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German Pages 225 [368] Year 1929
SCHWÄBISCHE FEDERZEICHNUNGEN
SCHWÄBISCHE FEDERZEICHNUNGEN STUDIEN ZUR BUCHILLUSTRATION AUGSBURGS IM XV. JAHRHUNDERT V O N
HELLMUT LEHMANN-HAUPT
B E R L I N
U N D
L E I P Z I G
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VERLAG VON WALTER DE GRUYTER & CO. VORMALS G. J . GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLT7NG — J . GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG — GEORG REIMER — KARL J . TRÜBNER — VEIT & COMP.
-Druck ron J . J . Angustio in Qlüeksttdt und Hamburg
MEINEN LIEBEN ELTERN
INHALTSANGABE. Einleitung I. Kapitel. Schwäbische Federzeichnungen bis zur Jahrhundertmitte II. Kapitel. Augsburger Arbeiten bis zur Jahrhundertmitte III. Kapitel. Der Bilderkreis der Meisterlinhandschriften IV. Kapitel. Die 50er Jahre in Augsburg V. Kapitel. Schwäbische Handschriften von der Jahrhundertmitte bis zum Jahre 1470 VI. Kapitel. Die Handschriften des Konrad Müller von Öttingen VII. Kapitel. Federzeichnung und Holzschnitt VIII. Kapitel. Nach dem Siege des Holzschnitts . . . IX. Kapitel. Schwäbische Federzeichnungen bis zum Ende des Jahrhunderts Beschreibendes Handschriftenverzeichnis Abbildungsverzeichnis Vergleichende Illustrationstabelle zu den Handschriften der Meisterlin-Chronik
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VORWORT. Wenn es darauf ankommt, für eine künstlerische Produktion wie die Buchillustration der Frühdruckzeit die entwicklungsgeschichtlichen Voraussetzungen klarzulegen, sie mit einem möglichst präzisen Beweismaterial in einer bestimmten Richtung aufzusuchen, so wird man gut tun, aus dem Vollen zu schöpfen. Daher eignet sich die allgemeine Blütezeit eines Verlags- und Druckortes mit breiter Produktion besser zu einer Untersuchung als einzelne künstlerisch besonders hochstehende Erzeugnisse, auch wenn das Material qualitativ auf keiner so hohen Stufe steht. Der A u g s b u r g e r Buchh o l z s c h n i t t der 70er und 80er Jahre des 15. Jahrhunderts bietet ein solches charakteristisches Bild einer großzügigen handwerksmäßigen Herstellung, die auf die Bedürfnisse der gerade in dieser Epoche rapide wachsenden Schar von Bildungshungrigen zugeschnitten ist. Mühelose Bewältigung eines verhältnismäßig sehr großen Stof fkreises verraten ebenso die vorangegangene Ausbildung treffender, illustrativ zweckmäßiger Darstellungsprinzipien, wie die Wiederkehr bestimmter, offenbar feststehender Bilderzyklen das Vorhandensein solcher Serien von Darstellungen bereits in der Handschriftenillustration vermuten läßt. Ebenso weist eine geradezu verblüffende Einheitlichkeit des graphischen Stils auf eine vollzogene Entwicklung der zeichnerischen Ausdrucksmittel hin. Im folgenden wird der Versuch unternommen, die Ergebnisse einer eingehenden Untersuchung aller feststellbaren Augsburger und sonstigen schwäbischen Federzeichnungen des X V . Jahrhunderts mit dem Augsburger Buchholzschnitt der gleichen Epoche in Verbindung zu setzen.
EINLEITUNG. Für die Geschichte der deutschen Handschriftenillustration des 15. Jhdts. ist das Nebeneinanderbestehen zweier Gattungen bezeichnend, die sich zwar gelegentlich kreuzen, ihrem eigentlichen Wesen nach aber grundverschieden sind. Die Miniaturmalerei dient namentlich der Ausschmückung liturgischer Handschriften und wird in der Hauptsache in den Klöstern geübt. Ihre Technik, sorgfältige Deckfarbenmalerei und eingehende Modellierung der Figuren rückt dieselbe in die Nähe der Tafelmalerei, mit der sie in ihren Bildthemen verwandt ist und an deren künstlerischer Entwicklung sie teilnimmt. Die kolorierte Federzeichnung ist demgegenüber das eigentliche Ausdrucksmittel der volkstümlichen Illustration, die sich im 15. J h d t . zu rascher Blüte entwickelte und in den verschiedenen Werkstätten von berufsmäßigen Zeichnern in großem Umfange gepflegt wurde, um in den Jahrzehnten nach der Jahrhundertmitte in den Holzschnitt einzumünden. Ihre Aufgabe, den Text der Handschriften, sei er nun religiös-didaktischer Natur, Chronik, Epos oder Roman, auf möglichst eindringliche Weif e bildmäßig zu erläutern, das Verständnis für die Vorgänge der Handlung zu vertiefen, die Phantasie des Beschauers anzuregen, bestimmen ihre formale Entwicklung und geben den Erzeugnissen dieser Gattung ihre geschichtliche Bedeutung für die Entfaltung der graphischen Ausdrucksmittel überhaupt. Das illustrative Element scheidet aber die gezeichnete Buchillustration prinzipiell von jeder freien Handzeichnung. Der Gedanke, die illustrierende Federzeichnung vornehmlich der Entwicklung ihrer zeichnerischen Ausdrucksmittel nach zu erforschen, wird ihrem Wesen gerecht. Darüber hinaus aber ergibt sich eine Möglichkeit, für die Geschichte der Zeichnung überhaupt auch von dieser Seite her etwas 1
Lehmann-Haupt,
Federzeiclinungeu
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Einleitung.
Wesentliches zu ermitteln. Dies liegt trotz der grundlegenden Unterschiede daran, daß die Handzeichnung uns meistens als einzelnes loses Elatt erhalten ist, für dessen zeitliche und örtliche Einordnung wir ausschließlich auf Stilkritik angewiesen sind, während die Illustration durch ihr Verbundensein mit einem Text fast immer datiert, sehr häufig auch dem Ort ihrer Entstehung nach festzulegen ist. Wo dies nicht der Fall ist, ermöglicht meist die Untersuchung des Dialektes bei deutschen Texten, und um solche handelt es sich fast ausnahmslos im Zusammenhang mit der volkstümlichen Illustration, eine nähere geographische Bestimmung. Die grundlegenden Arbeiten für die Kenntnis der deutschen Illustration des 15. Jhdts. verdanken wir Rudolf Kautzsch. Mit seinen „Einleitenden Erörterungen zu einer Geschichte der Handschriftenillustration im späteren Mittelalter" (Straßburg 1894) bereitete er den Boden und bot eine Fülle von Anregungen, die er z. T. selbst in den folgenden Jahren verarbeitete. Neben verschiedenen kleinen Abhandlungen, die z. T. schon früher erschienen, brachten Riehls Studien zur Geschichte der bayrischen Malerei des 15. Jhdts. (München 1895) auch für die Handschriften-Illustration Vieles von Interesse. Von seinen Ergebnissen ging E. W. Bredt aus, der neben kleineren Aufsätzen in seiner Arbeit „Der Handschriftenschmuck Augsburgs im 15. J h d t . " (Stud. z. dtsch. Kunstgesch., Hft. 25, Straßburg 1900.) Miniaturmalerei und Federzeichnung zusammen behandelte. Über die schweizerischen Bilderchroniken veröffentlichte Zemp ein Buch (Zürich 1897), in dem er die Handschriften besonders auf die in ihnen enthaltenen Architekturdarstellungen prüfte. Eine Zusammenfassung über die Ergebnisse bis zum Jahre 1905 lieferte Beda Kleinschmidt (Zur süddeutschen Buchmalerei des späten Mittelalters in: Die christliche Kunst I I , 1905). Ferner sind u. a. zu nennen die Arbeiten Carl Benzigers (z. B. über die Parzifal-Illustrationen) und namentlich auch Hermann Brandts umfassende Übersicht „Die Anfänge der
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deutschen Landschaftsmalerei im 14. und 15. Jhdt." (Stud. z. dtsch. Kunstgesch., Heft 154, Straßburg 1912), in der die Miniaturen ebenso zur Geltung kommen wie die Federzeichnungen. Hans Vollmers Buch über die ober- und mitteldeutschen Historienbibeln (Berlin 1912), das die ältere Publikation F. L. Th. Merzdorfs (1870) ablöst, bringt eine gute Übersicht über das Material, soweit es in das Bereich seines Themas fällt. Die Arbeiten Neuwirths und Julius von Schlossers, vor allem der Aufsatz Dvoraks über die Illustratoren des Johann von Neumarkt (im Wiener Jahrbuch), sind für die Geschichte der Miniaturmalerei von grundlegender Bedeutung geworden. Daneben ist die großzügig ins Werk gesetzte Publikation des gesamten Handschriftenbesitzes der österreichischen Sammlungen zu nennen, die aber ebenso wie die ebengenannten Arbeiten gerade für die Geschichte der Federzeichnung weniger ausgiebig ist. Eine Reihe von Einzelstudien der hier erwähnten Autoren, daneben auch weitere Publikationen anderer sind im Laufe der folgenden Untersuchung an den entsprechenden Stellen angemerkt. Hinzuweisen ist ferner auf die verschiedenen MiniaturenKataloge deutscher Sammlungen, soweit solche bisher vorliegen. In allerjüngster Zeit hat sich namentlich Hans Wegener der deutschen volkstümlichen Handschriften des späten Mittelalters angenommen. Von ihm stammt der Katalog der Heidelberger Manuskripte (Leipzig 1927) und der Handschriften der preuß. Staatsbibliothek (Ebenda 1928). Die Veröffentlichung weiterer beschreibender Verzeichnisse ist geplant. Im besonderen sei auf einen kurzen aber gehaltreichen Aufsatz Hans Wegeners in der Festschrift für Hermann Degering („Die deutschen Volkshandschriften des späten Mittelalters" in: Mittelalterliche Handschriften, Leipzig 1927) hingewiesen. Eine prinzipielle Schwierigkeit bedeutet die Qualitätsfrage. Es liegt im Wesen der Federzeichnung begründet, daß neben vorzüglichen Arbeiten allerersten Ranges eine sehr große Masse breiter handwerklicher Durchschnittsware erhalten ist, 1*
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deren untere Grenze gegen gelegentliche Liebhaberarbeiten und selbst grobe dilettantische Versuche nicht immer klar zu wahren ist. Aus diesem Grunde wäre eine ideale Art der Behandlung darin zu sehen, daß man alles Minderwertige, oder auch nur Gleichgültige ausscheidet und sich lediglich auf die einzelnen Spitzenleistungen beschränkt. D a aber diese Produkte aus einer bestimmten Tradition herausgewachsen sind, und man ihnen nur von einer umfassenden Kenntnis des ganzen Materials aus gerecht werden kann, ist vorläufig eine derartige Darstellung des Stoffes nicht möglich. Zunächst müssen wir nur darauf hinarbeiten, den Stoff in seinem ganzen Ausmaße kennenzulernen und zu durchdringen. Arbeitstechnisch bieten sich zwei Ansatzpunkte. Es besteht einmal die Möglichkeit, die Handschriften einer bestimmten Sammlung, so wie sie die äußeren Umstände vereinigt haben, vorzunehmen. Das Ergebnis wird ein Querschnitt sein, der im günstigen Falle ein getreues Abbild der gesamten Produktion in einzelnen Beispielen zeigen kann. Die Konzentrierung auf eine Sammlung, die eine solche Arbeit nicht nur erlaubt, sondern erfordert, ist ein entschiedener Vorteil. Andererseits ist das Ergebnis nicht frei von dem Moment des Zufälligen. Für die andere Methode, nämlich die Produktion einer bestimmten Landschaft oder einer einzelnen Stadt zu verfolgen, liegt die große Schwierigkeit in der Beschaffung des Materials, das weit in alle Winde zerstreut ist und durch mühsames Sammeln mit vielfach erfolglosen Nachforschungen doch nie vollständig zu erfassen ist. Andererseits wird eine solche Untersuchung für die Fragen der Entwicklung aufschlußreicher sein können, wenn es gelingt, eine gewisse Lückenlosigkeit in der Abfolge der Denkmäler zu erreichen, die allerdings nie von vornherein gewährleistet ist. Die folgenden Untersuchungen sind das Ergebnis eines Versuches, die mit der Feder illustrierten Handschriften Schwabens zusammenhängend darzustellen. Gerade diese Landschaft schien nach dem bisher bekannten Bestand an Denkmälern, nach den Vorarbeiten und auch in Hinblick auf schriftliche Überlieferung einer Behandlung zugängig zu sein.
Einleitung.
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Sehr bald erwies sich dieser Rahmen als zu groß für eine gleichmäßig eingehende Erforschung. Die Verschiedenheit des Stoffes in den einzelnen Zentren — Konstanz und Bodensee, Ulm und Oberschwaben, Augsburg und das Lechgebiet — mahnte zur Beschränkung auf einen dieser Kreise. Die Wahl Augsburgs ergab sich nach einiger Zeit aus dem Fortgang der Untersuchungen, die an dieser Stelle am ehesten eine gewisse Vollständigkeit der Denkmäler versprachen. Dieser Umstand beruht neben andern Gründen auf dem Vorhandensein einer brauchbaren und wertvollen Vorarbeit, wie sie die obengenannten Untersuchungen Bredts darstellen. Ob die Beurteilung dieser Arbeit lediglich als einer Vorstudie richtig war, und ob die folgende Untersuchung nicht etwa eine überflüssige Wiederholung darstellt, muß das Ergebnis erweisen. Mit den die Hauptdarstellung begleitenden Ausblicken auf das übrige Schwaben soll aber andererseits auch nicht mehr geboten werden, als die Bereitstellung von Material für eine künftige Untersuchung. Diese Übersicht macht keinerlei Ansprüche auf Vollständigkeit! Gerne erfülle ich die Pflicht, allen denjenigen meinen herzlichen Dank auszusprechen, die mir beim Zustandekommen meiner Arbeit behilflich waren. Ich erkenne bereitwilligst an, daß es ohne weitherzige Unterstützung, wie sie mir von den verschiedensten Seiten zu Teil wurde, kaum möglich gewesen wäre, die Aufgabe zu bewältigen. In erster Linie gebührt mein Dank meinem verehrten Lehrer Herrn Geheimrat Kautzsch, der diese Arbeit anregte und mit wohlwollendem Interesse und wertvollem Rat begleitet hat. Ferner bin ich besonders Herrn Dr. Edmund Schilling in Frankfurt a. M., Herrn Geheimrat Leidinger und Herrn Dr. Erwin Rosenthal in München, Herrn Dr. Hans Wegener in Berlin und Herrn Dr. Feurstein in Donaueschingen verpflichtet. Ebenso sei den Leitern aller benutzten Sammlungen und Archive für Beratung und Hilfe, sowie für die Erlaubnis zum Photographieren und zur Reproduktion, nicht zuletzt auch für die gütige Übersendung von Handschriften gedankt. Um
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Einleitung.
die Vermittlung des auswärtigen Materials ist die Stadtbibliothek Frankfurt a. M. unermüdlich bemüht gewesen. Für bereitwilliges Entgegenkommen bei Überlassung der Reproduktionsrechte an Photographien aus dem nachgelassenen Besitz des August Reuschverlages spreche ich dem jetzigen Eigentümer, dem Verlag Dr. Benno Filser, gleichfalls meinen Dank aus.
KAPITEL I.
SCHWÄBISCHE FEDERZEICHNUNGEN BIS ZUR JAHRHUNDERTMITTE. Für die erste Hälfte des Jahrhunderts, in dem wir illustrierte Handschriften einer bestimmten Gattung und Technik verfolgen wollen, stoßen wir auf die Schwierigkeit, daß sich so gut wie nichts für den Ort, dessen Entwicklung zu Grunde gelegt werden soll, nachweisen läßt. Einige vereinzelte Stücke sind allerdings ihrer Entstehung nach für Augsburg, oder dessen Umgebung gesichert, es ist aber nicht möglich aus diesen zufälligen Denkmälern irgend eine zusammenhängende Vorstellung über Art und Ausbreitung des Illustrationswesens vor der Jahrhundertmitte in Augsburg zu gewinnen. Ein Blick auf den Gesamtbestand der erhaltenen deutschen Handschriften mit illustrierenden Federzeichnungen zeigt deutlich, wie der Schwerpunkt in der ersten Hälfte des Jahrhunderts und somit für die Entstehung und Ausbreitung der Gattung überhaupt am Oberrhein zu suchen ist. Diese Tatsache, die aus der gesamten kulturellen Entwicklung verständlich und von der Forschung richtig erkannt ist, erfährt hiermit eine Bestätigung, die durch den Hinweis auf die Lückenhaftigkeit und Zufälligkeit des erhaltenen Materials nichts an Bedeutung verliert, selbst wenn man annehmen will, daß vieles verloren gegangen ist. Ob Bredt in seiner Untersuchung recht damit hat, aus dem Fehlen an Denkmälern ganz allgemein in Augsburg ein größeres Interesse für Architektur und Wandmalerei anzunehmen, scheint mir zweifelhaft. Auch der Versuch, aus einem derartigen Übergewicht dieser Kunstzweige eine stilistische Grundlage für die spätere Blüte der Illustration zu gewinnen, muß gegenüber einer genaueren Untersuchung der gattungsmäßigen und stilistischen Quellen zurücktreten. Systematisch richtig ist aber der Weg den er
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Kapitel I.
einschlägt, wenn er seine Aufmerksamkeit zunächst auf den Südwesten Deutschlands richtet. Hierin haben wir ihm zu folgen, wenn auch mit andern Gesichtspunkten und einer genaueren Beachtung der Entstehungsgegenden der Dokumente, soweit dies möglich ist. Die besondere Eignung der Federzeichnung für die Zwecke der volkstümlichen Illustration ist bereits in der Einleitung gestreift worden und es ist unsere Absicht, ihre Ausdrucksmöglichkeiten und deren Entwicklung im Dienste dieser Aufgabe zu beobachten. Hier liegt nun die Vermutung nahe, an der Stelle, an der im 15. J h d t . zuerst die Federzeichnung in wachsendem Maße in den Dienst der Handschriftenillustration gestellt wurde, auch eine besonders reiche Entfaltung der graphischen Mittel anzunehmen. So konnte Kautzsch 1 an einer Reihe von Handschriften aus Oberschwaben und besonders der Stadt Konstanz nicht nur sehr richtigerweise überhaupt das frühe Auftauchen des neuen illustrierenden Zeichenstils in dieser Gegend beobachten, sondern er kam auch weiterhin zu der Vermutung, „daß sich hier besonders früh das Schattieren durch Strich- und Kreuzlagen einbürgerte." Zu diesem letzten Punkt muß etwas weiter ausgeholt werden. E s ist nämlich darauf hinzuweisen, daß Handschriften mit ausgesprochener Entwicklung der zeichncrischen Sprache, vor allem mit Anwendung von parallelen Schraffierungen und Kreuzlagen tatsächlich gleichzeitig, z. T. auch schon früher, in anderen Gegenden Deutschlands angefertigt wurden. Um diese Tatsache richtig zu verstehen, müssen wir uns vor Augen halten, daß die mittelalterliche Zeichenkunst in dem Zeitpunkt, in dem unsere Beobachtung einsetzt, auf eine lange und reiche Geschichte zurückblicken kann, in deren Verlauf sich bestimmte graphische Systeme ausgebildet haben, an denen mit großer Zähigkeit festgehalten wurde. Die Anwendung nun dieser traditionsmäßig bestimmten Ausdrucksmittel für die volkstümliche Illustration mit ihrer frischen und unbefangenen Wiedergabe der Erscheinungswelt läuft als Ent1
Einleitende Erörterungen S. 55. u. 58.
Schwäbische Federzeichnungen.
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wicklungsprozeß den seit der zweiten Hälfte des 14. Jhdts. in immer steigendem Maße bemerkbaren realistischen Bestrebungen der gesamten Malerei parallel. Ein Verständnis für die zeichnerischen Einzelformen, die uns zu Beginn des 15. Jhdts. begegnen, ist im Grunde nicht möglich ohne eine Kenntnis der Entwicklung des gotischen Zeichenstils überhaupt, der aber natürlich nicht nur in der Illustration und in Skizzenbüchern, sondern vor allem auch in Wand- und Glasgemälden zu verfolgen ist. Es fehlt bisher noch an einer derartigen formgeschichtlichen Untersuchung der graphischen Ausdrucksmittel, die unter Voraussetzung historischer und lokaler Bedingtheit der Entwicklung auf einer möglichst breiten Basis aufbauen müßte. Diese Aufgabe geht aber über den Rahmen unserer Untersuchung hinaus. Wenn wir trotzdem mit allem Vorbehalt versuchen, einige hervorragende Denkmäler der gotischen Zeichenkunst in diesem Sinne heranzuziehen, so erscheint es ratsam, sich auf wenige bestimmte Ausdrucksformen zu beschränken, in denen wir von der Kenntnis des 15. Jhdts. rücksehließend graphische Vorstufen erkennen. Das berühmte französische Skizzenbuch des V i l l a r d de H o n n e c o u r t aus dem 13. Jhdt. gibt Gelegenheit, eine sehr ausgeprägte Art und Weise linearer Durchbildung der von einer ausdrucksvoll geschlossenen Kontur umgrenzten Körperoberfläche zu beobachten. Eine große Rolle spielen hier nämlich schleifenförmige Endungen, in die fast alle Linien der Innengliederung auslaufen. Diese Schleifen erscheinen in zwei Formen, der geschlossenen, wo das ausgeschwungene Ende der Linie wieder in den Strich einmündet, und der offenen, wo das Ende für sich sichtbar absteht, häufig auch nur zu einem kurzen runden Häkchen umgebogen wird. Für die Anwendung dieser Schleifen gibt es ein bestimmtes Schema, das zwar nicht in allen Fällen befolgt werden muß, aber doch sehr häufig vorkommt. Die Linien werden nämlich in regelmäßigem Wechsel der Reihe nach von links und rechts oben her einfallend eingetragen, ohne daß sich die schleifenförmigen Endungen, die nahe neben- und übereinander zu liegen kommen, berühren.
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Kapitel I.
Während des ganzen 14. Jhdts. und auch zu Anfang des 15. Jhdts. ist dieses Schema zu verfolgen. Für Frankreich ist daneben im Laufe des 14. Jhdts. die Entwicklung eines Ausdrucksmittels bezeichnend, das gleichfalls im 15. Jhdt. eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Es bildet sich nämlich eine Art der Flächenmodellierung heraus, die durch Nebeneinandersetzen zahlreicher kleiner Häkchen und ganz kurzer Strichelchen einen hohen Grad von Feinheit in der Darstellung der Lichtführung, des allmählichen Überganges von hell beleuchteten Partien in dichte Schattenlagen erreicht. Auch in der Miniaturmalerei findet sich entsprechendes, hier als ganz feine Tüpfelarbeit des Pinsels. Um nur ein Beispiel zu nennen, sei auf das Manuskript Nr. 15397 der Pariser National-Bibliothek1 hingewiesen, wo dieses Mittel in Verbindung mit einem Gerüst aus sehr eng gezogenen Schleifen vorkommt. Eine ähnliche Verbindung ist auch für die Heures de C h a n t i l l y charakteristisch. Auf die Herkunft dieser Technik aus Frankreich, von wo sie sich nach den Niederlanden und an den Niederrhein ausbreitete, hat schon Kautzsch2 gelegentlich hingewiesen. Joseph Meder3, der sich seiner gesamten Einstellung nach nur ganz summarisch mit der älteren Zeit abgibt, weist im Zusammenhang mit den Anfängen des Kupferstichs auf die Verwandtschaft dieser Technik mit der Arbeitsweise der Goldschmiede hin. Für die i t a l i e n i s c h e n Zeichnungen des 14. Jhdts. 4 sieht er als bezeichnend an „eine bedächtige Form, gleichmäßige Konturen mit langen meist v e r t i k a l ver laufenden Parallelstrichen längs der Faltenzüge oder mit sanften Pinselstrichen für die Hauptschatten", während Schattierungsstriche und Kreuzlagen erst später auftreten. 1 H. Martin, La miniature française. Planche 45. Dort auch noch weitere Beispiele. 2 Die Holzschnitte der Kölner Bibel. Straßburg 1896. 3 Die Handzeichnung. Wien 1919. 4 Vergleiche zwei Zeichnungen Ambrogio Lorenzettis, bei Meder Abb. 100 u. 266.
Scliwäbischo Federzeicbunogcn.
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Während an sich bei Standfiguren lange Vertikalstriche, der Hauptkontur parallel gerichtet, a priori gegeben erscheinen und auch zu allen Zeiten zu finden sind, hegt doch ihrer Anwendung im Italien des 14. Jhdts. und, wie wir sehen werden, im 15. Jhdt. auch an andern Stellen, ein bestimmtes System zu Grunde, das vielleicht am besten durch das Bestreben gekennzeichnet wird, in dichtem Nebeneinanderlegen dieser Vertikalstriche an den Randzonen der Körper und Vergrößerung des Zwischenraumes der einzelnen Linien nach der Mitte zu plastische Wirkungen zu erzielen. Verbunden hiermit ist einerseits eine Entwertung der Konturlinie als solche, andererseits eine Hervorhebung ihres ornamentalen Gehaltes durch Vervielfältigung des für Denkmäler des weichen Stiles wesentlichen linearen Schwunges. Für die deutsche Zeichnung des 14. Jhdts. gilt namentlich in der ersten Hälfte dieser Epoche ähnliches wie für Frankreich. Ein Blick z. B. auf die R o m f a h r t K a i s e r Heinrichs VII im Cod. Bald. Trev.1, der ja seinerseits französischen Dingen z. T. recht nahesteht, zeigt für die Figuren ein kräftiges Liniengerüst aus Kontur und Hauptzügen der Innengliederung, die häufig, besonders bei Sitzfiguren, in dem angedeuteten System abwechselnd von rechts und links her einfallender Kurven angeordnet sind, die in Schleifchen enden. Für die schlanken Standfiguren finden sich lange, nebeneinanderverlaufende Vertikalstriche. Dazu kommt eine feine Pinselmodellierung in vielen kleinen Strichelchen, die alle vertikal gerichtet nebeneinander sitzen. Aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, gegen dessen Ende zu, stammt eine B i b l i a pauperum in der Stiftsbibliothek von St. Peter2, in der eine Häufung der langen parallelen Vertikalstriche, ähnlich wie in den erwähnten italienischen Zeichnungen, zu beobachten ist; dabei kommen gleichfalls Schleifen vor, die z. T. mit Strichlagen gefüllt sind. 1
Herausgegeben von der Direktion der Kgl. Preuß. Staatsarchive. Berlin 1881. 2 Manuskript Nr. 15 (a VII, 43.) Beschreib. Verz. der Österr. Handschriften Bd. II.
Kapitel I.
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Eine entscheidende Erweiterung der graphischen Darstellungsmittel gegen Ende des 14. J h d t s . bedeuten die Zeichnungen des B r a u n s c h w e i g e r S k i z z e n b u c h e s 1 . Wie bereits in vielen früher entstandenen Denkmälern finden sich Systeme von Schleifen, die hier entweder als Endungen langausgeschwungener Faltenzüge oder kürzer als in sich abgeschlossene schmal-ovale Vertiefungen in die Stoffmasse eingedrückt, ganz dicht mit Strichen besetzt sind, ferner die langgezogenen Parallclvertikalen, die aber nach dem Rand zu nicht allmählich dichter werden, sondern eng zusammenhängend eine dicke Konturlinie bilden. Daneben aber spielen hier eine entscheidende Rolle p a r a l l e l e S t r i c h l a g e n , d i e k r e u z w e i s ü b e r e i n a n d e r g e l e g t sind. Begrenzt von langen Vertikalfalten wirken diese Kreuzlagen mit gleichmäßig feinen Strichen als ein sehr regelmäßiges Netz, das verschieden starke Schatten auszudrücken fähig ist, je nachdem nur zwei oder mehrere Strichlagen übereinander gelegt werden. Die außerordentlich qualitätvollen Zeichnungen in zwei bekannten Manuskripten aus dem bayrischen Benediktiner&tift Metten 2 , die beide nach Eintragungen im Jahre 1414 auf Veranlassung des Abtes Peter entstanden, zeigen verwandte Ausdrucksmittel. Die Illustrationen in beiden Bänden stammen offenbar von der Hand eines und desselben höchst feinsinnigen Künstlers, 1
J. Neuwirth, Das Braunschweiger Skizzenbuch eines mittelulterl. Malers. Prag 1897. 2 Cod. lat. monac. 8201, cimel. 171, Die vier Evangelien, Rhabanus Maurus „De laude sanctae crucis", biblia pauperum u. a. Ferner: cod. lat. monac 8201 d, regula S. Benedicti. DiesebeidenHandschriften, von Bredt flüchtig erwähnt, fanden zuerst ausführliche Würdigung durch B e r t h o l d R i e h l in seinen „Studien zur Geschichte der bayrischen Malerei des 15. Jhdts." München 1895 S. 5ff., dazu Abb. 1/7. Ferner bei H e r m a n n B r a n d t , „Die Anfänge der deutschen Landschaftsmalerei". Genaue Untersuchung der Landschaftsdarstellungen in beiden Manuskripten (S. 31 ff., dazu Taf. XV, Abb. 25/28). Abbildungen ferner in der vormals Reusch'schen Sammlung von Photographien nach Handschriften der bayrischen Staatsbibliothek Nr. 987/97, 3904/48, 3968/97.
Schwäbische Federzeichnungen.
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dessen große Beherrschung der zu seiner Zeit gebräuchlichen Liniensprache eine geübte leichte Hand und ausgeprägten Sinn für den musikalischen Reiz des Flächenornamentes und für peinliche Sauberkeit der Ausführung verrät. Während in dem einen Bande nur Federzeichnungen, als einfache Schwarzweißzeichnungen und in leichter Tönung vorkommen, sind die Illustrationen der Benediktinerregel als Deckfarbenminiaturen gedacht und zu Anfang auch ausgeführt. Das Widmungsblatt dieses Codex aber (Abb. 1) ist, wie die Illustrationen in dem erstgenannten Manuskript eine reine Federzeichnung, ebenso ist die letzte Gruppe von Illustrationen der Benediktinerregel als Vorzeichnung stehen geblieben, während eine zweite Gruppe zwischen den guten Miniaturen am Anfang und den Vorzeichnungen am Schluß etwas weniger sorgfältig behandelt und offenbar von einer anderen Hand gemalt ist. Auch hier findet sich wieder die vielfache Anwendung der Schleife für die Gliederung des Gewandes, und zwar in einer wehr schmalen, langen Form. Die Anordnung ist häufig wieder die des regelmäßig abwechselnden Einfalles von lechts und links oben her. Immer sind diese Schleifen mit engen Strichen gefüllt und zwar mit parallel nebeneinander angebrachten Häkchen und kurzen Strichelchen oder in dichtem Liniengewirr bis zu völlig schwarzer Abdeckung. Dazu kommt über das Ganze eine lebhafte Anwendung feiner schräg gerichteter Schraffierungslagen zur Andeutung des Schattens, und für besonders dunkle Partien auch regelrechte Kreuzlagen in sehr zarter Ausführung. Diese entwickelte Ausdrucksfähigkeit des Striches ist besonders beachtenswert in ihrer Anwendung bei einem typischen Denkmal der klösterlichen Miniaturmalerei, wie es die Mettener Handschriften darstellen. Nicht nur, daß diese Zeichnungen z. T. als unausgeführte Entwürfe neben den fertig ausgemalten Miniaturen stehen, auch wo sie selbständig oder nur leicht getönt auftreten, und so zu voller eigner Wirkung kommen, dokumentieren sich diese Zeichnungen im Stil und Typus der Figuren, im Charakter der Darstellung, in den angewendeten Kompositionsschemen
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Kapitel I.
als Angehörige des großen Kreises der bayrisch-österreichischen klösterlichen Illuminierkunst. Um so eigentümlicher wirkt die reiche zeichnerische Entfaltung! Etwa derselben Stilstufe gehört eine schöne frühe deutsche Handzeichnung der hl. Barbara im Frankfurter Kupferstichkabinett (Nr. 623, Abb. 2) an, über deren Herkunft und mutmaßlichen Entstehungsort nichts bekannt ist. Das Standmotiv der Heiligen mit der ausgeprägten S-förmigen Kurve des Körpers, die Anordnung ihres Gewandes mit den rechts und links von den Hüften in reichen Wellen herabströmenden Faltenmassen, die durch Schüsselfalten vor dem Rumpf der Figur verbunden sind, weisen dieselbe einem in der Plastik ausgebildeten und im Bcreich des weichen Stils sehr häufig ausgeführten Typus zu. Fast möchte man in der Zeichnung einen Entwurf für eine Standfigur oder eine Skizze nach einer ausgeführten Bildhauerarbeit vermuten. Sehr anschaulich und mit großer Sorgfalt hat der Zeichner über den körperlichen Gehalt der Figur, das räumliche Verhältnis aller Einzelheiten zueinander Rechenschaft gegeben. Sieht man nach den zeichnerischen Mitteln, derer er sich bedient, so ist als beherrschendes Prinzip das bereits erwähnte System der langgezogenen Parallelstriche zu erkennen, die in der Hauptsache vertikal gerichtet die Konturen und Hauptzüge der Innengliederung begleiten, und zwar zur Wiedergabe der Schatten dicht nebeneinander, nach den hell ausgesparten Mittelpartien zu weniger häufig und in größeren Abständen. Auch hier sind Schleifen verwendet, groß und breit mit parallelen Vertikalstrichen gefüllt. Vereinzelt kreuzen sich auch die Strichlagen. Einige Tafelbilder aus dem Anfang des 15. Jhdts., in denen auf Gold- oder Silbergrund mit feinem Pinsel eine reiche graphische Modellierung der Flächen vorgenommen ist, erfordern in diesem Zusammenhang Beachtung, und es sei darum kurz auf die Stücke hingewiesen. Das Hauptexemplar dieser Gattung ist der O r t e n b e r g e r A l t a r im Darmstädter Museum, ein charakteristisches Werk des Mittelrheins, jedenfalls nach 1420 entstanden. Abhängig davon und in derselben Technik, wenn auch von etwas der-
Schwäbische Federzeichnungen.
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berer Ausführung, ist eine Anbetung der hl. drei Könige in der alten Pinakothek zu München1. Im Unterlinden-Museum zu Colmar befinden sich zwei Tafeln (Nr. 62 u. 63 des Cat.), die aus der Tempelherrenkirche bei Bergheim, Oberrhein, stammen. Auf jeder der Tafeln ist eine Folge von sechs kleinen Darstellungen aus dem Leben Jesu mit schwarzen Pinselstrichen auf Goldgrund gezeichnet. Nach diesem allgemeinen Überblick wenden wir uns den in der ersten Jahrhunderthälfte in Schwaben entstandenen Handschriften zu. Durch die Zeichnungen ihrer Illustrationen erregen vor allem zwei Handschriften aus dem Bodenseegebiet Aufmerksamkeit, auf die schon Kautzsch in den „Einleitenden Erörterungen" hingewiesen hat2. In der Stadtbibliothek zu St. Gallen befindet sich ein Exemplar von Konrad von Helmsdorfs deutschem Heilspiegel, dem ein unvollständig erhaltener Kalender mit Monatsbildern vorangeht. (Beschreib. Verz. Nr. 30). Außer dem Dialekt des Textes verweisen die Eintragungen im Kalendarium, vor allem die rotgeschriebene K o n s t a n z e r K i r c h e n w e i h e das Manuskript an den Bodensee. Als Entstehungszeit sind die Jahre zwischen 1420 und 1440 wahrscheinlich. Zwei verschiedene Persönlichkeiten sind an den Illustrationen beteiligt, von denen die zweite, die etwas vor der Mitte des Speculum von fol. 47 ab auftritt, die interessantere ist (Abb. 4/5). Der Aufbau der Szenen dieses Zeichners, die ungerahmt unter und über den Textkolumnen angebracht sind, beruht in der Hauptsache in der Entwicklung der handelnden Personen auf schmalem, durch Grasbüschel angedeuteten Bodenstreifen. Der Hintergrund bleibt frei. An landschaftlicher Szenerie begegnet man hier noch den im Trecento entwickelten typischen scharfkantigen Felsen 1
Katalog der Darmstädter Ausstellung, Alte Kunst am Mittelrhein, Darmstadt 1927. Nr. 290 u. 291. 2 Seite 56/57.
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Kapitel I.
mit geschwungenen Flächen, alles in sparsamster Umrißzeichnung angedeutet, einige Bäume in flüchtigen Strichen lose darüber verteilt. Bei Stadtansichten ragen die Figuren übergroß über die niedrigen Mauern, sie reichen bis über die Dächer, ebenso füllen sie den Raum ganz aus bei Szenen im Innern von Gebäuden, in die meist durch einen Architekturrahmen Einblick gewährt wird. Die rundlichen Konturen, die die Figuren mit wenigen einfachen Kurven umschließen, erzielen eine flächenhafte Verbindung der Gestalten zu abgerundeten Gruppen. Die Strichführung der auf reiner Schwarzweißwirkung beruhenden Illustrationen — nur ganz selten werden Einzelheiten zinnoberrot getönt — ist lebhaft und mannigfaltig. Die Durchbildung der Körperoberfläche ist lange nicht so sorgfältig durchdacht und ausgeführt, wie in den besten Denkmälern des zeichnerischen Stils, die wir aus dem Anfang des Jahrhunderts kennengelernt haben, alles ist etwas gröber und flüchtiger. Trotzdem sind auch hier noch die Systeme, die dort maßgebend waren, zu spüren, so vor allem die Modellierung durch lange parallel zu den Figuren verlaufende Vertikalstriche und Kurven, die auch hier gelegentlich in Schleifchen oder Häkchen verlaufen. Auch Kreuzlagen mit starken Schatten kommen zur Anwendung. Ähnlich sind die Figuren des ersten Illustrators gezeichnet, von dem die Monatsbilder, soweit sie erhalten sind, und die anfänglichen Illustrationen zum Speculum bis fol. 46 stammen (Abb. 3). Szenische Andeutungen kommen bei diesem Zeichner fast garnicht vor. Seine Kompositionen entsprechen im Übrigen denen der zweiten Hand. Zu Anfang sind seine Illustrationen leicht getönt, mit grün und zinnoberrot, später findet sich nur noch etwas Rot in den Gesichtern. Zeichnerisch charakterisiert seine Hand die Verwendung von vielen kurzen Strichelchen, die schräg gerichtet die langen Hauptzüge der Innengliederung durchkreuzen. Seine Art, Gewänder mit vielen kleinen Punkten zu besetzen, ist wohl eher ein etwas primitiver Versuch, Stoffliches darzustellen, als ein Mittel zur Modellierung der Flächen.
Schwäbische Federzeichnungen.
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Seine Gesichter sind ausdruckslos und schematisch gezeichnet, überhaupt tritt dieser Zeichner hinter dem der zweiten Hälfte des Speculums entschieden zurück. Besondere Aufmerksamkeit gebührt einer Abschrift von O t t o von P a s s a u s „Buch der X X I V A l t e n " in Donaueschingen, die von „Erhart Koch von Wingarten" im Mai des Jahres 1435 vollendet wurde. (Beschreib. Verz. Nr. 31). Die Handschrift ist illustriert mit 24 Darstellungen der einzelnen Alten, die jeweils das Kapitel einleiten. Die Federzeichnungen sind ungerahmt, je in eine Schriftkolumne eingefügt, von deren Höhe sie etwa die Hälfte bis ein Drittel einnehmen. Der Bilderkreis gehört zu der Familie, in der die Figuren der Alten allein dozierend, ohne die minnende Seele zu ihren Füßen, dargestellt werden. Die Figuren stehen oder sitzen meist auf einer mit Blumen und Gras, auch wohl einem Bäumelien bewachsenen kleinen Insel, mit niedrigen zackig ausgeschnittenen Rändern ohne Andeutung von Architektur. Nur die Sitzgelegenheit, Kissen oder Steinsitz kommt dazu. Der Typ der Figuren ist im Allgemeinen sehr verwandt, so daß man sich vorstellen könnte, um einen Vergleich zu gebrauchen, es handele sich um die Einzelbilder einer Filmaufnahme ein und derselben Person, die zusammengesetzt und mit den nötigen Zwischengliedern ergänzt die leb endige Wiedergabe eines eifrig dozierenden Magisters ergeben könnte, der bald stehend bald schreitend mit beiden Händen expliziert, dann ein Buch ergreift, sich hinsetzt um es aufzuschlagen und daraus vorzutragen, wobei er sich mit einer Hand durch den Bart fährt, mit geöffnetem Buch wieder aufsteht und weiterpredigt, das Buch weglegt und die Arme unter seinem Mantel wie ein Mönch in seiner Kutte verschränkt, dann wieder einen Rosenkranz spielend durch die Finger gleiten läßt u. so fort. Die Alten sind immer mit einem langen Gewand bekleidet, das sich über dem tiefsitzenden Gürtel faltig zusammenschiebt, um darunter enganliegend, einmal auch in große Zipfel auslaufend, zu Boden zu fallen und sich auf der Erde kurvig zu stauen. Manchmal kommt dann noch ein Mantel 2 Lehmann-Haupt,
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dazu, in einem Stück über die Schultern nach vorn geschlagen und vor der Brust mit einer großen Brosche zusammengehalten, oder aus getrenntem Vorder- und Rückenstück zusammengesetzt. Jedesmal trägt der Alte eine Krone, gelegentlich dazu auch einen großen Hut, der an einem Band im Nacken hängt. Die Körper sind groß und schlank, mit schmalen feinen Händen und Füßen, die Arme wirken etwas kraftlos, der Oberarm ist manchmal zu kurz geraten. Die Zeichnungen, mit spitzer Feder in Tiefschwarz ausgeführt, sind nur wenig getönt. Gelegentlich findet sich ein ganz leichtes Gelbbraun für den Boden, für Einzelheiten des Gewandes oder die Barte. Bei der ersten Figur ist das ganze Gewand in leichtem Blau, ein andermal ein Gesicht rötlich getönt, Schwarzweißwirkung herrscht jedoch vor. Die Kronen der Alten sind mit Silber ausgelegt, das meistens schwarz oxydiert ist. Auffallend ist vor allem die Zeichenweise der Figuren. Mit sehr dünnem, aber festem sicherem Strich sind die runden Konturen, die Zeichnung des Gesichts und der Hände, sowie die hauptsächlichsten Faltenzüge eingetragen. Die Durchmodellierung der Oberfläche nimmt der Künstler mit zahllosen kleinen Strichelchen und Häkchen vor, die mit außerordentlichem Geschick zur Veranschaulichung der Lichtführung bald länger und in größeren Abständen parallel nebeneinanderlaufen, bald als ganz kurze Bogen gehäuft werden und sich aus den dunkelsten Partien langsam und allmählich auflösen. Zum Teil lehnen sie sich an die durchgezogenen Faltenlinien an, sehr häufig aber übernehmen sie auch frei und unterbunden nebeneinander die Aufgabe, aus der Oberfläche heraustretende Faltenröhren gerade und lang durchgeführt, oder zu Halbkreisen geschwungen und von muldenartigen Einsenkungen unterbrochen zu veranschaulichen. Diese Art der Modellierung mahnt unwillkürlich an die Technik des frühen Kupferstichs. Erinnerungen an den M e i s t e r der S p i e l k a r t e n stellen sich ein. Die äußeren Entstehungsumstände der Handschrift berechtigen uns, diesem Einfall nachzugehen.
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Die Forschung hat als Heimat des Kupferstichsmeister, nach dessen für die Anfänge am zahlreichsten erhaltenen Werken unsere Vorstellung von der Frühepoche dieses Kunstzweiges sich gebildet hat, den Oberrhein nachgewiesen und den Meister in die Nachbarschaft des Konrad Witz gesetzt1. Zeitlich fixiert sich seine Stellung durch Kopien nach seinen Spielkarten in einer 1446 datierten Handschrift. Man hat danach geglaubt, für seine Anfänge bis in die 30er Jahre zurückgehen zu dürfen. 1435 ist das Vollendungsdatum unserer Donaueschinger Handschrift. Wenn auch mit der Nennung des Schreibers „von Wingarten" noch nicht gesagt ist, daß die Handschrift in Weingarten selbst angefertigt wurde, besteht hierfür immerhin einige Wahrscheinlichkeit. Nimmt man dazu die Tatsache des alemannischen Dialektes und die Herkunft aus dem Thurgau, die allerdings erst durch eine bedeutend später angebrachte Besitzernotiz verbürgt ist, so ergibt sich jedenfalls die Berechtigung, den Entstehungsort der Handschrift in derselben Landschaft anzunehmen, in der der Spielkartenmeister arbeitete. Legt man unter diesen Voraussetzungen die Donauesch inger Illustrationen neben die Kupferstiche des Spielkartenmeisters, so erweisen sich in der Tat weitgehende Übereinstimmungen. Namentlich die Technik der Modellierung in kleinen Strichelchen ist sehr verwandt. Dabei ist im Einzelnen zu beobachten, daß der Kupferstecher in der Lage war, die einzelnen Striche noch feiner zu ziehen und somit eine größere Anzahl in engerenZwischenräumenzusammenzulegen und eine strenger einheitliche Richtung aller Strichelchen einzuhalten, als es dem Federzeichner möglich war. Vergleichbar ist vor allem auch der Kopftypus der 24 Alten, der im Werke des Spiel1
Leo Baer, Eine Zeichnung des Meisters der Spielkarten. In: Studien aus Kunst u. Gesch. Friedr. Schneider gew. Freiburg 1906 S. 62 ff. — Max Geisberg, Die Anfänge des deutschen Kupferstichs, Meister der Graphik Bd. II, S. 27ff. 2*
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kartenmeisters, z. B. im Kopfe des Menschenkönigs (Geisberg, Taf. 2, S. 30), mit seinen tiefliegenden Augen und der schmalen scharfen Nase, der feinen Modellierung der von den Backenknochen überschatteten Wangenpartien sein Gegenstück findet. Auch die höhnenden Köpfe neben dem Schmerzensmann (Geisberg, Taf. 6) sind vergleichbar und ähnlich ist der hl. Antonius (Geisberg, Taf. 4) auch im Standmotiv mit dem leicht zurückgebeugten Oberkörper neben den stehenden Alten auf Abbildung 6 zu halten. Ferner ist die Zeichnung der Hände mit scharfumrissener Kontur zu vergleichen. Die Faltensysteme, ruhig heraustretende, langdurchgezogene Röhren, die sich am Boden kurvig umlegen, sind im Prinzip verwandt und erweisen die Zugehörigkeit der Federzeichnungen zu einer Stilphase, die als der Ausgang des weichen Stils, unmittelbar vor dem Einsetzen der namentlich von Konrad Witz bestimmten Formengebung fixierbar ist. Wenn Geisberg den Spielkartenmeister gegenüber der Kunst des Konrad Witz durch „die an der Oberfläche haftende, durchaus unkörperlich empfundene Formensprache der Stiche" zu charakterisieren trachtet, so ist andererseits wieder dasselbe Argument für die Donaueschinger Federzeichnungen gegenüber dem Meister der Spielkarten zu verwenden. Verglichen mit der Massigkeit der Körper und der nachdrücklichen Schwerflüssigkeit der Bewegungen z. B. in dem Blatt der hl. Katharina von Alexandrien (Geisberg, Taf. 5) wirken die Figuren der Alten leichter und dokumentieren ihren Schöpfer als eine Persönlichkeit entschieden andersartigen Temperamentes. Auf jeden Fall sichern die allgemeinen Verwandtschaften mit dem Hauptmeister des frühen Kupferstiches in Anbetracht der verhältnismäßig frühen Datierung und der landschaftlichen Einordnungsmöglichkeit der Donaueschinger Handschrift eine erhebliche Bedeutung für die Geschichte des Kupferstiches und überhaupt die Entwicklung der graphischen Ausdrucksmittel. Im Bahmen der Handschriften-Illustration aber stehen die
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Zeichnungen ihrer eigenartigen Technik nach in ganz Oberdeutschland allein da1. Ein Hauptwerk der Konstanzer Buchmalerei aus dem ersten Viertel des Jahrhunderts ist uns nicht erhalten geblieben : Ulrich von R i c h e n t h a l s Chronik des K o n s t a n z e r K o n z i l s kennen wir nur aus einer Reihe späterer illustrierter Abschriften, aus denen auf das Vorhandensein und den Bestand einer Urhandschrift geschlossen werden darf2. Auf die späteren Abschriften werden wir im Verlauf dieser Untersuchung noch zurückkommen. 1425/28 entstand eine Handschrift mit hübschen Monatsbildern, die in der Stiftsbibliothek St. Gallen aufbewahrt wird, und die ihrem Dialekt nach in der Bodenseegegend entstanden ist. Das frühe Datum verleiht diesem Stück einiges Interesse3. Zwei nicht datierte Handschriften sind des weiteren hier zu nennen. Hermann Brandt4 bespricht ausführlich ein Heiligenleben der badischen Landesbibliothek in Karlsruhe (Cod. St. Georgen 6G), dessen Entstehung in Konstanz wahrscheinlich ist. Der Codex enthält ein illustriertes Leben der 1 Es sei nochmals auf die Beobachtungen Kautzsch's in seiner Studie über die Holzschnitte der Kölner Bibel hingewiesen, nach denen für die Geschichte dieser Technik auf die französischen „grisaillehaften" Illustrationen seit dem 14. Jh. zurückzugehen ist (S. 47ff.) Durch die Ausbreitung in den Niederlanden erklären eich demnach auch die Fortwirkungen am deutschen Niederrhein. Für Oberdeutland bildet aber die Donaueschinger Handschrift, wie gesagt, ein alleinstehendes Beispiel. 2 Vgl. hierzu: R. Kautzsch, Die Handschriften von Ulrich Richenthals Chronik des Konstanzer Konzils. Zeitschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins, neue Folge, Bd. I X , Karlsruhe 1894. 3 H. Brandt, Die Anfänge der deutschen Landschaftsmalerei im 14. u. 15. Jhdt. Stud. z. dtsch. Kunstgesch. H e f t 154, Straßburg 1912. 4 a. a. O.Abb. IOu. 11. Vgl. ferner: H a u p t in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie, Philos. hist. Klasse 34 (1860). Zeitschr. f. dtsch. Altertum 19, S. 159 u. Anzeiger für deutsches Altertum 6, S. I I I .
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hl. Maria Magdalena, in dessen Bildern Federzeichnung und Pinselmalerei nebeneinander vorkommen. Die Bemalung ist in leuchtenden Farben, blau, rot, grün und gelb ausgeführt, dazu schwarzgetuschte Linienzeichnung für die Gewänder. Die technische Ausführung und auch die Wahl der Farben erinnert an die Arbeiten Gebhard Dachers in Konstanz, die aber jedenfalls später entstanden sind. Ein deutsches Speculum humanae s a l v a t i o n i s im Berliner Kupferstichkabinett (Ms. 78 A. 17) nennt weder Ort noch Zeit der Entstehung, dem Dialekt nach erscheint aber eine Anfertigung am Oberrhein oder im Bodenseegebiet für möglich. Eine genauere Untersuchung der Mundart könnte hier jedenfalls zu bestimmten Resultaten führen. Die Illustrationen (Abb. 9) sind sicher und ausdrucksvoll gezeichnet, besonders fallen die Köpfe mit den schmalen schräg gestellten Augen auf. Der Faltenstil und die zeichnerischen Ausdrucksmittel sind noch die des weichen Stils, aber mit einer gewissen Herbheit angewendet, so daß man für die Entstehungszeit schon an die 40er Jahre denken könnte. Die Bemalung ist hell und lebhaft, besonders fallen gelbe Gewänder mit roter Innengliederung auf, die Gesichter sind regelmäßig mit fest umgrenzten roten Flecken belebt. 1442 ist eine sehr bedeutende Bilderhandschrift aus dem Bodenseegebiet datiert, die durch eine Ausgabe Hermann Degerings im Volksverband der Bücherfreunde in weiteren Kreisen bekannt geworden ist. Es handelt sich um die Hundcshagen-Nibelungenhandschrift in der Preuß. Staatsbibliothek zu Berlin, so genannt nach dem Wiesbadener Bibliothekar Bernhard Hundeshagen, der den Codex zu Anfang des 19. Jhdts. erworben hat 1 . Hinsichtlich der Entstehungszeit steht dieHandschrift durchaus auf der Höhe der Entwicklung. Die Figuren zeigen in 1 Der Niblungen Not. In der Simrockschen Übersetzung nach dem Versbestand der Hundeshagenschen Hs. bearbeitet und mit ihren Bildern hrg. von Hermann Degering. Berlin, Volksverband der Bücherfreunde, 1924. (Mit ausführt. Einleitung des Herausgebers). Vgl. auch den beschreib. Katalog der deutschen Bilderhs. in der Preuß. Staatsbibliothek von Hans Wegener.
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Kopftypen und Gewandstil deutliche Verwandtschaft mit Konrad Witz. Der Bildbau ist sehr selbständig und abwechslungsreich, trotz vieler Altertümlichkeiten und perspektivischer Fehler finden sich ernsthafte Versuche zur Veranschaulichung der Tiefenausdehnung im Innenraum und bei Szenen im Freien, der Künstler bemüht sich auch um ein abwechslungsreiches Landschaftsbild. Hans Wegener glaubt die Bilder keinem handwerksmäßigen Illustrator zutrauen zu dürfen, sondern vermutet, daß ein Tafelmaler in besonderem Auftrag an der Arbeit gewesen ist. Jedenfalls bildet das Manuskript ein wichtiges Glied in dem Kreise der von Konrad Witz beeinflußten Handschriftenillustration, auf den wir später nochmals zurückzukommen haben. Auch aus dem übrigen Schwaben ist einzelnes aus dem Anfang des Jahrhunderts erhalten. In Maihingen wird eine Sammelhandschrift aus dem Kloster des hl. Magnus zu Füssen im Allgäu aufbewahrt (Cod. I I , lat. 1. 4°. 14.), von der einiges bestimmt dort geschrieben wurde. Ob auch der Hauptteil der Handschrift, eine Summa R a y m u n d i , die eine uns interessierende Federzeichnung der .hl. Barbara (Abb. 10) enthält, und laut Eintrag in den 20er Jahren vollendet wurde, dort oder anderswo geschrieben wurde, ist nicht bestimmt zu sagen. Das Bild der hl. Barbara ist eine hübsche Federzeichnung in ausdrucksvollen schwarzen Strichen, das Gewand olivgrün und braun, das Gesicht rotbraun getönt. Reichliche Aussparungen im weißen Papier veranschaulichen die Lichtführung. Der Typus der Darstellung erinnert uns an die schöne Handzeichnung im Städel. Während aber dort eine außerordentlich entwickelte Zeichenweise mit reiner Schwarzweiß-Wirkung zu beobachten wac, ist hier die Zeichnung etwas summarischer und derber, dafür hebt die fein abgestimmte Bemalung den Gesamteindruck. Ein vielbesprochener Codex der Stuttgarter Landesbibliothek muß ferner an dieser Stelle erwähnt werden. Es handelt
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sich um das R e c h t s b u c h des H o f g e r i c h t s zu R o t t w e i l 1 , das zu Anfang zwei blattgroße Illustrationen hat, in denen die Belagerung der Stadt Rottweil durch Kaiser Lothar III. und die Verleihung des Hofgerichts an die Rottweiler als Dank für ihre Verteidigung durch Kaiser Conrad III. dargestellt ist. Neben der ausführlichen Landschaftsdarstellung mit altertümlichen Felsbildungen und mannigfachen Arten von Bäumen interessiert besonders die Zeichnung der Figuren, die als typische Dokumente des weichen Stils gelten können. Ihre Anlage und Durchbildung ist sorgfältig vorgenommen und flüssig durchgeführt. Die klargezeichneten Köpfe mit schmalen Augen sind behutsam über weißem Grund in Braun modelliert, die schmalen zierlichen Hände reine Konturzeichnungen. Der Gewandstil ist bezeichnend, bogenförmig geschlossene Silhouette, einzelne Partien den Schwung aufnehmend am Boden fortgeführt. In der Beleuchtung wird mit kräftigen Kontrasten gearbeitet, größte Helligkeitsgrade sind nur vereinzelt aber wirkungsvoll ausgesparte Stellen in der Tönung, die nach den beschatteten Partien zu kräftiger wird. In den zeichnerischen Einzelformen ist besonders ein Motiv auffällig: die Verwendung kurzer Bögen, die an beiden Enden in Schleifen münden, die völlig schwarz gefüllt sind. Besonders deutlich z. B. am Ärmel des vordersten knienden Greises. In einem deutschen Psalter aus St. Mangen, heute in Maihingen (III, deutsch, 1, 4° 2) der 1407 von Ulrich Spiser beendet wurde, ist auf der Innenseite des Deckels, den die Darstellung ganz bedeckt, ein K ö n i g D a v i d thronend mit der Harfe gezeichnet, der im Stil dem Rottweiler Hofgericht sehr nahe kommt. Es findet sich auch dieselbe Art der Um1 C o d . H . B . V I , jur. et pol. 110,Chart.fol. Vgl.dazu: Urkundl. Beiträge zur Gesch. d. bürgert. Rechtsganges, Hft. 1 hrsg. von Kohler 1904. Herausgegeben ist die Handschrift mit Reproduktion einer Abbildung von H. Glitsch und C. O. Müller, Zeitschr. d. Savigny-Stiftung für Rechts-Gesch. Bd. 41, Germ. Abt. 1921. Vgl. dazu die eingehende Bespr. dieser Publ., sowie d. Hs. selbst durch K. Stenzel, Württ. Viertelj. Hfte. f. Ldsgesch., Neue Folge Jrg. 30 1921, S. 206ff. u. die Gegenkritik C. O. Müllers ebenda 31 (1922) S. 280ff.
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rabmung mit einem dicken roten Balken und einem gelben Strich darin. 1443 entstand in Buchau ein K a l e n d e r mit sehr hübschen Tierkreis-Medaillons und Planetenbildern, Darstellungen der vier Temperamente, Aderlaß- und Badeszenen, der bereits mehrfach besprochen wurde (Handschrift Nr. 494 der Donaueschinger Bibliothek, 1443 von dem Schullehrer Heinrich Stegmüller aus Wiesenstaig geschrieben)1. Wir finden Federzeichnungen auf Pergament, in hellen Farben getönt, außer gelegentlichen Gleichtonmodellierungen arbeitet der Illustrator viel mit Aussparungen, durch die die Oberfläche des Materials zu reizvoller Wirkung kommt. Die Zeichnung der Feder ist im übrigen hauptsächlich auf die Wiedergabe der Konturen und des Hauptliniengeriistes beschränkt. Die Figuren, in den reichen phantastischen Trachten ihrer Zeit und auch in Bewegungsmotiven und Faltenwurf noch Vertreter des weichen Stils, sind geschickt gestellt und dabei ganz in ihren Beschäftigungen befangen. Sehr hübsch ist z. B. der Spielmann im Maimonatsbild (Abb. 12) beobachtet, wie er hingebungsvoll singend und spielend die Schultern hochzieht und den Kopf dabei zurücklegt. Bezeichnend für die Landschaftsdarstellung ist die Mischung von altertümlichen und fortschrittlichen Elementen. Über eine außerordentlich blühende Schreiber- und Illuminatorentätigkeit in dem nahe von Ulm gelegenen Benediktinerkloster W i b l i n g e n haben wir literarische Nachrichten2, 1 folg. 72': „ . . .Hoc kalendarium Sciptum est per me Hainricum Stegmüller de wisenstaig. tunc temporis Informatorem puerorum in Buchow. Anno domini millesimo quadringentesimo quadragesimo t e r c i o . . . " . Nachdem zuerst Kautzsch, Einleit. Erört. S. 57 auf das Manuskript hingewiesen hatte, gab Hermann Brandt eine ausführt. Beschreibung dieser Hs. mit besonderer Berücksichtigung der Landschaftsdarstellungen (a. a. O. S. 149, dazu Abb. 31.) 2 Pater Meinrad Heuchlinger, Templum honoris... Augsburg, Kaspar Bencard, 1702. Auszug hieraus in Amtsrichter Becs Aufsatz „Über schwäbische (Ulmer) Miniatur-, inabesondere Brief-, und Kartenmaler", im Arch. f. christl. Kunst 12, 1894, S. 66.
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in denen unter anderen Namen auch ein Bruder I. Georg Fesenmayer (gest. 1450) erscheint, ,,qui... plurimos codices scripsit, summam laudem promeritus... trans/ecripsit plures libres cantuales, Missaliam, Biblia etc. elegante admodum in pergamena". Ferner wird sein Confrater Georg Spät (gest. 1457) genannt, dessen Arbeiten kaum von den seinen zu unterscheiden gewesen seien. Diese Nachrichten, auf die wir übrigens bei späterer Gelegenheit nochmals zurückzukommen haben, sind insofern von praktischem Interesse, als in der Stuttgarter Landesbibliothek eine aus Wiblingen stammende und dort auch geschriebene Auslegung des Evangeliums Johannis aufbewahrt wird, die nach dem Eintrag des Schreibers von Bruder Georg im Jahre 1444 vollendet wurde1. Die Frage ist dabei nur, ob die den Schreibernamen zu Fesenmayer ergänzende Inhaltsangabe auf dem Rücken des Bandes auf einer direkten Tradition beruht, oder von späterer Hand auf Grund von Quellenkenntnissen hinzugefügt wurde. In diesem Falle käme eben auch Bruder Georg Spät als Schreiber (und Miniator?) in Betracht. Auf der Rückseite von fol. 1 findet sich eine Darstellung des hl. A u g u s t i n u s , wie er vor einem aufgeschlagenen Buch an einem Pult sitzend einem eifrig schreibenden Mönch lein diktiert (Abb. 13). Das wohlgelungene Bildchen gehört bei der sorgfältigen Ausführung mit Deckfarben und Höbungen und der Verwendung von Gold für die Ornamente des aufgehängten Teppichs und des Kissens zur Grenzgattung von Miniaturmalerei und Federzeichnung, weil andererseits eine sehr deutliche Stricharbeit zu finden ist. Für den Grafen Wilhelm von öttingen (1425—1466) wurde 1449 eine Abschrift von Boners Fabelbuch und anschließend 1
Cod. theol. et phil. fol. 132. Fol. 264 : „Explicit expositio Aureliii augustinii super iohannem evangelistam Frater Georius. Anno domnini M0CCCC0XL°IIII0 finitum est iste liber decimo kl. Marcii." Auf dem Rücken des mit reicher Pressung versehenen Lederbandes steht in sauberer Antiqua: „S. Augustinus super Joannem. Scripsit F. Georg. Fesenmayer. Mon. Wibling 1444." fol. 2: „Exlibris s. martini Monasterii Wiblingen."
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der „Teufelssäge" vollendet, das heute in Maihingen aufbewahrt wird (Cod. I, 3 deutsch fol. 3). Die sehr interessanten Illustrationen zu den vier Fabeln haben einen eigenen Charakter, der aus dem Rahmen der zu ihrer Zeit üblichen Illustration herausfällt und eine Anknüpfung an bereits bekannte Dinge zunächst nicht zuläßt. Der nicht sehr ausgesprochene Dialekt gibt auch keinen klaren Anhaltspunkt für die Entstehung des Manuskripts. Da immerhin mit der Möglichkeit gerechnet werden kann, daß die Handschrift im Herrschaftsbereich der Öttinger Grafen innerhalb des heutigen bayrischen Kreises Schwaben oder im übrigen Schwaben entstanden ist, sei an dieser Stelle auf die bemerkenswerte Arbeit hingewiesen. Offenbar im bayrischen Schwaben entstanden ist eine Handschrift der sieben Tugenden und Laster von 1447, in der Augsburger Stadtbibliothek1. Sie enthält je 2 und 2 korrespondierend 14 seitengroße ungerahmte Darstellungen der Tugenden und Laster als symbolische Reitergestalten. Es handelt sich um ziemlich grobe Arbeiten, die aber hinsichtlich der Strichführung nicht ohne Interesse sind. Man muß zugeben, das Bild, das sich aus dem erhaltenen Bestand lokalisierbarer Arbeiten für die erste Hälfte des Jahrhunderts in Schwaben ergibt, ist alles andere als einheitlich! Im Elsaß z. B . sehen wir für denselben Zeitraum schon klarer, besonders was werkstattmäßige Zusammenarbeit betrifft. Es ist noch viel zu tun, namentlich Konstanz und der Bodensee werden wohl noch vieles Neue hergeben können! 1 Manuskript 160. Cimelie. „Explicit hoc opus perme petrum Willen de newburg in vigilia cor. cristi anno MCCCCXLVII".
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AUGSBURGER ARBEITEN BIS ZUR JAHRHUNDERTMITTE. Wir haben schon erwähnt, daß sich fast nichts aus der ersten Jahrhunderthälfte für Augsburg sichern läßt und daß die wenigen Stücke, die zu nennen sind, keine zusammenhängende Vorstellung ermöglichen1. Eine Abschrift von 1
Bredt k o n n t e seinerzeit nur eine einzige Handschrift a n f ü h r e n u n d zwar den cod. pal. lat. 411 der vatikanischen Bibl., aus dem Stephan Beissel mit andern Miniaturen der vatikonischen Sammlung ein Blatt veröffentlicht h a t . (Vatikan. Miniaturen, Freiburg 1893 Nr. 30, Taf. 30. Bredt a. a. O. S. 19.) Die römische Handschrift, die des W e y n a n d de Stega „mons quatuor fluvialium a r b o r u m " enthält, war mir nicht erreichbar. Der Beantwortung einer Anfrage, die ich der großen Liebenswürdigkeit des H e r r n Prüfekten G. Mercati verdanke, entnehme ich, daß dio Zuschreibung des Codex nach Augsburg durch Stephan Beissel auf einer Hypothese beruht. Der Cod. pal. lat. 412 nämlich in derselben Sammlung enthält ein weiteres Werk dieses W e y n a n d de Stega, in dem sich der Vermerk befindet „ I n civitate Augusten, incrastino E p i p h a n i a e " und dazu die Jahreszahl 1420, zusammen mit dem Namen des Autors. Ob diese Handschrift nun tatsächlich ein Originalmanuskript des Verfassers darstellt und der Eint r a g von ihm persönlich herrührt, ist nicht sicher. Stephan Beissel m u ß dies jedenfalls angenommen haben u n d f ü r dio Zuschreibung des .Codex 412 nach Augsburg von der Annahme ausgegangen sein, d a ß beide Handschriften Originalmanuskripte seien. Dies müßte nachgeprüft werden. I n dem Cod. 411 befindet sich jedenfalls neben dem H a u p t w e r k eine „Brevis oracio de horis Beate Mariae V i r g i n i s . . . . E d i t a Amberge ad complacentiam gloriosi sereni et illustris prineipis e t domine dni. Ludovici Sacri R o m a n i . . . . comitis Pal. e t Bavariae ducis" (fol. 35'), die weiterhin den deutschen Vermerk e n t h ä l t : „gem a c h t zu Amberg zu wolgefallen des durchlautigen lautern und hochgeporn fursten u n d heren Heren L u d w i g s . . . . u n d bevoraus der durchleuchtigsten hochgepornen furstin und frauwen fraw Mechtild seyner ehel. wirtein." Die Illustrationen des p. g. 411 zeigen jedenfalls Verwandtschaft zur bayrisch-österreichischen Miniaturenmalerei der ersten H ä l f t e des 15. J h d t s .
Angsburger Arbeiten bis zur Jahrhundertmitte.
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B o n e r s F a b e l n in der Heidelberger Universitäts-Bibliothek (Beschreib. Verz. Nr. 10), die etwa um 1440 entstanden ist, enthält die ersten richtigen Augsburger Federzeichnungen, die wir kennen lernen. Die Entstehung in dieser Stadt hat zuerst Kautzsch erkannt, den die Handschrift wegen einer darin enthaltenen Bücheranzeige des Hagenauer Handschriften-Fabrikanten und -Händlers Diebold Lauber interessierte. Er konnte auf Grund des Dialektes nachweisen, daß ebenso wie der laut Eintrag in Augsburg vollendete „Freidank" auch die übrigen Teile der Handschrift dorthin gehören und fand dieses Ergebnis in dem Charakter der Illustrationen, bestätigt, die „auf das östliche Illustrationsgebiet" hinwiesen. Seitdem hat Hans Wegener im Heidelberger Katalog darauf aufmerksam gemacht, daß der Bilderkreis der Handschrift auf dieselbe Vorlage wie der einer bayrischen Handschrift von ca. 1410—1420 (Cod. palat. germ. 794) zurückgeht. Die Zeichnungen (Abb. 14) sind ohne selbständige Umrahmung je in eine Schriftkolumne eingefügt, von deren Höhe sie ein Viertel bis ein Drittel einnehmen. Die Rubrizierung erfolgte nach Ausführung der Zeichnungen. Ohne jeden Hintergrund stehen die handelnden Menschen auf schmalem bewachsenem Bodenstück einander gegenüber. Innenraumdarstellungen kennt der Zeichner nicht, Steinsitze und Throne mit Baldachin stehen ebenso unbekümmert im Grünen wie Taubenschlag und Galgen. Die Häuser sind meist sehr klein geraten mit rundbogigen Tür- und Fensteröffnungen, folio 40 findet sich eine gedrängte Stadtansicht. Unter den Figuren kommen dem Text entsprechend vor allem die Tiere zur Geltung, besonders Vögel bringt der Zeichner gut heraus. Die vierbeinigen Geschöpfe sind im Falle der Häufung mit wenigen Überschneidungen einfach übereinander auf entsprechend erweitertem Bodenstück gegeben. Sie folgen zwar alle einem gemeinsamen Typ, doch werden immer einige bezeichnende Züge angebracht, wie die buschige Rute des Fuchses oder breite Schlappohren beim Hund, aber auch Pferd und Esel, wo sie zusammen vorgeführt werden (z.B.fol. 27') haben jedes seine Eigenart. Auch die Vertreter der Kleintierwelt,
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Kapitel II.
die Mäuse, Frösche und Fledermäuse, erfreuen mit ihrer Beweglichkeit und Handlungsfähigkeit. Die, Anordnung der Menschen ist ziemlich unbeholfen, die Typen in Haltung und Ausdruck wenig differenziert, mit schlaffen Gliedmaßen. In den Kostümen ist in ziemlicher Reduktion noch die Mode des weichen Stils zu erkennen, die Männer tragen bis über die Knie reichende Zaddelröcke, ausgezackte Halskragen, Schuhe mit weitem niedrigem Schaft, die Frauen lange schleppende Kleider mit schmalen sackartigen Ärmeln, die fast bis auf den Boden reichen. In den Farben kommen nur helle Töne zur Anwendung. Den Eindruck beherrschen Olivgrün, Rotbraun und Blaugrau. Dazu kommen graue Mischungen und Braun mit Grün, auch etwas Zinnober und Hellgrün. In der Zeichenweise der Figuren ist bei gestrichelter Kontur abgesehen von einigen Abstimmungen der Farben in dunkel und hell bis zu Aussparungen des Papiergrundes die Oberflächenmodellierung etwa nach demselben System vorgenommen, wie im St. Galler Speculum (Vgl. S. 15). Wie dort ist auch in den Augsburger Fabelillustrationen in einer vergröberten Form noch die aus dem 14. Jhdt. stammende Zeichenmanier wirksam, durch lange, den Konturen parallele Vertikalstriche die Oberfläche zu gliedern. Außer bei den Tierkörpern tritt dies deutlich in Standfiguren mit langem fließendem Gewand hervor. Bei der anmutigen Zeichnung des Engels auf fol. 4 z. B. (Abb. 14) ist gut zu sehen, wie. die Striche nach den beschatteten Randpartien hin dichter nebeneinander laufen. Dabei ist in der flüchtigen Art der zeichnerischen Wiedergabe keine durchgreifende Scheidung zwischen Linien, die die objektiven Formenumrisse wiedergeben und solchen, die der modellierenden Illusion von Schatten und Licht dienen, zu beobachten. Schraffierungen kennt der Zeichner nicht. Wie lange diese Zeichenweise sich in Augsburg gehalten hat, zeigt ein illustrierter Kalender in Berlin, der wahrscheinlich erst 1457 geschrieben wurde, aber wegen der Ähnlichkeit mit dem ebengenannten Stück vorweggenannt sei. (Abb.15/16. Beschreib. Verz. Nr. 4).
Angsbnrger Arbeiten bis zur Jahrhundertmitte.
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Die flüchtige Art der Zeichnung, die in der Hauptsache ohne Schraffierungen auskommt, entspricht den Heidelberger Fabelillustrationen. Dazu kommt die Anwendung von kurzen kleinen selbständigen Bogen für die Modellierung, die im Übrigen Sache der Farbe ist. Auch die Auswahl der Töne ist der im Heidelberger Codex verwandt, ebenso in der ganzen Bildanlage der Verzicht auf Szenerie, im Einzelnen manches in den Tierzeichnungen. Doch sind die Menschen wesentlich frischer und sicherer entworfen als dort. Ein Speculum humanae s a l v a t i o n i s der Bibliothek Maihingen (Abb. 17/18, Beschr. Verz. Nr. 14) interessiert besonders insofern, als wir hier einen der wenigen Fälle vor uns haben, in denen sich der Illustrator genannt hat. Es kommt hinzu, daß der Träger dieses Namens eine Persönlichkeit ist, die in der Kunstliteratur seit langem erwähnt wird, von der aber hiermit zum e r s t e n m a l eine Arbeit bekanntwird. Auf fol. 31 (Abb. 17) findet sich rechts in der Darstellung der Ermordung König Eglons durch Ayot in den Stufen des Thrones der Eintrag: „Lennhart von keeez der maller." Wir haben in ihm das Mitglied einer bekannten Augsburger Malerfamilie vor uns, die wahrscheinlich aus dem unweit von Günzburg gelegenen Ort Kötz stammt 1 . Aus den Augsburger Steuerbüchern, z. T. auch aus den Baumeisterbüchern kennen wir außer Leonhard einen Kaspar (1438/1444), einen Hans (1390/27) wohl Vater des Kaspar, ferner einen Michael (1455 u. 1488/90)2. L e o n h a r d selbst kommt 1441/1476 vor, er erscheint unter der Rubrik „Am Judenberg" und scheint nach den Sätzen, die er zahlt, recht wohlhabend gewesen zu sein, auch nach seinem Tode zahlt seine Witwe sogar noch höhere Beträge. Außer in den Steuerbüchern wird er genannt in einem von Vgl. S t e i c h e l e , Arch. f. d. Gesch. des Bistums Augsburg Bd. V. Vgl. hierzu genaue Einzelheiten bei T h i e m e - B e c k e r unter K ö t z . Dort auch Literaturangabe über dieFamilie. Ferner: H . H o f f m a n n , Beiträge zur Augsburg. Kunstgesch. Zs. d. hist. Ver. f. Schwab, u. Neubg. I, S. 117, 118 und R o b e r t V i s c h e r , Stud. z. Kunstgesch. Stgt. 1886, S. 488/89. 1
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Kapitel I I .
T h o m a n n B u r c k m a i e r angefertigten Verzeichnis der im Jahre 1460 zu Augsburg lebenden Meister, das sich auf dem ersten Blatte eines die Handwerksgesetze enthaltenden Bandes im Augsburger Stadtarchiv befindet 1 . Seine Illustrationen im Maihinger Speculum (Abb. 17/18) verraten kein außergewöhnliches Talent. Das Ganze wirkt eher als ziemlich unpersönliche Massenarbeit, aus der sich zwar eine geläufige Verwendung handwerklich beherrschter Ausdrucksmittel, die dem Zeichner immer gleichlaufend zur Verfügung standen, entnehmen läßt. Nach Ansätzen aber persönlicher Weiterbildung der überkommenen Formen und selbständigen Versuchen zu zeichnerischer Bewältigung der Erscheinungen sucht man vergeblich. Die Figuren bewegen sich auf dem herkömmlichen Bodenstreifen, der nach hinten zu in großflächig geschwungenen, scharfkantig ausgezackten Felsbildungen verläuft. Dazu kommen Bäume, summarisch gezeichnet und aus einzelnen Lanzettblättern zusammengesetzt. Betten, Thron, Altar, stehen häufig unbekümmert im Freien. Am Horizont finden sich kleine Stadtansichten, der Hintergrund bleibt frei, ebenso der Himmel. Die Gesamtwirkung der Landschaft ist noch begrenzt, dabei werden schon verschiedene Bildpläne, durch wechselnde Bemalung deutlich geschieden, hintereinander geschaltet. Innenräume zeigt der Zeichner in der Regel als schmalhohe Gehäuse mit geschlossener Hinterwand, die Seitenwände von hohen Rundbogenöffnungen durchbrochen, das Ganze von einem Architekturrahmen umgeben. Die Figuren sind in ihren Haltungen beschränkt, wenig differenziert im Ausdruck und etwas unbeholfen und steif, während die Gruppen als Ganzes geschickt komponiert sind. In den ausführlich geschilderten Kostümen zeigt sich noch dieselbe Mode, nach der z. B . die Figuren im Heidelberger 1 E s heißt dort: „Da man zallt 14(30, da sassen die maister hin, die hernach geschriben stant, und ich T h o m a n B u r c k m a i r , maier, hab sie all gekant und bin desmals in meine lern Jaren gewest und die haben nit erlebt, das der Maler Haus erkauft ist w o r d e n . . . . " (folgt die Aufzählung der Namen.)
Augsburger Arbeiten big zur Jahrhundertmitte
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Boner gekleidet sind. Interessant ist in dieser Beziehung die rechte Darstellung auf Abb. 18, wo dem Boten das Gewand und der Bart gestutzt werden. Die Bemalung ist von origineller Buntheit. Nebeneinander kommen leichte Tönungen mit reichlichen Aussparungen (grau, hellrot, rotbraun, hellgelbgrün, gelb mit rot und mit braun) und Deckfarben in geschlossenen Flächen ohne jede Aussparung oder Tönung vor. (Zinnoberrot und ein bezeichnendes kühles Blau kehren immer wieder, ferner Hellviolett und Hellgelb). Darüber werden die tiefschwarzen Striche der Federzeichnung, gelegentlich auch graue Pinselstriche, abwechselnd anschwellend und sich verjüngend eingetragen. Das System der Zeichnung ist noch das des weichen Stils. Viele parallele Vertikalstriche, auch die Ordnung der abwechselnd von oben einfallenden Linien findet sich hier, Schraffierungen in kurzen Parallellagen, meist zwischen spitz zulaufende Linien eingespannt, sind häufig. Zeichenstil und Kostüm weisen für eine Datierung auf das zweite Viertel des Jahrhunderts. Nach der urkundlichen Erwähnung des Künstlers erscheint dies möglich, es ist aber kaum anzunehmen, daß er eine sehr entschiedene Fortentwicklung durchgemacht hat, so daß man sich die Illustrationen auch noch gut nach der Jahrhundertmitte entstanden denken kann. Erst nach diesem Zeitpunkt läßt sich eine einigermaßen geschlossene Vorstellung von dem Augsburger Illustrationswesen gewinnen, während die bis jetzt betrachteten Arbeiten zwar stilistisch und ihrer Zeichenweise nach aus der Gesamtentwicklung zu erklären sind, aber vereinzelt bleiben. Immerhin deutet ein Stück wie das Speculum des Leonhard von Kötz, das ausgesprochen den Stil der Frühzeit trägt, dabei aber nicht als eine besonders hervorgehobene Arbeit, sondern als normales Durchschnittserzeugnis erscheint, auf handwerklich geübte Illustration auch schon vor der Jahrhundertmitte.
3 Lab man D-Hunpt,
FedeneuhnuDgen
KAPITEL. III
DER BILDERKREIS DER MEISTERLINHANDSCHRIFTEN Wenden wir uns den mit der Feder illustrierten Handschriften Augsburgs in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu, so begegnen uns zu Anfang dieses Zeitpunkts, in den 50er Jahren, vor allem die Handschriften der Gebrüder Mülich1, die sich unter anderm je eine Handschrift von Sigmund Meisterlins Chronik der Stadt Augsburg herstellten. Dieses Werk wurde nun auch in den folgenden Jahren immer wieder abgeschrieben, es existiert heute noch eine ganze Reihe von illustrierten Exemplaren der Chronik, deren Entstehungszeit sich über die gesamte zweite Hälfte des Jahrhunderts verteilt. Gerade bei der durch den gleichen Stoffkreis bedingten Ähnlichkeit der Darstellungen in ihrem bildlichen Gehalt bietet sich willkommene Gelegenheit, den Wandel des Stils, im besonderen der Zeichenweise, auf den es hier vor allem ankommt, zu verfolgen. Daher werden wir für jeden wichtigen Zeitpunkt immer wieder von einer Meisterlin-Handschrift ausgehen können. Aus diesemGrunde empfiehlt es sich, ehe wir einen bestimmten Zeitraum, zuerst den der 50er Jahre, in Angriff nehmen, diese Handschriften erst einmal im Zusammenhang vorzuführen. 1 Über die Persönlichkeiten des Georg Mülich und seines Bruders Hektor vgl. die ausführlichen Untersuchungen bei Bredt. Ferner: P a u l J o a c h i m s s o h n , Die humanistische Geschichtsschreibung• in Deutschld., Hit. 1, Bonn 1895, S. 78. Hier werden neben einigen Nachrichten über die Familie noch weitere Handschriften aus dem Besitz der Brüder Mülich in der Münchner Staatsbibl., z. T. von ihnen geschrieben oder mit Eintragungen versehen, genannt, die aber nicht illustriert sind. Auch das Ms. germ. fol. 1065 der Preuß. Staatsbibl. gehörte Hektor Mülich, er kaufte es lt. eigenhändigem Eintrag am 11. Juli 1458 auf der Messe zu Nördlingen für 1 Gulden röm.
Der Bildeikreis der Meisterlin-Handscbriften.
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Auf Veranlassung des Augsburger Bürgers Sigmund Gossenbrot 1 hatte der Bruder Sigmund Meisterlin, Mönch im Kloster St. Ulrich und Afra, auf Grund umfassender Studien und nach Lektüre einer großen Zahl verschiedenartigster Schriften sein Augsburger Chronik-Werk verfaßt und zuerst in lateinischer Sprache 1456, dann in deutscher Übersetzung zu Anfang des Jahres 1457 zu Ende geführt und dem hohen Rat der Stadt vorgelegt. Das Werk fand sofort das allergrößte Interesse und wurde kurze Zeit nach seiner Vollendung alsbald in zahlreichen Abschriften verbreitet, und bis weit ins 16. Jhdt. hinein immer wieder abgeschrieben, dann auch gedruckt. Aus der stattlichen Anzahl der vorhandenen Handschriften können hier nur die illustrierten Exemplare berücksichtigt werden, es handelt eich, abgesehen von einem verspäteten und künstlerisch weniger bedeutenden Nachzügler des 16. Jhdts., der seinerseits mit dem bisher einzig nachzuweisenden illustrierten Druck, nämlich dem des Jahres 1522, zusammenhängt, um 5 Exemplare, die sich hinsichtlich ihres Bilderkreises in zwei sichtlich verschiedene Gruppen trennen lassen. Da die fünf Handschriften, bis auf ein Exemplar, das aber auch im Großen und Ganzen festgelegt werden kann, durch die ausdrückliche Nennung des Termins ihrer Fertigstellung in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge keineRätsel aufgeben, wird hiermit eine wesentliche Hilfe für die Beurteilung der Abhängigkeit der Handschriften untereinander geboten. Die der Reihenfolge nach am Anfang stehende Arbeit, Georg Mülichs Abschrift2, die schon im April 1457 vollendet wurde, heute in Stuttgart aufbewahrt, ist gleichzeitig die künstlerisch weitaus bedeutendste der früheren heute erhaltenen Handschriften, ihr Beispiel wirkte am entschiedensten und 1 Vgl. W a t t e n b a c h , Sigismund Gossenbrot als Vorkämpfer des Humanismus und seine Gegner (Zs. f. Gesch. d. Oberrheins, 25, 1873, S. 3 0 / 6 9 ) u. P . J o a c h i m s e n , Aus der Bibliothek Sig. Gossenbrots. (Zentralblatt f. Bibliothekswesen, 11, 1894. 8 I m folgenden sollen die Handschriften der Kürze halber mit dem großen Anfangsbuchstaben ihres Aufbewahrungsortes bezeichnet werden, im Falle des Vorkommens mehrerer Exemplare in ein und derselben Sammlung unter Hinzufügung einer Zahl.
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Kapitel III.
längsten auf die späteren Exemplare und ist im besonderen als Hauptstück und Vorbild der ersten Gruppe zu betrachten. (Beschreibendes Handschriftenverzeichnis Nr. 26). Die überragende Qualität ihrer Illustrationen, deren Hauptreiz in einer überraschend gelungenen Verbindung kleiner aber beweglicher, lebhaft handelnder Figuren mit einer landschaftlichen Darstellung von großzügiger Offenheit und Weite, dabei mit vollendeter Feinheit der Einzelausführung beruht, hat ausführliche Würdigung gefunden. Es wird sich im weiteren Verlauf der Untersuchung die Aufgabe herausstellen, die bisherige Darstellung in stilistischer Hinsicht durch die Frage nach den besonderen zeichnerischen Qualitäten zu ergänzen. Hiermit gewinnen wir die bedeutsame Grundlage, von der aus die ganze spätere Entwicklung von den 70er Jaren ab erst richtig verständlich wird. Zunächst bleiben wir aber wie gesagt bei der Übersicht über das Material und lediglich der Bilderbestand der Handschriften soll berücksichtigt werden1. Die Ausstattung von St. besteht ohne weitere Verzierungen des Schriftbildes aus 13 Illustrationen, die in sorgfältig mit dem Lineal vorgezogener und farbig gefüllter Leistenumrahmung als Vollbilder in Hochrechteck, oder niedriger bis zu quadratischem Format, zu Anfang des Kapitels, dessen Text sie verbildlichen sollen, die Seite einnehmen. Nur die Darstellung auf Fol. 63 steht nicht unmittelbar zu Anfang des dazugehörigen Kapitels (IV, 7), sondern mitten im vorhergehenden Abschnitt. Wenige Monate nach dem Bruder, im Juni 1457, vollendete Hektor Mülich, der bekannte spätere Verfasser einer Augsburger Chronik2, seine Abschrift, die er nach eigener Angabe selbst illustrierte und sogar einband. (Beschreibendes Verzeichnis Nr. 1). 1
Der Inhalt der einzelnen Darstellungen, sowie die Seitenzahlen, auf denen sie sich befinden, sind für diese Handschrift ebenso für die folgenden aus der vergleichenden Illustrationstabelle am SchluQ zu ersehen. * Vgl. Chronik d e r d e u t s c h e n S t ä d t e , Bd. II, Augsburg. — Die Chronik ist herausgegeben von Dr. F. Roth.
Der Bilderkreis der Meisterlin-Handschriften.
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Eine Gegenüberstellung des Bildbestandes dieser Handschrift mit dem Codex des Georg Mülich (vgl. die Illustrationstabelle) ergibt deutlich, daß in AI mit einer Ausnahme der ganze Bilderkreis von St. übernommen worden ist. Nur die Überführung des hl. Ulrich (zu IV, 15) in St. fol. 84, findet sich in AI nicht wieder, sonst hat jede Illustration des Stuttgarter Codex ihre Entsprechung bei Hektor Mülich. Dabei beruht das Abhängigkeitsverhältnis Hektor Mülichs keineswegs auf ängstlichem Kopieren oder schematischem Festhalten an den Bildlösungen in der Handschrift des Bruders, er erweist sich durchaus als fähig zu selbständiger Gestaltung. Im Rahmen der allgemeinen Übereinstimmung gibt es in A 1 eigene, vom Vorbild wirklich verschiedene Lösungen in folgenden Fällen: FOL. xxv. Die Anbetung der Göttin Cisa findet nicht wie in St. auf freiem Platze innerhalb der Stadtmauern statt, sondern in einer Art schmalen offenen Tempel, in den man von vorn Einblick hat. FOL. LXV (vgl. Bredt Tai. II). Die Predigt des hl. Lucius spielt sich nicht wie in St. auf einem Platz der Stadt ab, sondern auf freiem Feld vor der Stadt. FOL. LXXXIV. Im Gegensatz zur einheitlichen Raumdarstellung in St. ist in A 1 die Kapelle, in der der hl. Ulrich die wundersame Ostermesse abhält, durch eine Säule in zwei Hälften getrennt, rechts im Gegensinn von St. die Darstellung der Messe, links als selbständige Hinzufügung eine Krankenheilung. FOL. LXXXXIV. Die Belagerung der Stadt ist nicht wie in St. als Kampf an der Stadtmauer gegeben, vielmehr sind die Belagerer in verschiedenen Gruppen beritten in einer Landschaft vor der Stadt einander gegenübergestellt. Außer diesen Abweichungen bei Illustrationen, die als solche noch korrespondieren, weist nun AI gegenüber St. auch eine Reihe völlig frei erfundener Szenen auf, die über den Kreis von St. hinausgehend hinzugekommen sind, nämlich die Illustrationen zu den Kapiteln 111,6; 111,6; IV,3; IV,5; IV, 6; IV, 8; IV, 13; und ein (letztes) Bild zu BuchV; ferner die Darstellung der Überreichung der Chronik an den Rat der
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Kapitel III.
Stadt durch Sigmund Meisterlin, die sich am Anfang der Handschrift auf der Rückseite des vierten ungezählten Blattes befindet1. Bei dieser Gegenüberstellung ist noch abgesehen von einer Reihe heraldischer Darstellungen, die nicht gut zum eigentlichen Bilderkreis gerechnet werden können, der Vollständigkeit halber aber gleichfalls erwähnt werden sollen. Auch sie stammen von der Hand Hektor Mülichs: Auf der Rückseite der letzten unbeschriebenen Seite am Anfang, gegenüber dem Textbeginn auf fol. 1 ein ganzseitiges Wappenbild des Reichsadlers, der das Augsburger Sadtwappen in den Klauen hält. FOL. cxvn': Ganzseitige Darstellung eines Ritters zu Pferde, der ein Banner mit dem Augsburger Wappen trägt. Darunter, aber schon auf die folgenden Seiten bezüglich: „Anno dm. 1457 send dise nachgeschribene geschlecht auf der trinckstuben gemalt an der taflen gewesen wie sie hernach stund gemalet." Die folgenden drei Blätter tragen beiderseitig je neun Wappen Augsburger Familien mit dazugehöriger Überschrift von Hektor Mülichs Hand, auf der nächsten Seite sind nur noch die zwei ersten Wappen ausgeführt, die übrigen skizziert, die Rückseite und die folgenden Seiten leer. Wenn von vornherein bei dem Vergleich der Illustrationen in den Abschriften der beiden Brüder die Vermutung naheliegt, daßHektordenBilderkreis aus GeorgsHandschrift übernommen hat, bedarf dies noch einer ausdrücklichen Begründung. Es käme nämlich immerhin die Möglichkeit in Frage, ob nicht für beide Arbeiten ein gemeinsames Vorbild wie für den Text so auch für die Illustrationen gedacht werden kann. Demgegenübermuß vor allem betont werden, daß wir keinerlei Grund haben, an der Originalität des Bilderschmucks in St. zu zweifeln, der als die Arbeit eines ganz vorzüglich geschulten und auf der Höhe der Zeit stehenden Illustrators einen ursprünglichen 1 E s sei hier schon darauf hingewiesen, daß diese Illustration zweifellos von einer andern Hand wesentlich verschiedener Schulung und gänzlich anders gearteter Technik als die Textillustrationen eingefügt wurde.
Der Bilderkreis der Meisterlin-Handschriften.
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und, frischen Eindruck macht. Gesamtanlage der Bilder, ihr räumlicher Aufbau, die Einordnung der Figuren in die Landschaft, kurz die ganze bildmäßige Fassung in St. wurde die nirgends verkennbare Voraussetzung für Hektor Mülich. Die Übereinstimmung in der Wahl der darzustellenden Szenen in den programmatisch entsprechenden Darstellungen, die ja die überwiegende Masse des Bilderkreises von A 1 ausmachen, spricht ferner deutlich genug. Daß es bei dem sehr verschiedenartigen Können der beiden Illustratoren auf Seiten Hektor Millichs nicht ohne eine erhebliche Reduktion abgehen konnte, ist klar. Immerbin blieb für ihn in der Verarbeitung des Vorbildes, mehr noch in der gegenständlich selbständigen Ergänzung, vor allem aber in der Neuerfindung einer ganzen Reihe von Szenen, die Hektor Mülich leistete, genug Gelegenheit, eine zwar beschränkte, aber dennoch konsequente Eigenart zu zeigen. Wir werden noch Gelegenheit haben, seine verschiedenen vorangegangenen Arbeiten auf dem Gebiete der Handschriftenillustration kennenzulernen. Sie vermitteln die Möglichkeit, seine zeichnerische Entwicklung zu verfolgen und das, was er in der Chronikillustration an Eigenem gab, zu würdigen. Unsere Annahme aber, vor allem in St. die Voraussetzung für seine Illustrationen zu erblicken, bleibt entscheidend und rechtfertigt sich schließlich auch in der Beachtung der äußeren Umstände, unter denen Hektor Mülichs Illustrationen entstanden, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Handschrift seines Bruders einige Monate früher fertig wurde und Hektor Mülich also bestimmt Gelegenheit hatte, deren Illustrationen zu bewundern und sich von ihnen anregen zu lassen, mochte er nun mit seiner Arbeit schon begonnen haben oder noch nicht. Die nächste, reich illustrierte Handschrift der MeisterlinChronik, die sich erhalten hat, wurde erst mehr als 20 Jahre nach den Mülich-Handschriften, zu denen sie gleichwohl enge Beziehungen aufweist, fertig. Gerade bei dem hohen Maße von Abhängigkeit, besonders von St., interessiert uns an dieser Handschrift, die in der Münchner Staatsbibliothek aufbewahrt wird (Beschreibendes Vera. Nr. 23), der Wandel des
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Kapitel III.
Zeichenstils, der im Zusammenhang mit einer ganzen Gruppe stilistisch und zum Teil durch die Persönlichkeit des Schreibers miteinander verbundenen Handschriften verschiedenen Inhalts eingehende Beachtung finden wird. Der Bilderschmuck dieser Handschrift besteht aus 20 Zeichnungen in Hochrechteck. Mit mehrfacher Linienumrahmung, die nur zum Teil farbig ausgefüllt und durch abwechselnd hellere und dunklere nebeneinanderliegende Leisten den Anschein eines plastisch hervortretenden Rahmens erwecken soll, sind die Bilder ganzseitig oder in Verbindung mit einigen Zeilen Text, in diesem Fall ungefähr in voller Breite des Schriftspiegels, auf die Seiten der Handschrift gezeichnet und koloriert. Nur die Darstellung auf Folio 59 ist eingeklebt und durch geschickte Übermalung des Randes der Seite eingefügt. Die „Überreichung der Handschrift an den Rat" auf fol. 12 ist außer durch farbige Leisten mit einem zierlich gezeichneten zinnenartigen Band umrahmt. Außer dem eigentlichen Bilderschmuck und abgesehen von den kalligraphischen Verzierungen des Schreibers, weist die Handschrift auf fol. 9 und 13 (Abb.. 63) je eine farbige Initiale mit Verzierungen der Balken auf Goldgrund mit eingepunztem Ornament und in mehrteiligem farbigen Rahmen auf, von dem ausgehend um den Schriftspiegel farbige Ranken herumgezogen sind, zwischen deren Blätter und Blüten gefiederte Goldpunkte eingestreut sind, eine Art des Ornamentes, die ausgesprochen das Gepräge der Augsburger kirchlichen Miniatur trägt. Für die Beurteilung der eigentlichen Illustrationen gehen wir auch hier von einem Vergleich mit St. aus, und konstatieren, daß die sämtlichen 13 Darstellungen dieses Codex sich in der Handschrift M. wiederfinden, deren Zeichnungen sich mit ganz vereinzelten Ausnahmen auf das engste an St. anlehnen, wie schon bei einem flüchtigen Bück auf die entsprechenden Darstellungen in beiden Codices klar wird1. Als durchgehende Veränderung gegenüber dem Vorbild ist vor allem die Tendenz des Zeichners zur Verschmälerung des Bildausschnittes zu beobachten, welcher häufig die Rand1
Vergleiche hierzu Abb. 24/25 mit 65, 72, 76.
Der Bilderkreis der Meisterlin-Handschriften.
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partien des Vorbildes rechts und links zum Opfer fallen. Die Veränderungen der landschaftlichen Wiedergabe beruhen im wesentlichen auf einer Zusammenziehung der hinteren Bildpläne unter gleichzeitiger Höherlegung des Horizontes und näherer Heranführung des Mittelgrundes an den Betrachter. Ihre Erklärung bietet sich zum Teil in der Art der zeichentechnischen Umbildung, die vor allem in der Richtung einer stärker vernehmbaren Liniensprache und Umsetzung malerisch vorgetragener Bildteile in Stricharbeit beim jüngeren Codex vor sich gegangen ist. Aber abgesehen von diesen, in jedem einzelnen Bilde zu verfolgenden gemeinsamen Umbildungen ist die Anlehnung M's an das Vorbild eine außerordentlich enge, sie erstreckt sich von der Übernahme der Bildanlage und Anordnung der Einzelheiten bis in kleinste Details der Körperhaltung und in einzelnen Fällen auch der Gewandbildung. Einige Abweichungen M's gegenüber dem Vorbild, welche über die genannten allgemeinen Veränderungen hinausgehen, müssen erwähnt werden. In M. ist auf fol. 71, wo der Sieg des Marius und der Tod der deutschen Frauen dargestellt wird, nicht nur die Anzahl der Kämpfenden von rechts und links her stark verkürzt, sondern auch die Anordnung der Figuren gegenüber dem Vorbild wesentlich verändert. Immerhin läßt sich trotz der Umgruppierung jede Figur von M. auch im Vorbild St. nachweisen. Freier ist ferner das Verhältnis zum Vorbild in der letzten Darstellung, der Leiche des hl. Ulrich im Sarkophag, fol. 197 (Abb. 25 und 76). Aber auch hier kann von einer deutlich spürbaren Abhängigkeit die Rede sein, während eine wirklich verschiedene Fassung desselben Motivs beider Handschriften in M. nur einmal, fol. 87', (Abb. 71) vorgenommen worden ist. Hier ist wirklich alles anders, Bildanlage, Landschaft und Stadtbild, ebenso die Gruppe der Kämpfenden, bei denen der über sein Pferd nach vorne stürzende Königssohn Auer, von dessen Tod der Text berichtet, ganz neu hinzugekommen ist. Sehen wir uns nun nach etwaigen Vorbildern für die gegenüber dem Bilderkreis von St. neu hinzugekommenen 7 Dar-
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Stellungen um, so bleibt nur die Möglichkeit, auch die Illustrationen von A 1 daraufhin zu prüfen. Tatsächlich stellt sich dabei auch hier ein Abhängigkeitsverhältnis heraus! Die Darstellung der Überreichung der vollendeten Chronik durch ihren mönchischen Verfasser an den hohen Rat (Abb. 21 und Abb. 62), die als erste Illustration von A 1 auf fol. 4' zu finden ist, hat in M. auf fol. 12' ihre Entsprechung gefunden. Trotz mancher Veränderungen vor allem im Räumlichen ist der Zusammenhang ganz klar. Ferner findet sich in M. neben der aus St. übernommenen Darstellung auf fol. 58 (Abb. 66) mit der Anbetung der Göttin Cisa auf freiem, von Mauern umschlossenem Platz der Stadt eine weitere Darstellung desselben Vorgangs auf fol. 59 (Abb. 67), hier in einem etwa quadratischen Innenraum mit Einblick von vorne, in der sich die Fassung, wie sie Hektor Mülich in A 1 auf fol. xxv gegeben hatte, wieder erkennen läßt. Schließlich ist auf fol. 141' (Abb. 74) außer der Darstellung der Hunnen vor Augsburg und der Einäscherung der St. AfraKirche entsprechend dem Vorbild St. noch die Verbrennung von heiligen Märtyrern und Märtyrerinnen in die rechte untere Bildecke einkomponiert. Auch diese Hinzufügung stammt aus A 1, und zwar nach fol. L X X I I I I ' zu Kap. 5 des IV. Buches. Von den nun noch übrigen vier Darstellungen ist 183' eine fast identische Wiederholung der unmittelbar vorhergegangenen Szene auf fol. 180', ferner die Belagerung von Rom fol. 69 zwar als Komposition neu, im einzelnen aber aus bereits Bekanntem kompiliert, so daß schließlich nur mehr das Landschaftsbild auf fol. 8' und die Vision des hl. Ulrichs fol. 160' als unmittelbar selbständige Leistungen zu buchen wären. Für fol. 160' können wir aber jetzt schon darauf hinweisen, daß es sich hier um eine in der kirch liehen Augsburger Miniatur häufige Darstellung handelt und für das Landschaftsbild bietet sich vielleicht im späteren Verlauf der Untersuchung ein Anknüpfungspunkt. Ganz allgemein muß also die Abhängigkeit des Zeichners der Handschrift A 1 auffallen, dem kaum selbständige
Der Bilderkreis der Meisterlin-Handschriftcn.
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Bilderfindung oder auch nur eigene Kompositionsideen zugesprochen werden können. Die Frage, wieweit dies Ergebnis zu seinen sonstigen künstlerischen Qualitäten paßt, wird im Zusammenhang mit einer Analyse seines Zeichenstils ein nicht unwesentliches Argument abgeben und vor allem auch für die Beurteilung des nächsten Codex, dem ich mich jetzt zuwende, von Bedeutung sein können. Es handelt sich um eine zweite in Augsburg aufbewahrte Meisterlinhandschrift (A II), die zwar im Stil dem Ms. M. sehr eng verwandt ist, deren Bilderkreis aber wesentlich verschieden davon und somit überhaupt von der ersten Gruppe einen selbständigen Illustrationstypus darstellt, der zusammen mit einer weiteren Handschrift als zur Gruppe 2 gehörig zu bezeichnen wäre. (Beschr. Handschr. Verz. 3) Bei der Betrachtung des eigentlichen Illustrationszyklus dieser Handschrift kann von der vereinzelten, überhaupt nicht zur Meisterlin-Chronik gehörenden Zeichnung einer ganz anderen Hand auf fol. 283' abgesehen werden. Ein mit Rankenornamenten, die hier auf allen 4 Seiten die Schrift umgeben, verzierter Initial ,,W." auf Goldgrund in mehrfarbigem Leistenrahmen (fol. 9), ganz ähnlich wie in M. fol. 9 und vor allem fol. 13, ferner die dem Zeichner der Illustrationen zuzuschreibende Gruppe der Bischofsportraits am Schluß der ersten Chronik und ebenso die Wappen jijngfraii auf der vorletzten Seite der ganzen Handschrift gehören gleichfalls nicht zum eigentlichen Programm. Auch so noch stellt sich aber der Bilderkreis als der reichste aller bisher betrachteten Zyklen dar: zu jedem einzelnen der 46 Kapitel der Chronik findet sich eine ganzseitige Zeichnung, in hellgelbem Rahmen mit dunklerer brauner Innenleiste. Hierbei ist zu bemerken, daß einzig Kapitel 4 des I I I . Teils leer ausgegangen ist, wohingegen auf das 4. Kapitel des IV. Teils zwei Illustrationen entfallen, so daß der Ausgleich im Ganzen wiederhergestellt ist. Ferner ist bei dieser Gelegenheit noch zu erwähnen, daß die Zählung der Kapitel nach Buch IV, Kap. 12 auffälligerweise unregelmäßig wird, indem nochmals IV, 12 statt IV, 13, ferner IV, 9 (!) statt IV, 14 und IV, 10 anstelle von IV, 15 gezählt wird. Danach kommt als letzte
u
Kapitel i n .
Zählung wieder richtig IV, 16, so daß schließlich die Anzahl der Kapitel doch noch richtig mit der Schlußzählung aufgeht. Bei dieser Handschrift möge eine Erörterung des Bildbestandes und der Möglichkeit etwaiger Vorbilder zunächst beiseite gelassen werden, da für diese Fragen eine einstweilige Ausschaltung der Stilkritik nicht zweckdienlich ist, vor allem aber auch, weil die Kenntnis der nun folgenden Gruppe von Illustrationen, der spätesten des 15. Jhdts., die uns erhalten sind, wesentlich ist. Bei dieser letzten Gruppe handelt es sich um eine Reihe loser und getrennt voneinander aufbewahrter Blätter, die in den verschiedensten Sammlungen verstreut aufgehoben werden und, wie ich bestimmt annehme, ursprünglich einmal alle zu ein und derselben Handschrift gehört haben1. Um über diese Gruppe von insgesamt 22 Blättern (Beschr. Verz. Nr. 29) in ihrem Verhältnis zueinander und ihre vermutliche Bestimmung Klarheit zu schaffen, ist von der Feststellung auszugehen, daß an ihrer künstlerischen Zusammengehörigkeit kein Zweifel herrschen kann. Komposition und Auffassung der Szenen, Zeichenweise, Bemalung und Umrahmung deuten einwandfrei darauf hin, daß wir es bei sämtlichen Blättern mit den Arbeiten ein und desselben Künstlers zu tun haben. Weiterhin ist der äußere Zustand der Blätter und was daraus über ihre ursprüngliche Bestimmung geschlossen werden kann, zu beachten. Sämtliche Zeichnungen sind Handschriftenillustrationen gewesen, wie aus der Beschriftung der Rückseiten hervorgeht. Daß sie zu einem einheitlichen Text, nämlich der Meisterlin-Chronik, gehörten, ist aus dem Inhalt zu ersehen. Daß die Blätter nun auch tatsächlich einer Handschrift angehört haben, wird nahegelegt durch die Beobachtung, daß die Schrift, soweit sie sichtbar ist, auf allen Blättern von der gleichen Hand stammt, ferner daß alle Zeichnungen mit einigen Variationen auf dieselbe Weise gerahmt sind und schließlich, daß ihr Format im Großen und Don Hinweis auf diese Gruppe verdanke ich der großen Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Edmund Schilling, dem ich überhaupt für wiederholten wertvollen R a t verpflichtet bin. Ihm verdanke ich auch die Aufnahmen der Abbildungen Nr. 100 u. 104. 1
Der Bilderkreis der Meisterlin-Handscbriftea.
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Ganzen durchaus einheitlich ist1. Es wäre immerhin noch der Einwurf denkbar, daß derselbe Illustrator und derselbe Schreiber mehrmals Abschriften derselben Handschrift angefertigt haben. Dann wäre es aber doch höchst wunderbar, wenn sich die erhaltenen Blätter, wie dies ja der Fall ist, ausgerechnet zu einem einheitlichen Bilderkreis zusammenschließen lassen, ohne daß jemals ein und dieselbe Darstellung wiederholt vorkäme! Wir dürfen also getrost in allen diesen Blättern Reste eines Exemplares erblicken, da« jedenfalls allermindestens vor 70 Jahren, vielleicht auch schon vor noch längerer Zeit zum Zwecke des Einzel-Verkaufes auseinandergetrennt wurde. Die Sammlungen von Nagler und von Radowitz, denen ja die Berliner Blätter entstammen, kamen bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts ins Kupferstichkabinett. Die alten Inventare dieser Sammlungen sind ganz summarisch abgefaßt und ermöglichen nicht mehr ein Zurückverfolgen einzelner Stücke bis zur etwaigen Ermittlung ihrer Herkunft2. Jedenfalls darf man sich angesichts der Tatsache, daß über die Hälfte der Blätter in ihrer Provenienz sicher auf Paris weist, wahrscheinlich dort, im vormaligen Zentrum des Kunsthandels, die Zerlegung der Handschrift und den Verkauf der Blätter vorgenommen denken. Übrigens ist natürlich durchaus mit der Möglichkeit zu rechnen, im Laufe der Zeit noch weitere fehlende Blätter der Handschrift auftauchen zu sehen, von der mit vorläufig 22 Zeichnungen etwas weniger als die Hälfte des wahrscheinlichen ursprünglichen Bestandes bekannt sein dürfte. Zur Rekonstruktion des ursprünglichen Zustandes der Handschrift hinsichtlich ihres Textes und. Bilderkreises haben wir nun durch ein glückliches Zusammentreffen eine weitere bedeutsame Handhabe. Die Handschrift A2 nämlich erweist sich, wie schon angedeutet, als nahe Verwandte der verstreuten Bruchstücke3. Alle 22 Blätter finden sich in der etwa zehn Jahre älteren 1
Die Breite schwankt zwischen ca. 13 und 16 cm, die Höhe zwischen ca. 18,5 und 23 cm. 2 Mündliche Mitteilung des Herrn Dr. Kurth, Berlin. 3 Siehe Abb. 88 u. 97.
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Kapitel III.
Handschrift in ihrem darstellerischen Gehalt im wesentlichen unverändert wieder. Aber auch die Texte auf der Rückseite stimmen genau zu den entsprechenden Textstellen in A 2, so daß wir an H a n d dieses Vorbildes die Möglichkeit haben, die Blätter richtig zu ordnen und ihre Darstellung zu deuten 1 . Die Frage, wie es im einzelnen mit den Beziehungen zwischen A 2 und V bestellt ist, ob das eine als direkte Vorlage für das andere oder eine gemeinsame Vorlage für beides anzunehmen ist, kann erst später auf Grund einer ausführlichen Analyse der künstlerischen Eigenart beider Zeichner in Angriff genommen werden. Jedenfalls gehören V und A 2 zusammen zu der reicher illustrierten Gruppe 2 innerhalb der Meisterlin-Handschriften. Auch textlich unterscheiden sie sich von den bisher besprochenen illustrierten Handschriften durch die ausdrückliche Nennung des ursprünglichen Schreibers der Handschrift, des Bruders Heinrich Pittinger 2 . Hiermit ist für das 15. J h d t . die Reihe der illustrierten Meisterlin-Handschriften, soweit sie bisher bekannt geworden sind, beschlossen. Daß keine Inkunabel dieses außerordentlich beliebten und häufig abgeschriebenen Werkes mehr zu finden ist, muß eigentlich verwundern. Erhalten hat sich offenbar nichts, die Möglichkeit, daß eine solche gedruckte Chronik existiert hat, aber restlos verloren gegangen ist, darf jedenfalls nicht mit absoluter Sicherheit abgelehnt werden. Erst aus dem 16. J h d t . ist eine gedruckte und mit Holzschnitten des Meisters H . S. ausgestattete Meisterlin-Chronik erhalten, die der Vollständigkeit halber hier noch angeschlossen werden mag. Das Buch erschien im J a h r e 1522 bei dem Augsburger Drucker Melchior Raminger 3 . Der Holzschnittschmuck entspricht dem Programm der ersten 1
Das Resultat dieser Gegenüberstellung ist in der vergleichenden Illustrationstabelle am Schluß niedergelegt. 2 Vgl. die Beschreibung von A 2, fol. 5 und von K.-K. Nr. 4079. 3 Vgl. G e o r g W. Z a p f , Augsburgs Buchdruckergeschichte. . . . II. Teil, Augsburg 1791, S. 152. D e r s e l b e , Augsburgische Bibliothek. . . , Augsburg 1795, Bd. I, S. 12. P a n z e r , II, 117. N a g l e r , Die Monogrammisten, München 1863, Nr. 1449,9. D o d g s o n , Vol. I I . , P . 194,2.
Der Bilderkreis der Meisterlin-Handschriften.
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Gruppe (siehe die vergl. Illustr.-Tabelle). Abgesehen von den Veränderungen, welche die Übertragung in Holzschnitttechnik und die damit verbundene Wandlung des Zeichenstils verursachten, spiegeln die Holzschnitte zum Teil unverändert den ursprünglichen Bildbestand, wie wir ihn aus St. kennen, wieder, zum Teil unter Umgruppierung einzelner Figuren und Wiedergabe im Gegensinne. Kostümliche Details sind verändert, die plastische Rundung der Figuren wird jetzt auf zeichnerisch andere Weise erzielt, einzelnes in der Landschaft wird natürlicher, im wesentlichen spüren wir aber hier immer noch ausgesprochen die Nachwirkung der vorzüglichen Zeichnungen von St. Auf dem hübsehen Titelblatte sind neben einem mittleren Schriftblock in breiter Bordüre von der Hand Hans Burgkmairs rechts und links die hl. Ulrich und Afra, oben und unten Reichs- und Stadtwappen, in den vier Ecken Medaillons mit Kaiserportraits angeordnet. Auf der Rückseite befindet sich in einer patetischen Darstellung der Schlacht auf dem Lechfelde mit dem hl. Ulrich, dem mitten im Kampfgewühl ein Engel erscheint, die Signatur ^ in die linke untere Ecke eingefügt1. Dieses Blatt ist eine etwas erweiterte Kopie des mit der Jahreszahl 1520 bezeichneten Holzschnittes von Hans Weiditz2. Schon beinahe wie ein Curiosum wirkt zu guterletzt eine Handschrift, die nun noch nach dem Holzschnittbuch angefertigt wurde, eine ziemlich wertlose Gelegenheitsarbeit. Die Handschrift, aufbewahrt in der Augsburger Bibliothek3, enthält auf fol. a ein lateinisches Gedicht zur Feier des Geburtstages des Herrn Markus Thennius, angefertigt von Bernhard Heupold, und auf fol. b: „Carmen de flagellatoribus Augustanis." Die Illustrationen, meist halbseitige Darstellungen, sind ziemlich genaue Kopien sämtlicher Bilder des Druckes, auch des Titelholzschnitte3, dabei gleichfalls 1 An der entsprechenden Textstelle wird dieser Holzschnitt wiederholt. 2 Vgl. R ö t t i n g e r , 18 u. F r i e d l a e n d e r , Holzschnitte vonHans Weiditz, Nr. 21. 3 Codex aug. 66 2 . Vgl. Mezger, C C L X X X I u. Illustrationstabelle, A 3.
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Kapitel III.
mit Wiederholungen, allerdings anderen als im Vorbild. Daß das Verhältnis dieser Handschrift zum Druck nicht etwa umgekehrt ist, als es hier angenommen wird, geht aus dem ausgesprochen dilletantenhaften Charakter der Bilder hervor, die mehr mit summarischer Pinselarbeit als durch zeichnerischen Vortrag die Figuren ziemlich ungeschickt wiedergeben, wobei unangenehm brandige Töne zur Anwendung kommen.
KAPITEL IV.
DIE 50ER JAHRE IN AUGSBURG. Von den beiden Chroniken der Brüder Mülich ist bereits im vorigen Kapitel die Rede gewesen, sie werden gegen Ende des jetzt zu betrachtenden Zeitabschnittes vollendet. Wir wissen, daß beide Brüder schon vorher, im Jahre 1455 in gemeinsamer Arbeit Dr. Hartliebs Alexanderbuch abschrieben1 und daß die Illustrationen hierzu von der Hand des Hektor Mülich stammen, wie sich einwandfrei aus einem Vergleich mit dem Stil der Illustrationen der Hektor Mülich sehen Meisterlin-Chronik ergibt, die er nach seiner bündigen Erklärung (vgl. S. 36) zweifellos selbst geschrieben hat, was auch Bredt in diesem Falle mit Recht angenommen hat. Ein weiterer illustrierter Codex, der auf die Gebrüder Mülich zurückgeht, hat sich aber nun in der Gießener Universitätsbibliothek gefunden, und zwar eine Sammelhandschrift, die schon im Jahre 1450 von Georg Mülich geschrieben wurde und die darum als Ausgangspunkt dienen soll (Beschr. Verz. Nr. 8). Georg Mülich hat sich als Schreiber der Handschrift wiederholt genannt, auch mit Daten zur Vollendung der einzelnen Stücke hat er nicht gespart. Wir können errechnen, daß er beispielsweise in der Zeit vom 25. April, dem Beendigungstermin des goldenen Spiels, bis zum 16. Mai, dem Zeitpunkt der Fertigstellung der zehn G«bote, rund 80 Seiten geschrieben hat, was unter Einrechnung der Sonntage durchschnittlich einer Tagesleistung von 4 Seiten entspricht. Es handelt sich im Ganzen nicht um besonders qualitätvolle Erzeugnisse, die Ausführung ist zum Teil recht ungeschickt und laienhaft. Da aber trotz dieser Mängel der Zusammenhang mit der Gesamtentwicklung doch nicht abgerissen erscheint, dann wegen der Herkunft dieser HandVgl. R i e h l , Studien zur Geschichte der bayrischen Malerei des XV. Jhdts., München 1895, S. 40ff. B r e d t , a. a. O. S. 26. 1
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Lehmtun -IInupt
Fedarztichnungen
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Kapitel IV.
schrift aus den Händen von Schreibern Und Zeichnern, die uns auch sonst beschäftigen, und auf deren Verhältnis zueinander die Handschrift ein neues Licht zu werfen vermag, soll näher auf die Ausführung der Illustrationen eingegangen werden. Das Prinzip, nach dem die Darstellung der Vorgänge zustande gebracht wird, entspricht im wesentlichen durchaus noch der im Trecento ausgebildeten und bis weit ins folgende Jahrhundert hinein immer wieder und wieder geübten Art und Weise, die handelnden Figuren auf schmalem Bodenstreifen in ein und demselben Plan einander gegenüberzustellen, ohne auf weitere Schilderung landschaftlicher Art und Erzielung einer stärker räumlichen Wirkung einzugehen. Der Hintergrund über dem Bodenstreifen ist einfach weiß geblieben, die Figuren ragen in ihn hinein, darüber erwirkt erst knapp am oberen Bildrand ein schmaler blauer Himmelstreifen den nötigen Abschluß. Der Horizont ist meist niedrig gelegen, gelegentlich auch schräg ansteigend und mit Bäumen oder Architektur besetzt. In diese Szenerie kommen auch unbekümmert Einrichtungsgegenstände wie Stühle, Tische, ein Thronsitz; bei den Mosesbildern steigt ein niedriger Vordergrundshügel unvermittelt aus dem Boden auf, dem dann die Quelle entspringt; das Rote Meer ist als schmaler, hellroter Horizontalstreifen in den grünen Boden eingelassen, ein Wasserarm wird senkrecht von ihm aus in den Hintergrund hinaufgeführt. Ein wirklicher Ansatz zu einer etwas erweiterten und offeneren Darstellung ist in dem Auferstehungsbild (Abb. 20) zu sehen, wo der Raum sich hinter der Vordergrundszene wirklich ins Bild hinein erstreckt, zu den Seen mit perspektivisch verkleinerten Schifflein darauf und dem lustigen Vogelpaar über dem Ganzen1. Die Regel aber ist bei diesem Illustrator noch die alte, 1
Vgl. zu dieser Darstellung die Tafel der G r a b l e g u n g aus der Folge v o n 6 Passionstafeln, die aus Bregenz stammen und wahrscheinlich auch dort, in der Bodenseegegend, entstanden sind. Die Bilder werden aufbewahrt im Münchener Nationalmuseum, unter Nr. 242/48. Vgl. G l a s e r , Die altdeutsche Malerei und H . B r a u n e , Beiträge zur Malerei der Bodenseegegend, Münchner Jahrb., 1907, II, 12.
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formelhaft knappe Wiedergabe der Szenerie, von der die Innenraumdarstellung allerdings entschieden abweicht. Auf fol. 167 in dem Schachspielbild (Abb. 19) nämlich ist bei allen augenfälligen Fehlern doch deutlich das Bemühen und Interesse für eine eingehende Schilderung der räumlichen Erstreckung in den Hintergrund hinein zu erkennen. Die Trennungslinien der Fliesen des Fußbodens laufen mit den Balken der Holzdecke in einem einigermaßen richtig konzentrierten Fluchtpunkte zusammen, und ergeben ein recht festes Gehäuse, das durch die ganz mißverstandene Anbringung des Holzbordes über dem gleichfalls mißlungenen Butzenscheibenfenster rechts nicht mehr erschüttert werden kann. Bei Tisch und Bänken bemerkt man noch die ungeschickte Verkürzung parallel in den Hintergrund verlaufender Graden, aber im Ganzen hält der Baum zusammen und gibt ein Gefühl von Ausdehnung und Distanz der einzelnen Teile zueinander. So gewagt es zuerst erscheinen mag, einen Namen wie den des Meisters von Flemalle als Anregung für eine derartige Arbeit in Anspruch zu nehmen, man kann doch nicht umhin zuzugeben, daß wir hier bei aller Vergröberung schließlich ein Nachwirken der Errungenschaften vor uns haben, um die man bei dem eben genannten Künstler und in seinem Kreise zuerst in ausgesprochener Weise bemüht war. Mit einer entsprechenden Vergröberung und Mechanisierung gilt dasselbe auch für die Versuche, die Figuren plastisch von den umgebenden Flächen des Raumes abzuheben, die vor allem in einer eingehenden Beobachtung von Beleuchtungseffekten, im besonderen dem Phaenomen der Schlagschatten ihren Niederschlag fanden. Auch hiervon ist in seltsamer Verbildung noch etwas bei dem Illustrator des Gießener Codex zu spüren, wenn man beobachtet, daß er gerne mit einem mäßig breiten Pinselstrich um den äußeren Umriß der Figuren auf eine Seite eine Schattenzone legt, deren Aufgabe nicht anders zu verstehen ist, als eben in dem Bestreben, die Figuren, so wenig körperlich sie ihm bei seiner übrigen Zeichenweise gelingen mochten, herauszuheben. Dies wird allerdings wieder illusorisch, wenn er, wie es vorkommt, diese Schattenlinie um die ganze Figur herumführt, oder 4*
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auch da anwendet, wo der Körper, wie auf fol. 283' (Abb. 10) garnicht unmittelbar vor einer senkrechten Fläche, die den Schatten reflektieren könnte, gegeben wird. Damit ist schon die Beobachtung der Figurenbildung eingeleitet, an der des Illustrators Zeichenweise deutlich erkennbar vor Augen tritt. Gruppen von Personen erscheinen in ungelöstem Nebeneinander mit häufigem Überschneiden der einzelnen Figuren, deren Stellungen und Haltungen wenig Abwechslung aufweisen. Die Figur des sitzenden Jünglings z. B. (Abb. 19) kehrt wiederholt fast unverändert wieder (fol. 183', 190 etc.). Die Männer stehen fast ausnahmslos breitbeinig mit flach aufgesetzter Sohle einförmig nebeneinander, alle Bewegungen sind ohne rechten Impuls. Die Gesichter, im allgemeinen spitz zulaufend, werden innerhalb einer gleichgültigen Umrißlinie aus einzelnen kurzen Strichelchen zusammengesetzt, Halbprofile sind bevorzugt, die Vorderansichten des Zeichners fallen auseinander. Der Ausdruck ist im Ganzen eintönig, nur der öfter wiederkehrende Jüngling auf dem Schachspielbild und das vermutliche Portrait des Schreibers neben der Auferstehungsszene sind etwas belebt und lassen einen Individualisierungsversuch ahnen. Der Umriß der Figuren ist noch leidlich flüssig und mit einem Rest von Gefühl für die Wiedergabe einer Körperschwingung gezeichnet. Der Strich ist ziemlich lahm aus einzelnen kurzen Linien zusammengereiht, irgendwelche Modellierungsversuche mit der Feder fehlen gänzlich. Außer dem Umriß wird nur die allernötigste Binnenzeichnung gegeben. Neben Gesicht und Händen nur ein paar Striche im Armgelenk, die Gewänder mit einigen Vertikalstrichen parallel zur Kontur aufgeteilt; einige schräg dazu stehende Striche markieren das Aufstoßen des Gewandes auf den Erdboden, das sich wie ein Sack ohne Andeutung der den Körper tragenden Beine und Füße am Boden herumlegt. Für die Pinselbehandlung ist außer der schon erwähnten Umschreibung der Kontur auch die Überstreichung aller Striche der Innenzeichnung in grau oder einem dunkleren Tone der jeweils dominierenden Farbe charakteristisch. Hiermit sind die Mittel der plastischen Durchbildung erschöpft.
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Die Farben, an sich alle ziemlich hell und von freundlicher Buntheit, sind unbekümmert nebeneinandergesetzt, neben dem üblichen Blau des Himmels und dem Grün des Bodens finden eich alle möglichen Töne, vor allem ein Zinnoberrot, das häufig mit Rotviolett, aber auch mit Hellbraun und dunklerem Braun zusammengestellt wird, daneben Karmin, Blau und verschiedene Arten von Grün. Aussparungen kommen garnicht in Anwendung. Überhaupt muß man, um es zusammenfassend zu sagen, den ganzen Zeichenstil dieses Illustrators als eine wenig entwickelte, auf das notwendigste beschränkte Ausdrucksweise bezeichnen die gegenüber den guten Arbeiten aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts in hohem Maße reduziert und verarmt wirkt. Wichtig hierbei ist es sich klar zu machen, daß überhaupt die 50er Jahre insofern eine kritische Übergangsstufe bedeuten, als bis in diese Zeit hinein, in einzelnen Fällen noch weiter, die ältere Zeichenweise in ihrer überwiegend flächigen Anlage von Figuren mit der mehr ornamentalen Sprache ihrer flüssig geschwungenen Umrisse sich auswirkt, während die Verfestigung der Kontur zu scharfen, im Winkel gebrochenen Graden, mit einer entsprechenden Anspannung des inneren Liniengefüges erst im Verlaufe der 60er Jahre fühlbar zu Tage tritt.1 In der Gießener Handschrift nun kommt zur Erklärung des zeichnerisch wenig Ausgesprochenen auch noch die Persönlichkeit des Illustrators hinzu, den wir als einen zwar nicht ungeübten, aber doch nicht eigentlich geschulten oder gar künstlerisch feiner empfindenden Illustrator bezeichnen müssen. Wider Erwarten und Wahrscheinlichkeit nämlich ist es Hektor Mülich, der sich als der Verfertiger der Illustrationen in der sicher von seinem Bruder geschriebenen Handschrift erweist. Dies geht aus einem Vergleich der Gießener Zeichnungen mit dem Münchner Alexanderbuch und dem Augsburger Meisterlin eindeutig hervor. Was dieses Ergebnis im Besonderen für die Frage nach dem Illustrator des Stuttgarter 1
Für die Malerei kommt Buchner zur Feststellung entwicklungsgeschichtlich ganz paralleler Erscheinungen. Vgl.: Die Augsburger Malerei der Spätgotik, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Kunst, Bd. II, Augsburg 1928.
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Codex, den Bredt für identisch mit dem Schreiber Georg Mülich hält, bedeutet, wird uns noch beschäftigen, zunächst gilt es, in den Gießener Illustrationen das bis jetzt früheste bekannte Werk Hektor Mülichs zu beweisen und in seine Entwicklung einzuordnen. In dem ausführlich besprochenen Münchner Alexanderbuch (Beschr. Verz. Nr. 18), das die beiden Brüder sich 1455 abschrieben findet sich eine ganze Reihe übereinstimmender Züge, aus denen die Identität ihres Zeichners mit dem Illustrator der Gießener Handschrift hervorgeht. Bei ähnlicher Art der Umrahmung, die farbig zu einem im Bilde besonders hervortretenden Ton abgestimmt ist, wird die Zusammengehörigkeit besonders deutlich in der Figurenzeichnung. Es finden sich dieselben durchaus flächig wirkenden, ziemlich plumpen untersetzten Gestalten mit wenig abwechselnden Bewegungsmotiven, dieselbe Art des Stehens bei den Männern, die gleichförmige Umbiegung der Arme im Ellbogengelenk, dieselbe kleinteilige Zusammensetzung der Gesichtszeichnung, die hier durch die häufige Anwendung von Stirnfältchen einen gewissen gnomenhaftgrämlichen Ausdruck hervorruft, der ähnlich schon bei Einblick in die Gießener Illustrationen zu finden war. Eine Figurengruppe ist fast völlig unverändert übernommen. Das messerstechende Paar nämlich, das in Gießen auf dem Bilde vom „Schanzen", fol. 193, links von den vier spielenden Männern gezeichnet ist, kehrt ebenso auf der Darstellung „Von dem großen streit darius und alexanders" auf fol. 49 des Münchner Codex als die rechte von drei im Vordergrund nebeneinander gegebenen Zweikampfgruppen wieder. Die Zeichentechnik ist genau die gleiche in beiden Handschriften mit der typischen Überpinselung der Binnenstriche und vor allem auch in dem Umfahren der Kontur mit dem Pinsel. Diese durch die Persönlichkeit des Zeichners bedingte Übereinstimmung als Voraussetzung genommen, sind gerade die Fortschritte, die er in den Zeitraum von rund einem halben Jahrzehnt gemacht hat, besonders interessant zu beobachten. Die Eigenart der Alexander-Illustrationen ist im allgemeinen durch die genannten ausführlichen Besprechungen1 richtig 1
Vgl. Beschreib. Handschr.-Verzeichnis.
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erkannt worden, wobei Bichls Beurteilung vor allem von dem Gesichtspunkt ausging, wie stark der reiche mannigfaltige Stoff derartiger Handschriften die Phantasie des Illustrators zu einer immer größeren Erweiterung seines Anschauungskreises und zur Naturbeobachtung anregen mußte. Demgegenüber möchte ich bei allgemeiner Anerkennung dieser von ihm bezeichneten Tendenz als eines entscheidenden Merkmals der ganzen Gattung in diesem besonderen Falle nicht versäumen, auf die älteren Illustrationen desselben Stoffes hinzuweisen. Es wäre hier z. B. ein französisches Alexanderbuch des 14. Jhdts., jetzt im Berliner Kupferstichkabinett, zu nennen, dessen undeutsche Eleganz und Zartheit in der Ausführung beim ersten Anblick besonders überrascht. Natürlich stehen alle Elemente des Szenischen, Räumlichkeit, Perspektive, Körperplastik, auf einer wesentlich früheren Stufe, die als solche den deutschen Arbeiten der entsprechenden Zeit als durchaus parallel gerichtet gelten kann. Was aber nun im Vergleich zum 15. Jhdt. die Auffassung nach der Seite des naiv Erzählten, der Freude an unbefangener Wiedergabe und Detailschilderung betrifft, so ist hier schon ein erstaunlich fortschrittliches Stadium erreicht, im Vergleich zu dem der viel spätere Mülich'sche Alexanderroman fast wie ein schwacher Abklatsch wirkt. Mit welchem Humor wird z. B. auf die phantastischen Erlebnisse Alexanders eingegangen, mit welcher Hingabe seine Begegnung mit den Fabeltieren und -menschen verfolgt, mit welchem Interesse seine Expedition auf den Meeresgrund erzählt, bei der Alexander auf einem Thron in einer großen Glastonne sitzt, die von Lampen erhellt an zwei durch Ringe gezogenen Tauen von einem Schiff in die seltsam von Meeresmenschen und -tieren, großen und kleinen Fischen, Pflanzen und Bäumen belebte feuchte Unterwelt herabgelassen wird. Man wird also gut tun, künstlerische Fortschritte auf der Linie stofflicher Erweiterung im Hinblick auf die Möglichkeit älterer Vorbilder nicht zu überschätzen. Der Beachtung der bildmäßigen Fassung, also der zum szenischen Aufbau notwendigen räumlichen Elemente, kommt eine größere Bedeutung zu. In dieser Richtung liegt die Weiterentwicklung
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Hektor Millichs vom Gießener goldenen Spiel zum Münchner Alexander-Buch und in diesem Sinne sind auch die Bredt' sehen Ausführungen zutreffend, die nur noch einer Ergänzung hinsichtlich der neu gefundenen Vorstufe bedürfen. Hatte sich das szenische Prinzip im goldenen Spiel noch im wesentlichen als der älteren schematisch-abgekürzten Darstellung nahestehend erwiesen, so treffen wir nun hier wirklich auf ein Bemühen, die Landschaft vom unteren Bildrande her zum Horizont hin zu entfalten und flächig auseinanderzulegen. Der so gewonnene Raum wird mit der Anwendung mannigfaltiger landschaftlicher Einzelelemente ausgenutzt, grüne Hügel mit Bäumen wachsen aus der Ebene auf, durch die gewundene Wege sich schlängeln, in der Ferne sieht man neben Stadtansichten auf Berge und Seen, kurz, es herrscht die Bemühung um Gewährung eines weiten offenen Ausblicks. Dabei fehlt es dem Ganzen noch an einer zusammenfassenden Abrundung, weichc Fülle und anheimelnde Freundlichkeit wie etwa bei Georg Mülichs Illustrationen suchen wir vergeblich. Im Einzelnen ist vieles noch ungeschickt, gerne wird zu dem Mittel gegriffen, durch überschneidende Hügelkonturen über ganze Strecken hinwegzutäuschen, deren allmählichen Übergang in den Hintergrund wiederzugeben des Zeichners Können überstiegen hätte. Als mehrfach angewandtes Kompositionsmittel muß eine charakteristische Verbindung von landschaftlicher Szenerie mit einer ausführlichen Innenraumdarstellung erwähnt werden, so z. B. auf fol. 17 die Gefangennahme der Königin Olympiades und ähnlich auf fol. 46' Alexanders Flucht vom Hofe des Königs Darius. Mit Recht beobachtet Bredt das Zurückbleiben der bloßen Figurenbildung hinter der szenischen Ausstattung der Darstellungen und bestätigt damit unsere Beobachtung, daß Hektor Mülich in dieser Hinsicht nur wenige oder gar keine Fortschritte gemacht hat. Gewiß ist auch hier in der Gruppenbildung eine gewisse Vervielfältigung zu beobachten, und es kommt auch zu perspektivisch richtig verkleinerten Menschendarstellungen im Hintergrunde (vgl. Bredt Taf. I), aber das einzelne ist kaum verändert. Gut gelungen sind zum Teil
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Kampfdar Stellungen, in denen viel Phantasie entwickelt wird, auch die Szenen mit dem Flußpferdunglück (fol. 112) dürfen genannt werden. Überhaupt erweist Hektor Mülich sich der Darstellung von Tieren auch in Verkürzung, durchaus gewachsen. Ein gewisser Fortschritt ist in der Individualisierung des Ausdruckes erkennbar, Alexander, den man zuerst als Wickelkind erblickt, wird als Knabe in rotem Kleid mit reichem Haupthaar unter sichtlichem Bemühen, ihn anmutig und sympatisch zu machen, gezeigt, und ebenso weiterhin versucht, ihn dem Fortgang des Textes entsprechend immer männlicher werden zu lassen. Zu der Wahl der Farben schließlich ist zu bemerken, daß der Gesamteindruck wohl als etwas weniger bunt bezeichnet werden kann, mit einer Wendung zum Abgestuften unter gleichzeitiger Vermannigfaltigung der Töne, wobei die alte Zusammenstellung von Zinnober für die Hauptpersonen mit verschiedenen andern roten Tönen dieselbe geblieben ist. Vom Münchner Alexanderbuch aus dem Jahre 1455 zu der Meisterlin-Chronik von 1457 (vgl. Beschr. Verz. Nr. 1) geht die Entwicklung im Ganzen in derselben Richtung weiter, die wir vom goldenen Spiel zu Anfang des Jahrhunderts her eingeschlagen sehen. Im wesentlichen ist es ein weiterer Fortschritt auf dem Wege räumlicher Entfaltung und allgemeiner Bereicherung in der Anwendung der Figuren und ihrer Verbindung mit einer Szenerie, die an Mannigfaltigkeit und Abwechslung gewonnen hat. Hierbei ist entschieden darauf hinzuweisen, wie der eigentlich entscheidende Schritt schon vorher, also zwischen dem goldenen Spiel und dem Alexanderbuch getan war; daß der Stoff des ersten uns bekannten Buches, das Hektor Mülich illustrierte, wenig Gelegenheit zur Entfaltung größerer Geschicklichkeit bot, soll nicht übersehen werden. Jedenfalls wird man zugeben müssen, daß im Alexanderbuch alle Voraussetzungen für eine Arbeit wie den Meisterlin in der Hauptsache schon gegeben waren. Die Illustrationen seines Bruders, die wir ja mit Bestimmtheit als dem Hektor bekannt annehmen dürfen, ent-
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heben ihn allerdings der Mühe selbständiger Bilderfindung und verschaffen ihm eine Fülle von erweiternden Anregungen, die wir überall durchfühlen. Es ist aber gerade interessant zu beobachten, mit welcher Konsequenz die unausbleiblichen Reduzierungen vor sich gegangen sind, die ein bestimmtes Prinzip erkennen lassen. Neben der Detailarbeit im Figürlichen ist vor allem in der Landschaft ein zähes Festhalten an älteren Gestaltungsweisen bemerkenswert, die um das Jahr 1460 gewiß längst überlebte Lösungsversuche wiederholen. Mit Recht ist auf das ältere Fresko der Augsburger Goldschmieds-Kapelle1 als Vorbild hingewiesen worden mit dem überraschende Ähnlichkeiten bestehen. In dieser landschaftlichen Gestaltung mittels steiler, sich überschneidender Hügelkonturen mit den viel zu kleinen, willkürlich angeordneten Bäumchen in schematisch gleichmäßiger Zeichnung steckt noch viel Mittelalterlich-Trecentistisches. Man wundert sich über die Beibehaltung derartiger Elemente, die doch ein gewisses Verwachsensein mit der Entwicklung zur Voraussetzung hat, bei einem so wenig geschulten Liebhaber. Wie weit nämlich tatsächlich der Abstand seiner Arbeiten von denen eines wirklich ausgebildeten Miniators ist, läßt sich sehr gut gerade in dieser Abschrift der Meisterlin-Chronik selbst ermessen. Es kann nämlich keine Rede davon sein, daß das Dedikationsbild (Abb. 21), das den Bilderkreis von A 1 eröffnet, von Hektor Mülich selbst gemacht wurde2. Die Ausführung des Bildes ist äußerst sorgfältig, ja, mit peinlicher Genauigkeit vorgenommen, und zwar nicht wie die Hektor Mülichschen Illustrationen als Federzeichnung, sondern eine richtige Deckfarbenminiatur. Farblich ist besonders wirkungsvoll abwechselnd das gehaltene Grau und ernste Schwarz in der Kleidung der Ratsherren und des Mönches im Kontrast zu der hellgelben Täfelung der Wände 1 A. S c h m i d t in: Beil. zur Allgem. Ztg. 1890, Nr. 256. Drechsel in: Zs. d. Hist. Ver. f. Schwaben u. Neuburg, 1892, X I X , S. 192. B r e d t , a. a. O. S. 50ff. H. B r a n d t , a. a. O., S. 204. E . B u c h n e r , a. a. O., S. 4ff, Abb. 5. ® Bredt scheint dies anzunehmen, a. a. O., S. 32.
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und der Balkendecke, dem leichten Grau der Mauern und dem hellroten Fliesenboden. Die gesunden, vollen Gesichter sind in warmem Fleischton angelegt, Nase, Mund und Augenzeichnung mit feinem Pinsel eingetragen, dazu geschickte Weiß- und Rothöhungen aufgesetzt. Der Faltenwurf der Gewänder ist mit dem Pinsel in leichter, zeichnerischer Behandlung in flüssigem Liniensystem abwechselnd mit Schraffierungslagen in den grauen oder schwarzen Gesamtton eingetragen. Der Aufbau des Bildes mit dem Interesse für eine möglichst deutliche Fühlbarmachung der räumlichen Vertiefung, der gelungenen Parallelverkürzung, der Einordnung plastisch erfaßter Figuren mit genauer Beobachtung der Lichtführung bis zu den Schlagschatten auf den Wänden erinnert an Hektor Mülichs Versuche in seiner frühesten Arbeit (Abb. 19). Wir dürfen vermuten, daß er damals schon eine dieser Dedikationsdarstellung ähnliche Arbeit gesehen hatte, so daß diese hübsche Miniatur aus dem Ende der 50er Jahre uns recht gut eine Vorstellung von seinem damaligen Vorbild gewähren kann. Der Typus der Figuren in ihrer ruhigen Gcsamthaltung, den weichen, rundlichen Gesichtern in sorgfältiger technischer Durcharbeitung, trägt ein für Augsburger Arbeiten der 50er Jahre charakteristisches Gepräge, das sich an verschiedenen Beispielen verfolgen läßt. Besonders wäre hier auf die Ähnlichkeit mit dem Initialbild einer im übrigen nicht illustrierten Meisterlin-Chronik1 hinzuweisen, in dem Sigmund Meisterlin auf einer grünen Wiese vor der Stadt Augsburg dem Gossenbrot die fertige Chronik durch die Balken des „ W " überreicht. Auch der Figurentypus in dem cod. lat. monac. 4302, einem A u g s b u r g e r S t a d t b i b l i o t h e k , Ms. Aug. 60. Wie A 2 und V mit Nennung des Pater Hainricus Pittinger als Schreiber und 1457 datiert. Es ist anzunehmen, daß Schreibervermerk und Datierung ebenso wie in den ebengenannten Handschriften aus der Vorlage übernommen wurden. Vgl. Bredt, a. a. O., S. 47. Eine verwandte Handschrift, die auch nur eine Miniatur mit einer Ansicht der Stadt Augsburg in der Initiale „ S " auf fol. 4' hat, ist eine Meisterlinchronik im Archiv der Benediktinerabtei St. Paul im Lavanttal. (Beschreib. Verz. der illuminierten Hss. in Österreich, Bd. I I I , Nr. 87, S. 112.) 1
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Proprium Sanctorum aus St. Ulrich1 von 1459 läßt sich sehr gut hier anführen. Mit dieser Feststellung kommen wir aber schon in das Gebiet der kirchlichen Miniatur, die der Richtung dieser Untersuchung zufolge ja nur in zweiter Linie Berücksichtigung finden kann. Im Zusammenhang mit der Hektor Mülichschen Meisterlin-Chronik kommt es, wie bereits angedeutet, darauf an, sich den Abstand zwischen der Leistung eines wirklich künstlerisch geschulten Illustrators und den Liebhaberarbeiten des Augsburger Kaufmanns gegenwärtig zu halten. Seine Zeichnungen stehen auf dem Niveau, das ihnen angewiesen werden muß, aber durchaus nicht vereinzelt da. Es kommt auch sonst nicht selten vor, daß sich ein Liebhaber, der nicht wirklich die Kunst erlernt hat oder in der Ausbildung begriffen ist, gelegentlich mit der Feder an Illustrationen versucht. Der geringe technische Aufwand — in der Hauptsache dasselbe Werkzeug wie das zum Schreiben erforderliche — verleitet hierzu ebenso wie die Aussicht, unter Anlehnung an geeignete Vorbilder mit etwas Geschicklichkeit schnell augenfällige Erfolge zu erzielen. So kann man sich vorstellen, daß bei einiger Übung recht wirkungsvolle Arbeiten zustande kamen, die sich von den Leistungen geschulter Briefmaler und Miniatoren nur mehr unwesentlich unterschieden. Darum darf man sich aber nicht über das tatsächliche Bestehen dieser Scheidung hinwegtäuschen. In diesem Zusammenhang wäre auf ein illustriertes Totentanzgedicht hinzuweisen, das als selbständiges Stück in einen Sammelcodex des Augsburger Humanisten Sigismund G o s s e n b r o t 2 eingefügt ist, den er zum großen Teil selbst schrieb, während er das übrige, so auch die uns interessierenden Blätter, wenigstens kommentierte. Von den 12 Zeichnungen, die das Gedicht illustrieren (Abb. 22/23), stellen die ersten beiden eine Predigt dar. Auf fol. 14 sieht man einen Geistlichen auf der Kanzel, vor ilun auf einer Bank den Papst mit verschiedenen Vertretern der 1 2
Bredt a. a. O., S. 58. S. Anmerkg. 1 auf S. 35.
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Geistlichkeit, auf dem zweiten Blatt ebenfalls zuhörend auf einer Bank den Kaiser mit weltlichen Machthabern. Den eigentlichen Totentanz stellen die folgenden 8 Zeichnungen dar, man erblickt jedesmal den Tod als dürren verfallenen Leichnam mit kahlem Totenschädel, unbekleidet oder mit einem schmalen Tuch, wie er als Reigenführer unter höhnisch einladenden Gebärden voraustanzt und seine Opfer, die sich eines am andern festhalten, hinter sich herzieht, wozu zuerst (fol. 15) ein Musikantenpaar mit Dudelsack und Flöte, einmal auch der Tod selber (fol. 16) auf einer Flöte Musik machen. Die Opfer des Todes sind in Typen und Tracht durch ihre Insignien und Attribute als Vertreter der verschiedenen geistlichen und weltlichen Stände kenntlich gemacht (Papst, Bischof usw., Edelleute, Bürger, Handwerker, fol. 18' auch allegorische Figuren), am Schluß erscheint jedesmal eine Frau. Die letzten beiden Darstellungen (fol. 19 u. 19') zeigen den Tod als verwesten, von Schlangen zerfressenen Leichnam, einmal im Sarg liegend, einmal stehend mit drohender Handbewegung. Auf dem letzten Blatte (fol. 20 u. 20') sind auf dem dafür ausgesparten Platz keine Illustrationen mehr zur Ausführung gekommen. In sparsamer Zeichnung sind die Figuren ohne jede räumliche oder szenische Andeutung in ziemlich gleichförmigem Nebeneinanderstehen oder -schreiten ungerahmt aufs Papier geworfen, nicht einmal eine Andeutung des Bodens, auf dem sie stehen und laufen ist zu finden, einzig die Kanzel des Predigers, die Bänke seiner Zuhörer davor und der Sarkophag auf fol. 19 vermitteln die Vorstellung eines Rahmens für die Handlung. Dabei bewegen sich aber die Figuren so deutlich auf einer unsichtbaren einheitlichen Ebene, daß man sich schlecht vorstellen kann, daß e3 sich hier um Originalentwürfe handelt. Auch die Konstruktion der Bänke mit den Zuhörern verbietet es, hier die ursprüngliche Aufzeichnung einer Bildidee anzunehmen. Mag die Zeichnung eine auch noch so unvollständige Entstehungsphase festhalten, die Eintragung der die Sitzfläche begrenzenden Linien, welche die Gruppierung der Figuren erst ermöglicht, wäre sicher nicht bis nach der Entwicklung der Figuren bis in detaillierte Wieder-
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gäbe des Kostüms und der Falten hinein aufgeschoben geblieben. Auch der flüchtige Charakter der willkürlich aussetzenden Figurenzeichnung im Einzelnen, die an vielen Stellen offene Kontur, die unvollständige Wiedergabe der Attribute der Personen sprechen für die Annahme eines Vorbildes, das nach dem Programm der Darstellung und der fortlaufenden Anordnung der Gruppen wohl am ehesten als ein Zyklus von Wandgemälden gedacht werden darf. Hiermit verstärkt sich die auf anderem Wege wahrscheinlich gewordene Vermutung des Herausgebers der Handschrift1 auch auf Grund des formalen Befundes. Ob wir in dem jetzigen Zustand der Illustrationen die Absicht des Zeichners als durchgeführt betrachten dürfen, oder Vorzeichnungen für eine ausführliche, evtl. auch farbige Ausführung in ihnen erblickcn müssen, ist eine andere Frage, jedenfalls paßt die blutleere, etwas schemenhafte Art der Zeichnung nicht schlecht zum Inhalt der Darstellung. Wenn auch die Kostüme einer etwas früheren Stufe angehören, so verweist doch der Stil der gedrungenen Figuren mit ihrer kleinteiligen Gesichtszeichnung, die flüchtige Wirkung der wenig entwickelten Strichführung, die Illustrationen in die Nähe der Hektor Mülichschen Arbeiten, mit denen sie in manchen Einzelheiten sogar eine recht weitgehende Ähnlichkeit aufweisen. Eine Sammlung von Legenden verschiedener Heiliger vom Jahre 1454, deren Illustrationen gleichfalls in ihrer zeichnerischen Haltung der Stufe des Hektor Mülich entsprechen, ist ferner an dieser Stelle zu nennen (Beschr. Verz. Nr. 17). Die wenig qualitätvollen Illustrationen sind mit blasser Tinte in etwas unsicherem Strich angelegt und machen eher den Eindruck von Vorzeichnungen zu Miniaturen, die nicht zur Ausführung kamen und stattdessen als Federzeichnungen stehenblieben und koloriert wurden. Die Körper, im Umriß noch rundlich geschwungen, wirken in ihrer flächigen Bemalung und auf einfacher vertikaler Strichgliederung beruhenden 1
Stammler, a. a. O., S. 34.
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Zeichnung ziemlich plump und schwerfällig, in den Bewegungen steif und ungelenk. Die Landschaft erscheint ohne Rücksicht auf eine einheitliche Bildwirkung und Beachtung der Größenverhältnisse willkürlich um die Figuren als Träger der Handlung herumgebaut, Flüsse, Hügel, die meist zu kleinen Bäume beliebig zusammengesetzt. Der Boden, in der Regel ein einfacher grüner Streifen, ist einmal, fol. 128', auf dem Bilde der Überreichung der Waffen an den hl. Eustachius, auffälligerweise in einzelne viereckige Felder aufgeteilt, die in sich wieder in abwechselnd schmale braune und breitere grüne scbrägschraffierte Parallelstreifen zerlegt sind. Für die Gestaltung der Innenszenen legt der Zeichner einiges Verständnis an den Tag und verfolgt die den Raum umgrenzenden Flächen bis zur einzelnen Wiedergabe der Maserung des Fußbodenbelages und den Nägeln der Holzdielen. Recht gelungen ist von den ganzseitigen Bildern, die außer bei dem hl. Ulrich der Legende jedes Heiligen vorausgehen, der hl. Eustachius, wie er mit Hund und Pferd im Vordergrund am Wasser kniet, während aus dem Waldesdickicht, das über dieser Gruppe als Hintergrund das Bild abschließt, in gelungener Verkleinerung der Hirsch mit dem Kreuz zwischen den Geweihen ins Freie heraustritt. Die Farben sind in ihrer Gesamtwirkung blaß und unentschieden wie die Tinte der Zeichnung, die doppelte Leistenumrahmung erscheint nur teilweise farbig angelegt. Nach dem Inhalt der Handschrift, der Persönlichkeit des Schreibers, der sich als Bruder bezeichnet, und auch dem Provenienzvermerk auf fol. 1 zufolge darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß der Codex im Kloster des hl. Ulrich und der hl. Afra geschrieben wurde und jedenfalls auch dort mit Illustrationen versehen worden ist. Daß im Augsburger Ulrichskloster geschulte Miniatoren gearbeitet haben, ist eine verbürgte Tatsache. Die Illustrationen von Bruder Klesatels Handschrift zeigen aber, daß dort auch bescheidenere Talente an der Arbeit waren. Wie groß aber der Abstand von derartigen Versuchen zu künstlerisch befriedigenden Produktionen ist, darf man nie außer Acht lassen.
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Geht man nun mit dieser Einstellung an die Illustrationen in der Stuttgarter Handschrift Georg Mülichs1 heran, so scheint es im Hinblick auf die Qualität und die Sorgfalt der Ausführung von vornherein u n w a h r s c h e i n l i c h , daß dieselben von der Hand eines Dilettanten gemacht worden sind. Diese Vermutung bestätigt sich durch eine Reihe von beachtenswerten Umständen. Bredt (a. a. O. S. 41) lehnt die Möglichkeit, daß die Mülichs sich Illustratoren bestellt haben könnten, mit der Begründung ab, daß der Maler sich in diesem Falle gewiß irgendwo genannt hätte, oder der Auftraggeber sich der besonderen Ausgabe gerühmt haben müsse. Dem ist entgegenzuhalten, daß sich in den allerwenigsten Fällen in der gesamten Geschichte der Handschriftenillustration der Illustrator genannt hat. Daß der Schreiber seinen Namen anführt, kommt häufiger vor, ist aber auch keinesfalls etwa die Regel. In manchen Fällen hat sich erwiesen, daß selbst, wo ausdrücklich ein und dieselbe Person als Urheber für Text und Illustration verantwortlich zeichnet, doch nur die Erteilung des Auftrages gemeint ist. Des Konstanzer Chronisten Ulrich Richenthals Vermerk2 bildet mit seiner ausdrücklichen erläuternden Ergänzung sogar eine rühmliche Ausnahme. Dabei ist im Schreibervermerk Georg Mülichs überhaupt nicht von der Anfertigung der Illustrationen die Rede, lediglich für den Text zeichnet er verantwortlich. Einen weiteren Beweis dafür, daß Georg Mülich einen Illustrator für sich arbeiten ließ, liefert der Tatbestand in der Gießener Handschrift. Er hat sie zwar selber geschrieben, gewiß, wozu aber sollte er sich von seinem Bruder die Bilder haben hineinmalen lassen, wenn er es selber doch so ungleich viel besser gekonnt hätte, wie wir annehmen müßten, wenn wir ihm die Illustrationen von St. zuschrieben? Daß er etwa erst nach 1450 mit künstlerischer Beschäftigung angefangen und somit in unwahrscheinlich kurzer Zeit zu einer derartig hohen Stufe der Vollendung gelangt sei, ist ebenso unwahrscheinlich. Mit Vgl. S. 36 und Beschreib. Verz. Nr. 26. * wan ich doch das zu weg bracht hab, on menglichs hilff und uff min costen gemalet hab u n d den m a l e r n i r e n Ion g e b e n , on menglichs stur und hilf." 1
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gutem Grund ist auf die Betonung dieser Tatsache einiger Wert zu legen. Das tatsächliche Bestehen einer geschulten Kraft in Augsburg zu dieser Zeit zur Voraussetzung genommen erscheint es unwahrscheinlich, sich dieselbe isoliert existierend und arbeitend vorzustellen. Wir dürfen uns der Frage nach einer lllustratorenschule nähern, und es ergibt sich die Berechtigung, auf Grund stilistischer Übereinstimmungen Arbeiten gemeinsamen Charakters in einem Schuloder Werkstattzusammenhang darzustellen. Vorbedingung ist die Kenntnis der Illustrationen des Stuttgarter Codex, von deren Stil auszugehen ist. Auf die köstlich gelungene Verbindung einer lebhaften Eigurenhandlung mit großzügigem Landschaftsbild als ein Hauptkennzeichen der Illustrationen ist schon flüchtig hingewiesen worden (S. 36). Diese Eigenart des Zeichners wird nicht durch die erklärliche Neigung beeinträchtigt, Szenen mit großem Personenaufwand, so vor allem Schlachtenbilder in einem besonderen Vordergrundsplan abzuwickeln. (Abbildung 24. Brcdt, Taf .VI). Gerade daß trotzdem die Verbindung mit einer Szenerie von so außerordentlicher Tiefenausdehnung gelingt, ist dabei das Wesentliche. Vor allem dem Mittel, den Beschauer von einem idealen Standpunkt über den Schauplatz auf den Bildausschnitt herabsehen zu lassen, ist diese gelungene Vereinheitlichung zu danken. In der Gestaltung der Landschaft spielen überschneidende Hügelkonturen gewiß noch eine Rolle, sie sind aber nicht mehr, wie bei Hektor Mülich, ein Notbehelf, sondern ebenso ein Mittel zur Darstellung der Tiefenausdehnung wie daneben die gelungene Verbindung der verschiedenen Bildpläne miteinander, vor Allem das unmerkliche Sichverlieren der Ebene im Horizont und der Übergang in die Atmosphäre. Hermann Brandt hat diese Illustrationen in seiner Studie über die deutsche Landschaftsmalerei nicht überschätzt, wenn er sie „sicherlich als eines der bedeutendsten Dokumente der deutschen Lande schaftsmalerei des XV. Jahrhunderts" gelten läßt. SeinAnalyse ist treffend und die Feststellung, daß hier von einer Nachahmung der Niederländer nicht die Rede sein kann, „so viele Anregungen auch der Künstler zur Schärfung seines 5
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Blickes für die heimatliche Landschaft von der niederländischen Kunst empfangen hat", von prinzipiellem Interesse. Es erscheint mir aber dennoch möglich, diese Anregungen um einen Grad deutlicher zu fassen und innerhalb der gesamten niederländischen Kunst auf einem bestimmten Kreis hinzuweisen. Ich meine die Kunst um den Meister von Flemalle, in dessen eigentlichem Werke ja Landschaftsdarstellungen eine geringere Rolle spielen. In den Bildern seines Schülers Jacques Darets jedoch bietet sich eine greifbare Möglichkeit zur Anknüpfung. Ich möchte hierfür besonders auf die Berliner Tafel der Heimsuchung mit einem Abt als Stifter hinweisen1, bei der vor allem die Gesamtstruktur des Bildes („die Disposition der Landschaft mit den sich überschneidenden Erdwällen und den gewundenen Wegen", Friedlaender) eine allgemeine große Verwandtschaft mit dem Prinzip der Meisterlin-Illustrationen aufweist. Darüber hinaus lassen sich auch Einzelheiten vergleichen, wie die Neigung im Vordergrund einzelne Bäume aufzupflanzen, kahl oder nur spärlich belaubt, so daß man durch das verzweigte Geäst den Hintergrund des Bildes erblicken kann, oder die Art, wie die Säume der gewundenen Flußläufe mit niedrigem Buschwerk besetzt werden. Mit dem Hinweis, daß wir hiermit auf denselben Kunstkreis kommen, der schon für Hektor Mülichs Innenräume und Figurenbildung eine Rolle spielte, möchte ich zunächst diese Frage bis zu einer späteren Gelegenheit bei Seite stellen und die Erörterung der Stils der Illustrationen in einer anderen Richtung fortsetzen. Versucht man, sich über die zeichnerische Haltung der Illustrationen klar zu werden, so könnte die Frage aufgeworfen werden: ist denn das überhaupt noch Federzeichnung zu nennen und nicht vielmehr schon zur Miniaturmalerei gehörig ? Die große Rolle des Landschaftlichen in den Bildern, die an und für sich schon eine stärkere Pinseldurcharbeitung und Beteiligung der Farbe an der Gesamtwirkung voraussetzt, 1 Berlin, Kaiser Friedrich-Museum Nr. 542. Vgl. M. I. F r i e d e n d e r , Die altniederländische Malerei, Bd. II, Berlin 1924, S. 57, Taf. LXV.
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berechtigt ganz zweifellos zu dieser Fragestellung. Die Behandlung der Vordergrundsebene in glatten Flächen, die Wiedergabe der Bäume, die wie erwähnt in der Regel kugelförmig wie Perlen an einer Kette aufgereiht sind, wobei die Einzeldurchführung sehr verschieden gegeben wird, und viele Einzelheiten werden durchaus auf malerische Weise mit dem Pinsel eingetragen. Trotz dieser Art der Behandlung ist doch sogleich zu erkennen, daß die wesentliche Struktur der Bilder auf der Umrißzeichnung der Feder beruht, die mit feinem scharfem, tiefschwarzem Strich nicht nur die Figuren sicher und leicht umreißt und ebenso auch die Architektur bis ins Einzelne aufbaut, sondern eben auch die großen Züge der Landschaft, wie die Konturen der Hügel bis weit in den Hintergrund hinein, die Flußufer, die Säume der Wege ebenso wiedergibt, wie einzelne Bäume und Buschreihen wenigstens in ihrem Umriß. Die Figurenzeichnung des - Illustrators ist bedingt von seinem Kompositionsprinzip. Der Amazonenkampf z . B . (fol. 18, Abb. 24) spielt sich sich als figurenreiche Kampfszene in einer flachen Vordergrundsebene ab, die erst im Mittelgrunde hinter den zwei einander gegenübergestellten Trompetergruppen einer näheren landschaftlichen Ausgestaltung Raum gibt. In der Hauptgruppe im Vordergrund links hinten bestimmt den Eindruck ein ruhiges Nebeneinander vertikal gerichteter Figuren, von denen die drei am weitesten links noch gleichmäßig gerade herausschauen, während schon in den beiden Figuren daneben durch die zueinander gekehrten Köpfe eine leichte Bewegung in Gang kommt, die sich nach rechts hin schnell steigert. Mit immer stärker bewegtem Körper und immer freierem Gebrauch der Glieder lösen sich einzelne Figuren heraus bis zu der Mittelfigur der Amazone mit ihrem hoch über dem Kopf geschwungenen Schwert und der Zweikampfgruppe vor ihr, in der das Zusammenprallen der beiden Richtungen, der eben geschilderten von links und der von rechts her in ähnlicher Weise entwickelten, konzentriert ist. Bei den Trompete blasenden Reitergruppen dahinter schwingt diese Bewegung gemäßigt und gedämpft nach. 5*
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Ähnlich baut sich die große Darstellung der Schlacht auf dem Lechfelde (fol. 70', Bredt Taf. VI) auf. Während nach hinten und den Bändern zu ein weniger bewegtes Vorherrschen der Vertikale geschlossener Gruppen sich findet, steigert sich die Bewegung nach der Mitte und dem Vordergrund zu in lebhafterer Körperhandlung mit mannigfaltigem Gebrauch der Glieder und Herauslösen einzelner Kämpfer. Keine klare Ausbreitimg findet statt, anstelle dessen, und gerade hierin den Ausdruck des szenischen Gehalts von der wesentlichen Seite erfassend, wird stark das Gefühl vermittelt, wie die Massen sich von mächtigem Impuls getrieben im Bilde zusammenschließen. Es drängt sich förmlich von einer beliebig ausdehnbar zu denkenden Umwelt her in den gegebenen Rahmen zusammen, der zwar kompositionell die notwendige Verankerung für die Struktur bietet, aber keinen eindeutig festgelegten räumlichen Ausschnitt bedeutet. Während so bei figurenreichen Szenen der Bildbau in der Bewegung begründet liegt, die sich den Figuren mit wechselnder Intensität mitteilt, hat der Zeichner auch bei Handlungen geringeren Personenaufwands in weniger lebhafter Darstellung die Tendenz, eine rhythmisch abgerundete Gruppierung vorzunehmen. Bei der Predigt des hl. Lucius z. B. (fol. 53, Bredt. Taf. V) ist zu beobachten, wie die schon im Thema gegebene Anordnung einer Reihe von Personen um einen Mittelpunkt ausgenutzt wird, ohne dabei die unvermeidliche Wiederholung der Motive einförmig wirken zu lassen. Wie fein ist z. B. — von der Altertümlichkeit des Verhältnisses von Figuren und Stadtbild abgesehen — bei den drei links neben dem König sitzenden Männern der Ausdruck gläubigen Aufschauens und hingegebenden Lauschens abgestuft. Nur ganz vereinzelt findet sich reine Figurenkomposition ohne Verbindung mit landschaftlicher Szenerie, so in der Innenraumdarstellung der Erhebung des hl. Ulrich (fol. 84, Abb. 25). Auf seltam unbestimmte und unentwickelte Weise wird der Raum angedeutet, in den man in ziemlich steiler Aufsicht Einblick bekommt, so daß von den abschließenden Rückwänden nur die unteren Partien zu sehen sind. Bei dem
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steilen Anstigen des Fußbodens ist für das Stehen der Figuren hinter dein Sarkophag eigentlich kein Platz geblieben, der Zeichner verdeckt aber diese Unklarheiten durch den schräg überschneidenden Sarg mit der Leiche des Heiligen. Im Ganzen herrscht ein ruhiges gedämpftes Beieinanderstehen, dabei ist kaum eine Figur in voller Ausdehnung zur Entfaltung gekommen, alles ist hinter-und ineinandergeschoben, geht fließend ineinander über. Auf den Gesichtern ist bei allem Ernst und aller Gehaltenheit ein gleichmäßiger Schein von Anmut verbreitet, ohne daß hierdurch der fein differenzierte und seelisch belebte Ausdruck etwa durch ermüdende Wiederholung zu leiden hätte. Lassen sich die Grundsätze, welche für die Kompositionsweise des Zeichners maßgebend waren, etwa dahin zusammenfassen, daß er stets bemüht erscheint, in denkbar weitem landschaftlichem Rahmen eine flüssige Figurenhandlung zu entwickeln, bei der die einzelnen Raumfaktoren sich in kontinuierlichem Strom aneinandcrschließen und unter gegenseitiger Rücksichtnahme zu ausgewogenen Systemen zusammenfinden, so bestimmt sich von hier aus auch die Formgebung der einzelnen Figur. Der Umriß umschreibt stets weich und gelöst mit ausgeprägtem Gefühl für den Zug des Ganzen die Gestalten, in denen noch garnichts Straffes, scharfwinklig Gebrochenes 6ich ankündigt, wie man von einer Kenntnis der Gesamtentwicklung her zu diesem Zeitpunkt vielleicht schon erwarten dürfte. In der Anwendung eigentlich zeichnerischer Mittel für die Durchgestaltung der Figuren ist ähnlich wie bei den Arbeiten Hektor Mülichs eine gewisse Indifferenz zu beobachten. Während dort jedoch bei den gewiß viel schlechteren Zeichnungen Hektor Mülichs noch deutlich das Fortleben der älteren Strichführung spürbar war, ist davon hier keine Rede mehr. Aber auch von einer neuen linearen Durchorganisation, wie sie im Laufe des nächsten Jahrzehnts sich anbahnte und durchsetzte, findet sich noch keine Andeutung. Man betrachte z. B. auf dem Bilde der Erhebung des hl. Ulrich (Abb. 26), wie der blaue Mantel des im Vordergrund knienden Bischofs mit etwas willkürlich verteilten Gruppen kleiner Strichelchen
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überstreut ist, die dem Auge nicht ohne Weiteres ihre Aufgabe, die Lichtführung zu veranschaulichen, erfüllen. Es ist bei dem überhaupt kleinen Format der handelnden Personen und dem fast gänzlichen Fehlen der reinen Figurenkomposition allerdings Vorsicht bei der Beurteilung der Zeichenweise geboten. Einzelne Figuren wie der Kniende von der Messe des hl. Ulrich, oder auch beispielsweise der Mann im Vordergrund rechts auf der Darstellung des Stadtbaus (Bredt, Taf. III) und der Ruiter auf dem Ennius-Belagerungsbilde (Bredt Taf. V) verraten doch die Beherrschung einer ausgeprägteren Liniensprache, die hier zwar nicht recht zur Entwicklung kommt, der wir aber bei der nächsten zur Besprechung kommenden Handschrift, die sich in nahe Beziehungen zu unserem Codex setzen läßt, deutlicher werden vernehmen können und historisch einzureihen haben. Bei alledem wirken die Figuren nicht etwa unplastisch. Ihr Eingeschriebensein in einen Handlungskrics mit anderen Figuren, ihre Unterordnung unter eine vereinheitlichte Bewegung könnte diese Vermutung nahelegen. Hiervon kann aber keine Rede sein. Die Figuren haben trotz ihres kleinen Formats eine greifbar körperliche Existenz, die gerade in Verbindung mit ihrer lebhaften Hingabe an die Handlung ihren Hauptreiz ausmacht. Hier ist es allerdings vor allem die Arbeit des Pinsels, dem diese Wirkung zu verdanken ist. Die Gesichter sind inkarnatfarben unterlegt, die Schatten braun eingetragen und darüber in feinen Strichelchen Rotund Weißhöhungen aufgesetzt, die hellsten Lichter manchmal ausgespart. Sonst spielen Aussparungen in den Gewändern, außer bei den blauen Rüstungen der Ritter keine Rolle, sie werden vielmehr in glattem Auftrag einer Hauptfarbe angelegt und darüber in einem andern Ton in oberflächlich angebrachter Pinselstrichschraffierung gegliedert, wobei vor allem Hellblau und Blauviolett, Hellrotviolett und Hellgrün mit hellbrauner Behandlung, Hellgrau mit Braungrau, Ziegelrot ohne andere Tönung und ein kristallisch glitzerndes Gelbbraun zur Anwendung kommt. Der Gesamteindruck, der so erzielt wird, ist bunt, nicht aufdringlich und laut, aber noch ohne eine besondere Gewähltheit, wie sie später für Augsburger Erzeugnisse als besonderes Kennzeichen zu Tage tritt.
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Haben wir mit diesem Versuch, uns den Stil der Zeichnungen in Georg Millichs Handschrift zu vergegenwärtigen, einen Ausgangspunkt festgelegt, so müssen wir jetzt sehen, was sich an Verwandtem etwa anschließen läßt. Sieht man sich nach Handschriften um. die um dieselbe Zeit in Augsburg hergestellt sind, so ist vor allem auf eine in München aufbewahrte reich illustrierte Bibclhandschrift hinzuweisen, die aus demselben Jahre 1457 stammt wie die Meisterlin-Chronik (Beschreib. Verz. Nr. 19). Einen Vergleich des Stils dieser Illustrationen mit denen von St. erschwert zunächst der Umstand, daß es sich hier fast ausschließlich um reine Figurenkompositionen ohne großen szenischen Aufwand handelt. Nur ganz vereinzelt wird der Ausgestaltung des Schauplatzes geringe Aufmerksamkeit gewidmet. Man könnte darum zu der Auffassung kommen, der Zeichner der Bibel von 1457 sei überhaupt nicht imstande gewesen, Landschaft zu geben. Wie das interessante Bild der Weltschöpfung auf fol. 20' (Abb. 27) aber lehrt, ist dies durchaus nicht der Fall1. Im Gegenteil. Ein schwungvolles Landschaftsbild, kreisrund gerahmt, stellt die Erdkugel dar, die von Fischen umwimmelt im Weltmeere schwimmt. Auf dem purpurroten Hintergrund erscheint Gottvater mit ausgebreiteten Armen, in der Rechten die Weltkugel. Die Landschaft fesselt durch den machtvollen Schwung der gleichmäßig ansteigenden und jäh abfallenden Felsen, die sich rasch anwachsend aus dem Hintergrund nach vorne ziehen. Man könnte die starke einheitliche Bewegung wie sie in diesem dreifach wiederholten Motiv ausgesprochen ist, mit den Wellen des Meeres vergleichen, die der Sturm vor sich hertreibt. Etwas von dem ungestümen Drang der Weltentstehung ist in das Bild gebannt, als ob die schöpferische Urbewegung der Materie mitten in der Bildung der Erdober1
In der photographischen Wiedergabe ist durch die Ungleichmäßigkeit der Farben, vor allem die viel zu schwer geratenen grüner^ Partien im Vordergrund, die günstige Wirkung erheblich beeinträchtigt. Als dominierend muß man sich die kräftige Sprache der Feder vorstellen mit leichter, untergeordneter Tönung der Flächen.
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fläche plötzlich erstarrt wäre und eine Phase des Entstehungsprozesses der Welt für uns faßbar festgehalten worden sei. Das aufgeregte Durcheinanderschießen der Vögel verstärkt den Eindruck des Geschehens. Aber im heiteren Glanz der Ferne, wo am Horizont ein ähnliches Hügelmotiv, nur beruhigt und sicher gelagert sich wiederholt, und bei den friedlich nebeneinandergrasenden Tieren im Vordergrund herrscht schon etwas von der paradiesischen Freude an der gelungenen Schöpfung. Bietet die einzelne Durchbildung und der Aufbau der Landschaft zunächst keinen direkten Anhaltspunkt für eine Beziehung zu dem Stuttgarter Meisterlin, so ist doch das Gefühl überhaupt für offene, weite Ausbreitung und Fernsicht, im einzelnen auch die Belebung der Atmosphäre mit den Schwalben am Himmel ein verwandtes Element mit den Illustrationen in St. und gewiß auch den Arbeiten Hektor Müliclis. Zu St. aber werden sich bei einer Betrachtung der Figurenkomposition enge Beziehungen feststellen lassen! Wie schon erwähnt ist auf die Ausgestaltung des Schauplatzes in der überwiegenden Mehrzahl der Textillustrationen wenig Wert gelegt. Auch bei einer so gelungenen Landschaftsentfaltung wie der des Weltenschöpfungsbildes (fol. 20') fehlt es nicht an mancherlei altertümlichen Elementen. Vielfach findet sich noch geradezu ein glatter purpurner Hintergrund, der als Rest des alten Tapetenhintergrundes der Miniturmalerei zu betrachten ist. Manchmal gibt es statt dessen auc h schon blauen Himmel über dem weißgebliebenen Hintergrund. Der Boden wird ganz einfach gelbbraun getönt, am Horizont mit einem Strich abgeschlossen, der mit Vorliebe steil ansteigend gezeichnet wird. Ganz ausnahmsweise nur kommt auch einmal ein Baum oder eine Häusergruppe vor wie auf fol. 36' (Abb. 30). Innenraumschilderung gibt es überhaupt nicht. So muß man sich also durchaus an Durchbildung und Komposition der Figuren halten. Die Darstellung des M a r i e n t o d e s z. B. (fol. 282' Abbildungen 26) gibt Gelegenheit, sich der Illustrationen des Stuttgarter Codex zu erinnern. Es findet sich dasselbe typische Zusammendrängen der Figuren von allen Seiten
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her in den Rahmen, und dieselbe Entwicklung der Bewegung aus den ruhigen Hintergrunds- und Seitenpartien des Bildes zu immer stärkerer Entfaltung nach dem Vordergrund und der Bildmitte zu wie beispielsweise in den Schlachtenbildern von St. (Bredt, Taf. IV u. VI). Bei den Aposteln, die hinter dem Totenlager um Christus geschart sind, herrscht ein ruhiges Beieinander stehen, dabei läßt sich dieselbe räumliche Unklarheit der Scenerie und des Verhältnisses der Figuren zur Bühne, dieselbe Vermeidung eindeutiger Standmotive1, das gegenseitige Überschneiden und Ineinanderrücken der Körper feststellen, das in St. z. B. bei der Erhebung des hl. Ulrich (Abb. 25) so bezeichnend war. Es ist auch wie dort eine ganz ähnliche gleichmäßig gehaltene Anteilnahme, die alle Beteiligten um den Sarkophag mit dem verehrten Leichman sammelt. Dabei ist wohl in den Gesichtern des Stuttgarter Codex manches ausgesprochener — wieweit dabei technische Dinge einwirken, wird noch zur Sprache kommen — jedenfalls aber handelt es sich nur um Gradunterschiede, die allgemeine Empfindung mit der diese stille Versammlung von Trauernden ins Leben gerufen wurde, ist ganz die gleiche. Weitergehend ließen sich auch einzelne Figuren nebeneinanderhalten. In diesem Sinne könnte man den anbetenden Johannes vom Marientod der Münchner Bibel mit dem links heranreitenden Bogenschützen auf dem Bilde der Schlacht auf dem Lechfeld in St. verglichen, ebenso aber auch mit dem in halbkreisförmiger Kurve auf demselben Bilde ganz rechts vorne Stehenden, in dem dasselbe labile Raumempfinden, allerdings im Gegensinne, ausgesprochen ist. Der Kopf Jakobs und Gottvaters auf dem Bilde der Jakobsleiter (Abb. 29) gehören einem häufig angewandten Typ an, der sich auch in St. ähnlich wiederfindet. Dort könnte z. B. auf den König Lucius (Bredt, Taf. V) oder den Mann rechts unten neben seinem Katheder hingewiesen werden. Als Merkmal des bevorzugten Frauentypus, wie ihn die 1 Nur zu geringem Teil erklärt sich dieser Eindruck durch die Tatsache, daß häufig die Füße in die Strichumrahmung hineinragen und so bei der Ausmalung der Leiste überdeckt wurden.
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Maria der Verkündigung oder der Anbetung der Könige repräsentiert (Abb. 34), erkennt man das große runde Gesicht, nur von schmalen Haarstreifen umsäumt, mit sehr kleinen Augen und kurzer Nase. In der Hauptsache trifft dies auch trotz gewisser Unterschiede für die Frauen in St., z. B . die Amazonen (Bredt, Taf. IV) zu. Eine besonders weitgehende Ähnlichkeit verbindet den Typus der Maria der Begegnung mit der hl. Afra als Märtyrerin in St. auf fol. 57'. Eine weitere Einzelheit, Faltenwurf nämlich und technische Behandlungsweise bei dem Mantel des D a v i d auf dem T h r o n e (fol. 156, Abb. 31) ist zu vergleichen mit dem Mantel des knienden Bischofs auf der Darstellung der Erhebung des hl. U l r i c h in St. (Abb. 27), und auf denselben zwei Bildern ist auch die Art und Weise, wie mit dem Pinsel die Maserung des Marmors wiedergegeben wird, genau die gleiche. In der Farbenwahl ist besonders auffällig die gemeinsame Verwendung eines bestimmten Gelbbraun, das sich durch kristallisches Glitzern auszeichnet. Sehr bezeichnend ist, wie wenig verbindlich auch in der Münchner Bibel die Umrahmung empfunden wird, die manchmal wie nur zufällig aufgelegt wirkt. Bei der Darstellung der J a k o b s l e i t e r z. B. (fol. 47, Abb. 29) möchte man den Rahmen wie einen zu klein ausgeschnittenen Passepartout über einer einzelnen Zeichnung ein Stück verschieben, um den Verlauf der Linien weiter zu verfolgen. Fast ängstlich vermeidet es der Zeichner, Räumliches und Statisches einmal ausfuhr licher zu entwickeln, alles bleibt verknüpft und in seiner Eingespanntheit nicht frei entfaltbar. Die Gegenüberstellung von Figurengruppen als Kompositionsmittel, wie z. B. die Fußsoldaten auf dem Bilde der Schlacht auf dem Lechfeld in St., ist als solches vergleichbar mit einer allerdings wesentlich beruhigteren und dabei verselbständigten Komposition wie die Darstellung des jungen Minus (fol. 31, Abb. 29), der ein Bildwerk seines gestorbenen Vaters nach der Leiche arbeiten läßt, eine Darstellung, die auch inhaltlich außerordentlich interessant ist. Es haben sich also bei einer Gegenüberstellung des Stuttgarter Meisterlin und der Münchner Bibel von 1457 eine große
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Anzahl von Übereinstimmungen gefunden, die neben manchen Einzelheiten vor allem in dem charakteristischen Raumgefühl, aus dem heraus die Figuren zu bewegten Trägern der Komposition geworden sind, in der geistigen Erfassung der Szenen und, mit Einschränkungen, auch in den Typen faßbar wurden. Der wesentliche Unterschied der beiden Arbeiten scheint mir in der stärker zeichnerischen Art und Weise zu liegen wie sie in der Bibel zur Anwendung gekommen ist. In diesem Sinne müssen die Illustrationen noch einmal genauer angesehen werden. Über das Zusammenfügen der Figuren in ihren Bewegungsmotiven zu abgerundeten Kompositionsgruppen sind wir uns klar geworden. Daß dies gleichwohl nicht auf Kosten der Körperlichkeit zu geschehen brauchte, ist schon angedeutet worden. Diese doppelte Ausdrucksmöglichkeit, die als eine für den Zeitpunkt der Entstehung charakteristische Verbindung älterer Anschauungsweise mit fortschrittlichen Bemühungen aufgefaßt werden darf, läßt sich im einzelnen in der zeichnerischen Gestaltung der Figuren verfolgen. War in den Arbeiten aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts die lineare Bedeutung der Silhouette vor allem durch parallel verlaufende, b e i g e o r d n e t e Innengliedcrungslinien im Sinne ornamentaler Vervielfachung des Schwunges unterstützt worden, so findet sich diese Gestaltungsweise auch in unseren Zeichnungen und der Tatsache ausgesprochen, daß von einem Übergewicht der Kontur (rein der Stärke der Linien nach) über die der Innengliederung dienenden Strichsysteme noch nichts zu spüren ist. In einer späteren Entwicklungsphase nichts wird sich dies überlegene Verhältnis der Kontur zu schwächerer Innenzeichnung als charakteristisches Kennzeichen erweisen, hier ist, wie gesagt, in dieser Richtung noch nichts zu vernehmen. Wohl aber macht sich in der graphischen Durchorganisation der Körperoberfläche ein neues Element bemerkbar. Ich meine das Bestreben, in den Gewandmassen, welche den Körper einhüllen, schmale, exakt begrenzte Faltenstege hellbeleuchtet aus den dunkleren Schattentälernherauszuarbeiten. Deutlich erkennbar wird dies an Figuren wie dem opfernden
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Abraham (Abb. 30), dem s c h l a f e n d e n J a k o b (Abb. 29), sehr gut bei der Mannesfigur in den Rankenbordüren über der Initialverkündigung (Abb. 33), der E c c l e s i a und Synagoge der Kreuzigung usw. Bezeichnend dabei ist, daß diese Stege innerhalb der größeren Gewandpartie, der sie eingeordnet sind, meist parallel und eng nebeneinander verlaufend gegeben werden und zwar selten in ganzer Ausdehnung durchgeführt, vielmehr nachbarlich sich ablösend und die richtunggebende Führung von einer zu anderen weiterleitend. Die Neigung zur Parallele setzt sich auch in lebhaft gefalteten Partien konsequent durch, z. B. sehr deutlich bei der Maria der Anbetung (Abb. 34) oder bei der Ecclesia der Kreuzigung. Verfolgt man die Striche bis ins Einzelne, so ist noch hier und da die Verwendung der S c h l e i f e zu beobachten, aber in einer ganz eng zusammengedrückten Form, die fast wie ein einfacher Doppelstrich aussieht. Es kann aber kein Zweifel bestehen, daß man es mit einem Rest dieses früher so beliebten Darstellungsmittels zu tun hat. Wo der Strich nicht zur Rundung umgebogen ist, endet er fast immer in einem kurzen rundlichen Haken. Schraffierungen sind nur ganz selten verwendet, z. B. in den unteren Gewandpartien der Ecclesia, und spielen kaum eine Rolle. Die locker verstreuten Strichelchen im Gewand des t h r o n e n d e n D a v i d (vgl. S. 74) erinnern in manchem an die Zeichenweise, wie sie in den 24 Alten in Donaueschingcn (vgl. S. 18) in reichster Entfaltung zur Anwendung gekommen war, aber bei der vereinzelten Art ihrer Anwendung in der Augsburger Bibel ist dieser Beobachtung kaum große Bedeutung beizumessen. Die neue Durchformung mittels hellbeleuchteter Faltenstege ist den Resten der alten Zeichenweise gegenüber wesentlicher, es ist aber gut sich klar zu machen, daß dieses Element hier noch im Werden begriffen ist und erst in späteren Arbeiten vollentwickelt anzutreffen sein wird. Die Pinselarbeit unterstützt den schnellen Wechsel von hellbeleuchteten zu verdunkelten Partien und legt Schattenstreifen zwischen die Kanten der Stege, oder erweitert eine schmale Schleife durch Überstreichen zu einem richtigen Schattenbett, gelegentlich, z. B. bei der Synagoge der Kreu-
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zigung, ist ihre Sprache sogar vernehmlicher als die eigentliche Zeichnung und erweist dabei den Reiz einer knappen aber mit Anschauung durchsetzten Skizzierung, wie z. B. beim Johannes des Marientodes. Ganz ausschließlich mit dem Pinsel gearbeitet sind einzelne Dekorationselemente, wie z.B. die Initialen auf fol. 21, 157 und 231 (Abb. 33), eine Rankenleiste auf fol. 41 oder eine Drôlerie auf fol. 66. Halten wir dies mit der Tatsache zusammen, daß der Zeichner noch häufig einen Purpurhintergrund zur Anwendung bringt, vor dem sich die Figuren auf schmalem Bodenstreifen bewegen, so kann man trotz des ausgesprochen zeichnerischen Stils des Illustrators nicht an der Tatsache vorübergehen, daß er in manchem noch mit den Gewohnheiten der DeckfarbenMiniaturisten verbunden ist. Hierzu stimmt auch seine, und entsprechend auch des Illustrators von St. sorgfältige Behandlung der Fleischteile durch Verwendung von verschiedenen Farbtönen nebeneinander, die in ihrer Wirkung der Deckfarbentechnik angenähert sind, eine Arbeitsweise, die gelegentlich auch den Gewändern, so besonders beim thronenden David, zur Anwendung kommt. Leider sind wir für die äußeren Umstände, unter denen die Illustrationen zur Bibel entstanden sein können, nur auf Vermutungen angewiesen, da lediglich der Name des Schreibers überliefert ist. In den amüsanten Versen (S. 200) mit denen sich Hieronymus Müller am Schluß des Textes als Schreiber nennt, bezeichnet er sich ausdrücklich als eine weit und breit bekannte Persönlichkeit, und die witzige Art, mit der er das typographische Bild der Jahreszahl in Worte zu kleiden weiß, wirft ein Streiflicht auf seine Wesensart. Urkundlich ist er festzulegen, denn von 1449 an läßt sich in den Augsburger Steuerbüchern ein Jeronimus Müller eine große Anzahl von Jahren hindurch verfolgen. Bis 1483 ist er am Huchstetter Tor wohnhaft, 1485/86 erscheint sein Name unter der Rubrik „Vom Rathaus", 1489 am Heiligenkreuztor. Da er in der fraglichen Zeit der einzige Träger des Namens ist, darf man in ihm wohl den Schreiber der Bibel von 1457 vermuten, welchen Beruf er aber eigentlich hatte und mit welchem Recht er sich als eine weithin bekannte Persönlichkeit bezeichnet, ist leider nicht zu ermitteln.
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Die Besitzernotiz des Wolffgang Breyschuch aus dem Jahre 1560 (S. 199) mit der Angabe, daß dessen Großvater, der Bürgermeister Gabriel Rideler, 60 Gulden für Schreiben und Ausmalen der Handschrift bezahlt hat, legt allerdings die Vermutung nahe, daß der Schreiber sich gewerbemäßig mit der Herstellung von Büchern befaßte. Die Frage aber, ob und in welchem Sinne er selbst auch für die Zeichnungen verantwortlich zu machen ist, muß offen bleiben. Es ist schon erwähnt worden, daß auch über die Entstehung der Illustrationen in Georg Mülichs Codex nichts bekannt ist. Der Vergleich der beiden Arbeiten h a t eine Menge von Übereinstimmungengezeigt. Hiernach aber annehmen zu wollen, daß es sich etwa um denselben Zeichner h andelte, wäre sicher zu weit gegangen. Schon die verschiedene zeichnerische Haltung verbietet diese Vermutung, ebenso wie die Tatsache des gleichen Entstehungsjahres für die zwei Arbeiten den Gedanken einer etwaigen Entwicklung von einer Handschrift zur anderen ausschließt. Andererseits sind die Beziehungen aber doch zu nahe, als daß man sie unter der Voraussetzung einer etwa von derselben Tradition bestimmten Schulung durch ein mehr oder weniger unabhängiges Nebeneinanderwirken am selben Ort erklären könnte. Neben der inneren stilistischen Verwandtschaft legen gerade gewisse äußere Übereinstimmungen, wie die Verwendung derselben Farben, besonders des glitzernden Gelbbraun, die ähnliche Umrahmungsweise, überhaupt der Gesamteindruck der Ausstattung den Gedanken an eine gemeinsame Werkstatt, in der beide Zeichner arbeiteten, nahe. Aber auch dies kann nur Vermutung bleiben. Noch eine weitere Handschrift, allerdings nicht ganz von derselben Qualität, ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. .Ihre Zugehörigkeit zu diesem Kreise und nach Augsburg wird durch künstlerische Verwandtschaft erwiesen, die durch urkundliche Belege eine willkommene Bestätigung erfährt. Es handelt sich um eine Sammelhandschrift, geschrieben von V ö l c k h a r d L a n d s b e r g e r aus Kaufbeuren, die heute in der Fürstlich-Oettingisch-Wallersteinischen Bibliothek zu Maihingen aufbewahrt wird (Beschreib. Verz. Nr. 15).
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Die Illustrationen dieser Handschrift verteilen sich in der Hauptsache auf zwei Zeichner, die jeder eine verschiedene Arbeitsweise an den Tag legen und deutlich zu trennen sind. Während die Bilder zum Alexander-Roman, dem letzten Stück des Manuskripts, durchgehend von der Hand des zweiten Illustrators stammen und eine einheitliche Bemalungsweise zeigen, ist für alles Übrige neben einer Hand, die für die größere Menge der Zeichnungen verantwortlich zu machen ist, noch streckenweise ein Schüler zu beobachten. Auch in der Bemalungsweise sind Unregelmäßigkeiten zu bemerken. Das S p e c u l u m h u m a n a e s a l v a t i o n i s , das erste Stück der Handschrift, enthält 191 Bildchen von annähernd quadratischem Format (meistens 6,5 x 6 cm), die in schwarzer Federstrichumrahmung und bis fol. 49 mit einer daraufgesetzten dünnen zinnoberroten Pinselleiste in die Schriftkolumnen eingefügt sind 1 . Aus der im Großen und Ganzen einheitlichen Reihe fallen die Zeichnungen der Seiten 11—13' hinsichtlich ihrer Bemalung heraus. Während bisher leichte Tönung in sehr geschmackvoll abgestimmten Farben mit reichlichen Aussparungen angewandt war, finden sich jetzt auf einmal kräftige, schwere Farben, die in geschlossenen Flächen deckend aufgelegt und mit Weißhöhungen behandelt sind. Diese Farbgebung wirkt auch noch auf eine Reihe der folgenden Zeichnungen nach, und erst hinter fol. 18' ist die anfängliche Leichtigkeit der Töne und Behandlungsweise wieder völlig erreicht. Diese eben geschilderten Unterschiede beziehen sich aber wie gesagt lediglich auf die Farbgebung, es liegt kein Grund vor, auch die Zeichnung der Figuren einer andern Persönlichkeit als dem Zeichner der Hauptmasse zuzuschreiben. Von Seite 47' ab dagegen ist deutlich eine andere Hand am Werke gewesen (Abb. 36 oben). Interessant hierbei ist, zu beobachten, wie dieser sicherlich weniger geschickte und geübte Zeichner versucht, seinem Vorbild, nämlich den Zeichnungen des Hauptmeisters möglichst nahe zu kommen. Daher ahmt er sie in Bildbau und Strichführung möglichst getreulich 1 Die Kreuzabnahme fol. 86 am unteren Rand setzt sich in einem aus der Seite herausspringenden umlegbaren Anhängsel nach unten weiter fort.
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nach und erzielt auch eine ihnen äußerlich recht ähnliche Wirkung. Trotzdem gelingt es ihm nicht, ihn ganz zu erreichen. Das Wesentliche an dessen Zeichnungen ist nämlich das Geschick, mit dem er seine Figuren zu bewegen, in die Handlung einzuspannen und zu ausgewogenen Kompositionsgruppen zusammenzuschließen weiß. Trotz des meistens sehr kleinen Formats, das dieser Zeichner sich wählt, haben die Gestalten eine expansive Beweglichkeit, in der Auswirkung ihrer weit reichenden Extremitäten vom Körper aus ist immer eine wirklich lebendige Anteilnahme am Geschehen zu verspüren; Manchmal konzentriert sich dieser Ausdruck von Teilnahme auch nur in einer einzigen kleinen Bewegung des Kopfes oder der Hände, er fehlt aber nie ganz, so daß man nie das Gefühl mechanischer und gelangweilter Massenarbeit bekommt, wie es sich bei dieser ganzen Gattung und der Art ihrer Herstellung nach ja leicht einmal einstellen kann. Dieses gelöste Verwobensein der Figuren in die Szene nun bringt der Nachahmer nie richtig heraus, alles wirkt steifer, die Bewegung stockend, die Köpfe weniger ausdrucksvoll und differenziert, obwohl in ihnen noch am ehesten eine selbständige zeichnerische Behandlung erkennbar wird. Aber auch sonst ist seine Art der Strichführung trotz großer Anlehnung an das Vorbild gröber und schematischer. Diese Schülerhand ist deutlich bis S. 58 zu folgen. Anschließend daran aber ist die Qualität der Zeichnungen auch noch bis S. 70 schwankend und weniger gleichmäßig sicher, als in den anfänglichen Lagen, so daß man in Zweifel bleiben kann, ob hier schon wieder der Hauptzeichner, wenn auch weniger gut als sonst, tätig war, oder der Schüler durch dauernde Übung so weit Fortschritte gemacht hat, daß er seinem Vorbild so nahe gekommen ist. Etwas später, auf den S. 83/86 könnte man ebenso noch einmal zweifelhaft sein, ob dort Hauptzeichner oder Schüler gearbeitet haben. Bleibt auch die Aufteilung der Zeichnungen an die verschiedenen Hände zum Teil ungeklärt, soll doch die Tatsache der abwechselnden Arbeitsweise festgestellt werden, und als ein Anzeichen für die Anfertigung der Handschrift in einer Werkstatt gebucht werden.
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Auch zu dem zweiten Stück der Handschrift, den S i e b e n T u g e n d e n u n d L a s t e r n , hat der Hauptzeichner des Speculums in 14 Illustrationen desselben Formats und derselben "Umrahmungsweise wie im ersten Stück der Handschrift die verschiedenen guten und schlechten Eigenschaften als allegorische Frauenfiguren auf verschiedenartigen Tieren reitend, mit Banner, Schild und Wappen dargestellt. Mit diesen Figuren endet der Anteil dieses Zeichners, dessen künstlerische Eigenheit wir uns kurz zusammengefaßt vergegenwärtigen wollen. Seine Art des Bildbaues und der Figurenkomposition ist schon in der Auseinandersetzung mit seinem Schüler zur Sprache gekommen. Daß bei einem Versuch, das Wesentliche seiner Art ganz knapp zu fassen, gerade die Dinge sich herausstellten, die wir bei dem Vergleich von St. und der Münchner Bibel von 1457 als gemeinsames Moment anssprechen konnten, muß jetzt ausdrücklich betont werden. Sieht man sich weiterhin die Art der Figurenzeichnung näher an, so ist zu beobachten, daß die einzelnen Federstriche regelmäßig farbig überpinselt sind, so daß die Falten mit verschwimmenden Bändern weich eingedrückt erscheinen. Da nun die Striche der Zeichnung sehr dicht nebeneinandersitzen, wirkt die Oberfläche außerordentlich unruhig und erscheint kleinteilig gebrochen, so daß man sich an die Art und Weise erinnern darf, wie im Kreise des Konrad Witz Gewänder behandelt werden. Mit dieser Beobachtung ergibt sich eine Möglichkeit stilistischer Anknüpfung, eine Frage, auf die für diese ganze Gruppe im Zusammenhang noch einzugehen sein wird. Jedenfalls sei hier schon darauf hingeweisen, daß diese die Figurenbildung betreffende Beobachtung genau genommen nur für den Speculum-Zeichner faßbar wird, während beispielsweise in der Bibel von 1457 nichts derartiges zu finden ist. Dies hindert gleichwohl nicht, die Ähnlichkeiten der Zeichnungsweise, die trotzdem bestehen, zu bemerken, und es sei als besonders deutlicher Vergleich aus einer Reihe von Übereinstimmungen der Jakob aus der Bibel von 1457 (Abb. 29) mit einer Zeichnung des Schülers, dem toten Abner im Speculum (Abb. 36) zusammengestellt. 6 L e h m f t n a - H f t u p t , Fed«rteichnangen
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Kapitel IV.
Die Landschaftsdarstellungen des Hauptzeicbners (fol. 7, 22,24', 30, 31', 41' etc.) mit überschneidenden Hügelkonturen zwischen denen sich hellbraune Wege, mit schattenwerfenden Steinchen bestreut, zum Horizont schlängeln, mit Reihen kugelrunder Bäume im Hintergrund, der Himmel darüber mit Schwalben belebt, muten wohlbekannt an. Ebenso erinnert seine Gestaltung der Innenräume (fol. 23, 37') mit der energischen Betonung perspektivischer Verkürzung in Balkendecke und Fliesenboden, deren parallele Gliederungslinien einem gemeinsamen Fluchtpunkt zustreben, an bereits bekannte Dinge, vor allem bei Hektor Mülich. Der zweite Hauptzeichner, der sich an der künstlerischen Ausschmückung der Handschrift beteiligt, hat die 26 Illustrationen zum Alexanderbuch geliefert. Diese Zeichnungen sind alle im selben Format, einem sehr niedrigen Querrechteck (durchschnittlich 13X7 cm), mit sehr dicker Umrahmung, die aus einer inneren schmäleren und einer breiteren äußeren Leiste (zusammen über */2 cm. breit) in einheitlicher Tönung gebildet wird, in den zusammenhängend geschriebenen Schriftspiegel eingesetzt. Die auffällige Form dieser Umrahmung, an der konsequent festgehalten wird, verleiht den Illustrationen ein charakteristisches Gepräge. Durch das niedrige, langgestreckte Format nämlich werden die Bilder betont in die L e s e r i c h tung eingestellt und ihr illustrativer Charakter erhält dadurch eine ausdrückliche Unterstreichung. Tatsächlich entwickelt sich die Handlung fast ausschließlich in den im gleichen Plan nebeneinanderstehenden Vordergrundsfiguren und läßt sich in ununterbrochenem Fluß von einem Bildrand zum andern ablesen (Abb. 36 unten). Diese Richtung ist durchaus die beherrschende, sie setzt sich, nirgends unterbrochen, von Figur zu Figur fort. Das Eingespanntsein der Personen ist immer dem seelischen Gehalt entsprechend abgestuft, der Grad der Intensität ausgewogen, das Tempo der Bewegung beschleunigt oder stetiger gegeben. Bei alledem sind die Figuren mit kräftiger, gedrungener Körperlichkeit gebildet, sie bleiben durchaus nicht der Fläche verhaftet, ohne dabei schon eigentlich statuarisch zu wirken. Mit dieser Beob-
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achtung haben wir nun auch für die Alexanderroman-Illustrationen den Anknüpfungspunkt an die Augsburger Gruppe, wie sie sich bis jetzt dargestellt hat, gefunden. Die Illustrationen wirken nicht ausgesprochen zeichnerisch. Umrisse und Hauptlinien der gegenständlichen Darstellung sind zwar mit der Feder angelegt, alle Durcharbeitung aber der unbegrenzten Flächen, bei den Figuren wie in der Landschaft ist unter Anwendung sehr lebhafter Farben mit dem Pinsel, zum Teil in feinster Strichmanier durchgeführt, wobei das Volumen der Figuren in den sorgfältigen Übergängen aus beschatteten Randzonen zu hellbeleuchteten vorgewölbten Mittelpartien in ausgesprochener Weise faßbar wird. Man muß also diese Gruppe von Illustrationen ihrer Herstellungsweise nach in das Grenzgebiet von Miniatur und Federzeichnung verweisen. Die Auffassung der Szenen aber und ebenso die Tatsache des Vorkommens in derselben Handschrift zusammen mit so ausgesprochenen Federzeichnungen wie denen im Speculum berechtigen zu ihrer Behandlung in diesem Zusammenhang. Auch bei den Illustrationen von St. waren ähnliche Bedenken zu erwägen, tatsächlich ist es durchaus möglich, die Zeichnungen in beiden Handschriften nebeneinander zu halten, und es kommen im Alexanderroman eine Reihe von lebhaft entwickelten Kampfszenen vor, bei denen man Ähnlichkeiten, die über die allgemeine Verwandtschaft auch der zweiten Gruppe von Zeichnungen des Speculums mit den Augsburger Arbeiten hinausgehen, betonen darf. Damit soll aber auch in diesem Falle nicht etwa die Möglichkeit gleicher Zeichner angedeutet werden. Ja, auch die Frage nach den Voraussetzungen und der Art etwaiger werkstattmäßiger Zusammengehörigkeit muß offen bleiben. Prinzipiell ist das weitaus wesentlichere an einer derartigen Zusammenstellung wie der hier vorgenommenen, überhaupt schon die Möglichkeit, auf Grund stilistischer Erkenntnisse Bestimmungen vorzunehmen. Um so willkommener ist die Gegenprobe der Richtigkeit landschaftlicher Einordnung auf Grund äußerer Kennzeichen. Schon die Herkunftsbezeichnung des Schreibers „von kaufbeiren" und der ausgesprochene Dialekt, in dem er 6»
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schreibt, weisen auf das Gebiet des heutigen bayrischen Kreises Schwaben. Die Zuschreibung nach Augsburg aber bestätigt sich durch die Tatsache, daß sich unser Völckhard Landsberger wirklich in den Augsburger Steuerbüchern nachweisen läßt, auf unwiderlegbare Weise. 1455 wohnt er „Salta ad Sanctam Crucem" und von 1458 bis 1462 „Inns Nattans Garten." Der Name ist so charakteristisch, daß wir keinen Grund haben, einen zweiten Träger desselben für wahrscheinlich zu halten, und wir dürfen diesen V ö l c k h a r d L a n d s b e r g e r tatsächlich als den Schreiber der Maihinger Handschrift betrachten. Auch die Zeit, Ende der 50er Jahre und Anfang der 60er Jahre paßt sehr gut, wir kommen damit auf denselben Zeitpunkt, an dem die gesicherten Augsburger Handschriften, denen wir den Maihinger Codex angeschlossen haben, entstanden sind. Dabei wird man sich die Maihinger Handschrift eher etwas später, also vielleicht schon zu Anfang der 60er Jahre entstanden denken müssen, denn schon bei dem Schüler des Speculum-Meisters und auch bei den Alexanderzeichnungen bahnt sich, nicht sehr energisch, aber doch schon spürbar, eine Neigung zur Versteifung der Linien und ein Starrer werden der Figuren an, das über den Stil der 50er Jahre hinauszugehen scheint. Wenn wir glauben, in den Arbeiten der 50er Jahre, die wir jetzt kennengelernt haben, ein verbindendes Element gefunden zu haben, das die Zeichnungen als Augsburgische Erzeugnisse erkennen ließ, so käme es weiterhin darauf an, von dieser Gegebenheit eines fixierbaren Stils ausgehend, die Stelle der Gruppe in der Gesamtentwicklung zu verdeutlichen. Für die Handschriften der Gebrüder Mülich hat Bredt (a. a. O. S. 21 ff. und 49ff.) unter der Voraussetzung entscheidender Einwirkung der Wandmalerei auf die Handschriftenillustration die noch erhaltenen Denkmäler herangezogen und namentlich hinsichtlich ihrer landschaftlichen Darstellung verglichen 1 . Während sich die Holzbalkendecke 1
S. hierzu auch Brandt, a. a. O. S. 204/05.
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aus der ehemaligen Amtsstube des Weberhauses von 1457 für diesen Zweck als weniger ergiebig erwies, ist die Ähnlichkeit namentlich der Hektor Mülich'schen Landschaftsbildung mit den Malereien der Goldschmiedskapelle wirklich schlagend. Hiermit ist zwar für einen einzelnen Fall eine Anknüpfungsmöglichkeit gefunden worden, was auch hier betont worden ist. Im Großen und Ganzen aber ist in dieser Zeit für unsere Vorstellung von der Entwicklung der Malerei der Güte und Anzahl ebenso wie der Gruppierungsmöglichkeit des erhaltenen Materials nach vor allem die T a f e l m a l e r e i maßgebend. Versuchen wir nun allerdings, von hier ausgehend die Brücke zu unseren mit Zeichnungen illustrierten Handschriften zu schlagen, so ist dies nicht ganz einfach und nur mit Vorbehalt möglich. Zunächst ist es ganz allgemein eine schwierige Aufgabe, Kunstwerke verschiedener Gattung nebeneinader zu halten. Denn Andachtsbild und illustrierende Federzeichnung sind tatsächlich etwas sehr verschiedenes. Viel eher ließen sich noch Miniaturen mit ihrer den Tafelbildern verwandten Deckfarbentechnik vergleichen. Eine weitere Schwierigkeit bildet die Tatsache, daß unsere Kenntnis der Tafelmalerei gerade in Augsburg vor dem Auftreten Hans Holbeins des Älteren, von dem zu diesem Zeitpunkt natürlich noch lange nicht die Rede sein kann, äußerst lückenhaft ist, wenngleich es in den Urkunden nicht an Malernamen fehlt. Erst in allerletzter Zeit ist durch die Darstellung Ernst Buchners (S. 53 Anm. 1) die mit bewundernswerter Stoffkenntnis geschrieben ist, einiges Licht in die Zusammenhänge gefallen. Das Wichtigste, was man sich bekanntlich aus der hier erörterten Zeit in Augsburg entstanden denken kann, sind zwei große Tafeln, die beide noch in Augsburg, dort allerdings getrennt, aufbewahrt werden: Eine h e i l i g e F a m i l i e in der Pfarrei von St. Moritz und eine A n b e t u n g der K ö n i g e im Maximilians-Museum. Ihrem Stil nach stammen diese Tafeln von einem Maler aus der Generation des Multscher und Witz, sie weisen verschiedene Elemente auf, die uns aus den Werken des Oberschwaben wie des Meisters vom Oberrhein
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bekannt sind. Zu unsern Illustrationen aber findet sich in dem sehr gehaltenen Beieinanderstehen der Figuren mit dem angespannten Ausdruck ihrer ernsten, fast harten Köpfe und den vollen bauschigen schwerfallenden Gewändern keine Möglichkeit einer Anknüpfung. Sehen wir uns in der weiteren Umgebung Augsburgs nach einem Maler um, der in dieser Zeit faßbar wird, so ist auf F r i e d r i c h H e r l i n , den Nördlinger Meister, hinzuweisen, dessen früheste gesicherte Arbeiten in die ausgehenden 50er Jahre fallen: 1459 nämlich sind zwei Flügel datiert, die sich in auseinandergesägtem Zustand in der Nördlinger Stadtgalerie und im Münchner National-Museum 1 befinden. Von diesen Tafeln nun läßt sich eher als von den eben genannten Stücken eine Verbindung mit den Augsburgischen Illustrationen herstellen, aus deren Reihe wir uns zunächst an die Bibel von 1457 halten wollen. Stellen wir von hier als verwandte Darstellung den mehrfach erwähnten König David auf dem Thron (Abb. 31) neben das Münchner Bild der thronenden Mutter Gottes von der Hand Herlins. Unverkennbar ähnlich ist hier wie dort die Aufgabe angefaßt, eine Figur in breiter Vorderansicht thronend zu präsentieren. Über die hierdurch bedingten Verkürzungen wird beidemale nicht sehr deutlich Rechenschaft gegeben, um so einsichtiger der Thron in dem Wechsel schmaler und hoher in rechtem Winkel aufeinanderstoßenden Flächen geometrisch konstruiert. Während aber die Haltung des Königs etwas unausgeglichen Zaghaftes, fast könnte man sagen Verlegenes an sich hat, ist die Figur der Maria fein ausgewogen in der Geschlossenheit ihres pyramidenförmigen Umrisses, dem sich über der breiten Basis des rechts und links auseinanderfliessenden Gewandes die Arme gebogen einfügen, während die Neigung des Kopfes darüber das Ganze ruhdet. Trotz des Qualitätsunterschiedes aber läßt sich beides durchaus nebeneinander halten, auch die Art der Gewandbildung gehört der gleichen Stufe an. Innerhalb der malerischen Entwicklung Herlins nun vermitteln uns diese Altarflügel von 1459 das Bild seines frühen 1
C. G l a s e r , Die altdeutsche Malerei, München 1924, S. 190. H e i d r i c h ' , Die altdeutsche Malerei, Jena 1909, S. 23.
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Stils, von dem er ausgeht. Hier zeigt er sich noch im Banne der älteren Formgebung, ,,jene für die früheren Werke Herlins kennzeichnende, kurvig schwingende Bewegtheit", wie sie Buchner früher einmal charakterisiert hat 1 . Sehr bald, mit Beginn der 60er Jahre, überwindet Herlin diese frühe Stufe und nimmt den Weg zu einer neuen Gestrafftheit und Anspannung der Figur, der wir dann zu dem gleichen Zeitpunkt auch in den illustrierenden Federzeichnungen begegnen werden. In den bisher betrachteten Handschriften jedoch kann hiervon noch keine Rede sein. Hiermit haben wir die Stellung der Zeichnungen in histor i s c h e r Hinsicht als knapp vor dem Einsetzen eines neuen formalen Wollens umrissen. Versuchen wir, auch der geographischen Lage des Entstehungsgebietes auf der Grenze Schwabens und Bayerns Rechnung zu tragen. Mit dem eben durchgeführten Vergleich einer Herlinschen Tafel mit der Bibel von 1457 war im Einzelnen eine Möglichkeit angedeutet, in Arbeiten landschaftlich benachbarter Herkunft künstlerisch Entsprechendes zusammenzustellen. Hierbei dürfen aber die Unterschiede nicht übersehen werden, vor allem, wie verschieden von den Herlinschen Köpfen die Typen der Bibel gehalten 6ind, deren freundlich milder, kindlicher Ausdruck schon erwähnt worden ist. Für Herlins Kunst ist von allem Anfang an das niederländische Vorbild Rogiers von der Weyden die entscheidende Voraussetzung. Im Falle der Bibelillustration aber etwas Ahnliches anzunehmen ist durchaus unangängig. Es erscheint zunächst schwierig, diese Typen unterzubringen. Sehen wir von dem Falle Herlins als einer eigentlich schon späteren Stilstufe ab. Aus demselben Grund kann auch der Meister der Ulrichslegende hier nicht in Betracht kommen. Suchen wir in der vorhergegangenen Zeit, die wesentlich unter dem Eindruck der Witz und Multscher steht, nach der Möglichkeit einer Anknüpfung, so stoßen wir auch hier im weiteren Umkreis der oberdeutschen Malerei der Zeit auf dieselbe Schwierigkeit einer Stilableitung, die schon das Zusammen1
Münchner J a h r b . d. bild. Kunst, Bd. X I I I , 1923.
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bringen mit den zwei Augsburger Tafeln unmöglich gemacht hatte. Umgekehrt ist diese Situation im Bereiche der von der Tafelmalerei ausgehenden Forschung schon erkannt worden und kommt sehr deutüch in einer Äußerung Glasers, in diesem Fall speziell die Malerei Multschers betreffend, zum Ausdruck, wenn er feststellt: „Die Kunst, die sich in den Tafeln offenbart, ist ebenso weit entfernt von den ausklingenden Linien gotischer Kompositionen, die einem schönen Flächenornament glichen, w i e v o n der f r e i e n G r u p p e n b i l d u n g der M i n i a t u r i s t e n , die Raum schaffen wollen für die Ereignisse, die sie erzählen." Daß gerade das zuletzt genannte Element für illustrierende Federzeichnungen mindestens dieselbe Gültigkeit hat, braucht kaum besonders betont zu werden. Die Beziehungen andererseits, die gerade noch in Zeichnungen wie denen der Bibel von 1457 zur eigentlichen Miniaturmalerei nachzuweisen sind, geben uns nun auch die Erklärung für die in ihrer Zeit einigermaßen isoliert wirkenden Typen des Zeichners. Sie werden verständlich, wenn man nichts anderes in ihnen erblickt, als die Abkömmlinge des großen Kreises der bayrisch-österreichischen Miniatur, mit deren Auswirken bis nach Augsburg für die erste Hälfte des Jahrhunderts durchaus zu rechnen ist. So gesehen, werden diese weichen, anmutigen Gesichter verständlich als Ausläufer einer im Wesentlichen aus dem Osten entwickelten Bewegung in einer Zeit, in der schon seit langem die westlichen Anregungen ausschlaggebend sind. Auch in Augsburg fanden wir die Wirkung dieser Einflußsphäre, und zwar noch der vom Meister von Flemalle bestimmten, die vor dem Einwirken Rogiers als eine erste, an den verschiedensten Stellen spürbare Welle Oberdeutschland in ihren Bann zog. Im einzelnen wäre an die Gestaltung der Innenräume bei Hektor Mülich und beim Speculumzeichner der Maihinger Handschrift, an die Landschaft des Meisters des Stuttgarter Meisterlin zu erinnern, in der Figurengestaltung vor allem an die Gewandbehandlung des Speculumzeichners. Handelt es sich manchmal auch nur um untergeordnete Einzelheiten, in denen die Einwirkung sich ausspricht, das wiederholte Auftreten verschiedenartiger Elemente
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die auf denselben Kreis hinweisen, ergeben zusammengenommen einen nicht unwesentlichen Zug in der Physiognomie der Augsburger Illustration. Ergänzend halten wir uns nochmals die lang anhaltende Wirkung einer im Osten wurzelnden Kunstübung in Augsburg vor Augen, um das gewonnene Bild auch aus den landschaftlichen Gegebenheiten heraus als natürliche Folge zu erkennen. Daß mit den hier zusammengestellten Handschriften die Gruppe nicht erschöpft ist, darf mit Sicherheit angenommen werden. Zweifelsohne wird es möglich sein, nach und nach noch eine ganze Reihe von verwandten Handschriften den jetzt bekannten zuzufügen. Vorkommen können sie theoretisch in allen Sammlungen alter Handschriften und überall im Handel, und gerade aus diesem Grunde ist es, wie schon früher betont, leider auch nicht möglich, bei einer Untersuchung wie der vorliegenden mit der Sicherheit vollständiger Materialkenntnis zu arbeiten.
KAPITEL V.
SCHWÄBISCHE HANDSCHRIFTEN VON DER JAHRHUNDERTMITTE BIS ZUM JAHRE 1470. Für einen kurzen Überblick über die Handschriftenproduktion im übrigen Schwaben etwa seit der Jahrhundertmitte bis zu den 70er Jahren können wir ausgehen von einem Manuskript, das Bredt1 irrtümlicher Weise für Augsburgisch hielt. Der Cod. lat. monac. 61 enthält 1). Guido de Columnas Trojanischen Krieg, 2). Vom Herkommen der Stadt Augsburg und 3). Die Goldene Bulle Karls IV. Das zweite Stück ist offenbar in Augsburg geschrieben worden und auf die Herkunft von dort weist für das ganze Manuskript in s e i n e r j e t z i g e n F o r m die Tatsache, daß in den Einbandstempeln das Augsburger Wappen vorkommt. Über die Entstehung des ersten Stückes, das allein Illustrationen, und zwar drei verschiedener Hände (Abb. 37/40) aufweist, ist hiermit aber noch nichts gesagt. Berthold Riehl, der zuerst auf das Manuskript hinwies2, erkannte dies ganz richtig und ließ sich garnicht auf die Frage der Lokalisierung ein. Sein Urteil über den künstlerischen Wert der Zeichnungen faßt er treffend zusammen: „Mögen die Illustratoren zuweilen auch etwas derb und ungehobelt sein, durchweg machen sie doch den erfreulichen Eindruck, einer frischen, jugendlichen, originellen künstlerischen Kraft." Durch die Herkunft des einen Stückes der Handschrift aus Augsburg ließ sich nun Bredt verleiten, auch für das Übrige denselben Entstehungsort anzunehmen. Er versucht, dies durch eine stilistische Anknüpfung an Augsburg, die in der Hauptsache auf dem Vorkommen von Landschaftsbildern 1 2
a. a. O. S. 53, Taf. VII. a. a. O. S. 41 ff. Abb. 13.
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basiert, zu beweisen. Einige Bedenken weist er mit der Bemerkung zurück, daß in der Werkstatt „auch stark mittelrheinisch beeinflußte Illustratoren arbeiten, die hier durch außerordentlich schlanke Figuren und arme Kompositionen auffallen." An einer andern Stelle1 berichtet er dann von einer Handschrift des Germanischen Museums (Nr. 998, Conrad von Würzburgs Argonautenzug und Trojanischer Krieg, Rudolf von Ems' Willehalm, Herzog Ernst), deren Illustrationen desselben Stoffes denen im Münchner Trojaner-Krieg außerordentlich nahe stehen. Das letzte Stück dieser Nürnberger Handschrift, unillustriert und von anderer Hand als das übrige geschrieben, wurde laut Eintrag 1441 „per heinricum de Steynfurt Clericum Osnaburgensem" vollendet. Nach einer eingehenden Gegenüberstellung der verwandten Illustrationen kommt Bredt zur Zuschreibung an eine mittelrheinische Werkstatt, die er vor allem mit dem Vorkommen hochentwickelter Architekturdarstellungen begründet. Dabei hält er an der Herstellung der Texte in Augsburg, bzw. in Niedersachsen fest. Für die Nürnberger Handschrift kann eine genaue Untersuchung des deutschen Textes über diese Frage Klarheit bringen, der Text dagegen der Münchner Handschrift ist lateinisch, nur kurze Bildbenennungen sind in deutscher Sprache hinzugefügt. Dafür tragen die Illustrationen einen so ausgesprochenen Charakter, daß die genauere Betrachtung eine ziemlich eindeutige Zuschreibung ermöglicht. Es handelt sich um eine große Anzahl von frei entwickelten Zeichnungen sehr großen Formats, die seitenfüllend nur von dünnem Federstrich gerahmt in der Handschrift angebracht sind. Wie schon gesagt, werden drei Zeichner unterschieden, die nacheinander mit der Ausführung der Illustrationen beschäftigt waren. Die Arbeiten der ersten Hand (Abb. 37), die bis fol. 34' zu verfolgen ist, wirken im Vergleich zu den beiden folgenden Künstlern deutlich etwas altertümlich und 1 „Eine illustrierte niedereächs. Hs. von 1441 im Germ.Mus." in: Mittlgn. aus d. Germ. Nat. Mus. Nürnbg. 1901. Dazu Abb. S. 149 u. 151.
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Kapitel V.
gehören nach Haltung und Faltenwurf der Figuren noch in der Hauptsache dem weichen Stil an, wenn auch schon im Bau der Szenerie fortschrittliche Bemühungen zum Ausdruck kommen und bei den Figuren Mittel der räumlichen Illusion, wie das Umfahren der Konturen mit dem Pinsel zur Veranschaulichung des Schlagschattens angewendet werden. Auch bei dem folgenden Zeichner (Abb. 38), der von fol. 41 bis 102' tätig war, ist dies Mittel zu beobachten. Dazu kommt das Überstreichen auch der Binnenstriche mit dem Pinsel, so daß wir eine mit den Arbeiten Hektor Mülichs verwandte Technik vor uns haben. Hiermit gewinnen wir eine Datierung etwa um die Jahrhundertmitte herum, die durch die gesamte künstlerische Haltung und die Kostüme bestätigt wird. Der dritte Illustrator, (Abb. 39/40) fol. 110/193', ist bemerkenswert durch die besondere Art seiner großflächigen Bemalung, die pastellartig wirkt. Die Ähnlichkeit der Technik mit den Arbeiten Hektor Mülichs, in der wir eine Umsetzung neuer malerischer Bestrebungen erkannt hatten, wie sie in Deutschland vor allem durch Konrad Witz vermittelt wurden, legt auch für diesen Bilderkreis einen Vergleich mit den Erzeugnissen des Bodenseegebietes und des Oberrheines nahe. Hierbei stellen sich nun Ähnlichkeiten heraus, die z. T. sehr weit gehen. An die Hundeshagen-Handschrift in Berlin erinnert vor allem die Komposition und Ausbildung der Landschaft. Für die Zusammstellung von Stadtbild und Meer mit Schiffen darauf und dazu eine reiche Figurenhandlung (wie auf Abb. 37) findet sich dort Verschiedenes in der Gesamtanlage sehr Verwandtes. Ebenso sind Figurengruppen im Innern von Gebäuden (Abb. 40) sehr ähnlich entwickelt. Für die Gesichtstypen des zweiten und dritten Zeichners, die auch untereinander verwandt sind, erinnert man sich an dieDonaueschinger X X I V Alten von 1435 und entsprechend an die Köpfe des Spielkartenmeisters. Dort finden sich dieselben typischen schmalen Gesichter mit scharfer Nase und streng blickenden Augen. Als besonders schlagend darf eine einzelne Gestalt des dritten Zeichners (Abb. 40) angesprochen werden, nämlich
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die sitzende Frau rechts, durch Unterschrift als Polixena bezeichnet. Auf dem Tafelbild Konrad Witzens im Straßburger Museum kommt dieselbe Gestalt vor, die Übereinstimmung geht bis in Einzelheiten der Lichtführung. Man wird nach dem gesamten stilistischen Befund nicht fehlgehen, die Entstehung der Handschrift in der Einflußsphäre des Konrad Witz zu suchen. Von Augsburg kann nicht die Rede sein, im Gegenteil, der Münchner Trojaner Krieg ist außer in den Einzelheiten überhaupt als Illustrationstypus mit den blattgroßen, kaum gerahmten Zeichnungen ein charakteristisches Gegenbeispiel. Illustrationen gerade des Trojaner-Krieges scheinen im Kreise des Konrad Witz besonders beliebt gewesen zu sein. Eine prächtig ausgestattete Miniaturhandschrift aus dem Besitz Kaiser Friedrichs III. in der Wiener Staatsbibliothek mit Bildern des Martinus Opifex (?) ist ein köstliches Beispiel der entsprechenden Richtung in der Deckfarbenmalerei. Ein Trojaner-Krieg im Berliner Kupferstichkabinett1, der aus dem Allgäu stammt, ist mit den Darstellungen des Münchner Codex verwandt, doch ist in der Zeichenweise entsprechend dem Entstehungsdatum 1464 schon die ausgesprochene Einwirkung des Holzschnittstiles zu beobachten (Abb. 41). Kautzsch hat auf die Verwandtschaft dieses Stückes mit den Richenthal-Handschriften aufmerksam gemacht. Die 7 erhaltenen illustrierten Abschriften dieser Handschriften nach dem Urmanuscript auf die früher hingewiesen wurde, sind vermutlich in den zwei Jahrzehnten nach der Jahrhundertmitte in Konstanz entstanden. Ein ausführlicher Vergleich mit dem Münchner und entsprechend dem Nürnberger Trojaner Krieg würde sich lohnen. 1
Ms. 78, A 13. Schreibvermerk fol. 135: „Hoc opus completum est in vigilia assumptionis mariae virginis perme Cunradum segen8chmid(tunc ?) temporisvicarius inHaimchülchannoM°CCCC 0 LXIII.«' Erwähnt bei Kautzsch, Einleit. Erört. Nr. 57, wo auch auf eine weitere unillustr. Hs. desselben Schreibers in Donaueschingen Nr. 242, hingewiesen wird, in der er sich im Jahre 1465 Capellanus des Herren Marckquart von Schellenberg, Vogts zu Wolckenberg nennt.
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Nach ihrem Stil und der angewendeten Zeichentechnik unterscheidet Kautzsch drei Gruppen innerhalb der Richenthal-Handschriften. Die Künstler der dritten Gruppe, die das Aulendorfer, das Petersburger Exemplar und die Karlsruher Handschrift E umfaßt, werden folgendermaßen charakterisiert (S. 484): „Sie scheinen wohlgeübte, aber ohne engere Beziehung zum Holzschnitt tätige Künstler zu sein. Die Entwicklung des zeichnerischen Stils knüpft denn auch nicht an ihre Weise an, sondern an die der Meister der zweiten Gruppe (die Handschriften im Konstanzer Rosgarten-Muscum von ca. 1455/65 und in Wien von ca. 1465/70). Sie sind, etwa wie einzelne Zeichner Diebolt Laubers in Hagenau oder der Zeichner des Trojaner Kriegs im Berliner Kupferstich-Kabinett, letzte Ausläufer in dieser Art der Federführung, welche im späten Mittelalter üblich gewesen war." 1 Die Entwicklung dieser Zeichenweise haben wir in den früheren Kapiteln nach Möglichkeit verfolgt und dürfen also diese Richenthal-Handschriften entwicklungsgeschichtlich hier, anknüpfen. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß entsprechend dem z. T. recht späten Datum ihrer Anfertigung eine ähnliche Weiterentwicklung zu beobachten ist, wie in Augsburg etwa in der Bibel von 1457, zu deren Stil die Arbeiten des ersten Zeichners in E. eine parallele Erscheinung darstellen2. Über das zeitliche und kausale Verhältnis der „holzschnittmäßigen" Zeichenweise in Handschrift und im Druck 6ei auf die systematische Erörterung dieser Frage auf Grund einer festdatierten Entwicklungsreihe Augsburger Erzeugnisse im VII. Kapitel dieser Untersuchungen hingewiesen, deren prinzipielle Ergebnisse auch für die allgemeine Entwicklung und entsprechend für die Verhältnisse in Konstanz einen Anhalt bieten dürften. In der ersten Gruppe der Richenthal-Handschriften werden 1 Die Erwähnung des Berl. Trojanerkriegs in diesem Zusammenhang muß auf einem Irrtum beruhen. Vgl. Abb. 41. 2 Mit der Datierung u. den Namenseintragungen in dieser Hs. befaßt sich K. Preisendanz in einem Aufsatz im Ztrbl. f. Bibl.-Wesen X X X I X Jg. 1922.
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von Kautzsch die Handschriften in Prag, Stuttgart und das Karlsruher Manuskript aus St. Georgen genannt, die alle mit dem Konstanzer Chronisten Gebhard Dacher in Verbindung stehen. In diesem Mann ist möglicherweise der Leiter einer Werkstatt für die Anfertigung und Ausmalung von Handschriften zu sehen. Die Illustrationen in seinen Handschriften sind keine Federzeichnungen, sondern derbe Pinselarbeiten mit dicken schwarzen Tuschstrichen in sehr bunter Bemalung in blau, rot, gelb, grün und grau, dazu mit Weißhöhungen für Gesichter, Hände und Gewandfalten. Hierher gehört auch die Konstanzer Chronik Gebhard Dachers in St. Gallen1, die u. a. eine auch inhaltlich interessante Darstellung des Ravensburger Ritualmordes vom Frühjahr 1429 enthält (Abb. 42). Im Versteigerungskatalog der Sammlung Rudolf Busch in Mainz wird unter Nr. 259 eine illustrierte Konstanzer Handschrift aufgeführt, die 1453 von Johannis Mör de Constantia" geschrieben ist. Das Rosgarten-Museum in Konstanz hat neuerdings eine illustrierte V i t a S. A u g u s t i n i erworben, die nach den darin enthaltenen ausführlichen Vermerken über ihre Entstehung 1460 zu K o n s t a n z hergestellt wurde und zwar im Auftrag des Augustiner-Eremiten Johannes Ertzer aus Freiburg i. B., der selbst an der Herstellung beteiligt war2. Die Handschrift ist blockbuchartig angelegt mit 124 kolorierten Federzeichnungen, die mit erläuternden Beischriften versehen sind. Es scheinen mehrere Hände mit der Illustration beschäftigt gewesen zu sein. Eine illustrierte Suso-Handschrift im Stifte Einsiedeln, die möglicherweise mit Konstanz in Beziehungen steht, und 1 Stiftsbibl., Cod. 646. Vgl. Ph. R u p p e r t , Die Chroniken der Stadt Konstanz, ebenda 1898, und Th. L u d w i g , Die Konstanzer Geschichtschreibung bis zum 18. Jhdt., Straßburg 1894. 8 Eine kurze Notiz über die Erwerbung dieser Hs. findet sich in der Zschr. f. oberrhein. Kirnst 2. Jg. Heft 3.
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andere Illustrationen von derselben Hand sind im Kapitel V I I dieser Untersuchungen besprochen. Auf eine Reihe weiterer Handschriften, die nicht unmittelbar nach Konstanz gehören, aber mit einiger Wahrscheinlichkeit im Bodenseegebiet entstanden sind, sei ebenfalls hingewiesen. In der Stiftsbibliothek zu St. Gallen befindet sich eine Sammlung von Legenden der Stiftsheiligen (St. Gallus, St. Magnus, St. Othmar, St. Viborada etc.), die 1452/60 in St. Gallen von Cunrad Sailer geschrieben wurde. Der Codex (Nr. 602) enthält 140 kolorierte Federzeichnungen verschiedener Hände. Zwei kolorierte Zeichnungen der hl. Wiborada und des hl. Othmar in dem Codex 586 derselben Bibliothek, von dem Konventualen Friedrich Colner (gest. 1451) geschrieben, gehören ebenfalls zu dieser Gruppe. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist auch der Codex 987 der Stiftsbibliothek in St. Gallen entstanden. Die 1454 datierte Handschrift enthält verschiedene Stücke (vgl. den Catalog), von denen die X X I V Alten mit 24 Miniaturen illustriert sind, die zur Grenzgattung zwischen Federzeichnung und Deckfarbenmalerei gehören. In derselben Technik ist ein Vollbild zur Legende der hl. drei Könige, die Anbetung des Kindes darstellend, gearbeitet (Abb. 43). Als „seeschwäbisch" um 1460 ist im Wegenerschen Katalog der Heidelberger Handschriften der Codex pal. germ. 346 (Tristan) bezeichnet. 1465 ist eine weitere Handschrift der St. Galler Stiftsbibliothek vollendet, die nach dem Dialekt und dem Stil der Illustrationen (Abb. 44) in diesem Zusammenhang zu nennen ist. Es handelt sich um den Codex 658, die KreuzfahrerChronik Ruperts von Reims, in der zahlreiche Schlachten — und Belagerungsbilder mit Dialogszenen abwechseln. Der Codex 599 derselben Bibliothek enthält ein deutsches Leben Jesu von 1467 mit Initialfederzeichnungen. Ein H e i l i g e n l e b e n der Bibliothek Donaueschingen (Nr. 117, vgl. den Katalog Baracks) mit qualitätvollen Illustra-
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tionen, das aus dem Villinger Franziskanerkloster stammt, trägt auf fol. 77' den Vermerk: „Amen in dem LIV jar am Freitag vor mitfasten zu fussen hr hans der maler" und fol. 189': „Daz puchlin ist gescribn alz man zalt nach cristi gepurt M0CCCC° und in dem L I I I I 0 jar am palmabend der edeln und wolgepornen frowen frowen Annan von Zymmern und grefin von kirchperg." Zu jeder Legende der in der Hauptsache weiblichen Heiligen hat die Handschrift eine ganzseitige hellavierte Federzeichnung (Abb. 45) von grisailleartiger Wirkung. Inhaltlich interessant ist eine Darstellung der Siebenschläfer in ihrer Felsgrotte auf fol. 118'. Oberschwäbisch heißt eine Heidelberger Handschrift von Jakob von Ccssolis' Schachzabel von 1463 im Wegenerschen Katalog (S. 63). Im selben Jahr 1463 ist eine U r a c h e r H i s t o r i e n b i b e l , in der Wiener Nationalbibliothek aufbewahrt, vollendet worden1. In diesem Codex befindet sich eine sehr interessante Abrechnung über die Herstellungskosten des Buches, in der die Summen einzeln genannt werden, die für die Anschaffung des Papieres, ferner „dem Mauler zu urach von den figuren zumalen", dem Buchbinder, dem Krämer ,,umb das Rot lösch darüber zuziehend", dem Schreiber „von den Buchstaben und and. m. das er in dem buch gemacht hat" zu zahlen waren. Eine lateinische Handschrift medizinisch-naturwissenschaftlichen Inhaltes der Kantonsbibliothek zu Frauenfeld (Nr. Y 123) wurde laut Eintrag 1466 „per manus Johann. Paric' de hall" vollendet. Eine Donaueschinger Handschrift der sieben weisen Meister, die in engen Beziehungen zu einer Augsburger Holzschnittinkunabel steht, ist im Kapitel VII ausführlicher erörtert worden. 1 Ms. 2823. Vgl. Hans Vollmer, Ober- u. Mitteldeutsche Historienbib. Berlin 1912, S. 95ff. Taf. X I .
7 L• hnaDB-H• npt, Federzeichnonjeu
K A P I T E L VI.
DIE HANDSCHRIFTEN DE S CONRAD MULLER VON OETTIN GEN. Die illustrierten Augsburger Handschriften aus den 50er Jahren, die wir kennengelernt haben, gehören ihrer historische Stellung nach an das Ende einer Stilepoche, die in den zeitlich darauf folgenden Arbeiten schon überholt und von einem neuen Stilwollen mit entscheidend veränderter Formgebung abgelöst erscheint. Wie bei einem vorläufigen Überblick über die verschiedenen illustrierten Handschriften der Meisterlin-Chronik deutlich geworden war, stehen uns für jede entscheidende Stilphase Illustrationen immer wieder dieses selben Textes zur Verfügung. Die zeitlich nächste der erhaltenen Handschriften nach den bisher ausführlich besprochenen der Brüder Mülich von 1457 ist durch einen Zwischenraum von mehr als 20 J a h r e n von ihnen getrennt. Ein Blick auf ihre Zeichnungen zeigt uns also willkommener Weise den neuen Stil in seiner vollen Entfaltung, zu der selbstverständlich eine gewisse Zeit erforderlich war. Die allmähliche Ausbildung in der Zwischenzeit wird nach den erhaltenen Handschriften zu verfolgen sein, dann erst kann die Gruppe, mit der auch die erwähnte Meisterlin-Chronik, nämlich das Exemplar der Münchner Staatsbibliothek von 1479 auf das engste verbunden ist, stilkritisch und unter Erörterung der äußeren Entstehungsbedingen gewürdigt werden. Das hindert aber nicht, schon jetzt exemplarisch durch einen Vergleich einzelner Darstellungen mit den entsprechenden des Cod. St., von dem die Handschrift in ihrem Bilderkreis, wie wir sahen, bis ins Einzelne abhängig ist, zu verdeutlichen, was inzwischen vorgegangen ist. Daß der Inhalt der Szenen und die Komposition in weitgehender Weise von einem Vorbild bedingt sind, bildet für diesen Zweck kein Hindernis, im Gegenteil, die Veränderungen des Zeichenstils, auf die es vor allem ab-
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gesehen ist, treten in ihrer Zwangsläufigkeit bei der sonstigen Abhängigkeit nur um so deutlicher hervor. Die Erhebung des hl. Ulrich in St. (Abb. 25) erregte unsere Bewunderung durch die feinsinnige Gliederung der Figurenkomposition, die in ausgewogenen Gruppen von kontinuierlichem Fluß geordnet erscheint, während maßvoll gehaltene Ergriffenheit die Teilnehmer zu der dargestellten Feier vereinigt. In M. dagegen (Abb. 76) sind die einzelnen Figuren in sich geschlossen ohne gegenseitige Rücksichtnahme als gleichförmige Vertikalen nebeneinander gestellt, persönliche Anteilnahme ist verdeckt unter einer mehr oder weniger ähnlichen Maske. Diese gleichmäßigen Gesichter gehören alle einem bestimmten Typus an, charakteristisch ist das spitzzulaufende Kinn, die stark hervorspringende Nase mit sehr tiefliegendem Sattel, so daß der Nasenrücken gelegentlich in der Zeichnung der Augenlider sich fortsetzt. Darüber verleihen hochgeschwungene Augenbrauen den Gesichtern einen erstaunten oder neugierigen Ausdruck, den die flott eingesetzten Punktaugen noch verstärken, es sind Köpfe von ganz ausgesprochener Eigenart, denen wir in Augsburg immer und immer wieder begegnen werden. Die Zeichnung ist äußerst sicher und mit routinierter Gewandtheit ausgeführt, der Strich fest und, dies ist nun besonders bezeichnend, aus einzelnen in spitzem Winkel umgebrochenen Graden von verschiedener Länge zusammengesetzt, kaum jemals erscheinen Kurven. Auch da, wo in der älteren Zeichenweise längliche Schleifen Schattenpartien umgrenzten, erscheinen eckig gebrochene Formen und ebenso setzen sich die früher rundlich geschwungenen Häkchen jetzt mit scharfem Knick von den Graden ab, deren Auslauf sie bilden. Vergleichen wir die Gestalt des rechtsknienden Bischofs auf beiden Darstellungen, so sehen wir, welche Bedeutung jetzt die Durchorganisation der Gewandflächen, die wir schon in den 50er Jahren, so besonders in der Münchner Bibel angebahnt gesehen hatten, gewonnen hat. Die hellbeleuchteten schmalen Gewandstege treten scharf umgrenzt hervor und sind mit großer Konsequenz langanhaltend durchgeführt, wobei alle Knicke in scharfem Winkel gebrochen sind. 7*
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In den weniger zerklüfteten zusammenhängenden Partien spielen Schraffierungen eine große Rolle, hier mit Tinte und Pinsel abwechselnd ausgeführt, und zwar vor allem parallele Strichlagen, gelegentlich auch Kreuzlagen. In den übrigen Darstellungen beobachtet man ganz das gleiche Verhältnis des späteren Zeichners zu seinem Vorbild, dessen Szenen unter seiner Hand nicht gerade gewinnen. Typisch ist z. B. bei der Belagerung des Ennius die veränderte Haltung der Reiterfigur rechts (Bredt, Taf. V u. Abb. 70), deren für die Komposition von St. so günstige Haltung garnicht verstanden wird. Es ist eine entschiedene Verderberung und Verhandwerklichung der Kunstübung festzustellen. Ob und wie weit diese Mechanisierung zwangsläufig mit der neuen Zeichenform verknüpft ist, wird sich erst nach einem Überblick über die ganze Gruppe entscheiden lassen, spielt auch keine Rolle für eine Kenntnisnahme der veränderten Formengebung, auf die es zunächst ankommt. Für die Jahre unmittelbar nach den datierten Handschriften der 50er Jahre fehlt es im Bereich der für Augsburg gesicherten Arbeiten an Beispielen. Aus dem Jahre 1466 stammt eine Handschrift des Berliner Kupferstich-Kabinetts (Beschr. Verz. Nr. 7), für deren Entstehung in Augsburg verschiedene äußere Kennzeichen sprechen. Unter den Arbeiten der 60er Jahre, die sich sonst für diesen Ort sichern lassen, stehen ihre Zeichnungen aber vereinzelt da. Den Hauptinhalt dieses Codex bildet ein Leben der hl. Katharina, als dessen Verfasser der Predigerordensgeneral Reymunt genannt wird, der im Nürnberger Dominikanerkloster begraben liegt. Geschrieben ist die Handschrift nach dem Schreibervermerk auf fol. 109' von der Schwester Elisabeth Warrüszin, Nonne im Katharinenkloster. Da nicht hinzugefügt ist, in welcher Stadt, könnte man im Hinblick auf den Verfasser zunächst an das Domikanerinnenkloster in Nürnberg denken 1 . 1 Vgl. hierzu W e t z e r u. W e l t e , Kirchenlexikon. Freiburg i. B. 1895, ferner H e i m b u c h e r, Die Orden und Kongregationen der kathol. Kirche Bd. I I S. 1C5.
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Nach dem Dialekt des Textes ist es aber ganz ausgeschlossen, die Entstehung der Handschrift in Franken anzunehmen, es finden sich eindeutige Beweise schwäbischer Mundart, allersings mit bayrischen Elementen vermischt, so daß der Entstehungsort im schwäbisch-bayrischen Grenzgebiet gesucht werden muß 1 . In Augsburg gibt es nun wirklich ein Katharinenkloster der Dominikanerinnen. Ferner ist daran zu erinnern, daß eine Familie mit dem Namen der Schreiberin in dieser Stadt tatsächlich gelebt hat: Erhard Wahraus ist der bekannte Verfasser einer Augsburger Chronik2. Hiermit dürfte die Entstehung in Augsburg als gesichert gelten. Die 43 Illustrationen der Handschrift (Abb. 46), nehmen die ganze Breite der zweikolumnig beschriebenen Seiten ein, die Szenerie ist weit und offen, wenn auch etwas mechanisch entwickelt, die Figuren stehen in losem Nebeneinander gut proportioniert in den geräumigen Zimmern, die knapp über den Köpfen vom Rahmen überschnitten werden, so daß charakteristischerweise die schmalen hohen Fenster und Türen immer nur in ihren unteren Teilen sichtbar werden. Die Farben, mit denen die Illustrationen getönt sind, wirken hell und bunt, in ihrer Zusammenstellung ist eine selbständige Note erzielt, für die vor allem das Nebeneinander von hellem freundlichem Grün, Himmelblau und Gelb bezeichnend ist. Im Vergleich zu den Figuren in Kompositionen der 50er Jahre, mit deren Typus ein Kopf wie der sanfte bärtige Mönch am Bett der Heiligen (Abb. 46) noch verwandt erscheint, ist eine deutliche Beruhigung eingetreten. Es ist noch nicht die starre Isoliertheit der einzelnen Figuren, wie wir sie bei dem Vergleich mit Zeichnungen aus der MeisterlinHandschrift M. kennengelernt haben, die weißgekleidete Ge1 Typisch schwäbisch ist vor allem die Dehnung von a zu au, wie in ,gedaucht', .schlaufent' usw. Für Bayern sind dagegen charakteristisch die harten Anfangsbuchstaben und die Neigung zur Konsonantenverdoppelung wie prott, pitterkait, bettet (=betet), pluott, hettett usw. 2 Vgl. Chronik der deutschen Städte Bd. IV, 1.
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stalt neben dem Bärtigen verrät in ihrer Haltung immer noch Sinn für die verbindende Kraft einer geschwungenen Silhouette, aber die Bewegung wird nirgends recht aufgenommen und fortgeführt. Dementsprechend ist der übrigens sichere und ausdrucksfähige Strich zwar nicht mehr ausgesprochen kurvig geschwungen, aber auch noch nicht wirklich scharf gebrochen. Daß der Zeichner (oder die Zeichnerin?) schon Dokumente des neuen Stils in voller Ausbildung kannte, kommt hier und da zum Ausdruck, er kann sich aber noch nicht zur restlosen Aufgabe der älteren Formgebung entschließen. Auf einer fortgeschritteneren Stufe der Entwicklung steht eine Gruppe von Arbeiten, deren Entstehung hauptsächlich in da3 Ende der 90er Jahre fällt. In ihnen erweist sich die Stilwandlung bereits als vollzogen. Eine Anzahl von untereinander eng verwandten Illustrationen, die offenbar auf ein und dieselbe Persönlichkeit, zum mindesten auf nahe Werkstattgemeinschaft zurückgehen, findet sich in einer Reihe von Handschriften verschiedener Schreiber. Die Texte dieser Handschriften sind überwiegend religiösen Charakters, die Illustrationen stehen den klösterlichen Deckfarbenminiaturen nahe, sie gehören technisch zu einer Grenzgattung, in der die Anwendung von Deckfarben und Federzeichnung verbunden erscheint. Die früheste datierte Handschrift mit Bildern dieses Illustrators ist ein Gebetbuch in Maihingen (Beschreib. Verz. Nr. 16), das nach der wiederholten Eintragung der Jahreszahl schon 1459 entstanden ist. Es enthält nur zwei Illustrationen, auf fol. 50' einen h 1. Georg auf rotgezäumtem Schimmel den Drachen tötend, der sich unter den erhobenen Vorderfüßen des Pferdes windet, eine leichte flüchtig getönte Federzeichnung, und auf fol. 139 eine D o r n e n k r ö n u n g auf eingeklebtem silbern gerahmten Pergamentblättchen in kräftigen Deckfarben. Die Handschrift steht ihrem Entstehungstermin nach vereinzelt da, die zugehörigen Stücke sind alle erst zu Ende der 60er Jahre entstanden. Ein in der äußeren Erscheinung sehr ähnliches Gebet-
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büchlein von 1470, illustriert mit einer Passion Christi in 18 Szenen, befindet sich in Heidelberg (Beschreib. Verz. Nr. 11), und zwar ergibt sich aus einem Schriftvergleich mit dem Maihinger Stück, daß dieser Codex auch von demselben Schreiber angefertigt wurde, der sich in Maihingen als Melchior Brunner genannt hat. In den Augsburger Steuerbüchern begegnet uns tatsächlich dieser Name, und zwar in den Jahren 1455 und 1456 unter der Rubrik „vom Schwinbogen" und wir dürfen diesen Namen möglicherweise auf den Schreiber des Gebetbüchleins anwenden, womit ein weiteres Argument für die Entstehung in Augsburg, gewonnen ist, die, im Heidelberger Katalog noch als Vermutung ausgesprochen, schließlich einwandfrei festgestellt werden wird. Neben dem Dialekt des in deutscher Sprache abgefaßten Textes mit der für den Augsburger Bezirk charakteristischen Mischung alemannischer und bayrischer Elemente, zeugt die Rahmung der Bildchen im Heidelberger Codex (Abb. 47), die derjenigen im Maihinger Gebetbuch genau entspricht, durch ihre Ähnlichkeit mit den Umrahmungen in gesicherten Augsburger Klosterarbeiten für die Entstehung in dieser Stadt. Es handelt sich um dieselben aus verschiedenfarbigen Leisten, die in der Mitte der Seiten die Farbe wechseln, zusammengesetzten Rahmen, denen wir schon bei dem Überblick über die Meisterlin-Chroniken begegnet sind. Auch dieselbe Art der Initialverzierung — der Buchstabe auf goldenem Grund mit eingepunzten Ornamenten in ebensolchem Rahmen, von dem die Ranken ausgehen und den Schriftspiegel rings umwinden — ist zu finden. Die Illustrationen wirken ausgesprochen bunt, in den Gewändern ist kräftiges Blau und Zinnober, Blauviolett und Rotviolett im Wechsel, Hellgrün und Blaugrün, kristallisch glitzerndes Gelbbraun (typisch schon für die 50er Jahre!), dazu das Gelb der Heiligenscheine und der Holzdecken in Innenszenen zu beobachten. Die fröhliche Vielfarbigkeit dieser sehr kleinen Illustrationen auf den zierlichen Blättern des Bändchens wirkt sehr reizvoll. Die Bildchen stehen zu Anfang der dazugehörigen Textabschnitte, oder wenigstens vor der bestimmten
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Stelle, die sie illustrieren. Immer sind es wohlbekannte Bildsituationen zu wohlbekannten Textstellen, die dem frommen christlichen Leser sicher nicht ein überraschendes Phantasiebild vermitteln sollten. Das Bild ist vielmehr als eine stimmungsmäßige Vorbereitung auf die erbauende Textstelle aufzufassen, die längst bekannten Passionsszenen sollen immer wieder möglichst lebendig und gegenwärtig zu dem andächtigen Beter sprechen. Darum darf sich auch der Illustrator, wie das kleine Format es nahelegt, ruhig auf wenige Personen beschränken, außer den unmittelbar beteiligten Hauptpersonen immer nur einen Repräsentanten für viele geben und die Szenerie nur oberflächlich andeuten. Der Boden ist als hellgrüner Streifen gemalt, der auf eine für diesen Illustrator charakteristische Weise mit dunkelgrünen Parallelstrichen überzogen ist, die zur Andeutung der Schlagschatten stellenweise von andern Strichsystemen gekreuzt werden. Der Hintergrund ist meistens mit kräftiger blauer oder zinnoberroter Deckfarbe ausgefüllt, manchmal auch offengelassen mit blauem Himmelstreifen am oberen Rand. Der Innenraum, z. B. fol. 11', wird mit glatten Wänden, ein kleines Fenster in der Rückwand und Holzbalkendecke darüber, gegeben, sonst meist nur durch einen einfachen Sitz in den Gerichtsszenen, eine Säule bei der Geißelung usw. angedeutet. Für die Darstellung von Architektur, z. B. das Tor Jerusalem fol. 7', erscheint ein altertümlicher hoher Kasten, der bis zum oberen Bildrand von hohem Rundbogentor durchbrochen ist. Die Landschaft vertreten einzelne Bäume, fol. 51' zwei sich überschneidende Hügel, vorne mit kleinem Bach und Brücke darüber. Unter starker Betonung der Vertikalen, die die kompositionelle Isoliertheit der einzelnen Figur unterstreicht, stehen die Personen mit gemessenen Bewegungen in geschlossenem Umriß nebeneinander. Zwar überschneiden sich die Gestalten häufig — typisch ist z.B. wie die Beine der Nebenfiguren von den Hauptpersonen nach unten zu überdeckt werden — die Handelnden sind auch durch Handgesten zueinander in Beziehung gesetzt, aber der verbindende Strom, der in den 50er Jahren von Figur zu Figur spürbar war, hat ausgesetzt. Eher können uns die rundlichen Kopftypen mit
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ihrem freundlichen Ausdruck an die Köpfe z. B. in der Bibel von 1457 erinnern. Die Augen liegen weit auseinander, der Nasenrücken fehlt, ebenso das untere Augenlid. Häufig werden die Figuren mit breitausladendem Oberkörper über der schmalen Basis der Beine und Hüften aufgebaut, im Ganzen wirken sie unplastisch als geschlossene Farbflächen, erst bei näherem Zusehen zeigt sich eine eingehendere graphische Durchbildung. Abwechselnd mit der Feder und dem Pinsel sind über die die Vorzeichnung verdeckende Flächenbemalung eckig gebrochene Liniensysteme eingetragen. Über der sorgfältigen Rot- und Weißhöbung der Gesichter wird ebenso wie bei den Händen die Zeichnung mit schwarzem Federstrich herausgeholt, die Belebung der Gewänder erfolgt mit dem Pinsel in feiner schraffierender Strichmanier. Besonders typisch ist die Gliederung der Körperfläche durch Betonung der scharfabgesetzten, gebrochenen Kontur des hellbeleuchtet heraustretenden Spielbeines im Kontrast zu den senkrecht fallenden Falten über der Standseite. Auch bei den Sitzfiguren sind die Schenkel mit kräftigen Binnenkonturen scharf abgegrenzt, der Umriß der massigen Figuren ist aufs äußerste vereinfacht. Eine mehrfach in der Literatur erwähnte Handschrift der Münchner Staatsbibliothek (Beschreib. Verz. Nr. 20) von dem Augsburge? Johannes Erlinger 1468/9 geschrieben1, enthält zu der Legende des hl. Ulrich einen Bilderschmuck (Abb. 48/49), der sehr nahe mit dem im Heidelberger Gebetbuch verwandt ist. In den auf gleiche Weise wie dort gerahmten Illustrationen begegnen wir derselben kräftigen Farbenskala, denselben weichen Gesichtern in sorgfältiger Deckfarbenunterlage mit Rot- und Weißhöhungen und darüber aufgesetzter Federzeichnung, denselben mit dem Pinsel graphisch gegliederten Gewändern mit der betonten Spielbeinkontur, 1
In der fragt. Zeit kommen in den Augsburger Steuerbüchern zwei Träger dieses Namens vor, ein „Wagenmann" in der Pfaffengasse und einer unter der Rubrik „Weberhaus". Man möchte in dem Schreiber aber wohl eher einen Konventualen, vielleicht aus dem Ulrichskloster vermuten.
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derselben typischen Art der Bodengestaltung und namentlich der Komposition in ruhiger Gegenüberstellung, die im Heidelberger Gebetbuch beobachtet werden konnte. Die Übereinstimmung ist so weitgehend, daß mit ziemlicher Bestimmtheit auf ein und denselben Miniator geschlossen werden darf. Geringfügige Abweichungen in der Zeichnung der Gesichter genügen kaum, einen gesonderten Werkstattgenossen anzunehmen. Auf jeden Fall bestimmt der Zusammenhang mit der inschriftlich für Augsburg gesicherten Münchner Ulrichslegende endgültig den gleichen Entstehung3ort für das Heidelberger Gebetbüchlein. Die Figuren stehen einander überschneidend und dicht gedrängt nebeneinander, sie sind dabei mit einem spürbaren Sinn für gleichmäßige Verteilung der Massen nach rechts und links über die Bildfläche komponiert. Die Innenräume sind in der gewohnten Weise mit Fliesenboden und Holzbalkendecke gegeben. Gelegentliche Pferdedarstellungen sind recht gut gelungen. Noch eine weitere Handschrift mit Illustrationen desselben Miniator3 ist zu nennen, eine Sammlung von verschiedenen Heiligenlegenden ohne Datierung und Nennung eines Schreibernamens, die aus dem Ulrichskloster stammt, und heute in der Augsburger Stadtbibliothek aufbewahrt wird (Beschreib. Verz. Nr. 2, Abb. 50). Die Anbringung und Umrahmung der Illustrationen, ebenso wie Farbgebung und Stil decken sich nahezu vollkommen mit dem Münchner Codex, abweichend ist hier in der Zeichnung der Wechsel zwischen tiefschwarzen und blassen bräunlichen Strichen. Eine Beobachtung nimmt besonderes Interesse in Anspruch, nämlich, daß neben Gesichtstypen, die denen im Münchner Codex völlig entsprechen, ein anderer Typus immer deutlicher zum Vorschein kommt, den wir schon flüchtig kennengelernt haben. Die Köpfe in der Münchner Meisterlin-Handschrift nämlich sind einem feststehenden Schema entnommen, das speziell für Augsburger Arbeiten bezeichnend ist. Und zu diesem Typus gehören auch schon mehr oder weniger deutlich die Figuren des Augsburger Heiligenlebens 1 , das darum später 1
Der hl. Matthäus mit seinem Engel, Abb. 50 ist noch lange nicht der bezeichnendste Vertreter dieses Typus in der Handschrift.
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als die Münchner Handschrift von 1468/69 und das Heidelberger Gebetbüchlein von 1470 entstanden sein dürfte. An die Formgebung der Meisterlinillustrationen erinnert auch ein Motiv wie die schmalbegrenzte Falte, die von der Schulter des Matthäus (Abb. 50) in scharfem Knick über den Rücken im unteren Rocksaum verläuft. Mit der Betrachtung dieser Gruppe haben wir das Eindringen des neuen Stils in einer Reihe von Arbeiten verfolgt, die gattungsmäßig nicht als reine Federzeichnungen, also als die eigentlichen Träger der graphischen Entwicklung in der Handschriftenillustration zu bezeichnen sind, sondern wie gesagt auf der Grenze zur Miniaturmalerei stehen. Die Ursachen der Stilwandlung werden noch zu erörtern sein, jedenfalls soll nicht etwa mit der Behandlung der ebengenannten Gruppe an erster Stelle ausgedrückt werden, daß der neue Stil hier auch am ersten sichtbar würde. Im Ganzen ist der Umschwung schon vollzogen, die neue Formgebung hat Fuß gefaßt. Im Speziellen aber geht die Entwicklung in Augsburg auf die Ausbildung einer ganz bestimmten, typischen Manier hin, deren besondere Formgebung in Einzelheiten sich allerdings schon deutlich in einer Handschrift der Übergangsgruppe, und zwar dem Heiligenleben in der Augsburger Stadtbibliothek beobachten ließ, das wir darum zeitlich an die letzte Stelle, also nach 1470 angesetzt haben. Es wird sich gleich zeigen, daß im Bereich der eigentlichen Federzeichnungen schon früher die besondere Formgebung ausgebildet erscheint. Ehe wir uns dieser Gruppe von Handschriften zuwenden, sei noch kurz auf eine Heidelberger Handschrift von Jacob A. Theramos Belial hingewiesen, die nach der im Text gebrauchten Mundart zu urteilen, bestimmt im bayrisch-schwäbischen Grenzgebiet geschrieben wurde (Beschreib. Verz. Nr. 12). Wegener hat diese Handschrift vermutungsweise als augsburgisch angesprochen, was nach dem Charakter der Illustrationen durchaus möglich erscheint. Eine nähere Anknüpfung an gesicherte Augsburger Stücke ist aber nicht möglich.
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Bestimmt nach Augsburg gehört eine Sammelhandschrift verschiedener Chroniken, die in Gotha aufbewahrt wird (Beschreib. Verz. Nr. 9). Darüber, daß dieses Manuskript wirklich in Augsburg hergestellt wurde, kann kein Zweifel bestehen, wenn auch nirgends eine Ortsangabe oder ein Schreibername zu finden ist. Die ganze äußere Erscheinung der Handschrift, der Charakter und die Anordnung der Schrift, die farbigen Initialen, der besonders gemalte Initial „G" auf Goldgrund in farbigem Rahmen, die Ranken auf den Seitenrändern, hier in besonders reicher Ausführung, schließlich auch der Einband, tragen das typisch Augsburgische Gepräge, wie wir es bei dem Überblick über die späteren Meisterlin-Handschriften und in Einzelheiten auch schon bei den früheren Augsburger Arbeiten kennengelernt haben. Ebenso ist diese Ausstattung besonders in den Handschriften der Gruppe, die im folgenden zur näheren Behandlung kommen wird, immer wieder anzutreffen. Daß der Stil der Illustrationen eng mit gesicherten Arbeiten zusammengeht, ist demnach nicht verwunderlich, den sichersten Beweis für die Augäburgische Entstehung bildet die Tatsache, daß sich der Zeichner dieses Codex in einer inschriftlich gesicherten Handschrift wiederfindet. Entstanden ist das Gothaer Manuskript im Jahre 1467, also noch früher als die Illustrationen der eben behandelten „miniatuihaften" Gruppe, abgesehen vom Maihinger Gebetbuch, das noch früher ist. Die Jahreszahl befindet sich auf fol. 1' im Kreis um das Christuskind, das als Vertreter des siebenten Zeitalters, das bis in die unmittelbaie Gegenwart des Schreibers hinunterreicht, figuriert, das Datum bezieht sich also zweifellos auf den Herstellungstermin. Der Stil dieser Zeichnung und der übrigen Zeitalter, die als Brustbilder um Christus als Mittelpunkt angeordnet sind, erfreut durch eine handfeste Vitalität. Mit breitausladenden Armen sitzt der Oberkörper auf dem schmalen Rumpf, die Köpfe zurückgelehnt oder geneigt, sitzen ohne Andeutung des Halses zwischen den Schultern, die Gesichter sind mit flott eingesetzten Punktaugen ohne Unterlid, darüber mit hochgewölbtem Oberlid oder Augen-
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brauen, die Nase mit tiefliegendem Sattel gezeichnet, in vielfach wechselnden Handgesten ist die Bedeutung der Figuren ausgesprochen. Ebendenselben Stil zeigen die ganzen Standfiguren in den seitenfüllenden Zeichnungen (Abb. 51 u. 52), die von dünner roter Strichleiste umrahmt sind. Hier finden wir wieder die betonte Innenkontur des Spielbeines und gelegentlich auch dieselbe Tendenz des Zeichners, die Beine nach unten spitz zusammenlaufend und die Füße von Nachbarfiguren völlig überschneiden zu lassen, wie beim Illustrator des Heidelberger Gebetbüchleins. Die Frauen stehen in modischer Haltung mit zurückgebogenem Oberkörper, die schlanken Arme fest von enganliegenden Ärmeln umschlossen da. Mit dem Spiel der Kräfte von Figur zu Figur ist es endgültig vorbei. Dafür wird die Komposition mehr äußerlich durch gleichmäßiges Verteilen der Massen nach rechts und links ausgeglichen, eine sehr vereinfachte symmetrische Kompositionsweise setzt sich auf Kosten der räumlich wirksamen Einbeziehung der Personen in die Landschaft durch. Die Szenerie des Zeichners bezeichnet seine Stellung vielleicht am deutlichsten. Wir werden in der Illustration nach dem Ende des Jahrhunderts zu ein immer fühlbarer werdendes Abnehmen überhaupt des Sinnes für landschaftliche Gestaltung bis zu völligem Verzicht beobachten müssen. Mit den Landschaften in Georg Mülichs Handschrift ist der Höhepunkt erreicht, was nachher kommt, ist entweder vergröbernde Kopie oder zum mindesten stark unter dem Einfluß der Spare des Zeichners von St. Später hört auch das auf. In den Landschaften des Gothaer Codex jedenfalls ist noch ein gewisser Zusammenhang mit einer Kunst zu spüren, der wir die Illustrationen zum Stuttgarter Meisterlin verdanken. Diese Beobachtung ist erklärlich in Hinblick auf die historische Stellung der Gothaer Handschrift als am Anfang einer der Masse nach sehr ausgebreiteten Gruppe und somit dem Vorbild am nächsten stehend. Gegenüber der Blütezeit der Landschaft der 50er Jahre hat sich die Zeichenweise gewandelt, aber hierdurch ist keinerlei Fortschritt bedingt, im Gegenteil, alles ist mechanisiert und auf ein vereinfachtes Schema
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von Vertikalen und Horizontalen gebracht, das in Verbindung mit einer kleinlich symmetrischen Kompositionsweise bei den Figuren noch eher erträglich erscheint als im landschaftlichen Aufbau der Szenen. Einzelnes ist dagegen besser gelungen, so das Parisurteil (fol. 81, Abb. 52). Man kann hier wohl daran erinnern, daß dies auch der Gang der Entwicklung in der großen Kunst, der Malerei, ist. Das unterscheidet eben Rogier von van Eyck, Herlin oder den Meister des Sterzinger Altars von Konrad Witz. An die Stelle des mit Körper erfüllten Raumes t r i t t eine Linien- und Flächenkomposition, in der auch alle Linearperspektive vor allem linearen und Flächenwert h a t und das Landschaftliche nur noch als Hintergrundfüllung zugelassen wird. Die Illustration ergreift mit besonderem Verständnis die Vorteile dieser Wandlung für ihre Zwecke. Wie schon vorher angedeutet, begenen wir dem Illustrator des Gothaer Codex noch in einer weiteren Handschrift, einer Sammelhandschrift des Schreibers Conrad Müller von Öttingen, heute in Wolfenbüttel, die lt. Eintrag in dem auf die Herstellung der vorigen Handschrift folgenden J a h r e 1468 zu Augsburg vollendet wurde (Beschreib. Verz. Nr. 27). Die Illustrationen (Abb. 53) in derselben dünnen roten Strichumrahmung wie im Gothaer Codex, erweisen ihre Zugehörigkeit zu dessen Zeichnungen in der ganzen Anlage der schmalhohen Bilder, dem Verhältnis der kleinen Figuren zu dem weiten Raum und zueinander, wie in allen Einzelheiten der landschaftlichen Gestaltung bis zu den mit kleinen Steinchen belegten Wegen, die mit scharfem niedrigem R a n d in die gleichmäßigen Grasflächen eingelassen sind. Ebenso sind es hier wie dort dieselben kleinen Figuren, die Frauen mit zurückgelegtem Oberkörper und schlanken Armen, dieselbe Zeichen- und Bemalungsweise. Diese spätere Handschrift, welche übrigens unsere Vorstellung von dem Zeichner nicht wesentlich erweitert, f ü h r t uns auf eine engere Gruppe von illustrierten und stilistisch meist sehr eng verwandten Handschriften, die durch einen beachtenswerten Umstand miteinander verbunden sind. Den Schreiber dieses Codex nämlich, C o n r a d M ü l l e r v o n Öt-
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t ing en, können wir auch in einer ganzen Reihe anderer Handschriften, in denen er sich als Schreiber genannt hat, verfolgen. Sie werden heute an den verschiedensten Orten aufbewahrt. Im Ganzen konnte ich 9 Handschriften dieses Schreibers feststellen, in denen er sich meistens ausführlich, auch unter Angabe des jeweiligen Entstehungsortes des Textes genannt hat 1 . Zunächst seien diese 9 Handschriften in übersichtlicher Form unter Anführung der in ihnen enthaltenen einzelnen Stücke mit den Datierungen und Ortsbezeichnungen zusammengestellt . 1. H e i d e l b e r g , pal. germ. 4. Sammelhandschrift. Beschreib. Verz. Nr. 13. (Der Schüler von Paris I. 1446. Schloß Wallerstein) I. Wilhelm von Orlens. 1458. Höchstaett. Ii. Der Borte. 1467/1487 Augsburg. Iii. Die Rede von einer Graserin. 1479. rv. Der Schüler von Paris II. 1466. Augsburg. v. Der Buler und d. Spieler. — — vi. Rede von der Liebin u. d. Schönin. 1479. 1 Einige dieser H a n d s c h r i f t e n sind v o n H a n 6 Wegener i m Heidelberger K a t a l o g , S. 57, e r w ä h n t . Die d o r t g e ä u ß e r t e V e r m u t u n g , d a ß a u c h d e r cod. c h a r t . C X L I I der Ausgsburger S t a d t b i b l i o t h e k hierher gehöre, ist u n z u t r e f f e n d . D e r N a m e „ C o n r a d " wird z w a r g e n a n n t , die H a n d s c h r i f t ist a b e r keinesfalls v o n u n s e r m Schreiber C o n r a d Müller geschrieben. Schon f r ü h e r h a t P a u l J o a c h i m s o h n (Die h u m a nist. Gesch.-Schreib. Deutschlds. H e f t 1, B o n n 1895 S. 84ff.) einige A n d e u t u n g e n ü b e r diesen Schreiber v e r l a u t e n lassen. N e b e n einer R e i h e v o n H a n d s c h r i f t e n e r w ä h n t er einen I n k u n a b e l d r u c k d e r Königshofenschen Chronik in München (Inc. s. a. 767, 2°), in d e r u n s e r Schreiber Müller zahlreiche handschriftliche Zusätze a n g e b r a c h t u n d seinen N a m e n a m Schlüsse ausdrücklich g e n a n n t h a t . Auf G r u n d seiner selbständigen H i n z u f ü g u n g e n in der M ü n c h n e r MeisterlinChronik k a n n J o a c h i m s o h n ein Bild v o n der Belesenheit des Schreibers e n t w e r f e n , dessen Interesse f ü r die Neuerscheinungen des B u c h d r u c k s besonders h e r v o r z u h e b e n ist. W e i t e r g e h e n d v e r s u c h t J o a c h i m s o h n , d e n Schreiber vermutungsweise m i t einem K o n r a d Ö t t i n g e r gleichzusetzen (S. 88), „ d e r in der ersten H ä l f t e des J a h r h u n d e r t s als Verfasser politischer u n d unpolitischer Lieder e r s c h e i n t . "
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2. M ü n c h e n , Staatsbibliothek, cgm. 312. Sammlung von 10 Losbüchern. Beschreib. Verz. Nr. 21. I. 1450. Schloß Baldern. H. 1454 — I i i . 1455 — iv. 1455 (Madalen?) v. 1473 — vi. 1461. „Neladam ym niderlandt". vn. — — Tin,
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1459 — X . 1455 — 3. W o l f e n b ü t t e l , Ms.75. 10. Aug. fol. Beschr. Verz.27. Sammelhandschrift. 1408. Augsburg. 4. M ü n c h e n , Staatsbibliothek, Cgm. 252. Beschr. Vera. 22. Sammelhandschrift 1468 Augsburg. 1477. 5. B e r l i n , Staatsbibliothek, Ms. germ. fol. 564. Beschr. Verz. Nr. 5. Sprüche Heinrichs des Teichner. 1472. 6. W o l f e n b ü t t e l , 37.17. Aug. fol. Beschr. Verz. Nr. 28. Conrad v. Megenbergs Buch der Natur. 1474. 7. M ü n c h e n , Staatsbibliothek, Cgm. 213. Beschr. Verz. 23. Meisterlin-Chronik. 1479. 8. P r a g , Böhmisches Museum, Beschr. Verz. Nr. 25. Leben Jesu deutsch. 1481. Augsburg. 9. B e r l i n , Staatsbibliothek, Ms. germ. fol. 722. Beschr. Verz. Nr. 6. Jüngstes Gericht in Versen. 1482. Ehe wir uns der Betrachtung der Illustrationen in diesen Handschriften zuwenden, ist einiges über die Persönlichkeit ihres Schreibers zu sagen. Durch die zahlreichen Vermerke in seinen Manuskripten kennen wir nicht nur den Herstellungstermin aller seiner Arbeiten, oft selbst die Dauer der Herstellung, sondern man kann sich auch von seinem äußeren Lebenslauf ein Bild machen. Die Form seines Namens, mit der der Schreiber sich nennt, ist verschieden. Meist wählt er den deutschen Namen Müller oder die latinisierte Form Molitor. Zweimal nennt er sich Conrad B o l s t a t t e r , einmal ohne jeden Zusatz, ein anderIX.
Die Handschriften des Conrad Müller von (Dettingen.
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mal mit der Ergänzung: „Den man nennt Müller den Schreyber von Oettingen ym llisz". Oder er verzichtet auf den Familiennamen und nennt nur den Vornamen zusammen mit der Bezeichnung „von O e t t i n g e n " . Mit vieler Wahrscheinlichkeit darf angenommen werden, daß dieses Städtchen im Ries sein Heimatsort ist, jedenfalls steht er in engen Beziehungen zu dem Ort, wie auch ausdrücklich aus seinen Versen am Schluß des Wolfenbütteler Megenbergs hervorgeht1. Auf den Zusatz S c h r e i b e r oder S c r i p t o r verzichtet er nur ausnahmsweise, so daß wir es bei ihm gewiß mit einem berufsmäßigen Schreiber zu tun haben, was für die Beurteilung von Dauer und Art seiner Tätigkeit wie für die äußere Form seiner Arbeiten von Interesse ist. Die früheste Nachricht in der Heidelberger Handschrift am Schluß des „Schüler von Paris" ist eine indirekte. Sie besagt nämlich, daß der Schreiber dieses Stück zum ersten Male in einem anderen Manuskript zu Ende gebracht hat, und zwar schon im Jahre 1446 im Schloße Wallerstein. Dieses Schloß gehört dem Geschlecht der Grafen von Öttingen, wir sehen also den Schreiber schon bei seinem ersten Auftreten in unserm Gesichtskreis in Verbindung mit der seine vermutliche Heimat beherrschenden Adelsfamilie, mit der er auch im folgenden in Zusammenhang erscheint. In der zeitlich nächsten Eintragung nämlich, am Schluß des ersten der Münchner 10 Losbücher, findet sich die Bestätigung dieser Beziehungen. Es heißt dort, daß er das Buch in der K a n z l e i des G r a f e n U l r i c h von öttingen 2 auf In diesem Zusammenhang ist auf eine Vermutung Berthold Riehls hinzuweisen (Stud. z. Gesch. d. Bayr. Malerei, München 1895 S. 87 u. 94), die er bei seiner Besprechung des Augsburger Miniaturisten und Schreibers H e i n r i c h Molitor äußert. Dieser Molitor ist in einer Reihe von Werken 1451-75 in Tegernsee und Scheyern zu verfolgen und sehr mit Recht hält es Riehl für wahrscheinlich, daß dieser Künstler identisch mit dem Heinrich Molitor von Öttingen ist, der lt. Inschrift 1448 den ersten Teil einer Tegernseer Handschrift vollendete, an derem 2. Bande der Augsburger Molitor lt. Inschrift arbeitete. Sollte dieser Mann ein Verwandter unseres Conrad Müllers von öttingen sein f 2 Vgl. Strelin, Genealogische Gesch. d. Grafen von öttingen. 1799. 1
8 L a h u iDQ.Hftupt, Feder leiclinangen
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Kapitel VI.
Schloß Baldern beendigt hat. Welcher Art seine Beschäftigung dort gewesen sein kann, wird noch zu erörtern sein. Die nächste Eintragung von 1458, am Schluß des Wilhelm von Orleans im Heidelberger Codex (fol. 197'), stammt aus Iiöchstett a. d. Donau. Dies Schloß gehört nicht mehr zum Gebiet der Grafen von öttingen, sondern zu Pfalz-Neuburg. Vielleicht hat unser Schreiber um diese Zeit schon die Verbindungen mit den Oettingern gelöst, jedenfalls finden wir ihn von jetzt ab nicht mehr in ihrem Gebiet tätig. Wenige Jahre darauf scheint er eine Reise in die Niederlande gemacht zu gaben und hat dort offenbar das sechste der Münchner Losbücher beendet. Wiederholt findet sich auf den letzten Seiten dieses Stückes der Eintrag „Neladam", was umgekehrt als „Madalen" zu lesen ist. (Namensumkehrungen hat der Schreiber auch sonst gern vorgenommen, wie der etwas rätselhafte Eintrag auf fol. 30 und ähnlich nochmal auf fol. 90 beweist.) In den letzten Eintrag, foL 97, fügt er auch noch ausdrücklich hinzu „ym Niderlandt" 1 . Er scheint jedenfalls recht stolz auf seinen Aufenthalt im Ausland gewesen zu sein, wie man aus der häufigen Anbringung dieses Ortsnamens schließen kann. Wie lange dieser Aufenthalt gedauert haben mag, ist nicht zu erschließen, er liegt zwischen der Anwesenheit auf Schloß Hochstätt im Jahre 1458 und dem Jahre 146G. In diesem Jahre nämlich nennt sich Conrad Müller zum e r s t e n Male in A u g s b u r g , und zwar im zweiten Teil der bereits für die allererste indirekte Nachricht erwähnten Schlußschrift des Schülers von Paris in Heidelberg. Alles, was wir nach diesem Termin noch von seinen Arbeiten kennen lernen, ist in Augsburg entstanden. Ausdrücklich bestätigt wird dies u. a. 1468 in der Wolfenbütteler Sammelhandschrift, 10 Jahre darauf am Ende des „Borte" im Heidelberger Codex mit der Jahreszahl 1478 und zuletzt 1481 in der Prager Handschrift. Der Versuch, die Persönlichkeit unseres Schreibers wie sie aus den Selbstzeugnissen in seinen Handschriften faßbar 1 Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um das heutige Madeleine nördlich von Lille in nächster Nähe der Stadt gelegen.
Die Handschriften des Conrad Müller von Oettingen.
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wird, auch von anderer Seite her, auf archivalischem Wege zu ermitteln, bietet einige Schwierigkeit. Im Fürstlich-Oetting. Wallerstein. Archiv zu Wallerstein befindet sich eine Urkunde (II. S. 223), die möglicherweise auf unsern Schreiber bezogen werden darf. Das Schriftstück behandelt einen Rechtsstreit zwischen dem Grafen von (Dettingen einerseits und zwei Edelleuten mit ihrem Anhang andererseits wegen der Zurückzahlung einer von den Oettingern aufgenommenen Schuld an ihre Gläubiger. Im Text heißt es, daß am Mittwoch nach St. Margarethentag, d. h. am 15. Juli, des Jahres 1433 „Chunrat Schreiber anstatt und von wegen der egenannten unser Herren Grauf ludwigs und Grauf Johannsen Graufen zu Ötingen mit irem vollen gewalte und gewaltzbriefen", diese Grafen gegen die Herren Hainrich Egge und Eberhart von Rischach von Rychenstein und deren Anhang in der großen Ratsstube im Rathaus zu Ulm vor dem Bürgermeister und sechs Ratsherren vertreten hat. Und zwar zusammen mit vier adligen Herren, auf die weiterhin wiederholt als auf die „Räte" der Öttinger Grafen Bezug genommen wird, was ohne Unterscheidung auch auf den Schreiber Conrad mitbezogen wird. An einer andern Stelle heißt es: „Chunrad Schriber der ain offen schriber were". Es wird auch erwähnt, daß dieser Schreiber Conrad zusammen mit einem Conrad von Hürnheim schon früher in Ulm gewesen sei und die strittige Summe von 600 Gulden gegen eine schriftliche Quittung im Auftrage der öttinger zurückbezahlt habe. Aus diesen Umständen geht hervor, daß Conrad Schreiber einen Vertrauensposten bei den Grafen innehatte, also aller Wahrscheinlichkeit nach „Rat" war. Trotzdem wird er nicht als angestellter Beamter erwähnt, vielmehr als ,scriptor publicus', während die Namen von angestellten Schreibern urkundlich belegt sind, (z.B. ein Schreiber Fuchshard und ein Johannes Keller, letzterer von Jugend auf im Dienste der Grafen.) Diese Stellung unseres Conrads als öffentlicher Schreiber, aber in einem Vertrauensverhältnis zu den Grafen, würde nicht schlecht für den Handschriftenschreiber Conrad passen, wie er aus seinen Eintragungen faßbar wird. Einige Schwierigkeiten macht bei dieser Iden8*
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tifizierung nur das chronologische Verhältnis. Schreiber Conrad kann der Art seiner Stellung nach kein ganz junger Mensch mehr gewesen sein, als er die Grafen im Jahre 1433 in Ulm vertrat. Allermindestens muß er die 20 bereits überschritten haben, sagen wir also 20 -j- x Jahre alt gewesen sein. 1450 in der Kanzlei des Grafen Ulrich hätte er dann also schon ein Alter von 37 -f-x Jahren und wäre in den Niederlanden 48 -f-x Jahre, bei seinem ersten Auftreten in Augsburg 1466 bereits 5 3 + x Jahre alt. Seine letzte bekannte Arbeit von 1482 hätte er mit 69 -|-x Jahren gemacht, also schon als 70er. Ausgeschlossen ist das nicht! Die Ermittlung unseres Schreibers im Augsburger Archiv wird leider durch den Umstand erschwert, daß Conrad Müller ein in den Steuerbüchern überaus häufiger Name ist, eine ganze Reihe von Jahren hindurch erscheinen gleichzeitig nicht weniger als 3 Träger dieses Namens ohne Berufsbezeichnung, gelegentlich sogar noch mehr, so daß die gewünschte Ermittlung eine recht schwierige und zeitraubende Sonderstudie erfordert, auf die hier verzichtet werden muß. Der Name Bolstatter kommt in der fraglichen Zeit überhaupt nicht vor. Halten wir uns also auch weiterhin an die Handschriften selbst und an das, was wir aus ihnen über die Persönlichkeit ihres Schreibers und die Umstände unter denen sie zustande kamen, erfahren. Conrad Müllers Manuskripte kann man über mehr als 20 Jahre verfolgen, und auch ohne ins Einzelne zu gehen, läßt sich eine allgemeine Entwicklung seiner Schrift beobachten. Man kann sagen, daß die Schrift in den frühen Arbeiten einen etwas krausen und schnörkeligen Charakter hat, eng drängen sich die Zeilen zusammen, und die Buchstaben am Bande und an den Zeilenanfängen haben die Neigung, geschwungen auszulaufen; ebenso sind die Initialen und die großen Buchstaben auf den obersten Zeilen der Seiten groß und schwer, mit kalligraphischen Verzierungen reichlich ausgestattet. Aber ein gewisser Grundcharakter der Schrift, rundlich und flüssig, ist vorhanden und bleibt auch weiterhin deutlich erkennbar. Allmählich tritt eine Klärung und Beruhigung der Schrift ein, die Zeilen bekommen einen sehr
Die Handschriften des Conrad Müller von Oettingen.
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gleichmäßigen routinierten Charakter, der sich der allgemeinen Augsburgischen Schreibweise einfügt, was durch die Anbringung der charakteristischen verzierten Initialen und Ornamente noch verstärkt erscheint. Trotzdem bleibt das Individuelle seiner Hand noch deutlich genug, um auf Grund des Schriftvergleiches die Zuschreibung einer nicht mit seinem Namen versehenen Handschrift vornehmen zu können. Das „Jüngste Gericht" in Berlin nämlich, das 1482 entstanden ist, erweist sich deutlich als von seiner Hand geschrieben. (Vgl. Abb. 61 mit einer Schriftprobe aus dem signierten „Teichner" von 1472, Abb. 67). Ein Blick auf den Inhalt der Conrad Müllcrschen Handschriften zeigt ein „Verlagsprogramm", wie es in seiner Mischung von ritterlich höfischem Epos und didaktischer Poesie für den Geschmack der schwäbischen Leser bezeichnend ist1. Neben dem großen ritterlichen Epos (Wilhelm von Orleans) findet sich das Lehrgedicht (Teichner) und der religiöse Dialog (Ackermann von Böhmen), die kleine Erzählung bürgerlich gelehrten Charakters (z. B. Schüler von Paris) und an wesentlicher Stelle auch die Schriften seiner unmittelbaren Zeitgenossen, wie der Humanisten Steinhöwel und Niclas von Wyle, von denen er Werke noch vor der Drucklegung offenbar unmittelbar nach ihrer Vollendung durch den Autor abschreiben konnte. Da wir wissen, daß es sich bei ihm um einen berufsmäßigen Schreiber handelt, nehmen wir gewiß mit Recht an, daß er für den Verkauf gearbeitet hat. Demgegenüber ist die Herstellungsweise des Heidelberger Codex nicht ganz leicht zu verstehen. Diese Handschrift stellt nämlich nicht etwa eine Sammlung von einzeln vollendeten Schriften dar, die zusammengebunden wurden, das Manuskript ist vielmehr so, wie es sich präsentiert, ein Ganzes. Alle Lagen sind miteinander verbunden, die einzelnen Texte reichen vom Blattbestand einer Lage herüber in die nächste. Der Schreiber hat über 20 Jahre an dem Codex gearbeitet, also in diesem Fall sicher nicht auf Verkauf gerechnet. Auch 1
Vgl. hierzu Wegener in der Festschrift Degering.
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bei der Sammlung der Münchner Losbücher brauchte der Schreiber über 20 Jahre für ihre Herstellung. Merkwürdig ist daher die zehnfache Zusammenfügung von inhaltlich und der Verwendungsmöglichkeit nach so gleichartigen Stücken, die ebenfalls den Gedanken an Verkauf ausschaltet1. Es ist aber sehr gut möglich, daß Conrad Müller neben den Sachen, die er für Geld lieferte, auch aus eigenem Interesse für sich abschrieb, oder z. B. auch, um Vorlagen für weitere Abschriften zu sammeln. Daß er ein und dasselbe Stück mehrmals abgeschrieben hat, geht aus einem Überblick über seine Texte hervor, er erwähnt es auch selber. Welcher Art nun im besonderen seine Tätigkeit war, ist schwer zu entscheiden. Ob er allein stand, oder persönlich der Leiter eines Unternehmens war und weitere Schreiber für sich arbeiten ließ, oder ob er selbst mit Genossen der Werkstatt eines anderen angehörte, läßt sich heute ebensowenig entscheiden, wie die Frage, ob die Illustrationen in seinen Handschriften in derselben Werkstatt, in der er so oder so als Schreiber tätig war, oder aber bei selbständigen Briefmalern gearbeitet wurden. Persönlich wird er kaum für die Zeichnungen verantwortlich zu machen sein. Es darf jedenfalls nicht übersehen werden, daß seine Handschriften in ihrer äußeren Erscheinung und Ausschmückung den Arbeiten anderer Schreiber z. T. sehr ähnlich sind. Auf das Vorkommen der in allen Augsburger Handschriften und ebenso in Drucken so beliebten Deckfarbeninitialen auf Goldgrund und Rankenornamente auf den Seitenrändern ist schon hingewiesen worden, ebenso auf die Tatsache, daß der Illustrator einer seiner Handschriften auch in dem Manuskript eines andern Schreibers gearbeitet hat. Es kommt noch dazu, daß diese Gothaer Handschrift einen Einband hat, der genau einem unter den Handschriften Conrad Müllers herrschenden Typ entspricht. Nicht nur Farbe des Materials und Format sind entsprechend, es finden 1 Hierfür spricht auch die Beobachtung Bolte's, Ausg. v. Georg Wickrams Werken, Tübingen 1903, Anhang S. 310: „Dass molitor ein Prunkstück liefern wollte, d a s n i c h t u n m i t t e l b a r z u m G e b r a u c h e d i e n t e , ersieht man aus dem Fehlen des Losinstrumentes der Drehacheibe...."
Die Handschriften des Conrad Malier von Oettingen.
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sich auch hier wie dort dieselben oder nur gering abweichende Stempel für die Blindpressung verwendet.1 Es hat zunächst wenig Wert, Vermutungen über die Entstehungsverhältnisse auszusprechen. Vielleicht geben einmal weitere Funde nähere Anhaltspunkte, die eine Anknüpfung an die gerade für Augsburg nicht seltenen Nachrichten über das Illustrationsgewerbe ermöglichen. Mit solchen Funden ist durchaus noch zu rechnen. Die ganze Frage ist von prinzipieller Bedeutung für diese Zeit des Konkurrenzkampfes von Bilddruckern und Briefmalern, ein Problem, dem wir uns den Gesichtspunkten dieser Untersuchungen entsprechend, vor allem von der stilistischen Seite zu nähern haben. Betrachten wir daher die Illustrationen seinerHandschriften etwas genauer. Bei der Besprechung der 60er Jahre ist schon darauf hingewiesen worden, daß die Entwicklung in Augsburg auf die Ausbildung einer ganz bestimmten handwerklichen Arbeitsweise hinzielt, die an zahlreichen Dokumenten, die alle einen äußerst gleichmäßigen Charakter haben, zu verfolgen ist. Die überwiegende Anzahl der Arbeiten in Conrad Müllers Handschriften gehört dieser Gruppe an. Einige wenige Zeichnungen, die z. T. wohl früher entstanden sind, lassen sich hier jedoch nicht einreihen, sondern stehen für sich da. In der Heidelberger S a m m e l h a n d s c h r i f t finden sich außer dem eingeklebten Kupferstich auf fol. 50 nur 2 kolorierte Zeichnungen. Der Abschied des jungen Willehalm auf fol. 66 (Abb. 54) ist in tiefschwarzer Zeichnung entworfen. Der leichte und sichere Strich beschränkt sich auf die Wiedergabe der Hauptumrisse. Die ganze Körpermodellierung und Durcharbeitung der Flächen ist ausschließlich der Bemalung überlassen, kräftige Farben, Weißhöhungen und Aussparungen sind angewendet. (Das Bodenstück olivgrün, der König in weinrotem Gewand mit zinnoberroten Schuhen, Willehalm in 1
Außer dem Gothaer Codex stammen u. a. von den Handschriften Conrad Müllers die beiden Wolfenbütteler Manuskripte, der Münchner Meisterlin und die Münchner Losbücher-Sammlung aus derselben Buchbinderwerkstatt.
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blauem Rock mit rotem Kragen und roten Strümpfen). Die Umrisse verlaufen weich und rundlich, in der Zeichnung des jungen Willehalm ist die Wiedergabe des festgehaltenen Momentes, der sofort von einer andern Haltung abgelöst werden wird, gut gelungen. Nach dem Kostüm des Königs und dem ganzen Stil zu urteilen, ist die Zeichnung noch in den 50er Jahren entstanden, also sehr wahrscheinlich in der Zeit der Herstellung des Textes zwischen 1455 und 58. Die zweite Illustration zu demselben Stück, auf fol. 167' (Abb. 55), gehört deutlich schon einer andern Stilphase an. Der feste braune Strich ist gradlinig und eckig gebrochen, die auslaufenden Häkchen dabei noch rundlich gebogen. Merkwürdig unsicher sind die Figuren in den Raum gestellt, die Unterbringung des Königspaares wirkt nicht recht überzeugend, das gekrönte Frauenpaar rechts vom Thron steht völlig in der Luft. Viel zu groß sind die Köpfe geraten. Dabei ist der Bau der Gruppen im Verhältnis zueinander nicht ungeschickt. Der Farbcharakter wirkt einheitlich abgestimmt, Braun, helles Braunrot und Hellgrün stehen nebeneinander in leichtem Auftrag, der bis zu feinem Pinselstrich aufgelöst erscheint, Mehrtonmodelierungen kommen nicht vor, dafür einige Schraffierungen. Trotz des veränderten Stils gegenüber der ersten Illustration kann auch diese Zeichnung noch in zeitlichem Zusammenhang mit dem Text, also vielleicht gegen Ende der 50er Jahre oder schon nach 1460 entstanden sein. Der B e r l i n e r Teichner von 1472 hat nur eine einzige Illustration, ein Bild des schreibenden Autors auf fol. 7' (Abb. 56). Diese Zeichnung ordnet sich stilistisch eher den Augsburger Arbeiten ein und steht der Gruppe der 70er Jahre nahe. Wir finden dieselbe stark „holzschnittartige" Silhouette mit wenigen langen Strichen, die hart umknicken, dieselben Striche in der Binnenzeichnung in kurze Häckchen auslaufend. Der Kopf mit den klargezeichneten Augen erinnert an das Ratherrenbild im Münchner Meisterlin (Abb. 62), nur ist das Gesicht hier wohl etwas starrer im Ausdruck. Auch die Gewandzeichnung ist ähnlich, abweichend wirken dagegen vor allem die Farben und ihr Auftrag. Es sind sehr lebhafte, kräftige Töne, rot, grün, gelb und blau in gleichmäßig
Die Handschriften des Conrad Möller von Oettingen.
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flächiger Eemalung ohne Aussparungen und nur sehr oberflächlichen Schattierungsversuchen innerhalb der Farbflächen. Auch der W o l f e n b ü t t e l e r M e g e n b e r g von 1474 hat nur eine Illustration, ein ganzseitiges Einleitungsbild auf fol. 1' (Abb. 57). Die Mischung verschiedener charakteristisch Augsburgischer Eigenarten der Technik und Stilphasen wirkt nach dem was wir bisher kennengelernt haben, sehr interessant. Es sind lebhafte, kräftige Farben, deckend aufgetragen mit Weißhöhungen und Pinselmodellierungen (Grün mit Braun, Karminrot, Zinnoberrot mit dunklerer Tönung, Strohgelb, leuchtend Blau, Violett, Schwarz). Die Köpfe erinnern in ihrer malerischen Behandlung an das Ratsherrenbild in Hektor Mülichs Meisterlin Chronik, nur mit dem Unterschied daß hier eine kräftige Federzeichnung dazukommt, die den Gesichtern erst ihr charakteristisches Gepräge verleiht. Der Stilwandel wird hierdurch auch in dieser Richtung veranschaulicht. Auch die sonstige Strichbehandlung ist durchaus zeitgemäß ,,70er Jahre". In der Landschaft dagegen werden wir lebhaft noch an Georg Mülichs Meisterlin-Chronik erinnert, es sind dieselben Büsche aus grünen und gelben Flecken zusammengesetzt, dieselbe Baumzeichnung, die langgezogenen Wolkenzüge, wie wir sie im Stuttgarter Codex kennengelernt haben. Der Gesamteindruck des Blattes mit der kraftvoll derben Erscheinung dieser Männergruppe in den leuchtendsten Farben wirkt sehr frisch und erfreulich. Von den Illustrationen zur W o l f e n b ü t t e l e r Sammelh a n d s c h r i f t von 1468, deren Zeichner uns zuerst in dem Gothaer Codex begegnete, ist schon die Rede gewesen, es ließ sich feststellen, daß besonders in der Komposition der Landschaft noch ein Nachklang der Blütezeit der 50er Jahre zu spüren war, während die Zeichenweise der Einzelheiten, besonders der Figuren schon völlig den Charakter der handwerklichen Massenerzeugung in den 70er Jahren aufwies. Zu dieser Gruppe gehören auch mit einigen Ausnahmen die Zeichnungen der M ü n c h n e r L o s b ü c h e r , die wir der Reihenfolge nach, wie sie sich in der Handschrift finden, besprechen wollen.
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Es ergibt sich hierbei die Schwierigkeit, daß die Dinge einerseits bis ins Einzelne der Formengebung und Zeichnung auf das engste zusammengehen, während es doch nicht möglich erscheint, alles ein und derselben Hand zuzuschreiben. Es bleibt nichts übrig, als sich zunächst mit der Hypothese eines Zusammenarbeitens von sehr gleichmäßig geschulten Kräften in einem einheitlichen Werkstattstil zu begnügen und das Einzelne nach seinem Verhältnis zu diesem angenommenen Normaltypus zu beurteilen. Es gibt nämlich doch gelegentlich ein Schwanken in der Sicherheit und Gewandtheit, das neben den Fällen, wo einfach eine gewisse Nachlässigkeit, eine weniger große Sorgfalt der Ausführung zu konstatieren ist, vielleicht als das Eingewöhnen einer zunächst der Gruppe ferner stehenden Kraft, die sich immer mehr an den Vorbildern schult, aufgefaßt werden darf. Die Zeichnungen der Glücksräder auf fol. 1', 65', 81, 98 und 144 gehören alle zusammen, sie wirken durchaus einheitlich und repräsentieren den normalen Durchschnitt der Arbeitsweise in dieser Handschrift (Abb. 58). Typisch ist das Überhandnehmen der reinen Figurenkomposition ! Die Bilder von D a n i e l und D a v i d auf fol. 3 gehören deutlich nicht zur Hauptgruppe. Sie sind aus einem andern Körpergefühl heraus entstanden, sie weisen einen andern Kopftypus auf, sind anders gezeichnet und erinnern an die eine Illustration in Heidelberg (Abb. 55). Ein eingehender Vergleich zeigt, daß die Heidelberger Zeichnung und die Propheten hier tatsächlich von ein und derselben Hand stammen. Auch die Architekturwiedergabe mit den in der Mitte des Raumes zu einem tief herunterhängenden Schlußstein zusammenlaufenden Gewölberippen ist dieselbe. Fol. 3' und 4 stammen offenbar noch von demselben Zeichner; es ist interessant zu beobachten, wie er sich müht, dem Normaltypus der holzschnittartigen Sitz- und Standfigur nahezukommen, die vollausgebildet fol. 4' bis 5' wieder auftritt. Vor allem die Proportionen gelingen ihm noch nicht recht, leicht rutschen die Figuren breit auseinander, die Extremitäten nehmen ausfahrende Dimensionen an.
Die Handschriften des Conrad Müller von Oettingen.
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Die S t e r n b i l d e r auf fol. 6' und den folgenden Seiten gehören zur allgemeinen Gruppe, ebenso ausnahmslos die K ö n i g e fol. 8' bis 30'. Wir finden die wohlbekannte Standfigur mit stark betonter Kontur des vorgesetzten Spielbeines, breit über dem Rumpf ausladende Arme mit sprechenden Handgesten, starkbetonte Beinkonturen der Sitzenden, bauschige Gewänder mit hellheraustretenden Faltenstegen und reichlichen Aussparungen. Es ist ganz gewiß, daß diese Illustrationen nicht gleichzeitig mit dem Text, sondern gute 20 Jahre später in die Handschrift kamen! Die folgenden B i l d e r von V ö g e l n , fol. 30' ff., gehören gleichfalls zur Gruppe, es sind routinierte Zeichnungen, sehr hübsch im Detail, auch wo nicht mehr als eine flüchtige Skizze zustande kam. Bei diesen Tierzeichnungen, z. B. besonders bei Pfau und Eule, wird man lebhaft an Miniaturtiere in den Rankenornamenten kirchlicher Handschriften erinnert, eine Gegenüberstellung z. B. mit Arbeiten Georg Becks bestätigt diese Verwandtschaft unbeschadet des technischen Unterschiedes der Ausführung. Die b e r ü h m t e n M ä n n e r , fol. 46' ff., gehören zur Gruppe, beachtenswert ist die gelegentliche Tendenz, die Figuren aus einer in sich ruhenden Statuarik ins Spindeldürre, Längliche auseinanderzuziehen. Eine Ausnahme aus dieser Reihe macht der Ovid auf fol. 48 oben, der als rundlich geschlossene Standfigur mit Pinselübermalung der vertikalen Schattierungsstriche seines Gewandes deutlich einer früheren Stufe angehört. Fraglich ist dabei, ob diese einzelne Figur schon vor den andern in zeitlichem Zusammenhang mit der Textherstellung in der 50er Jahren in die Handschrift kam, oder gleichzeitig mit den späteren nur von einem zu der Zeit schon altmodischen Zeichner ausgeführt wurde. Die Zeichnungen der Planeten und und Planetenkinder auf fol. 51' ff. (Abb. 85) gehören mit einer Ausnahme zur allgemeinen Gruppe. Sie machen stark den Eindruck von Kopien, die offenbar in enger Anlehnung an ein Vorbild gearbeitet worden sind. Was sich tatsächlich' darüber hat feststellen lassen, ist im folgenden bei einer Erörterung über das
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Kapitel VI.
Verhältnis von Holzschnitt und Federzeichnung in dieser Zeit gesagt. Abweichend von den übrigen Planetenbildern ist die G ö t t i n L u n a gearbeitet, die nackt mit Fackel und Horn auf himmelblauem Hintergrund in kreisförmiger Umrahmung steht, sie erinnert besonders in der Zeichnung des Gesichtes an den Augsburger Kalender in Berlin. Die b e r ü h m t e n P e r s o n e n fol. 58'ff. gehören mit einer Ausnahme zwar auch zur allgemeinen Gruppe, die Qualität ist jedoch etwas ungleichartig. Gelegentlich kommt ein ganz breiter, verwaschen wirkender Strich vor, der den Figuren etwas von ihrer kräftigen Haltung nimmt, die beiden Zeichnungen auf fol. 61 sind als völlig mißlungen zu bezeichnen. Auf fol. 63 ist ein Kupferstich eingeklebt, der sehr ähnlich dem in dem Heidelberger Codex ist 1 . Die B r u s t b i l d e r b e r ü h m t e r K ö n i g e , W e i s s a g e r und P r o p h e t e n auf den Seiten 66 bis 71 gehören in sieb zusammen und sind deutlich von allem verschieden, was sich sonst in der Handschrift findet. Wie der Ovid auf fol. 48 gehören diese Zeichnungen einer früheren Stilstufe an. Ebenso wie in Einzelheiten der Zeichentechnik erkennt man im kostümlichen Detail und am Faltenwurf die Altertümlichkeit dieser Gruppe. Es muß darauf hingewiesen werden, daß diese Bilder sämtlich auf den Blättern der Handschrift angebracht sind, die von einer andern Hand als der Conrad Müllers geschrieben und hier eingefügt wurden. Und zwar stehen die Zeichnungen entweder direkt auf dem Papier neben der Schrift, oder sie sind ausgeschnitten und aufgeklebt. Daß der Zeichner dieser nicht von unserm Schreiber gefertigten Blätter gleichwohl in einer Beziehung zu Conrad Müller selbst stand, läßt sich einwandfrei daraus ersehen, daß die hübsche Illustration im Heidelberger Codex, die den Abschied des jungen Willehalm vom König darstellt, (Abb. 54) ebenso von seiner Hand stammt, wie die Brustbilder hier im Münchner Losbuch. Ein Vergleich zwischen den Arbeiten in beiden Handschriften zeigt die weitgehende stilistische 1 Nach einer handschriftl. Notiz Lehrs vom 21. Mai 1906 war der Kupferstich zu diesem Zeitpunkt noch unbeschrieben.
Die Handschriften des Conrad Müller von Oettingen.
1-2.3
Zusammengehörigkeit der Typen und ihrer Zeichenweise und Bemalung. Das Bild des „Malachyas" auf fol 66' aus dieser Reihe stammt nicht von seiner Hand, sondern gehört wieder zur Gruppe der 70er Jahre. Alles übrige, was noch weiterhin in der Handschrift an Zeichnungen enthalten ist, gehört gleichfalls zur allgemeinen Gruppe, deren Eigenart vielleicht am besten in den Standfiguren von fol. 98' ab zur Entwicklung kommt. Auffällig und bezeichnend auch hier ist der völlige Verzicht auf alles Landschaftliche. Gelegenheit dazu wäre in den Hintergründen genug gegeben, die Zeichnung entfaltet sich aber lediglich in großen Standfiguren, die einzeln vor flachem Horizont in einen Kreis einkomponiert sind, wobei eine große Mannigfaltigkeit von verschiedenen Stellungen zu Tage tritt. Mit Vorliebe sind die Figuren, den Kopf unmittelbar zwischen den Schultern, weitausschreitend dargestellt. Aus dieser Zeichnung fallen nur die eingeklebte Zeichnung des Sokrates fol. 100 und die entsprechende Rückseite auf fol. 101 einigermaßen heraus, sie erscheinen mehr in die Länge gezogen, der Strich strähniger. Ganz anders wirkt vor allem die Figur fol. 130' mit anderm Kopftypus und auffällig brandroter Bemalung des Haupthaares, die wieder viel plumper geraten ist. Die Frauenfiguren (z. B. fol. 104') sind neben den breitentwickelten Schreitmotiven der Männer mehr an sich gehalten, sie folgen in ihrer Haltung demselben für unser Empfinden etwas geschraubten und ausgetüftelten Ideal modischer Eleganz, mit dem die hübschen Darstellungen der vier Liebespaare auf fol. 142 wiedergegeben sind. Die Illustrationen des Münchner Meisterlins und des Berliner Jüngsten Gerichtes, die außer der Handschrift in Prag, die mir nicht erreichbar war, zu seinen spätesten Arbeiten gehören, sind typische Vertreter des Augsburger Werkstattstiles. 1482 entstand der Berliner Codex als die späteste Arbeit dieser Gruppe, die mir bekannt geworden ist. Von kräftiger roter Leiste u m r a h m t , stellen die Zeichnungen in der Haupt-
1-26
Kapitel VI.
sache Figuren dar (Abb .59/61). Die Typen der dichtgedrängt angeordneten Personen und ihre Stellungen, die Zeichnung und Bemalungsweise sind uns jetzt wohlbekannt. Bezeichnend auch hier ist der völlige Verzicht auf szenischen Ausbau. Nur wo der Text es unbedingt verlangt, z. B. bei den Anzeichen des Jüngsten Tages, kommen Häuserdarstellungen und Baumzeichnungen vor. In der Auswahl der Farben macht sich eine geschmackvolle Gewähltheit bemerkbar, die schon früher gelegentlich beobachtet werden konnte. Besonders ist das Blau des Himmels zu beobachten, ein schönes Türkisblau, das gut mit dem vorkommenden Olivgrün, Gelb, Grün, Braun und Zinnober harmoniert. Der Auftrag der Farben zeigt eine Vorliebe für große ausgesparte Lichtflächen, die ohne Übergänge von den mit der Farbe schattierten Partien begrenzt sind, so daß die Figuren von einem harten Glanz umspannt erscheinen. Werfen wir nun noch einmal einen Blick auf die Münchner Meisterlin-Chronik von 1479, über die schon mehrfach gesprochen wurde (Abb. 62/76). Bei der Erörterung ihres Bilderkreises ist ihre völlige Abhängigkeit von den beiden Chroniken der Gebrüder Mülich festgestellt worden. Wesentlich ist die Beobachtung, daß dem Zeichner kaum ein selbständiger Gedanke in der Komposition zugesprochen werden konnte, er hält sich auf das engste an sein Vorbild, das er unbestreitbar mit großer Gewandtheit in seine Zeichenweise zu übersetzen weiß, wobei allerdings die Feinheiten namentlich der landschaftlichen Gestaltung verloren gehen. Über die verwendeten Farben ist noch ein Wort zu sagen. Es findet sich eine reiche Farbenskala mit mannigfaltigen Tönen. Neben verschiedenen grünen Schattierungen für den Boden ist die Erde rosa, der Himmel kräftig blau angelegt. In den Gewändern findet sich helles Blau, Ziegelrot, Violett, verschiedenes Grün, Gelb und das wohlbekannte glitzernde Gelbbraun, die Architektur Ziegelrot und Hellrot, Holzteile leicht gelb gefärbt, dazu der kräftige schwarze Strich der Zeichnung. Bezeichnend für den Gesamteindruck ist, daß alle diese einzelnen bunten Töne, die nicht eigentlich in sorgfältiger Auswahl zusammengestellt sind, trotzdem nicht aus-
Die Handschriften des Conrad Müller von (Dettingen.
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einanderfallen. Der durchgehend lockere Auftrag, vor allem die überall reichlich ausgesparten Lichter, bilden das verbindende Elemant und beleben die Schwarzweißzeichnung in ausgesprochen malerischem Sinn. Die Formengebung des Zeichners haben wir an anderer Stelle vorwegnehmend als Repräsentantin einer bestimmten festgelegten Handwerksmanier bezeichnet. Nach dem, was wir jetzt an Augsburger Arbeiten dieser Zeit kennengelernt haben, bestätigt sich dies in vollem Maße. Es erscheint kaum notwendig, noch einmal ins Einzelne zu gehen. Wesentlich dagegen ist die Frage nach dem Ursprung dieser aus dem allgemeinen Stilwandel gewachsenen Gattung, mit der sich das folgende Kapitel beschäftigt.
KAPITEL VII.
FEDERZEICHNUNG UND HOLZSCHNITT Nach den Denkmälern der ersten Jahrhunderthälfte und der 50er Jahre konnte in den Augsburger Handschriften das Einsetzen eines neuen Stils beobachtet werden, der in wesentlichen Punkten von allem Vorangegangenen unterschieden in einer geschlossenen Gruppe von sehr einheitlichem Charakter seinen Ausdruck fand. Die künstlerische Eigenart dieser Handschriften, die etwa von der Mitte der 60er Jahre ab bis in die beginnenden 80er Jahre hinein zu verfolgen sind, haben wir gelegentlich mit „holzschnittmäßig" bezeichnet und auch wo es nicht ausgesprochen wurde, ging aus der näheren Betrachtung der Zeichenweise hervor, daß es sich offenbar um eine dem Holzschnitt verwandte Gesamterscheinung handelt. Um diesen Eindruck auf seine Richtigkeit zu prüfen, müssen wir unsern Blick auf den Augsburger Buchholzschnitt der Zeit richten. Gerade in dieser Stadt war es, wo nach dem Vorgang des A l b e r t P f i s t e r in B a m b e r g zuerst in größerem Ausmaß gedruckte Bücher mit Holzschnitten ausgestattet wurden. Bei der Unternehmungslust der verschiedenen Verleger, der wir eine große Anzahl von Drucken verdanken, die z. T. überaus reichlich mit Holzschnitten ausgeschmückt wurden und häufig sehr bald neu aufgelegt wurden, ist hier von einer ausgesprochenen Blüte des Buchholzschnittes in den 70er und 80er Jahren zu sprechen, wenigstens was die Menge der Produktion anbelangt. Daß die künstlerische Qualität bei dieser Massenherstellung empfindlich zu leiden hatte und hinter dem, was in dieser Hinsicht in andern Druckorten, so besonders in Ulm geleistet wurde, erheblich zurückblieb, ist eine andere Frage. Den Beginn machte G ü n t h e r Z a i n e r aus Reutlingen, der von 1468 bis 1478 in Augsburg zu verfolgen ist, und von dem
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32 Drucke mit Holzschnitten, meist Erstausgaben im Druck, bekannt sind. Als zweiter tritt J o h a n n B ä m l e r auf, dessen erster Druck 1472 erschien. Äußerst fruchtbar wirkte A n t o n S o r g , dessen Drucke in den Jahren 1475—93 erschienen. Zwar wiederholte er vielfach die Holzschnittfolgen seiner beiden Vorgänger, andererseits aber ist ihm eine wesentliche Erweiterung des Stoffkreises zu verdanken. J o d o c u s P f l a n z m a n n , 1475—1481 im Besitz einer Druckerei, ist vor allem durch seine deutsche illustrierte Bibel bekannt. J o h a n n S c h ö n s p e r g e r und E r h a r d R a t d o l t gehören neben einer Reihe weniger bekannter z. T. auch schon vor deren Auftreten zu Anfang der 80er Jahre tätigen Drucker in eine zeitlich fortgeschrittenere Epoche, aus der wir keine Handschriften unserer Gruppe mehr kennen. Durch die großzügige Publikation Schramms sind die Holzschnittfolgen dieser Gruppe in vollem Ausmaße zugänglich gemacht worden1. Schon bei einem flüchtigen Durchblättern der Augsburg gewidmeten Bände fällt an diesen Arbeiten ein äußerst einheitlicher gleichmäßiger Gesamtcharakter als bezeichnend auf, der alleErzeugnisse dieserZeit und dieses Unternehmerkreises in stilistischer Hinsicht als ein geschlossenes Ganzes erscheinen läßt. Das Niveau dieser Arbeiten ist allerdings kein sehr hohes, man muß sich eingestehen, daß es sich in der Tat um „fabrikmäßige" Massenware handelt. Die Anforderungen möglichst gleichmäßiger, rascher Herstellung bedingten eine Mechanisierung, die eher auf Kosten der ästhex ) A l b e r t S c h r a m m , Der Bilderschmuck der Frühdrucke. Bd. I I Zainer, Bd. I I I Johann Bämler, Bd. IV Anton Sorg. Einzelheiten über die Persönlichkeiten der Drucker siehe bei R. M u t h e r , Die deutsche Bücherillustration der Gotik und Frührenaissance, München und Leipzig 1884, Textbd. L. B a e r , Die illustrierten Historienbücher des 15. Jhdts., Straßburg 1903. E. V o u l l i ö m e , Die deutschen Drucker des 15. Jhdts., Berlin 1916. An älterer Literatur vergleiche auch Z a p f , Augsburgs Buchdruckergeschichte, 2 Teile, Augsburg 1788—91.
9 Lehmann-Haupt,
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Kapitel VII.
tischen Qualität als der Deutlichkeit der Darstellungen gehen durfte 1 . Aus der Reihe dieser mittelmäßigen Arbeiten fallen die Holzschnitte zu R o d e r i c u s Z a m o r e n s i s ' Spiegel des menschlichen Lebens sehr deutlich heraus. Ernst Weil hat den Schneider dieser Stöcke auf überzeugende Weise für den Ulmer Holzschnitt in Anspruch genommen, er möchte einen Niederländer in ihm erblicken, der im Kreise Steinhöwels in Ulm gearbeitet hat 2 . Das erstmalige Erscheinen seiner Holzschnitte bei einem Augsburger Verleger ist aber ebenso ein Beweis für die engen Beziehungen zwischen beiden Druckorten, wie die wiederholten Neuauflagen der Äsop-Fabeln mit den berühmten Ulmer Holzschnitten in Augsburg. Wie nahe sich bis ins einzelne die künstlerischen Erzeugnisse an beiden Orten kommen, h a t Erwin Rosenthal in einem Aufsatz über die Anfänge der Holzschnittillustration in Ulm gezeigt 3 . Er stellt dort nämlich einzelne Figuren aus dem Ulmer Äsop und dem Zamorensis mit Zeichnungen einer sicheren Augsburger Handschrift, und zwar aus den Münchner Losbüchern unseres Schreibers Conrad Müllers zusammen, die eine entschiedene Verwandtschaft aufweisen. Sehr mit Recht erschließt er hieraus die Möglichkeit, „die Ulmer Buchkunst als eine spezifisch schwäbische zu erkennen", deren Bodenständigkeit in dgr Gemeinsamkeit des allgemeinen künstlerischen Charakters mit typischen Augsburger Arbeiten erkennbar wird. Wesentlich für unseren Gesichtspunkt ist bei dieser Gegenüberstellung auf der Seite Augsburgs die selbstverständliche Gleichsetzung von Federzeichnungen mit Holzschnitten, deren Heranziehung bei einem Vergleich mit 1 Sehr mit Recht ist von Baer darauf hingewiesen worden, wie diese Bilderfolgen fast ausschließlich in der Absicht zustande kamen, dem weniger belesenen großen Publikum den Stoff mit möglichster Sinnfälligkeit vorzuführen; dies geht sehr deutlich aus der Tatsache hervor, daß häufig die den deutschen illustrierten Druckwerken entsprechenden lateinischen Ausgaben in Anbetracht ihres gebildeteren Leserkreises auf Bilderschmuck verzichten durften. 2 Ernst Weil, Der Ulmer Holzschnitt im 15. Jhdt., Berlin 1920, S. 29. 3 Monatshefte f. Kunstwissensch. VI, 1913 S. 185ff.
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Ulmer Holzschnitten doch mindestens mit demselben Recht hätte erwartet werden dürfen. DaQ statt dessen eine Handschrift aus der Gruppe der 70er Jahre gewählt wurde, ist ein schlagender Beweis für die überaus nahe Zusammengehörigkeit von Handschriftenillustration und Buchholzschnitt in Augsburg. Von inhaltlichen Übereinstimmungen sei hier zunächst abgesehen. Stilistisch haben wir ebenso bei der Besprechung der Handschriften im vorigen Kapitel wie jetzt angesichts der Buchholzschnitte immer wieder die große Einheitlichkeit und Geschlossenheit der Arbeitsweise festgestellt. Es läßt sich jede beliebige Figur aus den Handschriften mit den Abbildungen bei Schramm vergleichen, immer wieder kommt man zu demselben Ergebnis. Die Verschiedenheiten der Technik bedingen natürlich prinzipiell eine gewisse Spanne zwischen dem freier beweglichen Strich der Zeichnung und der durch Werkzeug und Material gebundenen Darstellungsweise des Holzschnittes. Der Unterschied ist aber nicht groß. Am ehesten machen sich in der Anwendung der Schraffierungen, die zwischen den Falten verlaufen, Abweichungen bemerkbar, aber das Volumen der Figuren und ihre Proportionen, Haltungen und Ausdruck sind genau entsprechend. Besonders deutlich tritt dies in den Typen zutage, die bei den Zeichnungen ja ausführlich beschrieben wurden. Im Übrigen ist auch zu bedenken, daß die Holzschnitte ursprünglich bemalt wurden und dann auch in der farblichen Wirkung den Zeichnungen noch näherkamen. Versuchen wir, die Tatsache dieser weitgehenden Übereinstimmung entwicklungsgeschichtlich zu erklären. Bei einem Überblick über die Geschichte des zeichnerischen Stils im 15. Jhdt. bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir mit unserer Betrachtung jetzt stehen, läßt sich in den Wandlungen der Zeichenweise und Liniensprache kein Einschnitt feststellen, der in seiner Bedeutung der grundlegenden Umformung gleichkommt, wie wir sie etwa um das Jahr 1460 beobachtet haben. Es kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht unsere Aufgabe sein, die Gründe der großen Umwälzung zu unter9*
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suchen, die ganz allgemein in der ersten Hälfte des 15. Jhs. vor sich gegangen ist. Zeitlich erscheint diese neue Formgebung in Verbindung mit dem Auftreten der ersten niederländischen Einflüsse in der Tafelmalerei. Ursächlich ist davon die Rede gewesen, die immer bedeutender werdende Wirkung des Holzschnittes und der aus seiner Technik sich ergebenden Liniensprache nicht nur im engeren Gebiet der Graphik, sondern überhaupt für die neue Formgebung der Malerei geltend zu machen1. Halten wir uns demgegenüber an unseren engeren Stoff. Daß der allgemeine Gang der Entwicklung sich in der Handschriftenillustration widerspiegelte, wenn auch vielleicht zeitlich mit einigem Abstand von den charakteristischen Exponenten, ist bei der Untersuchung besonders der 50er Jahre deutlich geworden. Es läßt sich nicht übersehen, daß in der Illustration die Gepflogenheiten des weichen Stils nicht so entschieden überwunden wurden, wie in der großen Malerei. Aber angesichts der Landschaftsdarstellung in der Stuttgarter Meisterlin-Chronik, bei den Figuren Hektor Mülichs, konnte auf Quellen hingewiesen werden, die die kunsthistorische Stellung der Handschriften in der allgemeinen Entwicklung der oberdeutschen Malerei verständüch machte. Eine prinzipielle Umstellung der zeichnerischen Haltung aber ließ sich erst zu einem Zeitpunkt feststellen, der in der allgemeinen Geschichte durch das Auftreten des zweiten niederländischen Einflusses, vor allem von der Persönlichkeit Rogiers von der Weyden ausgehend, gekennzeichnet ist. Dies Zusammentreffen konnte an dem Vergleich mit den datierten Frühwerken des landschaftlich benachbarten Herlins beobachtet werden. Die Formen, unter denen sich der hartgebrochene S t i l in der H a n d s c h r i f t e n i l l u s t r a t i o n einf ü h r t e , t r a g e n v o n vornherein h o l z s c h n i t t a r t i g e n ') Dagegen Dvoiak, Kunstgeschichte als Geistesgeschichte, München 1924, S. 151: „Wir sind heute weit davon entfernt, die Entstehung eines neuen Kunstzweiges oder einer neuen Kunstsprache auf zufällige technische Erfindungen oder Anregungen zurückzuführen. Immer und überall ist das geistige Bedürfnis das Primäre in der Kunst und überall in der Geschichte der geistigen Entwicklung der Menschheit."
Federzeichnung und Holzschnitt.
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C h a r a k t e r , das muß mit allem Nachdruck betont werden. .Diese spezifische Prägung tritt nicht nur in der Federzeichnung auf, sondern erstreckt sich auch, wenngleich weniger deutlich, auf die Deckfarbenminiatur. Es darf auch mit Entschiedenheit gesagt werden, daß der Prozeß in dieser Form nicht auf den einen Ort beschränkt bleibt, an dem wir ihn erkannt haben. Es ist vielmehr eine Bewegung von allgemeiner Ausdehnung und nachhaltiger Wirkung. Die Voraussetzung für dies unvermittelte Überhandnehmen liegt in der Entwicklung des Holzschnittes, der ja zu diesem Zeitpunkt schon seine Geschichte hatte. Ohne auf die Phasen dieser Entwicklung näher einzugehen, die als solche auch zeitlich nicht derartig klar begrenzt auseinander zu legen sind, darf das Gebiet der Einblattholzschnitte als eine im wesentlichen selbständige künstlerische Region betrachtet werden, deren Formengebung dem Stil der Zeit unterworfen, in zeichnerischer Hinsicht als eine Parallelerscheinung neben der Handschriftenillustration verläuft. Für die Buchillustration fand der Holzschnitt zuerst Anwendung in der Form von Blockbüchern, deren illustrative Aufgaben eine Annäherung an die Handschriftenillustration herbeiführte, die ihrerseits nicht ohne Rückwirkung auf dieselbe geblieben ist. In diesem Bereich bereiteten sich die Kräfte vor, die den Holzschnitt befähigten, erfolgreich mit der zeichnenden Handschriftenillustration in Konkurrenz zu treten, als die stetig wachsende Beliebtheit des illustrierten Buches in weiten Kreisen einen immer rascheren und möglichst vereinfachten Herstellungsprozeß in den Werkstätten wünschenswert machte. Es ist eine längst bekannte Tatsache, daß die Holzschnittbücher aus diesen Gründen zunächst lediglich als ein Ersatz für die Handschriften gedacht waren und ihnen darum in ihrer äußeren Erscheinungsform möglichst angepaßt waren. Deshalb wurde der Rahmen für die roten Anfangsbuchstaben vom Drucker für die Tätigkeit des Rubrikators freigelassen und die Seiten des Druckes mit Deckfarbeninitialen auf Goldgrund und Rankenornamenten an den Seiten des Schriftspiegels versehen, die genau in der Art der für Handschriften
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üblichen Verzierungen und sicher z. T. von denselben Händen gearbeitet wurden. Als der Holzschnitt sich anschicktc, den Kampf mit der gezeichneten Buchillustration aufzunehmen, war er tatsächlich schon der Sieger. Das künstlerische Übergewicht der seiner Wesensart entwachsenen Formgebung ist dafür der beste Beweis. Es ist natürlich in der geschichtlichen Entwicklung nicht ohne erbitterten Kampf zwischen den Persönlichkeiten abgegangen, die sich als die Träger der einen wie der andern Handwerksübung gegenüberstanden. Gerade für Augsburg haben wir die Nachricht von einer Klage der Formschneider, Briefmaler und Kartenmacher gegen die Buchdrucker Günther Zainer und Schüßler wegen der in ihren Drucken vorkommenden Hlustrationen, durch die sie sich in ihrem Gewerbe beeinträchtigt glaubten. Melchior von Stamham der Prälat von St. Ulrich, entschied diesen Streit dahin, daß die Drucker entweder auf Illustrationen verzichten sollten, oder dieselben künftighin bei den klageführenden Handwerkern anfertigen lassen müßten1. Unter der Voraussetzung standesgemäßer Trennung von Briefdruckern und Briefmalern hat Hans Wegener2 als Folgen dieses Rechtsspruches die Tatsache empfunden, daß der Augsburger Buchdruck „bis in die 90er Jahre nicht recht von dem Handwerksniveau der Briefdrucker wegkam." Dem ist aber ein Umstand entgegenzuhalten, der für die Verhältnisse gerade in Augsburg so besonders bezeichnend ist. Es besteht nämlich tatsächlich zwischen all den Arbeiten der Briefmaler, die wir kennen gelernt haben und den Buchholzschnitten kein Unterschied der künstlerischen Qualität und des Niveaus. Die Zeichnungen stehen nicht nur in dem allgemeinen Sinne im Banne des Holzschnittes, in dem wir den Stilwandel nach der Jahrhundertmitte mit dem Überhandnehmen des Holzschnittes in ursächlichen Zusammenhang gebracht haben. Zeichnung und Holzschnitt erscheinen vielmehr auf eine besonders enge Weise verknüpft. Daß die 1 Siehe Ch. G. v o n Murr, Journal zur Kunstgeschichte und zur allgemeinen Literatur, Nürnberg 1775ff. und R. Muther a. a. O. 2 Festschrift Degering, S. 323.
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erste ausgesprochene Handschrift der „Gruppe" nur ein Jahr vor dem ersten illustrierten Zainerdruck entstanden ist, der ebenso wie das erste Holzschnittbuch in Ulm 1468 erschien, ist vielleicht kein Zufall. Bemerkenswert ist ferner die Tatsache, daß die drei bedeutendsten Augsburger Drucker der Frühzeit, Günther Zainer ebenso wie Bämler und Anton Sorg ursprünglich aus dem Kreise des Briefmaler- und Rubrikatorengewerbes hervorgegangen sind, von dessen Ausdehnung in Augsburg wie sonst in keiner Stadt die häufigen Berufsbezeichnungen in den Steuerbüchern Nachricht geben1. Alle diese Umstände zusammengenommen lassen auf Verhältnisse schließen, in denen das Ineinanderwachsen der verschiedenen Zweige des Buchgewerbes und ihr gegenseitiges Aufeinandereinwirken sehr leicht denkbar ist. Trotzdem bleibt nach unserer heutigen Kenntnis von dem Stand der Dinge recht Vieles noch unklar. Nur selten gelingt es, urkundliche und chronikalische Nachrichten eindeutig mit den erhaltenen Denkmälern und den in ihnen manchmal genannten Namen in Einklang zu bringen. Ich möchte die Vermutung aussprechen, daß dem Ulrichskloster für die Geschichte der Federzeichnung eine Rolle zufällt. Dort war der Sitz nicht nur einer Reihe von hochgebildeten Gelehrten und Schriftstellern, aus deren Kreise z. B. die MeisterlinChronik hervorging, sondern auch von Schreibern und Illuminatoren, von denen uns verschiedentlich berichtet wird2. 1 Vgl. Mutlier a. a. O. Besonders über Bämlers Tätigkeit ist Näheres bekannt geworden. Vgl. dazu den Art. „Bämler" bei ThiemeBecker (Baer) ferner einen Artikel im Gut«nberg-Jbch. 1927: V. v. K l e m p e r e r , Johann Bämler der Augsburger Drucker als Rubrikator (S. SOff.) und einen Nachtrag desselben Autors im Gutenberg-Jahrbuch 1928. 2 Vgl. dazu Friedr. W. W i t t w e r s Catalogus Abbatum monasterii SS. Udalrici et Afrae Augustensis. Abgedruckt bei A. Steichele, Archiv für die Gesch. d. Bistums Augsburgs, Bd. III, 1860. Ferner P. Nonnosus Bühler, O. S. B. Die Schriftsteller und Schreiber des Benediktinerstiftes St. Ulrich und Afra in Augsburg währen td des Mittelalters. Münchner Diss. Leipzig 1916. Dr. Schmidtbauer, Altaugsburger Buchkunst und Graphik. In: Augsburger Kunst 1914. M. H a r t i g , Augsburger Kunst. Augsburg 1922.
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Man darf mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuten, daß hier nicht nur liturgische Handschriften mit Deckfarbenminiaturen verziert wurden, sondern auch, daß es unter den Konventualen Leute gegeben hat, die mit der Feder und Wasserfarben umzugehen wußten. Es.fehlt hierfür bis jetzt aber jeder bündige Beweis. Wie großes Interesse für das Buchgewerbe vorhanden war, geht jedenfalls auch aus der Errichtung einer Klosterdruckerei hervor, die der Abt Melchior von Stamham ins Leben rief und für die Günther Zainer und Banaler ebenso herangezogen wurden, wie Anton Sorg. Ein genauer stilistischer Vergleich von Handschriftenillustration und Druck wäre methodisch vielleicht ein Weg, um zu weiteren Ergebnissen zu kommen. Hierfür fehlt es aber bis jetzt an Vorarbeiten im Bereich des Holzschnittes selbst, die nicht nur die Buchillustrationen, sondern auch alle Einzelblätter der Zeit und die Augsburger Blockbücher zu berücksichtigen hätten. Die einzige stilkritische Untersuchung, die bisher angestellt wurde, verdanken wir Leo Bär1. Seine treffsicheren Analysen beziehen sich dem Thema seiner Arbeit zufolge aber nur auf eine bestimmte Gruppe von Druckwerken, die „Historienbücher", aus deren Illustrationszyklen er verschiedene Meister scheidet, die mit dem Namen des Verlegers, für den sie arbeiteten, oder dem Titel eines bestimmten Druckwerkes näher bezeichnet werden (z. B. Bämlerscher Meister, Meister des Sorgschen Columna, Meister des Herzogs Leuphold usw.). Bei dem künstlerisch wenig bedeutsamen Gesamtcharakter der Produktion ist es kaum verwunderlich, daß eine umfassende Untersuchung, wie sie beispielsweise für Ulm von Weil geleistet wurde, für Augsburg bisher noch aussteht. Ihre Ergebnisse versprechen auch kaum wesentliche Aufschlüsse. Für unseren Gesichtspunkt im besonderen wird es doch kaum jemals möglich sein, einen nachweisbaren stilistischen Zusammenhang mit letzter Bestimmtheit auf 1
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eine gemeinsame Hand in Zeichnung und Holzschnitt zurückzuführen. Ein anderer Gesichtspunkt ist demgegenüber von viel größerem Interesse, nämlich die Frage, wie weit wir in Handschriftenillustrationen die ikonographischen Vorbilder für die Holzschnittzyklen erblicken dürfen. Erst nach einer möglichst umfassenden Untersuchung dieser Frage erscheint es möglich, die Leistung des Holzschnittes nicht nur nach der Seite der graphischen Formgebung, sondern auch auf die gesamte künstlerische Sehweise, auf Bildgestaltung, Komposition und illustrative Auffassung der Szenen hin zu beurteilen. Während noch Muther in seiner großen Publikation aus den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts diesen Gesichtspunkt völlig vernachlässigte, hat vor allem Kautzsch auf die Bedeutung dieser Beziehung hingewiesen. Er konnte nicht nur eine Reihe von Anregungen in dieser Richtung geben1, sondern hat vor allem in einer besonderen Arbeit über die Holzschnitte der Kölner Bibel2 eine exemplarische Behandlung der Frage geliefert. Bredt3 hielt es demgegenüber nur für ausnahmsweise möglich, Vorbilder für den Holzschnitt festzustellen. Tatsächlich lassen sich aber heute für eine ganze Reihe von Holzschnittzyklen die handschriftlichen Vorbilder nachweisen. Im folgenden beschränke ich mich der Einstellung der ganzen Untersuchung folgend, wieder auf Augsburger Drucke und beginne mit den Fällen, in denen auch das handschriftliche Vorbild für Augsburg gesichert ist4. Prinzipiell ist hierbei vorauszuschicken, daß es in der Tat nur in ganz seltenen Fällen möglich erscheint, ein bestimmtes Exemplar mit Gewißheit als Vorbild festzulegen. Wo dies der Fall ist, wird es ausdrücklich vermerkt. Sonst soll mit der Gegenüberstellung im allgemeinen nur 1
Einleitende Erörterungen S. 83. Stud. z. Kunatgesch. Heft VII, Straßburg 1896. 3 a. a. O. S. 87. 4 Die Zitierung der Holzschnitte schließt sich im folgenden der Nummer bei Schramm an. 8
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Kapitel VII.
die Zusammengehörigkeit zu ein und derselben Familie von Illustrationen erwiesen werden1. Georg Mülichs H a n d s c h r i f t v o n Meister Ingolds Goldenem Spiel in Gießen mit den Illustrationen seines Bruders Hektor1 ist das Vorbild für den Druck Günther Zainers von 1.472. Es ist dies einer der wenigen Fälle, wo eine illustrierte Handschrift tatsächlich als das bestimmte Exemplar bezeichnet werden kann, dessen Text dem Drucker, dessen Illustrationen dem Schneider der Holzstöcke als Vorlage dienten. In seiner Ausgabe des Goldnen Spiels hat Edward Schröder auf Grund eines genauen Textvergleiches die unmittelbare Abhängigkeit des Druckes von dieser Handschrift nachweisen können und auch schon auf den Zusammenhang der Bilderfolgen hingewiesen. Man vergleiche dazu Abb. 77, ferner Abb. 19 mit Schramm, Bd. II, Abb. 298. Die inhaltliche Beziehung ist in den Illustrationen eine sehr deutliche, die Bildanlage wird meist unverändert oder mit geringen Umstellungen, manchmal im Gegensinne übernommen. Ein entschiedener Fortschritt des Holzschnittes ist dabei in der Gestaltung der Räumlichkeit zu beobachten, perspektivische Fehler sind ausgeglichen, die Gruppierung der Figuren klarer durchgebildet, die Landschaft in ihrer Tiefenwirkung gesteigert. Für die Personen ist neben kostümlichen Veränderungen, die der Spanne von über 20 Jahren, die zwischen Handschrift und Druck liegt, entsprechen, die energische Ausprägung des scharfbrüchigen Linienstils im 1 Vergleichende Forschungen über einen bestimmten Stoff in verschiedenen Denkmälern können hier erst endgültige Resultate zeitigen und dürften überhaupt methodisch aufschlußreich sein. Ein lohnender Versuch wäre es z. B., die zahlreichen Handschriften der Rudolf von Ems'schen Weltchronik unter gleichzeitiger gründlicher Textkritik zu vergleichen. Ebenso wäre über den Alexanderstoff zu arbeiten, eine Untersuchung, die sich nicht auf die Denkmäler der deutschen Sprache beschränken dürfte, sondern auch die italienischen Bearbeitungen des Stoffes, z. B. ein köstliches Manuskript der Bibliothek zu Siena und eine Handschrift der Leipziger Stadtbibliothek, ferner französische Fassungen wie das Berliner Exemplar im Kupferstichkabinett und ein Manuscript i. d. Bodleian Library i. Oxford berücksichtigen müßte usw. usw. 2 Vgl. Beschreib. Verz. Nr. 8.
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Holzschnitt bezeichnend, durch den Bewegungen und Standraotive unterstrichen werden. Auch zu den übrigen Illustrationen der Gießener Handschrift finden sich Entsprechungen im Holzschnitt, wenn auch nicht mit der Eindeutigkeit wie zu den Zeichnungen des Goldenen Spiels. Das E i n l e i t u n g s b l a t t des t h r o n e n d e n G o t t v a t e r s mit den gekrönten Königen rechts und links von seinem Thron entspricht dem Einleitungsholzschnitt zu dem Bämlerschen Druck von Niders 24 goldenen H a r f e n von 1472 (Schramm Bd. III, Abb. 3) und ähnlich auch dem blattgroßen Holzschnitt zu Beginn von Anton Sorgs Ausgabe der XXIV A l t e n von 1480 (Schramm Bd. IV, Abb. 495). D i e 10 Gebote entsprechen der Holzschnittfolge in A n t o n Sorgs S e e l e n t r o s t von 1478. Die Übereinstimmung trifft nicht für alle Blätter zu. Abgesehen davon aber, daß außer der eigentlichen Darstellung des Gebotes in der Handschrift noch jedesmal Moses auftritt, der außer bei dem ersten Gebot im Druck weggeblieben ist, erscheint ein sichtlicher Zusammenhang in folgenden Fällen: 1. 5. 8. 9.
Gebot, Ms. fol. 9' mit Schramm, Bd. IV, Abb. 389 Gebot, Ms. fol. ccxxx „ IV, „ 393 Gebot, Ms. fol. ccxxxxv ,, ,, IV, ,, 396 Gebot, Ms. fol. ccxxxxvin ,. ,, IV, ,, 397
Dr. H a r t l i e b s A l e x a n d e r b u c h bei Bämler 1473 hat schon Baer mit der Handschrift der Gebrüder Mülich in München verglichen, ohne eine nähere Beziehung feststellen zu können . Er glaubt vielmehr, in den Holzschnitten freie Erfindungen vermuten zu dürfen. Demgegenüber erweisen sich die Illustrationen der H a n d s c h r i f t Völkhard L a n d s b e r g e r in Maihingen (Beschreib. Verz. Nr. 15) als außerordentlich naheverwandt mit den Holzschnitten. Man vergleiche besonders Abb. 78 und 79. Die Holzschnitte sind Gegensinnkopien, das auffällig breite Format der Zeichnungen findet sich auch im Druck, nur etwas höher. • Statt 26 Illustrationen der Handschrift hat der Druck 28 Holzschnitte. In der Auffassung der Szenen,
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der Komposition der Bilder, in den Stellungen der Figuren sind die Holzschnitte völlig von den Zeichnungen abhängig. Die sieben Tugenden und Laster in Volkhard Landsberger Handschrift entsprechen im Großen und Ganzen dem B ä m l e r s c h e n Druck v o n 1474. Die P a s s i o n Christi im Heidelberger Gebetbüchlein von 1470 (Beschreib. Verz. Nr. 11) steht in Beziehungen zu dem Druck Sorgs v o n 1480: „Passion nach dem text der vier evangelisten." Die Inkunabel hat 28 blattgroße Holzschnitte, deren Darstellungen zyklisch etwas anders zusammengesetzt sind als die Bilderfolge der Handschrift. Auch sind die Figuren in der Handschrift gegenüber den Holzschnitten freier in den Raum gestellt. Einzelne Figuren verraten aber deutlich einen Zusammenhang, so z. B. Christus vor Herodes, (Abb. 62 in Wegeners Heidelberger Katalog und Abb. 556 bei Schramm Bd. 4. Gegensinn!) Jacob a Theramos B e l i a l erschien 1472 bei Günther Zainer, im folgenden Jahre bei Bämler. Die Heidelberger H a n d s c h r i f t (Beschreib. Verz. Nr. 12), die nur vermutungsweise nach Augsburg gehört, entspricht im Allgemeinen den Dialogszenen der Holzschnittfolgen, mit dem Unterschied, daß im Manuskript regelmäßig die Raumbühne ausführlich geschildert wird, während der Druck sich auf eine flüchtige Andeutung des Hintergrundes beschränkt. Durchgehend unterscheidet sich der Bämlersche Druck dadurch von der Zainerschen Fassung, daß die Person des Belial immer bekleidet gegeben wird; hiermit kommt er dem Typ dieser Person, wie er in den Federzeichnungen der Handschrift erscheint, nahe. Auch von den Illustrationen nicht augsburgischer Handschriften her lassen sich Beziehungen zu den Illustrationsfolgen Augsburger Inkunabeln nachweisen, die z. T. sogar überaus schlagend sind. Daß die Drucker natürlich nicht nur auf Illustrationen zurückzugreifen brauchten, die am selben Ort entstanden sind, wo sie beschäftigt waren, versteht sich von selbst. Ge-
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legenheit, sich auswärtige Handschriften zu verschaffen, gab es genug. Übrigens dürfen wir ja bei Fällen derartiger Übereinstimmungen, die wir heute nachweisen können, wie bereits betont nur ausnahmsweise eine direkte Beziehung als Voraussetzung solcher verwandter Bildzyklen annehmen. Immer ist mit der Möglichkeit eines verlorengegangenen Gliedes zu rechnen, das hinsichtlich seines Entstehungsortes dem Druck möglicherweise näherstand, als der zufällig erhaltene Repräsentant einer vielleicht weitverbreiteten Familie. Zu der A n t o n Sorgschen „ h y s t o r i von den siben weisen m e y s t e r n " von 1480 erweist sich eine Donaueschinger Handschrift (Ms. Nr. 145, Katalog Barak S. 148) als nahe Verwandte. Der Codex stammt aus dem Besitz der Grafen von Monfort, wie aus handschriftlichen Eintragungen auf den ersten Seiten hervorgeht. Der Dialekt des Textes ist alemannisch ohne bayrische Beimischungen, möglicherweise stammt die Handschrift vom Oberrhein, hat jedenfalls nichts mit Augsburg zu tun. Ihre Illustrationen sind, von dünnem Strich umrahmt, in den zweikolumnigen Schriftspiegel eingefügt, sie nehmen meistens die Breite einer Spalte ein und sind auffallend hoch, so daß die Darstellungen auf verhältnismäßig enge Basis zusammengedrängt und in die Länge gezogen erscheinen. Besonders typisch ist die Anordnung zweier derartig schmalhoher Zeichnungen nebeneinander in den zwei Kolumnen einer Seite. Diese Anordnung wird gelegentlich ohne besondere illustrative Absicht mit zwei lose aufeinanderfolgenden Szenen vorgenommen, dient aber meist zur Darstellung engzusammengehöriger Vorgänge. Es kommt sogar vor, daß ein und dieselbe Darstellung auf diese Weise in zwei Szenen zerlegt erscheint. Vereinzelt erstrecken sich Zeichnungen auch ungeteilt über die ganze Breite einer Seite. Die Szenen werden auf einfache Weise durch Gegenüberstellen der handelnden Figuren entwickelt, die durch die üblichen Gesten zueinander in Beziehung gesetzt sind. Meist wird der Schauplatz nur durch grünen Bodenstreifen oder Fliesenboden, über den sich blauer Himmel spannt, ange-
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deutet. Ein Thron, Sessel, oder eine Kanzel vertreten die Inneneinrichtung, vereinzelte Bäume die Landschaft. Einige Tiefenwirkung wird in den Landschaftsdarstellungen gelegentlich durch überschneidende Hügelkonturen erzielt, die sich bis in den Vordergrund hineinziehen und hinter denen Menschen und Pferde auftauchen. Die Figuren wirken „holzschnittmäßig", die Köpfe sind sehr gleichmäßig gezeichnet und verraten nur geringe Bemühung um Differenzierung des Ausdrucks. Die Gewandfalten sind eckig gebrochen und ohne Schraffierungen gezeichnet. Die Entstehung der Handschrift wird man sich wohl noch in den 60er Jahren, aber eher gegen Ende dieser Zeitspanne hin zu denken haben. I m Ganzen sind die Zeichnungen sehr routiniert und gewandt ausgeführt, sie wirken dabei etwas schablonenmäßig und lassen auf einen zwar geübten, aber unselbständigen Zeichner schließen, dem man wohl das geschickte Kopieren einer Vorlage, aber kaum selbständigen Anteil an Erfindung oder Formgebung zutrauen möchte. Für den Vergleich mit der Anton Sorgschen Inkunabel muß vorausgeschickt werden, daß der Druck nur den ersten Teil des Textes der Handschrift umfaßt, die mit im Ganzen 70 Zeichnungen mehr als die doppelte Anzahl der Holzschnitte aufzuweisen hat. Außer dem Einleitungsschnitt, der der ersten Sorgschen Ausgabe von 1478 entnommen ist (Schramm IV, Abb. 380) und einerseits eine Gegensinnkopie nach dem Holzschnitt der Bämlerschen Ausgabe von 1473 darstellt, enthält der illustrierte Druck im Ganzen 30 verschiedene Holzschnitte (Schramm 510/539), von denen Nr. 517, 518 und 522 häufig wiederholt werden. Vergleichen wir mit dieser Folge die entsprechenden Federzeichnungen der Handschrift, d. h. die Illustrationen bis fol. 48', so stellt sich heraus, daß abgesehen 1. von dem Einleitungsholzschnitt und der Wiederverwendung der Holzstöcke im Druck, 2. von der rein zahlenmäßigen Überlegenheit infolge der Zweiteilung von Szenen in der Handschrift, die
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im Druck als eine Darstellung erscheinen, sechs Szenen in der Handschrift (auf fol. 14', 32', 36', 39, 42, 42',) enthalten sind, zu denen sich keine Entsprechungen im Holzschnitt finden, während der Druck nur eine enzige Darstellung (Nr. 527) selbständig für sich zu buchen hat. In den übrigen Szenen ist dieÜber einstimmung im allgemeinen eine recht große, in einzelnsn Fällen sehr eng. Man vergl. hierzu Abb. 80 und 81. Gleichsinn- und Gegensinnkopie wechseln dauernd ab, gelegentlich (z. B. fol. 23 u. Nr. 526) ist die rechte Seite der Zeichnung im Gleichsinn, die linke im Gegensinne in den Holzschnitt übernommen. Gewisse Veränderungen im Kostüm, die der Holzschneider vorgenommen hat, sind durchgehend, z. B. entspricht einem kurzen Knierock für die Männer der Handschrift ein langer Mantel im Druck. Zeichnerisch ist im allgemeinen ein härterer eckigerer Strich des Holzschnittes zu beobachten, in der Haltung ist ein ruhiges gerades Stehen in der Handschrift einer Umknickung in Hüft- und Kniegelenk bei den Figuren des Druckes gewichen. Auffällig ist, daß die Szenen des Holzschnittes, die ja mit einer Ausnahme alle mit Zeichnungen der Handschrift korrespondieren, häufig in gewissen Einzelheiten erweitert erscheinen. Und zwar sind es die Randpartien der Zeichnungen, die gegenüber dem Bildbestand der Holzschnitte gekürzt sind. Die Gründe hierfür liegen in dem eigentümlich schmalhohen Format der Zeichnungen, unter dessen Zwang nicht nur die Streichungen der Randpartien, sondern überhaupt ein enges Zusammendrängen der Szenen erfolgt ist, das in jedem einzelnen Fall des Vergleichs deutlich wird. Diese Beobachtung ist ein nicht zu bezweifelnder Beweis für die Tatsache, daß keinesfalls die Holzschnitte des Sorgschen Druckes direkt von der Donaueschinger Handschrift abhängen, sondern, daß beide auf eine gemeinsame Urfassung zurückgehen müssen. Nicht unwesentlich ist auch die Beobachtung, daß selbst in Fällen, wo die Ausdehnung der Szenen sich entspricht, Landschaft oder Innenraum im Holzschnitt gelegentlich ausführlicher geschildert werden.
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Kapitel VII.
Besonders schlagend ist der Zusammenhang der Anton Sorgschen Ausgabe des Mystikers Heinrich Seuse von 1482 mit einer Handschrift des B e n e d i k t i n e r stiftes Einsiedeln 1 . 1 Cod. 710 (322). Vgl. P. G a b r i e l Meier, Einsiedler Handschriftenkatalog, Leipzig 1899, ferner: K a r l B i h l m e y e r , Heinrich Seuse, Stuttgart 1907. Beschreibung der Einsiedlerhandschrift unter K. auf Seite 5*. Abbildungen Nr. 1, 5, 7, 9, 10 und Erklärungen dazu auf S. 45*ff. — Zu dem Druck vgl. S. 159*). Vgl. namentlich auch: L i n u s B i r c h l e r , Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. I , Kanton Schwyz, I. Teil, Basel 1927. Die Handschrift, in alemannischem Dialekt geschrieben, stammt lt. altem Eintrag auf Blatt 43 aus dem Dominikanerinnenkloster St. Peter zu Konstanz. Wie bei fast allen Handschriften Susos kann man im Hinblick auf die Illustration auch hier an die Entstehung in einem Nonnenkloster denken. Es erscheint vielleicht etwas gewagt, den eigentümlichen Stil der Miniaturen hiermit in Zusammenhang zu bringen. Tatsächlich kommen aber in gesicherten Arbeiten aus Nonnenklöstern einigermaßen verwandte Dinge vor, namentlich die Zeichnung der Gesichter ist bezeichnend. Es ist u. a. auf eine weitere Susohandsclxrift (Bihlmeyer S. 6', Abb. 6, S. 141) hinzuweisen, die bestimmt von einer Nonne geschrieben wurde. Vielleicht wird es einmal möglich sein, diese Beziehungen deutlicher zu fassen und so etwas wie einen eigenen Nonnenstil zu erkennen. In einer zweiten schweizerischen Bibliothek befindet sich ein Codex mit Miniaturen von derselben Hand, es handelt sich um den Codex 101 der Ministerialbibliothek zu Schaffhausen. (Vgl. Katalog Schaffhausen 1877). Unsere Einsiedler Susohandschrift hat übrigens von derselben Hand, die die Illustrationen zeichnete, ein Wappen, das einige nicht uninteressante Beziehungen aufdeckt. Es ist nämlich dasselbe Wappen, das in der großen zweibändigen Bilderbibel der Stadtbibliothek St. Gallen (Cod. 343 cu. d.) auf fol. 6' im ersten Bande eingefügt zu finden ist. Die Bibel stammt aus der Werkstatt Diebold Laubers in Hagenau und ist von Kautzsch (Zentralblatt für Bibl. Wesen 1895) ausführlich besprochen worden, wobei auch kurz auf das Wappen hingewiesen wurde, dessen Deutung nicht gelungen war. Der Zusammenhang mit dem Einsiedler Codex ermöglicht die Deutung. Es handelt sich um das Wappen der Margarete von Cappel „Am Mergstatt", der Gattin Heinrich Ehingen, die offenbar eine bücherliebende Dame war. Sie ließ nicht nur die ihr gehörigen Handschriften von Künstlerhand mit ihrem Wappen versehen, sondern beauftragte Schreiber und Diu-
Federzeichnung and Holzschnitt.
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Es handelt sich um ein Manuskript, dessen eigenartige Illustrationen inhaltlich und stilistisch Aufmerksamkeit verdienen. Das besondere Interesse Heinrich Seuses für Illustrationen geht aus seinen eigenen Schriften hervor, es entspricht seinen Absichten, wenn Text und Bild auf eine besonders enge Weise verbunden erscheinen, wie es in der Einsiedeler Handschrift der Fall ist. Die Illustrationen, die im Ganzen noch zur Miniaturmalerei gerechnet werden müssen, tragen einen eigenwillig abwegigen Charakter. Seltsame Verzerrungen der Gliedmaßen drücken eine starke innere Ergriffenheit der Figuren, geheimnisvolle religiöse Ekstasen aus. Dabei sind die äußeren Mittel der Zeichnung schlicht, einfache lang verlaufende Linien umschreiben die fließenden Konturen. Die sparsamen Striche der Binnenzeichnung sind mit dem Pinsel übermalt, wir erinnern uns an Augsburger Arbeiten der 50er Jahre und gewinnen damit für diese Handschrift eine Datierung, die auch dem übrigen Stilbefund nach m i n a t o r e n , a u c h ganze H a n d s c h r i f t e n f ü r sie zu a r b e i t e n . W i r erf a h r e n dies in einer ausführlichen Notiz einer zweiten Einsiedler H a n d s c h r i f t , die a u s ihrem Besitz s t a m m t u n d m i t demselben W a p p e n verziert ist wie die St. Galler Bibel u n d der Einsiedler Suso. E s ist dies d i e H a n d s c h r i f t N r . 283 (1105), n a c h Bihlmeyer von derselben H a n d geschrieben wie Manuskript N r . 710 in Einsiedeln, ein deutsches G e b e t b u c h mit A d h o r t a t i o n e n , d a s 1482 vollendet wurde. (Vgl. Birchler, S. 200—202 u. A b b . 197—200). Die Illustrationen, sehr zierliche Arbeiten in einer Mischtechnik aus Miniatur u n d Federzeichnung, s t a m m e n lt. E i n t r a g v o n J o h a n n e s Satler. Dieser selbe K ü n s t l e r ist a u c h in einer vierten H a n d s c h r i f t t ä t i g gewesen, die a u s d e m Besitz der Margarethe Ehinger s t a m m t u n d 1483 vollendet wurde. E s ist dies der Codex N r . 752 (746) in E i n siedeln, d a s B u c h v o n der göttlichen Liebe, z. T . ebenfalls n a c h Suso. Die Schreiberin dieser H a n d s c h r i f t , D o r a t h e v o n Hof (vgl. d a z u d e n K a t a l o g der Stiftsbibliothek St. Gallen) n e n n t sich ausdrücklich m i t D a t e n über ihren Lebenslauf. Von H a n s Satler s t a m m t hier eine Einleitungsminiatur zu d e m im übrigen unillustrierten Codex, die m i t einem P e r g a m e n t b l a t t eingeklebt ist u n d G o t t v a t e r auf drei Regenbogen über einer L a n d s c h a f t t h r o n e n d darstellt. D e r K ü n s t l e r n e n n t sich in der U n t e r s c h r i f t : „ A n o Salutis 14,83, h e S L I m e f e c . " Die V e r w a n d t s c h a f t m i t den Gebetsbuch-Miniaturen erweist, d a ß dieser Hensli derselbe H a n s Satler ist, der d o r t f ü r M a r g a r e t h e v o n E h i n g e r gearbeitet h a t . 10 I i e h m i n n - H i a p t , Federzeichnungen
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Kapitel VII.
zutreffen dürfte. Die starken, leuchtenden Farben sind sorgfältig mit Weißhöhungen und Gold aufgetragen. Die Besonderheiten dieser Miniaturen sind im Holzschnitt verlorengegangen. Man vergleiche hierzu Abb. 82/84. Die Haltungen der Figuren und ihr Typus sind dem Durchschnittsniveau der Augsburger Holzschnitte angepaßt worden, die Strichführung entspricht dem landläufigen Werkstattgebrauch. Was diese Holzschnitte aber von der Masse der andern Arbeiten auszeichnet, ihre eigentümlichen Darstellungen mit den zusammengesetzten Figuren und Beischriften, verdanken sie völlig der handschriftlichen Vorlage1. Zu demselben Urteil über seine künstlerische Leistungsfähigkeit kommt Baer2 für den Holzschneider des A n t o n Sorgschen R i c h e n t h a l v o n 1438, den er mit dem Meister des Sorgschen C o l u m n a identifiziert. Auf die Abhängigkeit von den Handschriften der Richenthal-Chronik, im besonderen von dem G e b h a r d Dacherschen E x e m p l a r in K a r l s r u h e , Codex St. Georgen 63, hatte schon Kautzsch aufmerksam gemacht, und ein gemeinsames verlorenes Vorbild für Handschrift und Druck nachgewiesen. Baer verfolgt im Einzelnen die Umbildung der handschriftlichen Vorlage, seine Beobachtungen über gewisse kostümliche Veränderungen, Normalisierung der Typen, Herabsetzung der Figurenzahl und überhaupt Verminderung der Szenen sind ganz dieselben, die wir in der Mehrzahl der Fälle eines nachweisbaren Vorbildes festgestellt haben. Angesichts dieser Tatsachen drängt sich schließlich das Urteil auf, daß der Augsburger Buchholzschnitt seiner gesamten künstlerischen Leistungsfähigkeit nach vollständig von der Handschriftenillustration der vorangegangenen 20 Jahre abhängig ist. Im besonderen in der Generation der 50er Jahre kam es zu einer Blüte, die nicht mehr erreicht wird. Tatsächlich ist man im Holzschnitt über die künstlerischen Errungenschaften dieser Zeit in den folgenden drei 1 Einblattdrucke, die v o n Susos Illustrierungen seines „Exemplars" angeregt sind, zählt Bihlmeyer S. 61* und S. 139* auf. 2 a. a. O. S. 141 ff.
Federzeichnung und Holzschnitt.
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Jahrzehnten nicht hinausgekommen! Erreicht wurde eine sehr weitgehende handwerkliche Fähigkeit, sich den jeweiligen Vorwurf auf eine sichere und gleichmäßige Weise zu eigen zu machen. Auf dieser Basis konnte sich dann auch leicht die äußere Fähigkeit zu selbständiger Bilderfindung, zu darstellerischer Bewältigung immer neuer Stoffkreise einstellen. In den grundsätzlichen Dingen kommt es zu keinem Fortschritt. Bezeichnend ist dabei auch, daß die gleichzeitige Handschriftenillustration, soweit man sich nach dem Erhaltenen ein allgemeines Urteil erlauben darf, tatsächlich erschöpft war und, wie wir gesehen haben, widerstandslos in die äußerste formale Abhängigkeit vom Holzschnitt geriet. Daß in Verbindung hiermit der Holzschnitt nun auch umgekehrt in seinen graphischen Systemen vorbildlich wirkte und die späteren Handschriften selbst bis in Einzelheiten mit seinem eigenen Formenvorrat versah, ist verständlich. Ebenso dienten aber auch Holzschnittfolgen als ikonographische Vorlagen für gezeichnete Illustrationen. Ein Beweis hierfür sind die Planetenkinderbilder in den Münchner Losbüchern Conrad Müllers von Öttingen, bei deren Besprechung schon darauf hingewiesen war, daß diese Zeichnungen stilistisch den Eindruck von Kopien machen. Für die Darstellungen von Planetenkindern hat Fr. Lippmann 1 eine Reihe von Typen aufgestellt. Sein Typ C wird vertreten durch das B l o c k b u c h der s i e b e n P l a n e t e n im Berliner Kupferstich-Kabinett. Eng verwandt hiermit sind die Planetenkinderbilder des Münchner Losbuches (Abb. 85/86). Fast unverändert kehren die Figurengruppen des Blockbuches hier wieder, in der Regel nur etwas zusammengedrängt und teilweise vom Rahmen überschnitten. Auch die ausführlicher geschilderten Landschaften des Blockbuches erscheinen in den Zeichnungen vereinfacht, die Personifikationen 1 Fr. L i p p m a n n , Die sieben Planeten. Intern. Chalkographische Ges. 1895.—Vgl. auch A. H a u b e r , Planetenbilder und Sternbilder. Stud. z. Kunstgesch. H e f t 194, Straßburg 1916.
10»
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Kapitel VII.
der Planeten über der Darstellung fehlen ferner, im Ganzen ist aber der Zusammenhang ein sehr enger. Diese Beziehungen stellen einen Parallelfall zu einem ganz ähnlichen Verhältnis dar, das bereits Bredt1 festgestellt hat. In einer Münchner S a m m e l h a n d s c h r i f t des W i l h e l m v o n Rang v o n 1477, clm. 4394, sind Planetenkinderzeichnungen eingeklebt, die Bredt als Kopien nach dem H e i d e l berger B l o c k b u c h (xyl. pal. germ. 438) nachweisen konnte. Ergänzend sei auf eine hübsche Zeichnung zweier gelehrter Männer hingewiesen (Abb. 87), die sich außer den Planetenkindern in der Handschrift findet und wahrscheinlich von derselben Hand herrührt. Beachtenswert in der Zeichnung ist die sorgfältige Durcharbeitung mit vielen kleinen festen Strichen, die fast an die Manier des Kupferstichs erinnern und jedenfalls in den durchschnittlichen Augsburger Arbeiten keinen Anknüpfungspunkt findet. 1
a. a. O. S. 87, Tai. X I I — X I V .
KAPITEL VIII.
NACH DEM SIEGE DES HOLZSCHNITTS. Fassen wir noch einmal kurz das Ergebnis der Untersuchungen im vorigen Kapitel zusammen. Wir sahen, wie der Holzschnitt künstlerisch in allen wesentlichen Punkten auf der vorangegangenen Handschriftillustration aufbaut. Selbständige Leistung ist die Ausbildung einer aus seinem Material und seiner Technik herausgewachsenen Formensprache, die ihrerseits die parallele Handschriftenillustration völlig in ihren Bann zwingt und schließlich aufsaugt. Dieser Prozeß, den wir zunächst nur von der stilistischen Seite her gewertet haben, ist in Anbetracht der äußeren, gewerblichen Verhältnisse so zu denken, daß tatsächlich immer weitere Kreise zwangsmäßig von der Handschriftenproduktion zumBuchdruck und Holzschnitt herübergedrängt wurden. Welche unbestrittene Herrschaft derselbe als eigentlicher Nachfolger der volkstümlichen Zeichnung ausübte, beweist uns am besten die Tatsache, wie wenig illustrierte Handschriften aus der Zeit nach dem endgültigen Siege des Holz schnittes, also rund nach 1480, heute noch erhalten sind. Es handelt sich im Ganzen, und nicht allein in Augsburg, nur um vereinzelte Stücke, und selbst wenn wir annehmen, daß im Laufe der Jahrhunderte bis zu unsern Tagen außerordentlich viel verlorengegangen ist, dürfte das Verhältnis als solches doch den tatsächlichen Umständen entsprechen. Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß die kirchliche Deckfarbenminiatur von dieser durchgreifenden Umstellung nicht berührt wurde, sondern völlig in ihren eigenen Bahnen bis weit ins 16. J h d t . hinein weiterlebte. I n seiner Studie über die Kölner Bibel h a t Katzsch gerade für die letzten Jahrzehnte des Jahrhunderts auf eine ausgesprochene Blüte der kirchlichen Miniatur in Köln hingewiesen, neben der die
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Kapitel VIII.
bürgerliche Illustration eine nur unbedeutende Rolle spielt. Dieses Verhältnis ist bezeichnend für die kulturellen Zustände dieser Stadt. Ebenso typisch ist andererseits in Augsburg das Nebeneinanderexistieren der beiden Zweige; denn auch in Augsburg sind auf dem Gebiete der Deckfarbenminiatur gerade gegen Ende des Jahrhunderts qualitativ besonders hochstehende Arbeiten entstanden 1 . Inwieweit auch hier die im Holzschnitt ausgebildete Liniensprache wirkte, ist eine interessante Sonderfrage, die aber nur auf breiter Basis unter Einbeziehung der Tafelmalerei in Angriff genommen werden sollte. Festzuhalten ist jedenfalls, daß die Gattung als solche in ihrem Wesen und ihrer Ausdehnung nach unberührt weiterexistieren konnte. Alles, was dagegen auf dem Gebiete der illustrierenden Federzeichnung in den letzten zwei Jahrzehnten des Jahrhunderts entstanden ist, muß als Ausnahme und Sonderfall betrachtet werden, für dessen Zustandekommen außerordentliche Umstände angenommen werden dürfen. Während früher in den organisierten Schreibstuben, wie beispielsweise bei Diebold Lauber und dann entsprechend in den Offizinen der Buchdrucker ,,auf Lager" gearbeitet wurde, ist für die späteren vereinzelten Fälle mit einiger Wahrscheinlichkeit immer eine auftraggebende Persönlichkeit anzunehmen, deren besonderen Wünschen die Arbeit entsprechen sollte. In den Kreisen der anspruchsvollen und begüterten Bücherfreunde galt ja das gedruckte Buch zunächst als billiger Ersatz, von dem man ungern Gebrauch machte, und es herrschte eine Zeitlang der Wunsch und das Bestreben am handgeschriebenen und mit der Hand illustierten Codex festzuhalten 2 . 1 B r e d t a. a. O., besonders S. 73ff. u. Taf. V I I I — X I . F e r n e r dess e l b e n : „ M i n i a t u r e n v o m E n d e des 15. J h d t s . i m Germ. M u s . " i n : Mitteilungen des Germ. N a t i o n a l - M u s e u m s N ü r n b e r g 1901. 2 Vgl. hierzu B u r d a c h , V o m Mittelalter zur R e f o r m a t i o n , Halle 1893; f e r n e r D r . M. J o s e p h H u s u n g , Aus der Zeit des Ü b e r g a n g s v o n der H a n d s c h r i f t z u m D r u c k , i n : Mittelalterliche H a n d s c h r i f t e n . F e s t s c h r i f t Degering, Leipzig 1926. (Der Aufsatz b e h a n d e l t im bes o n d e r e n italienische Verhältnisse.)
Nach dem Siege des Holzschnitts.
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Es gab im Buchgewerbe zweifellos Persönlichkeiten, die den Sonderwünschen einer derartigen exklusiven Oberschicht entsprechen konnten. Theoretisch kommen hierfür entweder die Kräfte in Frage, die streng konservativ bei ihrem gewohnten Handwerk bleiben und die neuen Methoden ablehnten. Diese Haltung hat es immer gegeben und wir dürfen sie auch für die Umstände, die wir im Auge haben, als möglich annehmen. Zweitens ist es aber auch nicht ausgeschlossen, daß Leute, die ihre Arbeitskraft in den Dienst der mechanischen Vervielfältigung gestellt hatten, ihr altes Handwerk daneben beibehielten oder eben gegebenenfalls wieder aufnahmen. Daß solche Arbeiten aber nicht unverändert in der althergebrachten Weise ausgeführt wurden, daß vielmehr ein deutliches Bestreben erkennbar wird, die Wirkungsmöglichkeiten des Holzschnittes zu überbieten, macht ihren Reiz aus und gibt derartigen Erzeugnissen ihre künstlerische Berechtigung. Es bilden sich nämlich diejenigen Elemente, die eine Handzeichnung unweigerlich vor jeder Reproduktion auszeichnen müssen, zu einem hohen Grade von Ausdrucksfähigkeit aus. Auch diese Entwicklungsphase vertritt nochmals eine Handschrift der Meisterlin-Chronik, in der ein bedeutsames Resultat des eben angedeuteten Kräftespiels gesehen werden darf. Es sind die v e r s t r e u t e n B l ä t t e r aus einer Abschrift des C o n r a d V a i h i n g e r von 1490 (Beschreib. Verz. Nr. 29). Versuche, der Persönlichkeit dieses Schreibers, der sich ,,famulus Theolonarius in Frydberg in Campo vel antelica aqua" nennt, nahezukommen, haben ergeben, daß ein C o n r a d V a i h i n g e r in den Augsburger Steuerbüchern nachzuweisen ist. Er erscheint 1462 in der Rubrik „Vom kanolt appenteker", 1466 „Vom philipp apenteker", dann erst wieder 1481 und von da durchgehend bis 1486 unter der Überschrift: „Hauchstetter Tor extra". Welche Stellung er in Friedberg, einer kleinen Ortschaft nördlich von Augsburg inne hatte, ist mir nicht klar1. 1 Auf eine Anfrage beim Bischöfl. Ordinariat Augsburg, dem an dieser Stelle für die freundl. Auskunft gedankt sei, erfolgte der Bescheid, daß es sich bei „famulus theolonarius" u m einen Schreibfehler handeln dürfte und die fragl. Bezeichnung mit Zollwächter oder Zollknecht zu übersetzen sei.
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Kapitel VIII.
Während der Holzschnitt geschlossene Konturen, wenige klare Binnenstriche als Gerüst für die gleichmäßig geordneten Schraffierungslagen verlangte, im Ganzen immer einfache gerade Linien, verfügt der Zeichner der verstreuten Blätter über eine höchst ausdrucksvolle, persönliche Handschrift. Leicht vibrierend sind seine Striche tastend hingeschrieben, bei näherem Zusehen lösen sie sich in kleine Wellenlinien auf, auch da, wo mit dem Linial die Richtung festgelegt ist, wie es vor allem für die Begrenzungslinien der Architektur vorkommt. Häufig sind seine Striche nur andeutend, sie unterbrechen sich, lösen einander in beliebigem Wechsel ab und verlaufen zart in die Flächen. Der ganze Charakter der Zeichnungen wirkt infolgedessen verschwommen, viele Einzelheiten erscheinen zu Gunsten des optischen Reizes verwischt. Das eigentümliche Temperament dieses Künstlers spricht sich in allen Ausdrucksformen gleichmäßig aus; die Arbeiten seiner Hand tragen in Zeichnung und Komposition, im Typus der Figuren, in ihrer Bemalung seine persönliche Prägung. Im Bildbau spürt man dies an der nur andeutenden Wiedergabe des Raumes, der nie durchgebildet erscheint. Die Begrenzungsflächen werden nicht klar entwickelt, die Figuren in den Innenräumen wirken wie von Kulissen lose umstellt. Seine Figuren haben etwas Gelöstes und Schwebendes, ein Fluidum verbindet seine Menschen, die mit geschlossenen Augen wie im Traume zu handeln scheinen. Die plastische Durchbildung nimmt der Künstler in der Hauptsache mit dem Pinsel vor, Schraffierungen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Dafür sind außerordentlich mannigfaltige Töne in zartestem Auftrag mit reichlichen Aussparungen zu einer grisaillenhaften Wirkung verbunden. Die raffinierte Farbenskala dieses Künstlers vor allem bewirkt die Anziehungskraft seiner Blätter. Er verwendet nur helle, gebrochene Töne in leichtem, fast gehauchtem Auftrag, die in ihrer Zusammenwirkung geschmackvoll berechnet sind. Vor allem steht ein zartes Türkisblau für den Himmel und in einzelnen Gewändern neben einer ganzen Skala von verschiedenen Rots. Er nimmt Lachsrot, Weinrot, hellrosa,
Nach dem §iege des Holzschnitts.
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ferner verschiedene Olivtöne in Grün, Gelb und Braun, dann Hellgrau, ein stumpfes Hellgelb und Braunviolett, vereinzelt ein einfaches Himmelblau. Schon früher, wenn auch nicht in dieser Fülle, hatten wir in Augsburger Handschriften die Neigung zu einer derartigen koloristischen Feinheit beobachtet. Zu den Farben des Jüngsten Gerichtes in Berlin von 1482, das zeitlich diesen Bildern am nächsten kommt, besteht eine deutliche Verwandtschaft. Dort gibt es nämlich vor allem auch schon das bezeichnete Türkisblau neben Olivbraun und Olivgelb. Die Zusammenstellung der Farben aber und ihr Auftrag in den verstreuten Blättern ist ebenso charakteristisch für den Vaihinger-Zeichner wie sein Strich. Um seinem Können nach allen Seiten gerecht zu werden, müssen auch die Darstellungen als solche, in gehaltlicher und bildmäßiger Hinsicht gewürdigt werden. Für diese Punkte ist an einen Umstand zu erinnern, der schon bei der gesonderten Besprechung der Meisterlin-Chroniken erwähnt worden ist: daß nämlich die Handschrift V eine sehr enge Verwandte der Augsburger Meisterlin-Chronik von 1480 (A 2, Beschreib. Verz. Nr. 3) darstellt. Dieses Manuskript ist bisher nur flüchtig erwähnt worden, es muß daher zunächst etwas näher auf seine Bilder eingegangen werden. Wir greifen hiermit nochmals auf die Zeit zurück, in der die Handschriftenillustration in starker zeichnerischer Abhängigkeit parallel neben dem Holzschnitt weiterläuft. Die Zeichnungen sind ihrem Stil nach völlig zu der holzschnittmäßigen Gruppe der 70er Jahre zu rechnen, den wir in den Handschriften Conrad Müllers nachgewiesen haben. Die Handschrift A 2 nennt aber keinen Schreiber und wir sind für ihre Entstehung auf Vermutungen angewiesen. Sie enthält ein Doppelwappen, dessen Deutung bisher leider nicht möglich war. Jedenfalls wird mit der Lösung dieser Frage der Besteller oder Besitzer der Handschrift festzustellen und vielleicht Klarheit über die Vermutung Bredts1 zu er1
a. a. O. S. 46.
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Kapitel Vili.
halten sein, der in dieser Handschrift eine Klosterarbeit sehen möchte. Manches spricht hierfür. Auf die Tatsache, daß ein Deckfarbeninitial auf Goldgrund und Banken um den Schriftspiegel (fol. 13) vorkommen, möchte ich gegenüber Bredt nicht allzu viel Wert legen, da dies auch in den Handschriften Conrad Müllers zu finden ist. Auch die angebliche Vorliebe für kirchliche Stoffe in den Illustrationen (z. B. Arche Noae, Anbetung des Kindes) ist darum nicht ausschlaggebend, weil bei dem sehr umfassenden Bilderkreis der Handschrift — zu jedem Kapitel eine Illustration — an den betreffenden Stellen gar keine anderen Szenen gewählt werden konnten! Wichtiger scheint es mir, auf den Bischofskatalog mit Brustbildern Augsburger Bischöfe hinzuweisen, der der Handschrift angehängt ist. (Es sei an dieser Stelle übrigens auf ein Blatt eines Heidelberger Privatsammlers hingewiesen, das in viereckigen Umrahmungen nebeneinander zwei Bischöfe mit Wappen und Unterschrift darstellt. Es handelt sich offenbar um das erste Blatt eines Bischofskataloges, der ähnlich dem von A 2 angelegt war, denn die Bildchen tragen die Nummern 1 und 2 und 1 stellt genau wie in A 2 den hl. D i o n y s i u s dar. Auch der Stil der Zeichnung, Strichführung und Bemalung paßt genau zu den Augsburger Arbeiten der 70er Jahre.) Ferner spricht für die Entstehung von A 2 in einem Augsburger Kloster, und zwar in St. Ulrich und Afra, der Schriftcharakter der Handschrift. Im Erzbischöflichen Diözesanarchiv zu Augsburg wird unter Nr. 79 eine Handschrift hauptsachlich von der Hand Wilhelm Wittwers aufbewahrt, in der die Collectanea dieses bekannten Gelehrten aus St. Ulrich enthalten sind1. Ein Leben des hl. Ulrich in diesem Manuskript, fol. 198/224', stammt von anderer Hand, deren Schriftcharakter so nahe mit der Schrift in A 2 verwandt ist, daß man sehr wahrscheinlich denselben Schreiber für beide Stücke annehmen kann. 1
B r a u n , Notitia de Cod. Ms. III, p. 35—53. — P. N o n o s u s B ü h l e r , a. a. O. S. 62.
Nach dem Siege des Holzschnitts.
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Hierbei bleibt trotz allem immer noch die Frage offen, ob auch die Illustrationen im Kloster entstanden sind. Wie völlig sie in ihrer Zeichenweise mit den übrigen Handschriften der 70er Jahre übereinstimmen, braucht nicht noch einmal ausgeführt zu werden. Man vergleiche die Zeichnungen (Abb. 88/89) beispielsweise mit der zeitlich nahestehenden Münchner Meisterlin-Chronik (Abb. 62/76). Es ist hierbei überaus bezeichnend, daß die Frage nach den verschiedenen Händen, die schon früher Schwierigkeiten bereitete, kaum zu lösen ist. Die Abhängigkeit dieses ganzen Stils vom Holzschnitt gilt auch für einen Punkt, der in dieser Beziehung Bedeutung hat. Wir haben nämlich die Eignung des Holzschnittes dafür betont, sich Vorbilder aus verschiedenen Entwicklungsphasen und Techniken auf eine sehr geläufige und gleichmäßige Art und Weise anzueignen, sie in eine durchaus unpersönliche Umgangssprache zu übersetzen, die von einer ganzen Reihe von Handwerkern in gleicher Weise beherrscht wird. Man hat also die Berechtigung, diese Zeichenweise als eine Art von „Objektiv" zu betrachten, durch dessen Vermittlung sehr verschiedenartige Dinge wiedergegeben werden, wobei sie in den äußeren Formen vereinheitlicht erscheinen. Es kommt nun darauf an, durch diese Uniformierung hindurch zum eigentlichen Gehalt vorzudringen. Der Vergleich mit den Darstellungen in M., so sehr auch ihre Zeichenweise an A II erinnert — ohne daß man übrigens tatsächlich ein und dieselbe Hand für beide Arbeiten annehmen müßte — zeigt im Ganzen jedoch eine recht verschiedene Auffassung der Illustrationen in A 2, auch da, wo sich die Szenen zyklisch entsprechen. Die Deutung des reichen Bilderkreises der zweiten Gruppe von Meisterlin-Illustrationen ist nicht immer ganz leicht. Eine streckenweise sehr summarische Form der Berichterstattung, z. B. in den Kapiteln über die römische Kaisergeschichte und auch später, bietet dem Illustrator manchmal nur wenig Anhaltspunkte für die Auswahl einer dankbaren Bild-Situation. Darum sind manche seiner Darstellungen nur lose mit dem
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Kapitel VIII.
Text verknüpft, oft überhaupt nicht auf eine bestimmte Stelle festzulegen. Manchmal gibt er auch eine Situation wieder, die mehrmals in einem Kapitel vorkommt. Hierin ist schon ein Hauptprinzip seiner Szenenauffassung zu erkennen. Der Illustrator hat nämlich die Neigung, seine Darstellungen auf gewisse typische Bildschemata zu bringen, deren Kompositionen ihm geläufig sind. Wo ihm der Text daher Gelegenheit zur Anbringung dieser bestimmten Situationen bietet, gibt er ihnen den Vorzug. So hat er ein Darstellungsschema für kriegerische Eroberungsszenen, Einfälle in ein Land, ebenso auch für den friedlichen Einzug in eine Stadt: Unmittelbar über dem unteren Bildrand aufsteigend, wird eine Reitergruppe gezeichnet, die auf ein großes Stadttor rechts oder links zureitet (fol. 8', 79, 91, 133, 179', 202', 233). Mit Vorliebe erzählt er die Erbauung oder Wiederherstellung einer Stadt in folgender Darstellung: Der Bauherr steht mit den Händen gestikulierend allein oder in Begleitung zu ebener Erde und sieht den Maurern zu, die auf einem Gerüst über ihm an der Arbeit sind, während Gehilfen Handlangerdienste verrichten, (fol. 29', 66', 99', 222'). Besonders häufig bildet der Zeichner feindliches Zusammentreffen von zwei Reiterheeren ab, und wendet dabei immer eine bestimmte Komposition an, die auch ähnlich für friedliche Begegnungen vorkommt: Die beiden Heere treffen von links und rechts her in der Mitte aufeinander, im Vordergrund an der Spitze ihrer Abteilung die Haupthandelnden, hinter ihnen die Masse der Begleiter als geschlossener Block von Köpfen symmetrisch nach rechts und links oben ansteigend, so daß der freie Raum über den Köpfen der Vordergrundspersonen immer breiter wird und einen Ausblick auf die dahinterliegende Landschaft gewährt. Diese Szenen sind meist sehr schematisch gezeichnet, alle Figuren sitzen steif und gerade auf ihren Pferden und halten ihre Waffen steil aufgerichtet oder im rechten Winkel dazu eingelegt in den Händen (fol. 57', J03', 111, 115, 126, 208, 217).
Nach dem Siege des Holzschnitts.
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Auch für gottesdienstliche Handlungen hat der Illustrator ein bestimmtes Schema: Der Gegenstand der Verehrung wird in einem schmalen hohen Innenraum gezeigt, der die rechte Bildhälfte einnimmt, die Anbetenden knien links davon im Freien unter blauem Himmel, hinter ihnen, knapp über ihren Köpfen, eine Mauer (fol. 70, 75, 226'). Sehr ähnlich werden Hofszenen dargestellt, wie fol. 138', wo der Kaiser rechts unter einem Baldachin thront, während links davon die Hofleute an einer Mauer stehen, und ähnlich fol. 245', Kaiser und Papst mit einer hohen Rundbogentür links, die über den Hofleuten den Himmel hereinblicken läßt. Man muß sich bei diesen Kompositionen die Frage vorlegen, ob der Illustrator von A 2 ähnlich wie der völlig unselbständige Zeichner von M ein Vorbild gehabt hat, das er in seine Formensprache übertrug, oder ob er als selbständiger Erfinder seiner Darstellungen gelten kann. Diese Frage ist nicht nur für A 2 von Interesse, sondern liefert ein wesentliches Moment für die Beurteilung des Zeichners der verstreuten Blätter, auf die es ja ankommt. Versuchen wir zunächst, diese Frage allein für A 2 zu lösen. Man muß sich den ganzen Entwicklungsgang vorstellen, der von der ursprünglichen Entstehungszeit des Textes her mit den nicht mehr erreichten groß gesehenen Landschaftsdarstellungen von St. und der vollendet freien Einordnung der Figurenhandlung in die Szenerie seinen Anfang genommen hat. Demgegenüber fanden wir am Ende dieser Entwicklung im Holzschnitt und der von ihm abhängigen Handschriftenillustration einen fast ausschließlich auf Figurenhandlung beschränkten Bildbau. Unter diesem Gesichtspunkt können die Zeichnungen in A 2 sehr wohl als selbständige Erzeugnisse der Zeit, in der die Handschrift abgeschrieben wurde, also des Ausgangs der 70er Jahre gelten. Der Sinn für landschaftliche Darstellung ist nur sehr gering ausgebildet. Auf fol. 35' gibt der Zeichner zwar ein selbständiges Landschaftsbild, in dem er sogar völlig auf Figuren verzichtet. Um so deutlicher aber zeigt sich sein Unvermögen.
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Kapitel VIII.
Es fehlt im Ganzen an klarer Gruppierung der Massen und an einheitlichem Zug, der einen Hauch von Stimmung oder Weitengefühl vermitteln könnte. Es fehlt vor allem auch in der Bemalung an Ausdrucksmitteln für die in die Tiefe sich erstreckende Oberfläche. Nicht unwesentlich ist die Beobachtung, daß diese Zeichnung sehr stark an die einzige Illustration in M erinnert, für die wir kein Vorbild in den vorhergegangenen Bilderzyklen nach v/eisen konnten, nämlich an das Landschaftsbild auf fol. 8' des Münchner Meisterlin. Sehr gut gelingt dem Zeichner von A 2 dagegen immer die Komposition von Figuren in Beziehung zueinander und zum Raum. Der prinzipielle Unterschied ist dabei gegenüber den früheren Illustrationen die völlige Unterordnung der Szenerie, die nur dazu dient, die Menschen in ihren Handlungen und Stellungen recht deutlich heraustreten zu lassen. Seine Figuren sind groß gesehen, und nahe ans betrachtende Auge herangeführt füllen sie die Bildfläche und verteilen sich nach allen Seiten hin über den ihnen zugestandenen Raum bis an die Umrahmung der Darstellung heran. Diese Beobachtungen lassen es durchaus denkbar erscheinen, daß diese Illustrationen tatsächlich erst um 1480 in der Form, wie wir sie in A 2 kennen lernen, entstanden sind. Es ist vielleicht nicht unwesentlich, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß im Jahre 1481, dem Jahre nach der vermutlichen Fertigstellung von A 2 bei Anton Sorg ein Holzschnittbuch erschien, in dem einige Bildlösungen deutüch an die Kompositionen des Zeichners von A 2 erinnern. In der „Historie von Herzog Leuppold und seinem Sohn Wilhelm von Österreich" kommt z. B. ein Kampfbild (Schramm IV, 728) und ähnlich ein friedliches Zusammentreffen (Schramm 744) vor, das genau dieselbe Komposition zeigt, wie entsprechende Szenen in A 2. Ebenso erinnert die Darstellung eines Reitertrupps, der durch das Stadttor in eine Stadt einreitet (Schramm 708), an das zuerst erwähnte Bildschema unseres A 2-Zeichners, u. a. m.
Nach dein Siege des Holzschnitts.
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Bei seiner Besprechung dieser Holzschnittfolge, die er dem „Bämlerschen Meister" zuschreibt, scheidet Baer 1 einige stilistisch abweichende Stücke aus (Schramm 711, 725, 727), die er sehr richtigerweise als altertümlich bezeichnet. Er begründet dies zunächst einwandfrei mit einer allgemein größeren Unbeholfenheit und Steifheit der Figuren und fährt dann fort: „Einige Fortschritte sind in der Ausbildung des Landschaftlichen zu verzeichnen, auch perspektivische Probleme werden, teilweise ganz gut, gelöst, indem die Figuren, wenn sie sich in der freien Luft befinden, einen kleinen Maßstab erhalten und so der Umgebung besser angepaßt werden". Daß diese Beobachtungen im Gegenteil gerade den Hauptbeweis für das Altertümliche dieser Kompositionen ausmachen, ist nach allem, was wir gesehen haben, klar. Bezeichnend ist, wie selbst die Baersche Formulierung unwillkürlich an das erinnert, was angesichts des Stuttgarter Meisterlin und schließlich z. B. noch der Gothaer Sammelhandschrift von 1467 zu sagen ist. Die Sonderstellung der Vaihinger-Blätter in der Zartheit ihrer Farben und der Feinheit der Linienführung gegenüber den Arbeiten der 70er Jahre haben wir schon bewundert. Ein Vergleich des bildmäßigen Gehaltes mit den sehr eng verwandten Illustrationen von A 2 zeigt auch hier eine große Überlegenheit der späteren Zeichnungen. In dem Bestand der Darstellungen, d. h. in der Zahl der Figuren und ihrer Anordnung in der Szenerie ist zwar eine Übereinstimmung festzustellen, wie sie kaum enger gedacht werden kann. Vergleichen wir aber einmal eine entsprechende Szene in V und A 2 miteinander (Abb. 88 unten und Abb. 97), so bleibt die Darstellung der Augsburger Handschrift dennoch hinter den Vaihinger Blättern weit zurück, in denen eine ganz andere Intensität der Darstellung und Hingebung der Beteiligten erreicht wird. Man vergegenwärtige sich nur einmal, wieviel ausdrucksvoller die gütige Miene des Königs wirkt, der zu seinen andächtigen Hörern herunterblickt und in sanfter 1
a. a. O. S. 73.
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Kapitel Vili.
Warnung die Hand hebt, wenn auch die äußere Haltung bis ins einzelne der früheren Zeichnung entspricht. Und in andern Fällen, z. B. Martyrium der hl. Afra, wirkt die Augsburger Zeichnimg erst recht hölzern und nüchtern gegenüber der Darstellung in V, die in ihrem Ausdrucksgehalt in manchen Punkten deutlich verselbständigt wirkt. Mit diesen Vergleichen sind nicht etwa einige besondere Abweichungen herausgehoben, sie charakterisieren vielmehr auf typische Weise das ganze Verhältnis. Ist es nun denkbar, daß diese Spanne der künstlerischen Qualität allein aus der Überlegenheit des späteren Zeichners gegenüber seinem Vorbild zu erklären ist ? Oder müssen wir nicht notwendigerweise für beide Arbeiten ein gemeinsames Vorbild annehmen, das auf jeden Fall besser war als die Zeichnungen von A 2 und das von beiden Illustratoren mit verschiedenem Verständnis kopiert wurde? Die Überlegenheit des Vaihinger Zeichners gegenüber A 2 erscheint so groß, daß man sich in der Tat schwer denken kann, wie er das alles aus einem solchen Vorbild hätte herausholen können. Sucht man nach den Möglichkeiten einer derartigen Vorlage, die jedenfalls erhebliche eigene Qualitäten aufweisen müßte, so wäre sie wohl eher in der Blütezeit der selbständigen Handschriftenillustration zu suchen, also etwa in zeitlicher Nähe zur Entstehung der Meisterlinchronik überhaupt und zu dem Bilderkreis in Georg Mülichs Handschrift. Unter dieser Voraussetzung ist auf einen Umstand zu achten, der schon flüchtig erwähnt wurde. Im Gegensatz nämlich zu den Handschriften der ersten Illustrationsgruppe nennen die Manuskripte A 2 und V gemeinsam in genau übereinstimmendem Wortlaut den Konventualen Hainrich Pittinger als den Schreiber ihrer Vorlage. Die älteste der erhaltenen Handschriften, in der dieser Name vorkommt, ist ein unillustriertes Exemplar der Augsburger Stadtbibliothek, das nur eine Bildinitiale mit einer Stadtansicht von Augsburg aufzuweisen hat (Cod. Aug. 60, siehe Anm.). Daß dieses Exemplar nun tatsächlich die Originalabschrift des Bruders Hainrich Pittinger darstellt,
Nach dem Siege des Holzschnitts.
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scheint mir nicht durchaus erwiesen, obgleich man es allgemein angenommen hat. Tatsache ist, daß man gleich nach der Fertigstellung des Textes mit der Anfertigung von Abschriften begann, die im Laufe der Zeit eine stattliche Anzahl erreichten1. In unserm Zusammenhang ist von Bedeutung, was über den Schreiber Heinrich Pittinger bei Wilhelm Wittwer in seinem Catalogus abbatum monasterii S. S. Uldarici et Afrae Augusten, zu lesen steht 2 . Es heißt dort nämlich u. a.: „Fuit enim ante introitum religionis aurifaber, bonus i l l u m i n i s t a et bonus scriptor. Scripsit enim plures libros ad liberariam....". Man könnte also denken, daß dieser Mann sich in seiner Abschrift nicht mit einer Initial-Miniatur begnügt hätte, sondern die Gelegenheit, seine Kunst auszuüben, an diesem anregenden Text versucht und einen Bilderkreis geschaffen hätte, der uns dann nur in den Kopien A 2 und V überliefert wäre. In diesem Falle müßten wir aber für die späteren Abschriften über die Umschreibung in den Zeichenstil ihrer Zeit hinaus eine nicht unbedeutende Umformung der Komposition annehmen, da wir gesehen haben, wie die Bildlösungen in A 2 durchaus der künstlerischen Entwicklungsstufe ihrer Entstehungszeit um 1480 entsprechen. Diese ganzen Erwägungen über ein früheres gemeinsames Vorbild haben also nur den Wert einer Hypothese. Will man sich andererseits auf den Standpunkt stellen, die überragende Quaütät der Vaihinger-Blätter sei allein deren Zeichner zu Gute zu halten, den wir ja als eine künstlerisch sehr bedeutende Persönlichkeit erkannt haben, so wäre es sehr erwünscht, seine Hand auch an anderen Arbeiten 1 Zur Entstehungsgeschichte der Meisterlin-Chronographie, ihrer Übersetziing ins Deutsche und den verschiedenen Handschriften vgl. P a u l J o a c h i m s o h n , Zur städtischen und klösterlichen Geschichtsschreibung Augsburgs im 15. Jhdt. Alemania X X I I , Bonn 1894 und Derselbe a. a. O. — Die Handschrift Nr. 257, Cod. Aug. 60, hält Joachimsohn für die Originalhandschrift Hainrich Pittingers (S. 66 Anm. 6), ebenso P. Nonosus B ü h l e r , a. a. O. S. 52 und B r e d t a. a. O. S. 47. 2 Hrsg. von Steichele im Archiv für die Gesch. d. Bistums Augsburg Bd. III, Augsburg 1860.
11 L e h m a n n - H a u p t ,
Federzeichnungen
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Kapitel VIII.
kennenzulernen, um die Vorstellung seiner Fähigkeiten zu erweitern. Dies ist nun in der Tat möglich! Eine Gruppe von lavierten Federzeichnungen stehen in enger Beziehung zu unseren Illustrationen. Von dieser Gruppe waren bisher 8 Blätter bekannt und flüchtig erwähnt. Ein weiteres Blatt konnte Buchner in dem schon mehrfach zitierten Aufsatz „Augsburger Malerei der Spätgotik" anführen. Im folgenden bin ich in der Lage, der Gruppe noch weitere Blätter zuzuweisen1. Wenn ich betonen möchte, daß mir die jetzt zu erörternden Zusammenhänge unabhängig von den Forschungen Buchners klar geworden sind und schon vor dem Erscheinen seiner Arbeit schriftlich in meiner Dissertation niedergelegt waren, so weise ich hierauf lediglich als auf ein weiteres Moment zur Wahrscheinlichmachung des vorgetragenen Sachverhalts hin. Vier von diesen Blättern, aus der Sammlung von Nagler stammend, befinden sich im Kupferstichkabinett Berlin. (Friedlaender-Bock, S. 88 ; Buchner, S. 46ff, Abb. 38,40 42,43). 1. Nr. 1028, Christus im ölberg 2. Nr. 1029, Tod des Absalon (Abb. 101). 3. Nr. 1059, Christus wird dem Volk gezeigt (Abb. 102) 4. Nr. 5565, Aristoteles und Phyllis (Abb. 103). Weitere 4 Zeichnungen stammen aus der Sammlung Felix Becker in Leipzig und kamen daselbst bei Börner 1912 zur Versteigerung2. (Sie sind beschrieben und in Verkleinerungen abgebildet im Börnerschen Auktionskatalog CX, Leipzig 1912. S. außerdem Buchner, S. 46 ff, Abb. 36, 37, 39, 41). 5. Katalog Börner Nr. 256, Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel. (41,2x28,3 cm). 6. Katalog Börner Nr. 257, Christus vor Herodes (41,5 x 28,5 cm). 7. Katalog Börner Nr. 258, Auferstehung Christi (41 x 28,2 cm). 8. Katalog Börner Nr. 259, Himmelfahrt Christi (kreisrund, Durchmesser 30,5 cm). 1 Außer den hiergenannten besitzt m. W . Herr Dr. Boll in Stuttgart noch einige Blätter. 2 Blatt 5 ist im Besitze Prof. Felix Beckers in Leipzig
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Weitere 4 Blätter unseres Künstlers befinden sich in der S a m m l u n g E h l e r s in Göttingen, und zwar: 9. Beschneidung Christi, (41,5x29 cm). 10. Austreibung der Wechsler, (kreisrund, Durchmesser 29,4 cm) 11. Verspottung Christi, (kreisrund, Durchmesser 29 cm, Abb. 104). 12. Kreuzschleppung, (39x28,5 cm). Ferner in Münchner Privatbesitz (Sammlung A. S. Drey; Buchner, S. 46 ff, Abb. 44): 13. Geburt Christi (42x29 cm). Die Blätter sind alle einheitlich in ihrer technischen Ausführung. Mit Ausnahme der alttestamentlichen Szene des Todes Absalons und der Aristoteles- und Phylliszeichnung sind es Darstellungen aus dem Leben Jesu, entweder in ziemlich großem Hochrechteck oder kreisrund (Nr. 1, 2, 4, 8, 10, 11), so daß die Blätter wohl mit Recht als Scheibenrisse zu bezeichnen sind. Eine Darstellung, die Austreibung der Wechsler, kommt in zwei Fassungen vor, einmal rechteckig und einmal kreisrund. Vielleicht darf hieraus auf das Vorhandensein zweier Folgen in verschiedenem Format geschlossen werden. Die Zeichnungen sind in den Hauptlinien der Figuren und der Szenerie mit der Feder in bräunlichen Strichen ausgeführt, Schraffierungen sind nur vereinzelt zu finden, Lichtführung und Modellierung werden mit leichter Bemalung in grauen Tönen wiedergegeben, so daß eine grisaillehafte Wirkung erzielt ist. Daß sämtliche Zeichnungen von der Hand eines einzigen Künstlers stammen, dessen persönliche Eigenart in allen Blättern sehr deutlich ausgesprochen ist, kann keinem Zweifel unterliegen, wenn man sich erst einmal in seine Art eingesehen hat. Damit ist aber auch schon die Voraussetzung für die Kenntnis geschaffen, daß dieser höchst o r i g i n e l l e K ü n s t l e r k e i n a n d e r e r i s t , als der I l l u s t r a t o r der Conrad V a i h i n g e r s c h e n M e i s t e r l i n a b s c h r i f t von 1490. 11*
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Kapitel VAI.
Diese Einsicht läßt sich durch einen eingehenden Vergleich in jeder Hinsicht beweisen. Mit am schlagendsten ist wohl, wie wir die persönliche Eigenart der Strichführung des Vaihinger Zeichners, der jede Linie in kleine Zickzackwellen auflöst, durchgehend in den großen Scheibenrissen verfolgen können. Auch die häufige Verwendung des Lineals in den Meisterlinillustrationen für Architektur und Einrichtungsgegenstände findet sich wieder und mit derselben Eigenart, daß die in einem Punkt sich kreuzenden Linien häufig nicht genau zusammentreffen, daß der Strich manchmal unterbrochen ist, andererseits wieder die Figuren rücksichtslos überschneidet. (Abb. 90, 94, 99 u. 102, 103). Hier wie dort sind manchmal ganze Bildpartien nicht klar durchgeführt, sondern mit einem großzügigen Liniengewirr überdeckt. So sind, um nur ein Beispiel zu nennen, bei den verfolgenden Reitern des Absalon-Todes (Abb. 101) nur mit Mühe ihre Arme und die Waffen in ihren Fäusten zu erkerinen; ähnlich unklar sind in der Handschrift die liturgischen Gegenstände in den Händen der die Reliquien Verehrenden (Abb. 90). Überraschend ist die Übereinstimmung der Typen. Man vergleiche die Personen beim Begräbnis des hl. Ulrich in der Chronik (Abb. 99) z. B. mit den Reitern wieder aus dem Absalon-Scheibenriß. Beidemale finden sich die großen kreisrunden Augen ohne Pupillen, welche die Figuren wie Schlafende wirken lassen. Diese Typen haben das Mißfallen eines Betrachters der Scheibenrisse erregt, und er sah sich deshalb veranlaßt auf dem Gethsemane-Bild Augen- und Nasenpartie des Heilands und die Augen der im Hintergrund nahenden Schacher mit kräftigem Schwarz nachzuziehen. Der verträumte Ausdruck seiner Figuren ist zwar ein für den Künstler sehr bezeichnender, hindert aber nicht, daß andererseits in der individuellen Gestaltung seiner Köpfe ein hoher Grad von wechselnder Ausdrucksfähigkeit erreicht wird, wie in der Darstellung Christi vor dem Volk (Abb. 102) und vielleicht am treffendsten in der Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel (Nr. 5).
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Erhöht wird die Ausdruckskraft der Figuren durch eine gesuchte Bewegtheit ihrer Gliedmaßen, in denen ein manchmal geradezu geschraubtes Körperempfinden ausgesprochen liegt. Die Gestalten des Künstlers haben häufig dünne, weitausgreifende Arme und Beine, sehr schmale Füße. Besonders ist auf seine feinen Frauenfiguren hinzuweisen, z. B. wie die Maria der Anbetung (Abb. 96) ihre rechte Hand an dem steif vorgestreckten Arm aufgebogen hält, ferner auf die Frauen beim Begräbnis der hl. Afra in der Handschrift und entsprechend bei den Scheibenrissen besonders die Frauengruppe rechts auf dem Aristoteles-Blatt (Abb. 103) mit ähnlichen Handgebärden und Haltungen. Der Henker der Märtyrer-Enthauptungsszene (Abb. 95) ist vergleichbar mit den Folterknechten in der Geißelung Christi (Abb. 102) und der Verspottung (Abb. 104). Mit verwandtem Stilempfinden sind die Gewänder behandelt. Es zeigt sich eine Vorliebe für weitausgeschwungene Bäusche, die ein erregtes Eigenleben führen und die Konturen der Figuren überwuchern. Besonders ist dies zu sehen bei der von übernatürlicher Handlung erfüllten Darstellung der Auferstehung und Himmelfahrt Christi; auch bei der Austreibung der Wechsler und Händler schwingt der Mantel Christi von der linken Schulter her in einer mächtigen S-Kurve hinter ihm und verstärkt den Ausdruck der drohend erhobenen Hand mit der Peitsche. Bei ruhig Sitzenden oder Knienden kann sich der Künstler nicht genug daran tun, den Fall des Gewandes am Boden in scharfen, kleinteiligen Brechungen immer weiter und weiter zu verfolgen. So besonders bei allen drei Frauen im Vordergrund des AristotelesBlattes, bei der rührenden Gestalt des Heilands von der Verspottung und in der Handschrift z. B. bei der Maria der Anbetung (Abb. 96) und dem Begräbnis der hl. Afra. In der Zusammenstellung von mehreren Personen zu Figurengruppen werden in den Scheibenrissen ganz ähnliche Wirkungen erzielt wie in der Handschrift. Man vergleiche z. B. die Gruppe von Noah mit seinen Söhnen (Abb. 91) und die Männer der Darstellung Christi (Abb. 102). Die
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Kapitel VIII.
beiden ganz links auf diesem Blatte kehren fast unverändert in der Handschrift wieder als zwei „Bauherren" (Abb. 98 oben). Übereinstimmend kommen hier wie dort häufig Turbane in ganz ähnlicher Zeichnung als Kopfbedeckung der Männer vor. Im Verhältnis der Figuren zum Innenraum ist bezeichnend die Art, wie die Begrenzungsflächen lose um die handelnden Personengruppen herumgehängt sind, die regelmäßig so stehen, daß sie die Kanten von Fußböden und Wänden verdecken. Nie ist der Kubus klar entwickelt. Dies zeigt sich deutlich in der Handschrift z. B. bei dem Noahbild, in den Scheibenrissen in der Szene „Christus vor Herodes" und in der „Verspottung". Ähnlich ist auch die landschaftliche Szenerie, hier wie dort summarische Hügelkonturen, das Ganze oberflächlich behandelt. Daß sich ebenso beim „Tode Absalons" wie bei der „Enthauptungsszene" (Abb. 95) von rechts her eine Landzunge in die helle Mittelpartie erstreckt, ist vielleicht nur Zufall. Sehr verwandt sind die Reiterkampfszenen des Künstlers. Nicht nur in der Anlage der Figurengruppen, in ihrem Verhältnis zum Raum, auch die Wirkung der Kopf an Kopf heranstürmenden Pferde, die Zeichnung ihrer Köpfe und des Zaumzeugs stimmt überein. Ein einzelnes Motiv wie das Tier im Vordergrund der Absalonscheibe geht eng zusammen mit dem Pferd im Vordergrund rechts der Illustration zu Kapitel III, 2 der Handschrift V. Neben der übereinstimmenden Baumzeichnung ist schließlich noch darauf hinzuweisen, wie ähnlich Stadtansichten im Hintergrund ausfallen. Der Künstler hat eine Vorliebe für massige Türme und Rundbauten mit vielen Fenstern, wie sie besonders deutlich im Hintergrund der „Auferstehung" zu sehen sind, ähnlich auch bei der Gethsemaneszene und entsprechend in der Handschrift bei der Enthauptungsszene. Bei der großen Menge von Verwandtschaften, die wir in jeder Beziehung zwischen den Scheibenrissen und den verstreuten Blättern Conrad Vaihingers nachweisen konnten, ist an der Identität des Künstlers nicht zu zweifeln!
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Unter Bezugnahme auf einen Aufsatz Felix Beckers 1 waren die 4 Blätter der Leipziger Auktion im Börnerschen Katalog in die Nähe Wohlgemuths gerückt worden. Ebenso führt der Berliner Katalog die dort aufbewahrten Zeichnungen unter Hinweis auf die zugehörigen 4 Blätter des Katalogs Börner mit einigem Vorbehalt unter Wohlgemuth an („es kommen für dieselben auch die Pleydenwurff und andere Künstler dieser Richtung in Betracht"). Im Gegensatz dazu hat Buchner schon bei früherer Gelegenheit die Zugehörigkeit der Handzeichnungen im Berliner Kupferstichkabinett und aus der Sammlung Becker nach Augsburg erklärt 2 und mit dem sogenannten „Meister von 1477" in Verbindung gebracht. In seinen großen Aufsatz über die Augsburger Malerei der Spätgotik erfahren wir nun Ausführliches über diesen Meister, den Umfang seines Werkes, seine künstlerische Eigenart, seine entwicklungsgeschichtliche Stellung. Auch seine Beziehungen zu den Vaihinger-Illustrationen sind Buchner aufgefallen, er kann sich aber offenbar nicht entschließen, sie als eigenhändige Werke zu erklären. Aus der hier vorangegangenen Gegenüberstellung der Buchillustrationen und Handzeichnungen wird man ersehen haben, dftß ich keine Bedenken hege, die Meistsrlin-Illustrationen als eigenhändige Arbeiten des Meisters der 13 Handzeichnungen und somit des „Meisters von 1477" anzusehen. Am besten ist dies im Berliner Kupferstichkabinett nach* zuprüfen, wo man Gelegenheit hat, Zeichnungen des Meisters aus der Serie der Scheibenrisse unmittelbar neben den Chronikblättern zu betrachten! Wir lernen somit einen der bedeutendsten Augsburger Tafelmaler als Buchillustrator kennen und gewinnen einen neuen Gesichtspunkt für seine Wertung. Buchner hat wiederholt die Bedeutung dieses Künstlers für den Augsburger Buchholzschnitt festgestellt und dessen besondere Formgebungen mit dem Einfluß speziell dieses Meisters in Verbindung gebracht. Demgegenüber möchte ich doch, wie es ja in der Zeitschrift für alte und neue Glasmalerei, München 1912 Heft I X . Münchner Jb. d. bild. Kunst, Bd. X I I I , 1923, Aufsatz über die Werke Friedr. Herlins, S. 34 Anmerk. 24. 1
2
Kapitel VTIL
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vorliegenden Untersuchung geschehen ist, erhöhten Wert auf die von Material und Technik bestimmten Entstehungsbedingungen legen, die, wie wir ja sahen, umgekehrt die allerstärkste Wirkung auf die gleichzeitigen Federzeichnungen ausübten. Der Meister selbst ist mit seinen Illustrationen von der holzschnittmäßigen Zeichenweise abgerückt. Eben diese Reaktion ist es ja, die trotz engster bildlicher Anlehnung an die holzschnittmäßig gezeichneten Bilder in A 2 den Eigenwert der spätesten Illustrationsgruppe der Meister linchronik ausmacht. Daß er dabei auch die ältesten Vorbilder gekannt hat — Buchner spricht von den „künstlerisch allerdings schwächeren Illustrationen eines Hektor Mtilich", kennt er die Arbeiten in Georg Mülichs Stuttgarter Exemplar nicht ? — ist allerdings durchaus denkbar. Über die Möglichkeit* einer frühen Vorlage insbesondere zu seinen Illustrationen ist ja ausführlich gehandelt worden. Andrerseits könnte man ihm die Belebung der Vorbilder seinen ganzen sonstigen Qualitäten nach durchaus auch als selbständige Leistung zutrauen. Als letzte im 15. Jhdt. in Augsburg entstandene Handschrift, die mit Federzeichnungen illustriert ist, sei schließlich noch eine Regel des hl. Benedikt erwähnt, die 1495 von Thomas Rieger im Ulrichskloster geschrieben wurde. (Beschr. Verz. Nr. 24). In seiner Besprechung dieses Stückes weist Bredt1 mit Recht darauf hin, wie diese zweifellos im Kloster selbst entstandene Handschrift doch nicht wie die eigentlich liturgischen Handschriften mit Deckfarbenminiaturen geschmückt wurde, sondern wie man dem Thema der Darstellungen, nämlich der Schilderung eines Heiligenlebens entsprechend, die Technik der illustrierenden Federzeichnung wählte. Der Strich ist lebhaft und ausdrucksfähig, die Zeichnung der Köpfe und Hände gleichmäßig geschickt, für die Standfiguren wechseln lange parallele Vertikalstriche mit kleinteiligen Linienhäufungen in Arm- und Kniegelenken, 1
a . a . O . S. 71ff.
Nach dem Siege des Holzschnitts.
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Schraffierungen sind nicht selten, für die Architektur wird das Lineal zu Hilfe genommen. Die Farben sind leicht und hell, das immer wiederkehrende Grau der Mönchstracht und des Bodens bildet einen geschmackvollen Gesamtton, zu dem für die Gewänder noch etwas Rotviolett und Blau, für Holzteile und Heiligenscheine etwas Gelb hinzukommt. Aussparungen des weißen Pergamentes in ganzen geschlossenen Flächen spielen eine große Rolle. Trotz ihres Gattungscharakters als reine kolorierte Federzeichnungen sind die Bilder künstlerisch der klösterlichen Miniatur, wie sie gerade damals in hoher Blüte stand, verpflichtet. Bredt hat im besonderen auf die Ähnlichkeit mit einem Brevier aus St. Ulrich (clm. 23161) hingewiesen, ebensogut kann man auch die interessanteste Klosterarbeit dieses Jahrzehnts, nämlich die im selben Jahre 1495 entstandenen Miniaturen Georg Becks heranziehen (Bredt, Taf. 11). Dieselben schmalen und schlanken Gestalten in einer ähnlich geklärten Kompositionsweise, auf die für die Augustinerregel noch einzugehen sein wird, erweisen die Zugehörigkeit zur gleichen Stilstufe. In der gesamten Bildanlage ist ein hoher Grad von Bildklärung und Überschaubarkeit der Komposition erreicht. Die Handlung der Figuren vollzieht sich in der Hauptsache in einer Bildebene, ein strenges System von Vertikalen und Horizontalen beherrscht die schlanken Figuren mit ihrem sehr geschlossenen Umriß. Dabei hat jede Gestalt Raum für sich, nichts wirkt eng und zusammengedrängt, in den Innenszenen stehen sie voller Bewegungsfreiheit zwischen den klar und weitarmig gebauten Begrenzungsflächen. Dabei wirken die Figuren mit ihren gleichförmig vertikalen Standmotiven doch nicht isoliert und starr, in ihrer verschieden dicht zusammengedrängten und dann wieder durch Zwischenräumen gelösten Abfolge spricht sich ein verbindender Rhythmus aus, der im Ganzen eine maßvolle Ausgewogenheit der Handlung erzielt.
KAPITEL IX.
SCHWÄBISCHE FEDERZEICHNUNGEN BIS ZUM ENDE DES JAHRHUNDERTS. Wenn wir schließlich noch einen flüchtigen Blick auf die Produktion im übrigen Schwaben werfen, die wir im v. Kapitel bis etwa zum Jahre 1470 verfolgt haben, so muß auch hier nochmals mit aller Entschiedenheit betont werden, daß nicht entfernt daran gedacht wird, ein irgendwie vollständiges Bild damit zu geben. Lediglich der Wunsch, einen Beitrag zur Materialkenntnis zu liefern, von der ein späterer Bearbeiter Nutzen ziehen kann, liegt dieser Zusammenstellung zu Grunde. Vorausgeschickt sei ein Hinweis auf das schon mehrfach erwähnte beschreibende Verzeichnis der deutschen Bilderhandschriften in Heidelberg von Hans Wegener, das gerade für Schwaben in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts eine reiche Ausbeute liefert. So sind die Handschriften aus der Werkstatt des Ludwig H e n n f f l i n zu nennen (Pal. germ. 16, 17, 18, 67, 353, 142, 152 und 345), die sämtlich in den 70er Jahren entstanden sind. Wegener hat die Herstellung dieser Manuskripte, die in der Hauptsache von derselben Hand illustriert sind und wahrscheinlich sämtlich aus dem Besitz der Margarethe von Savoyen stammen, in ein und derselben Werkstatt nachgewiesen; er vermutet den Sitz dieser Werkstatt in Stuttgart (vgl. S. 71 ff., Abb. 66-76 und farbige Taf. III). Von den übrigen Handschriften in Heidelberg sind als schwäbisch zu nennen: pal. germ. 76, Der Ackermann von Böhmen, um 1470. (Wegener, S. 68, Abb. 63). pal. germ. 320, Thomasin von Zirklaeres Wälscher Gast, um 1470 (Wegener, S. 65, Abb. 60) pal. germ. 111, Legende vom hl. Mauritius und Legende vom hl. Meinrat, um 1470 (Wegener S. 69, Abb. 65).
Schwäbische Federzeichnungen bis zum Ende des Jahrhunderts.
171
Besonderes Interesse nimmt ein L e b e n der V ä t e r von 1477 in Anspruch, auf das schon Kautzsch in den „Einleitenden Erörterungen" zusammen mit einer W o l f e n b ü t t e l e r Hs. a u s Mindelheim (Aug. fol. 1, 11) und einem weiteren H e i d e l b e r g e r Codex, der B i d p a i Hs. pal. germ 466 aus der Zeit um 1485 hingewiesen hatte. Die beiden Heidelberger Manuskripte bezeichnet Wegener (S. 87 u. 91, Abb. 80, 81 u. 82/85) als „seeschwäbisch" und vermutet die Tätigkeit eines gemeinsamen Illustrators in ihnen. Die genannte Bidpai-Hs.pal. germ. 466, ihrerseits abhängig von den Druckausgaben bei Holl (Ulm 1483) und F e y n e r (Esslingen nach 1483), ist als die späteste von 3 illustrierten Abschriften dieses Fabelbuches zu bezeichnen, die alle aus Schwaben stammen. Auch die beiden andern Abschriften werden in Heidelberg aufbewahrt. Die interessanteste dieser drei Handschriften ist der pal.germ. 84aus der Zeit uml480 (Wegener S. 92, Abb. 86/89 und farbige Tafeln I u. IV) wahrscheinlich „die erste illustrierte Abschrift nach dem Originalmanuskript des Antonius von Pforre, welche die Pfalzgräfin für einen besonderen Anlaß (wahrscheinlich die Gründung der Tübinger Universität 1477) für ihren Sohn hat anfertigen lassen." Mit den Illustrationen sind zwei sehr verschieden geschulte Künstler beschäftigt gewesen, von denen besonders der erste mit seiner sehr lebhaften und frei skizzierenden Art eine äußerst originelle Begabung an den Tag legt. Demgegenüber wirkt der zweite Zeichner, dessen Anteil einer fortgeschritteneren Stilstufe angehört und stark holzschnittmäßig aussieht, was bei dem ersten Zeichner durchaus nicht der Fall ist, bedächtig und etwas nüchtern und mechanisch. Seinen Stil glaubt Wegener als eine Mischung seeschwäbischer und ulmischer Elemente definieren zu können1. 1 Wie die Berliner Hundeshagen-Nibelungen ist auch dieses Manuskript im Volksverband der Bücherfreunde mit wohlgelungenen farbigen Reproduktionen erschienen. Die Herausgabe in neuhochdeutscher Übertragung besorgte Hans Wegener. Zu den 3 BidpaiHandschriften vgl. auch Weil, Der Ulmer Holzschnitt.
172
Kapitel I X .
Auch an derBidpai-Handschriftpal.germ. 85 um 1480 (Wegener S. 95, Abb. 90-92) haben zwei Illustratoren gearbeitet, von denen der Zeichner A durch die engen Beziehungen zu dem pal. germ. 346, Tristan, um 1460 (Wegener S. 62, Abb. 55 u. 56) den wir bereits im 5. Kapitel erwähnt haben, beachtenswert ist. Dazu ist nun des weiteren zu bemerken, daß auch die Illustrationen einer S t u t t g a r t e r Hs., und zwar der Cod. theol. fol. 195, aus Zwiefalten stammend, in engen Beziehungen zu denen der Heidelberg Hs. stehen. Das Stuttgarter Manuskript, dem Dialekt nach gleichfalls schwäbisch, enthält zwei verschiedene Stücke, die von verschiedenen Schreibern und Illustratoren angefertigt wurden. Für die Beziehungen zu den Heidelberger Zeichnungen kommt nur der erste Teil in Frage, eine Abschrift von Jacob de Teramos Belial, fol. 1/104 (Abb. 107). Der zweite Teil, fol. 107/196, enthält Montevillas Reise ins Gelobte Land und ist lt. Eintrag von Georg Kotz geschrieben. An weiteren illustrierten schwäbischen Handschriften in Stuttgart sind außer den bereits bei früherer Gelegenheit genannten zu erwähnen: cod. poet. et phil. fol. 4, Sammelhs. des „Hans von Gossheim zu dißer zyt zentgreffe zu Modau", entstanden 1471/74. Die Illustrationen sind dilettantisch1. cod. med. e t phys. fol. 15, Megenbergs Buch der Natur von 1472, mit dem Vermerk: „Petrus Königsschlacher rector scolarum et prothonotarius opidi wallsee transtulit hunc librum de latino in vulgär.... ad instanciam generosi et nobilis viri domini Georgii Dirpiseri de waltpurg 1472". Sehr zahlreiche Illustrationen. cod. H. B. X I , p h y s . e t med. m a t h . 28, Sammelhs. astronomischer und theologischer Traktate. Leben der hl. Katharina in Versen. Schwäbischer Dialekt. Mit Zeichnungen des Weltalls, 1 Über diese Handschrift befindet sich ein Vermerk Dr. Bernarth's im Thieme-Becker'schen Künstlerlexikon unter H a n s von Goßheim.
Schwäbische Federzeichnungen bis zum Ende des Jahrhunderts.
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der vier Elemente und Winde, Tierkreis- und Planetenbilder etc. cod. theol. et phil. fol. 184, Otto von Passau's XXIV Alte. Aus Zwiefalten stammend, schwäbischer Dialekt. Die Zeichnungen des Evangelisten Johannes und der XXIV Alten mit feiner Feder gezeichnet und sorgfältig mit dem Pinsel übergangen, sind wohl noch vor 1460 entstanden, cod. theol. et phil. fol. 286, Otto von Passau's XXIV Alte. Schwäbischer Dialekt. Die Zeichnung des Evangelisten Johannes und der XXIV Alten tragen stark holzschnittmäßigen Charakter. Auf die überaus reiche Illuminatorentätigkeit in der nahe bei Ulm gelegenen B e n e d i k t i n e r a b t e i W i b l i n g e n , die uns durch schriftliche Überlieferung verbürgt ist, haben wir schon im ersten Kapitel hingewiesen. In der dort genannten Übersicht Becks wird besonders ein F. S i m o n R ö s c h gerühmt, über den derselbe Verfasser bereits früher in einem Aufsatz ausführlicher berichtet hatte1. Diesen Simon Rösch können wir nun tatsächlich als Schreiber von Handschriften nachweisen. Außer dem St. Gallener Codex 1297 von 1473 (vgl. Catalog Scherrer, p. 444) hat er den E i n s i e d l e r Codex Nr. 285, Devotionale des Abtes Ulrich von St. Gallen von 1472 geschrieben (Vgl. Linus Birchler, Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 1, S. 200/202 u. Abb. 195/196.) Er nennt sich daselbst folgendermaßen (fol. 224): „Anno Domini M°CCCC°LXXII finitus est libellus et conscriptus per fratrem Symonem Rösch de Marchdorff conventualem in Wiblingen ad preces et voluntatem devoti principis et domini domini Uodalrici abbatis ad Sanctum Gallum. Quem deus conservet tempora per longera et tandem ducat ad eterna gaudia. Amen" 2 . 1 Arch. f. christl. Kunst 1892, X, Nr. 7, S. 63. Vgl. dazu auch U l r i c h B r a i g , Kurze Geschichte d e r . . . Abtey Wiblingen, Isny 1833, p. 124. 8 Über den Abt U l r i c h R ö s c h vgl. die Allgem. deutsche Biographie 29, S. 161/63.
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Kapitel IX.
Wie weit der Schreiber etwa auch für die Illustrationen (Abb. 108/110) verantwortlich zu machen ist, geht aus diesem Eintrag nicht hervor. Es handelt sich um typische Erzeugnisse der bereits häufig erwähnten Grenzgattung. Ein sehr deutliches Liniengerüst, das in festen Federstrichen angelegt ist, erscheint verbunden mit einer eingehenden malerischen Behandlung der Flächen in verschiedenen Tönen derselben Farbe (z. B. Weinrot und Zinnober) und andersfarbigen Höhungen. Schwere kräftige Töne (Dunkelviolett, Rot, Blau) überwiegen. Die Figuren stehen groß gesehen in den Innenräumen und der Landschaft, die z. T. liebevoll bis ins Einzelne gestaltet ist. Ein besonderes Interesse verleiht diesen Illustrationen ihr s t i l i s t i s c h e r Zusammenhang mit den Holzschnitten des Ulmer Seelenwurzgartens, 1483 bei Conrad Dinckmut erschienen (Schramm Bd. VI Nr. 89/108). Zu einem anderen Ulmer H o l z s c h n i t t b u c h , der „Geistlichen Auslegung des Leben Jesu Christi" stehen in engster Beziehung fünf einzelne unkolorierte Federzeichnungen in doppelter Strichumrahmung, die im Katalog Baer, Nr. 730 (Graphik) auf S. 35, Nr. 166/170 als Schongauer-Schule bezeichnet werden. (Abb. Baer Taf. XXXIII, XXXV/XXXVIII Vgl. unsere Abb. 111/112). Sie stellen dar: die Verkündigung Mariae, die Schöpfung, den Stammbaum Jesse, einen Mann und eine Frau zu dem in den Wolken thronenden Christus betend, Christus als Weltenrichter zwischen zwei Engeln. Auf der Rückseite des letztgenannten Blattes findet sich der Vermerk: ,,dis buch gehördt den carhusser zu dem gietter stain by urach gelegen 1485"1. Die berühmte Schwabenchronik deß T h o m a s Lirer (Abb. 113/115), Ms. Nr. 436 der Münchner Staatsbibliothek, hat Anlaß zur Diskussion über eine Reihe von Fragen gegeben, die noch nicht als abgeschlossen zu betrachten ist. Nachdem K a u t z s c h in den Einleitenden Erörterungen auf die Handschrift hingewiesen hatte, besprach Leo Baer 1 Die Zeichnungen sah ich zuletzt bei Jacques Rosenthal in München. Herrn Dr. Erwin Bosenthal bin ich für die liebenswürdige Erlaubnis zur Reproduktion der Blätter verpflichtet.
Schwäbische Federzeichnungen bis zum Ende des Jahrhunderts.
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(a. a. O. S. 143/48 Abb. XV) das Manuskript im Zusammenhang mit der Dinckmutschen Inkunabel (Hain 1016/18) und vermutete für Handschrift und Holzschnittbuch eine gemeinsame Vorlage. F r a n z I. S t a d l e r 1 befaßte sich sehr eingehend mit den Illustrationen der Lirer-Chronik, in denen er eine Vorstufe zu den Arbeiten des Meisters der Bergmannschen Offizin vermutet. Als Entstehungsgegend wird der schwäbische Osten vorgeschlagen und aus verschiedenen Gründen auf Augsburg hingewiesen. Das zeitliche Verhältnis zu den Ulmer Holzschnittfolgen faßt er dahin auf, daß eine gemeinsame Vorlage unwahrscheinlich sei, die Kostüme der Handschrift scheinen ihm einer früheren Stufe anzugehören als die im Holzschnitt. In genau entgegengesetztem Sinn wies P a u l i 2 darauf hin, daß die Kostüme der Handschrift fortschrittlicher seien als im Holzschnittbuch und schloß hieraus auf die Abhängigkeit der Handschrift von der Ulmer Inkunabel. E r n s t Weil 3 wies diese Annahme mit Entschiedenheit zurück. Während die Pauli'sche Schlußfolgerung mit Recht abgelehnt werden muß, ist aber seine Beobachtung an sich richtig. Der Ausweg, den schon Baer vorgeschlagen hatte, für Holzschnittbuch und Handschrift ein gemeinsames Vorbild anzunehmen, hat unter diesen Umständen viel für sich. Tatsächlich sprechen noch andere Momente für diese Annahme. Für die Entstehungsfrage greift Weil auf den Hinweis Stadlers nach Augsburg zurück, den dieser vor allem mit den Illustrationen in der Handschrift der Brüder Mülich begründet Weil möchte weiterhin auch im cod. lat. 61 der Münchner Staatsbibliothek einen Anknüpfungspunkt nach Augsburg sehen. Daß diese Trojanerkrieg-Illustrationen tatsächlich nichts mit Augsburg zu tun haben, ist im v. Kapitel dieser 1 Michael Wolgemuth und der Nürnberger Holzschnitt Stud. z. dtsch. Kunstgesch. Heft 161, Straßburg 1913, S. 93 und 204. 2 Repert. f. Kunstwiss. 1919, Bd. 41, S. 15. 3 a. a. O. S. 74 ff. und Anmerkungen zu Kap. II, Nr. 69/73.
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Kapitel IX.
Untersuchungen nochmals betont worden, nachdem schon Bredt selbst für die Illustrationen seinen Irrtum eingesehen hatte. Was die Mülich-Handschriften betrifft, so ist zunächst zu betonen, daß es sich da doch um einen sehr andern Typus von Landschaftsdarstellung handelt, als wir ihn in der LirerChronik finden. Und wenn man allein die Tatsache eines entwickelten Sinnes überhaupt für Landschaft als das Entscheidende herausgreifen möchte, so ist wieder daran zu erinnern, wie in Augsburg selbst die Landschaft vom Beginn der 60er Jahre ab immer mehr in den Hintergrund tritt, um schließlich fast gänzlich zu verkümmern, so daß dort in der Entstehungszeit der Lirer Chronik rund in den 80er Jahren gerade in dieser Hinsicht nichts zu holen ist. Aber auch in den Typen und in der Kompositionsweise und vor allem in der Strichführung läßt sich nach allem, was wir jetzt in den Augsburger bezeichneten HandschriftenIllustrationen gesehen haben, nichts finden, was auf eine Entstehung der Lirer-Chronik dort hinweisen könnte1. In jüngster Zeit hat W e r n e r F l e i s c h h a u e r 3 sich eingehend mit der Handschrift beschäftigt und ist auf Grund von Vergleichen mit der zeitgenössischen schwäbischen Tafelmalerei zu interessanten Feststellungen gekommen. Der Codex 3049 der Wiener Nationalbibliothek, eine S a m m l u n g v o n S p i e l b ü c h e r n von 1479, mit dem Wappen der Grafen von Zimmern und zahlreichen kolorierten Federzeichnungen, trägt auf fol. 170', folgenden Vermerk: ,,Geschribenn von Gabrielo Sattler von Pfullendorf, an dem nigeunden tag desz höw monatz alsz man zallt von der gepurrt cristi tuseund vierhundert sibentzig und nün Jar." In K o n s t a n z sind gegen Ende des Jahrhunderts die verschiedenen Handschriften des R i t t e r s Konrad Grünen1
Auch der Dialekt scheint ganz frei von bayrischen Elementen zu sein. * Werner Fleischhauer, Zu Thomas Lirers Schwabenchronik und zur Ulmer Malerei der Spätgotik. In: Das Schwäbische Museum, Jhg. 1929, Heft 1/2.
Schwäbische Federzeichnungen bis zum Ende des Jahrhunderts.
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b e r g entstanden, die Kautzsch gleichfalls in den einleitenden Erörterungen zusammengestellt hat. Schließlich seien noch zwei weitere schwäbische Handschriften nach 1480 erwähnt, die in der D o n a u e s c h i n g e r B i b l i o t h e k liegen. Der Codex Nr. 495 mit hübschen Tierkreismedaillons ist ein K a l e n d e r des G r a f e n Ludwig von H e l f f e n s t e i n . Die Entstehung im Bodenseegebiet beweist neben dem Dialekt das Kalendarium, in dem die Konstanzer Kirchweihe und der Tag des hl. Gallus und Othmar angemerkt sind. Die Handschrift trägt den Vermerk: ,,Dis buchlin ist geendet uff sant Valentin aben in dem jaur do man zalt M°CCCC L X X X V Groff ludwig von Helffenstain 1485." Der Codex Nr. 106,Christus und die minnende S e e l e , in schwäbischem Dialekt, wurde nach einem ausführlichen Schreibervermerk von der Anna Mumprätin im Jahre 1497 an das Augustinerinnenkloster zu Inzighofen, im Hohenzollernschen unweit Sigmaringens gelegen, geschenkt. Die Illustrationen, Federzeichnungen mit sorgfältiger Bemalung, erregen vor allem durch den Inhalt der Darstellungen Aufmerksamkeit, die mit kurzen Versen erläutert Bind. Außer den Textillustrationen enthält das Manuskript eine Taufe Christi (Abb. 116), eine Versuchung des hl. Antonius und eine Veronika mit dem Schweißtuch. Die Handschrift ist stark verstümmelt. Ein F r a g m e n t des b i s c h ö f l . S e m i n a r s zu M a i n z , das auf der Darmstädter Ausstellung (Alte Kunst am Mittelrhein, Catalog 1927, Nr. 85) gezeigt wurde, hat sich als ein Teil der Donaueschinger Handschrift erwiesen.
12 L e h m i o i i ' H f t B p t ,
Federzeichnung»
BESCHREIBENDES HANDSCHRIFTEN-VERZEICHNIS.
Die Handschriften sind alphabetisch nach den Aufbewahrungsorten geordnet. Mit Ausnahme der Nummern 30 u. 31 wurden nur die Augsburgischen Handschriften aufgenommen.
1. A I . Augsburg, Staats- Kreis- und Stadtbibliothek, 2°. Codex. Halder 1. H e k t o r M ü l i c h s M e i s t e r l i n c h r o n i k v o n 1457. Folio, Papier, Pappdeckelband mit glattem beschriebenem Pergament überzogen, Reste von zwei Schleifen. Am Anfang 5, am Schluß 9 ungezählte Blätter, dazwischen 117 Blätter mit originaler Zählung in roten römischen Zahlen. Sauber und sorgfältig von Hektor Mülich in kräftiger Tinte geschrieben, mit einfachen roten Initialen, roter Kapitalzählung, durchstrichenen Kapitalen und unterstrichenen Eigennamen. Auf der Innenseite des Vorderdeckels das Kupferstichexlibris des Ludwig Bartholomäus Edlen Herren von Herttenstein, auf der ersten Seite handschriftliche Notizen von seiner Hand. Auf der fünften (ungezählten) Seite: CIZERA • VINDELICA GENAUNIA • AUGUSTA CRISE • TIBI GLORIA. . . DA BUCH • IST GESCHRIEBEN • GEMALT U N D E I N G E F U N D E N WORDEN VON HECTOR MÜLICH NACH X P I GEBURT M' CCCC' LVH' AM I U I TAG DES MONATZ I U N I
(Darunter von einer späten Hand eine Notiz, Auftraggeber und Schreiber der Chronik betreffend, von der die untere Hälfte der fünften Zeile weggeschnitten ist. Da das beschnittene Blatt aber ebenso wie die folgenden in ihrer jetzigen Größe genau in den Einband paßt, läßt sich vermuten, daß derselbe einmal erneuert und bei dieser Gelegenheit die Blätter frisch beschnitten wurden, was also nur zu Gunsten der wörtlichen Genauigkeit obiger Notiz Hekt. Mülichs sprechen kann.)
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Inc. folio 1 (rot): „Hie hebt sich an ain vorrede der nach geschribenen histori"... usw. wie St. fol. cvi (rot): „Hie vachet an das fünft buch. Von kayser karl zu präg und was die weil zu augspurg beschechen siy das erst kapitel des fünften buchs das hat d' meysterlin nit gemacht." Expl. fol. 116': „Und des jahrs musten die von Augspurg dem kayser geben drewzechn tausend guldin umb das man den juden ihre synagog erinder prochen und die Juden aus triben hetten. Anno dorn, m' cccc' l v i i ' das dicz buch ausgeschribn ward von Hector." B r e d t , a. a. O., S. 30. Taf. 2. P. J o a c h i m s o h n , Die humanistische Geschichtsschreibung in Deutschland, H . 1, Bonn 1895,S. 80ff. Z u d e n I l l u s t r a t i o n e n siehe die vergleich. Tabelle.
2. Augsburg, Staats-, Kreis- und Stadtbibliothek, Ms. Nr. 164. Leben verschiedener Heiliger. Papier, folio, 15. Jhdt. Schweinslederband des 16. Jhdt. mit Blindpressung und zwei Schliessen, 491 Blatt neuerer Tintenfoliierung, außerdem Vor- und Nachsatzblatt. Saubere rundliche Schrift mit roten Initialen, Überschriften, durchstrichenen Kapitalen, Namensunterstreichungen und römischer Seitenzählung, nicht ganz durchgeführt. Aus dem Kloster St. Ulrich und Afra. fol. 1: Register. Initial ,,S" mit Goldfüllung und Rankenleisten am Seitenrand. Textbeginn fol. 4: „Von sant Ambrosio dem heiligen lerer sein legend." Expl. fol. 491': und beschach das da man zalt von cristi gepurd neunhundert und vierundsechzig jar amen." M e t z g e r , Augsburgs älteste Druckdenkmale, Augsburg 1840. B r a u n , Catalogus manuscriptorum, in: Noticia HistoricoLiteraria . . . . Augsburg 1795, Bd. V, No. X L ( ?). A b b i l d u n g 50.
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
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3. A. 2. Augsburg, Staats- Kreis- und Stadtbibliothek, 4°, Cod. Aug. 1. I. M e i s t e r l i n - C h r o n i k u m 1480. Papier, Holzdeckelband mit stark abgeschabtem Lederüberzug mit Blindpressung, Reste von zwei Schliessen. Auf dem Vorderdeckel „Augsburg", auf dem Rückdeckel springendes Wild in ringsum laufender Borte. Etwas verblichene Schrift mit vielen Schnörkeln am Zeilenanfang und an der oberen Zeile; rotbraune, hellbraune, blaue und grüne Initialen, rote Kapitelüberschriften. Pergamentenes Vorsatzblatt, darauf Inhaltsangabe von neuerer Hand. Danach zwei leere Blätter, dann 282 Blatt neuerer Tintenzählung von 279 ab unbeschrieben. Inc. fol. 1 Register, (rot): „Hie seind bezaichnet dieCapitel" fol. 5 (rot): „Darnach ain beschliessung diese matery ist gemacht wordenn vonn herren Sigmund Meisterlin Conventuall des goczhauss zu sannt Ulrich unnd am erstenn geschribenn vonn Bruder Hainrich pittinger Conventuall die Baide sind Beschechun durch gepet des weisen mans Sigmundt gossenbrotz Burger zu augspurg nach X P I gepurdt Taussendt vierhundert und im sibenfunfftzigsten J a r ann dem ersten monat des selben J a r s . " fol. 9 älterer Besitzervermerk: „Monasterii S. Udalrici Auge x 169.
Darunter: „Hie hebt sich ann ain v o r r e d . . . (W)ie gar schwer und hördt sey etliche Irrung der Menschen aus zereuten..." fol. 262 in einer Nachrede Meisterlins an seinen Gönner Gossenbrodt bricht die Handschrift unten ab mit den Worten: „ S o w o l t e s t u . . . " und wird auf fol. 263 v o n e i n e r a n d e r n H a n d zu Ende geführt bis: „und sey es uns Barmherztig Amen" fol. 263' von derselben, zweiten Hand ein Lobspruch auf die Stadt Augsburg. Darunter (rot) „Hie nach volgent die bischoff so dann hie zü augspurg gewesen sind."
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fol. 264/277 Augsburger Bischofskatalog, anfangend mit dem hl. Dyonisius bis zu Friedrich von Zollern, und zwar für jeden ein koloriertes Brustbild mit beigeschriebenem Namen, Jahr der Wahl und Regierungsdauer. II. Chronik e i n e s U n g e n a n n t e n von 1480. Anderes Papier als Teil I, 1 + 147 Blatt neuerer Tintenzählung. fol. 283: leer. fol. 283': ganzseitige umgerahmte Federzeichnung, den Aufstand von 1368 darstellend, von anderer Hand als die Illustrationen zur Meisterlin-Chronik. fol. 1 von neuerer Hand: „Chronik eines Ungenannten" — wahrscheinlich eines Conventualen von St. Ulrich — vom Jahre 1368 bis 1396. Sie ist 1480 geschrieben". — Darunter Beginn der Chronik mit dem Text zu der links gegenüberstehenden Zeichnung: „Anno dm' im 1368. Jar am nächsten montag nach Symonis und lüde do kam ain gross volck gewapnet auff den perlach , und sprachen sy wolten ain zunft haben und wolten dy haben mit gutem frid...". Expl. fol. 147: „Anno dm. 1396 Jar an der nächsten mitwochen nach sand Veits tag do kam ain vinsternüss an dem morgen um die Zeit als die glock sechs schlecht und werdt pey aine stund und ettwas mehr. E t sie es finis. Anno dm. etc. 1480 Jar ward daz püchlin geschribn." Danach die letzte Seite der letzten Lage, unbeschrieben. Zwischen diese und das Pergamentnachsatzblatt ist ein Blatt von demselben Papier, das zur Meisterlin-Chronik verwendet wurde, eingeheftet. Darauf von der Hand des Zeichners von I in derselben Größe und Umrahmungsart wie dort die Darstellung einer jungen Frau in bürgerlicher Tracht der Zeit, die zwei Wappen vor sich hält, über ihr ein unbeschriebenes Spruchband. PI. Braun, Noticia historico-literaria de codicibus manuscriptis... Augsburg 1791, Bd. III, Nr. X S. 70/71 („Distinctionis signum nullum observatur"....)
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
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C h r o n i k d e r d e u t s c h e n S t ä d t e , Augsburg, S. 15. Unsere Handschrift ist dort als B . bezeichnet und in einer kurzen Kritik des Textbestandes, vor allem des zweiten Teils auf die Verwandtschaft der anonymen Chronik und ihrer Quellen zu einer Berliner Papierhandschrift, Ms. germ. 406 in 4°, die ihrerseits wieder die Abschrift einer älteren Chronik ist, hingewiesen. Dort auch eine kurze Analyse des Dialektes. B r e d t , a. a. O. S. 45. Z e m p , a. a. O. Nicht bei M e c z g e r . A b b i l d u n g 88/89 Siehe die vergleich. Tabelle.
4. Berlin, Preuß. Staatsbibliothek, Ms. Germ. fol. 557. Astronomisch-medizinischer Kalender. Vgl. Hans Wegeners beschreibendes Verzeichnis der deutschen Bilderhandschriften des späten Mittelalters in der Preuß. Staatsbibliothek: „Alemannisch bayrischer Kalender der Diözese Augsburg, später für Regensburg umgeändert. Wahrscheinlich 1457. Kalender auf die Jahre 1458/77 56, etwa 1 / 4 bis 1 / 3 Spalte große Illustrationen zwischen dem Text, zwei ganzseitige Aderlaßmänner. V/7. Die 12 Tierkreisbilder mit je einer, beim letzten zwei Darstellungen menschlicher Beschäftigungen aus bürgerlichem Leben genommen. 14': Aderlaßmann und Tierkreiszeichen. 11/12' Die 12 Tierkreiszeichen wiederholt. 14' Arzt mit einer Schale voll Blut (verschmutzt). 16' Aderlaßmann. 19'/22' Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Mond. Die Planeten- und Tierkreisbilder in einfarbigem (hellrot oder grünem) Kreisrahmen. Bildgröße etwa 6 cm. Durchmesser. Die übrigen Illustrationen, (ausgenommen der Aderlaßmann auf fol. 16' mit schmalem rotem Rahmen) ohne Umrahmung...." A b b i l d u n g 15/16.
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
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5. Berlin, Preuß. Staatsbibliothek, Ms. germ. fol. 564. S p r ü c h e H e i n r i c h des T e i c h n e r s . Papier, folio, 1472. Geschrieben von Conrad Müller von öttingen. Blaue, rote und grüne Initiale, schwarze und rote litterae elevatae, rote Überschriften und Durchstreichungen. Expl. fol. 353: „Dises Puch ist geendet und ausgeschrieben worden von Conrade Müller von ötingen auf Samstag nächst vor Bartholomeus des heiligen Zwölffbottentag anno domini MCCCCLXXÜ."
fol. 8: Initial „V" auf Goldgrund mit Rankenornamenten am Seitenrand. Nur eine bildliche Darstellung auf fol. 7': Abbildung des Autors in einem Buch lesend in kreisförmiger Umrahmung, darin der Vers: „ H I E / H E B / I C H / A N / Z U / TXCHTEN / UND / W I L / G E I S T L I C H / U N D / W E L T L I C H / S A C H E N / TTSRIEHTEN."
H a n s W e g e n e r s Beschreibendes Verzeichnis der Bilderhandschriften in der Preuß. Staatsbibliothek. A b b i l d u n g 56.
deutschen
6. Berlin, Preuß. Staatsbibliothek, Ms. germ. !ol. 722. D a s J ü n g s t e G e r i c h t in Versen. Papier, folio, 1482. Geschrieben von Conrad Müller von Öttingen. Rote, blaue und grüne Initialen, rote Überschriften und durchstrichene Versanfänge. Am Schluß die Datierung: „ 1 4 8 2 " . I l l u s t r a t i o n e n : Einzelfiguren des alten Testamentes und der Kirchenväter, die Anzeichen des Jüngsten Tages, die Auferstehung der Toten, das Jüngste Gericht in einzelnen Szenen, Christus am Höllentor, Christus und die Apostel, die Dreifaltigkeit thronend, Papst und Kaiser, geistliche und weltliche Würdenträger im Gebet. Vergl. dazu im einzelnen H a n s W e g e n e r s beschreib. Verz. der deutschen Bilderhandschriften in der Preuß. Staatsbibliothek. A b b i l d u n g 59/61.
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
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7. Berlin, Kupierstichkabinett, Ms. 78, A. 14, Hs. 124. D a s L e b e n der hl. K a t h a r i n a v o n Siena. Papier, fol., 1466, neuerdings mit Verwendung alten Pergamentes angefertigter Einband, ungezähltes Vor- und Nachsatzblatt, 127 Blätter neuerer Bleistiftzählung, zweikolumnig in verblaßter Schrift. Geschrieben von der Nonne Elisabeth Wahraus im Augsburger Dominikanerinnenkloster. Der Text von späterer, aber wohl noch dem 15. Jhdt. angehörigen Hand durchgehend im Hinblick auf Orthographie, Interpunktion und Satzbau verbessert. Textbeginn fol. 1: „Disz büchlein sagt von dem leben der hailligen iunckfrawen Sant Katherina... und hatt gemacht der wirdig general prediger ordens genant reymunt der da tod ist und begraben ligt zu nürenberg in prediger kloster..." Späterer Besitzervermerk:' „Das buoch geherdt in das buoch (?)-ampt." Expl. fol. 109': „Finitus est liber iste in die kattedera sancti pettri per manus sororis elisabeth warrüszin professe in cenobio sancte katherine ordinis predicatorum. Sitt laus deo. 1466". Darunter Vermerk, betreffend die 1461 durch Papst Pius II. vorgenommene Heiligsprechung der Katharina von Siena. fol. 120' von anderer Hand: „Hie hebt sich an gar ain schöne historii von ainer künigin sun von franckenreich . . . " I l l u s t r a t i o n e n : 43 numerierte Zeichnungen zum Leben der hl. Katharina, in Querrechteck über die ganze Seitenbreite. A b b i l d u n g 46.
8. Giessen, Universitätsbibliothek, Nr. 813 S a m m e l h a n d s c h r i f t d e s Georg Mülich. Papier, 2°, zweispaltig beschrieben, brauner Lederband mit Blindpressung, je 4 Metallbuckel auf denDeckeln, 2 Schliessen, 289 Blatt alter Paginierung, vorher 9 Blatt zum Teil das Register enthaltend, am Schluß 4 leere Blätter, fol. 195/96' von anderer Hand ergänzt und eingeklebt.
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fol. 1/166: Otto von Passaus Buch der X X I V Alten, fol. 166: „Das büchlein hat geschribn mit sein hand/ Jörg Mülich ist er genannt/ und hat er nit gut geschribn/ So hat er doch sein weill vertriben und sind doch di wort gut und ist geschribn und volbracht worden zu Augspurg da man zalt von XPus gepurd 1450 in der fasten am Montag vor unsz frawen tag d'kindung..." fol. 168/208 Meister Ingolds goldenes Spiel, fol. 209/289' Von den zehn Geboten, vom Auszug der Kinder Israel aus Ägypten, Beschreibung des heiligen Landes. Das Mülich'sche Wappen mit dem Monogramm „V. A. N . " findet sich wiederholt in der Handschrift angebracht. Zu den einzelnen Stücken der Handschrift finden sich folgende Illustrationen: Zu den 24 A l t e n als ganzseitiges Titelbild auf fol. 4 eine Darstellung von 14 Königen mit Bart und Krone in langen weißen Gewändern, rechts und links von einem Throne, auf dem Gottvater als König sitzt. Vor ihm kniend eine Jungfrau mit langem offenem Haar in blauem Gewand, Wundmale in den erhobenen Handflächen. Zu Meister I n g o l d s g o l d e n e m S p i e l auf fol. 67 als aanzseitiges Titelbild ein junges Paar beim Schachspiel eingndergegenübersitzend mit einem Zuschauer hinter ihnen. 14,7 x 21 cm. Zu den einzelnen Figuren des Schachspiels: fol. 17' Die K ö n i g i n , die begleitet von zwei reich gekleideten Frauen von links dem König eine Blume überreicht, hinter dem König drei Begleiter. fol. 177' D i e zwei Alten, von denen der eine eine Bandrolle hält, einander in einer Landschaft gegenüberstehend. fol. 180' D i e zwei R i t t e r , mit bewimpelten Lanzen, Schild und Schwert einander gegenüberstehend, Bäume zwischen ihnen.
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fol. 183' D i e R o c h e n , nicht in direkter Wiedergabe wie die übrigen Figuren, sondern in Anlehnung an die im Text durchgeführte Moralisierung der einzelnen Figuren als Gerichtsszene wiedergegeben, in der einem jungen Richter auf dem Stuhl die gefesselte Königin von zwei Männern vorgeführt wird, dahinter eine weitere Gruppe von Leuten. fol. 185' D i e a c h t V e n d e n als ebensoviele Dienstleute des Königs. 14,5 X 10,5 cm. Zu den übrigen Spielen: fol. 190' B r e t t s p i e l . Zwei Leute in niedriger Stube einander am Tische gegenübersitzend, der rechte würfelt, ein Zuschauer unbeteiligt hinter ihnen. fol. 193 S c h a n z e n . Unter Bäumen im Grünen vier Männer um einen kleinen runden Tisch kniend, auf dem die Würfel liegen, links daneben zwei Männer die in Streit geraten sind, und sich eng umschlungen halten, wobei sie mit Messern aufeinander losgehen. fol. 1 9 7 K a r t e n s p i e l . Drei Männer sitzen kartenspielend im Grünen unter einer Gruppe von Bäumen. fol. 201. T a n z e n . Darstellung des Tanzes um das goldene Kalb, ausgeführt von sieben Männern, die sich im Kreise um die Bildsäule an den Händen gefaßt halten. fol. 203' S c h i e ß e n . Illustration zur Legende vom echten und den unechten Königssöhnen, deren einer auf die Leiche des gestorbenen Königs links schießt. Der andere seine Waffe über der Schulter tragend, während der echte Sohn die Armbrust fallen gelassen hat, hinter ihnen der lebende König. fol. 205 S a i t e n s p i e l . David, mit dem Haupt des Goliath heimkehrend, von den Frauen mit Saitenspiel und Gesang empfangen. Zu d e n z e h n G e b o t e n fol. 210 ein ganzseitiges Titelbild: Moses, von Gottvater, der von einer Mandorla umgeben erscheint, die Gesetzestafeln empfangend, rechts vor ihm in Erwartung ein Volkshaufen. Diese Darstellung gilt gleichzeitig für das erste Gebot. Es folgen im Text 9 weitere Darstellungen zu den übrigen Geboten auf fol. 213', 217', 223', 230, 235, 241, 245, 248', 250'.
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Zum Auszug der K i n d e r I s r a e l s aus Ä g y p t e n fol. 253', ein ganzseitiges Titelbild: Eine Gruppe Erwachsener, umringt von vielen Kindern, von denen einige nackt sind, bewegt sich, die ganze Breite des Bildmittelgrundes einnehmend, nach links vor einem mit verschiedenartigen Bäumen bestandenen Hintergrund. Ferner im Einzelnen: fol. 256: Joseph wird von seinen Brüdern verkauft. fol. 257: Fronarbeit der Kinder Israel. fol. 258': Der Auszug. fol. 259': Durchzug durchs Rote Meer. fol. 261': Pharao und die Ägypter ertrinken im Roten Meer. fol. 263: Moses macht das bittere Wasser süß. fol. 264: Das Mannawunder. fol. 266: Tanz um das goldene Kalb, Moses zerbricht die Gesetzestafeln, fol. 268': Moses und die Kundschafter mit der Riesentraube, fol. 277': Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, fol. 275': Die Bundeslade, fol. 278: Das Passahmahl, fol. 279: Die Trompeten von Jericho, fol. 283': Heiliges Grab mit der Auferstehung Christi, davor ein kniender Jüngling, vielleicht ein Portrait des Schreibers Georg Mülich. ca. 14,5 X 21 cm. Die Illustrationen sind von schmaler farbiger Leiste gerahmt, die Textillustrationen sind über die ganze Breite der in zwei Kolumnen beschriebenen Seite, von der sie etwa ein Drittel bis eine Hälfte einnehmen, inmitten, über oder unter dem Text eingefügt. A d r i a n , Cat. Cod. Mss. Bibl. Acad. Gisencis. S. 246. E d w a r d S c h r ö d e r , Das goldene Spiel von Meister Ingold. Elsassische Litteraturdenkmäler, Bd. I I I . Straßburg 1882. (Text-Ausgabe auf Grund der Giessener Handschrift.) A b b i l d u n g : 19/20, 77 oben.
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9. Gotha, Großherzogl. Bibliothek, Cod. Goth. Chart. A. Nr. 158. S a m m l u n g verschiedener Chroniken. Papier, folio, 1467. Holzdeckelband mit braunem Lederbezug und Blindpressung. 38 Blatt, unter Einbeziehung der leeren Blätter zwischen den einzelnen Stücken und am Schluß, neuerdings mit Bleistift paginiert. Zweikolumnig in sehr sauberer rundlicher Buchschrift geschrieben. Mit einfachen roten, blauen und grünen Initialen, roten Kapitelüberschriften, Namensdurchstreichungen und durchstrichenen Kapitalen. Auf der Innenseite des Vorderdeckels Kupferstichexlibris der bayrischen Herzöge mit Wappen und Inschrift: „ E x bibliotheca Sereniss. rum Utriusqu. Bavariae Ducum. 1618."
Daneben auf besonders eingeheftetem Blatte ein weiteres Kupferstichexlibris, ebenfalls ein Wappen mit Inschrift: ,,Ex Electorali bibliotheca Sereniss. Utriusqu. Bavariae Ducum." Dieses Exlibris war einem darunter befindlichen handschriftlichen Vermerk zufolge ursprünglich über das erste geklebt. fol. 2 auf gesondert eingeheftetem Pergamentblatt ein W a p p e n , v e r m u t l i c h d a s d e s B e s t e l l e r s : Springendes weißes Tier (Wolf ?) auf blauem Schild in rotem Kreis. Darüber der Wahlspruch: „Got gibts und nymptz." I. fol. 3/208: Weltchronik bis zum Jahre 1396. Inc. (rot): „Hie hebt sich an ain coronica von anefang der weit pisz auff diese zeitt (G)ot in seiner e w i k a i t . . . " II. fol. 215/226: Chronik und Herkommen der Herzöge von Schwaben bis 1376. I I I . fol. 228/276': Geschichte der Päpste bis zum Jahre 1412. IV. fol. 289/386': Geschichte der Bischöfe von Straßburg bis zum Jahre 1388. Die Handschrift enthält, außer dem Wappen auf fol. 2 und dem Initial „ G " auf Goldgrund in mehrfarbigem Leistenrahmen mit sehr reichem Rankenschmuck auf allen vier
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Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
Seiten des Schriftspiegels und in der Mitte zwischen den Kolumnen auf fol. 3, folgenden Bildschmuck: fol. 1': Die 7 Zeitalter. In der Mitte das unbekleidete Christuskind mit der Weltkugel, darüber Abraham, Adam und Noa, darunter Moses, Esrab und David als Brustbilder, jedes kreisförmig gerahmt und mit ringsumlaufender Beschriftung. Das Christuskind mit der Jahreszahl 1467. fol. 3': Gottvater in einer Landschaft thronend, von knienden Engeln verehrt, fol. 81: Das Urteil des Paris, fol. 95: Alexander und „Pucifal". fol. 108: Der römische Kaiser thronend mit drei Königen, fol. 122: Die Prophezeiung der tiburtinischen Sibylle, fol. 156: Kaiser Heraklius und das hl. Kreuz. A b b i l d u n g : 51/52.
10. Heidelberg, Universitätsbibl., pal. germ. 314. B o n e r ' s F a b e l n u. Anderes. Papier, 1443/47, 194 beschriebene Blätter, leere Seiten am Anfang, zwischen dem Text und am Schluß. Zweispaltig von verschiedenen Händen geschrieben. Mit roten Initialen, fol. 4: Bücheranzeige des Diebold Lauber. fol. 1: Boners Edelsteine, mit 89 F e d e r z e i c h n u n g e n . Beispiele aus dem S t r i c k e r und dem T e i c h n e r . fol. 55: Verse aus dem F r e i d a n k . fol. 82: „Explicit fridankus in augusta anno domini M°CCCC°XLino".
Danach verschiedene andere Stücke, fol. 197': „1447 die 20 decembris." fol. 200: „Item accomodavi frydrico rabsakstainer scriptori judiciali inrain anno 1449 a. d. 24. marcii 2 a. feria post letare vita' sancte brigite in albo libro mo' quartal* arti 10° cu' accomodabit m' reynhardu* qu' weschelyer et ywain in uno volumine z a l t . . . . " B a r t s c h , Die altdeutschen Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg 1887 Nr.l49(genaue bibliographische Aufnahme).
193
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
R . K a u t z s c h , Diebold Lauber und seine Werkstatt in Hagenau, Zentralblatt für Bibliothekswesen 1895. E . R o s e n t h a l , Z u den Anfängen der Holzschnittillustration inUlm. Monatshefte f. Kunstw. 1913 H e f t 5. H a n s W e g e n e r , Beschreib. Verzeichnis der deutschen Bilderhandschriften des späten Mittelalters in der Heidelberger Universitätsbibliothek, Lpzg. 1927, S. 53, u. Abb. 46 u. 47. A b b i l d u n g 14.
11. Heidelberg, Universitäts-Bibliothek, pal. germ. 646. G e b e t b ü c h l e i n v o n 1470. Ausführliche Beschreibung dieser Handschrift und ihrer 18 ganzseitigen Illustrationen zur Passion Christi, siehe bei W e g e n e r , Beschreib. Verzeichnis der deutschen Bilderhandschriften des späten Mittelalters in der Heidelberger Universitätsbibliothek, Leipzig 1927, Seite 67 u. Abb. 62. A b b i l d u n g 4 7.
12. Heidelberg, Universitätsbibliothek, pal. germ. 795. Jacob a Theramos Belial. Siehe H. W e g e n e r , Beschreibendes Verzeichnis der deutschen Bilderhandschriften Seite 64, dazu A b b i l d u n g Nr. 59.
13. Heidelberg, Universitäts-Bibliothek, pal. germ. 4 Sammelhandschrift
des Conrad Müller v o n tingen.
Oet-
Papier, folio, 15. Jhdt. Sehr ungleichmäßig unter Verwendung verschiedenartiger bunter Initialen und roter Überschriften geschrieben. I. Rudolf von Ems, Wilhelm von Orlens. fol. 3 kreisförmige Inschrift: „HIE HEBT SICH AN HERR WILHALM VON ORLIENS GUTE REDE 1455." 13 L e h m a n n - H a u p t ,
Federzeichnungen
194
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
fol. 197: „1458. Ditz buch ward geendet in Höchstettn uff Donrstag vor dem Sunntag Cantate vor Waltburg von Conradus Schreyber von ötingen. Anno dm. Mccccmo Lvmmo." II. „Der Borte". fol. 198: „1467". Expl. fol. 208': „Geendet auff Assuntionismariewurtzweich von Conrade Schreyber von Öttingen derzeit zu Augspurg anno dm. MCCCCLXXVin." III.: „Die rede von ainer graseryn." Inc. fol. 208'. Expl. fol. 210': „1479 Domenica reminiscere." IV.: „Der Schüler von Paris", fol. 211/225'. Expl. fol. 225': „1466. Finitum primo in Castro Walerstein in alio libro In vigilia galli anno dm. Mcccc m ° XLVito jam in Augusta feria Sabato post dorothee virginis p me Coradum Scripore de Ötingen anno dm. MCCCCLXVX." V.: „Der Buler und der Spiller." fol. 225'/228. VI.: Peter Suchenwirt, Rede von der Liebin und der Schönin. Inc. fol. 228. Expl. fol. 230: „finitum est quinta feria ante domenica Invocavit Anno dm. Millesimo CCCCLXXIX." Illustrationen. fol. 50: Eingeklebter Kupferstich, ein sich umarmendes Liebespaar darstellend. (11,7 x 6,9 cm. Abbildung Wegener S. 56 Nr. 50). fol. 66: „Als Wilhalm von Orlensz urlaub nam vom kunig." fol. 167': „Hie wurden die alte kunigyn und die tochter Dutzebalt uff den Sale gefurtt zu dem / Kunig also kome Amaley und frawe Sopfey die Eptiszin." B a r t s c h , Heidelberger Katalog Nr. 3. H a n s W e g e n e r , Besehreib. Verz. der deutschen Bilderhandschriften, S. 56 Abb. 50. A b b i l d u n g 54/55.
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
14. Maihingen, Fürstlich
Oetting.-Wallerstein.
195 Bibliothek,
Cod. I 2 (lat.) fol. 25. Speculum humanae salvationis. Papier, 15. Jhdt., 50 Blatt neuerer Bleistiftzählung, das neue Vor- u. Nachsatzblatt mitgerechnet. Neuerer Einband. Lateinischer Text, zweikolumnig in sauberer Schrift geschrieben, bis fol. 31 durchgehend mit rot durchstrichenen Zeilenanfängen. Mehrfach ausgebessert. Blatt 30 alter Zählung fehlt. fol. 2: Register. fol. 3' Textbeginn: ,,Ut praecedenti capitulo audivimus quomodo deus homines h o n o r a v i t . . . " Dazu Illustration: Höllensturz und Erschaffung Evas. fol. 31 in der rechten Zeichnung eingetragen der Namen des Illustrators: „lennhart von keecz der maller." Expl. fol. 49: ,,quod nobis omnibus parare dignetur dominus noster Jesus Christus qui cum patre et spiritu sancto est in perpetuum benedictus Amen." Im Ganzen enthält das Manuskript 188 Illustrationen, durchschnittlich 9,5 X 16,5 cm. groß, die je zu zweien über den Textkolumnen stehen. Nach Schluß des Textes folgen noch auf fol. 4,9' 4 Bilder ohne Beischrift. Sie stellen die Anbetung der Könige, Darstellung im Tempel, Jesus und die Schriftgelehrten und die Marienkrönung dar. H a n d s c h r i f t l . K a t a l o g der Maihinger Bibliothek. A b b i l d u n g 17/18.
15. Maihingen, Fürstl. Oetting.-Wallerstein. Bibliothek, Cod. I, 3 (deutsch) fol. 6. S a m m e l h a n d s c h r i f t des V ö l c k h a r d u s L a n d s p e r g e r aub K a u f b e u r e n . Die ersten 2 Stücke zweispaltig, das letzte durchgehend geschrieben. Ein Pergamentvorsatzblatt und 309 Papierblätter neuerer Bleistiftzählung, am Schluß eine leere Seite. 13*
196
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
Holzdeckelband des XVI. Jhdts. in schönem Schweinslederüberzug mit Blindpressung, am rückwärtigen Deckel beschädigt; Metallschliessen, eine erhalten, eine verloren. Rote Kapitelüberschriften, Namensunterstreichungen und durchstrichene Kapitale, einfache rote und blaue Initialen, im letzten Stück auch rot und blau verzierte Goldinitialen. I. S p e c u l u m humanae s a l v a t i o n i s , deutsch. Ein Blatt am Anfang fehlt. Inc. fol. 1: „ . . .gepott so hett er nymer.. Expl. fol. 91: „Das welle uns verleichen unser herr Jhus X P S der mit dem Vater und mit dem haiigen geist ist ewecklich gesegnet amen. (rot): Das haut geschriben Völk landsperger von Kaufbeiren." fol. 92/94 leer. II. Von den 7 T u g e n d e n und Lastern. Inc. fol. 95: „Man list in dem puch der küng..." Expl. fol. 118': „In der haiigen geschrift werden die tierlach oft got zu geleicht, so werdent si auch oft dem tewfel zu geleicht. Völckhardus landsperg." Darunter über dem Fuß der Seite das Anfangsbild zu III. III. Ars moriendi, deutsch. Inc. fol. 119 (rot): „Wie der Mensch sol lernen sterben und sich bereiten zu dem tod." Expl. fol. 132': „ . . .Das sich der mensch also zu dem tod schick in maus als hie vor geschriben stett ob er wol und sicher sterben well. Völckhardus landspergus. Hann ich nit wol geschriben So hann ich doch die weil vertriben." fol. 133/139 leer. IV. Dr. H a r t l i e b ' s A l e x a n d e r b u c h . fol. 140: Neuerer Titel, mit Tinte geschrieben. Inc. fol. 141: Register. Textbeginn fol. 149: „(S)eneca schreibt in seinen santbriefen und Episteln..." Expl. fol. 309': „Es hatt sandt Eusebius nit weitter da vongeschrieben wie aber die kriechen dar nauch gar lang
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
197
geherrscht haben das viendet man in dem puch de Origine Sachsanorum (347). Deo gratias. Völck landsperger." H a n d s c h r i f t l . K a t a l . der Maihinger Bibliothek. Sigmund H i r s c h , Das Alexanderbuch Johann Hartliebs, Diss. Berlin 1908 (Erwähnung der Handschrift). Abbildung 35/36, 78/79. Eine weitere, nicht illustrierte Handschrift desselben Schreibers befindet sich in der Herzog-August-Bibliothek zu Wolfenbüttel. Es handelt sich um eine Historienbibel (81,3. Aug. vol. Nr. 2822) mit farbigen Initialen.
16.
Maihingen,
Fürstlich Oetting.-Wallerstein.-Bibliothek. Cod. III, deutsch, 1. 8°. 6.
Deutsches Gebetbüchlein. Papier, 8°, 1459, Holzdeckelbändchen mit Lederbezug und Metallschließen, 262 Seiten, einkolumnig, mit roten Überschriften, Initialen und Kapitaldurchstreichungen von mehreren Händen geschrieben. fol. 2/43': Die Psalmen, deutsch. fol. 44/49: Verschiedene Gebete. fol. 51/180': Gebete für den Herzog Wilhelm von Bayern, 1431 verfaßt, geschrieben von Melchior Brunner. fol. 180': „Anno domini 1459 jar per manus melchioris prunner". fol. 193': „1459". Danach folgen weitere Gebete verschiedener Hände. Illustrationen. fol. 50' vor Textbeginn: Der hl. Georg den Drachen tötend. fol. 139 (eingeklebt): D o r n e n k r ö n u n g . H a n d s c h r i f t l . K a t a l o g der Maihinger Bibliothek („Herkunft unbekannt. Aus der Handschrift einiger Notate geht hervor, daB das Büchlein früher in den Händen des G. Schöber in Gera gewesen." Die Bibliothek G. Schöbers wurde von der Maihinger Sammlung aufgekauft.)
198
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
17. München, Staats-Bibliothek, cgm. 751. Legenden verschiedener Heiliger. Papier, 8°, 1454, Holzdeckelband mit Lederbezug, 171 Seiten neuerer Tintenfoliierung, am Schluß drei leere Blätter, gleichmäßig von Bruder Johannes Klesattel mit roten Kapitelüberschriften, einfachen rotenSchreiberinitialen,Namensunterstreichungen und durchstrichenenKapitalen geschrieben, fol. 1 Provenienzvermerk: „Monasterii S. Udalrici Aug." fol. 1/63': Legende des hl. Ulrich, fol. 65/89': Legende des hl. Simpertus. fol. 91/119': Legende der hl. Afra, fol. 120/137': Legende des hl. Eustachius, fol. 138/171': Lehren für Herzog Albrecht von Bayern u. a. M ü n c h n e r K a t a l o g der deutschen Handschriften, München 1866. B r e d t , S. 56. P. N o n n o s u s B ü h l e r , Die Schriftsteller u. Schreiber des Benediktinerstiftes St. Ulrich u. A f r a , . . . . Münchner Dies. Lpzg. 1916, S. 52-53
IS. München, Staats-Bibliothek, cgm. 581. Alexander der Große nach der Chronik des Eusebius verdeutscht von Dr. Hartlieb. Papier, 2°, von 1455. Holzdeckelband in Lederbezug mit hübscher Blindpressung, am Rücken stark beschädigt. Ein leeres und 148 Blatt neuerer Tintenfoliirung; am Schluß 1 Blatt mit stammbuchartigen Notizen fürstlicher Damen aus dem Jahre 1530, überschrieben mit: „Mein Herz ist ganz dein aygen, Jacoba Herzogin zu Bayrn." Nach fol. 52 fehlt eine (nicht gezählte) Seite. Von Georg und Hektor Mülich geschrieben, mit roten Initialen, durchstrichenen Anfangsbuchstaben, Kapitelüberschriften und Kapitelzählung am Rande. Inc. fol. 1: „Item die vor rede senece. (S)eneca s c h r e i b t . . . ' fol. 10: „1455 in Augspurg." ExpL fol. 148': „ E t sie est finis hujus libri scriptum per hectorem et Jeorium Mülich E t est istor. ambo in augusta.
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
199
Anno dm. XCCCCLV—xvi die decembris. Doctor Harttlieb hat das puch aus latein zu teusch g e m a c h t . . . " Am Schluß der Schrift das Wappen der Mülich mit der Beischrift: „diz buch ist hector Millichs zu augspurg". Die Handschrift enthält 33 Illustrationen von der Breite des Schriftspiegels und wechselnder Höhe, bis zu s / 4 des Schriftblocks einnehmend, verschiedenfarbig gerahmt. Münchner Handschriften-Katalog, München 1866, S. 05. Riehl, Studien zur Geschichte der Bayrischen Malerei des 16. Jhdts., München 1895 S. 40ff. B r e d t , a.a.O. S. 26ff. S . H i r s c h , Das Alexanderbuch Johann Hartliebs. Diss. Berlin 1098. Abbildung bei Bredt, Taf. 1.
19. Münchcn, Staatsbibliothek, cgm. 206.
A l t e s T e s t a m e n t , P s a l t e r i u m und M a r i e n l e b e n vom J a h r e 1457. Papier, 2°, Holzdeckelband mit Lederüberzug. Auf dem überklebten Rücken: „Bibliorum paraphrasis cum iconibus germanica. Auszug aus den Geschichten des A. u. N. T. 1457". Darunter :„S. c . " und verkratzt: „B.". 288 Blätter mit späterer Tintenpaginierung, davon die 1. leer, ferner 8 ungezählte leere Blätter am Schluß. Saubere große Schrift, zweikolumnig, mit roten und blauen Initialen, roten Kapitelüberschriften und Spaltenzählung in römischen Zahlen am Kopf jeder Kolumne. fol. 1 früherer Besitzereintrag: „Lawsz deo Anno 1560 Augspurg. Disz Buoch ist gemacht und geschribn worden / woll vorr / hundert / unnd edlich Jarren / auch vorr und yr / man druckhen hatt / kinden / darumben / hatt es dem herren burgermeyster gabriell Rideler des Alten wolffgang Bryschuochs. Enny gewesen / zwgeherdt / unnd derohalben / auch zurderselbigen Zeytt / woll ob den sechtzigkh gülden k' zw schreyben. und. darinen, allen. / figuren zwm schenesten.
200
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
hernfür zw streychen und zw machen / gecofft / also das es seinen nachbenendem Sune Anererbt worden. Wolffgang Breyschuoch, des Rom. k a y . . . diener..." fol. 1' Alte Signatur: „Cod. germ, chart. Cat. p. 177'. Inc. fol. 2: „Hie vachet sich an des buchs Capitel das do genant ist die bibel und saget von der altten E. und newen E. und ist auch hi innen der psalter zu tewtsche... und ist auch mit gar aigentlichen figuren auch gemallet in dissem buch." Danach ausführliche Register zum alten und neuen Testament und zu den Psalmen. Textbeginn fol. 21: „(R)eicher Christ got herre vom himelrich." Textbeginn des Psalters fol. 157: „Beatus v i r . . . " Textbeginn des neuen Testaments fol. 231: „Maria muter edle..." Expl. fol. 288' abwechselnd in roter und blauer Schrift: „Also hatt das puch ain End got uns allen sein genad send und (und) uns allen unseren chumer wend und wer disses puch geschribn hatt das seiner sei werde ratt Jeronimus Müller ist er genant Zu augspurg ist er wol erkant und vil ander vere fremde land und ist ausz geschribn worden do man zalt ain ringk mit irem thorn und vier rosz eissen auszerchoren und ain L an der zal und siben venden auch mit der wal und ist wol endt worden an dem freitag nach des hailligen crücz tag als es gefunden wartt und ist der dritt tag in dem Mayen. 1•4•5•7 • adi 6 de mayo." (Dienstag, den 3. Mai 1457.) Die Handschrift enthält an Illustrationen zu jedem der drei Hauptteile ein ganzseitiges Vollbild, eine gemalte Ini-
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
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tiale mit Rankenverzierung am Beginn des Textes und eine Reihe von kleinen Illustrationen in Verbindung mit dem Schriftspiegel, und zwar: Zu B e g i n n des a l t e n T e s t a m e n t s auf fol. 20': Eine ganzseitige Darstellung der Weltenschöpfung, fol. 21: ein gemaltes Initial ,,R" und 45 kleinere Illustrationen zum Text des alten Testaments. Zu B e g i n n des P s a l t e r i u m s auf fol. 156': Eine ganzseitige Darstellung König Davids auf dem Thron, fol. 157: ein gemaltesIntial'B'mit demKönig David und darüber in ganzer Breite des Schriftspiegels eine Bordüre mit getuschten Ranken und einer Engelsgestalt; 4 kleinere Illustrationen zum Text des Psalteriums. Zu B e g i n n des M a r i e n l e b e n s auf fol. 230': Eine ganzseitige Darstellung der Kreuzigung, 20 x 28,5 cm. fol. 231: ein gemaltes Initial ,,M" mit einer Verkündigung und darüber in ganzer Breite des Schriftspiegels eine Bordüre mit getuschten Ranken und einer stehenden Männerfigur darin; 18 kleinere Illustrationen zum Text des Marienlebens. Die Textillustrationen haben durchschnittlich ein Format von 8 x 1 1 bis 9 x 1 2 cm., oder quadratisch von ca. 1 0 x 1 0 cm. Gerahmt sind die Zeichnungen mit grünen oder hellvioletten Leisten, die auf der Innenseite abwechselnd durch Beleuchtung (hellgelber Strich) und Beschattung (schwarzer Strich) den Anschein plastischen Heraustretens erwecken sollen. Außer dem genannten bildlichen und Initialschmuck finden sich auch sonst zahlreiche mit dem Pinsel leicht getuschte Rankenleisten im Text verstreut. Münchner K a t a l o g der deutschen Handschriften, M. 1866, Bd. I, S. 21. R. K a u t z s c h , Einleitende Erörterungen, S. 55. Th. M e r z d o r f , Die deutschen Historienbibeln des Mittelalters, Tübingen 1870, Bd. I, S. 62. (Erwähnung der Handschrift unter den „Handschriften der zweiten Hauptrezension der Historienbibel, a-Familie" mit ausführlicher Aufnahme des Textbestandes. H a n s V o l l m e r , Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Volkskunde des Mittelalters. Bd. I, S. 115, Nr. 44. (Beschreibung der Handschrift unter Richtigstellung von Ungenauigkeiten bei Merzdorf,
s. o.).
202
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
K. v. A m i r a , Die germanischen Todesstrafen. (Im Anhang mit einer Aufzählung bildlicher Zeugnisse wird auf 2 Zeichnungen des Codex mit der Darstellung eines Galgens und einer Hinrichtungsszene durch „Zerhacken" hingewiesen. R e p r o d u k t i o n e n : Vormalige Sammlung R e u s c h ( j e t z t D r . Benno Filser) photographischer Aufnahmen nach Handschriften der Staatsbibliothek Nr. 3998-4036. A b b i l d u n g e n 26/34.
20. München, Staatsbibliothek, cgm. 568. S a m m e l h a n d s c h r i f t des J o h a n n e s Erlinger. Papier, 1468/69, 268 beschriebene Blätter neuerer Tintenzählung, ungezählte leere Blätter am Anfang, zwischen den einzelnen Stücken und am Schluß. In zwei Kolumnen mit roten Überschriften und Kapitaldurchstreichungen von Johannes Erlinger geschrieben. J a k o b T w i n g e r s v o n K ö n i g s h o f e n Chronik. Expl. fol. 151 (rot): „Et sie est vinis in die XIII octobris anno domini 1468 per me Johannem Erlinger in Augusta." fol. 1': Augsburger Bischofskatalog. L e g e n d e d e s hl. U l r i c h . Expl. fol. 177': „Et sie est vinis anno domini M°CCCC° LXVIIII in die x n Junnii." Herzu eine Reihe von Illustrationen in schmalem Rahmen in die Schriftkolumnen eingefügt, durchschnittlich 7 cm. breit und etwa ein Drittel der Spaltenhöhe einnehmend. Auf fol. 164' die Darstellung einer Passion, ungerahmt in ganzer Breite auf dem unteren Rand der Seite entwickelt. M ü n c h n e r K a t a l o g der deutschen Handschriften, München 1866, Seite 92. R. K a u t z s c h , Einleitende Erörterungen Seite 55. E. W. B r e d t , Seite 57. A b b i l d u n g 48/49.
21. München, Staatsbibliothek, cgm. 312. S a m m l u n g v o n 10 L o s b ü c h e r n d e s S c h r e i b e r s C o n r a d Müller von Öttingen. Papier, 2°, 15. Jhdt. Holzdeckelband mit braunem Leder überzogen, Blindpressung und etwas Goldauflage, der Rücken
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
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mit Kaliko ausgebessert. 154 beschriebene Blätter neuerer Tintenzählung, 15 leere Blätter dazwischen und 11 leere Blätter am Schluß, sowie ungezähltes Vor- und Nachsatzblatt. Sehr ungleichmäßig unter Verwendung verschiedenartiger mehrfarbiger Initialen und kalligraphischer Ornamente geschrieben. I. L o s b u c h v o n 1 4 5 0 . fol. 1': „Das Glückrade". Ganzseitige ungerahmte Zeichnung. fol. 2 Provenienzvermerk: „Monasterii S.Udalrici. August." fol. 3/5': Zeichnungen von 22 Propheten und Altvätern mit Spruchbändern. fol. 6'/8: Zeichnungen von 22 Sternbildern neben dazugehörigen Sprüchen. fol. 8'/30: Zeichnungen von 22 Königen je zu Anfang von zwei dazugehörigen Textseiten. fol. 30 (rot): „Explicit Sortilegium per me Conradum mulitorem de ötingen tempore isto erat in Canczelleria udalrici Comitis de ötingen in vigilia Symonis et Jude apostolorum anno domini Millesimo ccccmo Lmo i n Castro p a l d e r n . . . . Nildne de hausen Edarnock" ( = Endlin de Conradehausen?) I I . 100 S p r ü c h e v o n V ö g e l n fol. 30'/44. Mit Randzeichnungen der entsprechenden Vögel, nicht ganz durchgeführt. Einige kreisförmige Umrahmungen, teilweise beschriftet, leer geblieben, fol. 42: „1454". I I I . W ü r f e l b u c h v o n 1455 fol. 46/65. fol. 46'/51: Aufzählung von 20 berühmten Männern, dazu am linken Rande die Standfiguren der Genannten, rechts die Würfelstellungen. fol. 51 '¡58: Die Darstellungen der sieben Planeten, je die Hälfte der v.-Seite einnehmend, mit zugehörigem Text. Gegenüber j e auf der entsprechenden r.-Seite die Zeichnungen der Planetenkinder mit Text. Außer bei den letzten drei Planeten befinden sich auf der Rückseite des Planetenkinderbildes j e die Darstellungen des folgenden Planeten. Diese doppelseitig gezeichneten und kolorierten Blätter sind
•204
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
in einen Ausschnitt der Buchseite eingeklebt, die Umrahmung übermalt. Auf der Planetenkinderseite jedesmal noch eine Würfelstellung. Dieser Teil der Handschrift weist sehr starke Gebrauchsspuren auf, viele Stellen sind geflickt, fol. 56 fehlt ein großes Stück. fol. 58'/65: Fortsetzung der berühmten Männer, die Zeichnungen nicht bis zu Ende durchgeführt, fol. 65: „1455" IV. W ü r f e l b u c h . fol. 65: „Das glückrad mit fraw Venus und den gsellen." Ganzseitige, ungerahmte Zeichnung. fol. 66/71: Aussprüche von 55 weisen Männern, links am Rand mit Zeichnungen der entsprechenden Persönlichkeiten, rechts Würfelstellungen. Der Text von fremder Hand. Dieser ganze Abschnitt ist von Conrad Müller in seine Handschrift eingefügt, er selbst hat zwischen fol. 66' und 67 einen ergänzenden Zettel eingeschaltet und fährt auf der Rückseite des letzten fremden Blattes fort. Auch dieser Teil der Handschrift stark zerblättert und an vielen Stellen geflickt. V. G e i s t l i c h e s W ü r f e l b u c h von 1473 fol. 71'/80'. Ohne figürliche Darstellung mit Würfelstellungen am Rande des Textes. VI. L o s b u c h von 1461 fol. 81/97'. fol. 81: Ganzseitige ungerahmte Zeichnung eines Glücksrades. fol. 81' (rot): „So hebet sich an gar ain aubentürlichs und schons loßpuoch... und wer das nicht gelaubt der ist dannocht ain giiter Cristen." fol. 83/84: Die 12 Tierkreisbilder auf kreisförmig ausgeschnittenen Scheiben über bereits auf den Buchseiten vorhandene kolorierte Tierkreiszeichnungen überklebt, fol. 84/85': 12 Standfiguren von geistlichen Frauen, fol. 85'/97: Darstellungen von 12 berühmten Frauen, die auf verschiedenen Tieren reiten, mit dazugehörigem Text. fol. 87 u. 88 am Fuß der Seite: „1481" und „Neladam" ( = Madalen?).
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
fol. 94 am Fuß der Seite:
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„1461 nie sogar als im Neladam yemer." fol. 95 am Schluß des Textes (rot): „Neladam". fol. 96 rote Bcischrift: „Nildne" (Endlin?). fol. 97: „Neladam ym Niderlandt 1461." V I I . L o s b u c h aus dem A B C fol. 97'/110. fol. 98: Ganzseitige ungerahmte Zeichnung eines Glücksrades. fol. 98'/110: 24 Darstellungen berühmter Persönlichkeiten, meist der Antike, darunter auch zwei Frauen, in großem Kreisrund auf der Mitte der Seiten mit dazugehörigem Text. Die Darstellung fol. 100 und 100' eingeklebt, fol. 110': 5 weitere Persönlichkeiten, darunter als letzte der Teufel in kreisförmigem beschrifteten Rahmen. V I I I . W ü r f e l b u c h mit 56 T i e r e n , fol. 111/118. Sprüche zu 56 Tieren mit Würfelstellungen am Rand. Tierzeichnungen völlig ausgeführt nur auf der ersten Seite, Skizzen auf den zwei folgenden Seiten, eine einzelne Skizze noch auf der dritten Seite fol. 112'. fol. 119': Große kreisförmige Umrahmung mit fünffachem Schriftband, die Mitte leer geblieben. Es folgen 14 leere Blätter. I X . L o s b u c h fol. 120/142'. fol. 121/126': Ganzseitige beschriebene Kreise ohne Figurendarstellungen. fol. 127/134: Darstellungen von 16 Königen kreisrund gerahmt, in der Mitte der Seiten als Standfiguren mit leergebliebenen Wappenschildern, fol. 127: „1459". fol. 131: „1459 Gemasridhor." fol. 135/143: Folge von Begriffskategorien in Vierergruppen mit Darstellungen der 4 Altväter, Evangelisten, Elemente, Winde, Wälder, Sinnbilder der Tugenden usw. X. W ü r f e l b u c h von 1455. fol. 144/154. fol. 144: Ganzseitige ungerahmte Zeichnung eines Glücksrades mit Tieren, der Wolf als König im Scheitelpunkt.
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Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
fol. 145: „Neladam nigra sed formosa." Am Rande: „1455". fol. 145/154: Sprüche zu Sternbildern, Tieren usw. mit Würfelstellungen am Rande ohne Figurendarstellungen. fol. 145: „1482". M ü n c h n e r K a t a l o g der deutschen Handschriften, München 1866, S. 43. P l a c . B r a u n , Catalogus manuscriptorum: Noticia Historico-Liter a r i a . . . Augsburg 1795, Bd. V, S. 117, Nr. L X X V . E r w . R o s e n t h a l , Zu den Anfängen der Holzschnittillustration in Ulm, Monatshefte für Kunstwissenschaft, VI, 1913, S. 185ff. (mit Abbildungen aus der Handschrift). S o t z m a n n , Die Losbücher des Mittelalters. Serapeum X I I , 1851, S. 315. (Ausführliche ältere Beschreibung des Codex auf Notizen Massmanns fußend, u. a. mit Abdruck der die Glücksräder begleitenden Verse). B o l t e , Georg Wickrams Werke. Bibliothek des literar. Vereins Stuttgart, Nr. 229, Tübingen 1903, Anhang: Zur Geschichte der Losbücher. (Ausführl. Besprechung dieser Handschrift auf Seite 309ff.) A b b i l d u n g 58.
22. München, Staatsbibliothek, cgm. 252. Sammelhandschrift des Conrad Müller von Oettingen. Papier, 2°, 15. Jhdt., neuerer Pappband. 213 Seiten neuerer Tintenfoliierung, ungezählte Vor- und Nachsatzblätter. Mit roten Kapitelüberschriften, roten, blauen und grünen Initialen. Stark beschädigt. Die Handschrift enthält u. a.: Lucidarius. Fragment aus Mandevillas Reisebeschreibung. Niclas v. Wyles Translationen. fol. 196 am Schluß des „Guiscard"-Schreibervermerk:„ Augsburg 1468." Steinhövels Griseldis. fol. 209: „C. 1477. S." Von den geplanten Illustrationen, die nur z. T. zur Ausführung kamen, z. T. offenbar herausgerissen worden sind, ist nur eine blattgroße unkolorierte Schwarzweißzeichnung auf fol. 160' zur Melusine des Thüring von Ryngoltinger erhalten, die die Überschrift trägt:
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„Wie Reymundt von seinem Vettern und herren zu lehen empfieng so vil ertrichs bey dem durstprunnen / als vil und er Inn ain hyrschhautt möchte beschliessen." M ü n c h n e r K a t a l o g der deutschen Handschriften, München 1866. P a u l J o a c h i m s o h n , Die humanistische Geschichtsschreibung Deutschlands, Heft I, Bonn 1895.
23. München, Staatsbibliothek, cgm. 213. M e i s t e r l i n - C h r o n i k von 1479. Papier, Folio, Holzdeckelband mit schönem, gut erhaltenem braunen Leberbezug, hübscher Blindpressung, Spuren von zwei Schließen. 280 beschriebene Seiten neuerer .Tintenzählung, zu Anfang vier, am Schluß 32 leere ungezählte Seiten. Geschrieben von Conrad Müller von Oettingen. Blaue, rote und grüne Initialen im Text, rot verzierte litterae > elevatae, rote Kapitelüberschriften (abwechselnd in kräftigem Zinnober und der für diesen Schreiber typischen blaßroten Tinte), nur teilweise durchgeführte rote Namensunterstreichung und durchstrichene Kapitale. Auf der Innenseite des Deckels ältere Signatur und ein großes Kupferstichexlibris mit der Beschriftung: „Ex Electoriali Bibliotheca Sereniss. Utriusque Bavariae Ducum." fol. 1 (rot): „1479. Diese geschrifft hernach begriffen stat an dem perlaichturn Sant peters kyrehen hie zu Augspurg mit guldin puchstaben. (C)hriste dir sey lob und e r . . . " fol. 2 ff: Register. fol. 9 (rot): „1479. Das ist der Santbrieve und vorrede ditzs puchs... (D)em fürsichtigen Ersamen und weisen Bürgermeistern und Rattgeben. . . " fol. 13 (rot): „So hebt sich hie an ain vorrede..." Nach Buch IV, Kap. 10 veränderte Kapitelzählung gegenüber den früheren Handschriften: Statt IV, 11 ff. bis IV, 15 hier: V, lff. bis V, 5.
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fol. 25: „ . . . und solich vorgemellt geschichten und rauben von der schönen Helena hon ich C ü n r a t t B o l l s t a t t e r , der das puche geschrieben hatt, hierein gesetzt..." Der Text der Chronik ist bis unmittelbar in die Zeit der Anfertigung der Handschrift hinein fortgeführt. Expl. fol. 277: „Das alles ist geschehen inn demJar als man zalltt von der gepurt Christi tausent vierhundert und im ain und achtzigesten Jare." Darunter von etwas späterer Hand bis fol. 280 verschiedene Notizen. P a u l J o a c h i m s o h n , Zur städtischen und klösterlichen Goschichtschreibung Augsburgs im 15. Jhdt. Alemania, Bd. X X I I , Bonn, 1894, S. 12. (Untersuchungen des Textes S. 12 ff, Abdruck aus dem Text im Anhang A, S. 139. D e r s e l b e , Die humanistische Geschichtschreibung in Deutschland, Heft 1 Sigismund Meisterlin, Bonn 1895, S. 84ff. N i c h t bei B r e d t . R e p r o d u k t i o n e n : Vormalige SIg. Reusch (jetzt Dr. Benno Filser) photographischer Aufnahmen nach den Hss. d. Staatsbibliothek Nr. 3696/3710. A b b i l d u n g e n 62/76. Zu den Illustrationen siehe die vergleichende Tabelle.
24. München, Staatsbibliothek, Cod. lat. 4308. S t e f f a n i P a r i s i e n s i s e x p o s i t i o r e g u l a e S. B e n e d i c t i . Pergament, 1495, neuerer Einband mit Vor- und Nachsatzblättern, 139 paginierte Seiten, zweikolumnig von Thomas Rieger geschrieben. Mit roten Initialen. Aus der Bibliothek von St. Ulrich in Augsburg. Expl. fol. 133: „Explicit exposicio stephani parisiensis super regulam benedictissimi benedicti... per fratrem thoman rieger augustensem tunc temporis subpriorem prm. venerabilium monasterii sanetorum udalrici et affre. anno virginei partus milesimo quadringentesimo q u i n t o . . . " Dazu 42 mit der Feder gezeichnete Initialen. fol. 133'/138': Das Leben des hl. Benedicts in Bildern. Auf jeder Seite in der Regel zwei mal zwei Zeichnungen mit übergeschriebenen Versen.
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B r a u n , Notitia V I , 88. K a t a l o g der Münchner Handschriften, Bd. III, 2, 8. 174. R e p r o d u k t i o n e n : Vormalige Sl. Reusch (jetzt Dr. Benno Filser) photographischer Aufnahmen nach Handschr. der Staatsbibl. A b b i l d u n g 105/106.
25. Prag, Böhmisches Museum. L e b e n Jesu, deutsch. W e i s s a g u n g e n . A m Schluß: „Dises puch ist dem fürsichtigen ersamen und weysen Jörgen Suitzern der zeytt burgermaister zu Augsburg von Cunraten Bollstattern den man nennet Müller dem schreyber von Oetingen ym Rieß yetz wonhafft da selbst zu Augsburg geschriben und geendet worden auff Mittwuchen nach dem sunntag letare mittenfasten — 1481." Die Handschrift ist beschrieben im Anz. f. K u n d e deutscher V o r z e i t 2, 1853, 31. Ferner genannt bei P a u l J o a c h i m s o h n , Die humanistische Geschichtsschreibung Deutschlands, Heft 1 Bonn 1895, S. 88, An. 1. Der Codex war mir nicht erreichbar.
26. St. Stuttgart, Landesbibliothek, H.-B. V, hist. 22. G e o r g M ü l i c h s M e i s t e r l i n c h r o n i k v o n 1457. Folio, Papier, Holzdeckelband in stark abgeschabtem Lederüberzug mit hübscher Blindpressung. Am Rücken alte Signatur G. 17. Reste von zwei Schliessen. Auf der Innenseite des Deckels Teile einer mit der Feder gezeichneten und getuschten Umrahmung im Stile der 70er Jahre, deren Mittelstück herausgeschnitten ist. Dafür ist ein Zettel mit Inhaltsangabe von jüngerer Hand eingeklebt. Ähnliche Umrahmung auf der Innenseite des Hinterdeckels, gleichfalls mit fehlendem Mittelstück. 95 Blatt jüngerer Tintenfoliierung, durchgehend von Georg Mülich beschrieben, mit roten Initialen, Kapitelüberschriften und nebenstehender Kapitelzählung in römischen Ziffern. Rot unterstrichene Eigennamen und durchstrichene Anfangsbuchstaben, außerdem Seitenzählung am Kopf der Seiten bis x x x i n reichend, übereinstimmend mit der späteren Tintenfoliierung. 14 L 0 h m»nn-H mnp t, Federieiohnnngen
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Im Ganzen die saubere, gleichmäßige Schrift eines gebildeten Liebhabers mit sparsamer Angleichung an berufsmäßige Schreibergewohnheiten. fol. 1 am Kopf der Seite älterer Besitzereintrag: ,,Monasterii Weingartensis. Anno 1610." Darunter: „Hie hebt sich an ain Vorred der nach genden ystory die da sagt von der küniglichen stat augusta im riess. C. I. (W)ie gar schwer und hert sey etlich irung der menschen aus z e r e i t t e n . . . " Expl. fol. 87': „Nun ain beschließung des buchs / und die gancz hystori / und alle Kapitel / vom anfang bis hie an das End / hat her Sigmund Meisterlin ain Prüder des klosters sant ulrichs und sant affra* (am Rande: bürg zu augsburg') gemacht und hat es aus vil puchern und Cronicken genomen durch fleißig gebet willen des erberber Sigmund gossenbrot ach ain burger zu augspurg und hat die histori am ersten in latein gemacht und dar nach vollbracht in teützsch als in dem buch geschribn ist, und ist volbracht und g e b e n worden als man zalt nach X P I geburt T a u s e n t vierhundert und s e c h s und f ü n f f e i g j a r an den l e e z s t e n s u n n t a g d e s s e l b e n j a r s . E x p l i c i t 4' p a r s C r o n o g r a p h i e Aug u s t e n s i u m 1457. S c r i p t u m in a u g u s t a per i e o r i u m mülich civem augustensem octo Calendas abrilis." folio 88: Hebräisches Alphabet mit deutschen Buchstaben und erklärender deutscher Unterschrift: „Dass send die versalles... in anno domine 1460 jar adyes- 4. de September." Darunter die Buchstaben ,,A. W. I. B " zwischen Schnörkeln. E s folgen sieben leere Seiten. Weitere Datierungen im Text: fol. 24 unten, nach Schluß des VI. Kapitel des ersten Buchs: ,,1457 adi 11 febrerius", folio 42 zu Anfang der ersten Zeile im ausgeschwungenen D-Haken: „1457". R . K a u t z s c h , Einleitende Erörterungen S. 55. Z e m p , Die schweizerischen Bilderchroniken und ihre Architekturdarstellungen, Zürich 1899. B r e d t , S. 34ff, Tafel I I I - V I . A b b i l d u n g Nr. 2 4 / 2 5 . Zu den Illustrationen siehe die vergleich. Tabelle.
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27. Wollenbüttel, Herzogl. Bibliothek, Ms. 75. 10. Aug. lol. S a m m e l h a n d s c h r i f t des Conrad Müller v o n ö t t i n g e n . Papier, folio, 1468. Holzdeckelband in braunem Lederbezug mit Blindpressung und etwas Goldauflage, zwei Metallschliessen, der Rücken mit weißem Lederüberzug repariert. Geschrieben in zwei Kolumnen, mit farbigen Initialen, roten Überschriften und Kapitaldurchstreichungen. 1. Buchstabenorakel. 2. Hainrich Stainhoewel, Apollonius von Tyrus. 3. Niclas von Wyle, Griseldis. 4. Niclas von Wyle, Guiscardi und Sigismunda. 5. Der Ackermann aus Böhmen. Der Schreiber nennt sich am Schluß der „Griseldis" fol. 71: „Finitus dominica die post Dorothee virginis de Conrado Scriptore de ötingen In civitate Augusta anno 1468." Illustrationen: fol. 2' ganzseitig in kleinem kreisförmigemRahmen thronender König in L a n d s c h a f t , darum ein größerer rechteckiger Rahmen. Ferner 5 Illustrationen zu „Appollonius von Tyrus" auf fol. 8, 19', 27', 47', 51. Schmale und sehr hohe Zeichnungen immer in eine der zwei Kolumnen eingefügt, durchschnittlich 5 X 10 cm groß. W o l f e n b ü t t e l e r H a n d s c h r i f t e n k a t a l o g (von Dr. O. von Heinemann, Wolfenbüttel 1898) 2. Abt., Bd. III, S. 390, Nr. 2722. (genaue bibliographische Aufnahme.) A b b i l d u n g 53.
28. Wolfenbüttel, Herzogl. Bibliothek, Ms. 37. 17. Aug. fol. Conrad v o n Megenbergs B u c h der Natur. Papier, folio, 1474. Holzdeckelband mit braunem Lederbezug, Blindpressung. Geschrieben von Conrad Müller von öttingen mit farbigen Initialen und roten Kapitelüberschriften. 15 Lohmann-Hanpt, Federxcichnungeu
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Inc. fol. 2 (rot): „Von dem maister der das ptich zu teutsch pracht hat. (D)as ist das teusch puch vom Mägenbergk... Wer das puch hatt geschriben/ unhail müsz von J m sein vertriben. Gelück und hail müsz im sein bekannt Conradus von ötingen ist er genant Das da leytt inn dem riesz / Des er offt hat gehabt guten genieß Gott wolle das J m noch gelyng J n n allen seinen sachen und g e d i n g . . . . 1 4 74." Ausschmückung: fol. 1': Ganzseitiges Titelbild. fol. 2: Initial ,,A" auf Goldgrund in mehrfarbigem Rahmen, Ranken auf drei Seiten des Schriftspiegels. (fol. 3: Kreisförmige Umrahmung in den Text eingefügt., leer geblieben). W o l f e n b ü t t e l o r H a n d s c h r i f t e n - K a t a l o g (von Dr. O. v . Heinemann, Wolfenbüttel 1898) 2. Abt. B d . III, S. 145, Nr. 2427. A b b i l d u n g 57.
29. V. Verstreute Blätter einer Meisterlin-Chronik von 1490. Die Aufzählung der Blätter erfolgt unter durchgehender Numerierung alphabetisch nach den Aufbewahrungsorten geordnet. (Siehe auch die vergleichende Illustrationstabelle.) Berlin, Kupferstichkabinett.
(K.-K.)
1. Nr. 1050. R e l i q u i e n v e r e h r u n g . Zwei Bischöfe und drei gesetzte Männer in bürgerlicher Tracht sind in anbetender Haltung, zum Teil kniend mit kirchlichem Gerät in den Händen um einen Sarkophag versammelt; hinter ihnen ein Chorknabe. In die rechte Wand des Raumes ist eine Nische mit der Sitzfigur der Madonna und des Kindes eingelassen.
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Die Rückseite zweikolumnig beschrieben, links 36, rechts 35 Zeilen. Rote Kapitelüberschrift (etwas verwischt): „Wie das hailtümb zu Augspurg gefünden ward und von dem Bischoff Embrico und Sigifrido, wie die Statt ettwie dick verratten ward. Von kayser Hainrich und anderen beschechen dingen das X I I . Capitel des vierten tails." 13,2x21 cm. Aus der Sammlung von Nagler. A b b i l d u n g 00.
2. Nr. 4073. J a p h e t m i t seinen sieben Söhnen. Die 8 Männer stehen, vier links und drei rechts von einer mittleren Figur angeordnet auf Fliesenboden in einem quadratisch gedachten Raum, dessen Hinterwand geschlossen ist, während die rechte und linke Seitenwand von einer hohen Rundbogentür durchbrochen sind. Der Raum ist mit Kreuzrippengewölbe überdacht. Einfache schwarze Strichumrahmung, auf der Rückseite zwei Kolumnen von je 30 Zeilen, der letzte Satz lautet: „were ditz tail der weit besessen hab da w i r . . . " und setzt sich auf der Bildseite des Blattes mit 4 Zeilen in der linken oberen Ecke fort: ,, inn seyen und genennt wird Europa und von welchen Sun Noe sey kommen die Schwaben". 14,7 X 19,7 cm. Aus der Sammlung von Radowitz. Abbildung
91.
3. Nr. 4074. A n b e t u n g der G ö t t i n Cisa. In der rechten Bildhälfte in schmalhohem Raum sitzt die heidnische Göttin mit Wimpel und Buch in den Händen auf einem etwa mannshohen Sockel, zu ihren Füßen knien nach rechts vor ihr ein Jüngling mit Hut, links von ihm zum Teil schon im Freien unter blauem Himmel zwei Frauen mit Kopftüchern und ganz links ein barhäuptiger Jüngling. Die linke Bildhälfte reicht von unten her nicht ganz bis zur Hälfte der Seite, darüber 17 Zeilen Text (Schluß von IV, 2). Umrahmt mit einfacher Tintenlinie und angelehntem kräftig ziegelrotem Strich. Die Rückseite zweispaltig mit links 30, rechts 31 Zeilen beschrieben. Rote Kapitelüberschrift: „Wie 15»
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Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
die abgötterey ain ursprung gehebt hat und wie die zu vindelica die Gottin Cisa habent an gebett und wenn Ir tag oder Ir fest gewesen sey das fünfft Capitel des andern tails." 14,7x20,3 cm. Aus der Sammlung von Radowitz. Abbildung
92.
4. Nr. 4075. Amazonenkampf. In einer offenen Landschaft stoßen von rechts und links her feindliche Reitergruppen, bewimpelte Lanzen in den Fäusten, zusammen. Im Vordergrund erschlägt eine Amazone in weitem Rock von rechts mit dem Schwert einen Gegner, der über sein Pferd nach vorn fällt, unter ihr eine Gefallene, zu ihrer Rechten eine Stürzende. Über den Kämpfenden sieht man zwischen seitlichen Hügeln in die Ferne, ganz im Hintergrund eine Burg. — Doppelte Strichumrahmung, kräftig rot gefüllt. — Die Rückseite links mit 32, rechts mit 31 Zeilen beschrieben. Rote Kapitelüberschrift: „Wie die menschen anviengen ze kriegen in der weit und von dem ursprung d'frawen Amazones und iren Sitten das ander Capitel des anderen tails." Format ca. 15,2x21,2 cm. Aus der Sammlung von Radowitz. Abbildung
93.
5. Nr. 4076. Amazonenkampf an der S t a d t m a u e r . Die Amazonen, mit Keulen, Bogen und Schildern bewaffnet, sind im Begriff, mittels einer Leiter die Stadtmauer zu besteigen. Drei gewappnete Augsburger, von der andern Seite über der Mauer auftauchend, hindern sie mit Schlägen und Steinwürfen daran, andere werfen Steine von zwei Türmen herab, die in die Mauer eingebaut sind. Dahinter Blick auf die Häuser der Stadt und einen weiteren Turm, rechts im Hintergrund bewachsener Hügel — doppelte Strichumrahmung, kräftig ziegelrot gefüllt. Dieses Blatt ist auf ein zweites Blatt geklebt, das rückwärtig in zwei Kolumnen beschrieben ist und den letzten Teil von II 2 enthält. Zwischen den beiden Seiten
Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
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befindet sich noch eine weitere Zeichnung, deren Umrahmung gegenüber dem freiliegenden Bilde ringsum etwa 1 cm eingezogen verläuft. ca. 1 6 , 3 x 2 3 cm. Aus der Sammlung von Radowitz. A b b i l d u n g 94. 6. Nr. 4077. E r h e b u n g des hl. U l r i c h . Fünf Bischöfe sind an einem offenen Marmorsarkophag, dessen Deckel abgehoben auf dem Boden liegt, um die Leiche des hl. Ulrich versammelt. Blauer Himmel über der Szene. Doppelte Leistenstrichumrahmung, hellrot gefüllt. — Die Rückseite ist in zwei Kolumnen beschrieben, links 36, rechts 37 Zeilen. Rote Kapitelüberschrift: „Von ettlichen kaysern und Bischoffen und wie Sant Ulrich erhebt ward und ander beschechen — dingen zu der selben zeitt das X . Capitel des Vierden tails." 14,2x22 cm. Aus der Sammlung von Radowitz. 7. Nr. 4078. M ä r t y r e r e n t h a u p t u n g . Auf freiem Felde vor einem Hügel, der die dahinterliegende Stadt halb verdeckt, kniet ein Mensch, mit gefalteten Händen den Todesstoß erwartend, zwischen seinen drei bereits getöteten Genossen, die enthauptet am Boden liegen. Rechts hinter ihm der Henker, das Schwert zum Schlag erhebend. Hinter dem Henker zwei Männer, der vordere mit einem Stab. Einfache Federstrichrahmung mit angelehntem Pinselstrich. Auf der Rückseite links in 14 Zeilen die Schlußworte von IV, 2. 14,4 x 20,6 cm. Aus der Sammlung von Radowitz. A b b i l d u n g 95. (Ausschnitt.) 8. Nr. 4079 T i t e l b i l d . Kaiser und Kaiserin mit Gefolge von links her zu Pferde vor einer zinnengekrönten Mauer, die sich rechts im großen Stadttor öffnet und links bis zu einem gleichfalls zinnengekrönten Turm fortgesetzt wird. Noch weiter links Ausblick in hügelige Ferne. — Flüchtige Federumrahmung, darüber Pinselstrich. — Auf der Rückseite über die ganze Seitenbreite die Schlußzeilen des Registers mit anschlißendem Schreibervermerk (die erste Zeile rot):
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„Das XVI. Capitel des vierten tails. Von kayser hainrichen und kayser philippen und / fridrichen und ettlichen Bischoffen und kayser Budolffen und Adolffus und albrecht und von kayser hainrich und Bischoffen und äpten. (rot:) Dar nach ain beschliessung dieser matery. Dise matery ist gemachet worden von herre Sigmund maysterlin Conventual des gotzhaus zu Sant Ulrich und am ersten geschriben von Bruder hainrich pittinger Conventual, die baide seind beschehen durch gebett des weisen mans Sigmünd gossenbrotz. Burger zu Augspurg. Nach X P I gebürdt tausend vierhündert und im siben fünffczigosten J a r an dem ersten montag desselben Jars — (1490) und Conrade vayhinger hatt ditz geschriben im L X X X X jar. der myndern Zal jhu X P I etc. tünc tpe famulus Theolonarius In / fryberg in Campo vel antelica aqua. Deus adjuvat nos Amen. — " ca. 15 x 19,14 cm. Aus der Sammlung von Radowitz. F r a n k f u r t a. M. S a m m l u n g v. H i r s c h (Fr.) Sechs Blätter aus der Sammlung Rodríguez, Paris, welche im Jahre 1912 bei Frederik Müller in Amsterdam zur Versteigerung kamen. 9. a) A n b e t u n g des K i n d e s . Maria kniet von links vor dem Kindlein, das auf ihrem Mantelsaum ausgestreckt liegt. Rechts daneben ein Hirte, der seine Kappe abgenommen hat und das Knie beugt, ein zweiter Hirte lehnt im Hintergrund auf einer Querstange des luftigen Stallraumes, der nur aus einem Strohdach über dünnem Rahmenwerk besteht. Hinter der Mutter Gottes eine Mauer, über der Ochs und Esel hereinschauen, links davon eine rechteckige Tür. Strichumrahmung, farbig gefüllt. Abbildung
96.
10. b) K a m p f der R ö m e r gegen die A u g s b u r g e r und ihre V e r b ü n d e t e n . Die beiden feindlichen Reitergruppen treffen von links und rechts dicht gedrängt mit erhobenen Waffen vor
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einem Stadttor zusammen. Hinter schräg ansteigendem Hügel im Hittelgrund links drei Zelte, im Hintergrund ein anderer Kriegerhaufen. — Einfache Strichumrahmung mit angelehnter Pinselleiste. 11. c) B e g r ä b n i s der hl. Afra. Die Heilige liegt gekrönt mit ausgestreckten Armen und zusammengelegten Händen in einem Sarkophag, dessen Deckel davor auf dem Boden zu sehen ist. Hinter dem Sarg, ihr zu Häupten ein Bischof mit aufgeschlagenem Buch, vor ihr zu Füßen ein gekrönte Frau in langem Mantel in anbetender Haltung, hinter ihr zwei weitere Frauen, eine vierte noch weiter links, rechts vom Bischof. Hohe schmale Rundbogenfenster, die bis knapp unter die Balkendecke aufsteigen. — Strichumrahmung, farbig gefüllt. — 12. d) P r e d i g t des hl. Lucius. König Lucius predigt von einer Kanzel mit erhobener rechter Hand zu Männern und Frauen in bürgerliche: Tracht, die auf einem von Turm und Häusern umstellten freien Platz der Stadt zu seinen Füßen sitzen und stehen. — Strichumrahmung, farbig gefüllt. Abbildung
97.
13. e) K a i s e r O k t a v i a n e r w e i t e r t die S t a d t R o m . Vor einem großen doppeltürmigen Stadttor halten zwei Männer in bürgerlicher Tracht die Pferde an einem Holzgerüst, auf dem ein Arbeiter mit mauern beschäftigt ist, wobei ihm zwei Leute unter ihm auf dem Boden helfen. Links im Hintergrund Hügellandschaft. — Strichumrahmung mit angelehnter Pinselleiste. — In der linken oberen Ecke rechtwinklig einspringend 7 Zeilen Text. 14. f) M a r t y r i u m der hl. Afra. Die gekrönte Heilige lehnt neben einem Baum um den sie ihre Arme geschlungen hält auf flammendem Holzstoß, den ein junger Knecht, der links von ihr kniet, in Brand hält. Neben der Heiligen rechts stehen ein alter und ein junger Mann, links hinter dem Folterknecht ein dritter. Über den Figuren Ausblick in die Ferne.
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P a r i s , S a m m l u n g Masson (M.) 15. a) D i e A r c h e Noe. 13,9 X 18,9 cm. 16. b) A u f r u h r im r ö m i s c h e n Heer. Kampf zwischen 8 bewaffneten Fußsoldaten auf einem von Häusern umstellten Platz, auf den man vom oben Einblick hat. Zwischen den Kämpfenden ein Gefallener. 13,5 X 19,5 cm. A b b i l d u n g 98 unten.
17. c) V e s p a s i a n u s in Germanien. (?) Gruppe von Rittern, die rechts auf einer Straße reiten, vor ihnen 3 bewaffnete Fußsoldaten. 13,3 x 19,1 cm. 18. d) B i s c h o f B r u n o b a u t die M o r i t z k i r c h e . Vor dem Bischof mit einem Begleiter ist ein Maurer und sein Geselle an einer Mauer beschäftigt. 14,3 x 21,2 cm. 19. e) W i e d e r a u f b a u Augsburgs. Ein Maurer arbeitet mit 2 Gesellen an einer Mauer, vor ihnen ein Mann mit langem Gewand. 14,7 x 20,4 cm. 20. f) S t a d t b a u . Ein Maurer arbeitet mit 2 Gehilfen an einer Mauer. Links davor 2 Männer mit Turbanen und langem Gewand, die sich schreitend unterhalten. 15 x 19,5 cm. Vgl. Die illuminierten Handschriften und Einzelminiaturen des Mittelalters und der Renaissance in Frankfurter Besitz. Herausgeg. v. G. Swarzenski, bearbeitet v. Rosy Schilling, Frankfurt a. M. 1929, S. 225, Nr. 199, Tafel L X X I V . A b b i l d u n g 98 oben.
F r a n k f u r t a. M., K u p f e r s t i c h k a b i n e t t . 21. B e g r ä b n i s des hl. U l r i c h . Mit ausgestreckten Armen und gekreuzten Händen liegt der Heilige im Sarkophag, ein kniender Bischof vor ihm links, drei nebeneinanderstehende Bischöfe hinter dem Sarg umgebem ihn betend und lesend. Hinter den Figuren blickt man durch eine Rundbogentür links und 2 kleinere Rundbogenfenster rechts ins Freie. — Rechts oben mit Tinte: ,,127". — Strichrahmung mit farbiger Leiste. — Die Rückseite ist zweikolumnig beschrieben. Rote Kapitelüberschrift: „Von dem leben Sant ulrichs
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und seiner heiligkeit kürzlichen berürt das I X . Capitel des Vierden tails." Frankfurter Miniaturen-Katalog, S. 226, Nr. 200. A b b i l d u n g 99.
Haarlem, Sammlung Koenigs. 22. D i e k r i e g e r i s c h e n S c h w a b e n . Ein gewappneter Reiterhaufen mit beflaggten Lanzen reitet von links hinter einem einzelnen Krieger, dessen Pferd schon zur Hälfte von der Mauer verdeckt wird, auf ein Stadttor mit mächtigen Türmen zu, zwischen denen man auf die Häuser der Stadt blickt. Links hügeliger Hintergrund. — Einfache Strichumrahmung mit angelehnter farbiger Leiste. — 15,3 X 20,4 cm. Abbildung 100.
30. St. Gallen, Stadtbibliothek, Cod. 352.
C o n r a d von H e l m s d o r f s d e u t s c h e r H e i l s p i e g e l . Papier, 15. Jhdt., Holzdeckelband mit Leberbezug, 50 Blatt zweikolumnig mit roten Initialen geschrieben, von neuerer Hand zweiseitig von 1—100 paginiert. fol. 1/8 unvollständiger Kalender mit Monatsbildern zu J u l i bis Oktober. fol. 9/100 Speculum. Dazu am Kopf jeder Seite 2 Illustrationen, ferner auf fol. 48, 52, 56, 58, 71, 84 u. 87 Zeichnungen auch auf dem unteren Seitenrand. Verzeichnis der Manuskripte und Incunabeln der Vadianischen Bibliothek in St. Gallen, ebenda 1864, S. 103. Die Handschrift wurde in genauer Textausgabe mit einer eingehenden Einleitung (Erörterung der Entstehungszeit und der Gegend) und einer Tafel (Abb. der Gethsemaneszene und der Gefangennahme) veröffentlicht von Axel L i n d q v i s t , Deutsche Texte des Mittelalters hrsg. von der Freuß. Akademie der Wissenschaften, Bd. X X X I , Berlin 1924. Abbildung 3/5.
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Beschreibendes Handschriften-Verzeichnis.
3 1 . Donaueschingen, Fürstl. Fürstenberg. Holbibliothek Nr. 2 4 2 .
O t t o von P a s s a u s B u c h der xxiv Alten. Papier, folio, 1435. Holzdeckelband mit rotem Lederbezug und Metallbuckeln, Reste von zwei Schließen. 186 Blatt neuerer Bleistiftzählung, dazu 25 leere Blätter am Schluß. Von Erhard Koch zweispaltig geschrieben mit roten Kapitelüberschriften und Eigennamen. Dazu 25 rot und grün getuschte Initialen. Einzelne Blätter am Rande ausgefasert und sorgfältig geflickt. Auf der Rückseite des Vorderdeckels in sorgfältiger Hand des 19. Jhdts.: ,,/:Bruder's Otten von Passow, St. Francisci Ordens Buch von den vier undzwainzig Alten oder aber von der guldinin Cron der minnenden Seele:/" Darunter von anderer Hand: „clarissimo Viro et amico Josepho Laßberg in arce Dagoberti Marisburgi." Weiter unten: „In S. Gallo die 31. Jul. 1850. L. Greith, Decan cap. S. Galli." fol. 1 von einer früheren Hand: ,,Sum Monasterii Dennickon." (=Kloster Thennicon im Thurgau.) Expl. fol. 186': „Dis buch hat geschriben Erhart Koch von Wingarten und ist geendet worden in dem J a r do man zalt nach gotz geburt vierczehenhundert iar und fünfunddrissig iar in dem maygen amen." B a r a c k , Katalog der Donaueschinger Handschrift. K a u t z s c h , Einleit. Erörterungen S. 56. Abbildung 6/8.
ABBILDUNGSVERZEICHNIS. 1. München, Staatsbibl., cod. lat. 8201 d, Mettener Benediktinerregel: Widmungsblatt. 2. F r a n k f u r t a. Main, Städelsches I n s t i t u t , Kupferstichkabinett Nr. 623: Hlge. Katharina. 3. St. Gallen, Stadtbibliothek, Cod. 352, Konrad v. Helmsdorf, Dtsch. Heilspiegel: Verkündigung Mariae —• König Astrogas u. seine Tochter. 4. Dasselbo: Szenen a. d. Leidensgeschichte Christi. 6. Dasselbe: Eleazar tötet den Elephanten — Christus empfängt die Seitenwunde. 6. Donaueschingen, Fürst]. Fürstenberg. Bibl., Cod. 242, Otto v. Passau, Buch d. X X I V Alten: Ein Alter. 7. Dasselbe. 8. Dasselbe. 9. Berlin, Kupferstichkabinett, Ms. 78 A. 17, Dtsch. Heilspiegel: Kreuztragung Christi. 10. Maihingen, Otting. Wallerst. Bibl., Cod. II., lat. 1. 4°. 14., Summa R a y m u n d i : Hlge. Katharina. 11. S t u t t g a r t , Landesbibl., Cod., H . B . VI., jur. et pol. 110 Chart, fol, Rottweiler Hofgericht. Oben: Verleihung des Hofgerichts a. die Rottweiler durch Kaiser K o n r a d I I I . U n t e n : Belageruug Rottweils durch Kaiser Lothar I I I (Teilbild). 12. Donaueschingen, Fürstl. Fürstenberg. Bibl., Cod. 494, Kalender v. 1443: Monatsbild Mai. 13. S t u t t g a r t , Landesbibl., Cod. theol. et phil. fol. 132, Auslegung d. Evangeliums Johannis: D. hlge. Augustin diktierend. 14. Heidelberg, Univ.-Bibl., Cod. pal. germ. 314, Boners F a b e l n : Engelsdarstellung. 15. Berlin, Staatsbibl., Ms. germ. fol. 557, Astronom.-mediz.-Kalender: Aderlaßmännchen. 16. Dasselbe: Tierkreis- und Monatsbild, Aderlaßszene. 17. Maihingen, Otting-Wallerst.-Bibl., Cod. I 2 (lat.) fol. 25, Seculum: Simson t ö t e t den Löwen — E r m o r d u n g König Eglons. 18. Dasselbe. Links: Simei wirft David mit Steinen (2. Samuel 16). Rechts: Der König der Ammoniter verhöhnt einen der Boten Davids. (2. Samuel 10).
222
Abbildnngs Verzeichnis.
19. Giessen, Univ.-Bibl., Nr. 813. Sammelhandschrift GeorgMülichs: Schachspielszene. 20. Dasselbe: Auferstehung Christi. Mit P o r t r ä t d. Schreibers ( ? ). 21. Augsburg, Stadtbibl., 2°. Codex Haider 1. Meisterlinchronik A 1: Dedikationsbild. . 22. München, Staatsbibl., cod. lat. 3941. Totentanzgedicht: Predigtdarstellung. 23. Dasselbe: Totentanzszene. 24. S t u t t g a r t , Landesbibl., cod. H . B. V. hist. 22. Meisterlinchronik S t : Amazonenschlacht. 25. Dasselbe: E r h e b u n g d. Hl. Ulrich. Predigt des Hl. Lucius. 26. München, Staatsbibl., cod. germ. 206. Historienbibel v. 1457: Marientod. 27. Dasselbe: Weltenschöpfung. 28. Dasselbe. L i n k s : Arche Noä. R e c h t s : Geburt Noä. 29. Dasselbe. Links: Jacobs T r a u m . Rechts: König Minus läßt nach der Leiche seines Vaters ein Bildwerk arbeiten. 30. Dasselbe. Links: A b r a h a m s Opfer' Rechts: Gott spricht zu Abraham. 31. Dasselbe: König David auf dem Thron. 32. Dasselbe: Kreuzigung m i t Ecclesia und Synagoge. 33. Dasselbe: Initial „ M " mit Verkündigung. 34. Dasselbe. Links: Anbetung der Könige. Rechts: Heimsuchung. 35. Maihingen, Oetting.-Wallerst. Bibl., cod. I, 3 (deutsch) fol 6. Speculum. Links: Geburt Maria. Rechts: Die Wurzel Jesse. 36. Dasselbe. Oben: David beweint Abner. U n t e n : Dr. Hartliebs Alexanderbuch: Alexander empfängt d. Boten des Darius. 37. München, Staatsbibl., cod. lat. 61. Sammelhandschrift: Illustration zu Guido da Columnas Trojanischem Krieg. 38. Dasselbe: „Wie kung p(ria)m(us) r a t nymt, das er sich a n den Kriechn reche." 39. Dasselbe: „Wie kung Ulixes mit seinen schiffen under dy Syrenen k a m von der wegen er u n d die seinen in grosz angst und not kamen." 40. Dasselbe: „ D a wirt paris beweynt von seinem v a t t e r u n d seiner hausfrawen der schönsten Helena." 41. Berlin, Kupferstichkabinett, ms. 78, A 13. Guido d a Columnas Trojanerkrieg. 42. St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 646. Gebhard Dacher's Konstanzerchronik : Ravensburger Ritualmord. 43. St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 987. Sammelhandschrift: Anbetung d. Könige. 44. St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 658. Ruperts v. Reims Kreuzfahrerchronik. Oben: Stadtbelagerung. U n t e n : Dialogszene. 45. Donaueschingen, Fürstl. Fürstenb. Bibl., cod. 117. Heiligenleben: Die Hl. Dorothea.
Abbildungsverzeichnis.
223
46. Berlin, Kupferstich-Kabinett, ms. 78, A. 14, Hs. 124. Legende d. Hl. K a t h a r i n a v . Siena: Die Hl. K a t h a r i n a auf d. Krankenbett. 47. Heidelberg, Univ.-Bibl., cod. pal. germ. 646. Gebetbüchlein: Verrat d. J u d a s . 48. München, Staatsbibl., cod. germ. 508. Sammelhandschrift: Illustration zur Legende d. Hl. Ulrich. 49. Dasselbe. 50. Augsburg, Stadtbibl., Nr. 154. Leben verschiedener Heiliger: St. Mattheus Evangelista. 51. Gotha, Großherzogl. Bibl., cod. Goth. Chart. A. Nr. 158. Sammlung verschiedener Chroniken: Die E r h ö h u n g d. hl. Kreuzes. Kaiser Heraclius. 52. Dasselbe: Illustration zum Trojanerkrieg. I m Vordergrund d. Urteil d. Paris. 53. Wolfenbüttel, Herzgl. Bibl., ms. 75. 10. Aug. fol. Sammelhandschrift: Illustration z. Appollonius v. Tyrus. 54. Heidelberg, Univ.-Bibl., cod. pal. germ. 4. Sammelhandschrift Conrad Müllers: Illustration zum Willehalm. 55. Dasselbe. 56. Berlin, Staatsbibl., ms. germ. fol. 564. Sprüche Heinrichs d. Teichner: Bildnis des Autors. 57. Wolfenbüttel, Herzogl. Bibl., ms. 37. 17. Aug. fol. Conrad von Megenbergs Buch d. N a t u r : Einleitungsbild. 58. München, Staatsbibl., cod. germ. 312. Sammlung v. 10 Losbüchern: Glücksrad. 59. Berlin, Staatsbibl., ms. germ. fol. 722. J ü n g s t e s Gericht i. Versen: Christus als Weltenrichter u. die 12 Apostel. 60. Dasselbe: Die hl. Dreifaltigkeit mit Maria i. d . Wolken thronend. 61. Dasselbe: Schriftprobe Conrad Müllers von. Oettingen. 62. München, Staatsbibl., cod. germ. 213. Meisterlinchronik M: Dedikationsbild. 63. Dasselbe: Schriftprobe mit Verzierungen. 64. Dasselbe: Bau der S t a d t Augsburg. 65. Dasselbe: Amazonenkampf. 66. Dasselbe: Anbetung d. Göttin Cisa. 67. Dasselbe: Anbetung d. Göttin Cisa. 68. Dasselbe: Belagerung v. Rom. 69. Dasselbe: Sieg d. Feldherrn Marius. Tod. d . deutschen Frauen. 70. Dasselbe: Ennius belagert Augsburg. 71. Dasselbe: Kampf d. Römer gegen d. Augsburger u. ihre Verbündeten. 72. Dasselbe: Predigt d. Hl. Lucius. 73. Dasselbe: Martyrium d. Hl. Afra. 74. Dasselbe: Verbrennung v. 25 Heiligen. 75. Dasselbe: Die Augsburger erwehren sich d. Feinde Kaiser Heinrichs.
224
Abbildungsverzeichnis.
76. Dasselbe: Die E r h e b u n g d . H l . Ulrich. 77. O b e n : Giessen, Univ.-Bibl., N r . 813. S a m m e l h a n d s c h r i f t Georg Millichs: Illustration zu Meister Ingolds Goldnem Spiel: Die a c h t „ V e n d e n . " U n t e n : Dieselbe Darstellung in d. D r u c k d . Goldnen Spiels, Augsburg, G ü n t h e r Zainer, 1472. 78. O b e n : Maihingen, Oetting.-Wallerst. Bibl. cod. I , 3 (deutsch) fol. 6. D r . H a r t l i e b s A l e x a n d e r b u c h : K ö n i g D i n d i n u s schickt einen B o t e n a n Alexander. U n t e n : Dieselbe Darstellung i. d . D r u c k d. Alexanderbuches, Augsburg, J o h a n n B ä m l e r , 1473. 79. O b e n : Alexanders T o d i. derselben H a n d s c h r i f t wie N r . 78. U n t e n : Dasselbe im D r u c k wie N r . 78. 80. O b e n : Donaueschingen, Fürstl. F ü r s t e n b . Bibl., N r . 145. Historie v . d. 7 weisen Meistern. L i n k s : H y p o c r a s entsendet seinen V e t t e r Galienus. R e c h t s : D a s B a d d. H y p o c r a s . U n t e n : Dieselben D a r stellungen i. d. D r u c k d. 7 weisen Meister, Augsburg, A n t o n Sorg, 1480. 81. O b e n : R e t t u n g eines Kindes d u r c h einen H u n d . I n derselben H a n d s c h r i f t wie N r . 80. U n t e n : Dasselbe i. D r u c k wie N r . 80. 82. O b e n : Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 710 (322). Heinrich Seuse: Mystische Kreuzigung. U n t e n : Dasselbe i. Druck Heinrich Seuses, Augsburg, A n t o n Sorg, 1482. 83. O b e n : Mystische Darstellung i. derselben H a n d s c h r i f t wie N r . 82. U n t e n : Dasselbe i. D r u c k wie Nr. 82. 84. Dasselbe. 85. München, Statsbibl., cod. germ. 312. S a m m l u n g v. 10 Losb ü c h e r n : Planetenkinderbild Merkur. 86. Berlin, K u p f e r s t i c h k a b i n e t t , Blockbuch d. 7 P l a n e t e n : P l a n e t e n kinderbild Merkur. 87. München, Staatsbibl., clm. 4394. S a m m e l h a n d s c h r i f t d. Wilhelm v . R a n g : U n t e r h a l t u n g zweier Gelehrter. 88. Augsburg, Stadtbibliothek, 4°, cod. Aug. 1. Meisterlinchronik A2. O b e n : Schreibstube u m d. J a h r 1480. U n t e n : Die Predigt d. H l . Lucius. 69. Dasselbe: M a r t y r i u m d. H l . A f r a . 90. Berlin, K u p f e r s i c h - K a b i n e t t , N r . 1050. Einzelblatt a u s d . Meisterlinchronik V : Reliquienverehrung. 91. Dasselbe, N r . 4073: J a p h e t u . seine Söhne. 92. Dasselbe, N r . 4074: A n b e t u n g d . G ö t t i n Cisa. 93. Dasselbe, N r . 4075: Amazonenschlacht a. freiem Felde. 94. Dasselbe, N r . 4076: Amazonenschlacht a. d. S t a d t m a u e r . 95. Dasselbe, N r . 4078: M ä r t y r e r e n t h a u p t u n g . 96. F r a n k f u r t a. M., S a m m l u n g v. Hirsch. Einzelblatt a. d. Meisterlinchronik V : A n b e t u n g d. Christuskindes. 97. Dasselbe: P r e d i g t d . H l . Lucius. 98. P a r i s , S a m m l u n g Masson. Einzelblatt a u s d. Meisterlinchronik V. O b e n : S t a d t b a u . U n t e n : A u f r u h r i. römischen H e e r .
Abbildangeverzeichnis.
225
99. F r a n k f u r t a. M., Städelsches I n s t i t u t , K u p f e r s t i c h k a b i n e t t . Einzelblatt a u s d. Meisterlichchronik V : Begräbnis d . H l . Ulrich. 100. H a a r l e m , Sammlung Koenigs. Einzelblatt a u s d. Meisterlinchronik V : Die kriegerischen Schwaben. 101. Berlin, K u p f e r s t i c h k a b i n e t t , N r . 1029: Tod des Absalon. 102. Dasselbe, N r . 1059: Christus wird d. Volk gezeigt. 103. Dasselbe, N r . 5565: Aristoteles u n d Phyllis. 104. Göttingen, Sammlung E h l e r s : Verspottung Christi. 105. München, Staatsbibl., clm. 4308. Steffani Parisiensis expositio regulae S. Benedicti: Schlußbild. 106. Dasselbe: Bilderfolge a u s d. L e b e n d. H l . Benedikt. 107. S t u t t g a r t , Landesbibl., cod, theol. fol. 195. J a c o b de Teramos Belial: Gerichtsszene a u s d . Streit Christi gegen Belial. 108. Einsiedeln, Stiftsbibl., cod. 285. Devotionale d. Abtes Ulrich v . St. Gallen: E r s c h a f f u n g E v a s . 109. Dasselbe: Christus u. die Sünderin. 110. Dasselbe. L i n k s : Die F r a u e n a m Grabe. Noli m e tangere. R e c h t s : Die J ü n g e r a m Grabe. Christus in E m m a u s . 111. Zuletzt München, J a c q u e s R o s e n t h a l : Bürgerliches P a a r m . Christus i. d. Wolken. 112. Desgl.: Christus zwischen zwei Engeln. 113. München, Staatsbibl., cod. germ. 436. T h o m a s Lirers Schwabenc h r o n i k : Legende d. H l . Lucius. 114. Dasselbe: Kaiser K u r i o m . seinem Sohn, dem Patriarchen Burgundus. 115. Dasselbe: D e r Schwur auf d. Rechberg. 116. Donaueschingen, Fürstl. F ü r s t . Bibl., N r . 106, Christus u. die m i n n e n d e Seele: T a u f e Christi.
VERGLEICHENDE I L L U S T R A T I O N S T A B E L L E ZU D E N HANDSCHRIFTEN DER MEISTE RLINCHRONIK
Kapitel Vorrede 1,1
Darstellung
St.
Landschaftsbild 4'
a) Dedikationsbild b) Kaiser nnd Kaiserin za Pferde
1,2
Stadtansicht mit Fluß und Brücke, daranf ein Landsknecht
1,3
Stadtansicht mit Landschaft
1,4
Stadtansicht mit Landschaft
1,5
Zerstörung einer Stadt
1,6
Stadtban
1,7
Landschaftsbild
1,8
Schreibstube um d. Jahr 1480
1,9
Arche. Noä
1,10
Japhet und seine Söhne
11,1
Bau der Stadt Augsburg
11,2
| a) Amazonenschlacht auf freiem Felde
II,'5
14' | 18 (Abb. 24)
b) Amazonenkampf an der Stadtmauer 11,4 11,5
Wiederaufbau Augsburgs a) Anbetung der Göttin Cisa auf freiem Platz
21
b) Anbetung der Göttin Cisa in geschlossenem Raum 11,6
Die Göttin Cisa als Ceres
11,7
Die kriegerischen Schwaben
11,8
a) Belagerung von Rom b) Sieg des Feldherrn Marius, der Tod der deutschen Frauen
11,9
Das Heer des Kaisers Julius in Germanien
11,10
Kaiser Oktavian erweitert die Stadt Rom
?6'
A 1
M.
A 2
V.
8'
K. K: 4079
D
A 3
8' 4* (ungezählt!) 12' (Abb. 62) (Abb. 21)
12' 16' 20' 23' 29'
M: f
35' 39' (Abb. 88)
XVII
43' (Abb. 64)
44'
M: a
47'
K. K : 4073 (Abb. 91)
57' 24)
XXI
IUI verso
52' K. K: 4075 (Abb. 93)
51' (Abb. 65) 61'
K. K : 4076 (Abb. 94)
66
M: e
58 (Abb. 66) XXV
59 (Abb. 67)
70
V
8'
VII
13
XI
18'
K. K : 4074 (Abb. 92)
75 79
Haarlem (Abb. 100)
69' (Abb. 68) XXXI
71 (Abb. 69)
85 91' 99'
F: e
«
Darstellung
Kapitel
St.
111,1
Ennitis belagert Augsburg
33
m,2
Kampf der Kömer gegen die Augsburger und ihre Verbündeten
36
111,3
Habinns and Kaggus werden erschlagen
111,5
Die Angsburger unterwerfen sich dem Tiberius und Drusus
in,6
„Wie Tiberius gen Kom zoch" (?)
HI,7
Tiberius auf dem Tron
111,8
Aufruhr im römischen Heer
111,9
Vespasianus in Germanien?
111,10
Eeiter mit bepackten Pferden. (Baubzug der Goten? Beschenkung der Kirche d. Konstantin?)
IV,1
Anbetung des Christuskindes
IV,2
Die Predigt des heiligen Lucius in Augsburg
IV,3
XX
X]
53 (Abb. 25) L
a) Zwei Heilige vor der Stadt b) Märtyrer-Enthauptung
IV,4
a) St. Afra's Einzug in Augsburg b) Martyrium der hl. Afra
IV,5
IV,6
58
I
a) Begräbnis der heiligen Afra b) Verbrennung von 25 Heiligen
L2
a) Martyrium des heiligen Ursus
L
b) Bischofspredigt vor der Stadt Angsburg c) Belagerungsbild IV,7
a) Die Hunnen vor Augsburg, Verbrennung der St. Afrakirche
63
L"
b) Die brennende Stadt c) Die Römer kommen ins Land IV,8
a) Kaiser Karl und Bischof Simprecht, Erneuerusg Augsburgs
L
A 1
M.
A 2
XXXVIII'
84 (Abb. 70)
103'
XLII'
87' (Abb. 71)
111
V
D
A 3 27 (=68)
F: b
XVI (=XI) 31(=18')
115' XLVIHI
126
LH
133 138' 144
M: b
149
M: c
155' 162' 0
LXV
fol 126' (Abb. 72)
F : a (Abb. 96)
168' (Abb. 88) F : d (Abb. 97)
XXVII
56'
XXXII
68 (=27)
LXVIII 174'
K. K: 4078 (Abb. 95)
179' LXXII
Lxxnii' LXXVII
138' (Abb. 73)
184 (Abb. 89)
F: f
191
F: c
141' (Abb. 74) dazu noch Kopie nach St fol. 63 (IV,7) 197
LXXIX'
siehe IV,5b 151 202'
Lxxxn
Darstellung
Kapitel
St.
b) Kämpfe deutscher Fürsten zur Zeit Karls des Großen IV,9
a) Die Ostermesse des hl. Ulrich
67
L:
70'
L3
76
L2
b) der Traum des hl. Ulrich c) Begräbnis des hl. Ulrich IV, 10
Die Schlacht auf dem Lechfeld
IV,11
Bischof Bruno baut die Moritzkirche
IV,12 (=M,V,2)
a) Die kaisertreuen Augsburger erwehren sich der Feinde Kaiser Heinrichs an der Stadtmauer b) „Wie das hailtum zu augspurg gefunden ward": Reliquienverehrung
IV, 13 (=*M,V,3) IV,14
Investiturstreit: Kaiser und Papst tronend
IV, 15
„Wie S. Ulrich erhebt war"
IV, 16
Tronender Kaiser
V, Schiaßbild
LX
Kampf an der Stadtmauer, ähnlich IV, 12 a nebeneinander
Aufbruch auf Flößen im Lech aum Türkenkrieg von 1456
84 (Abb. 25)
A 1
M.
LXXXIIIl
159'
A 2
V.
D.
A 3
XXXVI (=Rückseite d. Titelbl.)
78
XL
85'
208
160' 213 LXXXVIII
162'
217 223'
LXXXXIV
M: d
180' (Abb. 75) 226'
LXXXXVII'
Städel
183'
K. K: 1050 (Abb. 90)
233 245'
197 (Abb. 76)
5)
250 255
LXVI
K. K: 4077
4
,„ V
je »nt^fü/uv f u t amenti'
y
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