Staatliche Museen zu Berlin. Forschungen und Berichte: Band 18 Archäologische Beiträge [Reprint 2021 ed.] 9783112591345, 9783112591338


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German Pages 278 [274] Year 1978

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Staatliche Museen zu Berlin. Forschungen und Berichte: Band 18 Archäologische Beiträge [Reprint 2021 ed.]
 9783112591345, 9783112591338

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S T A A T L I C H E M U S E E N ZU B E R L I N F O R S C H U N G E N U N D B E R I C H T E , B A N D 18

STAATLICHE

MUSEEN

ZU

BERLI

FORSCHUNGEN UND BERICHTE B A N D 18

ARCHÄOLOGISCHE BEITRÄGE

AKADEMIE-VERLAG i 977

• BERLIN

H E R A U S G E G E B E N V O N D E N STAATLICHEN M U S E E N ZU B E R L I N

SCHRIFTLEITUNG: G E R H A R D R U D O L F MEYER ALBRECHT DOHMANN EDITH FRÜNDT VOLKMAR E N D E R L E I N GERALD HERES

D D R - I 0 2 Berlin, Bodestr. 1 — 3

Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1977 Lizenznummer: 202 • 100/165/77 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus „Maxim Gorki", 74 A l t e n b u r g / D D R Bestellnummer: 7533066 (2081/18) • LSV 8108 Printed in G D R DDR 6 4 , - M

INHALTSVERZEICHNIS

FORSCHUNGEN:

H u b e r t a H e r e s , Fragment einer attischen Giebelskulptur des späten 5. Jahrhunderts v. u. Z I r m g a r d K r i s e l e i t , Griechischer Schmuck aus vergoldetem Ton R a l f - B . Wartke,HellenistischeStuckdekorationenausPrienc . . K l a u s P a r l a s c a , Ägyptisierende Bauglieder und Reliefs aus Rom im Ägyptischen Museum J u t t a M e i s c h n e r , Eine römische Porträtstatue der AntikenSammlung G e r d - H . Z u c h o l d , Ein konstantinisches Cäsarenporträt . . . G e r a l d H e r e s , Die Anfänge der Berliner Antiken-Sammlung . S i b y l l e H a r k s e n , Friedrich Wilhelm Erdmannsdorffs Ankäufe von Skulpturen für Berlin und Potsdam F r a u k e G e u p e l , Slawische Bronzefigur von Schwedt/O. wiederentdeckt A r n e E f f e n b e r g e r , Die Grabstele aus Medinet el-Fajum. Zum Bild der stillenden Gottesmutter in der koptischen Kunst . .

9 13 21 59 67 81 93 131 155 158

E l i s a b e t h R o h d e , Grundsätzliches zur Aufstellung antiker Baukunst in Museumsräumen A l o i s M a c h a t s c h e k , Baugeschichtliche Forschungen in Selge (Pisidien) V a s s i l M a r i n o v , Zum Problem der antiken Wirtschaftsgebäude aus dem 1. bis 6. Jahrhundert in Bulgarien G o t t h a r d S t r o h m a i e r , Galen über die Vereinsamung des Menschen in der Großstadt G e r a l d H e r e s , Römische Bauwerke in Jean Pauls „Titan" . .

197 199

ARBEITSBERICHTE:

Vorderasiatisches Museum Ägyptisches Museum und Papyrus-Sammlung Antiken-Sammlung Münzkabinett (Sammlung antiker Münzen) Museum für Ur- und Frühgeschichte Frühchristlich-Byzantinische Sammlung

209 210 212 225 228 229

TAFELTEIL:

Tafeln

DER B ANTIKENARCHITEKTUR:

1

bis 40

1

. . .

171 177 187

233

5

FRAGMENT EINER ATTISCHEN GIEBELSKULPTUR D E S S P Ä T E N 5. J A H R H U N D E R T S v. u. Z. (Mit Tafel 1 und 2) Hliberta

Heres

Gelegentlich ergeben sich auch in Sammlungen, deren Bestände wohl bekannt und gut publiziert sind, noch unerwartete Entdeckungen. Bei Ordnungsarbeiten im Skulpturen-Depot der AntikenSammlung wurde das Fragment einer kleinen marmornen Sitzfigur des ausgehenden 5. Jahrhunderts wiedergefunden. Es soll hier als Nachtrag zum Katalog von Carl Blümel, Die klassisch griechischen Skulpturen der Staatlichen Museen zu Berlin (Berlin 1966), vorgelegt werden. 1 Die Maße des Stückes sind folgende: Höhe 10,6 cm, Breite 16,1 cm, Tiefe 21,2 cm. Das Material ist pentelischer Marmor. Das Fragment wurde vom Grafen Brassier de St. Simon, der seit 1839 (also zur Zeit der Restaurierungsarbeiten auf der Akropolis) Ministerresident am griechischen Hof war, in den Jahren zwischen 1840 und 1845 erworben und im Jahre 1862 unter „einigen Kleinigkeiten aus Athen" 2 den Berliner Museen geschenkt. In der „Beschreibung der Antiken Skulpturen" (Berlin 1891) ist es ohne die sonst übliche Strichzeichnung mit wenigen Worten vorgestellt 3 . Erhalten ist der Schoß der Figur mit dem Ansatz des rechten und der Oberseite des linken Oberschenkels und dem darüberliegenden Gewand. Der Oberkörper ist abgebrochen in schräg verlaufenden Brüchen, die an der linken Körperseite in eine breite, an Körperflanke und Oberschenkel entlanglaufende Bruchfläche übergehen, welche erst vor den Mantelfalten endet. Die Rückseite ist bis auf einige geringe Reste abgesplittert. Die Unterseite wurde, bis auf einen schmalen Streifen schräg zu den Oberschenkeln verlaufender Bruchfläche, in moderner Zeit gleichmäßig flächig abgearbeitet, aber nicht geglättet. Die Ränder der Abarbeitung zeigen dunkle Verfärbungen. Auf den Bruchflächen und auf der Unterseite sind verstreut Gipsreste zu bemerken. Die Oberfläche der erhaltenen nackten Körperteile ist nur wenig beschädigt. Bestoßungen und Verwitterungsspuren sind besonders in der Gegend des Nabels und an der rechten Hüfte sichtbar. Die Mantelfalten sind vielfach bestoßen und abgerieben, ebenfalls vor allem an der rechten Seite der Figur. In der Rückseite befindet sich 3 cm über der Unterkante ein modernes Bohrloch, in das ein Bronzestift, der Rest eines Ringes von einer Befestigung, eingelassen war. Die Figur saß mit leicht gespreizten und abfallenden Oberschenkeln schräg nach links gewandt und etwas zurückgelehnt auf einem Sitz, dessen Form nicht mehr zu bestimmen ist. Beide Unterschenkel waren wohl angewinkelt, der rechte dabei etwas einwärts gezogen oder länger ausgestreckt, so daß damit die Spreizung der Oberschenkel und der flachere Abfall des rechten verständlich würde 4 . An 1

2 3 4

Inv. 655. — Folgenden Kollegen sowie Gästen des Museums, denen ich das Fragment zeigte, schulde ich Dank für Unterstützung und Hinweise: F. Brommer, G. Despinis, U. Hausmann, W. Höpfner, I. Kriseleit, B. und K . Vierneisel. A. Furtwängler, Beschreibung der Vasensammlung im Antiquarium I, Berlin 1885, S. XXIIT. S. 247 Nr. 655. Vgl. Figur K im Parthenon — Ostgiebel: F. Brommer, Die Skulpturen der Parthenongicbel, Mainz 1963, Taf. 46/7; Fragment vom Erechtheionfries Athen Acr. 1238: P. N.Boulter, in: Antike Plastik 10, Berlin 1970, Taf. 8 (bei steilerem Sitz). Das dem Betrachter zugewandte Bein lang ausgestreckt: Fragment vom Erechtheionfries Athen Acr. 1076: Boulter, a. a. O. Taf. 13. — Weihrelief an Artemis, Berlin Sk 941: C. Blümel, Die klassisch griechischen Skulpturen der Staatlichen Museen zu Berlin, Berlin 1966, Nr. 82, Abb. 117.

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der Verschiebung des Nabels und dem Abfall der Hüftpartie zur rechten Seite wie auch an den zusammengedrückten Bauchfalten erkennt man, daß der Körper entgegen der Richtung der Beine nach rechts gedreht war. Der Mantel bedeckte die Beine. Ein breiter Wulst zieht sich von der rechten Körperseite her über die Oberschenkel und fällt an der linken Seite als Zipfel herab. Die rechte Hüfte wurde vom Mantel in tiefem Bogen umfaßt. Bei dem gegenwärtigen Erhaltungszustand bricht das Gewand hier am unteren Rand des Fragmentes ab. Die Falten sind an dieser Stelle so abgestoßen, daß man den Verlauf nicht verfolgen kann. Zwischen den Oberschenkeln senken sie sich in drei nach unten schwerer werdenden Zügen ein, ziehen dann zum linken Oberschenkel hinauf und bauschen sich auf dessen Oberseite, ehe sie wieder herabfallen. In der Schamgegend entsteht aus dem obersten Faltenzug eine kleine Stauung, die sich von oben her über den nächsten Faltenrücken legt. An der linken Hüfte der Figur war der Mantel offenbar unter dem Oberschenkel hervor nach oben gezogen. Die erhaltenen kurzen Faltenzüge gabeln sich nach oben. Die breite Bruchfläche, die zwischen den Falten und der Körperflanke der Figur stehengeblieben ist, läßt darauf schließen, daß sich der linke Arm in Körpernähe befunden hat und von außen her vom Mantel verhüllt war.® Dafür spricht auch die etwa 0,5 cm breite ungeglättete Partie entlang der Grenze zwischen Körperflanke und Bruchfläche. Vielleicht fiel ein Zipfel des Mantels vom Arm oder von der Hand auf den linken Oberschenkel herab. Das würde die Faltennase erklären, die dort den Zug der Stoffbahnen unterbricht. Die Ambivalenz der Bewegungen — Linksrichtung der Beine und Rechtswendung des Oberkörpers — läßt darauf schließen, daß das Fragment nicht zu einer Einzelfigur gehörte, sondern aus einer Gruppe stammt, möglicherweise aus einem Giebel. Dafür sprechen auch die Spuren von Verwitterung. Die für eine Giebelfigur notwendige Breitenausdehnung und Überschaubarkeit von einer Seite ist, wie die Bewegungsbeziehung nach zwei Seiten, trotz der Zerstörung noch erkennbar6. Die ehemalige Höhe der Figur ist aus den Resten nicht genau zu rekonstruieren. Sie dürfte etwa 3 5 cm betragen haben. Das Bewegungsmotiv kann nur annähernd erschlossen werden. Keinerlei Reste deuten auf die Art des Sitzes hin. Um die Neigung des Körpers auszugleichen, muß die Figur sich nach rechts hin aufgestützt oder angelehnt haben, etwa auf die Hand 7 , auf eine Lehne 8 — womit die Wendung des Körpers besser motiviert wäre — oder auf eine Nebenfigur ähnlich wie die Figur E aus der Gruppe E F des Parthenonostgiebels9. Doch ist der Winkel zwischen Leib und Oberschenkeln stumpfer als an der Parthenonfigur, die Schenkel fallen an unserem Torso mehr ab, da die Figur offenbar weiter zurückgelehnt war. Auffallend ist die Verschiebung der Manteldrapierung zum linken Oberschenkel hin. Die tiefste Senkung der Faltenzüge im Schoß liegt nicht in der Mitte zwischen den Oberschenkeln und unterhalb der Scham, sondern an der Innenseite des linken Oberschenkels. In der Schrägansicht der Beinpartie (Taf. 1, 1) gleicht sich die Verschiebung für den Betrachter aus 10 . Die Falten über dem rechten, leicht abgespreizten Schenkel sind flachgezogen. Das ist mit der tieferen Lage des rechten Oberschenkels zu erklären. — In der „Beschreibung der Antiken Skulpturen" (vgl. Anm. 3) wird das Fragment als Bruchstück einer weiblichen Figur und als „gute

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s

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Apollon im Parthenon — Ostfries: R. Lullies — M. Hirmer, Griechische Plastik, München 1956, Taf. 154; der Arm unseres Fragmentes war vielleicht nicht ganz so hoch erhoben. Arm mit Gewand auf dem Oberschenkel ruhend: Jüngling auf Kelchkrater Bologna 300: J.F.Bea^ley, Attic red — figure Vase Painters, 2. Auflage, Oxford 1963, S. 1 1 5 2 , Nr. 7 (Dinos — Maler). vgl. zum Aufbau von Giebelfiguren z. B. F. Crome, Die Skulpturen des Asklepiostempels vom Epidauros, Berlin 1951, S. 32. — A. Delivorrias, Attische Giebelskulpturen und Akrotere des 5. Jahrhunders, Tübinger Studien zur Archäologie und Kunstgeschichte Bd. 1 , Tübingen 1974, S. iof. Vgl. Fragment vom Erechtheionfries Athen Acr. 1076: Boulter (wie Anm. 2) Taf. x 3 f. Unbekleideter Jüngling auf einer Lekythos Berlin F. 2688: N. Himmelmann — WildscbütZur Eigenart des klassischen Götterbildes, München 1959, Abb. 10 (auf einen Stab gestützt). Vgl. z. B. sitzende Athena der Nikebalustrade: R. Carpenter, The Sculpture of the Nike Temple Parapet, Cambridge Mass. 1929, Taf. 24; Weihrelief an Artemis, Berlin Sk. 941 (wie Anm. 2). F. Brommer (wie Anm. 2), Taf. 3 5 (im Gegensinn). Eine ähnliche Verschiebung der Falten auf die Innenseite des linken Oberschenkels findet sich am Fragment einer Knieenden vom Erechtheionfries Athen Acr. 1288: Berniter (wie Anm. 2) Taf. io, hier offenbar in dekorativer Absicht.

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griechische Arbeit im Stile der Skulpturen vom Erechtheion" bezeichnet. Die weiche Wölbung des Leibes, die feine Linie, die die Scham nach oben begrenzt, die sanft gerundeten Übergänge vom Leib zu den Hüften wirken in der Tat ganz weiblich, so daß man versucht ist, in dem Fragment eher eine Frau als einen jugendlichen Mann mit weichen Körperformen zu erkennen. Der mädchenhafte, noch unentwickelte Körper einer Figur vom Erechtheion, die als Kore gedeutet wird 1 1 , zeigt ähnlich sanft schwellende Formen zwischen feinen Incisionen. Die Darstellung einer Frau mit entblößtem Oberkörper begegnet in der Freiplastik des 5. Jahrhunderts v. u. Z. nur vereinzelt 12 . Das Fragment aber muß nach dem Stil des Gewandes in das späte 5. Jahrhundert datiert werden 13 . In dieser Zeit erscheinen in der Vasenmalerei nackte Frauen im Bereich des Dionysos und der Aphrodite 14 . Diese Themen sind jedoch nicht Gegenstand von Giebeldarstellungen 15 . In der Freiplastik scheint zudem auch Aphrodite erst seit dem 4. Jahrhundert mit entblößtem Körper dargestellt zu werden 15a . Es käme eine Deutung auf Kassandra in Frage, die schon in der schwarzfigurigen und frührotfigurigen Vasenmalerei mit entblößtem Körper und herabgleitendem Mantel dargestellt ist. Sie gehört in einen mythologischen Zusammenhang, der als Thema attischer Giebeldarstellungen geläufig ist 16 . Die Seherin säße zu Füßen, vielleicht auf der Basis des Kultbildes, das sie mit der rechten erhobenen Hand umfaßt, während der linke Arm, vom Mantel verhüllt, schützend vor dem Körper liegt. Ajas wäre dann von rechts — vom Betrachter aus gesehen — heranstürmend zu denken. Eine schwarzfigurige Hydria des Priamosmalers überliefert anscheinend schon eine ähnliche Darstellung 17 . Das Kassandrabild eines rotfigurigen Kraters in Tarquinia aus der Zeit um 400 13 stellt die Verfolgte vor dem Kultbild dar, allerdings knieend mit aufgerichtetem und ganz entblößtem Körper, eine Darstellungsform, die in der italischen Vasenmalerei des 4. Jahrhunderts neben der am Kultbild sitzenden Kassandra weitergeführt wird 19 , und die auch anscheinend am Giebel von Epidauros befolgt wird. 20 Möglich wäre aber auch eine Deutung auf Dionysos, der in der gleichzeitigen Vasenmalerei als schöner, weicher Jüngling dargestellt wird. Es sei auch erinnert an den Dionysos des Parthenonostfrieses, der sich umwendend den Arm auf die Schulter des vor ihm sitzenden Hermes lehnt. 21 Will man das Fragment zu der beschriebenen Kassandragruppe ergänzen, so würde sie ihren Platz in der linken Hälfte eines Giebels finden. Aber auch wenn die Figur einzeln oder auf eine Nebengestalt gestützt bzw. ihr lebhaft zugewandt vorgestellt wird, könnte man sie sich in der linken Hälfte 11

Athen Acr. 1071 : Boulter (wie Anm. 2) Taf. 11 : A. Peschlow-Bindokat in: Jahrbuch des Dcutschcn Archäologischen Instituts Bd. 87, 1972, S. 114 Anm. 2 1 1 . 12 z. B. Niobide im Thermenmuseum Rom: Lullies — Hirmer (wie Anm. 5) Taf. 172; Flötenbläserin am sog. Ludovisischen Thron: Lullies — Hirmer (wie Anm. 5), Taf. 134; Gelagerte Lapithin im Westgiebel des Zeustempels von Olympia: E. Buschor — R.Hamann, Die Skulpturen des Zeustempels von Olympia, Marburg 1924, Taf. 34/5. — G. Rodenwaldt, Olympia, Berlin 1937, S. 42, Abb. 25. 13 s. u. S. 12 14 Kanne in Oxford 534: B. Buschor, Griechische Vasen, München 1969, Abb. 239; Bruchstück eines Glockenkraters in Palermo: W.Hahlani, Vasen um Meidias, Berlin 1930, Taf. 5; Lekythos mit Aphrodite, Slg. R. Käppeli: Kunstwerke der Antike, Katalog der Ausstellung Luzern 1963, D 19. 15 Vgl. die Zusammenstellung bei A. Delivorrias (wie Anm. 4), S. 177, Anhang II. 15a Bis ins ausgehende 5. Jahrhundert ist sie nur mit entblößter Schulter und Brust dargestellt. N. Himmelmann — Wildschütz in: Marburger Winckelmannsprogramm 1957, S. 11 ff. , 115 z. B. Heraion vom Argos, Westgiebel; Asklepiostempel von Epidauros, Ostgiebel; Zeustempel von Akragas, Westgiebel: A. Delivorrias (wie Anm. 4), S. 189, 193, 184. 17 K. Schauenburg in: Römische Mitteilungen Bd. 71, 1964, Taf. 4. Vgl. dazu J.-M. Moret, L'Ilioupersis dans la Céramique Italiote, Genf 1975, S. 12, Anm. 6, S. I7f., der für diese Darstellungsweise einen Altar als notwendig annimmt. 18 Moret (wie Anm. 16), S. 13 Anm. 1, S. i8f. 19 Moret (wie Anm. 16), S. 17 ff. 20 B. Schlörb, Timotheos, 22. Erg.-Heft zum Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, Berlin 1965, S. n f . , Abb. 5, Beilage. 21 z. B. Lekythos des Eretria-Malers, ehemals Berlin F. 2471 : Bea%ley (wie Anm. 5), S. 1247 Nr. 1. — E. Pfuhl, Malerei und Zeichnung der Griechen, München 1923, Abb. 579: Dinos Berlin F. 2402: Hahland (wie Anm. 14), Taf. 12a. — Dionysos im Parthenon - Ostfries: E. Buschor, Der Parthenonfries, München 1971, S. 7 und 10.

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einer Giebelkomposition denken. Die abfallende rechte Seite der Figur fände durch den aufgestützten Arm oder die Stützfigur eine Verfestigung gegen die abfallende Giebelschräge, während die linke Seite mit den reichen Mantelfalten über Arm und Oberschenkel der Giebelmitte und den steiler aufragenden Figuren dort zugewendet wäre. Die Datierung des Fragmentes in die Nähe des Erechtheionfrieses ergibt sich aus Vergleichen mit ähnlich gestalteten Gewandpartien an Figuren des Frieses und der Nikebalustrade 22 . Der Mantelwulst unseres Fragmentes bildet eng nebeneinanderliegende parallelgeschwungene Faltenzüge mit schmalen rundlichen Rücken und mäßig tief eingeschnittenen Tälern, die eine enge Schraffur von Licht und Schatten erzeugen. Doch sind die Faltenzüge nicht klar durchgezogen. Sie teilen und verzweigen sich, bilden Verbreiterungen und breite Taschen wie über dem Oberschenkel. Vergleichbar ist das Faltenrelief im Schoß und über dem Arm der sandalenlösenden Nike von der Nikebalustrade 23 oder über der Hüfte der tropaionschmückenden Nike 24 . Die Falten unter dem Oberschenkel sind vergleichbar mit den entsprechenden der sitzenden Athena 25 . Näher verwandt sind jedoch Figuren vom Erechtheionfries wie die Sitzende Athen Acr. 1076 26 , wo die Falten im Schoß einen ähnlich gleichmäßigen Ablauf bei verhältnismäßig flachem Relief bilden, oder das Fragment einer Knieenden Athen Acr. 1288 27 , deren Gewand im Schoß ähnlich flaches Relief und vergleichbare Taschen zeigt. Hier bestimmen Faltenschnörkel mit gebohrten Augen das Bild, ein Ziermotiv, das in der Schamgegend unseres Fragmentes vereinzelt auftritt. Das Fragment Nr. 1288 ist auch gut vergleichbar für die schmalen runden Faltenstege über dem Oberschenkel, die sich eng an die Haut anlegen. Mit Ziermotiven wie den gebohrten Augen und den Taschenbildungen, ebenso mit den geschmeidig und locker durchhängenden Faltenbögen steht das Fragment den Figuren des Erechtheionfrieses näher als den vergleichbaren Figuren der Nikebalustrade, deren Falten straffer verlaufen und ein kräftigeres Relief bilden. Das Fragment kann daher in die Nähe der Erechtheionfriese datiert werden, deren Entstehungszeit zwischen 4 1 1 und 406 v. u. Z. angenommen wird. 28 Die Zuweisung an den Giebel eines bestimmten attischen Tempels scheint vorläufig nicht möglich. Die Giebel des Niketempels scheiden aus inhaltlichen Gründen aus, da sie vermutlich eine Gigantomachie und eine Amazonomachie enthielten29. Für die Giebel des Erechtheions, dessen Skulpturenschmuck wie das Berliner Fragment aus pentelischem Marmor besteht, konnte bisher kein Giebelschmuck nachgewiesen werden 30 . Fotonachweis: Taf. 1 und 2 Staatliche Museen zu Berlin 22 23 24 25 26 27 28 29

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Zur Datierung der Nikebalustrade vgl. die Zusammenfassung der Literatur bei Delivorrias (wie Anm. 4) S. i86f. Carpenter (wie Anm. 6) Taf. 27. Carpenter (wie Anm. 6) Taf. 25 und 29,2. Carpenter (wie Anm. 6) Taf. 19. Boulter (wie Anm. 2) Taf. 13/14. Boulter (wie Anm. 2) Taf. 10. Delivorrias (wie Anm. 4) S. 192. Delivorrias (wie Anm. 4) S. 1 8 j f. G. Despinis, Archaiologikon Deltion 29, 1974, S. i f f . Auch G. Despinis hält nach brieflicher Mitteilung das vorliegende Fragment nicht für zugehörig zu den Giebeln des Niketempels. L. D. Caskey — H. N. Fowler — /. AI. Paton — G. P. Stevens, The Erechtheum, Cambridge/Mass. 1927, S. 252.

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G R I E C H I S C H E R SCHMUCK AUS V E R G O L D E T E M T O N (Mit Tafel 3 und 4)

Irmgard Kriseleit

Die Bedeutung und Verwendung der seit dem 4. Jahrhundert v. u. Z. häufiger vorkommenden Schmuckimitationen aus vergoldeter Terrakotta hat A. Furtwängler 1 eindeutig geklärt. Es ist einleuchtend, daß die sehr empfindlichen, oft dünnwandigen Schmuckstücke nicht für den Gebrauch von Lebenden, sondern vorwiegend für die Ausstattung von Verstorbenen bzw. der Totengewänder gedient haben werden2. Beispiele dieses besonders reizvollen Zweiges der antiken Kleinkunst befinden sich in mehreren Sammlungen und wurden veröffentlicht. Da der Berliner Bestand, der nahezu 40 Objekte umfaßt, bisher nur mit wenigen Ausnahmen unpubliziert ist, soll er an dieser Stelle vorgelegt werden. Es handelt sich um einige Halsketten, Ohrringe, Anhänger, Schmuckscheiben mit Gorgoneia, Knöpfe mit Rosettenverzierung, einige Miniaturschilde verschiedener Form und um eine Tonmatrize für einen Ohrring. Fast alle Schmuckglieder wurden aus der Form gewonnen. Während meist nur die Vorderseiten ausgedrückt wurden, blieben die Rückseiten in der Regel flach, unverziert und bis auf Ausnahmen auch unvergoldet. Nach dem Brennen wurde die Vorderseite mit einer weißen Grundierung, der Engobe, versehen und mit Blattgold belegt. Auf den Rückseiten oder an den Rändern der einzelnen Stücke waren ursprünglich kleine Ösen aus Bronzedraht angebracht, von denen jetzt, bis auf eine Ausnahme, nur geringe Reste übriggeblieben sind. Neben den Metallösen sind auch Knopflöcher gebräuchlich. Sie wurden in den noch weichen Ton der leicht nach außen gewölbten Rückseiten eingebohrt. Sicherlich fand auch Golddraht Verwendung, um 2. B. die Gliedmaßen von Insekten aus vergoldeter Terrakotta zu bilden3. Die Typen der Schmuckformen, die den Tonimitationen zugrunde liegen, sind selbstverständlich denen der Goldschmiedekunst entnommen, eine Bereicherung durch die Koroplasten hat nicht stattgefunden. Dennoch ist es erstaunlich, wie die griechischen Tonbildner mit Hilfe der Matrizentechnik eine oft überraschende Klarheit und Sicherheit der minutiösen Ornamentik erreicht haben. Z i e r s c h e i b e n , M e d a i l l o n s , K n ö p f e des 4. J a h r h u n d e r t s v. u. Z. Sechs vergoldete Zierglieder aus Athen, Inv. T C 8232 (Tafel 3, 1), 1890 erworben4. Frühes 4. Jahrhundert v. u. Z., H. des Gorgoncions: 4,3 cm; Durchm. der beiden grö1 2

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ßeren Knöpfe: 1,95 cm; Durchm. der drei kleinen Knöpfe: 1,2 cm; der für diese Stücke verwendete rotbraune Ton

A. Furtwängler, Die Sammlung Sabouroff, Bd. II, Berlin 1883 —1887, Text zu Tf. 145. R. Lullies, Vergoldete Terrakotta-Appliken aus Tarent (Mitteilungen des Deutsch. Archäol. Instituts, Roem. Abt., Erg. H. 7), Heidelberg 1962, S. 43 f. freundlicher Hinweis von Dr. A. Koenigs. Als Neuerwerbungen von A. Furtwängler im A A 1891, S. 122 mit drei Zeichnungen vorgelegt.

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ist von äußerster Feinheit und Glätte und recht hart gebrannt; die Vorderseiten wurden aus Formen gewonnen, die Rückseiten sind leicht nach außen gewölbt und durchbohrt, so daß Knopflöcher entstanden. Während auf der Rückseite des großen Gorgoneions stellenweise die Vergoldung erhalten blieb, zeigt der Befund, daß die übrigen Stücke wie üblich nur auf der Vorderseite Vergoldung trugen. An den beiden Knöpfen mit Palmettenlotosornament ist sie kaum noch nachweisbar. Der Erhaltungszustand ist sehr gut. Furtwängler hat bei der Bekanntmachung im Archäologischen Anzeiger 1891 auf die außergewöhnliche Schönheit dieser attischen Reliefs hingewiesen. Das leicht gewölbte Gorgoneion hat einen feinen Umriß des Gesichts, das von dem züngelnden Haar umrahmt wird. Flügel und Schlangen fehlen. In den weit geöffneten Augen sind Pupille und Iris angegeben, die Lider sind klar abgesetzt. Das Blecken der Zunge ist sehr verhalten dargestellt, die Unterlippe wird nicht überragt6. Das Gorgoneion ist ohne Umrahmung gearbeitet und wirkt wie ausgeschnitten. Der geschwungene Verlauf des Halsumrisses ist denen von Einzelköpfen auf griechischen Klappspiegeln vergleichbar.6 Auf einem der Knöpfe ist eine stiertötende Nike dargestellt7, auf dem zweiten eine Nike, die ein sich sträubendes und aufbäumendes Rind führt. Die Szenen sind harmonisch in das Rund eingefügt, das ein leicht aufgebogener, äußerst schmaler Rand, der wie mit einem gedrehten Draht versehen wirkt, umrahmt. Von der gleichen Feinheit sind die drei kleineren Knöpfe. Zwei von ihnen sind mit einem Palmettenlotosornament, das dritte ist mit einem

Gorgoneion verziert. Die Knöpfe sind leicht gewölbt und genau wie die größeren, die im Gegensatz zu ihnen eine ganz flache Vorderseite haben, mit dem zierlichen Rand umgeben. Wie der Vergleich mit den nachfolgenden Schmuckimitationen zeigen wird, gehören die sechs Knöpfe zu den schönsten Kleinodien, die von attischen Koroplasten geschaffen worden sind. Zwei Medaillons und %ehn siebenblättrige Rosetten aus Athen, Inv. T C 6300 und 6776—6778 (Tafel 3, 2 u. 5), 1873 und 1875 erworben, Durchm. der Gorgoneia: 3 cm; Durchm. der Rosetten: 1,4cm; kräftig brauner feingeschlämmter Ton; der Erhaltungszustand ist gut bis auf kleinere Beschädigungen ; bei einem Gorgoneion ist die Vergoldung annähernd vollständig erhalten, an den anderen Stücken dagegen finden sich nur noch Reste der weißen Grundierung und der Vergoldung. Jedes der 'Exemplare hatte ursprünglich eine Metallöse auf der flachen, tongrundigen Rückseite, deren Ränder abgeschrägt worden sind. An einer Rosette ist die Bronzeöse vollständig erhalten. Das Rund der Schmuckscheibe8 wird von dem in Frontalansicht dargestellten Medusenhaupt, dessen Formen voller Plastizität sind, fast gänzlich ausgefüllt. Zwei eng aneinanderliegende Reihen winziger Perlchen, die gekörnten Golddraht imitieren, bilden den Rand des Medaillons9. Die siebenblättrigen Rosetten haben in der Mitte eine kleine Knospe. Die Ränder der einzelnen Blättchen sind plastisch hervorgehoben. Diese Rosettenform — sechs- bis achtblättrig — kommt häufig an Statuettenvasen des 4. Jahrhunderts v. u. Z. vor 10 .

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E. Buschor, Medusa Rondanini, Stuttgart 1958, S. 33t., T f . 48, 2; die Zeichnung gibt das Bleckcn der Z u n g e in übertriebener Weise wieder. 6 W. Zücbner, Griechische Klappspiegel, J d l , E r g . H . 1 4 , Berlin 1942, A b b . 34 und 38. ' A.H. Borbein, Campanareliefs, typologische und stilkritische Untersuchungen (Mitteilungen des Deutsch. Archäol. Instituts, R o e m . A b t . , E r g . H. 14), Heidelberg 1968, S. 49ft., T f . 10, 2. 8

Fast genau übereinstimmende Exemplare befinden sich im British Museum L o n d o n , vgl. F. H. Marshall, Catalogue of the Jewellery, G r e e k , Etruscan and R o m a n , in the Department of Antiquities, British Museum, L o n d o n 1 9 1 1 , T f . X L I I , N r . 2 1 5 0 , ohne Herkunftsangabe, 0 : 2,8 c m ; N. Breitenstein, Danish National M u s e u m , Catalogue of Terracottas, Cypriote, G r e e k , Etrusco — Italian and R o m a n , K o p e n h a g e n 1 9 4 1 , T f . 7 1 , N r . 583 (böotisch), 0 : 3,4 c m ; S. Besques, Catalogue Raisonné de Figurines et Reliefs en Terre-Cuite Grecs, Étrusques et Romains Bd. I I I , T f . 50e (makedonisch), 0 : 2,8 cm.

9

V g l . eine Goldscheibe in München, abgeb. Buschor (wie A n m . 5). V g l . Berlin F 2905, abgeb. E. Rohde, Griechische Terrakotten, T ü b i n g e n und Leipzig 1970, A b b . 25.

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Zier Scheibe mit Medusenhaupt aus Athen, Inv. T C 7267 (Tafel 3, 9), 1876 durch Hirschfeld erworben; Durchm.: 5,2—5,7001 (leicht verdrückte, ovale Form); kräftig brauner, feingeschlämmter Ton; Beschädigungen und Verkrustungen, getönte Gipsausflickungen an mehreren Partien des Randes; reiche Reste der weißen Grundierung und Vergoldung; Vorderseite aus der Form gewonnen, Rückseite tongrundig und nach innen gewölbt, in der Mitte blieben Metallreste einer Öse erhalten. Das breitgesichtige Gorgoneion umrahmt ein ca. 4 mm breiter, aus zwei Perlreihen und einem kleinen Wulst gebildeter Rand, dessen äußerer Umriß geglättet ist. Das Medusenhaupt hat Schlangen im dichten Haar und unterhalb des Kinns die heraushängende Zunge sowie weitgeöffnete Augen mit angegebenen Pupillen und erinnert entfernt an eine Tonscheibe mit Medusenkopf in München 11 . Mit der besprochenen Zierscheibe zusammen wurde ein kleineres, früher entstandenes vergoldetes Gorgoneion aus Athen erworben, Inv. T C 7268 (Tafel 3, 6); der Durchm. beträgt 2 cm; die Vergoldung ist fast vollständig erhalten; Reste einer Metallöse sind auf der Rückseite sichtbar. Der Rand ist unterhalb des Kinns beschädigt. Das Gorgoneion mit dem breit angelegten Gesicht und den dicht am Kopf anliegenden Haarlöckchen füllt fast das ganze Rund und wird von einem schmalen Profil mit anschließender Perlreihe umrahmt. Zwei Gorgoneia aus der Sammlung Komnos, Inv. T C 6768 und 6770 (Tafel 3, 3 u. 4), 1875 erworben, Durchm. 2,6 cm; 3. Jahrhundert v. u. Z . ; kräftig brauner, feingeschlämmter Ton; die

Vergoldung ist an einem Exemplar fast vollständig, an dem arideren in reichen Resten erhalten; Vorderseite aus der Form gewonnen, Rückseite flach, tongrundig mit Resten abgebrochener Metallösen in der Mitte; Beschädigung des Randes. Der frontal und sehr flach angelegte Gorgokopf ist spannungslos in das von zwei dichten Perlreihen begrenzte Rund eingefügt, er ist im Vergleich zu den Gorgoneien Inv. T C 6300 viel unplastischer. Ebenfalls aus der Sammlung Komnos kam das kleine Gorgoneion Inv. T C 6771 (Tafel 3, 7). Der Durchmesser beträgt 2 cm. Der Ton ist kräftig braun, reichliche Engobe- und geringe Vergoldungsreste auf der Vorderseite, die aus einer abgenutzten Form gewonnen worden ist. Auf der flachen, tongrundigen Rückseite Drahtreste; kleine Beschädigungen des Randes. Der Medusenkopf, von sehr unprägnanten Einzelformen, wird durch ein schmales Profil von dem geperlten Rand abgesetzt. Es kam wohl weniger darauf an, das Gorgoneion zu erkennen, als vielmehr, einen Knopf aus Gold vorzutäuschen. Kleiner Knopf aus Athen, Inv. T C 6274 (Tafel 3, 8), 1872 erworben, 4. Jahrhundert v. u. Z . ? Durchm. 1,5 cm; kräftig brauner, feingeschlämmter Ton; Vorderseite aus der Form gewonnen.; Engobe fast vollständig erhalten, Vergoldung nur in den tiefer liegenden Partien. Rückseite flach mit Resten von Engobe und vier kleinen Drähten. In dem gewölbten Rund, das sich durch eine kleine Rille gegen den Rand absetzt, ist eine sitzende Aphrodite, die den linken Arm erhoben hat, mit zwei Eroten dargestellt. Der rechts neben ihr stehende Eros hält einen Zweig und hat große Flügel, die an dem zweiten Eros nicht erkennbar sind 12 .

H a l s k e t t e n des 4. J a h r h u n d e r t s v. u. Z. Kette aus Kyrene, Inv. T C 7685 c (Tafel 3, 12) 1 3 , 1880 erworben; L.: 9,5 cm; H. der Palmetten: 1,3 cm; H. der Lotosblüten: 1,35 cm; 11 12

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brauner Ton, stellenweise grau verfärbt, sehr scharf gebrannt; guter Erhaltungszustand, lediglieh ein Stückchen einer Lotosblüte verloren;

Buschor (wie A n m . 5) T f . 10, 5. V g l . A. Furtwängler, Die antiken G e m m e n , Berlin und Leipzig 1890, T f . 35, N r . 39, zeigt gewisse Ubereinstimmungen in der F l ü g e l f o r m . A b g e b . bei Sabina Ruxer, Historja Naszyjnika G r e c k i e g o I, Poznan 1938, T f . 1 5 . N r . 7 ; freundlicher Hinweis v o n Prof. A . Greifenhagen. D r . U. G e h r i g danke ich f ü r Hilfe bei der Literaturbeschaffung.

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Glieder aus der Form gewonnen, die Rückseite handgeglättet und leicht gewölbt; Reste von Vergoldung auf Vorder- und Rückseite erhalten. Die Glieder sind zweifach durchbohrt und modern aufgezogen; an der Unterseite jeder Palmette sind in regelmäßigen Abständen an drei Stellen Reste von Bronzedraht stehengeblieben; an den Lotosblüten an einer Stelle. Die Kette besteht aus neun Palmetten und sieben Lotosblüten in alternierender Anordnung. Die mit einem geperlten Rand versehenen Palmetten und die Lotosblüten haben an ihrer Unterseite eine kleine runde Verzierung. Die erwähnten Bronzedrahtreste sagen aus, daß weitere Schmuckelemente an der Kette befestigt waren. Eine der Berliner Kette fast genau entsprechende Halskette befindet sich im Nationalmuseum in Kopenhagen 14 . Es besteht lediglich ein geringfügiger Unterschied in der Form der Lotosblüten, sie scheinen bei dem Kopenhagener Exemplar nicht in einer Spitze, sondern glatt zu endigen. Die im Britischen Museum 15 aufbewahrte Kette enthält, neben anderen, ebenfalls die beiden Schmuckelemente, aus denen die Berliner Kette besteht. Der in Form eines weiblichen Kopfes gebildete Anhänger (Tafel 3, 12) Inv. T C 7685 c, befand sich beim Ankauf der Kette in deren Mitte und wurde später als nicht zugehörig herausgenommen. Er ist größer und gröber in der Form und die den Kopf bekrönende Palmette weicht von denen der Kette ab. Übereinstimmend sind lediglich die beiden Durchzugslöcher eingebohrt. Der Anhänger hat eine Höhe von 3,6 cm; die Farbe des Tons ist etwas heller als die der Schmuckglieder. Die Vorderseite wurde aus der Form gewonnen, und die Rückseite — sie ist nicht vergoldet — ist ganz flach im Gegensatz zu den gewölbten der anderen Kettenglieder. Eine ca.

einen Zentimeter tiefe, schmale Öffnung befindet sich im Hals. Von der Vergoldung haben sich geringste Reste an der Palmctte und im Haar erhalten. Stilistische Übereinstimmungen finden sich am ehesten mit den Kopfanhängern einer Kette in Kopenhagen 16 , wobei die bekrönenden Palmetten in ihrer Form voneinander abweichen. Kette aus Athen, Inv. T C 7609 (Tafel 3, n ) 1 7 , 1878 erworben; L.: 9,5 cm; H. des runden Ornaments: 0,95 cm; H. der doppelten Lotosblüte: 0,85 cm; Durchm. der Perlen: 0,3 cm; hellbrauner Ton; Ornamente aus der Form gewonnen; Rückseiten glatt und leicht nach außen gewölbt; Reste weißer Grundierung und Vergoldung, vor allem an den Perlen. Schmuckglieder zweifach durchbohrt und modern auf einen dünnen Draht gezogen. Die Kette besteht aus vierundvierzig zierlichen, vergoldeten Perlen, die in zwei Reihen übereinander angeordnet sind, und die von fünf runden, mit geperltem Rand, einer Rosette und einem winzigen Scheibchen verzierten Ornamenten und einem Schmuckglied in Form einer gegenständigen Lotosblüte 18 mit vierblättriger Rosette in der Mitte unterbrochen werden. Kette aus Kyrene (?), Inv. T C 7685 d, (Tafel 3, 10), 1880 erworben; Durchm. der Perlen: 0,45 cm; hellbrauner, feingeschlämmter Ton, Perlen handgemacht; reichliche Reste von weißer Grundierung und Vergoldung; Die einfache Kette besteht aus dreiunddreißig unregelmäßigen Perlen, die modern aufgezogen sind.

O h r r i n g e des 4. J a h r h u n d e r t s v. u. Z. Zwei Ohrringe aus Kyrene, Inv. T C 7685a (Tafel 4, 1), 1880 erworben; H.: 3,75 cm; Br.: 4,0 cm; 14 15 16 17 18

orangebrauner Ton, Vorderseite aus der Form genommen; die gelblich verfärbte, dick aufgetragene Grundierung ist fast vollständig, die Vergoldung in geringen Resten erhalten; Teile

Breitenstein (wie Anm. 8), Tf. 71, Nr. 574. Marshall (wie Abm. 8), Tf. X L I I , Nr. 2190 - 1. Breitenstein (wie Anm. 8), Tf. 71, Nr. 569; Lullies (wie Anm. 2), hält die Köpfe für tarentinisch. Abgeb. bei Sabina Ruxer (wie Anm. 13), Tf. 15, Nr. 8. Vgl. Cocbe de la Ferté, Les Bijoux antiques, Paris 1956, Tf. X X , Nr. 3; Hoffmann — Davidson, Greek Gold, Mainz

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von Metallösen erhielten sich in den Rosetten und an der Riickscite der sitzenden Flügelfiguren. Ein Paar Ohrgehänge des bekannten Typus 19 mit bootsförmigem Körper, vor dessen Enden je ein geflügeltes Mädchen sitzt, das mit der rechten bzw. linken Hand das Gewand vor dem Körper hält. Ein Attiskopf füllt die Mitte. Zwischen diesem und den Flügelmädchen sind die Enden jeweils übereinstimmend und auffällig 20 als Bruchstellen erkennbar. Man muß annehmen, daß sich an diesen Stellen relativ weit vorstehende Ornamente befanden, die Beschädigungen wenig Widerstand boten. Die aufgeführten Ohrgehänge haben alle die gleiche Grundform, sie weichen aber in einigen Einzelheiten voneinander ab. So variieren z. B. die Größe des gesamten Ohrrings, die Flügelform der sitzenden weiblichen Figuren, oder aber es befindet sich anstelle des Attiskopfes eine Palmette über der Mitte des Ohrringkörpers, der meist an seiner unteren Seite von einer winzigen Perlreihe begrenzt wird. Daran anschließend folgt eine Rosettenverzierung. Bei den Berliner und Londoner Exemplaren sind es je fünf in gleichmäßigem Abstand (ca. 2 mm) angebrachte Rosetten, an denen wiederum, wie die Drahtreste aussagen, weitere Zierglieder hingen 21 . Die Stücke in Kopenhagen und Alexandria dagegen werden durch neun eng aneinanderliegende kleinere Rosetten begrenzt. In der Berliner Sammlung befindet sich noch ein einzelner Ohrring des besprochenen Typus, der wesentlich kleiner ist. Das Exemplar Inv. T C 7071 (Tafel 4, 2), über dessen Herkunft nichts bekannt ist, wurde im Jahre 1875 erworben.» Seine Höhe beträgt nur 2,2 cm. Es haben sich Reste von Engobe und Vergoldung erhalten; Spuren von Bronzedraht fehlen. Der Ohrring zeigt die erwähnten fünf Rosetten an der Unterseite und anstelle des Attiskopfes eine Palmette und ist somit dem Londoner Exemplar ähnlich. Interessant ist aber vor allem, daß die Verzierung der Enden — je eine Rosette zwischen der 19

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Mittelpalmette und den Flügelmädchen — an diesem Exemplar erhalten ist. Wohl auf Grund der Kleinheit wurde die gesamte Vorderseite aus einer einzigen Matrize gewonnen, so daß weit vorspringende Partien vermieden wurden. Man kann aber annehmen, daß bei den größeren Ohrringen an diesen Stellen, die ja immer eine Beschädigung aufwiesen, auch jeweils Rosetten angebracht waren. In diesen Zusammenhang gehört eine Tonmatrize aus Athen (?), Inv. T C 768 5 b (Tafel 4, 3), die im Jahre 1880 erworben wurde. Die Höhe beträgt 3,6 cm, die Breite 4,0 cm. Die Form besteht aus kräftig braunem Ton und ist sehr hart gebrannt. Die Höhe des nicht abbildungsfähigen Tonausdrucks beträgt 3,0 cm. Zieht man die beim Brande zu erwartende Schrumpfung der kleinen Terrakotte in Betracht, so würde wahrscheinlich der Ohrring nicht wesentlich größer sein als der Inv. T C 7071 (Tafel 4, 2). Der aus der erhaltenen Matrize zu gewinnende Ohrring zeigt ebenfalls eine geringe Abweichung gegenüber den bereits erwähnten; so sind die Enden nicht mit Rosetten verziert, sondern mit runden Scheiben, deren Rand klar abgesetzt ist und in deren Mitte sich ein Buckelchen erhebt. Während die erwähnten Scheiben, der Attiskopf und vor allem die winzige Perlreihe von beeindruckender Klarheit und Feinheit sind, hat der Koroplast die Flügel der sitzenden Niken recht summarisch angelegt. Wie die anderen Exemplare zeigen, wurden sie nachträglich mit dem Modellierholz überarbeitet. Ein Paar Ohrringe aus Kyrene (?), Inv. T C 7685 a (Tafel 4, 1), die Stücke kamen mit den Exemplaren (Tafel 4, 1) in die Sammlung und wurden unter der gleichen Nummer inventarisiert; H.: 1,5 cm; Br.: 1,6 cm. Kräftig brauner Ton; wohl aus zwei Formen gewonnen; Reste von weißer Grundierung und Vergoldung, Drahtreste in je einem der Enden, dort auch kleine Beschädigungen. Ein Paar einfacher bootsförmiger Ohrringe eines frühen Typus 22 , deren einzige Verzie-

1965, Abb. 41; A. Greifenhagen, Schmuckarbeiten in Edelmetall, Bd. II, Berlin 1975, Tf. 6. E. Breccia, La Necropoli di Sciatbi, Kairo 1912, Tf. L X X V I I I ; Breitenstein (wie Anm. 8), Tf. 71, Nr. 569; Marshall (wie Anm. 8), Tf. XLII, Nr. 2164. So auch an der Kopenhagener Kette und an dem Ohrring in Alexandria (wie Anm. 19). Vgl. R. A.Higgins, Greek and Roman Jewellery, London 1961, Tf. 25 g. (wie Anm. 21) Tf. 21 E.

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Forsch, u. Ber. Dd. 18

rung — eine Perlreihe, die nach beiden Seiten von leicht erhabenen Ringen eingefaßt wird — an den Enden angebracht ist. Es ist unbestreitbar, daß dieses Ohrringpaar,

als es noch völlig intakt gewesen ist, seine Wirkung von schwerem Goldschmuck nicht verfehlt hat.

Einzelstücke Heuschrecke Inv. 33258 (Tafel 4, 4), alter Besitz, unbekannte Provenienz; L . : 4,2 cm; H.: 1,2 cm; Br.: 0,9 cm; orangebrauner, feingeschlämmter Ton; wohl aus zwei Formen gewonnen, Teilnähte nicht sichtbar; nachträgliche sorgfältige Überarbeitung der Einzelformen; weiße Grundierung fast vollständig erhalten; die Vergoldung, die ursprünglich das ganze Insekt überzog, ist nur noch in geringen Spuren erhalten; auf der Unterseite hinter dem Kopf zwei Reihen von je drei ca. zwei Millimeter tiefen Öffnungen, zwei am Kopf und je eins an den Flügelansätzen, die möglicherweise einst Golddrähte aufnahmen, aus denen Fühler und Beinchen bestanden haben können. Die Heuschrecke ist mit eng angelegten Flügeln, die durch eine kleine Rille vom vierfach gekerbten Leib abgesetzt sind, dargestellt und findet ihre Vorbilder auf Gemmen 23 und Münzen 24 .

zwei Reihen von je drei Löchlein von zwei Millimeter Tiefe, wie sie schon an der Heuschrecke beobachtet werden konnten. Übereinstimmungen im technischen Befund, in Stil und Ausführung legen die Vermutung nahe, daß die beiden vergoldeten Insekten aus ein und derselben Werkstatt kommen. Weintraube Inv. T C 858 (Tafel 4, 6), aus der Sammlung Bartholdy, ohne Fundortangabe; L . : 2,1 cm; Br.: 1,7 cm; kräftig brauner Ton; aus zwei Formen gewonnen, Teilnähte verstrichen; reiche Reste von Grundierung und Vergoldung an den tiefer liegenden Partien zwischen den Beeren, am oberen Rand Reste einer Metallöse. Vergoldete Weintrauben aus gebranntem Ton kamen häufiger zu Tage 26 . Sie waren, wie ihre Vorbilder 27 aus edlem Metall, ein beliebtes Motiv der Schmuckkunst.

Biene Inv. 33257 (Tafel 4, 5), alter Besitz, unbekannte Provenienz; L . : 2,3 cm; Br.: 0,95 cm; orangebrauner, feingeschlämmter Ton; Oberund Unterseite je aus einer Form gewonnen, Teilnähte sichtbar; die feine Binnenzeichnung wurde wohl nicht durch nachträgliche Überarbeitung, sondern durch die überaus prägnanten Matrizen erzielt; ringsherum engobiert und vergoldet; Drahtrest auf der Unterseite. Die Biene hat ihre Flügel, die durch zarte Linien 25 belebt sind, eng an den durch feine Rillen gekerbten Leib gelegt. Auf der Unterseite befinden sich 23

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Statuette einer Athena Promachos Inv. T C 7069 (Tafel 4, 7); Fundort und Herkunft unbekannt, 1873 erworben; H.: 3,4 cm; hellbrauner Ton; Vorderseite aus der Form gewonnen; rechter Arm und Helm gesondert angesetzt; Rückseite flach mit geringfügigen Ausflickungen ; rechter Arm, Kopf und Teif des Schildes abgebrochen und geklebt; Reste von weißer Grundierung, auch auf der Rückseite erhalten. Vergoldet waren Helm, Peplos und Schild. Arm und Gesicht waren nicht vergoldet. Die Athenastatuette ist mit hochgegürtetem

Vgl. die Ritzungen auf den Flügeln mit denen eines Insektes, das auf einer Gemme dargestellt ist, abgeb. bei G. M. A. Richter, Engraved Gems of the Greeks and the Etruscans, London 1968, Nr. 475. Vgl. Statere aus Metapont, Franke — Hirmer, Die griechische Münze, München 1964, Tf. 81 f. Vgl. Hoffmarm — Davidson (wie Anm. 18), Abb. 70c; eine entsprechende Biene sitzt auf einem Schmuckglied der Kette in Kopenhagen, vgl. Breitenstein (wie Anm. 8), Nr. 569. Marshall (wie Anm. 8), Tf. X L I I , Nr. 2157a, mit Rosetten ein Ohrgehänge bildend; Breitenstein (wie Anm. 8), Tf. 7 1 , Nr. 569, als Anhänger; BesquesIII (wie Anm. 8), Tf. 86c. Greifenhagen (wie Anm. 18), Tf. 39, 10, Rückseite flach; W. Züchner (wie Anm. 6), S. 69, Abb. 54.

Peplos, Helm und Schild dargestellt. Die Einzelformen des Gcsichts sind nur angedeutet. Zu den beliebten Motiven figürlicher Anhänger, auch aus vergoldeter Terrakotta, gehören Niken, Eroten, Sirenen, Nereiden und Mänaden28.

Die Statuette Berlin Inv. T C 7069 wird wohl auch als Schmuckanhänger verwendet worden sein. Der Typenschatz würde dadurch eine Bereicherung erfahren, denn meines Wissens sind Schmuckanhänger mit Athenadarstellungen nicht belegt.

M i n i a t u r s c h i l d e u n d V a r i a — 3. J a h r h u n d e r t v. u. Z. Medaillon Inv. T C 698 (Tafel 4, 8), alter Besitz, unbekannte Provenienz, Durchm.: 3,55 cm; schmutzig-grauer Ton; geringe Reste von Vergoldung, die sich mit der weißen Grundierung verkrustet haben; Zierscheibe in Form eines Miniaturschildes. Auf dem gewölbten Mittelrund, das von einem schmalen Wulst gegen ein etwa vier Millimeter breites Flechtband abgesetzt ist, sechzehn strahlenförmig angeordneten Lotosknospen 29 . Vier Miniaturschilde aus Tanagra, Inv. 7418 (Tafel 4, 10), wurden 1876 zusammen mit neun Tonstatuetten von Eroten in Paris von Hoffmann erworben; H.: 4—4,1 cm; Br.: 1,9—2,15 cm; Durchm.: 2,8 cm; hellbrauner, feingeschlämmter Ton; Vorderseiten aus Formen gewonnen, Ränder glatt beschnitten; die Vergoldung ist relativ gut erhalten, so an den ca. 3 mm breiten Schildrändern, am Delphin und an den Flügeln des Eros; die Engobe und Bemalung, ein kräftiges Rot und Hellblau blieben in reichen Resten stehen; die Rückseiten der drei ovalen Schilde sind flach und mit verkrusteten Engoberesten überzogen, die Rückseite des Rundschildes ist nach innen gewölbt. Es finden sich keinerlei Hinweise auf eine mögliche Montierung. Die drei ovalen Schilde tragen unterschiedliche Zeichen, einen doppelschwänzigen Delphin ohne 28

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Kopf mit Dreizack, ein Gorgoneion mit Lanze und ein Blitzbündel mit Gorgoneion; das erhabene Rund des vierten Schildes trägt ein Erosknäblein, dessen Einzelformen, z. B. des Gesichts, nicht ausgeführt sind. Wenn die Ausformungen auch recht flüchtig sind, so muß die ursprüngliche Wirkung der Miniaturschilde dennoch nicht ohne Reiz gewesen sein. Der vergoldete Delphin in dem kräftig roten Oval, welches von einem drei Millimeter breiten, vergoldeten Rand umgeben ist, wird das bestätigen. Man kann die Frage stellen, ob diese Schildchen möglicherweise auch als Reflex von Goldschmiedearbeiten aufzufassen sind. Schmuckglieder in Form von kleinen Schilden sind ja nicht selten30. Größer in den Maßen und sorgfältiger in der Ausformung ist ein Miniaturschild, dessen Fundort unbekannt ist 31 , der aber wohl aus Unteritalien stammen wird. Inv. 33256 (Tafel 4 , 1 2 ) ; L.: 9,2cm; Br.: 4,0 cm; hellbrauner Ton; Vorderseite aus der Form gewonnen. Rückseite glatt und leicht nach innen gewölbt; in zwei Teile zerbrochen und geklebt, kleine Beschädigung des Randes; weiße Grundierung der Vorderseite nahezu vollständig erhalten; geringe Reste der Vergoldung; rosa Farbspuren auf den Wangen der Medusa. Ovaler Schild mit Blitzbündel und Gorgoneion 32 , der von einem sechs Millimeter breiten Randprofil umgeben ist.

Vgl. Besques III (wie Anm. 8), Tf. 86c; K. Hadac^ek, Der Ohrschmuck der Griechen und Etrusker, Wien 1903, Abb. 66ff.; Greifenhagen (wie Anm. 18), S. 107, Abb. 19, 2,2 cm hohes Figürchen einer Nike aus vergoldetem T o n ; Marshall (wie Anm. 8), Tf. X L I I , Nr. 2154, Höhe 3,9 cm. Besques III (wie Anm. 8), Tf. 5 1 c , makedonisch, frühhellenistisch, Durchmesser um 7 mm geringer als der des Berliner Stückes. Greifenhagen (wie Anm. 18), Tf. 8, Nr. 3—6; Hoffmann — Davidson (wie Anm. 18), Abb. 79b, das stilisierte Blitzbündel ist ein beliebtes Motiv. Das Stück wurde vor einigen Jahren von der Ägyptischen Abteilung der Staatlichen Museen zu Berlin als aus Weimar kommend der Antiken-Sammlung übergeben. Vgl. einen Pyxisdeckel in Hamburg, abgeb. bei Buschor (wie Anm. 5), Tf. 53, 2, S. 35, der in die Mitte des 3. Jahrhunderts v . u . Z . datiert wird. Ein ca. 12 cm hoher Schild aus Bronze, Fundort Taman, 3 . - 2 . Jh. v. u. Z , mit fast übereinstimmender Darstellung von Gorgoneion und Blitzbündel, befindet sich in Leningrad, Ermitage. 19

2*

Zwei dreieckige Schmuckplättchen aus Kyrene, Inv. T C 7685c (Tafel 4,9), 1880 erworben; H. (des besser erhaltenen Exemplars): 3,0 cm; Br.: 3,8 cm 3 3 ; 3. Jahrhundert v. u. Z. hellbrauner, relativ grober Ton mit Einlagerungen; Vorderseite aus der Form gewonnen, Rückseite glatt verstrichen; Reste von roter Bemalung (?) oder möglicherweise von Poliment, was auf einstige Vergoldung schließen ließe. Die dreieckigen Tonplättchen, deren Oberkante mit einem Eierstab versehen ist, tragen Gorgoneien mit kleinen Flügeln. Oberhalb jedes Flügels befindet sich eine Durchbohrung von

etwa zwei Millimetern, mit deren Hilfe die Plättchen an einer Rückwand befestigt werden konnten. Zwei achtblättrige Rosetten aus Kyrene, Inv. T C 7685 g (Tafel 4 , 1 1 ) ; Durchm.: 2,6—2,7 cm; Die als Knöpfe hergerichteten Rosetten bestehen aus der gleichen Tonsorte wie die dreieckigen Plättchen. Es können auch die rötlichen Verfärbungen und die recht grobe Ausführung beobachtet werden. Die Stücke gehören sicherlich zu einem Fund.

Die vorgelegten Schmuckimitationen aus vergoldeter Terrakotta, die dem 4. und 3. Jahrhundert v. u. Z. zuzuweisen sind, können bezeugen, daß ihre Stellung innerhalb der griechischen Kleinkunst nicht gering ist. Wenn auch der verwendete Typenvorrat nicht sehr groß ist, so wurde doch mit viel Einfallsreichtum damit umgegangen. Eine Beobachtung soll hier noch Erwähnung finden. Die minutiösen Einzelformen des Goldschmuckes konnten, wie die Tonmatrize (Tafel 4,3) zeigte, in das doch unvergleichlich viel gröbere Material übertragen werden. In einigen Fällen allerdings war zu bemerken, daß die Einzelformen durch die Grundierung und Vergoldung Etliches von ihrer Feinheit verloren halten und etwas verwischt wirkten. Dennoch kann zusammenfassend festgestellt werden, daß es den Koroplasten großartig gelungen ist, mit ihren Arbeiten aus vergoldetem Ton den Eindruck von Schmuck aus edlem Metall zu erwecken. 34 Fotonachweis: Tafel 3 und 4 Staatliche Museen zu Berlin 33 34

Die ursprüngliche Höhe wird ca. 4 cm betragen haben. Während der Drucklegung des Manuskriptes erschien zum gleichen Thema ein Aufsatz von J . Blanck „Griechische Goldschmuckimitationen des 4. Jahrhunderts v. Chr." in Antike Welt, Zeitschrift für Archäologie und Urgeschichte, 7. Jahrgang 1976, Heft 3, S. 19 — 27, die sich ausführlich mit der typologischen Entwicklung, der Verbreitung und Verwendung des Tonschmucks befaßt. Für die freundliche Übersendung eines Sonderdruckes sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

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HELLENISTISCHE S T U C K D E K O R A T I O N E N AUS PRIENE Ein Beitrag zur Geschichte der hellenistischen Wanddekoration (Mit Tafel 5 - 9 )

Ralf-B. Warthe

Die großen deutschen Ausgrabungen in Kleinasien seit dem letzten Viertel des 19. Jh. haben neben den zahlreichen überaus bedeutsamen Funden an Architektur und Plastik der archäologischen Forschung mit der Freilegung ganzer Wohnviertel auch neue Bereiche des privateren Lebens erschlossen. Lange Zeit war man gewohnt, bei antiker Wanddekoration vorwiegend an die bekannten Beispiele aus Pompeji zu denken. Das Auffinden von Resten eindeutig älterer Wanddekoration, z. B. in Kleinasien (Priene, Pergamon, Magnesia am Mäander), wirft zwangsläufig Fragen nach Beziehungen und Abhängigkeit der jüngeren römischen Wanddekoration zu entsprechenden griechisch-hellenistischen Vorformen auf. So ist die Bedeutung der Stuckreste aus Priene und Pergamon (?) für die Geschichte der antiken Wanddekoration größer, als deren fragmentarischer Zustand vermuten ließe. Bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges war in einer großen Schauvitrine im Berliner Antiquarium eine Kollektion hellenistischer Wandstucke ausgestellt (Tafel 5). Es handelte sich um den bekannten Greifenfries aus Pergamon 1 sowie um einige pergamenische (?) Fragmente und eine größere Anzahl von Stuckdekorationen aus Priene2. Der Bestand von ursprünglich 63 Fragmenten aus Priene hat sich offenbar in den Kriegswirren leider auf 40 Fragmente vermindert; dazu gesellt sich allerdings ein wiederaufgefundenes und in der alten Ausstellung nicht berücksichtigtes Bruchstück (Nr. 23). Die Fragmente sind jetzt magaziniert. Die vorliegende Arbeit ist eine verkürzte und überarbeitete Fassung der Examensarbeit an der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Hauptanliegen dieses Beitrages sind die katalogmäßige Aufnahme der Berliner Stuckfragmente sowie ihr Verhältnis zu bekannten anderen hellenistischen Stuckdekorations-Systemen. Katalog 3 der Fragmente aus Priene 1. F r a g m e n t e i n e s W a n d q u a d e r s , 185 X 115 mm Inv.-Nr. A P 369 Abb. 1 Nur eine Seite — die untere und obere — wird von einem glatten Rand begrenzt; Länge und 1

G. KaweraujTb.

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D i e S t u c k f r a g m e n t e sind bisher nicht z u s a m m e n h ä n g e n d publiziert. D e r W a n d s t u c k aus Priene stammt aus der

Wiegand, D i e Paläste der H o c h b u r g , A v P V , 1, B e r l i n / L e i p z i g 1930, S. 48 — 50, T f . V i t .

G r a b u n g 1895 — 1 8 9 8 , bei der unter L e i t u n g v o n Carl H u m a n n u n d nach dessen T o d dann unter T h e o d o r W i e g a n d die südliche W e s t t o r s t r a ß e , die N o r d h a l l e , T h e a t e r u n d Sitzungssaal mit b e n a c h b a r t e m P r y t a n c i o n s o w i e zahlreiche Privathäuser der s o g e n a n n t e n T h e a t e r s t r a ß e f r e i g e l e g t w e r d e n k o n n t e n . D i e F u n d e sind publiziert in Tb. Wiegmidj H. Schräder,

P r i e n e - E r g e b n i s s e der A u s g r a b u n g e n und U n t e r s u c h u n g e n in den Jahren

1895 — 1898, Berlin

1904

(weiter zitiert als: Priene). D e r V o r z u g der G r a b u n g s p u b l i k a t i o n ist eine Fülle v o n E i n z e l b e o b a c h t u n g e n , andererseits lassen sich n a c h den o f t s u m m a r i s c h e n A n g a b e n ü b e r die F u n d s i t u a t i o n nicht alle F r a g m e n t e v o n W a n d s t u c k einzelnen H ä u s e r n z u w e i s e n , m u ß ihr F u n d o r t unsicher bleiben. F ü r die M ö g l i c h k e i t der B e a r b e i t u n g der S t u c k f r a g m e n t e u n d die E r l a u b n i s zu ihrer P u b l i z i e r u n g bin ich der D i r e k torin der Berliner A n t i k e n - S a m m l u n g , Frau D r . E . R h o d e zu D a n k verpflichtet. 3

D i e S t r i c h z e i c h n u n g e n der F r a g m e n t e b z w . die Profilschnitte s t a m m e n v o m V e r f a s s e r . M a ß a n g a b e n im K a t a l o g -

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Breite eines plastisch vorspringenden Quaderspiegels bleiben unsicher, an einer Seite ist der Randschlag erhalten. Die gesamte Quaderschicht springt aus dem übrigen Niveau der Wand hervor, der untere — oder obere — Anschluß an die weitere Wandgliederung ist gerade noch erkennbar. B : durchweg violett, besonders am Rand; zur Mitte mehr orangefarben (fleckig). T : drei deutlich erkennbare Putz- bzw. Stuckschichten (jeweils von der wandnächsten Seite nach außen zählend): a) 7 mm stark, fein, gelblich b) 17 mm starke Zwischenschicht c) 3 mm sehr feiner, weißer Stucküberzug O : unsicher Priene, S. 309 wird Stuckdekoration dieses Typs erwähnt

Abbildung 1

2. F r a g m e n t eines W a n d q u a d e r s , jetzt 165 X 140 mm ohne A P Nr. 4

Abb. 2

Die Breite des plastischen Spiegels ist mit 108 mm gesichert, seine Länge bleibt unsicher. Der Randschlag ist auf drei Seiten erhalten und durch Ritzung — Nachahmung einer Stoßfuge — von einem seitlich anschließenden Quader getrennt. B : Graublau, etwa 1 mm in die oberste Stuckschicht eingezogen; an dem geringen Ansatz der zurückspringenden Wandfortsetzung sind Reste von blauer Farbe erkennbar. T : a) 15 mm starke, grobe graue Putzschicht b) 7 mm helle, mittelfeine Stuckschicht O: unsicher vgl. Priene, S. 309 mit Erwähnung dieses Typs teil, wenn sie die Dicke der einzelnen Mörtelschichten betreffen, sind Mittelwerte. Die verwendeten Abkürzungen bedeuten: B : Bemalung T : Technische Einzelheiten 1

O : Lokalisierung; Herkunft des betreffenden Fragments. Das Stück war ursprünglich länger, vgl. Tafel 5 (rechte Außenkante Mitte).

22

Abbildung 2

3. F r a g m e n t e i n e s W a n d q . u a d e r s , 135 x 1 5 0 m m A P 181

Abb. 3

Eine Seite des Quaders ist durch Randschlag begrenzt, die Abmessungen des plastischen Spiegels bleiben unsicher. Unten ist der Ansatz der zurückspringenden Wandstuckierung gerade noch erkennbar. B : durchweg gelb, Reste-roter Farbe haben sich am Übergang zur unteren Wandgliederung erhalten, die rote Bemalung greift unter die oberste Stuckschicht des Quaders. T : a) 7 mm fein, hell rötlich; hinten Negativ der aufgerauhten Fläche des Untergrundes b) 13 mm starke ähnliche Schicht, deren Oberfläche durch Kammlinien für c) feine Stuckschicht (6 mm) aufgerauht ist; Schicht c) besteht aus zwei Schichten (je 2 bis 3 mm), die untere war bereits gelb bemalt O : unsicher, wahrscheinlich Teil einer Orthostatendeckschicht wie im Raum östlich des Raumes A im Haus Westtorstraße X X I I I vgl. Priene S. 309 4. T e i l e i n e r O r t h o s t a t e n d e c k s c h i c h t , 1 1 8 x 1 2 8 mm A P 368

Abb. 4, Tafel 6, 1

Abbildung 4

V o n einer glatten, plastisch nicht gegliederten Fläche ist durch Einritzung ein plastischer Spiegelquader (Spiegel 105 x 72 mm) mit Randschlag abgesetzt.

24

B : Spiegelquader — violett; unteres Anschlußfeld — gelb T : a) bis 10 mm starke Mörtelschicht, rötlich, grob b) 7 mm starke Mörtelschicht, grau, mittelfein c) 4— 8 mm feine Stuckschicht O: unsicher vgl. Priene S. 309, gleicher Typ wie z. B. Haus Westtorstraße X X V I , Kammern der lepot a-roa des Orophernes 5 5. S t u c k f r a g m e n t , 285 x 2 1 0 m m A P 197

Abb. 5

Mehrere kleine Stücke sind jetzt abgesplittert. An der oberen glatten Kante des Fragments ist der geringe Ansatz einer etwas vorspringenden Wandgliederung vorhanden. Unter der glatten

Abbildung 5

Fläche springt ein lesbisches Kyma zurück und vermittelt den Übergang zum unteren Teil der Wanddekoration. B : die Bemalung ist auf älteren Abbildungen noch besser erhalten, jetzt sind die Farben blaß, z. T. abgescheuert. Die glatte Fläche — violett; Kyma — weiß grundiert, darauf lesbisches Blattwerk: gelbe Blätter und Schattierung in Ocker, Rot und Schwarz; die untere Kante ist gelb bemalt. T : a) 3 mm dicke grobe, graue krümelige Mörtelschicht b) 25 mm ähnliche Mörtelschicht c) ca. 3 mm abschließende feine Stuckschicht O: aus dem Haus östlich vom Haus Theaterstraße X X X I I I 6 Priene, S. 312, 313 — Abb. 346

5

6

Priene, S. 509: auch hier ist die Orthostatenschicht glatt und gelb bemalt, die plastisch vorspringende Deckschicht mit Spiegelquadern dagegen rot gefärbt. D o r t sind mit diesem violetten Stück ganz ähnliche Quader in purpurrot und braunrot gefunden worden.

25

6. G r o ß e s B r u c h s t ü c k eines W a n d q u a d e r s , 370 x 2 5 0 mm A P 192 Abb. 6 Eine glatte Quaderzone wird oben7 abgeschlossen von einem zurückspringenden gewölbten Profilband. B : Quaderfeld — auf weißer Grundierung gelbe, ockerfarbene, violette unregelmäßige Sprenkel („Marmorierung"); Profil gelb (?) grundiert, bemalt mit einem Flechtband in den Farben schwarz, violett, rot, gelb. Die Farben sind stark abgeschliffen und lassen sich leicht verwischen.

1

00

Abbildung 6

Rote Farbspuren an der Oberkante reichcn unter den dünnen Stucküberzug des plastischen Flechtbandes. T : vgl. Nr. 5 a) 5 mm hellgrau, krümelig, grobe Putzschicht b) 30 mm Zwischenschicht, ähnlich a) c) 5 mm dünne Stuckschicht mit Marmorstaubbeimischungen O: unsicher8 7. T e i l eines P r o f i l s (vgl. Nr. 6), 150 x 75 mm A P 179

7 8

Das Fragment war falsch ausgestellt (Tafel 5): das Flechtband begrenzt diese Schicht oben. Priene, S. 3 1 2 : E r w ä h n u n g marmorierter Quader.

26

Abb. 7

Das Fragment entspricht genau dem Profilabschluß des Wandquaders Nr. 6. B : die Bemalung ist fast völlig verschwunden, sie scheint mechanisch entfernt worden zusein (abgeschmirgelt), wobei sogar die Stuckschicht z. T. abgearbeitet wurde. Unterkante, d. h. Übergang zu dem hier verlorenen marmorierten Quader — Spuren von Gelb und Grau; Oberkante, d. h. Übergang zur anschließenden Schicht — rote Farbreste. T : zwei Schichten, wie Nr. 6 b) und c) O: vgl. Nr. 6

8. B r u c h s t ü c k e i n e r Q u a d e r s c h i c h t , 235 x 195 mm A P 167

Abb. 8, Tafel 6, 2

Der plastische Quaderspiegel ist seitlich nicht begrenzt, wird oben und unten von dem erhaltenen Randschlag eingefaßt.

1*1

18 Abbildung 8

B : Spiegel und Randschlag — Marmorierung: auf heller Grundierung farbige Sprenkel, die violett konturiert sind; Farben hellgrau, rosa, dazwischen kleinere gelbe und violette Sprenkel. Eine anschließende Schicht war rot bemalt, ihr Ansatz ist gerade noch erhalten (ob sie sich nach oben oder nach unten fortsetzte, ist nicht sicher zu entscheiden). T : a) 8 mm, feine, gelbliche Schicht b) 17 mm, etwas gröber, gelblich c) 5 mm feine weiße Stuckschicht O: aus dem Thalamos (Zimmer A) des Hauses X X I I I , Westtorstraße Süd Priene, S. 314t., Abb. 349/350, 356 (Rekonstruktion im Zusammenhang mit anderen Stücken aus dem gleichen Raum) 27

9. F r a g m e n t e i n e r Q u a d e r s c h i c h t , 190 x 195 mm A P 371

Abb. 9

Das Bruchstück besteht aus Resten zweier Quader (einer waagerechten Schicht mit Randschlag); eine in den Stuck geritzte Linie als Andeutung der Stoßfuge trennt diese Quader voneinander. Der untere Abschluß deutet darauf hin, daß diese Quaderschicht über einer zurückliegenden Schicht saß oder eine Profilleiste unten zu ergänzen ist. Oben wird das Fragment von einer Profilleiste begrenzt.

Abbildung 9

B : Quader (Spiegel und Randschlag) — Marmorierung: unregelmäßige Farbfleckcn in Rotbraun, Ocker; hellere Felder sind teilweise rotbraun konturiert. Profilleiste — nur noch Reste der hellgrundigen Bemalung (Flechtband?); geringe Reste von graublauer sowie am Ubergang zur Wandgliederung über der Profilleiste Reste von blauer Farbe. T : a) 5 mm, mittelfein b) 9 mm, grau, grob mit gröberen Einschlüssen c) 6 mm, ebenso d) 5 mm feine, weiße Stuckschicht O : nicht zu bestimmen 9 10. S t u c k f r a g m e n t , in der Mitte gebrochen, 97 X 70 mm A P 370

Abb. 10, Tafel 6, 3

Das Bruchstück ist an allen Seiten unregelmäßig begrenzt, an einer Außenkante ist noch eine eingeritzte Linie erkennbar (Nachahmung einer Stoßfuge); sonst ist die Oberfläche völlig glatt, ohne plastische Gliederung B : Marmorierung — Imitation einer bunten Aderung in Grau, Olivgrün, verschiedenen Brauntönen und Violett. 9

Fragment Nr. 9 nicht in der Prienc-Publikation erwähnt.

28

T : a) 4 mm, grau, mittelfein b) 13 mm feiner, gelblich c) 4 mm rötliche Zwischenschicht d) 3 mm weiße, feine Stuckschicht O : wahrscheinlich aus Raum A des Hauses X X I I I Westtorstraße Priene, S. 314, 3 1 5 ; Abb. 351/352, 356 1 0

23 A b b i l d u n g 10

1 1 . F r a g m e n t e i n e s Q u a d e r e c k s t ü c k e s , 95 x 103 mm A P 182

Abbildung 11

Abb. 1 1 , Tafel 6, 4

Das glatte Quaderfeld ohne Randschlag ist an der rechten Seite abgeschrägt, nach unten ist die Fläche von einem schräg zurückspringenden gemalten Ornamentband durch einen breiten Einschnitt getrennt. Die Fortsetzung der Wandgliederung nach unten ist im Ansatz erkennbar. B : glattes Quaderfeld — graue Grundierung mit bunten Flecken (grün, rotbraun, braun); Ornamentband — ionisches K y m a in Braun (Kontur) und Ocker (Schattierung) auf hellem G r u n d ; rechts der Rest einer in die Ecke gesetzten kleinen Füllfigur (Ranke? Volute?); der kleine Ansatz zur unteren Wandfläche trägt Reste v o n violetter Farbe. T : die Qualität der einzelnen Schichten ist mangelhaft, sie lösen sich leicht voneinander: a) 4 mm b) + c ) zusammen 18 mm, zwei krümelige Mörtelschichten d) 3 mm feine Stuckschicht, mehrfach gerissen O : unsicher 1 1 10

11

Fragment N r . 1 0 entspricht dem Priene S. 3 1 4 beschriebenen Stuck: groijflächige bunte A d e r u n g , ohne plastischen Spiegel und Randschlag, unten wäre dann eine Eierstableiste zu ergänzen. In der Priene-Publikation nicht erwähnt.

29

iz. F r a g m e n t eines S t u c k p r o f i l s , 105 X 70 mm A P 170

Abb. 12, Tafel 6, 6

Die glatte Fläche des Fragments ist durch eine Einkerbung in zwei Streifen geteilt: in eine obere schmale und eine breitere Zone. An der Unterkante sind Ansatzspuren der weiteren Wandgliederung erkennbar, die stumpf an das Profil angesetzt war.

Abbildung 12

B : auf weißer Grundierung ist die breitere Zone des geteilten Profilbandes mit lesbischem Blattlaub bemalt — reiche Schattierung durch die Farben Hellgrau, Dunkelgrau, Schwarz, Rot Unterkante — gelbe Farbspuren; Oberkante — violette Farbreste. T : a) 20 mm, grau, grob b) 3 mm feine Stuckschicht O: unsicher, ebenso Nr. 13 —16 1 2 13. F r a g m e n t eines S t u c k p r o f i l s , 1 1 0 x 7 0 mm A P 178

Abb. 13

Die Profilleiste ist ähnlich gestaltet wie Nr. 12, jedoch springt die obere schmale Zone mit einem Knick leicht wieder zurück. Der untere Abschluß des Kymas ist nicht erhalten. B : gelbliche Grundierung, das breitere Kymaband — lesbisches Blattlaub in Braun und Ocker. T : a) + b) bis zu 32 mm starke, grobe graue Schichten mit kleinen Einschlüssen c) 4 mm feine Stuckschicht O: unsicher 14. F r a g m e n t eines S t u c k p r o f i l s , 105 x 75 mm A P 373

Abb. 14

Das Fragment hat leicht veränderte Profilierung und andere Abmessungen als Nr. 12 und 13. Unten ist ein kleiner Rest des Dekorationsanschlusses erhalten. 12

Priene, S. 309 ( A b b . 33 3 f.), 326 (Haus westlich v o n Haus X X X I I I ) sind Profile dieser A r t beschrieben, sie trennen die Orthostatendeckschicht v o n den oberen Quaderschichten.

30

B : eingetiefte trennende Kerbe — grau ausgemalt; das breite Kymaband — lesbisches Blattlaub in Grau, Braun, R o t ; unterer Anschluß — violett. T : vgl. Nr. 1 3 : a) bis zu 3 8 mm grobe graue Schicht mit Einschlüssen b) feine weiße Stuckschicht 3 mm, mehrere sehr feine Risse O : unsicher 15. F r a g m e n t e i n e s S t u c k p r o f i l s , vgl. Nr. 16, 125 X 85 mm A P 175 Abb. 15 V g l . N r . 12, jedoch etwas andere Abmessungen. Der obere und der untere Anschluß an die weitere Wanddekoration sind in Ansätzen erhalten. B : oberer schmaler Rand — weiß; Kymaband — lesbisches Blattwerk, bemalt in Dunkelocker (Kontur), Ocker und G r ü n (Schattierung) sowie Violett auf weißer Grundierung; unterer Anschluß — gelbe Farbreste. T : a) ca. 6 mm grobe Putzschicht, grau, krümelig b) 10 mm feinere Mörtelschicht c) bis zu 7 mm starke, feine Stuckschicht O : unsicher 16. F r a g m e n t e i n e s S t u c k p r o f i l s , vgl. Nr. 15, 135 X 80 mm A P 169 (?)

A b b . 16

Das Fragment ist doppelt gebrochen, die obere linke Ecke fehlt jetzt. Das Profil entspricht sonst der Nr. 15, die Farben der Bemalung (lesbisches K y m a ) sind hier jedoch blasser.

17. F r a g m e n t e i n e s S t u c k p r o f i l s , 95 X 120 mm A P 168 Abb. 17, Tafel 6, 5 Das Fragment ist durch waagerechte Einkerbungen in drei Zonen gegliedert, von denen die Begrenzung der oberen durch Bruch nicht erhalten ist. B : waagerechte Kerben — grau ausgemalt; unterer Streifen — Eierstab, brauner Kontur, ocker und grau schattiert, dadurch plastische Wirkung erzielend; oberer Streifen — Reste von Bemalung (Flechtband?).

32

T : a) 5 mm stark, rötlich, wohl mit Ziegelmehl versetzt b) 17 mm graue Schicht c) 4 mm weiße Stuckschicht O: Zimmer A des Hauses X X I I I südlich der Westtorstraße Priene, S. 314, 315 — Abb. 348, 356

18. G e s i m s b r u c h s t ü c k , 100 x 1 0 5 mm A P 186

Abb. 18, Tafel 6, 7

Das Fragment ist sorgfältig profiliert, der obere Abschluß der Hohlkehle ist nicht erhalten, gerade noch erkennbar bleibt unten der Übergang zur weiteren Wandgliederung. Die Neigung des kleinen Gesimses ist durch den hinteren glatten Mörtelabschluß gegeben. B : Hohlkehle — auf rotem Grund weiße Palmetten—Lotosranken; breite, durch Kerben waagerecht begrenzte Zone — Eierstab (Rotbraun auf Weiß, Schwarz und Ocker schattiert), die Oberfläche ist etwas abgescheuert. T : a) 4 mm grobe graue Putzschicht, darauf weitere Schichten „aufmodelliert" b) + c) graue, grobe Zwischenschichten d) weiße, feine Stuckschicht (bis 15 mm dick) O: Zimmer A des Hauses X X I I I südlich der Westtorstraße Priene, S. 314, 315, Abb. 352, 356 33 3

F o r s c h , u. B e r . B d . 1 8

A b b i l d u n g 19

A b b i l d u n g 20

19. F r a g m e n t e i n e s p l a s t i s c h e n M ä a n d e r s , diagonal gebrochen, 1 4 8 x 1 6 5 mm A P 380

A b b . 19, Tafel 7, 1

Der Mäander in Hochrelief ist in Form eines Kreuzmäanders als fortlaufendes Band gebildet (153 mm breit), das kleine Quadrate ( = Nr. 20) umschließt. B : ohne Farbreste, diese waren aber bei der Freilegung des Stückes noch vorhanden 1 3 . T : das Mäanderrelief aus weißem Stuck scheint aus einer Form gewonnen zu sein und wurde dann erst auf den vorbereiteten Untergrund aufgesetzt. Die Unterseite des Mäanders glatt. 13

Priene, S. 3 1 2 : , , . . . ein 0,15 m hoher Mäanderstreif in Hochrelief (0,017

34

m

)

au

f blauem G r u n d . . . "

Zwei dünne Putzschichten: a) 5 mm grau b) 4 mm rötlich O: aus dem Gebäude östlich von Haus X X X I I I der Theaterstraße, zusammen mit weiteren ähnlichen Fragmenten 14 Priene, S. 312, 313 — Abb. 345 (rechts) 20. K a s s e t t e n a r t i g e s F r a g m e n t , 107 X 105 mm A P 381

Abb. 20, Tafel 7, 1

Das weiße Rechteck in Hochrelief nähert sich quadratischer Form (78 x 83 mm), es ist ein Bestandteil des Mäanderfrieses Nr. 19. Abmessungen, technische Beobachtungen stimmen völlig mit dem plastischen Mäander überein 15 . B : Reste des erwähnten blauen Untergrundes (vgl. Anm. 13). T : siehe Nr. 19 O: siehe Nr. 19 21. F r a g m e n t v o n einem T r i g l y p h e n f r i e s , 165 X90 mm A P 379

Abb. 21

Die Triglyphe ist nur in ihrem oberen Teil mit Triglyphenbalken und kleiner abschließender Leiste erhalten. B : Triglyphe und Balken — hellblau auf weißer Grundierung; obere kleine Leiste — Eierstabornament in Weiß und Rot. T : a) 5 mm dünner Untergrund, feiner weißer Stuck b) darauf aufgesetzt die einzeln gearbeiteten Stuckteile: Balken, Triglyphe; abschließend folgte dann die kleine Leiste. O: aus dem Gebäude östlich des Hauses Theaterstraße X X X I I I , vgl. Nr. 22—26 Priene, S. 312, 313 — Abb. 342 14 15

Z w e i weitere gleichartige Fragmente sind jetzt verschollen (vgl. Tafel 5). D e r Zusammenhang von N r . 19 und 20 wurde schon bei der ersten A n o r d n u n g berücksichtigt. Die Annahme Tb. Wiegands (Priene S. 312), es seien Teile einer Kassettendecke, kann somit korrigiert werden.

35 3*

22. F r a g m e n t v o n einem T r i g l y p h e n f r i e s mit G e b ä l k , 210 x 123 mm A P 172

Abb. 22, Tafel 7, 2

Das Bruchstück zeigt die Gliederung vollständiger als Nr. 21. Über Triglyphe, Triglyphenbalken und kleiner Leiste folgt ein schmales Gebälk mit spitz vorspringender Zierleiste. An der rechten Seite des Fragmentes ist der Ansatz des anschließenden Metopenfeldes erkennbar, der obere Abschluß ist nicht erhalten, zu erwarten wäre vielleicht ein Zahnschnittgesims 16 .

B : wie Nr. 21, das Metopenfeld mit blauen Farbresten; kleine Eierstableiste — z . T . ist die dunkle Innenkonturierung der Eier erkennbar, am Ende der Leiste kleine Füllfigur; Gebälk — gelb; abschließende Zierleiste — auf der unteren Hälfte rote Punkte, vielleicht Reste einer Bemalung mit lesbischem Blattwerk 17 . T : wie Nr. 21 (vgl. Abb. 21); das Gebälk ist in mehreren Schichten geformt; Triglyphenbalken und Triglyphen scheinen erst nach dem Gebälk auf die Wandfläche gesetzt worden zu sein. O: aus Haus östlich des Hauses Theaterstraße X X X I I I Priene, S. 312, 313 — Abb. 342

10

17

Diese Gliederung mit Triglyphenfries, Gebälk und Zahnschnitt gab es auch im Thalamos des Hauses Theaterstraße X X X : Priene, S. 3 1 0 , 3 1 1 , A b b . 3 3 7 a , b. F ü r das Priene S. 3 1 3 A b b . 342 vorgeschlagene Flechtband gibt es keine Anhaltspunkte.

36

23. F r a g m e n t eines k l e i n e n G e b ä l k s 1 8 , gebrochen, 95 X 65 mm A P 196 (P 701) Abb. 23 Das Bruchstück entspricht den Nrn. 21, 22, 24—26 in allen Einzelheiten und gehört zum Triglyphenfries mit Gebälk (Nr. 22, 24). Erhalten ist nur das Gebälk mit der vorspringenden Leiste. B, T, O: wie Nr. 22 Priene, S. 312, 313 — Abb. 342

24. F r a g m e n t v o n e i n e m T r i g l y p h e n f r i e s mit G e b ä l k , 140 x 75 mm A P 196 (vgl. Nr. 23)

Abb. 24

Das Bruchstück ist etwas vollständiger erhalten als Nr. 23: Gebälk mit vorspringender Leiste, kleine Eierstableiste, Triglyphengebälkansatz, Metopenansatz rechts. B, T , O: wie Nr. 22 Priene, S. 312, 313 — Abb. 342

25. F r a g m e n t eines T r i g l y p h e n f r i e s e s , 103 x 58 mm A P 173

Abb. 25

Erhalten sind nur die kleine Eierstableiste, der Triglyphenbalken und gerade noch der Ansatz der Triglyphe. B, T , O: wie Nr. 22 Priene, S. 312, 313 — Abb. 342 18

Fragment Nr. 23 trägt die gleiche Inv.-Nr. A P 196 wie Nr. 24 und fehlt auf Tafel 5.

37

Wz^ZZ^^-^ZSZZZZ^zzszj^ Abbildung 25

26. F r a g m e n t e i n e s k l e i n e n G e b ä l k s , 125 X 80 mm A P 375

Abb. 26

Die linke Ecke der kleinen Eierstableiste und das beginnende Metopenfeld sind gerade noch erhalten. B : wie Nr. 22, an der Ecke Füllselfigur T : wie Nr. 22, der Stucküberzug des Gebälkes ist mehrfach fein gerissen O : wie Nr. 22 Priene, S. 3 1 2 , 313 — Abb. 342

Abbildung 26

27. F r a g m e n t e i n e s A r c h i t r a v s , 270 X 200 mm A P 191

Abb. 27, Tafel 7, 3

Der Architrav wird oben von einer taenia abgeschlossen, an deren Unterseite eine regula mit 6 guttae (5 erhalten) sitzt. Unterhalb des Architravs schließt ein kleines Stück der zurückspringenden Wandgliederung an. Fundort und Abmessungen weisen die Zugehörigkeit zum Triglyphenfries Nr. 21 — 26 nach. Unter- sowie Seitenflächen sind hier (taenia, regula, guttae) ähnlich schräg geschnitten wie am Triglyphenfries (Gebälk, Triglyphenbalken). B : Wandgliederung — violett; Architrav — weiß; regula — blau; taenia — rot, ihr oberer glatter Abschluß mit blauen Farbspuren. T : zwei gröbere Schichten a) 5 mm b) ca. 23 mm stark, dann

38

c) ca. 3 mm dünne Stuckschicht, deren Oberfläche mehrfach fein gerissen ist; die taenia mit zwei Schichten ist dann auf den Architrav aufmodellicrt, zum Abschluß sind regula und guttae in den Winkel taenia/Architrav eingefügt. O : aus Haus östlich des Hauses Theaterstraße X X X I I I Priene, S. 3 1 2 , 313 — Abb. 342

Abbildung 27

28. F r a g m e n t e i n e s A r c h i t r a v s , 195 X 125 mm A P 194

Abb. 28

Das Architravbruchstück entspricht der Nr. 27, ist jedoch nicht so vollständig erhalten: taenia, regula, 1 gutta B : wie Nr. 27

Abbildung 28

39

T : wie Nr. 27, oberste feine Stuckschicht des Architravs und der taenia mit größeren Rissen O: wie Nr. 27 Priene, S. 312, 313, — Abb. 342 29. F r a g m e n t e i n e s i o n i s c h e n G e b ä l k s , 223 x 125 mm A P 377

Abb. 29

Die Unterseite des Gebälks ist glatt begrenzt, der Architrav (zwei Fascien) wird von einer reich gegliederten Profilleiste abgeschlossen. Die schmale unverzierte Frieszone läuft in einer kleinen Hohlkehle aus in eine zweifach gegliederte Profilleiste, über der ein Zahnschnitt mit schmalen langen Zähnen und schlitzartigen Zwischenräumen beginnt. Die Unterseite der Zähne ist schräg

/

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Abbildung 29

geschnitten. Der obere Abschluß des Gebälks ist hier nicht erhalten, er zeichnet sich grob in der darunterliegenden Mörtelschicht ab (ein Teil der Zahnschnittbekrönung ist dagegen bei Nr. 31 erhalten). Damit entspricht dieser Gebälkaufbau der ionisch-attischen Ordnung mit Frieszone und Zahnschnitt, vgl. Nr. 30, 31. B : keine Farbspuren T : a) bis 40 mm starke krümelige grobe Mörtelschicht, darauf zwei dünnere Stuckschichten b) + c), deren oberste durch Marmorstaubbeimischung besondere Härte aufweist und echtes marmoriertes Aussehen hat. Zierleisten und (verlorene) obere Abdeckung waren einzeln aufmodelliert worden. Die Zähne scheinen einzeln geschnitten oder aus einer Form gewonnen und dann angesetzt worden zu sein. O: aus dem Zimmer A des Hauses X X I I I südlich der Westtorstraße, zusammen mit Nr. 8, io(?), 17»

l 8

> 3°> 31>

33-

Priene, S. 314, 315 — Abb. 356, S. 316 — Abb. 358/359 links, S. 309 — Abb. 335 30. R e c h t e s E c k s t ü c k eines i o n i s c h e n G e b ä l k s , 265 X 154 mm A P 378

Abb. 30, Tafel 8, 1

Die Abmessungen (mit geringen Abweichungen) und Gliederung entsprechend etwa dem Gebälk Nr. 29, das Fragment ist jedoch länger erhalten. Auffällig ist die sorglose Behandlung der rechten Außenkante, die wahrscheinlich nicht zu sehen oder abgedeckt war 19 . Einige Zähne sind abgebrochen bzw. beschädigt. B, T, O: wie Nr. 29 Priene, S. 314, 316 — Abb. 358, S. 309 — Abb. 335 40

JI. L i n k e s E c k s t ü c k eines i o n i s c h e n G e b ä l k s , - i i o x 135 mm A P 376

Abb. 31

Auch hier ist die Außenkante recht sorglos behandelt, die Maße stimmen eher mit Nr. 30 als mit Nr. 29 überein. Der Teil der in einer Hohlkehle auslaufenden Frieszone mit der abschließenden Profilleiste fehlt. Nur dieses Fragment hat noch die Zahnschnittbekrönung. Einige Zähne fehlen, die anderen sind bestoßen. B, T , O: wie Nr. 29 Priene, S. 314, 316 — Abb. 358, S. 309 — Abb. 335 19

G e b ä l k e und Gesimse aus Stuck als Teil der Wanddekoration liefen nicht direkt in den E c k e n aus und schlössen oben nicht unmittelbar an die Zimmerdecke an. Oberseite und seitliche Außenkanten waren infolge der somit entstehenden toten Winkel meist nicht zu sehen. Gerade die Seitenflächen solcher Gebälke waren bei dem Stuckierungsverfahren oft schlecht Zu erreichen.

41

Abbildung 31

32. B r u c h s t ü c k eines G e i s o n s ( ? ) mit S i m a , 150 x 120 mm, Höhe 80 mm A P 374

Abb. 32

Die Profilierung des Fragments erinnert an ein Geison: Ein Zahnschnitt, dessen Zähne sämtlich abgebrochen sind, wird oben abgeschlossen von einer schmalen abgesetzten Zierleiste. Darauf

42

springt der sog. „Geierschnabel" vor, dessen Vorderseite v o n einem ähnlichen schmalen Zierband nach oben begrenzt wird. Der Abschluß nach oben ist nicht erhalten, allerdings ist der Beginn der Profilierung erkennbar, die allgemein von einer Sima bekannt ist. B : unteres Zierband — nur einige rote Punkte (lesbisches Blattwerk?); oberes Zierband — rote Farbspuren eines Eierstabes. T : das Fragment ist auffällig leicht, das sehr poröse Stuckmaterial ist mit einer dünnen Schicht harten Marmorstuckes überzogen (i mm); auf der Oberseite sind Abdrücke dreier rechteckiger Felder erhalten. O : unbekannt 20 33. S t u c k p r o f i l e i n e r T ü r - o d e r F e n s t e r u m r a h m u n g , 98 X 96 mm A P 171

Abb. 33

Abbildung 33

Das Fragment ist in drei Fascien gegliedert, v o n denen die untere nicht in voller Breite erhalten ist. Der äußere Abschluß besteht aus einer Profilleiste, die dann in die angrenzende Wandfläche übergeht. B : unbemalt; rote Farbreste am Anschluß zur angrenzenden Wandfläche. T : a) 6 mm Mörtelschicht b) 12 mm Mörtelschicht c) weiße harte Stuckschicht, aus welcher die Profilierung herausgearbeitet ist. O : aus Zimmer A des Hauses X X I I I südlich der Westtorstraße Priene, S. 314, 315 — Abb. 3 5 3 (mit anschließendem, nicht mehr erhaltenem gleichartigen Bruchstück), Abb. 354 34. F r a g m e n t e i n e r H a l b s ä u l e m i t K a p i t e l l , 85 X 107 mm A P 382

Abb. 34, Tafel 8, 2

Die Halbsäule mit 9 Kanneluren wird bekrönt von einem dorischen Kapitell: ziemlich grob und disproportioniert ausgefallene Ringe, geschwungener Echinus; Abakus, der v o n einer schmalen 2(1

F r a g m e n t e dieser A r t in d e r P r i e n e - P u b l i k a t i o n nicht e r w ä h n t .

43

schrägen Leiste am oberen Rand umsäumt wird. A n beiden Seiten der Säule Reste der Anschlußfelder. B : einfach weiß; linkes Anschlußfeld — Spuren violetter Bemalung. T : die Halbsäule aus weißem Stuck ist auf eine dünne braungelbe feine Schicht (3 mm) aufgesetzt ; das Kapitell wurde dann erst aufmodelliert, vgl. N r . 3 5 O : unbekannt 2 1 35. F r a g m e n t e i n e r i o n i s c h e n H a l b s ä u l e u n d B a s i s 2 2 , 133 X 145 mm A P 383

A b b . 35, Tafel 8, 3

Das Bruchstück mit relativ großen Abmessungen hat 4 Kanneluren mit Steg, verloren sind etwa 2 Kanneluren. A n der rechten Seite ist ein schräger Abschluß erhalten. Die Säulenbasis mit Anlauf ist nur noch in ihrem oberen Abschluß nachzuweisen (attisch-ionische Form?), der Rest abgeplatzt (Teil des Trochilus, großer Torus). T : die Halbsäule ist hinten konkav gewölbt; a) 10 mm Mörtelschicht b) bis 20 mm Stuckschicht, aus welcher Kanneluren und Stege geformt sind. Die Basis war gesondert quer über die durchlaufenden Kanneluren modelliert (auf Abb. 35 ergänzt) O : unbekannt 36. —38. D r e i F r a g m e n t e v o n e i n e r F r i e s z o n e , 335 X 1 9 4 mm A P 180, 174, 177

Abb. 36, Tafel 9 unten

Das Fragment A P 177 konnte neu angepaßt werden, es fügt sich Bruch an Bruch an die bereits früher als zusammengehörig erkannten Stücke A P 180, 174 (vgl. Tafel 5). Der Fries wird rechts v o n einer in den Stuck gravierten Linie abgeschlossen, oben ist er v o n einem gewölbten leicht zurückspringenden Ornamentband, unten v o n einem glatten schräg zurückspringenden Streifen begrenzt. Unter diesem Streifen der Ansatz zur weiteren Wandgliederung. B : Ansatz zur unteren Wandgliederung — violette Farbspuren; schmaler Streifen unter dem Fries — weiß; rechts den Fries abschließendes Feld — gelbe und orangefarbene Reste (eine Art Dreiecksband?); obere Friesbegrenzung — bemalt mit Flechtband, Rot und Gelb erhalten ; Fries 2 3 : — Die Farben sind leider fast abgerieben, so daß die drei erhaltenen Figuren wie Silhouetten vor einem dunkleren Hintergrund wirken. Die Hauptfarbe ist blaugrau, auf die die Figuren weiß aufgetragen sind, nur selten ist ein Rest v o n gelblicher Innenzeichnung nachzuweisen. Die erhaltene Darstellung zeigt, v o n rechts nach links — zuerst eine nach links sitzende wahrscheinlich männliche Person, die ihr Gesicht nach links ins Profil gewendet hat. Ihr rechter A r m ist angewinkelt, erhoben und führt die Hand zum K o p f , im linken A r m wird schräg nach rechts ein Krummstab (?) gehalten. Der Oberkörper ist nackt, der Unterkörper v o n einem Himation bedeckt, das sich über den Unterschenkeln spannt; der Verlauf einiger Gewandfalten ist erkennbar. Eigenartig bleibt die Kopfbedeckung. Einige Flecken sind nicht näher zu deuten (Sitz, Felsen). E s folgt eine v o m Oberkörper abwärts erhaltene stehende Figur, die ebenfalls mit einem Himation bekleidet zu sein scheint; vielleicht setzt sie ihren linken Fuß zurück auf einen Stein. Die Gestalt streckt ihren rechten A r m einer dritten stehenden Person entgegen, v o n der ebenfalls nur der untere Teil des bekleideten Körpers erhalten ist. 21 22 23

Vier weitere Stücke dieser A r t fehlen jetzt, vgl. T a f e l 5 Auf Tafel 5 kopfstehend. Nach Säuberung der Oberfläche der Fragmente 36 — 41 kam eine, allerdings schlecht erhaltene, figürliche Bemalung zu Tage, die von Wiegand noch f ü r „ . . . blaumarmorierte Quadern, an deren gebogenen Längsrändern gelbe Flechtbänder mit roten A u g e n gemalt sind . . . " , gehalten wurden.

44

T : a) etwa 20 mm starke graue krümelige Mörtelschicht b) 10 mm weiße Stuckschicht c) 4 mm weißer Stucküberzug O : aus dem Hause östlich von Haus X X X I I I der Theaterstraße (ebenso wie Nr. 5, 19—28, 39-4i) Priene, S. 3 1 2 , 313 — Abb. 343 oben

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A b b i l d u n g 34

Abbildung 35

39.—40. Z w e i F r a g m e n t e e i n e r F r i e s z o n e , 225 X 2 1 0 mm A P 195, 185

Abbildung 36

Abb. 36,Tafel 9 oben

Das Friesfragment 39/40 ist in voller Höhe erhalten: glatter Rand — 34 mm, Fries — 136 mm, Flechtband 37 mm, zusammen ca. 210 mm. B : schlecht erhalten, vgl. Nr. 36—38; Einzelheiten sind kaum zu erkennen, mindestens eine Figur muß dargestellt gewesen sein. T , O : vgl. Nr. 36—38 Priene, S. 3 1 2 , 313 — Abb. 343 oben 45

4 i . F r i e s f r a g m e n t , 82 x 8o mm A P 372

Abb. 37, Tafel 9 oben

Das Bruchstück gehört zu den Fragmenten Nr. 36—40. Erhalten ist nur eine obere Ecke des bemalten Frieses mit dem anschließenden Flechtband, dessen Farben recht gut erhalten sind. B : Flechtband — rote, blaue, gelbe, olivgrüne Farbreste; am oberen Flechtbandabschluß Spuren von Rot, welches unter die oberste Stuckschicht greift. Fries — undeutliche weiße Farbreste auf Blaugrau O : vgl. Nr. 36—38 Priene, S. 312, 313 — Abb. 343 oben

A b b i l d u n g 37

Die 23 weiteren Stücke (Tafel 5), die zur alten Kollektion von Wandstuck aus Priene gehörten, lassen sich wie folgt bestimmen: a) 2 weitere Fragmente des plastischen Mäanders Nr. 19 2 4 ; b) 1 weiteres plastisches Rechteck, wie Nr. 20, zum Mäanderfries gehörend; c) 6 marmorierte Quaderfragmente: davon eines mit Marmorierung wie Nr. 6, eines mit etwas größerer Marmorierung und ähnlichen Abmessungen wie Nr. 8; d) 5 Stücke farbiger Wandquaderung: davon erinnern 2 Bruchstücke (mit lesbischem Kymation) an Nr. 5; e) 1 mit lesbischem Blattlaub bemaltes Stuckprofil wie Nr. 1 4 ; f) 7 weitere Fragmente plastischer Halbsäulen: davon 4 mit gleichen Formen wie Nr. 34; 2 kleine Basen und ein ionisches Kapitellbruchstück 2 5 ; g) 1 Gesimsbruchstück, ähnlich profiliert wie Nr. 18, unbemalt 26 . Uber die Herkunft der folgenden vier Fragmente kann nichts Eindeutiges ausgesagt werden. Die ursprüngliche Anordnung der Fragmente (Tafel 5) macht einen Zusammenhang mit den Stuckfunden aus dem Palastkomplex von Pergamon möglich (siehe Anm. 31). 21 25 26

D a v o n eines abgebildet Priene S. 3 1 3 A b b . 345 links. Eine Basis und das Kapitell, wahrscheinlich identisch mit Priene S. 316 Abb. 357. Vermutlich Priene S. 3 1 5 , A b b . 355.

46

42. S t u c k p r o f i l , 183 X 70 mm A P 190

Abb. 38, Tafel 8, 5

Das Fragment ist vergleichbar mit den Stücken 12—16 aus Priene: eine Einkerbung trennt eine obere weiße Zone von einem Ornamentband, das wellenförmig profiliert ist. B : Ornamentband — lesbisches Blattwerk (Kyma) in Olivgrün mit schwarzer Innenzeichnung, Eckschattierung in Rot und Dunkelbraun; untere zurückspringende Kante — grün; obere Bruchkante — geringe Farbreste (Gelb, Braun, Grün, Grau), die z. T. unter die oberste Stuckschicht greifen; Einkerbung — schwarz. T : a) 15 mm grobe Mörtelschicht b) 30 mm Zwischenschicht c) bis zu 5 mm Stucküberzug O: nicht bekannt

43. F r a g m e n t e i n e s m a r m o r i e r t e n Q u a d e r f e l d e s , 140 x 128 mm A P 188

Abb. 39

Das Bruchstück hat keinerlei Begrenzung, die Oberflächc ist plastisch ungegliedert. B : Marmorierung in Form einzelner, braun konturierter unregelmäßiger Felder, diese teilweise vorgeritzt: ausgemalt in Gelb, Rosa, Grau, Olivgrün. T : a) 20 mm harte Schicht, Weiß, mit groben Einschlüssen b) 5 mm feiner Stucküberzug O: nicht bekannt 44. F r a g m e n t eines Z a h n s c h n i t t e s , 185 X 175 mm A P 198 (oder 199)

Tafel 8, 4

Die Oberfläche des Bruchstückes ist stark versintert, die Profilierung nur teilweise erhalten: Über einer kleinen, von schmalen Profilleisten eingefaßten Hohlkehle folgt der Zahnschnitt mit auffällig flach hervortretenden Zähnen, eine kleine halbrunde Leiste und ein breiterer vorgewölbter Wulst schließen den erhaltenen Teil des Zahnschnittes nach oben ab. B : ohne 47

T : an der frischen Bruchkante 27 — eine Art Ausflickung oder Reparatur der Wandstuckierung: a) über einer dicken Mörtelschicht, ca. 40 mm, war b) eine feine ca. 4 mm starke weiße Stuckschicht aufgetragen, die frühere Oberfläche bildend c) bis zu 7 mm starke zweite Putzschicht auf Schicht b) d) endgültiger Stucküberzug ca. 3 mm stark, fast parallel mit Schicht b) O : unbekannt

45. S o c k e l p r o f i l (?), Länge 100 mm, Höhe 95 mm A P 193

Abb. 40

Das Bruchstück ist unten glatt begrenzt, über einer Einkerbung am oberen Rand setzt sich die weitere Wandgliederung fort. B : Gelb, auf der kürzeren Seite ein ca. 1 mm dünner schwarzer Streifen. T : ungewöhnlich sorglose Behandlung des untersten Drittels des Fragmentes, vielleicht war diese Zone verdeckt (z. B . durch den Estrich); der schwarze Strich könnte den sichtbaren Teil des Profils nach unten begrenzen O : unbekannt Die Mehrzahl der Stuckfragmente Nr. 1 — 4 1 gehörte zu Wanddekorationen zweier Häuser. Die Stücke Nr. 5, 19—28, 36—41 wurden im nördlichen Teil des Gebäudes, das östlich an das Haus Theaterstraße X X X I I I angrenzt, gefunden 2 8 . Aus Zimmer A des Hauses Westtorstraße X X I I I konnten die Bruchstücke N r . 8, io(?), 1 7 — 1 8 , 29—31, 33 geborgen werden 29 . Eine teilweise Rekonstruktion des Wandaufbaus für diese beiden Häuser ist schon von Th. Wiegand versucht worden 3 0 . Weitere Dekorationssysteme sind in etlichen anderen Gebäuden der Stadt nachgewiesen. 27 28 29 30

Fragment Nr. 44 war nach Tafel 5 noch länger erhalten. Priene S. 3 1 2 (Abb. 342 — 346), 326. Priene, S. 3 1 4 (Abb. 348 — 359), 320. Thalamos des Hauses Westtorstraße X X I I I , v o n unten beginnend: — gelbliche Plinthe, ca. 30 cm hoch — rote Orthostatenschicht, etwa 1 1 0 cm hoch — Orthostatendeckschicht, plastisch vorspringend, durch waagerechte Einkerbungen dreigcteilt, mit und Flechtband (?) bemalt (Nr. 17)

48

Eierstab

Die

Verschiedenartigkeit

der

vier

pergamenischen(P)

Fragmente

untereinander

und

fehlende

A n g a b e n über ihre Fundsituation erschweren nähere A u s s a g e n über diese Stücke. D i e V e r w a n d t s c h a f t in technischer Hinsicht u n d grundsätzliche Ü b e r e i n s t i m m u n g e n mit den prienischen Beispielen rechtf e r t i g e n a b e r die M i t b e h a n d l u n g d i e s e r v i e r F r a g m e n t e . P a l a s t a n l a g e n 3 1 , p r i v a t e 3 2 u n d ö f f e n t l i c h e

31

32

— Quaderschicht mit plastisch abgesetztem Rand (Eicrstabbemalung), Quaderfläche mit bunter Streifenmarmorierung bemalt, hiervon wohl Bruchstück Nr. 10 — Quaderschicht mit Spiegelquadern und plastischem Randschlag, fleckige Marmorierung; Nr. 8 — Gesims Nr. iB mit Palmetten-Lotos-Bemalung — ionische Halbsäulen — ionisches Gebälk mit Zahnschnitt Nr. 29 — 31 — Profilrahmen einer Tür- oder Fensterumrahmung, Nr. 33 — Profil ähnlich Nr. 18, zu diesem Raum gehörig, nicht näher zu lokalisieren. Gebäude östlich von Haus Theaterstraße X X X I I I : Die in diesem Haus gefundenen sehr zerstörten Fragmente stammen aus einer Brandschicht im nördlichen Teil des Gebäudes (Raum B — Oikos, Pricne, S. 299, 326), ähnlich dekoriert muß der Raum in der SO-Ecke des Hauses gewesen sein. Von Bedeutung ist die besonders reiche Ausstattung des Hauses mit hellenistischen Terrakotten und Marmorstatuetten. Das Gebäude ist später zu Haus X X X I I I hinzugezogen worden, über der Brandschicht hatte man sich dann neu eingerichtet. Vom Dekorationsschema der Wände sind gesichert: — schwarze Orthostaten, NO-Ecke — Schicht mit violetten (Nr. 5), braunen und purpurroten Quadern. Die Abfolge weiterer Elemente der Dekoration muß unsicher bleiben: — buntes Profilstück — plastischer Mäanderfries Nr. 19, 20 — Frieszone mit figürlicher Bemalung Nr. 36—41 — buntmarmorierte Quader — Triglyphenfries Nr. 21—28, der über einer violetten Zone gesessen haben muß (violetter Anschluß unterhalb des Architravs Nr. 27). A v P V, 1, S. 47, 52, Tf. IV, V I I (Greifenfries): Funde von Wandstuck im Palast IV (Raum A — Herdgemach, Gemächer B, D). a) im Haus des Attalos verbaut: A . Conze, Die Stadt, A v P I, 2, Berlin 1 9 1 3 , S. 152, 289 b) Fragmente aus der Füllung der Eumenischen Mauer, A v P I, 2, S. 165 c) Haus in der Auffüllung für den großen Altar: J . Schrammen, Der große Altar, A v P III, 1, Berlin 1906, S. 85, 86 (Abb.), Tf. X X V I I , 2 d) Haus nördlich des Marktes: A v P III, 1, S. 86 (Abb.) e) Fragmente aus dem Schutt eines Hauses, von der O-Ecke des Zisternenraumes M („Prinzessinnenpalais"), E. Boeringer/F. Krauss, Das Temenos für den Herrscherkult, A v P I X , Berlin/Leipzig 1937, S. 98 f., 105 ff., Tf. 5of., Abb. 30 — 37 f) Weitere Häuser (II, I V , V , VI): A v P IX, S. I 2 f f . , 32 (Tf. 23a), 33, 34. 49

4 I orsch. u. Ber. Bd. 18

Gebäude 33 der Stadt Pergamon trugen Wandverkleidungen aus Stuck, die denen aus Priene entsprechen: Sockelzone mit Einritzungen, farbige marmorierte Stuckquader mit plastischem Spiegel, plastische Halbsäulen, Säulenbasen und -kapitelle, Gebälke, Zahnschnitte, bunte Profilleisten (vgl. Nr. 42), Gebälke mit Triglyphenfries, sogar plastische Eierstäbe, Sockelprofile, Stuckblumen und -palmetten. Technische Beobachtungen 34

35

Plinius und Vitruv haben fast übereinstimmende Angaben über die Herstellung von Wandverputz als Grundlage der Bemalung gemacht. Nach Plinius sollen nacheinander drei Schichten Kalkmörtel und zwei Schichten Marmorstuck, bei Vitruv dagegen jeweils drei Lagen Kalkmörtel und Marmorstuck auf die Wände aufgetragen werden, ehe die entsprechende untere Lage abgebunden hat. Die Stuckschichten hätten nach außen zu immer feiner zu werden. Überprüfen wir diese Vorschriften an den erhaltenen Fragmenten, deren erhaltene Dicke nicht identisch sein muß mit der Dicke der gesamten Putz- und Stuckverkleidung einer Wand, so finden wir nur zwei bis drei unterschiedlich starke Schiphten Kalkmörtel feinerer oder gröberer Zusammensetzung (Zuschlagstoffe). Darauf ist dann meist nur eine sehr dünne Stuckschicht von ausgezeichneter Qualität aufgetragen. Marmorstaub als Zusatz konnte die Festigkeit des Stucks bedeutend erhöhen. Die Oberflächen der einzelnen Kalkmörtellagen sind oft zur besseren Haftung der nachfolgenden Schicht künstlich aufgerauht worden; eingekratzte Rillen lassen die Fragmente Nr. 3, 5 und 6 erkennen. Besser zu beobachten war allerdings diese Technik an den Wänden selbst, so in Delos 36 und auch in Priene 37 . Das Fehlen weiterer Stuckschichten schien der Qualität des Wandputzes nicht geschadet zu haben. Fehler beim Aufbringen der einzelnen Lagen auf die Wand waren möglich, wenn eine Mörtellage bereits getrocknet war, bevor die nächste folgte, so daß die obere Schicht abbröckelte (Nr. 15) oder der zuletzt aufgebrachte Stucküberzug durch Schwunderscheinungen einriß (Nr. 11). Einiges ist über die plastische Gestaltung architektonischer Details schon im Katalogteil gesagt worden. Sie wurden aus Formen gewonnen, mit der Hand oder mit Hilfe von Schablonen geformt und dann einzeln aufmodelliert bzw. aufgesetzt (vgl. Nr. 29— 31 Zahnschnitt, Nr. 21 — 26 Triglyphengebälk). Hellenistischer Strukturstil Es läge nahe, die Wanddekorationen aus Priene und Pergamon mit dem allbekannten „ 1 . Pompejanischen Stil" 38 in Verbindung zu bringen. Neben einigen zweifellos vorhandenen Gemeinsamkeiten zwischen der hellenistischen Dekorationsweise und der am besten aus Pompeji bekannten italischen Variante, auch Inkrustationsstil genannt, dürfen allerdings nicht die grundsätzlichen Unterschiede übersehen werden (s. u.). Nun sind allerdings die Bezeichnungen „ 1 . Pompejanischer Stil" bzw. „Inkrustationsstil" irreführend, sofern sie die gesamthellenistische Wanddekoration meinen. Wanddekorationen aus hellenistischer Zeit sind keineswegs nur auf den italischen Raum beschränkt, und die Anwendung eines Begriffes wie Inkristationsstil für diese Art der Wandstuckierung kann dazu verleiten, an echte Inkrustation im Sinne der Verblendung bunter Steinsorten als dünne Wandplatten

33

34 36 36

37 38

a) Nordteil der Agora: A v P I, 2, S. 1 5 1 f., Fig. 4, Tf. V , 1 ; W.Dörpfeld, A M 27, 1902, Tf. II Nr. 15, S. 18 b) Westwand der Umgangshalle der Agora (Zimmer 15): A v P I, 2, S. 152, Tf. V I , 2 c) Gebäude an der unteren Agora, W. Dörpfeld in A M 27, S. 35. Plinius, nat. hist. X X X V I , 176 u. 183. Vitruv, de arch. V I I 3, 5 — 10. Bulard, Mon. Piot 14, Abb. 37 — Aufrauhung durch vereinzelte Rillen, Abb. 58 — fischgrätenförmigc Rillen, Abb. 61 — eingepickte Löcher. Priene, S. 319, Abb. 364: Haus östlich des „Heiligen Hauses" mit drei Kalkmörtelschichten, einer Stuckschicht. Zuerst A. Mau, Geschichte der dekorativen Wandmalerei in Pompeji, Berlin 1882; seitdem diese Bezeichnung oft weiterverwendet; u . a . : Wiegand, Priene, S. 308, 318; G.Karo, A A 1 9 3 1 , Sp. 275; R. Pagensiecher, Alexandrinische Studien, Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie 1917, X I I , S. 2 i f f . ; R.Delbrueck, Hellenistische Bauten in Latium II, Hamburg 1912, S. 128.

50

vor eine unedle Wand zu denken. Diese Inkrustationstechnik wird dagegen erst für die römische Kaiserzeit typisch 39 , in der öffentliche Bauten sehr oft Wände mit Steinverkleidung hatten. So können Vertreter dieser Inkrustationsthese, bezogen auf die hellenistische Stuckdekoration, in Annahme der Stucknachahmung einer realen reich inkrustierten Wand eine Nachricht Vitruvs anführen, daß ,,. . . daher die Alten, die zum ersten Male Innenausstattungen malten, zuerst einmal die Buntfarbigkeit und die Konstruktionsweise marmornen Inkrustationen nachahmten . . . " (Vitr. de arch. VII, 5, 1). Diese von Vitruv angenommene Technik echter Inkrustation ist m. E. für den Hellenismus nicht nachgewiesen. Es darf an dieser Stelle an die ältere hellenistische Technik erinnert werden, die darin bestand, eine weniger sorgfältig gearbeitete Wand mit glatt behauenen Stein-, oft Marmorquadern zu verkleiden, die aber durchaus im Unterschied zur römischen Technik ihre tektonische Funktion zu erfüllen hatten. So ist es in engerem Sinne keine Inkrustation, wenn die Innenschalen von Mauern sogar mit farbig unterschiedenen, hellen oder bunten Steinquadern ummantelt sind. Beispiele dieser Technik sind mehrfach bekannt40. Der oft als frühes Beispiel für Inkrustation angeführte Palast des Maussolos in Karien 4 1 hatte vielleicht Wände, die in dieser Technik, auch in reicher mehrfarbiger Form, errichtet waren. Seit Bulard 42 ist die Frage der Beziehung des 1. Pompejanischen Stils zu hellenistischen Wanddekorationen einer kritischen Sicht unterzogen und eine m. E. glücklich gewählte übergeordnete Bezeichnung „Hellenistischer Strukturstil" 43 gefunden worden, die sich allerdings bis jetzt noch nicht endgültig durchsetzen konnte44. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, die wichtigsten bereits publizierten Reste klassischer und hellenistischer Wanddekorationen zusammenzutragen und ihre Dekorationssysteme kurz zu charakterisieren. Die Ausgrabungen von Olynth 45 haben eine Stadtanlage freigelegt, die nach ihrer Zerstörung durch Philipp von Makedonien im Jahre 348 v. u. Z. 46 nicht wieder aufgebaut wurde. Die farbigen Wandstuckreste, deren jüngste Beispiele aus der Zeit um 350 v. u. Z. stammen müssen, vermitteln für die Dekoration der Privathäuser ein recht geschlossenes Bild. Stuckdekoration gilt in gleichem Maße wie Fußbodenmosaiken, Zementfußböden und reiche Einzelfunde als Kennzeichen eines bestimmten Wohlstandes bzw. Luxus für nur einen Teil der Häuser in Olynth47. Dekoriert waren meist nur die Haupträume (Andron) und nur recht wenige Häuser waren reicher ausgestattet48. Die 30

Plin. nat. hist. X X X V , 2 — 3 tadelt diese Technik, deren Erfindung er auf die Zeit der Kaiser Claudius und Nero zurückführt. Als erster in Rom soll allerdings schon Mamurra, ein Genosse Caesars im Gallischen Krieg, die Wände seines Hauses mit Marmorplatten verkleidet haben (Plin. nat. hist. X X X V I , 48); vgl. zu dieser Frage 0. Deubner, Expolitio-Inkrustation und Wandmalerei, R M 54, 1939, S. i4ff. 40 Pcrgamon: Mauer aus dem Palast der Hochburg — in der Sockelzone wird eine Andesitwand mit Marmorquadern verkleidet, durch verschiedenfarbige Steinsorten entstand eine gewisse Polychromie (weiße Plinthe, bunte Orthostaten und weiße Deckschicht), sieht Deubner, R M 54, 1939, S. 15, Abb. 2; Priene: Tempel der Demeter, NW-Ecke des Podiums, siehe Priene, S. 152, Abb. 122. 41 Plin. nat. hist. X X X V I , 47; Vitr. de arch. II, 8, 10; m. E. zweifelt Deubner, R M 54, 1939, S. 17 zu Recht diesen „Nachweis" für echte Inkrustation an. 12 Mon. Piot 14, S. 123. 13 Zuerst M. Rostovcev in J H S 39, 1919, S. 148, 150. 44 G. Libertini, Centuripe, Catania 1926, S. 57; W.Dörpfeld, A M 36, 1 9 1 1 , S. 51 ff., 8yff.; F.Wirth, R M 42, 1927, S. 18 (Anm. 3); E. Pfuhl, Malerei und Zeichnung II, München 1923, S. 871; H. G. Beyen, Die pompcjanische Wanddekoration I, Haag 1938, S. 8 — später dann auch zur Bezeichnung Strukturstil übergegangen ( E A A VI, Sp. 356ff.). 45 D. M. Robinson, Excavations at Olynthus, Baltimore/London/Oxford I929ff.: VIII, The Hellenic House, 1938; X I I , Domestic and Public Architecture, 1949. 46 Demosthenes I X , 26; Appian bell. civ. IV, 102. 47 Einfache und undekorierte Häuser sind auch meist von nachlässiger Bauart und lassen Ausstattungen wie Mosaiken, Zisternen u. ä. vermissen. Ähnliches gilt auch für Priene. 48 a) Haus B V I , 4 („Gelbes Haus"), Olynth X I I , 1949, S. 118 ff., Tf. 104, in allen 8 Räumen einschließlich der Pastas gelbe monochrome Bemalung b) Haus B VI, 7 („Haus des Asklcpios"), Olynth X I I , 1949, S. 125, Tf. 110, 1 1 4 (1,2) c) Haus F II, 9 („Haus der vielen Farben"), Olynth X I I , 1949, S. 183ff. Tf. 158, 167. 51 4*

Wände tragen einen glatten Stucküberzug. Eine gelbe oder weiße Sockelschicht mit vertikaler Linienunterteilung (Nachahmung von Steinquadern) ist durch eine horizontale Ritzlinie abgeteilt von der übereinstimmend rot bemalten, glatten Hauptwandfläche (Ausnahme Haus B V I , 4). Diese Fläche ist bis zur Deckenhöhe dann nicht weiter gegliedert, sog. „ 1 . Olynthischer Stil" 49 . Die Sockelschicht kann unterteilt sein inPlinthe und schmale Abdeckschicht; nur selten springt die rote Hauptwand vor die zurückgezogene Sockelzone 50 . Im Haus F II, 9, das durch besonders auffällige Farbgebung und plastische Betonung einzelner Wandelemente zu den jüngsten Häusern der Stadt gezählt werden kann 5 1 , sind schon Fragmente plastischer Stuckdekoration gefunden worden 5 2 : die untere Sockeldeckschicht springt leicht vor die gelbe Sockelzone und die orangefarbene Hauptwand. Die Wand eines Grabes aus Kertsch (Pantikapaion) 53 (4. Jh. v. u. Z.) entspricht grundsätzlich der Dekoration aus Olynth. Der gemalte Wandaufbau läßt auch hier ein Vorbild in Lehm-/Ziegelbauweise (z. B. ein Wohnraum) erkennen, wobei die Wand selbst auf einem Steinsockel ruhend zu denken ist: gelber Sockel (31 — 36 cm hoch), rote ungegliederte Wandfläche (41—45 cm), schmale weiße Schicht (ca. 4 cm), gelborangefarbene Zone (ca. 33 cm), vorspringender karniesähnlicher Abschluß (ca. 25 cm), welcher bemalt ist mit an Nägeln hängenden Gegenständen (Kränze, Binden, Alabastren) — Grabbeigaben darstellend. E i n Kammergrab mit Dromos und Totenkammer aus der Nähe von Eretria 5 4 , durch Beigaben ins 4-/3. J h . v. u. Z . datiert, zeigt an allen Wänden Stuckdekoration, die eindeutig Quaderbauweise nachgestaltet ist 55 . Z u r frühptolemäischen sogenannten Ostnekropole Alexandrias gehört das Grab bei Sidi Gaber 5 6 . Die bemalte stuckierte Wand des Saales I I hat folgenden A u f b a u : Die Plinthe wird ersetzt v o n einer hellblau bemalten Sitzbank, auf der die braungelben und graugrünen marmoriert gemalten Orthostaten zu stehen scheinen. Diese werden v o n einer durchgehenden schwarzen schwach vorspringenden Deckschicht gekrönt. Das rote ungegliederte Mittelfeld ist v o n einem weißen plastischen Gesims abgeschlossen, über welchem eine hellblaue Zone, ein leicht vorspringender Fries mit Rankenverzierungen auf Purpurrot und endlich ein plastisches schwarz-weiß bemaltes ionisches K y m a folgen. A n die Seite des alexandrinischen Beispiels läßt sich das reich ausgemalte Grab am WasjurinskiBerg stellen, das nicht später als in die Mitte des 3. Jh. v . u. Z . datiert werden kann 57 . Ganz eindeutig ist die Außenmauer eines hellenistischen Gebäudes oder eine Temenosmauer mit allen Einzelheiten dargestellt 58 . Die gemalte Wanddekoration folgt dem Schema einer Wand, an der ein unterer 49

Olynth V I I I , 1938, S. 295. " Haus B V I , 7 ; Die Wände sind zwar nie sehr hoch erhalten, im Westteil der Pastas von Haus F II, 9 sichert herabgefallener Putz in einer Distanz v o n ca. 2,50 m von der Wand eine Mindesthöhe der rot stuckierten Wand von 2,50 m (vgl. A n m . 48c). 51 Vermutlich wurden durch die militärischen Ereignisse, die zur Zerstörung v o n Olynth führten, die laufenden Stuckierungen bzw. Renovierungen jäh unterbrochen. Liegengelassene Gerätschaften für Stukkateure fanden sich in Räumen a und b. 5

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Räume k, d, f (vgl. A n m . 48c). Rostovcev, S. 7 0 f f . , T f . X X V I , X X V I I , 5, X X V I I I ; ders. J H S 39, 1 9 1 9 , S. 148, T f . V I , 1 . K. G. Volimoeller, Über zwei euböische Kammergräber mit Totenbetten, A M 26, 1 9 0 1 , S. 34off. D r o m o s : 30 cm hoher ungegliederter Sockel in Blauschwarz, darüber gemalte Quaderwand (Stoßfugen in Blau angegeben), bei der A u f d e c k u n g des Grabes soll noch Aderung des Gesteins auf den Quadern in Farbe vorhanden gewesen sein. K a m m e r : 3 Perioden der Ausmalung wohl aus Anlässen v o n Nachbestattungen, wobei die jüngste Dekoration in einer gemalten Quaderwand über hohem Sockel besteht. H. Thiersch, Z w e i antike Grabanlagen bei Alexandria, Berlin 1904. Rostovcev, S. 3 3 f f . , T f . X I I I , X I V ; ders. J H S 39, 1 9 1 9 , S. 148. V o r r a u m : einfache, pseudoisodome Mauer mit oberem Abschluß (Zahnschnittgesims, Sima, Antefixe) Hauptraum: — schwarze Plinthe; helle, fast quadratische Orthostaten (ca. 75 cm hoch); Deckschicht alternierend hell und dunkel marmorierte Quadern, Stoßfugen wie auch an Orthostaten durch Linien angedeutet; rote ungegliederte Hauptfläche über einem bunten lesbischen K y m a ; perspektivisch gemalte Zahnschnittbekrönung, Sima mit L ö w e n k ö p f e n ; Antefixe, zwischen denen V ö g e l sitzen, die restliche undekoriertc Wand war also o f f e n zu denken.

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g e g l i e d e r t e r S t e i n s o c k e l v o n d e r o b e r e n n u r v e r p u t z t e n u n d b e m a l t e n Z o n e zu u n t e r s c h e i d e n ist, w i e sie u n s z. B . v o n m o n u m e n t a l e n B e i s p i e l e n b e k a n n t s i n d . D i e A g o r a h a l l e n u n d das P r y t a n e i o n v o n M a g n e s i a a m M ä a n d e r , d a t i e r b a r 2 5 0 — 2 0 0 v . u. Z . 5 9 , h a t t e n W ä n d e , die s i c h z u s a m m e n s e t z t e n aus e i n e m ca. 2 , 5 0 m h o h e n M a r m o r s o c k e l d e r ü b l i c h e n G l i e d e r u n g u n d aus d e r o b e r e n

rotbemalten

s t u c k v e r p u t z t e n M a u e r ; die e i n z e l n e n S t u c k q u a d e r d e r Q u a d e r w a n d i m i t i e r e n p l a s t i s c h e S p i e g e l m i t Randschlag.

E i n e w e i t g e h e n d e D i f f e r e n z i e r u n g der W a n d

des S a a l e s v o m

Prytaneion

beweisen

w e i t e r e F r a g m e n t e , z. B . R e s t e eines F r i e s e s m i t g e m a l t e m W e i n l a u b . I m S c h e m a d e r W a n d g l i e d e r u n g e i n e s G r a b e s v o n A n a p a (auf d e r T a m a n h a l b i n s e l ) 6 0 ist b e s o n d e r s s t a r k d e r E i n f l u ß d e r Q u a d e r b a u w e i s e z u s p ü r e n 6 1 . D e r W e n d e v o m 3. z u m 2. J h . v . u. Z . g e h ö r e n d i e G r ä b e r v o n M u s t a f a P a s c h a ( e i n i g e K i l o m e t e r ö s t l i c h v o n A l e x a n d r i a ) 6 2 an. Sie s i n d ä u ß e r s t s o r g fältig ausgestattet: Besonderheiten liegen in der großartigen architektonischen G e s t a l t u n g der A n l a g e n , die p l a s t i s c h e G e b ä u d e f r o n t e n m i t d o r i s c h e n S ä u l e n , G e b ä l k u n d T r i g l y p h e n f r i e s darstellen. V e r w a n d t m i t d e r G l i e d e r u n g d e r W ä n d e 6 3 s i n d das G r a b v o n C h a t b y ( P o r t i c u s d) 6 4 , e i n e G r a b k a m m e r aus d e r N e k r o p o l e v o n H a d r a 6 6 , das G r a b v o n P y d n a / M a k e d o n i e n 6 6 . W e i t e r e N a c h w e i s e d e r E x i s t e n z s t u c k i e r t e r u n d b e m a l t e r W ä n d e s i n d aus z a h l r e i c h e n a n t i k e n F u n d s t ä t t e n e r b r a c h t 6 7 . D e n i n P e r g a m o n ( v g l . A n m . 3 1 — 3 3 ) u n d M a g n e s i a ( A n m . 59) g e f u n d e n e n F r a g m e n t e n v e r w a n d t s i n d Ü b e r r e s t e v o n S t u c k d e k o r a t i o n e n h e l l e n i s t i s c h e r W o h n h ä u s e r v o n T h e r a 6 8 , aus O l b i a 0 9 , P a n t i k a p a i o n ( K e r t s c h ) 7 0 u n d A t h e n . D u r c h die k u r z v o r 86 v . u. Z . d a t i e r t e n a t h e n i s c h e n F r a g m e n t e 7 1 ist die i n h a l t l i c h e N ä h e d i e s e r b i s l a n g j ü n g s t e n h e l l e n i s t i s c h e n D e k o r a t i o n zu W ä n d e n des 2. P o m p e j a n i s c h e n Stils e r w i e s e n . P e r s p e k t i v i s c h g e m a l t e K o n s o l e n u n d K a s s e t t e n v e r m i t t e l n b e r e i t s r ä u m l i c h e

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C. Humann, J . Kohte, C. Wat^inger, Magnesia am Mäander, Berlin 1904, S. 138, Abb. 149t. Rostovcev, S. 84ff., Tf. X X V I I , 1, X X I X - X X X I ; ders., J H S 39, 1919, S. 149. 61 Weiße Quader mit gemaltem schwarzem Randschlag, Stoßfugen durch Ritzungen angedeutet, perspektivisch gemalter Kreuzmäander (vgl. Kat. Nr. 19, 20) zwischen ionischem Kyma und einer Ordnung, bestehend aus Zahnschnitt, Sima und Antefixen; die oberste Zone ist durch Hellblau als Himmel gekennzeichnet. 02 A. Adriani, La nécropole de Moustafa Pacha, Annuaire du Musée Gréco-Romain 1933/34, Alexandria 1936, S. 15 ff., 109ff., Tf. X X V - X X V I I I , Fig. 17. 63 Grab 1 : Die einzelnen Zonen sind deutlich durch differenzierte Farbgebung unterschieden. Die Quadcrschichten können durch Linien voneinander abgesetzt sein (Räume 2, 4, 8), oder die Quader haben plastische Spiegel (Räume 5—7). Ein schmales weißes plastisches Gesims schließt den dekorierten Teil nach oben ab, das oberste Wanddrittel bleibt neutral (vgl. Gräber vom Wasjurinski-Berg und von Anapa). Ganz ähnlich ist das Grab 3 der gleichen Metropole ausgestattet (Adriani, Moustafa Pacha, S. 53 ff., 1 1 3 f f . , Fig. 50). M Adriani, Moustafa Pacha, S. 1 1 9 , Fig. 51 (s. Anm. 62). 05 ders., op. cit. S. 119. 66 ders., op. cit. Fig. 55, 1 (S. 123). 67 Unzureichende Publizierung der Funde erschwert die Beurteilung der Dekorationssysteme. Stuckdekorierte Wände sind nachgewiesen in einem Haus in Eretria {N. Papadaki., Arch. Delt., 1915, S. i28ff., Fig. 4) — auf der Insel Samos (Grabungen auf dem Kastrohügel) — W. Wrede, Gnomon V I I , 1 9 3 1 , S. loof., Y. Béqmgnon, B C H L I V , 1930, S. 526 — in einer Villa rustica in Centopiede — Notizie delle Scavi, 1903, S. Ö4ff. 68 F. Hilkr v. Gaertringen, Thera III, Berlin 1904, S. I42ff., Fig. 126, Tf. 4 (oben rechts): O-Wand des Gebäudes B 3 aus der ersten Ptolemäerzeit Jh. v. u. Z. hat plastische Spiegelquader aus Stuck. 09 Rostovcev, S. 436f. 70 ders., S. 1 1 3 f f . , Tf. X X X V I I I — X L I V . A m östlichen Abhang des Mithridates-Berges wurden in den Jahren 1896 bis 1899 vier hellenistische Gebäude ausgegraben. Die aufgefundenen Stuckfragmente entsprechen den bekannten Typen : plastische Spiegelquader, weiße Stuckgesimse, plastischer Mäanderfries (Zwischenräume Blau, Quadrate innen Rot), kannelierte Halbsäulen, bemalte Friese, Gebälke, Ornamentbänder u. a. Einzelfragmente und rekonstruierter Wandaufbau lassen die zeitliche Nähe der Dekoration aus Pantikapaion zu pergamenischen Wänden — z. B. aus dem „Herdgemach", vgl. Kat. Nr. 42 mit entsprechenden Fragmenten der Publikation (Taf. X L I ) — und zu charakteristischen jüngeren Wänden aus Delos erkennen, die sich durch Verselbständigung einzelner Elemente der Dekoration, sehr bunte und belebte Oberfläche, reiche Verwendung plastischer Dekorationsglieder auszeichnen. Die Wände aus Pantikapaion sind somit in die zweite Hälfte des 2. Jh. v. u. Z. zu datieren. 71 F. Wirth, Wanddekorationen ersten Stiles in Athen, A M 56, 1 9 3 1 , S. 33ff., Beil. X I V — X V I ; die Fragmente stammen aus Schuttnestern von Häusern vor dem Dipylon-Tor, die sicher bei dem Sturm Sullas auf die Stadt im Jahre 86 v. u. Z. zerstört wurden (Lampen, Münzen bekräftigen diese Datierung). 60

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Ein- und Durchblicke durch einen Teil der Wand 72 . Die Haupttendenzen der Wandlung des hellenistischen Strukturstiles von der Mitte des 4. Jh. v. u. Z . bis zum Beginn des 1. Jh. v. u. Z. sollen durch die folgenden Bemerkungen charakterisiert werden. In das System der gemalten Scheinarchitektur (4. und 3. Jh. v. u. Z.) dringen seit dem 3. Jh. v. u. Z . mehr und mehr plastische Elemente ein. Die aus der Mitte des 4. Jh. v. u. Z. bekannte geringe plastische Gliederung der Wand und einfache plastische Quaderspiegelung (Olynth), ist noch nicht stilbestimmend. So erscheint die zuerst nur gemalte Wandstruktur dann durch plastische Hervorhebung einzelner Schichten gewissermaßen gebaut. Die Entwicklung der Wanddekoration im 2. Jh. v. u. Z . , die übersteigerte Polychromie mit dem bunten Wechsel farbiger Felder zwischen einzelnen Schichten und innerhalb einer Wandschicht, die vielen neuen Zierelemente, profilierte bunte Ornamentbänder, die reichen bunten Einzelformen sowie die Stucknachahmungen von Elementen der Tempelarchitektur führen zur Verselbständigung der Einzelformen. Die Farbgebung unterstützt nicht mehr eindeutig den Wandaufbau, Polychromie und Ornamentreichtum werden mehr Mittel zur Erzielung rein dekorativer Wirkungen. Der durch plastische Stuckierungen ausgeführte Wandaufbau wird komplizierter, eine weitgehende Differenzierung der Deckschicht tritt ein. Die ursprünglich klare Gliederung der Wand wird damit unübersichtlicher, ihre „Substanz" mit einer gewissen „Scheintektonik" beginnt sich aufzulösen. Galerien und Säulenstellungen im oberen Wandbereich sind Ausdruck der Transparenz und einer Erweiterung des Raumes. Und so müssen anhand dieser neuen Stilmerkmale die jüngsten Beispiele hellenistischer Wanddekorationen aus Priene (aus Haus X X I I I ) , Athen und Delos (s. u.) der Spätphase zugerechnet bzw. als Endpunkt der Entwicklung des hellenistischen Strukturstiles angesehen werden. Die umfangreichsten zusammenhängenden hellenistischen Stuckdekorationen sind auf der Insel Delos entdeckt worden. Gerade die Gruppe von Privatgebäuden im Theaterviertel, in dem sich Häuser und Tabernen zusammenfinden zu einem städtischen Komplex ähnlich dem von Herculaneum und Pompeji, hat sorgfältig dekorierte Wände aus verschiedenen Zeiten 73 . Die bisher erkannte Entwicklung der hellenistischen Wanddekoration kann mit Hilfe der delischen Funde überprüft werden. Der einfachste und älteste T y p (1. Hälfte 3. Jh. v. u. Z.) ist gekennzeichnet durch Nachahmung einer schlichten Quaderwand mit korrekter Fugenverteilung der einzelnen Quader 74 . Einzelne oder mehrere Schichten können darüber hinaus auch optisch durch Farbgebung betont werden 75 . Farbkombinationen ließen genügend Spielraum für viele Varianten. Die Art, in der allein durch Bemalung Randschlag farbig vom Quaderspiegel abgehoben ist (Saal k im „Haus des Dreizacks") 76 , entspricht der Dekoration in dem Grab aus Anapa. — Die meisten Mauern in Delos sind jedoch dergestalt dekoriert, daß, ähnlich wie ursprünglich allein durch Farben, bestimmte Teile des Wandaufbaus durch ein mehr plastisches Hervorheben besonders gekennzeichnet werden. Bevorzugt wurden Plinthe und Deckschicht, also im Aufbau der realen Wand besonders statisch beanspruchte Wandteile. In diesem System der Wandstuckierung, in dem auch die Quader meist plastische Spiegel haben, spielt die Orthostatendeckschicht die entscheidende Rolle. Sie ist vorwiegend marmo-

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F. Wirtb, A M 56, 1931, Beil. XXIV. Mon. Piot 14, Paris 1908. Die Wandstruktur ist nur eingeritzt in den weißen Stuck, die Ritzlinien sind dunkel ausgemalt : „Haus der Collina", Vestibül - Mon. Piot 14, S. 92, Fig. 28; BCH X I X , 1895, S. 492, Taf. V, „Haus des Dionysos", Säle j, 1 - Mon. Piot 14, Fig. 29; BCH X X X , 1906, S. 548!., Taf. XI, „Haus des Kerdon", Saal 3 - Mon. Piot 14, Fig. 30; BCH X X V I I , 1903, S. 43, Taf. XI. Erweitert wurde diese einfache Form durch zusätzliche parallel zu den Stoßfugen verlaufende Linien, wodurch der Eindruck eines Spiegelquaders mit Randschlag entsteht: „Haus des Dreizacks", Saal k — Mon. Piot 14, S. 93, Fig. 31; BCH X I X , 1895, S. 50if., Taf. V. Farbige Betonung dieses Randschlages (vgl. Grab Anapa): „Haus des Dionysos", zwischen Räumen j und k — Mon. Piot 14, S. 95. Zum Beispiel weiße Wand und hervorgehobene rote Deckschicht der Orthostaten: Haus Theaterstraße 22, Raum c - Mon. Piot 14, S. 94; BCH X X X , 1906, S. 582, Taf. X. Mon. Piot 14, S. 93, Fig. 31, BCH XIX, 1895, S. 501 f., Taf. V.

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riert77 oder in Art einer Frieszone mit fortlaufendem Mäanderband78 oder figürlichen Darstellungen bemalt79. Diese Schicht ist auch meist reich profiliert. Die „Frieszone" wird oben begrenzt von einer halbrunden mit Eierstab oder Flechtband bemalten Leiste, unten abgeschlossen von einem lesbischen Kyma, kann auch schräg zu den Orthostaten auslaufen. Genau diese Gliederung entspricht derjenigen der vergleichbaren Schicht aus Priene (Katalog Fragmente 36—41, Abb. 36, Tafel 9). Auch weiterführende Veränderungen betreffen vor allem die Deckschicht. Diese zerfällt in mehrere Teile: horizontale Stuckprofile, selbständige Quaderschicht und Friesschicht mit bunten Ornamentbändern. Damit wird genau die reiche und aufwendige Form erreicht, die von den Häusern aus Pantikapeion bekannt ist. Die Sockelzone und meist rot ausgeführte Quaderhauptzone mit Abschlußgebälk (-gesims) sowie die obere „neutrale Z o n e " blieben relativ unverändert80. Der Spätphase delischer Wanddekoration müssen Fragmente zugerechnet werden, die bis in Details Monumentalarchitektur nachbilden 81 : Halbsäulen ionischer Ordnung, Pilaster mit korinthischem Kapitell, Architrave und Friese dorischer — z. T. mit figürlich bemalten Metopen — oder ionischer Ordnung mit plastischem bemalten Bukranienfries, ferner bunt bemalte Konsolen, Zahnschnitte, Simen, Sparren in Form von Stierköpfen, Antefixe, Löwenkopfwasserspeier, plastische Masken. Damit scheint die jüngste Stufe der hellenistischen Dekorationssysteme erreicht. Ein delisches Fragment 82 hat bereits Stilmerkmale des frühen 2. Pompejanischen Stils: plastische Pilaster tragen ein Gebälk dorischer Ordnung, dazwischen ist eine Kassettendecke perspektivisch gemalt; vergleichbar ist eine ähnliche räumliche Wirkung der offenen als Galerie gedachten Wand an dem athener. Fragment (s. o., vgl. Anm. 71). Diese delische Wand muß kurz vor den Ereignissen, die zur Zerstörung der Insel führten, datiert werden (Anfang 1. Jh. v. u. Z.), Das Gemeinsame, das alle Systeme hellenistischer Wanddekorationen verbindet, ist die Idee der Nachahmung der Struktur einer realen Wand durch Malerei und Stuck. Wir können in der nachgestalteten und nachgemalten Wanddekoration die Konstruktionen der wirklichen Wände leicht wiedererkennen. So sind die Beziehungen der frühesten Dekorationen (Olynth, Grab aus Kertsch) zu Architekturen der Lehm-/Ziegelbauweise und Abhängigkeit der entwickelten Stufe von Vorbildern der Quaderbauweise wahrscheinlich. Die Cellawand des Heraicns von Olympia war aus Lehmfachwerk errichtet und saß auf einem Sockel aus Steinquadern auf. An der Pinakothek auf der Akropolis von Athen folgte auf Plinthe, Orthostaten, öiner doppelten Quaderreihe und deren Abdeckung aus dunklerem eleusinischen Stein eine stuckierte und bemalte Wandfläche mit oberem Abschlußgesims 83 . Ähnlich müssen die Wände der vorpersischen Propyläen gegliedert gewesen sein, deren roter Stucküberzug bei den Ausgrabungen noch sichtbar gewesen sein soll84. Solche Mischform, Kombination aus steinerner Sockelzone und stuckierter Quaderwand, schien besonders günstig für öffentliche Gebäude, an denen die unteren Teile der Mauern den größten Beschädigungen ausgesetzt waren (s. o., in Athen, in Magnesia — Anm. 59, aber auch in Priene 85 und Pergamon86). Interessant ist der Hinweis Wiegands auf den engen Zusammenhang der Stuckdekoration aus dem 77 78

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„Haus des Heiligen Sees", Räume e und f — Mon. Piot 14, Fig. 35, 37. Z u m Beispiel im „Haus des Heiligen Sees", Mon. Piot 14, S. i o i f f . , Fig. ; 6 f . , Taf. V I b , d. „Haus des Dreizacks", Mon. Piot 14, S. 104, Fig. 39. „Haus der Delphine", Raum G : Fries mit reizender Darstellung von Broten bei verschiedenen Tätigkeiten — Mon. Piot 14, S. 104t., Tf. V I c ; „Haus der Collina", Raum f, S. 105, Fig. 40. Die Wände in Delos sind maximal 2 —3 m hoch erhalten, die Gliederung der oberen Wandzone ist daher nicht gesichert. In einem Falle ist für die sog. „neutrale Zone" blaue Bemalung nachgewiesen: „Haus des Dionysos" Raum d, Mon. Piot 14, S. iogff. E s scheint, daß sich hier die gleiche Auffassung von der offen gedachten oberen Wandzone widerspiegelt, wie es für die Gräber vom Wasjurinski-Berg und von Anapa nachgewiesen ist. Die mit 5—6 m angenommene Gesamthöhe der Wände (BCH X X X , 1906, S. 517t., 525 f.) erscheint sehr reichlich. Mon. Piot 14, S. 1 5 2 f f . , Fig. 5 2 f f . , Tf. V I I I , V I I I A . „Haus des Dionysos" Raum D — Mon. Piot 14, Tf. V I I I A k, Rekonstruktion Tf. V I A a . IV.Dörpfeld, A M 36, 1 9 1 1 , S. 5 i f f . , 87ff. ders., A M 36, 1 9 1 1 , S. 92t. Priene, S. 191. Säulenhallen am Markt, W.Dörpfetd, A M 27, 1902, S. 18.

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Zimmer A des prienischen Hauses X X I I I mit einem ähnlichen monumentalen Vorbild, dem Ephebensaal v o m unteren Gymnasion in Priene 87 . Die gleiche Wandgliederung kennen wir auch aus Delos 88 , die mit dem Innenwandaufbau des sogenannten Arsinoeions auf Samothrake 89 zu vergleichen ist: Plinthe, Orthostaten, Deckschichtzone, Quaderwand, hochsitzende Galerie, Gebälk. Erwähnt werden sollen in diesem Zusammenhang die Hinweise Wiegands und Wirths 90 auf die Innengliederung des „ T u r m e s der Winde" in Athen. Auffällig innerhalb der kanonischen Wandgliederung ist die besondere Betonung der Deckschichtzone, die hier recht weit vorspringt (etwa 30 cm). Uber der Hauptwand aus vier isodomen Quaderreihen ohne Randschlag folgt ein Zahnschnittgesims, das v o n Konsolen getragen wird. Oberhalb des Gesimses bleibt die Wandfläche ungegliedert. Die Mehrfarbigkeit im System der hellenistischen Wanddekoration der Grabanlagen und Wohnhäuser hat sicher eine Ursache in einer gewissen natürlichen Polychromie der Vorbilder. Die einzelnen Schichten einer monumentalen Steinwand, vor allem der Sockelzone, konnten aus verschiedenen Materialien gearbeitet sein, so daß eine optisch gegliederte Wand entstand, an der dem Schichtwechsel auch durch unterschiedliche Steinsorten bedingter Farbwechsel entsprach 91 . So ist es bereits materialbedingte Polychromie, wenn am pergamenischen Stadtbrunnen Trachytquadern mit einer schmalen Marmorschicht abgedeckt sind 92 . A n der 2. Agora in Pergamon ist ein Gebäude aufgefunden worden, das Orthostaten aus dunkelblauem Brecciamarmor besitzt, die v o n gelber Marmorschicht bedeckt werden; die Hauptwand besteht aus blau geäderten weißen Marmorquadern 9 3 . In die Stuckdekoration übertragen bedeutet das etwa, daß weiße, cremefarbene und gelbe Farbgebung helle Steinsorten imitieren (Marmor, Kalkstein). Dunkle Bemalung läßt Vorbilder aus entsprechendem Stein vermuten (z. B . Basaltorthostaten). Rot schien als eine traditionelle Farbe verputzter Wände (s. o. vorpersische Propyläen, Pinakothek, Wände aus Olynth) eine besondere Rolle zu spielen; sekundäre Farben sind grün und blau. Bunte Marmorierungen, die sich oft recht weit v o n wirklichen bunten Steinsorten entfernen, beschränken sich fast ausschließlich auf Sockelzone und Deckschicht.

B e z i e h u n g e n d e s h e l l e n i s t i s c h e n S t r u k t u r s t i l e s z u m 1. P o m p e j a n i s c h e n S t i l Der Endpunkt der Entwicklung des hellenistischen Strukturstiles fällt zeitlich etwa mit dem 1. Pompejanischen Stil zusammen. Die grundsätzliche Verwandtschaft der italischen Dekorationen (Pompeji, Herculaneum; Solunt, Centuripe auf Sizilien) mit Wanddekorationen aus Delos oder Priene braucht kaum hervorgehoben zu werden. Und doch können durch direkten Vergleich zwischen italischen Wänden 94 z. B. mit den delischen Dekorationssystemen prinzipielle Unterschiede festgestellt werden. Die Sockelzone der italischen Beispiele ist wesentlich höher als die der griechischen. Das gesamte italische System scheint auf ein Podium (bis zu 1 m hoch) gestellt. Die Orthostaten selbst sind meist auffällig schmal und hoch, wodurch die unterste Wandzone an Bedeutung gewinnt, z. T . auf Kosten der Deckschicht. V o m Boden bis zum obersten Wandabschluß reichende plastische Halbsäulen oder Pilaster aus Stuck betonen die Vertikale in einem Maße, wie das im hellenistischen Strukturstil nicht ablesbar ist. Auf zusätzliche Belebung der ohnehin bunt bewegten Oberfläche berechnet, sind eingefügte weiße plastische Gurte und Bänder, Quaderrahmen; kaum ein Ruhepunkt wird dem Betrachter gegönnt, jede Schicht, jeder Quader, jedes Dekorationsglied soll sich möglichst in Form und Farbe von den benachbarten unterscheiden. Die für den entwickelten Strukturstil typischen reichen Ornamentbänder und Friese fehlen fast völlig. Die Unterschiede in Wandgliederung, Verteilung der 87

Priene, S. 268, Abb. 273. Siehe Anm. 82. 8 " Con^e,Hauser, Niemann, Archäologische Untersuchungen auf Samothrake I, Wien 1875, S. 7 9 f f A b b . 34, Tf. 5 ^ ff. — Datierung in die Zeit Ptolemaios II. 00 Priene, 316; IVirth, A M 56, 1 9 3 1 , S. 47ff. 91 Athener Pinakothek, vgl. Anm. 8;. 92 Dorpfild, A M 36, 1 9 1 1 , S. 52, Abb. 4. 93 ders., A M 29, 1904, S. 119. 91 In Pompeji Haus I X , 3,2 — 2. Peristyl; „Haus des Sallust" — Atrium. 88

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Farben und in den Einzelformen führen zu dem Schluß, daß der i. Pompejanische Stil keine italische „Erfindung", sondern nur eine italische Variante des hellenistischen Strukturstils ist95. Die Dekorationen eines hellenistischen Hauses am Fuße des Monte Calvario in Centuripe/Sizilien sind in verschiedenen Stilen ausgeführt. Die Wände des Cubiculums IV und der Räume II, III, V wurden nach Art des hellenistischen Strukturstiles stuckiert und bemalt. Raum V I dagegen ist bemalt mit einer tuchbespannten Plinthe, darüber zwei durchlaufende marmorierte Schichten, auf denen Halbsäulen dorischer und ionischer Ordnung stehen, zwischen denen schmale hohe marmorierte Orthostaten wie Pinakes wirken 96 . Griechisch-hellenistische Dekoration und italische Sonderform sind hier in einem Hause vereint. D a t i e r u n g der S t u c k f r a g m c n t c aus der B e r l i n e r A n t i k e n - S a m m l u n g Die meisten Häuser in Priene sind durch Brand zerstört worden. Die den Brandschichten entstammenden Funde an Marmorstatuetten, Terrakotten, Stuckdekorationen, Münzen, Keramik u. a. unterstreichen den rein hellenistischen Charakter der prienischen Wohnbauten. Die jüngsten hellenistischen Münzen der Brandzone gehören dem 2. Jh. v. u. Z. an97. Die in Priene nachgewiesenen stuckdekorierten Wände entsprechen den einzelnen Stufen in der Entwicklung des hellenistischen Strukturstiles. Die einfache Form besteht aus einem glatten Stucküberzug der Wand, in den durch Einritzungen diese Wand architektonisch gegliedert erscheint. Plinthe, Orthostaten, Deckschicht und Quaderreihen sind klar voneinander durch Ritzlinien und farbige Bemalung der einzelnen Schichten getrennt. Auffällig ist der Gelb-Rot-Wechsel zwischen Orthostaten und Deckschicht (vergleichbar mit Kat. Nr. 4)98. Eine reichere Form der Dekoration ist vertreten durch Beispiele, an denen die Orthostatendeckschicht plastisch hervorspringt und die Quader von dieser Schicht an aufwärts plastischen Quaderspiegel sowie Randschlag haben (vgl. Nr. 1 —4)". Allerdings ist zu beachten, daß nicht immer die einfach dekorierten Wände auch zugleich die ältesten sein müssen; denkbar ist auch eine altertümliche Wandstuckierung bei Hausherren mit „konservativem" Geschmack im 2. Jh. v. u. Z. Diese Frühform der Wanddekoration kann ins 3. Jh. — bzw. die entwickeltere Stufe schon in das beginnende 2. Jh. v. u. Z. datiert werden. Besonders aufwendige Dekoration ist z. B. im Thalamos des Hauses Westtorstraße X I I I erhalten, die Deckschicht und die ersten folgenden Quaderschichten werden zusätzlich hervorgehoben durch plastische horizontale Zierglieder 100 . Die großzügige Anwendung plastischer Elemente, die reiche Polychromie und bunte Ornamente sind Merkmale des 2. Jh. v. u. Z. Die meisten Stuckfragmente aus Priene sind Teile von Dekorationssystemen, die ihre nächsten Parallelen in den jüngeren Wänden aus Delos, Pergamon (vgl. Anm. 31 bis 33), Pantikapaion und Athen haben. Einzelformen der Wandgliederung — Profilleisten mit Herzlaubbemalung (Kat.-Nr. 12—16), plastische Gebälke (29—31), Halbsäulen (34—35), Mäander- (19—20) und Triglyphenfriese (21 — 28), figürlich bemalte Friese (36—41) —, die aufwendig gestaltete und gemalte Scheinarchitektur der Wände sind Ausdruck der Spätphase des Strukturstiles. Ein terminus ante quem wäre mit der erwähnten prienischen Brandschicht gefunden, die sich leider nicht genau datieren läßt. Zwei historische Ereignisse kämen als Ursache für eine gewaltsame Zerstörung der Stadt in Betracht, wobei nach Auffassung d. V. der sog. Orophernes-Krieg (etwa 155 v. u. Z.) aus95

Vgl. Wirth, A M 56, 1 9 3 1 , S. j y f f . ; Rostovcev, J H S 39, S. 150. G. Libertini, Centuripe, Catania 1926, S. 52ff., Tf. II—V, D ; das Gebäude ist in das 1. Viertel des 1. Jh. v. u. Z. datiert. 07 Priene, S. 328f. 98 Haus Westtorstraße X X I I I , Zimmer östlich von Raum A : Plinthe farblos, Orthostaten rot, Deckschicht gelb, Quaderwand aus gelben und roten Quadern — Priene S. 309; Haus X X — Priene, S. 323. 99 Haus X X V I — Priene, S. 307; Kammern der Nordhalle des Marktes — Priene, S. 309, 203; Hauskomplex Wcsttorstraße hinter Läden 1 — 3 — Priene, S. 322. 100 p r i c n C j s. 309, Abb. 333f.; S. 321 f.: farbloser Sockel und rote Orthostaten in Ritzlinientechnik, plastischer gelber dreigeteilter Gurt, Spiegelquader in Rot und Gelb, Profilband (vgl. Nr. 12 — 16). 96

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scheiden kann. Die als jüngste Elemente der Wanddekorationen anzusprechende plastische Säulengalerie und der bemalte Fries sind vor 155 v. u. Z. kaum wahrscheinlich, diese Wände müssen im ausgehenden 2. Jh. v. u. Z. entstanden sein. Eine gewaltsame Eroberung Prienes scheint insofern unwahrscheinlich, weil nach einem Schiedsspruch des römischen Senats Priene das Streitgut in Höhe von 400 Talenten wieder herausgab. Denkbar wäre allerdings eine Zerstörung der Stadt im Mithridatischen Krieg (88 — 85 v - u - Z.), der mit der Ermordung der Italiker in Ionien begann und für Priene einschneidende Veränderungen brachte: Verlust der Selbständigkeit, Verarmung der Stadt, Romanisierung des Lebens. In einer Art Strafgericht durch die Römer könnte ein Teil der Wohnbauten in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Der durch die Ereignisse zu Beginn des 1. Jh. v. u. Z. in Ionien ausgelöste kulturelle Bruch fände seinen Ausdruck in der großen Zerstörungszone. Die jüngsten prienischen Stuckfragmente verkörpern den Dekorationsstil, der mit den jüngsten Dekorationen aus Athen (Häuser 86 v. u. Z. zerstört) und Delos (88 v. u. Z. zerstört bzw. 69 v. u. Z. erneut von Piraten heimgesucht) zu vergleichen ist. Es scheint, daß nur bestimmte Häuser des Wohnviertels in Priene sich durch diese Innenausstattung auszeichneten. So wurden Überreste von Wandstuck außer in den bereits genannten Häusern in Haus X I V , im Ruinenfeld der insula zwischen der Athena-Terrasse und Westtorstraße, im Gebäude westlich von Haus X X V I I I , in Gebäuden nördlich der Nordhalle, in Häusern X X X , X X X I I , X X X V und im Haus westlich von Haus X X X I I I nachgewiesen. Gerade ein Raum des prienischen hellenistischen Haustyps wurde ganz auffällig bevorzugt, der sogenannte Thalamos. Im Thalamos sind mehrmals Kieselmosaiken 101 sowie auch Reste von Klinen 102 entdeckt worden. Diese Ausstattung deutet im Vergleich zu den sonst viel schlichteren Räumen der Häuser auf eine Nutzung als Speiseraum 103 bzw. Empfangsraum für Festlichkeiten. Nur recht geringe Überreste nachhellenistischer Zeit sind in Priene gefunden worden: in den Häusern Westtorstraße X X I V , Theaterstraße X X X I I I 1 0 4 . Die vier pergamenischen (?) Fragmente lassen nur allgemeine Aussagen über Art der Wanddekoration zu. Fragment Nr. 42 ist eng verwandt mit prienischen Profilen, entsprechenden Stücken aus Pantikapaion 105 . Eigentümlich bleibt der Zahnschnitt Nr. 44 mit seinen sehr flachen Zähnen. Der Charakter der Fragmente und ihre vermutete Herkunft aus dem Palastkomplex läßt eine Datierung ins 2. Jh. v. u. Z. zu. Fotonachwcis: Tafel 5—9 Staatliche Museen zu Berlin Verzeichnis der AvP AM M o n . Piot 14 AA RM EAA JHS Olynth BCH Rostovcev

Abkürzungen Altertümer von Pergamon Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athen Fondation E u g è n e Piot, Monuments et Mémoires, Paris 1908 Archäologischer Anzeiger Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung Enciclopedia dell'Arte Antica Classica e Orientale The Journal of Hellenic Studies D . M . Robinson, Excavations at Olynthus, Baltimore/London/Oxford 1929(1. Bulletin de Correspondance Hellénique M . R o s t o v c e v , Antike dekorative Malerei Südrußlands, St. Petersburg 1 9 1 4 (russ.)

101

Häuser V I I , X X V I (Priene S. 291), X X I I I (Priene S. 320) u. a. Z u m Beispiel Haus X I V (Priene, S. 322, 2 9 1 , 3 7 8 f f ) . 103 p r j e n e j s . 2 9 1 . 102

104 105

Priene, S. 3 i 8 f . , A b b . 3 6 0 - 3 6 3 . Rostovcev, T f . X L I .

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Ä G Y P T I S I E R E N D E B A U G L I E D E R U N D R E L I E F S AUS IM ÄGYPTISCHEN MUSEUM

ROM

(Mit Tafel 10 — 14)

Klaus Parlasca

Aufmerksamen Besuchern der römischen Antikenmuseen muß auffallen, daß es eine stattliche Zahl originaler ägyptischer Fundstücke stadtrömischer Provenienz gibt. Zu ihnen gehören auch zahlreiche Funde, die nach Motiv und Stil einen deutlich ägyptisierenden Charakter aufweisen. Lange hat eine zusammenfassende Bearbeitung dieses Materials gefehlt. Dem empfindlichen Mangel einer Sammlung der zahlreichen im Laufe der Jahrhunderte in Rom entdeckten Funde dieser Gruppen, soweit sie verschollen oder außer Landes verkauft worden sind, hat die neue Bearbeitung durch A . Roullet weitgehend abgeholfen 1 . Bei den fließenden Grenzen zwischen ägyptisierenden Fundstücken und Werken, die ägyptische Motive in klassischem Stil zeigen, blieb aber der Katalog dieses Werkes uneinheitlich; manches wichtige Zeugnis wurde nicht berücksichtigt oder nur in der einleitenden Übersicht besprochen. Der folgende Beitrag hat das Ziel, ein Teilgebiet dieses interessanten Materials anhand Berliner Museumsstücke zu erschließen, die bisher teilweise unbekannt geblieben sind und auch von A. Roullet nur unvollständig erfaßt wurden. Z u Beginn dieses Jahrhunderts hat das Berliner Ägyptische Museum von dem bekannten, in Rom ansässigen Archäologen und Kunsthändler P. Hartwig eine Reihe bemerkenswerter Funde angekauft, die für Archäologen und Ägyptologen gleichermaßen interessant sind. Am bekanntesten ist das Marmorrelief mit einem Apis-Heiligtum (Taf. 10, i) 2 , das leider zu den Kriegsverlusten des Museums gehört. Seiner religionsgeschichtlichen Bedeutung entspricht die Anschaulichkeit der Darstellung, die uns eine lebendige Vorstellung vom Aussehen eines Heiligtums ägyptischer Götter auf italischem Boden vermittelt. Ein Jahr zuvor, 1903, gelangten ebenfalls durch Hartwig einige stark fragmentierte Architekturglieder mit ägyptisierendem Dekor nach Berlin 3 . Ihre vorzügliche Qualität und die Tatsache, daß diese Teile eine gute Vorstellung von einem großen Isisheiligtum vermitteln, verleiht diesem Fund eine besondere Bedeutung. Insgesamt handelt es sich um sechs Bauglieder, von denen allerdings nur noch zwei erhalten geblieben sind: 1. Mittelstücke zweier Segmentgiebel Inv. 16785 (Taf. 10, 2; 1 1 , i) 4 1

A. Roullet (s. Abkürzungsverzeichnis). Eine Auswahl der wichtigsten Fundstücke in römischen Museen habe ich in Heibig 4 behandelt. 2 Inv. 1 6 7 7 7 ; 38 X 15,5 cm; erworben 1904; Schäfer, Amtl. Ber. 26, 1905, Sp. X V ; A. Erman, Ägypt. Religion 2 (1909) Abb. 268; Leipoldt, Bilderatlas S. V Abb. 18; v. Bissing, Z Ä S . 67, 1 9 3 1 , 19 Anm. 1 ; A. Scharff, Die ägypt. Sammlung 2 (1933) 73; H. Fuhrmann, A A . 1941, 598 Anm. 1 ; A. Hermann, J b A C . 3, i960, 39 Abb. 8; Roullet 28f. Taf. 14, 21 (Die Zitate Haas und Leipoldt sind identisch!) 3 Inv. 16783 — 88; Schäfer, Amtl. Ber. 25, 1904, Sp. X X V I I I . — Das gleichzeitig erworbene Eckstück einer Kapelle Sethos' I. aus schwarzem Granit (Inv. 16782) gehört nicht zu diesem Fund. Es wurde nach Ausweis des Inventars bei Rom gefunden: (G. Roeder, Aegypt. Inschriften aus den Staatl. Mus. zu Berlin II (1924; Nachdruck 1969) 2 1 4 ; Porter — Mass V I I 4 1 5 ; Roullet 142 Nr. 319. 4 26 X 58 cm; Kriegsverlust; Weber, Hermes-Tempel 13 Nr. 2 Abb. 2 (Zeichnung); Scharff, a. O. 73 („Türgiebel mit der geflügelten Sonnenscheibe"); Roullet 59 Nr. 22 Taf. 36, 50 (ergänzt); Älalaise Inv. 208 Nr. 390 (zusammen mit folg. Exemplar).

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2. 3. 4. 5. 6.

und 16786 (Abb. 1 ; Taf. 10, j) 5 . Fragment einer reliefierten Säule Inv. 16783 (Taf. 12, 3)®. Eckblock mit Uräenfries Inv. 16784 (Taf. 1 1 , 2—3) 7 . Bruchstücke von Reliefplatten Inv. 16787 8 und 16788 (Taf. 1 3 , 5 und 12, 4)®.

Wie aus der Eintragung im Inventar hervorgeht, handelt es sich offenbar um einen zusammenhängenden Fund. Die verlorenen Erwerbungsakten erhielten wahrscheinlich hierüber nähere Angaben. Jedenfalls liegt die Annahme nahe, daß die von W. Weber zu den beiden von ihm veröffentlichten Fundstücken N r . 1 und 4 der obigen Zusammenstellung mitgeteilte Provenienz, Via Campo Marzio 1 0 , aus dieser Quelle stammt. Die Zuordnung der einzelnen Stücke zu einem bestimmten Tempel bzw. Teilen des zugehörigen Heiligtums bereitet im einzelnen gewisse Schwierigkeiten. A m einfachsten ist die Bestimmung des Fragments Nr. 3 (Tafel 12, 3). Es gehört offenkundig zu einer reliefierten Säule in Art einer „columna caelata". Der untere Teil bewahrt noch das Dekorationsschema des Blattkelches am unteren Ende des Schaftes. V o n der figürlichen Darstellung sind nur noch der mit einer Sandale bekleidete Fuß sowie der Gewandrest einer nach rechts schreitenden Priestergestalt erhalten. Das Ganze läßt sich unschwer in der Art entsprechender Gestalten des bekannten Prozessionsreliefs Mattei im Vatikan 1 1 ergänzen.

Abb. 1 Segmentgiebel luv. 16786

Schwieriger ist die Zuweisung der beiden Segmentgiebel Nr. 1 und 2 (Taf. 1 0 , 2 . 3 — 1 1 , 1) an einen bestimmten Bauteil. H. Schäfer bezeichnete sie als Kapellengiebel 1 2 , während sie A . Scharff für Türgiebel 1 3 hielt. E s ist jedoch wenig wahrscheinlich, daß bei dem recht zufällig wirkenden Be5

27 X 39 cm; Kriegsverlust; eine Photographie in unergänztem Zustand liegt nicht vor. Roullet 59 Nr. 23 Taf. 36, 51. H — 61 cm; Weber, Hermes-Tempel 1 2 A n m . 48; unpubliziert (nicht bei Roulkt). 7 18,5 x 46 cm; Kriegsverlust; Weber, Hermes-Tempel 1 1 A n m . 42 A b b . 1 ; Roullet 58f. Nr. 21 Taf. 36, 49. 8 H == 27 cm; Kriegsverlust; „ I m Diskus Reste roter Farbspuren" (Inventar). Unpubliziert (nicht bei Roullet). 9 18 X 17 cm; jetzt in West-Berlin. Unpubliziert (nicht bei Roullet). 10 Weber, Hermes-Tempel, 1 1 Anm. 42. 11 Heibig* I 388f. Nr. 491 (Parlasca); Malaise, Inv. 234L Nr. 441, mit Vorsatztafel; ferner G. Fleischhauer, Btrurien und R o m (Musikgeschichte in Bildern IT 5; 1964) 88f. Abb. 49. 12 s. o. Anm. 3. 13 s. o. Anm. 4. 6

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stand gleich zwei Bauglieder vorhanden sind, die ursprünglich nicht sehr zahlreich gewesen sein dürften. Vielmehr bietet sich eine andere Interpretation an; die Giebel gehören vermutlich, wie bereits W. Weber gesehen hat, zu einer Nischengliederung, die sich an den Wänden des Tempels oder der Umfassungsmauer befunden haben kann. Anschauliche Beispiele bieten der Hauptraum des sog. Dianatempels im Quellbezirk von Nîmes 1 4 und der Hof des Vespasianstempels in Pompeji 1 5 . In beiden Fällen alternieren Dreiecks- und Segmentgiebel. Der große Eckblock mit Uräenfriesen an zwei aneinanderstoßenden Seiten (Nr. 4 ; Taf. 1 1 , 2. 3) könnte zu einem durchlaufenden Fries gehört haben, der den oberen Wandabschluß gebildet hat. Wahrscheinlicher ist jedoch Webers bestechende Vermutung, in diesem Bauglied einen Rest der auf einer Münze des Vespasian erkennbaren Portalbekrönung zu sehen (s. unten). Die beiden restlichen Bruchstücke Nr. 5 und 6 stammen v o n reliefierten Verkleidungsplatten, mit denen man sich wohl die Wände der Tempelcella — am wahrscheinlichsten in Form von Friesen — dekoriert zu denken hat. Das eine Fragment zeigt den Rest eines Falkenkopfes mit Sonnenscheibe nach links (Nr. 5; Taf. 1 3 , 5), das andere (Nr. 6; Taf. 12, 4) über einem Lotos-Palmettenfries den Rest eines nach rechts orientierten, gelagerten L ö w e n ; erhalten sind noch eine Tatze sowie ein Stück des um das Hinterteil geschlungenen Schwanzes. Z u diesen Fundstücken gehört ein weiteres Fragment einer Friesplatte aus dem Besitz P. Hartwigs, das offensichtlich nicht nach Berlin gelangt ist. V o n ihm ist jedoch eine Photographie aus dem Nachlaß P. Arndts erhalten (Taf. 12, i) 1 6 . E s zeigt über einer profilierten Leiste die nackten Füße einer nach rechts gewendeten Gestalt in ägyptischer Schrittstellung. Derartige als dünne Inkrustationsplatten in der Technik des „versenkten" Reliefs gearbeitete Dekorationen sind auch sonst in stadtrömischen Heiligtümern ägyptischer Götter verschiedentlich nachzuweisen. Einem älteren Bericht ist zu entnehmen, daß im Jahre 1642 Platten dieser Art im Bereich des Iseum Campense als Fußbodenbelag eines antiken Gebäudes entdeckt worden sind 1 7 . Sie waren dort sekundär verwendet, da sich die Reliefs an der Unterseite der Platten befanden. Neben Farbresten werden auch Brandspuren erwähnt, die wohl mit der Katastrophe des Jahres 80 zusammenhängen. Erhaltene Reste dieser A r t lassen sich leider nicht mit ausreichender Sicherheit identifizieren, zumal auch später im selben Bereich ähnliche Funde zutage gekommen sind. Aus anderen Gegenden der Stadt wären Funde im Vatikan und v o m Palatin zu nennen. Sie sind anderweitig mehrfach publiziert und brauchen an dieser Stelle nicht erneut behandelt zu werden. 1 8 Dazu kommt ein bisher übersehenes Fragment von der Ausgrabung im Ludus Magnus (Taf. 1 3 , 3) 1 9 ; hierbei wird es sich um einen verschleppten Fund aus dem Isisheiligtum der 3. Region auf dem nördlich angrenzenden Collis Opius handeln. V o n der Darstellung ist im wesentlichen nur die rechte Hand einer nach links gewendeten Gottheit mit Stab und Henkelkreuz (Lebenshieroglyphe) erhalten. A n der linken Bruchkante sowie unten sind weitere Reste unklarer Bestimmung zu erkennen. Die vorzügliche Qualität der Arbeit verdient es jedoch, besonders hervorgehoben zu werden. Auch in Isisheiligtümem außerhalb Roms waren derartige Dekorationen gebräuchlich, wie entsprechende Funde in Benevent zeigen 20 . Sie gehören in domitianische Zeit und sind somit nur wenig jünger als die mutmaßliche Entstehungszeit der besseren unter den stadtrömischen Parallelen, die sehr wahrscheinlich als ihre unmittelbare Vorbilder anzusprechen sind. 14

15 16 17 18 19

20

R. Naumann, Der Quellbczirk von Nîmes (1937) 1 3 f f . Abb. 9 Taf. 17. 28t.; Bon, R E A 42, 1940 (Mèi. Radct), 589; Enc. Arte Ant. V. (1963) 449ff. Abb. 583 s. v. nicchia (M. Wegner). A. Mau, Pompeji in Leben und Kunst 2 (1908) 103 Abb. 47—49. Erlangen, Archäologisches Institut der Universität (ohne Maßangaben). hafaye, 221 f. Heibig* II 864L Nr. 2o8of. (Parlasca)\ Malaise, Inv. 2 1 9 L Nr. 396 — 398 Taf. 24. A. M. Colini — L. Co^a, Ludus Magnus (1962) 60 Nr. 7 Abb. 83. Das Fragment befindet sich im Magazin der Musei Comunali. 33 x 17,5 X 7 cm. H. Sichtermann danke ich auch an dieser Stelle herzlich für seine Ermittlungen und für die Beschaffung einer Photographie. H. W.Müller, Der Isiskult im antiken ßenevent . . . (1969) 20. 49ff. Nr. 257 — 259 Taf. 17, 1.2; 18, 1.2; Malaise, Inv. 301 Nr. 24 — 27 Taf. 60a—c.

6l

W. Weber hat die Berliner Fundgruppe vermutungsweise dem Iseum Campense zugewiesen 21 . Die Fundstelle in der Via Campo Marzio in Rom befindet sich in der Nähe des Horologium Augusti, eines von Augustus als monumentale Sonnenuhr aufgerichteten ägyptischen Obelisks 22 . Das Isisheiligtum lag etwas weiter südlich. Das Aussehen seines Tempels ist uns höchstwahrscheinlich durch das Rückseitenbild der oben erwähnten seltenen Münze des Vespasian aus dem Jahre 71 n. Chr. überliefert, dessen bestes Exemplar sich heute ebenfalls in Berlin befindet (Taf. 13, 1. z)23. Die bemerkenswert gute Qualität der Architekturfragmente spricht für eine relativ frühe Datierung. Der auf der genannten Münze Vespasians wiedergegebene Tempel wurde unmittelbar nach einem Brand im Jahre 80 n. Chr. unter Domitian wieder hergestellt. Die Entscheidung, ob die erhaltenen Reste vor oder kurz nach diesem zweiten Datum zu datieren sind, möchte ich offenlassen 24 . Eine spätere Entstehung der vorliegenden Reste, etwa die Verknüpfung mit der für die Zeit Severus Alexanders überlieferten Ausschmückung des Heiligtums ist jedenfalls aus stilistischen Gründen auszuschließen25. In stilistischer Hinsicht ist die eigenwillige Umsetzung ägyptischer Motive in die Formensprache der römischen Kunst auffallend; denn es liegt keineswegs ein unbeholfener Mischstil vor, der die ästhetische Wirkung vieler ägyptisierender Bildwerke beeinträchtigt. Die einzelnen Motive lassen sich zumeist ohne Schwierigkeiten mit Vorbildern ägyptischer Formtradition verbinden. Über den Segmentgiebel liegt eine grundlegende Untersuchung W. Webers vor, der ihn bereits als eine typisch ägyptische Form hellenistischer Prägung charakterisiert hat26. Die geflügelte Sonnenscheibe ist beispielsweise an Türstürzen wiederholt belegt. Ein besonders reich ausgestaltetes Exemplar aus Oxyrhynchos wurde vor einigen Jahren für das Museum in Leiden erworben 27 . Die mit Blattkelch und einem figürlichen Fries darüber verzierten Säulen sind ein besonders ausgeprägtes Element ägyptischer Kultbauten der Kaiserzeit. Bekannt sind die drei im Kapitolinischen Museum befindlichen Granitsäulen 28 , zu denen noch ein um den glatten Schaft verkürztes Exemplar in Florenz gehört29. Dieselbe Dekoration wird durch ein auf den ersten Blick unscheinbar wirkendes Fragment auch für den Sarapistempel in der Unterstadt von Pergamon, die sog. Kizil Avli, gesichert, das, bisher unbeachtet — an einer Mauer des gewaltigen Ziegelbaues liegt (Taf. 12, 2)30. Die pergame21 22

23

24

25 26 21

28

29 30

s. o. Anm. 10. Nash, R M . 64, 1957, 235ff. Abb. 1 ; ders. Bildlexikon II 134ff., Abb. 851 — 854; Roullet 79 Nr. 83; zuletzt Buchner, R M 83, 1976, 3 1 9 f f Taf. 1 0 8 — 1 1 7 . Die Literatur über diese Münze ist sehr umfangreich. Die folgenden Zitate beschränken sich auf eine Auswahl, die 2. T. auch weiterführende Angaben enthalten. Erste zusammenfassende Behandlung des Berliner Exemplars und seiner Parallelen: H. Dresse/, Das Iseum Campense auf einer Münze des Vespasianus, Sitzungsber. Preuss. Akad. d. Wiss. 1909 Nr. 25, Ö4off. Taf. 4; Weber, Hermes-Tempel 9ff. Tafelabb. 4; Leipoldt, "AyyeXo; 1, 1925, 129 Taf 5; M. Bernhart, Handbuch der Münzkunde der röm. Kaiserzeit (1926) 1 2 7 L Taf. 92,2; H. Mattingly, Coins of the Roman Empire in the British Museum II (1930) 123. 189 Taf. 22,7 und 35,3; Catti, Rend. Pont. Acc. Arch. 20, 1943/44,159 Anm. 66 (weit. Lit.)\P.Hommel, Studien zu den röm. Figurengiebeln (1954) 49ff. Taf. 10; ders., Ist. Mitt. 7, 1957, 12 f. 1 5 ; A. Alf'öldi, JbAntChr. 8/9, 1965/66, 5 8 f. Taf. 4, 3; Roullet 30 Taf. 15,22; R. E. Witt, Isis in the Graeco-Roman World (1971) Abb. 42 (das Londoner Exemplar = Dressel Taf. 4,7); Malaise luv. 2o8ff. Nr. 391 Taf. 19 a. Vgl. bereits Weber, Hermes-Tempel 1 1 Anm. 42; S. 10 wird das Datum der Münze versehentlich (?) als Baujahr des Isistempels angegeben. Das bei H. W. Müller, Der Isiskult im antiken Benevent (1969) 23 genannte Jahr 92 ist wohl ein Druckfehler für 82 n. Chr. Lafaye, 224 mit Hinweis auf Aelius Lampridius, Alex. Severus, 26 ( = Script. Hist. Aug. ed. E. Hohl I 279f.). Weber, Hermes-Tempel, 9 f f . ; vgl. Gilbert, Chr. d'fig. 33, 1942, 83ff. Inv. F 1962/8.3; Parlasca, Mumienporträts (1966) 87; Michailidis, Bull. Soc. Arch. Copte 18, 1965/66, 197L Taf. i A („Kunsthandel"); Verslagen der Rijksverzamelingen van geschiedenis en kunst 84, 1962 (1964) 168, ohne Abb. Heibig1 II 42L Nr. 1194 (Parlasca); Roullet 58 Nr. 17 — 19 Taf. 26,39 — 34.47; Malaise, Inv. 195. I97ff. Nr. 352. 363. 368 Taf. 18. Coli/t, Mel. 38, 1920, 279ff. Taf. 1 — 3; Roullet 57f. Nr. 16 Taf. 25, 37. 38 und 230, 346; Malaise, Inv. 203 Nr. 386. Im September 1969 gesehen; Fräulein E. Steiner verdanke ich die Anfertigung einer Photographie (Neg. Nr. Pergamongrabung 69/15,4). Die Bestimmung der großen Anlage als Heiligtum der ägyptischen Götter wird O. Deubner verdankt; vgl. seine kurze Notiz — ohne Angaben über das Aussehen der Säulen — im Bcricht (des) V I . Internat. Kongr. für Archäologie Berlin 1939 (1940) 477t. Taf. 49; ferner Mag'e, A J A 57, 1953, 1 7 5 ; zuletzt ausführlich

62

nische Anlage gehört vermutlich in die hadrianische Zeit 3 1 . Sie ist jedenfalls mit Sicherheit jünger als der frühkaiscrzeitliche Tempel der ägyptischen Götter auf dem Marsfeld, von dem auch die erwähnten Granitsäulen stammen. Der Typus solcher reliefierter Säulen geht wahrscheinlich auf Vorbilder in der Sakralarchitektur pharaonischer Zeit zurück. Deshalb muß mit der Existenz verlorener Zwischenglieder aus dem hellenistischen Ägypten gerechnet werden, die als die eigentlichen Vorbilder in Betracht kommen. Diese Vermutung läßt sich durch ein interessantes Zeugnis im Sudan erhärten. A m Zentraltempel der Großen Anlage v o n Mussawarat befinden sich vor dem Haupteingang zwei reliefierte Säulen in der A r t der „columnae caelatae". Der Tempel selbst gehört in das 3. Jh. v. Chr.; die Vorhalle ist später entstanden, aber vorerst nicht genauer datierbar 32 . Das eine Säulenrelief zeigt eine Reihe ägyptischer Götter 3 3 , das andere mehrere nackte, nach rechts gewendete männliche Gestalten, wohl

CiUö L l ' - x ^ v

5H

Abb. 2 Fragment Inv. 21489

kultische Tänzer 34 . Ihre Arme sind vorgestreckt, die linken angewinkelt erhoben, so daß die Oberkörper von hinten gesehen sind und die K ö p f e im Profil erscheinen. Das Vorbild für einen derartigen Dekorationsgedanken ist zweifellos in Ägypten selbst zu vermuten; dabei ist es gewiß kein Zufall, daß in Rückansicht wiedergegebene Oberkörper — etwa bei Münzen und Kameen — als alexandrinisches Motiv bekannt sind 35 .

31 32

33

34 35

R. Salditl-Trappmann, Tempel der ägypt. Götter in Griechenland und an der Westküste Kleinasiens (Etudes prelim.. . . 1 5 ; 1970) i f f . Taf. i f f . Bei Besprechung der Skulpturcnfragmente i j f . ist das hier publizierte Bruchstück nicht erwähnt. Deubner, a. O. ohne Datierung; Saldittt-Trappmarm, a. O. S. 1 : „trajanisch-hadrianisch". Der Befund der neueren Untersuchungen F. Hint^es und seiner Mitarbeiter ist noch unveröffentlicht. St. Wenig und K.-H. Priese verdanke ich wertvolle Hinweise über die allgemeine Situation und das Datierungsproblem. Lepsius, Denkmäler aus Ägypten . . . V Taf. 7 i e ; F. und U.Hintue, Alte Kulturen im Sudan (1966) 25 Taf. S. io6f.; P. L. Shinnie, Meroe (1967) 219 Tafelabb. 22. Lepsius, a. O. Taf. 71 d. H. Möbius, Alexandria und Rom (Abh. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-Hist. Kl. N.F. 59; 1964) 2off. Taf. 5 f.

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V o m selben Kunsthändler kaufte das Museum 1 9 1 3 zwei andere ägyptisierende Funde 36 . Das qualitätsvolle Pfeilerkapitell Taf. 14, 2 zeigt einen Dekor aus Akanthosblättcrn und zwei Uräusschlangen mit verknoteten Schwänzen 37 . Das zweite Stück ist noch unpubliziert 38 . Seine Darstellung ist ebenso interessant wie merkwürdig, so daß man ohne Autopsie auch einen starken Verdacht hinsichtlich seiner Authentizität nicht unterdrücken kann. Das an beiden Seiten abgebrochene Relief zeigt zwei relativ große Halbkreise bzw. Rundbögen mit lilienartigen Füllmotiven. Die auffallend schrägen gesimsartigen Grundstreifen sind unregelmäßig begrenzt; die schräge Verlängerung des linken Bogens zerteilt diesen Streifen. In den Bogenzwickeln sind auf dem Grund blumenstraußartige Füllmotive eingeritzt. Der nach rechts orientierte Friesstreifen zeigt an der linken Bruchkante eine langgewandete, anscheinend stark bewegte Tänzerin, sowie einen kastenartigen Ständer mit drei Blumentöpfen. E i n Priester in langer Gewandung mit Szepter steht betend mit erhobenem rechten A r m vor einem kleinen Obelisk. Seine sinnlosen Schriftzeichen erinnern z. T . an Hieroglyphen, so die beiden als M umgestalteten Zeichen an die Wasserlinie, die beiden Kreise an die Sonnenscheibe. Z w e i weitere Priester schließen sich an. Der vordere trägt auf der Schulter eine lange Platte mit kleineren Objekten darauf, der hintere faßt mit der Linken das Ende der Platte ; seine schräg vorgestreckte Rechte scheint nichts zu halten. Die Arbeit dieses relativ kleinen Reliefs ist ziemlich roh, wobei besonders die harten Punktbohrungen in den Halbkreisen auffallen. Ergänzung und Zweckbestimmung dieses merkwürdigen Reliefs bleiben unklar. Auch drei weitere, 1 9 1 4 wiederum von P. Hartwig gekaufte Erwerbungen des Ägyptischen Museums in Berlin, gehören mit einer Ausnahme zu den Kriegsverlusten 3 9 . V o n den beiden vernichteten Stücken gibt es im Museum nicht einmal Photographien. Nr. 2 1 4 9 1 ist wenigstens im Inventar ausführlich beschrieben: „Akroter in Form einer oben angerundeten Stele; darauf in Hochrelief Atefkrone, deren Mittelstück mit Ähren in Relief verziert ist, und bei der die Federn in Ähren umgebildet sind. Re. + ü- davon 2 Uräusschlangen, deren Schwänze miteinander verknotet sind. H = 29,8 cm. Marmor". Diese Beschreibung ermöglicht die Identifizierung mit einem verschollenen Antefix, v o n dem eine Photographie im Nachlaß P. Arndts erhalten ist (Taf. 1 3 , 4)40. Ähnliche Antefixe aus R o m und Ostia hat A . Roullet zuletzt zusammengestellt 41 . Das Ostienser Exemplar ist weniger sorgfältig gearbeitet 42 . Die Atefkrone zeigt eine korrektere Form mit seitlichen Federn. Die beiden Exemplare im Vatikan haben einen verschiedenen Umriß 43 . N u r das eine hat einen halbrunden Abschluß. Seine Maße entsprechen ziemlich genau denen des Berliner Antefixes. Ihr Dekor ist mit der ganzen Gruppe gut vergleichbar, doch in den Einzelheiten so weit verschieden, daß die Herkunft v o n ein und demselben Gebäude auszuschließen ist 44 . Das etwas kleinere zweite vatikanische Exemplar ist sehr wahrscheinlich identisch mit dem von Dal Pozzo und Athanasius Kircher überlieferten Antefix 4 5 . Inv. 21489 ist das Mündungsteil eines Springbrunnens. Die Skizze im Inventar wird durch eine 36 37

38 39 40 41 42

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44 46

Erwerbungsnotiz: Amtl. Ber. 34, 1 9 1 2 / 1 3 , Sp. 253. Inv. 2 1 1 3 6 ; H. = 63 cm, Br. 36 cm; E. v. Mercklin, Ant. Figuralkapitelle (1962) 200. 201 Nr. 493 Abb. 942 (hadrianisch). Inv. 2 1 1 3 7 ; H. = 12,5 cm, Br. 22 cm. Erwerbungsnotiz: Amtl. Ber. 35, 1913/14, Sp. 350. s. o. Anm. 16. Die beiden Photos gehören offensichtlich zusammen. Roullet j 5 f. Nr. 1 — 5 Taf. 19, 27 — 21, 31. Inv. 1365; Vaglieri, Not. Scavi 1912, 133 Abb. 1 ; R. Cal%a—M. Floriani Squarciapino, Museo Ostiense 2 (1962) 25 Nr. 27; Romanelli, A J A . 66, 1962, 314 Taf. 84,3; Roullet 55 N i . 1 Taf. 19, 27; M. Floriani Squarciapino, I culti orientali ad Ostia (Études prélim. 3 ; 1962) 36 Anm. 2, erwähnt noch ein weiteres, kleineres Exemplar (Romanelli spricht von „alcune"); Malaise Inv. 86 Nr. 1 1 6 . Inv. 94 und 96; Botti—Romanelli 125!. Nr. 208 und 209 Taf. 86. — Nr. 209 — mit halbrundem Abschluß — ist 30 cm, das Ostienser Exemplar 25 cm hoch; Roullet 55 Nr. 2 Taf. 19,28 bzw. 56 Nr. 5 Taf. 2 1 , 3 1 . Vgl. das formal etwas abweichende Beispiel vom Avcntin : Roullet 5 5 Nr. 3 Taf. 20, 29. Roullet 55 Nr. 4 Taf. 21, 30 (bzw. Nr. 2 Taf. 19, 28). Die Unterschiede erklären sich leicht durch die schematische Wiedergabe der Zeichnung, durch die jedoch die stadtrömischc Provenienz — Iseum Campcnsc — gesichert wird.

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knappe Beschreibung ergänzt: „Mündungsteil einer Fontäne: zwei Uräusschlangen, die sich um einen kurzen, cylindrischen Schaft ringeln. Die K ö p f e der Uräen fehlen. Das Wasser floß aus den Mäulern der Schlangen. Auf dem Schaft Doppelfederkrone mit Kuhgehörn (im Inventar nur skizziert) doppelseitig, so daß der Kopfschmuck über dem Kopf jeder der beiden Schlangen erschien, Aus einem römisch-ägyptischen Tempel. H. = 19,3 cm. M a r m o r . " (Abb. 2) Bei dem dritten Objekt handelt es sich um ein stark fragmentiertes Hochrelief 46 . Dargestellt sind zwei weibliche Figuren, v o n denen die vordere offenbar eine Statue wiedergibt. Jedenfalls sieht man links in der Höhe ihrer rechten Schulter die Hand einer dritten Figur mit Meißel, offenbar eines Bildhauers. Die Statue ist nur durch ihre Korkenzieherlocken als ägyptisierend gekennzeichnet; auf dem K o p f , dessen Gesichtspartie abgeschlagen ist, war anscheinend aber noch ein Aufsatz (Krone?) angestückt. Die hintere Gestalt trägt ebenfalls keine ägyptisierende Gewandung, hält jedoch in ihrer Rechten ein Sistrum. Das Fragment gehört wohl eher zum Votivrelief eines Künstlers als zu einem Fries, wie ich zunächst angenommen hatte 47 . Eine ähnliche reizvolle Szene findet sich auf einem apulischen Krater in N e w York 4 8 . Hier schaut Herakles einem Bildhauer zu, der an einer Statue dieses Gottes arbeitet. 49 Trotz seines bruchstückhaften Charakters vermitteln die hier behandelten, teilweise bisher unbekannten Funde neue interessante Aufschlüsse über die architektonische Ausgestaltung stadtrömischer Heiligtümer der ägyptischen Götter. Darüber hinaus ist damit zu rechnen, daß sich auch in anderen Museen noch vereinzelte Parallelfunde befinden, deren Bekanntgabe wünschenswert ist.

Abgekürzt zit. Literatur : Botti — Romanelli Helbigi Lafaye Leipoldt, Bilderatlas Malaise, Inv. Nash, Bildlexikon Porter — Moss V I I

Roullet Weber, Hermes-Tcmpel

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17 48

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G. Boiti — P. RomanelH, Le sculture del Museo Gregoriano Egizio (Rom 1951). W. Heibig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom. 4. Aufl., I —IV (Tübingen 1963 — 1972). G. Lafaye, Histoire du culte des divinités d'Alexandrie hors de l'Égvpte (Paris 1884). J . Leipoldt, Die Religionen in der Umwelt des Urchristentums = H. Haas, Bilderatlas zur Religionsgeschichte, 9. — 1 1 . Lieferung (Leipzig 1926). M. Malaise, Inventaire préliminaire des documents égyptiens découverts en Italie (Études préliminaires aux religions orientales dans l'Empire Romain 2 1 ; Leiden 1972). E. Nash, Bildlexikon zur Topographie des antiken Rom 1. II (Tübingen 1961/62). B. Porter — R. L. B. Moss — E. W. Bumey, Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings VII. Nubia, the Deserts and Outside Egypt (Oxford 1951). A. Roullet, The Egyptian and Egyptianizing Monuments of Imperial Rome (Etudes préliminaires aux religions orientales dans l'Empire Romain 20; Leiden 1972). W. Weber, Ein Hermes-Tempel des Kaisers Marcus, Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, phil. hist. Klasse 1910 Nr. 7.

Inv. 21490; H. 24 cm, max. Br. ca. 20 cm. Die in (West-)Berlirf erhaltene Gruppe galt zunächst als Kriegsverlust und wurde dementsprechend ohne Autopsie veröffentlicht von L. Castiglione, Festschrift zum 150jährigen Bestehen, des Berliner Ägyptischen Museums (1974) 465 ff. Taf. 72a. Zusatz zu Castiglione, a. O. 469. Inv. 50.Ii.4; D. v. Bothmer, Bull. Metr. Mus. of Art 31, 1972/73 (Nr. 1) 62f. Nr. 27 mit 2 Abb. Neudruck: Greek Vase Painting: A n Introduction (o. J . ; 1973). R. Zahn hatte nach Ausweis einer auch von Castiglione, a. O. 466 Anm. 1, zitierten Inventarnotiz auf eine Vase im British Museum hingewiesen, auf der die Bildung der Pandora durch Hephaistos mit zuschauender Athena dargestellt ist. Hierbei handelt es sich um das Innenbild einer weißgrundigen Schale (Bea^ley A R V 2 , 869, 5 5 ; EncArteAnt. 5 [1963] 931 Abb. 1142). Die Anordnung der Gestalten ist dem vorliegenden Relieffragment jedoch nicht vergleichbar.

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E I N E RÖMISCHE P O R T R Ä T S T A T U E D E R A N T I K E N - S A M M L U N G (Mit Tafel 1 5 - 1 8 )

Jutta Meischner

Aus Schloß Klein-Glienicke bei Potsdam gelangte 1922 die lebensgroße Statue eines bekränzten Palliatus (Tafel 15—17) in die Berliner Antiken-Sammlung 1 . Zeitweilig als Fälschung verdächtigt, ist die nicht unbedeutende Porträtschöpfung des mittleren 3. Jahrhunderts erst kürzlich wieder ausgestellt worden und soll nun auch publiziert werden. Die von den Zehen bis zum Scheitel 1,65 m große Statue steht auf einer 15 cm hohen Plinthe, deren Umriß etwa halbkreisförmig verläuft; die linke Seite ist beschädigt und modern verschmiert. Die Plinthe muß nach Ausweis ihrer mit Spitzeisenkerben versehenen Ränder in eine Basis versenkt gewesen sein. Über der rechten Ecke der Plinthe erhebt sich ein viereckiger glatter Pfeiler bis handbreit über das rechte Knie des Mannes. Auf dem Pfeiler liegt ein Lorbeer(?)kranz, dessen Vorderseite mit einem runden Medaillon versehen ist. Der Kranz ist in seiner ganzen Höhe als volle Scheibe mit kantigen Rändern wiedergegeben. Die Oberseite ist nicht geglättet; Blätter und Medaillon sind nur oberflächlich in kaum erhabenem Relief eingekerbt. Unmittelbar an den Pfeiler schmiegt sich das rechte Bein des Mannes. Die vom Mantel umhüllten Konturen von Wade und Oberschenkel sind nur durch eine schmale Rille von der Vorderseite des Pfeilers abgesetzt; Pfeiler, Kranz und Unterkörper des Mannes sind ein durchgehender Block. Die Rückseite des Pfeilers ist roh gepickt, die der Mantelfigur summarisch reliefiert. Die barfüßige Gestalt des ältlichen Mannes ist mit einem Pallium2 bekleidet, welches die rechte Seite des Oberkörpers bis zur Taille freiläßt, aber die linke Schulter und den Arm bis zum Handgelenk bedeckt. Haupthaar und Bart sind kurzgeschoren. Wie das Relief des Kranzes sind sie mit einem Minimum an plastischer Substanz durch grobe Kerbung angegeben. Das Gesicht ist auffällig stark gefurcht, wirkt aber nicht greisenhaft. Der rechte Arm ist bis auf ein schmales Segment an der Achsel abgebrochen. Doch der erhaltene schmale Ansatz läßt immerhin erkennen, daß der Oberarm nicht wie der linke Arm am Körper herabhing, sondern weit abgespreizt gewesen sein muß. Der linke Oberarm folgt der Linie des Oberkörpers; der Unterarm ist etwas vorgestreckt; die Hand hält einen walzenförmigen Gegenstand. Der Halsansatz ist rundherum schlecht verschmiert. Ob es sich hierbei um eine vorbeugende Maßnahme oder um die Verkittung nach Wiedereinfügung des vordem abgebrochenen Kopfes handelt, läßt sich ohne Entfernen des Verputzes nicht entscheiden. An der Zugehörigkeit und authentischen Haltung des Kopfes aber lassen die Halskonturen keinen Zweifel. Aufschlüsse für das Verständnis der Statue werden vier Merkmalen zu entnehmen sein: 1. der Bekleidung, die unter dem Pallium die Tunika fortläßt; 2. dem auf dem niedrigen Pfeiler liegenden Kranz; 3. dem zusammengedrückten Gegenstand in der linken Hand des Mannes; 4. der abgestreckten Haltung des rechten Armstumpfs. 1

Inv. N r . 1764. V g l . M. Schede, in: A A 1922, 120. — F ü r die großzügige Bereitschaft, mir die Publikation der Statue zu überlassen, habe ich Frau D r . E . Rohde und Frau D r . H . Heres — von Littrow sehr zu danken.

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Die Unterscheidungsmerkmale zwischen T o g a und Pallium erläutern F. Coethert in: R E V I 2, 1652 s. v. T o g a und K. Polaschek, Untersuchungen zu griechischen Mantclstatuen. Diss. Berlin 1969, 6.

Der unter Punkt 3 genannte Gegenstand ist vom Bildhauer als Relikt eines älteren Bildtypus übernommen und dem vorliegenden Thema mit wenig Geschick oberflächlich angepaßt worden. Die Walze oder Rolle zeigt nämlich an ihrer vorderen Schmalseite ein rundes Reliefmedaillon, wie es der Kranz auf dem pfeilerartigen Ständer aufweist. Desgleichen zeichnen sich auch vom Medaillon ausgehende Lorbeerblattreihen ab. Gemeint ist also ein ebensolcher Kranz, wie er deutlich auf dem Pfeiler wiedergegeben ist. Warum aber wählte der Bildhauer eine von der steifen Scheibenform des rechts liegenden Kranzes so gänzlich abweichende Wiedergabe? Wenngleich es praktisch denkbar ist, einen auf eine Stofftänie gebundenen 3 künstlichen oder echten Blätterkranz so wie hier in der Hand zusammenzudrücken, bleibt doch eine solche Wiedergabe angesichts jenes steifen, geschlossenen, kronenartigen Kranzes derselben Medaillon- und Blattausstattung auf dem Pfeiler widersinnig. Darüber hinaus wüßte ich keine Figur anzuführen, die einen weichen, biegsamen Kranz in dieser gedrungenen Walzenform in der Hand hielte. Vielmehr werden Kränze, die von Personen in der Hand gehalten werden, ringförmig 4 wiedergegeben. Auf gleiche Schwierigkeiten stößt die Erklärung, es mit einer mißverstandenen Mappa eines Präsidenten oder Editor ludorum zu tun zu haben; auch eine Mappa ist ausführlicher, als faltenreiches Tuch dargestellt worden 5 . Es hat offenbar den Anschein, als habe der Verfertiger des Berliner Palliatus den Typus einer Mantelstatue mit Buchrolle in der gesenkten Linken 6 vor Augen gehabt, die unpassende Buchrolle aber findig dem vorliegenden Thema angepaßt. Diese Umfunktionierung von Buchrolle zu Siegeskranz geschah allerdings recht oberflächlich, ohne daß der Ausführende sich wirklich vom Vorbild freizumachen imstande gewesen wäre und in Details von Hand und Kranz eine adäquate Umgestaltung gefunden hätte7. Ist nun der bereits mit einem Lorbeerkranz ohne Medaillon bekränzte und barfüßige, also in heiligem Bezirk agierende Mantelträger der Empfänger der beiden Medaillonkränze ("wenn auch nicht als Sieger eines gymnischen Agons, so vielleicht als Dichter oder Rhetor) oder fungiert als er Preisrichter und hat einem Stapel Siegeskränze zu seiner rechten Seite eben den vorletzten entnommen, um ihn dem Sieger einer speziellen Disziplin zu überreichen? Ein etwa gleichartiger niedriger Pfeiler, auf dem ein Stapel von fünf Preiskränzen bereitgestellt ist, findet sich auf einem Goldglas des 4. Jahrhunderts im Vatikan (Tafel 17,4)®. Diese fünf gestapelten Kränze scheinen hier von etwa derselben Machart zu sein wie der zur Rechten des Berliner Palliatus. Sie sind als hohe, zylinderförmige Scheiben gebildet mit geschlossenem, steifen Profil und kantigen Rändern. Die Ausstattung dieser kronenartigen Kränze stimmt mit dem plastischen Vergleichsstück im Pergamonmuseum durch ein hohes Medaillon überein. Das Rund bildet eine gegenständige

3

7.. B. Agora I Nr. 17 oder M. Rostof^ef, Dekorative Malerei in Südrußland Taf. 26 o. Mitte; vgl. Daremberg — Saglio I 2, 1523 mit Anra. 63—67. Mit Lindenbast (philyra) gebundene Kränze bei Plinius X X I 4. 4 Beispiele erübrigen sich. 5 z. B. G. Bruns, Ist. Forsch. 7 (1935) Abb. 44. 47. 68. 69. 77. 82. 83; A.Hekler, Die Bildniskunst der Griechen und Römer 306; J . KollwilOstrom. Plastik 82 ; 90 Nr. 15 Taf. 32. 33 ; R. Delbrueck, Die Consulardiptychen Nr. 2. 6. 7 (Mappa in gesenkter Linken). 9 — 14. 16 — 25. 29. 32 — 35. 40 — 43. 56. 58; Vatikan Kat. II Nr. 2 1 b Taf. 5 (kein Geldbeutel); Daremberg — Saglio I 2, 1189. 1196 Abb. 1 5 1 8 ; 1192 Abb. 1523 = P. Fabia, Musées de Lyon, mosaiques romaines (1923) 33 Taf. 3. 4. 6 Auch die Athener Kosmetenfiguren sind mit Buchrolle in der gesenkten Linken dargestellt : E. Lattan%i, I ritratti dei cosmeti 80 Nr. 1 Taf. 35 b (ohne Scrinium); 81 f. Taf. 37 (mit Scrinium). Die Handhaltung der genannten Kosmetenfiguren entspricht in dem von T.Birt, Die Buchrolle in der Kunst 1 1 0 Abb. 61 als selten herausgestellten Motiv III der des Berliner Palliatus. — Zur ,Buchrolle' des magister ludi S. 74 Nr. 1 vgl. Anm. 52. 7 Auf ein ähnliches Phänomen unreflektierter Adaption eines überkommenen Bildtypus für ein neu einzuführendes Motiv weist H. Sichtermann (Späte Endymionsarkophage 15. 53) hin. — Eine Deutung der Schlinge in der gesenkten Rechten der von Sichtermann a. O. aufgeführten Mantelfiguren als Mappa überzeugt kaum (vgl. unsere Anm. 10), eben weil auch hier offenbar ein überkommenes Motiv in einen neuen Zusammenhang gebracht wird. Ich halte die Schlinge für einen Gewandbausch, vgl. Sichtermann a. O. 47. 50 Abb. 52. 50. 52, s. auch den Mantelbausch in der Linken des Preisrichters, Schröder Taf. 96 o.; Cumont Abb. 100. 8 C. R. Morey, The Gold Glass Coll. of the Vatican Library Nr. 25 ; Daremberg — Saglio I 2, 1 5 3 1 Abb. 1999.

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Blättreihe hier, eine dreifache Reihe dort, beidemal wohl Lorbeerblätter. Die oberen und unteren Ränder der gestapelten Kränze faßt ein horizontaler Streifen ein 9 . Ähnliche Kranzstapel begegnen im Zusammenhang mit Wettspielen, die byzantinische Kaiser seit Constantius II. zu ihrem Konsulatsantritt veranstalteten 10 . Die Siegesprämien erscheinen stapelweise auf dem unteren Segment von Goldmedaillons. Außer Kränzen mit Mittelmedaillon sind silberne und goldene Blätter, ein Geldtopf, Torques und Gewandspangen aufgereiht. Große, spitze Blätter, aufrecht hintereinander gestaffelt, und ebenfalls ein Stapel v o n fünf Siegeskränzen füllen das Rund von Kontomiaten aus, auf denen ein Bestiarius gefeiert w i r d 1 1 . Ebenso wie die anderen wertvollen Prämien sind die Kranzstapel auf den Goldmedaillons und Kontorniaten als Siegespreise für die großen öffentlichen Spiele, Gladiatorenkämpfe und Wagenrennen, zu verstehen. Auch die gestapelten Kränze des Goldglases Tafel 17, 4 gehören als Siegeskränze dem agonalen Bereich an. Das Goldglas nimmt Bezug auf die Ludi Capitolini, musische, gymnische und circensische Wettspiele, die von Domitian im Jahre 86 gegründet, alle vier Jahre abgehalten und unter Konstantin 326 zum letzten Mal begangen wurden 1 2 . Wahrscheinlich ist die Fünferzahl der gestapelten Preiskränze symptomatisch für fünf Hauptagone. Entweder bezeichnen sie fünf musische Disziplinen, etwa: Poesie, Prosa, Drama, Musik (Flötenspiel, Kithara), Gesang, oder fünf Hauptgattungen der Capitolinischen Spiele: musische, skenische, gymnische, Praeco-Agone (oder statt des Praeco-Agons griechische und lateinische Prosa) sowie Wagenrennen. Die zweizeilige Inschrift Invicta Rom[a] Ilioror[um] (sc. ludorum) nennt ilische Spiele der invicta Roma. Die Gleichsetzung v o n Ilia und Capitolia erscheint ausdrücklich hervorgehoben durch die zwei Inschriften in griechischen und römischen Buchstaben auf dem Maskenpfeiler am rechten Rand des Goldglases. Neben den auf die großen Ludi weisenden Inschriften Ili[a] und Capi[t]olia zeigen weitere auf musische und gymnische A g o n e bezügliche Symbole die agonistische Bedeutung des Bildes an. Unter der- lateinischen Inschrift erscheint, in Malerei oder Relief zu denken, eine Preiskrone, vor Palme und Kranz der ehrenvollste Siegespreis 1 3 . Unter der griechischen Inschrift wird ein eigenartiger Kranz deutlich, der vielfach ebenfalls auf agonistischen Szenen vorkommt und oft auch vom Personal wie Tubicen, Praeco, Kampfrichter getragen wird 1 4 : V o n einem festen Ring gehen einzelne, steif hochstehende pilzartige Gebilde aus; wahrscheinlich handelt es sich um Blüten- bzw. Rosenkränze 1 5 . Die komische Jünglingsmaske auf dem Pfeiler bezieht auch skenische Elemente ins Bildprogramm des Goldglases mit ein 16 . Das Nebeneinander der Motive führt indessen auf keinen realen Bildgehalt, sondern eher auf einen symbolischen: Die mit dem Bühnenmantel 1 7 und langer Dalmatika bekleidete Figur ist durch Kostüm und Doppelflöte als aktiver Teilnehmer eines musischen Agons gekennzeichnet. Der Palmwedel in ihrer hochgestreckten Hand ist aber keine Siegespalme 18 . Denn einmal werden für das Siegeszeichen 9

Dasselbe Schema der Zeichnung wie die Kränze des Goldglases weist der des Peter und Paul eines weiteren Goldglases auf; nur werden dort statt des zweireihigen Olivcnblattkranzes drei Reihen von Eichenblättern wiedergegeben. w H. Dressel, Die röm. Mcdaillone des Münzkabinetts der Staad. Museen zu Berlin. Herausg. H.D. Schult^ (1973) Nr. 233 (mit Lit.) 372. 11 A. Alföldi, Die Kontorniaten 1 32, i d ; 123 Nr. 182 Taf. 5, 5; u , 3. 12 L. Friedländer Sittengeschichte Roms 1 0 II 150L 2 3 1 ; IV 276£.; R E Suppl. V 607f.; Jiithner I 1 3 7 ; Daremberg — Saglio I 1085f.; III 1377. 13 R. Garrucci, Vetri ornati di figure in oro (1864) 177; zu Preiskronen vgl. Verf., in: J d l 89, 1974, 33Öff.; vgl. auch. Anm. 33. 14 Der Begriff Garruccis (wie Anm. 13) 177: „Athletcnkrone" ist zu eng gefaßt; vgl. u. Anm. 50. 15 Eindeutig als rote Rosenkränze gekennzeichnet auf dem Mosaik mit Szenen eines musischen Agons in Piazza Armerina, G. Geniiii, La villa erculia di Piazza Arm'erina I Abb. 2. 16 Daß der Pfeiler mit den fünf Siegeskränzen auf die Metae im Circus anspielt, ist abzulehnen (Garrucci [wie Anm. 13] 17

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177)Die Winkelmuster des Mantels kommen sowohl an gleichzeitigen Heiligenfiguren vor, wie auch an Schauspielermänteln (Antike Kunst 6. Beiheft 33. 66. 68. 76. 77 mit Anm. 1 , 81 Taf. 3. 4. 7. 8. 16. 17. 19 — 21. 25 und 17, 3). Erstcren mißt W. Oakeskott (The Mosaics of Rome 378f.) keine spezielle ikonologische Bedeutung bei, sondern erklärt sie als syrische Textilmustcr, die der Tracht der Heiligenfiguren noch von ihrem Herkunftsland her anhafteten. So werden solchc Muster auf Schauspielermäntcln auch keine bestimmten Personentypen kennzeichnen. So Alföldi (wie Anm. 1 1 ) 33.

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stets lange, ganze Palmzweige verwendet; die kurzen Palmbüschel aber oder bis auf die äußeren Blätter gerupfte Palmstiele werden von den Kampfrichtern als Dirigierinstrumente benutzt. Siegerpalmen und Palmbüschel der Kampfrichter sind oft auf demselben Momument dargestellt und eindeutig voneinander unterschieden19 (zu diesen Palmbüscheln als Kampfrichter-Instrumente s. u. S. 76). Zum anderen wird eine Siegespalme viel näher am Körper gehalten, nie in der ausgestreckten Hand. Der als Auletes gekennzeichnete Mann ist also gleichzeitig als Kampfrichter 20 dargestellt. Die Funktionen eines aktiven Musikers und eines Kampfrichters schließen sich aber, real gesehen, gegenseitig aus 21 . Angesichts der fünf auf dem Pfeiler gestapelten Preiskränze erhebt sich zudem auch hier — wie bei der Berliner Statue — die Frage: Hat die dargestellte Person diese Kränze gewonnen, einen gewonnen oder ist sie der Preisrichter, der sie verleihen wird? Und nur einem Preisrichter kommt das offizielle Amt der Prämienvergabe und Siegerwahl zu, nicht aber einem Kampfrichter, als welchen der Palmbüschel die Figur kennzeichnet. Die mit dem Kampfrichter-Instrument ausgestatteten Personen sind in der griechischen und römischen Ikonografie agonistischer Szenen hinlänglich von den Preisrichtern — letztere häufig identisch mit den Spielgebern — unterschieden22. Wie der Kampfrichter-Büschel einerseits, so schließt andererseits die Ausstattung der Figur mit Theatermantel und Diaulos aber die Funktion des Mannes als Preisrichter aus. Noch unwahrscheinlicher kann eine und dieselbe Person in allen fünf Disziplinen des Capitolinischen Agons den Sieg davongetragen haben23. Auch die fünf Siegeskränze lassen sich also mit dem Auletes nicht zu einer realen Szene verbinden. Die alte Erklärung R. Garuccis der Figur als des personifizierten ,Ludus Capitolinus' 24 scheint heute wieder die überzeugendste. Bietet so das Goldglas mit dem Kranzstapel auf niedrigem Pfeiler zwar eine antiquarische Parallele zu dem Pfeiler mit Kranz neben der Berliner Statue, so hilft es doch nicht bei der Erklärung der Funktion, in der der barfüßige Palliatus dargestellt ist. Bestätigt wird immerhin der agonistische Kontext, in dem er seine Bedeutung haben muß; ob aber als Sieger oder Preisrichter, bleibt vorerst noch offen. Weiterführenden Aufschluß zum Verständnis des Kranzträgers versprechen zwei weitere eigentümliche Darstellungsmerkmale zu erbringen: seine Bekleidung nur mit Mantel, ohne Tunika und der in großer Geste abgestreckte rechte Arm. Der nach griechischer Art über bloßem Oberkörper getragene Mantel ist auch für die späte Kaiserzeit am geläufigsten an Philosophendarstellungen, im besonderen der Sarkophagplastik. Die Deutung auf einen siegreichen Dichter oder Redner, zu der zwar der Gestus des rechten Arms stimmen würde, scheitert doch wohl an der ungewöhnlichen Bekleidung. Für die erste Alternative wäre eine langärmelige Tunika zu erwarten 25 , für die zweite jedenfalls auch die obligatorische Tunika. Der Gedanke an einen siegreich aus einem Redner-Wettstreit hervorgegangenen Rhetoren hat ohnehin geringe Wahrscheinlichkeit für sich. Denn im Rahmen des Kapitolinischen und Albanischen Agons gab es zwar eine Zeitlang auch die Disziplin des rhetorischen Certamen. Zur Zeit Suetons aber, Anfang des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts, war sie nicht mehr üblich26. G . Lafaye hält eine Wiederaufnahme der Redner-Wettkämpfe zur Tausendjahrfeier Roms im Jahr 248 n. Chr. unter Philippus Arabs — und genau in der Zeitspanne von 245/50 n. Chr. befinden wir uns nach Aussage des Porträts — wieder für erwägenswert 27 . Indessen, die ikonografische Basis für einen derart singulären Bildtypus scheint uns zu schwach gestützt, als daß eine Benennung als Dichter oder rhetorischer Sieger mit Ausschließlichkeit vertreten werden dürfte. 19 20 21

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Vgl. S. 73f. Nr. 5, 6, 12, 17, 20, 22, 27. Lampe Berlin/Wien/London, Verf., J d l 89, 1974, 338 Abb. 1. Garrucci (wie Anm. 13) 177 f. Anders Zahn 3 60 ff., der den Auletes des Goldglases als Chordirigenten anspricht, welcher wie ein Kampfordner den Palmwedel als Dirigierinstrument hält. Dem widerspricht doch wohl die Flöte; der Chorleiter Aljoldi (wie Anm. 1 1 ) Taf. 68, 7 h alt einen Kranz. s. u. S. 76. So H. Vopel, Die altchristl. Goldgläser (1899) 34t. Nr. 64. (Wie Anm. 13) 176 ff. G. Gentiii, La villa erculia di Piazza Armerina I Abb. 2. L. Friedländer, Sittengeschichte Roms 1 0 II 150. 2 3 1 ; I V 276. De-poetarum et oratorum certaminibus apud veteres (1883) 91.

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Es verbleibt der Komplex nichtaktiver agonistischer Funktionen, der eine überzeugendere Erklärung der Mantelstatue zu erbringen verspricht. Sowohl die Bildüberlieferung als auch die Realität der antiken Praxis unterscheiden die Ämter des Kampfrichters und des Preisrichters. Die Figur des Kampfrichters ist von Palästra-Szenen der griechischen Vasenmalerei her geläufig. Als Paidotriben vom Gymnasiarchen angestellt, gaben sie im Gymnasium Sportunterricht und fungierten als Trainer bei den offiziellen Agonen 28 . Mit langen Stöcken29 oder — meist gegabelten — Ruten 30 korrigieren sie Haltung und Stellung der Knaben im Zweikampf und schlagen bei ,foul play' auch mal kräftig zu 31 . Die lange Rute als Amtszeichen und Dirigierinstrument wird auf panathenäischen Preisamphoren des 4. Jahrhunderts durch lange Palmwedel ersetzt, die bis auf wenige Blättchen an der Spitze gerupft sind 32 . Diese langen, gerupften Palmen der panathenäischen Preisamphoren könnten von der Darstellung her Zweifel aufkommen lassen, ob nicht Siegespalmen gemeint seien. Denkbar wäre natürlich eine interne Praxis der Paidotriben in der Palästra, bereitgehaltene Siegerpalmen (ein dem Siegeskranz nachgeordnetes Ehrenzeichen und daher häufiger verliehen 33 ) gleich für Dirigierzwecke zu benutzen34. Doch manche solche als ,Siegerpalme' angesprochene Palmstengel in Händen von Kampfrichtern ergäben denn doch eine allzu kärgliche Siegestrophäe (vgl. z. B. S. 72 Nr. 1.2). Der Deutung einer gerupften Palmspitze als Siegespalme widerspricht auch die Tradition, die den Kampfrichter nie ohne sein Arbeitsinstrument darstellt. Seine in römischer Zeit sich wandelnde Form zu einem kurzen Palmbüschel, der wie ein Fächer mit Stiel wirkt, läßt denn auch keinen Zweifel, daß ihre längeren Vorläufer ebenfalls als Dirigierinstrumente wie vordem die Ruten zu verstehen sind35. Kenntlich sind die Paidotriben außer an der Rute immer an ihrer Mantelkleidung. Diese ihre griechische Amtstracht ist für die Kampfrichter auf Palästraszenen bis in die spätere Kaiserzeit durchgehend beibehalten worden, vgl. u. S. 73f. Nr. 16—22; S. 75 Nr. 15. Trainer und Kampfrichter der großen römischen Circusspiele ist der magister (doctor) ludi36. Auf Darstellungen von Gladiatorenkämpfen trägt er eine wadenlange Tunika mit Überwurf und weiten, langen Ärmeln. Sein Dirigierinstrument ist ein langer Stock.

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31 32

33

Schleen 16. 2 o f f . ; L. Robert, Études anatoliennes (1937/70) 139 A n m . 1; Jüthner I 1 6 1 ff. Schween 30; Gardiner A b b . 97. 102. 105. 154. 156. 165. 182. 189. 1 9 3 ; Jüthner I 180. 182 Taf. 5, 4 ; 9. 10, 1 ; 1 1 , 1. 2; 1 3 , 1 ; 14. 20, 1 ; I I Taf. 64. 65. 94a. A u c h Aphrodite handhabt als Kampfrichterin zwischen E r o s und Pan ein Stöckchen, Neutsch, J d l 70, 1 9 5 5 , 166 A b b . 1 1 . Die Kampfrichter-Stöcke scheinen kürzer als die in der Palästra benutzten Meßstöcke zu sein. V g l . auch die Wandmalereien der tomba della seimmia und del colle Casuccini in Chiusi, P. Ducati, Storia dell' arte etrusca II Taf. 1 3 3 . 1 3 4 A b b . 345. 346. R. Ballheimer, Griech. Vasen aus dem Hamburger Museum f ü r K u n s t und G e w e r b e (1905) 34 A n m . 4; Schween 30. 61 f£. ; Gardiner A b b . 52 a—c. 124. 1 3 3 . 143. 1 5 7 . 158. 164. 1 7 3 . 174. 180. 1 8 3 . 185. 186. 1 8 8 ; Jüthner I 182 Taf. 5, 2. 5. 6; 1 5 , 2; 16 — 18. 2 1 . 2 3 ; I I Taf. 2 3 a ; 4 4 b ; 5 6 b ; 5 8 a ; 63. 84. 98. Die E n d e n der gegabelten Zwiesel haben auf etruskischen Darstellungen des Paidotriben zierlich manirierte R a n k e n f o r m , F. Weege, in: J d l 39, 1 9 1 6 , 1 2 4 Taf. 8 (tomba Stackelberg). Gardiner 2 1 3 A b b . 1 8 8 a ; Jüthner I 7 1 Taf. 1 8 ; Schween 22. Ballheimer (wie A n m . 30); Schween 30. 50; Schröder 36; H. Süsserott, Griech. Plastik des 4. J h s . v. Chr. Taf. 1 , 3; 3, 3. 4 ; 6, 3 ; 7, 4 ; Gardiner A b b . 1 9 1 . 192. C V A Great Britain (1) I I I H f T a f . 2, 6; Jüthner I I Taf. 78. Die Bemerkung v o n M. Grant (Die Gladiatoren 6 1 ) , jeder siegreiche Gladiator im östlichen Imperium bekam einen K r a n z oder eine K r o n e , ist abzulehnen. Daß es Abstufungen der Siegerpreise gegeben haben muß, legt z. B . die röm. L a m p e , Brit. M u s . , / / . Walters, I.amps N r . 1398 nahe: 1. Preis: goldene Preiskrone + Palme; 2. Preis: Siegeskranz + Palme; 3. Preis: nur eine Palme. V g l . auch H. Bengtson, Die olymp. Spiele in der Antike 56; Daremberg — Saglio II 2, 1 9 5 8 ; L. Robert, Les gladiateurs dans L'orient grec 295.

34

D a s legen die panathenäischen Preisamphoren nahe, z. B . H. Süsserott, Griech. 7, 3. 4 (Gardiner A b b . 1 9 1 ) ; auch der dünne Wedel, Süsserott a. O . Taf. 1 , 3, der palme des Berliner Reliefs (S. 74 Preisr. N r . 1) nicht unterscheidet. Zweideutig (die Siegerehrung findet aber noch nicht statt); Schween A b b . 1 ; vgl. auch Zahn

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So schon Matz ~ Dühn I I 2242. 2 7 3 4 ; Zahn 3 5 7 f f . ; Schween 30; Schröder 36; vgl. die Kampfrichter-Darstellungen S. 7 2 f f . mit Ausnahme der N r . 3, 7, 2 1 , 24; s. auch S. 70 mit A n m . 1 9 ; außerdem Ostia I V Taf. 1 1 1 , 391 ; / . Banko, in: Ö J h 25, 1929, 1 2 1 ff. A b b . 46. 47 Taf. 2. Anders A. Alföldi, Die Kontorniaten 1 ; 3 f . Dieser Palmwedel des K a m p f richters diente, wie seine Ableitung von der langen G e l t e besagt, kaum dazu, den Kämpfenden K ü h l u n g zuzufächeln, wie F. Matz, Antiken Sarkophagreliefs I V 2, 184 zu N r . 75 meint; vgl. auch H. Sichtermann, in: A A 1974, 320f. Daremberg — Saglio I I 2, 1 5 8 1 ! . 1595 A b b . 3573. 3 5 7 7 ; M. Grant, Die Gladiatoren 36. 57.

30

Plastik des 4. J h s . v. Chr. Taf. 6, 3 ; sich letztlich v o n der langen Siegerzu verstehen ist auch JiithnerlTai. 8b 358.

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Bei der Siegerehrung spielte der Kampfrichter keine Rolle. Das offizielle Schiedsrichteramt, verbunden mit dem der Preisvergabe und Siegerehrung übernahm der jeweilige Agonothet, im internen Bereich der Palästra also der Gymnasiarch 37 . Der Agonothet stellte den Sieger, nachdem er ihm den Kranz überreicht bzw. aufgesetzt hatte, mit ausgestrecktem rechtem Arm dem Publikum vor und nannte laut seinen Namen. Für die großen panhellenischen Spiele in Olympia und Nemea wurde für die Spielleitung eine Kommission von Agonotheten, die Hellanodikai 38 , bestellt. Ihnen oblag als Brabeutai auch das Preisrichteramt. Bei der offiziellen Siegerehrung traten hier eigens ausgebildete Kerykes in Aktion, die anstelle des Agonotheten vor dem ungleich größeren Auditorium der panhellenischen Festspiele „magna v o c e " die Namen der Sieger ausriefen. So eindrucksvoll war die Aufgabe der Herolde, daß ihre Funktion — ebenso wie die der Salpix-Bläser — zu einer eigenen Wettkampf-Disziplin aufgewertet wurde. In Olympia 39 , bei den Ludi Capitolini 40 und der Tausendjahrfeier Roms 4 1 gab es das Certamen praeconum. Die großen Circus- und Gladiatorenspiele Roms kannten außer dem editor spectaculi (ludi) 42 , welcher die Spiele finanzierte und die Siegesprämien spendete 43 , noch einen Spielleiter, den Präsidenten44 — bzw. bei Gladiatorenspielen den lanista 45 —, welcher alle organisatorischen Aufgaben übernahm, die den griechischen Agonotheten selbst oblagen, der beim Circusrennen auch die Mappa werfen 46 und die Siegespreise verleihen konnte 47 .

Bildüberlieferung Kampfrichter A in der Palästra i Wandmalerei, Pompeji, ,Palästra'. Reinach, RépPeint 2 7 8 , 9 ; Jüthner I Taf. 12 ; M. Borda, La pittura romana 80.253; P-Herrmann, Denkmäler der Malerei des Altertums Taf. 220 u. ; F. Noack — K . Lehmann-Hartleben, Baugeschichtl. Unters, am Stadtrand von Pompeji Taf. 45, 6; K . Schefold, Die Wände Pompejis 2 1 5 ; A . Maiuri, Pompeiana 173 ff.

2 Wandmalerei, Pompeji, ,Palästra'. E . Guhl — W. Koner, Leben der Griechen und Römer 6 (1893)3 70 Abb. 496; Herrmann wie Nr. 1 220 o.; K . Schefold, Vergessenes Pompeji 1 1 2 Taf. 76, 2; ders., Die Wände Pompejis 2 1 5 ; Borda, wie Nr. i 80; Maiuri, wie Nr. 1 175 Abb. 7; Noack — Lehmann-Hartleben, wie Nr. 1 Taf. 45, 6«.

37

Sthween 10 ff. J.H. Krause, Olympia 124f. 139; H. Bengtson, Die olymp. Spiele in der Antike 104 s. v. 39 Cicero, ad familiares V 12, 8; vgl. Krause (wie Anm. 38) 106 mit Anm. 1 5 ; 108 mit Anm. 22; 143 ; Bengtson (wie Anm. 38) 25. 34t. mit Anm. 16; 55t. 40 L. Friedländer, Sittengeschichte Roms 1 0 I V 278, 8; G. Lafaye (wie Anm. 27) 92. 41 I G II 3, 1 (1935) Nr. 3 169/70; Supplementum cpigraphicum graecum X I V (1957) 120; Lafaye (wie Anm. 27) 91. 42 Daremberg — Saglio I 2, 1 1 8 8 ; Grant (wie Anm. 33) 39ff. Vgl. den frontal stehenden Togatus in der Mitte der Pompa eines pompejanischcn Grabreliefs, Daremberg — Saglio II 2, 1593 Abb. 3593 mit Anm. 12 (dazu Grant (wie Anm. 33) 55), sowie zwei frontal aus der Bewegungsrichtung der pompa circensis herausgekehrte Beamtenfiguren eines Sarkophagrclicfs, Daremberg — Saglio I 2, 1193 Abb. 1528. 4n Daremberg — Saglio II 2, 1597. 44 Wahrscheinlich zu erkennen in dem Togatus mit Stab an der Spitze der pompa, Daremberg — Saglio II 2, 1593 Abb. 3593; vgl. auch die beiden frontal stehenden Beamtenfiguren, Daremberg — Saglio I 2, 1193 Abb. 1528; mit Mappa und Szepter, ebenda Abb. 1 5 1 8 ; W. Amelung, Vatikan. Kat. II 2 1 b Taf. 5. 45 Daremberg — Saglio II 2, 1566f. 1578; Grant (wie Anm. 33) 12. 22. 42; L. Robert, Les gladiateurs dans l'orient grec

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Daremberg — Saglio I 2, 1 1 9 5 ; vgl. ebenda Abb. 1518 und Amelung, Vatikan. Kat. II 2 1 b Taf. 5. 47 Daremberg — Saglio II 2, 1596. 48 Die Figur wurde auf Grund der Tänic in ihrer Linken, des jetzt vergangenen Plamstiels in ihrer Rechten und der Bekränzung als siegreicher Athlet aufgefaßt von R. Herbig, in: P.Herr manu, Denkmäler der Malerei des Altertums 220 o.; K. Schefold, Vergessenes Pompeji 1 1 2 ; ders., Die Wände Pompejis 215 \A. Maiuri, Pompeiana 175. Zum Kranz:

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3 3 Gemmen, ehem. Berlin. A . Furtwängler, Beschreibung der geschnittenen Steine Nr. 6914—16 Taf. 51 49 . 4 Sarkophag, Vatikan (ehem. Lateran). Heibig I 4 1 0 1 9 ; Schröder Taf. 96; Zahn 3 5 8 f.; Schween 99. 5 Sarkophag, Paris, Louvre 329. Cumont 469f. Taf. 46, 2; Castagnoli 23 Abb. 1 7 ; Schröder, A A 1925, 2 1 6 ; Schröder 120. 128 Abb. 29. 35; J . Charbonneaux, La sculpture grecque et romaine (1963) 251. 6 Sarkophag, Fundort Rom, Via triumphalis, verschollen. Cumont 470 Taf. 46, 3; Castagnoli 23 Abb. 18. 7 Erotensarkophag, Ostia. Cumont 471 f. Abb. 101. 8 Erotensarkophag, Florenz, Pal. Riccardi. Dütschke II 90 Nr. 198/217; Schween 100. 9 Erotensarkophag, Rom, Villa Carpegna. Matz — Duhn II 2208; Schröder 146 Abb. 39; Schween 100. 10 Sarkophag, Deckel, Frgt., Rom, Pal. Merolli. Matz — Duhn II 2238; Schween 99. 1 1 Erotensarkophag, Trapani, Chiesa di San Nicola. V . Tusa, I sarc. rom. in Sicilia Nr. 98 Abb. 239. 240. — Die Figuren des Praeco und Tubicen sind verballhornt. Der Praeco rechts mit Tunika und Pallium (unverständlich der Stern auf seiner Brust), die Rechte in PraecoGestus erhoben, hält selbst auch eine Palme im linken Arm, wie bei Siegerehrungen in Dreiergruppe nie anzutreffen. Für einen Tubicen ist zwar die kurze Tunika des linken Putto üblich, nur ist sie hier ungegürtet und ohne Überschlag. Seine ebenfalls ausgestreckte Rechte ist als unverstandene Ab-

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wandlung des Tubicen-Typus in Anlehnung an den Praeco rechts anzusehen. Erotensarkophag, Rom, Accademia di San Luca. Matz — Duhn II 2734; Schween 100. — Kampfrichteranzug (Pallium ohne Tunika) und Kampfrichter-Instrument (Wedel) des Preisrichters. Sarkophag, Frgt., Mentana bei Rom, Slg. Zeri. Sichtermann, A A 1974, 3 20f. Abb. 17. Sidamarasarkophag, Sockelzone der Rückseite, Istanbul, Arch. Mus. Inv. 1179. V . Strocka, A A 1 9 7 1 , 76 Nr. 13. — Kampfrichter: 1., 4. und 12. Figur v. r. Aschenurne, ehem. Ince Blundell Hall. B. Ashmole, A Cat. of the Ancient Marbles at Ince Blundell Hall (1929) Nr. 335 Taf. 50. — Erotenagon. Figuralkapitell, Vatikan. Castagnoli 10 f. Abb. 6—8. 1 1 —14 Taf. 1 : Siegerehrung: Tubicen 50 , Kampfrichter, Athlet, Kampfrichter, Preisrichter. 2: Kampfrichter, Sandstreuer, Kampfrichter, Preisrichter. 3: Kampfrichter, Sandstreuer, Kampfrichter, —. 4: Kampfrichter, Sandstreuer, Sandstreuer, Preisrichter. R. Bianchi Bandinelli, Rom, Das Ende der Antike 5 f. Abb. 7. 366; E. v. Mercklin, Antike Figuralkapitelle i j ö f f . , Nr. 384 Abb. 737-747Mosaik, Rom, Vatikan, ehem. Lateran. Heibig I 4 1028; Zahn 357f.; S. Reinach, Rep. Peint. 280—283; Schröder, Taf. 33 o.; E . Goodenough, Jewish Symbols in the GraecoRoman Period I X 1 4 0 L 5 1 ; Gardiner Abb. 74; H. P. L'Orange, Likeness and Icon 175 Abb. 3 a—c. — Athleten, Kampfrichter und Siegespreise in einzelnen Kompartimenten.

Auch ein palästrischer Agon ist kultlich verstanden worden, wie auch die Aufstellung von Hermen bezeugt. Auch inaktive Teilnehmer erscheinen daher oft bekränzt. Ein siegreicher Athlet mit Siegeskranz und Palme dürfte kaum in dieser abgekämpften Haltung mit hängenden Schultern dargestellt worden sein; auch der Mantel wäre hier sehr ungewöhnlich, er ist andererseits die typische Bekleidung für einen Kampfrichter. Daß er eine Tänie für einen seiner Zöglinge bereit hält, hat nichts Uberraschendes. Aber nicht nur der Mantel kennzeichnet den Kampfrichter, sondern ebenso eindeutig der der Umzeichnung bei Gubl — Koner a. O. noch zugrunde liegende Palmstiel. E r hat das f ü r Kampfrichter-Wedel typische gerupfte Aussehen. Vgl. die umfangreiene Liste von Kampfrichtern auf Gemmen bei Schneen 97f. und Schröder Taf. 680.; G. Lippold, Gemmen ur;d Kameen Taf. 27, 10. Zu den Kränzen mit pilzförmig abstehenden Aufsätzen (Blüten?), die der Tubicen und der Preisrichter tragen, vgl. den oberen Kranz auf der rechten Stele des Goldglases Taf. 17,4 S. 69 mit Anm. 14.15 ; weiter J . Banko, in: Ö J h 25, 1929, 124 mit Anm. 18. Diese Art Blüten- oder Blätterkränze kommen u. a. auf folgenden Darstellungen des fortgeschrittenen j. Jhs. n. Chr. vor: Lampen Berlin/London/Wien, Verf., in: J d l 89, 1974, 336 mit Anm. 2—4; Mosaiken hier Nr. 17 — 20, 22; S. 75 Nr. 14, 15. Die ohne Berücksichtigung des ikonografischen Kontextes vorgebrachten Deutungen Goodenonghs brauchen hier nicht diskutiert zu werden.

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18 Mosaik, Fundort: Tuskulum. Jüthner I 172 Abb. 9; Monumenti dell'Istituto VI/VII ( 1 8 6 3 ) Taf. 8 2 ; Gardiner Abb. 7 0 ; Schween 101. — 3. Figur v. r. 19 Mosaik, Rom, Thermenmuseum. Heibig III 4 2483.

20 Mosaiken, Ostia. Scavi di Ostia IV Taf. n o , 278. 210.

21 Mosaik, Aquincum.

La

mosaique

romaine ( 1 9 6 3 ) 299. 3 0 2 Abb. 10. 22 Mosaik, San Liberato. Rom. Mitt. 75, 1968, i 8 o f . T a f . 68. 69.

23 Zwei Goldgläser, Vatikan. C. Morey, The Gold Glass Coll. of the Vatican Library Nr. 27. 28; Zahn 358. 24 Lampe. CIL 15, 2, 803, 44; Zahn 364 Anm. 2 I 1.

gréco-

Silen als Kampfrichter beim Ringkampf zwischen Eros und Pan; vgl. die Zusammenstellung bei K. Wernicke, Roscher, ML III 1, 1457 f. 25 Mosaik, Ostia. La mosaique gréco-romaine (1963) S. 28 Abb. 18; Scavi di Ostia IV 15 5 f. Taf. 80 ; F. Matz, Die antiken Sarkophagreliefs IV 1, 128 f. 26 Mosaik, Lyon. S. Reinach, Rép. Peint. 101, 4; P. Fabia, Musées de Lyon. Mosaiques romaines (1923) 53ff. Taf. 5 — 7 ; P. Wuilleumier, Lyon ( 1 9 5 3 ) 85 Taf. 1 2 , 3. 27 Sarkophage, Kopenhagen, Ny Carlsberg

Glypt / Rom, Thermenmuseum. F. Matz, Die antiken Sarkophagreliefs IV 2 Nr. 75. 76. 28 Wandmalerei, Herculaneum. S. Reinach, Rep. Peint. 114, 6. — Pompeji, Vettierhaus. Neutsch, J d l 7 0 , 1 9 5 5 , 1 7 3 L A b b . 1 5 ; F . Matz,

Die antiken Sarkophagreliefs IV 1, 128. 29 Mosaik, Piazza Armerina. G. Gentiii, La villa erculia di Piazza Armerina Taf. 41.

Hahnenkampf 30

Mosaik, Neapel, Nat. Mus. 1 0 0 0 3 . E. Pernice, Die heilenist. Kunst in Pompeji VI.

Pavimente und figürl. Mosaiken 1 7 9 Taf. 69, 2 ; P. Gusman, Pompeji ( 1 9 0 6 ) 1 7 6 Abb. 2.

B bei Gladiatorenkämpfen 1 Wandmalerei, Pompeji. Reinach, Rep. Peint. 52 2 8 8 , i ; Daremberg — Saglio I I 2 Abb. 3 5 7 7 ; J . Overbeck, Pompeji4 Abb. 107; E. Guhl — W. Koner, Leben der Griechen und Römer Abb. 1014; W. Heibig, Wandgemälde Campaniens Nr. 1 5 1 5 ; W. Richter, Die Spiele der Griechen und Römer (1887) Abb. 72. 2 Mosaik, Madrid, Nat. Mus. Archivo Esp.

Arqu. 23, 1950, 134 Abb. 8. 9; Encyclopedia dell' arte antica III Abb. 1182. 3 Mosaik, Nennig. K . Parlasca, Die röm. Mosaiken in Deutschland 35 ff. Taf. 36. 37; S. Reinach, Rép. Peint. 288, 5. 4 Relief, Turin. Dütschke IV 4; Schween 100. 5 Silbergefäß. Gazette archéol. 1885 Taf. 37; Schween 100.

Preisrichter 1 Griech. Relief, Berlin, Pergamonmuseum Inv. 948. Zahn 359; Schröder Taf. 14U.; ders., A A 1925, 2i4f. Abb. 10; Castagnoli 25 Abb. 22; Giglioli, Archaeologia classica 2, 1950, 33 Taf. 12, 4. — Gymnasiarch oder 62

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Epistat 53 , bekränzt, im Himation, der die rechte Seite des Körpers frei läßt, die Rechte mit offener Handfläche in großer Geste ausgestreckt. Sein Arm ragt über den knabenhaften Sieger mit Kranz und Tänie im Sieges-

Die ,Buchrollc' in der Linken des Kampfordners der jetzt zerstörten Podiumsmalerei am Amphitheater v o n Pompeji ( K . Scbefold, Die Wände Pompejis 54 II 6) ist irrtümliche Zutat des modernen Kopisten; sie wird aus den Falten der Tunika heraüsgelesen worden sein.

Vgl. Schween 23 ff.

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gestus (vgl. Anm. 60). Im linken Arm hält der Knabe einen übermannshohen Palmwedel, der nur zum geringen Teil mit Blättern versehen ist. Neben dem Siegerknaben ist das Relief gebrochen. Die erhaltene Zweiergruppe bleibt künstlerisch unbefriedigend; ist sie durch einen Salpiktes abzurunden? s. Kampfrichter Nr. 4. s. Kampfrichter Nr. 5. s. Kampfrichter Nr. 6. s. Kampfrichter Nr. 8. s. Kampfrichter Nr. 1 1 . s. Kampfrichter Nr. 12. Sarkophag, Deckel, Berlin Inv. 876; E. Gerhard, Antike Bildwerke 373 Taf. 119, 4; Zahn, 359; Matz — Duhn II 2237; Schween 99; A. Furtwängler, Beschreibung der antiken Skulpturen 876 mit Abb.; Schröder, A A 1925, 216; Castagnoli 23 Abb. 20; A. Alföldi, Die Kontorniaten 1 33. — Siegerehrung. Rechts ein Preistisch mit Geldbeutel, überdimensionalem, mit Tänie umwundenem Kranz und Kampfrichter-Wedel; letzterer nicht als Siegespreis 54 , sondern als Requisit der agonalen Szenerie zu verstehen 55 . Sarkophag, Rom, Thermenmuseum. Not. Scavi 1926, 295 Taf. 8 o.; Cumont 467L Taf. 46, 1. — Das Wagenrennen ist ein mythisches'; der Sieger Pelops erscheint als König von Elis mit Szepter. E r greift im Siegergestus (vgl. Anm. 60) an einen imaginären Siegeskranz auf seinem Scheitel, noch ehe er ihn vom Preisrichter übernommen hat. Dieser, deutlich in Preisrichter-Funktion, hält ihm den Siegeskranz mit Bändern entgegen. Nur mit dem Mantel bekleidet, schultert er

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einen Palmwedel. Mantel und Palmwedel kennzeichnen in der Regel den Kampfrichter. Die Erklärung eines zweiten Siegespreises, der nur in einer Palme bestünde, verbietet sich bei dem vorliegenden Thema. s. Kampfrichter Nr. 14. — Preisrichter: 2., 6. und 12. Figur v. 1. Die Typen der vier linken Figuren sind willkürlich kompiliert. Die zwei Figuren ganz links sind Restbestand einer Siegerehrung: Zwischen Tubicen und Preisrichter mit erhobenem Arm fehlt der Sieger; statt seiner steht als Versatzstück eine hohe Palme. Der über den Preistisch taumelnde Athlet und der in neuattischem Tanzschritt gegebene entstammen nicht dem Repertoire von Palästraszenen. Die Figuren 2—4 sind zu eliminieren, vgl. oben Nr. 2—8. s. Kampfrichter Nr. 16. Mosaik, Antiochia. D. Levi, Antioch Mosaic Pavements 257 Taf. 61 e. — Tubicen, Sieger und Agonothet; nur Unterkörper und Beine erhalten. s. Kampfrichter Nr. 18. — Siegesgestus des Siegers noch vor der Kranzübergabe. Circusmosaik, Piazza Armerina. G . Gentiii, Bolletino d'arte 42, 1957, 1 2 L Abb. 5; ders., La villa erculia di Piazza Armerina Abb. 3 Taf. 13. — Die Übergabe der Siegestrophäe in Form nur einer Palme56 geschieht durch eine jugendliche Person in offizieller Kleidung, langärmeliger Tunika und Toga contabulata, im Beisein des Tubicen. Turnerinnenmosaik, ebenda. B. Pace, I mosaici di Piazza Armerina Taf. 14; ders., La villa imperiale di Piazza Armerina 47 f. Abb. 28; G . Gentiii, La villa erculia Taf. 43.

Auf den Sarkophagen mit Palästra-Szenen ehem. Lateran, Paris und von der Via Triumphalis (S. 73 Nr. 4—6) heben sich die im Vorangehenden skizzierten Funktionen von Kampfrichter und Preisrichter deutlich voneinander ab: In der Mitte bzw. an der linken Seite (Nr. 4) vollzieht sich die Siegerehrung 57 : Der nackte Athlet bekränzt sich oder weist auf seinen Siegeskranz, der Tubicen, 54 55

511 57

So Alföldi (wie Anm. 1 1 ) 33. So überzeugend Zahn 359. Ob der Sark.-Deckel, A A 1974, 320 Abb. 16, der unter dem Preistisch einen solchen Wedel zeigt, als Parallele für die eine oder andere Auffassung dient, möchte ich offenlassen. Vgl. Anm. 33. Siegerehrungen im Dreierschema von Tubicen — Athlet — Preisrichter wurden zusammengestellt und auf ihre griechischen Vorstufen verfolgt von Zahn 359; Schween 99ff.; Castagnoli i o f f . Zu Varianten des späten 3. Jhs. auf Lampen vgl. Anm. 19 (Preisrichter mit Kampfrichter-Wedel). Dieses traditionelle Dreierschema macht L. Curtius' Ergänzungsvorschlag an der Südwand der .Palästra' in Pompeji (Die Wandmalerei Pompejis i 8 z f . Abb. 1 1 3 ) unwahrscheinlich. Aus dem erhaltenen Durchblick links vom Sieger bläst ein Tubicen; Curtius ergänzt im rechten Durchblick einen zweiten. V o m Bildtypus her wäre hier ein Preisrichter oder Praeco zu erwarten.

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stets in knielanger Tunika mit Überfall, bläst die Tuba, der Gymnasiarch, in seiner Funktion als Agonothet und Preisrichter, in Tunika und langem Pallium (Nr. 5: Toga?), weist mit großer Geste — der etwa die des Berliner Palliatus entsprochen haben dürfte — auf den Sieger. An Nr. 6 sind die Positionen von Tybicen und Agonothet vertauscht; die erhobene Rechte muß zum Sieger erhoben sein. Am Lateraner Beispiel Nr. 4 zeigt die ausgestreckte rechte Hand des Agonotheten nicht die auf den Sieger weisende geöffnete Handfläche, sondern greift auf den Kopf des bereits bekränzten Siegers, wie wenn er ihm gerade den Kranz aufgelegt hätte. Das übrige Geschehen der Friese wird von kämpfenden Athletenpaaren eingenommen, denen jeweils ein Kampfrichter zugeordnet ist. Dieser hebt sich in seiner Funktion, durch seine Kleidung und das Kampfrichter-Instrument, den Palmwedel, sowohl von den übrigen Amtspersonen wie von den kämpfenden Paaren ab. Seine Bekleidung bildet stets nach griechischer Tradition der nur über die eine Schulter gelegte Mantel — genau nach der Art, wie die Paidotriben auf griechische Vasen den Mantel tragen und wie sie auch die Beamten-Statue im Pergamonmuseum aufweist. Kampfrichter mit Palmbüschel sind folgende Figuren: Nr. 4: Sarkophag, ehem. Lateran: 4. v. 1., dem linken Kämpferpaar zugeordnet; 4. v. r., dem mittleren Ringerpaar zugeordnet; 2. v. r., sich dem Sieger seines Paars zuwendend. Man muß weitere Beispiele für Kampfrichter-Figuren vergleichen, um die Palmzweige der drei Kampfrichter auf dem Lateraner Sarkophag nicht etwa für Siegespalmen zu halten, selbst wenn sie von dem betreffenden Steinmetzen irrtümlich für solche gehalten und übergroß wiedergegeben worden zu sein scheinen; z. B. Nr. 5: Sarkophag Paris: 1. und 5. Figur v. 1. und 2. Figur v. r. im Hintergrund. Nr. 6: Sarkophag von der ViaTriumphalis: die Figur links neben dem Praeco (vom Beschauer gesehen); 1. und 4. v. r. und 7. v. r. im Hintergrund. Diese Bildtypik von Kampfrichter-Figuren in Palästra-Szenen wiederholt sich auf den Beispielen Nr. 1—30 konstant. Überwiegend wird der kurze Palmbüschel als Dirigierinstrument gehandhabt; Stöcke bei Nr. 3, 7, 21, 24, vgl. auch Anm. 5 8. Dieser Kampfrichter-Typus wurde zur Kennzeichnung der ,Amtstracht' für Erotendarstellungen gleichen Themas übernommen ebenso wie für einen zwergenhaften Kampfrichter zweier Hähne und das lustige mythologische Bildmotiv des Silen als Kampfrichter beim Ringkampf zwischen Eros und Pan. Die Bildtypik solcher ,Salonmythologie' steht in griechisch-hellenistischer Tradition. Sie fällt als Parallele für die antiquarische Erklärung des Berliner Palliatus aus. Mit griechisch-hellenistischer Bildüberlieferung muß auch für die Sarkophage mit Palästra-Szenen gerechnet werden 58 . Von hellenistischer Bildtradition der einzelnen Athleten und Kampfrichterfiguren des Lateraner Athletenmosaiks Nr. 16 aus den Caracalla-Thermen aber wird man nicht mehr sprechen wollen. Die Figuren sind hier nicht in agierenden Gruppen komponiert, sondern emblemartig als Dekorationsmotive verwendet. Die schonungslose Charakterisierung der verrohten, flachstirnigen Physiognomien ist eine zeitgenössische Spiegelung des professionellen Athletentums im ausgehenden 3. Jahrhundert n. Chr. Und doch sind Kleidung und ,Berufsabzeichen' noch dieselben wie bei den pompejanischen Kampfrichtern (Nr. 1. 2) oder dem hellenistischen Silen (Nr. 25—29). Das weist auf tatsächliches Fortleben des griechischen Palliums und Palmfächers als spezifische Amtskleidung des Kampfrichters und Trainers in der Palästra; zumal diejenigen der altrömischen Gladiatorenspiele die wadenlange Tunika mit Überschlag und langen, weiten Ärmeln, als Dirigierinstrument den Stock tragen. Die Frage, ob für die Berliner Statue Bildparallelen von Kampfrichter-Darstellungen überhaupt heranzuziehen sind, wird durch ihre Bekleidung: Pallium ohne Tunika bejaht. Seine Funktion aber entspricht nicht der eines Kampfrichters; vielmehr zeigen seine frontale Haltung und der Ständer mit Medaillonkranz viel eher das Amt eines Preisrichters oder Präsidenten an. Immerhin steht die vorliegende Kombination von Kleidung und Funktion der Statue so isoliert nicht. Wenn wir die S. 75 Nr. 1 —15 als Preisrichter anzusprechenden Figuren durchgehen, ergibt eine Statistik ihrer Amtskleidung folgendes Bild: Tunika und Pallium: Nr. 2, 4—6, 8, 1 1 . Tunika und Toga: Nr. 3, 14. Pallium allein: Nr. 1, 7, 9, 13, 15. 58

Kaiscrzeitliche Bildelemente kombiniert ein Sark.-Deckelfrgt. der Sammlung Zeri, Sichtermann> in: A A 1974, 320. A b b . 16. Auf dem Preistisch steht die erst im späten 2. J h . n. Chr. erfundene Preiskrone (Verf., in: J d l 1974, 336f£. Der hohe Lehnstuhl für den Epistaten im Kampfrichtermantel mit Stock ist ein Unicum.

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Acht der insgesamt vierzehn aufgezählten Preisrichter-Figuren tragen also die für den römischen Bürger geläufige Tracht von Tunika und Mantel; fünf aber zeichnen sich durch ihre auffällige Bekleidung bloß mit dem Kampfrichter-Pallium aus und dürfen als treffendere Parallelen für die Statue des Pergamonmuseums gelten. D a v o n zählt das griechische Relief Nr. i als Parallele für den römischen Preisrichter des 3. Jahrhunderts nicht; denn für den griechischen Bürger gehörte der Chiton nicht in der Weise zum festen Bestandteil seiner Kleidung wie die Tunika für den Römer. Das Himation, ohne Chiton getragen, war die übliche Kleidung der Griechen und bezeichnete keinen speziellen Berufsstand, wie wir es für die palästrischen Trainer und Kampfrichter römischer Zeit anhand des lateranischen Athletenmosaiks (S. 73 Nr. 17) feststellen konnten. Auch das mythologische Thema von Nr. 9 und die hellenistischen Kinderszenen des Sarkophags Nr. 7 lassen einer hellenistischgriechischen Bildtradition des Preisrichters im Mantel noch viel Spielraum. Eine hellenistische Bildtradition für das Thema der Athletinnen v o n Piazza Armerina — Nr. 15 — aber schließen ihre spätantiken Bikini-Anzüge mit Sicherheit aus. In ihnen kommt echte spätrömische Praxis — wenn auch keine ganz alltägliche, sondern in pikanten Schaustellungen ausgeübte — unmittelbar zur Darstellung. Da Frauen auch als Gladiatoren in der Arena auftraten 59 , überraschen Athletinnen in der Palästra nicht. Die ungewöhnliche, realistisch anmutende Szene legt es nahe, daß auch das K o s t ü m der Preisrichterin tatsächlich in der wiedergegebenen Form v o n ihr benutzt worden ist. Das mit Palme und Blütenkranz herbeieilende Mädchen trägt nämlich genau jene Art des wadenlangen Palliums, in genau der Weise die rechte Seite des Oberkörpers freilassend, wie es f ü r K a m p f richter geläufig ist und bei den genannten Preisrichtern Nr. 1 , 7, 9, 13 wiederkehrt. Paradoxerweise gibt so die Preisrichterin der dieci ragazzi v o n Piazza Armerina — es ist natürlich möglich, sie zugleich als Trainerin und Kampfrichterin zu verstehen — auf Grund ihres untraditionellen Bildzusammenhangs die beste Gewähr, in der v o n ihr getragenen Pallium-Kleidung agonaler Kampf- und Preisrichter die Spiegelung tatsächlicher römischer Verhältnisse zu sehen. Nicht nur die Bildtypen der römischen Preisrichter-Darstellungen N r . 7, 9 und 13 gewinnen durch das Mädchen-Mosaik an Authentizität und erfahren eine Aufwertung vom überkommenen griechischen Bildmotiv zu historischer Realität; — auch die Berliner Preisrichter-Statue erlangt vor dem Hintergrund der Preisrichterin von Piazza Armerina stärkere historische Glaubwürdigkeit als durch herkömmliche Palästra-Szenen, für die letztlich immer griechische Überlieferung ihres Typenschatzes in Rechnung gestellt werden muß. Die unkanonische Haltung der Preisrichterin Nr. 15 teilt auch der Preisrichter des Tuskulaner Palästra-Mosaiks N r . 13. Wie der als 3. Figur v. r. agierende Kampfrichter trägt er nur ein Pallium und bietet so nach dem Preisrichter des Pelops auf Nr. 9 hinsichtlich Kleidung und Funktion die treffendste Parallele zur Berliner Statue. Nicht so, was die Haltung anbelangt. Wie die Preisrichterin Nr. 15 ist der Nr. 13 nicht frontal im konventionellen Dreierschema der Siegerehrung von Tubicen, sich bekränzendem 60 Sieger und in großer, repräsentativer Geste auf diesen weisenden Agonotheten gegeben; der rechte A r m ist nicht in der herkömmlichen Haltung vom Körper weggestreckt. Vielmehr kehren beide Figuren dem Beschauer die rechte bloße Schulter zu, indem sie sich dem links neben ihnen stehenden Sieger zuwenden, ihm gleichwohl mit der Rechten, die Brust überschneidend, den Kranz reichen. Eine derartige Aktion ist einer Rundplastik versagt. Die Haltung der Berliner Statue findet ihre Entsprechung in den Preisrichtertypen Nr. 1—8 und 1 1 . Die Zeitstellung des Porträtkopfes (s. u. S. 78 ff.) legt die Vermutung nahe, die Statue könnte im Zusammenhang mit den Spielen zur Tausendjahrfeier Roms, im Jahr 248 n. Chr. 6 1 entstanden sein, 59 Co

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AI. Grant, Die Gladiatoren 29 f. Den Siegerfiguren der Nr. 9 und 12 ist faktisch nicht anzusehen, ob der Griff mit der Linken ans Haar dem Typus des sich bekränzenden Athleten angehört und hier widersinnigerweise beibehalten wurde, obwohl er den Kranz noch nicht entgegengenommen hat, oder ob es sich um einen Gestus des Siegers handelt, der nichts mit dem Kranzauflegen zu tun hat. Die unter Philippus Arabs abgehaltene Tausendjahrfeier Roms wurde unter mehrtägigen Jagd- und sker.ischen Spielen, musischen und gymnischen Agonen sowie Circus- und Praeco-Wettkämpfen begangen ( R E X 1, 763 f. s. v. Iulius Nr. 386; CIL V I 1, 92 Nr. 488; I. b. Pighi, De ludis saecularibus 88 ff.; L. Friedländer, Sittengeschichte Roms 10 II 1 j 1 f.). Zu den Wettkämpfen der Ausrufer und Rhetoren vgl. o. Anm. 41.

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also einen römischen Magistratsbeamten darstellen, der als Präsident der Spiele den Vorsitz führte und die offizielle Handlung der Preisvergabe durchführte. Die exzeptionelle Stellung, welchc der Typus in der Überlieferung römischer statuarischer Plastik einnimmt, auch die hohe Qualität des Porträts widersetzen sich einer allgemeineren Deutung, etwa als den Athener Kosmetenbildnissen vergleichbares Gattungsbildnis, das zudem in Rom bisher nicht nachgewiesen ist. Die Datierung der Statue ist mit der des Porträtkopfes verknüpft. Weniger hilfreich für ihre Einordnung in eine Kunstepoche wird der Faltenstil sein. Keiner Tradition verpflichtet, gibt sich die Gewandgestaltung als sorgfältige, aber trockene, schwunglose Arbeit zu erkennen. Kennzeichnen akademisches Gleichmaß der schmalen, weich gerundeten Faltenstege und -täler die Front, so überwiegen an der linken Körperseite wurmgangartige Bohrlinien, die sich unvermittelt totlaufen. An der rechten Hüfte ergibt sich eine ornamentale, blattrippenförmige Figur. Breite Flächen bleiben völlig glatt. Parallelen für den einen oder anderen kennzeichnenden Zug dieses Gewandstils lassen sich nur mühsam beibringen, etwa die flächenzerschneidenden, langen Bohrfurchen der Mantelstatue E A 1 1 7 0 , Rom, Palazzo Lazzaroni 62 oder ein Anklang an die blattrippenartigen Faltenzüge an den Philosophenfiguren des Sarkophags Torlonia 63 . Wenngleich am Sarkophag etwas mehr schwungvolle Detailfreudigkeit vorhanden ist, scheinen die gleichförmigen Wülste der Mantelumschläge nicht unähnlich. Eine Datierung in die beginnende zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts wird durch den Philosophensarkophag Torlonia nahegelegt. Das Portät ordnete M. Schede dem des Decius zu und setzte die Entstehung der Statue gegen 250 an64. Der Berliner Mantelstatue lassen sich weiterhin etwa die Köpfe in New York, Metropolitan Museum (Tafel 18, 1), Adolphseck, Schloß Fasanerie (Tafel 18, 2), Paris, Louvre und der am AnnonaSarkophag, Rom, Thermenmuseum, an die Seite stellen65. Die Bildnisauffassung, das Ethos der Menschendarstellung zeigen Gemeinsamkeiten, die als Zeitstil — im Verband gemeinsamer Formprinzipien — kunstgeschichtlich fixierbar sind66. Das junge wie die reiferen Gesichter spiegeln unmittelbar eine innere Mühsal, die in den gequälten Stirnfalten und in dem grämlich müden bis angstvollen Blick sprechenden Ausdruck findet. Diese realistische Bloßlegung resignierenden Pessimismus und seelischer Existenznot 67 kennzeichnet die römische Porträtkunst vor dem Einsetzen des gallienisch-valerianischen Klassizismus. Doch spätestens während der Alleinherrschaft Galliens erlischt jene klassizistische Strömung der fünfziger Jahre, und die eigentliche Aussageform der Zeit, das lastende Übergewicht expressiven Gehalts bei zunehmender Abstraktion der Form läßt sich wieder verfolgen. Die nachgallienische Epoche vertritt ein Kopf in Zürich 68 . Mit ihm wird der Sprung der Entwicklung, die zwischen 250 und 270 n. Chr. stattgefunden hat, deutlich. Der sinnlich faßbare Expressionismus der vierziger Jahre ist in einen transzendentalen Expressionismus übergegangen, der bereits der Spätantike angehört. Ist die Mimik der anfangs betrachteten Porträts (Taf. 17, 1 —3; 18, 1 — 2) als die eines realen Alltagsgesichts verständlich und nachvollziehbar69, so erwartet und findet der Blick des Züricher Bildnisses bei einem menschlichen Gegenüber kein Echo mehr. Die Angst um den Verlust der inneren Mitte dort ist hier zur Gewißheit um ihren Verlust geworden 70 . Wrie die seelische Dimension des Züricher Kopfes ihren Bezugspunkt nicht mehr im Bereich traditioneller Ordnungen und Werte findet, so entspricht diesem Durchbruch in eine metaphysische Seinswelt eine Formbehandlung, die 62

63 64 65

86 67 68 69 70

E. Schmidt, Römischc Fraucnstatuen (1967) 1 1 6 mit Anm. 582; H, Kruse, Rom. wcibl. Gewandstatuen des 2. Jhs. n. Chr. (1975) D 136. Festschrift Matz Taf. 39, 1 ; Schmidt (wie Anm. 62) 159. Siehe Anm. 1. New Y o r k : G. Richter, Roman Portraits Nr. 94; de Franciscis, in: Klearchos 10, 1968, 82 Anm. 1 4 ; Abb. 8 mit frcundl. Genehmigung des Metropolitan Museum of Art, Rogers Fund, 1907. — Adolphscck.: hl. v.Heint%e, Die antiken Porträts in Schloß Fasanerie Nr. 51. — Paris: B. Felletti Maj, Iconografia roniana imperiale Nr. 368. — Rom, Annona Sark.: Helbig III 4 2 i 2 2 . H. Jucker, in: Antike Kunst 2, 1959, 99: „Epochen- oder Generationsphysiognomie". R. Bianchi-Bandinelli, Rom, das F.nde der Antike 5. 7. 19. H. v.Heint^e, Römischc Porträt-Plastik zu Taf. 39; Jucker (wie Anm. 66) 57ff. 61 Taf. 31. 32, 1. 2. Ebenda 59. Ebenda.

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sich an die stofflichen Erscheinungsformen der Sinnenwelt nicht mehr gebunden fühlt und zu immer unorganischerer Vereinfachung des Kopfbaus neigt, der schließlich in tetrarchischer Zeit einem würfelförmigen Kubus nahekommt 71 . Eine derartige Transzendenz des Gehalts und Abstraktion der Formen ist der Gruppe um den Berliner Palliatus (Tafel 17, 1 — 3 ; 18, 1 — 2) noch unbekannt. Mit schmerzhafter Akribie wird jeder Verschiebung der weichen Oberflächenschicht nachgegangen und durch optische Detailakzente ein Bild nervöser, ja zerwühlter Fluktuation erreicht. Und doch zögert man, ihn mit seinen Parallelen unmittelbar neben den Decius im Kapitolinischen Museum zu stellen. In der Detailzeichnung ihrer Oberfläche heben sie sich doch spürbar von jenem flächig-linearen Kerbstil ab, dessen markantestes Beispiel der kapitolinische Decius ist. Einige weitere Beispiele, die seiner ,Kerbstil'-Richtung 72 angehören, vermögen die stilistischen Unterschiede zur Gruppe Berlin/New York/Adolphseck (Tafel 17, 1 — 3; 18, 1—2) zu verdeutlichen: München, Staatl. Antikensammlungen (Tafel 18, 3) 73 ; Hildesheim, Pelizäusmuseum (Tafel 18,4) 7 4 ;Lidingö, Millesgarden (Tafel 18, j) 75 . Das in die Mitte des 5. Jahrzehnts führende Porträt in München ist von einer Unzahl von ,Schmissen' überzogen. Die Menge dünner, zittriger Kratzlinien erreicht mehr die flimmernde Wirkung eines grafischen Flächenmusters als die einer Plastik. In ihnen äußert sich mehr Manier als Stil. Der Bart besteht aus dichten, richtungsgebundenen Kerben; das Haar wird vergleichsweise konservativ vollplastisch skulptiert. Wangen, Lippen und Kieferknochen sind in ihren Umrissen nur grob skizziert. Ihre plastische Höhen- und Tiefenmodellierung ist kaum angedeutet. Dennoch kommt bei aller Reduktion des Plastischen dem mürrischen, häßlichen Mund und dem hageren, stoppeligen Kinn inhaltlich gestaltende Bedeutung zur Charakterisierung der realistischen Porträtatmosphäre zu. Wie wenig Knochenbau und Oberflächenformation als organische Einheit gesehen sein wollen, zeigen die ungewöhnlich schief aus der Achse, noch dazu in Gegenrichtung zu den Augen verschobenen Nasenfalten und der ebenso seitlich verschobene Mund. Nicht die Zusammenhänge und Übergänge im Gefüge der Gesichtsteile interessieren; der Eindruck der nervösen Zerrissenheit, der unsymmetrischen Verschiebungen eines dünnen Hautüberzuges wird zum Selbstzweck, zur bewußt gesuchten Stilform. Die Physiognomie erhält ihr momentanes Leben letztlich durch kein anderes Mittel als kurze Kratzer. Dieser mit primitiv anmutenden Mitteln arbeitende harte Expressionismus spiegelt jene bildnerische Grundhaltung, die die Gesichter ausschließlich von ihren optischen Akzenten her erfaßt. Seine Wirkungselemente sind an die Fläche gebunden. Die Ausdrucksmittel dieser optisch-expressionistischen Form vertiefen, d. h. vergröbern sich bei den Köpfen in Hildesheim und Lidingö (Tafel 18, 4—5), mit denen die Stufe des Decius erreicht ist. Die fortschreitende Zeit bezeugt der weitgehende Verzicht auf die Beachtung natürlicher Feinheiten. Besonders die Lagerung von Brauen, Lidern und Augapfel veranschaulicht diesen Mangel. Ohne schwellende Überleitung der Orbitallider zu den Brauenknochen kragen diese hart abgeschnitten über die Augäpfel vor. Selbst die Ausrichtung von Iris und Pupille wird vernachlässigt. Seit den späten vierziger Jahren trifft man öfter auf schielende Gesichter. Gröbste weitläufige Kerbung oder Punktierung auf Schädelfläche und Gesicht kennzeichnet das Haar. Betont schiefe, derbe Inskriptionen überziehen rücksichtslos alle Gesichtsflächen. Die Hautfalten am Untergesicht des Hildesheimer Kopfes (Tafel 18, 4) wirken ähnlich den kürzeren,Schmissen' des Münchner Porträts (Tafel 18, 3) wie vernarbte Schnittwunden. Flächig-lineare Elemente haben für die Gesichtsgestaltung der Gruppe um den Palliatus (Tafel 17; 18, 1 — 2 ; vgl. Anm. 65) nur eine untergeordnete Bedeutung. Die Oberflächenmodellierung der nicht weniger realistisch gesehenen Gesichter wird einem dreidimensionalen Formsystem unterworfen. 71

72 73

74 75

v.Heint^e (wie Anm. 68) Taf. 48; H. U Orange, Studien zur Geschichte des spätantiken Porträts Abb. 85. 90. 92. 167^170. Zur Terminologie vgl. B. Schweitzer, in: Ned. Kunsthist. Jaarboek 5, 1954, 1 7 3 f f . A. Hehler, Die Bildniskunst der Griechen und Römer Taf. 295 b; Roman Portraits (Phaidon Press) 87; Enciclopedia dell'arte antica Abb. 848; P. Arndt — F. Bruckmann, Griech. und röm. Porträts 555; R. Paribeni, II ritratto nell'arte antica 331. G. Roeder — A. Ippel, Die Dnkmäler des Pelicaeus-Museums in Hildesheim 159 Nr. 1274 Abb. 67. A. Andren, in: Opuscula romana 5, 1965, 1 1 0 Nr. 36 Taf. 34.

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Zwischen den unregelmäßigen Inskriptionen der Hautfalten bleiben kräftig gerundete Weichteile tastbar. Die eingefallenen Wangen am N e w Y o r k e r Kopf (Tafel 18, i), die schlaffen Partien am Berliner (Tafel 17) treten als Korrelat zum Knochenbau als plastische Werte in Erscheinung. Höhen und Tiefen werden bewußt herausgearbeitet und heben sich viel nachdrücklicher gegeneinander ab als etwa an denen in München und Hildesheim (Tafel 18, 3 —4). Aufmerksam wird die Schädelkontur über Schläfen, Jochbein und Kiefer in rhythmischem Schwung geführt, der, durch die Politur noch hervorgehoben, dem Porträt in N e w Y o r k eine Note akademischer Eleganz verleiht. Diese K ö p f e ordnen sich kunstgeschichtlich einer gemäßigteren realistischen Stilrichtung ein, die im Hinblick auf die Bildnisse der Senatskaiser Pupienus, Balbinus und Gordian III. v o n mir an anderer Stelle als „Senatsrichtung" bezeichnet wurde 76 . Daneben dringt mit der „Kerbstil"-Richtung (vgl. Tafel 18, 3 — 5) seit 235 n. Chr. eine autochthon-italische Kunstform wieder stärker an die Oberfläche. Daß der formal gemäßigte Realismus nicht der zeitliche Vorläufer einer mit Philippus Arabs anzusetzenden radikaleren Entwicklung ist, wie es H. L'Orange offenbar versteht 77 , sondern daß beide formalen Richtungen mindestens seit 235 nebeneinander herlaufen, läßt sich auf breiterer Ebene des Privatporträts nachweisen. Im Vorangehenden konnte nur die kurze Epoche um die Jahrhundertmitte beleuchtet werden. Danach behält die v o n Schede vorgenommene Datierung der Berliner Mantelstatue ihre Gültigkeit. Fotonachweis: Tafel 15 — 17, 3 Staatliche Museen zu Berlin; Tafel 17, 4 Verfasser; Tafel 18, 1 Metropolitan Museum New Y o r k ; Tafel 18, 2 D A I R o m ; Tafel 18, 3 Staatl. Antiken-Sammlungen München; Tafel 18, 4 Museum; Tafel 18, 5 Pelizaeus-Museum Hildesheim. Außer den empfohlenen Abkürzungen und Sigeln werden hier noch die folgenden benutzt: Castagnoli F. Castagnoli, in: Bulletino Comunale 7 1 , 1943/45, i o f f . Cumont F. Cumont, Recherches sur le symbolisme funéiaire des Romains (1942). Daremberg — Saglio Dictionnaire des antiquités grecques et romaines. Dütschke H. Dütscbke, Antike Bildwerke in Oberitalien (1874/82). Gardiner E. Gardiner, Athletics of the Ancient World 2 (1955). Heibig W. Heibig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom 4 (1963/72). Jüthner J.Jüthner, Die athletischen Leibesübungen der Griechen I. II (1965/68). Matz — Dahn F. Matz, Antike Bildwerke in Rom mit Ausschluß der größeren Sammlungen. Weitergef. und hefsg. von F. v. Duhn (1881). Schröder B. Schröder, Der Sport im Altertum (1927) Schween H. Schween, Die Epistaten des Agons und der Palästra in Literatur und Kunst (1911). Zahn R. Zahn, in: Zeitschrift für Numismatik 24, 1904, 355 ff. 76 77

Vgl. A A 1967, 4 4 f . (Wie Anm. 71) 3 f.

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EIN KONSTANTINISCHES CAESARENPORTRÄT IN D E R FRÜHCHRISTLICH-BYZANTINISCHEN S A M M L U N G 1 (Mit Tafel 19 u. 20)

Gerd-H. Zuchold I In der Frühchristlich-byzantinischen Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin befindet sich das Porträt eines Angehörigen des konstantinischen Kaiserhauses. Im Jahre 1907 wurde dieses Bildnis, das aus Konstantinopel stammt, der „Sammlung christlicher Altertümer des Kaiser-FriedrichMuseums" von einer Person, die nicht genannt zu werden wünschte, geschenkt (Abb. 1 , 2 ; Tafel 19,20). 2 Die Höhe des Kopfes beträgt 303 mm, die Breite an der Corona 230 mm. Die Struktur der Bruchstellen am linken Ohr, an der linken Seite der Corona und dem darunterliegenden Tuch zeigt, daß wahrscheinlich parischer Marmor verarbeitet wurde. Die Gesichtszüge sind kräftig, mit vollen Wangen und breitem, gerundetem Kinn gebildet. Der Kranz, der den Kopf schmückt, besteht aus zwei Reihen übereinandergelegter Blätter. Diese sind an einem Tuch befestigt, das zu einem schmalen Streifen gefaltet um den Kopf gelegt und am Hinterkopf geknotet ist, von wo es stufenförmig und breit in den Rücken fällt. Die Blätter sind breit, kurz und gedrungen gestaltet und daher wohl als Eichenblätter zu deuten. Sie sind stark abstrahiert, lediglich einige Blattrippen werden durch Einkerbung angegeben. Die vielen, z. T. regelmäßigen Bohrungen dienen zur Auflockerung der plastischen Substanz. Vorn in der Mitte der Corona sitzt ein halbkugelförmiger „Edelstein". Unter der Corona fällt kurzes, in einzelne Strähnen gegliedertes und in der Mitte gescheiteltes Haar in die Stirn, dessen Strähnen nach rechts und links in leichtem Bogen aus dem Gesicht gekämmt sind. Auf dem Scheitel ist die ursprüngliche Haaroberfläche nachträglich (s. u.) mit dem Zahneisen bearbeitet und völlig zerstört worden, während sie im Nacken nur durch einzelne spitze Meißelhiebe angedeutet ist. Die erheblichen Beschädigungen und Bestoßungen erschweren die Identifizierung des Dargestellten. Hinzu kommt, daß die gesamte Oberfläche des Gesichtes, der vordere Teil der Corona und die Haarpartie im Nacken mit Zahneisenspuren bedeckt sind, die auf den Versuch einer nachträglichen Umarbeitung des Porträts schließen lassen. Die wenigen Reste der originalen Oberfläche sind nur noch am rechten Unterlid, an beiden Jochbeinen, am linken und rechten Ohr sowie an Teilen der Haaroberfläche erhalten. Da die mit dem Zahneisen geschaffene und nicht geglättete Oberfläche etwa 0,5—1 mm tiefer liegt als die originale Epidermis, kann im vorliegenden Fall auf einen unvollendet gebliebenen Umarbeitungsversuch geschlossen werden. Aus dieser Beobachtung ergibt sich somit die Vermutung, daß im Berliner Porträt ein Mitglied des Kaiserhauses dargestellt war, dessen Porträt man durch Veränderung der Oberfläche eine andere Physiognomie zu geben versucht hat. Ziel der folgenden Untersuchung soll es daher sein, die Herstellung des ursprünglichen Porträts sowie die Umarbeitung zeitlich zu fixieren und den Fragen nachzugehen, wer ursprünglich und wer nachträglich dargestellt werden sollte und welche Gründe zur Umarbeitung und deren Abbruch geführt haben könnten. 1

2

Für die Anregung zu dieser Arbeit und die Unterstützung, die mir dabei zuteil wurde, bin ich Herrn Dr. A. Effenberger zu herzlichem Dank verpflichtet. Acta betr. Erwerbung von Skulpturen und Gipsabgüssen des Mittelalters und der Renaissance Vol. 18 Pars. III 2 a.c. (Sign.: F. N. 914/1907).

8l (j Forsch, u. Ber. Bd. iS

II Eine erste wissenschaftliche Bearbeitung des Berliner Porträts erfolgte im Jahre 1909 durch O. Wulff im Katalog der Altchristlichen Bildwerke 3 . Wulff datierte es in die konstantinische Zeit und schloß auf die Darstellung eines Mitgliedes der konstantinischen Kaiserhauses, das sich „dieser Art von Diadem als Kopfschmuck bediente. ... Die Auffassung, besonders die Haar- und Augenbehandlung, kommt dem sogenannten Konstantin im Louvre nahe." 4 In einem wenig später erschienenen Artikel zog Wulff das Porträt heran, um eine Neuerwerbung (Inv. 6730) als Constantinus deuten zu können 5 .

Abb. 1. Caesarenporträt, Frühchristlich-byzantinische Sammlung, Nr. 4694, rechtsschrägc Seitenansicht

3 4

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Wulff i/i2, S. 23, Nr. 39 (Inv. 4694). Konstantin im Louvre: Catalogue Sommaire (1932) Nr. 1021. — / . J. Bernoulli, Die Bildnisse der römischen Kaiser und ihrer Angehörigen Bd. 2/3, Stuttgart/Berlin/Leipzig, 1886 — 1894, S. 220. — R.Delbrueck, Spätantike Kaiserporträts von Constantinus Magnus bis zum Ende des Westreiches, Berlin 1932, S. 155ft., Tf. 60 (datiert zwischen 340 — 350, deutet als Constans). — H. P. L'Orange, Studien zur Geschichte des spätantiken Porträts, Oslo 1933, S. 75, Kat.-Nr. 98, Abb. 188. 0. Wulff in: Bcrl. Mus. 35, 1914, S. 255 ff.

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In seinen „Studien zur Geschichte des spätantiken Porträts" setzt auch H. P. L'Orange das Berliner Porträt in die Zeit um 320 und bezeichnet es als ein „Beispiel des konstantinischen Klassizismus". 6 Da L'Orange an dem Kopf den Typus des westlichen Münzbildnisses erkennt, lokalisiert er die Werkstatt des Berliner Porträts nach Rom. L'Orange wies darauf hin, daß die Haargestaltung zwar an iulisch-claudische Formen erinnere, die mittlere Scheitelung aber auch an Werken des späten 3. und frühen 4. Jh. zu erkennen sei. Der Aufbau des Kopfes sowie der Eichenkranz stimmen weitgehend mit den Köpfen der Statuen Konstantins des Großen auf der Balustrade der kapitolischen Treppe 7 , der Vorhalle von S. Giovanni in Laterano 8 und der Statue des Constantinus Caesar auf der Balustrade über der kapitolinischen Treppe 9 überein. R. Delbrueck sprach sich für eine Datierung in tiberianische Zeit aus und wollte im Berliner Porträt eine Darstellung des Tiberius erkennen, die in Rom gefertigt worden wäre 10 . E r sah in ihm

Abb. 2. Caesarenporträt, Frühchristlich-byzantinische Sammlung, Nr. 4694, linke Seitenansicht 6 7 8 9 10

L'Orange (wie Anm. 4), S. 57ff., Kat. Nr. 84. Delbrueck (wie Anm. 4), Tf. 30££. Ebd. Tf. 3 3 ff. Ebd. Tf. 46 ff. Ebd. S. 162.

6*

das Vorbild für die Eichenkränze der drei erwähnten konstantinischen Statuen, die auch L'Orange zu seiner Beweisführung heranzog. Den Zeitpunkt der Umarbeitung wollte er nicht genau festlegen, hielt aber hierfür auch eine spätere Zeit als die konstantinische für möglich. H. v. Schoenebeck sprach sich für eine Datierung um 325 aus. Seiner Meinung nach war zuerst ein Bildnis des Crispus geplant, das dann in eine Darstellung des Constantinus Caesar umgearbeitet werden sollte. „Es mag in der Anlage ein Crispus sein, der fertige Kopf dann ein Bildnis des Constantinus Caesar, beide zu der Decennalienfeier von 325 in Auftrag gegeben." 1 1 Auch S. Stucchi schloß sich der Einordnung des Berliner Porträts in die konstantinische Zeit an, erkannte aber darin Constantinus II.: ,,Un ritratto di Costantino II novenne e pure da riconoscere nella testa non finita e poi gradinata, n. 4694 del Museo Kaiser Friedrich di Berlino. I tratti del volto che anchora si riconoscono sotto la gradinatura sono quelli di bambino, mentre la scriminatura a mezzo della fronte e, tra i figli di Costantino, particulare di Costantino II." 12 Ebenso w i e v . Schoenebeck deutete Maria Alföldi das Berliner Porträt in ihrem Werk über die konstantinische Goldprägung als Crispus, sah darin aber keine Überarbeitung, sondern meinte, mit dem Tode des Crispus im Jahre 326 wäre das Porträt nicht zu Ende geführt worden 13 . W. v. Sydow griff in seiner „Kunstgeschichte des spätantiken Porträts im 4. Jh. n. Chr." noch einmal die frühkaiserzeitliche Datierung des Berliner Porträts auf und sah in diesem sowohl tiberianische als auch claudische Züge: „Keines der für das Konstantin-Porträt bezeichnenden Züge läßt sich nachweisen." 14 Zuletzt erwähnte W. Oberleitner das Berliner Porträt, gab aber keine eigene Äußerung, sondern zitierte die Meinung von Sydows. 15 In einer Tabelle zusammengefaßt, ergibt die forschungsgeschichtliche Ubersicht folgendes Bild: I. Wulff 2. L'Orange

3- Delbrueck 4- v. Schoenebeck 5- Stucchi 6. Alföldi 7- v. Sydow 8. Oberleitner

konstantinisch konstantinisch um 320 tiberianisch konstantinisch konstantinisch konstantinisch erste Hälfte des 1. Jh. zitiert v. Sydow

Mitglied des konstantinischen Kaiserhauses Mitglied des konstantinischen Kaiserhauses Tiberius ? geplant als Crispus, dann zu Constantinus gearbeitet Constantinus II. Crispus tiberianische und claudische Züge

III Von den hier aufgezeigten Möglichkeiten in der Datierung des Berliner Porträts — frühkaiserzeitlich oder konstantinisch — ist eindeutig letztere die bevorzugte. Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, die Datierung in die konstantinische Zeit als richtig zu erweisen. Dies lehrt bereits ein Vergleich mit dem Porträt der Sitzstatue des Tiberius im Lateran 16 . Beide

11 12

13 14 15

10

H. v. Schoenebeck, Die christliche Sarkophagplastik unter Konstantin, in: R M 5 1 , 1936, S. 324 A n m . 2. S. Stucchi, Ritratti della famiglia imperiale costantiniana: Crispo e Costantino, in: Archeologica Classica 2, 1950, S. 207ff. Maria Alföldi, Die constantinische Goldprägung, Mainz 1963, S. 127 A n m . 1. W. v. Sydow, Z u r Kunstgeschichte des spätantiken Porträts im 4. Jh. nach Chr., Bonn 1969, S. 23, 3 5 f f . , 45. W. Oberleitner, Zwei spätantike Kaiserporträts aus Ephesos, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen Wien 69, 1973, S. I 2 7 f f . W. Heibig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom 4 Bd. 1 : Die päpstlichen Sammlungen im Vatikan und Lateran, Tübingen 1963, S. 753 Nr. 1045 (mit Lit.).

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K ö p f e sind mit der Corona bekränzt, doch zeigen sich hier schon so starke Unterschiede, daß eine Gleichzeitigkeit ausgeschlossen ist. A n der co/ona des Tiberius ist jedes einzelne Blatt differenziert und naturalistisch gearbeitet; die dem natürlichen V o r b i l d nahekommende Körperlichkeit wird durch die A n g a b e der einzelnen Blattrippen und der zwischen den Blättern sitzenden Eicheln unterstützt. A n der Corona des Berliner Porträts ist v o n diesem Naturalismus nichts mehr zu spüren. D i e beiden Reihen der Eichenblätter sind einem so starken Stilisierungsgrad unterworfen, daß ein einzelnes Segment — f ü r sich betrachtet — nicht mehr als Eichenblatt zu erkennen ist und der Eindruck des K r a n z e s nur durch das Z u s a m m e n w i r k e n vieler einzelner Segmente erreicht wird, die zu einem R i n g zusammengefügt am K o p f sitzen. D i e B o h r u n g e n sollen diese plastisch undifferenzierte Masse auflockern und die Vorstellung einer natürlichen K r o n e erwecken. D a s Fehlen des Stirnjuwels an der Corona des Tiberius ist ein weiterer Unterschied, der aber nicht zur Datierung herangezogen werden kann, da bereits in der frühen Kaiserzeit coronae mit und ohne Stirnjuwel gearbeitet wurden. D e r V e r m u t u n g , daß die F o r m der Corona des Berliner Porträts das Ergebnis einer Überarbeitung sei, kann dadurch entgegengetreten werden, daß an dieser keine Überarbeitungsspuren sichtbar sind, außerdem die weitgehend in Einzelblätter aufgegliederte plastische Substanz einer Corona der frühen Kaiserzeit eine Überarbeitung im Sinne der Corona des hier zu behandelnden Werkes nicht mehr zuließe. Hinzu kommt noch ein weiterer, die Gleichzeitigkeit beider coronae ausschließender Hinweis: die corona des K o p f e s N r . 4694 ist an einem dicken T u c h befestigt, das stufenweise in den Rücken fällt, während frühe coronae entweder an schmalen Bändern oder an einem dünnen, schleierartigen T u c h befestigt sind. D i e Haargestaltung des Berliner Porträts war ebenfalls Ansatzpunkt f ü r die Frühdatierung. Übereinstimmend an beiden Porträts ist die Scheitelung des in die Stirn gekämmten Haares, die fast genau über der Nasenwurzel sitzt. A m Tiberius-Porträt fällt das Stirnhaar in einzelnen Strähnen in die Stirn. A m Berliner Porträt ist zwar die Haarmasse ebenfalls durch flache Meißelhiebe in einzelne Strähnen unterteilt, doch w i r d hier ein malerischer Eindruck erreicht. D e r Übergang v o m Haar in die Stirn ist weniger deutlich abgehoben als am Tiberius. D u r c h einen völlig an der horizontalen A c h s e orientierten Sitz der A u g e n , einer deutlichen Zuspitzung des Gesichtes zum K i n n und einem knapp geführten K o n t u r w i r d das tektonische Element stärker betont als am Berliner Porträt, w o die etwas schräg zueinander gestellten A u g e n , die stärker gerundeten Augenbrauen und der in gleichmäßiger R u n d u n g geführte K o n t u r das Atektonische betont. Über die ursprüngliche Oberflächengestaltung des Berliner Porträts läßt sich nichts Genaues mehr sagen. D a nur die obere Schicht der Epidermis mit dem Zahneisen abgetragen worden ist, kann dennoch festgestellt werden, daß hier die Oberfläche in gleichmäßiger W ö l b u n g gestaltet war und nicht so bewegt und unruhig wie die des Tiberius-Porträts. D i e Gestaltung des Berliner Porträts und das Porträt der Tiberius-Statue im Lateran weisen also Unterschiede auf, die eine zeitliche Gleichsetzung verbieten. Andererseits kann festgestellt werden, daß das Berliner Porträt offensichtlich an der allgemeinen Struktur und Darstellungsweise v o n K ö p f e n der ersten Hälfte des 1. J h . orientiert ist. A l s G e g e n p r o b e zu dem bisher gewonnenen Ergebnis soll ein Vergleich mit dem Porträt der Statue Konstantins des G r o ß e n v o n S. G i o v a n n i in Laterano dienen 1 7 . D e r K o p f ist mit einer ähnlichen corona geschmückt, die v o n einem in der Mitte sitzenden Edelstein abgeschlossen wird. D i e Darstellung der Blätter des Eichenlaubs ist ebenso summarisch wie am Berliner Porträt. Charakteristisch sind die B o h r u n g e n , die in ihrer A n o r d n u n g zur A n d e u t u n g des natürlichen Blattes und zur Gliederung der plastischen Masse dienen sollten. Delbrueck meinte sogar, daß die coronae der konstantinischen Statuen v o n S. G i o v a n n i in Laterano und auf der Balustrade über der kapitolinischen T r e p p e nach dem V o r b i l d der Berliner corona gearbeitet worden seien 1 8 . So gesehen ergäbe sich eine Datierung des Berliner Porträts in die Zeit v o r 320, denn Delbrueck datiert die drei K o n stantinsstatuen um oder kurz nach 320. Sucht man in der Geschichte der ersten beiden Jahrzehnte 17 18

V g l . A n m . 8. Delbrueck (wie A n m . 4), T f . j o f f . , 53 f f . , 4 6 f f .

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des 4. Jh. nach historischen Ereignissen, die die Herstellung des Berliner Porträts veranlaßt haben könnten, so wäre die obere Grenze 317, das Jahr, in jlem sowohl Crispus als auch Constantinus II. zu Caesaren erhoben worden sind. Ein Vergleich mit Münzbildern Konstantins aus dieser Zeit ergibt, daß die Porträts der Münzen zwischen 315 und 320 das gleiche Profil und ähnliche Frisuren wie die rundplastischen Porträts aufweisen, während die Münzbilder der Vicennalien von 325/26 hauptsächlich in der Frisurengestaltung reicher sind und somit eine zeitliche Gleichsetzung mit der letztgenannten Gruppe kaum in Frage kommt 19 . Neben der Ähnlichkeit in der Bildung der Corona ist die Art der Befestigung der coronae an dem Berliner Porträt und an allen drei genannten Konstantinporträts völlig gleichartig. Diese ist hier an schwerem, massig wirkendem Tuch befestigt: am Porträt des Konstantin vom Kapitolsplatz ist dieses Tuch wie am Berliner Porträt geknotet, wobei das Ende über den Knoten geschlagen ist und breit in den Rücken fällt. Diese Art der Befestigung weist aber eindeutig in die Spätantike, die massivere und zugleich abstraktere Formen anwendet. Der allgemeine, die Spätantike charakterisierende Symbolismus der Form ist deutlich ablesbar: es ist nicht mehr das Ziel spätantiken Kunstwollens, das Darzustellende in seiner natürlichen Erscheinungsform abzubilden, sondern die Formen werden auf den ihnen innewohnenden Symbolgehalt reduziert und gleich einer Formel gestaltet und angewandt. Die Gestalt oder das Detail einer jeweiligen Abstraktionsstufe b e d e u t e t jetzt lediglich noch das Vorbild. An der Haargestaltung sind aber erste Unterschiede feststellbar. Das Haar, das unter der Corona in die Stirn fällt, die Mittelscheitelung, die der Frisur des Berliner Porträts ihr Gepräge gibt, fehlen am Porträt des Konstantin von S. Giovanni in Laterano 20 . Das Stirnhaar ist dort als eine einheitliche Masse gebildet, die in gleichmäßigem Rund die Stirn umsäumt. Durch die kaum in die Substanz dringenden Meißelhiebe ist das einzelne Haar nur angedeutet, die Formensprache ist optisch orientiert und symbolisiert „Haar". Das Stirnhaar des Berliner Porträts ist durch scharfe Einkerbungen gegliedert, die rhythmische Schwingung des Haarsaumes, ausgehend von der Mittelscheitelung, ist untypisch für die genuin-spätantike Variante der konstantinischen Porträtkunst; sie ist eine Übernahme aus der Kunst der iulisch-claudischen Dynastie. Trotz unterschiedlicher Proportionierung beider Köpfe — der des Konstantin erscheint zum Kinn hin gestreckter, während am Berliner Porträt, bedingt durch die niedrige Stirn und die fast waagerecht sitzende Corona, der obere Teil des Gesichtes fast ein Rechteck bildet — zeigen sich jedoch Übereinstimmungen in der Behandlung der Einzelformen. Die Augenbrauen sind an beiden Köpfen in gleichstarken Bögen geführt. Parallel dazu verlaufen die Oberlider, die als dicke Streifen dargestellt sind, ebenso die Unterlider. A m Porträt des Konstantin sind diese von den darunterliegenden Jochbeinen stärker abgesetzt als am Berliner Porträt, dessen Orbitale tiefer liegen. Das Konstantin-Porträt von S. Giovanni in Laterano zeigt also sowohl Formen, die an Werke früherer Epochen erinnern, als auch rein spätantike Stilmittel. Die aufgezeigten Unterschiede zum Berliner Porträt verbieten aber eine zeitliche Gleichsetzung beider Werke. Das Porträt der Konstantinstatue von S. Giovanni in Laterano läßt einen deutlichen Abbau der früheren, klassizistischen Formelemente zugunsten des stärkeren Hervortretens spätantiker Merkmale erkennen, wie sie in der Porträtkunst des beginnenden 4. Jh. allgemein sichtbar werden 21 . Es ist somit aus der voraufgegangenen Untersuchung zu schlußfolgern, daß um 320 ein Stadium erreicht war, wo klassizistische und eigenständige Formenelemente in einem Werk gemeinsam auftreten können. Das bedeutet jedoch keinen Rückgang des Klassizismus; diesen finden wir während des gesamten 4. Jh. In dessen ersten beiden Jahrzehnten laufen aber die aus dem 3. Jh. kommende rein spätantike Stilrichtung und der in der Zeit der späten Tetrarchie herausgebildete Klassizismus, der in seiner Reinform bis gegen 320 faßbar ist, noch nebeneinander her. Die erst danach vollzogene Vermischung ist an allen offiziellen Porträts dieses Jahrhunderts zu erkennen. 19 20 21

Vgl. H. P. VOrange (wie Anm. 4), S. 5 8 f. Vgl. Anm. 8. Vgl. H. P. L'Orange (wie Anm. 4), S. 5 5 ff.

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Die neuere Forschung hat mit größter Wahrscheinlichkeit zwei Tetrarchenporträts ikonographisch bestimmt, die der klassizistischen Stilrichtung der späten Tetrarchenzeit angehören: Ein in Istanbul befindliches Porträt aus Izmit (Nikomedia) ist als Diokletian erkannt worden 22 , und ein nordafrikanischer Porträtkopf in Leiden als Maximianus Augustus 23 . Dagegen ist ein stilistischer Vergleich mit festdatierten Werken dieser Zeit fast völlig unmöglich, da diese entweder stark zerstört sind oder einen so erheblichen Abstrahierungsgrad aufweisen, daß sie für eine formengeschichtliche Untersuchung nicht in Betracht kommen. Der Galerius-Bogen, zwischen 297 und 305 erbaut, enthält zwar Darstellungen der Kaiser Diokletian und Maximian, jedoch sind deren Bildnisse durch die Beschädigungen des Triumphbogens für unsere Vergleichszwecke nicht zu verwenden 24 . Die Porphyrgruppen der Tetrarchen im Vatikan und Venedig 25 weisen in den Gesichtern der Dargestellten eine vollkommene Schematisierung auf, so daß auch diese Bildwerke hier nicht in Betracht zu ziehen sind. Das Maximian-Porträt in Leiden zeigt wesentliche Übereinstimmung mit dem Berliner Porträt. A m Maximian ist eine bewegte, individuelle Gesichtsbildung zu erkennen. Die Wangen sind von stark zerklüftetem Relief, die Stirn ist tief gefurcht. Im Widerspruch dazu steht die lineare, scharf abgegrenzte Form des eckig geschnittenen Haares, das wie am Berliner Porträt ponyartig in die Stirn gekämmt und in der Mitte gescheitelt ist. Die massig wirkende, breite Architektur des Leidener Kopfes kommt in den hervortretenden Wangenknochen, der wuchtigen Kinnlade und den Wangen, die dem Kopf mächtige Proportionen verleihen, zum Ausdruck. Am Berliner Porträt ist dagegen die Kopfform blockähnlich vereinfacht. Die individuellen Formen des Leidener Maximian sind hier auf eine abstrakte Form reduziert. An beiden Köpfen gleich sind die nach unten gezogenen Mundwinkel, ein Merkmal, das häufig an Werken tetrarchischer Zeit zu beobachten ist. Die in starkem Relief hervorgehobenen äußeren Nasen-Lippen-Furchen des Maximian sind am Berliner Porträt nur noch zu erraten, obwohl ein Teil dieses Eindrucks auf die begonnene Überarbeitung zurückgeführt werden muß. Das Haar beider Köpfe ist in der gleichen, gepickten Meißelführung angegeben. Die Unterschiede der Gesichtsgestaltung sind an den coronae völlig aufgehoben. Beiden ist eine sichtbare Tendenz zur stereometrisch-vereinfachenden Darstellung eigen. An den paarweise nebeneinander liegenden Blättern sind lediglich die Umrisse und die Mittelrippe in flachem Relief angegeben. Das Hauptaugenmerk der Kranzgestaltung liegt dagegen auf der Darstellung der einzelnen Blattpaare als linear vereinfachter und scharf voneinander getrennter Bestandteile der Corona. So entsteht der Eindruck, als setze sich die Corona aus einzelnen, additiv aneinandergereihten Bestandteilen zusammen. Die spättetrarchischen Elemente, die im Vergleich mit dem Leidener Kopf festgestellt werden konnten, werden auch sichtbar, wenn das Berliner Porträt neben das Diokletian-Porträt aus Izmit gestellt wird 26 . Die mit einem in der Mitte sitzenden Stirnjuwel geschmückten coronae zeigen wieder große Übereinstimmungen. Dickfleischig, gedrungen, dadurch sehr klobig wirkend, sind die einzelnen Blätter der Corona des Diokletian-Porträts dargestellt. Nur die Mittelrippe ist in flachem Relief angegeben; viele kleinere und größere unregelmäßig sitzende Bohrungen dienen der Auflösung der plastischen Substanz. Durch die Kürze und Dicke der Blätter wird auch hier der Eindruck erweckt, daß die Corona aus einzelnen, ineinandergeschobenen Segmenten besteht. Die Corona des DiokletianPorträts und des Berliner Kopfes stimmen also von der Grundstruktur her überein, allerdings ist der stärkere Naturalismus der Corona des Diokletian an der des Berliner Porträts völlig abgebaut. 22

Istanbul, Archäologisches Museum, Inv. Nr. 5864, vgl. IV.F.Volbach, Frühchristliche Kunst, München 1958, Tf. 1. 25 Leiden, Rijksmuseum van Outheden, Inv. Nr. H II B B 2 a , vgl. J. W. Salomonson, Ein unbekanntes Tetraichenporträt aus Nordafrika in Leiden, in: Oudheidkundige Mededeelingen uit's Rijksmuseum van Outheden te Leiden X L I , i960, S. 5 9 f f . 24 Vgl. F. Kinch, L'Arc de Triomphe de Salonique, Paris 1890. — Die neuesten Arbeiten von C. Macaronas, The Arch of Galcrius at Thessalonike, Thessaloniki 1970, und H. P. Laubscher, Der Reliefschmuck des Galeriusbogens in Thessaloniki, Berlin 1975, sowie M. S. Pond, The arch of Galerius. A sculptural reord of the age of the tetrachies. Diss. Michigan 1970, waren mir leider nicht zugänglich. 25 Delbrueck (wie Anm. 4), S. 91t., 94t., Tf. 3 5 - 3 7 (Vatikan); S. 84H., 94ff., Tf. 3 1 - 3 4 (Venedig). 26 Vgl. Anm. 22.

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Der gleiche stilistische Befund ergibt sich bei der Betrachtung der Gesichter. Stirn und Wangen sind am Diokletian-Porträt in bewegtem Modellierungsrelief dargestellt. Diese Bewegtheit ist am Berliner Porträt völlig zu vermissen. Hier herrscht eine Abstraktion vor, die dem Zufälligen in der Physiognomie des Dargestellten keinen Raum läßt. Übereinstimmend in der Struktur beider Köpfe ist die Großflächigkeit und das „bauende" Prinzip, dem diese unterworfen sind. Die flächenbetonte Anlage der Stirn und Wangen ist an beiden Porträts gleich, die Stirnflächen „ruhen" auf den Wangenflächen, den Augorbitalen fällt hier die Funktion zu, zwischen diesen beiden Flächen einen Übergang herzustellen. Der Unterschied zwischen beiden Porträts besteht darin, daß am Diokletian-Porträt durch das bewegtere Formenrelief die Gesichtsflächen aufgelöst erscheinen, während diese am Berliner Porträt wieder zu kristallinen Formen reduziert werden. Die spättetrarchischen Züge sind also am Berliner Porträt in der Großflächigkeit der Gesichtsanlage und in der Ähnlichkeit der Struktur der corona zu erkennen. Gegenüber dem Diokletian-Porträt ist die Gesamtstruktur im Sinne einer immer stärker werdenden Anlehnung an frühkaiserzeitliche Bildnisse weiterentwickelt worden. Das Berliner Porträt setzt somit eine Entwicklung fort, die in spättetrarchischer Zeit, immer deutlicher hervortrat und im Porträt der konstantinischen Zeit endlich voll ausgeprägt ist: in großen, klaren Flächen werden die Einzelformen zusammengefaßt; die Tendenz, den Bau des Kopfes kristallisch sichtbar zu machen, tritt mit immer größer werdender Deutlichkeit hervor. In den Flächen des Gesichtes ist keine Bewegung, die Formen bilden einen stereometrischen Körper stärkster Vereinfachung, dessen Flächen jeglicher organischer Körperwirkung und vermittelnder Übergänge entbehren. Die an unserem Porträt festzustellende symmetrisch-ornamentale Verfestigung der Formen hat ihren Höhepunkt in den Konstantin-Statuen des Jahres 320 erreicht (s. oben S. 86). Zu diesen Statuen bildet das Berliner Porträt die unmittelbare Vorstufe; es ist sogar vermutet worden, daß es als Vorbild für diese Statuen gedient habe27. Die Datierung der Berliner Porträts in das zweite Jahrzehnt des 4. Jh. wird durch einen Vergleich mit einem Porträt im Louvre gestützt, das mit großer Wahrscheinlichkeit als Konstantin gedeutet worden ist28. Der Vergleich der Haargestaltung zeigt, daß beide die gleiche, ponyartig in der Mitte gescheitelte Frisur besitzen. Diese ist in einzelnen Strähnen gegliedert, die, verglichen mit dem Konstantin-Porträt der Zeit um 320, in relativ hohem Relief voneinander geschieden sind. Stirn und Wangen erscheinen an beiden Köpfen in ähnlicher Weise ungegliedert. Gleiche Merkmale werden auch in der Gestaltung der Augorbitale erkennbar: die Ober- und Unterlider sind scharf begrenzt, das Auge ist weit geöffnet. Die Augenbrauen verlaufen parallel mit der Form des Augenlides. Der Übergang vom Unterlid zur Jochbeinpartie vollzieht sich in gleicher, kaum unterbrochener Linie. Die Gesichtszüge scheinen an beiden Porträts wie aufgesetzt. In kristalliner Klarheit sind die Formen auf das Wesentliche reduziert, die bereits erwähnte Stereometrie der abstrahierten Form ist hier wieder deutlich erkennbar. Die aufgezeigten Merkmale weisen das Porträt im Louvre in die Zeit vor den drei Konstantinstatuen, da die klassizistischen Elemente in äußerster Konzentration gezeigt sind, obwohl Delbrueck versucht hat, das Louvre-Porträt in die Mitte des 4. Jh. zu datieren29. Die enge Beziehung zum Berliner Porträt ist aber derart deutlich, daß die gleichzeitige Entstehungszeit beider Werke unverkennbar wird. Nach all den aufgezeigten Unterschieden zum spättetrarchischen Porträt in Leiden, über das der Berliner Kopf in den wesentlichen Zügen hinausgeht, und wegen der noch nicht voll ausgeprägten Merkmale der konstantinischen Porträtplastik um 320 ist die Annahme berechtigt, daß das Berliner Porträt zwischen dem Leidener Maximian und dem Porträt der Konstantin-Statue von S. Giovanni in Laterano entstanden sein wird, wobei es aber wesentlich stärker zum letztgenannten Porträt tendiert. Die ungefähre Entstehungszeit liegt demnach im zweiten Jahrzehnt des 4. Jh.; als konkrete Jahreszahl könnte 317 angenommen werden, wie später gezeigt werden soll. Das ebenfalls mit relativ großer Sicherheit als Porträt konstantinischer Zeit erkannte Bildnis in 27 28 29

Delbrueck (wie Anm. 4), S. 162, Abb. 55/56. Vgl. Anm. 4. Delbrueck (wie Anm. 4), S. 1 5 5 f f . , Tf. 60.

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Catania (Sizilien)30, das zwar sehr starken provinziellen Einfluß spüren läßt, stützt ebenfalls die bisher getroffenen Feststellungen. Wieder erkennt man im Vergleich zum Berliner Porträt wichtige formale Übereinstimmungen, aber auch Unterschiede, die eine zeitliche Gleichsetzung beider Köpfe verbieten. Augenfällig ist die gleiche Gestaltung der Haartracht: das kurzgeschnittene Haar fällt in einzelnen Strähnen mit der charakteristischen Mittelscheitelung, von der die Haare in leichtem Bogen nach rechts und links aus dem Gesicht gekämmt sind, in die Stirn. Die Strähnen des Stirnhaares sind auch hier durch einzelne, kaum in die Substanz greifende Meißelhiebe angedeutet, so daß der Haartracht jedes Eigengewicht fehlt. Unter dem Stirnhaar des sizilischen Konstantin-Porträts ist eine glatte Stirnfläche zu erkennen, die am Berliner Porträt gleichfalls zu beobachten ist, ebenso wie die Großflächigkeit der Wangen. Die Wangenmodellierungen und die Gestaltung der Augorbitale des sizilischen Porträts gehen allerdings über das Berliner Porträt hinaus und zeigen starke Ähnlichkeiten mit dem Kopf der Statue Konstantins des Großen von S. Giovanni in Laterano, die Proportionierung der letztgenannten beiden Bildnisse unterstreicht diese Tendenz. Die Wangen des sizilischen Bildnisses sind durch ein leicht bewegtes Formenrelief charakterisiert, in flacher Wölbung werden die Jochbeine angedeutet, sanft eingemuldet sind die Wangenflächen, um zur äußeren Nasen-LippenFurche wieder leicht anzusteigen. Die Übereinstimmungen mit dem Konstantin-Bildnis von S. Giovanni in Laterano berechtigen also das sizilische Porträt in die Zeit kurz vor 320 zu datieren. Die weitgeöffneten Augen sind ebenfalls ein typisch spätantikes Merkmal. Das sizilische Konstantin-Bildnis ist darin ein weiteres Beispiel für die Vermischung klassizistischer Formelemente (Haar- und Stirngestaltung) mit spätantiken Gestaltungsmerkmalen (bewegteres Formenrelief, weit geöffnete Augen, innere Leere der plastischen Substanz). Nach den vorangegangenen Betrachtungen kann das Berliner Porträt in folgende Reihe eingegliedert werden; 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Diokletian-Porträt aus Izmit in Istanbul, um 300 Maximinianus in Leiden, um 300 Kopf Inv. 4694 in Berlin, Staatliche Museen, kurz nach 317 (Tafel 19 u. 20) Kopf Inv. 6730 in Berlin-Dahlem, kurz nach 317 3 1 Kopf in Paris, Louvre, gegen 320 Kopf in Catania (Sizilien), gegen 320 Porträt der Statue von S. Giovanni in Laterano, um 320. IV.

Weitere Indizien für die Spätdatierung des Berliner Kopfes sind aus der Darstellung der corona zu gewinnen. Die coronae der ersten Hälfte des 1. Jh. sind naturalistisch gestaltet. Jedes einzelne Blatt scheint nach einem natürlichen Vorbild gearbeitet zu sein, die Blattrippen und gezackten Blattenden sind in größter Detailtreue wiedergegeben. Starke Zerklüftungen und die Bewegtheit der Einzelteile sind charakteristisch. Diese Bewegtheit, die Zerklüftung und die Dünnwandigkeit der Blätter werden allerdings im späten Claudius-Porträt abgebaut 32 . Die Blätter sind in strenger Syntax um den Kopf gelegt, die Ineinanderschiebung der Blätter ruft additive Wirkung hervor. Die Vorbilder für die coronae der konstantinischen Zeit stammen ganz offensichtlich aus dieser Epoche. Wenn die These der Datierung des Berliner Porträts in die erste Hälfte des 1. Jh. stimmen sollte, so wäre anzunehmen, daß die corona ebenso wie die der Kaiserporträts dieser Zeit gestaltet war. Von 30

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32

Catania (Sizilien), Museo Comunale, Inv. Nr. 359, vgl. N. Bonacasa, Ritratti Greci e Romani della Sicilia, Palermo, 1964, S. 212, Nr. 158 Tf. 73/2. O. Wulff und F. W. Volbach, Altchristliche und mittelalterliche italienische und byzantinische Bildwerke Bd. 3 (Ergänzungsband), Berlin 1923, S. 5, Inv. 6730. — Der Kopf befindet sich jetzt in der Frühchristlich-byzantinischen Sammlung Berlin-Dahlem. Vgl. das Claudius-Porträt im Vatikan (Sala Rotonda), Heibig (wie Anra. 16), S. 39 Nr. 47 (mit Lit.).

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den Vertretern dieser Ansicht ist, um die blockhafte Form der Corona erklären zu können, daher geschlußfolgert worden, daß die Berliner Corona in spätantiker Zeit überarbeitet worden sei. Was aber bliebe übrig, würde an eine so grazile Corona wie die des Tiberius oder Claudius der Meißel zur Umarbeitung angesetzt werden? Diese Corona würde soviel Substanz verlieren, daß sie völlig verschwinden müßte bzw. ein schmaler Reifen übrig bliebe 33 . Keine der coronae aus den ersten beiden Jahrhunderten ließe eine durchgreifende Umarbeitung zu, da sie zu wenig plastische Substanz besitzen, um einer Umarbeitung stand zu halten. Die Form der Berliner corona findet sich ausgeprägt an einer Büste des Alexander Severus im Louvre 34 . Hier ist das einzelne Blatt von so starkem plastischem Volumen, daß es wie ein Brett aussieht. Die Hauptrippe ist flach nach außen gewölbt dargestellt, und man erkennt noch die einzelnen Einbuchtungen der Eichenblätter. Streng, fast langweilig wirkend, sind die Blätter aneinandergereiht, an den Seiten von je zwei Eichelpaaren begrenzt. Aufgelockert werden soll dieser Kranz durch einige wenige Bohrungen, doch auch sie verstärken nur die unnatürliche Wirkung dieses Kranzgebildes. An den Porträts der tetrarchischen Zeit ist die Stilisierung noch weiter fortgeschritten. Das zeigt sich auch an dem in Istanbul befindlichen Diokletians-Porträt aus Izmit 35 . Obwohl der Kranz hier stark zerstört ist, sind doch die Einzelheiten erkennbar, die die beschriebene Tendenz fortsetzen. Durch häufigere Bohrungen wurde versucht, die plastische Substanz aufzulockern. In klarer Regelmäßigkeit liegen die Blätter nebeneinander, sie sind in ein strenges parataktisches System gebunden. Ihren Höhepunkt hat diese Parataxe in den Porträts der drei Konstantin-Statuen 36 . Zwischen dem Diokletiansporträt und diesen stehen zeitlich das Porträt des Leidener Maximian 37 und das Berliner Porträt. Ebenso wie ihre Form, so ändert sich auch die Befestigung der corona : coronae der frühen Kaiserzeit sind an dünnen Bändern oder Tüchern befestigt, die späten dagegen an einem schwer und massig wirkenden Tuch. Die dünnen Bänder der frühkaiserzeitlichen coronae fallen gewöhnlich frei auf die Schultern, wie z. B. an der Büste des Claudius um Vatikan 38 . In tetrarchischer Zeit beginnt man, den Kranz an einem Tuch zu befestigen, das am Hinterkopf geknotet wird und dann breit in den Rücken hinabfällt. An Porträts des Kaisers Konstantin sind die coronae ausschließlich an solchen breiten, schweren Tüchern befestigt. Die an der Rückseite des Berliner Porträts gut sichtbare Knotung (Tafel 20,2) und das stufenförmig in den Rücken fallende Tuch stimmen genau mit der Verknotung und des darüber gelegten Tuches an der Panzerstatue Konstantins des Großen auf dem Kapitolsplatz überein 39 . Auch das ist ein wichtiges Indiz für die Spätdatierung des Berliner Porträts und zeigt dessen große Nähe zum Konstantin-Porträt. V. Es bleibt nunmehr zu versuchen, den im Berliner Porträt Dargestellten zu identifizieren. Dabei ist gleichzeitig zu prüfen, ob sich historische Indizien für die Bestimmung der corona gewinnen lassen. Die Identifikation des Dargestellten stößt aber auf besondere Schwierigkeiten, da die gesamte Gesichtsoberfläche Überarbeitungsspuren aufweist und außerdem Nase und Mund stark zerstört sind. 1. Trägt der Dargestellte die corona civica, ist es sicher, daß es ein Angehöriger des konstantinischen Hauses ist; es bestünde dann die Wahl zwischen Konstantin selbst und seinen Söhnen Crispus und Constantinus II. 2. Sollte er eine corona triumphalis tragen, so ist ein siegreicher Feldherr dargestellt, der allerdings auch im konstantinischen Hause zu suchen wäre. 33

Als Beispiel einer überarbeiteten frühkaiserzeitlichen corona sei hier das Claudius-Porträt im Louvre, Catalogue Sommaire Nr. 1226, angeführt. 34 Paris, Musée du Louvre, Catalogue Sommaire Nr. 1541. 35 Vgl. Anm. 22. 36 Vgl. Anm. 18. 37 Vgl. Anm. 23. 38 Heibig (wie Anm. 16), S. 37, Nr. 45 (mit Lit.). 39 Vgl. Anm. 7. 90

In der Gruppe der zur Spätdatierung neigenden Forscher herrscht allgemein die Ansicht vor, daß im Berliner Porträt Crispus oder Constantinus II. dargestellt worden sei. Der Anlaß für die Herstellung des Porträts seien die Vicennalien Kaiser Konstantins von 326/27 gewesen. Diese Ansicht wird weniger mit stilistischen als mit historischen Tatsachen belegt. Crispus, geboren um 300, war von 317 bis 326 Caesar. 320 schlug er die Franken, 323 die Alemannen. Triumphe sind für beide Siege nicht bezeugt, aber nicht unwahrscheinlich. 326 wird er getötet und verfällt der damnatio memoriae 40 . Constantinus II. wurde ebenfalls 317 zum Caesar ernannt, feierte 321 die Quincennalien in Serdica, nahm seit dem Tode des Crispus dessen Stellung in Gallien ein und trug seit 331 den Titel „Alemannicus". Nach dem Tode Konstantins des Großen im Jahre 337 teilte er sich zunächst mit seinen Brüdern Constantius II. und Constans die Herrschaft, wurde dann aber selbst 340 ermordet 41 . In diesem historischen Gerüst wären zwar die Umarbeitung aus der damnatio memoriae und die corona allenfalls als eine corona triumphalis erklärt, doch die vorangegangenen stilistischen Untersuchungen haben gezeigt, daß das Berliner Porträt etwa zehn Jahre vor dem Tode des Crispus entstanden sein muß. Der Anlaß für die Herstellung des Porträts könnte seine Erhebung zum Caesar gewesen sein. D a Crispus im Jahre 317 in diese Würde erhoben wurde, die stilistische Betrachtung des Porträts aber dessen Datierung in die Mitte des zweiten Jahrzehnts des 4. Jh. ergab, dürfte in dem Berliner Kopf am ehesten Crispus dargestellt sein, dessen Porträt mit einer corona civica geschmückt ist. Diese Annahme wird gestützt durch ein bei J . J . Bernoulli abgebildetes Münzporträt des Crispus, das diesen mit einem Kranz mit Stirnjuwel zeigt 42 . E s sind große Ähnlichkeit der in Physiognomie des im Münzbild Dargestellten und des im Berliner Porträt Dargestellten sichtbar, doch ist es sehr gewagt, Münzbilder dieser Zeit zum Vergleich heranzuziehen, weil hier bereits ein starker Schematisierungsprozeß eingesetzt hatte, daß der Vergleich mit dem Münzbild des Crispus nur als Hinweis betrachtet werden kann. Hier ist zunächst der gleiche Frisurentyp erkennbar: Unter der corona fällt kurzes, ponyartig frisiertes Haar in die Stirn. E s umsäumt dicht das Ohr und ist im Nacken kurz geschnitten. Aufschlußreich ist auch die Gestaltung des Orbitals: Das Auge des Münzporträts ist weit geöffnet, parallel zum Oberlid schwingt die Braue in die Seitenansicht. Das Unterlid ist deutlich gekennzeichnet, die darunterliegende Wangenfläche ist eine regungslose, glatte und völlig undifferenzierte Fläche, ebenso wie am Berliner Porträt. Die senkrechte Stirn und das energisch vorspringende Kinn sowie der leicht nach unten gezogene Mund haben ebenfalls im Berliner Porträt ihre Entsprechung. Die hier gezeigten Übereinstimmungen bieten einige Anhaltspunkte für die Identifizierung des im Berliner Porträt Dargestellten als Crispus, wenngleich diese Bestimmung doch stark hypothetischen Charakter besitzen muß. Man könnte auch geneigt sein, in dem Berliner Porträt einen Konstantin zu erkennen, indem man auf die starken Übereinstimmungen mit den als KonstantinPorträts gedeuteten Bildnissen im Louvre und in Catania hinweist, jedoch wäre diese Bestimmung ebenso hypothetisch, ansonsten ließe sich die Umarbeitung dann kaum noch erklären. D a Crispus nach seinem gewaltsam herbeigeführten Tode der damnatio memoriae verfiel, wird man versucht haben, dieses Bildnis umzuarbeiten. Dieses wäre dann frühestens 326 erfolgt. Wen das Porträt nach der Umarbeitung darstellen sollte, ist mit noch größerer Unsicherheit zu bestimmen als die Person des ursprünglich Dargestellten, ebenso wie die Frage, warum die bereits begonnene Umarbeitung wieder abgebrochen wurde. Es könnte sein, daß der Kopf in einen Constantinus II. umgearbeitet werden sollte. Die historischen Tatsachen sprächen zwar dafür, die erkennbaren künstlerischen Phänomene des Porträts wären aber in stärkster Weise überfordert, wollte man ikonographisch bestimmen, was nur in begonnenem Zustand, also noch gar nicht vorhanden ist. Zusammengefaßt ergibt sich nach den durchgeführten Untersuchungen folgendes Bild: Aus stilistischen Gründen ist das Berliner Porträt in die Mitte des zweiten Jahrzehnts des 4. Jh. zu datieren. Ursprünglich wird es Crispus dargestellt haben, der 317 zum Caesar erhoben wurde und damit das 40 41

42

Vgl. 0. Seek, Artikel Crispus, in: R E Bd. IV 2, Stuttgart 1901. Vgl. J. Moreau, Artikel Constantinus II, in: JbAC 2, 1959, S. 160. Bernoulli (wie Anm. 4), Münztf. IX, Nr. 3.

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Recht zum Tragen der Corona civica erhielt. Nach seinem Tode im Jahre 326 und der über ihn verhängten damnatio memoriae ist es nicht unmöglich, daß das Berliner Porträt in ein Bildnis des Constantinus II. umgearbeitet werden sollte. Weshalb diese Umarbeitung nicht vollendet wurde, ist nicht mehr zu klären. Fotonachweis Tafel 19, 20 und Abbildungen auf den Seiten 82, 83 : W. Schindler, Berlin

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DIE ANFÄNGE DER BERLINER ANTIKEN-SAMMLUNG ZUR GESCHICHTE DES ANTIKENKABINETTS 1640-1830 (Mit Tafel 2 1 - 2 8 ) Gerald

Her es

Die Gründung der „Skulpturen-Gallerie" und des „Antiquarium" als Abteilungen der königlichen Museen im Jahre 1830 eröffnete eine neue Epoche in der so wechselvollen Geschichte der Berliner Antiken-Sammlung. Erst in den Sälen des Alten Museum gewannen die Antiken eine wirkliche Bedeutung für Öffentlichkeit und geistiges Leben. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte gelangten dann zahlreiche Meisterwerke antiker Kunst, Grabungsfunde sowohl als glückliche Erwerbungen aus dem Kunsthandel, in die Sammlung, die endlich zu einem der größten und berühmtesten Institute ihrer Art wurde. Daß sich die Berliner Antiken-Sammlung bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen läßt, war nicht unbekannt, aber selten recht bewußt. Der folgende Versuch soll erstmals die Geschichte der Sammlung von den Anfängen bis zur Museumsgründung von 1830 im Zusammenhang schildern. Dabei wurden die wenigen, bislang kaum beachteten Forschungen zu diesem Komplex um so dankbarer benutzt, als die archivalischen Quellen vielfach versiegt sind. Da einiges unbekannte Material dennoch ausgewertet werden konnte, ließ sich aus vielen Details schließlich ein anschauliches Bild gewinnen. Die Quellen Von den drei Zweigen der Überlieferung ist die Literatur am leichtesten zugänglich, aber auch am spärlichsten vorhanden 1 . Eine Auswahl von Berliner Antiken hat erstmals Beger um 1700 in seinem großartigen „Thesaurus Brandenburgicus" vorgelegt. Wenig später überstrahlte dann der Ruhm der Dresdener den der fast unzugänglichen Berliner Antiken. Die Erwerbungen Friedrichs II. dienten lediglich dem Schmuck seiner Schlösser in Charlottenburg und Potsdam, ja sogar der alte Berliner 1

L i t e r a t u r zur G e s c h i c h t e der B e r l i n e r A n t i k e n - S a m m l u n g : L. Beger, Thesaurus Brandenburgicus, Bd. 1, 1696, Bd. 3, 1701. — F. Nicolai, Beschreibung der Kgl. Residenzstädte Berlin und Potsdam 3 , Bd. 2, Berlin 1786. — (J.Henry), Allgemeines Verzeichnis des Kgl. Kunst-, Naturhistorischen und Antiken-Museums, Berlin 1805. — K. Leve^pw, Uber die kgl. preußischen Sammlungen alter Kunst, in: Böttigers Amalthea, Bd. 2, 1822 (Sonderdruck). Erster Nachtrag, Leipzig 1823. — Von S t a d t b e s c h r e i b u n g e n waren zugänglich: G. Kaden, Gesammelte Merkwürdigkeiten ..., Berlin 1715. — J.D. F. Rumpf \ Berlin und Potsdam 5 , Bd. 1, Berlin 1833. — Dcrs., Beschreibung ... Merkwürdigkeiten ... Berlin und Potsdam, Berlin 1796. - M.Gila, Berolineum, Berlin 1805. — H. Rockstroh, Berlin, Berlin 1823. — J. Chr. Gädicke, Lexicon von Berlin, Berlin 1806. — F o r s c h u n g e n zur G e s c h i c h t e der K u n s t k a m m e r : L. v. Ledebur, Geschichte der Kgl. Kunstkammer in Berlin, in: Allg. Archiv für die Geschichtskunde des preuß. Staates 6, 1831, S. 1 ff. — J. FriedländerlA. v. Sallet, Das kgl. Münzkabinett2, Berlin 1877, S. 2ff. — J. Friedländer, in: Zur Geschichte der kgl. Museen. Festschrift zur Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens, Berlin 1880, S. 5 ff. — V. Scherer, Deutsche Museen, Jena 1913, S. 32ff. — E. Jacobs, Das Musco Vcndramin und die Sammlung Reynst, in: Repertorium für Kunstwissenschaft 46, 1925, S. 15 ff. — P. SeideljF. Stock, Zur Vorgeschichte der Berliner Museen, in: Jahrbücher der preuß. Kunstsammlungen 49, 1929, Beiheft S. 56ff. — 0. Reichl, Zur Geschichte der ehem. Berliner Kunstkammer, a. O. 51, 1930, S. 224ff. — E. Zwierlein, Antike Gemmen in deutschen Sammlungen, Bd. 2, München 1969, S. 9ff. — G. Eckardt, Die Bildergalerie in Sanssouci, phil. Diss. Halle 1974.

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Bestand mußte nach Potsdam gebracht werden. Die Verzeichnisse des Potsdamer Galerieinspektors Oesterreich gestatten einen Überblick; einige Skulpturen wurden in schlechten Stichen um 1770 publiziert. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts beschrieb Friedrich Nicolai das Antikenkabinett, dessen Inhalt noch immer, wie ein Zeitgenosse es formuliert, „pêle-mêle auf einer Bank in dem Antikentempel herumlag". Reisehandbücher und Stadtbeschreibungen geben nur spärliche Hinweise. Nicht mehr auffindbar ist ein Verzeichnis der nach Berlin zurückgebrachten Antiken von 1805. Als Konrad Levezow 1822 in Böttigers „Amalthea" über die Berliner „Sammlungen der Denkmäler alter Kunst" berichtete, war der Bau eines Museums, in dem auch die Antiken ihren Platz finden sollten, endlich in greifbare Nähe gerückt. Eine „Geschichte der Kgl. Kunstkammer" unter gelegentlicher Berücksichtigung der Antiken hat Leopold von Ledebur 1831 veröffentlicht; ihm ging es um die Rechtfertigung der als unzeitgemäß empfundenen Sammlung, in der nur verblieben war, was keines der neu gegründeten Museen haben wollte; dennoch wurde die Kunstkammer nach seinem Tode endgültig aufgelöst. Ledeburs Mitteilungen sind uns vor allem für das 17. Jahrhundert wichtig. In seinem Handbuch des Münzkabinetts und in der Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen der Museen behandelte Julius Friedländer die Anfänge der Antiken-Sammlung knapp, aber sorgfältig; manche Akten, die er benutzt hat, sind inzwischen verloren gegangen. Archivmaterial aus den Jahren um 1800 haben Paul Seidel und Friedrich Stock anläßlich der Hundertjahrfeier publiziert. Otto Reichl gelang es, die seit langem vergessenen Kunstkammersäle im Schloß zu renovieren. Seine photographischen Aufnahmen (Tafel 23—25) und baugeschichtlichen Untersuchungen haben heute besonderen dokumentarischen Wert. Jüngst hat Götz Eckardt in einer umfassenden Studie „Die Bildergalerie in Sanssouci" behandelt. Diese Arbeit bietet mehr als ihr Titel verspricht, nämlich grundlegende Forschungen zur Geschichte der preußischen Kunstsammlungen im 18. und 19. Jahrhundert. Viele Ergebnisse Eckardts sind daher auch für unser Thema von Interesse. Den jeweiligen Besitzstand der Sammlung zeigen die Inventare, deren ältestes 1649 und deren letztes vor der Museumsgründung in den Jahren 1824/25 angefertigt wurde 2 . Leider gibt es in der Zwischenzeit große Lücken. Die späteren Kataloge sind nützlich, aber nicht immer zuverlässig, weil ihre Verfasser das Archivmaterial nicht gründlich ausgewertet haben3. Unschätzbar trotz großer Verluste sind die Akten der Staatlichen Museen zu Berlin, des Zentralen Staatsarchivs Merseburg und der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam 4 . Da sie wenig benutzt wurden, liefern sie manche neuen Daten; für das Zeit- und Lokalkolorit sind sie vollends unentbehrlich. 2

I n v e n t a r e i m M ü n z k a b i n e t t d e r S t a a t l i c h e n M u s e e n z u B e r l i n : Serenissimi Principis Friderici Wilhelmi . . . N u m i s m a t a antiqua . . . aliaque venerandae Antiquitatis m o n u m e n t a , 1649. — Cimeliarchium B r a n d e n b u r g i c u m , 1672. — Verzeichnis der . . . A n t i q u i t e t e n - u n d R a r i t e t e n - C a m m e r , 1688. — I n v e n t a r e i n d e r A n t i k e n - S a m m l u n g : G e m m e n i n v e n t a r Begers, g e f ü h r t bis 1713. — Catalogue des pierres gravées d u Cabinet Royal à Berlin ( M a n u skript Stoschs). — I n v e n t a r e L e v e z o w s (1 Band T o n , 2 Bde B r o n z e n , 1 B a n d Malereien, 1 Band Glas), 1824/25. — J o u r n a l ü b e r die V e r m e h r u n g e n des A n t i q u a r i u m s , 1830 (rückläufig bis 1823).

3

K a t a l o g e d e s 19. J a h r h u n d e r t s : F. Tieck, Verzeichnis der antiken Bildhauerwerke, 1832. — K. Leve^ow, Verzeichnis antiker D e n k m ä l e r im A n t i q u a r i u m , Bd. 1: Galleric der Vasen, 1834. — E.H. Toelken, E r k l ä r e n d e s V e r zeichnis der antiken vertieft geschnittenen Steine, 1835. — E. Gerhard, Berlins antike Bildwerke, 1836. — C. Friederichs, G e r ä t h e u n d B r o n c e n im Alten M u s e u m , 1871. — A. Furtwängler, B e s c h r e i b u n g der V a s e n s a m m l u n g , 1888. — (A. Con^efA. Furtwängler), B e s c h r e i b u n g der antiken S k u l p t u r e n , 1891. — A. Furtwängler, Beschreibung der geschnittenen Steine, 1896.

4

A k t e n m a t e r i a l : 1. Archiv der Staatlichen Museen zu Berlin: A n t i k e n - K a b i n e t t , 2 Bde, 1798 — 1829. K u n s t k a m m e r , Generalia, Bd. 1 u n d 2, 1748 — 1802 (folgende Bände fehlen). — 2. A k a d e m i e der Wissenschaften, 1786—1807; publiziert v o n Stock (wie A n m . i). — 3. Zentrales Staatsarchiv, H i s t . A b t . II, M e r s e b u r g (im f o l g e n d e n zitiert: Z S T A Hist. A b t . II M e r s e b u r g ) : Brandenburgisches H a u s a r c h i v R e p . 20 N r . 41 f. Ministerium der geistl., U n t e r richts- u n d Medicinalangelegenheiten, Rep. 76 V e, Sekt. 15 A b t . V I N r . 16 (Antiken-, M ü n z - u n d Medaillenkabinett, Bd. 1—5, 1810 — 1824). — 4- Staatliche Schlösser u n d G ä r t e n Sanssouci, P l a n k a m m e r ( A k t e n des O b e r h o f marschallamts).

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D i e G r ü n d u n g der S a m m l u n g u n d das I n v e n t a r v o n 1 6 4 9 Wie die meisten fürstlichen Sammlungen des 16. Jahrhunderts, dürfte auch die Berliner Kunstkammer zu dieser Zeit bereits einzelne antike Münzen, Statuetten und Geräte enthalten haben. Am Beginn des 17. Jahrhunderts verwaltete ein Kammermeister das „Gewölbe" zusammen mit der Garderobenkammer. Die 1603 und 1605 angefertigten Inventare dieses Bestandes sind verloren. So muß man v. Ledebur glauben, wenn er feststellt, daß keines der 'in ihnen genannten Stücke den Dreißigjährigen Krieg in Berlin überdauert hat5. Als Gründer der Berliner Sammlungen muß Kurfürst Friedrich Wilhelm gelten. Als er 1640 die Regierung übernahm, litt Brandenburg schwer unter den Verwüstungen des Krieges. Der junge Kurfürst wohnte einige Zeit in Cleve, ehe er das nur notdürftig hergerichtete Berliner Schloß bezog. Am Rhein kam er unmittelbar mit römischen Funden in Berührung, die dort seit dem 16. Jahrhundert gesammelt wurden 6 . Ein Freiherr von Loe schenkte ihm das heute in Bonn aufbewahrte Caeliusrelief 7 . Schon 1642 kaufte er die Sammlung des Geheimrats Erasmus Seidel, 1680 die des Xantener Predigers Hermann Ewich 8 . Johann Moritz von Nassau, seit 1647 brandenburgischer Statthalter in Cleve, sammelte mit Leidenschaft Antiken; auch dies mag den Kurfürsten zu eigener Aktivität angespornt haben9. Ein Jahr nach dem Abschluß des Westfälischen Friedens ließ Friedrich Wilhelm ein Verzeichnis seines Antikenbesitzes anfertigen. Dieses Inventar enthält vor allem Münzen, auf vier Seiten auch eine summarische Liste der Gemmen, Statuetten und Geräte 10 . Der Bestand läßt sich folgendermaßen rekonstruieren: 67 Gemmen „diversorum generum", 39 Fibeln „diversarum formarum", 23 Statuetten und Köpfe aus Bronze, 31 Geräte und Gefäße aus Bronze (u, a. Schlüssel, chirurgische Instrumente, Glocken, Lampen), 12 eiserne Pfeilspitzen, mehrere eiserne Fingerringe, „ingens numerus vasorum fictilium, partim ex vitro", darunter auch Lampen und Urnen. Der überwiegende Teil dieser Anticaglien dürfte aus der Sammlung des Erasmus Seidel, also aus rheinischen Funden stammen. Identifizierungen mit Stücken des späteren Bestandes sind, da Beschreibungen fehlen, allenfalls auf dem Wege des Ausschlusses möglich.

Das Inventar von 1672 Im Jahre 1663 übertrug der Kurfürst die Verwaltung seiner Sammlung dem „Antiquarius" Heinrich Christian von Heimbach 11 . Seit 1665 war Heimbach oft in Cleve; er soll dort auch eigene Ausgrabungen vorgenommen haben 12 . Seine Vertretung in Berlin übernahm dann der Schloßbaumeister 5

v. Ledebur (wie A n m . 1) S. 6 f f . — V g l . aber Zwierlein (wie A n m . 1) S. 9. V g l . R. v. Busch, Studien zu deutschen Antikensammlungen des 16. Jahrhunderts, Diss. Tübingen 1 9 7 3 , S. 44.fi. 7 v. Busch (wie A n m . 6) S. 45. 8 v. Ledebur (wie A n m . 1) S. 1 2 . — Friedländer (wie A n m . 1) S. 5. 9 v. Busch (wie A n m . 6) S. 45 ff. — V g l . W. Diedenhofen, in: Kalender f ü r das K l e v e r L a n d 1977, S. 71 f f . 10 priedländer/v. Sollet (wie A n m . 1) S. 2 vermuten, daß Seidel der Verfasser sei und E w i c h das Inventar später durchgesehen habe. 11 v. Ledebur (wie A n m . 1) S. 12. — F. Wilken, Geschichte der kgl. Bibliothek zu Berlin, Berlin 1828, S. 1 7 5 . — E. Vehse, Geschichte der deutschen H ö f e , 1. Abt., 1. Bd., 1 . Teil, H a m b u r g 1 8 5 1 , S. 187 (Christian Heimbach, Antiquarius). — Friedländerjv. Sallet (wie A n m . 1) S. 3. — Scherer (wie A n m . 1). S. 37. — E. Paunel, Die Staatsbibliothek zu Berlin, Berlin 1965, S. 1 1 f. — Ledebur a. O . weist darauf hin, daß Heimbach in kurfürstlichen Verordnungen mit dem V o r namen Heinrich genannt wird. D a er im Inventar von 1 6 7 2 „ C . ab H . " signiert, dürfte er beide Namen geführt haben. 6

12

Scherer (wie A n m . 1) S. 37.

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J o h a n n G r e g o r M e m h a r d 1 3 . I m J a h r e 1672 verfaßte Heimbach das erste ausführliche Inventar des Berliner Antikenkabinetts, das gegenüber 1649 einen beträchtlichen Z u w a c h s erkennen läßt. V o n besonderer Bedeutung sind die einleitend präsentierten 22 Skulpturen — die frühesten nachweisbaren der Berliner Sammlung. D e m Scharfsinn E m i l J a c o b s ' gelang es, die Herkunft einiger v o n ihnen (Tafel 2 1 — 2 2 ) zu ermitteln; sie sind 1 6 7 1 v o n der Witwe des Amsterdamer K a u f m a n n s Gerrit Reynst (1599 —165B) erworben worden 1 4 . D i e meisten hatte Reynst aus der Sammlung des Venezianers Gabriel Vendramin erworben, der sie seit 1 5 3 0 in seinem Palazzo aufgestellt hatte, w o sie bis 1 6 1 2 zusammenblieben.

A b b . 1. Sarapis-Karncol F. 1 1 0 5 , Stich (nach Begcr) und F o t o

Mit Hilfe des „Thesaurus Brandenburgicus" lassen sich manche Stücke des Inventars identifizieren, so der Trajan (Sk. 3 5 5 ; T a f e l 22, 1 — 2 ) , der „ T r i p t o l e m u s " (Sk. 5 2 1 ; T a f e l 22, 3—4) und der später irrtümlich so genannte „Priapus B e l l o r i i " (Dresden; T a f e l 2 1 , 3—4). A n h a n d jetzt verschollener A b b i l d u n g e n hatte K . A . Neugebauer f ü r eine größere Anzahl Berliner Skulpturen die H e r k u n f t aus der Sammlung Reynst nachgewiesen 1 5 . D a nicht alle diese eindeutig identifizierten Skulpturen im Inventar v o n 1672 aufgeführt sind, standen sie vermutlich in Repräsentationsräumen des Schlosses, gehörten also nicht zum Bestand des Antikenkabinetts. D i e Anzahl der Kleinkunstwerke, der Anticaglien, hat sich gegenüber 1649 fast verdoppelt: 62 Bronzestatuetten, 87 Bronzegeräte und -gefäße, 95 Fibeln, 36 Tonlampen, 8 Metallringe mit G r a v i e r u n g , 100 G e m m e n , einige eiserne R i n g e (annuli aliquot ferrei), mehrere Dolch- und Schwertklingen (mucrones diversae), mehrere Glasgefäße (vasa vitrea diversa), zahllose T o n g e f ä ß e (vasa fictilia innumera). D i e Beschreibungen sind in manchen Fällen so genau, daß Identifizierungen mit dem späteren 13

v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 13. — Fried/änderjti. Sollet (wie Anm. 1) S. 3.

14

E. Jacobs (wie A n m . 1) S. 15 ff. — Die dort S. 17 und 25 zitierten Abbildungsbände im Besitz der Staatlichen Museen zu Berlin sind nicht erhalten, die S. 54 zitierten Erwerbungsakten des G e h . Staatsarchivs in den Merseburger Beständen nicht auffindbar. Die Geschichte der Sammlung Reynst wird v o n A. M. Logan (New Häven) bearbeitet.

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Handschriftliche Eintragungen in der Sachkartei, von C. Blümel für seine Skulpturen-Kataloge benutzt.

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Bestand möglich wären. Als bedeutendste Gemme der Sammlung hat offenbar schon Heimbach den herrlichen hellenistischen Sarapiskarneol (F. 1 1 0 5 ; Abb. 1) empfunden, denn er stellt ihn an den Anfang seiner Gemmenliste: „in Sardio pulcherrimo caput est incisum, elegantissimae sculpturae, barbatum et calatho ornatum, ex adversö respiciens, aureoque annulo inclusum: Serapidis Dei imago est" 1 6 . Eine erstaunlich große Zahl der Gemmen erweist sich als gefälscht; der Rest, teilweise in antiken Ringen, dürfte überwiegend aus Cleve und Xanten stammen, wie es der Titel des Inventars angibt: „in Cliviae Ducatu prope urbem Santenam, ad Rhenum sitam, ubi olim VeteraTrajani castra fuere, maxima ex parte inventa". Über die Aufstellung der Sammlung ist aus jener Zeit nichts überliefert. Sie dürfte, wie später bezeugt, in den Wohnräumen des Kurfürsten oder in ihrer unmittelbaren Nähe aufgestellt worden sein 17 . Der Kurfürst hatte offenbar ein ganz persönliches Verhältnis zu seiner Sammlung; er habe es „nicht unterlassen", „sein heroisches Gemüte iezuweilen mit dieser tugerdhafften Ergetzlichkeit zu erfreuen" (Sandrart). Joachim von Sandrart meint 1679, im Berliner Schloß befände sich „eine unglaubliche Menge neu-erfundener Antiquitäten von allerley Art und Materie", aber er sei „nicht allda gewesen und ferne Entlegenheit mich zurücke gehalten". So ist ihm die Übertreibung wohl zu verzeihen 18 . Da Heimbach durch seine amtliche Tätigkeit in Cleve immer stärker beansprucht wurde, mußte er das Berliner Amt aufgeben. Sein Nachfolger in der Verwaltung der „Kurfürstlichen Antiken-, Kunstund Naturalienkammer" wurde 1685 Christian Albrecht Kunckel, der erst 1679 die sächsischen mit den brandenburgischen Diensten vertauscht hatte19. Kunckel, berühmter Alchemist und Erfinder, wird sich um die Antiken wenig gekümmert haben. Sein Nachfolger wurde 1688 der Schweizer Eisenschneider Christoph Umgelter, der sich als kurfürstlicher Münzrat Verdienste erworben hatte, die Antiken aber gleichfalls vernachlässigte20. Doch inzwischen war ein Gelehrter nach Berlin verschlagen worden, der sich der Sammlung mit höchster Sachkenntnis und Energie annahm: Lorenz Beger. B e g e r u n d die „ A n t i q u i t a e t e n - C a m m e r " Mit Kurfürst Carl war im Jahre 1685 die bislang in Heidelberg regierende pfälzische Linie Simmern ausgestorben. Gemäß einem Erbvertrag wurde der Kunstbesitz des Kurfürsten aufgeteilt; die Sammlung von etwa 12000 Münzen fiel an den brandenburgischen Kurfürsten 21 . Als Bibliothekar und Antiquar wirkte in Heidelberg Lorenz (Laurentius) Beger (Tafel 26), „ein capables und qualificirtes Subjectum,-welches in antiquitäten und studio historiarum wohl versiret vnnt erfahren", wie ihn Carls Nachfolger Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg charakterisiert22. Im „Thesaurus Palatinus" hatte Beger 1685 eine Publikation des Pfälzischen Antikenbesitzes vorgelegt. Ein Jahr darauf brachte er die pfälzische Münzsammlung persönlich nach Cleve und übergab sie dem Kurfürsten, der ihn als Rat und Bibliothekar anstellte. Seit 1688 verwaltete er die „Antiquitaeten-Cammer"; mit dem 12. Mai dieses Jahres beginnt sein Verzeichnis dieser Sammlung 23 . Da Kurfürst Friedrich Wilhelm erst drei Tage zuvor gestorben war, hat sein Sohn und Nachfolger offenbar nur diese Gelegenheit abgewartet, Beger mit der neuen Aufgabe zu betrauen. Auf den ersten Seiten des „Journals" findet man mehrfach 16

Inventar 1672 (wie Anm. 2), S. 47. — Furtwängler, Geschn. Steine (wie Anm. 3) N i . 1105. — Zwierlein (wie Anm. 1) S. 93 Nr. 213. " Zwierlein (wie Anm. 1) S. 9 spricht von „einer Galerie". Aktenbelege für die Aufstellung der Antiken ließen sich leider nicht finden. 18 A-. R. Pelt^er, J . v. Sandrarts Academie . . . , München 1925, S. 310t. — Scherer (wie Anm. 1) S. 38. 19 Vgl. v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 16. — Vehse (wie Anm. 1 1 ) S. 154t. 20 v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 17. — Friedländer\v. Sollet (wie Anm. 1) S. 3. 21 Friedländerjv. Sollet (wie Anm. 1) S. 4. — C. B. Stark, Systematik und Geschichte der Archäologie, Leipzig 1880 (Nachdruck München 1969), S. 157£. 22 Wilken (wie Anm. 1 1 ) S. 176. — v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 16. — Zu Beger vgl. Chr. G.Jöcher, Allg. Gelehrten Lcxicon 1, 1750, S. 9 1 1 f. — Kenner, in: Allg. dtsch. Biographie 2, 1875, S. 271t. — Stark (wie Anm. 21) S. 157f. — Paunel (wie Anm. 1 1 ) S. 2of. 23 Heute im Berliner Münzkabinett (s. Anm. 2).

97 7

Forsch, u. Der. B d . 18

die Notiz Begers, er habe Neuerwerbungen an „H. Umbgelter" ausgeliefert, der also die nominelle Oberleitung weiterhin in der Hand hatte. Erst nach Umgelters Tod wurde Beger am i. September 1693 die Leitung aller Sammlungen übertragen, ihm aber speziell für die Kunst- und Naturalienkammer der ehemals pfälzische Hofrat und Bibliothekar Johann Casimir Philippi unterstellt. Beger nannte sich nun offiziell „Serenissimi Electoris Brandenburgici consiliarius ab Antiquitatibus et Bibliotheca", in Adreßkalendern figuriert er als „Rath, Bibliothecarius und erster Kunstkämmerer". Sein Amt wünschte er so aufgefaßt, „daß . . . mir . . . befohlen würde, auf die Vermehrung bedacht zu sein, die Disposition zu verbessern den Verstand der Sachen was ein jedwedes seye und mit sich bringe, nachzusinnen und im übrigen dahin zu sehen, daß die Raritäten in guter Verwahr gehalten und die Catalogi richtig geführet würden" 24 . Der Antikenbestand dürfte, abgesehen von den Münzen der pfälzischen Erbschalt, zunächst nur unwesentlich erweitert worden sein. Die Sammlung zählte im Jahre 1690 insgesamt etwa 22000 Münzen und Medaillen 25 . Auch das „Journal" verzeichnet überwiegend Münzen, erst seit 1692 sind mehrfach Erwerbungen von Gemmen erwähnt. Im Jahre 1698 erwarb Beger die reiche und bedeutende Sammlung des römischen Archäologen Giovanni Pietro Bellori (1613 — 1696); Elias Terwesten, der seit 1694 in Rom antike Skulpturen für die Berliner Kunstakademie abformen ließ, hatte den Ankauf 1696 vermittelt2®. Erst mit den etwa 200 Skulpturen, Bronzen, Terrakotten und Gläsern aus Rom, die sehnlichst erwartet am 4. Mai 1698 in Berlin eintrafen (merces desideratissima . . . praeter spem tardius advenit), gewann die Sammlung europäischen Rang. Bellori hatte nicht nur römische Porträtbüsten, Reliefs und kleine Statuen gesammelt, sondern auch qualitätvolle römische Bronzen, etruskische Terrakotten und unteritalische Vasen. Nach wie vor waren die Antiken „in den Wohnzimmern des Kurfürsten aufgestellt" 27 . Über manche Einzelheit der Unterbringung hat Beger in einer monumentalen Publikation berichtet, die nun betrachtet werden soll. Der Thesaurus Brandenburgicus Im Jahre 1696 erschien bei Ulrich Liebpert zu Cölln der erste Band des „Thesaurus Brandenburgicus Selectus". Zwei weitere Bände folgten in Abständen von zwei und drei Jahren. „ E s ist dies das bedeutendste Monumentenwerk von einem Deutschen auf deutschem Boden erschienen vor Winckelmann" 28 . Anreger und Förderer der Publikation war Ezechiel Spanheim (1629 — 1710), ein pfälzischer Gelehrter und Diplomat, der seit 1680 in brandenburgischen Diensten stand29. Von ihm („per-illustris noster Spanhemius") sagt Beger in der Praefatio zum ersten Band: „Huius consilio rem aggressus sum: Huius Ductu alacriter produxi: Huius praesidio feliciter exegi". Auch der kunstliebende, vom Kurfürsten später so schnöde behandelte Minister Eberhard von Danckelmann wird rühmend genannt. Beger durfte für das prunkvoll ausgestattete Werk eine Schar von Zeichnern, Stechern und Schreibern beschäftigen; er selbst wurde großzügig honoriert. Das Buch fand begeisterte Aufnahme. Ludwig X I V . , dem Beger die ersten beiden Bände übersandt hatte, schenkte dem Verfasser eine Kette mit kostbarem Goldmedaillon 30 . Seinen Neffen und späteren Nachfolger Johann Carl Schott hatte Beger selbst zum Antikenzeichner erzogen. Schott lieferte nicht nur eigene Zeichnungen, sondern führte auch Inventionen 24

v. Ledebur

( w i e A n m . 1) S. 20. Z i t a t : S. 55. — Friedländerjv.

Sallet ( w i e A n m . 1) S. 6. — Z u P h i l i p p i v g l . Wilken

(wie

A n m . 11) S. 178. 25 Friedländerfv. 26

Sallet ( w i e A n m . 1) S. 6.

V g l . G. Heres, D i e S a m m l u n g B e l l o r i ( i n D r u c k ) . — D e r s . , M u s e u m B e l l o r i a n u m , i n : D a s A l t e r t u m 20, 1 9 7 4 , S. 235 f f . —• Z u r E r w e r b u n g : v. Ledebur

( w i e A n m . 1) S. 20. Friedländer

( w i e A n m . 1) S. 7. Scherer ( w i e A n m . 1) S. 38. — E i n

E n t w u r f v o n B e g e r s A n t r a g auf E r w e r b u n g b e f i n d e t s i c h i m B e r l i n e r M ü n z k a b i n e t t ( d a t i e r t 27. 5. 96). — Z u r V e r m i t t l u n g T e r w e s t e n s v g l . H. Müller, 2

' Friedländerjv.

28

Stark

29

Wilken

D i e k g l . A k a d e m i e d e r K ü n s t e z u B e r l i n , B d . 1, B e r l i n 1896, S. 78.

Sallet ( w i e A n m . 1) S. 7.

( w i e A n m . 2 1 ) S. 158. ( w i e A n m . 11) S. 46. — Stark

( w i e A n m . 2 1 ) S. 1 5 5 f f . — D i e v o n Stark

l e i t u n g " ist n i c h t f a ß b a r . 30

v. Ledebur

98

( w i e A n m . 1) S. 21 A n m . 34. — Friedländerjv.

Sallet ( w i e A n m . 1) S. 8.

a. O . S. 1 5 8 p o s t u l i e r t e

„Ober-

anderer aus. Die hervorragende Qualität der Stiche wird durch einen Vergleich mit gleichzeitigen und späteren Tafelwerken deutlich. Offenbar hat Schott meist nach dem Original gezeichnet, seltener nach mehr oder weniger ungenauen Vorlagen. Es versteht sich, daß vielfach Proportionen verändert und daß Münz- und Gemmenbilder zierlicher und detaillierter wiedergegeben werden als sie in Wirklichkeit sind. Vorzüglich gelungen sind einige plastisch erfaßte Büsten (Band 3, S. 218, 321, 336, 344 und 346). Der Stich S. 344 ist signiert: „Paulus Werner delineavit, J. Tscherning sculp.". Paul Werner ist ein sonst wenig bekannter Sohn des Akademiedirektors Joseph Werner, Johann Tscherning ein schlesischer Stecher, der sich auf Porträts spezialisiert hatte. Signiert haben auch Samuel und Constantin Friedrich Biesendorf (1633—1706 bzw. 1674—1754) 31 , ferner Johann Ulrich Kraus

A b b . 2. Das Antikenkabinett um 1696, Stich von Samuel Biesendorf (nach Beger)

(1655—1719), der Berliner Hofkupferstecher Heinrich Jacob Otto (Lebensdaten unbekannt) und der Amsterdamer Augustin Oldenburgh (in Berlin 1690—1706). Der Entwurf des Titelkupfers stammt v o m Hofmaler Augustin Terwesten (1649—1711). Drei Stiche (Bd. 3, S. 318, 395 und 402) hat Beger selbst signiert (L.B.). Der Text des Werkes besteht aus einem weitschweifigen Dialog zwischen Archaeophilus und Dulodorus, der für die Denkmäler wenig hergibt. Allerdings sind allgemeine Bemerkungen eingeflochten, die zusammen mit den Abbildungen einen Eindruck auch von der Aufstellung vermitteln. Die Ansicht des Antikenkabinetts, die Samuel Biesendorf für den ersten Band lieferte, dürfte sein schönster Beitrag zum Thesaurus sein (Abb. 2). Dargestellt ist ein weiter lichter Raum mit jeweils vier Fenstern und einer Tür (mit Oberlicht) an den Längsseiten und zwei Fenstern an der Stirnseite, die als eine A r t Ehrenwand für den Kurfürsten gedacht ist. Über den Fenstern stehen insgesamt zehn Büsten auf Konsolen. Die Fenster der rechten Wand sind verhangen. Zwischen den Fenstern stehen an den Längswänden vier Schränke mit reichem plastischem Schmuck. Über den Raum verteilt stehen sechs Tische mit Schubkästen, deren Flächen mit Büsten, Statuen und Anticaglien verschiedener Art bedeckt sind. In Begers Text heißt es dazu: „Pigmenta . . . et scrinia . . . Hominis Incolae arti31

7*

So Bock, in: Thieme-Becker 4, 1910, S. 115. — Nach Müller (wie Anm. 26) S. 87 waren Samuel und Constantin Friedrich Brüder und Söhne des Goldschmieds Samuel Biesendorf. Müller gibt als Todesjahr für Samuel 1699, für Constantin 1744 an.

ficium sunt. Mercuriali is praeditus genio, rarissimas Japonensium elegantias imitatur. Adeo benignitas coeli non invidet Occasui sub occasum, auod indulserat Ortui post ortum. Haec novitate sua spectantes afficiunt. Quae sub iis latent, àfficiunt antiquitate. Quatuor cernis Gazophylacia : Sex Mensas. Mensis insistunt Statuae, Signa, Sigilla: Insunt variarum & Artium & Rituum Instrumenta: Subsunt Urnae, Lampades, aliaque. In Gazophylaciis custodiuntur Numismata & Gemmae, quorum généra elevatis Deorum Simulacris distinguuntur. E n Apollinem, Dianam, Venerem & Serapidem! quorum unicuique cognata abblanditur Geniorum turba. Apollini, Dianae & Veneri Numismata subsunt; Apollini Aurea: Dianae Argentea: Yeneri Aerea. Sub Serapide sunt G e m m a e " . Die Beschreibung zeigt, wie ernst das mythologisch-ikonographische Programm genommen wurde. Über die Ordnung der Gemmen im Serapis-Schrank gibt ein undatiertes Manuskript Begers Auskunft. Auf zehn „ T a f e l n " befanden sich 386 Gemmen, 17 Goldringe, 12 Silberringe, 17 Eisenringe, schließlich 15 Gold- und Silbergeräte 32 . Die Münz- und Gemmenschränke sind Werke des „Intendanten der Ornamente und Directors der Schildereien" Gerhard Dagly, dessen Bestallung vom 1. Juni 1687 einen gewissen Anhaltspunkt für die Datierung liefert 33 . Leider ist nur einer dieser Schränke (Tafel 27, 3) und auch dieser ohne den Figurenaufsatz erhalten geblieben 34 . Beger erwähnt ferner „quatuor pyramides . . . quae intimum Electoris Conclave exornant". In ihnen befanden sich Gefäße aus Kristall, Achat, Gold und Silber, also keine Bestände des Antikenkabinetts. Ein flüchtiger Stich im dritten Band des Thesaurus gibt eine vereinfachte Darstellung des Antikenkabinetts, nunmehr mit den Beständen der Sammlung Bellori. Die Unterschiede zwischen beiden Raumdarstellungen sind beträchtlich ; fast möchte man bezweifeln, daß sie überhaupt denselben Raum wiedergeben. Biesendorfs Stich ist in vielen Details genauer; die Proportionen der Schränke sind richtig erfaßt, während der spätere Stich sie verzerrt ; die seitlichen Handgriffe sind richtig angegeben, während der spätere Stich sie in Rosetten verwandelt. Sockel für Büsten und Statuen, die nur der spätere Stich zeigt, sind allerdings wahrscheinlich. Wie frei man mit dem Vorbild umging, zeigt der Initialstich zurPraefatio des dritten Bandes, der eine zusammengedrängte Kollektion Bellorischer Antiken wiedergibt. D i e G i p s a b g ü s s e der

Kunstakademie

Der Sachverhalt, daß die Antiken im Schloß keinem Publikum zugänglich waren, hat sich zwar später im Prinzip geändert; doch vor 1830 haben überwiegend Gelehrte und Reisende den Weg zu ihnen gefunden. Begers Thesaurus ist von Kompilatoren wie Montfaucon gründlich benutzt worden, auch Winckelmann studierte ihn; die Werke selbst haben jedoch Forschung und Kunst nicht beeinflußt. Anders, zumindest von der Idee her, verhält es sich mit einer weiteren Berliner Sammlung. Im Juli 1696 hatte der Kurfürst die Akademie der Künste feierlich eröffnet; bald darauf bezog sie sechs Säle im Obergeschoß des Marstalls in der Dorotheenstadt. Im Aktsaal der Akademie waren auf beweglichen Sockeln Gipsabgüsse antiker Statuen aufgestellt, die Elias Terwesten und Theodor Gericke seit 1694 in Italien angefertigt bzw. erworben hatten. Beger erwähnt diese Gipse im Thesaurus: „ . . . Statuarum & Marmorum tota Europa celeberrimorum ectypa, immensis sane sumtibus curata, & per tanta marium & fluminum spatia advecta, in ipso Academiae interiore Palatio radiant" 3 6 . In einer anderen zeitgenössischen Quelle heißt es : „ E i n großer runder Saal mit den accuratesten Abrissen der allerrarsten aus R o m und anderen Orten Italiens mit großen Kosten anhero transportierten Sta32 33

31 35

36

Aufbewahrt in der Antiken-Sammlung der Staatlichen Museen. Zu Gérard Dagly (d'Agly) vgl. Z S T A Hist. Abt. II Merseburg, H A Rep. 14 C Nr. 2 Bl. 1 (Bestallung vom 1. 6. 1887) und 8 (Bestallung als Hofkünstler vom 8. 12. 1695). Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum, Inv. 1965/17. K. Leve%on>, Geschichte der kgl. Akademie der bildenden Künste, Stettin/Leipzig 1808, S. 6f. — Müller (wie Anm. 26) S. 40. Beger (wie Anm. 1), Bd. 3 S. 217. ,

100

tuen, Vasen, Basreliefs und dergleichen, welche theils aus Stuck, theils aus Wachs verfertigt, in der Runde umher auf Piedestale gestellt . .," 3 7 . Zwei Abbildungen geben Ansichten des Saales38. Der elegante Stich im Thesaurus läßt eine durch das Format bedingte Dehnung in die Breite erkennen. An den Wänden sieht man die Laokoon-Gruppe, Hercules Farnese, Venus Medici, Satyr mit Krotalen. Büsten und Torsen stehen auf Konsolen. Genannt wird ferner ein nicht abgebildetes Kapitell vom Pantheon. Bei der vonBeger erwähnten Kopie des reitenden Marc Aurel dürfte es sich um eine stark verkleinerte Nachbildung gehandelt haben. Unbekannt bleibt, wieviele und welche Abgüsse insgesamt vorhanden waren. Vermutlich fiel der ganze Bestand 1742 einem Brand zum Opfer 39 . Inwieweit die Abgüsse die Berliner Kunst tatsächlich beeinflußt haben, müßte gesondert untersucht werden. D i e N e u e i n r i c h t u n g des A n t i k e n k a b i n e t t s

1703

Im Zusammenhang mit der Krönung des Kurfürsten zum König in Preußen und Schlüters Umbau des Schlosses erhielten die Kunstsammlungen eine neue Heimstatt im dritten Stock, zu beiden Seiten des Rittersaales. Es scheint nicht ausgeschlossen, daß für die Planung dieses Neubaus die Kunstkammer im Dachgeschoß des Dresdener Residenzschlosses Vorbild war; auch sie lag unmittelbar über den kurfürstlichen Gemächern und neben der Bibliothek 40 . Das Münz- und Antikenkabinett bekam drei Räume zugesprochen, und „den 3ten Augusti 1703 seind auff allergnädigsten Befehl S r Majestät die Antiquitäten in das neue Gebau, und die dazu aptirte gemächer transferiret worden" 4 1 . In Begers prunkendem Latein heißt es: „ A b eo enim tempore Rex noster gloriosissimus, ut omnia digno sua Majestate splendore donat, ita & Antiquitatibus suis Augustius hoc domicilium tradidit, ut digno tantae Gazae conspectu patescerent, simulque Orbi Literato restarentur, quantis in honoribus ejus decora in Aula Regio-Elect. Brandenburgica essent: In sun-imis videlicet, unde & summitatem Palatii sui Rex Augustissimus iis attribuit, cubiculoque suo propinqua voluit, omnique artium, vel exquisitissimarum, paratu excoluit". In diesen nicht unwürdigen Räumen blieb die Antiken-Sammlung nun, mit den Unterbrechungen 1770 — 1798 und 1806—i8i'5, bis 1830. Otto Reichl hat die seit 1854 nicht mehr museal genutzten Räume 1928 von späteren Einbauten befreit, ihre Baugeschichte untersucht und einige photographische Aufnahmen herstellen lassen. Mit Hilfe seiner Beobachtungen, alter Pläne und Beschreibungen ist eine Rekonstruktion des zerstörten Komplexes wenigstens in den Grundzügen möglich 42 . Das älteste Dokument der neuen Aufstellung ist ein Titelstich (Abb. 3) zu Begers letztem Münzwerk von 1704 43 . Reichl hat seine Bedeutung aber wohl zu hoch eingeschätzt, denn der Stich gibt keinen realen Raum wieder, sondern ist aus verschiedenen Details phantastisch komponiert 44 . Einen Raum mit vier Fenstern in einer Flucht gab es in der Kunstkammer überhaupt nicht; die Stuckdecke ist ganz allgemein gehalten und fand sich so oder ähnlich in vielen Räumen. Die Pilastergliederung der Wand ist vom Skulpturensaal übernommen, ebenso die Ecknischen mit Statuen im Hintergrund. Die Proportionen der Münzschränke sind verzerrt, doch die figuralen Aufsätze deutlicher als auf den früheren Stichen wiedergegeben. Wichtig sind die eleganten Büstensockel, die ähnlich schon im Titelstich des dritten Thesaurusbandes zu finden waren, bei Biesendorf aber fehlten. Diese Sockel 37 38 39 40

41 42

43 41

Scherer (wie A n m . 1) S. 38. Müller (wie A n m . 26) S. 35 (Weigel) und S. 43 ( = Beger, Thesaurus Brandenburgicus, Bd. 3 S. 217). Scherer (wie A n m . 1) S. 38. — Brand des Akademiegebäudes: v. Ledebur (wie A n m . 1) S. 27. V g l . v o r allem Reichl (wie A n m . 1) S. 2 3 1 ff. — Z u r Dresdener K u n s t k a m m e r : W. Holthausen, in: Repertorium für Kunstwissenschaft 48, 1 9 2 7 , S. i 4 o f f . Eintragung im Verzeichnis der Antiquitäten-Cammer (wie A n m . 2). Die Pläne v o n 1794 (Raum 4 1 1 — 4 1 4 ) , um 1890 (Raum 3 9 — 4 1 ) , um 1900 ( 7 1 4 — 418) und 1 9 1 1 (Raum 983—987) sowie das Schloßinventar v o n 1854 (Raum 692 — 702) befinden sich in der Plankammer der Staatlichen Schlösser und Gärten Sanssouci. A . Schendel danke ich für ihre Hilfsbereitschaft bei der Durchsicht der Archivalien und f ü r die A n f e r t i g u n g einer Photographic des wichtigen Planes v o n 1794. L. Beger, Numismatum M o d e r n o r u m Cimeliarchii Regio-Electoralis Brandenburgici Sectio prima, Berlin 1704, S. 1. Reichl (wie A n m . 1) S. 229.

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A b b . 3. D a s Antikenkabinett um : 7 0 4 , Stich (nach Begcr)

A b b . 4. Das Antikenkabinett nach 1703, Grundriß-Skizze nach dem Schloßplan v o n 1794

standen um 1800, als das Antikenkabinett neu eingerichtet werden mußte, im Medaillensaal herum und wurden wieder verwendet 45 . Entscheidend für die Rekonstruktion der Sammlung sind zwei von Reichl übersehene Quellen: Nicolais Beschreibung, die den Zustand vor 1770 referiert, und der Schloßplan von 1794 (Abb. 4), auf dem die Räume als „Medaillen-Cammer" bezeichnet werden46. Da zwischen 1703 und 1794 entscheidende Eingriffe in die Bausubstanz schwerlich vorgenommen wurden, kann man Beschreibung und Plan auf den Zustand der ersten Jahrzehnte beziehen 4 '. Über eine Wendeltreppe von 120 Stufen kam der Besucher in den geräumigen Flur (etwa 15 m lang und 2,50 m breit) hinter dem Rittersaal. Schon hier könnten Büsten gestanden und Bilder, Stiche oder Reliefs die Wände geschmückt haben. Zwei schmale Gänge führten rechts in die Kunst- und Naturalienkammer, links in das Münz- und Antikenkabinett. Nicolai beschreibt die Räume offenbar in der Reihenfolge, in der sie besichtigt wurden. Der erste Saal war etwa 9,10 m lang und 5,80 m breit; die Höhe aller Räume betrug etwa 3,70 m48. Reichl nahm irrtümlich an, dieser Raum, von dessen ursprünglicher Ausstattung 1928 nichts mehr erhalten war, hätte „ f ü r administrative Zwecke und als Durchgangsraum" gedient49. Dagegen spricht schon die allgemeine Raumknappheit, dann die im Schloßinventar von 1854 notierte reiche Dekoration: „Die Wände boisiert, weiß gestrichen, mit hellgrün gestrichenen Feldern. Die Decke mit Stukkaturarbeit, hellrosa und grün gemalt. Das Gesims von vergoldetem Holz, einen Lorbeerkranz darstellend". Auf dem Plan von 1794 sind die nach 1854 offenbar entfernten Holzverkleidungen farbig eingetragen. Nicolai hat in diesem Raum Gemälde, Spiegelwände und Glastüren gesehen. Dafür boten die 3 m breiten Wandabschnitte zwischen den Fenstern bzw. gegenüber zwischen den Türen sowie die über 4 m breite rechte Wand genügend Platz. Nicolai gibt an, hier seien Gläser und Vasen, Urnen und Lampen aufbewahrt worden, „so größtenteils in Bellorii Sammlung gewesen". In den zu beiden Seiten der Schmalwandtür angebrachten Nischen, denen wir auch im zweiten Raum begegnen werden, müssen kleine Statuen gestanden haben. Zwei der „sex mensae" haben vielleicht die Mitte des Raumes eingenommen. Durch eine der Längswandtüren (der alte Plan zeigt offene Durchgänge) trat der Besucher in den zweiten Raum, der dem ersten an Größe etwa gleichkam. Zwei alte Photographien (Tafel 23) geben ein hinreichendes Bild 50 . Die Stuckdecke war 1928 bereits abgeschlagen, erhalten waren die Spiegelwände zwischen den Fenstern und zwischen den beiden Längswandtüren. Die Wandgliederung bestand aus Pilastern mit vergoldeten korinthischen Kapitellen und einem reich profilierten Gesims. Halbrunde Nischen nahmen die Ecken des Raumes ein; der Plan von 1794 zeigt sie mit hölzernen Balustraden eingefaßt. Die Rückwände dieser Nischen waren etwa 1,50 m hoch mit Spiegeln ausgelegt, die erst 1 m über dem Boden ansetzten. Vergoldete Rosetten schmückten die Wölbung. In den Nischen werden auf schlanken, wenig über 1 m hohen Sockeln vier nicht über 1,50 m hohe Statuen gestanden haben, und zwar der „Triptolemus" (Sk. 521), der Trajan (Sk. 355), der Knabe mit der Bulla (Sk. 389) und der Dresdener Priapus; die Bellorische Ephesia könnte, wie es der Stich von 1704 zeigt, auf einer „mensa" gestanden haben. Nimmt man die beiden Nischen des ersten Raumes hinzu, so waren sechs kleine Statuen in gleicher Weise aufgestellt. Vor den jeweils 3 m langen Spiegelwänden müssen Büsten und Reliefs gestanden haben; mit einiger Phantasie könnte man alle um 1703 vorhandenen Skulpturen unterbringen. Da Nicolai hervorhebt, daß in diesem Raum Metallgefäße und Bronzestatuetten aufbewahrt worden seien, dürften wieder zwei „mensae" die Raummitte eingenommen haben. Die weißen Wände mit sparsam verteiltem Gold und die Spiegel sorgten für gute Ausleuchtung. Der Raum hatte etwas strahlend Festliches. 45 46 47 48 49 50

Stock (wie Anm. 1) S. 108. Nicolai (wie Anm. 1) S. 801. Archivalien sind jedenfalls nicht erhalten; zu den Umbauten vgl. Reichl (wie Anm. 1) S. 231 f. Die Maße sind nach dem Plan von 1900 und den Photos errechnet. Reichl (wie Anm. 1) S. 243. Negative von Aufnahmen der Kunstkammerräume befinden sich im Kunstgewerbemuseum (Schloß Köpenick) und in den Schlössern und Gärten Charlottenburg; die ersteren sind ältere Arbeitsphotos, die letzteren Reichls Vorlagen, geben aber einen kleineren Raumausschnitt wieder.

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Der dritte und größte Saal (8,80 x 8,20 m) beherbergte die Münz- und Medaillen Sammlung (Tafel 24). Auch einige Büsten und die restlichen zwei „mensae" werden hier Platz gefunden haben. Der Besucher betrat den Saal, dem Rundgang folgend, durch die Schmalwandtür des Skulpturenraums. Er sah sich dem Kamin gegenüber, der einen plastisch dekorierten Aufsatz mit dem Porträtmedaillon des Königs trug. Wie noch 1830, dürfte schon 1703 das Münzkabinett der einzige heizbare Raum der ganzen Kunstkammer und deshalb das Arbeitszimmer der Vorsteher gewesen sein. Die Wände des Saals trugen weiß und rosa gestrichene Holztäfelungen mit Zweigen und Festons unter dem Gesims. Zu beiden Seiten des Kamins waren auf Leinen gemalte Ruinenlandschaften angebracht. Reichl nahm aus „Gründen der Sammlungs- und Baugeschichte" an, „daß die Bilder im Zusammenhang mit der ursprünglichen Ausstattung entstanden sind" 5 1 . Es wäre aber auch möglich, daß sie erst um 1800 im Zusammenhang mit der Renovierung eingesetzt wurden 52 . Leider hat Reichl nicht angegeben, ob nur die beiden auf den Photos abgebildeten Gemälde oder (etwa zwischen Fenstern und Türen) noch weitere angebracht waren. Die Frage ist nicht ganz belanglos, da die Bilder die Wandstellfläche reduzieren. Reichl hatte denn auch vermutet: „ A n eine Ausnutzung der Wände für Aufstellzwecke war hier wohl nicht gedacht" 53 . Aber nicht nur der (für sich freilich wenig beweiskräftige) Stich von 1704 gibt die Münzschränke wieder, auch Nicolai beschreibt sie ausdrücklich im Münz- und Medaillensaal54. In den anderen Räumen wäre kein Platz für sie. Nimmt man die Gemälde an der Kaminwand als einzige Wandbilder im Medaillensaal an, so könnten die etwa 1,80 m breiten Schränke zwischen den Fenstern, zwischen den Längswandtüren und rechts und links von der Schmalwandtür gestanden haben. Sollten die Wandbilder erst um 1800 eingelassen worden sein, könnten zwei Schränke den Kamin flankiert haben. Die Stuckdecke des Münzraumes (Tafel 25) war bemerkenswert gut erhalten. In Zwickeln und gestreckten Feldern zeigte sie Porträtmedaillons, darunter das Caesars, ferner Münzen, Gefäße, Hermen und allegorische Figuren. Durch eine der beiden Längswandtüren führte der Rundgang in einen 5,10 x 3,70 m messenden Raum, der auf den alten Plänen „Corridor" genannt wird. Von ihm führte links eine Tür in die Galerie der Schloßkapelle, ein Gang in die dahinter liegenden Zimmer, eine Treppe in die Rote Samtkammer hinab; alle diese Zugänge wurden um 1800 vermauert, wohl aus Sicherheitsgründen wegen des stärkeren Publikumsverkehrs 65 . Trotz der geringen Stellfläche könnte man den „Corridor" zur Unterbringung von Büchern und Sammlungsgut in kleineren Schränken genutzt haben. Durch die rechte Seitentür gelangte der Besucher zurück in den ersten Raum und zum Ausgang. Die Sammlung vermittelte ein buntes und für nordeuropäische Verhältnisse reiches Bild antiker Kunst 56 . Der gelehrte Gast wird vor dem Rundgang in Begers Thesaurus geblättert und vom Vorsteher überdies einiges über Götter und Mythen, Künstler und Historie erfahren haben. Auch den Betrachter späterer Zeit, der mit den Interpretationen nicht zufrieden sein dürfte, würde doch die Sammlung fesseln. Neben römischen Kopien und wenigen Originalen griechischer Skulptur war die römische Porträtkunst mit vorzüglichen Beispielen bis zur Spätantike belegt, qualitätvoll waren viele der römischen Bronzen, weniger bedeutend die Gläser und Tongefäße. Gut war ferner die dekorative Marmor- und Tonplastik der Kaiserzeit vertreten. Etwas fremd wirkten die unteritalischen Vasen und die ägyptischen Grabfunde, die auf dem Stich von 1704 so stolz in die Bildmitte gerückt sind. Die Gemmen und Münzen schließlich brauchten den Vergleich mit anderen Sammlungen nicht zu scheuen.

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Reichl (wie Anm. 1) S. 244. — Uber die von Nicolai im Raum 1 erwähnten Wand- oder Deckengemälde läßt sich nichts sagen. Besondere Aufnahmen der Bilder sind nicht nachzuweisen. Die Raumaufnahmen lassen einen schlechten Erhaltungszustand erkennen. R. Kroll (Berlin) vermutet, daß die Gemälde nicht schon 1703 entstanden sein können, weil es Ruinenmalerei dieser Art in Berlin damals nicht gab. Reichl (wie Anm. 1) S. 244. Nicolai (wie Anm. 1) S. 801. Reichl (wie Anm. 1) S. 232. Zum folgenden vgl. Heres, in: Altertum 20, 1974, S. 239ff.

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N i e d e r g a n g u n t e r dem S o l d a t e n k ö n i g Beger konnte sich seiner Schöpfung nicht lange freuen. Schon seit Juni 1703 hat er die Inventarisierung der Neuerwerbungen seinem Gehilfen überlassen. Nur wenige Gemmen und Medaillen kamen noch hinzu, im Juli 1704 auch vier wohl moderne Römerköpfe. Bald darauf vermerkt Schott: „den 2ot0n Februar 1705 foderte der liebe Gott den bißherigen Königl. Rath, Antiquarium und Bibliothecarium, auch Königl. Kunst-Cämmerer, Herrn Laurentium Begerum, aus dieser Zeitlichkeit 7u sich in sein ewiges Reich". Johann Carl Schott übernahm die Leitung des von der Kunst- und Naturalienkammer unter Hofrat Philippi wieder getrennten Antiken-, Münz- und Medaillenkabinetts, ferner der von der Königlichen Bibliothek getrennt aufgestellten Bibliothek Spanheims57. Von seinen Fähigkeiten im Antikenzeichnen konnte er keinen Gebrauch mehr machen, die Kennerschaft Begers erreichte er nicht. Noch verzeichnet das „Journal" regelmäßig Neuerwerbungen, aber meist handelt es sich um moderne Medaillen. Nur 1707 und 1709 wurden von Sandrart einige Bronzen erworben, die aber wohl nicht antike waren. Im Februar 1713 starb der König; damit fand die erste kurze Blüte der Berliner Antiken-Sammlung ein jähes Ende. Friedrich I. war nicht schöpferisch iyid begabt wie August der Starke, Prunkentfaltung und Sammelleidenschaft waren bei ihm nicht Ausdruck von Kraft und Phantasie wie beim sächsischen Hercules, sondern sollten Schwäche verdecken und Ambitionen stützen. Doch er hat die Kunstsammlungen wirklich geliebt und Beger großzügig gefördert. Unmittelbar nach dem Tode seines Vaters hatte Friedrich Wilhelm I. die Kosten der Hofhaltung drastisch eingeschränkt. A m 23. April 1713 besuchte er die Kunstkammer — nicht etwa, um sich seiner Schätze zu freuen, sondern um Goldmedaillen für die Schmelze auszusuchen; die 319 größten Stücke nahm er mit, zurück blieben lediglich 270 kleine und leichte Medaillen 58 . Wenige Jahre später, am 17. Dezember 1 7 1 7 , starb Schott — sicher nicht aus Gram, aber die Entwicklung hat ihn, der die Glanzzeit unter Beger erlebt hatte, gewiß bekümmert. Sein Nachfolger wurde Maturin Veyssiere La Croze (Tafel 27, 1), ein aus Paris entflohener Benediktiner, der in Berlin seit 1697 als Bibliothekar angestellt war und Beger zumindest noch aus den Sitzungen der Akademie der Wissenschaften gekannt haben muß. Er war berühmter Philologe und hat den Katalog der orientalischen Manuskripte seiner Bibliothek sowie ein Buch über das Christentum der Inder geschrieben, um die Antiken sich aber ebensowenig gekümmert wie zeitweilig um die Bibliothek. Man urteilt jedoch milder, wenn man erfährt, daß der König seit 1722 den Bibliotheksfonds dazu benutzte, dem Generalmajor von Glasenapp eine Pension zu zahlen, und so den Bibliothekaren die Besoldung strich. Erwerbungen waren fast unmöglich; 1734 kaufte die Bibliothek ein einziges Buch: Poellnitzens Galantes Sachsen für 4 Taler 7 Groschen. Um im Winter Brennholz kaufen zu können, mußten die Bibliothekare Dubletten versetzen59. Als Peter I. im Jahre 1718 Berlin besuchte, „zeigte man ihm alle Merkwürdigkeiten ..., unter anderem auch die Medaillen- und Antikensammlung". Der Priapus (Tafel 21, 3—4) erfreute den Zaren besonders, weshalb die Marmorstatuette offenbar am 16. März 1722 zusammen mit zwei Porphyrsphingen für einige Zeit nach Petersburg geschickt wurde 60 . Der seit 1703 im „Journal" als Empfänger von Neuerwerbungen auftretende, also offenbar vertrauenswürdige Schloßkastellan Valentin Runck versuchte, aus der von seinem neuen Herrn so brüsk behandelten Sammlung seinerseits Gewinn zu ziehen; zusammen mit dem Hofschlosser Daniel Stieff entwendete er aus dem Medaillenkabinett 176 Goldmünzen. Ganz ähnlich wie in einem viel späteren Fall wurde das geraubte Gut am Ende der Sammlung zum Kauf angeboten. La Croze 57 58

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v. Ledebur (wie Anra. 1) S. 22. — Wilken (wie Anm. 1 1 ) S. 83 und 178. — Paunel (wie Anm. 1 1 ) S. 20. Verzeichnis (wie Anm. 2) zum 23. 4. 1 7 1 7 . — Friedländerfv. Sollet (wie Anm. 1) S. 10. — Streichung der Besoldung: Wilken (wie Anm. .11) S. 177. v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 25. — Friedländerlv. Sallet (wie Anm. 1) S. 10. — Wilken (wie Anm. 1 1 ) S. 177. — Paunel (wie Anm. 1 1 ) S. 59. Wilhelmine Markgräfin v. Bayreuth, Denkwürdigkeiten, hrsg. J . Armbruster, München/Leipzig 1910, S. 35. — Verzeichnis (wie Anm. 2) zum Jahr 1722.

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bemerkte erst jetzt das Fehlen der Stücke; da er die Identität mit dem angebotenen Gut nachweisen konnte, hatten die Diebe ihr Leben verwirkt. Sehr unköniglich fügte Friedrich Wilhelm dem rasch ausgefertigten Todesurteil als Verschärfung noch Zwicken mit glühenden Zangen und Rädern hinzu, auch mußten die Ehefrauen der Exekution zuschauen61. Daß sein eigenes Verhalten Runck zu der Tat verführt haben könnte, bedachte er zweifellos keinen Augenblick. Wenige Jahre später, nach mehreren Angaben zwischen 1723 und 1726, schenkte der König August dem Starken eine beträchtliche Anzahl von Ton- und Marmorskulpturen, darunter' die schönsten Stücke der Sammlung Bellori 62 . Diese „Abgabe" konnte bisher durch Akten nicht belegt werden; die Berliner Überlieferung spricht von 36, das Dresdener Inventar (1765) von 52 Skulpturen. Da die Mehrzahl im Bestand der Dresdener Skulpturensammlung nachzuweisen und überdies im Thesaurus und bei Leplat abgebildet ist, läßt sich ein Überblick gewinnen 63 . Mindestens 15 weniger attraktive Skulpturen blieben zurück, ferner alle Kleinkunstbestände; der König dürfte ihren materiellen Wert nicht sehr hoch eingeschätzt haben. Häufig findet man die Behauptung, Friedrich Wilhelm habe die Skulpturen ebenso wie die berühmten „Dragonervasen" der Dresdener Porzellansammlung gegen zwei Regimenter sächsischer Dragoner eingetauscht. Für einen Landesherrn des 18. Jahrhunderts, zumal für den „Soldatenkönig", wäre das nicht ungewöhnlich. Doch muß man wohl in diesem Fall nicht an eine glatte kommerzielle Abwicklung denken wie etwa im Fall der „langen Kerls" oder gar des grausigen Menschenhandels hessischer und württembergischer Fürsten. Friedrich Wilhelm weilte nicht ungern in der prachtvollen sächsischen Residenz, und nach der Heimkehr erfreute er August den Starken jeweils mit reichen Geschenken: 1728 mit dem Bernsteinschrank, der heute im Grünen Gewölbe steht, 1730 mit der Diana Ephesia aus Belloris Besitz, die sich heute in der Dresdener Skulpturensammlung befindet64. Im letzteren Falle hat der unglückliche La Croze auf einer schriftlichen Weisung des Königs bestanden, die er dann auch am 25. Mai 1730 erhielt: „un ordre de Sa Majesté de livrer la belle statue de Diane d'Ephèse pour en faire présent à Sa majesté le Roi de Pologne" 65 . Auch die früheren Sendungen können Geschenke gewesen sein, und Cornelius Gurlitt hat sicher zu Recht angenommen, daß sächsische Regimenter zwar zu einer Parade nach Berlin marschiert, aber wieder nach Dresden zurückgekehrt sind66. Im Winter 173 5 kam Winckelmann für ein knappes Jahr nach Berlin, um seine griechischen Studien am Köllnischen Gymnasium zu fördern. E r las zuweilen in der Königlichen Bibliothek, die damals noch im Schloß, ganz in der Nähe der Kunstkammer untergebracht war 67 . Gern möchte man vermuten, daß er auch einen Blick in das Antikenkabinett werfen durfte, doch La Croze war für den achtzehnjährigen ,,homo vagus et inconstans" schwerlich zu sprechen. Der Exbenediktiner starb bereits 1739. Mit der Aufsicht über Bibliothek und Sammlungen wurde sein Adoptivsohn Jacques Gaultier La Croze beauftragt 68 . N e u e r w e r b u n g e n u n t e r F r i e d r i c h II. In einem Brief an Voltaire hatte Kronprinz Friedrich 1737 beklagt, „daß die Künste untergehen und die Wissenschaften auswandern" 69 . Als er 1740 die Regierung übernahm, änderte er diesen Zu61

Verzeichnis (wie Anm. 2) zum Jahr 1719. — v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 25. — Friedländer¡v. Sallel (wie Anm. 1) S. 12 — Nicolai (wie Anm. 1) S. 801. — Rumpf, Beschreibung (wie Anm. 1) S. 285. 62 Vgl. u. a. Leve^ow (wie Anm. 1) S. 15. — Con^e (wie Anm. 3) S. VII. — Scherer (wie Anm. 1) S. 40. — Heres (wie Anm. 26). 83 Vgl. die Listen bei Heres a. O. Grundlegend ist das Dresdener Inventar von 1765. Die Irrtümer der Dresdener Uberlieferung gehören nicht mehr zu unserem Thema. 64 Vgl. / . Chr. Hasche, Diplomatische Geschichte Dresdens, Bd. 4, Dresden 1819, S. 98 f. — G. Klemm, Chronik der kgl. sächsischen Residenzstadt Dresden, Dresden 1837, S. 352. — Die Diana könnte August dem Starken 1728 bei seinem Besuch Berlins aufgefallen sein. 65 Verzeichnis (wie Anm. 2) zum Jahr 1730. Es sind dies die letzten Eintragungen überhaupt. 86 C. Gurlitt, August der Starke, Bd. 2, Dresden 1924, S. 287 f. und 3 1 1 . 87 C. Justi, Winckelmann3, Bd. 1, Leipzig 1923, S. 3off. 68 v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 26. — Wilken (wie Anm. 11) S. 21. — Friedländerjv. Sallet (wie Anm. 1) S. 12. 89 Justi (wie Anm. 67) S. 52.

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stand nicht mit der Konsequenz, die mancher erhofft hatte. So kam es, daß die preußischen sich mit den sächsischen Kunstsammlungen, die überdies schon unter August dem Starken einen erheblichen Grad von Öffentlichkeit erreicht hatten, vorläufig nicht messen konnten. Da Friedrich das Berliner Schloß nicht liebte, konzentrierte er seine Aufmerksamkeit auf die Bauten in Charlottenburg und Potsdam. Die alte Berliner Sammlung wurde gänzlich vernachlässigt und lediglich als Fundus zur Ausstattung der neuen Residenzen benutzt. Obwohl ihm eigene Kennerschaft, ein Berater vom Range Begers oder Winckelmanns und auch die glückliche Hand fehlte, gelangen dem König Erwerbungen, die aus dem heutigen Berliner Antikenbestand nicht wegzudenken wären. Im Jahre 1742 kaufte Friedrich in Paris für 20000 Taler die Sammlung des Kardinals Melchior de Polignac 70 . Der Pariser Verkaufskatalog zählt 310 Stücke, wobei die Lykomedes-Gruppe zu einem Posten zusammengefaßt wird 71 . Wieviel davon tatsächlich erworben wurde, ist noch nicht festgestellt ; eine Untersuchung müßte die komplizierte Tradition prüfen und natürlich auch die 1830 in den Schlössern verbliebenen oder später dorthin zurückgekehrten Stücke einbeziehen72. Polignac war von 1724 bis 1732 französischer Gesandter in Rom, und in oder um Rom sind die meisten seiner Statuen, Büsten, Urnen und Reliefs ausgegraben worden 73 . Unter vielem Schlechten, auch Gefälschtem, finden sich Perlen, etwa die Replik der Dresdener Artemis (Sk. 60) und der Homer von Sanssouci. Mit der Überarbeitung und Ergänzung der Skulpturen war man allerdings recht skrupellos zu Werke gegangen. Traurigen Ruhm erlangte schon bei den Zeitgenossen die von Lambert Sigismund Adam zu einer malerischen Gruppe des Achill unter den Töchtern des Lykomedes ergänzten Statuen aus Frascati (s. Anm. 85). Wie die beiden in der Berliner Skulpturen-Sammlung erhaltenen Figuren zeigen, war die Ergänzung an sich geschickt, zumindest nicht schlechter als die spätere Rauchsche. Mit dem Betenden Knaben erwarb der König 1747 eine der künstlerisch und sammlungsgeschichtlich bedeutendsten antiken Großbronzen 74 . Fast ein Jahrzehnt später erbte er die Antiken seiner Schwester, der Markgräfin von Bayreuth: 265 Gemmen und eine stattliche Reihe von Skulpturen,die Wilhelmine in Italien gekauft hatte. Einige von ihnen sollen aus Herculaneum stammen, manche sind gefälscht, nur wenige bedeutend, so eine Replik der Athena Rospigliosi (Sk. 73); aus dem Nachlaß des Archäologen Gori hatte die Markgräfin das Fragment des großen Nilmosaiks vom Fortunaheiligtum zu Praeneste erworben (Mosaik-Inv. 3)76. Alle diese Antiken dienten zur Dekoration der Schlösser; im Dezember 1746 waren aus dem Berliner Antikenkabinett zusätzlich sechs Marmorbüsten nach Potsdam gebracht worden 76 . Reich wurde das 1747 vollendete Sanssouci bedacht, später die Bildergalerie (1764), das neue Palais (1769) und der Jaspissaal der Neuen Kammern (1774) 77 . Nahe der Bibliothek von Sanssouci, in der Blickachse vom Schreibtisch stand der Betende Knabe in goldverziertem Laubenkabinett. / Was nicht aufgestellt werden konnte, verschwand im „Corridor hinter der Bildergallerie", wo 1801 noch 76 Skulpturen gezählt wurden. Dieser „Corridor", ein schmaler, zur Isolierung der Bilderwand angelegter Gang, beherbergte damals, lange nach Friedrichs Tod, sogar Watteaus „Überfahrt zur Liebesinsel Cythère" — die Antiken befanden sich also in bester Gesellschaft 78 . 70

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Vgl. Beschreibung (wie Anm. 3) S. V I I . — Stark (wie Anm. 21) S. 235. — Justi (wie Anm. 67) S. 300 und S. 362, vgl. auch Bd. 3 S. 329. — Zur provisorischen Unterbringung in Charlottenburg, wo einiges verblieb, was dann 1760 von österreichischen Soldaten demoliert wurde : v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 29. — Rehm (wie Anm. 85) S. 461 f. Etat et Description des statues . . . assemblés et apportés en France par M. le Cardinal de Polignac. A vendre en total ou par parties . . . , Paris 1742, reproduziert Leipzig 1956 als „Festgruß W. Kurth". Vgl. Parlasca, R M 77, 1970, S. 125. Z u Polignac und seinen Ausgrabungen vgl. Parlasca a. O. S. 125 Anm. 16. — Beschreibung (wie Anm. 3) S. V I I und 25 zu Nr. 50. — Justi (wie Anm. 67) Bd. 2, S. 83. Zur Geschichte vgl. Beschreibung (wie Anm. 3) Nr. 2. — L. Fran^oni, La galeria Bcvilacqua, Milano 1970, S. m f f . Vgl. Parlasca (wie Anm. 72) S. 123 Anm. 2. — Beschreibung (wie Anm. 3) S. VII. — Gemmen: Furtwängler, Beschreibung geschn. Steine (wie Anm. 3) S. VII. Möglicherweise nicht für Sanssouci, sondern für das Stadtschloß. Akten Kunstkammer, Gencralia, Bd. 1 , Bl. 9. — Vgl. v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 27. Daten nach: C. Bckardt, Verzeichnis der Bauten und Plastiken im Park von Sanssouci 4 , Potsdam 1973. Akten Antiken-Sammlung 1795 — 1822, Nr. 6 und 8. — Zum „Corridor" vgl. Eckardt (wie Anm. 1) S. 5 und 50.

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Einige zum Teil schöne Skulpturen (meist aus der römischen Sammlung Natali) erwarb Friedrich 1766 und 1770 durch Vermittlung des sächsischen Hofrats Bianconi; vierzehn der meist von Cavaceppi ergänzten Statuen fanden im Rondell vor dem Neuen Palais ihren dekorativ wirkungsvollen Platz, der sie aber den Unbilden der Witterung aussetzte79. Im Neuen Palais selbst wurden zwei 1767 aus der Sammlung Julienne erworbene Basaltbüsten, Cäsar und „Augustus", aufgestellt80. Die Anordnung der Skulpturen und ihr Standortswechsel bis 1830 kann hier nicht untersucht werden, weil dies mehr für die Identifizierung der einzelnen Stücke und für die Geschichte der Schlösser interessant wäre als für die Geschichte des Berliner Antikenkabinetts, zu dem sie nie gehörten. Vielfach ist der Sachverhalt so verwirrt, daß man sich bislang mit dem Vermerk „aus älterem königlichem Besitze" zufrieden gab oder alles Schlechte und Gefälschte der Sammlung Polignac zuschlug. Neue Forschungen könnten manches klären. Eine summarische „Description et Explication des Groupes, Statues, Bustes etc., qui forment la Collection de S. M. le Roi de Prusse" aus der Feder des geschäftstüchtigen, einst von Winckelmann verhöhnten Inspektors Mathias Oesterreich erschien 1774, im Jahr darauf eine deutsche Fassung. Beschreibungen der Schlösser waren voraufgegangen 81 ; einige Antiken wurden auch in Stichen publiziert82. Mehrfach, wenn auch nur kurz, haben Reisende die Antiken besichtigt. Zu ihnen gehörte Lessing, der während seiner Berliner Jahre mehrfach Gelegenheit dazu hatte83, und Winckelmann, der im März 1752 drei Wochen in Potsdam weilte84. In Sanssouci hat er zumindest den Betenden Knaben und die Polignacsche Knöchelspielerin gesehen (beide Stücke erwähnt er in der posthum gedruckten zweiten Auflage der Kunstgeschichte), „bey Berlin zu Charlottenburg" die Lykomedes-Gruppe, deren Verfälschung er ebenso wie Lessing erkannt und 1763 in der „Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung des Schönen" dargelegt hatte85. Andere Potsdamer Antiken, die er erwähnt, sah er noch in Rom, bevor sie 1766 bzw. 1770 abtransportiert wurden 86 . Im Jahre 1764 gelang Friedrich II. die Erwerbung der Stoschischen Gemmensammlung, mit der Winckelmanns Name so eng verknüpft ist, für 30000 Taler und eine Rente87. Der schon lange kränkliche Gaultier starb 1765. Friedrich Wilhelm Stosch, Professor der Rechte an der Militärakademie, seit 1756 durch Protektion des Staatsministers von Danckelmann Bibliotheksadjunkt, seit 1761 Hofrat und Aufseher der Kunst- und Naturalienkammer, wurde nun auch „Aufseher ... (des) Medaillenund Antiquitäten-Cabinets", das unterdessen, wie Staatsminister von Münchhausen dem König mitteilte, „in große Unordnung gerathen" war 88 . Beinahe wäre Winckelmann damals sein Kollege 79

Vgl. Beschreibung (wie Anm. 3) S. V I I I . — Justi (wie Anm. 67) Bd. 3, S. 329. Beschreibung (wie Anm. 3) S. V I I I und 140 zu Nr. 342. — Vgl. Parlasca (wie Anm. 72) S. 124 mit Anm. 12. 81 Description de tout l'intérieur des deux palais de Sans-Souci, Potsdam 1773. 82 L. Krüger, Antiquités dans la collection de S. M. le roi de Prusse, 2 Bde, Berlin 1769 und Danzig 1772. — Über Oesterreich (1716 — 1778), Galerieinspektor seit 1757, vgl. Eckardt (wie Anm. 1) Anm. 33. 83 Zu Lessings Berlinaufenthalten vgl. E. Schmidt, Lessing, Bd. 1, Berlin 1899, S. 1 5 2 f f . , 25off., 545 ff. — Vgl. J . Dummer, in: Beiträge der Winckelmann-Gesellschaft 2, 1975, S. 64. 84 Justi (wie Anm. 67) Bd. 1, S. 299t. — J . J . Winckelmann, Briefe, hrsg. W. Rehm, Bd. 1. Berlin 1952, S. m . — Dummer a. O. 85 Betender Knabe: Werke, Hrsg. Fernow, Dresden 1 8 1 2 , S. 1 5 1 . — Knöchelspielerin (Sk. 494) : „Mädchen von Marmor, welches mit Knochen spielet und in der Sammlung des Cardinais Polignac w a r " , a. O. Bd. 6/1, 1 8 1 5 , S. 268. — Lykomedesgruppe: a. O. Bd. 2,1808, S.405. Vgl. auch Anm.73. — Vgl. Kleine Schriften,hrsg. W. Rehm,Berlin 1968, S. 461. 80 Victorien (Sk 226 und 227) : „Ich erinnere mich auch, daß zwo Victorien in Lebensgröße, die sich itzo zu Sanssouci befinden . . . , in die ältesten Zeiten versetzet wurden"; a. O. Bd. 5, 1 8 1 2 , S. 230. — Antinous (Sk. 361) : „ist vor einiger Zeit nach Potsdam gegangen"; a. O. Bd. 6/1, 1 8 1 5 , S. 304. 87 Furtwängler, Beschreibung geschn. Steine (wie Anm. 3) S. V . — Scherer (wie Anm. 1) S. 82. — Zwierlein (wie Anm. 1) S. 9. — Muzel-Stosch bekam eine jährliche Leibrente von 400 Talern zusätzlich: v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 31. 88 Akten Kunstkammer (wie Anm. 4) Bd. 1, Bl. 127. — Wilken (wie »Anm. 1) S. 29. — v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 29. — Friedländer¡v. Sallet (wie Anm. 1) S. 13. — Paunel (wie Anm. 1 1 ) S. 69. — Hofrat Stosch (gest. 1795) ist nicht identisch mit Philipp von Stoschs Adoptivsohn Wilhelm Muzel-Stosch, wie A. Schulde mit O. Rave irrtümlich annahm (Winckelmann und seine Welt, Berlin 1962, S. 77). Winckelmanns Freund, der sich gern „Baron Stosch" nennen ließ, lebte seit 1756 in Florenz, ging dann auf Reisen und kehrte erst 1766 nach Berlin zurück. Vgl. Justi (wie Anm. 67), Bd. 2, S. 274. 80

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geworden, aber nicht, wie er hoffte, als „Nachfolger Lorenz Begers im alten Schloß an der Spree" (Justi), sondern als Bibliothekar 89 . Winckelmanns Verhältnis zu dem „Despoten", dem „Verheerer" seines geliebten Sachsen, dem er geradezu vorwarf, daß er „als ein Herostrat unserer Zeit durch Vernichtung der Altertümer in Dresden sich habe merkwürdig machen wollen", war nicht eindeutig. Wie Carl Justi zu Recht hervorhebt, hatte er den dreißigjährigen Druck der preußischen Untertänigkeit nicht restlos abgestreift; so lag ihm trotz seines Hasses daran, „diesem großen Manne (zu) zeigen, daß ein geborener Untertan etwas Würdiges hervorgebracht hat". Im Auftrage des Königs, den Oberst „Quintus Icilius", ein Hallenser Kommilitone Winckelmanns, vermittelte, unterbreitete ihm nun Nicolai ein günstiges Angebot. Zunächst wollte er ablehnen „aus Liebe gegen Sachsen", doch am 31. August 1765 schrieb er nach Berlin: „Ich habe den hohen Ruf überlegt und nehme ihn an". Da jedoch der König, nachdem er schon Lessing brüsk abgewiesen hatte, mit Winckelmanns Gehaltsforderung von 2 000 Talem nicht einverstanden war („Für einen Deutschen sind 1000 Taler genug"), zog dieser sich stolz zurück: „Ich kann mit ebensoviel Recht sagen, was ein Kastrate in einem ähnlichen Fall in Berlin sagte: Ehbcne! Faccia cantare il suo generale!" D i e S a m m l u n g im A n t i k e n t e m p e l Im Jahre 1770 war der Antikentempel (Abb. 5) beim Neuen Palais fertig geworden, und der König hatte befohlen, einige Statuen und Büsten sowie alle Anticaglien des Berliner Antikenkabinetts in ihm aufzustellen90. Der schlichte Rundbau (Abb. 6) mit wenig über 16 m Durchmesser und einem quadratischen Anbau von etwa 9 m Seitenlänge war zur Aufnahme der Kleinkunstsammlung wenig geeignet. Auf Konsolen standen 5 o Büsten in drei Reihen übereinander, in der Mitte die früher im Charlottenburger Schloß befindlichen zehn Figuren der Lykomedes-Gruppe. Über der Tür wurde als eine Art Supraporte ein (noch jetzt in situ befindliches) Relief angebracht. Auf einer 47 cm breiten Holzplatte, die sich rings über dem Wandsockel hinzog, lagen und standen die Antiken: „Auf den Tischen, an den Wänden herum sind eine große Menge kleiner antiker Figuren von Bronze, ingleichen merkwürdiger antiker Vasen, Urnen und Maaße von Bronze, gläserner und irdener Aschenkrügen, Schüsseln, Flaschen, Thränenkrügen, Schnallen, Gewichte, Opferschalen, Messer, Hammer, Beile, Lampen, und anderer zum Gottesdienste und zum Hausgeräthe gehöriger Dinge" 9 1 . Das anschließende Kabinett beherbergte die archäologische Bibliothek und in vier Schränken die Münz- und Gemmensammlung, ferner drei Reliefs und das praenestinische Mosaik. Von den Schränken, die der Ebenist Tüllmann angefertigt hat, ist im Besitz der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam einer vollständig (Tafel 27, 4), ein zweiter fragmentiert erhalten92. Stosch hatte mit dem aufwendigen Transport der Antiken von Berlin nach Potsdam auf dem Wasserwege kaum Freude. Ein Begleitzettel von seiner Hand ist erhalten: „ I n diesem Kasten sind folgende Antiquitaeten befindlich: 1) Eine Statue eines juvenis praetextati cum bulla volumine et scrinio. Von Marmor. [ = Sk. 389] 2) Ein Tibicen von Marmor. Berlin, den 30. 9. 1770 Stosch" 93 . Da er auch die im Schloß verbliebenen modernen Medaillen sowie die Kunst- und Naturalienkammer, schließlich die seit 1780 in der Commode neu aufgestellte Bibliothek zu verwalten hatte, mußte er sich zwischen Berlin und Potsdam aufreiben, wenn er seine Aufgabe ganz ernst nehmen wollte, was er begreiflicherweise nicht tat. 89 90

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Vgl. Justi (wie Anm. 67), Bd. 3, S. 321 ff. Vgl. Geyer, in: Denkmalspflege und Heimatschutz 26, 1924, S. 89£f. — v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 32. — Friedländerlv. Sallet (wie Anm. 1) S. 14. — Scherer (wie Anm. 1) S. 85. — W. Kurth, Sanssouci 2 , Berlin 1964, S. 85 mit Anm. 73. — Eckardt (wie Anm. 1) Anm. 76. Vgl. die Beschreibungen: Nicolai (wie Anm. 1) S. i 2 2 4 f f . — Rumpf., Berlin und Potsdam (wie Anm. 1) S. 2 i 7 f f . — AI. Oesterreich, Beschreibung und Erklärung der Gruppen ..., Berlin 1775, Nr. 4 i 7 f f . Friedländerjv. Sallet (wie Anm. 1) S. 14. — Uber Tüllmann, den „englischen Tischler", vgl. Thieme-Becker 33, 1939, S. 472 (mit Lit.). — Die beiden restlichen Schränke befinden sich laut freundlicher Mitteilung von B. Göres im Schloß Charlottenburg. — Der komplette Potsdamer Schrank: / . Nicht, Die Möbel im Neuen Palais, Potsdam 1973, S. 61 Nr. 1 1 8 , Abb. S. 63. Akten Kunstkammer (wie Anm. 4) Bd. 1, Bl. 217.

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A b b . 5. Der Antikentempel im Park von Sanssouci, Radierung von A . J „ K r ü g e r (1780)

A b b . 6. Rotunde des Antikentempels, Zustand v o r dem Umbau zum Mausoleum

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Die Antiken darf man nur besichtigen, „wenn die Erlaubnis des Königs erlanget worden, alsdann begibt sich Herr Stosch aus Berlin nach Potsdam, um diese kostbaren Kunstwerke vorzuweisen" 94 . „Die Kunst-, Naturalien- und Münzkabinette" im Schloß hätten sich räumlich ausdehnen können; auch „diese Kabinette stehen unter der Aufsicht des Herrn Hofrath Stosch, und werden von demselben den Liebhabern gezeigt. Er wohnt in der Ritterakademie in der heiligen Geiststr." 95 Die seit Jahrzehnten vernachlässigten Sammlungsräume boten damals kein erfreuliches Bild; die Münzen lagen „in der allergrößten Unordnung in Säcken durch einander geworfen" 96 . Vom Zustand des Berliner Schlosses wird 1787 berichtet: „Die Zimmer des kgl. Schlosses ... lassen leicht erraten, daß sich der König nie lange dort aufgehalten hat. Man findet lauter alte Tapeten darin, alles sieht schwarz und unordentlich aus, und selbst im Audienzsaale sind die Überzüge der Stühle zerrissen. Auch in der Gemäldegalerie kann man nicht ohne Bedauern sehen, wie wenig Ordnung und Aufsicht da ist. Nichts wird gereinigt oder gekehrt, die Fenster sind seit vielen Jahren nicht gewaschen worden, und vielfach fehlen die Gläser darin ... An Türen und Fenstern tröpfelt das Wasser herunter . . . ; ... die Gemälde werden gänzlich dadurch zu Grunde gerichtet.. ," 97 . Im Münz- und Antikenkabinett, das durch seine Lage unterm Dach besonders gefährdet war, dürfte es nicht anders ausgesehen haben. Als Friedrich II. 1786 starb, hegte man berechtigte Hoffnungen auf leichtere Zugänglichkeit der Kunstwerke. Wie schon früher in Sachsen, so sah man jetzt auch in Preußen die Kunstwerke nicht mehr nur als persönliches Eigentum des Monarchen an; doch dauerte es noch lange, bis Böttigers auf die Dresdener Antiken bezogene Forderung auch in Berlin beherzigt wurde: „Daß diese Antiken geistig nicht Fürstengut, sondern Gemeingut sind und als solches der ganzen Nation ... zu gute kommen müssen". Um weitere Witterungsschäden zu verhüten, wurde der Betende Knabe 1786 auf Erdmannsdorffs Bitte von der Terrasse des Schlosses Sanssouci ins Berliner Schloß gebracht. Im „Reglement für die Akademie der Künste" verfügte Friedrich Wilhelm II. 1790, es „sollen die akademischen Eleven unter Anführung eines ihrer Lehrer den freien Zutritt in allen Unsern Schlössern haben, um die daselbst befindlichen Gemälde und Kunstsachen ... zu sehen" 98 . Wenig später wurden im Marmorpalais, der neuen Residenz am Heiligen See, einige durch Erdmannsdorff 1791 erworbene Skulpturen aufgestellt99. Einer Anregung des Archäologen Aloys Hirt folgend, der 1797 zusammen mit seinem Dresdener Kollegen Böttiger „hundert Winkel der königlichen Paläste" nach Antiken durchsucht hatte, erwog der König „eine Auswahl (der) an verschiedenen Orten zerstreuten Antiquen und anderen vollendeten Kunstwerken" in einem Museum 100 . Der frühe Tod Friedrich Wilhelms hatte diesen Plan zunächst vereitelt, denn sein Sohn und Nachfolger Friedrich Wilhelm III. beschloß, die „Anlage und Einrichtung eines Musaei . . . bis auf günstigere Zeiten (zu) verspahren; wiewohl es ganz gut seyn wird einen vorläufigen Plan dazu auszuarbeiten, der, bis zum Augenblicke der Ausführung, vollkommen reifen und diese erleichtern kann" 1 0 1 . Auf Wunsch des Ministers von Heinitz verfaßte Hirt eine Denkschrift, die für die Antiken etwa 20 Säle vorsah 102 . Die endliche Verwirklichung des alten, inzwischen vielfach veränderten Plans hat Hirt noch als Außenstehender erlebt.

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Friedländer, Festschrift (wie Anm. 1) S. 14. Rumpf, Beschreibung (wie Anm. 1) S. 217 und 284. 96 v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 32. 97 Berlin im Jahre 1786, Leipzig 1886, S. 159t. (nach Wielands Teutschem Merkur). 98 Seidel (wie Anm. 1) S. 56. — Betender Knabe: Beschreibung (wie Anm. 1) S. 3. Urheberschaft Erdmannsdorffs: Hinweis von E. Hirsch (Halle). — Zur Auffassung des königlichen Kunstbesitzes als Nationaleigentum vgl. Eckardt (wie Anm. 1) S. 12t. — Böttiger-Zitat: K. W. Böttiger, C. A. Böttiger, Leipzig 1837, S. 87. 99 Die Erwerbung der Skulpturen durch Erdmannsdorff wird von S. Harksen (Potsdam) anläßlich der Publikation von Briefen des Architekten behandelt. S. unten S. 131 ff. 100 Seidel (wie Anm. 1) S. 56. — Zu Hirts Museumsplänen vgl. Eckardt (wie Anm. 1) S. 22ff. — Schon Erdmannsdorff hatte 1787 mit Heinitz eine Antikenliste vorgelegt. Böttiger berichtet über seine Berlinreise in einem Brief. Beides Hinweis von E. Hirsch (Halle). 101 Seidel a. O. S. 57. 11)2 Seideln. O. S. 57ff. 96

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Schon im Dezember 1794 war Stosch gestorben 103 . Mußten auch weitreichende Pläne „verspahrt" werden, so bot sich jetzt immerhin die Möglichkeit einer Rückführung der antiken Kleinkunst aus Potsdam und einer Reorganisation der Sammlung in bescheidenem Rahmen. J e a n H e n r y u n d die R e o r g a n i s a t i o n des A n t i k e n k a b i n e t t s Durch Kabinettsorder vom 24. Dezember (!) 1794 wurde Jean Henry, damals noch Prediger der französischen Gemeinde in Potsdam und seit dem 2. Dezember königlicher Bibliothekar, zum „Aufseher über das Kunst- und Naturalien-Cabinet" ernannt104. Als Prediger „mitreißend" und von „ehrfurchtgebietender Erscheinung", verdankte er das neue Amt der Gunst des seit 1791 im Staatsministerium tätigen Freiherrn von Hardenberg, des späteren berühmten Reformers 105 . Vielleicht hätte sich schon damals ein qualifizierter Gelehrter finden lassen. Doch zum ersten Male seit Begers Tod hat sich überhaupt jemand mit Geschick und Ausdauer der Antiken angenommen. Henrys Porträt (Tafel 27, 2) von der Hand seiner ersten Frau Susette, Tochter und Schülerin Chodowieckis, zeigt einen freundlichen, selbstbewußten, ja nicht ganz uneitlen Mann 106 . Der neue Vorsteher konnte sein Ziel, „eine Wißenschaftliche Anstalt für Kenner und Liebhaber der Münz- und Antikenkunde neu zu gründen" 107 , nur langsam verfolgen. Zunächst mußte er die verwahrlosten Räume der Kunstkammer renovieren und die in ihnen verbliebenen Bestände ordnen und zum Teil restaurieren lassen. Im Sommer 1795 waren „die Kunst Cammer und das Naturalien :Cabinet wegen der nöthigen Réparaturen anjezt in andere Zimmer gebracht" 108 . Zahlreiche Handwerker wurden beschäftigt: Heinrich Bettkober restaurierte einen „Amor von weißem italienischem Marmor" und eine „gruppierende Cleopatra", Wilhelm Hamann reparierte Schränke und Tische sowie „Postementer" und „helfenbeinerne Guéridons", Hofschlosser Paasche hat dann noch 1796 „auf die Kunstkammer 23 Schlösser aufgesperrt", die im Laufe der Jahrzehnte defekt geworden waren. Als Maler wirkten Leonard Alenperger und H. Böttcher 109 . Henry scheint mit allen zufrieden gewesen zu sein, weniger der Geheime Kriegsrat Zencker, der die Rechnungen mit roter Tinte revidierte und manchen Taler strich. Inzwischen hatte Hirt sich unermüdlich für die Vereinigung der Antiken in Berlin eingesetzt. „ E s ist auffallend", sagte er in einer Rede vor der Akademie, „wie wenig dieser große Kunstschatz bekannt ist." Über 280 Skulpturen ständen in den königlichen Schlössern, dazu kämen die Werke der Kleinkunst, „welche jetzt pêle-mêle auf einer Bank in dem Antiken-Tempel herumliegen ... Unter diesen befinden sich für den Antiquar und Künstler höchstwichtige, und in ihrer Art einzige Dinge" 1 1 0 . Hirt meinte, die künstlerische Einheit der Schloßinterieurs könnte ruhig zerstört werden, denn es sei „unter der Würde eines antiken Monuments ..., als Verzierung aufgestellt zu werden". Durch Kabinettsorder vom 9. April 1798 wurden Bibliothek und Sammlungen der Akademie der Wissenschaften unterstellt, doch war Henry die „General- und Special-Auf sieht über das Ganze" garantiert, und die von der Akademie bestellten Aufseher (für die Antiken war es Hirt) traten kaum in Erscheinung ; Henry wird es verstanden haben, sie fernzuhalten 111 . Auf Hirts Drängen beantragte das „Directorium" der Akademie die Überführung der Münzen und Gemmen aus dem Antikentempel in die Kunstkammer, für die sich Henry schon 1797 beim König 103 Wilken (wie A n m . 1) S. 126. — Friedländerjv. Sallet (wie A n m . 1) S. 16 n e n n e n als T o d e s d a t u m 1795. 104 105

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v. Ledebur (wie A n m . 1) S. 32. — Wilken (wie A n m . 1) S. 1 8 1 . — Friedländer, Festschrift (wie A n m . 1) S. 14. Uber H e n r y (1761 — 1 8 3 1 ) vgl. Steinbrucker, i n : Berliner Museen 43, 1922, S. 1 2 2 t . — Stock (wie A n m . 1) S. 153 A n m . 26. — Paunel (wie A n m . 1 1 7 ) S. I 5 4 f f . G e m ä l d e im M ü n z k a b i n e t t der Staatlichen M u s e e n zu Berlin. E i n weiteres G e m ä l d e sowie ein w o h l danach kopiertes Pastell befinden sich im Berliner H u g e n o t t e n m u s e u m ; H e n r y ist hier als Prediger mit P e r ü c k e u n d Beffchen dargestellt. H e n r y an das M i n i s t e r i u m , 28. 11. 1824. Z S T A (wie A n m . 4) Rep. 76 V e Sect 15 A b t . V I N r . 18, Bl. 48. Stock (wie A n m . 1) S. 7 1 . Z S T A (wie A n m . 4) H A Rep. 20 N r . 41 passim. Stock (wie A n m . 1) S. 75 ff. Stock a. O . S. 87. — V g l . A k t e n K u n s t k a m m e r (wie A n m . 4) Bd. 2, Bl. 15. — Eckardt (wie A n m . 1) S. 2 2 f f .

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eingesetzt hatte 112 . Nach langen Windungen der Hofbürokratie teilte der König endlich am i. September 1798 dem Hofmarschall und Intendanten der Schlösser Valentin von Massow mit, daß er sich entschlossen habe, „zur Beförderung des Studiums der Alterthümer und der K u n s t . . . die Sammlung der Medaillen und Antiken im Antikentempel zu Potsdam mit den ähnlichen Sammlungen in Berlin zu vereinigen" 1 1 3 . Am 5. September unterschrieb Henry das Übergabeprotokoll 114 . Die beigefügte .„Spécification" nennt 936 Gemmen in 12 Kästchen, 926 Gemmen und Cameen in 20 Kästchen, 2 507 silbergefaßte Gemmen, ferner ein „Spindchen" mit 16 Abdruckfächern (es hat sich erhalten und beherbergt bis heute Gipsabgüsse Stoschischer Gemmen). Dann werden erwähnt „an Kästen, 6 Stück, worinn die Schränke mit den Steinen, den Goldenen und Silbernen antiquen Müntzen verschlossen worden". Diese Stelle beweist, daß Münzen und Gemmen damals mitsamt den Tüllmannschen Schränken nach Berlin gebracht wurden. Schließlich sind einige Bücher und 48 Anticaglien ins Schloß gekommen; die Liste der letzteren ist erhalten 115 . Zur Ordnung der Gemmen benutzte Henry auch ein Exemplar von Lipperts Daktyliothek, das er der Bibliothek entnahm. Bald beschwerte sich sein Kollege Biester bei der Academie-Direction darüber, daß nun die damals gern benutzte Daktyliothek „ f ü r jeden Gelehrten in Berlin unsichtbar" sei 116 . Im April 1799 genehmigte das Hofmarschallamt Reparaturen am Ofen, an Fenstern und Schlössern, ferner das „Arrangement des boisirten Zimmers" (Raum 1, s. oben S. 103) und die „Befestigung der Basreliefs" 1 1 7 . Zwei Jahre später gelang es Henry, „die antiquen Statuen, Büsten etc. im Corridor hinter der Bilder-Gallerie befindlich" sowie „die Sammlung von Antiken, welche noch in dem Antiken Tempel ... vorhanden sind, jedoch mit Ausschluß der Familie des Lykomedes" wenigstens teilweise nach Berlin zu bringen. Die ominöse Gruppe hat Canova noch 1798 besichtigt und gezeichnet 118 . Für die fünfzig Büsten war im Antikenkabinett kein Platz. Die Skulpturen aus den Polignacschen und Bayreuther Sammlungen jedoch, die „plus de 3 5 ans dans un corridor" 1 1 9 hinter der Bildergalerie herumgestanden hatten, boten einen willkommenen Ersatz für die seinerzeit von Friedrich Wilhelm I. nach Dresden abgegebenen Werke. So konnte Henry schreiben: „ J e puis placer ... les Antiques du Corridor dans la Chambre des Médailles antiques, qui est très spacieuse, sur des autels et des thermes qui s'y trouvent et ne Supportent rien; les Antiquailles dans la chambre des Antiques, sur trois nouvelles tables en forme de supports le long des murs, à l'instar des deux qui s'y trouvent déjà" 120 . A m 27. März 1801 ermächtigte ihn das Directorium, „einige Tische und Consolen zu den Antiquen aus Potsdam anfertigen zu lassen" 1 2 1 . Mit Recht war Henry stolz darauf, „fünf reiche Sammlungen in einem Locale" vereinigt zu haben; sie hätten „einen noch nie gehabten Flor erreicht" 122 . Doch bald häuften sich die Klagen über ihre Unzugänglichkeit. Im Jahre 1800 erstiegen 240 Besucher die 120 Stufen zur Kunstkammer, um sich zwei

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Henry an Friedrich Wilhelm III., 4. 12. 1797 ( Z S T A , wie Anm. 4, H A Rep. 20 Nr. 42, Bl. 1). — Hirt an das Directorium, 28. 5. 1798 (Stock a. O. S. 87f.). — Henry an das Directorium, 24. 7. 1798 (Stock a. O. S. 81), und an v. Massow, 25. 8. 1798 (Plankammer Sanssouci, wie Anm. 4, Akte 262 Bl. 21). — Hofmarschall v. Massow an Friedrich Wilhelm III, 26. 8. 98 ( Z S T A , wie Anm. 4, H A Rep. 20 Nr. 42, Bl. 2). Plankammer Sanssouci (wie Anm. 4) Akte 262 Bl. 25. — Friedrich Wilhelm III. befiehlt dem Academie-Director Achard am 6. 8. 1798 „la réunion des médailles et des antiques", speziell „le transferrement des instruments et ustensiles antiques de bronze" (a. O. Bl. 20). a. O. Akte 279 Bl. 26. Akten Antikensammlung (wie Anm. 4) 1795 — 1822, Nr. 1. Stock (wie Anm. 1) S. 98. — Das Exemplar befindet sich heute in der Antiken-Sammlung. Akten Kunstkammer (wie Anm. 4) Bd. 2, Bl. 41. Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1795 — 1822 Nr. 4f., 8 und 8a. — Plankammer (wie Anm. 4) Akte 262 Bl. 19. — Canova in Potsdam: Hinweis von H. Honour (Lucca). Henry an das Directorium, 1 1 . 3. 1801, Stock a. O. 107. Stock a. O. 108. Akten A S (wie Anm. 4) 1795 — 1822 Nr. 7. Stock (wie Anm. 1) S. 120.

H3 8 Forsch, u. Her. Bd. i S

bis drei Stunden lang von Henry herumführen zu lassen. Da der „Démonstrateur" für jede Führung einen Dukaten verlangte, schlössen sich minderbemittelte Besucher zu Gruppen zusammen. Diese Führungen waren eine wesentliche Einnahmequelle des Predigers; neben seiner Besoldung von 300 Talern bezog er 1804 auf diese Weise 439 Taler. Begreiflicherweise sträubte er Sich gegen jede Form eines freien Eintritts, vor allem gegen längere Studienaufenthalte von Künstlern und Gelehrten. Doch 1805 war dann „täglich die Kunst-Kammer für alle rechtliche Personen zwey Stunden lang offen" 1 2 3 . Als das Directorium das Naturalienkabinett zwecks leichterer Benutzbarkeit von den übrigen Sammlungen trennen wollte, protestierte Henry; das Publikum wünsche gerade die Vielfalt, deshalb müßten die Sammlungen als Ganzes erhalten bleiben; „die Antiken-Kammer würde nur noch von Gelehrten und durchreisenden Fremden besucht werden" 1 2 4 . Die Konzeption des zentralen, historisch gewachsenen Museums, das als Besitz der Krone im Residenzschloß aufgestellt ist und gegen Entgelt einem kleinen Publikum gezeigt wird, wurzelt noch in der Tradition der barocken Raritätenkammer. Ihr schließliches Scheitern zugunsten des öffentlichen, „nach einem System rangierten" (Hirt) Kunstmuseums bedeutete für Henry das Ende seines Lebenswerkes, das sinnfällig mit seinem Tod beinahe zusammentraf. Henry war kein einfältiger Schloßkastellan. Man muß ihm zugute halten, daß er die Verantwortung für die so verschiedenartigen Sammlungen allein trug und auf die Einnahmen angewiesen war. Die Aufgabe des Museums und seines Kustoden sah er durchaus klar: „Die Stelle eines Antiquars und Numismatikers erfordert nicht nur die Handarbeit eines Catalogen-Schreibers, sondern auch gründliches Studium einer sehr weit umfassenden Wissenschaft. Ein Aufseher einer Antiken-Kammer muß doch fremden Gelehrten Rede und Antwort geben können. Wie kann er sich aber diesem Studio widmen, wenn ihm nur seine Handarbeit kärglich bezahlt wird, und er nicht als Gelehrter, der seine Stelle behaupten soll, besoldet wird?" 1 2 5 . Freilich kreist sein Denken allzusehr um „Besoldung" und Anerkennung. In den Akten des Hofmarschallamts und anderer Hofbehörden wird die alte Bezeichnung Kunstkammer für die Sammlungen einschließlich des Antikenkabinetts bis 1830 gebraucht. Henry schloß sich dieser saloppen Sprache nicht an; schon 1805 schlug er eine offizielle Umbenennung in „ K g l . Natur- und Kunstmuseum" vor 126 . Später, nach Abtrennung des Naturalienkabinetts, lauten die Titel in den Akten „Aufseher der Kgl. Kunstsammlungen" oder „Vorsteher des Kunst- und AntikenKabinets" (1815), dann schließlich 1816 „Director der Kgl. Antiken-, Münz- und Kunstkammer". Damit hatte sich die noch heute übliche, im Ursprung barocke Amtsbezeichnung durchgesetzt. In bescheidenem Rahmen mühte sich Henry auch um die Erweiterung der Bestände. Am häufigsten konnten Münzen und Naturalien erworben werden. In Paris sollten 1803 ägyptische Mumien gekauft werden, doch der Plan zerschlug sich 127 . Im Jahr darauf erwarb Henry von dem Pariser Antiquar Hennin eine „Sammlung Alt Griechischer Vasen". Der vorsichtige König verlangte ein Gutachten des damals in Paris weilenden Alexander von Humboldt, ehe er, nicht ohne (zu Recht) den hohen Kaufpreis zu bemängeln, die Erwerbung genehmigte. Es handelt sich bei diesen 333 Vasen nach Furtwänglers Urteil nur um „unteritalische Gefäße ohne besondere Bedeutung", doch immerhin um die erste große Vasenerwerbung in der Geschichte der Berliner Sammlung 128 . Mit einem „Allgemeinen Verzeichnis des Kgl. Kunst-, Naturhistorischen und Antiken-Museums" krönte Henry 1805 sein Werk. Das Büchlein ist so selten geworden, daß es für die vorliegende Studie nicht benutzt werden konnte 129 . Im selben Jahr erschien eine kurze „Nouvelle description de 123 124 125 126 127 128

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Stock a. O. S. 1 2 1 . — Scherer (wie Anm. 1) S. 1 1 1 . Stock a. O. S. n ç f f . Akten Kunstkammer (wie Anm. 4) Bd. 2, Bl. 81 (Henry an Beyme 1802). — Stock (wie Anm. 1) S. 1 3 ; f f . Stock a. O. S. 137 (Henry an Beyme, 2. 8. 1805). Stock a. O. S. 119. Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1795 — 1822, Nr. i 6 f f . (dort ein Brief Humboldts vom 4. 3. 1805. — Furtwängler, Beschreibung Vasen (wie Anm. 3) Bd. i, S. X I I I . Die drei früher in der Zentralbibliothek der Staatlichen Museen befindlichen Exemplare (Signatur: De T 145) sind Kriegsverlust. In der Staatsbibliothek, der Universitätsbibliothek und der Stadtbibliothek zu Berlin, der Zentral-

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Berlin", die beiläufig auch „le cabinet des médailles et des antiques composé sur-tout ... des pierres gravées et des petits bronzes" hervorhebt, „dans le quatrième étage du château", „dans des pièces déjà destinée à cet usage par Frédéric I." 1 3 0 . K r i s e und W i e d e r a u f b a u Allzu kurz nur konnte sich Henry und konnten sich die dukatenspendenden Besucher der vollständig eingerichteten Sammlungen freuen. Schon im April 1805 wurde die Abtrennung des Naturalienkabinetts von den übrigen Beständen beschlossen und damit die seit dem 17. Jahrhundert gewahrte Einheit zerstört 131 . Unmittelbar bevor Berlin im Oktober 1806 von Napoleon besetzt wurde, erhielt Henry den Befehl, in größter Eile die wertvollsten Münzen und Gemmen einzupacken, um sie nach Memel zu schaffen ; auf diesem Transport ist ein Fäßchen mit Münzen abhanden gekommen. Die in Berlin zurückgelassenen Antiken blieben dem Spürsinn Denons, des „Directeur général des Musées de Paris", nicht verborgen; am 5. November 1806, also nur wenige Tage nach dem Einmarsch der Franzosen, quittierte der charmante Räuber, den der später so patriotische Schadow höflichst zu Mittag geladen hatte, den Empfang von 204 Skulpturen und Bronzen, 500 Cameen und etwa 12000 Münzen. Auf die Henninschen Vasen verzichtete er, weil er in Paris viel bessere hatte. Die Kunstwerke verließen im Dezember 1806 Berlin, gelangten über Hamburg mit dem Schiff nach Frankreich und waren wenige Monate darauf im Louvre und in den Tuilerien zu besichtigen. Diebstähle dezimierten den Restbestand, der von Mai bis November 1813 dann ausgelagert war 132 . Wenn Wilhelm von Humboldt später Henry verklagte, weil er den Abtransport der Bestände nicht rechtzeitig durchgeführt und so die Verluste verschuldet hätte, dann war das ein Mißgriff, der dem erfahrenen Diplomaten schlecht zu Gesicht stand und für den Betroffenen dank Hardenbergs schützender Hand gerechterweise ohne Folgen blieb. Was hätte Henry in der allgemeinen Ratlosigkeit aller Hof- und Regierungsämter, in der sogar die Preziosen der Königin abhanden kamen, ohne Hilfskräfte ausrichten können? Die Oberhofmeisterin Gräfin Voß beurteilte die Lage richtig, als sie notierte, „die Unentschlossenheit, die Verblendung und die Unfähigkeit, die in den höchsten Stellen herrschte", seien an dem Fiasco schuld 133 . Die von Stein und Hardenberg eingeleitete Reform der Staatsbehörden trennte 1810 die königlichen Sammlungen von der Akademie der Wissenschaften und ordnete sie der „Abtheilung für den Cultus und den öffentlichen Unterricht" im Ministerium des Innern zu; 1817 wurden sie schließlich dem neu gebildeten „Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten" unterstellt 134 . Die enge, oft unerfreuliche Verbindung zum 1810 neu errichteten Oberhofmarschallamt blieb bis 1830 bestehen. Im Friedensvertrag vom Mai 1814 war festgesetzt, daß alle von Denon requirierten Kunstwerke, soweit sie inzwischen in öffentlichen Sammlungen aufgestellt seien, französisches Eigentum bleiben sollten 135 . Für die Berliner Sammlung bedeutete das den Verlust ihres kostbarsten Antikenbestandes.

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bibliothek Weimar sowie den Universitätsbibliotheken Halle und Leipzig ist der Titel weder vorhanden noch nachweisbar. Auch der Katalog der Bibliothek des Deutschen Archäologischen Instituts Rom führt ihn nicht auf. M. Gila (wie Anm. 1) S. 102. Reichl (wie Anm. 1) S.224. — v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 40. Z u den Vorgängen vgl. die ausführliche Darstellung bei Eckardt (wie Anm. 1) S. j ö f f . — Ferner: Leve^ow (wie Anm. 1) S. 15. — Fried!änderjv. Sallet (wie Anm. 1) S. 19. — Ders., Festschrift (wie Anm. 1) S. 15 (die noch von Friedländer benutzten Akten aus dieser Zeit scheinen verloren zu sein). — v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 35. — Scherer (wie Anm. 1) S. 1 1 3 . — Paunel (wie Anm. 1 1 ) S. 1 5 5 f . Zitat: nach Eckardt a. O. S. 50. — Dort Anm. 107: Humboldts Anklage, Anm. 1 1 9 : Konfiszierung, Anm. 1 3 5 : Transport, S. 60: Auslagerung 1 8 1 3 . — Paunel (wie Anm. 1 1 ) S. 156 betont Humboldts „die jeweilige Situation verkennende Kritik, die er an der Haltung seiner Untergebenen übte". v. Ledebur (wie Anm. 1) S. 3g f. v. L.edebur (wie Anm. 1) S. 42. — Eckardt (wie Anm. 1) S. 61 ff. 115

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Auf Hardenbergs Befehl reisten Henry und der Hofstaatssekretär Bußler nach Paris, um die Rückgabe des Restes persönlich zu überwachen. Nur „durch beständiges negoeiiren und antichambrircn" gelang es ihnen, wenigstens einen Teil des Berliner Besitzes zu sichern 136 . Die Schiffstransporte trafen im Frühjahr 1815 in Berlin und Potsdam ein, und am 28. April übergab das Oberhofmarschallamt Henry vier Kisten mit einigen meist unbedeutenden Antiken 137 . Nach dem Ende der Hundert Tage bot sich die Gelegenheit einer Revision; in einem Memorandum vom 3. Juli gab Henry eine Übersicht dessen, was Denon nach England verkauft und sonst beiseite geschafft hatte; er schlug vor, die Privatsammlung Denons zu konfiszieren, ja er fragte, „warum man sich nicht der Person dieses subalternen Banditen . . . bemächtigen könnte, bis er hinlänglich Entschädigungen geleistet hätte". Als am 10. Juli eine pommersche Landwehrkompanie in den Louvre rückte, mußte Denon nachgeben 138 . Am 10. Oktober 18x5 teilte Henry dem Staatsminister von Schuckmann endlich mit, daß die Sammlungen wieder eingerichtet seien; es fehle aber noch immer die Stoschische Gemmensammlung, die inzwischen aus Königsberg nach Breslau gebracht worden sei 139 . Das Oberhofmarschallamt ließ sich mit der Übergabe der Gemmen also weit mehr Zeit als die Pariser Behörden mit der Rückgabe des Geraubten. Erst als der König den Zaren persönlich durch die Kunstkammer führte und das Fehlen der Stoschischen Gemmen sehr ungnädig kommentierte, bequemte man sich zu einem Rücktransport 140 . Eine „Bildsäule des Faunus, und die Gruppe von Amor und Psyche" wurden nicht der Kunstkammer zurückgegeben, sondern für die Dekoration des Berliner Schlosses benutzt. Auf seine Beschwerde erhielt Henry von Schuckmann den Bescheid, es sei doch „sehr natürlich ..., daß aus den wiedererlangten Kunstwerken zunächst die geraubte Zierde der Königl. Wohnung ergänzt werde". Erst im Dezember 1815 erklärte sich das Oberhofmarschallamt dazu bereit, die Skulpturen Henry zu übergeben 141 . Da genaue Listen der nach Paris gebrachten und der zurückgekehrten Antiken nicht erhalten sind, wohl auch nie existierten, ist eine lückenlose Übersicht nicht möglich. Doch die Verluste müssen im ganzen nur geringfügig gewesen sein. Eine schöne Bereicherung war das Kitharödenrelief Albani (Tafel 28, 3), das als Entschädigung für ein im Louvre verbliebenes Berliner Relief aus Paris gekommen war 142 . Das schon von Winckelmann in den „Monumenti antichi inediti" publizierte Stück erregte sogleich berechtigtes Aufsehen. Am 22. Februar 1816 wurde Henry von Schuckmann beauftragt, „dem Director Schadow das von Paris gekommene marmorne Basrelief, eine Piocession darstellend, behufs der Abformung, zu verabfolgen" 143 .

Die letzten f ü n f z e h n J a h r e Die Krise von 1806 hatte nicht nur die Unzulänglichkeit der preußischen Regierung und Armee, sondern am Rande auch die der Museumsverwaltung offenbart. Schon das Fehlen von Inventaren hatte eine mißliche Situation geschaffen — um so peinlicher, als z. B. die Sammlungen in Kassel und Braunschweig genaue Listen der requirierten Bestände vorlegen konnten. Das neue Ministerium wollte auch hier Abhilfe schaffen. Nach der Art bürokratischer Befehls- und Kontrollinstanzen suchte man die Probleme zunächst durch bloße Anordnungen zu lösen. Doch Henry wies nach, daß er neben Bibliothekar- und Predigeramt allein nicht in der Lage sei, die Arbeit zu bewältigen 144 . Der für

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Akten Antiken-Sammlung (wie Arim. 4) 1795 — 1822 Nr. 47. — Eckardt a. O. Akten Antiken-Sammlung a. O. Nr. 45. — Eckardt a. O. S. 70 und Anm. 197. Akten Antiken-Sammlung a. O. Nr. 47. — Fckardt a. O. S. 72ff. Z S T A (wie Anm. 4) Rep. 76 V e Scct. 15, Abt. V I Nr. 16, Bd. 1 , Bl. zzi. Henry an das Ministerium, 3. 12. 18, Z S T A a. O. Bd. 2. Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1795 — 1822 Nr. 44 und 50. Beschreibung (wie Anm. 3) S. 373 t. Nr. 921. Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1795 — 1822 Nr. 58. Henry an das Ministerium, 2. 4. 16 ( Z S T A wie Anm. 139) Bl. 49.

Il6

die Kunstsammlungen zuständige vortragende Rat, Wilhelm von Humboldts Freund und Mitarbeiter Uhden, zeigte Verständnis für die unhaltbare Lage. So wurde Henry am 4. Mai 1816 von seinem langjährigen Amt als Bibliothekar entbunden, um sich ganz den Sammlungen widmen zu können; mit Wirkung vom 1. Juli 1816 wurde er zum „Director der Kunstkammer und der Antiken-Kabinette" ernannt. Das bedeutete die endgültige Trennung der Sammlung von der Bibliothek. Die Revision der Gemmen wurde Ernst Heinrich Toelken, der als unbesoldeter Professor für Kunstgeschichte und Mythologie sein Leben fristete, gegen ein Honorar übertragen, der Münzen wollte sich Uhden selbst annehmen. Toelken schloß die Arbeit ab mit dem erfreulichen Resultat, daß entgegen unsinnigen Gerüchten die Stoschische Gemmensammlung vollständig nach Berlin zurückgekehrt war. Überdies war die Beschäftigung mit den Gemmen für ihn die beste Vorbereitung zur Arbeit am Katalog, die er jedoch erst viel später begann. Von den Münzen wurden damals zunächst die „Aurei" aufgenommen 145 . Die Neuerwerbungen jener Jahre sind nicht sehr zahlreich und konzentrieren sich auf Münzen. Aus dem Nachlaß eines Herrn Schiavonetti wurde 1817 eine Sammlung von 98 Gemmen erworben, zwei Jahre darauf von dem Kaufmann Janetti eine Mumie sowie von Baron Gibson in Potsdam zwei qualitätvolle schwarzfigurige Vasen 146 . An den König und zugleich an den Staatskanzler richtete Henry 1820 die dringende Bitte um Einstellung eines „Gehülfen": „Seit 25 Jahren habe ich der Kunst-Antiken und Münzkammer des kgl. Hauses allein vorgestanden ... Ich bin der alleinige Vorsteher dieser jetzt sehr weitläufig gewordenen Anstalt, sogar ohne einen mir untergeordneten Gehülfen. Mir allein sind die Schlüssel zu allen gesamieten Kunstschätzen anvertraut, folglich sind bey den geringsten Unpäßlichkeiten, welche doch in herannahendem Alter nicht ausbleiben, alle königlichen Kunstschätze dem Publikum verschlossen". Als Mitarbeiter schlug er Konrad Levezow vor, mit dem ihn „die freundschaftlichsten Verhält-^ nisse und die Einigkeit der Gesinnungen ... seit langer Zeit verbinden" 147 . Levezow war damals Professor der Altertümer an der Akademie der Künste. Schon vor zwei Jahrzehnten, als „öffentlicher Lehrer am kgl. Friedrich-Wilhelm-Gymnasium", hatte er 1801 „Über den Raub des Palladiums auf den geschnittenen Steinen des Altertums" und 1804 „Über die Familie des Lykomedes" vorzügliche archäologische Abhandlungen veröffentlicht. Auch dem Hof war er nicht ganz unbekannt; durch beharrliche Eingaben hatte er es erreicht, daß Hofmarschall von Massow am 26. Mai 1803 dem König melden mußte, er habe alle Kastellane angewiesen, „diesen jungen Mann, welcher viel glühendes Gefühl für die Künste besitzt, und die Antiken mit philosophischem Geiste studiert hat", in den Schlössern ungehindert Skulpturen zeichnen zu lassen 148 . So verfügte Levezow über eine profunde Kenntnis des Berliner und Potsdamer Antikenbestandes. Sein Aufsatz „Über die Kgl. Preußischen Sammlungen der Denkmäler alter Kunst", 1822 in Böttigers „Amalthea" erschienen, bot erstmals einen systematischen Überblick über die Bestände. Das von Henry gerühmte gute Einvernehmen zwischen Director und Mitaufseher währte leider nicht lange. Uhden verlangte für das Ministerium 1822 erneut eine Revision und Inventarisierung der Sammlungen 149 . Trotz seiner sachkundigen und detaillierten Anweisungen wurde die Arbeit hinausgezögert, so daß schließlich Levezow direkt vom Ministerium den Auftrag bekam, die Inventare anzulegen 150 . Henrys Versäumnisse ließen sich nicht länger decken; es kam zu unerfreulichen Beschuldigungen und Verteidigungen, vor allem wegen des angeblich fehlenden Inventars der Kunst145

146

147 148 149 150

a. O. Bl. 5 3, 64, 66; Münzinventar: Bl. u g f f . — Im Handbuch über den kgl. preußischen Hof und Staat für das Jahr 1818, S. 84, figuriert Henry als Direktor der „Kunst- und Antiken-Sammlung", welchletztere Bezeichnung hier wohl zum ersten Male auftaucht. — Uber Toelken vgl. Allg. Deutsche Biographie 38, 1894, S. 415. a. O. B.. 175 ff. (vgl. Furtwängler, Beschreibung geschn. Steine, wie Anm. 3, S. VII) und Bd. 2 passim. Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1795 —1822 Nr. 81 (vgl. Furtwängler, Beschreibung Vasensammlung, wie Anm. 3, S. X I V ; F. 1850 und 1961). Archiv Staatliche Museen, Akte K K M 3/1. Z S T A Merseburg, Hist. Abt. II (wie Anm. 4) H A Rep. 20 Nr. 63. Uhden an Henry, 21. 8. 22 (wie Anm. 144, Bd. 3). a. O. Nr. 18 Bl. 29.

117

kammer 151 . Von den sorgfältigen Antiken-Inventaren, die Levezow in jenen Jahren anlegte, haben sich das „Verzeichnis der antiken Denkmäler von gebranntem Thon", das „Verzeichnis ... der antiken Figuren, Brustbilder und Köpfe von Bronze", das der „antiken Gefäße, Geräthschaften, Instrumente, Schmucksachen usw. von Bronze und anderen Metallen" sowie die schmaleren Bände mit Malereien und Gläsern erhalten. Ein seit 1823 geführtes Erwerbungsbuch wurde leider später „beseitigt", Auszüge daraus enthält das 1830 angelegte „Journal über die Vermehrung des Antiquariums". Am 21. November 1821 hatte Minister von Altenstein Henry mitgeteilt, daß der Kammerherr Graf Sack die Absicht habe, die Ausbeute seiner Reise durch Griechenland und Ägypten dem Antikenkabinett zu schenken 152 . Henry stellte fest, daß einige Skulpturen „der Restauration bedürfen", mit der Schadow beauftragt wurde. Am 25. März 1822 meldet der Bildhauer, „daß die Restauration der Fragmente vom Herrn Grafen Sacken eingesandt so weit beendet ist, daß sie Dienstag den 26. Marz, in das unter Ihrer Aufsicht stehende Museum können transportiert werden" 153 . Z u den damals ergänzten Skulpturen gehört das schöne attische Grabrelieffragment Sk. 740 (Tafel 28, 2) 164 . Daß die (leider nicht sehr gelungenen) Ergänzungen von Schadow stammen, wurde bisher übersehen. Dies Fragment und eine Reihe von Grablekythen, die Sack in Athen erworben hatte, waren die ersten originalen griechischen Skulpturen der Berliner Sammlung. Das Eintreffen der Kleinkunstkiste verzögerte sich noch bis 1826 155 . Der preußische Generalleutnant von Minutoli hatte 1820 Ägypten bereist und eine Sammlung antiker Denkmäler mitgebracht, die er 1823 dem Berliner Antikenkabinett anbot. Der größere Teil war mit dem Schiff vor Helgoland gesunken, aber der Rest war noch so bedeutend, daß Levezow ihn im Schloß Monbijou zusammen mit den wenigen schon im Antikenkabinett befindlichen ägyptischen Altertümern als „Sammlung der ägyptischen Altertümer" aufstellen konnte, die wenig später 4 durch den Ankauf der Sammlung Passalacqua in Paris, für den sich besonders Alexander von Humboldt eingesetzt hatte, stark erweitert wurde 156 . Die Skulpturen und Vasen Minutolis kamen ins Antikenkabinett, das provisorisch auch einige Skulpturen der Sammlung Polignac aufnehmen mußte, die vor Zeiten an die Akademie der Künste gegeben worden waren und nun endlich von Levezow zurückgefordert wurden; als Ausweichdepot, auch für Gipsabgüsse, wurde gelegentlich Schloß Monbijou benutzt 157 . Die zwanziger Jahre brachten manche kleinere Bereicherung: 1822 wurden von dem Neapler Antiquar Raffaele Gargiulo unteritalische Vasen erworben, 1824 übergab Rauch einige Antiken, die der König in Italien erworben hatte; 1825 bot der Hofmaler Ternite Funde aus Pompeji an; 1827 wurde die Sammlung des Grafen Ingenheim erworben mit Vasen, Terrakotten und Skulpturen, von denen drei in Rauchs Werkstatt restauriert wurden. Rauch übernahm damals auch die Restaurierung vieler Statuen des alten Bestandes 158 . Aus dem Nachlaß von Salomon Bartholdy, dem preußischen Generalkonsul in Rom, wurde 1827 ein beachtlicher Bestand an Vasen, Bronzen und Terrakotten erworben 159 . Den größten Zuwachs brachte 1828 die Erwerbung der Sammlung des Generalfeldmarschallleutnants Franz Freiherr von Koller. Als Intendant der österreichischen Armee in Neapel hatte Koller fast 10000 Antiken zusammengebracht, deren geplante Aufstellung in seinem Schloß Obr151 152 153 154

155 158

157 158

159

a. O. Nr. 18 Bl. 48 (Henry betont am 28. 1 1 . 24, daß er Antiken- und Münzsammlung bevorzugt habe. Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1795 — 1822 Nr. 91. a. O. Nr. 98. Conny, Beschreibung (wie Anm. 3) S. 278. C. Blümel, Die klassischen griechischen Skulpturen, Berlin 1966, S. 4of. Nr. 39 Abb. 61. Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1823 — 1829, Bl. 130. K. Levezow (wie Anm. 1), 1. Nachtrag, Leipzig 1824, S. 4. — Journal (wie Anm. 2) S. 3. — Friedländer, Festschrift (wie Anm. 1) S. 4. — Furtxvängler, Beschreibung Vasen (wie Anm. 3) S. XIV. Journal (wie Anm. 2) S. 1. Journal (wie Anm. 2) passim. — Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1823 — 29 passim (Restaurierungen Rauchs: Bl. 132). Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1823—29, Bl. 137. — Furtwängler, Beschreibung Vasen (wie Anm. 3) S. XIV.

118

zistwy er nicht mehr erlebte. Ein Inventar der Sammlung hatte der bereits genannte Gargiulo angelegt. Als Friedrich Wilhelm III. gerade in Teplitz weilte, boten ihm die Erben Kollers diese Sammlung zum Kauf an; Levezow besichtigte sie und wählte für das Berliner Antikenkabinett aus, was ihm wichtig schien 160 . Als die Kisten der Sammlung von Koller endlich in Berlin eintrafen, war das Antikenkabinett schon größtenteils aus den alten Schloßräumen in Schinkels Museumsbau umgezogen. Auch die vorangegangenen Erwerbungen, die kaum noch Platz gefunden hatten, waren schon im Hinblick auf die seit 1797 geplante Museumsgründung erfolgt. Am 29. März 1810 hatte Friedrich Wilhelm III. endlich die Kabinettsorder über Bau und Einrichtung eines Kunstmuseums unterzeichnet, 1829 hatte Wilhelm von Humboldt den Vorsitz der seit 1815 tätigen Museumskommission übernommen; seitdem war Henrys Schöpfung zum Tode verurteilt. Allmählich wird er sich mit dem Zustand abgefunden haben, doch schmerzlich mußte es ihn berühren, wenn das Ministerium Briefe nicht mehr an ihn, sondern an das „Direktorat der Kgl. Kunstkammer" richtete und Erwerbungen ausdrücklich bestimmte für das „Kunst- und Antiken-Kabinett, welches demnächst an das zu gründende Königliche Kunst-Museum übergehen wird" 1 6 1 . Auch in diesen letzten zehn Jahren nahmen die Amtsgeschäfte ihren ruhigen Gang. Die Reinigung der Säle und im Winter die Heizung des Medaillenzimmers besorgte der alte Schloßdiener Ostermeyer, nach seinem Tode 1823 die Witwe, um deren Wohl Henry rührend bemüht war 162 . Am 8. März 1821, einem Sonntag, stellte Ostermeyer einen Dieb, der bereits in den Korridor vorgedrungen war; er entpuppte sich als Stettiner Schustergeselle, der in der Residenz reich werden wollte 163 . Am 27. März 1823 beantragte Henry die Reparatur einiger Schränke, deren Türen und Bretter sich im Winter verzogen hatten, so daß sie „nicht mehr aufzumachen waren" — in allen Sammlungsräumen, etwa auch im Dresdner Grünen Gewölbe, waren die alljährlichen Frostschäden vor dem Einbau von Heizungen beträchtlich164. Levezow beantragte 1824 die Erneuerung der Gardinen 165 , auch Schäden am Dach traten wieder auf; als jedoch das Oberhofmarschallamt im Februar 1821 für das Frühjahr eine Reparatur ankündigte, erklärte Henry, er sähe „keine Möglichkeit die mit Kunstsachen überhäuften drey Zimmer zugleich zu räumen", weil er ganz von Osterpredigten beansprucht sei, und im übrigen würden „partielle oder allmählige reparaturen" völlig ausreichen166. Gern wüßte man etwas über die Besucher des Antikenkabinetts in jenen Jahren; doch diesbezügliche Quellen ließen sich nicht finden. Henry erwähnt 1822, daß ein Graf von Lepel häufiger Gast sei 167 . Im März 1821 teilte Altenstein Henry mit, daß Hofmedailleur Brandt im Auftrage des Ministeriums Gemmen abformen werde; bald darauf beklagte sich Henry, der Künstler habe die Gemmen ungereinigt zurückgegeben und sei unverschämt aufgetreten 168 . Zu den prominenten Besuchern des Antikenkabinetts gehört Carl Gustav Carus 169 . Der Dresdener Arzt, Naturforscher und Maler, Verehrer Goethes und begnadeter Psychologe, hatte auch ein lebendiges Interesse an Kunstsammlungen. Es war ihm vergönnt, die Entwicklung der Berliner Museen von 1817 bis 1850 zu verfolgen. Die Sammlungen im Schloß besichtigte er 1825 mit Geheimrat Schulze, dem Chef des preußischen Unterrichtswesens. „Man sah damals in . . . verschiedenen Gale-

16n

161

162 163 164 165 169 11,7 168 108

K. Levezow, Über die freiherrlich v. Kollersche Sammlungen klassischer Alterthümer, als neueste Bereicherung des kgl. Museums der Alterthümer zu Berlin, in: Berliner Kunst-Blatt, Heft 12, 1828, S. 341 ff. — Journal (wie Anm. 2) S. 17 f. — G. Heres, Die Erwerbung der Sammlung Koller (im Druck). Akten Antiken-Sammlung 1823 — 29 (wie Anm. 4) Nr. 1 1 3 . — Zur Tätigkeit der Museumskommission vgl. Eckardt (wie Anm. 1) S. 8 3 ff. Z S T A Merseburg, Hist. Abt. IJ, Rep. 76 V e Sect. 15 Abt. V I Nr. 16, Band 5 passim. a. O., Bd. 2. a. O. Bd. 5. a. O. Bd. 5. Plankammer Sanssouci (wie Anm. 4) Akte 279, Bl. 1. Z S T A (wie Anm. 162) Bd. 4. Akten Antiken-Sammlung (wie Anm. 4) 1795 — 1822, Nr. 4. — Z S T A (wie Anm. 162) Bd. 5. C. G. Carus, Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten, herausg. E. Jansen, Bd. 1, 2. Aufl., Weimar 1969, S. 449ff.

119

rien gesondert, was später in einem Museum vereinigt wurde". Er sah die Gipsabgüsse der Akademie der Künste, „gar herrliche Sachen", und im Schloß Monbijou „manche ägyptische ... Altertümer, so hier noch ungeordnet umherliegen", im Residenzschloß „auch mehrere schöne Antiken, alle ... für das neue Museum bestimmt". In der Kunstkammer, „ w o die große Sammlung ägyptischer Altertümer und Mumien reichlichen Stoff zur Betrachtung darbot", registrierte er auch „die niedlichsten römischen Bronzen, wo selbst aus fratzenhaften Gebilden immer eine kernhafte Vorstellung durchbricht, schöne hetrurische Vasen und alte Glaswaren ... Alles hätte eine längere Betrachtung verdient, als wir ihm hier gewähren konnten". Wie erwähnt, gestaltete sich das Verhältnis zu Levezow nicht gut; auf Grund einer Beschwerde Henrys mißbilligte das Ministerium „die Störung der nothwendigen collegialischen Eintracht", gab aber im Sachlichen Levezow Recht 170 . Immer seltener werden die Briefe mit Henrys schönem Siegel, dessen um verschlungene Hände gezogene Inschrift fragt: Quid est veritas? Fast erblindet, von einer jungen Generation beiseite gedrängt, überließ er die Amtsgeschäfte seinem Kollegen Levezow, der den Umzug der Antiken und, als erster Direktor des Antiquariums, den Aufbau der Sammlungen antiker Kleinkunst durchführte. Die in der Kunstkammer befindlichen antiken Skulpturen wurden mit den aus den Schlössern ausgewählten unter Friedrich Tiecks Direktion in der „SkulpturenGallerie" vereinigt. Henry, seit längerem beurlaubt, starb am 3. Oktober 1831. Die alten Säle im Schloß verblieben der Kunstkammer, die sich nun unter dem neuen Direktor Leopold von Ledebur bequemer ausbreiten konnte; neben den Beständen der eigentlichen Kunstkammer vereinte die neue Abteilung der Königlichen Museen „materielle Erinnerungen an denkwürdige Zeiten und berühmte Personen" sowie völkerkundliche Objekte 171 . Am Juli übernahm Ledebur die Kunstkammer; am 12. Oktober beschwerte er sich beim Oberhofmarschallamt, daß Professor Levezow die ehemaligen drei Münz- und Antikensäle noch immer unter Verschluß halte; wegen der einbrechenden Kälte würde das Medaillenzimmer als einziger heizbarer Raum der Kunstkammer nun dringend gebraucht. Eine Woche später ermahnte die Behörde Levezow, „die erwähnten Zimmer baldmöglichst zu räumen" 172 . Damit endet die Geschichte des Berliner Antikenkabinetts. Fotonachweis: Tafel 21, 1 und 4, Tafel 22, Tafel 27, 1 — 3, Tafel 28, A b b . 1, 2 und 4 Staatliche Museen zu Berlin. A b b . 3 Zeichnung des Verfassers. Tafel 7, 4 und A b b . 5—6 Staatliche Schlösser und Gärten Potsdam. Tafel 3 — 5 Schloß Charlottenburg. Tafel i , 1 und 3, Tafel 6 Staatliche Kunstsammlungen Dresden.

Dokumentarischer Anhang 1. Skulpturen der Sammlung Reynst. — Zu S. 96 Die 1671 von der Witwe des Amsterdamer Kaufmanns Gerrit Reynst erworbenen Skulpturen stammen zum großen Teil aus der venezianischen Sammlung Vendramin. V o n den 22 im Inventar von 1672 aufgeführten Skulpturen kamen nachweislich mehrere aus der Sammlung Reynst, ferner auch einige nicht im Inventar genannte Stücke, die wohl nicht zum Bestand des Antikenkabinetts gehörten. A. M. Logan (New Häven) rekonstruiert die Sammlung Reynst. Vorläufig ergibt sich folgende Liste: Berlin Sk. 355 Trajan ThB III 341 Sk. 438 Frauenkopf Sk. 447 Frauenporträt Sk. 521 „Triptolemus" ThB III 287 Sk. 547 Jünglingskopf Sk. 619 Götterkopf 17,1

A k t e n Antiken-Sammlung (wie A n m . 4) 1823 — 29, Bl. 132.

171

v. _edebnr

172

Archiv der Staatlichen Museen, Acta betr. die Einrichtung . . . der kgl. Kunstkammer, Bd. 1, 1830/31.

120

( w i e A n m . 1) S.

44t.

Dresden

Hm. 69 „Plato" Hm. 409 „Gordianus" Hm. 4 1 1 „Arsaces" „Priapus Bellorii" —

ThB III 322 T h B III 351 T h B III 261

2. Erwerbung der Sammlung Bellori. — Zu S. 98 Da die entscheidenden Aktenbelege und Listen verloren sind, ist eine Rekonstruktion nur anhand alter Publikationen und Inventare möglich. V g l . dazu G. Heres, Die Sammlung Bellori, im Druck, mit Listen und Bibliographie; Ders., Museum Bellorianum, i n : Das Altertum 20, 1974, S. 236 (Überblick). 3. Dresdener Skulpturen aus brandenburgischem Besit—

Zu S. 106

Nach den Angaben im „Inventarium über sämtliche im Großen Garten befindliche antique und moderne Statuen, Groupen, Büsten, Köpfe etc. etc." von 1765 (aufbewahrt in der Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden) stammen 52 Skulpturen aus brandenburgischem Besitz. Davon ließen sich bis jetzt 34 in Leplats „Recueil" von 1733 und 24 im T h B identifizieren. Nicolai (1786) führt 23 abgegebene Büsten auf. Das Inventar von 1765 wird mit Blatt/Nummer zitiert, der 3. Band des T h B mit Seitenzahl. Leplat = R. Leplat, Recueil des marbres antiques . . . , 1733. Herrmann 2 = P. Herrmann, Verzeichnis der antiken Originalbildwerke der Staatlichen Skulpturensammlung zu Dresden, 2. Aufl., Berlin/Dresden 1925. Bezeichnung

Inv. 1765

ThB III

Leplat

„Priapus Bellorii" Statue des Apollon Diana Ephesia Statue des Iuppiter Kopf des Galba Büste des Hercules Frauenporträt Büste eines Togatus Porträtbüste Porträtbüste Weibliche Büste Büste der Faustina Antoninus Pius Porträtbüste Lucius Verus Kaiserporträt Sokrates Kopf der Niobe Geta „Cato" Hermenbüste („Plato") Septimius Severus Kopf des Ares Borghese „Ncrva" Büste des Trajan Frauenporträt

28/364 28/365

261

154

29/378

224

2 9/379



68/322 69/325



34o(?) 326

130 149 8

Hei — —

42 —





157,2

288

69/326

35o

156,2

380

69/327







348 35i 328 345 344

157.5

403

158,4

385







346

155,4 157,3 i55,i

69/328 69/329 69/330

7 0 /33i 7o/33

2

7o/333 7o/334 7o/33 5

336

409

152,1 156,1



384

387 406 205

70/336

321

7o/337 71/338

327 349 334 322 343(?)

156,3

331

152,2















166,1

389

7i/339

7i/34o 7i/34i 7i/342 7 1 / 34-3a 7 1 / 343 72/344

155,4 155,2 155,3 157,3(?)

125 —

329

69

393 91

121

Bezeichnung

Inv. 1765

ThB III

Leplat

Herrmann2

Porträtbüstc „Homer" „Barbaren"porträt Frauenbüste Porträt des Trajan Frauenporträt Porträtbüste Jünglingsbüste Porträtbüste Frauenbüste Frauenporträt Mänadenbüste Frauenbüste Kopf des Merkur Kopf der Minerva Porträtbüste Frauenbüste Büste des Caesar Büste eines Mannes mit Diadem „Lucius Caesar" „Commodus" Moderner Männerkopf Lucius Verus (modern) Venuskopf (modern) „Probus" „Uxor Probi"

72/345 72/346 72/347 72/348 72/349 73/35° 73/35 1 73/35 2 73/35 3 73/354 73/356 73/35 8



.—











162

411

73/359 74/36I 74/362 74/363 74/366 75/367 75/369 75/37° 75/372 75/375 76/376 76/377 128/323 128/324



34i — —

174, 5 (?) M9. 1 175.3 159.2



365 —







M9.5

346









35° 243

161,2

ii4(?)

i73,i















i77,4



-

416



-

-











— — —

172, i(?) 171,5

— — —

















352 352a

i54



4- Verzeichnis der iyp8 aus dem Antikentempel ins Berliner Schloß zurückgebrachten Antiken. — Zu S. i i j (Akten Antiken-Sammlung, 1795 — 1822, Nr. 1)

Specification der Bas-reliefs, Statuen von bronze, antike mahlereyen, mosaiquen etc. die in dem Saal (Handschrift Henrys) des antiken Tempels befindlich waren. 1. 2. 3. 4. 5. 7. 8. 9. 10. 11. 13. 14. 15. 16. 18. 19. 122

Ein bas-relief von Marmor, der Raub der Proserpina in goldenen Rahm. Statue des Hercules von Bronze in ein gehäuse. (ThB 278) Ein bas-relief von Thon — zwei Fauni — in Gold rahm (ThB 255) Statue einer geflügelten figur in ein gehäuse (ThB 273 ?) & 6. Zwey Köpfe von Marmor en haut relief in ovalen rahmen. Eine antike mahlerey, ein adler vorstellend. (ThB 416) Bas-relief von thon — bacchantin mit einer tympana (ThB 244) Bas relief von thon — Satyr vor einem altar. (TC 412; ThB 252) dito — ein einzug. (TC 244; ThB 339) & 12. — ein geflügelter Genius der opfert. (TC 55 8f.; ThB 285) Ein Mercurius Kopf von Bronze. (Fr. 1833a; ThB 234?) Eine mahlerey, vorstellend einen verfolgenden Streiter (ThB 318) Bas-relief von thon — kniende und betende figur. & 17. Zwey masken von bronze. Bas relief von Marmor — ein Faun auf der Jagd mit einem Leopard. (ThB 247) dito von thon auf holtz — Eine geflügelte Figur. (TC 252; ThB 284)

zo. Ein Kopf mit einer mithra von marmor auf schwarz. Stein. 21. Ein Haut-relief von marmor in gold. rahm — eine sitzende figur übergiebt einem Satyr ein Schild etc. 22. Ein Kopf von marmor en bas-relief — Messaline. 23. — dito — Alexander. (ThB 324?) 24. Eine grosse Mosaique in gold. rahm. (Mosaik-Inv. 3) 25. Eine buste von schwarz, marmor, mit einem Vogelskopf. (ThB 306?) 26. Ein bas-relief von thon — vorstellend ein aegyptischen Kopf mit der Haut eines Ziegenbocks bedeckt. (TC 544; ThB 300) 27. & 28. Zwey Köpfe von bronze, der eine die Diana — der andere mit eine mithra. 29. Bas relief von marmor, die drei grazien mit einer 4 figur. (Sk. 890; ThB 272) 30. — von marmor, eine opfernde figur vor einem altar auf schwarzen stein. (Sk. 972) 31. dito — ein Löwens Kopf. (Sk. 1037) 32. Drey Köpfe von bronze, Bacchus mit 2 Bacchantinnen. 33. & 34. Zwey Inschriften auf Bronze. (ThB 410?) 35. & 36. Zwey kleine altare von Bronze. (ThB 380?) 37. Ein geflügelter Kopf von bronze, die Sonne vorstellend. (ThB 315) 38. Bas relief von Stein — ein sitzende Philosoph lesend mit eine griechische Inschrift. (Sk. 1755; ThB 320) 39. & 40. dito — ein Satyrs und ein Faunus Kopf — von einer thon Masse. 41. Eine buste von bronze mit einer Inschrift. (Fr. 2502; ThB 412) 42. Bas relief von thon — ein Krieger sitzend nebst einer frau. (ThB 271) 43. — von marmor. Sylvanus. (Sk. 717; ThB 258) 44. — von marmor — Heilige Hieronymus. 45. — — Ein Kopf — Lucretia. 46. Eine figur von bronze mit eine Cornucopia — in ein gehäuse. (ThB 295 ?) 47. Ein Bas relief von Stein — ein römischer Kopf. (Th B 339?) 48. Eine figur von bronze — Esculape — in ein Gehäuse. (Fr. 1846; ThB 277?) /. Korrespondenz

Überführung des Restbestandes, 1801. — Zu S. 11ß

Das Directorium der Acadcmie an Henry (Akten Antiken-Sammlung 1795—1822, Nr. 4)

Aus des Herrn Henry Anzeige vom itcn dieses Monats haben wir ersehen, daß die Antiquen aus Sans-souci und dem Antiquen-Tempel daselbst wohl und gut erhalten hieher gebracht worden. Wir danken Herrn Henry für die dabei gehabte Bemühung und laßen seinem Eifer bei der Besorgung dieser Angelegenheit Gerechtigkeit widerfahren. Die Kosten von 23 mf. 22 gl. sowie die Ref. für vier Piedestals und Herstellung der schadhaften Theile einiger Statuen für Herrn Bardou haben wir assigniren laßen . . ., remittieren auch die Verzeichniße, und werden wir den versprochenen, neu anzufertigenden demnächst mit Vergnügen entgegen sehen. Berlin, den 2ten März 1801. Königliches Directorium der Academie der Wissenschaften. Merian. Borgstede, von Castillon Friedrich Wilhelm III. an Hofmarschall von Massow (Plankammer der Staatl. Schlösser und Gärten Sanssouci, Akte 262, Blatt 19)

Mein lieber Hofmarschall von Massow! Ich habe auf den Antrag des Directorii der Academie der Wissenschaften hierselbst beschlossen, dass die in dem Corridor in Sanssouci befindliche Sammlung von Antiquen aus dem Bayreuthischen und Polignacschen Nachlasse, ingleichen die Sammlung von Antiquen, welche noch in dem Antiquen Tempel beim neuen Palais vorhanden sind, jedoch mit

123

Ausschluss der darin befindlichen Familie des Lykomedes, in dem hiesigen Antiquitaeten Cabinette aufbewahrt, und zu dem Ende dem Aufseher desselben, Prediger Henry, übergeben werden sollen, und mache Euch solches zur Nachricht und weiteren nöthigen Verfügung hierdurch bekannt, als Euer pp. Friedrich Wilhelm Berlin, 21. März 1801 Hofmarschall von Massow an Henry (Akten Antiken-Sammlung 1795 — 1822, Nr. 6)

Des Königs Majestät haben durch Cabinets Ordre zu befehlen geruht, daß 1.) die im Corridor in Sanssouci befindliche Sammlung von Antiken aus dem Bayreuthschen und Polignacschen Nachlaße. 2.) die Sammlung von Antiken, welche noch in dem Antiken Tempel beim neuen Palais vorhanden sind, jedoch mit Ausschluß der darin befindlichen Familie des Lykomedes. an Ew. Wohlgeboren übergeben werden sollen; ich ersuche daher Sich Ende dieser Woche in Potsdam bei mir zu melden, wo ich alsdann nicht ermangeln werde, diesen allerhöchsten Befehl in Erfüllung zu bringen. Berlin den 23. März 1801 V. v. Massow Das Directorium an Henry (Akten Antiken-Sammlung 1795 — 1822, Nr. 5)

Des Königs Majestät haben dem Directorio der Academie mittelst Cabinets-Ordre vom 2i tcn dieses bekannt gemacht, daß Allerhöchstdieselben dem Herrn Hofmarschall von Massow aufgegeben, die in dem Corridor in Sanssouci, aus dem Bayreuthschen und Polignacschen Nachlaße befindliche Antiquen-Sammlung, ingleichen die, so in dem Antiquen-Tempel beim neuen Palais vorhanden, jedoch mit Ausschluß der Familie Lykomedes, dem Herrn Prediger Henry, zur Aufbewahrung in dem hiesigen Cabinet, verabfolgen zu laßen. Herr Henry hat sich also bei dem Herrn Hofmarschall von Massow zu melden und zu vernehmen, wann und zu welcher Zeit ihm vorgedachte Antiquen in Potsdam verabfolgt werden können, und hiernach den Transport zu Wasser anhero zu veranstalten. Berlin, den 21 ten März 1801 Königliches Directorium der Academie der Wissenschaften. Merian. Achard. Borgstede, von Castillon An Herrn Prediger Henry. 6. Verzeichnis des 1S01 überfährten Restbestandes aus dem Antikentempel. Zu S. 113 (Akten Antiken-Sammlung 1795 —1822, Nr. 8a)

Verzeichnis der Antiken und Anticaglien, welche aus dem Antikentempel zu Potsdam in der Antikenkammer zu Berlin sind transportiert worden. Potsd. d. 24. April 1801. 2 11 6 2 20 13

halbe thönerne Köpfe. Urnen von Thon, verschiedener Größe, wobei 3 mit 1 Henkel und 1 mit 2 Henkel. flache thönerne Gefässe, 1 schadhaft. thönerne Urnen, verschiedener Grösse, á 2 Henkel. Gefässe, Schüsseln etc., wobey 9 doppelte — 3 schadhaft. thönerne Krüge oder Urnen, verschiedener Grösse, wobey 2 mit 3 Henkel, 4 mit 2 Henkel, und 7 mit 1 Henkel — eine mit bleiernem Deckel. 1 Marmorne Urne mit Spurinnia Eleutheridis — Deckel schadhaft. (Sk. 1 1 3 5; ThB 467) 1 grüne gläserne Urne.

2 5 1 2 1 42 3 1 1 9 3 44 60 1 3 10 2 1 1 1 79 69 11

41

Büsten von Marmor, i. ein lachender Faun n 1/4 Z. (Sk. 270; ThB 253) 2. Juppiter 1 F. 3 Z. kleine Urnen von Thon. viereckige Urne von Marmor mit Fronton und Inschrift. (Sk. 1 1 2 5 ; ThB 468) kleine lacrymatoria. Lampe von weissem Alabaster mit 5 Tüllen. piecen von Thon und Glas, in verschiedenen Formen. Hetrurische Gefässe. (vielleicht ThB 391, 396, 463) Statue eines Juvenis praetextati von weiss. Marmor. (Sk. 389; ThB 360) Büste des Jupiter von weissem Alabast. 9 Z. hoch. (Sk. 10; ThB 220?) kleine antike Figuren von thon und aegyptische Priester etc. Statuen von Marmor, 1. Tibicen. (Sk. 261?), 2. Triptolemus (Sk. 521; ThB 286), 3. Trajanus (Sk. 355; ThB 3 4 1 ) , thönerne Lampen. verschiedene mettallene vasen, ringe, armillae, Spiegel, gefässe, figuren, opferinstrumente, thiere, figuren etc. metallene Vase mit figuren. (Fr. 1628; ThB 395) metallene Leuchter. flache Gefässe von metallblech. kleinere und schwerere, eine mit Inschrift, in das andere 10 eiserne feilspitzen. kupfernes decorations Stueck büste oder Kopf von bronze mit Postament von Holz 1 f. 3 1/2 Z. Janusköpfe von bronze. 10 Z. figuren kleine und mittlere von bronze. köpfe und thiere nebst ein Juppiters köpf von giallo antico 6 1 ¡4 Z. und einer Isis von Basalt. kleine verschiedene anticaglien, tesserae, schlüssel etc. Siegel etc. Figuren und andere piecen, 1) 3 Gewichte von schwarzen Stein. 2) 1 Löwenfuss auf Postament. 3) 1 aegyptischer Priester. 4) 1 Osiris. 5) ein bronzener Kopf auf einer Porphyrplatte. (Fr. 2149) 6) 2 thönerne Köpfe. 7) 2 Löwen von Giallo antico. Nadeln, Zangen, Nägel, Styli etc. Henry

7. Verzeichnis der 1801 aus der Bildergalerie überführten Antiken. — Zu S. 113 (Akten Antiken-Sammlung 1795 — 1822 Nr. 8).

Verzeichnis N r o 1. der antiquen Statuen Büsten etc. im Corridor hinter der BilderGallerie befindlich. No. 1. 2. 3. 4.

Höhe Fuß Zoll

Statuen in Marmor Amor und Psyche eine Grupe ein Faun mit einem Weinschlauch eine tanzende Bacchantin mit Früchten, und ein Florakopf ein Apollo sitzend mit der Leyer

(Sk. (Sk. (Sk. (Sk.

151) 263) 203?) 56)

4 3 33 — 11 -

3 8 2 3

Büsten 5. Ein Satyr von Rosso antico, die Augen weiß und die Bekleidung von farbigen Agath (Sk. 273 ?) 2 —

125

No.

Höhe Fuß Zoll

6. eine unbekannte Mannsperson mit einem Bart; die Bekleidung ist von Agath von verschiedenen Farben 7. Tiberius, die Bekleidung von verde antico 8. Seneca, der TragödienSchreiber, der Kopf ist von giallo antico die Bekleidung von verde antico 9. Vespasian, der Kopf von schwartzen Basalt die Bekleidung von giallo antico (Sk. 349) 10. eine Büste von Basalt unbekandt 1 1 . Jupiter, von Rosso antico (Sk. 293) 12. ein Philosoph, grauer Marmor ohne Piedestal (Sk. 306? 562?) 13. eine Mannsperson mit einem Bart, die Bekleidung von färbigen Agath 14. eine buste eines Mannes von giallo antico 15. Faun und Sylvan J janusköpfe (Sk. 137) 16. Bacchus und Sylenus J (Sk. 135) 17. Faun und ein Frauenkopf als Janusterme (Sk. 242?) 18. ein junger Faun (Sk. 264 oder 268 ?) 19. Antonia Augusta als Kind 20. Buste eines Kindes (Sk. 401 ?) 21. Agrippine als Kind 22. Faustine als Kind 23. eine Faunin mit zugespitzten Ohren 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 3 3. 34. 3 5. 3 6. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44.

eine Sapho Faustina ein lachender Kinder Kopf, als junger Mercur Isis mit einer spitzen Mütze mit Federn Apollo Hebon Königin Amalasunte Venus Xenokrates ein Unbekandter weibl. buste mit Peruque und Händen Cleopatra auf einen Baum gestützt Frauenbuste als Terme Pan als Terme Diana ein Augustus ohne Piedestal Tiber in Harnisch ' ein lachend Kind groß Bruststück des Hercules ohne Piedestal Pan mit Hörner als Terme 45. junge Manns Köpfe beschädigt

46. 47. 48. 49.

Jupiter Ammon, rund, bas relief ein Manns Kopf auf schwartzem Grund hautrelief rund ein Torso Fragment eine Heilige Agnese schlafend von Fiamingo

126

(Sk. 232?)

(Sk. 458?)

(Sk. 239)

(Sk. 190?) (Sk. 430?)

2—3 1 — 9 1 — 8 1 1 „ „ „ „

— — — — — —

10 6 11 101/2 11 7

" 1 1 1 1 1 1 1

— — — — — — —

2 4 4 4 4 4 8

•1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

— 8 — 7 — 4 — 5 — 5 — 2 — 4 — 3 — 2 — 2 — 4 — 4 „—11 „ - 7 »

-

— — — — — —

10 11 6 10 61/2 4

„ „ 2 1

— — — —

10 7 11 2

„ „ „ 1 „ „

9

No.

Höhe Fuß Zoll moderne Büsten

50. Virgil ^ • i51. Ovidio

1 „ f von Cavaceppi rl J

52. der Frühling I 53. der Winter J

2 — 5

Adam den Älteren

1 —„

antique bronze 54. eine Isis „ — 5 1/2 55. eine Minerva „ — 31/2 5 6. Neptun an einer kleinen Kette „ — 23/4 57. Harpocrates (Fr. 2003?) „ — 23/4 5 8. eine Isis mit Hieroglyphen, von grünl. Glas Paste „ — 5 5 9. ein Ost Indianisches Götzenbild von grünlichen Serpentinstein, in einer Nische sitzend „ — 5 60. 61. 62. 3 Stück basreliefs, fragmente von gebrannten Thon 63. 64. 3 antique irdne begräbniß Lampen, davon eine entzwey 66. 67. 2 kleine hetrurische Gefäße. 68. ein antiq Mosaik 8 Eck in Metalnen Rahm, ein Manns Kopf mit Lorberen Crantz (Mosaik-Inv. 12) 2 — „ 69. ein antiq Mosaick 8 Eck. ohne Rähm, ein weibl. Kopf. (Mosaik-Inv. 13) Beide Stücke aus dem Tempel zu Nimes. 2 — „ 70. 71. zwey Säulen von verde antico, Capitäl und base von weißen Marmor. (Sk. i o u f . ) Höhe 1 — 1/2 72. 73. zwey Schnecken Linien Säulen von weißen agath. beide zerbrochen — hoch — 1 — „ 74. ein alt Gemähide auf Gips, Mutius Scaevola, ohne Rähm. 1 Fuß 1 1/2 Zoll hoch. 1 Fuß 6 Zoll breit 75-. ein alt gemählde auf Gips, der Tod des König Priams. in eisern Rähm. 1 Fuß 5 Zoll hoch 1 Fuß 2 Zoll breit. Sans = souci d. 23. Aprill 1801. I. G. Puhlmann 76. bis noch sind 5 Stück kleine Gemälde in punischen 80. Wachs von Valau in Berlin gemahlt. 8. Brief Friedrich Wilhelms III. an Henry, 1804. Zu .i'. iiß (Akten Antiken-Sammlung 1795 — 1822, Nr. 14)

Wohlgelahrter Lieber Getreuer. Ich habe aus Eurer Anzeige vom 22ten d. M. mit Wohlgefallen ersehen, wie durch Eure Sorgfalt die Gemmen-Sammlungen in Meinem Cabinet nunmehro in Ordnung gebracht worden sind, und indem Ich Euch solches zu erkennen gebe, laße ich Euch zugleich den Betrag der Faßungs- und übrigen betreffenden Kosten mit respective = 144 rtl und = 30 rtl 4 sgr. nebst den eingereichten Rechnungen anbey zukommen als Euer gnädiger König. Potsdam den 27 ten Septbr 1804 Friedrich Wilhelm An den Prediger Henry zu Berlin Der Bestand des Antikenkabinetts 180 j. — Zu S. 114 Das an dieser Stelle geplante möglichst vollständige Verzeichnis der bis 1805 ins Antikenkabinett gelangten Stücke konnte, ebenso wie die Konkordanz zu Begers Thesaurus, wegen Zeitmangel nicht zusammengestellt werden. Grundlegend wären die in den Anmerkungen 2, 3 und 4 genannten Inventare, Kataloge und Archivalien. Die Aufwendige Arbeit kann vielleicht später in anderem Zusammenhang nachgeholt werden.

127

io. Liste der

ISIJ

ans Paris zurückgekehrten Stücke. — Zu S. 116

(Akten A n t i k e n - S a m m l u n g 1795 — 1 8 2 2 , N r . 45)

Kunstsachen, welche in den 4 Kisten befindlich gewesen sind, die am 26. April 1815 aus Paris hier eingetroffen sind. 1. An Sachen von gebrannter Erde — antick 17 1 1 2 1 1 1 1 1 1 1 1

Lampen verschiedener Form und Größe. antikes Basrelief dto dto dto dto die opfernde Victoria vorstellend (TC 5 5 8 f.) dto dto Fragment eines Basreliefs Kopf in Profil Maske en face Fragment, eine Maske darstellend dto aus der Villa Hadriani antiker ganz kleiner Kopf Fragment, Basrelief, ein Mädchen vorstellend, welches die Cymbel spielt (ThB 244)

2. Von Marmor, antick 1 1 1 1 1 1 1 1 i 1 1 1 1 1 1

doppelter Kopf, männlich do do weiblich weißer Marmor do do männlich Kopf von schwarzem Marmor do en basrelief, von weissem Marmor auf schwarzem. do Epicur, weißer Marmor, auf schwarzem Postament. Maske von röthlichem Marmor do do Jupiters Kopf von Alabaster weibl. Kopf von röthlichem Marmor auf schwarzem Marmor /hautrelief/ aegyptischer Sphynx Kopf von Jallo antico, auf schwarzem Marmor /hautrelief/ Basrelief, weißer Marmor auf schwarzem, ein opferndes Mädchen (Sk. 972) do von weißem Marmor Basrelief von grauem Marmor, etwas kleiner, unten mit einem Zapfen versehen do von weißem do worauf zwei Menschen Ohren

3. An antiker Bronze. 4 1 6 1 6 17 3 1 1 1 1 1 128

Lampen von verschiedener Form und Größe römische Trophäe (Fr. 1193a?) Stück kleine antike Bronze Figuren, 2 mit Postamenten von Bronze, 4 mit hölzernen kleiner Kopf von Bronze auf hölzernem Postamente Figuren von Bronze do do kleiner do do aegyptisch kleiner Minerva Kopf von Bronze Anubiskopf Ritter in Hauskleidung aus der Mittelzeit Maria und 1 Apostel aus der Mittelzeit phantastischer Tierkopf

2 2 i i i i i 8 i i

Elephanthe mit Thürmen phantastische Gottheiten auf Postamenten kleine weibliche etrurische Gottheit antiker römischer Adler Büchse, auf dem Deckel Curtius en basrelief abgebildet, auf der Unterseite eine weibliche Figur Elephant ohne Kopf als Vase Durchschlag Priapen Systrum von Bronze antikes Schloß.

(Zum Schluß in sieben „Einschlägen" etwa 400 Gemmen) daß ich obige Antiken und Kunst-Sachen, aus Paris zurückgesandt, von einem Hochlöblichen Königlichen Hof-MarschallAmt, richtig erhalten habe, bescheinige hiemit Berlin den 28 April 1815 — Henry Vorsteher der Königlichen Kunst und Antiken Sammlung

11. Restaurierung griechischer Skulpturen durch Schadow, 1821/22. — Zu S. 118 (Akten Antiken-Sammlung 1795 — 1822, Nr. 92 und 98)

Minister v. Altenstein an Henry Ihrem Antrage vom i" n dieses Monats gemäß, ist heut der Director Schadow aufgefordert worden, die Restauration einiger der von dem Herrn Grafen von Sack dem Königlichen Museum geschenkten Antiken in Marmor, welche derselben bedürfen, auszuführen. Sie haben mit ihm und dem Hofrath Hirt dieserhalb die nöthige Rücksprache zu nehmen. Berlin, den 19'"° December 1821 Ministerium der Geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten Altenstein An den Director der Königlichen Kunstkammer, Herrn Prediger Henry Hierselbst Schadow an Henry E w . Wolgeboren und Hochwürden habe anzuzeigen, daß die Restauration der Fragmente von H. Grafen Sacken eingesandt so weit beendet ist, daß sie Dienstag den 26. Maerz, in das unter Ihrer Aufsicht stehende Museum können transportirt werden. Sölten Sie solche aber etwan noch bevor in Augenschein nehmen wollen, so kann der Transport bis Mittwoch ausgesetzt bleiben. 129 9

Forsch, u. Ber. Bd. 18

Berlin den 25. Maerz 1822 G. Schadow Director An den Director der Königlichen Antiken Münz und Kunstkammer Herrn Prediger Henri Wolgeb. u Hochw. Behrenstr. K.Bibliothek No. 40

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FRIEDRICH WILHELM VON ERDMANNSDORFFS A N K Ä U F E VON SKULPTUREN FÜR BERLIN UND POTSDAM (Mit Tafel 2 9 - 3 5 )

Sibylle Harksen Als 1786 König Friedrich II. starb, begann in Preußen für die Architektur und bildende Kunst eine neue Epoche. Der Thronfolger hatte Kunstverständnis, das er vermutlich unter anderem auch im Umgange mit dem Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau entwickelt hatte. Zudem scheint ihm die tyrannische Haltung seines Vorgängers gegenüber Künstlern ferngelegen zu haben. Er war großzügig und ließ den in Preußen tätigen Künstlern Entwicklungsmöglichkeiten. Im Fürstentum Anhalt-Dessau hatte er Bauten und Werke der Gartenkunst kennengelernt, die zu den frühesten und vollkommensten deutschen Beiträgen zum Klassizismus gehören. 1780 war er in Petersburg am Hofe Katharinas II. gewesen und dürfte auch von den russischen Schloßbauten sowie ihrer Lage in der Landschaft Anregungen empfangen haben, die er nun in seinem Lande lebendig werden lassen wollte. E r d m a n n s d o r f f in B e r l i n Noch im Jahre 1786 begann Friedrich Wilhelm II., seine Baupläne zu verwirklichen. Mit dem Umbau des Schlaf- und Arbeitszimmers in Sanssouci, dem Ausbau der Königskammern sowie der Räume der Königin im Berliner Schloß und vor allem mit der Errichtung des Marmorpalais in Potsdam setzte sich der Klassizismus auch in Preußen durch. Zwei der in Preußen tätigen Architekten schienen ihm geeignet zu sein, seine Vorstellungen zu verwirklichen: Carl von Gontard und Carl Gotthard Langhans. Gontard bekam den Auftrag, das Marmorpalais in Potsdam zu erbauen und einen Teil der Königskammern auszustatten. Die weniger wichtigen Königinkammern übernahm Langhans, aber es gelang ihm, nachdem Gontard, vor allem wohl aus gesundheitlichen Gründen, davon Abstand nehmen mußte, das von ihm im Außenbau abgeschlossene Marmorpalais im Inneren zu vollenden, den Auftrag für dessen Innenausstattung zu erhalten. Doch die repräsentativsten Aufgaben, die Neuausstattung des Raumes im Schloß Sanssouci und des größten Teiles der Königskammern wurden dem Dessauer Architekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff übertragen, der zu diesem Zweck zwei Jahre in Berlin und Potsdam verbringen mußte. Zwar war der Auftrag für Erdmannsdorff eine Ehre, aber eine, die er nur ungern wahrnahm. Er ging auf Wunsch seines Dessauer Auftraggebers und Freundes, des Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, nach Berlin. Die vierundvierzig Briefe Erdmannsdorffs aus Potsdam und Berlin an den Fürsten sind erhalten geblieben und lassen vermuten, daß Erdmannsdorff den Auftrag hatte, die Politik am Berliner Hofe zu beobachten. 1 Er betont selber, daß ihm die übertragene Aufgabe nicht 1

Die Briefe sind Besitz des Staatsarchivs Oranienbaum G a r D Haus Anhalt A k t e n der Teilfürstentümer Dessau A 10 N o 1 8 1 — 203, befinden sich aber immer noch im Auslagerungsarchiv in Göttingen. F ü r das Ausleihen eines Filmes zum Lesen danke ich Herrn D r . R o ß , Staatsarchiv Oranienbäum. Dadurch, daß das Original nicht benutzt werden konnte, sind Lesefehler möglich. Ich zitiere die Briefe der Berlin-Potsdamer Zeit in ihrer Reihenfolge numeriert, wie es schon Siebigk getan hat. Siebigk, Ferdinand: A u s dem brieflichen Verkehre des Fürsten L e o p o l d Friedrich Franz v o n Dessau mit Friedrich Wilhelm v o n E r d m a n n s d o r f f . I n : Mitteilungen des Vereins für Anhaltische G e schichte und Altertumskunde 2. 1880, S. 1 1 7 — 1 6 1 .

131 9*

sonderlich angenehm war, da sie eine Trennung von all seinen Lebensgewohnheiten bedeutete. Am 24. Februar 1787 schreibt er: „Ich thue mein Möglichstes, meine Sache hier zu bearbeiten. Ich werde aber froh sein, wenn sie geendigt ist. Denn bey der jetzigen Lage der Dinge fühle ich mich freylich in dem hiesigen Kreyse nicht glücklich. Ich muß mir oft sagen, ich habe es einmal angefangen, ich muß es freylich suchen zu vollführen. In der Tat aber geht meine ganze Rücksicht immer wahrlich auf Sie, gnädigster Herr, dem zu Liebe ich, wenn ich mich recht untersuche, ganz allein eigentlich unternommen habe." 2 Damit sagt er — wenn auch verschlüsselt, denn er rechnete offenkundig immer damit, daß seine Briefe auf dem Postweg gelesen wurden —, daß der Fürst ihn veranlaßt hatte, nach Berlin zu gehen. Die Anspielungen auf die Berliner Ereignisse in seinen Briefen sind nicht immer ohne weiteres verständlich. Leider geht er auf seine Berliner Arbeiten nur in den allgemeinsten Ausdrücken ein, zweifellos weil er annehmen mußte, daß den Fürsten Einzelheiten hiervon nicht interessierten. Endlich kann er dem Fürsten am 28. Februar 1789 sein Herz ausschütten, weil er die Möglichkeit hatte, den Brief dem Gärtner Schoch mitzugeben: „ D a ichs nie haben in einem mit der Post gehenden Briefe wagen wollen." 3 Er klagt über die Berliner Verhältnisse und über die Schwierigkeiten, zu einem Rechnungsabschluß zu gelangen. Erdmannsdorff hat sich in Berlin nicht glücklich gefühlt. Das Hofleben dort konnte ihm kaum zusagen, da Friedrich Wilhelm II. den verschiedensten, häufig unheilvollen Einflüssen unterlag. Es war ein Hof der Mätressen und Günstlinge, an dem Erdmannsdorff sich zurechtfinden mußte. E r sagte das ziemlich offen: 4 „Wenn man den König sieht, so wünscht man ihm herzlich wohl und der Grund seines Charakters wäre gewiß dazu gemacht gewesen, allgemein Liebe zu gewinnen. Allein er ist so viele Jahre von dem Umgange mit der besten Art von Menschen entfernt gewesen, daß man sieht, wie sauer es ihm wird sich einigermaßen zu bequemen und daß man freilich besorgen muß dieses habe schon zu viel Hang auf seine Gemütsneigung. Die Wahrheit ist, daß er in allen Geschäften fast niemand spricht als B. und W." 5 D i e G r ä f i n L i c h t e n a u u n d das B e r l i n e r K u n s t l e b e n Neben Bischofswerder und Wöllner spielten die wesentlichsten Rollen die Geliebte Friedrich Wilhelms II., Madame Ritz, die spätere Gräfin Lichtenau, und ihr Mann, der Kämmerer Ritz. 6 Sie nahmen beide nicht geringen Einfluß auf die Erbauung und Ausstattung des Marmorpalais. Madame Ritz gewissermaßen als Hausherrin und Ritz als Geheimer Kämmerer und Beauftragter des Königs. Wöllner schreibt dem Ritz am 4. November 1790: „Morgendes Tages, mein liebster Freund, soll die Ordre an das Bau Amt abgehen, daß jedermann, von Oberhofbaurat an, bis auf den untersten Bauwächter, Ihnen bei dem dortigen Bauwesen stricte Folge leisten sollen, denn da Sie können am besten die Meinung Ihrer Königl. Majestät in hundert Sachen bei dem Bau wissen können und vieles mündlich erfahren, so muß es mir ja äußerst lieb sein, wenn Sie sich die Mühe geben sollen, dies und jenes anzuordnen, denn wir wollen ja doch nur daß der Herr vergnügt und zufrieden sein soll ,Nicht wahr?"'. 7 2

5. Brief S. 225. 37. Brief S. 290 — 293. 4 5. Brief S. 226. 5 Bischofswerder, Hans Rudolf 1741 — 1803 und Woellner, Johann Christof v. 1732 — 1800. Für beide siehe Bissing, W. M. v.\ Friedrich Wilhelm II. König von Preußen. Berlin 1967. Vor allem S. 38 — 39. Günstlinge Friedrich Wilhelms II., die ihren Einfluß zum großen Teil ihrer Zugehörigkeit zum Freimaurerorden, bzw. den Rosenkreuzern, verdankten. Woellner nahm die wichtige Position des Kabinettsministers ein. E r hatte die Aufsicht über die Immediatbauten und die Direktion der Hofbauämter Berlin und Potsdam und konnte dadurch mit dem Kämmerer Ritz die Fragen der den König persönlich interessierenden Bauten arrangieren. 6 Wilhelmine Encke, verehelichte Ritz, 1795 zur Gräfin Lichtenau erhoben, 1753 — 1803. Haase-Faulenroth, Berthold Adolf: Gräfin Lichtenau. Berlin 1934. Mit ausführlichem Literaturverzeichnis. Wurde 1782 mit Johann Friedrich Ritz verheiratet, der während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. dessen Geheimkämmerer war. 7 Zentralarchiv Merseburg, Hist. Abt. II Merseburg, Ministerium des Inneren, Hausarchiv, Rep. 192 Nachlaß Ritz Abt. A. Korrespondenzen, Nr. 2275. Die Unterstreichung im Original ist hier fett gedruckt. 3

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Madame Ritz gab sogar in Abwesenheit des Königs, der im Feldlager weilte, Anweisungen über Veränderungen der Ausstattung von Räumen im Marmorpalais. In einem Bericht der am Bau tätigen Meister Glasewald und Bader vom 30. 8. 1793 steht: „Da wir vorige Woche die Ehre hatten dero Frau Gemahlin hier zu sehen und wir so glücklich waren, daß sich dieselbe in den neuen hause aller Orten umsahen und mit unserer Besorgnis ihre Zufriedenheit uns bezeigten, wobey dieselbe zugleich mit Recht bemerkten, daß in den Parole Zimmer wo gegenwärtig eine rothe Tapete gewesen welche von der Sonne ganz verschoßen war, statt deren eine Boisierung mit guter Lackirung schicklicher wäre ... Es sind daher auf Befehl der Frau Geheim Cämmerer die Tapeten so wohl aus den Parol Zimmer als auch aus der gelben Kammer abgenommen und solche nach Charlottenburg geschickt worden." 8 Während des Baues der Seitenflügel am Marmorpalais beschwerte sich die 1796 zur Gräfin erhobene Madame Ritz bei dem Bauleiter Boumann, daß sie die Zeichnungen nicht erhalten habe. Der Antwortbrief Boumanns an Ritz vom 30. 10. 1797 ist erhalten:9 „Daß die Frau Gräfin v. Lichtenau geklaget, keine Zeichnungen von Interieurs der beiden Flügelbauten bekommen zu können ist hart, und schmertzet mich sehr, indem dieselbe alles was sie verlanget erhält, zum Beweiß sowohl vom ovalen Saal als von den Bibliothekenzimmer hat die Frau Gräfin nach den zu förderst mit Herrn Hof Rath Hirth 10 hierfür conferiret war die Zeichnungen erhalten." Auch erwähnt Boumann in dem Briefe, daß die Gräfin ihm „des Piranesi Wercke" geliehen hatte, die von ihr in Italien erworben worden waren. Die Gräfin Lichtenau hatte auf ihrer Italienreise im Jahre 1796 nach der Sitte der Zeit auch die Überreste der Antike besichtigt. Vor allem der Anblick des Kolosseums veranlaßte sie, der empfindsamen Epoche, in der sie lebte, entsprechend, sich in einem Briefe an den König der Vergänglichkeit der weltlichen Dinge zu erinnern. Selbstverständlich lernte sie in Neapel den englischen Gesandten Sir William Hamilton kennen und bewunderte seine Frau Emma. Auch bestieg sie den Vesuv und besichtigte Pompeji. Aber die Grenzen ihres Kunstverständnisses gehen aus einem Brief an Friedrich Wilhelm II. hervor: „ E i n grossen Fehler habe aber gefunden, das ist, daß die beiden Kinder gantz klein, so wie sie auf die Welt gekommen sein, unter der Löwin stehen, welches außer der Natur der Dinge ist." 1 1 Das war ihr Eindruck von der berühmten Bronze der Kapitolinischen Wölfin mit Romulus und Remus. Aber wenn es um die Einrichtung von Räumen ging, in denen sie wohnen sollte, hatte sie ein Urteil von gutem Geschmack. 12 Das in ihrem Auftrag im Marmorpalais weiß lackierte Zimmer ist in der Tat sehr reizvoll und entspricht dem Zeitstil weit mehr als es eine Tapete von roter Seide getan haben kann. Ganz reizend ist auch ihre Idee, vor der Grotte im Neuen Garten Wasserspiele anbringen zu lassen. 13 Der Einfluß der Gräfin Lichtenau auf die Kunstangelegenheiten ist nicht ganz so einfach zu verfolgen wie der ihres Mannes, des Kämmerers Ritz, dessen Briefwechsel dazu in seinem Nachlaß im 8 9 10

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Ebenda, Staatsarchiv Rep. 96 2 1 0 B , fol 153a —134b. Siehe Anm. 7, Nr. 265, Bd. 2, fol 70b. Hirt, Aloys. 1759 — 1839. Seit 1782 in Rom, w o er sich als Fremdenführer und Kenner der Antike betätigte. E r führte vor allem illustre Besucher wie die Fürstin von Anhalt-Dessau, in deren Gefolge er 1796 nach Deutschland zurückkehrte. Seine Bekanntschaft mit der Gräfin Lichtenau aus der Zeit ihrer Romreise mag ihm seine Berufung nach Berlin eingetragen haben. Dort beriet er den König in Kunstangelegenheiten und forderte am 25. September 1797 in einer Rede, die er als Mitglied der Akademie der Künste anläßlich des Geburtstages Friedrich Wilhelm II. hielt, die Gründung eines Museums. Der Tod des Königs verhinderte das, aber als dann endlich 1830 in Berlin die Museumsgründung erfolgte, hatte Hirt noch tätigen Anteil an den Vorbereitungen nehmen können. Dazu siehe auch Anm. 40. Haase-Faulenroth (siehe Anm. 6), S. 178 — 179. Karl Breuer behandelt ihren Einfluß auf die Errichtung des Schlößchens auf der Pfaueninsel bei Potsdam: „Die Pfaueninsel. Th. Diss. Charlottenburg 1 9 2 3 . " Maschinenschrift. Ein Exemplar befindet sich im Bezirksheimatmuseum Potsdam. Auch die Einrichtung der Winterkammern im Schloß Charlottenburg im Jahre 1796 durfte sie bestimmen: „Morgen um 11 0 0 wird die Frau Gräfin von Lichtenau wegen die interieur Arrangements herauskommen." (Zentralarch iv Merseburg, Hist. Abt. II Merseburg, Ministerium des Inneren, Hausarchiv, Rep 14 E 3 Voßsche Papiere Nr. 19. Schloß zu Charlottenburg. Neuer Flügel. Einrichtung der neuen Winterkammern . . . 1796. Mitteilung von Boumann an Voß am 27. 10. 1796.) Siehe Anm. 8, fol 130 — 132. Dabei zwei Entwürfe für die Wasserspiele.

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Zentralarchiv Merseburg aufbewahrt wird. 14 Die Briefe, die ihm in Bau- und Kunstangelegenheiten geschrieben wurden, sind äußerst aufschlußreich für die Kunst am Hofe Friedrich Wilhelms II. Hier liegen auch die Briefe, in denen Erdmannsdorff Ritz berichtete, wie es um die antiken Bildwerke und andere Kunstwerke stand, die er in Rom für den K ö n i g beschafft hatte. V o r allem wurde hier die von Erdmannsdorff selber aufgestellte Liste der Ankäufe aufbewahrt. 15 E r d m a n n s d o r f f in R o m Erdmannsdorff war am Ende seines Aufenthaltes am preußischen Hof v o m Herzog von Braunschweig gebeten worden, dessen Sohn, den Erbprinzen, nach Italien zu begleiten. Über seine Erlebnisse auf dieser Reise berichten wieder Briefe an den Des sauer Fürsten, in denen auch die Antikenkäufe für Berlin erwähnt werden. 16 Als Erdmannsdorff am 6. November 1789 in Rom ankam, fand er dort einen Brief aus Berlin vor: „In Berlin glaubte ich in der That nun schon ganz in Vergessenheit gekommen zu sein. Ich habe aber hier einen Brief vom K ö n i g erhalten, in welchem er mir in ganz gnädigen Ausdrücken aufträgt, ihm zehn marmorne Camine hier machen zu lassen, w o v o n die Maße beigelegt sind, und ihm noch nach meiner eigenen Wahl allerley Antiken oder Kunstsachen anzuschaffen, wozu er mir einen Wechsel von zwanzigtausend Talern schicken will, auf die ich die Zahlungen assignieren könnte. Das ist mir nun zwar wohl eine Ehre, allein nicht ohne einige Beschwerde. Man kann nicht immer so leicht etwas Gutes finden und Mittelmäßiges mag ich ihm nicht schicken. Ich werde sehen was damit zu thun ist." 17 Erdmannsdorff begleitete dann den Erbprinzen von Braunschweig auf der Rückreise nur bis Florenz und nahm den Auftrag des Königs als willkommenen Vorwand, um noch einmal für drei Monate nach Rom zu gehen: „Ich kann es auch fast der einigen Arbeiten wegen, die mir der K ö n i g dort aufgetragen hat, nicht anders machen, und ich kann auch nicht zweifeln, daß mir der K ö n i g deswegen die Vergütung meiner Kosten leicht bewilligen würde." 1 8 Die Bestellung von

Kaminen

Auf der Liste erscheinen als erstes die Kamine. Erdmannsdorff war es gelungen, eine auserlesene Kollektion zusammenzustellen. Er hatte Kamine immer als ein wichtiges Element im Raum betrachtet und ihnen schon zu der Zeit, als er für den Fürsten Franz die Kamine für das Wörlitzer Schloß besorgte, viel Aufmerksamkeit gewidmet. Aus dieser Zeit wird noch heute in der Dessauer Gemäldegalerie eine Sammlung von Kaminzeichnungen bewahrt. 19 Als er für die Königskammern in Berlin Siehe Anra. 7 A b t . A und B. Siehe A n m . 7. Die Briefe A b t . A Nr. 558, fol 2a — 1 5 a . Die Liste A b t . B. Nr. 17, fol 193 — 233 (fol 1 5 a — i 8 b ein zweites Exemplar der Liste). 18 Siehe A n m . 1. 17 Siehe A n m . 1. S. 334. 1. Brief aus R o m v o m 7. November 1789. 18 Siehe A n m . 1. S. 346. Brief aus R o m v o m 8. März 1790. 19 D i e Urheberschaft Erdmannsdorffs ist für einen Teil der Zeichnungen häufig angezweifelt worden, zuletzt von Parlasca (siehe A n m . 24). Ich glaube doch, daß sie sämtlich v o n ihm selber gezeichnet sind, daß es sich aber nur zum Teil u m eigene Entwürfe handelt und zum anderen Teil um Zeichnungen nach vorhandenen, in der Werkstatt der Bildhauer gesehenen Kaminen. Das beweist die Zeichnung eines Kamins, auf dem rechts und links je eine Amor-undPsyche-Gruppe erscheint. Der Kamin befindet sich in dem seit 1796 errichteten Schloß in Ickworth, Suffolk (Tripping, H. Avray, English Homes, Period V I . V o l . I. L o n d o n 1926, S. 335), nur sind hier die Schmuckplatten zwischen den Triglyphen des oberen Abschlusses anders eingefügt. Daraus geht hervor, daß Erdmannsdorff den K a m i n in Rom gesehen und gezeichnet hat, bevor er nach England kam und dort beim Versetzen eine andere A b f o l g e der Platten gewählt wurde. Ein Teil der Dessauer Zeichnungen geben Kamine im Wörlitzer Schloß wieder. Vier davon sind doppelt vorhanden, so daß man annehmen möchte, daß Erdmannsdorff ein Exemplar zur Ansicht nach Dessau geschickt hatte. Ein Blatt zeigt einen Kamin, der dann auf dem Entwurf für die Kaminwand im Kabinett der Fürstin wiederkehrt. Bei den doppelt vorhandenen Entwürfen ist einmal der gleiche Kamin englisch und zum anderen italienisch beschriftet. W o m i t ein Argument für ihre italienische Herkunft entfällt. N o c h dazu ist die A n g a b e „Palma R o m a n o r u m " auf der von Parlasca veröffentlichten Karyatidenkaminzeichnung in Erdmannsdorffs Handschrift. 14 15

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Kamine brauchte, hatte er sie durch Reiffenstein 20 vermittelt aus Rom kommen lassen. 21 Jetzt bestellte er für den König Kamine jeder Art bei den Meistern, die sich in Rom und Carrara der Aufgabe widmeten, Kamine für die europäischen Schlösser zu liefern. Es sind hervorragende Werke aus Marmor und zwei mit Arabesken, einmal in enkaustischer Malerei und zum anderen in Mosaik. Ein Kamin wird durch drei Mosaikbilder mit römischen Tempeln geschmückt. Erdmannsdorff nennt in seiner Liste die Künstler: Albacini, Raffaelli, Cardelli, Angeloni und Finelli. Zweifellos waren die zehn Kamine sämtlich für das Marmorpalais in Potsdam bestimmt, aber nur sieben wurden dort aufgestellt. Carl Gotthard Langhans arbeitete damals an der Innengestaltung des Marmorpalais und hatte sich mit Erdmannsdorff über die Kaminbestellung geeinigt. 22 Dieser Tatsache verdanken wir einen Brief Erdmannsdorffs an Langhans, den einzigen, der bis jetzt gefunden wurde. 23 Für die Geschichte des Klassizismus war es ein bedeutsamer Moment, als Erdmannsdorff, Gontard und Langhans an den Innenräumen des Berliner Schlosses arbeiteten. Zusammen mit dem Marmorpalais sollte es der Abschluß von Gontards Lebenswerk werden, aber Langhans stand auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Entwicklung und Erdmannsdorff konnte ihm manche Hilfe und Anregung geben. Der jetzt in den Ritz'schen Papieren aufgefundene Brief erhellt das freundschaftliche Verhältnis der beiden zueinander und das Interesse, das Erdmannsdorff an Langhans' Arbeiten nahm: „Nach meiner Rückkunft, . . . werde ich sehr verlangen Ew Wohlgeb. unterdessen vollführte Werke zu sehen." Der Brief ist so wichtig, daß er hier im Anhang abgedruckt wird. Sein Anlaß war die Kaminfrage. Langhans hatte neue Maße geschickt und gleichzeitig eine Zeichnung, wie er sich die beiden Kamine im Konzertsaal des Marmorpalais dachte. Der Kaminentwurf, den Langhans damals nach Italien schickte, blieb in Erdmannsdorffs Besitz und kam schließlich mit den Zeichnungen aus seinem Nachlaß in die Dessauer Gemäldegalerie. Das Charakteristische der von Langhans erdachten Kaminrahmumg ist, daß auf jeder Seite eine Karyatide den Kaminsturz trägt, ein Motiv, das in Langhans' Werk häufig vorkommt. 2 4 Er hatte sogar einmal Gelegenheit, zwei antike Dionysoshermen zu einem Karyatidenkamin zu verarbeiten. Dieser Kamin befand sich in einem von Langhans gestalteten Innenraum, dem Kleinen Grünen Saal des Berliner Schlosses. Der Entwurf von Langhans für den Dionysoshermen-

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Reiffenstein, Johann Friedrich, 1 7 1 9 —1793. Seit 1762 in Rom ansässig, wo er wohlhabende Reisende durch die Stadt führte und Kunstankäufe vermittelte, z. B. für die Zarin Katharina II. E r wurde dadurch mit aller Welt bekannt. A m 3. Juli 1790 berichtete der Kastellan des Berliner Schlosses Lehmann an Ritz, daß der Galerieinspektor Puhlmann einen Brief an Reiffenstein adressieren will, der für den in Rom weilenden Erdmannsdorff bestimmt war (siehe A n m . 7, A b t . A N r . 1 2 4 7 ) .

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Siehe Anm. 1. 16. Brief vom 15. März 1788, S. 247: „ D e r König ließ mich neulich rufen, und war wohl eine Stunde in den neuen Zimmern, schien ganz wohl damit zufrieden zu seyn, besonders auch mit den Caminen, die mir Reiffenstein geschickt hat, wovon zwey wirklich schön gearbeitet sind." Langhans hatte ihm die Maße geliefert. Woellner berichtet am 8. 9. 1789 an den K ö n i g : „dem gestrigen gnädigen Befehle E w . Königl. Majestät zu Folge, habe mit dem Geh. Rath. Langhans wegen der Marmor: Camine gesprochen, und er gehet noch heute ab nach Potsdam um in dem Hause selbst von jedem Camin die gehörigen Maaß zu nehmen, und die genaue Specification davon sogleich einzureichen." (siehe Anm. 8, fol 13 a). Der Brief ist bei den Korrespondenzen von Erdmannsdorff mit Ritz abgeheftet (Siehe Anm. 7., Nr. 558, Fol. 1 a — i b vom 27. März 1790). Langhans selber hatte den Brief am 27. April 1790 an Ritz weitergegeben: „Zugleich lege ich ein Schreiben des Herrn von Erdmannsdorff bey, welches ich eben aus Rom erhalten habe, u. sich auf die Verfertigung der hergestellten Camine bezieht." (Siehe Anm. 7. Nr. 1221.) Zweifellos haben sich also Erdmannsdorff und Langhans in Berlin gut gekannt, aber ihre Arbeiten im Berliner Schloß haben sich kaum überschnitten. Allerdings sind die umfangreichen Innenausstattungsarbeiten der Zeit Friedrich Wilhelms II. im Berliner Schloß noch nicht erforscht. Das früheste Datum, das ich für die Arbeiten von Langhans dort fand, ist der 9. Mai 1789. A n diesem Tage schreibt Langhans an Ritz, daß er sofort die notwendigen Vorkehrungen zur Instandsetzung der Zimmer in Berlin getroffen habe, nachdem ihm die Intentionen des Königs bekannt waren (siehe Anm. 7. Abt. A Nr. 1 2 2 1 , fol. 9a/b und 10a). V o m 18. Mai 1789 stammt Erdmannsdorffs letzter Brief aus Berlin nach Dessau. Klaus Parlasca hat das Vorkommen dieses Motives in seinem Aufsatz „Motive antiker Stützfiguren an Kaminen des Frühklassizismus" in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 36. 1974, S. 269 — 283 verfolgt. E r veröffentlichte dort die Dessauer Langhanszeichnung.

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kamin befindet sich in der Plankammer in Potsdam-Sanssouci. 25 Er zeigt zwei Vorschläge: einen schlichten, an dem die beiden Hermen das einzige dekorative Element bilden, und einen, auf dem der Kaminsturz zwischen den Dionysosköpfen ornamentalen Schmuck zeigt. Es ist ein zweifellos eigenhändig von Langhans gezeichnetes Blatt von hervorragender Qualität. Besonders der linke, einfachere Kamin beweist Langhans' Fähigkeit, die antiken Stücke so zu arrangieren, daß sie zur Geltung kommen, ohne durch eine Zutat beeinträchtigt zu werden. Diese Möglichkeit wurde dann auch gewählt. Erdmannsdorff hat die Kamine für den Saal im Marmorpalais nicht genau nach der Dessauer Zeichnung von Langhans arbeiten lassen, dazu wäre wohl kaum Zeit gewesen. Er hat offensichtlich aus dem Vorrat Albacinis ausgewählt, was der Zeichnung am meisten entsprach. Auch an Albacinis Kaminen tragen Karyatiden den Kaminsturz, doch sind sie von einer römisch-dekorativen Haltung, der gegenüber der Entwurf von Langhans weit klassischer wirkt.

A b b . i . Gefälschter Thronsessel Sk 1365 (nach Conze)

Die antiken Skulpturen Als die beiden wichtigsten Positionen der Erwerbungsliste erscheinen dann die antiken Statuen und Büsten. Erdmannsdorff hat selber in einem Brief an den Fürsten Franz am 4. September 1790 seine Meinung über seine Ankäufe geäußert: „Die Aufträge, die mir der König gegeben hatte, habe 25

Plankammcr der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci. Die f ü r den K a m i n verwendeten Dionysoshermen waren schon unter Friedrich II. aus der Sammlung Bayreuth angekauft worden. Sie befinden sich seit 1830 in den Staatlichen Museen zu Berlin, Antikcnsammlung Sk. Nr. 1 1 5 u. 1 1 6 .

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ich schon alles besorgt, und ich glaube man soll mit den Sachen und mit den Preisen zufrieden seyn, und ich hoffe, gnädiger Herr, wenn Sie solche einmal Selbst sehen werden, sollen Sie Gefallen daran haben. Was Antick daran ist, sind wirklich auserlesene Stücke und die, ausser ihrem eigenen Werth, doch besonders als Muster für unsere Teutschen Bildhauer von wahrem Nutzen bei uns sein können, der König bekommt sie um Preise wofür er lange keine gute Kopie haben kann." 26 Es mag einem Archäologen überlassen bleiben, sich zu der Auswahl Erdmannsdorffs zu äußern und Schlüsse aus ihr auf seine Haltung zur antiken Kunst zu ziehen. Dabei wäre zu berücksichtigen, daß er auf das Angebot des römischen Kunstmarktes angewiesen war. Jedenfalls enthielten Erdmannsd o r f s Erwerbungen neben guten auch zweifelhafte oder stark ergänzte Stücke und eine Fälschung — den Thronsessel. Dieses von ihm besonders gerühmte Stück enthält kaum antike Teile. 27 Erdmannsdorff hat zum Teil aus berühmten Sammlungen gekauft, wie wir aus seinen Erläuterungen in der uns vorliegenden Liste erfahren. E r war zweifellos von seinen vorhergehenden Aufenthalten in Rom her ausgezeichnet über die Möglichkeiten des Antikenmarktes orientiert. Damals hatte er auch Antiken für den Fürsten Franz von Anhalt erworben und hatte alle Möglichkeiten genutzt, sich eine gute archäologische Bildung anzueignen.28 Er hatte einst das Glück gehabt, an den Wanderungen des Fürsten Franz durch Rom in Begleitung von Johann Joachim Winckelmann teilnehmen zu dürfen. Jetzt wandte er sich an den Mann, der einen großen Teil des Antikenhandels in Rom in der Hand hatte, Thomas Jenkins. 29 In Erdmannsdorffs Briefen an Ritz taucht immer wieder sein Name auf, von Erdmannsdorff als Bankier erwähnt. Die Haupttätigkeit dieses vielseitigen Herren war aber das Sammeln und Handeln von Antiken, wobei er von einer beträchtlichen Skrupellosigkeit in Hinsicht auf weitgehende Restaurierungen und Ergänzungen war. Aus Erdmannsdorffs Schriftwechsel geht nicht hervor, wer ihm den prächtigen Thronsessel vermittelt hat, an dem nur ein Teil des Fußes alt ist, aber man möchte annehmen, daß er von Jenkins stammt, der immer einige von diesen Sesseln in seinem Vorrat gehabt haben soll. 30 Thomas Jenkins hatte 1786 einen seiner größten Ankäufe getätigt. Er übernahm den Restbestand an Skulpturen, antiken und zeitgenössischen, aus der Villa Montalto, damals Villa Negroni genannt. Papst Sixtus V . hatte sich von 15 77—15 81 die Villa Montalto auf dem Esquilin errichten lassen. Dort hatte er antike Bildwerke als Schmuck aufgestellt, wie es in den Villen des römischen Adels üblich war. Daneben besaß er selbstverständlich auch Werke der Künstler seiner Zeit, vor allem Berninis. 26

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Rom 4. September 1790. (Anm. 1 , S. 368 — 569.) Eine ähnliche Äußerung finden wir in einem Briefe Erdmannsdorffs an seine Frau, Rode S. 189 — 190. {Rode, August von: Das Leben des Herrn Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff. Dessau 1801.) Rode hatte für sein Werk die Briefe zur Verfügung, die Erdmannsdorff an seine Frau geschrieben hat, und zitiert auch häufig daraus. Sie müssen sich damals noch in Familienbesitz befunden haben und sind seitdem verschollen. Erdmannsdorff an seine Frau am 10. August 1790 (Rode, Anm. 26, S. 189 — 190): „ E s sind Statuen, Büsten, Vasen und einige andere Stücke, worunter besonders ein überaus schöner Sitz oder Thron eines Imperators oder wenigstens eines Mannes von erstem Range ist, der in seiner Art ein Einziges Stück ist, von dem ich immer noch besorgt habe, daß man ihn nicht aus Rom herauslassen würde, und den ich schon seit dem November im Auge hatte. Gestern sahen ihn mit viel Bewunderung Angelika [Kaufmann] und ihr Mann, und sie nahm sich noch eine Zeichnung davon." Die Institution, die in Rom für die Ausführung von Kunstgut zuständig war, führte den Sessel allerdings als „einen antiken Sessel mit verschiedenen modernen Basreliefs", hatte also wohl die Angelegenheit durchschaut oder war von Jenkins informiert worden (Bertolotti, A. : Die Ausfuhr einiger Kunstgegenstände aus Rom nach Oesterreich, Deutschland, Polen und Rußland vom 16. bis 19. Jahrhundert. In: Rcpertorium für Kunstwissenschaft 5. 1882, S. 371 — 378). In Erdmannsdorffs Nachlaß fanden sich sämtliche Werke Winckelmanns (Harksen, Marie-Luise: Der Nachlaß des Herrn von Erdmannsdorff. In: Dessauer Kalender 1966, S. 38—41). Siehe auch Riesenfeld, E . P.: Erdmannsdorff, der Baumeister des Herzogs Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. Berlin 1913. Thomas Jenkins, um 1720 — 1798. Ursprünglich Maler, widmete sich aber seit seiner Niederlassung in Rom 1753 mehr und mehr seiner Tätigkeit als Bankier, Sammler, Kunsthändler und englischer Geheimagent. Seine Praktiken im Kunsthandcl wurden bald bekannt. So wies Katharina II. von Rußland Reiffenstein an, nichts mehr bei Jenkins für sie zu kaufen. Michaelis, Adolf: Ancient Marbles in Great Britain. Cambridge 1882. S. 75—84. Ford, Brinsley: Thomas Jenkins, Banker, Dealer und unofficial English Agent. In: Apollo 1974, S. 416ff. Hautecoeur, Louis: Rome et la Renaissance de l'antiquité à la fin du X V I I I e siècle. Paris 1912, S. 208. Allgemein zum Sammeln und Handeln von Antiken in Rom am Ende des 18. Jahrhunderts S. 56 — 79.

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Die jetzt Alessandro Algardi zugeschriebenen Büsten der beiden Neffen Peretti des Papstes kamen über Jenkins und Erdmannsdorff nach Berlin, ebenso die eindrucksvolle Bronzebüste von Sixtus V. von Sebastiano Torrigioni. Die drei Büsten wurden in der Bildergalerie des Berliner Schlosses aufgestellt. An neueren Stücken übernahm dann Erdmannsdorff noch aus dem Negroni-Bestand eine kostbare Tischplatte, die im Konzertraum der Königskammern des Berliner Schlosses Verwendung fand. Sieben Antiken kamen aus ehemaligem Besitz Sixtus V. oder seiner Erben nach Berlin, zwei Statuen, Vertumnus und Thetis, die Themistoklesherme, zwei Büsten der jugendlichen Neffen des Augustus, Cajus und Lucius, sowie die beiden als Lucilla und Drusus bezeichneten im Mahagonikabinett des Berliner Schlosses eingebauten Profilköpfe. Aus der Villa Mattei, in der die Familie seit dem Ende des 16. Jahrhunderts eine berühmte Antikensammlung zusammengetragen hatte, stammen zwei der Ankäufe Erdmannsdorff s, der große Trajan und die sitzende Oenone. 1778 war ein dreibändiges Foliowerk über die Sammlung Mattei mit Kupferstichtafeln erschienen. Darin war auch die dann von Erdmannsdorff übernommene Oenone abgebildet worden. 31 Gleich danach wurde die Sammlung aufgelöst und Jenkins übernahm einen beträchtlichen Teil. 32 Ob der Ankauf der beiden Büsten, die Erdmannsdorff als Carneades und Aristophanes bezeichnet, aus dem Besitz des Herzogs von Fiano auch von Jenkins vermittelt wurde, wissen wir nicht, ebensowenig von dem einer Herkulesbüste aus dem Palazzo der Verospi. Die anderen Stücke sind mit Fundorten angegeben, sind also wohl damals erst aufgetaucht. Ob die Fundorte immer der Wahrheit entsprechen, bleibt zweifelhaft, da wir auch hier mit den Jenkinsschen Handelspraktiken rechnen müssen. Jenkins hat als Unternehmer an Ausgrabungen teilgenommen, und so mögen auch diese Skulpturen durch Erdmannsdorff von ihm erworben worden sein. 1769 hatte Jenkins Ausgrabungen an der Villa Hadriana durchgeführt. Der Apollo im Obergeschoßsaal wird in den Inventaren des Marmorpalais mit diesem Herkunftsort geführt. 1771 grub er in der Nähe der Via Appia, in der ,,Vigne Colombrana", woher die Büsten der Marciana und Plotina auf der Erdmannsdorffschen Liste stammen sollen. 33 Erdmannsdorff war jedenfalls angetan, von dem, was ihm geboten wurde, denn er schreibt an seine Frau: „und alle Umstände sind mir dabei günstig, denn im vergangenen Winter die Fremden hier sehr wenig gekauft haben, da in der jetzigen Jahreszeit alle dergleichen Gegenstände hier in geringeren Preisen stehen; da man jetzt auf Rußland nichts mehr rechnet, und der Papst auch bei seinen Finanzumständen nur sehr wenig mehr kauft." 3 4 Erdmannsdorff hatte den Apollo, der dann im Saal des Obergeschosses vom Marmorpalais stehen sollte, erst in Rom restaurieren lassen, ehe er abtransportiert wurde. Das bringt er dem König in einem Brief aus Dessau vom 1. Januar 1793 noch einmal in Erinnerung und kündigt gleichzeitig die Ankunft der Figur an. Er geht dann in dem Brief noch auf Albaccini ein, der den Auftrag erhalten hatte, die beiden Bildwerke wiederherzustellen: „J'espére que le travail dans les parties restaurées de cette statue a été bien éxecuté. Je sais q'Albaccini y a mis tout le soin dont il est capable il est très-habile artiste pour ce genre d'ouvrage. 35 Albaccini hatte vermutlich alle Restaurierungsarbeiten an den Erdmannsdorffschen Ankäufen übernommen. 36 Der Weg der Antiken nach Preußen war mühsam und ging von Livorno per Schiff nach Hamburg und von dort auf die Elbe bis Magdeburg, dann weiter auf der Havel. Erdmannsdorff hatte Anfang August 1791 dem König in Charlottenburg einen Plan überreicht, auf dem alle Ankäufe verzeichnet waren. E r schreibt an Ritz, daß der König nun alles habe, außer dem Apollo und der Venus, die auf 31 32 33 34 35

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VimuH, Ridolfino: Vetera monumenti Matthaeiorum. Rom 1776 — 1779. Michaelis (siehe Anm. 29) S. 79. Zu den Ausgrabungen von Jenkins auch bei Michaelis, siehe Anm. 29. Rode (siehe Anm. 26) S. 189 am 29. Juli 1790. Zwei Briefe Erdmannsdorffs an König Friedrich Wilhelm II. sind erhalten (Zentralarchiv Merseburg . . . Staatsarchiv Rep. 96. 2 1 4 B . , fol 14a, b und fol 42a—43a). Der erste in Potsdam am 1 1 . Mai 1798 geschrieben, ist sein Abschiedsbrief nach dem Abschluß seiner Arbeiten im Berliner Schloß. Der zweite aus Dessau vom 1. Januar 1793 enthält die Mitteilung über den Apollo und ist im dokumentarischen Anhang (S. 154) abgedruckt. Siehe Brief von Bock, dokumentarischer Anhang S. 154.

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A b b . 2. „ O c n o n e " Sk 599 aus Sammlung Mattei (nach Venuti)

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dem Plan in R o t verzeichnet waren. 3 7 I m M a i 1 7 9 1 w a r e n in P o t s d a m F i g u r e n und K i s t e n a n g e k o m men. E r d m a n n s d o r f f w a r i m J u n i in Berlin g e w e s e n und ist dann n o c h einmal E n d e J u l i bis A n f a n g A u g u s t z u r ü c k g e k o m m e n . V o r allem scheint es dabei darum g e g a n g e n zu sein, daß er beim Versetzen der M a r m o r k a m i n e a n w e s e n d war. 3 8 A u s den bis jetzt bekannten Quellen geht nicht h e r v o r , o b E r d m a n n s d o r f f A n w e i s u n g e n erhalten hatte, welche A r t v o n Skulpturen g e w ü n s c h t w u r d e n . Z w e i f e l l o s waren f ü r bestimmte Blickpunkte i m Marmorpalais Statuen erforderlich, und f ü r dieses Schloß, das der K ö n i g als seine P r i v a t w o h n u n g betrachtete, w a r e n die meisten der E r d m a n n s d o r f f s c h e n A n k ä u f e bestimmt. Z u m Beispiel sind die als Thetis u n d N y m p h e bezeichneten F i g u r e n sicher v o n vornherein f ü r den Grottensaal gedacht gewesen. A b e r auch die Repräsentationsräume des Berliner Schlosses — die Bildergalerie und der Weiße Saal — w u r d e n bedacht. E i n R a u m in Schloß Berlin w u r d e ganz den A n t i k e n g e w i d m e t , das E c k k a b i n e t t der Paradekammern. H i e r w u r d e A n m u t der Raumausstattung mit beinahe musealer A u f s t e l l u n g vereint. D e r R a u m w u r d e mit einer Holztäfelung versehen, die mit N u ß b a u m - , Birnen-, P f l a u m e n - und T a x u s h o l z furniert w a r . D i e B e z ü g e v o n S o f a und Stühlen sowie die V o r h ä n g e bestanden aus meergrüner Seide, so daß der F a r b z u s a m m e n k l a n g v o n verschieden braunen Holztönen mit M e e r g r ü n u n d hellem M a r m o r entstand. In vergoldeten R a h m e n w a r e n die Reliefporträts der Lucilla und des D r u s u s in die T ä f e l u n g eingelassen, die Lucilla über der T ü r , der D r u s u s in der Seitenw a n d . D e r Sessel stand als auffälligstes Stück im R a u m . N i c h t aus den E r d m a n n s d o r f f s c h e n A n k ä u f e n stammten zwei weitere A n t i k e n , der Herkules auf dem K a m i n und eine Sitzstatue. 3 9 37

Siehe Anm. 7, Nr. 558. Am 29. Juli 1791 suchte Langhans im Auftrag von Ritz Erdmannsdorff, man fand ihn aber in dem Gasthof, in dem er sonst zu logieren pflegte, nicht (siehe Anm. 7. Nr. 1 221). Am 31. Mai 1791 hatte Gontard in einem Bericht darüber geklagt, daß der Oberhofbaurath Krüger für ihn keine Zeit hatte: „theils auch die vielen Geschäfte des Ober Baurath Krüger beim Ausladen der aus Italien angelangten marmornen Caminc und Figuren ihm nicht gestatteten, mit Hand anzulegen." (Staatliche Schösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Plankammer, Akte 45, fol 100a). Noch am 2. Juni 1792 erscheint in der Abrechnung von Zimmermeister Brendel ein Posten für das Ausladen verschiedener Kisten mit Marmorstatuen aus einem Hamburger Kahn, für das Aufstellen einer"Figur im Saal, die Anfertigung von zwei Podesten für zwei Figuren im Grottensaal, ein Postament zu einer Figur im Vestibül, drei Figuren auszupacken und zwei ins Cavalierhaus tragen, „und eine so auf der Erdzungen gekomen" (Themistokleshermc) und 6 Kasten worin Figuren waren aufgebrochen und auf Befehl von Ritz ins Marmorpalais getragen (Zentralarchiv Merseburg, Hausarchiv Rep. 14F Potsdam Nr. 123). In einer Meldung von Krüger vom 17. August 1791 (siehe Anm. 7. Nr. 1186) steht unter anderem: ,,2) Muß ich ganz gehorsamst anzeigen, daß der Herr Baron von Erdmannsdorff der Meynung gewesen, daß man von den zu großen Kaminplatten so im Saale der 2te Etage angebracht werden sollen, soviel wegnehmen könnte als sich nothwendig macht, und das übrige von den fournirten Fußboden abgenommen werden müßten um diese Platten anwendbar zu machen / Würden sich diese Kaminplatten nicht im Orangensaale anbringen laßen? / [es handelt sich um die Fußplatten aus Mosaik] 3) Ein marmorner Kamin zu dem Landschaftszimmer fehlt noch. Der Herr Baron von Erdmannsdorff war der Meynung, daß man daselbst einen von Gipßmarmor anbringen könnte, welches ich ebenfalls ganz gehorsamst mit anzeige der ich übrigens mit vollkommenster Hochachtung zu seyn die Ehre habe." Da nur sieben von den zehn Kaminen ins Marmorpalais gekommen waren, mußte für drei Ersatz geschaffen werden. Das Landschaftszimmer erhielt einen Kamin aus dem Vorrat im Berliner Schloß. Auf einem Ritzschen Notizzettel vom 6. 2. 1792 ist vermerkt: „So eben Befehlen des Königs Majestät! daß der Camin von Verdo Antico welcher ehedem in der Schreib Cammer hieselbst war, und jetzt auf der Meubles Camer ist, nach Potsdam komen soll in das Landschaftszimmer." (Siehe Anm. 8, fol 28a). Das Vorzimmer im Obergeschoß erhielt einen Kamin mit Stuckrahmung von Sartori und der Kamin in der Gelben Kammer wurde nur mit einem einfachen Metallrahmen eingefaßt. Von den restlichen drei Kaminen kamen zwei ins Berliner Schloß und einer nach Charlottenburg. 39 Es ist keine Abbildung des Boisierten Eckkabinett vorhanden, denn es wurde schon 1844 bei einer Erweiterung des Weißen Saales zerstört. Beschrieben ist es bei Rumpf und im Inventar des Berliner Schlosses (zu beiden siehe Anm. 1 des dokumentarischen Anhangs). Langhans hatte wohl die Ausstattungsarbeiten in dem Raum übernommen. Am 29. August 1791 waren die Tischlermeister Voigt und Thevenot mit den Boiserien so weit fertig, daß sie angeschlagen werden konnten (Siehe Anm. 7 Abt. A Nr. 2 1 1 , Bericht des Schloßbaumeisters Bock). Wieweit Erdmannsdorff bei der Aufstellung seiner Ankäufe mitgewirkt hat, wissen wir nicht. Er hatte schon bei der Einrichtung der Königskammern in zwei Räume Antiken eingefügt, die hier mehr bedeuteten als nur eine dekorative Bereicherung der Räume, in der Bibliothek und im Kabinett des Königs {Rumpf, S. 233 — 235 und 241 — 244). Er hatte die Antiken dazu aus dem Bestand nehmen dürfen. F.s gibt eine Anweisung des Königs vom 24. Juli 1787 an

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Die Erdmannsdorffschen Antiken haben, seit sie in Potsdam und Berlin aufgestellt wurden, unterschiedliche Schicksale gehabt. Napoleons Beauftragter für die Beschlagnahmung von Kunstwerken für das Musée Napoleon in Paris, Vivant Denon, hatte an einer großen Zahl Gefallen gefunden und entführte sie nach Paris. Mit einer Ausnahme sind sie 1816 zurückgekehrt, kamen aber nicht immer an ihren ursprünglichen Ort zurück. Verschollen blieb die Viktoria, die als besonders kostbares Stück im Landschaftszimmer des Marmorpalais gestanden hatte. Teilweise wurden die zurückgekehrten Kunstwerke 1815 erst den Berlinern in einer Ausstellung gezeigt, ehe sie wieder in den Schlössern aufgestellt wurden. Schon Friedrich Wilhelm II. hatte, angeregt von Aloys Hirth, den Plan gehegt, in Berlin ein Museum zu gründen. 40 Erst 1821 — 1830 wurde dann der Plan unter seinem Nachfolger ausgeführt. Nach Vollendung des Alten Museums gelangten alle von Erdmannsdorff gekauften antiken Skulpturen in die Skulpturen-Galerie, die heute zur Antiken-Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin gehört. Vor allem für das Marmorpalais bedeutete das eine Beeinträchtigung, denn die Stimmung der Räume war weitgehend von ihnen abhängig. Man bemühte sich, durch zeitgenössische Skulpturen Ersatz zu schaffen. Vor dem Zweiten Weltkrieg machte man den Versuch, durch Leihgaben der Berliner Museen den Räumen die durch die Aufstellung von Antiken vermittelte Atmosphäre wiederzugeben. Unter diesen Leihgaben war aber nur eines der ursprünglich dort vorhanden gewesenen Stücke. Trotz einiger Verluste durch Verkauf oder Verleihen ist der größte Teil der Erdmannsdorffschen Ankäufe noch heute in der Antikensammlung auf der Museumsinsel in Berlin vorhanden. So erfüllte sich Erdmannsd o r f s Wunsch, den er in einem Brief an seine Frau äußerte : „Wie diese Sachen werden aufgenommen werden, darüber ist nun meine treue Philosophie ganz gelassen, vom K[önig] hoffe ich sehr gut. Vom B[erliner] Publikum, das eben nicht Augen hat zu sehen, vielleicht anfänglich mit wenig Achtung. Vielleicht wird man mirs aber doch mit der Zeit danken wissen." 4 1 Fotonachweis: Tafel 32 — 35 Staatliche Museen zu Berlin; Tafel 29, 1, 30 und 31 Institut für Denkmalspflege; Tafel 29, 2 Staatliche Schlösscr und Gärten Potsdam

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den Minister von Heinitz und an Erdmannsdorff, aus der das hervorgeht: „Mein lieber Etat Ministre Frh von Heinitz und Vester besonders lieber. Ich habe das unterm gestrigen Datum von Euch eingeschickte Verzeichniß von denenjenigen, in einem der untern Kammern des Schlosses in Charlottenburg noch unrangirt befindlichen Antiquen und Bildhauer Arbeiten, welche zur Auszierung der neuen Zimmer in Berlin nicht gebraucht werden, . . . " Veröffentlicht bei Stock, Friedrieb; Zur Vorgeschichte der Berliner Museen; Urkunden von 1786 bis 1807. In: Jahrbuch der preuß. Kunstsammlungen Beih. zum 49. Bd. Berlin 1929, S. 64—174. Siehe Stock Anm. 39. Rode (siehe Anm. 26) S. 191 —192 am 28. August 1790.

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DOKUMENTARISCHER i. Erdmannsdorffs

Liste der

ANHANG Ankaufex

Articles qui ont été travaillés et acquis à R o m e , par Ordre du R o i I. Dix Cheminées 2

1 1 D e u x Cheminées égales tout en marbre blanc de Carrare a v e c de Cariatides, ou Canephores de 2 J chaque coté, executées suivant l'idée aprouvée par Sa Maj. par A l b a c c i n i 3 Potsdam, Marmorpalais. Beide im Saal des Obergeschosses. (Inv. 377.1796, S. 13a) 3) U n e cheminée dont la frise et les pilastres sont ornés d'arabesques en mosaique éxecutées a v e c beaucoup de soin, par R a f f a e l l i , 4 le meilleur artiste qu'il y ait a R o m e p o u r genre d ' o u v r a g e . Potsdam, Marmorpalais. Grüne Kammer. (Inv. 377.1796, S. 9a) 4) U n e cheminée ornée de trois médaillons dans la frise qui présentent de petits tableaux en mosaïque, dont celui du milieu est une v u e du T e m p l e de V e s t a à T i v o l i , des deux autres l'un une v u e du T e m p l e de J u p i t e r T o n a n t , le second une v u e du T e m p l e de la Concorde. L e s mosaiques sont pareillement de Raffaelli. L e f o n d du reste de se compartimens sont en porphire verd. Potsdam, Marmorpalais. Weißlackierte (Parole-) Kammer. (Inv. 377.1796, S. 4a)

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In der Liste wird erst der Erdmannsdorffsche Text aufgeführt und darunter in petit meine Erläuterungen dazu. Als erstes steht der Ort, an den die Skulpturen nach ihrer Ankunft kamen, in Klammern dahinter ihre erste Erwähnung im Inventarverzeichnis des betreffenden Schlosses. Die Inventare befinden sich in der Plankammer der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci. Die fett gedruckten Stellen haben im Original Unterstreichungen. Auf die Erwähnung in den gedruckten Führern durch die Schlösser: Rumpf, J. D. F.: Berlin und Potsdam, Berlin 1823 und Horvath, Karl Christian: Potsdams Merkwürdigkeiten, Potsdam 1798 wurde verzichtet, weil hier die Stücke nur hin und wieder aufgeführt werden. Weder Rumpf noch Horvath bringen etwas über die Inventare hinausgehendes und erwähnen einen Teil der Antiken gar nicht. Wie Horvath in seiner Einleitung sagt, stammen die Angaben von den Kastellanen, die die Inventare führten und da die Kastellane Fehler bei den Angaben über Herkunft und Künstier brachten, tauchen diese Fehler dann auch in den Schriften der Zeit auf. Allerdings hatten die Kastellane Hilfe bei der Anlegung der Inventare. Das Inventurprotokoll von 1793 für das Berliner Schloßinventar (Zentralarchiv Merseburg . . . Hausarchiv Rep. 14F Nr. 25) enthält die Anmerkung, daß der Kastellan Lehmann für die Bilder durch den Galeriedircktor Puhlmann unterstützt wurde und für die Antiken durch Johann Gottfried Schadow. Wenn sich der Standort der Stücke veränderte, wurde das aufgeführt, soweit es sich in den Inventaren verfolgen läßt. Auch wurde angegeben, wenn die Skulpturen von Vivant Denon 1809 nach Paris entführt wurden, um das Musée Napoleon zu bereichern, sowie ihre Rückkehr nach Berlin und Potsdam. Das Jahr 1816 bedeutet dabei nur das Endjahr der Rückführungsaktion, die schon seit 1814 lief. Zum Schluß folgen die Inventarnummern der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin, die der Nummer in dem Verzeichnis „Beschreibung der antiken Skulpturen, hrsg. von Alexander Con%e, Berlin 1891," entsprechen, dann die Hinweise auf den Katalog von Blümel, der aber nicht alle Stücke umfaßt: „Bliimel, Carl: Römische Kopien griechischer Skulpturen des fünften Jahrhunderts v. Chr. Berlin 1931. = Katalog der Sammlung antiker Skulpturen Bd. 4 und 5." zitiert „Blümel K " und „Blümel, Carl: Römische Bildnisse. Berlin 1931. = Katalog der Sammlung antiker Skulpturen." zitiert „Blümel R " . Falls nicht anders erwähnt, befinden sich die Antiken noch heute in den Staatlichen Museen zu Berlin. Die GK-(Generalkatalog) Nummern sind die Inventarnummern der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin, seit 1945 Potsdam-Sanssouci. Herrn Dr. Gerald Heres, Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin, danke ich für Hilfe und Rat bei der Identifizierung der Antiken. 2 Die Kamine im Marmorpalais sind außer den beiden im Saal des Obergeschosses nicht zugängig, die in den Schlössern Berlin und Charlottenburg wurden im zweiten Weltkrieg zerstört. Auf eine nähere Beschreibung mußte daher verzichtet werden. Wenn die Inventare Ergänzungen zu den Erdmannsdorffschen Beschreibungen bieten, werden diese in den Anmerkungen wiedergegeben. 3 Albacini, Carlo. Bildhauer und Antikenrestaurator in Rom. Lebte 1807 noch. 4 Rafaélli, Giacomo 1753 — 1836. Mosaizist und Steinschneider in Pietra dura. Befaßte sich aber auch mit Marmorarbeiten. Lebte in Rom.

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j) Une Cheminee en marbre blanc, décorée d'ornemens 5 pris de l'antique très-bien éxécutés, par Cardelli6 Potsdam, Marmorpalais. Camaieu-Kammer. (Inv. 377.1796, S. 17b)

6) Une cheminée en marbre blanc orné simplement d'un feuillage bien éxécuté, avec un petit bâton en bronze par Cardelli7 Charlottcnburg, Schloß. Speisezimmer im Corps de Logis der Königin Luise (Winterkammern Friedrich Wilhelms II.). (Inv. 247.1810, S. 17). Im 2. Weltkrieg zerstört

7) Une cheminée toute en marbre blanc, dont la frise est ornée d'un basrelief représentant des enfans qui font les vendanges 8 , par Albaccini. Potsdam, Marmorpalais. Blaulackierte Kammer. (Inv. 377.1796, S. 5 b)

8) Une Cheminée dont la frise est ornée de trois médaillons et le reste des compartiments de la frise et des pilastres est incruste d'une éspéce de plasme d'émeraude que l'on nomme ici Verde di Corsica, pièce très-belle et rare9 Berlin, Schloß. Schreibkabinett Friedrich Wilhelms II. (Inv. 45.1793 S. 50.), Im 2. Weltkrieg zerstört

9) Une cheminée, avec trois Cammées dans la frise, le rest de ses compartimens et les pilastres décorés d'arabesques peints à l'encaustique, par Angeloni 10 Berlin, Schloß. Königskammern, Thronzimmer (Inv. 45.1793, S. 8). Im 2. Weltkrieg zerstört

10) Une Cheminée toute en marbre blanc avec deux petites figures en Cariatides aux cotés, par Finali 11 à Carrare Potsdam, Marmorpalais. Braune Kammer (Inv. 377.1796, S. 16b)

II. Statues Antiques 1) Une statue Colossale de L'Empereur Trajan. 1 1 est assis dans l'attitude de haranguer ou de donner des ordres. Il est nud, ainsi que c'étoit la coutume de représenter les Empereurs comme Divinités. Une draperie très-bien traitée envelope seulement la partie inférieure du corps et retombe sur les cuisses. Cette figure a quelque chose de très-noble et d'imposant. Elle étoit ci devant à Villa Mattei Potsdam, Schloß Sanssouci. Vestibül, auf einem Sockel an der Ostseite. E r diente als Ersatz für einen Mercur (Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 531), der in das Vestibül des Marmorpalais kam. (Inv. 547.1796, S-3)-_ Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk. 354. Blümel R 33. H. 196 cm

2) Une statue de femme un peu au dessous de grandeur naturelle, figure assise infiniment gracieuse, d'un très-bon stile de sculpture, et très-bien drapée. Elle représente la Nymphe Oenone, amante et première femme de Paris. Elle étoit pareillement à Villa Mattei 5

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Die Ornamente bestehen aus Blattwerkranken mit Rosetten. Aber Erdmannsdorf hat vergessen zu erwähnen, daß der Kaminsturz in der Mitte eine figürliche Szene enthält. Das schien er nicht für so wesentlich zu halten, denn auch bei den Kaminen Nr. 3, 6 und 9 der Liste werden sie in der Beschreibung weggelassen. Cardelli, Domenico (Pietro?). 1786 in Rom erwähnt, nach 1804 in Paris nachweisbar. Inv. 247.1810, S. 1 7 : „Ein Kamin von cararischen Marmor mit bronzenen Perlen, in der Mitte ein relief der bräutliche Zug des Amors und der Psyche nach einer antiken Gemme. A n den beiden Ecken weibliche Masken das übrige ziert eine Arabesque aus Zweigen und Blättern. Heutige römische Arbeit". Daß solche Kamine in großer Zahl gefertigt wurden, zeigt der Kamin in Ickworth, Suffolk (Textanm. 19). Bei sonst ganz abweichendem Arrangement enthält er auf seinem Sturz die gleiche kleine Ernteszene wie unser Kamin Nr. 7. Leider wurde von diesem im Kriege zerstörten Kamin kein Foto gefunden, während die anderen zerstörten Kamine wenigstens in Fotos der Meßbildstelle nachweisbar sind. Im Inventar von 1793 wird er folgendermaßen beschrieben: „ E i n Kamin von weißem Marmor, die Felder, der Frieß und die Pilastet von Verde di Corsica oder Smaragd-Mutter mit Bronze verziert, das in der Mitte sich befindende Basrelief stellt die Psyche mit einem amorino vor . . . durch d. Baron von Erdmannsdorff aus Rom erhalten." Der Kamin war bei seiner Zerstörung offensichtlich nicht mehr im Schreibkabinett, sondern in der daneben liegenden Schlafkammer, denn das Inventar von 1793 trägt in moderner Schrift eine darauf hinweisende Anmetkung am Rand. Angeloni, Giovanni, um 1740 — 1788. Römischer Dekorationsmaler, der sich auch mit Enkaustik befaßte. Finelli, vermutl. Pietro. Geb. um 1770 in Carrara, gest. 7. 3. 1 8 1 2 in Rom. Bildhauer.

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Potsdam, Marmorpalais. Wurde im Erdgcschoß unter die freitragende Treppe gestellt, so daß v o m Vestibül aus der Blick darauf fiel. (Inv. 377.1796, S. 2b). 1809 Paris, 1 8 1 5 an die ursprüngliche Stelle zurück. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk. 599. H . 100,3 c m

3) Une statue de Vertumnus, qui porte recueillis dans un gros pan de son manteau une provision de fruits. C'est une figure un peu au dessus de grandeure naturelle, toute nue, excepté une partie de manteau et des espèces de bottines. L e nud aussi-bien que la tété est d'un travail de sculpture excellent. C'est d'ailleurs l'unique grande statue antique que l'on connoisse de ce Dieu. Elle étoit ci-devant à Villa Negroni. Tout ce qui vient de Villa Negroni à apartenu à Sixte quint, qui la posséda deja comme Cardinal. L a belle Collection d'Antiques qui y étoit avoit été faite par le célébré Antiquaire, Fulve Ursin, duquel ce Pontife en fit l'acquisition. Potsdam, Marmorpalais. Vestibül, auf einem Sockel an der Wand. 1809 Paris, 1 8 1 5 an die ursprüngliche Stelle zurück. (Inv. 3 7 7 . 1 7 9 6 , S. 2a). Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 282. H . : 1,95 cm

4) Une statue de Galatée ou de Thétis avec un Dauphin, figure fort élégante, un peu moins de grandeur naturelle. Encore de Villa Negroni Potsdam, Marmorpalais. Grottensaal, in der Rundbogennische der Seiten wand. (Inv. 3 7 7 . 1 7 9 6 , S. 3 a). 1809 Paris, 1 8 1 6 an die ursprüngliche Stelle zurück. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 37. H : 136 cm

5) Une Statue d'une Nymphe, qui sort du bain, de la même grandeur figure très élégante. Elle a été trouvée dans les Bains d'Agrippine au dessous du Mont Viminal. • P o t s d a m , Marmorpalais. Grottensaal, in der Rundbogennische der anderen Seitenwand. (Inv. 377.1796, S. 3a). 1809 Paris, 1 8 1 6 an die ursprüngliche Stelle zurück. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 2 1 . H : 135,5 c m

6) Une statue de Bacchus, ou plûtôt d'un Bacchant, un peu au dessous du naturel, figure d'un bon stile et de beaucoup de vérité de nature. A v e c cela elle est particulière pour sa parfaite conservation. Elle a été trouvée dans les ruines de la maison de Campagne de Lucius Morena près de la voye Latine Potsdam, Marmorpalais. Vestibül, auf einem Sockel an der Wand. (Inv. 3 7 7 . 1 7 9 6 , S. 2a). 1809 Paris, 1 8 1 6 an die ursprüngliche Stelle zurück. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 87. H : 167 cm

7) Une petite statue d'une Victoire, très-jolie figure et dont l'idée est singulière et bien imaginée. Elle tient une couronne d'une main, et de l'autre elle est en attitude d'oter celle qu'elle porte encore sur la tète pour aller en couronner son héros. Il paroit qu'elle indique une double victoire. Elle fut trouvée dans la Campagne de Rome en labourant. Potsdam, Marmorpalais. Weißlackierte K a m m e r , auf einer der beiden H a c k e r - K o m m o d e n v o r dem Wandspiegel. (Inv. 3 7 7 . 1 7 9 6 , S. 4 a , b). 1809 nach Paris, nicht zurückgekommen

8) Une Herme de Themistocle très-anciens avec l'inscription en ancien Caractère grec qui dit: Themistocle Vainqueur au combat Naval. Elle a peutétre été posée en son honneur après la bataille de Salamine. Elle étoit autrefois à Villa Negroni. Potsdam, Neuer Garten. Auf der in den Heiligen See weisenden Landspitze hinter dem Grünen Haus. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 3 1 1 . Blümel K 128. N u r Schaft v o n Erdmannsdorff gekauft. H : 70 cm

III. Bustes et Tetes Antiques 1) Une très-belle Téte de l'Empereur Vespasien, téte colossale trouvée sur le mont Palatin. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 348. 1 2 Blümel R 30. H : 74,5 cm 12

E s ist mir nicht gelungen zu klären, wohin der Vespasian nach seiner A n k u n f t gekommen ist, zweifellos ist er aber mit dem hier abgebildeten identisch. E r scheint zwischendurch anders benannt worden zu sein. Im Schloß Charlottenburg gibt es „ E i n e Colossal Büste des Keysers Titus 2 Fuß 1 1 Z o l l h o c h " in der Antikenkammer des Alten Schlosses (Inv. 247. 1800, S. 96).

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2) Une bonne Téte de l'Empereur Titus, dont elles sont très rares, comme son régne ne fut que de peu d'années. 1 3 3) Deux très-beaux bustes et parfaitement bien conservés l'un de Plotine, femme de Trajan, l'autre 4) de Marciane soeur de cet Empereur. Ils ont été trouvés dans la Vigne Colombrana sur le mont Viminal Potsdam, Marmorpalais. J e eine auf den beiden Mahagoniekommoden mit Wedgewoodreliefs unter den Wandspiegeln. (Inv. 3 7 7 . 1 7 9 6 , S. 9h). 1809 Paris, 1 8 1 6 nur die Plotina zurück in das Marmorpalais, die Marciana an einen nicht festgestellten Ort. Plotina: Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 356. H : 60,5 cm. 1 9 1 0 nach Schloß Posen abgegeben, verschollen. Marciana: Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 450. Blümel R 42. H : 62 cm

5) Deux bustes, du stile le plus vrai et de la plus parfaite conservation des Deux jeunes Césars 6) Cajus et Lucius, neveux d'Auguste. Il étoient à Villa Negroni Potsdam, Marmorpalais, le eine auf den beiden Mahagoniekommoden in der blaulackierten K a m m e r v o r dem Wandspiegel. (Inv. 3 7 7 . 1 7 9 6 , S. 6a). 1809 Paris, 1 8 1 5 / 1 6 zurück, aber nicht ins Marmorpalais, sondern in die Bildergalerie des Berliner Schlosses. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 4 1 4 (Cajus): H : 42 cm. Sk 415 (L.ucius) H : 43,5 cm

7) Un médaillon d'un très beau travail en marbre blanc sur un fond de Piètra paragone, le portrait de Drusus Neveu d'August. Il etoit a Villa Negroni 8) Un médaillon, fort haut relief, le portrait de Lucilla, pareillement de Villa Negroni Berlin, Schloß. Eckkabinett der Paradekammern. Beide Medaillons waren in die Wand eingefügt, Drusus „ A u f der Seitenwand in Einen vieteckigten R a h m von B r o n z e " und Lucilla „ U b e r der T h ü r in Einen vergoldeten Rahmen von B r o n z e . " (Inv. 4 5 . 1 7 9 3 , S. 245 b). Drusus 1809 Paris, 1 8 1 5 zurück. D r u s u s : Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 1 3 4 5 . Blümel R 10. Platte 45,7 x 45,7 cm. Lucilla: Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 1346. H : 81 cm. 7922 verkauft

9) Un fort beau buste de Pyrrhus Roi d'Epire, téte d'un grand caractère et la seule qui soit encore connue de ce Roi. L a preuve la plus sure qui lui fait donner le nom de Pyrrhus et sa resemblance aux médaillés qui ont la téte de ce Roi. Une preuve encore assés évidente est de plus qu'elle est couronné de chésne, et Plutarque raconte dans la vie de Pyrrhus que ce R o i avoit la coutume de porter une couronne de chésne Charlottenburg, Schloß. Goldene Galerie, Gartenseite. (Inv. 246.1800, S. 1 1 1 4 . ) Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 483. H : 49,4 cm

10) Une belle Téte de Ptolemèe le jeune, frère de Cleopatre, d'un excellent stile de sculpture gréque. Sa ressemblance aux médaillés de ce Prince lui fait donner ce nom a juste titre.

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D e r Titus wurde v o n mir nicht gefunden. E r w u r d e schon im J a h r 1 7 9 2 v o n dem Berliner Schloßbaumeister B o c k gesucht (siehe D o k u m . A n h a n g S. 154) B o c k machte dabei eine Liste der antiken Büsten, die er für von Erdmannsdorff gekaufte hielt. (Siehe A n m . 7, A b t . B. N r . 1 7 , f o l 25 a). D a sie Irrtümer enthält, w i r d sie hier nicht abgedruckt. D e r Suche verdanken wir aber einen Brief E r d m a n n s d o r f f s , worin er noch einmal alle v o n ihm gekauften Büsten ohne Bart beschreibt (ebendort A b t . A . D o k u m . A n h a n g S. 153). A b e r seine A n g a b e n zu dem T i t u s : „ T é t e de grandeur naturelle, d'un homme de moyen age, avec une phisionomie grave mai en méme temps remplie d'humanité" sind v o n so allgemeiner A r t , daß sie nicht viel nützen. Möglicherweise wurde er nach seiner A n k u n f t umbenannt. E s gibt im Marmorpalais außer dem Merkur, dessen Herkunft aus Schloß Sanssouci gesichert ist, nur noch eine A n t i k e , die nicht in der E r d m a n n s d o r f f s c h e n Liste erscheint, eine Büste des Caligula. Sollte der Titus gleich nach seiner A n k u n f t zu einem Caligula geworden sein? D e r Caligula stand auf einer Säule aus künstlichem Porphyr in der Schlafkammer des Marmorpalais. I.eider ist er, nachdem er 1 8 1 6 aus Paris zurückgekehrt war, nicht wieder ins Marmorpalais gebracht w o r d e n und ich konnte seinen Verbleib nicht feststellen. Die Büsten v o n römischen Persönlichkeiten sind zuweilen in den Inventaren umbenannt oder schließlich nur als unbekannt geführt worden.

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E s gibt einen Pyrrhus in der Goldenen Galerie des Schlosses Charlottenburg. (Inv. 247.1800, S. 1 1 N r . 8). D o r t könnte aber eine Erdmannsdorffsche E r w e r b u n g nur hingekommen sein, wenn man dafür eine dort seit friderizianischer Zeit aufgestellte Büste entfernt hätte. D a s wäre vielleicht auch eine E r k l ä r u n g f ü r den Caligula im Marmorpalais, daß er dorthin im Austausch aus Charlottenburg kam. Auf jeden Fall kann kein Z w e i f e l über die Identifizierung des Pyrrhus mit Sk N r . 483 bestehen, weil der K o p f genau mit der Erdmannsdorffschen Beschreibung anläßlich der Suche nach dem Titus übereinstimmt.

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Forsch, u. Ber. Bd. 18

Berlin, Schloß. Auf einem Tisch in der Bildergalerie. (Inv. 4 5 . 1 7 9 3 , S. 2 2 1 b ) . 1809 Paris, 1 8 1 5 zurück. Staatliche Museen zu Berlin Sk 109. Ar.tikensammlung. Blümel K 209. H : 51,5 cm

1 1 ) Deux bustes en herme d'une sculpture admirable et qui peuvent ranger avec ce qu'il y a d'ouvrage 12) du meilleur stile dans ce genre. L'un est le portrait du philosophe Cameade, l'autre celui d'Aristophane le fameux poète comique. Ils étoient ci-devant dans le palais du Duc de Fiano Berlin, Schloß. J e einer auf den beiden Stuckkaminen im Weißen Saal. (Inv. 4 5 . 1 7 9 4 , S. 247b). 1809 Paris, 1 8 1 5 zurück. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 3 1 6 und 3 1 7 . Blümel K 190 und K 1 9 1 . H : 48 cm

13) Un fort bon buste-en herme d'Hercule Philosophe, ou Hercule des Muses ou Musagète. Il etoit au Palais Verospi. Potsdam, Marmorpalais. Auf der anderen der beiden H a c k e r - K o m m o d e n v o r dem Wandspiegel in der Weißlackierten K a m m e r . (Inv. 3 7 7 . 1 7 9 6 , S. 4 b). Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 187. H : 85 cm. 1 9 1 . nach Schloß Posen abgegeben, verschollen

IV. Bustes et Téte Modernes 1) Un buste en Bronze du Pape Sixte quint. Il étoit à Villa Negroni Berlin, Schloß. Bildergalerie (Inv. 4 5 . 1 7 9 3 , S. 2 2 0 b — 2 2 1 a ) . Wurde 1830 in die Bildergalerie v o n Schloß Sanssouci gegeben. (Inv. 550.1830, S. 4). K a m 1889 in das Neue Palais (Inv. 7 9 1 . 1 8 6 9 , S. 4), v o n dort in die polnischen K a m m e r n des Berliner Schlosses. 1809 Paris, 1 8 1 8 zurück. G K I I I 299. H mit Sockel 86 cm Staatliche Museen B e n i n , Stiftung Preuß. Kulturbesitz, Skulpturenabteilung. Bastiano Torrigiani 1 5

2) Un grand buste en marbre de Carrare avec deux mains, le portrait du Cardinal Peretti [Alessandro Damasceni-Peretti], Neveu de Sixte quint, ouvrage admirable du Chevalier Bernin, executé avec un gout et une vérité surprenante. L e Bernin excelloit pour le portrait et celui-ci est sûrement un des plus parfaits de son cizeau. Il étoit à Villa Negroni Berlin, Schloß. Bildergalerie, auf einem Postament neben der T ü r zur grünen K a m m e r , rechts. (Inv. 4 5 . 1 7 9 3 , S. 2 2 2 b ) G K I I I 1 1 5 1 . H : 95 cm Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung (jetzt Alessandro A l g a r d i zugeschrieben) 1 6

5) Un buste du Général Peretti [Michele Damasceni-Peretti] autre neveu de Sixte quint pareillement du Chev r Bernin. Il n'est pas entièrement termine et en partie même seulement ébauche, mais intéressant par cela-même, pareequ'on y découvre la manière savante et hardie avec laquelle cet artiste traitoit le marbre. Ce buste peut servir d'etude utile aux sculpteurs. Il vient encore de Villa Negroni. Berlin, Schloß. Bildergalerie, auf einem Postament neben der T ü r zur grünen K a m m e r , links. (Inv. 45.1793» S. 2 2 2 b ) G K I I I 1 1 5 0 . H : 95 cm Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung (jetzt Alessandro Algardi zugeschrieben)

4) Une excellente Copie d'une très-belle téte antique de Mercure qui n'est plus à Rome. Elle est fait par Trippel17 Potsdam, Marmorpalais. Schreibkabinett, in der einen abgerundeten E c k e auf einer Stucksäule. Dort 1945 noch vorhanden. (Inv. 377.1796, S. 6b) G K I I I 842. H : mit Sockel 0,60 m. Verschollen

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Torrigiani, Bastiano, gest. 1596 in R o m . Sobotka, Georg,: Bastiano Torrigiani und die Berliner Papstbüsten. I n : Jahrbuch der K g l . preuß. Kunstsammlungen 33. 1 9 1 2 , S. 2 5 2 f f . Algardi, Alessandro. 1602 — 1654. Architekt, Bildhauer und Antikenrestaurator in R o m . Schottmüller hatte die beiden Peretti-Büsten dem Algardi zugeschrieben (Bildwerke des Kaiser-Friedrich-Museums. Berlin 1 9 3 3 , S. 221—223)- Nava-Cellini tritt hingegen f ü r eine Zuschreibung an Giuliano Finelli ein (in: Paragone 15. 1964,5.35). Trippel, Alexander. 1744 — 1 7 9 3 . Bildhauer. L o n d o n , Kopenhagen, Berlin. G i n g 1776 nach R o m , v o n w o aus er einen ausgedehnten europäischen Kundenkreis erwarb.

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V. Différentes autres pièces Antiques et Modernes 1) Un Siège antique de marbre, Consulaire ou de quelque autre Magistrat, peut-être d'un Empereurmême. Il est grand, d'une belle forme, et richement décoré. Les parties en sont bien composées et les ornemens bien éxécutes. Il y a un bas relief sur le devant d'un bon stile. L e sujet paroit en être relatif à une victoire, plûtôt encore qu'à un prix remporté. C-est une pièce curieuse et unique dans son genre. Car bien qu'il existe encore quelque siège antique, il n'y en a aucun qui puisse être comparé à celui-ci, et avec cela il est bien conservé. Il a été trouvé vers Ostie Berlin, Schloß. Eckkabinett der Paradekammern. (Inv. 4 5 . 1 7 9 3 , S. 245 b) Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 1 3 6 3 . H : 106 cm

2) Un Vase de bonne forme d'un bel Albâtre antique oriental, que l'on nomme ici Cottognino, il est posé sur un trône de colonne massif d'albatre oriental que l'on nome Fiorito. Vermutlich ehemals Potsdam, Marmorpalais. 1 8 Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 1 1 0 0 . H : 76 cm

3) Une belle copie d'un grand vase qui est ici au Capitole, orné de grands rinceaux travaillés dans le meilleur stile. Celui-ci est fait par Cardelli, le meilleur des sculpteurs pour les ornemens. Vermutlich ehemals Potsdam, Marmorpalais. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 1 1 4 7 . H : 48 cm

4) Un vase plat, ou une ecpéce de Tasse portant sur un pied, très-bien décoré, pareillement de Cardelli Vermutlich ehemals Potsdam. Marmorpalais

5) Un beau Vase d'albatre transparent de Volterra travaillé à Florence par Pisani. Il est la copie d'un vase antique de bronze d'une très-belle forme, qui est dans la Collection au Capitole à Rome et fort connu sous le nom de Vase de Mithridate. 6) Une petite figure en bronze représentant une Victoire, jettée dans un moule fait sur une statue antique pareillement en bronze qui n'est plu à Rome. C'est une figure fort élégante, elle pose sur un piedestal de porphyre rouge. Potsdam, Marmorpalais. Schreibkabinett, stand auf einem Tisch auf einem Postament v o n Porphyr. D o r t 1945 noch vorhanden. (Inv. 3 7 7 . 1 7 9 6 , S. 7a). G K I I I 837. H : 96 cm. Verschollen

VI. Tables 1) Une Table de pietra Paragone avec un bord de rouge d'Egypte. C'est une pièce rare pour la grandeur de la pierre et encore intéressante comme s'étant trouvé parmi les meubles de Sixte quint à Villa Negroni Berlin, Schloß. Konzertzimmer der K ö n i g s k a m m e m , auf der K o n s o l e unter dem Spiegel der Fensterwand. (Inv. 4 5 . 1 7 9 3 , S. 46) War schon am E n d e des 19. Jahrhunderts an einen anderen, nicht festgestellten Ort gekommen. Verschollen

2I D e u x trés-grandes et belles Tables de porphyre rouge de six pieds trois pouces en longueuer } ( d'une seule pièce. Il en existe peu d'une grandeursi extraordinaire. Elles sont garnies d'un bord en bronze doré. 13

Die Vasen sind schwierig zu identifizieren, da dergleichen Stücke sehr zahlreich in den Schlössern vorhanden waren Im Marmorpalais waren 1796 vier Vasen, die vielleicht die der Liste gewesen sein könnten: 1.) „ E i n e antike Vase aus R o m " im Schreibkabinett 2.) „ E i n e Alabastervase als L a m p e " in der Schlafkammer 3.) „ E i n e antike Urne aus R o m " in der Gelben K a m m e r 4.) „ E i n e Cararra M a r m o r Schale aus R o m " in der Gelben K a m m e r Die Vasen sind dann im 19. Jahrhundert aus dem Marmorpalais entfernt worden.

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Deux petites Tables très-jolies d'un Albâtre Lumachella fort singulier Berlin, Schloß. Braunschweigische Kammern 13 u. 14. (Inv. 45.1793, S. 327)

Deux petites Tables d'un Albâtre nommé ici Cotognino. 8)

Une petite Table, dont le plateau principal est de cet espèce de plasme d'émeraude, nommé ici Verde di Corsica La pluspart des cheminées sont deja accompagnées de leurs parterres, dont quelques uns sont en granité rouge, d'autres en granité grisâtre, plusieurs en mosaique antique. 2 stück Marmor Platten von Aleppo mit einer Bordure von Gialo de Siéne. 2 stück von Rosso Corallino mit einer Bordure von grünem schwedischem Marmor Potsdam, Marmorpalais. Auf den beiden Mahagoniekommoden in der Braunen Kammer. (Inv. 377.1796, S. 17a)

1 stück von Bourdeauer Marmor mit einer Bordure von Schwarzem Spanischen Marmor 1 stück Oval von Orientalischem Agath. 1 stück von vielen Sorten caros mit einer Bordure von Nerdo Antiquo. 2. Nicht in der Liste verzeichnete Erwerbungen Erdmannsdorf~fs Diese Skulpturen kaufte Erdmannsdorff, als er noch Geld übrig hatte. Sie werden in seinem Schriftwechsel mit Ritz erwähnt. 1.) Apollo Erdmannsdorffbrief vom 6. 8. 1791 Potsdam, Marmorpalais. Im Saal des Obergeschosses in einer Rundnische in der Mitte der Kaminwand (Inv. 377, S. 1 3 b : „im Kampo Marino nahe bey Bevilliano gefunden". Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 54. H : 188 cm

2.) Venus Erdmannsdorffbrief vom 6. 8. 1791 Potsdam, Marmorpalais. Auf einem Postament im Landschaftszimmer. (Inv. 377.1796, S. 1 5 b : im „ K a m p o Romano gefunden." 1809 Paris, 1815 zurück. Staatliche Museen zu Berlin, Antikcnsammlung Sk 31. H : 1 1 4 cm. A n das Marmorpalais zurückgegeben. Seit 1945 verschollen

3.) Priap Erdmannsdorffbrief vom 2. 7. 1791 Potsdam, Marmorpalais. Auf einer der beiden Mahagoniekommoden in der Camaieukammer vor dem Wandspiegel. (Inv. 377.1796, S. 18a). 1809 Paris, 1815 zurück. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 248. H : 80 cm

4.) Büste eines Septimus Severus Erdmannsdorffbrief vom 20. 7. 1791 Wird nicht genauer beschrieben und konnte nicht identifiziert werden.

ß. Berliner Antiken, von denen überliefert wird, daß sie von Erdmannsdorff gekauft wurden, die aber in den Quellen nicht nachweisbar sind 1.) Zwei Hermen Die beiden Hermen saßen ursprünglich oben am Portal zur Orangerie im Neuen Garten in Potsdam und sind dort seit 1830 durch Kopien ersetzt. Vielleicht ist der Irrtum hier dadurch entstanden, daß es Skulpturen aus dem Neuen Garten sind, die sonst meist von Erdmannsdorff stammen. Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Sk 102 und 103. H : 0,60 u. 0,61 cm

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2.) Kaiserstatue mit einem Kopfe des Marcus Aurelius Die Statue ist sicher nicht von Erdmannsdorff gekauft worden, denn daß er ein so großes Stück nicht erwähnt hätte, ist wenig wahrscheinlich. Bei Gerhard wird sie als aus der Villa Negroni stammend aufgeführt, vielleicht ist dann daraus entstanden, daß Erdmannsdorff sie gekauft hat. Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung, Sk 368. H : 200,8 cm

Brief Friedrich Wilhelms von Erdmannsdorff an Carl Gotthard Langhans Wohlgebohrener Herr, Hochgeehrtester Herr Geheimer Kriegs Rath, Bey meiner Rückkunft von Neapolis fand ich hier Ew: Wohlgeb. Schreiben vom 24. Febr. das mich schon ein Paar Post Tage hier erwartet hatte, weßwegen dieselben meine Antwort vielleicht um etwas später erhalten als Sie vielleicht vermutheten. Die Nachricht welche mir dieselben in Ansehung der Abänderungen mit einigen der Kamine geben, ist mir sehr angenehm gewesen, ob ich schon selbst bemerkt hatte, daß die Höhen desselben von 4'—6' aus allem Verhältniße waren, weßwegen ich ohnehin schon geglaubt hatte mich nicht daran binden zu dürfen. Auch die Disposition der Kamine zwischen zwey Fenster war wohl eben nicht vorteilhaft gewesen, ob man schon diesen Fehler hier in Italien gar häufig vorkommen sieht. Ich betreibe die Arbeit dieser Kamine, nach Sr. Majest. mir gegebenen Befehl aufs Beste. Indessen kann ich für die genaueste Zeit ihrer Ankunft in Hamburg doch keine Gewähr leisten, da dieses so sehr von den Umständen der Schiffahrt abhängt. Indessen hoffe ich gewiß daß es im Laufe des kommenden Herbstes seyn soll, so daß sie noch zur rechten Jahrzeit ihres Gebrauchs anlangen können. Sollte vielleicht Sr. Majest. nun befehlen, diese Zimmer noch ehe sie ankommen mögten, in Stand zu setzen, so wissen Ew. Wohlgeb. gewiß besser als ich, was etwa damit für eine Auskunft zu treffen sey, vielleicht mit einer Einfassung von Stuck oder dergl. welche her nach verstatten kann die marmornen Kamine geschwind zu versetzen. Zu den zwey Kaminen des Saales habe ich mich nach den Massen der mir dazu übersendeten Zeichnungen eingerichtet. Alle die anderen, hoffe ich, sollen nicht zu groß ausfallen, da mir die Größen der Zimmer dazu schon einige Anweisungen gaben. Ich suche so viel Mannigfaltigkeit darein zu bringen, als es die Sache verstattet, um nicht immer dasselbige zu wiederholen, und ich hoffe Sr. Majest. so gute Arbeit zu leisten als ihm hier gemacht werden kann. Ich gebrauche die besten Künstler dazu die in dieser Art in Rom sind, und suche die Ausführung derselben, so viel ich nur kann, nachzusehen. Ich begleite zwar den Erb Prinz von Braunschweig in einigen Wochen noch biß nach Florenz. Ich gedenke aber um den iz Kn May wieder hier in Rom zu seyn, und mich alsdann noch drey biß vier Monate hier aufzuhalten, sowohl dieser Arbeiten selbst wegen, als um noch eine Menge für mich gar interessante Sachen hier mit Müsse und mit Fleiß nachzusehen, über die ich hoffe mich in der folgenden Zeit auch mit Ew. Wohlgeb. mehrere Mahle zu besprechen. Nach meiner Rückkunft, die wie ich rechne, im September oder Anfangs' des October fallen wird, werde ich sehr verlangen Ew. Wohlgeb. unterdessen vollführte Werke zu sehen. Den Auftrag wegen des Theils der Architt. Civile von Rossi werde ich mit Vergnügen besorgen, und an Sepia solls nicht fehlen.19 Unser alter Freund Reiffenstein empfiehlt sich Ihnen bestens und genießt in seinem 7iten Jahre noch einer ungemeinen Munterkeit. Hr. von Lüders versichert seine Ergebenheit. Ich werde Ihnen in einiger Zeit wieder wegen der Kamine weitere Nachricht geben. Ich gedenke von Florenz eine Tour nach Livorno zu machen, um wegen Absendung derselben Anstalt zu treffen, auch nach den Marmorbrüchen zu Carara, die ich sehr neugierig bin zu sehen. Ich habe die Ehre mit der vorzüglichsten Hochschätzung zu seyn Rom den 27. Mertz 1790. 19

Ew. Wohlgebohren ganz gehorsamer Diener v. Erdmannsdorff

Wohl das W e r k : D o m e n i c o Rossi, Studio d'Architettura Civile sopra gli Ornamenti die Porte e Finestre tratti da alcune Fabbriche insigni di R o m a . . . R o m 1702. (Schmitz, Katalog der Ornamentstichsammlung der Staatlichen Kunstbibliothek Berlin, 1939, N r . 2 6 8 1 ) .

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/. Briefe Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorfs an den Geheimen Kämmerer Rit£ Monsieur, E n reponse de Votre Lettre du 13. c. j'ai l'honneur de Vous marquer, que comme j'ai encore laissé entre les mains du sculpteur qui en travaille les restaurations, les deux Statues antiques, pour lesquelles le Roi a assigné 560 sequins, j'ai chargé Mr. Jenkins Banquier à Rome de lui faire le payement de son ouvrage aussi-tôt qu'il sera terminé et de les faire partir pour Livourne sans délai. Les fraix de la restauration entrent dans la somme des 560 seq. ainsi que j'en ai deja fait mon raport à Sa Maj. Mr. Jenkins alors m'en donnera avis et tirera le payment de ces 5 60 seq. sur Mesr. Raym d et Theod c de Smeth d'Amsterdam par lesquels la Banque Royale m'a fait parvenir la valeur des 20000 ecus que je touchai à Rome par ordre de Sa Maj. Comme ces Banquiers, que je connois très-anciennement tant à Amsterdam qu' à Rome, m'ont toutjours paru en agir raisonablement, je crois que cest la meilleure voye pour faire parvenir les paymens à Rome. J'attens avec la dernière impatience l'arrivée du vaisseau à Hambourg, qui va y aporter les 32 Caisses du premiers envoi. Car il va encore en suivre un second d'une dizaine d'autres caisses, par le premier bâtiment qui se trouvera à Livourne pour Hambourg. J'espére que tout y parviendra en bon état. A u moins rien n'a été négligé pour les garantier contre les accidens d'un long voyage. J e vous prie Monsieur, de vouloir bien me donner un mot d'avis, aussi-tôt que Vous aurés apris quelque chose sur leur arrivée, bien que j'en aurai sans doute aussi la nouvelle par Mes" Joh. Mich. Hudtwalcker. J e souhaite beaucoup de me trouver présent à leur arrivée à Potsdam ou à Berlin, comme S. M. a bien voulu me temoigner qu'Elle m'en accorderait la permission, et comme je sais le contenu de chacune de ces caisses. Ce serai pour mois une satisfaction inexprimable, si le Roi est content de la façon dont je me suis acquitté de ses ordres. J ' e n ai à la vérité quelque espérance. Car j'ai réelement trouvé occasion de rencontrer des pieces supérieurement bonnes dans ce genre. J'ai l'honneur d'être avec une considération particulière Monsieur Votre très-humble et très obéissant serviteur d'Erdmannsdorff à Dessau le 16. N o v . 1790

Monsieur, mes lettres de Hambourg ne m'aprennent encore rien sur l'arrivée de notre vaisseau. J'espére néanmoins qu'elle ne devrait plus tarder longtems. J'ai seulement reçu hier avis de M r Jean Mich. Hudtwalcker, que par un autre vaisseau, qui partit de Livourne plus d'un mois avant le notre, il luis est parvenu une caisse signée A R N o 1 pour Sa Maj. Le Roi, laquelle il a d'abord fait partir pour Berlin adressée à M r Jean Dan. Braschwitz auquel je viens d'écrire aujourd'huis de Vous la remettre incesament après son arrivée. Cette caisse contient un beau Vase d'albatre de Volterra fait par Pisani à Florence sur le modèle du fameux vase de bronze antique qui se conserve â Rome au Capitole et est connu sous le nom du Vase de Mithridate. J e le fis partir de Florence avant mon retour à Rome, et c'est la raison pour quois il arrive avant tout la suite des trente deux caisses. Sans être une pièce précieuse, ce vase fera néanmoins un ornement dans un apartement, il est d'une belle forme, bien travaillé et le plus grand qui ait encore été fait d'Albâtre de Volterra, dont on ne trouve pas aisément des pièces d'une grandeur pareille d'une blancheur si pure. La masse en est très-transparente, et quand on y met une lampe à plusieurs mèches que l'on y peut suspendre, elle y donne une lumière douce qui éclaire fort agréablement un cabinet ou une chambre de moyenne grandeur. J e crois même si je ne me trompe, que vous y trouverés une lampe de fer blanc pour cet effet. J e dois Vous avertir, Monsieur, que Vous y trouverés aussi les anses en forme de serpens, qui ont été detachées et empaquetées séparément pour plus de sûreté. Il faudra donc avoir un peu de précaution en le sortant de la caisse. Les anses s'y ajustent d'abord sans la moindre difficulté. J'attens maintenant avec la plus grande

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impatience l'arrivée de tout l'envoi, et j'espére de me trouver présent quand elles seront dépaquetées. J'ai l'honneur d'etre avec la plus parfaite considération Monsieur Votre très-obeissant serviteur Dessau d'Erdmannsdorff le 9. Dec. 1790 Monsieur, Je suis ici dans l'attente des ordres du Roi. Sa Majesté me fit la grâce de me dire à son départ pour Magdebourg, qu'Elle me reverroit d'abord après son retour des maneuvres. Je Vous aurai, Monsieur, de très-grandes obligations, si Vous voulés bien me donner un mot d'avis, s'il est plu convenable que j'attende ici le retour du Roi à Berlin, ou si je dois plûtôt me rendre à Potsdam pour y être d'abord à la portée en cas que le Roi me demande. Vous aurés sans doute occasion de sonder là-dessus les volontés de Sa Majesté. Suivant mes dernières lettres de Hambourg qui pourtant avoient passé par Dessau, le troiséme transport n'y étoit pas encore arrivé. Peut-être avés-Vous des nouvelles plus récentes. A u moins je n'imagine pas qu'il puisse tarder beaucoup dans la saison présente. Je supose qu'il Vous sera parvenu, Monsieur, une caisse de Magdebourg, qui contient deux pièces d'une cheminée, laquelle par méprise avoit été embarquée pour Dessau. Si Vous ne l'avés pas encore, elle doit Vous arriver incessament, comme j'ai chargé le Sieur Ant. Wilh. Pieschel à Magdebourg, de la faire partir pour Potsdam sans le moindre délai. J'espére que quelques taches que nous trouvâmes aux cheminees en les déballant se seront perdues après qu'elles ont été mises à l'air. Cela étoit fort naturel à des marbres qui avoient été enfermé depuis plus des neuf mois. S'il y en étoit resté encore quelque chose, il n'y aura pas de diffifulté de les enlever totalement. Le Sieur Hudtwalcker me mande qu'l a remis à Mr. le Consul Hesse le comte des frais de transport, ete pour les trente deux caisses arrivés par le premier vaisseau. Mais pour les cinq caisses du second transport, il en a mis les frais touts sur mon comte avec ceux de quelques autres qui avoient la même signature les quelles m'ont été dépéchées à Dessau. Aussi-tôt que j'aurai l'honneur de Vous voir, Monsieur, je Vous communiquerai les comtes du S r . Hudtwalcker concernants ces frais, & Vous aurés la bonté de me dire alors comment Vous jugerés à propos d'arranger cela. Je tiens prêt, pour le présenter au Roi, un Tableau, qui contient touts les divers ouvrages & acquisitions faites pour Sa Majesté en Italie, avex les prix détaillés de chaque pièce. Je me suis limité fort exactement à la somme que SaMaj. me fit tenir. Car il ne me revient qu'un petite reste de quarante neuf écus. J'ai l'honneur d'être avec la considération la plus distinguée, Monsieur, Votre très-humble & très-obeissant serviteur Berlin d'Erdmannsdorff le 9. Juin, 1791 Monsieur,

Rep: le 2 3 = pour venir le 28 a Charl(ottenburg)

Je fais partir d'ici par un roulier une caisse apartenante au Roi, marquée B D E No 6, laquelle m'est parvenue depuis peu. Cette caisse, que je Vous adresse, Monsieur, et qui fait encore une suite du dernier transport pour Sa Maj., contient trois pièces antiques s'est à dire 1) Une Buste de l'Empereur Septime Sévére 2) Un petit herme d'Hercule, de piettra paragone, la téte de marbre grec 3) Un petit herme de Priape La caisse A R , no 1, Vous sera sans doute parvenue en bon etât de Magdebourg, et vous y aurés trouvé, deux pièces d'une cheminée dont la partie supérieur étoit deja dans une des caisses du premier envoi. J'ai reçu deja la semaine passée la nouvelle de l'heureuse arrivée d'un dernier envoi pour le Roi à Hambourg, dont M r le Consul Hesse Vous aura donné avis, comme le tout a du lui être remis par

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les S " Hudtwalcker. On ne m'a cependant pas encore anoncé le rembarquement de ces effets pour Potsdam. J e supose néanmoins qu'ils doivent etre partis à l'heure qu'il est et que j'en saurai quelque chose par l'ordinaire prochain. J e Vous serai cependant infiniment obligé, Monsieur, si Vous voulés bien avoir la bonté de me donner un mot d'avis, sur ce sujet, et quand Vous attendes l'arrivées du bateau qui les transporte à Potsdam où à Charlottembourg, ou je ne manquerai pas de me rendre à temp précis, suivant les ordres que Vous m'aves indiqué à Berlin de la part de Sa Majesté. J'ai l'honneur d'être avec la considération la plus distinguée,

Dessau, le 20. Juille 1791

Monsieur, Votre très-humble & très-obeissant serviteur d'Erdmannsdorff R e p : le 28. que S:

Monsieur,

M : Sera le Imiér a Charlottenb(urg)

je viens d'arriver ici suivant l'avis que Vous avés eu la bonté de me donner. J e Vous aurai bien des obligations, si Vous voulés bien me faire savoir un mot touchant l'arrivée du dernier transport qui doit arriver de Hambourg et que je présume être deja bien près suivant les nouvelles que le S 1, Hudwalcker m'a donné. J'aurais pris la liberté, d'aller Vous trouver d'abord moi-même si je n'avois pas apréhendé que V o u s ne fussiés pas de loisir d'autant plus que le R o i est à son Palais du nouveau jardin. Peut-être pourriés Vous Monsieur, m'indiquer en même tems les volontés de Sa Majesté pour pouvoir me regler en conséquence, ou en me rendant à Berlin ou en attendant ses ordres ici â Potsdam. J'ai l'honneur d'être avec la plus parfaite considération

à Potsdam le 28. Juille, 1791

Monsieur, Votre très-humble & trés-obeissant serviteur d'Erdmannsdorff

Monsieur, J e prens la liberté de V o u s remettre ci-jointe la note de quelques fraix que j'ai déboursé pour les six caisses de la seconde partie du premier transport, qui arriva pour le Roi il y a deux mois. Ces fraix, que le S1'. Hudtwalcker à Hambourg avoit deja tiré sur moi avec d'autres payemens que j'avois à luis faire, ne doivent point avoir été mis en comte à M 1 ', le Consul Hesse avec ceux des premières trente et une caisses de ce premier transport, suivant l'avis que le S. r Hudwalcker m'en a donné, et peut-être Vous rapellerés-Vous, Monsieur, que je V o u s en prévins deja alors, quand Vous me fites l'honneur de passer chés moi la dernière fois que je fus ici. J ' y ai ajouté les fraix de la caisse qui Vous fut expediée de Magdebourg de même que le petit reste de quarante neuf écus, qui me reviennent encore, ainsi que V o u s le trouverés au bas du plan que Sa Majesté voulut bien que je Luis remis à Elle-même lundi passé à Charlottenbourg. Ce plan contient le détail de touts les différens articles avec la somme totale que le Roi me fis assigner à Rome. Sa Majesté a maintenant toutes les pièces mentionnées dans ce plan et que je Lui anonçai de Rome. Il n'y a plus en arriére que les deux statues de Venus et d'Apollon, que L e Roi agréa à la proposition que je L u i en fis à mon retour d'Italie, et qui sont marquées dans le plan en caractère rouge, comme n'entrant pas dans la première suite, où je m'étois borné à la somme de vingt mille écus que Sa Majesté y avoit déstiné. Ces deux statues ne devraient pas tarder d'arriver pareillement. Vous jugés bien, Monsieur, de la satisfaction que j'ai de voir que tout est arrivé en bon état, et que L e R o i daigne en être content. J ' a i l'honneur d'être avec la considération la plus distinguée, Monsieur, Votre très-humble & très obéissant serviteur à Berlin d'Erdmannsdorff le 6. Août, 1791

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Monsieur, j'ai trés-bien reçu les 454 écus en or & 14 gr que Vous avés bien voulu prendre soin de m'envoyer ici, pour me rembourser de cette somme, que j'avois déboursé pour les affaires dont j'etois chargé pour la Roi, suivant la note que j'avois pris la liberté de V o u s remettre. J e Vous en fais bien mes remercimens, ayant l'honneur d'être avec la plus parfaite considération, Monsieur, Votre très-humble & très obéissant serviteur Dessau d'Erdmannsdorff le 19. Août 1 7 9 1 . Monsieur, E n reponse à la lettre que V o u s m'avés fait l'honneur de m'écrire en date du 8. du courant je tacherai avec bien du plaisir à Vous designer le plus exactement que je pourrai la tête de l'empereur Titus qui se trouve parmi les Antiques, qui arrivèrent l'année passée pour Sa Majesté, et je ne doute aucunement que V o u s ne la reconnoissiés bientôt. D-abord d'est une tête sans barbe, car les empereurs Romains n'eurent point coutume de porter la barbe jusqu'à Adrien, qui fut le premier à adopter cette mode pour cacher une cicatrice qu'il avoit à la joue. Dans cette suite de pièces antiques il y a six bustes ou têtes d'homme sans barbe, dont les cinq premières se distinguent par les marques suivantes. 1) une tête de Pyrrhus qui porte une couronne de feuillage de chêne, que l'on y voit très-bien quoiqu'elle ne soit que mince et qu'elle n'ait que peu de relief. 2) Une tète de Ptolemée, qui porte un bandeau ou un diadème. Ces deux tètes se distinguent encore aisément par leur caractère grec et la beautés de leurs traits. 3 et 4) sont deux bustes des jeunes Césars Cajus et Lucius, neveux de l'empereur Auguste. On ne peut s'y méprendre, car ce sont deux jeunes hommes de quatorze à quinze ans. 5) une téte colossale de l'empereur Vespasien. E n f i n il en reste une sixième, Tète de grandeur naturelle, d'un homme de moyen âge, avec une phisionomie grave mais en même tems remplie d'humanité, et ceci est précisément la téte de l'empereur Titus, à laquelle je crois que l'on ne pourra plus se méprendre. L a statue d'Apollon, la plus belle pièce Antique, dont je fis acquisition à Rome pour Sa Majesté, dont la restauration ne put pas s'achever à tems l'été passé pour être encore embarquée dans cette saison, doit, suivant ce que je présume, être maintenant en mer. Dès que j'en aurai des nouvelles, je ne manquerai pas de Vous en faire part. J ' a i l'honneur d'être avec la considération & l'estime la plus distinguée, Monsieur Votre très humble & très obéissant serviteur Dessau d'Erdmannsdorff le 11. m c May, 1792 Monsieur, après avoir reçu la lettre que V o u s me fites l'honneur de m'écrire en date du 2 1 . fevrier en reponse al la mienne j'écrivis d'abord à M r . Jenkins à Rome pour luis faire-part de ce que Vous aviés eu la bonté de m'indiquer au sujet de V o s intentions concernant ses affaires. J ' a i toute raison de suposer qu'il doit deja V o u s avoir fait parvenir ses comtes à l'heure qu'il est. Mai n'ayant pas de ses nouvelles depuis, je prens la liberté de Vous prier, Monsieur, de vouloir bien me donner un seul mot d'avis, si M r . Jenkins a rempli V o s ordres à cet égard, comme je ne voudrais pas rester dans l'incertitude làdessus. Pardonnés moi, je V o u s en prie, cette petite incommodité, et agréés la considération la plus distiguée avec laquelle j'ai l'honneur d'être,

Dessau le 18. A v r i l 1795

Monsieur, Votre trés-humble et très-obeissant serviteur d'Erdmannsdorff

153

6. Brief des Berliner Schloßbaumeisters Bock an den Geheimen Kämmerer Rit% Wohlgebohrener Herr Insonders hochzuehrender Herr Geheimer Cämmerer. E w : Wohlgebohren Befehl zufolge habe ich sogleich nachgesehen, ob der Kopf des Titus hier auf Sr. Königlichen Majestät Schloße placieret ist. Da mich aber von denen Büsten, welche in der Großen Bilder Gallerie auf den Tischen, auf dem Camin im Eck Cabinet, und auf den 4 Camins in den weißen Saal placiert sind, nicht alle bekannt sind, so weiß ich nicht ob die Büste des Titus dabei ist. Herr v. Erdmannsdorff hat zwar eine Liste von denen sämtlichen aus Italien gebrachten Marmor Sachen hiergelaßen, und es ist auch selbige ins Lateinisch übersetzt worden, um künftig bey jedem Pièce auf Pergament zu schreiben, was sie vorstellt, allein es sind diese Sachen nicht alle hier ausgepaket worden daher ich sie auch nicht alle kenne, ich füge ganz gehorsamst eine Liste (aus der Erdmannsdorffschen gezogen, bey, wobey E w . Wohlgebohren notieret finden werden, wieviel Büsten hier sind, und was ich davon kenne. Sollte vielleicht dieser Kopf des Titus noch unter denen Marmor Sachen sein, welche H. v. Erdmannsdorff in Rom von Albaccini restaurieren läßt? — was ich nicht wie hat er mich einmal gesagt daß noch ein Transport aus Rom käme, weil noch verschiedenes restaurieret werden müßte. Mit dem größten Respect habe ich die Ehre zu beharren E w : Wohlgebohren ganz gehorsamster Diener Bock Berlin den 14. Aprill 1792 7. Brief Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff s an den König Friedrich Wilhelm II. Sire, La statue antique d'Apollon dont votre Majesté m'ordonna, il y a près de deux ans, de Lui faire acquisition à Rome & qui a été restaurée par le sculpteur Albaccini, vient d'arriver heureusement à Hamburg, suivant l'avis qui m'en est venu depuis deux jours. Elle étoit partie de Rome dès le commencement du printems dernier, de manière que l'on pouvoit comter sur son arrivée à l'entrée de l'été. De longs retardemens, tant à Livourne que durent la navigation, ont été la cause qu'elle n'est parvenue à Hambourg qu'a présent. Elle y a été remise au Sieur Hesse, Consule de Votre Majesté, qui aura soin de la faire transporter à Potsdam. J'espére que le travail dans les parties restaurées de cette statue a été bien éxécuté. J e sais q'Albaccini y a mis tout le soin dont il est capable & il est très-habile artiste pour ce genre d'ouvrage. Ce qui y est d'antique, est du plus beau stile de sculpture & très-bien conservé, & je crois que c'est une pièce qui mérite réellement sa place dans le cabinet de Votre Majesté. Je suis avec le plus profond respect jusqu'au dernier instant de ma vie, Sire de Votre Majesté le plus humble & le plus soumis serviteur d'Erdmannsdorff Dessau, le 1. Jan. 1793

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S L A W I S C H E B R O N Z E F I G U R V O N SCHWEDT/O.

WIEDERENTDECKT

Frauke Geupel

Bei der Durchsicht der zur Zeit als fundortlos bzw. ohne Inventarnummern geltenden Bestände des Museums wurde von der Verfasserin vor einiger Zeit die als Kriegsverlust angenommene slawische Bronzefigur von Schwedt, Bez. Frankfurt/O., wiederentdeckt. Da diese Figur in der Reihe jungslawischer Kunsterzeugnisse einmalig ist und in älteren Publikationen 1 " 6 meist schlecht oder in unrichtigen Größenverhältnissen abgebildet wurde bzw. in Veröffentlichungen, die nach 1945 erschienen, alte Fotovorlagen Verwendung fanden, soll sie an dieser Stelle nochmals vorgelegt werden. 7 Beschreibung: Die Figur (Textabb. a—c und Tafel 1) besteht aus massiver Bronze und hat eine Länge von 5,5 cm. Auf dem Kopf trägt sie eine spitz zulaufende sog. Bulgarenmütze, die durch Einritzungen verziert ist. Kopf und Nase sind deutlich zu erkennen. Sie besitzt einen Schnauzbart. Die Arme sind rechtwinklig abgebogen und auf die Hüften gestützt. Die Kleidung ist nicht deutlich erkennbar. Wahrscheinlich ist es ein langer, bis über die Knie reichender, an die Hüfte gegürteter Kittel. Von den Beinen ist nur die untere Hälfte zu sehen. Der Erhaltungszustand der Figur ist ausgezeichnet. Nach A. Götze (wie Anm. 1) wurde die Figur 1902 von C. Ballenthin am Burgwall von Schwedt/O. gefunden. Der Burgwall gehört nach J . Herrmann8 zu den großen jungslawischen Burgen. Neben der Figur erbrachte der Burgwall durchweg jungslawisches Material (vgl. hierzu Anm. 1, Fig. 4). J . Herrmann datiert die Figur in das 1 1 . —12. Jh. Sie ist die einzige Darstellung in Bronze und läßt sich gut mit dem Reliefstein „Svantevit" in der Kirche von Altenkirchen, Rügen, (vgl. hierzu z. B. Anm. 5, Abb. 72) vergleichen, der ebenfalls dem 12. Jh. angehört. Unserer Figur fehlt allerdings das Symbol der Fruchtbarkeit, das Füllhorn. Es muß also fraglich bleiben, ob in ihr ebenfalls eine slawische „Gottheit" wie Svantevit dargestellt werden sollte. Fotonachweis: Abb. 1 Staatliche Museen zu Berlin. Abb. 2 Zeichnung von G. Herz (verstorben am 24. 8. 1955).

1

A. Cöt^e, Eine slawische Bronze-Statuette, in: Nachrichten über deutsche Alterthumsfunde, 13. Jahrg., Berlin 1903 Heft 1, S. i f f . 2 Cb. Albrecht, Slawische Bildwerke, in: Mainzer Zeitschrift, X X I I I , Mainz 1929, S. 47t. 3 C. Schuchardt, Vorgeschichte von Deutschland, München u. Berlin 1928, S. 326, Abb. 271. 4 C. Schuchardt, Deutsche Vor- und Frühgeschichte in Bildern, 3. Auflage München u. Berlin 1938, Taf. 74, Abb. 306. 5 J . Herrmann, Kultur und Kunst der Slawen in Deutschland, Berlin 1965, Abb. 29. 8 /. Herrmann, Die Slawen in Deutschland, Berlin 1970, S. 236 und Abb. 103. 7 Für die Anfertigung der Zeichnungen sei G. Herz gedankt. 8 J . Herrmann, Siedlung, Wirtschaft und gesellschaftliche Verhältnisse der slawischen Stämme zwischen Oder/Neiße und Elbe, Berlin 1968, S. 192, Abb. 3 1 c und S. 197.

155

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Abb. 1. Frühchristlich-byzantinische Sammlung Inv. 4726. Inschriftrcste der linken Seite. 1

\N... Abb. 2. Inschriftreste der rcchten Seite.

Besonderen Dank schulde ich G. Jakob,"Chefrestaurator der Staatl. Museen, für seine unermüdliche Hilfe bei der Untersuchung der Stele mit Floureszenzlicht und bei den schwierigen fotografischen Aufnahmen der Inschriften.

164

UV-Licht stärker fluoreszierenden Farbstoff enthält, können Schriftreste auch dort noch nachgewiesen werden, w o die Buchstaben schon abgeblättert sind, aber reichlich Partikel der Schriftfarbe in die Oberfläche des w o h l enkaustisch grundierten Steines oder der unteren Malschicht eingedrungen waren. Beide Inschriften werden hier in einer Nachzeichnung (Maßstab i : i) wiedergegeben (Abb. 1 — 2), die hier an die Stelle der weniger deutlichen fotografischen Aufnahme treten muß. Bei der Lesung und Deutung der Inschriftreste der linken Seite hat man v o n Zeile 6 — 7 = ¡x&ava-ro? auszugehen. 32 D i e beiden letzten Buchstabenreste v o n Zeile 4 lassen sich dann im Zusammenhang mit Zeile 5 nur zu oyS^ic; ergänzen, so daß hier die Formel ouSel? ä&avaTo,ÜT:EL ( X U T T Q U , XU7TYJI>FLarapcKa AKa;(e.MHH na HayKHTe. ÜTAejieHHe 3a HCTopii'iecKH h nejjarorHHecKii Hayn«), S. 1 1 1 — 1 1 9 .

B. AnmoHoea, Hobootkphth oßeKTH ot pHMCKaTa enoxa b Maflapa (BTopa wacr), H3Beernn na Hapo,T,iinn Myseii n Koaapourpaa 2, 1963, S. 22 — 50. He. ,7peMCuaoea, H3BecTHH Ha HapoflHHH My3eft b KojlapoBrpa« 1, i960, S. 1 ; Abb. 2 (tljian Ha BHJiaTa). He. JlpeMcu3oea, I-l3BecTHH Ha HapoAHHH My3eft b KojlapoBrpafl 1, i960, S. 4; Abb. 9 und 10. B. Mapunoe, Jl03apcTB0T0 b A3enOBrpa,T (im Druck).

191

D i e nordwestliche E c k e der Backsteinmauer ist in einer H ö h e v o n 45 cm erhalten geblieben. D e r Boden fällt in östlicher Richtung ab und ist mit einem 1 0 cm dicken Mörtelputz bedeckt. D i e Weintrauben wurden in die beiden Abteilungen geschüttet und dort gekeltert. D e r Saft floß in den Behälter, der sich unter der Plattform befand und ein Fassungsvermögen v o n 1 0 0 0 1 Most besaß. D i e E n t leerung erfolgte durch eine Rinne. Ahnliche Anlagen wurden auch an anderen Stellen freigelegt; bei B o s p o r o s 2 1 und ebenso bei Tyritake und Myrmekion 2 2 . Gekeltert wurden die Trauben mit den Füßen oder mit einer Steinpresse, die sich um eine Holzachse drehte. D i e Untersuchung der E n t w i c k l u n g des

Abb. 5. Fig. 1: Eiserne Socha aus Kaloianovo. Fig. 2: Eiserne Socha aus Seuthopolis. Fig. 3 a, b : Eiserne Socha aus Seuthopolis (Rekonstruktionszeichnung). (Nach: M. Cicicova, Au sujet du soc thrace, Acta Musci Apulensis — Apulum VII i , 1968, S. I2i, Abb. 3). 21

22

B. . FaüdyKeaim, Bnnoaejine na Bocnope, MaTepiiHJiH M iiccjieaOBaHHH no apxeojiorHM CCCP 85, 1958, 413. 420; vgl. 3peMcii3oua, Il3BecTiiH na Hapo;;NHH My3eü u KojiapoBrpas r> !96o, S. 13. B. d>. raüdyneeim, PacKonKM MüpiueKUH B 1935—1938 r r . , MaTepnajiii a Hccae^oBaHiia no apxeonorHH CCCP 25, 1952, S. 186; Abb. 95; ders., PacKonmi THpHTaKH H MnpMeiiHH B 1946—1952 rr., ebenda 85, 1958, S. 168; Abb. 20.

192

A b b . 6. G r u n d r i ß der villa rustica v o n M a d a r a (nach C v . D r e m s i z o v a , V i l l a r o m a i n e aux e n v i r o n s de Madara, in: V I e C o n f é r e n c e Internationale d ' É t u d e s Classiques des Pays Socialistes, Co$Hn 1963, S. 113, A b b . 2).

193 1 3

f o r s c h , u . B e r . [Id.

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Weinbaues in Nieder-Mösien während der Römerzeit verdanken wir B. Gerov 2 3 . Danach wurde diese Kelteranlage während des 2. oder 3. Jhs. bei einer der ersten Einfälle der Goten zerstört 24 . Der Weinbau verfiel daraufhin, und die Entwicklung des Getreideanbaues wurde beschleunigt. Man verwandelte den Kelterraum in einen Getreidespeicher, was den Anbau von drei Verstärkungspfeilern gegen den Druck des Kornes erforderlich machte. Dieses Horreum hatte ein zweiflügeliges Tor für die Getreidekarren. Bei den Ausgrabungen wurden hier auch landwirtschaftliche Geräte (Hacken, Schaufeln, Sicheln, eine Pflugschar vom Typ „palesnik" u. a.) gefunden, die für den Ackerbau nötig waren. Der Getreidespeicher (horreum) zeigt, daß zu dem Landgut des Villenbesitzers weite Gebiete gehörten. Die Wirtschaft dieser Zeit war wie in den vorangegangenen Jahrhunderten vom Groß-

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TB ï p a n H H h / ] , a K H H n p e 3 KtcHaTaanTHHHOCT ( I V — V I b.). n p o y m i a n H H h MaTepnajin, E t u r a p c K a Anaj(eMHH Ha H a y M T e

— A p x e o j i o r K i e c K H IlHCTMTyT 1959, S. 1 7 4 H . ; v g l . dens., CeaojiTo H r p a i T B TpaKHH

n p e 3 I V — V b . OTh. e . , HcTopn l iecKH I ï p e r j i e a 1 1 (4), S. 43 ; flpeMcusoea, H3BecTnn Ha Hapoj(HHHMy3eftb K o j i a p o B 28

rpaA 1 , i 9 6 0 , S. 1 6 .

H. Thédenat,

A r t . : Horreum, in:

Ch. Daremberg — E. Saglio,

Dictionnaire des Antiquités grecques et r o m a i n e s ,

Paris o. ]., III 1 , S. 268. — V a r r ò , de re rustica I 5 7 ; v g l . 3peMCH30Ba, H3BecTHH Ha HapoAHHH M y 3 e f l B K o J i a 27 28 29

p o B r p a « 1 , i 9 6 0 , S. 1 6 .

T. IJeanoe, A ô p u T y c , S. 1 6 : ~lpeMcu3oea, HsnecTHH 11a

„Boran". HapoAHHH M y 3 e f l B lvo;tapoiirpa, T ( 1 , i960, S. 1 7 ; v g l .

A. Gnirs,

H i s t o r i s c h e Beispiele

f ü r F o r m e n der antik-römischen V i l l a rustica, J a h r b u c h f ü r A l t e r t u m s k u n d e 2, (Wien) 1908, S. 1 3 1 ; A b b . 4.

B. Aumoiioea,

Hobootkphth oßeKTH ot pHMCKaTa e n o x a b M a j i a p a , H3BecTHH Ha Hapo^HMH M y 3 e ü b K o j i a p o B r p a a

2, 1 9 6 3 , S. 23 — 28. 30

31

E b e n d a , S. 47.

B. Cy.unoe, EflHa

„BHJia p y c T H K a " (Villa Rustica) Kpafi c. ITpHCOBO, Be.miKOTi>pHOBCKH OKpi>r, H:mocTiin n a

H a p c a m i H M y a e ü b Bc:ihko T'bpHOBO 2, 1964, S. 49.

195 13*

Sensenschärfen benutzt wurde, daneben viele Knochen von Haustieren, Wildschweinzähne und Geweihstücke. Aus den archäologischen Funden kann man schließen, daß es sich bei dieser Anlage um eine Villa rustica aus der Zeit der römischen Herrschaft, genauer aus dem Ende des 2. bis zur Mitte des 3. Jhs. handelt. Sie gehört zu dem Typ der Peristyl-Villen mit einem Innenhof, der von allen Seiten mit Kolonnaden und Räumen umgeben ist, so wie sie in Italien, Nordafrika und Frankreich anzutreffen sind 32 . Sie ähnelt durchaus anderen Villen, die in Bulgarien 33 freigelegt wurden, aber sie gehörte nicht einem reichen, sondern einem mittleren Grundbesitzer, vielleicht, wie Sultov annimmt, einem römischen Kolonisten, Veteranen oder Thraker, der ökonomisch aufgestiegen war. Die bei den Ausgrabungen gefundenen landwirtschaftlichen Geräte, wie Sicheln, Pflugschare u. a., weisen darauf hin, daß der Haupterwerbszweig der Einwohner dieser römischen Villa die Landwirtschaft war. Sie wurde zur Zeit der großen gotischen Einfälle in unser Land niedergebrannt. Die vorangehenden Ausführungen zeigen, daß die bulgarische Archäologie im Bereich der Agraruntersuchungen in letzter Zeit für die Epoche der römischen Herrschaft große Ergebnisse zu verzeichnen hat. Trotzdem müssen wir aber hervorheben, daß die bis jetzt freigelegten landwirtschaftlichen Gebäude in den römischen Villen und Städten Bulgariens und die dort gefundenen landwirtschaftlichen Geräte noch nicht ausreichen, um die Probleme zu lösen, die die Agrararchitektur und die Ethnologie besonders für die Landwirtschaft und Viehzucht in der Zeit der römischen Herrschaft in diesem Gebiet stellen. Es ist notwendig, zusätzliche Ausgrabungen auf denselben Objekten durchzuführen, um weitere Unterlagen für die Erforschung der architektonischen Details und insbesondere der landwirtschaftlichen Eisengeräte wie der Holzpflüge zu sammeln und damit zu einem guten Überblick über die Agrartechnik zu gelangen. Aber um diese Probleme besser zu lösen und keine Fehler bei der genaueren Funktionsbestimmung der bei den Ausgrabungen gefundenen landwirtschaftlichen Geräte zu begehen, sollten die Arbeiten in diesen oder in anderen Gebieten in enger Zusammenarbeit mit Ethnologen, die auf Agrarprobleme spezialisiert sind, durchgeführt werden. 32

33

Ebenda, S. 59; vgl. JfpeMcu3oea, I I 3 B E C T H H Ha HapoAHHH My3eit B KojiapoBrpas 1, i960, S. 47; Bceoßman H C T O pHH ApxHTeKTypbi I 2, MocKBa, S . 2 J 4 F . ; B. Bejinoe, KT>M Btnpoca 3a arpapmiTe OTHOiueHHH B M H S H H npe3 I I B . Ha H. e., ApxeoJiornH 4 (1), 1962, S. 31 — 34. Cyjimoe, H3BecTHH Ha H A P O N H H H My3eö B BejiHKO T I P H O B O 2, 1964, S. 59ff.

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G A L E N Ü B E R D I E V E R E I N S A M U N G D E S M E N S C H E N IN D E R G R O S S S T A D T Gotthard Strohmaier

Es gehört zu den Leistungen der römischen Architekten, daß sie innerhalb der Mauern ihrer Stadt eine wesentlich größere Menschenmenge untergebracht haben, als es der Bevölkerungsdichte unserer heutigen Großstädte entspricht. Zwar lebten die Armen dicht zusammengepfercht in ihren Wohnungen beieinander, zugleich steht aber auch fest, daß die Höhe der Mietskasernen zum Teil beträchtlich gewesen sein muß. Da die oberen Stockwerke nur in leichtem Fachwerkbau aufgeführt waren, kam es häufig zu Einstürzen. Einige Kaiser suchten daher eine Maximalhöhe festzusetzen, aber die Wohnungsnot auf der einen und die Profitgier der Hausbesitzer auf der anderen Seite werden dafür gesorgt haben, daß alle diese wohlgemeinten Gesetze nicht immer ernst genommen wurden. Jedenfalls sind in der Kaiserzeit Wohnhäuser von 30 m Höhe nichts Ungewöhnliches gewesen 1 . Interessant ist die Frage, wie der antike Mensch auf dieses Zusammengedrängtsein mit seinen Artgenossen reagierte, wie sich das Zusammenleben in den Wohnkomplexen gestaltete. Leider geben uns die Quellen kaum Anhaltspunkte für ihre Beantwortung. Robert Pöhlmann, welcher der Übervölkerung der antiken Großstädte eine breit angelegte Studie gewidmet hat, kommt zu der folgenden resignierten Feststellung: „ E s wäre eine schöne Aufgabe, die Einwirkungen der grossstädtischen Wohnungsnoth auf die ethischen, socialen, ökonomischen Zustände der Bevölkerung des Näheren zu verfolgen. Allein der Literatur, die uns hier, da die monumentalen Quellen versagen, allein Aufschluss gewähren könnte, der Geschichtsschreibung insbesondere mit ihrem einseitigen Interesse für die Haupt- und Staatsactionen, für die Persönlichkeiten und das Spiel um den Thron der Cäsaren lagen derartige Probleme viel zu ferne, als dass sie . . . irgend brauchbare directe Beobachtungen über diese bedeutungsvolle Culturfrage hinterlassen hätte." 2 Seit einigen Jahren ist nun eine aufschlußreiche Bemerkung des Arztes Galen über die sozialpsychologische Seite der Wohnverhältnisse in der Stadt Rom zugänglich. Sie findet sich allerdings an einem Ort, an dem ein Althistoriker kaum Auskunft suchen würde, nämlich in einem Katalog arabischer medizinischer Handschriften, die in türkischen Kleinstädten aufbewahrt werden3. Was Galen, der in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. in Rom praktizierte, zum vorliegenden Thema zu sagen hat, ist einigermaßen deprimierend: „In Rom gibt es eine Besonderheit4, die sich in den anderen Städten nicht findet. Wenn hier einer gestorben ist, so wissen nicht einmal die Nachbarn, geschweige denn andere, wie er gestorben ist und welcher Arzt ihn zuletzt behandelt hat. Die Ursache dafür liegt in der Größe der Stadt

1

2

3

4

Siehe dazu zuletzt A. Wotschit^ky, Hochhäuser im antiken Rom, in: Natalicium Carolo Jax septuagenario, hg. von R. Muth, Teil 1 , Innsbruck 1955, S. 1 5 1 —158. Die Übervölkerung der antiken Großstädte im Zusammenhange mit der Gesamtentwicklung städtischer Civilisation, Leipzig 1884 (Nachdr. Leipzig 1967), S. 1 1 3 . — Vgl. jetzt B. Fehr, in: Grenzen der Menschheit, Göttingen 1973, S. 106ff. (freundl. Hinweis v. G. Heres). A. Dietrich, Mcdicinalia Arabica, Göttingen 1966 (Abhandlungen der Akademie d. Wiss. in Göttingen, phil.-hist. Kl., 3. Folge, Nr. 66), S. 193, 8 — 10. Lies häss statt fyälis.

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und der Menge ihrer Bewohner und in der Gier, mit der sich diese dem Gelderwerb und dem Streben nach Rang und Würden hingeben." Wenn der Autor als Grund für die Kontaktlosigkeit des Stadtrömers zunächst die Größe der Stadt und ihre Einwohnerzahl namhaft macht, so ist dem unbedingt zuzustimmen, dies entspricht auch unserer eigenen Erfahrung. Auf einem Dorf oder in der Straße einer Kleinstadt kennt jeder jeden, in einer Großstadt dagegen kennen sich manchmal selbst Etagennachbarn nur flüchtig, obwohl sie jahrelang nebeneinander wohnen. Für die römischen Verhältnisse kommt hinzu, daß man sich infolge der schlechten Wohnbedingungen viel außerhalb des Hauses aufhielt, wozu die Parks, die Garküchen, die Bäder und die Zirkusspiele reichlich Gelegenheit boten. Außerdem scheint man häufiger umgezogen zu sein, als es heutiger Gewohnheit entspricht. Dafür gab es einen bestimmten Tag im Jahr, den i. Juli 5 , was technisch durchaus durchzuführen war, denn der durchschnittliche Bürger besaß nur wenig Möbel. Nun führt Galen noch einen weiteren Grund für die Vereinsamung des Menschen in der großen Stadt an, nämlich den Erwerbssinn und das Streben nach Rang und Würden. Hier wird man freilich einwenden müssen, daß diese Eigenschaften in einer Kleinstadt sicherlich nicht minder ausgeprägt waren. Dafür führt aber die Bemerkung des Autors auf eine soziologische Überlegung: An welche Schichten der Bevölkerung denkt er, an die oberen oder mehr an die unteren, die in den Mietskasernen mit den billigeren Wohnungen in den höheren Stockwerken vorliebnehmen mußten? Auf die letzteren mag die Geldgier ebenso zutreffen wie für die reichen und angesehenen Bevölkerungsgruppen, nicht aber das Streben nach Rang und Würden. Dazu stimmt, was wir sonst über den Kreis der Patienten und Bekannten Galens wissen. Zwar rühmt er sich, auch mittellose Leute umsonst behandelt zu haben6, im allgemeinen aber erstreckt sich seine Tätigkeit auf die oberen und obersten Gesellschaftsschichten, bis hin zum Kaiserhof 7 . In diesem Zusammenhang ist die Tatsache von Bedeutung, daß auch von den Angehörigen der Nobilität längst nicht jeder ein Haus idomus) im alten Stil sein eigen nannte, sondern sich mit einer Mietwohnung begnügen mußte, die dann freilich seinem Stand entsprechend eingerichtet war. A m Schluß seien noch einige Bemerkungen über die Quelle angeführt, aus der das besprochene Zitat entnommen ist. Der Titel der Schrift lautet: „Über die Prüfung des vortrefflichen Arztes"; in ihr geht es um die Kriterien, mit denen ein Laie einen guten von einem weniger guten Arzt unterscheiden kann. Der griechische Originaltext der Schrift muß als verloren gelten, dafür gibt es eine arabische Übersetzung, die im neunten Jahrhundert n. Chr. in Bagdad angefertigt wurde, und zwar durch den namhaftesten arabischen Übersetzer aus dem Griechischen, Hunain ibn Ishäq 8 . Erhalten ist sie, soweit bekannt, in zwei Handschriften, davon liegt die eine in dem türkischen Bursa (Haraggioglu ii20). Sie wurde von Albert Dietrich anläßlich einer Studienreise untersucht; er gibt in seiner Beschreibung dankenswerterweise längere Auszüge, aus denen auch das eingangs angeführte Zitat stammt. Eine zweite Handschrift befindet sich in der Stadtbibliothek von Alexandria (3813 G), aus der A. Z. Iskandar einige Auszüge mitgeteilt hat9. Einige weitere Bruchstücke, die vor allem über Galens Werdegang Aufschluß geben, finden sich bei dem arabischen Medizinhistoriker Ibn ab! Usaibi'a (gest. 1270) 10 . Von einer Edition der ganzen Schrift dürften noch weitere Informationen zur Kulturgeschichte der römischen Kaiserzeit zu erwarten sein 11 . 5

Vgl. Martial, Epigr. 12, 32; Petronius, c. 38; Srnton, Tib. 35; Cicero, ep. ad Quint, fratr. 2, 3, 7 und cp. ad fam. 13, 2; CIL I V 138. 6 Siehe den Auszug aus der verlorenen Schrift „Daß die guten Menschen von ihren Feinden Nutzen haben" bei Ibn abi Usaibi'a, 'Uyünu l-atibä' fi tabaqäti l-atibbä\ hg. von A. Müller, Kairo 1882, Bd. 1, S. 86,32 — 87,8 (Übersetzung bei M. Meyerhof, Autobiographische Bruchstücke Galens aus arabischen Quellen, Archiv für Geschichtc der Medizin 22, 1929, S. 84). ' Vgl. J.Ilberg, Aus Galens Praxis, Neue Jahrbücher für das klassische Altertum 15, 1905, S. 286 — 292. 296 — 307. 8 Siehe Ilunain ibn Ishäq, Uber die syrischen und arabischen Galen-Ubersetzungen, hg. von G. Bergsträßer, Leipzig 1925 (Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes 17, 2), Nr. 1 1 2 . — Bergsträßers apodiktisch vorgetragenes Urteil gegen die Urheberschaft Hunains (Hunain ibn Ishäk und seine Schule, Leiden 1 9 1 3 , S. 61—63) stützt sich auf zu wenig Material, um als zwingend angesehen werden zu können. 9 Galen and Rhazcs on examining physicians, Bulletin of the History of Medicine 36, 1962, S. 362 — 365. 10 Bd. 1, S. 80,6 — 81,32; 85,18—86,52; Bd. 2, S. 249,IT —17 (vgl. Meyerhof, S. 75 — 82). 11 Vgl. die Rezension des Vf. zu Dietrich, op. cit., Oricntalistische Literaturzeitung 64, 1969, Sp. 476L

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R Ö M I S C H E B A U W E R K E IN J E A N PAULS „ T I T A N " Gerald Heres

Goethes „Italienische Reise" gehört zu unseren vertrauten Büchern. Gern begleiten wir den Dichter und Forscher auf seinen vielfältigen Wegen. Mit Bewunderung sehen wir ihn vor den Bauwerken Roms und vor den Ruinen Paestums, verfolgen wir seine Lektüre Palladios und Vitruvs, spüren wir den Wirkungen des Italienaufenthalts im späteren Werk nach. „Lernen und sich ausbilden", sagt er, sei das Ziel seiner Reise gewesen, also Weitung des Blickfeldes und Steigerung der Persönlichkeit. Wenn Goethe spät in vertrautem Gespräch zum Kanzler Müller sagt, seitdem er über den Ponte Molle heimwärts gefahren sei, habe er keinen glücklichen Tag mehr gehabt, so können wir die Tragik der von Müller wahrgenommenen „tiefen Rührung" ahnen. Jean Paul, der Verfasser des „Titan", jenes bedeutsamen Lebensbuches unserer Klassik, ist niemals in Italien gewesen. Nicht nur Enge und Dürftigkeit seiner äußeren Existenz sind dafür verantwortlich zu machen, sondern auch, und wohl vor allem, die besonderen Bedingungen seines Schaffens. „Bitteres braunes Bier" etwa, das ihn nach Bayreuth zog und das er schon in Dresden vermißte, hätte er in Rom vielleicht nicht gefunden. Doch der „Titan", der Jean Pauls Begegnung mit den Dresdener Antiken wesentliche Impulse verdankt und in Goethes Nähe, in befruchtender Weimarer Luft gewachsen ist, enthält Schilderungen südlicher Landschaft, südlichen Menschtums und südlicher Kunst, die uns erstaunen lassen. Jean Paul hat behauptet, jeder Mensch sei mit seinem Süden oder Norden geboren, ganz gleich, ob dazu noch in einem Süden oder Norden. Für den großen Schöpfer, der er selber war, trifft das wohl zu. Der das deutsche Philisterium und das Schranzentum der kleinen Höfe zu schildern wußte, konnte ein einziges Mal auch die Weite der Campagna, die Herrlichkeit Roms und die Farbenpracht der Borromäischen Inseln darstellen1. Goethe hat sich der Baukunst Roms mit großem Eifer gewidmet, hat die Ruinen besucht und sie gezeichnet, hat ein umfangreiches Schrifttum verarbeitet. Mit Aloys Hirt, dem Erforscher der antiken Architektur, war er gut bekannt. Jean Paul dagegen wird römische Bauwerke nur aus Blättern Vasis oder Piranesis sowie aus populären Stichwerken kennengelernt haben, etwa Barbaults „Denkmäler des alten Roms oder Sammlung der vornehmsten noch in Rom vorhandenen Althertümer". Dies handliche Buch ist 1760 in Paris, dann in zwei deutschen Ausgaben 1767 und 1803 erschienen. Der vierte Band des „Titan" war 1802 in Meiningen vollendet worden. Das Geschehen des Romans 1

D e r Text gibt ein Referat wieder, das am 18. Dezember 1969 anläßlich einer v o n der Akademie der Wissenschaften veranstalteten Fachtagung über „ P r o b l e m e der antiken A r c h i t e k t u r " gehalten wurde. D a die geplante Publikation der Referate nicht zustande kam, kann er leider erst nach fast einem Jahrzehnt vorgelegt werden. D e r Verfasser würde heute andere Aspekte und Formulierungen bevorzugen. D o c h es mag deutlich werden, daß es nicht einer modischen „ J e a n - P a u l - W e l l e " bedurfte, um zur Beschäftigung mit dem Werk des Dichters anzuregen. Die A u s f ü h r u n g e n im Kultursaal der Staatlichen Museen zu Berlin wurden damals v o n Lichtbildern nach Barbault begleitet. Inzwischen ist durch die v o n Renate K r o l l erarbeitete Piranesi-Ausstellung des Berliner Kupferstichkabinetts ( 1 9 7 1 ) das Werk des genialen Vcdutenstechcrs bekannter geworden, an dessen Blätter J e a n Pauls Beschreibungen mitunter erinnern. Deshalb wurden f ü r die Illustration des vorliegenden Beitrages einige auf den Text bezügliche Blätter Piranesis ausgewählt (sämtlich im Besitz der Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett; f ü r freundliche Unterstützung sei R . K r o l l gedankt).

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hatte seinen Schöpfer so mitgerissen, daß Jean Paul jetzt auf die Abschweifungen und komischen Anhänge verzichtet und sich ganz auf die große Handlung konzentriert. Albano, der herrliche Jüngling, der sich erst ganz am Ende der kunstvoll verschlungenen Komposition als ein vor den Tücken des Hofes verborgener Fürstensohn erkennt, war nach dem Tode seiner Geliebten in schwere Krankheit gefallen. Kaum genesen, besteigt er den Wagen, der ihn nach Rom bringen soll. Er reist mit seinem (vermeintlichen) Vater Gaspard im Gefolge der Fürstin von Hohenfließ. Dies Fürstentum, merkt Jean Paul an, sei den Deutschen so gut wie unbekannt. Natürlich ist es eine der witzigen Erfindungen des Dichters.

Abb. i. Giovanni Battista Piranesi: Piazza del Campidoglio, 1775.

Also eine zu jener Zeit durchaus übliche Bildungsreise. Aber Jean Paul macht etwas anderes daraus. Die Fahrt beginnt Albano wundersam zu wandeln. Als endlich nach schneller Durchquerung der Campagna die Kuppel der Peterskirche sichtbar wird, läßt Gaspard anhalten und weist auf die Stadt: „Ecco Roma!" Ein plötzliches Erdbeben verstärkt den Eindruck. In Regen und Finsternis rollen die Karossen über die Via Flaminia. Als sie die Porta del Popolo erreichen, schimmert von der Piazza im Mondenschein der Obelisk. Die Straßen sind dunkel. Der Palazzo, in dem die Gesellschaft sich einquartiert, liegt unmittelbar am Campo vaccino. Albano sieht die Treppen des Campidoglio in der Ferne und den Umriß des Coliseo. Bei Tafel kommt das Gespräch auf die eben in Frankreich ausgebrochene Revolution, die Albano lebhaft begrüßt. Die Fürstin, von diesem Gesprächsstoff natürlich peinlich berührt, „lenkt den Strom des Gesprächs auf Roms hohe Kunst". Albano schweigt, in Jean Pauls Sprache: Er opfert den unterirdischen Göttern der Vergangenheit „nach alter Sitte, nämlich mit Schweigen. Albano glaubte, so nah am Forum geb' es keinen Scherz und jedes Wort müsse groß sein in dieser Stadt". Da hält es ihn nicht länger; „zürnend und schmachtend" verläßt er die Gesellschaft und eilt aufs Forum. 200

Die Schilderung des nächtlichen Campo muß vollständig wiedergegeben werden: „Welch eine öde, weite Ebene, hoch von Ruinen, Gärten, Tempeln umgeben, mit gestürzten Säulen-Häuptern und mit aufrechten einsamen Säulen und mit Bäumen und einer stummen Wüste bedeckt! Der aufgewühlte Schutt aus dem Aschenkrug der Zeit — und die Scherben einer großen Welt umhergeworfen! Er ging vor drei Tempel-Säulen, die die Erde bis an die Brust hinuntergezogen hatte, vorbei und durch den breiten Triumph-Bogen des Septimius Severus hindurch, rechts standen verbundene Säulen ohne ihren Tempel, links an einer Christen-Kirche die tief in den Bodensatz der Zeit getauchte Säulenreihe eines alten Heidentempels, am Ende der Siegesbogen des Titus, und vor ihm in der öden waldigen

Abb. 2. Giovanni Battista Piranesi: Forum Romanum (Campo vaccino), 1775.

Mitte ein Springwasser in ein Granitbecken sich gießend. Er ging dieser Quelle zu, um die Ebene zu überschauen, aus welcher sonst die Donnermonate der Erde aufzogen, aber wie über eine ausgebrannte Sonne ging er darüber, welche finstere, tote Erden umhängen. O der Mensch, der Mensch-Traum! riefs unaufhörlich um ihn. Er stand an der Granitschale gegen das Coliseo gekehrt, dessen Gebirgsrücken hoch im Mondlicht stand, mit den tiefen Klüften, die ihm die Sense der Zeit eingehauen — scharf standen die zerrissenen Bogen von Neros goldenem Hause wie mörderische Hauer darneben. — Der palatinische Berg grünte voll Gärten, und auf zerbrochnen Tempeln nagte der blühende Totenkranz aus Efeu, und noch glühten lebendige Ranunkeln um eingesenkte Kapitäler. — Die Quelle murmelte geschwätzig und ewig, und die Sterne schaueten fest herunter mit unvergänglichen Strahlen auf die stille Wahlstatt, worüber der Winter der Zeit gegangen, ohne einen Frühling nachzuführen — die feurige Weltseele war aufgeflogen und der kalte, zerstückte Riese lag umher, auseinandergerissen waren die Riesen-Speichen des Schwungrads, das einmal der Strom der Zeiten selber trieb. — Und noch dazu goß der Mond sein Licht wie ätzendes Silberwasser auf die nackten Säulen und wollte das Coliseo und die Tempel und alles auflösen in ihre eigene Schatten! —" 201

Die eingangs erwähnten drei Säulen werden von Jean Paul in einer Anmerkung dem Tempel des Iuppiter tonans zugeschrieben; er folgt darin der Lehrmeinung seiner Zeit. In Wirklichkeit gehören sie zum Tempel des Vespasian. Alle Abbildungen zeigen, daß sie fast zu zwei Dritteln verschüttet waren, in Jean Pauls Sprache: Die Erde hatte sie bis an die Brust hinuntergezogen. Auch die Triumphbögen präsentierten sich nicht im heute gewohnten Zustand. Damals war es noch möglich, daß Poussin, in der Arbeit unterbrochen mit der Frage, was ihm in Rom am meisten gefalle, eine Hand in den Boden grub und antwortete: diese römische Erde. In zementierten und beschrifteten Ausgrabungen sind freilich weder Poussin noch Albano denkbar. Man würde ihnen den Zutritt ohnehin wegen Einsturzgefahr der Ruinen infolge von Luftvergiftung verbieten. Doch kehren wir zur Handlung zurück. Albano ist vom Anblick der Ruinen tief erschüttert und wünscht, aus der armen Gegenwart den Toten dieser „Gräber-Welt" nachzufolgen; weil er aber keine große Tat vollbracht habe, sei er dessen nicht würdig. In solchen Gedanken die Via sacra entlanggehend, trifft er seinen Lehrer und Freund Dian, der, als Landbaumeister von Hohenfließ und Kunstsachverständiger des Fürsten, zu seiner Ausbildung schon längere Zeit in Rom weilt. Daß Albano ihm hier begegnet, ist ein Kunstgriff des Dichters, der aus der Anlage des Romans selbstverständlich folgt — denn in Pestitz, der Residenz von Hohenfließ, war der Grieche Dian kaum mehr als ein Gegenstück zu Goethes „Chinesen in Rom". Albano erinnert sich als treuer Schüler an alles, was er vom alten Magister in Blumenbühl und von Dian aus der römischen Topographie gelernt hat, und beginnt rührend naiv einzelne Bauwerke aufzuzählen; Dian bricht bald ab und geht zu Persönlichem über, begreiflich nach langer Trennung von Familie und Freund. So wandeln sie redend zwischen Titus- und Severusbogen auf und ab und steigen schließlich über „Schutt und Säulentorsos" schweigend dahin. In den nächsten Tagen wird mit der planmäßigen Besichtigung Roms begonnen. Der kluge Gaspard zeigt dem leicht entflammten Sohn nicht gleich antike Bauten, sondern führt ihn zuerst in die Peterskirche (wo Albano sagt, nur in der Baukunst stehe das Erhabene nicht in, sondern vor der Seele), dann aber zur Rotonda. „Wie einfach und groß tut sich die Halle auf! Acht gelbe Säulen tragen ihre Stirn, und majestätisch wie das Haupt des Iuppiter wölbt sich sein Tempel". Beim Anblick der Kuppel ruft Albano aus: „O der Niedrigen, die uns neue Tempel geben wollen! Hebt die alten aus dem Schutte höher, so habt ihr genug gebauet". Eine Anmerkung kommentiert ernüchternd: „Die PantheonsHalle scheint zu niedrig, weil einen Teil ihrer Stufen der Schutt verbirgt". Doch Albano zieht dem wuchtigen antiken Bau die größere und feiner gegliederte Peterskirche vor, was Gaspard billigt mit der Bemerkung, der Jüngling empfinde überall das Erhabene besser als das Schöne. Einer der Hofleute, Kunstrat Fraischdörfer, wohl eine Karikatur von Goethes Kunst-Meyer, spottet angesichts des Pantheons über die „Berninischen Türmlein" der Neueren, was Dian, obwohl sicher kein besonderer Freund des Barock, als Künstler verdrießt; dafür seien die Neueren unstreitig in der Kritik stärker, merkt er bissig an. Jemand findet die korinthischen Säulen nicht schlank genug. Als dann Fraischdörfer einen anzüglichen Scherz macht, über den Gaspard immerhin lacht, tritt Albano „unwillig zur Fürstin". Diese hat bisher schweigend geschaut und vergleicht nun das Pantheon mit Sophokles, die Peterskirche mit Shakespeare; Albano meint, Sophokles stecke auch in Shakespeare, aber dieser nicht in jenem. Als dann die Sonne das Gewölbe mit Glanz erfüllt und die Porphyrplatten des Bodens aufleuchten läßt, sagt Albano überwältigt zur Fürstin: „Sophokles!" Das Coliseo wird an einem mondhellen Abend bei Fackelschein besucht. Nur Gaspard und die Fürstin begleiten Albano: „Sie gingen über das Forum auf der via sacra zum Coliseo, dessen hohe zerspaltene Stirn unter dem Mondlicht bleich herniederschauete. Sie standen vor den grauen Felsenwänden, die sich auf vier Säulenreihen übereinander hinaufbaueten, und die Flammen schössen hinauf in die Bogen der Arkaden, hoch oben das grüne Gesträuch vergüldend; und tief in die Erde hatte sich das schöne Ungeheuer schon mit seinen Füßen eingegraben. Sie traten hinein und stiegen am Gebirge voll Felsenstücke von einem Sitze der Zuschauer zum andern; Gaspard wagte sich nicht zum sechsten oder höchsten, wo sonst die Männer standen, aber Albano und die Fürstin. Da schauete dieser über die Klippen auf den runden, grünenden Krater des ausgebrannten Vulkans herunter, der einst auf einmal neuntausend Tiere verschlang und der sich mit Menschenblut löschte — der Flammen2 02

A b b . 3. G i o v a n n i Battista P i r a n c s i : P a n t h e o n ( R o t o n d a ) ,

1761.

A b b . 4. G i o v a n n i Battista P i r a n e s i : A m p h i t h e a t r u m F l a v i u m ( C o l i s c o ) , 1 7 7 6 .

schein fuhr in das Geklüft und ins Geniste des Efeus und Lorbeers und unter die großen Schatten des Mondes, die wie Abgeschiedne sich in den Höhlen aufhielten — in Süden, wo die Ströme der Jahrhunderte und Barbaren hereingedrungen waren, standen einzelne Säulen und geschleifte Arkaden — Tempel und drei Paläste hatte der Riese mit seinen Gliedern genährt und gefüttert und noch schauete er lebendig mit seinen Wunden in die Welt. — ... Die Fürstin ging weg, um einen Lorbeerzweig und blühenden Güldenlack 2u brechen. Albano versank ins Sinnen — der Herbstwind der Vergangenheit ging über die Stoppeln — auf dieser heiligen Höhe sah er die Sternbilder, Roms grüne Berge, die schimmernde Stadt, die Cestius-Pyramide, aber alles wurde zur Vergangenheit, und auf den zwölf Hügeln wohnten, wie auf Gräbern, die alten, hohen Geister und sahen streng in die Zeit, als wären sie noch ihre Könige und Richter. ,Zum Andenken der Stelle und der Zeit!' sagte die Fürstin, ihm den Lorbeer und die Blume gebend. — ,Du Gewaltige, ein Coliseo ist dein Blumentopf, dir ist ja nichts zu groß und nichts zu klein!' sagte er und brachte die Fürstin in einige Verwirrung, bis sie merkte, daß er die Natur meine. Sein ganzes Wesen schien neu und schmerzlich bewegt und wie fern entrückt — er sah nach dem Vater hinab und suchte ihn auf — ei blickte ihn scharf an und drückte heftig seine Hand und sprach diesen Abend über nichts mehr". Unter Gaspards wachenden Augen besieht Albano den Vatikanischen Apoll und andere antike Statuen, dann die Malereien Raffaels und Michelangelos. Aber immer wieder besucht er Forum, Coliseo, Campidoglio — meist nachts und allein. „ E i n tief eingesenkter Ernst waltet' auf der hohen Stirn und durch das Auge brannte ein düsterer Geist". Er spricht nicht mehr, aber seinem fernen Freund Schoppe schreibt er: „Ich bin verändert bis ins Innerste hinab von einer hineingreifenden Riesenhand", und anschließend: „Wie in Rom, im wirklichen Rom ein Mensch nur genießen und vor dem Feuer der Kunst weich zerschmelzen könne, anstatt sich schamrot aufzumachen und nach Kräften und Taten zu ringen, das begreif' ich nicht". Albano sieht nur eine Möglichkeit, große Taten zu vollbringen: Er will sich in den Dienst der französischen Revolution stellen. Heimlich übt er sich mit einem jungen Korsen in der Waffenkunst. Was Schoppe auf Albanos Brief antwortet und weshalb Albano den Plan, nach Frankreich zu gehen, dann doch aufgeben muß, gehört nicht hierher. Fragen wir abschließend, welche Bedeutung Rom für Jean Pauls Werk hat, so ist eines sicher: Ihn interessieren im Grunde weder ästhetische noch wissenschaftliche Probleme. Eine passiv-ästhetisierende Betrachtungsweise liegt ihm ebenso fern wie die des Kunstrichters. Wichtig sind ihm allein Ethos und fruchtbare Wirkung. Seine Fixlein und Wuz, Katzenberger und Hacencoppen brauchte Jean Paul nicht nach Italien reisen zu lassen; ihr Schicksal erfüllte sich in der philiströsen Enge deutscher Städte, die der Dichter mit quälender Eindringlichkeit zu schildern weiß. Schon anders steht es um den weitgereisten Schoppe, den tragischen Humoristen, der an der Enge zerbricht und dessen schaurigen Untergang wir erleben. Albano braucht zu seiner vollen Entfaltung die lichte Weite des Südens, und nicht zufällig ist er in Italien geboren, nicht zufällig begegnet ihm der Leser, noch bevor er seine deutsche Heimat kennenlernt, am Lago maggiore. In Pestitz hatte Albano gelernt, was es für ihn dort zu lernen gab; Leidenschaften hatten ihn aufgewühlt. Da gab nur ein jäher Wechsel Rettung und Lösung — und für diesen Wechsel bot sich einzig Italien an. Dabei lockte nicht die „klare Linie", sondern Farbe und Fülle. Jean Paul sieht Coliseo, Rotonda und Campo nicht als Objekte historischen oder ästhetischen Studiums, sondern als Orte großen Lebens, das noch in die als arm empfundene Gegenwart hereinragt. Die Bauten sind ihm aber auch nicht Kulissen einer Handlung, sondern notwendige geistige Sphäre, in der sich das Leben seiner Helden steigern kann. Eine gewisse Ruinen-Sentimentalität, die in den Beschreibungen aufklingt, erinnert an die Stimmung piranesischer Stiche. In Pestitz oder Blumenbühl hätte Albano die Nachricht der revolutionären Erhebung in Frankreich kaum erreicht und berührt — in Rom, angesichts der Ruinen, begeistert sie ihn, nur hier vermag sich sein Tatendurst zu verdichten. So schafft Jean Paul, ein Baumeister der Sprache, der von sich bekannte: „Alles bei mir ist Tönen, nicht Schauen", sein Rom als dichterisches Bild der Größe und der Freiheit, als eine Stätte der Leiden und der Leidenschaften seiner Menschen, wie er sie so überzeugend sonst nicht gefunden hätte. 204

Gewiß hat der Dichter topographische Handbücher benutzt, ja seiner alten Neigung, gelehrte Exzerpte in Anmerkungen zu präsentieren, kann er auch im „Titan" nicht entsagen. Vielleicht gelingt es der Jean-Paul-Philologie sogar, benutzte Bücher namhaft zu machen — Wesentliches dürfte aus dieser Kenntnis nicht zu gewinnen sein. Jean Paul gibt das Beispiel einer dichterischen Rezeption antiker Baukunst ohne reales Schauen. So ist seine Auffassungs- und Gestaltungsweise derjenigen Goethes direkt entgegengesetzt, aber wahrlich nicht geringer. Seltsamer Chiasmus: Goethe in Rom ist uns vertraut, Jean Paul dort kaum denkbar — Albano gehört zu Rom, während man sich Wilhelm Meister dort schwer vorstellen kann. So kreuzen sich die Geschicke der Schöpfer und ihrer Gestalten. Fotonachvveis: Abb. 1—4 Staatliche Museen zu Berlin.

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VORDERASIATISCHES Im Berichtszeitraum 1973/75 konnten die wissenschaftlichen Forschungsarbeiten erfolgreich weitergeführt werden. Dabei gelang es, eine Reihe von Stempelsiegeln auf Tonplomben von Toprak-kale (Van) wie auch verschiedene Fragmente von Kleinfunden von ebenda näher zu bestimmen. Außerdem vermochte man wertvolle Erkenntnisse bei der Durchsicht der Steinfunde aus Assur zu gewinnen insofern, als es u. a. gelang, eine fragmentarisch erhaltene Korbträgerfigur (Kanephore) aus Stein eindeutig zu identifizieren — ein Unikat! Auf dem Gebiete der Keilschriftforschung wurde am hethitischen Thesaurus zielstrebig weitergearbeitet, außerdem wurden die Arbeiten am Manuskript des 4. Bandes der „Vorderasiatischen Schriftdenkmäler" (NF) in Angriff genommen. Darüber hinaus waren die Mitarbeiter an der Konzipierung verschiedener Aufsätze für das „Lexikon früher Kulturen" tätig. Wie bisher erfolgte laufend eine genaue Überprüfung bzw. Ergänzung sämtlicher Inventare und Fach- bzw. Sachkataloge; dasselbe galt für alle der vorhandenen Karteien. Bei der Restaurierung und Konservierung standen die Bearbeitungen der Tontafeln, Bronzen und Bleifiguren im Vordergrund; außerdem unternahmen wir den Versuch, mit der Sortierung der Unmasse von Fragmenten der Teil Halaf-Skulpturen zu beginnen. Folgende Publikationen sind erschienen: L. Jakob-Rost und H. Freydank, Spätbabylonische Rechtsurkunden aus Babylon mit aramäischen Beischriften. Forschungen und Berichte, Bd. 14, Berlin 1972, S. 7ff., (Erschienen I

973);

L. Jakob-Rost, Das Ritual der Malli aus Arzawa. Texte der Hethiter 2, Heidelberg 1972 (Erschienen 1973); dies., Zu LÚtazelli. Altorientalische Forschungen, Bd. I, Berlin 1974. S. 365!. E. Klengel, Eine Schreibtafel aus Assur. Altorientalische Forschungen, Bd. III, Berlin 1975, S. 169 f f . ; G . R. Meyer, Was uralte Denkmäler erzählen. Siebente erw. Aufl., Berlin 1975; T. R . Mewep, 0 nein n o B e c T B y i o T n p e B H H e n a M HTHHKH, E e p J I H H

1975;

MUSEUM

1973-1975

G . R. Meyer, Witnisses of Antiquity. Sixth Edition, Berlin 1975; ders., O czym möwia pradawne zabytki kulturalne, Berlin 1975; ders., O cem vypräveji pamätky staroveku, Berlin 1975; L. Jakob-Rost, Die Entzifferung der Keilschrift, Berlin 1975; dies., Die Stempelsiegel im Vorderasiatischen Museum, Berlin 1975. Wie auch in den Jahren zuvor, hielten die Wissenschaftler und Restauratoren der Sammlung diverse Vorträge im Hause, bei gesellschaftlichen Organisationen und Einrichtungen sowie in Betrieben. Am 5 . 1 2 . 1974 sprach E. Klengel im Kulturzentrum der D D R in Damaskus über altorientalische Kunst, während G . R. Meyer am 14. 9. 1975 vor den Teilnehmern der Tagung des Internationalen Komitees des I C O M für Museen der Archäologie und Geschichte in Berlin/DDR über den Aufbau und die kulturelle Bedeutung des Vorderasiatischen Museums berichtete. Das Vorderasiatische Museum entwickelte in den vergangenen drei Jahren eine besonders intensive Ausstellungstätigkeit. Es wurden gezeigt in: Bitterfeld (20. 10. 1972—15. 1. 1973) „Alte Kulturen am Euphrat und Tigris"; Tokyo und Kyoto (3. 4. 1973 — 15. 7. 1973) „ E r lesene Meisterwerke altorientalischer und altgriechischer Kunst aus dem Pergamon-Museum zu Berlin - D D R " in Zusammenarbeit mit der Antiken-Sammlung; Göteborg (18. 3. 1973 — 20. 5. 1973) „Götter und Menschen am N i l " , Gemeinschaftsausstellung mit dem Ägyptischen Museum; Helsinki (5. 10. 1973 — 18. 1 1 . 1973) ebenfalls Gemeinschaftsausstellung mit dem Ägyptischen Museum; Stendal (7. 12. 1974—10. 2. 1975) „Babylon und seine Welt"; Göttingen/Hannover (4. 5. 1975—20. 10. 1975) „Die Welt des Alten Orients"; Rostock (21. 12. 1975—4. 4. 1976) „7000 Jahre Kunst und Kultur am Euphrat und Tigris". Aus Wissenschaft, Kultur und Politik durften wir wieder eine große Anzahl prominenter 209

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Forsch, u. Der. Bd. 18

Persönlichkeiten als unsere Besucher willkommen heißen, so u. a. : I. Torda, Stellv. des Ministers für Außenhandel der Ungarischen Volksrepublik (19. 3. 1973); Abdul Salaam an Naseri, Iraq (19. 3. 1973); Botschafter Freiherr Carl J . R a p p e , Schweden (8.5.1973); Frau Kozija Bijedic, Jugoslawien; Frau Alfce Stoph, Frau Ilse Thiele, D D R (15. 5. 1973); Stellv. des Ministers für Kultur Siegfried Wagner, D D R (30. 7. 1973); Prof. Dr. Gerhard Franz, Österreich (8.8.1973); Prof. Dr. Aleksenko, Stellv. des Vorsitzenden des Staatl. Komitees für Wissenschaft und Technik beim Ministerrat der UdSSR (26. 8. 1973); Anton Jantschew, Stellv. Direktor der Gemälde-Galerie Sofija (29. 8. 1973); Minister Dr. St. Lindberg, V R Polen (4.9.1973); Prof. Jean-Baptiste de Week, Département du Patrimoine Culturel, UNESCO, Frankreich (10. 10. 1973); Prof. Azedine Bechaouch, Directeur de l'Institut National d'Archéologie et de l'Art, Tunesien (10. 10. 1973); Attaché Zaibi Abdelwahad, Botschaft der Republik Tunesien in der D D R (10. 10. 1973); Frau Marianne Macorescu, V R Rumänien (14. 1 1 . 1973); Prof. Dr. A. Parrot und Frau, Frankreich (8. 1. 1974); Präsident der Französ. Nationalversammlung Edgar Faure, Frankreich (11. 1. 1974); Prof. Dr. Litvinskij, Institut für Orient-Forschung, UdSSR (7. 2. 1974); Sergej S. Narowtschatow, Sekretär des Schriftstellerverbandes der UdSSR (27. 9. 1974); Direktor André Burgaud, Association Française d'Action Artistique (1. 10. 1974); Minister Lu' u Hü'uPhuö'e, Republik Südvietnam (11. 1. 1975); Frau Elisabeth Waldheim, Österreich, Frau Mirova-Florin, D D R , Frau Moldt, D D R (9. 2. 1975); Admirai W. Verner, D D R und zwanzig

höchste Offiziere aus der V R Polen (13. 3. 1975); Generalleutnant Kunath, Kommandant von GroßBerlin (15. 4. 1975); Stellv. des Vorsitzenden des Revolutionären Kommandorates der Republik Iraq Saddam Hussein ; Sadoun Ghaidan, Minister für kulturelle Verbindungen der Republik Iraq; Hassan Al-Ameri, Mitglied der regionalen Führung der Arabischen Sozialistischen BaathPartei (10. 5. 1975); Generalmajor A. G. Kotikow, UdSSR (10. 5. 1975); Prof. Dr. Elexej Kotschetow, UdSSR (3. 7. 1975); Minister Dr. Emil Schultheiß, Ungarische V R (15. 8. 1975); Generaldirektor Archipow, UdSSR (3.9. 1975; Dr. Moloshanz, Mitglied des Politbüros der Mongolischen K P (7. 9. 1975); Dr. Gabor Bandy, Ungarische V R ; Prof. Dr. Hans Bernhard, D D R ; Dr. Cornelius Boschma, Niederlande; Dr. Joost Braat, Niederlande; Direktor Gérald Collot, Frankreich; Prof. Dr. Guy Donnay, Belgien; Dr. Zaroslava Drobnä, CSSR; Prof. Dr. Wolfgang Herbst, D D R ; Dr. Arend Hubrecht, Niederlande;. Prof. Dr. Hans-Jörg Kellner, B R D ; Prof. Dr. Adolf Klasens, Niederlande; Prof. Dr. Kazimierz Michalowski, V R Polen; Prof. Dr. Jiri Neustupny, CSSR; Dr. Viktor Nossow, UdSSR; Prof. Dr. Joseph Philippe, Belgien; Dr. Renate Pirling, B R D ; Prof. Georges Henri Rivière, Ständiger Vertreter des ICOM, Frankreich; Dr. Magdalina Stanceva, V R Bulgarien ; Dr. Max Tauch, B R D ; Direktor Louis Valensi, Frankreich; Dr. Michel Vanderhoeven, Belgien; Prof. Dr. Wasili Verjbitskij, UdSSR (sämtlich am 15. 9. 1975); Dr. H. Witt-Brattström, Schweden (1. 12. 1975); Direktor Malki Mohammed Tayeb, Algerien (2. 12. 1975). G. R. Meyer

ÄGYPTISCHES MUSEUM UND PAPYRUS-SAMMLUNG Seit dem letzten Bericht im 10. Band (1968) konnten fast alle Depotbestände des Ägyptischen Museums und der Papyrus-Sammlung (mit Ausnahme bes. der schweren Kolossalstatuen und der Steinsarkophage) aus der Ruine des Neuen Museums in ausgebaute Magazinräume im Pergamon J und Bode-Museum überführt werden. Bei dieser Umlagerung der nach Tausenden zählenden Kunstwerke, Funde der materiellen Kultur und Handschriften wurden die Revision, Inventarisierung und Re-Inventarisierung fortgeführt

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und für eine große Zahl von Sachgruppen inzwischen abgeschlossen. Auch die Arbeitsräume und die Bibliothek des Ägyptischen Museums erhielten nach zweckmäßigen Einbauten eine befriedigende Gestaltung. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag in der Durchführung von Sonderausstellungen in der D D R und im Ausland, manche davon in einer Größenordnung, die international keine Parallele kennt, sowie in der Neugestaltung der ständigen Ausstellung im Bode-Museum. Anläßlich des

Persönlichkeiten als unsere Besucher willkommen heißen, so u. a. : I. Torda, Stellv. des Ministers für Außenhandel der Ungarischen Volksrepublik (19. 3. 1973); Abdul Salaam an Naseri, Iraq (19. 3. 1973); Botschafter Freiherr Carl J . R a p p e , Schweden (8.5.1973); Frau Kozija Bijedic, Jugoslawien; Frau Alfce Stoph, Frau Ilse Thiele, D D R (15. 5. 1973); Stellv. des Ministers für Kultur Siegfried Wagner, D D R (30. 7. 1973); Prof. Dr. Gerhard Franz, Österreich (8.8.1973); Prof. Dr. Aleksenko, Stellv. des Vorsitzenden des Staatl. Komitees für Wissenschaft und Technik beim Ministerrat der UdSSR (26. 8. 1973); Anton Jantschew, Stellv. Direktor der Gemälde-Galerie Sofija (29. 8. 1973); Minister Dr. St. Lindberg, V R Polen (4.9.1973); Prof. Jean-Baptiste de Week, Département du Patrimoine Culturel, UNESCO, Frankreich (10. 10. 1973); Prof. Azedine Bechaouch, Directeur de l'Institut National d'Archéologie et de l'Art, Tunesien (10. 10. 1973); Attaché Zaibi Abdelwahad, Botschaft der Republik Tunesien in der D D R (10. 10. 1973); Frau Marianne Macorescu, V R Rumänien (14. 1 1 . 1973); Prof. Dr. A. Parrot und Frau, Frankreich (8. 1. 1974); Präsident der Französ. Nationalversammlung Edgar Faure, Frankreich (11. 1. 1974); Prof. Dr. Litvinskij, Institut für Orient-Forschung, UdSSR (7. 2. 1974); Sergej S. Narowtschatow, Sekretär des Schriftstellerverbandes der UdSSR (27. 9. 1974); Direktor André Burgaud, Association Française d'Action Artistique (1. 10. 1974); Minister Lu' u Hü'uPhuö'e, Republik Südvietnam (11. 1. 1975); Frau Elisabeth Waldheim, Österreich, Frau Mirova-Florin, D D R , Frau Moldt, D D R (9. 2. 1975); Admirai W. Verner, D D R und zwanzig

höchste Offiziere aus der V R Polen (13. 3. 1975); Generalleutnant Kunath, Kommandant von GroßBerlin (15. 4. 1975); Stellv. des Vorsitzenden des Revolutionären Kommandorates der Republik Iraq Saddam Hussein ; Sadoun Ghaidan, Minister für kulturelle Verbindungen der Republik Iraq; Hassan Al-Ameri, Mitglied der regionalen Führung der Arabischen Sozialistischen BaathPartei (10. 5. 1975); Generalmajor A. G. Kotikow, UdSSR (10. 5. 1975); Prof. Dr. Elexej Kotschetow, UdSSR (3. 7. 1975); Minister Dr. Emil Schultheiß, Ungarische V R (15. 8. 1975); Generaldirektor Archipow, UdSSR (3.9. 1975; Dr. Moloshanz, Mitglied des Politbüros der Mongolischen K P (7. 9. 1975); Dr. Gabor Bandy, Ungarische V R ; Prof. Dr. Hans Bernhard, D D R ; Dr. Cornelius Boschma, Niederlande; Dr. Joost Braat, Niederlande; Direktor Gérald Collot, Frankreich; Prof. Dr. Guy Donnay, Belgien; Dr. Zaroslava Drobnä, CSSR; Prof. Dr. Wolfgang Herbst, D D R ; Dr. Arend Hubrecht, Niederlande;. Prof. Dr. Hans-Jörg Kellner, B R D ; Prof. Dr. Adolf Klasens, Niederlande; Prof. Dr. Kazimierz Michalowski, V R Polen; Prof. Dr. Jiri Neustupny, CSSR; Dr. Viktor Nossow, UdSSR; Prof. Dr. Joseph Philippe, Belgien; Dr. Renate Pirling, B R D ; Prof. Georges Henri Rivière, Ständiger Vertreter des ICOM, Frankreich; Dr. Magdalina Stanceva, V R Bulgarien ; Dr. Max Tauch, B R D ; Direktor Louis Valensi, Frankreich; Dr. Michel Vanderhoeven, Belgien; Prof. Dr. Wasili Verjbitskij, UdSSR (sämtlich am 15. 9. 1975); Dr. H. Witt-Brattström, Schweden (1. 12. 1975); Direktor Malki Mohammed Tayeb, Algerien (2. 12. 1975). G. R. Meyer

ÄGYPTISCHES MUSEUM UND PAPYRUS-SAMMLUNG Seit dem letzten Bericht im 10. Band (1968) konnten fast alle Depotbestände des Ägyptischen Museums und der Papyrus-Sammlung (mit Ausnahme bes. der schweren Kolossalstatuen und der Steinsarkophage) aus der Ruine des Neuen Museums in ausgebaute Magazinräume im Pergamon J und Bode-Museum überführt werden. Bei dieser Umlagerung der nach Tausenden zählenden Kunstwerke, Funde der materiellen Kultur und Handschriften wurden die Revision, Inventarisierung und Re-Inventarisierung fortgeführt

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und für eine große Zahl von Sachgruppen inzwischen abgeschlossen. Auch die Arbeitsräume und die Bibliothek des Ägyptischen Museums erhielten nach zweckmäßigen Einbauten eine befriedigende Gestaltung. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag in der Durchführung von Sonderausstellungen in der D D R und im Ausland, manche davon in einer Größenordnung, die international keine Parallele kennt, sowie in der Neugestaltung der ständigen Ausstellung im Bode-Museum. Anläßlich des

150jährigen Bestehens der Ägyptischen Samm- fentlichkeitswirkung der beiden Sammlungen lung wurden im Dezember 1973 die 1. Baustufe erweitert werden. (Urgeschichte, Altes Reich, Mittleres Reich, Dokumentationsraum) und im April 1974 die Ausstellungen 2. (Nubien und Nordsudan) eröffnet. Die Neugestaltung der gesamten ägyptischen Ausstellung „Drei Jahrtausende ägyptische Kunst" 10. 6. bis und des Papyrussaales ist 1976 abgeschlossen. 31. 12. 1970 im Kreismuseum Bitterfeld Über die Ausstellungskonzeption und die Ge- Faltblatt, bearbeitet von H. Kischkewitz. staltungsprinzipien soll zusammenfassend im „Drei Jahrtausende ägyptische Kunst" 28. 2. bis 20. Band berichtet werden. 31. 5. 1971 in der Kunsthalle Rostock Bedeutende Grabungsfunde von der Sudan- Bildheft, bearbeitet von U. Luft. Expedition der Humboldt-Universität unter Lei- „Mumien und ihre Welt" 3. 7. —30. 9. 1971 im tung von Prof. Dr. F. Hintze gelangten als Dauer- Volkskundemuseum Templin. leihgaben an das Museum, eine Auswahl befindet „Totenkult im alten Ägypten" 28. 4. —30. 6. 1972 sich in der Ausstellung. Die Veröffentlichung ist im Kreisheimatmuseum Demmin. für die Gesamtpublikation der Grabungsergeb- „Ägyptens Beitrag zum Buch" 7. 5.—11. 6. 1972 in der Kunsthalle Rostock; Ausstellung der nisse vorgesehen. Bei Enttrümmerungsarbeiten in einem Licht- Papyrus-Sammlung zum Jahr des Buches. hof des Neuen Museums konnten 1970 unter „Götter und Menschen am N i l " 18. 3. —20. 5. meterhohem Schutt Kleinfunde, vor allem aber 1973 im Röhsska Kunstgewerbemuseum Götegroßplastische Kunstwerke freigelegt werden: borg, mit Beteiligung des Vorderasiatischen eine sitzende und drei stehende überlebensgroße Museums und Leihgaben aus dem Ägyptischen Granitstatuen der löwenköpfigen Kriegsgöttin Museum der, Karl-Marx-Universität Leipzig; Sachmet (um 1380 v. u. Z.), zwei Paviane, heilige Katalog, bearbeitet von H. Kischkewitz, E . Tiere des Weisheitsgottes Thot, ebenfalls aus Klengel, U. Luft, W. Müller, G. Poethke, St. Granit (um 1100 v. u. Z.), eine Doppelkrone aus Wenig. Alabaster, Teil einer Kolossalstatue des Königs „Aegyptus aeterna" 5. 10. —18. 1 1 . 1973 im Eje, des Nachfolgers von Tut-anch-Amun. Zwei Kunstmuseum Athenäum Helsinki, mit BeteiliSachmetstatuen und die beiden Paviane sind gung des Vorderasiatischen Museums, Katalog, jetzt in der Ausstellung der Öffentlichkeit wieder bearbeitet von H. Kischkewitz, E. Klengel, U. Luft, W. Müller, G. Poethke, St. Wenig. zugänglich. In langfristigen wissenschaftlichen Arbeiten „Altes Ägypten" 31. 3 . - 2 7 . 4. 1975 im Auswird die Veröffentlichung der archäologischen stellungszentrum Sofia, Katalog, bearbeitet von Funde und Papyrushandschriften vorbereitet. I. Müller mit Einleitung von W. Müller. Nach umfassenden Diskussionen, an denen nam- „Drei Jahrtausende Kultur des alten Ägypten" hafte Vertreter Ägyptischer Museen und Samm- 29. 5 . - 2 4 . 8. 1975 im Kunstmuseum der SRR lungen teilnahmen, soll nun mit den Lieferungen Bukarest, Katalog, bearbeitet von I. Müller, mit für das geplante „Corpus Antiquitatum Aegypti- Einleitung von W. Müller. carum ( C A A ) " , einer Materialedition in Form des „Ägyptische Kunst" 1 1 . 10. 1975 — 1 1 . 1. 1976 Lose-Blatt-Kataloges, begonnen werden. Bereits im Museum der Schönen Künste Budapest, im Druck befindet sich die erste Lieferung der Katalog, bearbeitet von I. Müller mit Vorwort „Demotischen Papyri aus den Staatlichen Museen von E. Varga und Einleitung von W. Müller. zu Berlin". Mit Leihgaben beteiligten sich das Ägyptische Die Arbeiten an den griechischen Urkunden Museum und die Papyrus-Sammlung an mehreaus ptolemäischer und byzantinischer Zeit sowie ren Ausstellungen in der D D R . Kunstwerke an den hieratischen Urkunden des Illahun- ersten Ranges aus der Amarna-Zeit wurden für Archivs wurden fortgesetzt. Laufende Zugänge die große Ausstellung „Echnaton und Nofrehaben die Bestände der Fachbibliothek beträcht- tete" ausgeliehen, die 1973/74 in Brooklyn und lich vermehrt, und in zahlreichen Führungen, Detroit/USA gezeigt wurde: The Brooklyn Vorträgen, in Besucherbetreuung und populär- Museum 17. 9 . - 2 5 . 1 1 . 1973, The Detroit Instiwissenschaftlichen Publikationen konnte die Öf- tute of Arts 19. 12. 1973 — 28. 2. 1974.

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Veröffentlichungen (außer wissenschaftlichen Aufsätzen, Rezensionen, Berichten, Nachrufen u. a.) Papyrusurkunden aus ptolemäischer Zeit (Berliner Griechische Urkunden, Band X), bearbeitet von W. Müller, Berlin 1970 Die Berliner Handschrift der Sahidischen Apostelgeschichte (P. 15 926), bearbeitet und herausgegeben von F. Hintze und H.-M. Schenke, Berlin 1970 Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland, Band X I X , 1 ( = Ägyptische Handschriften, Teil 1, herausgegeben von E. Lüddeckens, beschrieben von U. Kaplony-Heckel), Wiesbaden 1971 (Hieratische Papyri aus Illahun); Band X I X , 2 ( = Ägyptische Handschriften, Teil 2, herausgegeben von E. Lüddeckens, beschrieben von K.-Th. Zauzich), Wiesbaden 1971 (Demotische Papyri aus Elephantine) F. Hintze, Champollion — Entzifferer der Hieroglyphen, Berlin 1973, Ägyptisches Museum 1823 — 1973, bearbeitet von W. Müller E. Edel und St. Wenig, Die Jahreszeitenreliefs aus dem Sonnenheiligtum des Königs Ne-userRe, Tafelband ( = Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung, Band VII), Berlin 1974 Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Berliner Ägyptischen Museums ( = Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung, Band VIII), Berlin 1974 Nachdrucke im Zentralantiquariat der DDR Ägyptische Inschriften aus den (Königlichen) Staatlichen Museen zu Berlin, I und II, Leipzig 1913, 1924 (Nachdruck 1969 mit Vorwort von W. Müller) Hieratische Papyrus aus den Königlichen Museen

zu Berlin, I—V, Leipzig 1901 — 1 9 1 1 (Nachdruck 1970 mit Vorwort von W. Müller). Teilnahme an wissenschaftlichen Kongressen (Tagungen, Konferenzen, Kolloquien) In der D D R : Berlin, Halle, Jena, Leipzig, im Ausland: Darmstadt, Hannover/Hildesheim, Moskau, Oxford, Paris. Studienreisen in folgende Länder: Ägypten, Belgien, Dänemark, England, Frankreich, V R Polen, Sudan, UdSSR, USA. Wissenschaftliche und restauratorische Kooperationsbeziehungen bestehen zur HumboldtUniversität zu Berlin, Bereich Ägyptologie und Sudanarchäologie—Meroitistik und zu den Museen der Stadt Gotha, Schloßmuseum Schloß Friedenstein. Redaktionelle Mitarbeit in Zeitschriften „Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete", herausgegeben seit 1971 von den Staatlichen Museen, W. Müller, geschäftsführender Herausgeber, G . Poethke, Redaktionssekretär und Mitglied des Redaktionskollegiums ; „Orientalistische Literaturzeitung", St. Wenig, Spartenredaktion ; „The Journal of Juristic Papyrology", W. Müller, Mitglied des internationalen Redaktionsbeirates der polnischen Fachzeitschrift. Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Gesellschaften: „Historiker-Gesellschaft der D D R " und „Association Internationale de Papyrologues", W. Müller. Wolfgang Müller

ANTIKEN-SAMMLUNG Ausstellungen Der folgende Bericht dient einem Rückblick. Er umfaßt die Zeit von 1973 bis 1975, bei der es sich um drei gleichermaßen arbeitsreiche wie ereignisvolle Jahre handelt, in denen die Abteilung erstmalig in ein großes interkontinentales Aus Stellungsprogramm einbezogen wurde, das Spitzenwerke griechischer Kunst bis nach Ostasien führen sollte. Die im Jahre 1973 von den

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1973-1975

Staatlichen Museen zu Berlin zusammen mit der japanischen Wirtschaftszeitung „Nihon Keizai Shimbun" veranstaltete Ausstellung „Erlesene Meisterwerke altorientalischer und altgriechischer Kunst aus dem Pergamon-Museum zu Berlin - D D R " ließ 26 berühmte Kunstwerke der Antiken-Sammlung auf die Reise gehen, unter ihnen die attische stehende Frauenstatue mit dem Granatapfel und das Heroenrelief aus Chrysapha. Die Ausstellung, die am 3. April 1973 in Tokyo

Veröffentlichungen (außer wissenschaftlichen Aufsätzen, Rezensionen, Berichten, Nachrufen u. a.) Papyrusurkunden aus ptolemäischer Zeit (Berliner Griechische Urkunden, Band X), bearbeitet von W. Müller, Berlin 1970 Die Berliner Handschrift der Sahidischen Apostelgeschichte (P. 15 926), bearbeitet und herausgegeben von F. Hintze und H.-M. Schenke, Berlin 1970 Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland, Band X I X , 1 ( = Ägyptische Handschriften, Teil 1, herausgegeben von E. Lüddeckens, beschrieben von U. Kaplony-Heckel), Wiesbaden 1971 (Hieratische Papyri aus Illahun); Band X I X , 2 ( = Ägyptische Handschriften, Teil 2, herausgegeben von E. Lüddeckens, beschrieben von K.-Th. Zauzich), Wiesbaden 1971 (Demotische Papyri aus Elephantine) F. Hintze, Champollion — Entzifferer der Hieroglyphen, Berlin 1973, Ägyptisches Museum 1823 — 1973, bearbeitet von W. Müller E. Edel und St. Wenig, Die Jahreszeitenreliefs aus dem Sonnenheiligtum des Königs Ne-userRe, Tafelband ( = Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung, Band VII), Berlin 1974 Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Berliner Ägyptischen Museums ( = Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung, Band VIII), Berlin 1974 Nachdrucke im Zentralantiquariat der DDR Ägyptische Inschriften aus den (Königlichen) Staatlichen Museen zu Berlin, I und II, Leipzig 1913, 1924 (Nachdruck 1969 mit Vorwort von W. Müller) Hieratische Papyrus aus den Königlichen Museen

zu Berlin, I—V, Leipzig 1901 — 1 9 1 1 (Nachdruck 1970 mit Vorwort von W. Müller). Teilnahme an wissenschaftlichen Kongressen (Tagungen, Konferenzen, Kolloquien) In der D D R : Berlin, Halle, Jena, Leipzig, im Ausland: Darmstadt, Hannover/Hildesheim, Moskau, Oxford, Paris. Studienreisen in folgende Länder: Ägypten, Belgien, Dänemark, England, Frankreich, V R Polen, Sudan, UdSSR, USA. Wissenschaftliche und restauratorische Kooperationsbeziehungen bestehen zur HumboldtUniversität zu Berlin, Bereich Ägyptologie und Sudanarchäologie—Meroitistik und zu den Museen der Stadt Gotha, Schloßmuseum Schloß Friedenstein. Redaktionelle Mitarbeit in Zeitschriften „Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete", herausgegeben seit 1971 von den Staatlichen Museen, W. Müller, geschäftsführender Herausgeber, G . Poethke, Redaktionssekretär und Mitglied des Redaktionskollegiums ; „Orientalistische Literaturzeitung", St. Wenig, Spartenredaktion ; „The Journal of Juristic Papyrology", W. Müller, Mitglied des internationalen Redaktionsbeirates der polnischen Fachzeitschrift. Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Gesellschaften: „Historiker-Gesellschaft der D D R " und „Association Internationale de Papyrologues", W. Müller. Wolfgang Müller

ANTIKEN-SAMMLUNG Ausstellungen Der folgende Bericht dient einem Rückblick. Er umfaßt die Zeit von 1973 bis 1975, bei der es sich um drei gleichermaßen arbeitsreiche wie ereignisvolle Jahre handelt, in denen die Abteilung erstmalig in ein großes interkontinentales Aus Stellungsprogramm einbezogen wurde, das Spitzenwerke griechischer Kunst bis nach Ostasien führen sollte. Die im Jahre 1973 von den

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1973-1975

Staatlichen Museen zu Berlin zusammen mit der japanischen Wirtschaftszeitung „Nihon Keizai Shimbun" veranstaltete Ausstellung „Erlesene Meisterwerke altorientalischer und altgriechischer Kunst aus dem Pergamon-Museum zu Berlin - D D R " ließ 26 berühmte Kunstwerke der Antiken-Sammlung auf die Reise gehen, unter ihnen die attische stehende Frauenstatue mit dem Granatapfel und das Heroenrelief aus Chrysapha. Die Ausstellung, die am 3. April 1973 in Tokyo

eröffnet wurde und nach sechswöchiger Dauer nach Kyoto weiterging, wurde ein ungewöhnlicher Erfolg. In den Jahren 1973/74 beteiligte sich die Sammlung mit zwei ihrer bekanntesten römischen Porträtarbeiten, der Caesar-Büste aus Grünschiefer und dem Augustus-Medaillon, an einer Ausstellung „Pompeji, Leben und Kunst in den

„Juventus — Jugend in drei Jahrtausenden der Kunst" war die Antiken-Sammlung mit einer Anzahl thematisch bezogener griechischer und römischer Skulpturen und Kleinkunstwerke vertreten. Eine Studio-Ausstellung „Museum Bellorianum" vom 16. 1 1 . 73 bis 3. 2. 74 im Alten Museum zeigte 36 Antiken aus dem Besitz des

Abb. 1. Museum Bellorianum: Blick in die Sonderausstellung. Foto Staatl. Museen zu Berlin

Vesuvstädten", die vom 19. 4. bis 15. 7. 73 in der Villa Hügel, Essen; vom 25. 9. 73 bis 13. 1. 74 in Haags Gemeentemuseum, 's-Gravenhage und vom 1 7 . 2 . bis 1 5 . 4 . 7 4 im Kunsthaus Zürich gezeigt wurde. Eine von der Kunsthalle Rostock durchgeführte Sonderausstellung „Griechische Kleinkunst", die von September 1973 bis März 1974 zu besichtigen war, vereinte berühmte griechische Originale aus den wichtigsten AntikenSammlungen der D D R , darunter 18 Skulpturen, 21 Vasen, 27 Bronzen und 60 Terrakotten aus Berliner Museumsbesitz. In der anläßlich der X . Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin von Juli bis September 1973 im Obergeschoß der Nationalgalerie aufgebauten Gemeinschaftsausstellung

römischen Archäologen und Kunsthistorikers G. P. Bellori (1613 — 1696), die sich heute in den Staatlichen Museen zu Berlin und in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden befinden. Die mit zeitgenössischen Möbeln, Kupferstichen, alten Literaturwerken und einem Gemälde Poussins ausgestattete Ausstellung bot sich als modern aufgestelltes „Antikenkabinett" dar und vermittelte einen Einblick in Sammeltätigkeit und archäologische Arbeit des 17. Jahrhunderts (Abb. i)Aus Anlaß des 25. Jahrestages der D D R war von Oktober bis Ende November 1974 im Miletsaal des Pergamon-Museums (Trajaneum) eine Dokumentationsausstellung zu sehen, die an Hand von Fotos, Plakaten, fach- und populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen und einer

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Anzahl antiker Originale über Wiederaufbau, Ankaufs-, Publikations- und Ausstellungstätigkeit der Abteilung innerhalb der letzten zweieinhalb Jahrzehnte informierte. Hinsichtlich der ständigen Ausstellungen kann nach Ablauf der Berichtszeit eine erfreuliche Bilanz gezogen werden. Die im Hauptgeschoß des Pergamon-Nordflügels gelegenen Räume der Hofseite, in denen sich die archaischen und klassischen Skulpturen befinden, sowie der Eingangssaal der Nordseite mit den hellenistischen und römischen K o p i e n nach griechischen Originalen des 5. und 4. Jahrhunderts wurden im Laufe des Jahres 1974 renoviert und durch einen lichten Wand- und Deckenanstrich aufgehellt, auf den man Sockel und Vitrinen farblich abstimmte. Eine Überarbeitung und Erneuerung der Beschriftungsschilder schloß sich den vorgenannten Arbeiten an. Nachdem die Räume des ehemaligen Antiquariums im Obergeschoß des Pergamon-Nordflügels, die infolge technischer Schäden mehrere Jahre hindurch geschlossen bleiben mußten, handwerklich wieder so weit hergerichtet waren, daß an eine Nutzung derselben gedacht werden konnte, gelang es der Antiken-Sammlung, im Herbst 1975 mit der Wiedereinrichtung einer ständigen Ausstellung zu beginnen. Durch A b gabe von Ausstellungsfläche an die Ostasiatische Sammlung und an das Museum für Volkskunde stehen der Antiken-Sammlung vorerst neun Räume dort zur Verfügung. Diese in völlig neuer Ausstellungskonzeption auszugestalten, war Ziel und Aufgabe der Abteilung. Der Besucher, der im Hauptgeschoß den Saal der römischen Porträts und Sarkophage durchschritten und sich ins Obergeschoß begeben hat, wird jene Welt, die ihn soeben umfing, beim Betreten des Antiquariums nicht plötzlich verlassen müssen. Die im oberen Treppenhaus aufgestellten großen Kaiser- und Götterstatuen gehören als Werke römischer Bildhauer dem gleichen Kulturbereich an, der sich dann in den beiden ersten Oberlichtsälen des Antiquarium-Mitteltraktes fortsetzt. Der Eingangssaal, zu einem Teil der römischen Grabkunst vorbehalten, zeigt einige seit vielen Jahren nicht mehr ausgestellt gewesene römische Aschenurnen, darunter eine Alabasterurne, und den mit einem Z u g bacchischer Eroten geschmückten Kindersarkophag. Reliefs mit kulturgeschichtlich interessanten Darstellungen,

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eines Processus consularis, eines Wagenrennens im Zirkus, zweier kämpfender Gladiatoren, dazu das in seiner Bestimmung bisher noch nicht gedeutete Relief der drei Grazien, letzteres mit der Inschrift A D S O R O R E S I U I , führen in das politische und gesellschaftliche Leben Roms ein, dessen künstlerische Stärke sich jedoch in der Bildniskunst, vornehmlich im Herrscherporträt manifestiert. Ein Bildnis Hadrians, eine Statuette und ein Kopf des Antinous leiten in den folgenden Raum über, der in zeitlicher Folge römische Porträts v o m 1. Jahrhundert v. u. Z . bis in die Jahre um 400 u. Z . zusammen mit griechischägyptischen Mumienbildnissen zeigt. Die Farbigkeit der zumeist in enkaustischer Technik gemalten Mumienporträts findet in den an den Schmalseiten des Saales aufgestellten Mosaiken sowie in der die Mitte des Raumes beherrschenden Großbronze des sogenannten Xantener Knaben eine wirkungsvolle Entsprechung. Hellenistische Kunstwerke vorwiegend des griechischen Ostens: Skulpturen aus Priene und Pergamon, dazu in vier thematisch gestalteten Vitrinen griechische Terrakotten und Bronzen prägen das Gesicht der Ausstellung im folgenden Saal. Schwerpunkt des anschließenden letzten der Oberlichtsäle sind die attischen schwarz- und rotfigurigen Vasen, v o n denen die Meisterwerke eines Exekias und Amasismalers, des Töpfers Kolchos, des Malers der Botkin-Klasse, des Oltos, Duris, des Brygos-, Pan- und PersephoneMalers besondere Beachtung verdienen. Kleinformatige griechische Grab- und Weihreliefs sowie einige gleichzeitige griechische Bronzen ergänzen die keramischen Schöpfungen und lenken die Aufmerksamkeit des Betrachters abwechselnd auf diese und jene Kunstübung, deren Möglichkeiten, Zweckbestimmung und Unterschiedlichkeit er studieren und deren Aussage über Mythos und Leben jener Zeit er erforschen wird. Eine Vorstellung v o n Grabkult und Jenseitsglauben soll der an der hinteren Schmalwand des Raumes errichtete Grabaufbau vermitteln, der sich auf entsprechende Darstellungen attischer Lekythenmaler stützt. Die rechts der Oberlichtsäle gelegenen Räume der Fensterseite sind der frühgriechischen, etruskischen und späteren italischen Kunst vorbehalten, wobei auch hier wie in den beiden hinteren Mittelsälen und in umgekehrtem Verhältnis zu den im Hauptgeschoß gezeigten Ausstellungen griechischer Plastik das Schwer-

gewicht auf der Kleinkunst liegt. Geometrische Bronzen, frühe attische, protokorinthische bis spätkorinthische Vasen, böotische Terrakotten, ostgriechische Keramik und Samosbronzen bestimmen neben fünf hohen, an den Wänden aufgestellten klazomenischen Sarkophagen und einigen archaischen Marmorwerken, zu denen das berühmte Berliner Perirrhanterion zählt, den Charakter der zwei ersten Fensterräume. Es schließen sich zwei Kabinette mit etruskischen Sammlungsstücken an. Von der Villanova- und Buccheroware des 9. bis 6. Jahrhunderts bis hin zu den schwarz- und rotfigurigen Vasen des 6. bis 3. Jahrhunderts ist die Töpferkunst Etruriens vertreten. So wie in den griechischen Sälen war man auch bei der Ausstellung der etruskischen Werke bestrebt, eine instruktive Auswahl zu treffen, die möglichst verschiedenartige Kunstgattungen zur Anschauung bringt. Da für das Etruskische nur zwei kleinere Räume zur Verfügung stehen, war es nicht ganz einfach, aus dem reichen Material der vorhandenen Sammlungsbestände unter gleichwertigen Stücken dasjenige auszuwählen, das einerseits als besonders charakteristisch für Geist und Wesen des Etruskcrvolkes gelten kann und zum anderen geeignet ist, dem Betrachter eine möglichst umfassende Vorstellung von dieser frühitalischen Kultur zu geben, von der es heißt: „getragen vom Reichtum der besitzenden Familien und doch primär nicht gerichtet auf Machterweiterung und Erwerb, sondern auf die religiöse Bewältigung von Leben und T o d " (O.-W. v. Vacano, Die Etrusker in der Welt der Antike, Leipzig 1962, S. 20). Figürliche Bronzen und Bronzespiegel, Stirnziegel und Urnen aus gebranntem Ton, daneben die berühmte Chiusiner Hausurne, bei der es sich um die genaue Nachbildung eines etruskischen Wohnhauses handelt, ein Sarkophagdeckel mit dem Bilde des beim Mahle gelagerten Toten, ein archaischer reliefverzierter Grabcippus und ein annähernd vollständiger Grabfund aus der tomba del guerriero, dem bekannten Kriegergrab von Corneto, sind Zeugnisse jener Kultur, deren Erbe später Rom antreten sollte. Werke italischer Herkunft sind auch im letzten Raum der Fensterseite ausgestellt. Hier ging es vor allem darum, die Vielfalt der unteritalischen Vasenmalerei und die stilistischen Besonderheiten der einzelnen lokalen Werkstätten aufzuzeigen. Eine Vitrine mit attischcn Vasen des frühen 4. Jahrhunderts

v. u. Z. mag erkennen lassen, wie stark die Kunst der attischen Töpfer und Vasenmaler noch in dieser Zeit das Schaffen der unteritalischen Werkstätten befruchtete, bis sich dort eine eigene Stilentwicklung bemerkbar macht, die sich in apulische, campanische, paestanische und lukanische Vasen gliedert. Ein Weihrelief aus Cumae und das Reliefbruchstück mit Darstellung eines bärtigen Mannes, deren Entstehung in das späte 5. bis frühe 4. Jahrhundert fällt, sowie die hellenistischer Zeit angehörende, aus Tarent stammende Kalksteinstatue eines Sklavenknaben erweitern den Einblick in das Kunstschaffen Großgriechenlands. Zwei Kulturkreise, der west- und ostgriechische grenzen hier in der Raumanordnung dicht aneinander, nur durch eine Wand getrennt, jedoch mittels eines Durchgangs verbunden, den es zu durchschreiten gilt, will man sich noch einmal den Werken der hellenistischen Kunst Kleinasiens zuwenden. Teilnahme an Fachtagungen An einem Kolloquium der WinckelmannGesellschaft, das am 25. und 26. 10. 74 in Nöthnitz stattfand, nahm Dr. G. Heres mit dem Referat „Winckelmann und Bellori" teil. Publikationen In der Berichtszeit sind erschienen (ausgenommen Publikationen in FuB): „ Z u r altgriechischen Kunst", Ausstellungskatalog Tokyo-Kyoto, wissenschaftliche Bearbeitung und Text E. Rohde. „Griechenland und R o m " , Textbeitrag zum Katalog „Juventus" H. Heres. „Griechische Kleinkunst", Ausstellungskatalog Kunsthalle Rostock, wissenschaftliche Bearbeitung und Texte H. und G. Heres, I. Kriseleit. „Museum Bellorianum", Ausstellungskatalog, wissenschaftliche Bearbeitung und Text G. Heres. G . Heres, Der leierspielende Achill, in: Eirene 1 1 , 1973. — Odysseus und die Tritonin, in: Eirene 12, 1974. — Fragment eines römischen Klappdreifußes, in: Eirene 13, 1975. — Museum Bellorianum, in: Altertum 20, 1974. — Archäologie im 17. Jahrhundert; Antiken aus Winckelmanns Besitz, beides in: Beiträge der WinckelmannGesellschaft 2, 1975. E. Rohde, Der Altar von Pergamon, Ausstellungsführer in englischer und französischer Sprache.

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In der Berichtszeit gingen in Druck: E. Rohde, Pergamon — Burgberg und Altar (überarbeitetes und erweitertes Manuskript für die 7. Auflage). E. Rohde, Drei Sianaschalen der Berliner Antiken-Sammlung (Beitrag für Festschrift A. D. Trendall). E. Rohde, Das verlorene Haupt des Zeus — Stellungnahme zu einem Anpassungsversuch am Pergamon-Ostfries (Beitrag für Istanbuler Mitteilungen 26, 1976). H. Heres, Skulpturen aus Kyme im archäologischen Seminar der Karls-Universität Prag (Beitrag zur Publikation der tschechischen Grabung in Kyme). G . Heres, Die Sammlung Bellori: Antikenbesitz eines Archäologen im 17. Jahrhundert (Beitrag für die Krakauer „Zeszyty Naukowe"). G . Heres, Katalog der Gemmen-Sammlung Goethes (Beitrag für Publikation G . Femmel, Weimar). G . Heres, Antikenstudium der Renaissance (Beitrag für den Katalog einer geplanten Ausstellung „Weltbild der Renaissance"). E. Rohde — G. Heres, Beiträge für den Katalog der Ausstellung „Byzantinische Kostbarkeiten", die von der Frühchristlich-Byzantinischen Sammlung vorbereitet wird. Die wissenschaftliche Bearbeitung eines KatalogManuskriptes „Antike Mosaiken aus Tunesien" wurde von I. Kriseleit abgeschlossen. Vorträge 2. und 3.4. 1973: H. Heres, Wiederaufbau des großen Altars von Pergamon in den Berliner Museen (Bad Elster und Bad Brambach). 1 1 . 5. und 29. 1 1 . 1973: G . Heres, Archäologie im 17. Jahrhundert (Universität Leipzig und Staatliche Kunstsammlungen Dresden). 12. 9. 1973 und 7. 2. 1974: G . Heres, Mit der Berliner Göttin nach Tokyo (Kulturbund Magdeburg und Stendal). I. 2. und 6. 3. 1974: E. Rohde, Frühgriechische Plastik in den Staatlichen Museen zu Berlin (Gymnasium Casimirianum Coburg und Kunsthalle Rostock).

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19. 2. 1974: G. Heres, Mit der Berliner Göttin in Tokyo (Kulturbund Rostock). 6. 3. 1974: G . Heres, Sammlung Bellori (Urania Berlin). 22. 10. 1975: I. Kriseleit, Japanische Impressionen („Galerie oben" Karl-Marx-Stadt). Thematische Sonderführungen 2 8 . 1 . 1 9 7 3 : H. Heres, Griechische Sagen auf römischen Sarkophagen. 2 5 . 3 . 1 9 7 3 : I. Kriseleit, Der große Altar von Pergamon. 20. 5. 1973: E. Rohde, Attische Vasen des schwarzfigurigen Stils. 22. 7. 1973: G . Heres, Neue Funde zum großen Altar von Pergamon. 2 3 . 9 . 1 9 7 3 : E. Rohde, Die Friese des großen Altars von Pergamon im Lichte 2 5 jähriger archäologischer Forschung. 2. und 5. 12. 1973 und 25. 1. 1974: G. Heres, Museum Bellorianum. 5.5. 1974: H. Heres, Der Telephosfries. 7. 7. 1974: I. Kriseleit, Römische Baukunst. 10. 10. 1974: E. Rohde, Der große Altar von Pergamon. 26. 10. 1974: E. Rohde, Griechische Baukunst von der archaischen bis hellenistischen Zeit. 16. 2. 1975: G. Heres, Baukunst des Hellenismus. 4 . 5 . 1 9 7 5 : I. Kriseleit, Frühgriechische Plastik. 17. 8. 1975: G. Heres, Von Phidias zu Lysipp. 2. 1 1 . 1 9 7 5 : 1 . Kriseleit, Der Altar von Pergamon. Außer den genannten thematischen Sonderführungen haben die Wissenschaftler der Abteilung 67 weitere Führungen übernommen, bei denen es sich vielfach um fremdsprachliche Führungen ausländischer Delegationen handelte. Hinzu kamen Spezialführungen für den Blindenund Sehschwachenverband. 719 Besucher, meist fachwissenschaftliche Kollegen der D D R sowie des sozialistischen und kapitalistischen Auslandes, Kulturschaffende und Studenten sind in den zurückliegenden drei Jahren von den Wissenschaftlern der Abteilung betreut worden. Die Zahl der bearbeiteten Fotoaufträge belief sich auf 655. E. Rohde

IN

MEMORIAM

CARL A m io. November 1976 ist unser hochverehrter Kollege, der langjährige Direktor der Berliner Antiken-Sammlung, Carl Blümel, im Alter v o n 83 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben. Carl Blümel, geboren am 13. April 1893 in Berlin, gehörte zu jener Generation, die, wenn gleich auch nur im Kindesalter, noch die Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert überschreiten konnte. E r wuchs in einer Berliner Gelehrtenfamilie auf, f ü r die es eine Selbstverständlichkeit war, daß die Söhne eine humanistische Schulbildung erhielten. Dem sehr begabten und aufgeweckten Schüler war die Schule jedoch nicht das Hauptanliegen seiner Kinder- und Jugendjahre. Schon früh zeigte sich ein starkes künstlerisches eigenschöpferisches Interesse, das bereits den Zehnjährigen häufig ins Museum führte, w o er zum Modellieren und zu Zeichenstudien angeregt wurde. 1 9 1 1 legte Carl Blümel am Luisenstädtischen Gymnasium in Berlin das Abiturientenexamen ab. E r widmete sich anschließend dem altsprachlichen und kunst-

BLÜMEL geschichtlichen Studium an den Universitäten Berlin und Göttingen. Z u seinen Lehrern zählten Gelehrte wie Ulrich v o n Wilamowitz-Moellendorf, Eduard Meyer, Hermann Diels und Heinrich Wölfflin. Durch den ersten Weltkrieg unterbrochen, setzte Blümel nach Kriegsende sein Studium in Berlin fort, w o er im Juli 1922 mit der Arbeit: „ D e r Fries des Tempels der Athena N i k e " bei Ferdinand Noack promovierte. Seine speziell bildhauerische Begabung berief ihn gleichermaßen zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit den Werken der Kunst aller Zeiten wie auch zu eigener plastischer Arbeit. E r besuchte die Berliner Hochschule der Bildenden Künste als Schüler von Peter Breuer und H u g o Lederer. Wenige Monate vor Abschluß seines Universitätsstudiums konnte er am Karfreitag des Jahres 1922 sein erstes großes plastisches Werk, einen Schmerzensmann, als Gefallenendenkmal zur A u f stellung bringen. E r hatte die Christusfigur für seine Heimatgemeinde, die St. Michaelskirche in Berlin, geschaffen.

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Im Jahre 1924 ermöglichte ihm das staatliche archäologische Stipendium einen Studienaufenthalt von 14 Monaten in Griechenland, danach war er 1925/26 vorübergehend am Archäologischen Institut der Universität München tätig. E r widmete sich eigener bildhauerischer Arbeit sowie der Niederschrift der aus der Erfahrung des Bildhauers und Archäologen erwachsenen grundlegenden Untersuchung: „Griechische Bildhauerarbeit", erschienen als X I . Ergänzungsheft zum Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts. Im Januar 1927 begann Carl Blümel als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter unter Theodor Wiegand seine Tätigkeit an der Antikenabteilung der Berliner Museen, w o er am 1. November 1929 zum Kustos ernannt wurde. E s folgten Jahre sehr reger und angespannter wissenschaftlicher Arbeit, die wiederholt Gelegenheit zu Studienreisen nach Italien und Griechenland sowie zu allen großen europäischen Museen boten. In diesen Jahren erschien der größte Teil seiner archäologischen Publikationen, vor allem das wichtige fünfbändige Katalogwerk der antiken Skulpturen, in dem erstmalig die griechischen Originalarbeiten der Berliner Sammlung v o n den römischen Kopien getrennt wurden. Mit diesen Katalogarbeiten trug Blümel bahnbrechend dazu bei, eine neue Beurteilung und Erkenntnis der antiken Kunst aufkommen zu lassen. Die in den Museumskatalogen v o n ihm vorgelegte und wissenschaftlich vorbereitete Neuordnung der Berliner Sammlung antiker Skulpturen fand dann in der von ihm geleiteten Neuaufstellung der antiken Plastik im Nordflügel des Pergamonmuseums — 1959 — ihre sinnfällige und überzeugendste Würdigung.

Interesse am Kunstwerk in der Öffentlichkeit immer wieder neu zu wecken. Im zweiten Weltkrieg wurde Carl Blümel abermals zum Heeresdienst eingezogen. Nach seiner Entlassung aus der Wehrmacht im Jahre 1944 nahm er seine Arbeit an den Staatlichen Museen sofort wieder auf, w o ihm im Juli 1947 in der Nachfolge von Carl Weickert die Leitung der Antiken-Sammlung übertragen wurde, die er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1961 innehatte. Seit 1954 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und viele Jahre hindurch zweiter Vorsitzender der Berliner Archäologischen Gesellschaft.

Der Wiederaufbau der auf der Museumsinsel befindlichen großen Berliner Antiken-Sammlung nach dem letzten Kriege ist eines seiner dankenswertesten Werke. Als Fachgelehrter mit einer ebenso ausgedehnten Museurr spraxis wie sicheren Kennerschaft auf allen Gebieten der antik ;n Kunst ist er für jeden, der unter seiner Leitung arbeiten durfte, der beste Lehrmeister gewesen. Seine Verbundenheit mit den Berliner Museen war so groß, daß er zweimal, sowohl im Sommer 1947 als auch im Jahre 1948, einen ihm angebotenen Lehrstuhl an einer Universität nicht annahm. E r schreibt darüber selbst: „Beide Male habe ich den Ruf abgelehnt, weil ich die fast 1 oojährige große wissenschaftliche Tradition der Antikenabteilung der Berliner Museen nicht abreißen lassen wollte". Bis in die letzten Lebensjahre hinein war der Verstorbene wissenschaftlich tätig. Das Verzeichnis seiner Schriften, im folgenden angefügt, umfaßt 84 Titel, von denen neben dem bereits Zitierten seine grundlegende Arbeit über den Im Mai 1 9 3 1 wurde Carl Blümel in die Reihe Hermes v o n Olympia, den er mit überzeugender der Ordentlichen Mitglieder des Deutschen Beweisführung in das 2. Jahrhundert v. u. Z . Archäologischen Instituts aufgenommen und ordnet, seine beiden 1963 — 1966 erschienenen 1935 zum Professor an den Staatlichen Museen zu Kataloge der archaischen und klassisch-griechiBerlin ernannt. In zahlreichen Führungen und schen Skulpturen der Berliner Sammlung, die Vorträgen vermittelte er einem breiten Publikum, Klärung der Echtheit des antiken Bronzepferdes v o r allem der heranwachsenden Jugend, seine in N e w Y o r k und schließlich die Untersuchung wissenschaftlichen Erkenntnisse. D a das Aus- des Idolino zu erwähnen und hervorzuheben stellungswesen der Berliner Museen längere Zeit sind. hindurch in seiner Hand lag, es sei an die AusAber nicht nur dem Facharchäologen, Bildstellungen „Tierplastik aus fünf Jahrtausenden", hauer und Museumsmann Carl Blümel soll unser „ S p o r t und Spiel bei Griechen und R ö m e r n " Gedenken gelten. Über allem steht der Mensch sowie an die während der Olympiade 1936 ge- in seinem Wesen, Charakter und seiner ganzen zeigte Ausstellung „Sport der Hellenen" er- < Individualität. Und so dürfen wir sagen, daß seine innert, gab ihm dies die Möglichkeit, das menschliche Größe, seine Güte und Nächsten-

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liebe, seine stete Hilfsbereitschaft und sein nie versiegender treffender Humor Carl Bliimel unvergessen machen. Daß unserem lieben Heimgegangenen am Ende seines Lebens mit der Wiederaufstellung seines Jugendwerkes, der bronzenen Christusstatue, noch eine herzliche

Freude zuteil wurde, haben alle, die ihm nahestanden, beglückend empfunden. Voll Dankbarkeit ist unsere Erinnerung an ihn, der uns so unendlich viel bedeutet und gegeben hat. Elisabeth Rohde

Verzeichnis der Schriften von Carl Blümel 1

1923 1. Der Fries des Tempels der Athena Nike Berlin: Josef Altmann, 1923, 42 S., 9 Taf. Rez.: Stanley Casson, J H S 43, 1923, S. 206 bis 207 Bruno Schröder, Kunstchronik 58, 1923, S. 725 Franz Studniczka, D L Z 45, 1924, Sp. 2058 — 2063 Camillo Praschniker, Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 3, 1924/25, S. 119—122 Gisela M. A . Richter, The Saturday Review of Literature 1, 1924/25, S. 600 Hans Schräder, Gnomon 1, 1925,
textabb.,

31 Tafeln^ mit 104 Abb. 4" Broschur

Band 6. 1964

Band 14. 1972. Archäologische Beiträge

162 J . , i)7 Abb. 4° Ganzleinen M 39,70

217 S., Textabb., 22 Tafeln. 4° Broschur M 43,—

Band 15. 1973

Band 7. 1965. Kunsthistorische Beiträge i)7 S., 9 Textabb., mehrfarb. Tafeln 44 Tafeln mit 107 Abb. 4" Broschur M )i,)o

Band 8. 1967. Archäologische Beiträge i)0 S., 70 Textabb., 2 mehrfarb. Tafeln, 40 Tafeln mit

Kunsthistorische und volkskundliche Beiträge ^

^

Textabb., )2 Tafeln. 40 Broschur M 48

Band 16. 1974. Archäologische Beiträge Textabb., )2 Tafeln. 40 Broschur M ;8 —

143 Abb. 4° Broschur M j8,—

Band 17. 1976. Kunsthistorische Beiträge Band 9. 1967. Kunsthistorische Beiträge i;6 S.,

27 Textabb.,

2 mehrfarb.

Tafeln, 36 Tafeln mit

202 Abb.; Beilage. 40 Broschur M 40,jo

*77 s-> Textabb., 34 Tafeln. 4° Broschur M 68,Band 18. 1977. Archäologische Beiträge