Die Fassung *T des 'Parzival' Wolframs von Eschenbach: Untersuchungen zur Überlieferung und zum Textprofil 9783110217391, 9783110205503

Ausgezeichnet mit dem Zeno Karl Schindler-Preis Wolfram von Eschenbach's Parzival is the most widespread medieval

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German Pages 564 Year 2009

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Frontmatter
Inhalt
I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen
I.1 Vom ‚Original‘ zur ‚Fassung‘
I.2 ›Parzival‹-Überlieferung
I.3 Zielsetzung und Methodik
I.4 Siglen
II Die Überlieferungsträger
II.1 Der älteste Textzeuge: Fragment 26
II.2 Das (Züricher) Skriptorium
II.3 Die rheinfränkische Handschrift U
II.4 Die elsässischen Vertreter
II.5 Fragment 42
III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung
III.1 Die Binnengliederung von *T
III.2 Das Verhältnis von *T zu *D und *G
III.3 Fazit: Die Struktur der Fassung *T und die Konsequenzen für die Textanalyse
IV Textprofile. Ansätze zu einer inhaltlichen Erschließung der Fassung *T
IV.1 Die poetologischen Passagen
IV.2 Episoden im Zusammenhang
IV.3 Die Plusverse in *T und *T²
IV.4 Literarische und außerliterarische Anspielungen
IV.5 Lanze, Schwert und Stein: Die Requisiten der Gralzeremonie
IV.6 Abschließende Überlegungen zum historischen Status der Fassungen *T und *T²
V Anhang
V.1 Lesartenkonstellationen
V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42
V.3 Tabelle der Gliederungszeichen
VII Literatur
VII.1 Quellen
Backmatter
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Die Fassung *T des 'Parzival' Wolframs von Eschenbach: Untersuchungen zur Überlieferung und zum Textprofil
 9783110217391, 9783110205503

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Robert Schöller Die Fassung *T des ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach

Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte Begründet als

Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker von

Bernhard Ten Brink und Wilhelm Scherer

Herausgegeben von

Ernst Osterkamp und Werner Röcke

56 ( 290 )

≥ Walter de Gruyter · Berlin · New York

Die Fassung *T des ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach Untersuchungen zur Überlieferung und zum Textprofil

von

Robert Schöller

≥ Walter de Gruyter · Berlin · New York

Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, des Dissertationsfonds der Universität Basel, der Freiwillligen Akademischen Gesellschaft Basel und der Donation Maria Bindschedler.

앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 978-3-11-020550-3 ISSN 0946-9419 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: swissedit, Zürich Einbandgestaltung: Sigurd Wendland, Berlin

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen 1 Vom ‚Original‘ zur ‚Fassung‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 ›Parzival‹-Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Karl Lachmanns Hauptklassen *D und *G . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Eduard Hartls Handschriftengruppe *W [= *T] . . . . . . . . . . . . . 3 Zielsetzung und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 31 31 42 53 55

II Die 1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 3 4 4.1 4.2 5

Überlieferungsträger Der älteste Textzeuge: Fragment 26 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das (Züricher) Skriptorium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handschrift T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmente . . . . . . . . . . . . Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ (Cgm 63) . . . . . . . . . . . Charakteristik des Skriptoriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die rheinfränkische Handschrift U . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die elsässischen Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handschrift V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Druck W . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragment 42 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung 1 Die Binnengliederung von *T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Der Vorlagenwechsel in T und die Folgen für die Fassungskonstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Gruppierungen innerhalb von *T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Das Verhältnis von *T zu *D und *G . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Textbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Die Minusverse von *D im Verhältnis zu *T . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Die Minusverse von *G im Verhältnis zu *T . . . . . . . . . . . . . . . .

60 65 65 74 81 86 92 102 102 113 120

125 125 140 151 151 151 151

VI

Inhalt

2.1.3 Die Zwischenstellung von *T am Beispiel der Abschnitte 336 und 337 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Textformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Die Übereinstimmungen von *T mit *QR . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Die Anteile von *D an der Fassung *T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 *T-Formulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.1 Der Einsatz des Enjambements in *T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.2 Repanse / Urrepanse de schoye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.3 Bücher VIII–XI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Textgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Lachmanns Textgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Das Naheverhältnis von *D und *T in der Textgliederung . . . . 2.3.2.1 Großgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.2 Kleingliederung und Subgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Fazit: Die Struktur der Fassung *T und die Konsequenzen für die Textanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV Textprofile. Ansätze zu einer inhaltlichen Erschließung der Fassung *T 1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.2 2 2.1 2.2 3 4 5 6

Die poetologischen Passagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Prolog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synoptische Darstellung des Prologs nach Lachmann und Hs. T Die Gliederung des Prologs bei Lachmann und in den Hss. D u. T Die *T-Varianten des Prologs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehnenriss: Das Bogengleichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Episoden im Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Trennung Gahmurets von Belakane in *T2 . . . . . . . . . . . . . . Parzivals Geburt und Kindheit in *T und in *T2 . . . . . . . . . . . . Die Plusverse in *T und *T2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literarische und außerliterarische Anspielungen . . . . . . . . . . . . . Lanze, Schwert und Stein: Die Requisiten der Gralzeremonie Abschließende Überlegungen zum historischen Status der Fassungen *T und *T2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

153 161 161 171 183 184 190 195 200 200 206 206 218 255 258 261 261 261 265 269 284 294 294 311 329 338 358 374

V Anhang 1 1.1 1.2 1.3

Lesartenkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *T-Lesartenkonstellationen im ersten Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle zum Bereich 103.15 – 125.30 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . *T-Lesartenkonstellationen in den Büchern V, VI und VIII . . .

376 376 382 383

Inhalt

2 2.1 2.2 3

VII

Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42 Fragment 32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragment 42 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle der Gliederungszeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

390 390 420 425

VI Literatur 1 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Wolfram von Eschenbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Faksimiles / Digitalisate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Ausgaben, Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Weitere Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Forschungsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

461 461 461 462 463 466

VII Register Personen und Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

509 519

VIII Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

527

Vorwort Die vorliegende Untersuchung – eine überarbeitete Version meiner Basler Dissertation aus dem Jahr 2007 – entstand im Rahmen des von Michael Stolz im Jahr 2000 begründeten Parzival-Projekts, das 2006 von Basel an die Universität Bern übersiedelte. Das vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) finanzierte Projekt verfügt mittlerweile über ein vollständiges Handschriftenarchiv, das alle 86 heute bekannten Textzeugen des ›Parzival‹ in digitalisierter Form verwaltet. Damit stand ein Instrumentarium von unschätzbarem Wert zur Verfügung, das mir den Umgang mit einer solch großen Zahl an Manuskripten überhaupt erst gestattete. Der Dank gilt zuerst meinem Doktorvater Michael Stolz, der mir die Arbeit im Rahmen des Projekts ermöglichte, sie nach Kräften unterstützte und die Drucklegung energisch vorantrieb. Rüdiger Schnell, der das Zweitgutachten verfasste, danke ich für zahlreiche Beobachtungen und Anregungen, die in die Druckfassung eingingen. Die nachhaltige philologische Schulung durch meinen Wiener Lehrer Leopold Hellmuth kam (hoffentlich) noch dieser Untersuchung zugute. Darüber hinaus bin ich dem leider im Mai dieses Jahres verstorbenen Eberhard Nellmann für die aufmerksame Lektüre des Manuskripts und für so manchen wertvollen Hinweis zu Dank verpflichtet. Ebenso präzise wie geduldige Angaben zur dialektalen Bestimmung und zur Datierung der Textzeugen steuerten Kathrin Chlench, Thomas Klein und Karin Schneider bei. Oliver Batista-Borjas, Yen-Chun Chen, Simone Hiltscher, Eva Offenthaler, Hermann Reichert, Martin Roland, Daniela Stolpp, Alexander Thielmann, Gabriel Viehhauser und Corinna Virchow danke ich für zahlreiche Gespräche, sorgfältiges Korrekturlesen und technische Hilfestellungen, Gert Hübner für die freundliche Begutachtung zur Erlangung eines Druckkostenbeitrags, Wolfram Schneider-Lastin für die kenntnisreiche und gewissenhafte Einrichtung des Satzes, Heiko Hartmann und Werner Röcke für die Aufnahme der Untersuchung in die Reihe ›Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte‹. Dank für großzügige finanzielle Unterstützung der Drucklegung gebührt dem Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, dem Dissertationsfonds der Universität Basel, der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft Basel und der Donation Maria Bindschedler. Auch aus meinem privaten Umfeld erfuhr die Arbeit mannigfache Unterstützung. Mein Dank geht insbesondere an: Christa Lukas, die unsere gemeinsame

X

Vorwort

Tochter Johanna fast im Alleingang großziehen musste; Ingeborg Dangl, für die beständige Aufmunterung in allen Lebensbereichen über viele Jahre; Christine Hock, für ein Leben abseits der Wissenschaft. Schließlich danke ich meinen Eltern, Ingrid und Rudolf Schöller, und meiner Schwester, Eva Schwieger, für ihren Rückhalt und den festen Glauben an das Gelingen des Projekts. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Basel und Bern, im August 2009

Robert Schöller

I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen I.1 Vom ‚Original‘ zur ‚Fassung‘ Mittelalterliche volkssprachliche Texte sind gekennzeichnet durch einen hohen Grad an Variabilität und unterscheiden sich damit grundsätzlich von den Erzeugnissen der Buchkultur nach Gutenberg. Die mediävistische Germanistik hat erst verhältnismäßig spät damit begonnen, dieser Einsicht mit einem angemessenen Instrumentarium zu begegnen.1 Die Lachmann’sche Methode2 einer auf das Original ausgerichteten Rekonstruktion bestimmte die Editionspraxis und damit auch die Interpretation, die auf der Basis dieser rekonstruierten Texte erfolgte. Lediglich die von Gustav Roethe konzipierte Reihe ›Deutsche Texte des Mittelalters‹ war (und ist) gegen diesen Trend künstlich erzeugter Mischtexte mit dem 1 Einen umfassenden Überblick über die Methodendiskussion der jüngeren Vergangenheit gibt Baisch, Textkritik als Problem der Kulturwissenschaft, S. 4–98. Ich kann mich daher im Wesentlichen auf den für diese Untersuchung zentralen Fassungsbegriff beschränken. 2 Mit der Bezeichnung ‚Lachmann’sche Methode‘ folge ich dem Usus germanistischer Begriffsbildung. Bereits Stackmann, Mittelalterliche Texte als Aufgabe, S. 244, wies darauf hin, dass Lachmanns Kollegen aus dem Fach der Klassischen Philologie einen vielleicht sogar wichtigeren Beitrag zur Ausbildung der Methode geleistet haben. „Wenn wir dennoch von der ‚Lachmannschen‘ Methode sprechen können, so deshalb, weil er derjenige war, der sie am strengsten ausgebildet und mit dem größten Erfolg angewandt hat.“ Vgl. auch Stackmann, Die Klassische Philologie und die Anfänge der Germanistik, S. 372–375 [hebt hervor, dass Lachmann im Umgang mit antiken Texten nach anderen Grundsätzen verfuhr als bei den deutschsprachigen Texten des Mittelalters]. Kritisch gegenüber dem Begriff ‚Lachmann’sche Methode‘ äußerte sich Schirok (Wolfram von Eschenbach, Parzival [ed. Lachmann-Schirok], Einführung, S. LXVI f.). Vgl. darüber hinaus die ungemein detaillierte und informationsreiche Analyse von Timpanaro, Die Entstehung der Lachmannschen Methode, bes. S. 69–72 [Kap. ‚Was wirklich auf Lachmann zurückgeht‘]; Kenney, The classical text, bes. S. 103–110 und 130–142; Lutz-Hensel, Lachmanns textkritische Wahrscheinlichkeitsregeln, S. 394– 408; Milde, Altdeutsche Literatur und Textkritik, S. 179–188; Rautenberg, Germanistik als Wissenschaft, S. 30–39; Fromm, Geschichte der Textkritik und Edition, bes. S. 63–75; Roloff, Karl Lachmann, seine Methode und die Folgen, S. 63–81; Bein, Textkritik, S. 76–84.

2

I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen

Anspruch der ‚Originalnähe‘ ausgerichtet und forcierte – auch unter dem pragmatischen Gesichtspunkt der Arbeitsökonomie – das Leithandschriftenprinzip, das den noch heute kaum zu bestreitenden Vorteil des historisch beglaubigten Einzeltextes für sich beanspruchen kann.3 Bereits Lachmanns Berliner Kollege Friedrich Heinrich von der Hagen erstellte seine voluminösen Ausgaben auf der Grundlage dieses Prinzips, freilich ohne jegliche Systematik, von Methodenreflexion ganz zu schweigen.4 Eine erste konsequente und in ihren Folgen ausgesprochen einflussreiche Auseinandersetzung mit den Prinzipien Lachmann’scher Textherstellung im deutschsprachigen Raum5 unternahm Karl Stackmann im Jahr 1964.6 Stackmann wies darauf hin, dass diese von Bedingungen abhingen, die in der Überlieferung volkssprachlicher Texte nur selten vorlägen und dass daher neue Strategien zur Bewältigung dieses Befundes zu entwickeln seien: Soweit die Lage des Textkritikers durch die besonderen Verhältnisse einer zeitgenössischen und lebendig sich verändernden Überlieferung bedingt ist, müssen wir eigene 3 Hierzu Gustav Roethe im Vorwort zum ersten Band der Reihe (Friedrich von Schwaben [ed. Jellinek]), S. VI : „Schon im Interesse des schnellen Fortganges dieser Publikationen hat die Preußische Akademie der Wissenschaften von kritischen Ausgaben grundsätzlich abgesehen. Es soll durchweg eine möglichst gute und alte Handschrift wiedergegeben werden. Diese Absicht bedeutet nur teilweise einen Verzicht. Wie saubere Handschriftenabdrücke die beste Vorarbeit bilden für spätere philologisch erschöpfende Editionen, so haben sie zugleich ihren dauernden selbständigen Wert, insofern sie annähernd die Gestalt veranschaulichen, in der die Werke des Mittelalters wirklich gelesen worden sind. Für die Entwicklung der Sprache wie für das innere literarische Leben, zumal auch für die Geschichte des Publikums und seines Geschmacks hat das seine besondere Bedeutung; der Handschriftenabdruck leistet da Dienste, die durch kritische Ausgaben nie ersetzt werden könnten.“ 4 Zu von der Hagens Editionsprinzipien und deren kritische Beurteilung durch Lachmann vgl. Ganz, Lachmann as an Editor of Middle High German Texts, S. 16f.; Hunger, Romantische Germanistik und Textphilologie, S. 50–54; Grunewald, Friedrich Heinrich von der Hagen, S. 85–88, 95–97 und 199–203; Weimar, Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft, bes. S. 224–230; Ginschel, Der junge Jacob Grimm, S. 171–173; Meves, Karl Lachmann, S. 23–25; Roloff, Karl Lachmann, seine Methode und die Folgen, S. 66–68; Plachta, Dilettanten und Philologen, S. 62–71; Schöller, Von der Handschrift zum Druck, S. 73–75. Zur ‚Resignation‘ als Kampfvokabel gegen jede an einer Leithandschrift ausgerichtete Edition vgl. Baisch, Beaugenscheinung, S. 9f. 5 Kritik an Lachmanns Textherstellung wurde außerhalb des deutschsprachigen Bereichs namentlich von Joseph Be´dier bereits im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts geäußert (Be´dier, La tradition manuscrite du Lai de l’ombre, S. 161–196 und 321– 356); vgl. hierzu zuletzt Corbellari, Joseph Be´dier und die Edition mittelalterlicher Texte, bes. S. 94–97 [Kap. ‚Be´dier gegen Lachmann‘]. 6 Stackmann, Mittelalterliche Texte als Aufgabe. Vgl. hierzu auch Stackmanns retrospektive Darstellung des eigenen Ansatzes (Autor – Überlieferung – Editor, S. 11 ff.).

Vom ‚Original‘ zur ‚Fassung‘

3

methodische Lösungen suchen. Das ist überall der Fall, wo die Varianten ein ständig wiederkehrendes Schwanken zwischen gleichwertigen Möglichkeiten der Sprache erkennen lassen oder wo die Überlieferung sprunghaft von Fassung zu Fassung wechselt.7

Gerade diese „gleichwertigen Möglichkeiten“, die eine letztlich kaum objektivierbare Entscheidung des Herausgebers – sein iudicium – erforderlich machen, bedürften laut Stackmann besonderer editorischer Behandlung, da die Gefahr bestünde, dass man mehrere divergierende Autorenversionen oder die lebendige Entwicklung eines Originals auf die Ebene eines einzigen, starr fixierten Textes projiziert. Man wird auch hier zwischen den Varianten wählen müssen, die Wahl ist nun aber vollständig willkürlich. Das sollte der Benutzer einer Ausgabe wissen. Er müßte darauf hingewiesen werden, dass der gebotene Text an solchen Stellen mit einer prinzipiellen Unsicherheit belastet ist, die ihn unter allen Umständen zu eigener Entscheidung zwingt. An drucktechnischen Mitteln fehlt es nicht, sie sollten unbedingt genutzt werden.8

Stackmanns frühe Überlegungen bildeten einen ersten gewichtigen Schritt in die Richtung, den Benutzer mittelalterlicher Textausgaben von der Suggestion des ‚originalnächsten‘ Textes zu befreien. Dazu zählt auch die typographische Kennzeichnung von Varianz, der gerade bei reich überlieferten Texten eine nicht zu unterschätzende Bedeutung als Orientierungshilfe zukommt. Mehr denn je ist heute umstritten, ob eine Eintext-Edition trotz des Rückgriffs auf graphische Gestaltungsmittel in der Lage ist, Varianz anschaulich zu dokumentieren. Die Gefahr besteht, dass fassungsspezifische Kohärenzstrukturen zerstört werden und dass der jeweilige Variantenkontext im Apparat verschwindet. Stackmann hat sich später mit diesem Problem intensiv auseinandergesetzt und dort, wo es der Überlieferungsbefund notwendig machte, auch parallel abgedruckte Fassungstexte erstellt.9 Joachim Bumke ist es zu verdanken, dass die neuen Einsichten in die Besonderheiten mittelalterlicher handschriftlicher Überlieferung nun endlich auch für den Bereich des höfischen Romans10 geltend gemacht werden: „Noch heute ist 7 Stackmann, Mittelalterliche Texte als Aufgabe, S. 252. 8 Ebd., S. 264. 9 Vgl. z. B. Sangsprüche in Tönen Frauenlobs (ed. Haustein-Stackmann), wo große Teile des unter Frauenlobs Namen überlieferten, jedoch als ‚unecht‘ betrachteten Textkorpus erfasst sind. 10 Eine kritische Würdigung der überlieferungsgeschichtlich orientierten Prosaforschung um Kurt Ruh, in der einige Positionen Bumkes – bei abweichender methodischer Akzentuierung – vorweggenommen sind, unternimmt Williams-Krapp, Die überlieferungsgeschichtliche Methode. Williams-Krapp weist zudem darauf hin, dass die im vergangenen Jahrzehnt so intensiv diskutierte Bewegung der ‚New Philology‘ kaum Berührungspunkte mit Bumkes Fassungsmodell aufweist: Bumkes nach wie vor textgeschichtlich orientierter Ansatz ist mit der von Cerquiglini geforderten Auto-

4

I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen

die höfische Epik der klassische Ort der Textkritik; und in gewissem Sinne der letzte. Denn es hat sich herausgestellt, dass der größte Teil der mittelalterlichen Literatur Überlieferungsbedingungen unterworfen war, die die Anwendung der Lachmannschen Methode nicht gestatten.“11 Wie Bumke hat Bernd Schirok auf die „ebenso aufschlußreiche wie paradoxe Tatsache“ hingewiesen, „daß ein früh bemerkter Sachverhalt [die Existenz von Parallelfassungen] aufgrund der Dominanz bestimmter überlieferungsgeschichtlicher Vorstellungen nicht nur nicht zu den editorischen Konsequenzen geführt hat, zu denen er eigentlich hätte führen müssen, sondern daß er geradezu verdrängt wurde, um den editorischen Konsequenzen auszuweichen“.12 Auch und gerade für diesen zentralen Bereich der mittelalterlichen volkssprachlichen Literatur bedarf es Texteditionen, die geeignet sind, den Überlieferungsbefund in adäquater Weise darzustellen und die somit auch die Voraussetzung bieten, die Textauslegung auf eine grundlegend neue Basis zu stellen. Die dem größten Teil der Überlieferung höfischer Epen13 angemessene Präsentationsform sieht Bumke in MehrtextEditionen gegeben, in Editionen also, die im Paralleldruck die frühesten greifbaren Versionen eines Textes abbilden. Diese Versionen werden als ‚Fassungen‘ bezeichnet.14

11 12 13 14

nomisierung der einzelnen Handschrift im Grunde unvereinbar (S. 11). Die Diskussion um die ‚New Philology‘ bzw. ‚Material Philology‘ kann daher in dieser Untersuchung ausgeklammert bleiben; Vorschläge, wie die Ansätze dieser Bewegung für aktuelle Alteritäts-Konzepte fruchtbar gemacht werden könnten, unterbreitete zuletzt Peters, ‚Texte vor der Literatur‘?, bes. S. 85–88. In Erinnerung seien an dieser Stelle noch die ‚textologischen‘ Untersuchungen Dmitrij Lichacˇevs gerufen, in denen ebenfalls bereits der Blick auf ein zu rekonstruierendes Original weitgehend aufgegeben wurde und die Aufmerksamkeit stattdessen den textgenealogischen Entwicklungen galt; vgl. einführend Lichacˇev, Grundprinzipien textologischer Untersuchungen der altrussischen Literaturdenkmäler; Vom Umgang mit Editionen (ed. Scheibe); Zu Werk und Text (ed. Scheibe). Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 3. Schirok, Autortext – Fassung – Bearbeitung, S. 166 f. Nach Bumke, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der höfischen Epik im 13. Jahrhundert, S. 298 f., liege nur der ›Willehalm‹ nicht in „gleichwertigen Parallelversionen“ vor. Die Gewichtigkeit dieser definitorischen Neubestimmung eines an sich vertrauten Begriffs hebt Strohschneider, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 114, hervor: „Der Ausdruck ‚Fassung‘ ist alles andere als eine bloß konventionelle Formulierung für einen sozusagen ‚reinen‘ oder objektiven überlieferungsgeschichtlichen Befund. Dieser Befund ist vielmehr seinerseits die Artikulationsform eines genealogisch-stemmatologischen Diskursschemas, und ‚Fassungen‘ sind daher ein Konzept von schwerlich zu überschätzender und systematisch fundierender Bedeutung für [die] mediävistische Literaturwissenschaft [. . .].“

Vom ‚Original‘ zur ‚Fassung‘

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Bumke machte sich über einen langen Zeitraum Gedanken über eine möglichst präzise und umfassende Definition des Begriffs ‚Fassung‘, was mehrere Definitionsversuche in früheren Publikationen bezeugen.15 Die gewissermaßen ‚autorisierte‘ Definition und zugleich jene, auf die die meisten der späteren Reaktionen Bezug nahmen, legte er 1996 in der grundlegenden Untersuchung ›Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹‹ vor. Sie darf mittlerweile als hinreichend bekannt vorausgesetzt werden. Da jedoch jede Auseinandersetzung mit dem Fassungsbegriff von dieser Definition auszugehen hat, sei sie hier nochmals angeführt: Von Fassungen spreche ich, wenn 1. ein Epos in mehreren Versionen vorliegt, die in solchem Ausmaß wörtlich übereinstimmen, daß man von ein und demselben Werk sprechen kann, die sich jedoch im Textbestand und/oder in der Textfolge und/oder in den Formulierungen so stark unterscheiden, daß die Unterschiede nicht zufällig entstanden sein können, vielmehr in ihnen ein unterschiedlicher Formulierungs- und Gestaltungswille sichtbar wird; und wenn 2. das Verhältnis, in dem diese Versionen zueinander stehen, sich einer stemmatologischen Bestimmung widersetzt, also kein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne der klassischen Textkritik vorliegt, womit zugleich ausgeschlossen wird, daß die eine Version als Bearbeitung der anderen definiert werden kann; vielmehr muß aus dem Überlieferungsbefund zu erkennen sein, daß es sich um ‚gleichwertige Parallelversionen‘ handelt.16

Bumke entwickelt seine zentralen Kategorien ‚Fassung‘ und ‚Bearbeitung‘ also weiterhin auf der Grundlage stemmatologischer Analysekriterien. Fassungen sind 15 Vgl. z. B. Bumke, Der unfeste Text, S. 124: „Von Fassungen spreche ich, wenn ein Epos in mehreren Versionen vorliegt, die in solchem Ausmaß wörtlich übereinstimmen, daß man von ein und demselben Werk sprechen kann, die sich jedoch im Textbestand und/oder in der Textfolge und/oder in den Textformulierungen so stark unterscheiden, daß die Unterschiede nicht zufällig entstanden sein können, vielmehr in ihnen ein unterschiedlicher Formulierungs- und Gestaltungswille sichtbar wird. Fassungen sind immer eindeutig; wenn sie nicht eindeutig sind, muß es offen bleiben, ob Fassungen vorliegen. Fassungen werden positiv definiert durch den in ihnen eigenen Textbestand und die ihnen eigenen Formulierungen. Das unterscheidet Fassungen von den Handschriftengruppen, mit denen die traditionelle Textkritik arbeitet: diese Gruppen können nur negativ definiert werden, durch die Fehler, die ihnen gegenüber dem ‚Original‘ gemeinsam sind“; ders., Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der höfischen Epik im 13. Jahrhundert, S. 301, Anm. 180: „Unter ‚Fassungen‘ verstehe ich Textversionen, die in den Lesarten und/oder im Textbestand derartig verschieden sind, daß die Unterschiede weder als normale Varianz volkssprachlicher Texte noch als Fehler einzelner Überlieferungsträger erklärt werden können; eine ‚Fassung‘ muß einen eigenen Gestaltungswillen erkennen lassen.“ Weiters: Bumke, Die Erzählung vom Untergang der Burgunder in der ›Nibelungenklage‹, S. 81 f. 16 Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 32.

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I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen

zunächst jene Textversionen, die im Stemma hierarchisch zuoberst angesetzt werden, da sie nicht voneinander ableitbar sind.17 Diese Textversionen sollen in ihrer autonomen Eigenwertigkeit dargestellt und nicht mehr – darin besteht der zentrale Unterschied zur älteren Textkritik – auf ein zu rekonstruierendes Original bezogen werden. Zielpunkt der Überlegungen ist nicht mehr [. . .] der Wortlaut des Originals, der für die meisten Epen, auf Grund der besonderen Überlieferungslage, nicht erschlossen werden kann. Der Schwerpunkt verschiebt sich von der Rekonstruktion der überlieferten Textgestalt auf die überlieferten Texte selbst. Zwar sind auch die Stammhandschriften der verschiedenen Fassungen in der Regel nicht erhalten; aber die Herstellung von kritischen Fassungstexten ist fast überall mit den Methoden der traditionellen Textkritik möglich. Häufig kann man eine gute Handschrift als Leithandschrift für eine Fassung benutzen, so dass sich das Problem der Rekonstruktion nur in sehr beschränktem Umfang stellt. In gewissem Sinn nehmen die Fassungen, aus dieser Sicht, den Platz ein, den in der alten Textkritik das Original innehatte. Man kann daran festhalten, daß ein höfisches Epos von einem bestimmten Autor verfaßt worden ist, daß der Originaltext verlorengegangen ist und daß mehrere Fassungen überliefert sind, von denen nicht sicher ist, in welchem Verhältnis sie zum Original stehen. Aber das ist sozusagen nur ein theoretischer Standpunkt. Die Realität der Überlieferung sieht so aus, daß man es immer schon mit verschiedenen Fassungen zu tun hat, so weit man die Überlieferungsgeschichte zurückverfolgen kann. [. . .] Was textgeschichtlich vor diesen Fassungen liegt, läßt sich nicht berechnen. Damit verschiebt sich der Werk-Begriff vom Original auf die Fassungen. Wenn das epische Werk nur in den verschiedenen Fassungen zugänglich ist, stellen die Fassungen das Werk selbst dar, weil es nicht möglich ist, sich unabhängig von den Fassungen eine Vorstellung vom Werk zu machen.18

Fassungen entsprechen demnach prinzipiell den Hyparchetypen der älteren Textkritik,19 auch wenn Bumke darum bemüht ist, die Terminologie der Textkritik durch eine neue, nicht vorbelastete Begrifflichkeit zu ersetzen. „Auch in synoptisch gestalteten Mehrfassungseditionen wird der Archetyp oder Hyparchetyp mit aller Vorsicht unter Verzicht auf jede Art von Konjektural- und Präsumptivkritik dennoch häufig angestrebt.“20

17 Vgl. hierzu auch Schiewer, Fassung, Bearbeitung, Version und Edition, S. 38, der betont, dass Bumkes Fassungen mit Handschriftenklassen gleichgesetzt werden können. 18 Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 48 f. 19 Dazu Stackmann, Joachim Bumkes Ausgabe der ›Klage‹, S. 392: „Die ‚Fassungen‘ sind im Rahmen einer überlieferungskritischen Edition dasselbe wie die Hyparchetypoi im Rahmen einer auf Grund eines Stemmas gefertigten Edition“; vgl. auch Haymes, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 134 f. 20 Williams-Krapp, Die überlieferungsgeschichtliche Methode, S. 18.

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Das Neue – und Großartige – an Bumkes Ansatz besteht also gerade nicht in einer radikalen Aufwertung jedes einzelnen Textträgers, wie sie von den Vertretern der New Philology gefordert wurde, sondern in einer Umperspektivierung der alten und in ihren Grundsätzen durchaus bewährten Methode der traditionellen Textkritik vom Archetyp weg, hin zu den Hyparchetypen. Dadurch erst wird es möglich, den Textbestand von in großer Zahl überlieferten Werken der höfischen Epik sichtbar zu machen, was gerade bei einem Werk wie dem ›Parzival‹ ein Desiderat von größter Dringlichkeit darstellt. Bumkes Fassungsmodell ist zuallererst als Werkzeug zu betrachten, mit dessen Hilfe auch komplexe Überlieferungsverhältnisse editorisch und in der Folge interpretatorisch bewältigt werden können, ohne gewaltsam die Textzeugen zu einem einzigen Mischtext einzuschmelzen.21 Dass selbst dieses Modell bisweilen seine Tücken haben kann und haben muss, vermag angesichts der Komplexität der Materie nicht zu überraschen. An der grundsätzlichen Richtigkeit des eingeschlagenen Weges ändert dies m. E. jedoch nichts. Ein Vorteil – und zugleich zwangsläufig ein Nachteil – von Bumkes Fassungsmodell liegt im Bündelungsprinzip, auf das speziell bei Texten mit großer Überlieferung nicht verzichtet werden kann: Mehrere Textzeugen werden durch einen Fassungstext repräsentiert. Strohschneider problematisiert diese Vorgangsweise, wenn er meint, Bumkes Fassungsmodell fundiere „den Vorsatz, die allein überlieferten Handschriften durch ihre ‚kritische‘ Bearbeitung in Richtung auf ‚Fassungen‘ zu hintergehen.“22 Dies mag prinzipiell richtig sein, doch wird hier ein Widerspruch artikuliert, der letztlich nach kaum miteinander zu vereinbarenden Grundsatzentscheidungen verlangt, wie Stackmann deutlich gemacht hat: „Natürlich steht es jedem frei, die Hintergehung der Handschriften durch Fassungen für sich abzulehnen. Wer das tut, ist in der Tat auf dem besten Wege, einen radikalen Bruch mit der traditionellen Philologie zu vollziehen. Er muss sich allerdings klarmachen, dass er die Trennung nur durchhalten kann, wenn er prinzipiell auf jede kritische Bewertung der Überlieferung verzichtet.“23 Letztlich 21 Schweikle, Zur Edition mittelhochdeutscher Lyrik, S. 229, vergleicht treffend diese nach dem ästhetischen Kanon des 19. Jahrhunderts geschaffenen Textkonstrukte mit einem neugotischen Kirchenbau. 22 Strohschneider, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 114. Allzu spitzfindig und praxisfern erscheint mir Strohschneiders in dieselbe Richtung zielende Behauptung, dass „nicht Handschriftengruppen [. . .] tatsächlich überliefert sind, sondern allein Handschriften. Ihre Ordnung zu Gruppen ist das Ergebnis eines rekonstruktiven Prozesses auf der Basis von Varianzklassifikationen“ (Rezension Die ›Nibelungenklage‹ [ed. Bumke], S. 28, Anm. 6). Handschriften lassen sich in aller Regel aufgrund eines gemeinsamen Variantenbestandes zu Gruppen ordnen, der Befund wird nicht nachträglich durch ‚Rekonstruktion‘ in die Überlieferung hineingetragen, sondern durch die Überlieferung vorgegeben. 23 Stackmann, Joachim Bumkes Ausgabe der ›Klage‹, S. 392.

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bedeutet dies, die prinzipielle und auch objektivierbare Fehlerhaftigkeit – gemeint sind offensichtliche Schreiberfehler – der einzelnen Textzeugen in die Textauslegung einbeziehen zu müssen, wenn man auf jegliche Textkritik verzichten will.24 Das kann aber schwerlich ein wünschenswertes Ziel sein, und es erscheint bei zahlreich überlieferten Texten zumindest der höfischen Epik25 auch wenig realistisch, jeden einzelnen Textträger in seiner je eigenen ‚Textsituation‘ erfassen zu können.26 Zudem muss hinterfragt werden, inwieweit die restlichen Vertreter einer Handschriftenklasse für die Textauslegung noch von Interesse sein können, nachdem bereits ein Textzeuge (vermutlich die beste Handschrift dieser Gruppe) analysiert wurde; die aussagekräftigsten, fassungskonstituierenden Varianten sind dann bereits ausgewertet, und ob die verbleibenden fassungsinternen Varianten eine je eigene Untersuchung rechtfertigen, müsste jeweils am Einzelfall überprüft werden, ist im Allgemeinen aber eher zu bezweifeln. Die außertextlichen Komponenten (z. B. Bilder, Überschriften, Initialen etc.), also jene textexternen Elemente, die über den Text hinausgehend als zusätzliche Verständnis- und Strukturierungshilfen jedem Überlieferungsträger zu eigen sind, werden ohnehin – zumindest summarisch – in der einer Fassungsuntersuchung vorausgehenden Beschreibung der Textzeugen erfasst; je nach Gewicht und Aussagekraft haben diese Komponenten auch in die Fassungsanalyse einbezogen zu werden. Ein konsequent gehandhabtes Leithandschriftenprinzip ermöglicht hingegen eine zuverlässige Annäherung an die ‚historische Existenzform‘ der ältesten und besten Vertreter der jeweiligen Handschriftenklassen bzw. Fassungen, und von dieser Position aus ist es sehr wohl auch möglich, die Abweichungen in Textbestand und Wortlaut der weiteren Textzeugen dieser Fassung in den Blick zu bekommen. Eine Interpretation von Fassungstexten sollte zunächst möglichst eng am Text der Leithandschrift orientiert sein und von hier aus die fassungsinternen Divergenzen27 beurteilen und ihrerseits deuten. Dies ist nun insofern leicht 24 Zur Klassifizierung von Fehlern vgl. u. a. Stackmann, Neue Philologie?, S. 420– 422. 25 Tragfähig könnte der Ansatz hingegen auf dem Gebiet der Lyrik mit ihren weitaus geringeren Textbeständen sein. 26 Vgl. Strohschneider, Situationen des Textes. Strohschneiders Ansatz zielt darauf ab, „den Konstrukten der traditionellen mediävistischen Textkritik und Editorik die je historischen Konkretisationen mittelalterlicher Texte gegenüberzustellen, und das heißt zugleich: Texte als Manifestationen historisch spezifischer, also in situative Handlungskontexte eingelassener Kommunikationen aufzufassen“ (S. 66). Strohschneider greift also die ältere und hauptsächlich in der Minnesang-Philologie geführte Diskussion um den Wert der ‚historischen Existenzform‘ eines Textes auf und erweitert ihn um aktuelle kommunikationstheoretische Ansätze. Textgeschichtliche Prozesse müssen in einem solchen Ansatz ausgeblendet werden. 27 Zur Problematik und Handhabung der Binnenvarianz innerhalb von Fassungen vgl. Stackmann, Joachim Bumkes Ausgabe der ›Klage‹, S. 388 f.

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möglich, als der ausgedünnte Lesartenapparat28 einer Fassungsedition im Unterschied zu jenem einer Eintext-Edition übersichtlich ist und auch die Variantenkontexte der einzelnen Handschriften stärker herausgestellt werden können. Selbstverständlich ist stets zu vergegenwärtigen, dass auch die nach historischkritischen Prinzipien erstellten Fassungstexte immer nur „Näherungswerte für die tatsächlichen Überlieferungsverhältnisse“29 darstellen können. Die eine Fassung repräsentierende Leithandschrift stellt m. E. nach wie vor die zuverlässigste Basis dar, um einen weitestmöglich authentischen Fassungstext herzustellen. Doch wurden auch gegen diese Vorgangsweise Bedenken angemeldet, am forciertesten wohl von Albrecht Hausmann.30 Hausmann wendet sich entschieden gegen Bumkes produktionsästhetisches Fassungskonzept, dem eine Subjektposition (‚Gestaltungswille‘, s. u.) zugrunde gelegt werde, und stellt diesem eine rezeptionsästhetische Position gegenüber: Fassungen seien „überhaupt nicht als Produkte, sondern immer nur als Rezeptionsvorgaben interpretabel“.31 Hausmanns an Diskussionen aus der Minnesang-Philologie über die Rekonstruktionsmöglichkeiten eines Autortextes geschulte Argumentation32 geht von der Überlegung aus, dass sich Bearbeitungen in Zwischenstufen vor Einsetzen der schriftlichen Überlieferung vollzogen haben könnten, „die in ein und derselben Überlieferungslinie durchaus auch gegensätzlich gewesen sein können (z. B. Kürzungen auf der einen Zwischenstufe, Erweiterung auf der nächsten). Die heute wahrnehmbaren erheblichen Unterschiede zwischen zwei ‚Fassungen‘ können so auf eine Vielzahl kleiner Eingriffe auf verschiedenen Überlieferungsstufen zurückgehen – und nicht auf den einen deutlichen Gestaltungswillen.“33 Es kann nicht bestritten werden, dass ein solches Katastrophenszenario – Kürzungen auf der einen, Erweiterungen auf der nächsten Stufe in einer Überlieferungslinie – prinzipiell möglich ist. Da die schriftliche Überlieferung eben erst später einsetzt – wenngleich in der höfischen Epik um einiges früher als im Minnesang –, lassen sich in diesen für uns dunklen Zeitraum viele Szenarien hineindenken. 28 Prinzipielle Überlegungen zur Apparatgestaltung einer Fassungsedition bei Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 610– 613. Kritisch zur Apparatgestaltung äußerte sich Strohschneider, Rezension Die ›Nibelungenklage‹ (ed. Bumke), S. 29 f.: „Festhalten will ich allerdings, daß in der Unterscheidung zweier Apparate, wenn man nicht auf ihr pragmatisches Funktionieren sieht, sondern auf ihre theoretische Begründungsfähigkeit, ein Distinktionskriterium zur Klassifikation von Textvarianz (‚Sinnrelevanz‘) steckt, welches vom Konzept der ‚Fassungen‘ eben ausgeschlossen wird.“ 29 Stackmann, Joachim Bumkes Ausgabe der ›Klage‹, S. 389. 30 Vgl. Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe. 31 Ebd., S. 79. 32 Vgl. z. B. Hausmann, Reinmar der Alte als Autor, bes. S. 17 ff. 33 Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 79.

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I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen

Doch erscheint es mir nicht sinnvoll, nur aufgrund der prinzipiellen Denkbarkeit einer solch ungünstigen Konstellation die Möglichkeit in Abrede zu stellen, anhand der erhaltenen Fassungstexte einen darin erhaltenen, subjektbezogenen Gestaltungswillen erfassen und beschreiben zu können; streng genommen, verfügt auch der neuzeitliche Herausgeber der Fassungstexte über einen ‚Gestaltungswillen‘ – seine Editionsrichtlinien34 –, was den Benutzer dieser Edition wohl kaum davon abhalten wird, dem ‚Gestaltungswillen‘ dahinter nachzuspüren, es sei denn, dieser fühlt sich prinzipiell dem Theorem des subjektdezentrierten Diskurses verpflichtet. Es ist davon auszugehen, dass die kleineren Textverbünde der Lyrik im Prozess ihrer Tradierung häufiger Manipulationen ausgesetzt waren, als dies bei den voluminösen höfischen Romanen der Fall ist.35 Der Versuch einer Überlieferungstypologie, die diese beiden Großgattungen unter einem solchen Gesichtspunkt vergleichend untersucht, wurde meines Wissens noch nicht unternommen. Auch halte ich es für denkbar, dass die strophisch organisierte Heldenepik auf der Ebene des Textbestandes offener für Eingriffe war, da Strophenverbände leichter entfernt oder hinzugefügt werden konnten.36 Gegen die Annahme eines wildwuchernden Manipulationsprozesses auch innerhalb eines Überlieferungsstrangs im Bereich des höfischen Romans spricht die Stabilität der Texte selbst. Dies sei anhand eines Beispiels aus der ›Parzival‹-Überlieferung demonstriert. Das Erlanger Fragment 14 (ältere Sigle: r) ist nach dem Fragment 26 (Gh) das älteste innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung. Es ist nach Karin Schneider „nicht zu spät im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts“37 anzusetzen und könnte somit noch an die Lebenszeit Wolframs heranreichen. Nach Hartls und Bonaths Untersuchungen ist es der Klasse *D zuzurechnen, und zwar der Untergruppe —D. Die bis dahin bekannten Teile des Fragments wurden 1932 erstmals von Eduard Hartl abgedruckt.38 Die 1938 zusätzlich entdeckten Streifen wurden 1971 von Bonath publiziert.39 Der Textbestand der 34 Vgl. hierzu die grundlegenden Ausführungen von Heinzle, Zur Logik mediävistischer Editionen, bes. S. 5ff. (versteht Normalisierung eines Textes „als Repräsentation eines gegebenen Zustandes: als ‚strukturerhaltende Abbildung‘“, S. 6). 35 Hierzu gehört auch die grundsätzliche Überlegung von Schnell, Was ist neu an der ‚New Philology‘?, S. 76, dass „die Anfertigung einer neuen Romanfassung einen erheblich größeren finanziellen Aufwand und auch die Mitsprache eines größeren Personenkreises als im Falle der Neuschöpfung eines Minneliedes [erfordert]. Ein Mäzen wird also ungern für dasselbe Werk ein zweites Mal aufgekommen sein.“ 36 Vgl. dazu auch Haferland, Oraler Schreibstil oder memorierende Text(re)produktion?, S. 173 ff. Knappe Anmerkungen zum Zusammenhang von Textgattung und Varianz sind bei Schubert, Reise zu den Grenzen der Textkritik, S. 331 und Anm. 8, nachzulesen. 37 Brief vom 23. 3. 2007. 38 Vgl. Hartl, Das Erlanger Parzivalfragment, S. 148–151. 39 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 291–294.

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Bruchstücke umfasst die Abschnitte 20.7–21.5, 21.30–22.28, 23.23–24.21, 25.13–26.14, 41.9– 44.18 und 44.20– 47.30, das sind insgesamt 320 Verse. Die Textqualität des Fragments ist sehr gut, vollständig wäre dieser Textzeuge vermutlich als Leithandschrift von *D geeignet gewesen.40 Zum Vergleich wird der prominenteste Vertreter dieser Klasse herangezogen, der St. Galler Codex 857 (›Parzival‹: Sigle D), der „um 1260“41 datiert wird. Zwischen den beiden Handschriften liegt ein Zeitraum von vielleicht 30 Jahren, die Zahl der Zwischenstufen muss naturgemäß offen bleiben. Doch ist es nach Bonath sicher, „daß keine von beiden der anderen zur Vorlage gedient haben kann“.42 In der Folge werden die Abweichungen des Fragments von D angegeben,43 wobei rein schriftv e sprachliche Varianten44 (z. B. 20.7 froden Fragment 14 – froden D; 21.1 potenbrot Frag45 ment 14 – botenbrot D) ausgeschlossen bleiben.

20.7 20.18 20.20 20.28 21.2 22.4 22.5 22.12 22.15 23.25 23.29 24.2 24.7 24.13 24.15 24.18 25.14 25.15

Fragment 14

D

[. . .]chlichen hete da was alsus do sprach er spreche vride ere zv so gegen gegen gelichte nicht wol ir chom sin Cascir so

minnechliche heten do alsus was er sprach gespreche frid er o dar zv ––– gein gein gelichet nit ––– sin chomn wesen Gascier der

40 Vgl. ebd., S. 50. 41 Palmer, Der Codex Sangallensis 857, S. 31. 42 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 50. 43 Ich folge beim Fragment 14 den Abdrucken von Bonath, ebd., Bd. 2, S. 291–294, und Hartl, Das Erlanger Parzivalfragment, S. 148–151. Bonaths Ergänzungen und Korrekturen zu Hartls Abdruck (ebd., Bd. 2, S. 295) werden berücksichtigt. D wird anhand des Digitalfaksimiles (St. Galler Nibelungenhandschrift [ed. Stolz]) verglichen. 44 Zur dialektalen Einordnung des Fragments 14 vgl. Hartl, Das Erlanger Parzivalfragment, S. 146 f. 45 Hartls Lesung 47.10 vatter (Fragment 14) für veter (D) ist nach Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 50, zweifelhaft und wird daher nicht berücksichtigt.

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I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen 25.19 25.20 25.21 25.23 25.27 26.7 26.9 41.12 41.13 41.15 41.16 41.24 42.1 42.3 43.6 43.9 43.17 43.18 44.11 44.26 45.2 45.15 45.19 45.30 46.3 46.8 46.19 46.20 46.27 47.1 47.16 47.20 47.22 47.26

brachter Vridbrant sine dor gescah di sint beladen sage ich iv v enloch frvcht gegen mat mit gegen siglosen an ersach vaste cheinen sis hin was in vier ce hof hofslichen Als er sprach het orman er sach ce ir dem selbe senftet o wrben

braehten Vridebrant siner dort gesach si sint verladen sage ich ––– v loch frvhte gein maht mite gein sigolosen ante gesach waste decheinen sihs in wart vier ze hove hoffelichen (x)lso sprach er hetz Oriman gesach zir im selben semften wrden

Die Abweichungen zwischen dem frühen Fragment 14 und der rund eine Generation später entstandenen Handschrift D wurden mit der größtmöglichen Genauigkeit notiert. Sie sind allesamt marginal und können lediglich den Status von ‚iterierenden Varianten‘46 beanspruchen. An keiner Stelle tangiert die Abweichung des Wortlauts das Sinngefüge des Textes. Veränderungen des Textbestandes (Plus-/Minusverse) gibt es in diesen Abschnitten überhaupt nicht. Der Umfang des Fragments 14 ist groß genug, um als repräsentativ gelten zu können. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch der verlorene Text des Fragments zumindest im Bereich der sinnrelevanten Lesarten weitgehend mit demjenigen von Handschrift D identisch war.

46 Stackmann, Mittelalterliche Texte als Aufgabe, S. 258.

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Die textliche Nähe der beiden Handschriften veranschaulicht, wie stabil auch der Wortlaut innerhalb einer Überlieferungslinie fortgeschrieben wurde. Die Annahme von nicht mehr nachvollziehbaren Manipulationen innerhalb einer Überlieferungstradition ist, von diesem Beispiel her gesehen, nicht wahrscheinlich. Auch wenn naturgemäß keine Beweise für die Stabilität einer Überlieferungslinie vor Einsetzen der schriftlichen Überlieferung beigebracht werden können, erscheint es mir im Sinne der Handhabbarkeit des Materials sinnvoller, von einer gewissen Konstanz auszugehen, wie sie nach dem Einsetzen der Überlieferung dann auch tatsächlich gegeben ist. Die Ausbildung der Fassungstexte vor Einsetzen der Überlieferung liegt im Dunkeln; über die Gründe hierfür können nur Vermutungen angestellt werden. Fest steht, dass sie sich bereits zu Lebzeiten Wolframs ausgebildet haben müssen und dass sie in der schriftlichen Überlieferung selbst greifbar sind – im Unterschied zu dem einen anzusetzenden Original der klassischen Textkritik. Bumkes Fassungskonzept muss zwar eine gewisse Stabilität der Fassungen nach Ausbildung des jeweiligen Fassungstextes und vor dem Einsetzen der Überlieferung voraussetzen; doch sind die damit verbundenen und von Hausmann aufgezeigten Risiken kalkulierbar. Es soll in der Folge ausdrücklich nicht darum gehen, Bumkes Fassungskonzept gegen die Überlegungen Hausmanns auszuspielen – Hausmanns Kritik ist konsequent durchgedacht und schärft das Bewusstsein für Problembereiche der Fassungsdefinition –, doch scheinen mir die Vorzüge von Bumkes Konzept zu überwiegen, insbesondere wenn es darum geht, nicht edierte Textbestände zunächst einmal sichtbar und zugänglich zu machen. Hausmanns Kritik ist zunächst weniger eine Kritik an Bumkes Fassungskonzept, als vielmehr eine grundsätzliche Kritik an den Möglichkeiten hermeneutischen Erkennens angesichts einer an ihren Wurzeln nicht greifbaren Überlieferungssituation und angesichts der damit verbundenen Möglichkeit, dass sich unterschiedliche Überlieferungsschichten ununterscheidbar ineinandergeschoben haben können. Seine Kritik gilt dem – wie er es nennt – ‚ganzen Text‘ als der legitimen Ausgangsposition einer alle textkonstituierenden Elemente umfassenden, also auf Textkohärenz abzielenden Interpretation. Nicht nur dem rekonstruierten Text alten Stils wird die Eignung als Ausgangstext für eine solche Interpretation abgesprochen, sondern auch der jeweiligen, eine Fassung repräsentierenden Leithandschrift: „Wer strikt nach dem Leithandschriftenprinzip ediert, rechtfertigt auch das damit, dass nur so ein ‚ganzer Text‘ zu erreichen sei – ‚ganz‘ in dem Sinn, dass alle Elemente und Aspekte des Textes sich von einer Bezugsgröße her legitimieren (der Leithandschrift als historischem Dokument) und insofern gleichmäßig gültig, ja sogar zueinander synchron sind.“47 Dies sei nicht möglich, da verschiedene Überlieferungsschichten und somit möglicherweise verschiedene Gestaltungsabsichten in den Text der jeweiligen Leithandschrift eingegangen sein könnten. Über den eher geringen Wahrscheinlichkeitsgrad dieser pessimistischen Grundannahme für die höfische 47 Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 80.

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I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen

Epik wurde bereits gesprochen. Schwerer als diese – in der Minnesang-Philologie häufig anzutreffende48 – Einsicht in die grundsätzliche Problematik von aufgrund später einsetzender Überlieferung nicht im Original fassbaren Texten wiegt die Frage nach alternativen Lösungskonzepten. Wenn der Anteil des ‚originalen‘, vom Autor verantworteten Textes am überlieferten Text nicht bestimmt werden kann, dann gilt dies auch umgekehrt, dann kann also auch der den beteiligten Rezipienten zuzuschreibende Anteil nicht bestimmt werden – abgesehen natürlich von gewissen, von späteren Überlieferungsstufen zu verantwortenden und deutlich erkennbaren Eingriffen.49 Hausmann ist sich dieser grundsätzlichen Problematik bewusst und entwickelt anhand des „berüchtigten“50 Falles des ›Iwein‹ ein Lösungsmodell, das nun einigermaßen überraschend doch wieder auf die, wenn auch vorsichtige, Rekonstruktion des Autortextes hinausläuft. Zu diesem Zweck spricht er von dem allen Überlieferungsträgern gemeinsamen, „quantitativ weit überwiegenden Kerntextbestand [...], der den ›Iwein‹ jenseits aller Varianz prägt.“51 Diese Idee ist schon grundsätzlich problematisch, da sich, wie bereits Jens Haustein gesehen hat, „wohl kaum [. . .] eine zureichende Vorstellung von einem Autortext ergibt, wenn man die Summe der Gemeinsamkeiten zwischen den Fassungen einer Dichtung zieht.“52 Hausmann muss, um diesen ‚Kerntextbestand‘ zu ermitteln, die zentrale, aber spezifisch unfeste Kategorie der Textformulierung unberücksichtigt lassen und stattdessen die Kategorie des Textbestandes in den Vordergrund rücken: „Der Wortlaut im 48 Vgl. z. B. Schnell, Was ist neu an der ‚New Philology‘?, S. 87 f., und Tervooren, Überlegungen zur Wahl der Leithandschrift in mittelhochdeutschen lyrischen Texten, S. 26 f. Beide wenden sich gegen das rezeptionsorientierte Konzept der ‚historischen Existenzform eines Textes‘ bzw. der ‚historisch beglaubigten Liedfassung‘ mit dem Argument, dass sich unterschiedliche Überlieferungsstufen und Bearbeitungstendenzen im überlieferten Text widerspiegeln können. Vgl. weiters WilliamsKrapp, Die überlieferungsgeschichtliche Methode, S. 13: „Jede einzelne Handschrift überliefert Textvarianten, die den vorläufigen Endpunkt unüberschaubarer textgeschichtlicher Prozesse darstellen. Wann Varianten tatsächlich mit dem Willen eines Schreibers oder Auftraggebers zuverlässig in Verbindung zu bringen sind, ist in der Regel nicht feststellbar. Jede Handschrift stellt letztlich die Summe der ihr vorausgehenden Änderungen am Original oder der jeweiligen Vorlage oder Vorlagen (im Falle des Vorlagenwechsels) der weiteren Abschriften – und zwar beabsichtigte oder unbeabsichtigte – sowie der eigenen, vom Schreiber der Handschrift vorgenommenen Eingriffe dar. Mit welchem Grad an Verläßlichkeit man deshalb Varianz genauer zu orten vermag, hängt in erheblichem Maße von glücklichen Umständen (Redaktorkommentaren u. ä.) und einer gründlichen Untersuchung der Textgenealogie ab, auf die bekanntlich die New Philology verzichten will.“ Vgl. zuletzt die methodischen Überlegungen von Bleuler, Überlieferungskritik und Poetologie, bes. S. 6–20, zur Handhabung komplexer Überlieferungsphänomene in der mittelhochdeutschen Lyrik. 49 Als Beispiel sei hier nur die Umdichtung der Prologverse 2.5– 6 in m und W zu einem „bevölkerungspolitischen Programm“ (Schirok, Von „zusammengereihten Sprüchen“ zum „literaturtheoretische[n] Programm“, S. 65) genannt: Doch erkant ich nye (nie) so wisen (weisen) man / Er möchte gerne kinde han. 50 Heinzle, Zur Logik mediävistischer Editionen, S. 13. 51 Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 86. 52 Haustein, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 444.

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engeren Sinn muss wohl von jedem derartigen Rekonstruktionsversuch ausgenommen bleiben; die Ebene des Versbestandes dagegen ist einem solchen Verfahren zugänglich, vor allem wenn es um längere Abschnitte geht. Eine differenzierte Betrachtung verschiedener Varianzfelder (Wortlaut, Versbestand) ist also die Grundlage einer diachronen Vertiefung des Textes.“53 Hausmann bedient sich zur Wiedergabe und Kenntlichmachung des ‚Kerntextbestandes‘ der Technik der summierenden Nacherzählung – die auch Bumke für die über A hinausgehenden Plusverse von B anwendet54 –, und setzt dann die Abweichungen im Textbestand (Plus-, Minusverse) zum ‚Kerntextbestand‘ in Beziehung. Die französische Vorlage – in diesem Fall Chre´tiens ›Yvain‹ – dient ihm als „Kontrollüberlieferung“.55 Dagegen hat bereits Heinzle eingewendet, dass Hausmann „die Möglichkeit unterschätzt, dass die Quelle von einem Redaktor nachverglichen wurde. Solche sekundäre Quellenbenutzung ist in der Überlieferung gut bezeugt. Das nächstliegende Beispiel hier ist der Wolfenbütteler ›Erec‹.“56 Das Verhältnis der Abweichungen zum ‚Kerntextbestand‘ bestimmt Hausmann als prozessualen Diskurs, dem mit einem „offenen Interpretationstyp“57 begegnet werden solle. Sein Resümee: „Ich will noch einmal den Unterschied zu Bumkes Fassungskonzept deutlich machen: Nicht die beiden ‚Fassungen‘ als jeweils ‚ganze‘ Texte werden einander gegenübergestellt, sondern die beiden Lesarten dieser einen Passage (Anwesenheit oder Abwesenheit der Kniefall-Episode) werden auf ihr Verhältnis zum Grundbestand des Textes hin untersucht, also zu der ganz erheblich überwiegenden Textmenge, die sich *A und *B (oder A und B) teilen. Der damit gemeinte ‚offene‘ Interpretationstyp verzichtet sowohl auf ‚ganze‘ Texte im Sinne der ‚Fassungen‘ Bumkes als auch auf den einen ‚ganzen‘ Ausgangstext. Das ist möglich, weil er die Identität des Textes nicht an seinem Wortlaut festmacht, sondern an basalen Aporien, die der Text in seinen verschiedenen Zuständen in sich trägt. Der Zusammenhang zwischen Überlieferung und Interpretation wird dann über die Vermutung hergestellt, dass Varianten Reaktionen (des Autors, des Redaktors, des Schreibers?) auf diese grundlegenden Aporien sein können. Die Identität eines Textes kann dann ‚zwischen‘ den Lesarten gesucht werden.“58

Hausmanns Zugriff auf das durch die Überlieferung bereitgestellte Material lässt sich als ein methodisch bedingter Reduktionismus bestimmen. Für den exemplarischen Fall des ›Iwein‹ mag diese Methode eine gewisse Berechtigung haben, da sich hier die Abweichungen im Textbestand erheblich auf das Sinngefüge des Textes (bzw. der Texte) auswirken. Zugleich müsste die überlieferungsbedingte Varianz des ›Iwein‹ nach Hausmanns Vorstoß bereits als erschöpfend interpretiert angesehen werden, was bei einem mehrfach überlieferten Text von mehr als 8 000 53 54 55 56

Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 82. Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 36 ff. Vgl. Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 82. Heinzle, Zur Logik mediävistischer Editionen, S. 15, Anm. 49. Der ›Wolfenbütteler Erec‹ wurde mittlerweile in ›Mitteldeutscher Erec‹ umbenannt, vgl. Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), Stand: 18. 2. 2009. 57 Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 86. 58 Ebd., S. 94 f.

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Versen doch sehr ungewöhnlich wäre. Entscheidend ist, dass sich die Überlieferung z. B. des ›Parzival‹ weit weniger für das Hausmann’sche Interpretationsverfahren eignet, da hier die Abweichungen im Textbestand in viel geringerem Maße als sinnkonstituierend angesehen werden können. Die wesentlichen Fassungsunterschiede beim ›Parzival‹ ergeben sich gerade auf der Ebene des Wortlauts, die Hausmann für sein Verfahren ausschließt.59 Dass auch diese Ebene nicht völlig der Willkür der Schreiber ausgeliefert war, zeigt sich zunächst grundsätzlich an der Möglichkeit zur Handschriftengruppierung und in der Folge zur Fassungsausbildung, die – neben den Gemeinsamkeiten im Textbestand – gerade auf der Ebene des Wortlauts erfolgt. Wenn eine Handschriftengruppierung an einer interpretatorisch bedeutsamen Stelle (z. B. im Prolog) gemeinsame und wesentliche Abweichungen von anderen Handschriften aufweist, so ist eine Stabilität in der Tradierung auch auf der Ebene des Wortlauts durchaus erkennbar, und dies eröffnet die Möglichkeit, fassungskonstituierende Unterschiede zu ermitteln. Bumkes Fassungskonzept hat zudem gegenüber Hausmanns ‚offenem Interpretationstyp‘, der eine nivellierende ‚diskursive Varianz‘60 in Verhältnis zum rekonstruierten Autortext setzen muss, den kaum zu bestreitenden Vorteil, dass möglicherweise vorhandene, innerhalb einer Überlieferungstradition angesiedelte und zuweilen im Text weit auseinander liegende Wortresponsionen erhalten bleiben. Rekurrentes Erzählen61 im Allgemeinen und Wortresponsionen62 im Besonderen bilden ein wesentliches Charakteristikum des höfischen Romans und gerade des ›Parzival‹. Die editorische Aufbereitung von Fassungen bietet die Gewähr, dass solche zentralen, sinnkonstituierenden Kohärenzstrukturen erhalten bleiben, die in Hausmanns Analysemodell unberücksichtigt bleiben müssen. Das Leithandschriftenprinzip bietet die unabdingbare Basis zur Erkennung fassungsspezifischer Kohärenzstrukturen. Individuelle Abweichungen einzelner Handschriften innerhalb einer Fassung werden durch den Fassungsapparat kenntlich gemacht und können als solche der Analyse unterzogen werden.

59 Ebenso dürfte z. B. die äußerst bedeutsame Differenz in der Altersangabe der Meierstochter, die die Überlieferung des ›Armen Heinrich‹ prägt, nach Hausmanns Vorstellungen nicht in die Analyse einbezogen werden. Einen Fassungsvergleich auf der Basis der Leithandschriften A und B unternimmt Schiewer, Acht oder Zwölf. 60 Wie eine „diachrone Vertiefung“ (Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 82 u. ö.) der Varianten aussehen bzw. wie diese in einer Edition umgesetzt werden könnte, müsste anhand einer (Probe-)Edition konkret demonstriert werden. 61 Vgl. z. B. Haferland, Die Geheimnisse des Grals, S. 23; ders., Parzivals Pfingsten, S. 270 f. 62 Vgl. z. B. Schnell, ‚Autor‘ und ‚Werk‘ im deutschen Mittelalter, S. 44.

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Bumke hat sich ausführlich mit dem Zusammenhang von Textformulierung und Fassungsausbildung beschäftigt. Es liegt auf der Hand, dass nicht alle Formen der Varianz zur Fassungskonstituierung herangezogen werden können. In einer früheren Arbeit Bumkes findet sich der Vorschlag, zwischen ‚Varianten‘ und ‚Lesarten‘ zu unterscheiden: Die Grenze zwischen Varianten und Lesarten ist fließend. [. . .] Was Varianten und Lesarten unterscheidet, ist die (vermutete) Art des Zustandekommens. Varianten sind das normale Produkt des volkssprachigen Überlieferungsprozesses: sie stellen sich überall ein, wo deutschsprachige Texte abgeschrieben werden. Lesarten dagegen sind das Produkt eines bestimmten Gestaltungswillens. 63

Für die Erstellung von Handschriftengruppierungen sind ‚Varianten‘ und ‚Lesarten‘ von gleichem Wert, da eine ‚Variante‘ im Wortlaut komplett abweichen kann und dabei den Aussagegehalt dennoch nicht verändert. Die ‚Variante‘ ist also von Bedeutung für die Handschriftengruppierung. Erfährt zusätzlich der Aussagegehalt eine Veränderung, kann sie als ‚Lesart‘ und somit als fassungskonstituierend angesehen werden.64 In den ›vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹‹ ist diese Unterscheidung – bei etwas abweichender Terminologie – zwar beibehalten, doch wird nun auch der ‚iterierenden Variante‘ ein höherer Stellenwert eingeräumt: Die Textunterschiede zwischen parallelen Fassungen lassen sich als Varianten beschreiben. Epische Variation beginnt auf der Ebene kleinster Unterschiede in der Morphologie, der Syntax oder der Semantik. [. . .] Iterierende Varianten kommen auch in Handschriften derselben Klasse vor; insofern sind sie kein Kennzeichen epischer Fassungen. Zwischen verschiedenen Fassungen treten sie jedoch in besonders großer Zahl auf; insofern kann man sie bei der Beschreibung epischer Fassungen nicht übergehen. Charakteristisch für die Fassungsunterschiede sind die stärkeren Formen der Variation, die von der unterschiedlichen Formulierung derselben Aussage über die sogenannten ‚Präsumptivvarianten‘ bis zur selbständigen Ausgestaltung des Textes durch neue Erzählelemente reichen. Die Textabweichungen sind nicht überall gleich groß. Es gibt epische Fassungen, die sich hauptsächlich im Textbestand unterscheiden; und andere, die in den Formulierungen weit auseinandergehen, während sie im Textbestand nur wenig voneinander abweichen. Es wäre falsch, irgendwo einen Trennstrich zu ziehen und die Formen der Variation, die sich bei der Abschrift epischer Texte wie von selbst einzustellen scheinen, von den schwerer wiegenden Formen der Variation, die einen eigenen Formulierungswillen erkennen lassen, abzutrennen. Eine solche Trennung wäre nur wieder ein unzureichender Versuch, die Varianten nach ihrer Entstehung zu klassifizieren, weil dadurch die Vorstellung genährt würde, daß 63 Bumke, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der höfischen Epik im 13. Jahrhundert, S. 269. 64 Bein, Textvarianz, Editionspraxis, Interpretation, S. 79 f., spricht von „interpretationsrelevanten Varianten“ und von „interpretationsrelevanten Fassungen“, auf deren Präsentation im Rahmen einer Mehrtext-Edition besonders geachtet werden müsse.

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I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen Varianten, die sich von selbst einstellen, „zufällig“ entstanden seien, während die anderen auf eine Veränderung des Textes zu zielen scheinen, wobei der Formulierungswille, der dort am Werk ist, sich leicht als Bearbeitungswille deuten ließe. Kennzeichnend für Parallelfassungen ist vielmehr, daß der gesamte Text, vom einzelnen Buchstaben bis zur Großgestaltung, dem Prinzip der Variation ausgesetzt ist. Fassungen demonstrieren die prinzipielle Unfestigkeit mittelalterlicher Texte.65

In der Entscheidung darüber, wann eine Fassung vorliegt und wann eine in sich mehr oder weniger geschlossene Handschriftengruppierung, ist dem Herausgeber also ein gewisser Spielraum gelassen. Dass die iterierenden Varianten in die Fassungsanalyse miteinbezogen werden sollen, erscheint insbesondere bei interpretatorisch schwer erschließbaren Texten wie dem ›Parzival‹ sinnvoll, da sich eine solche Variante bei näherem Hinsehen oder bei unterschiedlichem Textverständnis der Interpreten leicht als sinnrelevante Variante herausstellen kann. Gegen das Verfahren, fassungskonstituierende Varianten von anderen Formen der Variation abzugrenzen, äußerte Strohschneider Bedenken: Da das Kriterium zur Unterscheidung von Fassungen „kein textuelles mehr sein kann, wird es auf eine Subjektebene verschoben als ‚Gestaltungswille‘. Einen Zugang dorthin gibt es indes allein im Rahmen spezifischer interpretationstheoretischer Grundannahmen [.. .], und das heißt jedenfalls, daß es darüber zum Streit der Interpretationen kommen kann und kommen wird.“66 Nach Strohschneider ist „die Gegebenheit oder Nicht-Gegebenheit eines Gestaltungswillens auf Seiten eines Text-Urhebers kein textanalytisch erweisbarer Sachverhalt“.67 Eine ‚textanalytisch erweisbare‘ Alternative zur Unterscheidung von Fassungen wird allerdings nicht genannt, was damit zusammenhängen dürfte, dass Strohschneiders Zugang zur Überlieferung mittelalterlicher Literatur ganz anderen theoretischen wie methodischen Prämissen verpflichtet ist,68 wie seine späteren Arbeiten zum ›Wartburgkrieg‹ zeigen.69 65 66 67 68

Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 52 f. Strohschneider, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 115f. Ebd. Vgl. die Darstellung und kritische Auseinandersetzung mit Strohschneiders Prämissen bei Stackmann, Autor – Überlieferung – Editor, S. 27–30. Stackmann weist darauf hin, dass angesichts der von Strohschneider skizzierten ‚Prozessualität‘ der Texte „nicht die Varianz [. . .] das eigentlich Erstaunliche [ist], sondern die relativ große Invarianz, die sich in vielen Fällen beobachten läßt“ (S. 29). Stackmann wendet sich entschieden gegen „die Verwerfung der Hermeneutik oder die Verabsolutierung kommunikationstheoretischer Gesichtspunkte“ (S. 30). Auch weist er darauf hin, dass „weder ‚Autor‘ noch ‚Werk‘ Kategorien [sind], deren Verwendung man grundsätzlich ablehnen muß“ (S. 30). In der Tat scheint das in den letzten beiden Jahrzehnten im Gefolge Foucaults so ausgeprägte Misstrauen gegenüber dem Autor heute weitgehend verschwunden zu sein. 69 Vgl. z. B. Strohschneider, Textualität der mittelalterlichen Literatur, bes. S. 28– 41, oder Kellner/Strohschneider, Die Geltung des Sanges. Die Verfasser verzichten „auf eine

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Dass Bumkes Modell durchaus geeignet ist, auf der Basis eines ‚Gestaltungswillens‘ Fassungen zu rekonstruieren, mag ein Beispiel aus der Fassung *T des ›Parzival‹ verdeutlichen, das im Analyseteil dieser Arbeit noch ausführlicher präsentiert wird.70 Im Schlussteil des Prologs wird der Protagonist mit der Formulierung er küene, træclıˆche wıˆs (Lachmann, 4.18) dem Publikum erstmals angekündigt. Das ist eine ungewöhnliche und nicht leicht zu verstehende Einführung eines Helden in einem mittelalterlichen Roman. Die Forschungsliteratur der jüngeren Vergangenheit hat gezeigt, zu welch unterschiedlichen Ergebnissen man in der Auffassung dieser Stelle kommen kann.71 Die Variation in der Textformulierung verdeutlicht nicht nur, dass diese Passage auch Wolframs Zeitgenossen Probleme bereitet hat, sie verrät vielmehr eine gänzlich konträre, konzeptionell abweichende Ausrichtung: Die Textzeugen der Fassung *T (T U V) lesen: er kvene. steˆte. milte. wıˆs.72 Damit ist die ungewöhnliche Sichtweise des Helden zugunsten eines konventionellen, die geläufigen Herrschaftstopoi aufgreifenden Beschreibungsmodells gewichen. Diese konträre Ausrichtung ist nun jedoch kein einmaliger, punktueller Eingriff, sondern findet in der Einführung Gawans im sogenannten ‚Zwischenprolog‘ seine Entsprechung: Wird Gawan im Lachmann-Text mit der ebenfalls problematischen Formulierung sıˆn ellen pflac der huote (339.2) vorgestellt – Gawan rückt damit in die Nähe der im höfischen Kontext besonders verwerflichen Untugend der Zaghaftigkeit, auch wenn dies in den Folgeversen ausdrücklich zurückgewiesen wird –, so lautet o die entsprechende Passage in *T: sin ellen pflac der eˆren hvt. Damit ist nun jeder Verdacht unritterlicher Vorsicht von Gawan genommen, stattdessen wird der – ebenfalls den Konventionen üblicher Herrschaftstopik verpflichtete – Zusammenhang von Tapferkeit und Ehrenhaftigkeit herausgestellt. Die Sichtweise auf die beiden handlungstragenden Protagonisten ist in *T einer grundsätzlich anders ausgerichteten Konzeption verpflichtet, als dies bei den übrigen Textzeugen des ›Parzival‹ der Fall ist.

Eine Unterscheidung von Textfassungen über die hermeneutischen Kategorien des ‚Gestaltungswillens‘ und der ‚Textkohärenz‘ ist demnach durchaus möglich. Es mag dagegen eingewendet werden, dass die konzeptionelle Grundausrichtung Synopse der Fassungen […].“ Die Einschränkung auf einen Textzeugen „erscheint methodisch jedoch geboten, wenn man der Eigenart von Texten als historischen Vollzugsformen kommunikativer Handlungen Rechnung tragen will“ (Geltung des Sanges, S. 144). Die Verfasser müssen zwar einräumen, dass die in C gebotene Textversion „undurchsichtig“ (ebd., S. 164) ist, ziehen jedoch aus methodischen Überlegungen die Parallelüberlieferung nicht heran: „Im Zusammenhang der ›Wartburgkrieg‹- Überlieferung wird sie [die „undurchsichtige“ Version in C] von k weitergehend expliziert, doch von dorther soll nach den methodischen Prämissen dieser Studie der vorliegende Text gerade nicht ausgelegt und auf Kohärenz getrimmt werden“ (ebd., S. 164, Anm. 62). Selbst die scheinbar sichere Basis der Einzelhandschrift kann demnach gehörige Probleme bereiten, die zugunsten des methodischen Ansatzes ignoriert werden müssen. 70 Siehe Abschnitt IV.1.1.3 (S. 279 ff.). 71 Vgl. Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 105. 72 Text nach T.

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von *T nur eine scheinbar homogene ist, da sie auf unterschiedlichen Textstufen entstanden sein kann (z. B. Änderung von Vers 4.18 in einer früheren, jene von 339.2 in einer späteren Bearbeitungsphase durch zwei verschiedene Redaktoren). Diese Möglichkeit besteht zwar, doch ist sie ausgesprochen unwahrscheinlich, da in diesem Falle angenommen werden müsste, dass zwei Redaktoren demselben Textverständnis verpflichtet waren und (räumlich und zeitlich)73 unabhängig voneinander Texteingriffe vorgenommen haben, die eine einheitliche Gestaltungstendenz zum Ergebnis hätten. Es erscheint mir jedoch nicht sinnvoll, auf die Analyse solch zentraler, da sinnkonstituierender Fassungskohärenz zu verzichten, nur weil es rein theoretisch möglich wäre, dass sich hier verschiedene Überlieferungsschichten übereinander gelegt haben könnten. Die von Bumke vorgenommene Verlagerung des Erkenntnisinteresses vom Original auf die Fassungen unter Zuhilfenahme der außertextlichen Bewertungskategorie des ‚Gestaltungswillens‘ – „das Moment einer Autorisierung des Textes durch seinen Urheber, Autorschaft also“74 – ist grundsätzlich legitim, wenn man die theoretischen Prämissen, die diesem Ansatz zugrunde liegen, akzeptiert. Rüdiger Schnell hat in mehreren Arbeiten deutlich gemacht, dass die Existenz verschiedener Textfassungen nicht grundsätzlich dazu zwingt, die Kategorie der ‚Autorintention‘ (bzw. des vom Autor abgekoppelten, aber dennoch eine Subjektposition ansetzenden ‚Gestaltungswillens‘) aufzugeben.75 Dies wird anhand des Beispiels der zwei erhaltenen Fassungen von Herborts ›Liet von Troye‹ veranschaulicht: „Denn [.. .] ob wir nun die zwei Fassungen Herbort von Fritslar selbst zuschreiben oder für die S-Fassung einen versierten Bearbeiter verantwortlich machen, in beiden Fällen ist der Gestaltungswille eines Verfassers erkennbar.“76 Nach Schnell schließen sich „Doppel- bzw. 73 Wenn sich zwei Redaktoren desselben Skriptoriums nach Absprache auf eine bestimmte Bearbeitungstendenz festgelegt haben sollten, ließe sich diese dennoch als einheitlicher ‚Gestaltungswille‘ fassen. 74 Strohschneider, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 115. 75 Vgl. Schnell, Was ist neu an der ‚New Philology‘?; ders., ‚Autor‘ und ‚Werk‘ im deutschen Mittelalter. 76 Ebd., S. 76. Bumke, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der höfischen Epik im 13. Jahrhundert, der als erster den Fassungscharakter der zwei Versionen des ›Liet von Troye‹ postuliert hat, vermutete im Autor den Urheber der S-Fassung: „Dadurch rückt die S-Fassung so nahe an Herbort heran, daß man sich fragen kann, ob Herbort selber der S-Bearbeiter war. Daß Herbort seine Geschichte später noch einmal erzählt hat, in der Sache genauso, aber kürzer und im Wortlaut anders und vielfach besser, ist jedenfalls eine Möglichkeit. Es kommt jedoch nicht darauf an, wer der Verfasser der S-Bearbeitung war: wir wissen es ohnehin nicht. Wichtiger ist, daß Herborts Dichtung offenbar nicht lange nach ihrer Entstehung in zwei Fassungen existierte, von denen die eine, die S-Fassung, zwar sekundäre Züge trägt, aber im

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Mehrfachfassungen und Autorintention [...] nicht a priori aus. Die Existenz verschiedener Autorversionen zwingt nicht automatisch dazu, die Autorinstanz abzuschaffen.“77 Die Entscheidung darüber, ob der Gestaltungswille als Beurteilungskriterium von Textfassungen herangezogen wird, ergibt sich grundsätzlich nicht aus dem Überlieferungsbefund, sondern sie hängt vielmehr von der Position des Forschungssubjekts ab, das sich der postmodernen Ausrichtung des subjektdezentrierten Diskurses verschreiben kann, aber eben nicht muss.78 Doch wird sich dieser in der Fassungsanalyse notwendig unter dem Gesichtspunkt der Differenz bzw. der Differenzierung (zu anderen Fassungen) anzusetzende und zu bestimmende ‚Gestaltungswille‘ nur in verhältnismäßig wenigen, für die Gesamtaussage des Romans zentralen Passagen (z. B. Prolog, Epilog, literaturtheoretische Exkurse) deutlicher zu erkennen geben. Es empfiehlt sich daher, dem Vorschlag Hans-Jochen Schiewers zu folgen und die Fassungsanalyse vorwiegend „auf die je anderen Kohärenzstrukturen der Fassungstexte zu konzentrieren, die aus der Summe der fassungskonstituierenden Varianten entsteht. [...] Wir müssen [...] nach einem Maßstab für die Beurteilung von fassungskonstituierenden Merkmalen auf der Ebene der Textkohärenz suchen. Diese Bestimmung kann sich nur in einem hermeneutischen Prozess vollziehen, der sich auf kohärenzstiftende Varianz stützt, die das Textprofil – zumindest partiell – umgestaltet.“79 Schnell setzt gegen das Postulat eines prinzipiell offenen Textes mehrere mögliche Textstufen an, die erst in ihrer Gesamtheit den Eindruck struktureller Offenheit vermitteln: 1. Original, 2. vom Dichter bearbeiteter Text (Zweitfassung), 3. durch den Gestaltungswillen einer anderen Person bearbeiteter Text, 4. durch ungewollte Einwirkungen veränderter Text, 5. durch rein formale Eingriffe veränderter Text (z. B. Umsetzung in Prosa, Streichen aller nicht-narrativen Teile), 6. durch Sammlerinteressen bedingte Veränderungen eines Textes (z. B. Zusatzstrophen, Kontaminationen). 80

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Hinblick auf ihre literarische Qualität als gleichwertig angesehen werden kann“ (S. 285). Schnell, Was ist neu an der ‚New Philology‘?, S. 77. Auch Stackmann, Neue Philologie?, S. 405, fasst die Möglichkeit ins Auge, „daß die Autoren u. U. auch selbst Anteil an dem Umformungsprozeß hatten“, dass also mit verschiedenen Autorversionen zu rechnen ist. „Die philosophisch-erkenntnistheoretisch begründete Absetzung des Subjekts und die überlieferungsgeschichtlich-textkritisch gewonnene Einsicht in die Vielfalt von Autorversionen arbeiten sich nicht so leicht in die Hände, wie dies von mancher Stelle aus voreilig proklamiert wird“ (Schnell, Was ist neu an der ‚New Philology‘?, S. 77). Schiewer, Fassung, Bearbeitung, Version und Edition, S. 40 f. Schnell, Was ist neu an der ‚New Philology‘?, S. 77.

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Während sich die beiden letztgenannten Punkte weitgehend problemlos an der Textüberlieferung festmachen lassen,81 ist dies bei den anderen kaum möglich: Wenn man das Original nicht kennt – was bei den höfischen Romanen der Fall ist –, lässt sich in aller Regel auch nicht sagen, welche der erhaltenen Textfassungen dem Original näher steht, welche als Zweitfassung geltend gemacht werden könnte und welche Fassung „einer anderen Person“ zuzuschreiben ist, so diese nicht deutlich später in den Text eingegriffen hat. Bumke hat sich daher konsequenterweise entschieden, die Frage der Autoranbindung offen zu lassen und spricht – zumindest für die ältesten erhaltenen Textfassungen – durchgehend von ‚Autornähe‘ bzw. von ‚autornahen Fassungen‘.82 Doch verdankt sich diese terminologische Bestimmung nicht bloß der grundsätzlichen Einsicht in die Unmöglichkeit, eine Textfassung einem Autor zuzuschreiben, vielmehr vermutet Bumke, dass die Ausbildung der Fassungen vor Einsetzen der Überlieferung und die verhältnismäßig große Konstanz ihrer Tradierung danach mit den spezifischen Entstehungsbedingungen, denen ein Autor dieser Zeit ausgesetzt war, in Zusammenhang stehen könnte: „Auf Grund der vorwaltenden Mündlichkeit des höfischen Literaturbetriebs ist für die Frühphase der Überlieferung mit Teilveröffentlichungen, Mehrfachredaktionen und wechselnden Vortrags- und Aufzeichnungssituationen zu rechnen. Dabei können Textvarianten entstanden sein, die sich in den älteren Handschriften als eigenständige Fassungen oder auch als Textmischungen niedergeschlagen haben. So könnte sich das Vorhandensein früher Mischtexte erklären.“83 Damit ist auch der zentrale ‚Störfaktor‘ der klassischen Textkritik, die Frage der Kontamination, angesprochen und eine plausible Erklärungsmöglichkeit dieses Phänomens geboten. Bumke unterscheidet mit Hermann Paul84 drei Formen der Kontamination: den einmaligen Vorlagenwechsel, die abwechselnde, streckenweise Benutzung zweier Vorlagen und schließlich die gleichzeitige Benutzung zweier Vorlagen, „aus denen mit einer gewissen kritik eine mischung daraus hergestellt sein [kann]“.85 Beispiele für einen Vorlagenwechsel, dessen verhältnismäßig 81 Vgl. Schnell, Prosaauflösung und Geschichtsschreibung im deutschen Spätmittelalter. 82 Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 60– 68. 83 Bumke, Der unfeste Text, S. 127. Vgl. hierzu auch die Ausführungen in ders., Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, bes. S. 60 ff. 84 Paul, Über das gegenseitige Verhältnis der Handschriften von Hartmanns Iwein, S. 309; dazu Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 11–30. 85 Paul, Über das gegenseitige Verhältnis der Handschriften von Hartmanns Iwein, S. 309. Einen jüngeren Versuch der Systematisierung von Kontaminationsphänomenen unternahm Nellmann, Kontamination in der Epiküberlieferung, S. 378. Nellmann unterscheidet drei Grundtypen: „[1.] Benutzung einer zweiten Handschrift zur Komplettierung einer defekten Vorlage, [2.] Benutzung einer zweiten Hand-

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häufiges Vorkommen auch Bumke bestätigt, bieten gerade die ›Parzival‹-Handschriften der Fassung *T zur Genüge: Ein Teil von T ist nach einer anderen Handschrift abgeschrieben. Der Vorlagenwechsel ist, da er mit einem Lagenwechsel korrespondiert und zugleich eine ‚Nahtstelle‘ in Form einer radierten, aber noch lesbaren Textstelle aufweist, in T direkt sichtbar und nachweisbar. V wechselt mit dem Beginn des fünfzehnten Buches von einer Vorlage aus *T zu einer Vorlage aus *m,86 der Druck W folgt am Anfang und am Ende des Textes ebenfalls einem Textzeugen aus *m.87 Damit weisen drei von vier (weitgehend) vollständigen Textzeugen dieser Gruppe einen Vorlagenwechsel auf, was Konsequenzen für die Erstellung des Fassungstextes nach sich zieht.88 Bumke zielt jedoch auf den dritten Kontaminationstyp ab, der eine letztlich ‚philologische‘ Einstellung des Schreibers zum Text voraussetzt. In einem gewissen Maße kann ein solcher Kontaminationstyp mittlerweile für V nachgewiesen werden,89 wenn auch die Motive der Verbesserungen eher in der Aktualisierung auf eine neu beschaffte Handschrift hin zu suchen sind, als in dem Bestreben, den Text qualitativ zu verbessern.90 Allerdings ist V erst nach dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts entstanden, wodurch der von Bumke geforderte Beweis91 für eine frühe Handschrift nicht als erbracht angesehen werden kann. Sicherlich zu einem großen Teil mit dem Verschriftlichungsprozess in Zusammenhang steht das oftmalige und verblüffende Auftreten von quasi ‚insularen‘, sich über ein oder zwei Textzeilen erstreckenden Varianten, die einer jeweils anderen Klasse angehören. Es ist nicht zu übersehen, dass in den meisten der vollständigen ›Parzival‹-Handschriften Textzeilen freigelassen wurden.92 Das ist als Indiz dafür zu werten, dass ein Schreiber93 in der

86 87 88 89 90 91 92 93

schrift im Wechsel mit der ersten Handschrift, [3.] Benutzung einer zweiten Handschrift zum (philologischen) Textvergleich.“ Nellmann hält es „für möglich, daß die Kontaminationstypen 1 und 2 zur Erklärung der Mischhandschriften ausreichen könnten“ (S. 381). Die zugrundeliegende Motivation in der überwiegenden Zahl der Kontaminationen sieht Nellmann im Bemühen der Schreiber gegeben, einen vollständigen, jedoch nicht einen besonders guten Text herzustellen (S. 379). Zur Gruppenbezeichnung *m, die an die Stelle der alten Siglierung *mno tritt, vgl. Viehhauser, Die ›Parzival‹-Überlieferung am Ausgang des Manuskriptzeitalters. Siehe Abschnitt II.4.2 (S. 119). Siehe die Skizze in Abschnitt III.3 (S. 256). Siehe Abschnitt II.4.1 (S. 109 ff.). Dies lässt sich aus dem unsystematischen Vorgehen der Schreiber ersehen, aus dem keinerlei Bearbeitungstendenz abzulesen ist. Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 20. Vgl. dazu allgemein Hofmeister, A Criterion for Eliminating Spurious Readings in Wolfram’s ›Parzival‹, S. 32. Vgl. allgemein zum Anteil eines Schreibers an der Produktion von Varianz Schubert, Ain schreiber, der was te¨glich truncken; ders., Versuch einer Typologie von Schreibereingriffen; J. Wolf, Das ‚fürsorgliche‘ Skriptorium.

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Regel Zeilen nicht beschrieben hat, wenn diese in der Vorlage ebenfalls als Fehlverse kenntlich oder wenn sie aufgrund eines materiellen Defekts unleserlich waren. Diese Zeilen sollten dann, wenn eine andere Vorlage beschafft werden konnte, aufgefüllt werden. Oftmals wurden solche Textergänzungen erst sehr viel später, im 15. Jahrhundert, vorgenommen.94 Diese Art der Textmischung ist nicht auf das Bestreben nach Textverbesserung auf der Basis des Vergleichs zweier Handschriften zurückzuführen, sondern auf das Verlangen nach Vollständigkeit. Zugleich belegen die Leerzeilen, dass die Schreiber nicht willkürlich verfahren sind, indem sie etwa die fehlenden Verse in eigener Nachdichtung selbständig auffüllten oder sie einfach ignorierten und den folgenden Text direkt anschlossen.95 Auch diese Motivation punktueller Kontamination entspricht nicht dem von Bumke angezweifelten Modell eines ‚philologisch‘ arbeitenden Schreibers, der einen Text aufgrund genauen Vorlagenvergleichs erstellt, vermag aber immerhin als Indiz für die Gewissenhaftigkeit dieser Zunft zu dienen. Die Gründe für das frühe Zustandekommen von Mischtexten können demnach vielfältig sein. An einen genauen Vorlagenvergleich durch einen Schreiber ist dabei jedoch eher nicht zu denken, wie auch Jan-Dirk Müller anhand des ›Nibelungenlieds‹ ausführt: „Bei Annahme mündlicher Reproduktion ist das Nebeneinander [einiger Lesarten in *AB und *C] leichter vorstellbar [...], als wenn man sich ausmalt, jemand habe zwei Nibelungencodices auf dem Schreibpult nebeneinander gelegt und mal den einen, mal den anderen konsultiert, und dies noch dazu ohne viel Verständnis dafür, dass sie nicht zusammenpassen.“96 Frühe, sich teilweise überkreuzende Autorfassungen können für Mischtexte ebenso verantwortlich sein wie eine in Autornähe anzusiedelnde Werkstatt, in der mehrere Schreiber vielleicht unter der Leitung eines Meisters arbeiteten.97 Hinzu kommt 94 In der um 1270 entstandenen ›Parzival‹-Handschrift O beispielsweise hat eine Hand des 15. Jahrhunderts, die jener des am vorderen Deckelspiegel eingetragenen Besitzervermerks Bernhardin puttrich ähnlich ist (dazu Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 206f. und Anm. 25), gelegentlich Einzelverse nach einer anderen Vorlage in schwarzer Tinte nachgetragen und darüber hinaus zuweilen Wortkorrekturen vorgenommen. In Handschrift T finden sich solche Lückenschließungen durch eine deutlich spätere Hand auf fol. 5ra und 109rb. 95 Wichtige Ansätze zu einer Neubewertung der Schreiberleistung im Gegensatz zum negativen Schreiberbild der klassischen Textkritik finden sich bei Schweikle, Zur Edition mittelhochdeutscher Lyrik, bes. S. 227–229; vgl. u. a. auch Hofmeister, In Defense of Medieval Scribes, und die Beiträge im von Martin J. Schubert herausgegebenen Sammelband ›Der Schreiber im Mittelalter‹, München 2002 (Das Mittelalter 7,2). 96 J.-D. Müller, ‚Improvisierende‘, ‚memorierende‘ und ‚fingierte‘ Mündlichkeit, S. 174. 97 Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 590–594. Bumke denkt an eine ‚Nibelungenwerkstatt‘, in der die verschiedenen Versionen von ›Nibelungenlied‹ und ›Klage‹ ihren Ausgang nehmen konnten.

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das gelegentliche Füllen von Leerzeilen bei einer defekten Vorlage im Prozess der Textüberlieferung. Doch ist letztlich weniger der Grund für das Vorhandensein – die Unterscheidung von performanzbedingter und kopierbedingter Varianz wird ohnehin selten gelingen98 – von Mischtexten entscheidend, sondern der Umgang mit ihnen. Nicht die stemmatologische Verortung solcher Texte ist anzustreben, vielmehr muss dort, wo sich Textfiliationen bereits vor Einsetzen der Überlieferung eingestellt haben, die angemessene Wiedergabe dieser Textfassungen als Texte eigenen Rechts im Rahmen einer Fassungsedition das Ziel sein, da immerhin auch die Möglichkeit besteht, dass diese auftretenden ‚Textinseln‘ nicht erst sekundär entstanden sind, sondern ebenso am Anfang der Überlieferung gestanden haben könnten. Diese Textinseln sind demnach als integrative und sinnkonstituierende Elemente in die Fassungsinterpretation mit einzubeziehen und auf ihre Beziehung zu den übrigen Textelementen hin zu untersuchen. Wo hingegen der erste und zweite Typ der Kontamination – der mehr- oder einmalige Vorlagenwechsel – vorliegt, wird es geboten sein, nur die eine Fassung repräsentierenden Teile einer Handschrift der Interpretation zu Grunde zu legen, wie es Bumke in seiner Edition der ›Nibelungenklage‹-Fassungen getan hat. Selbst Lachmann ist in seiner ›Parzival‹-Ausgabe letztlich so verfahren, indem er im Apparat die *m angehörenden Teile von W der Klasse *D, die übrigen der Klasse *G zurechnete. Da einer Fassung in aller Regel mehrere Textzeugen angehören und somit eine hinreichende Vergleichsbasis gegeben ist, wird dieses Problem ohne größere Schwierigkeiten und ohne übermäßigen Rekonstruktionsaufwand zu bewältigen sein. Als kaum haltbar erwies sich die Abgrenzung von ‚Fassung‘ und ‚Bearbeitung‘; diese wurde in den meisten Stellungnahmen zu Bumkes Arbeit abgelehnt: „Unter einer Bearbeitung verstehe ich eine Textfassung, die eine andere Version desselben Textes voraussetzt und sich diesem gegenüber deutlich als sekundär zu erkennen 98 Vgl. hierzu J.-D. Müller, Aufführung – Autor – Werk, S. 153: „Die schriftlich überlieferten Varianten können zudem nicht als erstarrte Zeugnisse unterschiedlicher Aufführungen verstanden werden, denn ebensogut könnte man sie einer auswählenden und arrangierenden Kopierpraxis verdanken. ‚Aufführung‘ erklärt also nur zu einem Teil mögliche Varianz. Der Hiat zwischen konkreter Aufführung und tatsächlich überliefertem Text kann nie geschlossen werden. Die Annahme eines bestimmten Aufführungsmodus kann allenfalls hypothetisch zum Verständnis eines schriftlich tradierten Textes beitragen.“ Heinzle, Zu den Handschriftenverhältnissen des ›Nibelungenliedes‹, S. 321 f., betont die Unmöglichkeit, „mündlich-performativ verursachte Varianten [. . .] von schriftlich verursachten zu unterscheiden. Die Formen von Varianz, die auf ungenaue Erinnerung beim auswendigen Vortrag oder auf mündliche Improvisation zurückgehen sollen, lassen sich problemlos auch als Schreibtischprodukte verstehen.“ Daher sei es „argumentationslogisch statthaft, bei der Modellbildung vom Faktor Mündlichkeit abzusehen.“

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gibt. Für Fassungen dagegen ist kennzeichnend, daß sie keine Bearbeitungen sind, das heißt gegenüber anderen Versionen nicht als sekundär zu erweisen sind, sondern Merkmale der Originalität aufweisen.“99 Der Hintergrund dieser definitorischen Abgrenzung liegt in dem Bemühen, die jüngeren Textmutationen von den als ‚autornah‘ anzusetzenden Textschichten fernzuhalten und somit eine chronologische und qualitative Einebnung der Überlieferungsstufen zu vermeiden. Bumke wollte daher an dieser Differenzierung festhalten, obwohl er die Problematik sehr wohl erkannt hat: „In der Praxis ist die Unterscheidung zwischen Fassungen und Bearbeitungen allerdings nicht immer ganz eindeutig.“100 Als Beispiel führt er die *C-Version des ›Nibelungenlieds‹ an, die als ‚Bearbeitung‘ zu klassifizieren sei, obwohl es „nicht gelungen [ist], mit den Methoden der Textkritik den sekundären Charakter dieser Version nachzuweisen“101 und obwohl in der Fachgeschichte ein langer Streit über die Priorität von *B und *C geführt wurde, der Befund als solcher somit in besonderem Maße von der Position des beurteilenden Interpreten abhängt, der Klassifizierung also eine stark subjektive Deutung vorausgeht.102 Als ebenso problematisch erweist sich unter diesen Vorgaben die Klassifizierung von Kürzungsredaktionen, die per se ‚Bearbeitungen‘ sein müssten, da ein bereits vorhandener Text umgeformt wurde, dennoch auch vom Autor selbst unter Durchsetzung eines ‚Gestaltungswillens‘ angefertigt werden konnten.103 Kürzungsredaktionen können also gleichermaßen sekundär wie original (bzw. autornah) sein. Letztlich gilt diese Problematik auch für den engeren Bereich der ‚gleichwertigen, autornahen Fassungen‘, da Fassungen nicht jeweils völlig neu geschaffen, vielmehr die jeweils eine Fassung bereits die Bearbeitung einer vorausgehenden Fassung sein muss, ohne dass die Bearbeitungsrichtung rekonstruierbar wäre:104 Folgerichtig bezieht sich Bumkes 99 Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 45 f. 100 Ebd., S. 46. 101 Ebd. In einer früheren Arbeit wird die *C-Redaktion trotz ihres sekundären Charakters noch als Fassung bezeichnet. Vgl. Bumke, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der höfischen Epik im 13. Jahrhundert, S. 298. 102 Zur Diskussion um den Status von *C in der Überlieferung vgl. zuletzt Millet, Die Sage, der Text und der Leser; Heinzle, Mißerfolg oder Vulgata?; ders., Zu den Handschriftenverhältnissen des ›Nibelungenliedes‹. 103 Dies gilt im Grunde auch für die Fassung *J der ›Nibelungenklage‹ (dazu Henkel, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 139f.). Vgl. z. B. Haustein, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 443: „Das heißt nun freilich auch, daß ein gekürzter Text (z. B. der ›Tristan‹ des cgm 51) per definitionem, und wenn er noch so viel ‚Gestaltungswillen‘ zeigt, keine Fassung, sondern nur eine Bearbeitung sein kann, da er erkennbar sekundär ist. Es fragt sich, ob diese Differenzierung sehr glücklich und ob sie auf andere Gattungen übertragbar ist.“ 104 Vgl. hierzu auch Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 77; Schiewer, Fassung, Bearbeitung, Version und Edition, S. 39 f.

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Kriterium der Gleichwertigkeit denn auch auf die Position im Stemma,105 und das Interesse gilt der – nun weitgehend ohne gewagte Konjekturalmanöver zu erreichenden – Herstellung und Präsentation der Hyparchetypen der klassischen Textkritik.106 Diese Stoßrichtung erscheint mir prinzipiell richtig, doch bleibt das Problem der terminologischen Differenzierung zwischen ‚Fassung‘ und ‚Bearbeitung‘ bestehen. Seit dem Erscheinen von Bumkes ›Untersuchungen‹ wurde eine Reihe von Lösungsvorschlägen unterbreitet. Dabei sollte grundsätzlich Joachim Heinzles älteres Diktum, „den terminologischen Raster möglichst weit und flexibel zu halten und die Gruppierungen nach praktischen Gesichtspunkten vorzunehmen [...] und jeweils individuell zu beschreiben“, berücksichtigt werden, und zwar aus dem Grund, „daß mit exakteren bzw. starreren Definitionen der verschiedenen Abweichungstypen nicht viel anzufangen ist: Art und Grad der Abweichung zwischen den Textzeugen sind zu vielfältig, die Übergänge zu fließend, als daß es möglich wäre, ihnen ein Kategoriesystem zuzuordnen, das allen Erfordernissen gerecht würde.“107 Ebenso erscheint es mir im Sinne der Handhabbarkeit und Konsensfähigkeit geboten, von Bumkes etablierter Begrifflichkeit auszugehen 105 Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 32: „Das Verhältnis, in dem diese Versionen zueinander stehen, [widersetzt] sich einer stemmatologischen Bestimmung“. Die Kategorie der ‚Gleichwertigkeit‘ ist also zunächst eine methodisch determinierte. In dem früheren Aufsatz über die Herbort-Fragmente wird noch zusätzlich ein qualitativer Aspekt berücksichtigt, der in den Untersuchungen über die ›Nibelungenklage‹ zugunsten der methodischen Prämisse zurückgestellt wurde: „Den Varianten ist prinzipiell Gleichgewichtigkeit zuzugestehen. Gleichgewichtigkeit bedeutet natürlich nicht Gleichwertigkeit: nicht selten ist die eine Lesart deutlich besser, passender, anspruchsvoller oder dem Wortgebrauch des Autors gemäßer als die andere“ (Bumke, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der höfischen Epik im 13. Jahrhundert, S. 266). Lienert, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 246, problematisiert den Begriff der Gleichwertigkeit aufgrund des Gegensatzes von stemmatologischen und qualitativen Kriterien anhand der ›Klage‹: „Die Tatsache, daß das Verhältnis von ›Klage‹ *B und *C nicht als textkritisches Abhängigkeitsverhältnis zu beschreiben ist, erweist jedoch nicht automatisch die Gleichwertigkeit der Fassungen“ [Lienert favorisiert *B]. Zur Kategorie der ‚Gleichwertigkeit‘ und dem Problem der ‚Indifferenz‘, die sich primär als kognitives Problem stelle, vgl. insbesondere Heinzle, Zur Logik mediävistischer Editionen, S. 10–12, und ders., Handschriftenkultur und Literaturwissenschaft, S. 23–28. 106 Die grundsätzliche Legitimität dieses Vorgehens bestätigt Williams-Krapp, Die überlieferungsgeschichtliche Methode, S. 18: „Auch in synoptisch gestalteten Mehrfassungseditionen wird der Archetyp oder Hyparchetyp mit aller Vorsicht unter Verzicht auf jede Art von Konjektural- und Präsumptivkritik dennoch häufig angestrebt.“ 107 Heinzle, Mittelhochdeutsche Dietrichepik, S. 18.

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und diese nicht einer völligen Neubewertung und Ausdehnung zu unterziehen.108 Es ist daher angeraten, im Konsens mit bereits vorliegenden Vorschlägen109 einen der beiden Begriffe, deren Abgrenzung voneinander von zu großen Unwägbarkeiten abhängt, aufzugeben. Scheibes ‚Fassungs‘-Definition, die von Plachta in seinem Beitrag für das ›Reallexikon‹110 übernommen wurde, überschneidet sich in den wesentlichen Punkten mit Bumkes Definition, kommt aber ohne den Gegenbegriff der ‚Bearbeitung‘ aus: (Text-)Fassungen sind unterschiedliche Ausführungen eines insgesamt als identisch wahrgenommenen Werks. Sie können auf den Autor, aber auch auf fremde Personen zurückgehen. Fassungen können sich voneinander durch Wortlaut, Form und Intention unterscheiden. Sie sind durch partielle ‚Textidentität‘ aufeinander beziehbar und durch ‚Textvarianz‘ voneinander unterschieden.111

Für die nachfolgenden Untersuchungen wird der Begriff der ‚Bearbeitung‘ aufgegeben und ausschließlich mit dem Begriff der ‚Fassung‘ gearbeitet. Diese Vorgangsweise entspricht den Überlegungen Schiewers, der ebenfalls auf die Kategorie ‚Bearbeitung‘ verzichtet.112 Schiewer legt seinem Fassungsbegriff die Kri108 Aus diesem Grund wird der komplexe und die vorhandene Begrifflichkeit völlig neu definierende Versuch von Steinmetz, Bearbeitungstypen in der Literatur des Mittelalters, in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Steinmetz setzt die ‚Fassung‘ am untersten Ende seiner mehrstufigen Hierarchie an (S. 52), womit dieser Begriff im diametralen Gegensatz zu seiner Verwendung bei Bumke steht. 109 Vgl. z. B. Haustein, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 443: „Wenn man aber den ‚Autortext‘ als Größe prinzipiell aufgibt und die Rekonstruktion der (zumeist) im 13. Jahrhundert entstandenen Fassungen in den Vordergrund stellt, also den Weg vom Autortext zur Textfassung geht, wären dann nicht konsequenterweise die Bearbeitungen (im Bumkeschen Sinne) statt der Fassungen in den Vordergrund zu stellen?“. Henkel, Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 138: „Und sie [die Unterscheidung] ist problematisch, denn ‚Fassung‘ wie ‚Bearbeitung‘ setzen ein Drittes voraus, einen vielfach nicht mehr oder nicht mehr sicher erreichbaren Werkzustand. Bumkes Definition der ‚Bearbeitung‘ greift nur, wenn ein voraufgehender Werkzustand bekannt ist und zum Vergleich zur Verfügung steht [. . .]. Ist er es nicht, müßte – wenn ich recht sehe – der Begriff der Fassung gewählt werden. Problematisch erscheint mir auch die Einführung des Begriffs ‚Originalität‘ in die Definition, denn der erkennbar motivierte und eigenständig gestaltete Zugriff auf einen vorgängigen Textzustand (und das dürfte Bumke mit ‚Originalität‘ meinen) läßt sich auch bei der ‚Bearbeitung‘ erkennen.“ 110 Vgl. Plachta, Fassung, S. 567. 111 Scheibe, Zum editorischen Problem des Textes, S. 28. 112 Schiewer, Fassung, Bearbeitung, Version und Edition, S. 40: „Systematisch ergibt sich [. . .] die Notwendigkeit, die wertende bzw. hierarchisierende Kategorisierung ‚(Parallel-)Fassung‘ versus ‚Bearbeitung‘ aufzugeben und stets nur noch von Fassungen zu sprechen.“

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terien der „überlieferungsgeschichtlichen und literaturgeschichtlichen Relevanz“113 zu Grunde, führt also einen „quantitativen und einen qualitativen Parameter“114 ein. Allerdings erklärt Schiewer an keiner Stelle genauer, was man sich darunter konkret vorzustellen hat. Der an der Quantität zu bemessende Parameter der ‚überlieferungsgeschichtlichen Relevanz‘ scheint auf die Anzahl der eine Fassung konstituierenden Textzeugen zu zielen, wobei offen gelassen wird, wie mit einer dünn überlieferten Klasse – die ›Parzival‹-Gruppe —D ist beispielsweise nur durch eine einzige vollständige Handschrift, nämlich D, vertreten – zu verfahren ist und ob aus der Überlieferungsdichte eine Wertigkeit abzuleiten ist. Die Anzahl der fassungskonstituierenden Textzeugen dürfte eigentlich kein Selektionskriterium sein, da ein einzelner Textträger einen besseren Text bieten kann als der beste Vertreter einer anderen Gruppe. Das Kriterium der ‚literaturgeschichtlichen Relevanz‘ dürfte auf die – freilich nur subjektiv zu bestimmende – literarische Qualität der jeweils überlieferten Texte bzw. Textvarianten abzielen, was vermutlich die Textentstellungen und -entfremdungen der jüngeren Bearbeitungsstufen ausschließen soll.115 Bei Werken mit reicher Überlieferung wird man dasselbe Ergebnis erzielen können, indem man die Handschriften nach dem herkömmlichen textkritischen Verfahren zunächst zu Gruppen anordnet und dann den ältesten erreichbaren Vertreter als Leithandschrift zur Analyse heranzieht. Auf die Positionierung in einem Stemma, das ohnehin vorwiegend der Orientierung zu dienen vermag,116 kann dabei verzichtet werden, wenn eine Hierarchisierung der ältesten Textzeugen nicht mit plausiblen Gründen durchzuführen ist. Die Handschriftengruppierungen müssen dann auf ihre Fassungsqualität hin untersucht werden, d. h., es muss überprüft werden, ob die einer Gruppe gemeinsamen Abweichungen eine eingehendere Beschäftigung lohnen, oder ob es sich lediglich um Abweichungen handelt, die sich im Rahmen iterierender Varianz 113 Ebd. 114 Ebd. 115 So verstehe ich die Aussage: „Gewiss ist nur, dass wir uns in der Regel nicht mehr mit dem einen Text eines Werkes zufriedengeben können und dass wir andererseits nicht alle Texte eines Werkes haben und kennen wollen“ (ebd., S. 50). Nach Eisermann, Einhundert Jahre ‚Deutsche Texte des Mittelalters‘, Absatz 6, werde mit den Kategorien der ‚überlieferungsgeschichtlichen‘ und der ‚literaturgeschichtlichen Relevanz‘ „eine geradezu divinatorische Editorik im Lachmannschen Geiste eingefordert“. Allerdings scheint mir die grundsätzliche Notwendigkeit einer qualitativen Bewertung der Textzeugen im Rahmen des Fassungsmodells unverzichtbar zu sein. 116 Vgl. Werner Schröders treffende Charakterisierung des Stemmas als „verläßlichen Ariadnefaden durch das Labyrinth der erhaltenen Handschriften [. . .], nicht zuletzt zur Orientierung und Erleichterung des die jeweiligen textkritischen Entscheidungen nachvollziehenden Lesers“ (Zum gegenwärtigen Stande der Wolfram-Kritik, S. 48).

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bewegen. Nach Schiewer „zeichnen sich [Fassungen] durch thematisch-semantische Veränderungen auf der Ebene der Textkohärenz aus, die zu Neufokussierungen bzw. Fokusverschiebungen führen“.117 Die Bestimmung von Fassungen „kann sich nur in einem hermeneutischen Prozess vollziehen, der sich auf kohärenzstiftende Varianz stützt, die das Textprofil – zumindest partiell – umgestaltet“.118 Die Erstellung eines Textprofils als „Summe der fassungskonstituierenden Varianten“119 muss das vorrangige Anliegen jeder Fassungsanalyse sein. Liegt ein solches vor, kann der Versuch unternommen werden, das durch die Aufhebung der Differenz von frühen ‚Parallelfassungen‘ und späteren ‚Bearbeitungen‘ entstandene, chronologische Defizit zu beheben, indem Vermutungen über den Status der jeweiligen Fassung angestellt werden, also Vermutungen darüber, auf welcher Stufe im Überlieferungsprozess eine Textfassung anzusetzen sein könnte. Jan-Dirk Müller betont mit Recht, es sei ein Irrtum [. . .] zu glauben, daß mit der Ersetzung des einen fiktiven Autortextes durch mehrere mögliche Texte die Interpretation von Texten vorerst zu schweigen habe. Sie fängt im Gegenteil jetzt erst an. Auch im Vergleich von Fassungen gibt es die lectio difficilior, die Banalisierung oder Harmonisierung, die Komplexitätssteigerung, die Zurichtung für einen bestimmten Kontext. Auf diese Weise werden Texte unterscheidbar, wenn auch nicht nach ihrer Nähe zum Autor und dem, was man für seine Intention hält. Es kann zwischen einzelnen Fassungen gewichtet werden, und Vermutungen über Bearbeitungsrichtungen und -tendenzen sind möglich. Statt des Einzeltextes ist ein Ensemble von Texten und der Spielraum seiner Variation zu interpretieren.120

Die Arbeit mit Fassungstexten ermöglicht es, die anhand eines künstlich geschaffenen ‚Autortexts‘ gewonnenen Vorstellungen von ‚Autor‘ und ‚Werk‘ einer gründlichen Revision zu unterziehen. Nicht „die echte lesart [ist] aus den quellen zu holen“,121 vielmehr müssen die überlieferten Lesarten in ihrem jeweiligen Kontext präsentiert werden. Es gilt, Unterschiede zwischen Textfassungen festzuhalten und zueinander in Beziehung zu setzen, und es gilt darüber hinaus, die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten dieser Textfassungen mit den normensetzenden Eintext-Editionen der älteren Philologie sichtbar zu machen. Erst dadurch können Überlieferungsbefund und Deutung direkt aufeinander bezogen werden.

117 118 119 120 121

Schiewer, Fassung, Bearbeitung, Version und Edition, S. 41. Ebd. Ebd., S. 40. J.-D. Müller, Aufführung – Autor – Werk, S. 166. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XII .

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I.2 ›Parzival‹-Überlieferung I.2.1 Karl Lachmanns Hauptklassen *D und *G Die forschungsgeschichtlich ausgesprochen folgenreiche Fixierung der textgeschichtlichen Pole *D und *G geht auf Karl Lachmann zurück. Von der Gruppe *T kannte er nur den Druck W, der aufgrund seiner spezifischen Beschaffenheit – die streckenweise Zugehörigkeit zu *m und eine häufig sehr individuell anmutende Textgestaltung – absolut ungeeignet ist, einen repräsentativen Einblick in diese Gruppe zu ermöglichen; zudem hat er die Lesarten von W nur in seltenen Fällen notiert und durch seine Verwendung von Gruppensiglen letztlich unkenntlich gemacht.122 Lachmann ignorierte einige ›Parzival‹-Handschriften, die zu seiner Zeit bereits bekannt waren, ganz bewusst,123 vermutlich, um das Projektziel nicht zu gefährden;124 immerhin hatte er neben dem ›Parzival‹ noch den ›Willehalm‹, den ›Titurel‹ und die Lieder editorisch zu bewältigen. Der Erfolg der ›Parzival‹-Ausgabe – sie ist seit 1833 unersetzt – rechtfertigt letztlich diese selektive Wahrnehmung vorhandener Textzeugen.125 Dass die verhältnismäßig geringe 122 In den Passagen, in denen W parallel zu *m verläuft, hat Lachmann die Sigle ‚d‘, in den anderen Passagen die Sigle ‚g‘ verwendet. 123 Lachmann spricht in der Vorrede, S. XVII , von den „von mir nicht gebrauchten handschriften“, ohne diese bemerkenswerte Aussage zu begründen oder die nicht berücksichtigten Handschriften aufzulisten [zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok)]. Nachgeholt hat dies Hofmeister, Lachmann’s Role in the Edition of ›Parzival‹, S. 92 f.: „Yet there is strong evidence to suggest that Lachmann himself failed to list or examine all the ›Parzival‹ manuscripts which he knew existed. Lachmann must have known of the existence of manuscripts m, Gn [= T], Gdd [= V′], Gm [= U] und Gx [= R], because they are described either in Graff’s Diutiska of 1829 or in von der Hagen’s and Büsching’s Literarischer Grundriß of 1812. These two works are mentioned repeatedly in the correspondence between Lachmann and Grimm. [. . .] There is a strong possibility that Lachmann also knew about the existence of manuscript o, because this manuscript is described in Adelung’s Nachrichten von altdeutschen Gedichten of 1796 and Lachmann often mentioned that he had read works by Adelung. From this it seems highly likely that Lachmann failed to use at least five manuscripts which would have been available to him, if he had wanted to use them.“ Vgl. auch die Dokumentation bei Schirok (Wolfram von Eschenbach, Parzival [ed. Lachmann-Schirok], Einführung, S. LXXV f.). 124 Vgl. auch Schirok (Wolfram von Eschenbach, Parzival [ed. Lachmann-Schirok], Einführung, S. LXXV ): „Man wird daher vermuten dürfen, daß Lachmann über die acht berücksichtigten Handschriften hinaus hauptsächlich deswegen keine weiteren heranzog, weil er der Meinung war, über eine genügend breite Basis zur Textherstellung zu verfügen.“ 125 Vgl. hierzu auch Ganz, Lachmann as an Editor of Middle High German Texts, S. 26 f. und Anm. 91.

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Zahl der herangezogenen Handschriften als repräsentativ für die Gesamtüberlieferung zu betrachten ist, wie Bonath meinte,126 ist jedoch gerade mit Blick auf *T, deren Textbestand in der Edition schlichtweg nicht berücksichtigt wurde, mit Nachdruck zu verneinen. Dazu kommt der bekannte Nachteil der Gruppensiglierung, die einen differenzierten Blick auf die Überlieferung nicht erlaubt und zudem unvollständig ist. Lachmann erkannte sehr früh, dass die Überlieferung des ›Parzival‹ in zwei Hauptklassen zerfällt, doch war er sich in der Bewertung der Klassen ungewöhnlich unsicher, wenn man bedenkt, dass sein Urteil bei anderen Editionen mittelhochdeutscher Werke zumeist deutlich auf die Herausstellung einer Überlieferungstradition als die dem Original am nächsten stehende abzielte.127 Die Unsicherheit in der Beurteilung der ›Parzival‹-Klassen hängt damit zusammen, dass Lachmann sich den Text zunächst anhand der Myller’schen Edition – ein fehlerhafter, auf Johann Jakob Bodmers Abschrift beruhender Abdruck von D128 – aneignete,129 dann aber sukzessiv Textzeugen von *G kennenlernte. In einem 126 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 10 f.: „Allerdings hat Lachmann hier das Glück gehabt, eine handschriftliche Grundlage vorzufinden, die auch heute noch als annähernd repräsentativ gelten kann.“ Schirok (Wolfram von Eschenbach, Parzival [ed. Lachmann-Schirok], Einführung, S. LXXV ) stimmt Bonath zu, macht aber zugleich wesentliche Einschränkungen geltend: „Freilich hat diese Repräsentativität auch ihre Kehrseite: Lachmann kannte je eine Handschrift aus jeder Kleingruppe, aber eben nur je eine. Die einzige Ausnahme sind die beiden Münchener Handschriften Cgm 19 und Cgm 61, die eine Kleingruppe bilden [. . .]. Aufgrund dieser Konstellation ließ sich zwar sagen, welche Handschriften zu der (umfangreicheren) *G-Klasse gehörten, aber diese *G-Klasse wurde (mit der genannten Ausnahme) von Handschriften repräsentiert, die für sich standen und über deren Beziehungen keine Aussagen möglich waren.“ 127 Zu Lachmanns Gestaltung der einzelnen Textausgaben vgl. u. a. Hertz, Karl Lachmann, S. 100–119; Sparnaay, Karl Lachmann als Germanist; Neumann, Studien zur Geschichte der deutschen Philologie, S. 67–72; Lutz-Hensel, Prinzipien der ersten textkritischen Editionen mittelhochdeutscher Dichtung; Kühnel, Karl Lachmann, S. 372 f.; Hunger, Romantische Germanistik und Textphilologie, S. 60– 68; Hennig, Karl Lachmann, S. 73–83; Milde, Altdeutsche Literatur und Textkritik, S. 177–182. 128 In einem Brief an Jacob Grimm vom 16. August 1831 beschwerte sich Lachmann darüber, dass allein der Abdruck der Verse 710.9 f. insgesamt acht Fehler enthalte (Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann [ed. Leitzmann], Bd. 2, S. 567). Vgl. hierzu Hofmeister, Lachmann’s Role in the Edition of ›Parzival‹, S. 88. Zu Myllers Editionstätigkeit vgl. Mertens, Bodmer und die Folgen, S. 64– 66. 129 Vgl. McCulloh, Myller’s Parcival and Lachmann’s Critical Method, S. 486– 490, der aufgrund der häufigen Fehlergemeinschaft des Lachmann-Textes mit der Edition Myllers gegen D nachweisen konnte, dass Myllers Abdruck Lachmann als Grundlage der Textherstellung diente.

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Brief an Jacob Grimm aus dem Jahr 1823 bekundete er seinem wichtigsten Textzeugen gegenüber ein auffälliges Misstrauen. Lachmann zufolge habe „grade die SanGaller Handschrift [D] das meiste Eigene und den am wenigsten echten Text [...]“.130 In der Vorrede zur Edition bezeichnete er dann beide Klassen als fehlerhaft: aber wozu sollte man die untersuchung bis ins kleinliche führen, da selbst die lesarten welche allen handschriften von jeder der zwei hauptklassen gemein sind, nicht auf eine von dem dichter selbst ausgehende verschiedenheit deuten, sondern nur nachlässigkeit, willkür und verbesserungssucht ohne sonderliches geschick zeigen? echte verse fehlen jeder der zwei klassen, und öfter ist die richtige lesart nur durch verbindung derer von beiden klassen zu gewinnen.131

Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass nach Ansicht Lachmanns die beiden Klassen keine Autorfassungen repräsentieren. Doch rechnete auch er damit, dass sich unterschiedliche, auf den Autor selbst zurückgehende Bearbeitungsstufen in der Überlieferung erhalten haben und speziell in der Dreißiger-Gliederung noch zu erkennen sind.132 Es folgt jene Passage, die sich als überaus folgenreich für die Erforschung der Überlieferung des ›Parzival‹ erweisen sollte: es ist daher freilich eine schwäche meines textes, daß er im ganzen der ersten klasse folgt: ich habe sie vorgezogen, weil ich mich bei ihr selten gezwungen sah zu den lesarten der andern zu greifen, die mehr unbezweifelt falsches oder aus falscher besserung entstandenes darbietet. dennoch, da in den allermeisten fällen die lesart der einen klasse mit der andern von gleichem werth ist, und der vorzug den ich Ddd gebe, der wahrheit im ganzen abbruch thut, habe ich es dem leser erleichtern wollen auch die der klasse Ggg zu erkennen [. . .].133

Bereits Schirok hat auf die Widersprüchlichkeit in Lachmanns Argumentation hingewiesen:134 Einerseits spricht Lachmann davon, dass *G „mehr unbezweifelt falsches oder aus falscher besserung entstandenes“ als *D bietet, andererseits wird 130 Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann (ed. Leitzmann), Bd. 1, S. 393. 131 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XVIII f. 132 Vgl. Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann (ed. Leitzmann), Bd. 2, S. 584 f. Zur Dreißiger-Gliederung Lachmanns siehe Abschnitt III.2.3.1 (S. 200 ff.). 133 Lachmann, Vorrede, S. XIX , zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok). 134 Vgl. Schirok, Autortext – Fassung – Bearbeitung, S. 167 f.; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Einführung, S. LXXVII ; vgl. auch Baisch, Textkritik als Problem der Kulturwissenschaft, S. 125 f.

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betont, dass die Klassen in den „allermeisten fällen [. ..] von gleichem werth“ sind und die Bevorzugung von *D sich pragmatischen Gesichtspunkten verdankt. Die nachfolgende Forschungsgeschichte ist im Grunde in eben dieser Widersprüchlichkeit angelegt, denn obgleich Lachmann die Gleichwertigkeit der Gruppen in den Vordergrund stellte, wurde in den Arbeiten seiner Nachfolger verstärkt der ebenfalls von Lachmann mehr angedeutete als begründete Aspekt der qualitativen Nachrangigkeit von *G aufgegriffen und systematisch ausgebaut. Ein Stemma, das von Lachmanns postulierter Gleichwertigkeit der Gruppen ausgeht, hätte nach Jürgen Kühnel am ehesten folgendes Aussehen:135 A *D

*G

D

G

Dennoch hat sich seit Ernst Martins Untersuchungen der forschungsgeschichtliche Gemeinplatz festgesetzt, in *G eine vereinfachende Redaktion von *D zu sehen; auch diese Position kann ihre Legitimation aus der Vorrede Lachmanns beziehen. Nach Martin lässt sich nicht verkennen, dass diese Lesarten [von *G] darauf ausgehen, Wolframs eigenartigen Stil der gewöhnlichen Ausdrucksweise der höfischen Dichter näher zu bringen. Seine kühnen, meist aus der Improvisation zu erklärenden Fügungen und Wendungen erregten bei seinen Lesern Anstoss und veranlassten eine nachglättende Bearbeitung, welche schwerlich vom Dichter selbst herrührt, aber offenbar die grössere Verbreitung [. . .] gefunden [hat].136

Gemäß diesen Aussagen wäre in etwa folgendes hierarchisches Stemma anzusetzen:137

135 Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 151. 136 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 1, Einleitung, S. XXX f. 137 Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 153.

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A *D D *G G

Martins Schüler Ernst Stadler baute diesen Ansatz aus,138 wobei er allerdings den prinzipiellen Fehler beging, nicht zwischen *D/D und *G/G zu unterscheiden. Seine Auswertung beruht allein auf Lachmanns Lesartenapparat, der jedoch weder vollständig ist, noch einen Einblick in die für stilgeschichtliche Studien so wichtigen Variantenkontexte gewährt. Stadler glaubte, in G „die Einsetzung des regelmässigen mhd. Wort- und Sprachgebrauches“ sowie eine „Annäherung an den Stil Hartmanns von Aue“ zu erkennen.139 Doch ging er in seiner Beweisführung methodisch bedenklich vor, indem er die fast durchgehend vorhandenen Gegenbeispiele, die letztlich die postulierte konsequente Überarbeitung in Frage stellen, nicht erwähnte.140 „Ein positiver Nachweis dafür, daß die Änderungen in ‚G‘ dem Stilideal des Iwein verpflichtet sind, fehlt bei Stadler ohnehin.“141 Bonath und Kühnel haben die Stadler’schen Thesen gründlich widerlegt. An Martins Postulat, dass in *G eine „Tendenz zur Trivialisierung [.. .] unstreitig vorhanden [ist]“,142 hielt Bonath hingegen fest, während Kühnel entschieden widersprach. Albert Leitzmann folgte in der von ihm betreuten Ausgabe des ›Parzival‹ noch häufiger als Lachmann der Handschrift D,143 da er wie Martin in *G nur eine 138 Vgl. Stadler, Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs Parzival. Zur Kritik an Stadlers Arbeit vgl. insbesondere Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 27–36, und Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 154 f. Zur Entstehung von Stadlers Dissertation vgl. N. Schneider, Ernst Stadler und seine Freundeskreise, S. 81 f. 139 Stadler, Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs Parzival, S. 10. 140 Beispiele bei Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 29–33. 141 Ebd., S. 32. 142 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 33. 143 Aufschlussreich ist die Zusammenstellung der Einzellesarten von D bei Bonath, ebd., Bd. 2, S. 58 ff. Bonath gibt jeweils an, wie sich Leitzmann bei solchen Individual-

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stilistische Überarbeitung nach höfischem Vorbild erblickte.144 Sein Misstrauen galt auch den über *D hinausgehenden Plusversen in *G, wie seine Kritik an Martins Edition deutlich macht. Martin sei „bei dieser ganz gerechtfertigten vorliebe für D gar nie der gedanke [gekommen], ob diese verse, welche D fehlen, überhaupt Wolframs Werk ursprünglich angehören“.145 Dennoch fügte auch er die *G-Plusverse in seine Ausgabe ein, setzte sie aber vorsichtshalber in Klammern. Gesa Bonaths ›Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach‹ stellen – nach Hartls gescheitertem Unternehmen146 – den ersten umfassenden Versuch dar, große Teile der Überlieferung systematisch zu erschließen;147 nur die Handschriften der Gruppierungen *m und *W [= *T] wurden nicht berücksichtigt. In der Beurteilung des Hyparchetyps *G baute sie ebenfalls auf Lachmanns nicht näher ausgeführten Behauptung der größeren Fehlerhaftigkeit von *G auf und versuchte, diese mit detaillierten Materialstudien zu erhärten. Bonath rechnete für den Hyparchetyp *G mit drei Schreibern (*G I–III), die eine unterschiedliche Sorgfalt in der Textbehandlung auszeichnete. Die Problematik dieses Versuchs liegt, wie schon Heinzle in seiner Rezension ausführlich darlegte,148 in der notwendigen Subjektivität des anzusetzenden Fehlerbegriffs, durch den der ‚echte‘ vom ‚entstellten‘ Text getrennt werden sollte. Dies führt zwangsläufig zu zirkulären Argumentationsketten, wie folgendes Beispiel, in dem die Nachrangigkeit von *G I gegenüber von *D anhand der stilistischen

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lesungen verhalten hat. Dabei wird deutlich, wie inkonsequent (und subjektiv) Leitzmann bei seinen Entscheidungen oftmals verfahren ist (z. B. Bonath, ebd., Bd. 2, S. 72, Anm. 33). Zu Leitzmanns Ausgabe vgl. den Bericht von Bonath, ebd., Bd. 1, S. 36 f. Leitzmann, Rezension Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), S. 239. Siehe Abschnitt I.2.2 (S. 42 ff.). Erwähnt seien an dieser Stelle noch jene Untersuchungen zu Einzelhandschriften, die im Wesentlichen keine übergreifenden textgeschichtlichen Aspekte behandeln: van Eerden, A Description of the Parzival Manuscript Gs found in Cod. Germ. 6 of the Hamburg Library, sowie ders., Eine Beschreibung der Parzivalhandschrift Gs und anderer Stücke des Codex Germanicus 6 der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek (beide zu L); Felber, Die Handschrift ‚G‘ von Wolframs Parzival; Gebert, Untersuchungen zu den Handschriften der Gruppe ‚D‘ von Wolframs Parzival (zu m und W); Glaser, Schreibsystem und Mundart der ›Parzival‹-Handschrift Gm (2775) der Wiener National-Bibliothek (U); Kittelmann, Einige Mischhandschriften von Wolframs Parzival (V); Kreye, Die Parzivalhandschrift Gt (Q); Kupferschmid, Über den Wortschatz der Berner Parzival-Handschrift (R); Nock, The Parzival Manuscript Gk (zu O); Schnelbögl, Die Heidelberger Hss. 364, 383 und 404 (u. a. zu Z); Witte, Die Parzivalhandschrift D. Vgl. Heinzle, Rezension Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach.

›Parzival‹-Überlieferung

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Kriterien von ‚Wortwiederholung‘ versus ‚Variation‘ erwiesen werden sollte, veranschaulicht: Die hier angeführten Beispiele scheinen mir sicher zu machen, daß dem Schreiber *G I derartige ‚Verbesserungen‘ seiner Vorlage zuzutrauen sind. Sie müssen auch mißtrauisch machen in solchen Fällen, wo die Wiederholung nicht eindeutig als bewußt eingesetztes Stilmittel oder die Variation in *G nicht als flach zu erweisen ist. Wortwiederholungen, die nur in einem Textzweig erscheinen, müssen nicht falsch sein, da Wolfram genügend Wiederholungen dieser Art hat, die einhellig bezeugt sind [. . .]. Da *D keine Neigung zur Variation bei Wiederholungen nachzuweisen ist [. . .], *G I aber mehrere eindeutig fehlerhafte Wortwiederholungen aufweist, besteht von vornherein wenig Wahrscheinlichkeit, daß die Wortwiederholungen von *G ursprünglich sind. Außerdem ist *D auch keine ausgeprägte Neigung zur Wortwiederholung, *G I hingegen eine Neigung zur Variation nachzuweisen. Daher ist auch in Fällen, wo *D eine Wiederholung, die nicht richtig sein m u ß , *G Variation zeigt, wahrscheinlich, daß *G geändert hat, wenngleich nicht auszuschließen ist, daß in dem einen oder anderen Fall der Fehler auf seiten von *D liegen könnte.149

Es liegt auf der Hand, dass dermaßen flexibel zu handhabende Bestimmungskriterien sich der wissenschaftlichen Verifizierung weitgehend entziehen. Sinnvoller erscheint es, auf eine zu rigide textkritische Beurteilung der Varianten zu verzichten und sich stattdessen auf die Dokumentation und Interpretation von Fassungsvarianten zu beschränken, zumal Bonath im Zuge ihrer These einer Trivialisierung von *G ebenfalls mit der Ansetzung von *G-spezifischen Bearbeitungstendenzen operieren muss.150 Bonaths Fazit, dass die „Unsicherheit bezüglich der gleichwertigen Varianten, die Lachmann hatte bestehen lassen, [...] nach dem Vergleich der Fehler von *G I und *G III geringer zu sein [scheint], als er sie ansah“, müsste aufgrund der zweifelhaften methodischen Prämissen151 im Rahmen eines neuen, fassungstheoretisch fundierten Ansatzes einer Revision unterzogen werden. Sowohl der Materialreichtum dieser Studie als auch die übersichtliche Anordnung des Materials durch Bonath bieten gleichwohl eine hervorragende Basis, um Gruppenzugehörigkeiten152 zu bestimmen und einen ersten 149 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 143 f. (Hervorhebung von Bonath). 150 Vgl. Heinzle, Rezension Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 153. 151 Wozu auch die überaus häufigen Kontaminationsvermutungen gehören, vgl. ebd., S. 153–157. 152 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 251–289, bildete innerhalb der Klasse *G die Untergruppen *GGm [= *GI] und g, die alle übrigen *G-Handschriften umfasst. Hartl (Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. [ed. Lachmann-Hartl], Vorrede, S. L und LIII, wiederholt in seinem Artikel ‚Wolfram von Eschenbach‘, Sp. 1067 f.) ging hingegen ohne nähere Begründung von einer Gruppe *M, die sich aus den Untergruppen *GI und *LM zusammensetze, aus.

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Einblick in (mögliche) fassungsspezifische Lesarten zu gewinnen. In einem späteren Vorhaben zur ›Parzival‹-Überlieferung wollte Bonath mit der Anlage eines vollständigen Variantenverzeichnisses die wohl größte Lücke der überlieferungsgeschichtlich ausgerichteten ›Parzival‹-Forschung schließen. Ihr früher Tod im Jahr 1992 machte dieses Projekt weit vor dessen Vollendung zunichte.153 Eine schwer zugängliche und daher kaum wahrgenommene Materialsammlung zur Überlieferung des ›Parzival‹ legte Rudolf A. Hofmeister im Jahr 1971 vor.154 In dieser unveröffentlichten amerikanischen Dissertation, die weitgehend parallel zu Bonaths Untersuchungen entstanden ist,155 sind in tabellarischer Form sämtliche Plus- und Minusverse, Versumstellungen sowie die Gliederungszeichen der 16 vollständigen ›Parzival‹-Handschriften verzeichnet.156 Zudem werden alle Textvarianten des Prologs und des neunten Buches aufgelistet. Hofmeisters Dissertation bietet eine ausgezeichnete Orientierungshilfe, um sich einen ersten Überblick über die Überlieferungssituation zu verschaffen. Die grundsätzlichen Überlegungen zu Lachmanns Klasseneinteilung sind hingegen äußerst knapp gehalten und obendrein fehlerhaft. Hofmeister stellte beispielsweise die Eignung von D als Führungshandschrift der Klasse *D mit dem Argument in Frage, dass die Vertreter von *m an zahlreichen Stellen, v. a. in den Plusversen, von D abweichen und diese Abweichungen mit Vertretern von *G teilten.157 Diese Parallelen in den Plusversen finden sich aber fast ausschließlich in Handschrift V, die Hofmeister als Repräsentantin von *G behandelte, ohne zu berücksichtigen, dass der Grundtextbestand von V der Gruppe *W [= *T] angehört und die Parallelen auf eine Nachvergleichung mit einer Handschrift aus *m zurückzuführen sind.158 Sinnvoller erscheint es, mit Bonath *D in die Untergruppen —D und *mno [= *m] zu unterteilen und von beiden Traditionen Fassungstexte zu erstellen. Darüber

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Nock, Die *M-Gruppen der Parzivaˆl-Handschriften, stimmte Hartl im Wesentlichen zu (dagegen Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 150 f., Anm. 2). Die spezifische Ausbildung der Minusverse in G I L M könnte ein Indiz für die Richtigkeit dieser Annahme darstellen. Rolle, Bruchstücke, S. 29 ff., folgte in ihrer Zusammenstellung hingegen Bonaths Modell. Beide Thesen bedürften einer eingehenden Überprüfung. Es wurden Kollationen auf der Basis sämtlicher vollständiger Handschriften für die Bücher III und IX–XIV erstellt; vgl. hierzu Rolle, Bruchstücke, S. 7. Eine systematische Zusammenstellung der Gruppierungen und Untergruppierungen innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung findet sich ebd., S. 26–33. Vgl. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival. Hofmeister kannte nur den ersten Band von Bonaths Untersuchungen; vgl. ebd., S. 4, Anm. 10. Die Handschrift V′, die nur die Bücher XV und XVI enthält, wurde nicht ausgewertet. Vgl. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 63– 66. Siehe Abschnitt II.4.1 (S. 109 ff.).

›Parzival‹-Überlieferung

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hinaus zweifelte Hofmeister die Geschlossenheit der Gruppe *W [*T] an, indem er auf die Abweichungen von T gegenüber U V W in den Plusversen hinwies,159 dabei allerdings übersah, dass diese auf den nachweisbaren und schon von Hartl beschriebenen streckenweisen Vorlagenwechsel in T zurückzuführen sind, der Textbestand außerhalb dieses Bereichs aber übereinstimmt. Zuletzt sprach Hofmeister, wie vor ihm bereits Hartl,160 G die Qualität als Leithandschrift von *G ab.161 Er berief sich dabei auf die häufigen Versausfälle, die G gegenüber den anderen *G-Handschriften aufweist. Die Ausfälle sind darauf zurückzuführen, dass die Schreibstube von G – wohl aus finanziellen Gründen – Textkürzungen vorgenommen hat, die nicht nur den ›Parzival‹, sondern auch den im selben Skriptorium angefertigten ›Tristan‹ betreffen.162 Diese Kürzungen sind sicherlich problematisch, wenn es um die Herstellung eines repräsentativen *G-Textes geht, doch wies bereits Bonath darauf hin, dass die auch von Hofmeister vorgeschlagene Handschrift I163 aufgrund ihrer sprachlichen „Verwilderung“164 eine noch geringere Eignung für eine zu normalisierende *G-Leithandschrift besitzt. Es ist zweifellos sinnvoller, den Text von *G (bzw. der Fassung *GI) nach G zu erstellen und die Minusverse nach I zu ergänzen. Diese Ergänzungen sollten mittels Kursivierung in einer Fassungsedition sichtbar gemacht werden, wodurch es möglich wäre, sowohl einen repräsentativen *G-Text als auch die spezifische Textgestaltung von G in den Blick zu bekommen. Trotz all dieser Fehlerhaftigkeit im Detail trägt Hofmeisters Dissertation dazu bei, den Blick für Inkohärenzen des Lachmann’schen ‚Zweiklassen‘-Postulats zu schärfen und verstärkt auf Gruppierungen zu achten, die zwischen diesen beiden Polen anzusiedeln sind. 159 Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 71–73. 160 Wolfram von Eschenbach, 6. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), Vorrede, S. LIX f.: „[. . .] andrerseits ist G, die so oft selbständige wege wandelt, durchaus nicht die geeignete repräsentantin ihrer klasse.“ Welche Handschrift nach Hartls Auffassung die „geeignete repräsentantin“ von *G ist, wird nicht mitgeteilt. Zur Kritik an Hartls Einschätzung von G vgl. Engels, Wolframs von Eschenbach Parzival, Titurel und Tagelieder in der Überlieferung der Handschrift G, S. 32. 161 Vgl. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 66–71. 162 Vgl. hierzu Werner Schröder, Irrwege und Wege zu einer neuen ›Tristan‹-Ausgabe, S. 146–149; Th. Klein, Die Parzival-Handschrift Cgm 19 und ihr Umkreis, S. 54, Anm. 95; Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 46 f.; Münchener Wolfram-Handschrift (ed. Stolz), Einleitung, S. 55– 60; ausführliche Forschungsdiskussion bei Baisch, abbrevatio im Spannungsfeld von Textkritik und Hermeneutik; ders., Textkritik als Problem der Kulturwissenschaft, S. 109–122. 163 Vgl. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 71: „If one wants to set up a ‚representative‘ for the ‚G group‘, manuscript evidence shows that manuscript 7 [= I] must be accorded this ‚honor‘.“ 164 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 38.

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Generell zeichnet sich – von Bonaths Studie einmal abgesehen – ab den späten Sechziger- bzw. den frühen Siebzigerjahren eine vorsichtige Rückkehr zu Lachmanns Feststellung der Gleichwertigkeit der Klassen ab. Eberhard Nellmann unterbreitete 1968 den ungewöhnlichen Vorschlag, „das gesamte Material, das zur textkritischen Auswertung gesammelt wurde, nebst einem Abdruck der St. Galler Hs. (D) zu publizieren“.165 Auf der Basis dieses Materials sollten dann zwei Editionen erstellt werden, denen die jeweils beste Handschrift der Klassen *D und *G zugrunde gelegt wird.166 Erste Versuche zu einer solchen Materialsammlung stellen das 1970 publizierte Faksimile des Cgm 19 mit vollständigen Transkriptionen der darin enthaltenen Texte (u. a. ›Parzival‹ G),167 der synoptische Abdruck des dritten Buches des ›Parzival‹ nach den Handschriften D und G168 und die Transkriptionen von sämtlichen Handschriften zum Prolog des ›Parzival‹169 dar. Den ambitioniertesten Versuch, der Geringschätzung der *G-Klasse entgegenzuwirken, unternahm Jürgen Kühnel im Jahr 1972.170 Kühnel versuchte, das in der Minnesangphilologie zu dieser Zeit aktuelle Konzept der ‚historischen Existenzform handschriftlicher Texte‘ auf die Haupthandschriften des ›Parzival‹ zu übertragen. Es solle gezeigt werden, „wie jede überlieferte Textfassung eines mittelalterlichen Werkes individuelle Gestalt und damit ‚Eigenwert‘ besitzt, insofern sie nämlich eine jeweilige Fassung dieses Werkes darstellt, wie sie im Mittelalter tatsächlich gelesen wurde“.171 Dazu müsse „an die Stelle der ‚Textsynthese‘, d. h. der Herstellung eines ‚kritischen‘ Textes durch die Kombination der verschiedenen überlieferten Fassungen, die Textanalyse treten“.172 Der horizontale Vergleich zweier oder mehrerer Handschriftentexte tritt somit in den Vordergrund. Als Grundlage für Kühnels Untersuchung diente der Text des dritten Buches des ›Parzival‹, wie er sich in den Handschriften D und G präsentiert. Kühnels ungemein detaillierte Text165 Nellmann, Zur handschriftlichen Überlieferung des Parzival, S. 20. 166 Ebd. Im Diskussionsprotokoll wird die Möglichkeit festgehalten, „daß man eventuell mit zwei ursprünglichen Fassungen zu rechnen habe“ (S. 21). 167 Wolfram von Eschenbach, Parzival G (ed. Augst-Ehrismann-Engels). Vgl. darin die profunde Analyse des G-Textes von Engels, Wolframs von Eschenbach Parzival, Titurel und Tagelieder in der Überlieferung der Handschrift G, S. 31– 42. 168 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Kühnel). 169 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen), S. 38–56. 170 Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G. 171 Ebd., S. 149. Diese Position lässt sich bis zu Jacob Grimm zurückverfolgen, der „immer wieder darauf hingewiesen [hat], daß jedes überlieferte Dokument einen historischen Eigenwert habe und damit einen eigenständigen historischen Kontext erzeuge.“ Vgl. Plachta, Dilettanten und Philologen, S. 67. 172 Ebd.

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analysen zielten auf die ‚iterierenden‘ Varianten und die „eindeutigen Überlieferungsfehler“,173 also letztlich auf Lachmanns Behauptung, dass die Vertreter von *G „mehr unbezweifelt falsches oder aus falscher besserung entstandenes“174 aufweisen. Keine Berücksichtigung fanden hingegen „alle in sich sinnvollen Varianten, die zweifellos den bei weitem größten Teil der unterschiedlichen Lesarten darstellen“,175 jene Varianten also, die im engeren Sinn als fassungskonstituierend anzusehen sind. Die Frage, „ob das Verhältnis der ›Parzival‹-Handschriften D und G so etwas erkennen lasse wie eine planmäßige Redaktion [.. .], sei es durch Wolfram selbst, sei es durch einen Redaktor“,176 ließ Kühnel damit offen. Die Untersuchung der grammatischen Struktur ergab hingegen, dass die Schreiber beider Textredaktionen mit großer Gewissenhaftigkeit ans Werk gingen und dass die verhältnismäßig wenigen, objektivierbaren Fehler zu den üblichen Nebenerscheinungen eines mechanischen Abschreibprozesses zu zählen sind. Die hohe Qualität des D-Textes wurde in der ›Parzival‹-Forschung ohnehin nie ernsthaft in Frage gestellt;177 einigermaßen überraschend ist hingegen Kühnels Befund, auch dem Schreiber von G dieselbe Gewissenhaftigkeit in der Textpflege zuzuschreiben, da die vorgängigen Untersuchungen in der Regel darauf abzielten, die Textqualität von G (bzw. von *G) herabzuwürdigen. Kühnels – leider nicht fortgesetzte178 – Untersuchung war der erste gewichtige Versuch, einen Vertreter von *G auf die ihm innewohnenden, eigenen Qualitäten hin zu analysieren, ohne die obligate Perspektive der Trivialisierung im Hinblick auf einen hypothetischen Archetyp einzunehmen. Es sollte allerdings – mit einer Ausnahme179 – der bis heute letzte Versuch dieser Art bleiben. Doch zeichnet sich immerhin der Konsens ab, *G als prinzipiell 173 Ebd., S. 145 u. ö. 174 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XIX . 175 Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 157. 176 Ebd., S. 213. 177 Hartls in seiner Vorrede zu Wolfram von Eschenbach, 6. Aufl. (ed. LachmannHartl), S. LIX f., ohne nähere Erklärung getroffene Feststellung: „zunächst ist D wirklich nicht die allerbeste handschrift“ wurde von Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 38, mit Bestimmtheit zurückgewiesen: „Im übrigen bleibt D als beste Hs. der besten Gruppe trotz ihrer Fehler die beste Hs. [. . .].“ 178 Eine angekündigte Untersuchung der sinnrelevanten Varianten von G ist nicht erschienen (vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 213). 179 Auf den bemerkenswerten Aufsatz von Baisch, Die Bedeutung der Varianz, der inhaltliche Abweichungen von D und G anhand ausgewählter Passagen untersucht, wird an anderer Stelle eingegangen (Abschnitt IV.1.2 [S. 286 ff.]).

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gleichrangige Klasse zu behandeln, solange das Gegenteil nicht erwiesen ist.180 Entsprechend äußerte sich Joachim Heinzle in seiner 1993 vorgelegten Probeedition der ›Parzival‹-Verse 1.20–1.25: „Ich kann mich hier [...] darauf beschränken zu sagen, daß wir die beiden postulierten Redaktionen *D und *G grundsätzlich für gleichwertig ansehen.“181 Weiterhin gehört also „die Untersuchung und Darstellung der Eigenständigkeit der *G-Fassung zu den dringenden Aufgaben der ›Parzival‹-Forschung“.182 Bumkes resignativ anmutendes Resümee bringt den aktuellen Erkenntnisstand auf den Punkt: Die „philologische ›Parzival‹-Forschung [steht] heute wieder da [...], wo Lachmann sie hingeführt hat: bei der Feststellung, daß es im frühen 13. Jahrhundert nicht nur einen ›Parzival‹-Text gegeben hat, sondern zwei.“183 Dass es deren sogar noch mehr gegeben hat, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden, macht die Aufgabe nicht eben leichter.

I.2.2 Eduard Hartls Handschriftengruppe *W [= *T] Kurt Gärtner sieht in seiner Nachzeichnung der ›Grundlinien einer literarischen Sprachgeschichte des deutschen Mittelalters‹ in dem voluminösen Handbuch ›Sprachgeschichte‹ die Aufteilung des ›Parzival‹ in zwei Klassen durch die ältesten erhaltenen Textzeugen bestätigt: Die für die ›Parzival‹-Überlieferung charakteristische Differenzierung in die beiden Klassen *D und *G wird bereits durch die beiden ältesten Fragmente bestätigt, denn das Erlanger Fragment [14] bezeugt die Fassung *D, das Münchener [Fragment 26] die Fassung *G, die beide also noch zu Lebzeiten Wolframs entstanden sein dürften.184 180 Auch der fassungskritisch argumentierende Werner Schröder scheint diese Überlegungen für den ›Parzival‹ zu akzeptieren: „Und vielleicht hätte sogar Lachmann besser daran getan, zunächst einmal die Versionen *D und *G für sich herzustellen, was auch nicht ohne Rekonstruktion zu bewerkstelligen gewesen wäre“ (Werner Schröder, Die ‚Neue Philologie‘ und das ‚Moderne Mittelalter‘, S. 167). Schröder bezweifelt jedoch, dass es dann so früh eine Wolfram-Ausgabe hätte geben können. An anderer Stelle vertritt er dann doch wieder die Ansicht, dass, „wer Wolfram sucht, [. . .] ihn in Lachmanns Ausgaben echter und wahrer finden [wird] als in irgendeiner noch so guten Handschrift“ (Editionsprinzipien für deutsche Texte des Früh- und Hochmittelalters, S. 917). 181 Heinzle, Klassiker-Edition heute, S. 58, Anm. 26. 182 Bumke, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der höfischen Epik, S. 295, Anm. 149. 183 Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 44. 184 Gärtner, Grundlinien einer literarischen Sprachgeschichte des deutschen Mittelalters, S. 3033.

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Diese Aussage bedarf der Präzisierung: Nicht Vertreter von *D und *G stehen am Anfang der ›Parzival‹-Überlieferung, sondern vielmehr Textzeugen von *D und *T. Das Fragment 26 wird auf das Ende des ersten Viertels des 13. Jahrhunderts datiert und ist somit der älteste erhaltene Textzeuge der gesamten ›Parzival‹-Überlieferung. Etwas jünger ist das Fragment 14, das „nicht zu spät im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts“ anzusetzen ist.185 Das Fragment 26 wird im Verzeichnis von Bonath / Lomnitzer noch als möglicherweise „kontaminierte *G-Hs.“ geführt.186 Tatsächlich ist es, wie eine Nachprüfung ergab,187 der Fassung *T zuzuordnen. Am Anfang der ›Parzival‹-Überlieferung steht demnach der Vertreter einer ‚jüngeren Mischhandschriftengruppe‘, wie Eduard Hartl diese Gruppe charakterisierte. Das ist ein verblüffender Befund, der nicht nur vor Augen führt, welche Schwierigkeiten der Versuch einer textgeschichtlichen Differenzierung in ‚jüngere‘ und ‚ältere‘ Handschriftengruppen mit sich bringt, sondern der zugleich nachdrücklich daran erinnert, dass die Klassifizierung der Überlieferung mit *D und *G zunächst lediglich ein der Orientierung dienliches Koordinatensystem darstellt, innerhalb dessen weitere Gruppierungen angesetzt werden können. Die Erforschung der Handschriftengruppe *W [*T] ist untrennbar mit dem Namen Eduard Hartls verbunden, der sich – abgesehen von Kittelmanns Untersuchung, die allerdings nur V berücksichtigt188 – als erster und bislang auch als einziger mit dieser Texttradition eingehender beschäftigte. Die unter dem vielversprechenden Titel ›Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival. Die jüngeren *G-Handschriften. 1. Abteilung: Die Wiener Mischhandschriftengruppe *W (Gn Gd Gm Gü)‹ laufende Untersuchung wurde 1925 als Habilitationsschrift an der Universität München angenommen189 und erschien 1928 im Druck. Diese Arbeit stellt offenbar eine erweiterte Fassung seiner ungedruckten und heute verschollenen Dissertation ›Die Wiener Parzivalhandschrift Gn. Ein Beitrag zur Überlieferungsgeschichte des Wolframschen Parzival‹ dar, die von Carl von Kraus und, nach dessen Berufung nach München, von Joseph Seemüller betreut 185 Für die Auskunft danke ich Frau Dr. Karin Schneider (Brief vom 23. 3. 2007). 186 Bonath/Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 115. 187 Siehe Abschnitt II.1 (S. 62 ff.). 188 Kittelmann, Einige Mischhandschriften von Wolframs Parzival, berücksichtigte jedoch die Handschriften T U W nicht und konnte daher auch keine größeren textgeschichtlichen Kontexte herstellen. 189 Gutachter: Carl von Kraus. Ein Teilabdruck des Gutachtens findet sich bei Bonk, Deutsche Philologie in München, S. 66. Kraus hebt die „echte Philologennatur“ des Verfassers hervor, der allein es gegeben sei, „die Unsumme von entsagungsvoller Kleinarbeit [. . .] auf sich zu nehmen“. Die Arbeit sei „ein bedeutungsvoller Anfang auf einem allzulange unbebauten Gebiete“.

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wurde und mit der sich Hartl 1918 an der Universität Wien promovierte.190 Hartls Studie über *W [* T] blieb, von der verschollenen Dissertation abgesehen, seine einzige eigenständige Untersuchung zur ›Parzival‹-Überlieferung. Der Plan zu einer vollständigen Textgeschichte und zu einer Neuausgabe des ›Parzival‹ auf der Basis der gesamten Überlieferung scheiterte an Materialeinbußen während des Zweiten Weltkriegs, aber auch und hauptsächlich an völlig unrealistischen Zielvorgaben, die Hartl im Alleingang bewältigen wollte.191 Im Vorwort zur siebenten Auflage von Lachmanns Edition, das Hartl rund ein Jahr vor seinem Tod verfasste, leistete er das „feierliche Bragigelöbnis“192 einer dreizehn Bände umfassenden Reihe, die nahezu alle denkbaren Aspekte zu sämtlichen Werken Wolframs (u. a. Biographie, Textgeschichte, Ausgabe, Kommentar, Wörterbuch) abdecken sollte.193 Hartl hatte in dieser Ausgabe erstmals in den Lachmann’schen Text eingegriffen und zahlreiche über Lachmann hinausgehende Normalisierungen vorgenommen. Der Lesartenapparat wurde aber nur ganz unzureichend auf den modifizierten Text abgestimmt, was Werner Wolf zu einer vernichtenden Rezension veranlasste.194 Nach Wolf dürften „die schwereren Versehen, die zu ihrer Aufklärung eine ältere Ausgabe verlangen, [. ..] in die Hunderte, die kleineren dagegen, die man mit etwas Nachdenken alsbald selbst zurechtrücken kann, in die Tausende laufen“.195 Der de Gruyter-Verlag ist seither wieder zur 190 Vgl. hierzu den Artikel ‚Eduard Ferdinand Hartl‘ von Stefan Hemler im Internationalen Germanistenlexikon, sowie den Nachruf von Rosenfeld auf Eduard Hartl, S. 111. Laut Rosenfeld blieb die Dissertation „infolge der Not der Zeit freilich als Handschrift in den Akten der Universität [Wien] vergraben.“ Zu Hartls Lebenslauf und wissenschaftlicher Tätigkeit vgl. weiters Hemler, Ein ‚geradezu gespenstisch‘ anmutender Plan?; ders., Zwischen Annäherung und Distanzierung; Bonk, Deutsche Philologie in München, S. 441 f.; Janota, Carl von Kraus, S. 145. 191 Hemlers Recherchen im Nachlass Hartls lassen dessen permanente Ankündigungen in einem ungünstigen Licht erscheinen, zieht man das erhaltene Material zum Vergleich heran; vgl. Hemler, Ein ‚geradezu gespenstisch‘ anmutender Plan? 192 W. Wolf, Rezension Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), S. 67. 193 Vgl. Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), Vorwort, S. LXVI f. 194 Vgl. W. Wolf, Rezension Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl). 195 Ebd., S. 65. Eine ähnlich scharfe Kritik an Hartls Edition des Benediktbeurer und St. Galler Passionsspiels, die im selben Jahr wie die siebente Auflage des ›Parzival‹ erschien, äußerte Rudolf Schützeichel in der Einleitung zu seiner Edition ›Das Mittelrheinische Passionsspiel der St. Galler Handschrift 919‹, S. 91: „Die Unzulänglichkeiten [von Hartls Edition] bestehen in der Fehlbeurteilung der Lokalisierung und der Datierung des handschriftlich Überlieferten, in einer ganzen Reihe von Fehllesungen im deutschen Text wie in den lateinischen Bühnenanweisungen und in der unsachgemäßen Behandlung der Bühnenanweisungen durch Ergänzung der angesprochenen Gesänge ohne auch nur annähernd gesicherte Grundlage, während eine solche Ergänzung in Wahrheit ohne zusätzliche Anhaltspunkte nicht möglich ist,

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sechsten Auflage zurückgekehrt. Weiterhin Verwendung findet der Text der siebenten Auflage in der ›Parzival‹-Ausgabe des Reclam-Verlags, die keinen Apparat hat und sich daher den leichter lesbaren Text zunutze machen konnte.196 Das größte Verdienst von Hartls ›Textgeschichte‹ besteht zweifellos im Erkennen der Zusammengehörigkeit der Handschriften T U V und W zu einer Gruppe – eine nicht geringe Leistung, wenn man die Schwierigkeiten bei der Handschriftensichtung in der damaligen Zeit berücksichtigt. Begünstigt wurde die Entdeckung durch den Umstand, dass drei von vier vollständigen Vertretern dieser Gruppe (T U und ein Exemplar des Drucks) in Hartls Geburts- und Studienort Wien liegen. Nach diesem Standort teilte Hartl der Gruppe die Sigle *W zu.197 Eine weitere Leistung Hartls liegt darin, dass er durch die Benennung dieser ‚Untergruppe‘ den notwendig starren Schematismus der Lachmann’schen Klasseneinteilung in *D und *G aufbrach; zuvor war aufgrund der Untersuchungen Ernst Martins nur die Gruppe *mno (= *m) bekannt.198 Es schmälert diese Leistung allerdings beträchtlich, dass er die Gruppe summarisch *G zuschlägt und die *D-Anteile weitgehend ignoriert. Dies ist umso verwunderlicher, als Hartl *W schon im Titel als ‚Mischhandschriftengruppe‘ kenntlich macht. Was ist darunter zu verstehen? Hartl will damit ausdrücklich nicht, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, den anzusetzenden Hyparchetyp von *W bezeichnet wissen, was allerdings erst am Ende der Arbeit deutlich wird: Hier spricht er von der „durch nichts zwingenden Annahme einer Mischung in der Leithandschrift von *W“.199 Vielmehr bezieht sich die Bezeichnung ‚Mischhandschriftengruppe‘ auf den Umstand, dass drei der vier Textzeugen von *W Mischhandschriften unterschiedlichen Charakters darstellen: In T und W ist ein Vorlagenwechsel nachweisbar, in V Textkorrekturen aufgrund nachträglichen Handschriftenvergleichs.200 U hingegen repräsentiert in Hartls Augen einen unkontaminierten

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wenn die Texte denn einigermaßen verläßlich sein sollen.“ Janota, Carl von Kraus, S. 145, bezeichnete Hartls Edition der Passionsspiele im Anschluss an Schützeichels Kritik gar als „philologisches Desaster“. Der Text der siebenten Auflage wird auch als Grundlage für die in Arbeit befindliche Neuübersetzung des ›Parzival‹ herangezogen; vgl. Brüggen/Lindemann, Eine neue Übersetzung des ›Parzival‹, S. 378. In der vorliegenden Arbeit wird sie durch die Sigle *T ersetzt, siehe S. 56. Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 1, Vorrede, S. XX–XXII (Beschreibung) und S. XXXIV–XLVI (Kollation). Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 150. Zu Hartls Untersuchungen der Kontamination in den einzelnen Textzeugen und zu den diesbezüglichen Anmerkungen Bonaths wird in Abschnitt III.1 (S. 125 ff.) Stellung genommen. Hartls Feststellung, dass Textmischungen „fast noch zu Wolframs Lebzeiten“ entstanden seien, die erkennen ließen „wie sehr man sich um die Herstellung eines reinen, verständlichen Textes bemühte, und wie man die einzelnen Laa. ein-

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Textzeugen von *W. Dadurch ergibt sich für Hartl das über weite Strecken schlichtweg ignorierte Problem, die, wie im abschließenden Abschnitt plötzlich eröffnet wird, „zahlreichen *D-Laa.“201 in dem *G zugeordneten Hyparchetyp zu erklären. Er bedient sich hierfür der Vermutung, dass „*W [.. .] nichts weiter als die Fortsetzung des Hauptstammes“202 sei. Demnach wären die *D-Lesarten also nicht, wie der Titel seiner Arbeit vermuten ließe, als Produkt späterer Kontamination zu interpretieren,203 vielmehr hätten sie sich trotz sukzessiver „Vulgarisierung“204 erhalten. Gegenüber dem Lachmann’schen Ansatz der Gleichwertigkeit von *D und *G und dem daraus abzuleitenden, hypothetischen Stemma unter Einbezug von *W: A *D

*G *W

präferiert Hartl die Ansetzung eines „Hauptastes [. ..], dessen Anfang *D und dessen Ende *W ist, und zwischen beiden entspringt *G“205: A *D

*D *B

*G

*G *W

Hartl erklärt diesen Entwurf mit der Hypothese, „daß wir in den meisten Fällen nur bei den Endgliedern Mischungen erwarten und finden werden, weil sie der

201 202 203 204 205

schätzte“ (Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 151), ist äußerst missverständlich. Sie bezieht sich auf die erhaltenen Textzeugen T V W, deren ältester Vertreter T von Hartl noch auf die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert wurde – heute geht man von einer Entstehung um 1270 aus –, und nicht auf die zu rekonstruierende Stammhandschrift von *T. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 150. Ebd. Was Hartl, ebd., S. 150 f., als unwahrscheinlich ansieht. Ebd., S. 150. Ebd., S. 151.

›Parzival‹-Überlieferung

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Ausfluß des durch eine lange Kette von Zwischenstufen gehenden und dabei sich allmählich verschlechternden Textes sind, während naturgemäß bei den Mittelstufen verhältnismäßig seltener Mischungen vorkommen“.206 Damit kommt er – wenngleich aus anderen Motiven – dem Ansatz Bumkes verblüffend nahe, der sich gerade bei den frühesten Textstufen Kontamination höchstens in Ausnahmefällen vorstellen kann und der darauf hinweist, dass positive Beweise für Kontamination an den Handschriften des 13. Jahrhunderts erst beizubringen wären.207 Entgegen Hartls Entwurf vermutete Bonath, „daß die Übereinstimmungen mit *D im Richtigen gegen die übrigen *G-Hss. auf Kontamination beruhen müssen“.208 Es soll nicht darüber gerechtet werden, welcher der beiden Ansätze mehr Plausibilität beanspruchen darf: Wie die Klassen *D, *G und *T [= *W] chronologisch aufeinander zu beziehen sind, entzieht sich schlicht der Verifizierbarkeit und muss daher offenbleiben. Schließlich ist abseits der traditionellen ‚organischen‘ Entwicklungsmodelle mit spezifischen, durch den semioralen Literaturbetrieb der frühen Phase geprägten Einflüssen zu rechnen, die die ältere Forschung kaum209 einkalkuliert hat und die sich letztlich ebenfalls der genaueren Bestimmbarkeit entziehen. Es muss vielmehr darum gehen, die Charakteristika der *T-Fassung so präzise wie möglich herauszuarbeiten, dies auch und gerade in ihrem Verhältnis zu den Klassen *D und *G, ohne sich auf eine zeitliche Abfolge festzulegen. Und dazu gehört es eben auch, die vordergründig unverständlichen *D-Anteile in *T, die nicht nur in der Textformulierung, sondern auch in der Textgliederung und im Textbestand ihren Niederschlag gefunden haben, zu berücksichtigen.210 Bereits Hans-Friedrich Rosenfeld wies in seiner 206 Ebd., S. 150. 207 Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 20. 208 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 55. Bonath beschäftigte sich ausführlich (Bd. 1, S. 39–51) mit Hartls Arbeit und ging dabei hauptsächlich auf die Fragen der Kontamination in *T und auf Hartls Stemma von *T ein. Die Einwände Bonaths werden in den entsprechenden Abschnitten (S. 125 ff., 140 ff.) dieser Arbeit berücksichtigt. 209 Immerhin wurde schon sehr früh mit Autorvarianten gerechnet. Vgl. die Zusammenstellung bei Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 45. 210 Ohne Aussagekraft ist die bei Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 46, abgedruckte Tabelle, die Berührungspunkte von *T mit *G verzeichnen sollte; die Parallelen von *T und *D werden als „müßige Spielerei“ abgetan und nicht berücksichtigt. Die Tabelle gibt Prozentzahlen zu sämtlichen 16 Büchern an. Fraglich ist dabei, welche Materialbasis dieser Aufstellung zugrunde gelegt wurde, da Hartl nach eigenen Angaben nur die ersten vier Bücher von *T kollationiert hatte. Ein vollständiges Lesartenverzeichnis der *G-Handschriften stand ihm nicht zur Verfügung. Es wird überdies nicht angegeben, nach welchen Kriterien (Versformulierung, Versbestand, Einzelwörter, Wortbestandteile?) eine Variante als solche für die Auswertung berücksichtigt wurde.

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Hartl-Rezension aus dem Jahr 1928 darauf hin, dass die „Mittelstellung zwischen *D und *G“ stärker hätte hervorgehoben werden müssen, sie jedoch „in dem [von Hartl gezeichneten] Stammbild [. . .] keinen glücklichen Ausdruck findet“.211 Aus Hartls Arbeit geht ebenfalls nicht deutlich hervor,212 warum *T [= *W] als ‚jüngere‘ Handschriftengruppe angesehen wird. Von einem materiellen Standpunkt aus betrachtet, ist der älteste erhaltene Textzeuge der Gruppe zugleich der älteste der gesamten Überlieferung.213 Hartl hat an früherer Stelle die Möglichkeit ins Auge gefasst, dass die „Leithandschrift von *W [.. .] die Vorlage für die Klasse *G“ gewesen sein könnte, „die [*G] dann später noch viel energischer geändert hätte“.214 ‚ Jünger‘ bedeutet in Hartls Verständnis offenbar, dass die Gruppe gleich alt, älter oder eben etwas jünger als *G sein muss, aber in jedem Fall *D chronologisch nachzuordnen ist.215 Für Hartl, so ist zu folgern, stellte sich demnach auch *G als eine ‚jüngere‘ Klasse dar, die in Relation zum ‚echten‘ Text gestellt 211 Vgl. Rosenfeld, Rezension Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, Sp. 2505. Rosenfelds Rezension ist die einzige der mir bekannten zeitgenössischen Besprechungen, die sich kritisch mit Hartls Arbeit auseinandersetzt. Im Nachlass Rosenfelds (UB München, o. Sign.) findet sich ein Brief Hartls vom 17. 2. 1929, in dem zu einzelnen Kritikpunkten (Umständlichkeit der Darstellung, z. T. wörtliche Wiederholung ganzer Absätze, ungerechtfertigte Kritik an Lachmann etc.) Stellung genommen wird. Vgl. auch die freundlich gesinnten Kurzrezensionen von G. Ehrismann, S. 10 f., und Kurrelmayer, S. 285. 212 Exakte Definitionen der von Hartl verwendeten zentralen Terminologie gibt es nicht, wodurch man sich ständig gezwungen sieht, dessen Verständnis der Begriffe aus der Arbeit heraus zu rekonstruieren. Dies wiederum erweist sich angesichts „der zahlreichen Widersprüche in seiner Argumentation“ (Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 39) als schwierig. Die Inkongruenzen sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Arbeit offenkundig in zeitlich auseinander liegenden Phasen geschrieben wurde, spätere Erkenntnisse aber nur unzulänglich auf frühere abgestimmt sind. Am deutlichsten zeigt sich dies an Hartls Stemma, in dem der Vorlagenwechsel in T keine Berücksichtigung findet. 213 Zur Datierung des Fragments 26 siehe S. 60. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 149, Anm. 1, wusste sehr wohl, dass mit dem Fragment 26 [Gh] einer der ältesten Textzeugen überhaupt vorliegt und dass das Fragment zu *T gehört. Er hielt es aber offenbar nicht für nötig, sich mit diesem Sachverhalt näher auseinanderzusetzen. Auf S. 152 bezeichnet er die Handschrift T irreführend als „die erste dieser Gruppe“. Im Handschriftenverzeichnis zur 7. Auflage aus dem Jahr 1952 wird die Zugehörigkeit zu *T nicht angegeben, obwohl Hartl des öfteren Zuordnungen zu Untergruppierungen von *G vornimmt. 214 Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 46. Die Lösung dieser Frage wird für den – nicht erschienenen – zweiten Band der Reihe angekündigt. 215 Vgl. z. B. Hartls Bemerkung über die Handschriften der „Klasse *D, die ja entschieden die ältere ist“ (ebd., S. XVII ).

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und beurteilt werden müsse. Den ‚echten‘ Text216 wiederum setzte Hartl in der Nähe von *D an. Nach Hartl existiere eine fast allen *G-Hss., zumal den jüngeren, gemeinsame Tendenz, den Text zu glätten, seltene Ausdrücke und Konstruktionen durch bekannte zu ersetzen, das Enjambement zu vermeiden und reine Reime an die Stelle von Assonanzen zu setzen; deutlicher aber zeigt sich diese gemeinsame Tendenz darin, daß durch Änderung des Versanfanges ein rascherer, das Tempo des Erzählens mehr fördernder Einsatz erzielt wird, und zwar ist diese Tendenz in verschiedenen Hss. an verschiedenen Stellen häufig zu bemerken. Und dieses Streben ist gewiß kein schlechtes Zeugnis für die poetische Bildung und Begabung der Schreiber, da viele Änderungen von *G den Laa. von *D ebenbürtig zur Seite gestellt werden können.217

Bonath bemerkte zu einer vergleichbaren Passage in Hartls Vorwort zur sechsten Auflage218 etwas spöttisch, dass es offensichtlich „in der Parzivalüberlieferung einen spiritus familiaris G gegeben [haben soll], der über drei Jahrhunderte und halb Deutschland hinweg auf die Schreiber einwirkt, den Parzival im Stil an Hartmann anzugleichen“.219 Merkwürdig an Hartls Argumentation ist das offenkundige Bemühen darum, die in Lachmanns Vorrede angelegte Widersprüchlichkeit in der Bewertung von *D und *G aufzulösen, indem einerseits eine Tendenz zur Vereinfachung festgehalten und den Kopisten zugeschrieben, zugleich aber 216 Mit der grundsätzlichen Problematik von Hartls Echtheitsbegriff setzten sich Oltrogge/Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 351 f., auseinander: „Dem heutigen Benutzer fällt [. . .] auf, daß Hartl bei der Behandlung der Varianten durchgängig auf „das Echte“ rekurriert, also auf diejenige Lesart, welche nach seiner Einschätzung Wolframs Text vertritt. Vor der mit positivistischer Strenge durchgeführten texthistorischen Analyse hat also bereits eine Einteilung der Varianten stattgefunden, die nur auf einem modernen Urteil über stilistische Angemessenheit fußen kann. Auch wenn die Abwägbarkeit von Lesarten nicht generell bestritten werden soll, irritiert doch der Umstand, daß dieses Argument in einer ansonsten beschreibenden Arbeit so sehr strapaziert wird. Die Begründung dürfte schlicht im Systemzwang des stemmatischen Ansatzes zu suchen sein. Wenn mindestens drei Handschriften gleichwertige Lesarten in wechselnden Kombinationen bieten, dann ist allein aus diesen Daten kein stemmatischer Befund abzuleiten. Für die Erstellung eines Stemmas müssen die augenscheinlich gleichwertigen Lesarten in eine Hierarchie gebracht werden, die auf Indizien zurückgreifen muß, welche über den Textbefund hinausgehen. Die Bestimmung einzelner Lesarten als ‚echt‘ bildet in diesem Fall den archimedischen Punkt, an dem ein Stemma überhaupt verankert werden kann. ‚Echte‘ Lesarten müssen allen Kontaminationen gegenüber vorgängig sein; erst hierüber können die Koalitionen der Handschriften in einer Gruppe von Mischhandschriften bestimmt werden.“ 217 Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. XX . 218 Vgl. Wolfram von Eschenbach, 6. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), Vorwort, S. LX . 219 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 39.

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eben dieser Vereinfachung eine solche Qualität zugestanden wird, dass „viele Änderungen von *G den Laa. von *D ebenbürtig zur Seite gestellt werden können“, also im Lachmann’schen Sinn als gleichwertig anzusehen sind. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Annahme von ‚Vulgarisierung‘ auf der einen und ‚Höfisierung‘ (z. B. im Stile Hartmanns) auf der anderen Seite innerhalb einer Überlieferungstradition bereits in sich widersprüchlich ist und von vornherein keine sinnvollen Aussagen über eine bestimmte Bearbeitungstendenz zulässt. Mit seinen Bemerkungen über Trivialisierungs- wie Höfisierungstendenzen in *G folgt Hartl der von Martin und Stadler geprägten, zeitbedingten Mode. Wie die Praxis einer solchen voreingenommenen Beurteilung von *G- oder *TLesarten aussieht, mögen die folgenden Beispiele veranschaulichen. Es werden nur jene, ohnehin in verhältnismäßig geringer Zahl vorhandenen Beispiele angeführt, die ausdrücklich die sekundäre Bearbeitungstendenz von *G und *T beweisen sollen: In der Rubrik „in stehenden Verbindungen wird das Gebräuchlichere eingesetzt“ werden hintereinander aufgelistet: „202.26 bürge unde lant] lute unde lant *G *W [*T] Gc [Fragment 21] Gs [L], aber 97.4 liute unde lant] lip unde lant *G *W [*T] Gs [L].“220 Als drittes und bereits wieder letztes Beispiel folgt, wenig überzeugend: 626.2 frouwe oder man] wip oder man *G Gd [V] Gm [U] Gs [L] Gf [W]. Als Beispiele für die „Ersetzung unhöfischer Ausdrücke durch höfische“ nennt er: 43.7 degen] helt *G *W [*T] Gc [Fragment 21] Gs [L]; 110.12 buˆch] lıˆp *G *W [*T] Gs [L]; 225.22 burch] huˆs *G *W [*T] Gs [L];221 ebenso 82.2 von dem Adaˆmes rippe = dem] fehlt gg *W Gs [L] Gx [R]; das letzte Beispiel wird als ein „Höfisieren der volkstümlichen Wendung“ aufgefasst. Im Rahmen der ‚Vulgarisierungstheorie‘ wäre eigentlich die umgekehrte Konstellation zu erwarten gewesen.222 Als Beispiele für die „Ersetzung eines Subst[antivs] durch ein anderes: dabei ist meist das Streben deutlich, die Sprache dem Alltag anzupassen“223 werden genannt (ich führe alle Beispiele an): 42.13 zorn] munt *G Gc [Fragment 21] Gd o [V] Gs [L] = mut Gn [T] Gs [L] Gf [W]. 70.17 gebe] gelte *G *W [*T] Gs [Fragment 33] s G [L]. 85.25 heˆrre] helt *G *W [*T] Gs [L]. 104.11 wurmes] tiers *G *W [*T] Gs [L]. e 117.9 waste in] wuosten *G, wusten Gn [T] Gd [V], ebenso 118.1 [es handelt sich um eine sinnrelevante Präsumptivvariante, wie Kühnel deutlich gemacht hat].224 131.10 zil ] spil *G *W [*T] Gu [U] Gs [L]. 583.24 herze] ellen G Gd [V] Gs [L] Gf [W]. 595.7 frouwen] iunchfrouwen *G Gd [V] Gs [L] Gf [W]. 632.8 manheit] warheit *G Gd [V] Gm [U] Gs [L] Gf [W] [Präsumptivvariante]. 633.4 willen] triuwen *G Gd [V] Gm [U] Gs [L] Gf [W] [Präsumptivvariante]. 671.19 frouwen] ritter *G Gd [V] Gs [L] Gf [W] [Präsumptivvariante]. 675.25 gıˆtes] Nides Gg [GI] Gd [V] Gf [W] Gütes Gs [L], Grites m n o [die Lesarten von G I V W sind gleichwertig]. Kein einziges (!) dieser Beispiele lässt die von 220 221 222 223 224

Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 35. Ebd. Ebd., S. 40. Ebd., S. 35. Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 199 f.

›Parzival‹-Überlieferung

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Hartl postulierte Anpassung an alltägliche Sprache erkennen. Die Ersetzung von 23.23 hoˆhen pıˆn durch grozen pıˆn *G *W [*T] wird kommentiert: „Das seltenere poetische Bild wird durch ein verflachendes Adj[ektiv] zerstört.“225 Dagegen spricht, dass beispielsweise 414.9 alle Handschriften durchgehend groˆzen pıˆn aufweisen; 435.29 liest Lachmann ez erleit nie magt soˆ hoˆhen pıˆn. Diese Lesung wird von den Handschriften D m n o G I Q T U V W Z bezeugt. Dagegen haben L M R solhe pin, O grozen pin. Aus der Wahl des Epithetons ist in diesen Fällen weder ein Kriterium für die lectio difficilior zu gewinnen, noch lassen sich stilistische Bearbeitungstendenzen einer Handschrift oder Handschriftengruppe ablesen. Zu 56.11 d e r was von arde ein Bertuˆn = Unde *G *W [*T] Gm [I] Gs [L] Gx [R] bemerkt Hartl, das Syndeton sei eine „verunglückte Besserung, denn das Subj[ekt] ist nicht schilt, V. 10, sondern Addanz, V. 9“.226 Dass der Schild nicht dem Geschlecht der Bertunen angehört, wird wohl auch kein Schreiber angenommen haben; die Konjunktion unde lässt sich aus dem Kontext heraus durchaus verständlich auf Addanz beziehen und kann ebenso gut als lectio difficilior angesehen werden. Bei 118.4–5 wird von der (trivialisierenden?) „Vermeidung der ‚Wiederaufnahme‘“ gesprochen: bogen unde bölzelıˆn / d i e sneit er mit sıˆn selbes hant = die] fehlt *G *W [*T] Gk [Z] Gs [L] Gx [R] (der gleiche Fall liegt 111.6 vor).227 Von Hartls Beispielen für „Änderungen im Versinneren, meist nur Wortumstellungen zur Erleichterung des Verses oder Herbeiführung prosaischer Wortfolge“,228 greife ich nur eines heraus: 124.6 nu sich, swer an mich strıˆtes gert = strites an mich *G *W [*T] Gk [Z] Gs [L] Gx [R]. Als „Milderung des Enjambements“ wird 175.21–22 sıˆne tohter bat er komn / ze tische: alsus haˆn ichz vernomn = Der wirt hiez ze tische chomen / Sine tohter [. . .] *G *W [*T] aufgefasst.229 Inwiefern hier eine „Milderung“ des Enjambements vorliegt, bleibe dahingestellt. Dass es sowohl in *G als auch in *T Fälle von Enjambements gibt, die in *D nicht vorhanden sind, muss indes auch Hartl eingestehen, z. B. bei 76.15–16 einen brief gaber im in die hant / dar an der heˆrre grüezen vant = Dem helde (kvnige Gs [L]) gap er in die hant / Einen brief dar an er gruozen (grüs Gx [R], wunder Gn [T], geschribe¯ Gf [W]) vant *G *W [*T] Gk [Z] Gs [L] Gx [R]. Hartl spricht hier von einem nur „leichten Enjambement“230. Angesichts des hohen Grades an Subjektivität, ja Willkürlichkeit, der diesen Bewertungen eigen ist, erscheint es ratsam, im Sinne Kühnels231 und Bumkes232 zu einer zurückhaltenderen Beurteilung der Lesarten zurückzukehren und nur in zwingenden Fällen von Lachmanns Postulat der Gleichwertigkeit von *D und *G abzuweichen, wobei die Bearbeitungsrichtung (z. B. *D → *G oder umgekehrt) von Fall zu Fall entschieden werden müsste.

Aus den genannten Beispielen wird im Grunde nur eines deutlich: dass sie vollkommen ungeeignet sind, Aussagen über die Nachrangigkeit der Klassen *G und 225 226 227 228 229 230 231

Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 36 f. Ebd., S. 40. Ebd., S. 41. Ebd., S. 45. Ebd., S. 42. Ebd., S. 44. Zum Einsatz des Enjambements in *T siehe S. 184 ff. Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G. 232 Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 254.

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I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen

*T in zeitlicher oder qualitativer Hinsicht zu stützen. Ohne jeglichen Beweis stellte Hartl zudem einerseits die Behauptung in den Raum, *T sei von einer, „wie wohl mit Recht anzunehmen ist, ziemlich verderbten Leithandschrift ausgegangen“,233 um einen Absatz später davon zu sprechen, dass *T „wegen der vielen Stellen, an denen die Erhaltung des Echten deutlich erkennbar ist, textkritisch höher zu werten ist als die meisten *G-Hss.“.234 Dies hänge damit zusammen, dass der Text von *T „durch die vielen und verschiedenen Mischungen [...] zwar nicht einheitlich, jedoch besser geworden und dem Ursprünglichen näher gekommen [ist]“.235 Abgesehen davon, dass diese Behauptung bestenfalls auf die Handschrift V zutreffen kann – für T und W ist bloß ein Vorlagenwechsel nachzuweisen –, ist ihr eine gewisse Eigenwilligkeit nicht abzusprechen, geht doch die klassische Textkritik üblicherweise von der sukzessiven, von Schreibern verantworteten Textverschlechterung aus. Hartl wählte den umgekehrten Ansatz, indem er einen schlechten Text an den Beginn der Überlieferung stellt, der von aufmerksamen Schreibern kontinuierlich verbessert worden sei, sodass am Ende des Tradierungsprozesses ein textkritisch wertvoller Textzeuge stünde. Dass diese Hypothese nicht beweisbar und schon gar nicht wahrscheinlich ist, sei nur am Rande vermerkt. Aufgrund des heute veralteten methodischen Ansatzes und aufgrund des hohen, teilweise jeden sachlichen Fundaments entbehrenden Spekulationsgehalts erweist sich Hartls Untersuchung – trotz einiger gelungener Einzelbeobachtungen, die in den entsprechenden Abschnitten dieser Arbeit zu behandeln sein werden236 – als grundsätzlich revisionsbedürftig. Neben der – unhierarchischen – Positionierung von *T in der ›Parzival‹-Überlieferung auf der Grundlage einer erweiterten Materialbasis sollen vor allem die inhaltlichen Aspekte stärker berücksichtigt werden: Denn obwohl bereits Rosenfeld im Jahr 1928 von einer „markanten Gruppe“237 sprach und obwohl die sonst in ihren Beurteilungen der 233 234 235 236

Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 152. Ebd. Ebd. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 41, sieht lediglich folgende Ergebnisse Hartls als gesichert an: „*W [*T] ist eine Gruppe innerhalb von *G [dies ist nur mit Einschränkungen richtig, aber jedenfalls verzerrend]. Keine der vier Hss. kann der anderen als Vorlage gedient haben [erwiesen]. Gd [V] und Gf [W] gehen auf eine gemeinsame Vorlage zurück (vorausgesetzt, daß nicht auch Gm [U] kontaminiert ist). Beide haben unabhängig den Einfluss einer Gs-Hs. [L] erfahren“ [dies ist sehr unwahrscheinlich, wie Heinzle, Rezension Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 155–157, feststellte]. 237 Rosenfeld, Rezension Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, Sp. 2503.

Zielsetzung und Methodik

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*G-Handschriften so zurückhaltende Gesa Bonath *T einen „gewissen stilistischen Anspruch“238 attestierte, herrscht über die inhaltlichen Qualitäten dieser Gruppierung völlige Unklarheit. Lachmanns Lesartenapparat bietet hierfür ebenso wenig eine Hilfe wie Hartls unübersichtliche und ausschließlich unter textkritischen Aspekten erstellte, selektive Auflistungen.

I.3 Zielsetzung und Methodik Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Ansetzung einer Fassung *T – nach der Definition Bumkes bei Aufgabe der Kategorie der ‚Bearbeitung‘ – für den ›Parzival‹ zu begründen, das Textprofil dieser Fassung zu analysieren und in Relation zu den weiteren Handschriftengruppierungen, deren Fassungscharakter jeweils erst zu bestimmen wäre, aber auch in Relation zu der kanonisierenden Edition Lachmanns zu stellen. Dabei wird in folgenden Schritten vorgegangen: 1. Vorstellung und Bestimmung der fassungskonstituierenden Textzeugen hinsichtlich ihrer materiellen Beschaffenheit, ihrer regionalen Verortung und – soweit möglich – ihrer Zugehörigkeit zu bereits bekannten Skriptorien. Die Aufmerksamkeit gilt hierbei den Vertretern des engeren Bereichs von *T, also den Handschriften T U V W und den dieser Gruppe angehörenden Fragmenten. Von einer detaillierten Darstellung der Textzeugen von *QR, die ab ca. der Hälfte des ›Parzival‹ mit *T zusammengehen und von da weg die Fassung *T*QR bilden, wird abgesehen, da ihnen sowohl bei der Fassungsanalyse als auch bei einer künftigen Fassungsedition nur eine untergeordnete Rolle zuzuweisen ist. 2. Textgeschichtliche Begründung der Zugehörigkeit der einzelnen Textzeugen zu *T. Da bei drei von vier Textzeugen von *T ein einfacher (T V) oder gar mehrfacher (W) Vorlagenwechsel nachgewiesen werden kann, muss zunächst der allen Handschriften gemeinsame Fassungstextbestand ermittelt werden. In einem weiteren Schritt wird das Verhältnis der Textzeugen untereinander zu klären sein (Binnenvarianz). Den Abschluss der textgeschichtlichen Untersuchungen bildet der Versuch einer Positionierung von *T im Spannungsfeld von *D und *G. 3. Textanalyse. Der Analyse liegt ein Zeilenvergleich von T mit den Handschriften D und G zugrunde. Die Textstellen sind überwiegend dem Bereich bis zum Abbruch von T bei 572.30 entnommen, wobei bei aufschlussreichen Abweichungen stets die Gesamtüberlieferung mitverglichen wurde. Darüber hinaus wurden im Bereich der ersten fünf Bücher die übrigen Vertreter von *T, also U V und W, erfasst. Für die Bücher XV und XVI standen vollständige Kollationen 238 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 48.

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sämtlicher Handschriften aus dem Bestand des ›Parzival‹-Projekts239 zur Verfügung. Da der Textbefund eine Unterscheidung von zwei Fassungen (*T und *T2) erforderlich macht,240 müssen in diesem Teilbereich (36.15–158.10) zwei Leithandschriften angesetzt werden. Rüdiger Schnell hebt folgende Qualitätsmerkmale einer guten Leithandschrift hervor: 1. Sie muss den fraglichen Text möglichst vollständig überliefern; 2. Zeitlich sollte sie möglichst nahe an die mutmaßliche Entstehungszeit des Originals heranreichen; 3. Idealiter sollte sie von Kontaminationen frei sein. [. . .] 4. Eine Leithandschrift sollte weiterhin möglichst wenige verderbte Stellen bieten (was immer das heißen mag); 5. Sie sollte Indikatoren für eine sorgsame Textherstellung erkennen lassen; 6. Wünschenswert ist [. . .] eine gewisse sprachliche Homogenität (hinsichtlich der Graphematik und Lexik), d. h. die eindeutige Zuweisung zu einer Sprachlandschaft.241

Von diesen Kriterien erfüllt Handschrift T die Punkte 2 und 4 bis 6 in optimaler Weise. Hinsichtlich der geforderten Vollständigkeit des Textzeugen sind aufgrund der spezifischen Konstitution der Gruppe Abstriche zu machen: Keine einzige der vier in Frage kommenden Handschriften überliefert einen vollständigen *TText. Für eine exemplarische Analyse, wie sie in dieser Arbeit durchgeführt wird, kann der Textumfang von T als ausreichend repräsentativ angesehen werden; für eine Fassungsedition von *T hingegen wäre es unumgänglich, noch weitere Handschriften als Leithandschriften heranzuziehen.242 Im Bereich des Vorlagenwechsels von T werden die Handschriften T (für *T2) und U (für *T) als Leithandschriften zugrunde gelegt. Jeder der beiden in diesem Bereich anzusetzenden Fassungstexte *T und *T2 fixiert den ältesten erreichbaren Textzustand. Da zwischen keiner der vier *T-Handschriften eine direkte Abhängigkeit vorliegt243 und da zudem der älteste Vertreter von *T bis an Wolframs Lebzeiten heranreicht, verweisen beide Fassungstexte über ihren jeweiligen Istzustand hinaus auf eine vorausgehende, ältere und in Autornähe anzusiedelnde Textstufe. Diese entzieht sich zwar der exakten Bestimmbarkeit, doch erlauben die Fassungstexte eine größtmögliche Annäherung an die Beschaffenheit dieser Textstufe, da man von einer gewissen Konstanz im Tradierungsprozess der Fassungen auch vor Einsetzen der Überlieferung ausgehen kann.244 Die Bestimmung des Textprofils von *T bzw. der Textprofile von *T und *T2 im Bereich 36.15–158.10 ist an den sinnrelevanten Varianten, also an jenen Varianten, die „die formale oder inhaltliche 239 240 241 242 243 244

Zum Projekt vgl. Stolz, Wolframs ›Parzival‹ als unfester Text. Siehe S. 132 ff. Schnell, Sprachhistorische Einsichten und editorische Entscheidungen, S. 120. Vgl. dazu die Skizze in Abschnitt III.3 (S. 256). Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 57 ff. Siehe Abschnitt I.1 (S. 10 ff.).

Siglen

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Substanz des Textes betreffen“,245 orientiert. Die Gesamtheit dieser fassungsspezifischen Varianten ergibt dann, mit Schiewer,246 das Textprofil. Auf der Basis des erstellten Textprofils (für *T) bzw. der Textprofile (für *T und *T2) wird abschließend der Versuch unternommen, den Status der Fassung(en) hinsichtlich ihrer ‚Historizität‘ bzw. ihrer ‚historischen Differenz‘247 zu bestimmen.

I.4 Siglen Es bedürfe „eines Spezialstudiums, um sich in den Siglen zurechtzufinden“,248 musste Bumke noch im Jahr 2004 feststellen. Die Notwendigkeit der Ersetzung der alten Siglen, die einen „mißglückten Kompromiß zwischen Lachmanns Siglen und einer Neubenennung“249 darstellen, kann mittlerweile als Konsens der ›Parzival‹-Forschung betrachtet werden. Nach Bumke wäre es „vernünftig, die vollständigen Handschriften von 1–16 durchzuzählen“.250 Eine Nummerierung wurde in der Tat schon einmal von Rudolf A. Hofmeister versucht, doch blieb seine Dissertation ohne Resonanz.251 Da bereits in dem etablierten Fragmentverzeichnis von Bonath/Lomnitzer die Textzeugen durchgezählt sind, ist für die vollständigen Handschriften aus Gründen der Unterscheidbarkeit ein alphabetisches System erforderlich.252 Dieser Arbeit wird das von Joachim Heinzle auf einen Entwurf von Gesa Bonath abgestimmte Siglensystem zugrunde gelegt.253 Die Entscheidung hierfür und gegen Rolles Vorschlag, der ebenfalls auf Bonath basiert254 – das unübersichtliche alte System ist auf jeden Fall aufzugeben255 –, ist dem Aspekt der Konventionalität geschuldet: Die seit Lachmann vertrauten, grundlegenden Siglen der Haupthandschriften D und G und die daraus abgeleiteten 245 Heinzle, Zur Logik mediävistischer Editionen, S. 12. 246 Vgl. Schiewer, Fassung, Bearbeitung, Version und Edition, S. 40. 247 Vgl. Worstbrock, Der Überlieferungsrang der Budapester Minnesang-Fragmente, bes. S. 129–131. 248 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 250. 249 Ebd. 250 Ebd. 251 Vgl. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 110. 252 Ein Überblick über die Siglensysteme von Hartl, Heinzle und Rolle findet sich in der Ausgabe: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), S. XXXI . 253 Vgl. Heinzle, Klassiker-Edition heute, S. 62 und Anm. 39. 254 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 23 ff. und Anm. 26. Rolle weicht nur in der Siglierung der Handschriften D m n o und G von Heinzle ab. 255 Das System dachte sich Ernst Martin im Jahr 1900 für seine ›Parzival‹-Edition aus; vgl. hierzu Zatloukal, Handschriftenkunde, S. 123.

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I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen

Gruppenbezeichnungen können beibehalten werden. Der Benutzer muss sich nicht auf ein vollkommen neues Siglensystem einstellen, sondern er hat sich lediglich bei den ehemals mit lateinischen oder griechischen Exponenten versehenen, alten Siglen neu zu orientieren.256 Die Verwendung des Heinzle’schen Systems hat eine für die vorliegende Arbeit wichtige Konsequenz: Hartls Gruppensigle *W wird zugunsten der neuen Sigle *T aufgegeben. Der Grund hierfür liegt darin, dass im neuen System dem Druck die Sigle W zugeordnet wurde, was notwendig zu Missverständnissen führen würde, da der Druck keinesfalls als Leithandschrift dieser Gruppe in Frage kommt. Die Einführung der Klassenbezeichnung *T erfolgt in Hinblick auf die neue Sigle der Leithandschrift T (olim Gn). In den Tabellen werden zunächst die Siglensysteme der vollständigen Handschriften verzeichnet, allen voran das in dieser Arbeit verwendete, der Standort der Handschriften und schließlich die beiden alternativen Systeme. Darauf folgt das um Neufunde und um die Angaben des Handschriftencensus257 ergänzte Fragmentverzeichnis von Bonath/Lomnitzer258 aus dem Jahr 1989.

256 Rolle, Bruchstücke, S. 23 ff., stellt dem eine viel weitgehendere Umsiglierung entgegen, u. a. mit dem Ziel, „die Gefahr einer zufälligen Verwechslung“ (S. 24) von Handschriften- und Gruppensiglen zu vermeiden. 257 Vgl. Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), Stand: 18. 2. 2009. 258 Vgl. Bonath/Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹.

57

Siglen

Siglenverzeichnis der vollständigen Handschriften Heinzle 1993259 D m n o G I L M O Q R T U V V′ W Z

Standort St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 857 Wien, Österreichische Nationalbibl., Cod. 2914 Heidelberg, Universitätsbibl., Cgp 339 Dresden, Landesbibl., Mscr. Dresd. M. 66 München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 19 München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 61 Hamburg, Staats- und Universitätsbibl., Cod. germ 6 Schwerin, Landesbibl., ohne Sign. München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 18 Karlsruhe, Landesbibl., Cod. Donaueschingen 70 Bern, Burgerbibl., Cod. AA 91 Wien, Österreichische Nationalbibl., Cod. 2708 Wien, Österreichische Nationalbibl., Cod. 2775 Karlsruhe, Landesbibl., Cod. Donaueschingen 97 Rom, Bibl. Casanatense, Mss. 1409 Druck ( Johann Mentelin, Straßburg 1477) Heidelberg, Universitätsbibl., Cpg 364

Hartl Rolle 1952260 2001261 D m n o G Gm Gs Gy Gk Gt Gx Gn Gm Gd Gdd Gf Gk

A C E F H I L M O Q R T U V V′ W Z

Fragmentverzeichnis Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Standort Wien, Österreichische Nationalbibl., Cod. 13070 Eisleben, Bibl. der Andreaskirche, verschollen. Fotografien: München, Bayer. Akademie der Wissenschaften, Hartl-Nachlass, Inv. Nr. H 9 Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibl., Cod. Fol. 439a (12) Trier, Stadtbibl., Mappe X, Fragm. 11 Rein (Steiermark), Stiftsbibl., aus Cod. 205 Liverpool, University Libr. (Sydney Jones Libr.), Ms. M 8951 Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 923 Nr. 39 Göttingen, Staats- und Universitätsbibl., 4° Cod. Ms. philol. 184/Ia A Gotha, Forschungsbibl. Cod. Memb. I 130 B Sondershausen, Schlossmuseum, Germ. lit. 2 Graz, Landesarchiv, Fragm. Germ. 1 München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 194/I Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 7

259 Heinzle, Klassiker-Edition heute, S. 62. 260 Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), S. XLIV–LXIII . 261 Rolle, Bruchstücke, S. 23.

58 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

41

I Methodologische und wissenschaftsgeschichtliche Voraussetzungen Kassel, Universitätsbibl./LMB, 2° Ms. poet. et roman. 30 Erlangen, Universitätsbibl., Ms. B 1 Zürich, Zentralbibl., Cod. Z XIV 13 Würzburg, Staatsarchiv, ohne Sign., verbrannt. Fotografien: München, Bayer. Akademie der Wissenschaften, Hartl-Nachlass, Inv. Nr. H 19 München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 194/III A Stuttgart, Landesbibl., Cod. poet. et phil. 4° 89 B Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 2 C Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs. 42520 Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 1 Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 4 A Wien, Österreichische Nationalbibl., Cod. 12780 B Dortmund, Stadt- und Landesbibl., Hds. 168 Erfurt, Bistumsarchiv, Deutsche Fragmente 2 Breslau/Wrocław, Universitätsbibl., Cod. Mil. II, 441 A Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 8 B Oberhollabrunn, Knabenseminar, ohne Sign., verschollen C Amberg, Staatliche Provinzialbibl., 8° Ms. 1 D Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 923 Nr. 40 Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 9 München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 5249/3c München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 5249/3d A Gotha, Forschungsbibl. Cod. Memb. II 218 B Kassel, Universitätsbibl./LMB, 8° Ms. poet. et roman.11 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs. 24137 Salzburg, Museum Carolino Augusteum, Hs. 2479 A Solothurn, Staatsarchiv, Handschriftenfragmente R 1.4.234.(1)262 B Colmar, Bibliothe`que de la Ville, Ms. 850/1 (Kat.-Nr. 529/1) A Zürich, Zentralbibl., Cod. Car. C 182 B Zürich, Staatsarchiv, C VI/1 Mappe VI fol. 30–35 Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 1394 München, Universitätsbibl., 8° Cod. ms. 154 (Cim. 80b), Fragm. I Wolfenbüttel, Herzog August Bibl., Cod. 404.9 (23) Novi Wasserburg (Inn), Stadtarchiv, ohne Sign., verschollen. Fotografien: München, Bayerische Staatsbibl., Cod. sim. 195 Göttingen, Staats- und Universitätsbibl., Cod. Ms. W. Müller I,2 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs. 120937 A Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs. 42519 B Darmstadt, Landes- und Hochschulbibl., Hs. 3252 A Schwaz, Konventarchiv des Franziskanerklosters, Lade O, Frag. germ. 2 B Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 923 Nr. 37 C Graz, Zentralbibl. der Wiener Franziskanerprovinz, A 1/26 D München, Bayerische Staatsbibl., Cgm. 194/II München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 9342263

262 Neufund. Vgl. Th. F. Schneider, Zwei Neufunde zu Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹.

Siglen 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69

59

München, Bayerische Staatsbibl., Cgm. 5249/3b Göttingen, Staats- und Universitätsbibl., 4° Cod. Ms. philol. 184/Ib Tübingen, Wilhelmsstift, Cod. Gb 676 A Borken (Westfalen), Stadtarchiv, ohne Sign. B Münster, Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte, Ms. 459 Privatbesitz Lord Ashburnham (Barrois-Hss.), London, verschollen A Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 5 B Ansbach, Staatl. Bibl., Ms. lat. 68, vorderer und hinterer Spiegel A München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 5249/3e B Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs. 17439 C Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 923 Nr. 41 Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 923 Nr. 38 A München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 5249/3a B München, Bayerische Staatsbibl., Cgm 194/IV A Münster, Bibliothek des Franziskanerklosters, ohne Sign. B Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 6 Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, mgf 734 Nr. 3 Prag, Nationalbibl., Cod. XXIV.C.3 Freiburg i. Br., Universitätsbibl., Hs. 678 Wien, Österreichische Nationalbibl., Cod. Ser. nova 2698 Linz, Landesbibl., ohne Sign. Privatsammlung Eis, Heidelberg, ohne Sign. Freiburg i. Br., Universitätsbibl., Hs. 530 Marburg, Staatsarchiv, Best. 147 Hr 1 Nr. 16, verschollen Ljubljana, National- und Universitätsbibliothek, Ms. 1553 Heidelberg, Universitätsbibl., Heid. Hs. 3650 Leeuwarden, Tresoar (Fries Historisch en Letterkundig Centrum), ms. 150 HS ltr. F Wien, Inst. für Österr. Geschichtsforschung, Fragment Nr. 65 Mengeringhausen (Waldeck), Stadtarchiv, ohne Sign. Hannover, Hauptstaatsarchiv, Best. Hann. 75 Nr. 1862 Augsburg, Universitätsbibliothek, aus Cod. III. 1. 4° 8 Stuttgart, Stadtarchiv, ohne Sign., verschollen A Schloss Anholt, Fürstl. Salm-Salmsches Archiv, Membra disiecta Nr. 3264 B Privatbesitz Auktionshaus Venator & Hanstein, Köln, Nr. 104/511, Verbleib unbekannt Solothurn, Staatsarchiv, Handschriftenfragmente R 1.4.234 (2)265

263 Vgl. Wagner, Ein neuerworbenes ›Parzival‹-Fragment der Bayerischen Staatsbibliothek. 264 Beckers, Neues zur ›Parzival‹-Überlieferung aus Westfalen. 265 Neufund. Vgl. Schneider/Viehhauser, Zwei Neufunde zu Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹, Teil 2: Das dreispaltige Solothurner Fragment F 69.

II Die Überlieferungsträger Eduard Hartl bezog in seine Untersuchung nur die vier vollständigen Textzeugen (T U V W) von *T ein. Hinzu kommen die Fragmente 26, 32 und 42. Den Schwerpunkt des folgenden Abschnitts bilden Untersuchungen zur materiellen Beschaffenheit und zur Provenienz der Textzeugen. Dem Skriptorium der Haupthandschrift T konnten in der jüngeren Vergangenheit noch zwei weitere Textzeugen zugewiesen werden. Damit zeichnen sich Umrisse eines bedeutenden, auf die Herstellung volkssprachlicher Literatur spezialisierten Skriptoriums ab, auf das in diesem Abschnitt ebenfalls näher eingegangen wird.

II.1 Der älteste Textzeuge: Fragment 26 Signatur:

München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/3c

Inhalt:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 26 [Gh]

Textbestand:

Verse 251.21–252.3; 252.25–253.3; 253.16–253.26; 254.5–254.13; 254.27–255.8; 255.28–256.10

Blattzahl:

Drei Bruchstücke aus einem Einzelblatt

Schreiber:

Eine Hand nachweisbar

Texteinrichtung:

Zwei Spalten zu (vermutlich) 40 Zeilen.1 Verse nicht abgesetzt, durch Reimpunkte getrennt. Feine Abtrennungszeichen. Ein- bis zweizeilige rote Initialen (Lombarden)

Material:

Pergament

Format:

Blattgröße: ursprünglich mindestens 21,5 × 15,5 cm; Schriftraum: ca. 18 × 2,5 cm. Die Bruchstücke messen 5,4 × 5,2 cm, 5,8 × 4,5 cm und 5,3 × 4,2 cm2

Entstehungszeit:

Ende des ersten Viertels des 13. Jahrhunderts3

1 Bonath/Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 114. 2 Ebd. 3 K. Schneider, Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 23.

Der älteste Textzeuge: Fragment 26

61

Schreibsprache:

Alemannische, bairische und mitteldeutsche / ostfränkische Merkmale nachweisbar4

Abbildungen:5

1, 2

Der früheste Vertreter von *T, der zugleich der älteste in der gesamten ›Parzival‹Überlieferung ist – er könnte noch zu Lebzeiten des Autors entstanden sein –, entzieht sich aufgrund des geringen Textbestands der exakten sprachlichen Lokalisierung. Zu beobachten ist trotz des Mangels an wirklich spezifischen Charakteristika eine gemischte Merkmalkonstellation: Alemannisch: gg in egge (nicht im Oberrheinischen); dur ‚durch‘. Bairisch: Diphthongierung in trovrigin; kom ‚kam‘ (aber auch [ost-]alemannisch); p- statt b- in priz[lian];6 nur einmal 〈ch〉 in wanche; alles sonst bairisch Erwartbare fehlt. Alemannisch-(Ost-)mitteldeutsch: 〈i〉 für den Schwa-Laut in (gedeckter) Nebensilbe und im Präfix ge-. Mitteldeutsch: Monophthongierung in dint (auch ostfrk.-nordbair.); dicheine (auch alem.); -e in ime, deme etc. (auch alem.). Ostfränkisch-Mitteldeutsch: keine Kontraktion in magide, magit. Als auffällig, wenn auch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts durchaus noch möglich, nennt Thomas Klein die fehlende Bezeichnung des Umlauts von aˆ > æ (ware, lare) und des Sekundärumlauts in magide. Klein geht davon aus, dass die Vermischung von alemannischen, bairischen und mitteldeutschen /ostfränkischen Elementen nicht aus einem Guss erfolgte, sondern dass vielmehr mit einer überlieferungsbedingten schreibsprachlichen Überschichtung zu rechnen ist. Da das Fragment den frühesten erhaltenen Vertreter von *T repräsentiert und alle späteren Textzeugen dieser Gruppe im alemannischen Raum anzusetzen sind,7 liegt der Schluss nahe, dass das Fragment Spuren eines sprachlichen Transformierungsprozesses in das Alemannische zu erkennen gibt. Das wiederum ist als ein Indiz dafür zu werten, dass der Text der Fassung *T nicht erst im alemannischen Raum entstanden ist, sondern dass er, wenn man die bairischen und mitteldeutschen/ostfränkischen Elemente berücksichtigt, auch regional in Autornähe anzusiedeln ist. Das Fragment wurde im Einband eines Kopialbuches entdeckt,8 das aus dem Zisterzienserkloster Schönau bei Heidelberg stammt. Dieses wird heute im 4 Die Angaben über den Sprachstand des Fragments stammen von Prof. Dr. Thomas Klein (Brief vom 21. Februar 2007), dem ich für seine Bemühungen herzlich danke. 5 Die Angaben beziehen sich auf die Abbildungen im Anhang. 6 Die (alemannische) *T-Handschrift T schreibt Prezilian (129.6, 253.2, 271.8), einmal Brecilian (206.8). 7 Mit Ausnahme der rheinfränkischen Handschrift U, die aber mit großer Wahrscheinlichkeit von einer alemannischen Vorlage abgeschrieben wurde, siehe S. 94, Anm. 166. 8 Vgl. Roth, Kleine Beiträge zur deutschen Sprach-, Geschichts- und Ortsforschung, Heft 1, S. 2– 4, Heft 2, S. 85–87.

62

II Die Überlieferungsträger

Generallandesarchiv Karlsruhe unter der Nummer 67/1302 aufbewahrt. Im Einband desselben Kopialbuches wurde zudem das ›Parzival‹-Fragment 42 aufgefunden. Auf diesen bemerkenswerten Befund wird noch zurückzukommen sein.9 Textgeschichtlich gehört das Fragment 26 der Fassung *T an. Trotz der schmalen Textbasis enthält es einige signifikante Lesarten, die die Gruppenzugehörigkeit sichern. Die Position des Fragments innerhalb von *T – ob es sich näher zu T U oder V bzw. W stellt10 – kann nicht genauer bestimmt werden, da es sich um allen Textzeugen gemeinsame Lesarten handelt. Die Übereinstimmungen mit *T werden im folgenden Abdruck des Fragments am rechten Rand angeführt. Diplomatischer Abdruck des Fragments 26 und *T-Lesarten11 Blatt 1ra 251.20 251.21 251.22 251.23 251.24 251.25 251.26 251.27 251.28 251.29 251.30 252.01 252.02

[. . .] [. . .] dar. komin zer ia[. . .] // )char. dar. komin] komen dar alle außer *T. )o ware de[m] [. . .] //din rat. vil kumbi[. . .] // lange hat. Der [. . .] // magide )prach. gro[. . .] // ich da )ach. vn¯ ma[n][. . .] //wn wolgitan. bi d[ ] [. . .] // [k]ande )ie den man. [. . .] // du bi)t Parcifal. nv [. . .] // dv den gral. vn¯ den w[. . .] // lare. la horin liebiv [m][. . .] //

9 Siehe Abschnitt II.5 (S. 121 ff.). 10 Zur Binnengliederung in *T siehe Abschnitt III.1.2 (S. 140 ff.). 11 Die Transkription wurde anhand des Originals erstellt. Textausfall aufgrund von Unlesbarkeit oder Materialverlust wird in eckigen Klammern angezeigt, ebenso unsichere Lesungen. Initialen werden durch Fettdruck und größeren Schriftgrad markiert; Zeilenumbruch wird mit // gekennzeichnet. Die feinen, nur am Original erkennbaren Abtrennungszeichen des Fragments werden mit = wiedergegeben. Die textgeschichtliche Zuordnung des Fragments basiert auf dem Vergleich mit sämtlichen erhaltenen Textzeugen.

Der älteste Textzeuge: Fragment 26

63

Blatt 1rb 252.25 252.26 252.27 252.28 252.29 252.30 253.01 253.02 253.03

[. . .][n] ich )it von tage zi tage // [. . .]r kennit niwe clage. // [. . .]e war kom din rotir // [. . .]unt. bi)tv ez sigune // [. . .][r] kunt. tet wer ich wa[. . .] // [. . .] var. din reide loc lanc // [. . .] har. de) i)t din hovbit // [. . .]an. zem foreht inpriz[. . .] // [. . .]. )ach ich dich do vil min[. . .]

foreht] foreist alle außer *T und L.

Blatt 1rb 253.15 253.16 253.17 253.18 253.19 253.20 253.21 253.22 253.23 253.24 253.25 253.26 253.27

[. . .] [. . .]ie man bi wanche [. . .] // [. . .]e d wil ich gidagin. // [. . .] Sigvnen triwe )a// [. . .] [. . .]p[.]ach vn¯ )ol mich iht [. . .] // [. . .][d][.]z i)t ein dinc ob in [. . .] // v [. . .]t den vil trorigin [. . .] // [. . .]de dv helfliche dan. // [. . .]ib wol pri)i) wert. // [. . .] doch vmbe dich )in [. . .] // [. . .]a)tv gelernit de) )we[r][. . .] // [. . .] dv maht ane angi)t [. . .] // [. . .] [Sine] [. . .]

und ] fehlt allen außer *T.

Blatt 1va 254.05 wirt ganz von deme [. . .] // )tran. 254.06 dv mu)t de) vr[. . .] // han. 254.07 von dirme vel) [. . .] // )chine d tac. 254.08 254.09 254.10 254.11 254.12 254.13

d)elbe b[. . .] // heizit lac. )int div )tu[. . .] // vreit vrerit. d)ie rehte zi ein[. . .] // keˆrit. )o )ie d brunne [. . .] // naz. ganz vn¯ ve)tir b[. . .] // dint ime valtz vn¯ egg[. . .]

12 Hs. o: in einem

von dem T U. underm alle12 [vnder in V auf Rasur]

vestir] sterker alle außer *T

64

II Die Überlieferungsträger

Blatt 1va 254.27 254.28 254.29 254.30 255.01 255.02 255.03 255.04 255.05 255.06 255.07 255.08 255.09

[. . .] // )tu vollicliche. nie[m][. . .] // riche. d gein dir ko[. . .] // han. ha)tv frage ir r[. . .] // Er )prach ihne ha[. . .] // niht. owe da[. . .] //ge )iht. )prach div [. . .] // magit. )it ir frag[. . .] // ir )ahit doch )olch [. . .] // daz iv fragin) do v[. . .] // ir warit deme gral[. . .] // manigir vrowin va[. . .] // [. . .]

vollecliche *D *T Z. gewaltecliche *G

Blatt 1vb 255.27 255.28 255.29 255.30 256.01 256.02 256.03 256.04 256.05 256.06 256.07 256.08 256.09 256.10

[. . .] [. . .] nv dicheine wi). di=// [. . .]rede an mir. Parcifal // [. . .]n ir. Daz er vra=// [. . .]az. do er bi de¯ trv=// [. . .]te )az. daz rov do groz=// [. . .] [. . .]t ellin) riche. dur // [. . .]r den tac )o heiz. bi=// [. . .]in in d)weiz. dur // [. . .] von ime bant. den // [. . .]tin ind hant. er in=// [. . .]ie fintailen )in. dur // [. . .] wa) lieht )in )[hin.]

L i t e r a t u r : Roth, Kleine Beiträge zur deutschen Sprach-, Geschichts- und Ortsforschung, Heft 1, S. 2– 4, Heft 2, S. 85–87; Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. I, S. XXIII f.; Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 149, Anm. 1; Wolfram von Eschenbach, 7. Auflage (ed. Lachmann-Hartl), S. LVI , Nr. 44; Nock, Die *M-Gruppen der Parzivaˆl-Handschriften, S. 154 und 162; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 132; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 47, Nr. 44; Bonath/Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 114f., Nr. 26; K. Schneider, Die Fragmente mittelalterlicher deutscher Versdichtung der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 18; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 250; Gärtner, Grundlinien einer literarischen Sprachgeschichte des deutschen Mittelalters, S. 3033; K. Schneider, Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 23; Palmer, Manuscripts for Reading, S. 90, Anm. 54 und S. 99, Nr. 77; Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), ›Parzival‹-Handschrift Nr. 55;

Das (Züricher) Skriptorium

65

Handschriftenverzeichnis des Berner Parzival-Projekts (http://www.parzival.unibe.ch/ hsverz.html). Das Literaturverzeichnis zum Fragment 26 wird von der Bayerischen Staatsbibliothek München laufend aktualisiert (http://elektra.bsb-muenchen.de; Rubrik: ‚Forschungsdokumentation Handschriften‘).

II.2 Das (Züricher) Skriptorium II.2.1 Handschrift T Signatur:

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. Palat. Vind. 2708 (ältere Signaturen: MS. Ambras 423 [Lambeck], Cod. MS. Philolog. CCXVII [Gentilotti])

Inhalt:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ T [Gn]

Textbestand:

Verse 1.1–572.30

Blattzahl:

113 Blätter

Lagen:

(IV-1)7 + 2 VI31 + I33 + V43 + 3 VI79 + V89 + 2 VI113. Das erste Blatt vor Blatt 1 wurde herausgeschnitten

Schreiber:

Ein Hauptschreiber. Ein zweiter beschrieb nur die Blätter 100va – 101rb. Der Codex gehört zu demselben Skriptorium wie der Cgm 63 (›Wilhelm von Orlens‹) und die Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmente.13 Weder Schreiber 1 noch Schreiber 2 sind identisch mit der Hand der Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmente und des Cgm 6314

Texteinrichtung:

Zwei Spalten zu 38 Zeilen. Verse abgesetzt. Als Interpunktionszeichen werden punctus und punctus interrogativus verwendet. Mehrstufiges Gliederungssystem: Großinitialen (der Schmuck der Initialen 1r und 86r wurde im 14. Jahrhundert nachgetragen)15 und rote Kleininitialen (Lombarden, zum Teil mit einfachsten Fleuronne´e-Verzierungen), dazu häufig vor die Zeile gerückte Majuskeln. Die Textgliederung folgt der Sinnstruktur des Textes

Material:

Pergament

Einband:

Heller Pergament-Einband der Wiener Hofbibliothek aus dem Jahr 1753 (Gerhard van Swieten), Titelprägung: Eschenbach / Poema /

13 Vgl. Schiendorfer, Handschriftenproduktion, S. 38. Karin Schneider bestätigt die Zugehörigkeit von T zum Skriptorium der ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmente und des Cgm 63 (Brief vom 23. 3. 2007). 14 Vgl. Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), ›Parzival‹-Handschrift Nr. 74 (Stand: 31. 3. 2009). Schiendorfers (Handschriftenproduktion, S. 38) Vermutung einer Schreiberidentität wird von Karin Schneider nicht bestätigt (Brief vom 23. 3. 2007). 15 Vgl. Fingernagel/Roland, Mitteleuropäische Schulen I, S. 51, Kat. 19.

66

II Die Überlieferungsträger Equest. / Germ. Auf Blatt 1r sind nicht mehr lesbare Buchstabenreste erkennbar, die sich von einem älteren Vorderdeckel oder Spiegelblatt abgedruckt haben

Format:

Blattgröße: 23 × 16,5 cm; Schriftraum: 16,2–16,7 × 10,8 cm

Entstehungszeit:

Nicht vor den Siebzigerjahren des 13. Jahrhunderts16

Schreibsprache, -ort: Alemannisch (wahrscheinlich Züricher Raum) Abbildungen:

3, 4, 20, 21, 24, 28

Der Text der Handschrift T bricht mit Blatt 113 ab. Ein – in der Tat merkwürdiges – Detail aus der Geschichte der Bekanntmachung dieser Handschrift veranlasste Eduard Hartl, von einer ursprünglichen Vollständigkeit des Codex auszugehen: [. . .] wann das letzte Drittel verloren ging, läßt sich nicht mehr genau feststellen, doch daß sie vollständig in den Besitz der Hofbibliothek kam, beweist die Beschreibung der Hs. im Museum für altdeutsche Literatur und Kunst, Berlin 1809, I. Bd., S. 565, wo als Anfang der Hs. die Verse 827,11 ff. angegeben werden, ein Irrtum, der sich dadurch erklärt, daß das ursprünglich letzte jetzt auch verschollene Blatt der Hs. vorne eingelegt worden war.17

Wie aus der Einleitung Friedrich Heinrich von der Hagens hervorgeht, entstammen die Angaben im ›Museum‹ einer Liste von knappen Beschreibungen von Handschriften der Wiener Hofbibliothek, die Oberlin18 dem Herausgeber zukommen ließ. Auf S. 565 findet sich der T betreffende Eintrag: „Cod. 217 Ambr. 423 Wolfr. v. Eschenbach, poem. amat. Sec. XV. cujus initium: Und diser awentewre endes zil; / Nicht me davon sprechen wil“. Die Datierung ins 15. Jahrhundert ist auffällig: Zwar war man zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Ermangelung einer ausreichenden Zahl von Vergleichsobjekten von heutiger Präzision in Datierungsfragen noch ein Stück entfernt, doch wäre ein solches Versehen um gleich zwei Jahrhunderte ungewöhnlich, wie ein Blick auf die Beschreibung der ›Parzival‹-Handschrift U in derselben Liste verdeutlicht: „Cod. 12 Ambr. 419 Wolfram v. Eschenbach, 16 K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 243. 17 Hartl, Textgeschichte, S. 2. Diese Erklärung findet sich bereits im selben Band des ›Museum‹ (I, 1809) auf S. 607, Anm. 44: „Die oben [. . .] als des Anfangs angegebenen Verse dieser Handschrift sind aber fast der Schluß [. . .]. Vielleicht war ein einzelnes übriges Blatt vorn eingelegt und veranlaßte diesen Jrthum.“ 18 Fraglich ist, welcher Oberlin hier gemeint ist. Zuvor wurde bereits in Bragur 6 (1798), S. 147, eine Liste von einigen in der Wiener Hofbibliothek vorhandenen Handschriften veröffentlicht. Der T betreffende Eintrag lautet: „Ejusd. poema germ. equestre et amatorium de Gamurethe, Gawano, Parcifalle, regina Anloysa [Ampflise?] etc. – 217. ambr. 423.“ Die Liste wurde dem Herausgeber Friedrich David Gräter zufolge von einem Herrn M. aus Wien zugesandt, den Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 20, Anm. 1, als „einen Herrn von Massenbach“ identifizierte.

Das (Züricher) Skriptorium

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poem. amat. Sec. XIV . Incipit: Jst zwiuel herzen nach gebur, / Daz muz der selen werden sur.“19 Der Vergleich mit U unterstreicht, neben der korrekten Datierung in das 14. Jahrhundert, dass die Verse zuverlässig abgeschrieben wurden.20 Abgesehen von dem fehlenden Supraskript ‚o‘, das vielleicht aus drucktechnischen Gründen weggelassen wurde, sind die Eingangsverse von U buchstabengetreu wiedergegeben worden. Es ist folglich davon auszugehen, dass Gleiches für den Abdruck der T zugeschriebenen Verse gilt. T liest jedoch niemals die späte Form awentewre,21 sondern durchgängig aventivre, in der Regel mit Zirkumflex über dem Diphthong, ebenso durchgängig niht (statt: nicht). Das Blatt stammte daher nicht aus T und kann nicht als Indiz für eine ursprüngliche Vollständigkeit der Handschrift dienen. Es bleibt rätselhaft, aus welcher Handschrift die Verse aus Oberlins Liste entnommen sind. Es gibt keinen Grund, die Authentizität des Abdrucks anzuzweifeln. Von den heute bekannten Fragmenten überliefert kein einziges die Verse 827.11–12. Zudem ist aufgrund der Verwechslung als Incipit anzunehmen, dass sich diese Verse am Beginn eines Blattes befunden haben müssen. Das ist unter den erhaltenen, vollständigen Handschriften lediglich bei der aus dem 15. Jahrhundert stammenden, in Wien befindlichen Lauber-Handschrift m der Fall, deren letzte Seite 536v mit: Vnd di*er obentuxre endes zil / Niht me da von nux *prechen wil beginnt.22 Von einer graphischen Übereinstimmung mit den im ›Museum‹ zitierten Versen ist diese Handschrift aber weit entfernt, und es gäbe auch keinen einsichtigen Grund, warum das letzte Blatt einer vollständigen Handschrift mit deren Beginn hätte verwechselt werden sollen. In der Schreibung annähernd identisch sind die Verse im Druck W, die mit einer Initiale beginnen: Und di*er auenteuxre endes zil / Nicht me do von *prechen wil, doch kommt auch der Druck für eine solche Verwechslung nicht in Frage. Möglicherweise lag dem Abdruck der Liste ein heute verschollenes Fragment einer ›Parzival‹-Handschrift des 15. Jahrhunderts zugrunde. Als Hinweis auf eine ursprüngliche Vollständigkeit von T ist die Angabe im ›Museum‹ jedenfalls untauglich. Ab Bl. 103v hat der Rubrikator seine Arbeit eingestellt und den für die Initialen vorgesehenen Raum nicht mehr ausgefüllt. Vielleicht steht auch die erst gegen Ende des Codex einsetzende Lückenausbildung in Zusammenhang mit einem vorzeitigen Abbruch.23 Beweisen lässt sich ein solcher jedoch nicht, und der Abbruch des Textes an einem Lagenende spricht eher gegen eine beabsichtigte Unvollständigkeit. Am meisten Gewicht kommt 19 20 21 22

Museum I (1809), S. 564. o o o Handschrift U, fol. 1r: J*t zwiuel herzen nachgebur. / Daz muz der *elen werden *ur. Wie etwa die Handschrift Q aus dem 15. Jahrhundert. x Das Zeichen ‚x‘ über Vokal (z. B. in nu) wird verwendet, wenn das Supraskript in den Handschriften nicht eindeutig zu bestimmen ist. 23 In der Regel wurde Platz für ein Verspaar ausgespart.

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der Beobachtung Hermann Menhardts zu, der auf die Wurmstichigkeit der Blätter am Anfang (1–7) und Ende (107–113) des Codex hinwies und dies als Beleg dafür wertete, dass der Codex „schon im Mittelalter“ unvollständig war.24 Entweder wurde demnach der Codex nie abgeschlossen,25 oder aber die fehlenden Lagen, die 51 Blätter umfasst haben müssten,26 gingen bald nach der Fertigstellung verloren. Das Schicksal fragmentierter Überlieferung teilt der Codex mit dem aus demselben Skriptorium hervorgegangenen Cgm 63. Weigele-Ismael wies darauf hin, dass im Cgm 63 jeweils das erste Blatt der ersten und der neunten Lage (von insgesamt 14 erhaltenen) am stärksten von Verschmutzung und Beschädigung betroffen ist, und sah darin ein Indiz dafür, dass die Handschrift erst später gebunden wurde,27 wodurch die Gefahr eines frühzeitigen Lagenverlusts – beide Handschriften brechen mit Lagenende ab – gegeben war. Letztlich muss der Grund für den Textverlust offenbleiben. Der Cod. 2708 erweckt den Eindruck eines „vornehmen Lesebuches“,28 das ausschließlich der Textvermittlung dient. Das mittelgroße Format, die ansprechende, aber recht einfach gehaltene Textausstattung und der Verzicht auf Illustrationen unterstreichen diese Zweckorientierung, repräsentative Aspekte wurden kaum berücksichtigt. Verwendet wurde ein sehr zartes Pergament, das zur Ausbildung von Runzeln neigt. Ein Einriss auf Blatt 86 wurde mit roter Seide genäht. Einzelne Verse auf den Blättern 22v und 23r, die menschliche Intimbereiche thematisieren, wurden radiert. Ob diese Rasuren von einem Redaktor des Skriptoriums in Hinblick auf den Auftraggeber oder von einem späteren Besitzer vorgenommen wurden, lässt sich nicht entscheiden.29 Der Text wurde offensichtlich mit hohem Tempo abgeschrieben. Darauf weisen die einfache, schnörkellose Gebrauchsschrift (Textualis mit nur gelegentlichen doppelten Brechungen) und die häufige Verwendung von Abbreviaturen hin.30 Infolge des Tempos unterliefen dem Hauptschreiber immer wieder Abschreibfehler, darunter am auffälligsten die Wiederholung von Reimwörtern innerhalb eines Verspaares. In einem – allerdings gravierenden – Fall hat der Schreiber die 24 Vgl. Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 207. 25 Vgl. Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 87 [mit den Hinweisen auf die Wurmstichigkeit am Ende und die nicht mehr ausgeführten Initialen ab Blatt 103], und K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 243 [ohne nähere Begründung]. 26 Vgl. Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 207. 27 Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 72. 28 Vgl. Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 87. 29 Zu diesen ‚sittlichen Rasuren‘ siehe Abschnitt IV.2.2 (S. 319 f.). 30 Vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 243 f.

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Verse 74.14–74.30 offenbar einfach überlesen, was zur Folge hatte, dass die Initialen auf Blatt 15rb (bei 74.5) und 15va (bei 75.1) nun in dem knappen Abstand von nur zwölf Versen aufeinander folgen. Wenn in der Vorlage Verse fehlten oder unleserlich waren, ließ der Schreiber die entsprechenden Zeilen frei.31 Zudem achtete er penibel darauf, dass Spaltenenden mit vollständigen Reimpaaren korrespondieren. Zu diesem Zweck „dehnte [er] öfter einen Vers auf zwei Zeilen, um ein Verspaar nicht auf zwei Blätter zu schreiben“,32 oder er fügte den das Reimpaar komplettierenden Vers noch am rechten unteren Spaltenrand neben dem Haupttext ein (z. B. fol. 63vb). Um die Großinitiale bei Vers 398.1 (fol. 79rb) am Spaltenbeginn ansetzen zu können, ließ er fol. 79ra zwei Zeilen unbeschrieben. Zunächst überlesene und dann unmittelbar nachgetragene Verse positionierte er aus Platzmangel zuweilen im 90 Grad-Winkel zum Text, an der äußeren Spaltenkante entlanggeschrieben.33 Diese spezielle Art der Textergänzung konnte Weigele-Ismael auch für den Schreiber des Cgm 63 nachweisen.34 Die richtige Reihenfolge eines Verspaares stellte er in einem Fall über Reihungszeichen (‚a‘, ‚b‘) wieder her.35 All dies spricht für einen textkonservierend agierenden Schreiber, der streng darauf achtete, die überlieferte Textform zu bewahren und nicht willkürlich in die Textformulierung einzugreifen. Zur Textgliederung bediente er sich der Interpunktionszeichen punctus und punctus interrogativus, kleinere Sinneinheiten wie Aphorismen und Sprichwörter werden gerne mit herausgerückten Majuskeln eingeleitet, und auch die Sprecherrollen bei Dialogen sind auf diese Art häufig kenntlich gemacht. In welchem Ausmaß dieses Subgliederungssystem bereits in der Vorlage vorhanden war und wie viel der Schreiber selbst dazu beitrug, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.36 Die Majuskeln „sind rund-vereinfacht und kaum verziert, wie es dem Niveau dieser Gebrauchsschrift entspricht“.37 Schließlich fällt noch der reichliche Gebrauch von Akzentuierungszeichen auf, 31 Eine Zeile freigelassen (jeweils der zweite Vers eines Reimpaares): 69ra (346.16 fehlt), 70ra (351.14), 70va (354.6), 72vb (2x: 367.17 [Vers vertauscht], 367.22), 73va (369.7; Vers vertauscht), 75va (380.8), 79va (399.20), 80rb (403.10), 112va (566.6). Raum für ein fehlendes Verspaar ausgespart: 71rb (358.17–18), 91va (459.19–20). Raum für ein fehlendes Wort ausgespart: 80vb: mich leret . . . kvnde *in (406.13; ergänze: mıˆner), 92vb: d  . . . d  durh gedenke vert (466.15; ergänze: treit). In einem Fall (109rb, Vers 549.10) wurde eine freigelassene Einzelzeile von einer späteren Hand wohl des 15. Jahrhunderts korrekt ergänzt: mit d  megde h Gawan (Lachmann: mit der meide Gaˆwaˆn). 32 Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 208. 33 Fol. 14ra (Nachtrag von 66.28), 61rb (306.17), 67ra (Verspaar 336.23–24). 34 Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 73 [Hinweis auf Cgm 63, fol. 52vb]. 35 Fol. 8ra (36.22–23) und 66vb (335.5– 6). 36 Siehe Abschnitt III.2.3.2.2 (S. 218 ff.). 37 K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 244.

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darunter besonders die schräg liegenden Zirkumflexe auf Längen und Diphthongen, wie sie auch im Cgm 63 und in den Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmenten in charakteristischer Weise gebraucht werden.38 Der zweite Schreiber, der nur die Blätter 100v und 101r kopierte, verzichtete zur Gänze auf den Gebrauch von Versalien und setzte regellos nicht herausgerückte Minuskeln und Majuskeln am Versanfang. Ebenso begegnen die für die weiteren Schreiber des Skriptoriums charakteristischen Zirkumflexe bei ihm nicht. Stattdessen verwendete er zur Akzentuierung ausschließlich lang gezogene, schräg rechts gesetzte i-Striche, die dem Textstück optisch den Eindruck einer gewissen Regelmäßigkeit verleihen.39 Die von Schneider beim Hauptschreiber beobachteten, moderneren Buchstabenformen (zweistöckiges a und rundes r auch außerhalb der 02-Ligatur werden gelegentlich verwendet, der Bogenteil des k reicht nicht mehr auf die Zeile)40 finden sich beim zweiten Schreiber nicht. Auffällig ist das altertümliche h-förmige z (in ganzı´v, fol. 101ra31), das vom Hauptschreiber nicht verwendet wurde. Ein weiteres Differenzierungsmerkmal ist der Zierstrich über r, der vom zweiten Schreiber regelmäßig gebraucht wurde. Im Unterschied zum Hauptschreiber bezeichnete der zweite Schreiber den a-Umlaut nicht mit eˆ, sondern durchgehend mit der æ-Ligatur.41 Im Ganzen gesehen dürfte der zweite Schreiber älter als der Hauptschreiber gewesen sein. Er scheint auch korrigierend in den Text des Hauptschreibers eingegriffen zu haben, falls die auf Rasur stehenden Verse 261.21–22 auf Blatt 52va1–2 tatsächlich von ihm stammen.42 Vielleicht sind ihm auch die ‚sittlichen Rasuren‘43 fol. 22v und 23r zuzuschreiben. Die Lagenbezeichnungen stammen hingegen von viel jüngeren Händen, vermutlich aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, vielleicht aber aus noch späterer Zeit. Die Begrenztheit des Materials lässt hier eine exaktere Datierung nicht zu.44 Schließlich ist mit dem Rubrikator noch eine weitere am Herstellungsprozess des Codex beteiligte Person auszumachen. Der minimale Umfang des Buchschmucks – die etwas aufwendigere Verzierung der Großinitialen fol. 1r und 86r 38 Vgl. ebd.; Schneider, Akzentuierung in mittelalterlichen deutschsprachigen Handschriften, S. 22. 39 Die Häufigkeit der Verwendung von i-Strichen ist nach K. Schneider, Codicologischer und paläographischer Aspekt des Ms 302 Vad., S. 35, für die Datierung kaum relevant. 40 Vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 244. 41 Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 6. Zur æ-Ligatur im südwestdeutschen Sprachraum vgl. K. Schneider, Codicologischer und paläographischer Aspekt des Ms 302 Vad., S. 34 f. 42 Diese Vermutung geht auf Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 2, zurück. 43 Siehe Abschnitt IV.2.2 (S. 319 f.). 44 Auskunft von Frau Dr. Karin Schneider (Brief vom 23. 3. 2007).

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wurde im 14. Jahrhundert nachgetragen – entspricht ebenfalls dem Gebrauchscharakter der Handschrift.45 Repräsentanten, die der Schreiber am linken Rand oder direkt in den für die Initiale ausgesparten Raum setzte, haben sich in zahlreichen Fällen erhalten. Diese Vorschreibungen wurden jedoch nicht durchgängig angebracht. Sie fehlen auch an Stellen, die nicht dem Blattbeschnitt zum Opfer gefallen sein können. Dies dürfte der Grund dafür sein, dass dem Rubrikator nicht wenige Fehler unterliefen;46 z. B. sind beide Kleininitialen auf Blatt 98r falsch (493.1 Katurnus [statt Saturnus]; 494.1 Leve [statt Neve]). Repräsentanten fehlen auf dieser Seite. Ab Blatt 103v wurden die Initialen nicht mehr ausgeführt. Der Verbleib des Codex in den ersten Jahrhunderten nach seiner Entstehung ist nicht mehr zu klären, nicht zuletzt aufgrund der neuen Bindung im Jahr 1753, durch die ursprünglich vorhandene,47 ältere Benutzerspuren auf der Innenseite des Buchdeckels bzw. der Spiegelblätter vernichtet wurden. Die ersten schriftlichen Nachrichten über den Codex stammen aus dem 17. Jahrhundert. Mit Erzherzog Sigismund Franz starb im Jahr 1665 der letzte männliche Nachkomme der tirolisch-österreichischen Linie der Habsburger. Das Land Tirol und die Vorlande wurden unter Kaiser Leopold I. mit den anderen Erblanden vereinigt. Auf Initiative des Präfekten der Wiener Hofbibliothek, Peter Lambeck, wurden daraufhin große Teile der Ambraser Bibliothek unter abenteuerlichen Umständen nach Wien überführt.48 Diese Bestände, unter denen sich auch der Codex 2708 befand, wurden von Lambeck mit wenigen Ausnahmen49 mit einer die Ambraser Herkunft berücksichtigenden Signatur (MS. Ambras 423) versehen und kurz beschrieben. Lambeck schrieb die Handschrift dem Besitz Kaiser Maximilians I. zu. Theodor Gottlieb unterzog im Jahr 1900 Lambecks Angaben einer Überprüfung 45 Fingernagel / Roland, Mitteleuropäische Schulen I, S. 51. 46 Einen ähnlichen Fall hat Schirok (ed. Wolfram von Eschenbach, Parzival [Handschrift D]), S. XXI–XXV ) anhand des St. Galler Codex 857 ausführlich dokumentiert. 47 Die erhaltenen Buchstabenreste auf Blatt 1r beweisen, dass es ältere Benutzerspuren gegeben hat. 48 Lambeck berichtet darüber ausführlich in den Commentarii de Augustissima Bibliotheca Caesarea Vindobonensi, Bd. 2, S. 609–988. Die Handschriften und Bücher wurden in Salzfässer und Kisten verpackt und auf einem schadhaften Schiff nach Wien gebracht. Die Tiroler standen dem Abtransport der Bibliothek alles andere als freundlich gegenüber. Der Schlossverwalter verheimlichte Lambeck die Existenz von 180 weiteren Ambraser Handschriften, die in eigenen Kästen verwahrt wurden (darunter das Ambraser Heldenbuch). Dieser Bestand kam erst 1806, zum Schutz vor den vorrückenden französischen Truppen, nach Wien. Vgl. hierzu auch: Unterkircher, Einleitung, S. 9–13; Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, Einleitung, S. 14. 49 83 Handschriften wurden nicht katalogisiert; deren Ambraser Herkunft kann in einigen Fällen noch rekonstruiert werden (vgl. Unterkircher, Einleitung, S. 12).

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und stellte dabei einige falsche Zuweisungen fest. Der Codex 2708 wird nur in Bezug auf die Ambraser Herkunft erwähnt; Lambecks Zuschreibung an Maximilian wird von Gottlieb nicht bewertet.50 Hermann Menhardt, der wohl beste Kenner des Handschriftenbestandes der Wiener Nationalbibliothek seiner Zeit,51 rechnete neben einigen weiteren auch Cod. 2708 der „Sammeltätigkeit Maximilians“ zu.52 Nun bleibt zwar auch Menhardt den Beweis für diese Zuschreibung schuldig – schließlich handelt es sich um eine Auflistung mehrerer Handschriften –, doch lässt sich auf Umwegen ein Indiz dafür beibringen, dass Lambecks Zuschreibung an Maximilian richtig sein dürfte: Der Codex 2707, der Gottfrieds ›Tristan‹ W und ein vorgebundenes ›Tristan‹-Fragment (w) aus demselben Skriptorium enthält,53 wurde von Lambeck mit der dem ›Parzival‹-Codex benachbarten Signatur MS. Ambras 424 versehen. Diese Handschrift, die rund eine Generation nach ›Parzival‹ T entstanden ist,54 weist auffällige Gemeinsamkeiten mit T in Schreibsprache (ostalemannisch),55 Format, Zeilenzahl (38) und in einem regionalen Schrifttypus auf. Wie für Cod. 2708 ist auch für die ›Tristan‹-Handschriften W und w eine auf die berufsmäßige Reproduktion von Epenhandschriften spezialisierte Werkstatt anzunehmen.56 Man kann daher die Entstehung des ›Parzival‹-Codex und der ›Tristan‹-Handschriften in einem engen regionalen Zusammenhang ansetzen. Lambeck hat die Handschriften offenbar in der Ambraser Bibliothek benachbart aufgestellt vorgefunden und diese Reihung in seiner Signaturenvergabe beibehalten. Die Zuschreibung des ›Tristan‹-Codex an Maximilian wurde von Gottlieb bestätigt57 und, soweit ich sehe, auch in der Fachliteratur nirgends bezweifelt.58 Wenn aber Cod. 2707 der Bibliothek Maximilians angehörte, dann wird dies auch für Cod. 2708 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit 50 Vgl. Gottlieb, Die Ambraser Handschriften, S. 25. 51 Vgl. Heger, Hermann Menhardt, S. 1199 f. 52 Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 14 f. 53 Vgl. hierzu jetzt die diplomatische Ausgabe: Gottfried von Straßburg, Tristan und Isolde (ed. Scherabon Firchow). 54 Anfang des 14. Jahrhunderts, vgl. Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 207. 55 Th. Klein, Ermittlung, Darstellung und Deutung von Verbreitungstypen in der Handschriftenüberlieferung mittelhochdeutscher Epik, S. 164 und 167, kann für beide Textzeugen ostalemannische Elemente nachweisen, die sich mit der bislang angenommenen elsässischen Herkunft kaum vereinbaren lassen. 56 Ich danke Frau Dr. Karin Schneider für Auskünfte zum Cod. 2707 (Brief vom 8. 8. 2006). 57 Vgl. Gottlieb, Die Ambraser Handschriften, S. 25 f. und 104, Nr. 251. 58 Vgl. z. B. Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 43 f., und zuletzt Gottfried von Straßburg, Tristan und Isolde (ed. Scherabon Firchow), Einleitung, S. XIX .

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anzunehmen sein, zumal Gottlieb diese Zuschreibung nicht anzweifelte, sondern bloß nicht erneut bestätigte.59 Wie der Codex in den Besitz Maximilians gelangte, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Ein Weg über die vorderösterreichischen Besitzungen der Habsburger erscheint denkbar. L i t e r a t u r : Petri Lambecii Commentarii de Augustissima Bibliotheca Caesarea Vindobonensi, Bd. 2, S. 120 und 743; Gentilotti, Katalogbeschreibung (handschriftlich), Nr. CCXVII ; Bragur, 6. Bd. 1. Abt. (1798), S. 147; Museum für altdeutsche Literatur und Kunst I, S. 565 und 607; Hagen / Büsching, Literarischer Grundriß zur Geschichte der deutschen Poesie von der ältesten Zeit bis in das sechzehnte Jahrhundert, S. 106; Diutiska 3 (1829), S. 357, Nr. 217; Hoffmann von Fallersleben, Altdeutsche Handschriften der Kaiserlichen Hofbibliothek in Wien, S. 36, Nr. XVI; Tabulae codicum manu scriptorum praeter Graecos et orientales in Bibliotheca Palatina Vindobonensi asservatorum, Bd. II, S. 120; Pfeiffer, Quellenmaterial zu altdeutschen Dichtungen II, S. 34, Nr. 9; Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen, Bd. I, 2. Aufl., S. 738; Wolfram von Eschenbach (ed. Piper), 1. Teil, S. 33; Gottlieb, Die Ambraser Handschriften, S. 25; Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. I, S. XXV ; Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 1–7; Fechter, Das Publikum der mittelhochdeutschen Dichtung, S. 38; Wolfram von Eschenbach, 7. Auflage (ed. LachmannHartl), S. LI , Nr. 25; Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 207f.; Ambraser Kunst- und Wunderkammer, S. 25, Nr. 13; Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek, erster Teil, S. 43; Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. I, S. 39–51; Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 110f.; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen), S. VII und S. 9 (Abb.); Kochendörfer/Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 113; Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 87, Nr. 8; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 36f., Nr. 25; K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 243f. [Textband] und Abb. 141 [Tafelband]; Kern, Das Problem der Satzgrenze in mittelhochdeutschen Texten, S. 344; Palmer, Von der Paläographie zur Literaturwissenschaft, S. 220; Schiendorfer, Handschriftenproduktion, S. 38; M. Backes, Höfische Epik in Österreich im Spiegel der handschriftlichen Überlieferung, S. 20f. und Anm. 37; Holznagel, Wege in die Schriftlichkeit, S. 146, Anm. 18; Fingernagel/Roland, Mitteleuropäische Schulen I, S. 51, Nr. 19 und Abb. 70; Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 78; Rolle, Bruchstücke; K. Schneider, Akzentuierung in mittelalterlichen deutschsprachigen Handschriften, S. 22; Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), 59 Es ist überdies fraglich, ob der Untersuchung Gottliebs solches Gewicht beigemessen werden sollte, dass nun Lambecks Angaben über die Zuschreibung einzelner Handschriften an Maximilian grundsätzlich bezweifelt werden müssen. Sicherlich unterliefen Lambeck vereinzelt Fehler, was unter den schwierigen Umständen des Abtransports verständlich ist. Immerhin hat er jedoch die Ambraser Bibliothek noch zu einem verhältnismäßig frühen Zeitpunkt gesehen, während Gottlieb seine Untersuchung mehr als zwei Jahrhunderte später durchführte. Nach Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 37, der sich auf Gottlieb beruft, müsse hingegen „die Frage, ob Gn [T] Maximilian gehörte, offenbleiben“.

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›Parzival‹-Handschrift Nr. 74; Handschriftenverzeichnis des Berner Parzival-Projekts (http://www.parzival.unibe.ch/hsverz.html). Das Literaturverzeichnis zu T wird von der Österreichischen Nationalbibliothek laufend aktualisiert (http://www.onb.ac.at/sammlungen/hschrift/index.htm). A r c h i v b e s c h r e i b u n g : Hermann Menhardt (1928).

II.2.2 Die Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmente Signaturen:

Zürich, Zentralbibliothek, Cod. Car. C 182 (›Parzival‹ [A]). Zürich, Staatsarchiv, C VI/1 Mappe VI fol. 30–35 (›Tristan‹ und ›Parzival‹ [B])

Inhalt:

Gottfried von Straßburg, ›Tristan‹ [z/z1]. Daran unmittelbar anschließend: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 32 [Gr]

Textbestand:

›Tristan‹: Verse 2209–2484 (z); 3037–3314 (z1); 3867– 4142 (z1); 4696– 4972 (z); 14369–14924 (z) ›Parzival‹: Verse 1.1–2.16; 2.20– 4.2; 4.6–5.18; 5.21–7.4; 7.9–8.21; 8.24–10.7 (A); 10.8–28.24 (B); 28.28–30.10; 30.22–31.26; 32.10– 33.12; 33.23–34.28; 35.7–36.14; 36.15–37.30 (A)

Blattzahl:

Insgesamt fünf Doppelblätter. ›Parzival‹ (A) und (B): je ein Doppelblatt; ›Tristan‹: drei Doppelblätter. Vom ›Tristan‹ sind die Blätter 9, 12, 15, 18 (alte Foliierung xviii vorhanden), 53 und 54 erhalten.60 ›Parzival‹ (A) bildete das zweitinnerste Doppelblatt einer Lage, ›Parzival‹ (B) das innerste Doppelblatt derselben Lage. Auf dem dritten ›Parzival‹-Blatt oben findet sich die alte Foliierung lxxiii, woraus sich ergibt, dass die erhaltenen Bruchstücke die Blätter 71–74 des Codex bildeten

Schreiber:

Ein Schreiber, dessen Hand identisch mit jener des Cgm 63 ist61

Texteinrichtung:

Drei Spalten zu 46 Zeilen. Verse abgesetzt, vereinzelt Reimpunkte. In der Regel zweizeilige, rote und blaue Fleuronne´e-Initialen. Am Beginn des ›Parzival‹ steht eine elfzeilige, mehrfärbige Zierinitiale.

60 Bll. 15, 18, 53, 54 = z, 9 und 18 = z1. 61 Nach Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 119, sind „zwei Schreiber nachweisbar“. Damit gehen sie über die Identifizierung K. Schneiders, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 242, hinaus, die die Schreiberidentität von Cgm 63 mit den Züricher Fragmenten erstmals feststellte, ohne allerdings die Fragmente zwei Schreibern zuzuordnen. Bonath/Lomnitzer halten die Identität mit Cgm 63 für jenen Schreiber fest, der die ›Parzival‹-Teile und – ein Irrtum der Verfasser – das „vierte“ Doppelblatt geschrieben habe. Da es nur drei ›Tristan‹-Doppelblätter gibt, ist es unklar, welches der Blätter diesem zweiten Schreiber zuzuordnen sein soll. Ich habe die Fragmente anhand von Digitalaufnahmen gesehen und kann die vermeintlichen zwei Hände nicht voneinander unterscheiden. Frau Dr. Karin Schneider kann ebenfalls keine zwei Hände in den Fragmenten erkennen. Sie vermutet, dass ein Irrtum von Bonath / Lomnitzer vorliegt (Brief vom 23. 3. 2007).

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Sowohl im ›Tristan‹ als auch im ›Parzival‹ sind in regelmäßigen Abständen Majuskeln vor die Zeile gerückt Material:

Pergament

Format:

Blattgröße: 33–34 × 23,5 cm; Schriftraum: 26 × 17 cm62

Entstehungszeit:

Siebzigerjahre des 13. Jahrhunderts63

Schreibsprache, -ort: Alemannisch (wahrscheinlich Züricher Raum) Abbildungen:

5, 6

Die Züricher Fragmente bilden die Reste einer Prachthandschrift, die als einzige aller erhaltenen Textzeugen die beiden zentralen Texte des klassischen höfischen Romans, den ›Tristan‹ und den ›Parzival‹, vereinigte. Der ›Parzival‹ folgte unmittelbar auf Gottfrieds ›Tristan‹, der somit ohne Fortsetzung abgeschrieben wurde, was unter den vollständigen ›Tristan‹-Handschriften sonst nur auf den Wiener Cod. 2707 (W) zutrifft,64 der wiederum gewisse Gemeinsamkeiten mit anderen Textzeugen des Züricher Skriptoriums, vor allem mit ›Parzival‹ T (Wien, Cod. 2708), aufweist.65 Auffällig ist die in der Überlieferungsgeschichte der beiden Texte einmalige Verbindung von ›Tristan‹ und ›Parzival‹ in einem Codex. Über die Gründe dieser Zusammenstellung können nur Vermutungen angestellt werden. Sicher äußert sich darin eine besondere Wertschätzung für diese beiden Texte. Unter Umständen war darüber hinaus das Naheverhältnis der beiden Werke zueinander, das sich in der doch sehr wahrscheinlichen Polemik Gottfrieds gegen Wolfram manifestiert,66 ein Grund für die Zusammenstellung. Fraglich ist 62 Vgl. Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 62. 63 Vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 241. 64 In M H B N R und S schließt sich die Fortsetzung Ulrichs von Türheim an (in R und S davor noch ›Tristan als Mönch‹), in F O E jene Heinrichs von Freiberg, in P die Bearbeitung von Eilharts ›Tristrant‹. Vgl. die Zusammenstellung von Kuhn, Gottfried von Straßburg, Sp. 157, und Tomasek, Gottfried von Straßburg, S. 54 f. 65 Siehe dazu S. 72 f. Im revidierten Stemma von Wetzel, Die handschriftliche Überlieferung des ›Tristan‹ Gottfrieds von Strassburg, S. 403, werden sowohl die Textzeugen z/z1 als auch W/w (= Wien, Österreichische Nationalbibl., Cod. 2707 und 2707,1) dem gemeinsamen Stammast y zugeordnet, doch verteilen sich diese auf die Unteräste a (z/z1) und b (W/w). Die Trennung scheint nicht mit der nötigen Schärfe möglich zu sein: Bereits Ranke, Die Überlieferung von Gottfrieds Tristan, S. 389, musste feststellen, dass „die übereinstimmungen [von z/z1 und W/w] über das mass des zufälligen jedenfalls hinaus[gehen]; ob es sich dabei aber um alte, in den andern hss. verbesserte Fehler von Y oder um collationsbeziehungen zwischen z und W [. . .] handelt, lässt sich nicht entscheiden.“ Wetzel, Die handschriftliche Überlieferung des ›Tristan‹ Gottfrieds von Strassburg, S. 239, hält hingegen einschränkend „die wenigsten“ der von Ranke genannten Übereinstimmungen für „signifikant“. Ein abschließendes Urteil ist wohl erst auf der Basis der Gesamtüberlieferung möglich.

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zudem, ob aus der Anordnung der Texte auch eine Hierarchisierung abzulesen ist.67 Vielleicht war die engere regionale Nähe zu Gottfried von Straßburg ausschlaggebend dafür, dass man seinem Text den Vorrang einräumte. Der repräsentative Anspruch des Codex zeigt sich am deutlichsten an den aufwendig gestalteten, abwechselnd roten und blauen Fleuronne´e-Initialen, deren Ausschmückung in manchem Detail an den Codex Manesse erinnert.68 Wohl ebenfalls vorrangig unter repräsentativen Gesichtspunkten zu sehen sind das verhältnismäßig große Format der Handschrift und die dreispaltige Texteinrichtung, die allerdings gerade bei Textzeugen des ›Parzival‹ keine Seltenheit darstellt: Insgesamt wurden neun ›Parzival‹-Handschriften, also rund ein Zehntel der heute bekannten Überlieferung, ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis zur zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts dreispaltig geschrieben.69 Die Schrift ist „eine sehr klare, sorgfältige gotische Minuskel“70 aus den Siebzigerjahren des 13. Jahrhunderts. Wenn der Schreiber einen Vers überlesen hatte, radierte er den bereits geschriebenen Vers und trug das komplette Verspaar nach, was zur Folge hatte, dass öfter entweder zwei Verse in kleinerer Schrift untereinander auf dem für nur eine Zeile vorgesehenen Raum platziert wurden (z. B. ›Parzival‹, Blatt 2rb26), oder aber das Verspaar auf Rasur in einer Zeile nebeneinander geschrieben wurde (z. B. ›Tristan‹, Blatt 5rc19). Verspunkte wurden nicht gesetzt. Eine Eigenheit der Handschrift, die sie mit dem Cgm 63 teilt, besteht 66 Vgl. den Forschungsüberblick zur traditionellen Diskussion um die GottfriedWolfram-Polemik, zu der hier keine Stellung bezogen werden kann, bei Hoffmann, Die vindaere wilder maere, S. 129–139. Hoffmann hält m. E. zu Recht daran fest, dass die Polemik Gottfrieds gegen den ›Parzival‹ gerichtet sei. Da Gottfrieds Kritik jedoch mehreren Personen zu gelten scheint (vindaere), überlegt Hoffmann, ob daneben nicht auch Ulrich von Zatzikhovens ›Lanzelet‹ gemeint sein könne. Auch Schirok, Hartman der Ouwære, des hasen geselle und Gottfried von Straßburg, bes. S. 20–24, spricht sich mit dem wichtigen Hinweis auf Rudolfs von Ems ›Alexander‹ (Verse 3123–3138) klar für Wolfram als Zielscheibe von Gottfrieds Polemik aus. Vgl. weiters die Anmerkungen von Nellmann im ›Parzival‹-Kommentar (Register s. v. ‚Gottfried von Straßburg‘). Nellmann geht von einseitiger Kritik Gottfrieds aus und wendet sich entschieden gegen die Vermutung einer wechselseitigen Kritik, deren Spuren auch im ›Parzival‹ zu erkennen wären. Zu denken gibt allerdings der Vorstoß von Haug, Ein Dichter wehrt sich, der in dem merkwürdig aggressiv gefärbten ‚Zwischenprolog‘ (›Parzival‹ 338) eine Polemik des Erzählers gegen den ›Tristan‹ vermutet. 67 Diese Frage ist bei der Kombination höfischer Epen in einer Sammelhandschrift naturgemäß kaum zu beantworten. Erinnert sei aber etwa an die hierarchische Organisation des Codex Manesse, die an ständischen Gesichtspunkten ausgerichtet ist. 68 Siehe Abschnitt II.2.4 (S. 88 ff.). 69 Vgl. K. Klein, Höfische Mode?, S. 183 und Anhang, S. 186 und 197 f. 70 Ranke, Die Überlieferung von Gottfrieds Tristan II, S. 386.

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jedoch darin, dass jeweils der Vers vor einer Initiale sowohl im ›Tristan‹ als auch im ›Parzival‹ mit abschließendem punctus versehen wurde. Nur im ›Tristan‹ hat der Schreiber immer wieder Fragen und Fragesätze mit punctus interrogativus gekennzeichnet, z. B.: der meist  *p ach dei*t ty´ntaioeˆl / Ty´ntaioeˆl? ach welch *cahteˆl (Verse 3158–59) oder wie*ter al*u* zehoue komen? (4060). Der Gebrauch des punctus interrogativus zeugt von sorgfältiger Textherstellung und begegnet unter den Texten dieses Skriptoriums auch im ›Parzival‹ T. Die Setzung der Initialen – die Repräsentanten links neben den Initialen sind zumeist noch sichtbar – erfolgte in den beiden Texten in unterschiedlicher Dichte, was zweifellos der jeweiligen Vorlage zuzuschreiben ist. Die Abstände zwischen den Initialen sind im ›Tristan‹ deutlich größer als im ›Parzival‹; auf insgesamt fünf Seiten (zu je 138 Versen) findet sich überhaupt keine Initiale.71 Schließlich verleiht der numerisch einigermaßen regelmäßige, aber völlig willkürliche Gebrauch von herausgerückten Majuskeln beiden Texten der Züricher Fragmente auch optisch ein ebenso charakteristisches wie homogenes Erscheinungsbild. Die Bruchstücke sind auf alemannischem Boden entstanden und auch dort verblieben. Dass sich die Fragmente in der Gestalt von Doppelblättern erhalten haben, erklärt sich aus ihrem Gebrauch als Umschläge für Rechnungen im 16. Jahrhundert. In Urkundenschrift finden sich die Vermerke: ›Parzival‹, fol. 1r, am unteren Rand: Hanns Barthlome Brunner // Amptman¯ Hinter Rütj Amt 1582. Fol. 2r, oben: Augu*tiner Ampt Rechnung [...] 1582 [...]; unten: Hanns Barthlome Brunner. ›Tristan‹, fol. 1r, oben: Augu*tiner Ampts Rechnung 1580; unten: Han*z Barthlome Brunner // Amptman; ›Tristan‹, fol. 2r, unten: Zinns Buoch Jm a(pril?)i 1581 Jar vnnd demnach Jm 1582 [...] // Des vnnderenn Ambts Zuxn auxgen*ty¨ienern // H partli bruonner; fol. 6r, oben: Augu*tiner ampt*z Rechnuxng. 1581; unten: Han*z Barthlome Bruxnner Amptman. Ein Bartlime Brunner ist als Augustineramtmann (gest. 1603) nachweisbar.72 Da die Blätter in dem längeren Zeitraum von drei Jahren (1580–1582) als Rechnungsumschläge dienten, ist in Betracht zu ziehen, dass der gesamte Codex für diesen Zweck makuliert wurde. Es fällt auf, dass die Blätter aus dem ›Tristan‹, der im Codex vor dem ›Parzival‹ platziert war, etwas frühere Datierungen (1580 und 1581) als die Blätter des ›Parzival‹ (1582) tragen. Vielleicht ging man bei der Ausschlachtung der Handschrift sukzessive, vom Anfang bis zum Ende, vor. Das zwischen 1274 und 1284 errichtete Kloster der Augustiner-Emeriten in Zürich wurde Ende 1524 aufgehoben. Ein Jahr später folgte die Auflassung des Prämonstratenserklosters Rüti. Die Verwaltung der Güter übernahm das 1537 71 Zur Setzung der Initialen in z/z1 vgl. Wetzel, Die handschriftliche Überlieferung des ›Tristan‹ Gottfrieds von Strassburg, S. 247–251. 72 Vgl. Caflisch-Einicher, S. 290.

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II Die Überlieferungsträger

eigens zu diesem Zweck gegründete Almosen- und Hinter- bzw. Rütiamt.73 In der Bibliothek eines der beiden Klöster wird sich der ›Tristan‹/›Parzival‹-Codex vor seiner Makulierung wohl befunden haben. Ob der Codex dort auch geschrieben wurde, lässt sich nicht entscheiden. Eine Entstehung bei den Züricher Augustiner-Eremiten ist aufgrund der späten Errichtung des Klosters, die parallel zur Abschrift erfolgt sein müsste, mit einiger Sicherheit auszuschließen.74 Textgeschichtlich sind die ›Parzival‹-Fragmente nur mit größten Schwierigkeiten einzuordnen. Bonath/Lomnitzer vermuteten im Fragment 32 eine „kontaminierte *G-Hs.“ und verwiesen auf die Notwendigkeit einer genaueren Analyse.75 Tatsächlich ergeben die Prologverse ein anderes Bild als die Folgeverse. Die Stellung des Fragments 32 in der Gesamtüberlieferung ist für die Prologverse 1.1– 4.26 anhand von Ulzens Zusammenstellung gut zu überblicken.76 Hier manifestiert sich eine deutliche Nähe zu *T,77 wie folgende Parallelen zeigen:78 1.7 er [der La] mac [...] T U Fragment 32 [V: Der auf Rasur]; 1.14 der mit den [fehlt La] steˆten gedanken T U V Fragment 32 + O M; 1.29 sprich ich gegen den worten [vorhten La] ouch T U Fragment 32 [V: den forhten noch auf Rasur] + L; 2.8 [...] ouch [fehlt La] gvoter leˆre [. ..] T U V Fragment 32; 2.11 si entwenkent [entwıˆchent La] vn¯ [Fragment 32: noch] keˆrent T U V Fragment 32; 2.26 swelhiv minen raˆt horen [merken La] wil T U V Fragment 32; 3.10 vil fehlt T U Fragment 32; 3.27 da vuˆere ein langez ende [mære La] mite T U Fragment 32; 4.18 er kvene steˆte milte [træclıˆche La] wıˆs T U V; das Fragment 32 zeigt in der Formulierung er was kvˆene vn¯ starch allewıˆs zwar keine wörtliche Übereinstimmung, aber eine ähnliche Aussageintention (das mehrdeutige traeclıˆche wıˆs der übrigen Handschriften fehlt). Auffällige Einzellesarten bieten Vers 1.22 die gebent antlitzes zoˆume (‚schränken das Gesichtsfeld ein‘[?]; oder Schreibfehler); 2.28 ir lip ir pris vnde ir eˆre (hier weichen T U markant ab,79 während V parallel zum Kerntextbestand formuliert); 4.15 ein stahel swa ez ze strite kam.80 73 Vgl. Bruckner, Scriptoria Medii Aevi Helvetica, Teil IV, S. 63– 65 (Rüti) und S. 74 f. (Augustiner-Eremiten Zürich). 74 Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 190. 75 Vgl. Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 120. 76 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen), S. 38–56. 77 Vgl. auch ebd., Einleitung, S. X : „Zu Gn [T] Gm [U] Gd [V] scheint einige Male Gr [Fragment 32] sich zu stellen.“ 78 Wo nicht anders angegeben, steht in den genannten Passagen jeweils *T gegen die übrigen Handschriften, die nach Lachmann [La] zitiert werden. Der Druck W, der in diesem Abschnitt zu *m gehört, wird nicht verzeichnet. 79 Siehe die Textanalyse in Abschnitt IV.1.1.3 (S. 276 ff.). 80 Zu dieser Variante vgl. Nellmann, Zur handschriftlichen Überlieferung des Parzival, S. 15.

Das (Züricher) Skriptorium

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Diese Nähe des Fragments zu *T setzt sich jedoch in den auf den Prolog folgenden Versen bis zum Abbruch des Fragments nicht fort. Das Fragment 32 teilt keine einzige der für *T charakteristischen Abweichungen vom Kerntextbestand, wie beispielsweise die Versumstellung 22.11–12 (T U V) oder die Umformulierung der Verse 23.29–30.81 Ebenso folgt das Fragment dort, wo zwei oder mehrere *T-Vertreter abweichen, stets dem Kerntextbestand. Eine Zugehörigkeit zu *T ist zumindest für diesen Bereich demnach auszuschließen, ebenso eine Zugehörigkeit zu *D.82 Innerhalb von *G ist das Fragment zunächst zu Bonaths Gruppe g (= *G außer *GI) zu stellen, wie Bonaths Auflistung der Charakteristika dieser Gruppe verdeutlicht. In den Bereich des Fragments fallen:83 24.1 si (Vnde *G ohne L Z) nam in selbe bi der hant = vienc ( fienge O) g Fragment 32; 34.18 ir herze und ir ouge *D W G I = ir ouge vnd ir hertze g Fragment 32; ir ouge dem herzen T U V (= *T). Innerhalb von g teilt das Fragment eine Lesart von *QR: 16.17 mit schiffes her (*D W G) = Mit grozem her (O L M; T U V [= *T]) = Mit grossem schiffes (schiffe Q) her Q R Fragment 32.84 Auf eine Zugehörigkeit zu *QR deutet eine weitere, geringfügige Textabweichung hin, die Bonath für diese Untergruppe beobachtete und die auch das Fragment aufweist: In Vers 21.2 „wird das in *G ausgelassene er sprach wieder aufgenommen“.85 Da es im Bereich des Fragments keine weiteren charakteristischen Übereinstimmungen von *QR gibt, muss es bei den zwei Indizien für eine Zugehörigkeit zu *QR bleiben. Es lässt sich demnach nur festhalten, dass das Fragment im Bereich des Prologs eine Nähe zu *T und in den Folgeversen eine Nähe zu *QR zeigt und darüber hinaus einige Einzellesarten aufweist.86 Unter den erhaltenen Textzeugen existiert kein einziger, der dem Fragment in diesem 81 Vgl. die Zusammenstellung in Anhang V.1.1 (S. 376 ff.). 82 Das Fragment teilt keine der charakteristischen Minusverse und Umformulierungen mit *m, auch nicht die Versumstellung 31.19–20 von D; vgl. die Tabelle bei Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹, S. 599 ff. 83 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. II, S. 157 ff. 84 Vgl. ebd., Bd. II, S. 212. Bonath vermutete für diese Lesart von *QR, „daß Fehler der Vorlage nach einer Hs. des Typus —D gebessert wurden. Die Besserungen waren wahrscheinlich als Glossen in die Vorlage von *Gt Gx [= *QR] (oder in *Gt Gx [= *QR]) eingetragen.“ 85 Ebd., Bd. II, S. 212. Er sprach lesen auch *D und *T. 86 Zur Nähe von *QR und *T, die diesen Befund in einem gewissen Maße verständlich macht, siehe S. 161 ff. Gegen die Überlegung, das Fragment 32 könnte im Bereich des Prologs eine erste Überarbeitungstendenz in Richtung *T erkennen lassen, während es in den nachfolgenden Versen eine ältere Grundschicht *QR bewahrt hat, spricht das rund 50 Jahre vor dem Fragment 32 entstandene Fragment 26 (Abschnitt II.1, S. 60 ff.), das an mehreren Stellen reine *T-Lesarten aufweist, von denen keine einzige von *(O)QR-Textzeugen geteilt wird.

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II Die Überlieferungsträger

spezifischen Textprofil gleicht. Daher nimmt es im Rahmen der ›Parzival‹-Überlieferung eine Sonderstellung ein. L i t e r a t u r :87 Haupt, Lesarten zum Parzival [Kollation von ›Parzival‹ (A)]; Diemer, Kleine Beiträge zur altdeutschen Sprache und Literatur VI, S. 293 [›Parzival‹ (A)]; Pfeiffer, Quellenmaterial zu altdeutschen Dichtungen II, S. 36, Nr. 39 [›Parzival‹ (A)]; Baechtold, Züricher Tristan-Bruchstücke, S. 71 f. [›Tristan‹ (Teilabdruck) und ›Parzival‹ (B)]; Baechtold, Züricher Parzival-Bruchstück [Abdruck von ›Parzival‹ (B)]; Wolfram von Eschenbach (ed. Piper), 1. Teil, S. 36, Nr. 49 [›Parzival‹ (A)] und Nr. 53 [›Parzival‹ (B)]; Ranke, Die Überlieferung von Gottfrieds Tristan II, S. 386–394, 405 [›Tristan‹ (Teilkollation)] und 422 [›Parzival‹ (B)]; Caflisch-Einicher, Mittelhochdeutsche Fragmente der Zentralbibliothek Zürich [Teilabdruck von ›Tristan‹]; Boesch, Untersuchungen zur alemannischen Urkundensprache des 13. Jahrhunderts; Wolfram von Eschenbach, 7. Auflage (ed. Lachmann-Hartl), S. LVII , Nr. 51; Mohlberg, Mittelalterliche Handschriften, S. 151, Nr. 352, S. 332f., Nr. 641 und S. 379 (Nachtrag zu Nr. 352); Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. I, S. XXV und XXVI ; Bruckner, Scriptoria Medii Aevi Helvetica, Teil IV, S. 63–65 und 75; Steinhoff, Bibliographie zu Gottfried von Straßburg, S. 20 [›Tristan‹]; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 134; Renk, Der Manessekreis, seine Dichter und die Manessische Handschrift, S. 133–135 und Abb. 9, 10, 12; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen), S. VI f. und S. 8 (Abb.); Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 174, Anm. 15; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 48, Nr. 51 [›Parzival‹ (A)]; K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. I, S. 241–243, 244; Th. Klein, Ermittlung, Darstellung und Deutung von Verbreitungstypen in der Handschriftenüberlieferung mittelhochdeutscher Epik, S. 167 [›Tristan‹]; Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 119 f., Nr. 32; Palmer, Von der Paläographie zur Literaturwissenschaft, S. 220; Schiendorfer, Handschriftenproduktion; ders., Fragmente einer Romanhandschrift [Katalog Nr. 2a], S. 187; Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 189–193; Holznagel, Wege in die Schriftlichkeit, S. 145 f.; Wetzel, Die handschriftliche Überlieferung des ›Tristan‹ Gottfrieds von Straßburg, S. 51 und 212–218 [›Tristan‹]; K. Klein, Französische Mode?, S. 182, 183, 184, 186, Nr. 5; Wolf, Wolfram und das mittelalterliche Buch, S. 329 f. und Anm. 32, S. 335 f.; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 252; Gottfried von Straßburg, ›Tristan‹ (ed. Marold-Schröder), S. LIII und 344 [›Tristan‹]; Gottfried von Straßburg, ›Tristan und Isolde‹ (ed. Scherabon Firchow), S. XXII ; Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), ›Parzival‹-Handschrift Nr. 82; Handschriftenverzeichnis des Berner Parzival-Projekts (http://www.parzival.unibe.ch/hsverz.html). A r c h i v b e s c h r e i b u n g : E. Caflisch (1941) [›Parzival‹ (B)]; P. Schweizer (o. J.) [›Tristan‹]. A b d r u c k : Vollständige Transkription der ›Parzival‹-Teile (A) und (B) in Anhang V.2.1.

87 Es wird angeführt, ob die jeweilige Arbeit dem ›Parzival‹- oder dem ›Tristan‹-Teil gewidmet ist. Sind beide Texte betroffen, entfällt die Angabe.

Das (Züricher) Skriptorium

81

II.2.3 Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ (Cgm 63) Signatur:

München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 63 (ältere Signatur: Cim. 103)

Inhalt:

Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ M

Textbestand:

Verse 1–5422 und 5499–14858

Blattzahl:

111 Blätter

Lagen:

5 IV40 + IV-147 + 8 IV111. Nach fol. 41 fehlt ein Blatt. Ebenso fehlt die letzte Lage

Schreiber:

Ein Schreiber, identisch mit der Hand der Züricher ›Parzival‹- und ›Tristan‹-Fragmente (Zentralbibliothek, Cod. Car. C 182 und Staatsarchiv, Cod. C VI/1, Mappe VI fol. 30–35).88 Demselben Skriptorium gehört ›Parzival‹ T (Wien, Cod. 2708) an

Texteinrichtung:

Zwei Spalten zu 38 Zeilen. Verse abgesetzt, vereinzelt Reimpunkte. Goldgrundige, mehrfärbige Großinitialen in der Höhe von zwei bis acht Zeilen, daneben zweizeilige rote Kleininitialen. Durchgängig Minuskeln am Versbeginn

Illustrationen:

55 Miniaturen auf Goldgrund

Material:

Pergament

Einband:

Einband des 15. Jahrhunderts, vermutlich in Freising gebunden. Zwei 0,8 cm dicke Holzdeckel, mit hellem Leder überzogen. Vorder- und Rückdeckel sind mit einem Muster aus doppelten Streicheisenlinien mit gerautetem Mittelfeld und Blumenstempeln in Blindpressung verziert. Die Spiegelblätter sind ältere Freisinger Makulaturblätter. Sie wurden bei der Restaurierung im Jahr 1922 vom Codex gelöst und werden heute separat aufbewahrt (Clm 29461 [11. Jh.] und Clm 29303/91 [9. Jh.])89

Format:

Blattgröße: 21 × 15–15,5 cm; Schriftraum: 16,5 × 10,5 cm

Entstehungszeit:

Siebzigerjahre des 13. Jahrhunderts90

Schreibsprache, -ort: Alemannisch (wahrscheinlich Züricher Raum) Abbildungen:

7, 8, 10

Der heute in München befindliche Cgm 63, dessen Zuordnung zu einem Schreiber der Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmente Karin Schneider gelang, ist aufgrund seiner prunkvollen Ausstattung als „Luxushandschrift“91 zu klassifizieren. 88 Vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 242. 89 Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 61– 65. 90 Vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 241. Einen etwas weiteren zeitlichen Rahmen setzt Walworth, Parallel Narratives, S. 11, an: „late 1260s-1280?“ 91 Klemm, Die illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts deutscher Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 241.

82

II Die Überlieferungsträger

Nicht weniger als 55 auf Goldgrund gemalte Miniaturen in Deckfarbenmalerei, die stilistisch mit dem zeitlich nachgeordneten Codex Manesse verwandt sind,92 wurden dem hier nur fragmentarisch überlieferten ›Wilhelm von Orlens‹ des Rudolf von Ems beigegeben. Der Cgm 63 zählt zu den ältesten erhaltenen Bilderhandschriften weltlicher deutschsprachiger Literatur.93 Obwohl die Miniaturen heute so stark beschädigt sind,94 dass in zahlreichen Fällen die darunterliegenden braunen Vorzeichnungen und die – mit Blatt 81 abbrechenden – Maleranweisungen wieder zum Vorschein kamen,95 ist „die ehemals hohe Qualität noch deutlich zu erkennen“.96 Diese Maleranweisungen, die einen hervorragenden Einblick in die Illustrationsgestaltung eines höfischen Romans gewähren, können als Hinweis auf einen Werkstattbetrieb gewertet werden.97 Die Miniaturen sind ganzseitig neben dem Text angeordnet,98 wobei jeweils zwei Szenen untereinander dargestellt werden.99 Die einzige Ausnahme von diesem Prinzip bildet das dem Text vorangestellte Autorbild (Abb. 7), das als Kopfstück halbseitig über dem Textbeginn platziert wurde (fol. 1r). Es zählt zu den frühesten erhaltenen Autorbildern in der deutschsprachigen mittelalterlichen Literatur100 und stellt vielleicht Rudolf von Ems dar, der dem ihm zugewandten Schreiber diktiert.101 92 Siehe Abschnitt II.2.4 (S. 89 ff.). 93 Vgl. Schiendorfer, Handschriftenproduktion, S. 38. 94 Nach K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 242, seien „die Farben [der Bilder] zum Teil nachträglich verwischt, abgerieben und wohl auch absichtlich abgekratzt“ worden. 95 Vgl. hierzu die vollständigen Transkriptionen der Maleranweisungen bei Klemm, Die illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts deutscher Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 239–241, und die Analyse von Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 98–104. 96 Klemm, Die illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts deutscher Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 240. 97 Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 195. Bemerkenswert ist, dass die Anweisungen vom Maler nicht immer befolgt wurden. 98 Sie sind also in den Textverbund integriert und nicht, wie z. B. im Cgm 19, auf eigenen Doppelblättern beigegeben. Dies setzt eine exakte Planung vor Beginn der Abschrift voraus, vgl. ebd., S. 197. 99 Die Miniaturen des Cgm 63 wurden um 1856 in Nürnberg als Durchpausen mit schwarzer Tinte auf Pergamentpapier zu Vergleichszwecken kopiert, zum Teil koloriert, nummeriert und als Buch gebunden: Nürnberg, GNM, Hs. 5384. Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 244 f. (mit Literatur). 100 Etwa zeitgleich oder etwas später ist das Autorenbild im Cgm 8345 (›Weltchronik‹ des Rudolf von Ems) anzusetzen; zur Datierung vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 245–248. 101 Vgl. Wachinger, Autorschaft und Überlieferung, S. 9; Walworth, The Illustrations of the Munich ›Tristan‹ and ‚Willehalm von Orlens‘, S. 191; Klemm, Die illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts deutscher Herkunft in der Bayerischen Staats-

Das (Züricher) Skriptorium

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Ein charakteristisches Darstellungsprinzip der Illustrationen ist das häufige Überschreiten von Bildgrenzen, was insbesondere den Kampfszenen eine gewisse Dynamik verleiht. Die Illustrationen sind tendenziell eher nach repräsentativen als nach narrativen Gesichtspunkten gestaltet.102 Die Verteilung der Bildseiten ist am regelmäßigen Lagenverbund orientiert; auf einen Quaternio entfallen jeweils zwei Bildseiten.103 Wie die Miniaturen sind auch die sechs verschiedenfärbigen,104 jeweils den Bucheingang signalisierenden Großinitialen auf Goldgrund angefertigt. Die für Rudolf von Ems charakteristischen Akrosticha an den Buchanfängen gingen aufgrund der aufwendigen Gestaltung der Initialen im Cgm 63 verloren: „Die Rahmung der Initiale nimmt soviel Platz in der Spalte ein, daß es dem Schreiber unmöglich war, die Verse an diesen Stellen abgesetzt zu schreiben“.105 Daneben begegnen rote Kleininitialen, die „Textabschnitte innerhalb eines Buches“106 einleiten. Die Repräsentanten wurden vom Schreiber am linken Rand angebracht. Der Text wurde auf einem hellen, dünnen und weitgehend fehlerfreien Pergament geschrieben.107 Er stammt von einem einzigen Schreiber, der „in einer sehr gleichmäßigen gotischen Textualis“108 kopierte. Verspunkte wurden nicht gesetzt, jedoch

102

103 104 105 106 107 108

bibliothek, S. 239; Peters, Autorbilder in volkssprachigen Handschriften des Mittelalters, S. 355 f.; Coxon, The Presentation of Authorship in Medieval German Narrative Literature 1220–1290, S. 59– 62; Ernst, Facetten mittelalterlicher Schriftkultur, S. 188; Walworth, Parallel Narratives, S. 147 f. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 158, vermutet hingegen aufgrund der vornehmen Kleidung in der linken Figur die Person des Auftraggebers und im Schreibenden den Dichter. Skeptisch auch Peters, Werkauftrag und Buchübergabe, S. 34, die darauf hinweist, dass „signifikante Merkmale, die die linke Figur eindeutig als Autorfigur ausweisen, etwa eine unbeschriebene Pergamentrolle, [fehlen]“. Peters versteht die dargestellte Szene allgemein als „Bild-Inszenierung einer schriftlichen Aufzeichnung der Autorrede“ (ebd.); zum Diktierbild vgl. jetzt auch Peters, Das Ich im Bild, S. 58. Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 188: „Der Cgm 63 repräsentiert einen Handschriftentypus, der nicht so sehr auf das Erzählerische oder die Betonung höfischen Lebens ausgerichtet ist wie zum Beispiel die Epenhandschriften des frühen 13. Jahrhunderts wie die Berliner ›Eneide‹ mgf. 282, der Münchner ›Tristan‹ Cgm 51 und der Münchner ›Parzival‹ Cgm 19, sondern sich eher in Richtung repräsentativer Illustration bewegt, wie die Vorliebe für symmetrische Figurenanordnung und zentralistische Kompositionen zeigt.“ Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 71. Noch zu erkennen sind die Farben Rot, Rosa, Grün und Blaugrün, vgl. Klemm, Die illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts deutscher Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 241. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 80. Ebd., S. 79. Vgl. ebd., S. 71. Ebd., S. 72.

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II Die Überlieferungsträger

häufig Punkte zur syntaktischen Gliederung. Fragezeichen, die in ›Parzival‹ T ebenso wie in den Züricher Fragmenten verwendet wurden, fehlen im Cgm 63. Überlesene Einzelverse wurden in der Regel nicht auf Rasur oder durch Randbeschreibung nachgetragen, sondern mit Auslassungszeichen an der betreffenden Stelle gekennzeichnet und in der untersten Zeile der jeweiligen Spalte, die ebenfalls mit Auslassungszeichen markiert wurde, ergänzt. Diese dezente Korrekturmaßnahme bewirkte, dass die Homogenität von Text- und Bildflächen erhalten blieb und nicht durch ein unregelmäßiges Schriftbild gestört wurde. In einem Fall (fol. 72vb) wurde ein Vers im 90°-Winkel am Spaltenrand nachgetragen, vermutlich, weil der Fehler zu spät bemerkt worden war.109 Diese Art der Korrektur begegnet in der Gebrauchshandschrift ›Parzival‹ T, bei der ästhetische Gesichtspunkte eine geringere Rolle spielen, häufiger.110 Bemerkenswert ist die Beobachtung von Weigele-Ismael, dass an zwei Stellen jeweils eine einzelne Zeile freigelassen wurde, obwohl inhaltlich keine Verse fehlen. Dies dürfte mit einem Reimfehler zusammenhängen, der nur im Cgm 63 und einigen verwandten Handschriften vorkommt.111 Die Geschichte des Cgm 63 wurde von Weigele-Ismael äußerst gewissenhaft recherchiert,112 sodass ich mich damit begnügen kann, die wichtigsten Daten zusammenzustellen. Der Besitzvermerk auf fol. 1r, Ad Conventu(m) Vallis speciosa, wurde von einer Hand des 17. oder 18. Jahrhunderts geschrieben113 und bezieht sich auf das Augustiner-Eremitenkloster Schönthal bei Waldmünchen in der Oberpfalz. In den Inventarlisten des Klosters aus den Jahren 1429 und 1601 scheint der Cgm 63 nicht auf. Er dürfte also erst später, vielleicht nach der Neugründung des Klosters im Jahr 1669 – im Zuge der Reformation wurden die Mönche 1559 vertrieben114 – und der damit einhergehenden Anschaffung größerer Büchermengen, nach Schönthal gelangt sein. Jedenfalls muss er, „der Mundart einiger Randnotizen und Federproben zufolge, bereits in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts im bairischen Raum gewesen sein“.115 Nach dem Ausweis spezifischer Bestempelungsschemata und älterer Makulaturblätter dürfte sich die Handschrift im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts in Freising befunden haben.116 109 110 111 112 113 114 115

Ebd., S. 73. Siehe Abschnitt II.2.1 (S. 69). Vgl. Zeidler, Untersuchungen, S. 46 und 52. Vgl. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 57– 69. Vgl. ebd., S. 60, nach einer Auskunft von Karin Schneider. Vgl. Ruf, Säkularisation und Bayerische Staatsbibliothek, Bd. 1, S. 460. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 243. Die Randnotizen sind bei Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 65 f., vollständig aufgelistet. 116 Vgl. Weigele-Ismael, S. 61– 65 und 68 f.

Das (Züricher) Skriptorium

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Im Zuge der Säkularisation beschlagnahmte der Münchner Hofbibliothekssekretär Johann Baptist Bernhart im Jahr 1802 ungefähr 600 Bände der Klosterbibliothek Schönthal, darunter den Cgm 63, und ließ sie nach München transportieren.117 L i t e r a t u r : Rudolf von Ems, Willehalm von Orlens (ed. Junk), S. XXXVIII f. und Tafeln II–III ; Petzet / Glaunig, Deutsche Schrifttafeln des IX. bis XVI. Jahrhunderts aus Handschriften der K. Hof- und Staatsbibliothek in München, III. Abt., Tafel XXXVII ; Petzet, Die deutschen Pergament-Handschriften Nr. 1–200 der Staatsbibliothek in München, S. 103 f.; Stange, Studien zur oberrheinischen Malerei um 1300, S. 25; Fechter, Das Publikum der mittelhochdeutschen Dichtung, S. 57 und 194; Hartong, Willehalm von Orlens und seine Illustrationen, S. 10–12; Ruf, Säkularisation und Bayerische Staatsbibliothek, Bd. 1, S. 464 und 473; Stammler, Epenillustration, Sp. 825 f.; Frühmorgen-Voss, Text und Illustration im Mittelalter, S. 17–20 und Abb. 23; Walther, Bildbeschreibungen, S. 9–12 und 16; Vetter, Die Bilder, S. 41–100; Beer, Die Buchkunst der Handschrift 302 der Vadiana, S. 88 f., 91, 120, Abb. 19; Walliczek, Rudolf von Ems, Sp. 335; K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache I, S. 241–243 [Textband] und Abb. 140 [Tafelband]; K. Schneider, Codicologischer und paläographischer Aspekt des Ms. 302 Vad., S. 38; Saurma-Jeltsch, Textaneignung in der Bildersprache, S. 49 ff.; Saurma-Jeltsch, Das stilistische Umfeld der Miniaturen, S. 311 f. und Abb. 5 und 6; Vetter, Bildmotive, S. 300; Codex Manesse (ed. Walther), S. XXX ; Mittler / Werner, Codex Manesse, S. 612 f.; Palmer, Von der Paläographie zur Literaturwissenschaft, S. 220; Schiendorfer, Handschriftenproduktion; Wachinger, Autorschaft und Überlieferung, S. 9; Walworth, The Illustrations of the Munich ›Tristan‹ and ›Willehalm von Orlens‹, S. 10 f., 469 f.; Nellmann, ›Wilhelm von Orlens‹-Handschriften, S. 566 f.; Weigele-Ismael, Rudolf von Ems [29 Abb.]; Holznagel, Wege in die Schriftlichkeit, S. 145 f.; Klemm, Die illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts deutscher Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 239–243 [Textband] und S. 204–207, Abb. 612– 621 [Tafelband]; K. Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten, S. 151; Peters, Autorbilder in volkssprachigen Handschriften des Mittelalters, S. 355 f. und S. 366, Abb. 4; Ernst, Facetten mittelalterlicher Schriftkultur, S. 188; Peters, Werkauftrag und Buchübergabe, S. 33 f., 39 und Abb. 58; Walworth, Parallel Narratives, S. 11–17 und Abb. 34, 36– 62; Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), ›Wilhelm von Orlens‹-Handschrift Nr. 32. Das Literaturverzeichnis zum Cgm 63 wird von der Bayerischen Staatsbibliothek München laufend aktualisiert (http://elektra.bsb-muenchen.de; Rubrik: ‚Forschungsdokumentation Handschriften‘). A r c h i v b e s c h r e i b u n g : Erich Petzet (1906).

117 Vgl. Ruf, Säkularisation und Bayerische Staatsbibliothek, Bd. 1, S. 463 f.

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II Die Überlieferungsträger

II.2.4 Charakteristik des Skriptoriums Dem Skriptorium sind mit dem Wiener Cod. 2708, dem Münchner Cgm 63 und den Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmenten bislang drei Handschriften aus dem Bereich der höfischen Epik zuzuordnen. Das ist eine ungewöhnlich hohe Zahl angesichts der Schwierigkeit, Schreibstuben, die zumindest teilweise auf deutschsprachige höfische Epik spezialisiert waren, auszumachen.118 Vergleichbar sind etwa das Skriptorium des St. Galler Codex 857, dem auch das ›Nibelungenlied‹-Fragment E119 und das ›Parzival‹-Fragment 1120 zugerechnet werden,121 und das Skriptorium der Münchner Handschriften Cgm 19 (›Parzival‹ G) und Cgm 51 (›Tristan‹ M), zu dem noch ein weiteres ›Parzival‹-Fragment (Nr. 17)122 und wahrscheinlich das Bruchstück einer Handschrift von Rudolfs von Ems ›Wilhelm von Orlens‹123 gehören dürften. In dem letzteren Skriptorium könnte die Verschriftlichung höfischer Epik aufgrund der „Verwandtschaft, teilweise Identität der Schriften mit Urkundenschrift und wegen des Zusammenwirkens mehrerer gleichzeitiger, sämtlich auf einen bestimmten Schrifttyp eingelernter Schreiber“ eine Art „Nebenproduktion“ einer Kanzlei gewesen sein.124 Eine solche Kombination von kanzlistischer und literarischer Produktion liegt indes durchaus nahe. Der Schreiber des vermutlich für Rüdiger Manesse angefertigten ›Züricher Richtebriefs‹ von 1301/1304 wurde als jene Hand des Codex Manesse bestimmt, die die Seiten mit dem Werk von Johannes Hadlaub kopierte.125 Den Züricher Chorherrn Konrad von St. Gallen konnte Karin Schneider als Hauptschreiber der ›Weltchronik‹ 118 Vgl. Palmer, Der Codex Sangallensis 857, S. 18. 119 Berlin, Deutsche Staatsbibliothek, Deutsche Fragmente 44. Vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 136. 120 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 13070. Vgl. Palmer, Der Codex Sangallensis 857, S. 20; skeptisch hierzu Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 154, Anm. 76. 121 Vgl. den Überblick bei Stolz, Der Codex Sangallensis 857. 122 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 194/III. 123 Salzburg, St. Peter a VI 56. Zuordnung durch Hayer, Ein neues Salzburger Fragment zum Willehalm von Orlens des Rudolf von Ems; ders., Die deutschen Handschriften des Mittelalters der Erzabtei St. Peter zu Salzburg, S. 104 f.; K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 151 [schließt Schreiberidentität aus]; Baisch, Textkritik als Problem der Kulturwissenschaft, S. 131 f. 124 K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 154. Zustimmend Th. Klein, Die Parzival-Handschrift Cgm 19 und ihr Umkreis, S. 65, der konkretisierend die Kanzlei „mit dem spätstaufisch-wittelsbachischen Umkreis des jungen Konrads IV.“ in Verbindung bringt; vgl. auch Klemm/K. Schneider, Wolfram von Eschenbach: ›Parzival‹, ›Titurel‹, Tagelieder, S. 42; Klemm / Montag, Gottfried von Straßburg: ›Tristan‹ mit der Fortsetzung des Ulrich von Türheim, S. 46 f. 125 Vgl. Gamper, Der Züricher Richtebrief von 1301/1304, S. 19–21; J. Wolf, Buch und Text, S. 141 und Anm. 310, S. 336 und Anm. 37.

Das (Züricher) Skriptorium

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Rudolfs von Ems im St. Galler Codex Vadianus 302 identifizieren.126 Im Allgemeinen sind Produktionsstätten jedoch nicht exakt zu lokalisieren oder mit einem Namen in Verbindung zu bringen, und es ist bereits eine sehr günstige Lage gegeben, wenn, wie im vorliegenden Fall, immerhin drei Handschriften einem Skriptorium zugewiesen werden können. Das ermöglicht es, das Profil dieser Werkstatt näher zu beschreiben. Nachweislich hat das Skriptorium ungefähr in den Siebzigerjahren des 13. Jahrhunderts drei Texte der höfischen Epik abgeschrieben, nämlich den ›Wilhelm von Orlens‹, den ›Tristan‹ und den ›Parzival‹. Für den ›Parzival‹ dürften – zumindest zeitweise – insgesamt drei verschiedene Vorlagen vorhanden gewesen sein, da ›Parzival‹ T und die Züricher Fragmente nicht aus derselben Vorlage abgeschrieben wurden und da aufgrund des Vorlagenwechsels in T neben der Hauptvorlage noch eine weitere ›Parzival‹-Handschrift zur Verfügung gestanden haben muss. Dies allein lässt auf eine Werkstatt von gehörigem Ausmaß schließen, da Pergament-Handschriften ein kostbares Gut waren und der Besitz von gleich drei ›Parzival‹-Handschriften eine beträchtliche Investition oder einen finanziell potenten Auftraggeber, der die jeweilige Vorlage vermittelte, voraussetzt. Für sämtliche Handschriften dieses Skriptoriums wurde qualitativ hochwertiges Pergament verwendet, was nicht immer selbstverständlich war. Im Cgm 19 etwa hat „fast jede Seite [.. .] Löcher, Einrisse und ähnliche Mängel, die bereits bei der Herstellung vorhanden waren“.127 Zudem erfolgte im Cgm 19 die „Oberflächenbehandlung des wenig qualitätvollen Materials [. ..] mit sehr unterschiedlicher Sorgfalt und Geschicklichkeit“,128 was nicht gerade für eine Spezialisierung in der Handschriftenherstellung spricht.129 Eine Verschriftlichungsroutine lässt die Regelmäßigkeit der Texteinrichtung erkennen. Die Schrifträume von ›Parzival‹ T und ›Wilhelm von Orlens‹ M gleichen einander in Größe,130 Art der Liniierung,131 Anzahl der Spalten (2) und Zeilen (38). Die Züricher Fragmente weichen davon hingegen mit Ausnahme der 126 Vgl. K. Schneider, Codicologischer und paläographischer Aspekt des Ms 302 Vad., S. 39– 42. Nach Schiendorfer, Handschriftenproduktion, S. 39, bedarf die Verbindung der ›Weltchronik‹ zum Züricher Frauenmünster noch einer genaueren Untersuchung. 127 Dressler, Die Handschrift Cgm 19 der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 13. 128 Ebd. 129 Vgl. Th. Klein, Die Parzival-Handschrift Cgm 19 und ihr Umkreis, S. 65. 130 Siehe die Handschriftenbeschreibungen in den Abschnitten II.2.1 (S. 65 f.) [Cod. 2708] und II.2.3 (S. 81) [Cgm 63]. 131 Bleistiftliniierung. Die horizontalen, bis zu den Blatträndern durchlaufenden Linien sind doppelt gezogen. In den sich ergebenden Abstand wurden in beiden Handschriften jeweils die erste und die letzte Zeile eingetragen. Vgl. hierzu allgemein K. Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten, S. 128 f.

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II Die Überlieferungsträger

Liniierung völlig ab. Sie sind anders eingerichtet, sicherlich aufgrund des nach repräsentativen Aspekten ausgerichteten, stattlichen Formats.132 Die Dreispaltigkeit dürfte mit der Absicht zusammenhängen, möglichst viel Text auf einer Seite unterzubringen und somit Pergament zu sparen. Die Unterschiede in Format und künstlerischer Ausgestaltung der drei Handschriften lassen erkennen, dass die Schreibstube in der Lage war, den individuellen Wünschen der Auftraggeber nachzukommen. Während Codex 2708 eine zwar solide gearbeitete, aber kostensparend produzierte Handschrift repräsentiert, die ausschließlich nach Gebrauchszwecken ausgerichtet ist,133 wurde bei den beiden anderen Handschriften auf die hochwertige künstlerische Ausgestaltung geachtet. Dies setzt natürlich voraus, dass entsprechend ausgebildete Maler, die solch anspruchsvoll gestaltete Initialen und Illustrationen umsetzen konnten, verfügbar waren. Die buchkünstlerische Ausstattung zeigt indes Parallelen zum Codex Manesse, dessen ältester Kern zu Beginn des 14. Jahrhunderts angefertigt wurde.134 Die Lokalisierung nach Zürich dürfte, zumindest was den Text betrifft,135 spätestens seit der Entdeckung der Identität des Schreibers des ›Züricher Richtebriefs‹ von 1301/1304 mit einer Hand des Codex Manesse als gesichert gelten. Bezüge zum Codex Manesse wurden über die Gestaltung der Initialen der Züricher Fragmente einerseits und über die Illustrationstechnik des Cgm 63 andererseits hergestellt. Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchungen werden in der Folge kurz vorgestellt. Im Anschluss an einen ersten Vorstoß von Ewald Jammers, der sich sehr zurückhaltend zur stilistischen Lokalisierung äußerte,136 verglich Herta-Elisabeth 132 Zum Zusammenhang von Großformatigkeit und dreispaltiger Einrichtung vgl. K. Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten, S. 130 f.; K. Klein, Französische Mode?, S. 183. 133 Dies zeigt sich insbesondere an der marginalen Ausschmückung der Initialen, siehe Abschnitt II.2.1 (S. 70 f.). 134 Vgl. Kornrumpf, Heidelberger Liederhandschrift C, Sp. 586. Weiters: dies., Die Anfänge der Manessischen Liederhandschrift; Werner, Die Große Heidelberger Liederhandschrift; Salowsky, Codex Manesse; Holznagel, Wege in die Schriftlichkeit, bes. S. 157–170; Brinker-von der Heyde, Die literarische Welt des Mittelalters, S. 81–94. 135 Die regionale Zuweisung der Miniaturen muss hingegen auf das Gebiet des Oberrheins und des Bodensees ausgedehnt bleiben. „Das Bild gerade dieser Region stellt sich als außerordentlich komplex dar. Mit einem einlinigen Stilstrom jedenfalls kann hier nicht gerechnet werden. [. . .] Ein dichtes Kommunikationsnetz muß [. . .] die Voraussetzung für den spezifischen Charakter der ober-hochrheinischen Kunstlandschaft um 1300 gewesen sein.“ Vgl. Saurma-Jeltsch, Das stilistische Umfeld der Miniaturen, S. 321 f.

Das (Züricher) Skriptorium

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Renk unter anderem die Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmente mit dem Fleuronne´e-Schmuck ausgewählter Initialen des Codex Manesse.137 Diese Vergleiche ergäben laut Renk „eine fast bis zur Identität reichende Ähnlichkeit zwischen einem Teil der Hs. C und den genannten Handschriften“.138 Noch einen Schritt weiter ging Max Schiendorfer, der von „einer so engen Stilverwandtschaft [der Initialen der Züricher Fragmente] mit jenen des Manessecodexes [sprach], daß eine Anfertigung durch die gleiche Werkstatt oder ‚Schule‘ wahrscheinlich gemacht werden kann“.139 Er übersah allerdings die einschränkende Bemerkung Renks, wonach „die Erfassung des Filigrans im westeuropäischen oder europäischen Raum noch so in den Anfängen [steht], daß man aus der bloßen Übereinstimmung von Filigraninitialen noch nicht auf ein verwandtes oder gar das gleiche Skriptorium schließen kann. Es lassen sich auch andernorts verwandte und teilweise sehr ähnliche Filigraninitialen finden.“140 Da eine von der Verfasserin angekündigte,141 weiterführende Untersuchung nicht erschienen ist und da auch von kunsthistorischer Seite meines Wissens keine einschlägigen Analysen dieses spezifischen Komplexes vorliegen,142 wird man die Frage einer Beziehung der Züricher Fragmente zum Codex Manesse über den Initialschmuck vorläufig offenlassen müssen.143 Etwas konkreter lässt sich hingegen die Verbindungslinie vom Cgm 63 zum Codex Manesse über einen stilgeschichtlichen Vergleich der Miniaturen ziehen. Auf die markanten Übereinstimmungen in der Ausgestaltung einzelner Bild136 Jammers, Das königliche Liederbuch, S. 169: „Was die Filigran-Initialen betrifft, so entfaltet die Liederhandschrift an sich keine besondere Kunst bei ihnen, die sich etwa mit den großen Leistungen in anderen oberrheinischen Handschriften vergleichen ließe.“ 137 Vgl. Renk, Der Manessekreis, seine Dichter und die Manessische Handschrift, S. 133–135. 138 Ebd., S. 135. 139 Schiendorfer, Handschriftenproduktion, S. 38. 140 Renk, Der Manessekreis, seine Dichter und die Manessische Handschrift, S. 135. 141 Ebd. 142 Salowsky, Initialschmuck und Schreiberhände, erstellt eine präzise Typologie der unterscheidbaren Malerhände des Codex Manesse und geht darin deutlich über Renk hinaus. Ein Vergleich mit den Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmenten wird allerdings nicht angestellt. 143 Holznagel, Wege in die Schriftlichkeit, S. 146, weist mit Recht darauf hin, dass die Fleuronne´e-Initialen alleine „keinen Anlaß zu [. . .] weitreichenden Schlußfolgerungen [geben]; erst im Zusammenhang mit anderen Hinweisen sind sie als Anhaltspunkt für die Lokalisierung hilfreich.“ Holznagel erinnert zugleich „an den wenig überzeugenden Versuch von [Kurt] Martin [Minnesänger, Bd. 2, S. 5], die Kleine Heidelberger Liederhandschrift wegen der mutmaßlichen Ähnlichkeit ihrer Zierbuchstaben mit den Initialen von C nach Zürich zu lokalisieren“ (ebd.).

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II Die Überlieferungsträger

motive der beiden Codices machte erstmals Ingo F. Walther aufmerksam.144 Nach Walther könne man im Cgm 63 „eine direkte Vorlage für eine ganze Reihe von Miniaturen des Grundstockmalers vermuten [. ..]“.145 Zur Demonstration verglich er die Darstellung des Zweikampfes zwischen Wilhelm und Gilbert von Aragon (Cgm 63, Blatt 49r) mit dem Autorbild zu Walther von Klingen (Blatt 52r) im Codex Manesse (Abb. 8 und 9). Dabei habe „der Manessemaler [...] die vorgegebene Formulierung fast wörtlich zitiert, wobei die Übereinstimmung in der Haltung bis ins Detail geht“.146 Eine exaktere Analyse dieser beiden Bilder stammt von Ewald M. Vetter. Er präzisierte Walthers Ergebnisse, indem er darauf hinwies, dass die Konzeption des Grundstockmalers „auf der Verschmelzung zweier Kampfszenen in der Münchner Handschrift beruht: Die eine, auf Blatt 49r, war für die Haltung der Reiter maßgeblich [...], die andere (Bl. 86v) für das Aufeinandertreffen der beiden Pferde mit dem sich aufbäumenden Reittier des aus dem Sattel gehobenen Gegners.“147 Ein sehr ähnliches Arrangement einer weiteren Kampfszene lässt ebenfalls diese Tendenz des Grundstockmalers zu leichter Variation der Bildformeln erkennen. Die Darstellung der Tjost zwischen Wilhelm und Avenis von Yspanie im Turnier von Poy im Cgm 63 (Blatt 56v) folgt der Maleranweisung Hie male daz her Willehelm den grosen [?] Avenisen nidersteche und crugierer vil148 (Abb. 10). Die Miniatur entspricht in spiegelbildlicher Umkehrung der Figuren der Kampfdarstellung auf Blatt 49r. Der Grundstockmaler des Codex Manesse behält im Autorenbild zu Walther von Klingen (Blatt 61v; Abb. 11) die Anordnung der Reiter, wie sie in der Heinrich von FrauenbergMiniatur abgebildet ist, bei, „verkeilt sie aber stärker ineinander im Zusammenhang mit der Position des Stürzenden, dessen Schema gleichfalls dem ›Willehalm von Orlens‹ [fol. 56v] entnommen ist. Für den Grundstockmaler bedeutete die Veränderung des Arrangements die Möglichkeit, den Autor – nicht mehr auf seinen Gegner konzentriert, sondern in frontaler Wendung – im Bewußtsein seines Sieges darzustellen.“149 Zahlreiche weitere solche Parallelen zwischen dem Cgm 63 und dem Codex Manesse wurden ausgemacht.150 Ob indes ein direkter Bezug zwischen den beiden 144 145 146 147 148

Codex Manesse (ed. Walther), Einleitung, S. XXX f. Ebd., S. XXX . Ebd. Vetter, Die Bilder, S. 65 f. Text nach Klemm, Die illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts deutscher Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 240. Der Maler hat diese Anweisung auf beide Bildfelder ausgedehnt und die Vorschreibung im Rahmen des oberen Bildes ignoriert. 149 Vetter, Die Bilder, S. 66. 150 Vgl. Walther, Die Minnesänger, S. 12 f.; Vetter, Die Bilder, S. 66 f.; ders., Bildmotive,

Das (Züricher) Skriptorium

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Handschriften besteht, wie dies Walther und Vetter angenommen haben, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Unentschieden in dieser Frage zeigte sich Weigele-Ismael. Aus den leichten Variationen der Kampfszenen schloss sie zwar, „daß es sich hier vermutlich nicht um ein direktes Vorlagenverhältnis handelt, sondern daß beide Handschriften mit den gleichen Bildmodeln arbeiten“.151 Zu denken gibt jedoch ein Detail in der Darstellung von Amelies Liebeserwiderung im Cgm 63, Blatt 38r, und im Autorenbild zu Hugo von Werbenwag, Blatt 252r: Die Wölbung am Fußende der Bettdecke im Cgm 63 begegnet auch in der Werbenwag-Miniatur; allerdings gibt es hierfür in der Manesse-Abbildung keinen Grund, da das Bett nicht benutzt wird.152 Weigele-Ismael folgerte daraus, „daß eine Verbindung zwischen beiden Miniaturen bestand“.153 Leider ist diese Verbindung nicht mehr exakt zu rekonstruieren. Der Cgm 63 kann dem Grundstockmaler des Codex Manesse unmittelbar als Vorlage gedient haben. Ebenso ist es denkbar, dass den beiden Künstlern dasselbe oder ein eng verwandtes Musterbuch zur Verfügung stand. Der Zusammenhang scheint aber doch über eine generelle, regionale Stilverwandtschaft hinauszugehen. Für die Charakteristik des Skriptoriums ist es jedenfalls bedeutsam, dass es in der Lage war, eine Prachthandschrift wie den Cgm 63 herzustellen, und dass zur Schreibstube des Codex Manesse ein enger regionaler und produktionstechnischer Zusammenhang bestanden haben muss. Der Wunsch, auch überregional verständlich zu sein, könnte sich in der „im allgemeinen [...] sehr guten, dem normalisierten mhd. äußerst nahe kommenden Sprache“154 äußern. Diese Beobachtung Hartls für T gilt ebenso für die Schreibsprache des Cgm 63, die nach Petzet /Glaunig normalisiertem Mittelhochdeutsch ähnlich sei.155 Ein solches Bemühen um einen sprachlich homogenen Text ist möglicherweise ein Merkmal größerer und spezialisierter Schreibstuben, und es korrespondiert in der Regel mit dem Bemühen um eine möglichst einheitliche graphische Textgestaltung.156 Auch für den St. Galler Codex 857 hielt Schneider fest, „daß sich die verschiedenen Schreiber offensichtlich mehr oder weniger um

151 152 153 154 155 156

S. 300; Saurma-Jeltsch, Das stilistische Umfeld der Miniaturen, S. 312; WeigeleIsmael, Rudolf von Ems, S. 150–156. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 154. Vgl. Walworth, The Illustrations of the Munich ›Tristan‹ and ›Willehalm von Orlens‹, S. 193; Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 155 f. Weigele-Ismael, Rudolf von Ems, S. 156. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 6. Vgl. Petzet / Glaunig, Proben der höfischen Epik aus dem XIII. und XIV. Jahrhundert, Tafel 37. Vgl. etwa Voetz, Überlieferungsformen mittelhochdeutscher Lyrik, S. 227, über den Codex Manesse: „Die Handschrift, die insgesamt das Werk vieler Hände ist, [erweckt] im ganzen einen relativ einheitlichen und abgerundeten Eindruck.“

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II Die Überlieferungsträger

ein gehobenes Oberdeutsch bemühten, das nicht viele charakteristische, für die Lokalisierung auswertbare Kriterien enthält.“157 Die drei Handschriften des Skriptoriums weisen in sprachlicher wie paläographischer Hinsicht dieselben spezifischen, in den Züricher Raum weisenden Merkmale auf, wie sie auch für den Codex Manesse herausgearbeitet und aufgrund des ›Züricher Richtebriefs‹ nun bestätigt worden sind.158 Eines der wichtigsten gemeinsamen Merkmale ist der häufige Gebrauch der Abbreviaturen dc (für daz) sowie bc (baz), wc (waz) etc., die insbesondere in Züricher Urkunden begegnen.159 Ein weiteres Indiz für die Züricher Lokalisierung stellt die Bezeichnung von umgelautetem u als iv dar, die ebenfalls in allen drei Handschriften des Skriptoriums vorkommt.160 Auch wenn es „zur endgültigen Lösung der Lokalisierungsfrage [...] einer eingehenden Untersuchung der Schreibsprachen“161 bedürfte, so darf doch Karin Schneiders Ansiedlung des Skriptoriums in Zürich oder Umgebung nach dem aktuellen Erkenntnisstand die größte Wahrscheinlichkeit beanspruchen. Demnach muss „die Bedeutung dieser Stadt als Herstellungsort volkssprachiger Handschriften wesentlich höher eingeschätzt werden“,162 als dies bislang der Fall war.

II.3 Die rheinfränkische Handschrift U Signatur:

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2775 [ältere Signaturen: MS. Ambras 419 (Lambeck); Cod. MS. Philol. N. XII (Gentilotti)]

Inhalt:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ U [Gm]

157 K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 139. 158 Zu den Züricher Merkmalen im Codex Manesse vgl. Vogt, Die Heimat der grossen Heidelberger Liederhandschrift, S. 378–381; Boesch, Untersuchungen zur alemannischen Urkundensprache des 13. Jahrhunderts, S. 33 und 57; Haacke, Studien zur Orthographie der deutschsprachigen Originalurkunden; ders., Nochmals: Zur Heimat der Großen Heidelberger Liederhandschrift; Jammers, Das königliche Liederbuch, S. 29 f.; Werner, Die Handschrift und ihre Geschichte, S. 23 f.; K. Schneider, Codicologischer und paläographischer Aspekt des Ms 302 Vad., S. 32– 42. 159 Vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 243. Vgl. hierzu auch Boesch, Untersuchungen zur alemannischen Urkundensprache des 13. Jahrhunderts, S. 156, und die statistische Auswertung bei Haacke, Studien zur Orthographie der deutschsprachigen Originalurkunden, S. 218–220. 160 Vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 243; Boesch, Untersuchungen zur alemannischen Urkundensprache des 13. Jahrhunderts, S. 96 f. 161 K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 243. 162 Holznagel, Wege in die Schriftlichkeit, S. 146.

Die rheinfränkische Handschrift U

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Textbestand:

Es fehlen die Dreißiger 338–397, 453–502, 553–599, 643–678 (Textkürzung)

Blattzahl:

108 Blätter

Lagen:

2 IV16 + (II+2)22 + 2 IV38 + III44 + 2 IV60 + 2 III72 + IV80 + 4 III104 + II108. Die Blätter 18 und 21 sind Einzelblätter. Blatt 21 ist falsch eingeordnet, es gehört nach Blatt 22 eingebunden

Schreiber:

Ein Schreiber

Texteinrichtung:

Drei Spalten zu 38 Zeilen bis Blatt 22, danach zwei Spalten zu 40– 44 Zeilen. Verse abgesetzt, häufig Reimpunkte. Die Großinitialen hätten – wie aus den großen Binnenfeldern und dem Freiraum um die Initialen zu schließen ist – vermutlich mit Fleuronne´eSchmuck versehen werden sollen.163 Zweizeilige, abwechselnd rote und blaue Kleininitialen (Lombarden). Versanfänge (durchgängig Majuskeln) und Eigennamen (teilweise) rubriziert

Material:

Pergament

Einband:

Heller Pergament-Einband der Wiener Hofbibliothek aus dem Jahr 1755 (Gerhard van Swieten)

Format:

Blattgröße: 36,5–37 × 27–27,5 cm; Schriftraum: Blatt 1–22: 26 × 21 cm, Blatt 23–108: 25–27 × 17–17,5 cm

Entstehungszeit:

Erstes Viertel des 14. Jahrhunderts164

Schreibsprache:

Rheinfränkisch165

Abbildungen:

12, 13

163 Ausgeführt wurde nur die Initiale auf Blatt 101r. In welchem zeitlichen Abstand zur Verschriftlichung der Handschrift dies geschehen ist, lässt sich nicht feststellen. Für die Auskunft danke ich Herrn Dr. Martin Roland. 164 Vgl. K. Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten, S. 131. Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 276, datierte die Handschrift noch in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts. 165 Beckers, Wolframs ›Parzival‹ und der Nordwesten, S. 220. Erst Beckers hat den in der Forschung hartnäckig verbreiteten Irrtum, bei Handschrift U handle es sich um einen ripuarischen Textzeugen, richtiggestellt. Der Stand der zweiten Lautverschiebung weist U als rheinfränkischen Text aus. Die Medien germ. b und d sind unverschoben, während die Verschiebung von d zu t teilweise durchgeführt ist. Vergleiche beispielsweise sowohl verschobenes als auch unverschobenes d in teil / deil: erbeteil (5.5), urteilichem (107.23), teilent (116.10), orteil (741.24), teil (790.24) vs. deil (1.8, 8.9, 112.15, 771.30), deilen (9.21, 110.5), gedeilet (756.25) etc.; nebeneinander teppich / deppich: teppich (789.25, 801.02) vs. deppich (794.12, 808.14). Die Verschiebung von germ. p, t, k zu den langen Spiranten ff ss xx ist intervokalisch und im Auslaut nach Vokal vollständig durchgeführt, ebenso die Verschiebung von germ. t zur Affrikate ts; die Verschiebung von germ. k zur Affrikate kx unterbleibt. Germ. p bleibt anlautend und postkonsonantisch unverschoben (z. B. plegen, 4.27; pert, 784.21), außer nach r und l, wo es bereits zu f vereinfacht ist. Lediglich in einem Fall

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II Die Überlieferungsträger

Der großformatige, äußerlich sehr ansprechend gestaltete Codex wurde in gotischer Textura von einem einzigen Schreiber geschrieben. Die Buchstaben sind zu Beginn des Textes voluminöser gestaltet, später werden sie jedoch deutlich schmäler, was auf ein erhöhtes Schreibtempo hinweist. Vermutlich wurde eine alemannische Vorlage rheinfränkisch überformt.166 Auffällig sind die überaus zahlreichen Fehler, die dem Schreiber unterliefen. Sie sind auf die für den Schreiber ungewohnte Schreibsprache der Vorlage zurückzuführen.167 Dennoch wurde die Handschrift sorgfältig durchkorrigiert, auch wenn ein Großteil der Fehler nicht erkannt worden ist. Vom Schreiber überlesene Verse wurden in der untersten Zeile nachgetragen und mit einem Einfügezeichen markiert.168 Ebenso begegnet der Fall, dass die letzte Zeile für einen solchen Nachtrag freigelassen und der fehlende Vers in Kursivschrift vorgeschrieben, dann aber nicht in die Zeile eingefügt wurde.169 Zu radierende Einzelwörter wurden am Rand neben der betreffenden Zeile mit einem Kreuz markiert, das nach erfolgter Korrektur ebenfalls wieder radiert wurde.170

166

167 168 169 170

(scharpe, 789.21) findet sich unverschobenes p nach r. Aufgrund der Tenuesverschiebung, der partiellen Verschiebung von germ. d und dem Fehlen der Kennwörter dat, wat, allet, it ist mit Beckers die These, es handle sich um einen mittelfränkischen Text, aufzugeben. Für kompetente Hilfestellungen bei der dialektalen Bestimmung der Handschrift bin ich Frau Dr. Kathrin Chlench sehr zu Dank verpflichtet. Vgl. hierzu die Untersuchungen von Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 18–33, und Glaser, Schreibsystem und Mundart der ›Parzival‹-Handschrift Gm (2775) der Wiener National-Bibliothek, die allerdings beide von einem ripuarischen Schreiber ausgingen. Glasers These (S. 131 ff.), dass die Vorlage von U rheinfränkischen Dialekt aufwies – er verschob somit einen prinzipiell richtigen Befund auf die Vorlage – und diese wiederum auf einer schwäbischen Vorlage beruhte, wurde von Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 92 und Anm. 1, aufgrund zahlreicher Ungenauigkeiten in Glasers Ausführungen in Frage gestellt. Dass U grundsätzlich von einer alemannischen Handschrift abgeschrieben wurde, ist indes schon aufgrund der Verbreitung der Fassung *T und insbesondere des nächsten Verwandten T in diesem Sprachraum wahrscheinlich. Dafür spricht weiters die Beobachtung Hartls (S. 22, Anm. 1), derzufolge U in einigen Fällen fälschlicherweise i schreibt, wo eigentlich der a-Umlaut zu erwarten wäre, z. B. in wir (< wære), mir (< mære), driter (< dræter) und Schifricher (< schefræhe). Da U sehr häufig und positionsunabhängig i für e schreibt (Hartl, S. 19f.), erklären sich diese Schreibungen daraus, dass die Vorlage den a-Umlaut mit e bezeichnet hat. Die Umlautbezeichnung durch eˆ ist wiederum ein charakteristisches Merkmal sämtlicher Handschriften aus dem alemannischen Skriptorium von T. Eine genauere Bestimmung der Schreibsprache der Vorlage von U bedürfte einer Spezialuntersuchung, die Glasers Thesen einer genauen Überprüfung unterzieht. Vgl. die umfassende Auflistung bei Glaser, Schreibsystem und Mundart der ›Parzival‹-Handschrift Gm (2775) der Wiener National-Bibliothek, S. 134–137. Vgl. z. B. den Nachtrag von Vers 120.6 in der untersten Zeile von Blatt 16vb. Vgl. z. B. die Vorschreibung von Vers 132.1 auf Blatt 18rb. Vgl. z. B. die Rasuren in den Versen 179.18 und 179.24 auf Blatt 25rb.

Die rheinfränkische Handschrift U

95

Eine Besonderheit der Handschrift U ist der Übergang von dreispaltiger zu zweispaltiger Einrichtung.171 Dieses Phänomen begegnet in der volkssprachlichen deutschen Literatur des Mittelalters nur höchst selten. Das früheste Beispiel bietet der auf 1220–1230 datierte Codex Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. fol. 282 (Heinrich von Veldeke, ›Eneit‹), dessen Blätter 1v und 3r zweispaltig eingerichtet sind, während der übrige Teil dreispaltig geschrieben ist. Der Schreiber lässt eine deutliche Unsicherheit im Umgang mit der neuen dreispaltigen Einrichtung erkennen. Die anfangs uneinheitliche Gestaltung der Kolumnen korrespondiert mit der Variation in Versabsetzung und Majuskelgestaltung zu Beginn des Textes.172 Darüber hinaus begegnet ein Fall, in dem der Wechsel der Spaltenzahl mit einem Schreiberwechsel zusammenhängt (München, Cgm 7377: Heinrich von München, ›Weltchronik‹, drittes Drittel des 14. Jahrhunderts).173 In zwei Sammelhandschriften (Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. fol. 474, um 1300, und Karlsruhe, Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 74, zweites Viertel des 14. Jahrhunderts) hat ein Schreiber verschiedene Werke in abweichender Spaltenzahl geschrieben.174 Dazu sind zwei weitere Fälle (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2779, bzw. Linz, Landesarchiv, Sch. 3 II/4e, Sammelhandschrift, erstes Viertel des 14. Jahrhunderts, und München, Staatsbibliothek, Cgm 19, Mitte des 13. Jahrhundert) bekannt, in denen Nachträge nicht auf das Layout abgestimmt wurden.175 Der „interessante Sonderfall“176 des Spaltenwechsels in U wurde wiederholt konstatiert, jedoch bislang nicht näher ergründet. Dies soll in der Folge nachgeholt werden. Der Codex 2775 ist aus Ternionen und Quaternionen zusammengesetzt und wird von einem Binio abgeschlossen. Lagenanfänge und Großeinschnitte sind nicht aufeinander abgestimmt, der Text wird fortlaufend über die Lagengrenzen hinweg geschrieben. Es ergibt sich die Aufteilung:

171 Zur Kolumnengliederung von ›Parzival‹-Handschriften vgl. den Überblick bei Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 251. 172 Vgl. Heinrich von Veldeke, Eneas-Roman (ed. Henkel-Fingernagel), Einführung, S. 24; K. Klein, Höfische Mode?, S. 184; Kartschoke, Mutmaßungen über die Berliner Handschrift des Eneasromans Heinrichs von Veldeke, S. 278–284; Diedrichs / Morsch, Bewegende Bilder, bes. S. 63– 66. 173 Vgl. K. Klein, Höfische Mode?, S. 184 und 187, Nr. 13. 174 Vgl. ebd., S. 184, S. 189 f., Nr. 25, S. 194, Nr. 57. 175 Vgl. ebd., S. 184, S. 189, Nr. 23, S. 197, Nr. 73. 176 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 251.

96

II Die Überlieferungsträger

Lage Nr.

Blatt

1 2 3 4 5 6 7 8

1 9 17 23 31 39 45 53

9

61

––– ––– 10 11

67 73

12

81

––– ––– 13 14 15 16

87 93 99 105

Text

Lagenumfang

1.1 61.13 122.15 166.27 209.15 252.9 284.9 327.15 338–397 430.3 453–502 511.21 543.25 553–599 633.7 643– 678 701.3 733.3 768.29 804.7

4 Doppelblätter 4 2 + 2 Einzelblätter 4 4 3 4 4 fehlen ––– 3 fehlen ––– 3 4 fehlen ––– 3 fehlen ––– 3 3 3 2

Auffällig sind Lage Nr. 3 aufgrund der Hinzufügung von Einzelblättern und die Lagen Nr. 8, 9, 11 und 12, da hier Textabschnitte von beträchtlichem Umfang fehlen. Im Detail sind diese Lagen wie folgt strukturiert:177 Lage Nr. 3 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.

(= 17) (= 18) (= 19) (= 20) (= 21) (= 22)

122.15–126.8 (recto); 126.9–130.2 (verso) [dreispaltig] 130.3–133.26; 133.27–137.20 [dreispaltig] = Einzelblatt 137.21–141.16; 141.17–145.12 [dreispaltig] 145.13–149.10; 149.11–153.4 [dreispaltig] 160.17–164.10 [dreispaltig]; 164.11–166.26 [zweispaltig] 153.5–156.26 [dreispaltig]; 156.27–160.16 [dreispaltig] = Einzelblatt

Die dritte Lage ist jene, in welcher der Schreiber von einer dreispaltigen auf eine zweispaltige Texteinrichtung wechselte. Dabei wurde das sechste Blatt der Lage falsch eingeordnet, es gehört vor das fünfte Blatt. Ob das Blatt bereits vom Redaktor falsch eingereiht wurde oder ob der Fehler beim neuerlichen Einbinden der Handschrift im 18. Jahrhundert unterlaufen ist, muss offen bleiben. Der Übergang zu zweispaltiger 177 Die vom Textverlust betroffenen Blätter wurden kursiv gesetzt.

Die rheinfränkische Handschrift U

97

Einrichtung wurde auf der Verso-Seite eines Blattes durchgeführt, um graphische Ausgewogenheit zu gewährleisten: Wenn der Codex geöffnet ist, sollten sich jeweils zwei gleichgebaute Seiten gegenüberstehen.178 Lage Nr. 8 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.

(= 53) (= 54) (= 55) (= 56) (= 57) (= 58) (= 59) (= 60)

327.15–330.7; 330.8–332.26 332.27–335.16; 335.17–337.30 398.1– 400.17; 400.18– 403.8 403.9– 405.28; 405.29– 408.18 408.19– 411.10; 411.11– 413.30 414.1– 416.20; 416.21– 419.10 419.11– 421.30; 422.1– 424.20 424.21– 427.10; 427.11– 430.2

Auf Blatt 54v blieben die letzten sechs Zeilen der rechten Spalte unbeschrieben. Am rechten unteren Rand wurden – heute in den Bug reichend – die Anfangsverse des siebenten Buches mit heller Tinte notiert: der nie gew(ar)p. Fortgesetzt wird der Text allerdings mit dem durch eine Großinitiale gekennzeichneten Beginn des achten Buches: Swer was zu Bearot*che comen (398.1). Die Einführung Gawans in die Handlung durch den Erzähler (338.1–339.11) bleibt somit ausgespart, ebenso seine Teilnahme am Kampf um Bearosche. Dennoch ist der Eingang des achten Buches so gestaltet, dass dem Leser das fehlende Textstück nicht unbedingt auffallen musste, da das handlungsauslösende Moment der Gawan-Handlung, der bevorstehende Zweikampf mit Kingrimursel, sogleich angesprochen wird: Nu nahet auch *ines kampes zit (398.9). Lage Nr. 9 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.

(= 61) (= 62) (= 63) (= 64) (= 65) (= 66)

430.3– 432.22; 432.23– 435.8 435.9– 437.28; 437.29– 440.18 440.19– 443.6; 443.7– 445.26 445.27– 448.12; 448.13– 451.2 451.3 – (452.30) – 503.18; 503.19–506.8 506.9–508.28; 509.1 [2 Verse fehlen] – 511.20

Der Textverlust ist in der Texteinrichtung nicht zu bemerken. Die Großinitiale auf Blatt 65r in der rechten Spalte, mit der das zehnte Buch eingeleitet wird, folgt direkt auf die o Ankündigung des Erzählers: An dem ervert nu Parcifal / Die verholnen mere vmb den gral (452.29–30) (Abb. 13). Der Leser von U wird jedoch nicht über die Geheimnisse des Grals aufgeklärt, sondern über die wilden mære, die Gawan im zehnten Buch widerfaho o ren: Ez nahet nu wilden meren / Die vreide kunnen leren (503.1–2). Lage Nr. 11 1. Bl. (= 73) 543.25–546.14; 546.15–549.4 2. Bl. (= 74) 549.5–551.24; 551.25 – (552.30) – 601.6 3. Bl. (= 75) 601.7– 603.26; 603.27– 606.16 178 Diese beabsichtigte Parallelität gleichgebauter Seiten ist aufgrund der falschen Einbindung des sechsten Blattes heute nicht mehr zu erkennen.

98 4. 5. 6. 7. 8.

Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.

II Die Überlieferungsträger (= 76) (= 77) (= 78) (= 79) (= 80)

606.17– 609.6; 609.7– 611.28 611.29– 614.18; 614.19– 617.8 617.9– 619.28; 619.29– 622.18 622.19– 625.8; 625.9– 627.26 627.27– 630.16; 630.17– 633.6

Die letzten vier Zeilen von Blatt 74v blieben unbeschrieben, um die Großinitiale an den Anfang der rechten Spalte setzen zu können. Es fehlen die Verse 553.1–599.30, somit das ganze elfte Buch und ca. die Hälfte des zwölften Buches. Der Beginn des elften Buches ist in T, dem nächsten Verwandten von U, ebenso wie in den Handschriften D und O sowie in zwei Fragmenten durch eine Großinitiale gekennzeichnet. In der Vorlage von U hat an dieser Stelle sicher ebenfalls eine Großinitiale gestanden, und der Textredaktor wird sich hier, wie auch bei den vorangegangenen Textkürzungen, an diesem Großgliederungszeichen orientiert haben. In der Redaktion von U geht Gawan im Hause des Fährmanns Plippalinot abends zu Bett (Ende des zehnten Buches) und macht sich dann auf, um das Abenteuer von Li gweiz prelljus zu bestehen. Die Erlösung von Schastel marveile (elftes Buch) bleibt ebenso ausgeblendet wie der Sieg über den Turkoyten (Anfang des zwölften Buches). Lage Nr. 12 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Bl. Bl. Bl. Bl. Bl. Bl.

(= 81) (= 82) (= 83) (= 84) (= 85) (= 86)

633.7– 635.26; 635.27– 638.16 638.17– 641.6; 641.7 – (642.30) – 679.24 679.25– 682.14; 682.15– 685.4 685.5– 687.24; 687.25– 690.14 690.15– 693.2; 693.3– 695.22 695.23– 698.12; 698.13–701.2

Auch in der zwölften Lage hat die Textkürzung keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Die fehlenden Dreißiger 643– 678 fallen nicht auf, vielmehr schließt die Großinitiale bei 679.1 in der rechten Spalte von Blatt 82v direkt an Vers 642.30 an. Wiederum wurde vom Redaktor ein Abschnitt ausgespart, der in der Vorlage zwischen zwei Großinitialen angesiedelt war. In der Handschrift Q und im Fragment 18 steht bei Vers 643.1 eine Großinitiale. Da beide Textzeugen zu *(O)QR gehören und die Gruppe in diesem Textbereich bereits mit *T die Gruppe *T*(O)QR bildet, steht fest, dass auch die Vorlage von U eine Großinitiale bei 643.1 aufgewiesen hatte. Inhaltlich wurde die Aussöhnung Orgeluses mit Gawan bereits vollzogen (Ende des zwölften Buches), es folgt die Schilderung der Festgesellschaft auf Schastel marveile. Schließlich geht Gawan o zu Bett. In U endet der Abschnitt mit der verheißungsvollen Bemerkung: Die dure be*loz her Gawan (642.10). Die Liebesnacht zwischen Gawan und Orgeluse bleibt in dieser Redaktion der Phantasie des Lesers überlassen, im unmittelbar folgenden Abschnitt muss der Erzähler bereits wieder um das Leben Gawans fürchten, da dieser sich anschickt, gegen einen unerkannten und übermächtigen Gegner, nämlich Parzival, anzutreten.

Die Textkürzungen in Handschrift U können nicht auf Lagenverlust zurückgeführt werden, da der Text kontinuierlich über die Bruchstellen jeweils innerhalb einer Lage fortgeschrieben wurde. Es wurde zudem kein Platz ausgespart, um die fehlenden Abschnitte noch nachtragen zu können. Dass der Text in der Vorlage

Die rheinfränkische Handschrift U

99

noch enthalten gewesen sein musste, belegt die Notiz auf Blatt 54v, die die Eingangsverse des dann nicht abgeschriebenen siebenten Buches ankündigt. Ebenso ist auszuschließen, dass die Textauslassungen auf einem Irrtum beruhen;179 denn dass der Schreiber an gleich vier Stellen solch umfangreiche Passagen ‚überlesen‘ haben könnte, ist unmöglich. Vielmehr besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Texteinrichtung und Textbestand. Hätte der Schreiber die ursprüngliche dreispaltige Einrichtung beibehalten, so hätte der ganze Text auf den verfügbaren 108 Blättern Platz gehabt. Der ›Parzival‹ umfasst in der Lachmann-Ausgabe 24 810 Verse. Bei fortgeführter dreispaltiger Einrichtung zu je 38 Zeilen hätten 108 Blätter Platz für 24 624 Verse geboten, die Differenz wäre auf einem Einzelblatt unterzubringen gewesen. Die Blattzahl wurde demnach anfangs auf dreispaltige Einrichtung hin berechnet. Der Grund für die Textkürzungen ist daher in der Änderung der Texteinrichtung zu suchen, umso mehr, als sie erst nach Beginn der zweispaltigen Verschriftlichung einsetzen. Die nächstliegende Begründung ist, dass man aus zeit- und arbeitsökonomischen Gründen auf Zweispaltigkeit umstellte mit dem Ziel, dennoch einen komplett beschriebenen Codex zu liefern. Für die Textkürzungen wählte man geschlossene, jeweils zwischen Großgliederungszeichen der Vorlage angesiedelte Abschnitte, die sich zum einen leichter durchrechnen ließen und die zum anderen die Textselektion erleichterten, da in aller Regel solche Textabschnitte eine gewisse Abgeschlossenheit auszeichnet. Die auf diese Art erzielte ‚Textsituation‘ bleibt dennoch unbefriedigend, vor allem, weil der zentrale Abschnitt mit den Ausführungen Trevrizents über den Gral (453.1–502.30) weggelassen wurde. Doch auch die nur bruchstückhafte Überlieferung der Gawan-Geschichten wird eine gehörige Irritation beim Leser bewirkt haben. Ob der Auftraggeber, der wohl einen kompletten ›Parzival‹ bestellt hatte, mit dem Ergebnis in inhaltlicher Hinsicht zufrieden war, darf bezweifelt werden. Der Anspruch auf Repräsentabilität hingegen wurde zweifelsfrei erfüllt. Die Handschrift stammt, gleich den ›Parzival‹-Handschriften m und T, aus der Ambraser Bibliothek, wie aus Lambecks Vermerk ‚MS Ambras 419‘ hervorgeht. Sie wurde mit dem Großteil der weiteren Handschriften aus der Ambraser Bibliothek 1665 nach Wien gebracht. Eine präzisere Rückverfolgung ist nicht mehr möglich. Lambeck hat sie nicht mit Maximilian in Verbindung gebracht, und sie stammt auch nicht, wie etwa die ›Parzival‹-Handschrift m, aus der Sammlung der Grafen von Zimmern, die 1576 in die Ambraser Bibliothek eingegliedert wurde.180 179 Wie Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 84, annahm. Nach ihrer Ansicht dürfte der Textverlust „in irgendeiner Weise aus einer Unaufmerksamkeit des Schreibers, die auch der Text allenthalben verrät, zu erklären sein.“ 180 Zur Zimmern’schen Sammlung vgl. grundlegend Modern, Die Zimmernschen Handschriften der K. K. Hofbibliothek; neuere Literatur ist verzeichnet u. a. bei Heinzer,

100

II Die Überlieferungsträger

Von Interesse sind die Benutzerspuren, die zwei Hände des 16. Jahrhunderts hinterließen. Die erste Hand hat auf der Recto-Seite des ersten Blattes korrigierend in den Text eingegriffen; so wurde u. a. in Vers 4.22 der ursprüngliche Text Vor mi**ewende ein [wa]r[iu flu]ht181 in Vor mi**ewende ein varbe *chlicht182 korrigiert. Der Texteingriff entspricht dem Druck W, der in dieser Partie einer Vorlage aus *m folgt und ebenfalls varbe *chlicht liest, während die Handschriften aus *m einheitlich varbe fluxcht aufweisen. Dieser Benutzer hat die Korrektur demnach offensichtlich nach einem Exemplar des Druckes vorgenommen. Von seiner Hand dürfte auch das Ammen stammen, das auf Blatt 108vb an das Explicit des zweiten Benutzers angeschlossen wurde. Dieses Explicit lautet: Hie haıˆt das buoch ein ende / got alle fal*che hertz(en) *chende.183 Die Form haıˆt mit nachgeschriebenem Dehnungs-i ist sowohl im Rheinfränkisch-Hessischen als auch im Mittelfränkischen möglich. Gegen eine mittelfränkische Heimat des Lesers spricht allerdings das (statt zu erwartendem dat), so dass der Benutzer, passend zum Befund der Schreibsprache insgesamt, im Gebiet des Rheinfränkischen zu vermuten ist. In südliche Richtung weist die Graphie ‹uo›, die im 15. Jahrhundert nicht im Mitteldeutschen, sondern am ehesten im Westoberdeutschen anzutreffen ist.184 Nähere Rückschlüsse auf den Verbleib der Handschrift vor Ambras lässt die schmale Textbasis nicht zu. L i t e r a t u r : Diutiska 3 (1829), S. 347, Nr. 12; Hoffmann von Fallersleben, Altdeutsche Handschriften der Kaiserlichen Hofbibliothek in Wien, S. 36f., Nr. XVII; Tabulae codicum manu scriptorum praeter Graecos et orientales in Bibliotheca Palatina Vindobonensi

181 182

183

184

Zur Geschichte der Fürstlich Fürstenbergischen Handschriftensammlung, und Achnitz, Die poeten und alten historien hat er gewist. Überschriebener Text in eckigen Klammern. Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 276, liest varba *chlicht. Ob es sich bei dem auslautenden Buchstaben um ein a oder ein e handelt, ist kaum entscheidbar. In einem solchen Fall erscheint es mir sinnvoller, die korrektere Form zu bevorzugen. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 18, gibt das Explicit völlig falsch wieder und erkennt darüber hinaus nicht, dass es von deutlich späterer Hand stammt. Daher ist auch seine Folgerung, dass das Explicit „schon die ripuar. Heimat des Schreibers verrät“, in jeder Hinsicht falsch. Dies gilt auch für Glaser, Schreibsystem und Mundart der ›Parzival‹-Handschrift Gm der Wiener National-Bibliothek, S. 144 f., der zwar Hartls Annahme einer Schreiberidentität von Haupttext und Explicit bezweifelte, seine dialektologischen Untersuchungen aber ebenfalls auf der falschen Transkription Hartls aufbaute. Korrekte Wiedergabe des Explicit bei Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 276, und Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 92, Anm. 1. Für die dialektale Bestimmung der Benutzerspuren bin ich Herrn Prof. Dr. Thomas Klein (Brief vom 1. 6. 2007) und Frau Dr. Kathrin Chlench zu Dank verpflichtet.

Die rheinfränkische Handschrift U

101

asservatorum, Bd. II, S. 130; Pfeiffer, Quellenmaterial zu altdeutschen Dichtungen II, S. 34, Nr. 10; Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen, Bd. I, 2. Aufl., S. 738; Wolfram von Eschenbach (ed. Piper), 1. Teil, S. 33; Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. I, S. XXVIII ; Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 18–33; Glaser, Schreibsystem und Mundart der ›Parzival‹-Handschrift Gm (2775) der Wiener National-Bibliothek; Wolfram von Eschenbach, 7. Auflage (ed. Lachmann-Hartl), S. LII , Nr. 29; Menhardt, Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, Bd. 1, S. 276; Ambraser Kunst- und Wunderkammer, S. 25, Nr. 14; Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 39–51 und Bd. 2, S. 83f.; Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 111–113; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen), S. VII und S. 11f. (Abb.); Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 115 f.; Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 92, Nr. 11; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 38 f., Nr. 29; K. Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten, S. 131; K. Klein, Französische Mode?, S. 197, Nr. 74; Rolle, Bruchstücke; Fingernagel / Hranitzky / Pirker-Aurenhammer / Roland / Simader, Mitteleuropäische Schulen II, S. 369, Nr. 152 und Abb. 444; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 251. Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), ›Parzival‹-Handschrift Nr. 75; Handschriftenverzeichnis des Berner Parzival-Projekts (http://www.parzival.unibe.ch/hsverz.html). Das Literaturverzeichnis zu U wird von der Österreichischen Nationalbibliothek laufend aktualisiert (http://www.onb.ac.at/ sammlungen/hschrift/index.htm). A r c h i v b e s c h r e i b u n g : Hermann Menhardt (1928).

II.4 Die elsässischen Vertreter II.4.1 Handschrift V Signatur:

Karlsruhe, Landesbibliothek, Codex Donaueschingen 97 [vormals Donaueschingen, Fürstlich-Fürstenbergische Hofbibliothek, Hs. 97]

Inhalt:185

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ V [Gd] (›Alter Parzifal‹),186 Verse 1.1–733.30 ›Prologus‹ (›Elucidation‹) [eingeschoben nach ›Parzival‹ 112.11] Minnesang-Florilegien 187 mit Strophen von Walther von der Vogelweide, Walther von Metze, Gottfried von Neifen, Reinmar dem Alten und Reinmar von Brennenberg [nach ›Parzival‹ 733.30] Der ›Nüwe Parzifal‹ Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ V [Gd] (›Alter Parzifal‹), Verse 734.1–827.30 Epilog Philipp Colins Zwei Liedstrophen (mhd. und afrz.)

Blattzahl: Lagen:

188

320 Blätter. Das hintere Spiegelblatt ist abgelöst 2 V20 + II24 + 5 VI84 + III90 + I92 + II96 + VI108 + (IV-1)115 + (VI-2)125 + (VI+2)139 + V149 + VI161 + V171 + VI183 [Doppelblatt 176/177 an falscher Stelle eingebunden] + VI195 + 3 V225 + VI237 + III243 + II247 + I249 + IV257 + II261 + III267 + III273 + VI285 + VI297 + V307 + VI319 + 1320

Schreiber:

Mindestens zwei Hände

Texteinrichtung:

Zwei Spalten zu 47– 49 Zeilen. Insgesamt 127 Überschriften in roter Tinte (davon entfallen 38 auf den ›Parzival‹).189 Daneben redaktionelle Notizen, die die heterogenen Teile der Vorlagen zusammenfügen. Prachtinitialen in der Höhe von bis zu sechs Zeilen. Abwechselnd rote und blaue Kleininitialen mit Fleuronne´eSchmuck in der Gegenfarbe. Ungerade Versanfänge rubriziert

185 Die Inhaltsbeschreibung gibt nur den groben Aufbau des Codex wieder. Vgl. die detaillierte Auflistung bei Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 10–13. 186 Die Unterscheidung zwischen ›Altem‹ und ›Nüwem Parzifal‹ geht auf die Schreibernotizen auf den Blättern 115v und 317v zurück. 187 Zum Begriff vgl. Holznagel, Minnesang-Florilegien, S. 66. 188 Die Lagenbeschreibung basiert auf einer Autopsie am Original durch Gabriel Viehhauser, die im Rahmen des ›Parzival‹-Projekts durchgeführt wurde. 189 Zur Position der Überschriften im ›Parzival‹ vgl. die Tabelle bei Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 113f. und 411– 437. Die verbleibenden Überschriften sind in der Ausgabe: Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach) verzeichnet.

Die elsässischen Vertreter

103

Material:

Pergament

Einband:

Brauner Ledereinband des 14. oder 15. Jahrhunderts190 mit Streicheisenlinien

Format:

Blattgröße: 39 × 27 cm; Schriftraum: 33 × 17 cm

Entstehungszeit:

1331–1336

Entstehungsort:

Straßburg

Abbildungen:

14, 15, 30

Der ›Rappoltsteiner Parzifal‹ ist eine einzigartige, von einer Art ‚Autorenkollektiv‘ erstellte Kompilation191 von Wolframs ›Parzival‹ mit eigenständig bearbeiteten Texten der altfranzösischen Fortsetzungen von Chre´tiens ›Conte du Graal‹. Die ‚welsche‘ Vorlage, auf die mehrmals Bezug genommen wird,192 enthielt 190 Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 88. 191 Daneben existiert noch eine in Rom, Biblioteca Casanatense, Cod. 1409, verwahrte Handschrift, die den ›Nüwen Parzifal‹ und die Bücher XV und XVI von Wolframs ›Parzival‹ (V′ [Vdd]) enthält; vgl. zuletzt Miller, Zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹ aus der Bibliotheca Palatina, sowie ders., Rom, Biblioteca Casanatense, Mss. 1409 (olim Cod. Pal. germ. 317). Ein ursprünglich wohl vorhandener erster Band, der die Bücher I – XIV des ›Parzival‹ enthalten haben müsste, gilt als verloren. Seit Schorbach (ed. Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin), Einleitung, S. XVII , wird diese Handschrift als Abschrift des ›Rappoltsteiner Parzifal‹ betrachtet. Bumke, Autor und Werk, S. 89, Anm. 7, hält es darüber hinaus für möglich, dass der Römer Codex eine Schwesternhandschrift sei. Der elsässische Dialekt ist „in der Copie bis auf geringe Spuren verwischt“ (ebd., S. XVIII ). Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass die Römer Handschrift nicht im Elsass entstanden ist und dass der ›Rappoltsteiner Parzifal‹ unter Umständen verliehen worden ist (Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 38). Stolz, Texte des Mittelalters im Zeitalter der elektronischen Reproduzierbarkeit, S. 157, weist darauf hin, dass es sich bei V′ nicht um eine bloße Abschrift, sondern vielmehr um eine Redaktion handle, die „subtile Texteingriffe und sorgsame Kürzungen“ gegenüber dem Donaueschinger Codex 97 aufweist. Zur Provenienz sind kaum Angaben möglich. Zahlreiche vorgesehene Initialen und Miniaturen wurden nicht ausgeführt, was vielleicht als Indiz für ein bald nachlassendes Interesse des Auftraggebers aufzufassen ist (vgl. Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 131). Ein Besitzervermerk aus dem 16. Jahrhundert (Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin [ed. Schorbach], S. XVII ) wurde zum größten Teil abgeschnitten, was wohl auf einen Wechsel des Eigentümers schließen lässt (Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 38). Eine umfassende Untersuchung der Handschrift und der in V′ gebotenen Textredaktion wird von Michael Stolz vorbereitet. 192 Vgl. die redaktionelle Notiz in roter Tinte auf Blatt 115va: Nv ge*wigen wir kv´nı´g o o artu*es hı´e. Vn¯ *agent von hn Gawane. Wie der zvm er*te¯ mole zvme Grole kam. Vn¯ v o i i i*t och daz von wel*che zv tuz*che braht. Des *in me i*t danne der tuz*che Parzefal. v der nv lange getihtet i*t. Vn¯ alles daz hie nach ge*chriben *tat. Das i*t och Parzefal. o i o Vn¯ i*t von wel*che zv tuz*che braht. Vn¯ volletihtet. Vn¯ zv ende braht. Im Epilog

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II Die Überlieferungsträger

mindestens den ›Conte du Graal‹, die Zweite (Pseudo-Wauchier de Denain) und Dritte Fortsetzung (Manessier) und die ›Elucidation‹.193 In der französischen Chre´tien-Handschrift 331/206 der Bibliothe`que de l’Universite´ de Mons-Hainaut (Ende des 13. Jahrhunderts) sind diese Texte einschließlich des ›Bliocadran‹Prologs und der Ersten Fortsetzung vereinigt.194 „Das Bemühen um Vollständigkeit [...] führt zu einer Werkform mit ausgesprochenem Sammelcharakter, wie sie uns im Spätmittelalter in zunehmendem Maß entgegentritt: Die geschlossene Romankonzeption wird durch das Interesse an Einzelpersonen abgelöst, das sich strukturell in der Ansammlung von Einzeltexten niederschlägt. Es entsteht auf diese Weise eine Art von Anthologie ritterlicher Taten, die [. ..] auch einer auswählenden Lektüre offenstehen.“195 Der ›Nüwe Parzifal‹ ist die einzige erhaltene ‚Originalhandschrift‘ eines höfischen Epos des 13. und 14. Jahrhunderts196 und weist zudem als einzige eine präzise Datierung auf. Nach den redaktionellen Notizen auf den Blättern 115v und 320v wurde die Abschrift im Jahr 1336 abgeschlossen. Betrachtet man die Mühen des Übersetzens und Kompilierens mehrerer französischer Vorlagen sowie den Umstand, dass auch in den ›Parzival‹ mehrere Vorlagen eingearbeitet wurden, erscheint die für die Verschriftlichung benötigte Zeitspanne verhältnismäßig gering. Am Ende des ersten Teils des ›Parzival‹197 und erneut am Ende der Handschrift198 befinden sich genaue Angaben

193

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wird diese Vorlage mit jenem Buch identifiziert, das König Artus in Auftrag gegeben o habe (Blatt 308va): Der hies es alles *chriben dar / An ein buch vor worte ze wort. Zur Frage der Vorlagen vgl. bes. Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. VII–LXX ; Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 10–13; Wittmann-Klemm, Rappoltsteiner Parzifal, Sp. 994–996; Bumke, Autor und Werk, S. 90–92. Vgl. Bumke, Autor und Werk, S. 91 (mit weiterführender Literatur). De Boor / Newald, Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 3,1, 5. Aufl., S. 76. Daneben ist natürlich in Erwägung zu ziehen, dass das Interesse an der Präsentation eines möglichst kompletten Stoffkreises im Vordergrund stand. Zum Bestreben der Redaktoren nach Vollständigkeit vgl. auch Janota, Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit, S. 196. Vgl. Bumke, Autor und Werk, S. 87. Blatt 115va, in roter Tinte und extra gerahmt: Erster Absatz (Abrechnung des ›Parzival‹): Der alte parzefal der vntze har Ge*chriben *tot. Dez *ı´nt .xv. bletter vn¯ hvndert dı´rre bletter. Zweiter Absatz (Berechnung des ›Nüwen Parzifal‹): So *int dez nvwen Parzefales. Der hie noch ge*chriben *tot. vij bletter vn¯ zwei hvndert dirre bletter. i Blatt 320va, in roter Tinte und erneut gerahmt. Abrechnung des ‚tutz)chen‘ und des ‚wel)chen Parzefal‘: Erster Absatz: Vnde i*t der beider vor vn¯ noch xxii. bletter. vn¯ i dru hvnder dirre Bletter. Zweiter Absatz: Dez *ı´nt zweier blett minre denne Sibene vn¯ zwenzig Sex*ternen. Die Lagenzählung stimmt nicht, hingegen ist die Blattzählung weitgehend korrekt, vgl. Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. XIV f., und Bumke, Autor und Werk, S. 92f. und Anm. 25–27.

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über die Zahl der beschriebenen Blätter und Lagen, was wohl auch den Forderungen nach angemessener finanzieller Entschädigung Nachdruck verleihen sollte.199 Der ›Rappoltsteiner Parzifal‹ ist „ein Gemeinschaftswerk, das Philipp Colin zusammen mit Claus Wisse sowie Samson Pine [...] und den Schreibern Henselin und dem von Onheim (Ohnenheim b. Schlettstadt) verfaßt hat“.200 In der Handschrift werden somit fünf Personen namentlich genannt, die in unterschiedlicher Funktion an der Entstehung teilhatten. Für die Gestaltung namentlich des ›Nüwen Parzifal‹ dürften Claus Wisse und Philipp Colin201 die Hauptverantwortung tragen, auch wenn Fragen zur Chronologie und generell zu der Art der Zusammenarbeit offenbleiben müssen. Im von Colin verfassten Epilog wird gesagt, Clawez Wisze habe den ‚Anfang‘ (der tihtete disen anevang Sch. 854.3) ein Jahr vor Colin (der tihtete ein jor vor mir e Sch. 854.11) gedichtet. Ob damit gemeint ist, Wisse sei nach einem Jahr ausgeschieden, oder ob er anschließend gemeinsam mit Colin weitergearbeitet hat, geht aus dieser Aussage nicht eindeutig hervor.202 Schließlich wird mit Samson Pine eine weitere Person genannt, die den Status eines „Mit-Autors“203 beanspruchen kann. Seine Mitwirkung wird im Epilog beschrieben: ein jude ist Sampson Pine genant, / der het sine zit ouch wol bewant / an dirre oventure. / er tet unz die stüre, / waz wir zuo rimen hant bereit, / do het er unz daz tüchsch geseit / von den oventuren allen gar (Sch. 854.27–33). Dieser Aussage zufolge war Samson Pine für die (mündliche) Übersetzung aller französischen Vorlagen verantwortlich, die dann von Wisse und Colin (unz) in Verse gebracht wurde.204 Für die eigentliche Verschriftlichung dürften hauptsächlich 199 Vgl. hierzu ausführlich Scholz, Zum Verhältnis von Mäzen, Autor und Publikum im 14. und 15. Jahrhundert, S. 97–111. 200 Wittmann-Klemm, Rappoltsteiner Parzifal, Sp. 993. 201 Zur Straßburger Herkunft der beiden Dichter und zur Frage ihrer Standeszugehörigkeit vgl. Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. XXIV–XXXI ; Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 4, und die Korrekturen bei Bumke, Autor und Werk, S. 88, Anm. 2. 202 Vgl. die Besprechung der Stelle bei Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 5, und bei Scholz, Zum Verhältnis von Mäzen, Autor und Publikum im 14. und 15. Jahrhundert, S. 103 [spricht sich gegen eine nur vorübergehende Mitarbeit Wisses aus]. 203 Bumke, Autor und Werk, S. 92. 204 Zur Frage, ob man in Samson Pine „den alleinigen Übersetzer, den Verfasser einer Hilfsübersetzung oder einen bloßen Ratgeber in Übersetzungsfragen“ sehen soll, vgl. Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 6f. (Zitat: S. 6); Scholz, Zum Verhältnis von Mäzen, Autor und Publikum im 14. und 15. Jahrhundert, S. 104; Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 89. Nach meiner Ansicht spricht nichts dagegen, die Aussage wörtlich zu nehmen und in Samson Pine den alleinigen Übersetzer zu sehen; man denke etwa an den Eingang des ›Wigalois‹, in dem ebenfalls eine solche Konstellation erwähnt wird.

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zwei Schreiber zuständig gewesen sein, die in der Schreibernotiz (Blatt 320va) genannt werden: Der erste wird als Hen*elı´n *chrib bezeichnet, der noch jung an Jahren (Er gewan noch nı´e bart) und den vinen vroewelin zart zugetan sei,205 ein zweiter als Der von Onheı´n, der die vrowen mit *ime groue¯ hore trui get und daher ein reht tore sei.206 Ob es sich bei dem Letztgenannten tatsächlich um einen Schreiber handelt, geht aus den Versen allerdings nicht eindeutig hervor. Da verschiedene Hände im Codex nachweisbar sind, waren jedenfalls mehrere Schreiber an der Niederschrift beteiligt.207 Aufgrund dieses komplexen Entstehungshintergrundes ist es tatsächlich kaum möglich, „Anspruch und Leistung des ›Rappoltsteiner Parzival‹ [...] über das Autor-Werk-Verhältnis zu erfassen“.208 Der ›Rappoltsteiner Parzifal‹ dürfte die einzige Zusammenarbeit des Teams gewesen sein. „Auch einzeln treten die Verfasser literarisch nicht mehr in Erscheinung.“209 Finanziert wurde das langjährige Unternehmen von Ulrich von Rappoltstein. Ihm sei das welsche buoch, das Artus zu seiner Zeit niederschreiben ließ, zugesandt worden. Von der Minne habe Ulrich brieflich den Auftrag bekommen, dieses Buch von seinem genoz (Sch. 850.30) Artus210 von welsch zuo tützsche machen (Sch. 850.34). Diese noble Gesinnungsgemeinschaft mit dem Ahnherrn der Tafelrunde wird Ulrich auch in der Tugend der Miltekeit anempfohlen. Minne und Miltekeit erst ermöglichten nach Colin die Verschriftlichung der Abenteuer der Tafelrunde (Sch. 847.43 ff.), und Miltekeit möge nun auch Ulrich walten lassen. In der fraglichen Zeit kommen insgesamt drei Ulriche von Rappoltstein, dem nach den Habsburgern mächtigsten Geschlecht im Oberelsass,211 als Auftraggeber in Frage, nämlich Ulrich V. (urkundlich 1310–1345), Ulrich VI. (urkundlich 1313–1333) und Ulrich VII . (urkundlich seit 1337).212 Eine besondere 205 Ulrich V. von Rappoltstein beschäftigte einen Schreiber namens Johannes, der mit dem genannten Henselin identisch sein könnte, vgl. Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 3f. Skeptisch hierzu Scholz, Zum Verhältnis von Mäzen, Autor und Publikum im 14. und 15. Jahrhundert, S. 109: „Bei der Häufigkeit des Namens Johannes wage ich dieser Entsprechung kaum allzu viel Beweiskraft zuzumessen.“ 206 Gemeint ist Ohnenheim bei Schlettstadt (Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 3). Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 185, vermutet für die beiden Schreiber Henselin und Ohnheim eine Schulung „in städtischem Betrieb“. 207 Vgl. hierzu Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. X . 208 Bumke, Autor und Werk, S. 93. 209 Wittmann-Klemm, Rappoltsteiner Parzifal, Sp. 994. 210 Über das Lesen dieses Buches wird die Verbindung von Artus zu Ulrich hergestellt, vgl. auch Sch. 850.24–27: künig Artus mueste din mog sin, / wan er ouch sine stunde / domitte kürzen begunde, / daz er lesendez sich gewag. 211 Vgl. Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 90.

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Vorliebe dieses Geschlechts für den ›Parzival‹ dokumentieren neben dem Auftrag zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹ auch die Namen der Angehörigen. Die Gemahlin Ulrichs VII . war Herzelaude, die dem Hause Fürstenberg entstammte. Ihrer einzigen gemeinsamen Tochter wurde ebenfalls der Name der Mutter des küensten und besten Ritters der Tafelrunde, wie es im Epilog über Parzival heißt (Sch. 848.4 ff.), gegeben.213 Die Namensform Herzelaude entspricht exakt jener, die im ›Rappoltsteiner Parzifal‹ durchgängig verwendet wird.214 Eine endgültige Entscheidung darüber, welcher Ulrich von Rappoltstein mit dem Auftraggeber des Werkes identisch ist, ist indes auf der Basis des bislang bekannten und aufgearbeiteten Quellenmaterials nicht möglich.215 Wenn heterogene Texte aus verschiedenen Vorlagen zu einer Einheit zusammengesetzt werden müssen, kommt der Gestaltung der Übergänge eine besondere Bedeutung zu. Der ›Rappoltsteiner Parzifal‹ verfügt über eine mehrstufige Gliederungshierarchie, die sich von der aufwendig gestalteten Großinitiale über farbig abgesetzte Tituli unterschiedlicher Funktion bis hin zu Kleininitialen erstreckt.216 Dazu kommen rubrizierte Majuskeln ohne Gliederungsfunktion bei den ungeraden Versanfängen. Die Redaktoren haben über die gesamte Handschrift hinweg ein weitgehend eigenständiges Gliederungssystem entworfen. Die herkömmliche Großgliederungsstruktur ist großteils aufgegeben. Es sind insgesamt nur fünf Großinitialen vorhanden, die alleinstehend Abschnitte einleiten.217 212 Vgl. u. a. Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. XXII f. [plädiert für Ulrich VII .; ablehnend die Rezensenten Schröder und Stosch]; Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 90 (für Ulrich VII .); Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 3 ff., und erneut im Artikel ›Rappoltsteiner Parzifal‹, Sp. 993 f. [für Ulrich V.; zustimmend Bonath, Rezension Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 123; Mertens, Der deutsche Artusroman, S. 288; skeptisch Cramer, Aspekte des höfischen Romans im 14. Jahrhundert, S. 218, Anm. 5; Bumke, Mäzene im Mittelalter, S. 447, Anm. 245; Scholz, Zum Verhältnis von Mäzen, Autor und Publikum im 14. und 15. Jahrhundert, S. 108 ff.]. 213 Vgl. Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. XXIII f.; Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 89f.; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 164, Nr. 77 und 78. 214 Zum Vergleich mögen die weiteren Handschriften von *T dienen: T liest stets Herzeloyde, U Herzeleide und der wie der ›Rappoltsteiner Parzifal‹ im Elsass entstandene Druck W Hertzeloyde. Weitere Trägerinnen des Namens Herzelaude im Oberrheingebiet listet Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 163 f., auf. 215 Vgl. Bumke, Autor und Werk, S. 88 f. 216 Zur Scheidung der Malerhände vgl. jetzt Obhof, Zur Entstehung der Karlsruher Handschrift des ›Rappoltsteiner Parzifal‹: Die Initialen. Ich danke Frau Dr. Obhof für die Übersendung des Manuskripts vor Drucklegung des Beitrags. 217 Vgl. die Tabellen bei Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 113 f. und 149– 439. Die folgenden Angaben basieren auf Schirok.

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In der Regel ergänzen Großinitialen und Überschriften einander, wobei die die Überschriften begleitenden Initialen eine Höhe von mindestens zwei bis maximal sechs Zeilen haben können. Durch die Initialgröße scheint eine gewisse Hierarchisierung beabsichtigt zu sein. Der Hauptanteil der inhaltlichen Aufgliederung und daher der Homogenisierung kommt aber den Überschriften selbst zu, die zuweilen auch ohne begleitende Initialen ausgeführt wurden. Die Positionierung der Großinitialen und Tituli ist sicherlich vereinzelt durch Gliederungszeichen der verwendeten Vorlagen angeregt, wie gelegentliche Überschneidungen mit anderen Handschriften (v. a. von *T und *m) nahelegen. Jedoch sind von den insgesamt 38 Überschriften im ›Parzival‹ 27 (!) ohne Parallele in den anderen Handschriften, woraus zu folgern ist, dass die Handschrift eigenständig redigiert wurde und einen eigenen Gliederungswillen bezeugt.218 Mit Bauform und Anlage der Überschriften hat sich Dorothee Wittmann-Klemm ausführlicher beschäftigt.219 Zwar erinnere die stereotype Einleitung nach dem Muster ‚Hie ist [...]‘ oder ‚Hie kumet [.. .]‘ an Bildtituli, doch seien „diese Überschriften ihrem Wesen nach echte Kapitelüberschriften. Sie kündigen jeweils die nächste Handlungseinheit an, indem sie den zu erwartenden Inhalt resümieren. Dieses Resümee fällt sehr kurz und sehr präzis aus. Nur der Träger der Handlung wird genannt, sein Tun mit wenigen Worten erfaßt, wozu bei der Beschaffenheit des Stoffes meist schon ein ‚kumet‘, ein ‚vichtet‘ oder ein ‚stritet‘ genügt, und schließlich der Schauplatz angegeben.“220 Sich wiederholende Ereignisse wurden zur Orientierung der Leser in den Überschriften durchgezählt, wie etwa an den Begegnungen mit Sigune zu zeigen ist:221 Hie kunt parzifal zuom ersten male zu sinre nüftelen sigunen (vor La 138.9) – Hie kam parzifal zuom andern male zuo sinre nüftel sigunen (vor La 249.21) – Hie kumet parzifal zem driten male zuo sigunen sinre nüfteln do sü ein closenerin waz worden (vor La 435.19). Daneben finden sich noch redaktionelle Notizen, die „in Prosa (gelegentlich auch in Versen) und in roter Farbe an verschiedenen Stellen eingefügt sind. Sie dienen einerseits der Abgrenzung der verschiedenen Textkomplexe und weisen andererseits auf die verschiedenen Teile hin, die in der Donaueschinger Handschrift vereinigt sind.“222 Erst der Redaktor dieser Notizen „hat aus den verschiedenen Teilen ein Werk gemacht“.223 Der ›Rappoltsteiner Parzifal‹ erweist sich insgesamt als ein aus heterogenen Teilen zusammengesetztes Werk, das über ein einheitlich konzipiertes und hierarchisch abgestuftes Gliederungs- und Strukturierungssystem 218 219 220 221 222 223

Vgl. hierzu Bumke, Autor und Werk, S. 94. Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 97–110. Ebd., S. 99. Ebd., S. 100 f. Text nach ebd. Bumke, Autor und Werk, S. 94. Ebd.

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erschließbar gemacht wurde und gleichermaßen linearer wie selektiver Lektüre offensteht. Spätere Einträge aus dem 16. Jahrhundert im Vorderdeckel und auf den Blättern 80v (Abb. 15) und 153v weisen die Gräfin Barbara von Helfenstein, ihren Bruder Gregor von Helfenstein und ihre Schwester Elisabeth von Helfenstein als Besitzer des Codex aus.224 Elisabeth war seit 1543 die Gemahlin Gregors von Rappoltstein. „Durch ihn kann die Handschrift in helfensteinischen Besitz gekommen sein.“225 Vermutlich über die Helfensteins gelangte der Codex in den Besitz des Hauses Fürstenberg.226 Der Zusammensetzung des Textes von ›Parzival‹ V wurde viel Aufmerksamkeit gewidmet, wurde in ihm doch aufgrund der deutlich sichtbaren, über den ganzen Text – also auch über jenen des ›Nüwen Parzifal‹, der keinesfalls kontaminiert sein kann227 – verstreuten Rasuren und Überklebungen bereits früh ein „rarer Kronzeuge“228 für den Paul’schen Kontaminationstyp des kontinuierlichen Vorlagenvergleichs229 vermutet. Ich kann mich in der Folge kurzfassen, da die Untersuchung der Kontaminationsverhältnisse in V einen zentralen Bereich von Gabriel Viehhausers der Spätüberlieferung des ›Parzival‹ gewidmeten Dissertation230 bildet und das Problem, laut Auskunft des Verfassers, als weitgehend gelöst gelten kann. Auf die frühe Vermutung von Johannes Stosch, ›Parzival‹ V könnte aus zwei verschiedenen Vorlagen abgeschrieben worden sein,231 folgte eine erste gründlichere Untersuchung durch Kittelmann, derzufolge der ganze Text von V eine Mischung darstelle, wobei in den vorderen Teilen die Anteile von *G, in den hinteren hingegen die Anteile von *D überwögen.232 Den Vorlagenwechsel ab Buch XV – das erst nach dem ›Nüwen Parzifal‹ geschrieben wurde – zu einer Handschrift aus *mno (= *m) hatte Kittelmann zwar bereits gesehen, diesen jedoch auf eine Vorlage von V verlagert.233 Hartl, der nur die ersten vier Bücher 224 Vgl. hierzu Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 90 f. 225 Ebd. 226 Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. XI . 227 Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 26. 228 Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 350. 229 Vgl. Paul, Über das gegenseitige Verhältnis der Handschriften von Hartmanns Iwein, S. 309. 230 Vgl. Viehhauser, Die ›Parzival‹-Überlieferung am Ausgang des Manuskriptzeitalters. 231 Vgl. Stosch, Rezension Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), S. 302. 232 Vgl. Kittelmann, Einige Mischhandschriften von Wolframs Parzival, S. 43–71. 233 Zu dem dieser Verlagerung zugrunde liegenden „unsinnigen Argument“ vgl. Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 349, Anm. 8.

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untersuchte, wollte in V das Musterbeispiel einer kontaminierten Handschrift sehen.234 Obwohl er den unter den Korrekturen verborgenen Text naturgemäß nicht erkennen konnte und daher mit Hypothesen arbeiten musste, stellte er insgesamt acht verschiedene Ausrichtungen der Korrekturen nach dem Muster ‚gegen *W [*T] zugunsten des originalen Texts‘, ‚gegen das Original zugunsten von *W [*T]‘ etc. fest.235 Häufig sollen die Korrekturen auch „nach persönlichem Geschmack“236 vorgenommen worden sein. Eine solche Vielzahl unterschiedlichster und noch dazu gegensätzlicher Bearbeitungstendenzen erweckt Misstrauen gegenüber dem Postulat einer „bemerkenswerten Genauigkeit und Sorgfalt des Überlieferns, wobei der Wunsch, einen möglichst guten und leicht verständlichen Text herzustellen, maßgebend war“.237 An diesem Punkt setzte Bumke an, der die zahlreichen Widersprüchlichkeiten in Hartls Argumentation aufzeigte und das vernichtende Fazit zog: „Vorerst halte ich den Versuch, [aus den Korrekturen] eine gleichzeitige Benutzung von zwei verschiedenen WolframVorlagen zu erschließen, für gescheitert.“238 Seiner Forderung nach einer erneuten gründlichen Untersuchung der Rasuren und Überklebungen kamen Doris Oltrogge und Martin J. Schubert nach, die sich des technischen Hilfsmittels der Reflektographie bedienten.239 Mit Unterstützung dieses innovativen Verfahrens konnten erstmals Teile des Textes unter den Korrekturen lesbar gemacht werden. Die Verfasser kamen zu dem Schluss, dass „die Textform in Gd [V] offenbar auf mehrere, zumindest zwei, Vorlagen zurückgeht; es konnte aber nicht bestätigt werden, daß es sich hier um das Ergebnis eines kontinuierlichen Vorlagenvergleichs handelt. Vielmehr deutet alles darauf hin, daß es sich um ein weiteres Zeugnis von Vorlagenmischung, teils mit nachträglichem Verbessern, handelt. Die Häufigkeit des Vorlagenwechsels sowie der Nachvergleich, möglicherweise mit der jeweils zweiten Handschrift, zeugen von der außergewöhnlich intensiven 234 Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 88–113. 235 Vgl. hierzu die Übersicht bei Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 41. 236 Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 96. 237 Ebd., S. 90 f. 238 Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 23–26, Zitat: S. 26. Nellmann, Kontamination in der Epenüberlieferung, S. 380 f., teilt Bumkes Zweifel am methodischen Vorgehen Hartls. Nur am Rande hingewiesen sei auf die Auseinandersetzungen Bonaths und Wittmann-Klemms mit Hartls Thesen, die beide auf der Basis von Hartls Material erfolgten. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 42 f., hielt es für möglich, dass V aus insgesamt vier Vorlagen abgeschrieben wurde (*Gdf, —Gs, —Gx, *mno [= *m]). Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, S. 14 f., dachte an drei Vorlagen (*Gdf, *Gs, *mno [= *m]). 239 Vgl. Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft.

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Textarbeit. Zu den von Hartl gezogenen weitreichenden stemmatischen Folgerungen mußte festgestellt werden, daß ihre Grundlagen in allzu vielen Fällen nicht gestützt werden konnten. Das von Hartl gebotene Lesartenmaterial ist mit Vorsicht zu verwenden; wo er zu Spekulationen greift, führt dies meist in die Irre. Für die Erforschung von Varianzen in mittelhochdeutscher Epik ist zu bemerken, daß kontinuierlicher Vorlagenvergleich anhand dieses häufig genannten Beispiels nicht nachgewiesen werden kann.“240 Dieser Befund ist nun aufgrund der Untersuchungen Gabriel Viehhausers, die am Original vorgenommen wurden, wie folgt zu präzisieren:241 Der Text von ›Parzival‹ V wurde zunächst nach einer Vorlage aus *T abgeschrieben. In einem zweiten Durchgang wurde eine Handschrift aus der Gruppe *m nachverglichen. Wo die Handschrift aus *m im Textbestand über die *T-Vorlage hinausging, wurden die zusätzlichen Verse zunächst am Rand notiert. Darüber hinaus wurden ganze Blätter (50, 51, 55–57, 59, 63– 66, 69 und 87) aus dem Codex geschnitten, nach der Vorlage von *m neu angefertigt und an der entsprechenden Stelle eingeklebt. Ab Buch XV wurde als erste Vorlage diese Handschrift aus *m verwendet. In einem dritten Durchgang wurde schließlich noch eine Vorlage aus *QR nachverglichen. Die am Rand notierten Verse von *m wurden radiert und in den Text integriert, aber nur dann, wenn diese Verse auch in *QR vorhanden waren. Diese sorgfältige Art der sukzessiven Textherstellung zeugt von dem Bemühen der Redaktoren um einen möglichst vollständigen und ‚richtigen‘ Text. Es gleicht hierin dem Bestreben, im ›Rappoltsteiner Parzifal‹ eine möglichst vollständige „Anthologie ritterlicher Taten“ zu bieten242 und lässt Anklänge der spätmittelalterlichen Tendenz zum Sammeln und Komplettieren erkennen. Rückschlüsse auf Kontaminationstechniken des Hochmittelalters verbieten sich schon allein aufgrund dieser ‚modernen‘ Ausrichtung. Für die Herstellung eines Fassungstextes von *T erweist sich die Handschrift V allerdings als höchst unzuverlässiger Textzeuge; sie ist daher nur mit Einschränkungen heranzuziehen. Der *m-Text der Bücher XV und XVI kann nicht berücksichtigt werden. Dies gilt ebenso für den Text der nach einer *m-Vorlage neu angefertigten und eingeklebten Blätter. Es handelt sich um die Verse 309.23– 320.16 (Blätter 50 und 51), 340.2–359.20 (Bl. 55–57), 366.7–372.22 (Bl. 59), 392.9– 418.9 (Bl. 63– 66), 431.15– 437.27 (Bl. 69) und 548.27–555.13 (Bl. 87). In einer Fassungsedition von *T sollte der Text von V im Lesartenapparat verzeichnet werden. 240 Ebd., S. 373. 241 Vgl. Viehhauser, Die ›Parzival‹-Überlieferung am Ausgang des Manuskriptzeitalters, sowie Schneider / Viehhauser, Zwei Neufunde zu Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹, S. 462– 483. 242 De Boor / Newald, Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 3,1, 5. Aufl., S. 76.

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II Die Überlieferungsträger

Im Analyseteil dieser Arbeit werden die Lesarten von V angeführt, wobei angegeben wird, ob und welche Versteile jeweils auf Rasur oder Klebestreifen stehen, da diese häufig einer Vorlage abseits von *T angehören. L i t e r a t u r : Scheffel, Die Handschriften altdeutscher Dichtungen der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek zu Donaueschingen, S. 15–18; Barack, Die Handschriften der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek zu Donaueschingen, S. 88–93; Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. VII–LXX ; E. Schröder, Rezension Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Sp. 1039– 1041; Stosch, Rezension Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach); Pfeiffer, Quellenmaterial zu altdeutschen Dichtungen II, S. 34, Nr. 14; Wolfram von Eschenbach (ed. Piper), 1. Teil, S. 33; Könnecke, Bilderatlas zur Geschichte der deutschen Nationallitteratur, S. 74; Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. I, S. XXVII ; Kittelmann, Einige Mischhandschriften von Wolframs Parzival, S. 43–71; Marquardt, Die Verskunst des Neuen Parzifal; Wilhelm, Der Urheber und sein Werk in der Öffentlichkeit, S. 111 ff.; Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 7–18; Heller, Studies on the Alsatian Parzival; Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin, S. 205 f.; Fechter, Das Publikum der mittelhochdeutschen Dichtung, S. 29 f.; Hartl, Artikel ‚Philipp Colin‘, Sp. 833–837; Wolfram von Eschenbach, 7. Auflage (ed. Lachmann-Hartl), S. LI , Nr. 26; Besch, Vom ‚alten‘ zum ‚nüwen‘ Parzival, S. 91–94; Brogsitter, Artusepik, 1. Aufl., S. 116; Bumke, Die romanisch-deutschen Literaturbeziehungen im Mittelalter, S. 23 und 74; Holtorf, Eine Strophe Reinmars von Brennenberg im Rappoltsteiner ›Parzival‹; Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 39–51; Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 113–115; McDonald / Goebel, German Medieval Literary Patronage from Charlemagne to Maximilian I., S. 143 f.; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen), S. VII und S. 13 f. (Abb.); Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 115; Walther von der Vogelweide (ed. Brunner / Müller / Spechtler), S. 35*; Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹; Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 87–91, Nr. 9; Bumke, Mäzene im Mittelalter, S. 285; Cramer, Aspekte des höfischen Romans im 14. Jahrhundert; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 37, Nr. 26; Peters, Literatur in der Stadt, S. 135; Schanze, Meisterliche Liedkunst zwischen Heinrich von Mügeln und Hans Sachs, bes. Bd. 2, S. 162; Repertorium der Sangsprüche und Meisterlieder des 12. bis 18. Jahrhunderts, Bd. 1, S. 111 f.; Scholz, Zum Verhältnis von Mäzen, Autor und Publikum im 14. und 15. Jahrhundert, S. 97–111; Gottzmann, Artusdichtung, S. 191–193; Wittmann-Klemm, Artikel ›Rappoltsteiner Parzifal‹, Sp. 993–1000; Thomas, Patronage and Literary Context in a fourteenth-century German Arthurian Romance, S. 103–113; Schlechter, Rappoltsteiner Parzifal, S. 92 und S. 93 (Abb.); Buschinger, Zum Rappoltsteiner Parzifal; Haferland, Parzivals Pfingsten, S. 285; Holznagel, Minnesang-Florilegien, S. 68–78; Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 23 ff., 62, 66 f., 594; de Boor / Newald, Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 3,1, 5. Aufl., S. 75–78; Bumke, Autor und Werk; Mertens, Der deutsche Artusroman, S. 288–300; Bein, Walther und andere Lyriker im Rappoltsteiner Florilegium; Bastert, Late Medieval Summations, S. 166–172; Bein, ›Parzival‹ zu zweit; Nellmann, Kontamination in der Epiküberlieferung, S. 380 f.; Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft;

Die elsässischen Vertreter

113

Emmerling, Geld und Liebe; Stolz, Wolframs ›Parzival‹ als unfester Text, S. 316 f.; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 31, 252 und 255; Janota, Orientierung durch volkssprachige Schriftlichkeit, S. 195–198; Strohschneider, Literarische Ligaturen; Stolz, Autor – Schreiber – Editor, S. 33–35; J. Wolf, Der Text in den Fängen der Schreiber, S. 38; Brinker-von der Heyde, Die literarische Welt des Mittelalters, S. 50; Obhof, Zur Entstehung der Karlsruher Handschrift des ›Rappoltsteiner Parzifal‹: Die Initialen; Viehhauser, Die ›Parzival‹-Überlieferung am Ausgang des Manuskriptzeitalters; Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), ›Parzival‹-Handschrift Nr. 40; Handschriftenverzeichnis des Berner Parzival-Projekts (http://www.parzival.unibe.ch/hsverz.html). A r c h i v b e s c h r e i b u n g : Heinrich Niewöhner (1936)

II.4.2 Druck W Inhalt:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ W [Gf] Häufig angebunden: ›Der jüngere Titurel‹ J243

Textbestand:

›Parzival‹: Verse 1.1–827.30 ›Der jüngere Titurel‹: Strophen 1– 6327 plus (A)–(F) plus 1–12244

Blattzahl:

›Parzival‹: 160 Blätter ›Der jüngere Titurel‹: 307 Blätter

Lagen:

›Parzival‹:245 a10 – p10 ›Der jüngere Titurel‹:246 a10 –m10 + n11 + o10 –z10 + A10 – F10 + G8 + H8

Drucktype:

Antiqua, Type 8 (nach Proctor)247 aus dem Jahr 1473, vereinzelt Majuskeln der Type 7

Texteinrichtung:

Zwei Spalten zu 40 Zeilen. ›Parzival‹: Verse abgesetzt, keine Interpunktionszeichen. 248 ›Der jüngere Titurel‹: Strophenverbände durch Einrückung gekennzeichnet. Innerhalb der Strophen wurden die Verse nicht abgesetzt, sondern durch Punkte getrennt. Spatien in der Höhe von 10–16 Zeilen für Illustrationen, darüber gedruckte Tituli. Allerdings weist kein einziges der erhaltenen Exemplare Illustrationen auf. Am Ende des ›Jüngeren Titurel‹ folgt ein Verzeichnis der 41 Kapitelüberschriften; der ›Parzival‹ (33 Überschriften) weist hingegen kein solches Register auf. Für die

243 In variierender Reihenfolge: Die Reihung ›Parzival‹ – ›Jüngerer Titurel‹ findet sich z. B. in den Drucken Wien, Österreichische Nationalbibl., 15.D.14, und Berlin, Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, Inc. 2085, die Reihung ›Jüngerer Titurel‹ – ›Parzival‹ hingegen z. B. im Exemplar Dresden, Sächsische Landesbibliothek. 244 Zählung nach der Ausgabe: Albrechts Jüngerer Titurel (ed. Wolf / Nyholm). 245 Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin, S. *24, gibt als letzte Lage q10 an. Da es sich aber nur um 16 Quinternen handelt (vgl. auch ebd., S. 93), muss die letzte Lage mit p10 bezeichnet werden. 246 Vgl. Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin, S. *24–*25. 247 Vgl. Proctor, An Index to the Early Printed Books in the British Museum. 248 Mit nur einer weiteren Ausnahme verwendete Mentelin ansonsten durchwegs Satzzeichen, vgl. Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin, S. 91.

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II Die Überlieferungsträger händisch nachzutragenden, zweizeiligen Kleininitialen wurde ebenfalls Raum ausgespart und ein Repräsentant vorgedruckt. In einigen Exemplaren sind färbige Kleininitialen vorhanden

Material:

Papier mit den Wasserzeichen p, Ochsenkopf und – von Mentelin nur hier verwendet – Anker249

Format:

Schriftraum ›Parzival‹: 21,4 × 15,3 cm; ›Der jüngere Titurel‹: 21,4 × 14,4 cm.250

Exemplare:

Nachweisbar sind 37 Exemplare des ›Parzival‹ und 43 des ›Jüngeren Titurel‹251

Entstehungszeit:

1477

Ort:

Straßburg (Offizin des Johann Mentelin)

Abbildungen:

16, 17, 25

Von den in einer geschätzten Auflagenhöhe von je 500 Exemplaren252 im Jahr 1477 vermutlich gemeinsam ausgegebenen253 Drucken des ›Parzival‹ und des ›Jüngeren Titurel‹ haben sich bis heute noch 37 bzw. 43 Exemplare erhalten. Mit diesem Unternehmen hat der Straßburger Frühdrucker Johann Mentelin,254 der früher Goldschreiber (Miniator) und Notar gewesen war und durch seine Offizin wohlhabend wurde,255 ein für ihn ungewohntes Terrain betreten, finden sich doch in seinem Verlagsprogramm sonst überwiegend Texte aus dem theologischhumanistischen Bereich. Allerdings „war der Druck volkssprachlicher Werke 1477 keine Seltenheit mehr: Bereits Anfang der Sechzigerjahre hatte Albrecht Pfister in Bamberg den ›Ackermann aus Böhmen‹ und Boners ›Edelstein‹ gedruckt, Mentelins eigener Schüler Günther Zainer brachte seit Anfang der Siebzigerjahre deutsche Texte in Augsburg heraus, und dessen Vetter Johann Zainer verlegte seit 1472 in Ulm deutsche Übersetzungen lateinischer und italienischer 249 250 251 252 253

Vgl. ebd., S. 84. Vgl. ebd., S. 89. Vgl. Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 41– 44. Vgl. Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 245. Darauf deuten die zahlreich erhaltenen Exemplare hin, in denen die beiden Werke zusammengebunden wurden. Mit Flood, Johann Mentelin und Ruprecht von PfalzSimmern, S. 207, ist davon auszugehen, dass zunächst der ›Parzival‹ gedruckt wurde, da nur der ›Jüngere Titurel‹ ein Verzeichnis der Kapitelüberschriften am Textende aufweist. Dieses Verzeichnis ist als eine Neuerung Mentelins in seiner Buchgestaltung anzusehen. Da auch zahlreiche Einzelexemplare erhalten sind, ist zu vermuten, dass die zwei Drucke auch separat erstanden werden konnten. 254 Zu Leben und Werk Mentelins vgl. das Standardwerk von Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin. 255 Vgl. Koppitz, Studien zur Tradierung der weltlichen mittelhochdeutschen Epik im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, S. 134.

Die elsässischen Vertreter

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Werke, während in Augsburg Anton Sorg und (der Mentelin-Schüler) Johann Bämler fleißig dabei waren, eine bunte Reihe deutscher Texte auf den Markt zu bringen.“256 Ob dem Unternehmen Mentelins am Markt Erfolg beschieden war, lässt sich nicht eindeutig sagen. Für einen Misserfolg gibt es keinen Hinweis. Dass keine weitere Druckausgaben des ›Parzival‹ mehr folgten, dürfte eher auf das generell abnehmende Interesse an gereimten Texten der Artus-Epik zurückzuführen sein,257 während Prosafassungen am Ende des 15. Jahrhunderts sich zunehmender Beliebtheit erfreuten.258 Jedenfalls blieben die Drucke die letzten Erzeugnisse aus Mentelins Offizin: Er starb am 12. Dezember 1478. Zur Texteinrichtung verwendete Mentelin die Drucktype 8, „eine kleine halbromanische Letternart“,259 unter gelegentlicher Mitverwendung von Type 7. Damit brachte er eine Antiqua zum Einsatz, die sonst vornehmlich den wissenschaftlichen Editionen vorbehalten war.260 Dem zeitgenössischen Trend, volkssprachliche Texte in „gotisch-gebrochenen Lettern oder Frakturbuchstaben“261 zu setzen, folgte er nicht. Für die deutschsprachigen Texte mussten die Lettern für k, w, K, W, oe , u´, uo und ue neu gegossen werden.262 Abbreviaturen und Kürzungszeichen kamen nur sparsam zum Einsatz. Für die Drucke des ›Parzival‹ und des ›Jüngeren Titurel‹ verwendete Mentelin erstmals Papier mit dem Wasserzeichen des Ankers, das in Straßburg seit 1427 nachzuweisen ist.263 Generell wählte Mentelin „namentlich für seine Riesenfolianten [...] einen sehr festen starken Papierstoff (von grau-gelbem) Ton, der geeignet war, Jahrhunderten zu trotzen.“264 Tatsächlich weist etwa das Wiener Exemplar des ›Parzival‹- und ›Jüngeren Titurel‹-Druckes (Österreichische Nationalbibl., 15.D.14), das ich eingesehen habe, kaum Alterungs- oder Verschleißerscheinungen auf. Die Texteinrichtung der beiden Druckwerke unterscheidet sich hauptsächlich in der Kolumnengestaltung. Der ›Parzival‹ wurde ganz dem Erscheinungsbild der Handschriften angeglichen, indem man die Praxis des Versabsetzens beibehielt. „Durch die ungleiche Länge der abgesetzten Reimpaarverse ist der 256 Flood, Johann Mentelin und Ruprecht von Pfalz-Simmern, S. 207 f. 257 Koppitz, Studien zur Tradierung der weltlichen mittelhochdeutschen Epik im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, S. 136, hält es für möglich, dass Mentelins Ausgabe des ›Parzival‹ aufgrund der schlechten Textqualität „dazu beigetragen [hat], das Fortleben des Werkes zu verkürzen.“ 258 Vgl. Flood, Early Printed Editions of Arthurian Romances, S. 296. 259 Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin, S. 59. 260 Vgl. die Auflistung bei Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin, S. 60. 261 Becker, Wolfram von Eschenbach, S. 84. 262 Vgl. Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin, S. 59 und 206. 263 Ebd., S. 84 f. 264 Ebd., S. 70.

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II Die Überlieferungsträger

Kolumnenschluß des Parzival von der unruhigen Wirkung des Flattersatzes [...].“265 Im ›Jüngeren Titurel‹ hingegen wurden, wahrscheinlich auch aufgrund des abweichenden metrischen Schemas, die Einzelverse nicht abgesetzt, sondern im Strophenverbund mit einheitlichem Kolumnenschluss wiedergegeben, was dem Text ein homogeneres Erscheinungsbild verleiht. Im ›Parzival‹ wie im ›Jüngeren Titurel‹ finden sich zahlreiche Platzaussparungen im Umfang von bis zu einer halben Seite für nachträglich einzufügende Illustrationen. Schorbach äußerte die plausible Vermutung, dass diese Buchausschmückungen – wie die Bindung – den Käufern vorbehalten bleiben sollten.266 Die kostenintensive Zusatzausstattung wollte sich jedoch offenbar keiner der Abnehmer leisten. Zumindest unter den erhaltenen Exemplaren findet sich zwar so manches mit nachträglich eingefügtem, sehr schlicht gehaltenem Initialschmuck, aber keines mit Buchillustrationen. Mit den über den ausgesparten Raum gesetzten Überschriften im ›Parzival‹ und im ›Jüngeren Titurel‹ hat sich zuletzt John L. Flood eingehender beschäftigt. Flood stellte fest, dass die Überschriften in den beiden Texten keiner einheitlichen Struktur folgen, sondern vielmehr unterschiedlichen Gestaltungsprinzipien unterworfen sind. Daher seien die Überschriften „mitnichten als editorische Zutat zu betrachten. Sie sind in Struktur und Stil so verschieden, dass sie eigentlich nur aus der jeweiligen handschriftlichen Vorlage stammen können. Aber auch schon wegen der Einheitlichkeit der Formulierung der Überschriften im ›Parzival‹ dürfen wir darüber hinaus annehmen, daß es sich bei dieser Vorlage um eine Bilderhandschrift handelte, die zudem bereits den kontaminierten Text enthielt.“267 Weiters betonte Flood, dass keine der erhaltenen Lauber-Handschriften in der Gestaltung der Überschriften mit dem Druck übereinstimmt. Eine Vorlage aus der Hagenauer Werkstatt dürfte also, zumindest was die Überschriften betrifft, nicht für die Gestaltung des Druckes herangezogen worden sein.268 Ein gewichtiges Zeugnis dafür, unter welchen Aspekten der ›Parzival‹ im angehenden Humanismus gelesen wurde, bieten die Benutzerspuren, die sich in zahlreichen Mentelin-Drucken erhalten haben. Sie wurden erstmals von Peter Jörg Becker zusammengestellt und harren großteils noch der Aufarbeitung.269 265 266 267 268

Becker, Wolfram von Eschenbach, S. 84. Vgl. Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johannes Mentelin, S. 106. Flood, Johann Mentelin und Ruprecht von Pfalz-Simmern, S. 205. Ebd. Der alten These, der Straßburger Bischof Ruprecht von Pfalz-Simmern habe Mentelin eine Lauber-Handschrift aus seinem Besitz als Druckvorlage zur Verfügung gestellt, wurde durch Floods Untersuchungen die Grundlage entzogen. 269 Vgl. Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 249–259. Ein geringfügig erweiterter Abdruck von Beckers Auflistung findet sich bei Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 41– 44. Hinzuweisen ist weiters auf die detaillierte

Die elsässischen Vertreter

117

Unter den Besitzern eines Druckes des ›Jüngeren Titurel‹ befand sich auch Maximilian I. In dem nach 1520 erstellten Inventar der in Innsbruck verwahrten Bücher Maximilians (UB Innsbruck, 909) lautet der betreffende Eintrag: „Noch ain Titturel gedruckt in rot gepunden ist klainer aber dicker dann der ober [d. i. der heute unter der Signatur Cod. Vind. 2675 aufbewahrte ‚ Jüngere Titurel‘ A].“270 Über die Provenienz des Wiener Druckes 15.D.14, der ebenfalls in der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird, ist hingegen nichts bekannt.271 Die Qualität des ›Parzival‹-Textes W liegt weit unter der Qualität des sorgfältig und kostenintensiv produzierten Druckes. Von den Problemen, die der W-Text seinen Lesern bereiten konnte, zeugt nachdrücklich „das stilecht in Reimpaarversen gehaltene Urteil eines Lesers des 16. Jahrhunderts“,272 das in den ausgesparten Raum am Beginn des Berliner Exemplars (Staatsbibl. Preußischer Kulturbesitz, Inc. 2085) geschrieben wurde (Abb. 16): Mei*ter Wolfram von E*chenbach: / Bringt hierin fuer viel *eltzam Sach: / Jm 1477. Jhar / Sein Reim*prueche *ind nicht *ehr klar.273 Nun folgt der Text von W zwar über weite Strecken der Fassung *T; überaus häufig begegnet man jedoch unsinnigen Lesungen, die die zeitliche Distanz zum alten Text deutlich machen.274 Hans-Joachim Koppitz spricht aufgrund der fortgeschrittenen Textverderbnis gar von „Unsinnpoesie“.275

270 271 272 273 274

275

Analyse der Benutzerspuren eines heute in Chicago unter der Signatur Newberry Library, Inc f 216–217, aufbewahrten Druckes bei Puff, Ein Rezeptionszeugnis zu Wolfram von Eschenbach vom Ausgang des Mittelalters (vgl. zu diesem Exemplar auch Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 256 und Anm. 46, sowie Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 41, Nr. 8). Ebenso bieten die ›Parzival‹-Handschriften D (Randnotizen von Ägidius Tschudi, die ein Interesse an den im Text genannten Eigennamen verraten), L (biographische Notizen zu Wolfram von Eschenbach [S. 56], Walther von der Vogelweide [S. 132] und Heinrich von Rispach [S. 134] von einer Hand des 16. Jahrhunderts) und V (Bemerkungen zu Gawan und Orgeluse [fol. 80v und 153v]) aufschlussreiche, den Text kommentierende Benutzerspuren. Zu den Glossen in D vgl. zuletzt Stolz, Der Codex Sangallensis 857, S. 9, zu jenen in L vgl. Putzo, Sammelhandschrift, S. 64– 67 und S. 136–141 [mit Transkription]. Transkription bei Gottlieb, Die Ambraser Handschriften, S. 104, Nr. 249. Vgl. auch Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 250. Das Wiener Exemplar weist keine Benutzerspuren auf. Becker, Wolfram von Eschenbach, S. 84. Vgl. hierzu auch Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 246, und Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 41. Die Lesarten des Drucks sind aufgelistet bei Gebert, Untersuchungen zu den Handschriften der Gruppe ‚D‘ von Wolframs Parzival, S. 155–322. Eine Auswahl sinnentstellter Lesarten gibt Koppitz, Studien zur Tradierung der weltlichen mittelhochdeutschen Epik im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, S. 134 f. Ebd., S. 134.

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II Die Überlieferungsträger

Darüber hinaus enthält der Druck zahlreiche Sonderlesarten, die in keiner anderen ›Parzival‹-Handschrift enthalten sind. Ob diese Sonderlesarten bereits in der Vorlage vorhanden waren, oder ob in der Offizin Mentelins noch am Text gearbeitet wurde, wird sich kaum entscheiden lassen. Am deutlichsten offenbart sich die eigenwillige textliche Qualität des Drucks an den unikalen Zusatzversen, die in einem Umfang von einem bis zu vier Versen an insgesamt 17 Stellen inseriert sind.276 Einige wenige Beispiele mögen das Wesen dieser Interpolationen veranschaulichen: ez enwart nie niht als unfruot, soˆ alter unde armuot. [La 5.15–16]

o

Es wart nieman )o frut o So alter vnd armut o In her iaget zu )einen zil o So i)t )einer witze nit zu vil [W]

Es hat den Anschein, als habe der Redaktor von W die Sentenz,277 es gäbe kein größeres Unglück als das Zusammentreffen von Alter und Armut, nicht verstanden. Jedenfalls knüpfte er an dem – wörtlich genommenen – Adjektiv unvruot (‚töricht‘, ‚unklug‘) an und entwickelte eine eigene Sentenz, die allerdings nicht ganz deutlich ist. Gemeint ist wohl: ‚Niemand hat solche Weisheit (Klugheit) erreicht, dass er dann, wenn ihn Alter und Armut zu seinem Ziel (dem Tod) hintreiben, zu viel davon (an Weisheit) gehabt hätte.‘ grıˆfen klaˆ, diez daˆ bewarten und ez noch hiute aldaˆ bewarent. [La 71.20–21]

Greiffen klaw das bewarten Das es do niemant al)o nymmet o So gutem golde es wol gezymmet Die greiffen es noch heu´te bewarn [W]

In Gahmurets Waffenrock ist eine Goldart eingearbeitet, die nach den Worten des Erzählers noch heute am Kaukasus von Greifen bewacht werde. Die Ergänzung in W: ‚[. . .] auf dass es niemand wegnähme, wie sich das für gutes Gold gehört‘, lässt doch etwas zu deutlich kaufmännische Besorgtheit durchscheinen. doch wesse der unverzagte niht daz man in jagte: wan swen sıˆn ougen saˆhen [. . .] [La 138.3–5]

Doch we)te der vnuerzagte Das man in yetzo iagte Er hette gebaitet auff dem plan e Er mu)te in do be)tanden han Wan¯ wenne )eine augen )ahen [. . .] [W]

In der Version von W weiß Parzival von seinem Verfolger Orilus und erwartet ihn sogar (wohl für eine gewisse Zeit) auf einer Wiese mit der Bereitschaft zum Kampf, anstatt, wie 276 Vgl. die Tabellen bei Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 599– 642, und ders., The Plus Verses in Wolfram’s ›Parzival‹, S. 83–86. Nicht einberechnet wurden natürlich jene Plusverse, die W mit Handschriften von *m oder *T teilt und die daher als fassungskonstituierend anzusehen sind. 277 Zu dieser Sentenz siehe auch Abschnitt III.2.3.2.2 (S. 239).

Die elsässischen Vertreter

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bei Lachmann, ahnungslos vor diesem herzutraben: Ein blindes Motiv, Orilus kommt natürlich nicht und der Kampf findet erst beträchtlich später statt. Auch diese Umarbeitung widersetzt sich der Handlungslogik und gibt sich als sekundär zu erkennen.

In einer Fassungsedition von *T sollten die zahlreichen Sonderlesarten und die unikalen Zusatzverse von W aufgrund ihres deutlich sekundären Status stets in den Lesartenapparat gesetzt werden. Doch auch abseits dieser Eigenmächtigkeiten erweist sich W als ein hybrider Text. Bereits Lachmann erkannte, dass W in den Anfangs- und in den Schlusspartien sowie in einigen Zwischenstücken einer anderen Vorlage folgt als in den Hauptteilen des Textes.278 Er führte den Druck in diesen Abschnitten im Lesartenapparat unter der Sammelsigle ‚d‘, im Hauptteil unter ‚g‘ auf. Hartl konnte einige Zuweisungen Lachmanns an *D revidieren und als *T zugehörig nachweisen.279 Zugleich erwiesen sich auch seine Ergebnisse als korrekturbedürftig, wie Bonaths gründliche Überprüfung ergab.280 Dies alles muss nicht erneut ausgebreitet werden. Fest steht, dass die Hauptvorlage von W eine Handschrift aus *T gewesen sein muss und dass einzelne Teile nach einer Vorlage der Gruppe *m ergänzt wurden.281 Bei diesen *m-Anteilen von W handelt es sich um die Passagen: 1.1–10.9; 28.28– 41.9; 206.1–214.19; 234.13–238.30 und 761.15–827.30.282 Einleuchtend erscheint mir Bonaths Vermutung, dass die *T-Vorlage von W insbesondere an den Lagengrenzen defekt war und sich Mentelin daher eine zweite Vorlage beschaffen musste, die, im elsässischen Raum wenig überraschend, zu *m gehörte.283 Für die nachfolgende Fassungsanalyse von *T ergibt sich daraus die Konsequenz, dass die genannten *m-Partien von W nicht berücksichtigt werden können. L i t e r a t u r : Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. I, S. XXII ; Pfeiffer, Quellenmaterial zu altdeutschen Dichtungen II, S. 34, Nr. 3; Gebert, Untersuchungen zu den Handschriften der Gruppe ‚D‘ von Wolframs Parzival, bes. S. 103– 155; Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 33; Schorbach, Der Strassburger Frühdrucker Johann Mentelin, S. *24 f. u. ö.; Schottenloher, Bücher bewegten die Welt, Bd. I, S. 134 f.; Wolfram von Eschenbach, 7. Auflage (ed. Lachmann-Hartl), S. LIII , 278 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XVIII . 279 Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 114–122 und 128–138. 280 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 39–51. 281 Vgl. auch Flood, Johann Mentelin und Ruprecht von Pfalz-Simmern, S. 204. 282 Im letzten Bereich des Vorlagenwechsels (761.15–827.30) gehört W zu Palmers d Gruppen (d 1 – d 3), vgl. Palmer, Zum Liverpooler Fragment von Wolframs ›Parzival‹, S. 156. Bei Rolle, Bruchstücke, S. 26 f., entspricht Palmers Gruppe d 1 der Gruppensigle *B, zu der die vollständigen Handschriften m n o V W und das Fragment 16 gerechnet werden. 283 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 44 f. und Anm. 120.

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II Die Überlieferungsträger

Nr. 33; Albrechts von Scharfenberg Jüngerer Titurel (ed. Wolf), Bd. I, Einleitung, S. XVI f., Nr. 7; Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 39–51 und Bd. 2, S. 84; Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 116 f.; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen), S. VII und S. 31 f. (Abb.); Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 119; Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 243–259; Koppitz, Studien zur Tradierung der weltlichen mittelhochdeutschen Epik im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, S. 132–137, 250 und 255f.; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 41– 44, Nr. 33; Flood, Johann Mentelin und Ruprecht von Pfalz-Simmern; Der Parzival des Wolfram von Eschenbach (ed. Heinzle/ K. Klein/Redeker), S. 21, 39 und 57f., Abb. 8 und 9; M. Backes, Höfische Epik in Österreich im Spiegel der handschriftlichen Überlieferung, S. 22; Kind/Rohlfing, Gutenberg und der europäische Frühdruck, S. 36, Nr. 37; Mertens, Der deutsche Artusroman, S. 108 (Abb.), S. 339f. und 343; Flood, Early Printed Editions of Arthurian Romances, S. 296f.; Puff, Ein Rezeptionszeugnis zu Wolfram von Eschenbach vom Ausgang des Mittelalters; Horva´th, Wolfram von Eschenbach, S. 68f. (Abb.); Becker, Wolfram von Eschenbach, Parzival, S. 84–86 (Abb. S. 85); Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 32; Viehhauser, Die ›Parzival‹-Überlieferung am Ausgang des Manuskriptzeitalters; Handschriftenverzeichnis des Berner Parzival-Projekts (http://www.parzival.unibe.ch/hsverz.html).

II.5 Fragment 42 Signatur:

München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/3b

Inhalt:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 42 [Gg]

Textbestand:

Verse 463.8– 468.24 [unleserlich]; 468.25– 474.9

Blattzahl:

Ein Doppelblatt

Schreiber:

Eine Hand nachweisbar; eine Korrektur wurde vermutlich von einer zweiten Hand durchgeführt

Texteinrichtung:

Zwei Spalten zu 42 Zeilen (die letzten 4 Zeilen von Blatt 2vb sind unbeschrieben). Verse abgesetzt, vereinzelt Reimpunkte. Zweizeilige rote Initialen

Material:

Pergament

Format:

Blattgröße: 23,2 × 16 (14,1) cm; Schriftraum: 19,8 × 12,8 cm284

Entstehungszeit:

Viertes Viertel des 13. Jahrhunderts285

Schreibsprache:

Alemannisch, vielleicht nach bairischer Vorlage286

Abbildungen:

18, 19

284 Vgl. Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 130. 285 Vgl. K. Schneider, Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 22. 286 Vgl. ebd.

Fragment 42

121

Das in „zierlicher Buchschrift“287 geschriebene Fragment 42 umfasst ein Doppelblatt, das ursprünglich das innerste einer Lage bildete. Das erste Blatt wurde zur Gänze abgeschabt, nur vereinzelte Buchstabenreste und Initialen sind noch erkennbar. Vers 473.17 steht auf Rasur, die Korrektur dürfte von einer zweiten Hand stammen.288 Auffällig sind die vier unbeschriebenen Zeilen nach Vers 474.9 am Ende von Blatt 2vb. Dass das folgende Blatt mit einer Großinitiale begonnen wurde, was die Platzaussparung erklären würde, ist auszuschließen, da diese mitten im Satz gestanden hätte und auch keine andere ›Parzival‹-Handschrift an dieser Stelle ein Gliederungszeichen aufweist. Ebenso sind Minusverse ab Vers 474.10 in keiner Handschrift überliefert. Ein Grund für die unbeschriebenen Zeilen ist nicht ersichtlich. Textgeschichtlich wurde das Fragment 42 zuletzt von Sabine Rolle gründlich untersucht. Da der überlieferte Text dem neunten Buch angehört und sich zudem nur ein verhältnismäßig geringer Textbestand erhalten hat – lesbar ist nur das zweite Einzelblatt –, erweist sich eine präzise Zuordnung zu einer Klasse als schwierig. Dennoch konnte Rolle einige Indizien festhalten, die dafür sprechen, dass das „Fragment 42 Teil einer Handschrift aus der Gruppe *N (= OQRTUVW) ist“.289 Darüber hinaus deutet nach Rolle einiges darauf hin, dass das Fragment der engeren Gruppe *T zuzurechnen ist. Neben einigen nur dieser Gruppierung gemeinsamen Formulierungen290 stützt vor allem die Position der Initiale bei Vers 472.21 diese Vermutung. Die Initiale wird ausschließlich von Vertretern von *T (T V W; U om.) geteilt. Auch die weiteren Initialen des Fragments 42 stehen auf *T-Positionen, doch weisen Handschriften außerhalb dieser Gruppierung hier ebenfalls eine Initiale auf.291 Insgesamt kann Rolles Vermutung der Zugehörigkeit des Fragments 42 zu *T daher als wahrscheinlich, wenn auch nicht als endgültig bewiesen angesehen werden. Das Fragment 42 war, ebenso wie das Fragment 26, als Makulatur in den Einband eines Kopialbuches aus dem Zisterzienserkloster Schönau bei Heidelberg eingearbeitet, das heute unter der Nummer 67/1302 im Generallandesarchiv Karlsruhe aufbewahrt wird. Über den Fund berichtete Roth, der die Fragmente aus dem Einband löste, ausführlich im Jahr 1850: „Diese [Vorder]decke [des Kopialbuches] bestand aus Holz, welches außen mit braunem Leder überzogen 287 Bonath/Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 130. 288 Ebd. Für eine zweite Hand spricht vor allem das f-ähnlich gestaltete Schaft-s, das von jenem des Schreibers abweicht. 289 Rolle, Bruchstücke, S. 133. 290 Vgl. ebd., S. 131 f. 291 Vgl. ebd., S. 131. Bemerkenswert sind die Initialen bei 467.11 und 468.17, die außer von *T-Handschriften nur noch von I und R geteilt werden.

122

II Die Überlieferungsträger

und mit 5 Messingbuckeln beschlagen, inwendig aber mit beschriebenem Pergamente bedeckt war. Darauf standen altdeutsche Verse, in welchen ich sogleich den Parzifal [Fragment 42] erkannte [...]. Diese Verse waren abgesetzt. Zwischen obigem Pergamente und dem Holze steckten noch 3 kleinere Pergament-Blättchen [Fragment 26], welche unabgesetzte altdeutsche Verse in andrer Mundart enthilten, worin ich gleichfalls den Parzifal erkannte.“292 Das Kopialbuch wurde am Anfang des 14. Jahrhunderts geschrieben293 und „enthält eine Reihe wichtiger Urkunden aus dem 12., 13. und 14. Jh., welche sich auf das Kloster Schönau und dessen Umgegend beziehen“.294 Auf dem abgeschabten ersten Blatt des Fragments 42 finden sich mehrere Federproben aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, die den Anfang einer Professformel wiederholen: Ego frater Johannes promitto stabilitatem [.. .] domino Gerharde abates [...].295 Die Makulatur des Fragments 42 dürfte demnach nicht zum Zeitpunkt der Abschrift des Kopialbuches im frühen 14. Jahrhundert,296 sondern erst im 15. Jahrhundert stattgefunden haben. Das der Diözese Worms unterstellte Zisterzienserkloster Schönau (Schonaugia) wurde 1142 durch Bischof Burchard II. von Worms gegründet und 1144/45 vom Kloster Eberbach aus besiedelt.297 Noch im 12. Jahrhundert „erlangte Schönau durch Schenkungen und gezielte Erwerbspolitik ansehnlichen Besitz v. a. in der mittleren Rheinebene“.298 Dem benachbarten Adel musste das Kloster schon „bald als ein neues Zentrum des Wormser Hochstifts erscheinen“.299 Zu den Förderern des Klosters zählte der Pfalzgraf Konrad von Staufen, der Halbbruder Friedrich Barbarossas, der 1195 in Schönau bestattet wurde. Generell war die Verbindung der Pfalzgrafen zum Kloster, die über einen längeren Zeitraum auch die Schutzherrschaft übernahmen,300 sehr eng: Auch Konrads Enkel, der Welfe Heinrich der Jüngere, wurde in Schönau bestattet. In späterer Zeit folgten Pfalzgraf Adolf 292 Roth, Kleine Beiträge zur deutschen Sprach-, Geschichts- und Ortsforschung, Heft 1, S. 3. 293 Für den Hinweis danke ich Herrn Prof. Dr. Konrad Krimm vom Landesarchiv BadenWürttemberg. 294 Roth, Kleine Beiträge zur deutschen Sprach-, Geschichts- und Ortsforschung, Heft 2, S. 86 f. 295 Vgl. K. Schneider, Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 22. Transkription der Professformel ebd. 296 In diesem Fall wäre die Handschrift bereits kurze Zeit nach ihrer Entstehung wieder zerstört worden. 297 Zum Kloster Schönau vgl. Fuchs, Schönau, Sp. 1530; Altermatt, Schönau, Sp. 206; Die Cistercienser (ed. A. Schneider), S. 599; Schaab, Die Zisterzienserabtei Schönau im Odenwald; Meves, Urkundliche Bezeugungen der Minnesänger im 12. Jahrhundert am Beispiel Bliggers von Steinach, S. 83 f. 298 Fuchs, Schönau, Sp. 1530. 299 Berendes, Die Bischöfe von Worms und ihr Hochstift im 12. Jahrhundert, S. 72. 300 Vgl. Schaab, Die Zisterzienserabtei Schönau im Odenwald, S. 56.

Fragment 42

123

(1300–1313), Anna, die um 1331 verstorbene erste Gemahlin Rudolfs II., und Kurfürst Ruprecht II. (1390–1398) mit seiner Gemahlin Beatrix von Sizilien. „Am lebendigsten war in der Spätzeit des Klosters noch die Erinnerung an Kaiser Heinrich, Pfalzgraf Heinrich den Jüngeren, Pfalzgraf Adolf, Ludwig den Baiern, König Ruprecht und König Sigismund als Wohltäter des Klosters.“301 Neben den Herrschern und Schirmherren „strebten auch schon früh andere Laien nach Aufnahme in die Schönauer Bruderschaft und damit nach einem Begräbnis an der durch das Gebet der grauen Mönche besonders geheiligten Stätte.“302 Unter diesen adeligen Laien303 ist aus literaturgeschichtlicher Sicht besonders auf das Geschlecht derer von Steinach hinzuweisen, das eine sehr enge Beziehung zum Kloster pflegte und dem auch der von Gottfried im ›Tristan‹ (Verse 4692 ff.) gerühmte Bligger von Steinach angehört.304 Dokumentiert sind überdies die umfangreichen Schenkungen, die dem Kloster aus diesem Umfeld zugingen. Verbreitet war das Donatenwesen, der „Anschluß von Weltleuten unter Aufgabe ihres Besitzes und meist auch unter dem Gelöbnis der Keuschheit an das Kloster. Dieses beließ den Donaten den geschenkten Besitz zu lebenslänglicher Benutzung und gewährte das Begräbnis im Ordensgewand.“305 Unter den Donaten befanden sich häufig verwitwete Frauen, die die Wahrung ihres Seelenheils auf diese Weise anstrebten. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster 1558 aufgehoben. Reste der Klosterbibliothek gelangten in die Heidelberger Palatina,306 das Kopialbuch über Würzburg 1872 nach Karlsruhe. Dass gleich zwei ›Parzival‹-Fragmente unterschiedlichen Alters, die aller Wahrscheinlichkeit nach derselben Textfassung *T angehören, in den Einband eines Schönauer Bibliotheksexemplars eingearbeitet 301 302 303 304

Ebd., S. 57. Ebd. Vgl. die Auflistung ebd., S. 57 f. Vgl. hierzu die Ausführungen bei Meves, Urkundliche Bezeugungen der Minnesänger im 12. Jahrhundert am Beispiel Bliggers von Steinach, bes. S. 83 ff., sowie die Regesten deutscher Minnesänger des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Meves; Namenregister s. v. „Schönau“). Meves vermutet in dem ab 1174 urkundenden Bligger III . von Steinach-Harfenberg den Minnesänger und weist zugleich darauf hin, dass „die Identität des Lyrikers mit dem mutmaßlichen Verfasser einer epischen Dichtung keineswegs gesichert“ ist (S. 138). Da der bei Gottfried erwähnte Bligger um 1210 noch am Leben sein musste, rückt „neben dem dann bereits im sechsten Lebensjahrzehnt stehenden Bligger III . auch sein wohl um 1180 geborener Sohn Bligger IV. in den Mittelpunkt des Interesses“ (ebd.). 305 Schaab, Die Zisterzienserabtei Schönau im Odenwald, S. 58. 306 Vgl. die Auflistung bei Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, S. 715. Deutschsprachige weltliche Literatur befindet sich nicht darunter, allerdings ist ein Exemplar von Ovids ›Metamorphosen‹ verzeichnet.

124

II Die Überlieferungsträger

sind, ist ungewöhnlich, aufgrund der gewichtigen Stellung des Klosters im Umfeld der Hocharistokratie und des regionalen Landadels aber durchaus nicht überraschend. Zu denken ist wohl am ehesten an eine Schenkung, durch die die Handschriften in die Klosterbibliothek gelangten. In späterer Zeit wurden sie dann makuliert und für das hauseigene Schriftwesen weiterverwendet. L i t e r a t u r : Böhmer, Aus dem Parzifal, Sp. 50; Diemer, Kleine Beiträge zur altdeutschen Sprache und Literatur VI, S. 293; Roth, Kleine Beiträge zur deutschen Sprach-, Geschichts- und Ortsforschung, Heft 1, S. 2– 4, Heft 2, S. 85–87, Heft 5, S. 199 f.; Pfeiffer, Quellenmaterial zu altdeutschen Dichtungen II, S. 36, Nr. 40; Wolfram von Eschenbach (ed. Piper), 1. Teil, S. 36, Nr. 47; Wolfram von Eschenbach, Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. I, S. XXVII ; Wolfram von Eschenbach, 7. Auflage (ed. Lachmann-Hartl), S. LX , Nr. 62; Nock, Die *M-Gruppen der Parzivaˆl-Handschriften, S. 156; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 139; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 51, Nr. 62; Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 130 f., Nr. 42; K. Schneider, Die Fragmente mittelalterlicher deutscher Versdichtung der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 17; Nellmann, Lapsit exillis, S. 416 ff.; Rolle, Bruchstücke, S. 129–133; K. Schneider, Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 22; Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), ›Parzival‹-Handschrift Nr. 54. Das Literaturverzeichnis zum Fragment 42 wird von der Bayerischen Staatsbibliothek München laufend aktualisiert (http://elektra.bsb-muenchen.de; Rubrik: ‚Forschungsdokumentation Handschriften‘). A b d r u c k : Vollständige Transkription in Anhang V.2.2.

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung III.1 Die Binnengliederung von *T III.1.1 Der Vorlagenwechsel in T und die Folgen für die Fassungskonstitution Am unteren Ende von Blatt 31vb und am Beginn des Blattes 32ra wurde in der Handschrift T ein Textabschnitt im Umfang von 16 Versen (157.25–158.10) doppelt abgeschrieben (Abb. 20 und 21). Das erste Textstück befindet sich am Ende eines Sexternio,1 das folgende am Beginn eines in T einmaligen Unio. Diese vierte Lage war ursprünglich falsch eingeordnet und wurde erst später in die richtige Reihenfolge gebracht. Darauf verweist der Eintrag einer Hand, die vielleicht der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstammt, möglicherweise aber noch später = iij *extn. Der erste Abschnitt anzusetzen ist:2 iiij(us) di*e bog hoert nach de¯ V wurde nur unzureichend getilgt,3 der Text ist über weite Strecken gut lesbar. Zusätzlich wurden die Buchstabenreste vermutlich von jener Hand, die die korrekte Einreihung der Lage vermerkte,4 mit etwas hellerer Tinte nachgezogen. Hartl verglich die beiden Textfassungen und kam zu dem Schluss, dass ein Vorlagenwechsel vorläge;5 Bonath stimmte dem zu.6 Da ein solcher Vorlagenwechsel in der Leithandschrift T erhebliche Auswirkungen auf die Konstituierung eines Fassungstextes *T hätte, empfiehlt es sich, die Abschnitte auf der Basis der Gesamtüberlieferung erneut zu überprüfen. Die Änderungstendenz der zweiten Version wird jeweils in den Anmerkungen festgehalten: 1 Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 125, gibt irrtümlich Blatt 32 als Lagenende an. 2 Auskunft von Dr. Karin Schneider (Brief vom 23. 3. 2007). 3 Der Text dürfte parallel zur Liniierung radiert worden sein. Die Linien sind kaum durchbrochen. 4 Es wäre möglich, dass dieser spätere Redaktor die richtige Position der Lage überhaupt erst aufgrund der Textüberschneidung erkannte. 5 Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 123–127. 6 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 47: „Die plausibelste Erklärung für die Doppelfassung dieses Textstückes ist wohl der von Hartl angenommene Vorlagenwechsel.“

126

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Verse 157.25–158.10 Handschrift T, erste Version Blatt 31vb

Verse 157.25–158.10 Handschrift T, zweite Version Blatt 32ra

Gesamtüberlieferung

Do zoher im dar naher )an (1) de) toten riter) ca)telaˆn (2) o dc truc bein hoch vn¯ lanc gewave¯t er in den )atel )pranc ern gerte +tegreiffes niht (3) dem man noch )nelheite giht De¯ kappe¯ niht bevilte (4) ern lertin vnderm )chilte kvn)tecliche gebaˆren vn¯ d viende )chaden vaˆren (5) er boˆt im in die hant ein )per dc wa) gar ane +ine ger (6)

do zoch man im dar naher )aˆn de) roten riter) ka) telan o dc trvc bein hoch vn¯ lanc gewapent er in den )atel )pranc dc er +tegereife+ gerte niht da man noch )nellekeite giht ywaneten niht bevilte ern lertin vnderme )cilte kvn)tecliche gebaren vn¯ d viende )caden waren er bot im in die hant ein )per dc wa) gar an +iner ger

zoch er im (*T *D *G)7 roten riters (*T) toten mannes (*D *G)8

o

doch vrageter war zv i)t diz vrome? (7) )w gegn dir zer tio)t come da )oltvz balde brechen dvrch (8) )inen )chilt [. . .] ver+techen.(9)

o

Do +p cher warzv i)t diz vrome? a

Sw gegn dir zer tio)te come. da )oltvz balde brechen vn¯ dvrch )inen )cilt +techen

ern gerte s. n. (*D *G) daz er s. g. n. (*T)9 Ywaneten (*T *D *G)10

vaˆren (*T *D *G)11 ane sine (*D GILOQR[V]Z) an siner (UW) ane wer (M)12 doch vrageter (*D *G) do spracher (*T) er sprach (L)13

durch (*D *G W) und durch (UV)14 verstechen (DmGMOQWZ) stechen (Fr. 36 LUV) durchstechen (oI) zerstechen (nR)15

Tatsächlich lassen die Änderungen eine deutliche Tendenz zu *T erkennen, wobei sich diese Tendenz eher in der Summe der Belege als in der Qualität der einzelnen Veränderungen spiegelt: Während die Verse der ersten Version in der überwiegenden Zahl der Fälle dem Kerntextbestand angehören (1, 3, 5–9), entwickelt sich die zweite Version von *D *G hin zum Textbestand von *T. Zu den aussagekräftigsten Varianten sind die Belege Nummer 3 (ern gerte stegreiffes niht *D*G → dc er stegereifes gerte niht *T) und Nummer 7 (doch vrageter *D*G → do spracher *T) zu zählen. Auch die Änderung des ganzen Verses 158.10 (Nummern 8 und 9) lässt diese Tendenz zu *T erkennen. Bemerkenswert ist die Entwicklung einer Einzellesart hin zum Kerntextbestand (Nummer 4), dem auch *T angehört 7 *T*D*G → Einzellesart. 8 Einzellesart → *T. Möglicherweise stand auch in der ersten Version in T ursprünglich das Wort roten, das dann von der jüngeren Hand falsch nachgezogen worden wäre. 9 *D*G → *T. 10 Einzellesart → *T*D*G. 11 *T*D*G → Einzellesart. Die Abweichung nur eines Buchstabens (vaˆren alle → waren Einzellesart der zweiten Version von T) deutet auf ein Versehen des Schreibers hin. 12 *D*G (ohne M) [V] → *T. In V stehen nur die abweichenden Wörter ane sine auf Rasur, was vermuten lässt, dass hier ursprünglich die *T-Lesart vorhanden war. 13 *D*G → *T (L). 14 *D*G W → *T. 15 *D (abweichend n o) *G (abweichend I R) W → *T L Fragment 36.

127

Die Binnengliederung von *T

(den kappen [!] Einzellesart Version 1 → Ywaneten *D *G *T). In einem Fall (Nummer 1) ist die Entwicklung vom Kerntextbestand zu einer Einzellesart zu beobachten (zoher *D *G *T → zoch man Version 1); dieser wenig aussagekräftige Beleg deutet auf eine durch den Verschriftlichungsprozess bedingte Variante hin. Insgesamt scheinen die Belege Hartls These zu stützen. Allerdings ist der Textumfang von nur 16 Versen zu gering, um endgültige Aussagen treffen zu können. Hinzu kommt die Unsicherheit der Textgestalt der ersten Version, die aus dem partiellen Nachziehen der Buchstabenreste der späteren Hand resultiert. Dabei kann es zu Entstellungen des ursprünglichen Textes gekommen sein. Es ist daher notwendig, die Textbasis zu erweitern. Ein Vergleich der dreißig Verse (156.25–157.24) in T vor der Rasur mit der Gesamtüberlieferung ergibt:16 Lachmann

*T

156.26

sulen niht underem ˆısern sıˆn [alle Hss. plus T V]

Solnt nit vnder y+ern ho+en )in [U W]

156.29

doˆ sprach der knappe guoter [alle Hss. plus T]

Sus )prach der knappe guter [U V W]

157.1–2: Versumstellung

des sol vil weˆnic von mir komn, ez geˆ ze schaden odr ze fromn [D G I M O Q R Z plus T]

Jz erge zu )chaden od zu vrome¯ Des )ol wenec von mir kome¯ [U V W plus m n o L]

157.3– 4: Umformulierung / Plusverse

daz duˆhte wunderlıˆch genuoc Iwaˆneten (der was kluoc) [alle Hss. plus T]

Durch iemannes drawe¯ od bete Der vil +tolze ywanete Er wonderte +ich der rede do Vn¯ wart mit Parzifale vro [U W]

o

o

o

o

o

o

Daz dvhte in wunderlich gnvg o ywanete der waz klvg v Dvrch iema¯nes dro oder bette der vil +tolze ywanete Er wundert +ich der rede do vnd wart mit parzifale vro [V]17 157.5

iedoch muos er im volgen [alle Hss. plus T]

o

o

Sus muz er im volgen [U V W]

16 Der Text von *T wird jeweils nach der ersten genannten Handschrift zitiert, der Kerntextbestand nach Lachmann. 17 V weist demnach die Verse 157.3– 4 des Kerntextbestands und zusätzlich die Plusverse von U W auf, was zu Widersprüchlichkeiten führt. Zur inhaltlichen Analyse der Plusverse in U V W siehe Abschnitt IV.3 (S. 329 ff.).

128

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

157.12: Plusverse

eˆ erm büte dar den halsperc [alle Hss. plus T]

Dar nach bot er im den hal)perc o Dar in +laufte +ich der werde dar nach als er gerde [U V W]

157.18

sıˆnen kochære [alle Hss. plus T]

den sinen kochere [U V W]

157.22

der gurte im umbe ein scharpfez er gurt im umb ein swert swert [alle Hss. plus T V] [U W]

o

Die Gruppenkonstellationen in den dreißig Versen unmittelbar vor der Rasur bieten ein klares Bild: In Textformulierung, Textfolge und Textbestand folgt Handschrift T dem Kerntextbestand von *D *G, während die restlichen *TVertreter abweichen. Das wechselhafte Verhalten von V18 hängt mit dem komplexen Entstehungsprozess dieser Handschrift19 zusammen. Bei den umfassenden und beweiskräftigen Umformulierungen, nämlich in den Plusversen nach 157.4 und 157.12, folgt V jedoch stets der Fassung *T. In einem nächsten Schritt ist das Verhalten von T zu den Vertretern von *T in dem auf die zweifach abgeschriebene Partie unmittelbar folgenden Bereich zu untersuchen. Wenn Hartls These des Vorlagenwechsels in T zutreffen sollte, dann müssten sich ab nun deutliche Überschneidungen von T mit *T feststellen lassen. Für diesen Vergleich wurde der folgende Abschnitt 158.11–159.4 ausgewählt, dem wiederum die Auswertung der Gesamtüberlieferung zugrunde liegt:20 158.15

kein schiltære entwürfe in baz [alle Hss. plus V]21

dehein )ciltere entwurfe baz [T U W]

158.16

denn alser uˆfem orse saz [alle Hss., z. T. abweichend]22

danner vf dem or)e )az [T U V W]

158.19

ich haˆn hie ’rworben des ich pat [alle Hss.; hie fehlt m n V23]

ich han erworben de) ich hie bat [T U W]

158.28

diun rüerent mir kein herzen ort die rverent mir min+ hzen ort [alle Hss., z. T. abweichend]24 [T U V W]25

18 19 20 21 22 23 24 25

Vgl. 156.26, 157.22 und die eigenwillige Gestaltung der Plusverse nach 157.3 f. Siehe Abschnitt II.4.1 (S. 109 ff.). Der Text von *T wird nach T wiedergegeben. In V steht in bas auf Rasur. Eine Korrektur des *T-Textes zugunsten von *m oder *QR, die hier übereinstimmen, ist wahrscheinlich. alser] parcifal m n o. In V wurde hie bat [*T] zu bat nach *m korrigiert. m n: die verrurrent mich in dekein herczen ort; I: daz enruert mir nih des herzen ort; L: die mir niht des hertzen ort; O: diu enruorent mir des hertzen ort; R: die giengent mir andz hertzez ort; Z: die enrurent mich kein hertzen ort. mir fehlt V.

Die Binnengliederung von *T

129

158.29

jaˆ muoz enmitten drinne sıˆn [alle Hss., z. T. abweichend]26

vn¯ mvezent mitten drinne )in [T U V]

159.3– 4

got hüet dıˆn: ich wil von dir varn

Minusverse *G o

der mag uns beˆde wol bewarn [D m n Z]

got pflege din ich wil von dir varn der mac vn) beide wol bewarn27 [T U V W]

Auch wenn die Abweichungen in diesem kurzen Abschnitt unmittelbar nach der Rasur im Einzelnen eher geringfügig sein mögen, so spiegeln sie in Summe doch deutlich den Übergang von T zu *T wider. Als beweiskräftig sind darüber hinaus die Verse 159.3– 4 anzusehen, die in sämtlichen Vertretern von *G mit Ausnahme von Z und in Handschrift o fehlen. In *T sind sie hingegen vorhanden und weisen überdies, dem Charakter dieser Fassung durchaus entsprechend, eine Abweichung in der Formulierung auf. Hartls These des Vorlagenwechsels wird durch die Verteilung der Gruppenlesarten im Abschnitt 156.25–159.4 bestätigt. Ein entsprechend deutliches Bild ergibt sich, wenn man die Verteilung der Plusverse von *T über den Gesamttext heranzieht. Bis zur Rasur in T weisen U V W an insgesamt neun Stellen Plusverse im Umfang von mindestens einem bis zu maximal sechs Versen auf,28 von denen kein einziger von T geteilt wird. Umgekehrt hat T vor der Rasur ein zusätzliches Verspaar (nach 154.23), das in den übrigen *T-Vertretern nicht vorhanden ist. Nach der Rasur haben U W bzw. U V an zwei Stellen (186.22 bzw. 280.22) Zusatzverse, die auch in T vorhanden sind. Damit stehen Textformulierung und Textbestand zueinander in Relation, wodurch es als sicher angesehen werden kann, dass in T an der besagten Stelle ein Vorlagenwechsel stattgefunden hat. Der einmalige Wechsel der Vorlage entspricht dem ersten der drei Kontaminationstypen, die Hermann Paul für die Epenüberlieferung bestimmt hat.29 Bonath meinte, über Hartl hinausgehend noch zwei weitere Indizien für eine spezifischere Form der Kontamination in Handschrift T ausgemacht zu haben.30 Das erste betrifft die Verse 153.11–12, die ebenfalls an einer Blattgrenze, nicht aber an einer Lagengrenze doppelt (30vb und 31ra) geschrieben wurden, ohne dass ein 26 jaˆ] es L da M Q die W. 27 beide fehlt U. 28 Zwei Plusverse nach 46.1, zwei nach 47.8, zwei nach 48.2, ein (U W) bzw. zwei (V) nach 51.24, drei nach 112.3, sechs nach 112.20, vier nach 112.24, zwei nach 155.8, vier nach 157.2, zwei nach 157.12. 29 Hermann Paul, Über das gegenseitige Verhältnis der Handschriften von Hartmanns Iwein, S. 309. Vgl. dazu die Diskussion bei Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 11–30. 30 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 47.

130

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Verspaar radiert worden wäre. Hartl notierte zwar die Stelle,31 setzte sie aber nicht zu seiner Kontaminationsthese in Bezug. Stattdessen ordnete er sie einer Belegliste zu, in der Beispiele aus T angegeben werden, deren Wortlaut vom „Echten“ abweicht.32 Zur Klärung wird der Wortlaut sämtlicher Handschriften angegeben: La 153.11 T (1) T (2) D m n o G I L M O Q R U V W Z

La 153.12 dem witzehaften toˆren (Bl. 30vb) Dem wıˆ)eloˆsen toˆren (Bl. 31ra) dem wizzehaftem toren Dem wi))ent hafften toren Dem wi))enthafften toren x Dem wi))enhafften toren Mit witzehaften toren dem wizhaften torn Dem witzehaften toren Dem wi)zhafftı¯ toren Dem wizehaften toren Dem witze haftem toren Dem wissehafften toren Dem witzehaften doren Dem wizzehaften toren o Er )chlug den wi)) enhaften toren Dem witzehaften toren

mit vu)ten in )in oˆren mit )vˆ)ene vmbe )in oˆren mit fiv)ten in )in oren Mit fro)ten in )in oren Mit )legen vmb )in oren Mit fu)ten v¯nd )in oren Mit fu)ten in )in oren mit )u)en in )inev orn x Mit fursten in sine oren Mit )ufften yn )in oren e Mit fv)ten in )inıˆv oren Mit few)ten vmb )ein oren Mit fun)ten in )ine oren Mit vu)ten in )ine oren Mit fv´)ten in )in oren o Mit der hand zu den oren e Mit fv)ten vmb )in oren

Die erste Version (T [1]) der beiden Verse, die der körperlichen Züchtigung Antanors durch Keie gelten, stimmt mit dem Wortlaut der Handschriften überein. Nur der Druck W, der häufig eigene Wege geht, formuliert abweichend: Er schluog den wissenhaften toren / Mit der hand zuo den oren. Die Charakterisierung Antanors als wıˆ*eloˆsen toˆren in Vers 153.11 der zweiten Version hat hingegen keine Parallele in der Überlieferung. Die ironische Spannung von Vers 153.11 des Kerntextbestands (witzehafter toˆr) resultiert aus der Verbindung zweier nur scheinbar widersprüchlicher Charakterisierungen: Antanor gilt aufgrund seines Schweigens als toˆr,33 zugleich zeugt eben dieser Schweigegestus von einem tiefgehenden, im Grunde als mantisch zu bezeichnenden Wissen um die Ereignisse, 31 Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 58. 32 Ebd. Es wirft kein gutes Licht auf Hartls Arbeitsweise und v. a. auf dessen statistische Auswertung (S. 46), wenn er – kommentarlos – die zweite Version der Eigentümlichkeit von T zuweist, zugleich aber nicht berücksichtigt, dass die erste Version überlieferungskonform ist. 33 Vgl. Vers 152.23–24: Der verswigen Antanor, / der durch swıˆgen duˆht ein toˆr. Im ›Conte du Graal‹ (ed. Busby) ist er ein namenloser Narr (Vers 1054).

Die Binnengliederung von *T

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das den Umstehenden verborgen bleibt.34 Die Formulierung des Kerntextbestandes ist daher unbedingt als lectio difficilior zu betrachten, während die zweite Version in T der Disposition des Textes nicht gerecht wird, indem Antanor lediglich als unwissender Narr bezeichnet wird. Dafür wird er in dieser zweiten Version umso heftiger verprügelt und erhält ‚schallende Ohrfeigen‘ (mit *vˆ*ene vmbe *in oˆren).35 Hier bietet lediglich die Handschrift I ( *u*en in) eine gewisse Ähnlichkeit, die allerdings auf der graphischen Verwechselbarkeit von Schaft-s und ‚f‘ beruhen wird, wie auch die späte Form der Handschrift M ( *ufften ‚seufzen‘) nahelegt. Wie Bonath an anderer Stelle selbst feststellen musste, sind „doppelt geschriebene Textabschnitte besonders beim Spaltenübergang [. . .] an und für sich kein Indiz für Kontamination“; sie verweist auf Beispiele aus anderen ›Parzival‹-Handschriften.36 Als ein Indiz für eine mögliche weitere Kontamination in T können die doppelt abgeschriebenen Verse 153.11–12 nicht gelten, da es weder überzeugende Parallelen in der Überlieferung gibt, noch eine Veränderung des Textprofils von T im Umfeld dieser Verse festzustellen ist. Bonath verwies noch auf ein weiteres mögliches Indiz für Kontamination, das Hartl übersehen habe:37 Es handelt sich um die vier am rechten Rand von Blatt 28rb nachgetragenen, mit Einfügungszeichen versehenen Verse 140.11–14, in denen der Erzähler ankündigt, nun werde dirre aˆventiure heˆrre (140.13) beim Namen genannt. Diese Verse fehlen in den *G-Handschriften G O I M Z, während sie in den übrigen Handschriften, darunter in den *T-Handschriften U V W, vorhanden sind. Die Formulierung der vier Verse ist in den Handschriften identisch, nur in Vers 140.12 findet sich eine unscheinbare Abweichung: D mno L QR T UVW

daz in wol muget erkennen si muget wol erkennen daz ir in muget erkennen daz ir in wol muget erkennen daz ir muget erkennen daz ir in muget erkennen

34 Vgl. hierzu Fritsch-Rößler, Lachen und Schlagen, bes. S. 90–98 [bezweifelt allerdings die „divinatorische Qualität“ Antanors bei Wolfram, S. 98]; Nyholm, Warum lacht Cunnewaˆre?, S. 224 ff. [mit zahlreichen Motivparallelen]; Erfen, Das Lachen der Cunnewaˆre, S. 82 f.; Ridder, Narrheit und Heiligkeit, S. 143; Scheuble, mannes manheit, vrouwen meister, S. 313–321. 35 Zum Gebrauch von siusen im Rahmen einer Prügelszene vgl. ›Parzival‹ 151.29 (Kei züchtigt Cunneware). 36 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 47, Anm. 135, führt doppelt abgeschriebene Verse in M und O an. 37 Vgl. ebd., Bd. 1, S. 48.

132

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Auffällig ist das Fehlen des Adverbs wol in den *T-Textzeugen und in Handschrift L, die mit *T gelegentlich übereinstimmt.38 Das deutet darauf hin, dass die Verse in T nach einer *T-Vorlage eingetragen wurden. Es spricht daher von vornherein wenig dafür, dass hier Kontamination vorliegt. Vielmehr dürfte es sich um gewöhnliches Überlesen und Nachtragen von drei Versen handeln, die zufällig mit Minusversen von *G übereinstimmen. Andernfalls wäre die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass die Verse in der ersten Vorlage von T fehlten und, da sich der Vorlagenwechsel nur wenig später vollzieht, ihr Fehlen vom Schreiber bemerkt wurde und die Verse nach der zweiten Vorlage nachgetragen wurden. Eine Kontamination in dem engeren Sinne des genauen Zeilenvergleichs anhand mehrerer Handschriften liegt sicherlich nicht vor. Der Vorlagenwechsel in T ab Vers 157.25 markiert einen zentralen Einschnitt in der Konstitution der Fassung *T. Ab diesem Punkt bildet *T eine weitgehend homogene Einheit,39 sieht man von dem generellen Problem der gelegentlich anzutreffenden Binnenvarianz ab. Doch stellt sich nun die Frage nach der Beschaffenheit jener Vorlage, der Handschrift T bis zu diesem Einschnitt folgt. Hartl ging davon aus, dass T „das Stück 1–157 in der Hauptsache nach *G kopiert und nur ab und zu eine Anleihe bei *W [*T] [...] gemacht hätte, um sich nach 157 energischer der Gruppe *W zuzuwenden“.40 Er rechnete also mit der gleichzeitigen Verwendung zweier Vorlagen.41 Das hypothetische Ansetzen eines geradezu textkritisch anmutenden Ineinanderarbeitens zweier Vorlagen resultiert aus dem Befund, dass sich neben überwiegend *G zuzuordnenden Lesarten auch solche in überaus häufiger Zahl finden, die mit *T übereinstimmen. Gegen Hartls These des gewissenhaften Vorlagenvergleichs spricht jedoch deutlich der Ausfall der Verse 74.17–74.30 in T (Blatt 15rb und 15va). Die Schilderung des Kampfes von Utepandragun im Turnier vor Kanvoleis bricht plötzlich ab, der Text wird mit der Gefangennahme Brandelidelins fortgesetzt. Dass hier das Überlesen eines Textstückes durch den Schreiber vorliegt, ist allein daraus ersichtlich, dass diese Verse ausschließlich in T fehlen. Dazu kommt, dass die aufeinander folgenden Initialen bei 74.5 und 75.1, die offensichtlich nach der Vorlage gesetzt wurden, nun eng beieinander stehen und der Textausfall dadurch auch optisch wahrzunehmen ist. Bei einem genauen Textvergleich auf der Basis zweier Vorlagen, wie Hartls These 38 Vgl. hierzu Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 139–143; Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 41; Heinzle, Rezension Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 155–157. 39 Vgl. auch Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 124, der von der „schönsten *W [*T]-Harmonie“ ab diesem Punkt spricht. 40 Ebd., S. 136. 41 Vgl. ebd.

Die Binnengliederung von *T

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es voraussetzt, hätte ein solcher Fehler auffallen müssen. Es ist daher nach einer anderen Erklärung für die *T-Lesarten in T vor dem Vorlagenwechsel zu suchen. Hartl hat nicht beachtet, dass die Übereinstimmungen mit *T in der Handschrift T in den Versen 1.1–157.25 in unterschiedlicher Dichte auftreten. Die Plusverse, die U V W (*T) deutlich von T abgrenzen, setzen mit Vers 46.1 ein und verteilen sich über die anschließenden Abschnitte bis zum Vorlagenwechsel. Die Übereinstimmungen von T mit *T finden sich aber beinahe ausschließlich in dem Textbereich vor Vers 46.1. Eine genauere Betrachtung der *T-Lesartenkonstellationen des ersten Buches mag hier Aufschluss bringen:42 Für die Untersuchung der Lesarten des ersten Buches ist das Verhältnis der Handschriften T und U zueinander maßgeblich.43 Schon Hartl erkannte die besonders enge Verwandtschaft dieser beiden Handschriften.44 Innerhalb von *T bilden sie eine Untergruppe,45 und es ist möglich, dass sie auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen.46 Wenn also T und U einander über einen längeren Textbereich gegenüberstehen – von vereinzelten Konflikten und Sonderlesarten abgesehen –, dann ist davon auszugehen, dass Vorlagen aus verschiedenen Texttraditionen zugrunde liegen. Als nicht zuverlässig zu betrachten sind hingegen die kontaminierte Handschrift V und der Druck W, der u. a. in den Partien 1.1–10.9 und 28.28– 41.9 einer Vorlage aus der Gruppe *m folgt.47 Sie werden dennoch notiert, da dadurch ein Einblick in das wechselhafte Verhalten dieser Textzeugen gegeben werden kann. Wenn Teile des betreffenden Verses in V auf Rasur oder Klebestreifen stehen, wird die Sigle in eckige Klammern gesetzt. Die genaue Beschaffenheit dieser Korrekturen kann im Anhang überprüft werden. Die Konstellation T – U tritt bereits in den markanten Abweichungen des Prologs48 deutlich hervor. Es handelt sich hierbei um 1.29 sprich ich gein den vorhten och La [V] W : sprich ich gegn den worten ouch T U, 2.28–30 ir prıˆs und ir eˆre, / und wem si daˆ naˆch sıˆ bereit / minne und ir werdekeit La V W : so dassir prıˆs gemeˆre / ir eˆre. vnd ir werdekeit / vnd wem sir minne si bereit T U, sowie um 4.18 er küene, træclıˆche wıˆs La W : er kvene. steˆte. milte. wıˆs T U V. Generell sind die Belege für das Übereinstimmen von T und U bis etwa zur Mitte des 40. Dreißigers überaus häufig. Die Art der gemeinsamen Abweichungen bewegt sich dabei ganz im Rahmen des von Bumke erarbeiteten Modells epischer Variation49 und reicht von der Abweichung kleinster Wortbestandteile bis hin zur Umgestaltung ganzer Verspaare. Eine solche umfassende Umarbeitung bietet etwa die Begrüßung Gahmurets durch Belakane:

42 43 44 45 46

Eine umfassende Auflistung der Lesarten findet sich in Anhang V.1 (S. 376 ff.). Siehe Abschnitt III.1.2 (S. 150). Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 58. Vgl. Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 70 und 110. Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 49. 47 Siehe Abschnitt II.4.2 (S. 119) und die Skizze in Abschnitt III.3 (S. 256). 48 Zur inhaltlichen Analyse der Prologverse von *T siehe Abschnitt IV.1.1 (S. 261 ff.). 49 Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 397– 455.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung ein weˆnc si gein im doˆ trat, ir gast si sich küssen bat. [La W 23.29–30]

Ein weˆnic )i naher gegn im gienc vil minnenclichen )in enpfienc [T U V]

Der abweichenden Versgestaltung kommt allein schon insofern Bedeutung zu, als „der Begrüßungskuß [. . .] eine sehr zeremonielle Angelegenheit [ist] und [. . .] in der Regel nur dem Gleichrangigen zu[steht]“.50 Schon zuvor hatte sich Belakane Gedanken über die angemessene Begrüßung des Fremden gemacht51 und Erkundigungen über dessen Stand eingeholt. Nachdem sich der Marschall für die königliche Abkunft des Gastes verbürgt hat, wird Gahmuret standesgemäß empfangen. Im Lachmann-Text folgt die Begrüßung einem strengen höfischen Zeremoniell: Belakane nähert sich dem Gast, bewahrt aber zugleich Abstand. Dann fordert sie Gahmuret auf, ihr den Begrüßungskuss zu geben. Im Text von *T ist diese zeremonielle Distanziertheit weitgehend zurückgenommen. In der Formulierung vil minnenclichen scheint vielmehr bereits eine erste Zuwendung zu dem geheimnisvollen Fremden durch. Die zurückhaltende Annäherung in Vers 23.29 ist, aus diesem Kontext heraus betrachtet, dann ebenfalls kaum mehr als höfischer Gestus zu interpretieren, sondern deutet eher auf die unsichere Annäherung der emotional bereits bewegten Frau und späteren Gemahlin Gahmurets hin. Diese abweichende, verstärkt gefühlsbezogene Aspekte berücksichtigende Darstellungstendenz begegnet in der Fassung *T auch später noch öfter.52 Ab etwa der Mitte des 40. Dreißigers bietet sich ein deutlich verändertes Bild: Die Handschriften T und U verlaufen nicht mehr parallel, vielmehr liest T in aller Regel dann mit dem Kerntextbestand oder bietet eine Einzellesart, wenn U und ein weiterer Vertreter von *T eine alternative Versformulierung aufweisen. Auch diese Abweichungen verändern den Aussagegehalt in unterschiedlicher Intensität. In den Versen 40.28 ff. besteigt Gahmuret ein neues Kampfross. Die rhetorische Frage des Erzählers, waz er dar uˆfe tæte? (La 41.4), wird unterschiedlich beantwortet: Im Lachmann-Text, zu dem sich nun T gesellt, meint der Erzähler, das könne er ihm nur als große Tapferkeit anrechnen (des muoz ich im für ellen jehn; 41.5).53 In den Handschriften U und V heißt es hingegen: Des muoz ich im von schulde iehin, was hier wohl mit: ‚Dies zu berichten bin ich ihm schuldig‘ zu übersetzen ist.54 Anschließend wird geschildert, wie sich Gahmuret an einer für die Mohren gut sichtbaren Position aufgestellt habe, um weitere Zweikämpfe herauszufordern. Die beiden Formulierungen sind als gleichwertig zu betrachten. Neben solchen eher geringfügigen Abweichungen begegnen ab der Hälfte des 40. Dreißigers in den Handschriften U V W auch größere Umformulierungen bis hin zur Interpolation ganzer Versgruppen, die allesamt von T nicht geteilt werden. T weist ab diesem Punkt somit ein völlig anderes Textprofil auf als die übrigen Vertreter von *T. Daraus wird ersichtlich, dass T bereits im ersten Buch nach zwei Vorlagen abgeschrieben wurde. Im Bereich bis 50 51 52 53

Nellmann, Kommentar, S. 469 [zu 22.16]. Vgl. 22.15–16: ist er mir dar zuo wol geborn, / daz mıˆn kus niht sıˆ verlorn? Vgl. z. B. die Plusverse nach Vers 48.2 (Abschnitt IV.3, S. 331). Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. (ed. Bartsch-Marti), 1. Teil, S. 53 [Kommentar zu 41.5]. 54 Zur im ›Parzival‹ häufig (vgl. 109.1, 125.24, 309.1) anzutreffenden Wendung von schulden, die mehrere Bedeutungen haben kann, vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. (ed. Bartsch-Marti), erster Teil, S. 128 [Kommentar zu 109.1].

Die Binnengliederung von *T

135

zur Hälfte des 40. Dreißigers dürfte diese Vorlage identisch sein mit jener, die ab dem nachgewiesenen Vorlagenwechsel ab 157.25 verwendet wurde. Bei dieser Vorlage handelt es sich um eine reine *T-Handschrift, deren Text von den übrigen *T-Vertretern U V W ebenfalls bezeugt wird. Das Textprofil der zweiten Vorlage wird noch näher zu bestimmen sein. Ich vermute, dass der erste Vorlagenwechsel ebenfalls mit einem Lagenwechsel in Verbindung steht. Es ist sicher, dass der zweite Wechsel der Vorlage bei Vers 157.25 mit dem Beginn der vierten Lage zusammenfällt. Die erste Lage von T endet auf Blatt 7v bei 36.14. Diesen Vers, vnde snellichen / springen, hat der Schreiber auf zwei Zeilen ausgedehnt, um die folgende Lage nicht mit dem zweiten Vers eines Reimpaares beginnen zu müssen. Die erste Lage ist ein Quaternio, aus dem das ursprünglich erste Blatt entfernt wurde. Sie ist somit die einzige Lage im ganzen Codex, an dem eine solche Manipulation vorgenommen wurde. Zudem fällt auf, dass die vierte Lage, ab der nur noch die reine *T-Vorlage verwendet wird, ein im Codex ebenfalls einmaliger Unio ist. Es hat den Anschein, als hätte das abwechselnde Verwenden zweier Vorlagen sichtbare Spuren in der Lagengestaltung hinterlassen. Da sich diese Spuren allerdings nicht wie beim zweiten Vorlagenwechsel bei 157.25 auch in Form von Textmanipulationen (Rasur auf Blatt 31v) niedergeschlagen haben, muss das Zusammenfallen von Vorlagen- und Lagenwechsel nach der ersten Lage eine Vermutung bleiben, zumal auch schon das Ende der ersten oder der Beginn der zweiten Lage nach der anderen Vorlage abgeschrieben worden sein kann. Wesentlicher ist indes, dass ab ungefähr der Hälfte des 40. Dreißigers unterschiedliche Textprofile vorliegen und diese in der Fassungsanalyse berücksichtigt werden müssen. Der Beginn dieser zweiten Textredaktion wird künftig provisorisch mit 36.15 (Beginn der zweiten Lage) angesetzt. Sie endet bei 157.24.

Der Text der Leithandschrift T vereinigt somit zwei Texte mit unterschiedlichen Profilen. In den Bereichen 1.1–36.14 und 157.25–572.30 stimmt T mit den übrigen Vertretern von *T überein. Der Bereich 36.15–157.24, der vorläufig mit T2 bezeichnet werden soll, zeichnet sich zunächst durch ein häufiges Zusammentreffen mit dem Kerntextbestand aus, während die restlichen Vertreter von *T eigene Wege gehen. Innerhalb des Kerntextbestands überwiegen die Gemeinsamkeiten mit *G. Eine weitergehende Differenzierung hinsichtlich einer größeren Nähe zu Bonaths Untergruppen *GGm [= *GI] oder g [alle weiteren *G-Textzeugen],55 ist aufgrund der kaum vorhandenen Profilierung dieser Untergruppen im fraglichen Textbereich nicht möglich. Die fehlenden Verse im Umfang von jeweils einem Verspaar (48.25–26, 53.23– 26, 71.15–16, 84.11–12, 91.1–2, 96.17–18 und 116.17–18),56 die *GI im Textbereich von T2 aufweist, sind in T2 – wie in allen übrigen Handschriften – zur Gänze vorhanden. Auch die drei Versumstellungen von *GI57 werden von T2 nicht geteilt. Von daher erscheint eine Nähe zu *GI eher unwahrscheinlich. Umgekehrt 55 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 157–164. 56 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 251 f. 57 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 253. Die Versumstellung 64.25–26 findet sich auch in U, sonst aber in keiner weiteren Handschrift.

136

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

teilt T2 auch die beiden ‚Bindefehler‘, die Bonath für *OQR im fraglichen Bereich notiert, nicht.58 Die elf weiteren kleineren Abweichungen (‚Wortersatz‘) von OQR gegenüber dem Textbestand von *G,59 drei von vier Fällen von ‚Wortzusatz‘60 und fünf Fälle von ‚Wortumstellungen‘61 haben ebenfalls keine Parallele in T2. Gemeinsame Lesarten mit der von Hartl postulierten Gruppe *M (GILM),62 deren Existenz Bonath bestritt, gibt es kaum. Unter Bonaths Auflistung dieser Lesarten (sechs im fraglichen Bereich)63 finden sich keine beweiskräftigen Übereinstimmungen. Die Frage nach der genaueren Zuordnung der *G-Schicht zu einer der bekannten Untergruppen muss offenbleiben. Weitaus größere Bedeutung für die Erstellung eines Textprofils von T2 kommt den Einzellesarten zu, die mit Beginn der zweiten Lage einsetzen und im Bereich von T2 in überaus großer Zahl vorhanden sind.64 Diese Sonderlesarten erst sind es, die dem Text von T2 ein spezifisches Gepräge verleihen. Sie entsprechen dem Niveau des Lachmann-Textes, sind in der Regel in sich sinnvoll und akzentuieren Handlungsmomente und Figurenzeichnungen in ungewöhnlicher Schärfe und Kunstfertigkeit. Dies wird anhand der Begegnung von Gahmuret und Belakane und anhand der Schilderung von Geburt und Jugend Parzivals noch exemplarisch zu zeigen sein.65 An dieser Stelle mögen einige ausgewählte Beispiele aus dem Bereich des ersten Vorlagenwechsels bis zum Ende des ersten Buches (36.15–58.26) einen Einblick in das Textprofil von T2 geben:

58 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 196. Es handelt sich um Vers 48.12 daz wære ein untriwe an mir o La T2 = vnfuge OQR [vngefvge O] und 108.22 sıˆn toˆt tet Sarrazıˆnen weˆ La T2 = [Den Q] Sarrazinen tet sin sterben we OQ [nicht bei R! R gewinne laut Bonath „die richtige La. aus der zweiten Vorlage zurück“ (S. 196)]. 59 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 197. 60 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 197 f. Die einzige Übereinstimmung bei Vers 78.6 do heizet ist belanglos. 61 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 198. Abweichend formuliert T2 in Vers 94.27. 62 Vgl. Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), Einleitung, S. L [zu Nr. 22] und LIII [zu Nr. 31]. 63 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 151 f. Es handelt sich um 42.25 gein der porte er vaste ruorte La T2 = v hin vz der borter rorte G L [Lücke I]; 54.25 im enfüere ein werdiu volge mite La T2 = rehtiv G I L; 60.10 ze Kanvoleis = vor G I L T2; 89.2 si nam urloup, doˆ fuor si dan v La U W = vn¯ for von (om. n L V) dan n G I L M V = vn¯ sciet dan T2 [Einzellesart]; 104.30 die sprungen dar La T2 = vf G I L; 118.1 zer waste in Soltaˆne erzogen La *D = v wasten O Q R, wosten G I L M *T. 64 Eine Auswahl gibt Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 56–58. 65 Siehe Abschnitt IV.2 (S. 294 ff.).

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Die Binnengliederung von *T 36.23–24

sıˆn ors von ˆıser truoc ein dach: daz was für slege des gemach. [La U V W]

da man den helt rıˆten +ach o )in or) von i)ene trvc ein tach 66 [T]

47.3

der wirt in kuste selbe doˆ [La U V W]

Der wunde man in kv)te do [T]67

48.5– 6

[. . .] Und was von arde ein künic heˆr. der wirt sprach lachende meˆr [La U V W]

vn¯ wa) von art ein kvnec riche Der +pach abr gvetliche [T]

51.27–28

doˆ leˆch mit vanen hin sıˆn hant von Azagouc der fürsten lant. [La U V W]

Da leˆich mit vanen hin ir lant de+ vur+ten. Gahmvrete+ hant [T]

53.3– 4

uˆf erde niht soˆ guotes was, der helm, von arde ein adamas [La U V W]

vf d erde wa+ niht +o gvt o der helm ein+ adama+ flvt 68 [T]

54.23

ez enwart nie wıˆp geschicket baz: [La U V W]

ezen wart nie wip gepi+et baz [T]

55.30

deiswaˆr der wirt ellens rıˆch. [La U V W]

benamen der wirt ellen) rich [T]

56.3– 4

soˆ wirt ab er an strıˆte ein schuˆr, den vıˆnden herter naˆchgebuˆr. [La U V W]

vn¯ wirt an +trıˆte ein werlich wer +in vater i+t com ¯¯ von kvnegen her [T]69

57.7–8

‚ich mich gerne toufen solte unde leben swie er wolte.‘ [La U V W]

enpfah ich +ines toˆvfes eˆ got gebe dc ez mir wol ergeˆ [T]70

57.14

ir triwe koˆs den dürren ast. [La U V W]

+o koˆ+ +i ˆıe den dvrren a)t [T]

58.9–11

er bat si daz se uˆf in verkür, swer den maˆg durch si verlür, daz si von im gesuochet was. [La U V W]

er bat )i dc )vf in vkoˆs )wie er den maˆc dvrh )i vloˆ+ +i tet al+ +i gebeten wa+ [T]

o

Die Einzellesarten von T2 bezeugen in ihrer Häufigkeit und in der Prägnanz der Formulierungen einen eigenen Gestaltungswillen. Da sie erst mit Beginn der 66 Das Verspaar wurde mit Reihungszeichen in die richtige Reihenfolge gebracht. 67 In der Version von T2 gibt der verwundete Killirjacac Gahmuret den Begrüßungskuss. Im Lachmann-Text ist es umgekehrt. 68 Die metaphorische Umschreibung des Diamantenhelms als ‚Diamantenstrom‘ könnte auch als lectio difficilior betrachtet werden. 69 Zur hinterlassenen Botschaft Gahmurets an seinen ungeborenen Sohn Feirefiz in *T2 siehe Abschnitt IV.2.1 (S. 298 ff.). 70 Zur tatsächlich vollzogenen Taufe Belakanes in *T2 siehe Abschnitt IV.2.1 (S. 305 ff.).

138

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

zweiten Lage einsetzen und nach dem zweiten Vorlagenwechsel kaum noch vorhanden sind, ist davon auszugehen, dass sie nicht auf den Schreiber, sondern bereits auf die Vorlage zurückzuführen sind. Trotz des ausgeprägten Eigenprofils von T2 einerseits und trotz der im Vergleich mit den restlichen Vertretern von *T größeren Nähe zum Kerntextbestand findet sich im Bereich 36.15–58.26 an einer Stelle (43.7) eine auffällige Übereinstimmung mit *T gegen den Kerntextbestand: so erkenn sich über den degen balt (La W) : so erbarme sich vber den helt balt (T2 U V). Anhand eines weiteren ausgewählten Textabschnittes innerhalb von T2 (103.15– 125.30) ist im Rahmen der Gesamtüberlieferung zu überprüfen, ob sich diese Tendenzen fortsetzen, ob es also weitere Übereinstimmungen von T2 mit *T gibt (siehe Tabelle auf S. 382). Dabei ergibt sich folgendes Bild: In der überwiegenden Zahl der Fälle steht die Gruppe *T gegen T2. Zahlreich sind hingegen die Einzellesarten, die T2 auch in diesem Abschnitt aufweist und die diesem Teil der Handschrift gegenüber sämtlichen anderen Textzeugen ein eigenes Profil verleihen. Aber auch in diesem Abschnitt gibt es vereinzelte Lesarten, die ein dünnes Band von T2 zu den restlichen Vertretern von *T knüpfen. Es handelt sich hierbei um: o

103.21

daz güete alsölhen kumber tregt [La]

dc gvt al)olhen iamer treget [T U V W]71

113.2

daz sin vil dicke kuste [La]

dc )in ofte kv)te [T U V W]

119.4

vogele würgn und vaˆhen [La]

vogele werfen vnd vahen [T U V W]72

121.26, 122.14 und 125.12 lesen T U V W durchgehend Garnagarnanz gegenüber Karnahkarnanz der übrigen Handschriften.

Diesen Belegen kommt, jeweils für sich genommen, kaum Beweiskraft zu; einzig aus ihrer Summe wird man auf eine Verbindungslinie zwischen T2 und *T schließen dürfen. Zieht man ergänzend jene ebenfalls spärlichen *T-Belege hinzu, die Hartl für den Bereich von T2 anführt,73 so verfestigt sich der Eindruck einer Grundschicht, die T2 mit *T teilt. Es mag hier genügen, einige der aussagekräftigeren Beispiele aus Hartls Belegsammlung anzugeben, die diese Verbindung nachweisen:74 71 Da iamer in den *T-Handschriften im folgenden Vers ebenfalls vorkommt, dürfte es sich hier um einen gemeinsamen Fehler handeln. 72 Zu dieser Variante siehe S. 325. 73 Vgl. die Belege für T U V W (S. 48 f.), T U V (S. 50–54) und T U (S. 54–56) bei Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival. Die meisten angeführten Beispiele für den Bereich von T2 sind allerdings kaum aussagekräftig. 74 Zitiert nach Hartl, Die Textgeschichte von Wolframs Parzival, S. 48 ff.

139

Die Binnengliederung von *T 73.19–20

uˆzem satel ern für sich huop daz was ein ungefüeger uop [La]

vz dem satele hvober in vur sich. vnd vuortin mit im hin [T U V] Ausz dem sattel er in fu´r sich nam Das was me dan genuog getan [W]75 o

74.14

ob ichz iu rehte sagen muoz [La]

ob ich der wahrheit iehen muz [T U V]76

153.2

daz Cunnewaˆre de Laˆlant [La]

dc ir vroˆvn Kvnnewaren mit gewalt [T U V W]77

154.30

muosen vallende uˆf die bluomen sıˆn vielen uf der bluomen schin [La] [T U V W]78

Zusammenfassend kann der Textbereich T2 (36.15–157.25) folgendermaßen charakterisiert werden: 1. T2 teilt in der Mehrzahl der Fälle den Kerntextbestand dort, wo *T (repräsentiert durch U V W) abweicht. Dies zeigt sich am deutlichsten an den Plusversen, die von T2 nicht geteilt werden, aber auch generell an den Formulierungen, die die beiden Gruppierungen voneinander trennen. 2. T2 steht tendenziell *G näher als *D, ist jedoch keiner der bekannten Untergruppen von *G sicher zuzuordnen. 3. Das auffälligste Merkmal von T2 ist die Vielzahl unikal überlieferter und qualitativ hochwertiger Lesarten. Da diese Sonderlesarten im Bereich außerhalb des Vorlagenwechsels nur in geringer Zahl vorhanden sind, ist davon auszugehen, dass sie bereits einer Vorstufe angehören und nicht auf den Schreiber von T zurückgehen. 4. In wenigen Fällen teilt T2 vom Kerntextbestand abweichende Lesarten mit *T. Es gibt also selbst in diesem Bereich eine Verbindung zu *T, auch wenn diese vage und im Grunde nicht näher zu bestimmen ist. Vielleicht gab es eine Stammhandschrift *T, die sich sehr früh in zwei Redaktionen aufspaltete, von denen sich die eine dann nur fragmentarisch in der Gestalt von T2 erhalten hat. Da über die Beschaffenheit dieser hypothetischen Stammhandschrift *T keine sicheren Aussagen getroffen werden können, gilt es, sich auf die beiden erhaltenen Textredaktionen zu konzentrieren. Diese müssen sowohl in einer Fassungsedition als auch in einer Fassungsanalyse berücksichtigt werden. Die Sigle *T wird im Abschnitt 36.15–157.25 für den durch die Handschriften 75 76 77 78

Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 52 f. Vgl. ebd., S. 53. Vgl. ebd., S. 48. Vgl. ebd. Die Lesarten sämtlicher Handschriften zu diesem Vers sind verzeichnet bei Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 54. Die Abweichung sıˆn – schıˆn kommt auch in einigen *G-Handschriften vor, die Änderung der Verbkonstruktion hingegen nur in *T.

140

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

U V W repräsentierten Text jener Fassung *T verwendet, der unabhängig von der in den übrigen Textbereichen als Leithandschrift fungierenden Handschrift T greifbar ist und der zugleich mit dem *T-Text außerhalb dieses Textbereichs übereinstimmt. Zur Kontrolle (und als Leithandschrift) kann im Abschnitt 36.15– 157.25 Handschrift U herangezogen werden, da diese vor und nach dem Vorlagenwechsel mit T annähernd parallel verläuft und daher die Hauptfassung *T am zuverlässigsten vertritt. Handschrift T steht im Bereich zwischen den beiden Vorlagenwechseln für eine nur fragmentarisch überlieferte Redaktion, deren Verhältnis zu einer hypothetischen Stammhandschrift und zur erhaltenen Hauptfassung *T offen bleiben muss und die künftig mit der Sigle *T2 bezeichnet wird. III.1.2 Gruppierungen innerhalb von *T Eduard Hartl bemühte sich intensiv um eine möglichst präzise Bestimmung der internen Verwandtschaftsverhältnisse von *T. Als zentrales Problem erwies sich dabei, dass die *T-Vertreter in allen erdenklichen Kombinationen vorzukommen schienen und dass eine stringente, d. h. eine in Form eines Stemmas darstellbare Lösung nur durch die Annahme zahlreicher Kontaminationsvorgänge sowohl in den angesetzten Vorstufen als auch in den erhaltenen Handschriften selbst erreicht werden konnte. Es ist klar, dass eine auf diesem Weg erzielte Lösung nicht ohne spekulative Momente auskommen kann und dass zugleich das Spektrum denkbarer Lösungsmöglichkeiten sehr groß ist. Hartl ordnete die *T-Vertreter hauptsächlich auf der Basis der Zusatzverse zu folgendem Stemma:79 v w

T

x y

U

z

V

W



Es zählt zu den Merkwürdigkeiten von Hartls Arbeit, dass er zwar den Vorlagenwechsel in T bemerkte, diesen aber in seinem Stammbaum nicht berücksichtigte. 79 Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 75.

Die Binnengliederung von *T

141

Offenkundig fiel ihm dieser (zweite) Einschnitt bei 157.25–158.10 erst in einem fortgeschrittenen Stadium seiner Arbeit auf, nachdem ein erster Teil bereits abgeschlossen war.80 Doch auch in dem erweiterten Stemma, das hypothetische Einflüsse durch *mno (= *m) und L mit einbezieht und das am Ende der Arbeit abgedruckt ist,81 wurden die neuen Erkenntnisse nicht berücksichtigt. An der Spitze seines hierarchisierten Stammbaums setzt Hartl eine Stufe ‚v‘ an, die bereits die zwei Plusverse nach 280.22, die in T U und V vorhanden sind, beinhalte.82 Die Handschrift T sei nach Hartl „als älteste zuerst anzusetzen“83 und wird als früher Ableger von ‚v‘ betrachtet. Dem Redaktor der Stufe ‚x‘ schreibt er die neun Stellen mit Plusversen zu, die in U V W enthalten sind. Dass diese Plusverse genau in jenen Textbereich fallen, in dem T einer anderen Vorlage folgt, wird nicht berücksichtigt. Dadurch aber wird Hartls Stemma fragwürdig; denn dass T nach dem Vorlagenwechsel die Plusverse mit den anderen *T-Handschriften teilt, davor aber nicht, und dass zusätzlich zu der Veränderung des Textbestandes eine Veränderung der Textformulierungen einhergeht,84 ist nicht aus einem sukzessiven Zuwachs der Plusverse zu erklären, sondern vielmehr daraus, dass die zweite Vorlage (T2) diese Plusverse nicht hatte.85 Daher entspricht auch das postulierte Naheverhältnis von U V W nicht den Tatsachen: „Die [...] Beobachtung, daß auf Grund der angeführten Laa. Gm [U] Gd [V] Gf [W] näher miteinander verwandt sind, und daß daher auch Gn [T], die besonders mit Gm [U] parallel geht, in diese Verwandtschaft mit einzubeziehen ist, wird durch die 9 [. ..] gemeinsamen Zusatzstellen in ganz schlagender Weise bestätigt.“86 Abgesehen davon, dass die Aussage dieses Satzes unklar bleibt, wird hier ein verzerrtes Bild der Überlieferungsverhältnisse geboten: Die ‚nähere Verwandtschaft‘ von U V W ergibt sich lediglich daraus, dass T im Bereich T2 (36.15–157.25) einer anderen Vorlage folgt und dass *T in diesem Bereich durch U V W repräsentiert wird.87 Eine Verallgemeinerung über diesen Abschnitt hinaus ist nicht zulässig. 80 Hartl, ebd., S. VII , verweist in der Einleitung auf die Verzögerung der Drucklegung, die er mit Zeitmangel und „dem schier unübersehbaren Material“ begründet. 81 Ebd., S. 164. 82 Vgl. ebd., S. 76. 83 Ebd., S. 65. 84 Siehe Abschnitt III.1.1 (S. 125 ff.). 85 Den Fehler in Hartls Stemma haben bereits Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 48 f., und Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 70, festgehalten. 86 Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 72 f. 87 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 49, hat auf der Basis von Hartls Materialsammlung die verschiedenen Kombinationen (T U V, T U etc.) durchgezählt und deren Entwicklung nach dem (zweiten) Vorlagenwechsel überprüft. Sie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis: „[. . .] Gm [U] teilt

142

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Bonath entwickelte auf der Basis der Hartl’schen Materialsammlung ein Gegenmodell zu Hartls Stemma. Sie hielt es für möglich, „daß die *W-Vorlage von Gn [T] mit Gm [U] auf eine gemeinsame Vorlage zurückgeht, diese wiederum mit *GdGf [*VW] auf *W.“88 Da sie den hierfür erforderlichen ‚Trennfehler‘ *GnGm [*TU] : *GdGf [*VW] in Hartls Materialsammlung nicht entdecken konnte, bezeichnete sie ihren Vorschlag selbst als vorläufig unbeweisbar.89 In graphischer Darstellung würde dies bedeuten:

T

U

V

W

Zuletzt haben sich Kochendörfer / Schirok auf der Basis von zehn Dreißigern (320.1–321.30, 334.1–339.30, 349.1–350.30) mit den Gruppierungen innerhalb von *T beschäftigt. Die Verfasser gelangten zu folgendem Resultat:90

W V T

U

Schirok räumte ein, dass sich „Schwierigkeiten hinsichtlich der Stellung von Gf [W] und Gd [V] [ergeben], da sowohl die das oben entworfene Bild bestätigende Gruppierung Σ : Gn [T] Gm [U] Gd [V] als auch die ihm widersprechende mit *GdGf [*VW] (von denen die eine oder andere wegen Kontamination ausfallen kann) bis zum ‚Bruch‘ 125 Laa., danach 3 belanglose Laa., wo die Übereinstimmung mit Gd [V] bzw. Gf [W] Zufall sein kann. Damit wird die Annahme, dass Gm [U] mit *GdGf [*VW] auf eine gemeinsame Vorlage innerhalb von *W [*T] zurückgehe, zur unbewiesenen Hypothese.“ 88 Ebd., S. 49. 89 Ebd. 90 Vgl. Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 110.

Die Binnengliederung von *T

143

Konstellation Σ : Gn [T] Gm [U] Gf [W] auftritt. [...] Sicher erscheint uns, daß Gn [T] Gm [U] eine Untergruppe von *W [*T] bilden, unwahrscheinlich ist dagegen, daß auch Gd [V] Gf [W] eine solche Untergruppe darstellen, da es keine Belege für Σ : Gf [W] Gd [V] gibt.“91 Es fällt auf, dass bei diesem Modell die Hierarchie von Hartls Stemma in ihr Gegenteil verkehrt wird, indem die jüngeren Textzeugen W und V ohne nähere Begründung an die Spitze gestellt werden. Wenn es aber möglich ist, solche Hierarchien scheinbar beliebig herzustellen, wird die gesamte Konstruktion eines an einem hypothetisch anzusetzenden Aufhängungspunkt orientierten Stemmas fragwürdig. Sinnvoller erscheint es, auf diesen auf chronologische Ordnung abzielenden Aufhängungspunkt zu verzichten und das Problem der Binnenvarianz einer Handschriftengruppierung in Gestalt von ‚wurzellosen‘ Stemmata zur Darstellung zu bringen.92 Der Frage der Gruppierungen innerhalb von *T soll in der Folge erneut nachgegangen werden. Als Untersuchungsgrundlage werden hierfür 20 Dreißiger aus dem fünften Buch (Parzivals erster Besuch auf Munsalvæsche, 224.1–248.30) sowie je 10 Dreißiger aus dem sechsten (280.1–289.30) und, da das siebente Buch in U fehlt, aus dem achten Buch (398.1– 407.30) herangezogen, womit eine repräsentative Materialbasis von insgesamt 1 200 Versen gegeben ist. Die Gruppenverhältnisse können auf diese Weise abseits von Hartls Materialsammlung einer Revision unterzogen werden. Der ‚Problembereich‘ des Vorlagenwechsels in T, der automatisch zu verzerrten Ergebnissen führen muss, wird auf diese Art umgangen. Zudem kann durch die Ausweitung der Untersuchungsbasis auf die folgenden Bücher festgestellt werden, ob die Gruppierungen konstant bleiben oder ob man, mit den Worten Lachmanns, „in verschiedenen theilen des gedichtes die verhältnisse verschieden“93 findet. Eine umfassende Belegsammlung ist wiederum in Anhang V.1.3 (S. 383 ff.) abgedruckt. Die Lesartenkombinationen in den genannten Abschnitten bezeugen ein weitgehend geschlossenes Auftreten der vier Vertreter von *T. In der Mehrheit befinden sich jene Abweichungen, die sämtliche *T-Zeugen vom Kerntextbestand abheben. Ein Beispiel sei angeführt:

91 Ebd. 92 Zu dem in der niederländischen Romanistik entwickelten Modell der sogenannten ‚unrooted trees‘ vgl. den Überblick bei Stolz, Wolframs ›Parzival‹ als unfester Text, S. 299 f.; ders., Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, S. 94–96; ders., Vernetzte Varianz, bes. S. 218–222 (mit weiterführender Literatur). 93 Lachmann, Vorrede, S. XVIII , zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok).

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung der graˆve Iwaˆn von Noˆnel unde Jernıˆs von Rıˆl, jaˆ was über manege mıˆl ze dienst ir tohter dar genomn [La 234.12–15]

Der grave Jwaˆn von Jonel vn¯ Scharivs von Rile ze dien+te vber manege mile waren ir tohtere dar genom ¯¯ [T U V W = *T]

Die Töchter der beiden genannten Grafen wurden von weither bestellt, um im Rahmen der Gralprozession als Trägerinnen der silbernen Messer zu dienen. Es wird wohl zu Recht angenommen, dass Wolfram die Namen aus Hartmanns ›Erec‹ entlehnt hat.94 Dort wird ein Yˆwaˆn von Loˆnel (Vers 1643) genannt, bei Chre´tien Yvains de Loenel (›Erec‹, Vers 1707). Die Tochter des Grafen von Noˆnel ist vermutlich identisch mit jener der fünf Graljungfrauen, die in Vers 806.15 Floˆrıˆe von Lunel genannt wird.95 Bereits im Lachmann-Text müsste daher eine der beiden Herkunftsbezeichnungen (Noˆnel versus Lunel) ‚falsch‘ sein.96 Die Herkunftsbezeichnung in *T (Jonel) steht den Namensformen Hartmanns und Chre´tiens insofern näher, als eine Vertauschung von anlautendem L mit I/J in den Handschriften auch sonst des Öfteren nachzuweisen ist.97 Die Namensform Scharivs in Vers 234.13 dürfte – aufgrund der Wiedergabe von J durch die Affrikate – darauf hindeuten, dass für den Namen französische Herkunft angenommen wurde. In Hartmanns ›Erec‹ (2074 f.) tritt allerdings wie im Lachmann-Text ein Jernis von Riel auf, in Chre´tiens ›Erec‹ (1985) hingegen ein Kerrins li viauz rois de Riel.98 Darüber hinaus weichen die *T-Vertreter geschlossen in der Satzkonstruktion ab. Die Geschlossenheit der Textzeugen von *T in Textbestand und Textformulierung in den untersuchten Abschnitten wird häufig durch die Manipulationen in V überdeckt.99 Der zunächst abgeschriebene Text von V gehörte *T an. Die *T-Lesarten wurden jedoch in vielen Fällen zugunsten der Vorlage von *m, in geringerer Zahl zugunsten von *QR verändert. Dies lässt sich zwar in den meisten Fällen nicht eindeutig beweisen, da der Text unter den Korrekturen in der Regel mit freiem Auge nicht mehr erkennbar ist; aufgrund der Fülle der Belege ist die Tendenz jedoch offensichtlich. Einen Orientierungspunkt bieten hierfür die nachträglich ergänzten Minusverse von *T. In den untersuchten Bereich fallen: 94 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 216 f. [Komm. zu 234.12 und 234.13]; Nellmann, Kommentar, S. 578 [zu 234.12 f.]; zurückhaltend allerdings Wand, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, S. 93, und Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 99 [Komm. zu 234.12]. 95 Vgl. die Zusammenstellung bei Wand, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, S. 93; weiters Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 216 f. [Komm. zu 234.12]; Nellmann, Kommentar, S. 578 [zu 234.12 f.]; Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 99 [Komm. zu 234.12]. In den an dieser Stelle zu *T*QR zu rechnenden Handschriften lautet der Vers 806.15: Q: florie vnd ju´nel; R, U: Florie vnd zvnel. 96 Die Entscheidung Lachmanns, dem Wortlaut der Haupthandschriften zu folgen und die Namen nicht aufeinander abzustimmen, war hingegen sicherlich richtig, da die Identität der beiden Damen zwar wahrscheinlich, aber eben nicht sicher ist. Darüber hinaus ist nicht zu entscheiden, welcher der beiden Namen der ‚richtige‘ ist. 97 Siehe Abschnitt IV.5 (S. 371). 98 Vgl. die Zusammenstellung bei Wand, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, S. 94 f. Handschrift G liest Kernis! 99 Siehe Abschnitt II.4.1 (S. 109 ff.).

Die Binnengliederung von *T 1.

v

e

Daz begunde ir ogen )u))en e E. )u´ enphiengen )in gru))en [V = La 244.5– 6]

145

–––– –––– [T U W]

Die Verse 244.5– 6 fehlen innerhalb der Gesamtüberlieferung nur in den *T-Handschriften T U W.100 Es handelt sich somit um gruppenkonstituierende Minusverse. In V wurde das Fehlen der beiden Verse nach einem Vergleich mit den weiteren vorhandenen Handschriften bemerkt und auf Blatt 40rb zunächst am Rand notiert.101 Dann wurden die Verse im Umfeld102 zur Gänze radiert und in gedrängter Form erneut abgeschrieben, diesmal mit den ergänzten Minusversen. Abschließend wurden die am Rand vorgeschriebenen und teilweise noch lesbaren103 Verse radiert. 2.

Niht langer er habte Va)te vf die brucke er trabte [V 247.19–20]104

–––– –––– [T U W]

Derselbe Vorgang wurde auf Blatt 40vb anhand der ebenfalls nur in T U W fehlenden Verse 247.19–20 wiederholt.105 Erneut wurden die zu ergänzenden Verse am Rand vorgeschrieben,106 das Versumfeld radiert und wiederholt abgeschrieben.107 In beiden Fällen steht fest, dass ein ursprünglicher *T-Textbestand nach anderen Vorlagen ergänzt und somit verändert wurde. In vereinzelten Fällen ist der unter den Korrekturen verborgene Texte noch mit freiem Auge erkennbar. Häufig, wenngleich nicht in jedem Fall, verbirgt sich unter der Korrektur der ursprüngliche *T-Text: [Sv´ *prach] lant mich bi wizzen [V 244.20 = La]

Nein hre lat mich bi witzen [T U W]

Die abweichenden Versbestandteile Sv´ *prach stehen in V auf Rasur, der durch die Korrektur entstandene Freiraum wurde – wie in diesem Codex auch sonst häufig – mit einer roten Wellenlinie überbrückt. Unter der Korrektur sind noch deutlich die Buchstabenreste der *T-Lesart N [?]. . .herre zu erkennen.108 Doch auch dort, wo der von der Korrektur verdeckte Text nicht mehr zu lesen ist, macht die Position des Eingriffs es häufig wahrscheinlich, dass die ursprüngliche Version zu *T gehörte. Ein einziger Buchstabe wurde im Landesnamen Broˆbarz (La 224.30) 100 Vgl. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, Tabelle S. 615. 101 Vgl. auch Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 363, Anm. 52. 102 Verse 243.28–244.10; anschließend folgt eine Initiale. 103 Der noch erkennbare Rest der Marginalie : Daz begunde i[. . .]*en // E *[. . .] enpfiengen *[. . .] g[. . .]en. 104 doˆ habte La. 105 Vgl. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, Verzeichnis der Plusund Minusverse, S. 615. Zur Korrektur vgl. auch Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 363, Anm. 52. 106 Noch lesbar: Niht langer [. . .] h[. . .]e // va*te vf die b[. . .]. 107 Verse 247.8–20; anschließend folgt eine Initiale. 108 Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 357, Anm. 32.

146

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

gegenüber der *T-Lesart Brebarz, die den Namensformen in Hartmanns und Chre´tiens ›Erec‹ näher steht,109 verändert: o

Kom in daz lant zv br[o]barz [V 224.30]

com in dc lant ze Brebarz [T U W]

Die Korrektur einzelner Wörter, die exakt die Abweichung von *T zum Lachmann-Text markieren, mag folgendes Beispiel veranschaulichen: Die ritte [bat] do parzifal [V 243.4 = La]

die ritere hiez do parzifal [T U W]

Offensichtlich nahmen die Redaktoren die Korrekturen im Wesentlichen mit Blick auf die zweite Vorlage und weniger aus Rücksicht auf inhaltliche Aspekte vor. Jedenfalls ist es erstaunlich, dass auch solche kaum wahrnehmbaren semantischen Differenzen – das zurückhaltendere biten wurde anstelle des befehlerischen heizen gesetzt – der Korrektur für wert befunden wurden. In dieselbe Kategorie gehört: o

[Trugen] drie vf henden blang [V 244.14 = La]

brahten drıˆe vf handen blanc [T U W]

Ebenso wurden kleinere Wortgruppen ausgetauscht, auch wenn keine wesentlichen Auswirkungen auf den Sinngehalt des Textes zu erkennen sind: [Hre ir *ollent] willekome *in [V 227.2 = La]

So +vlt ir willecome )in [T U W]

Sv´ giengen [vf einen] palas [V 229.23 = La]

Si giengen gegn dem palas [T U W]

Besonders deutlich ist das Korrekturverhalten von V an folgender Passage abzulesen: In die burc der küene reit, uˆf einen hof wıˆt unde breit. durch schimpf er niht zetretet was daˆ stuont al kurz grüene gras [La 227.7–10]

[. . .] da )tvnt al cvrz cleine gras dvrch )chimpf ez niht zer trettet wa) [T U W] o

e

Do )tvnt alkvrz [grune graz] Dvrch )chinpf ez niht zertretet waz [V] Die abweichende Reihung der Verse 227.9–10 scheidet die *T-Handschriften von den übrigen Textzeugen.110 Das Personalpronomen er verweist im Lachmann-Text auf den Hof, in den Parzival einreitet. Aufgrund der abweichenden Textfolge erscheint in *T hingegen das Pronomen ez, das sich auf das von Turnieren unberührte Gras (des Hofes) bezieht. Dieses wiederum ist bei Lachmann kurz und grün, in *T wird es hingegen tautologisch als curz und clein beschrieben.111 V behält nun die Versfolge und das 109 In Hartmanns ›Erec‹ heißt ein Artusritter Garedeas von Brebas (1652), im Text Chre´tiens Karadues Brie´braz (1719); vgl. Wand, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, S. 75 [mit den Lesarten der Handschriften]. 110 Vgl. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, Tabelle, S. 614.

Die Binnengliederung von *T

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Pronomen von *T bei, ändert jedoch allem Anschein nach das zweite Adjektiv nach einer der beiden weiteren Vorlagen; denn dass ausgerechnet die von *T abweichende Stelle in einem ansonsten mit *T übereinstimmenden Umfeld auf Rasur steht, kann schwerlich ein Zufall sein. Der vermeintliche Konfliktreichtum innerhalb von *T hängt zu einem großen Teil mit dem wechselhaften Verhalten der Handschrift V zusammen. Obwohl der originale Text unter den Korrekturen in der Regel nicht mehr gelesen werden kann und obwohl die Rasuren auch anderen Zwecken als dem Ineinanderarbeiten mehrerer Vorlagen dienten,112 so lässt doch die Position v. a. der Rasuren113 in einem Vers häufig erkennen, dass sich dahinter wahrscheinlich eine *T-Lesart verbirgt. Die zuletzt angeführten Beispiele müssten aufgrund der lesbaren Textgestalt von V sämtlich einer Untergruppe ‚T U W‘ zugeschlagen werden,114 was aber nicht den Tatsachen entspräche. Für diese Konstellation gibt es nur eine verschwindende Zahl an Belegen, in denen V keine Positionskorrektur aufweist, u. a.: niergent bi im ligen vant [V 229.11]115

bi im ligen niend vant [T U W]

Eine beweiskräftige Abweichung für die Kombination T U W ist im untersuchten Bereich nicht zu finden. Selbst wenn sich hinter einer solchen Positionskorrektur in dem einen oder anderen Fall kein *T-Text verbergen sollte, ist die Tendenz doch offensichtlich. Man wird wohl nur selten irregehen, wenn man die Belege T U W plus Positionskorrektur V generell zu den ohnehin in der Überzahl befindlichen Belegen für *T zählt. Ähnliche Probleme ergeben sich bei der Beurteilung einer Untergruppe T U. Auch hier finden sich zahlreiche Positionskorrekturen in V, die eher für eine Kombination T U V als für T U sprechen. Als besonders schwierig zu beurteilen erweist sich folgender Fall: Von de[m] (Rasur?) [ *pa¯bette] er trat von d hert +tat er trat [V 242.19]116 [T U] Von dem wirte er do trat [W] 111 Zur Symbolik des grünen Rasens an dieser Stelle vgl. Schmid, Der maere wildenaere oder die Angst des Dichters vor der Vorlage, S. 109 [Grün als „Totenfarbe“]. 112 Häufig wurden die Rasuren unter dialektalen Gesichtspunkten durchgeführt. Beispielsweise wurde das Personalpronomen in der 3. Pers. Sing. und Pl. regelmäßig zu sv´, auslautendes c häufig zu -g (z. B. Blatt 37vb: babenber[g]) korrigiert. Diese dialektal bedingten Korrekturen sind aber zumeist als solche durchaus zu erkennen. 113 Die Überklebungen scheinen primär dem Reparieren schadhafter Stellen im Pergament gedient zu haben (vgl. Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 358). Zu den verschiedenen Arten der Korrekturen und deren Bedeutung für die Textbearbeitung vgl. ebd., S. 359 f. 114 Die meisten der von Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textreproduktion, S. 70, genannten Widersprüche, worunter gerade die Opposition T U V : T U W hervorgehoben wird, sind auf diese Weise aufzulösen. Die Verfasser arbeiteten wohl anhand von Mikrofilmen, welche die Korrekturen in V nicht erkennen lassen. 115 Ninder La. 116 vome spanbette trat La.

148

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Dass *pa¯bette auf Rasur steht, ist anhand des Digitalfaksimiles gut zu erkennen. Fraglich ist hingegen, ob auch an dem bestimmten Artikel dem eine Korrektur vorgenommen wurde. Das sächliche / männliche Geschlecht des Artikels im dritten Fall würde zur Lesung spanbette (La) ebenso passen wie zur W-Lesart wirte. Betrachtet man die Korrektur von *pa¯bette jedoch genauer, so kann man noch die Konturen eines ursprünglichen h mit dem weit unter die Zeile gezogenen Bogen unter dem Schaft-s erkennen, was deutlich auf die T U-Lesart hert *tat hinweist. Damit ließe sich nun aber das Geschlecht des Artikels nicht vereinbaren. Doch dürfte auch das m in dem manipuliert worden sein, da der erste senkrechte Schaft am unteren Ende leicht nach rechts ausgeschwungen ist, was ein ursprüngliches r vermuten lässt. Die erkennbaren Reste der ursprünglichen Textfassung deuten demnach eher auf die Lesart von T U und somit auf die Kombination T U V hin.117 Im Übrigen sind alle drei angeführten Lesarten sinnvoll: Parzival erhebt sich nach Abschluss der Gralprozession vom spanbette (Lachmann nach den Handschriften), das vor der mittleren hert stat (*T) aufgestellt wurde. Die Bezeichnung hert stat wird in *T auch 230.16 gebraucht, während im Lachmann-Text immer von einer fiwerstat die Rede ist.118 Die Lesart von W (Von dem wirte er do trat) drückt den beginnenden Rückzug Parzivals in das Schlafgemach aus. Aufgrund der häufigen Korrekturen in V und aufgrund der Tatsache, dass ganze Blätter in V nach einer Vorlage von *m neu geschrieben worden sind,119 sind selbst Belege, die eine schärfere Konturierung der Untergruppe T U ermöglichen, verhältnismäßig selten. Zwei Beispiele seien angeführt: [. . .] haˆt, swie truˆrc wir anders sıˆn [La V 229.17]

Artvs der mei[ge¯bere man] [V 281.16 = La]

hat. )wie trvric wir +elbe )in [T U] hat. wie traurig wir alle sein [W] v

Artv) d nıwebeˆre man [T U] Artus der lobebere man [W]

Einen deutlichen Hinweis auf die enge Verwandtschaft von T und U bietet allerdings der fehlende Vers 399.20: naˆch heiden worte strıˆte [La V W]

–––– [T U]

Dieser Vers fehlt nicht bloß in T und U; vielmehr wurde in beiden Handschriften zusätzlich die Zeile freigelassen und der Textverlust auf diese Weise markiert. Ob der Vers ursprünglich auch in V fehlte, lässt sich nicht mehr feststellen, da Blatt 64 zu jenen Blättern gehört, die nach einer *m-Vorlage ergänzt wurden. 117 Im Rahmen einer Fassungsedition von *T wäre es ratsam, die Lesarten von V im Apparat anzuführen und die Positionen der Korrekturen möglichst präzise zu kennzeichnen. 118 Zum Begriff fiwerstat vgl. Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 67 [Komm. zu 230.16]. 119 Die Belege in Anhang V.1.3 (S. 389) für den Beginn des achten Buches (398.1– 407.30) sind für einen Nachweis der Untergruppe T U daher nicht geeignet.

Die Binnengliederung von *T

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Eine Sonderstellung innerhalb von *T nimmt der Druck W ein. Abgesehen von den zahlreichen Einzellesarten bietet W häufig parallele Lesarten zum Kerntextbestand, wo T U V geschlossen abweichende *T-Lesarten aufweisen, und zwar auch abseits jener Passagen, die sicher nach einer *m-Vorlage abgeschrieben wurden, z. B.: Vn¯ begunde wackerleiche draben [W 226.11 = La]120

vn¯ begvnde werliche draben [T U V]

Der werde ku´nig va)te )chlieff [W 285.13 = La]

d kvnec dannoch va)te )lief [T U V]

Die zwei Plusverse nach 280.22, die T U V gegen den Kerntextbestand aufweisen, sind im Druck nicht enthalten, während die übrigen *T-Plusverse von W geteilt werden. Das wechselhafte Verhalten von W ist im Einzelnen nicht nachvollziehbar. Gesichert ist lediglich die Zugehörigkeit zu *T. Die genauere Position innerhalb dieser Gruppe entzieht sich hingegen der Bestimmbarkeit.121

Insgesamt präsentiert sich die Fassung *T in den untersuchten Abschnitten in erstaunlicher Geschlossenheit. Hartl hatte, indem er die ersten vier Bücher als Untersuchungsgrundlage wählte, auch gehöriges Pech: Immerhin fallen in diesen Bereich die Vorlagenwechsel in W und v. a. in T, was der ersten Orientierung und der Bestimmung dieser äußerst komplexen Gruppe sicher nicht förderlich war. Hartls Bild einer heterogenen Gruppierung, in der beinahe jede denkbare Kombination möglich schien und die die Ansetzung einer Vielzahl hypothetischer Kontaminationsvorgänge in den Vorstufen erforderlich machte, ist daher entsprechend verzeichnet. Den Vorlagenwechsel in T erkannte er erst spät. Konsequenzen für die allem Anschein nach bereits davor fixierten Untergruppierungen122 zog er praktisch keine, was ein völlig desperates Bild der internen Verwandtschaftsverhältnisse zur Folge hatte. Diese zeigen sich indes deutlich geordneter und übersichtlicher, als nach Hartls Studie zu erwarten gewesen wäre. Eine Schlüsselstellung für die Untersuchung der Binnenvarianz in *T kommt hierbei der Handschrift V zu. V wurde zunächst nach einer *T-Vorlage geschrieben und dann nach zwei weiteren Handschriften korrigiert.123 Die endgültige Textgestalt ist ein Mischtext. Obwohl der unter den Korrekturen verborgene Text in den meisten Fällen nicht mehr lesbar ist, deutet die Position der Rasuren innerhalb eines Verses häufig deutlich auf den ursprünglichen *T-Wortlaut hin. Selbst wenn 120 Vn¯] er La. 121 Es ist denkbar, dass der Text von W – ähnlich wie V – das Produkt späteren Ineinanderarbeitens zweier oder mehrerer Vorlagen ist. Es ist jedoch ebenso möglich, dass die häufigen Übereinstimmungen mit dem Kerntextbestand gegen *T auf eine frühere Stufe von *T zurückgeht (diese Überlegung dürfte dem Stemma von Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 110, zugrunde liegen). 122 Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, bes. S. 50–87. 123 Siehe Abschnitt II.4.1 (S. 109 ff.).

150

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

die Zuordnung zu *T in dem einen oder anderen Fall in die Irre führen sollte, ist die generelle Tendenz offensichtlich. Die Zahl der Stellen, in denen alle vier Vertreter von *T übereinstimmen, ist auch abseits der korrigierten Verse in V sehr hoch. Nimmt man die Verse mit Positionskorrekturen in V hinzu, ergibt sich ein überaus homogenes Bild von *T. Den Kern von *T bilden die Vertreter T U V. Die von Bonath auf der Basis von Hartls Material geäußerte Vermutung einer Untergruppierung V W124 entbehrt – zumindest, was den untersuchten Textbereich betrifft – der Grundlage. Die Zweifel von Kochendörfer/ Schirok an Bonaths Hypothese hatten somit durchaus ihre Berechtigung.125 Innerhalb der weitgehend geschlossen auftretenden Gruppierung T U V sind die Handschriften T und U enger miteinander verwandt. Diese auf Hartl zurückgehende Beobachtung wurde bereits durch die Untersuchungen von Kochendörfer / Schirok bestätigt. Im hier untersuchten Textbereich ist v. a. der markierte Textverlust bei 399.20 in beiden Handschriften beweiskräftig. Die Binnenvarianz innerhalb der Gruppe T U V übersteigt das übliche Maß epischer Variation nicht. Eine schwer zu definierende Sonderstellung innerhalb von *T nimmt hingegen der Druck W ein. Obwohl es so zahlreiche Übereinstimmungen mit T U V gibt, dass die Zugehörigkeit zu *T gesichert ist, liest W häufig mit dem Kerntextbestand, wo T U V alternative Lesarten aufweisen. Darüber hinaus bietet W zahlreiche Einzellesarten. Mit einiger Sicherheit haben sich in diesem spätesten Erzeugnis der ›Parzival‹-Überlieferung mehrere Textschichten übereinander gelegt, die jedoch im Detail nicht mehr freizulegen sind. Für Fassungsanalyse und Fassungsedition ergeben sich folgende Konsequenzen: Als Leithandschrift muss – mit Ausnahme des Bereichs 36.15–157.25, wo zwei Redaktionen parallel zu berücksichtigen sind – die älteste und beste Handschrift T herangezogen werden. Zur Kontrolle dient in erster Linie die Handschrift U, die trotz ihrer eher mangelhaften Textqualität aufgrund ihres unkontaminierten Textzustands und aufgrund ihrer engen Verwandtschaft zu T einen durchaus zuverlässigen Textzeugen abgibt. Da insgesamt drei Vorlagen ineinander gearbeitet sind, kann V nur mitverglichen werden, wobei der Angabe von Art und Position der häufigen Korrekturen große Bedeutung zukommt. Gleiches gilt für den Druck W, der aufgrund seiner individuellen Textgestaltung für eine Fassungsanalyse wenig geeignet ist. W empfiehlt sich für eine Einzeltextanalyse. Er ist ein Dokument dafür, wie ein Text des frühen 13. Jahrhunderts rund drei Jahrhunderte später verstanden – und eben auch nicht mehr verstanden – wurde.

124 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 49. 125 Vgl. Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 110.

III.2 Das Verhältnis von *T zu *D und *G III.2.1 Textbestand III.2.1.1 Die Minusverse von *D im Verhältnis zu *T Die Vertreter der Gruppe *D weisen quantitativ den höchsten Textbestand auf. Die dieser Gruppe eigenen, relativ wenigen Minusverse können als ein Abgrenzungskriterium gegenüber den anderen Handschriften betrachtet werden:126 17.1–2 52.3–8 101.3– 4 103.3– 4 140.1–2 172.5– 6 185.17–18 203.23–24 654.25–26

[Z]

[QRVW; TU om.]

*T teilt die Minusverse nicht, mit Ausnahme des Textausfalls des Verspaares 654.25–26, an dem neben den *T-Handschriften auch Q und R partizipieren, die in diesem Abschnitt bereits weitgehend parallel mit *T verlaufen.127

III.2.1.2 Die Minusverse von *G im Verhältnis zu *T Zieht man hingegen jene Minusverse zum Vergleich mit *T heran, die als klassenkonstituierend für *G anzusehen sind, ergibt sich ein anderes Bild. Es ist für die folgende Aufstellung wiederum zu berücksichtigen, dass V ab Beginn des fünfzehnten Buches (734.1) und W ab 761.15 einer Vorlage aus *m folgen,128 *T also nicht mehr repräsentieren. Da zugleich T nur bis 572.30 reicht, vertritt U im Bereich der letzten beiden Bücher *T alleine:129

126 In eckiger Klammer stehen jene Handschriften, die außerhalb von *D die Lücke teilen. 127 Siehe Abschnitt III.2.2.1 (S. 161 ff.). 128 Siehe dazu die Skizze in Abschnitt III.3 (S. 256). 129 In eckiger Klammer stehen jene Handschriften, die den Textausfall von *G nicht teilen.

152

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

140.11–14 159.3– 4 163.25–28 208.21–22 290.29–30 318.5–8 323.7–8 328.27–28 336.1–337.30 584.15–18 589.27–29 595.3– 4 597.25–26 653.11–14 654.23–24 699.9–12 736.15–16 736.23–24 770.5–30 772.3–23 793.21–22

Textausfall

kein Textausfall

GIOLM GIOLMQR GIOLM GIOLMZ GIOLMQZ *T GIOLMQRZ TUW GIOLMZ TUW GIOLM TUW GIOLM GILM GILM GILMQR VW GILM GILM GILM GILM GILMQRZ UW GILMQRZ UW GILMZ GILMZ GIMZ

*T QRZ *T Z *T QRZ *T QR [R: 288.15–293.2 om.] V [L om.] V QR V QR Z *T QR Z VW QR Z [O TU om.] VW QR Z [O TU om.] [O TU om.] VW QR Z [O TU om.] VW QR Z [O TU om.] VW QR Z [O TU om.]130 UVW QR Z [O T om.] V [O T om.] V [O T om.] UVW Q [O T R om.] UVW Q [O T R om.] UVW QR [T und O, L 793.17–24 om.]

Die Verteilung der gruppenkonstituierenden Minusverse von *G zeigt, dass die Vertreter von *T in einer bemerkenswert hohen Zahl an Fällen den Textbestand von *D aufweisen und nur in ganz wenigen Fällen mit *G parallel verlaufen. Eduard Hartl hat die Minusverse von *T zwar in Einzelfällen notiert, jedoch an keiner Stelle daraus Rückschlüsse auf die Position von *T im Gesamtverbund der Überlieferung gezogen. Aus der Verteilung der Minusverse ist allerdings zu 130 Die Verteilung der Minusverse im Bereich 654.23–26 ist hinsichtlich der Handschriftengruppierungen besonders aufschlussreich: Sämtliche vier Verse sind ausschließlich in Z vorhanden. Ansonsten fehlen die Verse 654.23–24 in G I L M, 654.25–26 hingegen in D m n o Q R V W (O T U om.). Lachmann hat alle vier Verse in seine Ausgabe integriert: Gaˆwaˆns sorge gar verswant: / niht wan freud er im herzen vant / Gaˆwaˆn uˆz sorge in fröude trat / den knappen erz verswıˆgen bat (La 654.23–26). Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 125 f., spricht zwar von einer „unschönen Wiederholung“ (S. 126), hält aber an der ‚Echtheit‘ beider Verspaare fest. Sie versteht „die Wiederholung der antithetischen Begriffe sorge / freude als rhetorische Ausschmückung [. . .], wenngleich sie nicht sehr geschickt ist“ (S. 126). Auf die komplexe und wenig überzeugende Argumentation, die zu diesem Ergebnis führte, muss hier nicht näher eingegangen werden. In einer Edition nach Fassungen, die einfach Textzustände dokumentiert, ohne auf spekulative Begründungen für Textsynthesen angewiesen zu sein, würde sich dieses Problem nicht stellen.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

153

schließen, dass die Vertreter von *T keinesfalls mit *G parallel verlaufen, sondern dass sie vielmehr eine Zwischenstellung zwischen *D und *G einnehmen, wenn man den Umstand mit einbezieht, dass *T auch nicht – abgesehen von den Versen 793.21f. – die gruppenkonstituierenden Minusverse von *D teilt.131 Zudem ist aus der Aufstellung zu ersehen, dass sich die Handschriften Q und R, die nach Bonath auf eine Vorlage *QR zurückzuführen sind,132 mit wenigen Ausnahmen wie jene von *T verhalten.133 Schwer zu bestimmen ist hingegen die Stellung der Handschrift Z, die zwischen den Gruppierungen GI(O)LM und *T*QR häufig wechselt. Eine textund überlieferungsgeschichtlich orientierte Untersuchung dieser Handschrift – der Heidelberger Cpg 364 ist Bestandteil einer ‚Gesamtausgabe‘ von Wolframs Werken134 –, stellt ein dringliches Desiderat in der ›Parzival‹-Forschung dar.135 In der Folge soll der prominenteste Textausfall von *G, der von *T ebenso wie von Q R und Z nicht geteilt wird, ausführlicher behandelt werden: die Abschnitte 336–337, deren Fehlen üblicherweise mit Überlegungen zu einer ‚Teilveröffentlichung‘ der ersten sechs Bücher des ›Parzival‹ verknüpft wird. III.2.1.3 Die Zwischenstellung von *T am Beispiel der Abschnitte 336 und 337 Die beiden Dreißiger 336 und 337 fanden früh die Aufmerksamkeit der ›Parzival‹-Forschung,136 scheinen hier doch inhaltliche Komponenten (Ankündigung des Textabbruchs) und der Überlieferungsbefund (Wegfall in zahlreichen *GHandschriften) einen deutlichen Hinweis auf entstehungs-, mindestens aber auf überlieferungsgeschichtliche Entwicklungsprozesse zu geben. Eine solch günstige Konstellation vermeintlich ‚sprechender‘ Überlieferung ist – nicht nur im Falle des ›Parzival‹ – eine Seltenheit: 131 Siehe Abschnitt III.2.1.1 (S. 151). 132 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 210–216. 133 Zu den Berührungspunkten von *T und *QR siehe Abschnitt III.2.2.1 (S. 161 ff.). 134 Hierzu Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 38: „Die Hs. ist Bestandteil einer Gesamtausgabe der im Mittelalter Wolfram zugeschriebenen Werke, zu der noch Cpg. 383 und Cpg. 404 gehören, die den ›Jüngeren Titurel‹ und den ›Willehalm‹ mit der Vorgeschichte Ulrichs von dem Türlin und der Fortsetzung Ulrichs von Türheim enthalten.“ 135 Eine detaillierte Beschreibung des Codex und eine ausführliche Dokumentation des Forschungsstandes bietet die Katalogbeschreibung von Miller, Cod. Pal. germ. 364. 136 Die ältere Literatur ist verzeichnet bei Kratz, Wolfram von Eschenbach’s ›Parzival‹ [Kap. ‚The Genesis of ›Parzival‹‘], S. 167–171. Zuletzt versuchte Thomas Elwood Hart, Proportionale Textgestaltung als Verkörperung literarischer Theorie, einen zahlenkompositorischen Zusammenhang zwischen ‚Selbstverteidigung‘ und dem Abschnitt 337 nachzuweisen.

154

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Die unsicheren Arbeitsbedingungen, denen die Verfasser längerer Epen ausgesetzt waren, die Abhängigkeit der Dichter von den Wünschen der Auftraggeber und des Publikums sowie die Unberechenbarkeit anderer Störfaktoren lassen es als wahrscheinlich erscheinen, dass die umfangreichen Werke in vielen Fällen nicht auf einmal entstanden sind und dass sie nicht erst nach der Fertigstellung des Ganzen bekannt gemacht worden sind, sondern dass es Frühfassungen, Teilveröffentlichungen, Vortragskladden, Überarbeitungen, Umwidmungen und Parallelversionen gegeben hat. Da jedoch die handschriftliche Überlieferung der Werke in der Regel erst Jahrzehnte später einsetzt, ist nicht damit zu rechnen, dass es gelingt, ein gesichertes Bild der Frühgeschichte der Texte zu gewinnen.137

Die zwei Dreißiger sind am Übergang von Buch VI zu Buch VII angesiedelt und befinden sich damit an der zentralen Position des Protagonistenwechsels: Gawan tritt anstelle von Parzival in das Zentrum der Handlung. Inhaltlich sind die beiden Textstücke nur lose miteinander verbunden. Im 336. Dreißiger wird über den Verbleib und das weitere Schicksal einiger Figuren nach der Verabschiedung der beiden zentralen Protagonisten berichtet (Aufbruch Ekubas und der restlichen Artusgesellschaft, Hochzeit Cunnewares und Clamides sowie deren Heimkehr nach Brandigan in Begleitung von Orilus und Jeschute, Krönung Cunnewares), während der 337. Dreißiger „Epilogcharakter“138 trägt: Mit deutlichen Anklängen an die ‚Selbstverteidigung‘ lässt Wolfram nochmals die wichtigsten Frauenfiguren der bisherigen Handlung Revue passieren. Beschlossen wird der Dreißiger mit einer fingierten oder tatsächlichen Abbruchsdrohung.139 Für den Fortgang der Handlung sind die beiden Dreißiger entbehrlich, sie dienen der Abrundung und Endführung eines ersten Erzählkomplexes. Der 335. Dreißiger endet mit dem Abschied Gawans, dem Träger des kommenden Geschehens, dem 137 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 248 f. Ähnlich äußerte sich auch Werner Schröder, Aspekte und Lehren der ›Arabel‹-Überlieferung, S. 89: „Das heißt nicht, daß sie [die Möglichkeit einer Zweitfassung eines Textes] prinzipiell ausgeschlossen wäre. Wir wissen von der Entstehungsweise umfangreicher mittelhochdeutscher Epen und Romane wenig. Für den ›Parzival‹ hat man schon immer mit Arbeitsunterbrechungen und Entstehungsschichten gerechnet. Sicher zu Recht, aber wir besitzen nur das fertige Werk. Ein Roman von Tausenden von Versen läßt sich nicht auf einen Sitz und gleich ins Reine schreiben. Es ist mit Entwürfen und sukzessiver Fertigstellung zu rechnen, und schon vor dem Abschluß des Werkes können, werden Teile davon publik gemacht worden sein. Falls sie in Umlauf kamen, blieben diese von einer denkbaren Schlußredaktion ausgeschlossen und konnten in dieser Gestalt in spätere Abschriften eingehen. Entwürfe auf Wachstafeln hatten keine Chance zu überdauern, aber auch Teilpublikationen kennen wir nicht.“ 138 Nellmann, Kommentar, S. 625 [zu 337.1–30]; ebenso Bumke, Mäzene im Mittelalter, S. 19. 139 Vgl. Nellmann, Wolframs Erzähltechnik, S. 94 f. und 161, Anm. 21. Nellmann erwägt sowohl ein „Spannungsmanöver“ als auch die Möglichkeit biographischer Deutung.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

155

auch der an 336–337 anschließende ‚Zwischenprolog‘ (338) gewidmet ist. Dem Leser einer jener *G-Handschriften, die die beiden Dreißiger nicht enthalten, wird diese ‚Lücke‘ wohl nicht aufgefallen sein, zumal die dort gebotene Textfassung – abgesehen vom Zwischenprolog – durchaus Chre´tien entspricht, der den Protagonistenwechsel nicht eigens markiert und dem Aufbruch Gawans unvermittelt die Schilderung seiner Taten folgen lässt. Chre´tien begnügt sich mit dem kurzen Hinweis, dass nun Gauvain für längere Zeit im Mittelpunkt stehen wird: Des aventures qu’il [Gauvain] trova / M’orre´s conter molt longuement (Verse 4814–15).140 Bumke vertrat in der ersten Auflage seines Wolfram-Bandes aus dem Jahr 1964 die Auffassung, dass es sich bei den beiden Dreißigern 336 und 337 „offenbar [. ..] um eine Partie [handelt], die einer früheren Textschicht angehörte und bei der endgültigen Redaktion ausgeschieden wurde.“141 In der aktuellen achten Auflage klingt dies etwas zurückhaltender, die Möglichkeit einer Teilveröffentlichung wird aber weiterhin erwogen: „Auch die Tatsache, daß die letzten beiden Dreißiger des 6. Buchs [...] in den meisten Handschriften der Klasse *G fehlen, ist vielleicht entstehungsgeschichtlich zu erklären. Jedenfalls ist damit zu rechnen, daß die Arbeit an dieser Stelle zeitweilig unterbrochen wurde. Das könnte bedeuten, daß es eine Frühfassung des ›Parzival‹ gegeben hat, die nur bis zum Ende von Buch VI reichte.“142 Bonath hingegen hielt zwar das nachträgliche Ausscheiden von 337 für „nicht ganz unwahrscheinlich“, wandte sich jedoch entschieden gegen die Vermutung einer bewussten – vorzeitigen oder nachträglichen – Manipulation der beiden Textstücke: „Es geht nicht an, diese beiden inhaltlich verschiedenen Abschnitte über einen Kamm zu scheren und in irgendeiner Form mit dem Gedanken einer vorzeitigen Kopie in dem einen oder dem anderen Textzweig oder gar mit dem Gedanken einer Separatedition der Bücher I–VI zu verbinden.“143 Einzig Menhardts These144 des mechanischen Verlusts jenes Blattes, 140 Zur abweichenden Gestaltung des Übergangs durch Wolfram vgl. ausführlich Zimmermann, Kommentar zum VII. Buch von Wolfram von Eschenbachs ›Parzival‹, S. 22–26 [zu 338.1–339.11], Nellmann, Kommentar, S. 626 [zu 338.1–30] und Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 206 f. 141 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 1. Aufl., S. 26 f. Im Jahr 1979 bewertete Bumke das Fehlen der beiden Dreißiger als „sichere[n] Anhaltspunkt [. . .] dafür, daß die Störung der Arbeit, die offenbar in dem Verhältnis des Dichters zu einer Dame ihren Ursprung hatte, sich bis in die Überlieferungsgeschichte des Epos hinein ausgewirkt hat.“ Bumke, Mäzene im Mittelalter, S. 20. 142 Joachim Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 247 f. 143 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 128. 144 Vgl. Menhardt, Wolframs ‚Selbstverteidigung‘ und die Einleitung zum Parzival, S. 239: „*G besaß die Stelle wohl deshalb nicht, weil das Blatt aus seiner Vorlage herausgeglitten war; es war dem Handexemplar Wolframs nur beigelegt gewesen,

156

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

das die beiden Dreißiger enthielt, erschien ihr plausibel.145 Bonaths rigider Skeptizismus ist allerdings verwunderlich, denn dass ein derart markanter Textausfall an solch prominenter Stelle lediglich der Zufälligkeit des Überlieferungsprozesses zuzuschreiben sein sollte, wäre doch sehr merkwürdig. Umso mehr überrascht in diesem Zusammenhang die mit großer Selbstsicherheit vorgetragene, Grundannahmen Lachmanns ausbauende These,146 die ‚Selbstverteidigung‘ stehe an der falschen Stelle, wofür es bei unvoreingenommener Betrachtung kaum einen Anhaltspunkt und schon gar keinen Beweis gibt.147 Die bislang umfassendste und detaillierteste Arbeit widmeten Günter Kochendörfer und Bernd Schirok dieser Problematik.148 Die Ergebnisse dieser bemerkenswerten Monographie, deren experimenteller, computertechnischer Zugang die wissenschaftliche Rezeption allerdings stark beeinträchtigt hat, werden in der Folge ausführlicher dargestellt, da sie auch hinsichtlich der Stellung von *T im Gesamtverbund der Überlieferung aussagekräftig sind. Die auf maschinelle Textverarbeitung ausgerichtete Siglierung der Handschriften wird dem Heinzle’schen System angepasst.149 Der Text von 336–337 ist nur in den Handschriften D m n o Q R T U V W Z überliefert. Die Handschriften G I L M O sowie das Fragment 39 (A) enthalten die 60 Verse nicht. Durch Rekonstruktion konnte ermittelt werden, dass das *QR

145 146

147 148

149

vermutlich am Schluß der 10. Lage, wenn wir annehmen, daß der Dichter seine Verse in eine zweispaltige Handschrift zu 30 bis 32 Zeilen auf der Spalte eintrug.“ Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 128. Vgl. Wolfram von Eschenbach (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XIV : „[. . .] hingegen die beiden absätze 114,5–116,4, welche nach der Sangaller handschrift noch zum zweiten buche gehören, habe ich abgesondert, weil es mir deutlich zu sein schien daß sie der dichter erst später hinzugefügt hat, als der anfang des dritten buches und der darin ausgesprochene tadel der weiber anstoß gegeben hatte.“ Lachmann ging demnach nur von der nachträglichen Einfügung der ‚Selbstverteidigung‘ aus, hielt aber grundsätzlich die Position für richtig. Die Annahme, die ‚Selbstverteidigung‘ habe ursprünglich an anderer Position gestanden, geht auf die Lachmann nachfolgende Forschung zurück, vgl. den Überblick bei Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 65 f. Vgl. Bonath, ebd., Bd. 1, S. 65 f. und S. 128. Kritisch dazu die Rezensionen von Heinzle (S. 147) und Nellmann (S. 451). Vgl. Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion. Schirok setzte sich bereits 1972 in seiner Dissertation mit dem Abschnitt 336–337 auseinander (Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 476– 490 und 563–568). Da die dort vorgebrachten Thesen – mit Ausnahme des zahlenkompositorischen Aspekts – in die jüngere Arbeit eingeflossen sind, wird in der Folge nur auf diese Bezug genommen. Z. B.: GEN$ GMY$ GDL$ GFI$ (Kochendörfer / Schirok) = Gn Gm Gd Gü (Ernst Martin) = T U V W (Heinzle).

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

157

zuzurechnende Fragment 40150 die zwei Textstücke ursprünglich enthielt,151 während sie in dem der Gruppe *OQR angehörenden Fragment 21 nicht vorhanden waren.152 Kochendörfer/Schirok werteten den Bereich 320.1–321.30, 334.1–339.30 und 349.1–350.30 auf der Grundlage der vorhandenen Handschriften aus, wobei sie sich zunächst auf den ‚Außenbereich‘, also auf jenen Bereich, der 336–337 nicht enthält, konzentrierten, und diesen dann in Relation zum ‚Kernbereich‘ (336–337) stellten. Dabei gelangten sie zu dem Ergebnis, dass die Überlieferungsverhältnisse außerhalb des Kernbereichs konstant sind, dass also dieselben spezifischen Gruppenausbildungen vor und nach 336–337 existieren. Daraus gehe hervor, „daß die Textdifferenz in Bezug auf die Dreißiger 336–337 erst entstanden ist, nachdem ein über diese Textstelle hinausgehender Text schon vorhanden war.“153 Die These einer Separatedition der Bücher I–VI konnte durch diesen Befund also weder erhärtet – dies wäre der Fall gewesen, wenn unterschiedliche Überlieferungsverhältnisse vor und nach 336–337 vorgeherrscht hätten154 – noch entkräftet werden. Zumindest die Annahme der nachträglichen Hinzufügung von 336–337 kann mit den Verfassern als äußerst unwahrscheinlich bezeichnet werden, wenn man auch inhaltliche Komponenten mit einbezieht: „Vor allem gilt: es ist aufgrund von Funktion und Inhalt des Textes 336.337 [. ..] ganz unplausibel, daß diese Dreißiger vom Autor (!) nachträglich (!) in einen vollständigen (!) Text eingefügt wurden.“155 150 Vgl. zuletzt Rolle, Bruchstücke, S. 124–128. 151 Vgl. Hofstätter, Die Parzivalfragmente Ga und Gb, bes. S. 78–80; Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 106; Rolle, Bruchstücke, S. 124–128; zuletzt Becker, Wolfram von Eschenbach, Parzival (Sigle Ga), S. 81–84. 152 Rekonstruktion durch Kochendörfer/Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 108. Zur textgeschichtlichen Einordnung des Fragments 21 vgl. Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 109 f. 153 Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 98. 154 Vgl. die von Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 5, formulierte Prämisse, dass „ein Teil der Textzeugen den vorveröffentlichten Text letztlich aus anderen Quellen bezogen hat als die Fortsetzung, daß also vor dem Anfang von Buch VII andere Überlieferungsverhältnisse gelten als danach. Die Feststellung eines Wechsels der Überlieferungsverhältnisse an dieser Stelle würde die Hypothese von der Vorveröffentlichung der ersten sechs Bücher außerordentlich stark stützen. Das Umgekehrte allerdings gilt nicht: das Ausbleiben des Wechsels ist kein Argument gegen die Vorveröffentlichung.“ 155 Ebd., S. 171. Das wichtigste Ergebnis von Kochendörfer / Schiroks Textauslegung von 336–337 besteht darin, dass der Abschnitt 336 funktional auf 337 hin ausgerichtet sei und die inhaltliche Verschiedenheit der beiden Dreißiger somit im Rahmen dieser funktionalen Ausrichtung aufgehoben wäre. Träfe diese Auslegung zu, wäre Bonaths Hauptargument gegen die Vorveröffentlichungsthese, das eben auf der inhaltlichen Inhomogenität der beiden Abschnitte basiert, die Grundlage entzogen

158

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Ein Abschnitt ist der Analyse des eigentlichen Kernbereichs, des Textbestandes von 336–337, gewidmet. Von Interesse ist hier vor allem, wie sich die Textzeugen der Gruppe *T zu jenen von *D (D m n o) und zu den verbliebenen von *G (Q R Z) verhalten. Ich habe, da Kochendörfer / Schiroks Zusammenstellung sehr unübersichtlich ist, diesen Bereich nochmals kollationiert. Auch in diesem Abschnitt entwickelt *T gegenüber den restlichen Textzeugen ein deutliches Eigenprofil. Die wichtigsten Belege sind:156 336.19–20

beleib in Claˆmideˆs schar, und ouch daz varende volc vil gar. [DmnoQRZ]157

vn¯ ouch dc varnde volc gar bliben an clamide) )car [*T]158

336.24

mit valsche niht gewıˆset abe [DmnoQRZV]

mit val)ce niht geleitet abe [*T ohne V]

336.28

daz wart zeinen eˆrn getaˆn [DmnoQZW]159

dc wart zeˆren getaˆn [*T ohne W]

336.29–30

froun Cunnewaˆrn der künegıˆn. daˆ kroˆnte man die swester sıˆn [DmnoQRZ]160

Kvnnewarn d +wester +ıˆn daˆ croˆnde man die kvnegin [*T]

337.11

sıˆt gap froun Herzeloyden troum [DmnoQRVWZ]161

Sıˆt gab vrovˆn Herzeloyden tvn [TU]

337.12

siufzebæren herzeroum. [DmnoQRZ]

vil )vfcebeˆren hzen rvn [TU] o vil )vfzeberen hzen rvm [VW]

o

o

Die Version, die in den Handschriften T U geboten wird, ist sowohl in stilistischer als auch in inhaltlicher Hinsicht bemerkenswert. Bei Lachmann (nach den Handschriften) ist davon die Rede, dass Herzeloyde im Traum bitteres Herzeleid dulden musste.162 In T U verursacht hingegen Herzeloydes Handeln (tuon) einen ‚zu beseufzenden Herzensruhm‘. Zugrunde liegt die Gedankenfigur der contradictio in adiecto. Die Verse in T U öffnen einen neuen Interpretationshorizont. Unter Herzeloydes tuon ist wohl am ehesten die Parzival vorenthaltene Erziehung und die Ausstattung mit Narrenkleidern bei

156 157 158 159 160 161 162

(vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 127 f.). Die Texte der linken Spalte werden nach Lachmann wiedergegeben, wichtigere Abweichungen vom Wortlaut in den Anmerkungen festgehalten. Die Lesarten von *T folgen der Leithandschrift T. vil fehlt m n o. vil gar W. inen zu eˆre R. Frow Cuonwarten die schwester sin R. sıˆt gap] gap sie R. Siufzebærer herzeroum entzieht sich der wörtlichen Übertragung. Ich folge der Übersetzung Spiewoks.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

159

dessen Auszug zu verstehen, das zweifelhaften und unheilvollen Ruhm zur Folge haben wird. Eine ganz ähnliche widersprüchliche Wendung bietet T etwa in den Versen 155.10–12, wo die Tötung Ithers durch Parzival bei den Frauen sigehaftes siufzen hervorruft: [. . .] dc v er toˆt / viel nider von de* kinde* craft / vrowen *vften *igehaft.163 337.16

daz alsoˆ schamlıˆchen reit [DmnoQRZVW]

dc div hzogin +o nacket reit [T; U om.]

In Handschrift U blieb die betreffende Zeile unbeschrieben. Der Einzelstatus von T könnte also in der an dieser Stelle schadhaften Vorlage von U seine Ursache haben. Im Kerntextbestand wird der Fokus auf Jeschutes Demütigung gerichtet, in T auf den Zustand der nur dürftigen Bekleidung, die Jeschutes Bloßstellung sichtbar machen soll. 337.18

337.20

frou Jeschuˆte kiusche erkant. [mnoQRZ; D]164

vroˆu Je)cvte die kv)ce erkant [*T]165

wie wart frou Cunnewaˆre gaˆluˆnet mit ir haˆre [DmnoQRZ]

geroˆvfet bi ir haˆre [*T]166

Die Dreißiger 336–337 weichen in *T in der Textformulierung häufig von jener der übrigen Handschriften ab. Die Handschriften D m n o Q R Z bieten in diesem Abschnitt einen weitgehend identischen Text. Die wenigen Vertreter von *G, die 336–337 überliefern, bilden keine charakteristischen Gruppenmerkmale aus. Einzig R bietet einige Sonderlesarten, denen jedoch aufgrund der schlechten Textqualität der späten Handschrift mit einigem Misstrauen zu begegnen ist. Die wichtigsten Abweichungen von Q R Z gegenüber *D sind: 336.3 ich mein die rıˆchen heidenin : jch mein die rechten heidenin (Q); 336.8 die naˆmn ouch sıˆnen urloup eˆ (Lachmann) : namen ouch sinen [ir R] urloup e (R Z *T); 336.18 vil ritter, kumberhaftiu diet : ein kumerhaffter ritterliche diet (R); 336.28 daz wart zeinen eˆrn getaˆn : das ward jnen zu erre getan (R); 337.1 nu weiz ich, swelch sinnec wıˆp : jch weis wol sölich sinnig wib (R); 337.6 denne als ich sanc gein einer maz : denne das sancte gen men minnen has (R; unverständlich); 337.11 sıˆt gap froun Herzeloyden troum : sit gab sy frow herczclauden trom (R); 337.13 welch was froun Ginoveˆren klage : welhe was fro Signower [!] clage (R; offenbar eine Kontraktion aus Sigune und Ginover); 337.15 dar zuo was mir ein truˆren leit : dar zu was mir ir truren leid (R); 337.16 daz alsoˆ schamlıˆchen reit : do sy so schamlich reit (R); 337.20 gaˆluˆnet mit ir haˆre : gehandelt mir jr hare (R); 337.23 ze machen nem diz mære ein man : ze machent dis mere ein man (R) : leiht machen nem diz mer ein man (Z); 337.24 der aˆventiure püeven kan : der auenturre erkenen kan (R, *T 163 Bei Lachmann lauten die entsprechenden Verse: [. . .] soˆ daz er toˆt / viel, der valscheit widersatz. / [wıˆbe] siufzen, herzen jaˆmers kratz. 164 von kiusche D. 165 erkant] wol erkant W. 166 U: gekaufet.

160

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

ohne V); 337.28 wolt ez gebieten mir ein munt : wolt es gebietten min mund (R); 337.30 dan die mir ze stegreif wagent : den die mir zu stegereife ragent (Q). Eine gemeinsame Abweichung der Handschriften Q und R gegenüber *D liegt nicht vor,167 und auch Z zeigt keine charakteristischen Lesarten. Im Bereich 336–337 weist somit lediglich *T – von den Sonderlesarten von R, die nicht für *QR beansprucht werden können, abgesehen – ein von den übrigen Handschriften unterscheidbares Textprofil auf. Abschließend bestimmen Kochendörfer / Schirok die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung, wie sie sich anhand der untersuchten Textbereiche darstellt. Die Position von *T definiere sich durch: 1. das Vorhandensein der beiden Dreißiger 336 und 337 in W V T U;168 würde man *W V T U [*T] nicht *D zuordnen, so hätten *W V T U [*T] und *Fragment 40 Q R die beiden Dreißiger zweimal unabhängig voneinander entlehnt; 2. die [. . .] angeführten Belege für Σ : D T U Z V m n o W und die Tatsache, dass sich [. . .] kein nennenswerter Beleg für Σ : D G I T U Z V m n o W findet; dies deutet ebenfalls auf eine Zuordnung von *W V T U zu *D bzw. eine Zwischenstellung von *W V T U [*T] zwischen *D und den anderen *G-Handschriften, da für eine Zuordnung von *W V T U [*T] zu den anderen *G-Handschriften keine Belege vorhanden sind.169

Die Zuordnung von *T zu *D bzw. zu einer Zwischenstellung zwischen *D und *T stellt einen bemerkenswerten Befund dar, obgleich der Akzent sicherlich mehr auf die Position der Zwischenstellung gelegt werden sollte. Auf diese merkwürdige Position von *T zwischen Lachmanns Hauptklassen, die sich auch auf den Ebenen der Textformulierung und der Textgliederung manifestiert, wird in den folgenden Abschnitten noch näher eingegangen werden. Problematisch erscheint hingegen die Annahme, dass die Gruppe ‚Fragment 40 Q R‘ den Text aus einer *D-nahen Gruppe entlehnt hat: „Es kann [.. .] kein Zweifel daran bestehen, daß R Q die beiden Dreißiger aus einer der Gruppe D m n o mindestens nahe stehenden entlehnt haben.“170 Diese Annahme beruht darauf, dass die Handschriften Q R im Bereich 336–337 kein eigenes Textprofil entwickeln.171 Die Verfasser, deren Analyse nur verhältnismäßig kleinen Textausschnitten gilt, übersehen dabei 167 Vgl. Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 76. 168 Die Reihung W V T U basiert auf dem von den Verfassern auf S. 110 entwickelten Stemma. 169 Kochendörfer / Schirok, Maschinelle Textrekonstruktion, S. 111. Die Verfasser verweisen aber auf einen von Bonath festgestellten „Bindefehler“ (219.11–12) außerhalb des von ihnen untersuchten Bereichs und sehen sich dadurch veranlasst, die „Ergebnisse nicht über den untersuchten Textausschnitt auf den Gesamttext zu verallgemeinern“. 170 Ebd., S. 76. 171 Vgl. ebd.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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allerdings, dass Q und R auf der Ebene des Textbestands dasselbe spezifische Verhalten gegenüber den übrigen *G-Vertretern zeigen wie die Textzeugen von *T: Sie teilen die meisten Minusverse von *G nicht.172 Darüber hinaus weisen Q R und *T an bestimmten Positionen übereinstimmend Minusverse mit den übrigen *G-Vertretern auf.173 Lediglich bei drei Verspaaren gehen Q R und *T in Bezug auf die klassenkonstituierenden Minusverse von *G auseinander.174 Es ist unwahrscheinlich, dass ein solches weitgehend identisches ‚Lücken‘Muster auf Zufall beruht: Die Redaktoren hätten dann unabhängig voneinander bestimmte Lücken anhand einer weiteren Handschrift aufgefüllt, bei anderen hingegen – wiederum unabhängig voneinander und somit zufällig übereinstimmend – auf eine Ergänzung verzichtet. Es muss vielmehr mindestens eine weitere Texttradition – eine den Gruppierungen *T und *QR vorausgehende Textstufe – gegeben haben, die die Abschnitte 336 und 337 ebenfalls noch enthalten hat, in der also eine Kürzung durch den Autor oder durch einen Redaktor noch nicht erfolgt ist. Zur entstehungsgeschichtlichen Erklärung des Ausfalls von 336–337 vermag dieser Befund kaum etwas beizutragen; wohl aber zeichnet sich ab, dass das grobe Modell einer Polarität von *D und *G nicht differenziert genug ist, um die Komplexität der Überlieferungsverhältnisse des ›Parzival‹ angemessen zu charakterisieren.

III.2.2 Textformulierung III.2.2.1 Die Übereinstimmungen von *T mit *QR Die Gruppe *G wurde von Hartl in seiner ›Textgeschichte‹ nur summarisch behandelt. Eine eingehende Betrachtung der *G-Handschriften sollte späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, die jedoch nicht erschienen. Dass sich Hartl dennoch weiterhin mit den textgeschichtlichen Verhältnissen beschäftigte, belegt sein Vorwort zur siebenten Auflage des ›Parzival‹ aus dem Jahr 1952, in dem weitere Untergruppierungen der *G-Klasse genannt werden. Er verzichtete allerdings im engen Rahmen eines Handschriftenverzeichnisses auf eine nähere Begründung der jeweiligen Gruppierungen.175 Der wesentliche Fortschritt gegenüber der ›Textgeschichte‹ hinsichtlich *T besteht darin, dass Hartl die Gruppe um 172 In 13 von 21 Fällen: 140.11–14., 163.25–28, 336–337, 584.15–18, 589.27–29, 597.25– 26, 653.11–14, 654.23–24, 699.9 – 12, 770.5–30 [Q om.], 772.3–23 [Q om.], 793.21–22. 173 In 5 von 21 Fällen: 290.29–30, 318.5–8 [außer V: Blatt 51, das diese Verse enthält, wurde nach einer Handschrift aus *m neu geschrieben], 595.3– 4, 736.15–16, 736.23–24. 174 159.3– 4, 323.7–8, 328.27–28. 175 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 52 f., hat die neuen Gruppierungen Hartls systematisch zusammengestellt. Vgl. hierzu auch Rolle, Bruchstücke, S. 11.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

die Handschriften Q und R erweiterte und nun von einer Gruppe *W [*T] Gt [Q] Gx [R] spricht.176 Bonath überprüfte diese Angaben in Stichproben aus dem zehnten und elften Buch anhand der Handschriften V und W und kam zu dem Ergebnis, dass „zumindest die Zugehörigkeit von *W [*T] zu *Gk [O] Gt [Q] Gx [R] sicher ist“, wobei „Gt [Q] und Gx [R] der gemeinsamen Vorlage *Gk [O] Gt [Q] Gx [R] weit näher [stehen] als *W [*T].“177 Hartls Annahme einer engeren Gruppe *W [*T] Gt [Q] Gx [R] hielt sie für „möglich“.178 Rolle stellte darüber hinausgehend fest, dass zwei von jenen drei Trennfehlern, die nach Bonath179 *QR von *OQR scheiden, auch von den *T-Handschriften geteilt werden. Damit könne die Existenz einer Handschrift *TQR nach Rolle als gesichert gelten.180 Allerdings verlaufen die Gruppen *T und *QR nicht über den ganzen ›Parzival‹ hinweg parallel, sondern erst ab etwa der Hälfte des Textes, wie bereits die Verteilung der ‚Trennfehler‘, die *QR und *OQR nochmals untergliedern, anzeigt: Während *T bei den ‚Trennfehlern‘ 432.18 und 500.26 mit *QR übereinstimmt, ist dies bei 222.14 nicht der Fall. Bonath konnte darüber hinaus beobachten, dass sich das Textprofil von *OQR ab ca. dem 488. Dreißiger drastisch verändert: Während die Handschriften O Q R bis 488 „nur etwa 100 fehlerhafte Laa. gemeinsam [haben], die zum größten Teil keine gravierenden Änderungen des Textes darstellen“,181 so ändere sich danach „das Bild sowohl in Bezug auf die Dichte als auch auf die Gewichtigkeit der Laa. In den rund 77 Abschnitten von 488 bis zum Ende von Gk [O] 555,20 und im Bereich des II. Blattes von Gg [Fragment 25] (558,2–567,20) haben Gk [O] (Gg [F 25]) Gt [Q] Gx [R] über 250 gemeinsame Laa., die zwar zum Teil nur geringfügige, zum Teil aber auch sehr einschneidende Änderungen des Textes darstellen.“182 Wie bereits Rolle gesehen hat, werden die von Bonath angegebenen Beispiele für diese Änderungen183 ab ca. 488 von *T zur Gänze geteilt.184 Hingegen stimmt *T in keinem einzigen der gemeinsamen ‚Bindefehler‘ von O Q R bis zu diesem Bereich185 überein. Ebenso 176 Vgl. Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), Vorrede, S. LXII , Nr. 74. In der ›Textgeschichte‹ hatte Hartl bereits vermerkt, dass R „in entfernter Beziehung“ zu *T steht (S. 147). 177 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 55 und Bd. 2, S. 188. 178 Ebd., Bd. 1, S. 55, Anm. 3. 179 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 210 f. 180 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 31. Sie verwendet die Sigle *P für *TQR. 181 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 196. 182 Ebd., Bd. 2, S. 199. 183 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 199–206. 184 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 31. 185 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschen-

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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teilt *T sämtliche von Bonath angeführten ‚Trennfehler‘ mit *QR gegen O ab 432.18, die früheren jedoch nicht.186 Die beiden Versumstellungen von Q R bei 527.13 und 557.7 sind in *T ebenfalls vorhanden. Dass *T und *QR bis ca. zur Hälfte des ›Parzival‹ keine Berührungspunkte zeigen, danach in den einschneidenden Änderungen gegenüber dem Kerntextbestand hingegen übereinstimmen, zeigt sich darüber hinaus an der Verteilung der für diese Gruppierungen charakteristischen Minusverse, Versumstellungen und Eigenformulierungen: Bis etwa zur Hälfte des Textes gibt es überhaupt keine Überschneidungen zwischen den Gruppierungen, danach werden alle wesentlichen Abweichungen geteilt.187 Es ist zu vermuten, dass die markante Veränderung des Textprofils in *(O)QR188 und die ebenfalls in diesem Bereich sich vollziehende Überschneidung mit *T bach, Bd. 2, S. 196. Dies gilt auch für die zahlreichen Beispiele für ‚Wortersatz‘, ‚Wortzusatz‘, ‚Wortumstellungen‘ und ‚Wortverlust‘, die Bonath für OQR angibt (S. 197 f.); kein einziges dieser Charakteristika von OQR wird von *T geteilt. 186 *T teilt die ‚Trennfehler‘ gemäß Bonaths Liste bei 432.18, 484.18, 500.26, 551.19, hingegen nicht jene bei 222.14, 338.28, 346.25 und 361.6. Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 210 f. Die für *QR charakteristische Schreibung des Namens Castor für Astor teilt *T (wie einige weitere *G-Handschriften) beim ersten Auftreten 343.22, jedoch nicht bei 356.19, 359.15, 379.21, 382.9 und 387.27; vgl. die Aufstellung bei Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 212. 187 Dies ist anhand der übersichtlichen Tabelle von Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹, S. 599– 642, gut nachzuvollziehen. Einige Beispiele (der Bereich von *T2 bleibt ausgespart): Minusverse in *T, die von *(O)QR nicht geteilt werden: 212.21–22, 244.5– 6, 247.19–20, 277.5– 6, 279.7–8, 292.29–30, 313.7–8; Versumstellungen: 22.12˘11, 168.4˘3, 172.10˘9, 199.29˘28, 221.12˘11, 226.2˘1, 227.10˘9, 230.24˘23, 234.4˘3, 241.28˘27, 255.22˘21, 310.10˘9, 324.8˘7, 336.20˘19, 411.10˘9, 445.23˘22, 459.10˘9; abweichende Formulierungen: 4.18, 23.29–30, 164.7–8, 178.30–179.1, 186,22ff., 197.9, 203.19–20, 206.26, 430.16. Der einzige Minusvers (350.10), den Q R gemeinsam abseits von *G aufweisen (R hat darüber hinaus viele individuelle Minusverse), wird von *T nicht geteilt. Zu den abweichenden Formulierungen von *(O)QR vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 196ff. (‚Bindefehler‘, ‚Wortumstellungen‘ etc.). Ab ca. der Hälfte des Textes stimmen *T und *(O)QR weitgehend überein, wie sich z. B. an den Minusversen 496.7–8 und 499.5– 6, die nun den beiden Gruppen gemeinsam sind, ablesen läßt. Hinzu kommen nun die gemeinsamen Versumstellungen, z. B. bei 527.14˘13 und 557.8˘7, sowie die vom Kerntextbestand abweichenden Formulierungen, z. B. bei 500.23, 501.19, 502.30, 514.25, 521.30, 552.25 und 566.3– 4. Darüber hinaus gibt es aber auch in diesem zweiten Bereich vereinzelt Minusverse, die von zwei oder drei *T-Handschriften gegen *QR geteilt werden, z. B. 517.20–21, 520.3– 4 und 520.27– 28 T U, sowie Versumstellungen der Verse 479.4˘3 T U, 507.16˘15 U V, 533.10˘9 T U V, 629.20˘19, 636.6˘5 und 641.20˘19 U V. Textbestand und -formulierung der Gruppierungen *T und *(O)QR verlaufen ab Texthälfte somit weitgehend parallel, sie sind jedoch nicht völlig identisch. 188 Die Notierung *(O)QR ergibt sich daraus, dass *T zwar strenggenommen mit einer

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

miteinander in Zusammenhang stehen. Den Wandel des Textprofils von *(O)QR hat Bonath durch einen Schreiberwechsel erklärt. Da sie *T nur aus Hartls und Kittelmanns Materialsammlung kannte, hat sie die Überschneidung mit *QR zwar registriert, daraus aber keine weiteren Schlüsse gezogen. Wenn nun aber *(O)QR bis ca. zu dem 488. Dreißiger praktisch kein Eigenprofil aufweist, danach – und das heißt auch nach dem Zusammengehen mit *T – jedoch markante Abweichungen vom Kerntextbestand zu verzeichnen sind, und wenn zugleich *T von Anfang an über ein solch markantes Textprofil verfügt, dann liegt der Schluss nahe, dass *(O)QR zu einer Vorlage aus *T gewechselt ist. Dies kann jedoch nicht mehr als eine Vermutung sein. Eine textgeschichtlich orientierte Argumentation stößt hier an Grenzen, die nur abseits der Beweisbarkeit zu überschreiten sind. Der Grund für die Überschneidung von *T mit *(O)QR ist indes zweitrangig. Wichtiger sind die Konsequenzen für die Fassungsanalyse und vor allem für eine Fassungsedition von *T, die sich aus diesem Befund ergeben. Die Handschrift T kann weiterhin als Leithandschrift von *T herangezogen werden. Nach Abbruch von T muss ein anderer Zeuge von *T – und das kann nur U sein – als Leithandschrift dienen, um die Einheitlichkeit des Textprofils von *T zu bewahren. Die Handschriften Q und R sollten in einer Fassungsedition von *T ab dem Wechsel ihres Textprofils im Lesartenapparat verzeichnet werden. Ab diesem Punkt wird von einer Gruppe *T*QR189 gesprochen. Diese Siglierung trägt dem Umstand Rechnung, dass eine beiden Gruppierungen gemeinsame Stammhandschrift *TQR zwar durchaus möglich ist – die Parallelen im Textbestand könnten hierfür als Indiz dienen190 –, die Abweichungen in den Textformulierungen bis ca. zur Hälfte des Textes aber so gravierend sind, dass eine Ansetzung dieser Stammhandschrift bereits für den ersten Bereich letztlich reine Spekulation wäre. Die Sigle *T*QR lässt diese Frage für den ersten Bereich somit offen, zeigt aber die Nähe der Gruppierungen im zweiten Bereich an. Bonath gibt keine Begründung an, warum sie den Bereich der Veränderung des Textprofils von *(O)QR exakt mit 488 beginnen lässt. Der Übergangsbereich von *T zu *T*QR dürfte hingegen etwas früher anzusetzen sein, da der erste ‚Trennfehler‘ bei 432.18 sowie kleinere, allerdings nicht beweiskräftige Abweichungen nach Bonaths Aufstellung191 ab 419.13 von *T ebenso geteilt werden wie die Handschrift der Gruppe *QR übereinstimmt, diese jedoch mit O bis zum Abbruch bei 555.20 – die ‚Trennfehler‘ ausgenommen – in den Lesarten weitgehend identisch ist. 189 Ich folge hierbei einem Vorschlag von Palmer, Zum Liverpooler Fragment von Wolframs ›Parzival‹, S. 180, der von einer Textstufe *Gk [O] Gt [Q] Gx [R] Gr [Fragment 53] *Gn [T] Gm [U] Gd [V] Gf[W] spricht. 190 Siehe Abschnitt III.2.1.2 (S. 151 ff.). 191 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 197.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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Versfolge 421.18˘17. Da darüber hinaus in diesem Übergangsbereich weiterhin Differenzen im Wortlaut zwischen *T und *(O)QR bestehen, erscheint es ratsam, auf eine exaktere Positionsbestimmung des Übergangs, die über die Angabe ‚etwa Texthälfte‘ hinausgeht, zu verzichten. Das nicht exakt zu definierende Naheverhältnis von *T zu *QR in diesem Übergangsbereich spiegelt sich in einem von Michael Stolz entwickelten Phylogramm192 wider, das für die Verse 433.1– 436.30 auf der Basis der Gesamtüberlieferung erstellt wurde:193

Deutlich setzt sich wiederum die Gruppierung T U V ab – wobei das Naheverhältnis von T und U ersichtlich ist –, während Q R mit T U V einen etwas entfernter gelegenen Schnittpunkt teilen. Dies entspricht dem Befund, dass *T 192 Solche Phylogramme finden in der Evolutionsbiologie Verwendung. „Sie dienen vorab der Veranschaulichung von Gruppenbildungen in genetischen Verwandtschaften, die auf gemeinsame Vorgänger zurückgehen können, aber nicht zwangsläufig darauf zurückgeführt werden müssen“ (Stolz, Vernetzte Varianz, S. 217 f.). Im angelsächsischen Raum wird die phylogenetische Methode mittlerweile auch zur Unterstützung bei der Klärung komplexer Handschriftenverhältnisse genutzt. Michael Stolz erprobte diese Methode erstmals anhand der ›Parzival‹-Überlieferung. Vgl. die ausführliche Dokumentation bei Stolz, Vernetzte Varianz. 193 Abbildung nach Stolz, Vernetzte Varianz, S. 235.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

und *QR zwar häufig in den Textformulierungen gemeinsam gegen die übrige Überlieferung stehen, dass zugleich aber nicht unbeträchtliche Differenzen zwischen den beiden Gruppen vorhanden sind, sodass von Textidentität in diesem Bereich keine Rede sein kann. Wie eng die beiden Gruppen jedoch gegen Ende der Dichtung verbunden sind, zeigt das Phylogramm für die Verse 793.17–796.30:194

In diesem Bereich steht als Repräsentant von *T nur mehr U zur Verfügung, da T den Text nicht mehr überliefert und V W einer Vorlage aus *m folgen. Die Zusammengehörigkeit des verbliebenen Textzeugen von *T und der Vertreter von *QR geht aus dem Phylogramm nunmehr deutlich hervor. 194 Abbildung nach ebd., S. 237.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

167

Insgesamt lässt sich das Verhältnis der Gruppierungen *T und *QR zueinander wie folgt grob skizzieren: Bis etwa zur Texthälfte sind gewisse Übereinstimmungen im Textbestand vorhanden, jedoch kaum in der Textformulierung. Ab etwa der Hälfte der Dichtung sind die Übereinstimmungen auch in der Textformulierung gegenüber den weiteren Textzeugen bereits häufig, jedoch sind weiterhin gelegentliche Abweichungen zwischen *T und *QR zu beobachten. Eine exaktere Festlegung dieses Übergangsbereichs ist ebenso wenig möglich wie eine gegenseitige Ableitung der Gruppierungen im Sinne chronologischer Sukzession. Am Ende des ›Parzival‹ ist der Zusammenschluss so eng, dass tatsächlich von Textidentität gesprochen werden kann. Von Interesse ist, wie Bonath das veränderte Textprofil von *(O)QR – und somit jenes von *T – ab ca. 488 beschreibt: „Charakteristisch für den Schreiber [Bonath vermutete einen Schreiberwechsel], mit dem wir es in diesem Teil zu tun haben, ist eine Unzuverlässigkeit, die an Genialität grenzt und die sich wohl daraus erklärt, daß er den Text sehr genau kannte und sich entsprechend in der Vorlage nur oberflächlich informierte, um das Aufgenommene mehr oder minder genau nach dem Gedächtnis wiederzugeben. Seine Kenntnis Wolframs beschränkt sich nicht nur auf den Parzival; er dürfte auch den Willehalm gut gekannt haben, wie die eindeutige Reminiszenz aus Wh. [Willehalm] 3,21 für P. [Parzival] 521,30 zeigt.“195 Es ist durchaus aufschlussreich zu beobachten, wie sich hier eine Textkritikerin der alten Schule abmüht, einen Textbefund in das gewohnte Fehlersystem zu integrieren, der sich diesem offenkundig widersetzt. Die Begeisterung für die Kunst dieses ‚talentierten Schreibers‘, der Wolframs Werk und Stil so verinnerlicht habe, dass er sogar Reminiszenzen aus dem ›Willehalm‹ in den ›Parzival‹ eingebracht habe, wird nur durch den Hinweis auf dessen „Unzuverlässigkeit“ etwas zurückgenommen. Nun ist es zweifellos möglich, dass hier eine gekonnte imitatio durch einen Schreiber vorliegt; näher läge es allerdings, den Autor selbst mit diesen Veränderungen in Verbindung zu bringen, denn wer sollte eigentlich über seinen Stil und sein Vokabular souveräner verfügen als der Urheber des Werkes? Es ist aus Bonaths Ausführungen ersichtlich, dass sie durchaus mit diesem Gedanken spielte, sich diesen aber gleichzeitig mit Blick auf den ‚besten‘ – nach ihrer Ansicht durch *D repräsentierten – Text196 versagte. Bumkes Begriff der ‚Autornähe‘ ist auch in diesen Fällen dem Textbefund sicher angemessener. 195 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 200. Lachmanns Text 521.30 uˆf lıˆbs und guotes koste lautet in *T*(O)QR: gein mıˆnes verhes choste, dem Willehalm 3.21 gein sıˆns verhes koste entspricht. Siehe Abschnitt III.2.2.1 (S. 168 f.). 196 Vgl. ebd., Bd. 1, S. 38.

168

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Einige Beispiele aus Bonaths Belegsammlung seien in der Folge angeführt. Sie gewähren einen Einblick gleichermaßen in die Eigenart der Textvarianten von *T*(O)QR wie in die Argumentationstechnik der Verfasserin:197 doˆ gienc mıˆn heˆr Gaˆwaˆn beidiu her unde dar, er nam des palases war. [La 566.2– 4]

Do gie min her Gawan in zer kemenaten tvr do +aher wider vn¯ vur [*T*(O)QR]

Für Bonath ist dieses Beispiel „von besonderer Bedeutung, weil hier ein Verspaar aus dem nachfolgenden Text von Einfluß gewesen ist, woraus man ersehen kann, daß der Schreiber den Parzival nicht zum ersten Mal geschrieben hat.“198 Sie bezieht sich auf La 588.24–26, wo die Verse „fast wörtlich“199 wiederholt werden. Ebenso ist es natürlich möglich, dass der Autor selbst auf sein Formulierungsrepertoire zurückgegriffen hat; schließlich sind ähnliche oder identische Formulierungen generell kennzeichnend für die mittelhochdeutsche Dichtung und auch für den ›Parzival‹. Verwiesen sei beispielsweise auf die in der Lachmann-Ausgabe wie in den Handschriften eng beieinander stehenden Verse 739.23 und 741.1, die exakt denselben Wortlaut (der heiden tet em getouften weˆ) aufweisen. von einander schieden sie: ob ir welt, soˆ prüevet wie [La 502.30]

ir habt wol gehoret wıˆe [*T*(O)QR]

Das neunte Buch endet mit der Verabschiedung Parzivals von Trevrizent. Über deren weiteren Verbleib – Gawan rückt nun wieder als Handlungsträger in den Mittelpunkt – berichtet der Erzähler vorläufig nichts mehr. Der Buchübergang wird bei Lachmann (nach den Handschriften) mit einem formelhaften ‚Wenn ihr wollt, so denkt darüber nach, wie das geschah‘ hergestellt, womit wohl nicht nur der Moment des Abschieds selbst, sondern auch die Zeit danach gemeint sein wird. Nicht minder formelhaft wird Buch IX in *T*(O)QR beschlossen: ‚Ihr habt sicherlich gehört, wie das geschah‘. Bonath verweist auf Parallelen aus dem ›Parzival‹ (ir haˆt doch wol gehœret 487.13, ir habet wol gehoeret eˆ 775.6); sie vermutet in der Versvariation in diesem Fall jedoch nicht eine Reminiszenz des Schreibers, sondern „eine ziemlich willkürliche Rationalisierung“.200 Für eine qualitative Differenzierung gibt die abweichende Formulierung in *T*(O)QR allerdings nicht den geringsten Anlass. uˆf lıˆbs und guotes koste [La 521.30]

gegn mine+ vhe+ co)te [*T*(O)QR]

Diu juncfrouwe reit uns mite [La 526.1]

Div vrouwe reit vn) allez mite [*T*(O)QR]

Die beiden abweichenden Formulierungen werden von Bonath als Reminiszenzen des Schreibers an den ›Willehalm‹ aufgefasst. Dort lautet Vers 3.21: gein sins verhes koste. 197 198 199 200

Beispiele nach ebd., Bd. 2, S. 200 ff. Der Text von *T*(O)QR wird hier nach T zitiert. Ebd., Bd. 2, S. 201. Ebd. Ebd., Bd. 2, S. 205.

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Das Verhältnis von *T zu *D und *G

Eine Entsprechung zu ›Parzival‹ 526.1 sieht sie in ›Willehalm‹ 314.13 gegeben: Rennewart lief allez mite. Ob die Belege deutlich genug sind, um einen Bezug zum ›Willehalm‹ herstellen zu können, soll hier nicht beurteilt werden. Entscheidend ist, dass die in *T*(O)QR überlieferten Verse durchaus dem aus Wolframs Werken vertrauten Sprachduktus entsprechen und dass die alternativen Formulierungen mindestens denselben Anspruch auf Authentizität erheben können wie jene des Lachmann-Textes. ouch bezalter daˆ vil kleinen ruom [La 526.6]

o

ovch beiageter vil kranken rvm [*T*(O)QR]201

Bonath verweist zunächst auf den einzigen Beleg für ruom bejagen im ›Parzival‹ (52.12– 13), „doch ist die Stelle so verschieden von 526.6, daß sie schwerlich hier eingewirkt haben dürfte. kranker ruom kommt bei Wolfram nicht vor, wohl aber kranker prıˆs (304.2), was zusammen mit Wendungen wie prıˆs, laster bejagen (z. B. 433.18) hier von Einfluß gewesen sein wird […]. Zur Erklärung von kranker ruom reicht vielleicht 525.20 kranker sin aus.“202 Im Grunde lässt sich nur sagen, dass sich die Formulierung nahtlos in Wolframs Stil einfügt und dass die Schändlichkeit von Urians Tat – er hatte eine Frau vergewaltigt – vielleicht noch eine Nuance deutlicher hervorgehoben wird. mit dienste kœme in herzenoˆt [La 528.7]

mit dien)te com in kvmber+ noˆt [*T*(O)QR]

Bonath hält fest, dass sich kumbers noˆt bei Wolfram nicht findet, „wohl aber noˆt mit abhängigem Genitiv (z. B. P[arzival] 159,11 wunders noˆt, 175,15 jaˆmers noˆt). Außerdem könnten Wendungen wie 431,28 kumbers kraft oder 468,2 kumbers dol nachgewirkt haben.“203 Die Problematik einer solchen Argumentation liegt erneut in der Unmöglichkeit begründet, Echtheitskriterien zu definieren. Wenn eine Wendung bei Wolfram nicht nachgewiesen werden kann und daher als ‚unecht‘ gelten soll, und wenn zugleich eine Formulierung bei Wolfram nachzuweisen ist und dann erst recht ‚unecht‘ sein soll, da sie als ‚Wiederholung‘ oder als ‚Reminiszenz‘ des Schreibers aufgefasst wird, so bleibt schlichtweg kein argumentativer Spielraum mehr übrig, um ‚originale‘ Lesarten von ‚sekundären‘ zu unterscheiden. Sıˆn sitzen wart daˆ nicht ze lanc [La 553.10]204

da wa+ +in +itzen harte vnlanc [*T*(O)QR]

Nach Bonath „klingt der Vers in der Fassung von [*T] *Gk [O] Gt [Q] Gx [R] durchaus so, als ob er von Wolfram wäre“. Sie erwägt jedoch, dass ze in der Vorlage gefehlt haben und „der Schreiber dadurch zum Ändern veranlaßt worden sein [könnte]“.205 Die beiden Versvariationen sind zweifellos gleichwertig. mıˆne kefsen, die du sæhe eˆ, (diu ist noch grüener denne der kleˆ)

eine kaf)e die dv )ehe eˆ div ist noch grvener danne d cleˆ

201 do vil O. 202 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 202. 203 Ebd. 204 ze fehlt G L M. 205 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 202.

170

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung hiez ich wurken uˆz eim steine den mir gap der reine. [La 498.9–12]

geworht vz einem )teine div gap mir d reine. [*T*(O)QR]

Auch diese Textvarianten sieht Bonath in der „prägenden Kraft des Wolframschen Stils“ begründet, jedoch diene „die Änderung von [*T] *Gk [O] Gt [Q] Gx [R] der metrischen Glättung; außerdem ist der Text, den die übrigen Handschriften bieten, besser wegen des persönlichen Bezugs auf den Erzähler (mıˆne kefsen, hiez ich wurken). Wenn man aber keine Parallelüberlieferung hätte, würde man die La. von *Gk [O] Gt [Q] Gx [R] nicht nur nicht anstößig finden, sondern wohl sogar für ‚die beste ausdenkbare‘ (Paul Maas) halten.“206 Unklar bleibt, warum „der persönliche Bezug auf den Erzähler“ – gemeint ist Trevrizent – dem von Lachmann abgedruckten Text eine höhere Qualität verleiht als die Textvarianten von *T*(O)QR. Die Kategorie der ‚Gleichwertigkeit‘ ist auch bei der Einordnung dieses Textbefundes sicher hilfreicher. Gaˆwaˆn al eine, ist mir gesagt beleip aldaˆ, mit im diu magt [La 552.25–26]

Gawan alleine vn¯ div maget bliben da wart mir ge+aget [*T*(O)QR]207]

Die Textvariante sei nach Bonath „sicher trivialer als der Text der übrigen Hss., doch kann die Wortstellung in der ersten Zeile wieder als typisch für Wolfram bezeichnet werden“.208 Inwiefern die Kategorien ‚typisch für Wolfram‘ und ‚Trivialisierung‘ grundsätzlich miteinander zu vereinbaren sind, lässt Bonath offen. Gehörten die genannten Beispiele noch den Rubriken ‚Reminiszenz‘ und ‚Trivialisierung‘ an, so werden in der Folge eine Reihe von „Umstellungen“ genannt, die als „gleichwertig“ oder „sogar ungewöhnlicher“ angesehen werden. „Bei diesen Umstellungen sucht der Schreiber nicht etwa die ‚normale‘ Wortfolge, und wiederum könnte man […] in Versuchung kommen, die eine oder andere dieser Laa. für ursprünglich zu halten.“ Doch auch in diesen Fällen vermutet Bonath in der „ungenauen Orientierung [des Schreibers] an der Vorlage“ den Grund für die ‚Veränderungen‘:209 ob ez halt frou Kamille wære, diu mit rıˆterlichem mære vor Laurente prıˆs erstreit [La 504.25–27]

div mit redelichem mere [*T*(O)QR]

Die Variante in der Anspielung auf die kühnen Taten der Amazonenkönigin Kamilles wird von Bonath mit Recht als „erwägenswert“210 bezeichnet. Das Adjektiv redelich ist im ›Parzival‹ sonst nicht nachweisbar, doch wird es in der mittelhochdeutschen Epik im Sinne von ‚kühn, tapfer‘ häufig verwendet.211

206 Ebd., S. 202 f. 207 T setzt Punkt nach bliben, wodurch dem Lokaladverb da (nur) in T die Funktion des Temporaladverbs zukommt. 208 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 203, mit Hinweis auf 678.27 (halbes vingers lanc noch spanne). 209 Ebd., Bd. 2, S. 203 f. 210 Ebd., Bd. 2, S. 206. 211 Vgl. die Belege bei Lexer, Mittelhochdeutes Wörterbuch, Bd. II, Sp. 366 f.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G er sleiz ein louft drabe als ein roˆr [La 506.13]

171

er )leiz drabe einen lovft al+ einen ror [*T*(O)QR]

Nach Bonath sei „der doppelte Auftakt und der entsprechend energische Versrhythmus [. . .] hier dem Inhalt zwar nicht unbedingt angemessen, aber für Wolframs Versbau durchaus charakteristisch“.212 der knappe an Gaˆwaˆnen sach [La 520.15]

An Gawanen d knappe )ach [*TQR] Gawan an den chnappen )ach [O]

er muoz dar umbe enpfaˆhen strıˆt [La 529.12]

doch mvz er drvmbe enpfahen )trıˆt [*T*(O)QR]213

dar uˆfe man vil tjoste pflac [La 535.6]

da man vil tio+te vffe pflac [*T*(O)QR]

mit im dannen uˆf den waˆc [La 548.17]

dannan mit im vf den wac [*T*(O)QR]

o

Das von Bonath ausgebreitete Material für *T*(O)QR verweist nachdrücklich auf die Unmöglichkeit, ‚originale‘ von ‚sekundären‘ Lesarten zu unterscheiden. Vielmehr vermag es als Stütze für die hohe Qualität des Textes von *T*(O)QR zu dienen. Die Lesarten sollten im Rahmen einer Fassungsanalyse aufgearbeitet und in Gestalt einer Fassungsedition präsentiert werden. III.2.2.2 Die Anteile von *D an der Fassung *T Eine „rein äußerliche zahlenmäßige Gegenüberstellung der Laa., die *W [*T] mit *D gemeinsam hat“, erschien Hartl als „müßige Spielerei“.214 Zugleich lassen einige Formulierungen erkennen, dass er gewisse Parallelen von *D zu *T durchaus gesehen hat, etwa bei einem ersten (hypothetischen) Versuch, die Entstehung der Klassen zu erklären: „Ist [die] Leithandschrift von *W [*T] etwa die Vorlage für die Klasse *G, die dann später noch viel energischer geändert hätte, oder ist *W [*T] aus *G geflossen?“215 Die Annahme, *G könne sich aus *T entwickelt haben, setzt voraus, dass *D und *T nicht unwesentliche Gemeinsamkeiten aufweisen müssen, da *D für Hartl in Konsens mit der gesamten älteren Textkritik nach Lachmann216 fraglos die älteste Textstufe repräsentiert und letztlich immer 212 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 203. 213 strıˆt] leit O. 214 Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 46. 215 Ebd. 216 Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 253 f.

172

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

am Beginn eines Entwicklungsmodells angesetzt wird.217 Im abschließenden Kapitel über die „Entstehung der Gruppen *W [*T], *G und *D“218 spricht Hartl plötzlich von der „Gruppe *W [*T] mit ihren zahlreichen *D-Laa“,219 etwas später von den „vielen Stellen [in *T], an denen die Erhaltung des Echten [= *D] deutlich erkennbar ist“.220 Angesichts der Gemeinsamkeiten, die *D und *T auf der Ebene des Textbestandes verbindet, kann es nicht überraschen, dass diese Parallelen auch auf den Ebenen der Textformulierung und der Textgliederung221 begegnen. Die folgenden Beispiele aus dem Bereich der Bücher I–VII222 basieren auf einem Vergleich der ältesten Handschriften D G I O T,223 wodurch die repräsentativen Handschriften sämtlicher in der Forschung bislang festgestellten Gruppierungen erfasst sind: D steht für *D, G und I für die Gruppe *GI,224 O für die von Bonath postulierte Gruppe g225 (ohne *T), T für *T. Darüber hinaus wurde auch Q berücksichtigt, um den Vergleich mit der Gruppe *QR, die sich ab ca. der Hälfte des ›Parzival‹ mit *T zu *T*QR zusammenschließt,226 zu ermöglichen. Ausgewählt wurden solche Beispiele, die auch für die Textauslegung von Relevanz sind: ir tragt geschickede unde schıˆn ir mugt wol volkes heˆrre sıˆn. [La 170.21–22]

217 Siehe dazu auch Hartls Entwicklungsmodell (Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 151), das *D in unmittelbarer Nähe zum Archetypus ansetzt. 218 Ebd., S. 144–163. 219 Ebd., S. 150. 220 Ebd., S. 152. Hartl schließt daraus, dass *T „textkritisch höher zu werten ist als die meisten *G-Hss.“ (S. 152); vgl. auch S. 151: „Bewahrung des Ursprünglichen [in *T]“. 221 Siehe Abschnitt III.2.3 (S. 206 ff.). 222 Die Bücher VIII–XI können nicht herangezogen werden, da der Gegensatz zwischen *D und *G in diesem Bereich wenig ausgeprägt ist. Ab Buch XII steht die Handschrift T nicht mehr zur Verfügung. Der Bereich des Vorlagenwechsels in T (36.15–157.25) wurde nicht berücksichtigt, da T hier nicht repräsentativ für *T ist. 223 Systematisch wurde wie folgt vorgegangen: In einem ersten Durchgang wurde ein Zeilenvergleich der Handschriften D, G und T durchgeführt. Stellen, in denen D T eine gemeinsame Formulierung gegenüber G aufweisen, wurden mit den *GHandschriften I und O nachverglichen, um sicherzustellen, dass keine individuelle Abweichung von G vorliegt. In einem letzten Durchgang wurde noch Q nachverglichen. 224 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 122–145. 225 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 157–164. 226 Siehe Abschnitt III.2.2.1 (S. 161 ff.).

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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Jr tragt ge)cichede vn¯ )cin [. . .] [D T]227 mich entriege gesiht und schin [. . .] [G I O Q] Die Handschriften variieren die Anrede Parzivals durch Gurnemanz, der, wie zuvor bereits Karnahkarnanz (123.11), Parzivals herrscherliches Wesen trotz dessen törichten Aussehens und Gebarens erkennt. Der Lesung von *D*T steht die exzipierende, eine Bedingung formulierende Satzkonstruktion von *G gegenüber. Zugleich ist das zuerst bei Wolfram im ›Parzival‹ (168.8, 361.26 und öfter als Adjektiv), im ›Willehalm‹ (188.19, 241.30, 249.3) und im ›Titurel‹ (geschicke 89.1)228 belegte Substantiv geschickede (‚Gestalt, Beschaffenheit, besonders schöne Gestalt‘)229 in der Version von *G durch das gleichwertige230 Äquivalent gesiht (‚Aussehen, Äußeres, Gestalt‘)231 ersetzt. Zu übersetzen wäre also: ‚Eure Gestalt und Euer Wesen sind so beschaffen, dass Ihr einst Herrscher sein könntet‘ (*D*T) bzw. ‚Wenn ich mich nicht täusche, sind Eure Gestalt und Euer Wesen so beschaffen, dass ihr einst Herrscher sein könntet‘ (*G). min heˆrre der graˆf von Wertheim wær ungern soldier daˆ gewesn [La 184.4–5] min herre der grave von Wertheim [. . .] [D T] grave ppope von wertheim [G I] der grave von wertheim [O Q] Die Erwähnung des Wertheimer Grafen im Stellenkontext der Belagerung Pelrapeires beschäftigt die Forschung seit geraumer Zeit. Ob Poppo I. oder der ab 1190 in Urkunden häufig erwähnte Poppo II. gemeint ist, ist nicht zu entscheiden.232 Der Kontrast der 227 T: ge*chicke. 228 Vgl. Collected Indexes to the Works of Wolfram von Eschenbach (ed. Heffner), S. 218 und 292. 229 Vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. I, Sp. 901. 230 Stadler, Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs ›Parzival‹, S. 29, erblickt in dieser Abweichung den Versuch, das nur bei Wolfram belegte Substantiv zu vermeiden. Zu geschickede vgl. ausführlich Gilmour, daz sint noch ungelogeniu wort, S. 123 u. 167. Gilmour sieht in der Lesung von G offensichtlich einen Gegensatz zur *D*T-Lesart: „these attributes refer to Parzival’s physical appearance“ (S. 167). Allerdings bindet die G-Formulierung sowohl geschickede als auch gesiht in den umfassenderen Kontext von ‚Gestalt‘ und ‚Sendung‘ ein. Zum Gebrauch von geschickede im ›Titurel‹ vgl. Heinzle, Wolframs Titurel, S. 139 f. 231 Vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. I, Sp. 913. 232 Vgl. zusammenfassend Nellmann, Kommentar, S. 553 [zu 184.4], L. P. Johnson, Die höfische Literatur der Blütezeit, S. 327 ff., und den Überblick in den Regesten deutscher Minnesänger des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Meves), S. 238 f. Die Lesarten sämtlicher Handschriften sind verzeichnet bei Schöller, In Trüdingen und anderswo, S. 436 (mit weiterführender Literatur).

174

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Klassengegensätze ist hier besonders scharf, da jede Lesart eine über die jeweils andere Lesart hinausgehende Information bietet und eine wechselseitige Ableitung kaum möglich erscheint. An der *D*T-Lesart interessierte v. a. die Anrede des Wertheimers als mıˆn heˆrre, worunter man sich mit Neumann und Nellmann wohl eher ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis und weniger ein allgemeines ‚Monsieur‘ vorzustellen hat.233 Auch ein Mäzenatentum des Wertheimer Geschlechts wurde erwogen, doch lässt der Wortlaut der Stelle eine solch weitgehende Überlegung eigentlich nicht zu.234 Die Selbstnennung Wolframs und die Erwähnung seines ärmlichen Hauses, in dem er selbst heˆrre sei (184.30), scheinen in scherzhaftem Kontrast zur Nennung des Wertheimers zu stehen. Diese Pointe ist allerdings nur in den *D-Handschriften (D m n o) enthalten, während *T 184.30 durchgehend wirt statt heˆrre liest und den Wortwitz damit unkenntlich macht.235 Hingegen bewirkt das Ergänzen des Personennamens in *GI eine präzisere Lesung. Bumke hat bis einschließlich der sechsten Auflage seines Wolfram-Bandes die Möglichkeit erwogen, dass es sich hier um eine Autorvariante handeln könnte.236 In der Tat erscheint es durchaus denkbar, dass mit der *GI-Variante eine Anrede vorliegt, „die nach späteren Entwicklungen verdeutlichend auf die Anfänge zurückblickt“.237 Ähnliches könnte für die Lesart von O gelten. sıˆn hoˆher muot kom in ein tal: daz riet Lıˆaˆzen minne [La 195.10–11] [. . .] daz riet Liazen minne [D T] des twanch in doch ir minne [G I O Q]238 Condwiramurs berichtet Parzival von den Gründen, die zur Belagerung Pelrapeires geführt haben. Sie erzählt, dass Schenteflurs, der Bruder Liazes, in ihrem Dienst von Clamide getötet wurde. Die Bluttat konnte allerdings nur durch den Beistand von dessen Seneschall Kingrun geschehen, wie Clamide später (214.8 ff.) selbst einräumt. Die Erwähnung des Namens ruft in Parzival die Erinnerung an seine Zurückweisung Liazes schmerzlich hervor. In der Version von *D*T fungiert die Minne (der Liaze) als Ratgeberin oder ‚Wegweiser‘;239 dass ihre ‚Ratschläge‘ im ›Parzival‹ in der Regel fatale 233 Vgl. Neumann, Wolfram auf der Burg zu Wertheim, S. 367 ff.; Nellmann, Kommentar, S. 553 [zu 184.4]. 234 Vgl. u. a. Meves, Die Herren von Durne und die höfische Literatur zur Zeit ihrer Amorbacher Vogteiherrschaft, S. 116 u. ö. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 28, steht einem Wertheimer Mäzenatentum skeptisch gegenüber: „Welche Rolle die Grafen von Wertheim für die Entstehung des ›Parzival‹ gespielt haben, muß allerdings offen bleiben.“ 235 Vgl. Schöller, In Trüdingen und anderswo, S. 439. 236 Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 6. Aufl., S. 13. 237 L. P. Johnson, Die höfische Literatur der Blütezeit, S. 329. 238 O: doch fehlt. 239 In diesem Sinne versteht Peter Knecht die Wendung. Er übersetzt: ‚Aus heiterer Höhe stieg sein Herz zu Tal, dahin wies die Liebe der Lıˆaˆze ihn.‘

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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Auswirkungen zeitigen, wird vom Erzähler das ganze Werk hindurch exemplarisch veranschaulicht und in den Minne-Exkursen erörtert. In *G wird durch die im ›Parzival‹ häufig gebrauchte Wendung von der minne twanc240 die geradezu gewalttätige Macht der Minne stärker evoziert. Die Erinnerung an entbehrte Minne und die damit verbundene Niedergeschlagenheit des Protagonisten wird der Erzähler später in der ‚BlutstropfenEpisode‘ breit entfalten und ihre destruktive Macht anhand der völligen Erstarrung Parzivals demonstrieren. In der Version von *G wird zudem der Name Liazes durch das Personalpronomen ersetzt; dass hier Liaze gemeint ist, geht aus dem Stellenkontext hervor. Die Lesarten von *D*T und *G sind als gleichwertig zu betrachten. jaˆ, heˆrre, ob ich wurde erloˆst von Kingruˆne scheneschlant. ze rehter tjost haˆt mir sıˆn hant gevellet manegen ritter nidr. [La 195.14–17] [. . .] o von Kingrvne Scene)calt ze rehter tiost hat er gevalt mir vil manegen rittr nidr [D T]241 von kingrune )en)chalt ze rehter tio)t hat mir )in hant gevellet mangen riter nider [G O Q]242 von kingrun )ene)chalt ze reht Tio)t hat mir gevalt )in hant manegen rit nider [I] Die Aufstellung der ältesten Handschriften zeigt, wie eigenwillig Lachmann hier bei der Textherstellung verfuhr. Kein einziger der fünf Textzeugen schreibt scheneschlant, vielmehr bilden alle die Endung -alt aus, was bei G, O und Q zu einer, wenngleich bei Wolfram öfter nachzuweisenden Assonanz führt (senschalt : hant). Bonaths Dokumentation der scheneschlant-Stellen im ›Parzival‹ ist zu entnehmen, dass hier nur die Handschriften m n o bzw. Q und R die Endung -ant bevorzugen.243 Lachmanns Entscheidung für scheneschlant wird zunächst darauf zurückzuführen sein, dass die Handschrift D an anderen Stellen (194.15, 203.20) diese Schreibung verwendet. Lachmann setzte für Kingrun 240 Vgl. die zahlreichen Belege bei Hall, A Complete Concordance to Wolfram von Eschenbach’s ›Parzival‹, s. v. twingen, twanc. Zum ›Titurel‹ vgl. die Ausführungen von Heinzle, Wolframs Titurel, S. 86 [Komm. zu 50.4]. 241 T: dem Seneschalt. 242 Q: *ene*chant. 243 Vgl. Bonath, Scheneschlant und scheneschalt im ›Parzival‹, hier S. 88 f. Vgl. auch Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 108 ff. und 116 ff., sowie Leitzmann, Rezension Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), S. 239 f.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

immer scheneschlant in den Text (151.21, 194.15, 195.15, 197.22, 203.20, 204.8, 206.5, 206.26, 214.14), während er für Keie in der Regel scheneschalt schrieb (290.23, 296.17, 304.17), einmal allerdings auch scheneschlant (151.21). Letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung gegen die Lesart von *D*T dürfte das Prädikativenjambement 244 in G und O gewesen sein, das Lachmann erhalten wollte; rückwirkend ersetzte er dann den senschalt von G (aber: senetsachant in O) durch den scheneschlant vorausgehender D-Stellen, um den Reim zu glätten. Das Ergebnis ist ein künstlicher Mischtext, der der handschriftlichen Stütze entbehrt. Da die Aussage trotz des unterschiedlichen Wortlauts der Handschriften aber gleich bleibt, stellt Lachmanns Eingriff letztlich eine verzeihliche Verfälschung dar. Die Handschrift I bewegt sich zwischen den Versionen von D T bzw. G O, indem sie wie D T die Reimworte auf -alt bildet, jedoch statt des Prädikativenjambements in G O Q ein Subjektenjambement aufweist. sage Artuˆse und dem wıˆbe sıˆn, in beiden, von mir dienest mıˆn, [La 199.3– 4] Sage Artvse vn¯ dem wibe )in in beiden von mir diene)t min [D T Q]245 vnde )age von minem libe artu)e vnde )inem wibe [G I O] Parzival schickt den besiegten Kingrun zu Artus. Er trägt ihm auf, dem König die Nachricht zu übermitteln, er werde erst an den Artushof zurückkehren, wenn die Züchtigung Cunnewares durch Keie vergolten sei. Die unterschiedliche Versgestalt von 199.3– 4 in den Handschriften scheint Lachmann einiges Kopfzerbrechen bereitet zu haben. Er weist selbst im Apparat auf die Parallelen der *D*T-Lesart in 267.21–22 (wörtliche Übereinstimmung) und 625.16–18 (er enboˆt [. . .] / Artuˆse unt des wıˆbe / dienst von sıˆme lıˆbe; mit Elementen der *G-Lesung) hin. Martin246 und Bonath247 gingen von einer nachträglichen Veränderung durch *G aus, Bonath führte die Lesart gar unter der Rubrik ‚Beispiele für Trivialisierungen in *GI‘ an, wenngleich sie zugestand, „daß Wolfram im ›Parzival‹ identische Verspaare fast vollkommen vermeidet.“ Aufgrund der Formelhaftigkeit der Stelle wird aber schwerlich ein Argument für die Priorität einer der beiden Lesarten zu gewinnen sein. Repanse de schoy si hiez, die sich der graˆl tragen liez [La 235.25–26]

244 Zur Kategorisierung des Enjambements vgl. Horacek, Die Kunst des Enjambements bei Wolfram von Eschenbach, S. 213–216. 245 T: den dien*t. 246 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 190 [Komm. zu 199.3– 4]. 247 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 138 und Anm. 79.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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[. . .] die )ich der Gral tragen lıˆez [D T Q] die man den gral tragen liez [G I O]248 Die reflexive Konstruktion in *D*T, die den Gral als persönlich gedacht voraussetzt,249 begegnet nochmals 809.10, und zwar in den Textzeugen von *D und *G. Hier wird präzisiert, dass nur Repanse den Gral tragen kann: [. . .] Repanse de schoye, ein magt. / sich liez der graˆl, ist mir gesagt, / die selben tragen eine, / und anders enkeine (La 809.9–12). Auch in ›Titurel‹ G und H wird diese Konstruktion bei der Erwähnung der ersten Gralträgerin, Schoisiane, verwendet.250 Das Indefinitpronomen man in der Version von *G schwächt diesen Gedanken der Ausschließlichkeit etwas ab, indem eine Zuweisungsinstanz angesprochen wird, unter der entweder der Gralkönig selbst oder aber die Gralgemeinschaft zu verstehen ist. dar naˆch gienc doˆ zer tür dar ˆın vier251 claˆre juncfrouwen [La 243.20–21] e

darnach giench do zer tvr dar in [D T]252 nv )eht dort chom ze tur her in [G I O Q]253 Nach Beendigung der Gralprozession wird Parzival ein Schlafgemach zugewiesen. Nachdem die Knappen, die ihm beim Entkleiden behilflich waren, das Gemach verlassen haben, öffnet sich erneut die Tür. Während in *D*T der Erzählfluss beibehalten und die Geschehnisse nacheinander (darnach) geschildert werden, unterstreicht *G den visuellen Charakter des nun Folgenden durch den Erzählerausruf nu seht, verbunden mit dem zeigegestischen Lokaladverb dort.254 Kordt stellte fest, dass der Einzug der Damen an die Gralprozession erinnert und dass Wolfram Motive der Gralszene auf spielerische Weise wieder aufnimmt.255 Dieser Anspielungscharakter auf den stark visuell gestalteten Aufzug 248 I: da tragen. 249 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. (ed. Bartsch-Marti), 1. Teil, S. 265 [Komm. zu 235.26]; Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 114 f. [Komm. zu 235.26]. 250 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Titurel (ed. Bumke / Heinzle), Strophen G 24 (die sich der graˆl zem eˆrsten lie tragen, daz was Schoisıˆaˆne) bzw. H 27 (die sich der graˆl ie zem eˆrsten tragen lie, daz was Tschiosıˆaˆne). 251 D liest hier vil, während in T wie in den anderen Handschriften vier steht. Die Lesart von D ist zwar nicht grundsätzlich falsch, doch geht aus Vers 244.11 hervor, dass es sich tatsächlich um vier Damen handelt. Vgl. auch Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 21. 252 T: do fehlt. o 253 I: dort . . . ze] do . . . zu d . 254 Zur deiktischen Grundhaltung von Wolframs Sprache vgl. Beck, Raum und Bewegung. 255 Vgl. Kordt, S. 175 [Komm. zu 243.20–27].

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

kommt in *G noch deutlicher zur Geltung als in *D*T, indem der Erzähler den Hörer „als Augenzeugen mit hinein [nimmt]“.256 Der valscheite widersaz keˆrt uˆf der huofslege kraz. [La 249.1–2] Der valscheite widr )azz o cherte vˆf der hvf)lege chrazz [D T] o

)ich hvp der val)che wider )atz o va)te vf der hvf)lege chraz 257 [G I O Q] Parzival verlässt Munsalvæsche. Er orientiert sich an einer noch frischen Spur, die sich jedoch bald verläuft. In *D*T wird er als der valscheite widersaz bezeichnet, was nach Nellmann wörtlich mit ‚der Gegner der Untreue‘ wiederzugeben ist.258 Da valsch nach Lexer starkes Maskulinum ist259 und da hier schwerlich adjektivische Funktion anzunehmen ist (Parzival wäre ‚der treulose Feind‘), müsste zur Herstellung eines *G-Textes entweder auf das stf. velsche260 – der Umlaut wäre in G I und Q dann nicht bezeichnet worden – zurückgegriffen oder die Lesung von O (de* val*che* wider *atz) herangezogen werden, wodurch in beiden Fällen dieselbe Bedeutung wie in *D*T vorläge. Es ist offensichtlich, dass die Version von *G mit 248.17–18 korrespondiert, wo es heißt: Parzivaˆl der huop sich naˆch / vast uˆf die slaˆ dier daˆ sach [La]. Zwischen den beiden Stellen werden die Mutmaßungen Parzivals über die vor ihm Reitenden dargestellt (248.19–30). Während in *D*T das Bemühen erkennbar ist, die Formulierung desselben Gedankens (‚Parzival folgt der Spur‘) variierend zu gestalten, werden die Verse in *G beinahe wörtlich wiederholt. Erstaunlich ist, dass eine Wiederholung des Adverbs vaste in beiden Versionen vermieden wird: In *D*T begibt sich Parzival bereits 248.17–18 ‚rasch‘ auf die Spur, was den Fluchtcharakter seiner Handlung nach dem Versagen auf der Gralburg unterstreicht. In *G fehlt dieses Moment zunächst, wird aber 249.1–2 nachgeholt, während es in *D*T an dieser Stelle nicht mehr erwähnt wird. der bürge wirtes royaˆm, Terre de Salvæsche ist sıˆn nam. ez braˆhte der alte Tyturel an sıˆnen sun. rois Frimutel [La 251.3–5] der bvrge wirtes royam Terre de Salvæ)ce i)t )in nam 256 Nellmann, Wolframs Erzähltechnik, S. 38. Zu Wolframs Einsatz der (nuˆ) seht-Technik vgl. ebd., S. 37– 40. 257 O: de* val*che*. vaste fehlt. 258 Nellmann, Kommentar, S. 589 [zu 249.1]. Vgl. auch S. Backes, Von Munsalvæsche zum Artushof, S. 5f. [Komm. zu 249.1]. 259 Vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. III, Sp. 13. 260 Vgl. ebd., Sp. 56. Für die Anregung danke ich Frau Dr. Kathrin Chlench.

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ez brahte der alte Tytvrel [. . .] [D T] der burgare wirt wa) roian der de)chalvat)che wa) )in nam daz braht der alte titurel [G I O Q]261 *D*T weisen gegenüber *G eindeutig den richtigen Text auf. 251.3 liegt „doppelter Genitiv abhängig von royam(e)“262 aus afrz. roiame vor. Nach Nellmann ist zu übersetzen: ‚das Königreich des Herrn der Burg‘.263 Die *G-Handschriften interpretieren royaˆm als Eigennamen und stimmen den Nebensatz darauf ab, indem der Name des Reiches (Terre de Salvæsche) durch einen Appellativ (der de*chalvat*che) für den Burgbesitzer ersetzt wurde. Dadurch ist das Pronomen des Folgesatzes ez (*D*T) bzw. daz (*G), das auf das Gralreich zu beziehen ist, in den *G-Handschriften referenzlos geworden. der [Frimutel] lac von einer tjoste toˆt, als im diu minne dar geboˆt. [La 251.9–10] der lach von einer tio)te tot al) im div minne dar gebot [D T Q]264 der lach an einer tio)te tot al) im ein chungin gebot [G I O]265 Der Weg Parzivals zum Gralkönig vollzieht sich vor dem Hintergrund einer Welt, die von Minnetragödien geprägt ist.266 Diese Minnetragödien werden zumeist nicht umfassend 261 O: J*t boiam. / Der de*alvat*che. 262 Nellmann, Kommentar, S. 591 [zu 251.3]. Ausführlicher Stellenkommentar bei S. Backes, Von Munsalvæsche zum Artushof, S. 19. Zum doppelten Genitiv bei Wolfram vgl. auch Singer, Neue Parzival-Studien, S. 10 f. 263 Nellmann, Kommentar, S. 591 [zu 251.3]. 264 T: von] an. 265 O: dar gebot. 266 Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 161: „Liebe und Tod, Liebe und Haß, Liebe und Krieg, Liebe und Gewalt: diese düstere Motivkette bestimmt die Liebesdarstellung im ›Parzival‹. Überall begegnen verzerrte, verkehrte und überzogene Formen der Liebe, die eine zerstörerische Wirkung nicht nur auf einzelne Menschen, sondern auf die ganze Gesellschaft haben.“ Brackerts Vergleich mit Chre´tien verdeutlicht, wie planvoll Wolfram die vorgegebenen Minne-Leid-Strukturen ausgebaut und gestaltet hat (Parzival und das Leid der Frauen, S. 147–149); zu diesen häufig im epischen Hintergrund angesiedelten Minnetragödien vgl. auch Knapp, Von Gottes und der Menschen Wirklichkeit, S. 362; Öhlinger, Destruktive unminne, S. 51–54; Brüggen, Schattenspiele, bes. S. 186 f. Eine psychologische Deutung versucht Ernst, Liebe und Gewalt im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach.

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dargestellt, sondern vom Erzähler nur angedeutet.267 Oftmals greift er eine solche Andeutung an späterer Stelle wieder auf, um sie genauer auszuführen, in den wenigsten Fällen allerdings erschöpfend. Die Andeutungen wie die späteren Aufklärungen werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten zu geben imstande sind. Fast immer ist eine solche Andeutung mit einer genealogischen Information verbunden,268 sodass nach und nach ein dichtes Verwandtschaftsnetz geknüpft wird. Im Zentrum dieser ‚Minne-Fragmente‘269 steht die Tragödie von Sigune und Tschionatulander, ein „Mahnmal der qualvollfatalen Ritterwelt“270 und zugleich „fast nur noch zum Ergebnis geronnenes Geschehen“,271 das im Erzählgefüge des ›Parzival‹ eine Achsenstellung einnimmt. Wolfram hat aus der einen Cousine-Episode des ›Conte du Graal‹ deren vier im ›Parzival‹ gemacht, die sich als Ausgangs- und Fluchtpunkt für den Protagonisten über das ganze Werk verteilen. Im ›Titurel‹ wurden die Episoden weiter ausgearbeitet, doch blieb das Werk bezeichnenderweise ein Fragment. Ein solches Minne-Fragment liegt auch in den Versen 251.6–10 vor. Sigune gibt Parzival Auskünfte über die Abfolge des Gralgeschlechts. Sie erwähnt knapp, dass Frimutel seinem Vater Titurel als Gralkönig folgte, er aber im Dienste der minne (*D*T) bei einem Zweikampf den Tod fand und vier Kinder hinterließ. Eigentlich sind es fünf Kinder, wie aus Trevrizents Ausführungen im neunten Buch (477.1 ff.) und aus ›Titurel‹ 9.1 hervorgeht, doch hat Schoysiane Frimutel nicht überlebt. Trevrizent berichtet Parzival später ebenfalls von dessen Großvater Frimutel; allerdings gehen die Informationen kaum über Sigunes Angaben hinaus: Tyturel si [das Gralwappen] braˆhte doˆ an sıˆnen sun rois Frimutel: dar unde vloˆs der degen snel von einer tjoste ouch sıˆnen lıˆp. der minnet sıˆn selbes wıˆp, daz nie von manne meˆre wıˆp geminnet wart soˆ seˆre; ich mein mit rehten triuwen. sıˆne site solt ir niuwen, und minnt von herzen iwer konen. [La 474.10– 474.19] Trevrizent hebt Frimutels innige Liebe zu dessen Ehefrau hervor und ermahnt Parzival, es diesem gleichzutun. Unklar bleibt, worauf Susanna Backes zu Recht hinweist,272 267 Vgl. hierzu die Monographie von Karg, sıˆn süeze suˆrez ungemach. Einen guten Überblick bietet die Zusammenstellung der Paare im ›Parzival‹ ebd., S. 17–31. 268 Vgl. beispielsweise die „kurze, auf das Wesentliche gebrachte Minne-Leid-Geschichte“ (ebd., S. 29) von Ilynot und Florie (La 585.30–586.11), in der erzählt wird, dass Gawan einen Neffen namens Ilynot hatte, der im Minnedienst ums Leben gekommen sei. 269 Vgl. hierzu Schöller, Minne-Fragmente. 270 Haug, Lesen oder Lieben?, S. 311. 271 Haug, Erzählen vom Tod her, S. 10. Über die Sigune-Tschionatulander-Tragödie als „Einbruchsstelle auch für die erotische Problematik“ im Gralroman vgl. ders., Vom ›Tristan‹ zu Wolframs ›Titurel‹, S. 193–195. 272 Vgl. S. Backes, Von Munsalvæsche zum Artushof, S. 22 f. [Komm. zu 251.10].

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warum Frimutel überhaupt den Gralbereich im Minnedienst verließ. Trevrizent musste dies heimlich tun, da, seinen eigenen Worten zufolge, der Gralkönig ganz im Dienste des Gralreiches zu stehen habe und dieses nur zur Errettung eines gefährdeten Landes verlassen dürfe. „Ob aber vor Anfortas schon Frimutel gegen die Weisung des Grals gehandelt hat, oder ob der Kampf im Minnedienst für die eigene Ehefrau dem Gralherrscher erlaubt ist, läßt der Text offen.“273 Tatsächlich bleiben durch die Angaben Sigunes und Trevrizents einige Fragen unbeantwortet. Von einer Tjost im Minnedienst ist bei Trevrizent nicht mehr die Rede. Er berichtet vielmehr, dass Frimutel im Kampf, das Gralwappen tragend, starb, und dass er seine Frau liebte. Die Rede Trevrizents vermittelt also den Eindruck, dass Frimutel im Dienste des Grals sein Leben verlor. Es wäre möglich, dass Wolfram hier eine kleine, unauffällige Korrektur vorgenommen und dadurch die Konflikte mit den Regeln der Gralgemeinschaft beseitigt hat. Die Überlieferungsvarianten der Sigune-Rede bringen ebenfalls keine Klarheit, was die Motivation des todbringenden Zweikampfes betrifft: Während in *D*T allgemein von einem Gebot der Minne berichtet wird, spricht *G von ‚einer Königin‘ als Anstifterin.274 Die Wahl des unbestimmten Artikels lässt es offen, ob hier seine Gattin gemeint ist, oder ob Frimutel doch die Tradition seines Geschlechts fortführte, in deren Rahmen der Minnedienst für mehrere Frauen durchaus üblich, wenn auch verboten war. si hete ie snahtes deckekleit, swie bloˆz si bıˆme tage reit. [La 272.25–26] )i hete ˆıe )nahte) dechhe chleit [. . .] [D T]275 ir decche nahte) wa) bereit [G I O Q]276 Nachdem Jeschutes Ehre durch Parzivals Eid wieder hergestellt worden ist, wird ihr von zwölf Jungfrauen, die sich in der Zeit ihrer Demütigung durch Orilus277 um sie gekümmert hatten, ein Bad bereitet.278 In der Version *D*T wird berichtet, dass sie – wohl aufgrund der Fürsorge der Dienerinnen – wenigstens in der Nacht immer eine Decke zum Schlafen gehabt hatte, während sie bei Tag nahezu unbekleidet reiten musste.279 Das Temporaladverb ie verdeutlicht, dass es sich um Vergangenes handelt. In *G, zumindest in G und I – O schreibt eˆ nahtes –, scheint hingegen der gegenwärtige Moment angesprochen 273 Ebd., S. 23. 274 Vgl. auch Stadler, Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs Parzival, S. 149, der darin ein Beispiel sieht für das „Bestreben“ von G, „diese ungewöhnliche Art der Personifikation aufzuheben“. 275 T: ˆıe] iedoch. 276 O: eˆ nahte*. 277 Vgl. hierzu zuletzt Baisch, man boˆt ein badelachen dar, S. 123–125; Schmid, weindiu ougn haˆnt süezen munt, S. 232–234; Scheuble, mannes manheit, vrouwen meister, S. 287–313; Classen, Diskursthema ‚Gewalt gegen Frauen‘ in der deutschen Literatur des hohen und späten Mittelalters; Wittmann, Das Ende des Kampfes, S. 70–78. 278 Vgl. ausführlich zur Stelle S. Backes, Von Munsalvæsche zum Artushof, S. 131 [Komm. zu 272.20 und 272.25]. 279 Zur T-Lesart dc div hzogin *o nacket reit (337.16) siehe S. 159.

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zu sein, was dann zu übersetzen wäre: ‚Des Nachts wurde ihr (diesmal) eine Decke bereitet, während sie am Tag noch nackt reiten musste.‘ ir gebaˆret, heˆrre, als ir sıˆt vroˆ daz hie ein künec mit volke ligt. [La 287.22–23] ir gebaret herre al) ir )it vroˆ [. . .] [D T Q]280 ir gebaret reht al) ir )it unfro [G I O] Abschließend sei noch kurz auf eine Stelle eingegangen, die zwar keine Beweiskraft hinsichtlich der Klassenunterscheidung für sich beanspruchen kann, der dafür aber einige Aussagekraft zukommt, was die Stilbildung unterschiedlicher Lesarten betrifft. Segramors versucht, den gedankenverlorenen Parzival zum Kampf herauszufordern. In *D*T bedient er sich der Ironie (‚Ihr benehmt Euch, Herr, als wäret Ihr froh, dass hier ein König mit seinem Heer lagert‘), während die Formulierung in *G dem Gegner eine Nuance deutlicher eine feindselige Haltung unterstellt; schließlich hält Parzival die Lanze unwissentlich aufrecht, was von den Artusrittern als Zeichen der Kampfbereitschaft interpretiert wird. Segramors Worte in *G lauten somit: ‚Ihr benehmt Euch ganz so, als würde es Euch nicht passen, dass hier ein König mit seinem Heer lagert.‘

Als weitere Beispiele für *D*T (D T) gegen *G (G I O) wären – in Auswahl – noch zu nennen: 43.8 der aller wunder hat gewalt (D T) : manger (G I O); 131.28 und ouch zwei pardrisekin (D T) : legelin (O), rephounlin (G), parelin (I); 147.19 der knappe sprach got halde dich (G T) : do sprach der gast got halde dich (G I O); 190.4 so nemtz hinte als wirz gedolt (D T) : lidet (G I O); 194.12 si sprach ich furhte ob ichz iu sage (D T) : ich furhte herre obe ihz iu sage (G I O); 201.1 ir habe zewispilte (D T) : chouf (G I O); 201.12 er sazte di werden di er da vant : do satzter alle dier vant (G O) : do seit er allen die er da vant (I); 213.3 neina werder degen balt : marer (G I O); 215.16 ich wil die vart von hinnen han : reise (G I O); 215.17 mit gelubde do dannen sciet (D T) : urloube (G I O); 216.29 f. in also groz gemenge / ich vorhte unchunt gedrenge (D T) : gedrenge ˘ gemenge (G I O); 218.5 der wil vil ganze pflihte han (D T) : unde wil ganze phlihte han (G I O); 231.13 mitten dran ein knoepfelıˆn : dar an was ein chophelin (G I O); 236.3 sehs glas lanch luter wolgetan (D T) : sehs glas luter und wolgetan (G I O); 237.12 dem was ce knıˆen fur si gach (D T) : zechomene (G I O); 237.25 man zohse zen fier wenden (D T) : si zugen zevier wenden (G I O); 246.6 ouwe durch waz ist diz getan (D T) : warzuo (G O) warumb (I); 248.20 ich wæne die hiute strıˆten (D T) : die wane ich hiute morgen striten (G I O; morgen om. I O); 261.23 fuort im ungelichiu chleit (D T) : truoch (G I O); 304.11 f. daz ich in niht mit eren min / 280 T: herre] rehte. Der Vers weist in T somit eine *D-Formulierung (vroˆ) und eine *G-Formulierung (rehte) auf.

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mach gesehen noch die kunegin (D T) : daz ih in mit den eren min / niht mach gesehen noch die chungin (G I O); 329.25 jne wil deheiner freude iehn (D T) : phlegen (G I O); 359.7 und ouch Meliacanz min sun (D T) : hie ist ouch meliahganz sin sun (G I O; sin] min O; ouch] om. I); 396.15 sult ir si han durch ritters pris (D T) : nemen (G I O). *D und *T weisen demnach auch in der Textformulierung bemerkenswerte Gemeinsamkeiten auf. Die angeführten Beispiele können indes nicht mehr als einen ersten Einblick in diese Eigentümlichkeit des *T-Textes geben. Erst eine Fassungsedition auf der Basis der Gesamtüberlieferung wird gezielte Aussagen über Quantität und Dichte dieser Überschneidungen in der Textformulierung mit *D ermöglichen. Die Gründe für diese partielle Textidentität müssen offen bleiben. Es kann lediglich festgestellt werden, dass *T zahlreiche Formulierungen mit *G und nicht wenige mit *D teilt und dass darüber hinaus ein überaus großer Anteil an Eigenformulierungen besteht, der *T von *D und *G unterscheidet. Eine Trennung dieser Schichten – etwa nach chronologischen Gesichtspunkten – wäre weder möglich noch sinnvoll. Bemerkenswert erscheint, dass einige wenige der angeführten *D-Lesarten in *T (199.3– 4, 235.25–26, 251.9–10) auch in Q vorhanden sind. Dies dürfte mit dem nicht näher zu bestimmenden Verhältnis von *T zu *QR in der ersten Hälfte des ›Parzival‹ – Parallelen im Textbestand, aber kaum Parallelen im Wortlaut281 – in Zusammenhang stehen. Jedenfalls ist für diese Stellen die – ohnehin kaum wahrscheinliche – Annahme von Kontamination auszuschließen; denn dass *T und *QR exakt an denselben Stellen unabhängig voneinander von *D entlehnt haben, ist schlichtweg nicht möglich.

III.2.2.3 *T-Formulierungen *T nimmt innerhalb der Gesamtüberlieferung des ›Parzival‹ eine Zwischenstellung ein, wie an Textgliederung, -bestand und -formulierung ersichtlich ist. Das Charakteristische dieser Gruppe besteht darin, dass sie einerseits Elemente der textgeschichtlichen Pole *D und *G in sich vereinigt und dass sie andererseits einen so ausgeprägten Formulierungswillen erkennen lässt, dass an ihrer Eigenständigkeit kein Zweifel besteht. Schon für Hartl stand fest, dass die Handschriften T U V W „sich deutlich von den beiden Hauptklassen *D und *G absondern“.282 Da die Textformulierungen in *T Gegenstand des abschließenden Textanalyse-Teils sein werden283 und da darüber hinaus bereits zahlreiche Beispiele für die bemerkenswerte Qualität der *T-Formulierungen angeführt 281 Vgl. Abschnitt III.2.2.1 (S. 162 ff.). 282 Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 64. 283 Vgl. Abschnitt IV (S. 261 ff.).

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wurden,284 sollen in der Folge nur drei Problembereiche angerissen werden, die geeignet erscheinen, charakteristische Merkmale der Fassung *T auf der Ebene der Textformulierung zu veranschaulichen. Aus dem Bereich der Metrik wird auf die Handhabung des Enjambements näher eingegangen, von den Eigennamen soll der Umgang mit dem rätselhaften Paar Repanse / Urrepanse de Schoye in *T näher beleuchtet werden, und schließlich folgen einige Anmerkungen zur Stellung von *T in den Büchern VIII–XI , in denen nach Lachmann ein Klassengegensatz zwischen *D und *G kaum existiert.

III.2.2.3.1 Der Einsatz des Enjambements in *T Zu den wesentlichen stilistischen Merkmalen von Wolframs Dichtung zählt der überaus häufige Einsatz des Enjambements. Während dieses Stilmittel in der Zeit vor Wolfram kaum anzutreffen ist und beispielsweise bei Hartmann von Aue gerade einmal in der Form des abgetrennten Verbums vorkommt, wurde Wolframs Leistung auf diesem Gebiet von Friedrich Wahnschaffe als geradezu „bahnbrechend“ bezeichnet.285 Nach Martin gehe Wolfram „in der Verbindung der Verse durch den Satzzusammenhang im Enjambement weiter als andere Dichter“, was als Indiz für dessen Improvisationskunst aufgefasst wird, „da das Reimen erleichtert wird, wenn ein im Satzinnern stehendes Wort an das Ende des Verses gebracht werden kann“.286 Bumke bezeichnete das Enjambement als „die auffälligste metrische Eigenheit“ von Wolframs Versgestaltung.287 Es vermag daher nicht zu überraschen, dass der Gebrauch des Enjambements geradezu als Authentizitätssiegel angesehen wurde, wenn es darum ging, ‚echte‘ von ‚unechter‘ Überlieferung zu unterscheiden. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand wiederum das Bemühen, 284 Siehe hierzu S. 167 ff., 171 ff., 376 ff. und 383 ff. 285 Vgl. Wahnschaffe, Die syntaktische Bedeutung des mittelhochdeutschen Enjambements, S. 208. Zum Enjambement bei Wolfram von Eschenbach vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, Einleitung, S. LXXV f.; Reinecke, Das Enjambement bei Wolfram von Eschenbach; Stadler, Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs Parzival, S. 162–164; Wahnschaffe, Die syntaktische Bedeutung des mittelhochdeutschen Enjambements; Horacek, Die Kunst des Enjambements bei Wolfram von Eschenbach; dies., Kunstprinzipien der Satzund Versgestaltung, bes. S. 108–125; Mohr, Wolfram beim Wort genommen, S. 296– 298; Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes (s. Register); DeckeCornill, Stellenkommentar zum III. Buch des ›Willehalm‹ Wolframs von Eschenbach, S. 104 und 142; Gärtner, Das Verhältnis von metrischer und syntaktischer Gliederung in mittelhochdeutschen Verstexten um 1200, S. 369. 286 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, Einleitung, S. LXXV . 287 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 29.

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*G als nachrangige Überlieferungstradition zu erweisen. Entsprechend selektiv wurden die Belege ausgewählt und interpretiert.288 Doch wies bereits Arthur Witte darauf hin, dass „das enjambement, das in G sehr oft beseitigt ist [.. .], auch in D zuweilen umgangen ist“.289 Dass der Verssprung durchaus nicht einer einzigen und daher zu bevorzugenden Klasse vorbehalten ist, mögen die folgenden Beispiele für *T demonstrieren. Das Enjambement begegnet im ›Parzival‹ bereits in den ersten Versen des Prologs. Lachmann folgt in der Wiedergabe der folgenden Verse der Klasse *D [D m n o W]: Ist zwıˆvel herzen naˆchgebuˆr, daz muoz der seˆle werden suˆr. gesmæhet unde gezieret ist, swaˆ sich parrieret unverzaget mannes muot, als agelstern varwe tuot. [La 1.1– 6 = *D]

Unter metrischen Gesichtspunkten handelt es sich bei dem Verssprung 3f. gemäß den von Blanka Horacek definierten Kategorien290 um ein ‚nachversteilendes‘291 Enjambement, unter reimtechnischen Gesichtspunkten um ein ‚inneres oder Reimversenjambement‘292 und unter syntaktischen Aspekten um ein ‚hauptsatzspaltendes 288 Laut Stadler, Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs Parzival, S. 163, sei in „G auch dieser originelle Zug der Wolframschen Verskunst, der uns heute eher als besonderer Reiz der Darstellung erscheinen will, während die Zeitgenossen in ihm einen Verstoß gegen die strengeren Kunstregeln sahen, häufig verwischt“. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. XX , spricht von einer „fast allen *G-Hss., zumal den jüngeren, gemeinsamen Tendenz, den Text zu glätten, seltene Ausdrücke und Konstruktionen durch bekannte zu ersetzen, das Enjambement zu vermeiden und reine Reime an die Stelle von Assonanzen zu setzen“. Gegen die Unterstellung solch einheitlicher Bearbeitungstendenzen auf dem Gebiet der Metrik wandte sich nachdrücklich Lomnitzer, Beobachtungen zu Wolframs Epenvers, S. 113: „So fällt es schwer, auch nur einem einzigen WolframSchreiber ein auf umfänglichere Versgruppen sich erstreckendes, halbwegs geradliniges metrisches Verhalten nachzuweisen [. . .]“. 289 Witte, Die Parzival-Handschrift D, S. 359 (mit Beispielen). Witte schließt daraus, dass D „in diesen und ähnlichen fällen also [. . .] nicht mehr den ursprünglichen text“ bietet (ebd.). 290 Vgl. Horacek, Die Kunst des Enjambements bei Wolfram von Eschenbach, S. 211– 216. Ich beschränke mich auf die von der Verfasserin erarbeiteten Hauptkategorien. Der Versuch einer Kategorisierung des Verbalenjambements findet sich in: Die poetische Bearbeitung des Buches Daniel (ed. Hübner), Einleitung, S. XVII f. 291 Der Satz (bzw. in diesem Fall der Hauptsatz) schließt im folgenden Vers (vgl. ebd., S. 213). 292 Der Verssprung vollzieht sich innerhalb eines Reimpaares (vgl. ebd., S. 214).

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Verbalenjambement‘293. Die dem Einsatz des Enjambements in *D zugrunde liegende Absicht besteht in der Hervorhebung und Isolierung eines zentralen Gegensatzpaares – das durch die in der Funktion von Substantiven (bzw. Adjektiven) verwendeten Partizipien294 gesmæhet und gezieret gebildet wird –, wie auch sonst im ›Parzival‹ „wichtige Bedeutungsträger [. ..] syntaktisch so gestaltet und placiert [sind], daß die Aufmerksamkeit um einen Gedanken länger bei ihnen verweilen muß als bei anderen“.295 In *G präsentieren sich die Verse 1.3– 4 hingegen in dieser Gestalt: ia i*t ge*mahet vn¯ gezieret )wa )ich parrıˆeret […] [G O L = *G]

Die Versformulierung kommt hier ohne Enjambement aus, Vers- und Satzgrenze verlaufen synchron. Dafür wird Vers 1.3 durch die stilistisch bemerkenswerte Interjektion ia eingeleitet, die deutlich macht, dass die in den Eröffnungsversen angesprochene zwıˆvel-Problematik aufgegriffen und fortgeführt wird.296 Ein – mit einer Ausnahme297 – in der ›Parzival‹-Überlieferung höchst ungewöhnliches ‚Formexperiment‘ unternahm der Schreiber der *G-Handschrift O. Im oberen Bereich des Blattes 9r notierte er die Prologverse 1.1–7 in dem für eine nicht ausgeführte Miniatur ausgesparten Raum in Form von Langzeilen und radierte sie anschließend wieder, allerdings nur unzureichend (Abb. 22): [. . .]ST zw[. . .] herzen nach gebvˆr Ja i)t ge)mehet vnd ge[. . .]eret. o vnd ver[c]age[. . .] manne[s] m[u]t. Der mach dannoch we)en gayl.

o

Daz mvz der )ele werden )vˆr Swa )ich parrire[n]t o Als agel)ter [. . .]we tut

Dieser Eintrag befindet sich am Beginn der zweiten Lage. Bemerkenswert ist, dass die hier strophisch angeordneten Verse mit einer (nicht ausgeführten) Initiale begonnen werden sollten. Möglicherweise beabsichtigte der Schreiber zunächst, den ganzen Text in 293 Der Hauptsatz wird aufgespalten, das durch das Enjambement abgetrennte Satzglied ist ein Verb, in diesem Fall ein mit dem Partizip II verbundenes Hilfsverb (vgl. ebd., S. 214 f.). 294 Vgl. hierzu Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl., (ed. BartschMarti), 1. Teil, S. 3 [Komm. zu 1.3], und Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 3 [Komm. zu 1.3]. 295 Horacek, Die Kunst des Enjambements bei Wolfram von Eschenbach, S. 218. 296 Vgl. zur *G-Variation auch Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 3 [Komm. zu 1.3]. 297 Auf Blatt 20r in Handschrift R wurden die Verse 117.3– 6 ebenfalls nach Art der Langzeile mit Zäsur dargestellt. Der Grund für diese ungewöhnliche Maßnahme liegt in diesem Fall simpel in der Absicht, Platz für die folgende, fünf Zeilen umfassende Überschrift und die sich anschließende Illustration einzusparen.

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dieser dem ›Titurel‹ angeglichenen Form abzuschreiben; er hätte dieses Vorhaben dann aber sehr früh, wohl mit Blick auf dessen Unkonventionalität, wieder aufgegeben. Der Schreibfehler vnd ver[c]age[. . .] < vnverzagt (Blatt 1ra) wurde im eigentlichen Prologbeginn nicht wiederholt.

In der Fassung *T lauten die Verse 1.3– 4: Ja ge*meˆhet vn¯ gezıˆeret J*t. )wa )ich parrieˆret [. . .] [T U V = *T]

Vers 1.3 wird ebenfalls mit der den *G-Vers kennzeichnenden Interjektion Ja eingeleitet. Zugleich hat sich das für *D charakteristische Enjambement erhalten. Obwohl in *T die stilprägenden Elemente der Fassungen *D und *G nur kombiniert sind, ohne dass weitere hinzugefügt wurden, entwickelt der Text ein Eigenprofil. Eine Genese der drei Versformulierungen ist nicht abzuleiten: Jede der Textfassungen kann die ‚ursprüngliche‘ sein, aus der sich die anderen entwickelt haben, doch ist es grundsätzlich ebenso denkbar, dass alle drei Formulierungen auf den Autor zurückgehen. Immerhin kann vermerkt werden, dass *T die effektivsten Stilmittel kombiniert, den kräftigeren Verseingang mit der vielleicht am mündlichen Vortrag ausgerichteten Interjektion und das von Wolfram häufig gebrauchte und in der Forschung gerne als ‚höherwertig‘ klassifizierte Enjambement. Der älteste Überlieferungsträger des ›Parzival‹, das *T-Fragment 26, weist mit den weiteren Vertretern von *T gegen die übrigen erhaltenen Textzeugen in den Versen 251.21–22 ebenfalls einen Verssprung auf: si sprach ‚heˆr, wært ir komen dar zuo der jæmerlıˆchen schar [La 251.21–22]

[. . .] dar. komin zer ia[. . .] // )char. [Fragment 26] Si )pach hre weˆret ir dar com ¯¯ . zer iamlichen )car [*T]298

Diese Verse, die dem zweiten Gespräch Sigunes mit Parzival entnommen sind, leiten zum dramaturgischen Höhepunkt dieser Szene über; zuvor wurde Parzival von Sigune über die Mitglieder der Gralfamilie und den erbarmungswürdigen Zustand des Gralkönigs aufgeklärt. Nun fragt sie Parzival, ob er, der alleine die Gralgesellschaft mit seiner Frage zu erlösen imstande ist, etwa auf der Burg gewesen sei. Die Versgestaltung in *T verleiht dieser Frage mehr Gewicht, indem der Akzent auf die erahnte Ankunft Parzivals in Munsalvæsche – comen steht nun 298 weˆret] welt W.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

am Versbeginn – gelegt wird. Dass dieses Enjambement im ältesten Textzeugen und in den mit diesem verwandten Handschriften vorhanden ist, bei Lachmann (nach den übrigen Handschriften) jedoch nicht, ist ein weiterer Beleg für die stilistische Gestaltungsvielfalt, die die frühen autornahen Fassungstexte auszeichnet.299 Auch in diesem Fall können die beiden Textformulierungen nicht in ein chronologisches Verhältnis zueinander gestellt werden, da Enjambements über Fassungsgrenzen hinweg vorhanden sind und ihr Einsatz allein keinen Beweis einer größeren ‚Originalnähe‘ darstellt. Ebenso demonstrieren die folgenden Verse den stilsicheren Gebrauch des Enjambements in der Fassung *T: uˆzem satel ern für sich huop daz was ein ungefüeger uop [La 73.19–20]

o

vz dem )atele hvber in o vur *ich. vn¯ vurtin mit im hin [T U V = *T]

Der Zweikampf von Morholt und Killirjacac im Rahmen des Turniers von Kanvoleis endet mit der Niederlage Killirjacacs. Der Erzähler schildert den Turnierverlauf in beachtlicher stilistischer Variation; mit „immer neuen Wendungen bezeichnet der Dichter das Abgestochenwerden der Gegner“.300 Der Wortlaut des Lachmann-Textes (ungefüeger uop) lässt sich wohl am ehesten mit Martin als ‚plumper, derber Streich‘ wiedergeben.301 Ein höfischerer Ton herrscht dagegen in *T vor: Hier wird Killirjacac aus dem Sattel gehoben und in Gefangenschaft geführt. Das Enjambement verlangt nach einem anderen Reimwort, das eine abweichende Aussage hervorbringt. Das folgende Beispiel zeigt, wie ein ursprüngliches *T-Enjambement in Handschrift V rückverwandelt wurde: doˆ sprach er ‚heˆrre, in bin niht wıˆs: bezal abr i’emer ritters prıˆs, soˆ daz ich wol mac minne gern, ir sult mich Lıˆaˆzen wern, iwerr tohter, der schœnen magt. [La 178.29–179.3]

do )pach er herre ine bin niht wis )ol ich aber riter) pris iem gewinnen. )o dc ich mac minnen gern ir )vlt mich Lyazen wern ivwerre tohter d )chonen magt [T U = *T]

299 Vgl. hierzu auch die Beobachtungen von Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 365–368, zum Gebrauch des Enjambements in den Fassungen der ›Klage‹. Auch hier sind wechselseitige Verssprünge zwischen den Fassungen vorhanden. 300 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. (ed. Bartsch-Marti), 1. Teil, S. 90 [Komm. zu 73.24]. 301 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 80 [Komm. zu 73.20]. Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 1, S. 151 [Komm. zu 73.20], übersetzt ‚unfreundliches / grobes Verhalten‘. Ein Regelverstoß, wie ihn Spiewok, Übersetzung, S. 129, vermutet, ist aufgrund des Kontexts eher unwahrscheinlich.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

189

In V stehen die Verse 178.30–179.1 auf Rasur: Bezal ich aber iemer ritters pris / So daz ich wol mag mı¯ne gern. Vom ursprünglichen Vers 178.30 sind noch die Reste S[.]l [...] d[. ..] mı¯ne [.]ern zu erkennen, wobei die letzten beiden Wörter des in *T sehr langen Verses über die Zeile hinausgeschrieben und mit einem AlineaZeichen versehen wurden. Als Beispiel für eine Häufung von Enjambements in mehreren aufeinander folgenden Versen, die in *T im Unterschied zu den übrigen Handschriften vorhanden sind, mögen die folgenden Verse dienen: ir gaˆbt mir alle geselleschaft, die wıˆle ich stuont in prıˆses kraft: der sıˆt nu ledec, unz ich bezal daˆ von mıˆn grüeniu freude ist val. [La 330.17–20]

ir habt mir alle ge)ell)chaft getan. do ich in pri)e) craft o *tvnt. de) )ıˆt nv ledic vnz ich bezal da von min grvene vroˆude i)t val.302 [T U V = *T]

Die unmittelbare Abfolge von Prädikativ- und Verbalenjambement zielt hier nicht auf ein „gehobenes, musikalisches Ineinanderfließen der Verse“303 ab, vielmehr entsteht der „Eindruck [. ..] prosanahen Redens“.304 Sowohl der lyrische als auch der prosaische Einsatz des Enjambements begegnet in den Texten der mittelhochdeutschen Epik, und er begegnet zugleich in den Fassungstexten des ›Parzival‹. Um ein möglichst umfassendes Bild vom Einsatz des Enjambements in *T zu zeichnen, sei abschließend noch ein Beispiel aus der Fassung *T2 angeführt: mit golde galt der küene man sıˆnem marnære saˆn harte wol sıˆn arbeit. [La 58.23–25]

mit golde galt d werde man den marnern. vn¯ )ciet von dan vn¯ lonet in ir arbeit [*T2]

Gahmurets Abschied von den Schiffsleuten (Plural in *T2) im Hafen von Sevilla wird in *T2 über ein hauptsatzspaltendes Objektenjambement – Aufteilung des Verses 58.22 – und zwei angeschlossene Nebensätze dargestellt.305 Die Reihenfolge der Verse 58.24 f. erinnert an ein hysteron proteron (‚scheiden‘ – ‚bezahlen‘), 302 303 304 305

Das Reimwort val fehlt in T (Schreiberfehler). Es wurde nach U ergänzt. Graf, Mittelhochdeutsche Studiengrammatik, S. 213. Ebd. Grundsätzlich bietet auch die Lachmann-Version ein sogenanntes ‚Kurzzeilenenjambement‘, „wenn man unter Enjambement [. . .] das Übergreifen des Satzes in den nächsten Vers versteht“ (Horacek, Die Kunst des Enjambements bei Wolfram von Eschenbach, S. 211). Hier gilt die Aufmerksamkeit nur dem „Enjambement im engeren Sinn oder ‚Kurzverssprung‘“, der nach Horacek „den Sprung vom ungeteilten Vers in den geteilten, oder [. . .] vom geteilten in den ungeteilten Vers“ (ebd.) umfasst.

190

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

doch ist diese Satzfigur aufgrund der bereits in Vers 58.23 erwähnten Entschädigung der Schiffsleute und aufgrund der neuerlichen Darstellung des für Gahmuret schmerzlichen Abschieds in Vers 58.26 ( *i *chieden *ich dc wa* im leit, T) letztlich aufgehoben. Des Erzählers rıˆme [. ..] samnen unde brechen (337.25 f.), worunter auch die Kunst des Enjambements zu verstehen ist,306 begegnet nicht exklusiv in einem Text oder in einer Textfassung; vielmehr weisen die Fassungen sowohl gemeinsame als auch je eigene Verssprünge auf. Der stilistisch anspruchsvolle Gebrauch des Enjambements vermag somit keinen Hinweis auf einen zu privilegierenden Autortext zu geben. Dessen Einsatz über die Fassungsgrenzen hinweg könnte eher ein Indiz dafür sein, dass schon früh mehrere Autortexte in Umlauf waren – doch kann auch diese Folgerung nicht mehr als eine Spekulation sein.

III.2.2.3.2 Repanse / Urrepanse de schoye Zu den Rätseln des ›Parzival‹ und der ›Parzival‹-Überlieferung zählt der Name der Gralträgerin, den Lachmann in seiner Untersuchung ›Über den Eingang des Parzivals‹ verdeutlichend mit Repense – de – joye wiedergab:307 Zum einen ist bis heute nicht restlos geklärt, was er bedeutet,308 zum anderen divergiert die Namensform in der Überlieferung. Während der zweite Teil des Namens weitgehend problemlos auf afrz. joie ‚Freude‘ zurückgeführt werden kann, gehen die Auffassungen über den ersten Bestandteil weit auseinander: „Man leitet ihn in der Regel ab von afrz. repense (stf. ‚wiederholte Überlegung‘, ‚Nachdenken‘) bzw. von repenser (‚wiederholt überlegen‘, ‚in sich gehen‘) oder von provenzalisch repensar und übersetzt ‚Gedenken‘ oder ‚Andenken an Freude‘.“309 Mergell310 und Kolb311 führten den Namen 306 Vgl. hierzu Nellmann, Kommentar, S. 626 [zu 337.25 f.]: Die Wendung werde „allgemein (ohne letzte Sicherheit) auf die Technik bezogen, paargereimte Verse syntaktisch zu verbinden bzw. zu trennen“. 307 Vgl. Lachmann, Über den Eingang des Parzivals, S. 486. 308 Vgl. die Zusammenstellungen bei Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945 (s. Register); Heinzle, Wolframs Titurel, S. 23 f.; Chandler, A Catalogue of Names of Persons in the German Court Epics, S. 245; Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 48; Wolfram von Eschenbach, Titurel (ed. Bumke / Heinzle), Namenverzeichnis, S. 513 (s. v. ‚Urrepanse de (t)schoie‘; mit Kommentar). Ein vollständiges Verzeichnis der Namensformen von Repanse / Urrepanse im ›Jüngeren Titurel‹ auf der Basis der gesamten Überlieferung bietet Zatloukal, Die Eigennamen im ›Jüngeren Titurel‹, Bd. 1, S. 454 f. 309 Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 48 (mit den entsprechenden Literaturangaben). 310 Mergell, Der Gral in Wolframs Parzival, S. 78, Anm. 1. 311 Kolb, Munsalvæsche, S. 123 und Anm. 138.

191

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

hingegen auf afrz. respancher, respandre (‚verbreiten‘) zurück, was in etwa ‚die Freude Verbreitende‘ bedeuten würde. Ein jüngerer, durchaus plausibler Vorschlag stammt von G. Ronald Murphy, der den Namen aus dem Text heraus zu erklären versucht. Murphy stellt einen direkten Bezug des Namens zu den Versen 235.23–26 (daz was ein dinc, daz hiez der Graˆl / erden wunsches überwal. / Repanse de schoy si hiez / die sich der graˆl tragen liez) her: „Finally, the Grail itself is described as blissful joy, wunsch, in überwal, literally: overflow. The image of expansion and overflow is the dominant one, and helps determine the image behind Wolfram’s creation of ‚Repanse de Schoye‘. The French word at its base must be, then, respanche (modern French e´pancher, re´pandre) a spilling over, an overflow, and the whole name would mean ‚Overflow of Happiness‘.“312 Eine Deutung der Vorsilbe Ur- wurde von San-Marte versucht, der ourer (‚beten‘) und pens, pense zusammensetzte und de joie als Zusatz auffasste, demnach: ‚die ins Gebet Vertiefte‘.313 Die Form Urrepanse wird im ›Titurel‹314 und im ›Jüngeren Titurel‹315 gebraucht. In der ›Parzival‹-Überlieferung verteilen sich die abweichenden Namensformen folgendermaßen:316 D 228.14 235.25 255.10 477.15 806.13 807.3 809.9 822.21

Repanse de scoye Repanse de scoye Repansce de scoyen Repansse de Shoıˆe Repanse de scoye Repansen de scoye Repanse de scoye Repanse de scoye

m Repponse de scoie Reppasse de schoi reppanse de scoien Repanse de scoie repanse descoie Repanse descoien Repense descoie Repanpanse de scoie

n Repan so die scorie Ropanse de schoye repansen de scoyen Repanse de scoye repanse de scoye Repansen descoyen Repense de scoye Repanse de scoye

o Repan so die storie Repanse do schoie repansen der scoien Repanse de scoie respanse de scoie Respansen die de scoien om. om.

312 Murphy, Gemstone of Paradise, S. 214. „The word respanche (mod. Fr. e´pancher) is ultimately based on a form of (ex-)pandere, the classical Latin verb for opening wide, spreading, or expanding [its Old French synonym respandre (re + pandere) has the same meaning]“ (ebd.). 313 San-Marte, Über die Eigennamen im Parzival des Wolfram von Eschenbach, S. 391. 314 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Titurel (ed. Bumke / Heinzle), Namenverzeichnis, S. 513. 315 Doch auch in den Handschriften des ›Jüngeren Titurel‹ finden sich gelegentlich die Formen Repans und Repanse, vgl. Zatloukal, Die Eigennamen im ›Jüngeren Titurel‹, Bd. 1, S. 454 f. 316 Die Lesarten von G I L M O Z wurden von Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 104, übernommen. Die Lesarten der übrigen Handschriften wurden ergänzt.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung G

228.14 235.25 255.10 477.15 806.13 807.3 809.9 822.21

Vrrepanschoye Vrrepanschoye ––––318 Repanse deschoye Vrrenpanse. de scoyte Vrrepanse de scoyen Vrrepanse de scoye Vrrepanse deschoie

228.14 235.25 255.10 477.15 806.13 807.3 809.9 822.21

Vrrepansch detschoy Repanse des hoie e vrrepans adeschoyen Repanse der schoye319 om. om. om. om.

228.14 235.25 255.10 477.15 806.13 807.3 809.9 822.21

Repanse de ioie Repanse de Joie Repansen de ioien om. Repanze de Joye Repansen de ioien Repanse de ioie Repanse de ioie

228.14 235.25 255.10

V[r]repranase deschoie Vrrepanse de tschoie vrrepansen de schoyen

477.15 806.13 807.3 809.9 822.21

Vrrepanse de tschoie ––––323 ––––324 Vrrepanse de tschoie Vrrepanse de tschoie

O

U

Z

I

L

––––317 Euuirpanschi de schoy ewerpanschi de shoien kanpaste de schoy vrrepanse de shoye vrrepanse de schoien vrrepanse de Scoye Vrrepanse de Scoy

Vrre pansa de schoie Vrrepensa de schoie Vrrepansa deshoien Vrrepansadeshoie Vrrepansa de shoie Vrrepansa de schoie Vrrepansa de schoie Vrrepansa de schoie

Q

R

Repanse de tshoye Repansse de tschoye repansze de schoye repantze detschoye Repanse detschoye Repansen de schoyen Repanse detschoye om.

Repanse deshoye Rapanse dehoie Ranpanse de schoien Repanse de ioie Repanse deioie Rapensen dioninen Repanse deioie Repanse deioie

V

V′

Repanse. de yoie om. Repanse de ioie om. repansen de yoyen om. Repanse de ioge om. repanse deschoye ––––320 R[e]panscen deschoyen ––––321 Repanse deschoye ––––322 Repansce deschoye Repansche deschoye

M Vrrepansate schauwe Vrrepansade schoie Vrrepansa detschoie Repanse de schoie om. om. om. om. T Repanse de ioie Repanse de ioıˆe Repansen de ioien Repanse de ioie om. om. om. om. W Vrepanß de tschoye Vtrepans de schoye vrrepans de schoyen urepans de tschoie vrepans de tschoye Vrepans de tschoye Vrepans de tschoye Vrepans de tschoye

Fragmente Vrrepanze deschoye (F51) Vrrepansa de schoyen (F21); repanse de schoien (F40) Vrredepanse de tschoiwe (F18)

o

317 Umformulierung: disen mand es selbe truc. 318 Die Verse 255.9–10 fehlen in G. 319 Eine Hand des 15./16. Jahrhunderts, die jener des am vorderen Deckelspiegel angebrachten Inhabervermerks Bernhardin Puttrich ähnlich ist, hat auf Blatt 94rb zu Vrrepanse korrigiert. Ob allerdings „Bernhardin selbst der Korrektor war, läßt sich nicht entscheiden“ (Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 36). 320 Minusvers. 321 Umformulierung: Sie wart enpfangen do gar wol / Als man frouwen uon rechte sol. 322 Minusvers. 323 Lücke 806.1–807.24. 324 Lücke 806.1–807.24.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

193

Das auffälligste Merkmal der Ausformung des Namens in den Handschriften ist die je nach Überlieferungstradition abweichende Wiedergabe des ersten Bestandteils als Repanse bzw. Urrepanse. „Das Nebeneinander der beiden Namensformen ist weder zu erklären noch ist zu sagen, welches die richtige Form ist oder ob Wolfram nicht zwei verschiedene Formen gebraucht hat.“325 Die Vertreter von *D (D m n o) lesen durchgängig Repanse, während die *G-Handschriften G I L M O Z Urrepanse bevorzugen. An der Position 477.15, die in den Bereich der Bücher VIII–XI fällt, also in jenen Bereich, in dem ein Klassengegensatz zwischen *D und *G praktisch nicht vorhanden ist,326 lesen die *G-Vertreter ebenfalls Repanse. Dies ist angesichts der Einheitlichkeit der Lesung in den Handschriften ein nicht zu unterschätzendes Indiz dafür, dass der gesamte Bereich VIII–XI nach einer *D-Vorlage kopiert wurde.327 Die Vertreter von *T und von *QR lesen hingegen – mit Ausnahme von W328 – durchgängig Repanse, stimmen also hierin mit *D überein. Bemerkenswerter noch ist die Schreibung des zweiten Namenteils in *T. Die altfranzösische Affrikate /d!/ in joie wurde verblüffenderweise nicht, wie es generell im Mittelhochdeutschen und insbesondere in den ›Parzival‹-Handschriften üblich ist,329 mit sch- oder tsch- wiedergegeben, vielmehr blieb die französische Graphie i/j erhalten. Im Lachmann-Text begegnet die Schreibung ein einziges Mal, nämlich in Vers 610.20: mit groˆzer joye er komen mac.330 In der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters wird gelegentlich auf die französische Form zurückgegriffen.331 Der Grund für die am Französischen orientierte Schreibung 325 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 104. 326 Siehe Abschnitt III.2.2.3.3 (S. 195 ff.). 327 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 105, versucht diese nächstliegende Erklärung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit mündlicher Beeinflussung der Schreiber zu entkräften. Sie ging davon aus, dass die Bücher I–VII und XII–XVI von zwei verschiedenen Schreibern kopiert wurden, denen spezifische ‚Fehlertypen‘ zuzuweisen seien. Die einheitliche Lesung Urrepanse abseits der Bücher VIII–XI sperrt sich gegen diese Theorie. 328 W liest verblüffenderweise ausnahmslos Urrepanse. Die *T- und *m-Lesungen Repanse wurden ignoriert. Hat hier Johann Mentelin, der zeitgleich den ›Jüngeren Titurel‹ (Urrepanse) druckte, auf die einheitliche Wiedergabe des Namens geachtet? 329 Vgl. Suolahti, Der französische Einfluß auf die deutsche Sprache im 13. Jahrhundert, Teil 1, S. 111 ff. Vgl. weiters Wolfram von Eschenbach, Titurel (ed. Bumke / Heinzle), Namenverzeichnis, S. 507 (s. v. ‚Schoi / Tschoi de la kurte‘). 330 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 202 [Komm. zu 217.10]. 331 Vgl. z. B. ›Jüngerer Titurel‹ 1844,1 (michel joie) [sonst nur schoie / tschoie], ›ProsaLancelot‹, Teil 2, S. 59, 73 und 108 (joye), Konrad von Würzburg, ›Trojanerkrieg‹ 12996 und 22548 (joie), Herbort von Fritzlar, ›Liet von Troye‹ 363, 1508, 1572, 8185,

194

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

in *T muss offen bleiben.332 Fest steht nur, dass der zweite Teil des Personennamens als joie ‚Freude‘ verstanden wurde. Vergleichbar ist der ›Erec‹, wo ebenfalls die französische Schreibweise im Eigennamen joie de la curt (Verse 8002 und 9601) begegnet. Handschrift T liest bis zum Abbruch bei 572.30 stets ioie, ebenso die rheinfränkische Handschrift U, die ioie – in geringfügiger graphischer Variation – über den ganzen Text hinweg aufweist. In V ist die Lesart Repanse de ioie bis inklusive 477.15 vorhanden, während die Belege aus dem sechzehnten Buch durchwegs mit anlautendem sch- geschrieben wurden, was auf den Wechsel zu einer Vorlage aus *m in den Schlusspartien des ›Parzival‹ zurückzuführen ist. Zugleich ist die abweichende Schreibung des Namens ein Beleg dafür, dass die Redaktoren von V trotz aller Genauigkeit im Detail bei der Ineinanderarbeitung der Vorlagen keine konzeptionell stringente Gestaltung des Textes im Sinn hatten. Bemerkenswert ist überdies das Verhalten der nahe mit *T verwandten Textzeugen von *QR, insbesondere von R. R liest den Namen bis inklusive 255.10 mit anlautendem sch-, ab 477.15 hingegen, also ab dem Bereich, in dem sich *T und *QR zu *T*QR zusammenschließen, wie die übrigen *T-Vertreter mit anlautendem i-. Dies kann als ein weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass vermutlich eher die Stammhandschrift von *QR zu einer Vorlage aus *T gewechselt sein dürfte, als umgekehrt *T zu *QR. Handschrift Q lässt allerdings, im Unterschied zu R, keinerlei Spuren eines Vorlagenwechsels oder der *T-Lesung erkennen: In dieser Handschrift wird durchgängig tschoye bzw. schoye geschrieben. Im einheitlichen und konsequent durchgehaltenen Gebrauch von Repanse gehen die Textzeugen von *T und *QR von Textbeginn an mit *D zusammen, und zwar bereits vor dem Zusammenschluss von *T und *QR ab etwa der Hälfte des ›Parzival‹. Diese Parallelität passt zu den gelegentlichen, wenngleich bei weitem nicht durchgängig vorhandenen Übereinstimmungen von *T und *QR mit *D-Formulierungen, wie sie bereits oben festgestellt wurden.333 Darin zeigt sich wiederum eine gewisse Nähe von *T und *QR schon vor der Hälfte des ›Parzival‹, die jedoch durch stark voneinander abweichende Textformulierungen der beiden Gruppierungen in diesem Bereich überdeckt wird. In der nur auf den ersten Blick unscheinbaren Lesart Repanse de Joie manifestiert sich erneut die Zwischenstellung und Eigenprofilierung von *T, die für 16059 (ioye, joie, ioie) und die zahlreichen Belege in Ulrichs von dem Türlıˆn ›Arabel‹ (joie, joje, aber auch tschoy). Alle Belege sind der ‚Mittelhochdeutschen Begriffsdatenbank‘ (http://mhdbdb.sbg. ac.at:8000) entnommen. 332 Zu denken wäre an eine Verschriftlichung im französischen Grenzgebiet oder an einen Redaktor mit Französischkenntnissen ebenso wie an den Autor selbst (oder Schreiber des Autors), der sich an der Graphie des ›Conte du Graal‹ orientierte. 333 Siehe Abschnitt III.2.2.2 (S. 171 ff.).

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

195

diese Fassung charakteristisch ist. Der erste Namenteil entspricht *D, der zweite ist in seiner spezifischen Schreibung hingegen nur in *T und in der verwandten Handschrift R überliefert. Zwischen den textgeschichtlichen Polen *D und *G ist *T als Fassung eigenen Rechts anzusetzen.

III.2.2.3.3 Bücher VIII–XI Seit Karl Lachmanns Einleitung zu seiner Wolfram-Ausgabe gehört es zum Handbuchwissen, dass die „zahlreichen handschriften des Parzivals […] in zwei klassen [zerfallen], die durchgängig einen verschiedenen Text haben, nur daß im achten und den drei folgenden büchern (398–582) der gegensatz fast ganz verschwindet“.334 Nellmann überprüfte diese Beobachtung anhand von 300 Versen im neunten Buch und ging sogar noch über Lachmann hinaus, wenn er feststellt, „daß man das ‚fast‘ […] ruhig streichen kann: es gibt dort keinen Beleg für einen Gegensatz der Klassen G und D“.335 Zu ähnlichen Ergebnissen kam Bonath, die den gesamten Bereich der Bücher VIII–XI untersuchte und lediglich einen, in seiner Beweiskraft durchaus zu vernachlässigenden ‚Bindefehler‘ – Eindeutschung des Titels duc bei 545.29 – festhalten konnte. Darüber hinaus führte sie nach eigenen Angaben „vollständig“ die Abweichungen von *D und *G an,336 bei denen es sich allesamt um Bagatellen wie *D twerc = *G getwerch (401.15), iedoch = doch (421.5), hoern = nu horen (414.1), er = ez (491.14) handelt, lediglich hiez = waere (454.21) erscheint etwas gewichtiger.337 Versumstellungen, Plus- oder Minusverse gibt es, zumindest was die sogenannten ‚unkontaminierten‘ Vertreter der Klassen betrifft, nicht.338 Es kann demnach kein Zweifel daran bestehen, dass die Abschriften auf der Grundlage einer in Textbestand und -formulierung weitgehend identischen Vorlage entstanden sind. Unklar ist hingegen, wie es zum Verschwinden des Klassengegensatzes in diesem Bereich kommen konnte. Hierzu gibt es im Wesentlichen zwei Erklärungsmodelle: Bonath ging von der Annahme aus, „dass *G von drei verschiedenen Schreibern angefertigt wurde, von denen einer die Bücher VIII–XI [Bonaths Bereich *G II] sehr zuverlässig abschrieb, die anderen die Bücher I–VII [*G I] und XII–XVI [*G III] ziemlich ungenau kopierten“,339 was 334 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XIV . 335 Nellmann, Neues zur Parzival-Überlieferung, S. 17. 336 Nicht verglichen wurden die Textzeugen von *m (wodurch D quasi allein *D vertritt) und *T. 337 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 119–122. 338 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 107. 339 Ebd., Bd. 2, S. 83.

196

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

zur Folge gehabt habe, „daß die Vorlage von *G dem At [Archetypus] noch recht nahe [gestanden habe]“,340 diese jedoch von den Schreibern von *G I und *G III entstellt worden wäre. Daher könne „mit Vorbehalt […] von *G II auf die Zuverlässigkeit von *D geschlossen werden, was vor allem in der Frage der gleichwertigen Varianten von Bedeutung ist“, da in der Folge „eine Reihe von [*G-] Varianten als falsch zu bestimmen [sind], die sonst als Präsumptivvarianten gelten müßten.“341 Heinzle wies in seiner Rezension darauf hin, dass es unter den von Bonath genannten Voraussetzungen dann einerseits „einen ‚*G-Text‘ der Bücher VIII–XI nie gegeben hätte“, andererseits nicht einmal die von Martin und Stadler vertretene These einer planvollen Überarbeitung nach einem konventionelleren höfischen Muster (‚Trivialisierung‘) Platz hätte,342 da sämtliche, auch gleich- oder gar höherwertige Varianten auf die „relative Intelligenz bzw. die relative Skrupellosigkeit der Schreiber“343 zurückzuführen wären. Allerdings musste auch Bonath zur Unterscheidung der Schreiber von *G I und *G III ‚Fehlertypen‘ erarbeiten, die dann doch wieder einer, wenn auch ‚trivialisierenden‘, Bearbeitungstendenz entsprechen. Plausibler erscheint mir der Vorschlag Nellmanns, der die Möglichkeit einer nachträglichen Textergänzung in Betracht zieht: „Folgendes wäre denkbar: Es gab früh zwei unterschiedliche Fassungen – nennen wir sie *D und *G. In einem Exemplar der einen Redaktion (*D oder *G) gingen vier Bücher verloren. Das lückenhafte Exemplar wurde abgeschrieben. Der Schreiber besorgte sich für die Lücke eine zweite Hs. – zufällig eine der anderen Redaktion. Es entstand eine Mischfassung. Diese Mischfassung wurde Grundlage einer der Lachmannschen Klassen – *D oder *G. […] Wäre meine Vermutung richtig, dann gäbe es also schon am Anfang der ›Parzival‹-Überlieferung Kontamination.“344 Dieser Überlegung ist schon deshalb der Vorzug zu geben, da sie im Vergleich zu Bonaths These mit weniger Unbekannten operieren muss. Ob es sich dabei um eine nachträgliche Lückenergänzung oder schlicht um einen Vorlagenwechsel gehandelt hat, ist, da ohnehin nicht rückverfolgbar, nebensächlich. Ein Vorlagenwechsel scheint insbesondere in größeren Skriptorien mit einer höheren Zahl an verfügbaren Handschriften öfter vorgekommen zu sein, wie gerade die Handschriften von *T zeigen. Zudem ist anhand der Übereinstimmung von Lagenbeginn 340 Ebd., Bd. 2, S. 106. 341 Ebd. 342 Vgl. Heinzle, Rezension Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 153. 343 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 100. 344 Nellmann, Zur handschriftlichen Überlieferung des Parzival, S. 18.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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und Schreiberwechsel in der ›Parzival‹-Handschrift G ersichtlich, dass in großen Skriptorien ein Text von mehreren Schreibern parallel kopiert werden konnte;345 dass dabei eine Vorlage bzw. eine oder mehrere Lagen der Vorlage einer anderen Klasse angehörten, liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Als Zwischenresümee ist festzuhalten: 1. Die Bücher VIII–XI des ›Parzival‹ wurden in *D und *G nach einer gemeinsamen Vorlage abgeschrieben. 2. Da die beiden Klassen in den übrigen Werkteilen in deutlicher Opposition zueinander stehen und diese Opposition im Mittelteil verschwindet, ist davon auszugehen, dass eine Klasse in diesem Bereich eine Vorlage der anderen Klasse benutzt hat. 3. Ob diese Abschrift nach *D oder *G erfolgt ist, entzieht sich der Beweisbarkeit. Die *D-Namensform Repanse, die nur in diesem Bereich in den Haupthandschriften von *G vorkommt, ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass in *G nach *D kopiert wurde,346 doch reicht sie allein für einen Beweis nicht aus. 4. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat es daher „schon am Anfang der ›Parzival‹-Überlieferung Kontamination [gegeben]“,347 wenn auch nur in der ‚einfachen‘ Form des Vorlagenwechsels. 5. Dies legt wiederum die Schlussfolgerung nahe, dass es ursprünglich einen *D- oder einen *G-Mittelteil gegeben hat, der entweder verloren gegangen ist oder der sich möglicherweise in den von Bonath nicht berücksichtigten ‚Untergruppen‘ (*m und *T*QR) erhalten haben könnte. Für diesen letzten Punkt sind jene Gruppierungen von Interesse, die Nellmann anhand eines kleinen Ausschnittes aus dem neunten Buch (461.25– 466.18 und 495.13–500.8) auf der Basis der gemeinsamen Plus- oder Minusverse ermittelte. Er unterscheidet:348 I II III

mno O Q R T V W [U om.] DGILMZ

Dieses Ergebnis stimmt – zumindest, was *T*(O)QR betrifft – exakt mit den oben (S. 161 ff.) angestellten Beobachtungen überein, wonach diese Gruppierung auch im fraglichen Bereich VIII–XI häufig gegen die restlichen Textzeugen steht. Die Minusverse von *T*(O)QR in diesem Abschnitt umfassen die Verspaare 496.7–8 und 499.5– 6. Die fehlenden Verspaare fallen beide in den von Nellmann untersuchten Bereich; sie gaben den Ausschlag für dessen Handschriftengruppierung. Weitere gemeinsame Minusverse von *T*(O)QR gibt es im 345 Vgl. Dressler, Die Handschrift Cgm 19 der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 14 f. 346 Siehe Abschnitt III.2.2.3.2 (S. 190 ff.). 347 Nellmann, Zur handschriftlichen Überlieferung des Parzival, S. 18. 348 Vgl. Nellmann, Neues zur Parzival-Überlieferung, S. 339.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Bereich der Bücher VIII–XI nicht. Der Text von *T*(O)QR kann in diesem Abschnitt demnach als weitgehend ‚vollständig‘ bezeichnet werden. Auf der Ebene der Textformulierung wurde das Eigenprofil von *T*(O)QR auch in diesem Bereich bereits anhand von Einzelbeispielen vorgeführt.349 Es mag daher an dieser Stelle genügen, ergänzend einen zusammenhängenden Textbereich aus dem zehnten Buch exemplarisch vorzustellen, wobei die Aufmerksamkeit nicht der inhaltlichen Qualität der Differenzen gilt, sondern deren Quantität. Ausgewählt wurde ein Abschnitt, in dem nach Ausweis von Lachmanns Apparat nahezu keine Varianz vorliegen sollte. 550.23 diu süeze wart von scheme roˆt, doch tet si daz der wirt geboˆt: zuo Gaˆwaˆn saz frou Beˆne. starker süne zweˆne het der wirt ouch erzogn. nu hete daz sprinzelıˆn erflogn des aˆbents drıˆ galander: die hiez er mit ein ander 551.1 Gaˆwaˆn tragen alle drıˆ, und eine salsen derbıˆ. diu juncfrouwe niht vermeit, mit guoten zühten sie sneit 5 Gaˆwaˆn süeziu mursel uˆf einem blanken wastel mit ir claˆren henden. doˆ sprach si „ir sult senden dirre gebraˆten vogel einen 10 (wan si haˆt enkeinen), heˆrre, mıˆner muoter dar.“ er sprach zer meide wol gevar, daz er gern ir willen tæte dar an ode swes si bæte. 15 ein galander wart gesant der wirtıˆn. Gaˆwaˆnes hant wart mit zühten vil genigen unt des wirtes danken niht verswigen. doˆ braˆht ein des wirtes sun 20 purzeln unde laˆtuˆn gebrochen in den vıˆnæger. ze groˆzer kraft daz unwæger ist die lenge solhiu nar: man wirt ir ouch niht wol gevar. 25 solch varwe tuot die waˆrheit kunt, die man sloufet in den munt. 349 Siehe Abschnitt III.2.2.1 (S. 167 ff.).

(D)iv )veze wart von )chame roˆt doch tet )i dc d wirt geboˆt o Zv Gawane )az vrov Bene )tarker )vne zwene hete d wirt ovch er zogen ouch hete dc )prinzerlin ervlogen drie galander die wurden mit ein ander Gawane getragen alle dri vn¯ eine )al)e da bıˆ Div maget ir dien+t niht vmeit mit grozen zvhten )i )neit o Gawane )vziv mvr)el vf einem blanken Platel mit ir claren henden +i +prach ir )vlt )enden dirre gebraten vogel einen wande )i hat dekeinen o herre miner mvter dar er )prach zer megede wol gevar dc er dc gerne tete od +we+ +in ander+ bete Eine galand wart ge)ant d wirtin. Gawane) hant wart mit zvhten vil genigen vn¯ de) wirte) danken niht v)wigen (D)o brahte ein knappe de) wirte) )vn bvrzol. vn¯ latechvn gebrochen in vineger gegn grozer craft dc vnweger i)t die lenge di+iv nar man wirt ir niht wol gevar o Selch varvwe tvt div warheit kvnt die man )lovfet in den mvnt

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

30

gestrichen varwe uˆfez vel ist selten worden lobes hel. swelch wıˆplıˆch herze ist stæte ganz, ich wæn diu treit den besten glanz. [La 550.23–551.30]

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ge)trichen varuwe vfez vel i)t )elten worden lobe) +nel )welch wiplich herze i)t )tete ganz ich wene div treit den be)ten cranz [T]

Laa. *T*QR: Blatt 87 der Handschrift V wurde nach einer Vorlage aus der Gruppe *m angefertigt. V wird daher im Apparat nicht berücksichtigt. 550.23 Initiale U W dochtter R. 550.27 ovch fehlt U gezogen W. 550.28 ouch] Nu (Nun) U Q R Nun hette der wirt auch erflohen W. 551.3 ir fehlt R. 551.4 si fehlt R. grozen fehlt W. 551.6 wastel U W Q R. 551.9 diser W. 551.13–14 Q R W wie La 551.16 von gawans hant Q. 551.17 ym wart mit Q gedigen W. o 551.20 Porzoln U. Purtzeln vnd latu´n Q R W. 551.24 ir 551.19 Initiale U Do] Nu U W Q R. doch W. 551.28 hel Q R. 551.30 glantz W Q R.

Die doch beträchtliche Varianz in diesem kleinen Textausschnitt vermag einen Eindruck zu vermitteln, wie umfangreich sich ein auf der Basis sämtlicher Handschriften erstelltes Lesartenverzeichnis auch im Bereich der Bücher VIII–XI gestalten würde. Lachmanns Apparat zu den Versen 550.23–551.30 hingegen erweckt den Eindruck, als würde keinerlei Varianz vorliegen und die Handschriften einen völlig identischen, stabilen Wortlaut bieten. Lachmann notierte hier beinahe ausschließlich orthographische oder dialektale Varianten. Das Fehlen von Präsumptivvarianten hängt auch damit zusammen, dass er die Handschrift O nur bis 452.30 berücksichtigt hatte. Lachmann war der Ansicht, dass O „mit G [...] in den unbedeutendsten kleinigkeiten übereinstimmt (doch ist sie nicht etwa eine abschrift von ihr)“; daher habe er sie „nur bis 452,30 verglichen, nachdem ich mich erst an einzelnen abschnitten überzeugt hatte daß die übereinstimmung auch späterhin nicht geringer ist“.350 Die Pauschalität dieses Urteils ist dem Textbefund sicherlich nicht angemessen, wie etwa die schon von Bonath festgehaltenen, „ziemlich häufigen“ Versumstellungen nahelegen.351 Schwerwiegender noch wirkt sich Lachmanns Entscheidung aus, nicht alle zu seiner Zeit bekannten Handschriften einzubeziehen. Von der Gruppierung *T*QR kannte er lediglich den Druck W, den er aufgrund von dessen schlechter Textqualität nur in verhältnismäßig wenigen Fällen berücksichtigte. Allein die bedeutungsschwere Variante in der Bezeichnung des Grals als Jaspis (469.7) lässt deutlich eine Gruppierung *T*(O)QR erkennen, die der postulierten Aufhebung des Klassengegensatzes von *D und *G entgegensteht;352 ebenso zeigt das für den Bereich 433.1– 436.30 350 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XVIII . 351 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 207 f. 352 Zur Bezeichnung des Grals in *T siehe Abschnitt IV.5 (S. 364 ff.).

200

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

erstellte Phylogramm, dass sich diese Gruppierung deutlich von den übrigen Handschriften abhebt.353 Die von Lachmann beobachtete Einheitlichkeit des Textes der Bücher VIII–XI dürfte hauptsächlich auf die Haupthandschriften D und G zutreffen. Die als ‚Untergruppierungen‘ bzw. als ‚kontaminierte Gruppierungen‘ abqualifizierten Texttraditionen *m und *T*QR sind nicht ohne weiteres in dieses Modell einzubinden. Die angeführten Textbeispiele können nur einen ersten Eindruck über Art und Umfang der Textabweichungen im Bereich VIII–XI vermitteln.354 Erst eine Edition nach Fassungen auf der Basis sämtlicher erhaltener Textzeugen, die insbesondere *m und *T*QR als Textfassungen eigenen Rechts einbezieht, wird ein endgültiges Urteil darüber erlauben, inwiefern die Stabilität des Textes in diesem Bereich tatsächlich gegeben ist und ob der verloren geglaubte Mittelteil – von *D oder von *G – sich nicht doch in diesen vernachlässigten Texttraditionen zu erkennen geben könnte. III.2.3 Textgliederung III.2.3.1 Lachmanns Textgliederung Karl Lachmann erkannte drei zu unterscheidende Gliederungsprinzipien in den Handschriften, die er auf seine Edition nach eigenen Vorstellungen übertrug. Auf der Basis der im St. Galler Codex 857 enthaltenen Prachtinitialen schuf er die Großeinteilung der Ausgabe in sechzehn ‚Bücher‘, die er angesichts von Wolframs demonstrativer Ablehnung der Buchgelehrsamkeit selbst als „scherz“355 bezeichnete, wobei durchaus eingeräumt wird, dass „nach den handschriften allerdings noch einige mehr anzusetzen wären“.356 Es folgt die Ebene der Dreißiger-Abschnitte, also „jene größeren abschnitte [.. .], die ich beziffert und durch große anfangsbuchstaben bezeichnet habe.“ Diese seien „mit geringer nachhilfe aus den besseren handschriften genommen, in denen sie meistens mit gemahlten 353 Siehe Abschnitt III.2.2.1 (S. 165). 354 Ich habe die Handschriften D, G und T bis zum Abbruch von T bei Vers 572.30 Zeile für Zeile verglichen. Im Bereich der Bücher VIII–XI gleichen D und G einander in einer Art, dass man im Grunde von Textidentität sprechen kann. D und G wurden sicher auf der Basis einer gemeinsamen (was nicht heißt: derselben) Vorlage geschrieben. Hingegen bleiben Art und Umfang der Varianz von T gegenüber D und G auch in diesem Bereich weitgehend unverändert, d. h. die Abweichungen von T sind hier ebenfalls sehr zahlreich. Doch kann erst die Einbeziehung der übrigen Vertreter von *T bzw. von *T*QR Aufschluss darüber bringen, ob jeweils individuelle Abweichungen von T oder Fassungsvarianten von *T vorliegen. 355 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XIV . 356 Ebd.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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initialen anfangen. diese abschnitte hat Eschenbach ohne zweifel selbst bezeichnen lassen, und vom fünften Buche des Parzivals an [. ..] offenbar gewollt daß sie jeder dreißig zeilen enthalten sollten“.357 Zuletzt erwähnt Lachmann noch eine dritte Gliederungsebene, nämlich die Einteilung des Textes in „einzelne kleine gemählde“.358 In der St. Galler Handschrift 857 seien diese durch „herausgerückte Anfangsbuchstaben“359 gekennzeichnet und unterteilten einen Dreißiger in „zwei oder drei oft sehr ungleiche theile“.360 Diese Kleinabschnitte sollten dem Benutzer der Ausgabe eine Orientierungshilfe geben. Sämtliche Gliederungsprinzipien bezeugen den Willen des Herausgebers, dem Text eine feste und leserfreundliche Struktur zu geben. Zugleich beruhen alle drei Ebenen auf einer mehr oder weniger willkürlichen Interpretation der handschriftlichen Überlieferung. Die Forschung seit Lachmann hat auf die Problematik dieser suggestiven und daher auch auf die Textauslegung einwirkenden Gliederung aufmerksam gemacht – ohne allerdings eine konsensfähige Alternative zu erarbeiten. Die wichtigsten Kritikpunkte seien in der Folge angeführt: 1. ‚Bücher‘ Lachmann erfasste für seine Buchgliederung die insgesamt 24 Großinitialen des St. Galler Codex 857 nicht vollständig, sondern beschränkte sich auf eine Auswahl, die seinem eigenen Verständnis der Textzusammenhänge Ausdruck verlieh.361 Das blieb nicht ohne Folgen, wie Nellmann exemplarisch vorführte: „Jeder ›Parzival‹-Leser benutzt die Bücher als Orientierungshilfe, jeder Kenner weiß, daß ‚Buch 3‘ die Jugendgeschichte Parzivals erzählt, ‚Buch 5‘ die Einkehr auf der Gralburg, ‚Buch 9‘ das Religionsgespräch mit Trevrizent enthält.“362 Es sei dabei keineswegs sicher, ob „die Initialensetzung in D überhaupt auf den Autor zurückgeht“ und ob ihre Verteilung als repräsentativ für die Gesamtüberlieferung angesehen werden könne.363 Dank mehrerer Detailstudien364 weiß man heute über 357 Ebd. 358 Ebd. 359 Die Anfangsbuchstaben sind nur in den Anfangspartien herausgerückt. In der Folge begnügte sich der Schreiber damit, eine Majuskel zu setzen und auf Herausrückung zu verzichten. 360 Zitiert nach Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XIV . 361 Vgl. hierzu auch Maurer, Die Gawangeschichten in Wolframs Parzival, S. 423: „Jedenfalls ergibt sich [. . .] einwandfrei, daß Lachmanns Grundlage [der Bucheinteilung], die Großinitialen, [. . .], willkürlich benutzt ist, selbst wenn man sich nur auf die Handschrift D stützt.“ 362 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), Bd. 2, S. 429. 363 Ebd.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

die Position der Großinitialen in sämtlichen Handschriften Bescheid und in der Folge auch, dass „Lachmanns Bucheinteilung ohne handschriftliche Gewähr ist“.365 Welche Konsequenzen daraus für eine möglichst autornahe Gesamtgliederung zu ziehen sind, erscheint jedoch unsicherer denn je, da ein einheitliches Bild nicht zu gewinnen ist: Keine einzige Großinitiale ist durchgehend in sämtlichen Handschriften bezeugt.366 Andererseits gibt es nicht wenige Großinitialen, die gleichermaßen in *D- und in *G-Handschriften vertreten sind.367 Dadurch „ist eine Redaktion des Textes [bezeugt], die früher stattgefunden hat als die Aufspaltung der Überlieferung in einen D-Zweig und einen G-Zweig. Auf diese Beobachtung ließe sich die Vermutung gründen, daß ein Grundstock an Groß-Initialen bis in Autor-Nähe zurückreicht.“368 Über diesen Grundstock zu einer ‚originalen‘ Gesamtgliederung auf der Basis sämtlicher Handschriften zu gelangen, ist ohne ein beträchtliches spekulatives Moment freilich nicht möglich. Daher wird „ein künftiger ›Parzival‹-Herausgeber [. ..] kaum etwas anderes tun können, als die GroßInitialen seiner Leithandschrift in seinen kritischen Text zu übernehmen und die Verteilung der Groß-Initialen in den übrigen Handschriften im kritischen Apparat zu dokumentieren“.369

2. Dreißiger Lachmanns Einteilung der Ausgabe in Abschnitte zu dreißig Versen weckte schon das Misstrauen Jacob Grimms, der das Entstehen der Ausgabe mit regem Interesse begleitete. Offenbar konnte Lachmann auch in einem längeren Brief,370 in dem er dieses Gliederungsprinzip ungewohnt detailliert begründete, Grimms Zweifel nicht ausräumen, denn dieser forderte in einem Schreiben vom 26. Februar 1832 erneut nähere Aufklärung,371 und noch in dessen Gedenkrede auf Lachmann 364 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 77–122; Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, Tabelle der Gliederungszeichen, S. 643–744; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 150– 437. 365 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 197. 366 Die Großinitiale am Anfang des ›Parzival‹ allerdings nur deswegen nicht, weil Handschrift I die Anfangsverse nicht überliefert. 367 Vgl. die Aufstellung bei Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 196 f. Eine Bewertung der einzelnen Abschnittsgrenzen auf der Basis der Gesamtüberlieferung findet sich bei Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 438– 448. 368 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 197. 369 Ebd., S. 198. 370 Brief von Juni / Juli 1823. Vgl. Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann (ed. Leitzmann), Bd. I, S. 408 f. 371 „Über die Dreißigzahl müssen Sie sich in einem angehängten excurs diesmal befrie-

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

203

heißt es: „gleichwol scheint es dabei nicht ohne gefahr abzugehn, und nicht unmöglich dem text eine solche unbeabsichtigte eintheilung gleichsam aufzudrängen. dividiere man mit dreiszig in die zahl aller verse eines gedichts, was übrig bleibend widerstrebt, läszt durch ausscheiden oder zuthun einzelner zeilen sich schon vereinbaren.“372 Grimms Unbehagen galt in erster Linie den Konsequenzen für die Beurteilung der Echtheit einzelner Verse und Verspaare, die sich bei allzu starrer Handhabung der Dreißiger-Schablone ergeben.373 Ein bekanntes Beispiel hierfür bietet das „alberne Wortspiel“374 vilaˆn / vil an (Verse 257.23–24), das Lachmann zwar in den Text aufnahm, aber in eckige Klammern setzte, da der ‚Dreißiger‘ nun 32 Verse umfasst. Heute wird man die Echtheit dieser Verse nicht mehr bezweifeln wollen,375 und auch die an Zahlenproportionen orientierte Methode der Echtheitsbestimmung ist nicht mehr gültig. Lachmanns Gliederung des Textes in Dreißiger beruhte auf der Beobachtung, dass einige inhaltlich geschlossene Sinnabschnitte genau dreißig Verse umfassen. Auch sein Hauptzeuge, die Handschrift D, stützt in einem gewissen Maße diese Beobachtung, die Lachmann gleichsam vom Ende des Textes rückläufig auf den Gesamttext übertrug: Ab dem fünften Buch ist die Handschrift einigermaßen regelmäßig in Dreißiger gegliedert.376 Da der überwiegende Teil der übrigen Handschriften ab Vers 224.1 ebenfalls über eine recht konstante Dreißiger-Gliederung verfügt, wird diese in der Forschung für den Bereich der Bücher V–XVI als „handschriftlich gesichert“377 angesehen – allerdings berücksichtigte man bislang

372 373

374 375

376 377

digend erklären, der leser wird sonst ganz dumm [. . .].“ Vgl. Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann (ed. Leitzmann), Bd. II, S. 581. Jacob Grimm, Rede auf Lachmann, S. 155. Auf die Mitteilung der Dreißiger-Gliederung reagiert Grimm in einem Brief vom 10. Juni 1823 erstaunt und spricht sogleich, wenn auch in zuversichtlichem Tonfall, die Problematik der Athetese an: „Wie Sie einem, lieber Freund, Ihre wichtigen entdeckungen ganz nebenher beibringen! ich bin über die neuigkeit erstaunt, daß der Parcifal in absätze von 30 zeilen zerfalle; der Wilhelm nicht, wie ich sehe. Und doch lehrt jenes die san galler handschrift allein schon deutlich [...]. Welche vier verse sind nun z. b. 78bc zwischen 9681–714 [325.1–326.4] unechte? etwa 87–90 [325.7–10]?“ Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann (ed. Leitzmann), Bd. I, S. 401. Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XIV . Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 198; Nellmann, Kommentar [zu 257.23 f.]; Bertau, Versuch über tote Witze bei Wolfram, S. 61 f.; Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 107 f.; ausführlich S. Backes, Von Munsalvæsche zum Artushof, S. 63 f. [Komm. zu 257.21–25]; L. P. Johnson, Die höfische Literatur der Blütezeit, S. 344. Vgl. dazu die Tabellen bei Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 643–744, und Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 150– 409. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Einführung, S. LXXXV .

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

nicht alle in den Handschriften vorhandenen Gliederungsebenen, sodass auch dieses Urteil zu überprüfen sein wird.378 In jedem Fall ist Lachmanns Übertragung der Dreißiger-Gliederung auf die ersten vier Bücher äußerst problematisch, da diese selbst in der Handschrift D in diesem Bereich kaum existiert: Daß die Annahme einer regelmäßigen Dreißigergliederung im Bereich der Bücher I–IV unzutreffend ist, wird m. E. schlagend dadurch bewiesen, daß Buch- und Dreißigergliederung hier divergieren. Die Bücher II (58.27), III (116.5) und IV (179.13) beginnen innerhalb eines (Lachmannschen) Dreißigers, während sie sich in die Lombardensetzung der Handschriften einfügen. Das Bild der Ausgabe ist hier so widersprüchlich, wie wenn im Nibelungenlied eine Aventiure mitten in einer Strophe beginnen würde oder in einem neueren Roman (mit Buch- und Kapiteleinteilung) ein Buch mitten in einem Kapitel.379

Lachmann begründete die Dreißiger-Gliederung der ersten vier Bücher mit dem Hinweis auf das Gliederungsverhalten der Münchner Handschrift O [Gk], die von Beginn an Abschnitte zu dreißig Versen aufweist,380 diese Regelmäßigkeit jedoch in den späteren Partien nicht durchhält. Lachmann glaubte, O repräsentiere im Anfangsbereich eine Art Endredaktion durch Wolfram, der die Anfangspartien des Werkes noch nachträglich in Dreißiger unterteilt habe.381 Offenbar rechnete Lachmann also damit, dass verschiedene Autorfassungen in den Handschriften noch zu erkennen seien. Die Kritik an dem numerischen Korsett, in das der Herausgeber seinen Text zwängte, setzte auch an jenem entscheidenden Punkt an, dass in überaus zahlreichen Fällen Satzschluss und Dreißigergrenze nicht übereinstimmen.382 SanMarte überprüfte bereits im Jahr 1875 die insgesamt 1071 Dreißiger im ›Parzival‹ ab dem fünften Buch und im gesamten ›Willehalm‹ mit dem Ergebnis, dass rund ein Drittel keine Übereinstimmung in Satz- und Dreißigerschluss aufweisen. Sein Resümee: „Eine Regel, bei welcher neben 696 angeblich richtigen Fällen 375, also über ein Drittel der Summa Ausnahmen herlaufen, ist keine Regel mehr [...].“383 Dieser Inkohärenz ist im Grunde nur beizukommen, wenn man die Dreißiger prinzipiell nicht als künstlerische Kompositionseinheit betrachtet, sondern den Bezug zu materiellen Gegebenheiten herstellt. Schon Karl Bartsch vermutete die 378 Zur ‚Subgliederungsebene‘ einiger Handschriften und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Dreißiger-Gliederung siehe Abschnitt III.2.3.2.2 (S. 219 ff.). 379 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Einführung, S. LXXXVI . 380 Im Bereich der Dreißiger 1–125. 381 Vgl. Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann (ed. Leitzmann), Bd. II, S. 584 f. 382 Vgl. den detaillierten Forschungsüberblick bei Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 47–58. 383 San-Marte, Ueber Wolfram’s von Eschenbach Rittergedicht Wilhelm von Orange, S. 115.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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Ursache dieser Divergenz in der spezifischen Beschaffenheit der Urhandschrift: „In ihr hatte jede Seite oder Columne 30 Zeilen, und die erste Zeile jeder Seite war, was man auch sonst in Handschriften findet, mit einer größeren Initiale versehen. Diese Initialen giengen nun auch in spätere Abschriften über, die mit der ursprünglichen Seiteneintheilung nicht stimmten.“384 Es ist offensichtlich, dass die von Lachmann postulierte Dreißiger-Gliederung nur unter erheblichen Schwierigkeiten mit der handschriftlichen Überlieferung in Einklang zu bringen ist. Dies zeigte sich bereits an jenen Handschriften, die Lachmann seiner Edition zugrunde legte. Die Problematik verschärft sich noch, wenn zusätzlich die von Lachmann nicht eingesehenen Handschriften herangezogen werden. Die Handschrift T ist in etwa gleich alt wie die übrigen Haupthandschriften der Lachmann-Edition und muss allein aus diesem Grund als gleichwertiger Textzeuge betrachtet werden. Diese Handschrift weist – wie im Übrigen auch die weiteren Vertreter von *T – keine Dreißiger-Gliederung auf; ihre Textgliederung folgt Gestaltungsprinzipien abseits eines numerischen Ordnungssystems. Die Problematik der Dreißiger-Gliederung wird daher auf der Grundlage einer erweiterten Materialbasis neu zu behandeln sein. 3. Kleinabschnitte Die Dreißiger wurden von Lachmann nochmals in weitere Unterabschnitte unterteilt: „ebenso sind von mir die kleineren absätze, durch die ich die einzelnen kleinen gemählde, aus denen besonders der Parzival besteht, von einander getrennt habe: denn obgleich im Sangaller Parzival die größeren abschnitte von ungefähr dreißig zeilen meistens noch durch herausgerückte anfangsbuchstaben in zwei oder drei oft sehr ungleiche theile gesondert werden, so konnte ich mich doch nur wenig danach richten.“385 Ein Blick auf die Tabelle,386 in der die Majuskeln der Handschrift D vollständig erfasst und auch Lachmanns Absätze verzeichnet sind, verdeutlicht, dass sich Lachmann weit öfter an diesen Majuskeln orientierte, als es die Vorrede erahnen lässt. Lachmann hat dieses System der Zwischenabsätze gegenüber seinem ersten Versuch eines ›Parzival‹-Abdrucks, den er 1820 im Rahmen seiner ›Auswahl aus den hochdeutschen Dichtern des dreizehnten Jahrhunderts‹387 unternahm, noch weiter ausgebaut. Der ›Parzival‹-Text dieser 384 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 1. Aufl. (ed. Bartsch), erster Teil, Einleitung, S. XIX . 385 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XIV . 386 Vgl. Anhang V.3. 387 Vgl. Lachmann, Auswahl aus den hochdeutschen Dichtern des dreizehnten Jahrhunderts, S. 37–173 (›Parzival‹).

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Auswahl basiert zur Gänze auf dem Druck Christoph Heinrich Myllers aus dem Jahr 1784. Die dort von Lachmann selbständig eingefügten Absätze stimmen zwar mit jenen der späteren Ausgabe überein, doch hat er in der Edition von 1833 deutlich mehr gesetzt; die Anregung hierzu ging sicherlich von den Majuskeln im St. Galler Codex aus, die Lachmann erst später am Original gesehen hatte.388 Diese eigentlich als Lektürehilfe gedachten Absätze legen zwar hauptsächlich Zeugnis von Lachmanns Textverständnis ab, doch können sie zugleich eine wertvolle Orientierungshilfe darstellen, wenn es darum geht, Sinneinschnitte in den Handschriften zu bestimmen. Sie wurden daher in die Tabelle in Anhang V.3 (S. 425 ff.) übernommen.

III.2.3.2 Das Naheverhältnis von *D und *T in der Textgliederung III.2.3.2.1 Großgliederung Die Handschriften D und T sind die ältesten vollständigen und zugleich gewichtigsten Repräsentanten von *D und *T. Bis zum Abbruch von T (572.30) weisen sie folgende Großgliederungszeichen auf:389

1.1 3.25 58.27 116.5 129.5390

D

T

+ + + + +

+ I + + +

388 Zu Lachmanns Reisen, die der Wolfram-Ausgabe vorausgingen, vgl. grundlegend Neumann, Karl Lachmanns ‚Wolframreise‘. Zu Lachmanns Aufenthalt in München vgl. weiters Dressler, Die Handschrift Cgm 19 der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 11. Zum heute in Kassel (Landesbibliothek und Murhard’sche Bibliothek der Stadt, 4° Ms. philol. 124) aufbewahrten Exemplar des Myller’schen Drucks, das von Lachmann als Arbeitsgrundlage benutzt wurde, vgl. umfassend Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 591– 628. 389 + = Großgliederungszeichen; I = (in der Regel zweizeilige) Initiale; (I) = Raum für (zweizeilige) Initiale ausgespart; M = Majuskel. 390 Schirok hat in seinen Tabellen übersehen, dass T 129.5 eine Großinitiale aufweist (Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 195 und 439). Da Bumkes Aufstellung jener Gliederungszeichen, die in zumindest drei der ältesten Handschriften vorhanden sind, auf Schiroks Tabelle beruht und da Handschrift O an dieser Stelle ebenfalls eine Großinitiale aufweist, muss Bumkes Aufstellung um 129.5 ergänzt werden. Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 197. Zu berichtigen wäre noch ein Druckfehler ebd., S. 196: lies 398.1 statt 389.1.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

138.9 161.1 179.13 224.1 249.1 256.1 280.1 338.1 398.1 433.1 443.1 446.1 453.1 503.1 504.1 523.1 553.1

+ (I) + + + + + + + + (I) + I + + + +

207

+ + + + M + I + + + + + + + I + +

Bis zum Ausfall von T weist D insgesamt 19, T 18 Großinitialen auf; an 15 Positionen stimmen die beiden Handschriften überein. D hat an vier weiteren Positionen Großinitialen, die von T nicht geteilt werden, T drei weitere, die von D nicht geteilt werden. Allerdings sind an diesen Positionen untergeordnete Gliederungszeichen in der jeweils anderen Handschrift vorhanden, sodass auch von diesen Einschnitten keiner völlig isoliert ist. Die Zahlen demonstrieren, wie eng die Großgliederungssysteme der beiden Handschriften miteinander verwandt sind. Dies wird noch deutlicher, wenn man einen Blick auf die Verteilung der Großinitialen in den anderen Handschriften im Hinblick auf ihre Gemeinsamkeit mit D wirft:391 Selbst mit den Vertretern der eigenen *D-Gruppe (m n o) teilt D im Bereich bis 572.30 nur 12 Großinitialen, somit 3 weniger als T. Von den ältesten Vertretern von *G kommt Handschrift O, die mit D insgesamt 13 Großinitialen gemeinsam hat, T am nächsten. Die beiden übrigen Handschriften von *G, die noch dem 13. Jahrhundert entstammen, beschreiten hingegen eigene Wege: G folgt bis 433.30 in der Anordnung der Initialen einem geometrischen Muster392 und eignet sich daher nicht für einen Vergleich, 391 Die Angaben basieren auf der Initialentabelle in Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 439. 392 Vgl. hierzu Ranke, Die Überlieferung von Gottfrieds Tristan, S. 160, Anm. 1; Dressler, Die Handschrift Cgm 19 der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 16. Dressler verallgemeinert allerdings unzulässig, wenn er ausgehend von der Ornamentfunktion der Initialen in G die prinzipielle Möglichkeit, dass die in den Hand-

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Handschrift I weicht in der Setzung der Großinitialen von den übrigen Textzeugen deutlich ab: Sie teilt in diesem Bereich mit D nur 5 Großgliederungszeichen.393 Von den weiteren Handschriften stimmen Q in 12, R in 10 und Z in 12 Initialen mit D in diesem Bereich überein. Von den übrigen *T-Vertretern hat U 10 Großinitialen mit D gemeinsam. Nimmt man die Positionen 338.1 und 553.1 dazu, die in U zwar aufgrund der Textkürzung fehlen, aber in der Vorlage vorhanden gewesen sein mussten,394 kommt man auf insgesamt 12 Großinitialen. V und W teilen lediglich 3 Großinitialen mit D. Bei den Großinitialen von D, die in T nur von hierarchisch untergeordneten Gliederungszeichen (Kleininitialen, Majuskeln) geteilt werden, handelt es sich um: 3.25 (diese Position ist bis auf den Druck W in allen *T-Handschriften, also in U V und auch im Fragment 32, mit einer Kleininitiale besetzt, ebenso in L und R), 249.1 (Kleininitialen in U W, sowie in I), 280.1 (Beginn des sechsten Buches; alle Handschriften außer G und V haben hier deutlich ausgezeichnete, in der Größe variierende Gliederungszeichen) und 504.1 (variierende Gliederungszeichen in allen *T-Handschriften, sowie in G I L O R Z). Jene Großinitialen von T, die über D hinausgehen, teilen nur m bei 161.1, Q und U bei 443.1, den gewichtigen Einschnitt bei 453.1 (Kyot-Exkurs, Religionsgespräch) jedoch m n o O Q R Z. Beinahe sämtliche Handschriften weisen an diesen drei Stellen untergeordnete Gliederungszeichen auf. Mit den Handschriften D und T stehen zwei Textzeugen zur Verfügung, die die früheste erhaltene Überlieferungsstufe repräsentieren. Sie verfügen zudem über ein identisches hierarchisches Einrichtungssystem – Großinitialen, Kleininitialen, Majuskeln – und weisen so viele Gemeinsamkeiten in der Positionierung der Großinitialen auf, dass von einer ‚Gliederungsgemeinschaft‘ gesprochen werden kann. Der Einrichtung der beiden Handschriften liegt eine gemeinsame Vorstufe zugrunde, die in Autornähe anzusiedeln und die von den *G-Handschriften zu unterscheiden ist.395 Nigel F. Palmer schlug vor, Handschrift D unter Berücksichtigung der Großinitialen in 22 „Erzählphasen“ zu unterteilen.396 Der Versuch einer an den hand-

393 394 395 396

schriften vorhandenen Gliederungszeichen auf den Autor zurückgehen könnten, in Abrede stellt; Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 108 und Anm. 2 [untersucht den Zusammenhang von Initialenverteilung und Schreiberverhalten]; Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 33 f.; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 199. Der Anfang von Handschrift I [1.1– 45.2] fehlt. Siehe Abschnitt II.3 (S. 97 ff.). Besonders deutlich manifestiert sich diese Übereinstimmung im Gliederungsverhalten an der Position 504.1; siehe dazu unten, S. 210 ff. Vgl. Palmer, Der Codex Sangallensis 857, S. 21. Erste Ansätze zu einer inhaltlichen Strukturierung des ›Parzival‹ aufgrund der Großinitialen in D finden sich bei Maurer,

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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schriftlichen Großgliederungszeichen orientierten inhaltlichen Strukturierung des ›Parzival‹, wie sie sich in den Handschriften D und T darstellt, soll in der Folge unternommen werden. Berücksichtigt werden sämtliche Einschnitte, die in beiden Handschriften mit einer Großinitiale gekennzeichnet sind. Darüber hinaus werden auch jene Einschnitte notiert, die nur in einer der beiden Handschriften mit einer Großinitiale markiert sind, in der jeweils anderen jedoch ebenfalls durch ein hierarchisch untergeordnetes Gliederungszeichen hervorgehoben sind. Diese Einschnitte werden in eckige Klammern gesetzt.397 Der Vergleich erfolgt bis zum Abbruch von Handschrift T. Großgliederungszeichen von D und T bis zum Abbruch von T bei 572.30 Position 1.1 [3.25] 58.27 116.5 129.5 138.9 [161.1] 179.13 224.1 [249.1] 256.1 [280.1] 338.1 398.1 433.1 [443.1] 446.1 [453.1] 503.1 [504.1] 523.1 553.1

Lachmanns ‚Bücher‘

Inhalt

Buch I

Prolog, erster Gahmuret-Teil (Belakane) [ prologus ante rem] Zweiter Gahmuret-Teil (Herzeloyde) Soltane Aufbruch Parzivals, erste Begegnung mit Jeschute Erste Begegnung mit Sigune, erster Aufenthalt am Artushof [Gurnemanz] Pelrapeire Erster Besuch in Munsalvæsche [Zweite Begegnung mit Sigune] Zweite Begegnung mit Jeschute [Rückkehr zum Artushof] Gawan in Bearosche Gawan in Schanpfanzun Dritte Begegnung mit Sigune [Parzival besiegt den Gralritter] Parzivals Begegnung mit Kahenis [Kyot-Exkurs. Trevrizent] Aufklärung, dass Gawan zu Unrecht beschuldigt wurde [Wiederaufnahme der Gawan-Handlung] Urjans Das Abenteuer von Schastel marveile

Buch II Buch III

Buch IV Buch V Buch Buch Buch Buch

VI VII VIII IX

Buch X Buch XI

Die Gawangeschichten in Wolframs Parzival, bes. S. 422– 426. Bereits Witte, Die Parzivalhandschrift D, S. 371, bezeichnete Lachmanns selektive Wahrnehmung der Großinitialen in D als „nicht unbedenklich“. Die logische Alternative – Berücksichtigung sämtlicher Großgliederungszeichen bei der inhaltlichen Gliederung – wird allerdings ebenfalls abgelehnt: „Ganz falsch aber wäre es, wollte man den Parzival in 24 aventiuren einteilen“ (ebd.). 397 Die Verteilung der Großgliederungszeichen an diesen Stellen kann anhand der Tabelle (S. 206 f.) überprüft werden.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Die Großinitialen sind über den Sangallensis in unterschiedlicher Dichte verteilt. Besonders auffällig sind zwei Seiten, an denen jeweils zwei Großinitialen platziert sind: Diese Doppelmarkierungen befinden sich am Eingang des ›Parzival‹ auf Seite 5 (Verse 1.1 und 3.25) sowie bei der Wiederaufnahme der Gawan-Handlung auf Seite 144 (Verse 503.1 und 504.1).398 Innerhalb des Prologs kündigt die zweite Großinitiale bei 3.25 den Beginn der eigentlichen Handlung an; sie leitet somit den prologus ante rem ein.399 In der Handschrift T ist diese gewichtige Stelle mit einer zweizeiligen Initiale hervorgehoben, ebenso in den weiteren *T-Textzeugen U V Fragment 32, sowie in L und R. In der Handschrift D scheint dieser doppelten Markierung sowohl eine ornamentale Funktion – Hervorhebung des Werkbeginns – als auch eine textgliedernde Funktion zuzukommen. In T steht die textgliedernde Funktion im Vordergrund. Auch die zweite Doppelmarkierung in D wurde von Lachmann nicht berücksichtigt: „daß im Parz. 504 die sangallensische handschrift gleich nach 503 wieder einen großen doch etwas kürzeren anfangsbuchstab setzt, deuchte mich keiner beachtung werth.“400 Doch gerade in diesem Fall sind die Parallelen im Auszeichnungsverhalten der Handschriften D und T verblüffend: Setzt D 503.1 und 504.1 eine Prachtinitiale und lässt 504.7 noch eine Majuskel folgen, so findet sich in T auf Blatt 100r bei Vers 503.1 ebenfalls eine Zierinitiale, an den Positionen 504.1 und 504.7 hingegen eine zweizeilige Kleininitiale. Beide Handschriften bieten am Eingang des zehnten Buches also ein annähernd identisches Erscheinungsbild, wenn man von der hierarchischen Bewertung der Gliederungszeichen absieht. Und selbst der späte Textzeuge W lässt diesen mehrgliedrigen Eingang noch erkennen, indem 503.1 eine Überschrift, 504.1 eine Kleininitiale und 504.7 erneut eine Überschrift gesetzt ist (Abb. 23–25). Dieses markante Muster ist in keiner einzigen *G-Handschrift enthalten. Für den Beginn des zweiten Gawanteiles (503.1–30) hat Eberhard Nellman die Möglichkeit des Nachtrags erwogen.401 Dieser Hinweis verdient nähere Betrachtung. 398 Palmer, Der Codex Sangallensis, S. 21 f., weist darauf hin, dass die Einleitung eines Großabschnitts durch eine Folge von zwei Ornamentinitialen auch aus der Überlieferung des ›Tristan‹ bekannt ist. In der ›Parzival‹-Überlieferung gibt es zwei Zierinitialen auf einer Seite sonst nur noch an einer Stelle in den beiden *G-Handschriften O und Z, die nicht zu einer gemeinsamen Gruppierung von *G gehören. Diese lassen der gut bezeugten Zierinitiale auf Position 338.1 (‚Zwischenprolog‘) noch eine weitere bei Vers 339.1 (Vorstellung des Protagonisten und Handlungsbeginn) folgen. 399 Vgl. hierzu die ausführliche Analyse unten, S. 266 f. Inwiefern sich hinter dieser Doppelmarkierung auch ein entstehungsgeschichtlicher Hintergrund verbergen könnte – gemeint ist eine mehrfache Überarbeitung des Prologs –, bleibe dahingestellt. 400 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Vorrede, S. XIV . 401 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 704.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

211

Während „im Französischen Angaben über die Aufhebung des Duells zwischen Gawan und Kingrimursel [fehlen]“402 und während Chre´tien auch zuvor keinerlei Angaben über die Berechtigung der Anschuldigungen gegen Gauvain macht, schließt Wolfram im ersten Dreißiger des zweiten Gawanteiles diesen Erzählkomplex kurz entschlossen ab: Er stutzt gewissermaßen „das komplexe Aventürengeflecht, das Chre´tien angesetzt hat, mit einer groben Baumschere auf wenige Äste zusammen [. ..].“403 In nur dreißig Versen wird berichtet, dass der angesetzte Zweikampf zwischen Gawan und Kingrimursel in der Zwischenzeit – d. h. in dem Zeitraum, in dem wieder Parzival im Mittelpunkt der Erzählung stand – zunächst von Schanpfanzun nach Barbigoel verlegt worden sei, wo er schließlich doch nicht ausgetragen werden musste, da sich herausgestellt habe, dass die Tat von Ehcunat begangen worden war. Gawan und Vergulaht hätten sich sodann aufgemacht, um den Gral zu suchen, wobei sie viele Kämpfe zu bestehen gehabt hätten. Daran schließen sich nun jene sechs Verse an, die in D von einer Großinitiale und einer Majuskel, in T (und W) von zwei Kleininitialen umrahmt sind: Wiez Gaˆwaˆne komen sıˆ, der ie was missewende frıˆ, sıˆt er von Tschanfanzuˆn geschiet, op sıˆn reise uˆf strıˆt geriet, des jehen diez daˆ saˆhen: er muoz nu strıˆte naˆhen. [La 504.1– 6]

Diese Verse entsprechen wieder dem äußerst knapp gehaltenen Übergang Chre´tiens, der nur mitteilt, dass die Erzählung sich nun wieder Gawan zuwenden werde.404 Das Merkwürdige an den ›Parzival‹-Versen 504.1– 6 ist, dass der Erzähler plötzlich „nochmals nach Schanpfanzun zurückkehrt, obwohl gerade von dem Termin in Barbigoel die Rede gewesen war“.405 Nellmann hält es daher für möglich, dass der Dreißiger 503.1–30 „ein späterer Einschub“406 sein könnte. Es wäre denkbar, dass die sechs Verse 504.1– 6 zunächst der Vorlage entsprechend den 402 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 379. 403 Haug, Hat Wolfram von Eschenbach Chre´tiens ›Conte du Graal‹ kongenial ergänzt?, S. 118. 404 Vgl. Chre´tien de Troyes, Le Roman de Perceval ou Le Conte du Graal (ed. Busby), Verse 6513– 6518. 405 Nellmann, Kommentar, S. 704 [zu 504.3]. 406 Ebd. Eine nachträgliche Überarbeitung durch Wolfram vermutete auch Mohr, Zu den epischen Hintergründen im ›Parzival‹, S. 146*. Mohr ging von der Annahme aus, Wolfram habe „ursprünglich die Chronologie Chrestiens, in der die Gauvainabenteuer in einem zeitlichen Kontinuum verlaufen, übernommen“, diese dann aber durch seine eigene ersetzt.

212

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

zweiten Gawanteil einleiteten und später, nachdem Wolfram bemerkt hatte, dass bei Chre´tien eine Lösung des zentralen handlungsauslösenden Moments – des Zweikampfs – fehlt, die Verse 503.1–30 nachträglich ergänzt wurden. Dieser Nachtrag könnte sich dem Erscheinungsbild der Handschriften D und T sowie des Druckes W eingeschrieben haben. Sind die Prachtinitialen bei 3.25 und 504.1 in Zusammenhang mit dem Werkbeginn bzw. dem Beginn eines Werkteiles zu sehen, so bereitet unter den Großinitialen von D nur jene bei 523.1 Probleme, die zumindest für den neuzeitlichen Betrachter eine rätselhafte Position einnimmt. Lachmann verzichtete darauf, diese Initiale in seiner Edition graphisch hervorzuheben, obwohl die meisten der Handschriften an dieser Stelle ein Großgliederungszeichen aufweisen.407 Sie befindet sich ungefähr in der Mitte des zehnten Buches und bezeichnet Gawans Klage darüber, dass ihm soeben sein Pferd gestohlen wurde, was ihm spöttische Kommentare Orgeluses einbringt. Damit ist jedoch die Diebstahl-Episode nicht abgeschlossen, denn nur 39 Verse später (524.9) kehrt der Dieb zurück und gibt sich als Urjans zu erkennen. Seine Tat entpuppt sich als Rachetat an Gawan.408 Bonath vermutete, dass sich der Schreiber des Archetyps am Davonreiten des Pferdediebs orientierte, da dieses Motiv häufig eine Episodengrenze markiere, und die Initiale eigenmächtig ergänzte.409 Das ist natürlich denkbar, doch sollte man nicht voreilig auf einen zwar bemühten, aber überforderten Schreiber schließen, widerspräche dies doch, wie Bonath einräumte, einem möglichen Gliederungsprinzip dreier Gawanbücher, das sie ebenfalls diesem Schreiber zuweisen wollte: „Wenn er [der Schreiber des Archetyps] aber diese große Initiale zu verantworten hat, dann kann er das Prinzip, nach dem die Bücher X. XI. XII abgeteilt sind, nicht verstanden und die Einteilung nach Zeitabschnitten [ein Buch entspräche einem Tag] folglich nicht vorgenommen haben.“410 407 Großinitialen in D O Q T U V W Z Fragment 7. 408 Zur Episode vgl. zuletzt Mertens Fleury, Leiden lesen, S. 163–168; Scheuble, mannes manheit, vrouwen meister, S. 327–341; Dieterich, Das venushafte Erscheinungsbild der Orgeluse in Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹, S. 23–26; Dimpel, Dilemmata, S. 47–51. 409 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 117. 410 Ebd. Vgl. hierzu Nellmann, Rezension Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 454, Anm. 9: „Bonaths Einwand, die Initiale P[arzival] 523,1 könne unmöglich denselben Urheber wie die folgenden Initialen (553 und 583) haben, weil sie töricht sei, ist nicht stichhaltig. Bonath weist darauf hin, daß die Urjans-Episode an dieser Stelle nur scheinbar zum Abschluß gekommen sei. Das ist richtig, aber doch nur für den, der ein gutes Stück weiterliest. Die nochmalige Rückkehr des Urjans [. . .] kommt für den heutigen Leser (und wohl auch für den damaligen Schreiber) völlig überraschend. Geht man davon aus, daß das

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

213

Betrachtet man die Ausgestaltung der Urjans-Partie im Vergleich zu Chre´tien, so fällt auf, dass der Franzose die Episode durchgehend gestaltet – Urjans gibt sich nach dem Pferderaub sogleich zu erkennen und reitet schließlich davon411 –, während Wolfram die Verse 523.1–524.8 einschiebt, um dem Hohn Orgeluses Raum zu geben,412 und Urjans erst anschließend nochmals zurückkehren lässt. Es wäre somit denkbar, dass die Großinitiale Wolframs veränderter Dramaturgie Rechnung trägt. Jedenfalls hat diese Großinitiale in der Überlieferung Spuren hinterlassen: Die ›Parzival‹-Handschrift Z widmet dem Einschnitt bei 523.1 sogar eine eigene Überschrift, in der Gawans Demütigung durch Urjans und Orgeluse zusammengefasst wird:413 Hie i*t her gawan vmb *in or** komen // daz hat im ein wunder ritter genomen // vnd *tet her gawan bi der frowen zv // fvzzen (Blatt 70va). Und noch in Ulrich Fuetrers spätem ›Buch der Abenteuer‹ wird die Urjans-Episode durch eine Überschrift angekündigt: Awentewv r, wie Gaban Uriens aus Punturdeys vand verwundtten under der linden vor Logroys.414 Die Überlieferung zeigt, dass auch Einschnitte, die sich neuzeitlichem Strukturierungsdenken zumindest vordergründig widersetzen, mittelalterlichem Ordnungsgefühl durchaus entsprechen können. Auch diese Gliederungszeichen sollten daher nicht als mutmaßlicher Schreiberfehler disqualifiziert und eliminiert, sondern vielmehr in einer Edition angemessen dokumentiert werden. Die übrigen aus den Schnittstellen von D und T im Bereich bis 572.30 gewonnenen 19 Abschnitte umfassen Sinneinheiten unterschiedlichen Umfangs. Zunächst fällt auf, dass den jeweils handlungstragenden Protagonisten eine unterschiedliche Zahl von Abschnitten beigemessen wird: Ganz unproblematisch ist die Untergliederung der Gahmuret-Handlung in zwei Abschnitte: Jeder Abschnitt ist – wie sich etwas vereinfachend sagen lässt – der Gewinnung einer Frau (Belakane bzw. Herzelyode) durch Gahmuret gewidmet.415

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Orgeluseabenteuer durch eine 1. Begegnung mit Urjans eingeleitet wird, dann beweist die Initiale nach Urjans’ scheinbarer Flucht mindestens ebensoviel Denkvermögen des Schreibers wie die beiden Einschnitte bei der Bettruhe des Helden.“ Vgl. Chre´tien de Troyes, Le Roman de Perceval ou Le Conte du Graal (ed. Busby), Verse 7041–7140. In der Ausgabe von Hilka (ed. Der Percevalroman von Christian von Troyes), der die Handschrift A (Paris, Nationalbibliothek f. fr. 794) zugrunde liegt, wird Vers 7141 mit einer Initiale eingeleitet. Nach Maurer, Die Gawangeschichten in Wolframs Parzival, S. 426, liegt bei 523.1 „ein Höhepunkt der Verspottung Gawans durch Orgeluse.“ Zu den Überschriften in Z und deren an Bildlegenden erinnernde Gestaltung vgl. Stolz / Viehhauser, Text und Paratext, S. 329–337 und Anhang, S. 346–348. Die Gralepen in Ulrich Füetrers Bearbeitung (ed. Nyholm), S. 243. Zur Untergliederung der Gahmuret-Handlung auf der Basis der Überlieferungsträger vgl. Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 466– 476.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Kaum Schwierigkeiten bereiten sodann jene Handlungskomplexe, die von Gawan getragen werden. Sie sind zumeist episodisch abzugrenzen (das Abenteuer von Bearosche, das Abenteuer von Schanpfanzun etc.); ob zusätzlich ein chronologischer Maßstab an die Abschnitte anzulegen ist, wie Bonath vermutete, mag hier dahingestellt bleiben.416 Jedenfalls beinhalten die von Großgliederungszeichen abgegrenzten Abschnitte der Gawan-Handlung umfassendere, weitgehend geschlossene Erzähleinheiten.417 Ganz anders verhält es sich mit den Parzival-Teilen.418 Die Handlung ist in den Handschriften D und T in Kleinbereiche untergliedert, in denen der Protagonist jeweils bestimmten Situationen ausgesetzt wird.419 Die Handlung setzt sich aus der fortlaufenden Aneinanderreihung solcher Situationen zusammen, der Weg des Helden wird demnach situativ veranschaulicht. Der Held ‚entwickelt‘ sich nicht, er bewegt sich vorwärts, von einer Situation zur nächsten. Erzähltechnisch werden die Situationen durch rückbezügliches oder hinweisendes Erzählen verknüpft, also durch die beständige Bezugnahme auf vergangene, aber auch künftige Situationen. In den Handschriften D und T gibt es kein ‚drittes Buch‘,420 vielmehr werden die Episoden ‚Soltane‘, ‚ Jeschute‘, ‚Sigune / Artus‘ und ‚Gurnemanz‘ voneinander abgegrenzt und aneinandergereiht. Diese vier Abschnitte sind in etwa gleich lang, sie haben einen Umfang von mindestens 10 bis maximal 19 Dreißiger.

416 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 116 f.: „Die Bücher X, XI und XII handeln von den Mühen, die Gawan an je einem Tag zu bestehen hat. Auch im XIII. Buch scheint mir das Band, das die Ereignisse zusammenfaßt, ein Zeitmaß zu sein: es umspannt den Zeitraum, in dem Gawans Kampffähigkeit wieder hergestellt wird, oder die Zeit von der Anberaumung des Zweikampfs mit Gramoflanz und der Entsendung des Boten bis zum Termin des Kampfes.“ 417 Zur Unterteilung der Gawanhandlung vgl. Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 505–507 und 510–530. 418 Vgl. hierzu auch Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 476–505, 507–509 und 530–535. 419 Stein, ‚wort unde werc‘, S. 56 ff., betrachtet die Handlung des Parzival-Teiles als eine Abfolge von ‚Stationen‘. 420 Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Yeandle, Stand und Aufgabe der ParzivalKommentierung, S. 245: „Nicht ganz unwesentlich scheint mir dabei auch die Tatsache zu sein, daß Lachmanns Bucheinteilung, die sich auf die 24 großen Initialen der Hs. D stützt, welche die von Wolfram beabsichtigten Erzählabschnitte darzustellen scheinen, zwei Initialen (bei 129,5 und 138,9) beim Gestalten des ‚III. Buches‘ nicht berücksichtigt hat. Gewissermaßen hat Lachmann also drei Erzählabschnitte zu einem geschlossen und möglicherweise die Bedeutung der Episoden verhüllt, indem er sich bemüht hat, ‚Bücher‘ von mehr oder weniger gleichem Umfang herzustellen.“

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

215

Der Abschnitt 179.13–223.30 (Lachmanns viertes Buch) ist in sich geschlossen, die Befreiung Pelrapeires und die Heirat von Condwiramurs stehen im Mittelpunkt. Die handlungstragenden Momente ‚Minnebeziehung‘ und ‚Burgverteidigung‘ (minne und strıˆt) sind z. B. dem Bearosche-Teil der Gawanhandlung vergleichbar, wo ebenfalls ein längerer, weitgehend geschlossener Abschnitt vorliegt. Lachmanns ‚fünftes Buch‘ umfasst drei Handlungskomplexe, deren umfangreichster dem ersten Besuch auf der Gralburg und dem Frageversäumnis gewidmet ist. Die weiteren zwei Abschnitte heben auch graphisch die spiegelbildliche Anlage421 des Romans hervor, indem Parzival zunächst Sigune und dann Jeschute wiederbegegnet, also in umgekehrter Reihenfolge des ersten Aufeinandertreffens. Zu dieser spiegelbildlichen Anlage ist auch die Rückkehr zum Artushof zu zählen. Lachmann hat hier wiederum eine Buchgrenze gezogen, vermutlich aufgrund des beträchtlichen Umfangs der Episode. Dieser erklärt sich aus der Ausgestaltung der Blutstropfenepisode, die Wolfram gegenüber der Vorlage beträchtlich erweiterte. Der Abschnitt gehört jedenfalls eng zu den vorangehenden und beschließt den ersten Teil der Parzival-Handlung. Es bleibt der zentrale Parzival-Teil, der die Gawanhandlung unterbricht: das ‚neunte Buch‘. Dieses umfasst allerdings nicht nur den Aufenthalt bei Trevrizent, sondern vielmehr insgesamt vier Abschnitte von sehr unterschiedlicher Länge: das versöhnliche Gespräch mit Sigune, die ihn auf die falsche und doch richtige Fährte setzt – Parzival findet nicht den Gral, sondern Trevrizent, der ihn über das Wesen des Grals belehrt und damit erst den Weg zum Gral freimacht –, der Kampf mit dem Gralritter, die Begegnung mit Kahenis, dem grauhaarigen Ritter; dann erst folgt Trevrizent. Der Eingang zum Trevrizent-Teil ist in T und in zahlreichen weiteren Handschriften (m n o O Q R [U]422 Z) mit einem Großgliederungszeichen markiert. D weist hier hingegen nur eine Kleininitiale auf (Abb. 26–28).423 Mit Bonath ist „in diesem Fall [...] eher anzunehmen, daß in D eine vorgefundene gr[oße] Initiale in der Größe an die kleinen angeglichen wurde, weil die vorangegangene gr[oße] Initiale 446,1 nur um etwa ein Blatt zurückliegt, als daß m n und die angeführten *G-Hss. eine kl[eine] Initiale zur großen gemacht hätten. Doch ist das letztere nicht ausgeschlossen.“424 Aufgrund der Kleininitiale 421 A. Wolf, Ein mære wil ich niuwen, daz saget von groˆzen triuwen, S. 301, spricht ebenfalls von „spiegelverkehrte[r] Abfolge“ als ein „bei Wolfram [. . .] öfter zu beobachtendes Stilmittel“. 422 Obgleich der Abschnitt in U fehlt, musste die Vorlage an dieser Stelle ebenfalls eine Großinitiale gehabt haben, siehe Abschnitt II.3 (S. 97 ff.). 423 Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 444, spricht denn auch von einer „guten“ Sicherung des Einschnitts. Vgl. auch Schirok, Trevrizent und Parzival, S. 45 f. 424 Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 112.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

in D hat Lachmann den Beginn dieses Abschnitts nicht hervorgehoben. Zugleich hätte ein Einschnitt an dieser Stelle eine massive Störung der Gleichmäßigkeit seiner Bucheinteilung bedeutet.425 Dadurch aber ist der Einstieg in diese zentrale Episode für den Benutzer der Lachmann-Ausgabe in keiner Weise ersichtlich. Bereits die Schlussverse des vorangehenden Abschnittes kündigen an, dass sich nun Wesentliches ereignen wird: an dem [Trevrizent] ervert nu Parzivaˆl / diu verholnen mære umben graˆl (Verse 452.29–30).426 Die ersten vier Zeilen des eigentlichen Trevrizent-Teiles sprechen die ungeduldigen Hörer an, die sofortige Aufklärung der Ereignisse auf der Gralburg verlangten und mit dem ‚Bogengleichnis‘ vertröstet wurden: Swer mich dervon eˆ fraˆgte unt drumbe mit mir baˆgte, ob ichs im niht sagte, umprıˆs der dran bejagte. [La 453.1– 4]

Es folgt der Hinweis auf den Gewährsmann Kyot, der dem Erzähler die wahren Zusammenhänge um den Gral erklärt und ihn zugleich gebeten habe, mit der Aufklärung auf den rechten Zeitpunkt zu warten.427 Die graphische Hervorhebung des Abschnitts in den Handschriften gilt also dem Kyot-Exkurs und den damit verbundenen Ausführungen über das Wesen des Grals, die zuvor zurückgehalten wurden. Damit sind jene zentralen Bereiche gekennzeichnet, die über geraume Zeit im Zentrum der Forschung standen (‚Kyot-Problem‘, ‚Religionsgespräch‘428) und die offenbar – nach Ausweis der Handschriften – auch für die Hersteller der Manuskripte und somit für das mittelalterliche Publikum von zentraler Bedeutung waren. Wie wichtig dem mittelalterlichen Rezipienten die Quellenfrage war, geht aus dem ›Jüngeren Titurel‹ hervor, dessen Verfasser die Berufung auf Kyot direkt an den Prolog anschließt (Strophe 86).429 Darüber 425 Vers 453.1 wird in der Edition mit einem Großbuchstaben eingeleitet, da Lachmann regelmäßig die Kleininitialen in D mittels eines solchen Großbuchstabens in der Edition hervorhob. 426 Lachmann setzt einen – missglückten – Absatz bereits hier (452.29). Tatsächlich schließen die Verse 452.29–30 die einführende Charakteristik Trevrizents ab, während bei Vers 453.1 neu eingesetzt wird. Der Absatz müsste also vor 453.1 gesetzt werden. 427 Die Überleitung zu Kyot bespricht detailliert Haferland, Die Geheimnisse des Grals, S. 44 f. 428 Vgl. zuletzt Herkommer, Der zerrissene Held und seine Heilung im Gespräch. 429 Zur Berufung auf Kyot im ›Jüngeren Titurel‹ vgl. bereits Borchling, Der jüngere Titurel und sein Verhältnis zu Wolfram von Eschenbach, S. 180–182; zuletzt Volving, Medieval literacy and textuality in Middle High German, S. 86. Volving hebt hervor, dass – ungeachtet von der zentralen Position der Quellenberufung – der ›Jüngere

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hinaus erscheint es durchaus denkbar, dass die Kennzeichnung dieses in der Mehrzahl der Handschriften bezeugten Abschnitts auf den Autor selbst zurückgeht, da diesem zuallererst das inhaltliche Gewicht des Abschnitts bewusst und ihm an graphischer Auszeichnung gelegen sein musste: immerhin rechnete er durchaus mit der schriftlichen Verbreitung seines Werks, wie aus Vers 337.3 (diu [die verständige Frau] diz mære geschriben siht) hervorgeht. Nach Bumke benötige Wolfram „von der Stelle an, an der die Chre´tien-Vorlage abbricht, [.. .] nicht mehr als 900 Verse, um Parzival wieder zum Helden der Dichtung zu machen. Der von langer Hand angelegte Zweikampf zwischen Gawan und Gramoflanz findet bei Wolfram überhaupt nicht statt. Stattdessen muß Gawan gegen Parzival kämpfen und dessen Überlegenheit anerkennen. Danach ist nur noch beiläufig von Gawan die Rede.“430 Dies lässt auch die ungleiche Gewichtung der protagonistenbezogenen Abschnitte, wie sie sich aus der Gliederung der verwandt eingerichteten Handschriften D und T ableiten lässt, erkennen. Während die Gawan-Handlung quasi en bloc abgespult wird, zerfällt die Parzival-Handlung in eine Vielzahl kleinerer Abschnitte, in ‚Situationen‘, denen sich der Held ausgesetzt sieht. Die Abschnittsgliederung in den Handschriften kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Parzival-Handlung anders konzipiert oder anders gelesen wurde als die Gawan-Handlung. Es gebe „so viele richtige Gliederungen, wie es richtige Blickpunkte gibt“, meinte Peter Wapnewski.431 Die Gültigkeit dieses Satzes wird durch die beträchtliche Zahl an Gliederungsvorschlägen, die seit Lachmann und alternativ zu diesem gemacht wurden, unterstrichen. Eine Gliederung, die sich auf den Befund verwandt eingerichteter Handschriften stützt, kann sich zumindest auf eine historische Grundlage berufen. Die Vielzahl der in den beiden Handschriften abgegrenzten Abschnitte von unterschiedlicher Länge bietet einen Ausgangspunkt, von dem aus man größere Sinnzusammenhänge erschließen kann, seien es nun ‚Bücher‘, ‚Phasen‘432 oder ‚Bögen‘433. Dass ein solcher Versuch jedoch nicht von Titurel‹ insgesamt die Bedeutung Kyots herunterspiele. Zum ‚prologartigen‘ Charakter der Kyot-Strophe vgl. Neukirchen, Die ganze aventiure und ihre lere, S. 88 f. (dort weitere Literatur). Nach Neukirchen bilde diese „gleichsam eine apo koinouKonstruktion auf der Strophenebene, gehört sowohl zum Prolog als auch schon zum Beginn der Erzählung und fungiert als transmittierendes Gelenk zwischen beiden“. 430 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 143. Derselben Auffassung ist Haug, Hat Wolfram von Eschenbach Chre´tiens ›Conte du Graal‹ kongenial ergänzt?, S. 118: „Im Grunde hat er [Wolfram], sobald er von seiner Vorlage frei ist, nur noch für die Parzival-Handlung Interesse.“ 431 Wapnewski, Wolframs Parzival, S. 132. 432 Nellmann, Die Komposition des Parzival; ders., Wolframs Erzähltechnik, S. 85–104;

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

einem Herausgeber des mittelalterlichen Textes unternommen werden sollte, zeigt die Rezeption des Lachmann’schen ›Parzival‹, indem die Bucheinteilung allzu oft als authentisches Dokument für Wolframs Gliederungswillen missverstanden wurde: „Wolfram hat nicht in ‚Büchern‘ erzählt und wollte das gar nicht.“434 Aus „praktischen Gründen“ an der Bucheinteilung festzuhalten, wie Bumke vorschlägt,435 hieße letztlich nur, dieses Missverständnis auf eine neue Ausgabe zu übertragen.436 Sie sollte daher der Lachmann-Ausgabe vorbehalten bleiben: als Zeugnis dafür, wie der ›Parzival‹ im 19. Jahrhundert von einem der bedeutendsten Vertreter unseres Faches gelesen und verstanden wurde. III.2.3.2.2 Kleingliederung und Subgliederung Die Verteilung jener Initialen, die sich in der Größe und wohl auch in der Funktion von den Großinitialen unterscheiden, ist für die gesamte ›Parzival‹Überlieferung dank der Pionierarbeiten von Gesa Bonath,437 Rudolf A. Hofmeister438 und Bernd Schirok,439 die allesamt in den 1970er Jahren entstanden, bekannt. Ein klares Bild konnte allerdings selbst durch diese Arbeiten nicht gewonnen werden, da Fragestellung und Überlieferungsbefund kaum zu vereinbaren waren: Dem Verlangen, ein ‚originales‘ bzw. ‚archetypisches‘ Gliederungssystem zu rekonstruieren, standen Handschriften gegenüber, die in der Kleingliederung „teilweise sehr starke Eigenmächtigkeiten zeigen“.440 Große

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vgl. weiters den Handlungsüberblick in: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), Bd. 2, S. 416– 419. Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 544–568. Vgl. auch Schiroks späteren Strukturierungsversuch nach Haupthandlungsträgern in: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Einführung, S. CXXVIII f. Maurer, Die Gawangeschichten in Wolframs Parzival, S. 426. Vgl. auch Bumke, Brauchen wir eine neue ›Willehalm‹-Ausgabe?, S. 322, zur Großgliederung des ›Willehalm‹: „‚Bücher‘ im Sinne der Großgliederung der antiken Epen waren damit vom Dichter sicherlich nicht beabsichtigt.“ Zur Rezeption von Lachmanns Bucheinteilung vgl. den Überblick bei Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 58– 65. Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 197 f. Einen richtungsweisenden Versuch, der „optischen Suggestion“ der Bucheinteilung in einer Ausgabe entgegenzuwirken, unternahm Nellmann, der „auf fettgedruckte römische Zahlen und auf große Initialen bei Buchbeginn“ verzichtete. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Nellmann), Bd. 2, S. 429. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 77–107. Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, Tabelle, S. 643–744. Schirok, Der Aufbau von Wolfram’s ›Parzival‹, S. 149– 437 (Tabelle) und 449– 459 (Analyse). Ein Forschungsüberblick über die Arbeiten zur Dreißigergliederung vor Bonath, Schirok und Hofmeister findet sich ebd., S. 47–58. Ebd., S. 449.

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Schwierigkeiten bereitete es darüber hinaus, dass Kleininitialen „oft nicht an Satzschlüssen oder Sinneinschnitten stehen“441 und sehr häufig Minimalabweichungen von wenigen Versen in der Position aufweisen, sodass die Entscheidung für die eine oder andere ‚ursprüngliche‘ Setzung schlichtweg nicht möglich war. Als ‚Problembereich‘ erwiesen sich v. a. die ersten vier Bücher und hier wiederum die Handschrift D, „deren Initialgliederung [...] meist für repräsentativ gehalten wurde, [die] in einer großen Zahl von Fällen [jedoch] eine klare Sonderstellung einnimmt und gegen die anderen Handschriften steht“.442 Für die Bücher V–XVI sah man Lachmanns Feststellung einer regelmäßigen Dreißiger-Gliederung weitgehend bestätigt, wenn auch mit der nicht unbedeutenden Einschränkung, dass diese „keinesfalls völlig regelmäßig ist“.443 Wie aus Schiroks Tabelle hervorgeht, gibt es unter den insgesamt 827 Kleingliederungsabschnitten keinen einzigen (!), der durchgehend in allen Handschriften bezeugt ist. Selbst der Schluss-‚Dreißiger‘, der aufgrund von Position und Texteinheit eigentlich eindeutig sein sollte, beginnt in den Handschriften I bei 827.5, in R bei 826.25, in V′ bei 826.29 und in W bei 826.21. Dies widerspricht zwar nicht unbedingt der Tendenz zur Dreißigerbildung im Bereich V–XVI , da Einrichtungstyp und Zuverlässigkeit der Überlieferungsträger variieren, doch ist die Notwendigkeit zu erkennen, in einer Edition auch auf dieser Gliederungsebene der Evidenz der Handschriften zu folgen und die Unterschiede nicht zugunsten einer Vereinheitlichung einzuebnen. In den Studien zur Kleingliederung des ›Parzival‹ wurde bislang nicht berücksichtigt, dass einige Handschriften über ein zusätzliches Untergliederungssystem verfügen, das sich in der Setzung von Majuskeln oder Paragraphen manifestiert.444 Dieses Gliederungsphänomen wurde in der ›Tristan‹-Forschung schon früh registriert, da man aufgrund des dem Text eingeschriebenen Akrostichons hierfür sensibilisiert war:445 Einzelne Bestandteile des Akrostichons wurden in mehreren 441 Ebd. Daher könne laut Schirok „die inhaltliche Analyse nicht zur Klärung herangezogen werden“. 442 Ebd., S. 458. 443 Ebd., S. 459. 444 Vgl. aber Palmer, Von der Paläographie zur Literaturwissenschaft, S. 220 f. Palmer weist darauf hin, dass südwestdeutsche Handschriften des späteren 13. Jahrhunderts den gleichen Einrichtungstyp wie der St. Galler Codex 857 aufweisen (Absetzung der Verse, Einleitung der Verse durch einen nicht herausgerückten Kleinbuchstaben, Großbuchstaben jedoch am Satzbeginn). Palmer erwägt, „ob nicht durch Heranziehen von weiterem Vergleichsmaterial ein Traditionszusammenhang zwischen der St. Galler Handschrift und diesen späteren Erscheinungen wahrscheinlich gemacht werden könnte.“ Zu der nahen Verwandtschaft des Sangallensis mit der ›Parzival‹Handschrift T in der Textgliederung siehe unten, S. 225 ff. 445 Vgl. Ranke, Die Überlieferung von Gottfrieds Tristan, S. 159–168; Wetzel, Die handschriftliche Überlieferung des ›Tristan‹ Gottfrieds von Strassburg [jedem Fragment

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Handschriften nicht durch Initialen, sondern durch Majuskeln hervorgehoben.446 Im Rahmen der ›Parzival‹-Forschung bemerkte Bonath in einer Anmerkung immerhin, dass die Handschriften D und T Großbuchstaben bei Sinneinheiten innerhalb eines Dreißigers aufweisen.447 Darüber hinausgehend beobachtete Sabine Rolle, dass die Fragmente 5 und 8 über Untergliederungszeichen verfügen, die Überschneidungen mit D und T aufweisen.448 An diese Beobachtungen soll in der Folge angeknüpft und die Subgliederungssysteme der Handschriften D und T sowie jene von vergleichbar eingerichteten Handschriften systematisch untersucht werden. Unter ‚Subgliederung‘ werden alle Gliederungszeichen einer Handschrift verstanden, die hierarchisch unter der Ebene der Kleininitialen anzusetzen sind. Hierzu zählen Capitulum-Paragraphen,449 Absatzzeichen, Versalien, Majuskeln und rubrizierte Klein- und Großbuchstaben am Versbeginn.450 Da die ›Parzival‹-Handschriften D und T Subgliederungszeichen aufweisen, ist zunächst zu überprüfen, ob und in welcher Form diese Gliederungstechnik in weiteren Texten aus diesen Skriptorien angewendet wurde. ‚Skriptorium I’ bezeichnet in der Folge jene Schreibstube, aus der Handschrift D hervorgegangen ist, ‚Skriptorium II‘ hingegen die Werkstatt, der Handschrift T entstammt. Skriptorium I St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 857451 1. Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ D (S. 10–288): Verse abgesetzt. Schreiber I (1.1– 16.2) rückte in größeren, recht ungleichmäßigen Abständen Majuskeln vor die Spalte. In einem Fall (3.3) wurde eine herausgerückte Majuskel mit einem Paragraphenzeichen

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ist ein eigener Abschnitt ‚Initialen und Majuskeln‘ gewidmet]; Tomasek, Gottfried von Straßburg, S. 59. Vgl. beispielsweise die Ausführungen von Wetzel, Die handschriftliche Überlieferung des ›Tristan‹ Gottfrieds von Strassburg, S. 127, zu den Fragmenten f1/f. Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 90, Anm. 23. Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 43 und 58. Zum Gebrauch des Paragraphenzeichens in den mittelalterlichen Handschriften vgl. Palmer, Kapitel und Buch, S. 46 (mit umfassenden Literaturangaben); K. Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten, S. 90, 152 und 161. Den von Palmer, Kapitel und Buch, S. 53, unterschiedenen „Typen des hierarchisch gegliederten Buches“ wäre die Ebene der Subgliederung hinzuzufügen. Die Funktion von Paragraphenzeichen wird von Palmer stets jener von Initialen gleichgesetzt. Paragraphenzeichen sind hingegen dann zur Subgliederung zu zählen, wenn sie – wie etwa im ›Parzival‹-Fragment 5 – die Kleingliederung durch Initialen in weitere Unterabschnitte teilen, also gegenüber den Kleininitialen eine hierarchisch untergeordnete Funktion innehaben. Bezüglich der Aufteilung der Schreiberhände folge ich Stolz, Der Codex Sangallensis 857, S. 33–39.

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verbunden, was einen deutlichen Hinweis auf die Gliederungsfunktion dieser Majuskeln darstellt. Möglicherweise hatte man anfangs daran gedacht, Paragraphenzeichen zu verwenden, dann aber von diesem Vorhaben wieder Abstand genommen. Schreiber II setzte in dem von ihm kopierten kurzen Abschnitt (16.3–18.29) eine (singuläre) Majuskel am Zeilenbeginn, verzichtete aber auf Herausrückung. Schreiber III , der fast den ganzen Text (18.30–827.30) abschrieb, setzte in regelmäßigen Abständen nicht herausgerückte Majuskeln. Eigennamen wurden über den ganzen Text hinweg mit Großbuchstaben hervorgehoben. Daraus ergibt sich die Schwierigkeit, dass die Subgliederungsfunktion bei Eigennamen am Versbeginn nur mit Blick auf die Parallelüberlieferung mit einiger Sicherheit zu erkennen ist. 2. ›Nibelungenlied‹ B (S. 291– 416): Der Text ist strophisch gegliedert, die Langzeilen sind durch Reimpunkte abgesetzt. Insgesamt waren drei Schreiber (III, IV, V ) an der Textherstellung beteiligt, die für ein einheitliches Erscheinungsbild sorgten.452 Der Strophenbeginn wurde hauptsächlich dann mit farbigen Initialen gekennzeichnet, wenn er innerhalb einer Kolumne angesetzt wurde. Beginnt eine Strophe am Spaltenrand, wurden oftmals herausgerückte Majuskeln gesetzt. Zahlenmäßig sind diese Versalien häufiger vertreten als die Initialen. Hinsichtlich ihrer Funktion sind Initialen und Versalien gleichwertig, da beide Gliederungszeichen den Strophenbeginn anzeigen. Eigennamen wurden durchgehend mit Majuskeln versehen. 3. ›Nibelungenklage‹ B (S. 416– 451): Auf den ersten drei Seiten versuchte Schreiber V, der schon den Großteil des ›Nibelungenlieds‹ abgeschrieben hatte, die Gestaltung der Spalten dem ›Nibelungenlied‹ anzugleichen, indem er abwechselnd Farbinitialen und herausgerückte Majuskeln setzte, ohne darauf zu achten, dass der Text nicht mehr strophisch gegliedert ist. Er betrachtete die ›Klage‹ offenbar als „die letzte Aventiure des ›Nibelungenlieds‹“.453 Ab der vierten Seite finden sich fast ausschließlich farbige Initialen am Spaltenrand, die Abstände werden zunehmend unregelmäßiger. Die insgesamt 129 „farbigen Lombarden und die [15] Majuskeln [am Spaltenrand] haben offenbar dieselbe Funktion: sie bezeichnen den Anfang von Abschnitten.“454 Doch auch innerhalb der Kolumnen begegnen immer wieder Majuskeln, die zumeist den Beginn eines Verspaares anzeigen, manchmal aber auch der Bezeichnung direkter Rede dienen. Eigennamen wurden konsequent groß geschrieben. 4. Der Stricker, ›Karl der Große‹ C (S. 452–558): Verse abgesetzt. Drei Schreiber (V, VI, VII ) waren an der Textherstellung beteiligt, von denen Schreiber VII den Großteil übernahm (Verse 401–12206). Der Textgliederung dienen abwechselnd rote und blaue Initialen bei Sinneinschnitten, die in ganz unregelmäßigen Abständen gesetzt wurden: In manchen Fällen trennen gerade 10 Verse die Initialen, dann bleibt wiederum eine komplette Spalte ohne Gliederungszeichen. Majuskeln mit textgliedernder Funktion sind nicht vorhanden, allerdings wurden Eigennamen mit Majuskeln hervorgehoben. Der zweimalige Schreiberwechsel hatte keinen erkennbaren Einfluss auf die Texteinrichtung. 5. Wolfram von Eschenbach, ›Willehalm‹ (S. 561– 691): Verse abgesetzt. Der ›Willehalm‹ wurde vom selben Schreiber (III ) kopiert, der auch den überwiegenden Teil des ›Parzival‹ zu verantworten hat. Wie im ›Parzival‹ gibt es auch im ›Willehalm‹ ein Sub452 Zur Texteinrichtung des ›Nibelungenlieds‹ B durch drei Schreiber vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 156 f. 453 Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 160. 454 Ebd., S. 160 f.

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gliederungssystem in Form von Majuskeln, die die abwechselnd blauen und roten Kleininitialen ergänzen. Die Majuskeln wurden zwar im Vergleich zum ›Parzival‹ seltener gesetzt, sind dafür aber herausgerückt und somit noch deutlicher als Gliederungszeichen zu erkennen. Nur in wenigen Fällen finden sich nicht abgesetzte Majuskeln am Kolumnenrand. Auch im ›Willehalm‹ wurden, wie in den vorangehenden Texten, Eigennamen konsequent groß geschrieben. 6. Friedrich von Sonnenburg, 5 Strophen (S. 693): Ein Schreiber (VIII ). Zur Kennzeichnung des Strophenbeginns wurden durchgehend Majuskeln gesetzt. Im Text selbst finden sich mit einer Ausnahme (3,1 Chunech) nur Minuskeln. 7. Konrad von Fußesbrunnen, ›Kindheit Jesu‹ (S. 694–703): Verse nicht abgesetzt. Der Schreiber (V) ließ in regelmäßigen Abständen Platz für abwechselnd rote und blaue Lombarden bei Sinneinschnitten. Recht häufig fanden Majuskeln zur weiteren Untergliederung des Textes Verwendung. Eigennamen wurden durchgehend groß geschrieben, im Namen ‚Maria‘ wurde zusätzlich jeder einzelne Buchstabe als Kapitälchen wiedergegeben. 8. Konrad von Heimesfurt, ›Unser vrouwen hinvart‹ (Fragment): Verse nicht abgesetzt, abwechselnd rote und blaue Lombarden bei Sinneinschnitten. Der Schreiber (V) setzte häufig Majuskeln zur weiteren Untergliederung. Die zwei im Bruchstück erhaltenen lateinischen Zitate wurden mit Majuskeln eingeleitet. Eigennamen sind durchgehend groß geschrieben. Berlin, Deutsche Staatsbibliothek, Fragmente 44 ›Nibelungenlied‹ E: Karin Schneider gelang der Nachweis, dass dieses Fragment vom selben Schreiber (IV) kopiert wurde, der auch im Cod. Sangallensis 857 einige wenige Strophen (2.1–21.1) des ›Nibelungenlieds‹ geschrieben hatte.455 Wie im Sangallensis setzte der Schreiber auch in diesem Fragment die Strophen und Verse nicht ab, sondern kennzeichnete den Strophenbeginn, indem er davor etwa zwei Zentimeter aussparte und dann eine Majuskel setzte. Im ›Nibelungenlied‹-Fragment E kamen abwechselnd rote und grüne Kleininitialen zum Einsatz, häufiger jedoch rot rubrizierte Majuskeln in Initialenposition. Eigennamen wurden ebenfalls durch rot rubrizierte Majuskeln hervorgehoben. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 13070 Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 1: Ein weiteres Bruchstück konnte Nigel F. Palmer dem Schreiber IV des Sangallensis zuweisen.456 Der Text ist zweispaltig eingerichtet, die Verse wurden nicht abgesetzt, aber mit Verspunkten voneinander getrennt. Die Kleingliederung beruht auf regelmäßig gesetzten, durchwegs roten Lombarden in der Höhe von ein bis eineinhalb Zeilen. Der Subgliederung dienen rubrizierte Majuskeln. Wenn Versbeginn und Zeilenbeginn zusammenfallen, wurde die rubrizierte Majuskel nach links herausgerückt. Im Unterschied zum ›Nibelungenlied‹ E wurde vor den rubrizierten Majuskeln kein Platz ausgespart. Dieser Einrichtungstyp blieb offenbar Texten mit strophischer Gliederung vorbehalten. Eigennamen wurden ebenfalls mit rot rubrizierten Majuskeln hervorgehoben. 455 K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 142. 456 Vgl. Palmer, Der Codex Sangallensis 857, S. 20 f.

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Skriptorium II Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708 Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ T: Zwei Spalten, Verse abgesetzt. Der Text wurde fast zur Gänze von einem Schreiber geschrieben, der zweite kopierte nur zwei Seiten knapp nach Beginn des 10. Buches (100v – 101r). Gleichwohl zeigt gerade dieses kurze Textstück, welche Sensibilität der Umgang mit Subgliederungssystemen erfordert: Der zweite Schreiber ignorierte die Subgliederung, indem er streckenweise und unsystematisch nur Minuskeln, dann wieder nur Majuskeln am Zeilenbeginn platzierte.457 Hingegen bemühte sich der Hauptschreiber, der Subgliederung der Vorlage gerecht zu werden, indem er häufig und in unterschiedlicher Regelmäßigkeit Versalien setzte. Oft begnügte er sich mit nicht herausgerückten Majuskeln. Der Vergleich mit den Gliederungssystemen anderer Handschriften ist insofern erschwert, als der Hauptschreiber ebenfalls abschnittsweise Versalien in hoher Frequenz setzte, sodass davon auszugehen ist, dass er solche Auszeichnungen zusätzlich auch eigenmächtig vorgenommen hat. Für den Vergleich der Gliederungsebenen der Handschriften D und T ergibt sich daraus die methodische Konsequenz, stets die Gliederungszeichen von D als Ausgangspunkt heranzuziehen und die Gliederungszeichen von T nachzuvergleichen. Eigennamen wurden in T konsequent mit Majuskeln versehen. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm. 63 Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ M: Zwei Spalten, Verse abgesetzt. Der Text wurde zur Gänze von jenem Schreiber kopiert, der mit dem Schreiber des ›Parzival‹Fragments 32 identisch ist458 und weist, abgesehen von den großgeschriebenen Eigennamen, nur Minuskeln am Zeilenbeginn auf. Zürich, Zentralbibliothek, Cod. Car. C 182 und Staatsarchiv, Cod. C VI/1, Mappe VI fol. 30–35 1. Gottfried von Straßburg, ›Tristan‹ (z/z1): Drei Spalten, Verse abgesetzt.459 Bereits Friedrich Ranke bemerkte, dass das Ausrückungsverhalten des Fragments an ornamentalen Gesichtspunkten orientiert ist: „[. . .] außerdem aber rückt z, ohne sich um den inhalt zu kümmern, in regelmäßigen abständen den ersten buchstaben der zeile als majuskel aus der spalte heraus [. . .].“460 Rene´ Wetzel präzisierte Rankes Ausführungen: „Auf den ersten Blättern finden wir überaus viele Ausrückungen, die sich sehr regelmäßig, in Abständen von sechs bis acht Versen folgen, was bis zu acht Ausrückungen pro Kolonne und auf dem ersten Blatt 22 Ausrückungen ergibt. Mit wachsender Verszahl werden die Abstände deutlich größer, bis sich als Richtlinie durchsetzt, etwa vier Ausrückungen pro 457 Ein Beispiel für den engen Zusammenhang von Schreiber und Texteinrichtung bietet das ›Parzival‹-Fragment 51, in dem zwei verschiedene Schreiberhände nachweisbar sind. Die Schreiber gestalteten die Seiten in Bezug auf Zeilenzahl, Anfangsbuchstaben und Kleininitialen jeweils unterschiedlich; vgl. hierzu Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 137. 458 Siehe Abschnitt II.2.3 (S. 81 ff.). 459 Siehe Abschnitt II.2.2 (S. 74 ff.). 460 Ranke, Die Überlieferung von Gottfrieds Tristan, S. 161.

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Spalte, in einigermassen regelmässigen Abständen über die Spalte und das Blatt verteilt, folgen zu lassen. Über das Ganze gesehen werden Abstände von 6, 8, 12 und 14 Zeilen bevorzugt. Das ändert sich von Blatt zu Blatt, ohne dass eine Regel sichtbar würde. Dabei ist an der Selbständigkeit des Vorgehens des Schreibers nicht zu zweifeln, führen doch Löcher im Pergament und ausgeschmückte Initialen dazu, dass ein Rhythmus gestört, aber gleich darauf wieder aufgenommen wird.“461 2. Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 32: Drei Spalten, Verse abgesetzt. Der Schreiber setzte wie im ›Tristan‹ herausgerückte Majuskeln in regelmäßigen Abständen, jedoch „ohne erkennbare Regel und Ratio“.462 Obwohl dieses Fragment aus demselben Skriptorium wie ›Parzival‹ T stammt, gibt es nur spärliche und sicher zufällige Übereinstimmungen mit T in der Subgliederung. Auch beim ›Parzival‹-Fragment 32 ist das Ausrückungsverhalten des Schreibers von ornamentalen Gesichtspunkten bestimmt. Es hat den Anschein, als hätte man die in diesem Skriptorium gepflegte Subgliederungstradition zwar beibehalten, bei deren Umsetzung aber eigene Wege beschritten. Für einen systematischen Vergleich der Subgliederungsebenen mit anderen Handschriften ist das Fragment 32 daher ungeeignet.

Die Zusammenstellung verdeutlicht zunächst, dass in beiden Skriptorien der gewissenhafte Umgang mit Subgliederungssystemen üblich war. Dies war keinesfalls selbstverständlich, wie ein Blick auf die weiteren Überlieferungsträger des ›Parzival‹ zeigen wird.463 Die Subgliederung erfolgte in allen bekannten Texten der beiden Schreibstuben in Form von Majuskeln. Unterschiede gibt es lediglich in der Gestaltung dieser Großbuchstaben, die durch Ausrückung, Platzaussparung oder farbige Rubrizierung noch zusätzlich hervorgehoben werden konnten. In aller Deutlichkeit tritt die Gliederungsfunktion der Majuskeln im ›Nibelungenlied‹ und in der ›Klage‹ hervor: Sie vertreten – vielleicht aus Kostengründen – Initialen am Strophenbeginn und zeigen somit den Beginn eines neuen Abschnitts an. Im Allgemeinen dürfte die Einrichtung des Textes bereits vor Beginn der Abschrift festgelegt worden sein, da sie auch im Falle eines Schreiberwechsels beibehalten wurde.464 Das gilt für ›Parzival‹ D, den ›Parzival‹- und ›Tristan‹-Text 461 Wetzel, Die Überlieferung des ›Tristan‹, S. 249 f. 462 Vgl. Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 120. 463 Siehe unten, S. 240 ff. 464 Vgl. hierzu allgemein Bumke, Retextualisierungen in der mittelalterlichen Literatur, besonders in der höfischen Epik, S. 25: „Von den vier Instanzen, die dabei mitwirken mussten, damit ein literarisches Werk entstand und gehört oder gelesen werden konnte – Auftraggeber, Verfasser, Redaktor und Schreiber – wissen wir über den Redaktor am wenigsten. Seine Tätigkeit war die mise en page; seine Aufgabe war es, aus einem Text ein Schriftwerk zu machen. Das betraf die Einrichtung der Handschrift und des Textes, sowie die Kontrolle und – soweit nötig – die Korrektur der Niederschrift. Textgestaltend und textverändernd wirkte der Redaktor vor allem im Hinblick auf die Anordnung des Textes. Durch das Absetzen von Versen, Reimpaaren

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der Züricher Fragmente und für ›Nibelungenlied‹ B und E. Die einzige Ausnahme betrifft den zweiten Schreiber von ›Parzival‹ T, der das Subgliederungssystem des Hauptschreibers ignorierte und den Versbeginn sehr eigenwillig gestaltete. Weiters legt die Behandlung der verschiedenen Texte in den beiden Skriptorien nahe, dass die Texteinrichtung mit dem Werk selbst in engem Zusammenhang steht. Das gilt nicht nur für Dichtungen, deren Einrichtung von der strophischen Anlage bestimmt ist (›Nibelungenlied‹), sondern auch für die Texte der höfischen Reimpaardichtung. Im Skriptorium I wurde ein Subgliederungssystem beim ›Parzival‹ und ›Willehalm‹ sowie bei den Bruchstücken der ›Kindheit Jesu‹ und ›Unser vrouwen hinvart‹ angewendet, während bei Strickers ›Karl dem Großen‹ darauf verzichtet wurde. Im Skriptorium II wurde der ›Parzival‹ und der ›Tristan‹ weiter untergliedert, während der ›Wilhelm von Orlens‹ nur die Ebenen der Groß- und Kleingliederung aufweist. Das deutet darauf hin, dass die Skriptorien nicht willkürlich mit den Texten verfuhren und ihnen ihr eigenes Gliederungsschema aufzwangen, sondern dass sie die in den Vorlagen bereits vorhandenen Gliederungsstrukturen berücksichtigten. Im Falle des ›Tristan‹ steht es aufgrund des Akrostichons fest, dass schon das Original über ein ausgefeiltes Gliederungssystem verfügte. Beim ›Parzival‹ und beim ›Willehalm‹ hat es den Anschein, als ob auch das Subgliederungssystem in Autornähe heranreicht.465 Es wäre zu überlegen, ob ein mehrfach untergliederter Archetypus die Ursache sein könnte für das gestörte Kleingliederungssystem, das die erhaltenen Handschriften allesamt aufweisen.466 Eine andere Erklärung bestünde darin, dass die Gliederungszeichen des Archetypus (bzw. der Hyparchetypen) im Prozess der handschriftlichen Tradierung unterschiedlich bewertet wurden, was dann zu einer Parallelität von Großinitiale, Kleininitiale und Majuskel an ein und derselben Position in den verschiedenen Handschriften führen konnte. Der Zusammenhang von Klein- und Subgliederungssystemen in den ›Parzival‹-Handschriften D und T steht im Mittelpunkt der folgenden Untersuchungen, die auf der Basis der im Anhang abgedruckten Tabelle467 durchgeführt werden. oder Strophen, durch das Markieren von größeren Abschnitten wurde die Form des Textes sichtbar gemacht; durch das Einsetzen von Groß- und Kleininitialen, Majuskeln und anderen optischen Zeichen wurde die Gliederung des Textes erschlossen und das Textverständnis gelenkt.“ 465 Palmer, Kapitel und Buch, S. 48, hält es generell für wahrscheinlich, dass Kleininitialen auf den Autor zurückgehen: „[. . .] Eine solche Einteilung in Initialenabschnitte war mit Sicherheit bei den meisten mittelalterlichen Werken schon vom Autor vorgesehen.“ 466 Vgl. auch Rolle, Bruchstücke, S. 43, zu den Paragraphenzeichen des Fragments 5: „Möglicherweise haben sich hier die Reste einer ebenfalls im Archetypus vorgenommenen Feinunterteilung der Abschnitte erhalten.“ 467 Siehe Anhang V.3 (S. 425 ff.).

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Dabei wird in vier Schritten vorgegangen: 1. Vergleich der Kleininitialen in D und T. 2. Vergleich der Kleininitialen in D mit den Majuskeln in T. 3. Vergleich der Kleininitialen in T mit den Majuskeln in D. 4. Vergleich der Majuskeln in D und T. Als Ausgangsbasis des Vergleichs dienen stets die Majuskeln in D, die in der Tabelle vollständig erfasst sind. Die Majuskeln in T, die häufiger als in D vorkommen und die in vermutlich nicht wenigen Fällen auf den Gliederungswillen des Schreibers zurückzuführen sind, werden angegeben, wenn eine Überschneidung mit D vorliegt. Eigennamen am Versbeginn, die in beiden Handschriften durchgehend mit Majuskeln versehen sind, werden nur dann berücksichtigt, wenn die jeweils andere Handschrift an der betreffenden Stelle ein Klein- oder Großgliederungszeichen aufweist. Der Vergleich wird wiederum bis zum Abbruch von T (572.30) durchgeführt.

1. Die Kleininitialen in D und T Die hohe Überschneidungsdichte der Großgliederungszeichen in D und T lässt eine ähnliche Übereinstimmung auch bei den Kleininitialen erwarten. Diese Erwartung wird jedoch enttäuscht. D weist bis 572.30 insgesamt 563, T 458 Kleininitialen auf.468 Gemeinsam sind den beiden Handschriften lediglich 171 Initialen. Das ist eine auffallend geringe Zahl, wenn man zum Vergleich weitere Handschriften heranzieht. Von den ältesten Vertretern von *G469 hat I mit D 212 Initialen gemeinsam, obwohl die Verse 1.1– 45.2 fehlen.470 Die Handschrift O, die nur bis 555.20 reicht, teilt mit D 233 Initialen. Die in das zweite Viertel des 14. Jahrhunderts zu datierende Handschrift Z,471 die sich nicht eindeutig einer Gruppe zuordnen lässt, hat mit D sogar erstaunliche 323 Initialen gemeinsam. Von den Vertretern von *m sei schließlich noch Handschrift m angeführt, die mit D lediglich 110 Initialen teilt,472 was auch damit zusammenhängt, dass dieser Textzeuge im Allgemeinen verhältnismäßig wenige Initialen setzt, obgleich einige mehr als die übrigen *m-Vertreter n und o. Aufschlussreich ist ein Vergleich jener 171 Initialen, die D und T teilen, mit den Sinnabsätzen, die Lachmann in seiner Ausgabe durch Einzug gekennzeichnet hat: 147 der gemeinsamen Initialen stehen an einem solchen Absatz. Mit einer 468 Die Großinitialen sind in diese Zahlen aufgenommen, da sie dieselbe Funktion der Abschnittsbegrenzung haben. 469 Die Handschrift G kann aufgrund der individuellen, an ornamentalen Gesichtspunkten orientierten Positionierung der Initialen wiederum nicht zum Vergleich herangezogen werden. 470 Allerdings setzt I weitaus häufiger Initialen, im Schnitt ungefähr alle 15 Verse. 471 Vgl. Miller, Cod. Pal. germ. 364. 472 Überschriften wurden zu den Initialen gezählt.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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Ausnahme (160.1) folgen alle restlichen 24 Initialen auf einen Satzschluss.473 In den meisten Fällen wäre auch hier ein Sinneinschnitt vertretbar.474 Die Handschriften D und T haben demnach verhältnismäßig wenige Kleininitialen gemeinsam. Wo jedoch eine Überschneidung vorliegt, befinden sich die Initialen an ‚sinnvollen‘ Positionen, d. h. am Beginn einer Lachmann’schen Sinneinheit oder am Beginn eines Satzes.

2. Die Kleininitialen in D und die Majuskeln in T In etwa vergleichbare Zahlen ergibt die Gegenüberstellung der Initialen in D und der Majuskeln in T: Von jenen 392 verbliebenen Initialen von D, die nicht von Initialen in T geteilt werden, sind 153 durch Majuskeln in T abgedeckt.475 Der Vergleich mit der Lachmann-Ausgabe zeigt, dass diese Initialen sich in 109 Fällen mit Lachmann-Absätzen treffen und in 37 Fällen auf einen Satzschluss folgen. In 7 Fällen476 stehen sie im Satz. Auch für diese Initialen gilt somit, dass sie sich – abgesehen von wenigen Ausnahmen – am Beginn einer Sinneinheit oder eines Satzes befinden. Ein Vergleich dieser Zahlen mit der Verteilung jener Initialen in D, die weder von Initialen noch von Majuskeln in T geteilt werden, macht den Kontrast deutlich: Von den verbleibenden 239 D-Initialen stehen rund 100 – also etwas weniger als die Hälfte – mitten im Satz.477 Dass diese Initialen tatsächlich ohne Rücksicht auf Satzgrenzen gesetzt wurden, mögen einige Beispiele illustrieren: 473 Die Verse 160.1–2 (Vrou Ginoveˆr diu künegin / sprach jæmerlıˆcher worte sin) wurden möglicherweise irrtümlich als Rede- und Satzbeginn aufgefasst. Der Satz beginnt allerdings bereits bei Vers 159.29. Vor 549.1 ist ein Satzschluss sehr wohl möglich, da sich an den selben stunden nicht zwingend auf die folgende Rede Plipalinots beziehen muss, sondern ebenso gut auf die Beherbergung von Lischoys, die dann ‚sogleich‘ stattfinden würde. Diese Stelle wurde daher in der Tabelle als Satzschluss gewertet. 474 Dies hängt damit zusammen, dass Lachmann auf eine gewisse Regelmäßigkeit in der Verteilung seiner Absätze achtete und diese nicht in zu enger Abfolge setzen wollte. Zum Vergleich kann die Übersetzung Peter Knechts herangezogen werden, der seinerseits den Text in Sinnabschnitte untergliedert. Zahlreiche der verbleibenden 24 Initialen stehen an einem Sinnabsatz Knechts. 475 Diese und die folgenden Zahlen können nur Annäherungswerte darstellen; gelegentliches Verzählen und die Unmöglichkeit, in jedem einzelnen Fall einen Satzschluss eindeutig zu bestimmen, lässt eine Verabsolutierung der Zahlen nicht zu. Entscheidend ist die aus den Zahlen ableitbare Tendenz. 476 Vor 357.1 ist nach meiner Ansicht ein Satzschluss vertretbar. Diese Stelle wurde in der Tabelle daher mit einem „S“ versehen. Unter den übrigen Fällen gibt es noch einige zweifelhafte, die jedoch als „0“ gewertet wurden. 477 Für die ›Nibelungenklage‹ B des Cod. Sang. 857 konnte Bumke ebenfalls eine gewisse Eigenmächtigkeit in der Initialenverteilung beobachten. An mehreren Stellen

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung mıˆn vater haˆt uns beiden Gelaˆzen guotes harte vil [La 9.2–3] ein fürste (Proˆthizilas Der hiez) mıˆn massenıˆe, vor zageheit der vrıˆe, uˆz durch aˆventiure reit [La 27.24–27] [Initiale auch in: m] ich haˆn doch schaden ze vil genomn An mıˆnem stolzen werden man [La 110.2–3] [RWZ] si verfluochte im sıˆne sinne, Unde vraˆgte in wes er waˆnde [La 345.30–346.1] [LRZ] wan swenne ich gein dem heˆrren mıˆn Schildes ambet zeige [La 354.30–355.1] Parzivaˆl eins zeˆders ast Begreif mit sıˆnen handen [La 444.30– 445.1] unt daz freuden helfe mich verkoˆs, Sprach Parzivaˆl. mirst freude ein troum [La 460.30– 461.1] [GILORZ] si bat in fürbaz meˆre Durch der tavelrunder art [526.30–527.1] [GILOQZ] doˆ kom des schiffes heˆrre Von dem wazzer uˆfez lant [La 543.30–544.1] [GLOZ] sıˆt Lischoys Gwelljus Iu sıˆnen prıˆs hie laˆzen haˆt [La 558.30–559.1] [GZ]

Wenn Initialen in D mit Initialen oder Majuskeln in T korrespondieren, ist in der Regel der Beginn eines Sinnabschnittes oder eines neuen Satzes anzusetzen. Hingegen liegt in einer großen Zahl an Fällen, in denen eine Überschneidung mit T nicht existiert, eine ‚sinnlose‘ Markierung vor. Es ist überdies festzuhalten, dass diese in Satzmitte positionierten Initialen von D häufig mit Initialen anderer stehen Initialen mitten im Satz. Vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 222 f.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

229

Handschriften korrespondieren, sodass die Ursache nicht oder nicht immer in D bzw. in den Vertretern von —D zu suchen ist, sondern offenbar weiter zurückreicht. 3. Die Kleininitialen in T und die Majuskeln in D Ein Vergleich der Kleininitialen in T mit den Majuskeln in D ergibt folgendes Bild: An 174 Positionen findet eine Kleininitiale von T ihre Entsprechung in einer Majuskel in D, was einen imposanten Anteil von rund 61 % von jenen T-Initialen, die nicht von D-Initialen abgedeckt sind, bedeutet. Von diesen 174 gemeinsamen Markierungszeichen treffen 136 mit Absätzen Lachmanns zusammen, die restlichen 38 stehen an einem Satzbeginn. In keinem einzigen Fall stimmen Sinneinheit oder Satzschluss und Initial- bzw. Majuskelsetzung nicht überein.478 Von den übrigen 111 Kleininitialen von T, die keine Berührungspunkte mit D aufweisen, stehen 60 an einem Absatz Lachmanns, 49 an einem Satzbeginn, 2479 im Satz. Als Zwischenresümee seien nochmals die aussagekräftigsten Daten zusammengestellt: D hat insgesamt 563, T 458 Initialen. Diese Gliederungszeichen überschneiden sich in insgesamt 499 Fällen, wenn man neben den Initialen auch die Majuskeln der jeweils anderen Handschrift berücksichtigt. D und T sind also auch über Klein- und Subgliederung eng miteinander verbunden. Die Initialen in T stehen so gut wie immer ‚richtig‘. Wo sich Initialen in D mit Klein- oder Subgliederungszeichen in T überschneiden, stehen auch sie an sinnvollen Positionen. Wo sie es nicht tun, sind sie sehr häufig (in rund 100 Fällen) ‚deplatziert‘. Die Positionierung der Initialen in D ist nach dem Kriterium der numerischen Regelmäßigkeit, jene in T hingegen nach dem Kriterium der Sinnhaftigkeit ausgerichtet. Ein ornamentales steht somit einem rationalen System gegenüber. Während die Prinzipien der Initialenverteilung in D seit Lachmann häufig untersucht wurden,480 fehlt eine vergleichbare Analyse von T. Diese soll nun in Ansätzen nachgeholt werden. 478 Folgende vier Fälle wurden entgegen Lachmanns Interpunktion als Satzgrenze gewertet: 53.27 folgt auf Doppelpunkt. Ab nun wird auf die Bestattung Isenharts eingegangen [man sagete mir daz Isenhart . . .]; 184.1 (dazu Schöller, In Trüdingen und anderswo, S. 419); 263.9: In T wird vor der Initiale ein Punkt gesetzt, der Satzschluss also angezeigt; 427.19 folgt auf Doppelpunkt. Der Redebeginn wird markiert [diu süeze saelden rıˆche / sprach gezogenliche]. 479 Folgende vier Fälle wurden gegen Lachmanns Interpunktion interpretiert: 165.27: Beginn der Beschreibung des Essverhaltens des ausgehungerten Parzival. 196.29: markiert eine Quellenberufung [als i’z maere haˆn vernomn]. 261.13: Punkt nach 261.12 [sıˆn stolzheit in leˆrte] erscheint sinnvoll. 541.29: Satzbeginn erscheint sinnvoll [swer daˆ der helde strıˆten sach]. 480 Von den frühen Untersuchungen sei hier stellvertretend nur auf die wohl sorgfältigste durch Witte, Die Parzivalhandschrift D, S. 371–379, hingewiesen. Ausführlich

230

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Die Positionierung der Initialen von T lässt keinerlei numerische Regelmäßigkeit erkennen. Der geringste Abstand zwischen zwei Initialen beträgt sechs Verse (504.1–504.7), was möglicherweise entstehungsgeschichtlich zu erklären ist.481 An einer Stelle sind die Initialen nur acht Verse voneinander entfernt (242.23–243.1).482 Der Maximalabstand beträgt 158 Verse (313.1–318.9); dieser ist nicht auf die Eigenmächtigkeit des Schreibers von T zurückzuführen, da die mit T in der Kleingliederung annähernd identisch eingerichtete Handschrift U ebenfalls exakt diese Positionen mit Initialen besetzt. Auch zwischen diesen Extremen lässt sich keine Norm erkennen, da die Abstände beliebig variieren. Bemerkenswert ist ein Abschnitt von 22 Versen (222.7–222.29), der in T und D gleichermaßen vorhanden ist, wie auch in den übrigen *D- und *T-Handschriften m n U V W. Lachmann folgte in seiner Edition dieser Initialensetzung in D, indem er an beiden Positionen Absätze machte: Keies Züchtigung von Cunneware und Antanor wird nun – aufgrund des Berichts von Clamide – von allen Anwesenden am Plimizoel verurteilt. Der Erzähler wendet sich sodann der unter Parzivals Herrschaft aufblühenden Stadt Pelrapeire zu. Offenbar wurde dieser Abschnitt, der immerhin einen Schauplatzwechsel einschließt, in *D und *T als Einheit aufgefasst. Die Handschrift T ist nicht in Dreißiger untergliedert: Bis 572.30 finden sich lediglich 61 Abschnitte zu dreißig Versen, während D im selben Bereich 348 Dreißiger aufweist. Jene zentralen Dreißiger allerdings, die deutlich Sinneinheiten bilden und deren Umfang nicht zufällig genau dreißig Verse betragen wird483 – wie etwa die ‚Selbstverteidigung‘ (114.5–116.4: zwei Dreißiger) oder der Epilog zu Buch VI (337) – teilt Handschrift T mit D. Der Schlussdreißiger des sechsten Buches ist dabei – mit einer Unterbrechung bei 340.1 (D) bzw. 340.7 (T) – eingebettet in eine einmalige Reihe von zwölf Dreißigern (331.1–343.1), die in D und T parallel verlaufen. Lachmann hat den Beginn jedes dieser Dreißiger mit Einzug als Sinneinheit gekennzeichnet; bei 340.7 folgt er bezeichnenderweise T, genauer gesagt: der Majuskel in D. Die Handschrift T repräsentiert somit den Typus einer ›Parzival‹-Handschrift, deren Initialensetzung sinnstrukturierende Funktion hat. Das Dreißiger-Prinzip setzten sich Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 77–107, und Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 83–87, mit dem Gliederungssystem von D auseinander. 481 Siehe Abschnitt III.2.3.2.1 (S. 210 ff.). 482 Die Notierung der Initialen für die Verse 69.21 und 69.29 in der Tabelle ist etwas irreführend: Der Abstand beträgt hier nicht acht Verse. Es handelt sich vielmehr um einen Eingriff Lachmanns, der in seiner Edition gegen den Ausweis sämtlicher Handschriften die Verse 69.29–70.6 umgruppierte. Vgl. hierzu Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 64 f. 483 Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 199.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

231

ist in dieser Handschrift kein bestimmendes, vielmehr werden Abschnitte zu dreißig Versen nur dort gebildet, wo eine Sinneinheit vorliegt. Daneben stehen gleichberechtigt Abschnitte unterschiedlicher Länge. Betrachtet man die Überschneidungen von Klein- und Subgliederungssystem in den Handschriften D und T, so zeigt sich, dass D an weitaus mehr Stellen Majuskeln an Positionen setzt, an denen T eine Initiale aufweist, als umgekehrt T Majuskeln dort setzt, wo sich in D eine Initiale befindet – dies trotz des Umstandes, dass T im Allgemeinen mehr Majuskeln setzt. Eine aufschlussreiche Parallele bietet das älteste, der Fassung *T angehörende Fragment 26: Der Beginn des Verses 251.25 wird in D mit einer Majuskel hervorgehoben, während das Fragment 26 (wie auch m n [§] T U V W) eine Initiale setzt. Diese Majuskel bei 251.25 dürfte ihre Existenz der ausschließlich in D überlieferten Initiale bei 251.29 verdanken. Es ist anzunehmen, dass eine weitere Initiale im Abstand von nur vier Versen die Homogenität des Erscheinungsbildes empfindlich gestört hätte und dass daher an einer der beiden Positionen nur eine Majuskel gesetzt wurde. Dass innerhalb von D Initialen und Majuskeln hinsichtlich ihrer Positionierung korrespondieren, ist leicht zu erkennen: Während die Initialen nach numerischen und somit nach ornamentalen Gesichtspunkten gesetzt wurden, untergliedern die Majuskeln den Text in Sinnabschnitte. Für die Chronologie der Einschreibung sind zunächst folgende Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen: Es ist denkbar, dass ein ursprüngliches, an Dreißiger-Abständen orientiertes System später durch ein sinnstrukturiertes System ergänzt wurde; wahrscheinlicher ist es allerdings, dass eine ursprünglich nur an Sinnabschnitten orientierte Initialensetzung von einem Dreißiger-System überlagert wurde; darauf wird noch zurückzukommen sein.484 Darüber hinaus ist in Erwägung zu ziehen, dass von Anfang an Sinnstrukturierung und Dreißigerzählung nebeneinander existierten. Der Archetyp könnte eine Vielzahl unhierarchischer Gliederungszeichen485 aufgewiesen haben, die im Verlauf der Überlieferungsgeschichte jeweils unterschiedlich interpretiert und hierarchisiert wurden. Ein Beispiel für einen Textzeugen, in dem die Hierarchie der Gliederungsebenen aufgehoben ist, bietet das gegen Ende des 13./Anfang des 14. Jahrhunderts entstandene Fragment 28 (Gj):486 Der Text wurde 484 Vgl. die Schlussfolgerungen in diesem Abschnitt (S. 252 ff.). 485 Mit Ausnahme der Großgliederungszeichen, deren Übereinstimmung in den Handschriften über die Gruppengrenzen hinweg jedenfalls auf einen Archetyp mit Großeinschnitten hinweist. 486 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 1, S. XXIV ; Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), S. LVI , Nr. 46 und Nachtrag S. LXII unter Nr. 81; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 47, Nr. 46 und S. 54, Nr. 81; Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 116 f.

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

en bloc zu 35–36 Zeilen in recht breiter Textualis487 geschrieben. Bei Sinneinschnitten wurden die Anfangsbuchstaben – in der Regel Majuskeln – durch Rubrizierung hervorgehoben. In „diese Gliederung sind offensichtlich die ursprünglichen Abschnittsinitialen integriert“.488 Eine solche unhierarchische Gliederungstechnik könnte auch in der Frühzeit der ›Parzival‹-Überlieferung existiert haben.

4. Die Majuskeln in D und T Eine weitere Vergleichsmöglichkeit bieten jene Stellen, in denen D und T jeweils eine Majuskel aufweisen. Diese Majuskeln können auf ältere Gliederungsstufen verweisen, wie die Parallelüberlieferung nahelegt: Wo beide Handschriften Majuskeln setzen, findet sich häufig in anderen Textzeugen eine Initiale.489 Für diese parallel in beiden Handschriften bezeugten Majuskeln kommt somit in Frage, dass sich in der vorausgehenden Überlieferung an dieser Position eine Initiale oder ebenfalls ein Subgliederungszeichen befunden haben könnte. Ein Leser der Handschriften wird mit dieser Vorgeschichte wohl nicht vertraut gewesen sein. Ihm boten die Majuskeln eine Orientierungshilfe bei der Lektüre, da der Text in kleinere Sinneinheiten weiter unterteilt ist. Diese Großbuchstaben jedoch als einfache „Satzbeginnmarkierungen“ zu charakterisieren, schränkt ihre potentielle Bedeutungsdimension unzulässig ein.490 Dies mögen folgende Beispiele veranschaulichen: 487 Vgl. Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 116. 488 Ebd. 489 Vgl. die Tabelle in Anhang V.3 (S. 425 ff.). Sehr häufig überschneiden sich solche Majuskeln in D und T mit Initialen der Gruppierungen *m und *T. 490 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival D (ed. Schirok), Einleitung, S. XXVII ff. Hingegen spricht Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 168 f., von einer „Binnengliederung“ innerhalb der Dreißiger-Abschnitte, die in D durch den Einsatz von Majuskeln erzielt werde. Wertvolle Hinweise auf das Gliederungsverhalten des dritten Schreibers des Sangallensis bietet Gärtner, Das Verhältnis von metrischer und syntaktischer Gliederung in mittelhochdeutschen Verstexten um 1200, S. 371 f. Nach Gärtner habe dieser Schreiber „immer wieder deutliche Vortragshilfen gegeben durch Punkte im Versinneren, so bei Aufzählungen, bei Enjambements, nach Redeeinleitungen und vor Nebensätzen; aber der Schreiber hat nicht nur die Grenzen der 30er Abschnitte durch farbige Initialen gekennzeichnet, sondern auch innerhalb dieser Abschnitte häufig die Satzgrenzen durch Majuskeln markiert. Mit Majuskeln [. . .] markiert er den Anfang bzw. das Ende von langen Satzgefügen, den Perspektivenwechsel des Erzählers, die Redeeinleitungen, den Wechsel der Sprecher, sofern dieser nicht explizit durch eine Redeeinleitung angegeben ist, und den Übergang von indirekter in direkte

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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1. Der Erzähler begrüßt den eben geborenen Titelhelden mit den Worten: H ˆıe i)t d aventvˆre wurf ge)pilt vn¯ ir beginnen) gezilt wander i)t aller er)t geborn dem diz meˆre i)t ercorn. [T 112.9–112.12] Diese Verse, die in D und T mit Majuskeln hervorgehoben sind, rekurrieren deutlich auf den Prolog, in dem ebenfalls der eigentliche Beginn der Aventiure mit der Geburt des Helden angesetzt wird. In T – nicht allerdings in D – wurde auch diese Passage mit einer herausgerückten Majuskel hervorgehoben: o

D en ich hie zv han erkorn der)t meˆre) halp noch vngeborn. dem man dirre Aventvˆre giht vn¯ wunder) vil de) dran ge)ciht. [T 4.23– 4.26] 2. Das zentrale Motiv der unterlassenen Frage wird nicht nur vom Erzähler gestaltet. Die Handschriften D und T heben diese Passagen ebenfalls durch Majuskelsetzung hervor. In der Erziehungsrede des Gurnemanz wird jener Rat, der schlimme Konsequenzen für Parzival nach sich ziehen wird, markiert: Jr )vlt niht vil gevragen [T 171.17 – Majuskel T und D] Während die Gralprozession an Parzival vorüberzieht, erinnert sich dieser an den Rat des Gurnemanz und bleibt stumm (Initiale T, Majuskel D): Er dahte mir riet Gvrnemanz o mit gvten tiuwen ane )chranz ine )olte vil gevraˆgen niht waz ob min we)en hie ge)ciht d maˆze al) dort bi ime ane vraˆgen ich vnime wiez vmb di)e ma))enie )teˆt [T 239.11–239.17] Die Gralprozession ist beendet, Parzival hat nicht gefragt. Doch bietet sich ihm noch eine letzte Gelegenheit, die erlösende Frage zu stellen, als ein Knappe ein ebenso wertvolles wie geheimnisvolles Schwert als Geschenk des Gastgebers überreicht. Anfortas erklärt mit wenigen Worten, dass er selbst dieses Schwert bis zu seiner Verwundung geführt habe. Der Schenkungsakt ist der verzweifelte Versuch des Gastgebers, seinen

Rede. [Er setzt] die Majuskeln vor allem dort, wo das Prinzip des rıˆme zebrechen ausgesetzt ist zugunsten des rıˆme samnen. Eine Majuskel steht also vornehmlich dann, wenn am Ende eines Reimpaares eine Satzgrenze mit einem rhetorischen Einschnitt liegt und die Brechung aufgehoben ist. Gebrochene und nicht gebrochene Reime werden damit erkennbar geschieden.“

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Gast doch noch zur entscheidenden Frage zu bewegen. Doch Parzival fragt nicht. Das veranlasst den Erzähler zu dem bestürzten Ausruf (Majuskel D und T):491 O uˆwe dc er niht vragete do de) bin ich vur in noch vnvroˆ wan do erz enpfienc von )iner hant do wa) er vraˆgen) gemant v ouch rıwet mich )in )vezer wirt den vngnaˆde niht vbirt d im von vraˆgene weˆre raˆt [T 240.3–240.9] Schließlich fordert Anfortas Parzival auf, zu Bett zu gehen. Es ist der abschließende Akt, der sämtliche Hoffnungen auf die Erlösungstat zunichte macht. Der Erzähler hebt die schwerwiegenden Folgen hervor, die Parzivals Verfehlung für beide Protagonisten haben wird (Versal nur in T): N v )oltich )chrıˆen waˆfen o vmbir )cheiden dc )i tvnt de) wirt groˆz trvˆren in beiden kvnt. [T 242.16–242.18] 3. Ein bestimmendes Motiv der Gawanteile ist Gawans Unschuld. Während Parzival von Cundrie mit Recht der unterlassenen Frage geziehen wird, entbehrt die gegen Gawan vorgebrachte Anschuldigung durch Kingrimursel der Grundlage. Da diese Geschichte in der Fragment gebliebenen Vorlage nicht zu Ende erzählt wird, schiebt der Erzähler vorbeugend immer wieder Kommentare ein, die Gawans Schuldlosigkeit betonen (Initiale T, Majuskel D):492 Vnschvldic wa) her Gawan ez hete ein ander hant getan wand der )tolze Ehcvnat ein lanze durh in lerte pfat do er Joffriden fi)idol o vurte gegn Barbygol den er bi Gawane vienc durch di)e noˆt er gienc [T 413.13– 413.20] Die Hervorhebung von Gawans Unschuld kann auch ins Komische umschlagen. Der Erzähler scheint damit zu spielen und die Wendung dem Publikum gleichsam einprägen zu wollen. Nachdem Obie Gawan zunächst als Kaufmann, sodann gar als Betrüger verdächtigt und zuletzt den Fürsten Lyppaut auf ihn ansetzt, wird Gawans Unschuld mit dem Hinweis auf dessen umfassendes Reisegepäck, das den Irrtum veranlasst, verknüpft. Die Floskel erhält eine komische Note (Majuskel in D und T): 491 Zu diesen im Vergleich mit Chre´tien überaus häufigen affektiven Erzählereinschüben vgl. zuletzt Mertens Fleury, Leiden lesen, S. 149 f. 492 Vgl. hierzu Mergell, Wolfram von Eschenbach und seine französischen Quellen, Bd. II, S. 269 und Anm. 18.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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V nschvldic wa) her Gawaˆn ez heten niht wan div or) getaˆn o vn¯ ander dc er vurte [T 363.17–363.19]

Die Subgliederungszeichen in den Handschriften D und T dienen somit auch der Kennzeichnung von Sätzen oder Sinneinheiten, die für das Verständnis des Textes von zentraler Bedeutung sind. Eine Textauslegung, die von mehrfach untergliederten Handschriften ausgeht, sollte stets alle vorhandenen Markierungen mit einbeziehen. T geht allerdings im Gebrauch der Subgliederungszeichen weit über D hinaus. Dies ist in Zusammenhang mit der syntaktischen Interpunktion zu sehen, mit der der Text in dieser Handschrift systematisch versehen ist.493 Nicht selten werden 493 Schon Kern, Das Problem der Satzgrenze in mittelhochdeutschen Texten, S. 344, bemerkte, „daß die Handschrift D, ansatzweise wenigstens, wenn auch keineswegs konsequent, die Satzgrenze und die Binnenstruktur komplexer Sätze kennzeichnet. Ähnliches gilt für weitere ›Parzival‹-Codices, so für Gn [T] [. . .] und Gd [V] [. . .].“ Allerdings ist V kaum mit T vergleichbar, was die Konsequenz und Stimmigkeit der Interpunktion anbelangt. Dennoch ist es auffällig, dass gleich zwei *T-Handschriften syntaktische Interpunktion aufweisen. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass bereits in der Stammhandschrift von *T syntaktische Interpunktion vorhanden war. An der Handschrift D beobachtete Kern, dass vereinzelte Fälle syntaktischer Interpunktion ausschließlich in den von Schreiber III geschriebenen Abschnitten auftreten (Beispiele ebd., S. 343 f.). Allerdings hat dieser Schreiber bereits ab Vers 18.30 den ›Parzival‹ alleine geschrieben, sodass erst ein detaillierter Vergleich mit weiteren von diesem Schreiber kopierten Texten des Sangallensis – er hat noch einen kleinen Abschnitt des ›Nibelungenlieds‹ (2,1–2,4) und den kompletten ›Willehalm‹ abgeschrieben – zeigen könnte, ob hier eine individuelle Leistung vorliegt, oder ob bereits in der Vorlage Interpunktionszeichen vorhanden waren. Zur Interpunktion in D vgl. auch Witte, Die Parzivalhandschrift D, S. 351–353. Witte unterscheidet fünf Einsatzmöglichkeiten des Punktes, darunter „den punkt im versinneren zur gliederung des textes“ (S. 351). Es folgt eine Reihe von Beispielen für alle Arten von syntaktischer Interpunktion, die „das bestreben des schreibers [zeigen], durch seine punktsetzung den leser oder vorleser vor falschen Verknüpfungen zu bewahren“ (S. 352). Ansätze zu syntaktischer Interpunktion konnte Sayce, Die Syntax der Lieder Wolframs, S. 536, für jenen Schreiber (VII ) des Cgm 19 nachweisen, der die beiden Tagelieder in den Codex eintrug: Dieser Schreiber „benutzt Punkt plus hochgestellten Strich, manchmal Punkt allein nach Reimwörtern, die er meist richtig erkennt. Er neigt aber auch dazu, Interpunktion wegzulassen, wo der Reim nicht mit einem syntaktischen Einschnitt zusammenfällt, und umgekehrt Satzzeichen hinzuzufügen, um syntaktische Einheiten zu markieren, die in keiner Beziehung zum Reim stehen. Obwohl er sicher gewisse Reime einfach übersehen hat, scheint sein Interpunktionssystem eine bewußte Synthese von Reimpunktbezeichnung und syntaktischer Gliederung zu bilden.“ Zur Interpunktion in mittelalterlichen Handschriften des 12. und 13. Jahrhunderts vgl. auch

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III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Fragesätze mit punctus interrogativus abgeschlossen.494 Die Handschrift ist mit einer Sinnstruktur versehen, die alle Ebenen von der Großgliederung bis hin zum einfachen Satzzeichen umfasst. Auch für die Majuskeln in T lässt sich ein weites Einsatzspektrum beobachten. Eine wesentliche Funktion besteht in der Kennzeichnung von Dialogen,495 wie folgende Beispiele veranschaulichen mögen: 1. Gawan und seine Gefolgschaft lassen sich an der Burgmauer nieder. Dabei werden sie von den Damen der Burg beobachtet, allen voran Obie, Obilot und deren Mutter. Alle rätseln über die Identität der fremden Schar. Obie hält Gawan für einen Kaufmann, Obilot widerspricht ihr.496 Lachmann hat dieses Gespräch in der Edition wie folgt wiedergegeben: doˆ sprach ir elter tohter saˆn ‚muoter, ez ist ein koufman.‘ ‚nu füert man im doch schilde mite.‘ ‚daz ist vil koufliute site.‘ ir junger tohter doˆ sprach ‚du zıˆhst in daz doch nie geschach [. . .] [La 352.15–352.20] den Überblick bei Palmer, Von der Paläographie zur Literaturwissenschaft, S. 232– 242, mit dem Resümee: „Zusammenfassend ist hervorzuheben, daß in den Handschriften der mhd. Reimpaardichtungen die Interpunktion in erster Linie die metrische Struktur verdeutlicht und nur selektiv und fakultativ syntaktische oder deklamatorische Einschnitte bezeichnet. Dadurch unterscheidet sie sich grundsätzlich von der Interpunktion lateinischer Dichtungen, in denen die Interpunktion, wenn auch nicht immer, doch wesentlich häufiger neben der metrischen auch eine syntaktische Funktion aufweist“ (S. 242). Nach Gärtner, Zur Interpunktion in den Ausgaben mittelhochdeutscher Texte, S. 87, diente die Interpunktion in den mittelalterlichen Handschriften, „zusammen mit Spatien, Majuskelschreibung und Versabsetzung so gut wie ausschließlich als Vorlesehilfe dem Erfassen der inhaltlichen Zusammenhänge und nicht der Markierung syntaktischer Einheiten.“ 494 Palmer, Manuscripts for Reading, Anhang, S. 92–102, führt folgende Textzeugen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts an, die Fragezeichen verwenden: Eilhart von Oberge, ›Tristrant‹ [Fragment St] und Pfaffe Lamprecht, ›Tobias‹ [›Stargard Fragmente‹], um 1230 (Krakau, Bibl. Jagiellonska, Berol. Ms. germ. 4° 1418) [Anhang Nr. 82]; Hartmann von Aue, ›Erec‹ [Fragment K], zweites Viertel des 13. Jahrhunderts (Koblenz, Landeshauptarchiv, Best. 701 Nr. 749, Bl. 14b) [Anhang Nr. 84]; Hartmann von Aue, ›Iwein‹ A, zweites Viertel des 13. Jahrhunderts (Heidelberg, UB, Cpg 397) [Anhang Nr. 86]. 495 Nach Palmer, ebd., S. 95, kennzeichnet das um 1200 entstandene Wolfenbütteler Fragment von Veldekes ›Eneit‹ (Wolfenbüttel, HAB, cod. 404.9(4) Novi) [Anhang Nr. 24] Dialoge mit rot rubrizierten Majuskeln. 496 Zur Gestaltung des Streitgesprächs der Schwestern vgl. zuletzt Urscheler, Kommunikation in Wolframs ›Parzival‹, S. 83, 99 und 256–258; zur Darstellung dieser Szene im ›Conte du Graal‹ vgl. Mohr, Obie und Meljanz, S. 262; zur Figur der Obilot vgl. von Ertzdorff, Fräulein Obilot; Dallapiazza, Noch einmal: Fräulein Obilot (knappe Ausführungen zur Szene auf S. 123). Zur Dialoggestaltung allgemein vgl. Tiplady, Dialog im ›Parzival‹.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

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In D und T werden die Verse graphisch abweichend gestaltet: Do )pach ir elter tohter )an. o v mvter ez i)t ein chofman. e nv fvret man im doch )cilde mite. v daz ist vil choflivte )ite. Jr ivnger tohter do )prach. dv zihe)t in daz doch nie ge)chach. [. . .] [D 352.15–352.20] J r elter tohter div )pach )an o mvter ez i)t ein covfman. o N v vuret man im doch )chilte mite? We dc i)t vil kovflivte )ite. J vnger [!] tohter do )prach dv zihe)t in dc doch nie ge)chach [. . .] [T 352.15–352.20] Lachmann hat den Dialog als Wechselrede der beiden Schwestern aufgefasst, wie aus der Interpunktion hervorgeht. Betrachtet man die Umsetzung des Dialogs in der Handschrift D, gewinnt man eher den Eindruck, dass Rede und Gegenrede einander blockhaft gegenüberstehen: Auf die Mutmaßung Obies (352.15–18), Gawan sei ein Kaufmann, folgt die Entgegnung Obilots (352.19 ff.). Beide Reden werden mit einer Majuskel eingeleitet. Die Aufteilung des Dialogs hängt davon ab, ob man nv (352.17) kausal oder adversativ auffasst. Im einen Fall müsste es dann sinngemäß heißen: ‚Er ist ein Kaufmann, da er viele Schilde mit sich führt, wie es der Art der Kaufleute entspricht‘, im anderen Fall: ‚Er ist ein Kaufmann. – Aber er führt doch Schilde mit sich? – Das machen viele Kaufleute so.‘ In der Handschrift T ist der Dialog eindeutig stichomythisch gegliedert. Die jeweils Sprechende wird durch Versal oder Majuskel angezeigt, zudem wird jede Aussage mit einem Interpunktionszeichen (Punkt oder Fragezeichen) abgeschlossen. Der kindlich-verärgerte Ausruf we (352.18), der in T wie in einigen *G-Handschriften enthalten ist, zeigt den Sprecherwechsel auch in der Textformulierung eindeutig an. Lachmanns Auffassung der Redeaufteilung dürfte von den *G-Handschriften ausgegangen sein. Sie wird durch die Handschrift T – die er nicht benutzte – gestützt. 2. Parzival begegnet Sigune zum zweiten Mal.497 Nachdem sich Sigune über seinen Aufenthalt in Munsalvæsche erkundigt und ihn über das Wesen des Gralschwertes aufgeklärt hat, will sie wissen, ob er die entscheidende Frage gestellt habe. Dieser antwortet: 255.1

5

Er )pach ine habe gevraget niht Ouˆwe dc ivˆ min ouge )iht )pach div iamberiv maget )it ir vragen) vzaget ir )ahet doch )olh wundgroˆz dc ivˆ vraˆgen) do vdroˆz alda ir waˆret dem graˆle bıˆ vn¯ maneg vrouˆwen val)ce) vrıˆ die werden Gar)ciloıˆen

497 Zu diesem Dialog vgl. Urscheler, Kommunikation in Wolframs ›Parzival‹, S. 164–167.

238 10

15

20

25

30

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung vn¯ Repan)en de ioien o vn¯ )nıˆdende )iber [!] vn¯ blvtic )per o ouwe waz woltir zv mir her o gevneˆret lip. vvluchet man o ir trvget den eiter volve) zan do div galle in d tiuwe v an ivˆ bleip al nıwe iuˆw wirt ivˆ )olte erbarmet han an dem got wund hat getan vn¯ hetet ir gevraˆget )iner noˆt ir lebet vn¯ )it an )elden toˆt o T v bezzern wellen gegn mir )chin )pach er liebe niftele min ich wandele han ich iht getaˆn J r )vlt wandel) )in erlaˆn )pach div maget mir i)t wol bekant ze Mvnt)alva)ce an ivˆ v)want eˆre vn¯ riterlicher pris ir envindet nv deheine wıˆs deheine wid rede an mir parzifal )v) )chiet von ir. [T 255.1–255.30]

Der Sprecherwechsel ist in der Handschrift T exakt markiert: Auf Parzivals Antwort, er habe nicht gefragt (255.1: Initiale) fällt ihm Sigune unvermittelt ins Wort (255.2: Majuskel). Dass sich der Schreiber an den sprechenden Personen und nicht am emphatischen Ausruf orientierte, zeigt Vers 255.12, in dem ouwe mitten in der Rede Sigunes steht und daher unmarkiert bleibt. Der wütenden Rede Sigunes folgt Parzivals Bitte um Mäßigung und das Versprechen der Wiedergutmachung (255.21: Versal), was von Sigune abgeschmettert wird (255.24: Versal). Solche Dialogmarkierungen sind leicht daran zu erkennen, dass sie häufig an gerader Verszahl, also am Beginn des zweiten Verses eines Verspaares stehen, wenn die Redeaufteilung dies erfordert. Das unterscheidet sie von Initialen, die in aller Regel an ungeraden Positionen stehen, und somit auch von jenen Subgliederungszeichen, die sich an einer Initialenposition befinden.

Als letztes Beispiel für die mannigfaltigen Gestaltungsfunktionen der Majuskeln in T sei die Kennzeichnung von Sentenzen und Sprichwörtern angeführt, die der ›Parzival‹ in Fülle aufweist:498 498 Zu den Sprichwörtern und sprichwörtlichen Redensarten im ›Parzival‹ vgl. zuletzt Tomasek, Sentenzen im Dialog, und Mieder, hoˆchvart ie seic unde viel (mit einem Verzeichnis der ‚Sprichwörter, Redensarten, Vergleiche, Paarformeln, Drillingsformeln‘, S. 251–270); Handbuch der Sentenzen und Sprichwörter im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Eikelmann / Tomasek), Bd. 2, S. 130–202. Zu den Sprichwörtern im höfischen Roman vgl. allgemein Eikelmann / Tomasek, Sentenzverwendung in mittelhochdeutschen Artusromanen, und Reuvekamp, Sprichwort und Sentenz im narrativen Kontext (mit Beispielen aus dem ›Parzival‹).

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

239

o

E z )cvf iedoch ein wi)er man o dc das alter gvt )olte han. J vgent hat vil werdekeit dc alter )vfzen. vn¯ leit o E zen wart nie niht al) vnvrut o al) alter vn¯ armvt. [T 5.11–5.16]499 S wer )elbe )aget wie werder )i da i)t ein vngelovbe bi ez )olten die vmbe)aˆzen iehn vn¯ ouˆch die heten ge)ehn )ine werc da er vremde weˆre )o geloubete man d meˆre [T 12.27–13.2]500 o

o

G nvge )prechent armvt o dc div ze nihte )i gvt )wer die durch lıˆdet helle vıˆvr div )ele midet. [T 116.15–18]501 D er )chadehafte erwarp ie )pot )elden pflihter half ie got. [T 289.11–12]502 499 Vgl. hierzu Singer, Zu Wolframs Parzival, S. 413; Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi, Bd. 1, S. 186 [Kap. 2.2 ‚Alter und Armut zusammen sind schlimm‘], und Bd. 6, S. 373 f. [Kap. 1.1 ‚Die Jugend ist schön und beliebt‘]; Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 37 [Komm. zu 5.13]; Mieder, hoˆchvart ie seic unde viel, S. 237 und Verzeichnis, S. 255; Friedrich, Phraseologisches Wörterbuch des Mittelhochdeutschen, S. 238; Handbuch der Sentenzen und Sprichwörter im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Eikelmann / Tomasek), Bd. 2, S. 138 f. 500 Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi, Bd. 8, S. 10–16 [Kap. 1 ‚Selbstlob, Eigenlob‘]; Singer, Zu Wolframs Parzival, S. 414; Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 68 [Komm. zu 12.29]; Eikelmann, altsprochen wort, bes. S. 313 f.; Mieder, hoˆchvart ie seic unde viel, S. 242 und Verzeichnis, S. 255; Schnyder, Topographie des Schweigens, S. 191 f.; Friedrich, Phraseologisches Wörterbuch des Mittelhochdeutschen, S. 280; Handbuch der Sentenzen und Sprichwörter im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Eikelmann / Tomasek), Bd. 2, S. 140–143. 501 Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi, Bd. 1, S. 184 f. [Kap. 2.1 ‚Armut ist hart und schmerzlich‘]; Singer, Zu Wolframs Parzival, S. 419; Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. (ed. Bartsch-Marti), 1. Teil, S. 138; Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 117 f.; Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945, S. 104 f.; Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 11–16; Mieder, hoˆchvart ie seic unde viel, S. 237 und Verzeichnis, S. 257; Handbuch der Sentenzen und Sprichwörter im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Eikelmann / Tomasek), Bd. 2, S. 144 f. 502 Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi, Bd. 11, S. 78–80 [Kap. 1.1–1.4 ‚Schaden und

240

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Die Handschriften T und D weisen Überschneidungen auf allen Gliederungsebenen auf. Wenn T darüber hinaus Majuskeln oder Versalien setzt, die in D keine Entsprechung haben, hängt dies mit der allumfassenden Sinnstruktur zusammen, die Handschrift T auszeichnet. Weitere ›Parzival‹-Überlieferungsträger mit Subgliederungssystem Unter den ältesten vollständigen ›Parzival‹-Handschriften verfügen nur D und T über ein Subgliederungssystem. In den *G-Handschriften G, I und O finden ausschließlich Groß- und Kleingliederungszeichen Verwendung, wobei I als zusätzliche Gliederungsebene Überschriften aufweist.503 Hierarchisch sind diese Überschriften zwischen Groß- und Kleingliederung anzusetzen, jedenfalls über der Ebene der Subgliederung. Von den übrigen vollständigen Textzeugen weist Handschrift m in einigen Fällen, Handschrift n hingegen häufig CapitulumParagraphen auf, die Initialen vertreten und somit der Kleingliederungsebene angehören.504 Schwieriger zu bestimmen ist die Funktion der Paragraphen in der Handschrift L. Diese stehen zwar manchmal auf Initialenposition, sind jedoch in der überwiegenden Zahl der Fälle der Subgliederungsebene dann zuzurechnen, wenn sie sich in geringem Abstand zu einer Initiale befinden (z. B. 103.15 § – 103.25 I – 104.17 § – 104.25 I). Die Paragraphen in L sind nicht über die gesamte Handschrift gesetzt, sondern enden bei Vers 319.20 – an einer Stelle, ab der die Dreißiger-Gliederung in dieser Handschrift mit großer Regelmäßigkeit durchgeführt worden ist. Die Subgliederung in L dürfte demnach mit der konsequenten Umsetzung der Dreißiger-Gliederung in Zusammenhang zu stehen. Die insgesamt 69 heute bekannten Fragmente505 entsprechen in etwa dem Befund der vollständigen Handschriften: Auch unter ihnen findet sich nur ein verhältnismäßig geringer Anteil an Textzeugen mit Subgliederungssystem. Die Texteinrichtung der nach Versen abgesetzten Fragmente ohne Subgliederung lässt Spott‘]; Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 253 [Komm. zu 289.11 f.]; Mohr, Hilfe und Rat in Wolframs ›Parzival‹, S. 52*; Schmid, Studien zum Problem der epischen Totalität in Wolframs ›Parzival‹, S. 44–52; Garnerus, Parzivals zweite Begegnung mit dem Artushof, S. 89 [Komm. zu 289.11 f.]; ˆ ventiure und Minne, S. 205 f.; Mieder, hoˆchvart ie O. Ehrismann, Ehre und Mut, A seic unde viel, S. 242 f. und Verzeichnis, S. 261; Friedrich, Phraseologisches Wörterbuch des Mittelhochdeutschen, S. 345; Handbuch der Sentenzen und Sprichwörter im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Eikelmann / Tomasek), Bd. 2, S. 158–161. 503 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 265 f.; Stolz / Viehhauser, Text und Paratext, S. 323–329 und 345 f. 504 Vgl. Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 87 und 90. 505 Vgl. das Verzeichnis der Fragmente in Abschnitt I.4 (S. 57 ff.).

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

241

sich im Großen und Ganzen auf zwei Typen reduzieren: Die Handschriften des ersten Typs heben den Anfangsbuchstaben jeder zweiten Zeile hervor. Dies erfolgt in der Regel durch Herausrückung in eine eigene Kolumne oder durch Rubrizierung. Die Anfangsbuchstaben sind zumeist als Majuskeln, seltener als Minuskeln geschrieben. Diesem Typ sind 26 Fragmente zuzurechnen.506 Die Handschriften des zweiten Einrichtungstyps heben regelmäßig die groß oder klein geschriebenen Anfangsbuchstaben jeder einzelnen Zeile, ebenfalls in Gestalt von Ausrückung oder Rubrizierung, hervor, oder beginnen jeden Vers ohne besondere Auszeichnung, jedoch in einer neuen Zeile. Insgesamt sind 25 der erhaltenen Fragmente in dieser Form eingerichtet.507 Die beiden ältesten Fragmente der ›Parzival‹-Überlieferung (14 und 26), die ohne Absetzung der Verse zweispaltig geschrieben wurden, weisen kein Subgliederungssystem auf. All diese Handschriften haben durch die regelmäßige Form der Einrichtung eine weitere Untergliederung des Textes – so diese ursprünglich vorhanden war – verdeckt. Jedoch überschneidet sich die Position der Initialen in Fragmenten, die *D oder *T angehören, mit Subgliederungszeichen in D und T. Dies mögen folgende zwei Beispiele verdeutlichen: 1. Die vier erhaltenen Initialen des *T-Fragments 26 befinden sich an folgenden Positionen: Fragment 26

D

T

Initialen der weiteren Hss.

251.25 253.27 255.1 256.1 (GI)

Majuskel Initiale Initiale Großinitiale

Initiale Majuskel Initiale Großinitiale

mn (§) UVW W UVW L QRZ mno UW LOQRZ

Die Positionen 251.25 und 253.27 sind nur in Textzeugen der Gruppen *D und *T mit Gliederungszeichen versehen. Die Majuskel in D bei Vers 251.25 ist daraus zu erklären, dass D als einzige Handschrift 251.29 eine Initiale setzt.508 Auffällig ist die Initiale an Position 253.27, die in T nur mit einem Subgliederungszeichen markiert ist, während D ebenfalls eine Initiale setzt. Die mit T in der Initialensetzung großteils parallel verlaufende Handschrift U hat hier kein Gliederungszeichen, da diese Handschrift keine weitere Gliederungsebene unterhalb der Kleininitialen aufweist. Offenbar sind in U (oder in einer Vorstufe) Subgliederungszeichen der Vorlage nicht beachtet worden. Der Markierungszusammenhang von *D- und *T-Handschriften ging an dieser Position in U somit verloren. Die Initiale 255.1 wird auch von *G-Handschriften geteilt, jedoch von keinem der ältesten Vertreter (G I O) dieser Klasse. Der Großgliederungseinschnitt bei 256.1 ist in einer Mehrzahl der Handschriften markiert. Die Nähe von *D- und *T-Handschriften in der Texteinrichtung offenbart sich bereits an diesem frühen Vertreter von *T. 506 Fragmente 3 7 9 10 11 12 13 15 20 30 33 35 36 37 30 40 45 49 50 51 52 53 55 57 61 63 68. Die Zahlen sind insofern ungenau, als aufgrund materieller Beeinträchtigung nicht zu jedem Fragment Angaben zur Einrichtung gemacht werden können. 507 Fragmente 2 17 18 19 21 22 23 24 25 27 29 31 34 38 43 44 47 48 56 58 60 64 65 66 69. 508 Siehe oben, S. 231.

242

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

2. Dieser Gliederungszusammenhang kann ebenfalls exemplarisch anhand eines Ende des 13. / Anfang des 14. Jahrhunderts geschriebenen Vertreters von *D, des Fragments 15, aufgezeigt werden:509 Fragment 15

D

T

Initialen der weiteren Hss.

180.15 181.23 182.29 184.1 197.17

Initiale –––– Majuskel Majuskel Majuskel

Initiale –––– Majuskel Initiale ––––

UVW LOZ mno UVW L

Es fällt auf, dass D zumeist Majuskeln dort setzt, wo das Fragment 15 und die Vertreter von *T eine Initiale aufweisen. Die Majuskeln in D und T an Position 182.29 sind durch die auch in anderen Handschriften gut bezeugte510 Initiale bei 182.19 bedingt: Der Abstand zwischen den beiden Initialen wäre zu gering gewesen. Die Initiale bei 184.1, die sich am Beginn eines Sinnabschnittes befindet, wird von den Vertretern von *T geteilt; in D befindet sich hier eine Majuskel, da nur diese Handschrift bereits 183.21 eine Initiale mitten im Satz setzt.511 Die Überschneidungen des Fragments mit Handschrift D und mit den Vertretern von *T sind gut ersichtlich.

Zwölf Fragmente sind zu den Textzeugen mit Subgliederungssystem zu zählen. All diese Fragmente verfügen über eine Gliederungsebene, die hierarchisch unter der Ebene der Kleininitialen anzusetzen ist. Nicht in jedem Fall ist mit Sicherheit zu sagen, ob die Auszeichnung eines Buchstabens beispielsweise durch Ansetzung einer Majuskel oder durch Rubrizierung auf Gliederungsstrukturen der Vorlage zurückzuführen ist, oder ob lediglich ornamentale Aspekte im Vordergrund stehen. Bei den in Frage kommenden Fragmenten handelt es sich um:512 Fragment 1: Mitte oder zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Oberdeutsch. Das Fragment wurde in demselben Skriptorium geschrieben, aus dem auch der Codex Sangallensis 857 hervorging.513 Zwei Spalten zu 42 Zeilen. Verse nicht abgesetzt, durch Punkte voneinander getrennt. Kleingliederung: Einzeilige rote Initialen. Subgliederung: Regelmäßig rot rubrizierte Majuskeln, die sich mit Gliederungszeichen in D und T berühren.514 Textgeschichtliche Einordnung: —D (*D). 509 Vgl. Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 103 f. 510 I L O Q R T U V W Z. o 511 der kvneginne mal)calch / Mv)e in dvrch )i leı´ten / vffen hof mı´t arbeı´ten [D 183.21– 183.23]. 512 Die Angaben folgen Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹. Darüber hinaus verwendete Literatur wird eigens angeführt. Die Anmerkungen zur Subgliederung stammen von mir. 513 Vgl. Palmer, Der Codex Sangallensis 857, S. 20 f. 514 Eine synoptische Gegenüberstellung des Fragments 1 mit Handschrift D findet sich im Digitalfaksimile St. Galler Nibelungenhandschrift (ed. Stolz) unter der Rubrik ‚Materialien‘.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

243

Fragment 4: Mitte oder zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Mitteldeutsch. Zwei Spalten zu 33 Zeilen. Verse nicht abgesetzt, durch Punkte voneinander getrennt. Kleingliederung: Rote und blaue Initialen in der Höhe von ein bis zwei Zeilen. Subgliederung: Insgesamt vier nicht rubrizierte Majuskeln (361.27, 363.11, 367.7, 367.11), die sich mit Subgliederungszeichen in D und T berühren. Textgeschichtliche Einordnung: *D, möglicherweise —D. Fragment 5: Zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Alemannisch. Drei Spalten zu 60 Zeilen. Verse abgesetzt. Die Anfangsbuchstaben jeder Zeile wurden durch einen roten senkrechten Strich hervorgehoben. Kleingliederung: Dreizeilige rote Initialen. Subgliederung: Unterabschnitte sind mit Capitulum-Paragraphen gekennzeichnet. Sie überschneiden sich mit Gliederungszeichen in D und T. Textgeschichtliche Einordnung: Die partielle Variantengemeinschaft mit neu in Solothurn aufgefundenen Teilen des ebenfalls dreispaltigen, mit O weitgehend übereinstimmenden Fragments 31515 kann nicht als beweiskräftig angesehen werden.516 Eine Zuordnung zu *D – wie sie in der älteren Forschung vorgenommen wurde517 – oder zu *G ist auf der Basis des vorhandenen Materials nicht möglich.518 Anders als das Fragment 5 weist das Fragment 31 keine Subgliederungsebene auf, die Zeilen werden durchgehend mit ausgerückten Majuskeln begonnen. Fragment 6: Zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Westalemannisch. Zwei Spalten zu 34 Zeilen. Verse abgesetzt. Kleingliederung: Zweizeilige, abwechselnd rote und blaue Initialen. Subgliederung: Nicht rubrizierte Majuskeln, die Überschneidungen mit *DHandschriften aufweisen.519 Textgeschichtliche Einordnung: *m (d1).520 Fragment 8: Anfang des 14. Jahrhunderts. Mitteldeutsch. Zwei Spalten zu 44 Zeilen. Verse abgesetzt. Kleingliederung: Zweizeilige rote und blaue Initialen. Subgliederung: 515 Vgl. Th. F. Schneider, Zwei Neufunde zu Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹. Diese Bruchstücke sind nun unter 31 (A) erfasst. Die Nähe des Fragments 31 zu O konnte Schneider aufgrund der gemeinsamen Lesart der Verse 531.1–2 nachweisen. Q weist hingegen in diesen Versen den Wortlaut des Lachmann-Textes auf, sodass hier keine *OQR-Lesart vorliegt. 516 Vgl. die Auflistung ebd., S. 455 f. Rolle, Bruchstücke, S. 47 f., führt hingegen eine Reihe von Lesarten an, derzufolge „eine Zugehörigkeit [des Fragments 5] zu *P (= QRTUVW) [. . .] zumindest unwahrscheinlich [ist].“ 517 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 1, S. XIX (mit der Einschränkung, dass „manches [. . .] zur anderen Klasse [stimmt]“), und Wolfram von Eschenbach, 7. Aufl. (ed. Lachmann-Hartl), S. XLVI , Nr. 9. Kittelmann, Einige Mischhandschriften von Wolframs Parzival, S. 71–79, vermutete in dem Fragment eine Mischhandschrift aus *D und *G. Die Einordnung des Fragments 5 wird durch den Umstand erschwert, dass der überlieferte Text in den Bereich der Bücher VIII–XI fällt, in dem ein Klassengegensatz zwischen *D und *G kaum vorhanden ist. 518 Vgl. das Resümee bei Rolle, Bruchstücke, S. 51. 519 Ein Paralleldruck des Fragments 6 und Handschrift D findet sich bei Palmer, Zum Liverpooler Fragment von Wolframs ›Parzival‹, S. 158–175. 520 Vgl. ebd., S. 156. Palmers Gruppe d1 umfasst die Textzeugen m n o V W Fragment 6; vgl. weiters Palmer, ›Parzival‹ Fragments from the Binding of a Latin Psalter in Liverpool, S. 145.

244

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Vor die Zeile in eigene Kolumne gerückte Majuskeln, die sich mit Gliederungszeichen in D und T berühren. Textgeschichtliche Einordnung: Wahrscheinlich zu *D.521 Fragment 16: Zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Alemannisch. Drei Spalten zu ca. 51–52 Zeilen. Verse abgesetzt. Kleingliederung: Eine zweizeilige Initiale erhalten. Subgliederung: Vereinzelt Majuskeln, deren Funktion aufgrund des geringen Umfangs des Fragments nicht näher zu bestimmen ist. Textgeschichtliche Einordnung: *m.522 Fragment 28: Ende 13./Anfang 14. Jahrhundert. Nord- bzw. Ostmitteldeutsch. En bloc, 35–36 Zeilen. Verse durch Punkte getrennt. Kleingliederung und Subgliederung: „Bei Sinneinschnitten häufiger rotgestrichelte Anfangsbuchstaben (meist Majuskeln); in diese Gliederung sind offensichtlich die ursprünglichen Abschnittsinitialen integriert.“523 Das bedeutet: Klein- und Subgliederung sind auf einer einzigen Ebene angesetzt, es gibt keine Hierarchisierung der Gliederungszeichen. 524 Innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung ist diese Gliederungstechnik ohne Parallele. Textgeschichtliche Einordnung: Zu *G, nicht zu *GI. Einige gemeinsame Sonderlesarten mit M. Fragment 32: Letztes Viertel des 13. Jahrhunderts. Alemannisch. Drei Spalten zu 46 Zeilen. Verse abgesetzt. Aus demselben Skriptorium wie ›Parzival‹ T und ›Wilhelm von Orlens‹ M. Kleingliederung: Zweizeilige, abwechselnd rote und blaue Initialen. Subgliederung: In regelmäßigen Abständen vor die Spalte gerückte Majuskeln, die jedoch rein ornamentalen Zwecken dienen. Textgeschichtliche Einordnung: Nähe zu *T, aber keine vollständige Übereinstimmung. 525 Fragment 41: Mitte des 13. Jahrhunderts. Oberdeutsch. Zwei Spalten zu 31 Zeilen. Verse abgesetzt. Kleingliederung: Eine rot-grüne Initiale in der Höhe von zwei Zeilen erhalten.526 Subgliederung: Insgesamt drei vor die Spalte gerückte Majuskeln (383.23, 384.11, 384.15), die sich – abgesehen von 384.11 – mit Majuskeln in D und T überschneiden. Textgeschichtliche Einordnung: „Eher eine nach einer *G-Hs. korrigierte *D-Hs. als umgekehrt.“527 Fragment 42: Zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Oberdeutsch (Alemannisch?). Zwei Spalten zu 42 Zeilen. Verse abgesetzt. Kleingliederung: Zweizeilige rote Initialen. Subgliederung: Insgesamt fünf Majuskeln, die nach ornamentalen Gesichtspunkten gesetzt sein dürften, jedenfalls keine Berührungspunkte mit D oder T zeigen. Textgeschichtliche Einordnung: Wahrscheinlich zu *T*(O)QR, möglicherweise zu *T.528 Fragment 54: Mitte des 13. Jahrhunderts. Oberdeutsch (eher Alemannisch als Bairisch). Zwei Spalten zu vermutlich 40 Zeilen. Verse nicht abgesetzt. Kleingliederung: Aufgrund 521 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 64 f. 522 Vgl. ebd., S. 78. 523 Bonath/Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 28. 524 Siehe auch oben, S. 231 f. 525 Siehe Abschnitt II.2.2 (S. 74 ff.). 526 Zum Fragment 41 vgl. zuletzt Wagner, Ein neuerworbenes ›Parzival‹-Fragment der Bayerischen Staatsbibliothek. 527 Bonath/Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 130. 528 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 133. Siehe auch Abschnitt II.5 (S. 121).

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

245

des schlechten Erhaltungszustandes nicht erkennbar. „Möglicherweise war der freie Raum vor 229.23 für eine einzeilige Initiale vorgesehen.“529 Subgliederung: Vereinzelt Majuskeln. Textgeschichtliche Einordnung: „Möglicherweise kontaminierte *G-Hs.“530 Fragment 62: 14. Jahrhundert. Westmitteldeutsch (vielleicht niederdeutscher Schreiber nach oberdeutscher Vorlage). Zwei Spalten zu 35 Zeilen. Verse abgesetzt. Kleingliederung: Dreizeilige Goldinitialen auf blauem, grünem oder rotem Hintergrund. Subgliederung: Öfter Majuskeln. Textgeschichtliche Einordnung: Eine Einordnung des Fragments ist nach Rolle nicht möglich. Vermutlich nicht zu *m, *T*(O)QR, *GI.531

Subgliederungssysteme sind nach Ausweis der Fragmente – und der vollständigen Handschriften – bis etwa zur Mitte des 13. Jahrhunderts rückverfolgbar. Abgesehen von den beiden ältesten Fragmenten (14 und 26), reichen die Subgliederungen somit an die greifbaren Anfänge der ›Parzival‹-Überlieferung zurück. Das Absetzen der Verse, das mit der Einrichtung der Handschriften in Kolumnen zumeist einhergeht, stellt keine Voraussetzung für Subgliederung dar: Im Fragment 1 sind die Verse nicht abgesetzt; Unterabschnitte wurden mit Initialen und rubrizierten Majuskeln gekennzeichnet. Das en bloc geschriebene Fragment 28 hebt Abschnitte ebenfalls in Gestalt von rubrizierten Majuskeln hervor, wobei auf eine Hierarchisierung der Gliederungsebenen verzichtet wurde. Soweit sich dies angesichts der Unsicherheiten bei der textgeschichtlichen Zuordnung einiger Textzeugen verallgemeinern lässt, sind es hauptsächlich Handschriften der Gruppierungen *D (Fragmente 1, 4, 6, 8, 16) und *T (Fragmente 32 und 42), die über Subgliederungssysteme verfügen; kein einziges der übrigen Fragmente konnte von der Forschung bislang mit Sicherheit *G zugewiesen werden. In jedem Fall ist diese Gliederungstechnik in den Texttraditionen *D und *T deutlich stärker vertreten, als dies bei den *G-Textzeugen der Fall ist. Als Fallbeispiel für die Vernetzung eines Fragments auf der Ebene der Subgliederung im Gesamtverbund der ›Parzival‹-Überlieferung soll das Fragment 5 dienen (Abb. 29). Es umfasst zwei gut lesbare Doppelblätter mit einem Textbestand von insgesamt 720 Versen. Als Subgliederungszeichen wurden CapitulumParagraphen verwendet, die Unterabschnitte innerhalb einer Dreißigereinheit abgrenzen. Der in der ›Parzival‹-Überlieferung eher selten anzutreffende Einsatz von Paragraphen dürfte mit dem senkrechten roten Strich am linken Rand jeder Spalte in Zusammenhang stehen, durch den die Anfangsbuchstaben der Verse hervorgehoben wurden; eine Subgliederung in Form von Majuskeln wäre durch diesen verdeckt worden.532 Die textgeschichtliche Zuordnung des Fragments ist nicht zu klären. 529 Bonath/Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 139. 530 Ebd. 531 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 187.

246

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Gliederung und Subgliederung des Fragments 5 im Verhältnis zu den weiteren ›Parzival‹-Handschriften533 Fragment 5 406.1 406.13 406.21 407.3 418.1 418.23 419.1 420.1 421.1 421.13 422.1 422.9 422.19 423.1 424.1 424.7 424.15 425.1 425.15 426.1 426.9 427.1 428.1 428.13 428.23 429.1 442.1 443.1 444.1

I § § I I § I I I § I § § I I § § I § I § I I § § I I I I

D

T

Sinnabschnitte Lachmanns

I M M I I M I I I M I M M I

I

SL S SL 0 SL SL SL 0 SL SL 0 SL SL SL 0 SL SL SL SL S S 0 SL S SL 0 SL S 0

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Weitere Handschriften GILORUZ mn ILMOWZ ILORZ mUVW LMORZ IOZ ILORUVWZ I LORZ U mnoR IOZ Fragment 1 ILOQRVZ mnUW Fragment 1 I ILOQRZ Fragment 21 mnIUW Fragment 1 ILQZ Fragment 21 UV ILOZ F 21 mnILOQRVW Fragm. 1, 21 mnILORVWZ Fragm. 1, 21 GLOQZ GILOQUVWZ GILMOQWZ

532 Einen aufschlussreichen Fall, der die Textgliederungsfunktion von Majuskeln unterstreicht, stellt die Wiener ›Lanzelet‹-Handschrift W (Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2698) vom Anfang des 14. Jahrhunderts dar, in der die Majuskeln regelmäßig mit Paragraphenzeichen verbunden sind. In der zweiten vollständigen ›Lanzelet‹-Handschrift P (Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 371), die 1420 abgeschlossen wurde, ergänzen einander hingegen in zahlreichen Fällen Capitulumzeichen und Initialen; allerdings stehen die Capitulumzeichen häufig auch allein und treten generell in hoher Frequenz auf. Vgl. hierzu Ulrich von Zatzikhoven, Lanzelet (ed. Kragl), Bd. 2, S. 830–852 (Handschriftenbeschreibung). 533 I = Initiale, M = Majuskel, § = Capitulum-Paragraph; SL = Absatz Lachmanns, S = Satzbeginn, 0 = Gliederungszeichen steht mitten im Satz.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G 444.27 446.1 447.1 447.19 448.1 448.27 449.1 450.1 450.9 451.1 451.23 452.1 453.1 453.11

§ I I § I § I I § I § I I §

M I I M I M I I M I I I M

M I I M I I I M M M I M

SL SL SL SL SL SL S S SL S SL SL S SL

247

mnoGILOQRUVWZ mnoGILOUWZ mnoGILOQRUVWZ UV GLORZ GLMOQRUWZ GLOQRZ GILOQRWZ mnoGLOQR[U]534VWZ

Optisch erweckt das Fragment 5 den Eindruck äußerster Regelmäßigkeit. Das hängt damit zusammen, dass die drei Spalten zu 60 Zeilen regelmäßig durch rote Lombarden in Abschnitte zu 30 Versen eingeteilt sind, sodass jeweils drei Initialen nebeneinander zu stehen kommen. Diese graphische Ausgewogenheit war sicherlich beabsichtigt. Ein Vergleich der Initialen der Handschrift D, die unter den vollständigen Textzeugen den Typus der in Dreißiger-Abschnitte gegliederten ›Parzival‹-Handschrift vielleicht in der reinsten Form repräsentiert, mit jenen des Fragments 5 ergibt, dass das Bruchstück in dieser Hinsicht erstaunlicherweise noch konsequenter gestaltet ist: In zwei Fällen (424.1, 427.1) behält das Fragment die Dreißiger-Abschnitte bei, wo D von diesen abweicht: D setzt in diesen beiden Fällen die Initialen bereits bei Vers 423.29 bzw. 426.29. Während die beiden D-Initialen nach Lachmanns Interpunktion auf einen Satzschluss folgen, stehen die Initialen des Fragments 5 im Satz: Swaz man da kinder [!] )henchin )ach Jr nicheinim der ho)e ne)til brach. Ez warin megide al) von der zit. div be)tin iar noch gıˆt [Fragment 5, 423.29– 424.2]

(S)waz man da kniendr )cenchen )ach. ir decheinem div ho)en ne)tel brach. ez waren meide al) von der zit. den man div be)ten iar noch git. [D 423.29– 424.2]

Die Initiale im Fragment 5 durchbricht den sich über vier Verse erstreckenden Scherz typisch Wolfram’scher Ausprägung, der sich aus Rätsel (‚keinem riss die hosennestel‘)535 und Lösung (‚weil es Mädchen waren‘) zusammensetzt. Ein )chappel wa) ir [Antikonies] gibende. o Jr mvnt den bluemin nam ir pri). vf dem )chappel in alle wi). o Da )tunt an niendir dikein al) rot. o Swenne )i guetlichin ir ku))in bot. o Dez mv)e )wendin )ich der walt. [Fragment 5, 426.28– 427.3]

ein )capel wa) ir gebende. o IR mvnt den blvmen nam ir prıˆs. o vf dem )capele decheinen gwıˆs. o )tvnt ninder decheiniv al)o rot. o )wem )i gvtliche ir chv))en bot. o de) mv)e )wenden )ich der walt. [D 426.28– 427.3]

534 Ein Großgliederungszeichen war in der Vorlage von U vorhanden, siehe S. 97 ff. 535 Zur hosennestel vgl. Nellmann, Kommentar, S. 655 [zu 423.30]; zur Stelle vgl. auch Bertau, Versuch über tote Witze bei Wolfram, S. 86.

248

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Der Vergleich der makellosen Röte von Antikonies Lippen mit dem Blumenkranz in ihrem Haar wird im Fragment 5 von einer Initiale unterbrochen, während D die Initiale am Beginn des Vergleichs setzt. Nach heutigen Maßstäben sinnvoller erschiene die Positionierung der Initiale am Beginn von Vers 426.28, da das erste Vergleichselement (Blumenkranz) bereits hier eingeführt wird. Allerdings orientierten sich die Schreiber in der Regel am ersten Vers eines Reimpaares, und da in diesem Fall Reimbrechung vorliegt, wird man 426.29 den Vorzug gegeben haben. Abgesehen von diesen beiden ‚deplatzierten‘ Initialen des Fragments 5, die allerdings durch nicht wenige *G-Handschriften gestützt werden,536 sind die Initialen in D und im Fragment 5 identisch gesetzt. Insgesamt neun dieser gemeinsamen Initialen (407.3, 418.1, 419.1, 420.1, 422.1, 426.1, 444.1, 449.1, 452.1) haben keine Entsprechung in *T-Handschriften (mit Ausnahme von W), werden jedoch in allen Fällen von zahlreichen *GHandschriften geteilt. Die Positionen dieser Initialen sind erneut des Öfteren nicht mit Sinneinschnitten in Deckung zu bringen. Vier Initialen (407.3, 420.1, 422.1, 444.1) folgen nicht auf einen Satzschluss, zwei weitere (426.1, 449.1) stehen an fragwürdigen Positionen, z. B.: iwern vetern (ir waˆrt sıˆn man), swer dem sıˆn leben an gewan, Da rechetz. ich entet im niht: ich wæne mirs och iemen giht. [La 419.29– 420.2] mir wirt verschert nimmer vel durch iuch, heˆr Kyngrimursel: Des haˆn ich mich gein iu bedaˆht.‘ [La 421.29– 430.1]

[Initiale Fragment 5, D]

[Initiale Fragment 5, D]

Das bereits ausführlich dargestellte Prinzip tritt auch hier offen zutage: Wo D, das Fragment 5 und der größere Teil der *G-Handschriften der starren Dreißiger-Gliederung auf Kosten inhaltlicher Konsequenz folgen, gibt es keine Schnittpunkte mit den sinnstrukturierten *T-Handschriften T und U. Anders verhält es sich mit den Paragraphen des Fragments 5, deren Funktion es ja gerade ist, Sinneinschnitte zu kennzeichnen. Daher überrascht es nicht, dass Lachmann an diesen Positionen zumeist Absätze macht. Diese Paragraphen überschneiden sich – abgesehen von zwei Ausnahmen537 – mit Majuskeln in D. Initialen und Subgliederung korrespondieren in den beiden Handschriften, indem die Initialen vorrangig die formale, die Subgliederungszeichen die sinnstrukturierende Funktion übernehmen. Die parallele Setzung auch der Subgliederungszeichen im Fragment 5 und in D verweist auf eine tiefer liegende Schicht sinnstrukturierender Kennzeichnung. Zugleich könnten diese Parallelen darauf hindeuten, dass das Fragment 5 doch – wie die ältere Forschung vermutete – zu *D, genauer: zu —D gehört. Die Handschrift T teilt insgesamt acht Initialen (406.1, 421.1, 443.1, 446.1, 447.1, 448.1, 450.1, 453.1) mit dem Fragment 5 und D. Alle diese Initialen stehen an einem Sinneinschnitt, der zumeist von Lachmann mit einem Absatz gekennzeichnet wurde. In elf Fällen jedoch, in denen das Fragment 5 und / oder D eine Initiale setzen, fehlt in T 536 424.1: Initialen in I L O Q R Z. 427.1: I L O Z. 537 La 424.14, 451.23.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

249

jegliches Gliederungszeichen, was wiederum damit zusammenhängt, dass die Initialen häufig nicht an Sinneinschnitten stehen. An sechs Positionen (423.1, 425.1, 428.1, 429.1, 442.1, 451.1), die im Fragment 5 und in D mit einer Initiale besetzt sind, setzt T eine Majuskel. Auch diese Initialen stehen am Beginn von Sinneinschnitten. Die einzige Ausnahme bildet Vers 429.1, der nach Lachmanns Interpunktion auf einen Strichpunkt folgt; doch gehen die Auffassungen gerade dieser Stelle weit auseinander: Daˆ wart diu suone gendet unt Gaˆwaˆn gesendet an dem selben maˆle durch strıˆten naˆch dem graˆle. Kyngrimursel och verkoˆs, uˆf den künec, der in daˆ vor verloˆs, daz er im sıˆn geleite brach. vor al den fürsten daz geschach; Daˆ ir swert waˆrn gehangen: diu waˆrn in undergangen, Gaˆwaˆns knappn, ans strıˆtes stunt, daz ir decheinr was worden wunt: ein gewaltec man von der stat, der in vrides vor den andern bat, der vienc se und leit se in prıˆsuˆn. [La 428.23– 429.7]

[Initiale T; Paragraph Fragment 5, Majuskel D]

[Majuskel T]

[Initiale Fragment 5, D; Majuskel T]

[Majuskel T]

Umstritten ist, ob der Vers 429.1 einen Sinnkomplex abschließt, oder ob er vielmehr einen neuen einleitet. In der ersten Erzähleinheit wird die friedliche Beilegung des Konflikts, Gawans Aussendung nach dem Gral und Kyngrimursels Aussöhnung mit Vergulaht geschildert. Ziemlich abrupt wird anschließend der Frage nachgegangen, wo Gawans Knappen während der dramatischen Auseinandersetzungen eigentlich verblieben seien. Probleme bereitet die Zuordnung des Lokaladverbs daˆ und des Personalpronomens ir in Vers 429.1. Fasst man den Bereich 428.23– 429.1 als Einheit auf, so kann man mit Peter Knecht lesen: ‚Das geschah vor allen den Fürsten, und zwar dort, wo die Schwerter der Gäste hingen.‘538 Die Aussöhnung ereignete sich, so gelesen, am Aufbewahrungsort der Waffen. Es ist jedoch ebenso möglich, daˆ bereits auf die neue Erzähleinheit zu beziehen. Dann ist mit Wolfgang Mohr zu übersetzen: ‚Vor den Fürsten ward das abgesprochen. . . Es hingen die Schwerter drinne, die man beim Streitbeginne, Gawans Knappen aus den Händen nahm.‘539 In der Zuordnung des Pronomens ir sind sich Knecht und Mohr einig: Es handelt sich um die Schwerter Gawans und seiner Knappen. Dagegen ordnet Nellmann die Schwerter den Fürsten zu und vermutet, „daß die Knappenepisode erst 429.2 beginnt“. Die Schwerter seien als „Assoziationsbrücke“ zur Knappenepisode aufzufassen.540 Ich halte diese Frage letztlich für unentscheidbar. Der Befund der Handschriften ist hingegen eindeutig: Elf Textzeugen setzen 429.1 eine Initiale. Allerdings ist der Kleingliederung hier nur eine geringe Beweiskraft zuzugestehen, da sich die Initialen an 538 Vgl. Übersetzung zur Stelle. 539 Wolfram von Eschenbach, Parzival (Mohr), S. 234. 540 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 656 [zu 429.1 und 429.2–7].

250

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

einem Dreißigerbeginn befinden, der in *D- und *G-Handschriften sehr oft nicht mit Sinneinschnitten zusammenfällt. Mehr Gewicht kommt hier der Majuskel in T zu, die ebenfalls 429.1 angesetzt ist und einen Hinweis darauf gibt, dass auch T an dieser Stelle den Beginn einer Sinneinheit vermutet. Deutlich zu erkennen ist jedenfalls die Korrelation, in der die Initiale in T 428.23 mit den Subgliederungszeichen im Fragment 5 und in D an dieser Position einerseits und die Majuskel in T 429.1 mit den Initialen im Fragment 5 und in D andererseits stehen. Dieses Verhältnis ist sowohl horizontal (hierarchisch unterschiedliche oder gleichwertige Gliederungszeichen auf einer Ebene) als auch vertikal (hierarchisch unterschiedliche oder gleichwertige Gliederungszeichen untereinander) zu beschreiben. Noch in sechs weiteren Fällen (418.23, 422.9, 424.7, 425.15, 426.9, 448.27) befindet sich in T eine Initiale, wo im Fragment 5 und D ein Paragraph bzw. eine Majuskel steht. Diese Initialen fallen immer mit einem Absatz Lachmanns zusammen. Nur 426.9 setzte Lachmann keinen Absatz, die Initiale folgt jedoch auf einen Satzschluss. Betrachtet man die T-Initiale 426.9 im Textzusammenhang, so zeigt sich, dass diese zumindest ebenso deutlich einen Einschnitt markiert wie Lachmanns Absatz, der 426.11 gesetzt wurde: Liddamus’ Rede beschließt die Beratung, in der die Versammlung zu dem Schluss kommt, auf eine entehrende Rachetat zu verzichten und stattdessen Gawan auf Gralsuche zu schicken. Unmittelbar auf den Redeschluss folgt: Des volgten al die raˆtgeben. sus behielt heˆr Gaˆwaˆn daˆ sıˆn leben. man pflac des heldes unverzagt des nahts aldaˆ, wart mir gesagt [La 426.9–12]

[Initiale T; Paragraph F 5, Majuskel D] [Absatz Lachmann]

Setzt man nun die T-Initialen, die an Positionen von Subgliederungszeichen im Fragment 5 bzw. in D stehen, vertikal mit den Initialen im Fragment 5 und in D in Beziehung, so zeigt sich erneut, dass hier ein formales und ein sinnstrukturierendes System einander gegenüberstehen. Dies kann an drei Beispielen demonstriert werden: 1. Initiale Fragment 5 / D 422.1 versus Initiale T Paragraph bzw. Majuskel Fragment 5 / D 422.9. Die Initiale 422.1 steht an einer ‚sinnlosen‘ Position, da die Rede des Liddamus erst mit diesem Vers abgeschlossen wird. Hingegen ist die Position 422.9 ‚richtig‘ besetzt, da hier noch die Rede des Vergulaht (422.1–8) abgewartet wurde und die neue Erzähleinheit mit Erklärungen des Erzählers beginnt. Lachmann machte daher ebenfalls 422.9 einen Absatz. 2. Initiale Fragment 5 / D 426.1 versus Initiale T Paragraph bzw. Majuskel Fragment 5 / D 426.9. Die Initiale 426.1 folgt zwar auf einen Satzschluss, steht jedoch mitten in der Rede des Liddamus. T setzt die Initiale 426.9 unmittelbar nach Abschluss der Rede beim Einsetzen des Erzählers. 3. Initiale T Paragraph bzw. Majuskel Fragment 5 / D 448.27 versus Initiale Fragment 5 / D 449.1. Kahenis, der ‚graue Ritter‘, belehrt Parzival, dass Karfreitag sei und keine Waffen getragen werden dürften. Er fordert ihn auf, seiner Spur zu folgen, die ihn zu einem heiligen Mann [Trevrizent] führen werde. Seine Töchter fallen Kahenis ins Wort und

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

251

fordern ihn auf, den in seiner Rüstung offensichtlich frierenden Mann mit sich nach Hause zu nehmen und ihn dort zu bewirten: Sıˆn tohter begunden sprechen ‚waz wilt du, vater, rechen? soˆ bœse weter wir nu haˆn, waz raˆts nimstu dich gein im an? Wan füerstun da er erwarme? sıˆne gıˆserten arme, swie rıˆterlıˆch die sıˆn gestalt, uns dunct doch des, si haben kalt: er erfrüre, wærn sıˆn eines drıˆ. [La 448.27– 449.5]

[Initiale T; Paragraph bzw. Majuskel Fragm. 5 / D]

[Initiale Fragment 5 / D]

Die Initiale im Fragment 5 und in D bei Vers 449.1 steht mitten in der Rede der Töchter, jene in T am Beginn der Rede (Absatz Lachmann). Die Subgliederungszeichen im Fragment 5 und in D markieren sinnvolle Einheiten und überschneiden sich häufig mit Initialen in T, die Initialen im Fragment 5 und in D sind hingegen nach formalen Kriterien platziert. Betrachtet man die Kombination Initiale T – Subgliederungszeichen Fragment 5 / D im Gesamtverbund der Überlieferung, so zeigt sich, dass diese Positionen nur von Vertretern von *D bzw. *T geteilt werden (418.23, 422.9, 424.7, 425.15, 426.9, 448.27)541 oder, in einem Fall (428.23), überhaupt nur in diesen drei Textzeugen markiert sind. Das hängt zweifellos damit zusammen, dass diese Schnittstellen abseits des Dreißiger-Prinzips angesiedelt sind, das sich zu diesem Zeitpunkt in einiger Regelmäßigkeit in den *Dund *G-Handschriften etabliert hat, die *G-Handschriften jedoch über kein Subgliederungssystem verfügen. Zudem lässt diese Konstellation erneut die enge Verbundenheit von *D- und *T-Handschriften auch in Klein- und Subgliederung erkennen. Ebenso weisen das Fragment 5, D und T an nicht wenigen Stellen gemeinsame Subgliederungszeichen auf. An insgesamt acht Positionen (406.21, 421.13, 422.19, 428.13, 444.27, 447.19, 450.9, 453.11) werden Paragraphen im Fragment 5 von Majuskeln in D und T geteilt. Einige dieser Subgliederungen scheinen von Anfang an die Funktion eines Unterabschnitts gehabt zu haben; vorrangig jene, die sich in unmittelbarer Nähe zu einer gemeinsamen Initiale im Fragment 5 sowie in D und T befinden (z. B. 421.1: Initiale Fragment 5 – D – T : 421.13: Subgliederungszeichen Fragment 5 – D – T). Für diese Vermutung spricht überdies, dass die durchgehenden Subgliederungen in fünf von acht Fällen in diesen drei Handschriften isoliert sind, also von keinem der übrigen Textzeugen geteilt werden. Die restlichen drei Positionen überschneiden sich mit *m-Handschriften bzw., in einem Fall (421.13), einzig mit Handschrift I – diese setzt allerdings die Initialen in deutlich höherer Frequenz als die übrigen Handschriften.

541 Einzige Ausnahme bildet die Initiale 425.15 in Handschrift I.

252

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Folgerungen: Die Vernetzung der Handschriften und die Dreißiger-Gliederung Die Subgliederungen der Handschriften vornehmlich aus den Gruppen *D und *T ermöglichen Einblicke in Vernetzungen, die in Handschriften ohne Subgliederung nicht mehr zu erkennen sind. Diese Vernetzungen sind sowohl vertikal in jeder einzelnen Handschrift als auch horizontal zwischen verschiedenen Handschriften vorhanden. In einem Manuskript mit Subgliederung existieren mindestens542 drei Gliederungsebenen, die hierarchisch voneinander abgesetzt sind: Großinitiale

Initiale

Majuskel Diese Ebenen können in zwei Textzeugen parallel verlaufen, wie exemplarisch am Bereich 11.1–12.3 in den Handschriften D und T zu zeigen ist: 11.1 11.9 11.23 12.3

Hs. D Initiale Majuskel Majuskel Initiale

˘ ˘ ˘ ˘

Hs. T Initiale Majuskel Majuskel Initiale

Weitaus häufiger kommt es vor, dass die Vernetzung auf horizontaler Ebene hierarchisch unterschiedliche Gliederungszeichen umfasst: 428.1 428.13 428.23 429.1

Hs. D Initiale Majuskel Majuskel Initiale

˘ ˘ ˘ ˘

Hs. T Majuskel Majuskel Initiale Majuskel

Schließlich können Positionen auf horizontaler Ebene nur einfach besetzt sein. Einrisse in der Netzstruktur sind die Folge: 414.27 415.9 415.29

Hs. D Initiale Majuskel Initiale

˘

Hs. T ––– Initiale –––

542 Weitere Ebenen können z. B. Zwischentitel oder Illustrationen darstellen.

Das Verhältnis von *T zu *D und *G

253

Die Regelmäßigkeit der Abfolge der hierarchischen Zeichen wird auch davon abhängen, welchen Zielsetzungen sich der Redaktor einer Handschrift primär verpflichtet fühlte: Stehen ornamentale Aspekte im Vordergrund, wird die Handschrift gleichmäßiger gegliedert sein. Als Repräsentant dieses Typus kann Handschrift D gelten. Ist die Gliederung nach inhaltlichen Kriterien ausgerichtet, wird das äußere Bild einer Handschrift unregelmäßiger erscheinen. Diesen Typus repräsentiert Handschrift T. Je nach Typus werden Frequenz und Abfolge von Klein- und Subgliederungszeichen verschieden sein. Der hohe Prozentsatz der Überschneidung beweist allerdings, dass nicht jedes Skriptorium seine eigene Kleingliederung einführte, sondern in der Regel bereits vorhandene Gliederungszeichen im Sinne der eigenen Gestaltungsrichtlinien interpretierte. Wurde – gegen die Vorlage – ein numerisches Prinzip angestrebt, mussten einzelne Anfangsbuchstaben der Vorlage bisweilen auch über syntaktische Grenzen hinweg zu Initialen umfunktioniert werden. Die Handschrift D lässt ein solches Verfahren noch erkennen, indem sie zahlreiche Initialen aufweist, die in regelmäßiger Abfolge positioniert sind, dafür aber innerhalb eines Satzes stehen und von keiner anderen Handschrift geteilt werden. Hatte die Vorlage sinnstrukturierende Initialen, konnten diese als Majuskeln, die das regelmäßige Bild nicht stören und die Lektüre erleichtern, in die Handschrift integriert werden. Daraus erklärt sich, dass die Majuskeln in D so gut wie immer an sinnvollen Positionen stehen und dass sie sich zudem in ungewöhnlich hoher Zahl mit Initialen der sinnstrukturierten Handschrift T überschneiden. Und daraus erklärt sich auch, dass Majuskeln in D manchmal in unmittelbarer Nähe von ‚sinnlosen‘, aber numerisch regelmäßig platzierten Initialen stehen, wie beispielsweise: e

Swenn ir geprvuet )inen art. ir )it gein )trıˆte dr mite bewart. Owe daz er niht vragete do. [D 240.1–240.3]

[Initiale D] [Majuskel T; Initiale mn UVW Z]

Es ist daher zu vermuten, dass die Handschrift D – oder bereits eine Vorstufe von D – ein überlagertes Gliederungssystem aufweist: Ein älteres, sinnstrukturiertes, das – je nach Position – in Majuskeln oder auch in Kleininitialen aufgegangen ist, und ein aktualisiertes, auf regelmäßige Abstände ausgerichtetes System von Kleininitialen. Es fällt auf, wie häufig die Kleininitialen der Untergruppe *m von jenen von —D abweichen und wie häufig Klein- und Subgliederungszeichen von *T mit Kleininitialen von *m zusammengehen. Das macht die Annahme vertretbar, dass die Kleingliederung von *T und *m einen gemeinsamen Grundstock bewahrt hat, der zugleich in der Subgliederung von D noch durchscheint. Dagegen blieb die annähernd identische Großgliederung in den Handschriften D und T weitgehend unangetastet.

254

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Es wäre daher denkbar, dass die – im Übrigen nur in Ansätzen und streckenweise regelmäßige – Dreißigergliederung ein Resultat des fortschreitenden Verschriftlichungsprozesses ist. Die Handschrift T als Repräsentantin eines sinngliedernden Handschriftentypus kennt keine Dreißigergliederung. Sie kennt aber sehr wohl Dreißiger, die geschlossene Einheiten bilden. Die hier angestellten Beobachtungen entsprechen weitgehend dem jüngsten Vorstoß Joachim Bumkes in der achten Auflage seines Wolfram-Bandes: Wenn man bedenkt, daß sich inhaltlich gliedernde Abschnitte im Umfang von plus / minus 30 Versen bereits in den Büchern I–IV finden und daß es auch in den Büchern Vff. inhaltlich gliedernde Abschnitte gibt, die nicht genau in das Dreißiger-Schema passen, dann dürfte es ziemlich wahrscheinlich sein, daß die strenge Durchführung der Dreißiger-Gliederung das Werk eines Redaktors war, der den Text nachträglich redigiert hat. Auf jeden Fall hängt die Dreißiger-Gliederung mit der schriftlichen Einrichtung des Textes zusammen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß dieser Redaktor sich dabei von der Beobachtung leiten ließ, daß die inhaltliche Gliederung des Textes an zahlreichen Stellen Dreißiger-Abschnitte bildet.543

Lachmanns Annahme einer vom Autor konzipierten Dreißiger-Gliederung beruht hauptsächlich auf der Beobachtung, dass die Listen der besiegten Gegner und der Edelsteine (770, 772, 791) jeweils dreißig Verse umfassten.544 Dies trifft aber unter den Triumphlisten nur auf jene des Feirefiz zu, die einen durchgehenden Dreißiger (770) ausschließlich mit Namen füllt. Die Triumphliste Parzivals ist hingegen anders aufgebaut: Dessen Rede hebt bereits bei Vers 771.23 (doˆ sprach der werde Parzivaˆl) an. Die Aufzählung der Namen selbst umfasst lediglich 23 Verse (772.1–23). Bis zum Redeschluss bei Vers 772.30 berichtet Parzival, er könne die Namen der Orte, an denen er gekämpft habe, nicht nennen. Die besiegten Gegner, die ihm namentlich bekannt seien, habe er vollständig aufgezählt. Nun ist es möglich, auch diese Stelle als Beleg für ein Dreißigerprinzip des Autors heranzuziehen;545 zwingend ist es allerdings nicht. Es ist nicht zu bestreiten, dass es geschlossene Sinneinheiten zu dreißig Versen im ›Parzival‹ gibt. Andererseits existieren auch zahlreiche Stellen, die sich diesem Prinzip entziehen. Es sei hier nur an den Prolog erinnert, also an die wohl prominenteste Partie des ganzen Werks, die ohne Dreißiger-Gliederung auskommt, und an die drei MinneExkurse (291.1–293.17, 532.1–534.8, 585.8–587.14), die ebenfalls Einheiten abseits der Dreißiger-Symmetrie bilden. Aus der Überlieferung des ›Parzival‹ ist nur zu ersehen, dass Wolfram auch in Dreißigern dichtete. Ein den ganzen Text 543 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 199. 544 Vgl. Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann (ed. Leitzmann), Bd. I, S. 408. 545 Vgl. Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 166. Reichert versteht die Verse 772.24–30 als Auffüllung des Dreißigers.

Fazit: Die Struktur der Fassung *T

255

umfassendes Prinzip546 daraus abzuleiten, ist unzulässig. Eine Neuedition des ›Parzival‹ sollte daher m. E. der Evidenz der Handschriften folgen und auf diese Art der starken Suggestion der Lachmann’schen Texteinrichtung auch auf der Ebene der Kleingliederung entgegenwirken.547 Mit den Worten San-Martes: „Es ist endlich Zeit, diesen lange fortgeschleppten Wahn definitiv zu beseitigen, wenn er auch von einem großen verdienstvollen Gelehrten herrührt.“548 Die Untersuchung der drei Gliederungsebenen (Groß-, Klein- und Subgliederung) der Handschriften zeigte, dass die Vertreter von *D und *T in engem Verhältnis zueinander stehen. Man könnte grob von zwei Hyparchetypen auf Gliederungsebene sprechen: *D*T versus *G. Wie die Gliederungsbeziehungen innerhalb von *G aussehen und wie sie wiederum zu *D*T in Bezug zu setzen wären, müssten Detailstudien ergeben. Ob aus solchen Studien eine gemeinsame Vorstufe ableitbar ist, bliebe abzuwarten. Allerdings würde ein solcher Rekonstruktionsversuch sehr stark von der Bewertung der Gliederungszeichen durch den Interpreten abhängen. Und somit ist es von vornherein fraglich, ob ein solch mühsames Unterfangen in sinnvollem Zusammenhang mit dem Resultat stehen kann.

III.3 Fazit: Die Struktur der Fassung *T und die Konsequenzen für die Textanalyse Die Fassung *T verfügt über eine komplexe Binnenstruktur. Im Rahmen der Gesamtüberlieferung nimmt sie – in partieller Übereinstimmung mit *QR – eine Zwischenstellung ein. Zur Orientierung sei folgende Skizze vorangestellt:549 546 Leitzmann, Rezension Nolte, Der Eingang des Parzival, S. 137, sprach vom „dogma der dreissigerabschnitte“. 547 Einen ersten gewichtigen Schritt in diese Richtung setzte jüngst Joachim Bumke in seiner Edition nach Handschrift D. Bumke zählte die Verse durchlaufend und notierte die Lachmann’sche Dreißiger-Zählung am rechten Rand; vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Bumke). 548 San-Marte, Ueber Wolfram’s von Eschenbach Rittergedicht Wilhelm von Orange, S. 116. San-Marte wendet sich hier entschieden gegen Lachmanns These, die Dreißigergliederung sei ein künstlerisches Gestaltungsprinzip des Dichters gewesen. Erste Ansätze zu einer Revision der Lachmann’schen Textgliederung finden sich in der Ausgabe: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann). Nellmann verzichtete „auf die problematische Großschreibung zu Beginn der ‚ungefähr dreißig zeilen‘ umfassenden Abschnitte“ (Bd. 2, S. 428 f.). 549 Ein Textzeuge in eckigen Klammern gehört in den am rechten Rand notierten Passagen zu *m. Der Vorlagenwechsel wird durch → gekennzeichnet. Das Zeichen + zeigt an, dass die Vertreter von *T und *QR ab ca. der Texthälfte Parallelen aufweisen, eine Textidentität jedoch nicht bzw. erst spät gegeben ist. Die umfassenderen

256

III Die Stellung von *T innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung

Abschnitt

Fassungskonstitution

1.1 – ca. 36.14

*T (= TUV[W])

Textabweichungen / Textverlust

1.1 – 10.9:

W → *m

28.28 – 41.9: W → *m 36.15 – 157.24

*T (= UV[W])

ab 157.25

*T (= TU[V]W)

*T2 (= T)

309.23 – 320.16: V → *m 338.1 – 397.30: Textkürzung U 340.2 – 359.20: V → *m 366.7 – 372.22: V → *m 392.9 – 418.9: ab Texthälfte

V → *m

*T*QR (= TU[V]W+QR) 431.15 – 437.27: V → *m

[Richtwert]

453.1 – 502.30: Textkürzung U 548.27 – 555.13: V → *m 553.1 – 599.30: Textkürzung U ab 573.1

*T*QR (= UVW+QR)

Textabbruch T bei 572.30 643.1 – 678.30: Textkürzung U

ab 734.1

*T*QR (= UW+QR)

734.1 – 827.30: V → *m

ab 761.15

*T*QR (= U+QR)

761.15 – 827.30: W → *m

Das größte Gewicht bei der Erstellung eines Fassungstextes *T kommt der ältesten ‚vollständigen‘ und zugleich qualitativ besten Handschrift T zu. Sie wird daher der folgenden Textanalyse als Leithandschrift zugrunde gelegt. Im Bereich 36.15–157.24 folgt T einer anderen Vorlage als U V W. In diesem Abschnitt müssen zwei Textzeugen als Leithandschriften herangezogen werden: T repräsentiert die nur durch diesen Textzeugen überlieferte Fassung *T2, während *T von der mit T eng verwandten Handschrift U, die einen durchgängigen und unkontaminierten *T-Text bietet, vertreten wird. Die fassungsinterne Binnenvarianz wird dabei immer in Hinblick auf die zitierte Leithandschrift notiert. Nach Textausfälle in *QR werden der Übersichtlichkeit halber nicht angegeben. Erwähnt sei nur der markante Textausfall in Handschrift Q, der die Verse 821.21–826.30 umfasst. Die Schlusspartie wurde zusammengestrichen und auf den Epilog reduziert.

Fazit: Die Struktur der Fassung *T

257

Abbruch von T bei 572.30 wird U bis zum Ende des Textes als Leithandschrift herangezogen. Die Verse 643.1– 678.30, die in U gekürzt wurden, müssen nach V wiedergegeben werden, wobei der Angabe der Position der in dieser Handschrift sehr häufig vorzufindenden Korrekturen große Bedeutung zukommt. In allen übrigen Abschnitten werden die Lesarten von V lediglich im fassungsinternen Apparat vermerkt, da sich der ursprüngliche *T-Text aufgrund mehrfachen Vorlagenvergleichs nicht mehr vollständig erhalten hat. Der Text der herausgeschnittenen Seiten in V, die nach einer *m-Vorlage neu geschrieben wurden, wird im Variantenapparat nicht berücksichtigt. Aufgrund seiner schlechten Textqualität und seiner eigenwilligen Textgestaltung werden vom Mentelin-Druck W ebenfalls nur die Lesarten im Apparat festgehalten. Die umfangreichen Abschnitte v. a. gegen Ende der Dichtung, die in V und W ausschließlich nach einer Vorlage aus *m abgeschrieben wurden, finden keine Berücksichtigung. Zu bestimmen ist weiters das Naheverhältnis der Gruppierung *QR zu *T: Bis etwa zur Hälfte der Dichtung gibt es lediglich gewisse Übereinstimmungen im Textbestand und – in wenigen Ausnahmefällen – in Formulierungen, die auch in *D vorzufinden sind. Ansonsten zeigen die Formulierungen der beiden Gruppierungen keine Gemeinsamkeiten. Der Text von *QR ist in diesem Bereich äußerst schwach profiliert und weist kaum prägnante Eigenformulierungen auf. Ob die Übereinstimmungen im Textbestand auf eine beiden Gruppierungen vorausgehende, gemeinsame Stammhandschrift zurückzuführen sind, muss offen bleiben. Ab etwa der Hälfte des Textes mehren sich die Parallelen auch in der Textformulierung, doch sind die verbleibenden Differenzen noch so groß, dass nicht von Textidentität im Sinne eines gemeinsamen Fassungstextes gesprochen werden kann. In aller Deutlichkeit stimmen der verbliebene Vertreter von *T und *QR überwiegend gegen Ende der Dichtung überein. Aufgrund dieses abschnittsweise sich je unterschiedlich präsentierenden Verwandtschaftsverhältnisses von *T zu *QR werden die Lesarten von *QR ab der Hälfte des Textes im Variantenapparat berücksichtigt. Ab diesem Punkt wird von einer Fassung *T*QR gesprochen. Die Siglierung lässt somit die Frage nach einer gemeinsamen Stammhandschrift unbeantwortet, zeigt aber das Naheverhältnis der beiden Gruppierungen an. Die Homogenität des engeren Fassungstextes *T ist dadurch gewährleistet, dass ausschließlich Textzeugen aus *T als Leithandschriften herangezogen werden. Da es sich bei den folgenden Ausführungen lediglich um eine Textanalyse und nicht um eine Fassungsedition handelt, wird von einer Normalisierung des Textes der Leithandschrift abgesehen. Die gerade in T so bedeutsamen Textgliederungs- und Interpunktionszeichen werden ebenso originalgetreu wiedergegeben wie der exakte Wortlaut der Handschrift. Im Dienste besserer Lesbarkeit werden Abbreviaturen aufgelöst und die üblichen graphematischen Eigentümlichkeiten wie Schaft-s etc. einem modernen Druckbild angepasst.

IV Textprofile. Ansätze zu einer inhaltlichen Erschließung der Fassung *T Für die inhaltliche Erschließung von Textfassungen gibt es kein Modell, das eine Orientierungshilfe bietet.1 Textfassungen werden – mit Ausnahme der nicht greifbaren Erstfassung – niemals ex nihilo geschaffen: Gesetzt den durchaus nicht unwahrscheinlichen Fall, dass der Autor selbst bei verschiedenen Anlässen verschiedene Textfassungen vortrug, so wird er diese doch nicht jeweils völlig neu gestaltet, sondern vielmehr neue, aber vereinzelte Akzente gesetzt haben. Solche punktuellen Umakzentuierungen können sich in Textformulierung und Textbestand niedergeschlagen haben. Dies gilt ebenso, wenn man Textbearbeitungen durch dritte Personen veranschlagt, sei es als Folge eines sogenannten ‚inneren Diktats‘, sei es aufgrund gezielter redaktioneller Eingriffe. All diese Denkmöglichkeiten sind durch Bumkes Begriff der ‚Autornähe‘ abgedeckt. Daraus folgt für die Textanalyse, dass Fassungen notwendig unter dem Aspekt der Differenz zu definieren und zu beschreiben sind: Es ist aufgrund der hohen Überschneidungsdichte mit den Formulierungen anderer Fassungen weder möglich noch sinnvoll, in sich geschlossene Interpretationen eines Fassungstextes vorzulegen, ohne auf die Unterschiede zu anderen Textfassungen zu achten.2 Die günstigste Ausgangssituation für einen 1 In Bumkes umfassendem und systematischem ‚Modell für die Beschreibung variierender Epenüberlieferung‘ wurden inhaltliche Komponenten nicht berücksichtigt; vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 390– 455. Kritisch äußert sich hierzu Baisch, Textkritik als Problem der Kulturwissenschaft, S. 79: „Es stellt sich aber die Frage, ob ein solch formal und phänomenologisch orientierter Zugriff das Problem der Textvarianz mittelalterlicher Texte nicht verkürzt. Denn die Bestimmung differierender Typen von Varianz kann ohne thematisch-inhaltliche und kontextuell-funktionale Frageraster nicht auskommen. Mittels eines solchen Frageansatzes lassen sich Gründe für die Genese von Varianz rekonstruieren. Formal-systematische Modelle stellen zwar die unterschiedlichen Parameter eines Textes dar, die der Varianz unterliegen, aber erst in einem funktional-strukturellen Erklärungsrahmen können diese Veränderungen auf ihre Aussagefähigkeit hin untersucht werden.“ 2 Dies gilt im Übrigen auch für das von Strohschneider, Situationen des Textes, konzipierte, kommunikationstheoretisch ausgerichtete Modell der ‚Textsituation‘: Ohne andere ‚Textsituationen‘ zu kennen, ist es nicht möglich, eine einzelne in ihrer

Ansätze zu einer inhaltlichen Erschließung der Fassung *T

259

solchen Vergleich – der Begriff der ‚Bearbeitung‘ wird für diese Untersuchung aufgegeben3 – bestünde im Nebeneinander zweier Fassungstexte, von denen einer dem anderen unmittelbar voranging.4 Eine solche Situation ist jedoch im Hinblick auf die frühesten ‚autornahen‘ Fassungstexte nicht gegeben.5 Es ist daher notwendig, zur Bestimmung fassungskonstituierender Differenz auf andere Vergleichstexte auszuweichen. Hierfür bieten sich für den ›Parzival‹ zum einen die jeweils ältesten vollständigen und besten Handschriften als Repräsentanten ihrer Fassung an – D für *D und G für *G – , zum anderen der von Lachmann edierte Text, der bis heute den Ausgangspunkt für sämtliche Deutungsversuche des ›Parzival‹ darstellt und der somit das neuzeitliche Verständnis dieses Textes entscheidend beförderte, aber eben auch lenkte und beeinflusste. Die Wahl der jeweiligen Vergleichstexte wird dabei auch von der Überlieferungssituation des zu analysierenden Abschnitts abhängig gemacht: Wo Fassungen im Wortlaut stark variieren, empfiehlt sich die umfassende und zusammenhängende Dokumentation in Gestalt des parallelen Abdrucks aller drei Leithandschriften. In anderen Fällen, in denen der Lachmann-Text als repräsentativ für die Gesamtüberlieferung gelten kann, mag eine Beschränkung auf diesen Vergleichstext ausreichen. Da Lachmann in zahlreichen Passagen D wie eine Leithandschrift behandelte, wird der Lachmann-Text zuweilen anstelle des D-Textes abgedruckt und die Abweichungen von D in den Anmerkungen festgehalten. Die Interpretation von Fassungstexten unter dem Gesichtspunkt der Differenz bringt eine beträchtliche Vermehrung der Textgrundlage mit sich. In letzter Konsequenz wird nicht ein Text interpretiert, sondern es werden mehrere Texte Eigenart zu bestimmen und zu charakterisieren. Wenn ich Strohschneider richtig verstanden habe, verlangt sein Modell nach einem ‚unvoreingenommenen‘ Interpreten, somit nach einem Leser, der den historischen Einzeltext so aufnimmt wie ein historischer Leser (oder Hörer), der mit dem Text konfrontiert wird. Eine solche Situation zu simulieren ist allein aus dem Grund nicht möglich, da ein Interpret schwerlich sein Vorwissen über den Text einfach ausblenden kann und er die Eigenart des Einzeltextes wiederum nur vor dem Hintergrund dieses – über normalisierte Texteditionen erarbeiteten – Vorwissens erkennen wird. Auch rechnet Strohschneider nicht mit der Möglichkeit, dass einzelne Hörer oder Leser Passagen aus dem ›Parzival‹ mehrfach rezipieren und Abweichungen durchaus registrieren konnten. Ein spätes Beispiel für eine solche Rezeption bietet Jakob Püterich von Reichertshausen, der, wie er im 1462 abgeschlossenen ›Ehrenbrief‹ angibt, mehr als 30 Versionen des ›Jüngeren Titurel‹ mit größter Genauigkeit verglichen hat: woll dreißig Titurelen hab ich gesehn, der kheiner nit was rechte (Str. 142,6–7). 3 Siehe Abschnitt I.1 (S. 28 ff.). 4 Vgl. Hausmann, Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe, S. 79. 5 Auf einen späteren Fall direkter Vorlagenbearbeitung innerhalb der ›Parzival‹-Überlieferung (V–V′) hat Stolz, Texte des Mittelalters im Zeitalter der elektronischen Reproduzierbarkeit, S. 157, hingewiesen (siehe auch S. 103, Anm. 191).

260

IV Textprofile

zueinander in Beziehung gestellt und dann erst der Fassungstext analysiert. Dies ist ein ausgesprochen aufwendiges, aber unumgängliches Verfahren, wenn man die Eigenart eines Fassungstextes zu ergründen sucht. Die Textanalyse wird in einem Grenzbereich von Stellenkommentar und Interpretation anzusiedeln sein, da die Tragweite von zunächst geringfügig erscheinenden Abweichungen oftmals erst vor dem Hintergrund geradezu enzyklopädischen Wissens zu erkennen ist und die Varianten anschließend über das Verfahren der Interpretation in einen größeren Kontext einzuordnen sind. Darüber hinaus gilt es, die fassungsinterne Binnenvarianz im Blick zu behalten, was am ehesten in Gestalt eines herkömmlichen Lesartenapparats möglich sein dürfte. Die inhaltliche Analyse von Fassungen verlangt – da eine Gesamtinterpretation des Fassungstextes schwerlich vorgelegt werden kann – nach Selektionskriterien, die geeignet sind, einen Einblick in das spezifische Textprofil der Fassung zu geben. In der vorliegenden Untersuchung werden folgende Schwerpunkte gesetzt: Verstärkte Aufmerksamkeit gilt den poetologischen Abschnitten, da in ihnen die Gestaltungsabsichten des Autors bekundet und dem Leser erste Vorstellungen über den Roman vermittelt werden sollen. Die Sichtweise des Textes wird in diesen Partien ganz entscheidend geprägt, und es ist davon auszugehen, dass sie neuralgische Punkte für redaktionelle Eingriffe darstellen. Um auch größere Textpartien in den Blick zu bekommen, erscheint es geboten, in sich möglichst geschlossene Episoden für die Analyse heranzuziehen. Dadurch können fassungsspezifische Kohärenzstrukturen erkannt und Aspekte der Figurenzeichnung herausgearbeitet werden. Darüber hinaus sind Abweichungen im Textbestand für die Erstellung eines Fassungsprofils von Interesse. Obgleich nicht in jedem Fall davon auszugehen ist, dass Plus- oder Minusverse von jener überragenden Bedeutung für die überlieferungsgeschichtlich ausgerichtete Interpretation sind, wie dies etwa beim ›Iwein‹ der Fall ist, so ist doch zu erwarten, dass sich gewisse charakteristische Gestaltungstendenzen zu erkennen geben. Die Untersuchung literarischer und außerliterarischer Anspielungen vermag in einem gewissen Maße Auskunft darüber zu geben, wie hoch die einer Fassung zugrunde liegenden Kenntnisse zeitgenössischer Literatur zu veranschlagen sind und ob bzw. in welcher Form regional begrenzte Anspielungen vorliegen. Da der ›Parzival‹ im Wesentlichen eine Erzählung vom Gral ist, ist das abschließende Kapitel diesem forschungsgeschichtlich so bedeutsamen dinc (La 235.23) gewidmet.

IV.1 Die poetologischen Passagen IV.1.1 Der Prolog IV.1.1.1 Synoptische Darstellung des Prologs nach Lachmann und Hs. T Lachmann folgte, wie ein Blick auf den synoptischen Abdruck sämtlicher Handschriften durch Uta Ulzen6 zeigt, bei der Wiedergabe des Prologs7 seiner Leithandschrift D besonders eng. Da Lachmanns Prologgestaltung stets als Ausgangsbasis für die Textauslegung durch die nachfolgenden Generationen herangezogen wurde, erscheint es sinnvoll, den Text dieser Ausgabe einem Vergleich mit der Leithandschrift von *T zugrunde zu legen, um die Differenzqualität bestimmen zu können. Die Gliederungszeichen von Handschrift D wurden in den Lachmann’schen Text eingearbeitet, wie auch jene von T beibehalten wurden. Die – mit Ausnahme der berüchtigten Konjektur in Vers 1.21 – geringfügigen Eingriffe Lachmanns in den Text von D wurden am Ende der Aufstellung notiert. Dort findet sich auch ein Verzeichnis der Binnenvarianz von *T. Schadhafte Stellen in T wurden nach den übrigen *T-Handschriften ergänzt und kursiv gesetzt. Lachmann [nach Handschrift D]8 1.01 1.02 1.03 1.04

I st zwıˆvel herzen naˆchgebuˆr, daz muoz der seˆle werden suˆr. gesmæhet unde gezieret ist, swaˆ sich parrieret

Handschrift T9 I st zwivel herzen nachgebvˆr o dc mvz der sele werden svr Ja gesmeˆhet vn¯ gezıˆeret Jst. swa sich parrıˆeret

6 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen), S. 38–56. 7 Ein Überblick über die ältere Forschung zum Prolog des ›Parzival‹ findet sich bei Pretzel / Bachofer, Bibliographie zu Wolfram von Eschenbach, sowie bei Bohnen, Wolframs Parzivalprolog, und Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945, S. 275–286 und Register. Für die jüngeren Untersuchungen sind v. a. Yeandle, Stellenbibliographie zum ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach für die Jahrgänge 1984–1996, die von Renate Decke-Cornill erstellten Bibliographien in den ›Wolfram-Studien‹, Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 40– 44, und Nellmanns Stellenkommentar (S. 445– 454) zu konsultieren. 8 Zitiert wird hier und in der Folge nach: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok). Vgl. hierzu das Verzeichnis der Korrekturen ebd., S. XC–XCVII , und in der Edition: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), Bd. 2, S. 792–803. Die neue Ausgabe von Joachim Bumke (ed. Wolfram von Eschenbach, Parzival) konnte nicht mehr berücksichtigt werden. 9 Abbreviaturen wurden mit Ausnahme des Nasalkürzels in vn¯ aufgelöst. Auf die diplomatische Wiedergabe der handschriftlichen Graphie (Schaft-s, verschiedene r-Formen etc.) wurde verzichtet.

262

IV Textprofile

1.05 unverzaget mannes muot, 1.06 als agelstern varwe tuot. 1.07 der mac dennoch wesen geil: 1.08 wand an im sint beidiu teil, 1.09 des himels und der helle. 1.10 der unstæte geselle 1.11 haˆt die swarzen varwe gar, 1.12 und wirt och naˆch der vinster var: 1.13 soˆ habet sich an die blanken 1.14 der mit stæten gedanken. 1.15 D iz vliegende bıˆspel 1.16 ist tumben liuten gar ze snel, 1.17 sine mugens niht erdenken: 1.18 wand ez kan vor in wenken 1.19 rehte alsam ein schellec hase. 1.20 zin anderhalp ame glase 1.21 geleichet, und des blinden troum. 1.22 die gebent antlützes roum, 1.23 doch mac mit stæte niht gesıˆn 1.24 dirre trüebe lıˆhte schıˆn: 1.25 er machet kurze fröude alwaˆr. 1.26 wer roufet mich daˆ nie kein haˆr 1.27 gewuohs, inne an mıˆner hant? 1.28 der haˆt vil naˆhe griffe erkant. 1.29 sprich ich gein den vorhten och, 1.30 daz glıˆchet mıˆner witze doch. 2.01 wil ich triwe vinden 2.02 aldaˆ si kan verswinden, 2.03 als viur in dem brunnen 2.04 unt daz tou von der sunnen? 2.05 ouch erkante ich nie soˆ wıˆsen man, 2.06 ern möhte gerne künde haˆn, 2.07 welher stiure disiu mære gernt 2.08 und waz si guoter leˆre wernt. 2.09 dar an si nimmer des verzagent, 2.10 beidiu si vliehent unde jagent, 2.11 si entwıˆchent unde keˆrent, 2.12 si lasternt unde eˆrent. 2.13 swer mit disen schanzen allen kan, 2.14 an dem haˆt witze wol getaˆn, 2.15 der sich niht versitzet noch vergeˆt 2.16 und sich anders wol versteˆt. 2.17 valsch geselleclıˆcher muot 2.18 ist zem hellefiure guot, 2.19 und ist hoˆher werdekeit ein hagel. 2.20 sıˆn triwe haˆt soˆ kurzen zagel, 2.21 daz si den dritten biz niht galt, 2.22 fuor si mit bremen in den walt.

o

vnverzagetes mannes mvt o als agleistern varwe tvt er mac dannoch wesen geil wan an im sint beidiv teil des himels. vn¯ der helle der vnsteˆte geselle hat die swarzen varwe gar vn¯ wirt ouch nach der vinster var. So habt sich an die blanken der mit den steˆten gedanken D iz vliegende bispel ist tvmben livten gar ze snel si ne mvgentz niht erdenken wan ez can vor in wenken rehte alsam ein scellic hase zin anderhalp an me glase gelicket. vn¯ des blinden trovˆm die gebent antlitzes rovˆm O uch mac mit steˆte niht gesin dirre liehte truˆebe schıˆn der machet kvrze vroude al waˆr S wer rovˆfet mich da nie kein haˆr o gewuhs innen an miner hant der hat vil nahen grif erkant sprich ich gegn den worten ouch dc glıˆchet minen witzen doch W il ich triuwe vinden alda si kan verswinden sam vıˆvr in dem brvnnen vn¯ der tovˆ vor der svnnen O uˆch erkand ich nie so wisen man ern mohte gerne künde han welher stiure dise meˆre gernt o vn¯ waz si ouch gvter leˆre wernt dar an si niemer des verzagent beide si vliehent vn¯ iagent si entwenkent. vn¯ keˆrent si lesternt. vn¯ eˆrent swer mit den schanzen allen kan an dem hat witze wol getaˆn der sich niht versitzet noch vergeˆt vn¯ sich doch anders wol versteˆt o V alsch geselleclicher mvt o ist zem helle vivˆre gvt vn¯ ist hoher werdekeit ein hagel sin triuwe hat so cvrzen zagel. dc si den driten biz niht galt vuer si mit bremen in den walt.

Die poetologischen Passagen 2.23 D ise manger slahte underbint 2.24 jedoch niht gar von manne sint. 2.25 für diu wıˆp stoˆze ich disiu zil. 2.26 swelhiu mıˆn raˆten merken wil, 2.27 diu sol wizzen war si keˆre 2.28 ir prıˆs und ir eˆre, 2.29 und wem si daˆ naˆch sıˆ bereit 2.30 minne und ir werdekeit, 3.01 soˆ daz si niht geriuwe 3.02 ir kiusche und ir triuwe. 3.03 § V or gote ich guoten wıˆben bite, 3.04 daz in rehtiu maˆze volge mite. 3.05 scham ist ein sloˆz ob allen siten: 3.06 ich endarf in niht meˆr heiles biten. 3.07 diu valsche erwirbet valschen prıˆs. 3.08 wie stæte ist ein dünnez ˆıs, 3.09 daz ougestheize sunnen haˆt? 3.10 ir lop vil balde alsus zergaˆt. 3.11 manec wıˆbes schœne an lobe ist breit: 3.12 ist daˆ daz herze conterfeit, 3.13 die lob ich als ich solde 3.14 daz safer ime golde. 3.15 ich enhaˆn daz niht für lıˆhtiu dinc,

263

D ise maneger slahte vnderbint iedoch niht gar von mannen sint vur die wip stoˆzich disiv zil swelhiv minen raˆt horen wil div sol wizzen war si keˆre so dassir prıˆs gemeˆre ir eˆre. vn¯ ir werdekeit vn¯ wem sir minne si bereit v so dc siz iht gerıwe ir kivsce. vn¯ ir triuwe o V or gote ich gvten wiben bite so dc ir rehte maˆze volge mite S cham ist ein sloˆz ob allen siten ine darf in niht mer heiles biten D er valsce erwirbet valscen prıˆs wie steˆte ist ein dvnnez ˆıs dc ougestheize svnne hat sin lop balde alsvs zer gaˆt. e M aneges wibes schone an lobe ist breˆit ist abr dc herze konterfeit dc lobich alsich solde der safir in dem golde O uˆch en habichz niht vur ein geringez dinc 3.16 swer in den kranken messinc swer in den crancken messinc 3.17 verwurket edeln rubıˆn verwirket edele Rvbin 3.18 und al die aˆventiure sıˆn vn¯ aldiv Aventvˆre sin o 3.19 (dem glıˆche ich rehten wıˆbes muot). dem glıˆch ich rehten wibes mvt o 3.20 diu ir wıˆpheit rehte tuot, div ir wipheit rehte tvt 3.21 dane sol ich varwe prüeven niht, dane sol ich varwe prveuen niht 3.22 noch ir herzen dach, daz man siht. noch ir herzen tach dc man da siht 3.23 ist si inrehalp der brust bewart, ist si innertalp der brvst bewart 3.24 so ist werder prıˆs daˆ niht verschart. so ist werder prıˆs da niht verscart 3.25 S olt ich nu wıˆp unde man S olt ich nv wip vn¯ man 3.26 ze rehte prüeven als ich kan, ze rehte prueven als ich kan 3.27 daˆ füere ein langez mære mite. da vueˆre ein langez ende mite 3.28 nu hœrt dirre aˆventiure site. N v horent dirre aventvˆre site 3.29 diu laˆt iuch wizzen beide div laˆt ˆıv wizzen beide 3.30 von liebe und von leide: von liebe. vn¯ ouch von leide 4.01 fröud und angest vert taˆ bıˆ. vrouˆde vn¯ angest vert dabıˆ 4.02 nu laˆt mıˆn eines wesen drıˆ, nv laˆt min eines wesen drıˆ 4.03 D er ieslıˆcher sunder phlege der ieglicher svnder pflege 4.04 daz mıˆner künste widerwege: dc miner kvnste wider wege o 4.05 dar zuo gehoˆrte wilder funt, dar zv horet wilder vunt 4.06 op si iu gerne tæten kunt ob si gerne teˆten kvnt 4.07 daz ich iu eine künden wil. dc ich ˆıv eine kvnden wil 4.08 si heten arbeite vil. si heten Arbeite vil v 4.09 E in mære wil i’u niuwen, E in meˆre wil ich ˆıv nıwen

264 4.10 4.11 4.12 4.13 4.14 4.15 4.16 4.17 4.18 4.19 4.20 4.21 4.22 4.23 4.24 4.25 4.26

IV Textprofile daz seit von groˆzen triuwen, wıˆplıˆchez wıˆbes reht, und mannes manheit alsoˆ sleht, diu sich gein herte nie gebouc. sıˆn herze in dar an niht betrouc, er stahel, swa er ze strıˆte quam, sıˆn hant daˆ sigelıˆchen nam vil manegen lobelıˆchen prıˆs. er küene, træclıˆche wıˆs, (den helt ich alsus grüeze) er wıˆbes ougen süeze, unt daˆ bıˆ wıˆbes herzen suht, vor missewende ein waˆriu fluht. den ich hie zuo haˆn erkorn, er ist mæreshalp noch ungeborn, dem man dirre aˆventiure giht, und wunders vil des dran geschiht.

dc saget von groˆzen triuwen wipliches wibes reht vn¯ mannes manheit also sleht die sich gegn der herte nie geboˆvc sin herze niht dar an betrovc er stahel. swa er ze strıˆte kam sin hant da sigelichen nam vil manegen lobelichen prıˆs er kvene. steˆte. milte. wıˆs den helt ich alsvs grvˆeze er wibes ougen svˆeze vn¯ da bi wibes herzen svht vor missewende ein ware vluht o D en ich hie zv han erkorn derst meˆres halp noch vngeborn dem man dirre Aventvˆre giht vn¯ wunders vil des dran gesciht.

Abweichungen Lachmanns gegenüber D: 1.12 ouch D. 1.19 schelbich D. 1.20 an dem D. 1.21 gelichent D. 1.24 lihte D. 1.26 dehein D. 1.27 innen D. 2.18 zem] dem D. 3.22 ir fehlt D. 3.23 der] des D. 3.25 nu fehlt D. 4.9 ih iv wil D. Laa. *T:10 W wird nicht berücksichtigt, da der Druck in diesem Abschnitt einer Vorlage aus *m folgt. 1.1 Initiale U V. 1.3 Vn[verzaget] V. 1.6 tvo [. . .] T. 1.7 [Der] V. 1.13 habent V. 1.14 der] Die V. 1.16 gar fehlt U. 1.19 als U. 1.20 Der ganze Vers fehlt U. 1.21 Glichet V. 1.23 sin U. 1.24 truo ebe lichte U V. 1.29 d[en vorhten] V. 1.30 iedoch V. 2.1 Ob ich wil V. 2.4 vor] von U v[on] V. 2.7 welher [. ..] T welher] Wil er U. 2.8 waz [. . .]h T. wernt] gernt U. 2.16 anders fehlt U. 2.18 zem] zer V. 2.23 Initiale U V. 2.24 gar fehlt U. 2.28–30 V wie La. 2.30 dannoch si bereit U. 3.4 so fehlt U V. 3.6 ine] Man U V. 3.7 D[v´] V. 3.9 dc] Der U Daz in V. 3.10 sin] Ir U V. 3.11 Initiale U bereit U. 3.12 ein kuo nterfei. aber fehlt V. 3.13 dc] die U V. 3.14 daz] Glas V. 3.15 [Jch enhan daz nv´t fu´r lihte ding] V. 3.22 da fehlt U V. 3.24 ist ir V. 3.25 Initiale U V nv fehlt V. 3.26 prue fen. als ich zerehte kan V. 3.27 Do fuo rte ich ein langes mere mitte V. 4.6 sv´ u´ch V. 4.8 hettent alle V. 4.11 wipliches wi[. . .]s T Wibes wipliches V. 4.12 als U. 4.13 der fehlt U V. 4.14 in nit U in dar an nie V. 4.15 Er waz stahel V. 4.16 da] vil V. 4.20 Er waz V. 4.21 da fehlt U. 4.22 ware vluht] varba schlicht von einer jüngeren Hand überschrieben U. 4.23 darzvo V. 4.24 Der V.

10 Die in eckige Klammern gesetzten Lesarten von V zeigen Rasuren, Rundklammern zeigen Überklebungen an.

Die poetologischen Passagen

265

IV.1.1.2 Die Gliederung des Prologs bei Lachmann und in den Hss. D und T Der Eintritt in den ›Parzival‹ erfolgt durch ein „mehrfach gegliedertes Portal“.11 Die Aufgliederung des Prologs resultiert auf der inhaltlichen Ebene aus der Aneinanderreihung verschiedener, mehr oder weniger fest miteinander verbundener Gedankengänge, auf der graphischen Ebene hingegen aus der Auszeichnung einzelner solcher Einheiten durch ein abgestuftes Gliederungssystem. Die Einrichtung des Textes in den Handschriften kann einen Hinweis darauf geben, wie das Werk gelesen wurde bzw. wie man wollte, dass das Werk gelesen wird. In jedem Fall stellen Gliederungszeichen ein gewichtiges Instrument der Rezeptionssteuerung dar. Lachmanns Textauffassung spiegelt sich in den in unregelmäßigen Abständen eingeführten Absätzen wider, die die Dreißiger in kleinere Einheiten auflösen.12 Den Prolog unterteilte Lachmann in folgende Abschnitte: 1.1–1.14 1.15–1.28 1.29–2.22 2.23–3.10 3.11–3.24 3.25– 4.8 4.9– 4.26

zwıˆvel Zinnspiegel und Traum des Blinden Ratschläge für das männliche Publikum Erste ‚Frauenpassage‘: schame Zweite ‚Frauenpassage‘: Ringgleichnis Mühen der Stoffbewältigung: Topos vom ‚dreigeteilten Erzähler‘ Einführung des Protagonisten

Lachmanns Gliederung des Prologs ist klar strukturiert, die wesentlichen Wendepunkte sind gut erfasst. Problematisch erscheint lediglich sein Absatz bei 1.29, der von keiner einzigen Handschrift gedeckt ist und der eine Argumentationskette eher zu unterbrechen denn zu erhellen scheint, da den vorhten doch wohl auf den (zu erwartenden, aber ins Leere gehenden) Angriff der Kritiker zu beziehen ist und auch die anschließenden Verse 2.1–2.4, in denen die Suche nach triwe am falschen Ort thematisiert wird, in diesen Kontext gehören. Lachmann hatte diesen Bezug sehr wohl erkannt, ihn aber merkwürdigerweise dennoch durch den Absatz unterbrochen.13 Es erscheint daher nur folgerichtig, dass Nellmann, der in der von ihm betreuten Ausgabe die Gliederung in Kleinabschnitte 11 Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 42. 12 Eine umfassende Interpretation des Prologs legte Lachmann 1835 in seiner Abhandlung ›Über den Eingang des Parzivals‹ vor. 13 Vgl. Lachmann, ebd., S. 492: „So müssen wir nun gleich die zwei folgenden Verse [1.29–30] zu dem vorhergehenden [Gedankengang] ziehen.“ Schon Mockenhaupt, Die Frömmigkeit im Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 198, Anm. 26, bemerkte hierzu: „Wozu hat er dann in seiner Ausgabe den Einschnitt vor diesen beiden Versen gemacht?“

266

IV Textprofile

„mit geringen Korrekturen“ beibehielt,14 den Absatz bei Vers 1.29 auf die Position 2.5 verschob.15 Im Sangallensis wurde zur Gliederung des Prologs auf ein weites Spektrum graphischer Gestaltungsmöglichkeiten zurückgegriffen, indem Prachtinitialen, Initialen, ein – in der ganzen Handschrift singuläres – Paragraphenzeichen und Versalien Verwendung fanden:16 1.1

Prologbeginn [ prologus praeter rem] 1.15 Polemik gegen die tumben 2.23 Anrede des weiblichen Publikums 3.3 § Falschheit und äußere Schönheit. 3.25 Bezug auf die Aventiure [ prologus ante rem] 4.3 Majuskel inmitten der Vorstellung des ‚dreigeteilten‘ Erzählers 4.9 Einführung des Protagonisten 4.27 Beginn der Gahmuret-Handlung

PI M I M PI M M I

Die grundsätzliche Zweiteilung des Prologs wird in Handschrift D über zwei Prachtinitialen angezeigt: Der erste Teil (1.1–3.24) „befaßt sich, nach einleitendem Vorspruch, vorwiegend mit den Rezipienten; der zweite Teil (3.25– 4.26) kennzeichnet das Werk und seinen Helden.“17 Die von Brinkmann nach einer Unterscheidung Konrads von Hirsau vorgenommene, grundsätzliche Aufteilung des mittelalterlichen Prologs in einen prologus praeter rem und in einen prologus ante rem18 wird in D – als einziger unter den erhaltenen Handschriften – auch über die 14 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), Bd. 2, S. 428. 15 Vgl. ebd., S. 792. Lachmanns Absatz wird irrtümlich bei Vers 1.28 (statt: 1.29) angesetzt. 16 PI = Prachtinitiale, I = Initiale, M = Majuskel. Die Gliederungszeichen werden zudem mittels Einrückung differenziert. 17 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), Bd. 2, S. 445; Nellmann, Wolframs Erzähler, S. 8–11 [folgt Brinkmann „in der Deutung der Prologstruktur, nicht aber in den Einzelheiten“, S. 9]; Ohlenroth, Wil ich triuwe vinden ...?, bes. S. 28–31 [betont, dass dem prologus praeter rem in der Vortragssituation eine besondere Bedeutung zukommt]. 18 Vgl. Brinkmann, Der Prolog im Mittelalter als literarische Erscheinung [setzt den Beginn des prologus praeter rem allerdings erst bei Vers 3.28 an]. Bezüglich der Anwendbarkeit des Brinkmann’schen Modells auf den ›Parzival‹-Prolog gehen die Meinungen weit auseinander: Schirok, Von „zusammengereihten Sprüchen“ zum „literaturtheoretische[n] Konzept“, S. 68, bezeichnete dieses Modell als „besonders unglücklich und folgenreich“. Als folgenreich erwies sich das Modell speziell für die Deutung der ersten beiden Prologverse insofern, als man diesen im Anschluss an Brinkmanns Analyse des Öfteren den konkreten Werkbezug abgesprochen hat, vgl. die Zusammenstellung bei Brackert, Zwıˆvel, S. 337 f. Die grundsätzliche Zweiteilung des Prologs scheint mir indes durchaus gegeben zu sein, da speziell die Eingangsverse des Prologs zunächst als allgemeine Sentenz aufzufassen sind und erst in einem

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Texteinrichtung signalisiert. Innerhalb des prologus praeter rem ist der Beschreibung des ‚gefleckten Menschen‘ ein eigener Abschnitt gewidmet, daran schließt sich ab 1.15 die Polemik gegen die tumben an, die mit einer herausgerückten Majuskel eingeleitet wird. Es erscheint denkbar, dass diese gewichtige Position in einer frühen Stufe mit einer Initiale besetzt war, die erst in den jüngeren Handschriften wie D und T aufgrund der aufwendigeren Gestaltung der Prachtinitiale zu einem herausgerückten Großbuchstaben umgewandelt wurde.19 Die Initiale bei Vers 2.23 spaltet den ersten Prologteil in zwei Blöcke auf, wobei der erste dem männlichen, der zweite wiederum dem weiblichen Publikum gewidmet ist. Der dem weiblichen Publikum gewidmete Abschnitt wird in D mit allgemein gehaltenen Bemerkungen über vorbildliches Verhalten der Frauen kurz eingeleitet (2.23–3.2), der Hauptteil gilt der Exemplifizierung von Falschheit und der Geringwertigkeit äußerer Schönheit. Innerhalb des prologus ante rem steht das Versal bei Vers 4.3 inmitten des Topos vom ‚dreigeteilten Erzähler‘.20 Da dieses Gliederungszeichen keine Parallele in den übrigen Handschriften hat, ist von einem Fehler des Schreibers auszugehen. Gut bezeugt in der Parallelüberlieferung ist hingegen der herausgerückte Großbuchstabe bei Vers 4.9, der den letzten, überaus gewichtigen Teilabschnitt einleitet, in dem der Protagonist in stilistisch markanten elliptischen Satzkonstruktionen vorgestellt wird. Insgesamt macht die Texteinrichtung von D einen ausgewogenen Eindruck: Die Gliederungszeichen wurden verhältnismäßig sparsam gesetzt und folgen in groben Zügen den wechselnden Aussagen des Erzählers. Dem Leser wird die Orientierung in diesem schwierigen Textabschnitt erleichtert. Einer abweichenden Präsentationsform folgt die Einrichtung des Prologs in T:21 1.1

Prologbeginn (D) 1.15 Polemik gegen die tumben (D) 1.23 Unbeständigkeit des schıˆn 1.26 Das Ziel verfehlende Angriffe 2.1 Suche nach Treue am falschen Ort 2.5 Der wıˆse man 2.17 valsch geselleclıˆcher muot

PI M M M M M M

zweiten Schritt auch auf Parzival bezogen werden können. Vgl. hierzu Brackert, Zwıˆvel, S. 343: „Der Prologanfang verliert dadurch [durch den möglichen Bezug auf Parzival] nicht seinen Charakter als prologus praeter rem.“ 19 Darauf deuten die Initialen der in ihrem Gliederungsverhalten D und T nahestehenden Textzeugen m und Fragment 32 hin, vgl. die Tabelle bei Schirok, Der Aufbau von Wolframs ›Parzival‹, S. 149– 437. 20 Vgl. hierzu Nellmann, Kommentar, S. 452 [zu 4.2–8]. 21 PI = Prachtinitiale, I = Initiale, M = Majuskel. Die Gliederungszeichen werden zudem mittels Einrückung differenziert. Überschneidungen in der Textgliederung mit Handschrift D werden mit (D) angezeigt.

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IV Textprofile 2.23 Anrede des weiblichen Publikums (D) 3.3 Falschheit und äußere Schönheit (D) 3.5 schame 3.7 Falschheit 3.11 Äußere Schönheit 3.15 Ringgleichnis 3.25 Bezug auf die Aventiure [ prologus ante rem] (D) 3.27 Erste Erwähnung der aˆventiure 4.9 Einführung des Protagonisten (D) 4.23 Der Protagonist ist noch nicht geboren 4.27 Beginn der Gahmuret-Handlung (D)

I M M M I M I M M M I

Die Gliederung von T durch Initialen entspricht weitgehend jener von D. Die einzige Ausnahme bildet die Initiale bei Vers 3.11, die den dem weiblichen Publikum gewidmeten Abschnitt in zwei Teile untergliedert. Da auch U und das Fragment 32 diese Initiale aufweisen, ist die Zweiteilung als Charakteristikum der Fassung *T aufzufassen. Die Teilung des Prologs in zwei Hauptabschnitte hingegen ist in T anhand der graphischen Gestaltung nicht zu erkennen, da der Einschnitt bei 3.25 nur durch eine Kleininitiale eingeleitet wird. Darüber hinaus brachte der Schreiber häufig – weitaus häufiger als in anderen Partien des Textes – Subgliederungszeichen zum Einsatz.22 T teilt, mit Ausnahme des sinnwidrigen Versals in D bei 4.3, sämtliche Gliederungszeichen mit D, was auf einen beiden Handschriften gemeinsamen Grundstock schließen lässt. Darüber hinaus war der Redaktor sichtlich darum bemüht, die – mit den Worten Lachmanns – „zusammengereihten Sprüche“23 auch graphisch hervortreten zu lassen; immerhin bekundet er durch sein Auszeichnungsverhalten über den ganzen Text hinweg ein ausgeprägtes Interesse an Sentenzen.24 Im Prolog ist dieses Interesse deutlich anhand der engen Abfolge der abgesetzten Großbuchstaben ab der Majuskel bei Vers 3.3 zu erkennen: Sowohl der Vers 3.5 (Scham ist ein sloˆz ob allen siten) als auch 3.7 (Der valsce erwirbet valscen prıˆs)25 sind als Sentenzen 22 Es ist anzunehmen, dass der Schreiber an gewissen prominenten Stellen des Werkes wie etwa dem Prolog dem Text besondere Aufmerksamkeit zuwandte, was sich dann in seinem Gliederungsverhalten bemerkbar machte. 23 Lachmann, Über den Eingang des Parzivals, S. 483. Zu der grundsätzlichen Frage, ob der Prolog einem ‚literaturtheoretische[n] Konzept‘ folge (vgl. hierzu grundlegend Haug, Literaturtheorie im deutschen Mittelalter von den Anfängen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, S. 155–167, und die Überlegungen bei Schirok, Von „zusammengereihten Sprüchen“ zum „literaturtheoretische[n] Konzept“; ders., Swer mit disen schanzen allen kan), oder ob dieser „kein zusammenhängendes poetologisches Programm“ (Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 204) entwickle, kann hier keine Stellung bezogen werden. 24 Siehe Abschnitt III.2.3.2.2 (S. 238 ff.). 25 Es dürfte hier ein Textfehler von *T vorliegen, da der Kontext eigentlich den weiblichen Artikel verlangt. U liest ebenfalls der, in V steht der Artikel auf Rasur.

Die poetologischen Passagen

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aufzufassen.26 Die Subgliederungszeichen unterteilen den Text somit in eine Vielzahl kleinerer Abschnitte, die dem sprunghaften Wechsel der Gedankenfolge entsprechen. Das Ergebnis ist eine äußerst feingliedrige Textstruktur, die die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Eigenart der Textkomposition dieses Abschnitts lenkt. Narrative Passagen weisen eine entsprechend geringere Dichte an Gliederungszeichen auf. IV.1.1.3 Die *T-Varianten des Prologs Der Abschnitt 1.20–2.4 Während die in der Forschung so kontrovers diskutierten Eingangsverse des ›Parzival‹ in den Handschriften eine erstaunliche Textkonstanz aufweisen, variiert der Abschnitt 1.20–2.4, der „allgemein als die am wenigsten verständliche Partie des Prologs“ gilt,27 beträchtlich: zin anderhalp an me glase gelicket. vn¯ des blinden trovˆm die gebent antlitzes rovˆm O uch mac mit steˆte niht gesin dirre liehte truˆebe schıˆn der machet kvrze vroude al waˆr S wer rovˆfet mich da nie kein haˆr o gewuhs innen an miner hant der hat vil nahen grif erkant sprich ich gegn den worten ouch dc glıˆchet minen witzen doch W il ich triuwe vinden alda si kan verswinden sam vıˆvr in dem brvnnen vnd der tovˆ vor der svnnen [T 1.20–2.4]

Lachmann brachte in Vers 1.21 gegen den Ausweis sämtlicher Handschriften28 die Konjektur geleichet (‚täuscht‘) an, die jedoch „heute einhellig abgelehnt“ wird.29 26 Vgl. die Belege in: Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi, Bd. 10, S. 19 f. [Kap. 1.4 ‚Scham ist eine grosse (die höchste) Tugend‘] und Bd. 12, S. 5–7 [Kap. 3.2 ‚Der Betrug fällt auf den Betrüger zurück‘]. 27 Nellmann, Kommentar, S. 447 [zu 1.20–2.4]. 28 Mit Ausnahme des Druckes W, der gleichet liest. 29 Nellmann, Kommentar, S. 448 [zu 1.20 f.]. Bereits Leitzmann eliminierte in seiner Ausgabe diesen Eingriff. Nellmann setzte gelıˆchet in den Text der von ihm betreuten Edition, ebenso Heinzle (Klassiker-Edition heute, S. 60) in seiner Probeedition der Verse 1.20–1.25. Vgl. die Darstellung der Varianz zur Stelle bei Stolz, Wolframs

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Er berief sich bei seiner Entscheidung auf den ›Jüngeren Titurel‹, in dem es in Strophe 51.1 heißt: Ein glas mit zin vergozzen / und blinden troum, di triegent.30 Lachmanns Irrtum bestand darin, dass er Albrechts Einbindung der Verse in dessen eigenes Darstellungsprogramm auf Wolframs Text rückübertrug. Albrecht hat den Vers in der Bedeutung ‚Zinn, als glatte Fläche hinter Glas aufgebracht‘31 verstanden.32 Das Verb triegent hingegen ist Albrechts Umschreibung des ›Parzival‹-Verses 1.22 (die gebent antlützes roum); es bildet den Anknüpfungspunkt für einen sich über drei Strophen erstreckenden Exkurs (›Jüngerer Titurel‹ 51–53), der dem Trügerischen von der werlde sueze gewidmet ist.33 Möglicherweise entspricht die rund fünfzig Jahre nach Wolfram vorgenommene, technisch präzisere Umschreibung vergozzen einem erweiterten Vokabular oder einer inzwischen verfeinerten Technik bei der Herstellung von Zinnspiegeln.34 Heinzle stellte in seiner Probeedition der Verse 1.20–1.25 gelıˆchet ebenfalls zu lıˆchen ‚eben, glatt machen, polieren‘. Um diese Entscheidung in der Edition zu verdeutlichen, setzte er hinter gelıˆchet ein Komma und grenzte dadurch seine Version von alternativen Deutungen ab.35 In T wird diese syntaktische Einheit durch Punkt nach gelicket herausgestellt. Die in den *T-Handschriften T (alemannisch) und U (rheinfränkisch)36 sowie in Q

30 31 32 33

34

35 36

›Parzival‹ als unfester Text, S. 311 [Screenshot aus der elektronischen Probeedition]. Dort findet sich auch eine umfassende Diskussion der Stelle (S. 312 ff.). Vgl. hierzu auch Schweikle, Edition und Interpretation, S. 98 f. Paraphrase von Heinzle, Klassiker-Edition heute, S. 59. Vgl. auch Hempel, Der Eingang von Wolframs Parzival, S. 269. Vgl. hierzu zuletzt Neukirchen, Die ganze aventiure und ihre lere, S. 73: „Damit hat Albrecht Wolframs Aussage im ›Parzival‹, daß eines Blinden Traum und ein Spiegelbild nur kurze Freude realisierten, von seinem Erzähler in ein existenzielles Bild von der unbeständigen und betrügerischen Welt überführen lassen.“ Vgl. auch ders., Dirre aventiure kere, S. 286, und Cramer, Das Subjekt und sein Widerschein, S. 222. Nellmann, Kommentar, S. 448 [zu 1.20f.]: „Die Verwendung von (mit einer Zinnfolie belegtem) Glas für den Spiegel scheint z. Zt. Wolframs relativ neu zu sein.“ Nach Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 46f., Anm. 31, war „ein Zinn-Glas-Spiegel (eine Glasplatte liegt vor einer dünnen reflektierenden Metallschicht, wie noch heute bei Haushaltsspiegeln üblich) [...] schlechter als ein teurer Vollmetallspiegel (Weißbronze oder, noch teurer, Silber)“. Seine Folgerung: „Noch undeutlicher als der Zinn-GlasSpiegel gegen den Vollmetallspiegel ist der Traum des Blinden gegen den Traum des Sehenden.“ Vgl. weiters die realienkundlichen Ausführungen bei Cramer, Das Subjekt und sein Widerschein, S. 221 f. Zur sprichwörtlichen Verwendung von Blindentraum und Spiegel siehe das Handbuch der Sentenzen und Sprichwörter im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Eikelmann / Tomasek), Bd. 2, S. 224–227. Vgl. Heinzle, Klassiker-Edition heute, S. 59. Einen forschungsgeschichtlichen Abriss der Deutungsvorschläge zu Vers 1.21 gibt Schirok, zin anderhalp an dem glase gelıˆchet, S. 117–119. Wahrscheinlich wurde die Form unverändert aus der alemannischen Vorlage übernommen.

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(hessisch)37 überlieferte Form gelicket ist als Partizip Präteritum des schwachen Verbums lıˆken (‚glätten, polieren‘) aufzufassen. Wolfgang Haubrichs etwa führt aus der Überlieferung der ›Pilgerfahrt des träumenden Mönchs‹ Beispiele an, die diese Bedeutung belegen, z. B. die ubel gelikette (hier auf den Igel bezogen), lux. le´cken ‚glätten‘.38 In beiden Fällen wird die u. a. von Heinzle und Nellmann39 präferierte Lesart, die auch Albrechts Paraphrase entspricht, gestützt. Schiroks an sich einleuchtender Vorschlag gelıˆchen ‚gefallen‘40 scheidet für *T (und für Q) ebenso aus wie Bartsch / Martis41 und Reicherts42 von der in D überlieferten Form gelıˆchent ausgehende Übersetzung ‚gleichen‘, die eine Verbindung zu den vorangegangenen Beispielen herstellen würde.43 Das in T durch eine herausgerückte Majuskel hervorgehobene, „stilistisch bemerkenswerte adversative“44 ouch leitet über zur Quintessenz der beiden Beispiele, der Unbeständigkeit. Die Adjektive lieht und trüeb bezeichnen in kontrastiver Gegensätzlichkeit den schıˆn, der nur kurzes – und kaum wahrnehmbares, da verschwommenes – Glück bereiten könne. Als doppeldeutig erweist sich das von Lachmann in den Text gesetzte lıˆhte: Es „kann nach dem Schreibgebrauch der Handschrift lıˆhte ‚leicht‘ (hier etwa im Sinne von ‚substanzlos‘, ‚flüchtig‘) oder liehte ‚hell‘, ‚glänzend‘ gemeint sein“.45 Heinzle entscheidet sich in seiner Probeedition gegen Lachmann und die weiteren Editionen für letzteres. Die Lesart von Handschrift T, die im Übrigen als eine von ganz wenigen Handschriften auch in der Setzung der Zirkumflexe einigermaßen konsequent ist, ist 37 Vgl. Kreye, Die Parzivalhandschrift Gt, S. 50; dazu Becker, Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen, S. 95, Anm. 1. 38 Vgl. Haubrichs, Edition und Sprachgeschichte, S. 172 f. Siehe auch das Wörterbuch der luxemburgischen Mundart s. v. leken ‚glätten‘ (die Haut oder das Leder, engl. lick). Unter Umständen ist auch an gelicken < ahd. giliccan < *giligjan zu denken, das eine Nebenform von geligen ‚liegen, darnieder liegen, zu liegen kommen‘ darstellt (vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 3, Sp. 817; allerdings als starkes Verbum verzeichnet) und ‚Zinn unter Glas gelegt‘ ergeben würde. Die Aussage bliebe im Grunde gleich. 39 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 448 [zu 1.21]. 40 Vgl. Schirok, zin anderhalp an dem glase gelıˆchet, S. 117–124. 41 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. (ed. Bartsch-Marti), 1. Teil, S. 5 [Komm. zu 1.21]. 42 Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 1. Aufl., S. 47. In der zweiten Auflage geht Reichert stärker auf die Varianten der Handschriften ein, ohne sich auf eine festzulegen (S. 46 f.). 43 Schweikle, Edition und Interpretation, S. 99, zieht dagegen in Erwägung, dass es sich bei der D-Lesart gelichent um eine alemannische, von den Wörterbüchern nicht erfasste Nebenform zum Partizip Präteritum gelıˆchet handeln könnte. 44 Heinzle, Klassiker-Edition heute, S. 58. 45 Ebd. Vgl. auch Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 47.

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IV Textprofile

eindeutig in diesem Sinn festzulegen;46 sie scheint mir auch die plausiblere zu sein, da ein farblicher Kontrast eher zu erwarten ist, während man sich im anderen Fall den ‚Schein‘ in gewissem Sinne ‚körperlich‘, da mit ‚Gewicht‘ versehen, vorzustellen hätte. Nach Maßgabe der älteren Textkritik würde lıˆhte daher eigentlich die lectio difficilior repräsentieren; doch ist diese Methode, nicht zuletzt aufgrund von solchen Beispielen, längst fragwürdig geworden.47 Es folgen fünf Verse, die in T erneut mit einem herausgerückten Großbuchstaben eingeleitet werden. Offenbar sollte die nun folgende Pointe (Verse 1.26–28) des vergeblichen, da am falschen Ort vorgetragenen Angriffs hervorgehoben werden.48 Die Verse 1.29–30 schließlich weichen in *T beträchtlich von den übrigen Handschriften ab: sprich ich gein den vorhten och, daz glıˆchet mıˆner witze doch. [La 1.29–30]

sprich ich gegn den worten ouch dc glıˆchet minen witzen doch [*T 1.29–30]

In der von Lachmann gebotenen Version bleibt die Bildebene des körperlichen Angriffs im Folgevers erhalten. Voraussetzung hierfür ist, dass man das in einigen Handschriften ausgewiesene49 Reimwort och als „Interjektion des plötzlichen Schmerzes und Schreckens“50 auffasst: Die Kritik würde in diesem Falle gewissermaßen ‚handgreiflich‘ ausfallen. Lachmann wollte indes das Deutungsspektrum in der Edition offenbar nicht einengen, da er auf die eigentlich erforderliche Apostrophierung des Wortes51 verzichtete; dass er och sehr wohl als Interjektion aufgefasst hat, belegen seine Ausführungen ›Über den Eingang des Parzivals‹.52 46 Stolz, Wolframs ›Parzival‹ als unfester Text, S. 316, spricht anhand des Beispiels der V-Lesart vom „vereindeutigte[n] Adjektiv liehte“. 47 Entwaffnend ist die Argumentation Bumkes gegen die Anwendung der lectio difficilior auf die Textherstellung von Wolframs Werken: „Wir wissen, daß Wolfram im Spätmittelalter als einer der Begründer des geblümten Stils gefeiert und nachgeahmt wurde; sollte es da nicht vorgekommen sein, daß spätere Abschreiber einfache Wendungen durch kompliziertere ersetzt haben? Ich behaupte nicht, daß es so gewesen ist; aber ich bezweifle, daß das Argument der lectio difficilior für den Wolfram-Text viel Gewicht besitzt“ (Antwort an Werner Schröder, S. 83). Vgl. auch Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 148. 48 Zur Redensart ‚an der Handfläche rupfen‘ vgl. Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi, Bd. 9, S. 389 f. 49 D G O L Q Z. 50 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 8 [Komm. zu 1.29–30]. 51 sprich ich gein den vorhten: „och“. 52 Vgl. Lachmann, Über den Eingang des Parzivals, S. 492: „Och ist hier die Interjektion [. . .].“

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Allerdings lässt sich och mit gleichem Recht als Konjunktion interpretieren,53 wie die Vertreter von *T und einige weitere Handschriften durch den Gebrauch der graphemisch unzweideutigen Form ouch bezeugen.54 Der Vers wäre dann wiederzugeben: ‚Würde ich mich selbst mit solchen Ängsten (vorhten) befassen [...]‘. Nun liest *T allerdings nicht vorhten, sondern worten . Diese Lesart teilt *T (und L) mit den Hauptredaktionen des ›Jüngeren Titurel‹.55 Sie wurde somit von Wolframs „klügstem mittelalterlichen Interpreten“56 nicht als ‚Fehler‘, den es zu korrigieren galt, betrachtet, sondern vielmehr als Anknüpfungspunkt für die eigene Ausdeutung herangezogen.57 In *T wird die Bildebene des Haareraufens 53 Vgl. bereits Mockenhaupt, Die Frömmigkeit im Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 198, Anm. 28: „Ob man das och in 1,29 als eine Art Objekt zu sprich ich faßt (was der verbreiterten Auffassung entspricht) oder als Interjektion (was uns wahrscheinlicher dünkt), berührt den Sinn der beiden Verse nicht.“ Überlegungen zur Auffassung von och als Konjunktion finden sich bei Haug, Das literaturtheoretische Konzept Wolframs, S. 223, und Ohlenroth, Wil ich triuwe vinden . . .?, S. 37, Anm. 30 [„och ist schwachbetontes – hier konzessives – ouch“]. Die Belege für die Konjunktion och im ›Parzival‹ sind zahllos. Als Interjektion hingegen ist och nur an besagter Stelle 1.29 möglich. Eine systematische Untersuchung zum Gebrauch von ouch bietet Eroms, Der Konnektor ouch und die Abtönungspartikeln im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach. 54 T U [= *T] M Fragment 32. Die *D-Handschriften m n o lesen hingegen noch. 55 Die Hauptklassen I und II lesen übereinstimmend worten. In Wolfs Apparat (Albrechts von Scharfenberg Jüngerer Titurel [ed. Wolf]) nicht erfasst sind unter anderem die Handschrift H und das Fragment a, die laut Röll, Studien zu Text und Überlieferung des sogenannten Jüngeren Titurel, S. 67, einer dritten Gruppe angev hören. Röll (S. 79) wies jedoch darauf hin, dass H und a vorhten lesen: vorhten och H, Sprich ich ovch gen den vorhten a. Der Text dieser Passage in H (Strophe Nr. 32 = Wolf 56) ist bei Werner Schröder, Die Heidelberger Handschrift H (cpg 141) des ›Jüngeren Titurel‹, nachzulesen. Schröder fasst die Variante worten als Verflachung v auf (S. 185). In seiner Edition verwandelte er daher den Wortlaut von H – och – in och zurück. Die Überlieferungsgruppen I und II überschneiden sich jedenfalls in der Lesart worten mit der Fassung *T des ›Parzival‹, die Handschriften einer ‚Sondergruppe‘ des ›Jüngeren Titurel‹ jedoch mit der Lesart der Mehrzahl der ›Parzival‹Handschriften (vorhten). 56 Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 108. 57 Sprich ich gen disen worten och, sam den daz fiure brennet, / daz glicht sich minen witzen doch und allen den, der iz als ich erkennet. / swer vorchte gen der werld unstæte minnet / me danne fiures brennen des witz ob aller wisheit stat besinnet (›Jüngerer Titurel‹ [ed. Wolf], Strophe 56). Als Verständnishilfe für die zwei schwierigen ›Parzival‹-Verse vermag der theologisch fundierte, nicht weniger dunkle und schwerverständliche Kommentar des ›Jüngeren Titurel‹ allerdings kaum zu dienen (vgl. hierzu grundlegend Kern, Der Kommentar zu ›Parzival‹ 1,13 f. im Prolog des ›Jüngeren Titurel‹). Neukirchen, Die ganze aventiure und ihre lere, S. 74, paraphrasiert die Strophe wie folgt: „Spräche er hinsichtlich einer solchen Absicht [= den worten]

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verlassen und ausschließlich auf die durch dieses Bild evozierte Aussage (mündlich geäußerte, vergebliche Kritik) Bezug genommen. Bereits im Wortlaut des Lachmann-Textes scheint sich Verspaar 1.29–30 wörtlicher Übertragung zu widersetzen, was zu den verschiedensten Deutungsversuchen geführt hat. Einige davon seien angeführt: Wenn ich vor solcher Gefahr aufschreie, das ist doch gewiss meinem Verstande gemäß (Lachmann)58 Schrei ich aus Furcht hiervor o! so sieht es noch danach aus, daß ich bei Verstande bin (Martin)59 Der Vers ist ironisch: wenn ich dieser Furcht gegenüber ach! spreche, so entspricht das meinem Verstande, d. h. so zeigt das, wie dumm ich bin (Bartsch / Marti)60 Ganz wörtlich übertragen heißen die Verse einfach: Spreche ich gegen die Furcht – je nun, das entspricht gerade meiner witze, meiner Art und Haltung (Mockenhaupt)61 Sage ich gegenüber solcher Befürchtung auch ‚ach!‘, so paßt es meinem Verstande (Wissen) doch – Gemeint ist: wenn ich über solches Ansinnen (Mißverständnis) auch seufze, so weiß ich doch, daß ich recht habe! (W. J. Schröder)62 Riefe ich da vor Schrecken noch ach und weh, gäbe das ein trauriges Bild von meinem Verstande (Spiewok)63 Da muß ich wahrlich vor Angst aufschreien, wie dies zu meiner Geistesart paßt (Haug 1)64

58 59 60 61

62 63 64

‚Aua‘, wie einer, der sich verbrannt habe, zeige dies seinen Geisteszustand und den derer, die ebenso handelten. Wer die Furcht vor der unbeständigen Welt mehr liebe, mithin die unbeständige Welt mehr fürchte als die Angst, an einem Feuer sich zu verbrennen, dessen Weisheit habe den höchstmöglichen Punkt erreicht.“ Neukirchen räumt allerdings ein, dass der Wortlaut der hier entscheidenden Verse 56.1–2 „nicht eindeutig“ sei (S. 74, Anm. 174); vgl. hierzu auch Ohlenroth, Wil ich triuwe vinden . . .?, S. 54, und das Handbuch der Sentenzen und Sprichwörter im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Eikelmann / Tomasek), Bd. 2, S. 228 f. Lachmann, Über den Eingang des Parzivals, S. 492. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 7 [Komm. zu 1.29–30]. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. (ed. Bartsch-Marti), 1. Teil, S. 5 [Komm. zu 1.29–30]. Mockenhaupt, Die Frömmigkeit im Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 198 f. Mockenhaupt begründet seine Übersetzung folgendermaßen: „Das Verständnis bereitet keinerlei Schwierigkeit, sobald man sich erinnert, daß die Furcht offenbar das direkte Gegenteil des in den Eingangszeilen des Parzival (1,5) gepriesenen und durch die ganze Dichtung verherrlichten unverzaget mannes muot ist, der Grundtugend alles Rittertums [. . .]“ (S. 199). Ob der im Prolog genannte zwıˆvel tatsächlich ohne weiteres mit ‚Furcht‘ wiedergegeben werden kann, erscheint mir eher fragwürdig. Walter J. Schröder, Der Prolog von Wolframs Parzival, S. 135. Wolfram von Eschenbach, Parzival (Spiewok), Übersetzung, S. 7. Haug, Literaturtheorie im deutschen Mittelalter von den Anfängen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, 2. Aufl., S. 163.

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Wenn ich dabei angstvoll ‚Au‘ sage, so ist das eben meine Art, [auf Dummheit] gescheit zu reagieren. (Haug 2)65 Rief ich ‚au!‘ vor lauter Schreck, es zeigte meinen Geisteszustand (Kühn)66 Wenn ich aus Furcht davor ‚au‘ sage, erkennt man daran, wie wenig Verstand ich habe (Reichert)67 Wenn ich vor solchen Nöten ‚aua‘ schreie – das sieht dem Geist, den ich begreife, ähnlich (Knecht)68

Der Klageruf als Reaktion auf sinnlose Angriffe kann somit gemäß den Übersetzungsvorschlägen demonstrieren, dass der Erzähler 1. noch bei Verstand ist, oder 2. nicht bei Verstand wäre.69 Den gewagtesten, aber vom Wortlaut her durchaus zulässigen Vorstoß hat zweifellos Knecht unternommen, der den Erzähler in Sphären absoluter geistiger Autonomie ansiedelt. Eine solch abgehobene Form der Selbstreferentialität wäre dem Erzähler zwar durchaus zuzutrauen,70 würde jedoch jeden Versuch, im Prolog eine klare Strukturierung und einen „in sich ganz und gar stimmigen Gedankengang“ herauszuarbeiten,71 von vornherein zunichte machen. Eine konsensfähige Bestimmung des Gemeinten scheint mir vom Lachmann-Text her kaum möglich zu sein. In *T weisen die beiden Verse einen abweichenden Wortlaut auf, doch ändert sich an der grundsätzlichen Schwierigkeit des wörtlichen Übertragens der Stelle wenig. Ich verstehe die *TVerse 1.29–30 wie folgt: ‚Es zeugt von der Größe meines Verstandes, wenn ich mich selbst [ouch] mit solcher Kritik [den worten] befasse.‘

65 Haug, Das literaturtheoretische Konzept Wolframs von Eschenbach, S. 223. 66 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), Übersetzung Kühn, Bd. 1, S. 10. 67 Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 47. 68 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Übersetzung Knecht, S. 3. Hervorhebung durch Knecht. 69 Einen gänzlich konträren Übersetzungsvorschlag hat zuletzt Ohlenroth, Wil ich triuwe vinden . . .?, S. 37, unterbreitet: „Wenn ich auch in meiner Art zu sprechen den Anschein von Furcht erwecke, so entspricht dies doch meinem Verstand.“ Nach Ohlenroth herrsche im Prolog die „Taktik einer konsequent verklausulierenden Diktion“ vor, „und dies aus begründeter Vorsicht gegenüber einer Adressatenfigur, deren rächender Zugriff zu fürchten wäre, die also über einen entsprechenden Einfluß verfügen dürfte – und zugleich abschätzig tumben liuten (1,16) zugeordnet wird“ (ebd.). Ohlenroth denkt dabei an jene „spezielle Adressatin [. . .], die im 1. Abschnitt (1,10–12) ihrer unstæte halber verurteilt wird“ (ebd.). 70 In diese Richtung zielen auch die Überlegungen von Rausch, Die Destruktion der Fiktion, S. 53. 71 Vgl. Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Einführung, S. CIII .

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IV Textprofile

Die ‚Frauenpassage‘ [Verse 2.23–3.24] Dem den Frauen gewidmeten Abschnitt des Prologs wurde in der Forschung mit einiger Nachlässigkeit begegnet, meinte man doch, in ihm einen gewöhnlichen und nicht einmal besonders gelungenen Tugendkatalog erblicken zu dürfen:72 „Der einfache, klar durchschaubare Bau der Gedanken entspricht dem rein didaktischen Charakter des Inhalts. Der Abschnitt ist auch kürzer als der über die Männer: es war nicht viel zu sagen.“73 Von Interesse erschienen höchstens die vermeintlichen Bezüge zu Gottfrieds Isolde-Darstellung (3.11–3.24), die mittlerweile kaum noch gesehen werden.74 Tatsächlich wäre es merkwürdig, wenn die in Form von bıˆspeln dargebrachten poetologischen Reflexionen just an dem Punkt abrissen, an dem die Frauen angesprochen werden,75 zumal die Frau auffällig häufig an neuralgischen Punkten in Erscheinung tritt – am deutlichsten wohl in der ‚Widmung‘ am Ende des Romans, in der das ganze Werk als Frauendienst ausgegeben wird (827.25–30).76 Einen ersten Versuch der Anbindung der Frauenpassagen an das poetologische Programm des Prologs unternahm Mireille Schnyder.77 Ausgehend vom „auffällige[n] Wort“78 aˆventiure (3.18), das im Gegensatz 72 Vgl. den Forschungsüberblick bei Schnyder, Frau, Rubin und ‚aˆventiure‘, S. 3–5. 73 Walter J. Schröder, Der Prolog von Wolframs Parzival, S. 141. Hempel, Der Eingang von Wolframs Parzival, S. 164 f., meinte zwar ebenfalls, dass mit den Versen 2.23–3.24 „nur für die Frauen [. . .] ein wirkliches, zusammenhängendes Stück Lehre gegeben [ist]“, schränkte aber ein, dass diese „nur scheinbar als fordernde Tugendlehre auftritt, in Wahrheit aber doch eng und kasuistisch gehalten ist: der Kreis der gegebenen Ermahnungen ist nicht umfassend und nicht allgemeingültig, sondern eingeengt auf einen bestimmten Lebensausschnitt [. . .]. Besonnenheit in der Wahl des Partners ist es, was der Frau mit allem Nachdruck anempfohlen wird.“ Den Grund für diese Einschränkung sah er allerdings im Anspielungscharakter der Passage auf Gottfrieds Isoldefigur. 74 Nellmann, Kommentar, S. 451 [zu 3.11–24]: „Wenn die Verse 3,11–24 der sicherste Punkt der sog. ›Tristan‹-Polemik sein sollen [. . .], dann steht die These insgesamt auf schwachen Füßen.“ 75 Nellmann, Kommentar, S. 450 [zu 2.23–3.24]: „Auffällig ist, daß an intellektuelle Fähigkeiten hier nicht appelliert wird; die Opposition tump : wıˆse scheint sich nur auf die Männer zu beziehen.“ Auch Haug, Literaturtheorie im deutschen Mittelalter, S. 175, vertritt die Ansicht, dass die Ausführungen über die Frau „außerhalb jener literaturtheoretischen Problematik [bleiben], die dort [in den vorangehenden Abschnitten] im Verhältnis zwischen flüchtigem Bild und eigentlicher Wahrheit zum Ausdruck gebracht wurde.“ 76 Gewichtige Beobachtungen zu Berührungen der ‚Frauenpassage‘ mit den Lehren des Gurnemanz stellen A. Wolf, Ein mære wil ich niuwen, daz saget von groˆzen triuwen, S. 299–305, und Schultz, Parzival, Courtly Love, and the History of Sexuality, S. 56 f., an. Überlegungen zu einem möglichen weiblichen Mäzenatentum des ›Parzival‹ bei Drostel, des gerte diu edele herzoginne, S. 383–390. Zum weiblichen Rezipientenkreis zuletzt Trıˆnca, Erzählen oder Lieben, S. 184 f.

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zu dessen sonstigem Gebrauch im ›Parzival‹ bislang immer mit Blick auf die Eigenschaften des Rubins übersetzt wurde (‚Wunderkraft‘), stellt sie vielfältige Bezüge zwischen den einzelnen Bildebenen her, deren Kulminationspunkt das Ringgleichnis bilde. So werde der Goldring mit Glasfuß zum Gegenstück des Blindentraums und des Spiegelbilds, der Rubin im Messing entsprechend eine Erzählung, wie sie Wolfram bieten will: voller Wechselfälle, voller ‚aˆventiure‘. Die aˆventiure des Rubins sind also nicht einfach in einem metaphorischen Sinn die ‚Kräfte‘ des Steins, sondern es sind die ‚aˆventiure‘ der Erzählung. Die gute Erzählung, die kein Blendwerk ist, entspricht ‚rehten wıˆbes muot‘, ist sie ja nichts anderes als deren Lob. Und so wie die gute Frau begnadet ist, muss es das Werk sein. Wolfram versteckt diese Aussagen in einem geschickten Changieren zwischen den Bildbezügen, wechselt Thema und Rhema, Frau und Werk immer wieder, nur um den Bezug immer verwirrlich enger zu knüpfen: Der Roman ist die gute Frau, die gute Frau ist der Roman. Und so sind der Rubinring und der Glasring sowohl Frau wie Werk.79

Wenn aber der Frauenabschnitt tatsächlich als fester Bestandteil der im Prolog entfalteten, poetologischen Reflexionen anzusehen wäre,80 dann müsste es umso mehr verwundern, dass die Verse 2.26–3.2 lediglich eine Tugendlehre umfassen sollten. Bumke formuliert entsprechend vorsichtig: „Der Passus liest sich wie eine Tugendlehre; doch klingen Motive des literarischen Frauendienstes an, die später, in der ‚Selbstverteidigung‘ [. ..] und im Epilog [. ..] deutlicher ausgesprochen werden.“81 Die Verse lauten bei Lachmann in Übereinstimmung mit der Mehrzahl der Handschriften: swelhiu mıˆn raˆten merken wil, diu sol wizzen war si keˆre ir prıˆs und ir eˆre, und wem si daˆ naˆch sıˆ bereit minne und ir werdekeit, soˆ daz si niht geriuwe ir kiusche und ir triuwe. [La 2.26–3.2]

Nach Schnyder, die raˆten (2.26) mit dem Hinweis auf die Verse 2.23–2482 an die vorausgegangene Belehrung der Männer anbindet, welche wiederum auf das 77 78 79 80

Vgl. Schnyder, Frau, Rubin und ‚aˆventiure‘. Ebd., S. 7. Ebd., S. 16. Schnyders These harrt noch der eingehenden Diskussion; zustimmend Kästner / Schirok, Wolfram von Eschenbach und die ‚Bücher‘, S. 107–109, und Schu, Vom erzählten Abenteuer zum Abenteuer des Erzählens, S. 60 f. und Anm. 72. 81 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 44. Scheuble, mannes manheit, vrouwen meister, S. 155–158, hält an der traditionellen Auffassung der Passage als Tugendlehre fest. 82 Dise manger slahte underbint / iedoch niht gar von manne sint. Bereits Martin (ed.

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IV Textprofile

mære zu beziehen sei,83 kann diesem Abschnitt folgende zentrale Aussage entnommen werden: Es handelt sich also nicht um einen allgemeinen Rat an die Frauen, bei ihrer Partnerwahl vorsichtig zu sein, sondern es ist ein Liebeswerben des Erzählers: Hört eine Frau richtig zu, wird sie nachher, nach dem Erzählen wissen, wem sie ihre Minne schenken soll, nämlich dem Erzähler. Die Frau ist nicht einfach zu belehrende Zuhörerin, sondern umworbenes Ziel des Erzählens, ist nicht einfach Spiegel für die ‚Männer-aˆventiure‘, sondern eigentlicher Motor und Sinn derselben. [...] Dass der ›Parzival‹ als Frauendienst konzipiert ist, ist immer wieder betont worden. Dass dieser Dienst aber ganz eigentlich im Frauenabschnitt des Prologs beginnt, hat man kaum gesehen.84

Nicht die Belehrung der Frauen, sondern vielmehr das Buhlen um die Gunst der Frau und damit auch der weiblichen Rezipientin – diese Ebenen scheinen miteinander verflochten zu sein – steht den durchaus überzeugenden Ausführungen Schnyders zufolge im Mittelpunkt dieser Partie. In *T hingegen stellen sich die fraglichen Verse anders dar: swelhiv minen raˆt horen wil div sol wizzen war si keˆre so dassir prıˆs gemeˆre ir eˆre. vn¯ ir werdekeit vn¯ wem sir minne si bereit so dc siz iht gerıˇwe ir kivsce. vn¯ ir triuwe [T 2.26–3.2]

Diese Version trägt ganz unzweideutig den Charakter einer Tugendlehre, wie bereits der in *T 2.26 gebrauchte Singular minen raˆt im Unterschied zum mehrdeutigen mıˆn raˆten des Lachmann-Textes andeutet.85 Der aktive Anteil der Frau, der den Lachmann-Text auszeichnet, ist in *T zugunsten der traditionellen Rollenzuweisung zurückgenommen: ‚Welche [Frau] auf meinen Rat hört, die wird wissen, wohin sie [sich]86 wendet (= an wen sie sich hält). Dann aber wird ihr

83 84 85 86

Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, Bd. 2, S. 11 [Komm. zu 2.25]) hat die Stelle in diesem Sinn verstanden: „Auch für die Frauen gilt die Lehre des Dichters von der stæte; auch sie sollen beständig sein und nur Beständigen vertrauen.“ Vgl. auch Schirok (Wolfram von Eschenbach, Parzival [ed. Lachmann-Schirok], Einleitung, S. CVII ): Der Erzähler stelle fest, „daß die vorangehenden Unterscheidungen nicht nur für die Männer gelten.“ Vgl. Schnyder, Frau, Rubin und ‚aˆventiure‘, S. 11. Eine gewisse Nähe zum Zirkelschluss ist bei Schnyders Argumentation nicht zu übersehen. Ebd., S. 11 f. Zur Etymologie von raˆt und zur Verwandtschaft von mhd. raˆt, raˆten mit mhd. rede, reden vgl. zuletzt Stolz, Vernunst, S. 208 und Anm. 15. Belege für keˆren ohne Reflexivpronomen bei Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 3, Sp. 1552 f.

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Ruhm, ihre Ehre und ihr Ansehen steigen.87 Ebenso [wird sie wissen], wem sie ihre Minne geben kann, ohne dass ihre Keuschheit und ihre Treue Schaden erleidet.‘ Das konsekutive Satzgefüge (so das) in *T ab Vers 2.28 stellt eine klare Relation von Ursache und Wirkung her: Zuerst kommt der Rat des Erzählers (2.26–27), dann das vom Rat des Erzählers begleitete und daher erfolgreiche Handeln der Frau. Fassung *T verrät in dieser Passage eine Tendenz zu didaktischer Eindeutigkeit, die sich in weiteren Abschnitten (z. B. in der Einführung des Protagonisten oder im Bogengleichnis, S. 284 ff.) fortsetzt. Die Einführung des Protagonisten [Verse 4.9– 4.26] Der zweite Teil des prologus ante rem ist einer ersten Einführung des noch nicht namentlich genannten Helden gewidmet. In beispielloser Knappheit werden dessen herausragenden Tugenden aufgezählt: ein mære wil i’u niuwen, daz seit von groˆzen triuwen, wıˆplıˆchez wıˆbes reht, und mannes manheit alsoˆ sleht, diu sich gein herte nie gebouc. (sıˆn herze in dar an niht betrouc,) er stahel, swa er ze strıˆte quam, sıˆn hant daˆ sigelıˆchen nam vil manegen lobelıˆchen prıˆs. er küene, træclıˆche wıˆs, (den helt ich alsus grüeze) er wıˆbes ougen süeze, unt daˆ bıˆ wıˆbes herzen suht, vor missewende ein waˆriu fluht. den ich hie zuo haˆn erkorn, er ist mæreshalp noch ungeborn, dem man dirre aˆventiure giht, und wunders vil des dran geschiht. [La 4.9–26]

Im Zentrum dieses ‚zweiten Prologs‘, für den aufgrund der geradlinigen Gedankenführung und des nun direkten Zugriffs auf Text und Helden in der älteren Forschung die Möglichkeit einer ‚Erstfassung‘ erwogen wurde,88 stehen drei 87 Denkbar wäre auch: Der [durch den Rat erreichte] Ruhm vermehrt ihre Ehre und ihr Ansehen. 88 Vgl. u. a. Hempel, Der Eingang von Wolframs Parzival, S. 162: „[. . .] es ist mir nicht zweifelhaft, daß dieser zweite [. . .] Eingang der ursprünglichere war [. . .]“ [zustimmend Pretzel, Gahmuret im Kampf der Pflichten, S. 234]; Kratz, The Prologue to Wolfram’s Parzival, S. 75–98 [der ursprüngliche Teil umfasse die Verse 1.1–1.14,

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IV Textprofile

elliptische Satzkonstruktionen, die charakteristische Anlagen Parzivals unterstreichen. Die erste Ellipse (4.15) hebt Parzivals Eigenschaft als ‚stahlharter‘ Kämpfer hervor, die in den beiden anschließenden Versen mit dem Hinweis auf die zahlreichen Siege, die er errungen habe,89 näher erläutert wird.90 In der dritten Ellipse (4.20) wird auf Parzivals Anziehungskraft auf die Frauen angespielt, in den explizierenden Folgeversen hingegen die Kehrseite (für die Frauen) betont, die aus seiner charakteristischen Treue zu einer einzigen Frau resultiert. Es erscheint denkbar, dass auch in missewende die konkretere Bedeutung der ehelichen und somit auch die Pflichten des künftigen Gralkönigs verletzenden Untreue mitschwingt – zumindest lässt der Stellenkontext diese engere Sichtweise zu.91 Jedenfalls bezeichnen beide Ellipsen Tugenden, die dem konventionellen Repertoire mittelalterlicher Heldentypologie angehören. Im Mittelpunkt steht hingegen eine Formulierung, die zwar ebenfalls auf einen üblichen Beschreibungstopos zurückgreift, diesen aber zugleich variiert und letztlich in sein Gegenteil verkehrt: Heinz Rupp wies darauf hin, dass der Beschreibung er küene, træclıˆche wıˆs (4.18) die für das Herrscherlob charakteristische Formel fortis et sapiens zugrunde liegt.92 Auch die Charakteristik Gawans ist vor diesem Hintergrund zu sehen: Gaˆwaˆn der reht gemuote, sıˆn ellen pflac der huote, soˆ daz diu waˆre zageheit an prıˆse im nie gefrumte leit. [La 339.1– 4]

Gawans ellen ist Parzivals küene gleichzusetzen, die zweite Gawan zugesprochene Tugend, huote, ist eng an das Herrscherlob angelehnt (sapientia)93 und

89 90 91

92

93

1.21–1.24, 2.17–2.22 und 3.25– 4.26]. Einen kurzen Überblick über diese Problematik bietet Nellmann (Wolfram von Eschenbach, Parzival [ed. Lachmann-Nellmann], Bd. 2, S. 445). Zum zentralen Begriff der triuwe in diesem Abschnitt vgl. A. Wolf, minne – aventiure – herzenjaˆmer, S. 205 f. Die Wahl des Präteritums erzeugt eine beträchtliche Spannung im Hinblick auf die Tatsache, dass Parzival mæreshalp noch ungeborn (4.24) sei. Zur Varianz dieses Verses in der Überlieferung vgl. Nellmann, Zur handschriftlichen Überlieferung des Parzival, S. 15 f. Martin (ed. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, Bd. 2, S. 14 [Komm. zu 4.22]) zählt zum Bedeutungsspektrum von missewende ‚falsche Wendung, Wendung zum Übeln, Fehltritt, Schandthat‘. Tatsächlich lässt Parzival jedoch kaum einen Fehltritt aus – in der ehelichen Treue zu Condwiramurs leistet er sich hingegen keinen. Vgl. Rupp, Die Funktion des Wortes ‚tump‘ im Parzival Wolframs von Eschenbach, S. 104–106; Nellmann, Kommentar, S. 453 [zu 4.18]; zum Topos sapientia et fortitudo grundlegend Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, bes. S. 184–186 [Kap. ‚Herrscherlob‘]. Vgl. auch Nellmann, Kommentar, S. 627 [zu 339.1 f.].

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wohl am besten mit ‚Umsicht‘ zu übertragen, da sich der Erzähler alle Mühe gibt, den Begriff von der Assoziation ‚Feigheit‘ (zageheit) abzugrenzen.94 Ein wesentlicher Unterschied zum Prologvers 4.18 besteht darin, dass sich der Erzähler überhaupt bemüßigt fühlt, eine an sich verständliche Charakteristik mit erläuternden Zusätzen zu versehen, während das erklärungsbedürftige træclıˆche wıˆs unkommentiert bleibt. Diese Isolation eines bedeutungsschweren Satzes aber ist es, die dem Vers ein besonderes Gewicht verleiht: Während der ersten und der dritten elliptischen Konstruktion des Prologs jeweils zwei erläuternde Verse zur Seite gestellt werden, ist dies bei der zentralen zweiten Ellipse gerade nicht der Fall; statt einer Andeutung, was unter træclıˆche wıˆs zu verstehen sein könnte, folgt ein Willkommensgruß an den Helden. Und doch enthält eben dieser Satz den entscheidenden ‚Defekt‘ des Helden, jene Charakteristik, die Parzival abseits der üblichen Beschreibungstopik auszeichnet: seine tumpheit.95 Die symmetrische Anordnung 94 Vgl. dazu ausführlich Zimmermann, Kommentar zum VII . Buch des ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, S. 18 f. [zu 339.3 f.]. Zimmermann sieht in der Formulierung des Erzählers sehr wohl eine gewisse Nähe Gawans zur Feigheit gegeben, obgleich diese ‚abgestuft‘ werde: „Gawans Tapferkeit verbindet sich mit Vorsicht, denn er scheut wildes Draufgängertum [. . .]. Sein umsichtiges Verhalten könnte man als eine Form der ‚zageheit‘, als ‚Zögern‘, ‚Zaudern‘ deuten. Die ‚waˆre zageheit‘, d. h. das, was man unter ‚Feigheit‘ versteht, ist ihm aber fremd“ (S. 18). Gegen diese Auffassung eines ‚zögernden und zaudernden‘ Gawan spricht aber doch deutlich die ausgeprägte Kampf- und Abenteuerlust des Protagonisten, der sich bereitwillig in die zu bestehenden Abenteuer stürzt. Die Blutstropfenszene, die Zimmermann als Stütze für ihre Ansicht, dass Gawan „wildes Draufgängertum [scheut]“, heranzieht, scheint mir eher für Gawans umsichtiges Verhalten zu sprechen, das eben nicht „eine Form der ‚zageheit‘“ (S. 18) darstellt. Eine präzise Beschreibung von Gawans Umsicht gibt Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 159: „Im Gegensatz zu Parzival ist die Gawan-Figur so konstruiert, daß er alles, was er hört und sieht, sogleich in rational begründete Erkenntnis umzusetzen vermag. Mit Unbekanntem konfrontiert, findet er sich meistens sofort zurecht, erkennt die Zusammenhänge und bleibt fast immer Herr der Situation. Diese Fähigkeiten sind gepaart mit einer Willenskraft, die auf Ausgleich, Ordnung und ein friedliches Miteinander gerichtet ist.“ Vgl. auch Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 152–154 [Kap. ‚Gawans planendes Handeln‘]. Situationen, „in denen Gawan dem ritterlichen Kampf eher zögerlich und distanziert gegenübersteht“, listet Linden, Spielleiter hinter den Kulissen?, S. 157, auf. Linden spricht von einem „erstaunlich passiv[en]“ Verhalten Gawans als Handlungsträger im Vergleich zu Parzival (ebd.). 95 Vgl. hierzu grundlegend Rupp, Die Funktion des Wortes tump im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach; Haas, Parzivals tumpheit bei Wolfram von Eschenbach; Ruh, Höfische Epik des deutschen Mittelalters II, S. 69–82; Bertau, Über Literaturgeschichte, bes. S. 47– 49. Wesentliche Differenzierungen und Erweiterungen nimmt Ridder, Narrheit und Heiligkeit, bes. S. 139–145, vor.

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IV Textprofile

der Ellipsen erweckt den Eindruck, als hätte der Erzähler hier ein gerahmtes Bild installiert: Den Rahmen bilden die beiden eindeutigen Außenellipsen, das Bild selbst ist mehrdeutig und bedarf der Interpretation, die aber gerade nicht vom Erzähler selbst geleistet wird, sondern vielmehr dem Leser überlassen bleibt. „Der Rahmen hat [...] die Funktion, die Bildfläche als etwas Selbständiges, ihrem Wesen nach Andersartiges, von ihrer Umgebung abzusondern, zu rahmen, und manifestiert dadurch ein bestimmtes Ordnungsgefühl: indem er die Bildfläche abgrenzt, definiert er sie als solche und verfestigt sie. Die Funktion des Rahmens ist [...] eine grundsätzlich formalästhetische: sie offenbart eine immanente Spannung zwischen Rahmen und gerahmter Fläche.“96 Die Formel træclıˆche wıˆs entzieht sich jedoch der exakten Bestimmbarkeit, wie der jüngste Vorstoß Bumkes deutlich gemacht hat. Betrachtete man diese Formulierung seit Anbeginn der ›Parzival‹-Forschung als programmatische Einschreibung eines Entwicklungsmodells,97 dem Parzival, ‚nur langsam klug werdend‘,98 folge, indem er sich in einem langen und mühsamen Prozess vom Helden im Narrenkleid zum Gralkönig wandle, so betont Bumke die Möglichkeit des verneinenden Gebrauchs von træclıˆch, der statt eines sich entfaltenden ‚Werdens‘ ein statisches ‚Sein‘ impliziere: „traege gehört zu den mittelhochdeutschen Wörtern, die etwas Geringes bezeichnen (wie selten, kuˆme, laz usw.) und die häufig ‚ironisch‘, in der Bedeutung ‚gar nicht‘, verwendet werden. Ich glaube, der Prologvers heißt: ‚Er der küene und gar nicht wıˆse‘. Die Parzivalhandlung zeigt keinen Weg zur Weisheit. Es ist der tumbe Parzival, der von Gott zum Gral berufen wird, nicht der wıˆse. Parzivals tumpheit ist kein zu überwindender Makel, sondern sein Habitus.“99 Bumkes These hat erwartungsgemäß viel Widerspruch hervorgerufen,100 und es ist davon auszugehen, dass die Diskussion um die rechte Lesart des Prologverses 96 Zaloscer, Versuch einer Phänomenologie des Rahmens, S. 193. 97 Vgl. hierzu den Exkurs mit Forschungsüberblick bei Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 240–243. 98 Nellmann, Kommentar, S. 453 [zu 4.18]. Vgl. auch die pointierte Zusammenfassung von Rupp, Die Funktion des Wortes tump im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, S. 106: „Parzival ist nach seines Dichters Meinung fortis in armis, von Anfang an, er wird aber erst langsam sapiens, im Leid, in Prüfung und Schuld, und er wird sapiens im alten Sinne zuerst.“ 99 Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 105. Zu Parzivals habitueller tumpheit, die allerdings nach dem Frageversäumnis überwindet werde, vgl. Ruh, Wolfram von Eschenbach heute. 100 Vgl. z. B. die Rezensionen von Bernd Schirok, bes. S. 105 [versteht Bumkes Belegstelle 126.19 (der knappe tump unde wert) als Gegenüberstellung einer negativen und einer positiven Eigenschaft, geht aber nicht auf den Beleg 66.12 (gein valscheit der traege) in der Bedeutung ‚ohne jede Falschheit‘ ein], Werner Schröder [das Adverb

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4.18 noch lange nicht abgeschlossen ist. Angelegt ist diese Diskussion freilich bereits im Vers selbst, in dessen Mehrdeutigkeit und nicht zuletzt in dessen Anstößigkeit. Dies gilt hingegen nicht für die Version, die *T bietet: er kvene. steˆte. milte. wıˆs [T 4.18]

Den ‚Rahmen‘, d. h. die Außenellipsen, teilt *T mit dem Kerntextbestand, die problematische ‚Bildfläche‘ ist hingegen einer harmonischeren, keinerlei Verständnisprobleme bereitenden Fläche gewichen: Die für das Herrscherlob charakteristische Formel fortitudo et sapientia hat sich in *T ohne jegliche ironische Brechung erhalten, die nun ohnehin eindeutige Charakterisierung des Helden wird zusätzlich um die Zentraltugenden der steˆte und der milte erweitert. Die Perspektive einer Figurenentwicklung ist dem Prolog von *T nicht eingeschrieben, ebenso wenig findet die tumpheit als wesentlicher Bestandteil des Parzival’schen Habitus Erwähnung. Der *T-Vers zielt somit nicht auf Parzivals Entwicklung zum Gralkönig, sondern auf die vollendete Herrscherpersönlichkeit des Gralkönigs selbst. Die Figur wird in *T von ihrem Endpunkt, nicht von ihrem Ausgangspunkt her eingeführt. Diese Darstellungstendenz findet sich auch in der dem sogenannten ‚Zwischenprolog‘ folgenden knappen Einführung des neuen Handlungsträgers Gawan. Während der Erzähler in der überwiegenden Mehrheit der Handschriften die für Gawan charakteristischen Tugenden Tapferkeit und Umsicht herausstellt und näher begründet (sıˆn ellen pflac der huote La 339.2), so lauten die betreffenden Verse in *T: o

Gawan der rehte gemvt o sin ellen pflac der eˆren hvt so dc div waˆre zageheit an prise nie gevrvmte leit [T 339.1– 4] Laa. *T: U entfällt aufgrund von Textkürzung. 339.1 Initiale W reht gemvo te V wolgemuo t W. 339.2 ellend W hvo te V. 339.4 [(im nie g)efrvmete] V.

Ein einziges Wort mehr bewirkt eine gänzlich andere Akzentuierung des Kurzportraits. Die Gawan im Lachmann-Text zugeschriebene huote, die sich mit der Tapferkeit verbindet und die das aussagekräftige Gegenstück zur Wendung træclıˆche træcliche sei im ironischen Sinn nicht zu belegen] und Walter Haug, bes. S. 137 f., sowie ders., Warum versteht Parzival nicht, was er hört und sieht?, S. 55– 60, und ders., Die mittelalterliche Literatur im kulturhistorischen Rationalisierungsprozess, S. 30 f.

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IV Textprofile

wıˆs des Parzivalportraits ausmacht, rückt den Helden in die Nähe des Verdachts der Feigheit; dies trotz der Folgeverse 339.3– 4, in denen Gawan explizit von eben diesem Verdacht freigesprochen wird. Hingegen zeichnen Gawan in *T nicht Tapferkeit und Umsicht, vielmehr Tapferkeit und Ehre aus.101 Die Charakteristik der beiden zentralen Protagonisten folgt in *T somit konventionelleren Darstellungsmustern als im Lachmann-Text. Die Komplexität der Figurenskizzen, in die auch Defizite (Parzivals tumpheit) oder Andeutungen möglicher Defizite (Gawans huote) eingehen, fehlt in *T; vielmehr weist diese Fassung eine idealtypisch orientierte Präsentation auf. Auch in diesem Fall wäre zu überlegen, ob auf den Dichter selbst zurückzuführende Fassungen vorliegen, oder ob der Fassungsgenese ein späterer redaktioneller Eingriff zugrunde liegt.

IV.1.2 Sehnenriss: Das Bogengleichnis Die für den ›Parzival‹ charakteristische Überproportionalität von Erzählerrede im Verhältnis zum dargestellten Stoff beleuchtete Bumke anhand der Blutstropfenepisode: „Wenn man die Quantität der epischen Rede zum Maßstab macht, ist nicht Parzival die Hauptperson [...], sondern der Erzähler.“102 Es gehe dem Erzähler jedoch „nicht nur darum, die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf die erzählte Geschichte zu lenken. Durch sein dauerndes Dazwischenreden hat er alles getan, das Zuhören zu erschweren. Wichtiger scheint dem Erzähler zu sein, mit den Zuhörern ins Gespräch zu kommen.“103 Das Bogengleichnis trägt in besonderem Maße den Charakter eines – allerdings sehr einseitig geführten – Gesprächs.104 In direkter und fortlaufender Ansprache an das Publikum erläutert der Erzähler, warum er die Identität des schönen alten Mannes, den Parzival in einer Kemenate auf Munsalvæsche erblickt, noch nicht preisgeben dürfe. Ein Blick auf die Forschungsgeschichte zeigt,105 dass diese 101 ‚Seine Tapferkeit förderte [bewahrte] seine Ehre.‘ Vgl. z. B. La 404.10: diu bedarf wol zühte huote. 102 Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 111. 103 Ebd. 104 Vgl. hierzu auch Nellmann, Wolframs Erzähltechnik, S. 43– 47 [Kap. ‚Einseitiger Dialog: direkte und indirekte Frage‘]. 105 Für die ältere Forschung zum Bogengleichnis sind Pretzel / Bachofer, Bibliographie zu Wolfram von Eschenbach, und der Forschungsbericht von Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945, S. 294–297, heranzuziehen. Zahlreiche bibliographische Angaben finden sich zudem bei Schirok, Diu senewe ist ein bıˆspel. Die jüngeren Untersuchungen bis 1996 sind bei Yeandle, Stellenbibliographie zum ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach für die Jahrgänge 1984–1996, jene bis 1997 bei Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 154–167, verzeichnet. Danach erschienene Arbeiten sind bei Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 205–207, und in der

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Erklärung nicht eben leicht zu verstehen ist und ihrerseits der Erklärung bedarf: Das Bogengleichnis hat möglicherweise „einen logischen Knick“.106 Konnte das Vortragspublikum in der Flüchtigkeit des rezitierten Wortes einer Argumentation, die ihm äußerste Konzentration abverlangte, folgen? Bereits Karl Lachmann hat diese Frage aufgeworfen und höchst zwiefältig beantwortet: „Ich muss daher glauben dass ein Zuhörer, der in denselben Lebensverhältnissen und in ähnlichen Gedanken stand, auch dem rascheren Gange des gewandten und vielseitigen Dichtergeistes hat folgen können; dass in einer Zeit, deren Charakter in der Poesie eben das Hervortreten bestimmter einzelner Persönlichkeiten ist, der Dichter wohl hat ein folgsames Anschmiegen der Aufmerkenden verlangen können.“ Zugleich bemerkte er, dass „Wolfram denn auch selbst über seine Dunkelheit gescherzt“ habe,107 dass also auch dem Publikum seiner Zeit wohl so manches verschlossen geblieben sein wird. Immerhin liegt die Vermutung nahe, dass der Dichter die Vermittlung komplexer Gleichnisse im mündlichen Vortrag zuweilen durch Gestikulation und Mimik unterstützte.108 Es ist allerdings auch in Erwägung zu ziehen, dass die Schwierigkeiten der Interpretation zu einem gewissen Teil mit Lachmanns Textherstellung bzw. mit der der Textherstellung zugrunde liegenden Überlieferungstradition in Zusammenhang stehen. Selbst Lachmann sah sich beim Bogengleichnis mit erheblichen Verständnisproblemen konfrontiert. Er hatte sich deswegen vernünftigerweise entschlossen, dem Text von Handschrift D buchstabengetreu zu folgen;109 die Gefahr, mögliche Zusammenhänge zu zerstören, die innerhalb einer Handschrift oder einer Handschriftenklasse vorhanden sein könnten, wäre zu groß gewesen. Einen alternativen Vorschlag zur Textherstellung ohne Rückhalt in den Handschriften führte er zu den Versen 241.21–22 im Apparat an: swer ab dem sıˆn mære schiuzet, / dens durch noˆt verdriuzet.110 Die Folgeverse 241.23–25 sollten als nähere Begründung in Klammern gesetzt werden. Lachmann hatte hier den uneinsichtigen Hörer vor Augen, wie eine Notiz (‚dem toˆrn?‘) im Apparat zu 241.21 erkennen lässt.111 Harald Haferland wies darauf hin, dass die Handschriften ‚gg‘

106 107 108 109 110

Ausgabe: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Einführung, S. CXVI f. erfasst; vgl. darüber hinaus Kaminski, „ich sage die senewen aˆne bogen“. Ergänzend ist die fortlaufende Bibliographie von Renate Decke-Cornill in den ‚Wolfram-Studien‘ heranzuziehen. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 205. Lachmann, Über den Eingang des Parzivals, S. 480. Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 587 [zu 241.11]: „Der Vortragende kann eventuell das Gemeinte durch Handbewegungen verdeutlicht haben.“ Die einzige Abweichung, die ich in der Ausgabe: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok) gefunden habe, ist ein Druckfehler: 241.16 lies der statt er [in der Ausgabe 1833 richtig]. Vgl. hierzu ausführlich Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 164 [Komm. zu 241.22].

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im Vers 241.21 statt des Pronomens dem das Temporaladverb denne aufweisen:112 In diesem Fall würde nicht „auf diesen da“113 – gemeint ist der verstockte Rezipient, der unvermittelt im Bild erscheinen würde – geschossen, sondern ‚sogleich‘, also zu einem verfrühten Zeitpunkt. Eine weitere, „für das Verständnis des Bogengleichnisses entscheidende, aber schwer verständliche Stelle“114 lautet in D und daher auch bei Lachmann: man welle si zer biuge erdenen (241.19). Nellmann machte darauf aufmerksam, dass die Verneinung fehlt, die „bei diesem Typ der exzipierenden Konstruktion sonst erforderlich“ wäre. Nach Nellmann wäre eine Konjektur zu enwelle ebenso zu überlegen wie die Berücksichtigung der Lesart sine welle sich aus der *G-Gruppe bei der Textherstellung.115 Trotz ihrer grundsätzlich hohen Textqualität hat es den Anschein, als wäre auch der Handschrift D nicht in jedem Detail zu vertrauen. Einen ersten umfassenden, dezidiert überlieferungsgeschichtlich orientierten Deutungsversuch des Bogengleichnisses hat Martin Baisch unternommen.116 Baisch legt seiner Interpretation den Text von G zugrunde. Mitverglichen, aber nicht in die Textanalyse einbezogen werden die Lesarten von I und O. Als Ergebnis des Pionierunternehmens wird festgehalten: Der Text des ‚Bogengleichnisses‘ im Münchner Codex Cgm 19 [G], den Lachmann in den Apparat verwiesen hat, läßt sich stimmig als ein Bekenntnis für eine gerade und wahre Erzählweise interpretieren. Es scheint, daß der Text dieser Handschrift sich stärker an das rhetorische Konzept des ordo artificialis anlehnt. Auch ist dieser Textfassung eine radikalere Stellungnahme gegen eine ‚krumme‘ Erzählweise zu entnehmen, die sich an den traditionellen Topos der Bibelexegese rückbinden läßt. Wolframs Absicht, ein ‚gerades‘ und ‚krummes‘ Erzählen in seinem Roman zu etablieren und sich so von Vorgaben der Rhetorik wie von Sinnbildungsmustern des christlichen Diskurses abzuheben, ist im Text der Handschrift konterkariert.117

Als Stütze für seine These einer „stimmigen“ Lektüre der Textredaktion von G zieht Baisch Belege von unterschiedlicher Qualität und Aussagekraft heran. Eher vernachlässigenswert erscheinen die Varianten 241.14 alle lute (G) : ouch die livte (D) (Baisch, S. 36) und 241.16 fovren vmbe (G) : leıˆten vmbe (D) 111 Nellmann folgte Lachmanns Vorschlag und änderte die Interpunktion entsprechend. Dieser Eingriff ist allerdings problematisch, da Lachmanns alternative Lösung auf den verstockten Hörer abzielt (dens), während die Edition das kausale des (‚dadurch‘) des D-Textes beibehält. 112 Vgl. Haferland, Rezension Stein, ‚wort unde werc‘, S. 316, Anm. 3. 113 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Übersetzung Knecht, S. 245. 114 Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 162 [Komm. zu 241.19]. 115 Nellmann, Kommentar, S. 588 [zu 241.19]. 116 Baisch, Die Bedeutung der Varianz, S. 34–39. 117 Ebd., S. 39.

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(S. 36).118 Hingegen könnte die Opposition 241.8 ich sage die seˆnwe vngelogen (G) : ane bogen (D) mit Baisch (S. 36) als Indiz für eine mögliche ‚bogenfeindliche‘ Haltung des Redaktors dienen,119 und es erscheint auch erlaubt, in der Variante 241.7 vnde allez rehte vur gezogen (G) : vnde an allez fvr zogen (D) eine Annäherung an das Konzept des ordo artificialis zu erblicken (S. 37).120 Zu den Schlüsselversen des Gleichnisses 241.19–20 wird zwar mit Nellmann festgestellt, dass sie in G „grammatikalisch richtig“ sind (S. 38), auf eine nähere Erörterung wird hingegen verzichtet. Offensichtlich wird bei der Wendung sine welle sich zerbuge denen / so si den schuz movz nemen die Sehne persönlich gedacht, wie dies etwa auch bei der Schilderung des Grals (die sich der graˆl tragen liez, 235.26; vgl. auch 809.10) der Fall ist. Zu übersetzen wäre dann: ‚Es sei denn, sie dehnt sich bis zur Beuge, wenn sie den Schuss ‚nehmen ‘121 soll.‘ Die Redaktion von G differiert zwar im Wortlaut und ist möglicherweise122 grammatikalisch korrekter, deckt sich aber sinngemäß mit den üblichen Übersetzungen, die auf dem LachmannText und somit auf Handschrift D basieren. Baisch bemerkt zwar durchaus, dass „die Sehne des Bogens in der G-Fassung [...] ebenso in dem Moment eine Krümmung [erfährt], in dem der Pfeil abgeschossen wird“,123 zieht daraus jedoch keine Konsequenzen für seine Interpretation. Wenn nun aber die von Baisch angenommene Pointe des Gleichnisses darin bestehen soll, dass Wolfram, „um seine Geschichte geradlinig – wie die Sehne am Bogen – zu erzählen, die Sehne beim Schuß mit dem Pfeil spannen, d. h. nun doch krümmen [muß]“,124 so fragt v

118 foren vmbe scheint ein individueller Eingriff des G-Redaktors zu sein, da die nah verwandte Handschrift I mit den übrigen Textzeugen leiten liest. Nach Baisch, Die v Bedeutung der Varianz, S. 36, heißt „mittelhochdeutsch foren vmbe [. . .] explizit ‚in Schaden bringen‘ [vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 3, Sp. 1746], wohingegen leıˆten vmbe neutraler ‚herumführen‘ bedeutet“. Einen aussagekräftigen Unterschied zur mehrheitlich bezeugten Version leıˆten umbe, die etwa Kühn mit ‚der führt euch an der Nase rum‘ oder Knecht mit ‚der will euch auf krumme Wege führen‘ übersetzt, vermag ich nicht zu erkennen. 119 Allerdings bleibt die Aussage letztlich unverändert: In beiden Fällen wird von der Sehne gesprochen. 120 Baisch gibt keine nähere Erklärung, was unter allez rehte vur gezogen eigentlich genau zu verstehen ist und wie sich diese Lesart in den Gesamtkontext des Gleichnisses fügt. 121 nemen ist wohl als Verlesung aus menen ‚antreiben‘ durch den Schreiber aufzufassen. 122 Kern, ich sage die senewen aˆne bogen, S. 55, Anm. 39, verweist auf eine weitere exzipierende Konstruktion ohne Verneinung im ›Parzival‹ (638.12) und folgert: „Man wird gut daran tun, in Pz. 241.19 einstweilen nicht konjizierend einzugreifen, statt dessen genauere Untersuchungen zur exzipierenden Konstruktion an handschriftlichem Material abzuwarten.“ 123 Baisch, Die Bedeutung der Varianz, S. 37. 124 Ebd., S. 35.

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man sich, inwiefern diese in G eine Veränderung erfahren haben soll. Baisch weicht zur Lösung des Problems auf die folgenden Verse (241.21–241.30) aus, verzichtet aber auf eine Auswertung des (in diesem Bereich spärlichen) Variantenmaterials und begnügt sich mit dem Resümee: „Nicht angebracht, so schnell zu erzählen, wie der Pfeil von der Sehne abschnellt, scheint es, weil ein so gestaltetes Erzählen Verständnisprobleme aufwirft.“125 Abschließend wird das Haferland’sche Postulat zitiert, demzufolge „Wolfram gerade und der Reihe nach erzählen [will] – gleichviel, ob er es immer tut – und keine Pfeile verschießen.“126 Diese Lösung erscheint plausibel; allerdings beruht Haferlands Interpretation nicht auf einer abweichenden Formulierung der beiden Handschriften, sondern vielmehr auf der Umgewichtung eines einzelnen, in beiden Handschriften gleichlautenden Verses (op den mıˆn mære drunge, La 241.27), indem die Betonung nicht auf den, sondern vielmehr auf drunge gelegt wird. Als Stütze für Baischs These vermag der Vorschlag Haferlands nicht zu dienen, wenn es um die Herausstellung der Differenzqualität von Handschrift G geht. Baischs Versuch einer Deutung des Bogengleichnisses auf der Basis des G-Textes stellt zweifellos einen ersten wichtigen Versuch dar, diesen für die poetologische Konzeption des ›Parzival‹ so zentralen Abschnitt abseits des kanonisierten Lachmann-Textes zu analysieren. Seine Charakterisierung der G-Version entfernt sich aber streckenweise zu weit von der handschriftlichen Grundlage und erliegt zuweilen der Versuchung, eher geringfügige Abweichungen überzubewerten. Einige Tendenzen zu einer geradlinigeren Lektüre in G lassen sich erkennen; eine „stimmige“ oder gar Wolframs Absichten „konterkarierende“ Lesart (S. 39) ist aus dem ausgewerteten Material aber wohl nicht abzuleiten. Die von Haferland aufgeworfene Frage, „ob die G-Handschriften, deren Text Lachmann in den Apparat verwiesen hatte, nicht auch beim Bogengleichnis den richtigeren Text bieten“,127 scheint mir – soweit hier eine verbindliche Antwort überhaupt möglich ist – noch nicht ausdiskutiert zu sein. *T leistet einen höchst eigenwilligen Beitrag zum Verständnis des Bogengleichnisses. Um die Differenzqualität zu den anderen Bearbeitungen in den Blick zu bekommen, wird T dem Text Lachmanns (= D) und G gegenübergestellt:

125 Ebd., S. 39. 126 Haferland, Rezension Stein, ‚wort unde werc‘, S. 316. 127 Ebd.

Die poetologischen Passagen 241.1 Wer der selbe wære, des freischet her naˆch mære. dar zuo der wirt, sıˆn burc, sıˆn lant, diu werdent iu von mir genant, 5 her naˆch soˆ des wirdet zıˆt, bescheidenlıˆchen, aˆne strıˆt unde aˆn allez für zogen. ich sage die senewen aˆne bogen. diu senewe ist ein bıˆspel. 10 nu dunket iuch der boge snel: doch ist sneller daz diu senewe jaget. ob ich iu rehte haˆn gesaget, diu senewe gelıˆchet mæren sleht: diu dunkent ouch die liute reht. 15 swer iu saget von der krümbe, der wil iuch leiten ümbe. swer den bogen gespannen siht, der senewen er der slehte giht, man welle si zer biuge erdenen 20 soˆ si den schuz muoz menen. swer aber dem sıˆn mære schiuzet, des in durch noˆt verdriuzet: wan daz haˆt daˆ ninder stat, und vil geruˆmeclıˆchen pfat, 25 zeinem oˆren ˆın, zem andern für. mıˆn arbeit ich gar verlür, op den mıˆn mære drunge: ich sagte oder sunge, daz ez noch paz vernæme ein boc odr ein ulmiger stoc. [La = D]

wer der selbe weˆre des vreiscet ir har nach meˆre dar zvo der wirt. sin bvrc. sin lant div werdent ˆıv von mir genant har nach so des wirt zıˆt bescheidenlichen ane strit vnd ane allez vorzogen ich sage ˆıv die senewen ane bogen div senewe ist ein bispel ouch dvnket ˆıv der boge snel noch ist sneller daz di senewe iaget obich ˆıv rehte han gesaget div senewe glichet meˆren sleht die dvnket ouch die livte reht wan swer ˆıv saget von der crvmbe der wil iv leiten vmbe wan swer den bogen gespannen siht der senewen er der slihte giht man en welle si zerbrochen denen so si den schvcz mvo z ze vaste menen swer dem sin meˆre schivzet dc sin dvrch noˆt verdrivzet wan dez enhat da niender pfat noch gervˆmecliche staˆt zeinem oˆren in. zem andern vur min arbeit ich gar verlvr ich sagete oder svnge ob den min meˆre drvnge dc ez noch baˆz verneˆme ein boc oder ein vlmiger stoc. [T]

289 Wer der selbe wære des freischet ir her nach mare dar zov der wirt div burch sin lant div werdent iv von mir genant her nach so des wirt zit bescheidenlichen ane strit vnde allez rehte vur gezogen ich sage die senwe vngelogen div senwe ist ein bispel ov ch dvncht ivch der boge snel noch ist sneller daz div senwe iaget obe ich iv rehte han gesaget div senwe gelichet maren sleht div dunchent alle lute reht wan swer iv seit von der chrumbe der wil ivch fov ren vmbe swer den bogen spannen siht der senwe man der slihte giht sine welle sich zerbuge denen so si den schuz mov z nemen swer dem sin mære schivzet da ins dur not verdrivzet wan ez enhat da ninder stat noch gerumgez phat zeinem oren in zem andern fur min arbeit gar verlur op den min mare drunge ich sagte oder sunge daz ez noch baz vername ein boch oder ein fulmiger stoch [G]

Laa. *T: 241.1 Initiale W. 241.2 Des ver eischet ir dannoch mere U Dez [vreisent ir harnoch mere] V ir fehlt W. 241.3 Wer sey der wirt sein burg sein land W. 241.4 benant W. 241.6 Bescheidenliche U Bescheidenlich [vnd ane strit] V. 241.7 vor gezogen U [ fu´r] gezogen V Vnd alles recht fu´r gezogen W. 241.10 snel] sul U [Nv´] dvnket [mich] der bogen snel V ıˆv] mich W. 241.14 ouch] al U Die auch die leu´te hant fu´r recht W. 241.15 wan swer] Wer W. 241.19 Man welle U Men welle sv´ [zer bv´ge erdenen] V Man woe lle sy zuo krumbe denen W. 241.20 ze fehlt V So sy den schucz von ir muo ß nenen W. 241.21 [Swer aber dem sin mere (engu´sset)] V. 241.22 Daz sie in U Dez in V Das ins W. 241.23 Wan iz in hat do niden pat U Wan ez enhat do niergent stat V Man enhat do nindert stat W. 241.24 [Noch vil gerumeclichen phat] V Noch vil gerumlichen pfat W. 241.26 [da gar] V. 241.29 noch fehlt W. 241.30 vlmiger] milwiger W.

Um die Eigenarten der Fassung *T herausstellen zu können, ist es erforderlich, sich zunächst über den Aussagegehalt des standardisierten D-Textes Klarheit zu verschaffen – ein Unterfangen, das für sich genommen eine eigene Monographie füllen könnte, nimmt man die kaum noch zu überblickende Zahl der einander oft erheblich widersprechenden Deutungsversuche als Maßstab. Doch hat es den Anschein, als würde sich zumindest für einige Schlüsselpassagen des Gleichnisses allmählich ein Konsens in der Textauslegung abzeichnen.128 Maßgeblichen Anteil daran hat der in den ›Wolfram-Studien‹ erschienene, Ansätze von Curschmann129 und Nellmann130 128 Vgl. den Forschungsüberblick bei Schu, Vom erzählten Abenteuer zum Abenteuer des Erzählens, S. 170–191. 129 Vgl. Curschmann, Das Abenteuer des Erzählens, 627– 667. 130 Vgl. Nellmann, Wolframs Erzähltechnik, S. 92.

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ausbauende Aufsatz von Peter Kern131 aus dem Jahr 2002, dem es gelungen ist, eine in sich stimmige Lesart des Gleichnisses vorzulegen, ohne den exakten Wortlaut des Lachmann- und also des D-Textes verlassen zu müssen. Es mögen, wie Kern einräumt, zwar einige „dunkle Flecken“ bleiben, doch scheint „die wesentliche Aussage“ (S. 51) nun tatsächlich erkennbar zu sein. Ich gebe daher zunächst eine – mit marginalen Ergänzungen versehene – Zusammenfassung des Kern’schen Beitrags, die dann als Vergleichsbasis für den *T-Text dienen kann. Um die Orientierung zu erleichtern, unterteile ich den Text in drei Blöcke: 241.1–9, 241.10–20 und 241.21–30. Wer der selbe wære, des freischet her naˆch mære. dar zuo der wirt, sıˆn burc, sıˆn lant, diu werdent iu von mir genant, her naˆch soˆ des wirdet zıˆt, bescheidenlıˆchen, aˆne strıˆt unde aˆn allez für zogen. ich sage die senewen aˆne bogen. diu senewe ist ein bıˆspel. [La 241.1–9]

Kern fasst für zogen (241.7) entgegen dem Konsens der Forschung nicht als ‚hinauszögern‘, ‚verschieben auf‘, sondern als ‚vorauseilen‘ auf (S. 51).132 Damit aber sind die Weichen für eine stimmigere Lektüre gestellt, denn es ist ein erheblicher Unterschied, ob der Erzähler die Preisgabe einer Information hinauszögert – dies würde eine Verfehlung implizieren –, oder ob er ohne vorauszueilen, d. h. der Reihe nach, erzählt (die Aufklärung ist schlicht noch nicht an der Reihe).133 Vers 241.8 vermutet Kern – wie zuvor schon Harroff134 und Nellmann135 – in bogen einen substantivierten Infinitiv (S. 52). Sollte dies das Richtige treffen, so wäre eine Verbindung zu den Schlüsselversen 241.19–20 hergestellt, denn wenn der Erzähler nur die Sehne erzählt, ohne ‚sie zu einem Bogen zu machen‘, dann wäre es zwingend, dass in den Versen 241.19–20 die Möglichkeit des Schusses nur als eine destruktive, vom Erzähler gerade nicht genutzte Option angeführt wird. Betrachtet man hingegen bogen als Substantiv, steht nur der Gegensatz von Sehne und Bogen im Mittelpunkt. 131 Kern, ich sage die senewen aˆne bogen. 132 Belege ebd., S. 51. T liest vorzogen. 133 Auch Haferland, Parzivals Pfingsten, S. 270, bezieht die Geradlinigkeit der Sehne auf ein „chronologisches Nacheinander“ des Erzählens. 134 Harroff, Wolfram and his Audience, S. 83. 135 Nellmann, Wolfram und Kyot als vindære wilder mære, S. 66, Anm. 218, und erneut im Kommentar, S. 587 [zu 241.8].

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nu dunket iuch der boge snel: doch ist sneller daz diu senewe jaget. ob ich iu rehte haˆn gesaget, diu senewe gelıˆchet mæren sleht: diu dunkent ouch die liute reht. swer iu saget von der krümbe, der wil iuch leiten ümbe. swer den bogen gespannen siht, der senewen er der slehte giht, man welle si zer biuge erdenen soˆ si den schuz muoz menen. [La 241.10–20]

Schwierigkeiten bereiten hier zunächst die Verse 241.10–11. Ein ‚schneller Bogen‘ ist am ehesten metonymisch aufzufassen.136 Kern versteht den Sinn dieser Verse so, dass „offenbar [...] primär der Vorzug der Sehne gegenüber dem Bogenstab herausgestellt werden“ soll (S. 54). Diese Lesart wird durch das Konjunktionaladverb doch (241.11) gefördert, das auf den ersten Blick einen Gegensatz zwischen Bogen und Pfeil zu konstruieren scheint. Dies könnte allerdings die falsche Fährte sein. Die Handschriften der Fassungen *G und *T lesen stattdessen noch, verwenden die Partikel demnach in steigernder Funktion. Der gesamte Aufbau des Gleichnisses legt nahe, dass eine ‚Schnelligkeit‘ des Erzählens gerade nicht angestrebt wird, vielmehr ein ruhiges, geradliniges Erzählen ohne jedes Vorauseilen. Zu paraphrasieren wäre dann: ‚Euch erscheint schon der Bogen ‚schnell‘? Noch schneller ist der Pfeil.‘137 Der Erzähler folgt aber weder dem Bogen, noch dem Pfeil, sondern der Sehne, wie er 241.8 und 241.13 beteuert. Und daher wird auch jeder, der den Bogen mit eingespannter Sehne sieht, erklären müssen, dass die Sehne gerade ist (241.17–18) und dem richtigen Erzählprinzip entspricht. Sie ist aber nicht mehr gerade, sondern krumm, wenn sie einen Schuss antreiben soll (241.19–20), und daher, so ist zu ergänzen, wird der Schuss als Erzählprinzip abgelehnt.138 Angemerkt sei an dieser Stelle, dass T 241.19 wie Handschrift D das Indefinitpronomen man aufweist, die exzipierende Konstruktion man en 136 Kern, ich sage die senewen aˆne bogen, S. 53 und Anm. 30. Spitz, Wolframs Bogengleichnis, S. 248 und 256, sowie Schirok, Diu senewe ist ein bıˆspel, S. 26 f., übersetzen snel mit ‚kraftvoll‘. 137 Die in der Handschrift Z gebotene Textversion stützt den hier gebotenen Deutungsvorschlag: Ovch dunket evch der boge zv snel / Nach ist sneller daz die senwe iaget (‚Euch ist bereits der Bogen zu schnell? Der Pfeil ist noch schneller‘). 138 Dass der Schuss gerade nicht angestrebt wird, vermuteten bereits Curschmann, Das Abenteuer des Erzählens, S. 639 f., Nellmann, Wolframs Erzähltechnik, S. 92, Anm. 73, und Harroff, Wolfram and his Audience, S. 83. Vgl. den Überblick bei Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 163 [Komm. zu 241.20].

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welle aber im Unterschied zu D in Übereinstimmung mit den Grammatiken durchführt.139 swer aber dem sıˆn mære schiuzet, des in durch noˆt verdriuzet: wan daz haˆt daˆ ninder stat, und vil geruˆmeclıˆchen pfat, zeinem oˆren ˆın, zem andern für. mıˆn arbeit ich gar verlür, op den mıˆn mære drunge: ich sagte oder sunge, daz ez noch paz vernæme ein boc odr ein ulmiger stoc. [La 241.21–30]

Vers 241.21 ist als direkte Weiterführung des hypothetischen, da nicht ausgeführten Schusses in den Versen 241.19–20 zu verstehen. Kern geht davon aus, dass „als Bezugswort zu dem und in wohl das in den Versen 17/18 stehende swer bzw. er anzunehmen [ist]. Gedacht ist also an einen, der – vernünftigerweise – die gespannte Sehne als gerade beurteilt, der folglich in den Versen 21 f. schwerlich als negativ konnotierter, als unaufmerksamer oder böswilliger Hörer gedacht sein wird [. ..]“ (S. 55). Der Schuss wäre also falsch, da die Information zu früh käme, der Rezipient würde mit der Erzählung ‚bedrängt‘ (drunge, 241.27) werden.140 Kern betont, dass die „Praxis des Erzählverfahrens der slehte“ ausführt, was „im poetologischen Exkurs theoretisch begründet wurde“ (S. 58). Bogen und Schuss bedeuten in der praktischen Umsetzung des Erzählens: Der Erzähler hätte ja auch versucht sein können, das Dunkel um den schönen Greis in langen, den Fortgang der Parzivalhandlung unterbrechenden Erklärungen über die Graldynastie zu erhellen; oder er hätte uns Titurels Namen sofort nennen und bei uns 139 Allerdings steht T unter den Vertretern von *T mit dieser korrekten Form alleine da. Die übrigen Vertreter U V W weisen die Negationspartikel nicht auf, vgl. die Lesarten zur Stelle. 140 Vgl. hierzu auch Curschmann, Das Abenteuer des Erzählens, S. 639 f.; Nellmann, Wolframs Erzähltechnik, S. 92, Anm. 73; Harroff, Wolfram and his Audience, S. 83; Haferland, Rezension Stein, ‚wort unde werc‘, S. 316, Anm. 3; Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 104 f. [übersetzt: ‚Wer aber jemandem (?) seine Erzählung zuschießt, erntet notwendigerweise Verdruss davon . . . Meine Mühe wäre ganz verloren, wenn ich den mit meiner Geschichte bedrängte‘]; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Einführung, S. CXVII [Schirok übersetzt: ‚Wer seine Geschichte einem zuschießt, dem sie notwendigerweise (wegen des falsch gewählten Zeitpunkts) ungelegen kommt . . . wenn ich meine Geschichte jemandem (zum falschen Zeitpunkt) aufdrängen würde, dann wäre meine Mühe völlig sinnlos‘]. Vgl. den Überblick über die unterschiedlichen Forschungspositionen zur Stelle bei Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 164 [Komm. zu 241.21].

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erst gar keine Frage aufkommen lassen können. Im einen Fall hätte er umweghaft (nach Art der krümbe des Bogens)141 erzählt und uns dabei von der Parzivalhandlung selbst weggeführt; im andern Fall hätte er uns eine Information gleichsam ‚zugeschossen‘, die zum damaligen Zeitpunkt von uns wohl nur mit geringem Interesse registriert worden wäre, weil wir ihr noch nicht genügend Bedeutung beigemessen hätten (S. 58).

Vor dem Hintergrund dieser geradlinigen Lektüre, die der D-Text sehr wohl zulässt, gilt es nun, den Aussageintentionen der *T-Fassung nachzuspüren. Ein Vergleich der drei Handschriften verdeutlicht zunächst erneut die eigenartige Zwischenposition von T bzw. *T, die diese Handschrift bzw. Handschriftengruppe einnimmt: Zu etwa gleichen Teilen partizipiert sie an Lesarten von D und G, darüber hinaus manifestiert sich ein solch deutlicher Gestaltungswille, dass von einer Fassung im Bumke’schen Sinne gesprochen werden muss. Es ist bezeichnend für diese Fassung, dass der Wortlaut wiederum in jener Passage entscheidend abweicht, die als die eigentliche crux interpretationis zu bezeichnen ist und von deren „Auffassung [...] die Gesamtdeutung des Bogengleichnisses ab[hängt]“.142 In *T lautet sie: wan swer den bogen gespannen siht der senewen er der slihte giht man en welle si zerbrochen denen o so si den schvcz mvz ze vaste menen [T 241.17–20]

Das irritierende Bildelement der Sehne, die zur Beuge gedehnt werden muss, um einen Schuss anzutreiben, ist in *T eliminiert. Stattdessen reißt sie, wenn zu fest geschossen werden soll: ‚Es sei denn, man dehnt sie so, bis sie zerreißt,143 weil sie den Schuss zu stark antreiben soll‘ bzw., etwas freier: ‚Man würde die Sehne aber zerreißen, wenn man den Schuss zu stark antreibt.‘ Die Aussageintention der *T-Verse tritt klar hervor: Wer zu schnell erzählt, indem er zu direkt auf das Erzählziel losgeht (vorauseilt), der scheitert, weil er sprichwörtlich ‚den Bogen 141 In diese Lesart Kerns fügen sich vortrefflich die Verse 805.14–15 aus den Schlusspartien des ›Parzival‹ ein: ez ist niht krump alsoˆ der boge, / diz mære ist waˆr unde sleht. Nicht krumm wie der Bogen wird erzählt, sondern geradlinig (zu ergänzen: wie die Sehne). 142 Schirok, Diu senewe ist ein bıˆspel, S. 29. Einen Überblick über die verschiedenen Deutungsversuche der Verse 241.19–20 gibt Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 162 [Komm. zu 241.19]. 143 Zu zerbrechen in der Bedeutung von ‚zerreißen‘ vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 3, Sp. 1062–1064. zerbrochen ist prädikativ aufzufassen, wobei als Kopula ‚werdend‘ zu ergänzen wäre. Für wertvolle Anregungen zur Auslegung dieser Stelle danke ich Frau Dr. Kathrin Chlench und Herrn Dr. Stefan Müller (Bonn).

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IV Textprofile

überspannt‘.144 In den Versionen von *D und *G wird die Sehne krumm, wenn geschossen werden soll, in *T reißt sie. Da die Sehne aber explizit das ‚vernünftige‘ Erzählverfahren verbildlichen soll, ist, wie ich meine, in beiden Fällen der Schuss als alternatives Erzählkonzept abzulehnen. Das Bild der gerissenen Sehne öffnet freilich seinerseits einen weiteren Deutungshorizont: Die Version von *T lässt in ihrer Formulierung die Möglichkeit eines ‚kontrollierten‘ Schusses offen, bei dem die Sehne nicht reißt. In diesem Falle würde nicht der Schuss an sich abgelehnt, sondern lediglich der zu stark ausgeführte. Da offensichtlich das zentrale Bild des Sehnenrisses im Mittelpunkt stehen sollte, war eine das Normalmaß übersteigende Graduierung des Adverbs vaste nötig, da der Riss im anderen Fall unplausibel hätte erscheinen müssen. Dennoch bleibt diese zweite Deutungsmöglichkeit bestehen, die, in Anknüpfung an die Verse 241.10–11, wie folgt zu beschreiben wäre: Der Bogen ist ‚schnell‘, der – von der Sehne angetriebene – Schuss ist schneller [dann also zu bevorzugen], fällt er jedoch zu stark aus, reißt die Sehne und damit der Erzählfaden. Es ist offenbar ein Wesensmerkmal dieses Gleichnisses, dass selbst eine auf eindeutige Bildhaftigkeit abzielende Version wiederum Mehrdeutigkeit hervorbringt.

IV.2 Episoden im Zusammenhang IV.2.1 Die Trennung Gahmurets von Belakane in *T2 Gahmurets Hochzeit mit der afrikanischen Königin Belakane und sein heimlicher Abschied vollziehen sich in einem solch kurzen Zeitraum, dass sich Fragen nach den Beweggründen und nach den moralischen Defiziten seiner Handlung aufdrängen, zumal Gahmuret die Königin im Zustand bereits deutlich erkennbarer Schwangerschaft zurücklässt.145 Der Erzähler hält sich bedeckt, weder kommentiert, 144 Vgl. die umfassende Belegsammlung bei Singer, Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi, Bd. 2, S. 57 f., Kap. 1.1 ‚(Zu straff) gespannter Bogen bricht (Man soll den Bogen nicht überspannen)‘, u. a. Tu den boghen nicht to ser Ift du des willes bruken mer (Nr. 17; niederländisch); Dehein boge soˆ guot ist, Man müge in spannen, biz er brist (Nr. 19, Freidank); Wan swer den bogen ziehen wil Ze wıˆte uˆz der krefte zil, Der brichet in, als ich wol weiz (Nr. 20, Vorauer Novelle); Er sprach: ‚ist daz dirre bogen Uber die maze wirt gezogen, Er brich enzwei mir in der hant‘ (Nr. 21, o Väterbuch); Den bogen bricht spannen, aber das gemut nachlassen (Nr. 24, S. Franck); Ich denck des sprichwortz unpetrogen: Wen man gar zw hart spant den bogen, So mues er von notwegen prechen (Nr. 29, Hans Sachs). 145 Zur Berechnung des Stadiums der Schwangerschaft vgl. Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 196 [Komm. zu 55.15]: „Belakane ist demnach (41/2 Monate + 12 Wochen = 71/2 Monate) hochschwanger – eine Feststellung, die nicht ohne Konsequenz für

Episoden im Zusammenhang

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noch verurteilt er die Flucht des Helden. Dass diese Tat sehr wohl nach Rechenschaft verlangt, macht erst Feirefiz im Gespräch mit Parzival deutlich: gein mıˆnem vater der gerich / ist mıˆnhalp noch unverkorn (La 750.22–23). Und auch dem Verfasser des ›Jüngeren Titurel‹ ist es nicht verborgen geblieben, dass die Flucht ungesühnt und ohne Konsequenzen für Gahmuret vonstatten ging. Er füllt diese Leerstelle und treibt zugleich seine eigene Dramaturgie voran, indem er bei Tschionatulanders Ankunft in Zazamanc die Mohren Gahmurets Wappen erkennen und nach Rache verlangen lässt: Umb unser werden vrouwen. diu was ein kron der tugende, die Gamuret verhowen mit tode hat in vreude gernder jugende, und lie si und ir kint verweist kebsliche. ir solt in siner varwe geniezen lan, die er im treit so geliche. (2595)

Die Mohren werden in der Schlacht von Tschionatulander besiegt. Seine Bitte, den kleinen Feirefiz zu sehen, wird jedoch abgelehnt, da man befürchtet, dass sein merkwürdiges geflecktes Aussehen (siner varwe underbinde 2663,2) von Tschionatulander als Schmach aufgefasst würde (daz iz in duhte smehe 2663,2). Im ›Jüngeren Titurel‹ wurde zu Ende geführt, was bei Wolfram offen blieb. Über die Motivation von Gahmurets Treuebruch wurde viel gerätselt. Weitgehend einig ist man sich darin, dass der von Gahmuret selbst genannte Grund der Verschiedenheit der Religionen ein Vorwand ist.146 Als Beweggründe nannte Alfred Ebenbauer „‚Eheunlust‘ und rassisches Ressentiment“, wobei er den Akzent auf letzteren setzte.147 Da der Erzähler sich einer Begründung enthält, wird Gahmurets ‚Schuldkonto‘ ist [. . .].“ Zu abweichenden Berechnungen vgl. ebd., S. 195 f. 146 Vgl. u. a. Richey, Gahmuret Anschevin, S. 23; Panzer, Gahmuret, S. 9f.; Schumacher, Die Auffassung der Ehe in den Dichtungen Wolframs von Eschenbach, S. 27 ff.; Wiegand, Studien zur Minne und Ehe in Wolframs Parzival und Hartmanns Artusepik, S. 258ff; Gibbs, Wıˆplıˆchez wıˆbes reht, S. 88; Brall, Gralsuche und Adelsheil, S. 187; Ebenbauer, Es gibt ain mörynne vil dick susse mynne, S. 21; Nellmann, Kommentar, S. 483 [zu 55.25 f.]; Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 198 f. [Komm. zu 55.25; mit Forschungsüberblick]; Raucheisen, Orient und Abendland, S. 69; CliftonEverest, Wolframs Parzival und die chanson de geste, S. 703 f.; Fritsch-Rößler, Finis Amoris, S. 184; Emmerling, Geschlechterbeziehungen in den Gawan-Büchern des ›Parzival‹, S. 217 und Anm. 23; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 48; Hatheyer, Gahmuret und Belacaˆne: Gescheiterte Liebe wegen verschiedener Konfessionen?, bes. S. 223. Hingegen wendet sich u. a. Sproedt, Gahmuret und Belacane, S. 57–82, gegen die Annahme, die Aufforderung zur Konversion sei ein bloßer Vorwand Gahmurets, um Belakane zu verlassen. 147 Vgl. Ebenbauer, Es gibt ain mörynne vil dick susse mynne, S. 21 ff. Ebenbauer wendet Gahmurets eigene Worte (91.4 ff.) gegen den Sprecher: „Gahmuret verrät das wahre Motiv seines Handelns, indem er es ohne Notwendigkeit ablehnt“ (S. 23).

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IV Textprofile

diese Frage nicht abschließend zu klären sein. In jedem Fall ist Gahmurets Verhalten in seiner Herkunft (art) angelegt: Von seiner Stammmutter, der Fee, hat Gahmuret „die besondere Disposition für die minne geerbt“.148 Walter Haug spricht gar von Parzivals „erotisch-fatalem Familienhintergrund“.149 Nur Parzival entspricht nicht dieser im Geschlecht angelegten Neigung zur minne und damit auch zur ehelichen Untreue; gerade dadurch erfüllt er eine Grundbedingung des Gralkönigtums.150 Feirefiz hingegen, der seinen Vater mit Vorwürfen zu konfrontieren gedachte, folgt exakt Gahmurets Vorbild, indem er seine heidnische Ehefrau Secundille verlässt und Repanse de Schoye heiratet. Das Ende des ›Parzival‹ lässt die Trennung des Christen Gahmuret von der Heidin Belakane allerdings als Notwendigkeit erscheinen: „Was damals ein fadenscheiniger Vorwand schien, bekommt am Ende der Dichtung eine heilsgeschichtliche Bedeutung“,151 die sich, wie die Verse 822.23–823.1 deutlich machen, in der Christianisierung des Orients manifestiert.152 Der Analyse der Darstellung dieser so folgenschweren Trennung in der Textfassung *T2 sind die folgenden Ausführungen gewidmet. Als Vergleichstexte werden mit den Handschriften D und G die Haupthandschriften der Fassungen *D und *G herangezogen. Schon kurz nach der Hochzeit mit Belakane verspürt Gahmuret den Drang zur Ritterfahrt, was den Anschouwe in einen schweren Gewissenskonflikt stürzt. Die Trennung von Belakane steht unmittelbar bevor:

148 149 150 151 152

Masser, Gahmuret und Belakane, S. 116 f., bezeichnet den Begriff des ‚rassischen Ressentiments‘ als „vielleicht doch zu modern und in seinem an gegenwärtigen Verhältnissen (und Vorstellungen) orientierten Vorverständnis zu determiniert“, was angesichts von Ebenbauers Belegsammlung (S. 25ff.) für die Verteufelung der schwarzen Hautfarbe in der mittelalterlichen Literatur verwundert. Vgl. auch Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 47 f.: „Gahmuret macht kein Hehl aus seiner Geringschätzung für Menschen mit dunkler Hautfarbe [. . .]. Der Erzähler geht noch weiter, indem er den Schwarzen ein Bewußtsein ihrer Minderwertigkeit zuschreibt (22,8 f.). Es ist kein Widerspruch, wenn gleichzeitig die dunkle Hautfarbe als sexuell attraktiv geschildert wird.“ Nellmann, Kommentar, S. 485 [zu 56.18 f.]. Haug, Lesen oder Lieben?, S. 312. Zur unterschiedlichen Anlage von Vater und Sohn im Umgang mit den Frauen vgl. die knappe und präzise Darstellung bei Schmid, Wolfram von Eschenbach: ›Parzival‹, S. 181–184. Bumke, Parzival und Feirefiz – Priester Johannes – Loherangrin, S. 245, Anm. 14. Vgl. ebd., S. 244 f. Der Bedeutung der Gahmuret-Handlung für die Gesamtstruktur des Werkes hat Hartmann (Gahmuret und Herzeloyde, Bd. II, S. 394– 415 [Exkurs IV: ‚Den twanc diu Gahmuretes art und angeborniu manheit. Überlegungen zur Funktion der Vorgeschichte innerhalb der Erzählwelt des ›Parzival‹‘] herausgearbeitet.

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Episoden im Zusammenhang e

54.17 da was der stolze chvne man. vnz er sich vaste senen began. daz er niht riterschefte vant. 20 des was sin frevde sorgen phant. och was im daz swarze wip. noch lieber denne sin selbes lip. ez enwart nie wip geschichet baz. v der frowen herze nie vergaz. o 25 im enfvre ein werdiv volge mite. o an rehter chvsche wiplich site. [D 54.17–26]153

da was der kvene stolze man vnzer sich seˆre senen began dc er niht riterscefte vant o v des stvnt sin vrode sorgen pfant iedoch was im dc swarze wip lieber danne sin selbes lip ezen wart nie wip gepriset baz v der vrowen herze niht vergaz im vuere ein werde volge mite an rehter kvsce wiplich site. [T = *T2]

v

do was al da der chone man. vnzer sich sere senen began. daz er niht riterscefte vant. v des was sin frode sorgen phant. doch was im daz swarze wip. lieber dane sin selbes lip. ez wart nie wip geschichet baz. v der frowen herze niht vergaz. v iren fore rehtiv maze mite. an reiner zuhte wiblich site. [G]

Laa. *T: 54.17 stolze kue ne U V W. 54.18 Vnd (Vntze dz V Vntz W) er sich vaste senen began U V W. 54.20 Des was sin vreide (froe de V) der sorgen pant (pfant V) U V Des was sein froe de gar sein pfand W. 54.23 ezen] Auch ward W gepriset] geschicket U V W. 54.24 niht] [nie] V W. 54.25 im] Ir W invuo re U enfue re V. 54.26 ein wiplich U V W site] wip U.

Gahmurets senen nach ritterlicher Bewährung wird nach kurzer Zeit so stark, dass seine vreude darunter leidet (54.17–20). Gedacht ist offenbar an eine Ritterfahrt in Europa, denn sonst müsste die Liebe zu seiner schwarzen Frau, die der Erzähler hervorhebt (54.21–23), nicht zu diesem senen in Widerspruch stehen. Der Erzähler veranschaulicht Gahmurets inneren Konflikt, indem er die Vorzüge Belakanes hervorhebt. In D und G gilt sein Lob zunächst ihrer äußeren Erscheinung (ez enwart nie wip geschichet baz D G 54.23), in *T2 hingegen allgemeiner ihrem Ruhm bzw. dem Preis ihrer Schönheit (ezen wart nie wip gepriset baz T 54.23). Dann wendet er sich Belakanes innerer Schönheit – ihrer Tugendhaftigkeit – zu,154 wobei D und T versus G in der Textformulierung der Verse 54.24–26 differieren: Während in D und T „kiusche [. ..] und site [...] als ständige Begleiterinnen des edlen Herzens Belakanes gedacht [werden]“,155 bezieht G die Tugenden der maze und zuhte direkt auf die Herrscherin und verlässt somit die metaphorische Ebene des Herzens. Das Verlangen nach ritterlicher Bewährung behält die Oberhand, und Gahmuret segelt des Nachts davon:

153 Lachmann folgt in dieser Passage hauptsächlich D, in den Versen 54.21–22 jedoch G. Es ging ihm vermutlich darum, die Gegensätzlichkeit von Gahmurets Neigungen durch die deutlichere Konjunktion doch hervorzuheben. 154 Die Beschreibung Belakanes entspricht somit der in der Frauenpassage des Prologs vorgegebenen Reihenfolge, wo ebenfalls zunächst die äußere, dann die innere Schönheit der Frau thematisiert wird. 155 Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 194 [Komm. zu 54.25].

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IV Textprofile o

55.11 die naht fvr dan der werde man. daz wart verholne getan. do er entran dem wibe. do hete si in ir lıˆbe. 15 zwelf wochen lebendich ein kint. vaste ment in dan der wint. [D 55.11–16]

o

die naht vur dan der wise man dc wart verholne getaˆn do entran er dem wibe die hete in ir libe wol zwelf wochen lebende ein kint vaste treip in dan der wint [T = *T2]

v

die naht for dan der werde man. daz wart verholne getan. do er entran dem wibe. do hetse in ir libe. zwelf wochen lebendch ein chint. vaste mente in dan der wint. [G]

Laa. *T: 55.11 Jn der nacht U [Bi] der naht V wise] werde U V W. 55.13 Do (Das V) er endran (entran V W) U V W. 55.14 Do hatte sie in ir liebe (ir libe V irm leibe W) U V W. 55.15 Zwolf (Zwelf V W) wochen ein lebendic (lebende V lebendes W) kint U V W. 55.16 treip] wate U fuo rte V W.

Marion E. Gibbs wunderte sich über die Wahl des Gahmuret zugeschriebenen Epithetons im Augenblick der Flucht: „even when Gahmuret is leaving Belakane and her unborn child, he [Wolfram] describes him as ‚der werde man‘ (55,11), where there is no reason to suppose that he is using the adjective ironically.“156 Nun darf der Wahl der einen mittelalterlichen Helden charakterisierenden Adjektive aufgrund ihres häufig stereotypen Gebrauchs keine übertriebene Bedeutung zugemessen werden, doch überrascht es einigermaßen, dass Gahmuret in *T2 nicht als der werde, sondern vielmehr als der wise man angesprochen wird. Der Redaktor hebt offensichtlich die umsichtige Planung des Fluchtmanövers hervor, indem er Gahmuret als ‚klug‘157 bezeichnet und damit einen Bezug zum Adverb verholne158 des Folgeverses herstellt. Gahmurets Handlung scheint demnach positiv bewertet zu werden, während das D/G-Epitheton werde über keine oder allenfalls nur geringe Aussagekraft verfügt. Stilistisch ist der Passus in *T2 gelungener gestaltet als in D und G – und somit in Lachmanns Text –, da die zweifache Einleitung eines Satzteils mittels des Temporaladverbs doˆ (55.13 und 14) durch einen abweichenden Satzaufbau (Personalpronomen statt Adverb 55.14) vermieden wird. Gahmuret hat Belakane einen Abschiedsbrief hinterlegt, in dessen erstem Teil der Grund für seine Flucht genannt wird:

156 Gibbs, Wıˆplıˆchez wıˆbes reht, S. 87. 157 Zum Bedeutungsspektrum von wıˆse vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 3, Sp. 936. 158 Zum vielleicht „bewußt strukturgebenden Einsatz des Wortes“, das erstmals explizit den Zusammenhang von Abschied und Heimlichkeit herstellt, vgl. Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 195 [Komm. zu 55.12], und Harroff, Wolfram and his Audience, S. 90 f.

Episoden im Zusammenhang 55.21 (H) ie enbivtet liep ein andr liep. ich bin dirre verte ein diep. die mvo se ich dir dvrch iamer steln. frov we ine mach dich niht verheln. 25 wære din ordn in miner eˆ. so wære mir immer nach dir we. vn¯ han doch immer nach dir pin. [D 55.21–27]

H ie enbıˆvt liebe ein ander liep ich bin diner verte ein diep die mvo sich dir dvrch iamer steln ichn mac mich niht geheln weˆre din orden in miner eˆ so weˆre mir iemer nach dir weˆ ich han svs iemer nach dir pin [T = *T2]

Laa. *T: 55.22 diner] dirre U V der W. 55.23 dvrch] vor W. vreuo we nit verhelen U V W. 55.27 ich han doch W.

299 hie enbivt liep ein ander liep. ich pin dirre verte ein diep. die mov se ich dir dur iamer stelen. ichne mach diches frov we niht ferheln. ware din orden in miner e. so wære mir imer nach dir we. vnde han sus imer nach din [!] pin. [G]

55.24 Jch in (in fehlt W) mac (enmag V) diches (dirs V W)

Der Beginn des Briefes wird in D durch eine Initiale und in T durch eine herausgerückte Majuskel hervorgehoben. Die Grußformel entspricht dem Usus mittelalterlicher Liebesbriefe.159 Allerdings ist sie so mehrdeutig formuliert, dass Einstimmigkeit über den exakten Wortlaut auf der Basis der Handschriften D und G kaum zu erreichen sein wird.160 Eindeutiger präsentiert sich *T2, da hier das Objekt als ‚Liebe‘ (also nicht: ‚Liebste‘) erkennbar ist. Der Vorschlag von Nellmann161 und Noltze162 hat für *T2 Gültigkeit: ‚Hier entbietet Liebe ein Liebster‘. Einer wörtlichen Übertragung entziehen sich auch die folgenden Verse 55.22–23, doch ist ihre Aussageintention erkennbar: ‚Ich stehle diese Fahrt‘, was wohl auf die Redewendung ‚sich davonstehlen‘ Bezug nimmt.163 Die *T2-Formulierung dıˆner verte ist in diesem Kontext nicht leicht zu verstehen; vielleicht ist gemeint, dass Gahmuret die Reise ohne Belakane unternimmt und somit gewissermaßen ‚ihre Fahrt‘ stiehlt. Ein völlig anderer Akzent wird in Vers 55.24 (ichn mac mich niht geheln) gesetzt: 159 Zahlreiche Variationen solcher Eingänge von Liebesbriefen bietet nun die Ausgabe von Cescutti / Steger, Und wärst du doch bei mir. Vgl. etwa Amans amanti amoris viriditatem (S. 80, Nr. 48). Zum Brief im höfischen Roman vgl. Wand-Wittkowski, Briefe im Mittelalter; zuletzt Ernst, Facetten mittelalterlicher Schriftkultur, S. 72–127 [zum ›Parzival‹, der laut Ernst in Relation zu Wolframs Vorgängern eine verhältnismäßig große Zahl an Briefen enthält, vgl. S. 97–100]. 160 Stellvertretend seien zwei Vorschläge angeführt: „Das erste liep n. ‚der, die Liebste‘; das zweite = liebe“ (Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel [ed. Martin], Bd. 2, S. 63 [Komm. zu 55.21); „Das erste liep ist dat. im konkreten Sinne von dem Liebsten, und daraus ist dem Sinne nach ein gleichbedeutendes liep, aber nom. zu ergänzen nach ein ander; das zweite liep acc. (abhängig von enbiutet) im abstrakten Sinne von Liebes, Liebe. Es ist ein Wortspiel, und der Satz hieße vollständig: hie enbiutet einem liebe daz ander liep liep“ (Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. [ed. Bartsch-Marti], 1. Teil, S. 69 [Komm. zu 55.21]. 161 Nellmann, Kommentar, S. 483 [zu 55.21]. 162 Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 197 [Komm. zu 55.21]. 163 Noltze, ebd., S. 197 [Komm. zu 55.22], weist darauf hin, dass Heinrich von Veldeke in der ›Eneit‹ das gleiche Bild verwendet: leider jaˆ welt ir hinnen varen verholenlıˆchen alse ein diep (Verse 67,40– 41). Zum Wortfeld ‚(ver)steln, stelehaft, (un-)verstoln; diep, diube‘ in der mittelhochdeutschen Literatur vgl. Mersmann, Der Besitzwechsel und seine Bedeutung, S. 95 f.

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IV Textprofile

Während dieser Vers in D und G als Einleitung der Folgeverse fungiert, rundet er in *T2 das Bild von der Flucht (55.22–24) ab, was folgende Aussage ergibt: ‚Ich stehle mich davon, [auch wenn] ich mich [eigentlich] nicht verstecken mag.‘164 Es folgt der in den Handschriften weitgehend gleichlautende Passus 55.25–27, der die Glaubensverschiedenheit als eigentlichen Grund der Flucht vorschiebt.165 Der zweite, bei weitem umfassendere Teil des Briefes enthüllt dem noch ungeborenen Kind seine Herkunft. Da es zu keiner Begegnung Vater – Sohn mehr kommen sollte, trägt er den Charakter eines Vermächtnisses: 55.28 werde vnser zweier kindelin. an dem antlvzze einem man gelich. deiswar der wirt ellens rich. 56.1 er ist erborn von Anschov we. div minne wirt sin frov we. so wirt aber er an strite ein schvr.166 den vienden herter nachgebvr. 5 Wizzen sol der svn min. sin an der hiez Gandin. der lach an riterschefte tot. des watr [!] leit die selben not. der was geheizen Addanz. 10 sin schilt beleip vil selten ganz. der was von arde ein bertvˆn. er vnde Vtepandragvˆn. wæren zwaier gebrvo dr kint.167 die bede al hie geschriben sint. 15 daz was einer Lazalıˆez. Brickvs der andr hıˆez. der zweier vatr hıˆez Mazadan. den fvo rt ein Feie in Morgan.168 div hiez Terre de lascoˆye.169 20 er was ir herzen boˆye. von in zwein chom geslehte min. daz immer mer git lıehten schin. ieslicher sider chrone trvo ch. vn¯ heten werdecheit genvo ch. 25 frov we wil dv tov fen dich. dv maht ov ch noch erwerben mich. [D 55.28–56.26]

werde vnser zweir kindelin an dem libe einem man glich benamen der wirt ellens rich er ist geborn von Anschov we div minne wirt sin vrov we vn¯ wirt an strıˆte ein werlich wer sin vater ist com ¯¯ von kvnegen her dar zvo wizze der svn min sin ane der hiez Gandin der lac an riterscefte toˆt des vater leit die selben not der waz geheizen Andanz sin scilt bleip vil wenic ganz vn¯ was von art ein britvˆn er vnd Vtpandragvn waren zweir brvo der kint die beide hie gescriben sint da was einer lazaliez Pricvs der ander hiez der zweir vater hiez mazadan der vuo rte ein Feimorgan div hiez terre de lascoıˆe er was ir herzen boıˆe von in zwein com dc geslehte min dc iemer me git liehten schin ieglicher sıˆt croˆne trvo c vn¯ heˆten werdekeite gnvo c vrouwe wiltu toˆvfen dich dv maht vil wol erwerben mich [T = *T2]

werde vnser zweiger chindelin. anme libe einem man gelich. des war der wirt ellens rich. geboren von anschov we. div minne wirt sin frov we. so wirt aber er an strite ein schur. den vinden ein herter nahgebur. wizen sol der sun min. sin ene der hiez Gandin. der lach an riterschefte tot. des vater leit die selben not. der waz geheizen adanz. sin schilt beleip vil selten ganz. vnde was von arde ein brituˆn. er vnd vpandragvn. waren zweier brov der chint. die bede al hie geschriben sint. daz was einer lazaliez. pricurs der ander hiez. der vater hiez ov ch mazadan. den fov rte ein phimurgan. div hiez terdilatschoie. er was ir herzen boige. von den zwein chom geslaht min. daz imer me git liehten schin. ieslicher sunder krone trov ch. vnde heten werdcheit genov ch. frov we wil dv tov ffen dich. dv maht noch wol erwerben mich. [G]

Laa. *T: 55.28 Were U. 55.29 libe] antlitze U V W. 55.30 Des war der wirt also (ellenz V) rich U V Des war der ellends rich W. 56.1 antschowe W. 56.3 So wirt vch ( fehlt W) er (er aber V) an strite (ritterschefft W) ein schuo r U V W. 56.4 Den vinden ein herte (herter V W) nachgebuo r U V W. 56.5 Wizze (Wissen V W) sol U VW. 56.6 Sein ane hieß gaudin W. 56.7 der] Vnd U V W. 56.9 audantz W. 56.10 wenic] selten U V W. 56.12 Vterpandragun V W. 56.14 alhie U V. 56.15 Daz was ein (einer V) U V Das was einer lioließ W. 56.16 Prichur W. 56.17 Der vater der hiez Mazadan U der hiez V. 56.18 Den vuo rte ein vin norgan U den fuo rte ein feimurgan V Den fuo rte frauwe feimurgan W. 56.19 Terdel Adschoie U Terdel[aschoie] V terdel adschonye W. 56.20 bole U Die minne was sein boye W. 56.21 in zwein] im U W. 56.26 vil wol] auo ch (ov ch V) noch U V.

164 Vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 1, Sp. 788: gehe¨ln stv. refl. ‚sich verbergen‘. 165 Dazu ausführlich Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 198–200 [Komm. zu 55.25]. 166 ab er La. 167 waˆren zweier bruoder kint La. 168 feie in Feimurgaˆn La. 169 Terdelaschoye La (mit G).

Episoden im Zusammenhang

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Die wichtigste Mitteilung, die der Vater seinem Kind hinterlässt, betrifft dessen angevinische Herkunft und steht entsprechend am Beginn des Briefes.170 Dann werden die Implikationen, die diese Abkunft mit sich bringt, benannt: minne und strıˆt. Bereits hier weicht der Text von *T2 beträchtlich von den Vergleichshandschriften ab: Während in D und G insgesamt drei Verse benötigt werden, um diese zentralen Themen einzuführen, sind es in *T2 hingegen nur zwei. Die dem Geschlecht innewohnende, das normale Maß weit übersteigende Leistungsfähigkeit im Kampf wird in beiden Versionen mit eindringlichen Bildern beschrieben. D und G präsentieren den angevinischen Sprössling als angehende Naturkatastrophe (so wirt aber er an strite ein schvr D 56.3 = G), und eben dieses Bild171 wird später auch für seinen Bruder Parzival verwendet: er schuˆr der rıˆterschefte (La 678.22).172 Für das zweite Bild des ‚bösen Nachbarn‘, der Feirefiz seinen Feinden sein werde (den vienden ein herter nachgebvr D 56.4 = G), konnte Singer Parallelen aus der französischen Literatur nachweisen.173 *T2 deckt die strıˆtThematik mit dem Vers vnd wirt an strıˆte ein werlich wer ab. Diese Wendung ist im ›Parzival‹ sonst nicht nachzuweisen, obgleich sowohl das Adjektiv als auch das Substantiv häufig Verwendung finden.174 Der anschließende Vers leitet über zu den nun folgenden genealogischen Ausführungen, wobei die königliche Abkunft des Geschlechts hervorgehoben wird: sin vater ist comen von kvnegen her (T 56.4). Dass *T2 eine abweichende strukturelle Anlage dieser Passage zugrunde liegt, wird durch das den Folgevers einleitende Pronominaladverb deutlich, das den vorangegangenen Vers (königliche Abstammung) mit den nachfolgenden Versen (Nennung der Könige) verbindet (dar zvo wizze der svn min T 56.5). Die nun folgende umfassende175 Ahnenreihe, deren Glieder mit Ausnahme von 170 Eine syntaktische Analyse der Eingangsverse des Briefes (56.2– 6) findet sich bei Horacek, Kunstprinzipien der Satz- und Versgestaltung, S. 52. 171 Das Bild des Hagels wird im ›Parzival‹ in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet: Vgl. der freuden schuˆr (La 313.6), ungelückes schuˆr (371.7), ein sunnenblicker schuˆr (514.20), der minnen schuˆr (587.13). 172 Vgl. auch den beide Brüder charakterisierenden Vers: dise zweˆne [Parzival und Feirefiz] waˆrn uˆz krache erborn (La 738.21). 173 Vgl. Singer, Wolframs Stil und der Stoff des Parzival, S. 41. 174 Für weˆrlich existieren 44, für wer 97 Belege; vgl. Hall, A Complete Concordance to Wolfram von Eschenbach’s ›Parzival‹, S. 414 f. und 411. Im ›Willehalm‹ (ed. Werner Schröder) findet sich u. a.: noch wert mich: ich bin werlich (178.29); nu habt ouch eigen riuwe / nach den die iuwer riche / werten werliche (180.20–22). Die Wendung weˆrlich wer ist u. a. bei Rudolf von Ems, Alexander (ed. Junk) (mit wer diu was soˆ werlich, Vers 2932) nachzuweisen. 175 Dazu Sutter, mit saelde ich gerbet han den gral, S. 52: „Für keine der anderen handlungstragenden Familien wird auf knappstem Raum der ‚Lignage‘ so komplett dargelegt, wie es in diesem Brieftext für den Zweig Anschouwe und den Zweig Bertane bis Utepandragun geschieht. Die Verwandtschaftsbeziehungen der anderen

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IV Textprofile

Utepandragun vor Wolfram in der Artustradition nicht vorkommen,176 wird eingeleitet durch Gandin, der im ritterlichen Kampf – und, was erst später zur Sprache kommt, zugleich im Minnedienst – den Tod gefunden habe.177 *T2 enthält einige Namensvarianten, die als Präsumptivvarianten angesehen werden können.178 Gahmurets Großvater heißt in *T Andanz (T U) bzw., wohl aufgrund einer im Überlieferungsprozess häufig anzutreffenden Verwechslung von ‚n‘ und ‚u‘, Audantz (V W). Diese Formen sind im Grunde weder mit dem keltischen Namen Aeddan, der in den ›Annales Cambriae‹ vorkommt, noch mit dem Adanz aus der ›Krone‹ Heinrichs von dem Türlin oder dem Adaˆn aus dem ›Wigalois‹, die Nellmann als mögliche Bezugspunkte anführt,179 vereinbar. Die Herkunftsangabe bertvˆn, die Lachmann in den Text setzt, ist eine Eigenart von D bzw. des Fragments 1; die Mehrzahl der Handschriften, so auch jene von *T und sämtliche Handschriften des ›Jüngeren Titurel‹,180 lesen stets das plausibler wirkende britvˆn.181 Bemerkenswert ist die unscheinbare, aber doch abweichend akzentuierende Formulierung sin scilt bleip vil wenic ganz (*T2) im Unterschied zu vil selten in D und G: Während die Formulierung in D und G auf die zahlreichen Kämpfe anspielt, die Ad(d)anz bestritten hat, verweist der Vers in *T2 auf den Umstand, dass Andanz bei einer kriegerischen Auseinandersetzung den Tod fand. Verblüffend ist die Varianz des Namens Uterpandragon, wie der Vater des Artus bei Chre´tien heißt,182 da der Name doch als bekannt vorausgesetzt werden darf. Doch liest D Vtepandragvˆn (= Lachmann), G gar nur Vpandragvn und *T2 durchgängig Vtpandragvn, während die *T-Handschriften V und W ‚richtig‘ Vterpandragvn aufweisen. Der Grund für die eigenartige Schreibung von *T2

176 177 178 179

180 181

182

Familien erschließen sich im Vergleich hierzu nur im Verlauf der fortschreitenden Handlung – gleichsam analytisch.“ Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 484 [zu 56.5–24]. Vgl. hierzu ausführlich Schöller, Minne-Fragmente. Vgl. auch die Zusammenstellung jener Personennamen des Fragments 6, die nach Palmer, Zum Liverpooler Fragment von Wolframs ›Parzival‹, S. 180 f., als Präsumptivvarianten zu werten sind. Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 484 [zu 56.9]. Weitere Vorschläge bei Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 201 f. [Komm. zu 56.9]. Martins Vermutung einer Verballhornung von Adam erscheint mir zu weit hergeholt (Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel [ed. Martin], Bd. 2, S. 64 [Komm. zu 56.9]). Vgl. Zatloukal, Die Eigennamen im ›Jüngeren Titurel‹, Bd. 1, S. 171 ff. (‚Britoneis‘, ‚Brituneiser‘, ‚Britoneiser‘) und S. 173 f. (‚Britun‘). Vgl. hierzu auch Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 41 f., Anm. 63 und 66. Gemeint ist wohl ‚Brite‘, vgl. Nellmann, Kommentar, S. 484 [zu 56.11], und Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 202 [Komm. zu 56.11]. Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 484 [zu 56.12].

Episoden im Zusammenhang

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dürfte am ehesten im Verlust des ‚er‘-Kürzels in einer Vorstufe zu suchen sein.183 Allerdings findet sich die Form Vtpandragvn auch in den ›Iwein‹-Handschriften D und B, Urpandragon in ›Yvain‹ G.184 Der mutmaßliche185 Vater Utepandraguns heißt in *T wie in *T2 Pricus (W: Prichur). Das anlautende bairische186 p-, das sonst nur die Handschrift G aufweist, ist ein Merkmal der *T-Namensform.187 Sonst gleicht der Name der in D ausgewiesenen Form, während G pricurs liest, andere *G-Handschriften Bricurs. Der *T-Name ist somit noch weiter entfernt von den an der Pseudohistorie angelehnten Deutungsversuchen wie z. B. Britus188 oder Brutus,189 die sich mit der Annahme bloßer Erfindung durch Wolfram für diese genealogisch so bedeutsamen Figuren nicht zufrieden geben wollen.190 Die Frau des Mazadan und Ahnfrau des Geschlechts wird in den Handschriften ganz unterschiedlich benannt. Der Grund liegt in der eigenwilligen Namengebung durch Wolfram, der offenbar den eigentlichen Namen der Fee, Morgana, zu einem Ländernamen umfunktionierte (Famorgan) und die Fee selbst mit einem Namen versah, der eher an einen Ort gemahnt (Terredelaschoye).191 183 Vgl. etwa Vtpandragvn in Handschrift V. 184 Vgl. die Aufstellung der abweichenden Namensformen in den Texten Wolframs, Hartmanns und Chre´tiens bei Wand, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, S. 117. 185 „Welcher der beiden Brüder Vater des Addanz ist, wird auch nicht gesagt.“ – Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 64 [Komm. zu 56.15–16]. Die Reihenfolge der Nennung ist ein Indiz dafür, das Brickus der Vater Utepandraguns ist, vgl. auch Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 203 [Komm. zu 56.16]. Eine bemerkenswerte Beobachtung findet sich bei Sutter, mit saelde ich gerbet han den gral, S. 52. Sutter vermutet ebenfalls die Abfolge Addanz – Lazaliez und Utepandragun – Brickus, gestützt auf den Gebrauch der a- bzw. u- und oVokale in den Namen: „Die Ansicht erhält Unterstützung durch lautliche Beobachtungen, die sich an den Namen machen lassen, nämlich die auffällig vorherrschenden a-Laute der Stammreihe Anschouwe: Mazadan – Lazalies – Addanz – Gandin – Gahmuret (in Parzival fortgesetzt) im Unterschied zu den u- und o-Lauten der Stammreihe Bertane: Brickus – Utepandragun – Artus (fortgesetzt in Ilinot). Der Trennung der beiden Zweige Bertane und Anschouwe nach dem Stammvater Mazadan entspräche also auch ein Unterschied in der Klangfärbung der Namen.“ 186 Vgl. Paul, Mittelhochdeutsche Grammatik, § E 26.2. 187 Das *T-Fragment 26 liest ebenfalls priz[lian]. 188 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 64 [Komm. zu 56.15–16]. 189 Vgl. Kolb, Rezension Werner Schröder, Die Namen im Parzival und Titurel Wolframs von Eschenbach, S. 269. 190 Weitere Deutungsversuche sind angeführt bei Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 202f. [Komm. zu 56.16]. 191 Martin, Zur Gralsage, S. 8, hielt eine Verwechslung mit der „Fee Morgain und

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IV Textprofile

Die dadurch entstandene Irritation hat sich in den Handschriften niedergeschlagen. Bereits Martin bemerkte, dass in *m die Namen teilweise ‚richtig‘ zugeordnet sind;192 so liest etwa die Handschrift m 56.18–19 Den furte ein feie hies morgan / Jn terre dela scoie, und auch die m-Verse 585.14–15 weisen diese Lesung auf: Do her von mazadane / Den die reine murgane / Jn tere do laschoie fuxrte. Dagegen, dass sich in *m die ursprüngliche Lesart erhalten haben könnte, spricht allerdings, dass in den Versen 400.8 (Fur den berg ze famorgan Hs. m) und 496.8 (Vor dem berge famorgan Hs. m) der Name doch wieder in topographischer Funktion verwendet wird. Im ›Jüngeren Titurel‹ wird die Fee nur einmal erwähnt: Sie trägt dort ebenfalls nicht den ‚Wolfram’schen‘ Namen, sondern heißt vielmehr nach Ausweis der Handschriften feimurga oder femurga.193 Lachmann hat sich bei der Textherstellung an Handschrift D orientiert, in der Morgan als Ortsname aufgefasst wird. Er dürfte bei seinen Überlegungen von den Versen 585.14–15 – die in D den ce Famvrgane / Terre de lascoye fvorte lauten – ausgegangen sein und in der Folge den D-Vers den fvort ein Feie in Morgan (56.18) ihr[em] Land Terre de joie“ für die wahrscheinlichste Erklärung. Daneben zog er einen Bezug auf die Landschaft Glamorgan in Süd-Wales in Betracht (ebd.). Spaarnay, Feimurgaˆn, S. 255 f., vermutete, Wolfram habe den mutmaßlich falschen Gebrauch des Namens bei Hartmann – der aus der Fee Morgue zwei Personen (eine ‚feine Marguel‘ und eine ‚Feimurgaˆn‘) machte – parodiert, indem er den Namen noch zusätzlich verfälschte [vgl. hierzu die Einwände von Wand, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, S. 128 f.]. Nach Wand, ebd., S. 129, gehe es Wolfram vielmehr „durch die Widersprüche seiner Namenwahl um die geplante Desillusionierung einer vermeintlich realen literarischen Wirklichkeit. Die Demonstration des Wahrheitsanspruchs des Erzählten durch genealogische Verweise wird ironisiert.“ Auch H. Rosenfeld, Die Namen in Wolframs ›Parzival‹, S. 45, dachte an „ein eigenwilliges Spiel des Dichters mit seinem Publikum“; ähnlich Reichert, Gewollte oder ungewollte Mißverständnisse um 1200?, S. 284 f. („[. . .] wir erleben seinen [Wolframs] spielerischen Ausdruck von ‚Verdrehen‘ für ‚Übersetzen‘ hier auf der Ebene der Namengebung [. . .]“). Nellmann, Kommentar, S. 486 [zu 56.18 f.], hob hingegen hervor, dass „die Fiktivität der Parzival- und Artuswelt überdeutlich betont“ und dass der Stammbaum Parzivals nicht der geeignete Ort für spielerische Bezüge wäre. „M. E. konnte Wolfram Feimorgan als Personennamen hier nicht brauchen, a) weil die Fee – als (Stief)Schwester des Königs Artus – zeitlich festgelegt ist; b) weil die Fee in Hartmanns ›Erec‹ sich auf magische Künste versteht und als ‚Gefährtin des Teufels‘ (5205) bezeichnet wird. Als solche taugt sie absolut nicht zur Ahnfrau Parzivals. Warum freilich ihr Name als Ortsname verwendet wird, ist damit nicht erklärt.“ Zu Gebrauch und Herkunft des Namens in Hartmanns ›Erec‹ vgl. auch die Angaben in den Ausgaben von Scholz, bes. S. 703 [Komm. zu 1933 f.] und 811 f. [Komm. zu 5156], und Mertens, S. 665 f. [Komm. zu 5153 ff.]. 192 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 1, Vorrede, S. XXXII f. 193 Vgl. Zatloukal, Die Eigennamen im ›Jüngeren Titurel‹, Bd. 1, S. 206.

Episoden im Zusammenhang

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gegen die Überlieferung zu den fuort ein feie in Feimurgaˆn konjiziert haben. Die *G- und *T-Handschriften erwecken den Eindruck, als sei an dieser Stelle eher ein Feengeschlecht als ein Ortsname gemeint: G liest den fovrte ein phimurgan, T wiederum der vuorte ein Feimorgan.194 Der eigentliche Name wird dann im Folgevers genannt: div hiez terdilatschoie (G) bzw. div hiez terre de lascoıˆe195 (T). Die Verse 400.7–9 lauten in T: sin geslehte sante Mazadan / vur den berc ze Feıˆmorgan196 / sin art was von der Feien. Das Verspaar 469.7–8 (ich haˆn ouch manege tjoste getaˆn / vor dem berc ze Faˆmorgaˆn La) fehlt in *T*QR; möglicherweise wurde es bewusst weggelassen. Die Verse 585.14–15 wiederum sind in T (Textabbruch) und U (Textkürzung) nicht überliefert.197 Das „höchst verwickelte [...] Namensproblem“198 um die Ahnfrau von Gahmurets Geschlecht kann letztlich auch mit Hilfe der Textzeugen von *T2 bzw. *T nicht zufriedenstellend gelöst werden. Der genealogischen Skizze folgt der Abschluss des Briefes, der mit dessen Einleitung korrespondiert: Wenn sich Belakane taufen ließe, könne sie Gahmuret zurückgewinnen. Dass ihre Bereitschaft hierfür durchaus vorhanden gewesen wäre, zeigen die folgenden Verse: 56.27 (D)es engerte si chein waldel [!] niht. Desen gerte si deheinen wandel niht Ddes gerte si do wandel niht. ov we wie balde daz geschiht. ouwe wie balde dc gesciht owe wie schiere daz geschiht. wil er wider wenden. wil er wider wenden wil er wider wenden. schiere sol ichz enden. vil sciere solichs enden vil balde sol ichez enden. 57. 1 wem hat sin manlichiv zvht. wem hat sin manlichiv zvht wem hat sin manlchiv [!] zuht. hie lazen siner minne frvht. verlaˆzen siner minnen vrvht hie lazen miner minnen fruht. owe lieplich geselleschaft. ouˆwe lieplich geselleschaft owe lieplich geselleschaft. sol mir nv riwe mit ir chraft. sol mir triuwe mit ir craft sol mir nv riwe mit ir chraft. 5 immer twingen minen lip. iemer twingen minen lip imer dwingen minen lip.

o

194 Vgl. aber W: Den furte frauwe feimurgan! 195 Die Schreibung in T wie in *D (terre) erinnert an einen Ländernamen, während die *G-Handschriften ter- oder der- schreiben, vgl. Nellmann, Kommentar, S. 485 [zu 56.18 f.]. 196 In T dominiert also weiterhin ‚fei-‘ gegenüber ‚Famurgan‘, das die Mehrzahl der übrigen Handschriften aufweist, wie auch bei Hartmann die Namensformen ‚Famorgaˆn‘ und ‚Feimorgan‘ wechseln, vgl. Werner Schröder, Die Namen im ›Parzival‹ und im ›Titurel‹ Wolframs von Eschenbach, S. 31 f., und Wand, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, S. 80–82. Laut Wand finde sich „die Verbindung der Gattungsbezeichnung ‚Fee‘ mit dem Eigennamen Morgue bzw. Morgan zu einem einzigen Namen [. . .] nur bei Hartmann und Wolfram. Diesen Namen hat Wolfram deshalb mit Sicherheit Hartmanns Werk entnommen“ (S. 81). Vgl. auch Nellmann, Kommentar, S. 486 [zu 56.18 f.]. o 197 V liest 585.14–16: Den die fene [!] morgane / Den v´wer craft do rvrte / Der de[la o ((schoi furte))]. Das intensive Korrekturverhalten und wohl auch die Versumstellung 16 ˘ 15 zeugen von einer gewissen Ratlosigkeit gegenüber dem überlieferten Text. 198 Nellmann, Kommentar, S. 485 [zu 56.18 f.].

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IV Textprofile sime gote ze eren spach daz wip. ich mich gerne tov fen solte. vn¯ leben swıˆ er wolte. [D 56.27–57.8]

sinem gote zeˆren sprach daz wip enpfah ich sines tovˆfes eˆ. got gebe dc ez mir wol ergeˆ. [T = *T2]

sinem got zeren sprach daz wip. ich mich gerne tov ffen solte. vnde leben swier wolte. [G]

Laa. *T: 56.27 Initiale U V W DEs gerte sy do wandels nicht W. 57.1 Wenn hat sein manlich zucht W. 57.2 Hie gelazen o siner minne vruth (fruht V frucht W) U V W. 57.4 nu ruwe (ruwe V) U V nun reu´we. Die Verse 57.5 – 6 sind in W vertauscht. 57.7 Jch mich gerne deifen (toe fen V tauffen W) solte U V W. 57.8 Vnd leben wie er wolte U V W.

Belakanes Reaktion auf Gahmurets Aufforderung zur Konversion fällt in *T2 deutlich konsequenter als in den Haupthandschriften von *D und *G aus. Während in D und G nur die Bereitschaft zur Taufe nach der erhofften Rückkehr von Gahmuret zur Sprache kommt (ich mich gerne tovfen solte / vn¯ leben swıˆ er wolte = D G 57.7–8), vollzieht Belakane in *T2 die Taufe tatsächlich: sinem gote zeˆren sprach daz wip / enpfah ich sines tovˆfes eˆ. / got gebe dc ez mir wol ergeˆ (T 57.6–8): ‚Um seinen Gott zu ehren, sprach die Frau, empfange ich das Sakrament der Taufe. Gott schenke mir Wohlergehen.‘ Von diesen zentralen Versen aus können auch die vorausgehenden, von den anderen Handschriften nur gering abweichenden Verse rückwirkend mit veränderter Akzentsetzung übertragen werden: Sie wollte es auch gar nicht anders: „Ach, das kann sehr bald geschehen! Wenn er mir nur wiederkommt, werde ich das rasch vollziehen. Wem hat denn dieser edle Mann die Frucht der Liebe anvertraut? Weh der gemeinsamen Stunden!199 Soll mich die volle Wucht der Trauer jetzt, in alle Zukunft beugen?“ Sie sagte: „Seinem Gott zu Ehren würd ich mich gerne taufen lassen und so leben, wie er’s wünscht.“ [Übertragung Dieter Kühn]200

Sie wollte es auch gar nicht anders: „Ach, wie bald kann das geschehen, wenn er mir nur wiederkommt. Ich will das sogleich vollziehen. Wem hat denn dieser edle Mann die Frucht der Liebe zurückgelassen? Weh der gemeinsamen Stunden! Soll mir meine beständige Treue [zu den Göttern] denn auf immer Schaden zufügen?“ Sie sagte: „Seinem Gott zu Ehren empfange ich das Sakrament der Taufe. Gott schenke mir Wohlergehen.“ [*T2]

Aus dem Spannungsverhältnis von den allen Handschriften gemeinsamen Formulierungen und den signifikanten Abweichungen, die den gesamten Stellenkontext neu definieren, ergibt sich, dass auch im Wortlaut identische Passagen der veränderten Akzentsetzung unterworfen sind und abweichende Übersetzungen erfordern oder zumindest zulassen. In *T2 würde sich Belakane nicht taufen lassen, nachdem ihr Mann zurückgekehrt ist, vielmehr lässt sie sich taufen, damit 199 Kühn übersetzt ‚Ach, die Zweisamkeit der Liebe . . .!‘. Da hier ein mir unpassend erscheinender ironischer Unterton mitschwingt, habe ich an dieser Stelle meine eigene Übersetzung eingefügt. 200 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), S. 101.

Episoden im Zusammenhang

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er zurückkehrt. Aus Liebe zu Gahmuret und um den Christengott zu ehren (sinem gote zeˆren) empfängt sie die Taufe, und damit rückt sie in die Nähe der Gyburg,201 von der es im ›Willehalm‹ heißt: diu edel küniginne, / durh liebes vriundes minne / und durh minne von der hoehsten hant / was kristen leben an ir bekant (9.17–20).202 Zudem wird in *T2 konsequent zu Ende geführt, was im Text ohnehin angelegt ist, da der Erzähler bereits zuvor die Tugendhaftigkeit der Heidin Belakane aus dem Blickwinkel christlicher Ethik heraus betrachtet und eine höchst eigenwillige ‚Taufe‘ vollzogen hatte: swie si [Belakane] wære ein heidenin, / mit triwen wıˆplıˆcher sin / in wıˆbes herze nie geslouf. / ir kiusche was ein reiner touf, / und ouch der regen der si begoˆz, / der waˆc der von ir ougen floˆz / uˆf ir zobel und an ir brust. (La 28.11–17 = *T2). „Daß ihre Reinheit [...] Belakane zur Christin macht, ist ein kühner Gedanke, der über Wolframs sonstige Anerkennung der heidnischen Gleichrangigkeit hinausgeht.“203 Nach Ulrich Ernst beziehe sich Wolfram „auf das Theologumenon der ‚Tränentaufe‘, das schon in der Patristik nachzuweisen ist und in der geistlichen Dichtung und Predigt des Mittelalters häufig auf sündige Heilige wie David, Maria Magdalena und Petrus bezogen wird, denen der Erzähler die konversionsfähige und auch -willige Mohrenkönigin gleichsam zur Seite stellt.“204 Der ‚Tränentaufe‘ folgt in der Fassung *T2 – und nur hier – der tatsächliche Vollzug der Taufe. Die Taufe Belakanes in *T2 bedeutet in letzter Konsequenz auch, dass sie Feirefiz als Christin empfängt und dass sie als Christin in den Tod geht. Da sie jedoch alsbald aus dem Blickfeld verschwindet, hat dies auf den weiteren Verlauf der Handlung keine Auswirkungen. Doch tritt sie ausschließlich in *T2, nachdem der Erzähler vorausgreifend die Geburt ihres Sohnes erwähnt hat, noch einmal als 201 Parallelen zu Gyburg sieht auch Gibbs, Ideals of Flesh and Blood, S. 21: „Belacane [. . .] anticipates his [Wolframs] much more extensive treatment of Gyburg, the central female figure in his ›Willehalm‹, the heathen woman who converts to Christianity for the love of Willehalm himself.“ 202 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Willehalm (ed. Heinzle). 203 Nellmann, Kommentar, S. 472 [zu 28.14–16]. Mieder, hoˆchvart ie seic unde viel, S. 256, listet ir kiusche was ein reiner touf (La 28.14) in seinem Verzeichnis der Sprichwörter und sprichwortähnlichen Wendungen auf. Zur Stelle vgl. weiters Haas, Der Lichtsprung der Gottheit, S. 223 f.; Wehrli, Wolfram von Eschenbach: Erzählstil und Sinn seines Parzival, S. 216. 204 Ernst, Differentielle Leiblichkeit, S. 210. Vgl. weiters Nellmann, Kommentar, S. 472 [zu 28.14–16; hält eine Analogie zur theologischen Vorstellung der Reuetränen für möglich]; Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 129 f. [Komm. zu 28.14 ff.]; Gnädinger, Wasser – Taufe – Tränen, S. 69 [sieht in Belakanes Tränen (28.14–17) ebenfalls eine ‚Tränentaufe‘, auch wenn dieser nicht „die volle Kraft der sakramentalen Wassertaufe“ zukomme]; Schmid, Studien zum Problem der epischen Totalität in Wolframs ›Parzival‹, S. 182 ff.

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IV Textprofile

handelnde Figur auf, und es hat den Anschein, als sollte der neue christliche Habitus Belakanes hier zumindest angedeutet werden. Die Gesandten Fridebrants haben eine Botschaft zu übermitteln, in der Belakane um Vergebung für die Belagerung Patelamunts gebeten wird: 58.9

er bat si daz si vˆf in verchvr. swer205 den mag dvrch si verlvr. o daz si von im gesvchet was. [D 58.9–11]

er bat si dc svf in verkoˆs swie er den maˆc dvrh si verloˆs si tet als si gebeten was [T = *T2]

er bat si dazse vf in verchur. swier den mach dur si verlur. v daz si von im gesochet was. [G]

Laa. *T: 58.9 erkur U Er bat dz [sv´] uf in verku´r (verku´ß W) V W. 58.10 wie U W verlur U V verlu´ß W. Daz sie von im gesuo chet was U V W.

In den Handschriften D und G wird in Vers 58.11 mit der Heimsuchung durch Fridebrant der Grund der Entschuldigung genannt. In *T2 steht hingegen Belakanes Reaktion im Mittelpunkt: Sie nimmt die Entschuldigung an. Das setzt freilich voraus, dass die Boten, die Gahmurets Schiff auf dem Meer begegnen, ihren Weg zu Belakane fortsetzen und Gahmuret nur die Rüstungsteile überreichen; doch auch in *T2 sichert Gahmuret zu, er werde nach seiner Rückkehr die Nachricht übermitteln ([.. .] do lobet ouch er / sin mvnt der botescefte wer206 / weˆre 207. so er widercoˆme zir T 58.17–19). Das Bestreben, Belakanes nun als christlich zu interpretierende Bereitschaft zur Vergebung hervorzuheben, könnte der Grund für diese geringfügige Inkohärenz des Handlungsablaufes sein. Fortan ist von Belakane nur noch retrospektiv die Rede. In Kanvoleis gedenkt der von zwei Frauen (Ampflise und Herzeloyde) umworbene Gahmuret Belakanes. Seine Rede macht abermals deutlich, dass er sie nur schweren Herzens zugunsten seiner Sehnsucht nach rıˆterschaft aufgegeben hat:208 90.17 Nein ich mvo z bi riwen sin. ich sen mich nach der kvnegin. ich liez ze Patelamvnt. 20 da von mir ist min herze wnt. in reiner art ein sve ze wip. ir werdiv chivsche mir den lip.

N ein ich mvo z mit rivwen sin ich sene mich nach der kvnegin die ich lie ze Patelamvnt von der mir ist min herze wunt jn reiner art ein svezez209 wip ir werde kvsce minen lip

nein ich mov z bi riwen sin. ich sene mich nach der chungin. die ich lie zepatelamunt. von der ist min herze wunt. Iin reiner art ein sov ze wip. ir werdiv chusche minen lip.

205 Lachmann setzte swer in den Text, obwohl die Version von G (und T) hier deutlicher ist (swie er = ‚obwohl er‘). Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 67 [Komm. zu 58.10]; Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 212; Nellmann, Kommentar, S. 487 [zu 58.10]. 206 ein wer D = La eine war G. 207 wrde D ware G wurde La. 208 Koch, Inszenierungen von Trauer, Körper und Geschlecht im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, S. 155, und Eming, ‚Trauern helfen‘, S. 114, weisen darauf hin, dass Gahmuret überraschenderweise zunächst von seiner Sehnsucht nach Belakane spricht und erst anschließend den Tod des Bruders als Grund für seine Trauer anführt. 209 Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 1, S. 225 [Komm. zu 90.21], merkt an,

Episoden im Zusammenhang nach ir minne iamers mant. si gap mir livte vnd lant. 25 mich tvo t fro Belakane. manlicher frevden ane. ez ist doc [!] vil manlich. swer minnen wanches schamt sich. [D 90.17–28]

nah ir minne iamers mant si gap mir lip vn¯ lant mich tvo t vrovˆ Belacane steˆter vroˆuden ane ez ist iedoch vil manlich swer nach minnen senet sich [T = *T 2]

309 nach ir minne iamers mant. si gap mir lute vn¯ lant. mich tov t fro belacane. manlicher frov den ane. ez ist iedoch vil manlich. swer minen wanches schamet sich. [G]

Laa. *T: 90.17 mit] bi U in V. 90.19 ze] zu U zuo V W Pantehlamunt V. 90.20 von dir (der W) ist mir U W mir f. V. 90.21 suo ze U sue sse V Von rainer art ein raines weib W. 90.22 Ir wirde knu´tschet meinen leib W. 90.23 irre V iamer U lamer V Wann mich ir minne iamers mant W. 90.24 U liep vnd leit U 90.25 Balacane U Belecane V pelacane W. 90.26 Menlicher vreiden U manlicher vroe den V Manlicher freu´de W. 90.28 Wer minnen wankes schamet sich U swer minne wankes schamit sich V Wer minnen schame fleisset sich W.

Gahmuret ist sich bewusst, dass er Belakane nicht nur Minne zu verdanken hat, sondern auch ein Königreich. Als Königssohn ohne Reich begegnete er ihr; als künec von Zazamanc, versehen mit livte[n] vnd lant (D 90.24 = G) bzw. mit lip vnd lant (*T2) verlässt er sie.210 Die Verse 90.25–28 differieren in den Handschriften beträchtlich: In D und G stehen Überlegungen zum manlichen Verhalten im Mittelpunkt. Manliche, also ‚dem Manne zukommende‘211 freuden sind es, deren sich Gahmuret durch seine Sehnsucht nach Belakane beraubt fühlt. Zugleich wird es als manlich empfunden, sich seiner Untreue in der Minne zu schämen: Gahmuret macht also „aus dem angedeuteten Selbstvorwurf sogleich eine Tugend“.212 Die Darstellung dieser inneren Zerrissenheit Gahmurets ist in *T2 einer festen, des Wankelmuts entbehrenden Gesinnung gewichen. Die abwesende Belakane trübt nun die steˆte vroˆude Gahmurets, und als manlich wird die Gesinnung desjenigen bezeichnet, der sich nach Minne sehnt. Von einer zur Tugend umfunktionierten Scham213 über die eigene Untreue ist in *T2 nicht die Rede, stattdessen steht ausschließlich die Sehnsucht nach Belakane im Mittelpunkt. Den Abschluss dieser späten Reminiszenz an Belakane bildet Gahmurets erneute Rechtfertigung seiner Flucht:

210

211 212 213

dass Lachmann das unflektierte Adjektiv süeze (nach D und G) in den Text setzte, obwohl „eine Neutrum-Singular-Endung [. . .] gefordert wäre“, wie sie etwa – so ist zu ergänzen – die Handschrift T aufweist. Der Aspekt des durch Belakane errungenen Besitztums ist in Handschrift U der ideelleren, ausschließlich dem Minnethema verpflichteten Formulierung liep vnd leit gewichen. Zu dieser im ›Parzival‹ überaus häufigen Wendung vgl. Mieder, hoˆchvart ie seic unde viel, S. 230 f. Das Überwiegen des Minnediskurses gegenüber eherechtlichen Aspekten in der Trennung Gahmurets von Belakane erörtert Schnell, Text und Kontext, S. 135 f. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 94 [Komm. zu 90.26]. Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 1, S. 226 [Komm. zu 90.28]. Zu dieser Stelle vgl. Yeandle, The Concept of ‚schame‘ in Wolfram’s Parzival, S. 318: „The type of shame is positive retrospective shame in the inner self – this is evident from the result of Gahmuret’s vacillation, namely the lack of freude, an internal emotion.“

310

91.1

5

IV Textprofile Der frov wen hvo te mich vˆf pant. daz ich niht riterschefte vant. do wande ich. daz214 riterschaft. mich215 neme von vngemve tes chraft. der han ich hie ein teil getan. nv wænet manech vngewisser man. daz mich ir swerze iagte dan. die sah ich fvr die svnnen an. ir wiplich pris mir fve get leıˆt. si ist ein bvkel ob der werdecheit. [D 90.29–91.8]

Der vrov wen huo te mich vf bant dc ich niht riterscefte vant Do waˆndich dc mich riterscaft von leide teˆte sigehaft der han ich hie ein teil getan Nv weˆnt lihte ein tvmber man dc mich ir swarziv iagete dan die sah ich vur die svnnen an jr wiplich gvete tvo t mir leit si ist ein bvckel ob der werdekeit [T = *T2]

der frov wen hov te mich vf bant. daz ich niht riterschefte vant. –––– –––– der han ich hie ein teil getan. nv wænet manch vnwise man. daz mich ir swerze iagte dan. die sach ich fur die sunnen an. ir wiplich bris mir fov get leit. si ist ein bukel obe der werdcheit. [G]

o

Laa. *T: 91.2 Neme von vngemutes craft U V W. 91.3 der] den U Der han ich ein tail hie verlan W. 91.4 Nu wenet manec (manger W) vnverwizzent (vngewisser V vnuerwissen W) man U V W. 91.5 swerze U V schwertze iage W. 91.6 die] Da U suo nne U Doch sach ich sy fu´r die sunnen an W. 91.7 Jr wiplich (wiplicher V weiblicher W) pris mir vuo cte (fue get V W) leit U V W. 91.8 buckeler ober U bu´chel obe V Sy ist ein kron ob aller wirdikait W.

Von dem im Abschiedsbrief genannten Grund der Glaubensverschiedenheit ist nun nicht mehr die Rede, stattdessen rückt das Argument der huote durch Belakane in den Vordergrund.216 Dabei weisen die Verse 91.1–2 in den Handschriften eine äußerst unfeste Textgestalt auf: Während sich Gahmuret in D ‚aus der Gewalt des Trübsinns‘217 zu befreien trachtete, gilt die Aufmerksamkeit in *T2 dem aus ritterlicher Untätigkeit entstandenen leid (‚Schmerz‘). *T2 bietet eine stärker akzentuierte Formulierung, die die unbedingte Notwendigkeit von Gahmurets Handlung unterstreicht. In Handschrift G wurde auf die beiden der näheren Erläuterung dienenden Verse verzichtet, was die Lesbarkeit der Stelle im Grunde nicht beeinträchtigt. Uneinigkeit herrscht über die Bedeutung des Adjektivs ungewis (91.4), das Lachmann nach D in den Text setzte. Es kann sich hierbei um einen ‚unzuverlässigen, unbeständigen‘218 oder um einen ‚unwissenden‘ Mann219 handeln. 214 daz mich La. 215 mich fehlt La. 216 Mit der Widersprüchlichkeit von Gahmurets Begründungen setzt sich Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 1, S. 226–228 [Komm. zu 90.29], ausführlich auseinander: „Ganz offensichtlich beruhen sowohl die merkwürdige Argumentation im Abschiedsbrief als auch der Vorwurf der huote mehr auf Zwängen des Handlungsplans als auf Forderungen der inneren Logik des Geschehens“ (S. 227). Hartmann spricht mit Recht von einem „Begründungsgeflecht, mit dessen Hilfe Gahmuret ohne allzu große Blessuren an seiner Integrität nach Europa zurückgeholt werden kann“ (S. 228). 217 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Übersetzung Knecht, S. 93. 218 Vgl. Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 1, S. 229 [Komm. zu 91.4; mit Literaturangaben]; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), Übersetzung Kühn, S. 117: ‚Viele meinen, selber sprunghaft‘. 219 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 95 [zu 91.4]; Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok), Übersetzung Knecht, S. 93: ‚ Jetzt wird es aber manchen geben, der es nicht besser weiß und glaubt [. . .]‘;

Episoden im Zusammenhang

311

Unmissverständlich wurden hingegen die Formulierungen in G und T gewählt: G spricht von einem unwisen, T von einem tvmben Mann. Der Einwand, Gahmuret habe Belakane wegen ihrer schwarzen Hautfarbe verlassen, wird nach dem Ausweis dieser beiden Handschriften also von ‚unklugen‘ oder sogar ‚dummen‘ Menschen vorgebracht. Vielmehr trauert Gahmuret in *T2 um Belakanes wiplich gvete (Lachmann nach D und G: wıˆplıˆch prıˆs), was erneut an die Figur der Gyburg denken lässt, die selbst die güete als zentrale weibliche Tugend beschreibt: diu wıˆplıˆche güete / gıˆt dem man hoˆchgemüete (248.1–2).220 Das Belakane zugewiesene ausgefallene Bild des Buckels auf dem Schild der werdekeit221 ist allen Textfassungen gemeinsam und beschließt den Rückblick auf die Zurückgelassene. Nur der Druck W weicht auf das konventionellere Bild der kron ob aller wirdikait aus. In *T2 ist die Darstellung der Trennung Gahmurets von Belakane schärfer konturiert, was die Handlungen und auch die Handlungsmotivationen der Protagonisten betrifft: Belakane vollzieht die Konversion zum Christentum tatsächlich und entspricht somit der im Abschiedsbrief genannten Bedingung. Gahmurets Sehnsucht wiederum gilt ausschließlich der zurückgelassenen Belakane; sein Zweifel greift nicht auf die moralische Legitimation seiner Tat über. In *T2 finden sich Akzente, die die Protagonisten in einem milderen Licht erscheinen lassen als im Text der Lachmann-Edition.

IV.2.2 Parzivals Geburt und Kindheit in *T und in *T2 Der Geburt des Helden wurde in der mittelalterlichen Dichtung große Bedeutung zugemessen, galt es doch, Herkunft, Charisma und Auserwähltheit des Protagonisten hervorzuheben. Zu diesem Zweck stand ein umfassendes, zu beständiger Variation einladendes Motivrepertoire zur Verfügung.222 Es ist daher zu Wolfram von Eschenbach, Parzival (Spiewok), Übersetzung, S. 159: ‚Manch unwissender Tor freilich meint [. . .]‘. 220 Vgl. Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart (ed. Bräuer), Bd. 2, S. 315: „Als wesentliche weibliche Eigenschaft für den Mann erscheint bei Wolfram indessen die güete [. . .]. Gyburg repräsentiert diese ‚weibliche Güte‘ in höchstem Maße nicht nur gegenüber Willehalm, sondern auch etwa in ihrer tiefen Trauer um den jungen Vivianz oder in ihrer Fürsorge um den sympathisch ungeschickten und bärenstarken jungen Rennewart, von dem sie nicht weiß, daß er ihr eigener Bruder ist.“ Vgl. weiters Meissburger, ‚güete‘ bei Wolfram von Eschenbach, sowie kurz und prägnant Mohr, Obie und Meljanz, S. 286. 221 Vgl. Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 1, S. 229 f. [Komm. zu 91.8]: „Belacane wird als Buckel auf dem Schild ‚Hohes Ansehen‘ bezeichnet.“ Zur Technik der geblümten Rede im ›Parzival‹ vgl. Hübner, Lobblumen, S. 90–97 [zu 91.8: S. 94]. 222 Vgl. dazu den tabellarischen Überblick bei Pörksen, Die ‚Geburt‘ des Helden in mittelhochdeutschen Epen, S. 264–267.

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IV Textprofile

vermuten, dass die Darstellung der Geburt auch in der handschriftlichen Überlieferung der einzelnen Texte überdurchschnittlicher Varianz ausgesetzt ist. Ein Beispiel hierfür bietet der ›Wolfdietrich‹ A, in dem – im Gegensatz zu den übrigen Versionen des Stoffes – das von einer Heidin geborene Kind von einem Einsiedler getauft wird; auch sonst sind in dieser Version des ›Wolfdietrich‹-Stoffs häufig heldenepische und legendenhafte Züge miteinander verbunden.223 Weitere einschlägige Untersuchungen zur Variation von Geburtsschilderungen in der Überlieferung insbesondere des höfischen Romans liegen meines Wissens nicht vor. Die Überlieferung des ›Parzival‹ lässt sehr wohl eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Geburt des Helden erkennen. Erwähnenswert erscheint hier zunächst die späte Handschrift L, in der unmittelbar an die Geburt Parzivals ein kurzer Exkurs angeschlossen wird: 112.5 112.6 112.7 112.8 112.8/1 112.8/2 112.8/3 112.8/4

x

Dar nach uber den vierzehenden tach [S. 55a] Die vrowe eines kindes gelach Eines svnes der solcher lide waz [S. 55b] Daz sie kvme dar an genas Nv ist ein degen vsserkorn Parcifal al hie geborn o Der git mit siner sture x Alrest schone Auenture x

Abschnittsgrenzen224 Explizit Gahmvret Jncipit parcifal [Der Rest der Kolumne ist unbeschrieben] Überschrift225

her parcifal [S. 56a]

112.9 112.10 112.11 112.12

Hie ist der aventure wurf gespilt [S. 56a] Vnd ir begynnens gezilt Wan er ist aller erst geborn Dem dis mere wart erkorn

o

x

Die eingeschalteten Verse zeugen vom Bemühen des Schreibers, dem Text eine benutzerfreundliche und übersichtliche Struktur zu geben. Zu diesem Zweck wurden das Ende der Gahmuret-Handlung und der Beginn der eigentlichen, dem zentralen Protagonisten gewidmeten Handlung mittels der üblichen IncipitExplicit-Formeln in roter Tinte hervorgehoben und der Rest der Spalte nicht mehr beschrieben, um die Parzival-Handlung auf einer neuen Seite mit roter Überschrift beginnen zu lassen. Die Position der Einschaltung wurde offenkundig auf die Verse 112.9 ff. abgestimmt, die als Einleitung eines neuen Handlungsblocks aufgefasst wurden. Die Zusatzverse bieten ein gutes Beispiel dafür, wie ein 223 Vgl. hierzu zuletzt Miklautsch, Montierte Texte – hybride Helden, bes. S. 102–108. 224 In roter Tinte. 225 In roter Tinte.

Episoden im Zusammenhang

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Schreiber im Dienste der Strukturierung am Text weiterarbeitet und sich bemüht, den Erzählduktus beizubehalten und eigene Verspaare zu schmieden. Nicht bemerkt oder zumindest in Kauf genommen wurde dabei, dass der Name des Protagonisten zu früh genannt wird, was einen Verstoß gegen Wolframs Erzählregie bedeutet, wonach Parzival und somit auch das Publikum im Sinne sukzessiver Identitätsentfaltung seinen Namen erst aus dem Munde Sigunes erfahren sollten. Auch für die Bearbeiter der elsässischen Handschrift V bildeten die Verse 112.9– 10 den Ausgangspunkt für einen ersten umfassenden redaktionellen Eingriff in den ›Alten Parzifal‹.226 Es galt, die als ›Prologus‹ titulierte Übersetzung der sogenannten ›Elucidation‹ benutzerfreundlich in den Wolfram’schen Text einzufügen: 112.9 112.10

Hie ist der auentu´re wurf gespilt vnd ir beginnen gezilt

Abschnittsgrenze227

Hie ist ku´nig Gamuretes buch vs. der Parcifals vatter was.

Überschrift228

So hebet hie an der prologus von o Parcifal der vs welschem zu tu´schem ist gemaht. Vnde vohet Hie sine kintheit an.

112.11 112.12

Wan er ist alrest geborn dem dis mer ist erkorn

496 Verse Überleitung

112.13 112.14 112.15 112.16 112.17 112.18

o

›Prologus‹ (›Elucidation‹) 229

Der prologus si hin geleit e nv horent Parcifals kintheit Dar noch sin manheit hohen pris erwarp in maniger hande wis Als ir har nach beuinden wol o dis buch es v´ch vnderwisen sol e

Sines vater frode vnd des not beide sin leben vnde sin tot Des habent ir ein teil vernomen nv wissent wa von v´ch si komen Dis meres sache walte vnde wie men den behalte

Anders als in Handschrift L heben die Redaktoren eigene Textzusätze farblich hervor. Dies gilt nicht nur – wie in L – für die in Prosa geschriebenen Überschriften, 226 227 228 229

Siehe Abschnitt II.4.1 (S. 102 ff.). In roter Tinte. In roter Tinte. In roter Tinte.

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IV Textprofile

sondern speziell für die in Reimpaaren abgefasste Überleitung,230 die die Übersetzung der zwischengeschobenen ›Elucidation‹ mit der bei 112.13 einsetzenden Fortführung des ›Alten Parzifal‹ verbinden soll. Offenbar war den Redaktoren daran gelegen, den Wolfram’schen ‚Originalwortlaut‘ zu bewahren und sicherzustellen, dass er vom Leser nicht mit den eigenen Zudichtungen verwechselt werden konnte. „Die Handschrift zeigt, daß Wolframs ›Parzival‹ das Primäre war und daß alles, was die Handschrift sonst enthält, als Ergänzung, Erweiterung und Ausschmückung von Wolframs Dichtung zu verstehen ist.“231 Das Bestreben, den Wortlaut des ›Alten Parzifal‹ zu bewahren und zugleich den gesamten Textkomplex neu zu strukturieren,232 manifestiert sich zudem in der Einarbeitung zweier weiterer Handschriften des ›Alten Parzifal‹ in den Text. Es ist bemerkenswert, mit welcher Akribie man darum bemüht war, keinen einzigen Vers des ›Alten Parzifal‹ preiszugeben; immerhin hätte auch die Möglichkeit bestanden, einzelne ›Parzival‹-Verse umzuschreiben und auf diese Weise Übergänge zwischen den verschiedenen Quellenbearbeitungen zu schaffen. Vielmehr stand das Bemühen im Vordergrund, Zwischentitel und -stücke jeweils am geeigneten Ort zwischen ‚Originalversen‘ einzubauen, was zu einer Aufteilung der Einzelverse führte: 112.10 – Abschnittsgrenze – Überschrift – 112.11 f. – ›Prologus‹ – Überleitung – 112.13 ff. Dass mit diesem Verfahren jedoch eine für den Leser zufriedenstellende Homogenität des Textganzen erreicht wurde, ist zu bezweifeln, da die Wolfram’schen Verse nun ziemlich isoliert dastehen und auch der ›Prologus‹ selbst im Grunde nur wenig mit dem ›Parzival‹ zu tun hat. Jedenfalls bot die Geburt des Helden auch in Handschrift V einen Anlass für umfassende redaktionelle Eingriffe in den Text. Paratexte und Quellenkompilationen sind individuelle Eingriffe der elsässischen Redaktoren mit dem Ziel, den Fassungstext von *T zu ‚verbessern‘ und zu erweitern. Im Zentrum der folgenden Ausführungen steht die Darstellung von Parzivals Geburt in den beiden *T-Fassungstexten (*T und *T2) selbst.233 Als zusätzlicher Vergleichstext wird die Edition Lachmanns herangezogen.234 Tampanis überbringt Herzelyode die Nachricht von Gahmurets Tod. Die Königin befindet sich zu diesem Zeitpunkt bereits in hochschwangerem Zustand.235 230 Bumke, Autor und Werk, S. 94, versteht diese Paratexte als „Schreibernotizen“ und „redaktionelle Bemerkungen“, doch sind sie sicherlich auch als Orientierungshilfe für den Leser gedacht. 231 Ebd., S. 92 232 Vgl. dazu ebd., bes. S. 92–95. 233 Zu Parzivals Geburt und Jugend vgl. zuletzt Russ, Kindheit und Adoleszenz in den deutschen Parzival- und Lancelot-Romanen, S. 37–54. 234 Lachmanns Abweichungen gegenüber D werden in den Anmerkungen notiert. 235 Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 2, S. 331 [Komm. zu 109.5], errechnete,

Episoden im Zusammenhang

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Zwei Wochen später bringt sie das Kind zur Welt: Dann übr den vierzehenden tac, / diu frouwe eins kindelıˆns gelac (La 112.5– 6). Als einziger Textzeuge unter sämtlichen ›Parzival‹-Handschriften weist *T2 in Vers 112.5 eine abweichende Berechnung auf, nach der das Kind erst am vierzigesten tac nach Ankunft der Boten geboren wird. Diese Zeitangabe bewegt sich ebenfalls im Rahmen realistischer Berechnungen,236 doch ist dem Symbolgehalt der Zahl 40 mehr Gewicht beizumessen, wie ein kurzer Überblick über das Spektrum potentieller Bedeutungen nahelegt: „Die Zahl 40 ist vor allem Zeichen des irdischen Lebens, der Bedrängnis und Entsagung. Ihre Bedeutung wird geprägt durch die Dauer der biblischen Fastenzeiten: Beim Empfang des Gesetzes bleibt Moses 40 Tage und Nächte beim Herrn auf dem Sinai; er ißt kein Brot und trinkt kein Wasser (Ex 34,28). Ebenso lange ist Elias in der Wüste auf dem Wege zum Berg Horeb (3. Reg 19,8), beider Aufenthalt in der Einsamkeit präfiguriert Christi 40tägiges Fasten in der Wüste vor der Versuchung (Mt 4,2; Mc 1,13; Lc 4,2). Diese zentralen Bibelstellen lenken die Bedeutung der Zahl 40 in eine Richtung, in die auch die 40 Regentage zu Beginn der Sintflut (Gen 7,4–17) und die 40 Jahre der Wüstenwanderung der Israeliten (Num 14,33 ff.; 32,13) weisen. Insofern die irdische Welt als wahre Einsamkeit und Bedrängnis gedeutet werden kann, vermag umgekehrt gerade die Entfernung von der Welt in der Wüste, auf dem Berge oder in der Flut den excursus des Lebens in der Welt zu bezeichnen.“237 Auch im höfischen Roman kommt der Zeitspanne von 40 Tagen eine gewisse Bedeutung zu: Im ›Parzival‹ selbst soll der Zweikampf zwischen Gawan und Kingrimursel nach 40 Tagen stattfinden. Im ›Prosalancelot‹ muss ein Ritter 40 Tage in der Burg bleiben (1,155,35); am 40. Tag muss ein König sterben (2,501,1).238

Der Gebrauch einer symbolischen Zahl in *T2 erweitert das Repertoire an Motiven, die im ›Parzival‹ der Geburt des künftigen Gralkönigs eine angemessene Aura verleihen, allen voran Herzeloydes Drachentraum (103.25–104.19), der an späterer Stelle von Trevrizent gedeutet und explizit auf Parzival bezogen wird (476.5–30). Die frühe Verwaisung des Kindes und der Umstand, dass die Mutter bei der Geburt beinahe ums Leben kommt, sind in der mittelalterlichen Literatur ebenso anzutreffen239 wie die Zurückweisung des Gedankens an Selbstmord

236 237 238

239

dass sich Herzeloyde ca. in der 38. Woche ihrer Schwangerschaft befinden muss. Zu der These einer Frühgeburt Parzivals, die in erheblichem Widerspruch zum kräftigen Körperbau des Kindes stünde, vgl. ebd. und Nellmann, Kommentar, S. 513 [zu 112.5–8]. Das Kind wird demnach etwa in der 43. Woche geboren. Meyer / Suntrup, Lexikon der mittelalterlichen Zahlenbedeutungen, Sp. 710. Die Belege für den höfischen Roman sind Schröder, Der Millstätter Physiologus, S. 242 [Komm. zu Strophe 82], entnommen. Weitere Belege für die Zahl 40 in der mittelalterlichen Literatur sind über die ‚Mittelhochdeutsche Begriffsdatenbank‘ (http://mhdbdb.sbg.ac.at:8000) abrufbar. Vgl. Pörksen, Die ‚Geburt‘ des Helden in mittelhochdeutschen Epen und epischen Stoffen des Mittelalters, S. 268.

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IV Textprofile

durch die trauernde Witwe, um den verlorenen Gatten in Gestalt des ungeborenen Kindes nicht ein zweites Mal zu töten (110.14–22).240 Christliche Analogien, zu denen vielleicht auch die Zahl 40 der Fassung *T2 zu zählen ist, finden sich in Herzeloydes Gedenken an die stillende Maria, der sie es gleich tut (113.17– 26),241 und in der sogenannten ‚Milchtaufe‘ (111.3–13), die mit Belakanes ‚Tränentaufe‘ (28.14–19) vergleichbar ist.242 Nach der Geburt schildert der Erzähler ausführlich die Reaktionen der Mutter und der Umstehenden:243 112.19 112.20 112.20/1 112.20/2 112.20/3 112.20/4 112.20/5 112.20/6 112.21 112.22 112.23 112.24 112.24/1 112.24/2 112.24/3 112.24/4 112.25 112.26

man barg in vor ritterschaft, eˆ er kœme an sıˆner witze kraft.

man barc in vor riterscaft eˆ er keˆme an siner witze craft

doˆ diu küngıˆn sich versan und ir kindel244 wider zir gewan, si und ander frouwen begunde betalle245 schouwen

Do div kvnegin sich versan vnd wider ir kint zvo zir gewan Si vnd ander ir vrouˆwen begvnden allentalben scouwen

zwischen beinn246 sıˆn visellıˆn. er muose vil getriutet sıˆn,

zwis ::: d:: b::nen :::elin::: er mvese vil getrvtet sin

Man barc in vor riterschaft Sit er quam an siner witze craft Wan iz vochte die kuo negin Ob ir vil liebez kindelin Ritters werc gesehe Daz ir zuo dem suo ne geschehe Als sime vater Gahmuo rete Da von sin gehalten dete –––– –––– Nit wan by vreuwen Sie muo zen dicke scheuo wen Wan er was ein richer beafiz Jch wene got sinen vliz Mit kuo nst an in kerte Do er in leben lerte –––– ––––

240 Weitere Belege bei Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 2, S. 339 [zu 110.19; interpretiert Herzeloydes Verhalten als rituellen Klagegestus], und Nellmann, Kommentar, S. 513 [zu 110.19: geht von Selbsttötungsabsichten Herzeloydes aus]. Vgl. auch ders., Zum zweiten Buch des ›Parzival‹, S. 193–196; Greenfield, Wolframs zweifache Witwe, bes. S. 171 [spricht von einer Umfunktionalisierung der klassischen Witwenklage zur Klage einer verwitweten Mutter, die die Möglichkeit, dass sie jetzt selbst sterben sollte, abwenden will]. 241 Vgl. Bertau, Regina lactans; Nellmann, Zum zweiten Buch des ›Parzival‹, S. 194 [Die Marienparallele diene „einzig der Entschuldigung dafür, daß Herzeloyde – obwohl Königin – ihr Söhnlein selber stillt“]; Brinker-von der Heyde, Geliebte Mütter – Mütterliche Geliebte, bes. S. 223–226 [Wolfram habe „bewußt die marianische Ikonographie der Figur der Herzeloyde unterlegt und damit ein Motiv aufgenommen, das bisher geistlicher Literatur vorbehalten war“, S. 225]; A. Wolf, Ein mære wil ich niuwen, S. 277–279; Mohr, Wolfram beim Wort genommen, S. 300 f. 242 Vgl. dazu Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 62; Ernst, Differentielle Leiblichkeit, S. 208; A. Wolf, Ein mære wil ich niuwen, S. 278 f. und Anm. 14. Zu den christlichen Analogien vgl. u. a. Haferland, Parzivals Pfingsten, und zuletzt Ächtler, Der Ritter im Gottesdienst, bes. S. 295 f. 243 In T wurden einige Verse radiert. Nicht mehr lesbare Stellen sind mit ::: gekennzeichnet. 244 kindelin D. 245 in allenthalben D [Konjektur Lachmanns]. 246 den beinen D.

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Episoden im Zusammenhang 112.27 112.28 112.29 112.30 113.01 113.02 113.03 113.04 113.05 113.06 113.07 113.08 113.09 113.10 113.11 113.12 113.13 113.14

do er hete manlıˆchiu lit. er wart mit swerten sıˆt ein smit, vil fiwers er von helmen sluoc: sıˆn herze manlıˆch ellen truoc. die küngıˆn des geluste daz sin vil dicke kuste. si sprach hinz im in allen flıˆz „bon fıˆz, scher fıˆz, beˆaˆ fıˆz.“ Diu küngıˆn nam doˆ sunder twaˆl diu roˆten välwelohten maˆl: ich meine ir tüttels gränsel249: daz schoup sim in sıˆn vlänsel250 selbe was sıˆn amme diu in truoc in ir wamme: an ir brüste si in zoˆch, die wıˆbes missewende vloˆch. si duˆht, si hete Gahmureten wider an ir arm erbeten. [La 112.19–113.14]

do heter manlichiv lit er wart mit swerten sıˆt ein smıˆt vil vıˆvres er vˆz helmen slvo c sin herze manlich ellen trvo c Sin mvo ter des gelvste dc sin ofte kvste Sin mvo ter sprach in allen vliz Boˆnfiz. Beafiz. Befiz. Div kvnegin nam do svnder twaˆl :::ir roten valwehten maˆl::: ich meine ir titel gr :::sel die stiez sim in sin vlensel selbe was si sin amme div in trvo c in ir wamme an ir brvsten si in zoch div wibes missewende vloch si dvhte si hete Gahmvreten wider an ir arm gebeten [T = *T2]

Got gap im starke schone lit Er wart mit swerten sit ein smit Vil vivres er von helmen sluo c Sin herze manlich ellen truo c Sin muo ter des gluste Daz sin ofte kuste247 Er was rose rot vnd sne wiz Vnd sprach Bonfiz Befiz248 Die kuo negin nam do suo nder twal Jr roten valweten mal Jch meine ir titen grensel Vnd slof iz im in sinen vlensel Selbe was sie sin amme Die in truo c in ir wamme –––– –––– Sie wante haben Gahmuo ret Wider an ir arm erbeten [U = *T] o

Laa. *T: 112.20 Sit] vntz V W. 112.20/1 es vorhte (vorht W) V W. 112.20/3 Ritter were W. 112.20/4 zu dem] zem V. 112.20/5 gemuret W. 122.23 Niht wan bi vrowen V Nicht wann bei frawen W. 112.24 si (sy W) mue ste in V W. 112.24/1 rechter W. 112.24/4 liben U sein leben W. 112.27 schoe net glid W. 112.30 ellend W. 113.3 rosen V W unde V. 113.4 [Sv´ iach dicke. bonfis. beafis. schierfis] V Sy sprach bonfis. beafis. befis W. 113.5 nam] gab im W. 113.6 valwen V val wißen W. 113.7 titel V tu´tten W. 113.8 [Die schovp sv´ im. in sin flensel] V Die schob sy im in sein flensel W. 113.11–12 An ir bru´ste su´ in zoch / Die wibes missewende floch V Diese Verse in V wurden wahrscheinlich nachgetragen, da die folgenden Verse 113.12–20 von anderer Hand stammen und über den Raum von 8 Zeilen verteilt sind. 113.13 Su´ duhte su´ hette Gamuretten V Sy wonde haben gamureten W. 113.14 ararm U irn arm gebetten V arm W.

*T2 weist verhältnismäßig wenige Abweichungen gegenüber Lachmann auf. Vers 112.24 liest T wie sämtliche Handschriften außer den Vertretern von *T (U V W) gegen Lachmann allentalben. Lachmann hat hier also gegen die Evidenz der Handschriften eine Konjektur metri causa angebracht.251 Dieser Eingriff wurde mit Recht von Leitzmann und Nellmann252 in den von ihnen betreuten Ausgaben o

247 Zu den Varianten die küngıˆn / sin mvter und vil dicke / ofte in den Versen 113.1–2 vgl. Stolz, Vernetzte Varianz, S. 233 f. 248 Da man nicht wird annehmen wollen, dass sich das Neugeborene bereits artikulieren kann, wäre Vers 113.3 in einer Fassungsedition von *T als Erzählereinschub zu kennzeichnen. 249 tvttelines grænselin D. Vgl. dazu Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 17 f. [Bonath vermutete, dass in D die ursprüngliche Kadenz gränsel : vlänsel verändert wurde, da die Diminutiva auf -el „unliterarisch sind“]. 250 vlænselin D. 251 Eine umfassende Dokumentation dieses textkritischen Problems bietet Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 2, S. 351 [Komm. zu 112.24]: „Lachmann [. . .] konjiziert, weil in und visellıˆn [. . .] hinsichtlich des Genus divergieren, er jedoch augenscheinlich davon ausgeht, dass visellıˆn das Objekt zu schouwen bildet: begunde betalle schouwen.“ 252 Vgl. hierzu Nellmann, Kommentar, S. 514 [zu 112.24] und das Verzeichnis der Abweichungen von Lachmann, S. 793.

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rückgängig gemacht. Allerdings ist dem von Bonath253 und Hartmann254 gegen betalle vorgebrachten Einwand, dass dieses Wort „nicht zu Wolframs Wortschatz gehört“,255 mit Vorsicht zu begegnen: Tatsächlich existiert es nicht – von der Konjektur abgesehen – in der Lachmann’schen Ausgabe von Wolframs Werken; es begegnet aber sehr wohl in der Überlieferung des ›Parzival‹. In den Versen 38.26–28 lesen sowohl *T als auch *T2: Gatscier dernider lac / mit orse betalle256 / von der tioste valle [T]. Es ist davon auszugehen, dass eine Edition auf der Basis der Gesamtüberlieferung den unter Wolframs Namen zu fassenden Wortschatz noch beträchtlich erweitern wird. Die Ausgaben Nellmanns und Leitzmanns weisen nun wiederum Differenzen im Gebrauch des Personalpronomens auf: Während Nellmann begunden in allenthalben schreibt, verzichtet Leitzmann (wie *T2) auf das Pronomen. Beide Versionen sind durch die Handschriften gedeckt;257 allerdings bereitet jene mit Pronomen Probleme bei der Interpunktion: Setzt man Punkt (Bonath)258 bzw. Komma (Nellmann)259 nach 112.24, erhält man zwei Sätze: ‚Sie [Herzeloyde] und die anderen Frauen betrachteten ihn [Parzival] von allen Seiten. Zwischen den Beinen [hatte er] sein visellıˆn.‘ Problematisch erscheint an dieser Lösung, dass der zweite Satz dann als Ellipse aufgefasst werden muss, da das Subjekt fehlt. Mir erscheint es – mit Lachmann – wahrscheinlicher, dass tatsächlich das visellıˆn das Objekt der Betrachtung darstellt.260 In der Fassung von *T2 kommt eben dieser Sachverhalt unmissverständlich zum Ausdruck: ‚Sie und ihre Hofdamen begannen, das visellıˆn zwischen seinen Beinen von allen Seiten zu betrachten.‘ Der Grund dieser intimen Studie dürfte – abgesehen von wohl zeitloser menschlicher 253 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 72. 254 Vgl. Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 2, S. 351 [Komm. zu 112.24]. 255 Vgl. ebd. 256 betalle U bittalle V. Lachmann nach D und G: mit orse mit alle. 257 Mit Personalpronomen: D m n o G L M O Q R Z. Ohne: I T. 258 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 72. 259 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 514 [zu 112.24]. 260 So auch Tomasek, Wolfram im Schwitzbad, S. 881 [sieht in den entblößten Brüsten Herzeloydes und in der Nacktheit des Säuglings Anklänge an einen „erbsündefreien Zustand“]; Baisch, man boˆt ein badelachen dar, S. 116–118 [mit dem Hinweis auf Gahmurets Zurschaustellung seines Genitals beim Einzug in Patelamunt]; Kraß, Geschriebene Kleider, S. 183: „Das erotische Charisma Parzivals wird von Anfang an unmißverständlich betont. Als Parzival geboren wird, gilt das erste Interesse der Frauen dem verniedlichend als visellıˆn bezeichneten anatomischen Beweis seiner Männlichkeit.“ Anders Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 2, S. 351 [Komm. zu 112.24]: „Denn dass Wolfram die eingehende Inspektion des Genitals schildern will, erscheint kaum glaubhaft.“

Episoden im Zusammenhang

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Begeisterungsfähigkeit bei einem solchen Anlass – in der Freude darüber zu liegen, dass Herzeloyde ein männlicher Nachkomme und somit ein künftiger Herrscher über ihre Reiche geboren wurde. Eine gewisse Bedeutung ist sicherlich dem Umstand beizumessen, dass Parzival später den zeugungsunfähigen Anfortas als Gralkönig ablöst.261 Wolframs realitätsgetreue Darstellung der menschlichen Intimbereiche ist bei seinem Publikum nicht nur mit Wohlwollen aufgenommen worden; darauf lassen die Benutzerspuren schließen, die in der Handschrift T vorhanden sind.262 An insgesamt sechs Stellen, die allesamt entblößte Körperteile beinhalten, wurden die Verse radiert:263 110.24 110.25 111.5 112.25 113.6 113.7

daz hemde von der brust si brach ir brüstel linde unde wıˆz diu milch in ir tüttelıˆn zwischen beinn sıˆn visellıˆn diu roˆten välwelohten maˆl ich meine ir tüttels gränsel

Der genaue Zeitpunkt dieser Rasuren lässt sich nicht mehr feststellen, doch ist anzunehmen, dass sie nicht allzu lange nach Herstellung des Codex vorgenommen wurden. Der Schreiber hatte beim Kopieren dieser Partien noch keine Bedenken, da er sie sonst gleich weggelassen hätte. Möglicherweise ist der Verantwortliche für die Rasuren im Umfeld des Skriptoriums von T zu suchen. Zu denken wäre etwa an ein leitendes und den Verschriftlichungsprozess überwachendes Mitglied der Schreibstube, das sich am Wortlaut der Verse stieß: der zweite Schreiber, der nur zwei Seiten kopierte, dafür aber vereinzelt Lücken auffüllte, käme hierfür in Frage.264 Ebenso kann natürlich der Auftraggeber oder ein früher Leser der Handschrift für die Eingriffe verantwortlich sein. Jedenfalls stellen diese ‚sittlichen Rasuren‘ ein höchst bemerkenswertes Zeugnis dafür dar, wie einzelne Passagen des Textes von Teilen des Publikums aufgenommen wurden. Man kann in diesem Zusammenhang von einem „Seh-Tabu“ gegenüber dem im Medium der Schrift entblößten Körper sprechen.265 Die Rasuren vermögen als weiterer Beleg dafür zu dienen, dass die Genitalzone (auch) in den mittelalterlichen 261 Vgl. auch Hartmann, Gahmuret und Herzeloyde, Bd. 2, S. 352 [Komm. zu 112.25]; zuletzt Scheuble, mannes manheit, vrouwen meister, S. 227 f. 262 Vgl. dazu auch Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 79. 263 Alle Zitate nach Lachmann. 264 Siehe Abschnitt II.2.1 (S. 70). 265 Zum „Seh-Tabu“ vgl. Schnell, Kritische Überlegungen zur Zivilisationstheorie von Norbert Elias, S. 52 [mit Hinweis auf Hans-Peter Duerr]. Einen vergleichbaren Eingriff hat der Schreiber III des St. Galler Codex 857 vorgenommen, der die ›Parzival‹Verse 184.9–18 und 21–26 kürzte, in denen der erbärmliche körperliche Zustand der

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Gesellschaften des Abendlandes als anstößig angesehen werden konnte und auch angesehen wurde.266 Die französischen Kosewörter, mit denen Parzival in Vers 113.4 von Herzeloyde bedacht wird, weichen von Lachmann in *T2 ab: hier wird er als Boˆnfiz Beafiz Befiz angesprochen.267 Die Schwierigkeit der Stelle beförderte eine beachtliche Varianz in der Überlieferung.268 Dass die Worte in *T2 bewusst gewählt sind, beweist allerdings deren wörtliche Wiederholung in Vers 140.6,269 in dem sich Parzival gegenüber Sigune mit den Koseworten der Mutter benennt. Eine Sonderstellung bei 140.6 nimmt Handschrift V ein, in der die – in der Reihenfolge wie bei Lachmann angeordneten – Fremdwörter zum Teil übersetzt wurden: er sprach guot sun lieber sun beavis. Vers 113.4 wurde in V zugunsten der *D-Version bon fiz, scher fiz, beˆaˆ fiz verändert, die Eindeutschung in Vers 140.6 folgt exakt dieser Korrektur (bon = guot, scher = lieber). Das für die gesamte Fassung *T charakteristische Befiz wurde in V eliminiert. Was aber ist unter Befiz zu verstehen? Geht man von der Parallelexistenz von bel und beau im Altfranzösischen aus,270 dann erscheint es denkbar, dass hier mit den beiden Formen gespielt wird, in denen das Ergebnis von bellus filius erscheint. Bel fils wäre dann als eine Variante von beau fils (= Beafiz) aufzufassen, was verdeutscht Befiz

266

267 268

269 270

Einwohner des belagerten Pelrapeire in drastischem Realismus geschildert wird; vgl. Schöller, In Trüdingen und anderswo. Vgl. hierzu Schnell, Ekel und Emotionsforschung, bes. S. 376 f. Ders., Edition und Sprachgeschichte, S. 136, verweist auf ein ähnliches, obgleich deutlich späteres Beispiel für einen solchen ‚sittlichen‘ Eingriff: In dem um 1464 entstandenen Cgm 270, „der zahlreiche obszöne Kurztexte (u. a. Priameln) enthält, wurden sowohl das Wort minne wie auch das Wort liebe ausradiert, deutliche sexuelle Bezeichnungen allesamt gelöscht.“ Die in der Heidelberger Handschrift cpg 341 (ca. 1320/1330) enthaltene Version des Märes vom ›Herrgottschnitzer‹ wurde aufgrund des obszönen Inhalts später verstümmelt: „Eine Spalte ist herausgeschnitten, die andere und die Vorderseite des zweiten Blattes sind ausradiert und mit einem anderen Text überschrieben. Es wird sich um eine Zensurmaßnahme, zum mindesten um eine Geste des Unwillens handeln: Ein Text wie der ›Herrgottschnitzer‹ erregt bei deutschen Lesern im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts noch Anstoß“ (Grubmüller, Die Ordnung, der Witz und das Chaos, S. 151). Lachmann: bon fıˆz, scher fıˆz, beˆaˆ fıˆz (nach D). m n o: bonfis gerafis (gerasis n) beafis (beasis n); G: bon fiz tschier fiz beanfiz; I: bonfiz veirafiz [!] beanfiz; L: bonfiz tschierfis Beafis; M: bon fisz schierfisz beafisz; O: bon fiz tschie fiz Bea fiz; Q: Benfiz schier fisz beafisz; R: bonfis schierfis Beafis; Z: bonfiz tschierfiz beafiz. Zur Überlieferung der Stelle vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 40, Anm. 62 und S. 263. Ähnlich W: Bonfis. befis. beafis. Hingegen U: Bonfiz. Scherafiz. Befiz. Noch im modernen Französisch wird bel verwendet, etwa in den Wendungen bel et bien, un bel homme etc.

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ergäbe.271 Ebenso gut möglich ist es natürlich, dass hier eine weitgehend sinnfreie, lediglich am französischen Klang orientierte Variante vorliegt. Während sich die Abweichungen von *T2 in einigen wenigen Details erschöpfen, bietet *T einen Text, der mit jenem Lachmanns gerade noch ein gemeinsames strukturelles Grundgerüst teilt. Hartl sieht den Grund dieser völligen Neuformierung des Textes in der Anstößigkeit der Verse nach 112.20.272 Dies ist zwar grundsätzlich möglich; dagegen spricht jedoch, dass der Wortlaut der Verse 113.6–8, die ebenfalls als anstößig empfunden werden konnten und – in Handschrift T – auch so empfunden wurden, unangetastet blieb und eine unter diesem Aspekt vorgenommene ‚bereinigende‘ Neubearbeitung demnach äußerst inkonsequent durchgeführt worden wäre. Keinesfalls damit in Zusammenhang stehen die unmittelbar auf Vers 112.20 folgenden sechs Plusverse, die als nähere Erläuterung der Verse 112.18–20 zu verstehen sind. Die knappe Bemerkung des Erzählers, dass das Kind vor dem Rittertum versteckt wird, erfährt in *T eine umgehende Begründung. Darin ist ein Reflex auf die unerhörte und aufklärungsbedürftige Tatsache zu sehen, dass einem Kind aus königlichem Haus die standesgemäße, dem Rittertum verpflichtete Erziehung vorenthalten wird und es „gleichsam in einem unzivilisierten Naturzustand“273 verharren muss. Der Erzähler wird später diesen Sachverhalt unmissverständlich kommentieren: der knappe alsus verborgen wart / zer waste in Soltaˆne erzogn, / an küneclıˆcher fuore betrogn (La 117.30–118.2). In den Plusversen von *T wird bereits früh erklärt, dass dies aufgrund der Sorge Herzeloydes geschehe, es könne ihr durch eine Ritterschaft Parzivals ein weiteres Mal Unheil widerfahren. Deswegen werde er verborgen gehalten (112.19) und ausschließlich von Frauen behütet. Die eingehende Betrachtung des visellıˆn wurde in der Fassung *T ausgeblendet und stattdessen die außerordentliche Schönheit des Kindes in den Mittelpunkt gestellt. Der Redaktor greift hier auf die traditionelle und gerade im ›Parzival‹ häufig anzutreffende Vorstellung vom Deus artifex zurück, nach der Gott selbst in Parzival ein besonders schönes Kunstwerk geschaffen habe:274 Jch wene got sinen vliz / mit kuonst an in kerte / Do er in leben lerte (U 112.24/2–112.24/4). Erst mit dem stark abweichenden Vers Got gap im starke schone lit (U 112.27) mündet *T wieder in den Kerntextbestand ein. 271 272 273 274

Für diesen Hinweis danke ich Herrn Prof. Dr. Fritz Peter Kirsch. Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 79. Pratelidis, Tafelrunde und Gral, S. 209. Vgl. hierzu Heinzle, Wolframs Titurel, S. 158 f. [Komm. zu 104.2; mit Stellenangaben zum ›Parzival‹ und Forschungsüberblick]; Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 168 f. [zu 123.13; mit Stellenangaben]; Nellmann, Kommentar, S. 522 [zu 123.13]; Ridder, Narrheit und Heiligkeit, S. 141; Ernst, Differentielle Leiblichkeit, S. 196; Wapnewski, Dichtergott, bes. S. 37– 40.

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Wenig später wendet sich der Erzähler in *T nochmals der Beschreibung der äußerlichen Schönheit des Knaben zu: Er was roˆse roˆt unde sneˆ wıˆz (113.3).275 Man mag zunächst an die poetische Umschreibung der natürlichen Farbtönung eines eben erst Geborenen denken, doch steht hier zweifellos die Farbsymbolik im Vordergrund. Gerade im Märchen wird gerne auf die effektvolle farbliche Kontrastierung von Rot und Weiß zur Charakterisierung eines gesunden und kräftigen Kindes zurückgegriffen:276 Die Mutter in der Grimm’schen Version des ›Schneewittchen‹ wünscht sich ein Kind „so weiß wie Schnee, so rot wie Blut, und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen.“ Ähnlich ersehnt die Frau des reichen Mannes im ›Totenvogel‹ ein Kind so rood as Blood un so witt as Snee.277 „Die Wahl der Vergleichswerte entspricht dem quasi surrealen Extremismus des Märchens [...]; in der Wirklichkeit könnte und dürfte die Gesichts-F[arbe] weder blutrot noch schneeweiß sein.“278 Wichtiger noch als die märchenhaften Züge der Beschreibung sind die Analogien, die sich innerhalb des ›Parzival‹ ergeben.279 Die Schönheit der Condwiramurs wird ebenfalls mit Hilfe der Rot-Weiß-Symbolik veranschaulicht:280 als von dem süezen touwe diu roˆse uˆz ir bälgelıˆn blecket niwen werden schıˆn, der beidiu wıˆz ist unde roˆt. [La 188.10–13]

Nellmann stellte fest, dass „die Farbkombination wıˆz unde roˆt [. ..] im ›Parzival‹ auffallenderweise nur bei der Beschreibung Condwiramurs’ [. . .] gebraucht [wird]“.281 Dies wird damit zusammenhängen, dass in der ‚Blutstropfenszene‘ die 275 Nach Lachmann normalisiert. 276 Vgl. Tucker, Farben, Farbsymbolik, Sp. 843. 277 Beide Zitate nach ebd. Weitere Beispiele bei J. Grimm, Commentar zu einer Stelle in Eschenbachs Parcifal, S. 112–114. 278 Ebd., Sp. 843. 279 Vgl. dazu auch den Exkurs ‚Die Zeichenhaftigkeit von Blut und Schnee‘ bei Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 59– 64. 280 Zur Stelle vgl. Schmid, weindiu ougn haˆnt süezen munt, S. 239 f. 281 Nellmann, Kommentar, S. 605 [zu 283.4]; so auch Bücksteeg, Ausgewählte Märchenmotive im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, S. 38. Zur Stelle und zur Tradition der Blumen- und Farbsymbolik im Minnesang vgl. Schulz-Grobert, ‚Gesichtspunkte‘ der Blütezeit, S. 330–332. Brinker-von der Heyde, Geliebte Mütter – Mütterliche Geliebte, S. 301 f., verweist auf die Analogien ex negativo zwischen Condwiramurs und Belakane, die ebenfalls mit der benetzten Rose verglichen wird [der touwegen roˆsen ungelıˆch, / naˆch swarzer varwe was ir schıˆn La 24.10–11]. Ähnlich versteht Schmid, weindiu ougn haˆnt süezen munt, S. 239 f., die Stelle: „Die Verwerfung der tauigen Rose für Belacanes besonderen Fall mutet an, als hätte sich

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Erinnerung an Condwiramurs zunächst durch den farblichen Kontrast und dann erst durch die sich abzeichnende Gesichtskontur ausgelöst wird:282 do er die bluotes zäher sach uˆf dem sneˆ (der was al wıˆz), doˆ daˆhter „wer haˆt sıˆnen vlıˆz gewant an dise varwe claˆr? Cundwier aˆmuˆrs, sich mac für waˆr disiu varwe dir gelıˆchen. [. . .] Condwıˆr aˆmuˆrs, hie lıˆt dıˆn schıˆn. sıˆt der sneˆ dem bluote wıˆze boˆt, und ez den sneˆ sus machet roˆt, Cundwıˆr aˆmuˆrs, dem glıˆchet sich dıˆn beˆaˆ curs [La 282.24–29 und 283.4–8]

Der eben geborene Parzival wird ausschließlich in der Fassung *T als rosenrot und schneeweiß beschrieben, Condwiramurs’ Schönheit entspricht dem Weiß und Rot der mit Tau benetzten Rose,283 und eben diese Farbkontraste werden von Parzival in der Blutstropfenszene mit seiner Ehefrau in Verbindung gebracht: Über die Farbsymbolik wird zwischen den beiden Protagonisten eine weitere Verbindungslinie gezogen, zum liehten schıˆn, der alle Angehörigen des Feengeschlechts auszeichnet, gesellt sich der rote und weiße schıˆn, Symbol der außerordentlichen Schönheit und – in *T – vielleicht zugleich Symbol der Zusammengehörigkeit der Eheleute. Der Erzähler, der in *T2 lieber nackt ohne Hose284 in einem Bad sitzen wollte, als dass man seine aˆventiure für ein Buch hielte (eˆ man si hate vur ein bvoch / ich hier der Dichter an die Bildidee erinnert, die er für Condwiramurs [188.10–13] gefunden hatte.“ Trıˆnca, Parrieren und undersnıˆden, S. 59, fasst die „Belakaˆne-Beschreibung als eine Umformung der Condwıˆr aˆmurs-Darstellung“ auf. 282 Vgl. Schausten, Vom Fall in die Farbe, S. 470: „[. . .] es sind doch wohl die kontrastierenden Farben, es ist die Anordnung der Tropfen auf dem Schnee, die [die] Struktur des Gesichts nahelegen – d. h. die Farben schaffen die Struktur und sind gerade nicht allein das, was sie aus moderner Sicht zu sein scheinen, dekorativer Füllstoff für eine vorgegebene Form.“ Vgl. weiters Garnerus, Parzivals zweite Begegnung mit dem Artushof, S. 47 [Komm. zu 283.4–8]: „Ein Vergleich mit der Beschreibung von Condwiramurs bei ihrer ersten Begegnung mit Parzival [. . .] macht bis in die Wortwahl (schıˆn, wıˆz, roˆt, beˆaˆ curs) deutlich, durch welche Assoziationen eben dieses Bild für Parzival in seiner visionären Schau heraufbeschworen wird.“ 283 Zu dieser Stelle (188.6–13) vgl. zuletzt Trıˆnca, Parrieren und undersnıˆden, S. 56 f. 284 Bei Lachmann (nach den weiteren Handschriften) würde der Erzähler lieber auf ein Tuch verzichten. Die Pointe bleibt von der Abweichung unberührt. Zu diesem

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weˆre naket ane brvoch, T 116.1–2), wendet sich nun Herzeloydes Rückzug in die Wildnis zu, den er (116.15 ff.) „als ein religiös motiviertes Bekenntnis zur Armut“285 interpretiert: 117. 7 Sich zoˆch diu frouwe jaˆmers balt uˆz ir lande in einen walt, zer waste in Soltaˆne;287 10 niht durch bluomen uˆf die plaˆne. ir herzen jaˆmer was soˆ ganz, sine keˆrte sich an keinen kranz, er wære roˆt oder val. [La 117.7–13]

Sich zoch286 div vrov we iamers balt vz ir lande in einen walt ze wue sten Soltanie niht dvrch blvo men vf die planie ir herzen iamer was so ganz sine kerte sich an dekeinen cranz er weˆre roˆt oder val [T = *T2] o

e

Sich zoch die vreuo we iamers balt Vz irm lande in einen walt Zuo der wuo sten soltanie Nit duo rch buo wen288 vf die planie Jr herze iamer was so ganz Sie kerte sich an dekeinen cranz Er were gruo ne oder val [U = *T] o

e

Laa. *T: 117.7 Dich U SJch V xIch W. 117.8 ir V Auß irm W. 117.9 Zvr wusten soltanie V Zu der wusten soltanie W. o 117.10 Niht dvrch blvmen vf (auff W) der planie V W. 117.11 Irs hertzen W.

Die Frage, wohin genau sich Herzeloyde zurückzieht, zählt zu den komplexeren Problemen der ›Parzival‹-Philologie.289 Schon Lachmann war sich bei der Herstellung von Vers 117.9 unsicher.290 Die Gesamtüberlieferung zu waste (außer *T) hat Bonath zusammengestellt.291 waste in/ wasten / wuosten/ wuesten kann sowohl als Adjektiv in der Bedeutung ‚wüst, öd, einsam, verlassen, leer‘ als auch als Substantiv (‚öde Gegend, Wildnis, Wüste‘) fungieren.292 Soltaˆne begegnet in den unterschiedlichsten Formen,293 deren wesentlichstes Differenzierungsmerkmal auslautendes -e (Soltane) versus -ie (Soltanie in der Mehrzahl der Fälle) bildet. Den Ausgangspunkt dieser höchst eigenwilligen Adaption durch Wolfram bildet la gaste forest soutaine (›Conte du Graal‹, Vers 75), und es ist mit Fourquet davon auszugehen, dass er eine Handschrift des ›Conte du Graal‹ vom Typ der Handschrift R benutzt hat, in der die Form soltaine aufscheint.294 Jedenfalls hat

285 286 287 288 289 290 291 292 293 294

Passus vgl. zuletzt Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 132 f., Baisch, man boˆt im ein badelachen dar, S. 114–123; Tomasek, Wolfram im Schwitzkasten, S. 884–887; Stolz, „Ine kan decheinen buochstap“, S. 24, und Trıˆnca, Parrieren und undersnıˆden, S. 94–99. Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 55. zoch wurde irrtümlich doppelt geschrieben. soltane D. Es handelt sich um eine Einzellesart in Handschrift U, die durchaus sinnvoll erscheint: ‚Sie zog in die Einöde, allerdings nicht, um dort das Land zu kultivieren.‘ Einen detaillierten Überblick über die Forschung zur Stelle gibt Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 33–36. Im Apparat [zu 117.9] wird wüestinne als alternative Lesung vorgeschlagen. Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 152 und Anm. 3. Vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 3, Sp. 981 f. 117.9: soltane (D), solitane (m), sollich anye (n), solithanie (o), soltanie (G L T U V W), soltanıˆe (O), soldanie (M), saltange (I), soldane (Z), soldange (Q), soltange (R). Vgl. den Überblick bei Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 34 f. Hilka (ed. Der Percevalroman von Christian von Troyes, S. 75) verzeichnet

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Wolfram das Adjektiv soutaine / soltaine (‚einsam‘) in einen Ortsnamen verwandelt, was sich auch in gelegentlicher Großschreibung des Wortes (z. B. in T) in der Überlieferung niederschlägt. Die Form Soltanie scheint indes auf größere Zusammenhänge zu verweisen, wie Kühnel vermutete: „Soltanıˆe ist eine mittelhochdeutsche Bezeichnung für das ‚Sultanat‘, mithin für Ägypten. [...] Herzeloyde zieht sich [. . .] also nicht in die ‚Einöde von Soltane‘ zurück, sondern sie flieht – zumindest schwingt diese Bedeutung konnotativ mit – ‚ins öde Ägyptenland‘. Hinter Herzeloyde [...] wird, präfigurativ, Maria auf der Flucht nach Ägypten sichtbar. Hinter der triwe-vollen Herzeloyde leuchtet hier [.. .] Maria auf als das Urbild weiblicher triwe.“295 Kühnel überlegte, ob sich hinter der Abweichung eventuell eine „bewußte Überarbeitung durch Wolfram“ verstecken könne.296 Die Möglichkeit einer typologisch orientierten Akzentsetzung ist denkbar, da sie sich gut in die allgemeine Analogisierung Herzeloydes zu Maria einfügt; dass Herzeloyde sich jedoch tatsächlich – etwa vergleichbar zu Gahmurets Orientreisen – ins ferne Ägypten zurückzieht, ist auszuschließen, da sich Parzival nach seinem Ausritt aus Soltane / Soltanıˆe in Europa befindet und die Episode auch sonst keinerlei ‚exotisches‘ Inventar bietet. Die ritterliche Erziehung bleibt Parzival vorenthalten. Da er sich lediglich auf den Gebrauch des Bogens versteht, beginnt er, Jagd auf Vögel zu machen. Hat er jedoch einen geschossen, bricht er über dem toten Tier in Tränen aus. Herzeloyde befiehlt daraufhin ihren Gefolgsleuten, die Vögel zu töten: die hiez si vaste gaˆhen, / vogele würgn und vaˆhen (La 119.3– 4). Der Formulierung würgn und vaˆhen liegt vermutlich die rhetorische Figur des hysteron proteron zugrunde.297 In der Fassung *T wird die deutlichere Formulierung vogele werfen vnd vahen (T) gewählt, derzufolge die Vögel zunächst vom Baum geschossen und dann gefangen, d. h. getötet, werden. Bei der Beschreibung von Parzivals Jagdaktivitäten variiert die Überlieferung in einer Form, die etwas kuriose Züge annimmt. Parzival lernt, mit dem Wurfspieß umzugehen: die R-Lesart soltaine im Apparat, Busby (ed. Chre´tien de Troyes, Le Roman de Perceval ou Le Conte du Graal, S. 5) hingegen nicht. 295 Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 199 f. Zustimmend Baisch, Die Bedeutung der Varianz, S. 33 f. 296 Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 200. 297 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), S. 121 [Komm. zu 119.4], und Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Bartsch-Marti), S. 142 [Komm. zu 119.4]. Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 68, weist darauf hin, dass hier nicht zwingend ein hysteron proteron vorliegen muss, wenn man vaˆhen in der – im Kontext der Jagd häufiger anzutreffenden – Bedeutung von „catch and kill“ versteht.

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120.2 5

er lernte den gabiloˆtes swanc, daˆ mit er mangen hirz erschoˆz, des sıˆn muoter und ir volc genoˆz. ez wære æber oder sneˆ, dem wilde tet sıˆn schiezen weˆ. [La 120.2– 6 = D]

er lernete den gabylotes swanc Da mit er manegen hirz er schoˆz o des er vnd sin mvter volc genoˆz ez were Eber. oder Reˆ dem wilde tet sin schiezzen weˆ [T = *T2]

Laa. *T: 120.2 den fehlt U gabyloten U Er lerte ein gabiloten schwang W. 120.4 Des sin muo ter vnd ir volc genoz U V W. 120.5 Jz U Rech U. 120.6 Dem wilde thet er vil we W.

Ein Blick auf die Gesamtüberlieferung von Vers 120.5 zeigt, dass sich im Wesentlichen drei verschiedene Aussagen ergeben, von denen zwei den Witterungsbedingungen, eine hingegen der Tierspezies gelten: ‚schneefrei oder Schnee‘ (D G I M O Q Z), ‚Regen oder Schnee‘ (m n o), ‚Eber oder Reh‘ (L R T U V W). Es ist davon auszugehen, dass æber den Variantenreichtum hervorgerufen hat. „æber is used, principally in hunting contexts, to mean a patch of ground where the snow has melted.”298 Aufschlussreich ist die Parallele, die Yeandle aus dem ›Königsberger Jagdgedicht‹ anführt: si louffent mit dem wilde / uˆf berg und uˆf gevilde, / uˆf eberen und uˆf sneˆ (Verse 29–31).299 Daneben ist in der winterlichen Umgebung mit Bumke auch ein zugrunde liegender symbolischer Gehalt zu vermuten: „Die (sachlich unmotivierte) Erwähnung des Schnees kann als ein Signal verstanden werden, daß die Nähe Parzivals zum Schnee noch von Bedeutung sein würde, zumal hier vom Töten und vom Schießen mit einem Speer gesprochen wird.“300 æber konnte leicht missverstanden werden, zumal sich in den Handschriften nur in einem Fall (D) der verdeutlichende a-Umlaut erhalten hat.301 Es steht aber außer Frage, dass die alternative Formulierung ‚Eber oder Reh‘, die die Vertreter von *T und zwei weitere Handschriften aufweisen, in sich sinnvoll ist und sich gut in den Stellenkontext einfügt. Die Gegenüberstellung von männlichem und weiblichem Tier – Eber und Reh – lässt die Bereitschaft Parzivals erkennen, auf alles zu schießen, was sich bewegt. Auf der Jagd begegnet der Knabe eines Tages drei Rittern, die einer entführten Dame hinterherjagen. Im Gespräch mit deren Anführer, der in *T den Namen Garnagarnanz trägt, wird Parzival darüber aufgeklärt, dass er nicht einem Gott – wie er aufgrund des ‚Religionsgesprächs‘ mit der Mutter fälschlicherweise vermutet –, sondern einem Ritter gegenübersteht. Doch hat er die Belehrungen des Ritters zur Gänze verstanden? Bei Lachmann spricht er den Ritter mit den Worten an: ay ritter guot, waz mahtu sıˆn? (123.21). Lachmann hat hier seine 298 299 300 301

Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 103 [zu 120.5]. Zitiert nach ebd., S. 104 [zu 120.5]. Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 62. In der Regel wird eber geschrieben.

Episoden im Zusammenhang

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Leithandschrift D, die ritter got liest, zugunsten der Lesart von *G verlassen.302 Die Anrede „Ritter Gott“303 führt in humoristischer Weise vor,304 dass Parzival sich noch nicht endgültig Klarheit darüber verschafft hat, was ihm eben mitgeteilt wurde. Auch scheint sich mir die Formulierung waz mahtu sıˆn auf das Dinghafte des rätselhaften Mischwesens zu beziehen.305 Peter F. Ganz wies mit Recht darauf hin, dass ritter got als lectio difficilior betrachtet werden muss.306 Leitzmann, Bartsch / Marti und Martin setzten diese Lesart in den Text ihrer Ausgaben. *T liest hingegen: Ein riter gotweiz mahtu wol sin (U W). In der Handschrift V zeugen Rasuren und Klebestreifen von intensiver Textarbeit: E[i ritter ((waz)) maht dv sin]. Es ist noch zu erkennen, dass der ursprüngliche Vers länger gewesen sein muss, da die Rasuren über das Ende der endgültigen Textgestalt hinausreichen. Auch V wird also ursprünglich den Wortlaut von *T aufgewiesen haben. Schließlich macht sich Parzival, der zuvor noch von der Mutter mit missverständlichen Lehren und abschreckender Bekleidung ausgestattet wurde, auf, um Ritter zu werden. Dieser Aufbruch ist in den meisten Handschriften mit einer Initiale gekennzeichnet.307 V kündigt den neuen Handlungskomplex mit einer Überschrift vor Vers 128.13 an: Hie i*t parzifales erstes vz riten // in *iner Kinthett Do er von *inre // mvoter fron herzelauden *chiet (Blatt 22v). An derselben Position markiert Handschrift n – als einzige Vertreterin von *m – den 302 Sämtliche Varianten zur Stelle sind verzeichnet bei Hartl, Altdeutsche Übungstexte, S. 16, und bei Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 175 [zu 123.21; mit ausführlichem Forschungsbericht]. 303 Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), Übersetzung Kühn, S. 211. Kühn weicht damit vom Text der Ausgabe (ritter guot) ab! 304 Stadler, Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs Parzival, S. 153, spricht davon, dass Handschrift G (und mit ihr Lachmann) hier einen „lieblichen Scherz“ zerstört habe. 305 L. P. Johnson, Parzival erfährt seinen Namen, S. 197, spricht von einem „Zwitterding“. 306 Vgl. Ganz, Lachmann as an Editor of Middle High German Texts, S. 27. Marti überlegte, ob vielleicht „Wolframs humoristischer Ausdruck ritter got [. . .] geradezu die von seiner französischen Vorlage der höhern Tendenz des Parzivalromans entsprechende Umbiegung des chevalier beste [ist], wie der erste Ritter, den der Held sieht, genannt wird“ (vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. [ed. Bartsch-Marti], Einleitung, S. XXXI ). Nellmann, Kommentar, S. 522 [zu 123.21], bezeichnet beide Lesarten als „erwägenswert“. L. P. Johnson, Parzival erfährt seinen Namen, S. 197, bringt reimtechnische Argumente gegen die Lachmann’sche Textherstellung vor: „Gegen die Lesart ritter guot ist vor allem einzuwenden, daß in den zwanzig Fällen im ›Parzival‹, wo Wolfram auf etwas lahme Weise ein solches nachgestelltes, flektiertes oder unflektiertes guot anwendet, dieses jedesmal im Reim steht. Unser ritter guot wäre die einzige Ausnahme, und noch dazu fehlte ihm die halbe Entschuldigung des Reimzwangs.“ 307 Initialen in den Handschriften m n o L R T U V W Z, herausgerückte Majuskel in D.

328

IV Textprofile

Einschnitt mit der Überschrift: Al*o der knappe von *iner muotter vnd von den *inen hin weg *chiet vnd zux einer gar scho//nen frouwen kam vnd in gar minneclichen // enpfing etc (Blatt 95v). In Handschrift R wurde noch der Tod Herzeloydes und die sich anschließenden Reflexionen des Erzählers über diese tragische Figur abgewartet und die Überschrift erst vor Vers 129.5 eingefügt:308 Hie rittet barczifal vsz vnd gnadet sin(er) muotter vnd kompt czu einer herczogin die schlieff vnd(er) einen gezeltt allein (Bl. 23r).309 In der Gestaltung der zentralen Abschiedsszene weicht *T2 erneut von den übrigen Textzeugen ab: 128.13 15

20

Des morgens doˆ der tag erschein, der knappe balde wart enein,310 im was gein Artuˆse gaˆch.311 [frou] Herzeloyde in kuste und lief im naˆch. der werlde riwe aldaˆ geschach.312 doˆ si ir sun niht langer sach (der reit enwec), wemst deste baz?313 doˆ viel diu frouwe valsches laz314 uˆf die erde, aldaˆ si jaˆmer sneit soˆ daz se ein sterben niht vermeit.315 [La 128.13–22]

Des morgens do der tac erscein der knabe wart vil balde in ein im was gegn Artvse gach o sin mvter in niemer me gesach –––– –––– er vert hin wem ist deste baz Do viel div vrouˆwe valsches laz vf die erde alda si iamer sneit so dc ein sterben niht vermeit [T = *T2]

Laa. *T: 128.13 Eines U W Eins V. 128.14 knappe U V W vil] gar W. 128.15 gein U 128.16 Vro Herzeleide in kost (Fro herzelaude in kvste V Fraw hertzeloyde kusten W) vnd lief im (in W) nach U V W. 128.17 Der werlde ruo we (welte rv´we V welte reu´we W) al hie gescah (beschach W) U V W. 128.18 Do sie irs suns (irn sun W) nit mere sach (me ensach V) U V W. 128.19 Der vert von ir U V W wem ist nun dester baz W. 128.22 in sterben nit U sv´ (sy W) sterben niht V W.

Die Rohheit der Szene wurde im ›Parzival‹ gegenüber dem ›Conte du Graal‹ etwas gemildert: Der Knabe reitet fort, ohne sich noch einmal umzudrehen, und bemerkt daher den Zusammenbruch der Mutter nicht. Dennoch wird ihm später der Tod der Mutter von Trevrizent als Sünde angerechnet werden (499.22–25).316 308 Zu den Tituli und Illustrationen in R vgl. u. a. Curschmann, Der Berner ›Parzival‹ und seine Bilder; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 140ff.; Stolz, WolframLektüre für die spätmittelalterliche Stadt; Stephan-Chlustin, Artuswelt und Gralswelt im Bild, bes. S. 187–259; Stolz / Viehhauser, Text und Paratext, bes. S. 337–342. 309 Zitiert nach Stolz / Viehhauser, Text und Paratext, S. 349. 310 wart ein D. 311 gegen D. 312 werelde D. 313 wem ist D. 314 al D. „daˆ appears to be Lachmann’s conjecture“, vgl. Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 269. 315 si D. 316 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 524 f. [zu 128.14–22], und Yeandle, Commentary on

Die Plusverse in *T und *T2

329

Die Dramatik der Abschiedsszene fängt der Erzähler im Bild der nachstürzenden Mutter und in dem an die Theodizee gemahnenden Ausruf (der werlde riwe aldaˆ geschach La 128.17)317 ein. Etwas knapper, jedoch nicht minder dramatisch ist der Erzählerkommentar in *T2 gehalten: ‚Seine Mutter sah ihn nie wieder. Er fährt dahin: Wer könnte darüber Freude empfinden?‘318 (T 128.16 f.). In *T2 wird die Endgültigkeit dieses Abschieds, besiegelt durch den Tod Herzeloydes, explizit hervorgehoben. Parzival wird seine Mutter nicht wiedersehen. Sein Aufbruch in die Welt des Rittertums ist begleitet von Leid und Sünde, verursacht durch tumpheit. Es wird nicht das letzte Unglück bleiben, das er – unwissentlich – verschuldet.

IV.3 Die Plusverse in *T und *T2 Die Plusverse der Fassung *T erstrecken sich zum überwiegenden Teil über das erste Viertel des ›Parzival‹. Was zu dieser ungleichmäßigen Verteilung geführt hat, ist unklar. Zudem fallen die Plusverse in jenen Bereich, in dem in Handschrift T ein Vorlagenwechsel (36.15–158.10) stattgefunden hat. Dies hat zur Konsequenz, dass ein Großteil der Plusverse nur in den *T-Handschriften U V W enthalten ist. Diese Handschriftengruppe repräsentiert im Bereich des Vorlagenwechsels die Fassung *T, Handschrift T alleine die Fassung *T2.319 Der folgenden Textanalyse liegen jene Plusverse zugrunde, die die Fassungen *T und *T2 aufweisen. Keine Berücksichtigung finden hingegen die Plusverse, die V mit *m teilt, sowie die zahlreichen Plusverse, die nur der Druck W aufweist, da diese Texterweiterungen the Soltane and Jeschute Episodes, S. 267 f. [zu 128.16; mit umfassender Darstellung der Schuldproblematik]. 317 Vgl. die Paraphrase durch Bartsch-Marti (ed. Wolframs Parzival und Titurel, 4. Aufl., 1. Teil, S. 153 [Komm. zu 128.17]): „eine Trauer der ganzen Welt, die die ganze Welt berührte, begab sich dort“ und durch Martin (ed. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, Bd. 2, S. 128 [Komm. zu 128.17]): „‚das Leid aller Welt‘, das, was alle Menschen schmerzen muß“. Vgl. hierzu auch Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 268 f. [zu 128.17]. 318 Ich folge bei der Übersetzung von Vers 128.19 den Vorschlägen von Martin (ed. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, Bd. 2, S. 128), Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Aufl. (ed. Bartsch-Marti), 1. Teil, S. 152, und Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 269 f. Andere Auffassungen von wemst deste baz bei Knecht, Kühn und Spiewok. Vorschläge zu einer gegenüber Lachmann veränderten Interpunktion bei Nellmann, Kommentar, S. 525. Hinzuweisen ist zudem auf Mohr, Wolfram beim Wort genommen, S. 296, der die unterschiedlichen Versgestaltungen in *D und *G in seine Interpretation einbezieht. 319 Siehe dazu Abschnitt III.1.1 (S. 125 ff.) und die Skizze in Abschnitt III.3 (S. 256).

330

IV Textprofile

einer anderen, sicher späteren Bearbeitungsstufe zuzurechnen sind.320 Als Kriterium für die Auswahl gilt ausschließlich, dass eine der beiden zuverlässigen Haupthandschriften von *T, also T oder U, die Plusverse teilt. Bei der nun folgenden Auflistung werden der Text der Lachmann-Ausgabe, *T und *T2 gegenübergestellt. *T wird immer nach T, im Bereich von *T2 hingegen nach U zitiert, die Fassung *T2 folgt T. 1. „geˆt naˆher, mıˆn heˆr Razalıˆc: ir sult küssen mıˆn wıˆp. Als tuot ouch ir, heˆr Gaschier.“ [La 46.1–3]

er sprach her Razalic geˆt her kvsset min wip. dc ist min ger o sam tvt ir herre Gatscier [T = *T2]

Got herre min Razalic Tredent an der selden stic /1 Ir sulnt kussen min wip Die mir ist als der lip /2 o Sam dut ir herre Gatschier [U = *T]

Laa. *T: 46.1 Gant har min herre Razalic V Get naher mein herre razzalick W. 46.1/1 trettent V Trettet W strick W. 46.2 Küssen solt ir mein weib W. 46.2/2 die mir liep ist als der lip V.

Der von Gahmuret besiegte Mohrenkönig Razalic wird in die Festung gebracht und aufgefordert, Belakane zur rechtskräftigen Versöhnung den Friedenskuss zu geben.321 Die Stelle variiert in der Überlieferung beträchtlich. Es ist möglich, dass die Assonanz Razalıˆc : wıˆp als störend empfunden und beseitigt wurde.322 Nellmann nimmt einen ähnlichen Eingriff für Vers 469.8 in D an, wo vil gewis (statt feˆnix) auf exillis gereimt wird.323 Bemerkenswert erscheint, dass sowohl in *T als auch in *T2 ein reiner Reim aufscheint, allerdings in unterschiedlicher Weise: Während *T2 die Verse umformuliert und dadurch neue Reimworte (her : ger) gewinnt, wurde in *T der Wortlaut des jeweils ersten Verses beibehalten und das Verspaar durch je einen Plusvers vervollständigt. Hervorzuheben ist die künstlerische Qualität der Verse in *T, die sich in der Wendung tretent an der sælden stıˆc manifestiert.324 320 Eine Auflistung sämtlicher Plusverse in der ›Parzival‹-Überlieferung bietet Hofmeister, The Plus Verses in Wolfram’s ›Parzival‹. Zu den Plusversen in *T vgl. auch Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 65– 68. Zu den unikalen Plusversen in W siehe S. 118 f. Die Plusverse in V wurden erstmals verzeichnet in: Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (ed. Schorbach), Einleitung, S. XLV–LVI . Schorbach musste die Plusverse in V noch Wisse / Colin zuschreiben, da die Parallelüberlieferung von *T in Lachmanns Apparat nicht verzeichnet ist. 321 Vgl. dazu Nellmann, Kommentar, S. 479 [zu 46.1–5]; Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 168 f. [Komm. zu 46.2]. 322 Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 79; Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 240. Vgl. allgemein zur Stelle Hofmeister, Rhyme and Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹, S. 90 f. Andererseits wurden die weiteren unreinen Reime des ersten Buches (10.25–26: ougen : rouben, 17.29–30: gaˆben : laˆgen und 53.19–20: gaˆbe : maˆge) in *T nicht ‚verbessert‘. 323 Nellmann, Lapsit exillis?, S. 418, mit Hinweisen auf weitere Eingriffe dieser Art. 324 Text normalisiert.

Die Plusverse in *T und *T2 2.

sag an, geboˆt dir daz ein wıˆp? die gebietent weˆnic, heˆrre, mier. [La 47.8–9]

sagan geboˆt dir dc ein wip? Die gebietent herre wenic mir [T = *T2]

331 Sage an gebot dir diz ein wip Er sprach nein ez ist nit /1 waz so anders mir geschit /2 si gebietent herre wenic mir [U = *T]

Laa. *T: 47.8 diz] dz V das W weib W. 47.8/1 neines niht V nein es nicht W. 47.8/2 swas V 47.9 wening V noch wenig W.

Der gefangene Killirjacac wird von seinem nahen Verwandten Gahmuret nach dem Grund der Teilnahme an der Belagerung gefragt. Gahmuret geht von einem Frauendienst Killirjacacs aus, und auch der Erzähler berichtete zuvor, dass dies der Grund für Killirjacacs Orientfahrt sei (in wıˆbes dienster was gevarn La 46.24). Umso erstaunlicher ist es, dass Killirjacac dies – in allen Textfassungen – zurückweist und stattdessen nur feststellt, er sei mit tausend eigenen Rittern auf Geheiß seines Onkels Gaschier aus ungenannten Gründen325 hergekommen. Der Erzähler scheint demnach von seiner eigenen Figur widerlegt zu werden.326 Es mag sein, dass die Plusverse mit dieser Widersprüchlichkeit in Zusammenhang stehen. Jedenfalls fällt die Antwort Killirjacacs in *T umfassender aus, die Vermutung Gahmurets (und des Erzählers) wird wortreicher zurückgewiesen. Allerdings ist der exakte Wortlaut der Plusverse etwas unklar und kann nur annäherungsweise wiedergegeben werden: ‚Er sprach: Nein, das ist es nicht, ich bin aus ganz anderen Gründen hier.‘ 3.

si kuste den degen minneclıˆch. sie mohtez wol mit eˆren tuon [La 48.2–3]

div kvste den degen minne¯cliche o er was ir mannes mvmen svn o si mohtes wol mit eˆren tvn [T 48.2– 4 = *T2]

Jr kos der was minneclich Den sie dem degen bot /1 o Mit irn munde rosin rot /2 Si mocht ez wol mit eren dun [U = *T]

Laa. *T: 48.2 kus V kuß W minnenclich V so minnigleich W. 48.2/1 sie] sv´ V sy W tegen V. 48.2/2 irn] ir munde rosen V Mit ir rote rosen munde rot W. 48.3 sv´ moe ht es V tun V Sy moe cht es W thun W.

Eine weitere Begrüßungsszene: Diesmal wird Kaylet, der Vetter Gahmurets, von Belakane empfangen. Der minneclıˆche Kuss macht „die Differenz zur reinen Rechtsgeste der Versöhnungsküsse 46.2 ff. deutlich“.327 In *T wird die Begrüßung zum Anlass genommen, um auf die Schönheit der Mohrenkönigin hinzuweisen. Die Hervorhebung der intensiven Röte ihrer Lippen nach Art der Rosen gehört dem konventionellen Beschreibungsrepertoire außergewöhnlicher Schönheit an.328 325 Vgl. La 47.10–11: mich haˆt mıˆn veter Gatschier / her braˆht, er weiz wol selbe wie. 326 Noltze, Gahmurets Orientfahrt, S. 171 [Komm. zu 47.9] vermutet hingegen, dass Killirjacac schwindelt. 327 Ebd., S. 173. 328 Vgl. etwa die Beschreibung Blanscheflurs (ir roˆsevarwer munt wart bleich, Vers 1296) und ihres Sohnes (sıˆn munt was rehte roˆsenroˆt, Vers 3332) im ›Tristan‹ (ed. MaroldSchröder).

332 4.

IV Textprofile

ein vingerlıˆn er sande dar. die naˆch der helle waˆrn gevar, die koˆmen, swaz daˆ fürsten was [La 51.23–25]

[. . .] die nach der helle waren var die coˆmen swc da vursten was [T = *T2]

Die nach der hellen ware¯ gevar

die nach der helle waren geuar Nv sv´ do wurden gewar /1 herren vnde barroche gar /2 Die komen wz do fu´rsten was [V]

Herren vnd baroken gar /1 die kame¯ waz da furste¯ was [U]

Nach den die nach der helle¯ warn var Alle mit einander gar Kamen was do fu´rsten was [W]

/1

Gahmuret schickt Killirjacac mit der Nachricht zum Heer, die Mohrenfürsten mögen sich zur Lehensvergabe im Palas einfinden. Die Überlieferung von *T differiert hier beträchtlich: Während U im Plusvers die sich einfindenden Fürsten näher bezeichnet (Herren vnd baroken gar), begnügt sich W mit einer allgemein gehaltenen Angabe (alle mit einander gar). In V ist noch ein zweiter Plusvers eingeschoben, vermutlich um den in U und W entstandenen Dreireim zu vermeiden. 5.

bestatten sper und ouch daz bluot ze münster, soˆ man toˆten tuot. in Gahmuretes lande man jaˆmer doˆ bekande. [La 112.1– 4]

o

[. . .] in gahmvretes lande groˆz iamer man bekande. [T = *T2]

Vn¯ bestaten daz sper vn¯ daz blut o o o Zu dem munster so man doden dut o Jn Gahmuretes lande Owe schade vn¯ schande /1 o Den wir nu gnomen han /2 So sprachen Gahmuretes man /3 [U = *T]

Laa. *T: 112.3/3: sprochen V gamuretes W.

Der bereits hochschwangeren Herzeloyde wird die Nachricht von Gahmurets Tod überbracht. Der Erzähler schildert ausführlich den exzessiven Klagegestus der verzweifelten Frau. Die Bemerkung, dass sich Trauer über Gahmurets Reich ausbreitete (112.3– 4), schließt diesen Erzählkomplex ab. In der Forschung herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass Gahmurets Lanze und Hemd „in stellvertretender Repräsentanz“ im Münster bestattet werden.329 Zugleich verwunderte die Ungewöhnlichkeit des beschriebenen Rituals: „Die Beisetzung von Teilen des Körpers (z. B. des Herzens) ist im Mittelalter – bei auswärts verstorbenen Fürsten – auch sonst bezeugt, keineswegs aber das hier geschilderte Verfahren.“330 Dieser Konsens wurde zuletzt von Heiko Hartmann in Frage gestellt.

329 Haubrichs, Memoria und Transfiguration, S. 136. Vgl. auch Sivertson, Loyalty and Riches in Wolfram’s ›Parzival‹, S. 152, und zuletzt Quast, Diu bluotes maˆl, S. 50: „Man bestattet das blutige Hemd und auch die Lanzenspitze also wie einen Toten. Herzeloydes Hemd trägt die Blutspuren Gahmurets, und auch die Lanzenspitze ist mit Gahmuret in Kontakt gekommen. Um es überspitzt zu formulieren: Hemd und Lanzenspitze ‚sind‘ Gahmuret, weil sie mit ihm in Kontakt gekommen sind, und daher können sie zurecht bestattet werden, ohne daß dies blasphemisch wirken müßte.“ 330 Nellmann, Kommentar, S. 513 [zu 112.1].

Die Plusverse in *T und *T2

333

Hartmann verwies auf den gut bezeugten Brauch, „Waffen und Rüstungsteile über dem Grab eines adeligen Verstorbenen (sog. ‚Funeralwaffen‘) [anzubringen]“331 und vermutete, „dass Gahmurets Vermächtnis wohl nicht wie ein Toter beigesetzt, sondern lediglich im Kirchenraum aufgehängt wird.“332 Nun vermag die Fassung *T zwar nichts zur konkreten Lösung des Problems beizutragen, doch bietet deren völlig andersgeartete Versgestaltung einen Anhaltspunkt dafür, dass diese Art des Totengedenkens als durchaus ungewöhnlich betrachtet wurde: Der Brauch des ‚Bestattens‘333 von persönlichen Gegenständen wird in *T als eine Tradition präsentiert, die (ausschließlich?) in Gahmurets Reich gepflegt werde: [...] so man doden duot / Jn Gahmuoretes lande.334 Daran erst schließt sich die Schilderung der Trauer an, die in *T in direkter Rede den Gefolgsleuten Gahmurets in den Mund gelegt wird. 6. und 7. Die Plusverse nach 112.13 und 112.19 wurden in Abschnitt IV.2.2 (S. 311 ff.) behandelt. 8.

ich sol schildes ambet haˆn. er greif im naˆch dem zoume saˆn [La 154.23–24]

Laa. *T: 154.23 ambaht V.

ich sol schiltes ambt haben vn¯ als vnsanfte niht me draben /1 als ich nv lange han getaˆn /2 er greif im nach dem zoˆvme san 2 [T = *T ]

Jch sol schiltes ambt han o Er greif im nach dem zeume san [U = *T]

154.24 zov me V graiff W zaume W.

Parzival geht ungeduldig vom Streitgespräch mit Ither zur kämpferischen Auseinandersetzung über. Sein Griff nach dem Zaum von Ithers Pferd, der im ›Conte du Graal‹ keine Vorlage hat,335 kann als rechtssymbolische Handlung – als Ausdruck der Besitzergreifung – aufgefasst werden.336 Ither stößt daraufhin den Knaben mit dem stumpfen Teil der Lanze zu Boden, worauf Parzivals verhängnisvoller Griff zum Wurfspieß erfolgt. Die Plusverse, die dem Griff zum Zaum vorangehen, sind nur in *T2 überliefert. Das Verlangen nach Ithers Pferd ist 331 Hartmann, Gahmurets sper und bluot, S. 123 (Hervorhebung Hartmanns). 332 Ebd., S. 124. 333 Zum Bedeutungsspektrum von mhd. bestaten, das neben dem heutigen Gebrauch auch im Sinne von ‚an einen Ort bringen, festlegen‘ verwendet werden konnte, vgl. ebd., S. 119 f. 334 Es erscheint allerdings auch denkbar, dass die Verse 112.2– 4 des Lachmann-Textes als apo koinou-Konstruktion aufzufassen sind. In diesem Fall würde in Gahmurets Reich sowohl diese Art des Totengedenkens gepflegt werden als auch Trauer ausbrechen. In der grundlegenden Studie von Gärtner, Die constructio apo koinou bei Wolfram von Eschenbach, wird die Passage nicht besprochen. 335 Vgl. hierzu Eichholz, Kommentar zur Sigune- und Ither-Szene im 3. Buch von Wolframs ›Parzival‹, S. 197 und Anm. 1 [zu 154.24]. 336 Vgl. Mersmann, Der Besitzwechsel und seine Bedeutung, S. 106 f.; Eichholz, Kommentar zur Sigune- und Ither-Szene im 3. Buch von Wolframs ›Parzival‹, S. 198 [zu 154.24].

334

IV Textprofile

einerseits in Zusammenhang mit Parzivals Streben nach Rittertum zu sehen (Verse 154.22–23), andererseits lässt die erweiterte Rede Parzivals erkennen, dass dieser auch schlicht seine Transportsituation zu verbessern gedenkt. Wenn Parzival nicht mehr ‚so unbequem reiten will, wie ich es jetzt lange genug getan habe‘, so bezieht sich das auf den mühsamen Ritt auf dem vil bœsen Pferd (126.23), das ihm Herzeloyde zugedacht hat.337 Ausschließlich die Plusverse in *T2 reflektieren die Konsequenzen von Herzeloydes Pferdewahl, doch führt diese nicht wie gewünscht dazu, dass Parzival zu ihr zurückkehrt, sondern vielmehr, dass er seine Begierde auf das bessere Pferd eines anderen richtet.338 9.

daˆ der helm unt diu barbier sich locheten ob dem härsnier, durchz ouge in sneit dez gabyloˆt [La 155.7–9]

Da der helm vn¯ die barbier losten ob de¯ hersenier dvrch dovˆgen sneıˆt im dc gabylot [T = *T2]

Do der helm vn¯ die banier [!] Lochen ob dem hersenier o Do begunde er sin plegen /1 o Mit schuzzen bit daz den degen /2 Durch die augen versneit daz gabelot [U = *T]

Laa. *T: 155.7 Da der heln vnd die barbier V das barbier W. 155.8 sich loe sent ob dem herstenier V Sich loe cherten ob dem harschinier W. 155.8/1 pfleˆgen V sein sere pflegen W. 155.8/2 schv´tzen vnz V Mit schiessen bis das der degen W. 155.9 Dvrch ov gen in sneit daz gabelot V Durch augen verschnait sein gabilot W.

Parzivals unritterliche Tötung Ithers mit dem Wurfspieß schildert Wolfram gegenüber Chre´tien in etwas gemilderter Drastik,339 der Schwerpunkt liegt auf der waffentechnischen Erklärung, „wie Parzival überhaupt den gepanzerten Ritter ins Auge treffen kann“.340 Die einen Freiraum öffnende Verbindungsstelle von Helm, Gesichtsplatte (barbier) und Kopfschutz (härsnier) wird von Parzival ins Visier genommen. Kühnel stellte fest, dass die Terminologie zur Beschreibung des wunden Punktes in den Handschriften abweicht.341 Lachmann folgte bei Vers 155.8 der Handschrift D, die das „nur hier belegte“ swv. sich lochen (‚sich öffnen, Löcher bilden‘) aufweist.342 Die G-Lesung sich luchent vmbe den harsnier 337 Der Chre´tien’sche Perceval reitet hingegen auf einem guten Jagdross, vgl. dazu Nellmann, Kommentar, S. 523 [zu 126.23]. Zu Parzivals pferdelıˆn vgl. Ohly, Die Pferde im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, S. 349f.; Wittmann, Das Ende des Kampfes, S. 43. 338 Zur Kausalität von Besitzgier und Verhängnis vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 60: „Es ist offensichtlich, daß die Tötungsabsicht mit dem Wunsch, sich Ithers Rüstung anzueignen, in Zusammenhang steht: kaum ist Ither tot, fängt Parzival an, ihm die Rüstung auszuziehen.“ 339 Vgl. Eichholz, Kommentar zur Sigune- und Ither-Szene im 3. Buch von Wolframs ›Parzival‹, S. 203 f. [zu 155.7–11]. 340 Ebd., S. 204. Zur Stelle vgl. zuletzt Neudeck, Der verwehrte Blick auf die Oberfläche, S. 281, und Trıˆnca, Parrieren und undersnıˆden, S. 190 f. 341 Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 204. 342 Vgl. Eichholz, Kommentar zur Sigune- und Ither-Szene im 3. Buch von Wolframs ›Parzival‹, S. 206 f.

Die Plusverse in *T und *T2

335

beinhaltet stattdessen das stv. luˆchen (‚schließen‘) und ist nach Kühnel mit ‚dort, wo sich über der Harnischkappe die Öffnungen zwischen Helm und Visier befanden‘ zu übersetzen.343 Eine weitere Variante bringen die Handschriften T und V ins Spiel, die den Freiraum mit Hilfe des Verbs loesen beschreiben: ‚Da, wo sich Helm und Gesichtsplatte vom Kopfschutz lösten‘.344 Der Wurf ist im ›Conte du Graal‹ in drei Phasen unterteilt: Zielen, Werfen und Treffen: En l’oeil al miex qu’il pot l’avise / Et laisse aler le gavelot; / Si qu’il n’entent ne voit ne ot, / Le fiert parmi l’oeil el cervel [...]‘ (Verse 1112–1115).345 Die Phase des Zielens wird in der Mehrzahl der Handschriften nicht beschrieben, sehr wohl aber in den Plusversen von *T: Do beguonde er sin plegen mit schuozzen [...].346 Die Fassung von *T folgt in dieser Partie enger dem ›Conte du Graal‹ als der Lachmann-Text. 10. des sol vil weˆnic von mir komn, ez geˆ ze schaden odr ze fromn.“ daz duˆhte wunderlıˆch genuoc Iwaˆneten (der was kluoc): iedoch muos er im volgen [La 157.1–5]

des sol vil wenic von mir com ¯¯ ez geˆ ze schaden oder ze vrom ¯¯ o Daz dvhte wunderliclich[!] gnvc o Jweneten. der was clvc iedoch mveser im volgen [T = *T2]

o

o

  /1 /2 /3 /4

o

o

 

Jz erge zu schaden oder zu vrome¯ Des sol wenec von mir kome¯ o Durch iemannes drauwe¯ oder bete Der vil stolze ywanete Er wonderte sich der rede do vn¯ wart mit Parzifale vro o o Sus muz er im volgen [U W] ez v´rge zv schaden oder zv vrome¯ dez sol wenı¯g von mir komen o Daz dvhte in wunderlich gnvg o ywanete der waz klvg v Dvrch iema¯nes dro oder bette der vil stolze ywanete Er wundert sich der rede do vnd wart mit parzifale vro o Svs msvt er im volgen [V]

Laa. W: 157.1 wenig. 157.2/3 wunderte.

157.2 ergie.

157.2/1 Durch iemandes thro oder bette.

/1 /2 /3 /4

157.2/2 Der stoltze ywanette.

Iwanet hilft Parzival, dem toten Ither die Rüstung vom Körper zu ziehen und diese anzulegen. Parzival weigert sich, die groben Bauernstiefel auszuziehen, weshalb ihm Iwanet die Beinpanzer über den Stiefeln anlegen muss.347 Iwanets 343 Vgl. Kühnel, Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D und G, S. 204. Die Varianten der Handschriften sind angeführt bei Hartl, Altdeutsche Übungstexte, S. 36 f. 344 Zu lœsen vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 1, Sp. 1958 f. 345 Vgl. hierzu auch Eichholz, Kommentar zur Sigune- und Ither-Szene im 3. Buch von Wolframs ›Parzival‹, S. 204 [zu 155.7–11]. 346 Vgl. zu diesen Plusversen in *T bereits Eichholz, ebd., S. 204, Anm. 1 [zu 155.7–11]. Eichholz bezieht die Plusverse ebenfalls auf die sorgfältige Planung des Wurfes. Denkbar wäre indes noch eine weitere Übersetzungsmöglichkeit: ‚Er schoss so oft, bis er traf.‘ 347 Zu den technischen Details vgl. ebd., S. 231 [zu 157.1 f.].

336

IV Textprofile

Verwunderung darüber (daz duˆhte wunderlıˆch genuoc / Iwaˆneten) entspricht einer Sentenz, die der Erzähler im ›Conte du Graal‹ an dieser Stelle einflicht: ‚Wer einem Narren einen guten Rat gibt, gießt Wasser in ein Sieb.‘348 In *T wird Parzivals Begründung, er lasse nichts zurück, was ihm seine Mutter mitgegeben hat, ez geˆ ze schaden odr ze fromn (157.2), noch durch die Bemerkung ergänzt, keine Drohung oder Bitte könne ihn davon abbringen. Der Opposition schaden : fromn wird somit eine zweite (drauwen : bete) hinzugefügt. Die auf Vollständigkeit bedachten Schreiber von V haben die Plusverse erst nach Vers 157.4 angeschlossen und dabei übersehen, dass der erste Plusvers noch die Rede Parzivals fortführt; die Folge der Kompilation ist ein unverständlicher Text. Die weiteren drei Plusverse in *T sind eine auf das Reimwort bete abgestimmte Formulierung, die Iwanets Verwunderung über Parzivals Verhalten zum Ausdruck bringt. 11. er spien im an daz goldes werc. eˆ erm büte dar den halsperc, er stricte im umb diu schinnelier. [La 157.11–13]

Er spien im vmb dc goldes werc er bot im dar den halsperc er strictim vmbe die Tschillier [T = *T2]

spien er im vmb die von goldes werc Dar nach bot er im den halsperc o Dar in slaufte sich der werde /1 Dar nach als er gerde /2 Striht er im vmb die schillier [U = *T]

Laa. *T: 157.11 werc fehlt U im vmbe die goldez werg V im vmbe das goldes werg W. 157.12 das W halsperg V W. 157.12/1 slov fte V schlauffte W. 157.12/2 begerde V.

Die Reihenfolge der Berüstung ist in *T2 und *T gegenüber Lachmann geändert. Heißt es bei diesem, dass zunächst der Knieschutz (schinnelier) und dann das Kettenhemd (halsperc) angelegt werden,349 so ist in den *T-Redaktionen vom umgekehrten Vorgang die Rede. Technisch erscheint beides möglich, da die beiden Rüstungsteile unabhängig voneinander angelegt werden können. Die rasche Abfolge der Handgriffe wird in *T mit erklärenden Zusätzen versehen: Das Kettenhemd wird nicht nur gereicht, sondern auch explizit angezogen (Dar in slauofte sich der werde). Die Abfolge wird durch zweimaliges darnach verdeutlicht. 12.

Von Katelangen Kyoˆt unt der werde Manpfilyoˆt (herzogen beide waˆren die),

Von Katelange Kyot o vn¯ sin brvder manfilot die waren zwene herzogen

348 Molt grief chose est de fol aprendre (Chre´tien de Troyes, Le Roman de Perceval ou Le Conte du Graal [ed. Busby], Vers 1173). Übersetzung aus: Chre´tien de Troyes, Perceval (ed. Roach-Olef-Krafft), S. 67 ff. Nach Eichholz, Kommentar zur Siguneund Ither-Szene im 3. Buch von Wolframs ›Parzival‹, S. 231 [zu 157.3 f.] „nimmt Iwanets Verwunderung die – offenbar nicht herabsetzende – Stellungnahme des Erzählers auf“. 349 Die rüstungstechnischen Einzelheiten beschreibt ausführlich Eichholz, ebd., S. 233 f.

Die Plusverse in *T und *T2 ir bruoder kint si braˆhten hie [La 186.21–24]

337 o

an werder vure niht betrogen die comen rehte ich sagiv wie o ir brvder kint si brahten hie [T = *T]

/1 /2

Laa. *T: In V fehlen die Plusverse, Vers 186.23 steht zur Gänze auf Rasur. 186.21 Von] Vor W. 186.22 Manphilot U V manphylot W. 186.23/1 nit U W betragen U. 186.23/2 quamen U sage vch U Die kamen recht W.

Parzival wird nach seiner Ankunft in Pelrapeire von Condwiramurs empfangen. Sie erscheint im Geleit ihrer beiden Onkel, Kyot und Manpfilyot von Katelangen.350 In *T werden der Stand und die vornehme Herkunft von Condwiramurs’ Verwandten hervorgehoben. 13.

die schildes ambet ane want, lobten Artuˆses hant, swaˆ si sæhen rıˆterschaft [. . .] [La 280.21–23]

die sciltes ambt ane want die lobeten artvses hant dc siz teˆten dvrh sinen willen o dc sirn mvt begvnden stillen swa si seˆhen riterscaft [. . .] [T = *T]

/1 /2

o

Laa. *T: Die Plusverse fehlen in W. 280.22/1 sie iz deden durch U. 280.22/2 sie irn U begonden V. 280.23 si] sv´ V Wa U.

Artus und seine messenıˆe sind aufgebrochen, um nach Parzival zu suchen. Die Ritter mussten Artus geloben, sich nicht leichtfertig auf Kämpfe einzulassen und ihn gegebenenfalls um Erlaubnis zu bitten, damit der Erfolg des Unternehmens nicht gefährdet werde. Diese verordnete Friedfertigkeit ist ein Zusatz Wolframs gegenüber Chre´tien.351 In *T wird der Eid noch um die Erklärung erweitert, dass die Ritter Artus’ Befehl Folge leisten und ihr Temperament zügeln wollen.352 Die Plusverse in *T2 und *T lassen einige Gestaltungstendenzen erkennen, die abschließend kurz zusammengefasst werden sollen. *T2 weist gegenüber *T (und gegenüber dem Lachmann-Text) an einer einzigen Stelle (Nr. 8) zwei Plusverse 350 Zu diesen beiden Figuren vgl. den Überblick bei Heinzle, Wolframs Titurel, S. 30–32 [Komm. zu 14.1] und S. 44 [Komm. zu 23.1 f.]. 351 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 603 [zu 280.20–27]. Eine ausführliche Erörterung der chaosartigen Zustände des Artushofes, der solche Eide überhaupt erst notwendig macht, bietet Garnerus, Parzivals zweite Begegnung mit dem Artushof, S. 28 [Komm. zu 280.20–281.8]. Vgl. hierzu auch Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 74 f. 352 Dass diese Erklärung, die Kampfeslust zu zügeln, bei der ersten Gelegenheit vergessen wird, zeigt das Verhalten Segramors, der aber immerhin die nötige Erlaubnis einholt. Vgl. hierzu Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 110: „So autoritär Artus zuvor das Tjostierverbot verkündet hatte, so leicht lässt er sich jetzt auf Fürbitte Ginovers vom ersten, der darum bittet, zu seiner Aufhebung bewegen.“

338

IV Textprofile

auf. Diese fügen sich nahtlos in den Handlungsablauf ein und erweitern die Motivation von Parzivals verhängnisvoller Tat um einen wesentlichen Aspekt. Anzeichen für einen sekundären Eingriff sind nicht festzustellen. Dies gilt im Übrigen für den überwiegenden Teil jener Abweichungen in der Textformulierung, die die nur fragmentarisch überlieferte Fassung *T2 gegenüber den übrigen Textzeugen aufweist. Für die Plusverse von *T ist in einem Fall (9) der engere Anschluss an den ›Conte du Graal‹ festzuhalten, der freilich auch unabhängig von einer solchen Vorlage zustande gekommen sein kann, da er dem Verlangen nach mehr Plausibilität des Handlungsablaufs entgegenkommt. Einige Plusverse bereichern die Handlung um zusätzliche Aspekte (10, 13) oder weisen gegenüber dem Lachmann-Text eine völlig andere Akzentuierung auf (5). Generell ist eine Tendenz zur umfassenderen Gestaltung der Figurenreden festzuhalten (1, 2, 5, 10). In zwei Passagen (1, 3) werden die Vorzüge Belakanes deutlicher herausgestellt, als dies in den übrigen Textzeugen der Fall ist. Die gegenüber dem Lachmann-Text freundlichere Gestaltung dieser Figur ist auch an weiteren Stellen in *T und – wie gezeigt353 – insbesondere in *T2 zu beobachten. Der – primäre oder sekundäre – Status von *T offenbart sich anhand der besprochenen Plusverse nicht.

IV.4 Literarische und außerliterarische Anspielungen Im ›Parzival‹ wird gerne und häufig auf Werke der zeitgenössischen Literatur angespielt. Die Namen bereits verstorbener wie noch lebender Autoren finden ebenso Erwähnung wie literarische Figuren, die als Vergleichsobjekte für die eigenen Protagonisten dienen können, deren Verhalten vor diesem Hintergrund einer Bewertung unterzogen werden. Selbst annähernd wörtliche Zitate aus zeitgenössischen Werken begegnen im Roman; ihre Einbettung in einen neuen erzählerischen Kontext bringt veränderte Sinnkonstellationen hervor. Zudem hat es den Anschein, dass namentlich die Werke Hartmanns von Aue als Vorbild auch für die strukturelle Anlage und Endführung der fragmentarischen Vorlage gedient haben.354 Der Umgang mit diesen literarischen Anspielungen und Verwertungen in der Überlieferung kann Zeugnis ablegen auch für den Wissenshorizont, der sich hinter einer Überlieferungstradition abzeichnet: Wenn die erwähnten Dichter, Werke und Figuren nicht gekannt wurden, konnte sich das in der entstellten 353 Siehe Abschnitt IV.2.1 (S. 294 ff.). 354 Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 10–12 und 244; Ruh, Höfische Epik des deutschen Mittelalters, Bd. 2, passim; Nellmann, Zu Wolframs Bildung und zum Literaturkonzept des ›Parzival‹.

Literarische und außerliterarische Anspielungen

339

Wiedergabe der Namen äußern. Da es hier im Grunde keinen Spielraum für autorbedingte Varianz gibt, wird jede markante Abweichung eines Dichternamens als Schreiberfehler zu interpretieren sein. Ein solcher Fehler liegt beispielsweise in der Wiedergabe des Namens Veldeke vor, der ausgerechnet einem Schreiber der Haupthandschrift G unterlief: Der Schreiber I liest 292.18 her heinrich von velde eke. Dieser Fauxpas bildete für Bonath mit Recht einen Grund unter mehreren, die alte These Rankes von der Identität des kenntnisreich in den Text eingreifenden Meisters Hesse mit einem Schreiber von G zurückzuweisen.355 Ein Blick auf Lachmanns Apparat zeigt, dass es sich hier keinesfalls um einen Einzelfall handelt: Hinter der Sigle ‚d‘ versteckt sich unter anderem die Form veldeg, hinter ‚g‘ veldechin.356 In *T ist der Name nicht nur korrekt wiedergegeben, er wird darüber hinaus spezifischer tituliert: Meister heinrich von Veldecke (T 292.18).357 Es ist bekannt, dass „Heinrich von Veldeke [. ..] im ›Willehalm‹ respektvoll mıˆn meister genannt [wird] (76,24). Das war [. . .] auch auf den Beifall am Thüringer Hof berechnet, wo Veldeke gedichtet hatte und sicherlich immer noch hohes Ansehen genoß.“358 355 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 1, S. 33–36; hierzu Nellmann, Rezension Bonath, Untersuchungen (Bd. 1), S. 455 f. 356 Lachmann selbst schlägt im Apparat aus metrischen Gründen und wohl im Hinblick auf die Heimat des aus dem Raum um Maastricht stammenden Dichters heˆr Henrc von Veldeke einen boum? vor. Zu Lachmanns Verständnis der alt- und mittelhochdeutschen Metrik vgl. seine aus dem Nachlass herausgegebene Abhandlung „Über althochdeutsche Prosodie und Verskunst“ und die dieser Ausgabe vorangestellte, überaus informative Einleitung von Ursula Hennig. Vgl. weiters Lachmanns Notizen aus dem Jahr 1823 unter dem Titel „Erster schwacher anfang einer Eschenbachischen verskunst“, die Leitzmann nach der – allerdings unvollständigen – Abschrift Jacob Grimms in einem Anhang abgedruckt hat: Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann (ed. Leitzmann), Bd. 2, S. 946–960. Das vollständige Manuskript Lachmanns befindet sich in der Mappe Nr. 733 des Nachlasses der Gebrüder Grimm in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin [hierzu Hennig, Einleitung zu Lachmann, Über althochdeutsche Prosodie und Verskunst, S. 10 f.; dies., Karl Lachmann, S. 79; Meves, Die Anfänge des Faches deutsche Sprache und Literatur an der Universität Königsberg, S. 581 und Anm. 27]. 357 Ebenso U W. In V steht Her heinrich von veldecke auf Rasur. Zur Anspielung auf Heinrich von Veldeke im ›Parzival‹ vgl. den Überblick bei Garnerus, Parzivals zweite Begegnung mit dem Artushof, S. 118–120. Zum Gebrauch des meister-Titels bei Veldeke vgl. Schwietering, Die Demutsformel der mittelhochdeutschen Dichter, S. 191–194, und das Nachwort Kartschokes zur Ausgabe: Heinrich von Veldeke, Eneasroman (ed. Ettmüller-Kartschoke), S. 842–845 [mit einem Hinweis (S. 843) auf die Variante Maister g (= W) zu 292.18 in Lachmanns Apparat!]. Zu den Problemen einer Differenzierung von her und meister vgl. Bumke, Ministerialität und Ritterdichtung, S. 18; Grosse, meister in Gottfrieds ›Tristan‹, bes. S. 293 f. 358 Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 10.

340

IV Textprofile

Die Überlieferung lässt es möglich erscheinen, dass sich Wolfram schon im ›Parzival‹ dieser Anrede bedient hat, zumal man sich ohnehin unter den in Vers 532.1 erwähnten ‚Meistern‘ (Manec mıˆn meister sprichet soˆ) wohl hauptsächlich Veldeke zu denken hat.359 Die Divergenz in der ›Parzival‹-Überlieferung entspricht jener der Überlieferung der lyrischen Werke Veldekes, wo der Dichter in der Manessischen Liederhandschrift als her, in der Weingartner Liederhandschrift jedoch als Maister bezeichnet wird.360 Die Titulierung Veldekes als ‚Meister‘ in *T lässt aufgrund der Prominenz des Namens also keine näheren Rückschlüsse auf die Entstehungsbedingungen der Variante zu. Immerhin bleibt festzuhalten, dass der Name im Skriptorium von *T – im Unterschied zu so manch anderem – wohlbekannt war. Und auch die weiteren Dichternamen, her Hartman von ouˆwe (T 143.21) und her Walter (T 297.24),361 die in *T nicht als ‚Meister‘ angesprochen werden – was vielleicht unter dem Aspekt der Wertschätzung zu sehen ist – werden korrekt wiedergegeben. Der Herkunftsname von Wolfram selbst lautet in *T durchgehend Escebach (T 114.12, 185.7, U 827.13),362 der (dialektal bedingte?) Nasalschwund beeinträchtigt aber nicht die Identifizierbarkeit des Namens. Kenntnis der zeitgenössischen Literatur verrät sich auch in der Wiedergabe der Figurennamen. Ein Vergleich von Handschrift T mit Schiroks Tabelle der ‚innerliterarischen Anspielungen‘363 ergibt, dass kaum Abweichungen vorhanden sind.364 Als Beispiele für auffälligere Varianten mögen die folgenden dienen: In Vers 382.16 liest T Astrigeiz statt Destrigleis.365 Erecs Königreich, das vom Erzähler explizit herbeizitiert wird, heißt Destregales, wodurch die Lesart von T wohl als Fehler zu bewerten ist. Etwas anders verhält es sich bei Vers 429.18, wo einer der jungen Gefolgsleute Gawans in T als Cons. Larz. fiz Tynas angesprochen wird.366 359 Vgl. Maurer, Wolfram und die zeitgenössischen Dichter, S. 450 f.; Nellmann, Kommentar, S. 713 [zu 532.2]; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 96 f.; Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 152. Zu den Bezügen auf Veldekes Minneprogrammatik im ›Parzival‹ vgl. Schnell, Causa Amoris, S. 187–224 [Kap. ‚Heinrich von Veldeke und Wolfram von Eschenbach‘], und allgemein Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 10 [mit Literaturangaben], sowie Nellmann, Zu Wolframs Bildung und zum Literaturkonzept des ›Parzival‹, S. 328–332. 360 Vgl. dazu Werner Schröder / Wolff, Heinrich von Veldeke, Sp. 899. 361 Das folgende Walther-Zitat weicht in T nicht von Lachmann ab. 362 U 827.13: Jch wolfram von Eschebach. 363 Vgl. Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 26. 364 Die literarischen Anspielungen nach Abbruch von T (572.30) wurden nicht berücksichtigt. 365 Ob es sich hier um eine Fassungsvariante oder bloß um eine Lesart der Handschrift T handelt, ist nicht mehr festzustellen, da der Vers in U aufgrund von Textkürzung fehlt und in V destrigaleis zur Gänze auf Rasur steht. W liest destrigreis. 366 U: Kons larz fiz Tynas V: Graue lars svn von ty´nas W: Kons larz fiz tynas.

Literarische und außerliterarische Anspielungen

341

Lachmann folgte hier Handschrift G und setzte Lıˆaˆz in den Text. Der Name in G dürfte „offenbar das männliche Seitenstück zu Lıˆaˆze, der Tochter des Gurnemanz“367 bilden. D liest hingegen Lays, was auf eine Figur aus der Ritterliste des ›Erec‹ zu beziehen sein könnte.368 Die *T-Variante Larz (T) ist wohl zu D zu stellen, da die Verwechslung von ‚r‘ mit akutlosem ‚i‘ in der Überlieferung häufig anzutreffen ist. Einen bemerkenswerten Fall abweichender Namenbildung stellt Vers 178.11 dar. Der zweite Sohn des Gurnemanz trägt bei Lachmann den Namen cons Lascoyt. Es handelt sich hierbei um eine Konjektur, da diese Form in den Handschriften nicht existiert. Die Lesarten, die Lachmann im Apparat anführt, weisen ein weites Spektrum auf, das von Coslascoyt (D), kunfiliscot (G) bis hin zu kunic lascoit (g) oder Cunslascunt (g) reicht. Der Name steht in einer Reihe literarischer Namenentlehnungen,369 doch sind seine Deutung und seine Herkunft unklar.370 Nicht recht einzusehen ist, warum Gurnemanz seinen Sohn förmlich mit cons bezeichnen sollte, was auch nicht zu den Namen der weiteren Söhne passen würde. *T weist an dieser Stelle Kynsoˆt (T) auf;371 vielleicht basiert der verhältnismäßig kurze Name auf Kontraktion. Auf jeden Fall hat Kynsoˆt als Präsumptivvariante zu gelten. Ebenso liegt bei der Erwähnung des jüngsten Sohnes des Gurnemanz (Vers 178.15) in den Handschriften eine starke Varianz der Namenbildung vor. Dieser heißt in *T nicht wie bei Lachmann Gurzgrıˆ (nach D; *G: Kurzgri), wohinter ein Anagramm aus Grıˆgors vermutet wurde,372 sondern Kvrvngri,373 der in *T mit Mehodi 374 (T) verheiratet ist. Vermutlich ist hier mit Lachmann und Handschrift D Mahaute anzusetzen, da sie in dieser Form im ›Titurel‹ erscheint. Mehodi entspricht hingegen der Tradition von *G (Mahode Gg).375 Kvrvngri stirbt in *T in Descoydelakvrt (T 178.21),376 der Abweichung 367 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 336 [Komm. zu 429.18]. 368 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 656 [zu 429.18]. 369 Vgl. hierzu u. a. Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 20. 370 Vgl. San-Marte, Über die Eigennamen im Parzival des Wolfram von Eschenbach, S. 394 [San-Marte bezieht auch die Varianten ein; sicher erscheint ihm, dass im ersten Teil des Namens ein „cuns, cons, Comte“ steckt]; Nellmann, Kommentar, S. 550 [zu 178.11]. o 371 U: kunsot V W: kinsot. 372 Vgl. Heinzle, Wolframs Titurel, S. 72 [Komm. zu 41.4]; Wolfram von Eschenbach, Titurel (ed. Bumke / Heinzle), Namenverzeichnis, S. 500 f. [mit Komm.]. o o 373 U: kurungri V: gurzgri (zur Gänze auf Rasur) W: kurtingri. 374 U: Mahodi (178.16) bzw. Mehodi (178.24); V: mahute (178.16) bzw. mahude (178.24; in beiden Fällen zur Gänze auf Rasur); W: mahodi. 375 Zu Herkunft und Varianz des Namens vgl. Heinzle, Wolframs Titurel, S. 73 [Komm. zu 42.1]; Wolfram von Eschenbach, Titurel (ed. Bumke / Heinzle), Namenverzeichnis, S. 505. 376 U: gescheydelakurt V: schoydelakvrt (das vorangegangene de-, von dem noch Reste zu erkennen sind, wurde radiert) W: schoydelakurt.

342

IV Textprofile

von der Hartmann’schen Form könnte eine Weiterentwicklung des anlautenden t- der *G-Form tschoidelakurt (G) zugrunde liegen. Insgesamt betrachtet, weichen die von Eilhart, Veldeke und Hartmann entlehnten Namen von Figuren und Schauplätzen nur marginal ab, was auch für die Anspielung auf das ›Nibelungenlied‹ gilt.377 Für *T können demnach Kenntnisse der literarischen Tradition angesetzt werden. Im ›Parzival‹ finden sich neben den innerliterarischen Anspielungen häufig Bezugnahmen auf Orte und Personen, die nicht dem fiktiven Inventar eines höfischen Romans angehören, die aber dennoch in das Erzählgeschehen eingebunden sind. Diese außerliterarischen Anspielungen sind „ein charakteristisches Merkmal von Wolframs Erzählstil“.378 Sie haben nach Bumke jedoch „nicht die Funktion, Vertrautheit und Nähe zu stiften, sondern es geht im Gegenteil um Verfremdungen, überraschende Verbindungen und komische Disproportionen“.379 Die Effektivität solcher erzähltechnischer Kunstgriffe ist an die Kenntnis der Anspielungsobjekte gebunden. Da auch kleinere Ortschaften erwähnt werden, ist davon auszugehen, dass die Anspielungen zunächst auf den Vortrag vor einem Publikum berechnet waren, das mit den Namen auch etwas anzufangen wusste. Die zum Teil beträchtliche, zuweilen als Fehler erkennbare Varianz in der Überlieferung dieser Anspielungen zeigt, dass sich die Skriptorien bei der Reproduktion des Textes hier oft mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert sahen. Die Varianz solcher Anspielungen in den Handschriften kann im Wesentlichen drei Gründe haben: 1. Der Autor hat Änderungen vorgenommen, wenn er die Kenntnis des Publikums nicht mehr voraussetzen konnte, oder wenn ein aus der Vortragssituation zu erklärender aktueller Anlass nicht mehr gegeben war, wie z. B. die An- bzw. Abwesenheit der genannten Person im Publikum. 2. Schreiber haben die Anspielungen auf ihren eigenen bzw. auf den Wissenshorizont ihrer Auftraggeber abgestimmt, wenn die Verschriftlichung regional abseits des (mehrheitlich fränkischen) Anspielungsgebiets stattfand. 3. Bei den Abweichungen handelt es sich um Fehler, die sich im Verlauf eines langen 377 Die in der Forschung hinsichtlich der Entlehnrichtung intensiv diskutierte Anspielung auf das ›Nibelungenlied‹ lautet in *T: er bat in lange sniten beˆn / vnd in sinem kezzel vmbe dreˆn (T 420.29–30). Da der Wortlaut von Lachmann kaum abweicht, vermag *T keinen Beitrag zur Lösung des Problems zu leisten. Der Text von *T legt jedoch nahe, dass tatsächlich der König von Rumolt aufgefordert wird, die Brotschnitten selbst im Kessel zu wenden: Auch hier wird das Personalpronomen in (statt im Gg) verwendet, sinem kezzel (alle *T-Handschriften) wiederum bezeichnet den Eigentümer des Kessels etwas präziser. Vgl. hierzu Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 576, Anm. 340; Fourquet, Probleme der relativen Chronologie, S. 248 f., Nellmann, Kommentar, S. 653 [zu 420.29 f.]. 378 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 219. 379 Ebd., S. 220.

Literarische und außerliterarische Anspielungen

343

Tradierungsprozesses eingeschlichen haben und denen keinerlei Gestaltungsabsichten zugrunde liegen. Die ‚außerliterarischen Anspielungen‘380 in *T werden in der Folge wiederum anhand von Schiroks Tabelle381 dargestellt. Die entsprechenden Passagen wurden auf der Grundlage der Gesamtüberlieferung überprüft. Aufschlussreiche Abweichungen abseits von *T werden ebenfalls angeführt. Der Graf von Wertheim [184.4 ff.] *T liest 184.4 wie *D Min herre der grave vo[n] Werthein (T), während *GI (und L) ‚Graf Poppo von Wertheim‘ und die übrigen Vertreter von *G ‚Der Graf von Wertheim‘ aufweisen. Die Grafen von Wertheim hatten Besitztümer in Wolframs-Eschenbach und kommen als frühe Mäzene des Dichters in Frage.382 Die Trüdinger Pfanne [184.24 ff.] Bei der Beschreibung der Hungersnot von Pelrapeire wählt der Erzähler einen etwas ausgefallen anmutenden Vergleich: ein Trühendingær phanne / mit kraphen selten daˆ erschrei: / in was der selbe doˆn enzwei (La 184.24–26). Diese Anspielung zielt auf das 1129 erstmals urkundlich erfasste Geschlecht der Truhendinger, deren Herrschaftszentrum die unweit von Wolframs-Eschenbach gelegene Burg Hohentrüdingen (am Hahnenkamm, heute ein Ortsteil von Heidenheim) bildete.383 Die Trüdinger Pfanne wurde in D eliminiert; in *m blieb sie hingegen 380 Terminus von Bernd Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 7 u. ö. 381 Ebd., S. 27. Eine detaillierte Zusammenstellung außerliterarischer Anspielungen im Gesamtwerk Wolframs bietet auch Wesseling, Wolfram von Eschenbach, Sp. 1533– 1600. 382 Die Stelle wurde bereits ausführlich in Abschnitt III.2.2.2 (S. 173 f.) besprochen. 383 Vgl. zur Stelle u. a. Schreiber, Neue Bausteine zu einer Lebensgeschichte Wolframs von Eschenbach, S. 9 und 82 f.; Wehrli, Wolfram von Eschenbach: Erzählstil und Sinn seines Parzival, S. 197–199; Winter, Gedanken zur Heimat- und Bildungsfrage Wolframs von Eschenbach, S. 68–73; Neumann, Wolfram auf der Burg zu Wertheim, S. 366 ff.; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 9f.; Bertau, Versuch über die Strukturen einiger Aggressionsphantasien bei Wolfram, S. 131 f.; Nellmann, Kommentar, S. 554 [zu 184.24]; Birkhan, Geschichte der altdeutschen Literatur im Licht ausgewählter Texte, Teil IV: Romanliteratur der Stauferzeit, S. 115 f. und 122; Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 26 f.; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 17; Mertens, Geschichte und Geschichten um den Gral, S. 239–241; Brunner, Wolfram von Eschenbach, S. 62; Schöller, In Trüdingen und anderswo, S. 429 ff.; Stolz, Autor – Schreiber – Editor, S. 30–32; Regesten deutscher Minnesänger des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Meves), S. 147; Pe´rennec, Wolfram von Eschenbach, S. 11 f.; Besse, ‚Erlesenes‘ in der mittelalterlichen Literatur, S. 40.

344

IV Textprofile

erhalten. Da im ›Willehalm‹ des St. Galler Codex 857 zugleich das nahe bei Trüdingen liegende Nördlingen (295.16) gestrichen wurde, ist davon auszugehen, dass hier ein punktueller Eingriff durch das Skriptorium des Sangallensis vorliegt.384 In *T wird anstelle einer lokalen Anspielung die Größe der Pfanne hervorgehoben, was den Kontrast zum Hunger der Bevölkerung besonders deutlich hervortreten lässt: ein elnwitiv pfanne / mit crapfen [.. .] (T 184.24–25).385 Im Gegensatz zu Handschrift D lässt sich die Version von *T weder zeitlich noch regional eingrenzen.

Der Spessart [216.9 ff.] Gegen Ende des vierten Buches berichtet der Erzähler, dass bei der Versammlung von Artus’ Rittern am Feld von Dianazdrun mehr Zeltstangen ‚wachsen‘ als Bäume im Spessart: von Dıˆanazdruˆn der plaˆn / muose zeltstangen wonen / meˆr dan in Spehteshart sıˆ ronen (La 216.10–12). Im ›Willehalm‹ spielt er mehrmals auf diese Waldlandschaft an, in der die Grafen von Wertheim Besitztümer hatten.386 Der Spessart liegt im fränkischen Einzugsgebiet Wolframs; ob die Anspielung überregional verständlich war, wollte Schirok offenlassen.387 Betrachtet man die individuelle Realisierung in den einzelnen Textzeugen von *T, denen deutlich erkennbar der alte Name Spehteshart zugrunde liegt, so offenbart sich eine gewisse Ratlosigkeit: T liest speht sart,388 U ebenso specht sart,389 V spelthart und W spechtes hatte. Da in den eng verwandten Handschriften T und U derselbe charakteristische Fehler in Gestalt der Zweiteilung des Namens ausgebildet ist, muss die falsche Lesart bereits in einer gemeinsamen Vorlage *TU vorhanden gewesen sein. Aus den fehlerhaften Lesarten der einzelnen Handschriften ist zu schließen, dass die Anspielung auf den Spessart nicht in allen Teilen des deutschsprachigen Raums verstanden wurde.

384 Vgl. Schöller, In Trüdingen und anderswo, S. 423– 429. o 385 U: ein al zu wite panne V: ein elnwitiu phanne W: in elen weiter pfanne. 386 Vgl. u. a. Neumann, Wolfram auf der Burg zu Wertheim, S. 375; Brunner, Wolfram von Eschenbach, S. 14; Steger, Abenberc und Wildenberc, S. 10; Nellmann, Kommentar, S. 564 [zu 216.12]. 387 Vgl. Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 10. 388 In der Regel werden in T Orts- und Personennamen mit einer Majuskel hervorgehoben. Dass in diesem Fall darauf verzichtet wurde, ist ein Beleg dafür, dass der Schreiber in dem mechanisch reproduzierten Wort keinen Ortsnamen erkennen konnte. 389 Zur Lesart in U vgl. Glaser, Schreibsystem und Mundart der ›Parzifal‹-Handschrift Gm der Wiener Nationalbibliothek, S. 133.

Literarische und außerliterarische Anspielungen

345

Der Anger von Abenberg [227.9 ff.] Bei Parzivals erstem Besuch auf der Gralburg veranlasst der von Turnieren und Festen unberührte Rasen den Erzähler zu dem Kommentar: durch schimpf er [der Hof] niht zetretet was / (daˆ stuont al kurz grüene gras: / daˆ was buˆhurdiern vermiten), / mit baniern selten überriten, / alsoˆ der anger z’Abenberc (La 227.9– 13). Seit Albert Schreiber wurde diese Aussage auf das Aussterben des Abenberger Grafengeschlechts bezogen, dessen letzter männlicher Nachfahre zuletzt 1199 urkundet.390 Die Anspielung auf das etwa 20 km östlich von Wolframs-Eschenbach im Landkreis Schwabach gelegene Abenberg /Amberg wird durch die Mehrzahl der Überlieferungsträger bezeugt. T U und W lesen: als der anger ze Abenberc (T).391 Innerhalb von *T präferiert nur V die abweichende Lesart babenberg.392 Darin stimmt V – sicher zufällig393 – mit den Vertretern von *GI (= G I) überein, die ebenfalls auf Bamberg verweisen.394 Daraus ergibt sich der verblüffende Befund, dass bereits in der ältesten Bezeugung der Anspielung in der Handschrift I395 ein Bezug zu Bamberg hergestellt wird, wo Philipp von Schwaben 1208 einem Anschlag zum Opfer fiel. Es hat den Anschein, als habe sich diese Tat einem Teil der Überlieferungsträger eingeschrieben.396 Wildenberg [230.12 f.] Knapp hundert Verse später folgt der Vergleich der Kamine in Munsalvæsche mit jenen auf Burg Wildenberg: soˆ groˆziu fiwer sıˆt noch eˆ / sach niemen hie ze Wildenberc (La 230.12–13). „Der Name Munsalvæsche stammt nicht aus Wolframs französischer Vorlage. Er gehört offenbar zu den französischen Neubildungen und könnte eine Anspielung auf Wildenberc sein (Wildenberc = Mont 390 Vgl. u. a. Schreiber, Neue Bausteine zu einer Lebensgeschichte Wolframs von Eschenbach, S. 84 f.; Steger, Abenberc und Wildenberc, S. 22 f.; Winter, Gedanken zur Heimat- und Bildungsfrage Wolframs von Eschenbach, bes. S. 62– 64; Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 10 f.; Meves, Die Herren von Durne und die höfische Literatur, S. 121; Nellmann, Kommentar, S. 568 f. [zu 227.13]; Kordt, Parzival in Munsalvæsche, Exkurs I.1, S. 196–199; Brunner, Wolfram von Eschenbach, S. 60 f.; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 16 f.; Schöller, Abenberc – Babenberc, S. 102. 391 W: abenberck. 392 Das auslautende -g steht auf Rasur. Ursprünglich wurde babenberc geschrieben. 393 Vgl. Schöller, Abenberc – Babenberc, S. 107 f. 394 Murphy, Gemstone of Paradise, S. 180 und Anm. 3, stellt Überlegungen zur Autornähe der Babenberc-Variante an. 395 I wird in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts datiert; vgl. K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 128. 396 Vgl. Schöller, Abenberc – Babenberc, S. 103–110.

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IV Textprofile

sauvage = Munsalvæsche).“397 Die Frage, auf welche Burg an dieser Stelle Bezug genommen wird, zählt zu den umstrittenen und nicht endgültig gelösten Problemen der ›Parzival‹-Forschung.398 Favorisiert wird „die in der Nähe von Wertheim [. ..] und Amorbach gelegene eindrucksvolle Burgruine der Stauferzeit“,399 die den Herren von Durne gehörte.400 Die Überlieferung vermag zur Lösung dieses Problems nichts beizutragen, der Name variiert in den Formen Wilden-, Wildes- und Wildeberc. In den Handschriften D und T wird er durch Großschreibung als topographische Angabe gekennzeichnet.

Hermann I. von Thüringen [297.16 ff.] Wolfram ist offenbar „noch während der Arbeit am ›Parzival‹ [.. .] in den Dienst des Landgrafen Hermann I. von Thüringen [...] getreten.“401 Der Fürst wird vom Erzähler ermahnt, er habe einen Keie nötig, der an seinem Hof für Ordnung sorge: von Dürgen fürste Herman, / etslıˆch dıˆn ingesinde ich maz, / daz uˆzgesinde hieze baz. / dir wære och eines Keien noˆt / sıˆt waˆriu milte dir geboˆt / soˆ manecvalten anehanc, / etswaˆ smæhlıˆch gedranc / unt etswaˆ werdez dringen (La 297.16– 23). Sämtliche Vertreter von *T titulieren – im Unterschied zu Lachmann – Hermann als Landgrafen (von Dvringen Lantgrave herman T 297.16). Den Titel eines Landgrafen führte Hermann ab 1190 bis zu seinem Tod im Jahr 1217; davor war er ab 1181 Pfalzgraf von Sachsen und somit Angehöriger der Reichsfürsten.402 Als der phalzgraˆve Herman, / des lantgraˆven Lodewıˆges bruˆder (13486–87) wird 397 Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 16. Zuletzt hat U. Müller, Die Gralsburg, S. 300 f., den von der älteren Forschung (namentlich von Herbert Kolb und Hugo Steger) hergestellten Bezug des zweiten Namenteils zur Wortgruppe ‚salvatio / salus / salvare‘ mit Blick auf den ›Jüngeren Titurel‹ (Strophe 523: der behalten berc) neu überdacht. 398 Einen umfassenden Forschungsüberblick sowie einen Exkurs zur Baugeschichte von Burg Wildenberg im Odenwald bietet Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 196–215; vgl. auch Ebersold, Wildenberg und Munsalvæsche. 399 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 571 f. [zu 230.13]. 400 Zur möglichen Rolle des Geschlechts der Durnes in der Gönnerfrage vgl. Meves, Die Herren von Durne und die höfische Literatur zur Zeit ihrer Amorbacher Vogteiherrschaft. 401 Heinzle, Wolfram von Eschenbach, Sp. 310. 402 Zu Hermann von Thüringen vgl. u. a. Bumke, Mäzene im Mittelalter, S. 159–168; Peters, Fürstenhof und höfische Dichtung; Blaschke, Hermann I., Landgraf von Thüringen, Sp. 2162; Wandhoff, Der epische Blick, S. 125–130; Weigelt, Zur regionalen Ausprägung der volkssprachlichen mittelalterlichen Literatur in Thüringen; Mettke, Wolfram in Thüringen; Mertens Fleury, Leiden lesen, bes. S. 48–50; Brinkervon der Heyde, Die literarische Welt des Mittelalters, S. 68–71; Drostel, des gerte diu edele herzoginne, S. 383–390.

Literarische und außerliterarische Anspielungen

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er in Veldekes ›Eneit‹ in einem entstehungsgeschichtlich ungemein bedeutsamen Abschnitt angesprochen, der vermutlich nicht auf den Dichter selbst zurückgeht.403 Im ›Willehalm‹ wird der bedeutendste literarische Mäzen des deutschsprachigen mittelalterlichen Literaturbetriebs zweimal in der gleichlautenden Formulierung lantgraˆve von Düringen Herman (Verse 3.8 und 417.22) bezeichnet.404 Im ›Titurel‹ hingegen wird des Verstorbenen405 ohne Anrede gedacht: Her〈man〉 von 〈Dürnge〉n.406 Die Kombination von (übergeordnetem) ‚Fürst‘ und (präzisierendem) ‚Landgraf‘ findet sich in Herborts von Fritzlar ›Liet von Troye‹: Daz hiez der furste herman / Der Lantgraue von duringen lant [...] (92–93).407 Über die Entstehungsbedingungen der *T-Variante sind keine präziseren Aussagen möglich, da die Prominenz des Namens im Literaturbetrieb ebenso von Einfluss gewesen sein kann wie die Formulierungen im ›Willehalm‹, die von Schreibern rückwirkend auf den ›Parzival‹ übertragen werden konnten. Auch sind alternative Formulierungen durch den Dichter selbst denkbar. Den Titel eines marcgrefe[n], als den ihn die ›Parzival‹-Handschrift Z ausweist, führte Hermann nicht. Heinrich von Rıˆspach [297.28 f.] Hermann von Thüringen hätte, so der Erzähler in Vers 297.29, nicht nur einen Keie nötig, sondern auch einen Heinrich von Rıˆspach.408 Dieser entzieht sich jedoch der sicheren Identifizierung.409 Erstaunlicherweise wird der Name dieses heute Unbekannten, abgesehen von Handschrift m,410 in sämtlichen Überlieferungsträgern einheitlich und ohne die geringste Abweichung wiedergegeben. Ein 403 Vgl. Wolff / Werner Schröder, Heinrich von Veldeke, Sp. 901. 404 Zu den Nennungen Hermanns von Thüringen im ›Willehalm‹ vgl. Bumke, Wolframs Willehalm, S. 181–189; Wolfram von Eschenbach, Willehalm (ed. Heinzle), Kommentar, S. 792 f. 405 Vgl. Heinzle, Wolframs Titurel, S. 132 f. [Komm. zu 82a]; Wolfram von Eschenbach, Titurel (ed. Brackert / Fuchs-Jolie), Kommentar, S. 206. 406 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Titurel (ed. Brackert / Fuchs-Jolie). 407 Zitiert nach: Herbort’s von Fritslaˆr liet von Troye (ed. Frommann). 408 Vgl. zur Stelle zuletzt Reichert, Walther: Schaf im Wolfspelz oder Wolf im Schafspelz?, S. 449 f. 409 Vgl. Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 15; Nellmann, Kommentar, S. 611 f. [zu 297.29]; Garnerus, Parzivals zweite Begegnung mit dem Artushof, S. 163 f. [Komm. zu 297.29]; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 18. Schreiber, Neue Bausteine zu einer Lebensgeschichte Wolframs von Eschenbach, S. 86, machte einen Heinricus pincerna de Grispach ausfindig, der allerdings erst für das Jahr 1238 belegt werden kann. Nach Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 18, könnte es sich um „den Inhaber eines bayerischen Hofamts handeln“, falls mit Rıˆspach das heutige Reisbach an der Vils, zwischen Landshut und Passau, gemeint wäre. 410 m liest rissprach.

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IV Textprofile

Leser des 16. Jahrhunderts setzte in Handschrift L Heinrich von Rıˆspach mit dem Tugendhaften Schreiber gleich, der im ›Wartburgkrieg‹ auftritt: Ist onzweiffel heinrich Schreiber der [ist] Einer von den Saengern vor Eisenach.411 Die Identität des Tugendhaften Schreibers mit einem „scriptor bzw. notarius Heinrich der [thüringischen] Landgrafen [.. .], für dessen Existenz die Forschung Belege von 1208 bis 1244 beigebracht hat“,412 kann allerdings nicht als gesichert gelten.413 Die in der älteren Forschung vermutete Gleichstellung dieses Schreibers mit Heinrich von Rıˆspach wird heute kaum noch in Betracht gezogen.414

Regensburger Seide [377.30 ff.] Die Anspielung auf das Regenspurger zindaˆl (377.30) scheint auf den ersten Blick mit jener auf die Trüdinger Krapfenpfanne (184.24 f.) vergleichbar. Allerdings dürfte die Prominenz von Trüdinger Pfannen doch weit hinter dem Ruf von Regensburger Seide zurückstehen: „Zur Zeit, da Wolfram an seinem ›Parzival‹ zu arbeiten begann [...], existierte noch keine Stadt Wassertrüdingen mit einem spezialisierten Gewerbe von Pfannenschmieden, deren Erzeugnisse weit im Land, ähnlich wie das Regensburger Zindal, bekannt gewesen sein konnten.“415 Da die Produktion von Seidenstoffen in Regensburg auch abseits des ›Parzival‹ nachgewiesen werden konnte,416 ist davon auszugehen, dass die Stadt sich auf diesem Gebiet bereits zur Abfassungszeit des ›Parzival‹ einen Ruf gemacht hat.417 Die Überlieferung deutet ebenfalls darauf hin, da der Ortsname in sämtlichen Handschriften korrekt wiedergegeben wurde.

Die Erfurter Weingärten [379.18 f.] „Das wichtigste Datum, zum Glück ein leidlich sicheres, auf dem die gesamte Chronologie unserer klassischen mhd. Dichtung letztlich aufbaut, bietet eine Bemerkung Wolframs im VII . Buch des Parzival (379.18 ff.), daß die Erfurter 411 Zitiert nach Putzo, Sammelhandschrift, S. 140. 412 Kornrumpf, Der Tugendhafte Schreiber, Sp. 1138. 413 Vgl. ebd. Zum Tugendhaften Schreiber vgl. auch Kraß, Die Ordnung des Hofes, S. 127–131. 414 Vgl. den Überblick über die ältere Forschungsliteratur in: Der Wartburgkrieg (ed. Rompelman), S. 106–108; ein aktueller Forschungsbericht findet sich bei Putzo, Sammelhandschrift, S. 140. 415 Winter, Gedanken zur Heimat- und Bildungsfrage Wolframs von Eschenbach, S. 70. 416 Vgl. dazu Nellmann, Kommentar, S. 637 [zu 377.30; mit Literatur]. 417 Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 15, zählt die Anspielung zu den „überregional verständlichen“.

Literarische und außerliterarische Anspielungen

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Weingärten noch von Pferdetritten verwüstet lägen.“418 Werner Schröders Diktum aus dem Jahr 1957 kann mittlerweile als Gemeinplatz der germanistischen Mediävistik gelten. Üblicherweise wird diese Anspielung auf die Belagerung Philipps von Schwaben im reichstreuen Erfurt durch Verbündete Hermanns von Thüringen im Jahr 1203 bezogen.419 Doch auch 1204 fand ein Feldzug in Thüringen statt, und noch für das Jahr 1212 ist eine militärische Aktion Ottos IV. in Thüringen bezeugt.420 Zudem ist die Formulierung der betreffenden Verse nicht ganz eindeutig: Erffurter wıˆngarte giht / von treten noch der selben noˆt: / maneg orses fuoz die slaˆge boˆt (La 379.18–20). Das kann bedeuten, dass die Schäden noch zu sehen sind, da sie erst vor kurzem verursacht wurden, aber auch, dass sie nach langer Zeit noch immer zu sehen sind.421 Unabhängig von diesen Überlegungen zur Datierung und zum rechten Verständnis der literaturgeschichtlich so bedeutsamen Passage kann davon ausgegangen werden, dass eine militärische Unternehmung im thüringischen Raum in einem Jahrzehnt verheerenden Thronstreits bei den Zeitgenossen verhältnismäßig geringe Beachtung fand und dass auch der Nachhall in den Folgejahrzehnten schwach gewesen sein wird. Schon die frühe, „ab 1270“422 zu datierende, in Bayern entstandene423 ›Parzival‹-Handschrift O lässt keinen Bezug zum Ort der Auseinandersetzung mehr erkennen: Ei(n) pfvrrarer wingarte. Das Adjektiv ist in den Wörterbüchern nicht belegt, seine Bedeutung – so vorhanden – ist völlig unklar.424 Mit großer Wahrscheinlichkeit hat sich schon bald im Überlieferungsprozess ein mechanischer Reproduktionsfehler eingeschlichen, der eine Reihe merkwürdiger Varianten hervorbrachte. Auch die Vertreter von *T weisen zum Großteil unverständliche Lesarten auf:425 T liest, ähnlich wie O, enpfirter wingarte, das wohl als Verlesung einer vorausgehenden Form *Erpfurter aufzufassen ist, wie sie Handschrift G (erphurtare) 418 Werner Schröder, Zur Chronologie der drei großen mittelhochdeutschen Epiker, S. 12. 419 Vgl. den Überblick zur absoluten und relativen Chronologie bei Bumke, Wolfram von Eschenbach, Sp. 1378–1380. Zu den Erfurter Weingärten vgl. zuletzt Wolfram von Eschenbach, Parzival (Edwards), Einleitung, S. XIII–XVI . 420 Vgl. Hucker, Otto IV., S. 500. 421 Vgl. Reichert, Gewollte oder ungewollte Mißverständnisse um 1200?, S. 288 f.; ders., ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 36 f.; ders., Walther: Schaf im Wolfspelz oder Wolf im Schafspelz?, S. 456 f. 422 K. Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache, Bd. 1, S. 224. 423 K. Schneider, ebd., S. 226, vermutet die Entstehung der Handschrift im nördlichen Mittelbayern. Klemm, Die illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts deutscher Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 55, geht von Niederbayern (Landshut?) aus. 424 Herr Prof. Dr. Thomas Klein vermutet einen Überlieferungsfehler [Brief vom 14. 5. 2007]. 425 U fehlt aufgrund von Textkürzung.

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IV Textprofile

und das Fragment 21 (Erpfvrtaer) aufweisen.426 Die Redaktoren von V verstiegen sich gar zur grotesken Deutung Er voertet der wingarten iht, ein Fehler, der auf die Nebenvorlage aus *m zurückzuführen ist, da die Handschriften dieser Gruppe ebenfalls diese Lesart aufweisen.427 Von den erhaltenen Textzeugen von *T hat nur W den Ortsnamen in erkennbarer Form bewahrt. Insgesamt lässt sich daher für *T festhalten, dass am Anfang der Überlieferungstradition der Ortsname stand, die Anspielung auf die militärische Auseinandersetzung aber schon bald nicht mehr verstanden wurde, was zur Ausbildung von unterschiedlichen und sinnwidrigen Lesarten führte. Die Markgräfin vom Haidstein [403.29 ff.] Die grundlegende Bedeutung der Textherstellung für die Textauslegung manifestiert sich an der Überlieferung der Anspielung auf die Markgräfin vom Haidstein,428 die als tertium comparationis für die Figur der Antikonie dient. Lachmann verlässt bei der Wiedergabe der folgenden Verse die Handschrift D, die hier allein gegen die übrigen Handschriften steht: soˆ daz ir [Antikonies] site und ir sin was gelıˆch der marcgraˆvin, Diu dicke vonme Heitstein über al die marke schein. wol im derz heinlıˆche an ir sol prüeven! des geloubet mir, der vindet kurzewıˆle daˆ bezzer denne anderswaˆ. [La 403.29– 404.6]

Unklar ist, auf wen die Verse 404.3– 6 zu beziehen sind. Alle Handschriften außer D – somit auch jene von *T – verwenden hier Präsens (sol, vindet), was laut Nellmann dafür spricht, dass Antikonie gemeint ist,429 da der Tempuswechsel – von der Markgräfin wird im Präteritum (schein) berichtet430 – als Signal für einen 426 Zu mhd. pf – f nach r, l vgl. Paul, Mittelhochdeutsche Grammatik, § L 97. 427 der wingarten iht steht in V auf Rasur. 428 Die Identifizierung der Markgräfin mit Elisabeth von Vohburg geht zurück auf Haupt, Zu Wolframs Parzival, S. 42– 46. Ein kurzer Forschungsüberblick über die verschiedenen Identifikationsversuche findet sich in den Regesten deutscher Minnesänger des 12. und 13. Jahrhunderts (ed. Meves), S. 274. 429 Nellmann, Kommentar, S. 645 f. [zu 404.1 f.]. 430 Es sei denn, man zieht die von Knapp, Baiern und die Steiermark in Wolframs ›Parzival‹, S. 12, angeführte Möglichkeit (unter mehreren) in Betracht, dass „Wolfram [. . .] das jederzeitliche, gleichsam gnomische Präsens für eine gedachte Möglichkeit in der Vergangenheit [gebraucht]“. Zur Varianz von Vers 404.2 in den Hand-

Literarische und außerliterarische Anspielungen

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Wechsel der Vergleichsebenen aufzufassen sein dürfte. In Handschrift D sollte hingegen durch den Gebrauch der Präteritalformen solde und vant offenbar der Bezug zur Markgräfin selbst hergestellt werden. Leitzmann und Bartsch haben diese Lesung auch prompt in ihre Editionen einbezogen: eine höchst fragwürdige Entscheidung, wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine Einzellesart handelt, die nicht einmal von den übrigen Vertretern von *D geteilt wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich bei gänzlich isolierten Lesarten um individuelle Eingriffe durch Schreiber.431 Ob Wolfram hier also tatsächlich eine derbe Zote – Aufforderung an das Publikum, sich von der Sittsamkeit und Schönheit der Markgräfin ‚persönlich‘ (heinlıˆche) zu überzeugen – anbrachte, lässt sich schwer entscheiden. Jedenfalls wäre es in diesem Fall tatsächlich ratsam, mit Knapp die Anspielung der in manchen Quellen des Ehebruchs verdächtigten ersten Gemahlin Friedrich Barbarossas zuzuordnen, die zwei Generationen vor Wolfram lebte.432 Nicht zuletzt im Hinblick auf den Überlieferungsbefund ist m. E. der Vorschlag Steppichs überzeugender, die Verse 404.3– 6 bereits wieder auf Gawan und Antikonie zu beziehen und nicht von anzüglicher Mehrdeutigkeit auszugehen.433 Dann aber gibt es „keinen hinreichenden Grund dafür, die schriften vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 121. 431 Erinnert sei hier an Lachmanns briefliche Äußerung an Jacob Grimm aus dem Jahr 1823, wonach „grade die SanGaller Handschrift das meiste Eigene und den am wenigsten echten Text hat“ (Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann [ed. Leitzmann], Bd. 1, S. 393). Beispiele für individuelle Eingriffe in D bieten z. B. die Eliminierung der Trüdinger Krapfenpfanne und die Umreimung vil gewis (statt feˆnix) auf exillis (469.8). Höchst aufschlussreich ist ein Schreibervermerk in D auf S. 141: Die Handschrift weist hier irrtümlicherweise einen Dreireim auf, da D 494.3 von ir statt vor in liest. Dies hat zur Folge, dass Vers 494.4 (si gebent vnde nement gwin) isoliert dasteht. Neben diesen Vers hat ein Schreiber den sonst nirgends bezeugten Vers So einer stirbet vnder in gesetzt, um das Reimpaar zu vervollständigen. Die Schreibernotiz wurde von Lachmann und jetzt auch von Bumke (ed. Wolfram von Eschenbach, Parzival) im Apparat [zu 494.3] festgehalten. Zu den Eigenheiten von D vgl. nun auch Reichert, ›Parzival‹ für Anfänger, 2. Aufl., S. 10, Anm. 4. Eine Beobachtung zur sprachlichen Eigenart von D, die der Überprüfung lohnen könnte, teilte Lachmann in einem Brief vom 18. 4. 1832 Jacob Grimm mit: „Die Orthographie ist oft sehr verschieden, nach den verschiedenen Quellen. Ja einzelne Abschnitte haben andre Orthographie, wie in D besonders die Abenteuer von Trevrizent, obgleich sicher nicht von andrer Hand geschrieben. Ein Theil dieses Schwankens muß ursprünglich sein, weil Wolfram so lange am Parzival arbeitete daß er sich unmöglich kann immer desselben Schreibers bedient haben“ (Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann [ed. Leitzmann], Bd. 2, S. 585 f.); vgl. hierzu Weigel, Nur was du nie gesehn wird ewig dauern, S. 173. 432 Vgl. Knapp, Baiern und die Steiermark in Wolframs ›Parzival‹, S. 12 ff. 433 Vgl. Steppich, Zu Wolframs Vergleich der Antikonie mit der Markgräfin auf Burg

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IV Textprofile

traditionelle Auffassung aufzugeben, daß Wolfram mit seiner Anspielung auf die mit Burg Haidstein in Beziehung gebrachte Markgräfin Elisabeth, die Gemahlin Bertholds II. von Vohburg, gemeint habe“.434 T und U geben die bei Cham im bayerischen Nordgau gelegene Burg korrekt mit Heitstein wieder,435 während V und W (wie m n o) ‚i‘ mit ‚r‘ verwechseln und Hertstein lesen.436 Dollnsteiner Fasnacht [409.5 ff.] Die Annäherungsversuche Gawans an Antikonie werden von einem gealterten Ritter entdeckt, der Gawan sogleich als (vermeintlichen) Mörder seines Herrn identifiziert und ihm nun auch Notzucht unterstellt. Vor dem herbeieilenden Mob flüchten Gawan und Antikonie in einen Turm, den sie in Ermangelung anderer Waffen mit Schachbrett und -figuren verteidigen. Antikonie, die die schweren Schachfiguren wie Geschoße schleudert und so manchen der Angreifer zu Fall bringt, wird vom Erzähler gegen den Vorwurf unweiblichen Verhaltens verteidigt: diu küneginne rıˆche / streit daˆ ritterlıˆche, / bıˆ Gaˆwaˆn si werlıˆche schein, / daz diu koufwıˆp ze Tolenstein / an der vasnaht nie baz gestriten: / wan si tuontz von gampelsiten / unde müent aˆn noˆt ir lıˆp (La 409.5–11). Die Bemerkung des Erzählers über die Fasnachtsgebräuche in der Ortschaft Dollnstein, die im Haidstein, bes. S. 200 ff. [kritisch gegenüber Steppichs These äußert sich Scheuble, mannes manheit, vrouwen meister, S. 174 f., Anm. 77]. Überzeugend ist Ruhs allgemeine Beurteilung der Beziehung von Gawan zu Antikonie: „Kein Wort des Tadels trifft jedoch auch diese Form der Minne. Antikonie wird vielmehr wiederholt in ihrer Tugend, Zucht und Vollkommenheit gepriesen. Wer dies nicht als Wolframs aufrichtige Meinung gelten lassen will, spricht von dessen Ironie – ein probates Mittel, Meinungen, die dem modernen Leser nicht passen, ins Gegenteil zu verkehren“ (Ruh, Höfische Epik des deutschen Mittelalters II, S. 119). Ruh verweist auf Fourquets treffenden Begriff der ‚Husarenliebe‘ (S. 118) zur Charakterisierung von Gawans Verhalten. 434 Steppich, Zu Wolframs Vergleich der Antikonie mit der Markgräfin auf Burg Haidstein, S. 217. Als erster hatte Schreiber, Neue Bausteine zu einer Lebensgeschichte Wolframs von Eschenbach, S. 64 f. und 81 f., diese Identifizierung vorgeschlagen. Bertau, Versuch über Wolfram, S. 149 f., bezieht die Anspielung ebenfalls auf Elisabeth von Vohburg. Er erblickt in den Ausführungen des Erzählers eine „waghalsige Lobrede“ auf Elisabeth, die ein „Seitenhieb“ auf die „moralische Verächtlichkeit eines wohl bayerischen Hofpublikums“ sei. Vgl. auch Bertau, Deutsche Literatur im europäischen Mittelalter, Bd. 1, S. 758 und Bd. 2, S. 791, sowie Schnell, Wolframs ›Parzival‹ und der ›Roman de The`bes‹. 435 In Urkunden begegnen die Formen Heitstein, Haitstein, Hatestein, Hattstein, Hettstein, Haitzstein. Vgl. Haupt, Zu Wolframs Parzival, S. 44. 436 Dieser Fehler begegnet bezeichnenderweise auch in Myllers Abdruck des St. Galler Codex. Zu den auf Hertstein aufbauenden Theorien (u. a. von Friedrich Heinrich von der Hagen) vgl. Haupt, Zu Wolframs Parzival, S. 43 f.

Literarische und außerliterarische Anspielungen

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Altmühltal ca. 40 km von Wolframs-Eschenbach entfernt liegt,437 wurde – wie beinahe jeder Ort, der im ›Parzival‹ Erwähnung findet – wiederholt mit der Frage nach Wolframs Gönnern in Verbindung gebracht. Man hat dabei an „eine nähere Beziehung Wolframs zu dem Grafen Gebhard von Dollnstein und seinem Bruder Hartwig, dem Bischof von Eichstätt“,438 gedacht. Doch ist die Stelle auch wortgeschichtlich von Bedeutung, da das im ›Parzival‹ gebrauchte vasnaht als die älteste Bezeugung des Wortes gilt.439 Handschrift T liest vastnaht, weist also bereits das vermutlich sekundäre –t- auf.440 Somit kann diese Lesung von T wiederum als ältester Beleg für vastnaht gelten, da bis etwa zur Mitte des 14. Jahrhunderts nur zwei weitere und jüngere Belege nachgewiesen werden konnten: 1296 Brixen (uastnaht) und 1332 Mühlbach bei Brixen (vastnacht).441 Darüber hinaus verzeichnen die *T-Handschriften T und U eine von den übrigen Textzeugen abweichende Lesart in Vers 409.8: Nicht die koufwıˆp treten bei der Dollnsteiner Fasnacht in Aktion, sondern die kampf wip.442 Der Brauch kämpferischer Auseinandersetzung zur Fasnacht ist in *T nicht auf die „Dollnsteiner Krämersfrauen“443 begrenzt, sondern wird offenbar generell von den weiblichen Einwohnerinnen dieses Ortes geübt.

Die Ritterfahrten des jungen Trevrizent [496.1– 499.10] Im neunten Buch berichtet Trevrizent von den Ritterfahrten, die er in seiner Jugend unternommen hat. In der Reiseschilderung „mischt sich fabulöse Geographie [...] mit erstaunlich präzisen Ortsangaben [. . .]“.444 Der Bericht ist in zwei Teile unterteilt, unterbrochen von der Schilderung des Treffens mit Gahmuret in Sevilla vor dessen todbringender Reise zum Baruc: 496.1

Sus pflac ichs durch die werden uˆf den drıˆn teiln der erden, ze Euroˆpaˆ unt in Asıˆaˆ unde verre in Affricaˆ.

Svs pflag ichs dvrh die werden vf den drin teilen der erden Ze arabye. vn¯ in asya vn¯ verre in affryca

437 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 648 [zu 409.8]. 438 Schirok, Parzivalrezeption im Mittelalter, S. 15 (mit Literaturangaben); Nellmann, Kommentar, S. 648 [zu 409.8]; Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 17. 439 Vgl. Wiesinger, Fasching und Fasnacht, S. 74. 440 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 648 [zu 409.8]. 441 Für die Auskunft danke ich Herrn Prof. Dr. Peter Wiesinger (Brief vom 30. 10. 2006). Vgl. die ausführliche Dokumentation bei Wiesinger, Fasching und Fasnacht, S. 74 ff. 442 U: kamp wip. 443 Nellmann, Kommentar, S. 648 [zu 409.8]. 444 Ebd., S. 697 f. [zu 496.5– 499.10]. Vgl. hierzu auch M. Müller, Namenkataloge, S. 213–215.

354

IV Textprofile

5 so ich rıˆche tjoste wolde tuon, soˆ reit ich für Gaurıˆuon. ich haˆn ouch manege tjoste getaˆn vor dem berc ze Faˆmorgaˆn. ich tet vil rıˆcher tjoste schıˆn 496.10 vor dem berc ze Agremontıˆn. swer einhalp wil ir tjoste haˆn, daˆ koment uˆz fiurige man: anderhalp si brinnent niht, swaz man daˆ tjostiure siht. 15 und doˆ ich für den Roˆhas durch aˆventiure gestrichen was, daˆ kom ein werdiu windisch diet uˆz durch tjoste gegenbiet. ich fuor von Sibilje 20 daz mer alumb gein Zilje, durch Frıˆuˆl uˆz für Aglei. [La 496.1– 496.21]

o

so ich riche tioste wolte tvn o so reit ich vur die Covrivn –––– –––– ich tet vil riche tioste schin vor dem berge ze Agremontin swer einhalp wil ir tiost han da coment vz. vivrine man anderhalp si brinnent niht swaz man tiostvre siht Do ich vur den Roas dvrh Aventvre gestrichen was do com ein wert windesch diet vz dvrch tioste gegen biet o ich vur von Sibylie dc mere vmbe gegn Cecilye dvrch Frivl vz vur Agley [T = *T*QR]

Laa. *T*QR:445 U fehlt aufgrund von Textkürzung. 496.1 sus] als Q. 496.2 uff treyen teyl Q auff drittailen W. 496.5 rich strit wolte tun R. 496.6 fur den coortun Q fuer den Touriun R fur den ganriun V fur den kovertun W. 496.9 reicher Q W tioste] strit R. 496.10 agremonyn Q agremonin R agremontein W. 496.12 furrenn R da] so W. 496.14 tiostvre] strittes R. 496.17 wert] ward R werde windesche V. 496.19 sibille Q. 496.20 cilie Q R W Cecilie V. 496.21 Fryvz T frivl vz (ausz W) O Q R W vriol vz fv´r agley V.

Trevrizent erzählt, er habe auf allen drei Erdteilen Ritterschaft geübt: „Nach mittelalterlicher Auffassung besteht die Welt aus tres partes“,446 aus Europa, Asien und Afrika. Die Lesart ‚Arabien‘, die *T*QR 496.3 anstelle von Europa bietet, dürfte daher falsch sein. Es ist davon auszugehen, dass sie sich früh aus einer leicht misszuverstehenden Schreibung von ‚Europa‘, wie sie etwa *GI aufweist (aropie), entwickelt hat. Es folgen weitere topographische Angaben, deren fiktiver Charakter von realgeographischen Elementen durchsetzt ist.447 Drei dieser vier Namen bezeichnen bei Lachmann Gebirgszüge; da in *T*QR vor Covrivon (496.6) der bestimmte Artikel gesetzt ist,448 dürften hier ausschließlich Berge gemeint sein. Aufgrund des Umfeldes ist an dieser Stelle tatsächlich 445 Wiedergabe der Lesarten nach Hofmeister, Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, S. 558–562. Handschrift O wurde mitberücksichtigt. 446 Nellmann, Kommentar, S. 697 [zu 496.2]. 447 Zum fiktiven Charakter realgeographischer Angaben im Rahmen einer erfundenen Geschichte vgl. die Überlegungen von Haug, Geschichte, Fiktion und Wahrheit, S. 120. 448 Der weibliche Artikel kommt nur in T vor, der männliche hingegen in Q R V W. Bereits Martin (ed. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, Bd. 2, S. 375 [Komm. zu 496.6]) vermutete, dass mit Gaurıˆuon ein Berg bezeichnet wird.

Literarische und außerliterarische Anspielungen

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die Nennung eines Berges zu erwarten, da der junge Trevrizent seine Kämpfe gern am Fuße von Bergen ausgetragen hat. Welcher Berg mit Covrivon bezeichnet wird, ist fraglich. Martin überlegte, ob vielleicht der Taurus gemeint sei, „den Solin oft anführt und in dessen Nähe sich viele Kämpfe der Kreuzzugszeit abspielten“.449 Zumindest in der Handschrift R, die Touriun liest, scheint dieser Bezug tatsächlich gegeben zu sein. Der berc ze Faˆmorgaˆn (496.8) wird in der Fassung *T*QR nicht erwähnt, was mit der eigenwilligen Benennung eines Berges mit dem Namen einer Fee in Zusammenhang stehen könnte.450 Hinter dem berc ze Agremontıˆn (496.10), der an späterer Stelle (735.24–27) ausdrücklich als Vulkan bezeichnet wird, dürfte sich der Acremonte in Sizilien, der in der Nähe des Ätna liegt, verbergen.451 Dazu passt nun vorzüglich die Reiseroute, wie sie in den *T-Handschriften T und V beschrieben wird: Trevrizent segelt nicht von Sevilla nach dem im heutigen Slowenien gelegenen Celje,452 sondern nach Cecilye, also Sizilien.453 Das ist eine durchaus plausible Route, da zunächst eine mit dem Schiff erreichbare Destination zu erwarten ist, Celje jedoch nicht am Meer liegt. In Sizilien hatte Trevrizent dann Gelegenheit, am Fuß des Acremonte zur Tjost anzutreten,454 um sich sodann über das italienische Festland, durch das Friaul nach Aquileia und schließlich zum Roas (*T*QR) zu begeben; er reitet also von Süditalien über Norditalien bis ins heutige Slowenien. Die Schreibungen Rohaz und Roas für den Rohitscher Berg sind in mittelalterlichen Urkunden belegt,455 die Varianz in den ›Parzival‹Handschriften trägt dem Rechnung. Dass der Rohitscher Berg einem breiteren Publikum geläufig war, ist allerdings zu bezweifeln. Der ‚windische‘ (496.17) Roas wird wohl eher als exotische, für die Artusepik charakteristische Ortsangabe aufgefasst worden sein. Es folgt der zweite Teil von Trevrizents Reiseschilderung. Die Minusverse 498.29– 499.2 von T wurden, da U ausfällt, nach V ergänzt und kursiv in den Text gesetzt:

449 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 375 [Komm. zu 496.6]. Auch den Garganus in Apulien zog Martin in Betracht. 450 Siehe Abschnitt IV.2.1 (S. 303 ff.). 451 Vgl. Heinzle, Wolframs Titurel, S. 171 f. [Komm. zu 121.4]; Nellmann, Kommentar, S. 698 [zu 496.10]. 452 Die Identifizierung der steirischen und slowenischen Ortschaften gelang Haupt, Zu Wolframs Parzival, S. 46– 49. 453 Handschrift M liest sicilie. 454 Auch die Burg Caltabellotta, die Vers 657.13 erwähnt wird (Kalot enbolot), liegt im südlichen Sizilien; vgl. Nellmann, Kommentar, S. 741 f. [Komm. zu 657.13]. 455 Vgl. Haupt, Zu Wolframs Parzival, S. 47.

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IV Textprofile

498.20 und ich fuor für den Roˆhas. uˆz Zilje ich für den Roˆhas reit,456 drıˆ mæntage ich daˆ vil gestreit. mich duˆhte ich het daˆ wol gestriten: dar naˆch ich schierste kom geriten 25 in die wıˆten Gandıˆne, daˆ naˆch der ane dıˆne457 Gandıˆn wart genennet. daˆ wart Itheˆr bekennet. diu selbe stat lıˆt aldaˆ daˆ diu Greian in die Traˆ, 499. 1 Mit golde ein wazzer, rinnet. daˆ wart Itheˆr geminnet. dıˆne basen er daˆ vant:458 diu was frouwe überz lant: 5 Gandıˆn von Anschouwe hiez si daˆ wesen frouwe. si heizet Lammıˆre: so istz lant genennet Stıˆre. swer schildes ambet üeben wil, 10 der muoz durchstrıˆchen lande vil. [La 498.20– 499.10]

o

vn¯ ich vur vur den Roas vz Cecilye ich vur den roas reit drie morgene ich da vil gestreit mich dvhte ich hete wol gestriten da nach scierest com geriten in die witen Gandin da nach der ane din Gandin wart genennet da wart Jther erkennet die selbe stat lit al da do die greian in die tra mit golde ein wasser rinnet do wart yter geminnet sine basen er da vant div was ovch vrouwe vberz lant –––– –––– die hiez Lamyre so ist dc lant genennet Styre e swer sciltes ambt vben wil o der mvz dvrch strichen landes vil [T]

Laa. *T*QR: U fehlt aufgrund von Textkürzung. 498.21 cilie R ausz den cilien Q Cecilie V cyle W. 498.22 morgene] mentag W mantage Q R. 498.23 do wol V. 498.24 kam schier geritten R. 498.25 witten R gaudin W. 498.27 gandein Q gaudin W. 498.28 ihther Q ihter R yter V. Die Verse 498.29– 499.2 fehlen T. 499.4 die selbe R ovch fehlt R. 499.7 lamire R V Lammire Q W. e 499.9 vben] ubel Q.

Am Fuße des Roˆhas / Roas kämpft Trevrizent drei Wochen (drıˆ mæntage)459 oder aber drei Tage (drie morgene), wie es in *T (T V) heißt. Anschließend begibt er sich nach Gandıˆne (Lachmann) bzw. nach Gandin (*T), wohinter – aufgrund der Einmündung des Grajenabaches in die Drau460 – das slowenische Haidin / Haidina vermutet wird, das aber zu Wolframs Zeit nur als Name zweier dörflicher Siedlungen belegt ist.461 Wichtiger als der realgeographische Hintergrund ist die literarische Topographie, wird doch der Name von Parzivals Großvater, Gandin, 456 457 458 459

D: Cylie. D: Aˆn. dıˆne] dise D. Lachmann folgt hier G! Zum Montag als Turniertag vgl. Martin (ed. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, Bd. 2, S. 377 [Komm. zu 498.22]). 460 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 700 [zu 498.30]. 461 Vgl. Yeandle, Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes, S. 371 f. [zu 498.25; mit Literatur]; Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 377 [Komm. zu 498.25]; Nellmann, Kommentar, S. 699 [zu 498.25].

Literarische und außerliterarische Anspielungen

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von dieser Stadt abgeleitet (498.26–27). Ithers Aufenthalt in Gandıˆne /Gandin,462 seine verwandtschaftliche Verbindung und die Art seines Verhältnisses zu Lammire, der Landesherrin von Stıˆre, wird in den Handschriften unterschiedlich dargestellt. Festzuhalten ist zunächst, dass Ither in *T*QR seine Base trifft, während nach dem Zeugnis von m n o G I O L M Z von Parzivals Vaterschwester die Rede ist;463 D liest dise base. Welche der Angaben das Richtige trifft, lässt sich nur schwer überprüfen, da Lammire ausschließlich hier erwähnt wird; doch ist es unwahrscheinlich, dass Ither eine Minnebeziehung zu seiner eigenen Tante unterhielt. Von einem Liebesverhältnis ist wiederum in T nicht die Rede; da mit U die wichtigste Parallelüberlieferung ausfällt, kann nicht gesagt werden, ob hier eine individuelle Bearbeitung des Skriptoriums von T oder ein Eingriff von *TU vorliegt. Die vier Minusverse in T 498.29– 499.2 ziehen jedenfalls als Konsequenz nach sich, dass nur von einem Treffen Ithers mit seiner Tante Lammire in Gandin die Rede ist. Vielleicht sollte der Anschein eines inzestuösen Liebesverhältnisses vermieden werden. Auch die Möglichkeit exakterer geographischer Verortung entfällt, da die Flussnamen Greiaˆn und Traˆ aufgrund der Minusverse nicht erwähnt werden. Als fassungskonstituierende Minusverse – sie fehlen in *T*QR – sind die Verse 499.5– 6 zu sehen, denen zu entnehmen ist, dass Gandin Lammire als Herrscherin von Stıˆre eingesetzt hat.464 Die Route von Trevrizents Ritterfahrten in *T*QR ist eine andere als jene des Lachmann-Textes, die im steirischen und slowenischen Gebiet angesiedelten Orte werden zum Teil internationaler Topographie angeglichen, zum Teil ausgeblendet. Die regionale Begrenztheit der Ortsanspielungen ist in *T zwar nicht zur Gänze getilgt, aber doch wesentlich zurückgenommen. Diese Annäherung an die Fiktionalität und Internationalität der Artusepik ist als Charakteristikum der *T-Fassung festzuhalten. Das sogenannte ‚steirische Rätsel‘ 465 stellt sich für diese Fassung nicht. 462 Vgl. hierzu Martin, Zur Gralsage, S. 17. 463 Lammire ist somit die Schwester von Galoes, Gahmuret und Flurdamurs, ihre Eltern sind Gandin und Schoette. Vgl. dazu übersichtlich Sutter, mit saelde ich gerbet han den gral, S. 63 f. 464 Wodurch ausgeschlossen werden kann, dass der Pleier den ›Parzival‹ aus einer Handschrift der Gruppe *T*QR kannte. Der Pleier baut die Genealogie seines Helden um die ›Parzival‹-Verse 499.5–8 auf, Lamiger ist seine Mutter, Stiger bezeichnet seine o Herkunft: Ich pin geporn von Stiger, / Mein muter hiez Lamiger. / Von Antschawe Gandin / Hiez si ze Stiger frawe sein (Verse 4179– 4182). Da im folgenden Vers Melerancz als Vater Garels genannt wird, kann er allerdings nicht dem Liebesverhältnis von Lammire zu Ither entsprungen sein. Vgl. auch Martin (ed. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, Bd. 2, S. 377 [Komm. zu 499.1]); Schirok, Parzivalrezeption, S. 90; Kern, Die Artusromane des Pleier, S. 102 f. und S. 119 f. 465 Vgl. Schreiber, Neue Bausteine zu einer Lebensgeschichte Wolframs von Eschen-

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IV Textprofile

IV.5 Lanze, Schwert und Stein: Die Requisiten der Gralzeremonie Der Darstellung der Gralprozession, des Aufzugs, der zugehörigen Requisiten und natürlich des Grals selbst wurde viel Aufmerksamkeit gewidmet. Es mag daher von Interesse sein, welche Abweichungen vom Lachmann-Text diu verholnen maere umben graˆl (La 452.30) in den betreffenden Passagen in *T (Buch V) bzw. in *T*QR (Buch IX) aufweisen. Tatsächlich handelt es sich mehr um Nuancen als um großflächige Umarbeitungen, eher um Akzentuierung als um stringente Neudeutung. Zunächst wird kurz und exemplarisch auf zwei solche Präzisierungen in der Darstellung der im Umfeld466 der Gralzeremonie angesiedelten, symbol- und rätselbehafteten Requisiten (Lanze und Schwert) eingegangen; den Abschluss bilden einige Bemerkungen zur Benennung des Grals. Es hat den Anschein, als habe der Autor bei der Darstellung der Lanze im Verlauf des Schaffensprozesses eine konzeptionelle Änderung vorgenommen: Während vor Beginn der eigentlichen Gralprozession auf Munsalvæsche eine wundersame, scheinbar stets aufs Neue blutende Lanze durch den Saal getragen wird, findet Trevrizent im neunten Buch eine rationale Erklärung für die nun nicht mehr ‚blutende‘, vielmehr ‚blutige‘ Lanze.467 Das Blut rühre vom Stoßen der Waffe in die Wunde des Anfortas, der aufgrund der Planetenkonstellation große, weit über das übliche Maß hinausgehende Schmerzen zu erleiden hatte. Dem dürfte die volksmedizinische Erklärung zugrunde liegen, derzufolge Giftfolgen mit dem gleichen Gift (Heilung aut ex similibus) zu behandeln sind.468 Da jedoch dieses Verfahren einige Zeit vor der Gralprozession durchgeführt worden sein

bach, S. 89–97; ders., Die Vollendung und Widmung des Wolframschen Parzival, S. 25–29. Eine kritische Überprüfung von Schreibers Thesen findet sich bei Knapp, Baiern und die Steiermark in Wolframs ›Parzival‹, S. 16–28. Vgl. weiters Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 241 f. 466 Die Lanze wird – im Unterschied zum ›Conte du Graal‹ – vor der eigentlichen Gralprozession gezeigt, die Schwertübergabe erfolgt danach. 467 Am forciertesten wurde die These einer konzeptionellen Änderung von Nellmann, Produktive Mißverständnisse, vorgetragen. Sein Resümee (S. 148): „Es hat eine Planänderung gegeben, eine Neuorientierung hat stattgefunden. Wolfram wußte im 5. Buch noch nicht, wie er die Lanze später erklären werde, und er hatte zunächst nicht vor, die Messer zur Schadstoffentfernung zu verwenden. Beides, Lanze und Messer, gibt uns deutliche Hinweise auf die Genese des Romans.“ Vgl. auch den Überblick bei Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 76 [Komm. zu 231.20]. Zum Einfluss des Saturn auf die klimatischen Bedingungen (extreme Kälte) und somit auf die Leiden des Anfortas sowie zu den – in diesem Fall eher vagen – Parallelen zum ›Lucidarius‹ vgl. Nellmann, Der ›Lucidarius‹ als Quelle Wolframs, S. 63 f. 468 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 694 [zu 489.30– 490.2]; ders., Produktive Mißverständnisse, bes. S. 145 ff.

Lanze, Schwert und Stein

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muss469 – Anfortas selbst sieht der Prozession zu –, wäre eigentlich zu erwarten, dass das Blut auf der Lanze längst eingetrocknet ist und daher nicht mehr in Bewegung sein kann. Die betreffende Passage lautet bei Lachmann: an der snıˆden huop sich pluot und lief den schaft unz uˆf die hant, deiz in dem ermel [des Lanzenträgers] wider want. [La 231.20–22]

Bumke vermutete, dass der Erzähler „absichtlich eine zweideutige Formulierung (huop sich pluot) gewählt“ habe, die es offen lässt, ob das Blut aus dem Speereisen quillt,470 oder ob es, so ist zu ergänzen, einfach seit der Behandlung des Anfortas noch nicht getrocknet ist und solcherart mit der Erklärung Trevrizents in Einklang zu bringen wäre.471 Gegen diese zweite Möglichkeit spricht jedoch, dass Sigune in Vers 255.11 zwar von einem bluotec sper weiß, zugleich aber von der außergewöhnlichen Behandlung der Wunde am Abend von Parzivals Besuch gar 469 Umstritten ist die Übersetzung von Vers 490.16–17 (den frost ez uˆzem lıˆbe treit, / al umbez sper glas var als ˆıs). Nellmann, Kommentar, S. 695 [zu 490.16–19]: „An der Lanzenspitze schlägt sich der frost als Glas, das wie Eis aussieht [. . .], nieder. [. . .] Das Glas ist von extremer Härte.“ Tax, Nochmals zu Parzivals zwei Schwertern, S. 289, Anm. 31, teilt Nellmanns Auffassung. Martin (ed. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, Bd. 2, S. 373 [Komm. zu 490.17]), ging hingegen von der Bedeutung ‚Eis wie Glas aussehend‘ aus: „Es bildet sich ein Niederschlag der Kälte.“ Der Wortlaut von T entspricht Martins Verständnis: den vrost ez vz der wunden treget / allvmbez sper glasevar als is. Der Frost, der aus der Wunde gezogen wird, legt sich in T glasfärbig, wie Eis, um die Lanzenspitze. Beschrieben wird hier zunächst die Farbe, dann die Konsistenz des materialisierten Frostes. 470 Vgl. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 66. Quast, Diu bluotes maˆl, S. 47, spricht von einem „kalkuliert uneindeutigen Sprachgebrauch“. 471 Vgl. hierzu die Überlegungen von Quast, ebd., S. 47, zum ‚Zeichenstatus‘ der Episode, der eng an das Verständnis der Stelle gebunden ist: „Rührt das Blut an der Lanze vom medizinischen Eingriff oder blutet die Lanze, weil sie mit der Wunde des Anfortas in Kontakt gekommen ist? Blutspuren eines medizinischen Eingriffs wären Memorialzeichen, die auf ein Vergangenes hinweisen würden, es wären somit Zeichen differentieller Natur. Die blutende Lanze hingegen wäre als lebendes Zeichen zu verstehen. Sie blutet in der Gegenwart des dahinsiechenden Königs. Die Lanze würde mithin kontaguös an der Wunde des Gralskönigs partizipieren. Wie bei der Bahrprobe im ›Nibelungenlied‹ und in Hartmanns ›Iwein‹ die Gegenwart des Täters die Leichen der Opfer, Siegfrieds und Askalons, zum Bluten bringt, unterstützt die Gegenwart des Königs das Bluten der Lanze. Wir hätten es hier mit einem vorabstrakten Zeichenbegriff zu tun.“ Wenzel, Hören und Sehen, Schrift und Bild, S. 69, deutet die blutige Lanze als ‚Memorialzeichen‘. Zur Überlegung, dass die Lanze bereits im fünften Buch nur blutig, aber nicht blutend sei und somit mit Trevrizents späterer Erklärung zu vereinbaren wäre, vgl. Weigand, A Jester at the Grail Castle in Wolfram’s ›Parzival‹, S. 96 ff.

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IV Textprofile

nichts wissen konnte:472 „Die Lanze, von der Sigune spricht, ist also notwendigerweise eine Lanze, die von selbst blutet.“473 Die Formulierung in *T lässt ebenfalls eher an eine ‚blutende‘ Lanze denken: o

o

oben an der snıˆden erhvp sich blvt vn¯ lief den scaft nider vnz vf die hant dc sin dem ermele erwant [T 231.20–22 = *T] o

o

Laa. *T: 231.20 v´rhvp V hub W. 231.21 nider fehlt U V. vnz] bit U vf] an V Den schaft lief es nider vntz an die hand W. 231.22 dc sin] Daz es V W erwant] wider wand U V W.

Im präfigierten Verb sich erheben schwingt das Moment des ‚sich erhebenden‘, also aufquellenden Blutes noch eine Nuance deutlicher mit als im sich heben des Lachmann-Textes.474 Die Lokaladverbien oben und nider bewirken zusätzlich eine Dynamisierung in der Schilderung des Blutverlaufs, sodass an eine lediglich blutige Lanze in dieser Version noch weniger zu denken ist. Das ‚Wunder‘ (merveille, Vers 3202) der blutenden Lanze, das Perceval im ›Conte du Graal‹ bestaunt, dürfte auch im Lachmann-Text und erst recht in der Fassung *T gegeben sein. Der Widerspruch zwischen dem Phänomen der blutenden Lanze und der späteren rationalen Erklärung Trevrizents bleibt demnach bestehen. Einen weiteren Problembereich der Forschung stellt jenes Schwert dar, das Parzival von Anfortas überreicht wird. Bereits Chre´tiens Darstellung vermittelt den Eindruck, als ob das Schwert nur noch als „Reststück eines größeren Sagenblocks“475 übriggeblieben sei. Die Angaben, die die germaine cousine (Vers 3600) zu dem Schwert im ›Conte du Graal‹ macht, sind spärlich und dunkel, sodass es unklar bleibt, „ob sie in Chrestiens Romankonzeption noch eine Rolle spielen sollten“.476 Merkwürdig ist ihre Warnung an Perceval, dass das Schwert ihn in einem harten Kampf im Stich lassen werde: 472 Vgl. Nellmann, Produktive Mißverständnisse, S. 143 f.; Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 76, Anm. 12 [Komm. zu 231.20]. 473 Nellmann, Produktive Mißverständnisse, S. 144. Das Wissen Sigunes um die Ereignisse auf der Gralburg erschiene noch merkwürdiger, wenn Bumkes Vermutung zuträfe, dass die Lanze nur an diesem einen Tag gezeigt wurde mit dem ausschließlichen Zweck, Parzival zum Fragen zu bewegen (vgl. Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, S. 67 f.). 474 Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 1, Sp. 635, verzeichnet für den – hier vorliegenden – reflexiven Gebrauch von erheben die Bedeutung ‚anheben, beginnen‘, für transitiven Gebrauch hingegen ‚auf, in die Höhe heben‘. 475 G. Ehrismann, Geschichte der deutschen Literatur, Bd. 2, II, 1, S. 253. 476 Werner Schröder, Parzivals Schwerter, S. 228.

Lanze, Schwert und Stein

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Gardez ne vos i fı¨ez ja. Qu’ele vos traı¨ra sanz faille Quant vos venrez en grant bataille, K’ele vos volera en pieces. [›Conte du Graal‹ 3660–3663]477

Diese Prophezeiung findet ihre nicht minder merkwürdige Entsprechung in den Worten Sigunes: daz swert gesteˆt ganz einen slac, am andern ez zevellet gar [La 254.2–3]

Ob hier ein ‚produktives Missverständnis‘ oder eine bewusste Umarbeitung der Verse Chre´tiens vorliegt, wird sich kaum entscheiden lassen. Fest steht, dass ein mit einer solchen Warnung behaftetes, unzuverlässiges Schwert für den Kampf im Grunde unbrauchbar ist. Es wäre zu vermuten, dass der symbolische Akt der Schwertübergabe durch den Gralherren an seinen potentiellen Nachfolger im Vordergrund steht und das Geschenk demnach „Züge einer Designation“478 trägt. Und doch ist mit Werner Schröder festzuhalten, dass „der Charakter des Schwerts als Waffe, mit der Anfortas selbst die besten Erfahrungen gemacht haben will“,479 hervorgehoben wird. Parzival wird tatsächlich – wie zu Beginn des neunten Buches zu erfahren ist – das Schwert im Kampf gebrauchen, es wird zerbrechen480 und am Brunnen Lac wieder zusammengesetzt werden: sıˆn swert, daz im Anfortas [Majuskel T] gap doˆ er bıˆme graˆle was, brast sıˆt doˆ er bestanden wart: doˆ machtez ganz des brunnen art bıˆ Karnant, der daˆ heizet Lac. daz swert gehalf im prıˆss bejac. Swerz niht geloubt, der sündet. [Initialen D und T] [La 434.25– 435.1]

Diese Einschaltung erweckt den Eindruck, als wolle der Erzähler eine offen gebliebene Lücke des Textganzen schließen und sich zügig eines Problems entledigen. Die Passage erinnert vielleicht nicht zufällig an eine weitere Lückenschließung, die im Dreißiger 503.1–30 vorliegt; auch hier wird eine zentrale und 477 ‚Hütet Euch, ihm zu vertrauen, denn zweifellos wird es Euch in einem schweren Kampf im Stich lassen: in Stücke wird es zerspringen‘ (Übersetzung Olef-Krafft). 478 Mersmann, Der Besitzwechsel und seine Bedeutung in den Dichtungen Wolframs von Eschenbach und Gottfrieds von Strassburg, S. 136. 479 Werner Schröder, Parzivals Schwerter, S. 231. 480 Tax, Nochmals zu Parzivals zwei Schwertern, S. 293, betont zu Recht, dass das Schwert gemäß der Formulierung der Verse 434.27–28 nur einmal zerbrochen ist.

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IV Textprofile

handlungsauslösende Problemstellung – die Beschuldigung Gawans durch Kingrimursel – auf kürzestem Raum aufgelöst und beiseite geschoben.481 Schröder will, wie vor ihm bereits Leitzmann,482 Vers 435.1 noch auf die Schwertpartie beziehen: „Die Salvierungsformel gegenüber skeptischen sachverständigen Hörern kann sich sinnvoll nur auf die dubiose Geschichte von Anfortas’ Schwert beziehen [.. .].“483 Und weiter: „Daß ein solches Schwert, das von Mal zu Mal der Reparatur an vorbestimmtem Ort bedurfte, einem chevalier errant von sonderlichem Nutzen gewesen sein und zu prıˆss bejac (434,30) verholfen haben sollte, ist Wolfram so unglaublich erschienen, daß er sich von dieser Geschichte unüberhörbar distanziert und jede redaktionelle Verantwortung dafür abgelehnt hat: swerz niht geloubt, der sündet (435,1).“484 Jedoch spricht die Initialensetzung der Handschriften, wie Schröder selbst einräumen muss,485 deutlich gegen eine solche Interpunktion, und auch die Aufteilung eines Verspaares auf zwei konträre Handlungsblöcke erscheint ungewöhnlich. Schließlich konnte die dritte Begegnung mit Sigune von den Hörern ebenfalls als unglaubwürdig eingestuft werden, abgesehen davon, dass das Verspaar 435.1–2 den üblichen Einleitungsformeln neuer Abschnitte entspricht. An der Interpunktion Lachmanns ist daher m. E. festzuhalten. Nellmann versucht dem Problem des fragilen Schwertes beizukommen, indem er dessen Funktionstüchtigkeit an die Kenntnis des Schwertsegens bindet: „Ich verstehe die Verse [254.2–254.14] als Anleitung zur Reparatur des Schwertes für den Fall, daß Parzival den Segen nicht kennt. Dann nämlich – und nur dann – wird das Schwert zerspringen [...]. Es ist ganz unwahrscheinlich, daß Anfortas den künftigen Gralkönig mit einer generell unzuverlässigen Waffe beschenkt; ebenso unwahrscheinlich, daß Anfortas selbst – und zuvor sein Vater Frimutel – sich einer solchen Waffe bedient hat. In der Tat repariert Parzival später das Schwert, ohne den Segen zu kennen.“486 Dass die Reparatur des Schwertes in Unkenntnis des Segens erfolgte, ist freilich nur eine Hypothese, die darauf basiert, dass der Erzähler nicht explizit sagt, dass Parzival den Segen spricht. Nellmanns 481 482 483 484 485 486

Siehe Abschnitt III.2.3.2.1 (S. 210 ff.). Leitzmann setzte in seiner Edition bei Vers 434.30 Doppelpunkt, bei 435.1 Punkt. Werner Schröder, Parzivals Schwerter, S. 237, Anm. 3. Ebd., S. 237. Ebd., S. 237, Anm. 3. Nellmann, Kommentar, S. 593 f. [zu 254.2–14; Hervorhebung durch Nellmann]. Nach Kordt, Parzival in Munsalvæsche, S. 147 [Komm. zu 240.1–2], sei die Kenntnis des Schwertsegens an das Gralkönigtum gebunden: „Die Gralkönige kennen offenbar den segen. Anfortas [. . .] und Frimutel [. . .] kämpften erfolgreich damit. Parzival hätte ihn wohl erfahren, wenn er gefragt hätte.“ Ähnlich Backes, Von Munsalvæsche zum Artushof, S. 41 [Komm. zu 254.2 f.].

Lanze, Schwert und Stein

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Erklärung erscheint zwar plausibel – allerdings hätte sich der Erzähler dann sehr umständlich und missverständlich ausgedrückt –, doch lässt auch sie mehr Fragen offen, als sie beantworten kann. Offen bleibt, ob das Schwert gleich beim ersten Kampf, den Parzival mit ihm bestreitet, zerbricht; immerhin kannte er nach Sigunes Aussage (254.15–16) den Wortlaut des Segens nicht, als er Munsalvæsche verließ. Es scheint, dass er selbst diesen Kampf erfolgreich überstanden hat, da die retrospektive Erwähnung des Erzählers nur von Triumphen spricht und auch davon, dass er mit dem Schwert viel Ruhm erlangt habe (434.20–30). Wann und wo hat er den Wortlaut des Segens kennengelernt? Oder, falls das Schwert nicht gleich im ersten Kampf zerbrochen ist und Parzival daher schon hier den Segen wusste, hat er ihn dann bei einem späteren Kampf wieder vergessen? Mit diesen Fragen befasste sich jüngst in ‚narrativ-kombinatorischer‘ Manier Petrus W. Tax.487 Auf seine zahlreichen Überlegungen zu diesem „narrativen Geheimnis“488 kann hier nicht im Detail eingegangen werden. Tax nimmt an, dass es sich bei der problematischen Eigenart des Schwertes um eine „Erstschlagskapazität“489 handle: Die Qualität der Waffe sei so hoch, dass sie imstande ist, den Kampf mit einem einzigen Schlag zu entscheiden. Von einem solch kurzen Kampf ist aber im ›Parzival‹ nirgends die Rede. Daher bleibe die Option des Ither-Schwerts: „Wenn er zuerst mit dem Gral-Schwert kämpfen sollte und der Erstschlag mißlingt, so daß das Schwert in Stücke geht, hat er immerhin noch das Ither-Schwert zur Hand, um den Gegner zu besiegen.“490 Auch sieht Tax ein didaktisches Programm in das Schwert eingearbeitet, das den jungen Ritter dazu zwinge, den richtigen Gebrauch der Waffe in das strategische Kalkül mit einzubeziehen: „Man wird nicht umhin können, die Weisheit Trebuchets, der ein solches Schwert schmiedete, bzw. die des Schöpfers dieser nachdenklichen Gestalt zu bewundern.“491 Letztlich bewegen sich auch die Überlegungen von Tax – notgedrungen – abseits vom Text. Selbst wenn man die Prämisse einer ‚Erstschlagskapazität‘ akzeptierte, bliebe das irritierende Faktum bestehen, dass in das Schwert die Möglichkeit des Scheiterns nach nur einem Schlag eingearbeitet ist. Wolfram hat bei der Gestaltung des Schwertmotivs einfach zu viele Fragen offen gelassen: „Das problematische Schwert bleibt ein (fast) blindes Motiv.“492. *T leistet wiederum einen eigenen Beitrag zur Lösung dieser Problematik:

487 488 489 490 491 492

Vgl. Tax, Nochmals zu Parzivals zwei Schwertern. Ebd., S. 275. Ebd., S. 279. Ebd., S. 282. Ebd., S. 281. Nellmann, Kommentar, S. 594 [zu 254.2–14].

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IV Textprofile dc swert stat ganz einen tac an dem andern ez zervellet gar [T 254.2–3 = *T] o

Laa. *T: 254.2 bestunt U gestat V bestet W [slag] V.

254.3 ez fehlt W zeruellet vil gar W.

Das Schwert mit potentieller ‚Erstschlagskapazität‘ ist in *T einem ‚Eintagesschwert‘ gewichen.493 Versteht man unter tac einen Kampftag494 – die Kämpfe dauern im ›Parzival‹ oft bis in die späten Abendstunden – so läge hier ein Schwert vor, das erst am Ende eines Kampfes (bzw. Kampftages) zerbricht und somit immerhin die Möglichkeit eines für den Schwertträger erfolgreichen oder zumindest glimpflichen Ausgangs einschließt. Doch letztlich erweist sich das Geschenk des Anfortas in der Fassung *T als ebenso problembehaftet wie jenes in der übrigen Überlieferung: Das Schwert bleibt eine zerbrechliche und daher eine defekte Waffe. Dass der Gral ein Stein sei, genauer: ein Edelstein (das geslähte ist vil reine; 469.4), erfährt der Leser erstmals in Vers 469.3, von da an insgesamt noch zwölf Mal.495 Einen Kenner des Chre´tien’schen Textes wird dies einigermaßen erstaunt haben, ist dort doch nur von einem Gefäß die Rede. Vielleicht hat Wolfram an ein aus einem Stein gewirktes Gefäß gedacht; der Verfasser des ›Jüngeren Titurel‹ jedenfalls beschreibt den Gral in dieser Form: ein stein in hohem werde. man eine schuzzel druz da wurken dahte (Strophe 6292,2). Wolfram hingegen lässt es offen, wie man sich die Form des Steines genau vorzustellen hat.496 Dafür versieht er den Stein mit gleich zwei Namen:497 1. Graˆl. Das von Chre´tien (Verse 3220–21) verwendete Appelativum graal für ‚kostbares Gefäß‘ fungiert bei Wolfram als Eigenname.498 2. lapsit exillıˆs. Diesen Namen hat Lachmann auf der Basis seiner Haupthandschriften D und G in den Text gesetzt. Die betreffenden Verse lauten: 493 Zu den verschiedenen Schwertmotiven in der deutschsprachigen mittelalterlichen Literatur vgl. den Motif-Index of German Secular Narratives from the Beginning to 1400, Bd. 6.1, S. 327 (s. v. ‚Sword‘). 494 Vgl. etwa strıˆtes tac (La 608.30). 495 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 678 [zu 469.3]. Zum Gral in der mittelalterlichen Dichtung und bei Wolfram vgl. zuletzt Barber, Der heilige Gral; Hendrichs, Das Geheimnis des Grals; Mertens, Der Gral [›Parzival‹: S. 51–82]. 496 Nur ein drum (‚Endstück‘, ‚Rand‘) des Steins findet 470.23 Erwähnung; vgl. dazu Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 135. Den Versen 470.23–27 ist wohl auch zu entnehmen, „daß Wolfram sich den Gralstein nicht gerade klein vorgestellt hat“, was gegen eine Identifizierung des Grals mit dem „Alexanderstein, der nicht größer als ein menschliches Auge ist“, spricht (vgl. Nellmann, Kommentar, S. 682 [zu 470.23–27]). 497 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 680 [zu 469.7]. Nellmann zieht in Erwägung, dass Wolfram vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt klar wurde, dass mit graal nicht der Name eines Steines gemeint ist. 498 Vgl. dazu ausführlich Nellmann, Kommentar, S. 580 [zu 235.23]; zur Etymologie des Wortes ‚Gral‘ vgl. zuletzt Hendrichs, Das Geheimnis des Grals, S. 43– 47.

Lanze, Schwert und Stein

365

er heizet lapsit exillıˆs. von des steines kraft der feˆnıˆs verbrinnet, daz er zaschen wirt [La 469.7–9]

In der ›Parzival‹-Überlieferung vervielfacht sich diese zweite Benennung. Das vermag insofern nicht zu überraschen, als die Bezeichnung des Grals bereits in der Überlieferung des ›Conte du Graal‹ beträchtlicher Varianz ausgesetzt ist; es finden sich in den Versen 3231–32 u. a. die Lesarten graaus, graal, graals, vallez, vaslez, vaissials, tailleoirs und taule.499 Obwohl Bumke bereits im Jahr 1970 auf die Varianz des Gralnamens im ›Parzival‹ hingewiesen hat,500 gingen die Deutungsversuche stets von der Lachmann’schen Textherstellung aus. Einer genaueren Überprüfung wurde die Überlieferung erst 1977 durch Janine DelcourtAnge´lique501 und erneut im Jahr 2000, diesmal unter Berücksichtigung sämtlicher Textzeugen, durch Eberhard Nellmann unterzogen. Als Untersuchungsgrundlage liste ich nochmals die Überlieferung der Verse 469.7–9 vollständig auf. Die Anordnung der Handschriften wurde dabei nach der Gruppenzugehörigkeit vorgenommen, wie sie sich in dieser Partie darstellt:502 469.7

469.8

469.9

lapsit D G Z

er heizzet lapsit exillis von des steines kraft vil gewis er heizet lapsit exillis503 von des steines chraft der fenix der heizzet lapsit exillis von des steins craft der fenix

der Fenix verbrinnet daz er zaschen wirt verbrinnet daz er ze aschen wirt verbrinn daz er zv asschen wirt

lapis m n o I M

er er er er er

heiset lapis exilis heisset lapis exilix heisset lapis exilis haizt lapis exilis heißit lapis exillix

von von von von von

des des des des des

steines steines steines staines steines

craft der vinix [?]504 crafft der venix crafft der venix craft der fenix krafft der fenix

verbrinnet das er ze esche wirt ver brinnet vnd zu eschen wirt verbrinnet das er zu eschen wirt verbrinnet daz ze ashen wirt vorbrynnet das her zcu aschen wirt

499 Vgl. hierzu die Lesartenapparate in den Ausgaben: Chre´tien de Troyes, Le Roman de Perceval ou Le Conte du Graal (ed. Busby), S. 137; Der Percevalroman von Christian von Troyes (ed. Hilka), S. 144. Zur Varianz des Gralnamens in den Handschriften des ›Conte du Graal‹ vgl. Fourquet, Wolfram d’Eschenbach et le Conte del Graal, S. 62– 67; Hatto, On Wolfram’s Conception of the ‚Graal‘. 500 Vgl. Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945, S. 259, Anm. 271. 501 Vgl. Delcourt-Ange´lique, ‚Lapsit exillıˆs‘; dies., Le Graal de Chre´tien de Troyes. 502 Abbreviaturen wurden aufgelöst, Schaft-s zu Rund-s normalisiert, Interpunktionszeichen und Großschreibung am Versbeginn entfernt. Handschrift U fehlt aufgrund von Textkürzung. 503 Lachmann las für G noch erillis, ein Irrtum, der erst von Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945, S. 259, Anm. 271, korrigiert wurde. In Unkenntnis von Bumkes Beobachtung hat später Nock, Die *M-Gruppen der Parzival-Handschriften, S. 170, Anm. 26, ebenfalls auf Lachmanns Fehler hingewiesen. 504 Die Zuordnung der Schaftverbindungen ist nicht eindeutig: Es könnte auch vinx oder unix zu lesen sein.

366

IV Textprofile Jaspis

L O Q R T V W F18 F42

er er es er er er er er er

heißet Jaspis exilis heizet iaspis exillix heisset jaspis exsilix heisset jaspis erillis heizet Jaspis ex illix heisset [(l)apis ex](illix)505 haysset iaspis exilix heizet Jaspis exillix heizet jaspis exillis

von von von von von von von von von

des kraft der fenis des chraft der fenix dem craft der fenix des crafft der fenix der craft der fenix de[z] craft der venix des krafft der fenix des kraft der fenix der craft die der fenis

o

verbrynnet daz er zu aschen wirt ver brinnet daz er ze aschen wirt verbrinnet das er zu aschin wirt verbrennet dz er ze eschen wirt verbrennet dc er ze ascen wirt verbrinnet daz er ze eschen wirt o verbrennt das er czu aschen wirt verbrinnet daz er zaschen wirt verbrinnet daz er ze aschen wirt

Bereits der erste Bestandteil des Namens unterteilt die Überlieferung in drei deutlich voneinander unterscheidbare Gruppen: 1. Der lapsit-Gruppe gehören die Handschriften D, G und Z an. D und G sind im Bereich der Bücher VIII–XI annähernd identisch und haben in diesem Abschnitt im Grunde den Zeugniswert von nur einer Handschrift.506 Die singuläre Änderung der Verse 469.8–9 in D ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf einen individuellen Schreibereingriff zur Herstellung des reinen Reimes zurückzuführen.507 Dass Z die Lesart von D und G teilt, überrascht ebenfalls nicht: Schon Bonath vermutete, dass in einer Vorstufe von Z eine zweite Vorlage aus der Tradition von —D (= D Fragmente 1, 10, 14, 15) eingearbeitet wurde.508 Obwohl diese Kontaminationsthese noch einer gesonderten Überprüfung bedarf, bestätigt die Lesart lapsit zumindest für diese Partie das partielle Naheverhältnis der *G-Handschrift Z zu einem Vertreter von —D. 2. Zur lapis-Gruppe sind sämtliche Vertreter von *m zu zählen, darüber hinaus die *G-Handschriften I und M. Die verbleibenden Vertreter von *D und *G weisen somit eine gemeinsame Lesart auf, deren Wortlaut der ersten Gruppe noch nahe steht. 3. Den größten Anteil an der Überlieferung – mehr als die Hälfte aller erhaltenen Textzeugen – nimmt die Jaspis-Gruppe ein. Die enge Zusammengehörigkeit dieser Handschriften wird nicht nur anhand der markanten Lesart ersichtlich, sondern auch aufgrund des Fehlens der näheren, hier nicht notwendigen Spezifizierung ‚Stein‘509 im Folgevers 469.8, wodurch dem bestimmten Artikel (‚des Steines‘) der *D- und *G-Handschriften syntaktisch nun die Funktion eines Relativpronomens (‚dessen‘) zukommt. Sämtliche Vertreter von *T*(O)QR teilen diese beiden Lesarten. V liest zwar wie die Vertreter der zweiten Gruppe lapis exillix, doch stehen die beiden Wörter auf Rasur, Teile davon zudem auf Klebestreifen (Abb. 30). Über dem ‚a‘ in lapis ist noch der nicht zur 505 506 507 508

Auf Rasur (in eckigen Klammern) und Klebestreifen (in runden Klammern). Siehe Abschnitt III.2.2.3.3 (S. 195 ff.). Vgl. Nellmann, Lapsit exillıˆs, S. 418. Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 184; Miller, Cod. Pal. germ. 364. 509 Vgl. auch Rolle, Bruchstücke, S. 130 [zum Fragment 42]. Rolle bezeichnet den Ausfall des Wortes als „auffällig, wenn auch nicht beweisend“.

Lanze, Schwert und Stein

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Gänze radierte Rest des oberen Endes eines Schaft-s zu erkennen. Der obere Bogen des ‚a‘ ist von den Konturen des ehemaligen Schaft-s beeinträchtigt und läuft nicht in schrägem Winkel spitz nach oben zu, wie dies bei den anderen Ausführungen dieses Buchstabens in V der Fall ist, sondern ist eher horizontal ausgebildet. Ebenso lässt das ‚l‘ noch die Spuren der Korrektur erkennen: Der kleine Klebestreifen, dessen Funktion wohl darin besteht, die – wie die Rückseite erkennen lässt – rasurbedingte Materialschwäche der Stelle abzustützen, durchtrennt das ‚l‘ und verleiht dem Buchstaben eine inhomogene Form. Dies alles macht es sicher, dass hier ursprünglich iaspis gestanden hat. Die Korrektur wurde wiederum nach der *m-Vorlage vorgenommen. Beim Wort exillix steht ex auf Rasur, illix zusätzlich zur Gänze auf Klebestreifen. Der Grund für diesen Eingriff ist nicht mehr zu bestimmen, da das ursprüngliche Wort unter dem Klebestreifen nicht lesbar ist. Mehrfachkorrektur ist hier ebenso denkbar wie eine simple Stärkung des durch die Rasur dünn gewordenen Pergaments. Die Fragmente 18 und 42 sind ebenfalls der Klasse *T*(O)QR zuzurechnen. Rolle konnte für das Fragment 18 ein Naheverhältnis zur Handschrift O wahrscheinlich machen,510 was in diesem Textbereich bereits eine Zugehörigkeit zu *T*(O)QR bedeutet. Das Fragment 42 ordnet sie dem engeren Bereich *T innerhalb von *T*(O)QR zu.511 Dass L an dieser Stelle ebenfalls die Lesart der dritten Gruppe teilt, ist insofern nicht überraschend, als L über den ganzen Text immer wieder gemeinsame Lesarten mit *T aufweist, wie schon Hartl512 und Bonath513 feststellten. Auch L bedürfte einer eigenen Untersuchung, um die Stellung dieser Handschrift im Gesamtverbund der Überlieferung und die von Hartl und Bonath postulierte Kontaminationsthese verbindlich beurteilen zu können.514 Die Überlieferung dieser forschungsgeschichtlich so bedeutsamen Passage bietet somit ein klar konturiertes Bild, die Zuordnung der Textzeugen zu den drei Gruppen ist mit den älteren und neueren Ergebnissen textgeschichtlicher Forschung in Einklang zu bringen. Die Überzahl der dritten Gruppe erklärt sich aus dem Übergewicht der Klasse *T*(O)QR in dieser Partie, die nach dem weitgehend parallelen Verlauf von *T und *(O)QR ab etwa der Hälfte des Textes515 bis zum Abbruch von O (555.20) und T (572.30) die meisten Textzeugen versammelt. 510 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 85 f.; vgl. weiters Bonath / Lomnitzer, Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, S. 106 f. 511 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 133, und Abschnitt II.5 (S. 121). 512 Vgl. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 139–143. 513 Vgl. Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 240–245. 514 Vgl. zur Stellung von L auch die knappen Ausführungen bei Rolle, Bruchstücke, S. 130. 515 Vgl. hierzu die Skizze in Abschnitt III.3 (S. 256).

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IV Textprofile

Ernst Martin machte bereits im Jahr 1903 auf die Übereinstimmung der Jaspis-Lesart mit dem ›Jüngeren Titurel‹ aufmerksam.516 Unter den Textzeugen des ›Jüngeren Titurel‹, dessen ›Parzival‹-Vorlage dem Bereich *T*(O)QR angehörte,517 lesen die Vertreter der Überlieferungsgruppe I (Handschriften A B D E) nach Wolf /Nyholm jaspis und silix (6292,3),518 die Handschrift X als der „älteste vollständige Vertreter von Überlieferungsgruppe II“519 jaspis exsilix, was, wie schon Nellmann gesehen hat,520 exakt dem Wortlaut der ›Parzival‹-Handschrift Q entspricht. Der Druck J, der sich „in der Regel“ zur Gruppe II stellt,521 liest Iaspis exilix.522 Nellmann folgerte mit Recht, dass die Lesarten der Überlieferungsgruppe I des ›Jüngeren Titurel‹ „auf eine Handschrift zurückgehen, die jaspis etsilix (bzw. et silix) las“.523 Bereits die ›Parzival‹-Handschrift T interpretiert ex als Präposition und setzt sie mit deutlichem Abstand vom folgenden illix ab. Eine Verlesung von ‚t‘ aus ‚x‘ vermag allein schon aufgrund der äußerlichen Ähnlichkeit der Grapheme nicht zu überraschen. Entscheidend ist jedenfalls, dass ursprüngliches et in der Überlieferungsgruppe I des ›Jüngeren Titurel‹ offensichtlich als Konjunktion (und) aufgefasst wurde, was zur Folge hatte, dass Silix bzw. Silex (Handschrift E) ebenfalls als Steinart interpretiert wurde: lat. silex bezeichnet den Kieselstein.524 516 Vgl. Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 359 [Komm. zu 469.7]. W. Wolf, Der Vogel Phönix und der Gral, S. 93, bemerkte, dass die „Lesart jaspis und silix für lapsit exillis [. . .] als der älteste Versuch, Wolframs unverständlichen Gralnamen zu erklären, bezeichnet werden [muss]“. Wolf übersah allerdings, dass der Name in den *T*(O)QR-Handschriften des ›Parzival‹ bereits vorgebildet ist und dieser daher nicht als eigenständige Deutung des ›Jüngeren Titurel‹ aufgefasst werden kann. 517 Es ist noch zu untersuchen, ob die ›Parzival‹-Paraphrasen vor der Texthälfte einer Handschrift von *T oder *(O)QR entstammen. Die markante Prolog-Lesung sprich ich gein den worten ouch, die dem ›Jüngeren Titurel‹ zugrunde liegt, stellt allerdings einen deutlichen Hinweis auf eine Vorlage aus der Fassung *T dar; siehe dazu Abschnitt IV.1.1.3 (S. 273). 518 E: silex. 519 Albrechts von Scharfenberg Jüngerer Titurel (ed. Wolf), Bd. 1, Einleitung, S. CXXXIII . 520 Vgl. Nellmann, Lapsit exillis?, S. 417, Anm. 12. 521 Vgl. Huschenbett, Albrecht, Dichter des ›Jüngeren Titurel‹, Sp. 162. 522 Transkription ab Mikrofilm. 523 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 679 [zu 469.7], und Nellmann, Lapsit exillis?, S. 417, Anm. 12. In der ›Minneburg‹ (ed. Pyritz) wird ein Edelstein mit dem Namen Silex jaspis erwähnt (Vers 2466). Krohn, Studien zur Rezeption des sogenannten ›Jüngeren Titurel‹, S. 88, Anm. 10, vermutet Entlehnung aus dem ›Jüngeren Titurel‹. 524 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass einem der zahlreichen Deutungsversuche von lapsit exillıˆs in der Fachliteratur ebenfalls die Lesung e silice zugrunde gelegt und mit dem aus dem Kieselstein geschlagenen Osterfeuer in Verbindung gebracht wurde; vgl. Tax, Felix culpa und lapsit exillis, und die Besprechung dieser Arbeit bei Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945, S. 260 f.

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Denkbar wäre auch, dass der Jaspis näher spezifiziert wurde, da der rote Jaspis noch heute Silex genannt wird. Vielleicht hat der Verfasser den Gralnamen in dem Sinne verstanden, dass es sich um einen Stein handelt, der zugleich wertvoll ( Jaspis) und wertlos (Kieselstein) ist, als Symbol für den hohen ideellen und doch geringen materiellen Wert des Grals, hierin vergleichbar dem Paradiesstein des ›Alexanderromans‹.525 Ebenso könnte die Wendung similis erat aspectui lapidis jaspidis et sardinis (Offenb. 4,2; Vergleich Gottes mit Edelsteinen) von Einfluss auf die Ausbildung der Lesart des ›Jüngeren Titurel‹ gewesen sein.526 Albrecht selbst verzichtet auf die explizite Deutung jenes Gralnamens, den er in der von ihm benutzten ›Parzival‹-Handschrift aus der Gruppe *T*(O)QR vorgefunden hat. Der wesentliche Unterschied zum ›Parzival‹ besteht in der Ausgestaltung des Phönix-Motivs: Im ›Parzival‹ bewirkt der Gral die Verbrennung des Phönix, im ›Jüngeren Titurel‹ (Str. 6292,3– 4) hingegen ermöglicht er dessen Auferstehung. Nellmann setzte sich mit Lachmanns Herstellung des Gralnamens unter textgenetischen Aspekten auseinander. Um den reinen Reim zu erhalten, bediente sich Lachmann in Vers 469.8 der altfranzösischen Form fenıˆs, die an dieser Stelle nur L und das Fragment 42 aufweisen; dies ungeachtet des Umstands, dass in Vers 469.13, wo fenix nicht in Reimstellung steht, das Suffix -is in keiner einzigen Handschrift vorkommt.527 Im Hinblick auf ein zu rekonstruierendes Original wäre mit Nellmann528 dieser Eingriff Lachmanns ebenso rückgängig zu machen wie das – in keiner einzigen Handschrift vorhandene – Längenzeichen in exillıˆs, das mit Blick auf feˆnıˆs gesetzt wurde.529 Darüber hinaus kann es mit Nellmann als wahrscheinlich angesehen werden, dass das Suffix -ix in der Form exillix, die gerade bei den Vertretern von *T*(O)QR häufig vorkommt, zur Bewahrung des reinen Reimes auf fenix sekundär hergestellt wurde.530 Für eine Änderung in Jaspis hingegen können solch einleuchtende reimgrammatische Überlegungen nicht angestellt werden. Nellmann greift, um den sekundären Status von Jaspis 525 Zur Identifizierung des lapsit exillıˆs mit dem Stein des ›Alexanderromans‹ vgl. G. Ehrismann, Er heizet lapsit exillis, S. 62 f., und F. Ranke, Zur Symbolik des Grals bei Wolfram von Eschenbach. 526 Vgl. auch Albrechts Jüngerer Titurel (ed. Nyholm), Strophe 6238,4: jaspis und sardonix. 527 Vgl. hierzu Hofmeister, Rhyme and Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹, S. 89. 528 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 680 [zu 469.8]; Nellmann, Lapsit exillis?, S. 418 f. Auch Bonath, Untersuchungen zur Überlieferung des Parzival Wolframs von Eschenbach, Bd. 2, S. 59, zog einen solchen Eingriff in Betracht. 529 Vgl. Nellmann, Kommentar, S. 679 [zu 469.7]; Nellmann, Lapsit exillis?, S. 418 f. 530 Vgl. Nellmann, Lapsit exillis?, S. 419 f.; diese Überlegung bereits bei Martin, Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, S. 359 [Komm. zu 469.7], Mergell, Der Gral in Wolframs Parzival, S. 3, Anm. 1, und Kolb, Munsalvæsche, S. 125.

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IV Textprofile

plausibel zu machen, auf das Argument der lectio difficilior zurück: „Dass umgekehrt jaspis oder lapis zu dem unverständlichen Wort lapsit entstellt worden sei, lässt sich schwer vorstellen.“531 Doch können auch gegen lapsit als ursprüngliche Lesart Einwände geltend gemacht werden: 1. Der unmittelbare Stellenkontext (469.3 und 469.8) verlangt, dass der Name eines Steines genannt wird. Das geschieht auch in der zweiten (lapis) und dritten (iaspis) Gruppe, während in der ersten Gruppe nur eine in sich unverständliche Bezeichnung genannt wird, für die bestenfalls die Annahme bewusster Verdunkelung durch den Autor sprechen kann.532 2. lapsit ist „keineswegs lateinisch [.. .], obgleich das viele Kommentatoren unberücksichtigt lassen und das Wort so lesen, als laute es lapsavit [von lapsare] ‚er fiel‘“.533 Ebenso ist lapsit nicht mit dem Deponens labor (labi, lapsus est) ‚gleiten, schweben, fallen‘ in Einklang zu bringen.534 Es ist demnach nicht möglich, dem ersten Bestandteil des Gralnamens, wie er im Lachmann-Text aufscheint, ohne ‚Nachhilfe‘ mit einer Übersetzung beizukommen. Bezeichnenderweise wählten die meisten Interpreten lapis als Ausgangspunkt und ‚verbesserten‘ auf diese Weise den Lachmann’schen Namen stillschweigend.535 Sollte lapsit tatsächlich am Anfang der Überlieferung gestanden haben, so hätten diese Interpreten wie die mittelalterlichen Redaktoren der zweiten und dritten Gruppe den „lateinisch klingenden Phantasienamen“536 ‚berichtigt‘. Zugleich vermag es aufgrund der kryptischen Namensform nicht zu überraschen, dass sogar arabische Herkunft erwogen wurde.537 3. Die handschriftliche Bezeugung von lapsit ist denkbar gering, v. a. wenn man berücksichtigt, dass D und G aufgrund der marginalen Abweichungen der beiden Handschriften voneinander im Bereich der Bücher VIII–XI nur der Stellenwert einer einzigen Handschrift beizumessen ist. Bisweilen weisen die beiden Handschriften in diesem Bereich gemeinsame 531 532 533 534 535

Nellmann, Lapsit exillis?, S. 419. Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 140. Barber, Der heilige Gral, S. 209. Vgl. Murphy, Gemstone of Paradise, S. 173, Anm. 29. Vgl. auch Delcourt-Ange´lique, ‚Lapsit exillıˆs‘, S. 78. Eine Zusammenstellung der auf lapis basierenden Deutungsversuche findet sich bei Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 139 f., und bei Kratz, Wolfram von Eschenbach’s ›Parzival‹, S. 590– 593 [ältere Forschung bis 1973]. 536 Mertens, Der Gral, S. 70. Bewusste Verdrehung des Namens vermutet auch S. Johnson, Doing his own Thing: Wolfram’s Grail, S. 83: „Or is the Latin expression just a case of hocus-pocus on Wolfram’s part, something that sounds like Latin to impress a gullible audience and to amuse the savants among his listeners?” [Hervorhebung durch Johnson]. 537 Vgl. z. B. Singer, Wolfram und der Gral, S. 20; Schäfer, Kelch und Stein, S. 61– 68. Einen Überblick über die von der Forschung in Erwägung gezogenen orientalischen Wundersteine bietet Bumke, Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., S. 138 f.

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sprachliche Unschärfen gegenüber der restlichen Überlieferung auf; als Beispiel aus dem Bereich der Syntax sei hier der Verlust des Modalverbs suln in Vers 501.6 wir [suln] ouch taˆlanc ruowen geˆn genannt, das sonst nur noch im – nicht zu klassifizierenden538 – Fragment 11 fehlt, während es in allen übrigen Handschriften vorhanden ist.539 Die Textgestalt selbst dieser beiden qualitativ hochwertigen Textzeugen ist demnach nicht immer über jeden Zweifel erhaben. Die verständliche Lesart lapis hingegen wird gleichermaßen von *D- und *G-Handschriften bezeugt. Die meiste Verbreitung hat die *T*(O)QR-Lesart jaspis erfahren. 4. Folgt man der Datierung der Handschriften, so ist die I-Lesart lapis aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts als die älteste anzusehen, während die Handschriften D und G etwas später angesetzt werden. Die vollständigen Vertreter von *T*(O)QR stehen D und G an Alter nicht nach; die dieser Fassung angehörenden Fragmente reichen zeitlich noch weiter zurück.540 5. Auch das Argument, eine Entwicklung von lapsit aus lapis oder iaspis sei schwer vorstellbar,541 ist nicht unangreifbar: Eine Verwechslung etwa von ‚i‘, ‚I‘/‚j‘, ‚ J‘ mit ‚l‘ ist aufgrund der Ähnlichkeit der Grapheme öfters vorgekommen. Handschrift V liest in Vers 90.23 lamer statt iamer, die Gruppe ‚Ggg‘ liest 314.16 und 327.21 nach Auskunft von Lachmanns Apparat lanfuse statt Janfuˆse.542 Die Beispiele ließen sich vermehren. Es ist durchaus denkbar, dass sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt – immerhin sind alle drei Lesarten in der Textgenese ‚früh‘ anzusetzen – eine Entstellung des Textes543 (z. B. lapis → lapsit oder iaspis → lapsit, aber auch lapis → iaspis oder iaspis → lapis) eingeschlichen hat. Es scheint mir im vorliegenden Fall daher angebracht zu sein, von textgenetischer Argumentation abzusehen und – zumindest, was den ersten Bestandteil 538 Vgl. Rolle, Bruchstücke, S. 66– 69. 539 Das Fehlen des Modalverbs ist, da syntaktisch möglich, nicht als „absoluter Fehler“ im Sinne der ›Titurel‹-Herausgeber Bumke und Heinzle zu klassifizieren (vgl. Titurel [ed. Bumke / Heinzle], Einleitung, S. XV ); stilistisch unschön ist es allemal. Bumke hat in seiner Edition des ›Parzival‹ nach Handschrift D auf eine Auffüllung des Verses verzichtet (Parzival [ed. Bumke], Vers 14962 = La 501,6). Zum Modalverbgebrauch im ›Parzival‹ vgl. jetzt Tiplady, Dialog im ›Parzival‹. 540 I: zweites Viertel des 13. Jahrhunderts. D: zweites Drittel des 13. Jahrhunderts. G: Mitte des 13. Jahrhunderts, Nachträge aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. O: viertes Viertel 13. Jahrhundert. T: viertes Viertel des 13. Jahrhunderts. Alle Datierungen nach dem Handschriftencensus (http://www.handschriftencensus.de), Stand: 18.2.2009. Das *T-Fragment 26 vom Ende des ersten Viertels des 13. Jahrhunderts – das die Stelle allerdings nicht überliefert – ist das älteste der gesamten ›Parzival‹-Überlieferung, siehe Abschnitt II.1 (S. 60 ff.). 541 Nellmann, Lapsit exillis?, S. 419. 542 Zumindest G liest 328.1 ebenfalls lanfuse; Lachmann verzeichnete die Lesart nicht. 543 Wolf, Der Vogel Phönix und der Gral, S. 73, spricht vom „sicherlich verderbten Namen des Grals lapsit exillis“.

372

IV Textprofile

des Namens betrifft – alle drei Lesarten als gleichwertig zu betrachten,544 zumal grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass der Dichter selbst an der Entstehung mehrerer Varianten beteiligt war.545 Auch wenn Nellmanns These zuträfe und iaspis tatsächlich eine sekundäre – also autorferne – Interpretation darstellte, bliebe die Frage nach der zugrunde liegenden Motivation zu beantworten. Fraglos öffnet die Nennung des Jaspis als Gralstein einen weiten Deutungshorizont:546 Im ›Parzival‹ wird der Jaspis insgesamt dreimal genannt;547 der Stufensockel des Taufbeckens, in dem Feirefiz die Taufe empfängt, wurde aus Jaspis angefertigt. Im Alten Testament findet der Jaspis als Grundstein der Mauer des himmlischen Jerusalem Erwähnung (Offenb. 22,18).548 Gott selbst gleicht einem Jaspisstein und einem Sardion (Offenb. 4,2).549 Nach Hrabanus Maurus symbolisiere der Jaspis die Kraft des Glaubens,550 was sich mit dem Phönix-Motiv verbinden ließe: bereits im frühen Christentum wird der Phönix mit der Auferstehung Christi in Zusammenhang gebracht.551 Christliche Analogien lassen sich auf der Basis der Jaspis-Lesung demnach beinahe beliebig herstellen, doch bleiben sie notgedrungen vage und somit ohne jegliche Verbindlichkeit für die Textauslegung. Möglicherweise kann 544 Vgl. Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945, S. 259, Anm. 271: „Die Lesung jaspis, die auf Grund von Lachmanns Angaben für eine uninteressante junge Variante gehalten wurde – sofern man sie überhaupt zur Kenntnis nahm –, muß also vom Standpunkt der Textkritik mindestens als gleichwertig mit dem unverständlichen lapsit angesehen werden, für das allenfalls das Argument der lectio difficilior ins Feld zu führen ist.“ 545 Diese Möglichkeit zog auch Delcourt-Ange´lique, ‚Lapsit exillıˆs‘, S. 80, in Betracht: „lapsit exillıˆs, faute de copiste ou alte´ration volontaire de l’auteur?“ Sie entschied sich letztlich für lapsit exillıˆs als lectio difficilior (S. 124 ff.). 546 Zum Bedeutungsspektrum des Jaspis in der Edelsteinallegorese vgl. Engelen, Die Edelsteine in der deutschen Dichtung des 12. und 13. Jahrhunderts, S. 318–324, und den tabellarischen Überblick bei Friess, Edelsteine im Mittelalter, S. 124–133. 547 La 566.21, 791.13, 816.21. Vgl. auch Barber, Der heilige Gral, S. 209: Die „Lesart ‚ Jaspis‘ – von den meisten Wissenschaftlern abgelehnt – würde indessen gut zu Wolframs manifester Vorliebe für Edelsteine und die sie umgebende gelehrte Überlieferung passen“. 548 Vgl. Delcourt-Ange´lique, ‚Lapsit exillıˆs‘, S. 98 ff. 549 Vgl. hierzu bereits Hans Bork, der Burdachs Manuskript aus dem Nachlass herausgab und um das Wolfram-Kapitel erweiterte, in Burdach, Der Gral, S. 542, Anm. 35: „Ist die Lesart der von Lachmann mit gg bezeichneten Handschriftengruppe iaspis für lapsit (468,7) mit diesem Satz aus der Apokalypse in Verbindung zu bringen?“ Vgl. auch Delcourt-Ange´lique, ‚Lapsit exillıˆs‘, S. 96 f.; dies., Le Graal de Chre´tien de Troyes, S. 101; Barber, Der heilige Gral, S. 210. 550 Vgl. Hahn / Laute, Edelsteine, Sp. 579. 551 Vgl. den Überblick in der Ausgabe: Der Millstätter Physiologus (ed. Chr. Schröder), S. 338–345 [Komm. zu Str. 177–180]. Zum Phönix vgl. zuletzt den von Silvia Fabrizio-Costa herausgegebenen Sammelband: Phe´nix: mythe(s) et signe(s).

Lanze, Schwert und Stein

373

der Jaspis allerdings einen Beitrag zur Erklärung des merkwürdigen und nur bei Wolfram belegten Motivs leisten, dass die Verbrennung des Phönix durch den Gralstein ausgelöst wird. In der älteren Forschung wurde „auf eine dem h. Hieronymus untergeschobene Stelle [hingewiesen], wonach der Phönix [. ..] sich auf einem Bernstein, electrum, verbrennt“552; daraus leitete man die Form lapis electrix ab. Der Feuerstein ist per definitionem ein „innig mit Opal durchsetzter Jaspis“.553 Es erscheint daher vorstellbar, dass der Jaspis in seiner Eigenschaft als Feuerstein – man denke auch an die rötlichen Adern des zumeist grünen Steines554 – mit der Verbrennung des Phönix in Zusammenhang stehen könnte. Zur Erhärtung dieser Hypothese wäre allerdings ein Beleg nötig, der den Jaspis in einer Ausgestaltung der Phönix-Sage nachweist. Einen solchen Beleg konnte ich bislang nicht finden. Die vielleicht „gewollte Unverständlichkeit“555 des Gralnamens ist in der Fassung *T*(O)QR einer vielleicht ungewollten Verständlichkeit gewichen. Das gerade anhand von Wolframs Werken sich so kompliziert gestaltende Wechselspiel von Befund und Deutung verliert auch durch eine vordergründig plausiblere Lesart nicht an Komplexität, im Gegenteil: die Zahl der Deutungsmöglichkeiten erhöht sich im gleichen Maße, wie der Grad der Verbindlichkeit eben dieser Deutungen abnimmt. Bumkes Diktum, wonach der Name des Grals im ›Parzival‹ „wahrscheinlich der schlechteste Hebel [ist], um das Gralgeheimnis zu lüften“,556 bleibt trotz der erweiterten Textgrundlage gültig.

552 Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin), Bd. 2, S. 360 [Komm. zu 469.7]. Diese These vertrat Julius Zacher in seinen Vorlesungen, wie Bötticher, Rezension Martin, Zur Gralsage, S. 380, mitteilte. Nellmann, Kommentar, S. 680 [zu 469.8], lehnt die These nicht grundsätzlich ab. Zweifelhaft erscheint ihm allerdings, „ob Wolfram die seltene Version kannte“. Zur elektrischen Wirkung der Edelsteine und zu den damit verbundenen Möglichkeiten der allegorischen Deutung vgl. Meier, Gemma spiritalis, S. 314–320 [Bernstein: S. 317 und Anm. 940]; zur Brennwirkung verschiedener Edelsteine vgl. Engelen, Die Edelsteine in der deutschen Dichtung des 12. und 13. Jahrhunderts, S. 89–92. 553 Strübel / Zimmer, Lexikon der Mineralogie, S. 113. 554 Der Farb- und Varietätenspielraum des Jaspis ist sehr groß; hinzuweisen ist hier insbesondere auf den roten Jaspis. Ein spätes Beispiel für die Auslegung der roten Adern des Jaspis als Symbol feuriger Liebe durch Johannes Geiler von Kaysersberg führt Meier, Gemma spiritalis, S. 150, an. Zum Deutungsspektrum der Farbe Rot im Rahmen der Edelsteinallegorese vgl. ebd., S. 147–152, zur Auslegung der farbigen Muster von Edelsteinen vgl. S. 214–226; vgl. weiters Engelen, Die Edelsteine in der deutschen Dichtung des 12. und 13. Jahrhunderts, S. 69–76 [Kap. ‚Farbe‘]. 555 Bumke, Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945, S. 254. 556 Ebd.

374

IV Textprofile

IV.6 Abschließende Überlegungen zum historischen Status der Fassungen *T und *T2 Der älteste Vertreter von *T ist zugleich der älteste Vertreter der gesamten ›Parzival‹-Überlieferung. Seine Entstehungszeit reicht an die Lebenszeit des Dichters heran. Die Überlegungen zum historischen Status von *T haben sich daher in diesem durch die Überlieferung vorgegebenen Rahmen zu bewegen. Die Aufspaltung in zwei Fassungen im Bereich des Vorlagenwechsels von T macht es erforderlich, beide Fassungen unter dem Gesichtspunkt ihrer ‚Historizität‘ zu betrachten. Von der Fassung *T2, die mit *T nur eine dünne gemeinsame Grundschicht teilt, hat sich Text im Umfang von etwa 3640 Versen erhalten. Das Textprofil dieser Fassung konstituiert sich aus der Vielzahl eigener Formulierungen, die „die formale oder inhaltliche Substanz des Textes betreffen“557 und die daher von literarhistorischer Relevanz sind. Gegenüber dem Textbestand der übrigen Handschriften verzeichnet *T2 zwei Plusverse, die sich bruchlos in den Handlungsverlauf einfügen und den Motivationshorizont des Protagonisten an einer entscheidenden Stelle erweitern. Die fragmentarisch überlieferte Textfassung *T2 weist keine sekundären Merkmale auf. Ein ausgeprägter Gestaltungswille ist ebenso für die Fassung *T festzuhalten. Dieser manifestiert sich insbesondere an den zentralen Schaltstellen des Textes, in denen die Sichtweise auf die Protagonisten maßgeblich geformt wird. Kennzeichnend ist eine Tendenz zur Harmonisierung und zur Angleichung der Handlungsträger an die Konventionen zeitgemäßer Heldentypologie: Die schwarzen Flecken, die der Erzähler in Einklang mit der von ihm eigens entwickelten Programmatik an seinen Helden anbringt – man denke an den træclıˆch wıˆsen Parzival und an den zur huote neigenden Gawan –, sind in *T aufgehellt. Die komplizierte Begründung der scheinbar umwegigen und doch direkten Handlungsführung im ‚Bogengleichnis‘ ist einer ebenso drastischen wie direkten Lösung gewichen: die Sehne reißt, wenn man den Schuss zu stark antreibt. Nach der Argumentationslogik der lectio difficilior wäre daher zu vermuten, dass hier ein schwieriger und sperriger Text einer konventionelleren Textauffassung angeglichen wurde. Doch ist zu überlegen, ob einem Redaktor, der fähig ist, so tief in das Textganze einzudringen, dass er gerade an den neuralgischen Punkten des Textes ansetzt und Autorintentionen dermaßen entscheidend verändern kann, nicht ebenfalls der Status eines Autors zuzubilligen ist. Jedenfalls ist ein mit solchen Gaben ausgestatteter Redaktor in ‚Autornähe‘ anzusiedeln, was durchaus auch wörtlich verstanden werden kann: Die vielzitierte Passage aus Rudolfs von Ems ›Wilhelm von Orlens‹, in der das Textverständnis des maister Hesse von Strasburg (Verse 557 Heinzle, Zur Logik mediävistischer Editionen, S. 12.

Überlegungen zum historischen Status der Fassungen *T und *T2

375

2280 f.)558 gelobt wird, legt nahe, dass zwischen Autoren und Redaktoren ein Austausch stattgefunden hat: Der Redaktor lobt ( prisen) oder prüft ( prüeven) – die Handschriften weichen in Vers 2283 voneinander ab559 – den vorgelegten Text, und er verfügt über die nötigen Kenntnisse (beschaidenhait 2285), korrigierend in den Text einzugreifen (tihte bessern 2286).560 Ebenso erscheint es denkbar, dass die *T-Varianten direkt mit dem Autor in Zusammenhang stehen:561 Wolfram könnte etwa eine Erstfassung hergestellt haben, die noch nicht die Komplexität der späteren Fassung aufwies. Er könnte (und wird) im Vortrag variiert und dabei auch auf das Publikum reagiert haben:562 Eine Sehne, die sprichwörtlich reißt, wird weniger Widerspruch hervorgerufen haben als ein Gleichnis, um dessen rechtes Verständnis noch Jahrhunderte später gerungen wird. Ebenso könnte die drastische und unhöfisch anmutende Darstellung entblößter Körper und Körperteile den Unmut des Publikums hervorgerufen und zu entsprechenden Korrekturen geführt haben. Lokale Anspielungen wie jene auf die Trüdinger Pfanne könnten modifiziert worden sein, wenn die Vortragslokalität gewechselt wurde. Doch unabhängig davon, ob man nun den Autor oder einen Redaktor für den Fassungstext verantwortlich machen will: *T repräsentiert eine ‚autornahe Fassung‘ im Sinne Bumkes, die in einer künftigen Ausgabe des ›Parzival‹ ihren angemessenen Platz einnehmen sollte.

558 Zitiert nach der Ausgabe: Rudolfs von Ems Wilhelm von Orlens (ed. Junk). 559 Vgl. ebd., Apparat zu Vers 2283. 560 Zur Frage, ob hier Textredaktionen oder stilistische Verbesserungen gemeint sind, vgl. Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 18 und Anm. 85. 561 Vgl. die grundsätzlichen Überlegungen von Schnell, Was ist neu an der ‚New Philology‘?, S. 88: „Die Tatsache, daß von einem Werk mehrere Fassungen existieren, muß nicht bedeuten, daß es keinen Autor gibt. Denn ein Autor kann ja selbst verschiedene Fassungen hergestellt haben.“ 562 Man beachte die auffällig häufigen Anreden an das Publikum. Zur „Hörergegenwart“ (S. 257) im Text vgl. zuletzt Ohlenroth, Konkurrierende Erzählangebote im ›Parzival‹?; vgl. auch Nellmanns (Wolframs Erzähler, S. 5–8) Unterscheidung zwischen „erwünschtem und unerwünschtem Publikum“.

V Anhang V.1 Lesartenkonstellationen1 V.1.1 *T-Lesartenkonstellationen im ersten Buch2 1.29

sprich ich gein den vorhten och La [V]3 W

sprich ich gegn den worten ouch TU

2.28–30

ir prıˆs und ir eˆre, und wem si daˆ naˆch sıˆ bereit minne und ir werdekeit La V W

so dassir prıˆs gemeˆre ir eˆre. vnd ir werdekeit vnd wem sir minne si bereit TU

4.18

er küene, træclıˆche wıˆs La W

er kvene. steˆte. milte. wıˆs TUV

6.25

wan nennet ir den bruoder mıˆn La V W

man nenne den brvoder min TU

9.5

ich bin dir herzenlıˆchen holt La [V]4 W

ich bin dir dienstlichen holt TU

1 Zitiert wird jeweils nach der erstgenannten Handschrift bzw. Edition. La = der Text von Lachmann nach der Ausgabe: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok). *T wird immer nach Handschrift T wiedergegeben. Schaft-s wird zugunsten größerer Übersichtlichkeit als Rund-s wiedergegeben, Abbreviaturen werden aufgelöst. Ebenso wird auf die Transkription des in T überaus häufigen Akut über i verzichtet. Korrekturen in V sind nach dem von Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, S. 88–113, und Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, verwendeten System verzeichnet: Rasuren werden in eckigen, Überklebungen in doppelten runden Klammern wiedergegeben. Stellen, die von Oltrogge / Schubert am Original untersucht wurden, werden stets nach deren Arbeit zitiert. Die weiteren Angaben erfolgen auf der Basis von Digitalaufnahmen. Die häufige Korrektur in V von si zu sv´ wird hingegen nicht angeführt. 2 Die Zusammenstellung basiert auf dem Vergleich der Handschriften T U V W und des Lachmann-Textes. 3 V: Sprich ich gegen d[en forhten noch]. W: den fu´rsten hoch. 4 V: Jch bin dir ((herzeclichen)) ((holt)). Nach den Untersuchungen von Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 358, stand unter dem Klebestreifen, der insgesamt drei verschiedene Beschreibzustände verdeckt, bereits ursprünglich herzeklichen. Die Überklebung beruhe auf dem Reparieren einer schadhaften Pergamentstelle. Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival,

377

Lesartenkonstellationen 9.21

mir teilen iwer varnde habe La V W

mir teilen ˆıuwerre vordern habe TU

10.1

fünf ors erwelt und erkant La W

vunf ors die besten erkant TUV

10.21

oder ist er dran betoubet La W

oder wie ist er svs betovbet TUV

10.30

sıˆt er an mir ist sus verzaget La [V]5 W

sıˆt er alsvs ist verzaget TU

11.2

got trœste iuch, frowe, des vater mıˆn La T U

got ergetze vch vrowe des vatter min [V]6 W

12.5

enpfangen durch liebe kraft La T U

Enpfangen durch grosser liebe craft VW

13.24

mit kroˆntem lıˆbe undertaˆn La T U

mit gekroenetem hovbeten vndertan [V]7 W

15.23

vor ieslıˆchem einem man La V W

gegn ieslichem einem man TU

17.28

des moht och si vil wol gezemen La T U

sv´ mohte och des vil wol gezemmen [V]8 W

18.5

doˆ truoc der helt milte La W

ouch vurte der helt milte TUV

18.20

die zogeten hin die gazzen La T U

die zogetent hin durch die gassen [V]9 W

18.27

daˆ hinden naˆch den knappen riten La W

da bi nach den knappen riten T U [V]10

19.8–9

ein tambuˆrr sluog unde warf vil hoˆhe sıˆne tambuˆr La T U

Der iegelicher sıˆne hohe warf o Vnde slvg meisterlich sine tambur 11 [V] W12

5 6 7 8 9 10 11 12

e

v

o

e

S. 92, hatte unter dem Klebestreifen die *T-Lesart vermutet, was von Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, S. 25 und Anm. 128, als Spekulation bezeichnet wurde. V: sit er [an mir su((s hat verzag))et]. V: ((got ergetz))[e] v´ch vrowe des vatter min. e v V: mit gekronetem ((hobeten vnd)ertan). Laut Oltrogge / Schubert, Von der Reflektographie zur Literaturwissenschaft, S. 357, handelt es sich wiederum um eine Rev paratur des Pergaments. Unter der Korrektur stand ebenfalls hobeten. e v V: [sv´ mohte och des vil wol ] gezemmen. V: die zogetent [hin durch die gassen]. V: Da bi nach den knappen [r]iten. e o V: [Der iegelicher sıˆne hohe warf / Vnde slvg meisterlich sine tambur]. Laut Oltrogge / Schubert, S. 368, entspricht der radierte Vers 19.8 dem Lachmann-Text. Der Text unter der Rasur von Vers 19.9 ist nicht mehr lesbar. Vers 19.9 lautet in W: Ieglicher sein tanbu´re.

378

V Anhang e

19.29

daz er doch mohte niht genesen La T U

Der enmohte niht wol genesen [V]13 W

21.2

er sprach frouwe, unser noˆt La T U

Vrowe nv ist vnser not VW

22.1

daz er den prıˆs übr mänegiu lant La [V]14 W

dc er den prıˆs vber elliv lant TU

22.11–12

op mirz die mıˆne rieten, ich solt im eˆre bieten La W

ich soltim eˆre bieten obez mir die mine rıˆeten TUV

22.19

Frowe, ich wil iwern fürsten sagn La W

ich wil iuˆwern vursten sagen TUV

23.3

daz diu tiwer wæren La W

dc die riche weˆren TUV

23.16

daˆ manec rıˆter uˆffe was La W

da manec vroˆuwe vffe was T o Do vffe manige swarze vreuwe was UV

23.19

Ie zwei ein ander an der hant La T U

Je zwei fvrten ein ander ander hant VW

o

23.29–30 ein weˆnc si gein im doˆ trat, ir gast si sich küssen bat La W

Ein weˆnic si naher gegn im gienc vil minnenclichen sin enpfienc TUV

24.1

si nam in selbe mit der hant La V W

vn¯ vienc in selbe bi der hant TU

24.22

swaz iu war od wirret La T U

swas vch. vnd uwerme lande wirret [V]15 W

25.5

den er durh Herlinde sluoc La W

den er dvrch Berlinde er slvc TUV

25.11

frumt, und sıˆn geselleschaft La T U

vnde dar zv. sin geselleschaft [V]16 W

25.28

sine müesen jaˆmers wunder haˆn La W

sine mvesen iamers vil han TUV

26.26

mıˆn wıˆpheit was unbewart La [V]17 W

min wipheit die was vnverspart U T18

13 14 15 16 17 18

e

V: D[er enmohte niht wol genesen]. V: Das er den pris v´ber [manig] lant. V: swas v´ch. [vnde uwerme lande wirret]. o V: [Vnde dar zv.] sin geselleschaft. V: min wipheit die wz [vnbewart]. T: min wip was vil vngespart.

o

o

379

Lesartenkonstellationen 27.24–25 ein fürste (Proˆthizilas Der hiez) mıˆn massenıˆe La W

Ein vurste hiez Protizalas in miner massenie T U [V]19

30.2

und schouwet waˆ wir strıˆten La T W

vnd scheuwen wo si mohten striten UV

30.15

an uns mit zorn. naht unde tac La [V]20 W

an vns mit vlıˆze naht vnd tac TU

31.3

biutet gein dem eide La T W

Min vreuwe butet gein dem eide UV

34.17

daz selbe ouch ir von im geschach La W

dc selbe oˆuch im von ir gescach TUV

34.18

des ir herze unde ir ouge jach La W

als ir oˆuge dem herzen iach TUV

36.2

daˆ was ze dræte sıˆn gelust La T W

do was zestrite sin gelust UV

o

Neue Lage in T ab 36.15 o

41.5

des muoz ich im für ellen jehn La T W

Des muz ich im von schulde iehin UV

41.29

und im ein groˆzer prıˆs geschehen La T

vnd der pris im al da geschen UVW

42.12

daz machte daz err niht envant La T V21

Vil kume er des wart erwant UW

42.17

naˆch groˆzer tumpheit bewant La T

Gar zu dumpheit gewant UVW

43.7

so erkenn sich über den degen balt La W

so erbarme sich vber den helt balt T U [V]22

44.3

sıˆnen zoum nam si mit ir hant La T

sinen zaum den vinc sie bei der hant UVW

44.26

und sluzzen naˆch in zuo die tür La T W

vnd sluzzen zu nacht in den tur UV

44.30

ungelıˆch was doch ir zweier huˆt La T

vngelich was ir beider hut UVW

46.1–2

geˆt naˆher, mıˆn heˆr Razalıˆc: ir sult küssen mıˆn wıˆp La

Got herre min Razalic Tredent an der selden stic + Jr sulnt kussen min wip

19 20 21 22

V: V: V: V:

ein fu´rste hies P[r]othi[ssalas]. An vns mit [zorne] naht vnd tag. [Daz mahte imme daz er ir niene vant]. S[o erbarme sich v´ber den helt balt].

o

o

o

o

380

V Anhang Die mir ist als der liep + UVW er sprach her Razalic geˆt her kvsset min wip. dc ist min ger T

46.4

Hiutegeˆrn den Schotten fier La T [V]23

Hutegern den degen fiere UW

47.4

si waˆrn ze sehen ein ander vroˆ La T

Sie waren ein ander zu sehen vro UVW

47.8

sag an, geboˆt dir daz ein wıˆp La T

Sage an gebot dir diz ein wip Er sprach nein ez ist nit + waz so anders mir geschit + UVW

47.10

mich haˆt mıˆn veter Gaschier La W

Mich hat min herre Gatschier UV mich hat min neve Gascier T

47.16

ich braˆht im helde junge La T V

Jch vurte im helde junge UW

47.17

ich fuor von Schampaˆn dvrh in La T W

Vnd vure von spangen durch in UV

47.30

und dicke umbevangen La T

Mit armen vmb vangen UVW

48.2

si kuste den degen minneclich La T

Jr kos der was minneclich Den sie dem degen bot + o mit irn munde rosin rot + UVW

48.5

Und was von arde ein künic heˆr La T

Von kuneges art ein kuneg her UVW

49.2

die vluot von der rıˆterschaft La T V

Die frucht von der ritterschaft UW

49.15

und an der hiut naˆch in getaˆn La T W

Vnd an der hute geliche getan UV

49.19

daz sag mir rehte, unde wie La T W

Daz sage ich dir rechte vnd wie UV

51.1–2

diu nu ist iwers neven wıˆp umbe ir minne er gap den lip La T [V]24

–––– –––– UW

o

o

23 V: Hutigern [den schotten vier]. Ein Teil des Verses scheint auf Rasur zu stehen. Das ist anhand des Digitalfaksimiles jedoch nicht mit letzter Sicherheit zu sagen. 24 V: Die nv ist uwers [nefen wip] / vmbe ire minne verlos er den lip.

Lesartenkonstellationen

381

51.10

und al daˆ mite Tankanıˆs La T25

Vnd al da mit Dankenis U [V]26 wann er gar mit dankenis W

51.24

die naˆch der helle waˆrn gevar La T

Die nach der hellen waren gevar Herren vnd baroken gar + U die nach der helle waren geuar Nv sv´ do wurden gewar + herren vnde barroche gar + V nach den die nach der hellen warn var alle mit einander gar W

52.22

des dancten si doˆ Gahmurete La T

des gnadeten su´ Gahmurette V U27 W

53.9

daz erz wolde erwerben gar La T

Er woltez im erwerbin gar UVW

53.19

Er teilte groˆze gaˆbe La T [V]28

Er deilt golt an wage UW

55.6

mıˆne kocken sint soˆ snel La T W

mine kiele sint so snel UV

55.15

zwelf wochen lebendic ein kint La T

Zwolf wochen ein lebendic kint UVW

55.16

vaste ment in dan der wint La

vaste treip in dan der wint T Vaste wate in dan der wint U o vaste in furte dannan der wint VW

25 26 27 28

T liest 26.23 Tankenis! V: vnde al [do]mi[t] danken[is]. U: Des gedadete [!] sie Gahmuret. V: Er teilte [grosze gobe].

382

V Anhang

V.1.2 Tabelle zum Bereich 103.15–125.3029 T2 U V W U V W 103.21 109.5 112.12 113.2 119.4 121.26 122.14 125.12

103.22 104.3 104.18 106.8 107.12 108.18 109.2 109.17 111.18 112.1 112.3+ 112.8 112.20 112.20+ 112.23 112.24 112.24+ 112.25f.113.3f. 113.30 114.16 114.19 114.27 117.2 117.13 121.17 124.3 124.6 125.7

UW

UV

VW

Einzella. T2

105.18 105.27f.107.28f.111.24 113.11f.113.13 113.28 113.29 114.11 117.1 122.10 123.21

105.22 114.22 115.18 115.24 116.9 116.14 120.24f. 124.9

107.23 108.12

103.27 104.8 104.23 104.24 106.25 107.20 108.1 108.2 108.20 109.4 110.30 111.2 112.4 112.5 112.6 113.8 114.2 114.4 114.14 116.13 116.17 116.22 118.11 118.24 118.25 119.14 120.1 123.1f. 124.5 125.4

29 + = Plusverse, – = Minusverse. Belege von nur geringer Aussagekraft sind kursiv gesetzt. In der Tabelle finden ausschließlich Lesarten Berücksichtigung, bei denen Vertreter von *T von den übrigen erhaltenen Textzeugen abweichen. Die zahlreichen Sonderlesarten von W sind nicht erfasst. Ebenfalls werden in diesem Fall die Korrekturen in V nicht berücksichtigt (vgl. aber die Lesartenkonstellationen unter V.1.1 [S. 376 ff.] und V.1.3 [S. 383 ff.]). Die Gruppierungen innerhalb von U V W würden dann zwar ein deutlich homogeneres Bild bieten; doch geht es hier ausschließlich darum, die Eigenart von T2 zu beleuchten.

383

Lesartenkonstellationen

V.1.3 *T-Lesartenkonstellationen in den Büchern V, VI und VIII Fünftes Buch (Abschnitt 224.1–248.30) 224.21

wandez wıˆste niemens hant La [V]30

esen wisete niemannes hant TUW

224.30

kom in daz lant ze Broˆbarz La [V]31

com in dc lant ze Brebarz TUW

225.1

Welt ir nu hœrn wiez im gesteˆ La T U

Went ir nv horen wie ez im erge [V]32 W

225.19

er sprach heˆr, mirst niht bekant La

herre mir ist niht bekant *T

225.27

so’r uˆf hin komet an den grabn La

so ir coment hin vf den graben *T

226.1–2

Er tet als im der vischer riet, mit urlouber dannen schiet La

mit vrlovbe er dannen sciet als im der visceˆre riet *T33

226.8

wol misserıˆten La W34

vil lihte misseriten TUV

226.11

er begunde wackerlıˆchen draben La W35

vn¯ begvnde werliche draben TUV

226.12

den rehten pfat unz an den graben La

den rehten wec. vnz an den graben *T

227.2

heˆrre, ir sult willekomen sıˆn La [V]36

So svlt ir willecome sin TUW

e

227.9–10 durch schimpf er niht zetretet was daˆ stuont al kurz grüene gras La [V]37

da stvnt al cvrz cleine gras dvrch schimpf ez niht zer trettet was TUW

227.15

vrvmten si ze lang stvnt TUW

30 31 32 33 34 35 36 37 38

was daˆ gefrümt ze langer stunt La [V]38

V: Wande es [enwisete] niemannes hant. o V: Kom in daz lant zv br[o]barz. e V: Went ir nv horen wie ez im [erge]. V: Teilt die Versumstellung mit *T. Der zweite Verse lautet: Vnd tet als im der vischer riet. W: Vil wol missereiten. W nimmt hier eine Zwischenstellung zwischen La und T U V ein. W: Vn¯ begunde wackerleiche draben. V: [Herre ir sollent] willekome sin. o o V: Do stvnt alkvrz [grune graz] / Dvrch schinpf ez niht zertretet waz. V: [Waz do gevrumt zelanger stunt].

384

V Anhang v

227.16

in was wol herzen jaˆmer kunt La

in was hzerıwe kvnt *T39

227.26

harte schiere daz geschach La

dar nach vil sciere dc gescach *T

228.5

daz von im ander tag erschine La

dc d and tac von im scine *T

228.20–21 ob ichz geprüevet rehte haˆn. got loˆn iu, heˆrre, daz irs jeht La

ob ichs geprveuen rehte kan Juw gnaˆde herre dc irz ieht *T

228.27

man boˆt im wirde und eˆre La

si buˆten im wirde vn¯ eˆre *T

229.2

daz begunder sider klagen La

dc er iedoch begvnde clagen *T40

229.5

bat komn ze vrävellıˆche La [V]41

hiez com ¯¯ ze vrevenliche TUW

229.11

ninder bıˆ im ligen vant La V

bi im liegen niend vant TUW

229.17

haˆt, swie truˆrc wir anders sıˆn La V

hat. swie trvric wir selbe sin TU hat. wie traurig wir alle sein W

229.21

dar geˆt: ir sıˆt im werder gast La W

dar gaˆt ir sit im ein lieber gast TUV

229.23

si giengen uˆf einen palas La [V]42

si giengen gegn dem palas TUW

229.27

kleine kerzen umbe an der want La [V]43

cleine lieht vmb an d want TUW

230.22–24 der daˆ wart wol enpfangen, Parzivaˆl der lieht gevar, von im der in sante dar. La

d da wart wol enpfangen von im. der in sante dar Parzifal der lieht gevar *T

231.20

oben an d snıˆden erhvp sich blvt *T

an der snıˆden huop sich pluot La

o

o

39 V: Jn waz wol hzerv´we kvnt. 40 V: Daz er doch sit begonde clagen. 41 V: [Bat komen vreuelliche]. Vgl. Oltrogge / Schubert, Reflektographie, S. 363, Anm. 50. 42 V: Sv´ giengen [vf einen] palas. 43 V: [Vil kleiner kerze¯] vmbe an der want.

385

Lesartenkonstellationen 233.15

viere truogen kerzen groˆz La V44

o

dc si trvgen kerzen groˆz TU vnd truogen kertz also groß W

233.19

daˆ für was sıˆn name erkant La

des name was da vur erkant *T

233.27

gein nıˆgen si ir houbet wegten La W

dvrch nigen sir hovˆbet wegeten TUV

234.3 f.

an disen aht frouwen was röcke grüener denn ein gras La

rocke grvener dannein gras v an disen ahte vrowen was *T

234.12–15 der graˆve Iwaˆn von Noˆnel unde Jernıˆs von Rıˆl, jaˆ was über manege mıˆl ze dienst ir tohter dar genomn La

Der grave Jwaˆn von Jonel vn¯ Scharivs von Rile ze dienste vber manege mile waren ir tohtere dar genom ¯¯ *T

234.20

vf zwein tweheln wıˆz besvnder TUV

uˆf zwein twehelen al besunder La

auff zwayen tafeln besunder W 234.27 f.

die truogen lieht dem silber bıˆ; vier kint vor missewende vrıˆ. La

vier kint vor missewende vrıˆ o die trvgen lieht dem silber bıˆ *T

235.1

Si nigen. ir zwuo doˆ truogen dar La

si nigen. do trvgen zwo dar TUV

o

sie nigen vnd truogen dar W 235.6 ff.

ob i’z geprüevet rehte haˆn, hie sulen ahzehen frouwen steˆn. aˆvoy nu siht man sehse geˆn La W

–––– –––– Avoy nv siht man sehse gaˆn T o

Avoy nu sicht man sesse gan o Ob ich iz gepruvet rechte han Hie soln ebern vreuwen stan U V45 236.20

zwelve iewederthalben ir La [V]46 W

man sazte zwelve ietwed halben ir TU

44 V: Möglicherweise steht ir viere auf Rasur; am Digitalfaksimile nicht deutlich zu erkennen. 45 ebern vreuwen] ahzehen juncfrowen V. 46 V: [Zwelfe ietwederthalben ir].

386

V Anhang v

238.16

spıˆse niwe unt dar zuo alt La [V]47 W

spise nıwe. spise alt TU

238.20

der wil sich übel rechen La [V]48 W

d wil sich mit vbele rechen TU

240.1

Swenne ir geprüevet sıˆnen art La [V]49

geprvevet ir rehte sinen art TUW

240.5

wan do erz enpfienc in sıˆne hant La [V]50 W

wan do erz enpfienc von siner hant TU

240.29

ich magez wol sprechen aˆne guft La [V]51 W

ich magez wol sagen ane gvft TU

241.10

nu dunket iuch der boge snel La T U52

Nv´ dvnket mich der bogen snel [V]53 W54

241.19–20 man welle si zer biuge erdenen soˆ si den schuz muoz menen La W

man en welle si zerbrochen denen o so si den schvtz mvz ze vaste menen TU Man welle sv´ [zer bv´ge erdenen] o So sv´ den schvtz mvz vaste mene¯ V

242.8

swaˆ man noch minner volkes siht La [V]55

swa man noch minre livte siht TUW

242.19

vome spanbette trat La [V]56

von d hert stat er trat TU von dem wirte er do trat W o

242.29

daz mich mıˆn armuot immer müet La W

dc mich min armvt mvet TUV

243.4

die ritter bat doˆ Parzivaˆl La [V]57

die ritere hiez do parzifal TUW

o

47 In V steht [vnd d ]arzv auf Rasur. Das läßt erkennen, dass V bereits zuvor der Version des Lachmann-Textes folgte. 48 V: Der wil sich [v´bel re((chen))]. o 49 V: [swen ir gepruvent] sin art. 50 V: Wan do ers vnphieng [in] sin[e] hant. 51 V: Jch [mag] ez wol [sprechen ane guft]. 52 nu] ouch T U. 53 V: [Nv´] dvnket [mich] der bogen snel. 54 nu] auch W. 55 V: Swa men noch minre [volkez siht]. 56 V: Von dem [spa¯bete] er trat. 57 V: Die ritte [bat] do parzifal.

387

Lesartenkonstellationen 244.1

Durch uns noch eine wile La [V]58 W

dvrch vns eine wile TU

244.5– 6

daz begunde ir ougen süezen, eˆ si enpfiengen sıˆn grüezen. La [V]59

–––– –––– TUW

244.10

koˆs gein einer halben gran La [V]60 W

koˆs einen halben graˆn TU

244.14

truogen drıˆ uˆf henden blanc La [V]61

brahten drıˆe vf handen blanc TUW

244.20

si sprach laˆt mich bıˆ witzen La [V]62

nein herre lat mich bi witzen TUW

244.22

als mıˆn her für iuch ist gegert La [V]63 W

als ich bin vur ivˆ gegert TU

247.5

nieman er hoˆrte noch ensach La W

ern horte niem ¯¯ nohn sach TUV

247.14

wider ze sıˆme orse saˆn La [V]64 W

wid zv dem orse san TU

247.19–20 niht langer er doˆ habte, vast uˆf die brükke er drabte. La [V]65

o

–––– –––– TUW

Sechstes Buch (Abschnitt 280.1–289.30) 280.22

lobten Artuˆses hant La W

die lobenten artvses hant dc siz teˆten dvrh sinen willen + o dc sirn mvt begvnden stillen + TUV

281.2

welt ir dan für ein ander schehn La T U

Went ir denne fv´r ei[nander spehen] [V] W

58 V: [Durch vns noch eine wile]. 59 Die Verse wurden in V nachträglich eingefügt, vgl. Oltrogge / Schubert, Reflektographie, S. 363, Anm. 52. 60 V: [Kos gegen einer halben gran]. o 61 V: [Trugen] drie vf henden blang. 62 V: [Sv´ sprach] lant mich bi wizzen. Vgl. Oltrogge / Schubert, Reflektographie, S. 357, Anm. 32. 63 V: Als [min hre fu´rv´ch ist gegert]. o 64 V: [Wider zv sinem orse san]. 65 Die Verse wurden nachträglich eingefügt, vgl. Oltrogge / Schubert, Reflektographie, S. 363, Anm. 52.

388 281.16

V Anhang Artuˆs der meienbære man La [V]66

v

Artvs der nıwebeˆre man TU Artus der lobebere man W

283.8

dem glıˆchet sich dıˆn beˆaˆ curs La V W

dem glıˆchet sich din beamvrs TU

283.24

wer daˆ zuo zim liefe La V W

wer dar zv zim riefe TU

284.15

fıˆ ir vertaˆnen La V W

sıˆt ir vtaˆnen TU

284.30

soˆ balde, daz er niht engienc La

so balde dc er niender hienc *T

285.13

der werde künec vaste slief La W

d kvnec dannoch vaste slief TUV

285.17

zuct er ab in diu laˆgen La

zvhter abe in da div zwei laˆgen *T

286.23

der junge stolze aˆne bart La

d ivnge sveze ane bart *T

286.25

uˆz fuor Segramors roys La

Vz com geriten Segremors de Bois T U [V]67

o

auß kam segremors der roiß W o

287.2

swems ze suochen wære gaˆch La

dem sin ze svchene were gach *T

287.5

Sus fuor der unbescheiden helt La

Svs com d vnbesceiden helt *T

287.6

zuo dem der minne was verselt La W

ze dem d mit d minne was vselt T U V68

287.28

doch wil ich iuch durch zuht biten La

ich wil dvrch zvht ˆıv debiten *T

288.12

des wart sıˆn prıˆs gemeˆret La [V]69

vn¯ ouch sin pis gemeˆret TU hie ward sein preis gemeret W

66 V: Artvs der mei[ge¯bere man]. 67 U: Segremors der Rois; V: S[a]gremors [Rois]; vgl. die Namensform Sagremors bei Chre´tien (Auflistung bei Wand, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, S. 111). 68 V: mit minne. 69 V: [Dez wart] sin pris gemeret.

389

Lesartenkonstellationen 289.7

sich legent genuoc durch ruowen nidr La V W

o

o

Gnvge legent sich dvrch rvwe nider TU

Achtes Buch (Abschnitt 398.1– 407.30) 398.4

wan daz dervor ein ritter schein La [V]70 W

wan daz vor im ein riter scein TU

398.23

erbuˆwens lands, hiez Ascaluˆn La W

ein erbvwen lant hiez ascalvn TUV

399.20

naˆch heiden worte strıˆte La V W

–––– T U71

402.11

ich priche iu nu gesellekeit La V W

ich bringiv nv gesellecheit TU

403.1

Ich sihe iuch gern, als tuon ich sie La V W

si siht mich gerne als tvn ich sie TU

403.8

in diuhte ein kurziu ˆıle La V W

in duhte ein kvrzewile TU

403.19

diu ie genant wart ertstift La V W

die ie genant wart ein stift TU

404.9

swar ich rede keˆr ze guote La W

swar ich kere min rede ze gvte TUV

406.13

mich leˆret mıˆne künde sin La V W

mich leret kvnde sin T72 U

o

o

70 V: Wan daz [der vor ein ritter schein]. 71 Zeile in beiden Handschriften freigelassen. 72 In T ist Platz für das fehlende Wort ausgespart.

390

V Anhang

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42 V.2.1 Fragment 3273 Blatt 1ra 1.01 1.02 1.03 1.04 1.05 1.06 1.07 1.08 1.09 1.10 1.11 1.12 1.13 1.14 1.15 1.16 1.17 1.18 1.19 1.20 1.21 1.22 1.23 1.24 1.25

I[...] [. ..] [. ..] [. ..] (sich parrier) [. ..] vnverzagte(s) [. ..] al) agelei)t(ern) [.. .] er mac dan(noch) [.. .] wan an im [. ..] de) hıˆmel) (vn¯ [.. .] hellen) der vn)ter(geselle) hat die )w[.. .] vn¯ wirt ouch na[.. .] )o hebt )ich an die [...] der mit den. )teten ged[. ..]ken Diz vliegend[e] bi)pel i)t tvmben livten gar [c]e )nel )i mvgen ez niht erdenken wan ez kan vor in wenken reht al)am ein )chellic ha)e vn¯ anderhalp an dem gla)e glichet vn¯ de) blinden troˆum(e) die gebent antlitze) zoˆume ouch mit )tete niht ge)in dirrre [!] truebe liehte )cin der machet kvrze vroude al waˆr

73 Das vom Züricher Staatsarchivar Meyer von Knonau entdeckte Doppelblatt (›Parzival‹ A, Verse 1.1–10.7 und 28.28–37.30) wurde von Ludwig Ettmüller abgeschrieben. Ettmüller konnte noch einige inzwischen weggebrochene und heute verschollene Bruchstücke vom oberen Rand des ersten Blattes benutzen. Auf der Basis von Ettmüllers Abschrift hat Moriz Haupt im Jahr 1849 Kollationen erstellt und abgedruckt (Lesarten zum Parzival, S. 169–174). Diese Lesarten werden in runder Klammer in den Text eingefügt. Verse auf Rasur bzw. vom Schreiber neben dem Text ergänzte Verse werden durch Unterpungierung gekennzeichnet. Unsichere Lesungen sind in eckige Klammern gesetzt.

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

1.26 1.27 1.28 1.29 1.30 2.01 2.02 2.03 2.04 2.05 2.06 2.07 2.08 2.09 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16

wer roˆvfet mich da nie chein haˆr gewuo hs innen in miner hant der hat vil nahen grif erkant )prich ich gegen den worten ouch dc glichet minen witzen doch willich trıˆuwe vinden al da )i kan ver)winden )am vıˆvr in dem bruˆnnen vn¯ den toˆv von der )vˆnnen ouch erkandich nie )o wej)en man er mohte gerne kvnde han welher )tıˆvre di)e mere gernt vn¯ waz )i ouch guo ter lere g wernt D aran )i niemer de) verzagent beidiv vliehent vn¯ iagent Die entwenkent noch kerent )i lasternt. vnde erent )wer mit den )canzen allen kan an dem hat witze wol getan der )ich ver)itzet noch verget vn¯ )ich doch anderz wol v)tet

Blatt 1rb 2.17 2.18 2.19 2.20 2.21 2.22 2.23 2.24 2.25 2.26 2.27 2.28 2.29 2.30 3.01 3.02

[. ..] [. ..] [. ..] (werdikeit) [.. .]gel [. ..] (truwe) [. ..]agel dc )i den (driten) [.. .]lt vuere )i [. ..] w[a]lt. Di)eu m(anerslahtin) [...]dbint iedoch n[. ..] (ma)nnen )int vur div wıˆp )t(ozz ich) [.. .])[u] zil )wehiv minen r(at ho)ren wil div )ol wi))en [war] )i kere ir lip. ir pri). vnde ir ere vn¯ wem )i darnach )i bereit ir minne. vn¯ ir wer[d]ekeit )o daz )i iht geriuwe ir kiv)ce. vnde ir triuwe

391

392

V Anhang

3.03 3.04 3.05 3.06 3.07 3.08 3.09 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14 3.15 3.16 3.17 3.18 3.19 3.20 3.21 3.22 3.23 3.24 3.25 3.26 3.27 3.28 3.29 3.30 4.01 4.02

vor gote ich guo ten wiben bite dc in rehte [m][...][e] volge mite S came i)t )loz ob allen )iten ichn darf ir niemer heile) biten div val)ce erwirbet val)cen pris wie )tete i)t ein dunnez i) daz ouge)t heizze )unne haˆt ir lop balde [al] )u) zergaˆt Manec wip )cone an lobe i)t breit i)t daz herze kvntriveıˆt die lob ich al) ich )olde der )aphir indem golde ouch enhat niht vur ringiv dinc )wer in den kranchen me))inc verwirket edel rvbin vn¯ aldiv auentivre )in dem geliche ich rehten wibe) mvo t div ir wipheit rehte tvo t dane )ol ich varwe pruefen niht noch ir htzen tach dc man da )iht i)t )i innerhalp d bruˆ)te wol bewart )o i)t werd prıˆ) da niht v)chart. Soltich nv wıˆp vn¯ man ze rehte pruefen al)ich kan da vuˆere ein langez ende mite nv horent dirre auentivre )ite div lat iv wizzen beide von libe vnde von leide vroude vn¯ ange)t vert da bıˆ nv lat min ein) we)en drıˆ

Blatt 1rc 4.03 4.04 4.05 4.06 4.07 4.08 4.09

[. ..] [. ..] (widwige) [...] D a[:] zv (horet) [.. .] ob )i nv gerne tete [.. .] dc ich iv eine kvnden wil )i hete¯ [. . .]e vil ein m[. . .] w[...]l ich iv niuwen

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

4.10 4.11 4.12 4.13 4.14 4.15 4.16 4.17 4.18 4.19 4.20 4.21 4.22 4.23 4.24 4.25 4.26 4.27 4.28 4.29 4.30 5.01 5.02 5.03 5.04 5.05 5.06 5.07 5.08 5.09 5.10 5.11 5.12 5.13 5.14 5.15 5.16 5.17 5.18

dc )eit vn) von grozzen tiuwen wipliche[...] wibe) reht vn¯ manne) manheıˆt al) )leht die )ich gegen herte nie gebov c )in htze iv [ni]ht dar an betrov c ein )tahel )w[a] ez ze )trite kam )ıˆn hant da )igelichen nam vil manegen lobelichen prıˆs er wa) kvˆene. vn¯ )tarch alle wıˆs den helt ich al)o grueze er wibe) ougen )ueze vn¯ da bi wibe) hertzen )uht vor mi))ewende ein wariv vruht den ich hie zvo han erkorn der)t mere) halp noch vngeborn dem man dirre auentivre giht vn¯ wunder) vil de) dran ge)ciht. Si pflegentz noch al) man do pflac )waˆ ligt vn¯ wel)c gerihte lac de) pfliget ouch tivt)cher erde ein ort dc habt ir ane mich gehort )wer da pflac der lande der gebot wol aˆne )cande diz i)t ein warheıˆt )vnder wan dc der elte)t bruˆder )olte han )ins vater ganzen erbeteil dc waz der ivngern vnheil dc in der tot div pflihte brach der in ir vater leben veriach da vor wa) gemeıˆne )u) hat ez der eine D c )cuo f ie doch ein wi)e man dc alter guo t )olte han iugent hat vil werdekeıˆt dc alter )ivftzen vn¯ leıˆt ez enwart nie niht )o [vn]frvo t )o alter vnde armvo t kvnege grauen. herzogen dc )age ich ıˆv vuˆr vngelogen

393

394

V Anhang

Blatt 1va 5.19 5.20 5.21 5.22 5.23 5.24 5.25 5.26 5.27 5.28 5.29 5.30 6.01 6.02 6.03 6.04 6.05 6.06 6.07 6.08 6.09 6.10 6.11 6.12 6.13 6.14 6.15 6.16 6.17 6.18 6.19 6.20 6.21 6.22 6.23 6.24 6.25 6.26

(Dc die bi huo be) [. . .] [. ..] [. ..] (vrom)ediv zech[.] [. ..]r kiv)ce vn¯ der vreche ganvo ret der wigant verlo) )u) burge vn¯ lant da )in vater )c[oˆ]ne truo c zepter vn¯ cr[oˆ]ne mit grozer tvgentlich kraft vntz er lac tot an ritter)caft. Do clagete man in )eˆre die gantzen t[i]uwe vn¯ eˆre bracht ouch er vnz an )inen toˆt )in elte)ten )vn er vur )ich boˆt vn¯ die vivr)ten von dem riche die kamen ritterliche wan )i zerehte )olten haˆn von im groˆz lehen )vnd waˆn D o )i ze hoˆue waren komen vn¯ ir reht waz vernomen dc )ir lehen enpfiengen horent wıˆe )iz ane vıˆengen )i gerten al) ir triuwe rıˆet riche. vn¯ arme gar div dıˆet eıˆner kranken ern)tlicher bet dc der kivnic an gamvret bruderliche trıˆuwe meˆrte vnde )ich )elben erte dc er in niht gar ver)tıˆeze vn¯ im )in) lande) hıˆeze hant gemehel dc mohte )ehen da von der herre mvo )e iehen )in) namen vn¯ )iner vriheıˆt dc enwc dem kivnige niht zeleıˆt. er )pach ir kvnnet maze gern ich wil iv de) vn¯ vurbc wern wan nennet ir den bruder min gamvˆret an)hevıˆn

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

6.27 6.28 6.29 6.30 7.01 7.02 7.03 7.04

an)hoˆuwe i)t min lant da we)en bede von genant. Svs )pach der kivnic heˆre )ich )ol min bruo der meˆre der )[. ..]eten helfe an mir v)ehen dan ich )o gahe) welle iehen er )ol min inge)inde )in de)war ich tvo n iv allen )cin

Blatt 1vb 7.05 7.06 7.07 7.08 7.09 7.10 7.11 7.12 7.13 7.14 7.15 7.16 7.17 7.18 7.19 7.20 7.21 7.22 7.23 7.24 7.25 7.26 7.27 7.28 7.29 7.30 8.01 8.02 8.03

[. ..] [. ..] [. ..] (dc des min selde iht) [...] vor [...] (nimet) [...] vf re[. ..] (inbeiden dez gezimet) Do d(ie vivrsten algeliche) [v]er[n](amen vo)n dem riche daz ir he[. ..]uwen pflac daz wc in (ein v)il lieber tac iegelicher im )vnder neıˆc gamvret niht langer )weic der volge al) im )in htze iach zem kvnige er guo tliche )prach herre vn¯ bruo der min woltich inge)inde )in ıˆuwer oder dehein) maˆn )o het ich min gemach getaˆn D a nach prueuet minen prıˆs ir )it getriuwe vnde wıˆs vn¯ ratet al)ez gezıˆehe nvˆ da griffet helfecliche zvˆ niht wan harna)ch ich haˆn het ich dar inne me getaˆn daz virrech lop mir breˆhte ete)wa man min gedeˆhte. Gamvret )pach aber )an )ehzehen knappen ich han )eh)e die von y´)er )int

395

396 8.04 8.05 8.06 8.07 8.08 8.09 8.10 8.11 8.12 8.13 8.14 8.15 8.16 8.17 8.18 8.19 8.20 8.21

V Anhang

dar zvo gebt mir vier kint mit guo ter zvht an hoher art vor den wirt niemer niht ge)part de) ie beiagen min hant ich wil keren in div lant ich han ouch eˆ teil gevaˆrn ......................................................... ob mich gelvcke wil bewarn .............................................................. )o erwirbe ich guo te) wibe) grvo z ob ich in da nach dienen mvo z vn¯ ob ich de)wirdic bin )o ratet mir min be)te )in D c ichz mit rehten triuwen pflege got wi)e mich der )elben wege wir vuo ren ge)ellecliche dannoch het ıˆuwer riche vn)er vater gandin vil manigen kvmblichen pin wir beide dolten vmbe lıˆep

Blatt 1vc 8.22 8.23 8.24 8.25 8.26 8.27 8.28 8.29 8.30 9.01 9.02 9.03 9.04 9.05 9.06 9.07 9.08 9.09 9.10

[. ..] [. ..] [. ..]eln [. ..][u´)t] [. ..]en gu´)t. [. ..] )pr[aˆ]ch [. ..] ie ge)ach [. ..] )cimpflichen )iten [. ..]zez [h]tze he)t v)niten [. ..]h tvo [. ..] eˆ wir wir )ceiden [. ..]ter [li]ez vn) beiden ver[...]zen g[...]te) harte vil des )toˆz ich dir gelichez zil ich bin d[ir] hertzenliche holt l[...]ht g[.. .])teine rote) golt livt[. ..]. wafen. or). gewant D[. ..]) nim )o vil von miner hant dc dv nach dinem willen vaˆr)t vn¯ dine miltekeıˆt bewaˆr)t

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

9.11 9.12 9.13 9.14 9.15 9.16 9.17 9.18 9.19 9.20 9.21 9.22 9.23 9.24 9.25 9.26 9.27 9.28 9.29 9.30 10.01 10.02 10.03 10.04 10.05 10.06 10.07

din manheıˆt die i)t vz erkorn were)tv von Gil)tram geborn [o]der her komen von ranculat ich hete dich iemer ander )tat al)ich dich )u) vil gerne han dv bi)t min bruder )vnd wan herre ir lobt mich vngenoˆt )it ez ıˆuwer zvht gebot darnach ıˆuwer helfe )cıˆn welt ir vn¯ die mvo ter min mir teiln ıˆuwer varnde habe )o )tige ich vf vn¯ nıˆender abe min hertze iedoch nach wirde )trebt ihn weiz war vmbez al)u) lebt dc mir )willet )u) min vin)t bru)t oˆuwe. wer iaget mich min glv)t ich )olz ver)uo chen ob ich mac nv nahet min vrloube) tac. Der kivnic in allez weˆrte mere danne er danne gerte vivnf or) erwelt vn¯ erkant die be)ten vber al)in lant chvo ne. )tarc niht ze laz vn¯ manec tıˆvre goltvaz vil menegen guldinen kloˆz den kvnec lvtzel dez verdroˆz ern vuo lte im vier )oum )crin

Blatt 2ra 10.08 10.09 10.10 10.11 10.12 10.13 10.14 10.15 10.16 10.17

ge)teine) mvo ze vil dar in D o )i gevullet lagen knappen die de) pflagen waren wol gecleidet vn¯ geriten alda wart niht vermitten do er vur )ine mvo ter gıˆenc vil nahen )i in zvo zim gevıˆenc filli roy´) Gandin wiltu niht langer bi mir )in )u) )prach dc wipliche wıˆp

397

398 10.18 10.19 10.20 10.21 10.22 10.23 10.24 10.25 10.26 10.27 10.28 10.29 10.30 11.01 11.02 11.03 11.04 11.05 11.06 11.07 11.08 11.09 11.10 11.11 11.12 11.13 11.14 11.15 11.16 11.17 11.18 11.19 11.20 11.21 11.22 11.23

V Anhang

oˆuwe nv truo c dich min lıˆp vn¯ bi)t ouch Gandin) kint i)t got in )iner helfe blint oder i)t er daran beroˆubet dc er mir niht geloˆubet )ol ich nv nıˆuwen kvmber tragen min) htzen kraft ich han begraben vn¯ div )uo zie min ougen wil er mich vurbaz roˆvben vn¯ i)t doch ein rihteˆre )o livget mir diz meˆre al) man von )iner helfe )aget )it er an mir i)t )u) verzaˆget. Do )pach der iunge an)hevin got tro)te iuch urouwe de) vat min den )uln wir gerne beidiv clagen iv ne mac nıˆeman von mir ge)agen deheiniv clagelichiv leıˆt ich var durch mine werdekeıˆt nach ritter)caft in vromediv lant vrouwe ez i)t mir )u) gewant do )prach div kivniginne )it div nach hoher minne wende)t dien)t vn¯ mvo t lieber )vn la dir min guo t V f die vart ........ niht ver)mahen heize von mir enpfahen dinen kamereˆre vier )ovm )chrin )weˆre dar inne ligent pfelle breıˆt ganze die man nie ver)neıˆt vn¯ manec tıˆvre )amit )uezer man la mich die zıˆt gehoren wenne div wid kome)t an minen vrouden dv mir vrome)t vroˆuwe de) en weiz ich niht

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

Blatt 2rb 11.24 11.25 11.26 11.27 11.28 11.29 11.30 12.01 12.02 12.03 12.04 12.05 12.06 12.07 12.08 12.09 12.10 12.11 12.12 12.13 12.14 12.15 12.16 12.17 12.18 12.19 12.20 12.21 12.22 12.23 12.24 12.25 12.26 12.27 12.28 12.29 12.30 13.01

in welhem lande man mich )iht wan )wenne ich von iv keˆre ir habt nach riter) eˆre iuwer werdekeit an mir getan ouch hat .... mich der kivnic gelan al) im min diene)t danken )ol ich getrıˆuwe iv de) vil wol dc ir in de)te werder haˆt )wie halt mir min dinc ergaˆt Al) vn) div auentıˆvre )aget do het der helt vnveˆrzaget enpfangen durch liebe craft vn¯ durch wıˆpliche ge)elle)caft cleinode) tv)ent marke weˆrt )wa noch ein ivde pfande) geˆrt er mohte) d vuˆr enpfahen ez endorfte in niht v)mahen dc )ante im ein )in vrıˆvndin an )inem dien)te lac gewin D er wibe minne vn¯ ir gruo z doch waˆrt im )elten kvmberz bvo z vrlop nam der wıˆgant mvo ter. bruder. noch daz lant )in oˆuge nıˆemer mer erkoˆs dar an doch maniger vil vloˆs der )ich het an im erkaˆnt ....................................................... e.............................................................. ˆ daz er dannen wer gewant mit deheıˆner )lahte gvn)te zil dem wart von im gedanket vil dc duhtin me danne genvo c durch )ine zvht er nie gewuo c dc )iz teten vmbe reht )in mvo t wa) ebener danne )leht. Swer )elbe )agt wie wert er )i da i)t liht ein vngeloube bi ez )olten dvmbe)ezen iehen vn¯ ouch die heten ge)ehen )ine werc da er vromede weˆre

399

400 13.02 13.03 13.04 13.05 13.06 13.07 13.08 13.09 13.10

V Anhang

)o gelobet man daz meˆre gamvret der )ite pflac den rehte maze wider wac V nd andert)canze deheıˆne )in ruˆmen dc wa) cleıˆne groˆz eˆre er lidenliche leıˆt der lo)e wille in gar vermeıˆt doch waˆnde der gevue ge daz ieman croˆne truˆge

Blatt 2rc 13.11 13.12 13.13 13.14 13.15 13.16 13.17 13.18 13.19 13.20 13.21 13.22 13.23 13.24 13.25 13.26 13.27 13.28 13.29 13.30 14.01 14.02 14.03 14.04 14.05 14.06 14.07 14.08

kvnege. key´)er. key´)erin der ma))enie er wolte )in wan ein) d die hohe)ten hant truge vf erde vber alliv lant D er wille in )inem hertzen lac im waˆrt ge)aget ze baldac were ein )o gewaltic man dc im der erde vnde .......... r tan div zwei teil weren oder mer )in name wa) )o her dc man in hiez den Baruo c der hete an creften )elhen zvo c vil kvnege waˆren )ine man mit gekronetem ..................... libe vndertan da de) baruo c ampt hivte )tet )eht wie man kri)ten eˆ beget ze rome al) vn) der toˆuf vgiht heiden)c orden man dort )iht ze baldac nementz ir babe)t reht ez dunketz ane krvmbe )leht der Baruc in vuˆr )vnde git wandel) vrkvnde zwene bruo der von Baby´lon pompeivs vn¯ Jhpomidon D en nam der Barvc Ninive daz wa) al ir vordern eˆ )i taten wer mit kreften )cin der kom der iunge an)hevin

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

14.09 14.10 14.11 14.12 14.13 14.14 14.15 14.16 14.17 14.18 14.19 14.20 14.21 14.22 14.23 14.24 14.25 14.26

im wart der Baruc vil holt ia man nach dien)te alda den )olt. Gamvo ret der werde man nv erloupt im dc er mvo ze han ander wapen danne im gadin da vor gap der vater )in )in der helt pflac mit gernden )iten vfen )ine kovertıˆvre ge)niten anker lieht hermin dar nach mvo )e ouch dc and )in vf )inem )cilte vn¯ ander waˆt noch gruo ner danne ein )maˆrat wc gepruo fet )in gereıˆte gar vn¯ nach dem achmardi gevar dc i)t ein )idin lachen dar vz hiez er im machen wapen roc. vn¯ k[vr])it daz i)t bezzer d[e]nne din )amit

Blatt 2va 14.27 14.28 14.29 14.30 15.01 15.02 15.03 15.04 15.05 15.06 15.07 15.08 15.09 15.10 15.11 15.12 15.13 15.14 15.15

hermin anker drvf genaˆt guldine )eil dar an gedraˆt )in anker haten niht bekort ganzez lande) nach lande) ort D a waˆren )i inein and ge)lagen der herre mv[o])e vurbaz tagen di)en wapenlichen la)t in manigiv lant d werde ga)t nach dem anker di)iv mal wand deheiner )lahte twal niender het noch gebite wie vil er lande durch rite oder in )ciffen vmbe vuˆere ˆ ere ob ich ... iuch dar nach )wu )o )agetez vf minen eıˆt min ritterlichiv )icherheıˆt al) mir div auentivre giht ihn han nv mer gezivge) niht Nv )eit )in manliche kraft

401

402 15.16 15.17 15.18 15.19 15.20 15.21 15.22 15.23 15.24 15.25 15.26 15.27 15.28 15.29 15.30 16.01 16.02 16.03 16.04 16.05 16.06 16.07 16.08 16.09 16.10 16.11 16.12 16.13

V Anhang

behielt den pri) in heiden)caft zemarroc vnde in per)ia )in hant bezalt ouch ander)wa ze doma)ch. vnde halaˆp vn¯ )wa man ritter)caft da gaˆp in alexandrie. vn¯ ze arobıˆ da wa) er gegen )trite) vrıˆ von ie)lichem einem man di)en ruo f er da gewan S in) hertzen gir nach pi)e greif ir aller tat vor im zer)leif vn¯ wa) vil naht entwihtet )u) wart ieder berihtet der gegen im tio)tien) pflac man iach im de) ze Baldac )in ellen )trebte )vnder wanc von danne vuˆr er gegen zazamanc in dc kvnic riche. die clageten algliche y´)enharten der den lip in dien)te vlos vmb ein wıˆp de) twanc in belacane div )iveze val)che) aˆne D c im ir minne nie geboˆt de) lac er nach ir minne toˆt den rachen )ine mage offenliche vn¯ ander lage die vrouwen twungen )i mir her

Blatt 2vb 16.14 16.15 16.16 16.17 16.18 16.19 16.20 16.21 16.22

div wc mit ellenthafter weˆr Do gamvo ret kom in ir lant dc ir von )coˆten fridebrant mit grozem )ciffe) her vbrande eˆ daz er dannen wande nv horet wie vn)er riter vaˆr dc mer warf in mit )tvrme dar S o dc er kvme genas gegen der kivneginne palas

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

16.23 16.24 16.25 16.26 16.27 16.28 16.29 16.30 17.01 17.02 17.03 17.04 17.05 17.06 17.07 17.08 17.09 17.10 17.11 17.12 17.13 17.14 17.15 17.16 17.17 17.18 17.19 17.20 17.21 17.22 17.23 17.24 17.25 17.26 17.27 17.28 17.29

kom er ge)igelt in die habe da wart er vil ge)couwet abe do )ach vz an daz velt da wc ge)lagen manec gezelt alvmbe die )tat wan gegn dem mer da lagen zwei kreftigiv her do hiez er vragen meˆre we) div bvrc weˆre wand er kvnde nie geˆwan er noch dekein )in )cifman )i taten )inen boten kvnt )i heize patelamvnt dc wart im innencliche enboten )i manten in bi ir goten D c er in hulfe dc tet in noˆt )ine rvngen niht wan vmben toˆt do der iunge An)hevin vernam ir kumberlichen pin er bot )in diene)t vmbe guo t al) noch vil dicke ein rit tuo t od dc )im )ageten vmbe waz er )olte dulten der viende haz. Do )prach vz einem mvnde der )ieche vn¯ der ge)vnde daz im weˆre al gemeıˆne ir golt vnde ir ge)teine de) )olter allez herre we)en er mohte wol bi in gene)en doch bedorfter livtzel )olde) von arabie de) golde) heter manegen knollen braht livte vin)ter )o div naht waren alle die von zazamanc bi den duhtin div wile lanc doch hiez er herberge nemen ¯¯ de) mohte ouch vil wol gezem dc )im die be)ten gaben

403

404

V Anhang

Blatt 2vc 17.30 18.01 18.02 18.03 18.04 18.05 18.06 18.07 18.08 18.09 18.10 18.11 18.12 18.13 18.14 18.15 18.16 18.17 18.18 18.19 18.20 18.21 18.22 18.23 18.24 18.25 18.26 18.27 18.28 18.29 18.30 19.01 19.02 19.03 19.04 19.05 19.06 19.07

die vrouwen dannoch lagen zen ven)tern vn¯ )ahen dar S i namen ouch de) vil rehte waˆr )ine knappen vn¯ )in harna)c wie daz gefeitert waz do truo c der helt milte vf einem herminen )cilte ihn weiz wie manegen zobel) balc der kivniginne mar)calc het ez vur ein anker groˆz ........................................................ ze )ehen de) livtzel de) verdroˆz ..................................................................... do mv)en )iniv ougen iehen dez er het ge)ehen di)en riter oder )inen )cin dc mvo ze ze alexandrie )in do der Baruc der vor lac )inen pri) da nieman wid wac. Sus vuo r der mvo te) riche in die )tat behagenliche zehen )ovmete hiez er vazzen die zogeten hin in die gazzen da ritten zweinzic knappen nach )inen povel man da vor er)ach garzvne. koche vn¯ ir knaben die heten )ich hin vuo r erhaben )tolz wc )in ge)inde zwelf wol geborner kinde D o hinden nach die knappen riten an guo ter zvht mit )uezen )iten ettelicher wa) ein )arrazin dar nach mvo )e ouch getrechet )in aht or) mit zendale verdechet al ze maˆle dc nıˆvnde )inen )atel truo c ein )cilt de) ich eˆ gewuo c den vuo rte ein knappe vil gemeit da bi nach dem )elben reıˆt bv)onre der man ouch bedarf

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

19.08 19.09 19.10 19.11 19.12 19.13 19.14 19.15 19.16

ein tamburre )lvo c vn¯ warf vil hohe )inen tanbur den herren nam vil vntvr dane riten floˆutere bıˆ vn¯ guo ter videlere drıˆ D en waz allen niht ze gach )elbe reit er hin den nach vn¯ )in manere der wi)e vn¯ der geweˆre

Blatt 3ra 19.17 19.18 19.19 19.20 19.21 19.22 19.23 19.24 19.25 19.26 19.27 19.28 19.29 19.30 20.01 20.02 20.03 20.04 20.05 20.06 20.07 20.08 20.09 20.10 20.11 20.12 20.13 20.14

Swaz da waz volcke) inne More vnd morinne wc beidiv wip vnde maˆn der herre )chouwen begaˆn vil manigen )cilt zerbrochen mit )pern gar durch )tochen der waz da vil gehangen vuˆr an die wende vn¯ an die tvˆr )i heten iamer vn¯ guft in die ven)ter gegen dem luft wc gebetet manigem wunden man )wenner den arzat gewan D c er doch niht mohte gene)en der wc bi vienden gewe)en )u) warp der ie gerne vloch vil or)e man in wider zoch durch )tochen vn¯ durch hoˆuwen manige tvnkel vroˆuwen )ach er beidenthalben )in nach raben) varwe wc ir )cin )in wirt in minnenclche enpfienc dc im nach vrouden )it ergienc der wc ein ellent richer maˆn mit )iner hant het er getaˆn vil manegen )tich vn¯ )lac wander einer porten pflac bi dem er manegen ritter vant die die armen hiengen indiv bant

405

406 20.15 20.16 20.17 20.18 20.19 20.20 20.21 20.22 20.23 20.24 20.25 20.26 20.27 20.28 20.29 20.30 21.01 21.02

V Anhang

V n¯ den ir houbt waren vbunden die heten )elche wunden dc )i doch taten ritter)caft )ine hete gelazen niht ir craft. Der bvrcgraue von der )taˆt )inen ga)t do minnecliche baˆt dc er niht verbeˆre al daz )in wille weˆre vben )in guo t vn¯ vber den lıˆp er vurte in da er vant )in wıˆp du gamvreten kv)te de) in doch lutzel lu)te dar nach vuo r er enbizzen )an do diz al)u) wart getaˆn der mar)calc reit von im zehant alda er die kivneginne vant er gehiez ir vil groˆz boten broˆt er )prach vrouwe nv i)t v¯)er noˆt

Blatt 3rb 21.03 21.04 21.05 21.06 21.07 21.08 21.09 21.10 21.11 21.12 21.13 21.14 21.15 21.16 21.17 21.18 21.19 21.20 21.21

mit vrouden zergangen den wir hie han enpfangen D az i)t ein ritter )o getan dc wir ze danken iemer han vn)ern goten die in vn) brahten dc )i de) ie gedahten nv )age mir vfe die triuwe din wer der ritter mvge )in vrouwe ez i)t ein degen fier de) barvcke) )oldıˆer ein an)hevin von hoher aˆrt avoy´ wie livtzel wirt ge)paˆrt )in lip )wa man in lazet an wie rehte er her vn¯ dan entwichet vn¯ keˆret die viende er )caden leˆret ich )ach in )triten )coˆne da die baby´lone A lexandrıˆen loe)en )olten

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

21.22 21.23 21.24 21.25 21.26 21.27 21.28 21.29 21.30 22.01 22.02 22.03 22.04 22.05 22.06 22.07 22.08 22.09 22.10 22.11 22.12 22.13 22.14 22.15 22.16 22.17 22.18

vn¯ do )i dannen wolten den Barvc triben mit gewalt wa) dar nider wart gevalt. Inder )chvnpfentıˆvre da begie der gehıˆvre mit )inem libe )elche taˆt )ine heten vliehen) deheinen raˆt dar zvo hortich in nennen man mohte in wol erkennen dc er den pri) vber manigiv lant het alleine ze )iner hant nv )ich eht wenne oder wıˆe vn¯ vuo ge dc er mich )preche hıˆe wir haben doch vride aldi)en tac da von der helt wol riten mac her vf ze mir. oder )ol ich dar er i)t anderz danne wir gevaˆr O uwe wan tete im dc niht weˆ dc hetich gerne ervunden eˆ ob mirz die mine rıˆeten ich )olte im eˆre bıˆeten geruo chet er mir nahen wie )ol ich in enpfahen i)t er mir danne dar zvo wol geborn daz min kv) niht )i verlorn vrouwe er i)t vuo r kvnege) art erkorn de) )i min lıˆp genennet pfant.

Blatt 3rc 22.19 22.20 22.21 22.22 22.23 22.24 22.25 22.26 22.27 22.28

Urouwe ich wil iuwern vur)ten )agen daz )i richiv cleider t[...] vn¯ hie vor iv biten [. ..]z daz wir zvo iv rıˆten dc )aget iuwern vrouwen gaˆr wan )wennich nv hin nider uaˆr )o bringe ich ir den )elben ga)t dem )uezer tvo gende nie gebra)t harte lvtzel de) verdarp .................................................... vil behendecliche er warp .........................................................

407

408 22.29 22.30 23.01 23.02 23.03 23.04 23.05 23.06 23.07 23.08 23.09 23.10 23.11 23.12 23.13 23.14 23.15 23.16 23.17 23.18 23.19 23.20 23.21 23.22 23.23 23.24 23.25 23.26 23.27 23.28 23.29 23.30 24.01 24.02 24.03 24.04 24.05 24.06

V Anhang

der mar)calc )in vrouwen bete B alde wart do gamvo rete riche cleider dar getragen div legter an )u) hort ich )agen dc div tivre weˆren ancher die )weˆren von arabi)chem golde lagen drvfe al) er wolde do )az d minne gelte) lon vf ein or) dc ein baby´lon gegen im durch tio)tieren reit den )tacher drabe dc wc dem leit ob )in wirt mit im niht vaˆr er vnde )ine ritter gaˆr ia de)war. )i )int ez vroˆ )i ritten mit ein and do vn¯ erbeizten vor dem palas do manic ritter vfe was D ie mvo )en wol gecleidet )in )ine kinder liefen vor im in ie zwei ein and ander hant ir herre manige vrouwen vant gecleidet wunnencliche der kivniginne riche ir ougen vuo geten grozen pin do )i ge)ach den an)hevin der wc )o minnecliche vaˆr dc er ent)loz ir hertze gaˆr ez weˆre ir liep oder leıˆt dc be)loz da vor ir wipheıˆt ein wenec )i im engegen traˆt ir ga)t )i )ich ku))en baˆt vn¯ vienc in )elbe bi der hant gegen den vienden an die want )azen) in div ven)ter wit vfe eine kvlter von samit dar vnder ein weichez bete lac i)t iht liehter) danne der tac

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

Blatt 3va 24.07 24.08 24.09 24.10 24.11 24.12 24.13 24.14 24.15 24.16 24.17 24.18 24.19 24.20 24.21 24.22 24.23 24.24 24.25 24.26 24.27 24.28 24.29 24.30 25.01 25.02 25.03 25.04 25.05 25.06 25.07 25.08 25.09 25.10 25.11 25.12 25.13 25.14

D em gelichet niht div kivnegin )i het aber wiplichen )in vn¯ waz ouch ander) rittlich der touwigen ro)en vngelich nach zwarzer varwe wc ir )cin ir krone ein liehter ruo bin ir houbet man ddurch wol )ach div wirtin zir ga)te )prach dc ir liep weˆre )in komen herre ich han von iv vnomen vil ritterlicher werdekeıˆt durch iuwer zvht )i ivch niht leit ob ich iv minen kvmber clage den ich nahe in minem htzen tage. Min helfe iv vrouwe niht ıˆrret )wc ivch w[. ..]e oder wıˆrret )wa dc wenden )ol min hant div )i ze diene)te dar benant ihn bin niht wan ein einec man )wer iv tuo t oder hat getaˆn da bıˆvt ich gegen minen )cilt die viende wenec de) bevilt mit zvhten )pach ein vivr)te )an heten wir einen hovbt man wir )olten viende wenec )parn )it vridebrant i)t gin gevarn D er loe)et dort )in eigen lant ein kvnec der heizet Hernant den er durch Herlinden )lvo c de) mage tvo nt im leit genvo c )ine wellent )ihz niht maˆzen er hat hie helde gelaˆzen den hertzogen Hivteger de) ritters taˆt vn) manigiv )er vruˆmt vn¯ )in ge)elle)caft ir )trit hat kvn)t vn¯ kraft )o hat hie manegen )oldıˆer von Normandie gar)chıˆer

409

410 25.15 25.16 25.17 25.18 25.19 25.20 25.21 25.22

V Anhang

der wi)e degen heˆre noch ....... hat hie ritter meˆre K ay´let von Ho)cura)t vil manigen zornigen ga)t die brahte alle in diz lant der )chotten kvnec vredebrant vn¯ )iner genoze vıˆere mit mangem )oldıˆere.

Blatt 3vb 25.23 25.24 25.25 25.26 25.27 25.28 25.29 25.30 26.01 26.02 26.03 26.04 26.05 26.06 26.07 26.08 26.09 26.10 26.11 26.12 26.13 26.14 26.15 26.16 26.17 26.18 26.19 26.20 26.21

Dort we)ter halben andem mer da liget y´)enharte) her mit vliezzenden ougen offenlichen noch tovgen ge)ach )i niemer mer dehein man )ine mvo )en iamer) wunder han ir htzen regen die gu))e waˆrp )it ander tio)t ir herre )taˆrp der ga)t zer wirtinne )prach mit ritter) )inne S agt mir ob irz geruo chet durch waz man ivch )o )uo chet zornliche m[...] gewalt ir habt [. ..]negen helt balt mich muˆwet dc die )int vladen mit viende hazze nach ir )caden diz )age ich ivch herre )it irz geˆrt mir diente ein riter d wc wert )in lip wc tvgende ein bernde ris der helt waz kvene vn¯ wıˆs der triuwen ein reht beclibeniv frvht )in zvht wac vur alle zvht er waz kiv)cher danne ein wıˆp vrecheıˆt vn¯ ellen truo c )in lıˆp )o gewuo h) an ritter) milter hant vor im nie vber alliv lant ihn waz nach vn) )ul ge)chehen dc lazen ander livte iehen er wc gegen val)cher fvo re ein tor

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

26.22 26.23 26.24 26.25 26.26 26.27 26.28 26.29 26.30 27.01 27.02 27.03 27.04 27.05 27.06 27.07 27.08

in )warzer varwe al) ich ein mor )in vater der hiez Tankanis ein kivnic d het ouch hohen prıˆs. Min vrivnt d hiez y´)enhaˆrt min wipheit waz vmb waˆrt do ich )in dien)t nach minne enpfie dez im nach vrouden niht ergıˆe dez mvo z ich ıˆemer ıˆamer tagen )i went dc ich in )chuo fe er)lagen verraten) ich doch livtzel kan )wie mich )in zihen )ine man er waz mir lieber danne in ane gezıˆvc ich de) bin mit den ich )ol beweˆren ouch die rehten warheit doch mine gote vn¯ die )ine er gap mir manige pine

Blatt 3vc 27.09 27.10 27.11 27.12 27.13 27.14 27.15 27.16 27.17 27.18 27.19 27.20 27.21 27.22 27.23 27.24 27.25 27.26 27.27 27.28

nv hat min )camende wipheıˆt )in lon erlenget vn¯ min leıˆt dem helde erwaˆrp min magtvo m an ritter)cefte manigen rvo m do ver)uhte ich in ob er kvnde )in ein vrivnt dc wart vil balde )cin er gaˆp dur mich )in harna) enwec. daz al) ein palas dort )tat. dc i)t ein groˆz gezelt dc brahten )chotten vfez velt do dez der helt ane waˆrt )in lıˆp do wenec wart ge)paˆrt de) leben) in danach verdroz manege auentivre )uo hter bloˆz. Do diz al)u) wa) ein vivr)te protizalas hiez min ma))enie vor zageheit der vrıˆe vˆz durch auentivre reıˆt da groˆz )cade in niht vermeıˆt

411

412 27.29 27.30 28.01 28.02 28.03 28.04 28.05 28.06 28.07 28.08 28.09 28.10 28.11 28.12 28.13 28.14 28.15 28.16 28.17 28.18 28.19 28.20 28.21 28.22 28.23 28.24

V Anhang

zem fore)t in azagovˆc en tio)t im )terben erlovˆc die er tet vf ein kve nen man der ouch )in ende da gewan dc waz min vrivnt y´)enhart ir ietweder innen wart ein) )per) durch )cilt vn¯ dur den lip daz clagich noch vil armez wıˆp ir br[uo ]der tot mich iemer mvˆet vf miner trıˆuwe iamer blvˆet ihn wart me wıˆp dehein) man gamvo reten duhte )an )wie )i weˆre ein heidenin mit triuwen wiplicher )in in wibe) htze nie ge)loˆvf ir kiv)che wc ein reiner toˆuf V n¯ der regen der )i begoˆz der bac der von ir ougen floˆz vf ir zobel vn¯ an ir bru)t rıˆuwen pflege wc ir gelu)t vnrehte iamer) leˆre )i )eit im vur baz meˆre do )uo hte mich von vber mer d )chotten kivnic mit )inem her der wc )in) [o]heime) )vn )ine mohten mir niht me getvo n

Blatt 4ra 28.27 28.28 28.29 28.30 29.01 29.02 29.03 29.04 29.05 29.06 29.07

D[. ..] du[.. .] )i )camend[.. .] an gamvo ret[.. .] ir oˆugen dem h[.. .] dc er were wol [.. .] )i kvnde liehte var[.. .] wan )i hete ouch da [...] vil manigen liehten [. ..] alda wart vnder beid[. ..] E in vil getrıˆvweli[. ..]

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

29.08 29.09 29.10 29.11 29.12 29.13 29.14 29.15 29.16 29.17 29.18 29.19 29.20 29.21 29.22 29.23 29.24 29.25 29.26 29.27 29.28 29.29 29.30 30.01 30.02 30.03 30.04 30.05 30.06 30.07 30.08 30.09 30.10

er )ach [h][...] dar nach h[ie]z )i )cenke[...] getor)te )i daz weˆre v[...] )i mvo te dc er niht b[.. .] wan dc die ritte[...] die gerne )prac[...][ıˆp] doch wa) ir lip [)in] [...]e) lıˆp ouch heter ir den mvo t gegeben )in leben wc der vroˆuwen leben do )tvnt er vf vnde )prach vrouwe ich tvo n iv vngemach ich kan ze lange )itzen dc tvn ich niht von witzen mir i)t vil dien)tlichen leıˆt dc iuwer kvmber i)t )o breıˆt vrouwe gebietet vber mich )war ir welt dar i)t min gerich ich dıˆene iv allez dc ich )ol )i )pach hre de) getriuwe ich wol. Der burcgraue )in wirt nv vil wenec de) enbirt ern kvrze im die )tvnde ze vragen er begunde ob er wolte banchen riten vn¯ )couwet wa wir )triten wie vn)er porten )in behuo t gamvo ret der hel[...] guo t )prach er wolte gerne )ehen wa ritter)caft da were ge)cehen her abe mit dem helde reıˆt manec ritter vil gemeıˆt hie der wi)e dort der tvmbe )i vuo rten in allvmbe

Blatt 4rb 30.11 30.12 30.13 30.14

[. ..] [. ..] [. ..] [. ..]

413

414 30.15 30.16 30.17 30.18 30.19 30.20 30.21 30.22 30.23 30.24 30.25 30.26 30.27 30.28 30.29 30.30 31.01 31.02 31.03 31.04 31.05 31.06 31.07 31.08 31.09 31.10 31.11 31.12 31.13 31.14 31.15 31.16 31.17 31.18 31.19 31.20 31.21 31.22 31.23 31.24

V Anhang

[. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..][e]n wol ge[.. .] [. ..]ge) man von [. ..] [. ..] iege)licher porten vl[...] ob chuo ner )car ein liehter [.. .] ein d[.. .]rch )tochen riter d[.. .]ne al) y)enhart den lip verlos )in volc div wapen da nach koˆs. Da engegen han wir ein )ite da )tillen wir ir iam mite vn)er vanen )int bekant dc zweˆne vinger vz der hant bıˆvt gegen dem eide irn ge)cehe nie )o leide wan )it dc J)enhart lac toˆt min vrouwen vrivnt e jr hze noˆt )u) )tet div kivniginne gemaˆl vrou Belacane )vnder twaˆl in einem blancken )amit ge)niten mit )warzer varwe )it dc wir div wapen kvrn an in ir trıˆuwe an iamer hat gewin D ie )teckent ob den andern hoch vuo r die andern ehte vn) )uo chent noch de) kvnnen fridebrande) her die getoˆufen vber mer iege)licher porte ein vivr)te pfligt der )ich )trite) vz bewigt mit )iner banıˆere wir haben gat)chıˆere gevangen mit einem graˆven abe der bivt vn) vil groze habe der i)t kay´lete) )we)ter )vo n )waz vn) der mac getvo n

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

31.25 31.26

dc mvo z ie dirre gelten )elch gelvcke kvmt vm) )elten.

Blatt 4rc 31.27 31.28 31.29 31.30 32.01 32.02 32.03 32.04 32.05 32.06 32.07 32.08 32.09 32.10 32.11 32.12 32.13 32.14 32.15 32.16 32.17 32.18 32.19 32.20 32.21 32.22 32.23 32.24 32.25 32.26 32.27 32.28 32.29 32.30 33.01

[. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] dc [...] D e) morgen[. ..] vor der porte gegen dem palas ouch wart von dem kvo nen man cleinode) vil gevuo ret dan dc er durch vn)er )cilte )tach de) man vuo r groze ko)te iach do ez die kroierere brachen drabe er valte vn) manigen rit abe er lat )ich gerne )coˆuwen in lobent ouch vn)er vroˆuwen )wen wıˆp lobent d wirt bekant er haˆt den pri) ze )iner hant. vn¯ )in) hertzen wunne nv het div mve de )vnne ir liehten blic hin zir gele)en de) banche) mve )e ein ende we)en der ga)t mit )inem wirte reıˆt er vant )in ezzen albereit. Ich wil iuch von ir )pi)e )agen div wart mit zvhten vur getagen man dient ir ritterliche

415

416 33.02 33.03 33.04 33.05 33.06 33.07 33.08 33.09 33.10 33.11 33.12

V Anhang

div kivniginne riche kom )tolzliche vur )inen ti)ch hie )tvo nt d reiger dort d vi)ch )i waz durch dc hin zim gevaˆrn vn¯ wolte )elbe daz bewarn dc man )in pflege wol ze vrouwen ¯¯ mit iuncvrowen )i............ mag kom vn¯ knıˆete nid dc wc im leit mit ir )elber hant )i )neıˆt dem ritter )pi)e vmb )in heil div vrouwe wc ir ga)te) geil

Blatt 4va 33.13 33.14 33.15 33.16 33.17 33.18 33.19 33.20 33.21 33.22 33.23 33.24 33.25 33.26 33.27 33.28 33.29 33.30 34.01 34.02 34.03 34.04 34.05 34.06 34.07 34.08

[. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] leben) m[. ..] )elchen eren [. ..]b ich mich )olte [...]eˆre )o weˆre hin )an an [...]ch geg[. ..] de) pflegen) de) ich were wert S one weˆret ir niht [. ..] geriten g[.. .]tar ich iv de) [.. .]we biten )o lat mich in [...]a der maze lebn ir habt mir eˆren ze vil gegeben. Sine wolt ouch de) niht lazen da )iniv kinder )azen )i bat )i ezzen va)te diz bot )i zeren ir ga)te gar di)iv iuncherrelin waren holt der kivnigin dar nach div vrov we niht vgaz )i gienc ouch da dere wirt )az

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

34.09 34.10 34.11 34.12 34.13 34.14 34.15 34.16 34.17 34.18 34.19 34.20 34.21 34.22 34.23 34.24 34.25 34.26 34.27 34.28

vn¯ de) wıˆp div bvrcgravin ir becher huo p div kivnigin S i )prach la dir bevolhen )in v)ern ga)t div ere i)t din dar vmbe ich iv beidiv man )i nam vrl[o]up. do vur )i dan aber wider vuˆr ir ga)t de) hertze truo c ir minnen la)t dc )elbe ouch ir von im ge)cach al) ir oˆuge vn¯ ir hertze iach div mvo )en) mit ir pflihte han mit zvhten )pach div vrov we )an gebietet herre )wez ir gert dc )caffich wan ir )it ez wert vn¯ lat mich ıˆuweren vrlop han wirt iv hie guo t gemach getan de) vrowen wir vn) vber al guldin waˆren ir kerze)tal vıˆer lieht man vor ir druffe truo c )i reıˆt ov ch da )i vant genvo c.

Blatt 4vb 34.29 34.30 35.01 35.02 35.03 35.04 35.05 35.06 35.07 35.08 35.09 35.10 35.11 35.12 35.13 35.14 35.15

[. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..]ettete de[m] [...] [. ..]rt mit vlize [...] [. ..])pach der wirt ze[. ..] nv )v[. ..] ir )lafen va)te vn¯ rivwet hint de) w[...]rt [...] w[a]nde[r] den )inen dc gebot )i )olten dannen keren de) ga)te) iuncherren der bette allvmbe dc )ine lac

417

418 35.16 35.17 35.18 35.19 35.20 35.21 35.22 35.23 35.24 35.25 35.26 35.27 35.28 35.29 35.30 36.01 36.02 36.03 36.04 36.05 36.06 36.07 36.08 36.09 36.10 36.11 36.12 36.13 36.14

V Anhang

ir houbet dar an wan er de) phlac da )tvnden kerzen harte groˆz die brvnnen lieht den helt vdroˆz dc )u) lanc waz div naht. in brahte dicke in vnmaht div )wartze morinne de) lande) kivniginne E r want )ich dicke al)am ein wit dc im erkrachten gar div lit )trit vn¯ minne wc )in ger nv wun)chent dc man) in geweˆr )in htze gap von )tozzen )cal wand ez nach ritt)cefte )wal dc begunde dem recken )ine bru)t beide er)trecken )o div )eˆne tuo t dc armbru)t do wc ze drete )in gelu)t der herre )vnder )lafen lac vnz er ko) den grawen tac d gap dannoch niht liehten )cin do muo )e ouch da bereit )in zer me))e ein )in kapelan der )i got vmminne )an M an truo c )in harna)c dar zehant er reıˆt da er tio)tieren vant do )az er ander )tunde vf ein or) dc beidiv kvnde hurteclichen dringen vn¯ )nellichen )pringen

Blatt 4vc 36.15 36.16 36.17 36.18 36.19 36.20 36.21 36.22

[. ..] zoch [. ..][m]e hoch [. ..]n )ach [. ..]ver iach [. ..])o minnenclich [. ..]n )in gelich [. ..]tarkiv )per da bi [. ..]m[i]eret )i

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

36.23 36.24 36.25 36.26 36.27 36.28 36.29 36.30 37.01 37.02 37.03 37.04 37.05 37.06 37.07 37.08 37.09 37.10 37.11 37.12 37.13 37.14 37.15 37.16 37.17 37.18 37.19 37.20 37.21 37.22 37.23 37.24 37.25 37.26 37.27 37.28 37.29 37.30

[. ..])en truo c ein dach [. ..])lege de) gemach [. ..][a]nder decke laˆc [. ..][w]ere waˆc [. ..]mit [. ..] [. ..]mardi dc war[.. .] geworht da ze arabi dar[a]n ich livge niemen )ine )cilt rıˆemen )wc der da zvo gehorte wc ein vnverblichen borte mit ge)teine harte tıˆvre geli[vtert] indem vıˆvre wa) )in buckel rot golt )in dien)t nam d minnen )olt. Min )carpfer )trit in ringe waˆc div kivnigin inden ven)tern lac da bi ir )azen vrouwen mer nv )eht dort hielt ouch Hivteger alda im eˆ der pri) ge)cach do er di)en ritter komen )ach zvo zim galopieren hie nv dahter wenne oder wıˆe kom dirre frantzoy´s indiz lant wer hat den )toltzen her ge)ant het ich den vuˆr einen mor )o were min be)ter )in ein tor die doch von )prvngen niht beliben ir or) mit )porn )i beide triben vzzem walap in die rabin )i taten ri[. ..]r) ellen )cin der tio)t ein ander )i niht lugen die )pizen gegen den luften vlugen von de) )toltzen Hivtegerz )per ouch valte in )in) )trite) wer hinderz or) vf dc graz vil vngewent er de) waz

419

420

V Anhang

V.2.2 Fragment 42 Blatt 1 enthielt die Verse 463.8– 468.24, die bis auf drei noch sichtbare, rote Initialen aufgrund von Abschabung unleserlich sind. Auch die untere Hälfte von Blatt 2rb wurde abgeschabt. Die letzten vier Zeilen auf Blatt 2vb blieben unbeschrieben.74 Blatt 2ra 468.25 468.26 468.27 468.28 468.29 468.30 469.01 469.02 469.03 469.04 469.05 469.06 469.07 469.08 469.09 469.10 469.11 469.12 469.13 469.14 469.15 469.16 469.17 469.18 469.19 469.20 469.21 469.22

ze[. ..][r] mvn)alvah)e bi dem gral durch aventivre. div alle mal ritent manege rei)e die )elben Templei)e )w[a] )i kvmber od pi) beiagent vur ir )vnde )i daz tragent da von ein werlichir )char ich wil ivˆ kvnden vmbe ir nar )i lebnt von einem )teine de) ge)lehte i)t vil reine habt ir de) niht erkennet d wirt ıˆv hie genennet er heizet ja)pis exillis von d craft die d fenis vbrinnet daz er ze a)chen wirt div e)che im abr lebn birt Svs rert d fenix die mvˆze )in vn¯ git danach vil liehten )chin dc er )choe ne wirt al) eˆ ov ch wart nie men)chen )o weˆ )welhe) tage) ez den )tein )iht die wochen magez er)terben niht div aller )chiere)t da nach ge)tet )in varwe im ouch niem zer get man mvo z im )elher varwe iehen da mit ez hat den )tein ge)ehen ez )i magt od man al) do )in be)te zil huo p an

74 Vom Schreiber ergänzte Verse (413.17 f.) werden durch Unterpungierung gekennzeichnet. Nicht mehr lesbare Stellen werden in eckige Klammern gesetzt, ebenso unsichere Lesungen.

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

469.23 469.24 469.25 469.26 469.27 469.28 469.29 469.30 470.01 470.02 470.03 470.04 470.05 470.06

Sehe) den )tein zwei hvndert iar im wurde gra )in har Selhe craft den men)chen git d )tein daz im vlei)ch vn¯ bein ivgent enpfahnt )vnd twal d )tein i)t ov ch genant d gral dar vf kvmt hivte ein bote)chaft dar an doch liget )in hohe)te craft Ez i)t hivte d karvrietac daz man vwar da warten mac ein tov . tvbe von himele )winget vffen )tein div bringet ein cleine wıˆz oblat vffe dem )teine )i div lat

Blatt 2rb 470.07 470.08 470.09 470.10 470.11 470.12 470.13 470.14 470.15 470.16 470.17 470.18 470.19 470.20 470.21 470.22 470.23 470.24 470.25 470.26 470.27 470.28 470.29

div tuˆbe i)t durchlivhtic blanc ze himele tuo t )i wider wa[...] ie[m] alle kar[.. .]ıˆetage bringet )i vffen )tein al)ich ivˆ )age da von d )tein [...]pfeˆhet )waz guo te) v[.. .] erden dreˆhet von trinche[.. .] von )pi)e al) den wun[...]dy)e ich meine )wa[...] erde ......... mac gebern d )tein )i vurb[. ..]e )ol wern )waz wilde) vnd[. ..] lufte lebt ez vliege. ez [. ..] od ez )webt d riterlichen b[.. .]r)chaft die pfrvo nde in [...] gral) craft die abr zem [.. .] benant horet wie die [. ..]nt zende an de) )t[...] dr[.. .][m] von karacte[...] )eit )inen [...] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..]

421

422 470.30 471.01 471.02 471.03 471.04 471.05 471.06 471.07 471.08 471.09 471.10 471.11 471.12 471.13 471.14 471.15 471.16 471.17 471.18

V Anhang

[. ..] S[. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..] [. ..]

Blatt 2va 471.19 471.20 471.21 471.22 471.23 471.24 471.25 471.26 471.27 471.28 471.29 471.30 472.01 472.02 472.03 472.04 472.05 472.06

die edeln vn¯ die werden mvo )en vf die erden ze dem )elben )teine d )tein i)t iemer reine [. ..]chn weiz ob got uf )i vkoˆ) [. ..]d ob er )i vurbaz vloˆs waz daz )in reht er nam )i wider de) )teine) pfligt iem )ider die got dar zvo benande vn¯ in )inen engel )ande herre )vs )tet ez vmben gral. [. ..] )pach abr parcifal mac riter)chaft de) libe) pri) vn¯ doch d )ele parady) [. ..]agen. mit )chilte vn¯ mit )per. So waz ie riter)cat min ger [. ..]ch )treit ie )wa man )triten vant )o daz min werliche hant

V.2 Vollständige Transkriptionen der ›Parzival‹-Fragmente 32 und 42

472.07 472.08 472.09 472.10 472.11 472.12 472.13 472.14 472.15 472.16 472.17 472.18 472.19 472.20 472.21 472.22 472.23 472.24 472.25 472.26 472.27 472.28 472.29 472.30 473.01

)ich nahte dem pi)e [. ..])t got an)trite wi)e der )ol mich dar benennen da))i mich da bekennen min hant da dien)t niht vbirt. [. ..] )pach abr )in kiv)cer wirt [. ..]r mve zet ald[...] vor hochvart mit )enften willen )in be)part bewart [. ..]vˆ vleite lihte iuwer ivgent dc ir der kiv)che brechet ir tvgent [. ..]offart ie )eˆic vn¯ neic viel [. ..]pach d wirt. ietwederz ov ge im wiel do er an diz mere gedahte [. ..]az er da mit rede vol brahte. Do )pach er herre ein kvnec da wa) der hiez vn¯ heizet noch anforta) [. ..]az )olıˆv vn¯ mich erb armen [. ..]mer mer erbarmen [. ..]mbe )ine herzebere not [. ..]ie hoch var[...] im ze loˆne bot [. ..]n ivgent vn¯ )in richeit [. ..] werlte an im vuo cte leit [. ..]n¯ daz er gerte minne [. ..]er halp der kiv)che )inne [. ..] )ite i)t niht dem grale reht

Blatt 2vb 473.02 473.03 473.04 473.05 473.06 473.07 473.08 473.09 473.10 473.11 473.12 473.13

da mvo z d riter vn¯ d kneht bewar[...] )ich vor lo)heit demvo t. hochvart ie vber )treit da von ein werdiv bruo d)chaft die hant mit werlich ivcher craft erwert mit ir handen der diet von allen landen daz d gral i)t vmbe kant wan dier dar )int benant ze mvn)alvah)e an) gral) )char wan ein riter kom vngennennet dar d )elbe waz ein tvmber man

423

424 473.14 473.15 473.16 473.17 473.18 473.19 473.20 473.21 473.22 473.23 473.24 473.25 473.26 473.27 473.28 473.29 473.30 474.01 474.02 474.03 474.04 474.05 474.06 474.07 474.08 474.09 474.10 474.11 474.12 474.13

V Anhang

vn¯ vuo rte ov ch )vnde mit im dan daz er niht zem wirte )pach vmbe den kvmber den er an im )ach in )olte niemen )c[e]lten .................................................... doch mvo z er .... )vnde engelten daz er niht vragte de) wirte) )chaden er waz mit kvmbere )o beladen ezn wart nie bekant )o hohen pin da von kom roi) lehelin ze Brvmbange an den )eˆ geriten durch tio)t hete in da erbiten lybbeal) der werde helt de) tot mit tio)t wart er welt er waz geborn von prienlaior) lehelin de) helde) ors dannoch zoch mit )iner hant da wart der reˆ rovb erkant herre )it irz lehelin )o )tet in dem )talle min den or)en ein glich gevar die da horent an) gral) )char An dem )atel ein tvrteltvbe )tet daz or) von Mvn)alvah)e get div wapen gap in Anforta) do er d vroe den herre wa) ir )chilte )int von alter )o

V.3 Tabelle der Gliederungszeichen Der Vergleich der Gliederungszeichen erfolgt bis zum Abbruch von Handschrift T bei Vers 572.30. Vollständig erfasst sind die Initialen der Handschriften D und T. Die dritte Spalte berücksichtigt die Textgliederung der Lachmann-Edition. Die Abkürzung ‚SL‘ bedeutet, dass Lachmann an der betreffenden Stelle einen Sinnabschnitt gesetzt hat. ‚S‘ zeigt an, dass der Vers in Lachmanns Edition mit einer Satzgrenze zusammenfällt. Bei ‚0‘ wiederum steht das betreffende Gliederungszeichen im Satz. Gelegentlich wird ‚0?‘ angegeben, wodurch angezeigt wird, dass hier eine Satzgrenze denkbar erscheint, Lachmann aber keine gezogen hat.75 Die Interpunktion Lachmanns wird zum Vergleich herangezogen, um zu zeigen, wo eine Sinneinheit oder eine Satzgrenze vorliegen könnte. Diese – notwendigerweise subjektive – Interpunktion ist lediglich als Orientierungshilfe aufzufassen. In der vierten Spalte werden die Majuskeln von D vollständig verzeichnet. Die Majuskeln von T werden hingegen nur dann angegeben, wenn eine Überschneidung mit einem Gliederungszeichen von D vorliegt. Die Majuskeln in T stellen eine unsichere Größe dar, da sie – zumindest in einigen Abschnitten – häufiger als in D vorkommen und der Schreiber über seine Vorlage hinausgehend solche Subgliederungszeichen in den Text gesetzt haben dürfte. Es empfahl sich daher, stets D als Ausgangsbasis des Vergleichs heranzuziehen. Eigennamen, die in beiden Handschriften in der Regel groß geschrieben werden, sind nur dann vermerkt, wenn die Gliederungsfunktion durch Herausrückung der Majuskel in T angezeigt wird.76 In der sechsten Spalte werden jene Handschriften verzeichnet, die Gliederungszeichen mit D oder T an der betreffenden Stelle teilen.77

75 In wenigen Fällen wurde eine Satzgrenze gegen Lachmann bestimmt. Diese Fälle sind mit Rufzeichen gekennzeichnet. 76 N = Name in D, V = Versal in T. 77 Aus drucktechnischen Gründen wurde die Tabelle reduziert. In der ungedruckten Fassung dieser Arbeit (Basel 2007) sind zusätzlich die Initialen der weiteren *THandschriften U W und T sowie jene der *T-Fragmente verzeichnet. Auffällig häufig sind Überschneidungen von Majuskeln in T mit Initialen der übrigen *T-Handschriften.

426

V Anhang

D Initialen T Initialen 1.1 –– 2.23 3.3 –– 3.25 –– –– 4.27 –– 5.29 –– 6.29 8.1 –– 9.3 –– 9.29 –– 11.1 –– –– 12.3 13.3 –– –– 14.3 15.5 16.11 –– –– 17.15 18.17 19.17 20.19 –– 21.19 –– 22.19 –– –– 23.19 24.21 –– 25.23 –– 26.25 –– –– 27.25 ––

1.1 –– 2.23 –– 3.11 3.25 –– –– 4.27 –– 5.29 –– 6.29 –– 8.27 –– –– 9.29 –– 11.1 –– –– 12.3 –– 13.9 13.25 –– –– –– 16.19 –– 17.15 18.17 19.17 20.19 –– –– 22.3 –– 22.27 –– –– 24.21 –– 25.23 –– –– 27.9 27.23 –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

SL –– SL S SL SL –– –– SL –– SL –– SL SL SL 0 –– SL –– SL –– –– SL SL S S SL 0 S SL –– S SL SL SL –– S SL S SL –– S SL –– S –– S S S 0 ––

–– 1.15 –– –– –– –– 4.3 4.9 –– 5.23 –– 6.7 –– –– –– –– 9.17 –– 10.9 –– 11.9 11.23 –– –– –– –– –– –– –– –– 17.9 –– –– –– –– 21.9 –– 22.3 –– –– 23.7 –– –– 24.28 –– 26.1 –– 27.9 –– –– 28.21

–– 1.15 –– –– –– –– –– 4.9 –– –– –– 6.7 –– 8.1 –– –– 9.17 –– 10.9 –– 11.9 11.23 –– –– –– –– –– –– –– –– 17.9 –– –– –– –– 21.9 –– –– –– –– –– –– –– –– –– 26.1 26.25 –– –– –– ––

alle (I om.) m–– no – UVW – –– –U– – UV – L§ Z –– mn – W – G mn – UV – LQZ ––L – UV – LOQZ mn – – – UV – QZ – UVW – LMOZ mno – UVW – –– –W– mn – UV – LQZ –– – UVW – GLMQZ mno – – –– n – UVW – LQRZ –W– – – LRZ – UV – –– –– –– –W– mn – – – W – LQRZ – UVW – LQRZ m – UVW – LRZ – VW – LQRZ ––M –W– mn – M – W – LZ – UV – mno –W– – W – GLQRZ –– – W – GLQ mno – UV – OR – – QZ –– n – W – LQRZ m–– ––

427

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen 28.27 –– 29.27 –– –– 30.29 31.27 –– 32.29 –– 33.29 –– 34.29 –– 35.29 37.1 –– 38.1 –– 39.3 –– –– 40.3 –– 41.3 –– –– –– 42.3 –– 43.3 –– 44.1 –– –– –– 45.3 –– –– 46.3 –– –– 47.5 –– –– 48.5 –– 49.5

28.27 –– 29.27 –– –– –– –– 32.27 –– –– –– –– 34.29 –– –– –– –– –– –– –– 39.11 –– –– 40.11 –– 41.9 –– –– –– 42.7 –– 43.9 –– 44.11 –– 45.1 –– –– 45.29 –– –– 46.27 –– –– –– –– 48.17 ––

Sinnabschnitt S –– SL –– –– SL S S SL –– 0 –– SL –– S S –– S –– 0 SL –– 0 S 0 SL –– –– 0 SL S SL SL S –– SL 0 –– SL S? –– SL S –– –– 0 SL S

D Maj. –– 29.17 –– 30.4 N 30.7 –– –– –– –– 33.21 –– 34.21 –– 35.9 –– –– 37.21 –– 38.13 –– 39.11 39.29 N –– 40.11 –– –– 41.21 41.30 N –– 42.7 –– 43.9 –– –– 44.17 –– –– 45.17 45.29 –– 46.15 46.27 –– 47.17 47.23 –– –– ––

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– mn – UV – LOQRZ 29.17 m–M –– – UV – LOQRZ 30.4 V –– 30.7 mn – – 30.29 – W – LQRZ 31.27 – – LQRZ –– ––O 32.29 m – UV – LQZ –– ––G –– –– –– –– –– mn – V – LQRZ 35.9 –W– –– –– –– – – MO 37.21 m–– –– ––M 38.13 – – QRZ –– –– –– – W – LQRZ [39.13: mn – –] 39.29 V ––G –– –– –– mno – UVW – LMQRZ –– –– –– mn – VW – LQRZ 41.21 – – MO 41.30 V –– –– –– –– mn – VW – LQRZ –– –– –– mno – UVW – LQRZ –– ––M –– – – LQR 44.17 –– –– – UVW – LMO –– –– 45.17 ––M –– mno – UVW – ILQ –– –– –– ––M –– – UVW – GILQR 47.5 mn – – –– –– 47.23 –– –– –– –– mno – – –– ––

428

V Anhang

D Initialen T Initialen –– –– –– 50.7 –– –– 51.5 –– –– –– 52.17 53.19 –– 54.21 –– –– –– –– 55.21 –– 56.27 –– –– 57.27 58.27 –– 59.27 –– –– 60.27 –– 61.27 –– –– –– 62.27 –– 63.27 –– 64.29 –– –– –– 65.29 66.29 ––

–– –– 50.1 –– –– –– –– –– 51.27 –– 52.17 –– 53.27 –– 54.27 –– –– –– –– –– 56.27 –– 57.15 –– 58.27 –– –– 60.3 –– –– 61.13 –– 61.29 –– 62.21 –– –– –– 64.13 –– –– 65.11 –– –– –– 67.5

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– –– S SL –– –– S? –– SL –– SL S S S SL –– –– –– SL –– SL –– SL S SL –– 0 S –– SL SL 0 SL –– S SL –– SL SL 0 –– SL –– SL S S

49.20 49.27 –– –– 50.17 50.25 –– 51.19 –– 52.9 –– –– 53.27 –– 54.27 55.3 55.9 55.17 –– 56.5 –– 57.9 57.15 –– –– 59.3 –– –– 60.9 –– –– –– –– 62.7 –– –– 63.13 –– 64.13 –– 65.5 –– 65.23 –– –– ––

49.20 49.27 –– 50.7 50.17 –– –– 51.19 –– 52.9 –– –– –– –– –– 55.3 55.9 55.17 55.21 –– –– 57.9 –– –– –– 59.3 –– –– 60.9 60.27 –– –– –– –– –– –– 63.13 63.27 –– –– 65.5 –– 65.23 65.29 66.29 ––

–– –W–L – – IMO –– – UV – G – W – LQ –– –– – VW – LQZ mn – – ––I –– – VW – ILQZ –– mn – UVW – LQRZ ––M –– mno – W – G – – L§O ––L – UVW – GLMRZ –– mno – W – LR – UW – RZ mno – UVW – LMOQZ ––I –W–M –– mn – U – I m – UW – ILMQZ ––I –– – UW – LMQZ –– m–– –W– –– mno – VW – LRZ mn – U – L§ –– –– – – IL – UVW – – V – IMQRZ –V– – – L§ MZ

429

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– –– 67.29 –– –– –– –– 69.5 –– –– –– 70.13 71.7 –– –– 72.9 –– 73.7 –– 74.5 –– –– 75.3 –– –– 76.5 –– 77.5 –– –– 78.5 –– –– –– 79.7 –– –– 80.7 –– –– 81.11 –– –– –– 82.13 ––

–– –– –– –– 68.17 –– –– –– 69.21 69.29 –– –– –– –– 71.29 –– –– –– 73.11 74.5 –– 75.1 –– –– 76.1 –– 76.23 –– –– 77.29 –– –– –– 78.25 –– –– –– –– –– –– –– 81.15 –– –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– –– S –– SL –– –– S SL SL –– SL SL –– SL SL –– S SL SL –– S 0 –– SL 0 SL S –– SL S –– –– S 0 –– –– 0 –– –– 0 SL –– –– SL ––

67.11 67.21 –– 68.3 –– 68.19 68.29 –– –– 69.29 70.7 –– –– 71.20 –– –– 72.17 –– –– –– 74.21 –– –– 75.23 –– –– 76.23 –– 77.19 77.29 –– 78.17 78.21 –– –– 79.13 80.3 –– 80.19 81.5 –– –– 81.27 82.3 –– 82.21

–– –– –– 68.3 –– 68.19 68.29 –– –– –– 70.7 70.13 71.7 –– –– 72.9 72.17 –– –– –– om. –– –– 75.23 –– –– –– –– 77.19 –– –– 78.17 –– –– –– 79.13 80.3 –– –– 81.5 –– –– 81.27 –– 82.13 82.21

–– –– –W– mn – UV – LMRZ –– –– – UVW – LQRZ –– –U– mn – UVW – ILRZ – W – GLQRZ mn – IM –– –– –– mn – I ––G –– – UV – I mn – – –V– – W – LMOQRZ –– mn – UV – I – W – LORZ –– mn – UVW – L –– mno – UV – – W – GLRZ ––I –U– –– ––I –– mn – V – IM – UVW – LQRZ –– –– – UVW – LQRZ –– –– mn – – –– –U– mno

430

V Anhang

D Initialen T Initialen –– –– 83.13 –– –– 84.13 –– –– 85.13 –– 86.11 –– –– 87.9 –– 88.11 –– –– 89.7 –– –– 90.9 –– –– –– 91.9 –– –– 92.9 –– –– –– 93.11 –– –– –– 94.11 –– 95.11 –– 96.11 –– –– 97.13 –– ––

83.5 –– –– –– –– –– –– 85.5 –– –– –– 86.29 –– –– 88.7 –– –– –– 89.7 –– –– –– 90.15 –– –– –– 91.13 –– 92.9 –– 93.1 –– –– –– –– 94.5 –– –– –– 95.27 –– 96.23 –– –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

SL –– 0? –– –– SL –– SL S? –– SL SL –– 0 SL S –– –– SL –– –– S S –– –– SL S –– SL –– SL –– SL –– –– S SL –– SL SL SL SL –– SL –– ––

–– 83.7 –– 83.17 84.3 –– 84.19 –– –– 86.5 –– 86.29 87.7 –– –– –– 88.23 89.1 –– 89.21 89.29 –– –– 90.17 90.29 –– –– 91.29 –– 92.23 –– 93.5 –– 93.23 93.29 –– –– 94.29 –– 95.27 –– 96.23 97.5 –– 97.25 98.7

–– 83.7 –– 83.17 –– 84.13 –– –– –– 86.5 86.11 –– 87.7 –– –– –– –– 89.1 –– 89.21 om. –– –– 90.17 90.29 91.9 –– 91.29 –– 92.23 –– –– 93.11 –– 93.29 –– 94.11 –– 95.11 –– 96.11 –– 97.5 97.13 97.25 ––

– UV – IQRZ –– –– ––G – – LR –– –– mn – UW – LQRZ –– – UVW – GIL § RZ mno – UV – L – W – QRZ ––I mno – UVW – ILRZ –– –– – – MO – W – LQRZ mn – – –– ––L –– –– –– – W – LQZ m–I –– – VW – ILRZ –– ––O –– mno – UVW – ILRZ –W– –– – – L§ mn – W – LQRZ ––M – UVW – ILRZ mn – L§ – W – LQRZ – – IL § –– mno – UVW – LRZ –– ––

431

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen 98.15 –– –– –– 99.17 –– 100.19 –– 101.21 –– 102.23 –– 103.25 104.25 –– –– 105.27 –– 106.29 107.29 –– 109.1 –– –– 110.3 –– –– 111.3 112.5 –– –– 113.5 –– –– 114.5 –– –– 115.5 –– –– –– 116.5 –– –– 117.7 ––

98.15 –– –– –– –– 99.27 100.19 –– 101.21 –– –– 103.15 –– –– 105.1 –– –– –– 106.29 107.29 –– 109.1 –– –– –– –– 110.23 –– 112.5 –– –– 113.5 –– –– 114.5 –– –– 115.5 –– –– –– 116.5 –– –– 117.7 117.29

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

SL –– –– –– S S SL –– SL –– SL SL SL SL SL –– S –– SL SL –– SL –– –– 0 –– SL SL SL –– –– SL –– –– SL –– –– SL –– –– –– SL –– –– SL SL

–– 98.23 98.29 99.7 –– 99.27 –– 101.7 –– 102.19 –– –– –– –– –– 105.11 –– 106.7 –– –– –– –– 109.13 109.19 –– 110.11 110.23 –– –– 112.9 112.21 –– 113.17 113.27 –– 114.23 114.29 –– 115.15 115.21 115.25 –– 116.13 116.25 –– 117.29

–– 98.23 –– 99.7 –– –– –– 101.7 –– 102.19 102.23 –– 103.25 104.25 –– 105.11 105.27 106.7 –– –– –– –– 109.13 109.19 –– –– –– 111.3 –– 112.9 112.21 –– 113.17 113.27 –– –– –– –– –– 115.21 115.25 –– 116.13 –– –– ––

mn – UV – LQRZ ––I ––O ––L – W – LQZ –– – UVW – IRZ –– mno – UVW – LRZ –– mn – UVW – ILRZ – – L§ mn – UVW – GILMQRZ – UVW – LRZ mno – O –– –– –– – UVW – ILQZ – UVW – LQRZ –– UVW – ILOQRZ –– – – IM – W – RZ ––I –– – W – GLRZ – W – LQRZ – – IL –– – VW – ILR –– –– mno – UVW – GILRZ ––I –– mn – UVW – LQRZ ––G –– –– mno – UVW – ILQRZ ––M –– mn – UVW – LRZ m––

432

V Anhang

D Initialen T Initialen 118.7 –– –– 119.9 –– –– –– –– 120.11 –– –– –– 121.13 122.13 –– –– 123.13 –– –– –– 124.15 –– –– 125.17 –– –– –– –– 126.19 –– –– –– 127.21 –– –– –– –– –– 129.5 –– 130.3 –– 131.3 –– 132.1 ––

–– –– –– 119.9 –– –– –– 120.7 –– –– –– 121.3 –– 122.13 –– –– –– –– –– –– 124.15 –– –– 125.17 –– –– –– –– 126.19 –– –– 127.19 –– –– –– 128.13 –– 129.2 –– 129.27 –– 130.29 –– –– 132.1 ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

SL –– –– SL –– –– –– S SL –– –– SL –– SL –– –– 0 –– –– –– SL –– –– SL –– –– –– –– SL –– –– S S –– –– SL –– S –– SL SL S SL –– SL ––

–– 118.23 118.29 –– 119.13 119.25 119.29 –– –– 120.23 120.29 –– –– –– 122.21 123.3 –– 123.19 124.1 124.11 –– 125.1 125.11 –– 125.27 126.3 126.9 126.15 –– 127.1 127.11 –– –– 127.25 128.3 128.13 128.25 –– –– 129.27 –– –– –– 131.22 –– 132.15

118.7 118.23 118.29 –– –– 119.25 119.29 –– 120.11 –– 120.29 –– –– –– 122.21 123.3 123.13 –– 124.1 124.11 –– 125.1 –– –– 125.27 126.3 126.9 126.15 –– 127.1 127.11 –– 127.21 127.25 128.3 –– –– –– –– –– –– –– 131.3 131.22 –– 132.15

– W – LRZ –– –– mn – W – ILQRZ –– –– –– ––R mn – VW – LQRZ –– –– –– mn – UVW – ILORZ mno – W – GILRZ –– ––O – – LQR mn – W – ––O –– mn – W – ILQRZ – – GO –– mno – UVW – LRZ ––I ––M ––I –– – UVW – QRZ mn – I –– – W – ILZ –– –– ––M – mno – UVW – LRZ –– –– mn – UVW – ILOQRZ – W – LORZ –– – UV – LMORZ –– –– m – W – ILRZ ––

433

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– 133.3 –– –– –– 134.5 –– 135.7 –– 136.9 –– –– 137.9 –– –– –– –– 138.9 –– 139.9 –– –– 140.9 –– –– 141.11 –– –– –– 142.13 –– –– –– 143.15 –– –– –– –– 144.17 –– 145.17 –– –– 146.19 –– ––

–– 133.3 –– –– 133.29 –– –– 135.7 –– 136.9 –– –– –– 137.13 –– –– –– 138.9 –– –– 139.23 –– –– –– –– –– 141.25 –– 142.11 –– –– –– 143.11 –– –– –– 144.5 –– –– –– –– –– –– –– –– 147.9

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– S –– –– SL S –– SL –– SL –– –– 0 SL –– –– –– SL –– SL SL –– SL –– –– S SL –– SL S –– –– SL SL –– –– SL –– SL –– SL –– –– SL –– SL

132.25 –– 133.12 133.21 133.29 –– 134.23 –– 135.25 –– 136.23 137.5 –– 137.13 137.20 137.27 138.1 –– 138.25 –– 139.23 140.3 –– 140.25 141.5 –– 141.25 141.29 –– –– 143.1 143.5 143.11 –– 143.21 143.29 144.5 144.11 –– 145.7 –– 145.29 146.13 –– 146.29 147.9

132.25 –– –– 133.21 –– 134.5 –– –– 135.25 –– 136.23 137.5 –– –– –– 137.27 138.1 –– 138.25 139.9 –– 140.3 140.9 –– 141.5 –– –– 141.29 –– 142.13 143.1 143.5 –– 143.15 143.21 143.29 –– 144.11 144.17 145.7 145.17 145.29 146.13 –– 146.29 ––

mno – UV – W – LORZ –– –– –– – W – GLRZ –– – UVW – ILORZ ––I mno – UVW – GILORZ mn – R –W– –– – – LMORZ [137.21: – T Maj. UV – I] –– –W– mno – UV – R m–– – UVW – LOQZ mn – IL § R –– – – ILQRZ –– ––I – W – LO m – UV – IL § –– – V – GILOQRZ –– –– –– ––Q – VW – LORZ –– ––I mno – UV – L§ ––Q – – LRZ mno – I – – GLORZ ––I –– – – ILOZ ––G mn – UVW – I

434

V Anhang

D Initialen T Initialen 147.19 –– –– –– 148.19 –– 149.19 –– –– 150.21 –– –– 151.21 –– –– –– 152.23 –– –– –– –– –– 153.23 –– –– –– 154.27 –– –– 155.29 –– –– 156.29 –– –– 158.1 –– –– 159.1 –– –– 160.1 –– 161.1 –– ––

–– –– –– –– 148.19 –– –– 149.25 –– –– 150.27 –– –– –– 152.7 –– 152.23 –– –– –– –– 153.21 –– –– –– 154.19 –– –– 155.19 –– –– –– –– 157.3 –– –– 158.13 –– –– 159.5 –– 160.1 –– 161.1 –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

SL –– –– –– SL –– S? SL –– S? SL –– SL –– S –– SL –– –– –– –– SL 0 –– –– S SL –– SL SL –– –– 0? S –– SL SL –– S SL –– 0 –– SL –– ––

–– 147.23 148.7 148.13 –– 148.29 –– –– 150.11 –– 150.27 151.7 –– 152.1 152.7 152.13 –– 153.1 153.7 153.14 153.19 –– –– 153.29 154.11 154.19 –– 155.1 155.19 –– 156.9 156.15 –– –– 157.17 –– 158.13 158.17 –– 159.5 159.25 –– 160.21 –– 161.9 161.17

147.19 –– –– 148.13 –– 148.29 –– –– 150.11 –– –– 151.7 151.21 152.1 –– 152.13 –– 153.1 153.7 153.14 153.19 –– –– 153.29 154.11 –– 154.27 155.1 –– 155.29 –– 156.15 –– –– –– 158.1 –– –– –– –– –– –– –– –– 161.9 ––

– W – RZ –– –– ––Q mno – UVW – ILORZ –– – – LORZ – UV – I –W– –– m – UV – –– – W – ILORZ –– ––M – UV – IQ mno – W – LORZ –– ––I –– –– – UV – –– –– mn – W – I –– – – ILORZ –– – UVW – ––L –– ––I mn – W – IL –– ––I – – LOQR mn – UVW – M –– – – IOQZ – – LR –– m – UV – LRZ –– m – U – ILOQRZ –– ––I

435

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– 162.1 –– –– 163.3 –– –– –– –– 164.5 –– –– –– –– 165.5 –– –– 166.5 –– –– 167.7 –– –– 168.7 –– 169.5 –– –– 170.7 –– –– 171.7 –– –– –– 172.9 –– –– –– 173.11 –– –– 174.7 –– 175.7 ––

–– –– –– 162.27 –– –– –– –– 163.27 –– –– –– –– 165.3 –– –– 165.27 –– –– 166.21 –– 167.21 –– –– 168.21 –– 169.15 –– 170.7 –– –– –– –– –– –– –– –– –– 173.7 –– –– 173.27 –– –– 175.7 ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– SL –– SL S –– –– –– S SL –– –– –– S SL –– S SL –– S 0 SL –– S SL SL S –– SL –– –– SL –– –– –– S –– –– SL SL –– SL SL –– SL ––

161.21 –– 162.15 162.27 –– 163.7 163.17 163.21 –– –– 164.11 164.21 164.27 –– –– 165.15 –– –– 166.17 166.21 –– 167.21 168.1 –– 168.21 –– 169.15 169.29 –– 170.15 170.21 –– –– 171.17 171.27 –– 172.23 173.1 173.7 –– 173.21 173.27 –– 174.19 –– 175.19

161.21 –– –– –– 163.3 163.7 163.17 163.21 –– –– –– –– 164.27 –– –– –– –– –– –– –– –– –– 168.1 168.7 –– 169.5 –– 169.29 –– 170.15 –– 171.7 –– 171.17 –– –– –– –– –– 173.11 173.21 –– 174.7 –– –– 175.19

–– – – LMOQR –– – UV – – – LORZ mn – W – –– –– –– – W – ILOR mn – – –– ––I – UV – – – LORZ –– – UW – mno – IORZ ––M – UVW – –– – UVW – ––Q –– m–U–I –W–L – UV – M –– mno – U – GORZ – – ILM –– – – ILO –– ––G –– –– –– – – IQ – UW – ORZ mo – L ––I – UV – m – W – LMORZ –– – UVW – ORZ m–I

436

V Anhang

D Initialen T Initialen –– 176.9 –– 177.9 –– 178.11 –– –– 179.13 –– 180.15 –– –– –– –– 181.17 –– –– –– 182.19 –– –– 183.21 –– –– 184.27 –– –– 185.27 –– –– –– 186.29 –– –– –– –– –– 188.1 –– –– –– 189.3 –– –– ––

–– –– –– 177.9 –– –– 178.27 –– 179.13 –– 180.15 –– –– –– –– –– 181.21 –– –– 182.19 –– –– –– –– 184.1 –– –– –– –– –– –– 186.15 –– –– –– –– –– 187.27 –– –– –– 188.25 –– –– –– 189.15

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– 0 –– SL –– SL SL –– SL –– SL –– –– –– –– S SL –– –– SL –– –– 0 –– S SL –– –– SL –– –– S 0 –– –– –– –– S SL –– –– SL 0? –– –– S

175.23 –– 176.27 –– 177.27 –– 178.27 179.7 –– 180.9 –– 180.21 181.6 181.7 181.11 –– –– 182.7 182.13 –– 182.29 183.15 –– 183.29 184.1 –– 185.9 185.19 –– 186.7 186.11 186.15 –– 187.5 187.14 187.21 187.23 –– –– 188.9 188.15 188.25 –– 189.7 189.13 ––

–– –– –– –– –– 178.11 –– 179.7 –– 180.9 –– 180.21 181.6 –– 181.11 –– –– 182.7 –– –– 182.29 –– –– 183.29 –– 184.27 185.9 185.19 185.27 –– 186.11 –– –– 187.5 187.14 187.21 –– –– 188.1 –– –– –– –– –– 189.13 ––

–– – – IL § ORZ ––I – UV – LOR –– – W – LORZ – UV – –W– mno – UVW – ILMOQRZ –– – UVW – LOZ –– –– –– m–– – W – ILOQR – UV – –– ––M – UVW – ILOQRZ mno – – –– –– ––Q – UVW – L –W– – – LR –W–Z – – IQ mno – – ––R – UVW – L –– ––L –– ––R –– – UV – mn – W – G ––R ––I mn – UV – OQ –– –W– ––M mn – U –

437

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– 190.3 –– –– –– –– 191.7 –– –– –– 192.9 –– –– –– 193.11 –– –– –– 194.13 –– –– 195.13 –– –– –– 196.15 –– –– –– –– –– 198.23 –– –– –– 199.23 –– –– –– 200.25 –– –– 201.27 –– –– 202.29

–– –– 190.9 –– –– –– 191.7 –– –– –– 192.9 –– –– –– –– 193.15 –– 194.9 –– –– –– –– –– 195.27 –– –– 196.29 –– –– –– –– –– –– 199.13 –– –– –– 200.3 –– –– –– 201.21 –– –– 202.19 ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– S SL –– –– –– SL –– –– –– S –– –– –– 0 SL –– S 0 –– –– 0 –– SL –– SL S –– –– –– –– SL –– S –– 0 –– S –– 0 –– S S –– S SL

189.21 –– 190.9 190.23 191.1 191.4 –– 191.15 191.25 192.1 –– 192.21 193.1 193.5 –– –– 193.29 194.9 –– 194.27 195.7 –– 195.21 195.27 196.3 –– –– 197.3 197.17 197.27 198.5 –– 199.3 199.13 199.15 –– 199.29 200.3 200.17 –– 201.19 –– –– 202.3 202.19 ––

189.21 –– –– –– 191.1 191.4 –– –– 191.25 –– –– 192.21 –– –– –– –– –– –– –– 194.27 195.7 –– 195.21 –– 196.3 –– –– –– –– –– 198.5 198.23 –– –– –– 199.23 –– –– 200.17 –– 201.19 –– –– –– –– ––

––I –– mn – UVW – L –– –– –– mno – UVW – I –– ––R – – IO – UVW – L –– –– – – ILO –– mno – VW – L§ – – ILMQ mn – UV – L ––G – W – LO mn – – ––M –– – UVW – ILOQ mno – – ––I mn – UVW – L ––I –– ––I –– –– ––I mno – UVW – O ––L –– – – MR – UV – mn – W – Z –– – – MZ – UVW – L – – L§ O –– – UVW – GIL § Z – – LO

438

V Anhang

D Initialen T Initialen –– –– 203.29 –– –– 205.3 –– 206.5 –– –– 207.9 –– –– –– 208.7 –– –– –– 209.11 –– –– –– –– 210.13 –– –– –– 211.15 –– –– –– 212.19 –– 213.21 –– –– 214.23 –– –– –– 215.25 –– –– 216.27 –– ––

–– 203.11 –– –– 204.13 –– 205.17 206.5 –– –– –– –– –– 207.27 –– –– 208.23 –– –– 209.15 –– –– –– –– 210.23 –– –– –– 211.21 –– 212.17 –– –– –– 213.29 –– –– –– –– –– –– 216.3 –– –– –– 217.19

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– SL S –– SL S SL SL –– –– S –– –– SL S –– SL –– S SL –– –– –– S S –– –– S SL –– SL S –– S SL –– 0 –– –– –– SL S –– 0 –– SL

203.9 –– –– 204.2 204.13 –– 205.17 –– 206.17 206.22 –– 207.17 207.23 207.27 –– 208.15 208.23 208.27 –– –– 209.25 209.29 210.5 –– 210.23 210.27 211.10 –– 211.21 212.11 212.17 –– 213.3 –– 213.29 214.8 –– 214.29 215.13 215.19 –– 216.3 216.13 –– 217.7 217.19

–– –– –– 204.2 –– –– –– –– 206.17 206.22 –– –– 207.23 –– 208.7 208.15 –– 208.27 209.11 –– 209.25 –– 210.5 –– –– –– 211.10 –– –– 212.11 –– 212.19 213.3 213.21 –– 214.8 –– 214.29 215.13 215.19 –– –– –– –– 217.7 ––

––R – UVW – Q –– –– – UW – L§ Q –– – UVW – LZ mn – U – – – LMOZ –– –– ––Z –– – UVW – L –– –– mno – UVW – GILZ –– –– – UVW – ILMO ––Z ––R – – IL –– – U – OQZ mn – W – L –– –– – UVW – Z –– – UW – ––G – – L§ O – – MZ mno – UVW – ILOR –– ––Z – UW – LOQ –– – – LMOZ –– – UVW – LQ –– –– n – UW – LQR – UV – GMZ

439

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen 217.25 –– –– –– 219.1 –– 220.1 –– –– 220.25 –– 222.7 222.29 –– –– 224.1 –– 225.1 –– 226.1 –– –– –– 226.29 –– –– –– 228.1 –– –– –– –– 229.1 –– –– 230.1 –– –– –– 231.1 –– 232.1 –– –– –– 233.1

–– –– 218.13 –– –– –– –– –– –– 220.25 –– 222.7 222.29 –– –– 224.1 –– 225.1 –– –– 226.2 –– 226.23 –– –– –– –– 228.1 –– –– –– 228.25 –– –– 229.23 –– 230.15 –– –– –– –– –– 232.5 –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

S –– SL –– SL –– 0 –– –– SL –– SL S –– –– SL –– SL –– –– SL –– SL 0 –– –– –– SL –– –– –– S SL –– SL S S –– –– SL –– S SL –– –– SL

–– 218.1 218.13 218.17 –– 219.11 –– 220.11 220.19 –– 221.7 –– –– 223.15 223.27 –– 224.19 –– 225.25 –– –– 226.10 226.23 –– 227.7 227.17 227.23 –– 228.13 228.18 228.21 228.25 –– 229.15 229.23 –– 230.15 230.21 230.23 –– 231.23 –– 232.5 232.21 232.25 ––

217.25 218.1 –– 218.17 –– –– –– 220.11 –– –– 221.7 –– –– 223.15 –– –– –– –– –– –– –– 226.10 –– –– –– –– 227.23 –– 228.13 –– 228.21 –– 229.1 229.15 –– –– –– 230.21 230.23 231.1 231.23 –– –– –– 232.25 233.1

–– – – IR mno – UW – – – IMZ – – GR ––O ––R ––O ––Z mn – UVW – L –– mn – UVW – G m – UVW – LOR – W – L§ –– mno – UVW – ILOQRZ –– mn – UVW – LMOZ –– – – ILOZ mno – UW – –– mn – UV – –– – W – ILMO –– ––I m – UW – LQZ ––I –– –– mn – UVW – IO – – LZ ––I – UVW – M – – LOZ mno – UV – –– ––I – W – LOQZ –– ––O mn – UW – IL ––I –– – – LZ

440

V Anhang

D Initialen T Initialen –– –– 234.1 –– 235.1 –– –– 236.1 –– –– 237.1 –– –– 238.1 –– –– 239.1 –– 240.1 –– –– –– 241.1 –– 242.1 –– –– –– 243.1 –– –– 244.1 –– –– 245.1 –– –– 246.1 –– –– 247.1 –– –– –– 248.1 ––

233.11 –– –– –– –– –– –– 236.1 –– –– 237.1 –– 237.21 –– –– –– –– 239.11 –– –– –– 240.23 –– –– –– –– –– 242.23 243.1 –– –– –– 244.11 –– 245.1 –– –– –– 246.5 246.23 –– –– –– –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

SL –– S –– SL –– –– SL –– –– SL –– SL 0 –– –– S SL 0 –– –– SL SL –– SL –– –– 0 SL –– –– 0 SL –– SL –– –– SL S SL SL –– –– –– SL ––

–– 233.25 –– 234.25 –– 235.8 235.15 –– 236.5 236.21 –– 237.13 –– –– 238.21 238.25 –– 239.11 –– 240.3 240.11 240.23 –– 241.17 –– 242.13 242.19 –– –– 243.9 243.25 –– 244.11 244.23 –– 245.9 245.17 –– 246.5 246.23 –– 247.13 247.19 247.26 –– 248.17

–– –– 234.1 234.25 –– 235.8 235.15 –– 236.5 236.21 –– 237.13 –– –– –– –– –– –– –– 240.3 –– –– –– –– 242.1 –– –– –– –– 243.9 243.25 –– –– 244.23 –– –– 245.17 246.1 –– –– 247.1 –– 247.19 247.26 248.1 248.17

– UVW – L§ – – GM – – IQ –– ––Z –– – – IO – – LQZ – UW – I – – IO – UVW – LMQZ ––I mno – UVW – L§ – – QZ ––I ––O – – L§ MQZ – UW – IR –– mn – UVW – Z –– – – L§ – W – GILMOZ –– – W – GILMOZ –– ––I ––M – UVW – LMZ – – IR –– –– – UVW – LR –– – UV – LMZ ––R –W– – – LMOZ – UV – – UW – L mno – Q ––O – UVW – (247.21) –– –– ––

441

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen 249.1 –– –– –– 250.1 –– –– 251.1 –– –– 251.29 –– –– 253.1 –– 253.27 –– –– 255.1 –– –– 256.1 –– 257.1 –– 258.1 –– –– –– 259.5 –– –– –– –– 260.3 261.1 –– –– 262.1 –– 263.1 –– –– 264.1 –– 265.1

–– 249.9 –– –– 250.1 –– –– –– –– 251.25 –– –– 252.27 –– –– –– –– –– 255.1 –– –– 256.1 –– –– –– 258.1 –– –– –– 259.5 –– –– –– 259.27 –– –– 261.13 –– 262.1 –– –– 263.9 –– –– –– 265.1

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

S S –– –– SL –– –– S –– S SL –– SL 0 –– S –– –– SL –– –– SL –– SL –– SL –– –– –– SL –– –– –– S SL SL S –– SL –– S S –– SL –– SL

–– –– 249.11 249.21 –– 250.13 250.17 –– 251.21 251.25 –– 252.12 252.27 –– 253.9 –– 254.11 254.17 –– 255.21 255.24 –– 256.17 –– 257.21 –– 258.5 258.15 258.24 –– 259.11 259.15 259.19 259.27 –– –– –– 261.17 –– 262.23 –– 263.9 263.27 –– 264.11 ––

249.1 –– –– –– –– 250.13 250.17 –– 251.21 –– –– –– –– –– 253.9 253.27 –– –– –– 255.21 255.24 –– –– –– –– –– 258.5 258.15 258.24 –– 259.11 259.15 259.19 –– 260.3 261.1 –– 261.17 –– –– –– –– –– 264.1 –– ––

– UW – I mno – LQRZ –– –V– – VW – –– –– – W – IL ––I mn – UVW – –– –– – UW – I ––G mn – LOQR –W– –– –– – UVW – LQRZ –– –– mno – UW – LOQRZ –– – – LORZ –– mn – UVW – R –– –W– –– – UW – LR –– –– –– – – ILOQZ – UVW – IR –– ––L –– mno – UVW – L ––I – – GLM – UW – – – LOZ n – W – IR –– mn – UVW – GM

442

V Anhang

D Initialen T Initialen –– –– 266.3 –– –– 266.29 –– 268.1 –– –– –– –– 269.1 –– 270.1 –– –– 271.1 –– –– 272.1 –– –– –– 273.1 –– 274.1 –– 274.29 –– –– 275.29 –– –– –– –– 276.27 –– –– 277.29 –– 278.27 –– 280.1 281.1 ––

–– 265.27 –– –– –– –– 267.9 –– 268.7 –– –– –– –– –– –– 270.5 –– –– –– –– 272.1 –– –– 272.19 –– 273.15 –– 274.19 –– –– –– –– 276.1 –– –– –– –– 277.1 –– –– –– 278.27 –– 280.1 –– 281.9

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– SL S –– –– S SL S SL –– –– –– SL –– S SL –– 0 –– –– SL –– –– SL SL SL SL SL 0 –– –– 0 SL –– –– –– S SL –– 0 –– SL –– SL S SL

265.15 265.27 –– 266.7 266.21 –– 267.9 –– –– 268.13 268.19 268.25 –– 269.11 –– –– 270.23 –– 271.7 271.25 –– 272.7 272.15 272.19 –– 273.15 –– 274.19 –– 275.5 275.21 –– –– 276.9 276.13 276.19 –– 277.1 277.11 –– 278.21 –– 279.19 –– –– 281.9

–– –– –– 266.7 –– –– –– –– –– 268.13 268.19 268.25 269.1 –– –– –– 270.23 –– –– –– –– –– 272.15 –– –– –– 274.1 –– –– –– –– –– –– 276.9 276.13 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– ––

–– – UVW – ILOQRZ –– – – L§ –– –– mno – UVW – IL § MR ––G –– – UW – –– mn – L ––I –– – – IL mno – UVW – G mn – LR –– –– mn – UW – LORZ –– –– –– – UVW – I mno – R – UW – mn – W – I – UV – L§ – W – OQ –W–I –– –– mn – UVW – LOQ –– –– –– –– mn – UVW – ILOQ –– –– –– –U– ––I mno – UW – ILMOQRZ – – LORZ mn – UVW –

443

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– –– 282.1 283.1 –– –– 284.1 –– –– –– 285.1 –– –– 286.1 –– –– 287.5 –– 288.3 –– –– –– 289.1 –– –– 290.3 –– –– 291.1 –– 292.1 –– 293.5 –– 294.1 –– –– 295.1 296.1 –– 296.29 –– –– 298.1 –– ––

–– –– –– –– –– 283.25 –– –– –– –– –– 285.11 –– 286.1 –– –– 287.5 –– 288.3 –– –– –– –– 289.13 –– 290.3 –– –– 291.1 –– –– –– 293.5 –– –– 294.9 –– –– –– 296.13 –– –– –– –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– –– SL 0 –– S S –– –– –– 0 SL –– SL –– –– SL –– SL –– –– –– S SL –– SL –– –– SL –– SL –– SL –– 0 SL –– SL SL SL S –– –– 0 –– ––

281.15 281.21 –– –– 283.19 283.25 –– 284.8 284.13 284.23 –– 285.11 285.21 –– 286.15 286.23 –– 287.19 –– 288.13 288.21 288.27 –– 289.13 289.23 –– 290.19 290.23 –– 291.15 –– 292.13 –– 293.17 –– 294.9 294.21 –– –– 296.13 –– 297.5 297.16 –– 298.11 298.25

–– –– –– –– –– –– –– 284.8 284.13 284.23 –– –– 285.21 –– 286.15 –– –– 287.19 –– –– –– 288.27 –– –– –– –– –– 290.23 –– 291.15 292.1 –– –– 293.17 –– –– 294.21 295.1 –– –– –– –– –– –– –– ––

–– ––I – – LOQRZ – – LOQZ –– –U–R – LQZ –– –W– mno – IL – – OR – UV – IM –W– mn – U – ILOQRZ ––I –– – UW – IL § OQRZ – – L§ – UV – ILZ –– –– mno – M –– – UW – IL § –– mn – UW – LZ –– ––I mn – UVW – L –– ––I –– – U – IZ –W– –– m – UV – ORZ – – ILR mn – L mno – – – UW – –– – – LZ –– –W– – – OQ ––

444

V Anhang

D Initialen T Initialen 299.3 –– –– –– –– 300.1 –– –– –– 301.1 –– –– –– –– 302.1 –– –– 303.1 –– –– 304.1 –– –– –– 305.1 –– –– 305.27 –– –– –– 306.29 –– –– –– 308.1 –– 309.1 –– –– 310.1 –– –– –– –– 311.1

–– –– –– 299.19 –– –– –– –– 300.23 –– –– –– 301.21 –– –– –– –– 303.1 –– –– 304.1 –– –– –– –– 305.7 –– –– –– –– –– –– –– 307.13 –– –– 308.11 –– 309.3 –– –– 310.5 –– –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

S –– –– SL –– SL –– –– SL S –– –– S –– SL –– –– SL –– –– SL –– –– –– S SL –– SL –– –– –– SL –– SL –– SL SL S? SL –– SL S –– –– –– SL

–– 299.7 299.13 299.19 299.27 –– 300.6 300.11 300.23 –– 301.5 301.13 301.21 301.26 –– 302.7 302.17 –– 303.5 303.11 –– 304.8 304.20 304.25 –– 305.7 305.19 –– 306.5 306.9 306.21 –– 307.7 307.13 307.21 –– 308.11 –– 309.3 309.13 –– –– 310.10 310.13 310.25 ––

–– –– 299.13 –– 299.27 –– –– –– –– –– 301.5 –– –– –– 302.1 302.7 –– –– –– 303.11 –– 304.8 –– 304.25 305.1 –– –– 305.27 –– 306.9 306.21 306.29 307.7 –– 307.21 308.1 –– –– –– –– –– –– –– 310.13 310.25 311.1

––Z –– ––L mn – UVW – L§ – – LZ ––I –– – – GMOR – UV – L –– –W–Z – – IOQ –U–L –– mn – V – ––Z –– – UV – LR ––Z – W – OQ mno – UVW – LRZ –– –– – – IL § R –– mn – UVW – LZ –– ––I –– –W– –– – – LM – – GIZ mn – UW – LOQR –– m–L – UVW – ORZ –– mn – OQRZ –– ––L –U– –– mno – RZ –– – UVW – G

445

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– –– 311.29 –– –– 313.1 –– –– 314.1 –– –– –– 315.1 –– –– 316.1 –– –– 317.1 –– 318.1 –– –– –– –– –– 319.1 –– –– 320.1 –– –– –– 321.1 –– 322.1 –– –– 323.1 –– 324.1 –– –– –– –– 325.1

311.9 –– –– –– –– 313.1 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 318.9 –– –– –– –– –– 319.19 –– –– –– –– –– –– –– –– –– 322.13 323.1 –– –– –– –– –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

S –– SL –– –– SL –– –– 0? –– –– –– S –– –– SL –– –– 0 –– S S –– –– –– –– SL SL –– S –– –– –– SL –– S –– SL SL –– SL –– –– –– –– SL

–– 311.15 –– 312.7 312.19 –– 313.17 313.21 –– 314.11 314.23 314.29 –– 315.7 315.17 –– 316.11 316.25 –– 317.11 –– –– 318.11 318.13 318.25 318.29 –– 319.19 319.25 –– 320.5 320.11 320.17 –– 321.13 –– 322.7 322.13 –– 323.13 –– 324.11 324.15 324.19 324.25 ––

–– 311.15 –– 312.7 –– –– –– –– –– –– 314.23 –– 315.1 –– –– –– –– 316.25 –– –– –– –– –– –– 318.25 –– 319.1 –– –– –– –– –– 320.17 –– –– 322.1 –– –– –– –– 324.1 –– –– –– –– ––

m–I ––O –– –– –– mno – UW – ––Z –– –W– –– ––I –– –W– –– – – IRZ –– –– –– –V– –– –– – UW – LO ––R –– – – QR –V– m–– mno – UW – Z –– –– –– –– ––Z –V– –– –– –– – UW – R mn – UV – I –– mn – IM – – LO –– – V – IZ –– ––

446

V Anhang

D Initialen T Initialen –– –– –– 326.5 –– –– 327.5 –– –– 328.3 –– 329.1 –– –– –– 330.1 –– –– 331.1 –– 332.1 –– –– –– 333.1 –– 334.1 –– –– 335.1 –– 336.1 –– 337.1 –– 338.1 –– –– 339.1 340.1 –– 341.3 342.1 –– –– 343.1

325.3 –– –– 326.5 –– –– –– –– 327.21 –– –– –– –– –– –– –– –– –– 331.1 –– 332.1 –– –– –– 333.1 –– 334.1 –– –– 335.1 –– 336.1 –– 337.1 –– 338.1 –– –– 339.1 –– 340.7 341.3 342.1 –– –– 343.1

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

S –– –– SL –– –– S –– S S –– SL –– –– –– SL –– –– SL –– SL –– –– –– SL –– SL –– –– SL –– SL –– SL –– SL –– –– SL S SL SL SL –– –– SL

–– 325.17 325.21 –– 326.9 326.19 –– 327.15 –– –– 328.25 –– 329.7 329.11 329.25 –– 330.7 330.17 –– 331.23 –– 332.9 332.17 332.19 –– 333.13 –– 334.11 334.27 –– 335.17 –– 336.25 –– 337.7 –– 338.15 338.25 –– –– 340.7 –– –– 342.9 342.21 ––

–– 325.17 325.21 –– 326.9 –– –– 327.15 –– 328.3 –– 329.1 –– 329.11 –– –– 330.7 –– –– –– –– 332.9 –– 332.19 –– –– –– 334.11 334.27 –– –– –– –– –– 337.7 –– –– 338.25 –– –– –– –– –– 342.9 342.21 ––

mn – UW – mn ––Z mno – UVW – –– ––Z –– m–U–O ––Z –– ––Z –– –– –– ––Z ––Q –– –– mn – UW – LQR ––Z mno – UVW – ILR –– ––G ––Z – – LMR ––O mn – UW – LQR ––I –– – UW – ILRZ ––I – UW – QRZ –– – UW – Z –– mno – VW – GILOQRZ –– ––M m – W – ILOQRZ – W – LORZ –– – W – GILORZ – VW – LOQRZ mn – – –– – W – ILMORZ

447

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– –– 344.1 –– –– 345.1 –– –– 346.1 –– –– 347.1 –– –– 348.1 –– 349.1 –– –– –– 350.1 351.1 –– 352.1 –– –– –– 353.1 –– –– 354.1 –– –– –– 355.1 –– –– 356.1 –– –– 357.1 358.1 –– –– –– 359.1

–– –– –– –– –– 345.1 –– –– –– 346.3 –– 347.1 –– –– –– –– 349.1 –– –– 349.25 –– –– 351.23 –– –– –– 352.27 –– –– 353.17 –– 354.9 –– –– –– –– 355.23 –– –– 356.27 –– –– 358.7 –– –– 359.1

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– –– S –– –– SL –– –– 0 S –– SL –– –– SL –– SL –– –– SL S 0 SL 0? –– –– SL S –– S SL S –– –– 0 –– SL 0 –– SL S SL S –– –– SL

343.9 343.17 –– 344.11 344.19 –– 345.13 345.27 –– –– 346.15 –– 347.7 347.15 –– 348.7 –– 349.11 349.17 349.25 –– –– 351.23 –– 352.15 352.19 352.27 –– 353.13 –– –– –– 354.17 354.23 –– 355.11 355.23 –– 356.25 –– –– –– 358.7 358.15 358.21 ––

343.9 343.17 344.1 344.11 –– –– 345.13 345.27 –– –– –– –– –– –– 348.1 –– –– –– 349.17 –– 350.1 –– –– –– 352.15 352.19 –– 353.1 353.13 –– 354.1 –– 354.17 354.23 –– 355.11 –– –– –– –– 357.1 358.1 –– –– 358.21 ––

–– ––I – W – ILMOQRZ mn – – –– – VW – ILORZ mn – I –– – – LRZ – – GO ––I – W – ILMORZ ––R ––I – W – ILOQRZ –– – W – ILORZ –– mno – I –V–M – W – ILRZ – W – ILOZ –V– – W – ILRZ ––I –– –V– – – ILORZ – – IM –W– – – ILORZ –V– –– mn – – –– –– mn – I – – LO –– mn – I –– –– –V– –– mn – IR – W – GM

448

V Anhang

D Initialen T Initialen –– 360.1 –– –– 361.1 –– –– –– 362.1 –– 363.1 –– –– –– 364.1 –– 365.1 366.1 –– –– –– 367.1 –– –– 368.1 –– –– –– 369.1 370.1 –– 371.1 –– 372.1 –– –– 373.1 –– –– –– –– 374.1 –– –– –– 375.1

–– 360.1 –– –– 361.1 –– 361.19 –– –– 362.19 –– 363.3 –– –– –– 364.23 Lücke –– –– –– –– –– 367.3 –– 368.1 –– –– –– 369.1 –– –– 371.1 371.17 –– 372.13 –– –– –– –– –– –– –– 374.7 –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– SL –– –– SL –– S –– S SL SL S? –– –– 0 SL –– S –– –– –– 0 SL –– SL –– –– –– SL SL –– SL SL SL SL –– SL –– –– –– –– 0 SL –– –– 0

359.15 –– 360.6 360.17 –– 361.15 361.19 361.27 –– 362.19 –– –– 363.17 363.21 –– 364.23 –– –– 366.7 366.15 366.19 –– –– 367.7 –– 368.9 368.13 368.19 –– –– 370.25 –– 371.17 –– 372.13 372.27 –– 373.5 373.9 373.15 373.27 –– 374.7 374.13 374.21 ––

359.15 –– 360.6 360.17 –– 361.15 –– 361.27 –– –– –– –– 363.17 –– –– –– –– –– 366.7 –– 366.19 –– –– –– –– 368.9 –– 368.19 –– 370.1 –– –– –– 372.1 –– 372.27 373.1 373.5 373.9 –– 373.27 –– –– 374.13 374.21 ––

––R mn – W – ILORZ ––R –– mno – ILOQRZ –– –V– –– – – ILORZ ––M – – ILOQRZ mn – W – ––I –– –– ––I mn – W – LMOR – V – ILOR –– ––I mn – – –– – – ILRZ ––G – W – ILMOQRZ –– ––I –– – n – VW – ILOQRZ – W – ILO –– – W – ILMORZ mno – V – I –W–G –V– –– –W– – LOR –– –– ––M –– – W – ILORZ –– –– ––

449

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– 376.1 377.1 –– 378.1 –– –– 379.1 –– –– 380.1 –– 381.1 –– 382.1 –– –– 383.1 –– –– –– 384.1 384.29 –– 386.1 387.1 –– 388.1 –– –– 389.1 –– –– –– –– –– 390.1 –– –– 391.1 392.1 –– –– 393.1 –– ––

375.9 376.1 –– –– –– 378.5 –– –– 379.3 379.21 –– 380.25 –– –– –– 382.9 –– 383.1 –– –– –– –– 384.29 –– 386.1 –– 387.9 388.1 –– –– –– 389.3 –– –– –– –– 390.1 –– –– –– 392.1 –– –– –– 393.7 ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

0 SL SL –– 0 SL –– 0? SL SL SL SL 0 –– SL SL –– S –– –– –– 0 SL –– SL S SL SL –– –– 0 SL –– –– –– –– SL –– –– S SL –– –– 0 SL ––

–– –– –– 377.13 –– –– 378.21 –– 379.3 379.21 –– 380.25 –– 381.11 –– 382.9 382.19 –– 383.13 383.17 383.23 –– –– 385.23 –– –– 387.9 –– 388.11 388.17 –– –– 389.5 389.15 389.21 389.25 –– 390.7 390.20 –– –– 392.7 392.17 –– 393.7 393.17

–– –– 377.1 –– –– –– 378.21 –– –– –– 380.1 –– –– 381.11 382.1 –– –– –– –– –– 383.23 384.1 –– –– –– –– –– –– 388.11 –– –– –– –– –– 389.21 –– –– 390.7 390.20 –– –– 392.7 392.17 –– –– 393.17

– GR m – W – ILORZ – – LMORZ –– –– mn – V – ––G –– m – W – ILORZ –– mno – W – ILMORZ –– –– –– – W – ILORZ –V– –– – W – ILMOR –– –– mn – – – W – GILZ – W – LORZ –– mn – W – ILMORZ – W – ILRZ –– – VW – ILORZ –– ––I ––O – VW – ILORZ –– –– ––I –– – W – LOZ – – IR –– –– – W – ILMORZ ––G – – IR –– ––R – – IR

450

V Anhang

D Initialen T Initialen 394.1 –– –– –– –– 395.1 –– –– 396.1 –– –– 397.1 –– 398.1 –– –– 399.1 –– 400.1 –– 401.1 –– 402.1 –– –– 403.1 –– –– 403.29 –– –– –– 405.1 –– –– 406.1 –– –– 407.3 –– –– –– 408.1 –– –– 409.3

394.1 –– –– 394.21 –– –– –– 395.25 –– –– –– –– 397.7 398.1 –– –– 399.1 –– 400.1 400.19 –– –– –– 402.7 –– –– 403.5 –– –– –– 404.11 –– –– –– –– 406.1 –– –– –– 407.11 –– –– –– –– –– ––

Sinnabschnitt SL –– –– SL –– 0 –– S SL –– –– S SL SL –– –– SL –– SL SL S –– S SL –– SL S –– 0 –– S –– SL –– –– SL –– –– 0? SL –– –– SL –– –– 0

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– 394.11 394.17 394.21 394.27 –– 395.17 –– –– 396.5 396.19 –– 397.7 –– 398.7 N 398.21 –– 399.11 –– 400.19 –– 401.23 –– –– 402.19 –– 403.5 403.21 –– 404.7 404.11 404.17 –– 405.15 405.19 –– 406.13 406.21 –– 407.11 407.23 407.25 –– 408.9 408.19 ––

–– 394.11 394.17 –– 394.27 –– 395.17 –– 396.1 396.5 396.19 –– –– –– 398.7 V –– –– 399.11 –– –– 401.1 401.23 402.1 –– 402.19 –– –– –– –– –– –– 404.17 405.1 405.15 405.19 –– –– 406.21 –– –– –– –– 408.1 –– 408.19 ––

– W – LORZ ––O ––I –V– –– ––G ––I –– – W – ILMORZ –– ––I – W – ILORZ mn – – – UVW – GILORZ mno – – –– mn – UW – ILMORZ –– – UVW – ILMORZ m–U– – W – ILO –– – – ILORZ mn – UW –– – – ILO – UV – mn – – –– –– mno – U – R –– mno – W – ILORZ ––I –– – U – GILORZ –– mn – – – W – ILMOZ – UV – –– –– –– –– ––I – V – ILORZ

451

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– 410.5 –– –– 411.3 –– –– 412.3 –– –– –– 413.3 –– –– 414.1 –– 414.27 –– 415.29 –– –– 417.1 –– –– 418.1 –– –– –– 419.1 –– 420.1 –– –– 421.1 –– –– 422.1 –– –– 423.1 –– –– –– 423.29 –– ––

409.5 –– 410.13 –– –– 411.17 –– 412.3 –– –– –– –– 413.13 –– 414.1 414.13 –– 415.9 –– –– 416.17 –– –– –– –– –– –– 418.23 –– –– –– –– –– 421.1 –– –– –– 422.9 –– –– 423.7 –– –– –– 424.7 ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

S S SL –– 0? SL –– SL –– –– –– 0 S! –– SL SL 0? SL 0? –– SL SL –– –– SL –– –– SL SL –– 0 –– –– SL –– –– 0 SL –– SL S –– –– S SL ––

–– –– 410.13 410.21 –– 411.17 411.25 –– 412.11 412.21 412.25 –– 413.13 413.21 –– 414.13 –– 415.9 –– 416.1 416.17 –– 417.9 417.11 –– 418.9 418.15 418.23 –– 419.29 –– 420.3 420.15 –– 421.13 421.19 –– 422.9 422.19 –– –– 423.13 423.17 –– 424.7 424.13

–– –– –– –– –– –– 411.25 –– –– –– –– –– –– 413.21 –– –– –– –– –– –– –– –– 417.9 417.11 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 421.13 –– –– –– 422.19 423.1 –– 423.13 423.17 423.29 –– ––

– UW – G ––I mn – UW – M –– – – ILORZ – UW – I –– mn – U – ILORZ –– ––I –– mn – VW – LMORZ –U– –– mn – U – IR –U– –– mn – UVW – I –– – – ILMORZ mn – UW – I – – GIOQRZ –– mno – W – – ILORZ –– –– m – UVW – – – LMORZ –– – – OZ –– ––G – UVW – GIORZ ––I –– – – LORZ –U– mno – R – – IOZ –U– –W– ––I –– mn – UW ––

452

V Anhang

D Initialen T Initialen 425.1 –– –– 426.1 –– 426.29 –– –– 428.1 –– –– 429.1 –– 430.1 –– –– –– 431.1 –– –– 432.1 –– –– –– 433.1 434.1 –– 435.1 436.1 –– –– 437.1 –– –– 438.1 –– 438.29 –– 440.1 –– 441.1 –– –– 442.1 –– 443.1

–– –– 425.15 –– 426.9 –– –– 427.19 –– –– 428.23 –– –– –– 430.5 –– –– 431.1 –– –– –– –– 432.11 –– 433.1 –– 434.11 435.1 436.1 –– –– 437.1 –– –– –– 438.17 –– –– –– –– –– –– 441.15 –– 442.9 443.1

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

SL –– SL S S S –– S SL –– SL S –– S SL –– –– SL –– –– 0 –– S –– SL 0 SL SL SL –– –– S –– –– S SL SL –– SL –– S –– S SL SL S

–– 425.11 425.15 –– 426.9 –– 427.5 427.19 –– 428.13 428.23 –– 429.13 –– 430.5 430.9 430.17 –– 431.5 431.19 –– 432.7 –– 432.23 –– –– 434.11 –– –– 436.11 436.23 –– 437.9 437.19 –– 438.17 –– 439.9 –– 440.23 –– 441.3 441.15 –– 442.9 ––

425.1 –– –– –– –– –– –– –– 428.1 428.13 –– 429.1 –– –– –– 430.9 430.17 –– –– 431.19 –– –– –– –– –– –– –– –– –– 436.11 –– –– –– –– –– –– 438.29 439.9 –– –– –– 441.3 –– 442.1 –– ––

– – ILOQRZ ––G mn – UW – I – – ILQZ – UV – –– –– –U–R mn – VW – ILOQRZ –– –– mn – VW – ILORZ –– – – ILMOR mn – U –– ––G mn – UV – ILMORZ –– ––M – V – GILOZ –W– –U– –– mno – UVW – GILOQRZ – UW – ILORZ –U– mn – UW – GLOZ – UV – GILORZ –– –– – UVW – GILMORZ –– –– – W – GILOQZ –U–I ––G mn – – – W – GLZ ––M – V – GLOZ mn – W – Q –U–I – – GLOQZ –V–R – UVW – GILOQZ

453

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– –– 444.1 –– –– 445.1 –– 446.1 447.1 –– 448.1 –– 449.1 450.1 –– 451.1 –– –– 452.1 –– 453.1 –– –– 454.1 455.1 –– 456.1 –– 457.1 –– 458.1 459.1 460.1 –– 461.1 –– 462.1 463.1 –– 464.1 –– 465.1 –– 466.1 467.1 ––

–– –– –– 444.11 –– –– 445.13 446.1 447.1 –– 448.1 448.27 –– 450.1 –– –– 451.9 –– –– 452.9 453.1 –– 453.23 –– 455.1 –– 456.1 456.29 –– 457.21 –– 459.1 460.1 –– –– 461.27 –– –– 463.27 –– –– 465.1 –– –– –– 467.11

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– –– 0? SL –– 0 SL SL SL –– SL SL S S –– S S –– SL 0 S –– SL S SL –– S S SL SL S SL SL –– 0 SL S SL S SL –– S –– SL S SL

443.5 443.21 –– 444.11 444.27 –– 445.13 –– –– 447.19 –– 448.27 –– –– 450.9 –– –– 451.13 –– –– –– 453.11 –– –– –– 455.23 –– –– –– 457.21 –– –– –– 460.19 –– –– –– –– –– –– 464.7 –– 465.21 –– –– 467.11

443.5 443.21 –– –– 444.27 –– –– –– –– 447.19 –– –– –– –– 450.9 451.1 –– –– –– –– –– 453.11 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 460.19 –– –– –– –– –– 464.1 464.7 –– –– 466.1 –– ––

mn – V – R –– – W – GILMOQZ –U– –– – – LOZ – UV – mno – UVW – GILOQRZ mno – UW – GILOZ –– mno – UVW – GILOQRZ – UV – – – GLORZ – UW – GLMOQRZ –– – – GLOQRZ –U– ––I – W – GILOQRZ – UV – mno – VW – GLOQRZ –– mn – – – – GILMOQRZ – VW – GILOQRZ –– – W – GILMOQZ –– – n – V – GILOQRZ –W– – – GILMORZ – n – VW – GILOQRZ – W – GILOQRZ –n–R– – – GILORZ – n – VW – MR – – GILOQZ – W – GILOQZ –V– – n – W – GILOQRZ –– – W – GILOR –– – – GILOQRZ – – GILMORZ – VW – IR

454

V Anhang

D Initialen T Initialen –– 468.1 –– –– 469.1 470.1 471.1 472.1 –– –– 473.1 474.1 –– 475.1 –– 476.1 –– 477.1 478.1 479.1 –– 480.1 –– –– 481.1 482.1 –– 483.1 –– 484.1 –– 485.1 486.1 –– 487.1 –– 488.1 –– –– 489.1 490.1 491.1 492.1 –– 493.1 494.1

–– –– –– 468.23 –– 470.1 471.1 –– –– 472.21 –– –– 474.25 –– –– –– 476.23 –– 478.1 –– 479.3 –– 480.3 480.25 –– –– 482.11 –– 483.29 –– –– 485.1 486.1 –– –– –– –– –– 488.21 –– –– 491.1 492.1 –– 493.1 494.1

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– SL –– SL SL SL SL SL –– SL SL SL SL 0 –– S SL SL SL S SL S SL SL 0 0 SL 0 S S –– SL SL –– SL –– SL –– SL SL 0? SL SL –– S SL

467.25 –– –– –– –– –– –– –– 472.12 –– –– –– –– –– 475.13 –– 476.23 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 484.27 –– –– 486.27 –– –– –– 488.19 –– –– –– –– –– 492.23 –– ––

467.25 468.1 468.17 –– –– –– –– –– 472.12 –– –– –– –– –– 475.13 –– –– 477.1 –– –– –– 480.1 –– –– 481.1 –– –– –– –– –– –– –– –– 486.27 487.1 487.23 488.1 –– –– –– –– –– –– 492.23 –– ––

– – L§R – W – GILOQRZ –– mno – R – – GILOQZ – W – GILOQRZ – VW – GILOZ – – GILOZ –– – VW – – – GILMOQZ – – GILOQRZ –– – W – GILOZ mn – I – – GILOQZ – UV – – – GLOZ – VW – LOQZ – – GILORZ –W–R – W – GILOQRZ m–V– –V– – – GILORZ – – GILORZ –V– – – GLOQZ –V– – W – GILOZ –– mn – VW – GLMRZ mn – GILORZ –– – – GILORZ – VW – mn – GILOQRZ –– mn – W – MR – – GILOQZ – – GILMOZ – VW – GILOZ mn – GILORZ –W–R – V – GILOQZ – V – GILMOZ

455

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen 495.1 496.1 497.1 –– –– 498.1 499.1 –– 500.1 –– –– 501.1 –– 502.1 –– 503.1 504.1 –– 505.1 506.1 –– 507.1 –– 508.1 509.1 510.1 –– 511.1 –– –– 512.1 –– –– –– 513.1 –– –– 514.1 –– –– –– –– 515.1 –– –– ––

495.1 –– –– –– 497.21 –– Minusv. T 499.11 500.1 –– 500.23 –– –– 502.1 –– 503.1 504.1 504.7 505.1 –– –– 507.1 –– 508.1 509.1 –– 510.15 –– –– 511.17 –– –– –– –– –– –– 513.17 –– –– –– 514.21 –– –– –– 515.11 ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

SL SL S –– SL S 0 SL SL –– SL S –– S –– SL SL SL SL S –– SL –– SL SL 0 SL S –– S SL –– –– –– SL –– SL SL –– –– SL –– SL –– SL ––

–– –– –– –– –– –– –– 499.11 –– 500.11 –– –– 501.19 –– 502.25 –– –– 504.7 –– –– 506.20 –– –– –– –– –– 510.15 –– 511.11 511.17 –– 512.9 512.13 512.19 –– 513.11 513.17 –– 514.9 514.13 514.21 514.25 –– 515.7 515.11 515.17

–– 496.1 –– 497.3 –– 498.1 –– –– –– 500.11 –– 501.1 501.19 –– –– –– –– –– –– ––– ––– –– 507.21 –– –– –– –– –– 511.11 –– 512.1 512.9 512.13 512.19 513.1 –– –– 514.1 514.9 –– –– –– 515.1 –– –– 515.17

– V – GILO – – GILMOZ – – GILZ – W – OQ n–V–R m – W – GILOQZ – – GILOQZ –V– mno – GILOQZ –– mn – W – – GILOZ mn – – – V – GILOZ –– mno – UVW – GLMORZ – UVW – GILORZ mn – W – – U – GILMOQZ – – GILOQZ –– – UW – GILOQZ mn – UV – – W – GILOQZ mn – UVW – GILORZ – – GLORZ –U– – – GILOQZ –– –U– mn – W – GLORZ –– –– –– – – GILOZ –– – UV – – W – GLOQZ –– ––I – UV – –– – W – GILOZ –– mno – U – ––

456

V Anhang

D Initialen T Initialen –– 516.3 –– 517.3 –– –– 518.1 –– –– –– –– 519.1 –– –– –– 520.1 –– 521.1 –– –– –– 522.1 –– –– –– 523.1 –– 524.1 –– –– –– 525.1 –– –– –– 526.1 –– 527.1 –– –– –– 528.1 –– –– –– 529.1

–– –– –– 517.3 –– –– 518.1 –– –– –– –– –– 519.13 –– –– –– 520.15 –– –– –– 521.21 –– –– –– –– 523.1 –– –– –– 524.9 –– –– –– 525.11 –– –– –– –– –– 527.15 –– –– –– –– –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– SL –– S –– –– SL –– –– –– –– 0 S –– –– S SL 0 –– –– S S –– –– –– SL –– 0 –– SL –– SL –– SL –– SL –– 0 –– SL –– 0 –– –– –– SL

515.23 –– 516.25 –– 517.11 517.25 –– 518.9 518.11 518.25 518.29 –– –– 519.21 519.27 –– 520.15 –– 521.15 521.19 –– –– 522.8 522.11 522.17 –– 523.5 –– 524.5 –– 524.19 –– 525.9 525.11 525.17 –– 526.16 –– 527.7 527.15 527.23 –– 528.11 528.17 528.23 ––

–– 516.3 –– –– 517.11 –– –– –– –– –– 518.29 519.1 –– –– 519.27 –– –– 521.1 521.15 –– –– –– 522.8 522.11 522.17 –– 523.5 –– –– –– 524.19 525.1 –– –– –– 526.1 –– –– –– –– –– –– 528.11 –– –– 529.1

–– –– –– – UW – –– –– – UW – GILMOQZ –– –– –– –W– – W – GILO –U– –W– –– – – GORZ – UW – – – GLOQZ –W– ––I –U– – – GLOZ –– –– –– n – UVW – GILOQRZ –– – – GLZ –– mn – UVW – –– – – GILOZ –– m – UVW – ––I – – GLOQZ –– – – GILOQZ –– mn – UV –– – W – GLOZ –– –– –– – W – GILORZ

457

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen –– –– 530.3 –– –– –– 531.1 –– –– 532.1 –– 533.1 –– –– –– 534.1 –– 535.1 –– –– –– 535.29 –– –– –– –– 537.1 –– –– 538.1 –– 539.1 –– –– –– 540.1 –– –– 541.1 –– –– –– –– –– –– 542.1

–– 529.23 –– –– –– 530.21 –– –– –– 532.1 –– –– –– –– –– –– 534.11 –– –– 535.11 –– –– –– –– 536.9 –– –– –– –– 538.1 –– 539.1 –– –– 539.25 –– –– –– –– 541.3 –– –– –– –– 541.29 ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– SL SL –– –– SL S –– –– SL –– SL –– –– –– SL SL SL –– SL –– S –– –– SL –– SL –– –– S –– S –– –– S SL –– –– 0? SL –– –– –– –– S SL

529.7 529.23 –– 530.8 530.15 530.21 –– 531.12 531.19 –– 532.23 –– 533.9 533.15 533.21 –– 534.11 –– 535.5 535.11 535.25 –– 536.3 536.6 –– 536.17 –– 537.11 537.25 –– 538.19 –– 539.9 539.15 539.25 –– 540.15 540.25 –– –– 541.10 541.15 541.23 541.27 –– ––

–– –– 530.3 530.8 530.15 –– 531.1 531.12 –– –– –– 533.1 –– –– 533.21 534.1 –– 535.1 535.5 –– 535.25 535.29 536.3 536.6 –– 536.17 537.1 –– –– –– –– –– 539.9 –– –– –– –– –– –– –– 541.10 541.15 541.23 –– –– 542.1

–– – UV – I –– –– mn – I – UV – – – GILZ –– –W–I – UV – GLZ –– mn – GILZ ––Q ––I –– – – GLMZ – UVW – OR – W – GILMZ –– – UV – –W– –– –– –– – UVW – I –– – W – GILORZ –– –– – UW – GLOQZ –– – UW – GILZ –W– –– mn – U – – – GLOQZ –– –– – – GLZ – UV – IOR –– –– –– –– –U– – W – GLORZ

458

V Anhang

D Initialen T Initialen –– –– –– 543.1 –– –– –– 544.1 –– –– –– –– 545.1 –– –– –– –– 546.1 –– –– –– –– 547.1 –– –– 548.1 –– –– 549.1 –– –– –– 550.1 –– –– –– 551.1 –– –– 552.1 –– –– –– 553.1 –– ––

–– –– –– –– 543.9 –– –– –– –– –– 544.19 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 548.1 –– –– 549.1 –– –– –– 550.1 –– –– 550.23 –– –– 551.19 –– –– –– –– 553.1 –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– –– –– S SL –– –– 0 –– –– SL –– 0 –– –– –– –– 0 –– –– –– –– 0 –– –– SL –– –– S! –– –– –– S –– –– SL 0 –– SL SL –– –– –– SL –– ––

542.9 542.18 542.27 –– 543.9 543.17 543.24 –– 544.11 544.17 –– 544.25 –– 545.9 545.11 545.19 545.23 –– 546.5 546.10 546.21 546.26 –– 547.10 547.19 –– 548.13 548.21 –– 549.7 549.20 549.23 –– 550.11 550.16 550.23 –– 551.15 551.19 –– 552.5 552.13 552.23 –– 553.11 553.21

–– 542.18 542.27 –– –– –– 543.24 –– –– –– –– –– –– 545.9 –– –– –– –– –– 546.10 –– 546.26 –– 547.10 –– –– 548.13 548.21 –– –– 549.20 549.23 –– –– –– –– 551.1 551.15 –– 552.1 552.5 552.13 –– –– –– ––

–– –– –– – – GILOZ mn – UV – –– –– – – GLOZ –– –– – UV – ––I – – GLOQZ –– –– ––I –– – – GMZ –– –– –– ––R – – GLZ –– –W–I mn – UV – GLZ –– –– – UW – GILZ –– –– –W– – UV – GILZ m–– –– – UVW – I – – LOQRZ ––I – UV – – – GILOQRZ –– –– ––I – VW – GLOQRZ ––I –W–

459

Tabelle der Gliederungszeichen D Initialen T Initialen 554.1 –– –– –– 555.1 –– –– –– 556.1 –– –– –– –– –– 557.1 –– –– –– 558.1 –– –– 559.1 –– –– 560.1 –– –– –– –– 561.3 –– –– –– 562.1 –– –– –– –– 563.1 –– –– 564.3 –– –– –– 565.3

554.1 –– –– –– –– –– 555.17 –– –– –– –– –– –– 556.27 –– –– –– 557.23 –– –– –– –– 559.19 –– –– –– –– –– –– –– 561.5 –– –– –– 562.7 –– –– –– –– 563.13 –– –– –– –– 564.23 ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

S –– –– –– 0 –– SL –– SL –– –– –– –– S SL –– –– S SL –– –– 0 SL –– S –– –– –– –– 0 S –– –– S SL –– –– –– S SL –– S –– –– SL S

–– 554.7 554.14 554.23 –– 555.11 555.17 555.27 –– 556.6 556.14 556.17 556.20 556.27 –– 557.11 557.15 557.23 –– 558.12 558.15 –– 559.19 559.23 –– 560.5 560.13 560.19 560.26 –– –– 561.12 561.21 –– 562.7 562.11 562.15 562.21 –– 563.13 563.19 –– 564.12 564.18 564.23 ––

–– 554.7 554.14 554.23 –– –– –– 555.27 556.1 –– 556.14 556.17 556.20 –– 557.1 –– 557.15 –– 558.1 558.12 –– –– –– 559.23 –– –– 560.13 560.19 –– –– –– 561.12 –– –– –– –– –– 562.21 –– –– 563.19 –– 564.12 564.18 –– ––

– V – GLOQRZ –– –– ––I – – GLORZ –– –V– –W–I mn – LQRZ –– –– –– –– –V– mn – W – GILMQRZ –– ––I –W– – – GILRZ –– –– – – GZ –W–I –– – – GLZ –– –W– –– –– – – IQZ –– –– – – IM – – GLR mn – VW - Z ––I –– ––R – – GILZ – VW – ––I –– –– –– – VW – ––R

460

V Anhang

D Initialen T Initialen –– –– 566.1 –– –– 567.1 –– –– 568.1 –– –– –– 569.1 –– –– 570.1 –– –– –– 571.1 –– –– 572.1 –– –– ––

–– –– –– –– 566.27 –– –– –– 568.1 –– –– –– 569.1 –– –– –– –– –– 570.25 –– –– –– –– 572.5 –– ––

Sinnabschnitt

D Maj.

T Maj.

Hss. (*D – *T – *G)

–– –– S –– SL S –– –– S –– –– –– SL –– –– 0 –– –– S SL –– –– 0? S –– ––

565.13 565.21 –– 566.11 –– –– 567.7 567.19 –– 568.11 568.15 568.21 –– 569.4 569.28 –– 570.5 570.14 570.25 –– 571.11 571.21 –– 572.5 572.11 572.27

–– –– –– –– –– –– 567.7 567.19 –– 568.11 568.15 –– –– 569.4 –– –– –– 570.14 –– 571.1 571.11 –– –– –– –– ––

–– –– – – GL m–W–I –V– – – GIQZ –– ––I – V – GLZ –W– ––M –– – – GILRZ –– –– – – GLQRZ ––I –– –W–I – – GLZ –– –W– – – GILRZ ––M –– ––

VII Literatur VII.1 Quellen VII.1.1 Wolfram von Eschenbach VII.1.1.1 Faksimiles / Digitalisate St. Galler Nibelungenhandschrift (Cod. Sang. 857): Parzival, Nibelungenlied und Klage, Karl der Große, Willehalm. Faksimile des Codex 857 der Stiftsbibliothek St. Gallen und zugehöriger Fragmente. Hrsg. von der Stiftsbibliothek St. Gallen und dem Basler Parzival-Projekt, St. Gallen 12003 und 22005 (Codices Electronici Sangallenses 1). – Zitiert: St. Galler Nibelungenhandschrift (ed. Stolz). Wolfram von Eschenbach, Parzival (Handschrift D). Abbildung des ›Parzival‹-Teils von Codex St. Gallen 857 sowie des (heutigen) Berliner Fragments L (mgf 1021) der ›Kindheit Jesu‹ Konrads von Fußesbrunnen aus dem St. Galler Codex. Hrsg. von Bernd Schirok, Göppingen 1989 (Litterae 110). – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival D (ed. Schirok). Münchener Wolfram-Handschrift (Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 19) mit der Parallelüberlieferung zum Titurel. Hrsg. vom Parzival-Projekt Bern, Simbach am Inn 2008. – Zitiert: Münchener Wolfram-Handschrift (ed. Stolz). Wolfram von Eschenbach, Parzival, Titurel, Tagelieder. Cgm 19 der Bayerischen Staatsbibliothek München. Transkription der Texte von Gerhard Augst, Otfried Ehrismann und Heinz Engels, mit einem Beitrag zur Geschichte der Handschrift von Fridolin Dressler, Stuttgart 1970. – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival G (ed. AugstEhrismann-Engels). Berner Parzival-Handschrift (Burgerbibliothek, Cod. AA 91). Mit Volltranskription und einer Einführung von Michael Stolz. Hrsg. vom Parzival-Projekt Bern, Simbach am Inn 2009. – Zitiert: Berner Parzival-Handschrift (ed. Stolz). Wolfram von Eschenbach, Parzival. Abbildungen und Transkriptionen zur gesamten handschriftlichen Überlieferung des Prologs. Hrsg. von Uta Ulzen, Göppingen 1974 (Litterae 34). – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Ulzen). Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹. Lachmanns „Buch III“. Abbildung und Transkription der Leithandschriften D und G. Hrsg. von Jürgen Kühnel, Göppingen 1971 (Litterae 4). – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Kühnel). Die Dresdner ›Parzival‹-Handschrift o [Mscr. Dresd. M. 66] ist im Internet vollständig zugänglich unter: http://digital.slub-dresden.de/sammlungen/titeldaten/274276038. Die Heidelberger ›Parzival‹-Handschriften n [Universitätsbibliothek, Cpg 339] und Z [Universitätsbibliothek, Cpg 364] sind im Internet vollständig zugänglich unter: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cpg339i und http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cpg364.

462

VII Literatur

Die Münchner ›Parzival‹-Handschriften O [Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 18] und I [Cgm 61] sind im Internet vollständig zugänglich unter: http://mdz10.bib-bvb.de/ ~db/bsb00002134/images/index.html und http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00001652/ images/index.html. Eine elektronische Edition der ›Parzival‹-Abschnitte 1.15–1.25, 107.1–107.30, 111.14–114.7, 184.1–184.30, 249.1–255.30, 316.25–319.21, 501.1–501.30, 793.17–799.12 und 804.1– 806.30 auf der Basis sämtlicher Handschriften ist zugänglich über die Homepage des Parzival-Projekts Bern unter: http://www.parzival.unibe.ch.

VII.1.1.2 Ausgaben, Übersetzungen Parcival. Ein Ritter-Gedicht aus dem dreizehnten Iahrhundert von Wolfram von Eschilbach. Zum zweiten Male aus der Handschrift abgedruckt, weil der erste Anno 1477 gemachte Abdruck so selten wie Manuscript ist [Hrsg. von Christoph Heinrich Myller, Berlin 1784. Sammlung Deutscher Gedichte aus dem XII . XIII . und XIV . Jahrhundert, 1. Bd., Abt. 4, S. 1–196]. – Zitiert: Parcival (ed. Myller). Wolfram von Eschenbach. Hrsg. von Karl Lachmann, Berlin 1833 [2. Auflage 1854. Hrsg. von Moriz Haupt; 3. Auflage 1872. Hrsg. von Moriz Haupt; 4. Auflage 1879. Hrsg. von Karl Müllenhof unter Mitarbeit von Emil Henrici; 5. Auflage 1891. Hrsg. von Karl Weinhold unter Mitarbeit von Gotthold Bötticher; 6. Auflage 1926. Hrsg. von Eduard Hartl; 7. Auflage 1952. Hrsg. von Eduard Hartl (nur Bd. 1: Lieder, Parzival und Titurel erschienen)]. – Lachmanns Ausgabe wird zitiert : Wolfram von Eschenbach (ed. Lachmann); die von Hartl betreuten Ausgaben: Wolfram von Eschenbach, 6. bzw. 7. Auflage (ed. Lachmann-Hartl). Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel. Hrsg. von Karl Bartsch, 3 Teile, erste Auflage Leipzig 1870–1871. Vierte Auflage bearbeitet von Marta Marti, Leipzig 1927– 1932 (Deutsche Klassiker des Mittelalters 9–11). – Die erste Auflage wird zitiert: Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Bartsch), die vierte Auflage: Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, 4. Auflage (ed. Bartsch-Marti). Wolfram von Eschenbach, bearbeitet von Paul Piper, 3 Teile, 1. Teil: Einleitung: Leben und Werke, 2. Teil: Parzival, 3. Teil: Anhang: Die Gawanepisode, Stuttgart o. J. [1890– 1892] (Deutsche National-Litteratur 5). – Zitiert: Wolfram von Eschenbach (ed. Piper). Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel. Hrsg. und erklärt von Ernst Martin, 2 Teile, 1. Teil: Text, 2. Teil: Kommentar, Halle an der Saale 1900 und 1903 (Germanistische Handbibliothek 9,1 und 9,2) [Nachdruck des 2. Teils: Darmstadt 1976]. – Zitiert: Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel (ed. Martin). Wolfram von Eschenbach, Parzival. Hrsg. von Albert Leitzmann, 3 Bände, Halle 1902– 1903 (ATB 12–14). – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Leitzmann). Wolfram von Eschenbach, Parzival. In Auswahl hrsg. von Eduard Hartl, Bern 1951 (Altdeutsche Übungstexte 12). – Zitiert: Hartl, Altdeutsche Übungstexte. Wolfram von Eschenbach, Parzival. Übersetzt von Wolfgang Mohr, Göppingen 1977 (GAG 200). – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (Mohr). Wolfram von Eschenbach, Parzival. Mittelhochdeutscher Text nach der Ausgabe Karl Lachmanns. Übersetzung und Nachwort von Wolfgang Spiewok, 2 Bände, Stuttgart 1989 (RUB 3681–3682). – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (Spiewok). Wolfram von Eschenbach, Parzival. Nach der Ausgabe Karl Lachmanns revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann. Übertragen von Dieter Kühn, 2 Bände, 1. Bd.: Text, 2. Bd.: Text und Kommentar, Frankfurt am Main 1994 (Bibliothek des Mittelalters

Quellen

463

8,1 und 8,2). – Die Ausgabe wird zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Nellmann), der Kommentar: Nellmann, Kommentar. Wolfram von Eschenbach, Parzival. Studienausgabe. 2. Auflage. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit Einführungen zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der ›Parzival‹-Interpretation von Bernd Schirok, Berlin und New York 2003. – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Lachmann-Schirok). Wolfram von Eschenbach, Parzival. Translated by Cyril Edwards with Titurel and the Love-Lyrics and with an essay on the Munich ›Parzival‹ illustrations by Julia Walworth, Cambridge 2004 (Arthurian Studies LVI ) (zit.) [broschürte, um eine Einführung Richard Barbers erweitere Ausgabe: Oxford 2006]. – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (Edwards). Wolfram von Eschenbach, Parzival. Auf der Grundlage der Handschrift D hrsg. von Joachim Bumke, Tübingen 2008 (ATB 119). – Zitiert: Wolfram von Eschenbach, Parzival (ed. Bumke). Wolfram von Eschenbach, Titurel. Hrsg., übersetzt und mit einem Kommentar und Materialien versehen von Helmut Brackert und Stephan Fuchs-Jolie, Berlin und New York 2002 (zit.) [Studienausgabe: 2003]. Wolfram von Eschenbach, Titurel. Mit der gesamten Parallelüberlieferung des ›Jüngeren Titurel‹. Kritisch hrsg., übersetzt und kommentiert von Joachim Bumke und Joachim Heinzle, Tübingen 2006. Wolfram von Eschenbach, Willehalm. Nach der gesamten Überlieferung kritisch hrsg. von Werner Schröder, Berlin und New York 1978. Wolfram von Eschenbach, Willehalm. Nach der Handschrift 857 der Stiftsbibliothek St. Gallen. Mittelhochdeutscher Text, Übersetzung, Kommentar. Hrsg. von Joachim Heinzle. Mit den Miniaturen aus der Wolfenbütteler Handschrift und einem Aufsatz von Peter und Dorothea Diemer, Frankfurt am Main 1991 (Bibliothek des Mittelalters 9).

VII.1.2 Weitere Quellen Albrechts von Scharfenberg Jüngerer Titurel. Nach den ältesten und besten Handschriften kritisch hrsg. von Werner Wolf. Bd. I (Str. 1–1957), Berlin 1955 (DTM 45). Bd. II ,1 (Str. 1958–3236), Berlin 1964 (DTM 55). Bd. II ,2 (Str. 3237– 4394), Berlin 1968 (DTM 61). Albrechts Jüngerer Titurel. Nach den Grundsätzen von Werner Wolf kritisch hrsg. von Kurt Nyholm. Bd. III ,1 (Str. 4395–5417), Berlin 1985 (DTM 73). Bd. III ,2 (Str. 5418– 6327), Berlin 1992 (DTM 77). Bd. IV : Textfassungen von Handschriften der Mittelgruppe, Berlin 1995 (DTM 79). Die Heidelberger Handschrift H (cpg 141) des ›Jüngeren Titurel‹. Hrsg. von Werner Schröder. Bereinigter Text des Ersten Teilstücks (Str. H 1– 661,4) mit den Varianten der Redaktion R, Stuttgart 1994 (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz. Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, Jg. 1994, Nr. 1). – Bereinigter Text des Zweiten und Dritten Teilstücks (Str. H 662,5–764,2 und 765,6–1377,2) mit den Varianten der Redaktion R, Stuttgart 1994 (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz. Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, Jg. 1994, Nr. 11). – Bereinigter Text des Vierten, Fünften und Sechsten Teilstücks (Str. H 1378,5–1887,4. 1888–2057. 2058,2–2194) mit den Varianten der Redaktion R, Stuttgart 1995 (Akademie der Wissenschaften und der

464

VII Literatur

Literatur, Mainz. Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, Jg. 1995, Nr. 3). Auswahl aus den hochdeutschen Dichtern des dreizehnten Jahrhunderts. Für Vorlesungen und zum Schulgebrauch. Hrsg. von Karl Lachmann, Berlin 1820. Das Benediktbeurer Passionsspiel. Das St. Galler Passionsspiel. Nach den Handschriften hrsg. von Eduard Hartl, Halle an der Saale 1952 (ATB 41) [Nachdruck: 1967]. Christian von Troyes, Der Percevalroman (Li Contes del Graal). Unter Benutzung des von Gottfried Baist nachgelassenen handschriftlichen Materials hrsg. von Alfons Hilka, Halle an der Saale 1932 (Christian von Troyes. Sämtliche erhaltene Werke. 5. Band). Chre´tien de Troyes, Le Roman de Perceval ou Le Conte du Graal. Der Percevalroman oder die Erzählung vom Gral. Altfranzösisch / Deutsch. Übersetzt und hrsg. von Felicitas Olef-Krafft, Stuttgart 1991 (RUB 8649). Chre´tien de Troyes, Le Roman de Perceval ou Le Conte du Graal. E´dition critique d’apre`s tous les manuscrits par Keith Busby, Tübingen 1993. Friedrich von Schwaben. Aus der Stuttgarter Handschrift hrsg. von Max Hermann Jellinek, Berlin 1904 (DTM 1). Die Gralepen in Ulrich Füetrers Bearbeitung (Buch der Abenteuer). Nach den Münchener Handschriften Cod. Germ. 1 und 247 und den Wiener Handschriften Cod. 2888 und 3037 hrsg. von Kurt Nyholm, Berlin 1964 (DTM 57). Gottfried von Straßburg, Tristan, 2 Bde., Bd. 1: Text. Hrsg. von Karl Marold. Unveränderter fünfter Abdruck nach dem dritten, mit einem auf Grund von Friedrich Rankes Kollationen verbesserten kritischen Apparat besorgt und mit einem erweiterten Nachwort versehen von Werner Schröder, Bd. 2: Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung in das Werk von Tomas Tomasek, Berlin und New York 2004. Gottfried von Straßburg, Tristan und Isolde. Diplomatische Textausgabe der ZimelienHandschrift Codex Vindobonensis 2707 mit Konkordanzen und Wortlisten auf CD . Hrsg. von Evelyn Scherabon Firchow unter Mitarbeit von Richard Hotchkiss, Stuttgart 2004. Hartmann von Aue, Erec. Hrsg. von Manfred Günther Scholz. Übersetzt von Susanne Held, Frankfurt am Main 2007 (Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch 20). Hartmann von Aue, Erec. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Volker Mertens, Stuttgart 2008 (RUB 18530). Heinrich von Veldeke, Eneasroman. Nach dem Text von Ludwig Ettmüller ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Dieter Kartschoke, Stuttgart 1986 [RUB 8303]. Heinrich von Veldeke, Eneas-Roman: Vollfaksimile des Ms. germ. fol. 282 der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Einführung und kodikologische Beschreibung von Nikolaus Henkel. Kunsthistorischer Kommentar von Andreas Fingernagel, Wiesbaden 1992. Herbort’s von Fritslaˆr liet von Troye. Hrsg. von Georg Carl Frommann, QuedlinburgLeipzig 1837 (Bibliothek der gesammten deutschen National-Literatur von der ältesten bis auf die neuere Zeit 5) [Nachdruck: Amsterdam 1966]. Der Millstätter Physiologus. Text, Übersetzung, Kommentar von Christian Schröder, Würzburg 2005 (Würzburger Beiträge zur deutschen Philologie 24). Die Minneburg. Nach der Heidelberger Pergamenthandschrift (Cpg. 455) unter Heranziehung der Kölner Handschrift und der Donaueschinger und Prager Fragmente hrsg. von Hans Pyritz, Berlin 1950 (DTM 43).

Quellen

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Das Mittelrheinische Passionsspiel der St. Galler Handschrift 919. Neu hrsg. von Rudolf Schützeichel. Mit Beiträgen von Rolf Bergmann, Irmgard Frank, Hugo Stopp und einem vollständigen Faksimile, Tübingen 1978. Die ›Nibelungenklage‹. Synoptische Ausgabe aller vier Fassungen. Hrsg. von Joachim Bumke, Berlin und New York 1999. Parzifal von Claus Wisse und Philipp Colin (1331–1336). Eine Ergänzung der Dichtung Wolframs von Eschenbach, zum ersten Male hrsg. von Karl Schorbach, Straßburg und London 1888 (Elsässische Litteraturdenkmäler aus dem XIV . –XVII . Jahrhundert 5). e Garel von dem blunden Tal von dem Pleier. Hrsg. von Wolfgang Herles. Wien 1981 (Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie 17). Die poetische Bearbeitung des Buches Daniel (Dichtungen des Deutschen Ordens III ). Aus der Stuttgarter Handschrift hrsg. von Arthur Hübner, Berlin 1911 (DTM 19). Der Ehrenbrief des Püterich von Reichertshausen. Hrsg. von Fritz Behrend und Rudolf Wolkan, Weimar 1920. Rudolf von Ems, Alexander. Ein höfischer Versroman des 13. Jahrhunderts. Hrsg. von Victor Junk, Leipzig 1928/29 (Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart 272/ 273) [Nachdruck: Darmstadt 1970]. Rudolf von Ems, Willehalm von Orlens. Aus dem Wasserburger Codex der fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen hrsg. von Victor Junk, Berlin 1905 (DTM 2). Ulrich von Zatzikhoven, Lanzelet. Hrsg. von Florian Kragl, Bd. 1: Text und Übersetzung, Bd. 2: Forschungsbericht und Kommentar, Berlin und New York 2006. Sangsprüche in Tönen Frauenlobs. Supplement zur Göttinger Frauenlob-Ausgabe, 2 Bde. Bd. 1: Einleitungen, Texte, Bd. 2: Apparate, Erläuterungen, Anhänge, Register. Unter Mitarbeit von Thomas Riebe und Christoph Fasbender hrsg. von Jens Haustein und Karl Stackmann, Göttingen 2000 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Kl. III /232). Und wärst du doch bei mir. Ex epistolis duorum amantium. Eine mittelalterliche Liebesgeschichte in Briefen. Lateinisch-deutsche Ausgabe. Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Eva Cescutti und Philipp Steger, Zürich 2005 (Manesse Bibliothek der Weltliteratur). Walther von der Vogelweide. Die gesamte Überlieferung der Texte und Melodien. Abbildungen, Materialien, Melodietranskriptionen. Mit Beiträgen von Helmut Lomnitzer und Hans Dieter Mück. Geleitwort von Hugo Kuhn. Hrsg. von Horst Brunner, Ulrich Müller und Franz Viktor Spechtler, Göppingen 1977 (Litterae 7). Der Wartburgkrieg. Kritisch hrsg. von T. A. Rompelman, Amsterdam und Paris 1939.

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VII Literatur

VII.2 Forschungsliteratur Achnitz, Wolfgang: Die poeten und alten historien hat er gewist. Die Bibliothek des Johann Werner von Zimmern als Paradigma der Literaturgeschichtsschreibung, in: Literatur – Geschichte – Literaturgeschichte. Beiträge zur mediävistischen Literaturwissenschaft. Festschrift für Volker Honemann zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Nine Miedema und Rudolf Suntrup, Frankfurt am Main u. a. 2003, S. 315–333. Ächtler, Norman: Der Ritter im Gottesdienst: Parzivals ikonographische Einbindung in die Heilsgeschichte, in: Euphorion 101 (2007), S. 273–299. Altermatt, Alberich Martin: Schönau, in: Lexikon für Theologie und Kirche 9 (2000), Sp. 206. Ambraser Kunst- und Wunderkammer. Die Bibliothek. Katalog der Ausstellung im Prunksaal 28. Mai bis 30. September 1965, Wien 1965. Backes, Martina: Höfische Epik in Österreich im Spiegel der handschriftlichen Überlieferung, in: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch N. F. 36 (1995), S. 11–26. Backes, Susanna: Von Munsalvæsche zum Artushof. Stellenkommentar zum fünften Buch von Wolframs ›Parzival‹ (249,1–279,30), Herne 1999. Baechtold, Jakob: Züricher Tristan-Bruchstücke, in: Germania 29 (1884), S. 71–85. Baechtold, Jakob: Züricher Parzival-Bruchstück, in: Germania 30 (1885), S. 317–323. Baisch, Martin: Beaugenscheinung – Der Editor als Melancholiker, in: Schrift – Text – Edition. Hans Walter Gabler zum 65. Geburtstag. Hrsg. von Christiane Henkes, Walter Hettche, Gabriele Radecke und Elke Senne, Tübingen 2003 (Beihefte zu editio 19), S. 3–14. Baisch, Martin: Die Bedeutung der Varianz. Zu den auktorialen Selbstentwürfen im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, in: Kulturen des Manuskriptzeitalters. Ergebnisse der Amerikanisch-Deutschen Arbeitstagung an der Georg-August-Universität Göttingen vom 17. bis 20. Oktober 2002. Hrsg. von Arthur Groos und Hans-Jochen Schiewer, Göttingen 2004 (Transatlantische Studien zu Mittelalter und Früher Neuzeit – Transatlantic Studies on Medieval and Early Modern Literature and Culture 1), S. 11–39. Baisch, Martin: man boˆt ein badelachen dar: / des nam er vil kleine war (167,21 f.). Über Scham und Wahrnehmung in Wolframs ›Parzival‹, in: Wahrnehmung im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach. Actas do Colo´quio Internacional 15 e 16 de Novembro de 2002. Hrsg. von John Greenfield, Porto 2004 (Anexo XIII ), S. 105–132. Baisch, Martin: abbrevatio im Spannungsfeld von Textkritik und Hermeneutik. Zur Kurzfassung der höfischen Erzähltexte Gottfrieds von Straßburg und Ulrichs von Türheim im cgm 51, in: Texttyp und Textproduktion in der deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Elizabeth Andersen, Manfred Eikelmann und Anne Simon unter Mitarbeit von Silvia Reuvekamp, Berlin und New York 2005 (Trends in Medieval Philology 7), S. 101–120. Baisch, Martin: Textkritik als Problem der Kulturwissenschaft. Tristan-Lektüren, Berlin und New York 2006 (Trends in Medieval Philology 9). Barack, K[arl] A[ugust]: Die Handschriften der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek zu Donaueschingen, Tübingen 1865 [Nachdruck: Hildesheim 1974]. Barber, Richard: Der heilige Gral. Geschichte und Mythos. Aus dem Englischen von Harald Ehrhardt, Düsseldorf und Zürich 2004 (zit.) [Originalausgabe: The Holy Grail. Imagination and Belief, Cambridge / MA 2004].

Forschungsliteratur

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Bastert, Bernd: Late Medieval Summations: ›Rappoltsteiner Parzifal‹ and Ulrich Füetrer’s ›Buch der Abenteuer‹, in: The Arthur of the Germans. The Arthurian Legend in Medieval German and Dutch Literature. Ed. by W. H. Jackson and S. A. Ranawake, Cardiff 2000 (Arthurian Literature in the Middle Ages III ), S. 166–180. Beck, Hartmut: Raum und Bewegung. Untersuchungen zu Richtungskonstruktion und vorgestellter Bewegung in der Sprache Wolframs von Eschenbach, Erlangen und Jena 1994 (Erlanger Studien 103). Becker, Peter Jörg: Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen. Eneide, Tristrant, Tristan, Erec, Iwein, Parzival, Willehalm, Jüngerer Titurel, Nibelungenlied und ihre Reproduktion und Rezeption im späteren Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Wiesbaden 1977. Becker, Peter Jörg: Wolfram von Eschenbach, Parzival (Sigle Ga), in: Aderlass und Seelentrost. Die Überlieferung deutscher Texte im Spiegel Berliner Handschriften und Inkunabeln. Hrsg. von P. J. B. und Eef Overgaauw, Mainz 2003, S. 81–84. Becker, Peter Jörg: Wolfram von Eschenbach, Parzival, in: Aderlass und Seelentrost. Die Überlieferung deutscher Texte im Spiegel Berliner Handschriften und Inkunabeln. Hrsg. von P. J. B. und Eef Overgaauw, Mainz 2003, S. 84–86. Beckers, Hartmut: Wolframs ›Parzival‹ und der Nordwesten. Neue Ansätze zur Lösung einer alten Streitfrage, in: Studien zu Wolfram von Eschenbach. Festschrift für Werner Schröder zum 75. Geburtstag. Hrsg. von Klaus Gärtner und Joachim Heinzle, Tübingen 1989, S. 211–223. Beckers, Hartmut: Neues zur ›Parzival‹-Überlieferung aus Westfalen: Zwei Neufunde (F 68, F 45 A) und eine Wiederentdeckung (F 21 B), in: Übersetzen im Mittelalter. Cambridger Kolloquium 1994. Hrsg. von Joachim Heinzle, L. Peter Johnson und Gisela Vollmann-Profe, Berlin 1996 (Wolfram-Studien 14), S. 391– 404. Be´dier, Joseph: La tradition manuscrite du Lai de l’ombre. Re´flexions sur l’art d’e´diter les anciens textes, in: Romania 54 (1928), S. 161–196 und 321–356. Beer, Ellen J.: Die Buchkunst der Handschrift 302 der Vadiana, in: Rudolf von Ems, Weltchronik. Der Stricker, Karl der Große. Kommentar zu Ms 302 Vad. der Kantonsbibliothek (Vadiana) St. Gallen. Hrsg. von E. J. B., Luzern 1987, S. 61–125. Bein, Thomas: Walther und andere Lyriker im Rappoltsteiner Florilegium – zum Spannungsfeld von Poetik, Textkritik und Edition, in: Mittelalterliche Lyrik: Probleme der Poetik. Hrsg. von Thomas Cramer und Ingrid Kasten, Berlin 1999, S. 169–196. Bein, Thomas: ›Parzival‹ zu zweit. Zu Formen und Typen literarischer Teamarbeit im deutschsprachigen Mittelalter, in: Literarische Zusammenarbeit. Hrsg. von Bodo Plachta, Tübingen 2001, S. 1–15. Bein, Thomas: Textvarianz, Editionspraxis, Interpretation. Überlegungen zur veränderten Mittelalterphilologie, in: Perspectives of Scholarly Editing / Perspektiven der Textedition. Beiträge der internationalen Tagung des Constantijn Huygens Instituut und der Vrije Universiteit Amsterdam, Den Haag, 7. – 8. Dezember 2000. Hrsg. von Bodo Plachta und H. T. M. van Vliet, Berlin 2002, S. 63–80. Bein, Thomas: Textkritik. Eine Einführung in Grundlagen germanistisch-mediävistischer Editionswissenschaft. Lehrbuch mit Übungsteil, Frankfurt am Main u. a. 2008. Berendes, Hans Ulrich: Die Bischöfe von Worms und ihr Hochstift im 12. Jahrhundert, Diss. (masch.) Köln 1984. Bertau, Karl: Deutsche Literatur im europäischen Mittelalter, 2 Bde., Bd. I: 800–1197, Bd. II : 1197–1220, München 1972/73. Bertau, Karl: Versuch über tote Witze bei Wolfram, in: Acta Germanica 10 (1977),

468

VII Literatur

S. 87–137 [Nachdruck in: K. B.: Wolfram von Eschenbach. Neun Versuche über Subjektivität und Ursprünglichkeit in der Geschichte, München 1983, S. 60–109 (zit.)]. Bertau, Karl: Versuch über Wolfram, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 37 (1977), S. 27– 43 [Nachdruck in: K. B.: Wolfram von Eschenbach. Neun Versuche über Subjektivität und Ursprünglichkeit in der Geschichte, München 1983, S. 145–165 (zit.)]. Bertau, Karl: Regina Lactans. Versuch über den dichterischen Ursprung der Pieta` bei Wolfram von Eschenbach, in: K. B.: Wolfram von Eschenbach. Neun Versuche über Subjektivität und Ursprünglichkeit in der Geschichte, München 1983, S. 258–285. Bertau, Karl: Über Literaturgeschichte. Literarischer Kunstcharakter und Geschichte in der höfischen Epik um 1200, München 1983. Bertau, Karl: Versuch über die Strukturen einiger Aggressionsphantasien bei Wolfram, in: K. B.: Wolfram von Eschenbach. Neun Versuche über Subjektivität und Ursprünglichkeit in der Geschichte, München 1983, S. 126–144. Besch, Werner: Vom ‚alten‘ zum ‚nüwen‘ Parzival, in: Der Deutschunterricht 14/4 (1962), S. 91–104. Besse, Maria: ‚Erlesenes‘ in der mittelalterlichen Literatur. Zur Funktionalität des Weines und zur Bedeutung exklusiver Weinsorten fremder Herkunft in mittelhochdeutschen Festtagsbeschreibungen, in: Studien zu Literatur, Sprache und Geschichte in Europa. Wolfgang Haubrichs zum 65. Geburtstag gewidmet. Hrsg. von Albrecht Greule, Hans-Walter Herrmann, Klaus Ridder und Andreas Schorr, St. Ingbert 2008, S. 31– 47. Birkhan, Helmut: Geschichte der altdeutschen Literatur im Licht ausgewählter Texte. Teil IV : Romanliteratur der Stauferzeit, Wien 2003 (Edition Praesens Studienbücher 9). Blaschke, K.: Hermann I., Landgraf von Thüringen, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 4 (1989), Sp. 2162. Bleuler, Anna Kathrin: Überlieferungskritik und Poetologie. Strukturierung und Beurteilung der Sommerliedüberlieferung Neidharts auf der Basis des poetologischen Musters, Tübingen 2008 (MTU 136). Böhmer, K. F.: Aus dem Parzifal, in: Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit 6 (1837), Sp. 50. Boesch, Bruno: Untersuchungen zur alemannischen Urkundensprache des 13. Jahrhunderts. Laut- und Formenlehre, Bern 1946. Bötticher, G[otthold]: Rezension Martin, Zur Gralsage, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 12 (1881), S. 377–380. Bohnen, Klaus: Wolframs Parzivalprolog. Perspektiven und Aspekte der Forschung 1835–1975, Kopenhagen 1976. Bonath, Gesa: Scheneschlant und scheneschalt im ›Parzival‹, in: Wolfram-Studien 1 (1970), S. 87–97. Bonath, Gesa: Untersuchungen zur Überlieferung des ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach. 2 Bde, Lübeck und Hamburg 1970/71 (Germanische Studien 238/239). Bonath, Gesa: Rezension Wittmann-Klemm, Studien zum ›Rappoltsteiner Parzifal‹, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (Tübingen) 102 (1980), S. 122–129. Bonath, Gesa und Lomnitzer, Helmut: Verzeichnis der Fragment-Überlieferung von Wolframs ›Parzival‹, in: Studien zu Wolfram von Eschenbach. Festschrift für Werner Schröder zum 75. Geburtstag. Hrsg. von Klaus Gärtner und Joachim Heinzle, Tübingen 1989, S. 85–149. Bonk, Magdalena: Deutsche Philologie in München. Zur Geschichte des Faches und seiner Vertreter an der Ludwig-Maximilians-Universität vom Anfang des 19. Jahrhunderts

Forschungsliteratur

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bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, Berlin 1995 (Münchener Universitätsschriften 16). De Boor, Helmut und Newald, Richard: Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 3: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter. Teil 1: 1250–1350, neubearbeitet von Johannes Janota, München 51997. Borchling, Conrad: Der jüngere Titurel und sein Verhältnis zu Wolfram von Eschenbach, Göttingen 1897. Brackert, Helmut: „der lac an riterschefte toˆt.“ Parzival und das Leid der Frauen, in: Ist zwıˆvel herzen naˆchgebuˆr. Günther Schweikle zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Rüdiger Krüger, Jürgen Kühnel und Joachim Kuolt, Stuttgart 1989, S. 143–163. Brackert, Helmut: Zwıˆvel. Zur Übersetzung und Interpretation der Eingangsverse von Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹, in: Blütezeit. Festschrift für L. Peter Johnson zum 70. Geburtstag. Hrsg. von Mark Chinca, Joachim Heinzle und Christopher Young, Tübingen 2000, S. 335–347. Brall, Helmut: Gralsuche und Adelsheil. Studien zu Wolframs Parzival, Heidelberg 1983 (Germanische Bibliothek, Reihe 3). Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Karl Lachmann. Hrsg. von Albert Leitzmann, 2 Bde., Jena 1926/27. Brinker-von der Heyde, Claudia: Geliebte Mütter – Mütterliche Geliebte. Rolleninszenierung in höfischen Romanen, Bonn 1996 (Studien zur Germanistik, Anglistik und Komparatistik 123). Brinker-von der Heyde, Claudia: Die literarische Welt des Mittelalters, Darmstadt 2007. Brinkmann, Hennig: Der Prolog im Mittelalter als literarische Erscheinung. Bau und Aussage, in: Wirkendes Wort 1964, S. 1–21 (zit.) [Nachdruck in: H. B., Studien zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, II : Literatur, Düsseldorf 1966, S. 79–105]. Brogsitter, Karl Otto: Artusepik, Stuttgart 11965 – 21971 (Sammlung Metzler). Bruckner, Albert: Scriptoria Medii Aevi Helvetica. Denkmäler schweizerischer Schreibkunst des Mittelalters. Teil IV : Schreibschulen der Diözese Konstanz, Stadt und Landschaft Zürich, Genf 1940. Brüggen, Elke und Lindemann, Dorothee: Eine neue Übersetzung des ›Parzival‹. Ein Werkstattbericht, in: Wolfram von Eschenbach – Bilanzen und Perspektiven. Eichstätter Kolloquium 2000. Hrsg. von Wolfgang Haubrichs, Eckart C. Lutz und Klaus Ridder, Berlin 2002 (Wolfram-Studien 17), S. 377–386. Brüggen, Elke: Schattenspiele. Beobachtungen zur Erzählkunst in Wolframs ›Parzival‹, in: Erzähltechnik und Erzählstrategien in der deutschen Literatur des Mittelalters. Saarbrücker Kolloquium 2002. Hrsg. von Wolfgang Haubrichs, Eckart Conrad Lutz und Klaus Ridder, Berlin 2004 (Wolfram-Studien 18), S. 171–188. Brunner, Horst: Wolfram von Eschenbach, Gunzenhausen 2004 (Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken 1). Bücksteeg, Christel: Ausgewählte Märchenmotive im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, in: Als es noch Könige gab. Forschungsberichte aus der Welt der Märchen. Im Auftrag der Europäischen Märchengesellschaft hrsg. von Heinz-Albert Heindrichs und Harlinda Lox, Kreuzlingen / München 2001 (Veröffentlichungen der Europäischen Märchengesellschaft 26), S. 24– 48. Bumke, Joachim: Wolframs Willehalm. Studien zur Epenstruktur und zum Heiligkeitsbegriff der ausgehenden Blütezeit, Heidelberg 1959 (Germanische Bibliothek, Reihe 3). Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, Stuttgart und Weimar 11964 – 82004 (Sammlung Metzler 36).

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VII Literatur

Bumke, Joachim: Die romanisch-deutschen Literaturbeziehungen im Mittelalter. Ein Überblick, Heidelberg 1967. Bumke, Joachim: Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945. Bericht und Bibliographie, München 1970. Bumke, Joachim: Antwort an Werner Schröder, in: Euphorion 66 (1972), S. 81–84. Bumke, Joachim: Ministerialität und Ritterdichtung. Umrisse der Forschung, München 1976. Bumke, Joachim: Brauchen wir eine neue ›Willehalm‹-Ausgabe? Anmerkungen zur kritischen Edition von Werner Schröder, in: Euphorion 73 (1979), S. 321–333. Bumke, Joachim: Mäzene im Mittelalter. Die Gönner und Auftraggeber der höfischen Literatur in Deutschland 1150–1300, München 1979. Bumke, Joachim: Parzival und Feirefiz – Priester Johannes – Loherangrin. Der offene Schluß des ›Parzival‹ von Wolfram von Eschenbach, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 65 (1991), S. 236–264. Bumke, Joachim: Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der höfischen Epik im 13. Jahrhundert. Die Herbort-Fragmente aus Skokloster. Mit einem Exkurs zur Textkritik der höfischen Romane, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 120 (1991), S. 257–304. Bumke, Joachim: Die Erzählung vom Untergang der Burgunder in der ›Nibelungenklage‹. Ein Fall von variierender Überlieferung, in: Erzählungen in Erzählungen. Phänomene der Narration in Mittelalter und Früher Neuzeit. Hrsg. von Harald Haferland und Michael Mecklenburg, München 1996 (Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur 19), S. 71–83. Bumke, Joachim: Der unfeste Text. Überlegungen zur Überlieferungsgeschichte und Textkritik der höfischen Epik im 13. Jahrhundert, in: ‚Aufführung‘ und ‚Schrift‘ in Mittelalter und Früher Neuzeit. Hrsg. von Jan-Dirk Müller, Stuttgart und Weimar 1996 (Germanistische-Symposien-Berichtsbände 17), S. 118–129. Bumke, Joachim: Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹. Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte und Textkritik der höfischen Epik im 13. Jahrhundert, Berlin und New York 1996 (Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte 8 [242]). Bumke, Joachim: Autor und Werk. Beobachtungen und Überlegungen zur höfischen Epik (ausgehend von der Donaueschinger Parzivalhandschrift Gd), in: Philologie als Textwissenschaft. Alte und neue Horizonte. Hrsg. von Helmut Tervooren und Horst Wenzel, Berlin 1997 (Sonderheft zur Zeitschrift für deutsche Philologie 116), S. 87–114. Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, in: 2VL , Bd. 10 (1999), Sp. 1376–1418. Bumke, Joachim: Die Blutstropfen im Schnee. Über Wahrnehmung und Erkenntnis im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach, Tübingen 2001 (Hermaea N. F. 94). Bumke, Joachim: Retextualisierungen in der mittelalterlichen Literatur, besonders in der höfischen Epik, in: Retextualisierung in der mittelalterlichen Literatur. Hrsg. von J. B. und Ursula Peters, Berlin 2005 (Sonderheft zur Zeitschrift für deutsche Philologie 124), S. 6– 46. Burdach, Konrad: Der Gral. Forschungen über seinen Ursprung und seinen Zusammenhang mit der Longinuslegende. Mit einem Vorwort zum Neudruck von Johannes Rathofer, Darmstadt 1974. Buschinger, Danielle: Zum Rappoltsteiner Parzifal, in: Perceval – Parzival. Hier et aujourd’hui et autres essais sur la litte´rature allemande du Moyen Age et de la Renaissance, recueil d’articles assemble´s par D. B. et Wolfgang Spiewok pour feˆter les 95 ans de Jean Fourquet, Greifswald 1994 (Wodan 48. Greifswalder Beiträge zum Mittelalter,

Forschungsliteratur

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VII Literatur

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Forschungsliteratur

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Haug, Walter: Geschichte, Fiktion und Wahrheit. Zu den literarischen Spielformen zwischen Faktizität und Phantasie, in: Historisches und fiktionales Erzählen im Mittelalter. Hrsg. von Fritz Peter Knapp und Manuela Niesner, Berlin 2002 (Schriften zur Literaturwissenschaft 19), S. 115–131. Haug, Walter: Rezension Bumke, Die Blutstropfen im Schnee, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 121 (2002), S. 134–139. Haug, Walter: Warum versteht Parzival nicht, was er hört und sieht? Erzählen zwischen Handlungsschematik und Figurenperspektive bei Hartmann und Wolfram, in: Wahrnehmung im ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach. Actas do Colo´quio Internacional 15 e 16 de Novembro de 2002. Ed. John Greenfield, Porto 2004 (Anexo XIII ), S. 37– 65 (zit.) [Nachdruck in: W. H.: Positivierung von Negativität. Letzte kleine Schriften. Hrsg. von Ulrich Barton, Tübingen 2008, S. 141–156]. Haug, Walter: Die mittelalterliche Literatur im kulturhistorischen Rationalisierungsprozess. Einige grundsätzliche Erwägungen, in: Reflexion und Inszenierung von Rationalität in der mittelalterlichen Literatur. Blaubeurer Kolloquium 2006. In Verbindung mit Wolfgang Haubrichs und Eckart Conrad Lutz hrsg. von Klaus Ridder, Berlin 2008 (Wolfram-Studien 20), S. 19–39 (zit.) [Nachdruck in: W. H.: Positivierung von Negativität. Letzte kleine Schriften. Hrsg. von Ulrich Barton, Tübingen 2008, S. 14–30]. Haug, Walter: Vom ›Tristan‹ zu Wolframs ›Titurel‹ oder Die Geburt des Romans aus dem Scheitern am Absoluten, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 82 (2008), S. 192–204 [Nachdruck in: W. H.: Positivierung von Negativität. Letzte kleine Schriften. Hrsg. von Ulrich Barton, Tübingen 2008, S. 14–30 (zit.)]. Haupt, Moriz: Lesarten zum Parzival, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 7 (1849), S. 169–174. Haupt, Moriz: Zu Wolframs Parzival, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 11 (1859), S. 42–59. Hausmann, Albrecht: Reinmar der Alte als Autor. Untersuchungen zur Überlieferung und zur programmatischen Identität, Tübingen und Basel 1999 (Bibliotheca Germanica 40). Hausmann, Albrecht: Mittelalterliche Überlieferung als Interpretationsaufgabe. ‚Laudines Kniefall‘ und das Problem des ‚ganzen Textes‘, in: Text und Kultur. Mittelalterliche Literatur 1150–1450. Hrsg. von Ursula Peters, Stuttgart 2001 (GermanistischeSymposien-Berichtsbände 23), S. 72–95. Haustein, Jens: Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 118 (1999), S. 442– 445. Hayer, Gerold: Ein neues Salzburger Fragment zum Willehalm von Orlens des Rudolf von Ems, in: Litterae ignotae. Beiträge zur Textgeschichte des deutschen Mittelalters: Neufunde und Neuinterpretationen, gesammelt von Ulrich Müller, Göppingen 1977 (Litterae 50), S. 21–32. Hayer, Gerold: Die deutschen Handschriften des Mittelalters der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Unter Mitarbeit von Dagmar Kratochwill, Annemarie Mühlböck und Peter Wind, Wien 1982 (Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, Reihe III = Denkschriften der phil.-hist. Kl. der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 154). Haymes, Edward R.: Rezension Bumke, Die vier Fassungen der ›Nibelungenklage‹, in: Medievalia et Humanistica 25 (1998), S. 133–136.

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Forschungsliteratur

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Herkommer, Hubert: Der zerrissene Held und seine Heilung im Gespräch. Parzivals Einkehr beim Einsiedler Trevrizent, in: „Was ist der Mensch?“ Theologische Anthropologie im interdisziplinären Kontext. Wolfgang Lienemann zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Michael Graf, Frank Mathwig und Matthias Zeindler, Stuttgart 2004 (Forum Systematik 22), S. 137–161. Hertz, Martin: Karl Lachmann. Eine Biographie, Berlin 1851. Hoffmann, Werner: Die vindaere wilder maere, in: Euphorion 89 (1995), S. 129–150. Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Altdeutsche Handschriften der Kaiserlichen Hofbibliothek in Wien, Leipzig 1841. Hofmeister, Rudolf A[nton]: Manuscript Evidence in Wolfram’s Parzival, Diss. University of Illinois at Urbana-Champaign 1971. Hofmeister, Rudolf A[nton]: In Defense of Medieval Scribes, in: Colloquia Germanica 7 (1973), S. 289–300. Hofmeister, Rudolf A[nton]: A Criterion for Eliminating Spurious Readings in Wolfram’s ›Parzival‹, in: Colloquia germanica 8 (1974), S. 32–36. Hofmeister, Rudolf A[nton]: Lachmann’s Role in the Transmission of ›Parzival‹, in: Seminar 10 (1974), S. 87–100. Hofmeister, Rudolf A[nton]: Rhyme and Manuscript Evidence in Wolfram’s ›Parzival‹, in: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 9 (1975), S. 83–92. Hofmeister, Rudolf A[nton]: The Plus Verses in Wolfram’s ›Parzival‹, in: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 11 (1976), S. 81–111. Hofstätter, Anna: Die Parzivalfragmente Ga und Gb und ein neuentdecktes Lankowitzer Fragment, in: Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Phil.hist. Kl., Jg. 88 (1951), S. 57–95. Holtorf, Arne: Eine Strophe Reinmars von Brennenberg im Rappoltsteiner ›Parzival‹, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 96 (1967), S. 321–328. Holznagel, Franz-Josef: Minnesang-Florilegien. Zur Lyriküberlieferung im Rappoltsteiner Parzifal, im Berner Hausbuch und in der Berliner Tristan-Handschrift N, in: „Daˆ hœret ouch geloube zuo“. Überlieferungs- und Echtheitsfragen zum Minnesang. Beiträge zum Festcolloquium für Günther Schweikle anläßlich seines 65. Geburtstages. Hrsg. von Rüdiger Krohn in Zusammenarbeit mit Wulf-Otto Dreeßen, Stuttgart und Leipzig 1995, S. 65–88. Holznagel, Franz-Josef: Wege in die Schriftlichkeit. Untersuchungen und Materialien zur Überlieferung der mittelhochdeutschen Lyrik, Tübingen und Basel 1995 (Bibliotheca Germanica 32). Horacek, Blanka: Die Kunst des Enjambements bei Wolfram von Eschenbach, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 85 (1954/55), S. 210–229. Horacek, Blanka: Kunstprinzipien der Satz- und Versgestaltung. Studien zu einer inhaltsbezogenen Syntax und Metrik der deutschen Dichtersprache, Wien 1968 (Sitzungsberichte der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Kl., Bd. 258, 1. Abhandlung). Horva´th, Eva: Wolfram von Eschenbach: Parzival, in: Von Rittern, Bürgern und von Gottes Wort. Volkssprachige Literatur in Handschriften und Drucken aus dem Besitz der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Eine Ausstellung in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg vom 26. September bis 23. November 2002. Hrsg. von E. H. und Hans-Walter Stork, Kiel 2002, S. 68 f. und 141 f. Hucker, Bernd Ulrich: Otto IV . Der wiederentdeckte Kaiser. Eine Biographie, Frankfurt am Main und Leipzig 2003.

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VII Literatur

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Forschungsliteratur

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VII Literatur

von Eschenbach und Diskussion der literaturgeschichtlichen Ergebnisse, Göppingen 1976 (GAG 185). Könnecke, Gustav: Bilderatlas zur Geschichte der deutschen Nationallitteratur. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Marburg 1895. Kolb, Herbert: Munsalvæsche. Studien zum Kyotproblem, München 1963. Kolb, Herbert: Rezension Werner Schröder, Die Namen im ›Parzival‹ und im ›Titurel‹ Wolframs von Eschenbach, in: Beiträge zur Namenforschung N.F. 17 (1982), S. 267–271. Kolb, Herbert: niemen hie ze Wildenberc, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 105 (1986), S. 382–385. Koppitz, Hans-Joachim: Studien zur Tradierung der weltlichen mittelhochdeutschen Epik im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, München 1980. Kordt, Christa-Maria: Parzival in Munsalvæsche. Kommentar zu Buch V/1 von Wolframs ›Parzival‹ (224,1–248,30), Herne 1997. Kornrumpf, Gisela: Der Tugendhafte Schreiber, in: 2VL , Bd. 9 (1995), Sp. 1138–1141. Kornrumpf, Gisela: Heidelberger Liederhandschrift C, in: 2VL , Bd. 3 (1981), Sp. 584– 597. Kornrumpf, Gisela: Die Anfänge der Manessischen Liederhandschrift, in: Deutsche Handschriften. 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985. Hrsg. von Volker Honemann und Nigel F. Palmer, Tübingen 1988, S. 279–296 (zit.) [Nachdruck in: G. K.: Vom Codex Manesse zur Kolmarer Liederhandschrift. Aspekte der Überlieferung, Formtraditionen, Texte, Bd. I: Untersuchungen, Tübingen 2008 (MTU 133), S. 1–31]. Krämer, Sigrid: Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, München 1989 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband I). Kraß, Andreas: Die Ordnung des Hofes. Zu den Spruchstrophen des Tugendhaften Schreibers, in: Literatur und Macht im mittelalterlichen Thüringen. Hrsg. von Ernst Hellgardt, Stephan Müller und Peter Strohschneider, Köln, Weimar und Wien 2002, S. 127–141. Kraß, Andreas: Geschriebene Kleider. Höfische Identität als literarisches Spiel, Tübingen und Basel 2006 (Bibliotheca Germanica 50). Kratz, Henry: The Prologue to Wolfram’s ›Parzival‹, in: Journal of English and Germanic Philology 65 (1966), S. 75–98. Kratz, Henry: Wolfram von Eschenbach’s ›Parzival‹. An Attempt at a Total Evaluation, Bern 1973 (Bibliotheca Germanica 15). Kreye, Georg: Die Parzivalhandschrift Gt, New York 1940 (Ottendorfer Memorial Series of Germanic Monographs 25). Krüger, Rüdiger: Studien zur Rezeption des sogenannten ›Jüngeren Titurel‹, Stuttgart 1986. Kühnel, Jürgen: Wolframs von Eschenbach ›Parzival‹ in der Überlieferung der Handschriften D (Cod. Sangall. 857) und G (Cgm 19), in: Festschrift für Kurt Herbert Halbach zum 70. Geburtstag am 25. Juni 1972. Arbeiten aus seinem Schülerkreis. Hrsg. von Rose Beate Schäfer-Maulbetsch, Manfred Günter Scholz und Günther Schweikle, Göppingen 1972 (GAG 70), S. 145–213. Kühnel, Jürgen: Karl Lachmann, in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 371–374. Kuhn, Hugo: Gottfried von Straßburg, in: 2VL , Bd. 3 (1981), Sp. 153–168. Kupferschmid, Werner: Über den Wortschatz der Berner Parzival-Handschrift, Diss. Bern 1923 (Sprache und Dichtung 27). Kurrelmayer, W.: Rezension Hartl, Die Textgeschichte des Wolframschen Parzival, in: Modern Language Notes 63 (1928), S. 285.

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VII Literatur

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Forschungsliteratur

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VII Literatur

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VII Literatur

Wolf, Jürgen: Das ‚fürsorgliche‘ Skriptorium. Überlegungen zur literarhistorischen Relevanz von Produktionsbedingungen, in: Das Mittelalter 7/2 (2002), S. 92–109. Wolf, Jürgen: Wolfram und das mittelalterliche Buch. Beobachtungen zur literatur- und buchgeschichtlichen Relevanz eines großen Autornamens, in: Wolfram von Eschenbach – Bilanzen und Perspektiven. Eichstätter Kolloquium 2000. Hrsg. von Wolfgang Haubrichs, Eckart C. Lutz und Klaus Ridder, Berlin 2002 (Wolfram-Studien 17), S. 322–346. Wolf, Jürgen: Der Text in den Fängen der Schreiber oder: Sind die Sorgen der Autoren um Textkorruption und Textzerstörung berechtigt? In: Übertragungen. Formen und Konzepte von Reproduktion in Mittelalter und Früher Neuzeit. Hrsg. von Britta Bußmann, Albrecht Hausmann, Annelie Kreft und Cornelia Logemann, Berlin und New York 2005 (Trends in Medieval Philology 5), S. 29– 42. Wolf, Jürgen: Buch und Text. Literatur- und kulturhistorische Untersuchungen zur volkssprachigen Schriftlichkeit im 12. und 13. Jahrhundert, Tübingen 2008 (Hermaea N. F. 115). Wolf, Werner: Der Vogel Phönix und der Gral, in: Studien zur deutschen Philologie des Mittelalters. Friedrich Panzer zum 80. Geburtstag am 4. September 1950 dargebracht. Hrsg. von Richard Kienast, Heidelberg 1950, S. 73–95. Wolf, Werner: Rezension Wolfram von Eschenbach, 7. Auflage (ed. Lachmann-Hartl), in: Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur 67 (1954/55), S. 61–71. Wolff, Ludwig und Schröder, Werner: Heinrich von Veldeke, in: 2VL , Bd. 3 (1981), Sp. 899–918. Worstbrock, Franz Joseph: Der Überlieferungsrang der Budapester Minnesang-Fragmente, in: Neue Wege der Mittelalter-Philologie. Landshuter Kolloquium 1996. Hrsg. von Joachim Heinzle, L. Peter Johnson und Gisela Vollmann-Profe, Berlin 1998 (Wolfram-Studien 15), S. 114–142 (zit.) [Nachdruck in: F. J. W.: Ausgewählte Schriften, Bd. 1: Schriften zur Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Susanne Köbele und Andreas Kraß, Stuttgart 2004, S. 61–86]. Yeandle, David N.: Commentary on the Soltane and Jeschute Episodes in Book III of Wolfram von Eschenbach’s ›Parzival‹ (116,5–138,8), Heidelberg 1984. Yeandle, David N.: The Concept of ‚schame‘ in Wolfram’s ›Parzival‹, in: Euphorion 88 (1994), S. 302–338. Yeandle, David N.: Stand und Aufgabe der Parzival-Kommentierung. Bestandsaufnahme anläßlich des Erscheinens von Eberhard Nellmanns neuem Parzival-Kommentar, in: Euphorion 92 (1998), S. 223–248. Yeandle, David N.: Stellenbibliographie zum ›Parzival‹ Wolframs von Eschenbach für die Jahrgänge 1984–1996. Bearbeitet von Carol Magner unter Mitarbeit von Michael Beddow, John Bradley, David Powell, Harold Short und Roy Wisbey, Tübingen 2002 [CD -Rom]. Zaloscer, Hilde: Versuch einer Phänomenologie des Rahmens, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 19/2 (1974), S. 189–224. Zatloukal, Klaus: Die Eigennamen im ›Jüngeren Titurel‹, 2 Bde., Habil. (masch.) Wien 1984. Zatloukal, Klaus: Handschriftenkunde, in: Ältere deutsche Literatur. Eine Einführung. Hrsg. von Alfred Ebenbauer und Peter Krämer. 2., korrigierte und bibliographisch ergänzte Auflage, Wien 1990, S. 121–140. Zeidler, Victor: Untersuchungen des Verhältnisses der Handschriften von Rudolf von Ems Willehalm von Orlens, Prag 1894 (Programm der Staatlichen Realschule in Karolinenthal).

Forschungsliteratur

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Zimmermann, Gisela: Kommentar zum VII . Buch von Wolfram von Eschenbachs ›Parzival‹, Göppingen 1974 (GAG 133). Zu Werk und Text. Beiträge zur Textologie. Hrsg. von Siegfried Scheibe und Christel Laufer (Redaktion), Berlin 1991.

VII Register 1 Personen und Sachen Das Register umfasst Autoren und Werke, Orte, mittelhochdeutsche Wörter und die wichtigsten Sachbegriffe. Die ›Parzival‹-Handschriften und -fragmente wurden vollständig erfasst, mit Ausnahme der die Fassung *T konstituierenden Textzeugen T U V und W, die durchgängig behandelt werden. Zudem wurden neuzeitliche Gelehrte verzeichnet, allerdings nur jene, die im Haupttext namentlich erwähnt sind bzw. jene, denen ich für schriftlich oder mündlich erteilte Auskünfte zu Dank verpflichtet bin. Abenberg 345 Absatzzeichen 220 Acremonte (Sizilien) 355 Addanz/Andanz/Audantz 302 æber oder sneˆ / eber oder reˆ 325 f. Akrostichon 83 219 225 ›Alexanderroman‹ 369 allentalben 317 Ambras 71–73 99 f. ›Annales Cambriae‹ 302 Antanor 129–131 apo koinou 217 333 Aquileia 355 Archetyp 6 f. 27 41 172 212 218 225 231 Assonanz 49 175 185 330 Astor/Castor 163 Astrigeiz/Destrigleis/Destregales 340 Athetese 203 Augsburg 114 f. Auszeichnung von Eigennamen durch Schreiber 221–223 Autorbild 82 90 Autorintention 20 f. 374 Autornähe, autornahe Fassungen, autornahe Formulierungen 3 f. 20–22 24 26 54 61 167–170 174 184 187 f. 190 202 204 258 f. 284 339 342 374 f. Backes, Susanna 180 Bämler, Johann 115 Baisch, Martin 286–288

Bamberg 114 345 Barbara von Helfenstein → Helfenstein, Geschlecht von barbier 334 Bartsch, Karl 204 271 274 327 351 Bearbeitung 5 25–28 30 53 259 Beatrix von Sizilien und Aragon 123 Becker, Peter Jörg 116 Benutzerspuren in ›Parzival‹-Textzeugen 116 f. berc ze Agremontıˆn → Acremonte (Sizilien) Bernhart, Johann Baptist 85 Bernstein 372 Bertun/Britun 302 bestaten 333 betalle 318 Bligger von Steinach 123 ›Bliocadran‹ 104 Blutende Lanze 358–360 Blutstropfen im Schnee 175 215 281 284 322 f. Bodmer, Johann Jakob 32 Bögen (Erzähltechnik) 217 bogen 290 Bogengleichnis 216 284–294 374 f. bon fıˆz, scher fıˆz, beˆaˆ fıˆz 320 f. Bonath, Gesa 10 f. 31 35–39 47 49 53 55 119 125 129–132 135 f. 150 155 f. 162 164 167–171 176 195–197 199 212 214 f. 218 220 318 324 339 366 f.

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Register

Boner, Ulrich – ›Der Edelstein‹ 114 Bork, Hans 372 Brecilian/Prezilian 61 Brickus/Prikus 303 Brinkmann, Hennig 266 Brixen 353 Brobarz/Brebarz 145 f. Brunner, Bartlime 77 Bücher → Textgliederung Bücher VIII–XI 193 195–200 366 370 der bürge wirtes royaˆm 179 Bumke, Joachim 3–30 42 47 51 53 55 110 133 155 167 174 184 217 f. 254 258 277 282 284 293 326 342 359 365 373 375 Burchard II., Bischof von Worms 122 Caltabellotta (Kalot enbolot) 355 Capitulum-Paragraphen 220 f. 246 – Fragment 5 243 245–251 – ›Parzival‹ D 220 266 – ›Parzival‹ L 240 – ›Parzival‹ n 240 Celje (Slowenien) 355 Cham (Bayern) 352 Chlench, Kathrin 94 100 178 293 Chre´tien de Troyes 144 302 – ›Conte du Graal‹ 103 f. 130 155 194 211–213 324 328 333–338 358 360 f. 364 f. – ›Erec‹ 144 146 – ›Yvain‹ 15 303 Codex Manesse 76 81 86–92 340 Colin, Philipp 105 f. Condwiramurs 322 f. contradictio in adiecto 158 Curschmann, Michael 289 David 307 Delcourt-Ange´lique, Janine 365 deus artifex 321 Dollnstein, Geschlecht von – Gebhard von Dollnstein 353 – Hartwig von Dollnstein 353 Dollnsteiner Fasnacht 352 f. Donatenwesen 123 Doppelmarkierungen – ›Parzival‹ D 210–212 – ›Parzival‹ O 210 – ›Parzival‹ Z 210

Dreißiger → Textgliederung Durne, Geschlecht von 346 Ebenbauer, Alfred 295 Eberbach, Zisterzienserkloster 122 Echtheitskriterien 49 169 203 Eilhart von Oberge – ›Tristrant‹ 75 236 342 Eintext-Edition 3 9 30 Einzellesarten – Fassung *T2 136–138 – Fragment 32 78 – ›Parzival‹ W 118 Elisabeth von Helfenstein → Helfenstein, Geschlecht von Elisabeth von Vohburg 351 f. ellen 280 Ellipse 280–282 ›Elucidation‹ 104 313 f. Enjambement 49 51 176 184–190 er küene, træclıˆche wıˆs 280–284 374 Erfurter Weingärten 348–350 Ernst, Ulrich 307 Erstfassung 258 279 375 Erzählphasen (Erzähltechnik) 208 Exzipierender Satz 173 286 f. 291 Famorgan 303–305 355 Fassung *T – Struktur 255–257 – Textformulierung 183–200 – Übereinstimmungen mit *QR 161–171 – Zwischenstellung 153–161 183 194 293 Fassung *T2 135–140 256 294–311 Fassungen – Autorfassungen 33 – Begriff 4–30 – Binnenvarianz 8 16 53 132 143 149 f. 256 260 f. – Differenz 21 – gleichwertige 26 – interpretationsrelevante 17 – Kohärenz 3 20 f. 260 – Konstanz 13 Fehler – Bindefehler 162 195 – Bindefehler *OQR 136 – Fassung *G 37 41 – Fassung *T 138 268 344 – Fehlerbegriff 36

Personen und Sachen – Fragment 32 78 – Klassifizierung 8 – klassische Textkritik 5 – ›Parzival‹ D 267 – ›Parzival‹ G 339 – ›Parzival‹ O 187 – ›Parzival‹ T 68 71 133 189 – ›Parzival‹ U 94 – ›Parzival‹-Edition Lachmann 32 365 – ›Parzival‹-Edition Myller 32 352 – Schreiberfehler 8 41 212 f. 339 342 – Schreiberfehler *OQR 167–171 – Trennfehler 142 162–164 – ›Wilhelm von Orlens‹ M 84 Feirefiz – Herkunft 300–305 fenıˆs/fenix 369 fiusten/suˆsen/siuften 131 Flood, John L. 116 fortis et sapiens 280 283 Fourquet, Jean 324 Fragezeichen → Interpunktion Frauenpassage 276–279 Friaul 355 Friedrich von Sonnenburg 222 Frimutel 180 f. für zogen 290 Fürstenberg, Geschlecht von 107 109 Fuetrer, Ulrich – ›Buch der Abenteuer‹ 213 Gärtner, Kurt 42 Gahmuret – Abschiedsbrief 298–305 – Bestattung 332 f. – und Belakane 294–311 Gandine 356 f. Ganz, Peter F. 327 Gauriuon 354 f. Gebhard von Dollnstein → Dollnstein, Geschlecht von Johannes Geiler von Kaysersberg 373 geleichet/gelıˆchet/gelıˆchent/gelicket 269–271 geschickede 173 gesiht 173 gesmæhet unde gezieret 185–187 Gestaltungswille 5 9 f. 18–21 26 – Fassung *T 19 293 374

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– Fassung *T2 137 Gibbs, Marion E. 298 Gottfried von Straßburg – ›Tristan‹ 39 75–80 123 210 219 225 276 331 – ›Tristan‹ M 86 – ›Tristan‹ W 72 75 – ›Tristan‹-Fragment w 72 – ›Tristan‹-Fragmente z/z1 75 Gottfried-Wolfram-Polemik 76 276 Gottlieb, Theodor 71–73 graal → Gral Gräter, Friedrich David 66 Gral 364–373 – graal 364 f. – grauus 365 – lapis electrix 373 – lapsit/lapis/jaspis exillis 199 364–373 – tailleoirs 365 – taule 365 – vaissials 365 – vallez 365 – vaslez 365 grauus → Gral Gregor von Helfenstein → Helfenstein, Geschlecht von Greian (Grajenabach) 357 Grimm, Jacob 33 202 f. Großinitialen 201 f. – ›Parzival‹ D 206–218 – ›Parzival‹ G 207 – ›Parzival‹ I 208 – ›Parzival‹ Q 208 – ›Parzival‹ R 208 – ›Parzival‹ T 206–218 – ›Parzival‹ U 208 – ›Parzival‹ V 208 – ›Parzival‹ W 208 – ›Parzival‹ Z 208 Gruppierungen innerhalb von Fassung *T 140–150 güete 311 Gurzgri 341 Gyburg 307 311 Habsburger 71 73 Hadlaub, Johannes 86 härsnier 334 Haferland, Harald 285 288

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Register

von der Hagen, Friedrich Heinrich 2 66 Haidin/Haidina (Slowenien) 356 Haidstein 350–352 halsperc 336 Harroff, Stephen C. 290 Hartl, Eduard 10 36 39 42–53 60 66 91 109–111 119 125 127–129 132 f. 136 140 f. 143 149 152 161 f. 164 171 f. 183 321 367 Hartmann von Aue 35 50 184 338 340 342 – ›Der arme Heinrich‹ 16 – ›Erec‹ 144 146 194 340 f. – ›Erec‹ K 236 – ›Iwein‹ 14 f. 35 260 – ›Iwein‹ A 236 – ›Iwein‹ B 303 – ›Iwein‹ D 303 Hartmann, Heiko 318 332 f. Hartwig von Dollnstein → Dollnstein, Geschlecht von Haubrichs, Wolfgang 271 Haug, Walter 274 f. 296 Hausmann, Albrecht 9–16 Haustein, Jens 14 Heidelberger Liederhandschrift C → Codex Manesse Heinrich der Jüngere 122 f. Heinrich von dem Türlin – ›Die Krone‹ 302 Heinrich von Frauenberg 90 Heinrich von Freiberg – ›Tristan‹ 75 Heinrich von München – ›Weltchronik‹ 95 Heinrich von Rispach 347 f. Heinrich von Veldeke 339 f. 342 – ›Eneit‹ 18 95 236 299 347 Heinzle, Joachim 15 27 36 42 55 196 270 f. Heldenepik 10 Helfenstein, Geschlecht von 109 – Barbara von Helfenstein 109 – Elisabeth von Helfenstein 109 – Gregor von Helfenstein 109 Henselin 105 f. Herbort von Fritzlar – ›Liet von Troye‹ 20 f. 193 347

Hermann I. von Thüringen 346 f. 349 ›Der Herrgottschnitzer‹ 320 Herzelaude (Gemahlin Ulrichs VII. von Rappoltstein) 107 Herzeloyde – Namenvarianten 107 – Drachentraum 315 Historische Differenz von Textfassungen 55 Historische Existenzform eines Textes 8 14 40 Höfisierung 50 Hofmeister, Rudolf A. 38 f. 55 218 Hohentrüdingen → Trüdingen Horacek, Blanka 185 hosennestel 247 Hrabanus Maurus 372 Hugo von Werbenwag 91 huote 280 f. 283 f. 310 374 Hyparchetyp 6 f. 27 36 45 f. 225 255 hysteron proteron 189 325 Inhaltliche Strukturierung des ›Parzival‹ in D und T 209–218 Inneres Diktat 258 Innsbruck 117 Interpunktion – punctus 65 69 77 237 – punctus interrogativus 65 69 77 235 237 – syntaktische 235–240 Ithers Pferd 333 f. iudicium 3 Iwan von Nonel/Iwan von Jonel 143 f. jaˆmers noˆt 169 Jammers, Ewald 88 Jaspis 369 372 f. Jaspis exillis → Gral Jernis von Ril/Scharius von Rile 143 f. Johannes von Tepl – ›Der Ackermann aus Böhmen‹ 114 joie 190 193 f. ›Jüngerer Titurel‹ 113–117 153 191 193 216 f. 259 270 273 295 302 304 346 364 368 f. kampf wip / koufwıˆp 353 Karnahkarnanz/Garnagarnanz 138 326 Kern, Peter 290–293 Kirsch, Fritz Peter 321 Kittelmann, Feodor 43 109 164

Personen und Sachen Klein, Thomas 61 100 349 Knapp, Fritz Peter 351 Knecht, Peter 249 275 Kochendörfer, Günter 150 156–161 ›Königsberger Jagdgedicht‹ 326 Kolb, Herbert 190 Konjekturen – Karl Lachmann 261 269 285 317 339 341 369 Konrad von Fußesbrunnen – ›Kindheit Jesu‹ 222 225 Konrad von Heimesfurt – ›Unser vrouwen hinvart‹ 222 225 Konrad von Hirsau 266 Konrad von St. Gallen 86 Konrad von Staufen 122 Konrad von Würzburg – ›Trojanerkrieg‹ 193 Kontamination 22–25 45– 47 54 149 196 f. 366 f. – ›Parzival‹ T 129–132 – ›Parzival‹ V 109–112 144–150 188 Koppitz, Hans-Joachim 117 Kordt, Christa-Maria 177 kranken ruom bejagen 169 kranker prıˆs 169 kranker sin 169 von Kraus, Carl 43 Krimm, Konrad 122 krümbe 292 Kühn, Dieter 275 Kühnel, Jürgen 34 f. 40 f. 50 f. 325 334 f. kumbers dol 169 kumbers kraft 169 kumbers noˆt 169 Kyot 216 f. Lachmann, Karl 25 31– 42 51 119 143 190 195 199–206 212 216 219 226 229 f. 248 254 259 261 265 268 272 274 285 326 334 369 Lachmann’sche Methode 1 f. Lambeck, Peter 71 f. 99 lapis electrix → Gral Lascoyt 341 laster bejagen 169 Lauber-Handschriften 116 lectio difficilior 30 51 131 137 272 327 370 372 374

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Leithandschrift, Leithandschriftenprinzip 2 6 8 f. 13 16 29 54 – Fassung *T 54 150 164 – Fassung *T2 54 – Fragment 14 11 – ›Parzival‹ D 261 326 – ›Parzival‹ G 39 – ›Parzival‹ I 39 – ›Parzival‹ T 135 – ›Parzival‹ U 257 Leitzmann, Albert 35 317 f. 327 351 362 Leopold I. 71 Lesartenapparat 9 35 Liaz 340 f. lıˆhte/liehte 271 f. lip und lant / liute unde lant 309 Literarische und außerliterarische Anspielungen 260 338–357 ›Lucidarius‹ 358 Ludwig der Baier 123 Mahaute 341 Majuskeln → Textgliederung/Subgliederung 341 Manesse, Rüdiger 86 manlich 309 Maria 316 325 Maria Magdalena 307 Marti, Marta 271 274 327 Martin, Ernst 34–36 45 50 176 184 188 196 274 304 327 368 Material Philology 4 Maximilian I. 71–73 99 117 Mehrtext-Editionen 4 17 Meister Hesse 339 374 meister-Titulierung 339 f. menen / nemen 287 Menhardt, Hermann 68 72 155 Mentelin, Johann 113–119 193 Mergell, Bodo 190 Milchtaufe → Taufe milte 283 Minne-Exkurse 254 Minne-Fragmente 179–181 ›Die Minneburg‹ 368 Minnesang, Minnesang-Philologie 8f. 14 40 Minusverse – Fassung *D 151 f. – Fassung *G 38 f. 132 151–153 160

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Register

– Fassung *T 144 f. 151–153 161 163 197 357 – ›Parzival‹ T 355 357 mise en page 224 missewende 280 ›Mitteldeutscher Erec‹ 15 Mockenhaupt, Benedikt 274 Mohr, Wolfgang 249 Mühlbach bei Brixen 353 Müller, Jan-Dirk 24 30 Müller, Stefan 293 München 85 Murphy, Ronald G. 191 Myller, Christoph Heinrich 32 206 naket ane bruoch 324 Nellmann, Eberhard 40 174 178 f. 195–197 201 210 f. 249 271 286 f. 289 f. 299 317 f. 322 330 350 362 365 368 f. 372 Neumann, Friedrich 174 New Philology 3 f. 7 14 ›Nibelungenklage‹ 24 f. 27 188 – Fassung *J 26 – ›Nibelungenklage‹ B 221 227 ›Nibelungenlied‹ 24 26 204 225 342 – ›Nibelungenlied‹ B 221 225 – ›Nibelungenlied‹ E 86 222 225 Nibelungenwerkstatt 24 Nördlingen 344 Noltze, Holger 299 Normalisierung eines Textes 10 44 Obhof, Ute 107 och/ouch 272–275 Ohnenheim bei Schlettstadt 105 Oltrogge, Doris 110 Der von Onheim 105 f. ordo artificialis 286 f. Original, Originalnähe, originale Lesarten 1– 6 13 f. 20–22 32 54 104 169 171 188 218 225 314 369 Otto IV. 349 Ovid – ›Metamorphosen‹ 123 Palmer, Nigel F. 208 222 Paradiesstein 369 Parallelen *D – *T 171–183 Parzival – Geburt und Kindheit 311–329

– Schwert 360–364 – tumpheit 281–284 ›Parzival‹-Handschriften – Fragment 1 86 222 242 f. 245 366 – Fragment 4 243 245 – Fragment 5 220 243 245–251 – Fragment 6 243 245 302 – Fragment 8 220 243–245 – Fragment 10 366 – Fragment 11 371 – Fragment 14 10–12 42 f. 241 245 366 – Fragment 15 242 366 – Fragment 16 244 f. – Fragment 17 86 – Fragment 18 98 367 – Fragment 21 157 349 – Fragment 25 162 – Fragment 26 10 42 f. 48 60– 65 79 187 231 241 245 303 – Fragment 28 231 244 f. – Fragment 31 243 – Fragment 32 244 f. 268 – Fragment 39 156 – Fragment 40 156 – Fragment 41 244 – Fragment 42 62 120–124 244 f. 367 369 – Fragment 51 223 – Fragment 54 244 f. – Fragment 62 245 – ›Parzival‹ D 11 f. 29 32 f. 35 f. 38 40 f. 79 98 171–183 200 f. 203–255 259 261–269 285 f. 288–294 296–311 330 341 344 350 f. 364 366 370 f. – ›Parzival‹ G 35 39– 41 86 f. 95 171–183 197 199 f. 207 226 240 259 286–294 296– 311 341 349 364 366 370 f. – ›Parzival‹ I 39 131 171–183 219 226 240 251 286 366 – ›Parzival‹ L 141 273 312 f. 348 367 369 – ›Parzival‹ m 14 67 99 131 226 244 304 347 366 – ›Parzival‹ O 24 98 129 161–183 186 199 204 207 210 226 240 243 286 349 367 – ›Parzival‹ Q 67 98 153 161–171 243 270 368 – ›Parzival‹ R 153 161–171 186 219 355 – ›Parzival‹ T 65–74 86–92 125–140 223 – ›Parzival‹ U 92–101

Personen und Sachen ›Parzival‹ V 102–113 313 f. ›Parzival‹ V′ 103 219 ›Parzival‹ W 113–120 ›Parzival‹ Z 129 153 210 213 226 291 347 366 Paul, Hermann 22 109 129 Petrus 307 Pfaffe Lamprecht – ›Tobias‹ 236 Pfister, Albrecht 114 Phasen (Erzähltechnik) 217 Philipp von Schwaben 345 349 Phönix 369 372 f. Phylogramm 165 f. 200 ›Pilgerfahrt des träumenden Mönchs‹ 271 Plachta, Bodo 28 Der Pleier – ›Garel von dem blühenden Tal‹ 357 Plusverse – Fassung *G 36 – Fassung *T 129 133 140 f. 149 321–323 329–338 – Fassung *T2 329–338 374 – ›Parzival‹ L 312 – ›Parzival‹ V 38 – ›Parzival‹ W 118 f. Poppo von Wertheim 173 f. 343 prıˆs bejagen 169 Prolog 14 19 78 f. 133 185–187 210 254 261–284 368 – prologus ante rem 210 266 f. 279 – prologus praeter rem 266 f. ›Prologus‹ → ›Elucidation‹ ›Prosa-Lancelot‹ 193 315 Jakob Püterich von Reichertshausen – ›Ehrenbrief‹ 259 Püttrich, Bernhard 24 192 Ranke, Friedrich 223 339 Rasuren – ›Parzival‹ T 68 70 125 319 f. – ›Parzival‹ V 109 f. 147 149 327 366 f. redelich 170 Regensburger Seide 348 Reichert, Hermann 271 275 Religionsgespräch 216 Renk, Herta-Elisabeth 89 repanse/repanser/respancher/respandre 190 – – – –

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Repanse/Urrepanse de schoye 190–195 Ringgleichnis 277 ritter guot / ritter got 326 f. Roethe, Gustav 1 Rohas (Rohitscher Berg) 355 f. Roland, Martin 93 Rolle, Sabine 55 121 162 220 245 367 roˆse roˆt unde sneˆ wıˆz 322 f. Rosenfeld, Hans-Friedrich 47 52 Roth, K. 121 Rudolf II. 123 Rudolf von Ems – ›Alexander‹ 76 301 – ›Weltchronik‹ A 86 – ›Weltchronik‹ Z 82 – ›Wilhelm von Orlens‹ 374 – ›Wilhelm von Orlens‹ M 68–70 74 81–92 223 225 – ›Wilhelm von Orlens‹-Fragment 20 86 Rüti – Almosen- und Hinteramt 78 – Prämonstratenserkloster 77 Rumoldes raˆt 342 Rupp, Heinz 280 Ruprecht II. 123 Ruprecht von Pfalz-Simmern 116 Samson Pine 105 f. San-Marte (Albin Schultz) 191 204 255 Saturn 358 schamlıˆchen/nacket 159 Scheibe, Siegfried 28 scheneschlant 175 f. Schiendorfer, Max 89 Schiewer, Hans-Jochen 21 28–30 55 schinnelier 336 Schirok, Bernd 4 33 150 156–161 218 f. 271 340 343 f. ›Schneewittchen‹ 322 Schneider, Karin 10 43 65 70 72 74 81 86 91 f. 125 222 Schnell, Rüdiger 20 f. 54 Schnyder, Mireille 276–278 Schönau, Zisterzienserkloster 61 121–124 Schönthal, Kloster der Augustiner-Eremiten 84 f. Schorbach, Karl 116 Schoydelakurt 341 f. Schreiber, Albert 345

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Register

Schröder, Walter Johannes 274 Schröder, Werner 349 361 f. Schubert, Martin J. 110 schuˆr 301 Seemüller, Joseph 43 Segramors 182 Selbstverteidigung 153 f. 156 230 277 Sentenzen → Sprichwörter Sevilla 355 sich lochen / luˆchen / lœsen 334 f. Sigismund Franz 71 Siglierung der ›Parzival‹-Handschriften 55–59 Silex 368 f. Silex jaspis 368 Singer, Samuel 301 siufzebærer herzeroum / siufzebærer herzen ruon 158 f. Sizilien 355 slehte 292 Soltane/Soltanie 324 f. Sorg, Anton 115 spanbette/hertstat/fiwerstat 147 f. Spessart 344 Spiewok, Wolfgang 274 Sprichwörter 69 238–240 268 Stackmann, Karl 2 f. 7 Stadler, Ernst 34 f. 50 196 stæte 283 Steirisches Rätsel 357 Stemma, Stemmatologie 5 f. 25 27 29 140 – Eduard Hartls Beurteilung der ›Parzival‹-Überlieferung 46 111 – Eduard Hartls Binnengliederung von *W (= *T) 140 f. 143 – Ernst Martins Beurteilung der ›Parzival‹-Überlieferung 34 – Gesa Bonaths Binnengliederung von *W (= *T) 142 – Karl Lachmanns Beurteilung der ›Parzival‹-Überlieferung 34 – Kochendörfers/Schiroks Binnengliederung von *W (= *T) 142 – wurzelloses Stemma 143 Stolz, Michael 165 Stosch, Johannes 109 Der Stricker – ›Karl der Große‹ C 221 225

Strohschneider, Peter 7 18 Syndeton 51 tailleoirs → Gral Taufbecken des Feirefiz → Taufe Taufe – Milchtaufe 316 – Taufbecken des Feirefiz 372 – Taufe Belakanes 305–307 – Tränentaufe 307 316 taule → Gral Tax, Petrus W. 363 Teilveröffentlichung des ›Parzival‹ 155 157 Terre de Salvæsche / der deschalvatsche 179 Texteinrichtung – dreispaltige 76 88 92–101 – Kolumnengestaltung in ›Parzival‹ W 115f. – Spaltenwechsel in ›Parzival‹ U 95–99 – zweispaltige 87 99 Textgliederung – Bücher 200–202 – Dreißiger 33 200–205 218–255 – Karl Lachmann 200–206 – Kleinabschnitte 201 205 f. – Kleingliederung 218–255 – Subgliederung 69 218–255 Textkohärenz 13 19 21 30 Textkritik, klassische 4–8 13 22 24 27 30 52 167 171 272 Textologie 4 Textprofil 21 30 53–55 134–136 162–164 258–375 Textsituation 8 18 99 258 Tirol 71 Tra (Drau) 357 Tränentaufe → Taufe Trevrizents Ritterfahrten 353–357 ›Tristan als Mönch‹ 75 Triumphlisten 254 Trivialisierung 35 37 41 49 f. 170 176 196 Trüdingen – Hohentrüdingen 343 – Trüdinger Pfanne 343 f. 348 351 375 – Wassertrüdingen 348 Trüdinger Pfanne → Trüdingen Der Tugendhafte Schreiber 348 Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung 3 Überschriften 240

Personen und Sachen ›Buch der Abenteuer‹ 213 ›Parzival‹ I 240 ›Parzival‹ L 312 ›Parzival‹ n 328 ›Parzival‹ R 328 ›Parzival‹ V 313 327 ›Parzival‹ W 113 116 210 ›Parzival‹ Z 213 ›Rappoltsteiner Parzifal‹ 102 107– 109 Ulm 114 Ulrich (V., VI., VII.) von Rappoltstein 106 f. Ulrich von Türheim – ›Rennewart‹ 153 – ›Tristan‹ 75 Ulrich von dem Türlin – ›Arabel‹ 153 194 Ulrich von Zatzikhoven – ›Lanzelet‹ 76 – ›Lanzelet‹ P 246 – ›Lanzelet‹ W 246 Ulzen, Uta 78 261 ungefüeger uop 188 ungewis/unwıˆse/tump 310 f. Unrooted trees → Stemma, Stemmatologie Utepandragun 302 f. vaissials → Gral vallez → Gral der valscheite widersaz 178 Varianten 14 – Aufführung 25 – diachrone Vertiefung 16 – fassungskonstituierende 8 16–18 21 30 – insulare 23 25 – interpretationsrelevante 17 – iterierende 12 17 f. 29 41 – kohärenzstiftende 21 30 – Kontext 3 9 30 35 – Präsumptivvarianten 17 50 f. 196 199 302 – Schreiber 23 25 319 342 351 366 – typographische Kennzeichnung 3 vaslez → Gral vasnaht/vastnaht 353 Versalien 70 220 f. 223 240 266 Verwechslung von Graphemen 371 Vetter, Ewald M. 90 f. – – – – – – – – –

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Viehhauser, Gabriel 109 111 vil selten/vil wenic 302 vilaˆn/vil an 203 visellıˆn 318 f. 321 von schulden jehen 134 vorhten/worten 273–275 Vorlagenwechsel 22 25 196 – Fassung *T 23 – ›Parzival‹ T 23 39 45 52–54 87 125–140 149 329 – ›Parzival‹ V 23 53 109 f. – ›Parzival‹ W 23 45 52 f. 149 Wahnschaffe, Friedrich 184 Walther von Klingen 90 Walther von der Vogelweide 340 Walther, Ingo F. 89–91 Wapnewski, Peter 217 ›Der Wartburgkrieg‹ 18 f. 348 Wassertrüdingen → Trüdingen waste/wasten/wuosten/wuesten 324 Weigele-Ismael, Erika 68 f. 84 91 Weingartner Liederhandschrift 340 werde/wıˆse 297 f. werlich wer 301 Wetzel, Rene´ 223 Wien 71 99 Wiesinger, Peter 353 Wildenberg 345 f. Wisse, Claus 105 f. Witte, Arthur 185 Wittmann-Klemm, Dorothee 108 Wolf, Werner 44 ›Wolfdietrich‹ A 312 ›Wolfenbütteler Erec‹ → ›Mitteldeutscher Erec‹ Wolfram von Eschenbach – Lieder 31 – ›Titurel‹ 31 173 177 180 187 191 341 347 – ›Willehalm‹ 4 31 153 167 169 173 204 218 221 f. 225 301 307 339 344 347 Wolframs-Eschenbach 343 345 352 Worms, Diözese 122 Wortresponsionen 16 würgn und vaˆhen / werfen und vahen 325 wunders noˆt 169 Yeandle, David N. 326

518 Zacher, Julius 373 zageheit 280 Zahl 40 (Symbolgehalt) 315 Zainer, Günther 114 zerbrechen 293 Zainer, Johann 114 Zimmern, Grafen von 99

Register Zürich 88 f. 92 – Kloster der Augustiner-Eremiten 77 f. ›Züricher Richtebrief‹ 86 88 92 Züricher ›Tristan‹- und ›Parzival‹-Fragmente 70 74–81 84 86–92 223–225 → auch ›Parzival‹-Handschriften Zwischenprolog 19 76 155 210 283

2 Stellen Ein der Angabe beigefügtes (i) zeigt an, dass die betreffende Stelle eine Initiale oder ein anderes Gliederungszeichen beinhaltet. Ein (+) signalisiert, dass die Passage Plusverse umfasst. Bei Stellenangaben, die sich auf den Wortlaut einer einzigen Handschrift beziehen, wird die betreffende Handschriftensigle angeführt; sind mehrere Handschriften betroffen, wird auf eine nähere Bezeichnung verzichtet. 1.1 (i) 206 210 1.1– 6 185–187 1.1–3.24 – ›Parzival‹ D 266 1.1– 4.26 – Fragment 32 78 1.1–10.9 – ›Parzival‹ W 119 1.1–16.2 – ›Parzival‹ D 220 1.7 – Fragment 32 78 1.14 – Fragment 32 78 1.20–2.4 269–275 1.21 261 1.22 – Fragment 32 78 1.29 133 265 f. – Fragment 32 78 1.29 f. 272–275 2.1– 4 265 2.5 266 2.5 f. – ›Parzival‹ m 14 2.8 – Fragment 32 78 2.11 – Fragment 32 78 2.23–3.24 276–279 2.26 – Fragment 32 78 2.28 – Fragment 32 78 2.28–30 133 3.3 – ›Parzival‹ D 220 3.10 – Fragment 32 78

3.25 (i) 206 208 210 3.25– 4.26 – ›Parzival‹ D 266 3.27 – Fragment 32 78 4.9–26 279–284 4.15 – Fragment 32 78 4.18 19 f. 133 – Fragment 32 78 4.22 – ›Parzival‹ U 100 4.23–26 233 5.11–16 – ›Parzival‹ T 239 5.15 f. – ›Parzival‹ W 118 9.2 f. (i) 228 11.1–12.3 (i) 252 12.27–13.2 – ›Parzival‹ T 239 16.3–18.29 – ›Parzival‹ D 221 16.17 – Fragment 32 79 18.30–827.30 – ›Parzival‹ D 221 21.2 – Fragment 32 79 22.11 f. 79 22.15 f. 134 23.23 51 23.29 f. 79 133 f. 24.1 – Fragment 32 79 27.24–27 (i) 228 28.11–17 307 28.28– 41.9 – ›Parzival‹ W 119

520 31.19 f. – ›Parzival‹ D 79 34.18 – Fragment 32 79 36.14 – ›Parzival‹ T 135 36.15 – ›Parzival‹ T 135 36.15–157.24 – ›Parzival‹ T 135 256 36.22 f. – ›Parzival‹ T 69 36.23 f. – ›Parzival‹ T 136 40.28– 41.5 134 42.13 50 42.25 136 43.7 50 138 43.8 182 46.1–3 (+) 330 46.24 331 47.3 – ›Parzival‹ T 137 47.8 f. (+) 331 47.10 11 48.2– 4 (+) 331 48.5 f. – ›Parzival‹ T 137 48.12 136 48.25 f. 135 51.23–25 (+) 332 51.27 f. – ›Parzival‹ T 137 52.12 f. 169 53.3 f. – ›Parzival‹ T 137 53.23–26 135 54.17–26 296 f. 54.23 – ›Parzival‹ T 137 54.25 136 55.11–16 297 f. 55.21–27 298–300 55.28–56.26 300–305 55.30 – ›Parzival‹ T 137 56.3 f. – ›Parzival‹ T 137

Register 56.11 51 56.27–57.8 305–307 57.7 f. – ›Parzival‹ T 137 57.14 – ›Parzival‹ T 137 58.9–11 308 – ›Parzival‹ T 137 58.23–25 – ›Parzival‹ T 189 58.27 (i) 206 60.10 136 64.25 f. 135 66.28 – ›Parzival‹ T 69 69.29–70.6 230 70.17 50 71.15 f. 135 71.20 f. – ›Parzival‹ W 118 73.19 f. 139 188 74.5 (i) 69 74.14 139 74.14–30 – ›Parzival‹ T 69 132 75.1 (i) 69 76.15 f. 51 82.2 50 84.11 f. 135 85.25 50 89.2 136 90.17–28 308 f. 90.23 – ›Parzival‹ V 371 91.1 f. 135 96.17 f. 135 97.4 50 103.15–125.30 138 103.21 138 104.11 50 104.30 136 108.22 136 110.2 f. (i) 228 110.12 50 111.6 51 112.1– 4 (+) 332 f. 112.5–12 – ›Parzival‹ L 312

Stellen 112.9–12 233 112.9–18 313 f. 112.19–113.14 316–323 113.2 138 114.5–116.4 230 114.12 340 116.1 f. 324 116.5 (i) 206 116.15–18 – ›Parzival‹ T 239 116.17 f. 135 117.3– 6 – ›Parzival‹ R 186 117.7–13 324 f. 117.9 50 118.1 50 136 118.4 f. 51 119.3 f. 325 119.4 138 120.2– 6 325 f. 121.26 138 122.14 138 123.21 326 124.6 51 125.12 138 126.23 333 128.13 (i) 327 128.13–22 328 f. 129.5 (i) 206 328 131.10 50 131.28 182 138.3–5 – ›Parzival‹ W 118 138.9 (i) 207 140.6 320 140.11–14 131 f. 143.21 340 147.19 182 153.2 139 153.11 f. 129–131 154.23 f. (+) 333 f. 154.30 139 155.7–9 (+) 334 f. 156.25–157.24 127 f. 157.1–5 (+) 335 f. 157.11–13 (+) 336 157.25–158.10 125–127 158.11–159.4 128 f.

159.11 169 159.29 227 160.1 (i) 226 160.1 f. 227 161.1 (i) 207 f. 170.21 f. 172 171.17 233 175.21 f. 51 178.11 341 178.15 341 178.21 – ›Parzival‹ T 341 178.29–179.3 188 179.13 (i) 207 179.13–223.30 215 182.19 (i) 242 182.29 (i) 242 183.21 (i) 242 184.1 (i) 242 184.4 ff. 173 343 184.24–26 343 f. 184.30 174 185.7 340 186.21–24 (+) 337 190.4 182 194.12 182 195.10 f. 174 195.14–17 175 199.3 f. 176 201.1 182 201.12 182 202.26 50 206.1–214.19 – ›Parzival‹ W 119 213.3 182 215.16 182 215.17 182 216.9 ff. 344 216.29 f. 182 218.5 182 222.7–29 230 224.1 (i) 207 224.30 – ›Parzival‹ V 146 225.22 50 226.11 149 227.2 – ›Parzival‹ V 146

521

522 227.7–10 – ›Parzival‹ V 146 227.9 ff. 345 229.11 – ›Parzival‹ V 147 229.17 148 229.23 – ›Parzival‹ V 146 230.12 f. 345 f. 231.13 182 231.20–22 359 f. 234.12–15 144 234.13–238.30 – ›Parzival‹ W 119 235.23–26 191 235.25 f. 176 235.26 287 236.3 182 237.12 182 237.25 182 239.11–17 233 240.1–3 (i) 253 240.3–9 234 241.7 287 241.8 287 241.14 286 241.16 286 241.19 286 241.19 f. 287 241.21 f. 285 241.23–25 285 241.27 288 242.16–18 234 242.19 – ›Parzival‹ V 147 242.23–243.1 (i) 230 243.4 – ›Parzival‹ V 146 243.20 f. 177 244.5 f. 145 244.14 – ›Parzival‹ V 146 244.20 – ›Parzival‹ V 145 246.6 182 247.19 f. – ›Parzival‹ V 145 248.17 f. 178

Register 248.20 182 249.1 (i) 207 f. 249.1 f. 178 251.3–5 178 251.6–10 180 251.9 f. 179 251.21 f. 187 f. 251.25 (i) 231 241 251.29 (i) 231 241 253.27 (i) 241 254.2 f. – ›Parzival‹ T 364 255.1–30 237 f. 255.11 359 256.1 (i) 207 241 257.23 f. 203 261.23 182 267.21 f. 176 272.25 f. 181 280.1 (i) 207 f. 280.21–23 (+) 337 280.22 149 281.16 148 285.13 149 287.22 f. 182 289.11 f. – ›Parzival‹ T 239 292.18 339 297.16 ff. 346 f. 297.24 340 297.28 f. 347 f. 304.2 169 304.11 f. 182 306.17 – ›Parzival‹ T 69 313.1–318.9 (i) 230 314.16 371 320.1–321.30 157 327.21 371 329.25 183 330.17–20 189 331.1–343.1 230 334.1–339.30 157 335.5 f. – ›Parzival‹ T 69 336.3 – ›Parzival‹ Q 159 336.8 159

Stellen 336.18 – ›Parzival‹ R 159 336.19 f. 158 336.23 f. – ›Parzival‹ T 69 336.24 158 336.28 158 – ›Parzival‹ R 159 336.29 f. 158 336/337 153–161 337.1 – ›Parzival‹ R 159 337.1–30 230 337.3 217 337.6 – ›Parzival‹ R 159 337.11 158 – ›Parzival‹ R 159 337.12 158 337.13 – ›Parzival‹ R 159 337.15 – ›Parzival‹ R 159 337.16 159 – ›Parzival‹ R 159 337.18 159 337.20 159 – ›Parzival‹ R 159 337.23 159 337.24 159 337.28 – ›Parzival‹ R 160 337.30 – ›Parzival‹ Q 160 338.1 (i) 207 210 338.1–339.11 97 339.1 (i) 210 339.1– 4 280 f. 283 f. 339.2 19 f. 340.1 (i) 230 340.7 (i) 230 345.30 f. (i) 228 346.16 – ›Parzival‹ T 69 349.1–350.30 157 351.14 – ›Parzival‹ T 69 352.15–20 236 f.

354.6 – ›Parzival‹ T 69 354.30 f. (i) 228 358.17 f. – ›Parzival‹ T 69 359.7 183 363.17–19 235 367.17 – ›Parzival‹ T 69 367.22 – ›Parzival‹ T 69 369.7 – ›Parzival‹ T 69 377.30 ff. 348 379.18 f. 348–350 380.8 – ›Parzival‹ T 69 382.16 – ›Parzival‹ T 340 396.15 183 398.1 – ›Parzival‹ U 97 398.1 (i) 69 207 399.20 148 – ›Parzival‹ T 69 400.7–9 – ›Parzival‹ T 305 400.8 – ›Parzival‹ m 304 401.15 195 403.10 – ›Parzival‹ T 69 403.29 ff. 350–352 406.1 (i) 246 248 406.13 – ›Parzival‹ T 69 406.13 (i) 246 406.21 (i) 246 251 407.3 (i) 246 248 409.5 ff. 352 f. 413.13–20 234 414.1 195 414.9 51 414.27– 415.29 (i) 252 418.1 (i) 246 248 418.23 (i) 246 250 f. 419.1 (i) 246 248 419.29– 420.2 (i) 248

523

524 420.1 (i) 246 248 420.29 f. – ›Parzival‹ T 342 421.1 (i) 246 248 251 421.5 195 421.13 (i) 246 251 421.17 f. 165 421.29– 430.1 (i) 248 422.1 250 422.1 (i) 246 248 250 422.9 (i) 246 250 f. 422.19 (i) 246 251 423.1 (i) 246 249 423.29 (i) 247 423.29– 424.2 247 424.1 (i) 246 f. 424.7 (i) 246 250 f. 424.15 (i) 246 425.1 (i) 246 249 425.15 (i) 246 250 f. 426.1 (i) 246 248 250 426.9 (i) 246 250 f. 426.9–12 (i) 250 426.28– 427.3 247 f. 426.29 (i) 247 427.1 (i) 246 f. 428.1 (i) 246 249 428.1– 429.1 (i) 252 428.13 (i) 246 251 428.23 (i) 246 251 428.23– 429.7 249 f. 429.1 (i) 246 249 429.18 340 431.28 169 432.18 164 433.1 (i) 207 433.1– 436.30 165 199 434.20–30 363 434.25– 435.1 361 435.1 362 435.1 f. 362 435.29 51 442.1 (i) 246 249 443.1 (i) 207 f. 246 248 444.1 (i) 246 248 444.27 (i) 247 251 444.30 f. (i) 228 446.1 (i) 207 215 247 f.

Register 447.1 (i) 247 f. 447.19 (i) 247 251 448.1 (i) 247 f. 448.27 (i) 247 250 f. 448.27– 449.5 250 f. 449.1 (i) 247 f. 450.1 (i) 247 f. 450.9 (i) 247 251 451.1 (i) 247 249 451.23 (i) 247 452.1 (i) 247 f. 452.29 216 452.29 f. 97 216 453.1 216 453.1 (i) 207 f. 247 f. 453.1– 4 216 453.1–502.30 99 453.11 (i) 247 251 454.21 195 459.19 f. – ›Parzival‹ T 69 460.30 f. (i) 228 461.25– 466.18 197 466.15 – ›Parzival‹ T 69 468.2 169 469.3 364 469.4 364 469.7 ff. 199 305 365–373 469.8 – ›Parzival‹ D 330 472.21 (i) 121 473.17 121 474.9 121 474.10–19 180 488.1–555.20 162 490.16 f. 359 491.14 195 493.1 – ›Parzival‹ T 71 494.1 – ›Parzival‹ T 71 494.3 351 495.13–500.8 197 496.1– 499.10 353–357 496.7 f. 197 496.8 – ›Parzival‹ m 304

Stellen 498.9–12 170 499.5 f. 197 499.5–8 357 499.22–25 328 501.6 371 502.30 168 503.1 (i) 207 210 503.1–30 210–212 361 503.1 f. – ›Parzival‹ U 97 504.1 208 504.1 (i) 207 210 504.1– 6 211 504.1–7 (i) 229 504.7 (i) 210 504.25–27 170 506.23 171 520.15 171 521.30 167 f. 523.1 212 f. 523.1 (i) 207 213 523.1–524.8 213 524.9 212 525.20 169 526.1 168 526.6 169 526.30 f. (i) 228 527.13 163 528.7 169 529.12 171 531.1 f. 243 532.1 340 535.6 171 543.30 f. (i) 228 548.17 171 549.1 227 549.10 – ›Parzival‹ T 69 552.25 f. 170 553.1 (i) 207 553.1–599.30 – ›Parzival‹ U 98 553.10 169

557.7 163 558.30 f. (i) 228 566.2– 4 168 566.6 – ›Parzival‹ T 69 583.24 50 585.14 f. 304 f. – ›Parzival‹ m 304 588.2–567.20 162 595.7 50 625.16–18 176 626.6 50 632.8 50 633.4 50 642.10 – ›Parzival‹ U 98 642.30 – ›Parzival‹ U 98 643.1 (i) 98 643.1– 678.30 – ›Parzival‹ U 98 257 654.23–26 152 671.19 50 675.25 50 679.1 (i) 98 710.9 f. 32 761.15–827.30 – ›Parzival‹ W 119 770.1–30 254 771.23–772.30 254 772.1–23 254 793.17–796.30 166 805.14 f. 293 806.15 144 809.10 287 826.21 (i) 219 826.25 (i) 219 826.29 (i) 219 827.5 (i) 219 827.11 f. 67 827.13 340 827.25–30 276

525

VIII Abbildungen Nachweise Abb. 1:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹, Fragment 26 (Gh). München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/3c.

Abb. 2:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹, Fragment 26 (Gh). München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/3c.

Abb. 3:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T (Gn). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 1r.

Abb. 4:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T (Gn). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 101r.

Abb. 5:

Gottfried von Straßburg, ›Tristan‹, Fragment z/z1. Zürich, Staatsarchiv, Cod. C VI/1, Mappe VI fol. 30–35, Blatt 30r.

Abb. 6:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹, Fragment 32 (Gr). Zürich, Zentralbibliothek, Cod. Car. C 182, Blatt 1r.

Abb. 7:

Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ M. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 63, Blatt 1r.

Abb. 8:

Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ M. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 63, Blatt 49r.

Abb. 9:

Heidelberger Liederhandschrift C (Codex Manesse). Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 848, Blatt 52r.

Abb. 10:

Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ M. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 63, Blatt 56v.

Abb. 11:

Heidelberger Liederhandschrift C (Codex Manesse). Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 848, Blatt 61v.

Abb. 12:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ U (Gm). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2775, Blatt 1r.

Abb. 13:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ U (Gm). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2775, Blatt 65r.

Abb. 14:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ V (Gd). Karlsruhe, Landesbibliothek, Codex Donaueschingen 97, Blatt 1r.

Abb. 15:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ V (Gd). Karlsruhe, Landesbibliothek, Codex Donaueschingen 97, Blatt 80v.

Abb. 16:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ W (Gf). Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Inc. 2085, Blatt 1r.

528

VIII Abbildungen

Abb. 17:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ W (Gf). Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 4 P Germ I, 8883 Inc Rara, Blatt 22v.

Abb. 18:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 42 (Gg). München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/3b, Blatt 2r.

Abb. 19:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 42 (Gg). München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/3b, Blatt 2v.

Abb. 20:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T (Gn). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 31v.

Abb. 21:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T (Gn). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 32r.

Abb. 22:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ O (Gk). München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 18, Blatt 9r.

Abb. 23:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ D. St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 857, S. 144.

Abb. 24:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T (Gn). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 100r.

Abb. 25:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ W (Gf). Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 4 P Germ I, 8883 Inc Rara, Blatt 98r.

Abb. 26:

Wolfram von Eschenbach. Hrsg. von Karl Lachmann, Berlin 1833.

Abb. 27:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ D. St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 857, S. 130.

Abb. 28:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T (Gn). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 90r.

Abb. 29:

Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹, Fragment 5 (d). Rein (Steiermark), Zisterzienserstift, aus Cod. 205, Blatt 2v.

Abb. 30:

Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ V (Gd). Karlsruhe, Landesbibliothek, Codex Donaueschingen 97, Blatt 74v.

VIII Abbildungen

Abb. 1: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹, Fragment 26. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249 / 3c.

529

530

VIII Abbildungen

Abb. 2: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹, Fragment 26. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249 / 3c.

VIII Abbildungen

Abb. 3: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 1r.

531

532

VIII Abbildungen

Abb. 4: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 101r.

VIII Abbildungen

Abb. 5: Gottfried von Straßburg, ›Tristan‹, Fragment z /z1. Zürich, Staatsarchiv, Cod. C VI /1, Mappe VI fol. 30 –35, Blatt 30r.

533

534

VIII Abbildungen

Abb. 6: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹, Fragment 32. Zürich, Zentralbibliothek, Cod. Car. C 182, Blatt 1r.

VIII Abbildungen

Abb. 7: Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ M. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 63, Blatt 1r.

535

536

VIII Abbildungen

Abb. 8: Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ M. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 63, Blatt 49 r.

VIII Abbildungen

Abb. 9: Heidelberger Liederhandschrift C (Codex Manesse). Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 848, Blatt 52 r.

537

538

VIII Abbildungen

Abb. 10: Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹ M. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 63, Blatt 56v.

VIII Abbildungen

Abb. 11: Heidelberger Liederhandschrift C (Codex Manesse). Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 848, Blatt 61v.

539

540

VIII Abbildungen

Abb. 12: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ U. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2775, Blatt 1r.

VIII Abbildungen

Abb. 13: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ U. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2775, Blatt 65r.

541

542

VIII Abbildungen

Abb. 14: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ V. Karlsruhe, Landesbibliothek, Codex Donaueschingen 97, Blatt 1r.

VIII Abbildungen

Abb. 15: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ V. Karlsruhe, Landesbibliothek, Codex Donaueschingen 97, Blatt 80 v.

543

544

VIII Abbildungen

Abb. 16: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ W. Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Inc. 2085, Blatt 1r.

VIII Abbildungen

Abb. 17: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ W. Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 4 P Germ I, 8883 Inc Rara, Blatt 22v.

545

546

VIII Abbildungen

Abb. 18: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 42. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249 / 3b, Blatt 2r.

VIII Abbildungen

Abb. 19: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹, Fragment 42. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249 / 3b, Blatt 2v.

547

548

VIII Abbildungen

Abb. 20: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 31v.

VIII Abbildungen

Abb. 21: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 32r.

549

550

VIII Abbildungen

Abb. 22: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ O. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 18, Blatt 9 r.

Abb. 23: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ D. St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 857, S. 144.

Abb. 24: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 100 r.

Abb. 25: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ W. Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 4 P Germ I, 8883 Inc Rara, Blatt 98r.

VIII Abbildungen

551

Abb. 26: Wolfram von Eschenbach. Hrsg. von Karl Lachmann, Berlin 1833.

Abb. 27: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ D. St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 857, S. 130.

Abb. 28: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹ T. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2708, Blatt 90 r.

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Abb. 29: Wolfram von Eschenbach‚ ›Parzival‹, Fragment 5. Rein (Steiermark), Zisterzienserstift, aus Cod. 205, Blatt 2v.

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VIII Abbildungen

Abb. 30: Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹ V. Karlsruhe, Landesbibliothek, Codex Donaueschingen 97, Blatt 74v.