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German Pages 367 [376] Year 1992
ADOLPH F R E I H E R R K N I G G E SÄMTLICHE WERKE BAND 6
Adolph Freiherr Knigge Sämtliche Werke In Zusammenarbeit mit Em st-Otto Fehn, Manfred Grätz, Gisela von Hanstein und Claus Ritterhoff herausgegeben von Paul Raabe
BAND 6 Abteilung i Romane in 8 Bänden
Adolph Freiherr Knigge
Geschichte des armen Herrn von Mildenburg In Briefen herausgegeben Teil 3
K G Säur München - London - New York - Paris 1992
Photomechanischer Nachdruck der Erstausgabe nach dem Exemplar der Stadt- und Universitätsbibliothek Bern. Sign.: Litt. XLVI. 1072
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Knigge, Adolph Frhr. von: Sämtliche Werke / Adolph Freiherr Knigge. In Zusammenarbeit mit Ernst-Otto Fehn ... hrsg. von Paul Baabe. Photomechanischer Nachdr. der Erstausg. - München ; London ; New York ; Paris : Säur. ISBN 3-598-22870-8 NE: Baabe, Paul [Hrsg.]; Knigge, Adolph Frhr. von: [Sammlung] Photomechanischer Nachdr. der Erstausg. Bd. 6 : Abt. 1, Bomane : in 8 Bänden. Geschichte des armen Herrn von Mildenburg : in Briefen herausgegeben. -Teil 3. 1992 ISBN 3-598-22876-7
Printed on acid-free paper / Gedruckt auf säurefreiem Papier Alle Bechte vorbehalten / All Bights Strictly Beserved K. G. Säur Verlag GmbH & Co. KG, München 1992 A Beed Beference Publishing Company Printed in the Federal Bepublic of Gennany Jede Art der Vervielfältigung ohne Erlaubnis des Verlages ist unzulässig Druck/Printed by Strauss Offsetdruck, Hirschberg Binden/Bound by Buchbinderei Schaumann, Darmstadt ISBN 3-598-22870-8
Geschichte b«
a r me n He r r n
von M i l d e n b u r g , in Briefen herausgegeben von
Adolph Freyherr» Knigge.
D r i t t e r und letzter Theil. H an n o ve r , bey Ch r is tian R i t s c h e r , 1790.
Vorrede. « i i t diesem dritten Theile beschließe ich, »»einem Plane gemäß, die Geschichte des armen Herrn von Mildenburg. D ie Leser werden,-wie ich hoffe, finden, daß ich bis zu Ende desselben, (wo ich S ie über das Schicksal keiner einzigen von den in diesem Buche geschilderten Haupt-Personen in Ungewißheit lasse) meinem ersten Gesichtspunct nicht aus den Augen verlohren habe. Dankbar für die gütige Nachsicht, wo»nit das P»»blicum und die Herrn Kunst richter mein Werk aufgenommen haben, * 2 sey
Vorrede. sey es mir dennoch erlaubt, zu Erläute rung, keineswegs aber zu Wiederlegung ei ner gewissen S telle in einer Beurtheilung des ersten Theile, (All. Lit. Zeit. M ay 1 7 9 0 . N ro . 6 0 .) etwas anzuführen! E in einsichtsvoller und bescheidner Reeensent sagt nämlich darinn: es scheine mehr mein Talent zu seyn, Charaktere der Menschen nach der N atu r zu schildern, als anziehende S ituationen anzulegen. Ic h fühle selbst wohl, daß dieß vollkom men wahr ist, und daß es mir jeht zu sehr an Phantasie und tarnte fehlt, um die Aufmerksamkeit derteser durch interessante Verwicklungen und überraschende tagen, worinn ich die Helden meiner Geschichte versehte, zu fesseln; Allein ich niuß doch dabey erinnern, daß dies auch ausser den Grenzen meines P la n s bey diesem Buche lag. Um da- zu entwickeln, werde ich verleitet, ein wenig mehr, als vielleicht, sehr strenge genommen, einen bescheidnen M an n ziemt, von mir selber und von mei nen Scl)rtsten zu reden; doch wird es für teure, die in dem Schriftsteller auch gern den M an n erkettnen und wissen rnögten,
Vorr ede. ob er bey den literarischen Arbeiten, die er unternimt, nach immer gleichen S y s t« men und Grundsätzen handelt, oder bloß Eingebungen des Augenblicks folgt; die, sen wird es nicht uninteressant seyn, zu erfahren, welcher in meinem Kopfe Hern fcheudenIdee dies Buch seine Entstehung j» verdanken oder vorzuwerfen hat, und warum ich ihm diese und keine andre Ein» kleidung geben zu müssen, geglaubt habe. A ls ich, grade noch zu rechter Zeit fü r Kopf, Herz, Gesundheit und G eld, bentel, von dem Scharrplaße des Hofle, bcns abgetreten war, konnte ich devV cr, fuchung nicht wiederstehn, und hatte auch andre sehr wichtige Gründe dazu, einige Scenen, in welchen ich auf diesen» Thea, ter theils mitgespielt hatte, theils nur als S ta tist aufgetreten war, zum Nutzen und Frommen, zur W arnung und zur Ehren, rettung, in einem Buche zu beschreiben, das ich den Roman meines Lebens nannte. D am als fehlte es uns in Teutsch, land wirrklich noch an Büchern, in wel, chen die S itten der höher» S tän d e ge, schildert gewesen wäre«». W enig Rom a, * 3 nett.
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urnschreiber hatten Bekanntschaft m it die, ser Classe von Menschen und D ie , welche im S tande gewesen wären, B ild e r von der A t t zu liefern, wurden, wenn nicht durch ihre äuffcrn Verhältnisse, doch durch eine gewisse sklavische Furcht vor d e nG ro, ßen der Erde, die gottlob! seit zehn I a h , ren durch H ü lfe der P u b lic itä t sehr ab, genommen hat, zurückgehalten, manche» Unwesen laut zu rügen, worüber sie in der S t ille seufzten oder — lachten. M e in B u c h machte also sehr viel mehr Glück, als e» seinem innern W erthe nach ver, diente; denn, wenngleich einige Züge von Menschenkenniniß daraus hervorleuchte, ten; so w ar doch da» Ganze ein unzusammenhängende» W e rk, ohne E inheit des P la n s — buntschäckichre Gemälde, m it G ew alt an einen Faden gereyht, der oft wieder zerrissen und wieder w a r ange, knüpft worden. Endlich w ar der S t y l sehr umgebildet, und durchaus stach eine B itte rk e it hervor, die vielleicht in meiner damaligen Lage m ir zu verzeyhn w ar, im mer aber die Trene der Darstellung sehr verdächtig machte. D ie s sahen einsichts volle K n nstrichter sehr wohl ein, undw urden
Vorrede. den weder von dem B eyfalls des Aneedor ten liebenden Publikum s, noch den ver vielfältigten Auflagen und Nachdrücken meines W erks getäuscht. Ic h selbst fühlte, daß ihr Tadel gegründet w ar, und beschloß, durch H erausgabe andrer R omatte,, ju zeigen, daß ich nicht unfähig w äre, meine Gedanken in O rdnung vor zutragen, einen einfachen P la n anzulegen imt> auszuführen. W enn ich meine Blicke a u f die M e n schen aller S tä n d e w arf, unter denen ich mich umhergetrieben hatte; so glaubte ich zu Bemerkn, das so V iele unter ihnen m ir deswegen verkehrt und schlecht han deln, weil sie das Interesse gut zu seyn nicht lebhaft genug fühlen, nicht einsehn: daß Rechtschaffenheit und Consequenz in H andlungen auch in dieser W elt den sicher sten Lohn mit sich führen; (in so fern m an nämlich richtige B egriffe von B elohnung u nd S tra fe h a t) daß der höchste G ra d von W eisheit und K lugheit — Tugend ist, oder m it andern W orten, daß das lehte R esultat aller Nachforschungen und E r fahrungen über unser Erdenleben, der * 4 Sah
Vorrede. S a ß ist: „Um den höchsten Grad von „Glückseligkeit und alle Vortheile zu erlan, „gen, die man in dieser Welt schmecken, „und alle Zwecke zu erreichen, die man „vernünftigerweise durchzusehen suchen „kann, muß man strenge alle moralischen „Pflichten beobachten." Jeder helle Kopf wird daher, nach einer langen Reyhe von Erfahrungen, an Ende wenigstens aus Speculation ein redlicher M ann werden; I s t er lange auf Irrwegen gegangen, har den Temperament und fehlerhafte Erzier hung seine frühere Auebildung verhindert; so wird doch die Erziehung, die ihm da» Schicksal giebt, ihn zuleht auf den einzir gen guten Weg leiten, und dann ist feilte Tugend unendlich mehr werth, sichrer und nützlicher für die W elt, als die Gutherr zigkeit der mehrften so genannten ehrlichen Leute, die übrigen» gewiß auch unsre herzr liche Liebe und Achtung verdienen. Ich finde aber hauptsächlich drey Hindernisse, die auch oft den verständigr sten Menschen abhalten, früh genug, zu seinen und Andrer Glücke diesen Grad von Bildung, diese, allein de» Namen» der
Vorrede. her Aufklärung würdige Vervollkommung zu erlangen, nämlich Leichtsinn, S o p h i sterei) undLeidenschaften. Um diese H auptId e e zu entwickeln, unternahm ich cs, nach einander drey R om ane zuschreiben, wovon Ich hier eine kurze Skizze liefern will. I n der Geschichte P eter CsausenZ lasse ich einen lebhaften K naben aus der niedrigsten Volksclasse, der in der ersten Erziehung gänzlich ist vernachlässigt w or den, durch eine V erkettung von sonder baren Schicksalen, beynahe durch alle S tä n d e des menschlichen Lebens w andern. E r lernt in jedem dieser Verhältnisse, das, w as er zu seinem Friede» missen müsste, immer nur erst denn, -wenn eö zu spät ist, wenn er sich durch irgend einen alberne» oder schiefen S treich sein Glück zernich tet h a t; allein er nüht seine Erfahrungen nicht für die Folge. E r raisonnin nicht v iel; E in unüberwindlicher Leichtsinn lässt ihn m it dem feinsten V erstände den noch nie ernsthafte Beobachtungen anstel len, noch feste Entschlüsse fassen; V o n einer andern S e ite kann man auch nicht sagen, daß sehr heftige Leidenschaften ihn * 5 ir-
Vorr ede. irreleiten — nein! noch einmal! Leicht sinn ist es, was ihm diese Menge von Abentheuer» zuführt; Bey dem Genusse des frohen Augenblicks sieht er nie auf Folgen voraus; und so geht es denn mit feiner Bildung langsam — Aber die E r ziehung des Schicksals ist doch nicht verföftren* Am Ende, nachdem er alle B ah nen durchlaufen ist und immer, nur in andern Formen, dieselben Leetionen be kommen hat; reift seine mannigfaltige Er fahrung endlich zu einem festen Systeme von Weisheit und Tugend; und nun kön nen wir gewiß seyn, daß er diesem S y steme treu bleiben wird, da weder lebhaf ter Drang von Innen, noch neue Erschei nungen von Aussen, ihn noch einmal ir releiten können.
Ludwig von Seclberg, dessen Geschichte ich, unter dem Titel: die V er irrungen des Philosophen nachher ge schrieben habe, ist ein ganz andrer M ann. Aus jedem Vorfalle, der ihm im Leben begegnet, zieht er sich Resultate, flickt sich ein System zusammen, glaubt nach Grund sätze» seine Handlungen einzurichten, in deß
Vorrede. deß diese nicht die Frucht von jenen sind, sondern er vielmehr, ohne das selbst zu merken, sich seine Grundsätze nach den H andlungen accommodirt, wozu ihn seine kleinen Leidenschaften und Triebe verleiten. G efährlicher sind also die V erirrungen dieses Sophisten, als jenes Leichtsinnigen; denn er sündigt nach System en, wird nach G rundsätzen, bald ein W ollüstling, bald ein Freygeist, dann ein Andächtler, ein Menschenfeind, ein W ohlthäter, ein M y stiker, ein Skeptiker, ein Je su it, ein W e lt-R e fo rm ato r, ein Enthusiast, ein E goist; bis endlich, nachdem er alle V e r irrungen des menschlichen G eistes durchw andelt ist und keines seiner nichtigen S y steme ihn glücklich und ruhig gemacht hat, auch er, an der H and eines verständigen W e ib e s, sich einen weisen Lebensplan w ählt, um nicht wieder irre zu gehn.
Der arme Herr von Milden» b ü rg kömmt dadurch in so manche unan genehme Lage, daß sein Herz immer mit seinem Kopfe davon läuft. S e in e Lei denschaften sind es, die unaufhörlich an ihm nagen; E r raifouuirt zu wenig, und
fühlt,
Vorrede. fühlt, ju seinem Unglücke, zu viel. S ein e System e sind Kinder jener Leidenschaften und der daraus erzeugten Launen; E r hascht unaufhörlich nach Glück; aber er greift nach Schatten. S ein e Unvorsirlu tigkciten «erden immer mit dem liebevolle sten Herzen, mit dem besten W illen, gut zu handeln, begangen — Aber ist er darum weniger unglücklich? nein! er ist es in höherm G rade, als die andern B eyden; denn feine Besserung selbst ist am Ende unrein p isa lle r, und als er dahin kömmt, Meister über sich zu werden, hat der K am pf ihn schon den grüßten Theil seiner geistü gen und körperlichen Kräfte gekostet; E r welkt dahin, und vermag nicht mehr, das einfache Glück zu schmecken, da- er mit so großer M ühe errungen hat. Je d e - dieser drey Werke erforderteine eigne B earbeitung; I n der Ge schichte Peter Clausens, das heisst: in der Leben-geschichte eine- eigentlichen Abcntheurer-, wurde es mir leicht, viel Verwicklung, interessante, und selbst Luft ferst römische Situationen anzubringen; Auch ist die- B uch, vielleicht deswegen, unter
Vorrede. unter den» T itel: le G il B las a lle m a n d , kürzlich in P a r is in bas Französische über seht worden. A ls ich es aber schrieb, hatte ich selbst »nchr Frohsinn und Leicht sinn, als jetzt; D a m a ls würde jener H err Recensent mich anders beurtheilt haben.
Ludwig von Seelberg konnte, des ewigen R aisonnierens und System eA uekram ens wegen, nicht eigentlich am ü sant seyn; seine Geschichte ist durchaus nicht für Rom anen-Leser, sondern für Menschen geschrieben, denen die W icdcrsprüche in den menschlichen System en über W eisheit und Tugend ein wichtiger G e genstand der Nachforschung sind. Um endlich der Geschichte des ar men Herrn von Mildenburg die T ro ckenheit zu benehmen, und die Leser gegen die Langeweile zu w afnen, welche noth wendig durch daö W inseln und K lagen meines H elden, bey allen seinen selbst geschaffnen Leiden, hätte entstehn müssen; w ählte ich die Form , diesen R om an in B riefen abzufassen, in dcr H ofnung, daß die Abwechselung des S ty ls einen Theil jener
Vorrede. jener Unvollkommenheiten heben sollte. I n wie fern es m ir aber damit gelungen ist, das muß ich der B eurtheilung des P ublicnm s überlassen, dem ich nur die Rechenschaft schuldig zu seyn glaubte, daß, wenn meine A rbeit nicht ganz seines Bey» fa lls werth ist, ich wenigstens nicht ohne alle Ueberlegung so und nicht anders ge schrieben habe.
Hannover, im Junius, 1790.
Jn-
Inhalt des dritten Theils. E rs te r B r i e f , S eite r ; V o n Hein rich von Mildenburg, in Hamburg, an die Frau von Steiubach, in * * * . W a s er über ihre und ihres Gemahls Entschliesiung, * * * und den dortigen D i.n s t zu verlassen, denkt. Beschreibung seiner G er müthslage. E r ermahnt sie, zu überlegen, ob der S c h ritt sie nie reuen in-gte. W ollen sie ih n th u n ; so räch er ihnen nach H am burg zu zieh». Beschreibung dieser S ta d t, der dort herrschenden S itte n , der Lebensart, und B e merkungen über die» alles. Nachrichten von ih m , von P o rr, von der Demoiselle Gelmer, von P o rrs alten Nluhm e, von der Frau von M ildenburg die, wie er erfahren hat, krank seyn soll, von seinem Rinde und von
der Zrau von Srallheim. Z w e y t e r B r i e f , Seite 2 7 ; V o n der Frau von Steinbach, an den Doctoe P o rr, in Hamburg.
Sie
S ie berichtet ihm, daß S te in b a c h mm würklich den Abschied genommen habe, und das: M ild e n d u rg s S ta tt gestorben sey. S ie will mit ihrem Gemahle nach Hamburg oder Altona liebn, vorher aber eine Reise durch die Schweiz nach Frankreich machen. Dahin wünschen sie M ild e n b u rg mitzunehmen. P o r r soll su chen, ihn dazu zu bereden. Gründe sür die sen P lan.
D r i t t e r B r ie f , Seite z r ; Porrs Antwort auf den vorigen Brief. E r bittet, sie möge ihm nicht zumutben, M ild e n b u rg zu der Reise zu bewegen. Ueber geheime und andre Ursachen, die ihn zu dieser Weigerung bewegen. Doch will er die Sache auch nicht hintertreiben. Zu Besorgung der übrige» Aufträge versteht er sich.
V i e r te r B r ie f , S eitez4 ; V onB iedersdorf, aus Neuyork, an Heinrich von Mildenburg, in Hamburg. E r ist M ajor geworden. Wie es ihn übri gen» geht, lieber seinen Gemüths-Zustand. I n zwey Jahren will er nach Europa zurück kommen. Der H e rr v o n der H a r t hat seilt erworbneS Vermögen wieder verlohren. D ie d e rsd o rf hat ihm Geld gelieh», um von Neuem anzufangen.
Fünf-
F ü n f t e r B r ie f , S eiteZ 7 ; VonCae rolinen Felmer, in Hamburg, an ihre Schwester, in S t . Petersburg. Dank für die ihr mitgechctlten Nachrichten von bm V e rw a n d te n . Bericht von ihrem Zeitvertreibe im Hamburg und von den P erso n e n , mit denen sie lebt, von der Leben-art in dieser S tad t, von des R e c to r Lelm ero Familie und von M ild e n b u rg s Abreise in die Schweiz; alles in ihrer M anier erzählt und geschildert.
S e c h ste r B r i e f , Seite $o; Von Heinrich von Mildenburg, in tausanr ne, an den Doctor Porr,, in Hamburg. Einige Reiser Nachrichten. Aufenthalt in Wetzlar. Durch welche Verhängnisse gezwum gen, D ra u n fe ld sich an ihn hat wenden müsi sen? Erzählung dessen, was diesem Manne, feiner T o c h te r, dem H e rrn v o n B e rg , m a n n s d o rf und der D em oifelle A itkerm a n n begegnet ist. D e r alte A aftitz will da« Vermigen der verstorbnen S n a i v o n M ild c n b u rg nicht herausgeben. Wie es mit vier ser Angelegenheit geht? Beschreibung der Art, wie die Regierung in * * verfahrt. Ueber p o r r o Besorgnisse, M ild e n b u rg mögle. bey dem täglichen, vertrauetcn Umgänge mit der Z ra u v o n S te in b a c h , nicht wachsam genug über sein Herz seyn, nicht Rücksicht genug auf die Ruhe andrer, dabey interessircer Personen und auf die Stim m e des Publikums nehmen. Wiederlegung dieser Zweifel.
** [17]
Sie.'
S i e b e n t e r B r i e f , Seite 6 9 ; Von dem Freyherrn von Rastitz, in AltenWedel, an den Geheimen-Referendar Voldorn, in * *♦ E r sucht Ihm beqreiflich zu machen, wie unbillig e« sey, daß M ild e n b u rg die Heraus gabe de« Dermbgens seiner verstorbenen Tochter verlange. Gründe, die er anführt. Um die sen Gründen mehr Gewicht zu geben, oder viel mehr, als Entschädigung für den Zeitverlust, den er dem Herrn Referenten durch diesen Drtefivechsel verursacht, legt er ein Geschenk an Gelde bey.
A chter B r i i f , Seite 7 1 ; Von dem Doctor Porr, in Hamburg, an den Banquier Schlaubach, in ***. E r bittet ihn, den Herrn von Milden« bürg in einem Briefe dringend zu ersuchen,
von seiner Reise zurückzukehren, »m den P ro ceß gegen Rastitz prrsönlick'zu betreiben. E r hält dies für nothwendig, mögte aber nicht gern unmittelbar einen Schritt besfalls thun, weil Mtldenburg sonst glauben ksimte, dies sey nur ein Dorwanb, um ihn von der Reise abzuhalten, gegen welche Porr sich immer er klärt hatte.
N e u n t e r B r ie f , Seite 73; Von dem Geheimen - Referendar Voldorn, an den B aron von Rastitz. Er
E r schickt die ihm angebothnen hundert Louisd'or mit großen Versicherungen, daß er der M ann nicht sey, der Geschenke nehme, zurück. Diesmal will er indessen diese» Bestechungsfall nicht anzeigen. Die Acten hat er übrigens noch nicht Zeit gehabt, einzusehn, versichert aber, er werde in dieser Sache nach Pflicht und Gewissen handeln.
Z e h n te r B r i e f , Seite 7 5 ; Von dem Banquier Schlaubach, in ***, an den Doctor Porr, in Hamburg. Schon ehe er p o r r s B rief bekam, war er entschlossen, M ild e n b u rg zu bitten, sich seit nes Processes selbst anzunehmen, und ihn von dieser Last zu befteyn. Ueber die Justitz - Der» fassung in * * und den Referenten. Was man davon redet, daß M ild e n b u rg sich jetzt seines ehemaligen Feindes D ra u n fe ld in Wetzlar am nimt, und was das für Folgen haben kann? E r hat, dem Verlangen gemäß, an M ilden« b ü rg geschrieben.
E i l f t e r B r ie f . Seite 7 9 ; Von dem Bau-Verwalter Rittermann, in P yr mont, an den Herrn von der Harr, in Neuyork. Er ist, nachdem er aus America zurückge kommen, von dem Fürsten von Waldeck als B au 1Verwalter in Pyrmont angesetzt worden. Die ihm von dem Herrn von der H art auf» ** 2 gttra« [19]
getragenen Erkundigungen nach &cr5Cemoi|clle Seltner hat er nicht eher als ihk einziehn kSn» nen. E r bedauert n u r, daß die Nachrichten, welche er nun ertheilen kann, nicht die ange nehmsten sind. E r hat nämlich erfahren, daß Caroline jetzt eines gewissen Herrn v o n t l i i l s denburg Maitresse sey und m it demselben in H am burg lebe. Zum Troste erzählt er dem Herrn von der H art seine eigne Geschichte und wie ih m das weibliche Geschlecht mitgespielt. E r hat in der Jugend studiert; w ird Advocat in M a n h e im ; Beschreibung der bort herrschenden S itte n . E r verliebt sich in ein ju n g e s Mädchen, die tugendhaft scheint und damals auch ist, von ih re r eigenen M u tter lind einem Herrn von Hofe aber v e rfü h rt w ird. Er w ird durch den S ch u h dieses H e r r n Ehcge» richtsrath. Seine Frau b rin g t fü n f M o n a te nach ih re r D rrheyrathunq eine Tochter a u f die W e lt. U m seiner Schande zu enrsiiehn, v m lässt Rittermann die P fa lz , w ird S o ld a t in holländischen Diensten, lebt dort ziva in iq Z a h re , geht als Lieutenant m it den Waldeekschen T ru p pen nach America, wo er den Herr:, von der H art hat kennen gelernt, und von woher er nun zurückgekommen ist. Noch erfahren w ir, daß M onfieur Previlliere damals in M an he im die R o lle eines Kupplers spielte, und daß die Freun» bin» der Frau von Dergmannedorf, M a» demoiselle Rittermann dieselbe, unserm H e r r n B au-V erw alter untergeschobne Tochter ist.
Z w ö lf t e r B r i e f , Seite 9 5 ; V o n demAdvoearen Greifer, an denGehri» men» Referendar Volldorn. Er
Er hat erfahren, baß der Herr Voldorn ein Capital von zweytausend Thalern zu Icvh« sucht. DieS Capital biethet ihm nun Greifer, in des Aarons von Aastiy Nam en, ohne Zinsen an. D a diese Gelder zu dem nachaelasr senen Vermögen der verstorbnen Frau von Mildenburg gehören; so hat es mit Zurück» zahlnnq derselben so lanae Zeit, bis der Proceß in welchem Voldorn Referent, geendigt ist.
D r e y z e h n t e r B r i e f , © eite9 7 ; Ante wort des Geheim en-Referendars. E r nimt dies Darlehn a n ; versichert aber, baß dies auf den Gang der Justih gar keinen Einfluß haben wird, findet jedoch, baß A astitz viel vor sich zu haben scheint, und daß die Sache wohk vorerst nicht entscheiden werden wird.
V i e r z e h n t e r B r i e f , S eite 1 0 0 ; V on dem Herrn von derH art, in üieu* york, an den B au -V erw alter Ritter« mann, in Pyrm ont. D ie Nachricht, welche ihm Aittermann gegeben, schlägt ihn um so mehr nieder, da er sich zugleich von seinem Freunde und Wohlkbä» ter Mildenburg und seiner geliebten Caro line getäuscht hält. S e in Glaube an Liebe, Freundschaft und Treue ist nun auf immer da» hin. D a eS jetzt vom Schicksale beschlossen zu seyn scheint, daß er isoliert leben soll; so wird fein Vermögen bald hinreichen, ihn als einen einzelnen M ann zu unterhalten. Schon hat er ** 3 Bie-
Biedersdorf da- geliehene Gelb erstattet, und gellngt seine jetzige Unternehmung; so wird et in zwey Jahren gewiß nach Teutschlanb zurück» kommen und sich ein ruhige-, einsame« Plätze chen aussuchen. F ü n f z e h n t e r B r i e f , S eite 1 0 4 ; V o n Heinrich von Mildenburg, i n * * , an den Doclor P o rr, in Hamburg. Er ist nun, auf Schlaubach» Bitten, hierhergekommen, um seinen Proceß persönlich zu betreibe». Noch einige« wird nachgeholt, wa- seine Reise betrifft. Zn Air hat er den jünger» H errn von Eberbach gesehn; Nach» richten von ihm. Zn Pari« trennt er sich von Gtetnbach». JnSpener sinder er denH errn von Bergmannsdorf und die vemotfelle Rttterm ann, al« Schauspieler bey Strunz» manne Gesellschaft. Die Frau von Berg» Mannsdorf liegt in Manheim an einem Krebs» schaden tödlich krank. Wa- nun seinen Proceß betrifft; so wird derselbe durch Lhicanen und schleckte Zustth« Verfassung unverantwortlich in die Lange gezogen, so daß er noch kein Ende desselben vor sich fleht. Schilderung seiner H errn Richter, ihrer Art Geschäfte zu füh» ren und Supplikanten zu behandeln. Etwa« von vornehmen Faullenzern, di« der Unterthan im Schweiß seine« Angesicht- ernähren muß, und von den Pflichten Derer, die reichlich da» für besoldet «erde», nicht, daß sie sich im Wohl» leben mästen, sondern daß sie arbeiten sollen. rNildenburg führt in * * ein traurige« Leben. Um eine nützliche Beschäftigung zu haben, har er
er einen arm en R n a b e n zu sich genommen,
den er selbst erzieht und unterrichtet.
Von
D ra u n ftld hört er gar nichts mehr.
S e c h z e h n t e r B r i e f , S e ite t i g ; V on dem Docror Porr, in Hamburg, an Heinrich von Mildenburg, zur Anu wort auf den vorigen B rief. Er nimt warmen Antheil an seinem Mis» vergnügen, glaubt aber, M ild e n b u rg habe auch Unrecht gehabt, sich in seinen Proceß, Am .qeiegenheiten zuerst an den V ru d e r des F ü r sten zu wenden. Er räth zur Geduld und tue äussersten Vorsicht. Was sich etwa zur Tntr schul-igung des langsamen Gangs der Justitz und des Mangels an Theilnehmung- den die tnehrsten Richter den Supplieanten zeigen, sä» gen lasst? Ueber die Faulheit der mehksten Ge» fchaftSmänner. Ob man aber verlangen könne, das; Der, welcher mit dem Kopfe arbeitet, eben so viel Stunden der Arbeit widmen und eben so einfach und mäßig leben solle, als Der, welcher Hand-Arbeit treibt? Unser Jahrhundert erhebt die untern Stande auf Unkosten der höher» ein wenig mehr, als billig und nützlich ist. Folgen, die davon zu erwarten sind. Ueber Freyheits» Prediger und über die Gleichheit unter den Menschen. Ueber Publicität und deren herrli chen Nutzen. Pflichten der Regierungen in Rücksicht auf dieselbe. Was P o r r von M ild c n b u rg s Unternehmen, den arm en R n a den zu erziehn, halt. Gewöhnliche Folgen solr cher Bemühungen. **■ 4 Sic» [23]
S ie b e n z e h n t e r B r i e f , S eite i z ; ; V o n Heinrich von Mildenburg, an bett Doktor Porr, in Hamburg. I n der grkßten V e rw irru n g u n d U n ru h e schreibt er ih m und schickt ih m die folgenden bey» den sehr unangenehmen B rie fe . P o r t soll to i then, wenn er kann; E r weiß sich nicht zu Hel» fen, und ist auch sehr krank.
A c h tz e h n te r B r i e f , S eite 1 3 6 ; V o n dem Geheimen.-Krtegsrathe und Cammerherrn von Herbrand, in * * * , an Heinrich von Mildenburg, in * * . M i t heuchlerischen Versuchungen seine« M itle id e n « und seiner im m er fortdauernden D ankbarkeit und Hochachtung, meldet er ih m , baß - e r H e r z o g , aufgebracht darüber, baß M i l d c n b u r g sich der Angelegenheit de« H e r r n v o n B r a u n f e l d in W etzlar gegen ih n ange» nommen, beschlossen habe, ih m fernerhin die bisher gezogene Pension nicht mehr auszahlen zu lassen.
N e u n z e h n t e r B r i e f , S e ite 1 3 9 ; V o n der Frau von Steinbach, in Carls» ruhe, an Heinrich von Mildenburg. B e y ih re r Durchreise durch E arlsruhe, wo
Steinbach feine Zugendjahre zugebracht, hat Dieser sich bereden lassen, als O brist, in die Dienste de- M arkgrafen von Baden zu tre# ten.
teit. E s schmerzt Me 5 r< u t v o n S te in b a c h , daß dadurch nun der P la n , in Ham burg m ir M i l d e n b u r g zu leben, vereitelt w ird ; doch schlägt sie ihm vor, nun statt dessen in ihre Ge» -enden zu zieht». D a vo n nächstens ein M e h re rs !
Z w a n z i g s t e r B r i e f , Seite 142; V on dem Doctor Porr, an die Frau von Steinbach. E r schickt ih r M il d e n b u r g s B r ie f an ih n . I h r e m gemeinschaftlichen Freunde' muß eilig geholfen w erden; P o r r w ill also selbst zu ih m reisen, « ist ih n a u f S te in b a c h s G u t brin gen, und bitte t die F rau O brtstinn, ihrem V e r w a lter in Steinbach zu befehlen, daß derselbe den H e rrn von M il d e n b u r g gehärig verpflege. Dam» »vtll P o r r einen Vergleich m it R a s titz i« S ta n d e zu bringen suchen.
E in und zwanzigster B r ie f , Seite 145; Von dem Pastor Ehrniann, in Birkenthal, an Carolinen Fclmer, in Hamburg. Glückwunsch zum N euen Ja h re . P o rr ist in dortiger Gegend gewesen, w ird nächstens wieder nach H am burg kommen und alles münd lich erzählen. R a s t t y leidet an P odagra und andern Gebrechen. D e r A m tsvog t U m b a c h ist »vegen CassemDefectS durchgegangen. G u te Erm ahnungen.
** j
[25]
Zwei,
Z w e y und zwanzigster B r i e f , S eite 1 5 0 ; V o n dem Herrn von Stallheim , an den Licentiaten Ziercnih. I n dem S t y l , den w ir schon kennen, mef« bet er ih m , dass seine Maitresse M i e k e m it dem R u ts c h e r V a l e n t i n davongegangen ist, nnd ih n bestohlen Hot. H e rr Z i r r e n i y soll Stecke Briefe nachschicke». Alsdann sollen Beyde auf« gehenkt werden; doch nicht eher, alS biS man sie w ird gefangen habe».
D r e y und zwanzigster B r i e f , S eite 1 5 2 ; V o n dem Banquier Schlaubach in * * * , an den Doctor P o rr, in Hamburg. E r hofft, baß dieser B r ie f den D o cto r wieder in H am b urg antreffen w ird. Unruhe über M t l d e n b u r g s Schicksal. E r bittet, ih m bald Nachricht von dem Erfolg« seiner Verhand» lungen in * * und Altenwedel zu geben. Groß« wüthiges Anerbiethen, den H e r r n v o n t t t i U d e n b ü r g m it Gelde zu unterstützen, wenn er dasselbe nicht verschmähn w ill. Betrachtungen über die Wege der Vorsehung, über die Deloh» nung der G uten und S t r a f e der Bösewichle. B r a u n f e l d hat sich m it dem H e r z o g e vergli« che» und geniesst eine Pension, die er m it sei« N e r T o c h t e r in der P fa lz verzehren w ill. H e r b r a n d ist unglücklich vcrheyrachet und h at den Zorn der M a i t r e f f e deo H e r z o g s a u f sich geladen. D e m H e r r n v o n E b c r b a c b geht es sehr wohl. PriviMrt hat böse S treich e ge« macht.
mache, und ist nu n, zu Belohnung seiner V e rr dienste als M ita rb e ite r au — dem Hestimgs! baue angesetzt. E r bittet dringend um baldige A n tw o rt.
V ie r und zwanzigster B rie f, S e ite 1 6 1 ; V o n dem V erw alter N e l ke, in Steinbach, an den Obristen von Steinbach, in Carlöruhe. I n komisch« treuherzigen Tone erzählt der alte V e r w a l t e r , welche Zubereitungen er und die H aush älterinn P t t f m a m t zum Empfange, und welche Anstalten sie nach P o r v o Abreist, zur Verpflegung de« a r m e n H e r r n v o n IT iil» d e n b u r g gemacht, giebt auch Nachricht von dem Befinden desselben, von seiner Lebensart und seinen B e d ie n te n . M i l eingemischt sind Anekdoten von dem G e r ic h ts b a lte r , dem P a s to r, dem S c h u lm e is te r B r ü l l h o r n , dem S e n a t o r R a b e und a n d e rn P e rs o n e n .
Fünf und zwanzig ster B r i e f , S e ite 1 7 0 ; V o n dem Doctor P o rr, in Ham burg, an die Frau von Stein« buch, in Carlsruhe. Ausführliche E rzählung, von dem. was er a u f seiner Reise zu M t ld e n b u r g s V ortheile ausgerichtet hat. A ls er »ach * * kämmt, wen« bet f t sich zuerst an den Leib»M edicu« Z a h ld o r f , und geht m it Diesem zu M t ld e n b u r a . den er schwach und niedergeschlagen, aber doch nicht
nickt sehr krank findet. S e in Gutachten über Mildenburgs Gesundheiks, Umstände. W ie er ih m M u t h einspricht? A m folgenden Tage fü h rt ihn F a h ld o rf zu den Fürsten. W a ru m Dieser alle Aerzte wohl empfangt? Ueber ton sten D«c«nitor, 1778. ($ t» . Hochwohlgebohren sende ich die m ir an» gebothnen hundert Louisd'or hierbei, wieder tu« rück.
Ic h weiß nicht, wodurch ich Denenselben
eine so schlechte M e in u n g von m ir kann einge» stößt haben, daß S ie mich fähig halten, mich bestechen zu lassen; düng,
welche E w .
denn, ungeachtet der Wen» HochwohlgcboKren diesem
Geschenke geben, würde doch jedermann m it Recht mich tadeln, wenn ich fü r die M ü h e , ein P a a r B rie fe m it Ih n e n zu wechseln, derglei» chen annähme.
Z n unserm Lande ist die- kein»
Weise, und ich hoffe nickt, baß Denenselben Fälle von der A r t werden zu Ohren gekommen senn. Eigentlich wäre e- m einePflicht, dieseZnmutbung höchsten O r t- anzuzeigen, wie ich schon bey ähn» lichen dergleichen Versuchen gethan; doch w ill ich d a m it, aus Consideration fü r Deroselben E 5
[113]
Person
Person und nicht b-s» gemeinte Absicht M t* mal Anstand nehmen. Wa» übrigen« Dero Angelegenheit Betrifft; so habe ich noch nicht Zeit gehabt, die mir zu» getheilte« Arten zu inspiciren, maß also über da« Gewicht der. Gründe, welche Ew. Hoch» wohlgebohre» zu Ihrem Vortheile angeführt, mein Urtheil billig su«pendiren. E« find der Geschäft« jetzt gar zu viel; alle« wird auf die hochfürstliche Regierung gewälzt, und die wiche tigen Reich«tag«< Geschäft« nehmen denn auch so viel Zeit weg, daß zu den laufenden eiuhei« mischen Sachen wenig übrigbleibt. Sobald indessen die Sache vorgenommen «erben kan», wird von meiner Seite alle« -«» schehn, «a« mit Pflichte« und Gewisse« de» flehn kann. Zch habe die Ehr« rr.
Zehn.
Zehnter B rie f. B o n dem B a nquie r Schlaubach, an den D o cto r P o rr, in Ham burg. ***, den i 4ten December, 1778.
CEw. Wohlqebohren sind m ir Zch w a r würklich im
zuvorgekommen;
B e g riff, den S c h ritt zu
th u n , zu welchem Dieselben mich in D ero v m ehrlichem Schreiben ermuntern.
B e y meinen
überhäuften Geschäften bin ich nicht länger im S tä n d e mich um den bewussten Proceß zu 6c« kümmern, und am Ende sollten des H e rrn G « heimenraths von M ild e n b u rg Excellenz w ohl glauben, daß der A ufe ntha lt der Sache an m ir, oder dem Advocaten gelegen,
auch
der doch gewiß
ein sehr redlicher M a n n ist.
A lle in eine
solche Langsamkeit, als in * * in allen Geschäft ten herrscht, ist unser E inem , der gewähnt ist, prom t und pünktlich seine A rbeit zu verrichten, gar zu anstößig.
Nach eingezognen Erkundi»
gungen ist eigentlich die M enge der Processe nicht S chu ld daran,
daß so viel liegen bleibt,
sondern die Bequemlichkeit und das Wohlleben der
der dortigen H e rrn , die, fü r schwere Berahkunz Und unerhörte S p o rte ln ,
n u r wenig S tu n d e n
des Tage« ihrem B e ru fe w id m e n ; und dann die A r t die Geschäfte zu behandeln selbst, dt», nach alten Formen, einen G ang geht, der r um so weniger N o titz nehmen und muß auch a u f D e ro
Verschwiegenheit
deSfall« rechnen,
« e il e« würklich von Übelgesinnten Leuten, an denen e-, r e fp e ftu M e in e r hier nicht fehlt, so ( D r it t e r T h e il)
G
aus
ausgelegt werden könnte, als dürfte ich Gero»» gen werden, die Entscheidung beS Processes aufzuhalten und später daraus zu referirrn, da« mit ich jene Sum m e nicht sobald zu erstatten brauchte, wovon jedoch, nach Pflicht und 65« wissen, weit entfernt bin. ES ist aber diese Sache so verwickelt, daß ich, bey meiner täglich wachsenden Arbeit, doch schwerlich in Jahre«» frtst «erde den Dortrag daraus thun können, welches mich aber gar nicht abhalten wird, so» bald der Herr Daran von Rastitz, dem mich höflichst zu empfehlen bitte, e< verlangen, da« Capital zu erstatten. Wie der Proceß ausfal» fcn mögte, davon kann ich nun freylich noch nicht« avanctren, und wird das von Tntschei» düng deS Collegii abhängen; allein so viel curforie habe ex actis wahrnehmen können, scheinen der Herr Baron von Rastitz viel vor sich zu haben. E s hat aber dem Herrn von Mildenburg gefallen, sich an gewisse andre Leute zu wenden, um sich Protection zu verschaffen. Ob diese rin wenig voreiligen Schritte von gro» ßer Würkuiig seyn, und ob wir uns an drrglri, chen Jntercessivnen kehren werden; das wird sich [ 13 H]
sich bann zeigen. Wenigsten- m-gte es wohl zu der Beschleunigung nicht sehr viel helfen. Zch habe di« Ehre, mit wahrer Lonstde, ration zu seyn tt.
®a
Vier-
lOO
Vierzehnter B rie f. V o n dem H errn von der H a rt, an den B a u - V e r w a lte r
R itterm ann ,
in
Pyrm ont. Stumjotf, den 7tm Merz, 1779. A c h bin Ih n e n ,
mein werthester H err und
Freund! recht sehr dafür verbunden, daß S ie S ich, bey den Erkundigungen um den Aufent halt der Demotselle Fclm er,
meinetwegen so
viel M ühe gegeben; allein S ie können Sich'S nicht vorstellen,
wie gewaltig mich die Nach
richtgekränkt hat, und noch kränkt, die S ie m ir ertheilt haben.
S ie hat zugleich meine H oft
nungen und Plane für die Zukunft zerstöhrt und meinen Glauben an Tugend und Freund schaft niedergeschlagen; Denn, daß S ie es nur wissen!
der M ildenburg,
von dem S ie m ir
schreiben, daß Caroline seine D uhlerinn sey, ist mein Freund, kennt meine rhemalichen Verhält nisse m it diesem Frauenzimmer, weiß daß mein Herz noch immer an ih r hängt: Z h n habe ich oft gebeten, sich nach ih r zu erkundigen, und er hat
IO t hat mich versichert, er habe ihren Aufenthalt nicht erfahren könne»; und derselbe M a n n lebte vielleicht schon damals an der S eite der Leicht« sinnigen und spottete m it ih r des leichtgläubigen Freundes in Amerika.
Doppelt hart ist dies
fü r mein Herz, da ich dem M anne, der mich a u f diese Weise täuscht, habe.
große Verbindlichkeit
E r ist es, der meine Flucht au« dem
Kloster begünstigt h a t;
E r ist es, dessen Em«
pfehlung ich die Bekanntschaft des redlichen Diedersdorfs und also die erste Veranlassung zu meinem Fortkommen in diesem Welttheile zu banken habe, und nun fühle ich zum erstenmal, wie drückend die P flich t der Dankbarkeit w ird, wenn w ir den W ohlthäter nicht hochschätzen köu« neu.
D em H errn von Biedersdorf w ill ich
von der ganzen Sache nichts sage». Indessen liegt m ir darin» noch so viel Räthe selhastes; W o, wie und wenn hat Mildenburg Carolinens Bekanntschaft gemacht?
W ie kam
sie in eine, von ihrem Vaterlande und von ihrem bisherigen Aufenthalte so weit entfernte Ge« gend? —
Doch,
vielleicht ist es am besten,
wenn ich nichts mehr davon weiß. G z
Könnte ich sie
ft« ganz vergessen; st würde ich wohl am glück« ltchsten seyn. Beynahe hätte dies« traurige Nachricht meinen Entschluß, zurück nach Europa zu gehn, wanken qemacht; aber mein Hang dahin hat doch die Oberhand behalten, und ich werde ja in Teutschland auch noch ein Plätzchen finden, wo ich unbekannt, unverstlgt von der B osheit, und ungetäuscht von der Untreue der Menschen, einsam und ruhig mein Leben beschliessen kann. M eine Derm-gen«>Umstände fangen wieder an, fich zu verbessern; Da« Schicksal hat ein Paar meiner Unternehmungen so begünstigt, daß ich dem würdigen Major von Dteber-dorf schon die Sum m e, welche er mir geliehn, erstattet habe. Glückt mit da«, wa« ich gegenwärtig vorhabe (C s ist aber eine Lieferung, bey welcher mein Hab und G ut und mein Credit auf dem Spiele st« hen) so bin ich in Jahres Frist, wenn nicht reich, doch so wohlhabend, daß ich, weil e« denn einmal beschlossen zu seyn scheint, daß ich allein bleiben solle, als ein einzelner M ann sehr ge« mächlich leben kann; und dann verweile ich nicht länger in America. Für
Für Me Mittheilung Ih rer Geschichte sage ich Ihnen herzlich Dank. S ie kennen die mei# nige; Wir sind also Beyde im Ehestände sehr unglücklich gewesen — Schlagen wir dies Lapis tel im Buche de- Lebens nicht wieder auf! An der jetzigen vorthetlhaften Wendung ihres Schicks sals nehme ich den aufrichtigsten Antheil. Geht alles, wie es gehn soll; so sage ich Ihnen ln eis nem P aar Jahren, vielleicht noch eher, münd« lich, wie aufrichtig ich bin K,
&
[143]
4
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Fünfzehnter Brief. Von Heinrich von Mildenburg, an den Dockor Porr, in Hamburg» •*# den I 8ten JuniuS, 1779.
b « t t drey Wochen,
mein theuerster Freund'.
Bin Ich nun hier, und renne zu Advocaten und Richtern und Gönnern und Freunden herum, und bettle und flehe, mündlich und schriftlich, und treibe und verspreche, und drohe, und kom» me doch nicht weiter, werde m it süßen W orten hingehalten, und bin in einer Laune, die ich keinem andern Menschen wünschen m-gte. Ic h schrieb D ir vor einem P a a r M onaten aus P a ris. D u solltest nicht eher Nachricht von m ir erhalten, als bis ich wieder in Teutschland wäre, und vorläufig gesehn hätte, welche Wem düng mein Proceß nehmen würde.
I n Teutsch«
land bin ich nun wieder; aber m ir Entscheidung meines Processes, steht es noch in weitem Felde — D avon nachher m ehr! jetzt w ill ich noch et« was von meiner Reise» Geschichte nachholen. D ie
IO?
D ie guten Steinbachs hatte», als Schlau« bath mich drängte, hierherzukommen und meine Angelegenheiten persönlich zu betreiben, wie D u weisst, aus Gefälligkeit für mich, den P la n aufgegeben, den Rest des W inters in Lausanne hinzubringen, und waren, damit ich doch noch die südlichen Provinzen von Frankreich sehn sollte, m it mir im Februar nach Marseille ge« reist. Don dort aus schrieb ich D ir, wir wür« den bis im M ay theil« da, theils in Hteres, theil« in Air leben; dieser Vorsatz wurde aber auch in so fern abgeändert, daß wir schon im Aprtll nach P a ris giengen. Unter den vielfa chen Annehinlichkeitcn die ich in Air genoß, war es keine der geringsten, daß ich so viel G u tes von D ir hörte, daß hier, wo doch bey der M enge von Fremden, ein Einzelner so leicht Übersetzn wird, dennoch jedermann voll von D ei nem Lobe war, seit der Zeit, da D u mit D ei nem Engländer Dich hier aufgehalten hast. I n Air erhielt ich auch einen Deiner Briefe, mein Theuerster! und antwortete sogleich dar auf. Die« alles wiederhole ich, weil ich durch einige Umstände veranlasst werde, zu glauben, daß nicht alle meine Briefe in Deine Hände geG 5 kenn
io 6 kommen sind. Gehr unerwartet traf ich in die» ser S ta d t auf der Orbikelle den jünger« Herrn von Eberbach an *) E r hat die Dienste des Fürsten von Zerbst verlassen, und ist Gesellt schaftteCavalier de« Erbprinzen von * * * * g« worden, mit dem er nun auf Reisen ist, der ihn sehr liebt, wie er es verdient, und der g« «iß einst sein Glück machen wird. D a ich grad« an demselben Tage einen B rief an Schlaubach abschickte; so bat mich Eberbach, einen andern an seinen Bruder mit einzulegen, welche« ich auch that. I m April reisten wir nach P a r « und brachten bort die zehn Wochen so hin, mit ich D ir die Beschreibung davon gemacht habe; D ann kam die ttaurige Stunde der Trennung Von meiner unvergeßlich lieben Reise»Gesellschaft. Stetnbach und seine Frau giengen über Lion nach Genf zurück, und ich eilte durch Lothriw gen, Elsaß und bi« Rhein «Gegenden hierher, nach dem Sitze der Ehicane, mit bangen Ahm düngen de« Verdruss««, der mich erwartete. Al« *) Man sch« Kn Lten Brief, im zweyten Theile, Seit« 49.
io7 Al» Ich unterwegen» eine» Abend» nach Speyer kam, wo ich die Nacht zubringen wollte, hörte ich, daß eine Gesellschaft Schauspieler dort wäre und grade an diesem Tage den Deserteur au» Kindesliebe aufführen würde. Ich ließ mir da» Ankündigung-iZettrl geben, und fand, daß Lies« so genannten Schauspieler unter Directioir Le» elenden Herrn Strunzmann standen, vereint mal vor einigen Jahren an mich geschrieben hat. * ) Ueberraschender aber war e» für mich, bey dieser Sand« den elenden Dergmann»dorf nebst der Demotselle Rittermann * * ) zu finden. Letzter« hatte ihren Namen beybehalten; Ersterer den seinigen in Dergstadt umgemodelt. Ich fühlte keinen Beruf, ihrer Vorstellung beyzui wohnen, da» finstre Speyer mi»fiel mir auch; ich reiste noch desselben Tag» weiter. Ueber Manheim sthr ich hauptsächlich, um mich nach dem jetzigen Zustande de» ehema« ltgen Fräulein» von Draunfeld zu erkundigen. Ih re Lage ist höchst kläglich; S eit einem halt ben *) Man seh« den ptm Brief, im zweyten Theile. **) Der l i t t Brief in diesem Theile erklärt die». [ 147]
io S den J a h re liegt sie an einem unheilbaren KrebSschaden krank;
B a ld w ird
der schmerzhafteste
T od ihrem verschleuderten Leben ei» Ende machen, und ih r letzter Augenblick gewiß sehr b it ter seyn — W a s ich in meinen Umständen zu Erleichterung der ihrigen habe beytragen ken nen, daS habe ich gethan.
M e in e Abred« m it Steinbachs w a r, wie s ie D ir 's werden geschkteben haben, daß w ir Im S eptem ber in H a m bu rg zusammentreffen w o ll ten.
D ie s gründete sich a u f die Voraussetzung,
daß ich m it meinem Proteste gegen diese Z eit zu Ende gekommen seyn w ü rd e ; aber wie w ett schetnt jetzt diese Aussicht von m ir E in «
solch« Ju stitz- Verfassung,
e n tfe rn t!
wie hier, ist
w o h l im ganzen heilige» römischen Reiche n ir gends.
G e rn w ollte ich, obgleich ich noch vor
wenig J a h re n alle solche K erl«, wie die sind, de, ne« ich jetzt m it gebognem Rücken gute W o rt« g«b«n muß, demüthig in meinem V orzim m er stehn sah; gern w ollte ich die E rniedrigung ver schmerzen, hier den S up p lica n te n zu machen, w ollte mich m it dem Gedanken beruhigen, daß ich nicht fü r mich, sondern fü r mein einziges K in d
log S tilb bettle, baß ich zu meinen eignen Bedürfe Nissen herzlich wenig bedarf m ib dies W enige habe; wenn ich m ir sähe, daß alle diese Ernie« drigu ng, alle diese B itte n einige W ürkung thä» te n ; Aber ohn« Theilnehm nng, ja ! ohne n u r einm al meine dringenden Vorsiellungen m it Auf» merksackkeit anzuhören, fangen diese kalten, un» thätigen Menschen an, mich als einen lästigen Q u ä ru la n te n zu betrachten.
Anfangs machte
man zwar eben so wenig Anstalt, m ir zu helfen; aber man schien doch, eS zu fühlen, daß ich n u r um Gerechtigkeit, nicht um eine willkührlich« G nade bat.
M a n erwies m ir die äussere Ach»
tim g , die mein S ta n d und mein R u f fordern können; Jetzt hingegen verzicht sich die Protec» tio n S rM ln e zu einer verdrießlichen Fratze, wenn ich v o r ihnen erscheine, und die Lakayen dieser wichtigen M ä n n e r winken sich einander zu, dem ten m it Zeichen,
welchen B orw and sie finden
w ollen, um ihre Herrschaft zu verleugnen, wenn ich mich anmelden kaffen w ill. A ls noch in * * * das R u de r beynahe aller Geschäfte in meiner H and w a r, klagte ich da w o hl je ü b rr A rbe it, w ie - je einen B itte n d e n
von
HO
»ett meiner Thür zurück, ohne ihn gehört, ohne ihn mir Freundlichkeit und Geduld gehört, ohn» ihm, so schnell als möglich und als gerecht war, geholfen zu haben? Nie ist mir'- eingefallen, darauf stolz seyn zu wollen, daß ich eines ein« zelnen Menschen, eines Fürsten Knecht wär«? I c h habe u n s im m e r, den Herzog so « o h ! a ls mich, B eyde a ls D iener des L a n d e s angefehn, und geglaubt, daß je« der B ü rg e r u nd B a u e r fü r d a s, w a s er a n A bgaben entrichtete, und w o v o n auch w ir bezahlt w ü rd e n , ein Recht h ä tte , v o n u n s zu fordern, daß w ir dem S ta a t e eben so viel und m ehr S tu n d e n A rb e it w idm eten, a ls er feiner schwe re rn A rbeit im S chw eiß seines Ange sichts w id m et; D aß nichts mich berech tig en könnte, eine S tu f e höher a ls er zu stehn, w en n ich ihn nicht in jeder bürgerlichen T ugend, und also vorzüg lich in Arbeitsam keit und L letß, über träfe ; daß ich des S ta u b b esen s w ü rd i ger a ls m einer B esoldung w ä re , w en n ich die H älfte des T ag e s im W ohlleben verschleuderte, in E in e r Woche m ehr von
fl50]
von den Einkünften des Landes durch die Gurgel jagte, als der arme Bauer ein ganzes Jahr lang zu seinem und seiner Rinder Unterhalte brauchte, und dann vielleicht noch obendrein durch meine Nachlässigkeit bewürkte, daß Der, durch dessen Entbehrung ich in Ueppigkeit lebte, die Stunden, die ich verprasste, mit Seufzen über meine Nachlässigkeit hinbringen müsste.
Wenn bat die Vortheile unsrer hochgeprie» jenen bürgerlichen Einrichtungen seyn sollten, daß eine kleine Anzahl der Schlechtem und M üßigem sich die Zmpunität verschafft hätten, auf Unkosten der größer« Zahl der Edlem und Arbeitsamem, sich gute Tage zu machen und «ach einer gewissen konventionellen Form eine solche Ordnung und Ruhe zu erhalten, daß diese unnatürliche Einrichtung immer in ihrer Würde bliebe; wer würde sich dann nicht in die Zeiten des Faustrechts zurückwünschen, wo wenigstens Ein Natur»Gesetz galt, das Recht des Stär» kern; wo Zeder nahm, was er haben wollte, ohne sich hinter den heuchlerischen Anschein der Ge»
HL
Gerechtigkeit zu versteck«»; «o ich o h n e M e» tbode befahlt« und geplündert wurde, und wo wenigstens Ein Vorzug der menschlichen N atur — die körperliche Kraft — in Anschlag kam? Und Diese, in deren Händen jetzt meine und der Metnigen zeitliche Glückseligkeit ist, von denen e« abhänqt, durch einen unwieder» ruflichen Spruch mich und mein Kind zu ar» men, oder zu reichen Leuten zu machen — wo für Menschen sind sie? — Ich denke. D u kennst mich genug, um überzeugt zu seyn, daß ich keine übertrieben hohe Meinung von meinen Verdiensten hege; aber da- fühle ich doch, in Augenblicken, wo mein gekränkter Stolz sich «mpöhrt, daß die N atur sie nicht bestimmt hm 6cn kann, da die glänzende Nolle zu spielen, wo mir die lUbalterne zugetheilt ist. Laß unzu gleicher Zeit bey und in Hamburg, oder sonst irgendwo auftreten, wo der M ann nur da- gilt, wozu, fern von politischen Rücksichten, eigner Werth und Achtung der Bessern ihn stempeln; und laß un- dann sehn, in wa- für Lichte dies« hirnlosen Sterblichen erscheinen! Warum muß da- Schicksal mich verdammen, grad« auf dem ein-
einzigen kleinen, schmutzigen Platze de< Erdbor den-, wo diese Schaafoköpfe ih r Wesen haben — von ihnen abhängig zu werden? M i r ist e< ein G eheim niß, w a - fü r M it» -ei der elend« R astih gefunden hat, seiner so of» fenbar ungerechten Sckche einen andern Anstrich zu geben, oder zu verhindern, daß sie zum Vor» »rage komme. D rg
I c h bin keinen einzigen schiefen
gegangen;
ich verlange n icht-, al< daß
mein« Tochter in den rechtmäßigen Besitz ih re mütterltchen Vermögen«
gesetzt werde,
m ein
Schw iegervater aber die Forderungen klar ma» che, die er an diesem Vermögen zu haben m e in t; allein ich bin nicht im S ta n d e , zu bewürken, daß m an n u r einen B lic k in die Acten werfe — D ie Sache liegt, und bleibt liegen.
S o muß ich denn in diesem elenden S tä d t» chen, wo ich doch nicht E ine lebendige Seele finde, die m it m ir sympathisirt, bey der ich Trost suchen könnte, wenn ich herabgespannt und mt«r m ü th ig de- Abend- mich nach einiger E rholung sehne; hier muß ich denn eine Woche nach der andern verliehren, fern von D i r , f m t von mcii ( D r itt e r T h . )
H
nen
ii4 m n theuren Steinbach-, deren liebevoller Um» gang meinem Herzen ein so süße« Bedürfniß geworden w ar! Noch sehe ich nicht voran-, wie lange da« bauern kann; aber da- weiß ich, daß wenn ich mit dem alten Rastitz auf irgend eine Weise, ohne meiner Tochter gar zu viel zu ver, geben, durch einen Vergleich au-einander zu kommen vermag, ich so bald als möglich meine Anarlegenheit au« den Händen der Justitz und meine Person au« diesen Gegenden ziehn werde. Um indeß hier einige Beschäftigung zu hm -en, die auch andern Nutzen bringen könnte, habe ich ein M ittel gewählt, da« D u schwer, lich errathen wirst, und wozu mir ein Zufall den Gedanken eingab. Ich gieng vor acht Ta, gen vor einem der Stadt» Thore spatzieren; E« war gegen Abend; die Hitze war den Tag über groß gewesen; Ich hatte D urst; Z n einem ein« sam liegenden Gärtner»Hause glaubte ich Milch bekommen zu können; Ich trat hinein und bat darum, erhielt auch ein Gla« voll. D er M ann und die Frau arbeiteten im Garten; ein Knabe von eilf Jahren saß vor der Thür und blätterte in einem Dilder-Duche. D er Zunge hatte et wa«
was Feine-, nicht Gemeine-, etwa- da« ich um ter den uiedem S tänden in birst« Gegenden selten antreffe, in seiner Geflchtsbilbung; die Physiognomien der Eltern gefielen mir weniger. W ährend die M utter in da- H au- gegangen war, um die Milch zu holen, und ihr M ann «eben mir stand, fieng ich an, mich mit ihm und feinem Kinde zu unterhalten. D ie Antworten de- Knaben waren naiv und bestimmt; Ich fragte den Baker, was er aus ihm zu ziehn dächte: „ D e r Ju n g e" sagte er „sey so auf die „B ücher versessen; E< könne noch wohl einmal „ein Schulmeister oder Schreiber au- ihm wen „den, wenn er nur nicht zu arm wäre, um ihn „ in eine gute Schule zu schicken, und wenn „nicht hier im Lande, um zu etwa« zu gelangen, „alle- auf Gunst und Verbindung ankäme." Ic h fragte ihn, ob e« ihm unangenehm seyn würde, seinen S o h n vorerst irgendwo zum De« dienten angezogen zu sehn; E r erwiederte: „ d a „w ürde er für ein große- Glück halten." Und so waren wir denn bald einig mit einander. Ic h bestellte sie auf den folgenden Tag zu mir, versprach väterlich für den Jungen zu sorgen, mich seiner Erziehung und seine- Unterrichts an« A 2 zw
II6 zunehmen; bfe M u tte r wurde m it zu Rathe ge zogen, und Alle waren w illig , mein Anerbielhen dankbar anzunehmen.
Am
andern M orgen
führte der G ärtner den Knaben in meine W oh nung, und überlieferte ihn m ir.
Seine Equi
page bestand in zwe» Hemdern und einigen Klei nigkeiten ; M e in Bedienter musste dafür sorgen, daß er m it Wäsche und Kleidung versehn wurde, und seit dieser Zeit beschäftige ich selbst mich, «inen großen T heil bei T a g - hindurch, damitbaß ich
dem
Schreiben,
Jungen Unterricht im
Rechnen
und
dergleichen
Lesen, gebe.
S p o tte nicht darüber, mein Lieber! daß ich e» nun bi< zum Schulmeister gebracht habe! Ge lin g t m ir mein Vorhaben; so werbe ich doch wenigsten» E in Geschöpf auf Erben glücklich machen, werde wenigsten» Eine dankbar» Seele finden — Und wahrlich! bald bin ich der erwach senen Menschen, m it ihren Alltag», Gesichtern, m lt ihren moralischen Larven, deren eine au»« -siebt, wie die andre, so überdrüssig geworben, baß ich mich lieber immer unter Kindern um» hertreiben mögte. D t» ib l gefällt m ir der Knabe ganz g u t; Feuer und Geist hat. e r; in der ersten Erzie hung
ti?
hung aber ist er verwahrlost worden. D ieE ltem mögen doch wohl schlechte Leute seyn; ich merke bat an kleinen Winkelzügen, zu denen sie ihn gewöhnt zu haben scheinen; und wäre er länger bey ihnen geblieben; so würde er vermuthlich allerley Ränke und böse Schelmenstücke gelernt haben; Doch hoffe ich, ihn wieder zu einem unverstellten, ehrlichen Wesen zurückzuführen. Don dem Herrn von Drannfeld höre Ich gar nicht-; Er wird wohl nun Meiner nicht mehr bedürfen, und also wie die mehrsten Wem scheu, sich ferner nicht um D en zu bekümmern nöthig finden, durch den jetzt seine Sache so weit eingeleitet ist, daß er sich selbst helfen kann. E - gehe D ir wohl, mein bester Freund! D u wirst e- diesem Driefe leicht ansehn, daß er ln einer sehr unharmonischen Gemüth-stimmung grschrieben ist — Grüße die Seltner und Deine geschäftige alte Muhme von mir, und vergiß Meiner nicht!
H3 [157]
Sech-.
I I I -................— •■"—H B » « —’ I
■ I
II«
Sechzehnter Brief. Antwort des Doctors Porr, an Heinrich von Mildenburg. Hamburg, den stcn JultuS. i?79. £D l< t b rr herzlichsten Theilnehm ung, mein kheur erster F re u n d !
hab« ich D einen lieben B r ie f
vo m istten de« vorigen M o n a t« gelesen.
Zch
benke mich ganz in D eine Lage h in e in ; M ö g t« doch oft schon D e r,
welcher nicht unm ittelbar
dabey interesstrt ist, au« der H a u t fahren, wenn er dem Wesen der H e rrn R ichter und Advocar ten in manchen Ländern zusteht l
I c h maste m ir nicht a n ,
einem M a n n e
von D e ine r E rfah ru ng weder einen R a th geben, voch Irgend einen V o r w u r f machen zu w o lle n ; allein man w iegt denn doch gewöhnlich in ftenu den Angelegenheiten die D in g e m it mehr K a lt blütigkeit a b ; und sollte da« auch nicht der F a ll seyn; sollte ick D i r hier nicht« sagen, al« wa< D u täglich selbst denkst und D i r selber sagst; so halte ich e« doch fü r P flic h t, nicht ganz über Ge-
1UJ Gegenstände zu schweigen,
dt« D ie so wich«
lt g sind.
06
bey D einen R ichtern,
besonder- bey
dem Referenten, böser W ille im S p ie le ist; da'kann ich nicht entscheiden.
Fast sollte ich c- aus
manchen Umständen vermuthen, und wäre d a -; so würde ich D i r nicht bringend genug rathen können. D ich m it G eduld zu ivafnen, keinen einzigen
übereilten
S c h ritt D i r zu erlauben,
und nicht zu frü h , nicht zu laut und nicht zu herbe über die B ehandlung zu klagen, die D u erfährst — D a s erb itte rt doch n u r,
und viel»
leicht lauert man eben darauf, um bann eine Entschuldigung vor sich selber zu haben, noch ungerechter gegen D ich zu verfahren.
Hast D u
D i r aber nichts vorzuwerfen; so darfst D u nicht n u r sichrer a u f die H ü lfe der Vorsehung rechnen, sondern, wenn endlich den Schelmen gar kein V o rw a n d mehr übrigbleibt,
D eine Sache lie»
gen zu lassen; so werden sie denn doch zuletzt H and anlegen müssen, besonder- in diesen Zeiten, wo die W ürkung der P u b ltc itä l manchem Unhold der vo r der öffentlichen E ntla rvun g zittert, et» n t» fürchterlichen W in k giebt, den gedultig har» renden M a n n nicht a u f das Aeusserste zu treiben. H 4 [159]
Es
L s würde jetzt zu spät ftutt, D ir bemerk» lich zu machen, baß D u wohl ein wenig üben eilt gehandelt hast, indem D u damit angefan» gen. Dich der Vorspräche de< Prinzen Fried» rich« zu versichern. Da« hat die Herrn sehr vor den Kopf gestoßen, und würde vielleicht auch bey den redlichsten Männern btse Eindrücke gemacht haben. Denn mir scheint e< würklich konsequent, daß Leute, deren Händen nun «in» mal gewisse Geschäfte anvertrauet sind, vorseht ltch zeigen, daß sie durch keine Vorspräche be» wogen werden tonnen, mehr oder weniger zu thun, al» ihre Pflicht ist, weil sie sonst zuletzt die Maschine der Großen be« Hofe« werden würden, nach deren Willkühr sie Geschäfte be» schleunigen und zurücklegen, wenn nicht gar Recht und Unrecht nach Gunst und Vorwort handhar ben müssten. S in d nun Deine Richter Schelme; so haben sie doppelte Ursache, sich auf den Fuß zusehen, sich von niemand contrvlliren zu lasse». Langsam geht der Gang der Zustitz fast i» allen teutschen S taaten , und wa« willst D u denn, mein Lieber? ist doch Dein Proceß kaum erst ein kleine- Jährchen im Gange! Danke dem
k m Himmel, daß D u es nickt mit bett Reich-, Gerichten ju thun hast! Oft haben die strengen Lertheydiger dieses SchneckengangS der heilige« Themis mir, wenn ich darüber klagte, geant, Worten „Diese Langsamkeit stifte im Ganzen „mehr Nutzen, als Schaden. Der Richter habe ».Gelegenheit in dieser Zwischenzeit zuweilen „sorgsame, zuweilen flüchtige Blicke in die Ac, „ten zu werfen, könne die Augenblicke der voll, „kommensten Muße dazu wählen, sehe die Sache „von allen S eiten , bey verschiednen Launen „und Stimmungen an, erfahre mündlich durch „Sollicitationen und durch Geschwätze manche „kleine Umstände, die sehr wichtig seyn künitten, „und wovon vielleicht nicht Ein Wort in den bat, .„barischen Aussähen der Advocaten stünde; die „W ahrheit gewinne dabey ; auch kühle sich zu» „weilen das B lu t der streitenden Parthenen in „Zahrssrist ab, so da- ein Vergleich zu Stande „käme, bevor der Richter ernstlich an die Ar, „beit gienge." D as lässt sich doch hören, mein Bester! und ich entschuldige so gern, wenn sich's irgend thun lässt. Denke auch immer, lieber Freund! daß D u doch indessen nicht M an, gel leidest, daß D u so lange gelebt hast, ohne H 5 den
6 m G enuß von jenem, d ir steykich-rechtmäßig zukommenden D erm tgen zu haben, rnblich, daß, wenn ich'» sagen darf. D e in A ufe ntha lt in * * D l r vorzüglich deswegen noch einm al so lange w e ilig und tde scheint, w eil D u eben von einer angenehmen Reise zurückgekommen bist, und zu/ gleich D ich von D einen Freunden getrennt siehst.
D a « S o llie itire n ist freylich «ine unange# nehme Sache,
besonder« fü r einen M a n n , der
noch nicht vergeffen kann, daß er «inst M in is te r gewesen; aber «in Solcher, iinb dem die Rechte der Menschheit so heilig sind, w ird dann auch gewiß im m er bedenken, daß da, wo er P a rth e y , und ein an dre r, M a n n R ichter ist,
obgleich »»icht so w ürdiger er nicht mehr Rücksichten
fordern kann, a l l der geringste D a u e r.
D a « d a rf man gar nicht e rw a rte n ,
daß
Leute, di« unsre Sache m it kaltem D lu t» ans« hen,
und J a h r a u « ,
J a h r e i« ,
«in« solche
M en ge von K lage« hären müssen, eben so fett# rtg und thetlnehmend in unser Interesse hinein# gehn sollten, al« w ir selbst; auch ist e« beynahe P flic h t de- Richter«, sich gegen alle A rten der Bered#
Seredsamkelt *u toaftutt, und einem zu war« men Herzen nie die Zügel schieffen zu lassen. Wenn er nickt seine Unparthenlichkcit in Gefahr -sehen will; leider! aber inerustiren sich frevlich die Herzen der mehrsten Rickter, wie die so vie« ler Wundärzte, zuletzt ein wenig zu sehr, und baß Kälte, Phlegma und Hartherzigkeit bey den Herm in **, vielleicht mehr als senk irgendwo, zu Hause sind; das sagt uns der all« gemeine R uf — Aber daure aus, mein Theuer« sterl S ey gewiß: tandero bona caufia trim nphat, und wer immer eben so vorstcktia als -redlich handelt, erlangt doch früh oder spät sei« neu Zweck. Da« ist wohl keinem Zweifel unterworfen, daß es in der Welt recht sehr wenig arbeitsame, sieissige Menschen giebt. Wenige, die nicht zwey Drittheile ihres Lebens verschleudern, verschla« fen, verträumen und verspielen, den Rest aber -zweckloser Thätigkeit widmen: baß unter der Classe Derer» die in üffentlichen Aemtern ste hen, und denen der S ta a t die Verwendung ih« rer Stunden am theuersten bezahlt, grade die mehrsten Faullrnzer sind, endlich daß * * der rechte
rechte S itz besoldeter M üß ig gä nge r ist — Abed m an handelt doch auch ungerecht, wenn mar» fordern w ill,
daß der M a n » , welcher m it dem
Kopfe a rb eite t,
täglich eben so viel S tu n d e n
dazu verwenden, nicht besser dafür bezahlt wer« den und sich nicht mehr Ergötzungen erlauben soll,
als D e r ,
K rä fte anstrengt.
welcher n u r seine körperlichen Ic h
w ill nicht einmal von
dem größern allgemeinem Nutzen reden,
den
«in Geschäftsmann und «in G elehrter stifte« können —
dagegen mögtest D u manches ein»
wenden; A lle in schwächen GeisteS-Arbeiten und sitzende Lebensart nicht die Maschine, rmtergrae ben, wenn sie übertrieben «erden, nicht die G « snndheit,
indeß bloß körperliche Anstrengung,
selbst wenn sie ein w m ig heftig ist, zwar ermür b tt,
aber in der Folge die N erven stärkt, die
Gesundheit
abhärtet
und
dauerhaft macht?
S o l l der M a n n , der a u f diese Weise sich der G e fa h r ausseht, frühe r ans der W e lt zu gehn, nicht durch bessere B ezahlung davor gesichert wer» ben, daß er seine F am ilie nicht in D ü rftig k e it hinterlasse?
Versuche es einm al,
ob D u über
eine gewisse Anzahl S tu n d e n des Tage« hinaus D eine Geisteskräfte anstrmgen kannst!
W ie vie l
» k t Wochen w irst D u es aushakten? Freylich Ist es ärgerlich, zu sehn, daß in den mchrsten S tä d te n die Collegia sich erst versammeln, nach» dem der D a u e r schon sechs bis sieben S tu n d e n fü r sie geschwitzt hat, und daß die H e rrn Ge» schästSmänner sich, nach einer durchschwärmken N a cht,
gegen M itta g erst anS ihren weichen
B e tte n erheben, dann ein P a a r S tu n d e n lang «in w enig arbeiten, von da zum Schmause ei» len, bis in die späte N acht hinein an Spiel« und E ß r Tlschen die Z e it verschwenden,
und
doch noch über die M enge der Geschäfte klagen; A be r « e r ,
vom stützen M o rg e n an bis ein
P a a r S tu n d e n nach M itta g , am Schreibtische fleissig zugebracht und sich m it D in g e n beschäst t ig l hat,
die seine ganze Aufmerksamkeit erfor»
dern, dem kann man fü r den Nest des Tages w o h l Erholung gönnen; und er bedarf ih rer ge» « iß .
D e m Landmanne, dem Tagelöhner, dem
Handarbeiter hingegen sind ein P a a r Ruhe» S tu n d e n zur M itta g s z e it hinlänglich, um neue K rä fte zu sammeln, und sich wieder stisch bis zum Abend an das W erk zu machen. lehrte bedarf fetnrer Kost,
D e r Ge»
und auSgefuchtrer
Vergnügungen fü r feine, durch Anspannung ge» rrizte
reizten oder erschlafften Nerven, für fdneit, durch da« Sitzen geschwächten, gedrückten M agen; dem Landmanne schmeckt und bek-mml jedes M ahl mehl, Ihm scheint jede« Lager weich, ihm gnüak jede Art Erholung. Jener hat zugleich seine Organen geschwächt, seine Phantasie er» Hitze, und seine ganze Krafk.iind Aufmerksam« kett auf einen einzigen Gegenstand geheftet; er bedarf also Zerstreuung und Mannigfaltigkeit der Vergnügungen; Der Andre hat, während seine Glieder thätig waren, seinen Geist und seine übrigen S inne nicht angestrengt, hat diese nach Gefallen auf angenehme Objecte heften, mit seiner Einbildungskraft herumspahicren und sich tausendfältigen Seelen-Genuß verschaffen kSn« nen; Ih m ist es also genug, daß nachher nur die Werkzeuge ruhen, die er allein in Thätig« keil gesetzt hat. Noch einmal, mein Lieber! der Misbrauch, den Viele von diesen Privilegien n w chen, soll uns nicht verleiten, ungerecht gegen dt«, ehrwürdige Classe Derer zu seyn, die dem Staa» te mit ihrem intesieeluellen Vermögen dienen. Unser an Paradoxen so fruchtbares Zeitalter, fängt an, den untern Classen, die wir lange genug mit dem eisernen Scepter de« Despotismus nieder« ge-
gedrückt und als Werkzeuge betrachtet habe», den Großen der Erde n u r zu dienen» die unzäh» licken Bedürfnisse herbeyzusckaffen» deren sie zu B efrie digun g ih re r Lüste brauchen, fangt, sage '
Achtzehnter B rief. V o n dem Herrn Geheimen-Krieg-rathe und Cammerherrn von Herbrand, an Heinrich von Mildenburg, in **♦ ***, dm loten giovemter, 1779* E w . re. bin ich gezwungen, auf Befehl S r . Durchlaucht de« Herzog«, meine« gnädigste« Herrn eine Eröfiiung zu thun, die ich in der That mit ieidmüthiger Empfindung hinschreibe. E« haben nämlich S r . Durchlaucht mi«fällig vernommen, daß Dieselben den von Ihnen kas sierten ehemaligen Geheimenrarh von Braunfeld, durch Vorwort und Verwendung in dem jenigen unbefugten Processe, welchen gedachter Herr von Draunfeld bey dem Reich«,Cammer gericht« in Wetzlar gegen S r . Durchlaucht an hängig zu machen fich erkühnet, zu unterstütze« und ihm darinn beförderlich zu seyn, keinen Ane stand genommen. Wie nun der Herzog mein gnädigster Herr, sich nicht entbrechen künnen, diesen Schritt von Ew.
E«v.
k
. gegen einen M s te n , von dessen H u ld
Dieselben bis dahin eine ansehnlicbe Pension aus der CabinetS > Tasse zu D e ro Subsistenz ge« nassen, b illig als eine Ueberrrekung der schuldi« gen Ehrerbiethung und Dankbarkeit gegen I h r e hohe Person anzusehn; als haben Höchstdiesel» ben an den CabinetS-Cassirer den B efe hl ergehn lassen, von d a to an, m it Auszahlung vorerwähnt ter Pension einzuhalten, m ir aber den fü r mich sehr schmerzlichen A uftrag gegeben, E w . re dies, nebst Bezeugung
I h r e r höchsten Unzufrieden«
heit kund zu thun.
W aS meine Person b e trifft; so kömmt es m ir nicht zu, über Deroselben Verfahren in vier ser Angelegenheit ein U rth e il zu fällen.
D opt
pelt empfindlich aber ist m ir dieser V o rfa ll, da derselbe einen M a n n b e trifft, durch dessen Der« Wendung ich zuerst in die hiesigen Dienste g« kommen, und dem ich also die Empfindungen der aufrichtigen Erkenntlichkeit und Hochschähung zu widm en nie aufhören werde, m it welchen ich zu verharren die E hre habe re.
I 5 [ 177]
P. S. Ich glaube nicht, daß Ew. re. etwas au«, kickten würden, wenn Dieselben es versuchen wollten, durch irgend-einen Weg den Entschluß T r . Durchlaucht rückgängig zu machen.
Neun-
■ m - ......... ......... ................... .
Neunzehnter
B rie f.
V o n der Frau von Steinbach, an Heim rich von Mildenburg. Carlsruhe, den 30dm Oktober, 1779.
füllt recht traurigem Herzen schreibe ich I h n e n heute, mein theuerster F reun d! denn ich weiß
e -,
die Nachricht, die ich Ih n e n zu geben habe,
w ird Ih n e n K um m er machen.
E< muss aber
heraus; also kurz! au - unserm schönen P la n e , in H am burg oder A lton a an I h r e r S e ite zu le, Len, w ird nicht-.
W ir kamen vor vierzehn Ta»
g m a u f unsrer Rückreise hier a n ; M e in M a n n ist in Carlsruhe sehr bekannt, ha t seine Jugend» J a h re hier zugebracht; der H e rr M a rk g ra f hat im m er viel Gnade und G ü te fü r ih n gehabt; S o b a ld Dieser nun erfuhr, daß Steinbach frey todte und sich in H am burg niederlassen w ollte, drang er in ih n , um ih n zu bewegen, doch statt dessen hier zu wohnen, und in seine Dienste zn treten.
E r fügte diesem Antrage die vorrheilhafr
testenDedingungen hinzu, und mein M a n n nahm endlich, gerührt und dankbar, den Vorschlag an.
Stein»
S te tn ia c h ist also m it einem ansehnlichen ,seine vermeintlichen Gegenforderungen zu Ipet „cificlren, und daß, wenn diese gehörig liquidirt, „anerkannt, oder etwa moderirt seyn werden, „er das Vermögen, worauf er nicht das gering« „ste Recht hat, herausgeben muß. Unterdessen „aber ist nichts billiger, als daß meinem Freun« M 5 „de,
r86 „d e , zum Unterhakte feiner Tochter, sogleich ein« „Competenz ausgesetzt w e rde ."
M e in A n tra g hatte die erwünschte D ü r» kung, und w a r von allen Folgen begleitet, die ich davon hoffen durfte.
Z n dieser DorauSse«
tzung hatte ich schon früh M o rg e n s M ild e n b u rg » Bedienten zu Pferde nach * * * geschickt, um die drrytausend T haler von dem ehrlichen Schlau« dach holen zu lassen, der sich so aufrichtig erbo« thcn hatte, unserm Freund« beyzustehn.
H e im
rlch kam in zw e im al vie r und zwanzig S t u m den wieder und brachte das G e ld ; Zch trug e< zu S e lb e m , und binnen fü n f Tagen, während welchen ich zweymal bey ih m sprtste und m it Höflichkeit überhäuft wurde, w a r der B e fe h l, ganz meinem Anttage gemäß, ausgefertigt, dem alten Rastitz aufgegeben, binnen vier Wochen seine Rechnung einzureichen, und dieCompeteng fü r M ild e n b u rg und seine Tochter einstweilettz a u f vierhundert T h a le r festgesetzt.
M i t diesem guten Bescheide versehn, verr ließ ich dann a u f zw ö lf Tage unsern M tld e n b u rg und reiste, um mein Geschäfte nicht halb zu voll«
»otorittfm und um das (Elfen ju schmieden, well es warm war, über Dirkenthai nach Alten» Wedel. Ich kam den i 7t
Drey und vierzigster und letzter Brief. V o n dem Verwalter Horn, an den Dok tor Porr, in Hamburg. Wahlberg, dm 8ten Oktober, 1780.
SDTtine
letztem
Nachrichten,
hochgeehrtester
H e rr D o cker! giengen bi« zum vorigen M o n t « g e ; * ) ich fahre nun in meinem Tagebuch» fo rt.
Noch an demselben Tage erhielten w ir die Nachricht von der glücklichen A n ku n ft des klctr nen Fräuleins in C arlsruhe, und von der lieber vollen A r t, m it welcher sie bort von der F ra u von Steinbach w a r empfangen worden.
Die»
ser B r ie f schien unsern guten H e rrn sehr zu be» ru h ig e n ;
E r schlief in der folgenden N acht fast
fü n f S tu n d e n ununterbrochen fo rt. S e it dieser Zeit aber sind die Umstände doch sehr bedenklich geworden; die Fieber