Staatliche Museen zu Berlin. Forschungen und Berichte: Band 12 Archäologische Beiträge [Reprint 2021 ed.] 9783112574188, 9783112574171


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German Pages 186 [193] Year 1971

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Staatliche Museen zu Berlin. Forschungen und Berichte: Band 12 Archäologische Beiträge [Reprint 2021 ed.]
 9783112574188, 9783112574171

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Forschungen und Berichte STAATLICHE MUSEEN ZU BERLIN

12 Archäologische Beiträge

STAATLICHE MUSEEN ZU BERLIN F O R S C H U N G E N U N D B E R I C H T E , B A N D 12

S T A A T L I C H E M U S E E N ZU

BERLIN

FORSCHUNGEN UND BERICHTE BAND i 2 ARCHÄOLOGISCHE BEITRÄGE

AKADEMIE-VERLAG 1970

• BERLIN

H E R A U S G E G E B E N V O N D E N S T A A T L I C H E N M U S E E N ZU B E R L I N

SCHRIFTLEITUNG : GERHARD

RUDOLF

EDITH

FRÜNDT

GERALD ULRICH

MEYER

HERES

STEINMANN

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, 108 Berlin,Leipziger Straße 3—4 Copyright 1970 by Akademie-Verlag G m b H Lizenznummer: 202 • 100/172/70 Gesamtherstellung: Y E B Druckhaus „Maxim Gorki", 74 Altenburg Bestellnummer: 2081/12, ES 12 C 35>S°

INHALTSVERZEICHNIS

FORSCHUNGEN:

BEITRÄGE:

G e r a l d H e r e s , Robert Zahn. Ein Beitrag zur Geschichte der Berliner Antiken-Sammlung 7 R o b e r t Z a h n , Das Kind in der antiken Kunst. (Mit Tafel 1) . 21 E v e l y n K l e n g e l - B r a n d t , Wagenmodelle aus Assur. (Mit Tafel 2 u. 3, 1— 3) 33 D i e s e l b e , Pazuzu-Köpfe aus Babylon. (Mit Tafel 3,4—6 u. 4) 37 W i l f r e d G e o r g e L a m b e r t (Birmingham), Inscripted PazuzuHeads from Babylon. (Mit Tafel 4,5 u. 9) 41 L i a n e J a k o b - R o s t , Urkunden des 7. Jahrhunderts v. u. Z. aus Babylon 49 R o b e r t H e i d e n r e i c h (Leipzig), STTAITAI. Säulenstatuen in der Antike. (Mit Tafel 5) 61 Max K u n z e , Fragment einer früharchaischen Kriegerstatuette. (Mit Tafel 6 , 1 - 3 ) 7* A r n e E f f e n b e r g e r , Zur Interpretation des megarischen Acheloos-Reliefs. (Mit Tafel 6,4—6) 77 Wolf K o e n i g s (München), Ein ionisches Kapitell aus Samos. (Mit Tafel 7) 97 H u b e r t a Heres - v. L i t t r o w , Untersuchungen zur Reliefgestaltung des Telephosfrieses. (Mit Tafel 8—14) 103 G ü n t e r P o e t h k e , Zwangsmaßnahmen in der Landwirtschaft Ägyptens während der römischen Zeit 123 I r m g a r d K r i s e l e i t , Terrakottaformen in der Antiken-Sammlung. (Mit Tafel 15) G e r a l d H e r e s , Tonlampen mit Gemmenabdruck. (Mit Tafel 16) H a n n e l o r e K i s c h k e w i t z , Zum Lotos- und Affenmotiv der altägyptischen Neujahrsflaschen. (Mit Tafel 17, 1—2) J o a c h i m Sliwa (Krakow), Eine anikonische Darstellung des Gottes Amon. Zu einem Relieffragment des Ägyptischen Museums. (Mit Tafel 17,3) S t e f f e n W e n i g , Eine Statue des Hathor-Priesters gem-en. f-Hor-bak. Bericht über die teils in Berlin und teils in Straßburg aufbewahrte Statue der Spätzeit. (Mit Tafel 18) . . . . O t t o W. L u k e , Die Umkonservierung des Berliner KephalaiaKodex

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149 151 5

JAHRESBERICHTE:

TAFELTEIL:

INHALTSÜBERSICHT:

Ägyptisches Museum und Papyrus-Sammlung Antiken- Sammlung Ostasiatische Sammlung Mün2kabinett Museum für Ur- und Frühgeschichte Die Zentralbibliothek in den Jahren 1959 bis 1969 Nachruf auf Gerda Bruns (Elisabeth Rohde)

Tafel I —l8

Verzeichnis der Beiträge in den „Forschungen und Berichten", Bd. 1 - 1 2

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ROBERT

ZAHN

Ein Beitrag zur Geschichte der Berliner Antiken-Sammlung

Gerald Her es Von den deutschen Archäologen der jüngeren Vergangenheit haben sich viele als Ausgräber, Universitätslehrer und Autoren wegweisender Bücher unvergänglichen Ruhm erworben. Es seien nur Adolf Furtwängler, Franz Studniczka, Ludwig Curtius und Andreas Rumpf genannt. Gelehrte von hohem Rang, Humanisten in Gedanken und Taten, haben sie über die Grenzen ihres Faches hinaus gewirkt und weite Gebiete geistigen Lebens entscheidend beeinflußt. Ihnen läßt sich Robert Zahn durch Größe und Umfang seiner Leistung zur Seite stellen. Zahn wirkte 35 Jahre an der AntikenSammlung der Berliner Museen und lehrte 8 Jahre an der Berliner Universität, lebte aber zurückgezogen und spielte im äußeren Leben der Archäologie, in Verwaltung und Organisation, keine große Rolle. Um so erheblicher war seine Arbeit für die Museen und seine wissenschaftliche Wirkung. Jeder Archäologe holte sich bei ihm Rat, wenn es um diffizile Fragen antiquarischer und technischer Zusammenhänge ging; ja, sein unermeßliches Wissen war manchem unheimlich. Dem untrüglichen Gedächtnis stand eine in ihrer Art einzige Materialsammlung zur Seite. Unumstritten war Zahns Ruf als bester Kenner der antiken Kleinkunst, vor allem der Keramik, der Glasindustrie und der Schmuckarbeiten. Wie ihn vor fünfzig Jahren die jungen Archäologen sahen, schildert Gottfried von Lücken in einem Brief 1 , der vieles von Zahns Wesen deutlich werden läßt: „Zahn hat mir 1920 und 1921 fast täglich im Antiquarium die Vasen, die ich bearbeiten wollte, gegeben, immer mit einer gewissen Sorge, ob diesen Gegenständen nicht etwas geschehen könnte. Er liebte ja alles Kostbare, besonders Gold und Glas. Er stammte aus einer kleinen badischen Residenzstadt, Bruchsal, und etwas von dem delikaten Wesen einer Residenzbevölkerung hat er immer behalten. Sein Vater war Zuckerbäcker in dieser Stadt, die für ihre guten Teigwaren berühmt war. Er betonte, daß er das Verständnis für die Barbotine-Technik vom Zuckerguß seines Vaters gelernt hätte2. Bei Duhn in Heidelberg (s. unten S. 14) hatte er die Achtung vor den kleinen Dingen gelernt, und Wolters3 und Froehner4 in Paris waren in vielem seine Vorgänger. Von Froehner wußte er entzückende Anekdoten zu berichten5. In Berlin lebte Zahn unverheiratet mit seiner Schwester in Friedenau6. Er hatte etwas von einem vorHerrn Prof. Dr. Gottfried v. Lücken, Rostock, danke ich für die freundliche Erlaubnis, die Zahn betreffenden Stellen eines Briefes vom 30. 10. 1967 hier abdrucken zu dürfen. 2 V g l . R. Zahn, K T i i X P O , 81. Berliner Winckelmannsprogramm, Berlin 1923, S. 6. 3 Paul Wolters (1858—1936), Nachfolger Furtwänglers auf dem Münchner Lehrstuhl. Vgl. C. Weickert, in: Archäologischer Anzeiger 1936, Sp. 5 86 ff. V o n Wolters sind vier Briefe an Zahn erhalten (29. 10. 1904,16. 1. 1922, 26. 2. 1926, 21. 5. 1932). 4 Wilhelm Froehner (1834—1925), Konservator am Louvre und Lektor Napoleons III. Vgl. L. Curtius, Deutsche und antike Welt, Stuttgart 1950 ( 2 i952), S. 215 f. A. Furtwängler, Briefe, Stuttgart usw. 1965, S. 239 t. Anm. 47. 5 Eine dieser Anekdoten erzählte v. Lücken später: Nach der Schlacht bei Wörth (6. 8. 1870) habe der Kaiser seinen Lektor beim Billardspiel gefragt, was er von dem deutschen Sieg halte. Froehner habe geantwortet: „Sire, als Deutscher freue ich mich darüber". Da habe der Kaiser den entsetzten Froehner schimpfend und mit dem Billardstock nach ihm schlagend durch das Zimmer gejagt. 0 Cranachstr. 20.

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nehmen katholischen Prälaten. Seine Sammlung liebte Zahn über alles. Als er einen Ruf nach Heidelberg als Nachfolger seines Lehrers Duhn erhielt, wollte er annehmen, ging aber am Sonntag Abend vor seiner Abreise nach Heidelberg noch einmal in sein Antiquarium, schloß alle Schränke auf, betrachtete die Kostbarkeiten und kam zu dem Entschluß, daß er sich hiervon nicht trennen konnte. So ist er bis in sein Alter in Berlin geblieben". Zahns Verdienste als Gelehrter und Beamter sind bekannt, aber, so scheint es uns, nicht gebührend gewürdigt worden. Als er 1945 starb, widmete man seinem Andenken nur wenige Sätze7. Anläßlich seines hundertsten Geburtstages an die Leistung und an die Persönlichkeit dieses großen Archäologen zu erinnern, ist der Zweck dieser Zeilen. 1. B i o g r a p h i s c h e s Die Quellen zu Zahns Biographie fließen spärlich. Außer der Vita in seiner Dissertation (s. unten S. 15), verstreuter Aktennotizen8 und kurzer Erwähnungen9 lassen sich nur einige Briefe heranziehen10. Zahn selbst hat nur ein einziges Mal über sich gesprochen, in seiner am 30. Juli 1938 gehaltenen Antrittsrede vor der Preussischen Akademie der Wissenschaften11. R o b e r t Z a h n wurde am 9. Januar 1870 als Sohn des Zuckerbäckers Jakob Zahn in Bruchsal geboren. Der oben zitierte Brief von Lückens deutet bereits an, was Zahn der Verwurzelung im Handwerk verdankt: Verständnis für die technischen Probleme der antiken Kleinkunst, werkmeisterliche Geduld und eine beinahe ängstliche Gewissenhaftigkeit in Dingen des Amtes und der Forschung. „Wenn es mich schon frühe so stark zur gewerblichen antiken Kunst hingezogen hat", sagt er später12, „so liegt, wie ich glaube, der Ursprung teils in einer gewissen Vererbung, teils in den Eindrücken der Kindheit". Lange bleibt Zahn der häuslichen Sphäre verbunden; noch spät sorgt die gütige Mutter nicht nur für Zahn, sondern auch für Freunde und Kollegen 13 . Im Jahre 1876 siedelte die Familie nach Stuttgart über, wo Zahn die Elementarschule und dann das berühmte Eberhard-Ludwigs-Gymnasium besuchte. 1888 zog er nach Heidelberg; dort hörte er vor allem bei Friedrich von Duhn (s. unten S. 14), mit dem ihn „ein besonders inniges Verhältnis" 14 verband, auch bei dem Althistoriker Domaszewski und dem Altphilologen Zangemeister. „Und daß ich mehrere Jahre lang", sagt er 15 , „zu den Füßen Erwin Rohdes sitzen und die geradezu dämonische Wirkung seines Geistes spüren durfte, betrachte ich als eine ganz besondere Gunst". Nach dem philologischen Staatsexamen im Februar 1893 war er Volontär am Heidelberger Gymnasium, aber schon im Herbst Assistent am Archäologischen Institut, wo er bis 1896 „mit der völligen Ordnung . . . unmenschlich viel zu tun" hatte16. Inzwischen war seine Dissertation in Druck gegangen (s. unten S. 15), für die er jahrelang in den europäischen Museen Material gesammelt hatte. Eine „Küstenfahrt um ganz Griechenland" brachte ihn Anfang Oktober 1896 nach Athen 17 , wo er, mit Unterbrechungen, bis 1900 am Deutschen Archäologischen Institut arbeitete. Vor allem beschäftigte ' In: Archäologischer Anzeiger 1944/45. — Weickert, in: Gnomon 22, 1950, S. 9off. 8 Für freundliche Unterstützung danke ich Frau Dr. Hertha Simon vom Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts und Frau Ch. Stibinger vom Archiv der Staatlichen Museen zu Berlin. 9 Vgl. vor allem: C. Wat^inger, Theodor Wiegand, München 1944, S. 91. 260. 325. 349. — L. Pallat, Richard Schöne, Berlin 1959, S. 310. — Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender 1, 1925, Sp. 1232. 2, 1926, Sp. 2215. 4 , 1 9 3 1 , Sp. 3362. 7, 1950, Sp. 2426. — Berliner Museen 52, 1931, S. 47. 56, 1935, S. 69. 10 Ein Teil von Zahns Korrespondenz befindet sich im Besitz der Staatlichen Museen zu Berlin. Frau Dr. Hertha Simon stellte liebenswürdigerweise Abschriften der im Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts aufbewahrten Briefe Zahns an Conze, Furtwängler, Kekul6, Noack, Studniczka und Wiegand zur Verfügung. 11 Antrittsrede des Herrn Zahn. Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1938, S. CIV ff. 12 Antrittsrede (s. Anm. 11), S. CV. 13 O. Rubensohn an Zahn, 17. 12. 1904. 14 Antrittsrede (s. Anm. 11), S. CVI. 15 Antrittsrede (s. Anm. 11), S. CVI. 16 Zahn an Furtwängler, 23. 9. 1896. 17 Zahn an Furtwängler, 8. 10. 1896. Vgl. Antrittsrede (s. Anm. n ) , S. CV.

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ihn die Ordnung der Vasenscherben von der Akropolis 18 , später auch eigene Ausgrabungstätigkeit, u. a. auf Thera19 und Siphnos20. Größere Reisen galten seiner Heimat und den Museen Italiens21. Reinhard Kekule von Stradonitz, der Direktor der Berliner Antiken-Sammlungen (s. unten S. 10), hatte sich schon 1899 bemüht, Zahn für sein Museum zu gewinnen22. Dieser brachte zunächst seine Forschungen in Thera zum Abschluß, war dann seit 1900 freier Mitarbeiter am Antiquarium23 und wurde 1901 Direktorialassistent24. 1909 wurde er Kustos und 1918, nach dem frühen Tod Hermann Winnefelds (s. unten S. 10), zweiter Direktor der Antiken-Sammlungen25. 1920 lehnte er „einen Ruf an den Lehrstuhl seines alten Lehrers Friedrich von Duhn nach Heidelberg ab, um sich ganz den Aufgaben des Museums zu widmen"26. 1931 brachte ihm das Ausscheiden Theodor Wiegands (s. unten S. 10) das Amt des ersten Direktors27; aber schon 1935 trat er in den Ruhestand28, tief besorgt über den Sieg der nazistischen Barbarei. Von 1928 bis 1936 lehrte Zahn als Honorarprofessor an der Berliner Universität. 1938 wurde er Ordentliches Mitglied der Berliner Akademie, in deren Kreis er mehrfach hervortrat29. Robert Zahn starb am 27. November 1945. Es wird berichtet, daß er in den letzten Jahren an schwerer Krankheit gelitten habe. Das äußere Bild dieses Gelehrtenlebens ist streng geschlossen und wenig aufregend. Was sich aber hinter der behaglichen Ruhe, die ihm nachgerühmt wird, an zäher Arbeit und frohem Aufbruch, an Leid, Entsagung und Beseligung birgt, werden wir, wenn auch nur zu einem kleinen Teil, aus seinem Werk erfahren. 2. M u s e u m s d i e n s t Zahn schreibt nach kaum vierjähriger Tätigkeit als Direktorialassistent des Antiquariums an Alexander Conze (s. unten S. 10), die Arbeit im Museum habe den Nachteil, „daß man aus dem Contact mit der Wissenschaft draußen kommen muß, weil wir ja alle an der Kette liegen"30. Dennoch hat Zahn dem Museum 30 Jahre die Treue gehalten, trotz eines lockenden Rufs an die Heidelberger Universität. Neben der „Kette" muß die Museumsarbeit also noch eine reizvolle Seite für ihn gehabt haben. Man wird feststellen, daß viele der später berühmten Universitätslehrer einige Zeit am Berliner Museum tätig waren; genannt seien nur Adolf Furtwängler, Erich Pernice, Franz Studniczka, Andreas Rumpf. Sie alle verdanken der Antiken-Sammlung ein Wesentliches, das einzig täglicher Umgang mit einer Fülle von Originalen zu vermitteln vermag. Furtwängler hat sogar vierzehn Jahre am Berliner Museum gewirkt, mag er auch später aus persönlichen Gründen nur mit Ingrimm an diese Zeit zurückgedacht haben. Vielfach war das Amt des Direktors mit einer Professur an der Universität verbunden, wie in Berlin bei Kekule und später wieder bei Zahn, in München bei Furtwängler. Von 1880 bis 1905 wurden die königlichen Museen von R i c h a r d Schöne (1840—1922) geleitet, einem künstlerisch begabten, gleichermaßen philologisch, archäologisch und kunsthistorisch ge18

Zahn an Furtwängler, 8. 10. 1896. Zahn an Kekule, 12. 11. 1899. 20 Zahn an Studniczka, 1 . 5 . 1899. 21 Zahn an Furtwängler, 1. 12. 1898. 22 Zahn an Kekule, 12. 11. 1899. 23 Laut Aktennotiz im Archiv der Staatlichen Museen. 24 Pallat (s. Anm. 9), S. 310. 25 Laut Aktennotiz im Archiv der Staatlichen Museen. Vgl. auch Watsynger (s. Anm. 9), S. 325. Amtliche Berichte aus den Kgl. Kunstsammlungen 30, 1908/09, Sp. 308. 26 Wat^inger (s. Anm. 9), S. 349. 27 Vgl. Berliner Museen 52, 1931, S. 47. 28 Vgl. Berliner Museen 56, 1935, S. 69. 29 Vgl. Gesamtregister der Abhandlungen, Sitzungsberichte, Jahrbücher, Vorträge und Schriften der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1900—1945, S. 195. Nur die Antrittsrede ist erwähnt. Vgl. aber Jahrbuch der Preuß. Ak. der Wiss. 1939, S. 85. 1940, S. 88. 1942, S. 87. 30 Zahn an Conze, 6. 8. 1905. 19

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schulten Gelehrten, der sich nach kurzer Lehrtätigkeit in Halle und Berlin bereits als Vortragender Rat im preussischen Kultusministerium (1872—1880) um die Kunstverwaltung in Berlin verdient gemacht hatte. Als Forscher durchmaß er weite Bereiche31. R e i n h a r d K e k u l e v o n Stradonitz 3 2 war 1889 zum Nachfolger Alexander Conzes33 in der Leitung der Sammlung antiker Skulpturen berufen worden; als Ernst Curtius34 1896 starb, wurde er auch Direktor des Antiquariums. Er war es, der Zahn für die Berliner Museen gewann. Kekules Bedeutung für die Archäologie ist erheblich, trotz seiner Fehde mit Furtwängler und trotz der oft an ihm geübten Kritik. Es ging ihm weniger um die Bewältigung großer Massen von Material als um die einfühlende, „ästhetische" Interpretation des einzelnen Kunstwerks — ein Zug, der in gewissem Grade auch an Zahn zu beobachten ist. Als Zahn nach einigen Monaten freier Mitarbeit am 1. Oktober 1901 sein Amt als Direktorialassistent antrat, fand er in H e r m a n n W i n n e f e l d (1862—1918) 35 einen Kollegen, den er schätzen mußte. Winnefeld, wie Zahn ein Schüler Duhns, hat sich als unermüdlicher Mitarbeiter Wiegands bewährt; ihm wird u. a. die erste große Publikation der Friese vom Großen Altar zu Pergamon verdankt36. Nach einigen Jahren traten B r u n o S c h r ö d e r (1904) und A u g u s t K ö s t e r (1906) hinzu. T h e o d o r W i e g a n d , seit 1890 „Abteilungsdirektor der Kgl. Museen mit dem Sitz in Konstantinopel", folgte Kekule im Amte des Ersten Direktors (1911) 37 . Bis zu seinem Ausscheiden (1931) war er der unmittelbare Vorgesetzte Zahns. In späteren Jahren sind als Mitarbeiter Zahns K a r l A n t o n N e u g e b a u e r (1886—1945; Kustos 1920), Wilhelm v o n M a s s o w (Kustos 1927) und Carl B l ü m e l (geb. 1893; Kustos 1930, Direktor 1947—1961) zu nennen. Neugebauer, wie auch von Massow Schüler Studniczkas, war ein hervorragender Kenner der antiken Vasen- und Bronzenkunst, arbeitete also eng mit Zahn zusammen38. Blümel, Erforscher der griechischen Bildhauertechnik und Verfasser mustergültiger Kataloge39, betreute die Skulpturen-Sammlung. So verbindet Zahn mehrere Generationen von Gelehrten miteinander. Er durfte, als er längst aus dem Museumsdienst ausgeschieden war, feststellen10, er habe in Kekule und Wiegand „zwei Vorgesetzte gehabt. . . , die in großzügiger Gesinnung und verständnisvollem Wohlwollen mir möglichst große Freiheit in meiner Arbeit gegönnt haben". Ferner betonte er, daß er im Museum eine „wohltuende, innerlich wärmende Umgebung" gefunden habe. Sein „treuer Führer" sei der Numismatiker H e i n r i c h D r e s s e l (1845 — 1920) gewesen41. Zahns Arbeitsgebiet war umfangreich, gehörte doch das Berliner Antiquarium zu den größten Museen seiner Art. Die Sammlung der Bronzen war bereits von Carl Friederichs katalogisiert worden42. Adolf Furtwängler hatte in wenigen Jahren mit seiner „Beschreibung der Vasensammlung im Antiquarium" (1885) ein Werk geschaffen, das nicht nur die älteren Kataloge ersetzte, sondern ganz neue Bereiche erschloß. Gleiches gilt für seine „Beschreibung der geschnittenen Steine im Antiquarium" (1896). Aber die Menge des Materials wuchs unaufhörlich. Schon Furtwänglers Nachfolger amAnti31 52

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Vgl. die ausführliche Darstellung von Pallat (s. Anm. 9); dort S. 398 ff. eine Bibliographie. Über Kekule vgl. Winnefeld, in: Jahrbuch der kgl.-preuß. Kunstsammlungen 32, 1 9 1 1 , S. I ff. — Rodenaaldt, in: Archäolog. Anzeiger 1939, S. 333 ££. Über Conze vgl. Winnefeld (s. Anm. 32) 35, 1914, S. I ff. — Rodenmaldt, in: Archäolog. Anzeiger 1931, S. 26ff. Über Curtius vgl.: Ernst Curtius. Ein Lebensbild in Briefen, hg. von F. Curtius, Berlin 1903. 1890 Hilfsarbeiter, 1896 Assistent, 1 9 1 1 Zweiter Direktor. Im letztgenannten Amt folgte ihm Zahn 1918. Kgl. Museen zu Berlin: Altertümer von Pergamon, Bd. III 2, Die Friese des großen Altars, Berlin 1910. Vgl. die Biographie Wiegands von C. Wat^inger (s. Anm. 9). Führer durch das Antiquarium, Bd. 1 : Bronzen, 1924. Bd. 2: Vasen, 1932. Katalog der statuarischen Bronzen im Antiquarium: Bd. 1, 1931, Bd. 2, 1951. Griechische Bildhauerarbeit, Berlin 1927 (Jahrb. des Deutschen Archäolog. Instituts, Ergänz.bd. 11). — Staad. Museen zu Berlin: Katalog der Sammlung antiker Skulpturen. Bd. II 1,1940. Bd. III, 1928. Bd. IV, 1931. Bd. V , 1938. Römische Bildnisse, 1933. — Die archaisch griech. Skulpturen der Staatl. Museen zu Berlin, 1963. 2 1965. — Die klassisch griech. Skulpturen der Staatl. Museen zu Berlin, 1966. Antrittsrede (s. Anm. 11), S. CVI. Direktor des Münzkabinetts. Vgl. Berliner Museen 41, 1920, S. 23Öff. C. Friederichs, Berlins antike Bildwerke, Bd. 2: Geräthe und Broncen im Alten Museum, Berlin 1871.

quarium, E r i c h Pernice (1895 —1903)43, konnte eine große Zahl von Neuerwerbungen verzeichnen. An erster Stelle sind zu nennen: ein großer Grabfund aus der Gegend von Volterra (1901), südrussische Gläser aus den Sammlungen Mavrogordato und Terlecki (1903), dann die Funde von Gordion und Dodona (1904/05). Aus dem griechischen und italienischen Kunsthandel sowie aus Pariser und Londoner Auktionen gelangten viele qualitätvolle Stücke nach Berlin; die Käufe übertrug man meist den jüngeren Assistenten. Hier Echtes von Falschem zu sondern, finanzkräftigen Konkurrenten zuvorzukommen, die Schliche der Händler zu durchschauen, erforderte hohes Wissen. Zahns lebendige Berichte an Kekulé, der seinen jungen Mitarbeiter häufig mit verantwortungsvollen Aufgaben betraute, zeugen von der intensiven und frohen Tätigkeit des Gelehrten. Als er in Florenz einen umfangreichen Fund besichtigt, heißt es44: „Wilde Wut kann den erfassen, der sieht, wie die Leute mit diesem an sich hoch interessanten Material umgegangen s i n d . . . Sie haben einfach die guten, in das Auge fallenden Stücke herausgezogen, alles andere aber zusammengeworfen, wie es aus dem Boden kam . . . Mitunter hängt noch die Erde der Ausgrabung an i h n e n . . . Ich würde es als eine des Archäologen unwürdige Sünde halten, einige Stücke herauszusuchen und das Übrige dem Verderben zu überantworten. Wir haben hier ein Ensemble, das nicht getrennt werden d a r f . . . Wird sich nun ein gewissenhafter Käufer finden? Er würde eine große Aufgabe auf sich nehmen und eine lange Arbeit. Aber diese Arbeit würde sich auch sehr lohnen. Meine Hoffnungen sind allerdings nicht groß". Der Fund konnte nicht für Berlin erworben werden. Der Initiative Wiegands und Zahns verdankt das Antiquarium eine der bedeutendsten Bereicherungen: 1912 stiftete der Frankfurter Industrielle Friedrich Ludwig Gans den Berliner Museen seine auserlesene Sammlung von Terrakotten, Gold und Glas. Im gleichen Jahre wurde die Erwerbung einer hervorragenden Sammlung rheinischer Gläser vorbereitet48. Zahns Autorität in Dingen des Kunsthandels und des Fälscherunwesens war bald so groß, daß nicht leicht ein Kauf getätigt wurde, ohne ihn vorher zu konsultieren. Die unzähligen Photographien, die man ihm zuschickte, mußte er schließlich in einem besonderen Schrank aufbewahren. Seine Verbindung zum römischen Kunsthandel war eng und fruchtbar für die Berliner Museen, vor allem durch die Tätigkeit Paul Hartwigs (s. unten S. 20). Neben dieser intimen Kenntnis des Kunsthandels boten ihm weite Reisen Gelegenheit, seine Denkmälerkenntnis zu fördern. Nicht nur die meisten europäischen Museen und die klassischen Stätten des Südens hat er gesehen, sondern auch die großen Sammlungen der Vereinigten Staaten. Im Auftrage der Berliner Akademie unternahm er 1910 eine sechswöchige Grabung bei Randidi, einem kleinen cyprischen Dorf. Leider war es nur seine Aufgabe, die sensationellen Schwindeleien eines Hochstaplers zu widerlegen, was ihm zwar nicht schwer fiel, aber doch viel Ärger mit sich brachte. Mehrfach wurde Zahn auch um Gutachten in gerichtlichen Angelegenheiten gebeten; immer hat er sich mit den fraglichen Gegenständen, meist Goldschmuck, lange und gründlich beschäftigt, ehe er sein Urteil fällte. Auch hier ging es ihm zunächst um Förderung seiner Kenntnis, nicht um einen äußeren Zweck. Die Frucht eines vielgenannten Prozesses war für ihn der Akademie-Vortrag über einen Karneol mit Porträts von Otho, Nero und Poppaea, dessen Manuskript erhalten ist. Die unter Mühen erworbenen Denkmäler wurden im Museum nicht immer gut behandelt. Prunkstücke gelangten zwar in die Ausstellungs-Säle, aber weniger attraktive Dinge verschwanden, oft für viele Jahrzehnte, im Magazin. Die Inventare waren zeitweilig so nachlässig geführt, daß eine spätere Identifizierung vom glücklichen Zufall abhing. Um die genaue Beschreibung, um die Angabe der Maße, des Fundortes usw. hatte sich niemand gekümmert. Hier schufen schon Heydemann, Treu, Furtwängler und Pernice vielfach Abhilfe, aber die Einrichtung eines neuen, sorgfältig geführten Antiquarium-Inventars ist Zahns Verdienst. Der Wert seiner Zeichnungen und Beschreibungen wurde recht offenbar, als die Mehrzahl der Stücke in den letzten Jahren identifiziert und neu geordnet werden mußte. 43 44 45

Uber Pernice vgl. E. Boehringer, in: Greifswalder Antiken, Berlin 1961, S. X ff. Zahn an Kekulé, 7. 5. 1906. Zu den beiden Erwerbungen vgl. Watzinger (s. Anm. 9), S. 260 ff. Zur Erwerbung der Sammlung Gans vgl. Amtliche Berichte der Kgl. Museen zu Berlin, 35,1913/14, S. 65 ff. und 277 ff. — 38,1916/17, S. iff.

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Von großer Wichtigkeit ist die restauratorische Behandlung der Objekte. Manchmal werden Schäden einer unsachgemäßen Restaurierung erst nach Jahrzehnten sichtbar. Der Verantwortung des Museumsleiters in dieser Hinsicht ist Zahn stets gerecht geworden, unterstützt von erfahrenen Restauratoren und beraten von Chemikern und Metallurgen. Als 1928 von der vorgesetzten Behörde angefragt wurde, in welchem Umfang sich die Berliner Museen an einem vom Louvre angeregten Austausch der Kunstwerke beteiligen könnten, lehnte Zahn das Verleihen von antiken Denkmälern grundsätzlich ab. In seinem Brief an die Generaldirektion46 heißt es: „Was die Sammlungen des Antiquariums betrifft, muß, abgesehen von der äußerst großen Zerbrechlichkeit der Gegenstände, namentlich ein sehr schweres Bedenken geltend gemacht werden. Die Werke aus Silber, Bronze, Ton, Holz, Bein, Elfenbein, Glas haben durch das lange Liegen in der Erde, auch wenn sie sachgemäß konserviert sind, doch eine gewisse Anfälligkeit behalten, wie etwa Menschen, die eine schwere Krankheit überstanden haben. Sie bedürfen dauernd sorgfältigster Überwachung. Eigene Beobachtungen in der Sammlung veranlaßten mich, die große Autorität des Herrn Professor Rathgen47 anzurufen. Nach seinem Gutachten ist für alle diese Gegenstände das wichtigste Erfordernis, daß sie möglichst immer in gleicher Temperatur und namentlich in der Atmosphäre, an die sie sich gewöhnt haben, gehalten werden. Ein Ortswechsel, selbst innerhalb Berlins, ja sogar zwischen den Gebäuden des Museums, ist stets sehr bedenklich und möglichst zu vermeiden. Die genannten Stoffe fangen sonst wieder an zu arbeiten, und die Folgen werden Zersetzungserscheinungen sein, die zum mindesten lange Behandlung notwendig machen. Wir haben es aus diesem Grunde bisher stets als unsere ernste Pflicht erachtet, alle an uns ergehenden Wünsche nach Verleihung der Stücke für Ausstellungen abzuschlagen." Auch in einer Zeit der „loan exhibitions" sollte man diese Mahnung nicht vergessen. Seit ihrer Gründung waren die Berliner Museen bestrebt, die angehäuften Schätze möglichst vielen Liebhabern zugänglich zu machen. Oft genug haben Geld- und Raummangel die Ausführung fruchtbarer Ideen verhindert. Als im Jahre 1912 die bisher im Obergeschoß des NeuenMuseums gezeigte Abgußsammlung an die Universität abgegeben wurde, gewann das bisher aufs Alte Museum beschränkte Antiquarium genügend Raum für eine neue Aufstellung der Vasensammlung, der Zahn sich mit großem Eifer widmete. „Zweimal", bemerkt er später48, „habe ich den Umzug des Antiquariums bewerkstelligt und die ganze Sammlung eigenhändig wieder aufgebaut". Eine hervorragende Leistung bedeutete die „Ausstellung von Schmuckarbeiten in Edelmetall aus den Staatlichen Museen zu Berlin", in der Zahn Werke der Antike, des Mittelalters und der Renaissance vereinigte49. Führungen durch das Antiquarium überließ Zahn nicht immer gern seinen Mitarbeitern; er war bestrebt, seine Sammlung nach Möglichkeit selbst zu zeigen. In der Antrittsrede heißt es50: „Während einer Reihe von Jahren suchte ich der archäologischen Jugend in regelmäßigen Zusammenkünften im Museum eine lebendige Anschauung unserer Originale zu vermitteln". Die spätere Lehrtätigkeit steht mit diesen Bemühungen in engem Zusammenhang. Neben Führungen dienten Lichtbildervorträge den Bedürfnissen des Publikums; auch hier hat Zahn viel geleistet. Er gab sein Bestes und verlangte von jedem Hörer gespannte Mitarbeit, auch wenn er keine Fachkenntnisse voraussetzte. Unter seinen nachgelassenen Papieren finden sich zwei Vortragsmanuskripte. Eines handelt über Fälschungen. Der zweite Vortrag mit dem Titel „Das Kind in der antiken Kunst" wurde am 20. November 1926 in der „Vereinigung der Freunde antiker Kunst" gehalten. Zahn entfaltet in diesem unten (S. 21) erstmals gedruckten Werk seine faszinierende Gelehrsamkeit ebenso wie seine Liebenswürdigkeit. Stets weist er auf historische Zusammenhänge hin; die Ausführungen sind wahrhaft populär und geben Ansätze zu einer Kulturgeschichte des Kindes. Man darf annehmen, daß er weite Partien frei vorgetragen habe, denn manches ist im Manuskript nur angedeutet. 46

Z a h n an den Generaldirektor, 6. 12. 1928.

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Friedrich Rathgen (1862—1942) war lange Z e i t an den Staatlichen Museen als Chemiker tätig; v g l . Brittner, in: Berliner Museen 64, 1943, S. I 9 f . — V o n i h m : D i e Konservierung v o n Altertumsfunden, 1. Teil 3 , 1926. 2 . - 3 . Teil 2 , 1924 (Handbücher der Staatlichen Museen zu Berlin, B d . 7 und 18). Antrittsrede (s. A n m . 11), S. C V I I .

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Z u dieser 1932 gezeigten Ausstellung verfaßte Z a h n einen hervorragenden Führer (s. unten S. 16). Antrittsrede (s. A n m . 11), S. C V I I .

Die Verwaltung der großen Sammlung stellte Zahn vor unerquickliche Aufgaben. Es erübrigt sich, hier ausführlich darauf einzugehen, weil Carl Watzinger in seiner Wiegand-Biographie (s. Anm. 9) diesen Problemen seine Aufmerksamkeit schenkt und eine neue Darstellung, die das umfangreiche Aktenmaterial zu verwerten hätte, nur in größerem Rahmen als dem hier gegebenen möglich ist. Theodor Wiegand lenkte die Antiken-Sammlung kraftvoll und geschickt an manchen Klippen vorbei. Zahn stand ihm dabei als sein Stellvertreter unermüdlich zur Seite. Ob es galt, die Zerspaltung der Museen zu verhindern, unberechtigte Angriffe der Presse zurückzuweisen oder die Sammlung vor Schäden zu bewahren — stets wurde voller Einsatz verlangt; oft war unmittelbares persönliches Eingreifen erforderlich. Zahn hatte an den Grabungen Wiegands Anteil; die glänzende Bearbeitung der in Priene gefundenen Keramik wird ihm verdankt (s. unten S. 16). Auch an der Erwerbung der Tarentiner Göttin (1915) und der stehenden Göttin aus Attika (1924)61 war Zahn in hohem Maße beteiligt. Die schwierigste und umfangreichste Aufgabe des Museumsarchäologen besteht darin, seine Sammlungen wissenschaftlich zu erschließen und in Berichten und Katalogen zu veröffentlichen. Viele Neuerwerbungen wurden von Zahn in den „Amtlichen Berichten" besprochen; an anderer Stelle wurde manches besonders bedeutende Werk antiker Kleinkunst publiziert. Aber einen Katalog Berliner Museumsbestände hat Zahn nicht geschrieben. Das mag zunächst befremden, liegen doch von seiner Hand zwei umfangreiche Kataloge von Privatsammlungen vor (s. unten S. 16). Das geplante Buch über die in New York aufbewahrten Gläser ist sicher nur infolge der Kriegsereignisse nicht vollendet worden. Von Zahn selbst erfahren wir ferner, daß er die damals im Besitz von H. Scheufeien (Stuttgart) befindlichen Kleinbronzen52 veröffentlichen wollte. Weder Gläser, noch Vasen, noch Terrakotten, noch Gemmen sind von Zahn jemals zusammenfassend behandelt worden, obwohl er doch Jahrzehnte lang Material gesammelt hat. Nur der bereits erwähnte Führer durch die Schmuckausstellung wird ihm verdankt; die Führer durch die Vasen- und Bronzensammlung sowie die beiden bis jetzt erschienenen Bände des großen Bronzenkataloges sind von Winnefeld und Neugebauter verfaßt worden83. Welche äußeren Gründe für dieses Paradox maßgebend waren, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Die primäre Ursache wird im Wesen Zahns liegen. Bei den genannten Privatsammlungen handelt es sich um kleinere, abgeschlossene Komplexe von ziemlicher Kurzlebigkeit, die, bevor sie den Besitzer wechselten und aufgelöst wurden, im Zusammenhang veröffentlicht werden sollten und auch in relativ kurzer Zeit bearbeitet werden konnten. Die Erschließung der riesigen, ständig anwachsenden und, so schien es damals, stabilen staatlichen Sammlungen forderte dagegen die konzentrierte Stoßkraft eines Furtwängler, dessen Kataloge vor fünfzig Jahren auch in noch weitaus höherem Maße gültig waren als heute. Wollte Zahn sie ersetzen, ergänzen oder fortführen, so mußte sein Streben nach absoluter Vollständigkeit alle menschliche Kraft übersteigen. Die Bearbeitung der Gemmen z. B. blieb in den Anfängen stecken; eine 1918 vorgenommene Revision der etwa 9000 antiken Exemplare zeigt, daß ihm kein Detail entgangen war. Später hat Zahn viele Kisten mit Abdrücken gefüllt, die ihm als Parallelmaterial dienen sollten. Ferner standen ihm Sammlungen von Abdrücken aus fast allen europäischen Museen, einige alte Daktyliotheken und die vollständige Cades'sche AbdruckSammlung zur Verfügung. Irgendwelche Aufzeichnungen haben sich, eine fragmentarische Liste der aus Heinrich Dresseis Besitz erworbenen Gemmen und den erwähnten Akademievortrag (s. oben S. 1 1 ) ausgenommen, in seinem Nachlaß leider nicht gefunden. So bleibt es ewig zu bedauern, daß der unermeßliche Schatz seiner Kenntnisse auf dem Gebiet der Glyptik ein für allemal verloren ist. Nicht etwa Mangel an Wissen oder Fleiß war es also, der Zahn bestimmte, die traditionellen Katalogarbeiten nicht fortzusetzen, sondern sein unbezwingbarer Drang, dem Detail nachzuspüren und alle 61

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Blämel, Die arch. griech. Skulpturen (s. Anm. 39) S. 7 ff. Nr. 1 Abb. iff. und S. 29ff. Nr. 21 Abb. j j ff. — Vgl. Wai%inger (s. Anm. 9) S. 275 ff. und 367 ff. Vgl. jetzt G. Hafner, Die Bronzen der Sammlung Scheufeien, Mainz 1958 (Privatdruck). S. oben Anm. 38.

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Zusammenhänge zu ergründen. So mußte ihm die erschöpfende Behandlung des Einzelwerkes und aller mit ihm zusammenhängenden Probleme mehr bedeuten als Ordnung und Überblick, als Bewältigung von Massen, als System. Mit dieser Feststellung stehen wir vor der Frage nach Zahns wissenschaftlicher Leistung.

3. W i s s e n s c h a f t l i c h e L e i s t u n g Die beiden Jahrzehnte von 1893 bis 1914, die Zahns wissenschaftliche Anfänge umfassen, mögen heute in mancher Beziehung als eine besonders fruchtbare Zeit für die deutsche Archäologie erscheinen. Das Archäologische Institut mit seinen Zweiganstalten war Zentrum einer regen Tätigkeit. Noch waren die Grabungen Schliemanns, Humanns und Dörpfelds in aller Munde. Die antiken Stätten Italiens, Griechenlands und Kleinasiens wurden bereist und erforscht; unter Wiegands Leitung erstanden Milet, Magnesia und Priene. Hervorragende Gelehrte vermittelten das eben Erworbene einer neuen Generation. An den Universitäten wuchsen die Gipsmuseen und Bibliotheken. Umfangreiche Tafelwerke gaben mit ihren Photographien einen unmittelbareren Eindruck von den Meisterwerken antiker Kunst, als es vorher die Beschreibungen und Zeichnungen vermocht hatten. Die Museen Berlins, Münchens und Dresdens füllten sich mit hervorragenden Schöpfungen antiker Kunst; daneben erlangten viele kleinere Sammlungen Bedeutung. Es war die „Gründerzeit" der deutschen Archäologie im besten Sinne des Wortes. F r i e d r i c h v o n D u h n (1851 — 1930), Zahns Lehrer in Heidelberg (s. oben S. 8), gehörte zu den bedeutenden Archäologen jener Zeit64. Seine Vorliebe für die antike Kleinkunst und für die Detailforschung hat Zahn entscheidend beeinflußt. Von Duhn wird gesagt, er habe „die eigentliche Archäologentugend, die Andacht zum Kleinen" besessen56; „er las alles, wußte auch alles". Gleiches läßt sich von Zahn feststellen. Als Schüler Duhns sind neben Zahn vor allem Hermann Winnefeld (s. oben S. 10) und Bernhard Schweitzer zu nennen. Zahns Bindung an seinen Lehrer war so stark, daß man ihm scherzend seine „Ultratreue gegen Heidelberg" vorwarf. Von hoher Bedeutung war Zahns Beziehung zu zwei Gelehrten, die man heute als die größten Archäologen ihrer Zeit bezeichnen darf, zu Furtwängler und Studniczka. A d o l f F u r t w ä n g l e r (1853 —1907)66 hatte, zuerst als Direktorialassistent der Berliner Museen, dann seit 1897 als Professor an der Münchener Universität und Direktor der Antikensammlung zu München, in einer dichten Reihe umfangreicher Publikationen aller künftigen Forschung den Weg gewiesen57. Der Katalog einer erlesenen Privatsammlung wurde unter seinen Händen zur kunst- und religionsgeschichtlichen Darstellung großen Umfangs, die Kataloge der Berliner Vasen- und Gemmensammlung sowie die Publikation der Bronzefunde von Olympia zu Kompendien, die erstmals einen gewaltigen Stoff historisch und systematisch durchdrangen. Gipfel dieser Leistung waren die „Meisterwerke der griechischen Plastik" und das dreibändige Gemmenwerk. Von Zahns Briefen an Furtwängler sind zwölf erhalten; es ist in ihnen ausschließlich von wissenschaftlichen Problemen die Rede. Gleich im ersten Brief (vom 22. November 1898) wird der Plan eines „Corpus vasorum" entwickelt, mit dessen Verwirklichung erst viel später, ohne Mitwirkung Zahns, begonnen werden sollte. 54

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Vgl. Curtius, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abt. 45, 1930, S. III f. Ein Porträt von Duhns bei C. Schucbhardt, Aus Leben und Arbeit, Berlin 1943, Taf. 7 links. Curtius (s. Anm. 54) S. III und IV. Vgl. u. a. F.Hauser, in: Süddeutsche Monatshefte 4, 1907. — F. Studniczka, in: Neue Jahrbücher für das klass. Altertum 21/1. — L. Curtius, Deutsche und antike Welt, Stuttgart 1950, S. i66ff. Ders., Torso, Stuttgart 1957, ( 2 j 95 8 ). S. 2i 3 ff. — W.-H. Schucbhardt, Adolf Furtwängler, Freiburg 1956. — Eine Fülle von biographischem Material bringt die von A. Greifenhagen besorgte Publikation seiner Briefe (s. Anm. 4). Die Sammlung Sabouroff, 2 Bde., Berlin 1883 —1887. — Beschreibung der Vasensammlung im Antiquarium, 2 Bde., Berlin 1885. — Beschreibung der geschnittenen Steine im Antiquarium, Berlin 1896. — Olympia Bd. 4: Die Bronzen und die übrigen kleineren Funde, Berlin 1890. — Meisterwerke der griech. Plastik, Leipzig/Berlin 1893. — Die antiken Gemmen, 3 Bde., Leipzig/Berlin 1900.

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F r a n z S t u d n i c z k a (1860—1929)58 hatte seit 1896 in Leipzig eine archäologische Forschungsstätte ersten Ranges geschaffen, in der neben Hörsaal, Bibliothek und Gipsmuseum auch die Werkstatt zu ihrem Recht kam. Studniczka, von dem erzählt wurde, er habe einmal jährlich seine gesamte Institutsbibliothek durchgesehen, bekannte von sich59 : „Ich habe wenig gewebt, aber viel gesponnen". Wie Zahn legte er sein erstaunliches Wissen in Einzeluntersuchungen nieder, ohne jemals zu einer Gesamtdarstellung im Sinne Furtwänglers anzusetzen ; nur im Kolleg gab er „den großen Überblick"60. Sowohl Furtwängler als auch Studniczka sind, von Wesensunterschieden abgesehen, Vertreter einer empirischen Archäologie. Die Überlieferung war für sie nicht fragwürdig, die „klassische Archäologie" als Wissenschaft kein Problem. Dieser in ihrer Zeit fruchtbaren Auffassung ist Zahn gefolgt, wenn bei ihm auch zuweilen dunklere und tiefere Töne anklingen. Daß aber im Grunde Furtwänglers Griff dazugehört, um das „Gesponnene" auch zu „verweben", lehrt Zahns Werk ebenso wie das Studniczkas: beides ungeheure Torsen. Zahns erste Publikation, eine kurze Beschreibung der auf Stift Neuburg bei Heidelberg aufbewahrten Antiken61, zeichnet sich durch knappe Gründlichkeit und auffallend reiche Angaben von Parallelmaterial aus. So steht am Anfang seiner wissenschaftlichen Tätigkeit die Denkmälerkunde, der er stets verpflichtet blieb. Die 1896 gedruckte Heidelberger Dissertation62 umfaßt neben archäologischen auch ausgedehnte philologische Untersuchungen; über die Hälfte der Arbeit ist Homer-Interpretation. Im archäologischen Teil untersucht Zahn Herkunft und Bedeutung der auf griechischen Bildwerken seit dem Beginn des 6. Jahrhunderts v. u. Z. auftretenden „skythischen" Bogenschützen. Zunächst weist er nach, daß die skythische Tracht nicht unbedingt ihren Träger als Nichtgriechen charakterisieren soll und daß die Troer in bildlichen Darstellungen von Szenen des trojanischen Krieges durchaus nicht als Barbaren empfunden seien. Die skythische Tracht, in Kleinasien seit den Kimmerierkämpfen des 7. Jahrhunderts v. u. Z. bekannt, sei zuerst auf ionischen Denkmälern zur Charakterisierung skythischer Bogenschützen, die vielfach im Sold griechischer Städte standen, verwendet worden. Philologische, historische und trachtgeschichtliche Studien stützen die Denkmäler-Exegese. Eine souveräne Meisterschaft in der Interpretation und Verknüpfung von Details zeichnet schon diese frühe Schrift aus. In der Antrittsrede heißt es63 : „In meiner Studienzeit beschäftigte ich mich eifrig mit der griechischen Keramik verschiedener Zeiten". Dieser Neigung ist Zahn treu geblieben. Schon die Dissertation befaßt sich hauptsächlich mit Vasenbildern. In grundlegenden Aufsätzen behandelt Zahn zwei Gruppen ionischer Keramik, die Vasen und die Tonsarkophage aus Klazomenai64. Zu dem von Furtwängler begründeten, zuletzt von Ernst Buschor geleiteten Tafelwerk „Griechische Vasenmalerei" trägt er die Texte zu den Abbildungen von acht Berliner Vasen bei65. Zuerst behandelt er den Krater dés Asteas, über den er auch einen kürzeren, glänzend geschriebenen Aufsatz veröffentlicht66. Die Beschreibung und Deutung der berühmten Possenszene wächst zur Untersuchung der ganzen Gattung und zur Abhandlung über die Phlyakenspiele. Andere Texte sind weniger umfangreich, aber stets mit den für Zahn charakteristischen überreichen Nachweisen versehen. 58

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V g l . H . Kocb, in: Berichte übet die Verhandlungen der Sachs. Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 82, 1930, 2. Heft (mit Bibliographie). — A. Rumpf, in: Jahresbericht für Altertumswissenschaft 245 B, S. 51 ff. Rumpf (s. Anm. 58), S. 116. Rumpf (s. Anm. 58), S. 116. Archäolog. Anzeiger 1893, Sp. i8yff. Die Darstellung der Barbaren in griech. Litteratur und Kunst, phil. Diss. Heidelberg 1896. Antrittsrede (s. Anm. 11), S. CV. Vasenscherben aus Klazomenai, in: Mitteilungen des Deutschen Archäolog. Instituts, Athen. Abt. 23, 1898, S. 38ff. — Klazomenischer Tonsarg im Antiquarium der Kgl. Museen zu Berlin, in: Jahrbuch des Deutschen Archäolog. Instituts 23, 1908, S. iôçff. (auch in: Antike Denkmäler, Bd. 2, Taf. 58). Serie iii, München 1932: Taf. 150,2; S. 178ff. (F. 3044). Taf. 154, 2; S. 2300. (F. 1897). Taf. 157; S. 245 ff. (F. 2180). Taf. 160; S. 257t. (F. 2293). Taf. 162, 1; S. 264^ (F. 2325). Taf. 162, 3; S. 269ff. (F. 2415). Taf. 170, 2; S. 3 i 2 f f . (Inv. 30036). Taf. 1 7 1 ; S. 325 (F. 2357). Vom Maler Asteas und der griech. Posse Unteritaliens, in: Antike 7 , 1 9 3 1 , S. 70ff.

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Attische, unteritalische und etruskische Gefäße hat Zahn auch einzeln besprochen67; ferner beschäftigten ihn Ostraka68, dann Weinschöpfer und Vexiergefäße69. Bahnbrechend waren Zahns Forschungen zur hellenistischen und römischen Keramik; seine Publikation des „Thongeschirrs" von Priene70 bringt eine Fülle typologischer und chronologischer Feststellungen und Entdeckungen. Gleiches gilt für die Studie über „megarische" Becher71. Meisterhafte Aufsätze über einen römischen Reliefbecher72, eine römische Tonpfanne73, über glasierte74 und mehrfarbig dekorierte Tongefäße75, endlich über Terra Sigillata76 schließen sich an. Einem Buch über Terra Sigillata gilt eine seiner wenigen Rezensionen77. Das zweite bevorzugte Forschungsgebiet Zahns war die antike Glasindustrie. Es wurde bereits erwähnt (s. oben S. 13), daß er eine Publikation der im New Yorker Metropolitan Museum aufbewahrten Gläser plante; allerdings ist die Arbeit über Ansätze nicht hinausgekommen. Abgesehen von den einschlägigen Abschnitten der großen Kataloge (s. oben S. 13 und unten S. 16) hat sich Zahn leider nur selten über antikes Glas geäußert. Er veröffentlichte eine prächtige Berliner Glaskanne der frühen Kaiserzeit78 und fügte Aufsätzen von Albizzati79 und Lenel80 einige Bemerkungen an. Aber in Übungen hat er jungen Archäologen seine Kennerschaft vermittelt (s. unten S. 18). Der dritte und umfangreichste Forschungsbereich umfaßt die antiken Arbeiten in Edelmetall. Hier hat Zahn vielleicht sein Bestes geleistet. Einige hervorragende Stücke der 1912 erworbenen Sammlung Gans hat er wenige Jahre nach der Stiftung in den „Amtlichen Berichten" veröffentlicht81. Der zweite Band der „Galerie Bachstitz", eine aufwendige Prachtpublikation, von der nur 300 Exemplare gedruckt wurden, ist sein Werk82. Im Abstand von acht Jahren folgte der Katalog der Sammlung Schiller83. Diese beiden Publikationen, die einzigen umfangreichen Bücher, die Zahn je verfaßte, enthalten die Quintessenz jahrelanger Studien und sind Standardwerke, obwohl sie ihre Entstehung einem privaten Anlaß verdanken. Im Alten Museum war 1932 die Ausstellung „Der Schmuck als Kunstwerk vom Altertum bis zur Neuzeit" zu sehen84, die Zahns Initiative verdankt wird; er hat den hervorragenden Führer geschrieben.85 Einzelnen Meisterwerken der Schmuckkunst widmete Zahn ausführliche Untersuchungen, die sich durch eine Fülle von Gesichtspunkten und von oft überraschenden Verknüpfungen auszeichnen; so 67

Ein neuer Krater in der Vasensammlung des Antiquariums, in: Amtliche Berichte der Kgl. Museen 30, 1908/09, S. i84ff. — Kleinigkeiten aus Alt-Athen, in: Antike 1, 1925, S. 273 ff. — Aus dem Antiquarium, in: Berliner Museen 55. 1934, S. 2 ff. 68 Ostrakon des Themistokles, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abt. 22, 1897, S. 345 ff. 68 Antike Weinschöpfer und Vexiergefäße, in: Die Umschau 5, 1901, S. 228ff. 70 Th. WiegandjH. Schräder, Priene, Berlin 1904, S. 394ff. 71 Hellenistische Reliefgefäße aus Südrußland, in: Jahrbuch des Deutschen Archäolog. Instituts 23,1908, S. 45 ff. 72 K T O XPO. Glasierter Tonbecher im Berliner Antiquarium, Berlin 1923 (81. Berliner Winckelmannsprogramm). 73 Eine Tonpfanne im Antiquarium, in: Amtliche Berichte der Kgl. Museen 30, 1908/09, S. 263ff. Vgl. auch: Ein neuerworbenes römisches Reliefgefäß des Antiquariums, in: Wochenschrift für klass. Philologie 1910 (Sonderabdruck). 74 Glasierte Tongefäße, in: Amtliche Berichte der Kgl. Museen 35,1913/14, S. 277ff. 75 Scherben antiker Tongefäße mit mehrfarbigem Reliefschmuck, in: Bulletin van de Vereeniging tot Bevordering der Kennis van de antieke Beschaving 2, 1928, S. 4ff. 76 Disiecta membra, in: Festschrift für A. Oxi, Darmstadt 1938, S. 49ff. 77 F. Oswald, Index of Figure-Types on Sigillata, 1937. In: Orientalische Literaturzeitung42,1939, Sp. 356£. 78 I n : Antike, 5, 1929, S. 45ff. 78 II kantharos Disch, in: Jahrbuch des Deutschen Archäolog. Instituts, 41, 1926, S. 81. 80 Diatreta, in: Archäolog. Anzeiger 1928, Sp. j67ff. 81 In: Amtliche Berichte der Kgl. Museen 35,1913/14, S. 65 ff. 38,1916/7, S. i f f . 304ff. 338ff. 82 Galerie Bachstitz, Bd. 2: Antike, byzantinische, islamische Arbeiten der Kleinkunst und des Kunsthandwerkes; antike Skulpturen, Berlin 1921. 83 Sammlung Baurat Schiller, Berlin: Werke antiker Kleinkunst, Berlin 1929. 84 Vgl. Berliner Museen 53, 1932, S. 14. 31. 68. 85 Ausstellung von Schmuckarbeiten in Edelmetall aus den Staat!. Museen zu Berlin, Berlin 1932.

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werden alexandrinische Ohrgehänge des 3. Jahrhunderts v. u. Z., ein hellenistisches Diadem von der Krim und das Emblem einer tarentinischen Silberschale (Ende 5. Jh. v. u. Z.) eingehend behandelt86, ferner „Spätantike Silbergefäße" und „Die Silberteller von Haßleben und Äugst" 87 . Erst kürzlich veröffentlichte A. Greifenhagen aus dem Nachlaß Zahns zwei Abhandlungen, die nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben88. Mit figürlichen Bronzen hat sich Zahn seltener beschäftigt 89 ; gleiches gilt für koroplastische Arbeiten 90 . Doch ein meisterhafter Aufsatz über die Berliner Statuette des Koches Maison, einer beliebten Komödienfigur, sei hervorgehoben 91 . Von kleineren historisch-antiquarischen Arbeiten abgesehen92, ist damit Zahns Publikationstätigkeit umrissen. Zu erwähnen bleibt der Aufsatz über das Motiv des makedonischen Schildes, eine der reichsten und reifsten Arbeiten 93 . Die Untersuchungen über „Das sog. Kindergrab des Berliner Antiquariums" sind nicht zum Abschluß gekommen; nur die einleitende Beschreibung des Fundes ist von Gerda Bruns aus dem Nachlaß veröffentlicht worden 94 . Hat auch die Forschung der letzten Jahrzehnte Zahns Resultate in vielen Punkten erweitert und korrigiert, so wird man sich doch stets auf sie beziehen müssen. In seiner Antrittsrede vor der Akademie 95 hat Zahn betont: „Immer habe ich es versucht, die Enge des reinen Spezialisten zu vermeiden und die Dinge in einem möglichst großen Zusammenhange zu sehen. Ich halte es nicht nur für nötig, bei der Beschäftigung mit diesen kleinen Werken (sc. der antiken Kunst) den Blick durch das weite Gebiet des klassischen Altertums schweifen zu lassen, sondern auch die Ausschau über dessen Grenzen hinaus, in örtlicher wie zeitlicher Hinsicht, scheint mir sehr belehrend und förderlich zu sein". Als Zeugnisse dieser Haltung müssen die Bemerkungen zur sog. ägäischen Vase von Aniba 96 und die Notizen zu einer offenbar gefälschten Gemme mit Kreuzigungsdarstellung 97 erwähnt werden. Zahn hat selbst festgestellt, daß seine „wissenschaftliche Publikationstätigkeit hinter der mancher Fachgenossen beträchtlich zurückgeblieben" sei98. Wenn wir in unserem Überblick auch etwa fünfzig Titel zählen, so entspricht der Umfang dieser Veröffentlichungen der wirklichen Leistung des Gelehrten in keiner Weise. Gar zu vieles ist unvollendet geblieben. Die umfangreichen, in zähem Fleiß erarbeiteten Kollektaneen sind noch kaum erschlossen worden; hier hat Zahn Beobachtungen gesammelt, die in ihrer erstaunlichen Fülle über den engeren Bereich der Kunstarchäologie weit hinausgehen. An erster Stelle stehen Hefte mit Notizen zur antiken Keramik und zur Schmuckkunst. Ferner seien, um die bunte Vielfalt zu kennzeichnen, nur einige der Sammlungen genannt: Gefäße in Schuhform — Perlen — Skelett, Totenkopf — Die Schraube im Altertum — Waage, Gewichte — Pfannen 86

Zur hellenistischen Schmuckkunst, in: Schumacher-Festschrift, Mainz 1930, S. 202ff. Taf. 22. — Hellenistischer Goldschmuck, in: Antike Denkmäler Bd. IV 3/4, Berlin 1929, S. 69ff. — Silberemblem der Sammlung Loeb, in: Festschrift für James Loeb, 1930, S. 13xff. 87 In: Amtliche Berichte der Kgl. Museen 38, 1916/17, S. 263f£. — Das Fürstengrab von Haßleben. Römisch-germanische Forschungen 7, Berlin/Leipzig 1933, S. 59ff. 88 Ein hellenistischer Silberbecher im Antiquarium der Staatlichen Museen zu Berlin. Ein goldener Becher in der Ermitage zu Leningrad; beide in Jahrb. (Anm. 64) 82, 1967, S. i f f . 89 Zwei neue Bronzen im Antiquarium, in: Amtliche Berichte der Kgl. Museen 29, 1907/08, S. 291 f. — Zwei neue Schnellwagen im Antiquarium, in Amtliche Berichte der Kgl. Museen 35, 1913/14, S. 3 ff. — Lanternarius, in: Jahrbuch der preuß. Kunstsammlungen 37, 1916, S. I4ff. 90 Perseus und Andromeda, in: Antike 1, 1925, S. 8off. Das hier behandelte Tonrelief ist neuerdings als Fälschung des 19. Jahrhunderts bezeichnet worden: Phillips, in: American Journal o£ Archaeology 72, 1968, S. 14 Taf. 14, 45f. 61 (Freundlicher Hinweis von Frl. Dr. E. Rohde). In: Antike 2, 1926, S. 328ff. 92 Siegerkrone auf einer Tonlampe, in: Zeitschrift für Numismatik 24, 1904, S. 355ff. — Drei kleine Denkmäler, in: Archäolog. Anzeiger 1922, Sp. i24ff. — Ein kleines historisches Monument, in: Anatolian Studies presented to Sir William Ramsay (Publications of the University of Manchester 160), Manchester 1923. 93 Makedonischer Schild und makedonischer Becher, in: Schuchhardt-Festschrift, Berlin 1940, S. 48 ff. 94 95 In: Jahrbuch des Deutschen Archäolog. Instituts 65/66,1950/51,8. 2Ö4ff. Antrittsrede (s. Anm. 1 1 ) S. CV. 98 In: G. Steindorff, Aniba, Bd. 2, Glückstadt usw. 1937, S. 139ff. Taf. 89. Der von Steindorff verfaßte Text basiert auf Notizen, die Zahn von seiner Amerikareise 1931 mitgebracht hat. 97 98 In: Angelos 2, 1926, S. 6zf. Antrittsrede (s. Anm. 1 1 ) S. CVI1.

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— Kentauren. Von antiken Zahnprothesen bis zu Eigenarten attischer Vasenmaler und der Verwendung von Stuck an Marmorskulpturen findet man Notizen aus allen Bereichen, und zwar nicht als Anhäufung von Kuriositäten, sondern als Ansatz zur Erforschung antiken Lebens in seiner ganzen Vielfalt. Unzählige Reisen füllten die Notizhefte mit Zeichnungen und hingeworfenen Bemerkungen. In besonderer Tasche wurde ein Auszug aus Montfaucon" aufbewahrt; die enzyklopädische Gelehrsamkeit des Benediktiners, der als erster eine Anschauung antiker Denkmäler in geschlossener Fülle vermittelte, muß Zahn imponiert haben. Ebenso wie die wissenschaftliche ist die pädagogische Leistung Zahns nicht von seiner Tätigkeit am Museum zu trennen. Honorarprofessor seit 1928, las er in der Regel einmal in der Woche zweistündig im Studiensaal des Alten Museums; oft wurde die Übung vor den Originalen gehalten. Aus Vorlesungsverzeichnissen sind folgende Kollegs und Übungen bekannt100: Funde griechischen und römischen Gold- und Silbergeschirres mit Erklärung der in den Staatlichen Museen vorhandenen Originale Wintersemester 1929/30: Hellenistische Zier- und Kleinkunst Sommersemester 1930: Besprechung ausgewählter Stücke des Antiquariums der Staad. Museen Wintersemester 1930/31: Sommersemester 1931: Technische Fragen aus dem Gebiet des Handwerks und der Kleinkunst des Altertums Wintersemester 1931/32: (Fortsetzung) Das Glas im Altertum Sommersemester 1932: Wintersemester 1932/33: Griechisch-römische Goldschmiedekunst, hauptsächlich auf Grund der Originale in den Staatlichen Museen Besprechung ausgewählter antiker toreutischer Arbeiten in Gold und Sommersemester 1933: Silber mit Ausnahme der dem Körperschmuck dienenden Stücke Wintersemester 1933/34: Das Glas im Altertum Technik der antiken Keramik Sommersemster 1934: Wintersemester 1934/35: Besprechung ausgewählter Stücke des Antiquariums der Staatl. Museen Sommersemester 1935: Beispiele geschlossener Grab- und Schatzfunde aus dem klassischen Altertum im Besitze der Staatl. Museen Wintersemester 1935/36: (Fortsetzung) Vermerk „liest nicht mehr" Sommersemester 1936: Sommersemester 1929:

In acht Jahren hat Zahn seinen Hörern weite Gebiete der antiken Kleinkunst erschlossen. Die Themen knüpfen stets an vorhandene Originale an, was auch für die allgemeiner gehaltenen wie „Das Glas im Altertum" und „Technik der antiken Keramik" vorausgesetzt werden darf. 4. P e r s ö n l i c h k e i t Die Persönlichkeit des Gelehrten ist der Mit- und Nachwelt zuerst in seinem Werk sichtbar. Deshalb hat unser Versuch, Zahns wissenschaftliche Leistung zu würdigen, bereits Wesentliches über die Grundlagen seiner geistigen Gestalt andeuten können. Abschließend seien noch einige Bemerkungen unter dem Gesichtspunkt der Persönlichkeit zusammengefaßt. So sehr Zahns Person auch hinter dem Werk zurückzutreten scheint, lebt sie doch ganz in ihm. Zahn widmet sich mit seltener Ausschließlichkeit seiner Wissenschaft. Sie ist ihm nicht Mittel zur Erreichung außerhalb liegender Zwecke, sondern eigentlicher Lebensinhalt. Er zelebriert sie mit Inbrunst. 99 100

B. de Montfaucon, L'antiquité expliquée et tépresentée en figures, 10 Bde., Paris 1 7 1 9 . 5 Supplemente, Paris 1724. Die Zusammenstellung der Liste verdanke ich Herrn Dr. W . Schindler vom Winckelmann-Institut der HumboldtUniversität.

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Wir sahen, daß Zahn durchaus an die Tradition anknüpft, die in der Denkmälerkunde ihr erstes Ziel sieht; alle Interpretation dient dem Werk, nicht umgekehrt. Die Durchdringung eines gewaltigen Materials ist ihm nur Voraussetzung zum besseren Verständnis des Phänomens; ihn interessiert weniger Quantität als Qualität, weniger historische Konstruktion als das im Kunstwerk verdichtete Leben, um dessen Deutung er sich müht. So ist es zu erklären, daß sich seine Publikationen zwar auf enorme Materialsammlungen stützen, aber fast ausschließlich einzelne Werke zum Ausgangs- oder Mittelpunkt nehmen. Der glühende Drang nach Durchleuchtung der Zusammenhänge ist mit dem Streben nach Vollständigkeit verbunden, die selbst bei seiner komplexen Arbeitsweise niemals erreicht werden kann. Die Handexemplare mancher Aufsätze zeigen, mit welchem Eifer Zahn die Probleme auch nach der Veröffentlichung seiner Forschungen verfolgte. Er arbeitete selten aus äußerem Zwang, meist aus tiefstem Drang. Er schreibt nicht geistreich, nicht prunkend, sondern erstaunlich schlicht. Er sagt nur das Notwendige. Seine Methode wird von den Denkmälern selbst bestimmt, nicht von schematischen Struktur- oder Entwicklungsvorstellungen. Zahn komprimiert in seinen Arbeiten oft die Resultate ganzer Bände, was ihm allerdings leichter war, als es heute scheint; die meisten Bücher besaß er selbst, andere waren ihm in vier großen, wenn auch nicht vollständigen Bibliotheken bequem zugänglich. Merkwürdig berührt uns ein neben der Liebe zu prunkendem Schmuck zuweilen hervortretender Hang zum Skurrilen, ja zum Morbiden und Abseitigen. Außer einem dicken Bündel mit Quellenauszügen über Kinäden finden sich im Nachlaß umfangreiche Kollektaneen über Skelette und Schädel, über Insektenmänner, Krüppel und hellenistische Karikaturen. Ob es sich dabei nur um periphere Launen handelt, sei dahingestellt. Zahns Werk offenbart den tragischen Verzicht, zu dem sich die empirische Archäologie gezwungen sieht, in besonders eindringlicher Weise. Sein ihm doch zeitweise so lieb gewordenes Museumsamt bedingte, wie bereits angedeutet wurde, für ihn persönlich einen Verzicht noch in anderem Betracht, den wir nur ahnen können, weil er selbst diese Dinge in späteren Jahren sorgfältig verbarg. Aus einem Brief an Conze101 geht jedoch hervor, daß er 1905 gehofft hatte, ein Amt in Italien oder Griechenland antreten zu können; der Plan ist an der Entscheidung der Zentraldirektion des Instituts gescheitert. Zahn bekennt, daß er „eine große Hoffnung seines Lebens zu Grabe tragen" mußte und schließt: „Was anderen ein Opfer erscheint, wäre mir das höchste Glück gewesen, ein dauerndes Leben im Süden, an dem ich mit meinem ganzen Herzen hänge und in dem ich mich körperlich und geistig wohl gefühlt habe wie nie vorher und nachher". Briefe Studniczkas lassen deutlich werden, worum es damals eigentlich ging: um die Lösung von der „Kette" (s. oben S. 9). Zahn hatte seinen Freund Hauser beneidet, der in Rom als Berater eines englischen Kunsthändlers frei arbeiten durfte. Studniczkas Antwort ist interessant genug, um hier wiedergegeben zu werden. „Mit meiner Freude am Lehren", heißt es, „ist es auch nicht so einfach. Ich habe mich durch Jahre hindurcharbeiten müssen, wo mir die Sache gräulich war und directes wissenschaftliches Forschen als der einzige anständige Beruf erschien. Erst nach diesen z. T. recht schweren Jahren hab ich mir eine gewisse Zufriedenheit errungen, die auch noch recht oft getrübt wird durch das Gefühl, es nicht gut genug zu machen. Also, sehen Sie nicht ihre ganze Stellung als außergewöhnlich ungünstig an. Man muß sich überall hindurchringen, wenn man von Natur kein Aal ist". Und zwei Tage später: „Der enge persönliche Anschluß, den Sie ersehnen, kann sich auch in amtlichen Verhältnissen finden. Aber eine gewisse Unpersönlichkeit des Betriebes ist doch auch sehr erziehlich, das Wort gar nicht schulmeisterlich gemeint, sondern von jeder Art Förderung der sittlichen Entwicklung verstanden. Das ist mein Hauptvorwurf gegen Hauser, daß er viel zu viel aus rein persönlichen Gründen, aus Hang namentlich getan hat, was der Sache, der wir alle dienen, schadet. In seinem Verhältnis zu seinem Hauptlehrer Michaelis sind Vorgänge, die man vergessen muß, um H. ruhig und freundlich gegenüberzutreten, und ebenso in seinem Verhalten gegen Wolters, Conze u. s. f., umgekehrt auch gegen ein Aas wie Furtwängler. Das kommt davon, wenn man immer nur seinen persönlichen Impulsen folgt. Als Gegengift gegen diese natürliche Neigung, die Quelle so vieler guten 101

Zahn an Conze, 6. 8. 1905.

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Dinge, aber auch so vieler bösen, ist die „preußische" Art ganz nützlich. Ich wollte, Sie könnten sich diese Anschauung bis zu einem gewissen Grad aneignen, damit Sie sich wohler fühlen in einer Stellung, in der Sie so viel Nutzen stiften. Halten Sie mich für keinen Schulmeister"102. Zahn hat die Qualen hinter vornehmer Ruhe verborgen. Kekule und Wiegand haben ihm soviel Verständnis entgegengebracht, daß es selten zu äußeren Konflikten kam. Aber das „non finito" seines Werkes hat in dieser Unerfülltheit einige Wurzeln; spät äußerte er in vertrautem Gespräch, sein Leben sei letztenendes verpfuscht, und sein Amt würde er dem ärgsten Feind nicht wünschen. In der Antrittsrede vor der Berliner Akademie103 hat Zahn davon gesprochen, daß er unter seinen Kollegen im Museum „das hohe Glück vertrauter Freundschaft" gefunden habe. Angesichts der von Zahn geübten Zurückhaltung in persönlichen Dingen verwundert diese Aussage. Sie läßt erkennen, welche hohe Bedeutung die „vertraute Freundschaft" auch für sein wissenschaftliches Werk hatte. Nur weil Zahn selbst öffentlich davon gesprochen hat, scheint es uns erlaubt, hier darauf einzugehen. Die jungen Archäologen, die im römischen oder athenischen Institut zusammen lebten und arbeiteten, waren einander freundschaftlich verbunden. Zahn hatte sich vor allem an Hans Schräder angeschlossen104. Ein anderer Freund der griechischen Jahre, Hans v o n Prott 1 0 6 , erlag früh einem tragischen Geschick: Er, „der am Klippengestad aus klaffendem Himmel im Morgenschein ein Nu lang die Olympischen sah, worob ihn ein solches Grausen schlug, daß er zu der Freunde Mahl nicht mehr kam", gab sich selbst den Tod. Briefe Schräders spiegeln die Trauer der Freunde. Zuerst heißt es besorgt106: „Prott ist ganz aus dem Häuschen über seine religionsgeschichtlichen Entdeckungen... Schließlich wurde er ganz schwindelig von den Erregungen...". Nach v. Protts Tod 107 : „Ja, wir beide haben wohl von den Lebenden am meisten verloren . . . " . Vorher schon hatte Theodor Wiegand Einzelheiten mitgeteilt. Sein Brief 108 schließt: „Wir werden beide dasselbe fühlen: Wir müssen weiter unsere selbstgewählte Pflicht tun, aber es kommt mir um mich herum alles so fadenscheinig und erbärmlich vor, als hätte Prott recht gehabt, dies Dasein fortzuwerfen, — und natürlich hat er nicht recht gehabt." Vertrauensvolle Freundschaft verband Zahn ferner mitPaul Arndt 1 0 9 und F r i e d r i c h Hauser 1 1 0 , mit Paul H a r t w i g 1 1 1 und Otto R ü b e n söhn 1 1 2 . Die Verbindung zu Hartwig, der in Rom vom Kunsthandel lebte, war auch für die Erwerbungspolitik der Antiken-Sammlung wichtig; manches schöne Stück wird Hartwigs Vermittlung verdankt. Zahn wußte die noble Haltung dieses Gelehrten sehr zu schätzen und half ihm in der Not 1 1 3 . In den Briefen Hartwigs, Hausers und Arndts werden Mißstände im Institut offen kritisiert; vor allem erregte die Haltung, die man Furtwängler gegenüber einnahm, den Widerspruch vieler jüngerer Archäologen 114 . Zahn stand mäßigend und vermittelnd zwischen den Streitern. Er schätzte Furtwängler und Hauser ebenso wie Studniczka und Conze, das bahnbrechende Wirken unabhängiger Geister ebenso wie die Arbeit pflichtbewußter Beamter und ordnender Institutionen. Daß ihm selbst die Verbindung beiderPole unter schwerstenOpfern glücken konnte, darin liegt nicht nur seine Tragik, sondern auch seine Größe. N a c h t r a g . Während der Drucklegung dieses Aufsatzes erschien ein inhaltsreicher Abriß der Geschichte der Archäologie von W. Schiering im Handbuch der Archäologie, Bd. i, München 1969. Zu allen oben erwähnten Gelehrten und Instituten findet man dort zahlreiche Hinweise; über Zahn vgl. S. 101. 102

103

Studniczka an Z a h n , 11. 11. 1 9 0 4 u n d 13. 11. 1904. — W i e andererseits Studniczka v o n H a u s e r beurteilt w u r d e , lehrt dessen Brief an Z a h n v o m 13. 2. 1904. D o r t h e i ß t es: „ ( S t u d n i c z k a ) ist ein B o n z e g e w o r d e n , d e r h ö c h s t e n s L e u ten in h ö h e r e n Stellungen g e g e n ü b e r R ü c k s i c h t n i m m t . H o f f e n t l i c h b e k o m m e n w i r i h n n i c h t h i e r h e r (sc. n a c h R o m ) " .

104 A n t r i t t s r e d e (s. A n m . 11) S. C V I . Briefe Schräders a n Z a h n sind in beträchtlicher Z a h l erhalten. 105 Vgl_ Schräders N a c h r u f , i n : M i t t e i l u n g e n d e s D e u t s c h e n A r c h ä o l o g i s c h e n Instituts, A t h e n . A b t . 2 8 , 1 9 0 3 , S. I f f . 106 107 Schräder a n Z a h n , 2. 9. 1903. Schräder a n Z a h n , 23. 9. 1903. 109 los W i e g a n d a n Z a h n , 1 7 . 9. 1903. Ü b e r A r n d t vgl. Curtius (s. A n m . 4) S. 2 i o f f . 110 111 U b e r H a u s e r vgl. Curtius (s. A n m . 4) S. 187. U b e r H a r t w i g vgl. Curtius (s. A n m . 4) S. 188. 112 V g l . Scbefold, i n : A n t i k e K u n s t 8, 1965, S. 104. 113 H a r t w i g s Briefe m ü s s e n Z a h n b e s o n d e r s teuer g e w e s e n sein, d e n n er b e w a h r t e sie in einer e i g e n e n Kassette auf. Sie stellen eine h e r v o r r a g e n d e Quelle z u r Geschichte der A r c h ä o l o g i e u m die J a h r h u n d e r t w e n d e d a r , e n t h a l t e n j e d o c h zu viel Persönliches u n d Nebensächliches, als d a ß eine vollständige P u b l i k a t i o n sich l o h n e n w ü r d e . 11« V g l , Hausers N a c h r u f (s. o b e n - A n m . 56).

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DAS K I N D IN D E R A N T I K E N K U N S T Vortrag in der Vereinigung der Freunde antiker Kunst, 20. Nov. 1926 (Mit Tafel 1) Robert

Zahn

Unter dem vielen Schönen und Überraschenden, was uns die Kunst von Teil Amarna, der Residenz jenes merkwürdigen Reformators auf dem Throne Ägyptens, geschenkt hat, fallen uns besonders die Bilder auf, die den König im Kreise seiner Familie zeigen. Alles strenge Zeremoniell ist verbannt. Der König erscheint in trautem Zusammensein mit seiner Gemahlin, er liebkost sie und läßt sich von ihr schmücken. Und um das Elternpaar herum sehen wir die zahlreichen Kinder, die der Vater besonders geliebt haben muß. Ein reizendes Relief des Berliner Museums zeigt uns den König, wie er ein Töchterchen auf den Armen hält und herzlich küßt, während zwei andere auf Schoß und Arm der Mutter durch lebhafte Gebärden ihre Liebe für diese ausdrücken1. Gewiß haben auch die alten Ägypter vor Echnaton ihre Kinder geliebt. Schon aus prähistorischer Zeit besitzen wir ein Figürchen einer Mutter mit Kind 2 . Spielt ja doch auch ein Kind in der ägyptischen Religion eine Rolle und hat frühe zu Darstellungen der göttlichen Mutter mit dem Kinde die Kunst veranlaßt. Aber bei diesen Bildern ist die Mutter die Hauptsache, das Kind ist das Objekt, an dem sich ihre Liebe kundtut. Wir fühlen aber, daß auf den Bildwerken des Echnaton etwas Neues in der Stellung der Kunst zum Kinde hereinkommt. Es tritt fast wie ein gleichberechtigtes Wesen neben die Erwachsenen, nicht mehr gewissermaßen als deren Attribut. Und wir werden wohl nicht irren, wenn wir diese Erscheinung mit dem ganz neuen Verhältnis jenes hochstehenden, durchgeistigten, aber auch morbiden Theologen und Philosophen auf dem Throne in Zusammenhang bringen. In seiner uns erhaltenen erhabenen Dichtung, dem Hymnus an seinen Gott Aton, die Sonne, spricht eine so rührende Liebe zu allen Geschöpfen des Gottes, eine Liebe, wie sie etwa später den jetzt gefeierten Franciscus von Assisi erfüllt hat. Und gerade der Kinder wird in jenem Gedicht mehrere Male gedacht. Es leuchtet ein, daß ein so beschaffenes liebevolles Gemüt sein Herz gerade diesen höchsten Geschöpfen der Sonne besonders innig zuwenden mußte, sie sind ihm Geschenke des Gottes selbst, die er immer um sich haben will. D i e g r i e c h i s c h e Frühzeit üöcv 8E [ . . .

!5 Fig. 5. K 8460

15 16 17 18

KV2547 en g a . e b a . z u . z u d u m u h a . x x x x [ ... [ k a l j a . g a h u s . a x [ ... ... ] h u l su mu/gaba x [ . . . ... ] e . n [ e ? ...

The striking thing is that the bilingual versions on tablets offer a substantially different Akkadian rendering from that on the representations, and this raises questions about the origin of the text and the Pazuzu cult, if one may so style it. The existence of different renderings obviously speaks for the priority of the Sumerian, but there is no reason to jump to the conclusion that there was an old Sumerian original going back to the Second or Third Millennium. All the evidence for a demon Pazuzu seems to be of First Millennium date (see below), and the Sumerian as now read is like that composed under the Second Isin Dynasty. Note .mes as a simple plural marker (line 1); the posposition. ta appended to a noun before the

following adjective (2); Id introducing a relative clause with an impersonal antecedent (3); and .e.ne and . e . n e . n e ( . n e ) used with impersonal nouns (3—4). It follows that the grammatical elements in the verbs cannot be taken seriously, and in the translation given above the Akkadian syntax was followed. However, the Akkadian versions are themselves of doubtful value in parts. In the last line p a, said of the winds, is obviously 'wing', as has long been assumed from a comparison with the well known Adapa Myth, in which the wings of the South Wind were broken, pa is well attested for kappu, the word used in Adapa. The head from Babylon offers a-ra-a-sunu, apparently from aru 'frond (of the palm)', a 45

well attested equivalence of pa, but altogether unsuited to the context. The Sultantepe texts offer the Late Assyrian loan from the Aramaic, i^iru 'arm', and Sm 300 offers the same word under the form i\ru. This is of value for dating the particular Akkadian rendering, but hardly right as a translation of the Sumerian. For dili.e. N E the Babylon head gives edissiya, which makes good sense in the context, but the Sumerian contains no first person element, iltennu 'one by one'

of Sm 300 is surely correct. The same situation exists in line 3. Sm 300 renders "the winds (or, wind) in which (singular) I went..." While the Sumerian has a clear plural "winds" the Akkadian is ambiguous, but the resumption in -su (which is lacking from the Sultantepe copies) is singular. The solution must be taken from the purely Akkadian text given below where it speaks of Pazuzu's "facing all winds", anajina libbisu renders sa. bi of A, and .bi can of course be plural.

As between the longer and the shorter form, the longer should be preferred as more original for two reasons. The line missing in most copies could easily have dropped out by homoeoteleuton, and the other Pazuzu text, as translated below, refers to climbing mountains in the plural, while the short form of this text mentions only a singular mountain. On this basis we offer a reconstructed text and translation, but while the verbs in 3 —5 have been given as in the past tense, they could equally be futures. 1 2 3 4 5

g a . e p a . z u . z u dumu h a . a n . b i l u g a l . l i l . l a . h u l . a . m e s hur.sag.e.ne [ ] h u r . s a g . t a kala.ga mu.un.hus b a . a n . e u . d e g a . e . m e . e n im.e.ne.ne lu.sa.bi.gin.na im.mar.tu igi.bi ba.an.gar dili.e.ne p a . e . n e . n e ba.an.has

1 2 3 4 5

I, Pazuzu, son of Hanpu, king of the lilu-demons, [Ascended] mountains [ ] I, yes I, ascended the mighty mountain which quaked, The winds, against which I went, had their faces set to the west, One by one I broke their wings.

The content will be discussed after the other text has been presented.

^ j f " J^F—-

L L

Fig. 6. V A 6958 (see Tafel 4, 9)

The head V A 6958 (Fig. 6; Tafel 4, 9) presents a variant f orm of the text edited by R.Borger in AfO 17 (1954/56), 358 — 359 from both Pazuzu heads and from collections of incantations on tablets. He had, indeed, seen a copy of V A 6958 and comments, „Der Dämonenkopf V A 695 8 ... wird hier jedoch, da er zum Textverständnis nichts beiträgt und in einer höchst exzentrischen Orthographie geschrieben ist, 46

nicht berücksichtigt." It would be more correct to say simply that the text is corrupt in part. The following is an uncorrected transliteration: 1 2 3 4 5 6 7

en at-ta ~&-nu e-lu-u sade (kur. kur) meä mäljir (i g i)iT kal '-A meS sarume lem-nu sd tebü (zi)-su Y&-du-ru e^^i sam-ri sd[ ... ] ana annanna (BUL) mar (a) annanna (BUL) mim-ma lem-nu la tetefyfyi (te) mim-ma lem-nu la tasanniq ( d i m j lu-u ZI is-st /#-#ZIz7-/z'nam.ug x (BAD) balatim{tin)tim tu 6 .en

Only line i — 3 parallel the other copies, namely Borger's lines 12—15. Lines 4—5a are stock incantational formulas, but 5 b—6 are not, and the present writer does not understand them. The corruptions in lines 1 — 3 are: fi-nu for dan-nu\ '-A for im; the me after im is superfluous; 1 2 3 4 5 6 7

the E g stands where the other copies have na-an-, but in view of the state of the context it is unwise to assume a value nàti on the basis of this passage alone. With these corrections the following translation results :

Incantation. You, mighty one, who ascended the mountains, Who faced all the winds:- the evil wind, Whose attack is fearsome, fierce, savage, who [ . . . ] , T o so-and-so, son of so-and-so, Every Evil, you shall not approach, Every Evil, you shall not draw near. Whether ... Whether ... death (or) life. Incantation formula.

A comparison of the two texts shows that there is but one Pazuzu myth, about ascending mountains and facing winds. In each case the tenses are not clearly expressed. The grammar of the Sumerian text is too late to give any help, and the Akkadian text uses participles, which are timeless, but which we have translated as referring to the past. It could be argued that the myth refers to a constantly recurring natural phenomenon without any recorded first occurrence, but this is less probable. So far no narrative form of the myth is known, and we cannot be certain that it was ever put in writing. Unlike Lamastu, Pazuzu is only known in the First Millennium. Outside the texts dealt with, the present writer knows only two occurrences of the name: a Lamastu ritual, R A 18 (1921), 162 28, mentions a bronze Pazuzu figure, but in a damaged context. The preserved copy of the ritual is late, and the text too is probably late. The other mention is in an omen fragment, C T 37 (1923), 50, K 3 679 5, which offers forecasts from the appearance of a man's shadow: "If it has the face of a Pazuzu" (j>a-%u-%u). This occurs between two monsters: the apsasu (ab!. za.za) and the kusarikku (f/u-sa-rik-ki). This fragment might have a second millennium origin, in which case it would be the earliest occurrence of the name. If this is so, it is curious that the context is one of monsters rather than demons. The name Pazuzu itself should not be understood in the light of fancy scribal writings with pa, as has been done by Carl Frank1, Gadd3, and Saggs1. The variety of writings (pa jbajpa; should caution against this. It is an iterative name, of the type commonly found in the Old Akkadian period tablets from Nuzi, which are collected by T.J. Meek in R A 32 (1935), 5 i f f . The same caution must be observed with etymologies of the father Hanpu of Hanbu. Indeed the mention of an otherwise unknown father for a demon with a type of name commonly borne by humans makes one wonder if there was perhaps an early king somewhere named Pazuzu, son of Hanpu, who, like other early kings, entered the pantheon, but at its lower level. Copies: Fig. 1,3-6 W. G . Lambert; Fig. 2 D . J. Wiseman.

2

M A O G 14/2 (1941), 20, cf. 1 6 - 1 7 .

3

Apud H. W. F. Saggs, A f O 19 (1959/60), 125.

i

H. W. F. Saggs, loc. cit.

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U R K U N D E N D E S 7. J A H R H U N D E R T S v. u. Z. A U S B A B Y L O N Liane Jakob-Rost

Bei der Durchsicht der Tontafelsammlung des Vorderasiatischen Museums zu Berlin sind mir einige Rechtsurkunden aufgefallen, die in den deutschen Ausgrabungen in Babylon gefunden worden sind und auf Grund ihrer Datierungen in eine bisher weniger erschlossene Periode der babylonischen Geschichte gehören1. Es handelt sich hierbei um 12 Urkunden, die aus dem 8-/7. Jahrhundert v. u. Z., d. h. aus einem Zeitraum von etwa 70 Jahren stammen. Die älteste Tafel ist in der Regierungszeit Marduk-apal-iddinas, im Jahre 718 v. u. Z., geschrieben worden, die beiden jüngsten Urkunden, auf denen die genauen Jahreszahlen jeweils abgebrochen sind, müssen in die Zeit Kandalanus nach 647 v. u. Z. datiert werden. Der genannte Zeitraum hat für Babylon unter der Vormundschaft Assyriens schwere Unruhen, Kämpfe und schließlich Zerstörungen gebracht3. Einheimische Herrscher, assyrische Könige und von ihnen eingesetzte Regenten haben einander in der Verwaltung der alten Metropole abgelöst. Im Jahre 689 v. u. Z. ließ Sanherib die Stadt als Vergeltungsmaßnahme für die Ermordung des dort regierenden assyrischen Kronprinzen so vollständig zerstören, daß ihr Ende besiegelt schien. Unter Asarhaddon, dem Sohn und Nachfolger Sanheribs, konnte die Stadt jedoch wieder aufgebaut und den zurückgekehrten Bewohnern ihr altes Wirtschaftsprivileg wieder gewährt werden. Einem seiner älteren Söhne, Samas-sum-ukin, der im Jahre 668 v. u. Z. die Regentschaft von Babylon übernommen hatte, mißlang nach 2ojähriger Herrschaft ein Versuch, Babylon wieder von Assyrien unabhängig zu machen. Er wurde besiegt und verbrannte sich in seinem Palast. Regent von Babylon wurde unter Assurbanipal ein sonst nicht näher bekannter Mann namens Kandalanu (oder = Assurbanipal?)4. Abgesehen von den bekannten historischen Gegebenheiten und den aus ihnen resultierenden Folgen für Handel und Wandel in Babylon zur Zeit der assyrischen Okkupation mit der endlichen Zerstörung der Stadt zeigt auch der archäologische Befund 5 , daß im 7. Jahrhundert v. u. Z. nur noch kümmerliche Reste der einstigen Größe vorhanden waren. Anstelle stattlicher, vielräumiger Häuser, wie wir sie auch wieder seit der Wende zum 6. Jahrhundert v. u. Z. im Stadtgebiet vorfinden, hat es in der fraglichen Zeit wohl kaum eine geschlossene Bebauung gegeben, und ein Teil der damals sicher auch dezimierten Bevölkerung Babylons wird in einfachen Lehm- oder Schilfhütten gelebt haben. Die aus der oben skizzierten Zeit stammenden und im folgenden kurz dargelegten Urkunden sind durchweg so stark beschädigt, daß sich in einigen Fällen kaum noch etwas über den genauen Dazu vgl. z. B. San Nicolò, Babylonische Rechtsurkunden des ausgehenden 8. und des 7. Jahrhunderts v. Chr., in: Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl., N . F., H. 34, München 1951, Vorwort. 2 Für die Erlaubnis zur Veröffentlichung dieser Texte spreche ich Herrn Generaldirektor Professor Dr. G . R. Meyer meinen besten Dank aus. 3 Zur Darstellung dieser Geschichtsperiode vgl. zuletzt R. Labat, Das neubabylonische Reich bis 539 v. Chr. in: FischerWeltgeschichte 4, Die altorientalischen Reiche III, Frankfurt/Main 1967, 51 ff. 4 Vgl. L. Jakob-Rost, Ein neubabylonisches Tontafelarchiv aus dem 7. Jahrh. v. u. Z . in: Forschungen und Berichte 8, Berlin 1968, 40, Anm. 5. 5 O. Reuther, Die Innenstadt von Babylon (Merkes) in : Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen OrientGesellschaft 47, Leipzig 1926, 61, 64; vgl. L. Jakob-Rost (wie Anm. 4), 40. 1

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Inhalt des betreffenden Dokumentes aussagen läßt. Eine vollständige Bearbeitung lohnt sich daher nicht6. In anderen Fällen folgen die Urkunden den schon genügend bekannten Formularen. Der Grund, warum diese Tafelfragmente überhaupt hier erwähnt werden sollen, liegt vor allem in ihren Datierungsangaben. Mit der Bekanntgabe dieser Urkunden sind sämtliche, mit Sicherheit aus den älteren neubabylonischen Perioden stammenden Tontafeln aus Babylon erfaßt worden, die sich im Besitz des Berliner Museums befinden. Die vorkommenden Daten sind aus der folgenden Aufstellung zu entnehmen. i. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

Marduk-apal-iddina Bel-ibni Asarhaddon Asarhaddon Samas-sum-ukin Samas-sum-ukin Samas-sum-ukin Samas-sum-ukin Samas-sum-ukin Samas-sum-ukin Kandalanu Kandalanu

4. Jahr x. Jahr 4. Jahr 6. Jahr 14. Jahr 18. Jahr 19. Jahr x. Jahr x. Jahr x. Jahr x. Jahr x. Jahr

718 v. u. Z. 702/700 v. u. Z. 677 v. u. Z. 675 v. u. Z. 65 5 v. u. Z. 651 v. u. Z. 650 v. u. Z. nach 668 v. u. Z. nach 668 v. u. Z. nach 668 v. u. Z. nach 648 v. u. Z. nach 648 v. u. Z.

Auf diesen Textbruchstücken aus Babylon sind nur wenige Fundnummern erhalten, und auch bei diesen wenigen sind die Angaben über die Fundorte in den meisten Fällen summarisch und nicht für Einzelheiten verwertbar. Nr. 2 ist vor der Ostfront des Ninurta-Tempels (Epatutila) in altem Schutt gefunden worden, Nr. 7 im Hofe des Tempels, Nr. 8 in der Nähe der Ostfront. Nr. 1 1 ist ohne Fundnummer, stammt aber nach den erhaltenen Namen aus dem Archiv des Bel-usallim7 und demnach aus dem Planquadrat h 26 des Merkes, des Hauptwohnviertels von Babylon. Die hier überlieferten Geschäftsunternehmungen sind hauptsächlich Geldangelegenheiten und Grundstücksverkäufe, Nr. 1 handelt von Farbstoffen, Nr. 5 von Getreide. Bis auf zwei Texte (Nr. 1 und Nr. 9 E.KI) ist der Name der Stadt Babylon stets mit der Zeichenfolge TIN.TIR.KI geschrieben worden. Die Schrift der Urkunden ist im Gegensatz zu den späteren neubabylonischen und achämenidischen Tafeln meist sehr sorgfältig. Die vorkommenden Gottheiten sind in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit Bei, Marduk, Samas, Nabu, Ea, Assur, Sarpanitum und Sin. Außer dem mehrfach erhaltenen Berufsnamen des Schreibers sind noch eine Reihe von Berufsbezeichnungen, fast ausschließlich als Familiennamen, zu bemerken: LÜ



ARÄ

aslaku (lüAZALAG) LÜ A.ZU Ltt DIM Lü kannik bäbi Lü qipu Lü sa näsisu(?) l0 s a täbtisu l0 SU.I L °US.BAR 6

Müller

4, 1 2

Bleicher

2, Rs. 2 8,9 4, Rs. 7 12, Rs. 7 3, Rs. 5 2,4,5,9 5,11 8, 1 3, 1 1 , 15; 12, Rs. 4 12, Rs. 5

Arzt Maurer, Baumeister Notar(?) Bevollmächtigter Bierwirt Salzhändler(P) Barbier Weber

In der geplanten Fortführung der Reihe „Vorderasiatische Schriftdenkmäler" wird ein Band mit neubabylonischen Urkunden, darunter auch den hier vorgelegten, in Autographie erscheinen. ' Vgl. L. Jakob-Rost (wie Anm. 4), 3 9 ff.

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An Örtlichkeiten, außer Babylon, sind nur die Ortschaft „ X , Nachkomme des Bevollmächtigten'^.?) 2, 2, der Fluß Puh[u(?)-] 2, 6, die Ortschaft Bit-uqata 5 , 1 2 nennen. 1. Quittung über Farbstoffe aus der Zeit des Marduk-apal-iddina. V A T 17908 Vs. 10 Zeilen,

Fundnr.: — Rs. abgebrochen

Fundort: Babylon 5,5x4,5cm

Obere Hälfte einer rötlich-gelben, hart gebrannten Tontafel, stark zerbröckelt. Die Schrift ist schräg und flüchtig. Die unten erwähnten Fingernagelmarken sind auf dem Tafelbruchstück nicht erhalten. 1 2 3 4 5 6 7

3 M A . N A hur-hu-ra-t[u 1 MA.NA ^ g a - b i - i 10 G I N ta-bar-r[i mD IM-tis-mar ma-h[i-i]r itu BÄRUD.i3.KÄM MU.4.KÄM D AMAR.UTU.DUMU.NITA.SUM-na L U G A L E.ICI

1 2 3 4 5 6 7

3 Minen roten Farbstoffes, 1 Mine Alaun-Stein, 10 Schekel Scharlach(farbe) hat Adad-tismar erhalten. Monat Nisannu, 1 3 . Tag, 4. Jahr des Marduk-apal-iddina, des Königs von Babylon.

Es folgen drei unleserliche Zeilen, in denen anscheinend von einem anderen Objekt gesprochen wird. Zu den oben genannten Stoffen zum Färben, deren Lesung ich W. G. Lambert verdanke, vgl. z. B. The Assyrian Dictionary, Vol. 6 (Chicago 1956), 250; Vol. 5 (Chicago 1956), 7; W.V.Soden, Akkadisches Handwörterbuch (Wiesbaden 1965), 359, 272; für tabarru z . B .

M. San Nicolo — A. Ungnad, Neubabylonische Rechts- und Verwaltungsurkunden (Leipzig 193 5), Glossar (1937), 160. Das 4. Jahr des Marduk-apal-iddina kann nur in die erste Regierungsperiode des Königs fallen, da die beiden folgenden sehr kurz waren. Somit wäre die Urkunde in das Jahr 718 v. u. Z. zu datieren.

2. Grundstücksverkauf aus der Zeit des Bel-ibni. V A T 15897

Fundnr.: 15162

Vs. 13, Rs. 6 Zeilen

Fundort: Babylon L 27, in altem Schutt vor der Ostfront von Epatutila 5,8 x 5,2 cm

Obere Hälfte einer gelblichen, hart gebrannten und stark beschädigten Tontafel. Die Schrift ist steil und sorgfältig. Die unten erwähnte Fingernagelmarke ist auf der Tafel nicht erhalten. 1 2 3 4 5 6 7

1 G U R 4 B A N SE. N U M U N G I ä SAR u x[ pi-hät URU xx A Lüqi-i-p[i(?) US.AN.TA G I § SAR GAL-ti sä m LUGAL-a-ni A Lü qi-i-pi US.KI.TA mba-laf-su DUMU-sü sa mki-na-a ü mib-na-[a A Lüqi-i-pi SAG.A[N.T]A fDpu(?)-h[u(?)S A G . K I . T A m LUGAL-a-ni D U M U mir-a[-ni(?)

51

8 9 10 11 iz

ki-i 3 MA.NA 10 GIN KÜ.BABBAR KÜ-u [sa ki-i INIM m LUGAL-a-ni DUMU Lüqi-i-pi mnu-u[m-mu-ru(?) DUMU mDINGIR-ba-ni KI.LAM im-b[i-e-ma i-sam a-na si-me-sü gam-r[u-ti a-di 3 GIN KÜ.BABBAR sa ki-i pi-i DIR[IG SUM-nu

Zeilenreste Rs. 2 DUMU



as-la-[ku] x x x [

3 1 T U ZIZ UD.3.KÄM MU.[x.KÄM; 4 "^EN-ib-ni LUGAL T[IN.TIR.KI 5 su-pur m LUGAL-a-ni DUMU L[üqi-i-pi 6 ID-ma

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

NA4

[KISIB-SÜ

1 kurru und 4 sü Aussaatfläche, Baumgartengrundstück und [ im Bezirk der Stadt X, Nachkomme des Bevollmächtigte^?) obere Langseite (angrenzend an) den großen Garten des Sarräni, Nachkomme des Bevollmächtigten; untere Langseite (angrenzend an) Balät-su, den Sohn des Kinä und (an) Ibnä, den Nachkommen des Bevollmächtigten; obere Querseite (angrenzend an) den Fluß Puh[u(?)untere Querseite (angrenzend an) Sarräni, den Nachkommen des Ir[ani. Für 3 Minen und 10 Schekel reinen Silbers, [was dem Sarräni, dem Nachkommen des Bevollmächtigten entspricht, hat Nu[mmuru(?), der Nachkomme des Ili-bani, den Kauf erklä[rt und gekauft zu seinem vol[len] Preise [ nebst 3 Schekeln Silber, das als Zugabe [gegeben ist. Rs. Zeugen 3 Monat Sabätu, 3. Tag, [x.] Jahr 4 des Bel-ibni, des Königs von Ba[bylon. 5 Fingernagelmarke des Sarräni, Nachkommen des Bevollmächtigten 6 anstelle [seines Siegels.]

Zu dem Problem der „Fingernagelmarken" vgl. z. B. M. San Nicolo, Babylonische Rechtsurkunden des ausgehenden 8. und des 7. Jahrhunderts v. Chr. in: Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist.

Klasse, N. F. H. 34, München 1951, S. 8, Anm. zu Z. 43E Der von Assyrien eingesetzte Regent Bel-ibni hat nur zwischen 702 und 700 v. u. Z. regiert. Die Urkunde gehört also in diesen Zeitraum.

3. Urkunde aus der Zeit des Asarhaddon. V A T 17909 Vs. 18, Rs. 10 Zeilen

Fundnr.: —

Fundort: Babylon 6,5 x 4,7 cm

Obere Hälfte einer rötlichen, hart gebrannten und stark beschädigten Tontafel. Die Schrift ist sauber und sorgfältig. Auf den erhaltenen Rändern jeweils Fingernagelmarken. Der Anfang des Textes ist so stark beschädigt, daß kein Zusammenhang mehr hergestellt werdenkann; immerhin scheint es sich um einen Vertrag über eine Eigentumsteilung zu handeln. Der eine Partner ist ein gewisser Bel-usallim, Sohn des Sumä.

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Die Datumsformel lautet: Rs. 5 ITU ZI'Z UD.14.KÄM 6 M]U.4.KÄM D< As>-sur-SES.MU 7 L U G A L TIN.TIR.KI 5 Monat Sabätu, 14. Tag, 6 4. Jahr des Assur-ah-iddina, 7 des Königs von Babylon. Somit ist diese Urkunde in das Jahr 677 v. u. Z. zu datieren. 4. Kauf eines Baugeländes aus der Zeit des Asarhaddon. V A T 17910 Vs. 18, Rs. 12 Zeilen

Fundnr.: —

Fundort: Babylon 7 x 7,5 cm

Obere Hälfte einer gelblich-rötlichen, sauber geformten und hart gebrannten Tontafel. Die Schrift ist sorgfältig. An den erhaltenen Rändern befinden sich Fingernagelmarken. Der vordere Teil der Tafel ist zerstört, so daß der Text nicht mehr ganz zu rekonstruieren ist. Es handelt sich um den Verkauf eines Grundstücks, das in der Stadt Babylon gelegen war. 1 [x GJI.MES A.SÄ ki-sub-bu-ü 2 Kl-tim TIN.TIR.KI sä qi-rib TIN.TIR.KI 3 4 5 6 7 8 9

[U]S.AN.TA IM[.SI.]SÄ D A DA' ß [ mD LUGAL(?)]-a-ni DUMU[ mD ]BE.I.GAL-i-sem-me [US.]KI.TA I[M.GÄ]L.LU DA SILA qat-nu fSA]G.AN.T[A IM.KUR.R]A DA £ m SES.SUM-na [DUMU ^E-a-I.GÄjL-i-sem-me SA[G.KI.TA IJM.MAR.TU DA fi msa-ri-du [DUMU-sü sä mlu-us-t]a-mar-DIM

10 [x GI.MES] A.SÄ ki-sub-bu-ü 1 1 [Kl-tim TIN.TI]R.KI sd qi-rib TIN.TIR.KI 12 13 14 15 16 17

[ "^EJN-eri^es DUMU L Ü ARÄ [ m]Dfi-a-I.GAL-i-sem-mu [ki-i x MA.NA] KÜ.BABBAR BABBAR-Ü K I . L A M im-bi-e-ma [ i-sam a-na S]ÄM-sü gam-ru-tu [ x MA.N] A ü 1/2 G i N KÜ.BABBAR [sä ki-i pi-]i DIRIG SUM-nu

18 [k]i-i pi-i DIRIG SUM-nu Rs. 6 mD EN.DÜ-us DUMU mba-la-tu 7 msu-la-a DUMU L f l A.ZU 8 ü L Ü DÜBSAR mmun-na-bit-ti DUMU m DÜ-es-DINGIR 9 TIN.TIR.KI I T U NE UD.20.KÄM MU.6.KAM 10 Das-sur-SES.MU L U G A L 1 1 su-pur "^EN-eri^es ki-ma IM.DUB-sü 53

1 [x] Ruten Feld, Baugelände 2 im Stadtteil Babylon, innerhalb von Babylon. 3 4 5 6 7 8 9

Obere [Lang] seite im Norden angrenzend an das Haus [des Sarrjäni, Nachkommen [des] Ea-qa"alu-isemme(?); untere [Langseite] im Süden angrenzend an die kleine Straße; obere Quer[seite im Oste]n angrenzend an das Haus des Ahu-iddina, [Nachkommen des Ea-qa]"alu-isemme(P); [untere Querseite im W]esten angrenzend an das Haus des Saridu [des Sohnes des Lust]amar-Adad.

10 [x Ruten] Feld, Baugelände 11 [im Stadtteil von Bab]ylon, innerhalb von Babylon. 12 13 14 15 16 17

[ B]el-eres, Nachkomme des Müllers [ hat] Ea-qa"alu-isemme(?) [für x Minen] helles Silber den Kauf erklärt [und gekauft zu se]inem vollen Preise [ (nämlich) für x Min]en und 1/2 Schekel Silber, [das als] Zugabe gegeben ist.

18 [ entsprechend verkauft und bezahlt. Rs. 9 10 11

Zeugen Babylon, Monat Abu, 20. Tag, 6. Jahr des Assur-ah-iddina, des Königs. Fingernagelmarke des Bel-eres anstelle seines Siegels (!).

Vs. 3 DA ist wohl versehentlich zweimal gesetzt worden. Vs. 4 Der mittlere Bestandteil des Namens EaI.GAL-isemme ist schwer verständlich. Vielleicht handelt es sich hier um eine besondere Schreibweise des mehrfach belegten Namens Ea-qa"alu-isemme (Hinweis von H. Freydank, dem ich auch noch für einige weitere Lesungen danke). Dazu vgl. J. J. Stamm, Die akkadische Namen-

gebung, in: Mitteilungen der VorderasiatischAegyptischen Gesellschaft 44, Leipzig 1939, 241; M. San Nicold — A. Ungnad, Neubabylonische Rechts- und Verwaltungsurkunden, Leipzig 1935, Glossar 126 und K. Tallqvist, Neubabylonisches Namenbuch, Helsingfors 1905,56. Die Urkunde ist im Jahre 675 v. u. Z. geschrieben worden.

5. Verpflichtungsschein über Getreide aus der Zeit des Samas-sum-ukin. VAT 17911 Fundnr.: 46118 Vs. 6, Rs. 7, oberer Rd. 2 Zeilen

Fundort: Babylon, außerhalb 3 X 4,4 cm

Vollständige, aber auf der Vorderseite stark beschädigte weißlich-gelbe Tontafel im typischen Breitformat der späteren neubabylonischen Urkunden. Die Schrift ist sorgfältig. 1 2(?) GUR SE.BAR sä mtuk-lat-tum 2 ina muh-hi mA-a A mdu-muq 3 ITUSIG4 mA-a SE.BAR a-na 4 mtuk-la[t-tum i-n] am-din 54

5 Lüm[u-kin-ni ]x 6 mDNÄ-Ix/ 7 mam-me-ni-DINGIR A mdan-na-a(?) 8 m D EN.DA A mtam(?)-gab-bi-DINGIR m bi-bi-e-a A "^EN.BA-sä 9 10 u DUB.SAR "^EN-ü-sa-tu 1 1 DUMU Lü sa na-as-sti 12 URU£-ü-qa-ta 13 I T U ZIZ UD.25.KÄM MU.14.KÄM 14 m ] D GIS.SIR.MU.GI.NA 15 L U G A L TIN.TIR.KI 1 2 kurru Getreide, gehörig dem Tuklattum, 2 zu Lasten des Aplä, des Nachkommen des Dumuq. 3 Im Monat Simänu wird Aplä das Getreide dem 4 Tuklattum geben. 5 ff. Zeugen 12 Ortschaft Bit-uqata 13 Monat Sabätu, 25. Tag, 14. Jahr 14 des Samas-sum-ukin, 15 des Königs von Babylon. Z. 1 1 Lü sa na-as-sü ist über eine Rasur geZ. 8. Der Name Tamgabbi (?)-ilu ist ähnlich Lü noch belegt bei / . N. Strassmaier, Nebukadnezar schrieben, steht vielleicht für sa näsisu. 42, Z. 18. Dort vielleicht -gi- auch in -gab- zu Die Urkunde stammt aus dem Jahre 65 5 v. u. Z. emendieren? 6. Verpflichtungsschein über ein zinsloses Darlehen von Silber aus der Zeit des Samas-sum-ukin. V A T 17912 Vs. 6, Rs. 3 Zeilen

Fundnr.: —

Fundort: Babylon 2,1 x 2,3 cm

Rechte obere Ecke einer hellgelben, hart gebrannten Tontafel mit sehr sorgfältiger Schrift. 1 2 3 4 5 6

[x MA.NA KÜ. BABBAR sa mD]EN-ib-ni DUMU me-tel-lu [ina muh-hi sä X D]UMU mär-rab-tum [hu-bu-ut-t]u-tu ki-i [la i-na-d]s-sü sa sat-tum [ x G]iN KÜ.BABBAR [ina muh-hi-sü i-ra]b-bi abgebrochen

Rs. 1 [TIN.TIR.KI UD.x.K]ÄM MU.18.KÄM 2 [^GIS.SIR.MU.JGI.NA 3 [LUGAL TIN.TIJR.KI 1 2 3 4 5 6

[X Minen Silber, gehörig dem ]Bel-ibni, dem Nachkommen des Etellu [zu Lasten des X , Najchkommen des Arrabtum [als zinsfreies Darjlehen. Wenn [er es nicht be] kommt, werden jährlich [ x Schejkel Silber [zu seinen Lasten hinzu]wachsen. (Zeugennamen sind abgebrochen) 55

Rs. i [Babylon, x. Tag,] 18. Jahr 2 [des Samas-sum-]ukin, 3 [des Königs von Bab]ylon. Wenn die Jahreszahl richtig gelesen ist, handelt es sich hier um das Jahr 651 v. u. Z. 7. Prozeß über einen Sklavenkauf (?) aus der Zeit des Samas-sum-ukin. V A T 17913 Vs. 8,

Fundnr.: 14292

Rs. 8 Zeilen

Fundort: Hof des Epatutila, zwischen 1. und 2. Pflaster 3,5 X 5 cm

Obere Hälfte einer gelblich-rötlichen, hart gebrannten Tontafel, stark beschädigt. Die Schrift ist sorgfältig. Infolge der Beschädigung der Urkunde läßt sich nur noch vermuten, daß es sich hier um den „Anteil an einem Prozeß" (pu-ut di-i-ni Z. 1) handelt. Nach den in Z. 2 vorkommenden Begriffen L[ü]hu-hi'-ü u Lt)pa-qir-ra-nu, die meist in Sklavenkäufen üblich sind, liegt dieser Urkunde vielleicht ein solcher zugrunde. Vollständig erhalten ist dagegen die Datumformel der Tafel: Rs. 7 TIN.TIR.KI ITU SE UD.25.KÄM MU.19.KAM 8 D GIS.SIR.MU.GIN L U G A L TIN.TIR.KI 7 Babylon, Monat Adaru, 25. Tag, 19. Jahr des 8 Samas-sum-ukin, des Königs von Babylon. Z. 2 Zu Lü sehu (mit häufigen Verschreibungen) vgl. A. Ungnad, Glossar, 137.

Die Urkunde ist im Jahre 650 v. u. Z. ausgefertigt worden.

8. Urkunde aus der Zeit des Samas-sum-ukin. V A T 17914 Fundnr.: 13 868 Vs. 6, Rd. 2, Rs. 6, ob. Rd. 1 Zeile

Fundort: Babylon M 27 3 x 3,7 cm

Rechte Hälfte einer recht roh gefertigten gelblich-grauen Tontafel, hart gebrannt mit flüchtiger Schrift. Es handelt sich wahrscheinlich um ein Darlehen, das von einem bestimmten Tage an (Z. 3) jährliche (Z, 2) Zinsen bringen soll. Auch das Datum ist nicht gut erhalten. IT U Rs. 14 ] APIN UD.9.KÄM 15 [MU.x.KAM mD GIS.5>IR.MU.G]LNA L U G A L TIN.TIR.KI 14 Mo]nat Arahsamna, 9. Tag, 15 [x. Jahr des Samas-sum-u]kin, des Königs von Babylon.

9. Verpflichtungsschein aus der Zeit des Samas-sum-ukin. V A T 17915 Fundnr.: — Vs. 4, Rs. 5, ob. Rd. 1 Zeile

Fundort: Babylon 2,4 x 3,1 cm

Linke obere Ecke einer gelblich-rötlichen, hart gebrannten Tontafel mit flüchtiger Schrift. 56

Diese Tafel enthält anscheinend eine der üblichen Darlehensurkunden. Erhalten sind nur ein paar Zeilenanfänge. 1 1/2 MA.NA KÜ.BABBAR S[AG.DU 2 sä mSES-sub-si [DUMU 3 ina muh-hi sä [m 4 1TU Z[iZ(?)

Rs. 4 E . K I 1T [ u x UD.x.KÄM MU.x.KÄM 5 D GIS.S[IR.MU.GI.NA L U G A L 6 TIN.TIfR.KI 1 2 3 4

1/2 Mine Silber, Ka[pital des Ahu-sub-si, [Nachkommen des zu Lasten des [X. Wenn im Monat Sa[bätu(?)

Rs. 4 Babylon, Monfat x, x. Tag, x. Jahr 5 des Sam[as-sum-ukin, des Königs 6 von Baby[lon 10. Sklavenkauf (?) aus der Zeit des Samas-sum-ukin. V A T 15954 Vs. 8, Rs. 3 Zeilen

Fundnr.: —

Fundort: Babylon 4 X 4 cm

Linke obere Hälfte einer grau verschmauchten, hart gebrannten Tontafel mit flüchtiger Schrift. Die Tafel ist eine Schuldurkunde, deren Forderung in Höhe von einer Mine und 5 o Schekeln Silber nicht direkt bezahlt, sondern durch eine Aufrechnung von Schulden „abgezogen" wird. Diese Form der Begleichung wird häufig bei Sklaven- und Viehkäufen angewendet, vgl. z. B. M. San Nicolo, Neubabylonische Rechts- und Verwaltungsurkunden, Leipzig 1935, 102, Anm. 2. Möglicherweise handelt es sich auch hier um Sklaven (Z. 4 Frau Etirtum und [x). Nähere Einzelheiten sind dem stark beschädigten Schriftstück kaum zu entnehmen. 1 2 3 4 5 6

1 MA.NA 50 GI'N KÜ.BABB[AR sä ina UGU mSES-sub-si D[UMU KÜ.BABBAR mSES-sub-si a-na m[ f e-tir-tum ü [ a-na S Ä M ha-r[i-is i-dag-gal U D . i [ + x . K Ä M

Rs. 2 TIN.TIJR.KI 1TU SIG 4 U[D.x.KÄM MU.x.KÄM 3 [ m ] D GIS.SIR.MU.GI[.NA L U G A L TIN.TIR.KI 1 2 3 4

1 Mine und 50 Schekel Sil[ber, gehörig dem.... zu Lasten des Ahu-sub-si, Nachkommen des Das Silber hat Ahu-sub-si dem [X in Gestalt der(?) Frau Etirtum und [ 57

5 als zu verrech[nenden] Kaufpreis [gegeben. Es wird ihm 6 gehören. Am [x.] Tage [ Rs. 2 Babylon, Monat Simänu, x. T[ag, x.. Jahr 3 des Samas-sum-u[kin, Königs von Babylon. i i . Verpflichtungsschein aus der Zeit des Kandalanu. V A T 17916 Fundnr.: 38 135(??) Vs. 6, Rd. 1, Rs. 6, ob. Rd. 2 Zeilen

Fundort: Babylon, Merkes h 26 3,2 X 4 cm

Vollständige, aber stark beschädigte gelblich-rötliche Tontafel mit durchschnittlicher Schrift. Nach den vorkommenden Namen und einer speziellen Numerierung (keine Fundnr.!) zum Archiv des Bel-usallim, Nachkommen des Le'ea gehörend (vgl. Forschungen und Berichte 8, Berlin 1968, 39££.). Trotz der Beschädigung der Tafel läßt sich der Text weitgehend wiedergewinnen. 1 2 3 4 5 6

15 G I N KÜ.BABBAR sa mDEN-[ü-sal-lim DUMU m Ä[.GÄ]L-e-a ina UGU m[ ]x DUMU m[s]u-la-a ina ITU BÄR i-na[m-di]n [ki-]i la i[t-tan-nu]

7

8 [x G I N KÜ.BABBAR ina mu]h-hi-sü i-rab-bi (Zeugennamen stark zerstört)

Rd. 1 [TIN.TIR.KI IT ] U GAN UD.4.KÄM M[U.x.KÄM 2 ]Kan-da-la-nu L[UGAL TIN.TIR.KI 1 2 3 4 5 6 7 8

15 Schekel Silber, gehörig dem Bel-[usallim, dem Nachkommen des Le'ea zu Lasten des [ Nachkommen des Sulä. Im Monat Nisannu wird er bezahlen. Wenn er nicht bezahlt, .... [werden x Schekel Silber zu] seinen Lasten hinzuwachsen.

Rd. 1 [Babylon, Mona]t Kislimu, 4. Tag, [x. Jahr 2 des Kandalanu, des Kö[nigs von Babylon. Da hier und in der folgenden Urkunde die Regierungsjähre Kandalanus nicht erhalten sind, müssen wir summarisch eine Datierung in die Jahre nach 647 v. u. Z. vornehmen. 12. Urkunde aus der Zeit des Kandalanu. V A T 17917 Vs. 9, Rs. 9 Zeilen

Fundnr.: —

Fundort: Babylon 4 X 6,4 cm

Rechte obere Ecke einer gelben, hart gebrannten Tontafel mit sorgfältiger Schrift. An den erhaltenen Rändern Fingernagelmarken.

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Wie der stark beschädigten Tafel zu entnehmen ist, liegt vielleicht eine sogenannte Zwiegesprächsurkunde vor (Z. 5 as-sa-bat, Z. 7 ina muhhika). Zu dieser Urkundenform vgl. H. Petscbow, Journal of Cuneiform Studies, New Häven 1965, i o j f f . Nach Aussage der wenigen Zeilen kann es sich um den Verkauf (?) eines Hauses oder Feldes handeln (Z. 2 [x + ]4 GI.MES), das sich in der Hand einer Frau namens Kupiti befindet. Verkäufer ist ein gewisser Musezib- Marduk, Nachkomme des Epes-iii (Z. 1 und Rs. 8 f. su-pur mmu-se-zib-DAMAR.UTU). Die Datumsformel lautet: Rs. 7 . . . .TIN.TIR.KI 1TÜ GU 4 UD.23.KÄM 8 [MU.x.KÄM "kan-da-la-Jnu L U G A L TIN.TIR.KI 7 Babylon, Monat Ajjau, 23. Tag, 8 [x. Jahr des Kandala]nu, des Königs von Babylon.

Verzeichnis der Eigennamen (N = Nachkomme, S = Sohn, V = Vater, V f = Vorfahre) Adad-tismar ( D IM-tismar) Ahu-iddina (SES.SUM-na) Ahu-subsi (SES-lub-si) Ammeni-ilu (Ammeni-DINGIR) Aplä (A-a) Arrabtum Assur-ah-iddina ( D A s sür. SE&. M U ) Balätu Balät-su Bibea Bel-ahhe-erlba (dEN.PAP.ME.SU) Bel-epus

i»4 N . d. Ea-I.GAL-isemme

4. 7 9, 2; 10, 2, 3

N . d. Dannä

5.7

N . d. Dummuq

5, 3 5, 2

6,2 3, Rs. 7 ; 4, Rs. 10 V f . d. Bel-epus N . d. Kinä N . d. Mukallim N . d. Bel-iqisa

4, Rs. 6

N . d. Balätu

4, Rs. 6

2,4

7, Rs. 4

5,9 7, 5

(dEN.DÜ-US)

Bel-eres ( D EN-eri 4 -es) Bel-ibni ( D EN-ibni) Bel-iqlsa (DEN.BA-sä) Bel-le'ü (DEN.DA) Bel-usätu ( D EN-usätu) Bel-usalJim ( D EN-usallim)

4, Rs. I i N . d. Müllers

4,

2, Rs. 4

N . d. Etellu V f . d. Bibea

6, 1

N . d. Tamgabbi(?)-ilu

5.8

5, 9

5, " N . d. Sumä N . d. Le'ea

3, Rs. 9

3, 1, 10 11, 2

7, 1

Bel-usezib ( D EN-usezib) Dannä Dumnraq

V f . d. Ammeni-ilu V f . d. Aplä

Ea-I.GAL-isemme (BE.I.GAL-isemme)

V . d. Sarräni V . d. Ahu-iddina

5, 7 5, 2 4,13 4,4 4,7 59

f

Etirtum Egibi Epes-ili (DÙ-es-DINGIR) Etellu Gilûa Ibnâ

Iddinunu (SUM-nu-nu) Ili-bani (DINGIR-bani) It'ani Kandalanu Kinâ f Kupiti Labâsu Lustamar-Adad (Lustamar- D I M) Marduk-apal-iddina ( D AMAR.UTU.DUMU.NITA.SUM-na) Marduk-zëpes (DAMAR.UTU.NUMUN.DÙ) Mukallim Munnabitti Musêzib-Marduk (Musêzib- D AMAR.UTU) Nabû-usur ( D NÀ-usur) Na'id-Marduk (Na'id- D AMAR.UTU) Nummuru f Pukti Sâb-ili-su (ERIN.DINGIR-sû) Sin-sadûnu ( D SIN.KUR-u-nu) Samas-sarru (dUTU.LUGAL) Samas-sum-ukîn D v ( Glè.SIR.MU.GI.NA) Sarrâni (LUGAL-ani) Saridu èulâ Sumâ

èum-iddina (MU.MU) Tuklattum Tamgabbi( ?)-ilu (UD-gab-bi-DINGIR)

6o

IO, 4

Vf. d. Suma

3, Rs. 3

Vf. d. Musêzib-Marduk Vf. d. Munnabitti Vf. d. Bêl-ibni N . d. Barbiers N . d. Bevollmächtigten N . d. Webers

12, I

N. d. Salzhändlers Vf. d. Nummuru

4, Rs. 8

6, i 12, Rs. 4

2. 5 12, Rs. 5 8, 4 , 7 8,i 2, 1 0

Vf. d. Sarrâni

2

V. d. Balât-su

2

. 7 i l , 6 ; 12, Rs. 8 > 5

12, 2 , 4

V. d. Saridu

3.6 4.9

N. d. Sin-sadïïnu

7, Rs. 5

Vf. d. Balât-su

7. Rs. 4

N. d. Epes-ili

4, Rs. 8

12, Rs. 8 N. d. Epes-ili N . d. Hauses des Sum-iddina

12, I

3. 15 7> 3

N. d. Ili-bani

2, IO

Vf. d. âumâ

3. 13 12, Rs. 6

Vf. d. Marduk-zëpes

7, Rs. 5

11,13 5, 1 4 ; 6, Rs. 3; 7, Rs. 8 , 1 5 ; 9, Rs. 5 ; io, Rs.

N . d. Bevollmächtigten N. d. Ir'ani N. d. B.E.I.GAL-isemme S. d. Lustamar-Adad N. V. N. N. N.

d. d. d. d. d.

Arztes Bël-usallim Barbiers Egibi Sâb-i]i-su

Vf. d. Nabû-usur N . d. Barbiers Vf. d. Bël-le'û

2, 3, 9, Rs. 5 2,7 4,4 4, 8 4 4, Rs. 7 3, 2 , 1 1 3, 11 3, Rs. 3 1 2 , Rs. 6 3,7 3>i5 3, 15 5, i , 4 5,8

STTAITAI Säulenstatuen in der Antike (Mit Tafel 5)

Robert Heidenreich

(Leipzig)

Das Thema, mit dem wir uns heute befassen wollen, behandelt nicht eigentlich ein Gebiet aus der Kunstarchäologie. Wir werden einen großen Kreis von Erscheinungen und von Denkmälern heranziehen müssen, die aus einem Zeitraum von mehr als einem Jahrtausend stammen, aber durch äußere und innere Gemeinsamkeiten verbunden sind. Die Deutungen, die wir versuchen wollen, können nur in wenigen Fällen durch antike Quellen gestützt werden und auch diese sind von einem Schleier später und unzuverlässiger Nachrichten verhüllt. Nur wenn die Erscheinungen verglichen werden, können wir der Gefahr mystischer Interpretation entgehen und einen Sinn finden, der uns wenige einfache Gedanken offenbart. Wir folgen dabei nicht dem historischen Ablauf, sondern beginnen mit sehr späten Vorgängen und fügen alles andere so an, daß der innere Zusammenhang, wie wir hoffen, deutlich wird. I In einem seiner geistreichen Romane erzählt Anatole France die Geschichte des Abtes Paphnutios aus Antinoë, der den erfolglosen Versuch macht, eine Tänzerin namens Thais zum christlichen Glauben zu bekehren. Er verliebt sich in sie und zwingt sich, um dieser sündigen Liebe Herr zu werden, zu einer höchst eigenartigen Buße, die ihm ein Traum eingegeben hatte: „Paphnuce reconnût la colonne, qui lui avait été montrée dans son rêve et il l'estima haute trente deux coudées. Il fait faire une éctyelle de cette hauteur et, quand l'échelle fut appliquée à la colonne, il y monte s'agenouilla sur le chapiteau..." Paphnutios bleibt mehrere Jahre auf seiner Säule und gerät in den Ruf großer Heiligkeit. Viele nahen sich ihm in Krankheiten und Unglück als Vermitder ihrer Gebete. Es bildet sich, wie so oft an Stätten des Kultes, ein sehr weltliches Treiben, Andenken werden verkauft, Lampen und Pilgerflaschen mit dem Bilde des Heiligen, aber auch alles, was der Mensch sonst benötigt. Natürlich ist das den kirchlichen Oberen nicht recht, es erscheinen die Äbte Ephraim und Serapion, um ihn zu überreden, von der Säule herabzusteigen: „Un tel genre est contraire à l'usage, disaient-ils; il est singulier et hors de toute règle." Aber sie erreichen nichts. Schließlich wird das Aufsehen so groß, daß der Präfekt von Alexandrien, Lucius Aurelius Cotta, beschließt, sich den Heiligen anzusehen. Aber er ist liberal und läßt Paphnutios bei seiner seltsamen Buße. Und während er unter der Säule steht, kommt ihm eine Erinnerung, die er gleich seiner Umgebung erzählt: „Je ne sais trop à quelle croyance rapporter une pratique si funeste. Il est vraisemblable qu' on doit la rattacher à certains cultes asiatiques. Du temps que j' étais gouverneur de Syrie, j'ai vue des phallus érigé sur les propylées de la ville d'Héra. Un homme y monte deux fois l'an et y demeura pendant sept jours. Le peuple est persuadé que l'homme, conversant avec les dieux, obtient de leur providence la prospérité de la Syrie.. Das hier Gedruckte wurde mit geringen Abweichungen aus Anlaß des 85. Geburtstages von Gottfried v. Lücken in Rostock vorgetragen.

6l

Die traurig endende Geschichte des Paphnutios kann jeder in dem Roman zu Ende lesen. Sein Stoff ist einer der kleinen Erzählungen aus den Apophthegmata patrum entnommen, die um 500 in Ägypten zuerst griechisch geschrieben, dann ins Koptische und später ins Lateinische übersetzt wurden. In einer von ihnen wird von einer ähnlichen, in diesem Falle natürlich erfolgreichen Bekehrung einer lockeren Dame durch den Abt Scharapion berichtet. Da einer der beiden Äbte, die den Paphnutios aufsuchen, den gleichen Namen trägt, der im Roman gräzisiert Serapion lautet, ist die Abhängigkeit des Dichters von diesem Vorbild sehr wahrscheinlich. Die Beschreibung des Säulenheiligen selbst und der Ansammlung einer Masse von Betern und Verehrern, aber auch von Händlern, Garköchen und Andenkenverkäufern ist nicht von Anatole France für seinen Roman erfunden worden. Das genaue Vorbild lieferte der erste wirkliche Säulenheilige, Simeon Stylites. In einem Kloster bei Teleda in Syrien, zwischen Antiochia und Beroia gelegen, hat er 30 Jahre auf einer 20 m hohen Säule bis zu seinem Tode im Jahre 5 96 gelebt. Nach seinem Tode wurde die Säule, von der noch heute in dem Kal'at Sem'an genannten Ruinenkomplex Reste bestehen, selbst zu einem Kultobjekt. Sie stand in einem achteckigen Hof, an den sich eine Kirche und Klosterbauten anschlössen. Die Säule wurde zur Reliquie in einer Tradition, die sich an alte Säulenkulte anlehnte. Wir haben hier nicht auf die zahlreichen Säulenheiligen in anderen Ländern einzugehen. Aber es muß gesagt werden, daß es in Ägypten niemals einen Nachfolger des Simeon gegeben hat. Die Mönche der Apophthegmata lebten in Höhlen oder in der Wüste. Die antistylitische Einstellung offizieller kirchlicher Kreise hat allerdings offenbar schon früh bestanden, wie ein Brief an Simeon zeigt, in dem der Bischof von Syrien ihn veranlassen will, seine übertriebene Buße aufzugeben. Denn das Stylitentum konnte als „Selbsterhöhung" empfunden werden, weil durch körperliche Erhebung über die anderen Sterblichen und die größere Nähe zum Himmel der Anschein entstehen konnte, als befähige dies die Styliten besonders, Fürsprecher für die Menschen zu spielen. Eine so harte Askese gab es bei den Israeliten nicht, und es scheint, als ob sie auch im frühen Christentum nicht üblich war, denn Paulus lehnt sie mehrmals ab. So konnte der Präfekt Cotta nicht ganz zu unrecht auf den Gedanken kommen, das Stylitentum des Paphnutios aus einer fremden orientalischen Religion abzuleiten. Das haben auch neuzeitliche Gelehrte versucht, aber andere haben diese Ableitung zurückgewiesen. Wir finden im Umkreis der antiken Religionen nur eine einzige vergleichbare Kulthandlung, bei der Säulen eine Rolle spielen. Das ist auch Anatole France nicht entgangen. Die Beschreibung von ihr, die der Präfekt Cotta seiner Umgebung liefert, wurde fast wörtlich aus Lukians „De dea syria" entnommen, wo der Tempel der Hera, eigentlich der syrischen Göttin Atargatis, so beschrieben ist: „Der Ort, an dem dieses Heiligtum liegt, ist ein Hügel. Er liegt gerade mitten in der Stadt und es umgeben ihn zwei Mauern. Die Vorhallen (propyla, auch Vorhöfe) des Tempels liegen nach Norden und haben eine Ausdehnung von etwa 600 Fuß. In diesen befinden sich die Phallen, die Dionysos aufstellte, deren Höhe 30 Klafter beträgt. Auf einen von diesen Phallen steigt ein Mann alljährlich zwei Mal und wohnt oben auf dem Phallos eine Zeit von sieben Tagen. Für dieses Hinaufsteigen werden verschiedene Gründe angeführt: Die Menge glaubt, daß er oben mit den Göttern verkehre und für ganz Syrien Gutes erflehe und daß die Götter seine Gebete aus der Nähe erhören." Das Hinaufklettern wird mit dem Besteigen einer Palme verglichen und dann wird geschildert, wie der Mann mit einer Kette Holz, Kleider und Gerätschaften heraufzieht, um sich ein Nest zu bauen, in dem er sitzen kann. Lukian fährt fort: „Es kommen nun viele und bringen ihm Gold und Silber, manche nur Bronze (-Münzen). Sie lassen es unten vor ihm liegen und gehen dann fort, nachdem jeder seinen Namen genannt hat. Ein anderer steht unten dabei und meldet ihm die Namen nach oben an. Der oben stehende verrichtet, wenn er ihn vernommen, sein Gebet, wobei er sich mit einem ehernen Instrument begleitet, das beim Schwingen einen lauten und schrillen Ton hervorbringt." Vergleichen wir diesen Bericht mit dem, was wir von den Styliten wissen, so ist als gemeinsamer Zug festzustellen: Ein hoch über dem Erdboden auf einer Säule stehender Mensch dient für die unten stehenden als Vermittler zu den überirdischen Wesen, sei es der Gott der Christen oder die heidnischen Götter, deren Namen Lukian nicht nennt. Diese Vorstellung kehrt in so vielen Religionen wieder, daß 62

wir nur auf die Kultstätten hinzuweisen brauchen, die sich auf hohen Bergen finden, oder auf die Gepflogenheit, künstliche Höhen, Zikkurate, Pagoden oder Türme zu schaffen, die der Verehrung der Götter dienten. Wir haben gesehen, daß die Säule Simeons nach seinem Tode zu einem Gegenstand der Verehrung wurde. Die einzeln stehende Säule, nicht die in architektonischem Verband stehende, hat an sich häufig symbolischen Charakter besessen. Die beiden Phalloi in Hieropölis waren natürlich auch Säulen. Ihr Ursprung wird mit der späteren Verwendung nichts zu tun haben, denn es wurde ja nur eine von ihnen bestiegen. Sie können mit den beiden Säulen verglichen werden, die vor dem Tempel Salomons in Jerusalem aufgestellt wurden. Meister Hiram aus Tyrus hatte sie samt den besonders gearbeiteten Kapitellen aus Bronze gegossen. Aber wir können uns nach der Beschreibung kaum ein Bild von ihnen machen. Man hat sie mit den beiden Säulen verglichen, die Herodot im Heraklestempel in Tyrus gesehen, aber leider nicht beschrieben hat. Eine von ihnen soll aus Gold, die andere aus Smaragd bestanden haben. Da aber im Text nicht styloi, sondern stelai steht, bleibt unklar, wie sie ausgesehen haben und zu vergleichen wäre nur die Zweizahl. Jedenfalls kennen wir die Bedeutung dieser Stelen nicht und auch der Sinn der Säulen Salomons bleibt unklar. Sie haben nichts getragen. Es würde zu weit führen, auf alle die heiligen Pfeiler, Masseben, Obeliske einzugehen. Ihr Sinn läßt sich kaum in jedem Falle erschließen, da sie als astrale Zeichen, als Grenzsteine und sogar als Siegesdenkmale gedient haben können. Wir übergehen auch die wenigen „Kultsäulen" im kretisch-mykenischen Bereich, die kaum auf einen Säulenkult schließen lassen. Im äolischen Gebiet Kleinasiens finden sich einige Säulen mit eigenartigem Volutenkapitell, die wohl kaum als eigentliche Vorläufer des ionischen Kapitells gelten dürfen. Sie haben angeblich gar keine tektonische Beziehung gehabt und sollen „an Stelle eines figürlichen Bildwerkes als Weihgeschenke für eine Gottheit" errichtet worden sein. Es sei noch auf einen Einzelfall von Doppelsäulen in Griechenland hingewiesen, die nach Pausanias außerhalb des Tempels der Athena Alea gestanden hätten. Welche Bedeutung diese Säulen ionischer Ordnung hatten, sagt der Perieget nicht, und es ist auch nicht zu beweisen, daß sie Träger von Bildwerken gewesen wären. Auf einzelne Säulen unbekannter Bestimmung in Kalydon und Lindos gehen wir nicht ein, da aus den geringen Resten nichts über ihren Sinn hervorgeht. Fragen wir nun noch, wie die Büßer auf den Gedanken kamen, sich auf eine hohe Säule zu stellen und auf ihr jahrelang auszuharren. Die Qualen, die diese Asketen ihres Glaubens willen in unbequemer' Haltung und glühender Hitze ausgestanden haben, müssen außerordentlich gewesen sein. Was sie aber von den Eremiten in der Wüste unterscheidet, ist ihre Wirkung nach außen. Dem Wesen des Christentums widersprach eigentlich das Hervortretenlassen des Individuums, das zu dem oben geschilderten Kultbetrieb führte. Das Besteigen einer Säule war nur ein Hilfsmittel für die Askese und kann aus ihr selbst nicht erklärt werden. Der Grund kann nur ein äußeres Vorbild sein, sagen wir, ein formales. Sucht man nach diesem, so findet man: Es hat schon lange vorher Säulenheilige gegeben, aber es waren keine Menschen, sondern Bildwerke aus Stein oder Bronze. Es hat im Altertum Säulenstatuen in großer Zahl gegeben. Auf dem bekannten Hafenbild aus Pompeji zählt man sieben Säulenstatuen, und einige finden sich auch auf anderen Wandgemälden. Diese Bildwerke auf Säulen im einzelnen und im Zusammenhang zu betrachten, soll unsere Aufgabe sein. Einige der Säulen stehen noch aufrecht, sind aber der Statuen beraubt. Andere lassen sich aus den Fragmenten erschließen oder sind in der antiken Literatur genannt und auf Bildwerken oder Münzen überliefert. II Der Zufall will es, daß als letztes „antikes" Monument eine solche Säule auf dem Forum in Rom aufgestellt wurde. Sie steht noch heute in der Nähe der Rostra, wo sie Byron auf dem Campo vaccino gesehen und als „nameless column with the buried base" genannt hat. Die 17 m hohe Säule mit korinthischem Kapitell ist einem nicht bekannten römischen Bau entnommen und trug eine vergoldete Statue des byzantinischen Usurpators Phokas. Sie war von dem oströmischen Statthalter 63

Smaragdus im Jahre 602 errichtet worden, wie aus einer bei ihr gefundenen Inschrift hervorgeht. So ist dieses letzte antike Denkmal Roms nur ein Zeichen schmeichlerischer captatio benevolentiae und aus Spolien zusammengesetzt. Wir hätten gerne gewußt, wie die Statue aussah und ob wenigstens sie ein Werk ihrer Zeit war. Wir werden nicht von diesem spätesten Beispiel ausgehend die Säulenstatuen im Römischen zurückverfolgen, sondern die Entstehung des Brauches in der Überlieferung aufsuchen. Dürften wir ihr vertrauen, so wäre die älteste Säule für den angeblichen Präfectus annonae des Jahres 439 v. u. Z., L. Minucius errichtet worden, weil es ihm gelungen sei, mit einer Hungersnot fertig zu werden. Als historische Figur ist dieser Mann, den die Annalisten der Gracchenzeit aus dem Dunkel der frühen Geschichte Roms hervorgezogen hatten, kaum zu fassen. Nach Plinius soll die Statue auf einer unciaria stipe aufgestellt gewesen sein. Das Wort unciarius ist schwer zu deuten, stipes bedeutet Pfahl oder Baumstamm. Die Münzen, auf denen dieses Denkmal abgebildet ist, scheinen eher eine Säule zu zeigen, an deren Fuß Ähren hervorsprießen. Da diese Münzen aber aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts stammen, geben sie für die Statue nur einen terminus ante quem. Jedenfalls scheinen sie einen Beweis dafür zu erbringen, daß ein solches Denkmal existiert hat. Früher wurde angenommen, daß eine solche Ehrenstatue im Rom des 5. Jahrhunderts möglich gewesen sei, jetzt glaubt man das nicht mehr, zumal die Sitte in Griechenland erst in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts auftritt. Kaum weniger unsicher ist die Überlieferung über eine Säulenstatue des G. Maenius, der im Jahre 338 als Konsul die Flotte der Volsker von Antium besiegt hat. Sie wird von Livius und Eutropius erwähnt, aber nur bei Plinius als Säulenstatue bezeichnet. Die Überlieferung scheint verworren zu sein, denn eine columna Maeniana, die wahrscheinlich nichts mit dem Denkmal für diesen Konsul zu tun hatte, ist mit diesem verwechselt worden. Liegen danach die Anfänge des Säulenmonumentes in Italien noch im Dunkeln, so darf doch ein Denkmal aus der Mitte des 3. Jahrhunderts als sicherer Bestand unserer Kenntnis gewertet werden, die Säule des G. Duilius, der im Jahre 260 bei Mylae auf Sizilien die Karthager in einer Seeschlacht besiegte und Segesta befreite. Er feierte den ersten triumphus navalis und das Standbild auf einer Säule wurde ihm auf dem Forum errichtet. An der Säule brachte man die erbeuteten bronzenen Schiffschnäbel an. Wir besitzen die Inschrift des Denkmals in einer späteren Kopie, die wohl einer Restauration verdankt wird. Die Säule auf Münzen des Augustus, die man früher mit Duilius verband, stellt aber eine der vier Rostrasäulen dar, die für den Kaiser selbst und für Agrippa aufgestellt wurden. Es gibt auch Münzen des Titus und des Vespasian mit solchen Säulen. Ob die weiteren, von Plinius an der gleichen Stelle in seiner nicht sehr systematischen Aufzählung älterer Bildwerke genannten Statuen auf Säulen standen, geht aus dem Text nicht hervor. Aber dort steht ein Satz, der für die Deutung der Säulenstatuen sehr bedeutungsvoll ist: „Columnarum ratio erat, attolli supra ceteros mortales, quod et arcus significant novitio invento." Es ist also wieder das „Erhöhen", das hier allerdings nur eine Ehrung ausdrückt. Die Denkmäler standen nicht mit einer Kultstätte in Verbindung und waren nur Monumente politischer Natur. III Bevor wir die späteren römischen Beispiele betrachten, wollen wir uns nach den griechischen Vorläufern der Säulenstatuen umsehen. Das älteste bekannte Beispiel ist das delphische Weihgeschenk der Naxier, das keine menschliche Figur, sondern eine Sphinx trägt. Das gewaltige Fabeltier stellt viele Fragen, die nicht beantwortet werden können. Es sitzt auf einem ionischen Kapitell, das von einer kannelierten Säule getragen wird. Wir kennen die Stelle genau, an der das Anathem im Heiligtum stand, aber wir wissen nicht, nach welcher Seite es sich wandte, wahrscheinlich dem Tempel zu, der noch der alte Tempel des Agamedes war. Es ist nicht bekannt, wann und warum die Naxier diese Sphinx aufgestellt haben. Der vermutete politische Grund paßt nicht gut zu dem Zeitansatz, den wir heute ihrem Stil zufolge annehmen müssen. Man hat die Sphinx gelegentlich mit dem Grab des Dionysos in Verbindung bringen wollen, aber das ist nicht sicher und würde auch kein Motiv für die Weihung ergeben. Die Sphinx ist in vielen Fällen als „Todesdämon" auf hohen Pfeilern als Grab64

monument aufgestellt worden, aber auch dafür gibt es keine antike Überlieferung, die uns über den Grund dazu aufklärte. Die Sendung der Sphinx durch Apollon, die wir bei Sophokles und Euripides finden, geht wohl auf delphische Tradition zurück. Alles dies ergibt aber doch keine ausreichende Erklärung für die Weihung eines so riesigen Anathems durch einen kleinen Staat. Es ist anscheinend bisher nicht bemerkt worden, daß die Sphinx genau auf der Linie zwischen dem Haupteingang des delphischen Heiligtums von der Agora aus und dem oberen Eingang am Theater liegt. Ob dahinter eine mantische Absicht steckt, kann nicht nachgewiesen werden. Sie ist bei dem unebenen Gelände des Heiligtums eigentlich kaum zu erwarten, aber es lohnte sich immerhin, die Sichtbarkeit des Anathems von diesen beiden Punkten aus einmal an Ort und Stelle zu untersuchen. Durch das langgestreckte Kapitell erhält die Sphinx eine Richtungsbezogenheit, die andersartigen Säulenanathemen fehlt. Wahrscheinlich stand sie so, daß sie von der heiligen Straße aus im Profil zu sehen war. Die Höhe dieses Weihgeschenkes (12 m) wird auch bei der in der Nähe aufgestellten Nike des Paionios eingehalten, auf die wir später zu sprechen kommen. Zuvor muß eine große Gruppe von Weihgeschenken betrachtet werden, die nicht eigentlich zu den Säulenanathemen gerechnet werden kann. Die meisten von ihnen sind unterlebensgroß, zum Teil ziemlich klein. Es hat Votivsäulen gegeben, die wahrscheinlich der Athena geweiht waren und die wir auch auf panathenäischen Vasen abgebildet finden. In den meisten Fällen waren es aber Menschen, Koren und Kouroi. Auf der Akropolis von Athen haben sich 5 8 Säulenweihgeschenke nachweisen lassen, die aus der Zeit zwischen 530 und 490 stammen. Aber ihre Säulen waren meist nur so hoch, daß die von ihnen getragenen Bildwerke etwa in Augenhöhe standen. Große Weihgeschenke haben niedrige Basen. So werden die Säulen nur den Zweck gehabt haben, die Bildwerke in der großen Masse etwas hervorzuheben. Oft ist die Inschrift an ihnen angebracht. Es hat aber auch ziemlich kleine Götterbilder gegeben. Pausanias nennt in Olympia nahe beim Pelops-Temenos ein kleines Zeusbild auf einer „nicht hohen Säule". Auf Vasenbildern finden wir öfter solche kleinen Götterfiguren, manchmal hinter einem Altar. Auch hier wird die Säule nur den Sinn gehabt haben, die Statuen oder Statuetten nicht zu nahe am Erdboden aufzustellen, da sie dann schlecht zu sehen waren oder hinter einem Altar verschwanden, der in einigen Fällen vor ihnen steht. Die monumentale Säulenstatue scheint es in klassischer Zeit nicht gegeben zu haben, wenn wir nicht einer bei Tzetzes zu findenden Nachricht trauen wollen, daß Phidias im Wettstreit mit Alkamenes zwei Athenastatuen „auf hohen Säulen" geschaffen habe. Aber das ist äußerst unwahrscheinlich. Eine einzige Ausnahme machen die beiden Fassungen der Nike des Paionios, von denen die eine in Delphi, die andere in Olympia stand. Dieses etwa 140 Jahre nach der Sphinx und ganz in ihrer Nähe aufgestellte Werk ist hier aus besonderen Gründen zu betrachten, obwohl es nicht auf einer Säule, sondern auf einem dreikantigen Pfeiler stand. Wir kennen die Aufstellung der Nike genau, da die dreieckige Eintiefung im Felsen erhalten ist. Die Seite des Pfeilers, über der die Hauptansicht der Statue, man kann sagen, die einzig mögliche Ansicht, lag, ist nach dem südöstlichen Eingang und ungefähr nach der Mitte des „Festplatzes" gerichtet, der sich aus dem Verlauf der heiligen Straße ausweitet. War das delphische Exemplar (die Frage nach der Priorität des einen oder anderen Stückes geht uns hier nicht an) genau wie das uns bekannte olympische gebildet, so kam es bei dieser Göttin nicht auf die plastische Wirkung, sondern allein auf die Illusion des Herabschwebens an. Dieser Eindruck wird durch den dreikantigen Pfeiler ganz außerordentlich gesteigert. Denn da er kein plastisches Gebilde wie eine Säule ist, sondern eine unstabil wirkende Fläche, wird der Pfeiler als tektonisches Gebilde unwirksam. Man kann das selbst an Abgüssen, die nicht die ganze Höhe des Pfeilers wiedergeben, gut beobachten. Bisher hat es sich bei den griechischen Denkmälern, die wir betrachtet haben, nur um Weihgeschenke gehandelt. Dies wird erst im 4. Jahrhundert anders, als im Übergang zum Hellenismus dem Individuum eine ganz andere Rolle zuzukommen beginnt. Es ist die Zeit der großen Grabreliefs, die wir aus Athen in solcher Menge kennen und die erst gegen Ende dieses Jahrhunderts durch das Verbot des Gräberluxus ihr Ende finden. Mag es Vorläufer der Porträtkunst im 5. Jahrhundert gegeben haben, ihre eigentliche Blüte beginnt sich erst jetzt zu entfalten. Es ist seltsamerweise Delphi, wo uns die größte Zahl von Säulenporträts überliefert ist. Leider kennen wir sie sämtlich entweder nur aus der Über65

lieferung, oder sie wurden aus Inschriften und geringen Resten erschlossen. Erhalten ist kein einziges dieser Bildwerke, und unsere Vorstellung von ihnen ist schwach. Dazu schwankt noch der chronologische Ansatz der einzelnen Werke erheblich, so daß wir keine fortlaufende Reihe herstellen können, jedenfalls nicht für die Anfänge. Wir lassen alle diejenigen fort, bei denen es nicht ganz sicher ist, ob sie wirklich auf Säulen gestanden haben. Wir haben auch die Doppelsäulen fortgelassen, da sie einer besonderen Behandlung bedürften. Sie sind in gewissem Sinne Vorläufer der Bögen, von denen Plinius spricht, und haben wohl in der Hauptsache den Zweck, durch den aufgelegten Architrav eine breitere Standfläche zu schaffen. Ein Grund für die vergoldete Statue des Sophisten Gorgias, die er sich selbst errichtet haben soll, ist nicht zu finden. Da er sehr alt geworden sein soll, könnte die Aufstellung erst kurz vor seinem Tode erfolgt sein, etwa in den siebziger Jahren des 4. Jahrhunderts. Aber das Datum ist nicht zu erschließen. Auch die berühmte Hetäre Phryne hat sich selbst ein vergoldetes Standbild in Delphi aufgestellt. Warum sie das tat, und warum man das Weihgeschenk einer Hetäre, an dem manche Anstoß genommen haben, im Heiligtum duldete, ist völlig unbekannt. Der Zeitansatz dieser Statue hat sehr geschwankt, zumal man früher zwei Hetären des gleichen Namens angenommen hatte. Das Bildnis soll ein Werk des Praxiteles gewesen sein, der ein anderes Bild Phrynes für ihre Vaterstadt Thespiae angefertigt hat. Nach 338 hat der Adoptivsohn des Isokrates am Olympieion in Athen ein Säulenstandbild für seinen Vater, den berühmten Redner, aufstellen lassen. Das Epigramm, das diese Statue trug, zeigt klar, daß es sich in diesem Falle, wohl dem einzigen, den wir kennen, um eine Weihung an Zeus gehandelt hat. Im zweiten Jahrhundert werden die Pfeilerdenkmäler bevorzugt, die in der Idee der hohen Aufstellung mit den Säulenmonumenten übereinstimmen (für Eumenes, Prusias, Aemilius Paulus u. a.), aber hier fortbleiben müssen. Um 134 ist noch eine Statue des Diokleas von Pherai überliefert, die der Inschrift nach vergoldet gewesen sein soll. Stimmt die Kombination der Inschrift mit einer Standspur, so kann die Statue nicht groß gewesen sein, da der Durchmesser der Säulenstandspur auf nur 5 5 cm berechnet worden ist. Von allen diesen Denkmälern haben wir keine hinreichende Vorstellung. Sie sind Ehren- oder Siegesdenkmäler gewesen, manchmal Reiterstatuen, die in dieser Zeit aufkamen. Meist sind sie nur aus Inschriften und Resten der Basen erschlossen worden, während sie in der antiken Literatur gewöhnlich nicht erwähnt sind. Aber sie beweisen die politische Bedeutung, die Delphi in der Zeit des Hellenismus noch gehabt haben muß. Der Eindruck einer solchen Masse von hohen Weihgeschenken, die wahllos neben solchen zu ebener Erde oder auf mäßig hohen Sockeln standen, ist für uns kaum vorstellbar. Daran hat jeder zu denken, der es unternimmt, etwa Kopien solcher Bildwerke nachzuweisen, die 1 2 m hoch standen und dem Beschauer nur undeutlich sichtbar gewesen sein können. Sie waren ebensowenig ästhetischer Kunstbetrachtung zugänglich wie es der Parthenonfries gewesen ist. Die großen Beispiele der römischen Säulendenkmäler übertragen den Gedanken ins Monumentale. Wir lassen die zahlreichen meist dem Juppiter geweihten Säulen im römisch-germanischen Gebiet hier fort und kommen gleich zu den Säulen, die in der Stadt Rom selbst gestanden haben. Zum ersten Male zeigt die im Jahre 1 1 3 aufgestellte Säule des Trajan das spiralförmig umlaufende Band, das im Relief die Dakerkriege des Kaisers erzählt. Man hat über die Entstehung dieser Form viel hin und her geraten, zu einer überzeugenden Antwort ist man aber nicht gekommen. Warum sollte es keine neue Erfindung sein, die von Vorbildern unabhängig entstanden ist? Und warum sollte man sie Apollodor nicht zutrauen? Die Bedeutung dieser Säule ist nicht mit einem Wort zu umschreiben. Als Siegesdenkmal bildete sie die Achse des Forum Trajani, denn der noch hinter ihr liegende Tempel des Divus Trajanus ist erst nachträglich errichtet worden. Sie wurde gleichzeitig zu einem Grabmonument, denn in ihrem Sockel wurde die goldene Urne mit der Asche des Kaisers beigesetzt. Den Adler, der ursprünglich auf ihrer Höhe thronte, verdrängte später eine Statue des Kaisers, der, wie der Name seines Tempels andeutet, zum Gott geworden war. Bei der Säule des Antoninus Pius, die nahe seiner Verbrennungsstätte (ustrinum) auf dem Marsfelde stand, war der Schaft aus einem Monolith aus Granit gefertigt. E r ist heute verloren und nur der

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reliefgeschmückte Sockel ist noch im Cortile della Pignia des Vatikan zu sehen. Münzen zeigen das Standbild auf ihr. Noch aufrecht steht in Rom die Säule des Marcus Aurelius Antoninus, die im spiralförmigen Reliefband die Säule Trajans nachbildet. Sie ist ein Siegesdenkmal für die Markomannenkriege. Das vorletzte Beispiel in Rom sind die fünf Säulen mit Statuen, die hinter den Rostra standen und auf einem der zeitgenössischen Reliefs des Konstantinsbogens zu sehen sind. Die mittlere dieser Säulen, die aus glattem Schaft und korinthischem Kapitell bestanden, trug eine Statue Juppiters, die anderen vier Säulen Bildnisse der Tetrarchen, die damit in die Höhe der Götter versetzt sind. Wann die Kaiserstatuen entfernt wurden, wissen wir nicht. Von den Tetrarchensäulen ist heute nur die Basis der Säule Diokletians übrig und unter dem Namen Dezennaüenbasis bekannt. Die der anderen Säulen fehlen schon auf den frühesten Zeichnungen. 1587 ließ Sixtus V. auf der Säule Trajans Petrus, bald danach auf der Marc Aurels Paulus in Bronze gegossen aufstellen. So sind die beiden ersten Apostel nicht nur die Nachfolger der Kaiser, sondern auch der Säulenheiligen geworden. Es störte wohl nicht, daß unter ihren Füßen die heidnischen Römer gegen Daker und Markomannen kämpften. Der Brauch der Säulenstatuen wurde später in Konstantinopel fortgesetzt. Theodosius erhielt im Jahre 386 eine Säule, die 1 5 1 7 einstürzte. Eine 403 aufgestellte Säule des Arkadios, die in Zeichnungen der Renaissance überliefert ist, wurde 1720 wegen Baufälligkeit niedergerissen. Eine letzte Säule wurde in Konstantinopel für den Kaiser Marcian (450—457) aufgestellt; von ihr sollen Reste bestanden haben. In Alexandria steht noch heute die sogenannte Pompeiussäule, die wahrscheinlich für Diokletian bestimmt war und der Säule dieses Kaisers auf dem Forum in Rom in dem glatten Schaft mit dem korinthischen Kapitell gleicht. Ist eine in ihrer Nähe gefundene Inschrift zugehörig, so wurde sie zwischen 292 und 302 errichtet. Das Standbild des Kaisers fehlt wie in allen anderen Fällen. Das letzte römische Säulenmonument haben wir schon genannt. IV Es sollen nun noch einige statuarische Bildwerke betrachtet werden, von denen anzunehmen ist, daß sie einst auf Säulen standen. Im Heraion von Samos sind zwei einander sehr ähnliche weibliche Statuen gefunden worden. Die eine von ihnen tauchte schon 1878 drei Meter nördlich der NO-Ecke des letzten Tempels auf und gelangte in den Louvre. Der genaue Fundort der anderen in Berlin aufbewahrten Statue ist nicht mehr zu ermitteln (Tafel 5). Diese Statuen, deren Köpfe leider fehlen, stimmen in zwei Eigenschaften überein. Erstens sind sie beide von Cheramyes geweiht worden, die eine der Hera, die andere einer „Göttin", unter der man Aphrodite vermuten wollte. Zweitens sind beide im unteren Teile rund, die Basisplatte sogar kreisrund wie das aufliegende Gewand. Zusammen mit einem Fragment, das ebenfalls aus Samos stammt, und dem Mädchen mit dem Steinhuhn aus Milet, sowie einer in Olympia gefundenen Bronzestatuette zweifellos samischen Stils bilden sie eine Gruppe, der wir kaum etwas anderes anschließen können. Wollte man dazu noch die oben erwähnte Kore 677 von der Akropolis stellen, so ist sie nicht samisch und hat auch kein Anzeichen dafür, daß ihr Unterkörper rund war. Versuchen wir, die samischen Bildwerke chronologisch anzuordnen, so ist die Bronze aus Olympia zweifellos am ältesten, dann folgen die beiden samischen Statuen, von denen ich allerdings gegen Blümel das Berliner Stück für älter halten würde, falls es nicht einfach weniger gut ist als die Louvre-Statue, die auf Grund sehr bestimmter Indizien nicht viel vor den Kroisos-Säulen datiert werden darf. A n letzter Stelle steht das Mädchen mit dem Steinhuhn, bei dem nur die Plinthe ganz rund ist. Eine neuerdings in einer Vorstadt Athens gefundene Rundstatue (ohne Kopf) ist noch nicht genügend bekannt. Den Resten ihrer Haartracht nach könnte sie ziemlich alt sein. Einstweilen ist nicht zu sagen, ob sie aus Samos importiert wurde. In alten Kunstgeschichten findet man die Meinung, daß diese Art runder Statuen aus dem Baumstamm abzuleiten sei. Diese rationalistische Deutung befriedigt heute nicht mehr. Für die Bronze aus 67

Olympia hat man vermutet, sie sei mit zwei anderen als Stütze eines Dreifußkessels verwendet gewesen. Das runde Tragepolster auf dem Kopf spricht eher für Einzelverwendung, die wir nicht belegen können, die aber der Form der Bronze besser entspräche. Allen diesen Bildwerken gemeinsam ist das Ausschwingen des unteren Gewandsaumes, der kreisrund auf der Unterlage aufliegt. Das muß auch für die Bronze vorausgesetzt werden. Dieses Ausschwingen hat nicht etwa die Bedeutung, der Figur festeren Stand zu verleihen, denn Werke der gleichen Zeit und ähnlichen Stils wie die Statuen der Geneleosgruppe zeigen nichts davon. Mir scheint, daß sowohl die Rundung wie das Ausschwingen nach einer tektonischen Korrespondenz verlangen. Diese kann nur in dem gelegen haben, worauf die Bildwerke standen. Stellen wir die Rundstatuen auf eine Säule, so tritt das Gegenteil dessen ein, was wir vorhin bei der Nike des Paionios beobachtet haben: Die Rundfigur ist von allen Seiten gesehen mit der Säule verbunden und erhält damit auch optisch eine außerordentliche Standfestigkeit. Die Figur auf der Säule sucht nicht nach irgendeiner Kommunikation mit der Außenwelt, sie ist einsam und nur für die Göttin da, der sie geweiht ist (Abb. i).

Abb. i. Rekonstruktion einer Säulenstatue

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Wir dürfen freilich auf diesen Säulen kein ionisches Volutenkapitell erwarten, wie es bei der sitzenden Sphinx in Delphi durch die langgestreckte Form erforderlich war. Die samischen Statuen können nur auf einem runden Kapitell gestanden haben, das aus einem Echinus mit Eierstab und vielleicht oben und unten abschließenden Rundstäben bestand. Fragmente solcher Kapitelle zu finden, ist bei dem Erhaltungszustand der samischen Denkmäler allenfalls jemandem möglich, der die Reste so kennt, wie sie der Verfasser dieser Zeilen vor 40 Jahren gekannt hat. Wenn wir hier einen Vorschlag geben, so nur darum, weil damit gezeigt werden kann, daß ein solches Gebilde nicht ganz unvorstellbar ist. Die Säulenstatuen sind nur in bestimmten Epochen anzutreffen. In ihrem rasch erwachenden Willen zum Monumentalen hat die archaische Kunst Griechenlands im Osten die Riesentempel und die überlebensgroßen Kouroi geschaffen. Ob sie diese vom Orient übernommen hat und ob auch die Säulenstatuen daher stammen, soll hier nicht untersucht werden. Die klassische Zeit kennt zwar die kolossalen Statuen des Phidias, aber diese stehen oder sitzen auf der ebenen Erde, wenn auch auf reliefgeschmückten Postamenten. Sie sind vom Tempeldach bedeckt und wenden sich nicht in die Höhe, weil sie selbst Götter sind. Was unter freiem Himmel steht, hat meistens das Maß des Menschlichen wenig überschritten. Im Hellenismus fehlen die Säulenweihgeschenke der Art, wie wir sie beschrieben haben. Die in der Höhe stehenden Bilder von Menschen sind zwar den Göttern geweiht, weil sie in ihren Heiligtümern stehen, aber sie können die Absicht, in der sie aufgestellt wurden, nicht verbergen.

Wir fassen nun kurz zusammen, was sich für die Deutung der Säulenstatuen ergeben hat. Daß die Götter „oben" wohnen, ist für die meisten Religionen ein Faktum. Wenn man ihnen Weihgeschenke in der Höhe darbringt, so werden sie leichter von ihnen bemerkt oder empfangen. Wenn man die Götter aus der Höhe anbetet, erhören sie die Sterblichen leichter. Daß beides auf Säulen geschieht, hat wahrscheinlich verschiedene Gründe. Die Säule hat an sich einen magischen Charakter, der ihr durch sehr verschiedene Gedanken zugetragen sein kann. Sie kann in gewissen Fällen allein aufgestellt worden sein. Macht man sie also zum Träger eines Weihgeschenkes, so wird der magische Sinn beider verbunden. Weiterhin muß man daran denken, daß in den Heiligtümern eine für uns unvorstellbare und ungeordnete Masse von Weihgeschenken aller Art gestanden hat. So ist es verständlich, daß diejenigen, die es können, ihre Anatheme möglichst hoch über die anderen hinausragen lassen möchten. Auch hier gibt es agonale Prinzipien, die allerdings wohl meist mit dem Geldbeutel des Weihenden zusammenhängen. Plinius spricht von „supra ceteros mortales attolli". Er bezeichnet die auf Säulen aufgestellten Statuen also deutlich als Bildnisse von Sterblichen. Im Hellenismus und der von ihm abhängigen römischen Republik handelt es sich einfach um Ehrenstatuen, die für besonders verdiente Männer aufgestellt wurden. Seltsam bleiben die Fälle, in denen die Weihung durch den statuarisch dargestellten selbst erfolgt ist. Das agonale Prinzip, nach dem oft ein Weihgeschenk des einen Staates das eines anderen, mit dem ersten verfeindeten, veranlaßt hat, könnte ähnliches auch für die Weihungen einzelner Personen vermuten lassen, bei denen vielleicht eine erwartete Ehrung ausgeblieben war. Aber jede Vermutung, die wir in dieser Richtung aufstellen würden, erforderte eine historische Untersuchung, die wir hier nicht leisten können. Befremdend muß auch das Durcheinander von Götterbildern und Statuen von Dynasten, Politikern und Privatpersonen in einem solchen Heiligtum wirken. In diesen Fragen ist unsere Kenntnis noch sehr ungenügend. Wir wissen auch nicht, warum in der römischen Republik gerade nur die wenigen Säulenstatuen aufgestellt wurden, die uns überliefert sind. Daß hier viele fehlen, die nicht überliefert sind, darf man nicht einmal annehmen. Und ebenso unklar ist es, warum gerade diejenigen, von denen wir das wissen, so geehrt worden sind, obwohl es doch eine Menge anderer sehr verdienter Bürger gab. Der Gedanke der Vergottung fehlt bei den frühen Säulenfiguren. Die Sphinx und die beiden samischen Frauenstatuen sind keine Götter, die Koren der Akropolis geweihte Menschenbilder. Erst in der römischen Kaiserzeit wird die Absicht der Vergöttlichung deutlich. Das wurde bei der Säule Trajans gesagt, und noch augenfälliger ist es bei der Säule des Antoninus Pius, auf deren Basis die Apotheose dargestellt ist. Vorbereitet war diese Anschauung schon durch die in vielen Gegenden verbreiteten Hochgräber, die eine Vergottung der Toten oder jedenfalls seine Erhebung über die sterbliche Welt andeuten. Wir kennen seit Beginn der Kaiserzeit Säulenstatuen von Sterblichen, denen es nicht vergönnt war, Kaiser zu werden, nicht mehr. Das Individuum tritt mit dem sich wandelnden Verhältnis zum Transzendentalen zurück. Aber die christlichen Kaiser haben sich nicht gescheut, die Sitte nachzuahmen, um sich auch äußerlich über ihre Untertanen zu erheben. Etwas Derartiges mag es gewesen sein, was die Styliten in den Augen der Kirche unheimlich erscheinen ließ, und was auch dazu geführt haben mag, Stylitinnen ganz zu verbieten. Denn es ging nicht an, daß sich jemand ein individuelles Verhältnis zu Gott erzwingen wollte. Simeon soll einmal gesagt haben, er sei gezwungen, auf einer Säule zu stehen, damit ihm seine Verehrer nicht die Kleider vom Leibe rissen, um sie als Reliquien nach Hause mitzunehmen. Wenn er sich wie andere in die Wüste zurückgezogen hätte, so wäre wohl die Verehrung der Massen ausgeblieben. Es ist ein Rest heidnischen Denkens, das zu einer Zeit weiterwirkte, in der noch die letzten Säulenstatuen der Kaiser in Konstantinopel aufgestellt wurden.

Abbildungsnachweis: Fotos Tafel 5,1 u. 2 Staatl. Museen zu Berlin. — Tafel 5,3 u. 4 nach Buschor, Altsamische Standbilder. — Zeichnung: Helmut Kloss, Berlin

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F R A G M E N T EINER FRÜHARCHAISCHEN KRIEGERSTATUETTE (Mit Tafel 6 , 1 - 3 )

Max Kun^e

Unter den Bronzen, die im Jahre 1936 aus der Sammlung Karo in die Berliner Museen gelangten, zeichnet sich das Fragment einer früharchaischen Kriegerstatuette (Tafel 6, 1 — 3) durch seine Qualität besonders aus1. So wenig Angaben wir auch über das Stück haben2, seine archäologische und kunstgeschichtliche Bedeutung ist nicht zu verkennen. Ist die Statuette doch ein weiteres Zeugnis einer heute noch ziemlich im Dunkeln liegenden Entwicklungsphase der früharchaischen Bronzeplastik. Trotz des fragmentarischen Zustandes des Stückes ist der Typus ohne Mühe zu erkennen. An dem erhaltenen Oberkörper dieser männlichen Figur (Vollguß) ist der rechte, im Ellenbogen gewinkelte Arm zur Seite hin erhoben. Unterhalb des Handgelenks ist er abgebrochen. Der linke Oberarm ist dagegen steil nach unten geführt (Tafel 6, 1). Der Unterarm, nur zur Hälfte erhalten, ist leicht angehoben. Der Oberkörper, der sich nach unten stark verjüngt, ist etwa in der Höhe des Nabels abgebrochen. Vom Hals ist nur der Ansatz zu erkennen. Die grünliche Patina läßt nicht mehr alle Einzelheiten deutlich werden. Noch gut sichtbar ist die Frisur: Im Rücken (Tafel 6, 3) fällt das Nackenhaar bis zur Schulterhöhe herab und bildet dort einen waagerechten Abschluß. Beiderseits des Halses verteilen sich je drei geperlte Haarsträhnen auf die Brust bis zur Höhe der Brustwarzen. Diese sind zwischen den jeweils inneren Strähnen als Kreise mit plastisch erhöhtem Mittelpunkt erkennbar. Rippenrand sowie Schlüsselbeine3 heben sich gleichfalls plastisch hervor. Die Rekonstruktion des Motivs macht wenig Schwierigkeiten. Es reiht sich mühelos in den früharchaischen Typus des „lanzenschwingenden Kriegers" ein. Der erhobene rechte Arm schwang eine Lanze, die „Linke aber kann — das ergibt sich... schon aus der Haltung des gebeugten, vorgestreckten Armes, die bereits die geometrische Zeit vorgebildet hatte — schwerlich etwas anderes als einen Schild getragen haben.. ." 4 . Gelegentlich tauchen allerdings bei diesem Bewegungsmotiv andere Attribute auf5. Da beide Hände unserer Figur verloren sind, wird man die verlorenen Attribute nicht bestimmt nachweisen können. Durch das lange Nachleben des Motivs mit Schild und Lanze bis weit in das 6. Jahrhundert hinein kann dieses Motiv für unser Fragment als wahrscheinlich gelten. Der Krieger aus 1

Die Veröffentlichung des Berliner Stückes ist mir in großzügiger Weise durch Fräulein Dr. E. Rohde gestattet worden. Ihr gebührt mein herzlicher Dank. Herrn Dr. G. Heres sei an dieser Stelle für den Hinweis auf das Fragment gedankt. 2 Herkunft unbekannt. Höhe: 5 cm, Breite: 6,85 cm. Inv. 31573, V . 37. 3 Als Schlüsselbein muß man den Bogen unterhalb des Halses zwischen den Haarsträhnen deuten; Darstellungen in dieser Weise sind uns aus nachgeometrischer Zeit bekannt, z.B.: Bronzekuros Delphi; Fouilles de Delphes Bd. V , Paris 1926, S. 34, PI. 3. — Kuros, Musée du Louvre: J. Charbonneaux, Les Bronzes grecs, Paris 1958, Pl. XII, 3. 4 E. Kunze, in: Bericht über die Ausgrabungen in Olympia Bd. 4, Berlin 1944, S. 119. 5 So Zeusstatuetten mit Lituus, z. B. aus Euhydrion (Simikli), Volos 652 z. Z. Athen (abgebildet bei H. Biesantz, Die thessalischen Grabreliefs, Mainz 1965, Taf. 58, L 88) oder die frühen blitzschleudernden Zeusdarstellungen (z. B. die im Athener National-Museum, abgebildet in: Ephemeris Archaiologikae, Athen 1904, S. i8of., Abb. 8 bis 10).

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Olympia B 4240, den man einer arkadischen Werkstatt zuweist, veranschaulicht das Fortleben des Motivs im dritten Viertel des 6. Jahrhunderts6. Er steht keineswegs allein; nach dem überlieferten Material zu urteilen, scheint der Typus im 6. Jahrhundert besonders auf der Peloponnes beliebt gewesen zu sein. Ja man glaubt gelegentlich an die arkadische Herkunft des Motivs7, selbst wenn uns auch Beispiele aus anderen Kunstkreisen bekannt sind8. Der motivgeschichtliche Zusammenhang dieser „lanzenschwingenden Krieger" mit den geometrischen Bronzen gleicher Art ist unverkennbar und wird kaum geleugnet werden. Das Berliner Fragment sowie die oben genannten Beispiele sind aber als eine Weiterentwicklung und gleichzeitige Überwindung des geometrischen Typus anzusehen. Wie N. Himmelmann-Wildschütz in seinen trefflichen „Bemerkungen zur geometrischen Plastik"9 ausgeführt hat, entfalten sich die geometrischen Figuren „wechselansichtig", indem z. B. der lanzenschwingende Arm scharf im rechten Winkel nach vorn genommen ist. Das Berliner Fragment dagegen und ebenso die oben genannten Statuetten archaischer Zeit sind typisch für die Überwindung dieser „Wechselansichtigkeit". Sie erreichen durch die seitliche Haltung des rechten Armes eine „neue bildmäßige Geschlossenheit der Vorderansicht"10. Natürlich war dieser Übergang kompliziert und allmählich; er wird bei unserem Motiv im ausgehenden 7. Jahrhundert und beginnenden 6. Jahrhundert vor sich gegangen sein. Dieses Tasten nach „neuer bildmäßiger Geschlossenheit in der Vorderansicht" ist an den Statuetten dieser Zeit abzulesen: Der erhobene rechte Arm rückt nun in eine Ebene mit der Brust 11 , während der schildtragende linke Arm z. T. in der geometrischen Haltung beibehalten wird 12 . Interessanterweise treten in dieser Zeit Varianten für die Haltung des linken Armes auf, die das Suchen nach neuen Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Sinne verraten. So der kleine Krieger im Athener National-Museum (Nr. 1429) 13 , der, den Ellenbogen zur Seite streckend, den angewinkelten Arm vor den Körper führt; oder der Krieger aus Andros (Sammlung E. G. Spencer, Churchill)14, der den linken Arm ungewinkelt vom Körper weg nach unten abspreizt. Gemeinsam ist ihnen das Suchen nach Sichtbarmachung der Bewegung in der Vorderansicht. Und so überrascht es nicht, daß gerade in dieser Zeit, in den ersten Jahrzehnten des 6. Jahrhunderts, die ersten Figuren des „blitzschleudernden Zeus" auftreten15, und zwar zunächst noch ganz im Bewegungsmotiv des frühen archaischen Lanzenschwingers mit erhobenem, zur Seite gewinkelten rechten Arm und angehobenem linken Unterarm16. Von hier aus führt der Weg zu dem festen Typus des „blitzschleudernden Zeus", wie er uns — weitausschreitend, mit der erhobenen Rechten den Blitz schleudernd, auf dem vorgestreckten linken Arm einen Adler tragend — noch bis in spätere Zeit hinein begegnet. 6

E. Kunze, Bericht über die Ausgrabungen in Olympia, Bd. 7, 1961, S. 169!:., Taf. 72—73. ' Staatliche Museen zu Berlin, Katalog der statuarischen Bronzen im Antiquarium Bd. 1 : K. A. Neugebauer, Die minoischen und archaisch griechischen Bronzen, S. 77 Nr. 177. Arkadischer Herkunft ist auch eine Jünglingsstatuette der C. F. Seitmann Collection (in : Ancient Art in American Private Collections, Cambridge, Mass. : Fogg Art Museum 1954, Nr. 205), lakonisch dagegen der Jüngling Tegea, Mus. 1589 (Bericht über die Ausgrabungen in Olympia [wie Anm. 6], S. 179, Abb. 100). 8 So der Krieger aus Euhvdrion (Simili) Athen, N. M. 15 182; Biesantz (wie Anm. 5), Taf. 59, L 89. 9 N.Himmelmann-Wildschütz, Bemerkungen zur geometrischen Plastik, Berlin 1964. 10 Himmelmann- Wildschütz (wie Anm. 9) S. 22 t. 11 Z. B. der frühe blitzschleudernde Zeus aus Athen, N. M. (siehe Anm. 5). Diesen Übergang zeigen übrigens auch die frühen Palladionstatuetten. Das frühe Beispiel aus Olympia B 4500 (Kunze, [wie Anm. 6], S. 160—163, Taf. 70—71) stellt eine Kompromißlösung dar: „wobei der erhobene Oberarm die Richtung wechselt, als hätte er ein Gelenk" (ebd. S. 176, Anm. 72). An den Palladionstatuetten des frühen 6. Jahrhunderts rückt dann der erhobene rechte Arm konsequent in eine Ebene mit der Brust, z. B. Athen N. M. 6450 (H. G. Niemeyer, in: Antike Plastik, Lief. III, Taf. 3o.a.b.) oder eine Statuette aus Thessalien: Biesantz (wie Anm. 5), Taf. 76. 12 Noch in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts ist diese Haltung nachweisbar, z. B. Bronzestatuette Olympia B 4240 (s. Anm. 6). Das Tragen eines Schildes dürfte die Haltung erklären. Man könnte so geneigt sein, von einer selbständigen Reihe innerhalb des Bewegungsmotives zu sprechen. 13 A. de Ridder, Bronzes trouvés sur l'Acropole d'Athènes, Paris 1896, Nr. 741, Fig. 248. 14 Mir nur zugänglich in der Abbildung, in: Antike Kunst, Jg. 7, Ölten 1964, Anhang S. VI. 15 Vgl. dazu W. Schwabacher, in: Antike Kunst, Jg. 5, Ölten 1962, S. 9. 16 Statuette im Athener National-Museum, s. Anm. 5.

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Übcrgangsbeispiele machen den motivgeschichtlichen Zusammenhang deutlich; auch hier ist die Wandlung aus dem Übergang von der geometrischen „Wechselansichtigkeit" zum reliefmäßigen Aufbau der Vorderansicht zu verstehen17, in der sich dann die Figur entfaltet. In diesem Sinn läßt sich die Haltung der Bronzestatuette eines kämpfenden Gottes deuten, die in West-Berlin aufbewahrt wird 18 . Der linke Arm ist fast waagerecht nach vorn gestreckt, während der Kopf sich schon leicht zur Seite wendet. Der Bewegungsimpuls ist jedoch nach vorn gerichtet19. Das zur Seite ausfallende Schrittmotiv ist noch gar nicht zur Geltung gebracht. Es taucht aber zum Beispiel, wenn auch zögernd und noch unsicher, an einer Bronze im Athener National-Museum auf20. Der Kopf ist auch hier nur leicht gedreht: Das Schwanken zwischen der sich in Frontalansicht nach vorn bewegenden und der reliefmäßig agierenden Figur ist nicht zu verkennen. Andere frühe Zeusdarstellungen bestätigen diese Beobachtungen21. Eine ähnliche Entwicklung zeigen übrigens auch verwandte Motive22, die den motivgeschichtlichen Zusammenhang des Lanzenschwingers mit dem späteren „Blitzschwinger" bezeugen. Wie wir sahen, führt der Weg vom geometrischen „lanzenschwingenden Krieger" und seiner Ausläufer im 7. Jahrhundert23 zu den frühen archaischen Typen, zu denen unser Berliner Fragment gehört. In ihnen spiegelt sich der Übergang zur „bildmäßigen Geschlossenheit in der Vorderansicht", verbunden mit dem Suchen nach Bewegungszusammenhängen in diesem Sinne. So beginnt sich in dieser Zeit auch der „Blitzschleuderer" zu entwickeln, wie die Übergangsstücke zeigten. Der motivgeschichtliche Zusammenhang erscheint gesichert24 und läßt eine ungefähre Entstehungszeit des Berliner Fragmentes zumindest vermuten. Der in der Ebene der Brust abgewinkelte rechte Arm kennzeichnet, wie gezeigt wurde, die Überwindung geometrischer Gestaltung im Aufbau der Lanzenschwinger des 7. Jahrhunderts. Wie eine ganze Reihe von Vergleichsbeispielen vermuten läßt, vollzog sich diese Wandlung im ausgehenden 7. Jahrhundert und im beginnenden 6. Jahrhundert25. Die Statuetten, die diese Haltung in die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts tradieren, zeigen jedoch eine entwickeltere Körpergestaltung. Eine Datierung des Berliner Fragments in die Zeit dieser Wandlung liegt somit nahe. Der Frisurentypus bestätigt den Ansatz. Das Langhaar, das in einzelnen, spitz zulau17 18

19

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22 23

24 25

Vgl. dazu Himmelmann- Wildschütz (wie Anm. 9), S. 10—11. Mise. Inv. 7906. Neugebauer (wie Anm. 7), S. 77, Nr. 177, Taf. 28. Führer durch die Antikenabteilung, Berlin 1966, S. 63. Reifer, doch verwandt, ist der kleine Zeus aus Olympia B 3010: Kunze (wie Anm. 6), S. 176 ff, Taf. 78, Abb. 99. Das hat u. a. Kunze schon dazu bewogen, eine chronologische Erklärung für diesen Bewegungszusammenhang zu geben (ebd. S. 178). Archaiologikon Deltion Bd. 13, 1930/31, S. 57, Abb. 11. So ein Lanzenschwinger aus Arkadien, abgebildet in: The Journal of Hellenic Studies, Vol. 4z, London 1922, S. 212, Fig. 4c. Siehe Anm. 1 1 . Beispielsweise die späten Krieger aus Olympia B 1 7 0 1 , E. Kunze (wie Anm. 4), S. 122, Taf. 45—46 und B 1999, E. Kunze, ebd. S. 122t, Taf. 43—44, die freilich in ihrer Datierung neuerdings umstritten sind. Vgl. dazu besonders F. Willemsen, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athen. Abt., Jg. 69/70, Berlin 1954/1955, S. 12 ff. E r wendet sich gegen die Datierung E . Kunzes (gegen 600) und schlägt eine Datierung in die Zeit der Wende oder Anfang des 8. Jahrhunderts vor. Mit Recht hat man diese Datierung abgelehnt; s o H . V. Herrmann, in: Jahrbuch des Deutschen Archäolog. Instituts, Jg. 79, Berlin 1964, S. 70, Anm. 194, der dagegen eine Datierung in die Zeit um 660 vorschlägt. Vgl. auch W. Schwabacher, in: Antike Kunst, J g . 5, Ölten 1962, S. 9, Anm. 2. Ein überzeugender Nachweis für eine frühere Datierung als die von E . Kunze vorgeschlagene fehlt m. E . jedoch. — Die Kriegerstatuette im Worcester Art Museum (D. G. Mitten-S. F. Doeringer, Master Bronzes from the Classical World, Mainz 1968, S. 52, Nr. 35) dürfte, wie K. Schefold (ebd.) meint, etruskischen oder italischen Ursprungs sein. Sie wäre das einzige Beispiel für das Fortleben des reinen geometrischen Typus im 6. Jahrhundert. Anders E. Kunze (wie Anm. 4), Bd. 4, 1944, S. 124. Vgl. den frühen Zeus, Athen (siehe Anm. 5), den Krieger aus Andros (siehe Anm. 14) oder den im frühen 6. Jahrhundert entstandenen Krieger im Louvre ((F. Lamb, Greek and Roman Bronzes, London 1929, S. 83, PI. X X V a ) . Die wenigen Ausnahmen aus geometrischer Zeit ändern an diesem Sachverhalt nichts: z. B. der Ringhenkelhalter aus Dodona (Annual of the British School of Athens, Vol. 35, London 1934/35, PL 21) oder der Krieger aus Dodona (Journal of Hellenic Studies. Vol. 42, London 1922, S. 213, Fig. 7c) oder die Statuette Olympia B 2 9 1 4 , Athen National-Museum (Olympia, Ergebnisse der Ausgrabungen, Bd. 4, 1890, Taf. 16, Nr. 243).

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fenden Strähnen zerteilt auf die Brust herabfällt, ist bezeichnend für die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts26. So kennen wir es aus verschiedenen Landschaften an Bronzestatuetten dieser Zeit27. Schließlich sei auf die betonte Schlankheit der Figur hingewiesen. Sie ist auch an großplastischen Werken dieser Epoche zu beobachten28, mit denen die Statuette ferner die Angabe des Rippenbogens gemeinsam hat. Die auffallende Flachheit des Werkes (Tafel 6, z) wird man wohl als eine lokale Besonderheit werten müssen29. Unwillkürlich fühlt man sich beim Betrachten unseres „Lanzenschwingers" und der großen Reihe anderer „Krieger" dieses Motivs an die ermahnenden und aufmunternden Worte des Tyrtaios erinnert, der den todesverachtenden und tapferen Krieger so eindrucksvoll zu schildern weiß: TcO-vä^tEvai yc^v AeXxiov Bd. 19, Athen 1964 (1965), 37ff., Taf. 22—28. Zu den Sithnidischen Nymphen vgl. Zwicker, Art. 2iih>lSe3

30,8 35.4

27,1 24,6

rechts

27,0

62,75 (62,95)

Volutenabstand Volutenlänge Augenabstand Zentrum—Unterlager Volutenhöhe

links

20,75

21,2

rechts

20,8

links links

0,9 (23,2)

39'°

rechts rechts

i,6 22,6

Gesamthöhe

links

26,3 (26,5)

Höhe Unterlager—Oberlager Kanalishöhe, einschl. Rundstäben Echinushöhe Kyma-Achse (Durchschnitt) Abakushöhe Abakusbreite Abakuslänge

rechts

(23,0)

25,2

16,95 6,45 7,2

links links

5," 3,3

32.3

rechts rechts

2,6 31,5

45,7

Exkurs über einen Trochilus in der Berliner Antiken-Sammlung Ein Trochilus einer ephesisch-ionischen Basis aus blauem, sehr feinkörnigem Marmor, der sich heute ebenfalls im Pergamon-Museum befindet, ohne daß seine Herkunft bekannt wäre, stammt wahrscheinlich auch aus Samos, da dort ähnliche Stücke gefunden wurden, und soll deshalb hier kurz erwähnt werden.

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Er hat einen Durchmesser von 47 cm und ist 18,7 cm hoch, seine Mantelfläche ist 1,3 cm eingezogen und mit 5 korbbogenförmigen Kanelluren versehen. Die Oberseite ist flach und hat den gezahnten Spiegel einer Anathyrose und ein rechteckiges Dübelloch in der Mitte (3 X 3,5 cm). Die untere Kante ist abgefast. Die Unterseite ist gezahnt und hat ebenfalls ein Dübelloch gleicher Größe in der Mitte. Die feingliedrige und präzise Ausführung und das kleine Format legen die Frage nahe, ob der Trochilus vielleicht zu unserem Kapitell gehören könnte. Bei unserem oberen Säulendurchmesser von etwa 27 cm und einer Verjüngung von 16% des unteren Durchmessers müßte unser unterer Durchmesser 3 2 cm sein.11 Nimmt man dazu nach samischem Beispiel eine Torusausladung von 4 cm an, so ergibt sich ein Durchmesser von 32 + 2 mal 4 = 40 cm, es bleiben also 2 mal 3,5 cm, die der Trochilus unter dem rekonstruierten Torus hinausstünde. Das ist zu viel, um ihn, bekannten Beispielen folgend, unserer Säule zuweisen zu können.

Abbildungsnachweis: Tafel 7 Ruth Walz-Berlin; Zeichnungen: Verf.

14

Gruben (s. Anm. 2), S. 148, Anm. 121.

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UNTERSUCHUNGEN ZUR RELIEFGESTALTUNG DES TELEPHOSFRIESES (Mit Tafel 8 - 1 4 )

Huberta Heres - von Littrow Viele Betrachter des Telephosfrieses haben in dessen einzelnen Szenen eine bildmäßig wirkende Einheit zwischen der landschaftlichen bzw. architektonischen Szenerie und den Figuren empfunden1. Von anderer Seite wurde dagegen bis in die jüngste Zeit häufig der attributive Charakter der landschaftlichen Elemente für alle Bilder oder für einen Teil betont2: Sie dienten wie die landschaftlichen Darstellungen der klassischen Kunst nur zur Erklärung der örtlichen Situation oder sachlicher Gegebenheiten, würden nur sparsam verwendet und besäßen selbst keine raumbildende Wirkung. Auch die Anordnung der Figuren in den einzelnen Szenen, ihre Stellung zueinander und ihre Staffelung vor dem Reliefgrund, Kriterien, die für die räumliche Wirkung der Bilder maßgebend sind, wurden verschieden beurteilt. Während Winnefeld und von Salis3 noch keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Reliefgestaltung am Telephosfries und an den Grab- und Weihreliefs des 4. Jahrhunderts sahen, wird in neuerer Zeit die starke räumliche Wirkung der Bilder hervorgehoben, die Durchbrechung der vorderen und rückwärtigen Grenzen des Flachbühnenraums, die Erweiterung der Bewegungen der Figuren über ihren Gestaltraum hinaus in den umgebenden Raum4. Zuletzt hat K . Stähler den Fries einer eingehenden Untersuchung gewürdigt5 und in Reliefstil wie Komposition einzelner Szenen eine flächige, zeichnerische Konzeption, „lineare Flächenfigurationen" erkennen wollen. Diese abweichenden Urteile beruhen auf der unterschiedlichen Reliefgestaltung der einzelnen Bilder, auf die bisher nur andeutend aufmerksam gemacht wurde6. Im folgenden soll daher der Versuch unternommen werden, die verschiedenen Reliefformen am Fries voneinander abzusetzen und 1

Winnefeld, S. 239t. — W. Klein, Geschichte der Griechischen Kunst, Leipzig 1907, Bd. III, S. 135. — H. Kahler, Der Große Fries von Pergamon, Berlin 1948, S. 104, 178 Anm. 5. — Derselbe, Pergamon, Berlin 1949, S. 52ff. — G. Lippold, Die Griechische Plastik, in: Handbuch der Archäologie, 5. Lief., München 1950, S. 357. — Vierneisel, S. 5 ff. — Stähler, S. 167. 2 v. Salis, S. iooff. — K. Gutmann, Die hellenistisch-römischen Reliefbilder, Phil. Diss. Straßburg 1914, S. 7ff., 49. — Pagenstecher, in: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Bd. 1 o, 1919, S. 3 5 ff. — Die flächige Schichtung der Landschaftsbilder des Frieses wurde auch in der Auseinandersetzung über den landschaftlichen Raum im hellenistischen und römischen Relief hervorgehoben. Vgl. Sieveking, in: RM 32, 1917, S. 81 f. mit älterer Literatur. — Derselbe, in: Festschrift für Paul Arndt, München 1925, S. i8f. — A.. Schober, in: Wiener Jahrbuch f. Kunstgeschichte, Bd. 2, 1923, S. 44ff. Das Zurücktreten der landschaftlichen Elemente wird mit dem Charakter des monumentalen Architekturfrieses erklärt von Lehmann-Harthben, Die Trajanssäule, Berlin u. Leipzig 1926, S. 125. — A. Schober, in: Jahreshefte des österreichischen Archäologischen Institutes, Bd. 30,1936, S. 39f. — Derselbe, Kunst von Pergamon, InnsbruckWien 1951, S. iooff. — U. Hausmann, Griechische Weihreliefs, Berlin i960, S. 92. — Stähler, S. iÖ2ff. — D. Pinkrvart in: Göttingische Gelehrte Anzeigen, Jg. 220, 1968, S. 206. 3 Winnefeld, S. 240. — v. Salis, S. 100. 4 Kähler, Pergamon, S. j 3 f f . — Schmidt, S. 76t. mit Anm. 393. — W. Fuchs, Die Vorbilder der neuattischen Reliefs, 20. Ergänzungsheft zum Jdl, Berlin 1959, S. 169f. 5 Stähler, S. i66ff. 6 Vierneisel, S. 5 ff. — Schober, Der Fries des Hekateions von Lagina (Istanbuler Forschungen Bd. 2), Baden bei Wien 1933, S. 93. — Vgl. unten Anm. 106. — Pinkwart (wie Anm. 2), S. 208.

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ihr Verhältnis zu Vorbildern des 5. und 4. Jahrhunderts genauer zu bestimmen, als es bisher geschah, um damit die Stellung des Frieses in der Reliefkunst des 2. Jahrhunderts deutlicher einzugrenzen7. Es lassen sich dabei verschiedene Gruppen unterscheiden.

Gruppe A Besonders ausgeprägte Raumwirkung wurde an der Platte 10: K ö n i g T e u t h r a s v o n M y s i e n mit seinem G e f o l g e (?)8 festgestellt und die Schrägstellung der Figuren zueinander und zum Reliefgrund als Ursache hierfür erkannt9. Der Fürst und seine beiden Begleiter scheinen aus dem Bild schräg nach links vorn zu eilen. Dabei sind alle drei Figuren über einer Grundlinie angeordnet, die diagonal zu ihrer Laufrichtung in den Reliefgrund hineinführt. Die vorderste Ausladung der Gruppe bildet die Gestalt des Fürsten, die größte Tiefe des Bildes scheint erreicht in der Gestalt des Doryphoros im Rücken des Königs, der diagonal zu dessen Lauf- und Blickrichtung aus dem Reliefgrund nach rechts schaut. Durch solche sich kreuzenden Richtungen, die auch zwischen den Figuren der Dreiergruppe, beispielsweise in der Wendung der Köpfe, zu beobachten sind, wird die Reliefbühne nach vorn geöffnet und verliert auch nach hinten ihre feste Begrenzung. Die Figuren treten aus dem Reliefgrund hervor als sei er freier Raum, wie es auch mit dem hohen Luftraum über den Figuren angedeutet ist. Daß die Gestaltung des oberen Abschlusses der Platten als Hohlkehle der Begrenzung ihre Bestimmtheit nimmt und wesentlich dazu beiträgt, den Reliefgrund als freien, ungemessenen Raum auffassen zu können, wurde besonders von H. Kähler betont10. An keiner Platte des Frieses ist das mehrfach hervorgehobene Zusammenwirken von Reliefgrund und Gestalt zu einer bildlichen Einheit im Sinne einer räumlichen Atmosphäre so weit geführt wie hier 11 . F. Matz12 hat bereits durch einige Vergleiche den Abstand erläutert, der die Gruppe mit ihrem entschiedenen Raumaufschluß von älteren ähnlichen Figurengruppen trennt. Der Abstand wird besonders deutlich im Vergleich mit den Kriegergruppen aus dem Kleinen Sockelfries des Nereidenmonumentes in Xanthos 13 , auf deren nahe Motivverwändtschaft schon Schräder hingewiesen hat14. Sowohl die schräge Hintereinanderstaffelung der eilenden Figuren wie auch die parallelen Übereinstimmungen in der Beinstellung, im Verlauf der Gewandsäume und zurückflatternder Chitonfalten über mehrere Figuren hinweg, die zum Grundzug der Figurenreihungen dieser Friese gehören15, entsprechen sich hier wie dort. Ein Krieger, der sich zum Nachfolgenden zurückwendet wie der Gefolgsmann zu Teuthras, findet sich auf Platte BM. 86616. Die Gruppe der Gefangenen der Platte BM. 884a17 zeigt 7

Die folgenden Ausführungen entsprechen im wesentlichen dem 1. Kapitel meiner Dissertation (Der Telephosfries. Seine entwicklungsgeschichtliche Stellung, Fragen der Komposition und der Ausführung), die im Jahre 1967 bei der Philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin eingereicht wurde. Rat und Anregungen verdankt diese Arbeit meinem Lehrer Prof. Dr. L. Alscher, sowie Prof. Dr. B. Andreae und Dr. W. Schindler. 8 Winnefeld, S. 167^, Taf. X X X I I , 5. — Kähler, Pergamon, Abb. 34. — Schmidt, S. 72 Taf. 61. - Die Numerierung der Platten folgt der v o n H . Schräder, in: Jdl 15, 1900, S. n o f f . ermittelten Reihenfolge. Vgl. hierzu Winnefeld, S. 215 ff. — Für die Beschreibung der Platten wird im folgenden jeweils auf Winnefeld, S. iJ7ff., für die Deutung meist auf die ausführlichen Literaturangaben bei Schmidt, S. 71 ff. mit Anm. 342 ff. verwiesen. 9 F. Matz, i n : Festschrift für August Oxé, Darmstadt 1938, S. 19. — Derselbe, in: A A 59/60, 1944/45, S. 98ff. — Kähler, Pergamon S. 5 3 f. — Vierneisel, S. 6 f. — G. Krahmer, in : Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften Göttingen, Jg. 1927, S. 60 (Bewegung konträr zum Reliefgrund). — Dagegen Stähler, S. 171 ff. — Vgl. hierzu Pinkwart (wie Anm. 2), S. 207. 10 11 Kähler, Fries (wie Anm. 1), S. 176 Anm. 31. So schon gewertet von Vierneisel, S. 6. 12 Matz, A A (wie Anm. 9), 97ff. 13 A. H. Smith, A Catalogue of sculpture in the department of Greek and Roman antiquities, British Museum, Vol. 2, London 1900, Nr. 866ff. — Ch. Picard, Manuel d'Archéologie Grecque, La Sculpture, Bd. 2, 2, Paris 1939, S. 849ff., besonders 87off. — Lippold(wie Anm. 1), S. 208. — W.-H. Schuchhardt, A M 52,1927, io7ff. 14 Schräder (wie Anm. 8), S. 122. — v. Salis, S. 95. — Stähler, S. 137. 15 Rodenivaldt, in: Sitzungsberichte der PreußischenAkademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Kl., Bd. 27,1933, S. io3Öff. 16 Smith (wie Anm. 13), Nr. 866. — Michaelis, Monumenti inediti, Rom 1874—78, Vol. 10, Taf. X V , 55. — H. Brunn, F. Bruckmann, Denkmäler Griechischer und Römischer Skulptur, München 1888—1931, Taf. 216 Mitte. 17 Smith (wie Anm. 13), Nr. 884a. — Michaelis (wie Anm. 16), Taf. X V , 54a.

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ähnlich wechselnde Richtungen in der Wendung der Oberkörper wie die Dreiergruppe des Königs xind seiner Gefolgsleute. Doch bleiben hier die Figuren klassischen Reliefgesetzen entsprechend mit ihren Bewegungen in der Fläche und weitgehend parallel zum Reliefgrund, während an der Gruppe des Telephosfrieses die Figuren aus dem Reliefgrund heraus dem Betrachter entgegendrängen und die flächengebundene Reliefgestaltung durch Raumdiagonalen gesprengt wird. Während am Fries von Xanthos die Bewegung von einer Gruppe zur anderen weiterfließend den ganzen Fries durchzieht, ist hier, um die Szene als fest abgeschlossenes Bild zu gestalten, die Bewegung zum rechten Rand hin zum Stillstand gebracht, indem die Schräge vom Körper des rechten Begleiters in der Gestalt des Teuthras schon gemildert und in der Randfigur ganz zur Senkrechten aufgestellt wird 18 . Auch Platte 2/.• T o d der Söhne des skythischen I s t r o s , H e l o r o s und A k t a i o s 1 9 (Tafel 8,1) zeugt von stark entwickeltem Raumgefühl. Von einem erhöhten Standpunkt im Hintergrund des Bildes — man hat hier einen Wagen vermutet20 — stürzt der eine der Brüder mit ausgebreiteten Armen rücklings über das im Vordergrund am Boden liegende Wagenpferd herab. Die Bewegungsrichtung seines Körpers von hinten links nach vorn rechts wird annähernd parallel wiederholt von dem zweiten, dessen Oberkörper im Sturz schräg gegen den Bildgrund zurückfällt und diese Richtung noch durch den emporgeworfenen rechten Arm fortsetzt. Diese diagonal zum Reliefgrund gerichteten Bewegungen öffnen die Reliefbühne nach vorn. Auch die rückwärtige Begrenzung scheint durchbrochen. Der zum Reliefgrund hin immer flacher werdende Körper des linken Gestürzten, dessen Oberschenkel nur wenig Relieferhebung hat, und der sich im Hintergrund verlierende Umriß des Gorytos vermitteln den Eindruck räumlicher Tiefe wie wir ihn von Platte 10 kennen. Anscheinend waren jedoch auch einige Bildelemente weitgehend parallel zum Reliefgrund angeordnet, so Beine und Schild des rechten Gestürzten, das Wagenpferd, der von links herantretende Mann. Diese Motive mildern den kühnen Raumaufschluß der Szene und stellen die Reliefbühne von den Seiten her wieder zu, so daß die räumliche Öffnung nicht so konsequent durchgeführt ist wie auf Platte 10. Die Anordnung der Gefallenen und die vielfache Hintereinanderschichtung der aus Resten erschließbaren Figuren am rechten Rand der Szene verleihen jedoch dem Bild große räumliche Tiefe. Die Gruppe der Gefallenen vor Aphrodite im Großen Fries, die man oft mit der Szene des Telephosfrieses verglichen hat21, wirkt in ihrer Raumdarstellung dagegen wesentlich zurückhaltender. Der Art des Frieses gemäß22 sind die Stellen, an denen die Figuren in den Hintergrund eindringen, verdeckt, wie auch die vordere Begrenzung der Reliefbühne gewahrt ist. Auch bilden die Körperachsen keine entschiedene Diagonalrichtung zum Reliefgrund. Der rücklings Niedergefallene ist der Profilansicht angenähert. Der unter ihm Liegende stürzt fast frontal nach vorn und seine Schultern weichen nur wenig von der bildparallelen Richtung ab. So naheliegend es war anzunehmen, daß die Gruppe des Kleinen Frieses von der Darstellung des Leichenhaufens vor Aphrodite beeinflußt ist, so besteht doch zwischen beiden Gruppen ein wesentlicher Unterschied darin, daß an der Platte des Kleinen Frieses der Vornüberfallende fehlt und beide Figuren von entgegengesetzten Seiten her rücklings übereinandergestürzt sind. Es ist deshalb möglich, daß die Heloros-Aktaiosgruppe eine andere ältere Bildvorlage, wie sie etwa in der Gruppe zweier schlafender Thraker auf der Rhesos-Situla des Lykurg-Malers in Neapel23 vorliegt, selbständig weiterentwickelt. Doch bleibt auf der Situla die obere Figur mit Körper und Gliedmaßen streng bildparallel. Kopf und Oberkörper des unteren Thrakers fallen zwar rückwärts herab, aber Unterleib und Beine dringen nicht in Fortsetzung dieses Motivs schräg nach oben in den Bildgrund hinein sondern sind bogenförmig in bildparallele Lage 18

vgl. Stähler, S. 1 7 2 f.

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Winnefeld, S. i 8 o f . Taf. X X X V , 3. — G. Bruns, Der Große Altar von Pergamon, Berlin 1949, S. 66f., Abb. 46. — C. Robert, J d l 2 , 1 8 8 7 , S. 2 ; 6 f f . — A. Brückner, A A 1 9 , 1 9 0 4 , S. 221 £. — Schräder (wie Anm. 8), S. 1 2 7 t .

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vgl. Winnefeld und C. Robert (wie A n m . 19). Winnefeld, Taf. 14. — Kahler, Fries (wie A n m . 1) Taf. 1 1 . — Schmidt, Taf. 39. — Z u m Verhältnis beider Kompositionen v. Salts, S. 1 2 7 f f . — Ihm folgend Stähler, S. 184. Ubereinstimmung abgelehnt von Schmidt, S. 106, A n m . 394.

21

22 23

Kahler, Fries (wie A n m . 1), S. 8off. Neapel, National-Museum, Heydemann 2 9 1 0 : M.Schmidt, Der Dareiosmaler und sein Umkreis, Münster i960, S. I4ff., 73, Taf. 1 (Lykurgosmaler). Guepin, in: Bulletin van de Vereeniging tot Bevordering der Kennis van de Antieke Beschaving te's Gravenhage, Bd. 4 1 , 1 9 6 6 , S. 70, Abb. 1 1 .

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zurückgeführt. Es entsteht also nicht eine räumliche Vertiefung, wie sie die Szene des Telephosfrieses erreicht. Diese verändert das Bild, indem sie den Oberkörper des oben Liegenden und die Beinpartie des rücklings Gesunkenen schräg aufwärts in den Reliefgrund führt. Doch scheint sie in der Anlage der Gruppe Vorbildern wie dem auf der Rhesos-Situla näher zu stehen als der Gruppe vor Aphrodite, die mit dem Vornüberstürzenden ein anderes Motiv enthält. Den Platten 10 und 25 in der räumlichen Wirkung verwandt ist die Platte 42: T e l e p h o s mit Orest auf dem Altar 2 4 . Um den Aufbau der Gruppe richtig zu erfassen, ist es notwendig, sich über die Ergänzung der Figuren klar zu werden. Der bärtige Mann am linken Rand der Platte war offenbar nicht ruhig stehend dargestellt25, sondern in heftiger Bewegung heraneilend, wie es schon Robert26 richtig aus der schrägen Haltung des Szepters und den gespannten Mantelfalten über dem linken Oberschenkel schloß. Der erhaltene Rest der Schulter zeigt, daß die Gestalt in 3/4-Ansicht gedreht war. Dafür spricht auch die Stellung des linken Knies, das stark vom Reliefgrund gelöst ist. Die Bewegung des Mannes war also möglicherweise in leichter Schräge aus dem Reliefgrund heraus gerichtet. Der Kopf des Telephos muß, nach der Anspannung des rechten Halsmuskels und der Form der Bruchfläche zu urteilen, zur linken Schulter und aufwärts gewendet ergänzt werden. Das rechte Bein war im Knie rechtwinklig angezogen, wie der erhaltene Fuß bezeugt, das linke muß weit abgestreckt gewesen sein, da sonst der Fuß den Boden nicht erreicht hätte. Die Zugehörigkeit des Fragmentes Nr. 43 mit dem Kopf einer Frau neben einer Säule27 braucht hier nicht erörtert zu werden, da der erhaltene Rest für unsere Frage nichts ausgibt. Die räumliche Öffnung der Gruppe wird besonders durch den schräggestellten Altar und das Bewegungsmotiv des Telephos bewirkt. Sein Körper ist der Richtung des Altars entsprechend schräg gegen den Reliefgrund geneigt. Die Beugung des Oberkörpers nach vorn und die weit gespreizten Oberschenkel sprengen die vordere Begrenzung der Reliefbühne. Die Hauptbewegung des Telephos richtet sich schräg nach links vorn. Im Gegensatz dazu ist jedoch der Körper des Knaben nach rechts aufwärts in den Reliefgrund bewegt. Auch der Kopf des Telephos war in diese Richtung gewandt, so daß in der Gruppe auf dem Altar bereits divergierende Bewegungsimpulse wirksam sind, die den Raum um die Figuren erweitern. Die Amme ist annähernd bildparallel bewegt. Doch ist ihr Oberkörper leicht in den Reliefgrund hinein gedreht. Der bärtige Mann war dagegen, wie wir sahen, möglicherweise schräg aus dem Bild heraus bewegt. So bewirken diagonale Richtungen die Ausweitung der Bewegungen in den umgebenden Raum28. Die Darstellung der Szene auf dem Fries knüpft an eine ältere Bildtradition an, die durch Vasenbilder des 4. Jahrhunderts wie auch durch zahlreiche etruskische Urnen bezeugt ist29. Mehrere von ihnen zeigen die auch im Fries vorliegende, von dem Telephos des Eurípides beeinflußte Sagenversion, nach der das Leben des kleinen Orest durch Telephos bedroht wird30. Die Figuren sind in den einzelnen Darstellungen der Szene unterschiedlich ausgewählt und gruppiert. Alle Gestalten der Friesszene sind 24

Winnefeld, S. 191t., Taf. X X X I I I , 4. - Bruns (wie Anm. 19), Abb. 49. — Schmidt 74. so Winnefeld 191. 26 Robert (wie Anm. 19), S. 245 f. — So auch verstanden von Schräder (wie Anm. 8), S. 130. — Bruns (wie Anm. 19), S. 70. — Schmidt, S. 74. 27 Winnefeld, S. 192, 223, Taf. X X X I I , 7. Schräder (wie Anm. 8), S. 130. 28 Ähnlich Schmidt S. 76. Dagegen spricht Stähler S. 169t. der Gruppe räumliche Realität ab und sieht in dem keilförmigen Vortreten der Telephosgestalt den Fluchtpunkt, dem alle figürlichen Elemente in einem übergreifenden Schema zugeordnet sind. 28 Zur Überlieferung der Szene v g l . H . Metzger, in: Mélanges Ch. Picard, Revue Archéologique, Ser. 6, Bd. 29/30, 1949, S. 746ff. mit ält. Lit. — F. Brommer, Vasenlisten zur griechischen Heldensage, 2. Aufl., Marburg/Lahn i960, S. 334Í. — D. v. Bothmer, Ancient Art from New York Private Collections, New York 1961, S. 254, PI. 94. — A. D. Trendall, The Red-Figured Vases of Lucania, Campania, and Sicily, Oxford 1967, S. 269, Nr. 278, Taf. 108, 5 und 6 (Lebes gamikos in Graz). — Relieflekythos in New York, Metropolitan Museum of Art 28.57.9: G. M.A. Richter, Attic red-figured Vases. A Survey, New Häven 1946, S. 163. Den Literaturhinweis und ein Photo verdanke ich D. v. Bothmer. — Auf etruskischen Urnen : H. Brunn, I Relieve delle urne etrusche, Bd. 1, Rom 1870, Taf. 2Öff., 73, 3. 30 vgl. Metzger (wie Anm. 29), S. 746t. mit Lit. — Nach Robert (wie Anm. 19), S. 245, 248 bedroht Telephos auf dem Fries den kleinen Orest nur mit der geballten Faust. Ebenso Winnefeld, S. 191. Dagegen nehmen Ergänzung eines Schwertes an Schräder (wie Anm. 8), S. 1 1 5 , Anm. 20, S. i$o; Bruns, (wie Anm. 19) S. 70; Schmidt, S. 74. 25

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in dem älteren Figurenbestand bereits enthalten, so außer der Telephos-Orestgruppe auch der herbeieilende bärtige Mann mit Szepter oder Lanze, der auf Agamemnon gedeutet wurde 31 , und die erschreckt entweichende Frau neben dem Altar32. Doch gewinnt auf dem Friesrelief vor allem die Telephos-Orest-Gruppe räumlichere Wirkung als auf den Vasenbildern des 4. Jahrhunderts in Berlin (Vas. Inv. 3974 und 30042), Graz und Neapel (RC 141 und 2 293)33. Auf allen diesen Bildern sitzt Telephos nicht auf dem Altar, sondern kniet mit einem Bein darauf, während er das andere abgespreizt auf den Boden stützt. Eines der Beine ist daher immer unverkürzt in bildparallele Stellung gedreht, wie auch die Kopfhaltung und Aktion der Arme weitgehend bildparallel bleiben, so daß trotz aller Raumhaltigkeit der Bewegung doch keine so konsequente Öffnung nach vorn erreicht wird wie an der Friesplatte. Mit Einschränkung kann auch die Platte jo: G r ü n d u n g eines K u l t e s in P e r g a m o n ?34 (Tafel 8,2) dieser Gruppe zugezählt werden. Einige Figuren zeigen schräg zum Reliefgrund gerichtete Bewegungen. So sind Beine, Unterkörper und der linke Arm der Mittelgestalt in strengem Profil dargestellt. Die linke Schulter schiebt sich jedoch, der Armbewegung folgend, nach vorn und fällt dabei etwas ab im Gegensatz zur rechten, die emporgezogen ist. Die Schulterlinie läuft also schräg aufwärts in den Reliefgrund. Im Gegensatz dazu war der Kopf scharf zur linken Schulter gewandt und dabei etwas geneigt. In der Gestalt des Arbeiters hinter dem Sockel wird ein ähnlicher Bewegungsgegensatz sichtbar. Beim Heben der Last ist die linke Schulter leicht emporgehoben und vorgeschoben. Dagegen fällt die rechte Körperseite etwas ab und weicht in den Reliefgrund zurück. Der Kopf ist gegen die emporgehobene Schulter gedreht und geneigt. Auch der Sockel ist schräg gegen den Reliefgrund gestellt. Wie Stähler35 bemerkte, entsprechen die beiden Figuren in ihren Schrägrichtungen zum Reliefgrund etwa denen der Seiten des Postamentes. Der zweite Arbeiter schreitet von rechts aus dem Hintergrund heran. Obwohl also auf den ersten Blick die Figuren dieser Platte eher flächig hintereinandergeschichtet erscheinen, sind doch raumbildende Bewegungen vorhanden, die den Reliefgrund als umgebenden Raum in die Darstellung einbeziehen. Doch fehlt der entschiedene diagonale Aufschluß der Reliefbühne. Sie wurde offenbar vorn zugestellt durch den breit hingelagerten Flußgott, der seine Gliedmaßen eher zu flächenmäßiger als zu räumlicher Wirkung entfaltet.

Gruppe B An einigen Szenen läßt sich eine andere Art der Figurengruppierung beobachten, so z. B. an der Plattenfolge 38—40: T e l e p h o s bei den a r g i v i s c h e n Fürsten 3 6 (Tafel 9). Die sitzenden Fürsten sind anscheinend über zwei diagonal zueinander und zum Reliefgrund verlaufenden Grundlinien angeordnet, wodurch auch hier, wie bei den vorher schon besprochenen Szenen, die Öffnung der Reliefbühne nach vorn und ihre Vertiefung nach hinten entsteht. Doch schneiden sich die Diagonalen nicht 31

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z. B. rotfig. Schale in Boston 98. 931 : J . D. Bea^ley, Attic Red-Figure Vase-Painters, 2. Aufl. Oxford 1963, S. 817; L. Pollak, Zwei Vasen aus der Werkstatt Hierons, Leipzig 1900, Taf. i — 3 ; E. Pfuhl, Malerei und Zeichnung der Griechen, München 1923, Abb. 447. — Rotfig. Pelike in London, Brit. Mus. E 382: Bea^ley, S. 632 \Pollak, Taf. 6. — Berlin, Vas. Inv. 3974: K.A. Neugebauer, Führer durch das Antiquarium II, Vasen, Berlin 1932, S. 127; //. Metzger, Les Représentations dans la céramique attique du IVe siècle, Paris 1951, S. 287L, Taf. X X X I X , (Telephos mit der Lanze bedrohend). Berlin 3974. Auf etruskischen Urnen, Brunn (wie Anm. 29), Taf. 33, 15 und 16, ist die ins Knie gesunkene Frau Klytämnestra, die den Agamemnon zurückzuhalten sucht. Für die anscheinend ruhig stehende Frau des Fragmentes 43 bietet der Stangenhenkelkrater in Berlin 30042 (Neugebauer [wie Anm. 31], S. 166; J . D. Bearjcy, Etruscan VasePainting, Oxford 1947, S. 66) eine Parallele, auf dessen Vorderseitenbild Agamemnon und Klytämnestra rechts und links von der Gruppe des Telephos angeordnet sind. Berlin, Inv. 3974, vgl. Anm. 31. Graz, Landesmuseum Johanneum, 8641/2, vgl. Trendall, Anm. 29. — Glockenkrater im National-Museum Neapel\Heydemann 2293; Trendall (wie Anm. 29), S. 25 9 ; Pollak (wie Anm. 31), Taf. 7 , 1 . — Hydria im National-Museum Neapel RC 141 : Trendall (wie Anm. 29), S. 340, Taf. 133,4. Winnefeld, S. 195 f., Taf. X X X I I , 6. - Schmidt, S. 7 4 f . - Stähler, S. 196ff. Stähler, S. 170 f. Winnefeld, S. i88ff., Taf. XXXIII, 3. - Bruns (wie Anm. 19), Abb. 48. - Schmidt, S. 3 7 f . , Taf. 67.

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im Reliefgrund37. Der Doryphoros im Hintergrund ist in reiner Frontalansicht stehend dargestellt. Der täuschende Eindruck, daß er die linke Schulter vorschiebt und damit einbezogen wäre in die Schrägrichtung der links neben ihm Sitzenden38 entsteht durch den über der Schulter zusammengeschobenen Mantel. Die rechte Hüfte der Figur ist gestaut, die Schulter darüber gesenkt, so daß die rechte Seite als Standbeinseite erkennbar ist. Der erhaltene Rest des linken Halskonturs läßt vermuten, daß der Doryphoros ebenso wie die neben ihm Sitzenden, zu Telephos hinblickte. Durch seine Frontalstellung gewinnt die Gruppe im Hintergrund einen bildparallelen Abschluß. Die Figuren der Sitzenden scheinen durch ihre Schrägstaffelung und allmählich geringer werdende Reliefhöhe bis zur Tiefe des Doryphoros in den Reliefgrund einzudringen. Der Hintergrund wird so in die Darstellung einbezogen und bildet den die Figuren umgebenden Raum, der seitlich durch die Pfeiler begrenzt wird39. Statt der Diagonalen in Anordnung und Bewegung der Figuren, die in Gruppe A die Reliefbühne erweiterten und öffneten, finden wir hier aber eine rückwärts klar begrenzte Reliefbühne sowie eine Abstimmung der Körperachsen der Figuren aufeinander zu allmählicher Staffelung in den Reliefgrund. Auch in dem Fürstenbild hat man Anklänge an ältere Figurenmotive erkannt. So entsprechen die beiden kleinen Diener den Opferdienern auf attischen Votivreliefs des 4. Jahrhunderts40. Vielleicht hat für den Mundschenken dem entwerfenden Meister sogar der einschenkende Satyr des Praxiteles41 selbst vor Augen gestanden, dessen Motiv hier wiederholt ist, jedoch spiegelbildlich verkehrt und ohne das weite Schwingen der Bewegungen42. Auch die sitzenden Fürsten verraten deutlich den Einfluß älterer Typen. So hat v. Salis die Ähnlichkeit der Figur des Telephos mit dem bärtigen Gott eines Weihreliefs aus dem Asklepieion in Athen erkannt43 und für die links Sitzenden zum Vergleich auf die Ehrenurkunde für die Bosporanischen Fürsten aus dem Jahre 347/6 hingewiesen44, auf der in ähnlicher Weise durch allmähliche Staffelung der Figuren in den Reliefgrund eine Vertiefung des Raumes erreicht wird. Für die Anordnung der Gruppe von Telephos bis zum Doryphoros darf man als frühen Vorläufer vielleicht schon die Gruppe von Zeus, Hera und Nike aus der Götterversammlung am Ostfries des Parthenon nennen45, wenn auch die Ablösung der späteren Figuren vom Reliefgrund, ihr bewußteres Raumverhalten bei diesem Vergleich besonders deutlich wird im Gegensatz zu der flächigen, in einem idealen Reliefraum bleibenden Gruppe des Parthenonfrieses. In der Raumwirkung näher vergleichbar ist die „ringförmige" 4 " Anordnung der Figuren auf Weihreliefs des 4. Jahrhunderts, z. B. auf einem Nymphenrelief aus Vari im National-Museum Athen Nr. 2011 47 . Die Tiefenstaffelung führt von der im Profil im Vordergrund sitzenden Nymphe über die hinter ihr schräg zum Reliefgrund stehende zu der dritten, etwas aus der Gruppe vorgezogenen und fast en face stehenden Figur. Die 37

Vgl. zum Folgenden F. Matz, i n : Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften Mainz, Geistes- und Sozialwiss. Klasse, Bd. 8, 1952, S. 640. — Derselbe in: Neue Beiträge zur klassischen Altertumswissenschaft (Festschrift für B. Schweitzer), Stuttgart und Köln 1954, S. 320. Als Halbkreis bezeichnet von Schober, Kunst (wie Anm. 2), S. 102; — Vierneisel, S. 6. — Dagegen Stähler, S. 173 ff.: fächerförmig ausstrahlende Flächenanordnung. — vgl. hierzu Pinkniart (wie Anm. 2), S. 208. 38 Mat^, Abhdlg. Mainz (wie Anm. 37). 39 Schober, Kunst (wie Anm. 2), S. 102. — Vierneisel, S. 5 f. 40 v. Salis, S. 124t. Die Übernahme des Dieners mit dem Früchtekorb von einer Relieffigur bestreitet Stähler, S. 61. 41 Lippold, Hdb. (wie Anm. 1), S. 237. — Replik in Dresden: P. Herrmann, Verzeichnis der antiken Originalbildwerke der Staatlichen Skulpturensammlung zu Dresden, 2. Aufl. Berlin u. Dresden 1925, S. 31, Nr. 100. — W.-H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen, Berlin 1940, Abb. 288. — J . Boardman, J . Dörig, W. Fuchs, M. Hirmer, Die Griechische Kunst, München 1966, Taf. 232 links. 42 vgl. Stähler, S. 61. 43 v. Salis, S. 139. Athen, Nationalmuseum Nr. 1365: Svoronos, Das Athener Nationalmuseum. Athen 1908 —1937, Taf. 50. — U.Hausmann, Kunst und Heiltum, Potsdam 1948, S. 171, Nr. 73. Diese Beziehung ist überzeugender als die von Stähler, S. 60 f. vorgeschlagene zum Sokrates in Kopenhagen. 44 v. Salis, S. 139. Athen, Nationalmuseum 1471. Svoronos (wie Anm. 43), S. 59if., Taf. 104. — Lippold, Hdb. (wie Anm. 1), S. 247, Taf. 88,4. — H.Diepolder,Die attischen Grabreliefs d. 5. und 4. Jahrh. v. Chr., Berlin 1931, S. 45 f., Abb. 11. 45 London, Brit. Mus., Smith (wie Anm. 13) Bd. 1, Nr. 3 24, 27—29. H. Berve, G. Gruben, M. Hirmer, Griechische Tempel und Heiligtümer, München 1961, Taf. 18 unten. — Boardman, Dörig, Fuchs (wie Anm. 41), Taf. 192 unten. ia H. Speier, in: R M 47, 1932, 58ff., 76t. 47 R.Feubel, Die attischen Nymphenreliefs und ihre Vorbilder, Phil. Diss. Heidelberg 1935, Nr. 3. — Speier, (wie Anm. 46), S. 76, Taf. 22, 3. — W. Fuchs, in: A M 77,1962, 247 Beilage 67. Um 340/30.

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Felsgrotte erhält durch diese Anordnung räumliche Vertiefung. Ein Weihrelief aus Megara in Berlin (Taf. 6,5 )48 zeigt jedoch deutlich den Abstand, der die Reliefs des 4. Jahrhunderts von der Friesszene trennt. Zu einem Halbkreis sitzender Figuren ist die Götterversammlung hier geschlossen. Er dehnt sich in lockerer Anordnung nach oben statt in die Tiefe. Trotz der Abstimmung der Körperachsen der Figuren besonders im rechten Teil des Bildes kommt keine kontinuierliche Raumwirkung zustande, da jede Gestalt zu sehr in ihrem eigenen Raum lebt. Zeus bildet mit dem neben ihm sitzenden Pan eine eigene Gruppe, die den geschlossenen Bogen unterbricht und die Eigenräumlichkeit der Einzelfiguren innerhalb des Ganzen noch deutlicher macht. Die bogenförmige Anordnung der Figuren auf Vasenbildern des 4. Jahrhunderts49 zeigt im wesentlichen die gleichen Eigentümlichkeiten. Auf dem Nymphenrelief aus Vari im Athener Nationalmuseum Nr. 2012 50 leiten die im Vordergrund Sitzenden den Blick des Betrachters von beiden Seiten durch Schrägrichtungen ihrer Körperachsen in den Hintergrund des Bildes, wo en face die dritte Nymphe zwischen ihnen steht. Aber diese Figur bildet mit ihrer eigenwilligen raumgreifenden Bewegtheit wie auch durch leichte Schrägneigungen gegen den Reliefgrund keinen räumlich bestimmten rückwärtigen Abschluß der Szene. Kontinuierliche räumliche Geschlossenheit des Bildes, eine „nischenartige" Räumlichkeit, wird erst durch den Ring der Figuren in der Friesszene erzeugt51. Mit der dichten Aufeinanderfolge der Figuren, die durch die Rahmengestalten der Diener eine bestimmte Begrenzung erhält, setzt sich die ganze Gruppe als geschlossene Figurenwand gegen den Hintergrund ab. Trotz des Eintauchens der Bildelemente in den Reliefgrund besteht also die Vorstellung vom Hintergrund als einer festen Wand. Auch die Einzelfiguren sind durch scharfe, ausschnitthafte Umgrenzung vom Reliefgrund abgesetzt. Die räumliche Wirkung der Szene beruht aber nicht nur auf der Gruppierung der Figuren. Grundlage dafür ist auch das Raumverhalten der Einzelfiguren. Beim Vergleich des Telephos wie auch des erhaltenen sitzenden Fürsten mit den motivverwandten Figuren der genannten älteren Reliefs wirken die Friesgestalten aufrechter und zusammengefaßter und damit in ihrem Raumverhalten bewußter. Das hellenistische Raumgefühl schlägt sich hier nieder52, das erst eine kontinuierliche Darstellung eines Raumes durch die Figuren möglich macht. Trotz dieser zeitbedingten Unterschiede, die die Friesszene von den älteren Figurengruppen trennen, ist jedoch eine nähere Anlehnung des Frieskünstlers an die äußeren Formen räumlicher Gruppierung der Figuren auf klassischen Reliefs deutlich, wobei die Vorbilder nicht, wie in Gruppe A im Sinne des geöffneten Stils späthellenistischer Zeit umgewandelt werden. Die Zurückhaltung in der Raumwirkung, die in der Friesszene zu beobachten ist, wird noch augenfälliger, wenn man sie mit den bekannten römischen Mosaiken mit Darstellung der Sieben Weisen vergleicht53, mit deren Vorbild die Szene in ikonographischem Zusammenhang zu stehen scheint. Die Mosaiken direkt auf ein Vorbild des späteren 4. Jahrhunderts zurückzuführen54, ist sicher nicht 48

C. Blümel, Die klassisch griechischen Skulpturen der Staatlichen Museen zu Berlin, Berlin 1966, Nr. 71, Abb. 103. — F. Muthmann, in: Antike Kunst, Bd. 1 1 , 1968, S. 24H., Taf. 11, 1. Zur Datierung in die 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts vgl. A. Effenberger, diese Zeitschrift, S. 92 f. Zum Vergleich mit dem Fürstenbild Stähler, S. 175. 49 Pelike in Leningrad, St. 1792: K, Schefolä, Untersuchungen zu den Kertscher Vasen, Berlin u. Leipzig 1934, Nr. 368, Taf. 35, 2. — E. Simon, in: Antike Kunst, Bd. 9, 1966, S. 72, Abb. 17—19, 1 — 2. — Hydria in Alexandria: A. Furtwängler, K. Reichhold, Griechische Vasenmalerei, Bd. I, München 1904, S. 204, Taf. 40. — E. Pfuhl (wie Anm. 31), Abb. 598. — W.Hahland, Vasen um Meidias, Berlin 1930, S. 7. — Panathenäische Amphora von 340/39 aus Slg. Hoppin, Rückseitenbild mit Athleten : H. Speier (wie Anm. 46), S. 6of., Taf. 24,1. 50 Svoronos (wie Anm. 43), S. 5 81 ff., Taf. 98. — Feubel (wie Anm. 47), S. 9ff., Nr. V. — Fuchs (wie Anm. 47), S. 248. Um 330. 51 Matz,4n: Abhdl. Mainz (wie Anm. 37), S. 641. 52 Zum Raum im hellenistischen Relief vgl. G. Krahmer, in: Jdl 40, 1925, S. 193ff. — Derselbe (wie Anm. 9), S. 6off., 68ff. — F. Matz. Mdl 5, 1952, S. 118, Anm. 51. — Derselbe, Gnomon 32, i960, S. 294. 53 Neapel, Nationalmuseum, A. Ruesch, Guida illustrata del Museo Nazionale di Napoli, Antichità, 2. Aufl., Neapel 1911, Nr. 189. — Rom, Villa Albani, W.Heibig, Führer durch die Sammlungen klassischer Altertümer in Rom, Bd. II, 3. Aufl., Leipzig 1913, Nr. 1934. Zu beiden Mosaiken zuletzt G. M.A. Richter, The Portraits of the Greeks, London 1965, Bd. I, S. 82 mit Lit., fig. 316 und 319. Mit dem Fürstenbild des Frieses in Zusammenhang gebracht von v. Salis, S. 137t. Dagegen G. Lippold, in: Göttingische Gelehrte Anzeigen, Jg. 176,1914, S. 3 58f. 54 v. Salis 137t.

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richtig. K . Schefold hat überzeugender ein späthellenistisches Gemälde als Vorbild angenommen66. Dafür spricht die bedeutende räumliche Vertiefung der Gruppe durch die Anordnung der Figuren in zwei Diagonalen, die sich in der Tiefe des Bildgrundes schneiden. Dabei deutet die von rechts kommende Linie noch tiefer in den Bildgrund hinein, so daß eine Öffnung der Gruppe nach hinten entsteht, wie sie die Friesszene gerade vermeidet. Das Philosophenmosaik von Apamea56 steht dem Friesrelief näher in der dichten Reihung und flachbogenförmigen Anordnung der Figuren. Beide Bilder 2 e i g e n auch die erhöhte Mittelgestalt. Der römische Mosaizist hat diese Figur allerdings zur Zentralfigur der Komposition gemacht, während sie auf dem hellenistischen Relief nicht die Mitte einnimmt. Das Mosaik ist dem Bildtypus nach der Friesszene also enger verbunden als die beiden italischen Mosaiken, läßt jedoch ebensowenig wie diese mit Sicherheit ein Vorbild des 4. Jahrhunderts erschließen. In der Gestalt des Sokrates und des rechts von ihm sitzenden Philosophen deutet sich im Gegenteil durch die leicht auseinanderfahrenden Körperachsen hellenistische Bewegtheit an. Sonst aber wirkt die Aufreihung der Sitzenden ebenso „wappenartig" starr wie auf der Karneol-Gemme in Cambridge57. Da das Bild der philosophierenden Männer auf dem Grabrelief des Damatrios von Rhodos58 die Gruppe auflockert, insbesondere durch die Lücke im rechten Teil, in die schräg aus dem Hintergrund der nackte Oberkörper des jugendlichen Gesprächsteilnehmers hereinzuragen scheint, so ist offenbar die Friesszene die einzige Darstellung dieses Bilderkreises, die sich an klassische Reliefs anlehnt. Die Anlehnung an klassische Figurengruppierungen und ihr Verhältnis zum Reliefgrund ist noch offensichtlicher an der Plattenfolge jj6: H a n d w e r k e r zimmern den N a c h e n f ü r Auge 5 9 . In der Staffelung der Figuren deuten sich zwei nach vorn geöffnete Diagonalen an60 wie auf dem Fürstenbild. Doch wird die Reliefbühne durch die bildparallele Anordnung der beiden Arbeiter im Vordergrund wieder zugestellt. Auch sind die Bewegungen der Arbeitenden zur Mitte hin auf das Fahrzeug gesammelt, so daß keine divergierenden, die Reliefbühne nach vorn aufreißenden Richtungen zustande kommen. Für einzelne Figuren dieser Szene hat wiederum v. Salis Übernahme älterer Typen festgestellt61. Er hat bereits bemerkt, daß in der Gruppe der Auge und ihrer Mägde nicht in hellenistischer Weise pathetisch Angst und Verzweiflung sich äußert, sondern der Schmerz der Königstochter, die Trauer ihrer Dienerinnen verhalten bleiben und daß dieser Stimmungsgehalt dem der attischen Grabreliefs ähnlich ist. Er hat ferner nachgewiesen, daß das figürliche Motiv der sitzenden Auge wie auch der Vorwurf der ganzen Szene der attischen Sepulchralplastik entstammt und von dort auf hellenistische Grabreliefs übernommen wurde. Auch das Motiv, das für den am Boden knienden Handwerker verwendet wurde, ist für kauernde Dienerfiguren bereits aus der klassischen Kunst bekannt und seither viel gebraucht worden62. Darüber hinaus hat aber die ganze Gruppe der um den Nachen beschäftigten Handwerker Vorläufer in der klassischen Kunst. Eine verwandte Gruppierung von vier Figuren um einen Mittelpunkt findet sich beispielsweise bei Darstellungen der Meleagerjagd63. Am augenfälligsten ist die Verwandtschaft der Friesszene mit dem melischen Relief in Berlin64. Hier wie dort sind von beiden Seiten je 55

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K. Schefold, Die Bildnisse der antiken Dichter, Redner und Denker, Basel 1943, S. 1 5 4 , 1. — Stäbler, S. 1 7 5 . — Matz, Abhlg. Mainz (wie A n m . 37), S. 6 4 1 . L'Antiquité Classique, Bd. 1 0 , 1 9 4 1 , S. 1 2 1 , Taf. 1 , 8. — Schefold (wie A n m . 55), S. 2 1 4 (römisch, 3. Jahrhundert). — Richter (wie A n m . 53), S. 82, fig. 3 1 5 . Corpus Christi College: A. Furtwängler, Die Antiken Gemmen, Berlin u. Leipzig 1900, Bd. I, Taf. 35, 35. — Richter (wie A n m . 53), S. 82, fig. 3 1 7 . Berlin, Sk. 1 8 8 8 : Curtius, in: M d l 4, 1 9 5 1 , S. 2off., Taf. 8 (mit Lit.). — M. Bieber, The Sculpture of the Hellenistic A g e , N e w Y o r k 1 9 5 5 , S. 1 2 7 , A b b . 490. Mitte 2. Jahrhundert. Winnefeld, S. iözff., Taf. X X X I , 3. - Schmidt, S. 7 2 f . , Taf. 60. - Kahler, Pergamon, A b b . 40. Matz, Gnomon 32, i960, S. 293. Salis, S. I 0 7 f f . Dagegen Lippold, (wie A n m . 53) S. 357t.

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v. Salis, S. 1 2 1 f f .

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rotfig. Schale in'Berlin F . 2 5 3 8 : Corpus Vasorum Antiquorum, Berlin Bd. III, Taf. 1 1 4 , 1 ; Beasjey (wie A n m . 31), S. 1 2 6 9 , 1 6 8 9 . — Pelike in Leningrad, E r m i t a g S c h e f o l d , (wie A n m . 49) N r . 483, Taf. 6 ; G. Daltrop, Die kalydonische Jagd in der Antike, Hamburg u. Berlin 1966, Taf. 2 1 .

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Inv. T C 5783 : P. facobsthal, Die Melischen Reliefs, Berlin 1 9 3 1 , S. 78ff., Nr. 103, Taf. 60. — Enciclopedia dell' Arte Antica, Bd. 4, R o m 1 9 6 1 , S. 989, A b b . 1 1 7 8 .

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zwei Figuren auf den Mittelpunkt zu bewegt, wobei die beiden im Hintergrund befindlichen näher aneinander gerückt sind. Die Vordergrundsfiguren sind am Fries im Motiv verändert, die Figuren im Hintergrund jedoch sehr verwandt. Der linke Arm der Atalante und des Keulenschwingers stimmen sogar im Bewegungsmotiv mit den Armmotiven der entsprechenden Figuren des Friesbildes überein. Ferner ist die Schrägneigung des Körpers zum Reliefgrund auf beiden Bildern den Hintergrundsfiguren gemeinsam. Die Gestalt der Atalante wird wie die des rechten Handwerkers etwas mehr der Profilansicht angenähert als die Gegenfiguren, die fast zur Frontalansicht gedreht sind. Auch die bildparallele Richtung der Bewegungen, ihre Sammlung zur Mitte hin, hat das Friesrelief von der älteren Komposition übernommen. Der Einfluß des Zeitstils ist etwa in gleichem Maße fühlbar wie auf dem Fürstenbild. Im Gegensatz zu dem älteren Relief, auf dem die Figuren und ihre Bewegungen in die flache Reliefschicht gebunden bleiben und mit dem Hintergrund zu einer Einheit verschmelzen, lösen sich hier die Körper vom Reliefgrund ab, so vor allem der Kniende und der vom Rücken gesehene Handwerker. Aber auch die Figuren der zweiten Schicht sind so scharf umrissen vor den Hintergrund gesetzt, daß trotz der Schrägwendung keine Einheit mit dem Reliefgrund zustande kommt. Mit der Ablösung der Figuren vom Hintergrund wird wiederum die Staffelung der Bildelemente zu einem realen räumlichen Hintereinander. Entgegen dem älteren Tonrelief ist die Friesszene durch den links stehenden Aufseher und eine dritte Figurenschicht erweitert, die von Auge und ihren Dienerinnen gebildet wird. Diese drei Figuren sind in den oberen Teil des Reliefs hinaufgerückt. Auge erscheint sitzend auf dem Felsgrat, der sich über den Handwerkern erhebt, die Mädchen stehen dahinter. Diese Gruppe bedeutet für die Anordnung der ganzen Szene dasselbe wie der Doryphoros im Hintergrund des Fürstenbildes. Die strenge Profilansicht der Auge, die dicht nebeneinander gerückten Figuren der beiden Mädchen, deren Körper nur leicht aus der strengen Frontalansicht einander zugewandt sind, geben der Szene ihren bildparallelen rückwärtigen Abschluß, zu dem die Handwerker der Mittelschicht durch ihre Schrägstellung überleiten. Die Figuren der Frauen sind kleiner als die der Handwerker. Auge erscheint dabei noch etwas größer als die am tiefsten im Bildgrund stehenden Mädchen65. Diese Größenabnahme der Figuren entsprechend ihrer räumlichen Entfernung verleiht dem Bild die Illusion perspektivischer Vertiefung. Zu dem Eindruck kontinuierlicher räumlicher Staffelung der Bildelemente trägt auch die vom Vordergrund in den Hintergrund allmählich ansteigende Anordnung der Figuren bei sowie die trapezförmige Zusammenfassung der ganzen Gruppe, die die Illusion perspektivischer Verkleinerung der Hintergrundsfiguren verstärkt. Entgegen vielen Stimmen, die das Formelhafte der Raumdarstellung betonen in der Art, wie man durch Ubereinanderstaffeln der Figuren räumliche Weite zum Ausdruck bringen wolle66, wurde daher mit Recht die Bildmäßigkeit des Raumes hervorgehoben, in dem sogar Nähe und Ferne durch den verschiedenen Maßstab der Figuren angedeutet werden67. Unter den Bildern des Frieses, die mit felsigem Hintergrund ausgestattet sind, ist zweifellos diese Szene diejenige, welche die größte bildmäßige Geschlossenheit aufweist68. Freilich sind die Felswände nur formelhaft angegeben und der Eindruck räumlicher Weite wird nicht durch die landschaftlichen Elemente erzeugt. Die Raumwirkung wird allein von den Figuren getragen. Die Auffassung vom hellenistischen Bühnenraum, die der besprochenen Szene ebenso wie der Fürstenversammlung zugrunde liegt, schafft jedoch auch eine realere Raumvorstellung im Verhältnis der Figuren zur landschaftlichen Umgebung als auf Reliefs mit landschaftlichen Szenerien aus dem 5. und 4. Jahrhundert69. Auch die beiden Figuren der B e r g s z e n e auf Platte