172 27 21MB
German Pages 293 [296] Year 1978
Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft
Herausgegeben von Klaus Baumgärtner und Peter von Matt
Sprechen - Handeln Interaktion
Ergebnisse aus Bielefelder Forschungsprojekten zu Texttheorie, Sprechakttheorie und Konversationsanalyse Herausgegeben von Reinhard Meyer-Hermann
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1978
Herausgeber für Sprachwissenschaft Klaus Baumgärtner (Universität Stuttgart) Herausgeber für Literaturwissenschaft Peter von Matt (Universität Zürich)
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Sprechen, Handeln, Interaktion : Ergebnisse aus Bielefelder Forschungsprojekten zu Texttheorie, Sprechakttheorie u. Konversationsanalyse / hrsg. von Reinhard MeyerHermann. - Tübingen : Niemeyer, 1978. (Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft ; 26) ISBN 3-484-22026-0 NE: Meyer-Hermann, Reinhard [Hrsg.]
ISBN 3-484-22026-0 / ISSN 0344-6735 Max Niemeyer Verlag Tübingen 1978 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany. Satz und Druck: Sulzberg-Druck GmbH, Sulzberg im Allgäu.
Inhalt
IX
Vorwort
Jänos S. Petöfi/Hermann
Kayser
Sprechhandlungen und Semantische Interpretation (Die Rolle der performativ-modalen, weltkonstitutiven und deskriptiven Ausdrücke in der Textinterpretation) 1 2
Einleitung Äußerungsstruktur - Kanonische Repräsentation
3
Performative Ausdrücke - kanonisch performative Einheiten . . Liste 1: Performativ-modale Ausdrücke der deutschen Sprache . . Liste 2: Performativ-modale Ausdrucksklassen der deutschen Sprache - performativ-modale Handlungen Liste 3: Performative Ausdrücke der deutschen Sprache, denen eine syntaktisch-normierte F o r m zugeordnet werden kann, die die Einbettung eines weltkonstitutiven Ausdrucks ermöglicht Liste 4: Klassifikation von performativen Ausdrücken der deutschen Sprache
4
9
6
1 2
Weltkonstitutive Ausdrücke kanonisch weltkonstitutive Einheiten Liste 5: Weltkonstitutive Ausdrücke der deutschen Sprache . . Liste 6: Ausdrücke mit weltkonstitutivem Charakter ,die in J E T Z T & H I E R & I C H - F o r m nicht gebraucht werden k ö n n e n Liste 7: Weltkonstitutive Ausdrucksklassen der deutschen Sprache durch Äußerung von deutschsprachigen Ausdrücken bezeichnete Welten Liste 8: Klassifikation von kanonisch-weltkonstitutiven Einheiten . Deskriptive Ausdrücke kanonisch deskriptive Einheiten Liste 9: Bewertende Ausdrücke der deutschen Sprache Zusammenfassende Bemerkungen Literaturverzeichnis
.
.
.
.
10 12 24
26 26 27 29 37
38 39 42 44 46 48
VI Elisabeth
Inhaltsverzeichnis Gülich
Redewiedergabe im Französischen. Beschreibungsmöglichkeiten im Rahmen einer Sprechakttheorie
49
1 1.1 1.2 1.3 1.4
Festlegung des Untersuchungsbereichs Problemstellung Redewiedergabe als Sprechakt K o m m u n i k a t i o n auf verschiedenen Ebenen Abgrenzung der Redewiedergabe von verwandten Erscheinungen .
.
49 49 51 52 54
2
Die Indikatoren der Redewiedergabe und ihre Kombinationsmöglichkeiten Die einzelnen Indikatoren der Redewiedergabe K o m p o n e n t e n des K o m m u n i k a t i o n s a k t s als Indikatoren . . . . Ausführlichkeit der Kennzeichnungen Kombination der Indikatoren Graphische und syntaktische Indikatoren T y p e n der Redewiedergabe Indikatoren und Indikator-Kombinationen auf T e x t e b e n e . . . . Matrix der Indikatoren für Redewiedergabe in einem Zeitungsartikel Bemerkungen zu einzelnen Beispielen von Text (50) Zur Interpretation der Matrix
59 59 59 60 61 65 67 72 73 76 78
2.1. 2.1.1 2.1.1.1 2.1.1.2 2.1.2 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 3 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.4
Die bei der Redewiedergabe verwendeten Verben Vorüberlegungen Versuch einer Charakterisierung von sprechaktkennzeichnendcn Verben als Teilaspekte von Handlungen Aspekte von Handlungen und Handlungsbeschreibungen . . . Matrix der bei der Redewiedergabe verwendeten Verben . . . Bemerkungen zur Matrix Kennzeichnung mehrerer Aspekte Sprechaktkennzeichnendes Verb und Textsorte
80 80
. .
Literaturverzeichnis
Reinhard
83 83 87 88 94 97 99
Meyer-Herman
Aspekte der Analyse metakommunikativer Interaktionen 1 2 3
Einleitung Interaktionsbenennende Ausdrücke als empirische Basis . . . . Zur Definition der Begriffe „ M e t a k o m m u n i k a t i o n " , „ m e t a k o m m u n i kativer S p r e c h a k t " und „ m e t a k o m m u n i k a t i v e I n t e r a k t i o n " . . .
116
3.1 3.2
Nicht-linguistische Definitionen von „ M e t a k o m m u n i k a t i o n " . . . Metakommunikation als Definiendum in der Linguistik . . . .
116 120
4
Zur Unterscheidung „explizit performativer Einleitungswendungen" von Sprechakten und „ m e t a k o m m u n i k a t i v e n S p r e c h a k t e n " . . . Explizit performative Einleitungswendungen Metakommunikative Sprechakte Explizit performative Einleitungswendungen vs. metakommunikativer S p r e c h a k t t y p „Ankündigung"
4.1 4.2 4.3
Literaturverzeichnis
103 104
129 129 132 136 141
Inhaltsverzeichnis Dieter
VII
Metzing
Verfahren zur Produktion/Interpretation indirekter Sprechakte
.
.
143
1
Vorbemerkung
2 2.1 2.2
Verfahren zur Produktion/Interpretation indirekter Sprechakte . Bezugnahme auf Bedingungen direkter Sprechakte Bezugnahme auf Bedingungen der Folgen eines direkten „Anschlußsprechakts" Bezugnahme auf sprachliche Indikatoren Bezugnahme auf Handlungsmöglichkeiten in einem Tätigkeitsfeld
.
144 145
2.3 2.4 3 3.1 3.2 3.3 3.4
Konstruktionsansätze zur Produktion/Interpretation indirekter Sprechakte Bezugnahme auf Bedingungen direkter Sprechaktc und EQBAS* . Bezugnahme auf Sprechaktsequenzen und SAP Indirekte Sprechakte, sprachliche Indikatoren und SUSIE SOFTWARE Bezugnahme auf Handlungsmöglichkeiten und HELPING DIALOGUEGAME
143
.
.
146 146 148 150 152 153 155 157
Anhang
159
Literaturverzeichnis
160
Peter Finke Erhaltungsgesetze für Sprechaktsysteme
163
1
Sprachtheoretische Voraussetzung der Untersuchung
163
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
Was ist ein Sprechaktsystem? Vier Bedeutungen des Begriffs „Sprechaktsystem" Komplexe Sprechaktsysteme Elementare Sprechaktsysteme Systemtypen Erhaltungsgesctze E-Sprechaktsysteme sind Erhaltungssysteme Was ist ein Erhaltungsgesetz? Erhaltungsbedingungen und Erhaltungsgesetze Erhaltungsbedingungen I: sprachliche Erhaltungsbedingungen II: nichtsprachliche Formale und substantielle Erhaltungsgesetze Kommunikative Adäquatheit
164 164 166 167 167 169 170 171 171 172 174 175 177
4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6
Erhaltungsgesetze für Sprcchaktsystcme Universelle und spezielle Erhaltungsgesctze Universelle Erhaltungsgesetze für Sprcchaktsystcme Spezielle Erhaltungsgesetze für Sprechaktsysteme Das System des'Behauptens' Das System des'Versprechens' Das System des'Warnens'
178 178 179 181 184 186 187
Literaturverzeichnis
189
Vili
Inhaltsverzeichnis
Werner
Kallmeyer
F o k u s w e c h s e l u n d F o k u s s i e r u n g e n als A k t i v i t ä t e n der Gesprächskonstitution
191
1
Zur Abgrenzung des Gegenstands
191
2 2.1 2.2 2.3
Zur Rolle der Fokussierungen bei der Durchführung von Aktivitäten in der Interaktion Übergänge zwischen Aktivitätskomplcxen Übergänge zwischen Teilkomplexen Übergänge zwischen Einzeläußerungen
196 200 209 211
3 3.1 3.2 3.3
Zur Organisation von Diskontinuität Abwenden, Zuwenden und Relevanzeinstufung Manifestationen des Abwendens Diskontinuität und Kontextbczug
214 214 218 223
4 4.1
Zum Umgang mit Aktivitätspotentialen: Ankündigungen und Andeutungen Die Kernstruktur von Ankündigungen und Andeutungen . .
4.2
Die Anwendungsstruktur von Ankündigungen und Andeutungen .
.
228 229
. .
Literaturverzeichnis
Gert
237 239
Henrici
Didaktik und Sprechhandlungstheorie
243
1
Einleitung
243
2
2.1 2.2
„Pädago-Linguistik": Eine Fachdidaktik zur Untersuchung des Verhältnisses von Linguistik und Sprachunterricht im Rahmen der Lehrerausbildung Zur Kritik bestimmter fachdidaktischer Konzeptionen Aufgabenbeschreibung von Fachdidaktik als Pädago-Linguistik
244 244 248
3 3.1 3.2
Sprachunterricht und Sprechhandlungstheorie Skizze einer Konzeption von Sprachunterricht Sprachuntcrrichtskonzept und Sprechhandlungskonzepte . Literaturverzeichnis
.
.
.
.
.
259 259 266 270
Autorenregister
275
Begriffs- u n d S a c h r e g i s t e r
277
Vorwort
Die Idee, Arbeiten Bielefelder Linguisten in einem Sammelband zusammengefaßt zu publizieren, hat ihren Ursprung u.a. in der nicht gerade selbstverständlichen Tatsache, daß zwischen den an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld arbeitenden Linguisten wissenschaftliche Kommunikation möglich ist und stattfindet. Diese Möglichkeit gründet sich nun ihrerseits darauf, daß neben „Texttheorie, Textgrammatik" der Untersuchungsbereich „Handlungstheorie, Sprechakttheorie, Konversationsanalyse" einer der erklärten Forschungsschwerpunkte der Bielefelder Lili-Fakultät ist. Wie auch durch die Titelei dieses Bandes deutlich werden soll, ist also die Klammer für die Beiträge dieses Sammelbandes natürlich nicht der gemeinsame Entstehungsort, sondern die thematische Konzentration auf die beiden bereits genannten Forschungsschwerpunkte, wobei zwischen diesen (mittlerweile?) derartig viele Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte bestehen, daß man ihre separate Nennung zumindest teilweise nur noch historisch erklären kann. Ich möchte hier nicht den Versuch unternehmen, die einzelnen Beiträge in das Prokrustes-Bett einer wenige Zeilen umfassenden Beschreibung zu pressen. Stattdessen werde ich mich darauf beschränken, einige Beziehungen zwischen den einzelnen Beiträgen dieses Sammelbandes zu nennen, und damit jeweils nur einige wenige ausgewählte Aspekte anzusprechen. Daß und welche Berührungspunkte zwischen den Aufsätzen bestehen, kann der Leser im übrigen auch durch das Begriffs- bzw. Sachregister erschließen bzw. nachvollziehen. In dem Aufsatz von Petöfi/Kayser über „Sprechhandlungen und semantische Interpretation" geht es um die Rolle der performativ-modalen, weltkonstitutiven und deskriptiven Ausdrücke in der Textinterpretation. Petöfi/ Kayser definieren performative Ausdrücke als „objektsprachliche Ausdrücke ( . . .), die zur Bezeichnung oder Durchführung performativer Handlungen dienen" (10). Von den durch diese Definition abgedeckten Ausdrücken wählen Petöfi/Kayser für ihre Untersuchungen nur den Typ ich behaupte (dir gegenüber), daß .. . aus d. h. solche Ausdrücke, welche die performative Modalität einer eingebetteten Einheit angeben.
X
Vorwort
Hier wiederum konzentrieren sie sich auf die „eigentliche" Verwendung dieser Ausdrücke. Die Frage der Zuordnung kanonischer Einheiten zu „nicht-eigentlich" verwendeten performativen Ausdrücken, — eines der zentralen Probleme im Zusammenhang mit den sogen, „indirekten Sprechakten" (vgl. dazu den Aufsatz von D. Metzing in diesem Band, S. 143—161) wird zurückgestellt. Es ist klar, daß die Frage der Abgrenzung der Klasse der performativen Ausdrücke für Petöfi/Kayser von untergeordneter Bedeutung ist, insofern sie sich von vornherein auf einen Typ beschränken, ohne damit auszuschließen, daß noch andere sprachliche Ausdrücke zu den Performativa zu zählen wären, und damit in ähnlicher Weise kanonisch repräsentiert werden müßten/könnten. Für Meyer-Hermann spielt demgegenüber die Abgrenzungsfrage eine größere Rolle, da es offenbar Ausdrücke gibt, die — performativen Ausdrücken oberflächenstrukturell sehr ähnlich, bzw. mit ihnen identisch — je nach Kontext und Situation einmal in performativer, ein andermal in metakommunikativer Funktion verwendet werden (vgl. dazu Meyer-Hermann, in diesem Band, besonders S. 132ff.). Ob es sich um „eigentlich" oder „nicht-eigentlich" verwendete performative Ausdrücke, ob um metakommunikativ verwendete „interaktionsbenennende Ausdrücke" (in Meyer-Hermanns Terminologie), oder ob es sich um sprachliche Formen der Redewiedergabe handelt (vgl. dazu den Beitrag von Elisabeth Gülich in diesem Band, S. 49—101), in jedem Fall stellt sich bei einer „semantischen Interpretation" (vgl. die Definition dieses Begriffs in Petöfi/Kayser, in diesem Band, S. 1) der genannten Ausdrücke die Frage, was diese Ausdrücke bezeichnen, wenn sie, wie es in der oben zitierten Petöfi/Kayser-Definition heißt, z. B. zur „Bezeichnung" performativer Handlungen dienen. Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung von Elisabeth Gülich (in diesem Band) besteht darin, im einzelnen zu zeigen, daß die sprachlichen Formen der Redewiedergabe sehr unterschiedliche Aspekte von kommunikativen Handlungen „bezeichnen" (vgl. dazu die Matrix, S. 68). Die Untersuchungen von Petöfi/Kayser und Elisabeth Gülich nähern sich dem Phänomen der „Bezeichnung" von Sprechakten, bzw. Aspekten von Sprechakten aus den unterschiedlichen Perspektiven des Sprechers (Petöfi/Kayser) und des Hörers (E. Gülich). Für die Frage, was „bezeichnet" wird, d. h. welche kanonische Einheit welchem Ausdruck zugeordnet werden kann, spielt die Tatsache, daß man über das, was „bezeichnet" wird, also auch die Sprechakte und ihre Teilaspekte, berichten (bzw. metakommunizieren) kann, eine entscheidende Rolle. Tatsächlich kommen ja auch, wie E. Gülich (in diesem Band, S. 85) betont, explizit performative Formeln in der Alltagskommunikation relativ selten vor; außerdem gibt es Fälle, in denen das
Vorwort
XI
Verb der explizit performativen Formel nicht zum Berichten über den vollzogenen Sprechakt verwendet werden kann (vgl. E. Gülich, in diesem Band, S. 85, Anm. 35). Aus diesen Tatbeständen leitet E. Gülich die Frage ab, „ob die Sprechakttheorie nicht weitgehend als eine Theorie des Sprechens über Sprechakte, also als eine Theorie der Redewiedergabe [ — und man könnte aufgrund des Beitrages von Meyer-Hermann in diesem Band hinzufügen, als eine Theorie der metakommunikativen Interaktion — ] anzusehen ist" (85). Dieter Metzings Vorschlag für neue „Verfahren zur Produktion/Interpretation indirekter Sprechakte" basiert auf dem Befund, daß alle bisherigen Versuche der semantischen Interpretation dieses Typs von Sprechakten, die im Rahmen der Sprechakttheorie vorgenommen wurden, keine durchgreifende, grundsätzliche Lösung anzubieten haben. Dabei geht es natürlich um komplexere Probleme, als um die relativ einfache Frage, daß einem performativen Ausdruck eine andere kanonische Einheit zugeordnet werden muß, als die, welche durch die „Bezeichnung" des performativen Verbs gegeben zu sein scheint. Die Frage der Unterscheidung von „eigentlicher" und „nichteigentlicher" Redeweise, zwischen „direktem" und „indirektem" Sprechakt muß für alle Sprechakte ohne explizit performative Formel auf einer anderen Ebene behandelt werden, als für den Fall, daß eine solche Formel vorliegt, sei sie nun „direkt" oder „indirekt" verwendet. Hier ginge es letztlich darum, die genannte Unterscheidung als solche zu thematisieren. Metzings Untersuchung zielt jedoch in eine andere Richtung. Sie knüpft an die von Searle (1975; vgl. die genaue Literaturangabe unten, S. 161) entwickelte Konzeption eines auf Seiten des Hörers zu vollziehenden Schlußprozesses (vgl. unten, S. 159) an. Zur Operationalisierung solcher Schlußprozesse ist anzustreben, „das für solche Schlußprozesse benötigte Wissen in einer Form zur Verfügung zu haben, die einerseits eine überprüfbare, schematische Herleitung der zuzuordnenden illokutionären Rolle erlaubt und die andererseits eine Abkürzung des Beweiswegs durch Ausnutzung pragmatischen Wissens erlaubt" (Metzing, in diesem Band, S. 150). Möglichen Einwänden gegen die Leistungsfähigkeit von Sprachverarbeitungsystemen hält Metzing entgegen, daß „eine maschinelle Auswertung von Sprechaktsequenzen neue Einsichten in Sprechaktproduktions- und Erkennungsbedingungen erbringen" (Metzing, in diesem Band, S. 152) kann. In Kap. 4.4 seines Aufsatzes „Erhaltungsgesetze für Sprechaktsysteme" behandelt Peter Finke das System des „Behauptens" am Beispiel eines Falles, in dem A über B etwas „behaupten" will, ohne jedoch die performative Formel ich behaupte, daß zu verwenden. „Er [A] wählt stattdessen rhetorische Mittel aus, die den gleichen kommunikativen Effekt erzielen
XII
Vorwort
können" (Finke, in diesem Band, S. 184). M.a.W. A vollzieht „indirekte" Sprechakte. A macht nach Finke damit bewußten Gebrauch von der im „E-Sprechaktsystem" des „Behauptens" angelegten Möglichkeit, „die kommunikative Funktion einer Behauptungshandlung zu erhalten [meine Hervorhebung], auch wenn die Performativkonstante ,ich behaupte, daß . . .' nicht zur Verfügung steht" (184). Finkes „Erhaltungsgesetze" formulieren Bedingungen, unter denen dies möglich ist. Sie stellen damit u.a. auch einen Beitrag zur Klärung des Problems der „indirekten" Sprechakte dar. Es bedurfte keinerlei argumentativer Kapriolen, um den Themenkomplex, den man grosso modo durch die Stichworte „performative Ausdrücke — indirekte Sprechakte" könnte, als einen (jeweils mehr oder weniger zentralen) Aspekt der bis hierher angesprochenen Beiträge dieses Bandes ansehen zu können. In bezug auf den Aufsatz von Werner Kallmeyer „Fokuswechsel und Fokussierungen als Aktivitäten der Gesprächskonstitution" würde das nun allerdings gewisse Schwierigkeiten bereiten. Man mag dies bereits als ein Indiz (und mehr nicht) für die grundlegende Andersartigkeit des konversationsanalytischen im Vergleich mit dem sprechakttheoretischen Ansatz eines Searle betrachten, wenn auch Weiterentwicklungen der Sprechakttheorie, wie sie Wunderlich (1976; vgl. genaue Literaturangabe, unten, S. 142) in seinen „Entwicklungen der Diskursanalyse" vornimmt, die Unterschiede teilweise zu reduzieren scheinen. Die „Indirektheit" eines Sprechakts z. B. ist eine Kategorie auf der Ebene der Binnenstruktur eines Sprechakts in Relation zu Kontext und Situation. Kallmeyer folgt demgegenüber der konversationsanalytischen Praxis, „mit der Analyse von Mustern und Regularitäten bei manifesten Interaktionsvorgängen [meine Hervorhebung] anzusetzen" (Kallmeyer, in diesem Band, S. 192) und klammert die „satzinternen Strukturierungen" aus; das hat zur Konsequenz, daß z. B. die unterschiedlichen Formen „metakommunikativer Thematisierungen" bei Kallmeyer neben anderen Formen wie „Anreden", „Partikeln", „Adverbien" natürlich nicht als solche untersucht zu werden brauchen, sondern lediglich im Hinblick auf eine bestimmte Funktion in der Interaktion, beispielsweise „Relevanzeinstufung" erwähnenswert sind. Ein weiteres Beispiel für die Unterschiede hinsichtlich der Argumentationsebene stellt auch die unterschiedliche Verwendung und Reichweite des Begriffs „Ankündigung" in den Beiträgen von Meyer-Hermann (metakommunikativer Sprechakttyp „Ankündigung", vgl. unten, S. 136ff.) und Kallmeyer (Fokussierungen von Typ „Ankündigung", vgl. unten, S. 228ff.) dar. Aus didaktischer Sicht scheint der „Begründungs- und Erklärungswert" des
Vorwort
XIII
konversationsanalytischen Ansatzes, sowie sprechhandlungs-theoretischer Konzepte, wie sich Gert Henrici vorsichtig ausdrückt, „zweifellos größer als der traditioneller linguistischer Theorien" zu sein (Henrici, in diesem Band, S. 269). Henrici weist in seinem Aufsatz „Didaktik und Sprechhandlungstheorie" kritisch auf die regelmäßige Nachordnung didaktischer Begründungen für die Übernahme theoretischer Konzepte in den Sprachunterricht hin. Sein Gegenvorschlag, die „Pädago-Linguistik" ist als integrierte ForschungsInstruktions- und Produktionsunternehmung zu verstehen, „in der die Trennung von Didaktik der Linguistik (als Form fachspezifischer Hochschuldidaktik) und Sprachdidaktik (als Form fachspezifischer Schuldidaktik) im Rahmen interdisziplinärer und theoriepraxisbezogener Kooperation aufgehoben ist" (Henrici, in diesem Band, S. 258). Es ist allerdings eine notwendige Konsequenz dieses Ansatzes, daß, — woran Henrici keinen Zweifel läßt —, „linguistische Sprechhandlungskonzepte — in welcher Ausformung auch immer — ( . . . ) nicht ausreichen [können], um allein ein so komplexes Gebilde wie Sprachunterricht theoretisch zu begründen und zu fundieren" (Henrici, in diesem Band, S. 269). Was technische Hinweise betrifft, kann ich mich damit begnügen anzumerken, daß Schrifttypunterschiede keine durchgängige Funktion für den gesamten Band haben; es wird vielmehr nach der Devise verfahren, Schrifttypunterschiede so zu verwenden, daß innerhalb eines Aufsatzes keine Zweifel über die Funktion aufkommen können. Es ist nicht auszuschließen, daß zwischen dem Zustandekommen dieses Bandes und meiner Mitgliedschaft in der „Ausdauersportgemeinschaft Teutoburger Wald E.V., Bielefeld" ein Zusammenhang besteht. Dem Niemeyer-Verlag schulde ich Dank für seine noble Geduld, meiner Frau, Adelheid, für ihr konstantes Verständnis.
Bielefeld, Januar 1978
Reinhard Meyer-Hermann
Jànos S. Petöfi/Hermann
Kayser
Sprechhandlungen und Semantische Interpretation (Die Rolle der performativ-modalen, weltkonstitutiven und deskriptiven Ausdrücke in der Textinterpretation)*
1
Einleitung
Da die wichtigsten Operationen in der menschlichen Kommunikation das Verstehen der einzelnen Äußerungen und das Feststellen ihrer Wirklichkeits-Bezüge (Zuordnung wenigstens eines Sinnes zur betreffenden Äußerung und (wenigstens) eines nichtfiktiven oder fiktiven Korrelats zum betreffenden Sinn) sind, ist die wichtigste Operation der wissenschaftlichen/ linguistischen Textverarbeitung die semantische Interpretation. Der Terminus „semantische Interpretation" bedeutet grob gesprochen die explizite Repräsentation deijenigen Beziehung, die zwischen einer Äußerung, ihrem Kontext und dem von ihr dargestellten/zum Ausdruck gebrachten/in Aussicht gestellten/erwarteten/erfragten/... Sachverhalt im Kontext der Äußerung besteht. Im Falle einer aussage artigen Äußerung bedeutet die semantische Interpretation 1.) die explizite Repräsentation deijenigen Bedingungen, bei deren Erfüllung die betreffende Äußerung im gegebenen Kontext wahr ist, und 2.) die explizite Zuordnung eines Wahrheitswertes. Die semantische Interpretation bedeutet im Falle einer Äußerung, die die Größe eines Textes hat, die Repräsentation desjenigen WeltKomplexes (Kontext-Komplexes), der im betreffenden Text in expliziter oder impliziter Weise manifestiert/textualisiert ist, die Repräsentation der Beziehung zwischen den einzelnen Äußerungen und denjenigen Welten (Kontexten), zu denen sie Bezug haben, und die Repräsentation der Beziehung zwischen den einzelnen Welten. Die semantische Interpretation, die bereits im Falle von Äußerungen der Größenordnung von einfachen Sätzen eine komplizierte Operation ist, ist im Falle von Äußerungen der Textgröße noch viel komplizierter. Dazu, *
Der vorliegende Artikel ist eine überarbeitete Version des gleichnamigen Arbeitspapiers ,Petöfi/Kayser: S p r e c h h a n d l u n g e n und semantische I n t e r p r e t a t i o n , Bielefeld, J a n u a r 1976. Eine überarbeitete Version (mit f r a n z ö s i c h e m Material) ist in „Linguistique et Sémiologie", L y o n , erschienen.
2
Janos S. Petöfl/Hermann
Kayser
daß diese Operation intersubjektiv nachprüfbar durchgeführt werden kann, bedarf es eines algorithmisch aufgebauten Instrumentariums. In der vorliegenden Arbeit wollen wir uns mit einigen allgemeinen Fragen der semantischen Interpretation sowie einigen speziellen Fragen eines dieser Interpretation dienenden Instrumentariums auseinandersetzen.
2
Äußerungsstruktur — Kanonische Repräsentation
2.1 Das Verstehen von Äußerungen und die Zuordnung von Korrelaten zu ihnen hängt von der Struktur und vom Kontext der Äußerung ab. Hier muß sofort bemerkt werden, daß der Terminus „Kontext" ein ambiger Terminus ist: Er kann einerseits den nicht-sprachlichen Kontext einer Äußerung bedeuten (in allgemeinstem Sinne den Kontext einer natürlichen Sprache selbst, d. h. den physikalischen, sozialen und kulturellen Kontext, in dem die gegebene natürliche Sprache gebraucht wird), er kann aber auch den sprachlichen Kontext einzelner Äußerungen (die Äußerungen, die ihnen vorangehen und/oder auf sie folgen) bedeuten. (Um diese beiden Kontexte zu unterscheiden, werden wir im Zusammenhnag mit dem ersteren den Terminus „Kontext", im Zusammenhang mit dem letzteren den Terminus „Kotext" verwenden.) Da jeder beliebige Kontext mehr oder weniger vollständig und genau beschrieben (mit Hilfe von verbalen Mitteln mitgeteilt) werden kann, können auch solche Äußerungen erstellt werden, die fast alle im Hinblick auf die Kommunikation relevanten Angaben ihres eigenen Kontextes enthalten. Um die Struktur der Äußerungen näher betrachten zu können, vergleichen wir die folgenden vier aussageartigen Texte miteinander: (1)
J. S. P e t ö f i u n d H. Kayser h a b e n a m 10. Januar 1 9 7 7 d e n an der Universität B i e l e f e l d v e r s a m m e l t e n Linguisten m i t g e t e i l t , daß sie d a v o n überzeugt sind, daß die g e g e n w ä r t i g w i c h t i g s t e A u f g a b e der Linguistik die Untersuc h u n g der Fragen der s e m a n t i s c h e n Interpretation ist.
(2)
J. S. P e t ö f i u n d H. Kayser h a b e n a m 10. Januar 1 9 7 7 d e n an der Universität B i e l e f e l d v e r s a m m e l t e n Linguisten f o l g e n d e s m i t g e t e i l t : „Wir sind dav o n überzeugt, daß die gegenwärtig w i c h t i g s t e A u f g a b e der Linguistik die U n t e r u c h u n g der Fragen der s e m a n t i s c h e n I n t e r p r e t a t i o n ist."
(3)
J. S. P e t ö f i u n d H. Kayser h a b e n a m 10. Januar 1 9 7 7 d e n an der Universität B i e l e f e l d v e r s a m m e l t e n Linguisten f o l g e n d e s gesagt: „Wir, J. S. P e t ö f i und H. Kayser, teilen Ihnen, d e n an der Universität B i e l e f e l d j e t z t , a m 10. Januar 1 9 7 7 , v e r s a m m e l t e n Linguisten m i t , daß wir d a v o n überzeugt sind, daß die gegenwärtig w i c h t i g s t e A u f g a b e der Linguistik die U n t e r s u c h u n g der Fragen der s e m a n t i s c h e n I n t e r p r e t a t i o n ist."
Sprechhandlungen (4)
und semantische
Interpretation
3
Wir, J. S. Petöfi und H. Kayser, teilen Ihnen, den an der Universität Bielefeld jetzt, am 10. Januar 1977 versammelten Linguisten mit, daß wir davon überzeugt sind, daß die gegenwärtig wichtigste Aufgabe der Linguistik die Untersuchung der Fragen der semantischen Interpretation ist.
Diese vier Texte können global wie folgt charaterisiert werden: Text (1) ist ein rein deskriptiver Text (= Erzähltext); Text (4) ist ein kommunikativer Handlungs-Text; die Texte (2) und (3) sind in einen deskriptiven Kotext eingebettete kommunikative Handlungs-Texte. (Unter einem „kommunikativen Handlungs-Text" verstehen wir, grob gesprochen, einen Text, der die Repräsentation einer in erster Person formulierten Kommunikation ist.) In der Struktur von Text (4) können folgende drei Komponenten unterschieden werden: (a) eine performativ-modale Komponente (diese kann in weitere zwei Subkomponenten zerlegt werden: die eine Subkomponente ist die Beschreibung des Kontextes (wer bringt etwas zum Ausdruck, wem, wann und wo), die andere die Bezeichnung der Modalität des Äußerns („wir teilen mit")), (b) eine sogenannte welt-konstitutive Komponente (die Bezeichnung der Einstellung des Sprechers gegenüber dem zum Ausdruck gebrachten Sachverhalt („wir sind überzeugt")), schließlich (c) eine deskriptive Komponente (Beschreibung des zum Ausdruck gebrachten Sachverhaltes („die gegenwärtig wichtigste Aufgabe der Linguistik . . . " ) ) . Vergleichen wir jetzt die Texte (1) - (3) mit dem Text (4). Text (1) enthält alle drei Komponenten von Text (4), jedoch in rein deskriptiver Form. In Text (2) wird die performativ-modale Komponente von Text (4) in eine deskriptive Komponente, die die Modalität des Äußerns zum Ausdruck bringt („haben mitgeteilt"), umgewandelt und die unverändert gelassene weltkonstitutive und deskriptive Komponente von Text (4) in sie eingebettet. — Auf Grund der Texte (1) und (2) kann nicht eindeutig rekonstruiert werden, daß die kommunikative Handlung in dem Äußern von Text (4) besteht. Text (3) reproduziert den unverändert gelassenen Text (4), ihn in einen im Hinblick auf die Modalität des Äußerns indifferenten kommunikativen Kotext („haben gesagt") einbettend. (Zwischen einer kommunikativen und einer performativ-modalen Komponente besteht eine enge Analogie, sie weichen voneinander nur hinsichtlich des deskriptiven bzw. nicht-deskriptiven Charakters ab.) Auf eine detaillierte Strukturanalyse wollen wir hier nicht eingehen, es soll nur auf drei im Hinblick auf die weiteren Ausführungen wichtige Punkte hingewiesen werden: a) Es besteht kein Zweifel darüber, daß bei der kommunikativen Verarbei-
4
Janos S. Petöfi/Hermann
Kayser
tung (Verstehen und Korrelaten-Zuordnung) von Äußerungen, die Aussagecharakter haben, alle drei Komponenten ein grundlegende Rolle spielen. (Außer der Kenntnis von Zeitpunkt, Ort und Teilnehmer der Kommunikation müssen wir wissen, ob der Sprecher behauptet, mitteilt oder nur sagt usw. (= performative Modalität), ob es für ihn eine Tatsache ist, ob er weiß, glaubt oder nur sich vorstellt usw. (= weltkonstitutiver Charakter), das, was er zum Ausdruck bringt (= deskriptive Komponente). b) Ein großer Teil der Äußerungen, die Aussagecharakter haben, enthält nur die deskriptive Komponente in explizit verbalisierter Form. Die performativ-modale Komponente kann in expliziter Weise gegeben (lexikalisiert) sein, sie kann jedoch auch implizit gegeben sein, im Falle von geschriebenen Äußerungen in Form der satzschließenden Schriftzeichen und im Kon- und Ko-Text, im Falle von gesprochenen Äußerungen in der Intonation und im Kon- und Ko-Text. Wir können ferner von der indirekten oder direkten Äußerung der performativen Modalität der kommunikativen Handlung sprechen. (In einer Äußerung kann z. B. der in seinem eigentlichen Gebrauch indifferente performativ-modale Ausdruck „ich sage dir" vorkommen und die Funktion haben, in indirekter Weise die Modalität „ich behaupte dir gegenüber" auszudrükken usw. In diesem Fall können wir sagen, daß der Ausdruck „ich sage dir" nicht in seinem eigentlichen Gebrauch verwendet wird.) Die weltkonstitutive Komponente kann in expliziter Weise gegeben sein, sie kann aber auch vollständig fehlen. Wenn sie nicht in expliziter Weise angegeben ist, muß sie auf dem Wege der Interpretation bestimmt werden, weil ihre Kenntnis zum Verstehen der Äußerung und zur Zuordnung eines Korrelats unerläßlich ist. Für die Analyse von Äußerungen, die nicht Aussagecharakter haben (Frage, Befehl, Versprechen usw.), werden wir im weiteren Beispiele bringen. c) Es ist leicht einzusehen, daß jeder der Texte (1), (2) und (3) die deskriptive Komponente eines direkten kommunikativen Handlungstextes sein kann. (Als performativ-modale und weltkonstitutive Komponenten sind die folgenden vorstellbar: Jetzt und hier (Bezeichnung von Zeit und Ort) teile ich (Bezeichnung des Sprechers) dir/euch (Bezeichnung des Hörers oder der Hörer) mit, daß ich weiß/mich e r i n n e r e / . . . , daß Text (1)/Text (2)/Text (3). Darauf folgt, daß eine deskriptive Komponente beliebig komplex sein kann. (Auf die psychologischen Faktoren, die die Anzahl der Einbettungen begrenzen, wollen wir hier nicht eingehen.)
Sprechhandlungen und semantische
Interpretation
5
Um die Äußerungen verstehen zu können, muß ihre Struktur desambiguiert werden, und zur Repräsentation der desambiguierten Äußerungsstrukturen bedarf es einer wohldefinierten (einer kanonischen) Sprache. Wie eine kanonische Sprache aufgebaut wird, hängt von der theoretischen Konzeption ab, auf deren Grundlage sie erstellt wird. Im folgenden wollen wir einige im Hinblick auf die Repräsentierung der performativen und weltkonstitutiven Äußerungskomponenten relevante Aspekte der kanonischen Sprache der sog. Textstruktur-Weltstruktur-Theorie (TeSWeST) kurz erörtern. Die TeSWeST baut auf dem folgenden Grundsatz auf: (a) Den einzelnen Äußerungen müssen solche sog. intensional-semantische Repräsentationen (Sinn-Repräsentationen) zugeordnet werden, die alle Informationen enthalten, um zu diesen Repräsentationen in einem zweiten Schritt extensionalsemantische Repräsentationen (Korrelat-Repräsentationen) zuordnen zu können; (b) zur Erstellung der intensional-semantischen Repräsentation bedarf es einer speziellen kanonischen Sprache, deren sämtliche Elemente in einem Lexikon definiert sind und deren Syntax eindeutig festgelegt ist. 1 2.2 Wie wir im vorhergehenden betont haben, ist die erste grundlegende Operation in der Kommunikation das Verstehen. Dazu sind folgende Informationen nötig: Kenntnis der eindeutigen Beschreibung der Sachverhalte (deskriptive Komponente), Kenntnis der Einstellungen der kommunizierenden Personen (weltkonstitutive Komponente: Bezeichnung der Welt, in der Sachverhalte als Tatsachen betrachtet, gewußt, geglaubt werden), und schließlich die Zuordnung der Sachverhaltbeschreibungen und der Weltbezeichnungen zueinander (performativ-modale Komponente: das und das betrachtet die Person X als Tatsache (Behauptung), das und das verlangt sie (Befehl), das und das stellt sie in Aussicht (Versprechen usw.)). Eine vollständige (elementare) Repräsentation, die mit Hilfe einer kanonischen Sprache erstellt wurde, muß diese dreifache Struktur wiedergeben können. Als globale Darstellung einer Bedeutungsrepräsentation betrachten wir das Beispiel 5. Der über eine komplexe deskriptive Komponente verfugenden Äußerung (OT1) kann die in die kanonische deskriptive kommunikative Einheit ( K l ) eingebettete ( R l ) als elementare Repräsentation (atomarer Text) zugeordnet werden.
1
Zur Struktur der TeSWeST vgl. Petöfi ( 1 9 7 6 ) , ( 1 9 7 7 ) , (1977a), Biasci/Fritsche (im Druck).
6
Jänos S. Petöfi/Hermann (5)
Kayser
(OT1) Ich meine, daß Peter nicht weiß, daß Fleming das Penicillin entdeckt hat (Das Zeichen , , " ' ist ein Betonungszeichen, es bringt im Falle des Beispiels zum Ausdruck, daß das, was Peter nicht weiß, ist, daß es Fleming war, der das Penicillin entdeckt hat.) (Kl)
(Rl)
(Oa)
«S
=
[dFi] | s t : C t O , sl:C10, u p : p ^ |
(Ob)
P^
=
[KOMMUNIZIEREN] | a p : / l , go:B, e o : ^ !
(la)
Ti
=
[dFi] | st:JETZT/=Ttl/, sl:HIER/=Tll/, u p : p j }
(lb)
P Pl
=
[SAGEN] | a p : I C H / M / , g o : P e r s . 2 / = 5 / , e o : P ^ }
(2a)
PW
=
[dFi] { s t : W t l , s l : W l l , u p : p ^ |
(2b)
p7
=
[MEINEN] j s e : I C H / = v 4 / , s p : P ^ w l !
(3a) (3b) (3a') (3b')
pDwl _ P
Dwl _ 1 "
pDw2
_Dw2 _ p l "
(3a") (3b")
_
=
D Pl
(4a)
=
[dFi] | s t : D w l t l , s l : D w l l l , up:
iP°Wl|
[WISSEN] | s e : P E T E R , s p : P ^ w 2 [ [dFi] | st:Dw2tl,
sl:Dw211, u p : p ^ w 2 |
[TUN]|dp:Fleming^,, upiP^} [dFi] j s t : D t l , sl:Dll, u p : p ^ | [ENTDECKEN] | d p : F L E M I N G , ao:PENICILLIN [ T t l ] C [fftO]
(4b)
[ W t l ] 2 [Ttl]
(4c)
[MEINEN] | sc:A sp:Dwl tl ] > Wtl ] J
(4d)
[Dtl]>[Ttl]
(4e)
[Dtl ] C [Dw2tl ]
( K l ) wird w i e f o l g t gelesen: „In einer n i c h t näher b e s t i m m t e n Zeit (CtO u n d an e i n e m nicht näher bes t i m m t e n Ort (E10 ist e s der Fall, daß A k o m m u n i z i e r t B T V ' ( R l ) wird w i e f o l g t gelesen: „ J E T Z T , z u m Z e i t p u n k t T t l u n d H I E R , an d e m Ort T U ist es der Fall ( [ d F i ] ) , daß
Sprechhandlungen und semantische
Interpretation
1
ICH /=A/ sage Dir /=B/, daß JETZT, zum Zeitpunkt Wtl und HIER, an dem Ort Wll es der Fall ist, daß ICH /=A/ meine, daß zum Zeitpunkt D w l t l und an dem Ort Dwlll es der Fall ist, daß Peter nicht weiß, daß zum Zeitpunkt Dw2tl und am Ort Dw211 es der Fall ist, daß Fleming tut, daß zum Zeitpunkt Dtl und an dem Ort Dil es der Fall ist, daß Fleming entdeckt das Penicillin; wobei:
das geschlossene Zeitintervall Ttl ein echter oder unechter Teil des geschlossenen Zeitintervalls (TtO ist, das geschlossene Zeitintervall Wtl das geschlossene Zeitintervall Ttl als einen echten oder unechten Teil enthält, über das geschlossene Zeitintervall D w l t l A meint, daß es gleichzeitig mit oder später als das geschlossene Zeitintervall Wtl zu Ende geht, das geschlossene Zeitintervall Dtl dem geschlossenen Zeitintervall Ttl vorangeht; das geschlossene Zeitintervall Dw2tl enthält das geschlossene Zeitintervall Dtl als echten oder unechten Teil. Im Zusammenhang mit dieser Repräsentation muß besonders auf folgendes hingewiesen werden: Eine Sachverhaltbeschreibung (hier die komplexe deskriptive Einheit (3a) - (3b")) muß immer einer JETZT&H1ER&ICHWelt zugeordnet werden. (Dieser JETZT&HIER&ICH-Charakter kommt in den Reihen (la), (lb), (2b), (4a), (4b) und (4d) von ( R l ) eindeutig zum Ausdruck. Siehe dazu auch, wie ( R l ) zu lesen ist. ( R l ) ist ein nicht wohl-geformter Ausdruck der kanonischen Sprache, und zwar deshalb, weil die Argument-Stellen durch nicht-wohlgeformte Argument-Repräsentationen besetzt sind. Dies spielt jedoch im Kontext dieser Arbeit keine Rolle. In diesem Kontext ist nur wichtig, daß die notwendige Voraussetzung der Wohlgeformtheit das Vorhandensein der performativen :: weltkonstitutiven :: deskriptiven Struktur ist.2 In ( R l ) finden sich die folgenden Argumentrollen-Indikatoren: „ao" (affected object), „ap" (agent-participant), „dp" (doer participant), „eo" (effected object), „go" (goal-object), „se" (state-experiencer), „sl" (specification-local), „sp" (state-participant), „st" (specification-temporal), ,,up"
2
„ S t " , „sl", „ u p " usw. sind A r g u m e n t r o l l e n i n d i k a t o r e n . Zur Einführung und D e f i n i t i o n dieser I n d i k a t o r e n vgl. H e y d r i c h ( 1 9 7 7 ) .
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Janos S. Petöfi/Hermann
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(unspecified participant). (Diese Indikatoren können hier nicht näher erklärt werden.) bezeichnet die Propositum-Komponente einer FunktorArgument-Struktur. ist das Zeichen der Negation. Die deskriptive Struktur kann einfach oder komplex sein. Eine einfache deskriptive Struktur repräsentiert einen Sachverhalt, eine komplexe deskriptive Struktur repräsentiert eine Welt (eine Weltkette) mit ihrem Sachverhalt (mit dem Sachverhalt der letzten Welt dieser Weltkette). Eine komplexe deskriptive Struktur finden wir in ( R l ) (3a-3b"). Im Zusammenhang mit den performativen und weltkonstitutiven Einheiten m u ß noch auf zwei Fragen kurz eingegangen werden: Die erste Frage ist die Frage danach, was diese Einheiten darstellen, die zweite nach der Art und Weise, wie diese Einheiten im Lexikon behandelt werden (müssen). Die kanonisch performativ-modalen Einheiten sind Kennzeichnungen von speziellen kanonischen Handlungen: einer solchen indifferenten kanonischen performativen Handlung, die z. B. im Deutschen durch den performativen Ausdruck „sagen" gekennzeichnet wird, wenn damit ausschließlich die Tatsache einer Kommunikation zum Ausdruck gebracht werden soll; einer solchen kanonisch performativen Handlung, die z. B. im Deutschen durch den performativen Ausdruck „behaupten" gekennzeichnet wird mit der Bedeutung, „etwas zum Ausdruck zu bringen, das auf Verlangen bewiesen werden k a n n " usw. Die kanonisch weltkonstitutiven Einheiten sind Kennzeichnungen (Etiketten) von Welten: z. B. der Welt, die im Deutschen durch den weltkonstitutiven Ausdruck „es ist für mich ein F a k t u m " gekennzeichnet wird in dem Sinne, daß wir das als „ F a k t u m " ansehen, was wir auf wissenschaftlichem oder nicht-wissenschaftlichem Wege erfahren; oder z. B. der Welt, die im Deutschen durch den weltkonstitutiven Ausdruck „ich stelle mir vor" gekennzeichent wird in dem Sinne, daß das, was wir uns „vorstellen" nach unserem besten Wissen nur in unserer Phantasie existiert/geschieht usw. Da die natürlichsprachlichen Ausdrücke, welche natürliche Sprache wir auch immer wählen, eine Handlung oder Welt nur selten eindeutig zum Ausdruck bringen, werden die performativ-modalen und weltkonstitutiven Einheiten, wenn wir sie mit Hilfe der Elemente einer natürlichen Sprache repräsentieren, selbst ambig. Um Eindeutigkeiten zu erreichen, benötigen wir eine Basis-Sprache, deren Einheiten nicht ambig sind. Mit der Frage, wie wir eine solche Basis-Sprache theoretisch einführen (können), wollen wir uns hier nicht beschäftigen. Von der Annahme ausgehend, daß eine solche Basis-Sprache konstruiert/ postuliert werden kann, bestehen zwei Möglichkeiten zur Erstellung der kanonischen Sprache:
Sprechhandlungen
und semantische
Interpretation
9
a) Die eine Möglichkeit besteht darin, daß wir allein die Einheiten dieser Basis-Sprache als Einheiten der kanonischen Sprache betrachten, b) die zweite Möglichkeit besteht darin, daß wir von den Einheiten der kanonischen Sprache verlangen, daß sie entweder Einheiten dieser BasisSprache sein oder mit Hilfe der Einheiten dieser Basis-Sprache definierbar sein sollen. Die TeSWeST ist bestrebt, die zweite Möglichkeit zu realisieren, woraus folgt, daß das Lexikon der TeSWeST die folgende Zuordnung durchführt: Den einzelnen natürlichsprachlichen Ausdrücken werden Ausdrücke in syntaktisch-normierter Form zugeordnet. (Bei den syntaktisch-normierten Formen werden die Regeln des kanonischen Formations-Regelsystems der TeSWeST verwendet.) Diese syntaktisch-normierten Formen werden im Lexikon als Explikanda behandelt. Den einzelnen natürlichsprachlichen Explikanda werden Definitionen/Definitionsketten als Explikantia zugeordnet. Die Explikanda werden auch lexikalische Repräsentationen (LeR) genannt, die Explikantia semantische Repräsentationen (SeR). An die Definientia im Lexikon wird nicht die Forderung gestellt, ausschließ lieh Einheiten der Basis-Sprache zu enthalten. Was allein verlangt wird, ist, daß sie auf solche Definientia zurückgeführt werden können, die ausschließlich solche Einheiten enthalten. Ein natürlichsprachlicher Ausdruck ist sovielfach ambig, wie viele verschiedene kanonisch-sprachliche Definitionen ihm als Explikantia im Lexikon zugeordnet sind. Auf den inhaltlichen und formalen Aufbau der Definientia wollen wir hier nicht eingehen. Diese Definitionen/Definitionsketten müssen mit Hilfe der Einheiten der Basis-Sprache (oder Einheiten, die auf diese zurückgeführt werden können) beschreiben, was es im Hinblick auf die semantische Interpretation bedeutet, „etwas zum Ausdruck zu bringen", „etwas zu sagen", „etwas zu glauben" usw. (Wir möchten noch einmal betonen, daß es sich bei den Definitionen/Definitionsketten um kanonische Einheiten handelt, die eine kanonisch performativ-modale Handlung, ein kanonisches Welt-Etikett usw. repräsentieren. 3 ) Über die hier erörterten Fragen der Bedeutungsrepräsentierung kann zusammenfassend folgendes gesagt werden: Die Repräsentierung der Bedeutung eines objektsprachlichen Textes besteht in der expliziten Repräsentation dessen, welchen JETZT&HIER&ICH-Welten welche SACHVERHALTE wie ZUGEORDNET sind bzw. aufweiche Weise von einer JETZT&HIER&ICHWelt beliebige vergangene und zukünftige JETZT&HIER&ICH-Welten ERREICHT werden können. 3
Zu Fragen des L e x i k o n s vgl. P e t ö f i / B r e d e m e i e r ( 1 9 7 7 ) .
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2.3 Zuletzt wollen wir in diesem Einleitungsteil auch die Problematik der Korrelat-Zuordnung kurz berühren. Korrelat-Zuordnung bedeutet grob gesprochen, daß den Argument-Repräsentationen Objekte, atomaren Texten Sachverhalte, Texten Sachverhaltkomplexe zugeordnet werden. Die Korrelat-Zuordnung ist im Falle von Texten zweifach komplex: einerseits dadurch, daß die Texte im allgemeinen Repräsentationen des Komplexes von Welten sind, die miteinander in den verschiedensten Relationen stehen, andererseits dadurch, daß zu den einzelnen Welten Sachverhaltkomplexe gehören. Die Steuerung dieser Zuordnung kann man sich so vorstellen, daß das ausschließlich Basiseinheiten enthaltende Definiens der einzelnen weltkonstitutiven Einheiten die Struktur der betreffenden Welt beschreibt und dadurch die Einhaltung/Kontrolle der weltspezifischen Konsistenz der zugehörigen Sachverhaltkomplexe ermöglicht. (Wir können sagen, daß das Definiens einer kanonisch weltkonstitutiven Einheit zusammen mit dem Definiens einer kanonisch performativ-modalen Einheit eine Mini-Logik bildet.)
3 Performative Ausdrücke — kanonisch performative Einheiten 3.1 Die Unterscheidung der im Titel dieses Kapitels zueinander in Relation gesetzten Begriffe bewegt sich auf der Ebene der Unterscheidung zwischen Ausdrücken einer natürlichen Sprache und Einheiten einer kanonischen Sprache. Sie sollen folgendermaßen verstanden werden: Unter performativen Ausdrücken sind objektsprachliche Ausdrücke zu verstehen, die zur Bezeichnung oder Durchführung performativer Handlungen dienen. Kanonisch performative Einheiten sind Repräsentationen wohldefinierter kanonisch performativer Handlungen und werden den performativen Ausdrücken zugeordnet, wobei zwischen kanonisch performativen Einheiten und performativen Ausdrücken keine eins zu eins Relation angenommen werden kann. Gründe dafür ergeben sich aus folgenden Tatsachen: a) Wie alle sprachlichen Ausdrücke können auch performative Ausdrücke ambig sein. (Als Beispiele seien die in Liste 1 aufgeführten Ausdrücke 9 1 , 9 8 und 121 genannt.); b) vielen performativen Ausdrücken können, vielen anderen müssen komplexe (nicht nur aus einer performativen Einheit bestehende) kanonische Einheiten zugeordnet werden; c) wie bereits gesagt, kann ein performativer Ausdruck auch in einer Weise verwandt werden, die nicht seinem eigentlichen Gebrauch entspricht („fragen" kann z. B. sowohl bittend als auch befehlend verwandt wer-
Sprechhandlungen
und semantische
Interpretation
11
den.). In diesen Fällen muß die zuzuordnende kanonische Einheit den nichteigentlichen Gebrauch des performativen Ausdrucks repräsentieren. Die genannten Gründe machen deutlich, daß zu einem performativen Ausdruck verschiedene kanonische Einheiten zugeordnet werden können und umgekehrt. 3.2 Wenn wir die performativen Ausdrücke einer Sprache zusammenstellen wollen, muß durch Definition oder zumindest durch Arbeitsinstruktionen angegeben werden, was unter „performativem Ausdruck" zu verstehen ist. Bei der Zusammenstellung der Liste der performativen Ausdrücke der deutschen Sprache (siehe Liste 1) haben wir folgende Arbeitsinstruktionen zugrundegelegt: a) Es ist eine Unterscheidung zu machen zwischen performativen Ausdrücken, die die performative Modalität einer (eingebetteten) Einheit angeben (z. B. „ich behaupte, daß Peter schläft") und solchen, deren Äußerung die Durchführung von nicht durch Modalität gekennzeichneten Handlungen bedeutet (z. B. „Hiermit taufe ich dich auf den Namen ,Peter'!"). Die Zusammenstellung der performativen Ausdrücke in Liste 1 sowie deren Untersuchung beschränkt sich ausschließlich auf die performativ-modalen Ausdrücke. b) Alle zu untersuchenden performativ-modalen Ausdrücke müssen die Forderung erfüllen, drei Argumente zu haben: die Bezeichnung eines Sprechers in ICH-Form, eines Hörers in DU-/EUCH-Form und einen eingebetteten Satz. In der Liste 1 sind folgende Informationen zugefügt:
den einzelnen Ausdrücken hin-
a) Sprachbezogene Informationen: ..ob Information, die eine abweichende Anschlußform des eingebetteten Satzes angibt. (Als normale Form betrachten wir die Anschlußform mit „ . . ., daß".) pr
Information, die angibt, daß der performative Ausdruck mit einem präpositionalen Ausdruck (auf/fur/in/mit/über/ . . . + das /Nomen) verbunden ist, der auf einen eingebetteten Satz hinweist.
12
Jânos S. Petofi /Hermann
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b) Nicht (nur) sprachbezogene Informationen: ICH; D U : Information, die angibt, ob der Sprecher (ICH), der Hörer (DU) oder beide (ICH/DU) Hauptaktor(en) in der Handlung ist/sind, die in dem eingebetteten Satz beschrieben wird. Diese Information ist durch Interpretation aus dem performativen Ausdruck ableitbar. Z
Information, die angibt, daß der Zeitpunkt der im eingebetteten Satz beschriebenen Handlung in bezug auf den Zeitpunkt der performativen Handlung in der Zukunft liegt.
Von den benützten Klammerzeichen schließen die runden Klammern einen Teilausdruck ein, der bei der Durchführung der performativen Handlung meist nicht explizit geäußert werden muß. Da wir uns im weiteren ausschließlich mit den performativ-modalen Ausdrücken bzw. Einheiten beschäftigen werden, werden wir die einfachere Bezeichnung ,performativ' gebrauchen.
Liste 1 Performativ-modale 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
4
Ausdrücke
der deutschen
Sprache4
abmachen [ICH/DU] / Z - Ich mache mit dir ab, daß du mich kommende Woche besuchst. abschlagen [ICH] - Ich schlage dir ab, dich vom Bahnhof abzuholen. abstreiten - Ich streite (dir gegenüber) ab, daß ich Peters Butterbrot gestohlen habe. anbieten [ICH] / Z - Ich biete dir an, dir zu helfen. andeuten - Ich deute (dir gegenüber) an, daß Klaus seine Frau verlassen hat. anflehen [DU] / Z - Ich flehe dich an, mit deinem Auto langsamer zu fahren. anfragen [ . . ., ob] - Ich frage (bei dir) an, ob du meine Brieftasche gefunden hast. angeben - Ich gebe (dir gegenüber) an, daß ich ihn in der Stadt gesehen habe.
Die performativ-modalen Ausdrücke wurden zusammengestellt aufgrund von: Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1975 sowie Oer Große Duden, Band 8, 1972. Einige Ausdrücke wurden zusätzlich aufgenommen und entstammen ebenso wie ein Großteil der Beispielsätze eigener Kompetenz. Bei der Lesartseparierung einzelner Ausdrücke wurden an den Stellen, an denen sie im Wörterbuch unvollständig erschienen, eigene Ergänzungen vorgenommen.
Sprechhandlungen und semantische 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.
24.
25. 26. 27. 28. 29.
Interpretation
13
anklagen [ D U ] - Ich klage dich a n , die Fensterscheibe z e r b r o c h e n zu h a b e n . ankündigen / Z - Ich kündige dir a n , d a ß d u einen S t u d i e n p l a t z erhalten wirst. anmelden - Ich melde (bei dir) an, daß ich an diesem Bild interessiert bin. anordnen [DU] / Z - Ich o r d n e (dir gegenüber) an, daß du das A u t o wäschst. anraten [DU] / Z - Ich rate dir a n , diese A k t i e n schnell a b z u s t o ß e n . ansagen / Z - Ich sage euch an, daß die morgige V e r a n s t a l t u n g ausfällt. antworten - Ich a n t w o r t e dir, daß ich diese Frage nicht b e a n t w o r t e n k a n n . anvertrauen - Ich vertraue dir an, daß ich viele S c h u l d e n habe. anweisen [ D U ] / Z - Ich weise dich an, mir das geliehene Buch zurückzugeben. anzeigen - Ich zeige bei dir an, daß Paul meine Ä p f e l gestohlen h a t . appellieren [ D U ] / Z - Ich appelliere an dich, endlich eine Arbeit a n z u n e h m e n . a u f f o r d e r n [zu e t w a s ; D U ] / p r , Z - Ich f o r d e r e dich (dazu) a u f , mir einen Platz f r e i z u m a c h e n . ausdrücken - Ich drücke (dir gegenüber) aus, daß ich dein Verhalten mißbillige. ausmachen [ICH/DU] / Z - Ich m a c h e m i t dir aus, d a ß ich am Dienstag zu dir k o m m e . äußern - Ich äußere (dir gegenüber), daß ich beabsichtige, mir eine W o h n u n g zu nehmen. beanstanden - Ich b e a n s t a n d e (dir gegenüber), daß Peter seine Schulden n o c h nicht bezahlt hat. beauftragen [DU] / Z - Ich b e a u f t r a g e dich, ein Buch aus der Bibliothek zu holen. befehlen [DU] / Z - Ich b e f e h l e dir, das Z i m m e r zu verlassen. befragen [. . ., o b ] - Ich befrage dich, o b du d e n Dieb erkannt hast. befürworten - Ich b e f ü r w o r t e (dir gegenüber), daß Peters Bitte erfüllt wird. behauptenl - Ich b e h a u p t e (dir gegenüber), d a ß du Zeit g e h a b t hast, den Brief zu schreiben. behaupten2 - Ich b e h a u p t e (dir gegenüber), daß Evariste Galois ein Genie war.
14 30. 31.
32. 33. 34.
35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50.
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beipflichten - Ich pflichtc dir bei, daß sein Verhalten skandalös ist. beibringenl - Ich bringe dir bei, daß er morgen verhaftet wird. beibringen2 - Ich bringe dir bei, daß auch die Gesetze der Mathematik angezweifelt werden dürfen. beistimmen - Ich stimme dir bei, daß Peter zuviel raucht. benachrichtigen [von etwas] / pr - Ich benachrichtige dich (davon), daß Felix heute morgen abgereist ist. beraten [dahingehend; D U ] - Ich berate dich dahingehend, daß du möglichst schnell das Land verlassen solltest. berichten - Ich berichte dir, daß Margit einen Unfall hatte. bescheinigen - Ich bescheinige dir, daß du dir auf diese Weise nur Feinde machst. beschuldigen [DU] - Ich beschuldige dich, daß du falsche Nachrichten verbreitest. bestätigen - Ich bestätige dir, daß Klaus dich einen Trottel genannt hat. beteuern - Ich beteuere (dir gegenüber), daß ich dich niemals belügen werde. beweisen - Ich beweise dir, daß Norbert dich ständig betrügt. bezeugen - Ich bezeuge (dir gegenüber), daß er die Nacht zu Hause verbracht hat. bezichtigen [ D U ] - Ich bezichtige dich, daß du auf mich ein A t t e n t a t verüben wolltest. bitten [um etwas; D U ] / pr, Z - Ich bitte dich (darum), mir etwas Geld zu leihen. danken [für etwas; D U ] / pr - Ich danke dir (dafür), daß du mir etwas Geld geliehen hast. darlegen - Ich lege dir dar, daß du Axel unmöglich vertrauen kannst. darstellen - Ich stelle dir dar, daß Peter recht hat mit seiner Behauptung. drohen [mit etwas; ICH] / pr, Z - Ich drohe dir (damit), dich an die Polizei zu verraten. durchgeben - Ich gebe dir durch, daß Ottokar an Herzversagen gestorben ist. eingestehen - Ich gestehe (dir gegenüber) ein, daß ich Ferdinand umgebracht habe. einigen [sich; über etwas; ICH/DU] / pr - Ich einige mich mit dir (darüber), daß Michael besser Fußball spielt als Hannes.
Sprechhandlungen 51. 52. 53. 54. 55. 56.
57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67.
68. 69.
70. 71. 72.
und semantische
Interpretation
15
einladen [zu etwas; DU] / pr, Z - Ich lade dich (dazu) ein, meine neue Wohnung zu besichtigen. einräumen - Ich räume (dir gegenüber) ein, daß Sigrid größer ist als Angela. einwenden - Ich wende (dir gegenüber) ein, daß er besser pokern kann als ich. einwilligen [ICH] / Z - Ich willige (dir gegenüber) ein, mit dir zum Fußballplatz zu gehen. empfehlen [DU] / Z - Ich empfehle dir, dich warm anzuziehen. entgegen - Ich entgegne dir, daß Friedrich schon immer einen schlechten Charakter hatte. enthüllen - Ich enthülle dir, daß er Angelika umbringen will. erinnern [an etwas] / pr - Ich erinnere dich daran, daß du diesen Brief schreiben willst. erklären - Ich erkläre dir, daß dein Leberschaden gefährlich ist. erlauben [DU] - Ich erlaube dir, diesen Politiker mit Tomaten zu bewerfen. erläutern - Ich erläutere dir, daß ich die Absicht habe, ein Haus zu bauen. ermahnen [DU] / Z - Ich ermahne dich, künftig die Finger von Margit zu lassen. eröffnen - Ich eröffne dir, daß Heinrich schlecht über dich redet. ersuchen [DU] / Z - Ich ersuche dich, mir deine Adresse mitzuteilen. erwähnen - Ich erwähne (dir gegenüber), daß er versucht, das Schwimmen zu erlernen. feststellen - Ich stelle (dir gegenüber) fest, daß heute alle vollständig versammelt sind. eine Feststellung treffen - Ich treffe die Feststellung (dir gegenüber), daß ich über sein Verhalten höchst erstaunt bin. fordern [DU] / Z - Ich fordere von dir, daß du mir sofort meine Brieftasche zurückgibst. eine Forderung stellen [DU] / Z - Ich stelle die Forderung an dich, daß alle Bedingungen von dir erfüllt werden müssen. fragen [ . . ., ob] - Ich frage dich, ob du mitkommen willst. garantieren - Ich garantiere dir, daß der Dieb nicht entkommen wird. geben, zu verstehen ~ - Ich gebe dir zu verstehen, daß ich ihm kein Geld mehr leihe.
16 73. 74. 75. 76.
77.
78.
79.
80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91.
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gebieten [DU] / Z - Ich gebiete dir, mich in Zukunft nicht mehr zu belästigen. gestatten [DU] / Z - Ich gestatte dir, meinen Wagen zu benutzen. gestehen - Ich gestehe dir, daß ich in meiner Jugend Autos gestohlen habe. hinweisen [auf etwas] / pr - Ich weise dich darauf hin, daß du am Eingang deine Schuhe abzuputzen hast. hinzufügen - Ich füge (dir gegenüber) hinzu, daß dieser Kandidat ein ausgesprochener Trottel ist. informieren [über etwas] / pr - Ich informiere dich (darüber), daß man einen Hausdurchsuchungsbefehl für deine Wohnung beantragt hat. in Kenntnis setzen [von etwas] / pr - Ich setze dich in Kenntnis davon, daß ich mich entschlossen habe auszuwandern. kommunizieren - Ich kommuniziere dir, daß Johannes krank ist. leugnen [ICH] - Ich leugne (dir gegenüber), daß ich ihn getötet habe. melden - Ich melde dir, daß Philipp mich ständig verprügeln will. mitteilen - Ich teile dir mit, daß Konrad seinen 24. Unfall verursacht hat. nahelegen [DU] / Z - Ich lege dir nahe, dir einen neuen Anzug zu kaufen. offenbaren - Ich offenbare dir, daß ich seit drei Monaten heimlich verlobt bin. offerieren / Z - Ich offeriere dir, dich nach Hause zu bringen. raten [DU] / Z - Ich rate dir, heute nicht deine Wohnung zu verlassen. Rat erteilen [DU] / Z - Ich erteile dir den Rat, deine Haustür gut abzuschließen. reklamieren - Ich reklamiere bei dir, daß das Essen versalzen ist. rügen [DU] - Ich rüge dich, daß du nicht aufpaßt. sagen 1 - Ich sage dir, daß Fritz mich besucht hat. sagen 2 - Ich sage dir, daß dies niemals eintreten kann, sagen 3 [DU] / Z - Ich sage dir, daß du morgen zum Friseur gehen sollst, sagen 4 [DU] / Z - Ich sage dir, daß es besser ist, sofort aufzubrechen.
Sprechhandlungen 92. 93.
94. 95.
96. 97. 98.
99.
100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112.
und semantische
Interpretation
17
schwören - ich schwöre dir, daß ich die ernste Absicht habe zu arbeiten. sprechen [für etwas] / pr - Ich spreche (dir gegenüber) dafür, daß Thomas eine bessere Note erhalten sollte. tadeln [DU] - Ich tadele (dir gegenüber), daß er mir diese Tatsache verschwiegen hat. übereinkommen [ICH/DU] - Ich komme mit dir überein, daß wir morgen mittag zum Fußballplatz gehen. überzeugen [von etwas] / pr - Ich überzeuge dich (davon), daß Louise unterbezahlt ist. unterbreiten - Ich unterbreite dir, daß ich beabsichtige, mir ein Grundstück zu kaufen. unterrichten I [von etwas] / pr - Ich unterrichte dich (davon), daß Wolfgang zum Ersten kündigen wird, unterrichten 2 [in etwas] / pr - Ich unterrichte dich (darin), daß mathematische Grundlagen in der Linguistik ihre Anwendung finden können. unterstellen [DU] - Ich unterstelle dir, daß du absichtlich nicht zu unserer Verabredung gekommen bist. verdächtigen [DU] - Ich verdächtige dich, daß du mich schändlich hintergangen hast. vereinbaren [ICH/DU] / Z - Ich vereinbare mit dir, daß wir uns vor dem Bahnhof treffen. verkünden - Ich verkünde dir, daß ich die Absicht habe, das Rauchen aufzugeben. verlangen [DU] / Z - Ich verlange von dir, daß du mir meine Taschenuhr zurückgibst. verordnen [DU] / Z - Ich verordne dir, jeden Tag einen Waldlauf zu machen. verpflichten [DU] / Z - Ich verpflichte dich, mich über jede Neuigkeit zu unterrichten. versichern - Ich versichere dir, daß ich Christel nicht länger belästigen werde. versprechen [ICH] / Z - Ich verspreche dir, daß ich dich am nächsten Wochenende Regina vorstelle. verständigen [von etwas] - Ich verständige dich (davon), daß ich Hans-Jürgen zum Abendessen erwarte. verweisen [auf etwas] / pr - Ich verweise dich (darauf), daß dieses Buch in der Bibliothek zu finden ist. voraussagen / Z - Ich sage dir voraus, daß Norbert enttäuscht werden wird. vorbringen - Ich bringe (dir gegenüber) vor, daß Du Klaus zu Unrecht beschuldigst. vorgeben - Ich gebe (dir gegenüber) vor, daß ich an starken Magenschmerzen leide.
18
Jónos S. Petöfi¡Hermann
11 3. 114. 115.
116. 117.
118. 119.
120. 121.
122. 123. 124. 125. 126. 127.
3.3
Kayser
vortragen - Ich trage dir vor, daß wir alle beschlossen haben, dich zu ertränken. vorwerfen [DU] - Ich werfe dir vor, daß du in unlauterer Absicht handelst. den Vorwurf erheben [DU] - Ich erhebe den Vorwurf (dir gegenüber), daß du unsere Arbeit absichtlich boykottierst. warnen [vor etwas; DU] / pr, Z - Ich warne dich (davor), noch einmal so riskant zu fahren. widerrufen [ICH] - Ich widerrufe (dir gegenüber), daß ich Karl einen Schmutzfink genannt habe. widersprechen [in etwas] / pr - Ich widerspreche dir (darin), daß es mir gut geht. wiederholen - Ich wiederhole (dir gegenüber), daß ich eine Gehaltsaufbesserung für gerechtfertigt halte. wissen lassen - Ich lasse dich wissen, daß er am Wochenende nicht kommt. wünschen 1 [ D U ] / Z - Ich wünsche dir, daß du im kommenden Jahr mehr Glück hast, wünschen 2 [DU] - Ich wünsche (von dir), daß du deine Zähne putzt. zugeben - Ich gebe (dir gegenüber) zu, daß er diese Arbeit für mich geschrieben hat. zurückweisen - Ich weise (dir gegenüber) zurück, daß ich Hannes jemals beleidigt habe. zusagen [ICH] / Z - Ich sage dir zu, daß ich dir bei der Gartenarbeit helfen werde. zusichern [ICH] / Z - Ich sichere dir zu, dir mein nächstes Manuskript zuzusenden. zustimmen - Ich stimme dir zu, daß er sehr intelligent ist. zureden [DU] / Z - Ich rede dir zu, dein Examen möglichst schnell in Angriff zu nehmen.
I m f o l g e n d e n w e r d e n die p e r f o r m a t i v e n Ausdrücke daraufhin unter-
s u c h t , w e l c h e k a n o n i s c h e n E i n h e i t e n i h n e n z u g e o r d n e t w e r d e n k ö n n e n . Dabei wird die M ö g l i c h k e i t , daß performative Ausdrücke a u c h in e i n e m nichte i g e n t l i c h e n G e b r a u c h v e r w a n d t w e r d e n k ö n n e n , n i c h t berücksichtigt, d.h. die k a n o n i s c h e n E i n h e i t e n w e r d e n die H a n d l u n g e n repräsentieren, die durch d e n p e r f o r m a t i v e n A u s d r u c k in e i g e n t l i c h e m G e b r a u c h b e z e i c h n e t werden. D i e p e r f o r m a t i v e n A u s d r ü c k e einer natürlichen Sprache w e r d e n in d e m L e x i k o n f o l g e n d e r m a ß e n expliziert:
Sprechhandlungen
und semantische
19
Interpretation
(a)
Den performativen Ausdrücken sind Ausdrücke in syntaktisch-normierter F o r m zugeordnet. (Bei den syntaktisch-normierten F o r m e n werden die Regeln des kanonischen Formations-Regelsystems der TeSWeST verwendet.) Diese syntaktisch-normierten F o r m e n werden im Lexikon als Explikanda behandelt.
(b)
Den Explikanda sind als Explikantia Definitionen oder Definitionsketten zugeordnet, die aus Einheiten der kanonischen Sprache konstruiert werden. Als kanonische Sprache kann im Prinzip jede beliebige natürliche Sprache in einer semantisch normierten F o r m dienen. (Wenn wir im Lexikon eine Definitionskette als Explikans haben, ist das erste Glied dieser Kette das erste Explikans, das auch gleichzeitig das erste D e f i n i e n d u m ist.)
Die Explikanda werden auch lexikalische Repräsentationen ( L e R ) genannt, die Explikantia semantische Repräsentationen (SeR). Die sinnsemantische Repräsentation einer Äußerung kann LeR- oder SeR-Charakter haben. Es gibt performative Ausdrücke, denen solche syntaktisch-normierte F o r m e n zugeordnet sind, die (in performativer F u n k t i o n ) auch dann nicht als LeR-en verwendet werden dürfen, w e n n die Repräsentation der zu analysierenden Äußerung LeR-Charakter haben sollte. Die erste Aufgabe besteht darin zu prüfen, zu welchem performativen Ausdruck eine solche syntaktisch normierte F o r m zugeordnet werden k a n n , die als LeR verwendet werden darf, und zu welchem nicht. Dem performativen Ausdruck „ b e h a u p t e n " kann z.B. eine solche syntaktisch normierte F o r m zugeordnet werden. Die Z u o r d n u n g kann wie folgt repräsentiert werden: (1)
behaupten
[behaupten 1] j ICH, DU, W f
(Die syntaktisch normierte F o r m ist hier in vereinfachter F o r m angegeben „•
Adressatenkennzeichnung
> +
1b
J= u «5 besteht oder nicht besteht, ausdrücken. Sie sind insofern aber nicht hinreichend für eine Explikation der kommunikativen Adäquatheit, als sie nicht die Funktionsangemessenheit oder -unangemessenheit der in einem SpracheWelt-Paar vollziehbaren sprachlichen Handlungen thematisieren, also nicht die Geeignetheit oder Ungeeignetheit eines sprachlichen Systems, spezifische Kommunikationsbedürfnisse seiner Benutzer zu befriedigen bzw. die für eine bestimmte Kommunikationsgemeinschaft, die durch ein spezifisches Sprache-Welt-Paar < L, W > definiert werden kann, typische kommunikative Bedarfslage abzudecken. Hierfür brauchen wir einen Begriff funktionaler oder kommunikativer Adäquatheit: Eine Sprache L ist kommunikativ adäquat genau dann, wenn die Kommunikationsbedürfnisse aller Sprecher/Hörer der Kommunikationsgemeinschaft < L, W > durch L und die zulässigen Modi des L-Gebrauchs vollstän-
178
Peter Finke
ständig befriedigt werden können, und wenn der in < L, W > anfallende Kommunikationsbedarf vollständig gedeckt werden kann. Die Erhaltung dieser kommunikativen Adäquatheit ist, wenn das Erhaltungsgesetz (A) gültig ist, für jede natürliche Sprache möglich. Wenn wir natürliche Sprachen als Sprechaktsysteme im Sinn von (Sj) deuten, handelt es sich bei (A) zugleich um den Rahmen der Formulierung eines Erhaltungsgesetzes für solche Sprechaktsysteme. — Während (Sj) natürliche Sprachen als Sprechaktsysteme deutet, können wir im Sinne von (S2) auch Sprechaktsysteme von natürlichen Sprachen meinen. Eine kommunikativ adäquate Sprache ist nun in dem Sinne vollständig, daß sie jedes Sprechaktelement, das zur Deckung des durch We < L, W > festgelegten kommunikativen Bedarfs notwendig ist, auch (potentiell) enthält. Daher können wir auch (S2) - Sprechaktsysteme hinsichtlich ihrer Vollständigkeit beurteilen. Freilich ist nun (A) nicht selbst zugleich ein Erhaltungsgesetz für diese (S2) - Sprechaktsysteme, denn diese Systeme umfassen neben Strukturausschnitten natürlicher Sprachen auch Strukturen alternativer Kommunikationsmedien, welche beim Ausfall beispielsweise eines Sprechaktelements Ersatzfunktionen erhalten. Auf diese Weise kann die Vollständigkeit eines (S2) durch gewisse Kompensationsmechanismen gesichert werden. Dies soll uns im Kapitel 4 genauer beschäftigen.
4 Erhaltungsgesetze für Sprechaktsysteme 4.1
Universelle und spezielle Erhaltungsgesetze
Neben der Unterscheidung zwischen formalen und substantiellen Erhaltungsgesetzen können wir zwischen universellen und speziellen Erhaltungsgesetzen unterscheiden. Es handelt sich dabei um eine Unterscheidung, die nach dem Gültigkeitsbereich dieser Gesetze getroffen wird. So gibt es — wie zu zeigen ist - Erhaltungsgesetze, die für alle E-Sprechaktsysteme gelten (universelle Erhaltungsgesetze) und solche, die nur für einige oder auch nur für eines gelten (spezielle Erhaltungsgesetze). (Dies gilt, mutatis mutandis, für die zugeordneten Erhaltungsbedingungen.) Beispielsweise wird für alle E-Sprechaktsysteme einer natürlichen Sprache L gelten, daß ihre kommunikativen Funktionen auch dann erhalten bleiben können, wenn die sprachlichen Mittel, die uns normalerweise für ihre Durchführung zur Verfügung stehen, aus irgendwelchen Gründen ausfallen. Dieses wäre dann ein Erhaltungssatz, der aus einem universellen Erhaltungsgesetz abgeleitet werden kann, das die Bedingungen spezifiziert, unter denen die kommunikativen
Erhaltungsgesetze
für
179
Sprechaktsysteme
Leistungen der E-Sprechaktsysteme aus L erhalten werden könne. Zum anderen könnte für ein bestimmtes E-Sprechaktsystem, etwa das des ,Warnens', gelten, daß es nur unter Bedingungen, die von denen anderer E-Sprechaktsysteme abweichen, seine kommunikative Funktion aufrechterhalten kann. Zu den universellen Erhaltungsbedingungen würden etwa Toleranzund Interpretationsstrategien gehören, mit denen der Hörer die sprachlichen Ersatzhandlungen des Sprechers zu verstehen sich bemüht; zu den speziellen Erhaltungsbedingungen wäre zum anderen der spezifische Situationstyp zu zählen, der zumindest bei aufrichtigen und ernst gemeinten sprachlichen Handlungen nicht gegen einen beliebigen anderen auswechselbar ist, damit aber zugleich auch eine nichtsprachliche Erhaltungsbedingung darstellt, die oft so eindeutig und spezifisch ist, daß sie die Identifizierung der gemeinten kommunikativen Funktion auch dann ermöglicht, wenn deren normale oder gewöhnliche sprachliche Ausführung nicht möglich ist. Es dürfte schon bei diesen Beispielskizzen deutlich geworden sein, daß wir in dem mit den Problemen der Erhaltungssysteme abgesteckten Kontext für sprechakttheoretische Untersuchungen einen neuen Aspekt beispielsweise für die Analyse indirekter Sprechakte wiederfinden.
4.2
Universelle Erhaltungsgesetze für
Sprechaktsysteme
Sprechaktsysteme im Sinne von (S3) (vgl. oben, S. 166) sind komplexe Sprechaktsysteme, die 1-verknüpft und 1-hierarchisch geordnet sind. Fragen wir uns zunächst, ob für verschiedene Typen dieser Systeme ebenfalls Erhaltungsgesetze gelten, bevor wir zu den hier eigentlich interessierenden (S^-Systeme übergehen. Die Sprechaktkomplexe K, welche (Sß)-Systeme sind, bilden wichtige Funktionseinheiten natürlicher Sprachen, insofern als sie gewährleisten, daß Sprechakte eine wohldefinierte Funktion in größeren Kommunikationseinheiten besitzen können. Solche Kommunikationseinheiten, wie beispielsweise die Fragen-Antworten-Einheit oder die Beschuldigen-Rechtfertigen-Einheit setzen einen Vollständigkeitsbegriff voraus, der etwa so expliziert werden kann: damit die mit einem Sprechaktelement ej intendierte Kommunikationshandlung gelingen kann, muß es in einen Sprechaktkomplex K eingebettet werden können, der in dem Sinne vollständig ist, daß er genügend andere Sprechaktelemente ej, j c , . . . enthält welche die zum Gelingen von h notwendigen Voraussetzungshandlungen auszuführen erlauben. So ist beispielsweise die Existenz des FragenElements eine Voraussetzung dafür, daß die mit dem Antworten-Element ausführbare Handlung gelingen kann oder die Existenz des Beschuldigen-
180
Peter Finke
Elementes eine Voraussetzung dafür, daß die mit dem Rechtfertigen-Element ausführbare Handlung gelingen kann. Metakommunikative Sprechakte setzen objektkommunikative voraus; 6 der Komplex, der das Element Zitieren enthält, muß beispielsweise ein objektkommunikatives Element wie Mitteilen oder Behaupten enthalten, um vollständig zu sein. Diese Überlegungen zeigen, daß es für die Erhaltung der kommunikativen Funktionen von einzelnen Sprechaktelementen wichtig ist, daß die Sprechaktkomplexe K vollständig zur Verfügung stehen. Wir können daher ein universelles Erhaltungsgesetz für Sprechaktkomplexe wie folgt formulieren: (B)
Gesetz der Erhaltung von
Sprechaktkomplexen
Ein Sprechaktkomplex K kann die Eigenschaft der Vollständigkeit ten gdw. es gibt e, e, F, k, so daß 1. e =
je,
en j
(Sprechaktelemente
erhal-
aus K)
(Kompensationselemente) 3. F
(Äquivalenzfunktion
)
(Desambiguierungskontexte) Die unter 3. genannte Erhaltungsbedingung fordert die funktionale Äquivalenz von Sprechaktelement und Kompensationselement, d.h. es muß lediglich gewährleistet sein, daß vermittels ej eine Ersatzhandlung für die normalerweise vermittels ej auszuführende Handlung ausführbar ist, welche vom Hörer so verstanden werden kann, wie er normalerweise die mit e; verbundene Handlung verstehen würde. Die faktische Kommunikation vermittels des Sprechaktkomplexes K gelingt freilich nur, wenn ej tatsächlich auch wie ej verstanden wird; hierfür sind die unter 4. genannten Desambiguierungskontexte k erforderlich, die beispielsweise in situationalen Strukturen bestehen können. (B) ist ein universelles Erhaltungsgesetz, weil es für alle Sprechaktkomplexe gültig ist, unerachtet ihrer verschiedenen kommunikativen Funktionen. Durch die Bedingungen 2. bis 4. wird ein Kompensationsmechanismus bereitgestellt, der im Prinzip nicht nur für Sprechaktkomplexe, sondern auch für Sprechaktelemente Anwendung findet. Dies soll nachfolgend noch näher präzisiert werden. Die Menge aller dieser Kompensationsmechanis-
6
Zum hier nicht weiter analysierten Thema „Metakommunikation" vgl. MeyerHermann 1976, sowie Meyer-Hermann in diesem Band, S. 1 0 3 - 1 4 2 .
Erhaltungsgesetze
für
181
Sprechaktsysteme
men, welche in Bezug auf die einzelnen Sprechaktelemente einer Sprache Anwendung finden können, ist dabei zugleich nichts anderes als der Systemteil Ej eines (S2)-Sprechaktsystems, welcher dieses als Erhaltungssystem ausweist. Dieses können wir in einem Erhaltungsgesetz für (S2)-Sprechaktsysteme folgendermaßen ausdrücken: (C)
Gesetz der Erhaltung von
(S2)-Sprechaktsystemen
Ein Sprechaktsystem im Sinne von (S2) kann die Eigenschaft der Vollständigkeit erhalten, gdw. es gibt für jedes e ( e S2 mindestens ein M, so daß 1. M =
| e, F, k |
2 e -
je'^, ...
3. F = 4. k =
(Kompensationsmechanismus) (Kompensationselemente}
• e'j \k1,2,...\
(Äquivalenzfunktion) (Desambiguierungskontexte)
Mit (C) ist der Rahmen aller speziellen Erhaltungsgesetze für einzelne Sprechaktelemente, also (S^-Sprechaktsysteme oder E-Sprechaktsysteme, vorgegeben. Wenden wir uns nun diesen zu.
4.3
Spezielle Erhaltungsgesetze für Sprechaktsysteme
Von nun ab wollen wir nur noch E-Sprechaktsysteme betrachten. Was ist die Struktur eines solchen Sprechaktsystems? Im Sinne der in 2.4 angegebenen generellen Struktur eines Systems S = < E, P, Z, G, U > müssen wir uns fragen, welche Objekte als die Elemente, Eigenschaften, Zustände, Gesetze und Umgebungen von E-Sprechaktsystemen infrage kommen. Da es sich bei E-Sprechaktsystemen außerdem um Erhaltungssysteme in dem in 2.5 eingeführten Sinne handelt, ist es auch nötig, das Systemelement Ej, welches die Erhaltungsqualitäten sichert, intern genauer zu beschreiben sowie Erhaltungsbedingungen und -gesetze für solche Systeme anzugeben. Die Struktur dieser Systeme kann folgendermaßen angegeben werden: S ist ein E-Sprechaktsystem gdw. es gibt E, M, P, Z, G, D, U, so daß 1.E= 2. M C E
\l,w,R,Z',w',R',F,k\
182
Peter Finke 3 .P
=
\ p
l t
4. Z =
| Z„Z
5. G =
j
6. D
C
G
l.U
=
)
. . . , p 2
,Z
3
n
[
Gu...,Gn
Ul>2>...
\
|
|
Zur Erläuterung: Die Elemente E (S) zerfallen in die z w e i Teilmengen ]/, w, R | undiW = | l', w', R', F, k |.l ist eine Menge L-sprachlicher Entitäten, dabei handelt es sich im wesentlichen um lexikalische Entitäten, insbesondere eine Performativkonstante lj (beispielsweise „ich warne dich"), w ist eine Menge L-nichtsprachlicher Entitäten, insbesondere eine Situationskonstante Wj (beispielsweise die Warnungssituation). R ist eine Menge von sprechakttheoretischen Regeln, deren Anwendung das Gelingen des durch S systematisch strukturierten Sprechaktelements (beispielsweise des Warnens) gewährleisten. Die übrigen Systemelemente gehören z u m Kompensationsmechanismus M, der die Vollziehbarkeit der spezifischen, mit S verbundenen kommunikativen Funktion unter bestimmten Bedingungen auch dann gewährleistet, wenn 1, w , oder R 7 ganz oder teilweise ausfallen. Die Menge der Eigenschaften P umfaßt beispielsweise solche Elemente wie Gelingen der kommunikativen Funktion, Redundanz, Widerspruchsfreiheit, Vollständigkeit, Komplexitätsgrad, Homogenität und andere. Wir können drei interessante Zustände Z j unterscheiden, die systemkonformen Zustände Z | und Z 3 , sowie den Störzustand Z 2 , der etwa darin bestehen kann, daß ein Sprecher durch Performanzumstände wie Lärm, räumliche Entfernung vom Hörer oder die Gefahr, sich selbst zu verraten, daran gehindert wird, die „ n o r m a l e " ausgezeichnete Performativkonstante zu gebrauchen. Die Gesetze G umfassen neben solchen Gesetzen, die die genaue Struktur von S sowie die Bedingungen festlegen, unter denen die Regeln R b z w . R ' angewendet werden können, insbesondere auch Funktionsgesetze für S. Darunter sind solche Gesetze zu verstehen, die die Bedingungen spezifizieren, welche die spezifische kommunikative Funktion des durch S systematisch strukturierten Sprechaktelements (also etwa die des Warnens) determinieren, sowie die Teilmenge.D, die Erhaltungsgesetze von S. Sie spezifizieren die Bedingungen, unter denen — durch Einsatz des Kompensionsmechanismus M — spezifische Eigenschaften P: erhalten werden kön-
7
Nur die beiden ersten Fälle werden in den Beispielen in Kap. 4.4 bis 4.6 behandelt; der Ausfall von R schafft eine wesentlich kompliziertere Situation, die noch genauer zu untersuchen ist.
Erhaltungsgesetze für
Sprechaktsysteme
183
nen. Hierbei kann es sich um verschiedene Eigenschaften und damit verschiedene Gesetze handeln; besonders wichtig ist in jedem Falle, daß in S die Erhaltung der Möglichkeit des Gelingens des durch S systematisch strukturierten Sprechaktelements gewährleistet ist. U schließlich ist die in ihrer internen Struktur hier nicht näher interessierende Umgebung des Systems S, die nur als möglicher Störfaktor auffällt, beispielsweise in Form performanzbedingter Realisierungsschwierigkeiten des betreffenden Sprechaktelements in „normaler" Form. Fassen wir noch einmal zusammen: ein E-Sprechaktsystem ist eine wahrscheinlich sehr komplexe Einheit verschiedenartiger Entitäten und Strukturen, die im wesentlichen dazu dient, die spezifische kommunikative Funktion eines Sprechaktelements e¡ systematisch zu strukturieren und die Bedingungen dafür bereitzustellen, daß die mit e¡ intendierte Handlung in einer bestimmten Form auch gelingen kann. Für dieses System gelten spezifische Erhaltungsgesetze in der Weise, daß die Möglichkeit besteht (jedenfalls nicht aus systematischen Gründen ausgeschlossen ist), spezifische Eigenschaften des Systems auch dann zu erhalten, wenn es in einer konkreten Kommunikationssituation nur teilweise realisierbar ist. Besonders gefährdet ist die Möglichkeit des Gelingens der mit e¡ intendierten Handlung; deshalb werde ich nur dies im Weiteren betrachten. Erhaltungsbedingungen, die durch die in D versammelten Erhaltungsgesetze formuliert werden, sind spezielle Erhaltungsbedingungen, da sie für jeweils spezifische E-Sprechaktsysteme formuliert werden müssen. Entsprechend sind die in D versammelten Erhaltungsgesetze spezielle Erhaltungsgesetze, da sie nur für jeweils bestimmte E-Sprechaktsysteme gelten. Ich will zum Schluß drei Beispiele solcher Systeme in erster Näherung und auch nur soweit analysieren, als dies für die Formulierung jeweils eines speziellen Erhaltungsgesetzes notwendig ist. Dabei wird auch deutlich werden, daß es sich bei E-Sprechaktsystemen zwar um Erhaltungssysteme, doch keinesfalls um vollständige Erhaltungssysteme handelt. 8
8
Bei diesen Beispielen geht es nicht darum, spezifische E-Sprechaktsysteme möglichst vollständig strukturell zu beschreiben (obschon auch dies eine wichtige Aufgabe wäre), sondern am Beispiel dreier solcher Systeme die Wirkungsweise spezifischer Kompensationsmechanismen zu demonstrieren. Es wird nicht behauptet, daß diese Mechanismen in allen ihren Komponenten für das jeweilige System typisch wären, wohl aber im Zusammenhang dieser Komponenten.
184 4.4
Peter Finke
Das System des Behauptens
Gegeben sei folgende konkrete Situation: ein Politiker A möchte die Behauptung aufstellen, daß sein politischer Rivale B, der für eine Kandidatur um ein hohes politisches Amt infrage kommt, als Kandidat für dieses Amt ungeeignet ist. A muß daran Interesse haben, daß ihm die mit einer Behauptung verbundene kommunikative Handlung gelingt, um dadurch die Chancen B's, als Kandidat aufgestellt zu werden, zu schmälern; seine Handlung soll also über die Befriedigung eines Kommunikationsbedürfnisses hinaus einem politischen Ziel A's dienen. A könnte nun beispielsweise anläßlich eines Interviews, sagen: „Ich behaupte, daß B als Kandidat ungeeignet ist". Wir wollen aber annehmen, daß A Gründe hat oder zu haben meint, seine beabsichtigte Behauptungshandlung nicht in dieser Form vorzunehmen, beispielsweise, um nicht der Möglichkeit beraubt zu sein, trotz einer tatsächlich von ihm vollzogenen Handlung dieser Art später noch dementieren zu können, daß er behauptet habe, B sei ungeeignet. Er wählt deshalb eine Form, seine Behauptung der Ungeeignetheit B's so zu äußern, daß er dabei den Ausdruck „ich behaupte, daß . . . " vermeidet. Er wählt stattdessen rhetorische Mittel aus, die den gleichen kommunikativen Effekt erzielen können und sorgt außerdem durch den Gesprächskontext dafür, daß es kaum einen Zweifel daran geben kann, daß er tatsächlich von B behauptet, daß er ungeeignet sei. Später, als politischer Krach mit B, der die Äußerungen von A auch im Sinne von Ungeeignetheitsbehauptungen aufgefaßt hat, ins Haus steht, dementiert er, jemals behauptet zu haben, B sei ungeeignet. Eine solche Kommunikationsstrategie macht bewußten Gebrauch von den mit dem E-Sprechaktsystem des Behauptens gegebenen Möglichkeiten, die kommunikative Funktion einer Behauptungshandlung zu erhalten, auch wenn die Performativkonstante „ich behaupte, daß . . . " nicht zur Verfügung steht. Beschränken wir uns auf diejenigen Komponenten dieses Systems, das ich B nennen will, welche mit seinen Erhaltungsqualitäten zu tun haben. Wir können zunächst drei Systemzustände unterscheiden. In Z] ist noch keine konkrete Behauptungssituation gegeben. Dieser Zustand ist insofern systemkonform, als er gleichsam den Nichtanwendungsfall der Systemstruktur repräsentiert; die kommunikative Funktion von B ist dadurch nicht gefährdet. In Z2 ist dann insofern ein Störzustand erreicht, als eine Behauptungssituation (eine Situation, in der eine Behauptung vollzogen werden soll) vorliegt, die ausgezeichnete Performativkonstante von B jedoch nicht zur Verfügung steht. Diese nichtsystemkonforme Situation ist durch einen Faktor Uj in der Systemumgebung U bedingt, nämlich die
Erhaltungsgesetze für
185
Sprechaktsysteme
Absicht A's, sich nicht die Möglichkeit zum Dementi durch Benutzung der Performativkonstante zu verbauen. B enthält nun aber ein Systemelement M^, das A den Vollzug einer Behauptungshandlung ohne Verwendung der Performativkonstante von B gestattet, indem er kommunikativ äquivalente Kompensierungselemente verwendet und auf diese Weise dafür sorgt, daß das System den konformen Kompensationszustand Z3 erreicht. Welche rhetorischen Mittel könnte A beispielsweise kompensativ verwenden? Man wird hier leicht geeignete Betonungen, metaphorische Sprechweisen, Ironie u.a.m. finden, die in diesem Falle als Kompensationselemente für die fehlende Performativkonstante fungieren können. So könnte A etwa sagen: „Ich halte Herrn B für einen fähigen K o p f , einen sehr ehrenwerten Menschen und durchaus geeignet, politische Verantwortung zu tragen". Allerdings zeigt dieses Beispiel auch, daß ein Kompensationsmechanismus M nur dann zu einer verläßlichen Erhaltung der kommunikativen Funktion führt, wenn es hinreichend unmißverständliche Desambiguierungskontexte k gibt; in unserem Beispielfall könnten sie in Einzelheiten der Interviewsituation bestehen (B wird vielleicht seit geraumer Zeit Führungsschwäche vorgeworfen), der Gesprächsführung (A wiederholt zum Beispiel so oft, daß es unglaubwürdig wirkt, daß er B als Mensch schätzt) oder auch der Mimik von A . Wir können uns freilich auch leicht Situationen ausdenken, w o der in B eingebaute Kompensationsmechanismus erschöpft ist. So könnte ein geschickter Interviewer durch mehrfaches Nachfragen schließlich doch die Verwendung des ausgezeichneten Performativs provozieren oder eine andere Situation gegeben sein, w o nur seine Verwendung die angestrebte Wirkung erzielen würde. Schon diese knappen Überlegungen zeigen, daß B keineswegs ein vollständiges Erhaltungssystem ist, dessen kommunikative Funktion unter allen Umständen gesichert werden kann. Ich fasse diese Beispielanalyse mit der groben Formulierung eines speziellen Erhaltungsgesetzes, bei dem ich für die einzelnen Komponenten von M allerdings nur wenige Beispiele angeben kann, zusammen: (Dj,) Das E-Sprechaktsystem des Behauptens B kann seine kommunikative Funktion partiell erhalten gdw. es gibt c, M, c F, k, so daß 1. c
=
2. M= 3. c
„ich behaupte,
daß..."
\c',F,k\ =
\lronie, metaphorisches
Sprechen, besondere
Intonation
186
Peter Finke 4.
F
=
5. k =
4.5
Cj
*-»• c'j
{Gesprächssituation,
Kommunikationsstrategie,..
Das System des Versprechens
In kürzerer Form soll nun am Beispiel des Versprechenssystems demonstriert werden, daß es auf der Grundlage der hier entwickelten Theorieskizze möglich ist, Sprechhandlungen in fiktiven Kontexten eine neue Deutung zu geben. Zunächst wieder eine Situation: Gegeben sei ein fiktionaler Text T, etwa ein Kriminalroman. In ihm treten zwei Personen auf, A und B. A gibt B das Versprechen, zu einer vereinbarten Zeit an einem vereinbarten Ort sein zu wollen. A fuhrt die Versprechenshandlung aus durch explizite Verwendung der Performativkonstante „ich verspreche dir, daß . . . " . Soweit die Situation. Interessant ist an diesem Fall, daß dem Rezipienten des Textes T kein nichtsprachlicher Kontext dieser Versprechenshandlung mitgeliefert werden kann und er dennoch in der Lage ist, deren komunikative Funktion unmißverständlich zu erfassen. Zwar ist nicht er, sondern B der Adressat dieser Handlung und für B ist ein nichtsprachlicher Kontext — eine Kommunikationssituation — flktional gegeben; doch muß nichtsdestoweniger erklärt werden, wieso auch der Textrezipient verstehen kann, daß die Versprechenshandlung von A gelingen kann. Wir können an der Entwicklung dieses Versprechenssystems V wieder drei Systemzustände Z j , Z2 und Z3 unterscheiden: die beiden konformen Zustände vor und nach Eintreten der Versprechenssituationen, sowie den Zustand Z j , der insofern nichtsystemkonform ist, als die Situation, welche das Versprechen ermöglicht, nicht real gegeben ist und als nichtsprachliche Komponente der Versprechenshandlung erlebt wird, sondern wegen der spezifischen Bedingungen des fiktiven Kontextes auf sprachliche Weise gegeben wird. Ähnliches ist auch bei nichtfiktionalen Kontexten möglich, etwa in Berichtskontexten. Es ist also offenbar möglich, in gewissen Grenzen nicht nur die sprachlichen Erhaltungsbedingungen für Sprechaktelemente zu variieren oder durch nichtsprachliche zu ersetzen (vgl. das nächste Beispiel), sondern auch die nichtsprachlichen Erhaltungsbedingungen sprachlich zu kompensieren. Allerdings dürfte die Vermutung berechtigt sein, daß hierfür wesentlich weniger umfangreiche Kompensationsmechanismen zur Verfügung stehen. Auch dürfte gelten, daß die Desambiguierungskontexte k in diesen Fällen
Erhaltungsgesetze
für
Sprechaktsysteme
187
nicht so reichhaltig sind wie in solchen, bei denen die Kommunikationssituation in gewohnter Weise gegeben ist. Der Rahmen eines speziellen Erhaltungsgesetzes würde in diesem Falle wie folgt aussehen: (Dvj Das E-Sprechaktsystem des Versprechens V kann seine kommunikative Funktion partiell erhalten gdw. es gibt w, M, w', F, k, so daß 1. w =
Versprechenssituation
2 M = | w', F, k [ 3. w' = sprachliche Darstellung einer Versprechenssituation (Zwei Kommunikanden, explizite oder implizite Schilderung des Kommunikationsinteresses des Sprechers, insbesondere, daß es in seiner Absicht liegt, sich zur Ausführung einer Handlung zu verpflichten) 4. F = w
> w'
5. k = | explizite Verwendung der Performativkonstante „ich verspreche dir, daß...", interpretierende Kontexte, • • • |
4.6
Das System des Warnens
Die Situation möge sein: A und B sind politische Agenten, die ihre Enttarnung furchten müssen. A erfährt, daß B enttarnt worden ist und weiß nicht, ob B selbst es auch bereits weiß. Er will ihn deshalb warnen. Er trifft ihn aber nur kurz in einer ungünstigen Situation, die es ihm unmöglich macht, B direkt zu sagen, daß er ihn warnen möchte; es kann sich beispielsweise um eine Feierstunde handeln, bei der A zwar Blickkontakt mit B hat, jedoch aus Gründen der Vorsicht nicht die Möglichkeit, etwas zu sagen. Durch Mimik und Gesten gelingt es A jedoch trotzdem, B zu warnen. Was liegt hier vor? Der interessante Systemzustand, der nichtkonform ist, besteht darin, daß die Systemumgebung U den Störfaktor Uj enthält, nämlich die Unmöglichkeit für A, überhaupt zu sprechen. Die Performativkonstante „ich warne dich davor, daß , , , " wird nicht etwa freiwillig nicht benützt (wie im Beispiel Behaupten), sondern kann gar nicht benützt werden, wenn der Zweck der kommunikativen Handlung von A und damit letztlich die kommunikative Funktion der Sprechhandlung Warnen nicht gefährdet, ja unerreichbar werden soll. In solchen Fällen sind offen-
188
Peter
Finke
bar ebenfalls Kompensationsmechanismen gegeben, welche die kommunikative Funktion dennoch aufrechtzuerhalten gestatten können. Es handelt sich hier vor allem um die Ausnützung der multimedialen Kommunikativität des gewöhnlichen Sprechens, also die Ausnützung der Tatsache, daß wir zumeist nicht nur die natürliche Sprache L, sondern zugleich auch noch andere, nichtsprachliche Kommunikationssysteme in zumeist unterstützender Form mitbenutzen. Diese Redundanz der gewöhnlichen Kommunikation kann nun in gewissen Grenzen vermindert werden, ohne daß die Kommunikation zu mißlingen braucht: das Beispiel zeigt sogar, daß man unter Umständen auch auf das sprachliche Kommunikationssystem verzichten kann. Es zeigt aber auch sehr deutlich, daß die Kompensationsbreite dann nicht sehr groß ist, was auch daran deutlich wird, daß bei Fortfall des gewöhnlichen sprachlichen Kommunikationssystems entsprechend stärker von Desambiguierungsstrategien Gebrauch gemacht werden muß, um Mißverständnisse zu vermeiden, die bei den oft weniger eindeutigen nichtsprachlichen Kommunikationssystemen häufig auftreten können. Zur Desambiguierung dienen dabei vor allem Interpretationen. Das entsprechende Erhaltungsgesetz lautet dann in erster Näherung folgendermaßen: ( D w ) Das E-Sprechaktsystem des Warnens W kann seine kommunikative Funktion partiell erhalten gdw. es gibt c, M, c, F, k, so daß 1. c = „ich warne dich davor, 2. M =
{ c, F, k\
3. c =
{ gestisches System, mimisches System, andere natürliche
4. F = c 5. k =
9
daß..."
Zeichensprachen,
Sprachen,..
c
{ Interpretationen, ierungshinweise,...
Übersetzungen, j- . 9
situative
Desambigu-
Für einige anregende und wichtige Hinweise möchte ich mich bei meiner Frau, Barbara Bayreuther-Finke, auch auf diese Weise bedanken.
Erhaltungsgesetze
ßr
Sprechaktsysteme
189
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Werner
Kallmeyer
Fokuswechsel und Fokussierungen als Aktivitäten der Gesprächskonstitution*
1 Zur Abgrenzung des Gegenstands Im Ablauf von Kommunikationsprozessen sind bestimmte Äußerungen bzw. Äußerungsteile zu beobachten, mit denen die Beteiligten anzeigen, was im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit stehen wird, welche Aufmerksamkeitsausrichtung sie von ihren Partnern erwarten, welche sie für verbindlich halten usw. Charakteristische Formen solcher orientierenden Äußerungen sind zum Beispiel Einleitungen, Ankündigungen oder Andeutungen. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Manifestationstypen, denen die Orientierungsfunktion gemeinsam ist und für die deshalb eine einheitliche Behandlung angemessen erscheint. Orientierungsvorgänge werden besonders auffällig, wenn sie sich über mehrere Äußerungen erstrecken. Daneben gibt es jedoch auch weniger auffällige Formen. Orientierungsvorgänge sind zum Beispiel auch in der Einleitung von Einzeläußerungen zu beobachten, so bei Signalen wie eh, hm usw., welche unter anderem die Absicht sich zu äußern anzeigen können. Darüber hinaus gibt es Orientierungsvorgänge, die in die grammatische Struktur von Äußerungen integriert sind und dementsprechend nicht als gesonderte Äußerungen oder Äußerungsteile auszumachen sind. Derartige Phänomene sind zum Beispiel Gegenstand der Analyse von Sätzen oder Satzfolgen nach Thema-Rhema, Topic-Comment, Fokus usw.1 Es ist * 1
Diese Arbeit entstand im Rahmen eines von der Universität Bielefeld geförderten Forschungsprojekts „Gesprächsorganisation" (OZ. 2 3 5 4 ) . Einen guten Überblick über die Problemlage dieser Forschungsrichtungen geben die zusammenfassenden Darstellungen in Petöfi 1 9 7 4 und Gülich/Raible 1977, 60—89. Die Diskussion um Thema-Rhema nimmt ihren Ausgangspunkt bei der Beobachtung, daß die Komponenten eines Satzes hinsichtlich ihres Aussagecharakters und hinsichtlich ihres Informationswertes unterschiedlichen Status haben. Es gibt hier verschiedene, in den letzten Jahren konvergierende Forschungsstränge. Die Thema-Rhema-Analyse der funktionalen Satzperspektive hat primär zu tun mit der Beziehung eines Satzes zum Kontext, der Anknüpfung an Voraufgegangenes usw. Daneben wird im Rahmen der generativen Grammatik die Analyse nach topic, comment, Fokus usw. auf die Struktur einzelner Sätze bezogen, und zwar
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a n z u n e h m e n , daß diese satzinternen Strukturierungen in ihren Prinzipien den m a n i f e s t e n Orientierungsvorgängen verwandt sind. Ich m ö c h t e hier jed o c h der konversationsanalytischen Praxis folgen, mit der Analyse v o n Mustern u n d Regularitäten bei m a n i f e s t e n Interaktionsvorgängen anzusetzen, in d e n e n die Beteiligten durch die möglichst unmittelbare R e a k t i o n aufeinander besonders gut Einblick in die F u n k t i o n ihrer Äußerungen u n d in die verhaltensleitenden Muster geben. Ich klammere deshalb die satzinternen Strukturierungen hier aus. 2 Als geeigneter R a h m e n für die Behandlung der Orientierungsphänomene erscheint mir eine interaktionistische Theorie der K o n s t i t u t i o n v o n K o m munikation, w i e sie in verschiedenen A n s ä t z e n im Bereich der Sozialwissenschaften ausgearbeitet wurde u n d in der letzten Zeit vor allem über das Forschungsprogramm der Konversationsanalyse in die Linguistik Eingang finsowohl auf die Oberflächengestaltung (Wortfolge, Intonation) als auch auf die semantische Struktur; insbesondere ist davon die Unterscheidung betroffen, was als zentrale Information ausgesagt wird und was als Präsupposition eingeführt oder mitgefiihrt wird. Die behandelten Phänomene markieren eine zentrale Schnittstelle zwischen Satz- und Textkonstitution bzw. zwischen der Konstitution von Äußerungen und von Äußerungskomplexen. Ohne die mittlerweile umfangreiche Diskussion zu referieren, kann doch gesagt werden, daß die entscheidenden Fragen dieser Diskussion nur im Rahmen einer Texttheorie bzw. einer pragmatischen Kommunikationstheorie zu behandeln sind (vgl. dazu auch Petöfi 1974 und Weiss 1975). Dieser komplexe Problemstand ist zu einem Teil auch Gegenstand der vorliegenden Arbeit, insofern ein Strukturmodell für die Konstitution von Aktivitätskomplexen und Einzelaktivitäten behandelt wird, das Prinzipien der Fokuskonstitution berücksichtigt. 2
Zu einem umfassenderen konversationsanalytischen Forschungsprogramm muß auch die Analyse der inneren Struktur einfacher Äußerungen gehören. Insbesondere die früheren Arbeiten von Sacks (Zum Beispiel 1972) und die „Lectures" (1967/1972) geben einige Hinweise darauf, in welcher Weise grammatische Aussagen im engeren Sinne dabei reinterpretiert und zu ergänzen sind im Hinblick auf die Anforderungen der Interaktionskonstitution. In diese Richtung gehen ja auch Ansätze der Textlinguistik und der linguistischen Pragmatik, insbesondere der Partikelforschung, welche die Partikeln - gemeinhin eine Restkategorie der grammatischen Analyse - als entscheidende Signale der Kontexteinbettung sprachlicher Äußerungen begreifen. Der spezifische Beitrag der Konversationsanalyse in diesem Zusammenhang kann darin gesehen werden, Anforderungen der Interaktionskonstitution und darauf bezogene Leistungen zu beschreiben, welche in ausgebauten Aktivitätskomplexen erfaßbar, aber auch in Kleinformen nachweisbar sind. Um beide miteinander vergleichen zu können, müßte eine Vorstellung über die Verfahren der Expansion und Reduktion gewonnen werden, d.h. von Regeln für die Überführung ausgebauter (und konversationsanalytisch gut beschreibbarer) und reduzierter Aktivitäten ineinander. Diese Aufgabe kann in der vorliegenden Arbeit nur ansatzweise in Angriff genommen werden.
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det. 3 Zum Kern der Interaktionstheorie gehört die Auffassung, daß Interaktionsvorgänge wechselseitig konstituiert werden, d.h. daß die Beteiligten in gegenseitiger Abstimmung ihren Manifestationen Bedeutungen zuschreiben und Interaktionskomplexe durchfuhren. Die Anforderungen der wechselseitigen Konstitution bedeuten unter anderem, daß die Interaktionspartner ihre Aufmerksamkeitsausrichtung in hinreichender Weise aneinander angleichen müssen und daß sie jeweils eine Aufmerksamkeitsausrichtung als gemeinsame Orientierung zu akzeptieren und als verbindlich anzusehen haben. Derartige vorgreifende Verhaltensfestlegungen sind interaktionslogisch notwendig: Komplexe Interaktionsvorgänge (wie zum Beispiel „eine Geschichte erzählen" oder „sich mit jemandem verabreden"), zu deren Abwicklung eine Reihe von einzelnen Aktivitäten erforderlich sind und an deren Durchführung beide (alle) Beteiligten im Rahmen ihrer Beteiligungsrollen aktiv werden sollen, müssen vorgreifend abgesichert werden, da sonst prinzipiell mit jedem Sprecherwechsel und mit jedem Abschluß einer Einzelaktivität die Orientierung in Frage stehen würde. Diese vorgreifende Konstitution von Makrostrukturen ist zu unterscheiden von der Verhaltensfestlegung, die von einer Äußerung jeweils für eine nächste eingeführt werden kann und die entscheidend ist für die sequentielle Verkettung von Einzelaktivitäten. 4 In der Kommunikation werden makrostrukturelle Ordnungsschemata unterschiedlichen Typs gebildet, welche konstitutiven Aspekten der sprachlichen Interaktion entsprechen: Daß es sich um einen geregelten Austausch von Beiträgen (verkürzt: ein Gespräch) handelt, daß im Ablauf dieses Austausches Handlungsfiguren konstituiert werden und daß Wissen über die Welt eingebracht wird (zum Teil in Form von komplexen Sachverhaltsdarstellungen wie Erzählungen oder Beschreibungen). Diesen konstitutiven Aspekten entsprechen in der Interaktionsdurchführung jeweils großflächige Strukturen, die auf unterschiedlichen Ordnungsebenen angesiedelt sind: Schemata der Gesprächskonstitution, der Handlungskonstitution und der Konstitution von Sachverhaltsdarstellungen. Die Strukturierungen auf den unterschiedlichen Ordnungsebenen sind aufeinander bezogen: Die Ge3 4
Vgl. die zusammenfassende Darstellung in Kallmeyer/Schütze 1976. Die Vorstellung einer derartigen doppelten Strukturierungsweise spielt in Ansätzen unterschiedlicher Provenienz eine Rolle. In der Textlinguistik handelt es sich um die Unterscheidung zwischen Satzverknüpfungen und Makrostrukturen (vgl. Kallmeyer/Meyer-Hermann 1973). Die amerikanischen Konversationsanalytiker unterscheiden zwischen der Organisation „turn by turn", d.h. von einer Äußerung zur nächsten, und „overall structure phenomena" (vgl. zum Beispiel Sacks 1 9 6 7 / 1972, Lecture 5, 2). Und auch für die linguistische Pragmatik scheint mir eine vergleichbare Vorstellung grundlegend zu werden (vgl. zum Beispiel Wunderlich 1976, 2 9 8 - 3 0 1 ) .
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sprächsorganisation gibt die Trägerstruktur für die Handlungskonstitution ab, Sachverhaltsdarstellungen sind funtkional in die Handlungskonstitution eingebettet. Die Konstitution dieser Schemata folgt jedoch unterschiedlichen Gesetzen und ist jeweils getrennt nachweisbar. 5 Die Aufmerksamkeitsausrichtung, die sich die Kommunikationsbeteiligten als konstitutiv für die Durchführung der Kommunikation manifestieren, bezeichne ich in Anlehnung an Pike als Fokus. 6 Die Aktivitäten im Kommunikationsablauf, mit denen die Beteiligten Foki einfuhren, nenne ich Fokussierungen. Mein Ziel ist, Fokussierungen als Aktivitäten darzustellen, die im Rahmen der Interaktionskonstitution aufgrund von deren Gesetzmäßigkeiten eine wesentliche Rolle spielen und die als Aktivitäten selbst nach diesen Gesetzmäßigkeiten konstituiert werden. Mit Phänomenen, welche die Fokussierung betreffen, haben sich in der Linguistik verschiedene Forschungsrichtungen beschäftigt, und zwar außer in der Thema-Rhema-Analyse und verwandten Ansätzen vor allem bei der Behandlung von Makrostrukturen. Makrostrukturen sind in der Linguistik bisher zum einen als Strukturen von Äußerungsresultaten behandelt worden (insbesondere an Erzählungen). Auf diese Weise sind wesentliche Einsichten in die Textgliederung und die gegenseitige Einbettung von Textstrukturen gewonnen worden. Der Ablauf des Konstitutionsprozesses selbst kommt dabei jedoch nur ansatzweise ins Blickfeld, und zwar auch dort, wo speziell mündliche Kommunikation untersucht wird. 7 Daneben wird das Konzept der Makrostruktur auch in erweiterte generative Modelle einbezogen — die Generierung von kleineren Einheiten wie Sätzen oder Satzfolgen, Abschnitten usw. wird durch Makrostrukturen wie ,Thema' auf der semantischen Ebene und ,Makrosprechakt' auf der pragmatischen Ebene gesteuert. Dabei wird für die Darstellung von Abläufen z.T. auch Bezug genommen auf Prozeßmodelle (insbesondere des „information processing"). Insgesamt scheint mir jedoch auch bei diesen Ansätzen noch nicht in hinreichender Weise die Rückbindung des Strukturbildungsprozesses an einen
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Der Versuch, die unterschiedlichen Konstitutionsaspekte in ihrer Realisierung als Ordnungsstruktur nachzuweisen, ist ein zentraler Gegenstand der mehrjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Soziologen Fritz Schütze und mir. Vgl. dazu Kallmeyer/Schütze 1976 und 1977, sowie Kallmeyer 1977. Vgl. bei Pike (1971) insbesondere Kap. 3.3 (S. 7 8 - 8 2 ) und Kap. 4 (S. 9 8 - 1 1 9 ) . Ein entscheidendes Ergebnis dieser Forschung ist das Konzept der Gliederungssignale, zu denen bestimmte Partikeln, Adverbien, metakommunikative Sätze usw. gehören (vgl. Gülich 1970 sowie Gülich/Raible 1977). Zur Anwendung dieses Konzeptes im Rahmen der Dialoganalyse vgl. auch Berens/Jäger/Schank/Schwitalla 1976.
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Aktor und die Bedingungen der schrittweisen dialogischen Konstitution berücksichtigt zu sein. 8 Schließlich gibt es Ansätze, Kommunikation als Handlungsprozeß und im Rahmen von Handlungsprozessen unter Einbeziehung dabei beteiligter kognitiver Strukturen, insbesondere der Planbildung, darzustellen. Hier wird auch ein Fokuskonzept eingeführt, und zwar stellt die Fokusausbildung einen wesentlichen Schritt der Planbildung und eine Voraussetzung der Planrealisierung dar. 9 Dieser Ansatz zeigt insofern viele Berührungspunkte mit dem hier verfolgten, als auch im Rahmen der Theorie der Interaktionskonstitution die Prospektive bei der Bedeutungsdefinition und der vorgreifenden Verhaltensfestlegung eine entscheidende Rolle spielt. Um jedoch beim gegenwärtigen Stand der handlungstheoretischen und psychologischen Forschungen der Gefahr zu entgehen, der Handlungskonstitution zu stark rationalistisch geprägte Muster zu unterlegen oder zu schnell bestimmte Typen zu verallgemeinern, scheint mir der ethnomethodologisch-konversationsanalytische Ansatz vorzuziehen. Dieser besteht darin, bei der Analyse der formalen Strukturen der Interaktion anzusetzen, d.h. bei den Aktivitäten der Beteiligten, die zur Konstitution von Interaktion unabdingbar sind und mit denen sie letztlich interaktionslogisch begründete Anforderungen bewältigen. 10 Für die Interaktionskonstitution spielen Vorgänge der Aufmerksamkeitsausrichtung von ganz unterschiedlicher Art eine Rolle. Fokussierungen sind am häufigsten behandelt worden als Vorbereitung von Aktivitäten, sie sind jedoch nicht insgesamt damit gleichzusetzen. Man kann zwar generalisierend sagen, daß Fokussierungen immer auf die interaktive Durchführung von Aktivitäten bzw. Aktivitätskomplexen bezogen sind, dieser Bezug kann jedoch unterschiedlich sein. Ebenso wie es Aktivitäten gibt, die auf Fokus8
Ich beziehe mich hier in erster Linie auf van Dijk 1977. Es hängt offensichtlich mit der fehlenden Rückbindung zusammen, daß beispielsweise van Dijk auf einen makrostrukturellen Fokusbegriff (vorläufig) verzichtet, weil er sich mit Strukturbegriffen wie „topic of discourse" oder „topic of action" deckt (Kap. 8, S. 2 0 5 - 2 3 1 ) . 9 Vgl. die Definition des Begriffs .Fokus' in Rehbein 1976: „Der Handlungsfokus ist eine handlungskontextstrukturierende ,Orientierungsrichtung' auf den Sektor der Wirklichkeit, in dem von einem Aktanten, der aufgrund einer Motivation ein bestimmtes Ziel hat, die zieladäquaten Mittel angenommen werden" (I, 12). In diese Definition geht die Grundvorstellung eines zwar ggf. auf andere gerichteten, im Prinzip aber monologisch konstituierten Handelns ein; und dieses Handeln ist stark rationalistisch bestimmt: Es setzt eine zielbezogene Planung voraus. Vgl. hierzu auch Rehbein 1977, 1 4 9 - 1 5 4 . 10 Zu dieser Argumentation vgl. u.a. Garfinkel/Sacks 1976 sowie ABS 1973, 4 4 1 - 4 6 1 . Dieser Ansatz ist natürlich nicht frei von theoretischen Voraussetzungen, scheint mir jedoch zum Beispiel gegenüber den handlungslogisch orientierten Ansätzen wesentlich offener zu sein. Zum Beispiel brauchen keine Voraussetzungen über die Intentionalität und über Formen und Grade der Bewußtheit eingeführt zu werden.
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Wechsel zielen, gibt es solche, die darauf zielen, einen bestimmten Fokus zu bestätigen und konstant zu halten (z.B. durch die Abwehr von Störungen). Es gibt vorbereitende Fokussierungen, die für die Durchfuhrung von Aktivitätskomplexen strukturell notwendig sind, aber es gibt auch Fokussierungen, die gerade dazu dienen, von der Durchführung bestimmter Aktivitäten zu entlasten. 11 Um das Spektrum der Variationen nicht vorzeitig einzuschränken, scheint es mir erforderlich, die Zusammenhänge zwischen Fokussierungen und der Durchführung von Aktivitäten in der Interaktion (Kap. 2) sowie die Vorgänge bei Fokuswechseln (Kap. 3) etwas eingehender zu betrachten, bevor einzelne Aktivitäten der Fokussierung — Ankündigungen und Andeutungen — behandelt werden sollen (Kap. 4).
2 Zur Rolle der Fokussierungen bei der Durchführung von Aktivitäten in der Interaktion Aufgrund des generellen Vorgriffcharakters von Interaktion bekommt das Phänomen der Fokussierung eine besondere Bedeutung. Im Rahmen von Interaktionsprozessen müssen zu konstituierende Aktivitäten in den Strom schon laufender, bereits zu einem Interaktionsstrang gebündelter oder aber unverbundener Aktivitäten eingebettet werden: Die Beteiligten müssen die Gelegenheit zu den anvisierten Aktivitäten bekommen, die erforderliche Mitarbeit des Partners sichern usw.; und sie müssen den konstituierten Aktivitätszusammenhang wieder auflösen. Der Komplex der Einbettung in den Aktivitätsstrom besteht also aus dem Übergang zur jeweiligen Aktivität und dem Übergang von der jeweiligen Aktivität. Dieser Komplex macht die Anwendungsstruktur von Aktivitäten aus, die von der Kernstruktur des durchzuführenden Aktivitätszusammenhanges zu unterscheiden ist. Fokussierungen als Aktivitäten der vorbereitenden Aufmerksamkeitsausrichtung bzw. der Auflösung einer Orientierung gehören zur Anwendungsstruktur. Manifestationen der Anwendungsstruktur sind vor allem bei der Analyse von Aktivitätskomplexen, die den Rang von Ordnungsstrukturen haben, 11 Vgl. die Vorstellung des „focussing o f f ' i m Unterschied zum „focussing o n " bei Schegloff 1972. Schegloff untersucht die Auswahl von identifizierenden Kennzeichnungen, vornehmlich in Ortsbeschreibungen („formulating place") und stößt dabei u.a. auf die Themenabhängigkeit. Je nach der Relevanz im Rahmen eines thematischen Zusammenhanges kann ein zu kennzeichnendes Element präzise oder nur allgemein und vage gekennzeichnet werden; „Formulation selection can be done to focus o f f some object" ( 1 0 4 ) . Vgl. auch Kallmeyer/ Schütze 1977, 42.
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beobachtet worden. Bei diesen bildet sich in der Regel eine deutlich erkennbare Drei-Phasen-Struktur mit Vorbereitung, Kern und Auflösung heraus. 12 Es gibt jedoch empirische wie theoretische Argumente dafür, daß die Anwendung ein allgemeines Problem der Interaktionskonstitution darstellt: — es gibt unterschiedlich expandierte bzw. reduzierte Formen von Anwendungsmanifestationen bis hin zu Grenzfällen, in denen die Entscheidung schwer fällt, ob es sich noch um eine spezielle Manifestation zusätzlich zu den Kernaktivitäten handelt, die von diesen ablösbar ist. — Anwendungsmanifestationen sind nicht auf die Rahmenkonstitution von Ordnungsschemata beschränkt, sondern treten auch in ihrem Verlauf auf. Zum Beispiel werden wesentliche Komponenten des Schemakerns von Sachverhaltsdarstellungen und Handlungsschemata regelmäßig besonders markiert. So werden in Erzählungen Situationsdarstellungen durch Manifestationen des Übergangs aus dem Ablauf der Ereigniskette herausgehoben, und nach ihrem Abschluß wird in die Ereigniskette zurückgeleitet. 13 In Handlungsschemata wie „Beraten" oder „Verhandeln" werden Informationskomponenten und das Einbringen von Vorschlägen in der Regel mit Übergangsmanifestationen markiert. 1 4 Weiter erscheinen auch im Zusammenhang mit der Organisation der Sprecherwechsel manifeste Vorbereitungen der Redeübernahme bzw. Redeübergabe (Ankündigungen der Redeabsicht usw.). 15 — Auch in den Fällen, in denen keine speziellen Anwendungsmanifestationen in der Art von Einleitungen, Vorbereitungen usw. auftreten, lassen .sich Konstitutionsmerkmale nachweisen, die mit der Lösung der Anwendungsaufgaben in Verbindung zu bringen sind. Die Arbeiten der amerikanischen Konversationsanalytiker haben ja gerade gezeigt, in welcher Weise Kontextbezüge konstitutiv sind für die sequentielle Organisation. Das turn-taking-System kann zum Beispiel als ein Versuch gelten, die Anwendungsstruktur von Redebeiträgen anzugeben. Und auch verschiedene Beobachtungen zur Konstitution von Äußerungspaaren lassen sich in diesem Sinne interpretieren, zum Beispiel die Tatsache, daß Nachfolgeäußerungen (im Sinne von "second pair parts") mehr oder minder manifeste Markierungen enthalten, daß sie Nachfolgeäußerungen zu einer be12 Vgl. Kallmeyer/Schütze 1976, 12/13 und 16ff; Kallmeyer/Schütze 1977, 2/3, 11; Kallmeycr 1977, 55ff. Vgl. auch Rehbein 1976 zu Ankündigungen (II, 23ff), Präsequenzen (II, 27ff) und Postsequenzen (II, 34ff). 13 Vgl. Kallmeyer/Schütze 1977, 21. 14 iVgl. z.B. Schank 1976 und 1977. 15 Vgl. u.a. Sacks/Jefferson/Schegloff 1974 und Jefferson 1973.
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stimmten Vorgängeräußerung sein sollen. 16 In dieselbe Richtung weisen im übrigen auch die linguistischen Überlegungen zum topic-commentProblem; die bisherige Diskussion zeigt, daß Aspekte der Aussagenkonstitution von Aspekten der Kontextintegration zu trennen sind. 17 — Die interaktionslogische Notwendigkeit einer Anwendungsstruktur ist dadurch gegeben, daß die Kernstruktur mehrere Beteiligungsrollen beinhaltet. Nun haben im Prinzip alle Aktivitäten, sofern sie als Teil der Interaktion aufzufassen sind, zwei (mehrere) Beteiligungsrollen. Für die Grundeinheit der sprachlichen Interaktion, den Redebeitrag zum Beispiel, sind dies die Rollen Sprecher und Hörer bzw. Äußerungsträger und Rezipient. Die Höreraktivität wird vom Sprecher mit in die Strukturierung seiner Äußerung einbezogen. Bei kurzen Äußerungen wird die Höreraktivität erst manifest mit dem Sprecherwechsel, bei komplexeren Äußerungen aber schon während des laufenden Redebeitrags in Form von Aufmerksamkeitssignalen, kommentierenden Rückmeldungen, Vorbereitungen zur Übernahme der Rede usw. Derartige Beobachtungen und Überlegungen legen die Auffassung nahe, daß auch Teilaktivitäten im Rahmen von Ordnungsschemata nach denselben Prinzipien konstituiert werden wie die übergreifenden Strukturen selbst, wobei allerdings unterschiedliche Ausprägungen durch die Spezifizierung der Grundstruktur anzusetzen sind. Es erscheint mir daher berechtigt, die Kombination aus Anwendung- und Kernstruktur als Grundmodell der interaktiven Durchführung von Aktivitäten jeglicher Art anzusehen. Die Unterschiede in der Realisierung der Anwendungsstruktur hängen in erster Linie mit drei Aspekten zusammen: — dem Typ von Ordnungsstruktur. Hier gibt es signifikante Unterschiede. Gesprächsschemata werden mit viel stärker konventionalisierten Formen und in der face-to-face-Kommunikation unter wesentlich größerer Beteiligung von nichtsprachlichen Mitteln (insbesondere Blickkontakt, körperliche Zuwendung usw.) konstituiert als die beiden anderen Ordnungsschemata. Die Übergänge zu und von Sachverhaltsschemata sind wegen der gravierenden Asymmetrie in der Verteilung der Sprecherund Hörerrolle notwendig strikt markiert. Zudem sind Sachverhaltssche16 Vgl. hierzu a u ß e r d e n klassischen A u f s ä t z e n der amerikanischen Konversationsanalyse ( S a c k s / J e f f e r s o n / S c h e g l o f f 1 9 7 4 , S c h e g l o f f / S a c k s 1 9 7 3 und Schegloff 1972) insbesondere die „ L e c t u r e s " von Sacks. 17 Vgl. Petöfi 1974, 104 sowie Weiss 1 9 7 5 , 34.
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mata immer handlungsschematisch eingebettet. Die Konstitution von Handlungsschemata wiederum ist konditioneil relevant, wenn ein Gesprächsschema konstituiert ist. 18 Sie ist daher viel stärker erwartbar als zum Beispiel die Konstitution von Sachverhaltsschemata und bedarf daher in bestimmten Fällen einer weniger markanten Vorbereitung. Außerdem sind Handlungsschemata in der Durchführung flexibler; so können Vorbereitung und Beginn des Schema-Kerns bis zu einem gewissen Grade ineinander übergehen. — dem Status der anvisierten Aktivitäten als selbständiger Aktivitätskomplex oder als Einzelaktivitäten im Rahmen eines solchen Komplexes. Selbständige Komplexe sind in ihrer Spezifik nicht schon durch den Aktivitätszusammenhang definiert und nicht aufgrund von vorgreifenden Verhaltensfestlegungen im Kontext bereits in Kraft gesetzt. Mit der Konstitution eines Aktivitätskomplexes andererseits ist ein Programm in Kraft gesetzt, zu dem verschiedene Einzelaktivitäten gehören (auch Aktivitäten, die nicht in jedem Fall manifest realisiert werden müssen, aber ein Potential für Expansionen des Schemas darstellen). Das Erfüllen der im Rahmen eines solchen Aktivitätsprogramms vorgesehenen Einzelaufgaben ist nach dem Prinzip der vorgreifenden Verhaltensfestlegung notwendig und erwartbar. Die entsprechenden Aktivitäten sind als Teile eines schon laufenden Aktivitätsprogramms nicht-selbständig. Zwischen der vorgreifenden Verhaltensfestlegung, durch die bestimmte Aktivitäten konditioneil relevant gemacht werden, und der Spezifizierung der Anwendungsstruktur besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Sie verhalten sich umgekehrt proportional. Vorstrukturierung im Sinne der vorgreifenden Verhaltensfestlegung fuhrt zur Reduktion der Anwendungsmanifestation; Reduktion der Vorstrukturierung führt zum Ausbau der Anwendungsmanifestationen. — den Bedingungen der Reziprozitätskonstitution. Wechselseitigkeit beinhaltet die Prinzipien der Austauschbarkeit der Standpunkte und der Kongruenz der Relevanzsysteme, d.h. der hinreichenden Übereinstimmung der Beteiligten in den Voraussetzungen der Interaktionskonstitution. 19 Die Prinzipien der Reziprozität wirken in den Verfahren der gemeinsamen 18 Vgl. Kallmeyer/Schütze 1977, 68ff sowie Kallmeyer 1977, 55ff. Der konversationsanalytische Begriff der „konditionellen Relevanz" beinhaltet, daß nachweislich in einer bestimmten Umgebung eine bestimmte Aktivität als relevant bzw. erwartbar angesehen wird (vgl. Kallmeyer 1977, 55). 19 Vgl. ABS 1973, 4 4 1 - 4 6 1 sowie die vielen Anmerkungen zu Begriffen wie ,Basisregel', .egalitäre Grundstruktur', .Idealisierung', .Reziprozität' usw. in Schütze 1975. Eine kurze Zusammenfassung bietet Kallmeyer/Schütze 1975.
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Bedeutungszuschreibung und Verständigungssicherung sowie im wechselseitigen Akzeptieren der Anforderungen an das weitere Verhalten, die mit den jeweiligen Aktivitäten verbunden sind. Darüber hinaus gibt es spezifische Verfahren der Reziprozitätskonstitution, die unter anderem eingesetzt werden, wenn die Beteiligten die Reziprozitätsgrundlage als nicht mehr selbstverständlich gegeben bzw. ernsthaft gestört ansehen. Auch zwischen der Reziprozitätskonstitution und der Realisierung der Anwendungstruktur besteht ein enger Zusammenhang: Zweifel an der Reziprozitätsgrundlage und darauf bezogene Störungen fuhren zur Expansion der Anwendungsstruktur, Sicherheit hinsichtlich der Reziprozitätskonstitution fuhrt zur Reduktion der Anwendungsmanifestationen. Zur Stützung dieser generellen Aussagen sollen exemplarisch einige Formen der Reduktion und der Expansion der Anwendungsstruktur analysiert werden, und zwar beim Übergang zwischen selbständigen Aktivitätskomplexen (a), bei Teilkomplexen im Rahmen ausgebauter Handlungsschemata und Sachverhaltsschemata (b) und bei Einzeläußerungen (c).
2.1
Übergänge zwischen
Aktivitätskomplexen
Eine ausgebaute Anwendungsstruktur ist in sich komplex. So haben die Beteiligten zur Vorbereitung von Ordnungsschemata (z.B. eine „Erzählung") drei, als Aufgaben zu formulierende Einzelschritte zu bewältigen: — Der Aktivitätszusammenhang m u ß von einem Hintergrund abgelöst werden; — der Aktivitätszusammenhang m u ß in wesentlichen Merkmalen vorgreifend verdeutlicht werden; — der Aktivitätszusammenhang muß vom Partner akzeptiert werden. Wesentlich ist, daß diese Vorbereitung interaktiv, d.h. unter beidseitiger Beteiligung durchgeführt wird. Ausgebaute Vorbereitungssequenzen können zu jeder Aufgabenkomponente korrespondierende Aktivitäten der Beteiligten enthalten; Teile dieses Komplexes können jedoch auch implizit vollzogen werden, indem die Lösung der entsprechenden Aufgaben unterstellt wird. Das folgende Beispiel zeigt eine relativ weit ausgebaute Vorbereitungssequenz: Die Beteiligten — Jutta, Manfred, Rainer und Wilfried — sind jüngere Wissenschaftler, die sich in einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen haben.
Fokuswechsel und Fokussierungen als A ktivitäten der Gesprächskonstitution
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Die Gruppe trifft sich jeweils in den Privatwohnungen der Mitglieder, diesmal bei Wilfried. Es geht eine Sequenz über die Form der Bewirtung und den Aufwand vorauf, der dabei bisher getrieben worden ist ( darauf bezieht sich noch die erste wiedergegebene Äußerung von Wilfried). Dann folgt eine Sequenz des Umschaltern zum „zwanglosen Teil", für den insbesondere Berichte, Informationen und Klatsch charakteristisch sind; im Anschluß daran beginnt in der Regel die eigentliche Arbeitssitzung.
Beispiel 1: 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38
W: mächtig anstrengen damit man überhaupt mithalten kann, mit dem was da sonst geschieht. . . . (blickt in Unterlagen) (sehr leise) achso. (Pause) M: (kurz, kräftig) m h W: na j a . ich kann ja inzwischen schon mal den zwanglosen Teil dadurch "eröffnen daß ich einen kurzen Bericht von d e m J: ach ja M: eben_ (leise) (. . . ) W: r J u t t a h a t t e seinerzeit geäußert daß daß es sie M: L daß das denkbar s e i W: interessieren k ö n n t e M: ja_ J: |"ja wenn ich die einzige sein sollte die das interessiert . . dann eh R:: L R nein nein M: rdas weiß m a n aber erst nacher. (lacht) fang an. R: L (lacht) J: jaja_ W: es ist so daß i c h - (leiser, schneller) ich weiß nicht o b ich das schon erzählt habe + ich.kam also am Samstagnachmittag dahin nach Amshausen bei Stuttgart (leiser, schneller) das war selbst nicht in / / . . . / / (PC 1)
20 Ich benutze folgendes Transkriptionssystem: , = ganz kurzes Absetzen innerhalb einer Äußerung = kurze Pause ... = mittlere Pause (Pause) = lange Pause mhm = Pausenfüller, Rezeptionssignal, zweigipflig + = Senken der Stimme = Stimme in der Schwebe ' = Heben der S t i m m e (h) = Formulierungshemmung, Drucksen (k) = markierte Korrektur (Hervorheben der endgültigen Version, insbesondere bei Mehrfachkorrektur) Aber da kam fch nicht weiter = Akzentsetzung
202
Werner Kallmeyer
Die gesamte Fokussierungsphase geht von Zeile 20 bis Zeile 37. Die Ablösung wird durch einen Komplex von Signalen manifestiert (Zeilen 20 — 23): Der Abschluß des vorausgehenden Zusammenhangs wird deutlich dadurch manifestiert, daß sich Wilfried anderen Dingen zuwendet ( ( b l i c k t in Unterlagen) (sehr leise) achso) sowie durch die nachfolgende Pause; Manfreds Äußerung hm kann ebenfalls als eine Manifestation des Abschlusses bzw. des Abwendens gewertet werden (paraphrasierbar zum Beispiel durch lassen wir das); Wilfried geht dann mit einem weiteren Schaltsignal na ja. zu einer Ankündigung über. Die vorgreifende Identifizierung (Z. 24 — 26) wird durch eine — vorzeitig abgebrochene — Charakterisierung geleistet (einen kurzen Bericht von dem), auf welche die Verstehensbestätigungen von Jutta und Manfred reagieren (ach ja unAeben). In Kraft gesetzt wird der neue Fokus wiederum durch eine Reihe von Einzelaktivitäten (Z. 25—35): In seiner Ankündigung schlägt Wilfried die Durchführung vor (Ich kann ja inzwischen schon mal); die expressive Reaktion von Jutta und Manfred enthält schon eine Akzeptierung, darüber hinaus wird im Folgenden durch die Verhandlung über die Legitimation von Wilfrieds Vorschlag und die dadurch ausgelösten Bestätigungen und Aufforderungen (nein, nein; fang an; ja ja) die Geltung des ins Auge gefaßten Aktivitätszusammenhanges gesichert. Die Anwendungsstruktur selbständiger Aktivitätskomplexe kann expandiert bzw. reduziert werden je nach den Bedingungen der Reziprozitätskonstitution. Der Aufwand der Vorbereitung zum Beispiel hängt davon ab, inwieweit die einzelnen Aufgaben der Vorbereitung als schon gelöst, als ohne weiteres lösbar oder als problematisch angesehen werden. In Beispiel 1 wird der anvisierte Bericht relativ aufwendig vorbereitet, woran allerdings die einzelnen Aufgabenkomponenten unterschiedlichen Anteil haben. Die Akzeptierung wird als problematisch behandelt und dementsprechend ex-
sicher = auffällige Betonung sicher = gedehnt (Lachcn), (geht raus), (schnell) = Charakterisierung von nichtsprachlichen Vorgängen bzw. Sprechweise, Tonfall; die Charakterisierung steht vor den entsprechenden Stellen und gilt bis zum Äußerungsende, zu einer Charakterisierung oder bis zu +. & = auffällig schneller Anschluß (. .), ( . . . ) (kommt es? ) B: L
= =
unverständlich nicht mehr genau verständlich, vermuteter Wortlaut
ich möchte doch sagen = parallel zu lesende Zeilen
Fokuswechsel
und Fokussierungen
als Aktivitäten
der Gesprächskonstitution
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pandiert, während die vorgreifende Verdeutlichung von Wilfrieds Partnern vorzeitig abgekürzt wird. Auch wenn die Beteiligten durch die spezifischen Bedingungen bei der Erfüllung der Vorbereitungsaufgaben bis zu einem gewissen Grade entlastet sind, sind jedoch in jedem Fall zumindest minimale Manifestationen aller drei Aufgabenkomponenten erforderlich. Nicht nur hinsichtlich des Realisierungsaufwands, sondern auch in der Grundstruktur reduzierte Wechsel zwischen Aktivitätskomplexen treten auf bei eingeschobenen Sequenzen, korrigierenden oder ergänzenden Nachschüben, Rückleitungen nach Unterbrechungen und Sprüngen zwischen parallel laufenden Schemata. Nebensequenzen, die der Verständigungssicherung, der Korrektur usw., d.h. allgemein der Voraussetzungssicherung dienen, sind in ihrer Anwendung radikal vereinfacht, wenn sie an den für Expansionen der Voraussetzungssicherung vorgesehenen Strukturstellen gestartet werden. 21 In diesem Fall gibt es keine abgelöste Manifestation der Schema-Anwendung, die initiierende Äußerung vollzieht zugleich den ersten Schritt des Schema-Kerns. Sequenzen der Voraussetzungssicherung, deren Plazierung nicht durch eine feste Strukturstelle abgesichert ist (zum Beispiel verspätet gestartete Korrekturen und Verstehensriickfragen), benötigen eine Herauslösung (z.B. durch Elemente wie Moment mal, übrigens, also usw.) und ggf. eine Einleitung, in der das Bezugselement identifizierbar gemacht wird und die in der Funktion der vorgreifenden Verdeutlichung entspricht. 22 Nicht notwendig ist jedoch eine explizite Ratifizierung, weil die Grundfunktion — Voraussetzungssicherung — durch die Ratifizierung des über-
21 Vgl. hierzu insbesondere Jefferson 1973, Schegloff 1972 und Schegloff/Jefferson/Sacks 1977. Strukturstellen für „repairs" zum Beispiel, d.h. Korrekturen, Verständigungsfragen usw. sind der laufende Redebeitrag sowie Stellen möglichen Sprecherwechsels für „self-repairs", der nächste Redebeitrag für „other repairs", der dritte Redebeitrag wieder für „self-repairs" (Schegloff/Jefferson/Sacks 1977, 3 6 5 - 3 7 2 ) . „Repairs" fallen unter die Voraussetzungssicherung, aber der Begriff Voraussetzungssicherung ist weiter. Zum Beispiel gehört die Aushandlung der Legitimation des Erzählens in Beispiel 1 (vgl. oben, S. 201) zur Voraussetzungssicherung, stellt aber keine „Reparatur" dar. Zum Prinzip der Unterbrechbarkeit und der Reduktion der Anwendungsstruktur bei eingeschobenen Aktivitäten der Voraussetzungssicherung vgl. auch Kallmeyer 1977, 6 4 / 6 5 . 22 Vgl. weiter unten Beispiel 4. Die Sprecherin A muß ihre Partnerin K unterbrechen, um ein Mißverständnis aufzuklären. Daß hier die „Reparatur" etwas anders verläuft als in Schegloff/Jefferson/Sacks 1977 dargestellt, hängt damit zusammen, daß die normale Struktur des Sprecherwechselsystems außer Kraft gesetzt ist zugunsten der Durchführung einer Sachverhaltsdarstellung „wie es in Amsterdam war". Die Sprecherin A bekommt keinen „nächsten Redebeitrag" als natürliche Möglichkeit zur Korrektur. Sie muß daher unterbrechen.
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Werner
Kallmeyer
geordneten Schemas immer schon mitabgesichert ist. Die Anwendungsmanifestation, die in solchen Fällen erscheinen, sind auf das Format von Äußerungseinleitungen geschrumpft. Ein typischer Fall des reduzierten Fokuswechsels mit der Funktion der Voraussetzungssicherung ist das korrigierende oder ergänzende Nachschieben von Äußerungen. Dabei kann der Sprecher in den Vorgängerfokus zurückspringen, obwohl dieser im Prinzip schon aufgelöst ist. Das folgende Beispiel zeigt einen solchen Fall: Während der Verhandlung zwischen einem Gebrauchtwagenhändler H und Kunden ist wiederholt ein lautes Telefonsignal zu hören. Schließlich unterbricht der Händler das Gespräch. Beispiel 2:
31 32 33 34 35 36
is das A u t o is unfallfrei ja K: L der sieht ja wirklich ganz fabelhaft aus H: (leiser) k ö n n e n Sie sich bekucken von vorne bis hinten.+ (schneller) ich m u ß mal grad ans Telephon. K: ah ja. H: (im Begriff wegzugehen) (laut) ich meine is im w e n n man das weiß is immer besser, ne (GA 1)
Die vom Händler initiierte vorübergehende Auflösung des laufenden Zusammenhanges „Präsentation eines Gebrauchtwagens" (Z. 32/33) wird vom Kunden akzeptiert (Z. 34) und vom Händler schon ansatzweise vollzogen (er schickt sich an wegzugehen; Z. 35). Mit seiner letzten Äußerung bezieht sich der Händler dann noch einmal auf das Schema „Präsentation", und zwar konret auf die Aussage, daß das Auto unfallfrei sei und nicht etwa auf den Grund seiner Abwesenheit. Der Fokussprung wird durch den Wechsel in der Sprechweise {laut) und das einleitende ich meine markiert. Derartige Diskontinuitätssignale sind ein notwendiger Bestandteil dieser Art von Fokussprüngen; das zeigen u.a. auch die Fälle, in denen die Markierungen fehlen oder nicht hinreichend deutlich sind (vgl. weiter unten, S. 206, die Behandlung von Beispiel 4). Die dargestellte Reduktion der Anwendungsstruktur scheint generell alle Nebensequenzen auszuzeichnen, die in irgendeiner Hinsicht als Voraussetzungssicherung auf die Durchführung eines vorgeordneten Schemas bezogen sind. In analoger Weise werden auch Aktivitäten der „praktischen Situationsbewältigung" behandelt wie „das Fenster schließen, weil es zieht" oder „einen Aschenbecher beschaffen, weil geraucht wird". Die Ratifizierungsschwelle liegt bei derartigen Aktivitäten, soweit sie in den Rahmen der sozialen Beziehungen und der damit verbünde-
Fokuswechsel
und Fokussierungen
als Aktivitäten
der Gesprächskonstitution
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nen Aktivitäten fallen, sehr niedrig; ihre Ratifizierung kann als selbstverständlich unterstellt werden. Das folgende Beispiel 3 zeigt einen Fall, in welchem der Sprecher - Michael - nicht nur im Rahmen einer problematischen Auseinandersetzung problemlos eine Nebensequenz der „praktischen Situationsbewältigung" startet, sondern zugleich die strukturelle Möglichkeit dazu zur Beeinflussung des laufenden Handlungsschemas nutzt: Michael (M) bezieht sich mit seiner Äußerung auf seinen bevorstehenden Aufbruch. Er tut dies an einer Stelle, an der die streckenweise heftige Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten zu einem Ende gekommen zu sein scheint (vgl. die Pause, Z. 46), aber vor dem formellen Abschluß, der erst auf die von Michael ausgelöste Identifizierungssequenz folgt. Durch den Bezug auf die praktische Bewältigung von Aktivitäten, die mit der anstehenden Auflösung zusammenhängen (vgl. jetzt, Z. 47), manifestiert Michael, daß er die Auseinandersetzung für beendet hält, und bereitet dadurch die Auflösung vor. Beispiel 3: 45 46 47 48 49
J: nich, ne' . . . ich könnt das ja auch erfunden haben (Pause) M: wie komm ich jetzt eigentlich zu Fuß am schnellsten zum Oberntor J: Thier R:L quer über die Uni. (WK 5)
Die initiierende Äußerung von Michael (Z. 47) enthält eine Anwendungsmanifestation (eigentlich), aber es gibt keine Vorlaufphase, sondern die initiierende Äußerung ist schon der erste Schritt in der Durchfuhrung des Schema-Kerns. Die Reduktion der Anwendungsstruktur gilt, ähnlich wie für das korrigierende oder ergänzende Zurückspringen, auch für die Rückleitung in einen bereits konstituierten, aber unterbrochenen Zusammenhang. Der unterbrochene Zusammenhang ist im Prinzip noch in Kraft; die Behandlung der Unterbrechung als Suspendierung (und nicht als Abbruch) macht eine erneute Ratifizierung überflüssig. Ggf. ist allerdings eine Verdeutlichung notwendig, daß der vorgeordnete Zusammenhang wieder aufgenommen wird. Auch dafür soll noch ein Beleg gegeben werden, der darüber hinaus mehrere in ihrer Struktur reduzierte Fokuswechsel aufweist:
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Frau Amelung ist bei Frau Kriburger zum Kaffee eingeladen. Frau Amelung hat bis vor kurzem in der Wohnung über Kriburgers gewohnt und erkundigt sich nach der neuen Mieterin (Wie geht's denn hier so mit Ihrem neuen Ober . . mieter', BA 1,Z. 1). Dann kommt sie auf die Wohnung oben zu sprechen (Wie isses denn geworden da oben . . ganz gut' 3, Z. 4). In einer Digression kommt Frau Amelung auf den Anstreicher, der ihre neue Wohnung renovieren soll, zu sprechen und dann auf seine Frau, bei deren Schwangerschaft Komplikationen aufgetreten sind. Darauf bezieht sich die erste Äußerung des folgenden Abschnitts (Die tut mir ordentlich leid). Mit doch da oben ist es sehr adrett jetzt kommt Frau Kriburger auf das Thema Wohnung zurück. Und mit wie war es nun in Amsterdam bezieht sich Frau Amelung auf ein schon länger angekündigtes Thema: Ehepaar Kriburger hat mit „seinen" Eltern eine Besichtigungsfahrt nach Amsterdam gemacht. Beispiel 4: 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
26 30 31 32 33 34 35
Airdie arme Frau die scheint sich offensichtlich sehr zu quälen zu haben. K:L ( . . . ) mhm A: die tut mir ordentlich leid. K: doch da oben ist es sehr adrett jetzt. A:r und wie war es nun in Amsterdam . . vor allen Dingen bestimmt sauberer K:l hm. A: und ordentlicher als bei mir. K: mh, fand ich gar nicht, meine Schwiegereltern
I I . . . II K: meine Schwiegereltern haben sich so gedacht, die waren noch nie in [Holland, das war da so noch sauberer als in Deutschland A:L achso das meinte ich eben oben mit der Wohnung, wahrscheinlich sauberer und ordentlicher. K:rachso ja das ist ganz anders A:L(Iacht laut) Entschuldigung naja das ist klar. (BAS)
Das Beispiel zeichnet sich dadurch aus, daß drei aufeinanderfolgende Redebeiträge (Z. 19—22) drei unterschiedliche Foki realisieren, der dritte dieser Redebeiträge sogar zwei der Foki. Nur der von Frau Amelung initiierte Wechsel zum Thema Amsterdam entspricht der Vollform des Aufgabenkataloges für die Vorbereitung: Herauslösung (durch die Sprechweise), vorgreifende Verdeutlichung (durch die Erzählaufforderung zum Thema Am-
Fokuswechsel
und Fokussierungen
als A ktivitäten
der Gesprächskonstitution
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sterdam) und Ratifizierung (durch mh.) sind durchaus erkennbar. Die beiden anderen Fokuswechsel haben eine reduzierte Struktur. Der erste Fokuswechsel (Z. 19/21) entspricht dem Typ nach einer Rückleitung nach einer Nebensequenz. Die Digression von Frau Amelung, die den Zusammenhang „Beurteilung der Wohnung" unterbrochen hat, realisiert ein Schema „Neuigkeiten mitteilen". Der Kern dieses Schemas kann als durchgeführt gelten; es sind Neuigkeiten mitgeteilt worden, und Frau Kriburger hat die konditionellen Relevanzen ihrer Rolle eingelöst: Sie hat die Neuigkeiten in hinreichender Weise mit Rezeptionssignalen gewürdigt (oh, achso, mhm ). Frau Amelungs Äußerung Die tut mir ordentlich leid ist ein nachgeschobener Kommentar, der keine wesentliche neue Information bringt (die bisherige Äußerung impliziert den Ausdruck des Mitleids bereits). Derartige nachgeschobene Kommentare — insbesondere ohne Manifestationen der Expresssivität — erscheinen sehr häufig im Kontext von Fokuswechseln. Man könnte sie „Pufferelemente" nennen. Für sie ist charakteristisch, daß sie sich auf einen schon konstituierten Zusammenhang beziehen, aber keine spezifischen Impulse zur Fortführung des Zusammenhangs geben. Ihre Verwendung entspricht dem Prinzip des „floor offering". 23 Sie werden jedoch nicht nur zur Auflösung von Zusammenhängen eingesetzt, sondern auch dazu, einen laufenden Zusammenhang offenzuhalten. Frau Kriburger behandelt Frau Amelungs Äußerung die tut mir ordentlich leid als ein die Auflösung vorbereitendes Pufferelement. Die folgende Pause zeigt, daß beide Beteiligten an dieser Stelle keine Expansion des Themas mehr anstreben. Und da die Nebensequenz als abgeschlossen gelten kann, kann Frau Kriburger ohne zusätzliche Herauslösung in den vorgeordneten Zusammenhang zurückleiten. Sie tut dies ebenfalls mit einem Pufferelement: Ihre Äußerung bringt keine neue Information, sondern wiederholt eine schon mehrfach ausgedrückte Bewertung. Die Aufeinanderfolge der Äußerungen in Zeile 21 und 22 sowie der Fokussprung innerhalb der Äußerung von Frau Amelung (Z. 22) sind dadurch bedingt, daß Frau Amelung die Rückleitung zum Thema „Wohnung" zunächst nicht berücksichtigt, diese Berücksichtigung jedoch nachholt unter Wahrnehmung der strukturellen Möglichkeit zur Korrektur bzw. zum Nachholen. Wie das Mißverständnis zeigt, ist die Diskontinuität nicht hinreichend markiert; die Pause in Frau Amelungs Äußerung kann nicht als Diskontinuitätssignal gelten, weil sie die Strukturstelle für die Ratifizierung darstellt. Entscheidend für das Mißverständnis 23 Damit sind Verfahren gemeint, dem Partner die Gelegenheit zu einem Redebeitrag anzubieten, im Unterschied etwa zum „floor keeping". Der Austausch von Redeangeboten ist u.a. ein entscheidendes Mittel für die Gesprächsbeendigung (vgl. Schegloff/Sacks 1973, 3 0 3 - 3 0 9 ) .
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Kallmeyer
scheint weiter zu sein, daß noch eine zweite Bedingung hinzukommt: Die mißverstandene Äußerung könnte ihrem Typ nach eine andere Funktion im Kontext des Fokuswechsels haben. Frau Kriburgers Manifestation der Ratifizierung ist relativ schwach. Solche Ratifizierungssignale erscheinen typischerweise, wenn die Angesprochenen die Relevanz der anvisierten Aktivitäten nicht teilen oder den vorgeschlagenen Fokus nicht hinreichend identifizieren können. Ratifizierungssignale dieser Art lösen sehr häufig zusätzliche Fokussierungen des Initianten aus. Eine solche Funktion könnte dem Typ nach die nachgeschobene Äußerung von Frau Amelung haben. Schließlich soll noch erwähnt werden, daß vereinfachte Wechsel zwischen Aktivitätskomplexen auch als Sprünge zwischen parallel laufenden Schemata vorkommen. Typischerweise geschieht dies, wenn sich Schemata praktischer Aktivitäten wie zum Beispiel „gemeinsam essen" mit anderen Kommunikationsschemata wie „über Politik diskutieren" oder „seine Lebensgeschichte erzählen" überlagern. Problemlos und auf einfache Diskontinuitätssignale reduziert zu bewerkstelligen ist der Übergang von Schemata der Unterhaltung in das Schema der praktischen Aktivitäten, nachdem dieses einmal konstituiert ist. Die Aktivitäten der Speisenverteilung zum Beispiel laufen während des ganzen Tischgesprächs weiter, und darauf bezogene Redebeiträge können ohne ausgebaute Vorbereitung eingeschoben werden. Sie können allerdings nicht überall problemlos plaziert werden, sondern nur an für Einschübe und Nebensequenzen geeigneten Stellen. Nicht geeignet sind Stellen, an denen für den präsumptiven Sprecher eine lokal unmittelbar wirksame konditioneile Relevanz zu erfüllen ist. So wäre es zum Beispiel ein erklärungswürdiges Faktum, wenn der Rezipient einer Witzerzählung am Ende der Erzählung und vor seiner Würdigung des Witzes durch Lachen oder ähnliches einen Redebeitrag vom Typ gibst du mir mal den Salat plazierte. Vergleichbares gilt für den Adressaten einer Frage: Wenn der Angesprochene vor der Antwort eine auf die Abwicklung des Schemas „Essen" bezogene Äußerung plaziert, wird man in der Regel vor dieser Äußerung wiederum eine Manifestation des Akzeptierens der Frage in der Art einer Einleitung der Antwort finden (zum Beispiel ja oder ach).24
24 Die hier behandelten Fälle des Springens bzw. Umsteigens zwischen verschiedenen Schemata sind zu unterscheiden von konkurrierenden Initiativen und Versuchen, Schemata in deren Verlauf umzudefinieren; vgl. dazu auch Rehbein 1976, II, 3 6 f f .
Fokuswechsel
2.2
und Fokussierungen als Aktivitäten
Übergänge zwischen
der Gesprächskonstitution
209
Teilkomplexen
Auch bei der Realisierung der Anwendungsstruktur von Teilkomplexen im Rahmen von ausgebauten Handlungsschemata und Sachverhaltsschemata lassen sich die bisher beobachteten Zusammenhänge zwischen Realisierungsweise einerseits und Vorstrukturierung sowie Bedingungen der Reziprozitätskonstitution andererseits wiederfinden. Für das Gesamtprogramm des Schemas wesentliche Teilkomplexe werden in der Regel von Anwendungsmanifestationen begleitet. Dabei genügen normalerweise einfache Formen, häufig reduziert auf das Format von Äußerungseinleitungen bzw. von Eröffnungssignalen wie ja, also, so usw. Folgende Fälle sind in dieser Beziehung charakteristisch: — Im Rahmen einer Verhandlung über einen Autokauf kommt der Händler zu der bereits vorher angeklungenen Frage der Kosten für Steuer und Versicherung: So dann wollnwa vergleichen.. kucken hier (GA 5, Z. 2). — Im Rahmen einer Verhandlung über die Vermietung einer Wohnung geht die Eigentümerin nach der ersten Identifizierung der potentiellen Mieter zur Präsentation der Wohnung über: Also es ist jetzt ungefähr fünf Jahre fertig also noch relativ neu (GV 5, Z. 8). — C, der an seinem Auto eine Zierleiste entfernt hat und Gummistopsen für die verbliebenen Löcher sucht, initiiert ein Handlungsschema „Bitte um einen Gefallen", das von seinem Adressaten, A, der in einer Kfz-Werkstatt tätig ist und die Stopsen beschaffen soll, nicht ratifiziert, sondern durch einen Gegenvorschlag umfunktioniert wird; A bringt den Gegenvorschlag ein: Ja machn Se doch die wieder dran, warum machen Se die ab' (TG 2, Z. 11/12); und ein dritter Beteiligter leitet den versöhnlichen Ausklang ein: Ja Gott und, es is ja so, irgendn Zweck erfüllts ja auch ne (TG 3, Z. 32). Aufwendiger wird die Anwendungsstruktur realisiert, zum einen wenn die anvisierten Aktivitäten das laufende Schema über das ratifizierte Programm hinaus erweitern (zum Beispiel durch Zusatzfragen; Enthüllungen von entscheidenden Hintergrundinformationen, die ggf. eine Reinterpretation des Interaktionsgegenstandes erforderlich machen usw.); und zum anderen, wenn die Reziprozitätskonstitution fraglich wird. Auch dafür sollen zwei charakteristische Fälle demonstriert werden: Im Rahmen des gerade besprochenen Handlungsschemas „Bitte um einen Gefallen" erfragt A zu einem relativ weit fortgeschrittenen Zeitpunkt
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Werner Kallmeyer
Detailinformationen, nachdem er C gegenüber seinen Gegenvorschlag schon verfochten hat. Beispiel 5: 5 6 7 8
A: ja und wie is denn' ich muß ja so dumm fragen ich habs ja noch nich [gesehen . . wie is denn die diese mit Klemmen (h) mit son Klemmer eh C:L ja A: festgemacht die so, wo Se so reindrücken mitn Feder (TG 3)
Diese Detailinformationen sind für die Abwicklung des Handlungsschemas nicht relevant; die Informationskomponente ist ganz zu Anfang in hinreichender Weise realisiert worden, und von den Zusatzinformationen hängen keine Entscheidungen mehr ab. Es handelt sich hier um eine Erweiterung des Schemas: A geht zum Fachsimpeln über. Es ist bezeichnend, daß diese Erweiterung mit einer Legitimation eingeleitet wird. Und daß C diesen Äußerungsteil auch als Anwendungsmanifestation begreift, zeigt seine Reaktion ja, die als Ratifizierung interpretiert werden kann — er akzeptiert die schema-erweiternde Expansion. Im Rahmen einer Beratung in einem Hochschulgremium bringt ein Teilnehmer Hintergrundinformationen ein, welche den Fortgang der Beratung entscheidend verändern. Beispiel 6: 11 S: ja vielleicht in dem Zusammenhang (zögernd, Lachansatz) ich weiß nun 12 nicht ob ich das hier (lacht) sozusagen sagen (lacht) darf+ Herr Ludwig 13 hat sich ja auch beworben auf einen Lehrstuhl für Psychologie hier in (FA1)
In diesem Beispiel kommen zwei Aspekte zusammen: Die situationsverändernde Enthüllung und Probleme der Reziprozitätskonstitution, die sich durch das Legitimationsbedürfnis ausdrücken. Durch die Manifestation seiner Zweifel zeigt der Sprecher, daß ihm der eventuelle Normverstoß bewußt ist, daß er ihn andererseits aber für notwendig hält. Eine derartige Legitimationsfigur hat das Ziel, den „Geheimnisverrat" für die Beteiligten akzeptabel zu machen.
Fokuswechsel
2.3
und Fokussierungen als A ktivitäten der Gesprächskonstitution
211
Übergänge zwischen Einzeläußerungen
Es gibt unterschiedliche Typen von vorbereitenden Anwendungsmanifestationen im Rahmen von Einzeläußerungen, die jeweils anders begründet sind. Zum einen gibt es Signale, mit denen der Beteiligte Anspruch auf Rederecht anmeldet bzw. mit denen er zeigt, daß er die Redeübergabe akzeptiert (zum Beispiel hm, eh, ehrri). Diese Signale sind zu unterscheiden von Begleitäußerungen, die als Rezeptionssignale aufzufassen sind und das Rederecht des Partners bestätigen. Sie kommen sehr häufig in Form von Überlappungen vor, stellten jedoch keinen Unterbrechungsversuch dar, vielmehr signalisieren sie den Willen und die Fähigkeit zuzuhören und zu verstehen. Derartige Signale können akustisch und optisch gegeben werden. Neben den häufigsten akustischen Formen hm und ja kommen im Grenzfall auch Formen wie das ist richtig, glaube ich auch usw. vor. Die beschriebenen Rezeptionssignale sind zu unterscheiden von Formen, welche signalisieren „Ich habe schon verstanden/du brauchst nicht weiterzusprechen/ ich bin redebereit" und dadurch den Partner zu stoppen versuchen. Dazu werden vielfach hervorgehobene Rezeptionssignale verwendet. Beispiel 7: 11 A:rich hatte es eben so gemeint . . daß Sie s . . (h) dazu mitnehmen und . . 12 B:L mhm mhm mhm .-> «. n i.:^ daß Sie . . was Sie eben versucht a ..l ich hab noch eine kurze Frage (FU1)
Bei Sprecher B in diesem Beispiel ist eine typische Abfolge von Begleitäußerungen (mhm), Stoppsignal (jaja), Unterbrechungsversuch (a.. i), Rückkehr in die Zuhörerrolle nach dem Fehlschlag des Unterbrechungsversuchs (markiert durch ein zuhörendes mhm) und Abwarten einer günstigen Stelle möglicher Redeübernahme zu beobachten. Für die Signale, welche auf die Übernahme der Rednerrolle zu beziehen sind, gibt es eine strukturelle Begründung. Wenn ein Beteiligter das Rederecht erlangen will, ohne schon laufende Äußerungen zu unterbrechen, muß er zu erreichen versuchen, daß ihm das Rederecht von seinen Partnern angeboten wird. Ihm stehen dazu kurze und ohne große Störung einzubringende Äußerungsformen zur Verfügung. Wenn andererseits ein Beteiligter das angebotene Rederecht in erkennbarer Weise übernehmen, jedoch aus
212
Werner Kallmeyer
irgendwelchen Gründen seine Äußerung aufschieben will, so muß er mit seinem stellvertretenden Element „die Lücke besetzen". Weiter gibt es Einleitungsformen im Rahmen von Äußerungen, die sich nicht (nur) auf das Rederecht beziehen, sondern die mit der Reaktion auf bestehende konditioneile Relevanzen zusammenhängen. Das ist zum Beispiel bei Äußerungen vom Typ ja — aber der Fall, bei denen auf eine einleitende Zustimmung ein Äußerungskern folgt, der Widerspruch ausdrückt bzw. von den durch die Vorgängeräußerung aufgebauten konditioneilen Relevanzen abweicht. Insbesondere die ausgebauteren Fälle dieser Art sind eindeutig mit der Reziprozitätskonstitution in Zusammenhang zu bringen. Die zustimmenden Einleitungen stellen Formen der Berücksichtigung der Partneraktivitäten dar, mit denen sich die Beteiligten kooperativ zeigen. Besonders aufschlußreich ist, daß die Sprecher zum Teil den Aufwand nicht scheuen, eine einmal begonnene Äußerung durch einen korrigierenden Einschub zu unterbrechen, um die zunächst ausgelassene Berücksichtigung nachzuholen, bevor sie ihren abweichenden Fokus realisieren. Beispiel 8: 45 B: hm (Räuspern) das hängt sicher mit dem . . das is klar (leiser) ist 46 also . . alles völlig unbenommen+ das hängt mit dem noch zusammen(FL1)
Die Kernäußerung in diesem Beispiel ist im Kontext eindeutig als Widerspruch aufzufassen. Neben diesen ausgebauten Formen gibt es unauffälligere Einleitungsformen, deren Funktion ebenfalls ist, eine Behandlung bestehender konditioneller Relevanzen auszudrücken.25 Daß zum Beispiel Juttas Äußerung Ja wenn ich die einzige sein sollte die das interessiert (Beispiel 1, Z. 31; vgl. S. 201) mit einem Eröffnungssignal beginnt, scheint damit zusammenzuhängen, daß diese Äußerung den Charakter einer Distanzierung hat. Wilfried stützt sich bei der Legitimierung des Bericht-Angebots auf Jutta (Jutta hatte seinerzeit geäußert, daß es sie interessieren könnte ) und
25 In diese Richtung weisen im Grunde schon die Ergebnisse Gülichs (1970) zu den Gliederungssignalen: Die spezifischen Unterschiede zwischen Erzählsignalen und eher dialogischen Signalen, Antwortsignalen und Fragesignalen usw. scheinen mir erklärbar durch den Bezug auf die Anforderungen, die der Sprecher mit seiner Äußerung im Kontext erfüllen will. Vgl. weiter unten Kap. 3.
Fokuswechsel
und Fokussierungen als Aktivitäten
der Gesprächskonstitution
213
überträgt ihr damit wesentliche Verantwortung. Gegen diese hervorgehobene Rolle wehrt sich Jutta. Auch Frau Kriburgers Äußerung hm, fand ich gar nicht {Beispiel 4, Z. 25; vgl. S. 206) ist so zu erklären. Die Äußerung reagiert auf die Übereinstimmungsunterstellung {bestimmt) in Frau Amelungs Äußerung vor allen Dingen bestimmt sauberer und ordentlicher als bei mir. Die Komponente der Reziprozitätskonstitution wird in diesen reduzierten Einleitungsformen nicht mehr gesondert ausgedrückt. Weiter ist bei der Behandlung der Teilkomplexe im Rahmen von übergeordneten Schemata schon aufgefallen, daß häufig Anwendungsmanifestationen vom Format einer Äußerungseinleitung eine auf die Konstitution größerer Einheiten bezogene Funktion haben. Dieser Bezug ist ebenfalls als Behandlung von konditioneilen Relevanzen zu interpretieren, die mit den übergeordneten Schemata verbunden sind. So ist zum Beispiel auch die Äußerung doch da oben ist es sehr adrett jetzt von Frau Kriburger (Beispiel 4, Z. 21) zu verstehen, mit der sie in den unterbrochenen Zusammenhang „die Wohnung oben" zurückleitet. Mit dem einleitenden doch schafft die Sprecherin einen Bezug zu den konditioneilen Relevanzen dieses Zusammenhangs: Sie bezieht sich auf eine Komponente der ihr übertragenen Aufgabe, ein Urteil zu fällen, und zwar das Abwägen. Die bisherigen Überlegungen sollten einen ersten Einblick geben, in welcher Weise Fokussierungen mit der interaktiven Anwendung von Aktivitätskomplexen und Einzelaktivitäten zusammenhängen, und welche Faktoren dabei wesentlich sind. Dabei sind als Einflußgrößen vor allem Einheitenbildung und Reziprozitätskonstitution erkennbar geworden. In bezug auf die Einheitenkonstitution gilt generell, daß Vorstrukturierung die Anforderungen der Anwendung senkt. Am aufwendigsten müssen Ordnungsschemata vorbereitet werden. In Einheiten innerhalb der jeweiligen Schemata — d.h. Komponenten der Handlungskonstitution, kognitive Strukturen in Sachverhaltsdarstellungen, Äußerungsfolgen zwischen Ruhepunkten in Gesprächsschemata — haben insofern eigene Anwendungsmanifestationen, als sie als distinkte Teile des Gesamtprogramms konstituiert werden müssen. Expansionen der strukturell notwendigen Anwendungsmanifestationen stehen in der Regel mit Fragen der Reziprozitätskonstitution in Zusammenhang, insbesondere mit Problemen des Verstehens und Akzeptierens. Der Rekurs auf das Modell der Konstitution von Ordnungsstrukturen hat eine erste interne Analyse von Vorbereitungen und den dabei auftretenden Reduktionen und Expansionen möglich gemacht. Es scheint jedoch notwendig, diese Analyse noch weiter zu verfeinern; deshalb soll zunächst die Komponente der Ablösung betrachtet werden (Kap. 3) und dann die Komponente der vorgreifenden Verdeutlichung (Kap. 4).
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Werner
Kallmeyer
3 Zur Organisation von Diskontinuität Fokuswechsel bedeuten eine Veränderung der Aufmerksamkeitsausrichtung, wenn auch häufig nur eine partielle Veränderung. Die Aufmerksamkeit ist vorher auf etwas gerichtet gewesen, diese Orientierung wird außer Kraft gesetzt und eine neue eingeführt. Ein Wechsel der Aufmerksamkeitsausrichtung beinhaltet also im Prinzip zwei Komponenten: Abwenden und Zuwenden. Im laufenden Interaktionsprozeß werden bei ausgebauten Übergängen zwischen zwei Aktivitätskomplexen die beiden Komponenten als aufeinanderfolgende Schritte in der Regel deutlich manifestiert. In Beispiel 1 (vgl. oben, S. 201) sind bei der vorläufigen Analyse des Übergangs schon Manifestationen des Abwendens (Z. 2 0 - 2 3 ) und des Zuwendens (ab Z. 23) beobachtet worden. Die Komponente des Abwendens wird noch deutlicher als in diesem Beispiel, wenn — was häufig geschieht — noch einmal repräsentiert wird, wovon man sich abwendet, bevor der Fokuswechsel vollzogen wird. Das kann relativ formal geschehen (zum Beispiel Wenn sie keine Informationsfragen mehr haben, Herr Schmidt, dann wollte ich Sie bitten, daß Sie jetzt noch einmal darstellen...) oder auch unter stärker inhaltlichem Bezug auf das Voraufgegangene, zum Beispiel in Form einer Zusammenfassung.
3.1
Abwenden, Zuwenden und
Relevanzeinstufung
Das spezifische Konstitutionsproblem an solchen Übergangsstellen besteht darin, daß trotz der Rückwendung in der Art einer erneuten manifesten Berücksichtigung des abzuwählenden Fokus eindeutig markiert werden muß, daß dieser Fokus nicht weiter gelten soll. Zur Manifestation dieser Verhältnisse steht ein System von Markierungen der Relevanzeinstufung zur Verfügung, und zwar von Relevanzmarkierungen, die sich darauf beziehen, welche Rolle die jeweiligen Manifestationen und die durch sie definierten Foki für den Prozeß der Interaktionskonstitution spielen sollen. Diese Relevanzeinstufung gibt es in zwei Grundformen: Rückstufung und Hochstufung. Die Rückstufung ist charakteristisch für das Abwenden, die Hochstufung charakteristisch für das Zuwenden. Als Markierungen derartiger Relevanzeinstufungen fungieren ganz unterschiedliche Formen: Anreden bzw. Anrufe wie hier, du, entschuldigen Sie usw.; metakommunikative Thematisierungen wie Schluß damit, mehr habe ich hier jetzt nicht usw.; Partikeln wie nun ja, wie auch immer, naja, gut usw.; Adverbien wie sicher, natürlich usw.; schließlich suprasegmentale Markierungen
Fokuswechsel
und Fokussierungen ah Aktivitäten
der Gesprächskonstitution
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wie Lautstärke, Tonhöhe und Expressivität (d.h. Tonhöhenschwankungen, in der Regel verbunden mit Akzentuierungen). Entscheidend für die Relevanzeinstufung scheint der Bezug zu sein zum einen auf Aspekte der Reziprozitätskonstitution (im Sinne der Austauschbarkeit der Perspektiven und der hinreichenden Übereinstimmung der Relevanzsysteme) und zum anderen auf Aspekte der vorgreifenden Verhaltensfestlegung. Einen Bezug auf die Reziprozitätskonstitution beinhalten zum Beispiel die Anreden, die als Aufmerksamkeitsappelle an den Partner wirken (zum Beispiel hier, paß auf), aber auch Manifestationen eigener Aufmerksamkeitsbewegungen des Sprechers wie da fällt mir ein. Der Bezugspunkt ist hier das Prinzip der gemeinsamen Aufmerksamkeitsausrichtung: Das, was geschehen wird, soll im Zentrum der gemeinsamen Aufmerksamkeit liegen. Manifestationen dieses Typs bewirken Hochstufung. Bei anderen Manifestationsformen ist der Bezugspunkt die Geteiltheit von Relevanzsystemen und Wissensbeständen: Ausdrücke wie das ist sicher, klar, natürlich usw. manifestieren Selbstverständlichkeit bzw. die Unterstellung der Geteiltheit. Sie signalisieren, daß der Sprecher die in Frage stehenden Sachverhalte als nicht strittig und daher nicht weiter zu behandeln definiert. Derartige Manifestationen bewirken Rückstufung. Ausdrücke wie stell dir vor oder ne' wiederum wirken als Appell der Reziprozitätsherstellung und bedeuten Hochstufung. Einen Bezug auf die Interaktionsgegenstände und die damit verbundenen konditionellen Relevanzen schließlich scheinen metakommunikative Thematisierungen wie Schluß damit, jetzt mal ne andere Überlegung usw. zu beinhalten, und auch Ausdrücke wie gut, naja usw. sind als minimale Repräsentationen dieser Bezüge anzusehen. Generell kann man sagen, daß Manifestationen des Erfulltseins oder der Aufhebung konditioneller Relevanzen als Rückstufung wirken, Manifestationen der Geltung bzw. des Geltungsanspruchs konditioneller Relevanzen als Hochstufung. Inwieweit die verschiedenen suprasegmentalen Ausdrucksmittel den unterschiedlichen Bezugspunkten zuzuordnen sind, ist nicht auszumachen, da sie in der Regel kombiniert verwendet werden. Es handelt sich jeweils um relative Werte, die von den Beteiligten sehr genau unterschieden und manifestiert werden; und zwar ist im Prinzip mit Hochstufung lautes, langsames, hochtoniges und expressives Sprechen und mit Rückstufung leises, schnelles, niedertoniges und planes Sprechen in Verbindung zu bringen. Signifikant ist dabei der Wechsel von einer Sprechweise zur anderen. Die Übergangstechnik, die beiden Schritte „Abwenden" und „Zuwenden" unter Verwendung der Markierungen der Relevanzeinstufung zu manifestieren, erscheint vielfach auch in einzelnen Äußerungen. Einzeläußerungen realisieren ebenso wie Äußerungskomplexe einen zentralen
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Werner Kallmeyer
Fokus. Zusätzlich können jedoch noch Nebenfoki konstituiert werden, und zwar im wesentlichen in Einleitungen, Einschüben und Ausleitungen. M.a.W.: es gibt in komplexeren Äußerungen, unabhängig von der Konstitution von Thema, Fokus usw. im satzgrammatischen Sinn eine Gliederung aufgrund der Relevanzeinstufung. Diese Gliederung gibt die Möglichkeit zu gesteigertem Aspektreichtum, und zwar gestattet sie, Foki, die nicht, noch nicht oder nicht mehr als zentraler Fokus realisiert werden sollen, doch manifest zu berücksichtigen. Auf diese Weise wird u.a. eine charakteristische Form eingeleiteter Äußerungen konstituiert: der Typ ja - aber, bei dem die Berücksichtigung eines voraufgehend etablierten Fokus (durch die Bestätigung) mit der Abwahl dieses Fokus und der Zuwendung zu einem anderen, konkurrierenden Fokus verbunden wird {aber). Das folgende Beispiel zeigt zwei eingeleitete Äußerungen, eine relativ komplexe und eine relativ einfache, an denen die Manifestationen des Abwendens und Zuwendens zu beobachten sind. Es handelt sich um die Diskussion von gemeinsamen Plänen zwischen Till (und Harald) einerseits sowie Werner (und Jochen) andererseits. Jochen und Werner haben den Vorschlag zu einer als existentiell wichtig angesehenen engen Kooperation im Rahmen einer Wohngemeinschaft gemacht. Till und Harald haben den Vorschlag abgelehnt und gerade eine erste Begründung gegeben. Till versucht, dem Gespräch eine neue Wendung zu geben; er will darauf hinaus, daß das Projekt, eine Wohngemeinschaft zu gründen, auch ohne die Beteiligung von Harald und ihm zu verwirklichen sei. Er hat schon einmal angesetzt, ist aber unterbrochen worden. Beispiel 9: 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 1
T: ja was ich jetzt draufnaus wollte, ne' . . ich mein das . . . das is klar, damit . . hab ich auch gerechnet also daß ihr jetzt vielleicht e n t . . und auch du eventuell enttäuscht bist - . . . weil (..) weil wir auch mitkriegten ihr wart auch schon in einem Stadium (schneller) wie du das auch mit Inge sagtest+ das war an sich - (schnell) naja okay. & ihr hattet euch das so gedacht.+ (Atemholen) aber eh (h) wir sollten (h) ich würde das auch gerne sehen . . (schnell) sozusagen wenn wir (h) . . wenn wir da jetzt auch schnell rauskämen sozusagen, ne & weil die Idee + . . (mit Nachdruck) weil ich die Idee an sich für gut halte. (Pause) W:r(zögemd, zweifelnd) ja ( . . .) aber das ( . . ) T:L das erscheint mir auf jeden Fall reinleuchtend, (leiser) soweit ich das beurteilen kann. W:L (Räuspern) W: klar die die . . . T: und die läßt sich auch verwirklichen.
Fokuswechsel
und Fokussierungen
als Aktivitäten
der Gesprächskonstitution
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2. W: (zögernd, zweifelnd} ¿a_ aber . . . die Idee ist natürlich mit Leuten 3 . . . verknüpft, ne oder an an an Leute . . mit ner bestimmten Intention 4 . . gebunden. (WG 7/8)
Der erste Teil von Tills langer Äußerung (ja was ich jetzt daraufnaus wollte, ne') manifestiert die Zuwendung in der Form einer Anknüpfung an seinen ersten, erfolglosen Strukturierungsversuch. Der nächste Teil (von ich mein bis ihr hattet euch das so gedacht.) realisiert die Berücksichtigung des abzuwählenden Fokus. Als Markierungen der Relevanzrückstufung erscheinen das is klar, damit .. hab ich auch gerechnet als Ausdrücke der Selbstverständlichkeit sowie eine plane, niedertonige Sprechweise. Bei dieser Rückwendung zum abzuwählenden Fokus nun gerät Till in Zwänge der Sachverhaltsdarstellung. Bei seinem ersten, gescheiterten Versuch war er gerade bei der zusammenfassenden Berücksichtigung der bisherigen Interaktion korrigierend unterbrochen worden. Beim zweiten Ansatz nun expandiert Till den Berücksichtigungsteil in absichernder Weise. Die Hinwendung zum abzuwählenden Fokus entfaltet damit aber eine Eigendynamik der weiteren Detaillierung und des Belegens, aus der sich Till mit einem Rettungsmanöver befreit: Durch das Abbrechen und die markante Manifestation des Abwendens {{schnell) nafa okay. &ihr hattet euch das so gedacht.) Mit: (Atemholen) aber eh (h) wir sollten beginnt der Teil der erneuten Zuwendung, d.h. der Konstitution eines neuen Fokus. Auch hierbei sind jedoch Komplikationen zu beobachten. Zwar verwendet Till ein ne' als Reziprozitätsappell {wenn wir da jetzt auch schnell rauskämen sozusagen, ne'), aber eine eindeutige Hochstufung erscheint erst am Ende, markiert durch die Sprechweise: {mitNachdruck). Vorher benutzt Till eine Raffungstechnik, die vom Prinzip her der Relevanzeinstufung entgegenwirkt: {schnell) sozusagen wenn wir (h).. wenn wir da jetzt auch schnell rauskämen sozusagen, ne' &weil die Idee'. Derartige Raffungen, markiert durch schnelles Sprechen und die Aufhebung von strukturell vorgesehenen Segmentierungen durch das Mittel des auffällig schnellen Anschlusses, ( Mediziner usw.), bereiten die Kurse in „Kommunikation in Aktion" und in „Kommunikation in der Reflexion" die Schüler auf Qualifikationen vor, die in allen Lebenssituationen notwendig sind. Wenn weiter oben gesagt wurde, daß entsprechend den Zielkomplexen eines situationsbezogenen Sprachunterrichts Grammatikunterricht aus der Beschäftigung mit Problemen wie der Realisierung von Intentionen mit sprachlichen Mitteln in bestimmten Situationen mit unterschiedlichen Adressaten usf. besteht, also nicht nur Beschäftigung mit Formen und Symbolen um ihrer selbst willen bedeutet, sondern Grammatik ganz wesentlich Planung, Konstruktion und Analyse von sachbezogener, situationsadäquater und intentionsgerichteter Rede und Argumentation im Rahmen von sozialen Handlungen auf der Basis von Regeln bedeutet, dann haben sprechhandlungstheoretische Konzepte 17 einen höheren Begründungs- und 16 Trotz unterschiedlicher wissenschaftstheoretischer und didaktischer Position wird von einer Reihe von Autoren und auch in den Richtlinien der Linguistik im Deutschunterricht der Sekundarstufe II im Sinne von „Wissenschaft in der Reflexion" ein Platz zugestanden (vgl. z.B. Frankfurter Kreis junger Linguisten 1970, 58;Diegritz 1972, 360). 17 Ich rechne dazu Arbeiten, die unter folgenden Etiketten erschienen sind: kom-
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Erklärungswert als andere linguistische Theorieentwürfe, deren Mängel aus der Perspektive der dargestellten Konzeption von Sprachunterricht in folgender Hinsicht bestehen: (a)
Sie beschreiben das Sprachsystem, nicht oder kaum Gebrauch und Funktion von Sprache in gesellschaftlichen Situationen.
(b)
Sie behandeln Syntagmen/Satzstrukturen — und dies unzureichend — und vernachlässigen wichtige kommunikative Faktoren wie z.B. die Beziehungen zwischen Gesprächspartnern, deren Voraussetzungssituation, ihre historischen und gesellschaftlichen Bedingungen, ihre Intentionen usw.
(c)
Sie konzentrieren sich auf die Untersuchung geschriebener, monologischer Texte.
(d)
Sie behandeln in der Regel nur eine Sprachvariante, die sie als geschlossenes gültiges System ansehen und vernachlässigen andere daneben existierende gleichrangige Varianten.
(e)
Sie beschränken sich bei der Erklärung von Sprechereignissen auf ausschließlich linguistische Verfahren und lassen z.B. Ergebnisse aus dem Bereich der Soziologie, Psychologie und anderer Wissenschaften, die sich mit Sprache als symbolischer Interaktion beschäftigen außer Betracht.
Daß sich diese Mängel in den gebräuchlichsten Sprachbüchern wiederfinden, zeigt deutlich, wie einseitig die Beziehungen zwischen Theorie- und Praxisebene sind. Daß Sprachunterricht als „kommunikativ", „handlungsorientiert" und ähnliches definiert wird, beruht nur zu einem geringen Teil auf Überlegungen, die aus den Erfordernissen der täglichen Praxis des Sprachunterrichts gewonnen worden sind. Zum größten Teil hat der Sprachunterricht bzw. die Sprachdidaktik mit entsprechender zeitlicher Verzögerung nur das übernommen und reduziert angewendet, was im Theoriebereich aus ganz anderen Erkenntnisinteressen erforscht worden ist. Die didaktischen Begründungen sind dementsprechend nachgeordnet. Damit setzt sich eine Tendenz fort, die ihren sichtbaren Anfang in der Abbildung strukturalistischer und transformationsgrammatischer Theorieskizzen nahm (vgl. u.a. Sowinski 1969, Eichler 1970, Heringer 1970, Frankfurter Kreis 1970, Stalb 1971). Besonders das letzte der genannten Merkmale (e) bemunikative Textlinguistik, Sprechakttheorie, Texttheorie, Pragmatik, Pragmalinguistik (vgl. u.a. Kallmeyer u.a. 1974, Gülich/Raible 1974, Searle 1971, Schmidt 1973, Maas/Wunderlich 1972, Wunderlich 1 9 7 2 , Hennig/Huth 1975)
Didaktik und
Sprechhandlungstheorie
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zieht sich auf ausschließlich linguistisch orientierte Sprechhandlungskonzepte. Aber auch die anderen Merkmale treffen für bestimmte sprachhandlungstheoretische Ansätze zu. So werden z.B. von Searle (1971) und Wunderlich (1972) nur Minimalkontexte (b) in einer Sprachvariante (d) zur Exemplifizierung ihrer Theorieentwürfe herangezogen. In vielen Fällen sind die Analysen auf die Erklärung von Einzelsätzen („Sprechakten") und ihrer kommunikativen Funktionen beschränkt. Sprechhandlungen werden isoliert von ihrem gesellschaftlichen Kontext als „Robinsonaden" (vgl. Kummer/Kummer/Pasierbsky 1975) analysiert. Nur selten werden außersprachliche Indikatoren zur Interpretation kommunikativer Akte herangezogen. Deutlich ist die Nichtberücksichtigung der durch die Beteiligten in der Kommunikation geleisteten interpretativen Prozesse und eines damit verbundenen dynamischen Situations- bzw. Kontextbegriffs. Eine gewisse Ausnahme in dieser Beziehung bilden eine Reihe jüngerer Arbeiten aus der Konversationsanalyse und Diskursanalyse (vgl. z.B. Kallmeyer/Schütze 1976, Wunderlich 1976), wo es z.B. um die wichtigen Fragen der Rekonstruktion von Situationsdefinitionen und von Handlungsschemata und deren Veränderungen mit ihren Beziehungen durch die an der Kommunikation Beteiligten geht. In diesen Arbeiten werden ganze Interaktionssequenzen (Sprechereignisse, turns) analysiert und interpretiert. Es werden nicht mehr ausschließlich schriftliche Texte berücksichtigt (vgl. u.a.: Ehlich/Rehbein 1972, Martens 1974, van Os 1974, Fuchs/Schank 1975, Leodolter 1975, Berens u.a. 1976), Der Begründungs- und Erklärungswert von Sprechhandlungskonzepten — auch wenn sie z.T. erst rudimentär ausgearbeitet sind und noch nicht den Status von Theorien haben — ist für den skizzierten Sprachunterricht zweifellos größer als der traditioneller linguistischer Theorien (z.B. Strukturalismus, GTG), die damit natürlich nicht ihre partiellen Funktionen verlieren. Der höhere Erklärungswert ist u.a. dadurch bedingt, daß die ein Sprechereignis bedingenden und steuernden Faktoren entweder teilweise oder ganz in die Analyse von Sprechakten einbezogen werden. Linguistische Sprechhandlungskonzepte — in welcher Ausformung auch immer — können allerdings nicht ausreichen, um allein ein so komplexes Gebilde wie Sprachunterricht theoretisch zu begründen und zu fundieren. Dazu können nur mehrere Wissenschaften in dem oben beschriebenen Kontextualiserungs- und Systematisierungsprozeß zwischen Theoretikern und Praktikern beitragen. Zu diesen Wissenschaften gehören neben der Linguistik in erster Linie Psychologie, Soziologie, Erziehungswissenschaften und Curriculumtheorie. Fertigstellung des Manuskripts: 11.1976
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275
Autorenregister Autorenregister Achtenhagen, F. 270, 272 Ader, D. 2 4 5 , 2 7 0 Althaus, H. P. 240, 272 Apel, K.-O. 106, 121, 141 Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (ABS) 195, 199, 239 Arbeitsgruppe Sprachdidaktik Bielefeld 258, 270 Äugst, G. 122, 141 Austin, J. L. 85f„ 99, 135f., 141 Ballmer, T. T. 111, 141 Bartsch, R. 270 Bateson, G. 120, 141 Bauche, H. 90, 99 Baumenn, H.-H. 270, 272 Bayer, K. 106f., 141 Beavin, J. 118, 142 Becker, H. 255, 270 Behr, K. 262f„ 270 Berens, F. J. 194, 239f., 269f. Biasci, C. 5, 48 Blankertz, H. 245, 270 Blount, B. G. 142 de Boer, Ch. 70, 97, 99 Boettcher, W. 122f., 141, 245, 263, 270 Bredemeier, J. 9, 48 Brinkmann, H. 55, 58, 72, 81, 89f., 92, 99 Brodbeck, M. 189 Brown, G. P. 155f., 160 Bruce, B. C. 153f., 160 Bünting, K.-D. 245f., 262, 270 Chamiak, E. 155, 160 Charolles, M. 58, 62, 64, 81, 90-94, 99 Cohen, L. J. 108, 141 Cole, P. 161 Courtillon-Leclerq, J. 51f., 63, 81, 88ff., 9 2 , 9 9 Dahl, Ö. 240 Daniels, K. 245f., 253, 270 Deutscher Bildungsrat 247, 254, 270 Diegritz, T. 253, 265, 267, 270 van Dijk, T. A. 99, 150, 160, 195, 226f., 239
Dressier, W. 48 Ehlich, K. 269f. Ehrich, V. 143, 160f. Eichler, W. 245, 268, 270 Eisenberg, P. 161 Engelen, B. 50, 66, 72, 81, 89, 93, 99 Feigl, H. 189 Finke, P. Xlf., 11 l f „ 141, 163-189 Finkenstaedt, Th. 247, 270 Flitner, A. 261, 270 Franck, D. 143, 161 Frankfurter Kreis junger Linguisten 263, 2 6 7 f „ 270 Fräser, B. 151, 161 Frier, W. 141 Fritsche, J. 5, 48 Fuchs, H. P. 269f. Garfinkel, H. 1 9 5 , 2 3 9 Gauvenet, H. 51f., 63, 80f., 85, 88ff., 92, 99 Genette, G. 70, 99 Gerbaulet, S. 254, 271 Giffin, K. 116, 141 Glinz, H. 2 5 1 , 2 7 1 Goffman, E. 231, 240 Grünert, H. 252, 271 Grünwaldt, H. J. 259, 271 Gülich, E. X. 49-101. 105, 129, 135f„ 141, 191, 194, 212, 226, 240, 268, 271 Guenthner, F. 48 Guhl, B. 52, 99 Habel, C. 189 Haller, H. D. 255, 270 Hamburger Autorenkollektiv 259, 271 Heger, K. 48, 99 Hein, J. 243f., 246, 271, 273 Helmers, H. 253, 271 Henne, H. 104, 121, 123, 141, 240, 272 Hennig, J. 268, 271 Henning, E. 81, 89, 91ff., 97, 99 Henrici, G. XIII, 141, 243-273 Heringer, H. J. 245, 264, 266, 268, 271 Herrmann, M. 52, 56ff. 64, 69, 81, 85, 88, 9 1 f „ 99 Heydrich, W. 7, 48 Högy, T. 259, 271
276 Homberger, D. 259, 271 Hoppe, O. 259, 271 Hoppenkamps, H. 51f., 54, 64, 81, 85, 93, 98f., Huber, L. 254, 272 Huth, L. 2 6 8 , 2 7 1 Hyldegaard-Jensen, K. 99 Itkonen, E. 112, 141 Ivo, H. 259, 272 Jackson, D. D. 118, 142 Jäger, K. H. 194, 239f., 269f. Jäger, S. 72, 8 1 , 8 9 , 97-100 Jefferson, G. 197f., 203, 240f. Jungblut, G. 251 f., 272 Kallmeyer, W. XII, 191-241, 2 6 8 f „ 272 Kanngiesser, S. UOff., 141, 164, 172f„ 189 Kaufmann, G. 51f., 54-57, 63, 69f., 72, 80f., 89, 91f., 98, 100 Kayser, H. I X f . , 1 - 4 8 Keller, R. 84, 89, 100 Klein, W. 268, 272 Klier, W. 262, 272 Klinger, H. 245, 248, 253f., 256, 259, 271f. Kochan, D. C. 272 Köhler, U. 251, 272 Körner, H.-H. 81, 89, 91f., 94, 97, 100 Koller, W. 65, 69, 100 Kopperschmidt, J. 245, 258, 272 Koyro, H. G. 259, 272 Kreit, J. 262, 272 Kress, A. 2 4 5 , 2 7 0 Kummer, I. 269, 272 Kummer, W. 269, 272 Langner, H. 265, 273 Le Bidois, G. & R. 70f., 97, 100 Leodolter, R. 269, 272 Leontjev, A. A. 265, 272 Levin, J. A. 157f., 161 Lieb, H.-H. l l l f . , 141 Lorenz, K. 111, 141 Maas, U. 143, 161, 259, 268, 272 Mandel, A. 118, 141 Mandel, K. H. 118, 141
Autorenregister Martens, K. 269, 272 Metzing, D. Xf., 143-161 Meyer, H. L. 261, 270, 272 Meyer-Hermann, R. Xff., 5 5 f f „ 98, 100, 103-142, 143, 161, 180, 189, 193, 240, 268, 271f. Michel, G. 81, 100, 265, 273 Mishler, E. G. 120, 141 Moirand, S. 5 If., 63, 80f., 85, 88ff., 92 Moore, M. A. 157f., 161 Morgan, J. C. 161 Mortensen, C. D. 118, 142 Muller-Michaelis, H. 246, 272 Nagel, E. 169, 189 Nash-Webber, B. C. 160 Netzer, K. 268, 272 Niindel, E. 122, 142 van Os, Ch. 269, 273 Otto, G. 244, 273 Pasierbsky, F. 269, 272 Patton, B. R. 116, 141 Petofi, J. S. IXf.,_l-48, 99, 191ff., 198, 240 Pike, K. L. 194, 240 Pleines, J. 270, 272 Quasthoff, U. 189 Raible, W. 52, 54, 85, 99, 129, 135f., 141, 191, 194, 240, 2 6 8 , 2 7 1 Rehbein, J. 195, 197, 208, 228, 232, 240, 269f. Robinsohn, S. B. 264f., 260, 273 Roth, W. 253, 273 Ruesch, J. 117f„ 120, 141f. Sack, F. 239 Sacks, H. 192f., 197f., 203, 207, 221, 223, 227, 239ff. Saile, K. 143, 160 Sanches, M. 125, 142 Sassnick, A. 262, 272 Schank, G. 194, 197, 239f„ 269f. Schank, R. 160 Schegloff, E. 196ff., 203, 207, 221, 239ff. Schenkein, J. 239 Schemer, M. 5 2 f f „ 56, 63, 67, 100 Schlieben-Lange, B. 110, 142
277
Autorenregister Schmidt, S. J. 48, 5 1 , 1 0 0 , 268, 273 Schmidt, W. 265, 273 Schnelle, H. 109, 112, 142 Schoenthal, G. 239f. Schrey, H. 259, 273 Schröder, K. 258, 270, 273 Schütze, F. 193f„ 196f„ 199, 231, 240f„ 269, 272 Schwitalla, J. 194, 239f., 269f. Searle, J. R. XI, 104, 142ff„ 146f„ 150f„ 157f„ 160f., 172f„ 189, 268f., 273 Sebeok, T. A. 141 Seiler, H. 70, 94, 100 Siebert, H. J. 268, 272 Sitta, H. 245f„ 2 5 1 , 2 6 4 , 273 Sommerfeldt, K. E. 72, 100 Sowinski, B. 244, 268, 273 Spillmann, H. O. 253, 271 Stalb, H. 268, 273 Stegmüller, W. 143, 161, 169, 189 Stein, G. 259, 273 Stubenrauch, H. D. 255, 270 Sudnow, D. 240f., Thiel, H. 273 Trauernicht, S. 125, 142 Turner, R. 239, 241 Ungeheuer, G. 120, 142 Vennemann, Th. 270 Verschoor, J. A. 65, 81, 100 Vouk, V. 50, 70, 100 Wahrig, G. 12, 48 Watzlawick, P. 118f., 120, 142 Waxier, N. E. 120, 141 Wegner, D. 240 Weingarten, E. 239 Weinrich, H. 124, 142 Weiss, D. 192, 198, 241 Wespel, M. 262, 272 Wiegand, H. E. 240, 272 Wierlacher, A. 239 Wierzbicka, A. 5 0f., 100 Wilkending, G. 255, 270 Wilske, L. 265, 273 Wolf, E. 262, 272 von Wright, G. H. 57, 83ff„ 100
Wunderlich, D. XII, 51, 5 4 f „ 63, 81, 85f., 88, 92, 98, 100f„ 104, 106ff., 110, 112, 120f., 123, 127, 132, 142f„ 160f., 193, 241, 262, 268f„ 272f. Wygotski, L. S. 265, 273 Zech, J. 265, 273 Ziegler, J. 120, 142 Zwicky, A. M. 5 0 , 1 0 1
Begriffs- und Sachregister Abwenden 214f., 217f., 223, 225f., 228 Adäquatheit, kommunikative 177f. Adressatenkennzeichnung 59, 61ff., 68, 77 Akzeptabilität, kommunikative 109 Andeutung 191, 228f„ 232ff„ 237ff. Anführungszeichen 65 Angemessenheit, kommunikative 109 Ankündigung XII, 136-140, 191, 228f., 232, 234, 236-239 Anwendung(sstruktur, -smanifestation, etc.) 196ff., 200, 205, 209, 211, 213, 226, 237 Ausdrückbarkeit 172-175 Ausdrücke, s. deskriptive, interaktionsbenennende, performativ-modale, weltkonstitutive Ausdrücke Äußerung, Struktur der 2f. Basis, empirische 85, 104f„ 108, 110f. Bedeutungsrepräsentation, s. Repräsentation belief system 154 Beziehungsaspekt 118ff. comment, s. topic Curriculumarbeit 253, 254ff., 258 Curriculumkonzept, offenes 255 Deskriptive Ausdrücke 42, 44-48 Didaktik (allgemeine) 243, 244f. Diskurstyp 127 Ebenen der Kommunikation, s. Kommunikation Einheit, kanonisch deskriptive 23, 4 2 f „ 46f. Einheit, kanonisch performativ -modale 8, 10, 18f„ 22f„ 44, 46f.
278 Einheit, kanonisch weltkonstitutive 8, 10, 23, 27, 27, 36f., 39f., 44, 46f. Einheit, kommunikative 5f. Einheit, komplexe deskriptive 7 Einleitung 191, 197, 230 Einleitungswendung, explizit-performative X, 104f„ 107f„ 129-137, 230 elementare Repräsentation, s. Repräsentation empirisch l l l f . empirische Basis, s. Basis empirische Fundierung, s. Basis, empirische Erhaltungsbedingungen, nichtsprachliche 173, 174, 179, 186 Erhaltungsbedingungen, sprachliche 172,173, 174,179, 186 Erhaltungsgesetz XI, 164, 170, 171, 172, 175-182, 183 Erhaltungsgesetz, spezielles, 181-188 Erhaltungssatz 171, 176 Erhaltungssystem 169, J/70, 171 Evaluation 230, 231f. explizit performative Einleitungswendung, s. Einleitungswendung extrakommunikativ 120f. Fachdidaktik 243f., 245ff., 248-251, 258 Fokus 191, 194f. Fokuskonstitution 223 Fokussierung XII, 191, 194, 195f. 213, 228, 233 Fokussprung 204, 207 Fokuswechsel XII, 191, 195f„ 204, 207, 210, 214 Funktionalismus, linguistischer 163f., 175f. Gehalt, propositionaler 145 Gliederungssignal 194, 212, 226 Handlung, kanonisch performative 10, 22 Handlung, performative 22-25 Helping dialogue game 157ff. Hochstufung 214f. Hypostasierung (metakommunikativer Sprechakttyp) 140 Illokution, 51, 84, 87, 91ff., 95f., 143, 145, 150, 152
Begriffs- und Sachregister Immanenzprinzip 164, 169 Indikator, graphischer (f. Redewiedergabe) 65, 68f„ 77 Indikator, sprachlicher (f. Redewiedergabe) 146ff„ 151, 155ff. Indikator, syntaktischer (f. Redewiedergabe) 65-69, 77 Indikatoren für Redewiedergabe, s. auch Redewiedergabe indirekter Sprechakt, s. Sprechakt, indirekter Inhaltsaspekt 118ff. Initiant 239 Interaktion, metakommunikative (s. auch Sprechakt, metakommunikativer) XI, 103f., 106-109, 113, 115, 128 interaktionsbenennender Ausdruck X, 103ff., 106, 107-110, 113ff., 1 2 1 , 2 3 0 Interaktionseinheit, kommunikative 56f. 125, 126ff. Interaktionsfähigkeit, kommunikative 108f. Interaktionsschema 104 Interaktionstheorie 192, 193, 195 Interaktionstyp, kommunikativer 104ff., 108,110, 112 Interpretation s. semantische Interpretation interpretativer Ansatz 143 Introspektion 110 Intuitionen 112 kanonisch deskriptive Einheit, s. Einheit kanonisch performativ-modale Einheit, s. Einheit kanonisch weltkonstitutive Einheit, s. Einheit kanonisch performative Handlung, s. Handlung kognitiver Ansatz 143 Kommunikation 117-120, 123f., 128f. Kommunikation, Ebenen der 52-56 Kommunikationsakt, Komponenten des 59ff., 68ff., 77 Kommunikationsfähigkeit 262-266 Kommunikationssituation 59f., 62., 68f. Kommunikationsverben, 58, 62, 92f.
Begriffs- und Sachregister kommunikative Einheit, s. Einheit Kompensationsmechanismus 181, 182,185 f. komplexe deskriptive Einheit, s. Einheit Komponente, deskriptive_3, 4f. Komponente, performativ-modale Komponente, weltkonstitutive 3, 4f., 23 konditionelle Relevanz, s. Relevanz K o n t e x t ^ , 3f., 104, 109f. kontextbezogener Aspekt (e. sprachl. Handlung) 86f., 91f., 95 Kontexttyp 98, 104f., 112 Konversationsanalyse Xllf., 192f., 195 Korpus-Analyse 112 Korrelat-Zuordnung 2, 10 Kotext^ 4 lexikalische Repräsentation, s. Repräsentation Lokalisierung 223, 224, 226, 229 Lokution 84, 8 7 , 9 1 , 9 5 f . Makrostruktur 194f. Matchprozedur 152 Metakommunikation 55ff., 116-119, 120-125, 127ff. 180, 214f. Metakommunikation, Funktion von 123 Metakommunikation, implizite vs. explizite 118 metakommunikative Funktion 136 metakommunikative Interaktion, s. Interaktion metakommunikativer Ausdruck, s. interaktionsbenennender Ausdruck metakommunikativer Sprechakt, s. Sprechakt Metasprache 124f. Netz, semantisches 152, 159 Nomen, sprechaktkennzeichnendes s. sprechaktkennzeichnendes Nomen Pädago-Linguistik XIII, 244, 248, 249f., 253, 257, 258, 266 paralinguistische Elemente 117
279 Performativa (s. Performativkonstante; performativ-modaler Ausdruck; Einleitungswendung, explizit performative) Performativkonstante XII, 182, 184, 187 performativ-modale Ausdrücke IX, 4, 8, 10, l l f . , 12-27,47 performative Handlung, s. Handlung Per lokution 84, 87, 91f., 95 Phonetischer Aspekt (e. sprachl. Handlung) 86f., 91, 95 Problemlösungsprozeß 158f. Rede, indirekte/direkte 50, 54, 69f., 72 Rededarstellung 54 Redeeinleitung 70, 80 Redeerwähnung 54 Redegegenstand, (Konstitution des) 60, 64, 68, 77 Redekonstellationstyp 127 Redewiedergabe X, 49f., 51, 53f., 5 5 f f „ 58f„ 64, 85 Redewiedergabe, Indikatoren für 50f., 59f.. 61-67, 68. 69-76, 77, 98 Redewiedergabe, Typen der 67-72 Reflexion über Sprache, 263-267 Relevanz, konditionelle 199, 215, 220, 226, 238 Relevanzeinstufung XII, 214f., 217 Repräsentation (Bedeutungs-; elementare) 5ff.,.2, 44 Repräsentation, lexikalische 19f. Repräsentation, semantische 19 Rhema, s. Thema Rückstufung 214f„ 217, 220, 228 Schlußprozeß XI, 150f„ 159f. Semantische Interpretation X, 1, 2 Situation 104, 109f. Social Action Program (SAP) 153ff. Sprache, kanonische 5, 27 Sprachunterricht (vs. Linguistik) XIII, 244, 246, 248, 249, 252, 258-261, 262, 264-268. 269 Sprachunterricht, Ziele des 261, 262f„ 264f. Sprechakt, indirekter/direkter Xff„ 143, 144. 145-148, 150f., 153, 156-159, 179
280 Sprechakt, metakommunikativer X, XII, 103f., 117f„ 121f„ 128, 129, 131-136, 180, 194, 231, 265 Sprechakt, redeorganisierender 51 Sprechaktelement 165ff., 1 8 0 , 1 8 3 sprechaktkennzeichnendes Nomen 60f„ 63, 68, 77 Sprechaktkomplex 166, 179f. Sprechaktsequenz 104, 146, 153f. Sprechaktsystem Xlf. 164ff„ 167, 169f., 178f„ 181f„ 183 Sprechakttheorie Xlff., 4 9 f „ 81, 85, 98, 104, 106ff., 144f„ 167, 169, 259f., 267ff. Sprechakttyp 104ff., 136 Sprechakttyp, metakommunikativer, s. Ankündigung; Hypostasierung Sprecherkennzeichnung 59-62, 68, 77 Sprechhandlungstheorie, s. Sprechakttheorie Strukturadäquatheit 177 Suprasegmentalia 71, 117, 214f., 228, 230f. Susie Software 155ff. System(typen) 167-170
Begriffs- und
Sachregister
Tests 112 Text, deskriptiver 3 Text, kommunikativer Handlungs-J, 4 Textlinguistik 192f. Textsorte 97f., 127 Textstruktur-Weltstruktur-Theorie (TeSWeST)_5, 9 Texttheorie 192 T h e m a / R h e m a 191f., 194 Topic / Comment 191f., 198 Verb, performatives Xf., 85, 106f. Verb, sprechaktkennzeichnendes (s. auch interaktionsbenennender Ausdruck) 59, 61ff„ 68, 70, 77, 81, 82f„ 84f., 87, 88-91, 94, 97f. Verstehen lf., 5 Voraussetzungssicherung 203 Welten, durch weltkonstitutive Einheiten bezeichnete 39-42 weltkonstitutive Ausdrücke IX, 8, 20, 23, 26f., 28, 29-39, 47 Wissensbestand 109 Zitierung 54 Zuwenden 214f., 217f., 223, 225f