Staatliche Museen zu Berlin. Forschungen und Berichte: Band 19 Kunsthistorische und volkskundliche Beiträge [Reprint 2021 ed.] 9783112591321, 9783112591314


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German Pages 264 [265] Year 1980

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Staatliche Museen zu Berlin. Forschungen und Berichte: Band 19 Kunsthistorische und volkskundliche Beiträge [Reprint 2021 ed.]
 9783112591321, 9783112591314

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STAATLICHE MUSEEN ZU BERLIN F O R S C H U N G E N U N D B E R I C H T E , B A N D 19

S T A A T L I C H E M U S E E N ZU

BERLIN

FORSCHUNGEN UND BERICHTE B A N D 19

KUNSTHISTORISCHE UND V O L K S K U N D L I C H E BEITRÄGE

AKADEMIE-VERLAG 1

979

• BERLIN

H E R A U S G E G E B E N V O N D E N S T A A T L I C H E N M U S E E N ZU B E R L I N

SCHRIFTLEITUNG: EBERHARDT BARTKE ALBRECHT D O H M A N N HANS EBERT VOLKMAR ENDERLEIN EDITH FRÜNDT G E R A L D HERES RALF-B. WARTKE

D D R - 102 Berlin, Bodestr. 1 — 3

Erschienen im Akademie-Verlag, D D R - 1 0 8 Berlin, Leipziger Straße 3 — 4 © Akademie-Verlag Berlin 1979 Lizenznummer: 200 • 100/220/79 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus „Maxim G o r k i " , 74 Altenburg Bestellnummer: 753 496 6 (2081/19) • L S V 8108 Printed in G D R DDR 62,- M

INHALTSVERZEICHNIS

E l i s a b e t h R o h d e , Gedenken an Prof. Dr. Gerhard Rudolf Meyer KUNSTTHEORETISCHE UND MUSEOLOGISCHE B E I T R Ä G E :

KUNSTHISTORISCHE UND NUMISMATISCHE B E I T R Ä G E :

G e r a l d H e r e s , Winckelmann, Bernini, Bellon _T , , . . . ,, zur „Nachahmung der Alten



7

Betrachtungen

E g o n F r e i t a g , Die Bedeutung Goethes für die Wissenschaftsgeschichte der Museologie (Mit einem Thesaurus museumsspezifischer Goethe-Zitate)

17

R u t h G ö r e s , Museumspädagogik an den Staatlichen Museen zu Berlin

31

Y a n g E n - l i n , Die sagenhaften Kaiser in der chinesischen Ur, . , geschichte

37

G o t t h a r d S t r o h m a i e r , Das sarazenische Bildprogramm des Tierteppichs auf der Wartburg

49

C a r m i a n A. M e z e n c e v a , Die Holzplastik „Maria mit dem K i n d " aus der Sammlung der Staatlichen Ermitage und ihre stilistische Umgebung

57

V o l k m a r E n d e r l e i n , Zwei kleinasiatische Teppiche mit Rankenmusterung

61

R e i n g a r d N e u m a n n , Die Sammlung islamischer Textilien Kunstgewerbemuseum Berlin-Köpenick

67

I r e n e G e i s m e i e r , Zu neuerworbenen Bildern der Gemäldegalerie

im

.

77

H a n s E b e r t , Über Herkunft, Werdegang und Freunde des Landschaftsmaler Janus Genelli (1761—1813)

83

K a r l B r i x , Landschaft mit dem Kloster San Francesco di Civitella im Sabinergebirge. Zu einem bisher unbekannten Bild von Joseph Anton Koch 121 B e r n d K l u g e , Probleme der Brakteatenforschung

127

L o r e B ö r n e r , Fünf im Münzkabinett bearbeitete spätmittelalterliche und neuzeitliche Münzfunde 139 5

A n n e m a r i e R a d o m e r s k y und B e r n h a r d B l a s c h k e f , Der Talerfund von Glave/Kreis Güstrow 161 H e i n z F eng 1er, Geldscheinentwürfe der Separatisten für die geplante Rheinische Republik 1923 189 JAHRESBERICHTE:

Gemäldegalerie Islamisches Museum

201

Kunstgewerbemuseum

202

Kupferstichkabinett

205

Münzkabinett

TAFELTEIL:

6

199



209

National-Galerie

210

Skulpturen-Sammlung

213

Museum für Volkskunde

215

TAFELN I — 4 2

217

G E D E N K E N A N PROFESSOR DR. G E R H A R D RUDOLF M E Y E R Die Mitarbeiter der Staatlichen Museen zu Berlin trauern um ihren ehemaligen Generaldirektor und langjährigen Leiter des Vorderasiatischen Museums, Professor Dr. Gerhard Rudolf Meyer, den am 24. Oktober 1977 der Tod aus einem tätigen erfüllten Leben abberief. Am 19. Juni 1908 als Sohn eines Postbeamten in der sächsischen Industriestadt Crimmitschau geboren, verbrachte G. R. Meyer in seinem Elternhaus eine glückliche Kindheit, an die er sich stets gern erinnerte. Er besuchte das Gymnasium seiner Heimatstadt und widmete sich nach Beendigung der Schulzeit dem Studium der Assyriologie sowie der orientalischen und klassischen Archäologie. An den Universitäten Rostock, Greifswald und Berlin zählte er zu den Schülern von W. Caskel, G . v. Lücken, A. Poebel, A. Ungnad und E. Unger. Als grundlegend für seine berufliche Entwicklung ist dann die Assistentenzeit an der Oppenheim-Stiftung zu werten, wo G. R. Meyer am Berliner Teil Halaf-Museum mit der praktischen Museumsarbeit vertraut gemacht wurde. Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges und die anschließende Zeit der Gefangenschaft zwangen ihn zu jahrelanger Unterbrechung seiner wissenschaftlichen Arbeit, die er erst 1949 wieder aufnehmen konnte. Dank einer wissenschaftlichen Aspirantur promovierte G . R. Meyer im Jahre 1951 an der Berliner Humboldt-Universität bei Erich Ebeling und Heinz Mode mit einer Dissertation über Fragen der Lokalisierung des Territoriums der Gutäer, eines in Mesopotamien herrschenden Bergvolkes des späten 3. Jahrtausends v. u. Z. Nach einer kurzen Wirkungszeit am Institut für Orientforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin begann G . R. Meyer noch im gleichen Jahr seine Tätigkeit an den Staatlichen Museen, wo man ihm als Nachfolger Walter Andraes die Leitung des Vorderasiatischen Museums übertrug. Eine große und verantwortungsvolle Aufgabe war damit in seine Hand gelegt, die es in den kommenden Jahren des Wiederaufbaus der durch Kriegseinwirkung beschädigten Abteilung zu bewältigen galt. Daß es ihm gelang, bereits im Mai 1953 vierzehn Ausstellungssäle des Vorderasiatischen Museums der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen, darf als ein erster beachtlicher Erfolg seiner Tätigkeit als Museumsdirektor angesehen werden, wobei er es verstand, gemeinsam mit seinen wissenschaftlichen und technischen Mitarbeitern alle Kraft auf das erstrebte Ziel zu konzentrieren, das zu erreichen auch eine Sache kluger museumsspezifischer Organisation war. Die Tradition des Vorderasiatischen Museums, „eine Stätte ernster wissenschaftlicher Forschung und ein Ort des Lehrens und Lernens zu sein", hat G . R. Meyer den Erfordernissen einer neuen Gesellschaft entsprechend weiterentwickelt. Das Museum sollte nicht mehr ein Bildungsprivileg Weniger sein, sondern dem ganzen Volke zugute kommen. Es sollte von jedem Besucher verstanden werden und ihn anregen. Auf diese Forderung gründeten sich die von G. R. Meyer getroffene Ausstellungskonzeption sowie die in seinen populärwissenschaftlichen Publikationen, unzähligen Führungen und Vorträgen gegebenen Interpretationen der altorientalischen Kunst und Kultur. Dem Bemühen um größtmögliche Anschaulichkeit des dargebotenen historischen und kunsthandwerklichen Überlieferungsgutes dienten auch die Wiederherstellung des Modells der Prozessionsstraße mit dem Ischtar-Tor von Babylon und die Schaffung eines direkten Zugangs zu der im Sockelgeschoß befindlichen assyrischen Gruftanlage. Nach dem Tode von Ludwig Justi 1957 bedeutete dies für G . R. Meyer, im darauffolgenden Jahr zum Generaldirektor der Staatlichen Museen berufen, wiederum den Eintritt in einen neuen und diesmal sehr erweiterten Wirkungskreis. Gleich in den Anfang seiner Tätigkeit als Generaldirektor fiel die im Herbst 1958 erfolgte Übergabe der von der Sowjetunion im Jahre 1945 geretteten Kunstschätze der Berliner Museen an die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Es galt abermals Veränderungen und Neugestaltungen in den Ausstellungen des Vorderasiatischen Museums vorzunehmen, um wertvolle Kunstschätze einzugliedern und neu zu präsentieren. Fast zwei Jahrzehnte war G . R. Meyer als Generaldirektor für die Leitung der Berliner Museen verantwortlich. In diese Zeit fiel seine Ernennung zum Titularprofessor der

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Staatlichen Museen, zum Dozenten und zum Professor mit Lehrauftrag an der Humboldt-Universität Berlin. Während seiner Amtsperiode wurden die regelmäßigen, jetzt schon traditionellen Pionierführungen „Treffpunkt Pergamon" ins Leben gerufen, zahllose Ausstellungen in den Häusern der Museen veranstaltet, aber auch Kunstschätze aus dem Besitz der Staatlichen Museen zu bedeutenden internationalen Ausstellungen auf die Reise geschickt, womit das Interesse für die Berliner Sammlungen stetig vergrößert werden konnte. Daß einige der berühmtesten Werke der Staatlichen Museen bis nach Japan ausgeliehen wurden, ist ebenfalls zu einem großen Teil auf die Initiative von G . R. Meyer zurückzuführen, dem es ein ganz besonderes Anliegen war, die Kunstwerke aller Kulturepochen und Völker den Menschen unserer Zeit, vor allem aber der heranwachsenden Jugend, nahezubringen. Die Mitgliedschaft in vielen gesellschaftlichen Organisationen und Arbeitskomitees sowie in wissenschaftlichen Beiräten und Redaktionen ließen sein Arbeitsgebiet über den Bereich der reinen Museumsarbeit weit hinauswachsen. Als Präsident des Nationalen Museumsrates nahm G . R. Meyer die Vertretung der archäologischen und historischen Museen der D D R im I C O M wahr, im Komitee für UNESCO-Arbeit in der D D R war er mit dem Vorsitz der Arbeitsgruppe betraut. Nach dem Ausscheiden aus dem Amt des Generaldirektors im Jahre 1976 war Professor Dr. G. R. Meyer noch weiterhin als Direktor des Vorderasiatischen Museums tätig. Mit ungebrochener Kraft leitete er im August 1977 den vom I C O M in der D D R veranstalteten internationalen Glaskongreß. Es war dies ein letzter Höhepunkt seines Wirkens und Lebens. Elisabeth Rohde

WINCKELMANN, BERNINI, BELLORI BETRACHTUNGEN ZUR „NACHAHMUNG DER A L T E N " Gerald Heres I Nach dem Erscheinen der „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst" nannte Winckelmann als wesentliche Absicht seiner kühnen Erstlingsschrift „die Widerlegung des Bernini" 1 . Dreierlei warf er dem gefeierten, aber auch zu Lebzeiten schon befehdeten Bildhauer vor: er bestreite den Vorrang der Griechen an schöner Natur und idealischer Kunstschönheit, er behaupte irrtümlich, „daß die Natur allen ihren Teilen das erforderliche Schöne zu geben wisse; die Kunst bestehe darin, es zu finden", und indem er seine Schüler nicht auf antike Skulpturen, sondern „allezeit auf das Schönste in der Natur vorzüglich wies", habe der Meister ihnen „nicht den kürzesten Weg (sc. „zur Kenntnis des vollkommenen Schönen") gezeiget" 2 . Da nach heutiger Kenntnis Werke Berninis in Dresden nicht vorhanden waren, mußte Winckelmann bei der Verurteilung der Charitas etwa, Richardson zitierend, zu Wendungen wie „soll" und „will man finden" greifen 3 . Für seine Kenntnis der Kunstanschauungen Berninis nennt er als Quelle eine 1682 gedruckte Biographie, die Julius Schlosser als „das Beste und Vollständigste, was wir über ihn (sc. Bernini) besitzen", gerühmt hat4. Christine von Schweden hatte den Florentiner Filippo Baldinucci mit der schon damals heiklen Aufgabe betraut, Berninis Leben zu beschreiben; der Verehrer Dürers und Rembrandts hatte sie „sachlich und im wesentlichen referierend" gelöst6. Winckelmann hat also keine beliebige, sondern die zu seiner Zeit maßgebliche Quelle benutzt. Daß seine Vorwürfe, wie zu zeigen sein wird, dennoch ungerecht sind, beruht kaum auf mangelhafter Information. In Rom hatte Winckelmann später ausgiebig Gelegenheit, Berninis Werk kennenzulernen; er hat sein Verdikt zwar nicht aufgehoben, aber modifiziert und zeitweilig gemildert. Schon 1759 nennt er den „Kunstverderber" einen „Mann von großem Talent und Geist, aber dem die Grazie nicht einmal im Traum erschienen ist" 6 . Er lobt die frühe Apollo-Daphne-Gruppe, um dann zu behaupten, Bernini sei „verderbten Geschmacks", „ohne Gefühl des menschlichen Schönen", ja „dem Bernini war diese Empfindung (sc. des Schönen) in der Bildhauerei von der Natur versaget" 7 . In einem Brief an Bianconi preist er den „cattivo scultore" als „un ingegno vasto e originale", als „uno de' primi uomini del suo secolo", aber dem Freund gesteht er: „Die Neuern sind Esel gegen die Alten ..., und Bernini ist der größte Esel unter den Neuern, die Franzosen ausgenommen"; in der „Geschichte der Kunst" heißt es schließlich, die Natur hätte Bernini „in Sümpfe und Lachen verführet: denn er suchte Formen, aus der niedrigsten Natur genommen, gleichsam durch das Übertriebene zu veredeln, und seine Figuren sind wie der zu plötzlichem Glücke gelangete Pöbel ..." 8 . Luise Welcker kommt in ihrer feinfühligen Interpretation der Haltung Winckelmanns zu dem Resultat: „Bernini war für ihn ... die Summe aller Extravaganzen und aller Ausschweifungen, wie er sie in Dresdner Kunst erlebte" 9 . Das ist natürlich cum grano salis zu verstehen, denn Winckelmann war auch in Dresden kein prinzipieller Gegner „barocker" Kunst. Wer die erzbarocken Statuen Mattiellis an der Hofkirche be1

Brief an Uden, 4. 6. 55: J . J . Winckelmann, Briefe, hrsg. W. Rehm, Bd. i , Berlin 1952, S. 176. — Vgl. C. Justi, Winckelmann 3 Leipzig 1923, Bd. 1, S. 288f. 2 J . J . Winckelmann, Kleine Schriften, hrsg. W. Rehm, Berlin 1968, S. ; 6 f . 3 a. O., S. 109. — Richardson als Quelle: G. Baumecker, Winckelmann in seinen Dresdner Schriften, Berlin 1933, S. 1 1 5 . — Skulpturen in Dresden: Justi (wie Anm. 1) S. 289t. 4 J . Schlosser, Die Kunstliteratur, Wien 1924, S. 420. 5 Vgl. L. Welcker, Die Beurteilung Berninis, phil. Diss. Köln 1957, S. 26ff. 6 Kleine Schriften (wie Anm. 2) S. 1 6 1 . ' a. O. S. 162, 218, 226. — Briefe (wie Anm. 1), Bd. 3, Berlin 1956, S. 369. 8 Briefe (wie Anm. 1) S. 235 und 388. — J . J . Winckelmann, Geschichte der Kunst des Altertums, Dresden 1764, S. 144. 9 Welcker (wie Anm. 5) S. 29.

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trachtet, wird schwer verstehen, daß Winckelmann sie begeistert lobte, weil er an ihnen die Draperie der Herculanerinnen wiederzuerkennen glaubte 10 . Auch Schlüter, „dessen Meisterstücke Berlin zieren", wo sie Winckelmann gesehen haben dürfte, wird gepriesen — allerdings im „Sendschreiben", das eine gewisse gegnerische Haltung zu den „Gedanken" einnimmt, manchmal aber auch Meinungen Winckelmanns wiedergibt 11 . Erstaunliches Lob wird Rubens zuteil: er habe „nach der unerschöpflichen Fruchtbarkeit seines Geistes wie Homer gedichtet, er ist reich bis zur Verschwendung ... Der große Rubens ist der vorzüglichste unter den großen Malern, der sich auf den unbetretenen Wegen dieser Malerei (sc. der Historienmalerei) in großen Werken, als ein erhabener Dichter gewaget hat"; und den Medici-Zyklus beurteilt Winckelmann weit großzügiger als etwa Rubens' Freund Peiresc, der sich über die krummen Beine einiger Figuren entsetzte — die hätte es doch weder in der Antike noch bei Raffael und Michelangelo gegeben 12 .

II Im September 1665 hielt Bernini vor der Pariser Akademie eine Rede, in der es hieß: „Wenn Sie meinen Rat hören wollen, meine Herren, dann möchte ich der Akademie den Vorschlag machen, Gipsabgüsse von sämtlichen schönen Antiken anzuschaffen: Statuen, Reliefs und Büsten, damit die jungen Leute daran lernen. Man läßt sie die antiken Modelle abzeichnen, um ihnen zunächst die Idee des Schönen beizubringen, an die sie sich dann ihr ganzes Leben halten können. Es hieße sie verderben, wenn man sie von vornherein vor das Naturvorbild setzte. Die Natur ist fast immer matt und kleinlich, und wenn die Vorstellung der Schüler nur von ihr genährt wird, werden sie niemals etwas wirklich Schönes und Großes schaffen können, denn die natürliche Welt vermag das nicht zu bieten. Wer nach der Natur arbeitet, muß schon sehr geschickt ihre Schwächen erkennen und zu verbessern wissen und eben dazu sind die jungen Leute nicht befähigt, wenn man. ihnen keine feste Grundlage schafft" 1 3 . Das Tagebuch des Paul Freart Sieur de Chantelou, das diese Ausführungen überliefert, wurde erst 1875 entdeckt, Winckelmann konnte also nichts davon wissen; allenfalls hätte er aus den Sitzungsprotokollen der Akademie von Berninis Rede erfahren können. Harald Marx hat jüngst auf den Widerspruch zwischen Berninis geradezu klassizistischer Haltung und Winckelmanns von Baldinucci ausgehender, später etwa von Heinrich Meyer (Bernini als „Erznaturalist") übernommener Kritik hingewiesen 14 . Überraschung und Befremden hat die Rede seit der Publikation von Chantelous Tagebuch immer wieder hervorgerufen 15 . Julius Schlosser, profunder Kenner der Kunstliteratur, warnte davor, Chantelous Aufzeichnungen allzu eng zu interpretieren; sie seien zwar „eine Urkunde allerersten Ranges", enthielten aber „oftmals ... flüchtige Eindrücke und Stimmungen ..., die noch dazu durch das Mittel eines Nordländers gegangen sind" 16 . Wenn Ludwig Schudt sogar annimmt, „Chantelou habe bei der endgültigen Redaktion seines Manuskriptes die Bernini in den Mund gelegten Aussprüche nach seinen eigenen auf Belloris Ausführungen beruhenden Ansichten modifiziert", so ist das eine unnötige Unterstellung 17 . Allerdings wird Chantelou ihm angenehme Äußerungen besonders betont haben. Überzeugend ist Schudts Vermutung, Bernini habe in Paris noch ganz unter dem Einfluß der großen Rede gestanden, die Giovanni Pietro Bellori, der Wortführer des römischen Klassizismus, im Jahre 1664 vor der Accademia di S. Luca gehalten hatte18. Einschränkend muß betont werden, daß sich ein Künstler vom Range Berninis durch eine programmatische Rede schwerlich aus der Bahn werfen läßt, daß also eine Neigung zu den in Paris vertretenen Ansichten längst vorhanden gewesen sein muß. Daß er in seinem Schaffen eigene, freiere Wege ging, findet Panofsky „historisch wie logisch durchaus verständlich", denn „ w o von einem Künstler theoretische Aussprüche über seine Kunst oder über die Kunst im allgemeinen erhalten sind, bilden sie (...) in 10 11 12

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11 15

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Kleine Schriften (wie Anm. 2) S. 42. a. O. S. 70. — Dazu vgl. Zimmermann, in: Beiträge der Winckelmann-Gesellschaft 7, 1977, S. 55 ff. a. O. S. 56 und 1 1 2 . — Peiresc und Rubens' Medici-Zyklus: W. Weisbach, Die klassische Ideologie, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 1 1 , 1933, S. 582. — Winckelmann und Rubens: O.Bock v. Wülfingen, Rubens in der deutschen Kunstbetrachtung, Berlin 1947, S. 27ff. Zitiert nach H. Marx, Winckelmanns Verhältnis zur Antikenrezeption in der Kunst des Barock, in: Beiträge der Winckelmann-Gesellschaft 2, 1975, S. 45. s. Anm. 13. Vgl. Schlosser (wie Anm. 4) S. 421. — E. Panofsky, Die Scala Regia, in: Jahrbücher der preußischen Kunstsammlungen 40, 1919, S. 241 ff. — Weisbach (wie Anm. 12) S. 568ff. — L. Schudt, Berninis Schaffensweise und Kunstanschauungen, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 12, 1949, S. 74ff, — Welcker (wie Anm. 5) S. 33. Schlosser (wie Anm. 4) S. 421. Schudt (wie Anm. 15) S. 74. Schudt (wie Anm. 15) S. 85,

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ihrer Totalität ein der Deutung fähiges und bedürftiges Parallelphänomen zu seinen künstlerischen Schöpfungen, nicht aber im einzelnen deren Erklärung — Objekte, nicht Mittel der sinngeschichtlichen Interpretation" 19 . Für Bernini war Rom die Wiege der Künste, weil nur dort eine Fülle von Antiken erhalten blieb, denn „il faut voir l'antique et l'étudier pour arriver à la perfection" 20 . Der Künstler könne nur danach streben, der göttlichen Idee des Schönen nahe zu kommen, erreichen werde er sie nicht. So bleibe er stets ein Lernender, und das Studium der antiken Kunst lehre ihn am meisten, weil die griechischen Künstler der Idee des Schönen bisher am nächsten gekommen seien. Bernini ist sich seiner Inferiorität bewußt und möchte nicht zusammen mit jenen Meistern genannt werden 21 . Von den römischen Antiken preist er am höchsten den Pasquino, dessen plastische Kraft ihn trotz des trümmerhaften Zustands beeindruckt, dann die später auch von Winckelmann geschätzten Statuen des Belvedere: Torso, Laokoon, Kleopatra, Antinous; ferner den borghesischen Fechter, während ihn der farnesische Stier mehr in technischer Hinsicht interessiert22. Karl Schefold hat betont, daß Winkelmann sich die belvederischen Statuen nicht als Muster ausgesucht habe, „sondern er mühte sich um diese Werke, weil sie durch Jahrhunderte von großen Künstlern geschätzt worden waren" 23 . Dieser Renaissance-Tradition war auch Bernini verpflichtet. Von neueren Malern schätzte Bernini Raffael am höchsten, wegen seiner hohen Kunst der Komposition und des „disegno" ; er nennt ihn „ein großes Meer, in dem alle Gewässer zusammenströmen" 24 . Es folgen Michelangelo, Correggio, Tizian, die Carracci und Guido Reni, schließlich Poussin, der „gran istoriatore e favolatore" 25 . Wir finden also kaum einen Namen, der nicht später auch von Winckelmann mit Lob bedacht wurde. Als im Pariser Freundeskreis einmal über Regeln der Kunst gesprochen wurde, sagte Bernini, man sollte besser von denen des Handwerks und der Erfahrung reden. Der Bildhauer legt das Gewicht auf Übung und technische Fertigkeit, theoretische Regeln nimmt er weniger ernst. So kann die Schulung an den Antiken eben nur ein Übergang sein, der Meister hat ein „Recht der Freiheit für sein Genie" 26 . In diesem Sinne sind wohl auch die Worte an die Akademie zu verstehen. III Wenn Winckelmanns „Gedanken" sich in so vielen Punkten mit Berninis Kunstauffassung berühren, findet das seine Erklärung darin, daß die klassizistische Tradition des Seicento eine gemeinsame Quelle darstellt. Als Reaktion gegen den „Manierismus" war in Rom schon vor der Mitte des 17. Jahrhunderts eine klassizistische Kunstlehre entstanden, deren Vertreter an die Hochrenaissance anknüpften und sich leidenschaftlich der Antike zuwandten27. Sie wurde bald in Frankreich, weniger stark auch in Deutschland wirksam. Giovanni Pietro Bellori, „der namhafteste Kunstforscher und Archäologe seiner Zeit" 28 , hielt 1664 vor der römischen Accademia di S. Luca, deren Direktor hundert Jahre später Mengs war, seine bereits erwähnte Rede „L'Idea della Pittura, Scultura ed Architettura", die „in mustergültig klarer Weise das gesamte Programm der offiziellen Lehre des Klassizismus darstellt"29. Über die Bedeutung der antiken Kunst heißt es dort : „Da die Bildhauer der Antike . . . nach einer bewunderungswürdigen Idee geschaffen haben, ist das Studium der vollendetsten antiken Bildwerke unbedingt notwendig, weil diese uns zur Schönheit als einer verbesserten Natur hinführen. Zum gleichen Zweck muß auch das Augenmerk auf die anderen hochbedeutenden Meister gerichtet werden. Aber diesen Stoff wollen wir einer besonderen Abhandlung über die Nach19 20 21 22

23 24 25 26 27

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Panofsky (wie Anm. 15) S. 277 f. Schudt (wie Anm. 15) S. 81. Schudt (wie Anm. 15) S. 77 und 81. - Weisbach (wie Anm. 13) S. 571. Schudt (wie Anm. 15) a. O. — Panofsky (wie Anm. 15) S. 261. — Vgl. dazu Winckelmanns Äußerung von 1759 (Kleine Schriften, wie Anm. 2, S. 169). K. Schefold, Winckelmanns neue Sicht der antiken Kunst, in: Wort und Bild, Basel 1975, S. 154. Panofsky (wie Anm. 15) S. 261. — Schudt (wie Anm. 15) S. 81. Panofsky (wie Anm. 15) S. 2Ö2ff. Weisbach (wie Anm. 13) S. 571. Vgl. E. Panofsky, Idea, Leipzig 1924, S. 57ff. — Schlosser (wie Anm. 4) S. 415 ff. und 449ff. — Weisbach (wie Anm. 13) S. 565 ff. Panofsky (wie Anm. 27) S. 59. Schlosser (wie Anm. 4) S. 533. — Wortlaut der Rede bei Panofsky (wie Anm. 27) S. i j o f f . — Deutsche Übersetzung von K . Gerstenberg: G. P. Bellori, die Idee des Künstlers, Berlin 1 9 3 1 . — Zu Belloris Kunstlehre vgl. ferner: D. Hönisch, A. R. Mengs und die Bildform des Klassizismus, Recklinghausen 1965, S, u f f , — Baumecker (wie Anm.) S. 44L

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ahmung vorbehalten, um auch denen gerecht zu werden, die das Studium der antiken Statuen verwerfen" 3 0 . Es ist bedauerlich, daß Bellori diese Abhandlung dann doch nicht geschrieben, zumindest nicht publiziert hat; ein Vergleich mit Winckelmanns „Gedanken" müßte ungemein reizvoll sein. Nicht nur an Winckelmann, auch an Berninis Pariser Rede erinnert der zitierte Passus. Bellori wettert gegen die „corruzione dell' età nostra", gelegentlich auch gegen Bernini (allerdings nicht in der Rede). Die griechische Kunst sei wahrhaftes Vorbild, die römische schon Entartung. Erst Raffael habe wieder antike Größe erreicht; die Stanzen, als deren Custos und Restaurator damals Maratti wirkte, beschrieb Bellori noch 1695, kurz vor seinem Tode. Den Vorrang der griechischen Kunst hatte bereits Annibale Carracci postuliert, den Bellori wiederum als „Erneuerer der K u n s t " pries 31 . Domenichino hatte in einer Abhandlung 1640 geschrieben: „ D i e römische Schule, deren Häupter Raffael und Michelangelo sind, hat die Schönheit der Statuen zum Vorbild genommen und sich der Kunstweise der Alten genähert" 32 . Francesco Angeloni, in dessen Hause Bellori lebte, war mit beiden Malern befreundet; in Domenichinos Werkstatt hatte Bellori selbst gemalt. Poussin, mit dem Bellori befreundet war, nannte in einem Brief an Chantelou 1647 „unsere vortrefflichen alten Griechen die Erfinder und Urheber alles Schönen" 3 3 . Auch Maratti, als Freund Belloris und Restaurator raffaelischer Fresken bereits genannt, rief 1680 zum Antikenstudium auf 3 4 , und Duquesnoy, dessen Susanna von Bellori als Muster „antiker Reinheit" gerühmt wurde, war stolz auf sein Studium griechischer Skulpturen 35 . In Deutschland vertrat Joachim von Sandrart eine klassizistische Lehre; er sah „in den nackenden Bildern die fürnehmste K u n s t " , nannte „die antiken Statuen die Säugammen für alle Lernbegierigen" und ermahnte seine jungen Landsleute: „Hier, Jugend, geh zur Schule, Und mit der Musa buhle, Die sich Antike nennt" 36 . D a Winckelmann Sandrarts „Teutsche Academie" seit spätestens 1747 kannte, dürfte sie eine der frühesten Quellen der „Gedanken" sein, die er dann selbst in Nöthnitz nicht ganz entbehren mochte. Sandrart war in R o m mit den Künstlern um Domenichino und Poussin bekannt geworden, woraus die Herkunft seiner Nachahmungsvorschläge genugsam erhellt. Als der junge Girardon nach R o m kam, traf er noch Poussin und Duquesnoy, begeisterte sich für den vatikanischen Apollo und für Raffael. Seine späteren Skulpturenschöpfungen in Versailles sind ohne diesen Einfluß nicht denkbar. Lange vor Winckelmann und Lessing interessierten sich die Pariser Akademiker für den Laokoon 3 7 . Allerdings hat Winckelmann diesen französischen Ableger des römischen Klassizismus nicht ernst genommen. Werner Weisbach warf der „Klassischen Ideologie" vor, sie habe das aus Antike und Hochrenaissance abstrahierte „Vollkommenheitsideal" zum „Gedankensystem" erhoben, „das sich selbst absolut nahm und meinte, eine allgemeine bindende Richtschnur für künstlerisches Werten und Verfahren zu bieten"; damit sei die Kunst aus „den jeweiligen Lebensstrukturen" gelöst und der „Weg zum Erfassen und Schätzen des wahrhaft Klassischen in mancher Hinsicht versperrt" worden 3 8 . Das trifft gewiß zu. Doch die Anregung, die ein Meisterwerk auf spätere Künstler auszuüben vermag, ohne daß damit die Bindung an ein Dogma erforderlich wäre, soll nicht unterschätzt werden. In seiner Dresdener Ausstellung „Dialoge" gab Werner Schmidt eindrucksvolle Beispiele künstlerischer Ent- und Anlehnungen verschiedenster Art 3 9 . Und haben nicht Carracci und Domenichino, Poussin und Maratti, ja selbst Bellori als Gelehrter schließlich eigene Klassizität erreicht? IV Winckelmanns Weg zur Kunst, zunächst zur Malerei, war lang und dornenvoll. Homer und Sophokles vermochten ihn in die Seehausener Einöde zu begleiten, nicht aber Gemälde oder gar Skulpturen. „ M e i n Hauptwerk muß die Geschichte sein", heißt es 1746 resigniert 40 . Der „Zutritt zu einer artigen adlichen Bibliothek" 4 1 und die Benutzung einiger Pfarrbibliotheken war juristischen und historischen Studien am ehesten 30 31 32 33

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Bellori, dtsch. Gerstenberg (wie A n m . 29) S. 22. Weisbach (wie A n m . 1 5 ) S. 579. E. GubllA. Rosenberg, Künstlerbriefe, Berlin 1880, 2. Hälfte, S. 68. a. O. S. 247. — V g l . A'. Ch. Emmerling, Antikenverwendung und Antikenstudium bei Poussin, phil. Diss. Würzburg 1939, S. i f . Weisbach (wie A n m . 1 3 ) S. 583. Schlosser (wie A n m . 4) S. 454. — Weisbach (wie A n m . 1 3 ) S. 583. Weisbach (wie A n m . 1 3 ) S. 565 und 570. — Z u Sandrart v g l . Schlosser (wie A n m . 4) S. 426t. — Winckelmanns Lektüre der „Teutschen A c a d e m i a " : Kleine Schriften (wie A n m . 2) S. 364.

37

Weisbach (wie A n m . 1 3 ) S. 573 £.

38

a. O. S. 559t. und 590. W. Schmidt und Mitarbeiter, D i a l o g e : K o p i e , Variation und Metamorphose alter Kunst, Dresden 1970. Briefe (wie A n m . 1) S. 64.

39 10 41

a. O . S. 75.

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nützlich. Eine mehrwöchige Reise nach Halle und Leipzig im Mai 1747 scheint erstmals vorrangig Kunstwerken gegolten zu haben; ein Brief an Genzmer deutet die entscheidende Wendung an 42 . Erregt berichtet Winckelmann, daß er im Gewölbe eines Leipziger Buchhändlers Stiche nach Lebruns Alexanderschlachten und bei einem Geistlichen „eine sterbende Matrone von Poussin" gesehen habe. E r rühmt zwei Bilderkabinette, von denen er gehört oder gelesen hatte, und beneidet Genzmer, der als Prinzenerzieher „itzo als ein guter Kenner v o n Stücken in der Kunst sprechen" könne, wozu er „die schönste Gelegenheit" habe. E s folgt die K l a g e : „Ich kann aus meiner Sphäre nicht kommen. Das Schicksal hat mich zu einem mühsamen Studieren verdammt, ohne die Früchte zu sehen". Die Früchte schienen auch in Nöthnitz zunächst noch fern. Doch gleich nach der Ankunft teilt Winckelmann seinem Stendaler Jugendfreund Uden mit, daß er in Bünaus Bibliothek „die größten Beschreibungen der größten Cabinetter in der Welt" gefunden habe; die Dresdener Gemäldegalerie zu sehen werde er „künftige Woche auch Gelegenheit" haben 43 . Später meldet er, Graf Bünau habe „Lust, ein kostbares Schildereyen Cabinet in Holland zu erhandeln"; in der Galerie beeindrucken ihn zunächst van der Werff und Correggio 4 4 . Dann brechen die Mitteilungen über Malerei für drei Jahre ab. G i n g Winckelmann im Sommer 1 7 5 1 „nur auf ein paar Stunden um Leute zu sehen" nach Dresden, so im Jahr darauf schon „alle 8 oder 14 T a g e " ; er berichtet v o n einer „Musterung unter den Schildereien der Königlichen Gallerie" 4 5 . Im März 1752 besucht er „dann und wann die beiden Bibliotheken" und ist „unter die Maler geraten . . . Ich habe die Erlaubnis erhalten, die Königl. Schildereyen Gallerie so oft ich will zu frequentiren. Mit Anfang des Frühlings werde gewisse Stunden zum Zeichnen für mich aussetzen" 46 . Im Dezember desselben Jahres ist ihm bereits „erlaubt . . . , allezeit zur geheimen Türe hinauf zu kommen, in des Inspectors warmen Cabinet zu sitzen" 47 . Fünf Jahre nach dem ersten Aufflammen seiner Leidenschaft für Malerei war es dem Fünfunddreißigjährigen endlich gelungen, reine Quellen zu finden; Genzmer brauchte er nicht mehr zu beneiden, nun hieß es: „ G o t t und die Natur haben wollen einen Maler, einen großen Maler aus mir machen . . . Mein ganzes Herz hänget an der Kenntnis der Malerei und Altertümer, die ich durch fertigere Zeichnung gründlicher machen muß. Hätte ich noch das Feuer, oder vielmehr die Munterkeit, die ich durch ein heftiges Studieren verloren, ich würde weiter in der Kunst gehen" 48 . Eine Frucht dieses Winters ist die leider nicht vollendete „Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdner Gallerie", die zur Unterweisung des jungen Bünau, nicht zur Publikation bestimmt war 49 . In rascher Folge sind Namen, Werke, Urteile und Lesefrüchte notiert. Hier und auch noch in den „Gedanken" hält sich Winckelmann durchaus an den Wertkanon des Seicento, wie er ihn etwa bei Bellori fand (s. oben S. 1 1 ) und wie ihn die Dresdener Galerie schon in ihrem Bestand darbot. Wenn es in den „Gedanken" heißt, „Se. Majestät haben, als der weiseste Kenner der schönen Künste, nach einer strengen Wahl nur das Vollkommenste in seiner Art gesucht", so brauchte es zu dieser Feststellung wenig Schmeichelei 50 . Vorzüglich war auch der v o n Winckelmann besonders geschätzte Poussin vertreten, und mit Raffaels Sixtinischer Madonna erwarb die Galerie 1754 ein repräsentatives Werk jenes Künstlers, dem Winckelmann in Nachfolge des römischen Seicento die größte Vollkommenheit nach der Antike zusprach. In jenen Jahren, vor allem im Winter 1753 — 54, entstanden „Auszüge aus den besten Büchern", jene „Extraits", von denen mehrfach fast weihevoll in Briefen gesprochen wird 5 1 . Es sind dies Exzerpte aus der Kunstliteratur seit Vasari, die in den „Gedanken" dann reichlich benutzt wurden 5 2 . Belloris „ V i t e " mit der berühmten Rede, die in den „Gedanken" so deutlich nachklingt, und die Beschreibung der Stanzen finden sich darunter 53 . Wenn Winckelmanns Beschäftigung mit der neueren Malerei so ausführlich geschildert wurde, dann einmal um zu veranschaulichen, welche dominierende Rolle sie neben der Lektüre griechischer Dichter und historischer Schriften spielte, aber auch um zu zeigen, wie eigenwillig und v o n dem seiner italienischen und 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

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a. O. S. 75 f. An Uden, 14. 9. 1748; a. O. S. 87. An Uden, 25. 3. und 51. 8. 1749; a. O. S. 9of. An Uden, 9.9. 1 7 5 1 ; a. O. S. 107. An Uden, 3. 3. 1752; a. O. S. 1 1 0 . A n Berendis, 8. 12. 52; a. O. S. 1 i y f . An Berendis, 6. 1. 1753; a. O. S. 119. Kleine Schriften (wie Anm. 2) S. 1 ff. mit umfangreichem Anmerkungsapparat. Kleine Schriften (wie Anm. 2) S. 56. — Zum Bestand vgl. Justi (wie Anm. 1) S. 305 ff. Briefe (wie Anm. 1) S. 172 A, Tibal, Inventaire des manucscrits de Winckelmann, Paris 1 9 1 1 , S. ioöff. — Vgl. auch die Übersicht he\ Justi (wie Anm. 1) S. 319 ff. Tibal (wie Anm. 52) S. 107 Nr. 3 1 ; S. 108 Nr. 52 v°.

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französischen Vorgänger verschieden sein Weg war. Er mußte sich Kenntnis und Urteil buchstäblich erobern, daher sein Prioritätsstolz und seine Polemik, daher auch manche Seltsamkeit der Erstlingsschrift. Einen weiteren Wendepunkt brachte schließlich Winckelmanns Freundschaft zu Oeser; seit der Übersiedlung nach Dresden im Herbst 1754 durfte er endlich „sub auspiciis Oeseri" zeichnen, zuweilen zwei Stunden täglich54. Noch in Rom war es der Maler Mengs, der seine ersten Schritte lenkte, und stolz berichtet er im Dezember 1755 an Francke, daß er sich in ein Eintrittsbillet als „pittore Sassone" eintragen ließ.55. V „Das griechische Erbe in seiner Echtheit und Ursprünglichkeit wieder zu entdecken" sieht Schefold als Winckelmanns eigentliche Leistung, die man von den „zeitgebundenen barocken und rationalistischnormativen Zügen" trennen müsse 56 ; Gottfried Baumecker hat dem Verhältnis Winckelmanns zu seinen Quellen eine vorzügliche Interpretation gewidmet, die das neue Verstehen griechischer Dichtung betont 57 . Vor der Folie zeitgenössischer Kunstbetrachtung mit ihrem Richteranspruch, der bei de Piles in einem ausgeklügelten Punktesystem zur Bewertung malerischer Qualitäten gipfelt, muß sich das Neuartige dieser Leistung klar abgehoben haben. In der Rückschau, schon im Vergleich zur „Geschichte der Kunst", ist das erregend Revolutionäre der „Gedanken" freilich weniger sichtbar. Das Situationsbedingte, bewußt Einseitige, der Concetto-Charakter mancher Äußerung wurde nicht immer berücksichtigt. Schon der Grundgedanke, daß man durch Nachahmung unnachahmlich werden solle, ist ein barockes Paradox. Auch wendet sich Winckelmann nicht gegen „Natur", d. h. Realität schlechthin — gerade den Griechen „zeigte sich die schöne Natur unverhüllet zum großen Unterrichte der Künstler", späteren Zeiten nicht mehr, deshalb der hohe Rang und das Vorbildliche der griechischen Kunst 58 . Da Winckelmann von der natürlich-menschlichen Gestalt und der ihr innewohnenden Würde ausgeht, muß er gegen das als Unnatur empfundene Menschenbild der eigenen Zeit die „edle Einfalt und stille Größe" der griechischen Skulptur setzen. Hundert Jahre zuvor hatte bereits ein anderer die Verderbtheit der eigenen Zeit beseufzt und den günstigen Einfluß gymnastischer Übungen auf die Schönheit der Menschengestalt betont — nämlich Rubens in seiner Abhandlung „De imitatione statuarum", die Winckelmann in de Piles' „Cours de peinture" gelesen haben dürfte 59 . In der griechischen Plastik sieht Winckelmann „Natur, Geist und Kunst" vereinigt 60 — nur ein Schritt wäre es von hier zur Feststellung des „Stils". Winckelmann meint, „man muß mit ihnen (sc. „den Kunstwerken der Alten") wie mit einem Freunde bekannt geworden sein", das mache „geschwinder klug" als bloßes Naturstudium. So wird die „Nachahmung" der Griechen gewissermaßen zum Läuterungsprozeß und kann endlich „sicher zur Nachahmung der Natur führen" 61 . „Mit diesen Augen haben Michael Angelo, Raphael und Poussin die Werke der Alten gesehen" 62 . Die „Erinnerung über die Betrachtung der Werke der Kunst" von 1759 unterscheidet noch „Nachahmung" von „Nachmachen": Durch erstere „kann das Nachgeahmete ... gleichsam eine andere Natur annehmen und etwas Eigenes werden", letzteres ist nur „knechtische Folge" 63 . Später wird auch der Begriff Nachahmung in peiorativem Sinne verwendet, so wenn Winckelmann 1763 „Domenichino, Guido, Guercino und Albani" als „Nachahmer" der Carracci bezeichnet64. Merkwürdig gering ist in den „Gedanken" noch die Kenntnis antiker Plastik, die dem späteren Werk das Gepräge verleiht. Winckelmann beteuert zwar, in Dresden seien „wahrhafte untrügliche Werke griechischer Meister, und zwar vom ersten Range, den Künstlern zur Nachahmung ... gegeben worden", nennt aber als solche lediglich die Herculanerinnen. Der Eindruck, den die antiken Skulpturen an jenem Dezembertag 1754 auf ihn machten, war bekanntlich wenig nachhaltig — und das zu einer Zeit, als er die Gemäldegalerie 54 55 50

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Briefe (wie A n m . 1) S. 159 und 163. — Z u Oeser v g l . Justi (wie A n m . 1 ) S. 3 7 o f f . Briefe (wie A n m . 1) S. 1 9 1 . Schefold (wie A n m . 25) S. 1 5 3 . Schlosser (wie A n m . 2) S. 458. — Z u r Bedeutung der Plastik im Werk Winckelmanns v g l . L. Alscher, in : Schriften der Winckelmann-Gesellschaft i , 1 9 7 3 , S. 4 7 f f . Baumecker (wie A n m . 3) passim. Kleine Schriften (wie A n m . 2) S. 30. — Z u m Emanzipatorischen in Winckelmanns Nachahmungslehre vgl. W.Heise, in: Schriften (wie A n m . 56) S 33 f. und P. H. Feist a. O . S. 59. Schlosser (wie A n m . 4) S. 560. — Weisbach (wie A n m . 1 3 ) S. 5 8 1 . — Winckelmanns Lektüre von de Piles' „ C o u r s de peinture" (1708): Tibal (wie A n m . 52) S. 107 N r . 22. Quellen: K l e i n e Schriften (wie A n m . 2) S. 342. Kleine Schriften (wie A n m . 2 )S. 37. a. O . S. 38. a. O . S. 50. a. O . S. 1 5 1 . a. O . S. 229.

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fast täglich besuchte65. Im Sommer 175 5 berichtet er, „von sehr fleißigen Abgüssen in Gips, die der König hat", kenne er den Laokoon, den Apollo und den Antinous vom Belvedere68. So hat auch in der Plastik der uns von Bernini überlieferte Kanon des Seicento geherrscht — ja noch in Rom war es Winckelmanns „erste Arbeit ..., die Statuen im Belvedere ... als das Vollkommenste der alten Bildhauerei zu beschreiben" 67 . VI Daß die „Gedanken" zunächst nur in fünfzig Exemplaren gedruckt wurden, hat ihren Ruhm eher gefördert als geschmälert. Sogleich setzte auch die Kritik ein, die trotz Baumeckers Forschungen bis heute nicht verstummt ist. Wird auf der einen Seite behauptet, Winckelmanns „Forderung der Nachahmung" hat „seine Zeit umstürzend beeinflußt", „seinen Zeitgenossen war diese Lehre eine Verkündigung", so hat auf der anderen Seite Werner Weisbach nüchtern festgestellt, es „konnte ein solches Axiom nicht anders als lähmend auf das lebendige Schaffen wirken ... Zu vollwertigen Leistungen ist der deutsche Frühklassizismus aus dieser Ideologie heraus nicht gelangt" 68 . In der Tat ist Oeser kein Domenichino und Mengs kein Poussin. Wird einst die Wirkungsgeschichte der „Gedanken" erforscht, so könnte es sich durchaus zeigen, daß ihr Ruhm mehr auf der literarischen als auf der künstlerischen Ebene lag69. Gottsched und Klopstock, Lessing und Herder waren die Kritiker. Nicht einmal Mengs wurde von den „Gedanken" wesentlich beeinflußt, er stand über Batoni und Maratti ohnehin in klassizistischer Tradition und war vom strengen Vater, wohl nicht im Sinne Winckelmanns, zum ungestörten Zeichnen in die Stanzen eingeschlossen worden 70 . Winckelmann war sich des provisorischen Charakters seiner Erstlingsschrift völlig bewußt. Aus Rom bat er Francke: „Schreiben Sie mir doch aufrichtig, was für Urteile über meine Schrift gefällt werden. Mir ist es beständig bange gewesen und ich bin es noch: denn ich habe nicht Zeit genug gehabt, alles wohl zu digeriren" 71 . Angesichts der römischen Skulpturen wurden noch einmal „Reifere Gedanken über die Nachahmung der Alten" konzipiert, die jedoch schließlich neuen Plänen weichen mußten72. Die Dresdener Schriften sind, worauf Justi hingewiesen hat, „die einzigen geblieben, die an die Kunst der Zeit sich richteten und auf sie praktisch einzuwirken beanspruchten" 73 . Bei seiner Darstellung von „Winckelmanns neuer Sicht der antiken Kunst" ist Schefold von der „Geschichte der Kunst des Altertums " als dem „Werk des reifen, des römischen Winckelmann" ausgegangen 74 . Bis heute wurde versäumt, diesem bahnbrechenden Werk der Kunstgeschichtsforschung eine eingehende Untersuchung zu widmen 75 . Schon die Textüberlieferung ist unbefriedigend; sowohl die Ausgabe von 1764 als auch die mit den 1767 erschienenen „Anmerkungen" verquickte Wiener Ausgabe ist mehrfach nachgedruckt worden, aber eine historisch-kritische Ausgabe, die auch die „Anmerkungen" im Urtext enthalten müßte, bleibt Desiderat. So kommt es, daß Winckelmanns Name noch immer häufiger mit den Formeln des Frühwerks als mit den Einsichten des Meisters verbunden wird. Den systematischen, ästhetischen und stilgeschichtlichen Abschnitten der „Geschichte" ließ Winckelmann eine Kunstgeschichte „nach den äußeren Umständen der Zeit betrachtet" folgen, die trotz ihrer Kürze einen faszinierenden kulturgeschichtlichen Überblick bietet76. Hier zeigt sich Winckelmann als der überragende Forscher und Kenner, der politische Geschichte, gesellschaftliches Leben, Dichtung und Philosophie in ihren vielfältigen Zusammenhängen mit der Kunst erhellt77. Noch schimmern freilich Reflexe älterer 65

Kleine Schriften (wie Anm. 2) S. 29. — Vgl .Justi (wie Anm. 1) S. — Winckelmann und die Dresdener Antiken: Zimmermann, in: Schriften der Winckelmann-Gesellschaft 4, 1977, S. 45 ff. 66 Briefe (wie Anm. 1) S. 159. 67 Kleine Schriften (wie Anm. 2) S. 169. 18 H.Koch, Winckelmann: Sprache und Kunstwerk, Berlin 195 7 (Jahresgabe der Winckelmann-Gesellschaft 1956/57), S. 21. — I. Kreuzer, Studien zu Winckelmanns Ästhetik, Berlin 1959 (Jahresgabe der Winckelmann-Gesellschaft 1959), S. 59. 69 Vgl. Justi (wie Anm. 1), Bd. 1, S. 45Öff. 70 Weisbach (wie Anm. 13) S. 584. 71 Brief vom 5. 5. 1756: Briefe (wie Anm. 1), Bd. 2, S. 221. 72 Kleine Schriften (wie Anm. 2) S. 145 t. — Vgl. auch den Plan bei Tibal (wie Anm. 52) S. 38f. 73 Justi (wie Anm. 1), Bd. 1 , S. 277. 74 Schefold (wie Anm. 23) S. 152. 75 Vgl. die wie stets ergiebigen Hinweise von C. B. Stark, Systematik und Geschichte der Archäologie, Leipzig 1880 (Nachdruck München 1969), S. 163 f. und 193 ff. sowie Justi (wie Anm. 1), Bd. 3, S. 82 ff.; Schefolds oben zitierter Festvortrag sollte einen entscheidenden Impuls geben. 70 Winckelmann (wie Anm. 8) S. 315 ff. (Propyläen-Ausgabe, Wien 1934, S. 295 ff.). 77 Justi (wie Anm. 1), Bd. 3, S. 125 und 129 bezeichnet diesen Abschnitt bedauerliche) weise als „totes gelehrtes Residuum", ja als „minderwertigen Anhang". Zu Winckelmanns „Sinn für Geschichte", der sich hier bewährt, vgl. Schefoid {wie Anm. 23) S. 154.

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Kunstliteratur durch, etwa wenn er, einem von Vasari und Bellori verwendeten Vergleichsschema folgend, „das Wachstum der Kunst unter dem Pericles" mit der „Wiederherstellung derselben unter Julius II. und Leo X . " verbindet; allerdings betont er, „die Kunst vor dem Phidias und Michael Angelo" wäre zwar durch „eine Einfalt und Reinigkeit" verwandt, aber „in keine völlige Vergleichung zu stellen"78. Von Winckelmanns Entdeckungen sei nur eine erwähnt : der Apollon Sauroktonos des Praxiteles, den noch Stosch lediglich in Gemmenbildern überliefert sah79. Zum Greifen nah scheint das Werk Polyklets, zu dessen Entdeckung es jedoch noch eines ganzen Jahrhunderts bedurfte, und sogar die hellenistische Kunst Pergamons kündigt sich bereits an. Im Kapitel über Lysipp geht Winckelmann noch einmal auf die Nachahmung ein. Es heißt dort : „Einige Zeit nach dem Praxiteles erschien Lysippus, welcher auf der Bahn, die allezeit die größten Menschen in ihrer Art betreten haben, zur Vollkommenheit in seiner Kunst ging: dieser Weg ist, selbst die Quelle zu suchen, und zu dem Ursprünge zurück zu kehren, um die Wahrheit rein und unvermischt zu finden. Die Quelle und der Ursprung in der Kunst ist die Natur selbst, die, wie in allen Dingen, also auch hier, unter Regeln, Sätzen und Vorschriften sich verlieren, und unkenntlich werden kann. Was Cicero sagt, daß die Kunst ein richtigerer Führer als die Natur sei, kann auf einer Seite als richtig, auf der andern als falsch betrachtet werden. Nichts entfernet mehr von der Natur als ein Lehrgebäude und eine strenge Folge nach demselben, und dieses war zum Teil mit die Ursache von einiger Härte, welche in den mehresten Werken der Kunst vor dem Lysippus geblieben war. Dieser Künstler suchte die Natur selbst nachzuahmen und folgte seinen Vorgängern nur, insoweit sie dieselbe erreicht oder sich weislich über dieselbe erhoben hatten"80. Hier und in einigen Sätzen des ersten Teils der „Geschichte" ist die entscheidende Erkenntnis des „Stils" gewonnen, die Erkenntnis, daß nicht alles zu jeder Zeit im Belieben des Künstlers steht, daß bloße „Nachahmung" keinen eigenständigen und schon gar keinen klassischen Stil schafft, daß Klassizität ihren Kairos braucht und nicht vom Willen erzwungen werden kann. Erinnern wir uns jetzt, daß Bernini 1665, fast genau ein Jahrhundert vor dem Erscheinen der „Geschichte der Kunst", der Pariser Akademie die Anschaffung von Gipsabgüssen antiker Skulpturen zu Übungszwecken empfohlen hatte (s. oben S. 10). „ E t ensuite", heißt es in den Procès verbeaux de l'Académie Royale de Peinture et de Sculpture, „a esté resolut que chaquun de l'Académie s'emploiera à rechercher les piastres des plus beaux antiques pour estre mis à l'Académie" 81 . So war es nicht der Verkünder einer „Nachahmung der Alten", der die vielgeschmähte und noch um 1900 von Max Klinger verspottete Gipsklasse inauguriert hat, sondern der „Erznaturalist". Doch wie man Werk und Person Berninis nicht nach einem mißverstandenen Ratschlag bemißt, so sollte auch Winckelmann nicht nach Übersteigerung und Irrtümern seiner Frühzeit, sondern nach seinen reifen Erkenntnissen gefragt werden, als ein „Lebendiger für die Lebendigen". 78

a. O. S. 331. Noch im „Trattato preliminare" der „Monumenti" werden Phidias, Polyklet und Polygnot mit Raffael, Del Sarto und Leonardo, dagegen Praxiteles und Apelles mit Correggio, Reni und Albani verglichen. ' 9 a. O. S. 343. 80 a. O. S. 344 (Propyläen-Ausgabe, wie Anm. 76). — Schefold (wie Anm. 23) betont, „daß die Wirklichkeit seiner Forschung Winckelmann weit hinausführt über das klassizistische Programm der Nachahmung der Alten, das er übernommen hatte". Ähnlich Kreuzer (wie Anm. 68): es hätten „die historischen Erkenntnisse Winckelmanns die normativen Bestrebungen seiner Ästhetik überwunden ... Der Historiker Winckelmann hat sich von seiner Nachahmungslehre distanziert". 81 Zitiert nach Emmerling (wie Anm. 33) S. 70 Anm. 1.

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Z U R B E D E U T U N G G O E T H E S FÜR D I E W I S S E N S C H A F T S G E S C H I C H T E D E R M U S E O L O G I E (Mit einem Thesaurus museumsspezifischer Goethe-Zitate) Egon Freitag Auf der Tagung der Gesellschaftswissenschaftler am 14. Oktober 1971 in Berlin forderte Kurt Hager von den historischen Wissenschaften, „bei jeder sich bietenden Gelegenheit erneut sachkundig zu beweisen, warum alles große Humanistische und Fortschrittliche der deutschen Geschichte allein unter den Bedingungen der Macht der Arbeiterklasse in der D D R lebendige Wirklichkeit wird und in die weitere gesellschaftliche Vorwärtsentwicklung eingeht". 1 Der IX. Parteitag der S E D im Mai 1976 hat die Bedeutung der Erberezeption für die sozialistische Nationalkultur der D D R unterstrichen und „die sorgsame Pflege und Aneignung aller humanistischen und progressiven Kulturleistungen der Vergangenheit" als verpflichtende Aufgabe in das neue Programm der S E D aufgenommen.2 Der vorliegende Aufsatz will auf die Bedeutung Goethes für die Wissenschaftsgeschichte der Museologie hinweisen, um dabei das klassische humanistische Vermächtnis unseres bedeutendsten Repräsentanten der deutschen Klassik für die Erberezeption auf diesem Gebiet nutzbar zu machen. Dabei erhebt die Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern streift lediglich einige Aspekte im Schaffen Goethes unter museumsspezifischer Relevanz. Gleichzeitig wurden zahlreiche Äußerungen Goethes über Museen und Sammlungen, die verstreut in seinen Werken, Aufsätzen, Briefen, Gesprächen und Tagebüchern vorliegen, alphabetisch zu einer Art „Thesaurus" zusammengestellt, um an Hand dieser Zitate einen Einblick in Goethes Auffassungen und Intentionen, in seine Methodologie und Gestaltungsvorschläge auf diesem Gebiet zu vermitteln.3 Goethes Universalität strebte nach allen Richtungen, in denen sich der Mensch seiner Zeit schöpferisch selbst verwirklichen konnte, denn alle geistigen Interessen des sich emanzipierenden Bürgertums vereinigten sich in ihm. Neben seiner Tätigkeit als Dichter und Staatsmann trat er z. B. auch als Historiker, Philosoph und Naturwissenschaftler in Erscheinung und wirkte als Kunsttheoretiker und Altertumsforscher. Goethe lebte in einer Epoche, in der die privaten Sammlungen einen letzten großen Höhepunkt erlebten und zugleich die Gründung öffentlicher Museen begann.4 Im 17. Jahrhundert existierten nur die sogenannten „Raritätenkabinette" und „Kunstkammern" einiger Fürsten und reicher Privatleute, in denen die verschiedenartigsten Gegenstände, darunter zahlreiche Kuriositäten, meist wahllos beieinander lagen. Im 18. Jahrhundert wurde begonnen, die Bestände nach Sachgebieten zu ordnen und die Kunstsammlungen von den übrigen Exponaten zu trennen. Goethes systematische Anordnung seiner Kupferstiche und Handzeichnungen nach Jahrhunderten und Ländern erscheint uns heute selbstverständlich, war aber damals ein Novum. 5 Sofern damals überhaupt gegliedert wurde, erfolgte die Einteilung nach Gegenständen, z. B. Biblisches, Historienbilder, Porträts, Stilleben usw. Das chronologische und geographische Ordnungsprinzip im Bereich der musealen Sammlungen läßt sich also auf Goethe zurückführen, der damit einen theoretisch-methodologischen Beitrag für die Wissenschaftsgeschichte der Museologie leistete. Aus seiner Betrachtung antiker Kunstwerke kam Goethe zu der Ansicht, daß es „die höchste Aufgabe 1

Hager, Kurt,

Die entwickelte sozialistische Gesellschaft — A u f g a b e n der Gesellschaftswissenschaften nach dem V I I I . Parteitag der S E D , Referat auf der T a g u n g der Gesellschaftswissenschaftler am 14. 10. 1 9 7 1 in Berlin, Dietz V e r l a g , Berlin 1 9 7 1 , 1. A u f l . , S. 48.

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P r o g r a m m der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Dietz V e r l a g , Berlin 1976, 1. A u f l . , S. 52. Die hier gebotene Zitatsammlung kann bei dem geringen U m f a n g der Arbeit nur eine kleine A u s w a h l bieten. V g l . Scherer, Valentin, Deutsche Museen, Jena 1 9 1 3 ; s o w i e : Homburger, Otto, Museumskunde, Breslau 1924. V g l . Trunz, Erich, Goethe als Sammler. In: Goethe-Jahrbuch — Im A u f t r a g e des Vorstandes der Goethe-Gesellschaft hrsg. v o n Helmut Holtzhauer, Band 89, Weimar 1 9 7 2 , S. 19 — 20.

2 Forsch, u. Ber., Bd. 19

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der bildenden Kunst ist, einen bestimmten Raum zu verzieren oder eine Zierde in einen unbestimmten Raum zu setzen; aus dieser Forderung entspringt Alles, was wir kunstgerechte Komposition heißen." 8 Kennzeichnend für seine Auffassung ist es, daß sich die von ihm vorgeschlagene Raumkomposition gegenseitig aufeinander bezieht. Dazu heißt es: „Alles, was uns ... als Zierde ansprechen soll, muß gegliedert sein, und zwar im höhern Sinne, daß es aus Teilen bestehe, die sich wechselweise aufeinander beziehen."7 Nach dieser Maxime hatte Goethe die Innengestaltung seines Hauses im Frauenplan vorgenommen, von der heiteren Farbgebung und der Verzierung der Wände bis zur Ausschmückung der Räume durch Werke der Malerei und Plastik, und dieser Grundsatz kann summarisch auch als sein Vorschlag zur Museumsgestaltung gewertet werden. Vorbildlich schien ihm das Darmstädter Museum eingerichtet, das „wohl immer unter den Anstalten dieser Gegenden zu den vorzüglichsten gezählt" werde, ja „dessen musterhafte Einrichtung wird allen ähnlichen Unternehmungen billig zur Richtschnur dienen. In dem geräumigsten Lokal sind die mannigfaltigsten Gegenstände ohne Prunk, aber mit Ordnung, Würde und Reinlichkeit aufgestellt, so daß man durchaus mit Bewunderung im Genüsse belehrt wird." Goethe meint, daß „die herrlichsten Statuen in vortrefflichen Gipsabgüssen ... wohl zuerst genannt zu werden" verdienen, „an die sich zahlreiche Büsten, Körperteile, Basreliefe anschließen, alles in anständigen, der Betrachtung sowie den Studien gleich günstig." Die Nachbildungen aller bedeutenden römischen, italienischen und älteren deutschen „Monumente" seien aus Kork gefertigt und würden „dem Baukünstler zu den bedeutendsten Vergleichungen Anlaß" geben. In mehreren Räumen sei „eine zahlreiche Gemäldesammlung" untergebracht, an der sich jeder Liebhaber „nach seinem besondern Interesse ... geschichtlich unterrichten oder gemütlich ergötzen kann." Bei der Vielfalt der Sammlungen wie „Vasen und Urnen aller Art, Trink- und Scherzgefäße, Bronzen aller Jahrhunderte, worunter man die köstlichsten Kandelaber und mehrdochtige eherne Lampen bewundert, Reliquienkästchen der ältesten byzantinischen Zeit, von Erz und Schmelz, elfenbeinerne etwas später, Kirchengeräte jeder Art, unschätzbare Handzeichnungen der größten Meister, so gut ältere als neuere chinesische und japanische Arbeiten, Glasgeschirre, durch Materie, Form und Schleifkunst kostbar" — erhebt Goethe den Wunsch, „daß ein Katalog, wenn auch nur das Allgemeinste andeutend, dem Reisenden bald in die Hände gereicht werde, denn wie soll man sich sonst aus dem unendlichen, obgleich vortrefflich geordneten und zusammengestellten Reichtum herausfinden?" 8 Solch ein Katalog, den er auch für andere Museen erforderlich hielt, könnte zunächst ein „leicht entworfenes Heft" sein, „welches der Fremde gern für ein Billiges anschaffen wird", in kleiner Auflage „und die nächste darauf erweitert, vermehrter und belebter zu geben." 9 Der Inhalt müßte „in historischer Folge", also chronologisch dargestellt sein, z. B. „nach den Epochen der Kunstgeschichte und nach den Jahren, in welchen die Künstler" gewirkt haben. Diese sind in zeitlicher Reihenfolge aufzuzählen und bei jedem ihrer Werke zu bemerken, „wo es zu finden" ist, wodurch „die lehrreichste Übersicht" gegeben wird, denn „jede methodische Zusammenstellung zerstreuter Elemente bewirkt eine Art von geistiger Geselligkeit, welche denn doch das Höchste ist, wornach wir streben."10 Neben dieser Kunstsammlung des Darmstädtischen Museums ästimierte Goethe auch die „naturhistorische Sammlung", die „von gleichem Reichtum und Vollständigkeit" Zeugnis ablege, und verwendete für derartige Expositionen den Begriff „Naturmuseum" 11 . „In hellen Galerien aufgeordnet, finden sich die drei Reiche der Natur, an welchen immer durch tätige Männer Reinlichkeit erhalten, das Erfreuliche für den Beschauer vermehrt und die Ordnung für den Wissenden und Wißbegierigen immer klärer eingerichtet wird." Goethe erwähnt eine Sammlung zur „vergleichenden Anatomie" und sah „jene merkwürdigen Fossilien, Reste der gigantischen Tiere aus der Urzeit, wie sie in dem weiten Rheintale so oft ausgegraben werden. ... Auch fand man jenen Wunsch schon erfüllt, daß nämlich seltene Naturgegenstände, die man schwerlich je mit Augen sehen wird, neben andern wirklichen Seltenheiten aufgestellt würden. Das ungeheure Geweih, wie man sie in Irland ausgräbt, ward zu Bewunderung des Anschauenden versuchsweise auf eine Papierfläche gemalt. Möge der gefaßte Vorsatz, diesen Gegenstand und ähnliche auf den großen Räumen über den Schränken abbilden zu lassen, baldigst erfüllt werden!" Eine mineralogische und geologische Abteilung, die Konchyliensammlung sowie „das übrige Tierreich" vervollständigen diese Präsentation. Ebenfalls wird „eine höchst reiche, ebenso würdig als reinlich aufgestellte Bibliothek" genannt. Der Dichter schätzt ein, daß „die Lebendigkeit, 6

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Goethe, J. W., Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. In: Goethes Werke. Nach den vorzüglichsten Quellen revidierte Ausgabe in 36 Teilen, Verlag Gustav Hempel, Berlin o. J . (Hempel-Ausgabe), 26. Teil, S. 321. Ebenda. Ebenda, S. 313 — 314. Ebenda, S. 296. Ebenda, S. 290. Ebenda, S. 299.

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welche man dieser Sammlung als einer sich immer fortbildenden anmerkt," in diesem Museum „beinahe noch mehr als die Schätze selbst den Beschauer anspricht." All diese Fachgebiete seien in Bewegung. „Überall schließt sich etwas Neues an; überall fügt sich's klarer und besser, so daß man von Jahr zu Jahr den schaffenden und ordnenden Geist mehr zu bewundern hat." Abschließend heißt es von dieser Einrichtung: „Findet man nun beim Durchschauen der vielen Säle alles wie aus einem Gusse, bemerkt man, daß in Jahresfrist alles planmäßig zugenommen, so wird man wohl den Wunsch hegen, daß jeder Konservator diese Sammlung von der artistischen, antiquarischen, naturwissenschaftlichen, literarischen, am meisten aber von der ethischen Seite studieren und zum Vorbilde nehmen möchte." 12 Nach dem Besuch verschiedener Museen und Sammlungen in Köln notierte er folgende Gedanken zur Museumsgestaltung : „Wie überraschend angenehm würde es ... sein, wenn die Lokalitäten geschmackvoll und analog den Gegenständen verziert würden, wovon wir zwar einzelne Beispiele in verschiedenen Städten bewundern, jedoch kein ganzes allgemeines Museum in diesem Sinne verziert wissen. Es ist gar so angenehm unterrichtend, wenn Sarkophagen, Urnen und alle dazu gehörigen Leichen- und Grabgeräte in nachgeahmten Kolumbarien aufgestellt sind, wenn der römische Denkstein, Altar und Cippus von einer Dekoration eingefaßt werden, welche an die Appische Straße erinnert, wenn die Überreste des frühern Mittelalters von Verzierungen ihrer Art, die des spätem glcicbfalls übereinstimmend bekleidet sind, wenn selbst den Naturreichen durch Abbildung des Nichtvorhandenen nachgeholfen wird." Goethe will also die musealen Objekte im Zusammenhang zeigen und das „Nichtvorhandene" soll durch Abbildungen ergänzt werden, um auf den Betrachter „angenehm unterrichtend" zu wirken. Diese Gedanken hat mit solcher Deutlichkeit wohl damals niemand ausgesprochen, ja sie waren geradezu bahnbrechend in der Geschichte der Museologie. Goethe nennt sogleich einen Künstler, der mit der Umgestaltung des Museums zu beauftragen wäre: „In Köln würde man sich hiezu des Talents eines vorzüglichen Künstlers, Herrn Fuchs 1 3 , bedienen, der in ähnlichen Fällen schon Erfindungsgabe, Geschmack und Fertigkeit bewiesen." 14 Goethe hatte auch bereits ein Bildungs- und Erziehungsziel der Museen antizipiert, denn was der Besucher sieht, soll auf ihn „kräftig wirken", „es sei nun auf Produktivität oder auf Kenntnis, auf Tat oder Geschichtseinsicht." 15 E r empfahl, dem Publikum zu helfen, die Sammlungen richtig zu sehen, damit es sich vor den Werken „belehrend unterhalten" könne. 16 Hier werde „der bloß neugierig Gleichgültige unterhalten und angeregt, ja, er mag sich stellen, wie er will, belehrt; der Kenner aber läßt sich durch eine solche, der Ordnung noch hinzugefügte Täuschung ebenso wenig irre machen als durch die Konfusion der alten Krambude eines Raritätenhändlers." 17 Es kam Goethe darauf an, das Museum, das er als „nützliche Anstalt" bezeichnete,18 „auf einen hohen Grad von Bedeutung und unmittelbarer Brauchbarkeit" zu „erheben", 19 wobei die Sammlung „zu eigenem Genuß" und „zum Unterricht Anderer . . . geordnet werden" sollte.20 Der Betrachter „wird seine Kenntnisse, auf welcher Stufe der Einsicht er auch stehe, gewiß erweitert und belebt fühlen." 21 Als in Weimar eine Industrie-Ausstellung geplant war, die „im Jägerhause" aufgebaut werden sollte, fand Goethe diesen Ort sehr unpassend, bemerkte aber, daß „man bei einer solchen Ausstellung keine Klasse ausschließen kann." 22 Goethe interessierte sich auch für ethnographische Sammlungen. So besuchte er am 7. Juni 1801 die völkerkundliche Sammlung von Hofrat Johann Friedrich Blumenbach (1752 — 1840) sowie das völkerkundliche Museum in Göttingen, wo er mit Interesse „die Fabrikate der Völker von den Südseeinseln" betrachtete und „alles Geflechte besonders schön" fand. Er sah auch Blumenbachs Schädelsammlung, Zeichnungen und Malereien verschiedener Völker und „andere Kuriosa." Zwei Tage später führte ihn ein erneuter Besuch ins 12 13

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Ebenda, S. 314 — 315. Es handelt sich um den Kölner Maler Maximilian Heinrich Fuchs (1767—1846), den Goethe am 25. 7. 1815 besucht hatte. (Vgl. Chronik von Goethes Leben, zusammengestellt von Fran% Gotting, Leipzig 1957, 2. Aufl., S. 105.) Goethe,]. W., Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 271. Goethe, J . W., Münzen, Medaillen, geschnittene Steine. (Notice sur le Cabinet des Médailles et des Pierres Bravées de Sa Majesté le Roi des Pays-Bas; par J . C. de Jonge, Directeur. A la Haye 1823.) In: Weimar Ausgabe. Goethes Werke, hrsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Weimar 1887 — 1919, 4 Abteilungen mit insgesamt 133 Bänden (in 143 Büchern), I. Abt.: Werke, 49. Bd., (2), S. 1 1 2 . Goethe, J . W., Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 294. Ebenda, S. 271. Ebenda, S. 307. Goethe, J . W., Museen zu Jena. Ubersicht des Bisherigen und Gegenwärtigen, nebst Vorschlägen für die nächste Zeit. Michael 1817. In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., I. Abt.: Werke, .53. Bd., S. 294. Goethe,]. W., Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 270. Ebenda, S. 289. Goethe,]. W., Industrie-Ausstellung im Jägerhause betreffend. In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., I. Abt.: Werke, 53. Bd., S. 274. 19

völkerkundliche Museum, in dem er diesmal seine Aufmerksamkeit den nordamerikanischen „Kleidern und Geräten" widmete. 23 Goethe besaß selbst einige ethnographische Exponate in seinen Sammlungen, z. B. einen indianischen Federschmuck (eine aus bunten Vogelfedern gefertigte Stirnbinde) und das farbige Abbild eines brasilianischen Mumienkopfes, das eine geschmückte Schädeltrophäe der Mundrucü zeigt. 24 Gemeinsam mit Christian Gottlob Voigt (1743 — 1819) hatte Goethe die Oberaufsicht für die Weimarer und Jenaer Museen, Sammlungen, Institute und Bibliotheken, also für die unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach inne. Im Jahre 1795 hielt Goethe in der Weimarer „Freitags-Gesellschaft" einen Vortrag „über die verschiedenen Zweige der hiesigen Tätigkeit" und erläuterte darin einen für die damalige Zeit sehr fortschrittlichen Plan. E r wünschte einen Gesamtkatalog der Weimarer Kunstsammlungen, der auch seinen eigenen Besitz mit einbeziehen sollte. 25 Durch seine Anregung erfolgten auch einige Museumsgründungen, zum Beispiel wurde 1 8 1 7 unter seiner Anleitung das botanische Museum in Jena eingerichtet, w o f ü r er „an eigenen Manuskripten, Zeichnungen, Apparaten und Sammlungen manches" zur Verfügung stellte. Aus seinem Bericht in den „Tag- und Jahresheften" geht hervor, mit welcher wissenschaftlichen Gründlichkeit er vorher die Einrichtung dieses Museums konzipierte und die in Gestaltung bereits Modelle und Panoramen einbezog. 26 Bereits vorher gab es ein „Jenaisches Museum", dessen Oberaufsicht er gemeinsam mit Voigt am 1 1 . November 1803 übertragen bekam. 27 Es umfaßte die medizinisch-naturwissenschaftlichen Sammlungen, hauptsächlich das zoologische, anatomische und mineralogische Kabinett, die' alle im Jenaer Schloß in acht Räumen untergebracht waren. Diese Einrichtungen bildeten den Grundstock sämtlicher späteren naturwissenschaftlichen Sammlungen, Institute und Laboratorien in Jena. Goethe legte großen Wert auf Systematik und künstlerische Anordnung der Sammlungen, um die wissenschaftlichen Objekte sinnvoll gegliedert und folgerichtig zusammenzustellen, zu gruppieren, d. h. zu einer abgeschlossenen zweckentsprechenden Einheit zusammenzufassen. E r bemerkte, daß in diese Räume — „das Fuchsische Auditorium, . . . drei anatomische Z i m m e r " und die „ K o n sistorienzimmer" — sich alles bringen ließe, „was teils der Naturforschenden Gesellschaft gehört, teils was sonst noch an Instrumenten, Altertümern, Merkwürdigkeiten zerstreut liegt. . . . Bemerkt man nun, daß rechts gleich beim Eingange, sich unser großer Saal der komparierten Anatomie befindet; so sieht man, daß wir alsdann vortrefflich arrondiert wären und alles mit einem Schlüssel zuschließen könnten." 2 8 Goethe achtete auch auf die Einhaltung von Ordnung und Sicherheit bei der Bewahrung v o n Museumsobjekten und war „beunruhigt", als die „Sammlung v o n Zeichnungen" im Weimaer Zeicheninstitut nicht mehr unter Verschluß gehalten werden sollte. Dazu heißt es: „Indem unser sogenanntes Museum, die Sammlung v o n Zeichnungen nämlich, welche auf dem linken Flügel bisher beisammen und verschlossen waren, getrennt und einem Beschlüsse entzogen werden, finde ich mich einigermaßen für die Folge beunruhigt und eröffne daher meine Gedanken, wie ich denn auch Vorschläge zu künftiger Ordnung und Verwahrung hinzufüge. E s ist ein allgemein angenommener und durch die Erfahrung bewährter Satz, daß Verwahren und Benutzen zweierlei Dinge sind." Goethe empfiehlt, „ein vollständiges Inventarium aller . . . Kunstwerke" anzulegen, das „ebensoviel Interesse als Sicherheit gewähren" würde. „ M a n sähe alles Vorhandene deutlich v o r sich. Verändert ein Bild seinen Platz, so würde es bemerkt, denn die Erfahrung zeigt leider nur zu sehr, daß die Ortsveränderungen, Umstellungen, SpezialVerwahrung der Bilder manches Verderbnis, ja manchen Verlust nach sich ziehen. Wäre ein solches Verzeichnis gemacht, so könnten Auszüge daraus gefertigt werden und die untergeordneten Personen, welchen die besondre Aufsicht, hier oder dort, anvertraut würde, erhielten solche zu ihrer Legitimation und Sicherheit." Aus dem Inventar könnte ein systematischer Katalog erarbeitet werden, „welcher nach Schulen und Meistern eingerichtet wäre. Dadurch würde denn eine sehr angenehme Übersicht entstehen v o n dem, was, an mehreren Plätzen zerstreut, in Weimar zu finden ist. . . . Die Kunstwerke würden, bei allen unvermeidlichen Dislokationen, erhalten werden und dabei ihrer Benutzung nichts im Wege stehen." 29 23

Goethe, ]. IT., Weimarer Ausgabe, a. a. O., III. A b t . : Tagebücher, 3. B d . , S. 1 8 - 1 9 . V g l . Moeller, Klara von, Indianischer Federschmuck in Goethes Sammlungen. I n : Viermonatsschrift der Goeihe-Gesellschaft. N e u e F o l g e des Jahrbuchs, hrsg. von Hans Wahl, V I I . Band, 2. H e f t , Weimar 1942, S. 199.

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V g l . Trunz, Erich, Goethe ais Sammler, a. a. O . , S. 23. Goethe, J . W., T a g - und Jahreshefte. I n : Hempel-Ausgabe, a. a. O., 27. Teil, S. 229 u. 2 3 1 . V g l . Tümmler, Hans, Goethe in Staat und Politik — Gesammelte Aufsätze, erschienen in der R e i h e : K ö l n e r historische A b handlungen, hrsg. von T h e o d o r Schieffer, Band 9, K ö l n / G r a z 1964, 1. A u f l . , S. 194. Goethe,]. W., Amtliche Schriften. Zeiß Werkzeitung 1936, S. 35. Promemoria, 5. 5. 1 8 1 0 . — Goethe erwähnt auch ein „physikalisches Kabinett" und ein „osteologisch-zoologisches M u s e u m " in Jena. (Vgl. G o e t h e , J . W., Museen zu J e n a , a. a. O . , S. 295). Goethe, J . W., Die Uberweisung von Kunstwerken an das Zeicheninstitut. I n : Weimarer Ausgabe, a. a. O., I. A b t . : Werke, 53. Bd., S. 250 — 2 5 1 (10. 1 . 1 8 1 1 ) .

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Die Erhaltung der Museen erforderte beträchtliche finanzielle Mittel, so daß Goethe mit Nachdruck darauf aufmerksam machte. Man dürfe „sich nicht verbergen, daß bei erweiterter Pflicht der Oberaufseher auch die erforderlichen Kosten um ein Beträchtliches vermehrt worden und nun von Jahr zu Jahr bedeutendere Ausgaben nötig sein werden." Die Kasse sei „völlig geleert, so daß man ... mit wiederholtem Zuschuß nachhelfen" müsse. Manches wurde „teils zu wissenschaftlicher Tätigkeit, teils zu neuer Einrichtung" ausgegeben. Die Ausgaben würden „der Zukunft zugute kommen", aber es sei vorauszusehen, „daß bei immer wachsenden Wissenschaften, Tätigkeiten, Konnexionen, Besitzungen usw. auch neue Obliegenheiten hervortreten ..., denen man sich nicht entziehen kann." 30 Weil sich die Ausgaben vergrößert hatten, mußte „der E t a t . . . abermals kapitelweise durchgearbeitet werden" und Goethe „schrieb einen umständlichen Aufsatz", denn als Begründung war „eine klare Übersicht... höchstens Ortes vorzulegen." 31 Goethe bemerkte, daß die Jenaer Museen „nicht allein ihrer Natur nach äußerst verschieden und mannigfaltig" sind, „sondern sie haben sich auch, von kleinen Anfängen, durch viele Jahre hindurch bedeutend erweitert." Die bisher im roten Schloß zu Weimar untergebrachte „Kunst- und Naturalienkammer" wurde nach Jena verlagert, „um daselbst den Grund eines allgemeinen und, wie die neuere Zeit sich ausdrückt, Zentralmuseums zu legen." Dort „vermehrte sich zwar der Vorrat, allein das Ganze behielt immer die Gestalt eines Konservatoriums, indem neben mäßiger Benutzung eine sorgfältige Aufbewahrung immer die Hauptsache blieb ... Das mineralogische Museum sowie das zoologische" waren, obgleich sie „sich immer vermehrten, nur Gegenstände der Erhaltung zu nennen. ... Der Gedanke, eine mineralogische Sozietät zu errichten, gab dem Ganzen einen eignen Schwung." 32 Zum Kanzler von Müller äußerte Goethe am 6. Mai 1819, daß er „die verschieden Museen klüglich auseinander" halte, „nach seinem Tode werde man wahrscheinlich durch Vereinigung derselben alles verderben und eine Art Akademie bilden wollen, wo dann gleich alles Dumme und Absurde hervortrete." 33 Die Jenaer naturwissenschaftlichen Sammlungen, Institute und Laboratorien wurden von Professor Johann Georg Lenz (1748 — 1832) als Kustos verwaltet, 34 der auch die Museumsführungen gab. Als diesem im Jahre 1825 aus Altersgründen die Führungen durch das Museum nicht mehr zugemutet werden konnten, beauftragte Goethe den Jenaer Museumsschreiber Johann Michael Christoph Färber (1778—1844) damit. Aus Goethes Anweisung geht hervor, daß Färber sondieren solle, ob die Besucher wissenschaftlich Gebildete oder nur Neugierige seien, und er solle demgemäß entweder eindringlich oder nur orientierend führen. 35 Für Unterrichtszwecke konnte Färber auch Museumsexponate an die Professoren ausleihen, denn die naturwissenschaftlichen Museen dienten besonders diesem Zweck, indem sich die Professoren „wissenschaftlich unterrichten und vorbereiten, sie dienen sodann den Studierenden, indem solche dadurch zur Anschauung vieler Dinge gelangen, von denen man sich sonst nicht leicht einen Begriff machen könnte." Für den Lehrgebrauch erhielt der Dozent „die Erlaubnis, in dem neu eingerichteten Auditorium entweder zu lesen, oder in demselben wöchentlich einigemal die Gegenstände seiner Lehre vorzuzeigen. Wie liberal man hiebei verfahre, erhellt aus Folgendem. Wenn z. B. ein die Naturgeschichte vortragender Professor Muscheln oder andere transportable Körper dieses Reichs seinen Zuhörern vorlegen will, so gibt er Färbern das Verzeichnis, welcher die verlangten Gegenstände in obgedachtem Auditorium auf große Tische legt. Hier steht es dem Lehrer frei, sie nach seinem System zu ordnen, die Benennungen, deren er sich bedient, beizuschreiben und den Vortrag ganz nach seiner Methode einzurichten. Ist dieses geschehen, so werden sämtliche Körper durch Färbern wieder ins Museum geschafft und nach den Nummern des Katalogs wieder einrangiert, so daß neue Benutzung, alte Ordnung und wünschenswerte Erhaltung recht wohl nebeneinander bestehen können." 36 All diese Bemühungen verdeutlichen, wie gewissenhaft sich Goethe um die Museumsaufgaben kümmerte, die ihm — nach seinen eigenen Worten — eine „angenehme" und „lehrreiche Beschäftigung" boten, denn sein Anliegen war es, die Jenaer Museen „unter Mitwirkung vorzüglicher sachkundiger Männer vermehrt aufzustellen, zu ordnen und zu erhalten". Dabei fühlte er sich „beim Betrachten der Natur, beim Studium einer weitumhergreifenden Wissenschaft für den Mangel an Kunstleben einigermaßen entschädigt." 37 Goethe betont hier den Zusammenhang von Aufstellen, Ordnen 30

Goethe,].

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Goethe, J . W., T a g - und Jahreshefte. I n : Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 27. Teil, S. 229. Goethe,]. W., Museen zu Jena, a. a. O . , S. 2 9 1 — 2 9 4 . G o e t h e zum Kanzler von Müller am 6. 5. 1 8 1 9 . I n : Kanzler von Müller, Unterhaltungen mit Goethe. Kritische Ausgabe, besorgt v o n Ernst G r u m a c h , Weimar 1956, 1 . A u f l . , S. 36. V g l . Tümmler, Hans, G o e t h e in Staat und Politik, a. a. O., S. 193 — 194. V g l . Schleif, Walter, Goethes Diener, erschienen in der R e i h e : Beiträge zur deutschen Klassik, hrsg. von Helmut Holtzhauer, Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar, Band 1 7 , Berlin und Weimar 1965, 1. A u f l . , S. 205. Goethe,]. W., Museen zu J e n a , a. a. O., S. 300 — 3 0 1 . Goethe,]. W., T a g - und Jahreshefte. I n : Hempel-Ausgabe, a. a. O., 27. Teil, S. 9.

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W7., Museen zu J e n a , a. a. O . , S. 297 — 298.

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und Erhalten, auch sprach er an anderer Stelle von „Sonderung, schicklicher Disposition und reinlicher Aufbewahrung." 38 Im Jahre 1812 hatte Goethe eine Modellsammlung von Ackergeräten für das Jenaer Museum erworben, die der Kameralwissenschaftler Carl Christian Gottlob Sturm (1781 — 1826) zusammengetragen hatte. Bei ihm hatte Goethe „Ackergerätschaften" und Wollproben von Tieren gesehen39 und dessen Sammlung auch finanziell unterstützt, wie aus einem Brief an Christian Gottlob Voigt hervorgeht. Darin heißt es: „Nachstehendes Verzeichnis, resp. Rechnung, bitte einstweilen zu den Akten zu nehmen; man sieht daraus, wie Professor Sturm die ihm anvertrauten 50 Rtlr. verwendet hat. Es ist eine kleine niedliche Modellsammlung, die Ackergeräte darstellend, deren mitunter wunderliche Namen jeder neuere Ökonom im Munde führt. Ich habe ihm noch 2 5 Rtlr. zugestanden, womit er auszulangen hofft. Wenn alles beisammen ist, so würde ich einen kleinen Glasschrank besorgen, den Professor Sturm bei sich im Hause behalten kann. Die Instrumente würden numeriert, katalogiert, beschrieben und bei irgendeiner Veränderung den Museen vindiziert." 40 So konnte Goethe zufrieden und ästimierend in seinem „jährlichen Bericht über Museen und andere wissenschaftliche Anstalten in Jena" vermerken: „Die Modelle von Ackergerätschaften, welche Professor Sturm anzuschaffen unternommen, machen ... ein ganz artiges Kabinett." 41 Auch dieses Beispiel zeigt Goethes museologische Fürsorge und die für die damalige Zeit beispielhafte Arbeitsmethode, die Exponate zu inventarisieren, katalogisieren und zu beschreiben. Auch die erste Anregung für ein Memorialmuseum geht auf Goethe zurück. Zum Andenken an Schiller empfahl er, dessen Gartenhaus in Jena zu einer Gedenkstätte umzugestalten. Darüber berichtete er am 24. März 1817 an Voigt: „Schiller baute in die linke Ecke seines Gartens ein kleines Häuschen, wo zu einem einzigen Zimmer im ersten Stock eine frei stehende Treppe führte. Diese ist so wie die allzu tief liegenden unteren Schwellen verfault, diese wären höher neu einzuziehen, die Treppe in das Gebäude zu verlegen und das Ganze so herzustellen, daß man zu dem obern Zimmer gelangen und Fremde dahin führen könne. Diese wallfahrten häufig hierher, und meine Absicht ist, den hergestellten Raum nicht leer zu lassen, sondern des trefflichen Freundes Büste daselbst aufzustellen, an den Wänden in Glas und Rahmen ein bedeutendes Blatt seiner eigenen Handschrift, nicht weniger eine kalligraphische Tafel, meinen Epilog zur Glocke enthaltend. Hiezu wünscht' ich nur einen Stuhl, einen kleinen Tisch, dessen er sich bedient. Vielleicht Tintenfaß, Feder oder irgend eine Reliquie. Alles sollte, soviel es der Raum gestattet, anständig und zierlich aufgestellt werden, den Wunsch Einheimischer und Fremder zu erfüllen und diese Freundespflicht gegen ihn zu beobachten." 42 Diese Intention — verbunden mit praktischen Gestaltungsvorschlägen — ist für die Wissenschaftsgeschichte der Museologie von eminenter Bedeutung, wurde doch die Einrichtung sogenannter „Personenmuseen" erst nach der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Realität. Aus Goethes Tagebucheintragung geht hervor, daß er bereits an die Verwirklichung seines Vorhabens ging, denn dort heißt es: „Treppe an Schillers Gartenhaus besorgt" und „Rechnungsbelege geordnet, an Timler und Nürnberger wegen des Schillerschen Gartenhauses." 43 Goethe hat auch die Weimarer Gemäldegalerie begründet, die als ständige Ausstellung mit festen Öffnungszeiten im Jahre 1824 eröffnet wurde. 44 Die Betreuung wurde der Malerin Karoline Louise Seidler (1786—1866) übertragen, die Tochter des Universitätsstallmeisters in Jena, die Goethe schon von Jugend auf kannte und von ihm in ihrer Kunst gefördert wurde. 45 Daß Herzog Carl August und Goethe die neue herzogliche Galerie einer Frau anvertrauten, war für ihre Zeit sehr fortschrittlich und ist ein weiterer Aspekt zur Bedeutung Goethes auf diesem Gebiet, denn vielleicht war Louise Seidler sogar die erste Kustodin in Deutschland. 1825 wurde ein weiteres Museum auf Goethes Anregung eingerichtet und eröffnet, das Naturkunde-

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Goethe an Friedrich Freiherr von Schuckmann am 4. 1 1 . 1 8 1 5 . In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., I V . Abt.: Briefe, 26. Bd., S. 155. Goethe, J. W., 31. 10. 1 8 1 1 . In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., III. Abt.: Tagebücher, 4. Bd., S. 240. Goethe an Christian Gottlob Voigt am 29. 4. 1812. In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., I V . Abt.: Briefe, 22. Bd., S. 376. Goethe, J . ^ . . A m t l i c h e Schriften (Goethe-Jahrbuch, Bd. 30, S. 35), Jährlicher Bericht über Museen und andere wissenschaftliche Anstalten in Jena, (22.) 1 1 . 1812. Goethe an Christian Gottlob Voigt am 24. März 1817. In: Goethes Briefwechsel mit Christian Gottlob Voigt, Bd. I V , hrsg. von Hans Tümmler (Schriften der Goethe-Gesellschaft, 56. Bd.), Weimar 1962, S. 273—274. Goethe, J . W., Weimarer Ausgabe, a. a. O., III. Abt.: Tagebücher, 6. Bd., S. 24 u. 31. Vgl. Trunz, Erich, Goethe als Sammler, a. a. O., S. 48—49. Karoline Louise Seidler studierte in Dresden, München und Italien. Sie wurde 1823 Lehrerin der weimarischen Prinzessinnen, 1824 Galerieaufseherin in Weimar und später großherzogliche Hofmalerin. Goethe hatte sie gefördert und in seinem Hause aufgenommen. (Vgl. Goethe und sein Kreis, von Franz Neubert, Leipzig 1922, 2. Aufl., S. 215.)

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museum in Wiesbaden.46 Sein Bestreben war es, die Privatsammlungen „dereinst dem öffentlichen Gewahrsam zu übergeben" und diese „fortwährend zu vermehren und auszustatten."47 In Frankfurt/M. hatte „eine Gesellschaft von Kunstfreunden . . . eine ausreichende Kasse gestiftet, schöne weitläufige Räume gemietet, um sich von Zeit zu Zeit zu versammeln und am Kunstgenuß zu ergötzen." Eine Gemäldegalerie und eine Kupferstichsammlung war „übereinander geschichtet" untergebracht, wobei Goethe mahnte, „an hinreichende Räume" zu denken, „um sie (die Gemälde — E. F.) würdig aufzustellen." Der Dichter sprach die Hoffnung aus: „Möge in einigen Jahren diese Sammlung zur Ergötzung des Liebhabers öffentlich aufgestellt und geordnet sein! Wie schnell wird sie sich alsdann vermehren durch Ankauf, Geschenke und Vermächtnisse!" Deshalb sei die Errichtung „sehr großer Räume" nicht tadelnswert, „wenn sie auch für das augenblickliche Bedürfnis unverhältnismäßig scheinen sollten, denn auch solche sind sogleich auf das Fruchtbarste zu benutzen." 48 Auch bei der Besichtigung der „Sammlung des Herrn Professors und Kanonikus Wallraf" in Köln, die „römische Altertümer, Bildwerke, Münzen, geschnittene Steine und Inschriften,... neuere Kunstwerke aller Art, Gemälde, Handzeichnungen und Kupferstiche, Bücher, Handschriften" und „sehr bedeutende Mineralien" enthält, wünschte Goethe, diesen Schatz baldmöglichst der Allgemeinheit zu präsentieren, wobei „diese kostbaren Gegenstände mit Genauigkeit zu übernehmen, zu ordnen, genießbar und nutzbar zu machen" sind. Das erfordere aber „ein hinreichendes Lokal ..., welches in der weitläufigen Stadt gär wohl zu finden wäre." Gemäß den vorhandenen Räumlichkeiten seien „die verschiedenen Abteilungen der Sammlung gehörig zu sondern. . . . Dabei nähme man auf die Zukunft beständig Hinsicht; die Räume würden" auch hier „groß genug eingerichtet nach Maßgabe einer zu hoffenden Vermehrung. Die Anleitung hiezu würde die Sammlung selbst geben, die, indem sie Gegenstände aller Art besitzt und nach allen Seiten hindeutet, vielerlei Rubriken veranlaßt, die sich in der Folge innerlich vermehren und ausdehnen." Denn auch deshalb sei „diese Sammlung so schätzbar, weil sie künftige Konservatoren nötigt, alles Vorkommende nach seiner Art zu würdigen und auch das Geringste als integrierenden Teil des Ganzen zu betrachten."49 Mit Nachdruck fordert Goethe, mit Herrn Wallraf „baldmöglichst eine Unterhaltung zu eröffnen . . u m die von demselben aufgehäuften Schätze dem öffentlichen Wesen für die Zukunft zu sichern, und auch schon gegenwärtig auf diesen wunderlichen Mann einigen Einfluß zu gewinnen." Er gehöre „nämlich zu den Personen, die bei einer grenzenlosen Neigung zum Besitz, ohne methodischen Geist, ohne Ordnungsliebe geboren sind, ja die eine Scheu anwandelt, wenn nur von weitem an Sonderung, schickliche Disposition und reinliche Aufbewahrung gerührt wird." Goethe setzt sich mit der unsachgemäßen Aufbewahrung kostbarer Exponate durch Privatsammler, wie Wallraf, kritisch auseinander und schreibt freimütig an den preußischen Staatsmann Friedrich Freiherr von Schuckmann (1755 — 1834): „Der chaotische Zustand ist nicht denkbar, in welchem die kostbarsten Gegenstände der Natur, Kunst und des Altertums übereinander stehen, liegen, hängen und sich durcheinander umhertreiben. Wie ein Drache bewahrt er (Wallraf — E. F.) diese Schätzc, ohne zu fühlen, daß Tag für Tag etwas Treffliches und Würdiges durch Staub und Moder, durch Schieben, Reiben und Stoßen einen großen Teil seines Werts verliert. Die Negotiation selbst, wodurch diese Masse in landesherrlichen Besitz käme, wird keine großen Schwierigkeiten finden. Er ist bei Jahren, genügsam, seiner Vaterstadt leidenschaftlich ergeben, und wird sich glücklich schätzen, wenn das, was er hier gesammelt, auch künftig an Ort und Stelle beisammen bleiben soll. Schwieriger aber, ja kaum zu lösen, wird man die Aufgabe finden, diese Dinge ihm aus den Händen zu ziehen, Einfluß zu gewinnen auf Ordnung derselben, und eine Ubergabe einzuleiten, wo derjenige der das Ganze übernimmt, sich nur einigermaßen legitimieren kann, was er denn erhalten." Man habe deshalb „mit großer Vorsicht und Gewandtheit" an diese Realisierung heranzugehen.50 Goethe fordert also den Übergang der Privatsammlungen in „öffentliche Anstalten" und dort Männer, „deren Liebe und Leidenschaft es ist, ihre schöne Pflicht zu erfüllen, die ganz durchdrungen sind von dem Guten, was man stiften, was man fortpflanzen wollte", 51 womit er schon zu dieser Zeit die Aufgabe der Museumsverantwortlichen formulierte, denn es gelte, „nicht etwa nur Konservatoren eines toten Schatzes zu bleiben, sondern angestellt zu werden, da wo sie durch Kenntnisse sowie durch Tätigkeit fortwirken können zum öffentlichen Besten." 52 Es gelte, „dem Vorgesetzten nur solche Mitarbeiter" zu- und unter46

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Vgl. Groß, F. / . , Zur Geschichte der Naturwissenschaftlichen Sammlung in Wiesbaden und zu neuen Aufgaben des Naturkundemuseums. Das Leben, Wiesbaden 5 (1968) 4, S. 87 — 90. Goethe,]. Ii 7 ., Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 272. Ebenda, S. 2 8 7 - 2 8 8 . Ebenda, S. 270 — 271. Goethe an Friedrich Freiherr von Schuckmann am 4. 1 1 . 1815. In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., IV. Abt.: Briefe, 26. Bd., S. 1 3 3 - 1 3 4 . Goethe,]. W., Münzen, Medaillen, geschnittene Steine, a. a. O.; In: Weimarer Ausgabe, I. Abt.: Werke, 49. Bd., (2), S. 1 1 2 . Goethe an Friedrich Freiherr von Schuckmann am 4. 1 1 . I 8 I J , a. a. O., S. 136.

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zuordnen, „welche in gleichem Sinne, mit gleichem Schritt, ohne Pause und Übereilung in einer Richtung fortarbeiten. Freilich wird alsdann eine solche vortreffliche Einrichtung nicht als ein Wunder erscheinen, aber doch auf unserm Weltboden, wo Trennung, Unordnung und Willkür so sehr begünstigt ist, möchte sie noch immer wunderbar bleiben." 53 Goethe verlangt auch die Förderung durch die Regierung und betont, „wie leicht eine Regierung hier einwirken kann, wenn die Obern und Vorgesetzten zuerst dasjenige freundlich anerkennen, was von Einzelnen aus freier Neigung und Liebhaberei bisher geschah, und einen solchen frohen Willen auf alle Weise begünstigen. Hierdurch wird den Obgeordneten, als Kennern und Liebhabern, nichts unbekannt bleiben, was am Orte von Kunstwerken befindlich ist, was zu- und abgeht oder den Besitzer verändert. Zugleich werden sie, die Tätigkeit des Einzelnen fördernd, auf den Fall merken, wo lebenslängliche Bemühung eines Privatmannes dem Gemeinwesen auf einmal zugute kommt; denn es geschieht nicht selten, daß eine Sammlung dem Liebhaber, der sich auf mancherlei Weise beengt fühlt, zur Last wird." 54 Goethe plante eine Denkschrift für Hardenberg, Metternich und andere Staatsmänner über Kunstpolitik und besprach den Inhalt mit Sulpiz Boisseree. Darin wandte er sich gegen ein Zentralmuseum, sondern empfahl als „Hauptgrundsatz ..., daß die Kunstwerke und Altertümer viel verbreitet würden, jede Stadt die ihrigen behalte und wieder bekomme, aber daß dabei geltend zu machen sei, daß ein Mittelpunkt gegeben werde, wovon aus über das Ganze gewacht würde. „Laßt Düsseldorf wieder etwas haben, wie es in seinen Sälen aufgestellt war! Wozu alles in München? Laßt Köln, Bonn, ja Andernach etwas haben! Das ist schön und ein großes Beispiel, daß die Preußen den Petrus nach Köln zurückgeben. So stellt auch der Ingenieurgeneral Rauch alle römischen Altertümer, die bei Köln gefunden werden, in seinem Hause auf, mit dem festen Willen, daß sie in Köln bleiben sollen." 55 Bekanntlich war Goethe selbst ein bedeutender Sammler, ja sein Nachlaß ist heute die bedeutendste Sammlung zur Kultur der klassischen deutschen Literaturperiode und enthält insgesamt 26511 Exponate, darunter etwa 17 800 Steine, fast 5 000 Gegenstände zur Botanik, Zoologie, zur vergleichenden Anatomie, Physik, Farbenlehre und auch einige Kuriositäten, außerdem 1226 Silhouetten, 1926 Medaillen, 2059 Münzen u. a.56 Zum Kanzler von Müller äußerte er in einem Gespräch vom 23. Oktober 1812: „Mir ist der Besitz nötig, um den richtigen Begriff der Objekte zu bekommen. Frei von den Täuschungen, die die Begierde nach einem Gegenstand unterhält, läßt erst der Besitz mich ruhig und unbefangen urteilen. Und so liebe ich den Besitz, nicht der beseßnen Sache, sondern meiner Bildung wegen .. ," 57 Hier fällt das Wort „Bildung", das bei Goethe den ursprünglichen Sinn hat, der mit „bilden" = „formen" zusammenhängt. Die Gegenstände der Sammlung formen ihn, aber sie sollen auch auf andere wirken. Deshalb zeigt er sie gern seinen Gästen. 58 Das Wort „Bildung" taucht daher bei ihm immer wieder im Zusammenhang mit den Sammlungen auf. Auch gibt er die Sentenz des zeitgenössischen Historikers Arnold Hermann Ludwig Heeren (1760—1842) wieder: „Die Werke der Kunst gehören nicht Einzelnen, sie gehören der gebildeten Menschheit an." 59 Goethe selbst hoffte, daß seine eigenen Sammlungen nach seinem Tode öffentlicher Besitz würden.60 Im Entwurf seines Testaments, das der Kanzler von Müller 1830 aufzeichnete, schrieb er: „Meine Nachlassenschaft ist so kompliziert, so mannigfaltig, so bedeutsam, nicht bloß für meine Nachkommen, sondern auch für das ganze geistige Weimar, ja für ganz Deutschland, daß ich nicht Vorsicht und Umsicht A 53

Goethe,]. W., Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 315. 54 Ebenda, S. 269 — 270. 55 Goethe zu Johann Sulpiz Boisseree am 2. 8. 1 8 1 5 . In: Goethes Gedanken. Aus seinen mündlichen Äußerungen in sachlicher Ordnung und mit Erläuterungen zusammengestellt von Wilhelm Bode, Berlin 1907, 2. Bd., S. 140. 56 Vgl. Jericke, Alfred, Goethe und sein Haus am Frauenplan, Weimar 1964, 2. Auf!., S. 39 — 42. — Helmut Holtzhauer zählt u. a. folgende Sammlungsbestände Goethes auf: 9 179 graphische Blätter, 8680 Abdrücke in Schwefel, Siegellack, Gips und Glas, 76 Gemmen, 348 Kleinplastiken, 310 Gefäße und Schaustücke aus Ton und Porzellan (von der Antike bis zur Goethezeit), 93 größere Skulpturen und Reliefs, 2 5 1 2 Gemälde und Zeichnungen sowie über 2 500 Federzeichnungen und Bleistiftskizzen von seiner eigenen Hand. (Vgl. Holtzhauer, Helmut, Goethe-Museum. Werk, Leben und Zeit Goethes in Dokumenten, hrsg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar, Berlin und Weimar 1969, 1. Aufl., S. 6) Es sei auch erwähnt, daß Goethe 1819 zum Ehrenmitglied der „angesehenen Gesellschaft der deutschen Altertümerin Frankfurt am Main" ernannt wurde. (Vgl. Goethe, Tag- und Jahreshefte. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 27. Teil, S. 257). — A m 26. Februar 1823 ernannte die Gesellschaft des Vaterländischen Museums in Böhmen Goethe zum Ehrenmitglied. (Vgl. Goethe und Böhmen 1785 — 1832. Ausstellung der Nationalen Forschungs-und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar in Zusammenarbeit mit Pamätnik Närodniho Pisemnictvi na Strahove Praha in Weimar — Cheb — Karlovy Vary — Mariänske Läzne — Praha (März—Oktober 1964, Katalog), Hrsg. N F G , Weimar 1964, S. 41). 57 Kanzler von Müller, Unterhaltungen mit Goethe, Kleine Ausgabe, hrsg. von Ernst Grumach, Weimar 1959, S. 4. 58 Vgl. Trunz, Erich, Goethe als Sammler, a. a. O., S. 14 —15. 59 Goethe, J . W., Münzen, Medaillen, geschnittene Steine, a. a. O., S. 1 1 2 . 60 Vgl. Trunz, Erich, Goethe als Sammler, a. a. O., S. 47 u. 59 — 60.

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genug anwenden kann, um jenen Vormündern die Verantwortlichkeit zu erleichtern und zu verhüten, daß durch eine rücksichtslose Anwendung der gewöhnlichen Regeln und gesetzlichen Bestimmungen großes Unheil angerichtet werde. Meine Manuskripte, meine Briefschaften, meine Sammlungen jeder Art sind der genausten Fürsorge wert. Nicht leicht wird jemals so vieles und so vielfaches an Besitztum interessantester Art bei einem einzigen Individuum zusammenkommen. Der Zufall, die gute Gesinnung meiner Mitlebenden, mein langes Leben haben mich ungewöhnlich begünstigt. Seit 60 Jahren habe ich jährlich wenigstens 100 Dukaten auf Ankauf von Merkwürdigkeiten gewendet, noch weit mehr habe ich geschenkt bekommen. Es wäre schade, wenn dies alles auseinander gestreut würde. Ich habe nicht nach Laune oder Willkür, sondern jedesmal mit Plan und Absicht zu meiner eignen folgerechten Bildung gesammelt und an jedem Stück meines Besitzes etwas gelernt. In diesem Sinne möchte ich diese meine Sammlungen konserviert sehen." 61 Und in der Abschlußfassung des Testaments vom 6. Januar 1831 heißt es, daß er es „für das Zweckmäßigste halte, wenn sämtliche ... Sammlungen, oder doch der größte Teil derselben, an eine öffentliche Anstalt, und zwar wo möglich an eine Weimarische, gegen eine billige Kapitalsumme oder Rente veräußert würden." 62 Goethes Nachlaß hat heute in der D D R eine wahre Heimstatt gefunden und wird durch die Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar sorgfältig gepflegt, „in Ehren bewahrt und weitergeführt", indem er „zu den Aufgaben der Gegenwart in eine lebendige Beziehung gesetzt wird," 63 denn das Erbe ist eine Voraussetzung, um die kulturellen Probleme der Gegenwart und der Perspektive zu lösen. In diesem Sinne gilt es auch, die Bedeutung Goethes für die marxistisch-leninistische Museologie zu erschließen. Bei dem notwendigerweise noch geringen Umfang der vorliegenden Arbeit konnten jedoch lediglich einige Aspekte im umfangreichen Schaffen Goethes unter museumsspezifischer Relevanz aufgezeigt werden. Deshalb bedarf es noch umfangreicher Quellenstudien, um Goethes Leistungen auf diesem Gebiet allseitig zu erschließen und im marxistisch-leninistischen Sinne zu werten, da zu dieser spezifischen Thematik bisher kaum gearbeitet wurde. Es gibt zwar diverse Literatur über Goethes Sammlungen, aber seine Bedeutung für die Wissenschaftsgeschichte und für die junge Disziplin der marxistisch-leninistischen Museologie ist ein unumgängliches Forschungsdesiderat. D i e Sammlung bietet nur eine kleine Auswahl. Absurde, das — „ D a s A b s u r d e , mit Geschmack dargestellt, erregt Widerwillen und B e w u n d e r u n g . " (Maximen und Reflexionen. I n : Goethes Werke. Nach den vorzüglichsten Quellen revidierte A u s g a b e in 36 Teilen, Verlag G u s t a v Hempel, Berlin o. J . (Im Folgenden nur „ H e m p e l - A u s g a b e " genannt), 19. Teil, S. 73) „ N i c h t s schrecklicher kann den Menschen geschehn, A l s das A b s u r d e verkörpert zu sehn." (Zahme X e n i e n II. I n : Hempel-Ausgabe, a. a. O., 2. Teil, S. 354) „Unsere Preiszeichnungen sind nun ausgestellt, der Saal ist noch nicht eröffnet, und es haben sie wenige gesehen; allein es scheint mir, daß der Kreis v o n Urteilen schon ziemlich durchlaufen ist. — Über das A b s u r d e schreit jedermann auf und freut sich, etwas so tief unter sich zu sehen. Über das M i t t e l m ä ß i g e erhebt man sich mit Behaglichkeit. Den S c h e i n lobt man, ohne Rückhalt und ohne B e d i n g u n g , denn der Schein ist eigentlich in der E m p i r i e das allgemein Geltende. Das G u t e , das aber nicht vollkommen ist, übergeht man mit Stillschweigen, denn das E c h t e , was man am G u t e n bemerkt, nötigt A c h t u n g ab, das Unvollkommene, das man daran fühlt, erregt Z w e i f e l , und w e r den Z w e i f e l nicht selbst heben kann, mag sich in diesem Falle nicht kompromittieren und tut auch ganz w o h l daran. D a s V o l l k o m m e n e , w o es anzutreffen ist, gibt eine gründliche B e f r i e d i g u n g , wie der Schein eine oberflächliche, und so bringen beide eine ähnliche Wirkung h e r v o r . " (Goethe an Schiller am 4. 9. 1799. I n : Goethes Werke, hrsg. im A u f t r a g e der Großherzogin Sophie v o n Sachsen (Im Folgenden nur „Weimarer A u s g a b e " genannt), Weimar 1 8 8 7 — 1 9 1 9 . 4 Abteilungen mit insgesamt 1 3 3 Bänden (in 143 Büchern), I V . A b t . : Briefe, 14. B d . , S. 173 — 174 (Hervorhebungen v o n Goethe). Altertum — „ W e n n w i r uns dem Altertum gegenüberstellen und es ernstlich in der Absicht anschauen, uns daran zu bilden, so gewinnen wir die E m p f i n d u n g , als ob wir erst eigentlich zu Menschen w ü r d e n . " (Maximen und Reflexionen. I n : Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 19. Teil, S. 100) „ W i r würden ja noch in der Barbarei leben, wenn nicht die Überreste des Altertums in verschiedener Gestalt vorhanden wären." (Goethe zu K a r l Julius Sillig am 30. 7. 1830. I n : Goethes Gespräche, Gesamtausgabe, begründet v o n Woldemar Frhr. v o n Biedermann, neu hrsg. v o n Flodoard Frhr. v o n Biedermann, Verlag F . W. v . Biedermann, Leipzig 1 9 1 0 , 2. A u f l . , 4. B d . , S. 288) A l t - T ü m e r — „ A l t - T ü m e r sind ein böses D i n g ; Ich schätze sie aber nicht gering. 61

K a n z l e r von Müller, Unterhaltungen mit G o e t h e , a. a. O . , Weimar 1956, S. 277.

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Goethes Testament v o m 6. 1 . 1 8 3 1 . I n : Weimarer A u s g a b e , a. a. O . , I. A b t . : W e r k e , 53. B d . , S. 329.

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P r o g r a m m der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Dietz V e r l a g , Berlin 1976, 1 . A u f l . , S. 52.

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Wenn nur Neu-Tümer in allen Ehren Auch um so Vieles besser wären!" (Zahme Xenien III. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 2. Teil, S. 562) Anschauen, das — „Das unmittelbare Anschauen der Dinge ist mir alles, Worte sind mir weniger als je." (Goethe an Johann Sulpiz Boisseree am 22. 3. 1 8 3 1 . In: Weimarer Ausgabe, I V . Abt.: Briefe, 48. Bd., S. 154) „Man habe auch tausendmal von einem Gegenstande gehört, das Eigentümliche desselben spricht nur zu uns aus dem unmittelbaren Anschauen." (Italienische Reise II, 20. 3. 1787. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 24. Teil, S. 204) Antikensaal in München — „Im Antikensaale konnte ich recht bemerken, daß meine Augen auf diese Gegenstände nicht geübt sind; deswegen wollte ich nicht verweilen und Zeit verderben. Vieles sprach mich gar nicht an, ohne daß ich sagen könnte, warum. Ein Drusus erregte meine Aufmerksamkeit, zwei Antonine gefielen mir, und so noch Einiges. Im Ganzen stehen die Sachen auch nicht glücklich, ob man gleich mit ihnen hat aufputzen wollen und der Saal oder vielmehr das Gewölbe ein gutes Ansehn hätte, wenn es nur reinlicher und besser unterhalten wäre." (Italienische Reise I, 6. 9. 1786. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 24. Teil, S. 6) Ausstellung — „Ich fühlte recht lebhaft, daß eine solche Ausstellung wirklich ein Fest sei. Denn was kann ein schöneres Fest genannt werden, als wenn die einzelne, stille, zerstreute Tätigkeit auf einmal in ihren Wirkungen vor uns steht und wir zum Mitgenuß in diesem Augenblick und zur Mitwirkung in der Zukunft eingeladen werden." (Ansprachen — Über die verschiedenen Zweige der hiesigen Tätigkeit. In: Goethes Werke, Artemis-Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, hrsg. von E. Beutler, Zürich und Stuttgart 1948 — 1960, Bd. 12, S. 672) betrachten — „ . . . je länger man Gegenstände betrachtet, desto weniger getraut man sich etwas allgemeines darüber zu sagen. Man möchte lieber die Sache selbst mit allen ihren Teilen ausdrücken oder gar schweigen." (Goethe an den Herzog Carl August am 17. 1 1 . 1787. In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., IV. Abt.: Briefe, 8. Bd., S. 292) Bild — „ A n Bildern schleppt Ihr hin und her Verlornes und Erworbnes; Und bei dem Senden kreuz und quer, Was bleibt uns denn? Verdorbnes!" (Gedicht „Museen". In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 2. Teil, S. 198) „ D e r Kunstfreund verlangt nicht immer Originale; trifft und rührt ihn irgendein merkwürdiges Bild, dessen Besitz nicht zu erlangen ist, so erfreut er sich an einer Kopie." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 272) Bilder als unterrichtender Kunstschatz — „Die Herren Boisseree, Gebrüder, und Bertram stellten mit Neigung, Kenntnis, Ausdauer, Aufwand und Glück eine Reihe solcher Bilder als unterrichtenden Kunstschatz zusammen, welcher, gegenwärtig in Heidelberg befindlich, in Köln ungern vermißt wird. Hier am Orte jedoch besitzen die Herren Wallraf, Lyversberg, Fochem nebst anderen Personen höchst schätzbare Werke dieser Art." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. Köln. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 268) Dresdner Gemäldegalerie — „Die Stunde, wo die Galerie eröffnet werden sollte, mit Ungeduld erwartet, erschien. Ich trat in dieses Heiligtum, und meine Verwunderung überstieg jeden Begriff, den ich mir gemacht hatte. Dieser in sich selbst wiederkehrende Saal, in welchem Pracht und Reinlichkeit bei der größten Stille herrschten, die blendenden Rahmen, alle der Zeit noch näher, in der sie verguldet wurden, der gebohnte Fußboden, die mehr von Schauenden betretenen als von Arbeitenden benutzten Räume gaben ein Gefühl von Feierlichkeit, einzig in seiner Art, das um so mehr der Empfindung ähnelte, womit man ein Gotteshaus betritt, als der Schmuck so manches Tempels, der Gegenstand so mancher Anbetung hier abermals, nur zu heiligen Kunstzwecken aufgestellt erschien. Ich ließ mir die kursorische Demonstration meines Führers gar wohl gefallen, nur erbat ich mir, in der äußeren Galerie bleiben zu dürfen. Hier fand ich mich zu meinem Behagen wirklich zu Hause. Schon hatte ich Werke mehrerer Künstler gesehn, andere kannte ich durch Kupferstiche, andere dem Namen nach; ich verhehlte es nicht und flößte meinem Führer dadurch einiges Vertrauen ein, ja ihn ergötzte das Entzücken, das ich bei Stücken äußerte, wo der Pinsel über die Natur den Sieg davontrug, denn solche Dinge waren es vorzüglich, die mich an sich zogen, w o die Vergleichung mit der bekannten Natur den Wert der Kunst notwendig erhöhen mußte." (Dichtung und Wahrheit, II. Teil, 8. Buch, In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 21. Teil, S. 99 — 100) Dresdener Sammlungen — „ . . . was die Dresdener Sammlungen für Deutschland sind, eine ewige Quelle echter Kenntnis für den Jüngling, für den Mann Stärkung des Gefühls und guter Grundsätze, und für einen jeden, selbst für den flüchtigsten Beschauer heilsam, denn das Vortreffliche wirkt auf Eingeweihte nicht allein." (Der Sammler und die Seinigen. 1. Brief. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 28. Teil, S. 109) Fackelbeleuchtung im Museum — „Der Gebrauch, die großen Römischen Museen, z. B. das Museo Pio-Clementino im Vatikan, das Kapitolinische etc. beim Licht von Wachsfackeln zu besehen, scheint in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch ziemlich neu gewesen zu sein, indessen ist mir nicht bekannt, wann er eigentlich seinen Anfang genommen. V o r t e i l e d e r F a c k e l b e l e u c h t u n g . Jedes Stück wird nur einzeln, abgeschlossen von allen übrigen betrachtet, und die Aufmerksamkeit des Beschauers bleibt lediglich auf dasselbe gerichtet; dann erscheinen in dem gewaltigen, wirksamen Fackellicht alle zarten Nuancen der Arbeit weit deutlicher, alle störenden Widerscheine (zumal bei glänzend polierten Statuen beschwerlich) hören auf, die Schatten werden entschiedener, die beleuchteten Teile treten heller hervor. Ein Hauptvorteil aber ist unstreitig der, daß ungünstig aufgestellte Stücke hierdurch das ihnen gebührende Recht erhalten. So konnte man z. B. den Laokoon in der Nische, w o er stand, nur bei Fackellicht recht sehen, weil kein unmittelbares Licht auf ihn fiel, sondern bloß ein Widerschein aus dem kleinen, runden, mit einer Säulenhalle umgebenen Hof des Belvedere, dasselbe war der Fall mit dem Apollo und dem sogenannten Antinous (Merkur). . . .

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Die Denkmale im Kapitolinischen Museum sind zwar überhaupt weniger wichtig als die im Museo Pio-Clementino, doch gibt es einige von großer Bedeutung, und man tut wohl, um sich von ihren Verdiensten gehörig zu unterrichten, solche bei Fackelbeleuchtung zu sehen . . . . So sind ... mehrere Stücke dieses Museums ungünstig aufgestellt, so daß Fackelbeleuchtung durchaus notwendig wird, wenn man solche recht sehen und nach Verdiensten schätzen soll. — Wie übrigens so vieles, was geschieht, um die Mode mitzumachen, zum Mißbrauch wird, so ist es auch mit der Fackelbeleuchtung. Sie kann nur in d e m Falle Gewinn bringen, wenn verstanden wird, wozu sie nütze ist. Monumente zu sehen, die ... bloß verkümmertes Tageslicht erhalten, ist sie notwendig, indem alsdann Höhen und Tiefen und Ubergang der Teile ineinander richtiger erkannt werden. Vornehmlich aber wird sie Werken aus der allerbesten Zeit der Kunst günstig sein (wenn nämlich d e r , welcher die Fackel führt, und der Beschauer wissen, worauf es ankommt); sie wird die Massen derselben besser zeigen und die zartesten Nuancen der Arbeit hervorheben. Werke des alten Kunststils hingegen, die vom mächtigen und selbst die vom hohen, haben nicht viel zu gewinnen, wenn sie anders sonst in hellem Lichte stehen. Denn da die Künstler damals noch des Lichts und Schattens nicht kundig waren, wie sollten sie für ihre Arbeiten auf Licht und Schatten gerechnet haben? ... Wozu sollte Fackelbeleuchtung an Monumenten dieser Art dienen?" (Italienische Reise, II. römischer Aufenthalt. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 24. Teil, S. 441 —443. — Hervorhebung von Goethe). Farbe als ein Element der Kunst — „Deshalb denn Farbe, als ein Element der Kunst betrachtet, zu den höchsten ästhetischen Zwecken mitwirkend genutzt werden kann." (Entwurf einer Farbenlehre, 6. Abt., 758. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 35. Teil, S. 282 Förderung der Sammlungen durch die Regierung — „ . . . wie leicht eine Regierung hier einwirken kann, wenn die Obern und Vorgesetzten zuerst dasjenige freundlich anerkennen, was von Einzelnen aus freier Neigung und Liebhaberei bisher geschah, und einen solchen frohen Willen auf alle Weise begünstigen. Hierdurch wird den Obgeordneten, als Kennern und Liebhabern, nichts unbekannt bleiben, was am Orte von Kunstwerken befindlich ist, was zu- und abgeht oder den Besitzer verändert. Zugleich werden sie, die Tätigkeit des Einzelnen fördernd, auf den Fall merken, w o lebenslängliche Bemühungen eines Privatmannes dem Gemeinwesen auf einmal zugute kommt, denn es geschieht nicht selten, daß eine Sammlung dem Liebhaber, der sich auf mancherlei Weise beengt fühlt, zur Last wird." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. Köln. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 269 — 270) Gegenstände — „Sobald der Mensch die Gegenstände um sich her gewahr wird, betrachtet er sie in Bezug auf sich selbst, und mit Recht. Denn es hängt sein ganzes Schicksal davon ab, ob sie ihm gefallen oder mißfallen, ob sie ihn anziehen oder abstoßen, ob sie ihm nutzen oder schaden. Diese ganz natürliche Art, die Sachen anzusehen und zu beurteilen, scheint so leicht zu sein, als sie notwendig ist, und doch ist der Mensch dabei tausend Irrtümern ausgesetzt, die ihn oft beschämen und ihm das Leben verbittern." (Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 34. Teil, S. 74) Gemälde — „Müde war ich geworden, nur immer Gemälde zu sehen, Herrliche Schätze der Kunst, wie sie Venedig bewahrt. Denn auch dieser Genuß verlangt Erholung und Muße." (Venezianische Epigramme 37. In: Artemis-Gedenkausgabe, a. a. O., 1. Bd., S. 229 — 230) Geschmack bilden, den — „Denn den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." (Goethe zu Eckermann am 26. 2. 1824. In: Artemis-Gedenkausgabe, a. a. O., 24. Bd., S. 94) Gestaltung — „Eine Anzahl schätzbarer Gemälde, die aus Paris hierher (nach Mainz — E . F.) gebracht worden, ist gleichfalls geräumig und genießbar aufgestellt und wird immer beitragen, die Kunstliebe in Stadt und Gegend zu beleben." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15, Mainz. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 284) „Kein Mensch will begreifen, daß die höchste und einzige Operation der Natur und Kunst die Gestaltung sei, und in der Gestalt die Spezifikation, damit jedes ein besonderes Bedeutendes werde, sei und bleibe." (Goethe an Karl Friedrich Zelter am 30. 10. 1808. In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., I V . Abt.: Briefe, 20. Bd., S. 192) „Wie überraschend angenehm würde es alsdann sein, wenn die Lokalitäten geschmackvoll und analog den Gegenständen verziert würden, wovon wir zwar einzelne Beispiele in verschiedenen Städten bewundern, jedoch kein ganzes allgemeines Museum in diesem Sinne verziert wissen. Es ist gar so angenehm unterrichtend, wenn Sarkophagen, Urnen und alle dazu gehörigen Leichen- und Grabgeräte in nachgeahmten Kolumbarien aufgestellt sind, wenn der römische Denkstein, Altar und Cippus von einer Dekoration eingefaßt werden, welche an die Appische Straße erinnert, wenn die Uberreste des frühern Mittelalters von Verzierungen ihrer Art, die des spätem gleichfalls übereinstimmend bekleidet sind; wenn selbst den Naturreichen durch Abbildung des Nichtvorhandenen nachgeholfen wird." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15, Köln. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 26. Teil, S. 271) Gestaltung im Mannheimer Antikensaal — „Hier stand ich nun, den wundersamsten Eindrücken ausgesetzt, in einem geräumigen, viereckten, bei außerordentlicher Höhe fast kubischen Saal, in einem durch Fenster unter dem Gesims von oben wohl erleuchteten Raum: die herrlichsten Statuen des Alterums nicht allein an den Wänden gereiht, sondern auch innerhalb der ganzen Fläche durcheinander aufgestellt, ein Wald von Statuen, durch den man sich durchwinden, eine große ideale Volksgesellschaft, zwischen der man sich durchdrängen mußte. Alle diese herrlichen Gebilde konnten durch Auf- und Zuziehn der Vorhänge in das vorteilhafteste Licht gestellt werden; überdies waren sie auf ihren Postamenten beweglich und nach Belieben zu wenden und zu drehen." (Dichtung und Wahrheit, III. Teil, 1 1 . Buch. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 22. Teil, S. 52) Gestaltung in der Sammlung des Herrn Kanonikus Pick in Bonn — „Wir gedenken zum Beispiel einer ganzen Wand mit gemalt scheinenden Bildern, merkwürdig durch den Stoff, woraus sie verfertiget worden: Mosaik und Eingelegtes, von Stroh oder Moos Zusammengesetztes, aus gehackter Wolle Gestreutes, sammetartig Gewobenes, Gesticktes oder aus Läppchen

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Zusammengeflicktes. Durch solche Annäherungen werden hundert Dinge, deren A u f b e w a h r u n g einen erfahrenen Kunstkämmerer verlegen machte, dem A u g e interessant; sie geben dem Geiste Nahrung, ja dem Geschmacksurteil manchen Anlaß." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15, Bonn. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 26. Teil, S. 278 — 279) Höchste A u f g a b e der bildenden Kunst — „ D i e höchste A u f g a b e der bildenden Kunst ist, einen bestimmten Raum zu verzieren oder eine Zierde in einen unbestimmten Raum zu setzen; aus dieser Forderung entspringt alles, was wir kunstgerechte Komposition heißen." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15, Heidelberg. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 26. Teil, S. 521) Konzeption — „Bei jedem Kunstwerk, groß oder klein, bis ins Kleinste kommt alles auf die K o n z e p t i o n an." (Maximen und Reflexionen. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 19. Teil, S. 58. — Hervorhebung v o n Goethe). Münzkabinettordnen — „ E r (Goethe — E. F.) fürchte sich nicht vor der Arbeit des Münzkabinettordnens. Man müsse nur in alles M e t h o d e bringen und die Sachen nicht zu transzendent nehmen. Bei allen Geschäften sei die Form der Behandlung die Hauptsache . . . " (Kanzler von Müller, Unterhaltungen mit Goethe. Kritische Ausgabe, besorgt v o n Ernst Grumach, Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1956, 1. A u f l . , S. 56. (6. 5. 1819). — Hervorhebung von Goethe). Museum — „ A c h , wenn man so in sein Museum gebannt ist Und sieht die Welt kaum einen Feiertag, K a u m durch ein Fernglas, nur von weiten, Wie soll man sie durch Überredung leiten?" (Faust, I. Teil, Nacht. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 12. Teil, S. 22) „Rüstkammern, Galerien und Museen, zu denen nichts hinzugefügt wird, haben etwas Grab- und Gespensterartiges; man beschränkt seinen Sinn in einem so beschränkten Kunstkreis, man gewöhnt sich, solche Sammlungen als ein Ganzes anzusehen, anstatt daß man durch immer neuen Zuwachs erinnert werden sollte, daß in der Kunst wie im Leben kein abgeschlossenes beharre, sondern ein Unendliches in B e w e g u n g sei." (Winckelmann und sein Jahrhundert. Glücksfälle. In: Hempel-Ausstellung, a. a. O . , 28. Teil, S. 216) „Herr von Gerning verwahrt ein Museum v o n vielartigen Schätzen (in Frankfurt/M. — E . F.), welche, in größere Räume verteilt, die Freude und Bewunderung eines jeden Liebhabers und Kenners noch mehr erregen würden als gegenwärtig, w o in einer Privatwohnung nicht jedem Gegenstande Gerechtigkeit widerfahren kann. So würde zum Beispiel die Sammlung antiker Vasen, Bronzen und sonstiger Altertümer schon allein als integrierender Teil einer großen Sammlung die A u f merksamkeit überall auf sich ziehen." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. Frankfurt/M. — I n : Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 26. Teil, S. 289) „In Neapel wird der K ö n i g ein Museum bauen lassen, w o alles, was er v o n Kunstsachen besitzt, das Herkulanische Museum, die Gemälde von Pompeji, die Gemälde v o n Capo di Monte, die ganze Farnesische Erbschaft, vereinigt aufgestellt werden sollen. Es ist ein großes und schönes Unternehmen. Unser Landsmann Hackert ist die erste Triebfeder dieses Werks. Sogar der T o r o Farnese soll nach Neapel wandern und dort auf der Promenade aufgestellt werden. Könnten sie die Carraccische Galerie aus dem Palaste mitnehmen, sie täten's auch." (Italienische Reise, II. römischer Aufenthalt, 20. 6. 1787. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 24. Teil, S. 349) Sammlung unter freiem Himmel — „Diese anmutige Dekorierkunst blieb jedoch nicht lange im Düstern, der muntere Geist der Einwohner führte sie bald ins freie Tageslicht, w o denn der Künstler auch solchen Forderungen genugzutun verstand, indem er den Hintergrund enger, an den Seiten mit Pflanzen und Blumen besetzter H ö f e durch wohlgeratene perspektivische Gemälde ins Unendliche zu erweitern glücklich unternahm." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. K ö l n . In: Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 26. Teil, S. 269) „ M i t dem größten Vergnügen aber betritt man die Gartenterrasse, w o das Talent eines geistreichen Konservators sich in vollem Glänze zeigt. Hier sieht man unter freiem Himmel verschiedene architektonische Teile und Glieder, Säulen und Gesimstrümmer sowie manche Zierratsreste, zu Ruinen gruppiert, Inschriften zierlich eingemauert, halb erhabene Arbeiten w o h l verteilt, große gebrannte Gefäße als Denkmal aufgestellt und, mit wenigen Worten, hie und da wahrhaft rege patriotische Gesinnungen bedeutsam ausgedrückt." (Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar 1814/15. Bonn. I n : Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 26. Teil, S. 279) Sammlung v o n Abgüssen — „In dem Hause Farsetti (in Venedig — E . F.) ist eine kostbare Sammlung von Abgüssen der besten Antiken. Ich schweige von denen, die ich von Mannheim her und sonst schon gekannt, und erwähne nur neuere Bekanntschaften. . . . Es sind Werke, an denen sich die Welt Jahrtausende freuen und bilden kann, ohne den Wert des Künstlers durch Gedanken zu erschöpfen." (Italienische Reise. Venedig, 8. 10. 1786. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 24. Teil, S. 79) Sammlung v o n Gipsabdrücken — „Sollte nicht durch kaufmännische Spekulation eine Sammlung v o n Gipsabdrücken, die jetzt vortrefflicher als jemals in R o m für ein leidliches Geld zu haben sind, nach Hamburg oder Bremen geschafft werden können? Man müßte sie zweckmäßig aufstellen und gegen ein billiges Einlaßgeld sehen lassen. Das Kapital würde sich gut verinteressieren und ein nach Norden verbanntes Kunstgenie nicht alles Lichtes entbehren." (Flüchtige Übersicht über die Kunst in Deutschland. In: Hempel-Ausgabe, a. a. O . , 28. Teil, S. 781) Sammlungsgeist — „Freilich kommt es viel auf den Charakter, auf die N e i g u n g eines Liebhabers an, wohin die Liebe zum Gebildeten, wohin der Sammlungsgeist, zwei Neigungen, die sich oft im Menschen finden, ihre Richtung nehmen sollen; und ebensoviel, möchte ich behaupten, hängt der Liebhaber von der Zeit ab, in die er kommt, v o n den Umständen, unter denen er sich befindet, v o n gleichzeitigen Künstlern und Kunsthändlern, v o n den Ländern, die er zuerst besucht, v o n den Nationen, mit denen er in irgendeinem Verhältnis steht. G e w i ß , v o n tausend dergleichen Zufälligkeiten hängt er ab.

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Was kann nicht alles zusammentreffen, um ihn solid oder flüchtig, liberal oder auf irgendeine Weise beschränkt, überschauend oder einseitig zu machen!" (Der Sammler und die Seinigen, i. Brief, In: Hempel-Ausgabe, a. a. O., 28. Teil, S. 108) Verbreitung von Kunst und Wissenschaft — (Goethe über sein Haus am Frauenplan): „ . . . ich habe mich Ihrer Gabe würdig bewiesen, daß ich es nicht zum Wohlleben, sondern zu möglicher Verbreitung von Kunst und Wissenschaft einrichtete und benutzte." (Goethe an den Herzog Carl August, Mitte Dezember 1806. In: Weimarer Ausgabe, a. a. O., IV. Abt.: Briefe, 19. Bd., S. 248)

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M U S E U M S P Ä D A G O G I K A N D E N S T A A T L I C H E N M U S E E N ZU B E R L I N Ruth Göres Führungen und Vorträge gehören zum selbstverständlichen Bildungsangebot der Museen 1 . Aufgabe der Kultur- und Bildungsarbeit an unseren Museen, die bestimmt wird von dem Bildungsziel der sozialistischen Gesellschaft, ist es, zur Formung und Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten beizutragen. Neben dem Sammeln und Konservieren, der wissenschaftlichen Bearbeitung des Bestandes und der Forschung ist die Darbietung und pädagogische Erschließung einer qualitätsvollen Auswahl des Bestandes wesentliche Aufgabe der Museen2. Zu Beginn der sechziger Jahre wurden in den zentralen Museen der D D R selbständige Abteilungen geschaffen, die vorrangig neben der allgemeinen Besucherbetreuung durch Führungen und Vorträge die Zusammenarbeit mit Schulen und Werktätigen aus sozialistischen Großbetrieben zur Aufgabe erhielten. Die Arbeit dieser pädagogischen Abteilungen 3 wurde geleitet und unterstützt durch bedeutsame Beschlüsse und Gesetze von Partei und Regierung zu Fragen der Bildung und Kultur 4 , durch nationale und internationale Gremien, die sich ebenfalls in den sechziger Jahren konstituierten und die verstärkte Einbeziehung der Museen in die Bildungs- und Erziehungsarbeit propagierten5. i960 wurden für die National-Galerie und die Antiken-Sammlung erstmalig Mitarbeiter speziell für die Führungs- und Vortragstätigkeit eingesetzt6. Vier Jahre später übernahm ein zentraler Führungsdienst in den Staatlichen Museen, nach wie vor unterstützt durch die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Fachabteilungen, die Organisierung, Koordinierung und Gestaltung von Museumsveranstaltungen. 1966 endlich konnten alle Aktivitäten der Museen, die Öffentlichkeitsarbeit betreffend, in einer Abteilung zusammengefaßt werden 7 ; die Sonderstellung eines pädagogischen Referates im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit war gleichzeitig Ausdruck der gewachsenen Qualität innerhalb der Bildungs- und Erziehungsarbeit, die die Mitarbeiter bis dahin geleistet hatten. Die notwendige Kontinuität in der Bildungsarbeit, wie sie vor allem eine intensive Besucherbetreuung und die museumspädagogische Grundlagenforschung voraussetzt, konnte jedoch wegen der laufenden Fluktuation der Mitarbeiter nicht erreicht werden. Vielerlei Gründe spielen 1

Forschungen und Berichte, Staatliche Museen zu Berlin, seit 1957; u. a. Heinz Fettgier, Die Entwicklung der Staatlichen Museen zu Berlin in den Jahren 1958 bis 1968, 1968, Bd. io, S. 1 1 . Frida Schottmöller, Berliner Museumsführungen seit 100 Jahren, Berichte aus den Preußischen Kunstsammlungen, 1935, J g . L V I , H. i , S . 39. 2 Willi Geismeier, Museum — gestern und heute, F u B., 1968, Bd. n , S. 9; dieser Beitrag hat an Aktualität bis heute nichts eingebüßt. Da in ihm die Kultur- und Bildungsaufgaben eines Museums definiert sind, impliziert die der Museumspädagogik, beschränkt sich der vorliegende Bericht auf die derzeitigen museumspädagogischen Aktivitäten der Staatlichen Museen zu Berlin. 3 Auf dem Wege zur sozialistischen Bildung und Erziehung unserer Schuljugend in den Museen der D D R , Entwurf einer Chronik — aus Anlaß des 10jährigen Bestehens der Arbeitsgruppe „Museumspädagogik" (1963 bis 1973), in: Schule und Museum im einheitlichen sozialistischen Bildungssystem der D D R , Hg. Arbeitsgruppe Museumspädagogik, 1973, H. 8, S. 3 ff. Direktive für die Arbeit der Museen mit der Jugend, V. u. M. des Ministeriums für Kultur 8/72 ( 1 1 . 7. 72). 4 Hervorzuheben ist das 1965 von der Volkskammer beschlossene „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem" in dem die Zusammenarbeit aller Einrichtungen des Bildungssystems mit den Museen festgelegt wurde (§ 6, Ziff. 5 und § 67). 5 Entwurf einer Chronik — Aus Anlaß des 10jährigen Bestehens der Arbeitsgruppe „Museumspädagogik" (1963 bis 1973), a. a. O. 6 F. und B., 1962, Bd. 5, S. 98 und S. 108; ebenfalls in diesem Band, S. 81 ff., erschien unter dem Titel „Die Antiken-Sammlung und ihre Besucher" von Werner Schmeichler ein erster Beitrag über neue Methoden der Museumsführungen aus der Erfahrung eines Mentors. 7 Uber die Aufgaben des Führungsdienstes in: Kleiner Führer durch die Staatlichen Museen zu Berlin, 1966, S. 6.

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hier mit, nicht zuletzt die Tatsache, daß bis heute für den Museumspädagogen kein Berufsbild existiert. Fachwissenschaftler zieht es in die Fachabteilungen, Pädagogen verlieren ihren sozialen Status, wenn sie nicht in der Schule, sondern im Museum als Lehrende tätig sind, Abiturienten, deren Mitarbeit trotz fehlender Ausbildung für die pädagogischen Abteilungen eine große Hilfe ist, gehen nach Ablauf ihrer Praktika zum Studium und den Absolventen der Fachschule für Museologie in Leipzig fehlt die pädagogische Ausbildung (eine Tatsache, die verändert werden sollte, denn zunehmend werden Museologen Mitarbeiter von pädagogischen Abteilungen). Neben der nicht immer fachgerechten Ausbildung der tätigen Museumspädagogen ist es aber vor allem die meist noch unzulängliche Mitarbeiterzahl dieser Abteilungen, die eine qualitative und quantitative Erweiterung des museumspädagogischen Angebots in vielen Museen erschwert. Der stetig wachsende Besucherstrom in den Staatlichen Museen zu Berlin resultiert u. a. aus dem steigenden internationalen Tourismus. Um den Erwartungen dieser Besucher gerecht zu werden, die meist nur einmal unsere Museen, vorzugsweise das Pergamon-Museum, zu sehen wünschen, wurde 1971 mit Tonbandführungen im Vorderasiatischen Museum und in der Antiken-Sammlung begonnen. 1976 machten 4817 Reisegruppen davon Gebrauch; ca. 109925 Besucher erhielten so in zwölf Sprachen dreiviertelstündig Auskunft über die bedeutendsten Kunstschätze der beiden genannten Sammlungen. Auch über das Für und Wider von technischen Hilfsmitteln bei der Besucherführung wurde schon viel geschrieben und diskutiert 8 ; diese Form der allgemeinen Besucherbetreuung ermöglichte es jedoch der Abteilung Museumspädagogik, die 1975 neben dem Direktorat für Öffentlichkeitsarbeit den Status einer selbständigen Abteilung erhalten hat, ihre wenigen Mitarbeiter auf ein Komplexprogramm für Kinder und Jugendliche zu konzentrieren. Obwohl sich der Begriff der Museumspädagogik nicht ausschließlich auf die Bildungsarbeit mit Schülern beschränkt, sondern Methoden einer spezifisch musealen Bildungsform für alle Besucher beinhaltet, und die Mitarbeiter der Abteilung tatsächlich etwa ein Drittel ihrer Veranstaltungen für Arbeitskollektive und andere Erwachsenengruppen gestalten9, liegt das Schwergewicht unserer museumspädagogischen Arbeit bei Kindern und Jugendlichen, ihren Lehrern und Erziehern und den 2ukünftigen Pädagogen. Die Staatlichen Museen zu Berlin haben ein Angebot entwickelt, das die beiden Bereiche der Bildungs- und Erziehungsarbeit unserer sozialistischen Schule umfaßt, in Form von lehrplanorientierten Museumsstunden für die Fächer Kunsterziehung und Geschichte und Veranstaltungen für die außerunterrichtliche Tätigkeit in enger Verbindung mit der Pionierorganisation. Dieses Programm bezieht darüber hinaus Kinder der Vorschulerziehung (Kindergärten) mit ein und wird in Konsultationen und Seminaren vorbereitend Lehrern und Erziehern vermittelt. Schriftliches Anleitungsmaterial soll weiterhin die Bemühungen der Museumspädagogen unterstützen, Lehrer und Erzieher in noch größerem Umfang anzuregen, ihre Schüler selbständig in den Ausstellungen zu führen. Diese Handreichen enthalten Hinweise, welche Ausstellungsstücke innerhalb von 45 Minuten berücksichtigt werden sollten und geben gleichzeitig, methodisch aufgeschlüsselt, das Bildungsziel der jeweiligen „Museumsstunde" an. Dauerhafte kulturelle Bedürfnisse bereits in einem Alter zu wecken, das als das bildungsfähigste erkannt wurde, ist Ausgangspunkt für die Veranstaltungen, Ausstellungen und Einrichtungen der Abteilung Museumspädagogik. Die Kindergalerie im Alten Museum 10 entstand in Zusammenarbeit von National-Galerie und der Abteilung Museumspädagogik und wurde im Mai 1974 eröffnet. Ihr Anliegen ist es, Kindern so früh wie möglich Freude beim Besuch eines Museums zu vermitteln und Interesse an den Kunstwerken zu wecken. Entsprechend den Altersbesonderheiten der kleinen Besucher (Kindergartengruppen, 1. bis 4. Klasse) werden in Niveau und Thematik unterschiedliche Veranstaltungen angeboten, die ebenfalls an den Lehrplänen orientiert sind. Die Veranstaltungen bieten in der Regel eine Einheit von Kunstbetrachtung und eigener schöpferischer Tätigkeit der Kinder. Die Vermittlung theoretischer Kenntnisse, das Erleben originaler Kunstwerke und eigenes, phantasievolles Weitergeben und Nachvollziehen künstlerischer Praxis sind das Besondere eines Besuches in der Kindergalerie, der 8

Die Rolle der Museen in Bildung und Erziehung, Eine Dokumentation über das Internationale Kolloquium in Leningrad und Moskau 1968, in: Neue Museumskunde, 1969, J g . 12, H. 4, Beilage (Autoren Pirlot, van der Hoek, Koslow über audiovisuelle Methoden und Anwendung technischer Hilfsmittel). Arne Effenberger, Die Anwendung technischer Hilfsmittel in der museumspädagogischen Arbeit, Neue Museumskunde, 1971, J g . 14, H. 2, S. 142ff. 9 Die Kultur- und Bildungsarbeit mit Betrieben und Brigaden ist arbeitsorganisatorisch dem Direktorat für Öffentlichkeitsarbeit eingegliedert und wird deshalb in diesem Bericht nicht berücksichtigt. 10 1980 wird die Kindergalerie im Bode-Museum geeignete Räume erhalten, die eine Erhöhung dieser gefragten Veranstaltungen und eine größere Vielfalt der praktischen Arbeit ermöglichen werden.

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im günstigen Fall regelmäßig wiederholt wird. Sonderausstellungen in der Kindergalerie 11 oder Besuche eines geeigneten Teils der ständigen Ausstellungen in den Häusern der Staatlichen Museen machen die Kinder mit den einzelnen Sammlungen noch vor Beginn des einsetzenden Fachunterrichtes in der 5. Klasse bekannt. Die Vermittlung von Kenntnissen und die Förderung ästhetischer Urteilsfähigkeit sind Bildungsund Erziehungsziele des Unterrichts in der Schule und gleichermaßen der Kindergalerie. Sie wird deshalb auch für lehrplanbezogene Veranstaltungen, für Pionier- und Hortnachmittage genutzt. Einbezogen in die Arbeit der Kindergalerie, gleichermaßen aber auch für ältere Schüler geeignet, sind zwei Kabinett-Ausstellungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte (im Pädagogischen Kabinett der Abteilung Museumspädagogik mit der zusätzlichen Möglichkeit praktischer, künstlerischer Arbeit) und der Ostasiatischen Sammlung: „Japanisches Spielzeug" (Dauerleihgabe des Deutschen Spielzeugmuseums Sonneberg/Thüringen). Ebenfalls an die Schüler der 1. bis 5. Klasse richtet sich das Ferienprogramm der Staatlichen Museen zu Berlin, das jährlich für die Winterferien an alle Berliner Schulen gesandt wird. Bis zu 15 o Veranstaltungen werden angeboten, die Themen variieren, zehn verschiedene Sammlungen bzw. Sonderausstellungen werden mit einbezogen, Hauptanziehungspunkt für die jeweils 1. Klassen ist seit nunmehr fünf Jahren das „Märchenland Orient" 12 . i960 fand in den Staatlichen Museen zu Berlin der erste Pioniersonntag „Treffpunkt Pergamon" statt. Einmal im Monat besuchen 150 Schüler der 5 . - 8 . Klasse eines Berliner Stadtbezirkes mit ihren Eltern die Staatlichen Museen. Pionierorganisation und Gremien der Volksbildung arbeiten hier eng mit den Museen zusammen. Nach einer kurzen informativen Dia-Ton-Schau oder einem kleinen Schülerkonzert führen zehn wissenschaftliche Mitarbeiter der Fachabteilungen und Museumspädagogen die Pioniere durch das Vorderasiatische Museum, das Ägyptische Museum, die Antiken-Sammlung, das Islamische Museum, die National-Galerie und geeignete Sonderausstellungen. Trotz der gestiegenen Schülerbesucherzahlen, ist es für einen Teil der jugendlichen Besucher eine erste Begegnung mit den Kunstschätzen dieser Berliner Museen. Für den Treffpunkt Pergamon gibt es Einladungskarten, der Besuch ist kostenlos, während sonst ein Schüler 50 Pfennig Eintritt bezahlt und eine Veranstaltung zusätzlich für die Gruppe 10,00 Mark kostet. Der gute Besuch der Pioniersonntage war Ausgangspunkt für Bemühungen der Staatlichen Museen, mit den Stadtbezirken (Abt. Volksbildung) Pauschalverträge abzuschließen, die den Berliner Schülern und Lehrern freien Eintritt und kostenlosen Besuch von Veranstaltungen ermöglichen. 893 Gruppen mit 16173 Teilnehmern machten davon im Schuljahr 1975/76 Gebrauch. Das sind fast 50% mehr Berliner Schulklassen als im Jahr zuvor. Neben dem umfangreicheren und interessanteren Angebot der Museen war es nach Aussage der Lehrer und Erzieher ebenfalls dieser ökonomische „Hebel", der es ihnen erleichterte, mit den Schülern die Museen zu besuchen. Ein gleichfalls kostenloses Vergnügen bieten die Museen ihren jungen Besuchern jährlich anläßlich des Monats der Museen durch einen Schülerwettbewerb und spezielle Jugendveranstaltungen und zum Internationalen Kindertag durch Laienaufführungen. Der Wettbewerb, im April 1977 das dritte Mal durchgeführt, sah diesmal tägliche Vorführungen eines alten Schattenspiels vor mit anschließendem Schneiden von Scherenschnitten, die ausgestellt und preisgekrönt wurden. Im Jahr zuvor, anläßlich des Jubiläums der National-Galerie wurde von den Schülern ein Ausstellungsplakat nach der Betrachtung des Museumsgebäudes und einzelner Kunstwerke gestaltet. Im Juni 1976 wurden in der Ausstellung des Vorderasiatischen Museums vor dem Ischtar-Tor „Gilgamesch und Enkidu" lebendig. Neun Veranstaltungen, durch junge Mitarbeiter der Museen gestaltet, sahen Schüler der Körperbehinderten-Schule, der Gehörlosen-Schule, der Blinden- und Sehschwachen-Schule, Mitglieder von künstlerischen Arbeitsgemeinschaften, Schüler von Schulen, mit denen die Museen Freundschaftsverträge abgeschlossen haben und andere Besucher (die Ausstellung war geöffnet.) Diese Aufführung, der mit neuem Thema jährlich weitere folgen werden, nahm ihren Inhalt aus der Aus11

Von Mai bis Oktober 1976 wurde in der Kindergalerie die erste größere thematische Sonderausstellung der Abt. Museumspädagogik „Spielzeug aus den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin" gezeigt. Plakat und kostenlose Handreiche begleiteten diese Ausstellung. An 67 Wochentagen (78 waren es insgesamt, da Montag und Dienstag das Alte Museum, in dem sich die Kindergalerie befindet, geschlossen hat) fanden Nachmittagsveranstaltungen für Kinder- und Schülergruppen statt. Die angefertigten Zeichnungen wurden teilweise in die Ausstellung einbezogen. 10 angemeldete und vorbereitete Veranstaltungen fielen ohne Absage aus, ein Umstand, der auch bei anderen Veranstaltungsangeboten immer wieder zu bedauern ist. Diese Sonderausstellungen der Kindergalerie werden regelmäßig einmal im Jahr durchgeführt. In den anderen Monaten finden vorzugsweise Teilausstellungen mit Kinderarbeiten statt.

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Ruth Gores, Museumsveranstaltungen für die Unterstufe (Klasse 1 —4), Schule und Museum im einheitlichen sozialistischen Bildungssystem der D D R , a. a. O., 1973, H. 8, S. 59ff.

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F o r s c h , u. Her. B d . . 1 9

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Stellung, in der sie stattfand und war verbunden mit Führungen und Veranstaltungen, die die Schüler vorbereitend oder nachträglich besuchten. Musikalisch-literarische Veranstaltungen in Museen sind aktuell und führen neue Besucher in das Museum. Das vorrangige Prinzip dieser Schülerveranstaltungen ist es, Kulturgeschichte, wie sie nur hier in dieser Ausstellung und nicht an einem beliebigen Ort geboten wird, erlebbar zu machen. Vom gleichen Prinzip geleitet sind auch die Jugendveranstaltungen, trotz Beat und Lyrik steht das Kunstgespräch im Mittelpunkt. 13 In den Empfehlungen zur Einbeziehung der Museen in die Bildungs- und Erziehungsarbeit im einheitlichen sozialistischen Bildungssystem lesen wir: „Die aus weiten Räumen und geschichtlichen Perioden an einem Ort zusammengetragenen, sinnvoll geordneten Primärquellen bedingen eine Konzentration an gegenständlicher Anschaulichkeit, wie sie weder Natur und Gesellschaft darbieten noch im Klassenzimmer erreicht werden kann. Die sozialistische Schule muß daher die Museen mit ihren Ausstellungen und Sammlungen als einzigartige Lehrmittelzentren nutzen, .. ," 1 4 . Daß besonders einsichtige Lehrer der Gehörlosen-, Blinden- und Sehschwachen-Schulen die Museen in vielfältiger Form in ihren Unterricht mit einbeziehen und dabei von den Museumspädagogen der Staatlichen Museen auch unter Berücksichtigung spezifischer Methoden Unterstützung erfahren, ist selbstverständlich, wenn auch noch nicht in genügendem Maße praktiziert oder gar verallgemeinert. Das dem Kunstwerk und dem originalen Sachzeugen der Geschichte immanente emotionale Kriterium wird ebenso bewußt für die Gestaltung von Jugendstunden durch die Museumspädagogen genutzt und das nicht nur zum Thema „Von allem Wahren und Schönen Besitz ergreifen und kulturvoll leben", das den Museums- und Ausstellungsbesuch empfiehlt, sondern auch für Themen wie „Der Sozialismus — unser Heute und Morgen", die die Schüler der 8. Klassen zu der Erkenntnis führen sollen, „daß der Sozialismus als Ergebnis des opferreichen revolutionären Kampfes der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten die Verwirklichung der alten Sehnsucht der Menschen nach Frieden und Freiheit, Menschlichkeit, Demokratie und sozialer Gerechtigkeit bedeutet" 15 . Auf den Lehrplan für Kunsterziehung abgestimmte Veranstaltungen sind in zehn Sammlungen der Staatlichen Museen und geeigneten Sonderausstellungen (z. B. „100 Jahre Eisenwalzwerk" oder „Russische Realisten" 1976) für alle Klassenstufen sowohl mit Hilfe der Museumspädagogen wie durch den Fachlehrer selbst möglich. Sie geben dem Lehrer Gelegenheit, entweder den Museumsbesuch direkt in den Unterrichtsablauf einzufügen (Unterrichtsstunde im Museum) oder ihn zur Vertiefung des Lernergebnisses, als Ergänzung zum eigentlichen Fachunterricht zusätzlich in die unterrichtsfreie Zeit zu legen. Besonderer Wert wird bei diesen Veranstaltungen darauf gelegt, daß die Schüler den jeweiligen Museumsbesuch als einen spezifischen Anteil innerhalb ihrer Ausbildung begreifen. Gleiches gilt vor allem für die Veranstaltungsreihe der 5. Klassen im Museum für Ur- und Frühgeschichte (Pädagogisches Lehrkabinett), im Ägyptischen und Vorderasiatischen Museum und in der Antiken-Sammlung. Daß diese Veranstaltungen zum Thema „Kunstwerke aus der Zeit der Urgesellschaft und der Sklavenhaltergesellschaft" z. Z. den größten Prozentsatz der lehrplanbezogenen Stunden in den Staatlichen Museen einnehmen, liegt nicht nur an der Bedeutsamkeit gerade dieser Sammlungen, sondern vor allem in der Notwendigkeit, diesen umfangreichen kulturgeschichtlichen Komplex Schülern der 5. Klassen eindringlich zu vermitteln, da dieser Lehrstoff, erstmalig als Fachunterricht, sowohl in Kunsterziehung wie in Geschichte innerhalb nur eines Jahres bewältigt werden muß. So wird auch verständlich, warum im Rahmen der Kindergalerie, bei der Feriengestaltung und den Pionierveranstaltungen immer wieder Themen aus dieser frühen Zeit menschlicher Kultur bevorzugt behandelt werden. Neben dem Reiz, den diese Streifzüge in die Vergangenheit gerade auf Kinder ausüben, ist es der Wunsch der Museumspädagogen, Schüler der Unterstufe auf den fachbezogenen Unterricht vorzubereiten, sie zu erstem historischen Denken anzuregen. Daß diese Ziele nicht bei einmaligen Museumsbesuchen verwirklicht werden können, ist mit ein Grund, weshalb in verstärktem Maße die Betreuung von Schülerarbeitsgemeinschaften der Schulen 16 und die Erhöhung der Anzahl von Arbeitsgemeinschaften in den 13 14

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Im Oktober 1978 wurde durch Bereitstellung geeigneter Räume der J u g e n d k l u b der Staatlichen Museen wiedereröffnet. Museum und Schule in der Deutschen Demokratischen Republik, hg. v o n der Zentralen Fachstelle f ü r Museen beim Ministerium f ü r K u l t u r der D D R u. der Arbeitsgruppe „Schule und M u s e u m " beim Wissenschaftlichen Rat des Ministeriums f ü r Volksbildung der D D R , Berlin 1966, S. 9. J u g e n d w e i h e , Zeitschrift für Mitarbeiter und Helfer, Sonderheft 1 9 7 3 . D i e Staatlichen Museen zu Berlin haben zahlreiche Freundschaftsverträge mit Berliner Schule, Sonderschulen und künstlerischen Arbeitsgemeinschaften der Schulen abgeschlossen, die den mehrfachen Besuch, v o r allem v o n Schülern der Unterund Mittelstufe im Verlauf eines Schuljahres vorsehen, und die konkrete Termine und Veranstaltungsthemen, bezogen auf die Bildungs- und Erziehungsziele der jeweiligen Klassenstufe, enthalten.

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Museen selbst seit dem Schuljahr 1976/77 intensiviert wird. Gleichermaßen erhoffen die Mitarbeiter der Abteilung Museumspädagogik unter anderem durch diese Form der Bildungsarbeit, entsprechende „Rückläufe" zu erhalten, die Befragungen im üblichen Sinne nicht erzielen. Erst dann wird eine kontinuierliche, wirklich effektive, museumspädagogisch orientierte Lehreraus- und Weiterbildung an den Staatlichen Museen zu Berlin möglich sein und erst dann wird eine wesentliche Aufgabe der Museumspädagogik, nämlich die „didaktische Aufbereitung" der Ausstellungen, verwirklicht werden können.

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D I E S A G E N H A F T E N K A I S E R IN D E R CHINESISCHEN URGESCHICHTE — Versuch eines Vergleichs zwischen alten klassischen Überlieferungen und neuen archäologischen Funden in China — (Mit Tafel 1 - 7 ) Yang

En-lin

In den klassischen chinesischen Büchern, die zur Zeit der Zhou-, Qin- und Han-Dynastie, 1 1 . Jh. v. u. Z. — 220 u. Z., erschienen sind, wurden die sagenhaften Kaiser: You-cao-shi, Sui-ren-shi, Fu-xi-shi, Nü-wa-shi. Zhu-rong-shi, Gong-göng-shi, Shen-nong-shi, Chi-you und die sogenannten „Fünf Kaiser": Huang-di, Shao-hao, Zhuan-xu, Di-ku und Di-zhi sowie Yao, Shun und Y u häufig erwähnt. Manche Bücher haben sie mit Menschenkopf und Tierkörper geschildert, und manche haben sie als Halbgötter bezeichnet. In Wirklichkeit sind sie jedoch zum großen Teil personifizierte Volksstämme. You-cao-shi You-cao-shi bedeutet wörtlich nesthabender Volksstamm, also eine Stammesgemeinschaft, die in Nestern wohnt. Im Buch „Zhuang-zi" heißt es: „Zur uralten Zeit gab es viele Tiere, aber wenige Menschen. Die Menschen bauten Nester auf den Bäumen, um sich zu verbergen. Am Tag pflückte man Früchte, und die Nacht verbrachte man auf den Bäumen. Deshalb wurde dieses Volk als nesthabender Stamm (You-cao-shi) bezeichnet" 1 . Bei You-cao-shi — von der Sage im Gebiet des Gelben Flusses lokalisiert — handelt es sich möglicherweise um Reste der Ureinwohner aus der Zeit des Paläolithikums, das sich etwa von 800000—100000 vor der Neuzeit erstreckte. Ebendort wurden im letzten Jahrzehnt Schädelknochen und Unterkieferknochen des Lantian-Menschen (Sinanthropus lantienensis) in Lantian, Provinz Shenxi, ausgegraben. Dieser LantianMensch lebte vor 500000—600000 Jahren. E r konnte sammeln, jagen und einfache Steingeräte benutzen.2 Die Erdschicht, in der sich das Fossil des Lantian-Menschen befindet, entstand in feuchtem, warmen Klima. Die hier ausgegrabenen Tierfossilien stammen meistens von Waldtieren, wie z. B. Affe, Tiger, Elefant, Wildschwein und Hirsch 3 . Wir halten es nicht für unmöglich, daß die Sage vom You-cao-shi ein uraltes Wissen überliefert. Sui-ren-shi Sui-ren-shi (wörtlich „Feuer-Menschen-Stamm") ist ein hypothetischer Volksstamm, der das Feuer erfunden hat. Im Buch „Li-han-wen-jia" heißt es: „Sui-ren hatte zum ersten Mal Holz gebohrt, dadurch erhielt er Feuer. E r röstete rohe Speise, so daß man kein Unbehagen im Bauch mehr bekam. So waren die Menschen anders als die Tiere". Ferner steht im „Han-fei-zi", Kap. „Wu D u " : „In der uralten Zeit aßen die Menschen Früchte und Muscheln. Die in noch rohem Zustand übelriechende Nahrung schadete dem Magen, dadurch bekam man oft Krankheiten. Ein Weiser bohrte Feuerstein und erhielt Feuer, so wurde die Nahrung gebraten. Der üble Geruch war verschwunden. Alle Leute freuten sich darüber, und wählten ihn zum Führer des Landes und nannten ihn Feuer-Mensch (Sui-ren-shi)". Außer dem oben erwähnten Ort Lantian war Zhoukoudian bei Peking eine Heimat des Urmenschen. Von 1929 bis 1966 wurden mehrere Spuren des Peking-Menschen (Sinanthropus pekinensis) aus der Zeit vor 1

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Zhuang-zi, Kap. Dao-tuo. Eine ähnliche Beschreibung findet man auch im Buch Han-fei-zi, Kap. Wu Du. „Historical Relics Unearthed in New China", Peking 1972, Abb. 4, Unterkieferknochen wurden 1963 und Schädelknochen 1964 ausgegraben. Wu Ru-kang: „Lantian-Mensch", in „Wen Wu", Peking 1973, Nr. 6, S. 43, und Xia Nai: „The Exhibition of Archaeological Finds in New China to be Held at Paris and London in 1973", in „ K a o g u " , No. 3, 1973.

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vier- bis fünfhunderttausend Jahren in Zhoukoudian entdeckt. Unterkieferknochen von Tieren, Steine und Lehmstücke, die zur Frühperiode des Paläolithikums gehören und in Zhoukoudian ausgegraben wurden, weisen Feuerspuren auf 4 . Diese sind Zeugen für eine Feueranwendung des Urmenschen. Einen „Feuer benutzenden Stamm" hat es also schon damals gegeben. Sui-ren-shi (Feuer-Menschen-Stamm) hob die Erde aus und baute Öfen. Aus gebranntem Lehm wurden erstmals Kochtöpfe und Wasserbehälter hergestellt. Im Buch „ L u Shi" heißt es: „Sui-ren-shi stellte Kochtöpfe aus Lehm und Bambusformen her". Der hier erwähnte Lehm scheint den gebrannten Lehmstücken, die in Zhoukoudian ausgegraben wurden, zu entsprechen. Dieses Problem bleibt offen. Zur Zeit des „Feuer-Menschen-Stammes" konnte man schon fischen. Es heißt im Buch „Shi-zi": „Zur Sui-ren-Zeit gab es sehr viel Wasser auf dem Land. Daher erzog Sui-ren das Volk zum Fischfang". So begann das Zeitalter der Fischerei. Fu-xi-shi (2852—2738? v. u. Z.) Fu-xi-shi hieß auch Pao-xi-shi oder Tai-hao und war ein Jägerstamm in Chen, dem heutigen Huaiyang/ Henan. Dieser Stamm herrschte 15 Generationen lang, insgesamt 1260 Jahre. Jagd, Viehzucht und Fischfang waren seine Tätigkeit. Im Buch „Shi-zi" heißt es: „Zur Zeit von Pao-xi-shi überwogen die Tiere. Daher wurde das Volk zum Jäger erzogen". Etwa im 2 9 . - 2 8 . Jh. (2852?—2738?) v. u. Z. hatte Pao-xi-shi die Acht Trigramme „Ba Gua" erfunden. Sie galten als Zeichen, um wichtige Dinge festzuhalten. Es heißt im „ Y i Xi-ci": „Als Pao-xi-shi in der uralten Zeit das Land beherrschte, verfaßte er die Ba Gua". Die Acht Trigramme „Ba Gua" bestehen aus zwei Arten von Linien: (männlich, „Yang", positiv) und — — (weiblich „ Y i n " , negativ) in folgenden Zusammensetzungen: (Himmel), = = (Erde), — (Wasser), — — (Feuer), = = (Berg), — — (Fluß), _ _ (Wind), = = (Donner). Jedes Gua-Zeichen bedeutet eine Gattung von mehreren Dingen, so bedeutet z. B. = auch Vater, Mann, Jade u. a. = = bedeutet auch Mutter, Frau, Kochtopf u. a.B. Diese Methode der Aufzeichung war ein großer Fortschritt im Verhältnis zu den Knotenzeichen. Diese „Ba G u a " gelten als Urschriftzeichen in der chinesischen Urgeschichte. Erst zur Fu-xi-Zeit — Spätes Neolithikum — wurde das Ehesystem festgelegt. Im Buch „Gu-shi-kao" (Forschung über alte Geschichte) heißt es: „Fu-xi gründete das System der Ehe. Zwei Pelze galten als Heiratsgeschenk". Zum Fest wurde Musik gespielt. Im Buch „Shi-ben" steht: „Fu-xi baute die Musikinstrumente Qin und Se. Die Se-Laute (oder Harfe) ist 8 Fuß 2 Zoll lang und hat 45 Saiten". In der Legende wurde Kaiser Tai-hao (Pao-xi-shi), mit Familiennamen Feng, als eine Geistergestalt mit Menschenkopf und Schlangen- oder Drachenkörper geschildert6. Wahrscheinlich war Fu-xi-shi ein Volksstamm mit der Schlange oder dem Drachen als Totem. Nü-wa-shi Nü-wa-shi setzte das System von Fu-xi (Pao-xi) fort. Sie war die erste sagenhafte Kaiserin in der chinesischen Urgeschichte. 1972 wurden in Nanyang und Tanghe (Provinz Henan) Steinreliefs mit der Darstellung von Fu-xi und Nü-wa ausgegraben7. Beide Figuren sind mit Menschenkopf und Schlangenkörper dargestellt. (Abb. 1). Diese Steinbildnisse entstanden zur Han-Zeit (206 v. u. Z. —200 u. Z.). Ähnliche Bilderbefinden sich auch im Wuliang-Tempel aus der Han-Zeit in Shandong. Diese Bildnisse entsprechen der Beschreibung im Buch „Di-wang Shi-ji": „Kaiser Tai-hao, Stamm Pao-xi, hieß mit Familiennamen Feng und hatte einen schlangenförmigen Körper und einen Menschenkopf. E r war weise und tugendhaft". „Nü-wa-shi hieß ebenfalls mit Familiennamen Feng und setzte Fu-xis System fort. Auch sie hatte einen schlangenförmigen Körper und einen Menschenkopf". Also gehörte wohl auch Nü-wa-shi zum Stamm mit dem Totem der Schlange. 4 5 6 7

„Historical Relics Unearthed in New China", Peking 1972, Abb. 8. Vgl. Fan Wen-lan\ „ K u r z gefaßte chinesische Geschichte", Peking 1965, Bd. 1 , S. 89. Ebenda, Bd. 1 , S. 88. Siehe „Wen Wu", Peking 1973, Nr. 6, S. 25, Abb, 13 und S. 30, Abb. 22 — 23,

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Abb. i . Fu-xi und Nü-wa Steinbild Han-Zeit (206 v. u. Z.—220 u. Z.) Ausgegraben 1972 in Tanghe (Provinz Henan)

Nach der chinesischen Mythologie hatte Nü-wa blaue Steine zusammengeschmolzen und damit den Himmel ausgebessert, daher sehe der Himmel heute noch blau aus. Zhu-rong-shi und Gong-gong-shi Zhu-rong-shi und Gong-göng-shi lebten nach der Fu-xi- und vor der Shen-nong-Zeit 8 . Fu-xi lebte etwa im 28. Jh. v. u. Z. 9 Zhu-rong-shi war ein sogenannter Heiliger des Lichtes und bedeutet Stamm des Anfangslichtes oder der großen Flamme. Zhu-rong wurde als Chi Di (roter Kaiser) bezeichnet10. Er erzeugte das Licht zwischen Himmel und Erde 1 1 . Die Farbe Rot ist ein Symbol des Südens. Zhu-rong-shi war ein Volksstamm im Süden und zugleich eine Stammesgemeinschaft mit dem Familiennamen Feng 1 2 . 8

9 10 11 12

„Feng-su tong-huang-ba pian" „Guo-yü, Luyü". Chiang Yet: „Chinese Calligraphy", London 1966, P, 18, „Tong-jian qian-pian". „Guo-yü, Zheng-yü". „Di-yang Shi-ji",

39

Gong-göng-shi bedeutet Stamm der Gemeinsamen Arbeit und wurde als Heiliger des Wassers bezeichnet13. Zur Gong-göng-Zeit soll das Wasser sieben Zehntel und das Land drei Zehntel der Erde betragen haben14. Aus dem Gong-göng-Stamm gingen die Boden-Beamten bei Huang-di und die Wasserbeamten bei Shaohao hervor. Zur Di-ku-Zeit machte Gong-göng einen Aufstand 15 . Später kämpften Yao, Shun und Y u nacheinander gegen Gong-göng. Dieser Volksstamm mit Familiennamen Jiang hatte häufig Zusammenstöße mit dem Volksstamm Ji 1 6 . Shen-nong-shi (2737 — 2698 ? v. u. Z.) Shen-nong-shi bedeutet wörtlich heiliger Bauernstamm, der das Volk den Ackerbau lehrte. Nach der Angabe des Buches „Li-han-wen jia" stellte Shen-nong (2737?—2698? v. u. Z.) als erster den Pflug her und lehrte das Volk den Boden besteiler. Seine Tugend war so groß wie die eines Heiligen, daher nannte man ihn „heiliger Bauer". Außerdem stellte Shen-nong noch Töpfe aus Ton her. (Siehe „Zhou Shu" und „Wu Yuan".) Shen-nong-shi war auch Erfinder der Heilkunde. Im Buch „Shi J i " heißt es: „Shen-non-shi schlug mit einer rotbraunen Peitsche die Pflanzen und kostete als erster hundert Kräuter. So entstand die Arznei." Diese schriftlichen Überlieferungen mögen hier als alte Zeugen erwähnt werden. Es mag auch ein Porträt Shen-nongs, der ein Kraut kostet, genannt werden, das der Japaner Tawaraya Sötatsu am Anfang des 17. Jhs. u. Z. malte (Taf. i) 1 7 . Im Buch „Shang-jun-shu", Kap. „Hua-ce" heißt es: „Zur Shen-nong-Zeit bebauten die Männer die Felder für die Nahrung, die Frauen webten Stoffe für die Kleidung. Es gab weder Strafe noch Krieger". Es war eine friedliche und entwickelte Urgemeinschaft. Im Buch „Shi-zi" heißt es: „Shen-nong-shi herrschte über das Land 70 Generationen lang". Im „Lü-shi Chunqui" steht aber: „Shen-nong-shi beherrschte das Land 17 Generationen lang". Welche Zahl richtig ist, kann man noch nicht nachweisen. Das beweist aber, daß Shen-nong-shi ein Stamm war, nicht ein einziger Kaiser. Chi-you Chi-you war der Name eines Volksstammes, der von der Shen-nong-Zeit bis zur Huang-di- und Shao-haoZeit (2698?—2514? v. u. Z.) 1 8 lebte. Shen-nong sollte vor der Huang-di-Zeit (2698?—2598? v. u. Z.) sein. Shen-nong hieß Chi-di, und Chi-you war Yan-di. Chi-you war ein Bündnis von drei Miao-Stämmen und neun Li-Stämmen, die jeder 9 Bruderstämme und insgesamt 81 Volksstämme hatten. Sie kamen aus dem Süden und zogen nach Mittelchina20. Chi-you stellte Waffen aus Metall her (siehe „Shi-ben"), vermutlich aus Bronze. Nach einem langdauernden Kampf gegen den Yan-di- und Huang-di-Stamm erlitt Chi-you eine Niederlage. Ein Teil zog nach Südchina zurück, ein Teil blieb in Nordchina, und ein anderer Teil wurde vom Yan- und Huang-Stamm gefangengenommen. Ob Chi-you der Stamm Yan-di war (wie im „Zhou Shu" Steht), ist die Frage. Die Chi-you lebten etwa vom 2 7 . - 2 6 . Jh. v. u. Z. Nach archäologischer Feststellung soll die Bronze in China schon 3000 v. u. Z. erfunden worden sein. 21 So ist die Beschreibung des Buches „Shi-ben" über die Waffenherstellung aus Metall bzw. Bronze annähernd zutreffend. 1954—1957 wurden inBanpo bei Xi-an etwa 10000 Stücke Keramik und andere Gegenstände der Yangshao-Kultur ausgegraben. Unter ihnen sind drei Holzkohlengegenstände (C-14 Methode) nach wissenschaftlicher Prüfung 6080 zt; 110, 5920 ± 105 und 5855 i 105 Jahre alt22. Also etwa 4000 v. u. Z. Sie entstanden 13 14 15 16 17

18 19 20 21

22

„ Z u o Zhuan", 17. Jahr von Zhao-gong. „Guan zi", Kap. „kui-du". „Shi J i " , Kap. „Chu-shi-jia". Huang-di, Di-ku. Yao, Shun und Y u hießen alle mit Familiennamen Ji. Tokyo National Museum: „Rin School", Tokyo 1972, Abb. 28, Shen Nung (Chinese legendary emperor), by Tawaraya Setatsu (1576 — 1643) with inscription by O Kennan (Wang bian-nan), hanging scroll, ink on paper, 80,3 x 36,2 cm. „Ci Hai" (Lexikon „Wörter-Meer"), Shanghai 1937, Bd. 2, Anhang „Chronologische Tabelle der Weltereignisse", S. 2. „ Z h o u Shu", Kap. „Chang-mai-jie" und „Shanhaijing Z h u " von Guo Pu. wie 5, Bd. 1, S. 89. Vgl. Su Sbi-%beng\ „Ausgewähltes Nachschlagematerial zur allgemeinen chinesischen Geschichte", Shanghai 1955, Bd. 1, S. 160. Xia Nai: „The Exhibition of Archaeological Finds in New China to be Held at Paris and London in 1973", in „ K a o g u " (Archaeology), No. 3, 1973 Peking, P. 1 7 1 ,



mindestens eintausend Jahre vor den sagenhaften Kaisern Fu-xi (29. Jh. —28. Jh. v. u. Z.) und Shen-nong (28. Jh. —27. Jh. ? v. u. Z.). Die archäologischen Funde der Yangshao-Kultur zeigen, daß vor 6000 Jahren Landwirtschaft und Viehzucht in China vorhanden waren. Es wurden Keramikgefäße mit künstlerischer Bemalung hergestellt. In der Bemalung der bunten Keramik (Caitao) gibt es Menschengesichter, Hirsche, Fische und Dreiecksmuster (Abb. 2 u. 3). Auch polierte Steingeräte und Knochenwerkzeuge wie z. B. Fischgabel und Nadel mit Nadelöhr wurden ausgegraben 23 .

& ^ 7 7

fek m £ -¥- iJk ,'li ± WffliSB-x fc % fö 1 : fö w. tx A b b . 2. Ornamente der farbig bemalten K e r a m i k (cai tao) der Y a n g s h a o - K u l t u r , d i e i n B a n p o bei Xi-an ausgegraben wurden

1971 wurden in Banpo bei Xi-an 37 rote Keramikgefäße mit bemalten Ornamenten der Yangshao-Kultur ausgegraben. Ihre Entstehungszeit liegt nach wissenschaftlicher Feststellung (Holzkohlenprobe) zwischen 395 5 ± i o 5 u n d 3890 + 105 v. u. Z. 24 . Sie sind ebenfalls älter als der Keramikfinder Shen-nong (28. - 2 7 . Jh. v. u. Z.).

A b b . 3. Ornamente der farbig bemalten Keramik (cai tao) in X i n d i a n

Im Frühjahr 1972 wurde in Jiangzhai, Lintong, Provinz Shenxi, eine Schüssel (pen) aus bunter Keramik mit drei Strichen, Dreieckmustern am Rand sowie Fisch- und Froschzeichnung im Innern (Taf. 2, 1 u. 2) unter anderen Gegenständen der Yangshao-Kultur ausgegraben25. Diese Schüssel ähnelt der 1956 in Banpo bei Xi-an ausgegrabenen Schüssel mit Fisch- und Menschengesichtsornamenten26 (Taf. 3, 1). Die ausgegrabenen Kulturgegenstände in Jiangzhai (Kreis Lintong) sind ähnlich den Funden Banshan und Machang (Taf. 3,2 u. Taf. 4,1 u. 2.), vor allem die Keramikgefäßc, welche in der Form, im Stoff und 23 24

25

26

E b e n d a und B a n p o - M u s e u m zu Xi-an, „ E i n f ü h r u n g der A u s g r a b u n g in B a n p o " , Xi-an 1958, PI. 1 0 — 1 4 . B a n p o M u s e u m zu X i - a n : „ K u r z e Beschreibung über Banpo-Ausgrabungen im Jahre 1 9 7 1 " , in „ K a o g u " , N r . 3, 1973 Peking, S. 148. Excavations of the Neolithic Site at Chiang-tsai, Lin-t'ung in the Spring of 1972, „ K a o g u " , N o . 3, 1973 Peking, P. 1 4 1 , PI. 1 . wie 23, PI. 1 2 .

41

Dekor grundsätzlich der Yangshao-Kultur in Banshan gleich sind, daher gehört der Jiangzhai-Typ zur Yangshao-Kultur. Die Entstehungszeit ist ebenso ca. 4000—3000 v. u. Z. Also war diese Kultur ebenfalls vor Fu-xi und Shen-nong entstanden. Das Zeichen ^ ^ ^ (Himmel) in „Ba Gua" wurde vom Dekor dreier Striche oder ||| bei der Buntkeramik (Caitao) der Yangshao-Kultur beeinflußt, da diese Kultur vor dem Erfinder der „Ba Gua", dem sagenhaften Kaiser Fu-xi, entstanden ist. Von den sagenhaften chinesischen Kaisern der Urgeschichte nannte man im allgemeinen drei „Huang" und fünf „Di". Darüber gibt es verschiedene Meinungen: Die drei „Huang": 1) Sui-ren, Fu-xi und Shen-nong (Siehe „Shang-shu") 2) Fu-xi, Shen-nong und Zhu-rong (Siehe „Bai-hu-tong") 3) Fu-xi, Shen-nong und Nü-wa (Siehe „Chun-qiu yun-dou-shu"). Die fünf „ D i " : 1) Tai-hao (Fu-xi), Yan-di (Shen-nong), Huang-di, Shao-hao und Zhuan-xu (Siehe „ L i Yue-ling") 2) Huang-di, Zhuan-xu, Di-ku, Tang-yao und Yü-shun (Siehe „Da-dai L i " und „Shi J i " ) 3) Shao-hao, Zhuan-xu, Di-ku, Yao (Tang-yao) und Shun (Yü-shun) (Siehe „Di-wang Shi-ji"). Im allgemeinen bezeichnet man Huang-di, Shao-hao, Zhuan-xu, Di-ku und Di-zhi als „Fünf D i " (Fünf (Kaiser); und Yao, Shun und Y u als drei tugendhafte Kaiser der Abdankung zugunsten einer Neuwahl. Die sogenannten Fünf Kaiser (2698?—2356? v. u. Z.) 27 1) Huang-di Der Huang-di-Stamm lebte zuerst in Nordwestchina und führte ein Nomadenleben. Nach dem Sieg über 9 Li-Völker und den Yan-Stamm machte sich der Huang-di-Stamm allmählich in Mittelchina ansässig. Huang-di (Gelber Kaiser) hieß mit Familiennamen J i und auch Xuan-yuan-shi und You-xiong-shi. Nach der Angabe der alten klassischen Bücher regierte Huang-di 100 Jahre lang (2698?—2598? v. u. Z.). E r befahl Ling Lun, Klangstein (Qin) anzufertigen. Da-nao wurde beauftragt, Jiazi-Zykluszeichen — 10 Zykluszeichen und 12 Tierkreise oder Sternbilder —, die auch Gen-zhi heißen, festzulegen. Der ursprüngliche Kalender wurde von Rong Cheng im Auftrag von Huang-di aufgestellt 28 , daher nannte man den Kalender „Huang L i " (Huang-di-Kalender oder Kalender des Gelben Kaisers). Cang Jie, Beamter von Huang-di, begründete eine Bilderschrift (xiangxing wenze)29. Li Shou verfaßte eine einfache Arithmetik 30 , Qi Bo Rezepte der Heilkräuter, Lei-zu, Frau von Huang-di, züchtete Seidenraupen und webte Seidenstoffe. Kleidung wurde in fünf Farben angefärbt. Huang-di baute selbst Häuser mit Holz 3 1 . Ferner wurden Schiffe, Wagen, Bogen und Pfeile mit Spitzen aus Jade (einem harten Stein) hergestellt. Diese sagenhaften urgeschichtlichen Daten stammen meistens von Wissenschaftlern bzw. Gelehrten der Streitenden Reiche, Qinund Han-Dynastie, 5. Jh. v. u. Z. — 2. J h . u. Z., sie erkannten an, daß Huang-di der Urahn des Hua-Volkes (Chinese) war. Alle Kultursysteme sollten daher zur Huang-di-Zeit entstanden sein. Im „Buch der Geschichte" (Shi Ji) von Sima Qian, der das Buch um 150—97 v. u. Z. im Gefängnis geschrieben hatte, heißt es: „Kaiser Huang-di ernannte Ning Feng zum Leiter der Keramikwerkstätten". Im Buch „Lü-shi Chun-qiu" und im Buch „Shuo Wen" steht: „Huang-di hatte einen Keramikverwalter namens Kun-wu, der selbst Keramik herstellte". Ning Feng und Kun-wu sollten in erster Linie Dachziegel und Ziegelsteine und dann Schalen und Teller für den täglichen Gebrauch angefertigt haben. Die Gelehrten, die vor unserer Zeitrechnung lebten, behaupteten, daß der Gelbe Kaiser (Huang-di) der erste Kaiser in der chinesischen Geschichte sei. Von dieser Zeit an (etwa 27. Jh. v. u. Z.) löste sich die Stammesgemeinschaft allmählich auf 32 . Der Herrscher wurde auch nach und nach vor der Arbeit getrennt.

27 28 29 30 31 32

Vgl. „Ci Hai", Shanghai 1936 — 57, Bd. 2, Anhang, „Chronologische Tabelle der Weltereignisse", S. 2. Siehe „Shi-ben". Siehe „ Y i " , Kap. „Xu-ci". Siehe „Shi-ben". Siehe „ X i n Y ü " . Vgl. Fan Wen-lan: »Kurz gefaßte allgemeine chinesische Geschichte", Peking 1965, Bd. 1, S. 93,

42

2) Shao-hao Shao-hao hieß auch Jin-tian-shi, Qi und Qing-yang. Er regierte in Qiongsang (dem heutigen Qüfou, Prov. Shandong) von 2597?—2514? v. u. Z. Sein Totem war der Phönix 33 . Der Shao-hao-Stamm war möglicherweise ein Zweig der Nachkommen des Huang-di-Stammes in Ostchina. E r hatte die Kultur der Tai-hao (Großer Hao, Fu-xi-Stamm) übernommen, daher wurde er Shao-hao (junger Hao) genannt. Z u seiner Zeit wurde der Ochsenwagen benutzt (Siehe „ G u Shi K a o " , Forschung über die alte Geschichte). 5) Zhuan-xu Zhuan-xu hieß auch Gao-yang und war ein Nachkomme des Sohnes vom Gelben Kaiser und zwar der Sohn von Chang-yi und regierte in Diqiu 34 (dem heutigen Puyang/Henan) von 2513?—2436? v. u. Z. Die vom Gelben Kaiser (Huang-di) unterworfenen 9 Li-Stämme glaubten bis zur Zhuan-xu-Zeit noch an Zauberei und Geister (Wujiao). Zhuan-xu hatte diese ursprüngliche Religion streng verboten 35 . Zhuan-xu schuf einen Kalender, nach dem der erste Frühlingsmonat der 1. Monat des Jahres ist und das Neue Jahr am Tag des Frühlingsanfanges beginnt 36 . Seit der Zhuan-xu-Zeit war der Kaiser zugleich der Lehrer des Volkes und leitete alle Angelegenheiten des Volkes. So wurden Beamte für Himmel, Erde, Holz, Feuer, Boden, Metall (Bronze) und Wasser ernannt37. 4) Di-ku Di-ku hieß auch Gao-xin-shi und regierte in Xibo (dem heutigen Yanshi/Henan) von 2435 ?—2366? v. u. Z., er war ein Urenkel des Gelben Kaisers 38 . In den Orakelknocheninschriften „Pu Ci" der Shang-Zeit wird bezeugt, daß die Shang-Dynastie (16. Jh. bis 1 1 . Jh. v. u. Z.) Di-ku als ihren Ururgroßvater bezeichnete und für ihn sehr eindrucksvolle Opferfeiern durchführte. Möglicherweise war Di-ku ein wirklicher Kaiser 39 . Di-ku führte eine Art öffentliches Almosen ein (Siehe „Di-Wang Shi-ji"). 5) Di-zhi Di-zhi (Kaiser Zhi) regierte nur 9 Jahre (2365 ?—2356? v. u. Z.). Seine Politik war schwach, daher wurde er von allen Fürsten abgesetzt, diese wählten den Fürsten Tang-yao zum Kaiser 40 . Über die Leistungen dieser Fünf Kaiser gibt es in klassischen historischen Büchern keine Beschreibung mit Ausnahme des Gelben Kaisers (Huang-di), dieser war auch nur eine leitende Person. Die großen Werke waren fast alle von seinen arbeitenden Untertanen geschaffen. Also haben sich seit den sogenannten Fünf Kaisern die Herrscher allmählich von der Arbeit getrennt. Vor der Han-Zeit (206 v. u. Z. —220 u. Z.) glaubte man, daß Huang-di, Zhuan-xu und Di-ku die drei großen Vorfahren des Hua-Volkes (Chinese) wären 41 . Wie oben erwähnt, begründete Cang Jie zur Huang-di-Zeit (2698?—2598? v. u. Z.) die Bilderschrift. Fu-xi (2852?—2738? v. u. Z.) schuf die symbolischen Zeichen „Ba Gua". Wann die chinesische Schrift wirklich entstand, ist noch eine ungelöste Frage. In den letzten Jahren wurden in Banpo bei Xi-an viele Keramikgefäße der Yangshao-Kultur entdeckt. Am Rand dieser Gefäße stehen häufig bemalte bzw. geritzte einfache Schriftzeichen, wie z. B. X (fünf), T (zeigen),

+ (sieben), ^ (Jade),

| (zehn), t (Speer),

|| (zwanzig), -X (Gras),

E (Hügel) u. a. (Abb. 4). Sicherlich gab es damals, außer den auf der Keramik überlieferten, noch andere einfache Schriftzeichen42. Die Yangshao-Kultur ist schon etwa7000 Jahre alt(Taf. 5,1 u. 2, Taf. 6,1 u. 2). Man kann also den Schluß 33 34 35 31 37 38 39 40 41 42

Siehe „ Z u o Zhuan" und „Han Shu". Siehe „Shi J i " , Kap. „Wu D i Ben-ji". wie 32, Bd. i, S. 91. Siehe „ G u Shi K a o " . Siehe „Han Shu", Tabelle „Hundert Beamte und Minister" (Bai guan Gong-qing biao). Siehe „Shi J i " , Kap. „Wu Di Ben-ji". Vgl. Fan Wen-lan: „ K u r z gefaßte allgemeine chinesische Geschichte", Peking 1965, Bd. i, S. 91. Siehe „ D i Wang Shi-ji". Vgl. Fan Wen-lan: „ K u r z gefaßte allgemeine chinesische Geschichte", Peking 1965, Bd. 1 , S. 91. Siehe Yü Sheng-r»u\ „Uber einige Probleme bei der Erforschung der alten chinesischen Schrift", in der Zeitschrift „Wen Wu", Peking 1973, Nr. 2, S. 32.

43

ziehen, daß es vor etwa 6000 Jahren zur Entstehung der chinesischen Schrift kam. Die ursprüngliche chinesische Schrift ist daher viel älter als die „Ba Gua" (Acht Trigramme) von Fu-xi und die Bilderschrift von Cang Jie. Yao, Shun und Y ü Yao (regierte 2357?—2257?), Shun (regierte 2255?—2207?) und Y ü (regierte 2205?—2198? v . u . Z.) wurden von den philosophischen Schulen, vor allem den Konfuzianern und Motisten zur Zeit der FrühlingHerbst-Periode (722—481 v. u. Z.) und der Streitenden Reiche (403 — 221 v. u. Z.) hochgeachtet. Die überlieferte Geschichte von diesen drei alten Kaisern ist nicht so legendär wie die vom Gelben Kaiser und anderen. Yao hieß auch Tao-tang-shi oder Tang-yao und lebte in Westchina, sein Amtssitz war in Pingyang (dem heutigen Linien, Shanxi). Shun hieß auch You-yü-shi oder Yü-shun und wohnte in Ostchina und zwar in Zhufeng, dem heutigen Kreis Zhucheng, Provinz Shandong. Y ü hieß auch Xia-yü 43 oder You-xia. Y ü wohnte erst in Yangcheng (dem heutigen Dengfeng/Henan). Yao, Shun und Y ü waren große Häuptlinge in der Urgesellschaft und wurden später in den klassischen Büchern Kaiser genannt. Im Buch „Shang-Shu", Kap. „ Y a o Dian", steht die Geschichte der Abdankung (Shanrang): Als Kaiser Yao alt war, fragte er die Fürsten der vier Himmelsrichtungen nach ihrer Ansicht über einen Thron-Nachfolger. Diese Fürsten wählten Yü-shun zum Nachfolger des Kaisers. Nachdem Shun mehrere Prüfungen bestanden hatte, wurde er amtierender Kaiser. Nach Yaos Tod bestieg Shun offiziell den Thron. Als Kaiser Shun alt war, beriet er sich ebenfalls mit allen Fürsten über seinen Nachfolger. So

WITT» MI K +u r,(L

in

\ A b b . 4. E n t w i c k l u n g der uralten chinesischen Schriftzeichen. D i e geschnitzten und geritzten Zeichen auf den farbig bemalten Keramikgefäßen (cai tao) der Y a n g s h a o - K u l t u r (etwa 4000 — 3000 v . u. Z.), welche in B a n p o bei Xi-an ausgegraben wurden, sind ähnlich den geschnitzten und geritzten Sippschaftszeichen in den Bronzeinschriften der Y i n - und Zhou-Dynastie, 1 7 . - 8 . J h . v . u. Z .

wurde Y ü zum Regenten gewählt und trat nach Shuns Tod das Kaiseramt an. Auf die gleiche Weise wurde dann Gao-tao zum Nachfolger von Y ü gewählt. Nicht lange danach starb Gao-tao. Die Fürsten wählten Bo-yi, den Sohn von Gao-tao, zum Nachfolger des Kaisers. Als Y ü starb, riss dessen Sohn Qi den Thron von Bo-yi an sich. So wurde das „Abdankungssystem" beseitigt, es begann die Erbfolge. Nach der Beschreibung des Buches „Shang Shu" (Shu Jing), Kap. „ Y a o Dian" entstand schon zur YaoZeit (2357?—2257? v . u . Z . ) das Privateigentum. Viehherden waren Privabtesitz. Die Stammesgemeinschaft hatte sich zur Yao-, Shun- und Yü-Zeit, 23 57?—2198 ? v. u. Z., allmählich aufgelöst. Durch Kämpfe gegen das Li- und Miao-Volk wurden Gefangene gemacht und als Sklaven in der Viehzucht beschäftigt. 43

In Büchern, die v o r der Zeit der Streitenden Reiche (403 — 221 v. u. Z . ) erschienen sind, heißt Y ü nicht X i a - y ü , sondern Da-yü (Großer Y ü ) und Di-vü (Kaiser Y ü ) , A b e r Qi wurde Xia-qi und Xia-hou-qi genannt, da die Xia-Dynastie mit Qi begann.

44

Wenn ein Häuptling mehrere Herden und Sklaven als Privateigentum besaß, wollte er diese natürlich seinen Angehörigen vererben. Yü besaß ein verhältnismäßig großes Eigentum und große Waffengewalt, dadurch wagte sein Sohn Qi das Gewohnheitsrecht der „Abdankung" zu beseitigen. So wurde das Erbsystem der Thronfolge begründet. VonderXia-Dynastie(2197?—1767? v. u. Z. oder 2033 ? — 1562? v. u. Z.) 4 4 anbegann die Sklaverei. Seit der Yao-Zeit kämpfte man schon gegen die Überschwemmung. Yü hatte als erster das Wasser reguliert. Die klassischen Bücher „Shi J i n g " (Buch der Lieder), „Shang Shu" (Shu Jing), „Lun Y ü " (Kongfutses Sprüche) und „Yu-gong-pian" u. a. loben alle die verdienstvolle Leistung von Yü. Zu jener Zeit konnte man in einigen Fällen die Naturkräfte bändigen. Das Verdienst der Wasserregulierung kommt nicht nur vom Kaiser Yü, sondern allen arbeitenden Menschen zu. Wahrscheinlich hatte Yü sich um die primitiven Bewässerungsanlagen bemüht, die von großem Nutzen für die Landwirtschaft waren. Daher lobte ihn Kongfutse: „Yü setzte seine ganze Kraft beim Bauen der Rinnen und Flüsse ein". („Lun Yü", Kap. „Tai-bo"). Im Buch „Shi-ben" steht, daßBo-yi, ein gewählter aber abgesetzter Nachfolger von Yü, das Brunnenbohren erfand. Dadurch konnte man das Flußgebiet verlassen und in anderen fernliegenden Gebieten Landwirtschaft betreiben. Zur Yü-Zeit (2205 ?— 2198? v. u. Z.) stellte Xi-zhong Wagen her (Siehe „Shi-ben"). Yü goß selbst 9 Ding-Gefäße (Kochgefäß mit drei oder vier Füßen) aus Bronze (Siehe „Zuo Zhuan"). Im Buch „Yue-jue-shu" heißt es: „Fenghuzi sagte: ,Zur Shen-nong-Zeit waren die Waffen aus Stein; zur Zeit des Gelben Kaisers (Huang-di) waren die Waffen aus Jade; zur Yü-Zeit wurden die Waffen aus Bronze hergestellt; und zur Zeit der Streitenden Reiche fertigte man die Waffen aus Eisen an." Nach dieser Angabe können wir uns vorstellen, daß Yü ein Repräsentant der Epoche des großen Sprunges der Produktivkräfte in der späten Urgemeinschaft war. Es begann die Epoche der Bronze. Das Neolithikum ging allmählich zu Ende. Die archäologischen Funde in den letzten Jahrzehnten können in gewissen Fällen mit der sagenhaften Urgeschichte verglichen werden. Nach archäologischen Feststellungen sollte die Erfindung der chinesischen Bronze vor 3000 v. u. Z. liegen 45 . Nach der Angabe des Buches „Han Shu" (Geschichtsbuch der HanDynastie) gab es seit der Zhuan-xu-Zeit (2513?—2436? v. u. Z.) Beamte für Bronze. Also muß ihre Entstehungszeit vor dem Kaiser Zhuan-xu liegen. Aus dem Härtegrad der in Henan ausgegrabenen bemalten Bunt-Keramik (Cai-tao) der Yangshao-Kultur kann man schließen, daß sie am Vorabend der Bronzezeit hergestellt wurde, weil ihre Brenntemperatur im Ofen 1 300—i4oo°C beträgt 46 . Eine so hohe Temperatur konnten die arbeitenden Menschen schon damals erzeugen. Damit war ein großer Fortschritt der Produktivkräfte eingeleitet. Wir wissen, daß der Schmelzpunkt der Bronze 1 o83°C (Eisen 115o°C, Stahl 1400°—: 5oo c C) beträgt. Auf Grund der Arbeitserfahrungen und der Fertigungstechnik konnte nach der bemalten Buntkeramik in Henan Bronze erfunden werden. Durch Messung der Radioaktivität des Kohlenstoffes wurde das Alter der in Henan ausgegrabenen Buntkeramik der Yangshao-Kultur festgestellt: Hougang-Periode (Anyang, Henan) 5500 i 105 Jahre alt (3 5 3 5 i 105 v. u. Z.); Miaodigou-Periode (Shenxian, Henan) 5245 i 100 Jahre alt (3280 ± 100 v. u. Z.) 47 . Also muß das Herstellungsdatum der in Henan ausgegrabenen Buntkeramik der Yangshao-Kultur auf jeden Fall vor 3000 v. u. Z. liegen. In Hougang (Kreis Anyang, Prov. Henan) wurde eine alte Stätte mit drei Kulturgeschichten: Xiaotun, Longshan und Yangshao entdeckt. Die obere Schicht stammt aus der Xiaotun-Kultur (Kultur der ShangDynastie, 16. —11. Jh. v. u. Z.); die mittlere Schicht stammt aus der Longshan-Kultur (Kultur der XiaDynastie, 21. —16. Jh. v. u. Z., 22. —18. Jh. ? v. u. Z. und Kultur der Shun-und Yü-Zeit, 2 3 . - 2 2 . Jh. v. u. Z.); die untere Schicht stammt aus der Yangshao-Kultur 4 8 (Kultur vor Fu-xi und Shen-nong, 3535 ^ 105 v. u. Z.). Die Keramikgefäße in der Schicht der Yangshao-Kultur sind rote Scherben mit einfachen dunkelroten Ornamenten 49 . Sie sind anders als die in anderen Gebieten ausgegrabenen Keramikgefäße der Yangshao44

45

46 47

48 49

V g l . „ C i H a i " , Shanghai 1936 — 37, A n l a g e und Fan Wen-lan: „ K u r z gefaßte allgemeine chinesische Geschichte", Peking 1965, Bd. 1 , S. I O I . V g l . Su Shi-^beng-, „Ausgewähltes Nachschlagematerial zur allgemeinen chinesischen Geschichte", Shanghai 1955, Bd. 1, S. 159. E b e n d a , S. 160. Siehe Archäologisches Institut der Academia Sinica: „Berichte über Messungen des Alters durch Radioaktivität des Kohlenstoffes (2)", in „ K a o g u " , Peking 1972, N r . 5, S. 57 und Nr. 6, S. 35. Fan Wen-lan\ „ K u r z g e f a ß t e allgemeine chinesische Geschichte", Peking 1965, Bd. 1 , S. 86. Siehc HuHou-xuan-, „ A u s g r a b u n g e n in der Y i n - R u i n e " , Shanghai 1955, PI. 12, A b b . 13.

45

Kultur, die häufig aus roten oder braungelben Scherben bestehen und mit schwarzen oder purpurnen Ornamenten bzw. Mustern versehen sind. Deshalb heißen die Keramikgefäße mit dunkelroten Ornamenten auf rotem Grund auch rote Keramik. Im Buch „Da-dai Li-ji", Kap. „Wu Di De Pian", wurde Yan-di Roter Kaiser (Chi-di, Zhu-rong oder Shen-nong) 50 genannt. DerYan-di-StammwarvordemHuang-di-Stamm von Nordwestchina nach Mittelchina gekommen .Wahrscheinlich gehörte die Yangshao-Kultur in der unteren Schicht von Hougang zur Kultur des Stammes von Yan-di 51 , was man nach dem Zeugnis der Klassiker wohl aus der häufigen Benutzung der roten Farbe schließen darf. Die Yangshao-Kultur ist eine wichtige Kultur in der Urgemeinschaft unter den archäologischen Funden in China. Damals waren Ackerbau und Viehzucht schon Hauptproduktionszweige. Keramikgefäße, Waffen und allgemeine Werkzeuge gibt es in mehreren Sorten. Das zeigt, daß sich damals das Handwerk entwickelte. Innerhalb einer Stammesgemeinschaft gab es eine gewisse Arbeitsteilung. Das System des Privateigentums kam allmählich auf 52 . Die Überlieferungen der klassischen Bücher zeigen uns, daß Fu-xi, Shen-nong, Huangdi u. a. große Persönlichkeiten waren und Viehzucht, Ackerbau und das Handwerk begründet und verbreitet haben. Sie waren teils arbeitende Menschen und teils der Arbeit übergeordnete Personen. Ihre Tätigkeiten und ihr Schaffen entsprechen der Yangshao-Kultur 53 . Im Buch „Han-fei-zi", Kap. „Shi Guo" und „Wu Du", heißt es: „Yao wohnte in einer Strohhütte. Trinkund Eßgefäße waren Tontöpfe. Seine Bekleidung war grobes Tuch, im Winter zog er einen Hirschpelz an. Shun war fortschrittlicher als Yao, seine Trink- und Eßgefäße waren aus lackiertem Holz." Shun bebaute das Feld in Lishan (heutige Provinz Shandong) und stellte Keramik am Gelben Fluß her54. Yü war noch kultivierter, die Opfergefäße wurden außen schwarz und innen rot lackiert. Festkleider kamen zunehmend in den Verkehr 55 . Schwarz war eine Ehrenfarbe zur Shun-Zeit (225 5 ?—2207? v.u. Z.) und Yü-Zeit (2205 ? bis 2198? v. u. Z.). Daher entstand die schwarze Keramik. Unter den in Chengziyan (Longshanzhen, Kreis Licheng, Prov. Shantong) ausgegrabenen schwarzen Keramikgefäßen der Longshan-Kultur befindet sich eine Art Gefäße, die außen schwarz und innen rot sind. Sie heißen auch glänzende Schwarz-Rot-Keramik 56 . Diese Keramik entspricht den Opfergefäßen der Yü-Zeit. Die Longshan-Kultur wurde erst 1928 in Chengziyan in der Nähe des Marktes Longshan (Longshanszhen, Prov. Shandong) entdeckt, daher heißt sie Longshan-Kultur (Taf. 7,1 u. 2). Ihre Verbreitung war hauptsächlich im Mittel- und Unterstromgebiet des Gelben Flusses. 1959—1964 wurden in Yaojiazhuang, Kreis Weifang, Prov. Shandong, Keramikgefäße in großer Menge ausgegraben. Die Gefäße sind meist auf der Töpferscheibe angefertigt. Die Farbe ist überwiegend schwarz und glänzend. Die Wandung ist dünn aber hart, zum Teil nur 0,j mm stark 57 . Die Longshan-Kultur gehört zur Spätperiode des Neolithikums. Ihre absolute Datierung liegt zwischen 2310 ± 95 v. u. Z. und 2000 ± 95 v. u. Z.58. Dieses Datum entspricht etwa der Yao-, Shun- und Yü-Zeit (2357?—2198? v. u. Z.) sowie der Xia-Dynastie (2197?—1767? v. u. Z. oder 2033?—1562? v. u. Z.)59 in ihrer ersten Hälfte. In Nordchina dauerte die Longshan-Kultur sogar bis 1170 ± 90 v. u. Z. wie z. B. die obere Schicht der alten Kulturstätte in Shuangtuozi (Stadt Lüda, Prov. Liaoning) 60 . Also war sie schon zur Zeit der Shang-Dynastie (16. —11. Jh. v. u. Z.). Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese letzten drei sagenhaften Kaiser Yao, Shun und Yü zur LongshanKultur gehören könnten. Sie waren große Persönlichkeiten am Ende der chinesischen Urgemeinschaft und Vertreter der arbeitenden Menschen. Ferner ist die Schrift der Longshan-Kultur schon komplizierter als die der Yangshao-Kultur. Zum Beispiel das i960 in Lüxian, Shandong, ausgegrabene Zun-Gefäß aus grauer Keramik hat an der Außenwandung ein geritztes Schriftzeich^n „j^Cj". Der obere Teil dieses Zeichens O ist die Form der Sonne, der mittlere Teil scheint wie Wolken und Dunst, der untere Teil ist ein Berg mit fünf Gipfeln t ^ . Das alte chinesische Schriftzeichen Berg hat häufig drei Spitzen oder An dem „Fu-Ren-Zun"-Gefäß aus Bronze der Shang-Dynastie (16. —11. Jh. v. u. Z.) steht das Schriftzeichen Mttf (Berg), das dem oben erwähnten Berg 60

„Tong-jian qian pian" und „Zhou Shu". wie 48. 52 Academia Sinica: „Archaeology in New China", Peking 1961, P. 7. 53 wie 48. 64 Siehe „Mo-zi", Kap. „Shang-xian xia". 55 Vgl. Fan Wen-lan \ „ K u r z gefaßte allgemeine chinesische Geschichte", Peking 1965, S. 96 und „Lun-yü". 68 Ebenda S. 105. 57 „Historical Relics Unearthed in New China", Peking 1972, PI. 31 — 32. 58 Vgl. „ K a o g u " , Peking 1973, Nr. 3, S. 172 und 1972, Nr. 6, S. 37 — 38. 69 „Ci Hai", Shanghai 1936 — 37, Anlage und wie 55, S. 1 0 1 . 60 An Zhi-min: „Uber Datierungsprobleme der chinesischen Kultur des Neolithikums", in „ K a o g u " , Peking 1972, Nr. 6, S. 38.

51

46

1

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D pHBäl^tt

A b b . 5. Sippschaftszeichen in den Bronzeinschriften der Y i n - und Zhou-Dynastie (diese geschnitzten und geritzten Zeichen sind den Zeichen der farbig bemalten K e r a m i k „cai t a o " ähnlich, sie sind anders als die allgemeine sogenannte „ B i l d e r s c h r i f t " . Diese nach Belieben geschnitzten und geritzten Zeichen bedeuteten früher sicher Bilder. Daher sind solche Zeichen die älteste chinesische Schrift oder ihre einzige Überlieferung

ähnelt. Über dem Berg schweben die Wolken um die Sonne, das ist ein Bild des Sonnenaufgangs. Aus diesem Grunde stellten die Fachwissenschaftler fest, daß dieses Zeichen das ursprüngliche Schriftzeichen SL ist 61 . Es bedeutet Morgen oder frühmorgens. In Normalschrift ist es -¡gr. Das Zeichen (Morgen) gibt es in Orakelknocheninschrift der Shang-Dynastie Ä , und in Bronzeinschrift der ZhouDynastie (11.-3. Jh. v. u. Z.) Alle haben das Unterteil fc^ (Berg |_|j) ausgelassen. Im Buch „Shua Wen"

A b b . 6. Sippschaftszeichen im bildenden System der Bronzeinschrift der Y i n - und Zhou-Dynastie Yu Sheng-wu: „ Ü b e r einige Probleme der E r f o r s c h u n g der alten S c h r i f t " , in „ W e n W u " , Peking 1 9 7 3 , N r . 2, S. 3 1 .

47

(Über die Schrift) heißt es: „JEL (Morgen (dan) ist 0 Sonne über — dem Horizont der Erde." Durch die Entdeckung des Schriftzeichens ¡ ^ q der Longshan-Kultur wurde nicht nur geklärt, daß das aus der Shang- und Zhou-Zeit bekannte Zeichen Ä , £ (Morgen) ein vereinfachtes Schriftzeichen von • JÜ, ist; sondern es zeigt auch, daß schon vor etwa 4000 Jahren in der Longshan-Kultur, die der Yao-, Shun- und Yü-Zeit sowie der Xia-Dynastie entspricht, Schriftzeichen aus drei Bestandteilen zusammengesetzt wurden. In Chengziyan (Longshan, Shandong) wurden ebenfalls Schriftzeichen der Longshan-Kultur entdeckt62. Schon damals entwickelten sich ältere einfache Schriftzeichen allmählich zu komplizierteren zusammengesetzten Schriftzeichen (Abb. 5 u. 6). Nach obigen Ausführungen kommen wir zu folgendem Ergebnis: 1. Die ursprüngliche chinesische Schrift entstand in der Yanshao-Periode (vor etwa 6000 Jahren). 2. Die archäologischen Funde sind häufig älter als die klassischen Überlieferungen, teilweise stimmen sie überein. 3. Die sagenhaften Kaiser waren am Anfang — vom You-cao-shi bis zu Shen-nong-shi — arbeitende Menschen und auch personifizierte Stadien der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung. Seit den sogenannten Fünf Kaisern hatten die Herrscher sich allmählich von der Arbeit getrennt. Sie waren teils arbeitende Menschen, teils der Arbeit übergeordnete Personen. 4. Die sagenhaften Kaiser sind nicht alle legendär, sie haben gewissermaßen ihre Realität. Daher können wir sie die prähistorischen Kaiser Chinas nennen. 62

Vgl. Fan Wen-lan\ „ K u r z gefaßte allgemeine chinesische Geschichte", Peking 1965, Bd. 1 , S. 106.

48

DAS SARAZENISCHE B I L D P R O G R A M M DES TIERTEPPICHS AUF DER W A R T B U R G (Mit T a f e l 8 - u )

Gotthard Strohmaier

D i e Sammlung mittelalterlicher K u n s t auf der Wartburg besitzt ein einzigartiges Exemplar profaner Teppichkunst, dessen M o t i v i k bisher keine befriedigende D e u t u n g erfuhr. Es handelt sich um einen gestickten deutschen Wandbehang, dessen Datierung und landschaftliche Provenienz noch nicht endgültig gesichert ist (Taf. 8). Betty K u r t h hält ihn für eine oberrheinische Arbeit aus dem dritten Viertel des 14. Jahrhunderts 1 , andere treten für eine norddeutsche Herkunft ein. 2 Der bekannte Dichter und Sagenforscher L u d w i g Bechstein hatte den Teppich in einer Dorfkirche bei Themar erworben und 1850 an den weimarischen G r o ß h e r z o g für hundert Taler weiterverkauft, um ihn der v o n Goethe inaugurierten Wartburgsammlung einverleiben zu lassen. 3 In fünfzehn runden Medaillons, die durch ein Kreisbandgeflecht gebildet werden 4 , tummelt sich eine Vielfalt v o n wirklich existierenden Tieren und rätselhaften Mischwesen. Die Farben, unter denen Blau und Rot vorherrschen, machen z. T . einen unnatürlichen Eindruck. 5 D i e A n o r d n u n g der Motive läßt einen durchdachten A u f b a u ahnen. N u r in der ersten Querreihe sind tier- und menschengestaltige Elemente gemischt, danach folgen abwechselnd Vierfüßer und geflügelte Wesen. Auffällig ist eine für derartige Kompositionen durchaus untypische Asymmetrie, die aber ihrerseits nicht unregelmäßig und darum nicht zufällig ist. Die Tiere der zweiten und vierten Querreihe laufen alle nach links, nur in der ersten, dritten und fünften ist wenigstens im linken Medaillon der Blick nach innen gerichtet. G e g e n dieses Schema verstößt nur das gekrönte Männlein, das oben in der Mitte frontal aus seinem Kreis herausschaut. D e r Entwerfer des ganzen Bildprogramms war hier offenbar einem ikonographischen T y p u s verpflichtet, den er nicht verändern wollte. Fremde Einflüsse hat das Kunsthandwerk des Mittelalters v o r allem aus Byzanz und aus der islamischen Welt erfahren, wobei die letzteren noch nicht immer in ihrem ganzen Umfang gewürdigt worden sind. 6 Speziell für die Exponate der Wartburgsammlung sind bisher an einem romanischen Gießlöwen und auch hinsichtlich eines emaillierten Gemellions die orientalischen Vorbilder nachgewiesen worden. 7 Textilien sind massenhaft importiert und sicher auch hier und da imitiert worden. D i e geringere Dauerhaftigkeit des Materials hat aber gerade bei den Stickereien dazu geführt, daß die Lückenhaftigkeit des Überkommenen die Feststellung solcher Beziehungen nicht mehr erlaubt. 8 Renate Jaques hat für unseren Wartburgteppich wegen der exotischen Fremdartigkeit der Tiermotive eine „Übernahme aus der östlichen Fabelwelt" vermutet. 9 A b e r diese könnte auch auf dem W e g e über Byzanz erfolgt sein, ähnliche Tiermedaillons erscheinen

1

D i e deutschen Bildteppiche des Mittelalters, B d . i , W i e n 1926, S. 83.

- W. Noth, D i e W a r t b u r g und ihre S a m m l u n g e n , 2. A u f l . , L e i p z i g 1972, S. 36. 3

E b e n d a , S. 16f., 19 f.

4

Für dessen frühes E i n d r i n g e n i n die islamische K u n s t v g l . E. Her^Jeld, D i e Malereien v o n Samarra, Berlin 1927, S. 9.

5

E i n e ausschnittweise farbige W i e d e r g a b e bei Noth, A b b . 87; ein kolorierter Stich bei Carl Becker, J. v. Hefner, K u n s t w e r k e und Geräthschaften des Mittelalters u n d der Renaissance, Bd. 1, F r a n k f u r t a. M . 1852, Taf. 57 (freundl. H i n w e i s v o n H e l g a Hoffmann, Wartburg-Stiftung).

8

Zusammenfassend mit Literaturübersicht R. Ettinghausen, T h e impact of M u s l i m decorative arts and painting o n the arts of E u r o p e , in: / . Schacht, C. E. Bosworth, T h e legacy of Islam, 2. A u f l . , O x f o r d 1974, S. 292 — 320.

7

Erich Meyer, Romanische B r o n z e n u n d ihre islamischen V o r b i l d e r , i n : A u s der W e l t der islamischen K u n s t . Festschrift E. Kühnel, Berlin 1959, S. 317 — 3 2 2 ; / / . Buchthal, A note o n Islamic enameled m e t a l w o r k and its influence in the Latin W e s t , in: A r s Islamica 11 — 1 2 , 1946, S. 195 — 198.

8

V g l . M. Schnette,

9

D e u t s c h e T e x t i l k u n s t , K r e f e l d (1953), S. 160, 169.

4

l:orsch u. llcr., Hd. 19

Müller-Christensen,

D a s Stickereiwerk, T ü b i n g e n 1963, S. 9, 14, A b b . 55, 57 — 59.

49

auf e i n e m T e p p i c h , der i m R a h m e n einer F r e s k e n m a l e r e i aus d e m Jahre 1 2 5 9 in der K i r c h e v o n Bojana hei S o f i a dargestellt ist. 1 0 W i r k l i c h a u f f ä l l i g e Parallelen e r g e b e n sich h i n g e g e n z w i s c h e n den halb m e n s c h l i c h e n , halb tierischen M o t i v e n der o b e r e n Q u e r r e i h e und den a s t r o l o g i s c h e n T i e r k r e i s - u n d P l a n e t e n d a r s t e l l u n g e n auf zahlreichen erhaltenen Metall- u n d K e r a m i k g e f ä ß e n aus der islamischen W e l t ( T a f . 9 , 1 ) . 1 1 H i e r findet sich die m ä n n liche G e s t a l t z w i s c h e n den beiden g r o ß e n F i s c h e n w i e d e r ( A b b . 1 — 3). E s handelt sich u m J u p i t e r , d e m nach g ä n g i g e r D o k t r i n die beiden „ H ä u s e r " des Schützen u n d der F i s c h e z u g e o r d n e t w a r e n . A u s G r ü n d e n der

A b b . 1 . Jupiter im H a u s der Fische, auf einem eisernen Spiegel im alten Serail, Istanbul, 1 3 . J a h r h u n d e r t (atis: H . E d h c m ß e v , G . M i g e o n , L e s collections du vieux Serai à S t a m b o u l , in: Svria 1 1 , 1 9 3 0 , T a f . X I X )

h a r m o n i s c h e n R a u m f ü l l u n g b e v o r z u g e n die K ü n s t l e r die K o m b i n a t i o n mit den F i s c h e n , da der Schütze allein das ganze F e l d ausfüllt. Z u b e m e r k e n ist n o c h , daß J u p i t e r erst in der europäischen B i l d t r a d i t i o n als K ö n i g mit K r o n e dargestellt zu w e r d e n p f l e g t . 1 2 D a ß er die F i s c h e in derart unfcierlicher W e i s e an den S c h w ä n z e n p a c k t , m a g g o t i s c h e D r o l e r i e sein, es k a n n aber auch d e m B e s t r e b e n e n t s p r u n g e n sein, Planet u n d T i e r k r e i s z e i c h e n i r g e n d w i e zu einer E i n h e i t z u s a m m e n z u f ü g e n , w i e es an den beiden b e n a c h b a r t e n M e d a i l l o n s zu sehen ist. D e n n damit w u r d e eine Ü b e r e i n s t i m m u n g mit den M e d a i l l o n s darunter hergestellt, die a u c h nur mit jeweils einem W e s e n besetzt sind. N a c h p t o l e m ä i s c h e r A u f f a s s u n g , die hierin v o n der k o p e r n i k a n i s c h e n nicht a b w e i c h t , stand Jupiter in der R e i h e n f o l g e der Planeten z w i s c h e n M a r s u n d Saturn. A u f d e m T i e r t e p p i c h befindet er sich in derselben N a c h b a r s c h a f t . E i n i g e M e d a i l l o n s auf orientalischen Metallarbeiten zeigen Saturn, w i e er auf seinem Steinb o c k reitet ( A b b . 4). I n d e m rechten o b e r e n F e l d des W a r t b u r g t e p p i c h s sind beide zu einem g r o t e s k e n M i s c h w e s e n v e r s c h m o l z e n . J e d o c h ist sein h e r k ö m m l i c h e r C h a r a k t e r als der eines alten M a n n e s in t r e f f l i c h e r 111

A". Mijaiev,

D i e Wandmalereien in B o j a n a , D r e s d e n , S o f i a 1 9 6 1 , A b b . 5 5; K. fzrrlmann, Siebenhundert Jahre O r i e n i t e p p i c h ,

H e r f o r d 1966, S. 1 2 4 , A b b . i j o f . , v g l . A b b . 1 5 2 f . 11

V g l . die Übersicht bei G. Strohmakr,

D i e neunzehn K u g e l n des Pantokrators. E i n orientalisches M o t i v an der Sponsus-

Spnnsa-Plastik des M a g d e b u r g e r D o m s , in : B y z a n z u n d die europäische Staatenwelt, hg. v o n J . Dtw/mi'r u. J . Irmscber,

Ber-

lin (im D r u c k ) . 12

Bruno Archibald

Fachs, D i e I k o n o g r a p h i e der 7 Planeten in der K u n s t Italiens bis zum A u s g a n g des Mittelalters, Phil. Diss.

M ü n c h e n 1909, S. i 8 f . , 3 1 , 33, 38, 45, 57, 65, 6 7 ; v g l . / . Seiner, T h e s u r v i v a l of the pagan g o d s , \ e w Y o r k 1 9 5 3 , S. 160 bis 163.

A b b . 2. Jupiter im Haus der Fische, auf einem Metallbecken aus Mosul, Staatsbibliothek München, 1 3 . Jahrhundert (aus: F . Sarre, M . van Berchem, D a s Metallbecken des Atabeks Lulu v o n Mosul in der kgl. Bibliothek zu München, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 2, 1907, S. 19)

4*

51

Weise erhalten geblieben. 1 3 Die tierische Komponente des linken Medaillons bildet der Skorpion, dessen nach oben gebogener Schwanz zugleich den armlosen und mit einem roten Wams bekleideten Rumpf des Marskopfes darstellt. Diese Kombination wirkt unbefriedigend, ließ sich aber wohl kaum anders lösen. Mars reitet sonst gern auf seinem anderen „Haus", dem Widder, aber dessen hintere Hälfte wäre von der des Steinbocks nicht zu unterscheiden gewesen. Jedoch gibt es auch andere Medaillons, auf denen nur die Büste des Mars zusammen mit d e m S k o r p i o n oder dem Widder zusammen dargestellt ist (Abb. w

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A b b . 2. Hans Christian Genelli, Bildnis seines Bruders Janus Genelli, 1 7 8 1 . Bleistift, Kreide, 24,2 x 1 9 , 4 cm. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen N r . 2

des Obersten von Goetz, der am preußischen Hof tätig war, nach Konstantinopel, wo er 1793 verstorben ist. Da es dem an sich geachteten Kunststicker Franz Joseph Genelli nicht gelang, eine dauernde Anstellung am dänischen Hofe zu erlangen, begab er sich im Jahre 1767 oder bald danach mit seiner Familie nach Wien unter die Obhut von Maria Theresia. Die Kaiserin hatte Sinn für kunstgewerbliche Tätigkeit und begünstigt auch die Stickerkunst im Lande. Franz Joseph Genelli scheint in diesem günstigen Klima, das offiziell Geschmack und Kunstsinn förderte, in den wenigen Jahren seines Wiener Aufenthaltes eine recht gedeihliche Arbeit geleistet zu haben. Es wurde ihm im März 1774 die Auszeichnung zuteil, zum Mitglied der K. K . Akademie der Künste ernannt zu werden. Doch kurz vorher hatte er bereits seine Zusage gegeben, einer Berufung an den Hof Friedrichs II. nach Berlin zu folgen. Hier wurde er als Hof-Kunstperlensticker mit einem Jahresgehalt von 500 Reichstaler in preußische Dienste gestellt.9 Zur Situation von Kunst und Kultur in Preußen unter Friedrich II. schrieb Lionel von Donop: „Mit 9

V g l . v.Donop, Teupser, Ebert, I / j — 1 0 — 1 5 .

85

Energie und im weiten Sinne verfolgte er seine künstlerischen Pläne. Berlin sollte ein Sammelplatz aller fremdländischen höheren Kultur, eine würdige Rivalin Dresdens werden, wo August der Starke mit seiner feenhaften Oper selbst Paris verdunkelt hatte. Der Philosoph von Sanssouci schwelgte im Genuß der Künste, Wissenschaften und der schönen Literatur, doch konnte er sich ... nirgends von der Anschauung und Geschmacksrichtung befreien, die er während seiner Jugend erhalten hat. Racine und Corneille waren seine literarischen Muster. — Seine Denkweise in literarischen Dingen beeinflußte auch sein Kunsturteil und seine Vorliebe für die französische und italienische Kunst. — Mit großen Kosten erwarb er für seine Galerie in Sanssouci eine Reihe wertvoller französischer, italienischer und niederländischer Bilder. — Watteau, Pater, Lancret waren seine Lieblingsmeister. — Ein einziger Deutscher tritt in dem Kreise künstlerischer Kräfte, für welche der König Interesse zeigte, kraftvoll hervor: Georg Wenzeslaus von Knobeisdorff. Es ist be-

Abb. 3. Daniel Chodowiecki, D a s Brandenburger T o r 1764. Radierung, 1 0 x 1 5 , 5 cm. Staatliche Museen zu Berlin, K u p f e r stichkabinett und Sammlung der Zeichnungen, aus der Akademie der Künste der D D R , 1)41

kannt, welche Konzcssionen dieser geniale Baukünstler ... in seinen Werken der Richtung des Königs (Barockstil d. V.) zugestehen sollte. Deshalb trat Knobeisdorff zurück. — AntoinePesne, Vanloo, Le Sueur, B. Rode und Frisch sind als Hauptmaler zu nennen, die vom König begünstigt wurden. Witte, G. F. Schmidt, Mail, Berger und vor allem Chodowiecki waren die geschätzten Meister der graphischen Künste in Berlin." 10 Mit Recht verweist Lionel von Donop darauf, daß die deutsche Kunst in der Regierungszeit Friedrichs II. „nur ein Nachhall der sinkenden Kunst des Auslandes, im besten Falle Kleinkunst war. Auch die Akademien mit ihren Vorstehern lagen völlig im Banne der fremden importierten Kunstrichtung. An technischer Reife übertrafen die französischen Künstler die gleichzeitigen deutschen Maler bei weitem, von denen nur wenige hervortraten." 11 So wurde auch der niederländische Bildhauer Tassaert 1775 aus Paris nach Berlin berufen, wo er mit französischen, italienischen und flämischen Gehilfen einen großen Werkstattbetrieb einrichtete. Doch legte sich die Begeisterung des Königs für Tassaert sehr bald. Als 1788 Johann Gottfried Schadow Leiter der Hofbildhauerwerkstatt wurde, für die auch Alexander Trippel und Antonio Canova vorher in Erwägung gezogen worden waren, begründete er eine neue Ära der Berliner Plastik. Der 1786 verstorbene Preußenkönig Friedrich II. (Abb. 4), der bekanntlich für die „Kriegskünste" ähnliche Ambitionen hegte wie für die bildenden, bauenden und angewandten Künste, hat ohne Zweifel bedeutende Werke erworben und großartige künstlerische Schöpfungen erstehen lassen, doch „das friderizianische Berlin", bemerkt v. Donop kritisch, „war weit davon entfernt, ein Künstlerparadies zu sein." 12 Nachdem Siebenjährigen Krieg wollte Friedrich II, beweisen, daß Preußen in jeder Hinsicht und in allen Bereichen 10 11 12

Ebenda, I / 3 - 1 6 - 2 1 . E b e n d a I/3 — 20 — 22. Ebenda I/3 — 23.

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eine europäische Großmacht geworden sei. So drängte er auch darauf, alle Zweige der Industrie und des Kunstgewerbes, besonders in der Hauptstadt neu oder weiter zu entwickeln. Unter diese Bemühungen fiel die Hebung der Seidenindustrie und Förderung der Kunststickerei, die den Bedürfnissen höfischer Kreise noch mehr entsprechen sollte. Anerkannte Meister dieses Faches waren bereits Henri Rottet, Barez (Schwiegervater von Chodowiecki), Hainchelin, Huant und Pally. Um 1770 berief Friedrich II. zwei Italiener, die Brüder Clamo, für Arbeiten im Schloß Sanssouci an seinen Hof. Weit vorher war auch der hervorragende Goldstickermeister Matthias Heynitschek aus Bayreuth bis zu seinem Tode im jähre 1750 für die künstlerische Ausstattung des Audienzsaales in Potsdam tätig.

A b b . 4. Daniel Chodowiecki, Friedrichs II. Wachtparade in Potsdam. Radierung, 26,5 X 35,5 cm. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen, aus der Akademie der Künste der D D R , 1 3 4 4

Nachdem Franz Joseph Genelli, nun seines Zeichens königlicher Hof-Kunstperlensticker, mit seiner Frau Catharina Elisabeth und den drei Söhnen Janus, Hans Christian und Friedrich 1774 in Berlin eingetroffen war, bezogen sie eine Wohnung im Hause des Sattlers Bodenschatz, das am Wasser in der damaligen neuen Münzstraße der Königsvorstadt gelegen war. Hier wurden dem Ehepaar Genelli noch zwei Töchter geboren, die wohl schon früh verstorbene Barbara Therese Margarethe und die erst 1844 im gräflich Finckensteinschen Landsitz zu Madlitz verstorbene Christiane Margarethe Genelli. Schließlich kam noch ein Sohn namens Christoph zur Welt, der aber das Knabenalter nicht überlebte. Für die am Leben bleibenden drei Söhne, insbesondere aber für Janus und Hans Christian tat der nun schon sehr geachtete Meister Genelli alles, um in ihnen die Liebe zur Kunst zu wecken. Es darf angenommen werden, daß der Kunststickermeister bei seinen langwierigen Arbeiten die geschickten Hände seiner heranwachsenden Buben nutzte, um von ihnen Handreichungen oder einfachere Hilfeleistungen zu erhalten. Janus war ja 1775 schon vierzehn Jahre alt und sein Bruder Hans Christian zwölf. Begabte Kinder vermögen in solchem Alter schon manches zu leisten. Doch scheint die allgemeinbildende Erziehung der drei Söhne in den Kindheits- und frühen Jugendjahren äußerst spärlich gewesen zu sein. Von einem Schulbesuch ist keine Rede. Hans Christian Genelli beklagte sich noch in späteren Jahren, „daß 87

er fast ohne alle Erziehung bezüglich einer gelehrten Bildung sich selbst überlassen geblieben, daß er in seiner Unwissenheit Disziplinen erfinden mußte, die lange vor seiner Existenz vollendet waren." 1 3 Um 1780 scheint sich die Lage für die älteren Genelli-Söhne gebessert zu haben, als der dänische Maler Eriksen aus St. Petersburg nach Berlin kam und sie vermutlich bald mit dem Hofmaler Johann Christoph Frisch und dem Akademiedirektor Blaise Nicolas Le Sueur bekannt machte. 14 Von Hans Christian Genelli wissen wir, daß er 1782 zum Studium in der Fachrichtung Architektur laut eines Dekretes von Le Sueur in die Akademie der Künste zu Berlin (Abb. 5) aufgenommen worden ist und das vorgeschriebene Pensum bis zu seiner Abreise nach Italien absolviert hat. Janus Genelli hat seine Ausbildung aber mehr oder weniger autodidaktisch, wenn auch von dem Hofmaler Frisch wohlwollend in bezug auf Antikenstudium, Naturstudium und Perspektive unterstützt, in Richtung Historienmalerei betrieben. Weil er schon bald befürch-

Abb. 5. Johann David Schleuen, Der Königliche Marstall mit Akademie der Künste (hinten) und Observatorium, Anatomie, Collegium Medicum und Bibliothek der wissenschaftlichen Gesellschaft (vorn). Radierung, 7,5 X 14,25 cm. Detail aus dem 2. Blatt der Stadtansicht „ S o zeiget sich Berlin". Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen, K K 825 — 130. (Bildvorderkante ist die Dorotheenstraße. Auf dem gesamten Terrain des Marstalles und der Akademie ist 1 9 1 4 die Staatsbibliothek errichtet worden)

tete, diesem schwierigen Bereich der Malerei mit seiner kümmerlichen Ausbildung nicht recht gewachsen zu sein, zog er es dann vor, sich ausschließlich der Landschaftsmalerei zu widmen. Immerhin hatte sein unterdrücktes Interesse an historischen Zusammenhängen zur Folge, daß Janus Genelli auch beim Gestalten landschaftlicher Eindrücke gewisse geschichtliche Hintergründe nicht außer acht ließ. So hatten denn seine Bilder eine größere Charakterfestigkeit und Ausdrucksfähigkeit epischen Geistes, als dies gemeinhin in der zeitgenössischen Landschaftsmalerei zu beobachten war. Bei der Unzulänglichkeit der geistig-kulturellen und speziell künstlerischen Ausbildungsmöglichkeiten im damaligen Berlin nimmt es nicht wunder, daß die Gebrüder Genelli dem Ruf nach dem lockenden Süden folgten und Anfang 1789 mit knappen Ersparnissen ihre beschwerliche Wanderung nach Rom antraten. Vorher hatte Janus in schneller Folge einige Bilder gemalt, die er zu jedem Preis absetzte, nur um die Reise finanzieren zu können. Später hat er diese an sich verständliche Handlungsweise bereut, weil die wenig qualitätvollen Gemälde oder Zeichnungen seinem Ansehen schadeten. Ja, er versucht sogar, solche rasch und unsolid ausgeführten Bilder wieder zurückzukaufen, doch meist ohne Erfolg, weil sich die Besitzer, die ihn als Mensch und Künstler inzwischen schätzen gelernt hatten, davon nicht mehr trennen wollten. 15 13 11 15

Ebenda I I / i - j . V g l . Hans Ebsrt, wie Anm. 2, S. 176. V g l . v. Donop, Teupser, Ebert, II/2 —7.

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Im Sommer 1786 erreichten die Gebrüder Genelli gemeinsam mit dem Berliner Landschaftsmaler Peter L u d w i g Lütke 1 6 Rom, das heiß ersehnte Ziel ihrer Wünsche, (Abb. 6) w o sie drei Jahre verweilten. 1 7 Offensichtlich gab es bereits mit dem Weggefährten Lütke den ersten Ärger, denn Hans Christian schrieb am 29. August 1787 an seinen Vater nach Berlin: „Wir wurden nach R o m getrieben durch jene Schwärmerei der Jugend, die alle Gegenstände in der Wärme des Gefühls betrachtet, und nie die kalte Vernunft zur Leiteriri nimmt. Dies war unser großer Fehler; aber ein Fehler, den nur D u mein Vater und wir uns vorwerfen dürfen, und den wir trotz der traurigen Erfahrungen, die wir gemacht haben, und der vielen Widerwertigkeiten, die wir erlitten haben, noch nicht bereuen. Wir bekamen zum Gesellschafter auf dieser Reise den Lütke. Einen Menschen, dessen Charakter wir nicht genugsam kannten; hätten wir ihn nie gekannt! — Wir verbanden uns leichtsinnig mit einem Mensche, der in der Zukunft uns so schädlich werden sollte. Dieser Fehler kam uns teuer zu stehen." 1 8

Abb. 6. Johann Erdmann Hummel (?), Campagnalandschaft mit Blick auf R o m , um 1795. Lavierte Sepia-Pinselzeichnung, 50 X 70 cm, unsigniert. Im Besitz des Autors

E s ist nicht bekannt, auf welche Weise Lütke die beiden Genellis enttäuscht hat, möglicherweise waren es finanzielle Angelegenheiten. Jedenfalls hatten Janus und Hans Christian Genelli in R o m permanent unter Geldmangel zu leiden, was ihre Studien behinderte und ihre wirtschaftliche Lage im steigenden Maße ungünstiger gestaltete. Der alte Franz Joseph Genelli hatte beim Minister Freiherr von Heinitz im Juni 1786 eine Reisebeihilfe in Höhe v o n 100 Thalern für seine Söhne erwirkt, die bis 1787 reichen sollte, aber sicher bald erschöpft war. Denn, wie Hans Christian selbst bekannte, 19 schlichen sie ein Dreivierteljahr wie Bettler umher. Als unerfahrene junge Künstler vertrauten sie voreilig ihrer Genügsamkeit. Sie hatten aber nicht vorausgesehen, daß zu jedem Erwerb ein gewisser Kredit erforderlich sei und daß man den Schein wahren 10 17

18

19

Peter L u d w i g Lütke wurde 1785 Ehrenmitglied der K g l . Preuß. Akademie der Künste und später Lehrer an der Akademie. V g l . Hans Ebert, wie A n m . 2, S. 176 — 1 8 1 , mit ausführlichen Informationen über den römischen Aufenthalt der Gebrüder Genelli. Hans Ebert, Verzeichnis der Originalbriefe, Urkunden, Tagebücher und Druckschriften, die sich beim Genelli-Material v. Donop-Teupser befinden, 1958, A/7, S. 1, Karl-Marx-Universität Leipzig, Autographensammlung (vorher Kunsthistorisches Institut). V g l . P. Donop, Teupser, Ebert, II/13 —57.

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A b b . 7. J . S. L . Halle nach Henriette Felicite Tassaert, Bildnis Friedrich A n t o n von Heinitz, Preußischer Staatsminister, 1788. Radierung 17,8 •' 1 1 , 2 cm. Staatliche Museen zu Berlin, Kupfcrstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen, K K 130 — 94

müsse, den Verdienst entbehren zu können. Außerdem war es in Rom für neu eingetroffene Künstler besonders schwierig, sich gegenüber den Arrivierten und wirtschaftlich Gesicherten auch nur einigermaßen zu behaupten, daß die in schwerem Existenzkampf stehenden Kunstjünger vertrauensvoll ihre Blicke auf die Heimat richteten, v o n der sie Hilfe erhofften. Wie später Asmus J a k o b Carstens, haben auch die Brüder Genelli, trotz aller Bescheidenheit ihrer Ansprüche, während ihres Aufenthaltes in R o m wiederholt den Unwillen des schon erwähnten Ministers von Heinitz 20 auf sich gezogen (Abb. 7). Dieser vielseitig begabte Mann war seit 1777 preußischer Minister und 20

Friedrich A n t o n v o n Heinitz, geb. 14. 5. 1725 Dröschkau bei Belgern, gest. 15. 5. 1802 Berlin. Gründete 1765 die Bergakademie Freiberg. A b September 1 7 7 7 bei Friedrich II. von Preußen als Geheimer Etats-, Kriegs- und dirigierender Minister, Vizepräsident und Oberberghauptmann beim Generaldirektorium des Bergwerks- und Hüttendepartements tätig. Überragende Leistungen hat er als Organisator, Techniker, Verwaltungsbeamter und Förderer der Wissenschaft und K u n s t in diesen verantwortlichen Positionen vollbracht. — V g l . Neue Deutsche Biographie. Berlin 1972, B d . 9, S. 96 — 98.

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Oberberghauptmann, seit 1786 auch Hauptverantwortlicher der Berliner Kunstakademie, der er 1790 die grundlegende Verfassung gab. Auch für die Porzellan-Manufaktur und die Bauakademie war er zuständig. A n der Gründung dieser Akademie hatte er 1790 maßgeblichen Anteil. Doch hat er sich besonders um die Entwicklung v o n Wissenschaft und Technik verdient gemacht, wobei Bergbau und Hüttenwesen vorrangig waren. Als Anhänger des aufgeklärten Absolutismus vertrat Freiherr von Heinitz trotz seiner friderizianischen Grundeinstellung durchaus neuzeitliche Auffassungen, die der Weiterentwicklung des Landes in den verschiedensten Bereichen, auch v o n Wissenschaft, Kunst und Kultur zugute kamen. Es ist unvorstellbar, wie er die weitverzweigten und unterschiedlichen Arbeitsgebiete beherrschen konnte und gleichzeitig mit vielen Technikern, Wissenschaftlern und Künstlern in persönlichem oder schriftlichem Kontakt bleiben konnte. Allerdings war der Minister ein gestrenger Vorgesetzter. Sparsamkeit, Zucht und Ordnung, die er selbst stets einzuhalten suchte, forderte er von allen seinen Untergebenen, ganz besonders von den jungen Leuten. Z u diesen zählten auch Janus und Hans Christian Genelli. Daß von Heinitz in solchen Fällen der Notlage von Bürgern im Auslaad nicht das rechte Verständnis für die Betroffenen hatte und die dortigen wirtschaftlichen Verhältnisse zuweilen falsch einschätzte, beweisen die Streitigkeiten um finanzielle Unterstützung der beiden Genellis. A m 9. Dezember 1786 schreibt Hins Christian Genelli u. a. an Minister von Heinitz: „ D i e löbliche Akademie fragt uns, ob es nicht in Bologna besser zu leben wäre. Es kann sein. Unser Aufenthalt daselbst war zu kurz, um etwas hierüber bestimmen zu können. E w . Exzellenz verzeihen mir aber die Bemerkung, daß diese Frage verfehlt zu sein scheint. Es kommt für einen Künstler nicht darauf an zu fragen, w o es gut leben wäre, sondern w o es gut studieren sei. Wir haben nicht das Vaterland verlassen, um besser zu leben: und für einen Künstler ist nur ein Rom. Zudem können wir nicht R o m verlassen, ohne zuvor verschiedene kleine Gläubiger befriedigt zu haben." 2 1 Daß die beiden Genellis ihren Stolz hatten, bezeugen obige Ausfürungen. Ähnliche Bemerkungen findet man in anderen Briefen, auch von Janus Genelli, und später von seinem Sohn Buonaventura, der zwischen 1822 und 1832 in R o m weilte und ebenfalls in Schwierigkeiten geriet. Für Janus Genelli gestaltete sich der Studienaufenthalt 1787—1788 denkbar unglücklich, weil er durch eine schwere Erkrankung längere Zeit am Arbeiten gehindert war und schon gar nicht irgendwelche Exkursionen unternehmen konnte. „Genelli, der Landschafter", schreibt Geßner aus Rom, „liegt, so lange er hier ist, krank, und, zu seinem großen Nachteil, konnte er wenig arbeiten. — Ich habe eine Landschaft bei ihm gesehen, die viel Genie zeigt; die Komposition ist schön und edel gedacht. Schade, daß ihn beständige Krankheit so sehr zurückversetzt." 2 2 In der Tat wurde die Lage der Brüder Genelli durch Krankheit und Geldmangel immer bedenklicher, so daß sich Hans Christian am 12. April 1788 erneut an den Minister v o n Heinitz wandte u. a. mit den Worten: „ E s ist der Mangel des Notdürftigen, welcher uns abhält, diejenigen Fortschritte zu tun, zu welchen vielleicht die Natur uns Geschick verliehen hätte. Wir sind außer Stand, unseren Aufenthalt in R o m auf eine gehörige Art zu benutzen. Die kostbare Zeit unserer Jugend verstreicht, ohne daß wir dasjenige haben erwerben können, wonach man in späteren Jahren vielleicht vergebens trachtet. Aber der Wille sicher, fehlet uns nicht. Wir bitten untertänigst Euer Excellenz, dero huldreiche Vorsorge auch auf uns hinzuwenden, damit wir etwas mehr in den Stand kommen, uns die Kenntnisse erwerben zu können, die erforderlich werden, um auf eine bessere Weise zu zeigen, wie begierig wir sind, zu erfüllen." 2 3 Um das Wohlwollen des Ministers zu erwirken, schickten Janus und Hans Christian Genelli zugleich einige Studien nach Berlin. Über Janus' Arbeit schrieb Hans Christian in dem gleichen Briefe, es sei eine Landschaft, die keiner weiteren Erklärung bedürfe. Sie sei „die Frucht der wenigen Stunden, die seine schwere und langwierige Krankheit ihm zur Erholung übrig ließ." Vermutlich handelt es sich hierbei um das Gemälde, das ab 25. September 1788 in der Akademie der Künste zu Berlin im Marstall gezeigt wurde mit dem Vermerk im Katalog: „Auswärts Studirende. Herr Genelly der ältere in Rom. 346 Eine Landschaft in Oel gemahlt." 2 4 Dieses Gemälde wird wohl auch mit jener Landschaft identisch sein, die Gessner in seinem Brief erwähnte. 21 22 23 24

Vgl. v.Donop, Teupser, Ebert, II/14—62—64. Vgl. Solomon Geßners Briefwechsel mit seinem Sohne. Bern und Zürich 1801, S. 255 —256. Vgl. v.Donop, Teupser, Ebert, II/17 —8;. Vgl. Verzeichnis derjenigen Kunstwerke, welche den 25. September 1788 und folgende Tage . . . in den Zimmern der Königl. Preuß. Academie der Künste und mechanischen Wissenschaften, über dem Königl. Marstall, auf der Neustadt, zur öffentlichen Besichtigung ausgestellt sind. Berlin, 1788.

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Hans Christian Genelli schickte architektonische Risse zu einem ägyptischen Saal und zu einer frühchristlichen Basilika nach Berlin. Diese Blätter wurden jedoch nicht in der erwähnten Akademie-Ausstellung gezeigt, dafür aber drei Landschaften von ihm, in schwarzer Kreide gezeichnet. Sie wurden in dem Katalog unter der Nummer 181 zusammengefaßt. Doch hatte die Akademie 1787 zusammen mit einer Zeichnung Gottfried Schadows drei architektonische Risse zu einem allegorischen Monument für Friedrich II. ausgestellt. 25 In der ersten Ausstellung, die die Königlich Preußische Akademie der Künste seit ihrer Gründung auf Veranlassung des Ministers von Heinitz veranstaltete, war Janus Genelli bereits mit verschiedenen Landschaften unter der einen Katalognummer 252 vertreten. Da nähere Angaben im Katalog und auch sonst fehlen, kann nur vermutet werden, daß es sich um Bleistift-, Feder- oder Pinselzeichnungen gehandelt hat, die damals neben der Ölmalerei die gebräuchlichsten Techniken waren. Es darf aber nicht unerwähnt bleiben daß auch der Vater der beiden Genellis, der Königliche Sticker Franz Joseph Genelli, mit vier Arbeiten in die Ausstellung und den Katalog von 1786 aufgenommen worden ist, nämlich drei mit couleurter Seide gestickte Blumenstücke und ein ebenso gearbeitetes Fruchtstück unter den Katalognummern 93 bis 96. Unter dem Eindruck der Briefe und eingereichten künstlerischen Arbeiten der Brüder Genelli aus R o m sah sich Minister von Heinitz veranlaßt, die Pension verdoppeln zu lassen. Doch die beiden Künstler kamen nach geraumer Zeit, teils durch eigenes Verschulden, teils durch Erhöhung der Preise und völligen Mangel an Einnahmen erneut in eine so peinliche Situation, daß sich diesmal Janus Genelli gezwungen sah, den Minister um eine nochmalige Erhöhung des Jahresstipendiums zu bitten. In seinem Brief vom 14. Februar 1789 heißt es u. a.: „Gnädiger Herr! es ist nicht möglich, in R o m mit zweihundert Thalern das geringste auszurichten. Die Hände sind uns gebunden und wir sind zur Untätigkeit gezwungen. — Wir haben nichts gemacht, wenigstens nichts als Studien, die nicht aufzuweisen sind, und nur demjenigen dienen können, der sie gemacht hat. So sehr mich dieses Geständnis niederschlägt, so wahr ist es doch, und was uns über diesen Zeitverlust noch untröstlicher macht, ist: daß wir gewissermaßen selbst Schuld daran sind, wir hätten Euer Excellenz vielleicht schon längst diese untertänige Vorstellung machen sollen." 26 Nach diesem wohl schwer gefallenen, aber freimütigen Bekenntnis über die schier ausweglose Lage in Rom, bat Janus Genelli den Minister, zwei Vorschläge zu prüfen: entweder die Pension nochmals erhöhen zu lassen oder ihn selbst, Janus, nach Berlin zurückzurufen und Hans Christian mit der bisherigen Pension in R o m zu lassen. Dazu heißt es in dem Brief weiter: „In diesem Falle hoffe ich, leicht so viel zur Unterstützung meines Bruders beitragen zu können, daß er seine Studien so wie er sich vorgesetzt hat, enden möge. Ihm diesen Vorteil zu verschaffen, würde ich alles tun; und so ungern ich R o m verlasse, so bin ich doch dazu entschlossen, wenn kein ander Mittel ist, diesen Z w e c k zu erreichen, damit wenigstens einer von uns das werden möge, wozu ihm die Natur Gaben verliehen hat. Und die Ärzte mich versichern, daß um die Gesundheit wieder zu erhalten, ich das Klima verändern muß, so wünschte ich vor anderen wieder die L u f t des Vaterlandes atmen zu können und unter Euer Excellenz unmittelbaren Schutz, dieselben besser von unserer Dankbarkeit überzeugen zu können." 2 7 Dieser Brief ist ein erschütterndes Dokument über die schwere Notlage, in die junge, hoffnungsvolle Künstler wie Janus und Hans Christian Genelli während eines Studienaufenthaltes im Ausland gerieten, der von einem der Mächtigen des feudal-absolutistischen Regimes oder einem seiner hohen Beamten mit knappesten Mitteln gewährt wurde. Der Brief läßt aber auch den edlen Charakter v o n Janus Genelli erkennen, der in so selbstloser Weise auf seinen weiteren Aufenthalt in R o m verzichten will, um seinem jüngeren Bruder zum E r f o l g zu verhelfen. Zudem läßt Janus erkennen, welchen Kummer ihm sein schlechter Gesundheitszustand bereitet. Wir wissen heute, daß er sich von Jugend auf mit einem Lungenleiden herumzuplagen hatte, welches ihn auch in den kommenden Jahren viele Einschränkungen im Leben und Schaffen auferlegte. So gehört Janus in dieser Beziehung zu denjenigen Künstlern des Klassizismus und der Romantik, die oft schon in jungen oder mittleren Jahren an einer Tuberkulose erkrankten und in den meisten Fällen gar allzu früh hinweggerafft wurden. E s ist rührend festzustellen, daß sich auch der kranke Vater Franz Joseph Genelli am 28. Februar 1789 an den Minister von Heinitz mit den untertänigsten Worten wandte, er möge doch die beiden Söhne, die bisher in Redlichkeit gehandelt hätten, nun „honottement nach Hause kommen lassen, damit sie mit ihren erworbenen Talenten dem Vaterlande Dienst leisten könnten." 2 8 Daraufhin gab es noch ein Hin und Her über die Bewilligung v o n Reisegeldern für die beiden Genellis. Der Minister wollte erst jedem 100 Taler genehmigen. Nach Eingang des Briefes von Janus vom 14. Fe25 2B 27 28

Vgl. Hans Ebert, wie Anm. 2, S. 177 und 178. Vgl. v. Donop, Teupser, Ebert, 11/19 — 99—100. Ebenda, II/19 —102—103. Ebenda, II/20 —107.

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bruar 1789 und anderer ungünstiger Nachrichten ließ er aber die Summen wieder zurückziehen. Daraufhin hat der alte Genelli nochmals am 2. April 1789 an Freiherrn von Heinitz geschrieben und eindringlich die Verzweiflung seiner Söhne dargelegt: „Sie haben keinen Menschen in der Welt, von dem sie einige Hilfe erwarten könnten, als ihren gnädigsten Kurator ... Ich bitte also den gerechten Zorn Euerer Excellenz wieder zu besänftigen. Bei ihrem Hiersein werden Euer Excellenz überzeugt werden, daß sie sich nicht auf Nichtstun verlegt, sondern ihre Studien angewendet wissen werden, und sie zu nutzen bringen." 29 Seitens der Akademie machte man geltend, daß sie keine Beziehungen zu den beiden Genellis habe und daß diese durch ihr Betragen einer Unterstützung unwürdig erschienen. Mit Rücksicht auf die Armut der Familie wurde am 25. April 1789 zur Bestreitung der Reisekosten eine Beihilfe von 50 Talern genehmigt. Niedriger war diese Unterstützung wirklich nicht anzusetzen. Das Flehen und Bitten des als Fachmann geachteten, aber von seinen Auftraggebern nicht eben hoch dotierten Hofkunststickers Franz Joseph Genelli hatte wenig gefruchtet, und im Hintergrund scheinen auch verleumderische Berichte über dessen Söhne in Rom eine Rolle mit gespielt zu haben. Eine Woche vor der Entscheidung in Berlin hatte Janus Genelli am 18. April nochmals an den Minister geschrieben und sich für einige Formulierungen in seinem Brief vom 15. März entschuldigt. Er wies die Behauptung zurück, er und sein Bruder hätten achthundert Taler vergeblich verwendet, sie hätten ihre Zeit in Müßiggang vertrieben, ohne Fortschritte in ihren Studien zu machen. Erbittert betonte er: „Keineswegs wollte ich töricht behaupten, daß wir in unseren Studien zurückgeblieben wären. Wir sind unwirksam, ja, aber nicht müßig geblieben: Wir haben unsere Fortschritte nicht, wie wir gewünscht hätten, an den Tag legen können, und dies ist unser Leidwesen." 30 Dieser Brief vermochte aber an der am 25. April 1789 getroffenen Entscheidung bezüglich des Reisegeldes nichts mehr zu ändern. Die Genellis sahen sich nun Mitte Mai 1789 gezwungen, Rom zu verlassen und in aller Dürftigkeit den Heimweg anzutreten. Welche künstlerischen und geistigen Ergebnisse die unvorhergesehen schwierigen Jahre in Rom für die Brüder Genelli gehabt haben, ist schwer festzustellen. Ohne Zweifel werden aber, trotz aller Armseligkeit und Krankheit, die Schönheiten der Natur und die Erhabenheit der Kunstschätze aus vielen Kulturepochen ihre tiefen Eindrücke in Janus und Hans Christian Genelli hinterlassen haben. Als die beiden Florenz erreicht hatten, schrieb von dort aus nochmals Hans Christian am 29. Mai 1789 an Minister von Heinitz und ließ durchblicken, daß sie Rom in Eile und mit zurückbleibenden Schulden verlassen haben, die sie aber von zu Hause aus bald abtragen könnten. Er, der Minister, möge doch unbilligen Beschuldigungen kein Gehör schenken und ihnen beiden dann Möglichkeit zur Verteidigung und Rechtfertigung geben und sie auch nicht von der Akademie distanzieren. „Berlin ist unser Vaterland; und als Einwohner Berlins, als Landeskinder, als Zöglinge der Akademie, kann diese uns nicht verstoßen, so lange wir nichts verschuldet, noch in unseren Pflichten wieder Vermögen zurückgeblieben sind. Dies ist es, was wir zu erweisen haben, und ich traue darauf, daß es uns nicht schwer fallen soll, so ferne Ewr. Excellenz uns ein geneigtes Gehör nicht versagen wollen." 3 1 Auf dem weiteren Rückweg nach Berlin machten die Brüder Genelli in Nürnberg kurze Rast. Aus einem Brief, den Hans Christian am 28. Juni 1789 an den ihnen vertrauten Maler Müller nach Rom schickte, ist ersichtlich, daß sie das erforderliche Reisegeld in Nürnberg nicht vorfanden. Es sei ein Wechsel in einem Briefumschlag vom 16. Mai an seine, Müllers Adresse, nach Rom geschickt worden. Er möge doch bitte diesen Brief direkt nach Berlin zurückschicken. Dann wird auf Schubarts Vaterlandschronik, März 1789, eingegangen, für die sich der kauzige Maler — Dichter Friedrich Müller aus Kreuznach (Abb. 8), der auch Teufelsmüller genannt wurde, offensichtlich wegen falscher Äußerungen Schubarts interessierte. Janus Genelli setzte noch ein paar Zeilen unter den Gruß seines Bruders, die auch auf „den unglaublich abscheulichen Zustand der literarischen Welt in Deutschland" ohne irgendeine nähere Begründung anspielen und mit den Worten schließen: „ A Dieu lieber Freund, grüßen Sie mir den Busch". 32 Dieser zu grüßende Busch war der aus Mecklenburg stammende Bildhauer Johann J . Busch, der 1783 Asmus Jakob Carstens und dessen Bruder auf deren erster Italienreise ein Stück des Weges begleitete, dann bis 1786 mit W. Tischbein zusammenlebte und später als Freund von Carstens verschiedene Reliefs nach dessen Zeichnungen ausführte. Er starb 1821 zu Rom in großer Dürftigkeit. Als Janus Genellis Sohn Buonaventura 1822 ebenfalls nach Rom kam, lernte er neben Joseph Anton Koch auch noch den Maler Friedrich Müller in seiner interessanten Absonderlichkeit kennen und schätzen. K . W. Becker berichtet über ihn: „Von 1778 bis 1825, also fast ein halbes Jahrhundert, lebte Müller in Rom, ohne 29 30 31 32

Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda,

II/20 — m . II/21 —115 —121. II/25 —130—133. II/24—138 —145.

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deutschen Boden jemals wieder betreten zu haben. Äußerlich von der Heimat abgeschnitten, blieb er trotzdem auf vielfältige Weise mit ihr verbunden. E s konnte aber nicht ausbleiben, daß dieser in seiner J u g e n d als Dichter und Maler zu großen H o f f u n g e n Anlaß gebende Mann immer mehr in Vergessenheit geriet. — A m 25. April 1825 ist Friedrich Müller in R o m gestorben." 3 3 Schon 27 Jahre vor ihm war der hochbegabte Müllersohn aus Schleswig, der Wegbereiter der klassizistischen Zeichenkunst in Deutschland, Asmus J a k o b Carstens in R o m der Lungentuberkulose erlegen. Im gleichen Jahre 1798 erblickte in Berlin sein entschiedenster Nachfolger, Buonaventura Genelli, das Licht der Welt.

A b b . 8. L u d w i g E m i l G r i m m , Bildnis Maler Friedrich Müller, R o m 1 8 1 6 . Radierung, 1 1 , 6 X 13 cm. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen, K K 399— 5

Als die beiden Genellis im Hochsommer 1789 nach Berlin (Abb. 9) zurückkehrten, bemerkten sie, daß sich in der Hauptstadt nach dem Tode Friedrichs II. einiges geändert hatte. Der zu üppigem Lebensgenuß neigende Monarch Friedrich Wilhelm II. duldete in seiner näheren Umgebung Günstlings- und Protektionsunwesen, wie es unter seinem Vorgänger nicht denkbar gewesen wäre. Merkwürdige Anwandlungen von Aberglauben und Geistervorstellungen waren zu beobachten, bis sich die Vertreter der Aufklärung mit den Ideen der Freiheit, Schönheit und Wahrheit allmählich Bahn brachen und dem Verfall der Sitten, der in der Residenz spürbar wuchs, Einhalt geboten. Die Vertreter der aufgeklärten Nützlichkeitslehre beherrschten bald in Berlin das Feld in den Bereichen von Literatur und Kunst und bezogen sich v o r allem auf Gotthold Ephraim Lessings Ansichten. Doch auch Immanuel Kants grundlegende Lehren suchte man sich anzueignen im Sinne einer allgemeinen humanistischen Bildung. Solchen Bestrebungen kam Friedrich Wilhelm II. entgegen, indem er im Unterschied zu seinem verstorbenen Onkel, nicht französische, sondern deutsche Kulturleistungen zu pflegen und entwickeln suchte. Vorteilhaft war auch sein, zumindest in den ersten Jahren, lebhaftes Interesse für Wissenschaft und Kunst. Ferner wirkte es sich günstig aus, daß der K ö n i g dem Minister von Heinitz in der energischen Verfolgung 33

V g l . Friedrich

94

{Maler)

Müller,

Idyllen. N a c h w o r t und Anmerkungen von K a r l W o l f g a n g Beckcr. Leipzig 1976, S. 200 — 2 0 1 .

seiner Reorganisaiionsbestrebungen freie Hand ließ, zum Wohle einer auf nationalem Boden sich entwickelnden freieren Kunst und Kultur in Berlin. Bedeutende Künstler deutschen Namens wurden nun in königlich-preußische Dienste berufen, so der Baumeister Friedrich Wilhelm v o n Erdmannsdorf (1736—1800), der Lieblingsarchitekt des Königs Karl Gotthard Langhans (1733 — 1808), der soeben dabei war (1789—93), das Brandenburger T o r in einer glücklichen Nachahmung antiker Vorbilder zu errichten und der Baumeister Friedrich Gilly, der schon 1800 starb. Sein Einfluß auf Schinkel war bedeutender als sein eigenes baukünstlerisches Schaffen. Dann ist noch Gottfried Schadow (1764—1850) zu nennen, mit dem die beiden Genellis in R o m ebenso Begegnungen hatten, wie mit Johann Wolfgang Goethe und dessen Freund und Porträtisten Friedrich Burv, der bis 1800 in Italien blieb. 34

A b b . 9. Johann G e o r g Rosenberg, Ansicht Berlins von dem Tempelhofer Bergen aus, um 1790. Kolorierte Radierung, 27,2 X 44,4 cm. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen, K K 1 1 2 —129

Die geschilderten Unstimmigkeiten mit dem Minister von Heinitz und der Akademie der Künste haben sich offentsichtlich auf den Arbeitsbeginn der beiden Genellis in Berlin ungünstig ausgewirkt. Während der 24-jährige Gottfried Schadow nach seiner Rückkehr sogleich als Leiter der Hofbildhauerwerkstatt eingesetzt wurde, gab es für die Genellis erhebliche Anfangsschwierigkeiten. Hans Christian gelang es schließlich, bei der K g l . Porzellan-Manufaktur eine Teilbeschäftigung als Entwerfer zu bekommen, die dann 1792 in eine volle Anstellung umgewandelt wurde. 3 5 Damit hatte er sich eine Existenzgrundlage gesichert, die ihm auch erhalten blieb, als er sich um 1801 auf den Landsitz Alt-Madlitz des Reichsgrafen Friedrich Ludwig Carl Fink v o n Finckenstein (Abb. 10) als Privatgelehrter zurückzog. Doch hat er auch weiterhin Entwürfe für die Porzellan-Manufaktur im klassizistischen Geschmack ausgeführt, wonach einige bemerkenswerte Tafelaufsätze ausgeführt wurden und 1807 ein Tafelservice für die Kaiserin Josephine. 3 8 In Alt-Madlitz bei Briesen in der Mark, nicht sehr weit von Frankfurt an der Oder entfernt, hat auch Janus Genelli gelegentlich seinen Bruder Hans Christian besucht. Später weilte Janus' Sohn Buonaventura als K i n d und Jüngling ebenfalls gern bei seinem vielgebildeten Onkel im gräflichen Anwesen. Dort entstanden seine ersten Zeichnungen, und im Alter hat er in seinem autobiographischen Zyklus „ A u s dem Leben eines Künstlers" nicht nur Erinnerungen an die Kindheit im Berliner Elternhaus, sondern auch an die für sein ganzes Leben so wertvollen Begegnungen in Alt-Madlitz dargestellt. (Abb. 1 1 ) 34 35 36

V g l . Hans Ebert, wie Anm. 1, S. 88. V g l . Hans Ebert, wie A n m . 2, S. 181 — 185. Hierüber Gottfried Schadow: „Hierzu gab der Architekt Genelly die Zeichnungen, die zu dem Schönsten gehören, was in diesem Fache ist erdacht w o r d e n " , in: „Kunst-Werke und Kunst-Ansichten". Berlin 1849, S. X V I I . Siehe: Obstschale mit drei Nymphen um 1800, Kunstgewerbemuseum Schloß Köpenick/Berlin, Inv. H g . 642.

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Abb. 10. Daniel Berger, Bildnis Friedrich L u d w i g Graf Fink von Finckenstein, um 1790. Radierung 1 1 , 2 X 6,2 cm. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen, K K Inv. N r . 620 — 1 1 2

Bald nach der Heimkehr seiner Söhne Janus und Hans Christian verfiel der schon kränkelnde Franz Joseph Genelli Anfang 1790 in eine Geisteslähmung. In diesem beklagenswerten Zustand vegetierte er noch eine ganze Weile hin, bis er am 1 1 . Juli 1792 im Alter von 68 Jahren verschied. Es gibt eine schlichte und noch laienhafte Umrißzeichnung, viele Jahre später nach einer Vorlage vom Enkelsohn Buonaventura ausgeführt, die den Großvater im Profil zeigt. Mit ausgeprägter Unterpartie ist der Dargestellte weniger ein schöner, als mehr energischer und sinnlicher Charaktertyp (Vgl. Abb. 1). Dem verdienstvollen Kunststickermeister waren noch die hohen Ehrungen zuteil geworden, 1784 zum Mitglied der Akademie der Künste von Kopenhagen und 1786 zum Ehrenmitglied der Berliner Akademie ernannt zu werden. Auch fand er in mehreren Publikationen Erwähnung. 37 37

In der zeitgenössischen Literatur wird Franz Joseph Genelli mehrfach lobend oder rein sachlich erwähnt: Im Teutschen Merkur v o n 1 7 7 6 ; bei A u g u s t Hennings 1778 in K o p e n h a g e n ; in Allgemeines Künstlerlexikon von Füssli 1 7 7 9 ; in der Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam von Friedrich Nicolai 1 7 8 6 ; in einer Publikation v o n Niels Henrich Weinwich über bildenden Künstler in Dänemark und N o r w e g e n , erschienen 1 8 1 1 , und in weiteren in Dänemark herausgekommenen Veröffentlichungen. D e r oben erwähnte Nicolai bestätigte Meister Franz Joseph Genelli, daß er es in der Kunst-Stickerci „zu einem seltenen G r a d e der Vollkommenheit gebracht hat."

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Wir haben schon darauf hingewiesen, daß Janus Genelli erstmalig 1786 in der Ausstellung der Akademie der Künste zu Berlin vertreten war. Auch in den folgenden Jahren bis 1812 sind Werke von ihm, leider mit äußerst knappen Angaben, in den Katalogen wie folgt zitiert worden: 1786 Nr. 252 Verschiedene Landschaften unter dieser Nummer. 1788 Nr. 346 Eine Landschaft in Öl gemalt. 1791 Nr. 59 Eine nicht ganz vollendete Landschaft. 1794 Nr. 1 1 0 Eine Landschaft im italienischen Geschmack. Nr. i n Eine Aussicht von dem Müggelberge bei Köpenick. 1797 Nr. 74 Vier Landschaften, die vier Jahres- und Tageszeiten zugleich vorstellend, unter einer Nummer. Nr. 75 Eine Landschaft. Ulysses, den die Nausicaa am Hayn der Diana zurückläßt. Nr. 76 Landschaft, den ersten Schiffer vorstellend. Alle sechs „ ä la prima gemalt. 1800 Nr. 29 Die Heu-Scheuer. Eine Gegend am Harz. Hinter dem in der Mitte des Gemäldes hervorragenden Felsens ist der unzugängliche Katarakt der Bode befindlich, die von der linken nach der rechten Seite den Felsen umfließt, und unter dem Roßtrapp, nach Thale zu, ihren Ausfluß nimmt. Die Grotte selbst, welche den Namen der Heuscheuer führt, ist fast unzugänglich. In heißen Sommertagen birgt sich das Wild hier in einem kühlen und sicheren Zufluchtsort. Ölgemälde. H. 3 F. Br. 4 F. 1802 Nr.

12

1804 Nr. 61 Nr. 579 (Nr. 580

1812 Nr. 599

Eine Landschaft (3 Fuß 9 Zoll hoch und 3 Fuß 1 Zoll breit) eine Gegend aus dem Harz hinter Thale am Ausfluß der Bode, mit den daran liegenden Eisenhämmern vorstellend. Eine Landschaft, die über das Meer untergehende Sonne darstellend. Eine kleine Landschaft, den Kirchturm in Stralau vorstellend, aus dem Garten des türkischen Gesandten gesehen. Von einer Schülerin des Herrn Genelli. Die Kopie einer Landschaft von Ruisdeal in der Dresdener Gallerie, von gleicher Größe mit dem Original) Herr Genelly, Landschaftsmaler, Mitglied der Akademie. Eine Landschaft. 38

Abb. 1 1 . Buonaventura Genelli, Des Oheims Lehre, Tafel I X des Zyklus „Aus dem Leben eines Künstlers", gezeichnet um 1855. (Dargestellt sind Hans Christian (links) und Buonaventura Genelli beim Lehrgespräch in Madlitz um 1820). Zeichnung, Bleistift, 23 X 28,5 cm. Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv. Nr. 2367

Von diesen etwa 18 Werken, mit denen Janus Genelli an den Ausstellungen der Berliner Akademie zwischen 1786 und 1812 beteiligt war, sind die meisten irgendwo in Privatbesitz verschwunden, ohne daß durch graphische oder sonstige Reproduktionen etwas Näheres über Form und Inhalt bekannt geworden 38

7

Diese Angaben über Arbeiten Janus Genellis entstammen den in den genannten Jahren erschienenen Ausstellungsverzeichnissen der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin. Forsch, u. Ber., Bd. 19

97

wäre. Es gibt aber zum Glück einige Äußerungen darüber und vor allem auch einige Gemälde oder lavierte Zeichnungen des Künstlers, die noch heute nachweisbar sind. Mit der 1794 unter Nr. 1 1 1 in der Akademie ausgestellten Landschaft „Aussicht von dem Müggelberge bei K ö p e n i c k " (Ol auf Holz) scheint der aus Italien zurückgekehrte, in Berlin noch unbekannte Janus Genelli einen ersten E r f o l g errungen zu haben. Jedenfalls gelangte das Gemälde in königlichen Besitz und wurde im Schloß zu Berlin aufbewahrt. Dann kam das Bild in das Marmorpalais von Potsdam-Sanssouci, w o es am Ende des zweiten Weltkrieges in Verlust geriet. 39 — Wohl noch in Erinnerung an seinen Aufenthalt im klassischen Süden, malte Janus Genelli die 1794 in der Akademie gezeigte „Landschaft in italienischem Geschmack", v o n deren Aussehen wir leider nichts Näheres wissen, und 1797 dann eine Landschaft mit antiker Staffage, Odysseus darstellend, den die Nausikaa am Hain der Diana zurückläßt. Ebenfalls in Öl ausgeführt waren die vier Landschaften, in denen er 1797 den seltsamen Versuch machte, die vier Jahres- und Tageszeiten zugleich zu schildern. Es ist bedauerlich, daß wir über den Verbleib dieser zweifelsohne interessanten frühen „Simultanbilder" nichts mitteilen können, wie auch nicht über die Landschaft mit dem ersten Schiffer, ebenfalls v o n 1797. Um 1799 muß Janus Genelli mit dem Malen von Landschaften in Mecklenburg beschäftigt gewesen sein, wie aus einem Brief des Künstlers vom 27. Oktober 1799 und einem Brief seines Bruders Hans Christian Genelli v o m 28. Oktober 1799 an den Minister von Heinitz hervorgeht. „ F ü r vier Ansichten von Doberan erhalte er nur je 20 Dukaten", schreibt Hans Christian Genelli, und die versprochene Aufmunterung v o n 100 Rthlr. sei auch nicht ausreichend, weshalb es wünschenswert wäre, wenn der Herr Minister seinem Bruder Janus ein „vaterländisches Sujet" (heimatliche Landschaft d. V . ) in Auftrag geben würde. 40 E r , Janus sei bereit, große Arbeiten für den Herzog v o n Mecklenburg-Schwerin und für Groß-Rußland zu unterbrechen. Ob es sich wirklich so verhalten hat oder ob es eine Übertreibung war, um den Minister zu beeindrucken, ist ohne weitgreifende Recherchen heute kaum noch feststellbar. Jedenfalls sind die Doberaner Prospekte ausgeführt worden. Im Akademiekatalog von 1804 wird sogar erwähnt, daß der Landschaftsmaler Wilhelm Barth zwei Prospekte von Doberan in K u p f e r radiert und mit Wasserfarben getönt nach dem Originalgemälde des Herrn Janus Genelli kopiert habe. 41 Außerdem gibt es 12 Aquatinta-Blätter von Ottermeyer nach Ansichten v o n Doberan v o m Buchenberg und v o n der Seite des Jungfernberges gesehen v o n Janus Genelli. 42 Das Gemälde „Die Heu-Scheuer. Eine Gegend am Harz", scheint in der Akademieausstellung 1800 lebhaften Beifall gefunden zu haben. Ein Rezensent schrieb darüber u. a.: „Das Kolorit war warm und glänzend, aber doch wahr. Der blaue D u f t , welcher sich um die hinteren Felsen legt, ist der Natur abgelauscht und das Ganze verrät einen Künstler, von dem sich noch vieles erwarten läßt." 43 Kein geringerer denn Gottfried Schadow setzte sich gegenüber Goethe für Janus Genelli ein, indem er zugleich auf Goethes allgemeinen Tadel einging, Berliner Künstler würden die „Landschaft durch Aussicht" verdrängen: „Wie sehr wäre es zu wünschen, daß Landschaft durch Aussicht auf d i e Art verdrängt würde, wie es bei unserer letzten Ausstellung (i. J . 1800) geschehen ist. — Es war eine Gegend des Harzes, die Heuscheuer genannt, von J . Genelli gemalt, so unaussprechlich schön, daß sie allein die stärkste Widerlegung gesagten sein würde, wenn der Verfasser der Propyläen sie sehen könnte." 4 4 In seiner Schrift „Winckelmann und sein Jahrhundert" hat Goethe 1805 im Abschnitt über Landschaftsmalerei auch Janus Genelli neben Kobell und Klengel erwähnt und ihre Geschicklichkeit hervorgehoben. „Dies, Genelli und Klengel, sind Künstler von guten Anlagen, die angenehme, leicht und heiter gehaltene Werke verfertigt haben. — Die Arbeiten des anderen (J. Genelli d. V.) sind oft mit vieler Anmut erfunden .. ," 4 5 Goethe hat in dieser Schrift auch den v o n uns erwähnten Maler Müller kurz charakterisiert sowie seinen eigenen Porträtisten Friedrich Bury kritisch beleuchtet. Warmherzige Worte aber widmet der Dichter dem 1798 in R o m so früh verblichenen Asmus J a k o b Carstens: „ E r besaß bei großem Talent großen Ernst und unermüdet rege Lust zum Studium. Wir glauben, es geschehe keinem anderen dadurch Unrecht, wenn wir 39

40 41 42 43 44

45

V g l . Bernhard, Martin und Rogner, Verlorene Werke der Malerei, München und Berlin 1965, K a t a l o g S. 58, Genelli, J a n u s : Die Müggelberge. Inv. N r . G K I 1450. Bez. u. dat. mit der Jahreszahl 1793. Öl/H 79 x 86 cm. A u f g e f . im K a t a l o g von G e o r g Poensgen, Das Marmorpalais ••• zu Potsdam, Berlin 1957, S. 49. V.Donop, Teupser, E b e r t , IV/8 —78 —82 und eh. K g l . Preuß. G e h . Staatsarchiv, III. A b t h . N r . 1 9 1 . fol. 36.37. V g l . Katalog der K g l . Akademie der Künste, Berlin 1804, Nr. 9 1 . V g l . v. Donop, Teupser, Ebert, IV/8 — 82. V g l . Zeitschrift „ B e r l i n " , Z w e y t e r J a h r g a n g , V , 123 — 124. V g l . Gottfried Schadow, Aufsätze und Briefe, zur Hundertjährigen Feier seiner G e b u r t herausgegeben. Nachtrag. Düsseldorf 1864. V g l . Johann Wolfgang Goethe, Winckelmann und sein Jahrhundert in Briefen und Aufsätzen. Mit einer Einleitung und einem erläuternden Register v o n Helmut Holtzhauer. Leipzig 1969, S. 183 u. 184.

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sagen, Carstens war der denkendste, der strebendste von alien, welche zu seiner Zeit der Kunst oblagen. — Es leuchtet aus allen seinen Arbeiten eine entschiedene Neigung zum Idealen hervor. Unverkennbar hat ihn anfänglich Michelangelos Kraft und Großheit vor allem anderen mächtig angezogen — bis nach einem allmählichen Übergang endlich Raffael ausschließlich sein Vorbild geworden ist." 46 Janus Genelli hatte diesen genialen und ungeheuer strebsamen Geist Asmus Jakob Carstens im eigenen Elternhause zu Berlin gemeinsam mit seinem Bruder Hans Christian vor dessen entscheidenden Rom-Reise näher kennen und achten gelernt (Abb. 12). Diese freundschaftlichen Beziehungen hat später Buonaventura Genelli in seiner Zeitung „Genossenschaft des Jenseits" gewürdigt. Carstens kam im September 1788 von Lübeck nach Berlin, als Janus und Hans Christian Genelli noch in Rom waren. Sie müssen aber im Spätsommer 1789, bald nach ihrem Wiedereintreffen in Berlin, mit Carstens ihre erste Begegnung gehabt haben. Sie betrachteten ihn nun als ständigen Gast und Freund des Hauses, dem sie gern Rat und Hilfe zuteil wer-

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Abb. 12. Buonaventura Genelli, Genossenschaft des Jenseits, Tafel X X I V des Zyklus „Aus dem Leben eines Künstlers" gezeichnet 1867. (Dargestellt sind links: Carstens, Bury, Maler Müller und Koch — mit Kappe —, rechts Hans Christian, Genelli — gestikulierend —, Buonaventura — mit Bart —, dahinter Janus Genelli und rechtsCamillo Genelli — 1867 verstorben). Zeichnung, Bleistift, 28,5 x 55 cm. Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv. Nr. 2367

den ließen. Doch schon am 17. Februar 1790 wurde der selbstbewußt vorwärtsdrängende Carstens in die Stelle eines akademischen Lehrers der Modellklasse der Akademie der Künste berufen. Bereits 1788 war er in der Akademie-Ausstellung mit 8 beachtlichen Arbeiten hervorgetreten. (Die vier Elemente, Gemälde — Gottheit, von Zeit und Ewigkeit getragen — Oedipus — Ossians letztes Lied — Die Nacht in den Armen des Morpheus — Die weissagende Kassandra — Altes Sprichwort, alles Zeichnungen). 47 Im Jahre 1789 zeigte Carstens in der Akademie die Zeichnungen „Sokrates, der dem Alcibiades das Lebens rettet, ein Schlachtstück" und „Der Sturz der bösen Engel." 48 Über Zusammenarbeit von Asmus Jakob Carstens und Hans Christian Genelli geben das von Carstens gefertigte Modell zu einer Statue Friedrichs II. und das von Hans Christian Genelli entworfene Piedestal Auskunft. Sie wurden in der Akademie-Ausstellung von 1791 neben anderen Denkmalsentwürfen ausgestellt, zum Beispiel ein Wachsmodell von Schadow. Im Haushalt von Janus Genelli war das Denkmalsmodell aus Gips noch bis zum Kriegsjahr 1806 erhalten geblieben, woran sich später auch Buonaventura Genelli erinnerte.49 Eine weit bedeutendere Arbeit von Carstens soll sich ebenfalls dort befunden hrben, nämlich die viel bewunderte Komposition „Die Geburt des Lichtes" (Abb. 13). Es kann sich aber keinesfalls um die große Bleistiftzeichnung gehandelt haben, die sich in den Kunstsammlungen zu Weimar befindet, 46 47 48 49

7*

Ebenda, S. 1 8 1 . Vgl. Katalog der Kgl. Akademie der Künste, Berlin 1788, Nr. 142 — 149. Wie Anm. 47, Berlin 1789, Nr. 79 und 80. Vgl. Hans Ebert, Forschungen und Berichte, Bd. 17, S. 178.

99

Abb. 13. Asmus Jakob Carstens, Die Geburt des Lichtes, Rom um 1794. Zeichnung, schwarze Kreide, leicht weiß gehöht, 61,2 x 69,5 cm. Kunstsammlungen zu Weimar, Inv. Nr. K K 567

weil diese erst in Rom entstanden ist. Denkbar wäre es, daß die 1791 in der Berliner Akademie ausgestellte kolorierte Zeichnung „Pthas und Neitha und ihr Sohn Phanes" 50 mit jenem faszinierenden Bild identisch wäre, von welchem Angehörige der Familie Genelli wiederholt ehrfurchtsvoll gesprochen haben. Diese getönte Zeichnung, gleichsam erste Fassung der „Geburt des Lichtes", war vielleicht ein Geschenk an die Familie Janus Genelli; sie ist leider seit langem verschollen. Nach 1800 kam der Maler Friedrich Bury von Weimar nach Berlin. E r hatte Italien nach längerem Aufenthalt verlassen und ein Jahr in Weimar zugebracht, bevor er die preußische Hauptstadt erreichte. Der 1763 50

Vgl. Katalog der K g l . Akademie der Künste, Berlin 1791, Nr. 35. Auf diese Arbeit Carstens' nimmt Buonaventura Genelli in seiner autobiographischen Skizze (vgl. Dioskuren 1868) Bezug, wenn er dort schreibt, daß ihn zwei Geister in jungen Jahren besonders beeindruckten, „der als Dichter bekannte Maler Müller in Rom, dessen Idyllen mich entzückten, der andere war Asmus Carstens (auf dessen Richtung früher mein Onkel so bedeutenden Einfluß gehabt hatte), von dem ich damals nur wenig zu sehen bekam, dies wenige gefiel mir aber ungemein, besonders ein Aquarell-&\\i\, welches meine Mutter besaß, darstellend Phtas und Neitha mit ihrem Erstgeborenem, dem Kind des Lichtes." — Alfred Kamphausen erwähnt das Bild in seiner Carstens-Monographie mit den Worten: „ E r (Carstens d. V.) legte nun zum Zeichen seines künstlerischen Vermögens ein Gemälde aus der ägyptischen Mythologie, wahrscheinlich das Aquarell der Geburt des Lichtes, Phtas und Neitha, vor, das auch nach dem Sitzungsprotokoll (der Akademie der Künste Berlin, d. V.) wegen des Gedankens und der Ausführung im Ganzen vorzüglichen Beifall" fand. — Vgl. Alfred Kamphausen, Asmus Jakob Carstens, Neumünster in Holstein 1941, S. 105. — Vgl. hierzu auch K . L . Fernow und H. Riegel, Carstens — Leben und Werke, Hannover 1867, S. 87ff. (Fernow) und S. 344—404.

100

zu Hanau geborene Künstler hatte Goethe in Italien und Weimar mehrmals gezeichnet und ein Porträt des Dichters in Lebensgröße, auf einem antiken goldenen Sessel sitzend, als Ölgemälde ausgeführt. Friedrich Bury kannte die beiden Genellis schon von ihrem Italienaufenthalt her und suchte sie deshalb umgehend wiederzusehen. Doch Hans Christian Genelli hatte inzwischen in Alt-Madlitz ein ländliches Asyl gefunden und kam nur noch selten nach Berlin 51 . Mit Janus Genelli aber vertieften sich die Beziehungen recht bald. Bury konnte fortan miterleben, wie die Familie, die Janus Genelli im Alter von 37 Jahren gegründet hatte, wuchs und gedieh. Der Künstler heiratete die 1769 in Berlin geborene Seidenfärberstochter Karoline Zürcher. Das Paar wurde am 26. August 1798 von Hofprediger Stosch getraut. Die entsprechende Eintragung im Domkirchenbuch von Berlin besagt, daß der Seidenfärber Conrad Zürcher zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war. Janus Genelli wurde in dieser Eintragung als Königlicher Hofmaler tituliert.62 Das entspricht nicht den Tatsachen, ist aber wohl so zu verstehen, daß er einige bemerkenswerte Beziehungen zu adligen und höfischen Kreisen hatte. Darüber werden wir noch berichten. Karoline Genelli war das jüngste Kind der Familie Zürcher, sie hatte noch vier Geschwister. Obwohl nichts Näheres über ihre Ausbildung in der Jugendzeit bekannt ist, darf man doch annehmen, daß sie ein gewisses Talent im Zeichnen besaß, das sie zu kleineren Arbeiten ermutigte. Im Verzeichnis der akademischen Kunstausstellung vom 22. Mai 1791 wird „Demoisell Zürcher" erwähnt mit einem „Kopf aus der Schule von Athen von Raphael, nach einer Zeichnung des Hern. Prof. Stanley in Kopenhagen". 53 Wir wissen nicht, ob sich die Ehefrau und Mutter Karoline Genelli weiterhin zeichnerisch betätigt hat. Es ist kaum anzunehmen, weil sie bald vier Kinder zu erziehen und einen kränkelnden Ehemann zu betreuen hatte. Aber der am 28. September 1798 geborene erste und begabteste Sohn Buonaventura hat später mehrfach betont, daß er seine künstlerische Phantasie wohl in erste Linie von seiner Mutter geerbt haben müsse. Von seinem Vater sprach Buonaventura aber ebenso mit Hochachtung, er habe sich als Landschaftsn aler einen großen Ruf erworben. Die Familie Janus Genelli hat sich rasch vergrößert. Nach Buonaventura wurde am 24. April 1800 der Sohn Christoforo geboren, am 26. Januar 1802 Joseph und am 8. August 1804 Friedrich Genelli. Merkwürdigerweise haben die Eltern ihre Kinder zunächst nicht taufen lassen, was damals eine höchst seltene Verhaltensweise war. Im Berliner Domkirchenbuch wird vermerkt: „da die Eltern der 3 Kinder nicht haben wollten taufen lassen, so sind selbige von Herrn Hofprediger Stosch hierzu angemahnt worden, worauf die Taufhandlung am benannten Datum (1. April 1802 d. V.) feierlich vollzogen worden." 54 Für die drei Söhne Buonaventura, Christoforo und Josephus werden in derselben Eintragung als Taufzeugen genannt: 1. Herr Kammerherr Reichsgraf v. Brühl. 2. Herr Kammerherr Bury, ein Geschichtsmaler. 3. Herr Kammerherr Pehrson, Dänischer Kanzlei-Rath. Bei der Taufe des vierten Sohnes Friedrich, die am 10. September 1804 erfolgte, werden sieben Paten aufgeführt : 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Herr Herr Herr Herr Herr Herr Herr

Kriegsrat Schütz. Hofrath Hirth. Bury. Hummel. Hummel. Adam. Genelli, Architekt. 56

Diese Listen der Taufpaten geben Aufschluß darüber, daß die in bescheidenen bürgerlichen Verhältnissen lebende Künstlerfamilie doch recht respektable Persönlichkeiten als ihre Freunde oder gute Bekannte benennen konnte. Einige dieser Männer haben wir bereits in dem Bild „Die Schachpartie" (1818/19) von Johann Erdmann Hummel gesehen im Aufsatz über Hans Christian Genelli. Die interessante Konstruktionsstudie zu dem im Landesmuseum Hannover befindlichen Gemälde, gehört leider zu den Kriegsverlusten der

51 52 53 54 65

Vgl. Hans Ebert, Forschungen und Berichte, Bd. 17, S. 185 u. 186. Domkirchenbuch Berlin, 1798, Nr. 30. Vgl. Katalog der Kgl. Akademie der Künste, Berlin 1 7 9 1 , Nr. 96. Domkirchenbuch Berlin, 1802. Ebenda, 1804.

101

Sammlung der Zeichnungen bei den Staatlichen Museen zu Berlin. 56 Wir zeigen zwei Ausschnitte aus dem Gemälde, um auf die oben erwähnten Taufpaten und andere Personen näher hinweisen zu können (Tafel 17,1 — 3). Links im Vordergrund steht in dozierender Haltung Janus Genellis Bruder, der Architekt Hans Christian, neben ihm sitzt beim Schachspiel der Archäologieprofessor Aloys Hirt, der im damaligen Berlin bei Wissenschaftlern und Künstlern, trotz mancher Widersprüche, eine große Rolle spielte. Auf dem zweiten Bildausschnitt sieht man links den Grafen Gustav von Ingenheim, einen Sohn des Königs Friedrich W ilhelm II., der als geistvoller Kunstkenner sehr geschätzt wurde und auch als Landschaftsmaler Beachtliches leistete. E r nahm bei Janus Genelli Unterricht im Zeichnen und Malen und stand in einem ausgesprochen freundschaftlichen Verhältnis zur Familie Janus Genelli und ebenso zum ledig gebliebenen Architekten Hans Christian Genelli. E r empfahl Janus Genelli als tüchtigen Lehrer, wonach nicht nur adlige Hofdamen, sondern auch Prinzessinnen seinen Kunstunterricht genossen. Johann Erdmann Hummel hatte schon vor einigen Jahren vor der „Schachpartie" den Grafen von Ingenheim porträtiert, in halber Figur vor einem Fenster stehend. In der Ferne erkennt man die Kuppel des Petersdomes zu Rom. In Berlin aber bewohnte Ingenheim das Palais Voß in der Wilhelmstraße. Vermutlich fand dort die dargestellte Schachpartie statt. Dort wird auch J . E . Hümmels Zeichnung entstanden sein: „Graf Ingenheim am Spinett" (Tafel 18, 1 u. 2). Hinter Ingenheim steht der Maler des Bildes selbst, Johann Erdmann Hummel, der spätere Lehrer Buor.aventuras an der Akademie der Künste und treue Freund der Familie Janus Genelli. Als Professor für Perspektive, Architektur und Optik vermittelte er wichtige Kenntnisse, deren völlige Beherrschung seine eigenen Gemälde widerspiegeln. Leider sind einige davon dem zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen. Auch als Porträtist hat Hummel Hervorragendes geleistet, so daß er einen festen Platz in der realistischen Malerei Berlins des 16. Jahrhunderts eingenommen hat. E r war aufs engste befreundet mit dem Bildnis- und Historienmaler Friedrich Bury, den er vor sich sitzend in nachdenklicher Haltung dargestellt hat. Aus Briefen und sonstigen Schilderungen ist an und für sich zu entnehmen, daß Bury ein sehr lebhaftes Temperament gehabt hat. In einer Bildniszeichnung en face, die den jüngeren Bury mit Zylinder und übergeworfenem Mantel in sympathischer Frische wiedergibt, wurde bislang immer eine Jugendarbeit Buonaventura Genellis vermutet. Aber diese Zeichnung entspricht weder dem Stil Buonaventuras, noch könnte er Bury in solch jungen Jahren erlebt haben. Denn als Bury in Berlin eintraf und zur Familie Genelli kam, war er etwa 3 8 Jahre alt und Buonaventura drei. Als dann der zwanzigjährige Buonaventura seine ersten Porträts zeichnete, war Bury inzwischen über 5 5 Jahre alt. Lionel v o n D o n o p hält es dennoch für eine streng akademisch ausgeführte Zeichnung Buonaventura Genellis, die dieser nach einer Vorlage mit dem Bild des jüngeren Bury ausgeführt haben könnte. Auf diese Angaben stützen sich C. G . Boerner 1 9 1 4 und Marianne Bernhard 1975. 5 7 Mit ziemlicher Sicherheit kann also nur behauptet werden, daß der Dargestellte der Maler Friedrich Bury in jungen Jahren ist, vermutlich während seines langjährigen Aufenthaltes in Rom. Als Porträtist könnten mehrere Künstler in Betracht gezogen werden, die mit Bury zur gleichen Zeit in R o m waren, auch Janus oder Hans Christian Genelli oder Johann Erdmann Hummel, wenn es sich nicht gar um ein Selbstbildnis handeln sollte (Tafel 18,3). Buonaventura Genelli muß das Bury-Bildnis auf alle Fälle gekannt haben, denn in seinem Zyklus „ A u s dem Leben eines Künstlers" hat er Friedrich Bury in ganz ähnlicher Weise dargestellt. Das betrifft zunächst die Tavel I V „ V o r der Sixtina" (Abb. 14), w o wir den Künstler in aller Bescheidenheit neben der von ihm für die Königin von Preußen sehr sorgfältig ausgeführten Kopie (Tafel 18/4) des berühmten Raffael-Werkes 58 stehen sehen. Hier sind die Ähnlichkeit mit dem schon besprochenen Bildnis von unbekannter Hand ganz offensichtlich. Aber auch auf Tafel V „ I m Dienste der K u n s t " ist Bury, der den Knaben Buonaventura als Aktmodell für Amor 5 9 gewonnen hat, wieder als der noch jugendliche Mann zu erkennen (Abb. 15), 56

I n : Forschungen und Berichte, Bd. 1 7 , S. 184 und auf Tafel 20, A b b . 2 wurde versäumt, diese Konstruktionsstudie zu Hümmels „Schachpartie" als Kriegsverlust zu bezeichnen. E s ist allerdings nicht einwandfrei erwiesen, ob das Bild einer Vernichtung durch Kampfhandlungen anheim fiel oder ob es irgendwie abhanden kam. Das Landesmuseum H a n n o v e r besitzt die zweite Fassung der „Schachpartie" in Öl a. L w . , die erste, kleinere Fassung befindet sich in der National-Gal. West-Berlin.

57

V g l . v. Donop, Teupser, E b e r t I V / 3 3 a —256 (hiernach Besitzer A . O. Meyer in H a m b u r g , dann M u s e u m Stettin bis 1944). Ferner: Auktionskatalog C. G . Boerner, Leipzig 1 9 1 4 , Sammlung A . O. Meyer, S. 28 — 32, N r . 258. A u ß e r d e m : Marianne Bernhard, Deutsche Romantik. Handzeichnungen, B d . 1 , Berlin 1 9 7 5 , S. 478 (Abb.). Die Burysche K o p i e der Sixtinischen Madonna hing ursprünglich im Palais Friedrich Wilhelms III. Unter den Linden ( K r o n prinzenpalais) und befindet sich seit etwa 1858 im Raffaelsaal zu Potsdam, lt. freundlicher Mitteilung von Dipl. phil. G e r d Bartoschek, Staatl. Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci.

58

59

E s handelt sich um die Vorbereitung des Gemäldes „ A m o r , der sich der Attribute des Jupiter bemächtigt", das in der Berliner Akademieausstellung v o n 1 8 1 0 unter N r . 64 gezeigt wurde. L u d w i g A c h i m von A r n i m gedenkt des Bildes in einem

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Abb. 14. Buonaventura Genelli, Vor der Sixtina, Tafel I V des Zyklus „Aus dem Leben eines Künstlers", gezeichnet um 1855. (Links hinter dem Gemälde der Maler und Kopist Friedrich Bury, um 1803). Zeichnung, Blei, 31,5 X 44 cm. Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv. Nr. 2367

der er in Wirklichkeit um 1805 nicht mehr war. Buonaventura Genelli behauptet in seinem Kommentar zur Tafel IV, Burys Kopie der „Sixtinischen Madonna" sei in seines Vaters Atelier aufgestellt worden, wo die Damen, die bei Janus Genelli Zeichenunterricht erhielten, das Werk bewundern konnten. Merkwürdig ist nur, daß der plastische Adler einmal auf einem Konsol und dann auf dem Podest mit Buonaventura zu finden ist, so daß man doch annehmen muß, beide Szenen haben sich in einunddemselben Atelier abgespielt, bei Janus Genelli oder Friedrich Bury.' Der schon alternde Buonaventura Genelli hat (um 1855) beim Zeichnen

Abb. 15. Buonaventura Genelli, Im Dienste der Kunst, Tafel V des Zyklus „Aus dem Leben eines Künstlers", gezeichnet um 1855. (Sitzend der Maler Friedrich Bury um 1805.) Zeichnung, Bleistift, 27,5 x 27,5 cm. Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv. Nr. 2367 Brief an Goethe im Februar 1806, das schön angelegt sei. (14. Bd. Schriften der Goethe-Gesellschaft, S. 90). Später hat die Königin Wilhelmine der Niederlande das Gemälde dem Königl. Museum im Haag überwiesen.

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seines von Ullrich Christoffel 60 vortrefflich kommentierten Zyklus von der Erinnerung her die Lokalitäten wohl nicht mehr richtig auseinanderhalten können. Wie es in Janus Genellis Atelier zuweilen zuging, wenn er dort selbst malte oder Damen Zeichenunterricht erteilte, hat sein Sohn Buonaventura in den Tafeln II und III seines obengenannten Zyklus in ganz persönlicher Weise zu schildern versucht. Vater Janus hat seine schöne junge Frau Karoline gebeten, auf einem Stuhl vor der Staffelei Platz zu nehmen und ein dort im Entstehen begriffenes Gemälde zu begutachten (Abb. 16). Sie folgt aufmerksam den Hinweisen ihres Mannes, der mit der Palette in der Hand hinter ihr steht und mit der Rechten zu dem Bilde weist, das höchstwahrscheinlich die im Jahre 1802 in der Akademie ausgestellte Heu-Scheuer-Harzlandschaft darstellt.61 Die Entstehungszeit dieses Werkes würde zeitlich übereinstimmen mit dem Säuglingsalter des Buonaventura, den seine Mutter zärtlich zum Stillen an die Brust genommen hat. Der Vater Janus ist, wie sein konzentrierter Gesichtsausdruck sagt, ganz gefesselt von seiner künstlerischen Aufgabe.

Abb. 16. Buonaventura Genelli, An der Mutter Brust, Tafel II des Zyklus „Aus dem Leben eines Künstlers", gezeichnet um 1855. (Janus Genelli mit Frau und Söhnchen Buonaventura um 1799 in seinem Atelier.) Zeichnung, Bleistift, 31 X 37,5 cm. Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv. Nr. 2367

Eine Harzlandschaft, die uns erhalten blieb, ist das Gemälde „Gegend aus dem Harz hinter Thale am Ausfluß der Bode, mit den daran liegenden Eisenhämmern." Die Lieblichkeit des Bodetales mit dem jungen Paar im Vordergrund, mit der weidenden Viehherde auf der schattigen Wiese und den dahinter liegenden Häusern des Hammerwerkes, vor der Hell-Dunkel-Kulisse der steilen Felsen und bewaldeten Höhen, fügen sich zusammen zu einem harmonisch ausgewogenen Landschaftsbild (Tafel 19). Es hat wohl noch einige heroische Züge des Klassizismus und romantische ebenfalls, aber eigentlich kann man schon von einem zum Realismus strebenden Werk des 19. Jahrhunderts sprechen. Das Bild befindet sich im Besitz der NationalGalerie. 62 Eine weniger günstige Beurteilung fand 1804 eine „Küstenlandschaft mit untergehender Sonne". Die natürliche Darstellung der brandenden See fand Lob, doch wurde von der Komposition gesagt, sie verrate „eine krankhafte Anstrengung, etwas Außerordentliches zu leisten." 63 Über die ebenfalls 1804 entstandene kleine „Landschaft mit dem Kirchturm in Stralau" sind keine Äußerungen bekannt geworden. Doch das letzte von Janus Genelli 1812 in der Akademie gezeigte Werk fand ausdrückliche Erwähnung in einem Brief von Achim von Arnim an Clemens Brentano am 2 3. Oktober 1 8 1 2 : 60

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Ulrich Christoffel, Buonaventura Genelli: Aus dem Leben eines Künstlers, Berlin 1922. Reproduktionen nach den 24. Originalzeichnungen, die sich in der graphischen Sammlung des Museums der bildenden Künste zu Leipzig befinden. König Friedrich Wilhelm III. soll von Janus Genelli mehrere Harzlandschaften erworben haben. Leider fehlt aber von dem Heu-Scheuer-Gemälde jede Spur. N G A III 446, Leihn. Inv. 218/1958. Letzter Vorbesitzer: H O Gaststätte „Adria", Inv. Nr. 6663. Das in ein Hotel-Foyer verirrte Bild wurde für die National-Galerie erworben. Vgl. v. Donop, Teupser, Ebert, IV/i —14.

„Genelli schmückt die Ausstellung (in der Akademie d. V.) durch eine recht schöne kühle Einfahrt in einen dunklen Wald, der bei dem hellen Himmel fast nachtartig ihn und die Gräfin Brenderlig umfängt, die er spazieren zu fahren beliebt. Das Bild im Ganzen ist herrlich, ungeachtet der Dichtigkeit des Waldes keine Unordnung oder Zweifelhaftigkeit in den Stämmen." 64 Lionel von Donop hatte um 1900 das Glück, ein Landschaftsbild Janus Genellis von hoher Qualität zu Gesicht zu bekommen. Es befand sich im Besitz der Gräfin Elisabeth von Ingenheim zu Hirschberg in Schlesien. Es war eine Landschaft mit Eingang zur Buchenwaldung, im Vordergrund Hirten mit Schafen, Fluß und Höhen im Hintergrund zur Linken. Von Donop schreibt dazu: „Von besonders malerischer Schönheit ist die von einer Buchengruppe ausgefüllte rechte Hälfte des Bildes. Meisterhaft sind die Baumstämme in der Farbe der Rinde und Festigkeit der Holzstruktur charakterisiert, das graugrüne, wie vom leichten Silberhauch überwehte Laub weich und fleckig im Sinne des späteren Corot wie eine künstlerische Vorahnung und das im Grün verstreute Gold der Herbststimmung mit zarter Empfindung der Natur abgelauscht. Mittelgrund und Ferne dagegen sind matt gestimmt und im Ton flau und verschwommen. Aus dem Walde vorn zieht gerade ein kleiner Hirte mit Schafen, Bettler lagern am Wege. Aus Silbergrau, Graugrün und Gelb ist eine reizvolle Farbharmonie gesponnen, die Malerei vor allem solide und von vorzüglicher Erhaltung, so daß man die Verborgenheit des Bildes bei sonstiger Unkenntnis von Bildern unseres Meisters fast zu bedauern berechtigt ist." 65

Abb. 17. Buonaventura Genelli, Erste Kunsterfolge, Tafel III des Zyklus „Aus dem Leben eines Künstlers", gezeichnet um 1855. (Buonaventura im Atelier seines Vaters Janus Genelli um 1802). Zeichnung, Bleistift, 29 x 40 cm. Museum der bildenden Künste Leipzig. Inv. Nr. 2367

Nach diesem begeisterten Urteil von Donops, das an einem einzelnen Werk Janus Genellis die großen künstlerischen und maltechnischen Fähigkeiten des so wenig bekannten Meisters lebendig demonstriert, muß man in der Tat beklagen, daß dieses Gemälde nicht einmal fotografisch erfaßt wurde und wie andere Werke des Künstlers gar nicht mehr auffindbar ist. Im Jahre 1814, also nach des Künstlers Tod, wurde noch ein nicht näher beschriebenes Landschaftsbild von Janus Genelli ausgestellt anläßlich einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Berlin.66 Wir sind mit der Behandlung der Gemälde Genellis seinem Werdegang vorausgeeilt. Man muß sich vor Augen halten, daß Janus Genelli kein festes Beamtengehalt hatte, daß er für seine Frau und die vier Kinder den Lebensunterhalt in schwerer Zeit zu bestreiten hatte. Das erklärt vielleicht die relativ geringe Zahl an Gemälden, die von ihm bekannt geworden sind, weil er einen beachtlichen Teil seiner Zeit für Mal- und Zeichenunterricht verwenden mußte. Auf Tafel III seines Zyklus schildert der Sohn Buonaventura, wie er als kleiner Zeichenkünstler von den Schülerinnen seines Vaters staunend umringt wird (Abb. 17). Die 64 68 88

Vgl. Achim von Arnim und Clemens Brentano. Bearbeitet von Reinhold Steig. Stuttgart 1894, S. 305. Vgl. v.Donop, Teupser, Ebert, IV/i —16 —17. Vgl. Verzeichnis von Kunst- und Literatur-Werken, welche zum Besten Verwundeter öffentlich ausgestellt sind, Berlin 1814, Nr. 107.

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Damen beugen sich zu ihm herab, knien sich auch nieder, um an seiner kindlichen Schaffensfreude in nächster Nähe teilhaben zu können. Janus Genelli ist nicht zu sehen. E r wird in einem der Nachbarräume sein, w o sich vermutlich die Staffeleien der Schülerinnen befinden. Wie es im Hause Janus Genellis um 1804 ausgeschaut hat, wenn sich die Familie versammelte, läßt eine flüchtige Zeichnung erkennen, deren Autor uns unbekannt ist (Tafel 20). Vielleicht stammt sie von Bury, der ja sehr oft zu Gast bei seinem Freunde Janus war. Würdevoll trägt die Mutter ihr jüngstgeborenes K i n d Friedrich in den Kreis der Familie. Ihr gegenüber sitzt in einem Lehnstuhl die Großmutter der Kinder, eines von ihnen, Christoforo, steht vor ihr. Hinter der alten Mutter erkennt man Vater Janus mit Palette und Malstock. Sein Atelier ist hinter der offenen T ü r zu vermuten, w o eine Staffelei steht. Bei der Großmutter sieht man die Schwester von Janus, Tante Christiane, die ihre Brüder und ihre Schwägerin überlebte und 1844 in Madlitz starb. Sie trägt den Sprößling Friedrich auf dem Arm, den späteren Kupferstecher, der früh verstarb. Daneben sitzt Onkel Hans Christian, der getreue und selbstlose Helfer der Familie, an den sich der sechs Jahre alte, stämmige Buonaventura anlehnt, wie er auch später dem Onkel immer sehr nahe stand. Hinter dem Paravent erkennt man schemenhaft die Bildnisse des Großvaters und des Urgroßvaters. 67 In den Jahren des Heranwachsens der Familie war Janus Genelli in besonders hohem Maße als Privatlehrer für Zeichnen und Malen tätig. Einer seiner ersten und gesellschaftlich ranghöchsten Schüler war, abgesehen v o n Königin Luise, der er 1803/04 Zeichenunterricht erteilte, Karl Friedrich Moritz Paul Reichsgraf v o n Brühl. 08 (Abb. 18) E r hatte ja 1802 als Taufpate der drei ersten Genelli-Söhne fungiert, ist aber höchstwahrscheinlich schon zehn Jahre vorher mit dem Landschaftsmaler in Kontakt gekommen. Denn Graf von Brühl kam 1790, im Alter von 18 Jahren, von Sachsen nach Berlin, um hier Vorträge des Oberforstmeisters Burgsdorff zu hören. E r war ein begeisterter Anhänger der Künste und übte sich im Musizieren, Malen und Radieren. Ferner interessierte er sich, angeregt durch Goethe, für die Mineralogie. In Thale im Harz studierte er Forstwirtschaft, wobei er sich zugleich angesichts der romantischen Gegenden im Landschaftszeichnen versuchte. Valentin Teichmann berichtet, Reichsgraf von Brühl habe in seiner J u gend bei Janus Genelli Kunstunterricht genossen und sei seinem Lehrer freundschaftlich verbunden gewesen. „Unter dem genialen Genelli zu Berlin" habe er das Landschaftszeichnen „theoretisch studiert". 69 Der Graf ging d a n n i 7 9 8 nach Weimar, kehrte aber 1815 nach Berlin zurück, als ihm K ö n i g Friedrich Wilhelm III. zum Generalintendanten der K g l . Schauspiele ernannte. Als das nach Plänen Schinkels errichtete Alte Museum fertiggestellt war, wurde Reichsgraf von Brühl vom K ö n i g zum Generalintendanten der Königlichen Museen berufen. E r starb am 9. August 1837 in Berlin. Ein interessantes Konvolut von Zeichnungen und Aquarellen hat das Dresdener Kupferstich-Kabinett aus dem ehemals gräflichen Brühischen Besitz in Schloß Seifersdorf übernommen. 70 Es enthält Laienarbeiten der Grafen Moritz und Carl Brühl, von Adams, ein Blatt von Schinkel, eine Anzahl Blätter von unbekannten Zeichnern und 21 Zeichnungen und Aquarelle von Janus Genelli. Ein architektonischer Entwurf (Tafel 2 1 , 1 ) für einen Musentempel im Seifersdorfer Tal mit 10 Musen-Statuen und einer Büste von Wieland (Album Seite 1 1 ) , mit Hanns Genelly fecit signiert, stammt eindeutig von Hans Christian Genelli. 7 1 Hier wird also deutlich, daß die Genellis direkte Beziehungen zur Familie der Grafen von Brühl und zu deren Wohnsitz in Schloß Seifersdorf bei Dresden hatten (Abb. 10). V o n Janus Genelli ist anzunehmen, daß er dort auch zu Gast war, denn auf einem Blatt mit Komödiantendarstellungen hat Janus signiert und datiert: „Genelly Delineavit Seifersdorf 1796" (Album Seite 12). Auf einer Janus darstellenden Karikatur steht: „Carricatur des Mahlers Genelly gezeichnet von Wachsmuth Seifersdorf 1794". Das in Sepia ausgeführte Blatt zeigt Janus Genelli mit einer überdimensionalen Pfeife als Raucher (Tafel 21,2). Wenngleich Wachsmuth diese Karikatur auch ohne Janus hätte ausführen können, darf man doch wohl annehmen, daß er anwesend war. 67

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Die Kreidezeichnung war unsigniert. Nach einer Notiz Lionel von Donops soll sie sich bei der Tochter Buonaventura Genellis, Laetitia Marshall, befunden haben. Das wohl schon vor 1900 entstandene Foto stammt aus dem Nachlaß v. Donop-Teupser. Karl Friedrich Moritz Paul Reichsgraf von Brühl war am 18. Mai 1772 zu Pforten in der Niederlausitz als einziger Sohn des Reichsgrafen Hans Moritz von Brühl auf Seifersdorf geboren worden. Seine Mutter, Reichsgräfin Margarethe Christina von Brühl war als geistvolle Freundin der deutschen Literatur bekannt. Die Eltern gestalteten das sogenannte „Seifersdorfer Tal" unweit von Dresden zu einer Gartenanlage im Geiste der Empfindsamkeit und der ihnen vertrauten freimarerischen Gedanken. — Vgl. Renate Krüger, Das Zeitalter der Empfindsamkeit, Leipzig 1975, S. 85 u. 86. — Vgl. auch Autorenkollektiv: Dresdener Heide, Pillnitz, Radeberger Land. D 4 Seifersdorfer Tal. Berlin 1976, S. 44. Vgl. Johann Valentin Teichmanns literarischer Nachlaß. Her. v. Franz Dingelstedt, Stuttgart. Cotta 1863, S. 105 ff. Album Brühl, Seifersorf, Ca 1976—4 im Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Hans Christian Genelli hatte in Alt-Madlitz bei Briesen in der Mark für seinen Freund, den Grafen Friedrich Ludwig Carl Fink von Finckenstein, 1817 einen Monopteros entworfen (vgl. Tafel 2 1 , Abb. 1, Forschungen und Berichte Bd. 17), der dann in dem romantischen Park des Grafen in ähnlicher Form errichtet wurde.

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A b b . 18. Carl Friedrich Jentzen, Bildnis Graf von Brühl, um 1830. Lithographie Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Inv. N r . A 1902 — 4 5 4 .

Interessant sind zwei andere Blätter in dieser Mappe. Die eine Zeichnung zeigt schlicht einen Baum. Darunter schrieb Carl Graf von Brühl die Bemerkung: „ D e r erste Baum, den ich unter Genelly im Tiergarten gezeichnet habe 1 7 9 3 . " Es sind also die Jahre seines ersten Aufenthaltes in Berlin, als Janus Genelli ihm die Grundbegriffe des Zeichnens und Aquarellierens beibrachte. Offensichtlich ist der Künstler mit seinen Schülern auch ins Gelände gegangen, um Naturstudien, wie den erwähnten Baum im Berliner Tiergarten, zeichnen zu lassen. Ein Aquarell aus dem Jahre 1794 vermittelt den Blick aus einem Fenster auf eine mit Kutsche, Reiter und Fußgänger belebte Straße. Die Beschriftung des Blattes gibt näheren Aufschluß: „Aussicht aus dem Fenster des Hauses Dorotheenstraße N r . 6 in welchem ich 14 Jahre mit meinen Eltern gewohnet habe. C. B r ü h l " 1794 zum 24ten Januar J . Genelli." (Tafel 22,1) Als Reichsgraf v o n Brühl am 1 . April 1802 an der Tauffeierlichkeit im Berliner D o m teilnahm, wohnte die Familie Janus Genelli mindestens schon seit 1798 in der Neuen Schönhauser Straße 18, w o Buonaventura das Licht der Welt erblickte.

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A b b . 19. Schloß Seifersdorf bei Dresden, Sitz der Grafen von Brühl, 1824. Lithographie in Saxonia I X , 19, 66 nach einer Zeichnung von T . Adams, 26,2 X 3 1 , 4 cm. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett

Es sind noch ein paar Arbeiten von Janus Genelli aus diesem Konvolut zu nennen, keine anspruchsvollen Blätter, mehr Studien oder Entwürfe, aber doch das Bild dieses wenig bekannten Künstlers etwas abrundend: Herkules mit Minerva und Nymphe. Datiert und signiert: den i8ten May 1794 J. Genelly; Cleobis und Biton ihre Mutter in den Tempel ziehend. Ovales Aquarell, in Röteltechnik und laviert. Originalzeichnung von J . Genelly 1797 (evtl. von Graf v. Brühl beschriftet); Segelschiffe auf bewegter See vor Küstenlandschaft. Bleistiftzeichnung, bezeichnet: J . Genelly Berlin 1 8 0 1 ; Obelisk unter Bäumen. Flüchtige Bleistiftzeichnung. Bezeichnet: J . Genelly 1802; Gewitternacht in südlicher Landschaft mit Palastruinen am Berg und einem Obelisk. Tuschezeichnung, bezeichnet: J . Genelly 1802 Berlin; (Tafel 23,1) Waldweg (ein Durchblick). Bleistiftzeichnung. Bezeichnet: J . Genelly 1802; Burgruinen im Mondschein. Kohle- und Graphitzeichnung. Bezeichnet: J . Genelly 1802 Berlin; Burgruine im Mondschein. Kohle- und Graphitzeichnung. Bezeichnet: Berlin 1804 J . Genelly; Fluß unter Bäumen. Bleistiftzeichnung. Bezeichnet: J . Genelly 1 8 0 3 ;

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Fluß mit einem Boot. Bleistiftzeichnung. Unsigniert, um 1803; Kutsche auf einem Weg. Bleistiftzeichnung. Signiert: J . Genelly, Frauenkopf im Profil (Juliette Krüdner). Unsignierte Zeichnung, um 1803. Diese kleinen und oft rasch hingeworfenen Zeichnungen oder Aquarelle werden wohl größtenteils in Berlin entstanden sein und eines Tages dem gräflichen Freund als Geschenk übergeben worden sein. Auf den meisten Blättern hat der Künstler neben seinem Namenszug und der Jahreszahl ausdrücklich Berlin geschrieben. Es könnte natürlich auch sein, daß er in Seifersdorf im Schloß der Grafen von Brühl so signierte, um gleichsam zu betonen: Janus Genelli aus Berlin. Einige Blätter des Albums bezeugen eindeutig, daß Janus Genelli als Lehrer für Graf von Brühl und dessen Umkreis tätig war: Landschaft mit römischem Tempel, wohl nach einer Vorlage von Janus Genelli. Aquarell im Oval. Bezeichnet: Carl v. Brühl d. 29. Jan. 1793; Gärtner in südlicher Landschaft. Perspektiv. Zeichng. erfunden von Genelly, gez. v. Carl Brühl 1803 (Sepia); Überwölbte Kapelle mit betenden Pilgern. Perspektiv. Zeichg. v. Genelly, gezeichnet von Carl Brühl 1804; (Tafel 23,2) Gebirgslandschaft mit Eremiten und Kapelle. Persp. Zeichg. erfunden von Genelly, gezeichnet (Sepia) v. Carl Brühl 1804. Auf einigen Zeichnungen, die Adams signierte und die ähnliche Landschafts- oder Figurenmotive zeigen, wird ausdrücklich vermerkt „Genelly dir.", also von Genelly angeleitet. Ein kleines Aquarell, das zwei Pfeife rauchende Herren zeigt, ist oben links signiert: „Carl Brühl und W (?) v. Schierstaedt in dem Taubstumm (?) 9. Januar 1 8 1 2 . " Es ist nicht ohne weiteres zu beweisen, aber durchaus denkbar, daß Carl von Brühl und von Schierstaedt sich in Berlin oder Seifersdorf getroffen haben, daß sie das Blatt selbst ausführten oder selbst die Dargestellten sind. Wenn es sich um W. von Schierstaedt handeln sollte, wäre dies wahrscheinlich Janus Genellis Freund und Wohltäter August Wilhelm von Schierstaedt. Als Napoleons aggressiver Vormarsch ganz Deutschland zu vernichten drohte, begannen Leidensjahre für das Volk, die auch Janus Genellis ohnehin nicht günstige Lage weiter verschlechterten. Bei der allgemeinen Verarmung gab es in dem an sich nicht sehr kunstfreundlichen Berlin nun noch weniger Interessen für zeitgenössische Kunstwerke. Es wurde für Janus immer schwerer, die sechsköpfige Familie zu ernähren und aus eigener Kraft zu erhalten. Als Kriegsgefahr drohte, war es Vater Janus vergönnt, dank einer freundschaftlichen Vermittlung des Grafen von Ingenheim, seine Frau und die vier Kinder, nur notdürftig mit Geld versehen, auf das Landgut Reichenwalde bei Frankfurt an der Oder zu bringen. Hier fanden seine Lieben bei dem menschenfreundlichen Gutsherrn August Wilhelm von Schierstaedt72 für vier Jahre ein sicheres Asyl. Der noch junge Gutsherr von Schierstaedt hatte gerade eine Tochter des Grafen von Finckenstein geheiratet, die Gräfin Friederike Amalie Ernestine in Madlitz, wo sich seit einigen Jahren schon Hans Christian Genelli als Freund der gräflichen Familie aufhielt. So wird also die Unterbringung der Familie Janus Genelli in Reichenwalde auch von Madlitz aus mit unterstützt worden sein. An Nahrung nicht Not leidend, wuchsen die Kinder unter der liebevollen Obhut der treusorgenden und gemütvollen Mutter Karoline Genelli heran. In der ländlichen Stille wurden die Nerven nicht strapaziert, doch war die Einsamkeit sicher nicht immer leicht zu ertragen. Dann zeigte die Mutter als Märchenerzählerin ihr großes Talent. Wie stark die Kinder beeindruckt waren, zeigt die anmutige, dem Geist der Romantik nahestehende Zeichnung Buonaventura Genellis „Der Mutter Märchen" (Tafel VI), die auch den edlen Typus dieser schönen Frau wiedergibt (Abb. 20). Vater Janus harrte aus in Berlin, als am 14. Oktober 1806 in den Schlachten bei Jena und Auerstedt die Preußen vernichtend geschlagen wurden. A m 17. Oktober hielt der Sieger Napoleon mit seinem Gefolge, hoch zu Roß durch das Brandenburger Tor reitend, seinen Einzug in Berlin (Abb. 21). Soldaten der Besatzungsarmee kamen auch in Janus Genellis Wohnung, worüber später Sohn Buonaventura berichtete. Die am 21. November 1806 von Berlin aus erlassene Kontinentalsperre Napoleons richtete sich zwar vorrangig gegen England, traf aber Handel und Wandel in Deutschland ganz beträchtlich. Königin Luise von Preußen, die von Napoleon in Tilsit empfangen wurde (Abb. 22), konnte trotz aller Liebenswürdigkeit, an der Stelle ihres gedemütigten Mannes Friedrich Wilhelm III., nicht ver72

A u g u s t Wilhelm v o n Schierstaedt, geb. 4. Oktober 1 7 8 1 , gest. 1 3 . A p r i l 1827. Beerdigt zu Madlitz. IO9

A b b . 20. Buonaventura Genelli, D e r Mutter Märchen, Tafel V I des Z y k l u s „ A u s dem Leben eines Künstlers", gezeichnet um 1855. (Das Bild zeigt die Gattin Janus Genellis mit ihren vier Söhnen, rechts Buonaventura, während der kriegsbedingten E v a k u i e r u n g 1806 — 1 8 1 0 in Reichenwalde.) Zeichnung, Bleistift, 27 x 40 cm. Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv. N r . 2367

hindern, daß ihrem schwergeprüften Land ein harter Friedensvertrag auferlegt wurde. Im Tilsiter Frieden vom 7. Juli 1807, den Lenin als „die größte Erniedrigung Deutschlands" bezeichnete, mußte Preußen mehr als die Hälfte seines Gebietes abgeben und fast die Hälfte seiner Einwohner. Am 3. Dezember 1807 haben die Franzosen Berlin verlassen, doch erst am 18. November 1808 erfolgte die Zurückgabe der Verwaltung des Landes an die preußischen Behörden, nachdem die Zahlung der Kontribution von 140 Millionen Thalern reguliert war. Das Königspaar kehrte am 23. Dezember 1809 nach Berlin zurück. Schon 1810 starb die Königin im Alter von erst 34 Jahren. Christian Daniel Rauchs Grabmal entstand 1815, Hans Christian Genellis Entwurf 1823 (Tafel 24,1 u. 2). Überall begannen sich patriotische Kräfte zur nationalen Erneuerung des Landes zu rühren. Namen wie Scharnhorst, Gneisenau, Grolmann, Boyen, Clausewitz, Stein, Fichte, Schleiermacher und Künstler wie Schadow, Schinkel, Rauch und Cornelius sind zu nennen. Auch Janus Genelli bekannte sich zu den patriotisch gesinnten Kräften in Berlin. Gemeinsam mit Bury wurde er Mitglied der christlich-deutschen Tischgesellschaft, die sich aus 46 Vertretern des Adels und des höheren Bürgertums gebildet hatte und am 18. Januar 1 8 1 1 seine konstituierende Sitzung abhielt. Ein Jahr vorher, 1810, war Frau Karoline Genelli mit ihren vier Söhnen nach Berlin zurückgekehrt. Des Vaters Gesundheitszustand hatte sich in den schlimmen Jahren weiter verschlechtert; vergeblich kämpfte er gegen die heimtückisch schleichende Krankheit an, die ihn schon im 18. Lebensjahr befallen hatte und nicht mehr verließ. Dennoch arbeitete er unter Aufbietung aller Kräfte künstlerisch weiter. Dabei war ihm die Freundschaft mit Friedrich Bury eine wertvolle Stütze. Bury und Janus erinnerten sich gern gemeinsamer Erlebnisse im fernen Rom. Sie arbeiteten aber auch ebenso gern zusammen bei der Ausführung einiger Gemälde. Ludwig Achim von Arnim berichtete Goethe im Februar 1806: „Bury bleibt noch immer der Tüchtigste, er freute sich recht innerlich etwas von Ihnen zu hören. Ihr Bild stand bei ihm. Zwei schon angelegte Bilder waren in der Zwischenzeit bei ihm entstanden ... Seine größere Arbeit, — die Drei schwörenden Schweizer, tut schon sehr gut. — Die Gegend ist Porträt, von Genelly angelegt. Das Bild ist für einen Baron Penz in Mecklenburg gemalt, der erste, von dem ich

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A b b . 2 1 . J o h a n n F r i e d r i c h J ü g e l nach L u d w i g W o l f , N a p o l e o n s F j n z u f r in Berlin 6. O k t o b e r 1806. R a d i e r u n g und Aquatinta, beschnitten 44,7 • 59,4 cm. Staatliche M u s e e n zu B e r l i n . K u p f e r s t i c h k a b i n e t t und S a m m l u n g der Z e i c h n u n g e n , K K I n v . N r ! 402-95

. D a n o i s nach Ciosse, N a p o l e o n und K o n i g i n L u i s e in Tilsit 1 8 0 7 . A u s : G a l e r i e s h i s t o r i q u e s de V e r s a i l l e s

höre, der in einem geschäftigen Leben den Wunsch behält, etwas dargestellt zu sehen." 73 Auch an dem großen Gruppenbildnis, das die Prinzessinnen Wilhelmine, Auguste und Marie darstellt, hat Janus Genelli mitgewirkt (Tafel 25,3). Interessanterweise hat Janus' Sohn Buonaventura zwei Jahrzehnte später eine ähnliche Zusammenarbeit gepflegt, als er im Gemälde des Altmeisters Joseph Anton Koch „Macbeth und die Hexen" die Gruppe der Hexen ausführte. 73 " Der Vater war der Landschafter, der das Figürliche nicht sonderlich pflegte, beim Sohn war es umgekehrt. Friedrich Bury war als Maler entschieden produktiver als Janus Genelly. Er trat häufiger mit großformatigen Bildnissen hervor, nachdem er vorher mehrere beachtenswerte Kopien nach Werken alter Meister, wie Raffael und Rubens, ausgeführt hatte. Erstaunlich intensiv war seine Produktion gerade in den schweren Jahren der Unterdrückung Preußens. So zeigte er in der Akademieausstellung von 1810 sieben größere Bilder: 74 das Bildnis der Prinzessinnen von Oranien und Hessen nebst der jüngeren Tochter; das schon genannte Rütli-Gemälde; das ebenfalls erwähnt Bild des Amor, der sich der Attribute des Jupiter bemächtigt (Tafel 25,4); das Porträt des jungen Prinzen von Hessen; das Porträt der Prinzessin von Hessen; das Bildnis der Gräfin von Voss und ein Aquarell: Johann Sebus und Goethe. Schließlich malte Bury noch in Berlin das patriotische Bild „Preußische Treue, Liebe und Milde", das Ludwig Emil Grimm 1814 in Kassel in einer sorgfältig ausgeführten Radierung breiteren Kreisen bekannt machte (Tafel 25,1). Nach dem Goethe-Bildnis hatte schon 1801 das „Porträt der Gräfin von Tolstoy" in der Akademie-Ausstellung Aufsehen erregt, das Bury auf Goldgrund in der delikatesten Weise ausführte. Eine umfassende ästhetische Würdigung dieses Werkes, das Bury für die Mutter der Dargestellten, für die Prinzessin von Holstein-Beck malte, schrieb Hans Christian Genelli. Darin heißt es u. a.: „ E s ist ihm zuteil geworden, in dem Bildnis der Gräfin Tolstoi einen der schönsten weiblichen Köpfe darzustellen, die man nur gemalt zu sehen wünschen mag: von den seltenen Physiognomien eine, die weit mehr noch als durch die reine Schönheit der Formen, durch jene nicht zu nennende stille Huld der Mienen unwiderstehlich an sich ziehen. — Und eine ungemeine Vollendung in seiner Kunst beweiset, daß er solch zartes Leben so Zug für Zug wiederzugeben wußte." 75 In den Schwestern des Königs von Preußen, der späteren Königin Wilhelmine der Niederlande und der späteren Kurfürstin Auguste von Hessen, die sich beide, wie viele andere Adlige jener Zeit, mit Malen und Zeichnen beschäftigten, gewann Bury einflußreiche Gönnerinnen bei Hofe. Sie besuchten gern seinen Unterricht, der wohl auch gelegentlich in Landschaftsfragen durch Janus Genelli erteilt wurde, und fanden in den Unglücksjahren 1806 und 1807 Trost im künstlerischen Schaffen. In den Akademieausstellungen von 1810, 1812 und 1816 waren zahlreiche Proben der nicht gerade unbedeutenden Leistungen von Burys hochgestellten Schülerinnenen zu sehen. Eine figurenreiche Szene „Aus dem Leben der Heiligen Elisabeth", die von der Kurfürstin Auguste von Hessen gestaltet wurde, befindet sich im Schloß Bellevue zu Kassel. Bury hat die Kurfürstin in einem betont repräsentativen Bild in kostbarer Kleidung und reichem Schmuck in einem Sessel sitzend dargestellt (Tafel 25,2). Aus schmalem Gesicht, über dem sich ein großer Federhut wölbt, schaut sie den Betrachter mit ruhigem, ernstem Blick an. Hinter ihr öffnet sich ein Portal zu einer Terrasse, von der aus man eine liebliche mitteldeutsche Landschaft erkennen kann. Dieser außerordentlichen Frau, die gezwungen war, eine unglückliche Ehe zu führen, widmete Goethe 1808 in Karlsbad sein Gedicht „Einer hohen Reisenden". Als Kurfürstin von Hessen hat Auguste zusammen mit ihrer Schwester Wilhelmine, der Königin der Niederlande, auf Burnys warmherzige Fürsprache hin Janus Genellis begabten Sohn Buonaventura wirksam Hilfe und Förderung zuteil werden lassen. Betrachtet man die Zeichnungen, Tusch- und Sepiaarbeiten, die von Janus Genelli aus dem eben behandelten ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts auf uns überkommen sind, so erkennt man die liebevolle Hingabe und Geduld, die der Künstler der Wiedergabe einer heimatlichen Landschaft widmete. Interessant sind in dieser Beziehung die beiden in Potsdam-Sanssouci befindlichen Sepiatuschzeichnungen gleichen Formates, die um 1805 entstanden sind und sich ergänzende Ansichten vom Brauhausberg aus darstellen.76 (Abb. 23. u. 24) Ein drittes, dazugehöriges Bild mit dem Belvedere auf dem Brauhausberg mußte in Pots73

V g l . Schriften der Goethe-Gesellschaft 14. B d . , S. 90. Gemeint ist das Gemälde „ S c h w u r der drei Schweizer auf dem R ü t l i " , das wie „ D e r triumphierende A m o r " in das K g l . Palais von D e n H a a g und später in das dortige Museum Mauritshuis gelangte. 73a V g l . Hans Ebert, Buonaventura Genelli, Leben und Werk, Weimar 1 9 7 1 , S. 34 u. 35. 74 75

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V g l . K a t a l o g der K g l . A k a d e m i e der K ü n s t e , Berlin 1 8 1 0 , N r . 62 — 68. V g l . v. Donop, Teupser, E b e r t , III/9 — 99 — 1 0 1 sowie Zeitung f ü r die elegante Welt. 9. J u n y 1 8 0 1 . , 9. Oktober 1802, S. 967 bis 968. V g l . Hans Joachim G i e r s b e r g und Adelheid Schendel, Potsdam im Bild des 18. und 19. Jahrhunderts, AiAstellungskatalog der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci 1968, S. 22 und 23, K a t . 13 und 14, A b b . 22 und A b b . 23.

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Abb. 23. Janus Genelli, Ansicht von Potsdam vom Brauhausberg aus gesehen. 1805. Sepiatuschzeichnung, 61,0 X 85,2 cm Staatliche Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Plankammer G K I 40648 d a m - S a n s s o u c i als K r i c g s v c r l u s t b e z e i c h n e t w e r d e n . 7 7 A n d e r e r s e i t s k o n n t e f ü r die S a m m l u n g d e r Z e i c h n u n g e n d e r S t a a t l i c h e n M u s e e n zu B e r l i n eine h ö c h s t s o r g f ä l t i g a u s g e f ü h r t e l a v i e r t e F e d e r - u n d P i n s e l z e i c h n u n g , w i e d e r u m m i t einer A n s i c h t v o m B r a u h a u s b e r g aus v o n 1 8 0 5 , e r w o r b e n w e r d e n . 7 8 ( A b b . 25).

Abb. 24. janus Genelli, Ansicht von Potsdam vom Brauhausberg aus gesehen, um 1805. Sepiatuschzeichnung, 61,2 X 85,5 cm. Staatliche Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Plankammer G K I 40649 " Für die Besorgung der Fotos und freundliche Auskunft gebührt Frau A. Schendel, Plankammer der Staad. Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, der Dank des Autors. 78 Das Blatt stammt aus der Kunsthandlung Franz Meyer, Dresden, von wo es 1966 für die Sammlung der Zeichnungen angekauft werden konnte. S. d. Z., J . Genelli, Kat. 5. Vgl. Gottfried Riemann, Ursula Riemann-Reyher, Deutsche Zeichnungen und Aquarelle des 19. und 20. Jahrhunderts, Ausstellungskatalog Berlin 1 9 7 1 , S. 27, Nr. 46. — Vgl. auch R. Kroll/Drescher, Potsdam im Wandel. Ansichten aus vier Jahrhunderten. Katalog des Kupferstichkabinettes und der Sammlung der Zeichnungen, Berlin 1969, Xr. 13. (Für den Druck in Vorbereitung) S

I "i-CH. u. HIT., Hcl. 19

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Abb. 2 5 .

]anus Genelli, Potsdam v o m Brauhausberg aus, um 1 8 0 5 . Feder, Pinsel, braune Tusche, laviert, 5 3 , 7 Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen Nr. 5

7 9 , 3 cm.

Wenn man sich die fehlende Arbeit Geneiiis hinzudenkt, ergeben die vier Blatt zusammen einen sicher beabsichtigten Panorama-Rundblick auf Potsdam vom Brauhausberg aus. Z w e i weitere Landschaftsdarstellungen in der Sammlung der Zeichnungen sind um 1800 entstanden, als Janus Genelli in Mecklenburg und im Harz arbeitete. Aus dem Jahre 1799 stammt die mecklenburgische Landschaft: Blick vom Schweinsrückenberg bei Dietrichshagen, eine Feder-Tusch-Zeichnung aus der Gegend v o n Doberan-Heiligendamm. 79 (Abb. 26) Die Arbeit ist locker und luftig ausgeführt und hat mehr Atmosphäre als die strenger und dekorativer gehaltene „Gebirgslandschaft mit Hirschjagd" (Abb. 27), 80 die wohl entstand, als Genelli um 1800 seine beiden schon genannten Harzgemälde schuf, möglicherweise auch schon einige Jahre früher. Aus einer ovalen Höhlenöffnung wird unser Blick in eine wild zerklüftete Felslandschaft geführt. Einige verwitterte Bäume haben sich hier noch behauptet. Man sieht einen Jäger, der sein Gewehr anlegt, um die dicht vor ihm aufspringenden Hirsche zu erlegen. Die Doberaner Landschaft wirkt infolge ihrer Lockerheit natürlicher, realistisch, während diese bizarre Harzlandschaft in ihrem zcntralperspektivisch-symmetrischen Aufbau etwas gewollt Heroisches im Sinn des Klassizismus an sich Eine merkwürdige Verbindung von klassizistischen und romantischen Ausdrucks- und Gestaltungsformen hat Janus Genelli in seinen viel beachteten allegorischen Landschaftsbildern hergestellt, die er Schiller, Herder, und Kant widmete. Es ist sehr zu bedauern, daß die „Landschaft mit dem Grabdenkmal Herders" 8 1 und die „Komposition mit der Grabpyramide J . Kants", 8 2 beide in Sepia um 1808 auf gleichem Format 79

Hl

82

Mecklenburgische Landschaft: Blick v o m Schweinsrückenberg bei Dietrichshagen. 2 7 . J u n i 1 7 9 9 . S. d. Z . , J . Genelli, K a t . 4 , F I I I 2 1 8 9 , Inv. 3 2 6 / 3 5 . A n g e k a u f t von G e o r g Hummel, E r f u r t , 1 9 3 5 . G . Hummel, ein E n k e l des Malers J o h a n n Erdmann Hummel, verfaßte die Monographie „ D e r Maler J o h a n n Erdmann Hummel. Leben und W e r k " , die T 9 5 4 beim Seemann-Verlag in Leipzig erschien. Gebirgslandschaft mit Hirschjagd. Sepiazeichnung, weiß gehöht. S. d. Z . , J . Genelli, K a t . 1, F II 1 5 6 . V g l . Lionel von D o nop, K a t a l o g der Handzeichnungen, Aquarelle und Oelstudien in den K ö n i g l . National-Galerie, Berlin 1 9 0 2 , S. 1 3 1 , J . G . 1. K o m p o s i t i o n . Landschaft mit dem Grabdenkmal Herders. Sepiazeichnung, 5 1 , 3 X 7 1 cm. 1 8 7 7 erworben bei E . Arnold in Dresden. S. d. Z . , J . Genelli, K a t . 2 , F 1 3 8 , seit 1 9 4 5 vermißt. V g l . Lionel v o n D o n o p , Kat. 1 9 0 2 , S. 1 3 1 , J . G . 2 . K o m p o s i t i o n mit der Grabpyramide I. Kants. B e z . : Janus Genelli fecit 1 8 0 8 . Sepiazeichnung, 5 1 , 2 x 7 1 , 2 cm. S. d. Z . , J . Genelli, K a t . 3 , F 1 3 9 , Inv. 8 3 — 1 8 7 8 , seit 1 9 4 5 vermißt. V g l . Lionel v o n D o n o p , K a t . 1 9 0 2 , S. 1 3 1 , J . G . 3 .

'ÈÊÊÊ Abb. 26. Janus Genelli, Mecklenburgische Landschaft — Blick vom Schweinsrückenberg bei Dietrichshagen, 1799. FederTuschzeichnung, 41,7 x 65,3 cm. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen Nr. 4!

ausgeführt, in der Sammlung der Zeichnungen seit 1945 vermißt werden. Das ist umso schlimmer, weil das dritte Blatt dieser Serie, das ebenfalls 1808 im gleichen Format ausgeführte Werk „ E n Mémoire de Schiller", 83 (Tafel 26) welches sich in Berliner Privatbesitz befand, vermutlich auch abhanden gekommen ist. Zum Glück gibt es von der letztgenannten Arbeit neben einer Graphik von Christian Haldenwang eine reproduzierfähige Fotografie, die uns eine Vorstellung von dieser vermißten allegorischen Landschaft Janus Genellis vermittelt, deren architektonischer Bildteil wahrscheinlich von seinem Bruder Hans Christian entworfen wurde. Der erste Direktor der Berliner National-Galerie, Max Jordan, nahm in seiner biographischen Skizze über Buonaventura Genelli auch zu dessen Vaters Schaffen Stellung: „Man kennt die scherzhaft abfällige Äußerung Goethes über die Neigung zeitgenössischer Künstler, kantische Ideen in allegorischen Bildern darzustellen, was er als ,die tollste Erscheinung, die vor dem jüngsten Tage der Kunst vorhergehen kann', bezeichnet. Der Landschaftsmaler vermochte freilich der Natur seines Darstellungsfeldes nach nur indirekt auf die Richtung einzugehen, aber, soweit es möglich war, versuchte er es. Ich kenne eine Komposition von ihm (Janus Genelli d. V.), die ansteigendes Hügel-Gefilde mit üppigem Haine zeigt, in dessen Schatten Gruppen von Jünglingen mit ihren Lehrern antike kostümiert im tiefen Sinnen sitzen und wandeln — ein Eindruck, der an das Pädagogenland in Wilhelm Meister erinnert, hoch oben auf dem Uferfelsen aber, der weit in das Meer hinausschart, ragt ein Tempel im Zwitterstil zwischen ägyptischem Pylonenbau und damaliger Dorik, und im Giebelfelde dieses freimaurerischen Architekturstückes die Inschrift : Immanuel Kant!" 8 4 Auch Hans Marshall ist in seinem Büchlein über Buonaventura Genelli auf Janus eingegangen. E r bezeichnet ihn leichthin als weniger bedeutend und genial als Hans Christian, weil er nicht dessen geistige und charakterliche Vorzüge gehabt habe. Das scheint uns doch, bei aller rangmäßigen Unterschiedlichkeit der Brüder Genelli zu hart formuliert. Besser klingt es schon bei Raczynski, den Marshall zitiert : „Die Malereien von Janus Genelli zeigen weniger Übung und Geschicklichkeit, dagegen ein tiefes Verständnis der Natur und das Bestreben, in ihre Geheimnisse einzudringen." 85 Darüber hinaus zeigt Genellis Apotheose Kants 83

84 85

En Mémoire de Schiller. Sepiazeichnung, 50,8 X 70,5 cm, ohne Datierung und Signatur. Das Blatt soll sich nach Angaben von Dr. Teupser vor 1945 bei Dr. Lenz in Berlin befunden haben. — Vgl. hierzu von Donop, Teupser, Ebert, IV/1 —23 — 26. Max Jordan, Bonaventura Genelli, Biographische Skizze. In: Zeitschrift für bildende Kunst 1870, S. 3 —19. Athanasius Graf Raczynski, Geschichte der neuen deutschen Kunst, Deutsch von Friedrich Heinrich von der Hagen, Berlin 1841.

8*

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A b b . 27. Janus Gcnelli, Gebirgslandschaft mit Hirschjagd um 1795 — 1800. Braune Sepiazeichnung, weiß gehöht, 25,4 X 31,5 cm. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen Nr. 1

eine Durchgeistigung der Natur im Sinne Winckelmanns und der Antike. Solche Schöpfungen entsprechen auch den Vorstellungen des Kunstschriftstellers Karl Ludwig Fernow, (Tafel 27,1) der als Freund, Förderer und Biograph von Asmus J a k o b Carstens in dessen künstlerischem Wirken die Erfüllung kantischer Ideen sah. Fernow widmete seine 1806 erschienene Carstens-Monographie Hans Christian Genelli und dem Bildhauer Busch, der auch mit Janus befreundet war. — V o n den verschollenen Landschaften mit dem Kant-Monument und dem Schiller-Monument gibt es graphische Reproduktionen in Aquatinta-Technik von Christian Haldewang (Tafel 27,2). 86 . Auch andere Arbeiten Janus Genellis sind graphisch umgesetzt worden, aber nicht von ihm selbst. Eine Waldlandschaft mit Wasserfall und Figuren wurde 1804 von einer Marmorplatte abgedruckt. Z w e i Jagdhunde in einer Waldlandschaft wurden 1 8 1 8 lithographisch wiedergegeben. V o n D o n o p erwähnt außerdem einige kleine Tuschzeichnungen, die Landschaften mit Waldungen, Ruinen oder Bauernhäusern darstellen, auf denen auch immer Staffagefiguren aus dem Volksleben zu finden waren. Doch von der Ausführung von Graphiken nach diesen Vorlagen ist keine Rede. 87 In den Jahren nach 1 8 1 0 scheinen Janus Genellis Lebenskräfte rapide nachgelassen zu haben. In unseren freilich nur sporadischen Unterlagen ist lediglich von zwei Landschaftsbildern die Rede, deren nähere Bezeichnungen aber fehlen. Wahrscheinlich hat der Künstler nun nur noch Unterricht erteilt. In diesen letzten Jahren porträtierte ihn sein Freund Bury in einem charaktervollen Brustbild en face, das die NationalGalerie besitzt 88 (Tafel 28,1). Eine gute Kopie davon hat lt. v. D o n o p Buonaventura Genellis Sohn Camillo, 80

87 SK

Christian H a l d e n w a n g , Zeichner und Kupferstecher in Linienstich und Aquatinta, Schüler des Chr. von Meckel, geb. zu Ourlach 1. Mai 1 7 7 0 , Hofkupferstecher zu Karlsruhe, gest. in Bad Rippoldsau 27. J u n i 1 8 3 1 . V g l . r. Donop, Teupser, Ebcrt, I V / i —24 —26. Friedlich B u r y : Bildnis Janus Genelli. Ö l auf L e i n w a n d , 67 X 43 cm. Inv. A 1 1052. 1909 erworben v o n W'ilhelmine Marshall, einer Urenkelin v o n Janus Genelli. Ihr Onkel, der Maler Camillo Genelli, gest. 1867, schuf wahrscheinlich die K o p i e des Janus-Porträts.

der Neffe von Janus, angefertigt, die später in das Schloßmuseum zu Weimar gelangte.89 (Tafel 28,2) Das bartlose Gesicht des schon grauhaarigen Künstlers zeigt einen offenen Ausdruck, der eine Spur von leiser Resignation erkennen läßt. Verglichen mit einem Bildnis Hans Christian Genellis, das ebenfalls nach v. Donops Ansicht Friedrich Bury mit Kreide zeichnete90, (Tafel 29,1) sieht man neben der Familienähnlichkeit auch die charakterlichen Unterschiede der Brüder. Janus Genelli hatte nicht nur weichere Gesichtszüge als sein Bruder Hans Christian, sondern er war in der ganzen Struktur seines Charakters und Wesens ein weniger kämpf- und streitlustiger Typus als dieser. Als kunstbegeisterter Träumer, in wirtschaftlichen Fragen des täglichen Lebens weitgehend unerfahren und uninteressiert, wurde Janus Genelli zeitlebens mit entsprechenden Schwierigkeiten konfrontiert. Nicht viel anders ging es später seinem Sohn Buonaventura, der, obwohl er seinen Vater bald überragte, ausgesprochene Hungerjahre durchmachte und erst im Alter von materiellen Sorgen befreit war. Der Bruder Hans Christian führte in seinem Asyl in Madlitz im Schöße der gräflichen Familie von Finckenstein ein zwar bescheidenes, aber ruhiges Privatgelehrtendasein bis zu seinem Tode im Tahre 1823. (Tafel 29,2) Janus Genelli hatte keine staatliche Anstellung und auch keine solche Zufluchtstätte wie sein Bruder. E r hatte zwar eine liebevolle und auch schöne Frau, die den Haushall und die vier Kinder bestens betreute, aber die Wohnung, zu der das Atelier gehörte, war doch zumeist vc n Unruhe erfüllt. So kann man sich vorstellen, daß die schöpferische Arbeit manche Störung erfuhr. Hinzu kamen die aus finanziellen Gründen unerläßlichen Unterrichtsstunden im Malen und Zeichnen für wohlhabende Bürger und Adlige. Hätte Janus Genelli diese Schüler nicht gehabt und einige hochgestellte Freunde, wie den Grafen Carl von Brühl und den Grafen G. A. W. von Ingenheim sowie die angesehenen Maler Friedrich Bury und Erdmann Hummel, wäre das Los der Familie in den auch politisch sehr bewegten Zeiten zu Beginn des 19. Jahrhunderts sicher recht traurig gewesen. Anfang des schicksalsschweren Jahres 1813, das im Oktober den Sieg über Napoleon brachte, kam Janus ernsthaft zum Liegen. Binnen weniger Wochen raffte ihn die nun wohl ausbrechende Tuberkulose hinweg. Völlig entkräftet und ausgezehrt, verschied Janus Genelli im Alter von 52 Jahren am 10. Februar 1 8 1 3 , tief betrauert von der damals 46-jährigen Gattin Karoline und den vier Kindern. Die sterblichen Überreste des Künstlers wurden auf dem Sophien-Friedhof zu Berlin beigesetzt.

89

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Friedrich Bury: Bildnis des Landschaftsmalers Janus Genelli. ö l auf Leinwand, 61 X 47,5 cm. Kunstsammlungen zu Weimar, G 646. Da die National-Galerie ebenso wie die Weimarer Kunstsammlungen behaupten, das von Bury ausgeführte Original zu besitzen, muß diese Frage gesondert untersucht werden. Lionel v. Donop erklärte vor 1900 in seinem Manuskript IV/ 1 4 — i n , Camillo Genelli habe das Porträt seines Großvaters Janus Genelli von F. Bury später „vorzüglich kopiert". Diese Kopie befinde sich im Besitz der Erben von Frau Laetitia Marshall geb. Genelli. Nach diesen Angaben müßte die NationalGalerie 1909 von Wilhelmine Marshall die Kopie erworben haben, die leider keinerlei Signaturen, Datierung oder Beschriftungen aufweist. Ein ähnliches Problem zeigt sich bei der in Kreide ausgeführten Porträtzeichnung, die nach Angaben der Kunstsammlungen zu Weimar von Erdmann Hummel stammen und Janus Genelli darstellen soll. (Vgl. Walther Schneidig in: Deutsche Zeichnungen 1720 — 1820. Weimar 1958, S. 4 1 , Abb. 46). Andererseits behauptet Lionel v. Donop auf der Rückseite eines alten Fotos und in seinem Manuskript (III/38 —330), es sei Hans Christian Genelli dargestellt, gezeichnet von Friedrich Bury. Zieht man andere Porträts von Hans Christian zum Vergleich heran, muß man sich der Auffassung von Donops anschließen und die in Weimar befindliche Zeichnung als Bildnis des Architekten Hans Christian Genelli gelten lassen. Der Dargestellte hat ein schmaleres, längeres Gesicht als sein Bruder Janus und eine Fehlstellung am rechten Auge, die Bury und auch er in dem gezeichneten Selbstbildnis von 1781 getreulich wiedergegeben haben. Ob J . E . Hummel oder F. Bury die Bildniszeichnung gefertigt hat, ist schwer zu entscheiden. Lionel v. Donop hat die Zeichnung bei Frau Katherina Kadersch geb. Genelli in Görlitz entdeckt, fotografieren lassen und F. Bury zugeschrieben. 1824 betonte überdies die K g l . Akademie der Künste in einem Nachruf, daß Hans Christian Genelli in einer Kreidezeichnung von Friedrich Bury und in einer Büste von Chr. D . Rauch überliefert sei. Zu Frau Katharina Kadersch und den bei ihr bewahrten Kunstwerken ist noch folgendes zu sagen: Katharina Kadersch ist die einzige Tochter von Friedrich Genelli, dem jüngsten Sohn des Landschaftsmalers Janus Genelli: Sie wurde 1851 in Schlochau geboren, w o ihr Vater Landvermesser und später Bürgermeister war. Sie heiratete 1868 den Hauptmann Johannes Kadersch in Berlin und war dann in Görlitz anässig. Ihr Vater Friedrich Genelli bemühte sich sehr um fünf Porträts aus dem Nachlaß seiner Eltern Janus und Karoline Genelli, die nach dem Tode der Mutter 1829 von Berlin zu der Schwester Christiane Genelli nach Madlitz kamen. Als sie dort 1844 starb, wurden die Werke zunächst vom Grafen Alexander von Finckenstein in Verwahrung genommen, dann aber dem dort vorsprechenden Friedrich Genelli ausgehändigt. (Vgl. hierzu v. Donop, Teupser, Ebert, IX/3 5) Es handelte sich um das in Öl auf Holz gemalte Bildnis der Mutter Buonaventura Genellis, das dieser 1820 ausführte und das 1922 in das Schloßmuseum zu Weimar kam (Inv.-Nr. G/683), ferner um Bildniszeichnungen von Hans Christian und Janus Genelli sowie Friedrich Bury (mit Zylinder). Letztere nahm Buonaventura Genelli an sich, nach dessen Ableben sie in die Sammlung A . O. Meyer nach Hamburg kam. Das Bildnis Hans Christian Genellis, wird die schon besprochene Zeichnung gewesen sein, die dann Frau Katharina Kadersch in Görlitz besaß und an das Weimarer Museum abgab ( K K 1484).

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In einem am 2. März 1813 in Berlin veröffentlichten Nekrolog für Janus Genelli wird auf ein gewisses Mißgeschick verwiesen, das den Künstler von Jugend auf verfolgte, als er schon bei seinem Studienaufenthalt in Italien durch Krankheit behindert war und „hier im Vaterlande verfolgte ihn das nehmliche Schicksal die längste Zeit seines Lebens. Die Liebe zur Kunst war in Berlin von jeher gering, damals fast gar nicht vorhanden, und das Geld, was jemand für ein Gemälde ausgegeben hätte, wäre fast durchgängig für Verschwendung geachtet worden. Um sich nur zu ernähren, mußte er sein ganzes Leben fast ausschließlich dem Geschäft widmen, was man hier ,Stunden im Zeichnen geben' nennt. Doch auch hierin hat sich der Einfluß seines Geistes bewährt. — Als Beispiel sei erlaubt, einen seiner letzten Schüler, den Kurprinz von Hessen selbst, anzuführen, welchen nicht nur eine vorzügliche Liebe und Einsicht auszeichnet, sondern der selbst Werke produziert, deren sich anerkannte Künstler rühmen dürften; und überhaupt darf man sagen, daß unser Genelli zur Ausbreitung und Erweckung der Liebe zur Kunst kräftig mitgewirkt hat." 91 In dem Nekrolog wird dann darauf verwiesen, daß sich niemand wundern solle über die geringe Zahl vollendeter Werke des Künstlers, der ja weder Zeit noch Mittel noch Gelegenheiten dafür hätte finden können. Seine ständige Unzufriedenheit mit sich selbst, die man ihm oft vorgeworfen hat, dürfe man nicht zu hoch veranschlagen, wenngleich es wenige Menschen von der Kraft wie er gäbe, „daß sie so weit ins Alter hinein, bei jedem, was sie denken und tun, sich des Lernens und Fortschreitens rühmen könnten; doch fühlte wohl er so gut wie jeder andere, welchen hohen Preis das Vollenden hat." Es wird dann auf die freundschaft liehen Beziehungen von Janus Genelli zu Johann Erdmann Hummel und Friedrich Bury verwiesen, für dessen Werke er wiederholt die landschaftlichen Hintergründe ausführte. Zwei Harzlandschaften habe der König von Preußen erworben und „eine Landschaft, welche Ihre K . H. die Prinzessin von Hessen bestellt hatte, und die jetzt im Besitz des Kurprinzen, ihres Gemahls, ist. Es war auf der letzten Kunstausstellung allhier zu sehen, und gewiß hat kein echter Kenner ihm seinen Beifall versagen können." 92 Im Atelier des verstorbenen Künstlers standen zwei noch unfertige Bilder, über die Buonaventura Genelli später in seiner kurzen Autobiographie berichtete. Es müssen größere Formate gewesen sein mit Kompositionen nach Philostratus, eine „Ruhe nach der Jagd" und eine „Wildschweinjagd". Was der damals 14jährige Buonaventura mit den Bildern angestellt hat, schilderte er mit den Worten: „Kaum hatte ich mich etwas über den Tod meines teuern Vaters getröstet, so ging ich in dessen Arbeitszimmer, ergriff Pinsel und Palette und bemalte oder vielmehr verdarb mit großer Behendigkeit einen geistvollen Entwurf, den er mit der Kreide auf ein Stück Leinwand gezeichnet hatte — zu spät bedauerte ich meine affenartige Passion." 93 Die erste Zeichnung, die von Buonaventura Genelli überhaupt nachweisbar ist, entstand wenige Monate nach ebengenanntem Vorfall: eine Rötelzeichnung eines männlichen Aktes in sitzender Haltung, die Rechte erhoben, die Linke auf dem Schenkel ruhend. Das Blatt trägt die Bezeichnung „Hans Bonaventura Genelli: Berlin den 3ten September 1814". 9 4 Im Verzeichnis der Akademie-Ausstellung vom 22. September 1816 wurde unter Nr. 292 von Hans Bonaventura Genelli angeführt: „Vorsaal eines Museums in korinthischer Ordnung, mit Lampen-Beleuchtung, in Aquarellfarben ausgeführt". Es ist klar, daß diese Arbeit unter der Anleitung des auf Perspektive, Architektur und Optik spezialisierten Professors Hummel entstanden ist.95 Der ehrenwerte Künstler und Akademielehrer Johann Erdmann Hummel übernahm nach Janus Genellis frühem Tod gemeinsam mit seinem Freund Hans Christian Genelli die Vormundschaft über die vier Kinder. Die selbstlosen Männer taten das Möglichste, um die schwergeprüfte Witwe mit Rat und Tat zu unterstützen. Hans Christian Genelli stellte ihr sein Jahresgeld fast völlig zur Verfügung, das er als Mitglied der Akademie der Künste bezog. Hummel förderte vor allem Buonaventura in seinem Studium. Der edle Freund der Familie Genelli, Graf G . A . W . von Ingenheim, fühlte sich ebenfalls verpflichtet, der Gattin seines von ihm hoch geschätzten Lehrers Janus Genelli wirksame Hilfe zu leisten. Er bewirkte bei den entsprechenden Behörden, daß Frau Karoline Genelli und ihre Schwägerin Christiane Genelli vom Land-Rentmeister vierteljährlich ihre Pensionsbeträge empfangen konnten.96 Dank dieser humanen Fürsorge konnte sich die Witwe freien Herzens um den Entwicklungsgang ihrer Kinder kümmern, konnte auch die Schwägerin einem ge-

91 92

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Vgl. Berlinische Nachrichten von Staats- und Gelehrten Sachen No. 26, Dienstag, den 2ten März 1813. Im Ausstellungsverzeichnis der Akademie der Künste vom 20. September 1 8 1 2 wurde die im Nekrolog erwähnte Landschaft von Janus Genelli unter Nr. 559 aufgeführt, leider ohne Titel und nähere Bezeichnung. Janus Genelli wird hier als Mitglied der Akademie tituliert, was er aber nie gewesen ist. Vgl. Autobiographische Skizze von B. Genelli, Dioskuren 1868, und v. Donop, Teupser, Ebert, XI/8 — 39 —47. Lt. v. Donop um 1900 in der Bibliothek der K g l . Akademie der Künste zu Berlin. Vgl. v. Donop, Teupser, Ebert IV/22 —153. Ebenda, IV/16 — 1 1 7 — 1 1 9 .

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sicherten Lebensabend entgegengehen. So erfüllten von Ingenheim, Hummel und Hans Christian das Vermächtnis von Janus Genelli. Noch einmal setzten sich die Freunde des verstorbenen Janus besonders ein, als es galt, die für notwendig erachtete Rom-Reise Buonaventura Genellis zu organisieren und zu finanzieren. Diesmal war auch Janus' lieber Freund Friedrich Bury stark beteiligt, der als Hofmaler in Kassel beste Beziehungen hatte. E r gewann die Gunst der Königin der Niederlande, für Buonaventura Genelli ein Reisestipendium zu genehmigen. Nach mehrmaligen Bemühungen wurden für die Dauer von vier Jahren 500 Thlr. jährlich bewilligt. Alle Freunde der Familie Genelli waren hocherfreut, natürlich auch Bury selbst, der dazu am 25. Februar 1822 an Hummel schrieb: „Diese mir so angenehme Nachricht können wir nun wie die Vollendung der Bemühungen ansehen, welche wir unserm verstorbenen Freunde (Janus Genelli d. V.) zu tun schuldig waren. Ich habe alle H o f f n u n g zu glauben, daß wir seinen Sohn, durch sein Talent und Fleiß zu einem großen Maler geworden, wieder zur höchsten Freude zu uns zurückkommen sehen." 97 Hans Christian Genelli hatte sich bereits in einem Brief vom 2 1 . Dezember 1821 an die Königin Wilhelminc der Niederlande als Onkel des Buonaventura und Bruder des Janus Genelli für das großzügig genehmigte Stipendium bedankt. Darin heißt es: „Diese hohe Wohltat, die ich zuvörderst zu betrachten wage als ein Zeugnis allerhuldreichster Gewogenheit, womit Ihro Majestät meines verstorbenen Bruders annoch eingedenk zu sein geruhen . . . " . In einem Antwortschreiben v o m 18. Februar 1822 betont die Königin, daß sie das Stipendium seinem Neffen mit so viel mehr Vergnügen bewilligt habe, „als ich dadurch Gelegenheit gefunden habe, meine wohlwollende Gesinnung gegen Ihren verstorbenen Bruder (Janus d. V . ) auch seinen Hinterbliebenen noch beweisen zu können". 9 8 Aus solchcn und anderen Nachrichten wird offensichtlich, in welch' rührender, pietätvoller Weise die Angehörigen und Freunde von Janus Genelli jederzeit seiner gedachten. Sein Bruder Hans Christian schrieb über ihn in einem Brief: „Sein Geist war geläutert, großartig, keusch und edel geworden, und alle seine Kompositionen zeichnen sich aus durch eine gewisse Lebendigkeit und W a h r h e i t . . . " " In diesen Worten sind einige wesentliche Merkmale von Janus Genellis charakterlicher und künstlerischer Haltung zu erkennen. V o n Philipp Hackert während seines römischen Aufenthaltes beeinflußt, befleißigte er sich, es ihm in Detailtreue und Exaktheit der Malweise gleichzutun. Diese streng-sachliche Art der Vedutenmalerei ist in den Potsdam-Ansichten enthalten, obwohl schon eine gewisse Lockerung spürbar wird. N u r die eine Harzlandschaft in der National-Galerie und die Zeichnungen in der Sammlung der Zeichnungen der Staatlichen Museen zu Berlin und in der Plankammer bei den Staatlichen Schlössern und Gärten zu Potsdam-Sanssouci sowie das Konvolut von kleineren Zeichnungen und Aquarellen aus dem Nachlaß des Grafen von Brühl im Dresdener Kupferstich-Kabinett gestatten uns heute noch einige wenige Vergleiche zum künstlerischen Werdegang Janus Genellis. 1 0 0 Die höchstwahrscheinlich besten und schönsten Werke sind verschollen oder gar vernichtet. 1 0 1 Wir dürfen aber den Urteilen so namhafter Persönlichkeiten wie G . Schadow, Achim v o n Arnim und Raczynski Glauben schenken, die wir schon an anderer Stelle zitiert haben. Wenn zum Beispiel gesagt wurde, Genellis Heuscheuer-Landschaft sei „unaussprechlich schön" gewesen; wenn eine Waldlandschaft als „im Ganzen herrlich" bezeichnet wurde; wenn dem Künstler bescheinigt wurde, daß ihm tiefgründige Landschaftsallegorien mit den Monumenten von Kant, Schiller und Herder „ausgezeichnet gelungen" seien und wenn schließlich darauf hingewiesen wurde, daß in einem späten „meisterhaften Landschaftsbild" mit Buchenwald der Künstler die goldene Herbststimmung und den Silberhauch wie eine „künstlerische Vorahnung" des großartigen Franzosen „Camille Corot" gemalt habe, dann ist das höchstes L o b für Janus Genelli. Hatte doch schon Geßner in R o m dem jungen Janus Genelli bestätigt, er habe eine schön und edel gedachte Komposition v o n ihm gesehen, die viel Genie verrate. So darf man vielleicht abschließend konstatieren, daß dieser v o n Haus aus bescheidene, pflichtbewußte und feinfühlige Janus Genelli trotz mangelnder fachlicher Ausbildung, trotz wirtschaftlicher Sorgen und schlechter gesundheitlicher Konstitution das Höchstmögliche aus sich herausgholthatim Dienste einer naturwahren und lebenssnahen Kunst. Denn es ist keine Frage, daß sich der Künstler, v o n den Ideallandschaften im Sinne des Klassizismus kommend, zu den realistischen Landschaftsschilderungen des 18. Jahrhunderts 97 98 99 100

101

Ebenda, IV/43—452. Ebenda, IV/44—462. Ebenda, I I / 6 - 1 7 . Zwei Gemälde Janus Genellis, zum Thema „Philemon und Baucis" in ö l auf Leinwand ausgeführt (S. 767 u. S. 768), befinden sich im Depot der Gemäldegalerie Alte Meister zu Dresden und stammen aus Schloß Seifersdorf (Nr. 18 u. 19). Die künstlerisch schwache figürliche Gestaltung läßt auf Frühwerke des Malers schließen. Möglicherweise könnten in Thüringen und Hessen, in privatem oder staatlichem Besitz, noch Werke Janus Genellis aufgefunden werden, vielleicht auch in Mecklenburg.

II9

hin entwickelt hat. Er wäre somit etwa zwischen Jakob Philipp Hackert 102 und Karl Blechen 103 kunsthistorisch einzuordnen. Denn er löste sich allmählich von den strengen Formeln einer trockenen Vedutenmalerei und näherte sich stimmungsvolleren Landschaftsdarstellungen, wie sie dann in verschiedenen Nuancen von Romantikern, bürgerlichen Realisten und Impressionisten geschaffen wurden. Wir sind uns aber durchaus im klaren, daß ein nur fragmentarisch sichtbares oder greifbares Lebenswerk wie das des Janus Genelli so lange keine endgültige Würdigung erfahren kann, bis einmal alle seine Werke, auch die irgendwo in Privatbesitz befindlichen, und wenn möglich die vermißten Bilder, zu einer abschließenden Bearbeitung zusammengsfaßt werden können. Die Künstlerfamilie Genelli

(in direkter Linie vom Ururgroßvater Christoph bis zum Ururenkel Camillo Genelli) Christoph Genelli, Maurermeister, geb. in Italien (?), gest. 1749 in Kopenhagen Franz Joseph Genelli, Kunststicker, geb. 1724 in Aubel, gest. 1792 in Berlin Hans Christian Genelli, Architekt, geb. 1763 in Kopenhagen, gest. 1823 in Madlitz b. Frankfurt/O Friedrich Genelli, Kupferstecher, geb. 1765 in Kopenhagen (?), gest. 1793 in Konstantinopel Janus Genelli, Landschaftsmaler, geb. 1761 in Kopenhagen, gest. 1813 in Berlin Buonaventura Genelli, Zeichner und Maler, geb. 1798 in Berlin, gest. 1868 in Weimar Camillo Genelli, Maler, geb. 1840 in München, gest. 1867 in Weimar Gabriele Genelli, Schauspielerin, geb. 1836 in Berlin, gest. 1879 in München Laetitia Genelli, Ehefrau des Males James Marshall, geb. 1844 in München gest. 1889 in Weimar 102

J a k o b Philipp Hackert, geb. 1 5 . 9. 1 7 3 7 in Prenzlau, gest. 28. 4. 1807 bei Florenz, war Schüler seines Vaters und der Berliner Akademie, ab 1768 in Italien tätig ( R o m , Neapel, Florenz). Ausgehend von der Berliner Landschaftsmalerei um 1750 und sich orientierend an der bürgerlich-rationalistischen A u f k l ä r u n g , wurde er zu einem streng klassizistischen Vedutenmaler, ohne landschaftlichen Stimmungsgehalt. In seiner Zeit w a r Hackert noch angesehen. E r wurde von A u f t r ä g e n aus ganz E u r o p a überhäuft.

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K a r l Blechen, geb. 29. 7. 1798 in Cottbus, gest. 2 3 . 7 . 1840 in Berlin, studierte ein J a h r an der Berliner Akademie, w a r dann vier Jahre Bühnenmaler und zwei Jahre in Italien. 1 8 3 1 wurde Blechen Professor für Landschaftsmalerei der Akademie in Berlin. Begeistert v o n progressiven Vertretern der Romantik, entwickelte er eine realistische Naturbewegung, in deren Verlauf er schon pleinairistisch-impressionistische Lösungen v o r w e g n a h m . D e r hochbegabte und für die deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts im progressiven Sinne besonders bedeutende Künstler mußte die letzten drei Jahre seines Lebens in geistiger Umnachtung verbringen. F ü r freundlichst gegebene Auskünfte und Unterstützung bei der Beschaffung von Fotos habe ich außer der schon erwähnten Kollegin Schendelin Potsdam noch herzlich zu danken: Herrn Direktor D r . Hoetink, Mauritshuis, D e n Haag, Niederlande; Herrn Direktor D i p l . phil. W. Schmidt und Herrn Dipl. phil. G . Friedrich, Kupferstichkabinett der Staatlichen K u n s t sammlungen Dresden; Herrn Dipl. phil. G . Bartoschek, Staatliche Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci; Herrn Direktor Meißner und Frau Dipl. phil. I. Reißland, Staatliche Museen zu Meiningen; Herrn Direktor D r . Strutz, Staatliches M u s e u m Schwerin; Herrn K u s t o s D r . Haudrick, Goethe-Nationalmuseum Weimar sowie Frau Direktor D r . Honigmann-Zinserling und Fräulein Dipl. phil. Fehr

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„LANDSCHAFT MIT D E M K L O S T E R SAN FRANCESCO DI CIVITELLA IM S ABINERGEBIRGE" ZU E I N E M BISHER U N B E K A N N T E N BILD VON JOSEPH ANTON KOCH Karl Brix

Die Städtische Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt erwarb 1975 aus hiesigem Privatbesitz ein Gemälde, das, obwohl in der einschlägigen Literatur 1 nirgends direkt erwähnt, als eigenhändiges Werk von Joseph Anton Koch (1768 — 1839) angesehen werden darf. Da es bisher unbekannt war 2 , erscheint eine Begründung der Zuschreibung und Einordnung in Koch's Œuvre angebracht. Der Verfasser dankt den Staatlichen Museen Berlin für die ihm gebotene Möglichkeit der Veröffentlichung dieser Zuschreibung. Das Bild (Abb. 1) zeigt eine klar gebaute Landschaft von erhabener Schönheit. Augenfällig im reich staffierten Vordergrund agiert eine kleine Gruppe andächtiger, zumeist knieender Menschen: Frauen, Kinder, ein wandernder Pifferari und, vor einer Wegekapelle, ein Kapuzinermönch. Von dieser Gruppe gleitet der Blick zu einem kleinen Bachlauf hinunter und wieder hoch zu dem Gemäuer eines Klosters knapp oberhalb des Talgrundes. Zwei dahinter hell aus dem stumpfen Braungrün der Vegetation herausleuchtende Felswände lassen den Blick wiederum verweilen, um ihm dann den nächsten Schritt in die Tiefe dieser hügelig ansteigenden Landschaft zu gestatten. Rauchfahnen ziehen ihn an, und schließlich findet er Halt an den kahlen, schroffen Bergwänden des Hintergrundes. Betont sukzessiv vollzieht sich dieses Nacherleben des Landschaftsraumes, der links vordergründig von Bäumen und Gebüsch begrenzt wird und rechts von einer Wegekapelle und dem dahinter aufragenden Baumstumpf. Ruhe liegt über dem Land. Alles wirkt real, irdisch, endlich, und alles Lebendige erscheint dem immanent. Das Bild ist auf Leinwand im Format 93 X 1 1 7 cm gemalt. Bei seiner Reinigung und der damit verbundenen Ausbesserung kleinerer Löcher und Risse hart an der Bildkante wurde festgestellt, daß der ursprüngliche Zustand unberührt blieb. Es konnten keinerlei Übermalungen, Veränderungen oder Restaurierungsspuren entdeckt werden. Leinwand und Keilrahmen befinden sich in gutem Zustand, die Farbe ist noch fest mit dem Bildträger verbunden, dessen Grundierung weiß, doch nicht glatt, sondern leicht körnig ist. Ein dichtes Netz von Krakelüren und feiner Haarrisse breitet sich über die gesamte Bildfläche aus. Sie gehen jedoch nicht bis zur Leinwand durch, sondern nur bis etwa zur Mitte der Farbschicht 3 . Eine Steinplatte, am unteren linken Bildrand gemalt, trägt die in klassischen römischen Kapitalen geschriebene Signatur G I U S E P P E K O C H T Y R O L E S E 1814. Die erwähnten Haarrisse ziehen sich gleichmäßig durch Platte und Signatur wie auch durch die darüber gemalten Grashalme, so beweisend, daß die Signatur keine spätere Zutat ist, sondern in Einheit mit dem Bild entstand. Somit ist ein direkter Hinweis auf Joseph Anton Koch als den Schöpfer unseres Bildes gegeben. Zu fragen ist nach Gründen, die dafür sprechen, daß es sich um ein eigenhändiges Werk Kochs handelt, nach der genauen Datierung und der 1

siehe besonders : Lutterotti, Otto R. von: Joseph Anton Koch 1768 — 1859. Mit Werkverzeichnis und Briefen des Künstlers. Berlin 1940. (Denkmäler deutscher Kunst.); hier ausführliche Bibliographie des bis dahin Erschienenen (S. 315 — 319). derselbe: Joseph Anton Koch 1768 — 1839. Heroische und romantische Landschaft. Innsbruck 1944. Pf ister-Burkhalter, Margarete: Handzeichnungen von Joseph Anton Koch. In: Zeitschrift für schweizer. Archäologie und Kunstgeschichte 9 (1947), S. 34—43. Frey, Dagobert: Die Bildkomposition bei Joseph Anton Koch und ihre Beziehung zur Dichtung. Eine Untersuchung über Kochs geistesgeschichtliche Stellung. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 14. (1950), S. 195—224. Zeitler, Rudolf: Joseph Anton Koch. In: Klassizismus und Utopia. Stockholm 1954. S. 170 — 182. Schmidt, Werner: Ein wiedergefundenes Werk von Joseph Anton Koch. In: Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Jahrbuch 1963/64, S. 127 —130. Keisch, Claude: Der Tod des Oskar. Joseph Anton Koch als Historienmaler. In: Staatliche Museen zu Berlin Forschungen und Berichte, Bd. 17. 1976, S. 189 — 198.

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Unser Bild wurde erstmals veröffentlicht im Kalender „Das schöne Detail" 1977. Ausschnitte aus Gemälden der Städtischen Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt, Leipzig 1976, V E B E . A . Seemann-Verlag, Blatt 1 . Nach freundlicher Mitteilung Frau Böhmers war es vorher nirgends veröffentlicht. Die Auskunft verdanke ich Herrn Hegner, Plauen, der das Bild 1973 einer restauratorischen Durchsicht unterzog.

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Abb. i

damit verbundenen Einordnung in das Œuvre des Meisters, genauer in den von Lutterotti erarbeiteten „Katalog der Gemälde" 4 . Der Signatur zufolge entstand unser Bild im Jahre 1814. K o c h befand sich damals in Wien, da er sich in Rom, seinem Wohnsitz seit 1795, „unter der französischen Regierung, die mir nicht auf guten Grund gebaut schien, . . . unbehaglich (fühlte)". 5 A n seinen Mäzen Uexküll schrieb er am 28. September 1 8 1 1 : „Fremde Reisende, welche allein noch etwas kaufen, werden immer seltener, auch wird hiesige Stadt immer elender. . . . Mein unabänderlicher Entschluß ist daher, daß ich . . . mich an einen Ort begebe, allwo noch Verkehr, Fremde und reiche Einheimische sich finden und um einen billigeren Preis als hier in Rom zu leben ist. . . . Ich suche einen Ort, allwo man mit dem Pinsel in Historien, Landschaften nebst Porträten, mit der Radiernadel, nebst Unterricht im Zeichnen sagen darf: ,Unser täglich Brot gib uns heute!'Dieser Ort wäre Wien" 6 . In dieser Absicht verläßt K o c h am 5. Juni 1 8 1 2 Rom und lebt mit seiner Familie bis Ende des Jahres 1815 in Wien. Doch seine Hoffnungen erfüllen sich leider nicht. A n Robert von Langer bekennt er 1815 : „Die Teuerung wächst täglich und, solange ich hier bin, habe v o n hier nicht so viel verdient, daß ich darvon nur 2 Tage hätte leben können. . . . Hätte ich diese schädliche Reise hierher nicht unternommen, ich hätte wahrhaftig besser getan" 7 . Ganz so mißlich freilich wird Kochs Lage sicher nicht gewesen sein, weist doch Lutterotti für seine Wiener Zeit das Entstehen von 16 Gemälden nach und für drei weitere die Wahrscheinlichkeit 4

Lutterotti, Joseph Anton Koch 1768 — 1839. Mit Werkverzeichnis und Briefen des Künstlers. Berlin 1940. (Denkmäler deutscher Kunst), insbesondere S. 199 — 232, Im Folgenden abgekürzt Zt.: Lutterotti, 1940, ... 5 Hans Mark: Der Maler Josef Anton Koch (1768 — 1839) und seine Tiroler Heimat. Innsbruck 1939, S. 32. 6 Brief vom 28. September 1 8 1 1 an Karl Friedrich von Uexküll (1755 — 1832). In: Arthur von Schneider, Die Briefe Joseph Anton Kochs an den Freiherrn Karl Friedrich von Uexküll, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 59. (1938) S. 186 — 208 und 258 — 280; die zit. Stelle S. 259. 7 Brief vom 28. September 1815 an Robert von Langer (1756 — 1824) In: Lutterotti, 1940, S. 176.

dafür 8 . Hinzu kommt die hier vorgestellte Landschaft, wenngleich auch vorwegnehmend bemerkt sei, daß sie zunächst wohl unverkauft blieb. Die meisten anderen Gemälde aber schuf Koch als Auftragswerke und erhielt Geld und Anerkennung dafür. Aus dieser Zeit sind für uns einige Briefe von Interesse, in denen Koch auf einen Auftrag eingeht, den er über seinen Freund Langer von Franz Wilhelm von Asbeck erhielt9. Es handelt sich um die beiden Bilder „Italienisches Winzerfest bei Olevano" 10 und „Kloster San Francesco di Civitella im Sabinergebirge" 11 . Das letztgenannte Gemälde ist in unserem Zusammenhang von besonderem Interesse. Stimmt es doch bis in Einzelheiten mit dem hier vorgestellten Bild überein, nur ist es kleiner gehalten und auf Holz gemalt. Abweichungen ergeben sich hinsichtlich der Gestaltung der Klosterbaulichkeiten und vor allem in der sich unmittelbar dahinter anschließenden Landschaft. So erheben sich in unserem Bilde hinter dem Kloster steil aufragende Felsen anstelle eines Hirtenfeuers, und von dem sich daran anschließenden Plateau stürzt ein Wasserfall herab. Auf dem für Asbeck gemalten Bild kommt rechts hinten ein Reiter aus dem Wald heraus. Auf unserem Bild weidet hier ein Schäfer seine Herde, aus dem Tal dahinter quillt der Rauch zweier großer Hirtenfeuer auf, der nach links leicht ansteigende Hügelkamm ist kahl und trägt unterhalb der Kuppe eine Ruine. Insgesamt erscheint auf unserem Gemälde die Landschaft des Mittelgrundes bewegter und abwechslungsreicher gestaltet. Ein Vergleich mit dem Asbeck'schen Bild ergibt weiter, daß dieses im Kolorit frischer wirkt und subtiler in der Ausführung der Details. Unser Bild erscheint überwiegend alla prima gemalt zu sein, die Lasuren sind nicht sehr sorgfältig ausgeführt. Das deutet darauf hin, daß Koch für die Ausführung des Bildes nicht viel Zeit hatte — oder sich nehmen wollte. Vielleicht war es für ihn mehr eine Gelegenheitsarbeit, wie das von Borries für Kochs Karlsruher Fassung der „Heroischen Landschaft mit dem Regenbogen" annimmt 12 . Auf alle Fälle aber erlaubt der Vergleich den Schluß, daß unser hier vorgestelltes Gemälde als „Landschaft mit dem Kloster San Francesco di Civitella im Sabinergebirge" identifiziert werden kann. „Ich machte mit Dörr (gemeint ist der Bildnismaler Friedrich Dörr, geboren 1782 und gestorben 1841/ K.B.) vor einigen Monaten eine kleine Fußreise in die Gebirge von Subiaco, allwo ich ein ganzes Buch voll Zeichnungen verfertigte, worunter manche sind, welche besonders, wenn ich noch ein wenig nachhelfe, wie Kompositionen aussehen, besonders, wenn ich noch etwelche Geschichten hineinmische", schrieb Koch am 14. Januar 1806 an Uexküll 13 . Eine dieser Zeichnungen wählte er, wie Lutterotti nachwies 14 , zur Vorlage für das Asbeck'sche Gemälde — und damit auch für das unsere — sowie für eine bereits um 1805 entstandene Lithografie 15 . Auf das für Asbeck gemalte Bild gibt es in den von Koch geschriebenen Briefen wiederholt Hinweise. So schreibt er am 8. Februar 1812 an Uexküll, daß „ . . . Präsident von Asbeck ... vermutlich noch zwei kleinere von mir malen lassen (wird), welches aber in Wien geschehen wird" 1 6 . Am 21. November 1812 teilt Koch, nun bereits in Wien, seinem Freund Langer mit, daß er das eine „wie eine Miniatur in Öl auf Holz gemalt" habe, mit dem anderen aber ist er unzufrieden und fährt fort: „Das zweite Bild, der See von Bolsena, obwohl ich mir alle Mühe gäbe, wird in meinen Augen das nicht werden, was dieses ist" 17 . Meister Koch ändert daher seine Absicht gänzlich und schreibt darüber am 3. Januar 1814: „ Ich will nicht Gefahr laufen, wie mit dem Bild des Herrn von Asbeck, den See von Bolsena vorstellend, welches mir gänzlich mißraten 8

Lutterotti, 1940, S. 204—210 (G 20 —G 35) und S. 228 (G 105— G 107). Brief vom 8. Februar 1 8 1 2 an Uexküll. In: A. v. Schneider (wie Anm. 6) S. 263, Briefe vom 10. Juni 1 8 1 2 ; 20. August 1 8 1 2 ; 20. Oktober 1 8 1 2 ; 21. November 1 8 1 2 ; 3. Januar 1 8 1 3 ; 9. März 1 8 1 3 ; 1. Juni 1 8 1 3 ; 31. Juni 1 8 1 3 ; 15. Oktober 1 8 1 3 ; 26. Februar 1 8 1 4 ; 17. März 1 8 1 4 ; 14. Mai 1 8 1 4 ; 17. Juni 1814, alle an Robert von Langer. In: Lutterotti 1940, S. 153 — 167 Franz Wilhelm von Asbeck (1760 —1826) besaß von Koch bereits die beiden Gemälde „Gegend bei Subiaco im Sabinergebirge" ( 1 8 1 1 , Museum der bildenden Künste Leipzig) und „Tiberlandschaft bei Acqua Acetosa" (1812, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie, Westberlin). 1(1 Lutterotti, 1940, S. 204—205 (G 20); ö l auf Holz, 46 X 57 cm, bez. u. re.: Koch aus Tirol 1 8 1 2 , seit 1847 im Besitz der Neuen Pinakothek München. 11 Lutterotti, 1940, S. 206 — 207 (G 26); Öl auf Nußbaumholz, 45 x 57 cm, bez. u. Ii.: Jos. Koch aus Tirol 1814, seit 1876 im Besitz der National-Galerie Berlin, heute in der Nationalgalerie der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz Westberlin. 12 Jobann Eckart von Borries: Joseph Anton Koch. Heroische Landschaft mit Regenbogen. Karlsruhe 1967, S. 16 ( = Bilderhefte der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Nr. 3) 13 Brief vom 14. Januar 1806 an Uexküll. In: Arthur von Schneider (wie Anmerkung 6), S. 197. 14 Lutterotti, 1940, S. 69 und S. 207. 15 Andreas Andresen: Die deutschen Maler-Radirer des 19. Jahrhunderts nach ihrem Leben und Werken, Leipzig 1878, B d . I , 8

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S. 35. Brief vom 8. Februar 1 8 1 2 an Uexküll. In: Arthur von Schneider (wie Anmerkung 6), S. 263. Brief vom 21. November 1 8 1 2 an Langer. In: Lutterotti, 1940, S. 156 und 157.

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ist, sodaß ich das Brett wieder abhobeln ließ; denn gewisse Dinge wollten durchaus nicht trocknen, und überdies gefiel mir das Bild durchaus nicht. Es kostet mir weniger Mühe, etwas Frisches zu machen, als eine Arbeit vollenden, welche meinen Beifall nicht erhalten kann. Ich habe also einen anderen Gegenstand als Pendent angefangen, nämlich das Kloster S. Francesco di Civitella, aber von einer anderen Seite als das 2te Blatt meiner radierten italienischen Gegenden. Die Gegend ist höchst romantisch, die Figuren darinnen machen den Kreuzweg der 14 Stationen. Ich hoffe, das Bild wird mit den anderen wetteifern und ich werde es mit mehr Lust machen, als den Lago di Bolsena" 18 . Damit ist ein direkter Hinweis auf dieses Motiv gegeben. Zugleich wird die Bedeutung der Staffagefiguren des Vordergrundes erklärt192. Ein anderes Indiz dafür, daß sich Koch damals mit dem Klostermotiv beschäftigte, gibt das 1812 noch in Rom vollendete, von Lutterotti ebenfalls nicht erfaßte Bild „Kloster des Heiligen Franziskus in den Sabiner Bergen bei R o m " , das sich seit 1920 im Besitz der Staatlichen Ermitage in Leningrad befindet1913 und das jenem ,,2ten Blatt (seiner) radierten italienischen Gegenden" entspricht, die er im vorgenannten Brief erwähnt. Im Verlaufe des Frühjahres 1813 scheint Koch mit dem Gemälde für Asbeck zufriedenstellend vorangekommen zu sein, denn er schreibt am 31. Juli 1813 an Langer, daß er „ an dem weit vorangerückten Bilde des H. v. Asbeck arbeiten" will und bezeichnet das Motiv als „eine der romantischsten Gegenden, die man sehen kann" 20 . Doch erst am 26. Februar 1814 meldet er an Langer, daß er „das Bild sehr fleißig vollendet" habe 21 . Dem erhaltenen Briefwechsel zufolge können wir also das für Asbeck gemalte Bild „Kloster San Francesco di Civitella im Sabinergebirge" am Ende des Jahres 1812 als begonnen und zu Beginn des Jahres 1814 als vollendet ansehen. Dieses Gemälde schickt Koch Ende März 1814 an seinen Freund Langer nach München, damit er es an Asbeck weiterleite. Der den Versand ankündigende Brief nun enthält eine für die Zuschreibung unserer Landschaft wichtige Passage. Koch schreibt am 17. März 1814: „Die Herzogin von Sagan war schon zweimal bei mir; sie war von dem Bild für Herrn von Asbeck so eingenommen, daß sie es kaufen wollte. Nächster Tage hoffe ich wegen Bestellung einiger Gemälde mit ihr in Richtigkeit zu kommen. Sie liebt besonders Alpenszenen, deren ich viele unter meinen Zeichnungen besitze. Von dem Bild für Herrn Asbeck wünschte sie eine Replik" 22 . Und am 4. Mai des gleichen Jahres schreibt Koch an Uexküll: „Die Fürstin von Sagan aus Curland war zweimal bei mir und bestellte zwei Bilder, eine schweizer und eine italienische Gegend, welche ich sogleich anfangen werde" 23 . Damit wird von Koch selbst der Hinweis auf die mögliche Entstehung einer Replik des für Asbeck gemalte Bildes „Kloster San Francesco di Civitella im Sabinergebirge" gegeben. Doch Koch scheint sich mit der Realisierung des Auftrages für die Sagan nicht sonderlich zu beeilen, wie überhaupt festzustellen ist, daß er oft lange und mit Unterbrechungen an seinen Bildern arbeitete. Im Juni 1814 hat er den Sagan'schen Auftrag noch nicht begonnen 24 , und selbst noch am 1 1 . November 1814 schreibt er an Uexküll: „ . . . alsdann werde ich die zwei Bilder für die Frau Herzogin von Sagan anfangen" 25 . In seinen Briefen nimmt er jedoch dann nur noch auf die Vollendung des einen Bildes Bezug und läßt zugleich immer deutlicher durchblicken, daß er nicht so recht zufrieden mit dieser Auftraggeberin ist. So schreibt er am 22. März 1815 an Freund Langer: „Mit der Frau Herzogin von Sagan, für welche ich ein Bild vollendet habe, will mirs auch nicht gehen, wie es für micht gut wäre. Es ist die schönste Schweizer Alpengegend aus demOber-Haslital. Sie wollte noch ein Pendent aus Italien, doch ohne zu bestimmen, was sie eigentlich will. Genug, wenn sie mir nur das Vollendete gleich bezahlte, aber der Coupon (?) leert solchen Vornehmen das

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Brief vom 3. Januar 1813 an Langer. In: Lutterotti, 1940, S. 158 und 159. Lutterotti, 1940, weist besonders auf den Seiten 69 — 70 auf „Anregungen des romantisch-religiösen Kreises um Friedrich Schlegel" hin. Diesem interessanten Einfluß kann hier nicht weiter nachgegangen werden. 19b Das Bild, Öl auf Holz, 3 4 X 4 6 cm und bez. u. re.: G . Koch in Roma f. 1812, stammt aus der Sammlung der Familie von Leuchtenberg in Petrograd. Es ist abgebildet in „ D i e Ermitage. Westeuropäische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts." Mit einer Einleitung von A . G . Kostenewitsch. Leningrad 1976, Tafel 21. Als mögliche Vorlagen zu diesem Bild finden sich bei Lutterotti, 1940, außer der Radierung Nr. 2 der „Römischen Ansichten" die Zeichnungen Z 559a und Z 560 (Abbildung Nr. 194) 20 Brief vom 31. Juli 1813 an Langer. In: Lutterotti, 1940, S. 1 6 1 . Bezüglich der Ordenszugehörigkeit irrte Koch, es war ein Kapuzinerkloster. In seinen „Lebenserinnerungen eines deutschen Malers", Berlin o. J . (1922) schreibt Ludwig Richter: „Ein armes, kleines Kloster, von wenigen Kapuzinern bewohnt, liegt in stillster Waldeinsamkeit; es war San Francesco". (S.221). 21 Brief vom 26. Februar 1814 an Langer. I n : Lutterotti, 1940, S. 163. 22 Brief vom 17. März 1 8 1 4 an Langer. In: Lutterotti, 1940, S. 165; es handelt sich, wie Lutterotti in Anm. 139 andeutet, wahrscheinlich um die Herzogin Wilhelmine von Sagan (1781 — 1839). 23 Brief vom 4. Mai 1814 an Uexküll. In: Arthur von Schneider (wie Anmerkung 6), S. 266. 24 Brief vom 17. Juni 1814 an Langer. I n : Lutterotti, 1940, S. 167. 25 Brief vom u . November 1814 an Uexküll, In: Arthur von Schneider (wie Anmerkung 6), S, 269. 19a

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Gehirn und den Beutel zugleich. Ich habe des Teufels Not mit ihr" 26 . Die folgenden Briefe enthalten dann leider keine Hinweise mehr auf dieses „Pendent aus Italien", sondern nur noch auf die Landschaft aus der Schweiz 27 und Klagen darüber, wie ihn „die saubere Herzogin von Sagan ... so stattlich hinter das Licht geführt" habe28. Den Briefen also ist nicht mit Sicherheit zu entnehmen, ob Koch die gewünschte Replik angefertigt hat oder nicht; am n . November 1814 sind beide Bilder noch nicht begonnen. Auch Lutterotti, der eigentlich jedem der in den Briefen gegebenen Hinweise nachging, vermerkt nichts. Er fand offensichtlich keinerlei Spuren dieser Replik, und da Koch nur die Ausführung des Bildes „Berner Oberland" meldet und auf seine Schwierigkeiten mit der Sagan hinweist, nahm er wohl an, daß die Replik nicht gemalt wurde. Im Zusammenhang mit einem anderen Bild des Klosters San Francesco aber findet sich bei Lutterotti ein sehr interessanter Vermerk. Zu dem Gemälde „Kloster San Francesco di Civitella in den Sabinerbergen" (G 76), das er nach 1830 datiert, schreibt er: „ . . . wahrscheinlich aus dem Nachlaß Johann Friedrich Böhmers stammend" 29 . Leider gibt nun Lutterotti keinen Hinweis, worauf er seine Vermutung gründet. Das wäre aber für uns sehr wichtig, da unsere „Landschaft mit dem Kloster San Francesco di Civitella im Sabinergebirge" ganz eindeutig aus dem Besitz dieses Johann Friedrich Böhmer stammt. Unser Bild kam 1972 zunächst als Leihgabe an die Städtische Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt. Es wurde einer restauratorischen Durchsicht unterzogen und danach ausgestellt. Damit wurde es zugleich erstmalig in der Öffentlichkeit gezeigt. Bis dahin befand es sich im Besitz der Witwe des Arztes Dr. Hermann Friedrich Albert Böhmer, der es 1928 von seinem ein Jahr vorher in Freital verstorbenen Vater geerbt hatte, dem Oberingenieur Gustav Heinrich Böhmer. In dessen Testament, aufgestellt im Jahre 1923, heißt es zu Punkt 7: „Oelgemälde, Pendüle (Standuhr) und die Büste des Dr. jur. Friedrich Böhmer, alle 3 Gegenstände aus dem Nachlaß des Dr. Böhmer, Frankfurt a./Main, sollen .. ," 30 . Dieser Dr. Böhmer nun war der Großvater von Gustav Heinrich Böhmer, der am 22. 4. 1795 in Frankfurt am Main geborene und dort am 22. 10. 1863 verstorbene, von Lutterotti erwähnte 31 Historiker Johann Friedrich Böhmer. Böhmer war kein Unbekannter in den Kreisen deutscher Künstler der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Rom. Friedrich Noack 32 nennt drei Romaufenthalte Böhmers: v o m „ 1 6 . 1 1 . 1818 bis 18. 9. 19, Stammgast des Café Greco; nochmals Mai/Juni 1840 und 30. 1 1 . 1849 bis 29. 4. 50". Besonders wichtig erscheint in unserem Zusammenhang die erste Romreise von Böhmer, eigentlich unternommen „um hier die ersten Schritte auf seiner Laufbahn als Quellensammler der mittelalterlichen Geschichte zu tun" 33 . Doch er pflegt auch guten Kontakt zu den dort ansässigen deutschen Künstlern; so geloben auf Anregung Böhmers Julius Schnorr von Carolsfeld und dessen Freunde 1819 anläßlich einer Dürerfeier die Herstellung einer Bilderbibel. Oft weilte Böhmer im beliebtesten römischen Treffpunkt deutscher Künstler, im Café Greco. Hier nun lernte er neben anderen auch Joseph Anton Koch kennen. Er schreibt dazu: „ E s herrschte oft bei den Zusammenkünften eine so ungebundene Fröhlichkeit, daß ein Fernstehender, dem es unbekannt, wie dieselben Männer, von den höchsten Idealen erfüllt, den Tag über rastlos schufen, leicht einen verkehrten Begriff von ihnen sich bilden konnte. Die Unterhaltung erstreckte sich über alle möglichen Gebiete des Wissens, über alte und neue Kunst und Literatur, über Philosophie, Musik usw., und es erhöhte nur den allgemeinen Frohsinn, wenn z. B. Koch mitten im ernsten Gespräch plötzlich wie ein Hahn zu krähen anfing, oder von einem Tisch zum anderen sprang und rief: Steigt mir nach über die Berge." 34 Koch und Böhmer kannten sich also. Doch wann von letztgenanntem die „Landschaft mit dem Kloster San Francesco di Civitella im Sabinergebirge" erworben wurde, bleibt im Dunkel. Klarzustellen ist, daß es diese Landschaft war, die Böhmer besaß, nicht jenes heute in Aarau befindliche Spätwerk Kochs 35 . Richtig26 27

28 20

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31 32 33 31

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Brief v o m 22. März 1 8 1 5 an Langer. I n : Lutterotti, 1940, S. 173. Es handelt sich um das Gemälde „Berner Oberland" (18x5) Galerie des 19. Jahrhunderts, Wien; Lutterotti, 1940, S. 209 — 210 (G3J). Brief vom 1. J u l i 1 8 1 5 an Uexküll. I n : Arthur von Schneider (wie Anmerkung 6), S. 273. Lutterotti, 1940, S. 128 und 222; das erwähnte Gemälde hat folgende technische Daten: Ö l auf Leinwand, 57 X 73 cm, bez. u. re.: J . K . ; es befindet sich als Dauerleihgabe der Eidgen. Gottfried-Keller-Stiftung in der Kantonalen Kunstsammlung Aarau und ist wahrscheinlich eine — v o r 1830 entstandene? — Replik des in A n m . 19b genannten Leningrader Bildes. Die familiären Angaben sowie das Testament vermittelte mir freundlicherweise Frau Böhmer, der ich für diese wertvolle Hilfe herzlich danke. Die im Testament erwähnte Büste stellt D r . jur. J o h a n n G e o r g Friedrich Böhmer (1799 — 1 8 5 1 ) dar, den Bruder von Johann Friedrich Böhmer. Lutterotti, 1940, S. 128 und 222. Friedrich Noack: Das Deutschtum in R o m seit dem A u s g a n g des Mittelalters. Berlin und Leipzig 1927, Bd. I, S. 96. Friedrich Noack (wie A n m e r k u n g 32), Bd. II, S. 420 u. 495. Lutterotti, 1940, S. 90; das dort in A n m . 261 erwähnte Buch J o h . Janssen, J o h a n n Friedrich Böhmers Leben, 1868, war mir leider nicht zugänglich. s. A n m e r k u n g 29.

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zustellen ist auch, daß unser Bild nicht mit dem 1867 aufgelösten Nachlaß Böhmers veräußert wurde, sondern bis zum Erwerb durch die Städtische Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt in Böhmerschem Familienbesitz blieb. Und obwohl der erhaltene Briefwechsel das nicht schlüssig erlaubt, spricht die Existenz unseres Bildes dafür, daß Koch die von der Sagan gewünschte Replik des Asbeck'schen Bildes doch anfertigte. Ausgehend davon, daß er beide Bilder Anfang November 1814 noch nicht begonnen hatte38, im Brief vom 22. März 1815 aber die Vollendung der „Schweizer Alpengegend" 37 ankündigt, sowie unter Beachtung der Malweise unseres Bildes38 und vor allem seiner unzweifelhaft mit der Entstehung gleichzeitigen Signatur ist die Schlußfolgerung erlaubt, daß unsere Landschaft in den letzten sechs Wochen des Jahres 1814 für die Herzogin von Sagan geschaffen wurde. Sie erwarb sie allerdings nicht, sondern das Bild ging zu einem späteren Zeitpunkt in den Besitz von Johann Friedrich Böhmer über. In dem von Lutterotti39 aufgeführten „Katalog der Gemälde" Kochs ist es demzufolge zwischen der „Landschaft mit Dankopfer Noahs" (G 29, Thorvaldsen-Museum Kopenhagen) und der „Heroischen Landschaft mit dem Regenbogen I I " (G 30, Neue Pinakothek München) einzuordnen. Mit der genannten Entstehungszeit steht die Signatur in Einklang. Die Wortfolge „ G I U S E P P E K O C H T Y R O L E S E . . . " charakterisiert die Signaturen vieler zwischen 1812 und 1817 geschaffener Bilder Kochs, besonders aber der Gemälde seiner Wiener Zeit 40 . Man mag darin des Künstlers napoleonfeindliche Gesinnung erkennen und zugleich seine Solidarität mit seinem 1810 von den Franzosen hingerichteten Landsmann, dem Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer; nach 1817/18 signiert er seine Bilder, wenn überhaupt, meist nur „I. Koch f . " oder nur „I. K . " . Und ebenso häufig ist, daß Koch in Wien seine Signatur in römischen Kapitalen schreibt 41 ; er tritt hier als Tiroler auf und fühlt sich gleichzeitig Rom, Italien als seiner Wahlheimat verpflichtet, wohin er denn auch 1815 nach Abzug der Franzosen zurückkehrt und bis zu seinem Tode 1839 bleibt. Um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, war Koch auf den Verkauf seiner Bilder und auf Aufträge angewiesen. Er hatte Rom 1812 eben mit aus dem Grund verlassen, weil hier „fremde Reisende, welche allein noch etwas kaufen, ... immer seltener (werden)" 42 . Um auf seine Kunst aufmerksam zu machen, stellte er in Wien seine Bilder in den Salons bedeutender Persönlichkeiten zur Schau oder ließ sich von solchen empfehlen. In seinem Atelier erfolgten die Bestellungen „meist nach vorhandenen Bildern Kochs oder nach seinen Radierungen", schreibt Jaffe, und fährt fort: „Sein Verfahren dabei war, daß er nach einer zurück behaltenen Skizze die späteren Ausführungen vollendete. Das waren natürlich keine mechanischen Wiederholungen, sondern er variierte das Thema" 43 . Und Koch selbst bemerkt dazu: „Das Bildchen von Aqua Cetosa für den Grafen kann ich Ihnen in einigen Wochen ganz vollendet schicken. Denn schon in Rom hatte ich nach dem Herrn von Asbeck eine freie Kopie nach dem Maß des kleineren nach dem großen Bilde untermalt, welches ich mit allen Gegenständen tue, dieweil ich weiß, daß es oft Liebhaber für den nämlichen Gegenstand gibt" 44 . Der Künstler variierte nicht nur im Detail, sondern vor allem auch hinsichtlich Größe und Bildträger. Es ist daher keinesfalls verwunderlich, sondern entspricht im Gegenteil voll den Gepflogenheiten Kochs, daß wir es bezüglich unserer Landschaft mit eben einer solchen „freien Kopie" nach einem etwa ein Jahr vorher von ihm vollendeten Bild zu tun haben. Fassen wir zusammen: Die hier vorgestellte „Landschaft mit dem Kloster San Francesco di Civitella im Sabinergebirge" malte Joseph Anton Koch Ende des Jahres 1814 in Wien als Replik eines Bildes, daß er ein knappes Jahr vorher im Auftrage von Franz Wilhelm von Asbeck fertiggestellt hatte. Es wurde von dem Historiker Johann Friedrich Böhmer erworben und verblieb im Familienbesitz seiner Nachkommen bis zum Erwerb 1975 durch die Städtische Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt. 36 37 38 39 40 41 42 43 44

s. Anmerkung 25. s. Anmerkung 26; der Formulierung nach bezieht sich diese Briefstelle wohl auf das Gemälde „Berner Oberland". vgl. dazu auch die Bemerkungen von Borries (s. Anmerkung 12). Lutterotti, 1940, S. 199 — 232. vgl. dazu bes. Lutterotti, 1940: G 14, G 19, G 24, G 27 und G 35, G 37. vgl. dazu bes. Lutterotti, 1940: G 19, G 20, G 26, G 27, G 35, G 37, G 38. Brief vom 28. September 1 8 1 1 an Uexküll. In: Arthur von Schneider (wie Anmerkung 6), S. 259. Ernst Jaffe: Joseph Anton Koch. Sein Leben und sein Schaffen. Innsbruck 1905, S. 58. Brief vom 17. Juni 1 8 1 4 an Langer. In: Lutterotti, 1940, S. 167. Das erwähnte Bild, ein Motiv von Acqua Acetosa, malte Koch 1 8 1 4 für den Grafen de Bray (1765 —1832) nach einer „freien Kopie", die er 1 8 1 2 nach dem gleichnamigen, für Asbeck gemalten Bild (vgl. Anmerkung 9) sich fertigte, wie Lutterotti, 1940, S. 165, Anmerkung 142 mitteilte.

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PROBLEME DER BRAKTEATENFORSCHUNG Bernd Kluge Die Brakteaten, eigenartigste und interessanteste Erscheinung im Münzwesen des deutschen Mittelalters, haben zwar bis heute ein reiches Schrifttum hervorgerufen, eine größere zusammenfassende Darstellung aber lediglich durch den Franzosen Gustave Schlumberger (1873) erfahren 1 . Von deutscher Seite ist bisher der Versuch einer Synthese noch nicht unternommen worden. Einige Gründe dafür lassen sich leicht anführen: Die Stoffülle ist erdrückend, die landschaftlichen Besonderheiten sind groß, wesentliche Probleme ungelöst, ohne Arbeitshypothesen ist nicht auszukommen, wobei man riskieren muß, durch neu auftauchendes Material peinlich korrigiert zu werden. Zudem war und ist die deutsche numismatische Forschung überwiegend regional orientiert, was z. T. durch die Eigenart des deutschen Münzwesens und die daraus resultierende Materialfülle einfach erzwungen, z. T. durch wissenschaftsorganisatorische und administrative Gründe bedingt ist2. Schon sehr früh, bereits in der „Inkunabel" deutscher Münzkunde, Tielemann Frieses Müntzspiegel (1592), haben die Brakteaten ihre Spuren hinterlassen3. Und lange bevor Joseph von Mader das Zeitalter ihrer wissenschaftlichen Bearbeitung einleitete, erschienen zahlreiche Commentationes, Nachrichten, Epistolae, die sie zum Gegenstand hatten, und die erste Bibliographie der Brakteatenliteratur datiert aus dem Jahre 17494.

Das Verdienst, die Brakteaten in das Blickfeld der wissenschaftlichen Welt ihrer Zeit gerückt zu haben, gebührt dem Thüringer Gelehrtenkreis um Johann Christoph Olearius, Christian Schlegel, Johann Andreas Schmidt, wobei diese Männer nebenbei auch noch für den Namen „Brakteaten" (als deutsche Entsprechung galt ihnen „Blechmünze") sorgten, der durch sie für kommende Zeiten in der Literatur verwurzelt wurde. Den Anfang machte 1678 Jacob von Mellen 5 , ihm folgte 1694 Olearius mit der ersten seiner zahlreichen Schriften 6 , und in der Zeit bis etwa 1745 erwuchs dann eine relativ umfangreiche Literatur zu den Brakteaten. Die wichtigsten Autoren waren neben Olearius, J . A. Schmidt 7 , C. Schlegel8, Sperling 9 , Leuckfeld 10 , Liebknecht 11 , Seeländer 12 . 1

G. L. Schlumberger: Das Bract£ates d'AlIemagne. Paris 1873. Beachtung verdient die kleine, sehr seltene und deshalb weitgehend unbekannt gebliebene Schrift von J . Leit^mann: Einleitung in die Brakteatenkunde. Weissensee 1874. Sehr knappe Ausführungen bei B. Kluge: Brakteaten — Deutsche Münzen des Hochmittelalters. Berlin 1976. (Kleine Schriften des Münzkabinetts. H. 2) 2 Verwurzelung in der heimatgeschichtlichen Forschung, administrative und personelle Verbindung zu Landesämtern, historischen Kommissionen u. dgl. sind einige Gründe, so daß als Zentren überregionaler Forschung eigentlich nur die Universitäten und Münzkabinette blieben, wobei in ersteren die Numismatik als Hilfswissenschaft ein sehr bescheidenes Dasein fristete und in letzteren Sammlungs-, Ordnungs- und Dienstleistungsarbeiten oft genug im Vordergrund stehen mußten. 3 T.Friese: Müntz-Spiegel. Das ist ein new und wolaußgeführter Bericht von der Müntz . . . Frankfurt/M. 1 5 9 2 , w o auf S. 109 und 1 1 2 einige Brakteaten abgebildet sind, freilich z. T. in recht phantasievoller Wiedergabe (Reiterbrakteat mit der Umschrift K E Y S E R O T T E N ) . 4 G. C. Kreysig: Nachrichten von Blechmüntzen verschiedener Völcker und dicken Müntzen der Teutschen in mittleren Zeiten. Leipzig/Görlitz 1749, der unter „erschienenen" Brakteatenschriften 84 und unter „versprochenen" 12 verzeichnet. 5 Jacobi a Mellen Lubecensis Epistola de antiquis quibusdam nummis Germanicis historiam Thuringicam praecipue illustrantibus. Jena 1678. 6 /. C. Olearius: Isagoge ad numophylacium bracteatorum. Jena 1694. 7 J . A. Schmidt: Numi bracteati Numburgo-Cicenses Pegaviensesque. Jena 1695. " Als seine bedeutendsten Schriften seien genannt: D e nummis antiquis Isenacensibus, Mulhusinis, Northusinis et Weissen9 seensibus. Jena 1703. und: De nummis Abbatum Hersfeldensium apotelesma. Gotha 1724. O. Sperling: Nummorum bracteatorum et cavorum. Lübeck 1700.

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Anlaß für das gegen Ende des 17. Jhs. so plötzlich erwachende Interesse an den Brakteaten waren bedeutende Funde jener Zeit 1 3 , die zumindest teilweise ihren Weg in die berühmte Sammlung des Grafen Anton Günther von Schwarzburg-Arnstadt (1666—1716) fanden, die ihrerseits die Quelle darstellte, aus der — durch den Fürsten gefördert — vornehmlich Olearius und Schlegel schöpften 1 4 . Johann Peter Ludewig rühmte dieses Kabinett und erwähnt als in Deutschland ohne Beispiel, daß die antiken Münzen nur in den Vorgemächern, „die alten Teutschen aber ihres Wertes und Nutzens halber in dem innersten Behältnis ausgestellt" seien 15 . Nachdem bereits die Isagoge des Olearius auf die Brakteaten als ganzes gerichtet war, versuchten nach ihm Ludewig 1 5 , Leuckfeld in der Einleitung zu seinen Antiquitates nummariae und J . A . Doederlin eine Systematisierung des neuen Gebietes 1 6 . Mit dem Tode der Olearius, Leuckfeld und Seeländer erlosch auch das Interesse an den Brakteaten, die literarisch über ein halbes Jahrhundert unbeachtet blieben 17 , bis der „ E c k h e l " der mittelalterlichen Numismatik, Joseph von Mader ( 1 7 5 4 — 1 8 1 5 ) , auf den Plan trat und mit seinen Schriften die Grundlagen für das durch ihn begründete Zeitalter der Wissenschaftlichkeit in der Brakteatenliteratur legte 18 . Maders Bedeutung ist kaum zu überschätzen, auf seinem Werk haben andere aufgebaut 1 9 . Mit der Gründung der ersten numismatischen Zeitschriften in Deutschland 20 und unter dem Einfluß solcher Persönlichkeiten wie Grote, Dannenberg, Posern-Klett 2 1 , Leitzmann, Stenzel, E . Bahrfeldt, der Gebrüder Erbstein, Menadier, Buchenau nahm die Erforschung der mittelalterlichen Münzkunde im 19. Jh.

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J . G. Leuckfeld: Antiquitates nummariae oder Historische Beschreibung vieler alten raren silbern Bracteaten und BlechMüntzen so unterschiedene gewesene Halberstädtische Bischöffe, wie auch einige Magdeburgische Ertz-Bischöffe und etzliche Quedlinburgische Abbatissin haben vormahls prägen lassen. Leipzig/Wolfenbüttel 1 7 2 1 . — Leuckfeld, Pastor in G r o n i n g e n bei Halberstadt, hat mit viel Fleiß und begünstigt durch glückliche Funde aus dieser Zeit ein beachtliches Brakteatenmaterial für Halberstadt zusammengetragen. Seine Beschreibungen sind recht sorgfältig, die Provenienzen der Stücke fast immer angegeben, die Abbildungen überwiegend originalgetreu, so daß sich aus seinem Werk auch heute noch mit G e w i n n schöpfen läßt.

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]. G. Liebknecht: D e nonnullis bracteatis nummis Hassiacis. Helmstedt ( 1 7 1 6 ) .

12

N. Seeländer: Z e h e n Schriften v o n Teutschen Müntzen mittlerer Zeiten. H a n n o v e r 1743. Seine Schriften gelten wegen der in ihnen enthaltenen, v o n ihm hergestellten Brakteatenfälschungen als anrüchig, übermitteln aber manches Wertvolle an Material und Beobachtung in z. T . erstaunlich ausgewogener Interpretation.

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Einigermaßen bekannt g e w o r d e n sind die Funde v o n Rudolstadt (um 1673), Nesselröden ( 1 6 9 1 ) , G ö r i t z (1708), „Halberstädter D i ö c e s " ( 1 7 1 3 ) und G r o n i n g e n ( 1 7 1 5 ) . V o m Nesselröder F u n d sind 27 Fundstücke in allerdings irreführender Wiedergabe veröffentlicht bei-D. Papebroek: Acta Sanctorum, D i e 16. J u n i i , A p p e n d i x de Ecclesiae Heiligenstad. V e n e d i g 1743. Aus dem F u n d v o n Rudolstadt kannte Mellen immerhin schon drei L u t e g e r - T y p e n (Mellen, a. a. O . , S. 1 2 , 16, 18) und die Funde v o n Halberstadt und G r o n i n g e n lieferten Leuckfeld die Grundlage f ü r seine Antiquitates nummariae.

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Ihnen war als „Schwarzburgischer Consistorial Assessor und Inspektor" (Olearius) bzw. Bibliothekar und Antiquar (Schlegel) die Sammlung zugänglich, die 1 7 1 0 nach G o t h a verkauft wurde und deren Brakteatenbestand in einem K a t a l o g aus dem J a h r e 1706, einer heute erhaltenen, einzigartigen Quelle f ü r die Frühzeit der Brakteatenforschung, verzeichnet w o r d e n ist A n Glanz überstrahlt wird sie im 18. J h . nur noch durch die Sammlung des Abtes von L o c c u m , Molanus (1633 — 1 7 2 2 ) deren Auktionsverzeichnis ( J . F. Borchmann\ Nummophylacium Molano-Boemerianum. Celle 1744) in der 2. A b t . über 1 0 0 0 Brakteaten und H o h l p f e n n i g e aufführt, darunter zahlreiche Stücke v o n hervorragender Seltenheit.

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f . P. Ludewig: Einleitung zu dem teutschen Müntzwesen mittlerer Zeiten. Halle 1709, S. 11. Leuckfeld, a. a. O . , S. 3 — 24; / . A. Doederlin: Commentatio historica de nummis Germaniae mediae quos v u l g o Bracteatos et cavos vernacule Blech- und Hohl-Münzen adpellant. N ü r n b e r g 1729.

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Wenn man v o n den seit 1 7 5 0 zahlreicher werdenden Münzverzeichnissen zu Versteigerungszwecken einmal absieht. E s zeigt sich deutlich, daß das Interesse an den Brakteaten auf einzelne Personen beschränkt war, mit deren T o d e es sich sogleich wieder verlor. J . Mader: i . Versuch über die Brakteaten, insbesondere über die Böhmischen. Prag (1798). (Neuere A b h . kgl. B ö h m . G e s . Wiss. B d . 3); ders.: Z w e y t e r Versuch über die Brakteaten. Prag 1808. Wenngleich er mit seinen keineswegs verdienstlosen V o r g ä n g e r n allzu hart abrechnet. D a ß auch er irrte, zeigt die Anerkennung Seeländerscher Fälschungen als echter Stücke {Mader, Z w e y t e r Versuch, Taf. 1 , 1 ) . — Allerdings stellen seine methodisch streng geordneten, überlegenen, systematischund in bewundernswert klarer Ausdrucksweise vorgetragenen Ausführungen alle seine V o r g ä n g e r weit in den Schatten, vgl. etwa Mader, 1 . Versuch, S. 1 4 — 5 6 .

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D e r e n erste die v o n / . Leitzmann herausgegebene Numismatische Zeitung. Weissensee/Thür. 1 8 3 4 — 1 8 7 7 war. E s folgten die v o n H.Grote redigierten Blätter für Münzkunde. Hannoversche numismatische Zeitschrift. L e i p z i g 1835 —1844 (zit. B M K ) . Seit 1 8 4 1 erschien die Zeitschrift für Mün^-, Siegel- und Wappenkunde. Berlin 1 8 4 1 — 1845 (1847 — 1 8 5 2 u. d. T . : Memoiren der kaiserlich bestätigten Gesellschaft für Archäologie und Numismatik zu St. Petersburg. St. Petersburg/Berlin 1847 — 1 8 5 2 ; dann wieder als Zeitschrift für Münz-, Siegel- und Wappenkunde, Neue Folge. Berlin 1859 — 1862) Grotes Münzstudien erschienen 1857 — 1 8 7 7 ; 1865 begannen die durch E. Gersdorf begründeten Blätter für Münzfreunde. 1876 erschien der erste Band der Wiener Numismatischen Zeitschrift (zit. N Z ) , und 1874 eröffnete die Zeitschrift für Numismatik (Berlin) unter A. v. Sollet ihre Reihe (zit. ZfN).

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D e r als erster die Seeländerschen Fälschungen literarisch entdeckte, v g l . B M K 4 (1844), S. 21 f.

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einen sprunghaften Aufstieg, an dem auch die Brakteatenforschung partizipierte, vor allem als Rudolf von Höfken ihr ein eigenes Periodicum, das Archiv für Brakteatenkunde, einrichtete22. Doch als Dannenberg sein Corpus der Münzen der sächsisch-salischen Kaiserzeit schuf 23 , gerieten die Brakteaten gegenüber den Denaren in einen entscheidenden Rückstand, der letztlich nie wettgemacht werden konnte. Wie gering beispielsweise der Anteil der Brakteatenperiode am gesamten deutschen numismatischen Schrifttum der Nachkriegszeit ist, erhellt aus den vorzüglichen Zusammenstellungen von Nau 24 und Hätz 25 . Freilich liegen die Verhältnisse für das 12. und 13. Jh. ganz anders als für die von Dannenberg behandelte Denarperiode und man wird sich mit Recht fragen, ob ein „Dannenberg" bei der heute bekannten Materialfülle und der ungleich höheren wissenschaftlichen Ansprüche möglich wäre 26 . Trotzdem ist die Bearbeitung der in zahllosen, oft nur schwer zugänglichen Publikationen und Sammlungen verstreuten Brakteaten inzwischen zu einer Verpflichtung geworden, der sich die Numismatik auf die Dauer nicht wird entziehen können, zumal der besondere Quellenwert der Brakteaten für das quellenarme 12. und die 1. Hälfte des 13. Jhs. außer Frage steht. Im Münzkabinett Berlin laufen des längeren Vorarbeiten in dieser Hinsicht 27 , wobei auch die Potenzen der in der Numismatik so erfolgreich wirkenden Amateurforschung einbezogen werden. Das Ziel ist ein Corpus aller, heute im wesentlichen auf dem Territorium der D D R liegenden, Brakteaten prägenden Münzherrschaften. Der durch die Thüringer Gelehrtenschule in die Literatur eingeführte Terminus Brakteat hat manche Kritik erfahren und ist häufig durch das deutsche Wort Hohlpfennig ersetzt worden 28 . Beide Begriffe werden heute synonym gebraucht. Ihnen gemeinsam ist ihre Ableitung von äußeren Eigenschaften und dem Erscheinungsbild der Münzen 29 . Sie sind für die hier zur Diskussion stehenden Pfennige des 12. und 13. Jhs. keine zeitgenössischen Begriffsbildungen. In den Urkunden dieser Zeit ist unterschiedslos immer nur von denarius, nummus oder Pfennig die Rede, womit sowohl zweiseitiger Denar als auch einseitiger Brakteat gemeint waren. Erst mit der Differenzierung des mittelalterlichen Münzsystems durch das Auftreten der Gold- und Groschenmünzen 30 wurden begriffliche Unterscheidungen nötig, und es kommt für die einseitig geprägten Münzen die Bezeichnung „hole penninge" auf. Nun hat ein solcher „holer penning" des 14. und 15. Jhs. mit einem Brakteaten des 12. und 13. Jhs. zwar die Art der Entstehung (Prägetechnik) gemeinsam 31 , doch ist seine währungsgeschichtliche Stellung eine völlig andere. E r ist Scheidemünze und wird mit zunehmender Zeitdauer zur untersten Stufe einer durchgebildeten, in sich stark abgestuften Nominalkette,

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Archiv für Brakteatenkunde. Hrsg. v. Rudolf von Höfken-Hattigsheim. 4 Bände. Wien 1898 — 1906, (im folg. A B K zitiert vgl. dort in Bd. 1, S. V — X X I I die auf die Brakteaten als ganzes gerichtete Einleitung von R. v.Höfken. H. Dannenberg: Die deutschen Münzen der sächsischen und fränkischen Kaiserzeit. 4 Bände. Berlin 1876 — 1905. Nachtrag Berlin 1905. E. Nau: Numismatik und Geldgeschichte 1947 — 1968. I n : Bll. f. dt. Landesgesch. 105 (1969), S. 260—303. G. Hätz-' Deutschland In: Congresso Internaz. di Num. Rom 1961, Bd. 1 , S. 261 —281; ders. in: A Survey of Numismatic Research 1960 — 1965. Copenhagen 1967, S. 122 —147; ders. in: A Survey . . . 1966 —1971. New York 1973, S. 7 3 - 9 4 Man vergleiche etwa die Behandlung von Münster und Tiel bei Dannenberg und bei P. Berghaus-. Die ältesten Münzen Münsters in den schwedischen Funden. In: Commentationes denummissaec. 9 — 1 1 in Sueciarepertis. Bd. 2, Stockholm 1968, S. 41 — 93 und G.Haiz'. Tieler Denare des 1 1 . Jhs. in den schwedischen Münzfunden. In: ebd., S. 97 — 190. Welch enorme Bedeutung die schwedischen Funde für die deutsche Münzgeschichte des 9. — 1 1 . Jhs. haben, wird eindrucksvoll deutlich bei G. Hätz - Handel und Verkehr zwischen dem Deutschen Reich und Schweden in der späten Wikingerzeit. (Lund) 1974. Aus einer ähnlich reichen Quelle können wir für die Brakteatenzeit leider nicht schöpfen. A. Suhle: Das Werk über die deutschen Münzen der Hohenstaufenzeit. In: Forsch, u. Fortschritte 26 (1950), S. 224 — 225. Als Beispiel sei das renommierte Wörterbuch der Münzkunde. Hrsg. v. Fr. v. Schrötter. Berlin/Leipzig 1930, Art. Brakteat und Hohlpfennig (Suhle) genannt. Ihrer auffallenden Dünne (bractea [lat.] — dünnes Blech) bzw. Hohlheit auf Grund der einseitigen Prägung (Hohlpfennig). Der Begriff Brakteat begegnet erstmals in der Glosse zu einer Urkunde aus dem Jahre 1368 und ist wohl erst bei der Herausgabe dieser Urkunde im 17. Jh. hinzu gesetzt worden, J.Hirsch-. Des Teutschen Reichs Münz-Archiv. T. 1 , Nürnberg 1756, Nr. 46, S. 42. Während die Goldmünzen für die Brakteaten kaum Auswirkungen zeitigten, bezeichnen der Prager und Meißner Groschen (seit 1300 bzw. 1338 geschlagen) das Ende der Brakteatenperiode. Beide sind mit nur einem Stempel geprägt. Dabei sei daran erinnert, daß sich frühmittelalterlicher Denar und spätmittelalterlicher Groschen oder Pfennig in ihrer Herstellungstechnik ebensowenig unterscheiden, ohne daß es jemandem einfiele, sie deshalb miteinander zu vergleichen. Es soll nicht geleugnet werden, daß die Bezeichnung Hohlpfennig gegenüber der Bezeichnung Brakteat den Vorteil besitzt, den Münzcharakter zu betonen, was aber durch den eindeutigen Bezug der Brakteaten schlechthin auf die Hohlmünzen des 12. und 13. Jhs. ausgeglichen wird. Sonderformen wie Schmuck- oder Goldbrakteaten bestimmen sich durch ihre Beziehungsworte von selbst. Forsch, u. Bcr., Bd. 19

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während der Brakteat höchstes und weitgehend einziges32 geprägtes Nominal mit beherrschender Stellung im Münzsystem ist33. Das scheint Grund genug, die Brakteaten des 12. und 13. Jhs. deutlich von ihren „schwächlichen" Nachfahren, den Hohlpfennigen aus der Groschen- und Talerzeit, abzuheben und dem besonderen Wesen und der Bedeutung der Brakteaten gegenüber den Hohlpfennigen auch terminologisch Ausdruck zu verleihen. Beide gehören verschiedenen Währungsepochen an, und es hieße die besondere Problematik der Brakteaten als gültigste Kennzeichnung der Periode des regionalen Pfennigs verkennen, wollte man sie begrifflich mit den hohl geprägten Scheidemünzen des 14.—17. Jhs. auf eine Stufe stellen. In gewisser Weise bleiben damit die Übergänge zwischen Brakteat und Hohlpfennig eingangs der Groschenzeit fließend. Das Aufkommen der Groschen im Münzumlauf ist landschaftlich sehr verschieden und zeitlich nicht immer ganz exakt festzulegen, dürfte aber im allgemeinen als Zäsur ausreichen. In Erkenntnis ihrer Wesensverschiedenheit sollte deshalb künftig für die Hohlmünzen der Periode des regionalen Pfennigs die Bezeichnung Brakteaten, für die der Groschen- und Talerzeit aber die Bezeichnung Hohlpfennige angewendet werden34. Die bisher erschienene Literatur über die Brakteaten präsentiert sich in sehr unterschiedlicher Form und Qualität. Den Hauptanteil machen einerseits Fundbeschreibungen und andererseits mehr oder weniger gründliche und umfangreiche Zusammenstellungen einzelner Münzreihen aus. Letztere spiegeln damit ein Merkmal der Brakteaten, die regionale Begrenztheit, wider. Eine große Anzahl solcher Arbeiten vereinigt das Archiv für Brakteatenkunde 35 , das zusammen mit den Arbeiten Buchenaus über die Funde von Gotha (1900), Seega (1902) 36 , sowie seinen Mitteilungen zur Brakteatenkunde37 eine Art Handbuch der Brakteatenforschung darstellt. Vielleicht kann man hierzu auch noch die Bearbeitung des Fundes von Nordhausen durch Mertens rechnen38. Zu bequemen Orientierungs- und Zitierwerken haben sich die Kataloge großer Spezialsammlungen entwickelt39. Als die großen, durch deutliche Unterschiede in Fabrik und Mache gekennzeichneten Brakteatengebiete kristallisieren sich Niedersachsen östlich der Weser, Obersachsen, Thüringen und Hessen heraus, Nebenrollen spielen die Koloniallandschaften (Mecklenburg, Pommern, Schlesien). Die größten „weißen Flecken" im Hinblick auf eine wissenschaftliche Bearbeitung weisen dabei das Harzgebiet40 (fast unbearbeitet sind Goslar, Arnstein, Falkenstein, mangelhaft die Erschließung der anhaltinischen Stammlande 41 ; für Halberstadt und Quedlinburg muß auf den mehr als 250 Jahre alten Leuckfeld zurückgegriffen werden42), die hochwertige Magdeburger Reihe 43 , Thüringen und Obersachsen trotz (oder wegen) der Arbeiten Posern-Kletts 44 und Buchenaus45 auf. Offenbar haben die höchst verdienstvollen Ver32

Wenn man von den in nur geringen Zahlen geprägten Hälblingen einmal absieht. Das bezieht sich selbstverständlich nur auf die eigentlichen Brakteatenlandschaften (Niedersachsen, Obersachsen, Brandenburg, Thüringen, Teile Hessens und Schwabens). 34 Dieser Vorschlag ist gar nicht so neu. In diesem Sinne äußerten sich bereits Bahrfeldt und Leit^mann, a. a. O., (Anm. 1). 35 s. Anm. 22. 36 H. BuchenaujB. Pick: Der Brakteatenfund von Gotha (1900). München 1928.; H. Buchenau: Der Brakteatenfund von Seega. Marburg 1905. 37 Erschienen in loser Folge von 1917 — 1928 in den Blättern für Münzfreunde (zit. BMF). 38 E. Mertens: Der Brakteatenfund von Nofdhatisen. Halle 1929. 39 Die wichtigsten sind: Slg. E. Bahrfeldt (AuktionskatalogHess/Kube, Berlin vom 2 1 . 6. 1921), Slg. F. Friedensburg (Auktionskatalog A . E . Cahn 52, Frankfurt/M.1924), Slg. A. Lübbecke (Auktionskatalog Riechmann 31, Halle 1925), Münzen der Hohenstaufenzeit [Slg. R. Gaettens] (Auktionskatalog Bank Leu/A. Hess, Zürich vom 2-/3. 6. 1959). 40 Die von O. Tornau in den dreißiger Jahren des Jahrhunderts verfaßten Hefte des Städtischen Museums Halberstadt (Die mittelalterlichen Münzen von Halberstadt, o. J . ; Die mittelalterlichen Münzen der Abtei Quedlinburg und anderer geistlicher Herren des Harzgaues, o. J . ; Die mittelalterlichen Münzen der weltlichen Herren des Harzgaues, o. J.) können diese Lücke nicht annähernd schließen. Durch zahlreiche Funde ist das Material recht gut bekannt, Vf. bereitet eine größere Untersuchung zur Brakteatenprägung des Harzes vor. 41 Die bisher einzige Monographie von Th. El%e\ Die Münzen Bernhards Grafen von Anhalt, Herzogs von Sachsen. 2 Hefte. Berlin 1870 — 1881 umfaßt nur die Zeit zwischen 1 1 7 0 und I 2 i 2 u n d ist überdies veraltet. Die Brakteaten Albrechts d. Bären, obwohl zum größten Teil mit Sicherheit nicht Brandenburger Ursprungs, verzeichnet E. Bahrfeldt: Das Münzwesen der Mark Brandenburg von den ältesten Zeiten bis zum Anfang der Regierung der Hohenzollern. Berlin 1889. Für die Askanier fordert die Fülle der bekannten Brakteaten geradezu eine Neubearbeitung heraus, wie übrigens auch für Halberstadt und Quedlinburg. 33

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s. Anm. 10. Hier ist wenigstens die Blütezeit der Brakteaten unter Eb. Wichmann ( 1 1 5 2 —1192) d u r c h s . Suhle-, Das Münzwesen Magdeburgs unter Erzbischof Wichmann. Magdeburg 1950 behandelt worden. C. F. v. Posern-Klett: Sachsens Münzen im Mittelalter. T. 1: Münzstätten und Münzen der Städte und geistlichen Stifter Sachsens im Mittelalter. Leipzig 1846. s. Anm. 36 und 37.

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öffentlichungen dieser beiden Brakteatenkenner die Nachwelt so in den Bann geschlagen, daß man meinte, hernach sei nichts mehr zu tun. Lediglich W. Schwinkowski hat auf Tafeln die Brakteaten der Wettiner zusammengestellt, über die Münzgeschichte ist er dann hinweggestorben 16 . Ansonsten liegt der sächsischthüringische Raum seit Buchenau im wesentlichen brach, so exemplarisch wichtige Brakteatenmünzstätten wie Erfurt 47 , Altenburg/Saalfeld, Mühlhausen, Nordhausen oder die der Landgrafen von Thüringen haben bis heute keine zusammenfassende Darstellung erfahren, ganz zu schweigen von denen der Dynastengeschlechter wie Beichlingen, Lobdeburg, Treffurt etc. Das Buch von Tornau über die Brakteaten der Grafen von Mansfeld ist im einzelnen zu unkritisch 48 . Die Mittelaltermünzen einiger anderer thüringischer Münzstände sind bei der Erstellung von vorwiegend auf die Neuzeit ausgerichteten Corpuswerken im Sinne der Vollständigkeitsbestrebungen der Verfasser zwar aufgeführt, kommen dabei aber recht stiefmütterlich weg 4 9 . Indes ist das Fundament, auf dem künftig aufgebaut werden kann, in der Zusammenfassung der thüringischen und sächsischen Münzfunde bereits gelegt 50 . Hoffnungsvoll sieht es im hessischen Raum aus. Ein Corpus für Fulda liegt vor 51 , und systematisch werden durch W. Heß Bausteine zur hessischen Münzgeschichte der Brakteatenzeit zusammengetragen 52 , so daß in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft ein Corpus der hessischen Mittelaltermünzen zu erwarten sein wird. Die das mitteldeutsche Brakteatengebiet nach Süden hin abschließende Wetterau hat seinerzeit durch W. Hävernick eine vorzügliche Bearbeitung erhalten 53 . Das süddeutsche Brakteatengebiet um Augsburg und Konstanz bleibt hier außerhalb des Betrachtungsfeldes. Die Dinge liegen dort doch sehr viel anders und im übrigen wird dieses Feld durch die schwäbischbayerische Numismatik schon seit Jahren gut bestellt. Im Vergleich zu diesen, meist auf Sichten, Ordnen, Zuteilen und Beschreiben des Materials gerichteten Untersuchungen, ist der erreichte Erkenntnis stand des Phänomens Brakteat an sich noch unbefriedigend. Weder über Ursprung und Herkunft 54 , noch über den Ort des ersten Auftretens oder den Verbreitungsweg ist Klarheit und Einigkeit erzielt worden. Eine Untersuchung über die Richtung und Schnelligkeit ihrer räumlichen Ausbreitung fehlt ebenso, wie über ihre besondere Stellung im deutschen und ihren Einfluß auf das böhmische, polnische und skandinavische Münzwesen. Beklagenswert ist ferner das Fehlen einer vergleichenden Betrachtung zu Fabrik, Mache, Stil, ihrer Elemente, Gemeinsamkeiten, Eigentümlichkeiten, Sonderformen etc. innerhalb der landschaftlichen Gebundenheit der Brakteaten, um Einflüsse und Beeinflussungen, Tradition und Eigenständigkeit, Zentrum und Peripherie, Haupt- und Nebenstraßen der Entwicklung besser beurteilen zu können. Über Wert und Bedeutung der Münzfunde schlechthin braucht hier nicht gesprochen zu werden 55 , doch W. Schwinkowski: Münz- und Geldgeschichte der Mark Meißen und Münzen der weltlichen Herren nach meißnischer Art (Brakteaten) vor der Groschenprägung. T. i Abbildungstafeln. Frankfurt/M. 1931. i ' /. Leit^mann: Das Münzwesen und die Münzen Erfurts. Weissensee 1864 kann die Lücke nicht füllen. 48 O. Tornau: Die Brakteaten der Grafen von Mansfeld, der Edlen Herren von Friedeburg und der Herren von Schraplau. Grünberg 1940. 49 E. Fischer: Die Münzen des Hauses Schwarzburg. Heidelberg 1904 ; K. Friederich : Die Münzen und Medaillen des Hauses Stolberg und die Geschichte seines Münzwesens. Dresden 1 9 1 1 ; B . S c h m i d t j C . K n a h : Reussische Münzgeschichte.Dresden 1907. 50 W. Hävernicki E. Mertens/A. Suhle: Die mittelalterlichen Münzfunde in Thüringen. Jena 1955; K. Leipner: Die Münzfunde in Sachsen aus der Zeit der regionalen Pfennigmünze. Hamburg 1969. 51 R. Gaettens: Das Geld- und Münzwesen der Abtei Fulda im Hochmittelalter. Fulda 1957. Das Werk hat durch W.Heß, Hamburger Beitr. z. Numismatik. Bd. 3 (1955 — 57), S. 467—482 und E. Nau, Hess. Jb. f. Landesgesch. 8 (1955), S. 302 bis 314 herbe Kritik erfahren. 52 W.Heß: Der Marburger Pfennig. In: Hess. Jb. f. Landesgesch. 8 (1955), S. 71 — 105; ders.: Alsfeld im späten 12. Jh. Die Frühzeit der Stadt im Spiegel der Münzprägungen. In: Festschrift z. 750-Jahrfeier d. Stadt Alsfeld. Alsfeld 1972, S. 41 —50; ders.: Fritzlars Münzwesen im Mittelalter in: Fritzlar im Mittelalter. Festschr. z. 1250-Jahrfeier. Fritzlar 1974, S. 242 — 270; ders.: Eschweger Brakteaten. In: Hess. Heimat 24 (1974), S. 1 1 6 — 1 2 3 . 53 W. Hävernick: Das ältere Münzwesen der Wetterau bis zum Ausgang des 13. Jhs. Marburg 193b. 54 Man vergleiche nur die deutlich den Stempel ihrer Entstehungszeit (1940) tragenden Bemerkungen von K. Günther: Untersuchungen über die Herkunft der Brakteatenform in der deutschen Münzprägung des Mittelalters. In: Dt. Mzbll. 60/61 (1940/41), S. 157ff., vgl. dazu die zurückhaltenden und ausgewogenen Erörterungen von W. Jesse: Die Brakteaten Heinrichs d. Löwen. In: Braunschw. Jb. 30 (1949), S. 10 — 18. Zuletzt hat W.Haupt: Der Münzfund von Kaschwitz. Eine Erörterung über die älteste ostdeutsche Münzprägung und die Herkunft der Brakteatenform. In : Arb. u. Forschungsbcr. z. sächs. Bodendenkmalpflege, Bd. 2. Dresden 1951, S. 175 — 199 und in der Diskussion mit Günther {Haupt¡Günther: Zum Brakteatenfund von Kaschwitz und zur Frage der Brakteatenentstehung. In: ebd., Bd. 3, Leipzig 1953, S. 161 — 167) dieses Problem aufgegriffen. 55 Eine zusammenfassende Betrachtung der deutschen Münzfunde stammt von W. Jesse: Die deutschen Münzfunde. In : Bll. f: dt. Landesgesch. 86 (1941), S. 67 — 92, der in seinen Ausführungen auch die Brakteatenfunde streift. Vgl. auch P. Berghaus-. Aufgaben und Methoden der landschaftlichen Münzfundstatistik am Beispiel Westfalens. In: Wiss. Abh. d. dt. Numismatikertages Göttingen 1951. Göttingen 1959, S. 101 —107. 46

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sei auf einige Besonderheiten der Brakteatenfunde hingewiesen. Sie liefern nicht nur — wie das alle Münzfundc tun — neues Material oder mannigfache historische Erkenntnis, sorgfältige Interpretation vorausgesetzt, sondern sind vor allem bei der Eigenheit der Brakteaten56 wichtigstes Kriterium für deren Zuteilung und Einreihung. Deshalb kann man gar nicht nachdrücklich genug eine genaue und sorgfältige Verzeichnung aller Brakteatenfunde fordern, zumal gerade Brakteaten ihrer eigenartigen Gestalt wegen oft nicht als Münzen erkannt und wertvolle Funde so aus Unkenntnis zerstreut und vernichtet worden sind57. Gesicherte Fundprovenienzen erst schaffen der Brakteatenforschung eine sichere, tragfähige Grundlage und eröffnen ihr die volle Nutzung ihrer Möglichkeiten. Der wissenschaftliche Wert jedes Brakteaten, dessen Fundherkunft unbekannt bleibt, ist um ein erhebliches gemindert. Was eine gleichmäßige Fundaufarbeitung für die Münzgeschichte einer Landschaft, speziell zur Brakteatenzeit wert ist, beweist sich z. B. an der Oberlausitz, die heute durch die Arbeiten W. Haupts vorzüglich erschlossen ist58. Der besonderen Spezies der regionalen Pfennigmünze in Deutschland im 12. und 13. Jh. entspricht ein gegenüber der Denarperiode (Fernhandelsdenar) gewandelter Münzfundhorizont. Während einerseits die Zahl der Inlandsfunde seit etwa 1120 stark ansteigt, nimmt gleichzeitig die Zahl der deutsche Münzen enthaltenen Auslandsfunde deutlich ab — beides Ausdruck des zunehmenden Geldverkehrs im Inland wie der örtliche und zeitlich eingeschränkten Umlaufsfähigkeit der Gepräge. Freilich gibt es für die Brakteaten noch echte Auslandsfunde. Wir kennen solche aus Skandinavien59, Polen 60 , Rußland 61 , Mähren 62 , dem Balkan 63 , Frankreich64 und Italien65, doch nehmen sie immerhin innerhalb der Brakteatenfunde eine Ausnahmestellung ein66. Unsere Kenntnis fußt ganz überwiegend auf den Inlandsfunden, deren Skala von ausgesprochenen Heimatfunden, die nur die Münzen des eigenen unmittelbaren Umlaufsgebietes beinhalten, bis zu großen Mischfunden, die eine große Typenanzahl aufgenommen haben, mitunter einen Querschnitt durch die gesamte Brakteatenprägung repräsentieren, in der Mehrzahl aber ein Fundbildungszentrum verraten, das meist mit dem durch den Fundort bezeichneten Brakteatengebiet übereinstimmt67, reicht. Sekundär ist die Exemplarzahl in den Funden. Sie reicht für Heimat- wie Mischfunde gleichermaßen von wenigen bis zu mehreren tausend Stück. Der größte bisher bekannt gewordene Fund enthielt etwa 13 000 Brakteaten68. Erheblich wichtiger ist dagegen die Typenanzahl. Dabei ist zu beobachten, daß die Auslands- und Mischfunde meist hohe Typen- und relativ geringe Exemplarzahlen69, Heimatfunde (sofern sie eine gewisse Größe erreicht haben) meist hohe Stück -und geringe Typenzahlen aufweisen 70 . In der Regel sind die Brakteatenfunde nur von wenig artfremden Beimengungen begleitet (Denare, Barrensilber), wie auch anderer66

Insbesondere wegen der großen Zahl der vollkommen schriftlosen („stummen") Brakteaten. So z. B. der Fund von Kleinvach 1885 (J. Menadier: Der Fund von Kleinvach. In: Deutsche Münzen Bd. 2, Nachtrag S. 21 ff.) Vgl. auch E. Bahrfeldt: Zur Münzkunde der Niederlausitz im 13. Jh. Berlin 1892, S. 4. 58 Vgl. die Auswahlbibliographie, Zusammengest. v. W. Coblenz in : W. Haupt, Sächsische Münzkunde. Berlin 1974, S. 294 bis 298. 59 Skandinavien ist das fundreichste Auslandsgebiet an Brakteaten, die wichtigsten Funde sind Aalborg, Daelie, Kämpinge, vgl. die Zusammenstellung bei B. Tbordemann: Sveriges Medeltidsmynt. In: Nordisk Kultur 29. Ment. Stockholm 1936, S. 65 ff. Neuerdings R. Gaeltens: Deutsche Brakteaten des 12. Jhs. aus einem schwedischen Funde des 18. Jhs. In : B M F . N. F. 23 (1963), S. 97 — i n und BerghausIDolIeylLindner WelinjMalmer/NjlenjRasmusson: Gotlands största silverskatt funnen vid Bürge i Lummelunda. In: Gotlandskt Arkiv 41 (1969), bes. S. 49 — 54. 60 A. Suhle: Der Münzfund von Anusin bei Radziejow. In: Dt. Jb. f. Num. u. Geldgesch. 2 (1939), S. 128 — 138.; T. Opo^da: Skarb brakteatöw z 12. wieku z Lipnik, pow. Grodkow, woj. opolskie. In : Wiadomosci Numizmatyczne 15 (1971), S. 145 bis 151. 61 W.Potin: Klad brakteatov is Podnestrov'ja. In: Numismatika i Sfragistika Bd. 1 (1963), S. 109 — 127 (Fund von Chotin/ Akkermann). 62 F. Dworschak: Funde deutscher Brakteaten in Mähren. In: Zs. dt. Ver. f. Gesch. Mährens u. Schlesiens 38 (1936), S. 36 — 38. 63 K. Horedt: Un tezaur de monede mediaevale Germane din secolete 1 1 . —14. gasit la Slimnic (r. Sibiu). In : Studii si cercetari de Numismatica, Bukarest Bd. 3 (i960), S. 255—262. 64 P. Bergbaus: Le Trésor de Bourg-Saint-Christophe (Ain). In: Revue Numismatique 5. Ser. Bd. 16 (1954), S. 79 — 91. 65 R. v.Höfken: Der Fund bei Rom. In: A B K 2, S. 370 — 395. 66 Manche sind eigentlich nur dem Fundort nach Auslandsfunde, ihrem Inhalt nach aber geradezu klassische Heimatfunde (z. B. Bourg-Saint-Christophe). 67 Wie z. B. bei den großen Funden von Seega und Nordhausen oder Bokel und Bünstorff. 68 Es ist dies der Fund von Bokel/Bevern. O. Meier: Der Brakteatenfund von Bokel bei Bevern K r . Bremervörde. Hannover 1932. C9 Vgl. etwa den Fund von Chotin (Akkermann). Potin, a. a. O. (Anm. 61) verzeichnet an bestimmbaren Brakteaten 299 Typen in 391 + 366 + 93 Ex. (dabei 96 + 99 + 56 unbestimmbare) allein aus dem Bestand der Ermitage, der nicht den Gesamtbefund darstellt. Der Fund von Seega enthielt nach Buchenau 647 Brakteatentypen in 1804 + 923 E x . 70 So z. B. der Fund von Freckleben. Th. Stengel: Der Brakteatenfund von Freckleben im Herzogthum Anhalt. Berlin 1862, verzeichnet in seinem Anteil, der beileibe nicht den Gesamtfund darstellt, 104 Typen bei 3666 E x .

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seits zeitgenössische Denarfunde kaum Brakteaten enthalten. Beide Münzgattungen mischen sich nur in den Übergangsgebieten der Prägearten 71 , in den Auslandsfunden und dann in zunehmendem Maße im 13. Jh. Schließlich muß noch auf das im Vergleich zu den anderen beiden Epochen mittelalterlicher Geldgeschichte, der Denar- und Groschenperiode, verringerte Bildungsalter der Brakteatenfunde verwiesen werden. Selbst die größten unter ihnen erreichen selten 5 o Jahre, die Masse der Funde bewegt sich ihrem Inhalt nach zwischen ein bis drei Jahrzehnten. Offensichtlich zeigt sich die Wirkung der Verrufungen in der geringen zeitlichen Staffelung der Fundtypen deutlicher als in ihrer inhaltlichen Zusammensetzung, auf die sie, wie die überregionale Typenvielfalt der Mischfunde lehrt, nur wenig Einfluß hatte. Fundbeschreibungen sind in der Brakteatenliteratur überaus häufig und von unterschiedlichem Wert. Ihre Aufgabe ist es, das durch den Fund zu Tage getretene Material in der bestmöglichen Form zu verzeichnen und damit Vorstufe einer nach allen Richtungen möglichen Auswertung zu sein. Deshalb sollte eine Fundbeschreibung deskriptiv abgefaßt und der Primat in jedem Falle der Publizierung des Materials eingeräumt werden. Alle Wertungs- und Auswertungsversuche sind innerhalb einer Fundbeschreibung das Sekundäre. Freilich müssen deshalb sich aufdrängende Beobachtungen, Ergebnisse und Schlußfolgerungen nicht unterdrückt werden, sollten aber der eigentlichen Beschreibung folgen und nicht den durch den Inhalt des Fundes gesteckten Rahmen überschreiten. Eine gute Fundbeschreibung muß vor allem zwei formalen Forderungen genügen: 1. Sie muß eine genaue und gründliche Verzeichnung aller Typen und Varianten sein, darf keine zu summarischen Angaben enthalten und sich nicht etwa nur auf die interessantesten Stücke beschränken, denn die gesamte Fundgemeinschaft ist wichtig. 2. Die Eigentümlichkeiten des in Zeit und Landschaft gebundenen Stils eines Brakteaten lassen sich in Worten nur schwer wiedergeben und vollends unmöglich ist eine sichere Identifizierung allein durch das Wort bei den zahlreichen schriftlosen Brakteaten, die bei gleichem Münzbild ganz unterschiedlichen Münzstätten und Zeiten entstammen können. Deshalb muß die Fundbeschreibung mindestens mit sehr genauen Zitaten des bekannten Materials versehen sein, besser wäre die Abbildung aller Typen, die bei unbekannten Stücken oder Stücken, für die kein Zitierwerk zur Verfügung steht, ohnehin unverzichtbar ist. Nur naturgetreue Abbildungen eröffnen jedermann die Möglichkeit der Nachprüfung und Verifizierung der Fundinhalte, zumal häufig irrige Zuschreibungen auftauchen, die bei einer beigegebenen Abbildung jederzeit korrigierbar sind. Im übrigen kann durch die Abbildung die oft umständliche, schwerfällige und weitschweifige Beschreibung des Münzbildes sehr vereinfacht werden. — Diese beiden Grundbedingungen einer brauchbaren Fundbeschreibung werden in zunehmendem Maße erst seit dem ausgehenden 19. Jh. erfüllt. Alle älteren Fundveröffentlichungen genügen heutigen Ansprüchen fast nie, vor allem wegen fehlender bzw. nur ausgewählter Abbildungen, die zudem in ihrer Ausführung oft sehr irreführend sind, und der bei „Durchschnittsfunden" fast immer zu beobachtenden Konzentration auf die „Rosinen" bei Vernachlässigung des Gesamtinhaltes72. Man muß ihnen allerdings zugute halten, daß ihre Bearbeiter die Funde fast nie geschlossen und unberührt zur wissenschaftlichen Bearbeitung erhielten, sondern nur mehr oder weniger große Teile. Außerdem bildete sich die Erkenntnis von der Bedeutung und Aussagekraft der Münzfunde erst allmählich im Zuge der Verfeinerung der Methoden wissenschaftlicher Numismatik aus und kann eigentlich erst seit dem letzten Viertel des 19. Jhs. vorausgesetzt werden. Deshalb sind Fundrekonstruktionen, bei denen von vornherein nur mit Wahrscheinlichkeitsgraden operiert werden kann, gar nicht einmal so selten und die einzige Form, in der sich die ältesten Brakteatenfunde einigermaßen zusammenbringen lassen, da ihre Zeit verständlicherweise für eine genaue Verzeichnung nicht reif war 73 . Auf einen Mangel in vielen Fundbeschreibungen muß noch hingewiesen werden. Oft gelten weitschweifige Exkurse dem Vergrabungstermin, dem Vergrabungsanlaß oder dem Besitzer der Barschaft, aber nur wenige Autoren unternehmen den Versuch, das für die Aussage der Funde sehr viel wichtigere Bildungsalter zu untersuchen. Während man auf die Namhaftmachung der Schlußmünze noch einige Mühe verwendet, sind Reflexionen über die zeitliche Gliederung des Gesamtinhaltes erheblich seltener. Es sei hier deshalb darauf aufmerksam gemacht, daß Schlußmünze und Vergrabungstermin allein bisweilen ein völlig schiefes Bild vom tatsächlichen Fundinhalt liefern. So enthalten z. B. einige Funde (besonders Auslandsfunde) manchmal noch ein, zwei späte Typen, die dann den Abschluß des Fundes unverhältnismäßig heraufsetzen, 71 72

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D . h. dort, wo Denar- und Brakteatengebiete aufeinandertreffen, wie in Hessen. Auch die um die Brakteaten hochverdienten Grote, Dannenberg, Leitzmann haben in dieser Hinsicht gesündigt, womit sie freilich Kinder ihrer Zeit sind, die die Bedeutung der Funde noch nicht erkannt hatte. P.J. Meier hat die Brakteatenfunde von Halberstadt 1 7 1 3 ( A B K 2, S. 45 — 100), Groningen 1 7 1 5 ( A B K 2, S. 129 — 146) und Anhalt-Bernburg 1839 S. 147 — 172) rekonstruiert.

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während der überwiegende Teil wesentlich früher abgeschlossen ist74. Außerdem verdunkelt die einseitige Konzentration auf die Schlußmünze den Blick für die Tatsache, daß fast alle größeren Funde ein Hauptbildungsalter haben, die Zeit, in der die Mehrzahl aller Typen und Exemplare angesiedelt ist. Diese Zeit liegt oft erheblich über bzw. unter dem durch die Anfangs- bzw. Schlußmünze bezeichneten Zeitpunkt. Dem differenzierten Bildungsalter sollte daher in künftigen Fundbeschreibungen tunlichst mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Auf die Gründe und Faktoren, die zur Ausbildung der Epoche des regionalen Pfennigs führten, kann hier nicht näher eingegangen werden 75 . Es sei aber auf die Ausweitung der Ware—Geld-Beziehung, die beginnende Ablösung der Naturalsteuern der hörigen Landbevölkerung durch Geldzinse und die Verbindung von Stadt, Markt und Münze hingewiesen. Im Verein mit der Städtegründungswelle und der Politik des Landesausbaus durch zunehmende wirtschaftliche Erschließung der Territorien hat dies zur Ausbildung eines vorwiegend lokal orientierten Bedarfs an Zahlungsmitteln geführt. Diese Prozesse und Entwicklungen, die eine seit i i o o zunehmend gewandelte wirtschaftliche wie politische Situation im deutschen Reich anzeigen und folgerichtig eine Reaktion im Bereich von Geld und Währung nach sich zogen, liefern die plausibelste Erklärung für das Entstehen der monetären Sonderform der Brakteaten, die den Aufgaben eines benötigten lokalen Zahlungsmittels in fast idealer Weise entsprachen. Leicht zu bewerkstelligendes Ausstückeln der Schrötlinge aus dem Zain, schnelle und kostensparende Prägung mit nur einem Stempel, Herstellung der benötigten Halbpfennigwerte durch einfaches Halbieren der Ganzstücke, größeres Münzbild zur leichten Unterscheidbarkeit der Emissionen sind unbestreitbare Vorteile, die die Brakteaten für diese Funktion mitbringen. Auch ihre Dünne und Zerbrechlichkeit ordnet sich diesem Rahmen zwanglos ein, da ihnen im System der Verrufungen ohnehin nur eine kurze Lebensdauer zugedacht war. Staunen macht allerdings ihre hohe Kunstfertigkeit im 12. Jh. — in vorangegangenen wie gleichzeitigen oder folgenden deutschen Mittelaltermünzen ohne Entsprechung —, die nicht recht zum Bild einer kurzlebigen, möglichst billig herzustellenden Lokalmünze paßt und diesem Charakter durchaus unangemessen scheint. Erst die Brakteaten des 13. Jhs. entsprechen nach unserem Gefühl in ihrer Kunstlosigkeit und der nachlässigen Prägung, die durch die Verwendung der Prägebüchse noch rationalisiert wurde 76 , dem oben gezeichneten Bild eines Regionalpfennigs. Die künstlerische Blüte der Brakteaten, schon nach kurzer Anlaufzeit gegen 1150 erreicht, währte nur ein Menschenalter. Um die Jahrhundertwende ist der Höhepunkt der Entwicklung bereits überschritten, und nach 1215/20 setzt ein rascher, sich in Meißen bis ins Groteske steigernder Abfall ein. Weder für die Spitzenerzeugnisse der Stempelschneidekunst, die die Brakteaten des 12. Jhs. ohne Frage sind77, noch für den bald ins Barbarische abgleitenden Verfall läßt sich gegenwärtig eine durchschlagende Erklärung finden. Möglicherweise hat sich, was so glanzvoll begann, durch steigenden Produktionsausstoß zu rasch verschlissen ; mag sein, daß man die Kunstfertigkeit als ein für das Zahlungsmittel unnötiges, weil zusätzliche Kosten und Zeit beanspruchendes Attribut betrachten lernte. Immerhin bieten die Brakteaten der kunstgeschichtlichen Forschung ein reiches, weitgehend ungenutztes Betätigungsfeld und ihre Betrachtung in kunsthistorischer Sicht könnte wohl manchen wertvollen und unerwarteten Aufschluß vermitteln78. Die vielfach als Bindeglied zwischen Denar und Brakteat angesehenen Halbbrakteaten oder Dünnpfennige sind zu dünn geratene Denare (deshalb besser Dünnpfennige), die zwar in den Brakteatengebieten oft, jedoch keinesfalls immer Vorstufe der Brakteaten waren, die bisweilen auch völlig unvermittelt auftauchen. Sie sind überdies in Deutschland wesentlich weiter verbreitet. Rheinfranken und Bayern haben zwar Dünnpfennige, aber keine Brakteaten geschlagen, so daß es geraten erscheint, den bisher vorwiegend als Übergangserscheinung betrachteten Dünnpfennigen doch eine größere Eigenständigkeit einzuräumen. Da sie wegen ihrer undeutlichen Prägung eine recht unerfreuliche Münzgattung darstellen79, hat man80 nun die Ein74

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V g l . die mährischen Brakteatenfunde (Anm. 62), Schlußmünze um 1200 bzs. 1 2 2 0 , der weitaus größte Fundteil liegt aber um 1170/75 bzw. 1 1 7 5 — 1 1 9 5 . Ähnlich liegen die D i n g e bei dem v o n R. Gaettens, a. a. O . ( A n m . 59) beschriebenen schwedischen Fund. V g l . dazu W.Hävernick: E p o c h e n der deutschen Geldgeschichte. I n : H a m b . Beitr. z. Numismatik 3 (1955 — 57), S. 5 — 10. Wobei in einem Prägegang mehrere Brakteaten hergestellt werden konnten. E s wäre durchaus lohnend, festzustellen, wie stark die Brakteaten im gleichzeitigen Kunsthandwerk, der Goldschmiedekunst etwa, wurzeln und wie weit sich f ü r ihre Kunstfertigkeit v o n dahereine E r k l ä r u n g gehenließe. R. Gaettens, a. a. O . (Anm. 5 1 ) hat f ü r Fulda diesen W e g zu gehen versucht.

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Die bisher einzige auf den künstlerischen Charakter der Brakteaten eingehende Arbeit stammt v o n einem Numismatiker, W. Jesse: D e r zweite Brakteatenfund v o n Mödesse und die K u n s t der Brakteaten zur Zeit Heinrichs d. L ö w e n . Braunschweig 1957, S. 67 — 93.

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D a die Schrötlinge so dünn waren, schlugen die Stempel jeweils bis auf die andere Seite durch, hoben sich z. T . auf, und es entstand ein aus Elementen v o n V s . und Rs. Stempel gemischtes Münzbild.

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sieht irgendwelcher, nicht genau zu bezeichnender Personen, vielleicht der Münzmeister, vorausgesetzt, einen Stempel zur besseren Kenntlichkeit des Münzbildes einfach wegzulassen, ohne zu bedenken, welche Folgen das für eine bestehende, an einen bestimmten Typus gewöhnte Geldwirtschaft haben mußte. Das umso mehr, da wir wissen, wie zäh das Mittelalter an Münztypen und -bildern festgehalten hat 81 . Der so klein erscheinende Schritt vom Dünnpfennig zum Brakteaten ist in Wahrheit sehr viel größer als es die simple Tatsache, der Deutlichkeit halber lediglich mit einem Stempel zu prägen, ahnen läßt und allein denkbar in einem weitgehenden, durch monetäre Vorbilder nicht berührten geldwirtschaftlichen Vakuum. Die Brakteatenform konnte nur in wirtschaftlich unentwickelten Landschaften entstehen und wäre für die entwickelteren Gebiete wie z. B. das Rheinland (Köln), wo die Bevölkerung und der Handel an Münze und Geld gewöhnt waren, undenkbar. Der tatsächliche Entstehungsort, die Mark Meißen, gibt dem recht. Weder „völkische Kräfte" 8 2 noch die nordischen Schmuckbrakteaten83 haben den Wandel vom zweiseitigen Denar zum einseitigen Brakteat bewirkt. Wie und warum diese eigenartigen, hohl geprägten Münzen entstanden sind, bleibt darum immer noch rätselhaft genug. Sie sind eine spezifische Erscheinung des deutschen Münzwesens und besitzen in Europa keine Parallele. Die um und nach 1200 in Deutschland benachbarten Staaten einsetzende Brakteatenprägung ist eine direkte Folge des deutschen Beispiels. An der Entstehung der Brakteaten im Gebiet der Mark Meißen ist nach dem vorliegenden Material nicht mehr zu zweifeln. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß es der Wettiner Konrad d. Gr. ( 1 1 2 7 — 1 1 5 6 ) war, der diesen Weg zuerst beschritt, obschon er sich in den Münzen seiner Vorgänger bereits abzeichnete. Die bisher bekannte Münzreihe Konrads überliefert nur Brakteaten84. Nimmt man die ihr im Äußeren schon recht nahe stehenden Reihen Heinrichs I. und II. von Eilenburg (1090—1103 — 1127) hinzu85, so läßt sich der Beginn der Brakteatenprägung in Meißen auch bei sehr vorsichtigem Ansatz um 1 1 3 0 voraussetzen. Möglicherweise fällt er mit einer Münzerneuerung anläßlich der Regierungsübernahme Konrads zusammen. Die Prägeherren der nächst folgenden ältesten Brakteaten sind Eb. Adalbert I. oder II. von Mainz ( 1 1 1 1 — 1 1 3 7 — 1 1 4 1 ) in Erfurt, Eb. Konrad von Magdeburg (1134—1142), Äbtissin Beatrix von Quedlinburg (1138 —1160) und Abt Heinrich II. von Hersfeld (1127— 115 5). Dem Regierungsbeginn von 1 1 2 7 nach, müßten die Brakteaten des Hersfelder Abtes die nächst den Meißnern ältesten sein. Sie sind aber bisher nur in einem Typ bekannt, der durch den Fund von Aua erst auf die Spätzeit, nach 1140 datiert wird 86 . Sie stehen überdies in Hessen in dieser Zeit ganz vereinzelt da. In der Münzreihe Konrads von Magdeburg finden sich mehrere Denartypen, so daß mit dem Beginn der Brakteatenprägung in Magdeburg erst um oder kurz vor 1140 gerechnet werden kann, ebenso wie in Quedlinburg, wo die Äbtissin Beatrix nur durch Brakteaten vertreten ist. Dieser Ansatz wird durch eine Gruppe archaischer, bisher nicht genau zuzuordnender Harzbrakteaten bestätigt87. Am interessantesten sieht es in Erfurt aus, da auf dem Mainzer Stuhl auf Adalbert I. ( i i i i — 1 1 3 7 ) nach elfmonatiger Stuhlerledigung Adalbert II. (1138 — 1142) folgte, deren beider Münzen sich deshalb nur schwer trennen lassen. Es ist üblich, die bisher bekannten frühen Erfurter Brakteaten allein Adalbert II. zuzuschreiben, indes scheint es wahrscheinlich, daß schon Adalbert I. daran Anteil hat, zumal seine letzten Denare aus dem um 1115/20 schließenden Fund von Fulda stammen88. Die danach auftretende Prägelücke wird nicht sofort durch Brakteaten geschlossen worden sein, doch ist unbedingt die Möglichkeit der Entstehung der Erfurter Brakteatenprägung vor 1138 (etwa zwischen 1 1 3 0 und 1138) einzuräumen89. 80

81

82 83

84 85

V g l . Schrotter, Wörterbuch d. Münzk., S. 270 und^-4. Suhle: Deutsche Münz- und Geldgeschichte v o n den A n f ä n g e n bis zum 1 5 . J h . Berlin 1969, S. 87. Man denke nur an den K ö l n e r und Regensburger Pfennig oder die Friesacher in Österreich. Dieselbe Erscheinung läßt sich auch nach Erreichen der Konsolidierungsphase (um 1160/80) innerhalb der Brakteaten verfolgen (Burg- und Reiterbrakteaten; Moritz- und Stephanspfennige; Meißner, Pegauer, Altenburg/Saalfelder T y p ) . Wie das K. Günther, Untersuchungen zur Brakteatenform (Anm. 54) wollte. Die zeitweise als die V o r l ä u f e r der Brakteaten angesehen wurden, w o g e g e n sich A. Suhle, Deutsche Münz- und Geldgesch. S. 87 mit Recht wandte. Schwinkmvski, a. a. O . , (Anm. 46), N r . 1 5 — 4 0 . Schrvinkowski N r . 4 — 1 2 . Das bei Schn/inkowski unter N r . 13 abgebildete, alle Z ü g e voll ausgebildeter Brakteaten tragende Stück ist an Heinrich d. L ö w e n zu geben, wie das zuletzt C. Küthmann, H a m b . Beitr. z. N u m . H . 1 7 (1963), S. 505 betont hat, w o es auch schon v o n Fiala aufgeführt ist. ( E . Fiala: Die Münzen und Medaillen der Weifischen Lande, B d . 2, Prag 1 9 1 0 , T a f . I I , 16). E s fällt als Z e u g e so früher Meißner Brakteatenprägung aus.

1,6

Zuerst v o n Buchenau auf 1 1 2 8 datiert, dann auf um 1 1 4 0 zurückgenommen ( B M F . 59 (1924), S. 7), so auch W.Heß, burger P f e n n i g , S. 96, m. E . liegt der Fundabschluß nach 1 1 4 0 .

87

F d . G o t h a (204), (205), die sich um stilistisch gleiche frühe Halberstädter und Arnstein/Falkensteiner vermehren lassen. /. Menadier: D e r Münzschatz der St. Michaelskirche zu Fulda. I n : Z f N . 1 2 (1900), S. 1 1 6 — 1 1 9 . Wobei vielleicht die beiden T y p e n F d . G o t h a (72), (73) den Übergang vermittelt haben. Buchenau, F d . G o t h a , S. 18 hält den B e g i n n der Brakteatenprägung in E r f u r t noch unter Adalbert I. f ü r erwiesen.

88 89

Mar-

135

Vielleicht gleichzeitig, wahrscheinlich aber etwas später als in Erfurt, beginnt unter der Äbtissin Caecilia die Brakteatenreihe der Abtei Nordhausen. Obwohl die Brakteaten der Mark Meißen zeitlich vorangehen, läßt sich nicht mit Gewißheit behaupten, daß sie die etwa gleichzeitig einsetzenden Brakteatenreihen in Thüringen und dem Harzvorland ausgelöst haben. Die ältesten Thüringer und Harzbrakteaten hängen stilistisch eng zusammen, abseits davon stehen die Meißner. Es ist deshalb durchaus möglich, daß die Brakteaten zwei voneinander nicht beeinflußte Entstehungszentren in geringer zeitlicher Verschiebung besitzen. In kurzer Zeit eroberte sich die Brakteatenform Deutschland östlich der Weser und nördlich des Mains und hat im Norden und Osten bis tief nach Skandinavien, Pommern, Polen und Böhmen gewirkt. Daran verblüfft sowohl die Schnelligkeit ihrer Ausbreitung als auch die Tatsache, daß sie mühelos auch die vor der Brakteatenzeit mit mehr oder weniger umfangreichen Münzreihen hervorgetretenen Münzstände Mitteldeutschlands absorbierte, ihre Denarprägung beendete, an deren Stelle bis weit ins 13. Jh. hinein Brakteaten traten. Was die Gleichzeitigkeit von Denar- und Brakteatenprägung90 im selben Regionalbereich angeht, so ist zu sagen, daß sie nur im Grenzbereich beider Prägearten 91 und im 13. Jh. auch in bis dato reinen Brakteatenlandschaften vorkommt 92 . Dabei scheinen Brakteat und Denar nicht gleichartig verwendet worden zu sein. Während der Brakteat das lokale Zahlungsmittel für den unmittelbaren Markt blieb93, diente der zahlenmäßig meist sehr viel geringer ausgebrachte Denar wohl mehr dem „Fernhandel" bzw. dem Export in nicht durch Brakteaten beherrschte Währungsgebiete94. Allerdings müßte das für die einzelnen Brakteatenlandschaften gesondert untersucht werden. Es scheint, als hätten dabei Auflösungen bzw. Verschiebungen traditioneller Währungsgebiete eine Rolle gespielt. Die Brakteaten des 12. Jhs. lassen sich nach ihrem Äußeren (Fabrik, Mache) recht gut gruppieren und landschaftlich einordnen. Wodurch und wie sich diese für ein Umlaufsgebiet typischen Eigenheiten geformt haben, ist bis heute weitgehend unerforscht. Während die Brakteaten untereinander im Detail viel gemeinsam haben (was auf bestimmte überall verwendete Punzen zurückzuführen ist), ergibt die Summe dieser Details landschaftsspezifische, voneinander sehr abweichende Erscheinungsformen, so daß z. B. thüringische und niedersächsische Brakteaten kaum verwechselt werden können. Ohne Frage wird man hierbei von Vorbildwirkung ausübenden Münzstätten ausgehen dürfen, die möglicherweise auch Sitz einer Stempelschneiderwerkstatt oder -schule waren und die Umgegend mit Stempel versorgten, wodurch sich die stilistisch eng zusammenhängenden Münzreihen verschiedener Münzstände erklärten. Für Thüringen dürfte beispielsweise Erfurt und die landgräfliche Münze zu Eisenach, für einen Teil Obersachsens und Brandenburg die Münzstätte Magdeburg, für das Harzgebiet Halberstadt, für Hessen Fulda und Hersfeld diese Funktion ausgeübt haben. Hin und wieder finden sich im 12. Jh. auch über die Landschaften und Währungsgebiete hinausgreifende Einflüsse, die von der besonderen Stellung einzelner Münzstätten95 und der durch sie geschaffenen Münzbilder zeugen96. Nicht zuletzt zeigt sich das in den zahlreichen Bei- und Nachschlägen. Es sind dies illegale Nachahmungen beliebter Münztypen, die auf ihre Art einen wichtigen Hinweis auf die Bedeutung von Münzstätten und der durch sie versorgten Währungsgebiete liefern. Die Existenz solcher Nachschläge ist für die Qualität der betroffenen Münzsorte ein gutes Zeichen und als Indiz für Beliebtheit und breite, gesicherte Kursfähigkeit zu werten. Denn die Produzenten solcher Nachahmungen suchten ja mit ihren Erzeugnissen auf diesem Wege Anschluß an ein gefestigtes Währungs- und Wirtschaftsgebiet, um ihnen ein größeres Umlaufsgebiet zu verschaffen und selbst aus der Prägetätigkeit zusätzlichen Gewinn zu ziehen. Das mußte den Widerstand und Protest der geschädigten Münzherren hervorrufen, und Klagen über diese Nachahmungen gibt es schon im 12. Jh. 97 , doch konnte ihnen offenbar nicht wirkungsvoll genug entgegen90

Worüber die Meinungen auseinandergingen. Grote, Menadier und Buchenau erklärten sich dagegen, Dannenberg und Friedensburg dafür. 91 Wie in Hessen, vgl. W.Heß, Marburger Pfennig, S. 97 — 100. 92 So in Brandenburg und dem Harzgebiet. 93 Was durch die Schriftlosigkeit vieler Brakteaten unterstrichen wird, die als ein deutlicher Hinweis auf ein enges Umlaufsgebiet, wo sie jedermann vertraut waren, verstanden werden kann. 91 Wie das W.Heß für den Währungsbereich des Marburger Pfennigs festgestellt hat, a. a. O., S. 74. 95 Zu nennen wären u. a. Magdeburg, Halberstadt, Erfurt, Altenburg/Saalfeld. 96 So ist das Münzbild des Reiters von Thüringen über Anhalt bis nach Brandenburg gewandert und Burgbrakteaten lassen sich in ihrer Ausbreitung entlang der Elbe verfolgen. 97 Das zeigt die Urkunde Kaiser Friedrichs I. f ü r den Bischof Gero von Halberstadt ( 1 1 6 0 — 1 1 7 7 ) , in der er die unrechtmäßige, d. h. ohne Einwilligung des Bischofs vorgenommene Prägung verbietet, M G H . L L . Sect. I V , Const. I, Nr. 194, S. 272, auch bei IV. Jesse: Quellenbuch zur Münz- und Geldgeschichte des Mittelalters. Halle 1924, S. 19, Nr. 58.

136

getreten werden, wie die zahlreichen auf uns gekommenen Stücke dieser Gattung schließen lassen. Eine genauere Untersuchung von Vorbild und Nachahmung könnte hinsichtlich der Wertigkeit der Brakteatenmünzstätten ganz aufschlußreich sein. Für Deutschland ist im 12. Jh. eine starke Vermehrung der Anzahl der Münzstätten zu registrieren. Es ist dies, wie schon gesagt, eine Folge des aus mancherlei Gründen steigenden Bedarfs an Zahlungsmitteln. Hinzu gesellte sich die Usurpation des Münzrechts durch zahlreiche weltliche Herren, die sich über die Münzprägung eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen wollten, deren Ertrag durch die periodischen Verrufungen noch gesteigert wurde, da die Einwechslung alter gegen neue Pfennige nur unter Verlust möglich war. Jährliche, oft auch halbjährliche Verrufungsfrist ist für die Brakteatenlandschaften auf Grund des überlieferten Materials gesichert, wobei eingeschränkt werden muß, daß sie nur für den unmittelbaren Marktverkehr galt; darüber hinaus gehende Geschäfte (z. B. Grundstückskäufe) oder Verpflichtungen (Zinse) waren offenbar davon nicht betroffen. Hier wurde in Silber, das nach Gewicht genommen wurde, gezahlt98. Über die Wirkungsweise und die Auswirkungen der Verrufungen wie über den gleichzeitig auf den Märkten gehandhabten Wechselzwang wissen wir in Ermangelung einschlägiger Quellen noch zu wenig. In ihrer Beschränkung auf den jährlich oder halbjährlich stattfindenden Markt haben beide im 12. Jh. wohl kaum die wirtschaftliche Entwicklung negativ beeinflußt, sondern sind eher einer Intensivierung der Geldwirtschaft und der Stärkung und dem Schutz der Wirtschaftskraft der kleinen Märkte und Städte förderlich gewesen. Sie hielten vor allem fremde Münzen fern, verhinderten so die Absorption sich entwickelnder Märkte durch übermächtige Nachbarn, und wirkten auch in gewisser Weise der Schatzbildung entgegen". Außerdem muß man sich dabei vor Augen halten, daß es den kontinuierlichen Geldbedarf einer ausgeprägten Geldwirtschaft gar nicht gab. Lediglich während der Marktdauer wurden Münzen als Zahlungsmittel nötig. Der Austausch das Jahr über — sofern er überhaupt stattfand, da ein Jahrmarkt als Austauschmöglichkeit dieser noch primitiven Wirtschaftsform sicher genügte — dürfte sich, insbesondere auf dem flachen Lande naturalwirtschaftlich abgewickelt haben. Erst als die Entwicklung im 13. Jh. über diese einengende Wirtschaftsform hinauswuchs, wurden Wechselzwang und Verrufungen zu Hemmschuhen und sind besonders von den Städten bekämpft worden, die von ihren Münzherren dann zumeist auch den Verzicht auf die Verrufungen erreicht haben. Mit dem Aufkommen der verrufungsstabilen Gold- und Groschenmünzen wurde dieses Problem weitgehend gegenstandslos. Eine naheliegende, bisher kaum beachtete Seite der Verrufungen ist die Sicherung des Fortbestehens der neu eingerichteten Münzstätten durch die Lieferung des Prägesilbers. Die im 12. Jh. so explosionsartig steigende Zahl der Münzstätten löst doch die Frage nach ihrer Versorgung mit dem Prägematerial aus. Wo kam plötzlich das viele Silber her? Gewiß war die Ausbeute der Bergwerke gestiegen und neue Reviere (Erzgebirge) wurden erschlossen, doch reichte das Bergsilber auf die Dauer aus? Ist es nicht denkbar, daß die einmal begonnene hohe Münztätigkeit nur durch ständige Regeneration (Umprägung der alten in neue Münzen), einen Kreislauf gewissermaßen, am Leben zu erhalten war ? So gesehen werden die Verrufungen zu einer notwendigen Einrichtung, denn der Münzherr hatte am Fortbestand seiner Münzstätte ein unmittelbares fiskalisches Interesse, da ihm Schlagschatz und Verrufungen regelmäßige Einnahmen garantieren, die er durch unterwertige Ausbringung der neuen gegenüber den verrufenen Münzen noch erhöhen konnte. Wenig bedeutend ist das Problem der technischen Herstellung der Brakteaten. Ober- oder Unterstempelprägung ist eine alte Streitfrage, die eigentlich gar keine ist, da beide Techniken möglich sind, wie praktische Versuche 100 und die erhaltenen Stempel lehren 101 . Rätselhaft in ihrer Entstehung ist allerdings eine kleine Gruppe von Brakteaten der Frühzeit, die teils vertieftes, teils erhabenes Gepräge zeigen 102 . Nur der geringere Teil der Brakteaten führt Umschriften. In der Frühzeit sind diese selten ganz richtig, mit Erreichen der Blütezeit und bis gegen 1210 dauernd sind sie in der Regel ziemlich korrekt, um dann in Entstellung und Verstümmlung zu versinken. Inschriftlich gesicherte Leitstücke sind darum ein wichtiges 98

Wobei nach Mark oder Schilling Silbers gerechnet wurde und die Pfennige offenbar ohne große Rücksicht auf Herkunft und Alter — wenn sie nur guthaltig waren — zugewogen wurden. 99 Die Bevölkerung konnte alte gegen neue Pfennige an den Verrufungstagen nur unter Verlust einwechseln, müßte also bestrebt gewesen sein, die jeweils eingetauschte Zahlungsmenge auch auszugeben, um künftige Wechselverluste zu vermeiden. Das dies in der Praxis nicht ganz funktionierte, beweisen die Münzfunde, die zahlreiche Typen enthalten, obwohl nur einer zum Vergrabungstermin gültig sein konnte. Der Grund ist einfach: Die möglichen Gewichts- und Feingehaltsminderungen neuer Brakteaten einmal unberücksichgt, behielten auch verrufene Brakteaten ja ihren Silberwert (und damit Zahlungskraft), ihnen war bestenfalls die Zirkulationsfähigkeit im Kleinverkehr genommen. 100 Halke, BMF. 28 (1892), S. 170zff. Apell, BMF. 50 (1915), S. 5739ff. 101 A. Luschin, N Z . 15 (1881), S. 225 ff.; ders.: Allgemeine Münz- und Geldgeschichte des Mittelalters u. d. neueren Zeit. München/Berlin 1926, S. 92. J. Menadier: Dt. Münzen Bd. 3, S. 29ff. 102 A B K 1, S. 231, Fd. Gotha (50), (76).

137

Mittel, um die Masse der stummen Brakteaten einzuordnen. An ihre Herkunftsermittlung knüpfen sich besondere Probleme, weshalb bei ihnen die Fundprovenienzen von überaus großem Wert sind. Extrem schwierig gestaltet sich die Zuordnung bei den Nachschlägen, die zumeist ihrem Zweck entsprechend schriftlos sind bzw. eine barbarisierte Umschrift aufweisen und im Bild das Vorbild getreu kopieren. Einige können durch ihre Beizeichen der Anonymität entrissen werden. Die Einordnung des größten Teils hingegen ist unklar, wie auch die Scheidung von Vorbild und Nachahmung ein Problem der Brakteatenforschung geblieben ist. Viele Münzherren und Münzstätten der Brakteaten sind noch in Dunkel gehüllt, viele Stücke führen in den Sammlungen unter den „incerti" ein Aschenputteldasein. Dies zu beenden, das Material zu publizieren und auszuwerten — diese Aufgabe sollte die numismatische Forschung verstärkt in Angriff nehmen. Vorstehende Ausführungen haben sich bewußt auf einige Aspekte der Brakteaten beschränkt 103 , ohne Anspruch auf Vollständigkeit, auch hinsichtlich der bibliographischen Nachweise, zu erheben. Vf. würde sich glücklich schätzen, wenn sie zur Belebung der Diskussion um eine ebenso interessante wie eigenartige Münzgattung beitrügen. 103

So ist z. B . die F r a g e des Verhaltens der Zentralgewalt, der im 1 2 . J h . das Münzregal, nicht zuletzt durch die allerorten beginnende Brakteatenprägung, völlig entfremdet wurde, unberührt geblieben. D e r staufischen Münzpolitik hat TV. Kamp: Moneta regis. Phil. Diss. Göttingen 1957. eine gründliche Untersuchung gewidmet (Zusammenfassung der Ergebnisse in: Hamb. Beitr. z. N u m . H . 1 7 (1963), S. 5 1 7 — 544). A u c h die rein numismatische Seite der Brakteaten (cuius sit imago et superscriptio?) mußte hier weitgehend im Hintergrund bleiben.

138

FÜNF IM M Ü N Z K A B I N E T T B E A R B E I T E T E SPÄTMITTELALTERLICHE UND NEUZEITLICHE MÜNZFUNDE Lore Börner Nachfolgend werden fünf Münzfunde angezeigt, die in den letzten Jahren im Münzkabinett vorlagen und hier bearbeitet, z. T. auch konservatorisch behandelt wurden. Zwar bieten die Funde in ihrer jeweiligen Zusammensetzung keine Besonderheiten und, von einer Ausnahme abgesehen, auch keine bisher unbekannten Münzen bzw. neue Münztypen, doch müssen aus Gründen der Vollständigkeit auch die weniger bedeutenden Funde bekannt gemacht werden. Die Münzen der Funde datieren aus dem 14. —18. Jh., geborgen wurden sie im brandenburgischen, mecklenburgischen und sächsischen Raum. Den Inhalt der Funde bilden im wesentlichen die für Landschaft und Zeit typischen Gepräge, nämlich Groschen, Schillinge, Taler und dessen Teilstücke. Buckau, Kreis Brandenburg Land Im Jahre 1958 stieß der Brunnenbauer Alsleben in Buckau bei Arbeiten im Erdreich auf ein in einer Bruchsteinpackung liegendes Gefäß, bei dem es sich um eine 13,5 cm hohe, im Durchmesser 7,5—8 cm haltende braun glasierte Kanne mit Wellenfußplatten handelt. 1 In dieser Kanne befand sich ein Schatz von 303 ganzen und 2 halbierten Meißner Groschen, die fünf meißnischen und thüringischen Münzherren zuzuteilen sind, während ein Groschen aus der Münzstätte Heiligenstadt unter Erzbischof Johann von Mainz stammt. Den stärksten Anteil haben die Groschen Wilhelms von Meißen (1381 — 1407) mit 138 Stück oder 42% der Fundmasse, gefolgt von denen Balthasars von Thüringen (1382—1406) mit 88, Friedrichs IV. von Meißen-Osterland (1381 — 1428) mit 46, Friedrichs von Thüringen (1406—1440) mit 29 und Friedrichs III. von Meißen-Thüringen (1349—1381) mit 2 Stücken. Die beiden ältesten Münzen lassen sich durch Krug 2 auf die Jahre vor 1381 datieren, die jüngsten dürften zwischen 1406 und 1409 geprägt worden sein, so daß auf eine Vergrabungszeit um 1410 geschlossen werden kann. Das interessanteste Stück ist ein Kreuzgroschen Friedrichs IV. (s. unten Nr. 70, Abb. 1), dessen Beizeichenkoppelung Kreuz vor dem Löwen, Punkt hinter seinem Kopf und in der Schwanzkrümmung bei Krug für die Groschen Friedrichs IV. nicht belegt ist. Er kennt sie aber bei Groschen Balthasars von Thüringen 3 , die 1390 — 1393 angesetzt werden, und bei solchen von Wilhelm von Meißen4 aus der Zeit 1382—1395. Der Groschen, auf dem die Buchstaben des Wortes Crux in der Anordnung £ v wiedergegeben sind, gehört zu Gruppe Krug Nr. 625—646 aus den Jahren 1390—1393. Ein Groschen des Fundes (Nr. 28, Abb. 2) ist gegengestempelt mit einer bis dahin unbekannten Kontermarke der Stadt Göttingen 5 . Um ein Machwerk aus einer Falschmünzerei handelt es sich höchstwahrscheinlich bei dem Groschen Nr. 60, der vollgewichtig ist, aber einen sehr rohen Stempelschnitt und völlig korrumpierte Umschriften aufweist. Verbleib: Heimatmuseum Brandenburg

1

Die Angaben verdanke ich den Mitarbeitern des Heimatmuseums Brandenburg. Krug s. Literaturverzeichnis. 3 Krug S. 128, Nr. 447 ff. 4 Krug S. 123, Nr. }z6{{. 6 Für freundliche Hinweise danke ich nochmals Herrn Hans Krusy, Witten. Der Gegenstempel ist inzwischen veröffentlicht durch Hans Krusy, Gegenstempel auf Münzen des Spätmittelalters, Frankfurt/Main 1974, S. 106, G 2, 40 mit gewissen Zweifeln an seiner Zugehörigkeit zu Göttingen. 2

139

A b b . i . Groschen aus dem Fund von Buckau Nr. 70 (Vergr. 2:1)

A b b . 2. Gegengestempelter Groschen aus dem Fund v o n Buckau N r . 28 (Vergr. 2 : 1 )

Fundinhalt F r i e d r i c h III. von Meißen und Thüringen, 1349—1381 vor 1381 1. Krug 239/1 2. Krug 271/6 W i l h e l m I. von Meißen, 1381 — 1407 1382-1395 3. Krug 326/4 aber G R A V I o S ' 4. Krug 327/4 5. Krug 328/4 aber Vs. o'+o 6. Krug 328/4 aber Vs. 0+ 7. Krug 330/4 aber Vs. L A G R A V I ' 8. Krug 332/4 9. Krug 333/4 aber Vs. o'+o 10. Krug 348/4 11. Krug 348/10 12. Krug 326?—348? undeutlich 1396-1405 13. Krug 353/3 14. Krug 356/3 1405 —1407 15. Krug 360/2 16. Krug 353/2 17. Krug 363/2 aber V s . + W I L h 18. Krug 364/2 aber Vs. T R I r . G 19. Krug 366/2 140

2,83 g 3,33 g

2,60 g Dgw. 2,68 g M^g 2,06 g 2,83 g 2,84 g 2,91 g Dgw. 2,71 g 2,51g Dgw. 2,71 g

x Ex. 54 Ex. i Ex. i Ex. i Ex. i Ex. 1 Ex. 16 Ex. x Ex. 2 Ex.

2,40 g Dgw. 2,51g

i Ex. 6 Ex.

Dgw. 2>6o g Dgw. 2,61 g Dgw. 2,52 g 3,05 g Dgw. 2,69 g

6 Ex. 3 Ex. 3 Ex. i Ex. 39 Ex.

B a l t h a s a r von Thüringen,

1382—1406

1382—1390

20. Krug 422/1 wahrscheinlich 21. Krug 43 3?/5 Vs. undeutlich 2 2 . Krug 4 3 4 / 6 23. K r u g 438/11

24. Krug 440/11 aber Vs. LANG 25. Krug 441 ?/i? Vs. u. Rs. undeutlich 2 6 . Krug 4 4 6 / 9 aber Vs. L A n G U. Rs. MARCh 27. Krug 465/1 aber Vs. D'I 28. Krug 465/1 mit Gegenstempel Göttingen 2 9 . Krug 4 6 5 / 3 3 0 . Krug. 4 7 0 / 4 1395-1405 31. Krug 513/3 32. Krug 513/3 aber Rs. + 0 33. Krug 513? undeutlich 34. Krug 515/1 aber LA 77 G 35. Krug 515/2 36. Krug 515? undeutlich 3 7 . Krug 5 3 0 / 4 3 8 . Krug 5 3 3 / 3 39. K r u g 535/4

halbiertes Ex. 1 Ex. g 2,82 g 1 Ex. 1 Ex. 2,67 g 1 Ex. 3,o9g Dgw. 2 , 7 7 g 3 Ex. 1 Ex. 2,77 g Dgw. 2,71 g 16 Ex. 1 Ex. 2,86 g 1 Ex. 3,I2 g Dgw. 2 , 5 2 g 6 Ex. 2,65

g g Dgw. 2,54g 2,41 g 2 ,4o g 2,49 g Dgw. 2 , 6 0 g 2,54 g Dgw. 2,78 g

1 Ex. 1 Ex. 3 Ex. 1 Ex1 Exi Ex. 5 Ex. 1 Ex. 3 Ex.

Dgw. 2,63 g Dgw. 2,57 g Dgw. 2,53 g 2,07 g Dgw. 2 , 6 6 g Dgw. 2 , 8 3 g Dgw. 2,38 g Dgw. 2 , 8 5 g Dgw. 2,70 g 2,41 g 2,52 g Dgw. 2 , 5 8 g 3,02 g

18 Ex. 2 Ex. 3 Ex. 1 Ex. 2 Ex. 2 Ex. 2 Ex. 2 Ex. 2 Ex. 1 Ex. 1 Ex. 2 Ex. 1 Ex.

g g g g g g

1 Ex. 1 Ex. 1 Ex. 2 Ex. 7 Ex. 1 6 Ex.

2,26

2,89

1405 — 1 4 0 6

Krug 5 4 0 / 2 4 1 - Krug 5 4 0 / 3 4 2 . Krug 5 4 4 / 3 ^ 4 3 . Krug 5 4 6 / 2 aber Rs. MIS7)EnSIS 4 4 . Krug 5 4 6 / 3 4 5 . Krug 5 4 6 / 3 aber Rs. MARCH 4 6 . Krug 5 4 6 ? undeutlich 47. Krug 553/1 aber Res. nErjSIS 4 8 . Krug 5 5 3 / 2 aber Rs. T J E M 4 9 . Krug 5 5 3 / 2 aber Vs. LAG u. Rs. 77EI/I 5 0 . Krug 5 6 2 / 2 51. Krug 5 6 7 / 2 52. Krug. 562? 567? undeutlich 40.

F r i e d r i c h von Thüringen,

1406—1440

1406—1409

53. 54. 55. 56. 57. 58.

Krug 5 8 4 / 3 Krug 585/3? Rs. undeutlich Krug 5 9 0 / 3 Krug 592/1 Krug 5 9 6 / 3 Krug 5 9 7 / 3

2,05 2,60 2,80

Dgw. Dgw. Dgw.

2,62 2,60 2,61

F r i e d r i c h IV. von Meißen-Osterland, 1381 — 1428 1 3 8 1 — 1 3 90

59. Krug 6 2 0 / 2 60. Krug 620 entstellte Umschriften

Dgw.

Ex. 1 Ex.

2,64

g 3,o8 g

3

3,o7g g 2,65 g

1 Ex. 1 Ex. 1 Ex.

1390-1393

Krug 6 3 0 / 5 62. Krug 640/1 aber Vs. 0+ 63. Krug 640/1 aber Vs. -+o

61.

2,82

141

65. 66. 67. 68. 69.

Krug Krug Krug Krug Krug

641/1 642/1 646/1 aber Vs. 0 + 0 646/1 aber Vs. o'-|-o u. keine Interpunktionszeichen 640?—646? undeutlich

D g w . 2,87 g 2,83 g 2 ,73 g 2,5 5 g 2,57g beschädigt 2,30 g

2 1 1 1 1 1

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

70. K r u g — Beizeichen vor dem L ö w e n , hinter dem Kopf und in der Schwanzkrümmung Vs. 0+oFRIDoDIoGRA'oTVRI TlGoLA77GRIS Rs. o + o G R O S S V S o M A R C h ' o MIS77ENSIS 71. 72. 73. 74. 75. 76.

1 393

— 1 395

K r u g 647/1 K r u g 647/1 aber Vs. FRIDo K r u g 647/2 K r u g 647/2 aber Vs. FRIDo K r u g 649/1 Schrift nicht erhalten, unbestimmbar

2,36 g

1 Ex.

D g w . 2,61 g 8 1 3,i2 g D g w . 2,43 g 5 1 2,48 g D g w . 2,82 g 3 halbiertes

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

E r z b i s t u m M a i n z , J o h a n n v o n N a s s a u , 1397—1419, Münzstätte Heiligenstadt 77. Vs. +IOhES-DI-G . . . PS M O G V N T I n E Rs. ® G R O S S V S • ARChl• M O G V D T I T ) R71

2,52 g

1 Ex.

Sommersberg bei Pritzwalk Im A u g u s t 1965 w u r d e n auf dem Sommersberg bei Pritzwalk bei Planierungsarbeiten 785 M ü n z e n gefunden. Die inzwischen durch B a g g e r n beseitigte Fundstelle befand sich etwa 250 m westlich der Fernverkehrsstraße 103 Pritzwalk-Rostock und etwa 2800 m nördlich der Stadtmitte Pritzwalk. Der weitere Fundbereich führt den Flurnamen „Wendfelder". Die A u f f i n d u n g verdanken w i r der Aufmerksamkeit des Traktoristen E w a l d M a r k w a r t aus Seefeld. Die frühesten M ü n z e n des Fundes sind Doppelschillinge von Wismar 15 22 und H a m b u r g 15 24, Lübecker Schillinge v o n 1522, Hildesheimer Bernwardsgroschen v o n 1522. Die spätesten Stücke sind 1600 datiert und stammen aus H a m b u r g und Holstein-Gottorp. Die V e r g r a b u n g auf siedlungsfernem Gelände m u ß somit nach 1600 geschehen sein. V o n den zwei Münzgefäßen sind nur untere Teile erhalten. Es handelt sich u m einen ziegelroten Grapen mit Gurtriefen und bräunlicher Innenglasur bzw. u m ein Standbodengefäß aus schmutzig-weißem Ton mit gelblich-grüner Innenglasur und Gurtfurchen 6 . Doppelschillinge der Hansestädte und J o h a n n Adolfs v o n Schleswig-Holstein-Gottrop bilden den Hauptbestand des Fundes. Dieser ist bisher der einzige V e r w a h r f u n d v o n Doppelschillingen aus der M a r k Brandenburg. Verbleib: Kreisheimatmuseum Pritzwalk

Fundinhalt Hamburg 1. 1/4 Taler 15 84 2. Doppelschilling 1524 3. Doppelschilling 1553 4. Doppelschilling 1553

5. Doppelschilling 1566

1

zu Gaedechens 591, aus dem Stempel v o n 1582 Gaed. 752 aber M O N E Dgw. Gaed. 796 aber ohne Kreuz zwischen D O M I u. F I A T Dgw. datiert, erst nach 15 62 geprägt, da am Ende der Vorderseitenumschrift Münzmeisterzeichen v o n Andreas Methner (1562—1571), zu Gaed. 801 Gaed. 802 Gaed. 802 aber Münzmeisterzeichen Methner auch am Ende der Vorderseitenumschrift

7,03 g 3,76 g

1 Ex. 2 Ex.

3,37 g

3 Ex.

3,06 g

1 Ex.

3,38 g D g w . 3,46 g

2 Ex.

Die Angaben stammen vom Museum für Ur- und Frühgeschichte Potsdam in einem Schreiben vom 27. 5. 1966 an das Kreisheimatmuseum Pritzwalk.

142

6. 7. 8. 9.

Doppelschilling Doppelschilling Doppelschilling Doppelschilling

1592 1593 1594 1595

10. Doppelschilling 1596

11. 12. 13. 14. 15. 16.

Doppelschilling Doppelschilling Doppelschilling Doppelschilling Schilling 1553 Schilling 1566

15 97 1598 1599 1600

Gaed. 803 u. 806 Gaed. 807 u. 808 Gaed. 809 — 812 zu Gaed. 813 u. 814 Vs.: ohne Jahreszahl (8 Ex.), 9—5 über dem Schild (30 Ex.), 9-V über dem Schild (4 Ex.) 9—5 neben dem Schild (3 Ex.) Rs.: ohne Jahreszahl (20 Ex.), 9—5 über dem Schild (19 Ex.), 9—4 über dem Schild (6 Ex.) Gaed. 815—818. 1 Ex. mit Stadtnamenumschrift auch auf der Rs. mit Kaiserumschr. u. Jahreszahl auf Vs. u. Rs. Gaed. 819—823 Gaed. 824—827 Gaed. 828 —829 zu Gaed. 830

Dgw. 3,00 g Dgw. 3>°6 g Dgw. 3,03 g

4 Ex. 5 Ex. 28 Ex.

Dgw. 3,°6 g

45 Ex.

Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw.

3>°°g 2,99 g 3,15 g 3,08 g 3,06 g 3,16 g

47 Ex. 7 Ex. 33 Ex. 35 Ex. 44 Ex. 8 Ex. 14 Ex. 1 Ex.

Dgw. 3,90 g 3,87 g Dgw. 3,33 g D g w . 1,80 g Dgw. 1,82 g 1,43 g

3 Ex.

Lüneburg 16. 17. 18. 19. 20. 22.

Doppelschilling 1530 Doppelschilling 1558 Doppelschilling 1562 Schilling 1554 Schilling 1558 Schilling 1581

Jesse 619 Jesse 666 Jesse 667, 3 Var. der Rs. zu Jesse 668 Jesse 668, 3 Var. der Vs.

i Ex. 40 Ex. 2 Ex. 5 Ex.

i Ex.

Lübeck 23. Doppelschilling 1522 24. Doppelschilling 1554 25. Doppelschilling 1563

26. Schilling o. J. (zw. 1 5 4 9 u - 1 5 54)

Behrens 359a zu Behrens 361c Behrens 362a Behrens 362c Behrens 362c Behrens 362t Behrens 402a

-

Dgw. 3,68 3,41 Dgw. 3,26 Dgw. 3,26 Dgw. 3,15 Dgw. 3,08 Dgw. 1,78

g g g g g g g

2 Ex. 1 Ex. 32 Ex. 9 Ex. 2 Ex. 18 Ex. 6 Ex.

Wismar 27. Doppelschilling 1530 28. Doppelschilling 1563 29. Doppelschilling 1595 30. Doppelschilling 1597

Grimm 214 Grimm 219—227 Vs. M O N . N O V A - W I S M A R I A 95 Rs. CIVIT-AS: M-AGNO-POL' Gaettens 1369

3,87 g 1 Ex. Dgw. 3,27 g 142 Ex. 3,17 g 3,02 g

1 Ex. 1 Ex.

3,27 3,23 1,81 2,02

3 2 7 2

Rostock 31. 32. 33. 34.

Doppelschilling 1567 Doppelschilling o. J. Schilling o. J. Schilling o. J.

zu zu zu zu

Grimm Grimm Grimm Grimm

276 274 719 722

Dgw. Dgw. Dgw. Dgw.

g g g g

Ex. Ex. Ex. Ex.

Brannschweig 35. Annengroschen 1534 36. Annengroschen 1537 37. Annengroschen 1540

Jesse 26 Jesse 29 Jesse 32

Dgw. 3,40 g 3>51 g 3.35 g

2 Ex.

i Ex. i Ex. 143

Hildesheim 38. Bemwardsgroschen 1522

Buck 21

2,78 g

1 Ex.

39. Reichsgroschen 1560

Binder u. Ebner 62.42

2,02 g

1 Ex.

Niederlande, Karl V., 1515 — 15 5 5 40. 4-Patards 1537 41. 4-Patards 1543

Gelder u. H. 189.1 Gelder u. H. 189.1

4,90 g 5)&4g

1 Ex. 1 Ex.

27,94 g 2,30 g

1 Ex. 1 Ex.

14,28 g

1 Ex.

4,05 g

1 Ex.

Württemberg, Christoph, 1550—1568

Bistum Halberstadt, Albrecht von Brandenburg, 1513 — 1545 42. Guldengroschen 1542 Schulth.-R. 4265 43. Groschen o. J . Typ Schulten 1044 Kursachsen, Johann Friedrich der Großmütige und Georg der Bärtige, 1534—1539 44. 1/2 Taler 1535 Vs. + I O A N . F R I D . E L E C T . E T . GEORGI.DVX.SAXONIE Rs. M O N E T A . N O V A . E X C V S S A . A N N O . D O M 1535 T Sachsen-Alt-Gotha, Johann Friedrich II., 1554—1567 45. Engelgroschen o. J .

zu Götz 6254

Mecklenburg-Güstrow, Ulrich III., 1555 Evers —1603231.1, Gaettens 596 46. Doppelschilling 1567 Schleswig-Holstein-Gottorp, Johann Adolf, 1590—1616 47. Doppelschilling 1595 Lange 280 (Vs. 4, Rs. 6 Var.) 48. Doppelschilling 1596 Lange 281 (Vs. 7, Rs. 6 Var.) 49. Doppelschilling 1597 Lange 282 (Vs. 12, Rs. 4 Var.) 50. Doppelschilling 1598 Lange 283 (Vs. 7, Rs. 5 Var.) 51. Doppelschilling 1599 Lange 284 (Vs. 5, Rs. 3 Var.) 52. Doppelschilling 1600 Lange 285 aber Vs. u. Rs. S C H L E S V 53. Schilling 1593 Lange Nachtr. 303 B aber Mzmz. auf Rs. 54. Schilling 1595 Lange 304 aber Vs. D V X . S C H 55. Schilling o. J . Vs. I O H . A D O L . D . G . D V X SCL 2 Doppellilien Rs. M O N E T A N O V A . S C H L E S Bistum Lübeck, Johann Adolf von Holstein-Gottorp, 1586—1607 56. Doppelschilling 1599 zu Lange 288 b Vs. IO.A.D:G.D-S.H.S.D.C.O. 7feldiges Wappen mit Lübecker Kreuz Rs. M - O N E T - N O V A . H O L S - A Blumenkreuz 57. Doppelschilling o. J . Behrens 762b

3,12 g 1 Ex. (ausgebrochen) Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw.

2,83 2,75 2,86 2,85 2,82 2,87 1,79 1,30

g g g g g g g g

9 31 56 32 14 4 1 1

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

1,60 g

1 Ex.

3,08 g

1 Ex.

3,50 g Dgw. 2,84 g

1 Ex. 3 Ex.

Dgw. 1,74 g

3 Ex.

2,68 g

1 Ex.

Schleswig-Holstein, Königl. Linie, Friedrich II., 1559 — 1588 58. Schilling o. J . Dänemark, Christian III., 1534—1559 60. Doppelschilling 15 5 9 Friedrich II., 1559—1588 61. Mark 1563 62. Doppelschilling 1560 63. Doppelschilling 1561 64. Doppelschilling 1563 65. Doppelschilling 1582 Christian IV., 1588 — 1648 66. Doppelschilling 1595 144

Lange 27a

9,48 g u. 9,44 g 2 >34g Dgw. 2,28 g Dgw. 2,02 g Dgw. 2,01 g 1,82 g

2 i 3 4 3

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

1 Ex.

Preußen, Albrecht, 1525—1568 67. Dreigröscher 1537 68. Dreigröscher 1538 69. Dreigröscher 1539 70. Dreigröscher 1540 71. Dreigröscher 1541 72. Dreigröscher 1542 73. Dreigröscher 1543 74. Dreigröscher 1545 75. Dreigröscher 1546

zu zu zu zu zu zu zu zu zu

Bahrf., Marienburg 1162 Bahrf. 1166 Bahrf. 1168 Bahrf. 1170 Bahrf. 1175 Bahrf. 1180 Bahrf. 1183 Bahrf. 1194 Bahrf. 1197

1 3 1 1 3 1 1 1 1

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

3 1 4 4 1

Ex Ex Ex Ex Ex

von 13 Ex. Dgw. 2,58 g Polen, Sigismund Danzig 76. Dreigröscher 77. Dreigröscher 78. Dreigröscher 79. Dreigröscher 80. Dreigröscher

I., 1505- -1548 1536 1537 1538 1539 1546

Typ Typ Typ Typ Typ

Gum. Gum. Gum. Gum. Gum.

569 570 571 572 573 von 13 Ex. Dgw. 2,58 g

Elbing 81. Dreigröscher 1536 83. Dreigröscher 1537 83. Dreigröscher 1540

Typ Gum. 585 Typ Gum. 5 8 5 Typ Gum. 585

2 Ex. 1 Ex. 1 Ex. von 4 Ex. Dgw. 2,63 g

Sigismund II. August, 1548 —1572 Danzig 84. Dreigröscher 1557 Typ Gum. 646 Wilna 85. Dreigröscher 1547 Typ Gum. 618 Stephan Bathori, 1576—1586 86. Dreigröscher 1579 Typ Gum. 691

Dgw. 2,64 g

2 Ex.

2,51g

1 Ex.

2,45 g

1 Ex.

Schlesien—Liegnit^—Brieg, Friedrich II., 1488 — 1547 87. Dreigröscher 1544 Typ Fried, u. S. 1362 88. Dreigröscher 1545 Typ Fried, u. S. 1369

2 Ex. 2 Ex. von 4 Ex. Dgw. 2,39 g

Burg Stargard, Kreis Neubrandenburg Der Münzfund wurde im Sommer 1955 beim Bau einer Wasserleitung in der Ernst-Thälmann-Straße, etwa 1 5 0 m westlich der Kirche in Burg Stargard entdeckt. Die Münzen befanden sich in einem kleinen, ziegelroten, kannenähnlichen Gefäß, über dessen Vergrabungstiefe im Erdreich nichts bekannt ist. 1974 gingen die Münzen in den Besitz des Kulturhistorischen Museums Neubrandenburg über, ihre Reinigung und Bestimmung erfolgte 1975/76 im Münzkabinett Berlin. Der aus 347 Münzen bestehende Fund beinhaltet Doppelschillinge und Düttchen, auch Schillinge und Sechslinge aus dem norddeutschen Raum, aber fast die Hälfte des Bestandes, nämlich 172 Stück oder 49% machen dänische 4-, 2- und i-Skillinge aus. Die älteste Münze ist ein mecklenburgischer Sechsling von 1538, die jüngste ein Lübecker Düttchen 1648. 20 Doppelschillinge sind von Rostock und den pommerschen Städten Stralsund, Greifswald, Anklam, Wolgast und Franzburg gegengestempelt. Verbleib: Kulturhistorisches Museum Neubrandenburg. Fundinhalt Dänemark, F r i e d r i c h I I . , 1551 — 1588 1. 2 Skilling 1582 a) Schou 6 aber : V A N D ? G O T O R O : b) Schou 10 10 Forsch, u. Ber., Bd. 19

2,03 g 1,25 g

iEx. 1 Ex. 145

2. 2 Skilling 1583 Schou 17 2 Skilling 1585 Schou 2

1.83 g

1 Ex.

1,66 g

1 Ex.

1,06 g Dgw. 1,62 g i,33 g

1 Ex. 2 Ex. 1 Ex.

C h r i s t i a n I V . , 1588 — 1648 4 Skilling 1616 a) Schou 16 b) Schou 24 c) Schou 28 4 Skilling a) Schou b) Schou c) Schou d) Schou

1617 26 26 a b e r D : G 28 28 aber IIII.D

i,78g i,38g i,73 g r ,92g

1 1 1 1

Ex. Ex. Ex. Ex.

2,00 g !,76g 1,60 g 1,66 g 1,68 g

1 1 1 1 1

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

1,61 g i,38g i,48g

1 Ex. 1 Ex. 1 Ex.

i,54g 1,62 g 1,62 g

1 Ex. 1 Ex. 1 Ex.

4 Skilling 1618 a) b) c) d) e)

Schou Schou Schou Schou Schou

4 Skilling a) Schou b) Schou c) Schou

89 90 90 96 97

aber keine Punkte in der Rs.-Umschrift

1619 123 127 128

2 Skilling 1595 a) Schou 2 b) Schou 7 aber -D-G c) Schou 11 2 Skilling 1603 a) Schou 16 b) Schou 18 c) Schou 19 d) Schou 20 e) Schou 24 f) Schou 25 aber :Q REX g) Schou 26 aber .Q REX h) Schou 29 i) Schou 29 aber G O T H O Q. Skilling 1604 a) Schou 37 b) Schou 38 c) Schou 40 d) Schou 41 e) Schou 43 f) Schou 43 a b e r D : G g) Schou 46 h) Schou 51 i) Schou 51 aber D A N 2 Skilling 1605 a) Schou 4 b) Schou 5 c) Schou 6 146

!,62 g Dgw. 1,41 g !,32 g Dgw. I , 2 7 g i,78g !,61 g

2 1 2 1 2 1 2 1 1

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

Dgw. 1,68 g Dgw. 1,66 g Dgw. i,47 g 1,63 g T ,99 g 1,04 g !,49g Dgw. !,6i g i,69g

8 3 6 1 1 1 1 2 1

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

Dgw. i,57 g Dgw. 1,63 g Dgw. !> 6 9g

4 Ex. 4 Ex. 3 Ex.

Dgw. 1,64 g 2,08 g Dgw. 1,20 g

12. 2 Skilling 1608 a) Schou 134 b) Schou 134 aber .VANDA.GOTO.Q und NCK.DA

Dgw. 1,54 g 1,61 g

3 Ex. 1 Ex.

13- 2 Skilling 1609 a) Schou 41 b) Schou 41 aber NG.DA

1,68 g M3 g

1 Ex. 1 Ex.

14- 2 Skilling 1611 Schou 26

!>43 g

1 Ex.

15- 2 Skilling 1613 a) Schou 18 aberNORVErVANDA. b) Schou 23

!>75 g 1,18 g

i Ex. 1 Ex.

1,23 g 1,16 g 1,38 g 1,11 g 1,26 g 1,23 g 1,39 g M7g 1,29 g 1,21 g 1,08 g 1,23 g 1,26 g 1,09 g 1,16 g 1,09 g M5 g !>21 g 1,31 g 1,15 g

4 Ex. 8 Ex. 3 Ex. 11 Ex. 2 Ex. 6 Ex. 2 Ex. 1 Ex. 5 Ex. 3 Ex. 7 Ex. 7 Ex. 1 Ex. 2 Ex. 7 Ex. 2 Ex. 1 Ex. 1 Ex. 2 Ex. 2 Ex. 2 Ex.

°>98 g

1 Ex.

18. Skilling 1611 Schou 36

Dgw. 1,05 g

2 Ex.

19. Skilling 1612 Schou 24

M°g

1 Ex.

20. Skilling 1613 Schou 27

von 2 Ex. Dgw. 0,96 g

3 Ex.

i6. 2 Skilling a) Schou b) Schou c) Schou d) Schou e) Schou f) Schou g) Schou h) Schou i) Schou k) Schou 1) Schou m) Schou n) Schou 0) Schou p) Schou q) Schou r) Schou s) Schou t) Schou u) Schou 2 Skilling

1618 102 105 107 108 108 aber VAND. 108 aber GOTO: 180 aber GOTO REX 108 aber REX. 110 n o aber VAND.GOTO.REX. 112" 114 114 aber VAND. 118 119 121 121 aber :GOTO 121 aber GOTO: 121 aber :GOTO: 122 mit undeutlicher Jahreszahl, verm. 1 618, Schou 102 (?), 105 (?)

17- Skilling 1608 Schou Vs. 146, Rs. 142

21. Skilling 1614 Schou 30 22. Skilling 1615 a) Schou 45 b) Schou 54 23-

Skilling 1618 Schou 124

24. Skilling 1619 Schou 147 10*

Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw. Dgw.

Dgw. Dgw.

Dgw. 0,81 g

2 Ex.

1,22 g (ausgebr.) 0,58 g

1 Ex. 1 Ex.

(ausgebr.) 0,87 g

1 Ex.

(ausgebr.) 0,59 g

1 Ex. 147

Holstein—Pinneberg, E r n s t I I I . v o n S c h a u e n b u r g , 1601 — 1622 25. Doppelschilling 1621 Lange 927

aber Vs. ER.PRI.-ÉT.C.H.S.S. Rs. F E R D I N A . D . G . R . I M . S . A . 6 Z 1 mit Gegenstempel Greifswald G3 (Friederich 123/128, Schmidt S. 185)

i,43 g

1

Ex

1,79 g

i Ex.

1,72 g

i Ex.

2,02 g

i Ex.

1,85 g

i Ex.

1,68 g

i Ex.

2,95 g

i Ex.

2,95 g

i Ex.

3,06 g

i Ex.

2,94 g

i Ex.

1,83 g

i Ex.

0,59 g 0,62 g

1 Ex

0,74 g

i Ex.

Dgw. 2,81 g

2 Ex.

1,05 g 0,82 g Dgw. 0,87 g

i Ex. i Ex. 2 Ex.

0,67 g

i Ex.

-

Hamburg 26. Doppelschilling 1623 Gaedechens 854

aber G E L D T . und II

27. Doppelschilling 1624 Gaed. 857

aber Zainhaken H A M B U R G E R , u. S T A D G E L D T .

28. Doppelschilling 1637 Gaed. 864a

aber . S T A D . G E L D T . 1 6 3 7 Rosette

29. Doppelschilling 1646 Gaed. 869 30. Schilling 1553 Gaed. 946 Lübeck 31. 1/16 Taler (Düttchen) 1623 Behrens 334a 32. 1/16 Taler 1624 Behrens 335a 33. 1/16 Taler 1629 Behrens 336a 35. 1/16 Taler 1648 Behrens 343 35. 1/24 Taler (Doppelschilling) 1646 Behrens 367 36. 1/96 Taler (Sechsling) 1622 a) Behrens 441a b) Behrens 441 b

aber N O ohne Punkt

i Ex.

Mecklenburg—Schwerin, H e i n r i c h der F r i e d f e r t i g e , 1503 — 1552 37. Sechsling 1538 Evers 53.2, Gaettens 1 1 4 A d o l p h F r i e d r i c h I., 1592 — 1658 38. 1/16 Taler (Düttchen) 1632 Evers 100.2, Gaettens 235 39. 1/48 Taler (Schilling) 1622 a) Evers 106.4 b) Evers 106.5 c) Evers 106.6

aber H E R T Z O G Z . M E C K L E N : aber H E R T Z O G Z . M E C K L : aber H E R T Z O G Z . M E C K L :

40. 1/96 Taler (Sechsling) 1622(F) Ziffern undeutlich, verm. Gaettens 221

148

Mecklenburg—Güstrow,

Johann-Albrecht,

1610—1636

41. 1/48 Taler (Schilling) 1622 Dgw.

Evers 261.9, Gaettens 682

42. Schilling a) Evers b) Evers c) Evers d) Evers e) Evers f) Evers g) Evers h) Evers

1622 261.2 261.2 261.3 261.4 261.4 261.6 261.7 261.8

43. Schilling a) Evers b) Evers c) Evers

1623 261.11 261.12 261.12

aber CHELN/BVRGS :

aber CHELN. aber CHELN. aber CHELN.

aber aber aber d) Evers 261.12 aber e) f) g) h) i)

Evers Evers Evers Evers Evers

262.3 262.3 262.3 262.3 262.5

von

aber aber aber aber

BVRG. CHELN./BVRG. BVRG. BVRG:

3

g

2

Dgw. 0,91 g 0,46 g Dgw. 0,55 g 0,64 g Ex. Dgw. 0,86 g 0,68 g 0,71 g Dgw. 1,08 g

2

0,84

Ex.

Ex. 1 Ex. 2 Ex. 1 Ex. 4 Ex. 1 Ex. 1 Ex. 2 Ex.

Dgw. 0,87 g 3 Ex. Dgw. 0,77 g 12 Ex. Dgw. 0,89 g 2 Ex. Dgw. 1,00 g 2 Ex. 0,94 g 1 Ex. 1,06 g 1 Ex. Dgw. 0,62 g 2 Ex. Dgw. 0,91 g 4 Ex. 0,93 g 1 Ex.

CHELN. CHELN./BVRG BVRG. CHELN.

44. Schilling 1624 Dgw.

a) Evers 262.6 b) Evers 262.8

g g

13

0,62

0,75

g

8

0,81

Ex. 1 Ex.

Schilling 1622, 1623, 1624 (?) Dgw.

Jahreszahlen undeutlich

Ex.

Rostock 45. Doppelschilling Grimm 384 46.

1644

Schilling o. J. (Münzmeisterzeichen Balthasar Kegeler, Grimm Vs. 717, Rs. 716

i,54 g

i Ex.

1,30 g

1 Ex. 1 Ex. 3 Ex.

1550—1562)

47. Schilling 1622 Grimm 730 Grimm 731

Dgw.

0,94

g g

48. Schilling 1626 Grimm 733

Dgw.

0,89

g

17

Dgw. Dgw. Dgw.

0,80 0,94 0,96

g g g g

4

0,80

0,75

g

1 Ex.

2,89

g

1 Ex.

0,88

49. Schilling o. J. (Münzmeisterzeichen Hans Detlev, 1623 — 1629) a) Grimm 734 aber MONE:NOV.ROSTOC. b) Grimm 734 aber MONE:NOVA. c) Grimm 734 aber MON:NO:ROSTOCHI. d) Grimm 734 aber MON NO ROSTOCHI: 50.

Sechsling o. J. (Münzemeisterzeichen Balthasar Kegeler, Grimm 941 aber ROSTOX

Ex.

Ex. Ex. 2 Ex. 1 Ex.

7

1550—1562)

Wismar 51. 1/16 Taler (Düttchen) 1624 Grimm 299

149

Pommern—Stettin, F r a n z , 1618 — 1520 52. Doppelschilling 1620 Vs. F R A N C I S . I . D . G . D V X . S . P . Rs. A D S I T . A B . A L T O . 1 6 . 2 0 . mit Gegenstempel Stralsund Strahl mit Kreuz an der Spitze (Friederich 251/259, Schmidt S. 185)

M4g

1 Ex.

53. Doppelschilling 1620 wie vorher mit Gegenstempel Wolgast Greif nach rechts (Friederich 226/227, Schmidt S. 186 7 ) 1,52 g

1 Ex.

54. Doppelschilling 16?? wie vorher, Jahreszahl unkenntlich mit Gegenstempel Franzburg Greif nach links über F (Friederich 106, Schmidt S. 186)

1,15 g

1 Ex.

B o g i s l a u s X I V . , 1620—1637 55. Doppelschilling 1621 Vs. B V G S L A V S . D . G . D V X . S . P : Rs. D E V S . A D I V T O R . M E V S . gekr. Zainhaken mit Gegenstempel Stralsund

1,40 g

1 Ex.

56. Doppelschilling 1621 Vs. B V G S L A V S D V X . S . P O M Rosette Rs. wie vorher, am Ende Rosette mit Gegenstempel Anklam dreizackiger Strahl (Friederich 4/7, Schmidt S. 185)

Dgw. 1,02 g

2 Ex.

2,81 g

1 Ex.

2,8 5 g

1 Ex.

1,06 g

1 Ex.

1,81 g

1 Ex.

1,53 g

1

1,18 g

1 Ex,

57. 1/16 Taler (Düttchen) 1629 Vs. B O G I S - L A V S - X I V D G - D V X S P Rs. R E I C H S . S C H R O T . V N D . K O R N . 16.ST./REICHS/TALER/.1629. Pommern-Wolgast, P h i l i p p J u l i u s , 1592—1625 58. 1/16 Taler (Düttchen) 1623 Pogge 900 59. Doppelschilling 1 6 1 ? Vs. PHILIPPVS IVL.H.Z.S.P. Rs. R E C T E . F A . N E . M T V A (letzte Buchstaben und 4. Ziffer der Jahreszahl undeutlich) 60. Doppelschilling 1620 Vs. wie vorher Rs. R E C T E . F A . N E . M E . T V A S . mit Gegenstempel Rostock Ro (Friederich 240/241, Schmidt S. 185) 61. Doppelschilling 1620 wie vorher mit Gegenstempel Stralsund

Ex.

62. Doppelschilling 1620 wie vorher mit Gegenstempel Anklam 7

Die von Friederich und Schmidt gelesene 3 zwischen den Hinterbeinen ist auf diesem Exemplar nicht erkennbar.

lJO

63. Doppelschilling 1621 wie vorher mit Gegenstempel Stralsund

1,82 g

1 Ex.

Dgw. 0,92 g 0,85 g

6 Ex.

2,82 g

1 Ex.

2,90 g 3,09 g

1 Ex. 1 Ex.

Dgw. 2,74 g

2 Ex.

64. Doppelschilling 1622 a) Vs. wie vorher Rs. .II./SCHILL/ING P O M / M E R S C H / . 16 Eichel ZZ. b) wie vorher aber: 16ZZ: / X Eichel X

1 Ex.

Stralsund 65. 1/16 Taler (Düttchen) 1623 Bratring 40 66. 1/16 Taler 1625 a) Bratring 44 b) Bratring 44

aber G E L T . aber G E L T

67. 1/16 Taler 1626 Bratring 45 aber G E L T 68. 1/16 Taler 1628 a) Bratring 51 a aber G E L T Münzmeisterzeichen Asmus Riekhof b) wie vorher und .1628. 69. 1/16 Taler 1629 Bratring 55

2,90 g

1 Ex.

2,79 g

1 Ex

-

Dgw. 2,20 g

2 Ex.

Dgw. 2,91 g

4 Ex.

2,39 g

1 Ex.

2,21 g

1 Ex.

Dgw. 1,41 g

2 Ex.

Dgw. 1,09 g

2 Ex.

73. Sundischer Schilling 1638 Bratring75a aber STRALS:.

0,64 g

1 Ex.

74. Sundischer Schilling 1648 Bratring 93 aber 1648

0,69 g

1 Ex.

i,34 g

1 Ex.

i,45 g

1 Ex.

70. 1/16 Taler 1630 Bratring 57 1/16 Taler 162? 4. Ziffer unkenntlich, Münzmeisterzeichen Hans Puls, 1625 — 1635 1/16 Taler 16?? 3. u. 4. Ziffer unkenntlich, Münzmeisterzeichen Hans Puls 71. 1/16 Taler 1647 Bratring 92

aber N O : CIVITAT. STRALSVN Rosette

72. Sundischer Schilling 1538 Bratring 1 aber S V N D E

Brandenburg, G e o r g W i l h e l m , 1619—1640 75. Doppelschilling 1621 Vs. Bahrfeldt 613 a aber M.Z BR Rs. Bahrfeldt 613 d mit Gegenstempel Anklam Braunschweig, Mittleres Haus Lüneburg, W i l h e l m z u H a r b u r g , 1603 — 1642 76. Doppelschilling 1619 a) Fiala 247 mit Gegenstempel Stralsund

151

b) Fiala 247 aber 619 mit Gegenstempel Stralsund

1,51 g

1 Ex.

1,39 g i,68 g

1 Ex. 1 Ex.

1,59 g

1 Ex.

1,49 g

1 Ex.

1,58 g

1 Ex.

77. Doppelschilling 1620 a) Fiala 259 mit Gegenstempel Stralsund b) Vs. Fiala 260, Rs. 262 mit Gegenstempel Stralsund 78. Doppelschilling 1620 Fiala 262 mit Gegenstempel Anklam Braunschweig, Neues Haus Lüneburg, C h r i s t i a n zu C e l l e , 1 6 1 1 — 1633 79. Doppelschilling 1620 Knyp hausen 1992 mit Gegenstempel Stralsund Braunschweig, Neues Haus Wolfenbüttel, A u g u s t Braunschweig 1635 —1666

d. J g . , zu Hitzacker 1604—1635,

80. Doppelschilling 1620 Fiala 16 mit Gegenstempel Greifswald Löbichau, Kr. Schmölln bei Leipzig Fundort des nach 1636 verborgenen kleinen Schatzes ist die Südseite des Löbichauer Hains. Hier hatte 1963 bei der Schneeschmelze das Schmelzwasser am Hang eine Rinne gebildet und die Münzen freigespült, die kaum verdeckt in der Rinne lagen und von aufmerksamen Schülerinnen gefunden wurden. Die Mädchen lieferten den Fund im Heimatmuseum Burg Posterstein ab. Der Fund umfaßt 5 3 Münzen, in der überwiegenden Mehrzahl kurfürstlich sächsische Groschen aus der Münzstätte Dresden, drei sächsische Engeltaler aus der Kipperzeit sowie zwei sachsen-weimarische, einen reußischen und einen Erfurter Groschen. Der Außenseiter ist ein Prager Groschen Kaiser Ferdinands I. von 1541. Dieses Stück ist auch das älteste des Fundes, das jüngste trägt die Jahreszahl 1636. Verbleib : Heimatmuseum Burg Posterstein, Auswahl von 1 1 Münzen Münzkabinett Berlin. Fundinhalt Sachsen, A u g u s t , 1553 — 1586 1. Groschen 1574 2. Groschen 1578

Götz 4789 Götz 4807

2 Ex. 1 Ex.

J o h a n n G e o r g I., 1 6 1 1 — 1656 3. Engeltaler zu 20 Groschen 1621, Dresden

Krug (Rahnenführer) 1 1 2 e

4. Engeltaler zu 30 Groschen 1622, Weida

Rahnenführer 524

5. Engeltaler zu 30 Groschen 1622, Neustadt/Orla

Rahn. 419 aber Vs. ohne Doppelpunkt am Ende der Umschrift

6. Groschen 1623

Götz 5041

aber Vs. IOHAN- und D : , Rs. -SA-

Götz 5041 Götz 5045 Götz 5046

aber Vs. E M-

aber Vs. G : D V X

Götz 5055

aber Vs. D : G - D V X SAX-, Rs. :SA

7. Groschen 1624

1 Ex. 1 Ex.

Rs. -SA-

1 Ex. 3 2 1 2

Ex. Ex. Ex. Ex.

3 Ex. Vs. Götz 5056

152

aber D : G :

Rs. 5051 aber :SA Vs. Götz 5053 aber D : G : , Rs. 5051 8. Groschen 1625

9. Groschen 1626

10. Groschen 1627 1 1 . Groschen 1628 12. Groschen 1629

13. Groschen 1631

aber :SA

1 Ex. 1 Ex.

Vs. Götz 5074 aber G E O R G - D : G - D V X SAX-, Rs. 5072 wie vorher aber I V L : C E - M Vs. Götz 5082 aber I O H A N G E O R G und D V X , Rs. 5083 aber IMP- und E L Vs. Götz 5085 aber D : G : D V X , Rs. 5087 aber einfache statt Doppelpunkte wie vorher aber D : G - , Rs. Götz 5087 aber IMP-ARCHIM-

1 Ex. 1 Ex.

Götz 5101 Götz 5101 aber Rs.ROMANIGötz 5104 Götz 5098 Vs. Götz 5096, Rs. 5103 aber ELVs. Götz 5096, Rs. 5101

3 1 1 1 1 1

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

Götz 1 5 1 1 Vs. Götz 5122, Rs. 5123 aber E L Götz 5136 a b e r I V L : Götz 5136 aber E T MVs. Götz 5133 aber G E O R G - Rs. 5134

2 1 2 1 1

Ex. Ex. Ex. Ex. Ex.

Götz 5148 Vs. Götz 5149

aber CL-

14. Groschen 1632

Vs. Götz 5164, Rs. 5159 Götz 5157

16. Groschen 1634 16. Groschen 1635 17. Groschen 1636

Götz 5171 Götz 5173 Götz 5182

aber I M P : aber Vs. M-,

Rs. 5147

aber S A :

aber ARCHIM-

aber ROMANI-

Rs. E L E C

1 Ex. 1 Ex. 1 Ex.

2 Ex. 1 Ex. 2 Ex. 1 Ex. 1 Ex. 1 Ex. 1 Ex.

Sachsen-Mittel-Weimar, J o h a n n E r n s t u n d 5 B r ü d e r , 1622 — 1626 18. Groschen 1622, Reinhardsbrunn Götz 6520

2 Ex.

Reuß, jüngere Linie, H e i n r i c h d. J g . , 1572—1635 19. Sterbegroschen 1635, Saalfeld

Schmidt u. Knab 476

1 Ex.

Leitzmann 546

1 Ex.

Stadt Erfurt 20. Groschen 1623

aber Rs. D E M -

Böhmen, F e r d i n a n d I., 1527 —1564 21. Prager Groschen 1541, Kuttenberg Doneb. — Vs. Rosette F E R D I N A N D V S : P R I / D E I : G R A T I A : R E X : B O E M I E Rosette Rs. G R O S S V S P R A G E N S E S : 1541 Rosette

1 Ex.

Demmin Bereits im Jahre 1952 wurde bei Enttrümmerungsarbeiten in der Pferdestraße in Demmin ein Schatz entdeckt, der — vorausgesetzt, daß er vollständig zur Ablieferung gelangte — aus 92 Talern und 8 Halbtalern besteht und ein Gewicht von etwa 2,772 kg hat. Die Münzen lagen in einem nicht näher bezeichneten Gefäß etwa 1/2 m unter größeren Findlingen, die zu einem Wohnhausfundament gehörten. 153

Obwohl der Schatz zum größten Teil aus Geprägen des 30jährigen Krieges besteht und das älteste ein Kemptener Taler von 15 47 ist, enthält er auch einige wenige Stücke aus der 2. Hälfte des 18. Jhs. Die Schlußmünze bildet ein französischer Laubtaler von 1787, mit dem die Verbergungszeit ungefähr angegeben ist. Verbleib: Kreisheimatmuseum Demmin. Fundinhalt Habsburgische Lande Ks. Ferdinand I., 1521 — 1564 1. Taler 1558, Hall Enzenberg 103 Ehzg. Ferdinand II. von T i r o l , 1566—1595 2. Taler o. J., Hall

3 M ° g

Enz. 251

3. Taler o. J., Hall Enz. 487 4. Taler o. J., Ensisheim Engel u. Lehr 34 Ks. R u d o l p h II. als L d g f . von Oberelsaß, 1602—1612 5. Taler 1603, Ensisheim Enz. 9 aber D.G.RO:M: Rs. NECNON. ... ÄVS:

28,06 g 28,29 g 28,20 g 28,31 g

27,89 g

Ehzg. Maximilian von T i r o l , 1612—1618 6. Taler 1617, Hall Ks. Ferdinand II., 1619—1637 7. Kippertaler zu 120 Kr. 1621, Prag 8. Taler 1621, Wien 9. Taler 1624, Prag 10. Taler 1624, Prag 11. Taler 1630, Wien 12. Taler 1631, Kremnitz 13. Taler 1633, Prag

Enz. 82

2

Donebauer 2126 Schultheß-Rechb. 239 Doneb. 2200 Doneb. 2199 Miller z. A. S. 127 Miller z. A. S. 128 Doneb. 2228 aber 1633

7,7

g

24,43 g

28,54 g 28,74 g

29,21 g 28,52 g 27,73 g

28,89 g

Ehzg. L e o p o l d , G u b e r n a t o r von T i r o l 1 6 1 8 , L a n d e s f ü r s t 1625 — 1632 14. Taler 1620, Hall Vs. Enz. 75, Rs. Enz. 71 Ehzg. L e o p o l d als L d g f . von Oberelsaß, 1618 — 1632 15. Taler 1620, Ensisheim Enz. 9 16. Taler 1624, Ensisheim Enz. 33 17. Taler 1629, Ensisheim Enz. 61

28,62 g 28,24 g 28,39 g

27,80 g

Ks. K a r l V I . , 1711 —1740 18. Taler 1721, Hall

M i l l e r s. A . S .

221

29,90 g

Erzbistum Salzburg, Paris von L o d r o n , 1619—1653 19. Taler 1625, Salzburg

Bernhart u. R. 2455

28,46 g

Wittelsb. 9 1 0

14,36 g

Kellner 284a

27,82 ,

Löffelholz 240

28,78 g

Bayern, Maximilian, 1623 — 1651 20. Halbtaler 1627, München Stadt Nürnberg 21. Taler 1765 öttingen, L u d w i g E b e r h a r d , 1622 — 1634 22. Taler 1624, Öttingen

154

Stadt Kempten 23. Taler 1547

Nau 126 b aber AVGVST

28,35 g

Forster 182

28,93 g

Stadt Augsburg 24. Taler 1626

aber MDCXXVI

Pfal^-Neuburg, Wolf g a n g - W i l h e l m , 1614—1653 25. Taler 1640, Bielefeld

Noß 48

28,33 g

Hoffmeister 5251

28,24 g

Hessen-Darmstadt, L u d w i g V., 1596—1629 26. Taler 1623, unbek. Mzst.

Hanau-Min^enberg, R e g e n t i n C a t h a r i n a B e l g i c a , 1612—1626 27. Taler 1623, Hanau

Suchier 79 aber R O M IMP SEMP AVGVST-

28,47 g

Joseph u. F. 374 c

28,31 g

29. Taler 1561, Dresden

Engelh. 322

28,12 g

C h r i s t i a n I., 1585 — 1591 30. Taler 1587, Dresden

Engelh. 390

28,34 g

Stadt Frankfurt 28. Taler 1622 Sachsen, A u g u s t , 1553 —1586

C h r i s t i a n II., J o h a n n G e o r g I., A u g u s t , 1591 —1611 31. Taler 1596, Dresden Engelh. 428 32. Taler 1602, Dresden Engelh. 436 33. Taler 1605, Dresden Engelh. —

29,09 g 28,44 g

Vs. CHRISTIAN: II: D : G — S: R: IMP: ARCHIM: ELRs. I O H A N : G E O R G : E T A V G V S T : F R : E T D : S : H V R C h r i s t i a n II., allein, 1591 —1611 34. Begräbnistaler 1611, Dresden

Engelh. 490

J o h a n n G e o r g I., 1611 — 1656 35. Taler 1623, Dresden 36. Taler 1629, Dresden 37. Taler 1641, Dresden

Engelh. 600 Engelh. 628 Engelh. 698

M,3og 28,49 g

aber ELECT: aber CLIVaber MONTI-

29,00 g 28,50 g 29^3 g 2 9>°5 g

Sachsen—Alt-Gotha, J o h a n n C a s i m i r zu C o b u r g u n d J o h a n n E r n s t zu E i s e n a c h , 1572 —1623 38. Taler 1613, Saalfeld

Madai 1446

aber 1613

Vs. D : G : I O H : CASI : ET-IOH : E R N : FRA : DV : SAX : IVLIÀÈ-CLI : ET- M O N : Rs. + L A N D G : T H V : MAR : MIS : COM : MAR : ET-RAVENS : D N : IN : RAV : WA

28,54 g

Sachsen—Alt-Weimar, F r i e d r i c h W i l h e l m zu A l t e n b u r g u n d J o h a n n zu W e i m a r , 1573 — 1602 39. Halbtaler 1598, Coburg Daßd. 1961 aber FRID- und Rs. + L A N T : T H V R I : E T - M A R C H I : M I S : M O N : I M P E R I

14,28 g

155

Sachsen—Alt-Altenburg, J o h a n n P h i l i p p , F r i e d r i c h , J o h a n n W i l h e l m , F r i e d r i c h W i l h e l m , 1603 — 1625 40. Taler 1607, Saalfeld Madai 3965 F R I D E R I und Rs. : F R I D : WILH-FRA: E T - D V : SA :

aber 29,01 g

Sachsen—Mittel-Weimar, J o h a n n E r n s t u n d 6 B r ü d e r , 1619—1622 41. Taler 1622, Reinhardsbrunn

Madai 3977

aber D V C :

und Rs. A L T E N -

28,38 g

Mansfeld—Hinterort, F r i e d r i c h C h r i s t o p h , prägt ab 1610, gest. 1631 42. Halbtaler 1613, Eisleben

Tornau 1281a

M,i7 g

Schrötter 481

22,12 g

Preußen, F r i e d r i c h I I . , 1740—1786 43. Taler 1 7 7 1 , Breslau

Braunschweig, Mittleres Haus Wolfenbüttel, F r i e d r i c h U l r i c h , 1613 — 1634 44. Taler 1620, Zellerfeld 45. Halbtaler 1625, Zellerfeld

Fiala 874 Fiala 912

aber E : L aber

28,14 g

Vs. FRIDERIC-ULRIC-D-G-DUX-BRUNSUI-ET-L * Rs. a D E O 1 0 g> 29>°8 g Miller S. 1 1 9 , Inv. Nr. II/64/29/29 —32

4

*24. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1625, Joachimsthal, Gregor Steinmüller (Flügel?) 29,04 g Miller S. i 2 i , Inv. Nr. II/64/29/33 25. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1623, Prag, Hans Bartel Suttner v. Suttenbach 28,80 g ; 29,23 g Miller S. 1 1 7 , Inv. Nr. II/64/29/34— 35 26. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Prag, Hans Bartel Suttner v. Suttenbach (Löwenvorderteil) 29,66 g Miller S. 1 1 9 , Inv. Nr. II/64/29/36 27. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1625, Prag, Benedikt Hübner (Stern über Halbmond) 29,08 g ; 28,82 g Miller S. 1 2 1 , Inv. Nr. II/64/29/37— 38

1 Ex.

2 Ex.

1 Ex.

2 Ex.

Tirol E r z h e r z o g F e r d i n a n d in T i r o l u n d O b e r e l s a ß (1564—1595) *28. V s . : F E R D I N A N D : D : G : A R C H I D : A V S T R L E : gekröntes Hüftbild nach rechts mit geschultertem Zepter in der Rechten Rs.: D V X . — B V R . L A — A L S : C O : — . F E R . Umschrift von zwei Wappen unterbrochen gekrönter 5-feldiger Wappenschild, Herzschild Oberelsaß, darum Vlieskette mehrere Varianten M 7 4 - 9 5 , Ensisheim, 28,49 g> 2 8 >5 2 g ; 28,31 g ; 28,33 g ; 28,13 g ; 2 7> 6 3 g Miller S. 48, Inv. Nr. II/64/29/39—44

6 Ex.

29. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher, Wappenschilde fehlen in der Umschrift, Herzschild Tirol 1 574—95> Hall 28,58 g ; 28,32 g ; 28,64 g ; 2 8 , 7 2 g ; 2 8,68 g ; 27,82 g ; 28,51 g ; 28,72 g ; 28,22 g ; 28,34 g 10 Ex. Miller S. 49, Inv. Nr. 11/64/29/45^54 E r z h e r z o g M a x i m i l i a n in T i r o l u n d O b e r e l s a ß (1612—1620) 30. Vs.: + M A X I M I L I A N V S : D — G : A R C H : A V : D V : B V : S T I R : C A R I Brustbild nach rechts, 1 6 1 7 rechts im Felde Rs.: E T : C A R N : M A G : P R V S S : A D M : L A N D : A L S : C O : F E Gekrönter 5-feldiger Wappenschild 1 6 1 7 , Ensisheim, 28,43 g Miller S. 104, Inv. Nr. II/64/29/55 31. Vs.: + M A X I M I L I : D G : A R C : - : A V : D V X : B V R : S T I R ; C A R N Brustbild nach rechts, im Felde 1 6 — 1 7 16§

1

Rs.: E T : C A R N : M A G : P R V S S : A D : C O M : H : E T : T I R O L gekrönter 5-feldiger Wappenschild 1617, Hall, 28,46 g Miller S. 104, Inv. Nr. II/64/29/56 32. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1618, Hall 28,52 g Miller S. 105, Inv. Nr. II/64/29/57

1 Ex.

1 Ex.

E r z h e r z o g L e o p o l d in T i r o l u n d V o r d e r ö s t e r r e i c h (1620—1632) 33. Vs.:

+LEOPOLDVS.D:G.ARCHIDVX.AVS.DVX.BVR.ET.SAC.C.iES.M:ET Brustbild nach rechts, seitlich im Felde 16—25

Rs.: R E L I Q : A R C H I D : G V B E R N A T . P L E N : E T . C O M . T I R L . A . A L S gekrönter 5-feldiger Wappenschild, Herzschild Oberelsaß 1625, Ensisheim 28,75 g Miller S. 120, Inv. Nr. II/64/29/62

1

Ex.

1

Ex-

2

Ex-

34. Vs.: L E O P O L D V S . N E C N O N . C / E T E R I . D : G . A R C H I D : A V S T R I i E Brustbild nach rechts, seitl. im Felde 16—20 Rs.: D V C : B V R G : S T Y R : C A R : - E T C A R N : C O M : T Y R O L : Umschrift von 2 Wappen unten unterbrochen, gekrönter 6-feldiger Wappenschild, Herzschild Tirol 1620, Hall 28,73 g Miller S. 109, Inv. Nr. II/64/29/58 35. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1621, Hall 28,60 g ; 28,33 g Miller S. i n , Inv. Nr. II/64/29/29 —60 36. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Hall 28,31 g Miller S. 118, Inv. Nr. II/64/29/61 Braimschweig, mittleres Haus, Linie

1 Ex.

Wolfenbüttel

J ulius (15 58 —1589) * 3 7 . Vs.: M . G . I V L I V S . D . — . G . D . B . R . E . L V . G . V dreifach behelmter 6-feldiger Wappenschild Rs.: Mmz. A L I I S . I N S E R V I E N D O - C O N S V M O R . stehender wilder Mann mit brennendem Licht in der Rechten, seitlich im Felde 15—87 1587, Goslar, Andreas Küne (Kreuz mit einem Querstrich) 29,03 g zu Fiala 298, Inv. Nr. II/64/29/63

1 Ex.

H e i n r i c h J u l i u s (1589—1613) 38. Vs.: H E N R I C V S . I V L I V S . D : G . P . E P . H A . D V X . B R V N S . E T . L V fünffach behelmter elffeldiger Wappenschild mit Herzschild Rs.: Ornament . H O N E S T V M * P R O * P A T R I A * 1609 * Mmz * stehender wilder Mann mit entwurzeltem Baumstamm 1609, Goslar, Heinrich Depsern (Herz mit gekreuzten Münzmeisterwerkzeugen) 28,75 g Fiala —, Inv. Nr. II/64/29/64 (Bruchstelle von der Mitte bis zum Rande) 39. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1613, Zellerfeld, Heinrich Oeckeler (gekröntes Herz mit Zainhaken und Pfeil) 29,13 g zu Fiala 746, Inv. Nr, II/64/29/65

1

Ex.

1 Ex.

169

S t e r b e t a l e r auf d e n T o d v o n E l i s a b e t h , W i t w e v o n H e r z o g H e i n r i c h J u l i u s + 19. 6. 1926 * 4 o. Vs.: DrG.ELISAB.REGI.DAN.STIRP.DVX.BRVNS.ET.LVN.VID. REQVIESCO.A.LABORIB/: MEIS im doppelten Schriftkreis gekrönter dreifeldiger Wappenschild Rs.: .*D:0:M* / SERMAE.PRINC. / DNAE.ELISABETHAE/REGI.DAN-STIRPDVC./BRUNS:ET.LUN.UIDUÄE/.MATRI.DILECTIS./. •*F*F*F*./NATA.COL-DING.IN./DAN.25AU GVSTI.AO/ MDLXXIII.MORT./BRVNSV. 19 IUNI./ ANNO1626/ *HS Mmz* Inschrift in 13 Zeilen 1626, Zellerfeld, Henning Schlüter (gekreuzte Schlüssel) 28,97 g

1 Ex.

Fiala 765, I n v . N r . I I / 6 4 / 2 9 / 7 1

F r i e d r i c h U l r i c h (1613 —1634) 41. Vs.: FRIDERIG ULRIG! D:G:DUX.BRUSUIG E.L 5-fach behelmter elffeldiger Wappenschild Rs.: Mmz. D E O 0 E T 0 P A T R L E 0 A N N O © 1619 ö im oben geöffneten Kreis stehender wilder Mann, in der Rechten den entwurzelten Baumstamm, rechts einzelne Blume zwischen Grashalmen 1619, Goslar, Zellerfeld Hans Laffers (heralidische Lilie) 28,33 g! 28 > x 3 g

2

Ex.

2

Ex.

zu Fiala 866, I n v . N r . I I / 6 4 / 2 9 / 7 5 — 7 6

42. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1620, Goslar, Zellerfeld Hans Laffers 28,39 g> 28,37 g zu Fiala 873, I n v . N r . I I / 6 4 / 2 9 / 7 7 — 7 8

43. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher, Mmz. HS 1623, Clausthal, Henning Schreiber 28,88 g

1 Ex.

zu Fiala 1024, I n v . N r . I I / 6 4 / 2 9 / 7 9

44. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher, Mmz. H L 1623, Goslar, Zellerfeld Hans Loehr, 29,08 g

1 Ex.

z u Fiala 893, I n v . N r . II/64/29/80

45. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Goslar, Zellerfeld

Hans Loehr 28,99g; 29>°4 g

2 Ex.

zu Fiala 902, I n v . N r . I I / 6 4 / 2 9 / 8 1 —82

46. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Clausthal Henning Schreiber 28,92 g zu Fiala 1040, Inv. Nr. II/64/29/83 47. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1625, Clausthal Hennig Schreiber 29,13 g

1 Ex.

1 Ex.

zu Fiala 1094, I n v . N r . II/64/29/84

48. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher, rechts und links vom wilden Mann hohe Blumen. Mmz, HS 1628, Goslar, Zellerfeld Henning Schlüter (gekreuzte Schlüssel) 29,27 g zu Fiala 928, Inv. Nr. II/64/29/85

170

1 Ex,

Mittleres Haus Lüneburg Mittellüneburg

— Dannenberg

J u l i u s Ernst von Dannenberg ( 1 5 9 8 — 1 6 3 6 ) * 4 9 . Vs.: . IULIUS.ERNESTUS.D:G:DUX.BRUN:E:LUN: Brustbild nach rechts Rs.: TIME: DEU:HON-ORA CAESARE:W: im oben und unten durchbrochenen Kreis dreifach behelmter achtfeldiger Wappenschild, zwischen den Helmen 1—6—2—4 1 6 2 4 Scharnebeck 2 8 , 9 2 g 1 Ex. Fiala Inv. Nr. II/64/29/66 5 0 . Vs.: Mmz. V:G:G:IULIUS.ERNESTUS:H:Z.BRUN:U:LUN: Brustbild nach rechts Rs.: ähnlich wie vorher, zwischen den Helmen 1 — 6 — 2 — 5 1 6 2 5 , Scharnebeck Bartold Bartels (Kreuz mit diagonalem Zainhaken) 2 9 , 1 6 g; 2 8 , 9 7 g zu Fiala 4 0 5 , Inv. Nr. II/64/29/67—68

2 Ex.

Mittleres Haus Lüneburg Mittellüneburg

-

Harburg

W i l h e l m zu H a r b u r g ( 1 6 0 3 — 1 6 4 2 ) 51. Vs.: WILHELMUS.D.G.DUX.BRUN.ET.LUNEB Mmz. Brustbild nach rechts Rs.: DOMINUS.PROVIDEBIT dreifach behelmter, sechsfeldiger Wappenschild, am oberen Rand 6—Z—3 1 6 2 3 , Maisburg, Hans Rücke (HR mit Zainhaken) 2 8 , 8 0 g; 2 8 , 6 9 8 zu Fiala 3 2 6 , Inv. Nr. II/64/29/69—70

2

Ex.

Neues Haus Lüneburg C h r i s t i a n zu Celle ( 1 6 1 1 — 1 6 3 3 ) (Bischof von Minden) 52. Vs.: 0 CHRISTIAN,,: D:G:EL:EP:MIN D:DUX:BRUN:ET:L stehender hl. Andreas, das Andreaskreuz vor sich haltend Rs.: IUSTITIA ET.CONCORDIA.ANNO.1620 dreifach behelmter 8-feldiger Wappenschild mit Herzschild, zu dessen Seiten je eine Rosette 1 F-x1 6 2 0 , Andreasberg, B. Kruckenberg 2 8 , 8 5 g zu Fiala 3 0 8 , Inv. Nr. II/64/29/72 53. Vs.: CHRISTIAN,, DG EL.EP:MIND:DUX.BR:ET.L. Mmz Brustbild nach rechts Rs.: IUSTITIA •: - :• ET * CONCORDIA.ANNO. 1 6 2 1 . dreifach behelmter 8-feldiger Wappenschild mit Herzschild 1 6 2 1 Clausthal, G. Kruckenberg (nach rechts geöffneter Halbmond mit Zainhaken) 2 8 , 9 8 g zu Fiala 1 4 9 , Inv. Nr. II/64/29/73

1 Ex.

54. Vs.: ähnlich wie vorher, unten Mmz. Rs.: .IUSTITIA.ET 0 . - . 0 CONCORDIA fünffach behelmter ovaler 9 - f e l d i g e r Wappenschild mit Herzschild, am oberen Rand *i6*—*28* 1 6 2 8 , Clausthal, Henning Schreiberg (Zainhaken HS) 2 9 , 0 2 g 1 Ex. zu Fiala 2 4 7 , Inv. Nr. II/64/29/74 171

Grafschaft Mansfeld Mansfeld-Vorderort, Linie Bornstedt B r u n o I I . , W i l h e l m I., J o h a n n G e o r g l V . , V o l r a t V I . ( 1 6 0 5 - 1 6 1 5 ) 55. Vs.: B R U N O . S E N I : W I L H : H A : G E : V O L R A H T . P : - G M Mmz. 2-fach behelmter vierfeldiger Wappenschild, zwischen den Helmen 1609 Rs.: COMI:E: : D O M I : I N . M A N S F E : N O B : D O : I : H : - Reichsapfel reitender hl. Georg nach rechts 1609, Eisleben, Georg Meinhart (Doppellilie) 29,12 g zu Tornau 1 5 1 b , Inv. Nr. II/64/29/88

1 Ex.

Mansfeld-Vorderort, Linie Friedeburg P e t e r E r n s t I., B r u n o II., W i l h e l m I., J o h a n n G e o r g I V . (1601 — 1604) 56. Vs.: P E T E R . E R N : B R V N O . W I L H . H A : G E : P : zweifach behelmter 4-feldiger Wappenschild, zwischen den Helmen G — M , Mmz. u. 1603 Rs.: C O M I : E : D O M : I N . M A N S F E : N O B : D O : I : H - Reichsapfel reitender hl. Georg nach rechts 1603, Eisleben, Georg Meinhart, 29,15 g zu Tornau 646 h, Inv. Nr. 12/1964 (Berlin)

1 Ex.

Mansfeld-Vorderort, Linie Artern V o l r a t V I . , W o l f g a n g I I I . , J o h a n n G e o r g I I . (1620—1627) 57. Vs.: - Reichsapfel - V O L R A T . W O L F . I O H : G E O R . P A T R : C O : E : D O reitender hl. Georg nach rechts Rs.: I N . M A N S F E L T . N O B I L E S . D O M I . I N . H E L zweifach behelmter 4-feldiger Wappenschild, zw. der Helmzier Mmz. H.I. und 1620 1620, Eisleben, Hans Jacob (gekreuzte Münzmeisterwerkzeuge) 28,59 S zu Tornau 736a, Inv. Nr. II/64/29/91 58. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher, seitlich des Wappenschildes 16—24 und H—I 1624, Eisleben, Hans Jakob, 29,20 g zu Tornau 765 a, Inv. Nr. II/64/29/92

1

1 Ex.

Mansfeld-Hinterort, Linie %tt Schraplau C h r i s t o p h I I . , J o h a n n A l b r e c h t u n d B r u n o I I . (1558 — 1586) * 5 9 . Vs.: C H R I S T O * I O A N * A L B E R T * E T * B R V N E reitender hl. Georg nach rechts Rs.: C O M I T E S . E T . D O M I N I - L M A N S behelmtes neueres und behelmtes älteres Wappen nebeneinander, außen neben den Schilden 6—6 1566, Eisleben, Anton Koburger (Blätterzweig), 28,57 g zu Tornau 941c oder f, Inv. Nr. II/64/29/86

1

H e i n r i c h I I und G o t t h e l f W i l h e l m (1591—94) 60. Vs.: . H E I N R I C . E . G O T H E L F . G V I L H E L . F im oben offenen Kreis behelmter alter Wappenschild, zwischen der Helmzier B — Mmz. — M seitlich des Wappens 9—3 Rs.: . C O M I T E S . E T - D O M I N . I N . M A N S F E . E Reichsapfel reitender hl. Georg nach links 1593, Eisleben, Berthold Meinhart (Doppellilie), 29,05 g zu Tornau 987a, Inv. Nr. II/64/29/87

172

1 Ex,

Mansfeld-Hinterort, Hinterortische Linie F r i e d r i c h C h r i s t o p h a l l e i n (1610—1631) 61. Vs.: F R I D E R I C V S : C H R I S T . C O : E . D . I . M A N S . im oben offenen Kreis behelmter alter Wappenschild, seitlich der Helmzier G — M , seitlich des Wappens 16—13 Rs.: + N O B I L I S . D O M I N V S . I N . H E L D : S E E B V R G . E T . S C H R A P L . reitender hl. Georg nach links 1613, Eisleben, Georg Meinhart, 29,03 g 1 Ex. zu Tornau 1268a, Inv. Nr. II/64/29/89 F r i e d r i c h C h r i s t o p h u n d D a v i d (1620—1628) *62 Vs.: F R I D E R I : C H R I S : E T . D A V I D . C O : E : D : I N . Reichsapfel im oben offenen Kreis reitender hl. Georg nach links Rs.: M A N S F E L T . N O B : D O : I N . H E L . S . E T . S . bis in oberen Kreis reichender behelmter alter Wappenschild, zwischen der Helmzier Mmz., seitlich des Wappens 16—25 u n d A — K 1625, Eisleben, Anton Koburger (Dreiblatt), 29,23 g 1 Ex. zu Tornau 1352a, Inv. Nr. II/64/29/90 Sachsen—Albertinische Linie C h r i s t i a n l l . und seine B r ü d e r J o h a n n G e o r g u n d A u g u s t (1591 — 1 6 1 1 ) *6 3 . Vs.: Reichsapfel C H R I S T I A N : I I : D : G : S A : - R O : I M P : A R C H I M : E T E L . geharnischtes Hüftbild nach rechts mit geschultertem Schwert, seitlich im Felde 16—05, in der Mitte unten das Kurwappen Rs.: I O H A N : G E O R G : E T A V G V S T : F R A T : E T . D V . S . . zwei Hüftbilder, sich gegenseitig anschauend, in der Mitte unten sächs. Wappenschild 1605, Dresden, Heinrich von Rehnen, 29,92 g 1 Ex. Haupt S. 48, Inv. Nr. II/64/29/93 64. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1608, Dresden, Heinrich von Rehnen, 28,97 g Haupt S. 48, Inv. Nr. II/64/29/94

1 Ex.

J o h a n n G e o r g I. a l l e i n (1616—1656) *6 5 . Bs.: Reichsapfel I O H A N : G E O R G : D : G : D V X S A X : I V L : C L I V : E T M O N T : geharnischtes Hüftbild nach rechts, in der Rechten geschultertes Schwert, mit der Linken Helm haltend Rs.: S A : R O M : I M P : A R C H I M : E T E L g C T : M m z . sechsfach behelmter 16-feldiger Wappenschild mit Herzschild, seitlich der Helmzier 16—17 1617, Dresden, Heinrich von Rehnen (Gans), 29,02 g 1 Ex. Haupt, S. 50, Inv. Nr. II/64/29/99 66. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1623, Dresden, Heinrich von Rehnen, 29,01 g; 29,05 g ; 29,07 g Haupt S. 50, Inv. Nr. II/64/29/100—102 67. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Dresden, Heinrich von Rehnen, 29,06 g ; 29,20 g Haupt S. 50, Inv. Nr. II/64/29/103 —104 68. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1625, Dresden, Hans Jakob (gekreuzte Zainhaken), 29,08 g ; 29,18 g Haupt S. 50, Inv. Nr. II/64/29/105 —106

3 Ex.

2 Ex.

2 Ex.

173

69. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1626, Dresden, Hans Jakob, 29,13 g Haupt S. 50, Inv. Nr. II/64/29/107

1 Ex.

70. Vs.: ähnlich wie vorher RS:, ähnlich wie vorher 1629, Dresden, Hans Jakob, 29,01 g Haupt S. 50, Inv. Nr. II/64/29/108

1 Ex.

Sachsen — Ernestinische Linie Altes Haus Weimar — Linie Altenburg J o h a n n P h i l i p p und seine B r ü d e r F r i e d r i c h , J o h a n n Wilhelm und F r i e d r i c h Wilhelm (1603 — 1625) * 7 i . Vs.: Reichsapfel D:G:IOH:PHIL: - FRID * IOH WILH:ET.FR: — WIL:FRAT: Umschrift von 4 Wappen unterbrochen geharnischtes Brustbild nach rechts, seitlich des Kopfes bogig 16—25 Rs.: DVC:S:AXON - IVL:CLIV ET.MONT—LIN:ALDEN: Umschrift von 5 Wappen unterbrochen, zwischen den beiden unteren Wappen WA drei geharnischte Hüftbilder nach rechts 1624, Saalfeld, Wolfgang Albrecht, 28,99 g MadaiHI S. 325, Nr. 1465, Inv. Nr. II/64/29/237 72.

1

Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1625, Saalfeld, Wolfgang Albrecht, 28,93 g; 28,98 g; 29,01 g; 29,20 g Madai III S. 325, Nr. 1465, Inv. Nr. II/64/29/95—98

Ex.

4 Ex.

Altes Haus Gotha J o h a n n Casimir zu C o b u r g und J o h a n n E r n s t zu E i s e n a c h (1572—1633) * 7 3 Vs.: D:G.IOH.CASI.ET.IOH.ERNES+FRA.DVCES:SAX Mmz. 2 Brustbilder sich gegenseitig anschauend, im unteren Abschnitt -15 77Rs.: LANT-THVR-E-MAR-MIS-MONE-IMPREI dreifach behelmter 10-feidiger Wappenschild 15 77, Coburg ( ? ) . £ , 28,94 g zu Madai I., S. 468, Nr. 1445, Inv. Nr. II/64/29/126

1 Ex.

Mecklenburg — Schwerin Adolf F r i e d r i c h I. (1592-1658) * 7 4. Vs.: ADOLPH.FRIDR.V.G:G.HERTZ.MECKLENBVR: geharnischtes Brustbild nach rechts Rs.: F.Z. —.W.G.Z.S.D.L.R.V.S.H.ER.CE 1623 3-fach behelmter 4-feidiger Wappenschild mit Herzschild, gehalten von Ochse und Greif 1623, Gadebusch, Christian Emmerich, 28,95 g 1 Ex. zu Sammlung Hauer 144, Inv. Nr. II/64/29/124 Mecklenburg— Güstrow J o h a n n A l b r e c h t l l . (1611 — 28, 1632—36) * 7 5 . Vs.: V.GG.HANS.ALBRECHT.HERT.Z.MECHELN. Brustbild nach rechts Rs.: NON.EST.MORTALE.QVOD:OPTO: Mmz. 1623 3-fach behelmter 4-feidiger Wappenschild mit Herzschild 1623, Gnoien, Heinrich Hanschen (Hand), 28,13 g Sammlung Hauer 488, Inv. Nr. II/64/29/123 174

1

Ex-

Pommern— Wolgast P h i l i p p J u l i u s (1592—1625) 76. Vs.: PHILIPPUS I U L I U S . D : G : D U X . S T E T I N P O M E R . Brustbild nach rechts Rs.: F A T A . F E R E N . F E . P A R I . P A T I E N T . P A L M A M 1 6 - 2 0 behelmter 9-feldiger Wappenschild, von 2 behelmten Schildhaltern gestützt 1620, Franzburg (?), 28,67 g zu Madai III S. 317, Nr. 3925, Inv. Nr. II/64/29/125

1

Ex.

Schleswig-Holstein, Linie Gottorp F r i e d r i c h I I I . (1616—1569) 77. Vs.: F R I D E R I C U S . D : G : D U X . S L E S : E T . H O L S A T : ? Brustbild nach rechts Rs.: V I R T U T : G L O — R I A . M E R C E S dreifach behelmter 5-feldiger Wappenschild mit Herzschild, 1—6—2—4 1624 Schleswig, Samuel Timpf, 28,96 g ; 29,33 g zu Lange I, 322a, Inv. Nr. II/64/29/119—20

zwischen

den

Helmen

78. Vs: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1626, Steinbeck, Samuel Timpf, 27,66 g; 29,03 g zu Lange I, 324, Inv. Nr. II/64/29/121 — 22

2 Ex.

2 Ex.

Württemberg J o h a n n F r i e d r i c h (1608 — 1628) 79. Vs.: I O H A N N : F R I D E R : D : G : D V X : W I R T E N B : E T . T E C Mmz. spitzbärtiges Brustbild nach rechts Rs.: C O M : M O N T : D O M : I N . H E I D E N H E M . 1625 gekrönter 4-feldiger ovaler Wappenschild, seitlich C—T 1625, Christophsthal, 28,86 g Binder-Ebner 326, Inv. Nr. II/64/29/127

1 Ex.

Brandenburg—Franken, Linie Ansbach J o a c h i m E r n s t (1603 —1625) *8o. Vs.: Reichsapfel J O A C H I M V S + E R N E S T V S + D + G — M A R C H I O + B R A N D + P R V S SIE geharnischtes Hüftbild von vorn mit Marschallstab in der Rechten, die Linke ergreift den Degen, im unteren Abschnitt 16—29 Rs.: + S T E . P O M . C A S . V A N . C R . I A G . D V X . B V R G . I N . N V R N . P R . R V G I A E verzierter ovaler 12-feldiger Wappenschild 1620, Jägerndorf oder Fürth, 29,06 g zu Madai Fortsetzung S. 196, Nr. 6528, Inv. Nr. II/64/29/118

1 Ex.

Baden —Durlach G e o r g F r i e d r i c h (1604—1622) 81. Vs.: 0 G E O R G F R I . D . G . M . B A . E T . H A C H . L A . S V C A S P O Brustbild nach rechts Rs.: 0 E T . E B E R S . D . A R O T . B A D E N W - L O R . E T . M A L B Ornament 8-feldiger geschwungener Wappenschild, seitlich 16—22 1622, Pforzheim, 28,03 g Wielandt 367, Inv. Nr. II/64/29/115

1

Ex.

175

Öttingen K a r l W o l f g a n g , L u d w i g X V . und Martin (1522 —1549) *82. Vs.: KARLWOLF:LVDWIG: 7 :MARTIN:C:I:OT Dreiblatt behelmter Wappenschild, seitlich 15 —46 Rs.: ,CAROLVS:V:ROMA:IMP:SEMP:AV gekrönter Doppeladler 1546, Öttingen, Hans Zehender, 28,48 g Löffelholz 177, Inv. Nr. II/64/29/132

1 Ex.

Stolberg W o l f g a n g G e o r g (1615 —1631) 83. Vs.: WOLF.GEORG.COMI.IN.STOLB.KO. dreifach behelmter 13-feldiger Wappenschild, zwischen Helmzier *—6—z—4, seitlich des Wappens C—Z Rs.: Reichsapfel .WERN.ET.HON.DO.IN.EP.MIN.B.LOR.E.C. Hirsch nach links 1624, Stolberg, Christoph Ziegenhorn, 28,86 g 1 Ex. zu Friedrich Nr. 915, Inv. Nr. II/64/29/136 *84. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher

1 — 6—¿ — 5

1925, Stolberg, Christoph Ziegenhorn, 29,12 g zu Friedrich Nr. 973, Inv. Nr. II/64/29/137

1 Ex.

Schaumburg E r n s t (1601—22) *8 5 . Vs.: ERNESTUS.D:G.HOLSATIiE.SCHAWENBVRGI.ET.STER * Mmz.* Brustbild nach rechts Rs.: ,NEBERG^E:COMES—.—DOMINVS.GEHMiE dreifach behelmter 4-feldiger Wappenschild mit Herzschild, zwischen den Helmen 1—6—1—4 1614, Altona, Henning Hauser (Herz mit gekreuzten Zainhaken), 29,11 g 1 Ex. zu Madai I S. 601, Nr. 1865, Inv. Nr. /II/64/29/133 J u s t u s Hermann zu Gehmen (1622—1635) 86. Vs.: IUST.HER.D.G.CO.H.S.E.S.D.G.E.BER dreifach behelmter vierfeldiger Wappenschild mit Herzschild Rs.: FERDINANDVS.II.D.G.RO.IM.S.AU.1622 gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, in dem nur Strichelchen 1622, 28,49 S zu Madai I S. 602, Nr. 1868, Inv. Nr. II/64/29/134 87. Vs.: IUSTUS HARM:—D:G:C.H:S:E:S:D:G: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher, Reichsapfel mit 32 o. J. 28,98 g zu Madai I S. 602, Nr. 1868, Inv. Nr. II/64/29/135 Lippe Simon V I I . (1613 — 1627) 88. Vs.: SIMON.COMES.ET.NOBILIS.DOMINVS.IN.LIPP. behelmter 4-feldiger Wappenschild Rs.: FERDINANDVS:II:D:G:ROM:IMP:S.A.V: I 6 Z 3 gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust 176

1

Ex.

1 Ex.

1 Ex.

1623, Detmold (?), 28,95 g zu Grote/Hölzermann Nr. i o j d , Inv. Nr. II/64/29/131 Hanau—Min^enberg C a t h a r i n a B e l g i c a (1612—1626) *8 9 . Vs.: Stern M O N : N O V : C A T H . B E L . P R . V R A N : T V T R I C I S . H A N . M V N T Z gekrönter 8-feldriger Wappenschild mit 2 Herzschilden Rs.: x x F E R D I N A N D V S : I I . D : G . R O M : I M P : S E M P . A V G V S 1623 gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust 1623, Hanau, 28,83 g Madai II S. 573, Nr. 4202, Inv. Nr. II/64/29/130

1

Ex.

Kur—Bayern M a x i m i l i a n I. (1623 — 1651) 90. Vs.: M A X I M I L . C O M . P A L . R H . V T . B A V . D U X . S . R . I . A R C H I D A P . E T . E L E C T O unter dem Kurhut 4-feldiger Wappenschild, umgeben von Vlieskette, seitlich oben 16—25 Rs.: * C L Y P E V S O M N I B V S IN T E S P E R A N T I B V S über einem Halbmond sitzende Madonna mit Kind, in der Rechten ein Zepter haltend, um beide ein flammender Glorienschein 1625, München 28,71 g 1 Ex. zu Beierlein 886, Inv. Nr. II/64/29/117 *9i. Vs.: ähnlich wie vorher kleiner ovaler 4-feldiger Wappenschild von zwei Löwen gehalten, unten zwischen Ranken 16—26 Rs.: wie vorher Madonna auf Wolken sitzend, das Kind im rechten Arm 1626, München, 29,29 g 1 Ex. zu Beierlein 894, Inv. Nr. II/64/29/116 Erzbistum

Salzburg

J o h a n n J a k o b K h u e n v o n B e l a s i (1560—86) 92. Vs.: IOA.IAC.D:G:ARCHIEPS.SALZ:AP:SE:LE. unter Mitra 2 Wappenschilde Rs.: S A N C T V S : R V D B E R T V S : E P S : SALISBVR: sitzender Heiliger o.J. Salzburg, 28,73 g zu Probszt 542, Inv. Nr. II/64/29/110

1 Ex.

W o l f g a n g T h e o d o r , G r a f v o n R a i t e n a u (1587—1612) 93. Vs.: WOLF:TEOD:D:G:AR:EPS:SAL:AP.SE:L. unter Legatenhut 2 Wappenschilde Rs.: S A N C T VS : R U D B E R T V S : EPS: S A L Z B V R sitzender Heiliger o.J. Salzburg 28,63 g zu Probszt 825, Inv. Nr. II/64/29/111

1

Ex.

P a r i s , G r a f v o n L o d r o n (1619 —1653) * 9 4 . Vs.: oPARIS.D:G:ARCHI—EPS.SAL.SE:AP:LE: in zweiter Zeile S V B . T V V M . P R y E - S I D I V M . C O N F - V G Hüftbild der Madonna über Legatenhut mit Familienwappen, in der Rechten Zepter haltend Rs.: S A N C T . R V D B E R - T V S EPS.SALISB.1624 Kniebild des Heiligen mit Krummstab und Salzgefäß über Stiftswappen 1624, Salzburg, 28,40 g zu Probszt 1197, Inv. Nr. II/64/29/112 12 Forsch, u. Her., Bd. 19

1 Ex.

I77

Erzbistum Köln A d o l f III., G r a f v o n S c h a u e n b u r g (1547 —15 56) 95. Vs.: *oADOL o ARC—EPS.COLO* thronender Christus, darunter Kölner Stiftsschild Rs.: * M O A V * — * R E N E * — « 5 4 7 * 4 Wappenschilde im Dreißpaß 1547, Deutz, 3,21 g Goldgulden zu Noß III Nr. 3 b , Inv. Nr. II/64/29/109

1 Ex.

Stift Quedlinburg D o r o t h e a S o p h i a , H e r z o g i n v o n S a c h s e n (1618 — 1645) * 9 6. Vs.: MO.NO.D.G.DOR.SOPH.DV.SAX.A.QUE. dreifach behelmter 11-feldiger Wappenschild mit Herzschild, seitlich des Wappens H—L Rs.: FERDI.II.D.G.ROM.IMP:SEMP.AVGV: 1 6 - Z 3 gekrönter Doppeladler mit leerem Reichsapfel auf der Brust im offenen Kreis 1623, Quedlinburg, Hans Lauch, 29,22 g 1 Ex. zu Madai II S. 345, Nr. 3459, Inv. Nr. II/64/29/113 97. Vs.: ähnlich wie vorher, ohne Münzmeistermonogramm Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Quedlinburg, 29,28 g zu Madai II, S. 345, Nr. 3460, Inv. Nr. II/64/29/114

1 Ex.

Stadt Hamburg 98. Vs.: M O N E — N O V A . C I V I T A . H A M B V R G 88 Mmz. dreitürmige Burg Rs.: .RVDOL.I.I.IMP.AVG.P.F.DECRETO 88 gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 32 1588, Hamburg, Jakob Schmidt (Doppellilie), 28,84 g zu Gaedechens 343, Inv. Nr. II/64/29/187 99. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher, seitlich der Hälse 8—9 1589, Hamburg, Jakob Schmidt, 28,95 g zu Gaedechens 347, Inv. Nr. II/64/29/188 *ioo. Vs.: MONETA.NOUA.CIUITATIS.HAMBURGENSIS:Mmz: dreitürmige Burg Rs.: ähnlich wie vorher 1607, Hamburg, Matthias Moors (Profilkopf), 28,96 g zu Gaedechens 359, Inv. Nr. II/64/29/189 101. Vs.: MON.NOV.CIVITATIS—HAMBVRGENSIS:Mmz: dreitürmige Burg, zw. den Türmen 1—6—1—o Rs.: ähnlich wie vorher 1610, Hamburg, Matthias Moors, 28,96 g zu Gaedechens 369, Inv. Nr. II/64/29/190 102. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: FERDINANDUS.II.D:G.ROMA:IMP.SE:AU:. gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 3 2 1620, Hamburg, Christoph Feustel (Hand nach links mit Zainhaken), 29,03 g zu Gaedechens 388, Inv. Nr. II/64/29/191 103. Vs.: ähnlich wie vorher, zw. den Türmen 1 — 6—2—1 Rs.: ähnlich wie vorher 1621, Hamburg, Christoph Feustel, 28,27 g; 28,59 §> 2^>59 g! 28,98 g zu Gaedechens 394ff., Inv. Nr. II/64/29/192, 194, 198 — 199 178

1

Ex.

1 Ex.

1 Ex.

1 Ex.

1 Ex.

4 Ex.

io4- Vs.: ähnlich wie vorher, Jahreszahl in der Umschrift Rs.: ähnlich wie vorher 1621, Hamburg, Christoph Feustel, 28,93 g ; 28,97 g ; 28,83 g! 29,02 g zu Gaedechens 40iff., Inv. Nr. II/64/29/193, 195 — 197 105. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1623, Hamburg, Christoph Feustel, 28,84 g! 28,84 g zu Gaedechens 424, Inv. Nr. II/64/29/200—201 106. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Hamburg, Christoph Feustel, 28,97 g zu Gaedechens 426, Inv. Nr. II/64/29/202 107. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Halbtaler, Hamburg, Christoph Feustel, 14,25 g zu Gaedechens 569, Inv. Nr. II/64/29/203 108. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1626, Hamburg, Christoph Feustel, 28,74 g zu Gaedechens 433, Inv. Nr. II/64/29/204 109. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1628, Hamburg, Christoph Feustel, 28,94 g zu Gaedechens 438, Inv. Nr. II/64/29/205 110. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1629, Hamburg, Christoph Feustel, 28,74 g zu Gaedechens 442, Inv. Nr. II/64/29/206

4 Ex.

2 Ex.

1 Ex.

/ Ex.

1 Ex.

1 Ex.

1 Ex.

Stadt Lübeck " 1 1 1 . Vs.: Ornamentale Blume M O N E T A . N O V A L V B E C E N S 94 Mmz Hl. Johannes von vorn im Hüftbild mit dem Lamm in der Linken über dem Stadtwappen. Seitlich des Wappens, das die Umschrift unten teilt, je eine Bremse, das Abzeichen des Bürgermeisters Diderich Brömse Rs.: R V D O L P H V S . I I . D : G . I M P . S E . A V G V S . gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 32 1594, Lübeck, Claes Roethusen (fünfblättrige Blume), 29,06 g 1 Ex. Behrens, S. 2406, Nr. 1 2 1 a , Inv. Nr. II/64/29/177 1 1 2 . Vs.: ähnlich wie vorher, seitlich links nur 1 Bremse Rs.: ähnlich wie vorher 1596, Lübeck, Claes Roethusen, 29,11 g Behrens, S. 2418, Nr. 123, Inv. Nr. II/64/29/178

1 Ex.

1 1 3 . Vs.: * M O N E T A . N O V A . LVBECENS.Mmz ähnlich wie vorher, seitlich des Stadtwappens je ein Turm, Wappen des Bürgermeisters Alexander Lüneburg und 16—10 Rs.: ähnlich wie vorher 1610, Lübeck, Statius Wessel (Doppellilie), 28,84 g 1 Ex. Behrens S. 2440, Nr. i4od, Inv. Nr. II/64/29/179 114. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: M A T T H I A S . I . D : G : I M P : S E . A V G V S : ähnlich wie vorher 1619, Lübeck, Heinrich v. d. Klähren (Sonne), 28,37 g Behrens S. 2 4 1 1 , Nr. 149a, Inv. Nr. II/64/29/257 12*

1 Ex.

179

*IIJ.

Vs.: Mmz. MONE.NOVA LVBECENS ähnlich wie vorher, seitlich des Wappens. 16. —19. Rs.: ähnlich wie vorher 1619, Halbtaler, Lübeck, Heinrich v. d. Klähren, 14,3z g Behrens, S. 2552, Nr. 223, Inv. Nr. II/64/29/180

116. Vs.: ähnlich wie vorher, Mmz. am Ende der Umschrift Rs.: ähnlich wie vorher, FERDINAND:II:D:G.RO:IMP:SE.AV: 1622, Lübeck, Heinrich v. d. Klähren, 28,81 g; 28,78 g; 29,02 g Behrens S, 2443, Nr. 152, Inv. Nr. II/64/29/181 —183 117. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1623, Lübeck, Heinrich v. d. Klähren, 28,71 g; 29,17g Behrens S. 2443, Nr. 153a, Inv. Nr. II/64/29/184—185

/ Ex.

3 Ex.

2 Ex.

118. Vs.: ähnlich wie vorher, seitlich des Stadtwappens die Wappen der Bürgermeister Heinrich Köhler (3 Eicheln) und Lorenz Möller (halbes Rad) Rs.: ähnlich wie vorher 1628, Lübeck, Heinrich, v. d. Klähren 29,04 g 1 Ex. Behrens S. 2445, Nr. 158b, Inv. Nr. II/64/29/186 Stadt Rostock * I I 9 . Vs.: MONETA.NOVA.ROSTHOCHI.ENNSISS.HD aufgestellter Greif nach rechts Rs.: .FERDINANDVS.II.D:G.ROM.I.S.AVG.D.P.i629 gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 32 1629, Rostock, Hans Detloff, 28,74 g Grimm S. 2423, zu Nr. 153, Inv. Nr. II/64/29/172

1 Ex.

Stadt Wismar 120. Vs.: .MONETA.NOVA - .WISMARIENSIS im oben offenen Kreis hl. Lorenz im Kniebild mit Palme und Rost über Stadtwappen, seitlich 16—22 Rs.: ,FERDINAND.II.D:G.ROMA.IMP:SEM:A: gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 32 1 Ex. 1622, Wismar, 28,75 g zu Sammlung Hauer 948, Inv. Nr. II/64/29/174 121. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1623, Wismar, 28,62 g zu Sammlung Hauer 952, Inv. Nr. II/64/29/175

1 Ex.

Stadt Stade *i22. Vs.: MONETA.NOVA.CIVITATIS.STADENSIS.16Z1—HB . verzierter Stadtwappenschild, von 2 Greifen gehalten Rs. : FERDINANDVS.II.D:G:ROMA:IMP:SE:AV: gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 3 2 1621, Stade, 29,44 g zu Madai I S. 738, Nr. 2329, Inv. Nr. II/64/29/173 Stadt Braunschweig * i 2 3 . Vs.: Mmz. M O N E T A . N O V A . - . B R V N S W I C E N S I S . im behelmten Wappenschild aufgerichteter Löwe nach links. Weiterer kleinerer Löwe im Oval über Helm, seitlich davon 9—1 180

1 Ex.

Rs.: + .RVDOLPHVS.Z.D.G.ROM.IM.SE.AVG.+ gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 24 1591, Braunschweig (Rad), 29,10 g Jesse Nr. 73, Inv. Nr. II/64/29/151 124. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: FERDINANDVS:II.D:G.ROM.IMP.SE.AUGUS gekrönter Doppeladler wie vorher, seitlich der Krone 16—24 1624, Braunschweig, Hans Becker (?) (gekreuzte Zainhaken zwischen Sternen), 29,28 g Jesse Nr. 132, Inv. Nr. II/64/29/152 125. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1626, Braunschweig, Hans Becker (?), 28,84 g zu Jesse 134, Inv. Nr. II/64/29/153 126. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1629, Braunschweig, Hans Becker (?), 28,79 g zu Jesse 137, Inv. Nr. II/64/29/154 Stadt 127. Vs.: MONETA.NOVA.CIVITAT:LUN/S.BURGENSIS Mmz dreitürmige Stadtmauer, im Portal Stadtwappen, zw. denTürmen 1 — 6—2 — 3 Rs.: .FERDINANDUS.II.D.G.RO.IM.SEM.AU gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 3 2 1623, Lüneburg, Jonas Georges (Reiter), 28,96 g; 28,30 g zu Madaill S. 795, Nr. 5021, Inv. Nr. II/64/29/143 —144

1 Ex.

1 Ex.

1 Ex.

1 Ex. 'Lüneburg

2 Ex.

Domkapitel und Stadt Halberstadt 128. Vs.: S.STEPHAN—PROTOMAR stehender Heiliger, seitlich 16—26 Rs.: MONET.NOVA.ED - H A L B E R S T A D E N behelmtes Stadtwappenschild, seitlich des Wappens H—S 1626, Halberstadt, Henning Schreiber, 28,52 g zu Madai II S. 764, Nr. 4904, Inv. Nr. II/64/29/141 *i29_ Vs.: ähnlich wie vorher, seitlich .1.6. —.Z.8. Rs.: ähnlich wie vorher, seitlich der Helmzier C—Z 1628, Halberstadt, Christoph Ziegenhorn, 29,08 g zu Madai II. S. 764, Nr. 4904, Inv. Nr. II/64/29/142

1 Ex.

1 Ex.

Stadt Magdeburg 130. Vs.: MOiNO— .CIUITATIS.MACDEBURGENSIS. — Mädchen auf 2-türmigem Stadttor Rs.: FERDINANDUS. —II.D.G.RO:IM:SA. Mmz 1 6 - Z 6 gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, darin 24, neben dem linken Adlerkopf PS 1626, Magdeburg, Peter Schräder, 28,93 g 1 Ex. zu Schrötter 1064, Inv. Nr. II/64/29/145 *i 31. Stadt Eimbeck Vs.: ,MONETA.NOVA.EIMBECENSIS.AD:i62 4 . Mmz gekröntes „ E " im verschnörkelten Wappenschild. Variante zeigt nur gekröntes „ E " Rs.: ,FERDINANDVS.II.D:G:ROM:IMP.SEM.AU: gekrönter Doppeladler mit leerem Reichsapfel auf der Brust 1624, Eimbeck, 28,72 g; 28,89 g zu Feise 85 und 87, Inv. Nr. II/64/29/139—140

1

181

Stadt Frankfurt am Main 132. Vs.: M O N E T A . N O U A . R E I P : F R A N C O F U R T E N S 1 6 Z Z Stadtwappen auf Kreuz Rs.: F E R D I N A N D . I I . R O M . I M P . S E M P . A U G U S Mmz -.JE gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust 1622, Frankfurt, Kaspar Airer (Kratzeisen), 28,84g zu Joseph/Fellner 374b, Inv. Nr. II/64/29/163

1

Ex.

133. Vs.: ähnlich wie vorher, Kreuz reicher geschmückt mit geflügelten Engelsköpfen auf den Spitzen Rs.: ähnlich wie vorher 1623, Frankfurt, Kaspar Airer, 28,73 §> 2^>39 g! 2.8,31 g! 2 $> 2 9 g! ^ , 7 5 g ; 28,66 g 6 Ex. zu Joseph/Fellner 382!, Inv. Nr. II/64/2.9/164—168/171 134. Vs.: ähnlich wie vorher, das Kreuz ohne alle Verzierungen Rs.: ähnlich wie vorher 1624, Frankfurt, Kaspar Airer, 28,85 g5 2 M 3 g zu Joseph/Fellner 386d, Inv. Nr. II/64/29/169—170

2

Ex-

Stadt Nürnberg * I J J . Vs.: + M O N E T A + A R G E N T E A + R E I P V B + N V R E N B E R G + Mmz

im Feld drei einzelne Wappenschilde, in der oberen Hälfte seitlich 16—23 Rs.: F E R D I N A N D I . I I . D : G : R O M A N : I M P E R : S E M P : A V G U S T : D : P : gekrönter Doppeladler 1623, Nürnberg, Hans Christoph Bauer (Stern), 29,12 g zu Kellner 162a, Inv. Nr. II/64/29/126 136. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1624 Nürnberg, Georg Nürnberger d. Ä. (Kreuz), 29,08 g zu Kellner 162b, Inv. Nr. II/64/29/147 137. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1625, Nürnberg, Georg Nürnberger d. Ä., 28,91 g zu Kellner 162b, Inv. Nr. II/64/29/148 138. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1626, Nürnberg, Georg Nürnberger d. Ä., 29,36 g zu Kellner 162b, Inv. Nr. II/64/29/149

1 Ex.

1 Ex.

1 Ex.

1 Ex.

Stadt Ulm 39. Vs.: * M O N E T A . N O V A . R E I P V B . V I L M E N S I S . i 6 2 o Stadtwappen Rs.: F E R D I N A N D V S . I I . R O M . I M P : S E M P E R . A V G V S T V S gekrönter Doppeladler 1620, Ulm, Franz Philipp Kling v. Augsburg, 29,97 g zu Nau S. 73 Nr. 76, Inv. Nr. II/64/29/150

1 Ex.

Stadt Augsburg *i 4 o. Vs.: . A V G V S T A . V I N — D E L I C O R V M . in reich verzierter Kartusche das Stadtwappen, oben seitlich 16—26 Rs.: . I M P : Q E S : F E R D : I I . - P : F . G E R : H V N : B O H : R E X nach rechts schauender gekrönter einfacher Reichsadler mit Schwert und Zepter im linken und Reichsapfel im rechten Fang 1626, Augsburg, 29,03 g 1 Ex, zu Forster/Schmid Nr. 220, Inv. Nr. II/64/29/138

183

Großher^ogtum Toscana F e r d i n a n d I. (1587—1609) 141. Vs.: F E R D I N A N D V S . M E D . M A G . E T R . D V X . I I I 1595 Umschrift unten beginnend. geharnischtes Hüftbild nach rechts mit Lilienzepter und Zackenkrone Rs.: P I S A . I N . V E T V S T A E . M A I E S T A T I S . M E M O R I A M auf Stephans-Ordens kreuz liegendes gekröntes Wappenschild der Medici 1595 „Tallero", Pisa, 28,46 g Madai II. S. 645, Nr. 4457, Inv. Nr. II/64/29/231

1 Ex.

Fürstentum Siebenbürgen G a b r i e l B e t h l e n 1613 — 1629 *

142. Vs.: * G A B R I E L . — D . G . E L . H V N G A R L E . D A L . C R . —SCL.REX Umschrift durch 2 Wappen unterbrochen, geharnischtes Brustbild nach rechts mit geschultertem Zepter Rs.: TRANS.PRINCEPS.ET.SICVLOR.COM. 1621 gekröntes 4-feldiges reich geschmücktes Wappenschild mit Herzschild 1621, Kremnitz, 28,66 g 1 Ex. zu Madai II S. 542, Nr. 4101, Inv. Nr. II/64/29/235 Herzogtum Friedland A l b r e c h t v o n W a l l e n s t e i n 1626—34

*

143. Vs.: Rosette A L B E R T U S . D . G . D U X . F R I D L A : E T . S A G A N A E . Brustbild von vorne rechts Rs.: Rosette SACRI.ROMA:IMPE:-PRINCEPS.AN: 1629, in der Umschrift unten M gekrönter Adler mit vierfeldigem Brustschild 1629, Gitschin (Jicin) Michael Miller, 28,27 g Meyer Nr. 206, Nohejlova S. 62, Inv. Nr. II/64/29/129

1

Ex.

1

Ex.

Herzogtum Tescben W e n z e l I I I . A d a m (1524—1579) * i 4 4 . Vs.: * W E N C E S L A V S + D + G + D V X + T E S S I N E N + E T + M + G geharnischtes bärtiges Brustbild nach rechts, die Rechte in die Seite gestemmt Rs.: B E N E D I C T I O + D O M I N I + D I V I T E S + F A C I T gekrönter einfacher Adler nach links o. J., Teschen ? 28,43 g Madai II S. 537, Nr. 4083, Inv. Nr. II/64/29/128 Polen S i g i s m u n d I I I . 1587—1632 145. Vs.: SIGIS.III.D:G.REX.POL.M—D.LIT.RVS:PRVS.MAS unten das Wappen des Kronschatzmeisters Polkozic (Eselskopf) gekröntes geharnischtes Hüftbild nach rechts mit geschultertem Schwert in der Rechten Rs.: SAM.LIV.NEC.NO:SV - G O T . V A D : Q . H R I . R E X + gekröntes vierfeldiges Wappenschild, darin 4-feldiges Schild mit Herzschild, Seitlich I—I und 16—28 1628, Jakob Jakobson Bydgoszcz (Bromberg) oder Krakau, 29,04 g; 28,81 g 2 Ex. Hutten-Czapski I Nr. 1583, Inv. Nr. II/64/29/233, 234 Dänemark— Norwegen C h r i s t i a n I V . 1588 — 1648 ^146. Vs.: im unteren Abschnitt in einer Kartusche in 3 Zeilen CHRISTIANUS IIII/D.G. DAN.NO.V,G.REX/D.S,H.S,D,C,OL.ET,D seitlich I\b — Mmz 183

darunter i—6 —Z—7 darüber gekröntes Brustbild nach rechts und im Halbbogen: REGNA.FIR—MAT PIETAS Rs.: BENEDICTIO DOMI-NI DIVITES FACIT 13 kleine Wappen kranzförmig auf gekröntem Kreuz angeordnet, in der Mitte dänisches Leopardenschild 1627, Kopenhagen, 28,90 g 1 Ex. zu Madai III/S. 56, Nr. 276 und Madai I S. 88, Nr. 276, Inv. Nr. II/64/29/232 * i 4 7 . Vs.: CHRISTIANUS.IUI.DG.DANI 1625 gekröntes Brustbild giach rechts Rs.: N O R V - V A N D A G O T O Q - R E X Dreiblatt gekrönter dänischer Leopardenschild auf Kreuz 1625 Dukat, Kopenhagen? 3,23 g zu Köhler I S. 192, Nr. 578, Inv. Nr. 11/1964 (Berlin)

1 Ex.

Vereinigte niederländische Provinzen Provim£ Seeland 148. Vs.: MO.ARG.PRO.—CONFOE.BELG.ZEL. Turm. geharnischtes Hüftbild nach rechts mit geschultertem Schwert in der Rechten, links das Provinzwappen haltend Rs.: CONCORDIA.RES.PARViE.CRESCVNT 0 Turm 0 gekröntes Wappenschild der Republik, seitlich 16—21 1621, 28,64 g zu Verkade 461, Inv. Nr. II/64/29/209

1

Ex.

Provin£ Holland 149. Vs.: Rosette . MO.ARG.PRO. - CONFOE.BELG.HOL. ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1620, 27,52 g zu Verkade 254, Inv. Nr. II/64/29/207 150. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1622, 28,63 g zu Verkade 254, Inv. Nr. II/64/29/208

1 Ex.

1

Ex.

1

Ex.

Provin^ Geldern 151. Vs.: MO.AGR.PRO.—CONFOE.BEL.GEL—. ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1610, 28,45 g zu Verkade 38, Inv. Nr. II/64/29/210 152. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1619, 28,71 g zu Verkade 38, Inv. Nr. II/64/29/211 153. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1622, 28,40 g zu Verkade 38, Inv. Nr. 11/64/29/212 184

1 Ex.

1 Ex.

154- Provinz Overijssel Vs.: Rosette MO.ARG.PRO. —CONFOE.BELG.TRANS ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1620, 28,53 g ; 28,40 g zu V e r k a d e 756, I n v . N r . II/64/29/213 — 2 1 4

155. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 161 ?, Halbtaler

2 E x

-

1 Ex.

zu V e r k a d e 757, I n v . N r . II/64/29/215

Provinz Utrecht *i56. V s . : x V I G I L A T E x D E O x C O N F I D

-ENTE-SX1591

geharnischtes Brustbild nach rechts mit geschultertem Schwert Rs.: Schild M O x N O x A R G X O R D I N V M X T R A I E X behelmtes Utrechter Provinzschild 1 59 1 » 2 8,58 g

1 Ex.

V e r k a d e 575, I n v . N r . II/64/29/216

157. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1603, 28,48 g

1 Ex.

zu Verkade 575, Inv. Nr. II/64/29/217 158. Vs.: Rosette M O . A R G . P R O - C O N F O E . B E L G . T R A I E C geharnischtes Brustbild nach rechts mit geschultertem Schwert und dem Provinzwappen in der Linken Rs.: . C O N C O R D I A + R E S + P A R V Ä E + C R E S C V N T + gekröntes Republik-Wappenschild, seitlich 16—19 1619, 28,71 g zu Verkade 577, Inv. Nr. II/64/29/218

1 Ex.

159. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1620, 28,71 g, 28,71 g ; 28,76 g zu V e r k a d e 577, I n v . N r . II/64/29/219 — 2 2 1

3 Ex.

160. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1622,28,70 g zu V e r k a d e 577, I n v . N r . II/64/29/222

1 Ex.

Provin^ Westfriesland 161. Vs.: x D E V S F O R T I T V D O E T SPE-SNOSTR-A x 1598 geharnischtes Brustbild nach rechts mit geschultertem Schwert Rs.: M O N E + N O + A R G + D O - M I + W E S T F R I S I A E behelmtes westfriesisches Provinzschild i598> 28,58 g

1 Ex,

V e r k a d e 344, I n v . N r . II/64/29/223

162. Vs.: MO.ARG.PRO.—CONFOE.BELG.WEST-FRI geharnischtes Hüftbild nach rechts mit Provinzschild in der Linken Rs.: CONCORDIA.RES.PARVAE.CRESCVNT gekröntes Republik-Wappenschild, seitlich 16—13 1613,28,60 g zu V e r k a d e 348, I n v . N r . II/64/29/224

1 Ex.

185

163. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1618, 28,76 g zu Verkade 348, Inv. Nr. II/64/29/258

1 Ex.

164. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1619, 28,54 g zu Verkade 348, Inv. Nr. II/64/29/225

1 Ex.

165. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1620,28,64 g Verkade 348, Inv. Nr. II/64/29/226

1 Ex.

166. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1622, 28,29 g> ^ , 7 6 g zu Verkade 348, Inv. Nr. II/64/29/227—228

2

Ex.

167. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1623, 28,79 g; 28,74 g zu Verkade 348, Inv. Nr. II/64/29/229—230

2

Ex.

Stadt Campen 168. Vs.: Rosette M O N E x N O x C I V I T A T I S x I M P E x C A M P E N S I S dreitürmige Burg, zwischen den Türmen 1 — 5—9—6 Rs.: RVDOL x II X D x G x E L E C x RO x IMP x SEM x A V G V S gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust 1596,28,72 g zu Verkade 874, Inv. Nr. II/64/29/155 169. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher 1597, 28,77 g; 28,76 g; 28,17 g zu Verkade 874, Inv. Nr. II/64/29/156—158

3 Ex.

170. Vs.: ähnlich wie vorher Rs.: ähnlich wie vorher o. J., 28,76 g zu Verkade 874, Inv. Nr. II/64/29/159 *I

7

I.

1 Ex.

1 Ex,

Vs.: FLOR.ARG.CIV—IMP:CAMPEN, in der unteren Mitte der Umschrift Wertzahl 28, gekröntes 4-feidiges Wappenschild, über der Krone 16—18 Rs.: MATTH.D.G.ROM.IMP.SEM.AVG gekrönter Doppeladler mit dem Reichsapfel auf der Brust 1618, „28-Stiiber", 19,74 g Verkade 892, Inv. Nr. II/64/29/160

/ Ex.

Stadt Deventer *i 7 2. Vs.: MONE-NO*CIVITA*IMP*DAVEN*i6o 3 zwei Wappenschilder werden durch einen Helm zusammengehalten Rs.: R V D O L x II X D x G x E L E C x RO x IMP x SEM x A V G V S gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust 1603, 28,65 g zu Verkade 809 a, Inv. Nr. II/64/29/161 173. Vs.: x MONE x N O x C I x - x IMPE x D A V E N behelmtes Wappenschild 186

Dreiblatt?

1

Ex.

Rs.: . F E R D I N A N D . I I . R O M . I M P . S E M . A . gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust o . J . , 28,59 g zu Verkade 810, Inv. Nr. II/64/29/162

1 Ex-

Stadt Zürich * i 7 4 . Vs.: M O N ' : N O ' . T V R I C E N S I S . C I V I T ' .IMPERI'. 58 Mmz. Löwe nach links hält in den Vorderpranken Stadtwappen und Reichsapfel Rs.: D O M I N E . C O N S E R V A . N O S I N : P A C E gekrönter Doppeladler 1558, Zürich, Gutensohn ( y ) , 28,49 § Corragioni Taf. V/Nr. 2, Inv. Nr. II/64/29/176

1

Die Münzen befinden sich mit Ausnahme von Nr. 56 und 147, die freundlicherweise dem Berliner Münzkabinett überlassen wurden, alle im Heimatmuseum Güstrow. F o t o n a c h w e i s : Staatliche Museen zu Berlin, Münzkabinett

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187

GELDSCHEINENTWÜRFE DER SEPARATISTEN F Ü R D I E G E P L A N T E R H E I N I S C H E R E P U B L I K 1923

Hein% Fengler Die wirtschaftlichen Verhältnisse im früheren Deutschen Reiche während der letzten Jahre des I. Weltkrieges und in den darauf folgenden Jahren waren gekennzeichnet durch eine zunehmende Entwertung des Geldes, das in immer größerer Menge umlief und durch Warenbereitstellungen zu stabilen Preisen keine Deckung fand, ganz abgesehen von dem Fehlen jener klassischen Deckung der Währung durch Edelmetalle und gute Devisen in der Verfügungsgewalt der für die Währung verantwortlichen ehemaligen Reichsbank. Die Wirtschaftskrise verschärfte sich nach der Niederlage des imperialistischen Deutschland auch dadurch, daß mit den Entnahmen aus der deutschen Volkswirtschaft in Form von Reparationen und Besatzungskosten auf der Grundlage des Friedensvertrages von Versailles vom 28. Juni 1919 1 die Schere zwischen Kaufkraft und Warenangebot immer breiter klaffte. Zwischen dem deutschen und dem französischen Imperialismus fand eine Auseinandersetzung um wirtschaftliche Machtpositionen statt, die 1921 zu einer Besetzung von Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort durch französische und belgische Truppen führte und den Zweck verfolgte, die deutsche Reichsregierung zur Annahme der Londoner Reparationsbedingungen zu zwingen. Am 1 1 . Januar 1923 wurde die Besetzung auf das gesamte Ruhrgebiet ausgedehnt. Die deutsche Regierung Cuno forderte von der Ruhrbevölkerung passiven Widerstand und Sabotage der Maßnahmen der Besatzungsmächte. Während von der zunehmenden Arbeitslosigkeit und der steigenden Inflation die werktätigen Massen immer stärker getroffen wurden, erlangten die Ruhrmonopole durch geheime Geschäfte und Entschädigungsleistungen seitens der Reichsregierung bedeutende Profite. 2 Die Arbeiterklasse organisierte zur Sicherung ihrer Lebensrechte und der nationalen Interessen Demonstrationen und Streiks, die besonders unter der Führung der Kommunistischen Partei Deutschlands standen, für sie galt die Losung „Schlagt Poincaré an der Ruhr und Cuno an der Spree". Der Generalstreik im August 1923 führte zum Sturz der Regierung Cuno. 3 Die neue Regierung Stresemann brach den Ruhrkampf ab. Erst im August 1925 wurde das gesamte Ruhrgebiet von den Besatzungstruppen geräumt. Die deutsche Währung hatte folgende Entwicklung genommen: 4 1 US-Dollar entsprach im Juli 1914 Juli 1919 Juli 1920 Juli 1921 Juli 1922 Januar 1923 Juli 1923 August 1923 September 1923 Oktober 1923 am 15. November 1923

4,20 Mark 14,00 39>5°

76,70 493>2°

17972,00 353412,00 462045 5,00 98 860000,00 25 260 208000,00 4 200 000 000 000,00

1

Der Vertrag von Versailles. Amtlicher Text der Entente (franz. u. engl. Fassung) und amtliche deutsche Ubersetzung. Hrsg. im Auftrage des Auswärtigen Amtes. 2. Aufl., Berlin 1924. 2 Albert Norden, Lehren deutscher Geschichte. Zur politischen Rolle des Finanzkapitals und der Junker. Berlin 1947, S. 67ff. 3 Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Chronik. Teil II. Von 1919 bis 1945. Berlin 1966. S. 145, 148, 149. 4 Kurt Prit^koleit, Die neuen Herren. Die Mächtigen in Staat und Wirtschaft. Wien/München/Basel 1955. S. 44.

189

Die gleichmäßige und ausreichende Versorgung aller Teile des früheren Deutschen Reiches mit Zahlungsmitteln durch die Reichsbank war schon in der Vergangenheit nicht erreicht worden und konnte bei der gegebenen Entwicklung noch weniger erfüllt werden (300 Papierfabriken arbeiteten Tag und Nacht, 150 Druckereien mit 2 000 Pressen besorgten den Druck). Infolgedessen kam es immer wieder an vielen Orten zunächst zur Behebung des Mangels an Zahlungsmitteln, aber auch häufig schon als Geldschöpfung (Finanzierung durch Druck und Ausgabe eigener Geldscheine) zur Zirkulation von Notgeldscheinen, die sich durch die fortschreitende Inflation wieder selbst entwerteten. Hatte die Reichsbank die staatliche Aufgabe, den Bargeldumlauf zu stabilisieren und einzuschränken, so standen diesem allgemeinen öffentlichen Interesse monopolistische Profitinteressen gegenüber. Allgemein bekannt ist, daß Hugo Stinnes in der Inflation

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Abb. 1. Vorentwurf für 1 und 2 Franken. Bleistiftskizze der Vorder- (Vs) und Rückseite (Rs)

einen Mammutkonzern durch Währungsmanipulationen errichtet hat. Diese skandalöse Situation ist durch die Einschätzung der Stinnes'schen Rolle in der Währungsfrage gekennzeichnet, wie sie in einem Gespräch des Beraters in Reparationsfragen Prof. Dr. Moritz Julius Bonn gegenüber dem damaligen Reichskanzler Dr. Wirth geäußert wurde.5 Aber Stinnes betrieb nicht allein diese schamlose Bereicherung zu Lasten des Volkes, der Allgemeinheit. Andere Interessengruppen verfolgten andere Ziele, bedienten sich zu ihrer Erreichung aber des gleichen Mittels, der Manipulation der deutschen Währung. Das imperialistische Frankreich hatte eigene territoriale Interessen gegenüber dem imperialistischen Deutschland. Die Besetzung des Rheinlandes durch französische Truppen im französischen „Sicherheitsinteresse" auf der Grundlage eines Zusatzabkommens zum Versailler Vertrag verstärkte die separatistischen Bestrebungen bestimmter großbürgerlicher Kreise, die in einer solchen Lösung ihren persönlichen Vorteil sahen. So wurde versucht, eine Rheinische Republik zu schaffen.6 Die französische Regierung gewährte weitgehende Hilfe und Unterstützung. Diese bestand auf dem Zahlungsmittelsektor darin, daß z. B. den 6

Prof. Bonn im Gespräch mit Dr. Wirth über eine vorläufige Stabilisierung der Währung. Dr. Wirth: „Ich werde es versuchen, aber Sie müssen vorher Hugo Stinnes überreden." Prof. Bonn: „Dafür gibt es nur einen Weg, lassen Sie ihn verhaften und wegen Hochverrats zur Rechenschaft ziehen. E s ist eine Art Hochverrat, die eigene Währung bewußt im Kurse zu drücken."

Kurt Prit^koleit, a. a. O., S. 47. • Deutsche Geschichte. Band 5. V o n 1 9 1 7 bis zur Gegenwart. Berlin 1968. S. 26.

190

Bestrebungen der Reichsbank zur Versorgung der Volkswirtschaft mit Zahlungsmitteln entgegengewirkt wurde, indem am 6. März 1923 bei der Druckerei E. Marks in Mühlheim/Ruhr gedruckte Reichsbanknoten (20 000-Mark-Scheine mit Datum vom 20. Februar 1923) durch französische Truppen kassiert wurden. Die betreffende Serie mit den Kontrollbuchstaben „ M X " wurde von der Reichsbank für ungültig erklärt.7 Die weggenommenen 93 300 Stück Geldscheine (insgesamt 1 866 Mio Mark) gelangten nicht in den Geldumlauf und wurden auch nicht zur Einlösung präsentiert. Die Reichsbank hatte nach dem Notgeldverbot vom 17. Juli 1922, das aber bald wieder gelockert werden mußte, das umlaufende Notgeld einziehen und durch reguläre Banknoten ersetzen wollen. 8 Im französisch besetzten Rheinland blieb das emittierte Notgeld nicht nur im Umlauf, seine Masse wurde vergrößert, die Inflation dehnte sich weiter aus. Der Prozeß der Bereicherung, der Inflationsgewinne, der Vermögens-

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Abb. 2. Ausführungszeichnung für 5 und 10 Pfennige, koloriert, Vs u. Rs

konzentration konnte infolgedessen fortgesetzt werden. Die Gleichsetzung von alter mit neuer Mark auf Grund höchstrichterlicher Entscheidung (soweit nicht eine relativ wertbeständige Grundlage wie Gold, Getreide oder eine andere Ware Geschäften zugrunde gelegt wurde) begünstigte die Entschuldung durch Zahlung wertloser neuer Mark, wie das vor allem im Bankgeschäft üblich war. Bankkredit erhielt nur der ausreichende Sicherheiten an Sachgütern bietende Kreditnehmer. Im Vorteil war der Einnehmer von Devisen für Exportgeschäfte. Frankreich widersprach auch der Ausgabe jeglichen wertbeständigen Notgelds im besetzten Rheinland, weil wertbeständiges Notgeld in Konkurrenz zu dem eigenen Projekt stand. Die Verhandlungen über eine gemeinsame Ausgabe wertbeständigen Notgeldes durch die Landesbank der Rheinprovinz in Düsseldorf führten zu dem Kompromiß, ein neues wertbeständiges Notgeld (Kommunalmark 9 ) zuzulassen, wenn die Rheinische Goldnotenbank zustandekomme, die dann die Rheinische Goldnote emittieren sollte. Beide In7

Kurt Jaeger u. UlrichHaevecker, Die deutschen Banknoten seit 1871. Engelbert/Württ. 1963, S. 63. RGBl. I/1922, S. 693. 9 In der Geldscheinsammlung von Dr. Arnold Keller, Berlin (West) — jetzt Papiergeldsammlung der Deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main — befand sich ein Geldschein der Landesbank der Rheinprovinz in Düsseldorf mit Datum vom 1. Januar 1924 über 5 Kommunalmark. Weitere Scheine sind nicht bekanntgeworden. Arnold Keller, Das wertbeständige Notgeld (Goldnotgeld) 1923/1924. 2. Aufl. Berlin-Wittenau (West) 1954- S. 30. 8

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Shen-nong (2757? — 2698? v. u. Z.), gemalt von Tawaraya Sötatsu (1576 — 1643), geschrieben von Wang Bian-nan (wirkte um 1596 — 1645) „In seiner Biographie heißt es: ,So menschenliebend war Kaiser Shen-nong* als Herrscher. E r war so heilig und vorbildlich für das Volk. Daher begründete er die Heilkunde, um den Menschen zu helfen. Diese großartige Erfindung konnte die Unvollkommenheit von Himmel und Erde ergänzen. Man freute sich über diesen Vorteil und bewunderte sein System und seine Weisheit in Ewigkeit. Alle befolgten seinen Rat. Seine Tat war eine große Güte.' Geschrieben vom Nachkommen Youjuns: **Bian-nan" * Shen-nong war Yan D i (Flammen-Kaiser, regierte von 2737?—2698? v. u. Z . ** Youjun hieß Wang Xi-zhi (321 — 379 u. Z.), ein großer chinesischer Kalligraph. 15*

T a f e l 2, i

S c h ü s s c l ( p e n ) , Y a n g s h a o - K u l t u r (ca. 4000 — 3000 v . u. Z . ) . A u s g e g r a b e n 1 9 7 2 in I . i n t o n g ( P r o v i n z S h e n x i )

T a f e l 2, 2

D e t a i l der S c h ü s s e l , F r o s c h u n d d r e i S t r i c h e

Schüssel, Banpo-Periode ( 4 1 1 5 + 100 v. u. Z.), Y a n g s h a o - K u l t u r . A u s g e g r a b e n 1556 in B a n p o bei Xi-an. B a n p o - M u s e u m zu Xi-an, China

T a f e l 3, 2

„ G u a n " - G e f ä ß mit zwei Henkeln, Machang-Periode (2185 100 v. u. Z.). A u s g e g r a b e n 1956 in Gaolan (Provinz Gansu). Ostasiatische Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin

„ G u a n " - G e f ä ß mit zwei Henkeln, Banshan-Periode (2065 4; 100 v. u. Z.). Hl Zeichen scheint wie = (Himmel, eins von den Acht Trigrammcn). Ostasiatische Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin

Tafel 4, 2

, G u a n " - G e f ä ß mit zwei H e n k e l n , Banshan-Periode (2065 100 v. u. Z.)> m ' t S o n n e n f o r m bemalt, B o d e n nicht völlig kreisförmig. Ostasiatische Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin

Tafel 5 i

Schale (oben) und Topf (unten), Rote Keramik mit einfachen Schriftzeichen (am Rand), Banshan-Periode (2065 ^ 100 v. u. Z.). A u s g e g r a b e n 1973 in Y u a n y a n g c h i (Mandarinenententeich), Y o n g c h a n g (Provinz Gansu)

Tafel 5, 2

Becken (links) und Hcnkcltopf (rechts), Machang-Pcriodc (2185 ^ 100 v. u. Z.). Ausgegraben 1973 in Y u a n y a n g c h i (Mandarinenententeich), Y o n g c h a n g (Provinz Gansu)

Tafel 6, i

Drei Töpfe in der Form eines Fasses, orangefarbige Keramik mit geometrischen Ornamenten. Machang-Periode (2185 ± 100 v. u. Z.). Ausgegraben 1973 in Yuanyangchi (Mandarinenententeich), Yongchang (Provinz Gansu)

Tafel 6, 2

Zwei Töpfe mit Henkel und Knopf. Feine orangefarbige Keramik. Machang-Periode (2185 dr 100 v. u. Z.). Ausgegraben in Yuanyangchi (Mandarinenententeich), Yongchang (Provinz Gansu)

Tafel 7, i

10

F o r s c h , u. lier., B d . 19

Tafel 8

T i c r t e p p i c h der W a r t b u r g - S t i f t u n g , 1 4 . J a h r h u n d e r t , W'ollstickerei auf L e i n e n , G r ö ß e 204 >, 1 5 3 c m

Tafel 9, i

Bronzespiegel in Rcliefgußtechnik, M i t t e d . 1 3 . Jahrhunderts, im äußeren Ring die Tierkreiszeichen, z. T . mit den zugehörigen Planeten kombiniert, im inneren R i n g die Planeten als Büsten

Tafel 9, 2

T r u h e n v o r d e r w a n d , Niedersachsen, um 1300. Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum Schloß Köpenick 16*

Tafel 10

O l i f a n t h o r n , l n t e r i t a l i e n (V), 12.

- 1 3 . J a h r h u n d e r t . Staatliche M u s e e n zu B e r l i n , i s l a m i s c h e s

Museum

Tafel i i

Das Zehdenicker Altartuch, um 1300. Märkisches Museum, Berlin (Inv.-Nr. III 57, 33 K )

Madonna mit Kind, obcrrhcinisch, E n d e 15. Jahrhundert. Staatliche Ermitage, Leningrad

T a f e l 1 3 , i Madonna mit K i n d (vgl. T a f . 12), Seitenansicht

T a f e l 1 3 , 2 Madonna mit K i n d (vgl. Taf. 12), Rückenansicht

Tafel 14

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Tafel 15

Fragment eines L'schak-Teppichs, Kleinasien, 16. Jahrhundert, Islamisches Museum

17

Forsch u. Bcr., lid. 19

Tafel 16

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