA 8, 3,2) Art feststellen zu wollen. — Die Zeitbestimmung sticht mit ihrer Genauigkeit stark gegen die anderen Angaben ab, sie meint den Pfingsttag des Todesjahres Jesu; sie läßt eine Erörterung darüber zu, ob vom Vf dieser Tag als Sabbath (falls der Freitag des Todes Jesu der 15 Nisan war) oder als Sonntag (falls der Freitag des Todes Jesu der 14 Nisan war) gedacht sei. Indessen gerade die Genauigkeit der Angabe dürfte an unserer Stelle zur Vorsicht mahnen; es müssen — ehe etwa irgendwelche Schlüsse historischer Art in Angriff genommen werden können — drei die ijiiäga trjg nevztjxoffifjg betreffende Tatsachen berücksichtigt werden: 1. daß die Verbindung dieses Ausdrucks mit dem Verbum avunXtigoiStöcu hier sprachlich außerordentlich schwierig ist, 2. daß die Analogie der sonst in vieler Hinsicht parallelen Stelle Lk 9, 51 eine andere Form der Zeitbestimmung vermuten läßt, als die nevTijxoanrj, 3. daß sachlich zweifellos eine (gewisse) Verwandtschaft zwischen der hier genannten nswijxotfrij und den AG 1, 3 genannten — im Zshg der AG stark verdächtigen! — quadragmta dies besteht. Das sprachliche Problem würde zurücktreten, wenn der Sinn der Worte sein könnte: als der Tag der Pfingsten im Begriffe war, zu Ende zu gehen. Dagegen spricht — ganz abgesehen davon, daß avfinXrjQova^ai dann auf einen für die Wucht des Satzes reichlich formalen Sinn beschränkt bliebe — entscheidend v 15: rptrij &Qa. Denkt man — mit richtigem Gefühl für den Tenor unserer ganzen Erzählung (besonders v 16 ff) und für die Analogie von Lk 9, 51 — statt an das Vollwerden ( = Ablaufen) eines beliebigen Zeitabschnittes an das Vollwerden ( = Erfülltwerden) einer Verheißungsfrist, so ist wieder einzuwenden, daß dabei das Perfektum GvfinenXriQma&ai erwartet werden müßte und daß sich nicht recht einsehen läßt, welche Verheißung gerade auf die ntvzrjxoatij als solche zielen und jetzt erfüllt sein sollte. Lk 9, 51 ist es der Weg Jesu nach Jerusalem, also ein wichtiger Abschnitt der Heilsgeschichte, der von Lk hervorgehoben werden soll und darum mit den Worten eingeleitet wird: ev Ttf ovfinlrjQoSoSai
rag ^/isgag
rfjg ävahrjfnpewg
airoS,
Lk dachte wohl an den
Ablauf der Frist bis zur ävälrjßipig und zugleich auch an die Erfüllung der Verheißung; denn die äväXtj/iipig Jesu ist Gegenstand vieler Verheißungen, die Lk nennen könnte. An unserer Stelle handelt es sich ebenfalls um eine wichtige Epoche der
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a) Das Pfingstereigni«. 2, 1—18.
Heilsgeschichte, um die Epoche, von der das vorliegende Buch handelt — Lk wollte den ersten Worten über ihren Beginn gewiß einen ähnlichen Klang geben, wie denen im Ev. Dort war ävdXijfiipis das entscheidende Hauptwort, ein kerygmatisches Wort vorlukanischer Prägung (s G Bertram, Festgabe f Adolf Deißmann, 202), das im Sprachgebrauch des Lk vielleicht nicht ganz eindeutig ist, das aber grammatisch einwandfrei gebraucht wird und gewiß mit feinem Empfinden gewählt wurde, es erfüllt seinen Zweck so gut, wie kaum ein anderes es an dieser Stelle gekonnt hätte. Sollte es wirklich' Lk an unserer Stelle nicht geglückt sein, ein entsprechendes Wort zu finden, das gleichzeitig sachlich zu der neu anhebenden Epoche und grammatisch zu avfinhriQoi)GSai gepaßt hätte? Wer den Rhythmus des Satzes Lk 9, 51 auf sich wirken läßt, der wird sich doch kaum denken können, daß Lk dort an Stelle von „ r r j g ävahrjfiipeais aizoB" etwa hätte „rot» ndaxa" schreiben können! Wer ihm das dort nicht zutraut, der wird es aber auch AG 2 , 1 nicht ohne weiteres hinnehmen können daß „rrjv ij/ufyav tfjg TcsvTrjxndrrjg" aus seiner Fedei- stammen sollte. Es ist ja freilich für den Exegeten immer bedenklich, einen Text als sekundär anzusehen, der in allen Handschriften "bezeugt ist (mag auch die Unebenheit der Stelle zu stilistischen Besserungsversuchen geführt haben), jedoch der Gedanke an 1, 3 erleichtert die Entscheidung. Wir müssen ja nun doch einmal mit einem Eingriff in den Anfang des AG-Textes rechnen, und zwar mit einem Eingriff, der durch die quadraginta dies und so vielleicht auch durch den christlichen Festkalender bedingt ist. Ist es da nicht wahrscheinlich, daß dieselbe Hand, die dort f ü r die Hervorhebung der „Himmelfahrt" 40 Tage nach Ostern sorgte, sich einige Spalten weiter noch einmal eine Verbesserung erlaubte und den 50sten Tag, den kirchlichen Pfingsttag, recht deutlich zur Geltung brachte? Welcher ursprüngliche Text ihr da zum Opfer gefallen sein mag, läßt sich nicht mehr erraten; man würde ja auch Lk 9, 51 den Ausdruck äväXrjfMipig nie erraten, wenn dort ähnliche Verhältnisse vorlägen. „Tdv xQ^vov rot) Ayiov nvev/xatog", rag ij/xepag rfjg enayyeliag" u a könnten etwa in Frage kommen. Es wird also auf keinen Fall angängig sein, die Ursprünglichkeit des Wortes nevzrjxodr^g als selbstverständlich anzusehen und ohne weiteres darauf weiterzubauen. [ 2 f ] Dem jenseitigen Ursprung des Geschehens, das nun anhebt, entspricht es, daß auch das sinnlich Wahrnehmbare vom Himmel kommt. Das Material der folgenden Darstellung dürfte zum guten Teil oder ganz aus einer vorlukanischen Erzählung stammen; was oben (35 f) von den Zungen und dem Feuer gesagt wurde, wird von der — dem nveüfia sprachlich verwandten — nvori und von dem Schall ebenfalls gelten. Ob auch vor Lk diese Materialien schon in eigentliche und symbolhafte geteilt waren und ob in diesem Falle die Verteilung ebenso war, wie bei Lk, steht dahin. Für ihn ist der Schall objektiv vorhanden; die nvorj ist nur das Vergleichsmittel, mit dem das unbeschreibliche Wunderbare dem Verständnis nahe gebracht wird; die Auswirkung auf Erden entbehrt in etwa der Anschaulichkeit: man weiß nicht (wenn man nicht hier schon v 6 heranzieht), auf welche Weise der Schall das Haus „erfüllt", ob er in dem ganzen Hause gehört wird oder ob er sich von dem ganzen Hause aus weiter verbreitet. Aber eben diese Unanschaulichkeit (die der älteren Tradition schwerlich eignete) steht hier mit dem Wunderbaren in Zusammenhang: es kommt darauf an, daß „alle" von dem wunderbaren Schall erreicht wurden, wie? — danach soll man nicht näher fragen. Die „Zungen" sind objektiv vorhanden, das Wort w wird vor der Uebertragung ins Griechische der Ruf gelautet haben (Windisch aaO). Trotz des Schweigens der Briefe spricht nichts dagegen, daß man von ältester Zeit an die Erinnerung an diese Worte gepflegt hat, auch nichts dagegen, daß sie auf eine authentische Mitteilung zurückgehen. — Saulus hat J e s u s (p,e) verfolgt: Wer die messianische Gmde verfolgt, der verfolgt damit — um das zu wissen, bedarf es nicht erst der paulinischen Theologie — den Messias selbst. [ 5 f ] Daß ein himmlischer XÜQIOS (vgl 1 K o r 8, 5) ihn ruft, weiß Saul; auf den Gedanken, daß es J e s u s ist, wird er erst durch die nachdrückliche Selbstaussage (s 0 zu 8, 10) des R u f e r s geführt. In seine Hände ist Saul gegeben, das steht außer Frage. Und über d a s weitere Geschick Sauls erfährt man nur dies, daß die S t r a f e des Ananias (Kp 5) und des Herodes (Kp 12) an ihm vorübergeht, Saul lebt j a ; im übrigen aber wird die Spannung nicht behoben, die gemessene Weisung, die Saul empfängt und selbstverständlich befolgt, läßt noch viele Möglichkeiten offen. [ 7 ] Die Begleiter sind Zeugen des Vorganges, ohne ihn zu begreifen, sie haben die Stimme (in artikulierten Worten?) gehört, aber keinen Rufer gesehen, ob ihnen auch das Licht verborgen blieb? [ 8 ] Ein Anlaß, die Geschichtlichkeit der Erblindung Sauls zu bezweifeln, liegt natürlich nicht vor; sie ist aber nicht Symbol einer Geisteshaltung, sondern Strafe. [ 9 ] Eine Andeutung
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y) Ananias vermittelt die Berufung. 9, 10—19 a.
über die Geisteshaltung dagegen liegt in den letzten Worten des Abschnittes; das Fasten beweist, daß es sich um mehr als um eine nur physische Ueberwältigung handelt. Zu den eigenen Aussagen des Paulus über seine Bekehrung s ThHK 9, 30 f. y) A n a n i a s v e r m i t t e l t d i e B e r u f u n g . 9, 10—19a. 10. Es war aber ein Jünger in Damaskus mit Namen Ananias, und der Herr sprach zu ihm in einem Gesicht: Ananias! Er aber sprach: sieh, hier bin ich, Herr. 11. Der Herr aber [sprach] zu ihm: Steh auf und geh in die Straße, die die gerade heißt und suche im Hause des Judas einen Mann mit Namen Saulus auf. Denn siehe, er betet 12. und hat geschaut, wie ein Mann namens Ananias eintrete und ihm die Hände auflege, damit er [wieder] sehend werde. 13. Da antwortete Ananias [zunächst erschrocken ausweichend]: Herr, ich habe [aber] von vielen Seiten über diesen Mann gehört, wieviel Böses er Deinen Heiligen in Jerusalem getan hat, 14. und hier hat er [doch] Vollmacht von den Hohenpriestern, alle zu binden, die Deinen Namen anrufen. 15. Es sprach aber der Herr zu ihm: Geh; denn ein erlesenes Werkzeug ist mir dieser, meinen Namen zu tragen vor Völker und Könige und Söhne Israels. 16. Denn ich will ihm zeigen, wieviel er für meinen Namen leiden muß. 17. Ananias aber [fügte sich, er] machte sich auf, trat in das [bezeichnete] Haus, legte die Hände auf ihn und sprach: Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir erschienen ist auf dem Wege, auf dem du kamst, [er bedient sich1 nun meiner Hand,] damit du sehend und mit heiligem Geist erfüllt werdest. 18. Da fiel es ihm alsbald wie Schuppen von den Augen und er wurde [wieder] sehend; und er stand auf und ließ sich taufen; 19. und er nahm Speise zu sich und kam [wieder] zu Kräften. Z u m T e x t ; 12. h läßt den ganzen V weg, gewiß deshalb, weil die Gegenrede des Ananias v 13 nach einer so positiven Offenbarung als unangemessen erschien; in W a h r h e i t ist der v — und mit ihm das Motiv der korrespondierenden Gesichte — aber ursprünglich. Es wird jedoch die Korrespondenz der G e s i c h t e lediglich angedeutet; der W o r t l a u t läßt nur erraten, auf welche Weise Saulus den Mann „sah". Dies war auch wieder Änlaß zu einer K o r r e k t u r ; die Bearbeiter wollten Klarheit und fügten die W o r t e ey oQa/xart ein. Daß sie sekundär sind, beweist das Schwanken ihrer Stellung ( B C : ~ avdpa ey oga/iazi; ER Sd : ~ ey oQatxaa actfpn) und namentlich ihre Auslassung bei X A 81 gig vg sa bo Ti.
[ l O f ] Aus dem wunderbaren Gesicht des Ananias erfährt der Leser auch Einzelheiten, den göttlichen Anruf, die menschliche Antwort, die Straße, in der Saul gegenwärtig wohnt, seinen Wirt, seine Herkunft aus der berühmten, Osten und Westen verbindenden Handels- und Bildungsstadt Tarsus. Es ist natürlich1 möglich, daß die ausgestaltende Phantasie hier durch die Einfügung eines — der Wirklichkeit übrigens entsprechenden — Straßennamens der Geschichte nachträglich Lokalfarbe gegeben hat; wahrscheinlicher aber bleibt es, daß der geschichtliche Tatbestand erhalten ist. Aus diesen Angaben darf nicht gefolgert werden, daß wir es hier im ganzen mit einer vom Standpunkt der Damaszenischen Gemeinde ausgehenden Erzählung zu tun hätten; die Gemeinde bleibt ja im Hintergrund, es handelt sich um eine Saulus-Erzählung. Saul betet jetzt; eine erneute leise Andeutung dafür, daß er nicht nur niedergeworfen, sondern in Wahrheit bekehrt ist. [ 1 2 ] Das Gesicht, das Saul gehabt hat, liegt jetzt schon zurück. Wir wissen nicht, wie lange nach dem entscheidenden DamaskusErlebnis es eintrat. Daß Sauls Gebet noch auf anderes zielt, als auf die Wiederherstellung des physischen Sehvermögens, darf man ahnen; die Handauflegung soll der Heilung dienen, aber sie ist ja oft auch die Vermittlung für noch höhere Güter. [ 13 f ] Ananias ist natürlich in dem befangen, was vergangen ist; im Worte des Herrn leuchtet die Wahrheit über die Zukunft auf; Saul steht zwischen beiden. [ 15 f ] Im Worte des Herrn an Ananias — freilich vorläufig nur hier — löst sich nun die Unsicherheit. Was vor Damaskus Geschichte geworden ist, das liegt in ewiger Wahl längst begründet. Was Saul den Menschen bringen wird, ist das Gleiche, das von Anfang an die Jünger in Jerusalem vor die Öhren ihrer Zuhörer gebracht haben:
b) Saulus in Damaskus und Jerusalem. 9 , 1 9 b —80.
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der „Name" Jesu. Aber sein Hörerkreis wird weiter und andersartig sein; die Söhne Israels rücken an die letzte Stelle, an der ersten stehen die Heidenvölker. An der zweiten ihre Machthaber, Saulus wird mit dem, was er erfahren — ganz ähnlich wie Heliodor (2 Mkk 3, 35) — vor Könige hintreten und er wird willig das auf sich nehmen, was er bisher anderen getan hat. [ 17 f ] Was Saul erlebt, geht weit über das hinaus, was er nach dem Gesicht hoffen durfte; mit der Gabe des Augenlichtes empfängt er die des Heiligen Geistes, wahrscheinlich beides gleichzeitig mit der Taufe. In der Sprache der volkstümlichen — schwerlich der gelehrten — Medizin wird die Heilung beschrieben. Nachdem sie erfolgt ist, kann Saulus sein Fasten beendigen. Eis ist auffällig, daß Ananias v 17 von der Erscheinung des Herrn weiß, die ihm v 1 3 1 noch nicht bekannt war. Dem Leser des Buches bestätigt Ananias hier, daß Saulus mit dem Licht zugleich' doch auch den Herrn gesehen hat.
b) Saulus in Damaskus und Jerusalem. 9, 19b—30. 19 b. Er verbrachte aber einige Tage [der Zurückgezogenheit] mit den Jüngern in Damaskus. 20. Und [danach machte er] alsbald [mit seinem neuen Wirken den Anfang, alsbald nämlich] predigte er in den Synagogen von Jesus, daß dieser der Sohn Gottes sei. 21. Da gerieten alle, die das hörten, außer sich und sprachen: I s t dieser nicht [derselbe,] der in Jerusalem die verstört hat, welche diesen Namen anrufen und der hierher dazu gekommen ist, um sie gebunden vor den Hohenpriester zu führen? 22. Saulus aber gewann immer mehr Kraft und versetzte die in Damaskus wohnenden Juden in Bestürzung indem er [aus der Schrift] den Beweis erbrachte^ daß dieser der Messias ist. 23. Als aber viele Tage vergangen waren, beschlossen die Juden, ihn zu töten. 24. Dem Saulus aber wurde ihr Anschlag bekannt, sie bewachten aber auch die [Stadt-] Tore tags und nachts, um ihn zu töten. 25. Die Jünger aber nahmen ihn [in ihre Obhut] und ließen ihn nachts über die Mauer hinab, [und zwar] indem sie ihn in einem Korb herunterließen. 26. Und als er nach Jerusalem gekommen war, versuchte er, sich den [dortigen] Jüngern anzuschließen [, er blieb aber doch einsam] und alle fürchteten ihn, weil sie nicht glaubten, daß er [wirklich] ein Jünger sei. 27. Barnabas aber nahm sich seiner [mit besonderem Verständnis] an und führte ihn [gleich zur entscheidenden Stelle,] zu den Aposteln und erzählte ihnen, wie er auf dem Wege [nach Damaskus] den Herrn gesehen habe und daß er zu ihm gesprochen habe und wie er in Damaskus freimütig im Namen Jesu geredet habe. 28. [Damit war das begreifliche Mißtrauen überwunden und der Wunsch des Saulus in vollem Maße erfüllt,] er ging [geradezu] bei ihnen [, den Aposteln,] aus und ein in Jerusalem und redete unerschrocken im Namen des Herrn. 29. "Und er redete und stritt mit den [jüdischen] Hellenisten. Die aber [sahen mit den scharfen Augen des feindlichen Bruders seine Zukunftsmöglichkeiten und] suchten, ihn zu töten. 30. Als das die Brüder erkannten, führten sie ihn nach Cäsarea hinab und entsandten ihn nach Tarsus. Z u m T e x t : 2 5 . 4'29 : avxov > avrov ; K : avTov Ol fxa&rjzai > N i ^ C i f g : oi [la&rjiai avrov. Da a) juatfijrijf einfach den „Christen" und gewiß nicht den „Schüler" des Saulus bedeutet und da b) avrov schwerlich Genitivobjekt zu Ao/Socte? sein kann, so ist entweder die L A der Gruppe Ä — obwohl sie keineswegs die lectio arduor ist — sehr ernst zu nehmen oder eine alte Textverderbnis anzunehmen.
Man erwartet, daß das Judentum sich gegen den abtrünnig gewordenen Vorkämpfer wehren wird. Indessen der Bericht, der auf die Berufungsgeschichte folgt, bringt davon sehr wenig. Man fragt vergeblich, weshalb die Maßnahmen, mit denen er bisher gegen die Christen vorging, auf ihn selbst so gar keine Anwendung finden. In Damaskus dulden die Juden den Prestigeverlust, den sie durch seinen Abfall erleiden, geraume Zeit (v 23: fj/iegai Ixavai). Warum erwirken sie nicht alsbald einen Haftbefehl gegen ihn? Und in Jerusalem unterläßt nicht nur der Hohepriester, der
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b ) Saulus in Damaskus und Jerusalem. 9, 19 b—30.
vorher so weitgehende Vollmachten gegen die Christen ausgestellt hat, jedes Einschreiten gegen das naQQrjOid&oöai sv T ivöfiari TOV XVQCOV (28); es kommt auch niemand auf den Gedanken, ihm das nahezulegen; was die jüdischen Hellenisten schließlich anzetteln, ist ja lediglich Selbsthilfe. Daß dieser Widerspruch einem Autor wie Lk einfach entgangen wäre, darf man nicht annehmen; er würde auf eine entsprechende Frage wahrscheinlich damit antworten, daß Saul eben die Seele der ganzen Verfolgung gewesen sei, daß die Behörden ihre Maßnahmen nur auf sein Drängen hin ergriffen und sich — sobald dieser Antrieb wegfiel — lieber wieder passiv verhielten (9, 31). Aber auf ein deutliches Aussprechen seiner Auffassung hat er verzichtet, doch wohl ein Zeichen dafür, daß er h i e r ü b e r h a u p t n i c h t a l l z u s t a r k e i n g e g r i f f e n h a t . Von sich aus hätte er wahrscheinlich über die ersten Tage des Christenstandes bei Saulus am liebsten eine schöne, das Seelenleben lebhaft spiegelnde Legende erzählt; da es die nicht gab, beschränkte er sich im wesentlichen auf Wiedergabe und Ausgestaltung der wenigen Angaben, die er vorfand. Und d i e s e Angaben werden von einem offiziellen A u f t r a g d e r J e r u s a l e m i s c h e n O b r i g k e i t an den jüdischen Saulus — anders als die Bekehrungsgeschichte, die Lk vorfand — überhaupt n i c h t s g e w u ß t h a b e n . Eis handelt sich um eine kleine farbige, gewiß oft erzählte Geschichte von der Flucht aus Damaskus (23 f f ) und um allgemeine Erinnerungen an die Tätigkeit in Damaskus und Jerusalem. Der geschichtliche Charakter dieser Traditionen läßt sich — da wir in den paulinischen Briefen Parallelberichte besitzen — (Gal 1; 2 K r 11) ziemlich genau ermitteln: a) nach Gal 1, 17 war Saulus zwischen seiner Bekehrung und einem späteren DamaskusAufenthalt in Arabien. Für diese Reise ist in der AG kaum Platz. In den ^/xigai txavai v 23 kann sie ja doch nicht enthalten sein, b) Nach 2 K r 11, 32 f hat Saulus einst Damaskus fluchtartig über die Stadtmauer verlassen. Unsere Stelle ist dieser K r -Stelle so ähnlich, daß man — freilich übertreibend — an Abhängigkeit von ihr gedacht hat; nur daß der Verfolger des Saulus dort ein Beduinenscheich ist, der Ethnarch des Königs Aretas, hier dagegen die Judenschaft. Vielleicht darf man die beiden Angaben harmonisieren: Der Ethnarch war mit den Juden im Bunde. Vielleicht aber hat Lk hier geglaubt, eine dem 2 K r entsprechende Tradition in seinem Sinne berichtigen zu sollen: Der eigentliche Feind des Paulus — wie des Christentums überhaupt — sind die Juden. Mag nun solche Veränderung vorliegen oder nicht, auf jeden Fall scheint unser Bericht dies Ereignis an der richtigen Stelle, dh gerade vor der Reise nach Jerusalem zu bringen, als Abschluß des zweiten Aufenthalts in Damaskus; daß Paulus nach dieser Verfolgung noch einmal in Damaskus gewesen sei, ist nirgends angedeutet und nicht wahrscheinlich, c) Nach Gal 1, 18 erfolgt der einzige Besuch', den Saulus zwischen Bekehrung und Apostelkonzil in Jerusalem macht, fiexa. TQia srij. Nach unserem Bericht dagegen war die Bekehrung des großen Verfolgers in Jerusalem noch unbekannt, es ist also — im Gegensatz zu Gal — an einen Zeitpunkt ganz bald nach der Bekehrung gedacht. Daß ein Mann mit dem Lebensberuf des Saulus einmal die Verbindung mit den Zwölf bzw mit ihrem Haupt Petrus suchen mußte, hält Lk — mit vollem geschichtlichen Recht — für selbstverständlich, aber er — oder die von ihm benutzte Tradition — nimmt zu unrecht an, daß sich damals gleich die Notwendigkeit ergeben hätte, bald in Jerusalem zusammenzutreffen, d) Nach Gal 1, 19 f hat Saulus außer Kephas keinen Apostel gesehen, nur noch Jakobus, den Bruder des Herrn (der für Lk nicht Apostel ist). Lk kann es sich nicht anders denken, als daß er mit d e n Aposteln lebhaften Verkehr gepflogen hat. e) Nach Gal 1, 21 ging Saulus von Jerusalem nach Syrien und Sizilien. Lk nennt nur seine Heimat Tarsus in Kilikien. Ist Tarsus mit seiner Völkermischung u seinem reichen Geistesleben an sich auch ein günstiges Missionsfeld, Lk denkt wahrscheinlich trotzdem an eine Zeit stiller Zurückgezogenheit bis zu dem nahen (oder fernen) Augenblick, da Barnabas ihn
6. Das Leben in der Gemeinde: Frieden und neues Wachstum. 9, 81.
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nach Antiochien rufen wird. Nach Gal 1, 21 dagegen darf man annehmen, daß er damals als Missionar durchs Land gewandert ist. — Was die Historizitätsfrage betrifft, so zeigt sich also im ganzen der gleiche Befund, dem wir in der AG schon öfter begegneten: Die Texte gehören weder ins Reich der Protokolle noch ins Reich der Phantasie: Sowohl bei Lk wie bei seinen Vorlagen wollen Freiheit und Gebundenheit beachtet sein. [ 19 f ] Daß im langen Missionsleben des Paulus sehr oft die Synagoge der Ort gewesen ist, an dem er willige Hörer des Evangeliums suchte und fand, das liegt auf der Hand und die AG hat die Erinnerung daran bewahrt. Daß er es — nach kurzer Wartezeit — auch in der durch 9, 1 ff gegebenen Situation längere Zeit ohne Schwierigkeit so gehalten haben sollte, ist auffällig (s o). Den „Sohn Gottes" nennt die AG J e s u s nur hier, gewiß in richtigfer Erinnerung daran, daß diese auf P s 2, 7 zurückgehende Messiasbezeichnung f ü r die Predigt des Paulus insbesondere bezeichnend war. [21 f ] Mit dem Worte nooSeto hat auch Paulus (Gal 1, 13. 23) sein vormaliges Verfahren gegen die Gemeinde bezeichnet. Die Christen erholen sich von ihrem Staunen, den Juden läßt Paulus keine Zeit d a f ü r (s o), er drängt sie alsbald in die Defensive, indem er ih'nen als Herold des Sohnes Gottes und zugleich als überlegener Vorkämpfer theologischer Erkenntnis entgegentritt, er bringt Beweise f ü r die Gleichung: J e s u s ist der Christus. Das hatten die Christen vor Paulus auch getan, aber dies-3 Beweise — Schriftbeweise natürlich — werden in seiner Hand eine weit schärfere W a f f e gewesen sein, als in der Hand der anderen. [ 23 f ] Paulus erlebt in Damaskus einen Auftakt der Gefahren, die später sein Leben begleiten werden (2 K r 4, 7 ff), seine Feinde sind nahe daran, ihr Ziel gleich mit dem ersten Schlage zu erreichen. [ 26 f ] Auch das Mißtrauen in Jerusalem ist bezeichnend f ü r vieles, was der künftige Heidenmissionar später gerade mit den Christen seiner jüdischen Heimat erleben wird. Der Hinweis darauf ist an dieser Stelle — trotz aller Abweichungen vom eigentlichen geschichtlichen Verlauf — bedeutungsvoll. Auf jeden Fall hat Lk f e r n e r richtig die Mittelstellung gesehen, in der Barnabas zwischen Paulus und den Uraposteln stand, so zeigt sich hier wieder gerade in einem historisch schwachen Stück (wäre Barnabas damals tatsächlich in Jerusalem mit Paulus in Berührung gekommen, so stünde das wohl Gal 1, 18 f) echte geschichtliche Erkenntnis. Wie vorher im Berichte des Ananias (v 14), so ist auch hier der „ N a m e " Jesu die eine gleiche Grundlage aller Predigten der Urapostel wie des Paulus. [ 28 ff] Zu elonogevö/tevoc xal sxnoQtvöfisvng vgl eiarjXdev xal e^fjXd-ev 1, 21. Die Hellenisten", mit denen Saulus in Disput kommt, sind natürlich' nicht die „Hellenisten" aus Kp 6 — die sind nicht mehr in Jerusalem —, sondern es sind die dort nicht als „Hellenisten" bezeichneten hellenistischen Juden, die Stephanus bekämpfte. Vielleicht nimmt Lk an, daß die Apostel mit diesen Juden überhaupt keine Berührung gehabt haben und daß Paulus der erste nach Stephanus ist, der Kämpfe mit ihnen — und so auch die von ihnen ausgehende Gefahr — auf sich nimmt. Darin liegt dann wieder die richtige Erinnerung, daß die Welt, in der Paulus Christ wurde, die Welt des Stephanus, die Welt der Sieben war. Paulus wurde der E r b e ihres Angriffswillens, aber auch ihres Willens zur Einheit und zur Einordnung, ja zur Unterordnung.
6. Das Leben in der Gemeinde: Frieden und neues Wachstum. 9, 31.
31. Die Gemeinde nun hatte [nach der Bekehrung ihres großen Verfolgers auf allen ihren Gebieten, nämlich] in Judäa und in Galiläa [wo sie inzwischen ( f r ü h e r ? ) Fuß gefaßt hatte] und in Samaria Frieden. [Die Quelle ihrer K r a f t blieb die gleiche,] Sie baute sich auf und wandelte in der Furcht des Herrn und [was sie so innerlich empfing, kam auch ihrem äußerem Bestand zugute:] durch den Zuspruch des Heiligen Geistes [wuchs ihre Werbekraft und dadurch] vermehrte sie sich.
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7. Auch Petrus begibt sich auf neues Gebiet. 9, 82—11, 18.
[ 3 1 ] Saulus ist in der Ferne und sein Name verschwindet f ü r s e r s t e aus der Erzählung; daß in Wahrheit die Fäden doch auch jetzt bei ihm zusammenlaufen, zeigt sich an dem Inhalt dieses zusammenfassenden Satzes: Bs ist seine Bekehrung (oiv!), von der hier die neue Friedensära datiert; und der stetige innere und äußere Aufstiegv der nunmehr der Gemeinde geschenkt wird, hat sein heilsgeschichtliches Ziel gleichfalls bei ihm, — Lk denkt ja a n die besondere Aufgabe der exxltjoia Palästinas f ü r die exxXtjoia d e r kommenden Paulus-Zeit, d a f ü r wird sie jetzt durch' frischen K r a f t zustrom gerüstet. Das W o r t exxfopsia hat hier universalen Sinn. Zur Erwähnung Galiläas vgl Lohmeyer, Gal u J e r 51 f (Galiläa von vornherein „ t e r r a christiana").
7. Auch Petrus begibt sich auf neues Gebiet. 9, 32—11, 18. Worauf es dem Bericht jetzt ankommt, das ist die Heidenmissionstat des Petrus, alles andere ist Auftakt dazu. Hätte Lk diese Tat aus dem Eigenen lokalisieren müssen, so würde er gewiß nichts anderes als Jerusalem angesetzt und auf die Vorgeschichte aus Lydda und Joppe dann an dieser Stelle wohl verzichtet haben. Da aber die Tradition nach Caesarea f ü h r t und eine Reise von Jerusalem dorthin damit gegeben war, so bot sich Gelegenheit, auch auf die Hirtenarbeit des führenden Apostels in der Provinz einmal hinzuweisen (32) und sie durch ein paar Erzählungen zu illustrieren. Sind diese Erzählungen nun eigens zu diesem Zweck geschaffen? I h r e Aehnlichkeit mit Mr 2, 1 ff u Plln, AG 3, l f f ; 14, 7 ff u Mr 5, 21 ff u Plln; 1 Kö 17, 17 0 könnte in der Tat auf den Gedanken führen, daß hier — oder doch wenigstens in der ersten Geschichte — lediglich mit Anleihen gearbeitet werde. Indessen der Platz im Buch ist nun doch nicht markant genug, um die Unkosten einer solchen Zusammenstückelung recht zu lohnen, als „Füllmaterial" hätten ein paar Sätze nach der Art von 5, 12 ff vollauf ausgereicht. Die Aehnlichkeiten mit den Parallelerzählungen werden sich also anderweitig erklären, nämlich dadurch, daß Lk hier farbige ältere Einzelheiten weggekürzt hat. Was an Derartigem im Text steht (in der ersten Geschichte nur die Krankheitsidauer von acht Jahren), ist somit nicht Zusatz, sondern Rest. Wir haben es v 36 ff, aber auch v 3 3 ff mit Traditionsgut zu tun, das Lk nicht übergehen, aber auch nicht an eine zentrale Stelle rücken oder ausführlicher darstellen wollte. Jedoch dafür, daß dies Traditionsgut etwa schon vor Lk eine Einheit, eine Art Erzählungskranz gebildet hätte, spricht anderseits kein Anzeichen, es handelt sich um selbständige, wahrscheinlich um örtliche Traditionen. Die größere — und doch wohl auch die kleine — Wundererzählung ist „Legende", Gegenstand ihres I n t e r e s s e s ist — neben der Tatsache des Wunders — durchaus auch die Persönlichkeit, sowohl die aktive, wie auch die passive (36 b ; 39 b ; 38 f).
a) Die Heilung des Aeneas in Lydda. 9, 32 - 35. 32. Es geschah aber, daß Petrus bei allen [Heiligen in den eben genannten Gebieten] umherwanderte [um sie zu besuchen] und [so] auch zu den Heiligen herabkam, die in Lydda wohnten. 33. E r fand aber dort einen Menschen mit Namen Aeneas, der seit acht J a h r e n zu Bett lag; der war gelähmt. 34. Und Petrus sprach zu ihm: Aeneas, J e s u s Christus heilt dich; steh auf und mache dir selbst dein Bett [und beweise damit deine Genesung]. Und alsbald stand er auf. 35. Und es sahen ihn alle Einwohner von Lydda und Saron, die sich [daraufhin in Mengen] zum H e r r n bekehrten. [ 3 2 ] Die Ergänzung zu 3iSQ%6^ievov Sia könnte tönmv sein; die zweite Vershälfte entscheidet jedoch f ü r äyimv. Lydda (Lod, Diospolis, Ludd) liegt an der Straße von Jerusalem nach Joppe. [ 3 3 ] Aeneas scheint noch nicht Christ zu sein, zu seiner Krankheit vgl Lk 5, 18. [ 3 4 ] Zur Heilung gehört die Nennung des Namens J e s u ; die Nennung ist in unserem Falle gleichzeitig Verkündigung an den Kranken und darum
b) Die Erweckung der Tabitha in Joppe. 9, 86—48.
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von allem Formelhaften weit ab. Es geht nicht an, dabei von einem Abwechslungsbedürfnis des Lk zu sprechen; wir haben vielmehr ein Zeichen f ü r die große Bewegungsfreiheit des christlichen Wundertäters vor u n s ; auf die Buchstabenzahl des Wunderwortes und ähnliches kommt es nicht an. Das wird wenigstens die Regel gewesen sein, eine Ausnahme s sogleich bei v 40. [ 35 ] Die ^Mission war nicht der Anlaß der Reise gewesen; der Erfolg kommt diesmal gerade da, wo er nicht gesucht war. Es handelt sich um einen Massenerfolg, wenn auch nävreg hyperbolisch zu verstehen ist. Die f r u c h t b a r e Saronebene (vgl die „Blume zu S a r o n " Cant 2, 1) reicht von der Linie Lydda—Joppe bis zum Karmel. b) Die E r w e o k u n g der Tabitha in J o p p e . 9, 38
43.
36. E s war aber in Joppe eine Jüngerin mit Namen Tabitha, das heißt übersetzt Gazelle. Diese war reich an guten Werken und an Almosen, die sie gab. 37. E s geschah aber in jenen Tagen, daß sie krank wurde und s t a r b ; sie wuschen sie aber und legten sie in ein Obergemach. 38. Da aber Lydda nahe bei Joppe ist, sandten die Jünger, auf die Kunde, daß Petrus dort sei, zwei Männer zu ihm mit der Bitte: zögere nicht, zu uns zu kommen. 39. Petrus aber stand auf und zog mit ihnen; als er angekommen war, f ü h r t e n sie ihn in das Obergemach und es traten zu ihm alle [die anderen?] Witwen [der Gemeinde], sie weinten und zeigten ihm die Röcke und Gewänder, die die Gazelle angefertigt hatte, als sie [noch] bei ihnen war. 40. P e t r u s aber trieb alle hinaus, beugte seine Knie und betete, und er wandte sich zu dem Leichnam und sprach: Tabitha, stehe auf. Sie aber öffnete ihre Augen, sah P e t r u s und setzte sich [aufrecht hin], 41. Er reichte ihr die Hand und richtete sie [vollends] auf, dann rief er die Heiligen und [besonders auch] die Witwen [unter ihnen] und stellte sie [ihnen] lebend dar. 42. Bekannt aber wurde es in ganz Joppe und viele wurden gläubig an den Herrn. 43. Es geschah aber, daß er viele Tage in Joppe blieb bei einem gewissen Simon, einem Gerber. Die urchristlichen Gemeinden waren überzeugt, daß der Gott, der einst am Ende der Tage alle Toten erwecken wird, auch vor der Parusie schon da und dort — wenn sein unerforschlicher Rat ein solches Vorzeichen der letzten Dinge gebietet — ein entschlafenes Menschenkind in das irdische Leben zurückruft, jetzt so gut wie zu Jesu Zeit. Ein Denkmal dieser Ueberzeugung und des sie tragenden Glaubens ist die vorliegende Perikope. Die Probleme, die ihr als Erweckungsgeschichte eignen, sind an sich die gleichen, wie bei den anderen NTlichen Erweckungsgeschichten, s z Mr 5, 21 ff u Plln; Lk 7, 11 ff. Ein darüber hinausgehendes besonderes Problem liegt außerdem in dem Erweckungswort des P e t r u s v 4 0 : Taßidd, ävdmrfct. Zunächst ist daran auffällig, daß der Name J e s u fehlt; die iÖ-Lesarten sind ein Beweis dafür, wie sehr man die Lücke empfand. Vor allem aber ist die Verwandtschaft mit dem Erweckungswort Mr 5, 4 1 einzigartig: obwohl der Imperativ das eine Mal zu einem Appellativum, das andere Mal zu einem Eigennamen tritt, fehlt in der aramäischen Form — die natürlich auch der AG zugrunde liegt — wenig an restlosem Gleichlaut: O B i p ( « T b p ) Nr-bt: _ Q s i p Nn^-o. Die Varianten zu Mr 5, 41 ändern nichts an dem Tatbestand. Diese Art buchstäblicher Uebereinstimmung — ohne entsprechende Uebereinstimmung des Sinnes! — kann unmöglich als zufällig oder als in der Sache begründet angesehen werden. Sie beweist vielmehr, daß der Werdegang unserer Geschichte mit dem d e r Jairusgeschichte in Berührung stand und daß auf der Buchstabenfolge des Erweckungswortes ein starkes Gewicht lag; — das oben zu v 34 Gesagte gilt hier nicht. Zu einer eigentlichen Aufhellung der Vorgeschichte beider Perikopen reichen die Anhaltspunkte nicht a u s ; hat Petrus sich bewußt und unter möglichst geringer Buchstabenabweichung an das Machtwort seines Meisters gehalten? Oder ist in einem bzw in beiden Fällen die Erzählung ganz auf dem Machtwort aufgebaut
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b) Die Erweckung der Tabitha in Joppe. 9, 3 6 - 48.
worden, das in zwei (oder drei?, vgl den Apparat zu Mr 5, 41) verschiedenen Formen mehr oder weniger selbständig umlief? Das Pehlen des Jesusnamens ist ein starkes Anzeichen für die Selbständigkeit des Machtwortes. Angesichts dieses Problemstandes wird man auch bei den anderweitigen — sofort ins Auge fallenden — Entsprechungen zwischen beiden Perikopen an direkte Verwandtschaft denken, obwohl diese an sich auch durch die bloße Aehnlichkeit der Sache und der Erzählungsform bedingt sein könnten (Gemeinsamkeit der Topik, Dibelius 37 Anm 12). — Der Aufbau ist klar: die Einleitung beschreibt in mehreren Stufen, was vorangegangen ist, schließlich auch die Betreuung des Leichnams (37) und den Schmerz der besonders Betroffenen (39). Dem Vollzug des Wunders muß die Menge — auch die christliche Menge — fernbleiben; ein Gebet (1 Kö 17, 20; 2 Kö 4, 33) bereitet das an den Leichnam gerichtete Machtwort vor (40). Die Erweckte öffnet die Augen und setzt sich aufrecht: das Leben ist zurückgekehrt (40). Eine weitere Hilfe (dotis äs airfj nnd auch die volle Kraft ist wieder hergestellt. Dann dürfen die harrenden Gläubigen (41) und schließlich mittelbar auch die Neubekehrten (42) Zeugen des Wunders sein. [ 36 ] Manches Wissenswerte bleibt trotz des breiten Legendenstils ungesagt, man würde gern erfahren, ob die später (v 39) auftretenden Witwen Tabithas Standesgenossinnen oder die Empfängerinnen ihrer Gaben oder beides sind. Der Name Tabitha war auch dem Judentum nicht fremd, s Str-B zSt. Das Wort fiad^TQta, das ihre Zugehörigkeit zur Gemeinde bekundet, kommt im NT sonst nicht vor. Joppe ist eine bedeutende Hafenstadt, das heutige Jafa. [ 37 ] Im tinegcpov durfte Elias dereinst den Sohn der Witwe erwecken (1 Kö 17, 19), an dieses — auch jenseits der Grenzen Israels — vielgenannte Ereignis denkt der Erzähler, wenn er von der Aufbahrung Tabithas berichtet. [ 38 ] Der Weg, den die Boten und dann Petrus zurücklegen müssen, beträgt 15 km, es vergeht also eine beträchtliche Zeit zwischen dem Tode und dem Eintreffen des Apostels. Inzwischen wartet die Gemeinde, auf seinen Zuspruch? Oder auf eine apostolische Tat? Die Einladung an Petrus erinnert durch die Wendung ¡¿rj ¿xvija^t; an eine biblische Szene, Nu 22, 16. [ 39 ] So reich an Einzelheiten, wie die Szene im Hause, war wohl ursprünglich die ganze Erzählung. 'Zur Stellung der Witwen s zu 6, 1. [ 4 0 f f ] Der entscheidende Augenblick ist anschaulich und doch mit großer Zurückhaltung beschrieben. Jetzt an die Freude zu denken, in die die Trauer sich verwandelt hat, das überläßt Lk ganz dem Leser; seine Gedanken eilen vom Ergehen des einzelnen wieder zum Wachsen der Gemeinde: Neuer Anstieg auch hier! s zu v 35. [ 43 ] Von einer Rückkehr zu der so plötzlich verlassenen Gemeinde in Lydda ist nicht die Rede; dem Zweck der Reise entspricht das Bleiben in Joppe besser. Das Gewerbe des Simon, bei dem Petrus wohnt, wird nicht ohne besondere Absicht erwähnt, es ist — wegen der Beschäftigung mit Tierkadavern — verächtlich und dem strengen Juden anstößig (vgl Joachim Jeremias NZW 30 [1931], 299). Petrus aber folgt dem Meister, der gerade den Zurückgestoßenen Gemeinschaft gewährte und den Namen des yilog %wv reXmvwv xal äfxaQxmliüv gern auf sich nahm. Petrus soll jetzt alsbald in ein neues Stadium der Freiheit hineinwachsen; trotz aller Neuheit wird sich darin im Grunde nur die Freiheit entfalten, die er bereits besitzt, die er aus dem Leben und der Botschaft Jesu empfangen hat. o) Petrus im Hause des gottesfürchtigen Cornelius. 10,1—11,18. (1) Was das Ev gemäß dem Befehl des Herrn (1, 8) auf neue Bahnen und in die Weite treibt, ist das Drängen des göttlichen Geistes. Gleich bei seiner ersten Ausgießung berührte er Menschen fremder Sprache; er führte Philippus zu dem äthiopischen Kämmerer (8, 29) und nahm Saulus in seinen Dienst (9, 17). Was sich daraus nun des weiteren ergeben mußte, darüber bedurfte es für den christlichen Leser des Buches keines Wortes mehr : es mußte zur eigentlichen Heidenmission kommen. Der Geist ist zwar an menschliche Logik nicht gebunden; es hätte etwa geschehen können, daß einzelne oder auch zahlreiche Kräfte auf kürzere oder auch längere Zeit zum Stillstand genötigt worden wären (vgl AG 16, 6f). Aber aufs ganze ge-
c) P e t r u s im tJause cles gottesfürchtigen Cornelius. 10, 1 — i l , 18.
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Behen m u ß t e der rückschauende Leser sich sagen, daß der k ü n f t i g e W e g damals bereits deutlich vorgezeichnet war. Es konnte nicht erwartet werden, daß die diaimafiivTcs (11,19) etwa ein grundsätzliches Gebot erhalten würden, den Tausenden von suchenden u n d h a r r e n d e n Gottesfürchtigen, die es außer dem K ä m m e r e r noch gab, das Heil zu verschweigen. Und wenn sie kein Schweigegebot erhielten, dann mußten sie reden. H ä t t e L k n u n seine Leser ohne weiteres so f ü h r e n können, wie es etwa seinen theologischen P o s t u l a t e n entsprach, dann h ä t t e er ihnen jetzt g e s a g t : W a s dir, mein Leser, h e u t e aus der Bückschau deutlich ist, das w a r den beg n a d e t e n M ä n n e r n von damals natürlich erst recht deutlich, u n d namentlich stand es in voller K l a r h e i t vor der Seele der verantwortlichen Apostel. Aber Lk ist nicht so verfahren. E r steht den Geisteswirkungen der ältesten Zeit selbst zu nahe u n d er ist viel zu sehr an die geschichtlichen T a t b e s t ä n d e gebunden, u m aus der apostolischen Zeit eine A r t goldenes Zeitalter zu machen. E r weiß zu genau, daß die geisterfüllten Menschen auch damals doch Menschen blieben u n d daß ihre menschlichen E r w ä g u n g e n u n d H e m m u n g e n u n d Begrenzungen — trotz des göttlichen Muß — f ü r die W e g e des E v nicht gleichgültig waren. Die Apostel, die als erste die Geistesverheißung u n d den Geist selbst empfingen, deren H a n d der Geist als W e g zum Herzen n e u e r Gläubiger erwählte (8, 17) — sie kamen zur Samariterstadt (8, 14ff) erst als die zweiten u n d auf die Straße der Heiden h a t t e n sie i h r Auge ü b e r h a u p t noch nicht ger i c h t e t ! Sie sahen also zu dem Zeitpunkt, an dem die E r z ä h l u n g jetzt steht, die Notwendigkeiten der Z u k u n f t nicht e n t f e r n t so deutlich, wie der Leser des lukanischen Buches sie in der B ü c k s c h a u sehen darf. — Aber h a t Lk, wenn er das so offen zugab, nicht im G r u n d e die A u t o r i t ä t d e r A p o s t e l angetastet ? W a r nicht das Leben der Kirche d u r c h diesen Tatb e s t a n d von vornherein m i t einem Unsicherheitsfaktor belastet? So daß sich jederzeit m ü d e r Konservatismus in der Kirche auf die Apostel u n d ungehemmtes D r a u f g ä n g e r t u m auf die &ta«raapeVrif b e r u f e n k o n n t e ? W i r wissen nicht, wie weit L k solchen F r a g e n nachgegangen i s t . Aber wenn der Tatbestand, den er zu b e r i c h t e n hat, auch niemals aus seinem W u n s c h b i l d h ä t t e erwachsen können, wir sehen doch, daß er i h n ohne Scheu u n d m i t großer D a n k b a r k e i t h a t bericht e n können. W e n n die Apostel gesagt h ä t t e n : „Die (fiaanagevtes stellen u n s vor eine vollendete Tatsache, also müssen wir ihnen schließlich wohl oder übel unser placet geben" — oder: „also müssen wir sie u m unserer A u t o r i t ä t willen bekämpfen" — dann wäre ein Unsicherheitsfaktor in die Gmde eingedrungen. I n W a h r h e i t aber haben die Apostel nichts gewollt, als dem H e r r n g e h o r s a m sein. Und den entscheidenden Schritt t a t e n sie nicht, als es o p p o r t u n war, sondern als es Gott gefallen hatte, sie zu voller Klarheit zu f u h r e n , als sie getrost sagen k o n n t e n : idoSe zip ny&vuari zip äyita xai r]fuv. Ob sie dabei die E r s t e n oder nicht die E r s t e n waren u n d was andere dazu sagen würden, das b r a u c h t e nicht ihre Sorge zu sein. Mag i h r W e g durch F r a g e n u n d Sorgen u n d Begrenztheiten gegangen sein, er war nicht der W e g der Unsicherheit, sondern der e i n z i g s i c h e r e W e g , den es gibt. Und sein Ergebnis war dies, daß die Apostel den W e g zu den Heiden — zwar nicht als die Ersten, vielleicht auch nicht als die Zweiten (vgl zu 11, 19), aber doch noch zu g u t e r Zeit frei gaben. (2) Aber wußte L k n u n wirklich K o n k r e t e s ü b e r die H a l t u n g der Apostel ? E r wußte zunächst, was wir auch wissen, daß auf dem Apostelkonzil selbst ein J a k o b u s der Heidenmission des P a u l u s volle A n e r k e n n u n g gezollt h a t . Und er wußte ebenso, daß der W e g zu diesem Ziel etappenweise zurückgelegt worden war, v o r allem, daß die Beziehungen zu den außerjüdischen Gläubigen bei P e t r u s k r ä f t i g e r u n d som i t wohl auch älter waren, als bei J a k o b u s (vgl Gl 2, 11 ff). Und schließlich h a t ihm die Tradition gewiß auch von einem einzelnen E r e i g n i s berichtet, das den Apostel P e t r u s entscheidend vorwärtsgetrieben habe. W e n n die Wiedergabe dieser Tradition einen so b r e i t e n B a u m einnimmt — breit namentlich etwa im Vergleich m i t den spärlichen Notizen ü b e r die A n f ä n g e der neuen antiochenischen M u t t e r g m d e —, so wird sich in diesem seltsamen Verhältnis weniger die V e r b r e i t u n g u n d das Gewicht der Ueberlieferung, als vielmehr die Auffassung des L k u n d der P l a n s e i n e s B u c h e s spiegeln. Es ist zwar natürlich auch f ü r i h n von g r o ß e r B d t g , daß u n d wie die antiochenische Gmde e n t s t a n d ; indes ihr geschichtlicher H a u p t e r t r a g ist das W e r k des P a u l u s u n d das wird der Leser j a kennenlernen A b e r : daß h i n t e r dem W e r d e n der Gemeinden neuer A r t stets doch auch die Wachsamkeit der zwölf Apostel J e s u stand, daß sich kein Niemandsland zwischen die einzelnen Bezirke schob, das ist m e h r als bedeutungsvoll, das i s t ein heils- u n d weltgeschichtlicher Tatbestand allerersten Banges. Daß Antiochia d u r c h etwas anderes ersetzt worden wäre, könnte man sich schließlich d e n k e n ; daß die O b h u t der Apostel durch etwas anderes ersetzt worden wäre, k a n n man sich nicht denken. Deshalb ist es Lk's volle Absicht, dem Leser die W e n d u n g bei P e t r u s so einzuprägen, daß er sie nie v e r g i ß t ; seine ganze Fähigkeit, heilige Geschichte schlicht n n d erwecklich zu erzählen, wird bewußt m i t allen Mitteln eingesetzt. D u r c h die ausführliche E r z ä h l u n g konnte er sagen, was m i t d ü r r e n W o r t e n zu sagen ihm schwer geworden wäre. (3) L k wollte ausführlich sein. Daß er das k o n n t e u n d wie er es konnte, zeigten schon f r ü h e r e Abschnitte, besonders zB der A u f b a u von 1, 15ff. D a r u m m u ß grundsätzlich alles das, was in u n s e r e r E r z ä h l u n g zu bewußter Breite b e i t r ä g t , auf i h n z u r ü c k g e f ü h r t werden. I n erster Linie also die Beden u n d namentlich a) die Tatsache, daß die Corneliuserzählung d o p p e l t vorliegt (Kp 10 u 11,5—17). Es entspricht zwar durchaus auch volkstümlicher Darstellungsweise, wenn der H a u p t b e r i c h t durch ein Beferat i n n e r h a l b der Erzählung wiederholt wird, aber in unserem Fall muß es sich bei dieser W i e d e r h o l u n g u m K u n s t handeln, um Kunst, die sich an volkstümlicher, namentlich an biblischer Erzählungsweise ge-
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o) Petrus im Hause des gottesfürchtigen Cornelius. 10, 1 — I i , 18.
bildet hat. Und um Kunst, die sieh dabei nicht auf wörtliche Wiederholung beschränkt. Darum darf zunächst eine Registrierung der Verschiedenheiten — die freilich ihrer Geringfügigkeit wegen beim Lesen zunächst kaum auffallen — hier nicht fehlen. (»«) Manchmal handelt es sich nur um Wechsel im Ausdruck, wenn z B 11, 6 gegen 10, 12 in die Tiergruppen zetpanoda, igneztt und ntittvä an zweiter Stelle als eine species der xezQctTroda noch die — besonders unreinen — wilden Tiere, die itr^ia eingefügt werden oder wenn es 11, 8 statt des einfachen '¿tpayov 10, 14 heißt: ciariX&ev ei? ro aze'/xa /xov (Ez 4, 14), wenn 11, 10 alles, anavza, gezogen wird, statt, wie 10, 16, ro axevos. Auch wenn 1 1 , 1 2 diuxpirtiv statt 1 0 , 2 0