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German Pages 87 [96] Year 1910
QUELLEN UND FORSCHUNGEN ZUR
SPRACH- UND CÜLTUMESCHICHTE DER
GERMANISCHEN VÖLKER.
HERAUSGEGEBEN VON
ALOIS BRANDL, ERNST MARTIN, ERICH SCHMIDT.
cix. EINIGE MISCHHANDSCHRIFTEN VON WOLFRAMS PARZIVAL.
STRASSBÜRG. KARL
J.
TRÜBNER.
1910.
EINIGE MISCÏÏHANDSCHRIFTEN YON WOLFRAMS PARZIVAL.
YON
Dr. FEODOR KITTELMANN.
STRASSBURG. KARL
J.
TRÜBNER.
1910.
Druck von M. DuMont Schauberg, Strassburg .
Meinen lieben Eltern.
INHALTSANGABE. Vorbemerkungen I. Bruchstücke u n d Handschriften, die bisher zur Klasse G gerechnet w u r d e n 1. Die Schwazer Bruchstücke Ga. 2. Das 1. Pfeiffersche Bruchstück G&. a) Die beiden Bruchstücke gehörten derselben Handschrift an b) Inwieweit stimmt Ga zur Klasse G ? c) Inwieweit stimmt Ga zur Klasse D? d) Inwieweit stimmt Gß zur Klasse G? e) Inwieweit stimmt zur Klasse D ? f) Die Vorlagen des Mischtextes Gaß g) Entstehungsweise des Mischtextes 3. Das Berleburger Bruchstück G? a) Beschreibung des Bruchstückes b) Dialekt des Bruchstückes c) Übereinstimmungen von Gs mit der Klasse G . . d) Übereinstimmungen von Gs mit der Klasse Z> . . 4. Die Donaueschinger Parzivalhandschrift G& a) G*> ist nicht v e r w a n d t mit der Hamburger Handschrift GO b) G^ keine Menghandschrift, sondern eine Mischhandschrift c) Welche Vorlagen lassen sich für d e n Mischtext nachweisen, u n d wie k a m derselbe z u s t a n d e ? II. Ein Bruchstück, das bisher der Klasse D zugewiesen wurde. 1. Das Reiner Bruchstück d a) Beschreibung des Bruchstückes b) Dialekt des Bruchstückes c) Übereinstimmungen von d mit der Klasse D . . . d) Übereinstimmungen von d mit der Klasse G . . . Schlußbemerkung A n h a n g : Beschreibung u n d Kollation des Darmstädter Bruchstückes G * Literatur
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EINLEITUNG. Die zahlreichen, mehr oder minder vollständigen Hss. (16) und Bruchstücke (54) des Parzival gruppieren sich bekanntlich um zwei Mittelpunkte, um die St. Galler (D) und Münchener (G) Hs., so zwei Handschriftenklassen bildend, die in ihrem Text fast durchgehends starke Abweichungen voneinander aufweisen. Lachmann bezeichnete diese beiden Klassen der Einfachheit halber mit Ddd und Ggg. Boten mehrere Hss. einer Klasse dieselbe La., so vermerkte er das in seinem kritischen Apparate mit dd, gg, ohne aber genauer anzuführen, welchen unter den von ihm verglichenen Hss. diese La. zukam. Als jedoch im Laufe der Zeit immer mehr Hss. und Bruchstücke dieses größten mhd. Kunstepos aus dem Dunkel der Bibliotheken ans Tageslicht gefördert wurden, sah man sich zur leichteren Orientierung genötigt, eine genauere Bezeichnung der einzelnen Hss. und Bruchstücke vorzunehmen. So brachte dann Martin in der Vorrede zu seiner Ausgabe von Wolframs Parzival und Titurel S. XVIII—XXV, und ergänzend in seinem Kommentar S. H Anm.1), eine vollständige Aufzählung aller bis 1903 bekannt gewordenen Hss. und Fragmente und bezeichnete hier die Hss. der Klasse D mit fortlaufenden kleinen deutschen Buchstaben und die der Klasse G mit G nebst einem entsprechenden fortlaufenden lateinischen Exponenten für die älteren (bis ca. 1330 geschriebenen) und einem griechischem Exponenten für die jüngeren Hss. Noch fehlte aber und fehlt noch heute eine eingehende Untersuchung über das Verhältnis der einzelnen Parzivalhand*) Die Ausgabe ist fernerhin kurz mit Martin I, der Kommentar mit Martin II zitiert. QF. Cix.
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Einleitung.
Schriften und Bruchstücke zueinander. Die dringende Notwendigkeit einer solchen Untersuchung insbesondere auch bezüglich der interessanten Frage der Misch- und Menghandschriften erkannte bereits Martin, wenn er in der Vorrede seiner Ausgabe S. X X X I sagt: „andere Hss. zeigen einen Übergang zwischen D und G. Sie vertreten dann die Grundlage der Klasse besser als G, auch ein stellenweises Überspringen von einer Klasse zur anderen läßt sich wahrnehmen: so im alten Druck. In diesem Falle sind Vorlagen von verschiedenen Klassen nebeneinander oder nacheinander benutzt worden. Dieses im einzelnen zu untersuchen, halte ich für verdienstlich, vermag mich aber nicht selbst damit zu beschäftigen". Eine kritische Sichtung des gesamten Handschriftenmaterials versprach dann Leitzmann im 1. Heft seiner Parzivalansgabe 1902 S. IV „meine Ansichten über den kritischen Wert und das gegenseitige Verhältnis der Hss. des Parzival erörtert eingehend ein Aufsatz, der in einem der nächsten Hefte der Beiträge von Paul, Braune und Sievers erscheinen wird". Leider ist diese Absicht Leitzmanns nicht zur Ausführung gekommen, und steht die Untersuchung bis heute noch aus. Daß bei den bisher allgemein zur Kl. G gerechneten Hss. noch einmal die kritische Arbeit einsetzen muß, daß sie einer genauen Nachprüfung bedürfen, deutet Leitzmann Z. f. d. Ph. 35, 241 an „unsere Kl. D kann durch einige bisher G zugezählte Fragmente erweitert werden, ja es gibt ein ö-Fragment, das Laa. des Archetypus einzig richtig bewahrt hat". Gegen diese etwas zu weit gehende Behauptung machte Martin Z. f. d. Ph. 35, 242 den Einwurf „wenn er (Leitzm.) sich rühmt, unter den Bruchstücken der Kl. G solche gefunden zu haben, die eigentlich zu D stimmten, so wird die Frage aufgeworfen werden müssen, ob nicht Mischhandschriften vorliegen", eine Annahme, die durch unsere Untersuchung durchaus bestätigt wird. Einen wertvollen Beitrag für unsere Kenntnisse der charakteristischen Eigentümlichkeiten der beiden Hss.-Klassen lieferte seitdem E. Stadler in seiner Dissertation „Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs Parzival" Straßburg 1906. In der Einleitung zu dieser Schrift berührt Stadler auch das Thema
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Einleitung.
der vorliegenden Arbeit; er sagt daselbst S. 8 „an diese beiden großen Hss. (D und G) schließt sich eine große Anzahl mehr oder weniger vollständiger kleinerer Hss. Die Zuweisung dieser jüngeren Hss. zu einer der beiden Klassen wird dadurch sehr erschwert, daß die Laa. der im allgemeinen zur Kl. 6 gehörigen Hss. oft auffallenderweise gerade zu der entgegengesetzten Hs. D stimmen und umgekehrt, sei es nun, daß die Anlehnungen an die andere Klasse zufällig entstanden, oder daß den jüngeren Hss. teilweise die beiden großen Hss. zur Benutzung vorlagen, aus denen sie dann nach Gutdünken wechselweise schöpften. Eine eingehende Untersuchung der gegenseitigen Beziehung sämtlicher Hss., unter Berücksichtigung der vielen neu aufgefundenen, dürfte von hohem Interesse sein". Die vorliegende Arbeit will nun speziell die Mischhandschriften des Parzival ins Auge fassen und soll so eine "Vorarbeit zu einer zusammenfassenden Abhandlung über das Handschriftenverhältnis im Parzival überhaupt sein1). Von den Mischhandschriften zu unterscheiden sind die Menghandschriften. Doch kommt von diesen, wie es scheint, für den Parzival nur eine in Betracht: der alte Druck. Was zunächst die Mischhandschriften anbetrifft, so sind — abgesehen von den Varianten, die auf willkürlicher Änderung beruhend, zufällig mit der La. einer anderen Klasse übereinstimmen können, — zwei Annahmen für ihre Entstehung möglich. Einmal können dem Schreiber zwei verschiedenen Klassen angehörige Hss. als Vorlagen gedient haben, die er zu gleicher Zeit nebeneinander benutzte, indem er nach Belieben bald aus der einen bald aus der anderen schöpfte hin und wieder auch die Laa. der beiden Vorlagen kombinierte. Auf diese Weise mag z. B. die Hs. F von des Strickers Karl 2 ) und das Bruchstück b von Rudolfs v. Ems ') Mit Ausnahme 'der bereits von Lachmann benutzten und der noch ungedruckten Hss. I (Berlin), Gn (Wien), GM (Wien), G v (Berlin),