Die letzte Generation der griechischen Geschichtsschreiber: Studien zur Historiographie im ausgehenden 6. Jahrhundert 3515130853, 9783515130851

In der Zeit des Kaisers Maurikios (582–602) blühte das Genre der klassischen Geschichtsschreibung ein letztes Mal auf. I

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German Pages 192 [190] Year 2021

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung
a) Kontinuität und Brüche in der Geschichtsschreibung der Kaiserzeit und der Spätantike
b) Erklärungsmodelle zum Ende der antiken Geschichtsschreibung
c) Veränderungen im 6. Jahrhundert: Zur Frage der Angleichung von Profan- und Kirchengeschichtsschreibung
2. Die Nachfolger Prokops: Agathias und Menandros
3. Reden bei Menandros Protektor: Die Rede Justins II bei der Einsetzung des Tiberios Caesar
4. Christentum bei Menandros: Reliquien, antizoroastrische Polemik und Kreuzzugsidee
a) Erwähnung christlicher Institutionen
b) Die Kreuzreliquie von Apameia
c) „Heiliger Krieg“ und „Kreuzzug“
d) Schutz von Städten durch göttlichen Beistand
e) Christliche Tendenzen in der Darstellung diplomatischer Kontroversen
f) Kirche und Christen bei Menandros und in der Profangeschichtsschreibung der Spätantike
5. Menandros und die rivalisierenden Historiker seiner Generation: Theophanes von Byzanz und Johannes von Epiphaneia
6. Die Konkurrenz der Historiker und der Militärpatrone
7. Die Historiographie unter Herakleios: Bemerkungen zu Theophylakt
8. Zusammenfassung
Bibliographie
I. Autoren mit Übersetzungen
II. Sekundärliteratur
Indices
I. Personen, geographische Namen
II. Stellenregister
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Die letzte Generation der griechischen Geschichtsschreiber: Studien zur Historiographie im ausgehenden 6. Jahrhundert
 3515130853, 9783515130851

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Bruno Bleckmann

Die letzte Generation der griechischen Geschichtsschreiber Studien zur Historiographie im ausgehenden 6. Jahrhundert

Franz Steiner Verlag

Historia | Einzelschrift 267

Historia

historia

Zeitschrift für Alte Geschichte | Revue d’histoire ancienne |

Journal of Ancient History | Rivista di storia antica

einzelschriften

Herausgegeben von Kai Brodersen (federführend)

Christelle Fischer-Bovet | Mischa Meier | Sabine Panzram | Henriette van der Blom | Hans van Wees Band 267

Die letzte Generation der griechischen Geschichtsschreiber Studien zur Historiographie im ausgehenden 6. Jahrhundert Bruno Bleckmann

Franz Steiner Verlag

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2021 Layout und Herstellung durch den Verlag Druck: Memminger MedienCentrum, Memmingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-13085-1 (Print) ISBN 978-3-515-13087-5 (E-Book)

Inhaltsverzeichnis Vorwort

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1. Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung a) Kontinuität und Brüche in der Geschichtsschreibung der Kaiserzeit und der Spätantike b) Erklärungsmodelle zum Ende der antiken Geschichtsschreibung c) Veränderungen im 6 Jahrhundert: Zur Frage der Angleichung von Profan- und Kirchengeschichtsschreibung

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2. Die Nachfolger Prokops: Agathias und Menandros

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3. Reden bei Menandros Protektor: Die Rede Justins II. bei der Einsetzung des Tiberios Caesar

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4. Christentum bei Menandros: Reliquien, antizoroastrische Polemik und Kreuzzugsidee a) Erwähnung christlicher Institutionen b) Die Kreuzreliquie von Apameia c) „Heiliger Krieg“ und „Kreuzzug“ d) Schutz von Städten durch göttlichen Beistand e) Christliche Tendenzen in der Darstellung diplomatischer Kontroversen f) Kirche und Christen bei Menandros und in der Profangeschichtsschreibung der Spätantike

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5. Menandros und die rivalisierenden Historiker seiner Generation: Theophanes von Byzanz und Johannes von Epiphaneia

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6. Die Konkurrenz der Historiker und der Militärpatrone

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Inhaltsverzeichnis

7. Die Historiographie unter Herakleios: Bemerkungen zu Theophylakt

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8. Zusammenfassung

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Bibliographie I Autoren mit Übersetzungen II Sekundärliteratur:

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Indices I Personen, geographische Namen II Stellenregister

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Vorwort Für das Projekt einer raschen Überblicksdarstellung zur Geschichte der griechisch-römischen Historiographie von den Anfängen bis zum Übergang in die byzantinische Epoche hatte ich einen Abschnitt über die Geschichte der Historiographie nach Prokop geplant Dieses Kapitel hat sich aufgrund meiner Beschäftigung mit Menandros Protektor, dessen übersetzte Ausgabe ich im Rahmen der „Kleinen und Fragmentarischen Historiker der Spätantike“ gemeinsam mit Markus Stein vorbereite, immer mehr geweitet Einige detailliertere quellenkritische Erwägungen wären weder in einem allgemeinen Überblick zur Entwicklung der Historiographie noch in einer kommentierten Ausgabe am Platz gewesen Sie sind daher hier in eine Monographie eingearbeitet worden, die das Ende der antiken Historiographie unter Berücksichtigung der longue durée dieser kulturellen Praxis beschreibt Mein Dank gilt dem Wissenschaftskolleg der Alfried-Krupp-Stiftung in Greifswald, wo ich 2018/2019 ein produktives Jahr verbringen und mich der Geschichte der Geschichtsschreibung widmen konnte Meinem Düsseldorfer Kollegen Markus Stein bin ich für wertvolle Hinweise in philologicis, insbesondere auch für die Überprüfung vieler Übersetzungen, zum Dank verpflichtet Die Menandros-Protektor-Passagen und die Übersetzungen sind unserer gemeinsamen für die KFHist vorbereiteten Ausgabe bzw Vorstufen dieser Ausgabe entnommen Die Nummerierung der Fragmente erfolgt dort in der Regel nach Müller (FHG IV), gegebenenfalls mit der Angabe der neuen Paragraphenzählung nach Bleckmann – Stein Alternativ dazu werden auch die Nummerierungen nach Blockley wiedergegeben Die Übersetzungen von Theophanes von Byzanz und Johannes von Epiphaneia sind meine für das Projekt angefertigten Arbeitsübersetzungen Passagen aus Theophylakt sind bald neu übersetzt, bald folgen sie der Übersetzung von Schreiner Die jeweiligen griechischen Originalpassagen sind nur sparsam zitiert und die Zitate können die Konsultation der Ausgaben selbst nicht ersetzen Dr Roland Färber und Dr Hansjoachim Andres danke ich dafür, dass sie das Manuskript in den letzten Stadien der Herstellung jeweils einer sorgfältigen Korrektur unterzogen haben, sowie für Sachhinweise Weitere Anregungen verdanke ich dem anonymen Gutachter, der diese Arbeit für die Aufnahme in die Historia-Einzelschriften gelesen hat Mein Dank gilt auch Mischa Meier und Kai Brodersen für die entgegenkommende Aufnahme meines Manuskripts in die Historia-Einzelschriften, sowie dem

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Vorwort

Hilfskräfteteam der Düsseldorfer Alten Geschichte (Sven Littgen, Philipp-Johannes Helf und vor allem Lea Pache) und meiner Sekretärin Anne Friedrich für vielfache Hilfen Einige der Thesen dieses Buches habe ich in Innsbruck, Aachen, Greifswald und Mannheim vorstellen und diskutieren können Düsseldorf – Benrath, April 2021 Bruno Bleckmann

1 Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung a) Kontinuität und Brüche in der Geschichtsschreibung der Kaiserzeit und der Spätantike Es ist keine Selbstverständlichkeit, Vergangenheit als eine Geschichte von Staaten und Gesellschaften zu beschreiben, tatsächliche militärische und politische Entscheidungen und Handlungen in eine nachvollziehbare Abfolge zu stellen und zu erklären und dabei eine gewisse Anschaulichkeit zu erzielen Geschichtsschreibung in diesem Sinne ist im Großen und Ganzen ein Produkt der griechisch-römischen Kultur Herodot und Thukydides haben die Grundlagen gelegt Im Laufe des 4  Jahrhunderts v Chr treten neue Fertigkeiten hinzu, zumindest im Bereich der künstlerischen Gestaltung Diese als Genre verfestigte Geschichtsschreibung bringt dann bis zum Ende des Altertums immer wieder Werke hervor, die das Bild, das man sich von der Antike machen kann, dauerhaft geprägt haben und aus denen zumindest für die Ereignisgeschichte auch ein Großteil der Sachinformationen stammt Von Herodot bis zu Theophylakt (Theophylaktos Simokattes/Simokates) besitzt man eine Kette von griechischen und lateinischen Historikern, die über fast 1200 Jahre antiker Geschichte informieren Die Genese dieses Genres ist dabei insofern relativ klar, als sie mit der Entscheidung des pater historiae Herodot zusammenhängt, die Geschichte der Perserkriege in einem groß dimensionierten Werk festzuhalten und mit dieser Schöpfung späteren Generationen ein Muster vorzugeben Dagegen scheint die Frage, wann die Geschichte der antiken Geschichtsschreibung endet, wesentlich diffuser und wird zumindest in der althistorischen Forschung zur Geschichte der Geschichtsschreibung wenig diskutiert Indem nämlich die letzten Jahrhunderte der antiken Geschichtsschreibung der Byzantinistik zugerechnet werden, werden sie in Gesamtdarstellungen ganz ausgeklammert oder allenfalls als Ausklang behandelt Althistorische Forschungen, die diese späte Geschichtsschreibung unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität zu vorangehenden Epochen der Geschichtsschreibung untersuchten, sind eher rar Neben diesen Gründen der Forschungsorganisation, die sich vermutlich immer mehr als obsolet erweisen werden, je weiter das Konzept der Long Late Antiquity vordringt, gibt es aber auch un-

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Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung

überwindbare und objektive Schwierigkeiten Große Lücken und der Umstand, dass aufgrund der Überlieferungssituation die antike Geschichtsschreibung ein „Trümmerfeld“ ist1, erschweren im Allgemeinen sichere Aussagen über deren Weg Das gilt im Besonderen gerade auch für die letzten Jahrzehnte des Genres Allerdings ist die historiographische Situation der nachjustinianischen Zeit durch eine insgesamt günstige Überlieferungslage wesentlich besser beleuchtet als etwa die Phase zwischen Priskos und Prokop In den folgenden Ausführungen soll aus althistorischer Perspektive und unter Berücksichtigung von Phänomenen, die aus vorangehenden Epochen der Geschichtsschreibung bekannt sind, die nachjustinianische Geschichtsschreibung in einigen Aspekten dargestellt und die Frage untersucht werden, warum und unter welchen Umständen das Genre am Übergang von der Antike zum Mittelalter sein Ende fand Bevor die Frage nach dem Ende der antiken Historiographie untersucht wird, muss die in dieser Frage implizierte Voraussetzung kritisch geprüft werden, die Annahme, dass es eine Kontinuität historiographischer Praxis von Herodot an gab, die am Ende der Antike zum Erliegen kam Verbreitet ist auch die gegenteilige Vorstellung, dass im Verlauf der literaturgeschichtlichen Entwicklung immer wieder Stillstand und längere Pausen in der Historiographie begegnen Wenn es tatsächlich solche Unterbrechungen gegeben hat, mag man sich fragen, ob es sinnvoll ist, vom Ende der antiken Geschichtsschreibung für die ausgehende Spätantike zu sprechen Vielmehr könnte es sich nur um eine weitere, bis zur Geschichtsschreibung der mittelbyzantinischen Zeit andauernde Pause handeln Am hartnäckigsten ist diese These von der Lückenhaftigkeit der historiographischen Tätigkeit für die lateinische Historiographie der Kaiserzeit verfochten worden Aus der Tatsache, dass aus der lateinischen historiographischen Tätigkeit des vierten Jahrhunderts mit Ausnahme des Ammianus Marcellinus keine Vertreter von Großformen, sondern nur noch historische Kurzabrisse erhalten geblieben sind, wird auf einen „radikale(n) Traditionsbruch“ in der lateinischen Spätantike geschlossen2 Ein weiteres Argument besteht darin, dass das Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus an Tacitus anknüpfte und mit Nerva einsetzte, weil Ammianus keine historiographische Behandlung des Stoffes bei Autoren aus der späteren Zeit fand3 Solche 1 2

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S die bekannte Studie von Strasburger 1977/1990 Hose 1998 zum Gegensatz zwischen der Entwicklung in der lateinischen und griechischen Historiographie der Spätantike: „Es scheint hierbei kein radikaler Traditionsbruch vorzuliegen, wie er die lateinische Spätantike auszeichnet Es fehlen in der griechischen Literatur ‚Kurzfassungen‘ wie Eutrop, Festus etc Das griechische Bildungswesen blieb also im 3 Jhdt im wesentlichen intakt “ Breviarien als Ausweis einer Beendigung der eigentlichen historiographischen Tätigkeit im späten Rom Hofmann 2018, 85 f Hinzuweisen ist, dass das Motiv, Geschichte durch Kurzfassungen besser zu vermitteln, durchaus auch schon für frühere Zeiten gut dokumentiert ist, s zu Varro, Atticus und Cornelius Nepos Marincola 1997, 28 Eine Variante bietet Matthews 1989, 456 und 467: Das Modell des Tacitus ist für Ammianus Marcellinus nicht wirklich prägend, er entscheidet sich aufgrund der Unabhängigkeit seines Denkens für das Genre der historiographischen Form, das in Rom seit fast dreihundert Jahren obsolet war

Kontinuität und Brüche in der Geschichtsschreibung der Kaiserzeit und der Spätantike

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Schlüsse sind nur dann überzeugend, wenn man davon ausgeht, dass die völlig zufällige und höchst dürftige Auswahl der vorhandenen Historiker ein zutreffendes Bild von der ursprünglichen Situation bietet, und wenn man darauf verzichtet, einen Sinn dafür zu gewinnen, wie man das Vorhandene in ein passendes Verhältnis zum Verlorenen bringen kann Es bedarf keiner großen Phantasie, um sich vorstellen zu können, dass Ammianus Marcellinus kein „einsamer“ Historiker war4, sondern dass ein groß dimensioniertes Werk wie seine res gestae nur in einem Umfeld entstehen konnte, in dem historiographische Tätigkeit als Beschäftigung verbreitet war Dass von dieser Produktion sonst nur die dürftigsten Spuren vorhanden sind und vollständig dann nur der in seiner Zeit keineswegs prominente und nur noch in einer einzigen anderen antiken Quelle zitierte Ammianus Marcellinus erhalten geblieben ist, verdankt sich ausschließlich dem Zufall, dass der Text in karolingischer Zeit abgeschrieben und dann in der Renaissance wiederentdeckt worden ist5 Immerhin sind für die beiden Generationen nach Ammianus Marcellinus zwei offenkundig ausführliche Profanhistoriker bekannt, nämlich Sulpicius Alexander und Renatus Profuturus Frigeridus6 Weil beide Autoren die Franken behandelt haben, hat man es mit dem Glücksfall zu tun, dass sie von Gregor von Tours ein wenig wahllos, aber offenkundig in wörtlich belassenen Auszügen zitiert worden sind7 Dieser Befund, der eine Fortdauer der Existenz umfangreicherer lateinischer Historiographie im 5  Jahrhundert belegt, deckt sich mit dem, was Sidonius Apollinaris über das Milieu der gallischen Aristokratie offenlegt In Ep  4,22 reagiert Sidonius auf die Aufforderung eines Leo, eines Höflings Eurichs, ein Geschichtswerk (zum höheren Ruhm Eurichs) zu verfassen und hält seinen Briefpartner für geeigneter, ein solches zu schreiben, da er näher an den unmittelbaren Informationen sei8 Deutlich ist hier, dass das Verfassen von umfangreichen zeitgenössischen 4 5

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Momigliano 1974/1980 Die Ammianüberlieferung hängt an einer Handschrift Zum Codex Fuldensis (=Vaticanus Latinus 1873) und dem verlorenen Codex Hersfeldensis, den Gelenius benutzt hat und von dem sechs Blätter erhalten geblieben sind, vgl Rosen 1982, 8 f Der Fuldensis ist vermutlich vom verlorenen Hersfeldensis abhängig Eine angeblich dritte bis in die Renaissance erhaltene Ammianhandschrift soll es nach den Argumenten von Cameron 2016, 177–187 gegeben haben Übersehen ist die Existenz dieser Historiker bei Liebeschuetz 2003, 216 f S auch Treadgold 2007, 79: „Though after Ammianus no one wrote a classical history in Latin again (…)“ O Seeck, Art Sulpicius Alexander (Alexandros 75), RE I, 1894, 1446 sieht in Sulpicius Alexander, von dem Stücke eines Berichts über die 390er Jahre bekannt sind (s Hansen 1992), einen möglichen Fortsetzer des (mit dem Jahr 378 schließenden) Ammianus Marcellinus Diese oft wiederholte These wird von Van Hoof – Van Nuffelen 2020, 81–98 jetzt in Frage gestellt Frigeridus hat noch die Karriere des Aetius sowie vermutlich das Ende des Heermeisters und Valentinians III dargestellt Sein Geschichtswerk ist damit in den 460er Jahren entstanden Sidon ep  4,22,3: Cotidie namque per potentissimi consilia regis totius sollicitus orbis pariter (eius) negotia et iura, foedera et bella, loca spatia merita cognoscis, unde quis iustius sese ad ista succinxerit, quam ille quem constat gentium motus legationum varietates, facta ducum pacta regnantium, tota denique publicarum rerum secreta didicisse, quique praestanti positus in culmine non necesse habet vel supprimere verum vel concinnare mendacium? („Erfährst Du doch Tag für Tag in den Ratsversammlungen des mächtigsten Herrschers aufs genaueste zugleich von Staatsgeschäften und Gesetzen im ganzen

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Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung

Geschichtswerken durchaus noch eine übliche Praxis darstellt Aus den Ausführungen des Sidonius zu seinem Bildungsgang geht immerhin hervor, dass die Beschäftigung mit der Geschichtsschreibung Teil des Unterrichts war9 Die Annahme, dass diese drei größer dimensionierten Historiker des ausgehenden vierten und beginnenden fünften Jahrhunderts  – Ammianus Marcellinus, Sulpicius Alexander, Frigeridus – von denen man weiß, dann auch überhaupt die einzigen Historiker gewesen sein sollen, die in dieser Zeit ein Geschichtswerk verfassten, ist, wenn man es recht bedenkt, kaum besonders realistisch Vielmehr sind diese Autoren nur die letzten und zufällig erhaltenen Zeugen einer Praxis, die verbreiteter war, als landläufig angenommen wird Ohne Zweifel wurden die Voraussetzungen, Geschichte zu schreiben, im lateinischen Westen angesichts der schwindenden ökonomischen Basis des großzügigen senatorischen Lebensstils zwar immer schwieriger, auch wenn an dramatischen und berichtenswerten Ereignissen und Stoff für große Historiographie kein Mangel herrschte Trotz der schwindenden ökonomischen Basis wurden aber zumindest in Italien, des Weiteren in Konstantinopel – das durchaus auch ein Zentrum lateinischer Kultur war – nicht nur Chroniken dürftigster Art, sondern bis ins sechste Jahrhundert hinein weiter lateinische Geschichte geschrieben, und zwar auch in größer angelegten Formaten Das letzte, wieder nur ganz zufällig erhaltene Beispiel senatorischer Geschichtsschreibung, das man kennt, ist die römische Geschichte des Memmius Symmachus10 Auch an den neuen Königshöfen der sich im Westen etablierenden Barbarengruppen war man an historiographischen Darstellungen nicht uninteressiert11, wie nicht

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Reich, von Bündnissen und Kriegen, von Orten, Entfernungen und ähnlichen wichtigen Dingen Wer sollte also für diese Aufgabe besser gerüstet sein als ein Mann, der bekanntermaßen über unruhige Völker und unterschiedliche Gesandtschaften, über Großtaten der Heerführer und Bündnisse der Herrschenden, kurz über alle Geheimnisse der Politik unterrichtet und an hervorragender Stelle positioniert ist und es deshalb nicht nötig hat, entweder die Wahrheit zu unterdrücken oder Lügen zu erfinden?“ Übersetzung Köhler) In Sidon ep   4,1,2 geht es um die Bereiche der aristokratischen Schulbildung, unter denen die Geschichtsschreibung figuriert: quis enim iuvenum nesciat seniorumque (…) si quid heroicus arduum, comicus lepidum, lyricus cantilenosum, orator declamatorium, historicus verum, satiricus figuratum, grammaticus regulare, panegyrista plausibile, sophista serium, epigrammatista lascivum, commentator lucidum, iurisconsultus obscurum, multifariam condiderunt, id te omnifariam singulis (…) tradidisse? („Wer von den jungen Männern und wer von den Älteren wüßte nämlich nicht, dass […] Du alles, was ein Epiker Erhabenes geschrieben hat, ein Komödiendichter Lustiges, ein Lyriker Gesangliches, was ein Rhetor an Deklamationen, ein Historiker an Wahrem, ein Satiriker Verhülltes, ein Grammatiker Regelrechtes, ein Panegyriker Beifälliges, ein Sophist Ernsthaftes, ein Epigrammdichter Mutwilliges, ein Kommentator Luzides, ein Jurist Obskures geschrieben hat, dass Du diese ganze Vielfalt jedem Einzelnen […] in allen verschiedenen Aspekten beigebracht hast “ Übersetzung Köhler) Vgl hierzu Styka 2008 Der Vater des Consentius, des cura palatii des Kaisers Avitus, verfügte im Rahmen einer breiten Bildung auch über historiographische Expertise: Sidon Carm  23,131–135 Baldini 2007; Van Hoof – Van Nuffelen 2020, 146–165 Goffart 1988; Croke 2003

Kontinuität und Brüche in der Geschichtsschreibung der Kaiserzeit und der Spätantike

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nur Gregor von Tours12, sondern auch der bereits erwähnte Fall des Projekts für Eurich zeigt13 Ein besonderes Interesse an der Konstruktion gotischer Geschichte und Zeitgeschichte prägte den Hof Theoderichs14 Ein Interesse an Geschichtsschreibung zeichnete selbst einige höfische Zentren der im Allgemeinen als kulturfeindlich angesehenen Langobarden aus15 Am Hof des Langobardenherrschers Agilulf wirkte der Kleriker Secundus von Trient, der 603 den Sohn des Agilulf, Adoald, taufte16 Sein bescheiden als historiola betiteltes Geschichtswerk war wohl keineswegs ein dürftiger Abriss, sondern stellte eine relativ ausführliche Zeitgeschichte dar, die in einigen Resten bei Paulus Diaconus erhalten geblieben ist17 Sie war insbesondere auch durch deutliche Parteinahmen und Versuche, die jüngste Vergangenheit zu bewältigen, geprägt, entsprach also gerade darin den Mustern der antiken Zeitgeschichtsschreibung18 Völlig verschwunden ist – bis auf Sonderfälle wie Liberatus oder Victor von Vita – die Geschichtsschreibung in Afrika, wobei anzumerken ist, dass es an diesbezüglichen Zeugnissen auch für die Hohe Kaiserzeit fehlt Die Voraussetzungen für die Produktion historiographischer Werke waren aber auch in der Zeit nach den Vandalen noch vorhanden Mit der sehr realitätsnahen Darstellung der Heldentaten des Johannes durch Flavius Cresconius Gorippus ist immerhin ein Beispiel einer zwischen Historiographie und Epik angesiedelten Form der Zeitgeschichtsschreibung erhalten, die nur wegen des Verschwindens der übrigen Zeugen als Unikat erscheint, so selten aber vielleicht gar nicht war19 Auch für die griechische Historiographie der Kaiserzeit gilt in evidenter Weise, dass das Verhältnis zwischen dem ursprünglichen Umfang der Zeitgeschichtsschreibung und dem, was sich erhalten hat, kaum abschätzbar ist, dass aber auf jeden Fall auch hier die Annahme größerer Pausen hinterfragt werden kann Von einer in der Geschich12 13

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Goffart 1988, 112–134 Das Werk verbindet Kirchengeschichte, Heiligengeschichte und Zeitgeschichte Gregor ist Zeitgenosse der nachjustinianischen griechischen Geschichtsschreibung Zu erwähnen ist ferner die am spanischen Westgotenhof verfasste Geschichte (libri regnorum diversarum gentium) des Roterius (7 Jahrhundert) Was von dessen Werk inhaltlich bekannt ist, könnte sich allerdings auch dadurch erklären, dass er lediglich ältere Chroniken zur Geschichte des fünften Jahrhunderts kompilierte Zu Roterius s Van Hoof – Van Nuffelen 2020, 226–231 Zur Gotengeschichte des Cassiodorus und des Ablabius Wiemer 2018, 74 S jetzt Van Hoof – Van Nuffelen 2020, 137–145; 194–225 Zu den Resten literarischer Kultur in Italien Everett 2003 Die Königin Theodelinde war in besonderem Maß an der Pflege langobardischer Geschichte interessiert, vgl Balzaretti 1999; Pohl 2005, 565 Vgl Paul Diac  4,27 Als knappe Chronik aufgefasst bei Jacobi 1877; Gardiner 1983 Die negativen Züge im Authari-Porträt des Paulus Diaconus stammen, wie Garstad 2016 plausibel aufzeigt, nicht aus einer mündlichen Tradition der Langobarden, sondern sind Produkte einer Historiographie, die einige Züge der negativen Alexanderdarstellung aufgreift Neue Diskussion zum Profil des Secundus von Trient und des Titels historiola jetzt allerdings bei Van Hoof – Van Nuffelen 2020, 232–245 Richtig Riedlberger 2013, 77: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass die auf uns gekommenen Bruchstücke der lateinischen Literatur einen vollständigen Eindruck ihrer Genre-Breite bieten Insofern bin ich überzeugt, dass die Johannis nicht so singulär ist, wie vielfach angenommen wird “

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Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung

te der Geschichtsschreibung ganz singulären Pause wird zunächst oft für die Zeit der Antonine ausgegangen, in der eine besondere Ausnahmesituation, nämlich der durch diese Kaiser herbeigeführte Friedenszustand, gleichsam das „Ende der Geschichte“ im Sinne von F Fukuyama, auch für die vorübergehende Einstellung der militärisch-politischen Geschichtsschreibung gesorgt habe Erst durch den Feldzug des Lucius Verus und damit dem Umstand, dass zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert ein Kaiser in eigener Person einen Feldzug führte, sei es zu einer Wiederbelebung der Geschichtsschreibung gekommen20 Das Bild eines völligen außenpolitischen Ruhezustands unter Hadrian und Antoninus Pius ist freilich jüngst einer grundsätzlichen Kritik unterzogen worden21 Hinzuweisen ist ferner darauf, dass in dieser Zeit zumindest die historiographische Aufbereitung der Epoche Trajans stattfand, etwa durch die Abfassung der 17 Bücher der Parthergeschichte des Arrian, und dass es auch Ansätze zu einer distanzierten Beurteilung Hadrians gab, der in Senatskreisen in den ersten Jahren des Antoninus Pius ausgesprochen kritisch bewertet wurde Gerade wegen der von Traian bis Mark Aurel reichenden dynastischen Kontinuität, in der gleichzeitig nach jeder Kaiserregierung Umbewertungen möglich waren, bestanden im Grunde alle Voraussetzungen dafür, dass sich in dieser Epoche der ökonomischen Prosperität eine konsistente und differenziertere Zeitgeschichtsschreibung entwickeln konnte – und zwar neben der ohnehin belegten Beschäftigung mit entfernteren historischen Epochen und lokalgeschichtlichen Darstellungen Das vermeintliche Fehlen einer antoninischen Zeitgeschichtsschreibung ist dementsprechend vielleicht ausschließlich dem Umstand zu verdanken, dass ein Autor, der – in gleicher Weise wie Tacitus die flavische Geschichtsschreibung – nun die antoninische konserviert hätte, nicht überliefert ist, während der Umstand, dass Lukians Kritik der Historiker des Partherfeldzugs erhalten geblieben ist, dafür gesorgt hat, dass man den Eindruck einer Explosion der Historiographie nach 161 und eines scharfen Kontrastes zur vorangehenden Zeit erhält22 Jedenfalls ist kein wirklicher Grund zu erkennen, der ein Verschwinden historiographischer Produktion in der Epoche des Antoninus Pius zwingend beweist

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Zur Lücke unter den Antoninen s Kemezis 2010; Free 2015, 19 Zimmermann 1999, 49 geht davon aus, dass Cassius Dio eine Situation vorgefunden habe, in der die Zeitgeschichtsschreibung über mehrere Generationen abgerissen gewesen sei Als Grund wird festgehalten, dass die echte Geschichtsschreibung im Sinne des Tacitus durch die Panegyrik verdrängt wird: „Die zunehmende Verbreitung von Panegyrik und Enkomia und die Beherrschung der Öffentlichkeit durch diese Gattung hatten seit der Zeit Hadrians Zeitgeschichtsschreibung unmöglich gemacht “ Was Cassius Dio wirklich über Antoninus Pius berichtet hat, wissen wir allerdings nicht Aus Xiphilinos (Cass Dio 70,1,1) geht lediglich hervor, dass in den Dio-Handschriften seiner Zeit der Bericht über Antoninus Pius fehlte Korrekturen des Bildes vom Frieden bei Michels 2018, 210–223 Zu den Historikern vgl FGrHist 203–210 Zur Diskussion um den fiktiven oder nicht-fiktiven Charakter von Historikern wie Crepereius; Kallimorphos; Antiochianos oder Demetrios von Sagalassos s Jones 1986, 63–65; 161–166; Free 2015, 182–185 Die Namen mögen erfunden sein, der Umfang der historiographischen Tätigkeit ist es nicht, vgl Free 2015, 188 f

Kontinuität und Brüche in der Geschichtsschreibung der Kaiserzeit und der Spätantike

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Das gilt nicht nur für die angebliche Ereignislosigkeit in dieser Epoche Es gilt auch für den zutreffend festgestellten Trend zur Panegyrik und zum Enkomion, den es seit Caesar und Augustus gab und der als ein Gegensatz zur echten Geschichtsschreibung oder sogar als Hinderungsgrund für das Verfassen echter Zeitgeschichte empfunden worden ist Dieser Trend hat nämlich zunächst immerhin die Neigung zur Anfertigung historiographischer Produkte verstärkt, die, wie etwa das Beispiel des Velleius Paterculus zeigt, trotz der adulatorischen Tendenz immerhin eine Reihe von Informationen transportieren, die man sonst nicht hätte Diese panegyrischen Produkte bildeten die erste Phase der Formung historischer Tradition, der nach Dynastiewechseln dann ein zweiter Niederschlag, nämlich die Invektive und die harsche Kritik folgte Vermeintlich abwägende und kritische Zeitgeschichte im Geiste des Tacitus oder des Ammianus Marcellinus konnte dann nur aus einer ausreichenden zeitlichen Distanz geschaffen werden, in nicht unerheblichem Maße in Auseinandersetzung mit dem Material, das die tendenziösen befürwortenden und ablehnenden Zeitgenossen boten Die objektive Betrachtung und Bewertung durch den unmittelbaren Zeitzeugen, der im Sinne der von Lukian postulierten Normen in überparteilicher Weise seine Reflexion in die Geschichte einfließen lässt, stellt demgegenüber eine extreme, vermutlich nie wirklich realisierte Ausnahme dar, und man wird für die Kaiserzeit vergeblich auf der Suche nach Beispielen von Historikern sein, die dem thukydideischen Standard entsprechen23 Diese für die Kaiserzeit zu konstatierenden Bedingungen unterscheiden sich freilich kaum von denen in den meisten Epochen der Historiographiegeschichte, etwa von denen im Hellenismus Eine relative Unabhängigkeit des Beurteilungsstandpunkts ergab sich dort für Historiker meist nur aufgrund von besonderen Situationen, wenn sie z B an einem Ort im Windschatten der Auseinandersetzungen der hellenistischen Monarchien, also etwa in Athen oder in Rhodos, schrieben oder auch durch die Möglichkeit des wiederholten Parteiwechsels (wie im Falle des Hieronymos von Kardia) ihre Urteile modifizieren konnten Eine weitere Lücke (profaner) historiographischer Tätigkeit ist dann für das 4  Jahrhundert konstatiert worden, nämlich aufgrund der Tatsache, dass Eunapios im beginnenden fünften Jahrhundert an Dexippos und dessen mit der Regierung des Claudius Gothicus endende Chronik anknüpfte24 In Wirklichkeit ist gerade für diesen Zeitraum eine große Dichte einschlägiger Produktion bezeugt, insbesondere was die Beschreibungen der Herrschaft Julians betrifft Legt man die von Lukian beschworenen thukydideischen Standards an, hatten viele dieser Werke zweifelsohne nicht den Rang

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Hierzu viele richtige Überlegungen bei Free 2015, z B  81 f Das Ideal des thukydideischen Historikers ist von Lukian der Realität einer panegyrischen Historiographie gegenübergestellt worden, ist aber ein Konstrukt aus normativen Vorstellungen, die den Historiker dem freien zur παρρησία fähigen Philosophen annähern Vgl Luc Hist Cons  41; 44; 61 Vgl Treadgold 2007, 47 Nur einige Autoren bilden angeblich eine Ausnahme „to this absence of secular Greek historians“

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Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung

von Geschichtswerken Vielmehr bewegten sie sich zwischen Geschichtsschreibung und Panegyrik Gleichwohl stellte die Fülle der unmittelbar nach dem Feldzug Julians entstandenen Berichte dann das Material zur Verfügung, das mit dem zunehmenden zeitlichen Abstand und der zunehmenden Idealisierung des ephemeren Herrschers für die Konstruktion größerer, freilich nicht wirklich wahrer Geschichtsdarstellungen wie derjenigen des Ammianus Marcellinus benutzt werden konnte Für die folgenden Jahrhunderte, nämlich das 5 und insbesondere das 6  Jahrhundert, besteht durch die sich anschließende Epoche der byzantinischen Überlieferungsgeschichte eine besondere Situation Bekannt ist hier nämlich durch die relative Gunst der Überlieferung eine Reihe von Autoren der Spätantike, die von Photios, in den Konstantinischen Exzerpten, in der Suda oder auch in der Historikerliste des Euagrios (5,24) erwähnt werden Trotz der relativen Fülle der Zeugnisse hat man es freilich nur mit einem Ausschnitt zu tun, der sich dem Zufall verdankt Photios etwa hat einerseits nur die Autoren benutzen können, die ihm gerade in der kaiserlichen Bibliothek des 9  Jahrhunderts vorlagen, andererseits scheint er selbst aus diesen Autoren nur die ausgewählt zu haben, die ihn – aus welchen Gründen auch immer – interessierten, etwa wegen besonderer exotischer Details, wegen der Verbindungen zur Geschichte der ökumenischen Konzilien, die für ihn eine Geschichte der permanenten theologischen Vervollkommnung ist, oder auch wegen stilistischer Vorzüge25 Für die Geschichte des ausgehenden 6 Jahrhunderts hat er wegen dieser Besonderheiten seines Interesses beispielsweise Theophylakt berücksichtigt, dessen Stil er auffälligerweise (und im Unterschied zur Philologie des wilhelminischen Zeitalters) lobt, oder auch den sonst ganz verlorenen Theophanes von Byzanz, bei dem ihn die Anekdote zum Einschmuggeln der Seidenraupen fesselte26 Dagegen hat er andere Autoren, etwa den stilistisch unauffälligen Menandros Protektor, der in seiner Zeit noch vollständig erhalten war, oder auch Johannes von Epiphaneia, ignoriert Menandros ist nur dadurch bekannt, dass die beiden Gesandtschafts-Rubriken der konstantinischen Exzerpte und die Rubrik De sententiis Stücke aus diesem Autor enthalten Er hat sonst nur wenige Spuren hinterlassen, auch wenn Theophylakt ihn immerhin an einer Stelle nennt und dabei als „berühmt“ hervorhebt27 Das Beispiel der Historiker der Spätzeit belegt damit erneut die Selbstverständlichkeit, dass für die griechische Historiographie das Erhaltene in keiner Weise ein korrektes Bild vom Umfang der historiographischen Tätigkeit vermitteln kann Daher sind Aussagen über die Entwicklungsgeschichte der späten Historiographie und über angebliche Pausen der historiographischen Tätigkeit sehr schwierig zu treffen Insbesondere kann die gerade erwähnte Historikerliste des Euagrios kaum dazu benutzt werden, um nachzuweisen, was im 6 Jahrhundert an historiographischen Tra25 26 27

Vgl Bleckmann 2015 b, 228–237 Zu Photios s jetzt Losacco 2017 Phot bibl cod  64 Theophyl  1,3,5

Kontinuität und Brüche in der Geschichtsschreibung der Kaiserzeit und der Spätantike

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ditionen noch vorlag28, geschweige denn, dass dieser Abriss in irgendeiner Weise ein realistisches Bild des Wegs der Historiographie bieten würde Eine nähere und kritische Betrachtung verdient der Abriss vor allem als Beleg dafür, dass sich die Historiker der nachjustinianischen Zeit in Kontinuität zum großen Strom der Geschichtsschreibung wähnten: Im Zusammenhang mit der Darstellung der Kaiserproklamation des Maurikios im Jahre 582 fühlt sich Euagrios veranlasst, auf die Chronologie der letzten Kaiserregierungen einzugehen, und holt im Zusammenhang mit der chronologischen Fixierung dieses Datums zu seiner Skizze über Historiographie von den Anfängen bis in die Gegenwart aus (5,24), die er möglicherweise teilweise bereits in seiner Quelle Eustathios vorfand Hierbei kommt es ihm darauf an, darzustellen, dass es für den kirchlichen und für den profanen Bereich eine lückenlose Dokumentation gibt Die Möglichkeit, sich im historischen Kontinuum zu orientieren, wird dabei seiner Ansicht nach dadurch geschaffen, dass es eine Folge von Historikern gibt, von denen der eine an den anderen anknüpft Aus der Beobachtung, dass viele antike Historiker sich als Fortsetzer eines oder mehrerer Vorgänger verstanden, entwickelt Euagrios also eine Vorstellung von einer Geschichte, in der aufeinander folgende Zeiträume jeweils durch aufeinander folgende Autoren behandelt werden Dabei unterscheidet er eine Kette von Kirchen- und eine von Profanhistorikern Die Kirchengeschichte beginnt mit Eusebios von Kaisareia, dessen Erzählung bis Konstantin reicht Diese Erzählung wird anschließend gemeinsam von Theodoret, Sozomenos und Sokrates bis zu Theodosius II fortgeführt, woran dann die eigene Geschichte des Euagrios anknüpft Für die „alte Geschichte“ und die „Geschichte außerhalb der Kirchengeschichte“, also die Profangeschichte, unterscheidet Euagrios genauer die jüdische Geschichte, die von Moses und Josephus Flavius repräsentiert wird, von der griechisch-persischen und anschließend der römischen Geschichte Wie unvollständig dabei das Bild dieser historia perpetua für die griechische Seite ist, geht daraus hervor, dass als Autoren nur Charax, Ephoros, Theopomp und pauschal „zahlreiche andere“ genannt werden Kaum vollständiger erscheint die Liste des Euagrios für die römische Geschichte Diese Reihe setzt, indem die ältesten, auf griechisch schreibenden Annalisten ignoriert werden, mit Dionysios von Halikarnass ein, der für die Geschichte Roms von den Anfängen bis zu Pyrrhus als Autorität angeführt wird Sie geht dann mit Polybios weiter und wird (unter Überspringen zahlreicher einschlägiger Autoren von Poseidonios bis Timagenes) mit Appian fortgeführt Die anschließenden Ereignisse werden, wie Euagrios dann in seiner Liste ausführt, bis Caesar von Diodor, von Caesar bis zu Elagabal dann von Cassius Dio dargestellt Ihm folgt dann, so Euagrios, für die Zeit von Elagabal bis zum Tode des Maximinus Thrax Herodian Der Umstand, dass Cassius Dio und Herodian schon für eine vorangehende Zeitspanne bereits einen ausführlichen Bericht liefern (Cassius Dio ab dem Beginn der römischen

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Hohe Einschätzung der Darstellung des Euagrios bei Callu 1994/2006, besonders 307–309; Hose 1998

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Geschichte, Herodian ab 180 n Chr), wird von Euagrios nicht zur Sprache gebracht Für die folgenden Autoren benennt er dagegen Anfangs- und Endpunkt der Darstellung: Nikostratos von Trapezunt bietet den Überblick über die Ereignisse von Philippus Arabs (244) bis zur Gefangennahme Valerians (260), Dexippos eine Darstellung der Ereignisse von den Anfängen bis zu Claudius Gothicus (268–270), einschließlich der großen Barbareninvasionen seit Philippus Arabs29 Ausgesprochen unscharf definiert ist der vom Profanhistoriker Eusebios angeblich erfasste Zeitraum, nämlich „von (Octavianus) Augustus, Trajan und Mark Aurel bis zum Tode des Carus“30 Nicht in das Schema der aufeinander folgenden Autoren passen die anschließend angeführten Historiker Arrian und Asinius Quadratus, mit ihrer jeweiligen Darstellung der Partherkriege des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts31 Anschließend wird Zosimos genannt, der für die auf Carus folgende Zeit bis zur Herrschaft des Honorius und Arcadius, also für die Zeit von 283 bis 408, als Hauptgewährsmann angeführt wird Ihm wiederum folgen in der Darstellung des Euagrios dann Priskos und „andere“32 Weitere detaillierte Zeithistoriker sind als Fortsetzer des Eustathios berücksichtigt, welche die Zeit nach der Regierung des Anastasios (491–518) behandeln Sukzessiv sind genannt für die Zeit bis Justinian (527–565) Prokop, für die darauf folgende Zeit bis zur Flucht des Chosrau II in das römische Reich (590/591) Agathias, dessen Geschichtswerk in Wirklichkeit nur wenige Jahre der Regierung Justinians behandelt, und der Historiker Johannes von Epiphaneia, der wohl nicht wegen seiner Prominenz erwähnt wird, sondern deshalb, weil er Landsmann und Verwandter des Euagrios war33 Die Vorstellung der kurzen Historiographiegeschichte des Euagrios dürfte deutlich machen, dass hier nur einige Autoren in exemplarischer Art und Weise zitiert werden 29 30 31 32 33

Beim Hinweis des Eusebios auf die Einfälle der Karpen (ab Philippus Arabs) und sonstiger Barbaren in Griechenland, Thrakien und Jonien handelt es sich um Gegenstände, die Dexippos in den Skythika breiter behandelt hat Gründliche Behandlung aller Probleme zu Dexippos bei Mecella 2013 Vgl dazu Zecchini 1999/2008, 63 f ; Janiszewski 2006, 73; Bleckmann – Groß 2016, 111 und 127 Diskussion des Problems, auf welches Geschichtswerk des Asinius Quadratus (Parthika oder Chilieteris) die Passage des Euagrios zu beziehen ist, in meinem Kommentar bei Bleckmann – Groß 2016, 33 f Unklar ist, ob diese anderen parallel zu Priskos oder als Nachfolger des Priskos schreiben Gemeint sind vielleicht Malchos und Kandidos Dabei erweckt die Formulierung des Euagrios (5,24 p  219,18–22 und 25–26 Bidez – Parmentier) den Eindruck, Agathias und Johannes von Epiphaneia würden den gleichen Zeitraum bearbeiten und deren Erzählung sei zur Zeit des Euagrios noch nicht publiziert: „Was an diese (die Ereignisse der Regierung Justinians) anschließt, wurde zusammenhängend von Agathias, dem Rhetor, und von Iohannes, meinem Mitbürger und Verwandten, berichtet, bis zur Flucht Chosraus des Jüngeren und seiner Wiedereinsetzung in die Königsherrschaft (…), auch wenn sie es noch nicht herausgegeben haben “ Man könnte meinen, dass dies nur auf Johannes von Epiphaneia zutrifft, der wiederum den 557 bzw  559 endenden Agathias fortsetzt Aber auch Agathias wird hier als noch unveröffentlicht betrachtet Euagrios betont tatsächlich auch an anderer Stelle (4,24 p  171,21–22 Bidez – Parmentier), dass ihn das (bald nach dem Tode Chosraus I , also nach 579, fertiggestellte) Geschichtswerk des Agathias noch nicht erreicht hatte Gegen den Versuch von Jeep 1884, 117 den Text von p  219,25–26 zu korrigieren, daher Allen 1981, 241 mit Anm  161

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und dass dieser Parcours weder für die Zeit vor Dexippos noch für diejenige danach mit der Zahl ursprünglich tatsächlich vorhandener Historiker irgendetwas zu tun hat Eine große Lücke zwischen Dexippos und Zosimos wird durch Euagrios schon deshalb nicht belegt, weil er den Eunapios als Verfasser eines ausführlichen, wenn auch extrem tendenziösen Geschichtswerks nicht kennt und auch in seiner Polemik gegen Zosimos, die an anderer Stelle begegnet34, offenkundig nicht zur Kenntnis nimmt, dass viele der bei Zosimos begegnenden Themen in Wirklichkeit aus Eunap geschöpft sind Das Gleiche gilt für den von Euagrios nicht genannten Olympiodor Einer der wichtigen Autoren, die Euagrios an anderer Stelle nicht nur nennt, sondern ausführlich zitiert, ist Zacharias von Mytilene35 Er ignoriert ihn dagegen im Überblick, vielleicht weniger seiner häretischen Orientierung als vielmehr des Umstandes wegen, dass er einen Teil der Kirchengeschichte behandelte, für den sich Euagrios selbst schon für den Hauptgewährsmann hielt36 Zu den im Geschichtswerk des Euagrios erwähnten, aber in der Sukzessionsliste nicht genannten Historikern gehören ferner Herodot37, Thukydides38, Phlegon von Tralleis39, Damophilos40, Philostratos41 und Johannes Rhetor, also Johannes Malalas42 Es ist damit offenkundig, dass Euagrios nicht einmal alle Historiker aufzählt, die er selbst kennt43; vielleicht ein Hinweis darauf, dass Euagrios hier einfach nur eine Liste der Autoren wiedergibt, die seine Quelle, Eustathios, beim Epitomieren verwendet hat44 Aus der Liste des Euagrios dürfen also kaum Folgerungen abgeleitet werden, weder für Lücken in der Historiographiegeschichte noch für die Frage, welche Autoren zur Zeit des Euagrios noch erhalten waren oder gelesen wurden45 Es lässt sich aber eine andere Beobachtung machen, durch welche die Vitalität der Geschichtsschreibung bewiesen werden kann Für die Historiographie des 3 Jahrhunderts bietet Euagrios nämlich gerade keinen Beleg bezüglich einer einspurigen Traditionslinie von Historikern46,

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Euagr  3,40–41 p  139,6–144,19 Bidez – Parmentier Euagr  2,2 p  39,16 Bidez – Parmentier; 2,8 p  59,11; 2,10 p  61,30; 3,5 p  104,20; 3,6 p  105,29; 3,7 p  106,18; 3,9 p  109,5; 3,12 p  110,2 und 8; 3,18 p  117,3, 7 und 9 Keine Kenntnis des chalkedonischen Gegenstücks, d h der Kirchengeschichte (also der verloren gegangenen Fortsetzung der Historia tripertita bis zu Justin I ) des Theodoros Anagnostes: Whitby 2000, xxiv; Whitby 1992, 54 f Euagr  2,8 p  55,24 Bidez – Parmentier Euagr  3,39 p  137,1 und 4,29 p  177,8 Bidez – Parmentier Euagr  1,20 p  29,5 Bidez – Parmentier Euagr   6,1 p   222,23 Bidez  – Parmentier Vermutlich Damophilos von Bithynien, vgl Schwartz 1901, 2076 Euagr  4,29 p  179,9–12 Bidez – Parmentier S unten S  20 mit Anm  50 Euagr  1,16 p  15,29 Bidez – Parmentier; 2,12 p  64,11; 3,10,3 p  109,10; 3,28,1 p  124,19; 4,5 p  156,8 Allen 1981, 238 f ; Brodka 2006, 74 mit Anm  46 (Malalas, Zacharias) Brodka 2017 Letzteres die Annahme von Callu 1994/2006, 308 Von der Vorstellung, dass die historiographische Tradition immer nur von jeweils einem Historiker fortgeführt wird (diese Vorstellung ist eindeutig durch Euagrios inspiriert), geht Liebeschuetz

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sondern er ist ein wichtiger Zeuge für den Befund, dass Historiker konkurrierend und gegeneinander zeitgeschichtliche Darstellungen verfassten Dabei nennt Euagrios mit Nikostratos47, Dexippos48 und dem Profanhistoriker Eusebios49 selbst nur eine Auswahl der Historiker, die ihm für diese Epoche bekannt waren Denn er hat offenkundig daneben auch noch den Historiker Philostratos von Athen benutzt, der eine mit Dexippos konkurrierende Darstellung der Ereignisse in der Epoche des Valerian und des Gallienus verfasst hat50 Philostratos und Dexippos stammten beide aus der athenischen Elite und waren mit einiger Wahrscheinlichkeit persönlich auch miteinander bekannt51, wobei die Aktionen des Philostratos im Kampf gegen die Goten von Dexippos beschrieben wurden Man erkennt also, dass hier die historiographische Tätigkeit sich in einem lokalen Kontext konkurrierend entfalten konnte Diese gleiche Eigenart lässt sich für Euagrios beobachten, der sein mit Profangeschichte angereichertes Kirchengeschichtswerk in Konkurrenz zu demjenigen des Johannes von Epiphaneia verfasst hat (auf diesen Wettstreit wird noch einzugehen sein) Das bedeutet, dass bereits eine im Reichskontext nicht besonders bedeutende Stadt wie das syrische Epiphaneia, das heutige Hama, zwei zeithistorische Darstellungen über die Ereignisse des 6  Jahrhunderts lieferte Und nicht nur das: Wenige Generationen zuvor hatte bereits ein anderer Angehöriger der Elite von Epiphaneia, der bereits erwähnte Eustathios, ein Geschichtsbuch verfasst Der Charakter dieser Geschichte ist, wenn man der Suda und Euagrios folgt, nicht ganz klar52 Der erste Band (τεῦχος) reichte gerade einmal bis zur Einnahme Troias und enthielt vermutlich im besonderen Maße Stoff zur biblischen

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1993, 162 aus: „(…) there was no need for parallel accounts of the same period One version was enough This was true of secular history We have a simple succession of secular histories, each starting where the predecessor ended: Eunapius, Olympiodorus, Priscus, Malchus, Candidus, and later Procopius, Agathias, Menander the Protector and Theophylactus “ In der Liste fehlen einige Autoren wie Theophanes von Byzanz Außerdem folgt Kandidos kaum auf Malchos 5,24 p  218,31 Bidez – Parmentier 5,24 p  219,3 Bidez – Parmentier 5,24 p  219,7 Bidez – Parmentier Vgl die Identifizierung des bei Euagr h e  4,29 p  179,9–12 Bidez – Parmentier erwähnten Philostratos, die C P Jones zu verdanken ist, KFHist A 3 fr  2 mit meinem Kommentar in Bleckmann – Groß 2016, 95–97 Der Anführer des athenischen Selbstverteidigungsaufgebots von 261 Philostratos war zuvor 255/256 Archon, vgl IG II/III2 2245 und Vindob Hist gr  73 fol  192 verso 30–recto 6 (Dexippus Vindobonensis) Weiteres dazu bei KFHist A 3 test ** 2 und ** 4 mit Kommentar von Bleckmann – Groß 2016 Zu den Ämtern des Dexippos (zweimal Archon Eponymos, Panegyriarch, Agonothet) vgl FGrHist 100 T 4 = IG II2 3669 = Chaniotis 1988, 325 f E 30; IG II2 3670 Zur weiteren epigraphischen Dokumentation und zur Diskussion um die Datierung des Archontats s Mecella 2013, 3 f mit Anm  5 und 6 Suda, s v Eustathios (ε 3746 Adler) spricht von einem Abriss in neun Büchern von der Flucht des Aeneas aus Troia bis zu Anastasios; Euagr  5,24 p  219,14–16 Bidez-Parmentier dagegen von einem Band, der bis zur Eroberung Troias, und einem zweiten Band, der bis zum zwölften Regierungsjahr des Anastasios reicht Die Suda verweist also nur auf den zweiten Band, der selbst anscheinend in neun Bücher aufgeteilt war Zu Eustathios Brodka 2006; Brodka 2017

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Geschichte53, die folgenden Ereignisse bis zum 12 Jahr des Anastasios waren dann auf einen weiteren Band (in mehreren Büchern) zusammengedrängt Aus den übrigen, durchaus ausführlichen Eustathioszitaten bei Euagrios gewinnt man aber den Eindruck, dass es sich bei der Behandlung der Zeitgeschichte im zweiten Werkteil um eine detaillierte, die letzten Jahrzehnte des fünften Jahrhunderts behandelnde Darstellung handelt54, die möglicherweise durch eine Darstellung der Ereignisse von 502–506 fortgeführt wurde55 Euagrios betrachtete also Eustathios vor allem als den Hauptgewährsmann für die Zeit nach dem Aussetzen des Geschichtswerks des Priskos bis in die Zeit des Anastasios56 Wie man die Nachrichten zu Eustathios und die einzelnen, teils hypothetischen Befunde zu eben jenem Autor miteinander verbindet, bleibt offen, insbesondere, weil nicht klar ist, ob die von Euagrios genannten Historiker zur römischen Geschichte letztlich den Inhalt der Epitome des Eustathios widerspiegeln Sicher ist jedenfalls, dass dieser Teil der Geschichte zwischen der Flucht des Aeneas und dem fünften Jahrhundert eher kursorisch ausfiel Das Geschichtswerk des Eustathios sollte zwar eine Universalgeschichte von Anfang an darstellen, kombinierte aber die breiter geschilderte Frühgeschichte mit einem kursorischen Durchlauf durch die zwischen Frühgeschichte und jüngerer Vergangenheit liegenden Epochen, um anschließend in detaillierter Form Zeitgeschichte zu behandeln Sie folgte damit letztlich einem Sanduhr-Modell, das aus griechischen lokalgeschichtlichen Traditionen vertraut war und

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Die von Allen edierte Epitome aus Josephus Flavius war wohl kein besonderes Werk, sondern gehörte zu diesem Werkteil, s Allen 1988 Euagr  1,19 p  28 Bidez – Parmentier; 2,15, p  66; 3,24–27 p  122–124; 3,29 p  125 und 3,37 p  135 (von Whitby 2000, xxvi aufgezählt) Allen 1981, 139 und Whitby 2000, xxvi zu Material beim Chronisten Theophanes, das aufgrund der Parallelen mit Euagrios auf Eustathios zurückgeführt werden kann: Theophanes p  126,10–131,17 de Boor Die Suda nennt neben dem großen Abriss bis zu Anastasios (nach Euagr  5,24 bis 503) noch „andere“ Werke Das könnte eine Fortführung der Darstellung des römisch-persischen Krieges bis 506 gewesen sein, vgl Brodka 2006, 156 Prokop und Pseudo-Zacharias weisen nämlich auffällige Übereinstimmungen in der Darstellung der Belagerung von Amida und der Folgezeit auf, die eventuell auf Eustathios zurückzuführen sind, vgl Greatrex 2010 Allen 1981, 238 f : „Evagrius writes that all this historical material has been epitomised by Eustathius of Epiphania “ Die Kenntnisse der Profanautoren habe, so Allen 239, Euagrios ausschließlich durch die Vermittlung des Eustathios Whitby 2000, xxvi: „There is no evidence that Evagrius had read any of the secular authors in the sequence from Charax to Asinius Quadratus – and whether Eustathius himself had actually done so either is beyond the bounds of speculation “ Nach Whitby, 287 mit Anm   88 besteht fast Sicherheit, dass Eustathios die Liste bis (ausschließlich) Zosimos benutzt hat Direkte Benutzung des Zosimos nimmt Allen, 240 an, da sich Euagrios in der zweiten Person gegen Zosimos richtet und sehr genau auf Argumente eingeht (3,40 f ) In gleicher Weise sind Priskos, Zacharias Rhetor, Malalas und Prokop direkt benutzt S Whitby 2000, xxvi–xxxi Ein erwägenswertes Argument zur Frage der Zosimos-Benutzung steuert Brodka 2006, 73 f bei: In der Historikerliste wird Zosimos als historiographische Autorität offenkundig positiv beurteilt, in der direkten polemischen Auseinandersetzung (3,40–41) dagegen negativ Zosimos und Eustathios schreiben ungefähr zur gleichen Zeit, so Cameron, Alan 1969 Eine Benutzung des Zosimos durch Eustathios bestreitet Damsholt 1977 Umsichtige Diskussion bei Paschoud 2000, XI–XVI

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das auch die frühe römische Geschichtsschreibung geprägt hat57 Eine zeitlich nähere Entsprechung zur Struktur der Geschichte des Eustathios bietet die Chronik des Sulpicius Severus58 Die auffällige Häufung von Zeithistorikern aus Epiphaneia ist zweifelsohne erklärungsbedürftig Die besondere lokale Situation, insbesondere der Wettbewerb im lokalen Rahmen, mag ein begünstigender Faktor gewesen sein, um in überdurchschnittlicher Weise historiographische Entwürfe anzuregen Gleichwohl erklärt sich die vermeintlich herausragende Bedeutung des Orts Epiphaneia letztlich nur durch den Überlieferungszufall, nämlich den Umstand, dass Euagrios, der wiederum seine Landsleute Eustathios und Johannes zitiert, deshalb erhalten blieb, weil seine Kirchengeschichte etwa im Rahmen des Bilderstreits im Konstantinopel des achten Jahrhunderts zitiert und der Autor wohl wegen seiner erwiesenen Orthodoxie besonders eifrig kopiert wurde59 Epiphaneia brachte vielleicht in überdurchschnittlicher Weise besonders viele Historiker hervor Man wird aber annehmen dürfen, dass auch in vielen anderen Poleis ähnliche Voraussetzungen vorhanden waren, auch wenn sich davon in der Überlieferung nichts mehr erhalten hat Einen Hinweis auf die ursprüngliche Fülle lokaler Talente gibt die Chronik des Josua Stylites von Edessa60 Dieses Geschichtswerk ist zwar auf syrisch geschrieben, aber – auch wenn der Autor unzweifelhaft ein Kleriker ist und er ein kirchliches Anliegen verfolgt – im Duktus deutlich von der griechischen Historiographie und von einer thukydideischen Perspektive auf die Darstellung der Kriegsleiden geprägt61 Seine Erhaltung hat das hier gerade vorgestellte merkwürdige Stück Historiographie zweifelsohne nur seiner kirchlichen Einfärbung, insbesondere des Schreibens an den Auftraggeber, den Abt Sergios, zu verdanken Aus diesem Grund ist es im frühen Mittelalter in die Universalchronik des Pseudo-Dionysios eingegangen und

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Vgl Dionysios von Halikarnass ant Rom  1,6,2 mit der Interpretation von Timpe 1972 Dabei mag man geteilter Meinung sein, wie weit die von Dionysios beschriebene Ktisis-Phase reichte Die Chronik in zwei Büchern behandelte im ersten Teil die als Vorgeschichte der Kirchengeschichte konzipierte Geschichte des jüdischen Volkes von der Schöpfung bis zum babylonischen Exil, im zweiten Teil dagegen die jüdisch-christliche Geschichte vom babylonischen Exil bis zur Gegenwart Ein Abschnitt wurde im zweiten Konzil von Nikaia (787) vorgelesen, vgl das Testimonium in der Euagrios-Ausgabe von Bidez – Parmentier, xiii S ferner Whitby 2000, lxi Der Autor war auf jeden Fall ein gut informierter Kleriker aus Edessa, dessen Identifizierung mit Josua Stylites aus dem Kloster Zuqnin möglich ist Vgl Luther 1997, 17–19, der (19) dafür plädiert, „an dieser Person als dem Verfasser festzuhalten und auf den Zusatz ‚Pseudo‘ zu verzichten“ Auf die Bedenken von Brock 1979/1992, 11, der Josua nur für den Schreiber hält, geht Luther nicht ein Mögliche griechische Quellen des syrischen Autors sind allerdings in Erwägung zu ziehen Die von ihm prominent hervorgehobenen Unglücksfälle von Amida passen auffällig dazu, dass diese auch zu den zentralen Gegenständen des Eustathios gehört haben sollen, vgl Euagr h e  1,19 p  28,15 f Bidez – Parmentier Kaldellis 2012, 207

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weiter tradiert worden62 Der Profangeschichtsschreibung kann es in evidenter Weise nicht zugerechnet werden Ob es im christianisierten Edessa in dieser Zeit überhaupt nicht-christliche Literatur gab, kann füglich bezweifelt werden Die Eigenarten der Erzählung des Josua zeigen aber deutlich, dass die rhetorische Schulung auch außerhalb der großen Zentren für die Herstellung konsistenter historiographischer Erzählungen genügte, die deutlich vom Erbe der antiken Historiographie geprägt waren und über lange Passagen hinweg von dieser nicht unterschieden werden konnten Neben Edessa können durchaus an anderen Orten des syrisch-mesopotamischen Grenzraums oder in Antiocheia Berichte entstanden sein, die der Schilderung der bewegten Zeitgeschichte galten Besonders wahrscheinlich ist dies für die Geschichte von Amida63 Es lassen sich also plausible Gründe dafür anführen, dass die erhaltenen Reste der Geschichtsschreibung der ausgehenden Spätantike nur einem verschwindenden Bruchteil dessen entsprechen, was in Wirklichkeit verfasst worden ist Der zu erahnende Umfang der noch im sechsten Jahrhundert betriebenen Historiographie wiederum ist kein Sonderfall Vielmehr war er mit Sicherheit sogar deutlich geringer, als man es für das dritte oder vierte Jahrhundert annehmen kann Und wenn Lukian im Zusammenhang mit dem Perserkrieg des Lucius Verus von der historiographischen Betätigung als einer Art kollektiver Krankheit spricht, so ist dies einerseits karikatural übertrieben, andererseits aber nur vor dem Hintergrund einer tatsächlich intensiven Tätigkeit zu begreifen64 Gegen die Annahme eines zwischenzeitlichen, oft über Jahrhunderte reichenden Versiegens historiographischer Tätigkeit können somit begründete Zweifel erhoben werden Allenfalls darf man von Zeiten geringerer und größerer Intensität historischen Schreibens ausgehen Insgesamt kann aber die Behauptung gewagt werden, dass der Strom historiographischer Aktivität ohne Unterbrechungen, allerdings mit immer neuen Varianten und Impulsen von Herodot und Thukydides bis in die ausgehende Spätantike geflossen ist und dass man es hier also mit einem einzigartigen Fall einer sich über ein Jahrtausend erstreckenden kontinuierlichen kulturellen Praxis zu tun hat

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Brock 1979/1992, 10–13; Luther 1997, 3 Zum Bericht des Pseudo-Zacharias und Prokop zur Geschichte von Amida s o S  21, Anm  55 Die Annahme, dass Eustathios die Quelle ist, ist eine plausible Hypothese Freilich nimmt, wie gezeigt, auch in der Darstellung des Pseudo-Josua das Schicksal von Amida einen großen Raum ein und ist vielleicht aus einer separaten historiographischen Darstellung geschöpft S oben S  14, Anm  22

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b) Erklärungsmodelle zum Ende der antiken Geschichtsschreibung Geschichtsschreibung wurde also mit aller Wahrscheinlichkeit ohne Unterbrechung seit Herodot in allen Epochen der griechisch-römischen Geschichte betrieben, und zwar in einem uns kaum mehr vorstellbaren Umfang und in zahlreichen Varianten Das gilt auch für den Spezialfall der Zeitgeschichtsschreibung, die Ereignisse auf Reichsebene behandelt Bei der Frage, wann und warum diese kulturelle Praxis endete, hat man es, wie in vielen Periodisierungsdiskussionen, mit einer großen Bandbreite verschiedener Vorschläge zu tun An dem einen Ende des Spektrums steht Eduard Schwartz mit einer markanten Position: Für ihn endet die griechische Geschichtsschreibung im Sinne einer Zeitgeschichtsschreibung auf herodoteisch-thukydideischer Augenhöhe mit dem Ende der Selbständigkeit griechischer Stadtstaaten, während es in der römischen Despotie keine echte Geschichtsschreibung mehr geben kann Der stete Niedergang des Genres beginnt schon in der nachthukydideischen Epoche Autoren wie Polybios oder Poseidonios sind lediglich Ausnahmegestalten, die aufgrund der letzten Funken geistiger Unabhängigkeit und politischen Engagements wirkliche Geschichtswerke schaffen können65 Die Geschichtsschreibung der Kaiserzeit und der Spätantike ist dann nur noch eine leere Hülle und die Gattung in Wirklichkeit schon längst abgestorben, bevor das Mittelalter beginnt Auch Prokop findet vor den Augen von Schwartz nur wenig Gnade66 Diese Ansichten entsprachen offenkundig einer communis opinio Felix Jacoby, ein weiterer eminenter Kenner der griechischen Historiographie, hat ein ähnliches Urteil zum Weg der Geschichtsschreibung geäußert, deren Niedergang nach Thukydides beginnt67 Dieses stärker in allgemeinen Skizzen als in der alltäglichen Detailarbeit geäußerte Urteil ist deshalb erstaunlich, weil es von den Experten formuliert worden ist, die unzweifelhaft die besten Kenner der Geschichtsschreibung waren, und zwar auch derjenigen der Kaiserzeit und der Spätantike Es beruht auf der Annahme, dass das Genre in Thukydides seine vollkommene Erfüllung erreicht hat, so dass anschließend nur noch eine lange Phase der Agonie und der Dekadenz folgen konnte Eine gewisse Berechtigung mag die Beurteilung der nachthukydideischen Geschichtsschreibung darin haben, dass in der Tat für die Periode des vierten Jahrhunderts die Ernsthaftigkeit des historiographischen Anliegens und die intellektuelle Herausforderung der geschichtlichen Reflexion des Thukydides von Historikern wie Ephoros, Theopomp und selbst vom scheinbar so nüchternen Autor der Hellenika von Oxyrhynchos nicht verstanden worden ist68 Gleichwohl wäre der 65 66 67 68

Zu Schwartz 1928/1938 und 1920/1938 vgl Bleckmann 2015 c, 72–81 Vgl zu Schwartz 1939 Bleckmann 2015 c, 88–91 Jacoby 1926/1956 Bleckmann 2006, 132–145 Diese Sicht der Dinge ist in Rezensionen nicht immer geteilt worden Ein allgemeines Urteil zur Historiographiegeschichte beinhalten meine damaligen Ausführungen nicht, sondern nur eine Stellungnahme zur sogenannten rhetorischen Geschichtsschreibung des vierten Jahrhunderts, die m E kein Phantom der Historiographiegeschichte ist Diese Aussage

Erklärungsmodelle zum Ende der antiken Geschichtsschreibung

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Weg der antiken Geschichtsschreibung unzutreffend beschrieben, wenn man nur den Verlust und nicht auch die Gewinne in Rechnung stellt Die zunehmenden Kenntnisse im ethnographisch-geographischen Bereich, der Niederschlag des um sich greifenden Verschriftlichungsprozesses von der Benutzung öffentlicher Dokumente wie Senatsakten bis hin zu Briefen, Berichten und Selbstzeugnissen, machte in vielerlei Hinsicht die historiographische Erzählung im Laufe der Zeit immer differenzierter und in gewisser Hinsicht zuverlässiger Die Entwicklung von Spezialdisziplinen führte zu einem zunehmend reichhaltigeren Instrumentarium zur Beschreibung der Welt Auch die mehr und mehr routinierten Möglichkeiten der künstlerisch-rhetorischen Präsentation sorgten für eine Zunahme historiographischer Expertise Gleichwohl konnte sich diese Kunstfertigkeit aber auch verselbständigen, und der rationalen Erklärung von Ereigniszusammenhängen im thukydideischen Sinne arbeiteten widerstreitende Tendenzen entgegen – wie etwa die Aufladung mit religiösen Ideologemen, die Privilegierung des Wunderbaren oder die Reduktion auf moralisierende Didaktik Eine Variante des Dekadenzdiskurses ist bereits oben diskutiert worden, nämlich die Behauptung, es habe in der Geschichte der Geschichtsschreibung Phasen gegeben, in denen man wegen intellektueller Kurzatmigkeit nur noch Breviarien habe herstellen können Eine weitere Variante, gemäß der die antike Geschichtsschreibung bereits vor dem Ende der Antike vom antiken Geist verlassen worden ist, wird weiter unten zu diskutieren sein Insgesamt sind Verwandlungen und Qualitätsunterschiede sowie Phasen des Qualitätsabfalls gar nicht zu leugnen, ein allgemeines Muster des Niedergangs, bei dem die Geschichtsschreibung früher oder später aus intrinsischen Gründen zum Erliegen kommt, ist aber nicht feststellbar Der These vom frühen und allzufrühen Ende der „echten“ Geschichtsschreibung nach wissenschaftlichen Standards lässt sich auf der anderen Seite die These gegenüberstellen, dass man überhaupt nicht von einem Ende der antiken Geschichtsschreibung sprechen sollte Denn im Mittelalter werden weiterhin Formen von Geschichtsschreibung betrieben, die letztlich in der Antike wurzeln Das gilt vor allem für die Geschichtsschreibung in Byzanz, und zwar nicht nur für die größer dimensionierten Werke der Zeitgeschichtsschreibung, sondern auch für Chroniken in der Art derjenigen des Zonaras69 Die Schwierigkeit liegt darin, festzustellen, was Kontinuität ist und worin man Renaissance und Neuinspiration sehen kann Eine präzise Beschreibung der Entwicklung der Geschichtsschreibung nach der Epoche des Herakleios ist nicht ohne weiteres möglich Für diese Zeit zufällig erwähnte Autoren wie Traianos Patrikios, der in der Zeit des Justinian II geschrieben haben soll, sind völlig schattenhaft Die Chronik des Theophanes, die im frühen neunten Jahrhundert entstanden ist, bietet allerdings

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bezieht sich auf Schlussfolgerungen, die der nachvollziehbare Kontrast zwischen Xenophon und den Hellenika Oxyrhynchia nahelegt S Jacoby 1909/1956, 46: „Streng genommen gibt es hier keine andere Zeitgrenze wie das Jahr 1453 “

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Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung

hinreichend Material, aus dem hervorgeht, dass eine dünne Kontinuität historiographischer Überlieferung bestand Theophanes bringt – etwa durch die Benutzung von Quellen aus dem arabisch beherrschten Orient, wie Theophilos von Edessa – Informationen über die Zeit nach Herakleios und auch zur sonst kaum mehr beleuchteten Geschichte des achten Jahrhunderts70 Dabei hat er vielleicht nur ein Dossier seines Vorgängers, des Georgios Synkellos, aufgenommen71 Quellen aus den dark ages benutzt auch die „Kurze Geschichte“ des Nikephoros72 Die Diskussion um die Rekonstruktion der Historiographie dieser Zeit hat in der jüngeren Forschung anscheinend wieder an Dynamik gewonnen Insbesondere ist das mit „Theophilos von Edessa“ verbundene Problem der Beziehungen zwischen Theophanes, der arabischen Chronik des Agapios von Manbidj und den syrischen Chroniken von 1234 und des Michael Syrus wesentlich komplexer, als man lange angenommen hat Zu berücksichtigen ist auch der Umstand, dass Teile der zeitgenössischen Literatur zum ausgehenden 7 und frühen 8 Jahrhundert wegen ihrer ikonoklastischen Tendenz restlos ausgelöscht worden sind73 Trotzdem kann man insgesamt davon ausgehen, dass in dieser Zeit jenseits knappster Notizen keine detaillierten Geschichtswerke entstanden sind, so wie auch sonst die Produktion nicht-religiöser Literatur völlig eingeschränkt war74 Erst viele 70

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Mango  – Scott 1997, LXXIV–XCV mit den Korrekturen bei Brandes 1998; Brubaker  – Haldon 2001, 168–171 Zur Quellenproblematik für das 7 Jahrhundert Haldon 1990, 425, Anm  45; Brandes 2009; für das 8 Jahrhundert s Beševliev 1971; Rochow 1991; Montinaro – Jankowiak 2015 Syrische Quelle bzw Theophilos von Edessa: Brandes 1998, 554 f und 557 f (gemeinsame Quelle unbestritten, aber Theophilos war wahrscheinlich nicht der Verfasser, sondern allenfalls ein später Redaktor) Zum Problem Theophilos von Edessa Brooks 1906; Becker 1912; Conrad 1992; Brandes 2009; Howard-Johnston 2010, 192–236; Hoyland 2011 Forschungsbericht bei Hoyland 2011, 4–6; Conterno 2014, 16–27 Das Problem hat durch die Behandlung von Conterno 2014 an Komplexität gewonnen Einige der Beziehungen zwischen Agapios von Manbidj, der Chronik von 1234 und Michael Syrus ergeben sich auch durch horizontale Verbindungen und verweisen nicht unbedingt auf eine auch von Theophanes benutzte Grundquelle Außerdem erschweren es Kontaminationen und die mögliche Berücksichtigung mündlicher Überlieferungen, ein klares Bild zu gewinnen Die Existenz einer gemeinsamen (in die orientalische Überlieferung und bei Theophanes eingegangenen) schriftlichen Quelle für das siebte Jahrhundert, vor allem für die Zeit von der Schlacht am Jarmuk bis zur Rückkehr Justinians II (705), hält aber Conterno für gesichert In diesen Stücken ist historiographische Tätigkeit aus einer griechisch-byzantinischen Perspektive belegt, die über die Zäsur des Herakleios hinausreicht Zur Frage der Autorschaft und Originalität des Theophanes s den Forschungsüberblick bei Conterno 2014, 8–15 Mango 1990; Brubaker – Haldon 2001, 171 f Eventuell benutzt Nikephoros keine aus Konstantinopel stammende Überlieferung, sondern eine Partie des von Synkellos aus dem Osten gebrachten Dossiers, so Speck 1988, 512 Zur gemeinsamen Quelle für die Zeit von 668–720 s Conterno 2014, 6 f Traianos Patrikios als Vorlage Treadgold 2011 Brubaker – Haldon 2001, 166 f Brubaker – Haldon 2010, XXIII: „drastic reduction in all types of secular literary production from the later years of the reign of Heraclius until the last years of eighth century, from historiography to verse “ Gegen die Vorstellung von der völligen Unterbrechung kultureller Aktivitität s Irigoin 1962/2003 und Wahlgren 2010, 532: „Little is preserved, and probably not much was produced, but it may be an exaggeration to talk of a breakdown “ Allerdings räumt Wahlgren ein, dass „important

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Generationen später setzte wieder ein Interesse für eine solche ausführliche und differenzierte Geschichtsschreibung ein, allerdings nur in einem ganz kleinen Kreis In der Mitte des 9 Jahrhunderts hat Photios mit einer erstaunlichen Präzision gerade auch Werke der spätantiken Profangeschichtsschreibung beschrieben und exzerpiert75 Aber diesem enzyklopädischen Interesse steht für die Zeit des Photios jedenfalls noch keine eigene historiographische Praxis gegenüber Der Rückgriff auf die antike Geschichtsschreibung mit ihren künstlerischen Möglichkeiten erfolgt erst unter neuen Bedingungen, die diese Wiederbelebung eher als Renaissance denn als Dokumentation einer ununterbrochenen Kontinuität erscheinen lassen Vor diesem Hintergrund ist die communis opinio, dass Theophylakt der letzte Historiker in der antiken Tradition ist und dass die Praxis der Geschichtsschreibung zu Beginn des 7 Jahrhunderts zum Erliegen kommt76, durchaus begründet Dabei kann man verschiedene Varianten durchspielen, wie es zu diesem Ende gekommen sein könnte Man kann das Verschwinden im Rahmen eines allmählichen Verwandlungsprozesses in der Spätantike erklären, der auch auf anderen Gebieten zu beobachten ist und das Ende der antiken Welt herbeigeführt hat Oder aber man hat es mit einem abrupten Ende zu tun, in dem die Katastrophen des 7 Jahrhunderts das Schicksal der antiken Geschichtsschreibung besiegelt haben c) Veränderungen im 6. Jahrhundert: Zur Frage der Angleichung von Profan- und Kirchengeschichtsschreibung Einen neuen Lösungsansatz, der für die Frage nach dem Ende der Geschichtsschreibung vor allem die Veränderungen in justinianischer Zeit hervorhebt, hat vor einiger Zeit Mischa Meier angeboten77 Seit seiner bedeutenden Habilitationsschrift zu Justinian hat er in zahlreichen Studien die plausible Annahme vertreten, dass der Kata-

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genres of ancient literature seem to be discontinued “ Das betrifft auf jeden Fall die Geschichtsschreibung S auch Kaldellis 2012, 208 f Extreme Lücken in der Dokumentation zu Constans II , dem Nachfolger des Herakleios, führen dazu, dass dessen Reformtätigkeit auch in der Forschung völlig ignoriert worden ist, vgl Zuckerman 2005 S etwa die Zusammenfassungen zu Praxagoras (bibl cod   62); Olympiodoros (bibl cod   80); Malchos (bibl cod  78); Kandidos (bibl cod  79) mit Bleckmann 2015 b, 235 f Hose 1998: „Nach Theophylaktos folgt bis zum 9 Jhdt keine zeitgeschichtliche Historiographie mehr “ Dieses Bild trifft zumindest für das byzantinische Reich selbst zu, während für den syrischen Raum ein Fortleben der Tradition im Zusammenhang mit Theophilos von Edessa oder seiner Quelle nicht ganz ausgeschlossen ist Das wäre dann der Fall, wenn Theophilos wirklich ein Fortsetzer des Agathias sein sollte, s Brandes 2009, 329 Festgehalten werden muss ausdrücklich die Selbstverständlichkeit, dass historiographische Tätigkeit im 7 und 8 Jahrhundert (auch in den nichtgriechischen Sprachen, s z B das Tableau bei Howard-Johnston 2010) nicht generell ruhte Hier geht es nur um den besonderen Typus der am klassischen Muster orientierten detaillierten Historiographie Meier 2004

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strophenhorizont der 40er Jahre des 6 Jahrhunderts, vor allem die große Pest, zu einem tiefgreifenden Mentalitätenwandel geführt hat Dieser habe sich insbesondere in einer christlichen Aufladung aller Lebenssphären niedergeschlagen78 Dieser Wandel sei, so Meier, als einschneidender Bruch aufzufassen, der dann auch Folgen für die Geschichte der antiken Geschichtsschreibung gehabt haben soll Denn in ihrer letzten Generation sei diese Geschichtsschreibung dann deutlich von diesem Bruch und von der neuen Dominanz des Sakralen geprägt gewesen Die konventionelle Praxis der Geschichtsschreibung sei als ungenügend empfunden worden, um das Erlebnis der großen Katastrophen zu bewältigen, die ab der zweiten Hälfte der Regierung Justinians das römische Reich heimsuchten Meier sieht dementsprechend die klassizistischen Historiker von Prokop bis Theophylakt als Sonderfälle an, ihre Werke als Ergebnis des Prozesses einer „Selbstdestruktion der klassizistischen Historiographie“ Ein Geschichtswerk wie dasjenige Prokops biete den „Lesern keine Erklärungen und Deutungen mehr“, sondern stelle „seinerseits existentielle Fragen“79 Der Historiker Agathias entziehe sich ganz einer rationalen Deutung des von ihm beschriebenen katastrophalen Geschehens, begnüge sich angesichts seiner Ratlosigkeit mit dem reinen Bericht und vermeide das eigentliche Geschäft des Historikers, wie sich einer programmatischen Aussage entnehmen lässt: „Das Gesetz der Geschichtsschreibung ist nämlich dann von mir erfüllt, wenn ich Ereignisse – auch in Kurzform – berichtet habe “80 Diesem Weg seien dann auch andere Autoren gefolgt, von Menandros Protektor bis Johannes von Epiphaneia Die Veränderungen der Historiographie in einem Klima der religiösen Überformung aller Lebensbereiche könnten auch dazu geführt haben, dass sich die Genres der Kirchen- und Profangeschichte einander anglichen81 Ein Kirchenhistoriker wie Euagrios könnte die Mittel der klassischen Historiographie genutzt haben, um letztlich seinen Anliegen heilsgeschichtlicher Demonstration mehr Durchschlagskraft zu verleihen Umgekehrt scheint sich die konventionelle Historiographie der Kirchengeschichte zu nähern Menandros Protektor und Theophylakt jedenfalls „integrieren (…) profan- wie kirchenhistorische Elemente “82 In ähnlicher Weise wie Meier geht schon Pauline Allen davon aus, dass in der letzten Phase der Geschichtsschreibung der Antike Kirchen- und

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Meier 2004 a Zu den Prozessen der Sakralisierung und „Liturgisierung“ s Meier 2004 b Meier 2004, 294: „Das Geschichtswerk dient jetzt der eigenen Gegenwartsbewältigung Es kann seinen Lesern keine Erklärungen und Deutungen mehr liefern, sondern es stellt jetzt seinerseits existentielle Fragen “ Vgl Agathias 5,10,7 mit der Übersetzung von Meier 2004, 298 Zum Klima der Desäkularisierung (und der damit verbundenen Verwandlung der christlichen Kirchen) Markus 1990 Eine Gesamtbehandlung des Phänomens in der Geschichtsschreibung fehlt Scott 2013 bietet nur eine Auseinandersetzung mit Kaldellis (der die wichtigsten Historiker weiterhin für säkulare Autoren hält) und untersucht die Besonderheiten der christlichen Positionen des Malalas Meier 2004, 303

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Profangeschichtsschreibung in unauflöslicher Weise miteinander verschmelzen83 Wolf Liebeschuetz beobachtet, dass Euagrios von Epiphaneia, Johannes von Ephesos und Theophylakt zeitlich ungefähr parallel jeweils die letzten Vertreter ihres Genres, nämlich der orthodoxen bzw der miaphysitischen Kirchengeschichte sowie der Profangeschichte sind Die Simultanität dieses Endes betrachtet er zumindest als ein Indiz dafür, dass die weitgehende Christianisierung des Berichts Theophylakts ein separates Genre der Kirchengeschichte überflüssig gemacht haben könnte84 Begreift man die letzte Phase der antiken Geschichtsschreibung in diesem Sinne als eine besondere Epoche des schnellen Übergangs, in der frühere Traditionen rasch aufgegeben werden und neue Entwicklungen einsetzen, dann lassen sich deutliche Parallelen für andere Facetten der spät- und nachjustinianischen Epoche auffinden, die diese Zeit ebenfalls als Epoche des schnellen Wandels und des Übergangs charakterisieren Das betrifft ebenso das sich verändernde Stadtbild wie die Heeresorganisation und die Selbstdarstellung des Kaisertums85 Besonders gravierend sind dabei die mentalitätengeschichtlichen Veränderungen Dass im 6 und 7 Jahrhundert das Denken der Eliten, die überhaupt noch in der Lage waren, Texte zu verfassen, immer stärker von religiösen Vorstellungen geprägt war, ist kaum von der Hand zu weisen Der Glaube an die Wirksamkeit von Reliquien, Ikonen und göttliches Eingreifen tritt ab der justinianischen Zeit verstärkt neben die herkömmlichen profangeschichtlichen Kausalerklärungen Gleichwohl kann man gegenüber der Betonung dieser Veränderungen auch Überlegungen anführen, die dafür sprechen, bei den historischen Produktionen des ausgehenden sechsten Jahrhunderts stärker den Aspekt der Kontinuität hervorzuheben und im Beharrungsvermögen dieses unter besonderen Umständen konservierten Genres eine Abweichung vom übrigen Wandel in der spät- und nachjustinianischen Epoche festzustellen und eine gewisse Besonderheit zu beobachten Diese Überlegungen können etwa an die Frage anknüpfen, in welchem Maße die Einbeziehung theologischer Erklärungsmuster und die Beschreibung kirchlicher Realitäten mit bisherigen historiographischen Gepflogenheiten brechen mussten Zum einen gehört bekanntlich die Intervention göttlicher Mächte zum Standardrepertoire, mit dem in der Geschichtsschreibung überraschende oder sonst wie beachtliche Ereig83

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Vgl Allen 1981, 268: Menandros verfasse beispielsweise eine christliche Predigt (vermutlich ist die Predigt des Dometianos bei Theophylakt gemeint), die profangeschichtliche Darstellung des Johannes von Epiphaneia bilde umgekehrt den Hintergrund für die Kirchengeschichte des Euagrios „Whilst we can recognise Evagrius as a continuator of Eusebius, and Theophylact as an heir of Thucydides, the differences between their works are in the main formal and technical (…) “ Vgl ebd  45, sowie 58 „fusion of two genres“ Zur „Konvergenz zwischen klassizistischer und kirchengeschichtlicher Historiographie“ bei Theophylakt vgl Meier 2004, 304 Ereignisse werden bei Theophylakt nach „christlich-heilsgeschichtlichem Horizont“ gedeutet Die Kirchengeschichte und das Christentum sind ihm näher als die „klassizistische Profangeschichte“: Meier 2004, 308 Liebeschuetz 1993 Vgl hierzu die bei Cameron 1981 zusammengestellten Aufsätze Für die in der nachjustinianischen Zeit einsetzenden Umbauprozesse in der Verwaltung s die monumentale Synthese von Brandes 2002

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niszusammenhänge erklärt werden können Die christliche Vorstellung des Eingreifens Gottes in die Geschichte stellt nur eine Variante eines breiteren Deutungsmusters dar, die sich aber erfolgreich durchsetzen konnte und so zur Illusion beiträgt, sie habe im Unterschied zu anderen Beschreibungen göttlichen Eingreifens einen irgendwie gearteten nicht-antiken oder nachantiken Charakter Bereits hinter der von Herodot präsentierten bunten Fülle von Ereignissen steht eine der Tragödie ähnliche Gesamtinterpretation des Weltgeschehens als Objekt göttlicher Kräfte, wobei dieses Geschehen allerdings keine Heils-, sondern eher eine Unheilsgeschichte ist Thukydides ist ein Sonderfall, da bei ihm theologische Fragen allenfalls wichtig sind, um im Einzelnen die Motivlage von Akteuren, etwa des abergläubischen Nikias, zu beurteilen, überirdische Instanzen aber dezidiert aus seinem Werk ausgeblendet sind Diese rein innerweltliche Deutung blieb in der folgenden Phase der Geschichte der Geschichtsschreibung als Modell zwar für einige Historiker verbindlich – etwa für den Autor der Hellenika Oxyrhynchia, der, soweit es die erhaltenen Teile betrifft, ganz ohne Orakel, Prodigien und sonstige theologische Elemente auskam Aber seit Xenophon, Ephoros und den Historikern der Alexander- und Nachalexanderzeit überwiegt – sieht man von Ausnahmen wie Polybios ab – eine inkonsequente Mischung theologischer und rational-innerweltlicher Erklärungen Einen Sonderweg beschreitet dabei die römische Historiographie Theologisch grundiert ist dort jeder Entwurf einer römischen Geschichte, in dem der Weg Roms zur Weltherrschaft als eine von höherer Seite gewollte Entwicklung beschrieben wird, in der die Kommentare der Götterwelt durch Prodigien die menschliche Ereignisebene begleiten und in der die römischen Siege immer auch der besonderen pietas des römischen Volkes und der römischen Elite zu verdanken sind Aus diesem Grundmuster der Geschichtsdeutung ergeben sich dann die paganen Geschichtsentwürfe der Spätantike, in denen die Katastrophen des römischen Reichs mit der generellen Vernachlässigung der Religion der Ahnen erklärt werden Sie sind eine Umkehr der römischen Theologie des Sieges und müssen nicht zwingend als eine pagane Antwort auf eine christliche Heilsgeschichte gelesen werden86 Für die Details der militärisch-politischen Geschichte spielt dieser theologische Überbau allerdings dann in den meisten Fällen keine Rolle, sondern die Erklärungsmuster bewegen sich in der Regel, wenn man von Prodigien und dergleichen absieht, im innerweltlichen Rahmen Mit der Christianisierung der Geschichtsschreibung und der Gestaltung von Erzählungen, in denen Heilige oder Reliquien auf die unmittelbare Handlungsebene einwirken, sind gewiss graduelle Veränderungen verbunden, die noch im Einzelnen zu untersuchen sein werden Auf keinen Fall kann aber für die antike Geschichtsschreibung eine eindeutige Scheidelinie zwischen rationalen und irra-

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Vor allem sind sie keine Erwiderung auf die Kirchengeschichtsschreibung, entsprechend der These von Cracco Ruggini 1976

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tionalen Deutungsentwürfen gezogen werden, die sich in irgendeiner Weise mit einer Gegenüberstellung zwischen Heidentum und Christentum decken würde Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Kontroverse um die Charakterisierung des Geschichtswerks des Prokop zu beurteilen In der Deutung des Oeuvres Prokops, der sich seit einiger Zeit intensiver Aufmerksamkeit erfreut, gibt es erhebliche Schwankungen87 Anthony Kaldellis hat in einer Reihe provozierender Studien in ihm den in Opposition zum Christentum stehenden Aufklärer und kryptopaganen Philosophen gesehen88 Averil Cameron begreift ihn als einen „reporter“, der vor allem eine überzeugende Darstellung der Faktenzusammenhänge bieten wollte, aber das Christentum als gegebene Größe unkritisch akzeptierte89 Meier wiederum sieht, wie bereits dargestellt, in Prokop einen sich zwar an Thukydides orientierenden Geschichtsschreiber, der aber gleichwohl aufgrund der epochalen Katastrophen der frühen 540er Jahre die herkömmlichen historiographischen Erklärungsmuster nicht mehr akzeptieren kann und an dem insbesondere die „Liturgisierung“ und Sakralisierung nicht spurlos vorbeigegangen ist90 Diese Position setzt also einen etwas anderen Akzent als die traditionelle Einschätzung Prokops als eines klassizistischen Autors, der sich durchaus zu einem christlichen Glauben bekennt, der nicht bloße Fassade ist91, und gleichzeitig ganz in die Traditionen der griechisch-römischen Historiographie einzuordnen bleibt Dieser Traditionsbezug ist in der Tat für die Erklärung der historiographischen Qualitäten des Autors von großer Bedeutung Die Rückbesinnung auf Thukydides und Herodot ist bei Prokop nicht nur in der Übernahme von Redewendungen zu finden92, sondern auch in zahlreichen inhaltlichen Entsprechungen, von der Pestbeschreibung bis zur Charakterisierung des Belisar in der Nachfolge des Perikles93 Dabei handelt es sich keineswegs um eine belanglose Kostümierung und oberflächliche Dekoration Militärisches und politisches Geschehen ist bei ihm als Resultat ganz innerweltlicher Faktoren erklärbar, ob es sich um bestimmte taktische Entscheidungen und Berechnungen der Kommandeure handelt, um Besonderheiten der topographischen Situation oder um psychologische Motive, wie die Verschlagenheit und Gier des Chosrau I Die gesamte Auffassung der Kriege Justinians als eines tragischen Geschehens, bei 87 88 89 90 91

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Überblick bei Greatrex 2003; Greatrex 2014 Vor allem Kaldellis 2004 Cameron 1985 Meier 2004 Jedenfalls ist dies die in der aktuellen Prokopforschung gegen die diversen Ansätze von Kaldellis 2004 verteidigte Position, vgl Scott 2013, 198–212 Scott, 206 geht auf das Hauptargument von Kaldellis, 165 f ein, das das pagane Bekenntnis von Prokop beweisen soll, nämlich die Tatsache, dass der Historiker über einen Versuch, den Janustempel zu öffnen, informiert war, vgl Proc bell Goth  1,25,19 Ferner lehnt er die Beweisführung von Kaldellis ab, dass bei Prokop die Tyche nicht eine Umschreibung für den Willen des christlichen Gottes, sondern die „pagan Fortune“ sein soll Zur Diskussion s auch Whitby 2007 Braun 1894 Pazdernik 2015 S auch Pazdernik 2000

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dem die pathemata überwiegen und am Ende immer deutlicher auch die Ausweglosigkeit und das Desaster, das diese jahrelangen Kriege für Italien bedeuten, hervortreten, verrät ein tieferes Verständnis des thukydideischen Anliegens Die christliche Konfession des Autors hat nicht zu einer grundsätzlichen Verschiebung in der Beschreibung und Auswahl der Gegenstände oder zu neuen Erklärungsmustern geführt Man kann also weiterhin der Ansicht treu bleiben, dass Prokop trotz einiger spektakulärer Ausnahmefälle in der Hauptsache Geschichte als einen durch innerweltliche Kausalitäten zu erklärenden Prozess verstanden hat, in dem die Entscheidungen von politisch und militärisch agierenden Individuen innerhalb staatlicher, militärischer und gesellschaftlicher Strukturen getroffen werden94 Darüber hinaus macht Prokop deutlich, dass er die Kirchengeschichte, für die er eine eigene Behandlung ankündigt, gerade nicht für einen Bestandteil seiner Erzählung hält95 Auch das kann man als ein demonstratives Bekenntnis zur Profangeschichte thukydideischen Zuschnitts verstehen Sein Geschichtswerk kann sogar als ein besonders gelungenes Beispiel für das gelten, was diese Tradition zu leisten vermag, nämlich eine kohärente Deutung eines bestimmten Abschnitts historischen Geschehens Durch die Beschäftigung mit Thukydides erhielt Prokop einen verlässlichen Maßstab zur Beurteilung und Beschreibung der von ihm geschilderten Ereigniszusammenhänge, der ihn vom Wunderglauben seiner Zeit im Großen und Ganzen unabhängig machte und ihm erlaubte, ein facettenreiches Bild der justinianischen Epoche mit ihren militärischen und politischen Problemen wiederzugeben, das dem Publikum dann auch eine realistische und nützliche Orientierung ermöglichte96 Die Wundererzählungen, die bei Prokop begegnen, sind im Verhältnis zum Gesamtoeuvre eher vereinzelte und untypische Passagen Vor allem lassen sich bei diesen Wundererzählungen signifikante Akzentunterschiede im Verhältnis zu den Modifikationen feststellen, die bereits einige Jahrzehnte später vorgenommen worden sind97 Euagrios interpretierte nämlich Episoden, die ihm in der Hauptsache durch die Erzäh94

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Liebeschuetz 1993, 162 sieht dagegen die Historiographie allgemein von einem Prozess der Desäkularisierung erfasst: „Secular historians too were ceasing to concern themselves with causes, and were increasingly content to explain historical events in terms of the reward or punishment of morals and doctrine “ Liebeschuetz folgt dabei Cameron 1970, 34 und 53–56 (von Agathias) und 1985, 40 f und 145 (Kausalitäten bei Prokop) Die Beobachtungen zu Prokop bei Cameron gelten aber nur punktuellen Ausführungen zur Pest oder zur Eroberung von Antiocheia 540 Proc bell Goth  4,25,13 Sarantis 2016, 77 erläutert, warum Prokop ein einigermaßen wirklichkeitsbezogenes Bild der Slawen und der Slaweneinfälle bietet und nicht lediglich Topoi und Konstruktionen enthält: „While educated members of their audiences (gemeint sind die Adressaten von Prokop und Jordanes) would have expected classicising reference and literary flourish, they would also have wanted to know about real events and peoples These audience comprised not only classically-trained senatorial classes, but also military officials and lower classes, many of whom may have been from the Balkan regions “ Zum Vergleich von Prokop und Euagrios s Allen 1981, 185–189; Whitby 2000, xxviii–xxxi S Whitby 1992, 56 f zu den „religious ‚improvements‘“

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lung Prokops bekannt waren, konsequent so um, dass sie für eine heilsgeschichtlich orientierte Kirchengeschichte passender erschienen98 Das lässt sich etwa für die Darstellung des Kreuzwunders von Apameia zeigen In seiner Darstellung des Angriffs des Chosrau I auf Syrien 540 erläutert Prokop unter anderem, wie durch das Vorzeigen der Reliquie des Heiligen Kreuzes das Volk von Apameia Hoffnung auf Rettung schöpft Das Wunderzeichen, nämlich der feurige Glanz bei der Vorführung der Reliquie durch den Bischof Thomas, bleibt für den unmittelbaren Kausalkonnex nach seinem Erlöschen gewissermaßen wirkungslos99 Der Abzug des Chosrau I erfolgt bei Prokop vielmehr erst, nachdem er die Stadt besucht und ihrer materiellen Güter beraubt hat100 Die partiell mit autobiographischen Elementen angereicherte Erzählung des Euagrios geht zwar von Prokop aus, beschreibt aber das Kreuzwunder in wesentlich spektakulärerer Weise und ist offenkundig dadurch bestimmt, dass der Kirchenhistoriker das Los von Apameia im Jahre 573 (nämlich die Auslöschung der Stadt durch den persischen Feldherrn Adarmahan) kannte und daher die glorreiche Rettung von 540 in einen scharfen Kontrast zum Unglück von 573 bringen wollte101 Der Kirchenhistoriker überhöht dabei gattungstypisch insbesondere die Bedeutung des Bischofs Thomas Während dieser beispielsweise bei Prokop gegenüber Chosrau eine Einladung ausspricht, die Stadt zu besuchen, äußert er bei Euagrios in großer Freimütigkeit und Furchtlosigkeit gegenüber dem Perserkönig offen, dieser sei in Apameia unerwünscht102 Und

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Aus Prokop sind in der Kirchengeschichte des Euagrios vor allem Kapitel 4,12–25 entnommen, vgl Allen 1981, 185–189 Zu 4,26 p  172,29–174,2 Bidez – Parmentier vgl die Analyse von Allen 1981, 187 f : „Evagrius’ account is consequently fuller than Procopius“ Denn Euagrios selbst war als Schulkind Augenzeuge, s dazu die folgenden Bemerkungen 99 Rettung von Apameia 2,11,18 und 2,11,28 Vgl Euagr  4,26 100 Und zwar über das zunächst in der Kapitulation abgemachte Maß, aber immerhin nicht in dem Umfang, in dem Chosrau gerne geplündert hätte: Proc bell Pers  2,11,24 f 101 Das Bild vom Kreuzwunder, das an der Decke der Kirche angebracht wurde und an die Rettung von 540 erinnerte, bleibt bis zum Einfall des Adarmahan 573 erhalten: Euagr  4,26 p  173,27–30 Bidez – Parmentier 102 Zum Befund, dass der Bischof Thomas sich zuvor mit der persischen Übermacht arrangiert und gemeinsam das auch von Prokop beschriebene, von Chosrau veranstaltete Wagenrennen besucht, s Leppin 2003, 150 f Leppin sieht in der milden Beurteilung dieser zwiespältigen Haltung durch Euagrios ein Indiz dafür, dass Euagrios sich letztlich nicht mehr mit den Interessen des römischen Reiches identifizierte, dessen Steuerdruck er ablehnte, sondern dass für ihn ein Arrangement mit der persischen Monarchie denkbar war Im Lichte der politischen Entwicklungen unter Maurikios und des Arrangements mit Chosrau II würde ich hier eher Indizien dafür sehen, dass Euagrios bereit war, den Großvater Chosrau I zumindest in einigen Szenarien positiver zu zeichnen, auch wenn die Treulosigkeit und Unbeständigkeit der dominierende Charakterzug bleibt Die vom Kreuzwunder angekündigte Rettung Apameias ist letztlich dem diplomatisch geschickten und zur παρρησία fähigen Bischof Thomas zu verdanken, der gleichzeitig der entscheidende Akteur beim Kreuzwunder selbst ist, indem er unversehrt das Kreuzesholz durch das Feuer tragen kann Die erhebliche Beute, die Chosrau I Apameia abpressen konnte, wird von Euagrios ignoriert Bezeichnenderweise wird auch der Umstand, dass bei Prokop das Holz des Kreuzes retten kann, aber nicht das kostbare Behältnis, von Euagrios nicht erwähnt, und zwar deshalb nicht, weil bei ihm Apameia ohnehin 540 nicht geschädigt worden ist

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während bei Prokop der Bischof das Kreuzwunder nur einmal in der Kirche vorführt, ist Thomas bei Euagrios zu sehr viel eindrucksvolleren Demonstrationen in der Lage: „Das geschah nicht einmal, nicht zweimal, sondern oft, solange der Bischof um den ganzen Platz dort herumging und das versammelte Volk ihn darum bat “103 Für die Darstellung der Rettung von Edessa bringt Prokop eine Variante der Abgarlegende vor, derzufolge Christus versprochen haben soll, dass Edessa niemals durch einen Angriff überwältigt würde In der Tat wird Edessa gemäß seiner Erzählung gleich zweimal gerettet, nämlich bei den Angriffen von 540 und 544 Ein eigentliches Wunder findet bei Prokop während der Rettung gleichwohl nicht statt, vielmehr wird das eine Mal der Abzug mit zwei Kentenarien Gold erkauft, während beim zweiten Eroberungsversuch die Abwehrmaßnahmen der Verteidiger greifen, denen es gelingt, die Belagerungsrampe von unten in Brand zu setzen104 Euagrios verbindet dagegen die erste und die zweite Belagerung miteinander zu einem einzigen Ereignishorizont105 Im Unterschied zu Prokop erwähnt er dabei das berühmte, angeblich nicht von Menschenhand angefertigte Abbild Christi106 Es wird, durch Wasser befeuchtet, direkt bei der Abwehr der Perser eingesetzt und bringt es zustande, den persischen Belagerungsdamm in Brand zu setzen Nur bei Euagrios und nicht bei Prokop findet man schließlich die Geschichte vom Wunder in Sergiopolis, in der durch den Einsatz des in seinen Reliquien präsenten Märtyrers eine Geisterarmee die sonst nur noch von Alten und Kindern besetzte Stadt verteidigt107 Prokop hatte lediglich von Verhandlungen zwischen Chosrau und dem Ortsbischof von Sergiopolis berichtet, die dazu führen, dass Einwohner des nahegelegenen Sura freigelassen werden108 Das Material Prokops wird von Euagrios insgesamt zu einer Erzählung umgeformt, in der das christliche Element sehr viel deutlicher dominiert: „Evagrius in fact created an entirely different type of narrative in which military detail is reduced to a minimum (…), whereas attention is focussed on miracles, conversions and other elements which have a pronounced Christian content “109 Will man die Frage der Kontinuität historiographischer Praxis beurteilen, muss die Relation zwischen den Episoden mit Berichten von Reliquien- und sonstigen Wun103 Euagr  4,26 p  173,22–25 Bidez – Parmentier Vgl Übersetzung Hübner 104 Proc bell Pers  2,12 und 26 f 105 Euagr  4,27 p  174,3–176 Bidez – Parmentier Die Details berücksichtigen nur die Belagerung von 544, vgl Whitby 1998, 199 106 Allen 1981, 188: „This is the first mention anywhere of the miraculous image of Edessa which was to have such a long and important history “ Vgl Whitby 1998, 199: Das Bild wird erst wieder 787 auf dem zweiten Konzil von Nicaea erwähnt und dabei der Text des Euagrios verlesen 107 Euagr  4,28 p  176,7–177,2 Vgl Allen 1981, 189 Der Rückzug führt dazu, dass sich Chosrau I dem Christentum zuwendet und sich am Ende seines Lebens taufen lässt Vgl auch Johannes Nikiou 95, s Allen 1981, 189, Anm  105 108 Proc bell Pers  2,6,33–34 109 Whitby 2000, xxxi Whitby 1998, 199: Euagrios ignoriert die einzelnen Verhandlungen und die Namen der Offiziere, die drei letzten Bestürmungen und die von den Einwohnern gezahlte Goldsumme

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dern einerseits zu in rationalerer Weise geschilderten – oder zumindest rational anmutenden – Erzählungen andererseits beachtet werden Eine rein aus Wundergeschichten zusammengesetzte historische Erzählung würde nicht mehr dem Genre der von Herodot und Thukydides begründeten Geschichtsschreibung entsprechen Die bei Prokop erhaltenen Episoden mit wunderbaren Elementen fallen quantitativ nicht sehr stark ins Gewicht, wenn man sie in Relation zur Gesamterzählung setzt Bei Euagrios, der eine zwar stark mit profangeschichtlichen Erzählungen angereicherte, aber doch einem ganz anderen Genre zugehörige Kirchengeschichte schreibt, sind, wie deutlich geworden ist, die Relationen und die Akzente in evidenter Weise anders Er bietet zumindest für die Zeit Justinians eine „providential history, not a military narrative in the secular tradition “110 Aber es charakterisiert die Historiographiegeschichte seiner Epoche, dass selbst in seiner an sich kirchengeschichtlichen Darstellung immer noch hinreichend Freiräume verbleiben, in denen die theologische Dimension und das Wundergeschehen ausgeblendet sind111 Auch ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der vermeintlich größeren religiösen Intensität, die seine von Prokop ausgehenden Wunderberichte im Unterschied zu seiner Vorlage auszeichnet, partiell einem für das Verhältnis von Historikern untereinander typischen literarischen Überbietungswettbewerb entspringen und auch mit der Neigung zu Korrekturen und Erweiterungen zu erklären sind (im Fall des Kreuzwunders etwa durch die autobiographischen Elemente und durch den Kontrast mit den Erfahrungen von 573) Einen völligen Bruch mit der traditionellen Zeitgeschichtsschreibung kann man auch bei Euagrios auf keinen Fall konstatieren Man kann sich bei ihm sogar umgekehrt die Frage stellen, warum er letztlich als Kirchenhistoriker an herkömmlichen Mustern der Zeitgeschichtsschreibung orientiert bleibt, und zwar nicht nur in den Stücken, die er aus Prokop kompiliert und bearbeitet hat, sondern vor allem in den zeitgeschichtlichen Passagen im fünften und sechsten Buch Euagrios selbst hat zwar in seiner Darstellung der Historikersukzession – entsprechend der Auffassung, dass beide Bereiche zwei verschiedene Sphären behandelten – separate Linien von Kirchenhistorikern auf der einen und von Profanhistorikern auf der anderen aufgezeichnet In seiner Historikersukzession (5,24) stellt er sich aber selbst als Vollender beider Traditionen dar Er knüpft einerseits an die Kirchenhisto-

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Whitby 2000, xxxi: Betont werde die Regelmäßigkeit, in der Gott den Römern hilft zu siegen Euagrios habe auf diese Weise demonstrieren wollen, „that Justinian’s reign was a period when God showed his favour to the empire, regardless of the doubts that people might have had about the quality and character of the emperor himself “ Relativ zurückhaltend beurteilt von Whitby 2000, xxxiii: „eastern military matters are not reported in great detail “ Euagrios konzentriere sich bei der Flucht Chosraus II zu den Römern (6,17–21) eher auf die Aktionen von Bischöfen und Heiligen als auf die Ereignisse selbst

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Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung

riker112, andererseits aber an die profangeschichtliche Linie an113 Die Anknüpfung an beide Traditionen erklärt sich damit, dass die Trennung der Kirchen- von der Profangeschichte in der Praxis viel weniger scharf ausgebildet war, als es den programmatischen Erklärungen entsprach Bereits in der Kirchengeschichte Eusebs, die an sich die profane Ereignisgeschichte weitgehend ausschließt, werden in den letzten drei Büchern im Zusammenhang mit dem Ende der Verfolgerkaiser und dem Triumph der christlichen Kaiser Konstantin und Licinius, später mit Konstantin allein, Elemente der militärischen und politischen Geschichte durchaus aufgenommen Die nacheusebischen Kirchengeschichten folgen zwar dem Muster der heilsgeschichtlichen Gesamtdeutung Eusebs: Sokrates möchte zeigen, wie nach dem Konzil von Ephesos ein Zustand der Ruhe und des Friedens sowie der Harmonie von Staat und Kirche erreicht ist114 und Sozomenos feiert ebenso in einer heilsgeschichtlichen Perspektive das ständige Wachstum der christlichen Kirchen und die Zunahme der christlichen Frömmigkeit115 Gleichwohl bringen sie beide in die Kirchengeschichte ein Element ein, das man als eine Variante traditioneller historiographischer Thematik begreifen kann, nämlich die im homerischen Sinne als „Eris“ oder als „Nyktomachia“ aufgefassten Kämpfe der Bischöfe untereinander, einschließlich der menschlich-allzumenschlichen Intrigen116 Mit der Beschreibung des christlichen Kaisertums behandeln sie ohnehin auch immer umfangreichere Episoden der Profangeschichte und benutzen dementsprechend profangeschichtliche Quellen117 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Kirchengeschichte der ausgehenden Spätantike auch deshalb eine unzweifelhafte Verwandtschaft mit der Profangeschichte hat, weil die im Genre tätigen Autoren

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5,24 p  218,2 Bidez – Parmentier 5,24 p   219,26–27 Bidez  – Parmentier (Anschluss an Agathias und Johannes von Epiphaneia) Zu unterscheiden vom Projekt eines wirklich eigenen profangeschichtlichen Werks, das in 5,20 p  215,29–216,1 Bidez – Parmentier als Eventualität angekündigt wird Van Nuffelen 2004, 105–124 Vgl zu diesem Thema Eus h e  10,9 Zum Thema des Endes der Verfolgung in der Kirchengeschichte und Herstellung der Harmonie in Vita Constantini, vgl Einleitung von L Piétri, 100 mit Verweis auf Eus Vit Const  2,65,2 und 4,42,1 (Konzil von Tyros stellt Eintracht her) Wachstum und christliche Revolution bei Sozomenos: Van Nuffelen 2004, 124–138 Zur ἔρις (Philost [KFHist E 7] test  4,2) und νυκτομαχία (Sokr  1,22,6) vgl Bleckmann, in Bleckmann – Stein 2015, II, 21 Zur Auffassung innerkirchlicher Auseinandersetzung als innere Kriege vgl Sokr  7,48,7; 2,27,1 und 38,33, ferner Soz  8,25,1 mit Allen 1989, 5 Vielleicht behandelten auch die bella civilia des Tyconius diese Thematik, anders Van Hoof – Van Nuffelen 2020, 264–267 Prokop hält innerkirchliche Auseinandersetzungen offenkundig für den Hauptgegenstand der Kirchengeschichte: bell Goth  4,25,13 Z B die umfangreiche Benutzung Olympiodors durch Sozomenos In Abrede gestellt wird dieser Veränderungsprozess, den die Kirchengeschichte durch die Integration der Profangeschichte durchläuft, von Liebeschuetz 1993, 162: Dadurch würden Kirchengeschichten nicht säkularer S auch Whitby 2000, xlvii, der einen Annäherungsprozess bestreitet: „Ecclesiastical historiography had always incorporated a substantial element of secular narrative, particularly in its more contemporary sections, and Evagrius is no exception: the secular achievements of the contemporary ruler could be used to prove divine favour, and so contribute to his praise “

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oft keine Kleriker waren, sondern scholastikoi und damit mit dem Autorenmilieu identisch, dem auch die profangeschichtlichen Werke dieser Zeit zu verdanken sind Gegenüber den Kirchenhistorikern des 5 Jahrhunderts, die sich verschiedenen Aspekten der Profan- und Zeitgeschichte verschrieben haben, hat Euagrios die Annäherung der Kirchenhistorie an die Profangeschichte noch weiter vorangetrieben118 Für die Geschichte Justinians, bezüglich derer er Prokop folgt, hat er zwar, wie gerade gezeigt worden ist, eine deutlichere Akzentsetzung im Sinne von Wundererzählungen vorgenommen Das hat ihn aber nicht daran gehindert, in anderen Passagen seiner Erzählung den traditionellen profangeschichtlichen Normen zu entsprechen, insbesondere auch dort, wo es um die Beschreibung zeitgeschichtlicher Zusammenhänge ging Im sechsten Buch werden beispielsweise die Vorgänge um den Soldatenaufruhr gegen Philippikos relativ genau beschrieben, mit einer Ansprache des Gregorios, die ganz den Feldherrnansprachen in profanen Geschichtswerken gleicht Die detaillierte Schilderung dieser Militärunruhen erfolgt vor allem deshalb, weil die überlegene und vermittelnde Rolle des Bischofs Gregorios von Antiocheia angemessen gewürdigt werden soll Insofern (mit der Fokussierung auf den Bischof Gregorios) bleibt seine Geschichte trotz der Behandlung profangeschichtlicher Zusammenhänge tatsächlich dem Genre der Kirchengeschichte treu Man kann also durchaus der Meinung sein, dass auch in anderen profangeschichtlich anmutenden Teilen Euagrios – in welcher Weise auch immer – kirchengeschichtliche Bezüge herstellte Michael Whitby hat daher vermutlich zu Recht die Analyse von Pauline Allen in Zweifel gezogen, dass durch die Verwischung der Genregrenzen bei Euagrios eine Sackgasse erreicht und die Entwicklungsgeschichte der Kirchengeschichte beendet worden sei119 Allerdings gibt es die Möglichkeit, die Präsenz profangeschichtlicher Elemente im Oeuvre des Euagrios einfach mit dessen literarischen Ambitionen zu erklären, die bereits in der Darstellung der auf ihn zulaufenden Historikersukzession deutlich werden Euagrios nutzte seine Kirchengeschichte zur Demonstration, dass er als scholastikos auch mit den Gepflogenheiten der traditionellen profanen Historiographie gut vertraut war Auch wenn er ein separates Projekt profaner Geschichtsschreibung nicht aus den Augen verloren hatte und offenkundig verklausuliert ankündigte120, konnte er durch die Aufnahme einiger Passagen profangeschichtlicher Art sich bereits mit seiner

118 Allen 1981, passim, besonders 63–66; Leppin 2003, 144 119 Whitby 2000, lix 120 Euagr h e  5,20 p  215,27–216,1 zur Schlacht des Maurikios (als General des Tiberios) gegen Tamchosrau und Adarmanes: „Eine Schlacht wurde auch gegen die besten unter den Persern geschlagen, nämlich gegen Tamchosrau und Adarmanes, die mit einer beträchtlichen Streitmacht angegriffen hatten Und wie und was und wo es verrichtet wurde, darüber sollen andere schreiben, oder es wird vielleicht auch von mir in einem anderen Werk gesagt werden, da das vorliegende Geschichtswerk in der Hauptsache einen anderen Gegenstand behandeln soll “

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Einleitung: Zum Ende der antiken Geschichtsschreibung

Kirchengeschichte dafür empfehlen121 Man kann daher zwar die Überschreitung der Genregrenzen feststellen, muss sie aber nicht durch einen tiefgreifenden Mentalitätenwandel deuten, in dem Kirchengeschichte und Profangeschichte nicht mehr klar unterschieden werden können und in krisenhafter Weise verschmelzen Vielmehr ist die Schriftstellerpersönlichkeit des Euagrios zu berücksichtigen, der virtuos seine Fertigkeiten bald in einer Sammlung von rhetorisch aufgeputzten Dokumenten des Gregorios von Antiocheia, bald in einem Panegyrikos auf die Geburt des Theodosios122, bald in einem Kirchengeschichtswerk, bald in einer (dann nicht mehr geschriebenen) Profangeschichte dokumentierte Die Kirchengeschichtsschreibung geriet also am Ende des 6 Jahrhunderts nicht in Aporien, die ihre Fortführung sinnlos gemacht hätten Und die von der Kirchengeschichte konzeptionell trotz großer Annäherungen weiterhin getrennte Profangeschichte erwies sich durchaus als lebensfähig Mit der Herrschaft Justinians setzten zwar signifikante und greifbare Veränderungen im römischen Reich ein und die Intensivierung der Verchristlichung des öffentlichen Lebens in der anschließenden Regierung Justins II hinterließ deutliche Spuren Gleichwohl macht eine detaillierte Betrachtung der profanen Geschichtsschreibung in der Generation nach Prokop deutlich, dass man es nicht nur mit einem bloßen Nachschwingen traditioneller historiographischer Betätigung zu tun hat, das letztlich dem Gesetz der Trägheit der Masse entspringt und ohne neue Impulse auskommt Sie war, trotz des drückenden Korsetts einer abgehobenen Literatursprache, immer noch zu echten Neuschöpfungen in der Lage Michael Whitby hat zu Recht für die Historiographie nach Prokop von der „variety and vitality“ gesprochen123 Diese Produktivität und Kreativität soll in den folgenden Ausführungen näher beleuchtet werden, und zwar unter besonderer Berücksichtigung des prominentesten und wichtigsten Autors dieser Phase, des Menandros Protektor

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Starke und fast ausschließliche Benutzung der Profangeschichte bereits in den letzten Büchern des Sozomenos Zur Kriegsgeschichte bei Euagrios s Allen 1989, 7; Sabbah 2011, 9 Euagr h e  6,24 p  241,2–5 Bidez – Parmentier Für diesen Panegyrikos, der die Geburt des Sohnes des Maurikios, des Porphyrogennetos Theodosius, feierte, erhielt Euagrios die Ehrenprätorianerpräfektur Theodosius II (408–450) war der letzte in Purpur geborene Kaiser gewesen Das Ereignis verdiente also eine besondere Würdigung Whitby 1992

2 Die Nachfolger Prokops: Agathias und Menandros

In der letzten Phase der spätantiken Zeitgeschichtsschreibung geht es um die Darstellung und Deutung der Geschicke des römischen Reiches unmittelbar vor der islamischen Eroberung Das Jahrhundert vor der islamischen Expansion wird mehr und mehr als Kernepoche der Long Late Antiquity wahrgenommen und hat daher in letzter Zeit gerade auch von althistorischer Seite eine stärkere Berücksichtigung erfahren1 Dieses Jahrhundert ist bekanntlich von dramatischen Wechseln zwischen großen Triumphen und raschen Zusammenbrüchen gekennzeichnet Justinian (527– 565) war es zwar gelungen, Italien und Afrika in das Reich zu integrieren und Ende 561 mit den Sasaniden Frieden zu schließen, doch blieben diese Erfolge prekär Sein Nachfolger Justin II (565–578) machte die Politik, den Frieden durch Geldzahlungen zu erkaufen, rückgängig – mit verheerenden Ergebnissen an der Donau- und an der Ostgrenze In den 572 wieder ausbrechenden Kämpfen mit den Sasaniden ging die wichtige Festung Dara verloren, an der Donaugrenze fiel Sirmium 581/582 an die Awaren Slawen und Langobarden drangen schon vorher in den Balkan bzw nach Italien ein Eine Wende in der Geschichte des außenpolitischen Niedergangs, den Kaiser Tiberios Konstantinos (578–582, ab 574 Caesar) nicht aufhalten konnte, bedeutet die Regierung des Maurikios (582–602), der Chosrau II gegen den Usurpator Bahram beistand und der infolge des römisch-persischen Zusammengehens dann beträchtliche Territorialgewinne im Osten verbuchen konnte Nach dessen Ermordung durch Phokas (602–610), gelang es den Sasaniden – vor allem aufgrund der Schwächung durch einen innerrömischen Bürgerkrieg zwischen Phokas und Herakleios (610–641) – sich vorübergehend weite Gebiete des Nahen Ostens bis nach Ägypten anzueignen Herakleios drängt sie zwar zurück, aber nur, um noch zu erleben, wie der römische Osten unter arabische Herrschaft fiel

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Vgl jetzt Meier 2019, 945–1035 und 1333–1357

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Die Nachfolger Prokops: Agathias und Menandros

Ein Teil dieser bewegten Geschichte der ausgehenden Regierungszeit Justinians und der Epoche seiner Nachfolger kann dank des Umstandes verfolgt werden, dass ausführliche historiographische Quellen aus dieser Zeit erhalten geblieben sind Für die zweite Hälfte des 6 Jahrhunderts liegt eine spezielle Konstellation vor, die man auch für einige andere Phasen der Geschichtsschreibung beobachten kann Es geht um Komplexe von Historikern und Historikerfortsetzungen Zu diesen Fällen gehören die Fortsetzer des Thukydides, Xenophon, Theopomp und die Hellenika Oxyrhynchia, die zusammen mit Thukydides eine fortlaufende Darstellung der Ereignisse von 431 bis 353 v Chr bieten, oder auch das Geflecht, das Polybios und seine Vorgänger Hieronymus von Kardia, Duris, Timaios, Aratos und Phylarchos einerseits sowie seine Nachfolger Poseidonios und Strabo andererseits verbindet2 Dominierend und gewissermaßen leitendes Geschichtswerk sind für die Historikerkette des 6 nachchristlichen Jahrhunderts die „Kriege“ des Prokop, deren Darstellung mit dem Jahre 552 schließt Fortgesetzt wird dieses Geschichtswerk durch die fünf Bücher des Agathias, die bis in das Jahr 557 bzw  559 reichen3 Dem schließt sich das Geschichtswerk des Menandros Protektor an, das vermutlich die Zeit bis zum letzten Regierungsjahr des Tiberios Konstantinos und dem Regierungsantritt des Maurikios (582) umfasste Menandros Protektor seinerseits wurde von Theophylakt fortgesetzt, dessen Geschichtswerk die Regierungszeit des Maurikios beschrieb, aber erst in der fortgeschrittenen Epoche des Herakleios, in den ausgehenden 620er Jahren, fertiggestellt worden ist Da hier gleich drei von vier Geschichtswerken ganz erhalten geblieben sind, lassen sich für das Verhältnis dieser Historiker zueinander sichere Aussagen treffen Bei dem einzigen dieser Autoren, der lediglich fragmentarisch erhalten geblieben ist  – Menandros Protektor  – ist zumindest evident, dass sein Geschichtswerk den kritischen Übergang von der früh- zur mittelbyzantinischen Zeit, also das fortgeschrittene 7 und das 8 Jahrhundert, in der Tradition überstanden hatte Daher ist er immerhin noch in sehr umfänglichen Abschnitten in den Gesandtschaftsexzerpten des Konstantinos Porphyrogennetos konserviert worden Alle vier Autoren galten in den nachfolgenden Jahrhunderten als Klassiker, vor allem der von ihnen betriebenen Mimesis wegen, also der Kunst, sich sprachlich an die Modelle der Historiographie Herodots und Thukydides’ zu halten4 Für ihre diesbezügliche Bedeutung spricht die Existenz eines Speziallexikons, das lange als Lexikon ΑΙΜΩΔΕΙΝ (nach dem ersten Eintrag: „Zahnschmer-

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Einige Fälle bei Marincola 1997, 237–241; 289–292 Polybios knüpft explizit nur an Timaios und Aratos an Das Werk schließt für die Darstellung der römisch-persischen Kriege 557, für die Darstellung der Verhältnisse auf dem Balkan 559 (Kutrigureneinfall) Hunger 1969

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zen haben“) bekannt war5 Dieses Lexikon enthielt nur Lemmata und Zitate aus diesen vier späten „Klassikern“6 und illustriert ihren normativen Rang Dabei ist evident, dass die vier Historiker von der Nachwelt nicht auf eine völlig gleiche Stufe gestellt wurden, sondern die drei „Nachfolger“ des Prokop vor allem diesem das Überleben verdankten, weil sie als Fortsetzer des leuchtenden Modells ebenfalls gelesen und überliefert wurden Das ungeheure Prestige, das das Geschichtswerk Prokops bereits bei seinen Nachfolgern selbst hatte, die auch seine Nachahmer waren7, lässt sich schon in den Ausführungen des Menandros Protektor greifen, der in Prokop seinen Meister sah, auch wenn er nicht direkt an dessen Geschichtswerk anschloss, sondern den Faden historischer Erzählung offenkundig dort anknüpfte, wo Agathias ihn hatte fallen lassen8 Das kann man einem isolierten Menandros-Zitat in den Excerpta de Sententiis entnehmen: Über den Historiker und Anwalt Prokop sagt Menandros: „Es ist mir nämlich nicht möglich und übrigens auch nicht in meinem Sinne, gegenüber einem solchen Glanz der Worte den eigenen Lampendocht hochzuhalten Es wird mir genügen, mich in meinen eigenen Kleinigkeiten zu drehen und dem Dichter von Askra zu folgen, wenn er sagt, dass der, der gegen die Stärkeren in den Wettkampf eintritt, ganz einfältig und ohne Verstand ist “9

Die Autoren aus der Gruppe der Fortsetzer des Prokop erreichen alle, wie Menandros in seiner selbstkritischen Bemerkung im Duktus topischer Bescheidenheit für sich selbst konstatierte, dessen Höhe nicht Aber es gibt doch bemerkenswerte Unterschiede Das Geschichtswerk des Agathias bleibt in rhetorischen und moralisierenden Ausführungen stecken10 Der Schwächezustand des Reiches wird zwar durchaus zur Sprache gebracht, aber die strukturellen Defizite verschwiegen, indem beispielsweise als

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De Stefani 1910; Dyck 1995 Indem man dabei die an Prokop, Agathias und Theophylakt zuweisbaren Lemmata subtrahiert, erhält man einen Rest von Lemmata, der mit Sicherheit dem Menandros zugewiesen werden kann Einige dieser Lemmata erlauben dabei, bisher unbekannte Fragmente des Menandros zu entdecken S De Stefani 1910; Dyck 1995, 998 (Appendix 4: Possible New Fragments of Menandros Protector) Nicht berücksichtigt bei Blockley 1985 Zur Verehrung Prokops durch Menandros, Euagrios und Agathias Whitby 1992, 25 f Explizit hat er eine solche Fortsetzung des Agathias nicht für sich beansprucht Der entsprechende Passus im Proömium lautet: ὡρμήθην ἐπὶ τήνδε τὴν συγγραφὴν ἄρξασθαι μετὰ τὴν ἀποβίωσιν Ἀγαθίου καὶ τῆς ἱστορίας ποιήσασθαι τὴν ἀρχήν Er ist folgendermaßen zu übersetzen: fr  1,5 (Übersetzung Bleckmann – Stein): „(… ) habe ich mich nach dem Ableben des Agathias (test  5 Keyd ) daran begeben, mit dieser Schrift anzufangen und das Geschichtswerk zu beginnen “ Menandros sagt also nur aus, dass er nach dem Ableben des Agathias mit dieser Aufgabe begann Da vorher über die Regierungsübernahme des Maurikios berichtet wird, ist nicht auszuschließen, dass Agathias, der auf jeden Fall nach dem Tod des Chosrau I (579) schrieb, bis in die Regierungszeit des Maurikios lebte S dazu den philologischen Kommentar von Markus Stein Menand fr  35 aε = Blockley 14,2 Übersetzung Bleckmann – Stein Vgl Hesiod erg  210 Zu Agathias s Cameron 1970; Brodka 2002; Brodka 2004; Maraval 2007 Eine Sonderposition bezieht Kaldellis 1999 und 2003

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Die Nachfolger Prokops: Agathias und Menandros

Faktor des Niedergangs nur die persönliche Lethargie des Kaisers selbst betont wird11 Die wirklichen außenpolitischen Probleme, etwa die Ursachen des römisch-persischen Konflikts, werden entweder ignoriert oder durch Reduktion auf persönlich-moralische Motive nicht angemessen beschrieben12 Die Erzählung bleibt bei einigen äußerst detailliert geschilderten Episoden wie dem (letztlich folgenlosen) Prozess um die Ermordung des Lazenkönigs Gubazes oder der Attacke der Kutriguren stecken13 Religiöse und moralisierende Themen haben bei Agathias im Verhältnis zu Prokop ein höheres Gewicht, auch wenn der militärisch-diplomatische Aspekt der Geschichte weiterhin im Vordergrund steht, freilich oft unter auffälliger Vernachlässigung spezifischer Details Die Kirchengeschichte, insbesondere die Historie der Auseinandersetzungen unter Hierarchen oder weiterer Details, ist genretypisch von Agathias nicht erfasst Eine besondere Auffälligkeit im Geschichtswerk sind die großen Exkurse, die als ethnographische (Franken und Alamannen; Perser) oder als naturgeschichtlich-geographische (Erdbeben; Nil) Glanzstücke ein wenig unverbunden in den Text hineingesetzt sind und die den literarischen Anspruch des Autors demonstrieren14 Das Werk bricht mit dem Jahr 557 (im Osten) bzw mit der Geschichte des Kutrigureneinfalls von 559 (für die Geschichte des Balkans) ab Verfasst hat Agathias es in den 70er Jahren des sechsten Jahrhunderts Gestorben ist er bald nach dem Ende der Regierung Chosraus I , dessen Tod (579) er noch zur Sprache bringt, und vermutlich ungefähr zum Zeitpunkt der Thronbesteigung des Maurikios15 Agathias ist also ein älterer Zeitgenosse des Menandros Protektor Dieser knüpfte ausdrücklich an dessen Bericht an Er beschreibt zunächst die letzten Jahre Justinians, unter besonderer Würdigung des römisch-persischen Friedensschlusses von 561 Vor allem aber behandelt er die Regierung Justins II (565–578), sowie die seines Mitregenten und Nachfolgers Tiberios Konstantinos (574–578 Caesar, 578–582 Augustus) Die Herrschaft des Maurikios (582–602) hat er anscheinend nicht mehr, wohl aber hat er noch die Anfänge des späteren Kaisers als General und seine Rolle als wichtigste Stütze des Tiberios Konstantinos beschrieben Das Geschichtswerk des Menandros ist in den 580er Jahren entstanden, vielleicht aber auch erst nach 590/591 abgeschlossen worden, als durch die großen Erfolge des Maurikios die römisch-persischen Kämpfe der 570er und 580er Jahre als eine überwundene gefahrvolle Episode für die römische Reichsgeschichte

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Brodka 2004, 183 Ebd , 189 Das 3 Buch beschreibt die militärischen Ereignisse von 555–557 einschließlich der Ermordung des Gubazes (3,2–14), das 4 Buch den Prozess gegen die Mörder des Lazenkönigs (4,1–11) Bericht über die Kutrigureninvasion: 5,11–23 Whitby 1992, 32 geht davon aus, Agathias habe es mit Ereignissen zu tun gehabt, die nicht von der Art waren „to stimulate great historiography“ Größere historische Bedeutung habe nur der Kutrigureneinfall von 558/559 Cameron 1968; Cameron 1970 Tod des Chosrau I : Agathias 4,29,10 Zum Zeitpunkt der Abfassung des Geschichtswerks S  41, Anm  8

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gedeutet werden konnten Vergleichbar ist diese Perspektive mit der Art und Weise, in der die Reichskrise des 3 Jahrhunderts erst aus der beruhigten Situation der Tetrarchie als Gesamtphänomen erfasst wurde16 Allerdings ist das Interesse des Menandros nicht ausschließlich auf die römisch-persischen Kriege Justins II und seiner Nachfolger gerichtet gewesen Vielmehr werden die drei wichtigsten Kriegs- und diplomatiegeschichtlichen Schauplätze der damaligen Zeit in den Blick genommen, nämlich neben dem Gesamtkomplex der römisch-sasanidischen Beziehungen (von den Kampfhandlungen an der Ostgrenze bis zu den politisch-kulturellen Zuständen bei den Göktürken in Mittelasien) der Kriegsschauplatz Italien, der auch nach dem Ende des Totila und Teia nicht zur Ruhe gekommen ist, und die Verhältnisse an der Donau Das ist jedenfalls der Eindruck, den die Fragmente erwecken Es ist freilich nicht ausgeschlossen, dass sich bei Menandros auch Ausführungen zu anderen Schauplätzen römischer Außenpolitik (Spanien) fanden sowie zum römischen Afrika, das bis zum ausgehenden 7 Jahrhundert Teil des Reiches blieb17 Menandros folgte in der Behandlung verschiedener Schauplätze hier den Konzepten des Agathias und vor allem dem Modell Prokops, der im 8 Buch seiner „Kriege“, von der Disposition in den früheren Büchern abweichend, die separaten Geschichtsstränge der römisch-persischen Beziehungen, der römischen Präsenz in Italien, Afrika und an der Donau zu einem Gesamtbericht zusammengeführt hat Im Detail lassen sich immer wieder enge inhaltliche Anknüpfungen zwischen Menandros Protektor und Prokops gesamtem Geschichtswerk beobachten, die sich teils daraus erklären, dass Menandros aufgrund der fortbestehenden Probleme die gleichen Sachverhalte behandeln muss, teils aber auch dadurch, dass er bewußt an das Vorbild anknüpft, es aber möglicherweise in einigen Fällen auch korrigieren möchte18 Besonders deutlich lässt

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Vgl dazu Bleckmann 1997 Das Geschichtswerk des Eusebius von Nantes behandelte die Geschichte der inneren Auseinandersetzungen von Decius bis Diokletian, ist also in tetrarchischer Zeit entstanden, vgl KFHist A 7 Zum Profanhistoriker Eusebios (KFHist A 6), der mutmaßlich unter Diokletian schrieb, s Bleckmann – Groß 2016, 111 f Selbst für Dexippos kann durchaus eine Abfassungszeit in den 290er Jahren erwogen werden Gegen Blockley 1985, 15 mit Anm  62 Hinweis auf Gelimer in fr   4 Vgl die Interventionen des Tiberios gegen Leowigild, die bei Greg Tur  5,38 und 6,18 festgehalten worden sind Diese Aktionen mögen auch in der vollständigen Geschichte des Menandros ihren Platz gefunden haben Das gilt etwa für die Notiz zu den in der Zeit des Menandros schon lange verschwundenen Herulern im Donaugebiet Menandros lokalisiert die Ansiedlungsplätze der Heruler in der Pannonia secunda (vgl fr  9,1 Bleckmann – Stein = 9 Müller = 5,3 Blockley); Prokop dagegen weiter östlich bei Singidunum, vgl bell Goth  2,15,30; 3,33,13 Beide Angaben werden in der Regel verbunden, indem die Heruler zwischen dem pannonischen Sirmium und Singidunum gesiedelt haben sollen Vielleicht wollte Menandros aber auch Prokop korrigieren Zur Diskussion s meinen in Vorbereitung befindlichen Kommentar zu Menandros Weitere Beispiele der Anknüpfung an von Prokop und Agathias beschriebene Ereignisse sind etwa die Verhältnisse in Lazike in den 550er Jahren, vgl Menand fr  3,1; fr  11,52 (Erwähnung des von Agathias in der Paralleldarstellung ignorierten Generals Deitatos) und 107 f Bleckmann  – Stein; die Verhältnisse in Oberitalien (Präsenz von Restgoten und Franken), vgl fr  8 sowie Agathias 1,5,1–17; 1,11–2,14

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sich dies etwa für die Darstellung des Verhältnisses zwischen dem Utigurenführer Sandilch und Justinian zeigen Hier knüpft Menandros einerseits an Prokop an, bietet aber andererseits eine ausführliche Darstellung der Rolle des Sandilch bei der Niederschlagung der Kutriguren Zabergans an, die offenkundig eine korrigierende Gegendarstellung zu Agathias bietet19 Von Agathias zeigt sich Menandros am ehesten im Sprachlichen beeinflusst20 Wendungen des Agathias werden von Menandros immer wieder übernommen und variiert, stilistisch ist aber sein Geschichtswerk insgesamt sehr viel einfacher gehalten Auch sonst sind die Darstellungsprinzipien völlig verschieden Agathias behandelt nur einige Themenkomplexe, manche davon in Überlänge Das Werk wirkt wie die Montage einiger monographischer Behandlungen Menandros bietet dagegen eine äußerst detaillierte, Jahr für Jahr behandelnde Darstellung der diplomatischen und militärischen Geschichte, die offenkundig in ein sorgfältig erstelltes chronologisches Gerüst eingebunden war, wobei sich Menandros dabei teilweise an den thukydideischen Kriegsjahren orientierte21 Erhalten sind aus den Gesandtschaftsexzerpten vor allem sehr lange Darlegungen zu Verhandlungen, die von römischer Seite aus mit Gegnern geführt wurden, die an der Donau und an der Ostgrenze Rom gegenüberstanden, nämlich einerseits mit den Awaren bzw ihrem als raffinierten Politiker dargestellten Kaghan Baian22 und andererseits mit dem persischen Großkönig und seinen Vertretern23 Menandros bietet darüber hinaus auch detaillierte Nachrichten zum Verhältnis der Römer zu dem Göktürkenreich, das ab den 60er Jahren des 6 Jahrhunderts auf den Plan trat und das zunächst mit den Sasaniden gegen die Hephtaliten verbündet war, dann aber nach der Beset-

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Zu Sandilch und den Utiguren vgl Menand fr  3,3–5, vgl Proc bell Goth  4,18,18–24 (Sandil), zu Sandilch und dem Kutriguren Zabergan Menand fr  3,3–5 und Agathias 5,24–25 Zum Verhältnis der beiden Berichte s bereits Stein 1949, 540, Anm  2; Sarantis 2016, 346–348 Apostolopulos 1894; Baldwin 1978 Vgl fr  40, Ende S allerdings Dillemann 1961, 111: „Quand un historien se réfère à la fin de l’été, au début du printemps, à l’hivernage, il n’imite pas forcément Thucydide, mais traduit simplement la réalité des faits “ Verhandlungen zwischen Awaren und der römischen Seite: fr  4 (Müller bzw Bleckmann – Stein) = 5,1 Blockley; fr  5 = 5,2 Blockley; fr  14 = 8 Blockley; fr  26 = 12,4 Blockley; fr  27 = 12,5 Blockley; fr  28 = 12,6 Blockley; fr  29 = 12,7 Blockley; fr  35 = 15,6 Blockley; fr  63 = 25,1 Blockley; fr  64 = 25,2 Blockley; fr  66 = 27,1 und 3 Blockley Zu den römisch-sasanidischen Verhandlungen vgl in der Hauptsache das lange fr  11 Müller = 6,1 Blockley Fr  12 Müller = 6,2 Blockley und fr  13 Müller = 6,3 Blockley schließen direkt an In der neuen Ausgabe von Bleckmann – Stein bildet fr  11–12 eine Einheit mit einer durchlaufenden Paragraphenzählung Zu weiteren Stücken s fr  3 = 2 Blockley; fr  15 = 9,1 Blockley; fr  16 = 9,2 Blockley; fr  36 = 16,1 Blockley; fr  37 = 18,1 Blockley; fr  38 = 18,2 Blockley; fr  39 = 18,3 Blockley; fr  46 = 20,1 Blockley; fr  47 = 20,2 Blockley; fr  50 = 23,1 Blockley; fr  54 = 23,8 Blockley; fr  55 = 23,9 Blockley; fr  60 = 26,1 Blockley

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zung Sogdiens zum Gegner der Perser wurde und aus diesem Grunde den Römern als potentielles Gegengewicht erschien24 Die starke Berücksichtigung der Diplomatiegeschichte stellt Menandros ganz in eine Tradition, die von Polybios zu Priskos von Paneion reichte Mit Priskos berührt sich Menandros auch darin, dass in der diplomatiegeschichtlichen Erzählung noch deutlich das Rohmaterial zu erkennen ist, auf das die Erzählung zurückgreifen kann, nämlich der bereits literarisch gestaltete Gesandtschaftsbericht25 Die erhaltenen Stücke bei Menandros geben gleichwohl insofern eine verzerrende Perspektive des Originalautors, als er dort auf diplomatische Sachverhalte geradezu fixiert erscheint Dieser Aspekt muss in seinem Oeuvre ohne Zweifel eine große und überdurchschnittliche Bedeutung gehabt haben, sonst hätte der Bearbeiter der konstantinischen Exzerpte nicht immer wieder diesbezügliche Passagen herausschreiben können Verzerrend wirkt die Auswahl freilich in zweierlei Hinsicht Einmal geht durch die langen Ausführungen zu diplomatischen Verhandlungen ein wenig verloren, dass Menandros ausführliche Passagen enthalten haben muss, die ganz der konventionellen Geschichtsschreibung entsprachen und militärische Operationen, Schlachten und Städtebelagerungen bezeugten Solche Passagen sind in den Resten seines Geschichtswerks meist nur dann zu entdecken, wenn die Darstellung militärischer Operationen etwas mit zuvor geschlossenen Friedensverträgen oder mit gerade stattfindenden Verhandlungen zu tun hat und dadurch Stücke in die Gesandtschaftsfragmente gelangt sind26 Etwas dichter sind dabei vor allem die Angaben über militärische Operationen in der Zeit des Tiberios Konstantinos während seiner Herrschaft als Augustus (578–582)27, während von

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Fr  18–22 = 10,1–5 Blockley; fr  43 = 19,1 Blockley; fr  45 = 19,2 Blockley Menand fr  19–22 = 10,2–5 Blockley Expliziter Hinweis auf die Abfassung des Gesandtschaftsberichts durch Zemarchos bei Johannes von Ephesos 6,23 Vgl Whitby 1992, 30 Vgl den Bericht des Priskos über die Gesandtschaft an den Hof Attilas (fr  11,1–3 Blockley) Vgl Menand fr  51 (Übersetzung Bleckmann – Stein) = 23,5 Blockley: „Die Meder fürchteten den in Kürze bevorstehenden Einfall der Römer in das Gebiet der Perser, kehrten zurück und nahmen das Thaunarios genannte Kastell, das ohne eine römische Besatzung war, in Besitz; und sie zogen sich nach Hause zurück, wobei sie überhaupt nichts gewonnen hatten, was des schamlosen Bruchs der Friedensverträge wert gewesen wäre, noch irgendwie den Römern großen Schaden zugefügt hatten, wie man dies anfangs von ihnen vermutet hatte “ S auch fr  57 (Übersetzung Bleckmann – Stein) = 23,7 Blockley: „Als die Römer Chlomaron belagerten, ringsherum Angriffe unternahmen, rundum ihre Belagerungsmaschinen aufstellten und außerdem unbemerkt unter der Erde Gänge gruben, (…) “ Militärgeschichtliche Stücke des Menandros sind vor allem für die Ereignisgeschichte während der Augustusherrschaft des Tiberios Konstantinos erhalten: fr  51 = 23,5 Blockley: Besetzung von Thaunarios durch die Perser ( Juli 578); fr  52 = 23,6 Blockley: Angriff des Tamchosrau; fr  53 = 20,3 Blockley: Rüstungen des Tamchosrau; fr  56 = 23,2 Blockley: Maurikios, der neue Stratege des Ostens (578); fr  57 = 23,7 Blockley: Die Belagerung von Chlomaron durch Maurikios (578); fr  58 = 23,3 Blockley: Herstellung der Disziplin durch Maurikios (578); fr  59,1 = 23,4 Blockley: Misserfolge der Römer und ihre Gründe (vor 578); fr  59,2 = 23,10 Blockley: Details zu einem Feldzug gegen die Perser (579/580?); fr  59,3 = 23,11 Blockley: Kommentar des Menandros zu einem persischen Triumph

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den hochdramatischen Ereignissen insbesondere der Regierung Justins II (bis zum Verlust von Dara) nur wenige Andeutungen erhalten geblieben sind28 Einige spärliche Überreste in der Suda lassen vermuten, dass der Autor in hohem Maße an der Beschreibung ingenieurtechnischer Leistungen in dieser Epoche interessiert war29 Zwei weitere Aspekte, in denen die Auswahl aus den Gesandtschaftsfragmenten den Blick dafür versperrt, dass Menandros historiographischen Mustern folgte, die komplexer waren als eine bloße Serie aneinandergereihter Protokolle, lassen sich durch quellenkritische Erläuterungen deutlich herausarbeiten, nämlich die Einlage kompletter Kaiserreden und die Beschreibung zeittypischer Formen christlicher Frömmigkeit als einer Realität des öffentlichen Lebens Der letzte Befund berührt das oben skizzierte Problem, inwiefern sich die letzte Phase der antiken Geschichtsschreibung bereits von klassischen Mustern der Historiographie gelöst hat

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Zum fr  36 a s unten S  121 Suda Σ 901 (aus Menandros) zu den sogenannten „spaliones“, womit verbergende Schirme gemeint sind In diesem Stück werden Maßnahmen zur Leerung von Zisternen beschrieben, vermutlich im Zusammenhang mit der Belagerung von Dara Beschreibung von Zisternen auch in fr  15 = 9,1 Blockley Das ingenieurtechnische Interesse kann auch wieder als ein Teil der Nachahmung Prokops interpretiert werden Zu dessen Interesse vgl Howard-Johnston 2000, der daraus allerdings die Folgerung gezogen hat, Prokop selbst sei Militäringenieur gewesen

3 Reden bei Menandros Protektor: Die Rede Justins II bei der Einsetzung des Tiberios Caesar Auch wenn die Aneinanderreihung von Diplomatenberichten, aus denen der Großteil der überlieferten Stücke des Menandros besteht, zunächst einen eher nüchternen Gesamteindruck macht, verzichtet Menandros keineswegs auf eine rhetorisch-stilistische Gestaltung Rhetorisch aufwendig ist bereits das Proömium, das durch die Wiederverwendung zahlreicher Wendungen des Agathias auffällt1 In der Erzählung selbst bemüht sich der Autor, Figuren wie den Herrscher der Awaren Baian oder aber auch den idealisierten Kaiser Tiberios plastisch zu charakterisieren Die Erzählung wird insbesondere durch ein komplexes, an Herodot geschultes System des antilogischen Austausches von Argumenten, von direkter und indirekter Rede belebt Im Einzelnen trägt die geschickte Darstellung dieser Dialoge und die Ausmalung von Gesprächszenarien dazu bei, die Protagonisten zu charakterisieren Die Arroganz und Selbstüberhöhung Justins II , die dann zu fatalen Fehlentscheidungen in der Auseinandersetzung mit den Persern führt, wird etwa in der Begegnung des Justin mit dem persischen Gesandten Sebochthes/Sebocht dargestellt2 Ein Vorfall während der Audienz, nämlich dass die Kappe des Gesandten ihm bei der Proskynese vom Kopf fällt, veranlasst den Kaiser, den Schmeicheleien seines Gefolges Glauben zu schenken und davon auszugehen, „dass Persien sich ihm bald unterwerfen werde “ Die Unterredung mit dem persischen Gesandten endet damit, dass Justin offen erklärt, dass, wenn der König der Perser versuchen sollte, sich einen Fingerbreit zu bewegen, er selbst sich eine Elle weit bewegen werde und dass er in das Land der Perser ziehen werde Er sei zuversichtlich, dass, wenn er sich zum Krieg aufmachen werde, er den Chosroes vernichten und selbst den Persern einen König geben werde 3

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Fr  1 = 1 Blockley Zur Übernahme von Wendungen aus Agathias Apostolopulos 1894 S zum folgenden Menand fr  36 Bleckmann – Stein = 36 Müller = Blockley 16,1 Die Zitate fr  36,4 und 9 in der Übersetzung von Bleckmann – Stein

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Menandros erlaubt es sich, diese Äußerung des Selbstbewusstseins und des Prahlens als „befremdlich“ zu charakterisieren Dabei schmeichelt er indirekt dem vermeintlich bescheidenen Maurikios, da diesem ja im Unterschied zu Justin genau die Einsetzung eines Perserherrschers von seinen Gnaden gelang Dass Menandros neben solchen teils in direkter, teils in indirekter Rede wiedergegebenen Kurzäußerungen in seinem Geschichtswerk bald auch kurze, bald längere Reden einlegte, ist in den Gesandtschaftsexzerpten gut zu erkennen Hier ist insbesondere das thukydideisch konzipierte Redenpaar des Petros Patrikios und des Iesdegusnaph-Zich im überlangen fr  11 hervorzuheben Einen Hinweis auf eine δημηγορία findet sich in fr  39, das die Gesandtschaft des Traian und Zacharias zu Chosrau I behandelt4 Der Exzerptor der Gesandtschaftexzerpte verweist darauf, dass beide Gesandte in eine Versammlung von Würdenträgern beim Perserkönig gelangen und eine Rede halten Über den Inhalt dieser Rede verlautet nichts, sondern der Exzerptor begnügt sich damit, darauf hinzuweisen, dass sich diese Rede in einer anderen Rubrik der konstantinischen Exzerpte befand, nämlich derjenigen über die „öffentlichen Reden“ (δημηγορίαι)5 Denkbar ist, dass das Geschichtswerk neben den Redenpaaren in diplomatischen Angelegenheiten auch andere Einlagen wie Feldherrnreden oder Reden des Kaisers enthalten hat Vermutlich fanden sich solche Reden in größerer Zahl in der besagten, verloren gegangenen Rubrik der konstantinischen Exzerpte Eine ähnliche Funktion hatten auch die in das Geschichtswerk eingelegten Briefe, die in den Gesandtschaftsfragmenten selten vollständig wiedergegeben sind (das ist etwa der Fall für den Brief des Chosrau I an Justin II 6), meistens aber nur summarisch zur Sprache gebracht werden Die entsprechende, wieder verlorene, Rubrik der konstantinischen Exzerpte, nämlich die über die Briefe, muss hier das eine oder andere Stück aus Menandros enthalten haben7 Das Geschichtswerk des Menandros dürfte vor allem auch große programmatische Kaiseransprachen am Hofe von Konstantinopel wiedergegeben haben, die insbesondere durch dynastische Ereignisse veranlasst waren, etwa anlässlich des Regierungsantritts des Tiberios Konstantinos als Augustus im Jahre 5788 oder auch der Einsetzung des Maurikios als Nachfolger des Tiberios 582, einige Tage nach der

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Entspricht Blockley 18,3 Büttner-Wobst 1906, 109 f Diese δημηγορίαι sind, wie Büttner-Wobst bemerkt, keine „Volksreden, sondern öffentliche Staatsreden“ Menand fr  11,38–42 Bleckmann – Stein = fr  6,1 Blockley (Z  179–193) Menand fr  18 = 10,1 Blockley Hier verweist der Redaktor im Zusammenhang mit einem von Maniach mitgeführten Schreiben Sizabuls auf den zu konsultierenden „Band über die Briefe“ Zur verloren gegangenen Rubrik De epistulis, vgl Büttner-Wobst 1906, 117 Eine Rede zu diesem Anlass wird bei Theophanes p   248,18–249,8 de Boor erwähnt Was dann allerdings inhaltlich angegeben wird, entspricht derjenigen des Jahres 574, s u S  50, Anm  16

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Heirat mit Konstantina9 Die historiographische Bedeutung solcher Kaiseransprachen lässt sich im Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus nachweisen Reden dieser Art fügt Ammianus Marcellinus beispielsweise in den Bericht über die Erhebung Julians zum Mitregenten des Constantius II oder denjenigen des Valens zum Mitregenten Valentinians ein10 Sie sind zumindest nicht völlig frei erfunden, sondern Originalreden von Kaisern gehören zu den Bausteinen, aus denen er seinen historischen Bericht zusammenfügte11 Das war möglich, weil die Kaiserreden mitstenographiert wurden und ohnehin kaiserliche Verlautbarungen ihrer Bedeutung entsprechend publiziert wurden In einem Fall lässt sich anhand quellenkritischer Überlegungen wahrscheinlich machen, wie Menandros das ihm vorliegende Material einer Rede in seine Erzählung integriert haben dürfte Es geht um eine in den direkt für Menandros bezeugten Fragmenten nicht mehr erhaltene Ansprache des Justin II Bekanntlich erhob dieser, kurz nachdem er nach der Einnahme von Daras durch die Perser schwer erkrankt war, den Tiberios II zum Caesar Schon zuvor hatte Tiberios eine Zeit lang die Regierungsgeschäfte geführt Der Staatsakt der Caesar-Erhebung fand am 7 Dezember 574 im Delphax des Palastes statt12 Die zu diesem Anlass vom Oberkaiser gehaltene Rede wurde protokolliert und ist in die historiographische Überlieferung eingegangen13 Sie 9 10 11 12

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S die Wiedergabe der Rede von 582 bei Theophyl  1,1,1–23 Eine Kurzfassung dieser Rede bei Gregor von Tours 6,30 Ammianus Marcellinus 15,8,12–14; 26,2,6–10 Vgl Sabbah 1978, 137 Erhaltene Beispiele in der Collectio Avellana (Nr  23 und 24) Whitby 2000, 272, Anm  50 zur Deutung des bei Euagr  5,13 p  208,26 beschriebenen Innenhofs Das Datum der Rede wird von Johannes von Ephesos 3,5 (95,7 f Brooks) und von Theophyl (3,11,13) bezeugt Letzterer bietet überhaupt nur hier ein Datum Diese exakte Datierung ist als ein Hinweis für die Benutzung einer Chronik gesehen worden, vgl Whitby – Whitby 1986, 90, Anm  56 Eine Parallele kann bei der Beurteilung helfen Die genaue Datierung eines Erhebungsaktes findet sich auch bei Ammianus Marcellinus im Zusammenhang mit der Erhebung Julians zum Caesar, und zwar nach der Ansprache des Oberkaisers Constantius II (15,8,17: Haec diem octavum iduum Novembrium gesta sunt, cum Arbitionem consulem annus haberet et Lollianum) In letzter Instanz geht diese Datierung fraglos auf eine offiziöse Chronik, die genau den Tag der Mitregentenerhebung verzeichnete (in der Art von Consularia Constantinopolitana [KFHist G 1] 355: Arbitione et Lolliano: his conss. levatus est Iulianus Caesar die VIII Id. Nov.), oder aber eventuell auch auf ein Protokoll zurück Theophylakt kann eine solche exakte Angabe über das Erhebungsdatum in einem von ihm benutzten historiographischen Bericht gefunden haben kann, der wiederum eine Chronik oder ein Protokoll benutzt hat Johannes von Ephesos 3,5, Übersetzung von Brooks, p  95,13–16: „Omnia vero quae ab eo dicta sunt a multis statim notis exarabantur, et scriptis tradita sunt Stabant enim notarii multi et exscriptum exactum (?) faciebant, quae nos ob multitudinem eorum omisimus et negleximus “ Schönberger versieht seine Übersetzung „Protokoll“ ebenfalls mit einem Fragezeichen Da die Bedeutung des entscheidenden Wortes im Syrischen unklar ist (freundlicher Hinweis des anonymen Gutachters für die Historia-Einzelschriften), kann nicht exakt bestimmt werden, welcher Art der von den Notaren verfasste Text ist Aufgrund des Hinweises auf die Stenographie wollte aber Johannes ohne Zweifel zum Ausdruck bringen, dass er den wortwörtlichen Gehalt der Rede bietet Gerade das ist zwar aufgrund der vielen tendenziösen Verzerrungen auszuschließen, die eine Eigenleistung des Johannes sind Dennoch bestätigt der explizit festgehaltene Hinweis auf die Tätigkeit der Notare

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findet sich in einer Zusammenfassung bei Euagrios14, in der Darstellung des Johannes von Ephesos und bei Theophylakt15 Keinen selbständigen Wert hat eine vierte Version, nämlich die von Theophanes gebotene Fassung, die lediglich aus Theophylakt geschöpft worden ist16 Gegenüberstellungen dieser Redenversionen sind insbesondere von Averil Cameron vorgenommen worden Averil Cameron hat dabei in ihrem kurzen einschlägigen Aufsatz die Ausführungen, die sich bei Theophylakt finden, auf Johannes von Epiphaneia zurückgeführt17 Johannes von Epiphaneia, der weiter unten noch im Detail vorzustellen sein wird, ist in der Tat bekanntlich die Quelle der Ausführungen, die Theophylakt zur Vorgeschichte der Regierung des Maurikios macht und in denen er die Geschichte des Perserkrieges in der Regierungszeit Justins II und des Tiberios II beschreibt (3,9,3–18) Auch für Teile der Geschichte des Maurikios hat Theophylakt mutmaßlich in großen Teilen aus Johannes von Epiphaneia geschöpft Für die Kapitel zur Geschichte des Justin II ist diese Abhängigkeit dadurch nachgewiesen, dass die ersten Seiten dieses Geschichtswerks vollständig erhalten geblieben sind und genau mit der Darstellung des Theophylakt übereinstimmen18 Allerdings liegt hier auch ein von Averil Cameron nicht berücksichtigtes Problem Das erhaltene Stück des Johannes von Epiphaneia reicht zeitlich nämlich über den Regierungsantritt des Tiberios Caesar hinaus Die Parallelen Theophylakts zu Johannes von Epiphaneia beginnen in 3,9,3 und enden in 3,12,9 Die Rede des Justin II findet sich innerhalb dieses Abschnitts (3,11,7–3,12,1) Sie hat aber in evidenter Weise keine Entsprechung zum hier komplett erhaltenen Text des Johannes von Epiphaneia, der nur auf die Erhebung des Tiberios eingeht, aber keine Rede Justins einfügt19 Um die Rede gleichwohl dem Johannes von Epiphaneia zuzuweisen, müsste man annehmen, dass Johannes von Epiphaneia diese

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die Selbstverständlichkeit, dass Kaiserreden aufgezeichnet wurden, anscheinend, um anschliessend genau prüfen zu können, parallel von mehreren Schreibern Euagr  5,13 p  208,21–209,8 Bidez – Parmentier Der Beitrag des Kirchenhistorikers besteht vor allem darin, dass er die Rede einer „supranatural grace“ zuschreibt, die dem Justin die Gelegenheit gegeben habe, seine Irrtümer einzugestehen und gute Ratschläge zum Wohl des Staates zu formulieren, vgl Allen 1981, 226 Vgl auch die Beobachtungen von Whitby 2000: Justin II macht deutlich, der größten Bestrafung wert zu sein (209,2 f ), vgl zu diesem Motiv der göttlichen Rache für kaiserliches Fehlverhalten Euagr  5,1 (p  195,6–7) Johannes von Ephesos 3,5; Theophyl  3,11,7–13 Theophanes p  248,18–249,8 de Boor Die Rede wird dabei in das Jahr 578 verlegt, vgl dazu Mango – Scott 1997, 369 Cameron 1976, 162 Der Aufsatz (161–167) bietet nach einer Würdigung der Bedeutung des Justin und nach einer Übersetzung der Haupttexte (162–166) vor allem einen Hinweis auf die Beschreibung des Wahnsinns des Justin bei Johannes von Ephesos und der Bedeutung des Tiberios und der Sophia (167 f ) Ein eingehender Vergleich der Versionen wird nicht vorgenommen S auch Hertzsch 1884, 29–31 Codex Vaticanus gr  1065, fol  94 verso – fol  100 verso Vgl Brodka 2013 Text bei Müller, FHG IV, 273–276 Johannes von Epiphaneia fr  1,5 (FHG IV, 275) S bereits Hertzsch 1884, 29: „Sed ea oratio, quam Iustinus in Tiberio Caesare renuntiando habuisse fertur, non extat apud Ioannem “

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Rede an irgendeiner anderen Stelle und in einer von Theophylakt abweichenden Reihung in sein Geschichtswerk eingefügt hat Viel wahrscheinlicher ist aber, dass Theophylakt die Rede gar nicht Johannes von Epiphaneia, sondern einer anderen Quelle entnommen hat Theophylakt könnte entweder selbständig eine dokumentarische Quelle konsultiert und ein in den Archiven gefundenes Protokoll der Rede in seinen Text eingefügt haben Für diese Annahme mag der Parallelfall sprechen, dass man auch die Einlage einer weiteren Rede des Tiberios, derjenigen von 582, in der Tat mit der Benutzung eines Dokuments erklärt hat20 Oder aber Theophylakt hat die Rede von 574 in der gleichen erzählenden Quelle vorgefunden, die er auch sonst für die Ergänzung seiner aus Johannes kopierten Darstellung benutzt, nämlich bei Menandros Protektor21 Menandros wird von Theophylakt als respektabler Autor und einschlägige Quelle zwar immerhin an einer Stelle explizit genannt22 Er ist aber von ihm in einem durchaus größeren Umfang benutzt worden Das lässt sich einerseits für Episoden der römisch-awarischen Beziehungen23, andererseits sogar für Spezialausführungen zu Hunnen und Göktürken wahrscheinlich machen24 Menandros ist auch die Quelle zahlreicher kleiner zusätzlicher Bemerkungen, die sich im Abschnitt über die rö20

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Vgl zu Theophylakt 1,1,2–23 (Bericht über das Ende des Tiberios und die Erhebung des Maurikios 578) Olajos 1988, 158 Olajos, 124 denkt darüber nach, dass der Text der Rede von 578 aus einer „chronique de Constantinople“ stammt oder, dass Theophylakt als Antigrapheus unter Herakleios (Phot bibl cod  65) Zugriff auf die Archive hatte Eine Vermittlung des Textes durch Menandros schließt sie deshalb aus, weil Theophylakt explizit erkläre, nicht den Stoff des Menandros wiederholen zu wollen Das Argument ist nicht überzeugend, da Theophylakt (1,3,5) nur angibt, dass er die langen Ausführungen des Menandros zur Einnahme von Sirmium durch die Awaren nicht wiederholt Sie geht (S  36) im Übrigen selbst davon aus, dass der Bericht des Menandros mit der Regierungsübernahme des Maurikios am 14 August 582 schloss Daher könnte Menandros Stoff zur Erhebung des Maurikios durch Tiberios geboten haben Whitby 1992, 53: Einfügung des „actual speech (or part of it) delivered by Justin“ Vgl u S   54 Anm  35 Theophyl  1,3,5 Vgl in der Ausgabe Bleckmann – Stein fr  66 a Theophyl  1,5,1 nimmt Bezug auf den römisch-awarischen Vertrag, der von Menand fr  34,35 und 35 aζ (Müller bzw Bleckmann – Stein) vorausgesetzt wird Vgl insgesamt Olajos 1988, 100 Zur Bookolabras-Episode (Theophyl  1,8,2–7) vgl Menand fr  66 und Olajos, 100 f mit Anm  422 Auch im sogenannten Skythen- oder Hunnenexkurs (7,7,6–9,12) finden sich Stücke, die mit einiger Wahrscheinlichkeit aus Menandros stammen, vgl  7,7,8–10 zu den Awaren und Hephtaliten, 7,7,14–7,85 zu den Var-Chunni; 7,8,3 zu den Sabiren, Onoguren und Zalen. 7,7,11 und 9,2–11 zu den Taugast, sowie 7,7,12 zu den Mukri; 7,8,11–15 zu den Türken Kriterien der Zuweisung an Menandros sind 1 ) Übereinstimmungen mit erhaltenen Angaben in den Fragmenten des Menandros selbst, 2 ) eindeutige Hinweise auf datierende Elemente, die vor die Zeit des Theophylakt verweisen und mit dem Standpunkt des Menandros verbunden werden können Die genaue Demonstration kann an dieser Stelle nicht erfolgen, vgl nur Olajos 1988, 103 f mit Anm  431 Eine Darlegung der Sachverhalte soll in einer Appendix in der Ausgabe von Menandros Protektor für KFHist erfolgen Die Frage der quellenkritischen Einordnung des Skythenexkurses ist aber unabhängig von den Passagen zu behandeln, in denen bei Theophylakt der Anteil des Johannes von Epiphaneia klar von einer zusätzlichen Quelle (=Menandros) geschieden werden kann Dort ist die Basis für quellenkritische Zuordnungen sehr viel belastbarer

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misch-persischen Konflikte finden, den Theophylakt ansonsten aus Johannes von Epiphaneia geschöpft hat Die Isolierung einer zusätzlich von Theophylakt benutzten Quelle ist hier insofern sicher, als, wie bereits bemerkt, die Darstellung des Johannes von Epiphaneia zumindest für die Anfänge des römisch-persischen Kriegs ab 572 komplett vorliegt und auf diese Weise genau ermittelt werden kann, was Theophylakt aus Johannes entnommen hat und was nicht Im Einzelnen sind diese Nachweise von Theresa Olajos in einer wertvollen Studie erbracht worden, die etwas nach oder unmittelbar gleichzeitig zu den einschlägigen Übersetzungen und Kommentaren des Theophylakt erschienen ist und deren Ergebnisse daher nicht immer Eingang in die Forschungsdiskussionen gefunden haben25 Die verbleibenden Reste, die nicht aus Johannes von Epiphaneia stammen, passen gut zu Menandros Protektor Aus Menandros stammt so vermutlich die exakte Angabe Theophylakts, dass während des persischen Angriffs von 573 die Belagerung von Dara durch Chosrau I sich immerhin sechs Monate hinzog26, während die Überrumpelung von Apameia sich innerhalb von drei Tagen abspielte27 Auf Menandros geht ferner wohl ein großer Teil der gegenüber Justin II kritischen Ausführungen zurück, die sich bei Theophylakt, nicht aber bei Johannes von Epiphaneia finden lassen Es sind Bemerkungen, die auf „den Leichtsinn des Kaisers“ (3,9,4) und „den großen Unverstand des Kaisers“ (3,9,4) hinweisen oder darlegen, dass er „aufgrund kleiner und unwichtiger Motive“ (3,9,8) agierte Kritisiert wird insbesondere der unverantwortliche Bruch des 561 abgeschlossenen und von Menandros ja ausführlich dargelegten Abkommens Hier verweigerte Justin die vereinbarten und fälligen Geldzahlungen an die Perser, weil es sich faktisch um Tributzahlungen handle Diese Deutung Justins wird in einer erklärenden Ausführung scharf zurückgewiesen, die Theophylakt in evidenter Weise nicht aus Johannes von Epiphaneia bezogen hat: Die Goldzahlungen seien keineswegs als Tribut aufzufassen, sondern vielmehr „verwendet“ worden „zum Schutz der Befestigungen, die im Interesse der allgemeinen Sicherheit bewacht wurden, damit die zahllosen Stämme und Grenznachbarn nicht in zügelloser Gewalt einbrächen und beide Reiche den Untergang fänden“ (3,9,11)

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Olajos 1988 Geringfügig früher oder gleichzeitig Schreiner 1985; Whitby – Whitby 1986; Whitby 1988 Letzterer ist allerdings in vielen Einzelheiten unabhängig zu ähnlichen Ergebnissen gekommen wie Olajos Die inhaltlichen Zusätze des Theophylakt, die durch den Vergleich mit Johannes von Epiphaneia auffallen, sind teilweise bereits in der Quellenforschung des 19 Jahrhunderts diskutiert worden Adamek 1891, 7 folgerte hier allerdings trotz der Beobachtungen zu den Zusätzen nur: „Wir dürften in allen diesen Bemerkungen nur Urteile Theophylacts vor uns haben “ Vgl Euagr  5,10 p  207,14–15 Bidez – Parmentier: „Chosrau hatte die Stadt fünf Monate und mehr belagert, wobei keiner sie verteidigte “ (Übersetzung Hübner) Sechs Monate bei Johannes von Ephesos (6,5) Theophyl  3,10,9

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Die besondere Verantwortung des Justin für den gravierenden Verlust von Dara wird auch dadurch deutlich gemacht, dass in einer ebenfalls nicht bei Johannes von Epiphaneia zu lesenden Erläuterung die psychische Erkrankung des Kaisers mit dem Verlust der Festung erklärt wird: Als der Kaiser Justin davon gehört hatte, war er über den katastrophalen Umschwung erschrocken und erkrankte nicht viel später auch am Wahnsinn, und weil er für später die Zunahme von Übeln befürchtete, machte er für das bevorstehende Jahr einen Waffenstillstand mit den Persern 28

Zwei Argumente sprechen m E gerade hier für eine Zuweisung dieser Bemerkung des Theophylakt an Menandros: Zum einen passt das psychologisierende Motiv, das sich auch bei einem anderen Lobredner des Maurikios, nämlich bei Euagrios, findet29, ganz zu der in den Gesandtschaftsexzerpten zu entdeckenden Charakterisierung Justins II durch Menandros Justin führt etwa schon die Verhandlungen mit Sebochthes/ Sebocht mit einem Übermaß an Emotionen und lässt bereits bei dieser Gelegenheit Zweifel an seinem gesunden Menschenverstand erkennen30 Zum zweiten zeigt sich auch in der Bemerkung über den katastrophalen Umschwung eine auffällige Entsprechung zur Geschichtsdeutung des Menandros, der in herodoteischer Weise den Umschwung des Glücks, aber auch die Notwendigkeit, gegenüber diesem Umschwung standhaft zu bleiben, zu einem Grundthema vor allem bei der Darstellung der römisch-persischen Beziehungen gemacht hat31 Aus Menandros und nicht aus Johannes von Epiphaneia stammen ferner Angaben Theophylakts über eine diplomatische Initiative des eben erst ernannten Caesar

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Theophyl  3,11,3 Michael Syrus 10,9 (II, p  312): Aufgrund der schockierenden Nachricht lässt Justin die Läden in der Hauptstadt schließen Der Modellkaiser Maurikios bleibt beim Umschwung der Verhältnisse standhaft, vgl zu Euagr  6,17 Whitby 2000, 270, Anm  46 Vgl dagegen das Verhalten Chosraus I in 5,14 f mit Whitby, l c Vgl Euagrios 5,11 p  208,20–23 Bidez – Parmentier Menand fr  36 = 16,1 Blockley Vgl vor allem den abschließenden Satz (Übersetzung fr  36,9 Bleckmann – Stein): „Nachdem er nun so Abwegiges gesagt hatte, schickte er den Sebochthes fort “ Vgl etwa die Sesostris-Anekdote in Menand fr  11,44–47 Bleckmann – Stein = 11 Müller = 6,1 Blockley (Z  213–238) S auch die Reflexion in fr  61ε Bleckmann – Stein = 61 Müller = 26,5 Blockley S die Übersetzung u S  131 Vgl ferner zur Unbeständigkeit menschlicher Verhältnisse Menand fr  30ζ Bleckmann – Stein (Übersetzung) = 30 Müller = 7,6 Blockley: „Die Goten wurden ganz und gar von den Römern besiegt Ich wundere mich darüber keineswegs Die menschlichen Verhältnisse sind nämlich von Natur aus darauf angelegt, sich mit der Zeit zu ändern, und man kann finden, dass fast die gesamte Geschichte von solchen Mühsalen erfüllt ist und dass riesige Völker und Städte bald zu höchster Blüte gelangt, bald gänzlich in das Nichtsein hinabgeglitten sind Dies nun und dergleichen hat der verändernde Umlauf der Zeit vorher gezeigt und er wird es wieder zeigen und wird nicht damit aufhören, es zu zeigen, solange es Menschen und Kriege gibt “

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Tiberios32 sowie eine erste Bemerkung über die von diesem betriebene Aufrüstung der Armee33 Angesichts des von Olajos herausgearbeiteten Kontextes erscheint mir die von dieser selbst eher vorsichtig als Möglichkeit erwogene34, von Whitby dagegen sehr viel deutlicher vertretene Annahme gerechtfertigt: Theophylakt hat in gleicher Weise, wie es bei den übrigen Ergänzungen zum Grundbericht des Johannes von Epiphaneia der Fall ist, auch seine Ausführungen zur Ansprache des Justin II aus Menandros Protektor bezogen35 Dafür spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass Theophylakt der Rede eine längere Erläuterung zur Frage vorausschickt, warum die Rede wörtlich wiedergegeben wird: Ich werde hier auch die Unterweisungen des Kaisers einfügen, die er dem Tiberios Caesar zum Zeitpunkt der Ernennung in einer öffentlichen Rede erteilte, ohne das Unschöne der Diktion zu glätten noch irgendwie das Nichtaufgeputzte des Ausdrucks zu verändern, sondern ich denke, ich werde das Zitat der Worte meiner Erzählung ungeschminkt zugrunde legen, damit durch den unverkleideten und nicht umgemünzten Charakter des Wortlauts, wie er wirklich ist, das Unverfälschte der aufeinanderfolgenden Geschehnisse hervortrete 36

Diese Überlegungen sind für den sonst wenig methodenbewussten Theophylakt ganz und gar untypisch37 In ihrem programmatischen Gehalt nehmen sie zu der seit Thukydides behandelten Frage Stellung, wie Reden wiederzugeben sind, und ordnen sich in eine schon lange unter Historikern geführte Diskussion ein Die in umständlicher Form und redundant begründete Ablehnung einer besonderen stilistischen Gestaltung der Rede ähnelt dabei den Erläuterungen, die Menandros selbst im An-

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Theophyl  3,12,2 f Theophyl  3,12,4 f Aus Johannes von Epiphaneia dann der zweite Hinweis auf die Rüstungen des Tiberios, vgl Theophyl  3,12,8 f und Johannes von Epiphaneia fr  1,5 (FHG IV, 276) Zur Dublette s Whitby – Whitby 1986, 91, Anm  59: „This switch of sources may explain the double reference to Tiberios’ recruitment (iii  23,4–5,8) “ Olajos 1988, 160 geht dabei davon aus, dass Theophyl  3,12,2–9 teilweise aus Menandros schöpft, teils eigene Überlegungen einfügt Whitby 1988, 227–230 weist Theophyl  3,12,1–5 dem Menandros zu Olajos 1988, 136 f zieht die Benutzung eines Protokolls einer indirekten Vermittlung der Rede durch Menandros vor Anders sind die Akzente bei ders  24: „Il est probable que notre historien ait utilisé comme source directe le ‚procès verbal‘ en question Il n’est pas impossible cependant que ce soit Ménandre qui, à partir du document original ait pu l’utiliser pour compléter sa source principale “ Whitby 1988, 227–229 betont zu Recht, dass die Rede nicht aus Johannes von Epiphaneia entnommen sein kann Er nimmt ferner an, dass die Rückkehr zu Johannes von Epiphaneia als Hauptquelle erst in 3,12,6 stattfindet und dass Theophylakt die dazwischenliegenden Stücke aus Menandros genommen hat Aufgrund seiner sorgfältigen quellenkritischen Untersuchung kommt er unabhängig von Olajos 1988 zu dem Schluss, dass die Rede Justins letztlich aus Menandros Protektor stammen muss, s vor allem 230 Theophyl  3,11,5–6 Olajos 1988, 22 f weist sie gleichwohl Theophylakt und nicht Menandros zu Denn Theophylakt habe hier begründen müssen, warum er von der sonst für ihn üblichen bombastischen rednerischen Ausschmückung abweiche

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schluss an seine Wiedergabe der Verhandlungen zwischen Petros Patrikios und dem persischen Gesandten Iesdegusnaph-Zich anfügt: Ich habe auch nicht statt der einen andere Ausdrücke verwendet, außer dass ich, soweit mir möglich war, das an Worten, was in irgendeiner Weise zu niedrig war, in gehobeneres Attisch umformuliert habe Es gefiel mir nämlich gar nicht, das, was tatsächlich gesprochen worden und, was, wie ich glaube, wortgenau zu mir gelangt war, in eine andere Ausdrucksweise umzusetzen und durch die Eleganz der Worte nicht das, was gesagt worden war, sondern die rhetorische Fähigkeit vorzuführen, zumal ich über den Friedensvertrag zweier so mächtiger Monarchen und Staaten berichte 38

Eine weitere programmatische Äußerung zur Übernahme wörtlicher Formulierungen findet sich bei Menandros auch im Zusammenhang mit der Wiedergabe eines im Zusammenhang mit den gleichen Verhandlungen überbrachten Schreibens Chosraus I : „Ich möchte den genauen Wortlaut vortragen, denn ich jedenfalls habe es für notwendig gehalten, nicht andere Worte zu gebrauchen, damit niemand den Verdacht äußern wird, dass durch eine andere Ausdrucksweise irgendetwas von der Wahrheit verdreht worden ist “39 Für die Beurteilung des Inhalts der Rede Justins II , wie sie von Theophylakt wiedergegeben wird, erlaubt der Vergleich mit den alternativ überlieferten Versionen, Akzente auszumachen, die man ebenfalls gut mit dem Profil des Menandros zur Deckung bringen kann Dabei ist insbesondere der Vergleich mit der sehr langen Wiedergabe bei Johannes von Ephesos aufschlussreich, der ausdrücklich bezeugt, eine stenographierte Fassung der Rede benutzt zu haben, hier also mit Theophylakt (bzw seiner Vorlage Menandros) rivalisiert, der ja ebenfalls vorgibt, die Rede ohne größere Überarbeitung wiederzugeben Gewisse Ähnlichkeiten zwischen den beiden Reden fallen in der Tat auf Justin II bezichtigt sich in allen Reden selbst der Arroganz und der Überheblichkeit In allen Versionen kommt es Justin II darauf an, einen scharfen Kontrast zwischen seinem eigenen Fehlverhalten und dem vom Modellkaiser Tiberios erwarteten Verhalten zu betonen Tiberios soll alle die Fehler vermeiden, die Justin selbst begangen hat Auch Euagrios bringt genau dies in seiner Kurzfassung der Rede auf den Punkt: „Korrigiere meine Fehler, indem du das Staatswesen mit allem Glück lenkst “40 Trotzdem fallen Unterschiede in den Reden auf, die deutlich beweisen, dass weder Johannes von Ephesos noch Menandros Protektor (bei Theophylakt) einfach nur eine unbearbeitete Protokollversion bieten41 38 39 40 41

Vgl Menand fr   11,130 f in der Übersetzung von B Bleckmann und M Stein Das fr   11,130–136 entspricht dem fr  12 Müller = 6,2 Blockley Menand fr  11,39 (Übersetzung Bleckmann – Stein) Das fr  11,1–129 entspricht dem fr  11 Müller = 6,1 Blockley Euagr  5,13 p  209,3–4 Bidez – Parmentier Bei Whitby, der durchaus die Abhängigkeit des Theophylakt von Menandros sieht, soll Theophylakt gleichwohl über die Vermittlung des Menandros ein relativ authentisches Abbild der Rede erhalten haben, s vor allem Whitby 1992, 53

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Dem Johannes von Ephesos geht es vor allem darum, dass sich der Verfolger der Miaphysiten am Ende seines Lebens selbst deutlich verurteilt Weil die Rede vor allem eine leidenschaftliche Selbstanklage Justins als reuigen Sünders ist, fehlt es nicht an Tränen und an anderen melodramatischen Einlagen42 Der abdankende Kaiser betont in auffälligster Form seine Verworfenheit und verweist wiederholt darauf, dass er Gott erzürnt hat43 Darüber hinaus behauptet er, vom strafenden Gott selbst abgesetzt worden zu sein: „Nimm die Herrschaft des unglücklichen Justinus in Besitz, der Gott erzürnt, den aber auch Gott verworfen und auch noch zu seinen Lebzeiten von seiner Herrschaft verstoßen hat “44 Nur bei Johannes von Ephesos wird ferner sowohl in den einleitenden Bemerkungen als auch in der Rede selbst behauptet, Justin II sei für seine weisen Worte direkt von einem bei ihm stehenden Engel inspiriert worden45 Die Rede, die Theophylakt aus seiner Vorlage übernommen hat, enthält zwar auch einige Hinweise darauf, dass sich Justin II als Sünder selbst bezichtigte Sie ist gleichwohl wesentlich nüchterner, berichtet nichts von einer angeblichen Abdankung Justins II und geht auf die wichtigen staatsrechlichen Sachverhalte, die Investitur zum Caesar und Erhebung zum Mitregenten46, sowie die Adoption, ein Diesen Adoptionsakt hatte Johannes von Ephesos nicht zur Sprache gebracht (weder in den einleitenden

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Johannes von Ephesos 3,5 p  93,14 f ; 93,20 f (lateinische Übersetzung von Brooks): „fletus acerbus et gemitus amari omnes qui audiebant occupaverunt “ Zur langen Szene ( Johannes von Ephesos 3,5 p  94,17–27 Brooks) sei die deutsche Übersetzung von Schönberger, 99 wiedergegeben: „Dies also und noch viel mehr, – wovon wir aber seiner Menge wegen nur Weniges angeführt haben – wurde vom Kaiser in Gegenwart aller mit lauter Stimme und wehmütigen Tränen gesprochen Auch der edle Tiberios warf seinen Mantel ganz ab, stürzte sich mit dem Angesicht auf die Erde hin zu den Füßen des Kaisers und schrie ebenfalls ganz laut mit bitteren Tränen und Seufzern Ferner der ganze Senat und alle ringsumher Versammelten schrieen mit großer Wehmut, als sie das alles hörten und sowohl den sahen, der seine Herrschaft niederlegte, als auch den, der gerufen wurde, um sie zu erhalten Mit wehmütigen Klagen erhoben sie den Tiberios und stellten ihn auf, während er selbst schreiend auf sein Angesicht niedersank “ Einen Teil dieser Melodramatik findet man auch bei Euagrios 5,11, wo allerdings der Tränenstrom nur die Zuhörer erfasst S z B Johannes von Ephesos 3,5 p  93,25–27 Brooks: „quoniam Regem verum, cuius regnum in aeternum non praeterit, qui eum indignum regem fecit, qui eum provocavit et exacerbavit “ 93,31 f : „tanta castigatio dura ac terribilis in me missa est “ 94,11 f : „sententia quae in me exiit“ Johannes von Ephesos 3,5 p  93,24 f Brooks: „ut miserum Iustinum videant, qui regno suo exuitur et decidit “ 3,5 p  93,31: „en nunc en ipse vivus regno exuor et abdicor “ S ferner 3,5 p  93,17 und p  93,35– 94,1 Der Titel des Aufsatzes von Cameron 1976: „An Emperor’s Abdication“ trifft eigentlich nur auf die Beschreibung des Sachverhalts, wie sie von Johannes von Ephesos gegeben wird, zu Allerdings geht aus den einleitenden Bemerkungen des Johannes hervor, worum es de facto geht, nämlich um die Erhebung des Tiberios zum Caesar, vgl Johannes von Ephesos 3,5 p  93,2–7 Brooks Johannes von Ephesos 3,5 p  93,9–11; 94,1–5 Brooks Wichtig ist hier schon die Einleitung (Theophyl  3,11,5): Der Autokrator gibt dem Tiberios Caesar die Ratschläge (aus Menandros Protektor) Theophyl  3,11,4 fasst bereits zuvor (aus Johannes von Epiphaneia schöpfend) den staatsrechtlichen Sachverhalt zusammen, der dann noch einmal in der Rede erläutert wird: Τιβέριον υἱοθεσίᾳ κοσμήσας καὶ τῆς βασιλείας κοινωνὸν ποιησάμενος ἀνηγόρευσε Καίσαρα

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Bemerkungen, in denen im Übrigen die Position des Tiberios falsch angegeben wird47, noch in der Wiedergabe der Rede) Bei ihm ist „Sohn!“ anscheinend nur eine Anrede, die der Kaiser – im Plural – auch für andere Personen gebraucht48 Auch der staatsrechtlich richtige Befund, dass Sophia als Augusta nun die „Mutter“ des Tiberios49 ist, wird nur bei Theophylakt ausgesprochen50 Wichtig ist dabei auch, dass Tiberios nach Aussage der programmatischen Rede von Justin II explizit den eigenen leiblichen Verwandten Justins II vorgezogen wird51, der Adoptionsakt dadurch also in der Tradition der Adoptivkaiser oder des tetrarchischen Systems ein Akt der (zumindest bei den Adoptivkaisern höchst fiktiven) Bestenauslese ist Warum dann allerdings nur bei Johannes von Ephesos, nicht aber beim exakteren Theophylakt die besondere Bedeutung des zweiten Namens des Tiberios, nämlich Konstantin, betont wird52, muss offenbleiben Die mutmaßliche Quelle des Theophylakt, Menandros Protektor, hat an

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Tiberios war zum Zeitpunkt der Erhebung nicht Notar ( Johannes von Ephesos 3,5 p   93,7 f Brooks), sondern bereits comes excubitorum, vgl Theophyl  3,11,4 (Passage stammt aus dem Geschichtswerk des Johannes von Epiphaneia) Vgl Johannes von Ephesos 3,5 p  93,22 Brooks: „Aperite, filii, (…)“ Theophyl  3,11,8 Das Verhältnis zwischen Sophia und Tiberios II war allerdings ambivalent, vgl die Zusammenstellung bei Cameron 1975/1981, 16–20 Am Ende wurde sie im Palast von Sophiae in einem Hausarrest gehalten Gleichwohl konsultierte sie Tiberios II kurz vor seinem Tod über den zu berufenden Nachfolger (Greg Tur  6,30), vgl Cameron, 20 Sie schlug den Maurikios vor, der dann auch die Tochter des Tiberios heiratete Zur Eheschließung des Maurikios und der Konstantina s Theophyl  1,10; Euagr  6,1 p  222,4–23 Bidez – Parmentier sowie Allen 1981, 244 Aufgrund der eingeschränkten dynastischen Rolle, die sie noch in der Zeit des Maurikios spielte, gab es also für einen historiographischen Parteigänger des Maurikios keinen Grund, sie aus der Zeremonie von 578 auszuklammern Theophyl  3,11,8 Die Kaiserin ist bei Johannes von Ephesos 3,5 p  93,2 lediglich bei den Beratungen dabei Theophyl   3,11,10: οἶδας ὅτι τῶν σπλάγχων μου προετίμησά σε Schreiner 1985, 103 übersetzt: „Du weißt, daß ich dich meinen Kindern vorzog “ S dazu seine Erklärung in 282, Anm  399 Whitby – Whitby 1986 übersetzen: „You know that I have honoured you above my own kin “ Gemeint ist etwa Iustinianos, Sohn des Germanos, der später eine Verschwörung gegen Tiberios unternahm, vgl Cameron 1976, 165, Anm  23 mit Verweis auf Greg Tur  5,30 Vgl Cameron 1975 Zu den Verwandten Justins gehörte aber vor allem der General Markian, gegen den Justin selbst vorgegangen war, (dazu weiter unten S  120), ferner der Schwiegersohn Justinians Baduarios (Theophyl  6,10,10), vgl zu diesen Verwandten Whitby – Whitby 1986, 90 Iustinianos, Sohn des Germanos, und Baduarios wurden immerhin mit Großkommanden an der Herrschaft des Tiberios beteiligt Die Nichtberücksichtigung der Verwandten durch Justin II wird als eine Besonderheit hervorgehoben, da man erwartete, dass, wenn Verwandte vorhanden waren, diese bei der Nachfolgewahl vorgezogen wurden Vgl Hekster 2015, 314 im Zusammenhang mit der Darstellung der Besonderheiten der Tetrarchie: „The byzantine Empire, like its Roman precursor, had no formal hereditary rule, yet people still expected emperorship to stay within the family“, mit der Erläuterung der Ausnahme Leos IV (771) mit Verweis auf Dagron 2003, 22 f Zum ideologischen Programm der Adoption des Besten, der der eigenen Verwandtschaft vorgezogen wird, vgl Hist Aug , Tac  14,1, in der der Senat den Kaiser beschwört, ut, cum mori coepisset, non liberos suos, sed optimum aliquem principem faceret. Justin II grenzt sich mit der Adoption eines Nichtverwandten deutlich von Justin I und Justinian ab Johannes von Ephesos 3,5 p  95,2 f Brooks: „Dehinc nomen tuum vocabitur Constantinus, pro eo quod in te regnum Constantini magni renovatum est “

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anderer Stelle auf den Konstantin-Namen des Tiberios durchaus hingewiesen53 Vielleicht hatte Theophylakt selbst vor, den Konstantin-Namen in seinem Geschichtswerk vor allem mit der Dynastie des Herakleios in Verbindung zu bringen54, und daher entsprechende Angaben für Tiberios ausgeklammert Die staatsrechtliche Dimension der Erhebung und Adoption des Tiberios kommt in der Darstellung des Theophylakt auch in den Reaktionen des Publikums deutlicher zum Vorschein Während Johannes von Ephesos und in Teilen auch Euagrios, wie bereits gezeigt, die Rührung und das Mitleid des Publikums beschreiben, endet die Erzählung bei Theophylakt mit dem Hinweis auf den Beifall und die Hochrufe des Publikums: Als der Kaiser die Ansprache beendet hatte, brach von Seiten der Untertanen Beifall aus, und er empfing die Bekundung von Hochrufen wie einen ganz kräftigen Regenguss In der Tat war nämlich die Erhebung, die für den Caesar durchgeführt wurde, ausgesprochen ansehnlich 55

Diese ganz zu dem Staatsakt passende Reaktion erklärt sich damit, dass das Publikum der Rede vor allem aus dem Senat sowie der kirchlichen Hierarchie bestand56 Bei-

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Meistens wird der Kaiser nur als Tiberios bezeichnet, s jedoch Menand fr  47 Ende = 20,2 Blockley: „im vierten Jahr der Herrschaft des Tiberius Constantinus Caesar“ (wobei gerade diese Passage, in der es um den großen Einfall der Slawen geht, in ihrer zeitlichen Einordnung diskutiert und auch an die Einordnung in das vierte Jahr der Herrschaft als Augustus gedacht wird) Es kann sein, dass der prestigeträchtige Konstantin-Name vom Caesar zunächst nicht getragen wurde, vgl z B ILS 834 (Tiberios als Mitregent von Justin und Sophia) Zur Konstantinsverehrung in der Zeit des Tiberios s die Abbildung des „heiligen Konstantin“ auf einem zeitgenössischen Silberweihrauchfass s Fourlas 2019, 91 Zur Programmatik s die Namen der Söhne: Herakleios II Konstantinos (= Konstantin III ), Sohn der Eudokia; Konstantin, Sohn der Martina (vgl Kaegi 2003, 106 f ), s ferner den Namen des Enkels Constans II (Herakleios Konstantinos) Theophyl  3,12,1 Wichtig ist hier auch der letzte Satz Die Erhebungszeremonie für den Caesar wurde sachgerecht durchgeführt Anders der durch die Übersetzung von Schreiner 1985, 104 suggerierte Eindruck, dass hier eine besondere Billigung der Person des gewählten Kaisers zum Ausdruck gebracht werden soll: „Es war in der Tat nicht unrühmlich, dass die Wahl auf den Kaisar gefallen war “ Vgl dagegen Whitby – Whitby 1986: „For, in truth, the election provided for the Caesar was not undistinguished “ Es applaudieren aber die Untertanen (τῶν ὑπηκόων), wie man es in einer staatsrechtlich relevanten Zeremonie auch nicht anders erwarten kann, s Schreiner 1985, 104, nicht, wie bei Whitby – Whitby 1986 übersetzt wird, nur die „audience“ Als Volkswahl gibt auch Greg Tur  5,19 die Erhebung zum Caesar aus: populi, ut in superiore libro iam diximus, Tiberium Caesarem elegerunt (Von einer solchen Volkswahl ist allerdings in superiore libro, also in 4,40, keine Rede) Senat und kirchliche Hierarchie als Publikum bei Theophyl  3,11,7: τῆς τοίνυν συγκλήτου βουλῆς ἐς ταὐτὸν γενομένης, τοῦ τε ἱερατικοῦ καταλόγου συναθροισθέντος ἅμα τῷ ἐπιστατοῦντι καὶ τὰ τῆς ἐκκλησίας πηδάλια διιθύνοντι Vgl Euagr  5,13 p  208,26–30 Bidez – Parmentier: ἀθροισθέντων γὰρ (…) τοῦ τε ἀρχιερέως Ἰωάννου (…) καὶ τῶν ἀμφ’ αὐτὸν τῶν τε ἐν ἀξιώσεσι τελούντων καὶ τῶν περὶ τὴν αὐλὴν στρατευομένων Die περὶ τὴν αὐλὴν στρατευόμενοι werden in den Übersetzungen von Whitby und Hübner nachvollziehbar als am Hofe dienende Soldaten, also als Palastgarden, aufgefasst, die bei der Akklamation zugegen sind Sollte man darunter in Übereinstimmung mit dem spätantiken Sprachgebrauch die Zivilbeamten, die am Hofe ihre militia leisten und die eine weitere Kategorie senatorischer Würdenträger darstellen, verstehen, hätte man eventuell eine Überein-

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fallsbekundungen werden von Ammianus Marcellinus bei analogen Erhebungsakten von Mitregenten ebenfalls bezeugt, weil sie die Gültigkeit des Staatsakts besiegeln57 Die Betonung der korrekten Formen, unter denen sich die Erhebungszeremonie vollzieht, liefert im Übrigen ein weiteres Argument dafür, hier eine Benutzung des Menandros Protektor durch Theophylakt anzunehmen Denn Theophylakt fährt nach dem Hinweis auf die „ansehnlichen“ Umstände der Erhebung damit fort, dass er die Übersendung der Anzeige dieser Erhebung an den Perserkönig für die Vollendung der ordentlichen Caesarerhebung erklärt: „Der Caesar aber schrieb, indem er das Gesetz der kaiserlichen Erhebung erfüllte, einen Brief und ließ ihn dem König der Perser zukommen “58 Diese sich ganz zum Duktus der vorangehenden Ausführungen fügende Notiz mit dem konkreten diplomatischen Detail kann auf keinen Fall dem Johannes von Epiphaneia zugewiesen werden, der sonst für diese Kapitel Quellengrundlage des Theophylakt war Sie passt aber eindeutig zu Menandros, der genau solche diplomatischen Details und insbesondere die Gewohnheiten der Anzeige der Thronbesteigung in seinem Bericht immer wieder berücksichtigt59 Staatstragender zeigt sich die Rede bei Theophylakt auch in der Unterschlagung eines Details Bei Johannes von Ephesos warnt Justin II explizit Tiberios beim Anlegen des Kaisergewands: „Sieh zu, dass dies Gewand und dieser kaiserliche Schmuck dich nicht verführe, – wie er mich verführt hat – dich übermütig mache, täusche und aufblähe, und über dich den Zorn vom Himmel bringe, wie über mich“ 60 Diese Formulierung zur Verführung durch den Glanz des Kaisergewands findet sich bei Euagrios wieder: „Dich soll nicht das Trugbild (φαντασία) dieses Obergewandes täuschen noch die Bühne dieses Anblicks, durch welche verführt mir entging, dass ich mit den schwers-

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stimmung mit den Angaben des Theophylakt Johannes von Ephesos 3,5 nennt den „Senat und alle Versammelten“ (Übersetzung Schönberger, 99) Amm  15,8,15: Nemo post haec finita reticuit, sed militares omnes horrendo fragore scuta genibus illidentes immane quo quantoque gaudio praeter paucos Augusti probavere iudicium Caesaremque admiratione digna suscipiebant. Amm  26,4,3; 27,6,10 Theophyl  3,12,2 Vgl dazu Whitby 1988, 229 Neben der Zusendung des Briefs mit der Anzeige der Thronbesteigung wurde dann im folgenden Frühjahr 575 danach eine Gesandtschaft ausgeschickt, welche die Friedensverhandlungen durchzuführen hatte, vgl Theophyl  3,12,3 Diese zweite Gesandtschaft lässt sich nicht ohne weiteres mit den in den Menandros-Fragmenten bekannten Gesandtschaften des Traianos und Zacharias identifizieren (Menand fr  40) Denn diese Gesandten kommunizieren zwar ab 575 mit dem neuerhobenen Caesar, sind aber offenkundig bereits im Laufe des Jahres 574 beim Perserkönig eingetroffen Das Tableau der diversen Gesandtschaften, die 574 und 575 unterwegs waren, ist vermutlich sehr kompliziert gewesen Die Gesandtschaft, welche die Thronbesteigung des neuen Caesar anzeigte, hat Menandros mit einiger Sicherheit erwähnt Denn die Unterlassung der entsprechenden Anzeige auf persischer Seite, nämlich durch den König Hormizd IV , galt allgemein als Affront, vgl Theophyl  3,17,1; Johannes von Ephesos 6,22 Vgl Menand  55 = 23,9 Blockley, wo Tiberios sehr deutlich darauf hinweist, nur mehr oder weniger zufällig vom Regierungswechsel erfahren zu haben Johannes von Ephesos 3,5 (Übersetzung Schönberger, 98) Vgl p   93,32–34 in der lateinischen Übersetzung von Brooks

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ten Strafen büßen musste “61 Die Gemeinsamkeit beider Quellen belegt also, dass diese Mahnung sich in der Originalquelle befand Die Quelle des Theophylakt bringt dieses Element nur in einer etwas abgeschwächten Form vor: „Möge dich dieser Habit nicht so aufreizen wie mich!“ Von Verführung und Trugbild ist keine Rede Das hätte eine Abwertung des Kaisergewandes für Tiberios und darüber hinaus auch für den von Tiberios wiederum eingesetzten Maurikios bedeutet Die Darstellung bei Theophylakt bzw seiner Quelle ist in jeder Hinsicht so gestaltet, dass die Würde des Kaisertums bei der Übergabe der Macht an den neuen Caesar durch den regierungsunfähigen Augustus als nicht beschädigt erscheint, und die Bedeutung der Kaiserinsignien nicht durch unpassende Verbindungen mit Trug und Täuschung herabgesetzt wird Im Aufbau gleichen sich die Reden bei Johannes von Ephesos, Euagrios von Epiphaneia und Theophylakt dahingehend, dass Justin II den Tiberios davor warnt, seinem Beispiel zu folgen Bei Johannes geht es (in den als eine Kette von Imperativen formulierten Passagen) um die Ermahnung, Gott zu ehren, nicht arrogant zu sein, sich nicht durch böse Menschen zu schlimmen Taten verführen zu lassen, also so gut wie ausschließlich um die religiösen Pflichten Einen umfassenderen Katalog von zu vermeidenden Verhaltensweisen liefert vor allem Theophylakt Die Art und Weise, in der diese Mahnungen in knapper Form geäußert werden, gleicht zweifelsohne den Ermahnungen des Agapetos Diakonos62, auch wenn inhaltlich im Detail keine besonderen Übereinstimmungen zu beobachten sind Bei Agapetos wird z B wiederholt vor Schmeichlern gewarnt63 In der Rede bei Theophylakt warnt Justin II dagegen nur vor dem Umgang mit „Sykophanten“, also Denunzianten oder Spionen64, was bei Johannes von Ephesos dann zu einer Warnung vor bösen (sprich chalkedonischen) Ratgebern65 umgewandelt worden ist 61 62

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Euagr  5,13 p  208,32–209,2 Eine Beeinflussung durch Agapetos Diakonos wird bei Whitby – Whitby 1986, 89 mit Anm  51 angenommen: „The speech is based on sentiments in the Ecthesis of Agapetus Diaconus; its contents are similar to Tiberios’ speech to Maurice at 1,1,5–20 “ Dabei ähnele der Stil nur in der Rede von 574 dem Agapetos und dem Neuen Testament, im Unterschied zu der Rede von 582, in der Tiberios den Maurikios einsetzt Zu Agapetos vgl Frohne 1985; Bell 2009, 27–49 und 99–122 Whitby 1988, 328 f vertritt die Ansicht, dass das christliche Kaiserideal, wie es von Agapetos gezeichnet wird, auch bei der von Theophylakt wiedergegebenen Rede des Justin II durchschlage Denn „Justin II had clearly read the Ecthesis and his deranged mind could recall some of its simple precepts; Theophylact too must have been familiar with it “ Eine wirklich enge inhaltliche Verbindung zwischen den von Agapetos dem Justinian erteilten Ratschlägen und den Ratschlägen Justins II an Tiberios Konstantinos ist aber nicht ohne weiteres zu erkennen Es fällt auf, dass in der Rede Justins, wie sie bei Theophylakt wiedergegeben wird, der Gottesbezug eigentlich nur in dem Punkt gegeben ist, dass Tiberios von Gottes Gnaden (und nicht von Justin II ) eingesetzt wird, und dass er als Mensch von Gott bestraft wird Agapetos 32 Vgl zur Gefahr der Schmeichelei 19,22,31 und 56 mit Bell 2009, 110, Anm  45 Theophyl  3,11,11 Johannes von Ephesos 3,5 p  94,14–16 (lateinische Übersetzung von Brooks) Vgl die Übersetzung von Schönberger, 99: „Sieh aber zu, dass du nicht bösen Menschen gehorchest, die dir Böses raten und dich verführen, wie sie auch mich verführt haben, dass ich Gott durch alle meine Taten erzürnte “

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Die größte Abweichung von Agapetos ergibt sich dadurch, dass der Tenor der Serie von Mahnungen ein anderer ist Es geht nicht um eine Art Kurzfassung eines Fürstenspiegels Vielmehr wird durch diese Serie von Mahnungen der scharfe Gegensatz zwischen Justin II und seinem Nachfolger pikanterweise von Justin II selbst in immer neuen Varianten formuliert: 1 ) Bei Theophylakt (3,11,9) mahnt Justin II : „Freue dich nicht am Blutvergießen Habe keinen Anteil an Morden Bezahle nicht Übles mit Üblem Gleiche mir nicht darin, gehasst zu werden “ Er warnt weiter davor, auf Denunzianten zu hören66 Ganz offenkundig stellt sich damit Justin II selbst als blutrünstiger Tyrann dar, der ein Schreckensregiment errichtete Unter den politischen Morden war in der Tat besonders derjenige an Justin, dem Sohn des Germanos, berüchtigt67 Die als mild und gerecht dargestellte Herrschaft des Tiberios Konstantinos steht dazu in deutlichem Kontrast68 2 ) In 3,11,11 äußert Justin II : „Lass diejenigen, die Besitztum haben, diesen genießen, aber gib denen, die nicht haben “ Damit spielt er auf die Geldgier an, die Justin auch in anderen Quellen zum Vorwurf gemacht wird69 Tiberios soll sich dagegen während seiner Regierung als Muster der Großzügigkeit erwiesen haben: Er betrachtete es als Reichtum, wenn er mit Zuwendungen helfen konnte, nicht nur für das Notwendige, sondern auch im Überfluss Denn er sah nicht darauf, was die Bedürftigen zu bekommen hatten, sondern was sich für den Kaiser der Römer zu geben gebührte; Geld, das ihm unter Tränen zufloß, hielt er für falsch Deshalb erließ er zum Beispiel den Steuerpflichtigen die Steuer eines ganzen Jahres 70

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Theophyl  3,11,11 Euagr  5,14 (Übersetzung Hübner) spricht vom Justin, „der von Justin elend umgebracht worden war “ Vgl das Lob des Tiberios bei Euagr  5,13 p  209,12–14 Bidez – Parmentier: „Aber auch seine Seele war sanft und gütig, vom ersten Anblick an hieß er jedermann willkommen“ (Übersetzung Hübner) S Whitby 1998 a, 327 f Betonung des Umstands, dass Tiberios Todesurteile vermied: Johannes von Ephesos 3,22; Gerechtigkeit des Tiberios: Greg Tur  4,40; 5,19; 5,30 Cameron 1980/1981, 65 hält dies für Topik: „For personal and partisan reasons, both writers (nämlich Euagrios und Johannes von Ephesus, Anm d Verf ) (…) condemn Justin not only as mad (true enough), but also as grasping and rapacious – stock accusations from the repertoire of imperial invective as Corippus’ praises were from imperial panegyric “ Geldgier Justins z B bei Greg Tur  4,40: vir in omni avaritia deditus, contemptor pauperorum, senatorum spoliatur; cui tanta fuit cupiditas, ut arcas iuberet fieri ferreas, in quibus numismati auri talenta congererit. Abweichende Einschätzung bei Schreiner 2010, 405: „In der charakterlichen Einschätzung des Kaisers Justin als geizig und habgierig (lib IV, c  40) steht Gregor allein, und griechische Quellen sehen ihn ausnahmslos in positivem Licht “ Euagr  5,13 p  209,14–20 Bidez – Parmentier (Übersetzung Hübner) zu Tiberios Konstantinos Es werden weitere konkrete Maßnahmen der Großzügigkeit benannt Der von Justin II angesammelte Staatsschatz (vgl auch Greg Tur  5,19: thesauris quos Iustinus adgregavit) wird in 5,14 p  209 als „unrecht erworbene Gelder“ bezeichnet (Übersetzung Hübner) Zur Großzügigkeit s auch Novelle 163, Greg Tur  5,19 (als Verteilung an die Armen gedeutet)

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3 ) Justin II vernachlässigt die Armee, Tiberios pflegt sie, was in der Mahnung des Justin an seinen Nachfolger deutlich wird (3,11,11): „Trage Sorge für Deine Armee“71 4 ) Justin II geißelt seine eigene Arroganz Tiberios wird als bescheidener und milder Monarch gerühmt, der selbst gegenüber den besiegten Persern auf Gesten des Triumphalismus verzichtet72 5 ) Diese Gegensatzpaare erklären schließlich den Satz: „Erlaube keinem zu behaupten, dass dein Vorgänger sich in dieser (nämlich in der mustergültigen!, Anm d Verf ) Weise verhalten hat Denn ich sage das im Lichte meiner Leiden “ (3,11,11) Gemeint ist, dass Justin selbst noch einmal darauf beharrt, dass sein Verhalten, das durch seine Schmerzen bestraft war, genau gegenteilig zu dem in seinen Mahnungen vorausgesetzten Kaisermodell ist Insgesamt hat man es jedenfalls gerade in der Redeversion, die man bei Theophylakt findet, eindeutig mit einem Manifest zu tun, das die Würde des Tiberios, des Adoptivvaters des Maurikios, unter allen Umständen wahren und ihn in ein idealisiertes Licht stellen soll73 Die Rede dient dazu, vor der Folie der negativen Charakterisierung Justins II , die sich auch in den erhaltenen Fragmenten des Menandros feststellen lässt74, eine Serie von Herrschertugenden des Tiberios II (und auch seines von ihm eingesetzten und mit ihm harmonisierenden Nachfolgers Maurikios) hervorzuheben75 Unter der Voraussetzung, dass die quellenkritische Einordnung zutreffend ist, kann also die Rede Justins von 574, wie sie von Theophylakt wiedergegeben wird, als programmatisches Stück verstanden werden, das Menandros Protektor als offiziöser Historiograph des Maurikios mit Bedacht in sein Geschichtswerk eingelegt hat76 Um

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Zur Aufrüstung der Armee Euagr  5,14 p  209,27–210,2 Bidez – Parmentier Die angeworbenen barbarischen Soldaten wurden in der neuen Militärordnung direkt in das reguläre Heer überführt, vgl zu diesen neuen „Föderaten“ Avenarius 1974, 32 Vgl Menand fr  55 = 23,9 Blockley: „Denn nach einem so großen Sieg übermittelten sie (die Gesandten des Tiberios) gleichwohl milde und von jeder Überheblichkeit frei Worte des Kaisers der Römer Und dieser zeigte nicht nur allein in den Reden seine Menschenfreundlichkeit, sondern (…) “ Dazu passt, dass Justin II selbst betont, dass Gott, nicht er selbst, ihm das Kaisergewand verleiht (3,11,8) Vgl die Darstellung der Arroganz Justins II in den fr  15; 17; 28; 36 Zum Lob des Tiberios s o S  61, Anm  68 und Whitby 1998 a, 324 Zum Lob des Maurikios bei Euagr  5,19 p  214,25–30 Bidez – Parmentier: „(…) einen vernünftigen und scharfsinnigen Mann, der in allem ganz gewissenhaft und unerschütterlich war In seiner Lebensweise und in seinem Charakter war er beständig und umgänglich “ (Übersetzung Hübner) Es folgen (214,30–215,12) weitere Hinweise auf seine Abneigung gegen Schmeichelei, Tapferkeit und Besonnenheit etc Vgl ferner 6,1 p  223,2–17 (Frömmigkeit, Glück, Selbstbeherrschung des Maurikios); 6,2 p  223,18–30 (Milde des Maurikios) S auch Whitby 1998 a, 324–327 Auch die Reden, die sich mit Sicherheit in seiner Erzählung für die Erhebung des Tiberios zum Augustus für das Jahr 578 sowie für die Erhebung des Maurikios im Jahre 582 vorfanden, könnten eine ähnliche Funktion gehabt haben

Reden bei Menandros Protektor

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allgemeine Reflexionen zum Verhältnis von Kaiser und Gott oder auch um die Einstellung des Kaisers zum wahren Glauben (eine Frage, die Johannes von Ephesos umtrieb) ging es Menandros dabei allenfalls am Rande Wichtig waren ihm bei der Rede Justins II vor allem zeitgeschichtlich-politische Themen Es sollte auf der einen Seite die in ordentlichen Formen vollzogene Amtsübernahme des Tiberios Konstantinos dokumentiert werden, die in Wirklichkeit vielleicht gar nicht so problemlos war77 Auf der anderen Seite ging es darum, die gebührende Distanz und Unterschiede zwischen der Regierung des Justin II einerseits und derjenigen des Tiberios II und des von ihm eingesetzten Kaisers Maurikios andererseits zu betonen Als Zeithistoriker konnte er durch die Betonung dieses Bruchs die Regierung des Justin II im Duktus des überlegenen kritischen und thukydideischen Historiographen behandeln, während er dem Schwiegervater des regierenden Kaisers eine panegyrisch eingefärbte Darstellung zukommen ließ78 Wären aus Menandros nur die Teile erhalten, die der Geschichte Justins II gelten, würde man ihn in eine Reihe mit kritischen Historikern der Kaiserzeit in der Art des Tacitus oder des Cassius Dio stellen Dass das komplette Bild dann anders aussieht, bringt ihn aber zu diesen Autoren nicht in einen wirklichen Gegensatz Denn auch Tacitus konnte sich die unmittelbare Zeitgeschichte, also die des regierenden Kaisers Hadrian bzw seines unmittelbaren Vorgängers, kaum anders denn als panegyrische Geschichte vorstellen (und hat sie aus diesem Grunde nicht mehr verfasst) Mit einem solchen Übergang von kritischer zur panegyrischen Historie entspricht Menandros folglich ganz dem Normalfall der kaiserzeitlichen Zeitgeschichtsschreibung, deren Tradition er fortgeführt hat

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Es kann sich um einen von Sophia arrangierten Putsch gehandelt haben Die Öffentlichkeit blieb – was im Bericht des Theophylakt/Menandros nicht wirklich deutlich wird – ausgeschlossen, angeblich aus Rücksicht auf die Gesundheit des Oberkaisers Ebenso unklar waren die Bedingungen seiner Augustus-Erhebung 578, s zu beiden Punkten Pfeilschifter 2013, 174, Anm  95 Die panegyrische Überhöhung des Maurikios erstreckt sich bei Menandros auf dessen Zeit als Feldherr, s dazu u S  128 f Die Tugenden des Maurikios dienen aber neben denjenigen des Tiberios als Folie, vor der sich Justin II dunkel hervorhebt Zur Darstellung der Tugenden des Maurikios in der zeitgenössischen Historiographie s u S  130

4 Christentum bei Menandros: Reliquien, antizoroastrische Polemik und Kreuzzugsidee a) Erwähnung christlicher Institutionen Die Verpflichtung gegenüber dem Erbe der klassischen Historiographie ist bei Menandros deutlich zu greifen, wie sich nicht zuletzt in seiner sorgfältigen Behandlung und Gestaltung eingelegter Reden zeigt Zweifelsohne besteht also, was diesen Aspekt betrifft, ein hohes Maß an Kontinuität der historiographischen Praxis Komplizierter ist dagegen die Frage des Umgangs mit institutionellen und anderen Aspekten des Christentums, bei der man Anhaltspunkte für einen Kontinuitätsbruch sehe könnte, etwa in dem Sinne, dass Menandros hier Elemente der Kirchengeschichtsschreibung aufnimmt und Züge einer zeittypischen Verschmelzung beider Genres, der Kirchengeschichte und der Zeitgeschichte, aufweist Bei genauerem Hinsehen hat man es aber mit einem komplexen Sachverhalt zu tun, der die Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit der sich bis zum sechsten Jahrhundert stetig weiterentwickelnden profangeschichtlichen Historiographie reflektiert Nur in der älteren Forschung wurde die Auffassung geäußert, dass die aus dem Geschichtswerk des Menandros erhaltenen Passagen zu religiösen Institutionen oder sonstigen Urteilen zur Religion1 prima facie darauf hinweisen könnten, Menandros sei vielleicht kein gegenüber dem Christentum indifferenter Autor, wohl aber einer, der um religiöse Neutralität bemüht sei2 Diese Ansicht ist aber schon lange widerlegt3 Menandros erwähnt zwar bisweilen christliche Institutionen und Ämter nur in klassizistischer Umschreibung Der Bischof von Chlomaron wird so als ἱερεύς, als ἀρχιερεύς oder als μυσταγωγός, aber eben nicht als ἐπίσκοπος bezeichnet, der Bischof von Rom

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Zusammenstellung bei Bleckmann 2015 a, 230 f Veh 1955 S bereits Valdenberg 1935 zu vermeintlich zynischen Grundeinstellungen des Menandros Brodka 2007 S auch Baldwin 1978 und Bleckmann 2015 a

Erwähnung christlicher Institutionen

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als προεστὼς ἐν Ῥωμῇ τῶν ἱερῶν4 Diese Manier der Umschreibung ist aber eine literarische Konvention, die nichts über die Gesinnung des Autors verrät Für die sehr viel häufigere, ganz unverschleierte Bezeichnung christlicher Institutionen kann fr  11 angeführt werden: „Es wurde auch ein Beschluss darüber gefasst, dass das Klostergebäude, das Sebanos hieß und im Grenzgebiet errichtet war, zerstört werden sollte “5 Hier wird einfach der Begriff μοναστήριον für Kloster verwendet, was einen gewissen Kontrast zur komplizierten Art und Weise darstellt, in der Autoren wie Prokop, Agathias oder auch noch Theophylakt von Mönchen sprechen6 Menandros vermeidet es ebenso wenig wie die genannten anderen Profanhistoriker des 6 Jahrhunderts, sich persönlich zum Christentum zu bekennen7, wenn etwa die Teilnahme des Petros Patrikios an den Feierlichkeiten der Jahreswende von 561/562 folgendermaßen beschrieben wird: „Petros aber blieb da, um an Christi, Gottes, Geburtsfest Gott zu verehren, denn der heilige Festtag nahte schon Nachdem er auch noch das Epiphaniefest Gottes mit den üblichen Feierlichkeiten begangen hatte, betrat er das Gebiet der Perser “8 Gerade der explizite Bezug auf Jesus Christus ist mit einigen Passagen bei Theophylakt zu vergleichen9 In seiner Erzählung dokumentiert Menandros zuverlässig die Zunahme der Bedeutung bestimmter Elemente christlicher Religiosität im öffentlichen Leben der nachjustinianischen Epoche Bei der Darstellung der Verhandlungen von 561 an der römisch-persischen Grenze wird, wie gerade gezeigt worden ist, betont, dass der Leiter der Gesandtschaft, der langjährige magister officiorum Petros Patrikios demonstrativ erst die christlichen Feiern des Weihnachtsfestes und der Epiphanie begeht, bevor er dann für eine weitere Verhandlungsrunde in den Osten aufbricht10 Man kann annehmen, dass bei der Darstellung von Militäroperationen, die Menandros geboten haben muss, andere religiöse Praktiken, wie die Gebete oder die Einhaltung des Sonntagsgebots, zumindest en passant dargestellt wurden11 Was die öffentliche Bedeutung des Kults von Reliquien und anderer sakraler Gegenstände betrifft, gibt es in den Gesandt4 5 6 7 8 9

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Menand fr  57 = 23,7 Blockley; fr  62 = 24 Blockley Vgl Bleckmann 2015 a, 232 Menand fr  11,33 (= fr  11 Müller = fr  6,1 Blockley) Übersetzung Bleckmann – Stein Vgl Proc bell Pers  1,7,22; Agath  5,13,2; Theophyl  1,14,8 S Cameron – Cameron 1964, 317 f Cameron 1970, 83–88 (zu Agathias); 152 (zu Prokop) Cameron – Cameron 1964, 319 f Menand fr  11,89 (Übersetzung Bleckmann – Stein) S hierzu Theophyl   8,4,11; 7,15,1; 5,12,12 mit Cameron  – Cameron 1964, 320 Deutlich auch zur Bezeichnung des Festtags bei Theophyl  3,1,4: „Es stand nämlich der Tag bevor, an welchem die Romäer das Leiden des Herrn zu feiern pflegten, durch die der eingeborene Sohn Gottes die Welt erlöste, er, der von derselben Natur ist wie der Vater und ihm gleichgeehrt in der Herrschaft“ (Übersetzung Schreiner) Menand fr  11,89 (Übersetzung Bleckmann – Stein) Dass am Sonntag nicht gekämpft wurde, hält auch Gorippus, Johannis, 213 fest Es handelt sich hier m E gegen Riedlberger 2013, 241 nicht um den Ausweis der „klerikalen Strenge des Johannes“, sondern um die seit der justinianischen Epoche beachtete Praxis, vgl Theophyl  2,2,6 f mit Goubert 1947, 497

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Christentum bei Menandros

schaftsfragmenten einige spärliche Hinweise Immerhin wird beschrieben, wie der Awarenkhagan Baian versucht, bei der römischen Seite Glaubwürdigkeit zu erzielen, indem er sich Exemplare der Evangelien herbeibringen lässt und bei ihnen schwört12 Dabei macht Menandros durchaus deutlich, dass von einem ernsthaften Glauben des Baian keine Rede sein kann, sondern er hier ganz als machtbewusster Politiker agiert Gleichwohl funktioniert das Manöver Baians nur deshalb, weil auf römischer Seite die bindende Wirkung eines Schwurs bei den Evangelien aufgrund der Christianisierung aller Lebensbereiche selbstverständlich geworden ist b) Die Kreuzreliquie von Apameia Die Bedeutung der Darstellung des Reliquienkults im Geschichtswerk des Menandros lässt vor allem ein in den 1970er Jahren von François Halkin publiziertes neues Fragment erkennen13 Es enthält eine Erzählung über die Schicksale der Kreuzreliquie von Apameia Nach einer kurzen Einleitung, in der erläutert wird, wie das Kreuzfragment – es handelt sich um das Holzstück, das zur Stützung der Füße diente (suppedaneum) – von Jerusalem nach Apameia gelangte, geht der Verfasser des Fragments sofort von dieser Vorgeschichte zur Regierungszeit Justins II über, ohne auf die Funktion der Reliquie im kriegerischen Geschehen von 540 einzugehen Justin II erteilt einem Zemarchos den Auftrag, diese Reliquie von Apameia nach Konstantinopel zu bringen Da die Einwohner der Stadt sich aber erbittert gegen diese Zumutung wehren, gibt der Kaiser nach und ordnet an, die Reliquie zu teilen Dabei erläutert er in seinem Schreiben das in der Reliquienverehrung tatsächlich maßgebliche Prinzip, dass ein Teil der Reliquie genauso wirksam ist wie die Gesamtreliquie14 Der eine Teil gelangt nach Konstantinopel Der zweite, in Apameia verbliebene Teil der Reliquie wird bei der Zerstörung und Plünderung Apameias gerettet und auf Veranlassung des Magnos dann ebenfalls in die Hauptstadt geschickt Im Paris gr   1140 wird diese Erzählung ausdrücklich der „Geschichte des Menandros“ zugewiesen Irgendein Fälschungsinteresse ist für die Zuweisung an diesen keineswegs prominenten Autor nicht zu erkennen15 Dafür, dieses Stück dem Menandros abzusprechen und die Authentizität zu bestreiten, muss es also starke und 12 13 14 15

Menand fr  63 = 25,1 Blockley Vgl zu Schwüren beim Evangelium Leppin 2011, 113; Greatrex – Lieu 2002, 231 f Halkin 1973 Bei Blockley 1985 als unsicheres fr  17 In der Menandros-Ausgabe von Bleckmann – Stein wird das Stück als fr  36 b gezählt werden Gegen eine Teilung der Reliquien argumentiert Gregor von Tours, In gloria martyrum 54 Krusch Zum Problem B Kötting, Art , Reliquie, LThK, Band 8, Freiburg 1963, 1216–1221 Aber das dort diskutierte Problem betraf nur Heiligen-Leiber bzw Skelette, vgl Angenendt 1994, 152–155 Whitby 1988, 244, Anm  42: „I am inclined to accept the manuscript attribution, since it is otherwise a strange connection for a medieval scribe to have invented “

Die Kreuzreliquie von Apameia

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überzeugende Gründe geben Die von Blockley angeführten Argumente können diese Gründe jedenfalls nicht liefern16 Dass der Stil am Anfang des Fragments etwas unbedarft erscheint, mag dem Exzerptor zuzurechnen sein, doch ist beim stilistisch nicht immer sicheren Menandros auch mit Stilbrüchen und Stilwechseln zu rechnen Einige manifeste Fehler sind möglicherweise einem späten Abschreiber zuzuschreiben; der unterschiedslose Gebrauch von εἰς und ἐν begegnet gleichwohl schon bei Menandros selbst17, dessen Griechisch in vielem schon nicht mehr den klassischen Normen entspricht Der stärkste Beweis für die Authentizität ergibt sich aus der Prosopographie Genannt werden in der Erzählung mit Zemarchos und Magnos nämlich bekannte Angehörige der Elite am Hofe Justins II Zunächst zu Zemarchos: Hier besteht allenfalls das Problem, dass gleich zwei Amtsträger dieses Namens aus der Zeit Justins II bekannt sind18 Am besten passt aber die Erzählung zum magister militum per Orientem Zemarchos, der sehr gut in einer Sondermission in Apameia eingegriffen haben kann und der auch die entsprechenden militärischen Mittel für den Vollzug seiner Mission hatte Der magister militum Zemarchos wurde nun nicht seiner diplomatischen Expertise wegen, sondern aufgrund seiner besonderen Prominenz 569 als hochrangiger Gesandter an den Hof des Türkenherrschers Sizabul (= Istämi) geschickt, um ein Bündnis zwischen den Göktürken und den Römern zu bestätigen, von dem sich Justin II besonders viel für den Kampf gegen die Perser versprach19 Da das von Menandros beschriebene Eingreifen des Zemarchos in Apameia auf jeden Fall deutlich vor der Plünderung der Stadt im Jahre 573 zu datieren ist, kann durchaus angenommen werden, dass Zemarchos bereits vor seiner Gesandtschaft, also vor 569, im Auftrag des Kaisers in Syrien tätig war Nach seiner Rückkehr von der Gesandtschaft zu den Türken, die er in einem aufsehenerregenden Bericht in detaillierter Weise dargestellt hat, scheint er jedenfalls nicht erneut in den Osten entsandt worden zu sein Weniger wahrscheinlich ist eine Identifizierung mit dem Zemarchos, der 565 Präfekt von Konstantinopel war20 Dafür könnte allenfalls das Argument angeführt werden, dass im Text von einem gewissen Zemarchos (τις) die Rede ist und man hierin mit Halkin ein Indiz dafür sehen könnte, dass dieser Zemarchos zuvor in der Erzählung des Menandros nicht genannt worden sein kann21 Zwar ist denkbar, dass ein Stadtpräfekt Konstantinopels in Sondermission nach Apameia geschickt wurde, um die kostbare Reliquie für die Hauptstadt zu sichern Aber unklar ist, welche Zwangs16 17 18 19 20 21

Blockley 1985, 271, Anm  185 Für die Authentizität bereits (und zu Recht) Whitby 1992, 45 und ders  1988, 244, Anm  42 S auch Feissel 1985, 466, Anm  9 Hinweis von Markus Stein PLRE III, Zemarchos 2 und 3 Menand fr  19; Johannes von Epiphaneia fr  1,2 (FHG IV, 273) PLRE III, Zemarchos 2 Halkin 1973, 665: „Mais il faut se rappeler qu’on trouve assez souvent τις accolé au nom d’un homme célèbre quand celui-ci intervient pour la première fois dans un récit “

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Christentum bei Menandros

maßnahmen einem solchen Beauftragten möglich gewesen wären Das Profil der Tätigkeit, wie sie im Menandros-Fragment beschrieben ist, passt eigentlich nur zum magister militum Zemarchos Die genaue Zeit der Entsendung des magister militum Zemarchos nach Apameia ist nicht ganz klar Wenn man annimmt, dass er sich vor der Übernahme der Gesandtschaftsreise als magister militum per Orientem zwischen 566 und 569 in Antiocheia aufhielt, könnten die Episode um die Teilung des Kreuzfragments und der Einsatz in Apameia auch gut in diese Zeit eingeordnet werden, etwa in das Jahr 566, was aufgrund der noch zu diskutierenden Parallelen in den orientalischen Quellen sehr gut passt22 Ob Menandros bereits in seiner laufenden Erzählung im Zusammenhang mit der Darstellung der Aktionen des magister militum ein erstes Mal auf die Geschichte des Reliquienfragments von Apameia zu sprechen kam und sich aufgrund dieses Befunds dann irgendwie das nachgestellte τις erklären lässt, muss offenbleiben Das erhaltene Fragment gehört auf jeden Fall erst zum Bericht über das Jahr 573 und bietet im Zusammenhang mit der Eroberung von Apameia 573 einen rückverweisenden Exkurs Bei dem im Fragment ebenfalls erwähnten Magnos handelt es sich, wie schon Halkin erkannt hat, um den bei Goripp und Euagrios erwähnten gleichnamigen Günstling Justins II Seine Karriere ist in jüngerer Zeit wesentlich präziser beschrieben worden als in der PLRE23, nicht zuletzt aufgrund neu entdeckter oder neu gewürdigter Inschriften24 Er war wohl zu keinem Zeitpunkt comes sacrarum largitionum, sondern, wenn man der Interpretation Roland Delmaires folgt, Logothet, rationalis an der Tafel

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Der Parallelbericht des Michael Syrus ordnet die Geschichte von der Translation der Kreuzreliquie nach Konstantinopel unmittelbar nach dem Regierungsantritt Justins II in das Jahr 566 ein, vgl Meier 2003, 243 und 245 Ein frühes Datum für die Translation der Kreuzreliquie ist mit der Darstellung im Fragment des Menandros vereinbar, die auf jeden Fall in die Zeit vor 573 führt, s dazu Meier, 247 Wegen der prosopographischen Daten zu Zemarchos lässt sich dies aber noch präziser fassen: vor 569, bzw sogar in das Jahr 566 PLRE III, Magnus 2 H Grégoire, Recueil des Inscriptions grecques chrétiennes d’Asie Mineure, 1922, Nr   308 bis = Feissel 1985, 465, Anm  4: Χωρίον διαφέροντα τῷ θίῳ οἴκῳ τῶν Μαρίνας προνοουμένων ὑπὸ Μάγνου τοῦ ἐνδοξοτάτου κουράτορος IGLS II, 528 = Feissel 1985, 465, Anm  5: Χωρίον διαφέρει τῷ θε[ί]ῳ οἴκῳ τ[ῶ]ν Ὁρμίσδ[ο]υ π[ρον]οου(μ)έ(νων) ὑ[π]ὸ Μάγνου τοῦ πανευφήμου ἀπὸ ὑπ(ά)των κό[μ(ητος)] κα(θ)ο(σ)(ιομένων) (δ)ο[μ(εστίκων)], (γ)ενικ[οῦ] κουρ(ά)τορος

Die Kreuzreliquie von Apameia

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der argentarii und schließlich Verwalter der kaiserlichen Domänen Syriens25 Die Tätigkeit als curator kaiserlicher Besitzkomplexe ist auch epigraphisch belegt26 Die Bedeutung des Syrers Magnos27 reichte über die Tätigkeit in der Finanz- und Domänenverwaltung hinaus, die ihn vor allem in die Lage versetzte, seine Aufträge mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausführen zu können28 So genoss er das besondere Vertrauen Justins II und später auch des Tiberios und übernahm besondere Aufgaben, um die kaiserliche Autorität im Osten durchzusetzen Ausführlich hat Johannes von Ephesos seine Rolle bei der Gefangennahme des im Dienste der Römer tätigen, aber dubiosen Phylarchen al-Mundhir beschrieben Wegen der Unterstützung der miaphysitischen Richtung wird al-Mundhir von Johannes von Ephesos überschwänglich gelobt, der für die Verhaftung und Überlistung zuständige Magnos dagegen als be-

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Von Halkin 1973, 667 mit dem bei Euagr  5,10 erwähnten Magnos identifiziert Magnus wird in der PLRE III, Magnus 2 als comes sacrarum largitionum bezeichnet Whitby 2000, 269, Anm  43 schlägt folgende Laufbahn vor: Zuerst comes sacrarum largitionum, dann curator der kaiserlichen Güter der Marina und des Hormisdas während der Herrschaft des Justin und Tiberios Dagegen Delmaire 1989, 229, Anm  50: Gorippus Laud Iust  1,22–24 enthält keinen Hinweis auf eine Funktion als comes sacrarum largitionum, sondern passt zur Logothetenstellung des Magnos (Begründung bei Delmaire 1989, 229, Anm  50, s auch Brandes 2002, 95) Magnos war Logothet, Rationalis an der Tafel der Argentarii und schließlich Verwalter der kaiserlichen Domänen in Syrien Zusätzlich (vor der Verwaltung der kaiserlichen Domäne in Syrien) müsste aber, in Ergänzung zu dem von Delmaire vorgeschlagenen Weg, noch die Tätigkeit der Verwaltung des οἴκος τῶν Μαρίνας eingeordnet werden Auch die Tätigkeit als ἀργύρου τραπέζης προισταμένος κατὰ τὴν βασιλέως kann gegen Feissel 1985, 466, Anm   10 nicht als Umschreibung des comes sacrarum largitionum verstanden werden Gemeint ist vielmehr ein „rationalis à la table des argentiers“ (Delmaire 1989, 229, Anm  50) oder ein Mitglied (in diesem Fall ein Vorstand) der Korporation der ἀργυροπράται wie Petros Barsymeres (Proc Hist Secr  22,3), vgl Brandes 2002, 624, Anm  1 Johannes von Epiphaneia fr  1,5 (FHG IV, 275) beschreibt die Position als: ὃς τῶν βασιλικῶν ἐπετρόπευε χρημάτων Gemeint ist hier die Curator-Tätigkeit für Syrien, nicht die Stellung eines comes sacrarum largitionum, vgl Delmaire 1989, 229, Anm  50 Bei Euagrios (5,10) ist Magnos mit der Verwaltung einer der kaiserlichen Domänen (μίαν τῶν βασιλικῶν οἰκίων ἐμπιστευθέντι) beauftragt In Wirklichkeit war Magnos aber als curator von domus divinae hintereinander mit der Betreuung von zwei Komplexen des kaiserlichen Besitzes beauftragt, nämlich zunächst (für ca  570) des nach Marina, der Tochter des Arcadius, bezeichneten riesigen Domänenkomplexes (an den auch das Vermögen des Belisar gefallen war, vgl Malalas 18,149 = Theophanes p  240,24–26 de Boor), später (spätestens 582, aber vermutlich sehr bald nach 570) des nach Hormisdas benannten kaiserlichen Besitzes, s zu den inschriftlichen Belegen o S  68 Anm  24 Wahrscheinlich meint Euagrios den zweiten Posten, nämlich den des curator τῶν Ὁρμίσδου Dieser Amtsträger ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des Reiches in der zweiten Hälfte des 6 Jahrhunderts gewesen, vgl zu den Fällen des Domentziolos (578/579) und des Konstantinos Lardys (602) sowie Konstantinos beim Konzil von 681 Brandes 2002, 41 f Delmaire 1989, 229, Anm  50 sieht in ihm einen „curateur général des domaines impériaux de Syrie“ Johannes von Ephesos 3,40 Zur Bedeutung dieser Kuratoren s bereits Grégoire 1923, 164: „(…) ces curateurs des domaines qui, sous Justinien et ses successeurs, semblent avoir été parmi les premiers personnages de l’Empire“ S Feissel 1985, 465 Zu verweisen ist auf die Feststellung von Brandes 2002, 44, dass einige Verwalter einzelner Domänenkomplexe zentrale Aufgaben wahrgenommen haben müssen und damit weit mehr als nur Domänenverwalter waren

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Christentum bei Menandros

sonders verschlagenes Subjekt beschrieben29 Deutlich ist aber in der Darstellung des Johannes, dass Magnos zum einen über ein beträchtliches Prestige und über beträchtliche Möglichkeiten verfügte, indem er eine auf eigene Kosten errichtete Kirche im Grenzgebiet errichten ließ (was der Anlass war, in Kontakt zu al-Mundhir zu treten)30, in direktem Kontakt mit dem Kaiser stand und gleichzeitig Patron und Fürsprecher des Araberscheichs war Zum anderen hatte er aber bei der verräterischen Festnahme des al-Mundhir ein Truppenkontingent bei sich; seine Tätigkeit war also nicht auf den rein zivil-finanziellen Sektor beschränkt Die Tätigkeit des Magnos, wie sie im Menandros-Fragment beschrieben wird, passt aber nicht nur genau zum Profil der historischen Persönlichkeit als eines besonderen, in Syrien tätigen kaiserlichen Agenten, sondern auch zu der für das Jahr 573 zu beschreibenden militärischen Gesamtsituation Nach dem Menandrosfragment beobachtete Magnos in irgendeiner Weise den Abzug der Gefangenen und erhielt von einem kriegsgefangenen Priester die Information, wo die Kreuzreliquie versteckt war Diese Information meldete er dem ortskundigen, noch in Apameia verbliebenen Varanes, der daraufhin die Reliquie aufspürte und nach Konstantinopel bringen ließ Dass Magnos den sich zurückziehenden Persern auf der Spur war, geht aus dem Bericht des Euagrios hervor Diesem zufolge hatte Magnos eine Truppe bei sich, die allerdings zu klein war, um sich dem Adarmahan bei seinem Rückzug von Apameia entgegenzustellen: Er (Adarmahan) richtete auch bei seinem Abzug alle möglichen Greueltaten aus, da keiner ihn daran hinderte oder überhaupt sich dagegen stellte, außer einem ganz winzigen Heer, das von Justin ausgeschickt war und dem Kommando des Magnos unterstand, der früher in der Kaiserstadt der Silbertafel vorgestanden hatte, dem aber später eines der kaiserlichen Häuser anvertraut worden war Auch diese flohen Hals über Kopf, wobei sie fast als Kriegsgefangene ergriffen worden wären 31

Im Bericht des Euagrios versagt also der offenkundig nicht für militärische Aufgaben qualifizierte Magnos mit seiner winzigen Armee Durch den Bericht des Euagrios versteht man aber, welche Rolle Magnos im Fragment des Menandros hat Er kann zwar nicht verhindern, dass der Priester gemeinsam mit den übrigen Einwohnern von Apameia weggeführt wird, erhält aber als der einzige römische Amtsträger immerhin Nachrichten über den Verbleib des Kreuzsplitters und kann einen Ortskundigen beauftragen, den Splitter zu bergen Dass er dem Adarmahan in den Osten gefolgt ist oder ihn im Osten abzufangen versucht, macht auch ein Stück des Johannes von Epiphaneia

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Johannes von Ephesos 3,40 Mundhir wird in die Falle gelockt, indem er bei der Einweihung dieser Kirche teilnehmen soll Die Baumaßnahmen des Magnos gehen sogar noch weiter, weil er aus Hawarin, wo diese Kirche stand, eine Stadt macht und sie mit einer Mauer versieht, s dazu Feissel 1985, 467 mit Anm  12 Die Inschrift IGLS V 2696 (ein Monogramm) scheint auf Magnos zu verweisen: [Μά]γνου Euagrios 5,10 p  206,28–207,2 Bidez – Parmentier Vgl Übersetzung von Hübner

Die Kreuzreliquie von Apameia

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klar, bei dem Magnos nach dem Abzug des Chosrau I nach der Einnahme von Daras noch mit einer Resttruppe bei Mardes/Mardin steht32 Offenkundig war also Magnos, der Vertrauensmann des Kaisers, in der chaotischen Situation von 573 mit militärischen Aufgaben betraut Johannes von Epiphaneia schreibt explizit, ihm sei die „Führung des Ganzen anvertraut worden“33 Zur militärischen Stellung und zur Übernahme militärischer Verantwortung würde passen, dass Magnos nach der sehr lückenhaften und offenkundig auch nicht mehr auffindbaren Inschrift IGLS II, 528 zusätzlich zu seinen finanziellen Ämtern comes domesticorum war Denis Feissel vermutet freilich, dass Magnos diesen Titel erst später erhalten hat und dass es sich um einen bloßen Ehrentitel handeln könnte34 Zwar geht er nicht auf die Parallele zu Johannes von Epiphaneia ein, aber für die Annahme von Feissel spricht, dass im 7 Jahrhundert auch in anderen Fällen die Bezeichnung στρατηλάτης zum bloßen Titel geworden ist35 Die vorübergehend übernommene militärische Aufgabe muss also nichts mit dem Ehrentitel zu tun haben Die Details um Magnos sind das stärkste Argument für die Zuweisung des Halkin-Fragments an Menandros Protektor Die Geschichte der separaten Überführung der beiden Reliquiensplitter nach Konstantinopel, von der im Fragment die Rede ist, kann ebenfalls mit guten Gründen dem zeitgenössischen Historiker Menandros zugewiesen werden Denn einige Elemente dieser Erzählung finden sich auch in der orientalischen Tradition, bei Michael Syrus und beim arabischen Historiker Agapios von Manbidj wieder, die beide letztlich auf zeitnahe syrische Traditionen zurückgegriffen haben und daher von besonderem Wert sind36 Bei Michael Syrus wird vor allem die Motivation des Justin II , das Kreuz aus Apameia zu holen, im Unterschied zum Menandros-Stück ausführlich erklärt Sie erfolgt in einer Art Nachahmung Konstantins des Großen und auf Ermahnung des Patriarchen von Konstantinopel: Als die Prozession zu dieser Großen Kirche gelangt war, in der Morgendämmerung des Freitags, da erblickte man plötzlich in der neunten Stunde ein großes Kreuz am Himmel, das die Form einer leuchtenden Wolke hatte, in der sich ein sehr glänzendes Feuer befand Da begannen der Kaiser, der Patriarch und alle, die anwesend waren, zu rufen: ‚Kyrie Eleison!‘ Und das ganze Volk war in großer Angst, bis es verschwunden war Am nächsten Tag ging der Patriarch zum Kaiser und sagte ihm: ‚Ebenso wie das Kreuz im Himmel dem

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Johannes von Epiphaneia fr  1,5 (FHG IV, 275) In der Zusammenfassung bei Theophyl  3,11,2 weggefallen Johannes von Epiphaneia fr  1,5 (FHG IV, 275): ὃς τοῦ παντὸς τὴν ἡγεμονίαν ἐπεπίστευτο Feissel 1985, 467, Anm  12 argumentiert damit, dass Magnos die Tätigkeit als curator des οἴκος τῶν Ὁρμίσδου erst in der Zeit des Tiberios Konstantinos übernommen habe M E war Magnos zuerst in Kleinasien (Pamphylien), dann in Syrien tätig, letzteres aber schon deutlich vor 573 Brandes 2002, 85 Auf die Bedeutung beider Autoren, insbesondere auch des lange übersehenen Agapios, für die Frage hat Meier 2003, 244–247 aufmerksam gemacht

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Christentum bei Menandros

Konstantin erschienen ist, so hat es sich Dir gezeigt Du musst daher das Stück des Holzes der Kreuzigung, das in Apameia in Syrien ist, herbeiholen lassen!‘37

Im Anschluss wird genau wie bei Menandros die Entsendung eines Generals mit Sondermission beschrieben Deutlicher als Menandros weist Michael darauf hin, dass der General militärischen Zwang anwendet und dass er das Kreuzstück erst einmal nach Antiocheia bringt38: Sofort schrieb der Kaiser und entsandte einen seiner Generäle, der sich nach Apameia begab Unter großer Gewaltanwendung, gegen den Willen dessen, bei dem es versteckt war, und des Ortsbischofs, setzte er sich in seinen Besitz und brachte es nach Antiocheia Dort zersägte man es der Länge nach Die eine Hälfte wurde versiegelt und verblieb in Antiocheia, um nach Apameia zurückgeschickt zu werden, und die andere Hälfte wurde in die Kaiserstadt geschickt 39

Im Fragment des Menandros ist der General Zemarchos dagegen etwas behutsamer Er fragt zunächst angesichts des erbitterten Widerstands in Konstantinopel nach, wie er vorgehen soll Erst aufgrund der Antwort des Kaisers wird die Teilung vorgenommen, die auf die Wünsche der Einwohner von Apameia eingeht Agapios stimmt dagegen einerseits in einigen Details hier deutlicher als Michael Syrus mit Menandros (bzw dem Menandros zugewiesenen Fragment Halkins) überein Wie Menandros berichtet er, dass es in Apameia einen regelrechten Volksaufstand gegen die Entwendung des Kreuzes durch den Vertreter des Kaisers gibt und dass die Anordnung der Teilung des Kreuzes erst nach einem Briefwechsel zwischen General und Kaiser stattfindet Das Detail passt zur absoluten Ergebenheit der Bevölkerung von Apameia gegenüber der Kreuzreliquie, die schon von Prokop unterstrichen wird40 Allerdings findet sich andererseits aber bei Agapios auch die irrige Behauptung, dass Helena das Kreuz nach Apameia verbracht haben soll: In diesem Jahr schickte der Kaiser einen seiner Statthalter nach Apameia, um das Kreuz unseres Herrn wegzunehmen, das Helena dort platziert hatte Das Volk erhob sich und ließ es nicht zu, dass er es in Besitz nahm Der Statthalter schrieb dem Kaiser, um ihn über das Geschehen zu informieren Da ordnete der Kaiser an, das Kreuz zu teilen So führte er (der Statthalter) es aus 41 37 38 39 40 41

Michael Syrus 10,1 p  284–285 Chabot Um den Lesefluss nicht zu stören, habe ich die französische Übersetzung von Chabot ins Deutsche übertragen Antiocheia war der Hauptsitz des magister militum per Orientem Hier ist ein entscheidendes Argument dafür zu sehen, dass es bei dem von Menandros erwähnten Zemarchos nicht um den Präfekten Konstantinopels, sondern um den gleichnamigen magister militum geht, s o S  67 f Michael Syrus 10,1 p  285 Chabot Proc bell Pers  2,11,16 Agapios p  435,8–13 Vasiliev (französische Übersetzung von mir ins Deutsche übertragen) S jetzt auch die italienische Übersetzung p  347 Pirone Das Ereignis wird einerseits ins 8 Jahr der Re-

Die Kreuzreliquie von Apameia

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Was mit der zweiten Hälfte der Kreuzreliquie, die in Apameia verbleibt, geschieht, verrät Michael Syrus nicht Agapios behauptet, es sei bei der Plünderung der Stadt im Jahre 573 nach Persien verbracht worden42 Da schon vorher eine Verwechslung der gesamten, von Helena geborgenen Kreuzreliquie mit dem Holzstück von Apameia stattfindet, muss man annehmen, dass Agapios oder seine Quelle hier die Ereignisse nach der Eroberung von Apameia mit denjenigen von Jerusalem in der Zeit des Herakleios zusammenführt Möglich ist auch, dass es sich um eine Alternativversion zur Fassung des Menandros handelt, bei der die in Apameia verbliebene zweite Hälfte ja trotz der Katastrophe der Stadt letztlich gerettet wird und nach Konstantinopel gelangt Bei Menandros gab es offenkundig zwei Translationsdaten, nämlich die Translation des ersten Stücks aus Apameia nach Konstantinopel unmittelbar nach dem Regierungsantritt Justins II in den 560er Jahren und die der zweiten Hälfte nach 573 Vielleicht versuchte Justin II , nachdem er in den 560er Jahren bereits ein Stück des Kreuzes feierlich nach Konstantinopel hatte transferieren lassen, durch die Propagierung der Nachricht von der Rettung der zweiten Hälfte des Kreuzsplitters den Eindruck der Katastrophe von Apameia zu relativieren Das in Kedrenhandschriften genannte Datum der Translation der Holzstücke des Kreuzes (im Plural) im 7 Regierungsjahr (572) bezieht sich offenkundig auf diese zweite, erst nach der Plünderung von Apameia 573 erfolgte Translation, während die erste, in den 560er Jahren erfolgte Überführung unterschlagen worden ist43 Deutlich ist aus dem Bericht des Menandros in seiner Gesamtheit also, dass Justin II wie in seiner Gesamtpolitik, so auch in der Frage der Reliquientranslation glücklos agierte Indem Menandros die Geschichte der Plünderung von Apameia beschreibt, deutet er an, dass, anders als von Justin II behauptet, das halbierte Kreuzfragment für die Rettung der Stadt nicht genügte, und dass die Bergung des zweiten Fragments unter ruhmlosen Umständen stattfand Wenn man also das von Halkin edierte Stück aus vielerlei Gründen für eine Passage aus Menandros halten muss, dann fanden sich in dessen Erzählung offenkundig detaillierte Angaben zur Religionspolitik Justins II Dieser stellte bereits in den 560er Jahren Konstantinopel demonstrativ unter den Schutz der Kreuzreliquie und gab ein weiteres Stück, wie die Crux Vaticana belegt, auch zum Schutze Roms weiter, vermut-

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gierung Justins datiert, aber andererseits vor dem 3 Jahr eingeordnet Es gehört damit, was die Stellung der Notiz betrifft, eher ins 2 Jahr, also in das Jahr 566 n Chr Die Doppelung erklärt sich vielleicht daraus, dass in der Quelle die Translation der beiden Stücke des Fragments für das Jahr 566 bzw das Jahr 573 beschrieben wurde Agapios p  347 f Pirone (7 Jahr der Regierung Justins) Diese Lösung bereits bei Feissel 1985, 466, Anm  9 Die Notiz gehört aber nicht zum ursprünglichen Text des Kedrenos, sondern ist später Zusatz, vgl die neue Ausgabe von Tartaglia, Apparat zu 421,6, vol II, p  658,14 In das 7 Jahr der Regierung Justins wird von Kedren selbst eigentlich nur die Hinzufügung von zwei Apsiden an der Blachernenkirche datiert, die dadurch kreuzförmig wurde: ἐποίησεν αὐτὴν σταυρωτήν

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Christentum bei Menandros

lich gegen die anrückenden Langobarden44 Da die Kreuzreliquie in Jerusalem nicht angetastet werden sollte, wurden die in Konstantinopel aufbewahrten und die weiter verteilten Fragmente aus dem Stück von Apameia genommen Offenkundig diente der Kult der Reliquie dazu, das Kaiserpaar Justin und Sophia Konstantin und Helena anzugleichen45 Die Propagierung dieses Themas in Konstantinopel veranlasste dann die heilige Radegundis angeblich dazu, eine Gesandtschaft nach Konstantinopel zu schicken, um ein Fragment vom Heiligen Kreuz zu erhalten46 Das Thema der Reliquienpolitik Justins II fügt sich in ein Gesamtbild zahlreicher frommer Aktionen dieses Kaisers, wie der religiösen Ausdeutung seiner Krönung, der Förderung des Bilderkultes oder neuer Formen der Marienverehrung47 Die oft übersehene Bedeutung Justins II liegt, wie Averil Cameron zu Recht betont, darin begründet, dass viele Aspekte einer neuen religiösen Intensität des öffentlichen Lebens mit seiner Regierungszeit zusammenhängen Durch die in seiner Regierung stattfindenden Veränderungen ist überhaupt erst erklärbar, wie dann Herakleios in der eskalierenden Krise des frühen 7 Jahrhunderts diese neuartigen, aber eine Generation vor ihm etablierten religiösen Konzepte benutzen konnte48 Anders als der gegen Jus-

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Zur Diskussion um die Authentizität des Justinkreuzes Elbern 1964; Belting-Ihm 1965; Bordin 2009 Zur Inschrift Radiciotti 2009 Die Inschrift ist in der typischen Unzialschrift der Epoche Justins II verfasst, in der einige Minuskeln wie „b“ auftauchen Die kostbare und für wirksam gehaltene Reliquie ersetzte in diesem Fall das fehlende militärische Engagement für die Stadt gegen die Langobarden; vorsichtig in diesem Sinne Radiciotti 35, demzufolge die Staurothek Hilfe gegen die einfallenden Langobarden in Aussicht gestellt haben könnte, was eine Datierung erlauben könne Oberer Ast: ligno quo Christus humanum. Unterer Ast: subdidit hostem dat Romae. Linker Arm: Iustinus opem. Rechter Arm: et socia decorem Die Symmetrie, mit der Justin und seine socia in Erscheinung treten, passt nur, wie von Radiciotti, 34 vermerkt, zu Justin II und seiner socia, der Augusta Sophia, nicht zu Justin I Cameron 1976/1981, 58 Zum Zeitpunkt und zu den politischen Hintergründen Ewig 1983, 28; Reimitz 2019, 59 Es ist aber wohl eher die byzantinische Seite, die auf die Idee kam, solche Reliquien in kostbarer Hülle zu entsenden, vgl neben der Reliquie in Poitiers diejenige, die Justin II und Sophia nach Rom schickten, vgl Cameron 1976/1981, 59 zum Reliquiar im Vatikan (mit Porträts von Justin II und Sophia sowie dem Lamm Gottes) Dazu oben Anm  44 Cameron 1976/1981, 65 f Cameron 1979/1981, 16: „The reign of Heraclius certainly shows the change The emperor who claimed his throne in a heroic crusade assisted by the Virgin went on to fight a holy war and restore the True Cross to Jerusalem In his reign occurred the greatest symbolic event experienced by the capital during this period – the Avar siege of 626 with its proof of the city’s protection by the Virgin – and when Heraclius made his triumphal return from Persia in 628 he was greated by people and patriarch not with a Roman triumph but with hymns of praise to god “ Dies  1976/1981, 67: „Increased devotion to the Theotokos, the steady development of icon worship, an altered focus for imperial ideology, the coming official assumption of basileus as an imperial titel – all these lie behind the religious and political crisis posed by the Avar and Persian attack on the city in 626 and the changes to come in the seventh century “ S auch Cameron 1979/1981, 3 f und 15 zur epochalen Bedeutung der Kaiser des ausgehenden 6 Jahrhunderts und hier vor allem zur Herrschaft des Justin II als „turning-point in imperial ideology“ Diesen Kaisern attestiert sie die Herausbildung eines „style of governing which integrated the imperial court with contemporary taste “

„Heiliger Krieg“ und „Kreuzzug“

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tin II extrem feindselig eingestellte Johannes von Ephesos war Menandros dabei, wie aus dem Halkin-Fragment ersichtlich wird, trotz seiner kritischen Distanz gegenüber diesem Kaiser durchaus in der Lage, einige Züge dieser Religionspolitik differenziert wiederzugeben In seiner Erzählung wurde allerdings gezeigt, wie die halbe, in Apameia verbliebene Kreuzreliquie letztlich die Stadt und den Osten vor der Attacke des Adarmahan nicht retten konnte, sondern wirkungslos blieb, bevor sie nach dem persischen Angriff nach Konstantinopel verbracht wurde Damit wurde auch auf diesen Teilbereich der Politik Justins II ein Schatten geworfen c) „Heiliger Krieg“ und „Kreuzzug“ Nicht nur die Überhöhung der Kreuzreliquie ist ein Element der religiös-politischen Ideologie, das landläufig eher mit Herakleios selbst in Verbindung gebracht wird Ähnliches gilt für den „Heiligen Krieg“, der für die Sache Christi ausgefochten wird und bei dem Christus im Laufe des Kampfes selbst Beistand leistet In der Einleitung eines einschlägigen Sammelbandes zur Geschichte des Herakleios heißt es: „‚New‘ was the fact that Heraclius, supported by the Christ, personally lead his troups in a ‚holy war‘“ 49 Dieses Urteil kann sich auf unmittelbar zeitgenössische Quellen stützen, nämlich auf die im Chronicon Paschale wiedergebenen Siegesbulletins des Herakleios und die zeitgenössischen Dichtungen des Georgios Pisides Der Frevler Chosrau II geht nach den Worten des Herakleios zugrunde, weil er „in Hochmut und Verachtung gegen unseren Herrn Jesus Christus, den wahren Gott, und seine jungfräuliche Mutter, unserer gesegneten Herrin, Muttergottes und immerwährenden Jungfrau Maria ausgesprochen hatte“50 Seine Erfolge führt Herakleios darauf zurück, dass „Gott und unsere Herrin, die Muttergottes, mit uns zusammen und unseren Christus liebenden Kontingenten über menschliches Verständnis hinaus wirkte“51 Passagen dieser Art finden sich aber auch in der Chronik des Theophanes Im direkten Kampf gegen die Sasaniden

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Reinink  – Stolte 2002, XI Gegen die Vorstellung, dass die Herrschaft des Herakleios hier eine entscheidende Zäsur bedeutete, argumentiert Meier 2009, 268 f , der auf die großen Fortschritte des Prozesses der „Liturgisierung“ und der Sakralisierung seit den 540er Jahren hinweist Diese habe auch auf die Kriegführung Auswirkungen gehabt: „Kriege wurden nunmehr in bis dahin unbekannter Deutlichkeit unter dem Zeichen des Kreuzes und unter Inanspruchnahme von Ikonen, der Gottesmutter usw geführt, aber keineswegs mit missionarischem Eifer oder gar aus religiösem Fanatismus heraus, sondern lediglich in dem Bewusstsein, dass die neu gewonnene Heiligkeit des römischen Reiches auch Auswirkungen auf die Kriegführung haben müsse, die wiederum in bestimmten Symbolen zum Ausdruck kam “ Chron Pasch p  728,7–10 Chron Pasch p  729,19–21

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Christentum bei Menandros

nahm der Kaiser das Abbild des Gottmenschen – das keine Hände gemacht hatten, sondern das der Logos, der alles formt und schmückt, wie ein Bild hergestellt hatte, ohne Rückgriff auf die Malerei, in gleicher Weise wie Er die Geburt ohne Schmerzen ertragen hatte – in seine Hände und voll Vertrauen in diese von Gott gemalte Ikone begann er mit den Kämpfen52

Der byzantinische Chronist enthält, wie die Übereinstimmungen mit Georgios Pisides zeigen, unmittelbar zeitgenössisches Material aus der Zeit des Herakleios In seiner Analyse des Theophanes hat James Howard-Johnston auch auf die mutmaßliche Authentizität der Reden hingewiesen, die bei Theophanes zu finden sind Sie entstammen nach seiner Annahme einer offiziösen, durch Georgios Pisides zusammengestellten Geschichte des triumphalen Feldzugs des Herakleios53 Diese Geschichte ist nämlich nach der Auffassung von Howard-Johnston einerseits aus Kleingedichten des Georgios, andererseits aus offiziellen nach Konstantinopel übermittelten Berichten und Dokumenten zusammengesetzt gewesen In der 624 beim Betreten des persischen Territoriums gehaltenen und von Theophanes-Georgios getreu wiedergegebenen Rede weist Herakleios offenbar auf die Belohnung für die Gefahren im Jenseits hin54 Ein Jahr später feiert Herakleios in einer anderen Rede den Kampf gegen die Perser als die Möglichkeit, „die Märtyrerkrone zu erringen“55 Howard-Johnston hält es aufgrund seiner Interpretation des Theophanes daher für wahrscheinlich, dass Herakleios der eigentliche Erfinder des Konzepts des Djihad, des Heiligen Krieges ist56 Bei einer genauen Prüfung mag man sich freilich fragen, wie gravierend die mit Herakleios hier verbundene Zäsur ist Die Schwierigkeiten hängen damit zusammen, dass eigentlich unklar bleiben muss, wie der „Heilige Krieg“ definiert werden kann Mögliche Kriterien sind57: 1 Es wird nach dem Glauben der Akteure auf Befehl Gottes gekämpft  2 Der zu bekämpfende Gegner wird nach religiösen Kriterien bestimmt („Ungläubige“) 3 Es wird eine Belohnung im Jenseits erwartet und versprochen  4 Der Krieg wird von einer religiösen Autorität erklärt  5 Fernziel ist die Unterwerfung oder Beseitigung der Ungläubigen  6 Der Kreuzzug ist spontan und populär Einige dieser Kriterien treffen im Grunde bereits auf den Feldzug Konstantins gegen Licinius 52 53 54 55

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Theophanes p  303,17–21 de Boor Vgl Georgios Pisides, Expeditio Persica 1,139 Howard-Johnston 1994/2006, 84 Theophanes p  307,11 f de Boor, vgl Howard-Johnston 1994/2006, 85 Theophanes p  310,26–311,2 de Boor, vgl Howard-Johnston 1994/2006, 85 Eine etwas erstaunliche Variante der Märtyreridee bei Georgios Pisides, Heraclias 1,239–247 Vgl die Zusammenfassung bei Nissen 1940, 322 f : „Phtonos, der voll Ingrimm die Erfolge des Kaisers sieht, bringt ihm durch einen Steinwurf eine Wunde an einer Zehenspitze bei, so dass das Blut fließt und Herakleios zum Märtyrer wird, der στίγματα τῆς εὐσεβείας trägt “ Howard-Johnston 1994/2006, 85; Regan 2001; Ball 2016, 21 f Gegen diese Sicht der Dinge Kaegi 2012, 19 Vgl die Ausführungen von Kolbaba 1998 Zur Frage s Dennis 2001; Stouraitis 2009; Stouraitis 2011; Stoyanov 2011; Koder – Stouraitis 2012; Stouraitis 2018

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zu, allerdings weniger in dessen historischer Konstellation als in der christlich polarisierten zeitgenössischen Interpretation der Ereignisse58 Deutlich ist jedenfalls, dass man es seit der Epoche, in der das Prinzip des Beistands des christlichen Gottes für die vom Kaiser vertretene Sache dominiert, mit einer imperialen Theologie des Sieges zu tun hat, die den Krieg sakralisiert Auch ist die angebliche Wirksamkeit der im Kampf mitgeführten Ikonen oder Reliquien, von der Herakleios und seine Zeitgenossen ausgingen, letztlich von der Art und Weise, in der Konstantin sein magisches christliches Feldzeichen direkt im Kampf verwendet, kaum grundsätzlich zu unterscheiden Trotz dieser evidenten Kontinuitäten besteht gleichwohl Einigkeit darin, dass man für die Epoche des Herakleios eine intensivere christliche Stimmung und neue Akzente erkennen kann Neu ist insbesondere die extrem scharfe Unterscheidung von Gläubigen und Ungläubigen und die Vorstellung, dass die im Heiligen Krieg sterbenden Soldaten Märtyrer sind und dass sie im Jenseits eine besondere Belohnung erwarten können Dieser Ausdruck einer entwickelten Kreuzzugsideologie ist ohne jeden Zweifel in den bereits vorgestellten unmittelbar zeitgenössischen Zeugnissen aus der Zeit des Herakleios belegt Nun finden sich freilich ähnliche Vorstellungen in der von Theophylakt gebotenen Darstellung des Perserkriegs Justins II in den 570er Jahren Das gilt zunächst für die von Theophylakt eingelegte Rede des Generals Iustinianos vor der Schlacht von Melitene (576) Dort verheißt der General den Soldaten, sie würden, wenn sie im Kampf für die christliche Sache fielen, ins Paradies gelangen: „Heute sammeln euch die Engel als Heer und verzeichnen die Seelen der Toten; sie gewähren ihnen nicht bloß einen im Verhältnis stehenden Lohn, sondern einen, der unbegrenzt

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S bereits die Beschreibung des Kampfes des Licinius und Konstantin gegen Maxentius und Maximinus bei Eus h e  9,9: Als „holy war“ charakterisiert bei Allen 1989, 4 Gegen die Vorstellung, dass es im vierten Jahrhundert schon die Idee des ideologisch motivierten Religionskrieges gegeben hat, wendet sich Kaegi 2012, 21, da Cameron 2011, 93–131 für die Schlacht am Frigidus nachgewiesen habe, dass es keine ideologische Konfrontation zwischen Heiden und Christen gegeben habe Dass die Konfrontation zwischen Eugenius und Theodosius zunächst nicht als Konfessionskrieg geführt wurde, sondern dass auch der Gegner des Theodosios, Eugenius, Christ war, ist schon lange vor Cameron gesehen worden, vgl Szidat 1979 Entscheidend ist allerdings, dass nach dem Sieg des Theodosius der Konflikt von Zeitgenossen sehr wohl als heidnisch-christlicher Konflikt gedeutet und stilisiert worden ist Das Gleiche gilt für den bereits erwähnten Kampf zwischen Maxentius und Konstantin, der erst im Nachhinein, übrigens auch vom siegreichen Kaiser selbst, zum Kampf zwischen einem heidnischen und einem christlichen Protagonisten uminterpretiert worden ist In die Vorgeschichte religiös motivierter Kriege müssen also die Schlacht an der Milvischen Brücke und die vom Frigidus auf jeden Fall aufgenommen werden, weil die Interpretation von Zeitgenossen vorgenommen worden ist und weil diese Interpretationsmuster dann nachgewirkt haben Dass auch die Schlacht von Mursa (351) in gleicher Form wie die an der Milvischen Brücke – und ebenso zu Unrecht – als ein christlicher Sieg gegen Heiden (in diesem Fall gegen den in Wirklichkeit gar nicht heidnischen Magnentius) gedeutet wurde, aber dann nicht in der kollektiven Erinnerung haften blieb, hängt ausschließlich daran, dass Constantius II wegen seiner homöischen Religionspolitik keinen Nachruhm erzielen konnte Vgl zur religiösen Interpretation der Schlacht von Mursa Bleckmann 1999

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Christentum bei Menandros

das Maß durch das Gewicht des Geschenkes überschreitet “59 Ferner geht es um die Rede des Verwandten des Maurikios, des Bischofs Dometianos von Melitene60 Diese Rede endet mit der Beschwörung Christi als Vorkämpfer des römischen Heeres: „An der Spitze der Schlachtordnung soll für Euch der Oberfeldherr des göttlichen Heers stehen, der eingeborene Sohn Gottes, vor aller Ewigkeit Gott, der euch einen Ausgang aller Dinge gewähren möge, der über eure Hoffnungen hinaus glücklich ist “61

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Theophyl   3,13,20: σήμερον ὑμᾶς στρατολογοῦσιν ἄγγελοι καὶ τὰς τῶν τεθνεώτων ψυχὰς ἀναγράφονται, οὐ μισθὸν ἰσοστάσιον αὐταῖς παρεχόμενοι, ἀλλ’ εἰς τὸ ἀπειροπλάσιον ὑπερβαίνοντα τῇ ὁλκῇ τοῦ δωρήματος Als Rückprojektion aus der Zeit des Herakleios gedeutet bei Stoyanov 2011, 71: „As already mentioned, the articulation of the notion of heavenly recompense for fallen Christian soldiers in a speech attributed to the Roman army commander Justinian, supposedly delivered in 576, may well actually reflect Heraclius’ related rhetoric of heavenly reward for martial self-sacrifice, being projected back by Theophylact Simocatta to an earlier Persian-Roman military engagement “ Vgl Whitby 1992, 53; ders  1998, 194 Allen 1981, 227 f unterstreicht eher die klassizistisch-thukydideischen Aspekte der Gesamtrede und verweist auf die Beschreibung der Schlacht von Melitene bei Euagr  5,14, wo die üblichen, zur klassischen Historiographie gehörigen Schlachtstereotype wiedergegeben werden Quelle dieser Stereotype und der ebenso stereotypen Rede des Iustinianos vor der Schlacht (bei Theophylakt) sei die Geschichte des Johannes von Epiphaneia In der Tat ist es wichtig, den Gesamtkontext der Rede zu beachten Sie demonstriert, dass in der nachjustinianischen Historiographie klassizistische und christliche Elemente völlig problemlos nebeneinanderstanden Allerdings vermutet Olajos 1988, 33 f , dass das Werk des Johannes von Epiphaneia hier keine Details bot und dass Theophylakt für die Umstände der Darstellung der Schlacht von Melitene und für die Rede zur freien Erfindung gegriffen hat Zur Frage s auch Whitby 1988, 265 f mit Anm  29 zu den Unterschieden und Ähnlichkeiten zwischen Euagrios und Theophylakt für die Darstellung der Schlacht von Melitene Insgesamt liefern beide Quellen einen zwar zeitnah entstandenen, aber propagandistisch verzerrten Bericht, vgl Whitby, 266: „The accounts of Theophylact and Evagrius both reflect Roman propaganda, which created a major victory in pitched battle from a tactical success in the Armenian mountains that in fact may only have involved limited fighting “ Rede in Theophyl  5,4,5–15: Es geht um den Auftakt der Hilfsexpedition zugunsten des von Bahram Chobin vertriebenen Chosrau II Die Rede wird in Ammuda/Ammodios (heute Amude an der syrisch-türkischen Grenze) gehalten, 14 Meilen von Dara und westlich von Nisibis, also unmittelbar vor dem Betreten des persischen Gebiets, vgl Theophyl  5,4,4 Zur Stellung des Dometianos s den Hinweis auf die Verhandlungen, die zuvor von Dometianos und Gregorios von Antiocheia mit Chosrau II in Konstantina geführt wurden, vgl Theophyl  4,14,5 f : „Bald gelangte der Vorsteher von Melitene – das war nämlich Dometianos – aufgrund von kaiserlichen Anordnungen zu Chosrau Er war verwandtschaftlich mit Kaiser Maurikios verbunden, von der Würde her Priester, von seiner Lebensführung her mehr als ein Priester, von seiner Rede her angenehm, von der Handlung her schnell, von seinem Rat her überaus einsichtig Mit ihm reiste auch Gregorios, der die Priesterschaft der Stadt der Antiochener anführte Auch das hatte der Kaiser beschlossen, und seine Anweisung wurde umgesetzt “ (Dometianos und Gregorios sind also gleichrangig in ihrer Mission unterwegs) Vgl Paret 1958, 43 f zur genauen Bestimmung des Verwandtschaftsgrads bei Johannes von Nikiou 96 (Übersetzung Zotenberg, 427): Nicht Neffe des Kaisers, sondern wahrscheinlich Sohn des Onkels, also Cousin Bischof von Melitene war Dometianos durch die Initiative des Maurikios in dessen Zeit als magister militum per Orientem geworden, ca  580 (Paret, 46) Nach dem Friedensschluss von 591 hielt sich Dometianos in Konstantinopel auf und war Hauptverantwortlicher für die chalkedonische Religionspolitik des Maurikios, s Paret, 53–55 Theophyl  5,4,15: ἔστω δὲ προπομπὸς ὑμῖν τῆς ἐκτάξεως ἀρχιστράτηγος κυρίου δυνάμεως, ὁ μονογενὴς παῖς τοῦ θεοῦ, ὁ πρὸ τῶν αἰώνων θεός, τὰς ἀποπερατώσεις αἰσιώτερας τῶν ἐλπίδων ὑμῖν παρεχόμενος

„Heiliger Krieg“ und „Kreuzzug“

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Mit der These, dass eigentlich erst unter Herakleios Vorstellungen von Heiligem Krieg und Kreuzzug greifen, lassen sich diese Passagen dann vereinbaren, wenn man annimmt, dass Theophylakt in den aufgebauschten eingelegten Reden Vorstellungen eingefügt hat, die erst dem eigenen Zeithorizont zuzurechnen sind Zwingend ist die Annahme einer Rückprojektion gleichwohl keineswegs Theophylakt folgt nämlich in der Regel für die Darstellung der Regierungen des Justin II oder des Maurikios ganz eng seinen Quellen, aus denen er auch einige Konzeptionen in seinen von ihm selbst extrem aufgebauschten Reden der Protagonisten übernommen haben könnte Denn einige Aspekte, die in den Reden deutlich hervorgehoben werden, finden sich bereits in der die Reden rahmenden und aus einer Vorlage übernommenen Erzählung über den Feldzug des Maurikios gegen den persischen Usurpator Bahram und in der Erzählung über die Operationen von 58662 Man wird daher nicht ausschließen können, dass die Kreuzzugsthemen in den Reden des Iustinianos und des Dometianos keine Erfindungen des Theophylakt sind, sondern sich bereits in dessen Quellenvorlagen aus den 590er Jahren fanden Vor allem aber lassen sich bei einem Autor der Ära des Maurikios, nämlich bei Menandros, für die Epoche des Justin II und des Tiberios Konstantinos vereinzelte Passagen entdecken, die auf eine solche bereits seit Tiberios Konstantinos und Maurikios proklamierte frühbyzantinische Kreuzzugsideologie hinweisen könnten An einer Stelle ist bei Menandros explizit der Begriff „heiliger Krieg“ (ἱερὸς πόλεμος) zu finden, wenn auch freilich im Kontext eines lokalen, durch religiöses Engagement ausgelösten Konfliktes – dem bereits beschriebenen um die Stücke des heiligen Kreuzes von Apameia Brieflich lobt Justin den Umstand, dass „die Einwohner von Apameia dafür, dass das bei ihnen befindliche heiligste Holz nicht weggenommen wird, einen heiligen Krieg begonnen haben “63 Der Befund genügt immerhin, um die Behauptung von George T Dennis zu falsifizieren, der Begriff „Heiliger Krieg“ sei in den byzantinischen

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In der Schlacht von Kanzakon 591 wird „Jungfrau Maria“ als Losungswort ausgegeben, vgl Theophylakt 5,10,4 mit Goubert 1947, 497 f Vgl auch Meier 2009, 267 In der Schlacht von Solachon 586 ermuntert Philippikos seine Armee durch die „nicht von Händen gemachte“ Ikone, vgl Theophyl  2,3,4–9; Greatrex – Lieu 2002, 168 f Diese Passage stammt zwar aus der für Herakleios den Älteren eingenommenen Quelle des Theophylakt, dürfte aber keineswegs nur eine Rückprojektion aus der Zeit des Herakleios darstellen Fr  36 b = 17 Blockley: οἱ τὴν Ἀπάμειαν οἰκοῦντες ὑπὲρ τοῦ μὴ ἀφαιρεθῆναι τὸ κατ’ αὐτοὺς ἱερώτατον ξύλον, ἱερὸν ἀνεδέξαντο πόλεμον „Heilig“ ist also hier das religiöse Engagement der Stadtbevölkerung C Begass hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass im spätantiken Kontext ἱερός bekanntlich für „kaiserlich“ stehen kann, was natürlich die Passage des Menandros dann für die vieldiskutierte Frage des „Heiligen Kriegs“ gegenstandslos machen würde An dieser Stelle kommt man allerdings mit dieser Bedeutung nicht weiter, da unmittelbar zuvor auch das Kreuz als ἱερώτατον ξύλον bezeichnet wird Auch stammen diese Wendungen aus einem Schreiben, das der Kaiser Justin an Zemarchos richtet und in dem er kaum einen gegen die kaiserliche Autorität gerichteten Krieg als „kaiserlichen Krieg“ bezeichnen kann

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Christentum bei Menandros

Quellen nur für die antiken Kriege um Delphi benutzt worden64 Vom ideologischen Konzept des „Heiligen Krieges“ ist diese Passage allerdings noch weit entfernt65 Aussagekräftiger ist die Erklärung, die Maurikios noch während seiner Zeit als General während der Belagerung des Ortes Chlomaron abgegeben haben soll Wie viele Orte in der Arzanene hatte auch dieser Ort eine christliche Einwohnerschaft, für die trotz der abweichenden „nestorianisch“-ostsyrischen Konfession die römische Seite sich als Schutzmacht gerierte66 Als der persische Kommandeur Binganes wertvolle liturgische Geräte schickt, um durch eine Art Lösegeld Maurikios zur Beendigung der Belagerung zu bewegen, erklärt dieser programmatisch, „er sei nicht gekommen, um Heiliges zu plündern noch um gegen Christus zu kämpfen, sondern um gemeinsam mit Christus Krieg zu führen und die Glaubensgenossen von den irrgläubigen Persern zu befreien “67 Nicht nur die Inanspruchnahme Gottes als eines aktiven Mitkämpfers, sondern auch die scharfe Dichotomie von Gläubigen und Irrenden bzw Ungläubigen verweisen bereits ein halbes Jahrhundert vor Herakleios auf die mittelalterliche Kreuzzugsideologie und auf analoge Erscheinungen im Islam68 64 65

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Also für den in seiner Historizität diskutierten „Ersten Heiligen Krieg“ gegen Krisa sowie den Dritten Heiligen Krieg zwischen Phokern und der von Philipp II geführten Amphiktyonie 356–346 v Chr Vgl auch Thuk  1,112,5 Dennis 2001, 34: „The term ‚holy war‘ is used (…) only in connection with those wars “ Diese Äußerung gehört in das Umfeld einer in der Forschung weit verbreiteten Meinung, die Byzantiner hätten nur den gerechten Krieg gekannt, ihnen sei aber die Konzeption eines Kreuzzugs und Heiligen Kriegs fremd gewesen Herakleios wird (im Unterschied zur Ansicht von Howard-Johnston) nicht als Vertreter eines Kreuzzugsgedankens gesehen, sondern sein eigentliches Ziel sei imperial, nicht religiös bestimmt gewesen Vgl hierzu Laurent 1946; Dennis 2001, 32 f ; Laiou 2006 (die pugnatores Dei in der abendländischen Kreuzzugsideologie hätten kein Gegenstück in Byzanz; Kreuzzugsidee auch für das 7 Jahrhundert in Abrede gestellt: vgl Laiou, 33) Anders Kolbaba 1998 (besonders 198 f gegen eine zu enge Definition des Heiligen Krieges) Stoyanov 2011, 34 f lässt die Frage offen Kolia-Demitzakis 2012, 126 f verweist auf Menandros (nur aus dem TLG 4076–606 bekannt „without reference to the edition“: der Kontext im Geschichtswerk des Menandros und die Diskussion von Halkin 1973 wird von ihr nicht berücksichtigt) und Athanasios von Konstantinopel Neben diesen beiden Belegen, die am ehesten mit der Vorstellung des „Heiligen Krieges“ übereinstimmen, und dem bereits genannten Bezug auf die Kriege um Delphi begegnet „Heiliger Krieg“ noch für spirituelle Kämpfe oder Auseinandersetzungen in Konzilien, vgl Kolia-Demitzakis, 125 Insgesamt ist damit der „Heilige Krieg“ zweifelsohne eine „sprachlich traditionslose Neuschöpfung“, vgl mit Verweis auf Colpe 1993 Ohme 1996, 88 „Djihad“ bietet keine echte Entsprechung und kann nicht ohne Weiteres mit „Heiliger Krieg“ übersetzt werden, vgl Ohme, 90 Allerdings näherten sich die dogmatischen Positionen der kaiserlich-chalkedonischen Kirche und die der Kirche im sasanidischen Mesopotamien (unter dem Katholikos von Seleukeia) ohnehin am Ende des 6 Jahrhunderts einander an, s Lange 2012 Fr  57 Müller = 23,7 Blockley: ἥξειν γὰρ ἔφασκεν οὐ τὰ ἱερὰ σκυλεύσων οὔτε μὴν Χριστῷ μαχησόμενος, ἀλλὰ σὺν Χριστῷ πολεμήσων καὶ μᾶλλον ἐξαιρησόμενος τοὺς ὀμοδόξους πρὸς τῶν οὐκ ὀρθὰ φρονούντων Περσῶν Bleckmann 2015 a, 249 f S bereits Dóstalová 1990, 169: „Im Fr  57 wird Maurikios als Verteidiger der Christen geschildert, der diese von der persischen Oberherrschaft befreien möchte, es kommen hier sogar fast Elemente einer Kreuzzugsideologie zum Vorschein (…) Das Element taucht dann später ausgeprägt in der Herakleischen Propaganda auf “ Der scharfe Kontrast zwischen der

„Heiliger Krieg“ und „Kreuzzug“

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Die Darstellung der persischen Kontrahenten als Ungläubige hat Menandros bei allem Grundrespekt, den er dem persischen Staatswesen entgegenbringt, keineswegs unterlassen69 Wie später in der Epoche des Herakleios wird der Gegensatz zwischen Römern und Sasaniden mitunter – allerdings kaum konsequent – durchaus als ein religiöser Gegensatz beschrieben Dieser konfessionelle Gegensatz konnte für die Diplomatiegeschichte und Militärgeschichte von großer Relevanz sein Die christliche Bevölkerung der kaukasischen Königreiche wandte sich nämlich immer dann an die römische Macht, wenn die Sasaniden die Zwangsbekehrung zum zoroastrischen Glauben versuchten Der erste Versuch dieser Art wurde von Yazdgerd II unternommen Dem folgte dann ein entsprechender Einsatz des Kavadh, der den Ibererherrscher Gourgenes veranlasste, den römischen Schutz zu suchen70 Zu den Ursachen des neuen römisch-persischen Kriegs ab 572 gehörte schließlich die aggressive zoroastrische Religionspolitik des als Marzban oder Satrap in Armenien tätigen Surenas, die zu seiner Ermordung und zu einem anschließenden Volksaufstand führten71 Allerdings begnügte sich Menandros anscheinend, wie man aufgrund des Tenors der Gesandtschaftsexzerpte vermuten könnte, keineswegs damit, den religiösen Gegensatz nur dann zu erwähnen, wenn es um dessen Auswirkung auf das diplomatische Verhältnis der Großmächte ging Vielmehr nutzte er seine Erzählung, um gegen den Zoroastrismus zu polemisieren und apologetisch die Überlegenheit der christlichen Religion deutlich zu machen Erkennbar ist dies in Stücken von fr  35 a (Blockley 13,3 und 4) Diese Fragmente aus den Excerpta de sententiis behandeln im Zusammenhang mit dem armenischen Aufstand, der 572 den neuen Krieg zwischen Sasaniden und Römern auslöste, in einem rückgreifenden Exkurs72 das Martyrium des ehemaligen Magiers und Sohnes des armenischen Obermobedh, Machož/Isaozites, in Duin 553 Dabei legte Menandros anscheinend ein Gedicht in seine Erzählung ein, in der Isaozites bzw Isbozetes in der ersten Person seinen Wechsel von der persischen zur christlichen Religion schilderte und pries In diesem Gedicht wird die zoroastrische Religion, zu deren Wesenskern die Verehrung der Wahrheit und des Lichtes gehörte, dezidiert als

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falschen Religion und den „ungerechten Altären“ der Perser einerseits und dem Christentum andererseits wird auch in der Rede des Generals Iustinianos (576) bei Theophyl  3,13,13–16 betont, vgl Stoyanov 2011, 43 Allgemein zu dieser Ambivalenz Stoyanov 2011, 49 Proc bell Pers  1,12,1–14 Vgl Greatrex – Lieu 2002, 82; Meier 2019, 1348, Anm  87 Zur Misshandlung der Armenier Theophanes von Byzanz fr  1,3 = Phot bibl cod  64, 26 b 21–22 Zur Ermordung sasanidischer Amtsträger s Euagr   5,7 p   203,16 Bidez  – Parmentier und Greg Tur  4,40 (Tötung sasanidischer „Gesandter“ durch die Armenier); explizit zu derjenigen des Surenas Menand fr  36; Johannes von Epiphaneia fr  1,2 (vgl Theophyl  3,9,9) S ferner Johannes von Ephesos 2,20; Michael Syrus 10,1 p  282 sowie weitere Verweise u S  106, Anm  41 Die konstantinischen Exzerpte gaben die Textstücke in der Anordnung wieder, in der sie sie im vollständigen Text vorfanden Die fraglichen Stücke aus den Excerpta de sententiis gehören auf jeden Fall vor fr  35 aζ = 15,3 Blockley, das mit der Niederlage der Römer gegen die Awaren von 574 (oder in einem der vorangehenden Jahre) zu tun hat

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Christentum bei Menandros

Religion der Täuschung bezeichnet Der zoroastrische Feuerkult erweist sich gegenüber der Effizienz des Christentums als unterlegen73 Als ich das erfuhr und voller Bewunderung für den Mann war, überlegte ich mir, dass es angebracht sei, auf den barbarischen Diener Gottes ein Epigramm im Hexameter vorzutragen Folgendermaßen nun lautet mein Epigramm: Einst war ich, Isaozites, Mager bei den Persern, hatte meine Hoffnungen an verderbliche Täuschung gehängt Als ein Feuer meine Stadt verzehrte, kam ich, Hilfe zu leisten; es kam auch ein Diener des allmächtigen Christus Von ihm wurde die Macht der Flamme ausgelöscht; obwohl völlig besiegt, habe ich aber einen göttlicheren Sieg errungen 74

Auch während seines Martyriums weigert sich Isaozites, wie Menandros anschließend hervorhebt75, zur väterlichen Religion zurückzukehren, sondern hofft als Märtyrer auf das ewige Leben und wetteifert mit früheren Märtyrern Die beiden Stücke belegen in aller Deutlichkeit, dass die Geschichte des Menandros auch Heiligengeschichten und theologische Erläuterungen enthielt In ähnlicher Weise scheint auch in einem anderen zeitgenössischen Geschichtswerk  – im Geschichtswerk des Johannes von Epiphaneia, auf das noch einzugehen sein wird – die Vita einer Märtyrerin aus der sasanidischen Aristokratie, der heiligen Golinduch, in die historiographische Erzählung integriert worden zu sein76

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Ähnliche Erläuterungen über das fälschlich als Gott verehrte Feuer bei Georgios Pisides Heracl Verse 1, 224–227 Vgl auch BHG 86 (Leben des Anastasios des Persers) Kapitel 25 p  233 f Flusin; Johannes von Ephesos 6,2 Übersetzung nach Menand fr  35 aγ 1–3 Bleckmann – Stein Vgl fr  35 a Müller = 13,3 Blockley Das Menandrosfragment, in dem der Autor programmatisch begründet, warum er ein Epigramm in sein Geschichtswerk einlegt, findet sich in den Excerpta de sententiis Der Redaktor des Exzerpts leitet das Exzerpt kurz ein: „Der Historiker Menandros sagt über Isaozites, der in Persien gekreuzigt wurde “ Das Epigramm selbst findet sich auch in der Anthologia Palatina (1,101), die Menandros benutzt hat, dort mit der Form „Isbozetes“ Menand fr  35 aδ Bleckmann – Stein = 35 a Müller = 13,4 Blockley Das Stück folgt in den Excerpta de sententiis unmittelbar dem fr  35 aγ, was mit einiger Wahrscheinlichkeit der Anordnung im Original entspricht Das Leben der heiligen Golinduch ist bei Theophyl  5,12,1–13 in die Erzählung integriert worden Dabei liegt dieser Erzählung der Bericht des ca  593–594 schreibenden Stephanos von Hierapolis zugrunde, wie durch die Übereinstimmung mit einer georgischen Vita, mit Nikephoros Kallistou Xanthopoulos und Johannes Nikiu nachgewiesen werden kann, nicht etwa die des Eustratios (nach 602), vgl den Nachweis bei Olajos 1988, 67–82 Auf Stephanos von Hierapolis als Autor der Vita verweist auch Euagr  6,20 p  235,5–10 Bidez – Parmentier Sein Cousin Johannes von Epiphaneia ist die Hauptquelle der Erzählung des Theophylakt für die Zusammenhänge, in die die Geschichte des Martyriums der Golinduch einzuordnen ist Es ist möglich, dass die Vita der Heiligen Golinduch aus der Feder des Stephanos von Hierapolis dem Theophylakt nur in einer Zusammenfassung des Johannes von Epiphaneia bekannt war, vgl Whitby – Whitby 1986, 148, Anm  54

Schutz von Städten durch göttlichen Beistand

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d) Schutz von Städten durch göttlichen Beistand Das Gleiche gilt für einen weiteren Themenkomplex der christlich eingefärbten Geschichtsschreibung Zahlreiche Erzählungen erklären den Schutz von Städten bei Belagerungen mit wundertätigen Reliquien oder Ikonen, die den Beistand des Göttlichen symbolisieren Wenn in der religiös aufgeladenen Atmosphäre im Zeitalter des Herakleios die Abwehr des Ansturms von Awaren und Persern im Jahre 626 der Ikone der Muttergottes zugeschrieben wird, bezeichnet dies nur einen Kulminationspunkt eines schon vorher existierenden Trends Das Thema der Effizienz des göttlichen Beistands spielt bereits im ersten Bericht zur Kreuzreliquie von Apameia, demjenigen Prokops, eine zentrale Rolle77; variiert wird es dann in den Erzählungen, die den göttlichen Schutz von Edessa beschreiben78 Bei Menandros reicht die Dokumentation immerhin aus, um zu erkennen, dass er sich dieses Themas angenommen hat Das Thema des göttlichen Beistands scheint zwar im Falle der (außerhalb der Excerpta de legationibus überlieferten) Erzählung über Apameia gerade nicht zu funktionieren, da die Stadt trotz der dort verbliebenen Reliquienhälfte von Adarmahan eingenommen wird 79 Dafür findet sich aber ein Bericht über den Schutz einer anderen Stadt durch die Hand Gottes In Menandros fr   41 (= 18,6 Blockley) geht es um diplomatische Verhandlungen während der Kampagne, die Chosrau I  576 vom armenischen Bergland aus führte und in der er überraschend vor der Festung Theodosiupolis (Erzurum) im römischen Armenien erschien Hier weiß Menandros die Intentionen des Chosrau im Duktus der klassischen Historiographie genau zu beschreiben: Er beabsichtigte irgendwie Theodosiupolis zu erobern Er hatte die Einsicht gewonnen, dass er andernfalls nicht in der Lage sein werde, das persische Armenien und Iberien wieder zu gewinnen, wenn er nicht die am stärksten befestigte Stadt der Römer überwältige und, indem er dort sitzen werde, das verbliebene und zurückgelassene Persarmenien und Iberien wieder erhalten werde 80

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Dann hätte dieses zeitgenössische Geschichtswerk in gleicher Weise wie Menandros Protektor eine Heiligenvita in seine profangeschichtliche Erzählung aufgenommen Zur Idee des Schutzes von Städten durch Gott s die entsprechenden Ausführungen zu Apameia bei Proc bell Pers  2,11,14–30 Meier 2009, 262 betont, dass diese Schutzfunktion hier außerhalb des Kontextes der vom Kaiser koordinierten Verteidigung greift: „Eine bedrohte Stadt stellte sich kollektiv unter den Schutz einer Kreuzreliquie, weil die römische Führung versagt hatte und die gesamte von den Persern heimgesuchte Region fahrlässig im Stich ließ “ An sich hat man es hier nur mit Varianten antiker Schutzgötter und ihrer Bilder zu tun, bis hin etwa zu Herakles in Tyros Gerade für die Spätantike hatten pagane Ideologen einen erfolgreichen Widerstand wie denjenigen der Athener gegen die Alarichgoten mit dem Beistand der Athena Promachos erklärt, vgl Zos  5,6,1–3 Vgl zu Menand fr  36 b o S  66–75 Iberien hatte sich dem armenischen Aufstand angeschlossen, vgl Theophanes von Byzanz 1,3 = Phot bibl cod  64, 26 b 28–29 S oben zu Iberien

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Christentum bei Menandros

Im Folgenden geht Menandros auf das Selbstbewußtsein des Chosrau ein, dem 573 die Einnahme von Daras gelungen war Chosrau gibt sich sicher, Theodosiupolis seiner Planung entsprechend einnehmen zu können, woraufhin ihn sein römischer Verhandlungspartner Theodoros, der Sohn des Bakchos81, warnt: Daher hielt er (Chosrau) in sicherer Weise daran fest, dass er Theodosiupolis nehmen werde, so dass er, indem er durchblicken ließ und andeutete, dass die Stadt von ihm ganz eingenommen werde, den Theodoros fragte, welche Stadt ihm eher uneinnehmbar erscheine, Daras oder Theodosiupolis Wenn er schon diese so überaus stark befestigte Stadt  – er meinte Daras – erobert habe, um wieviel eher würde er dann das nicht so starke Theodosiupolis auf seine Seite bringen? Theodoros aber antwortete nun überaus besonnen, indem er sagte, dass jene Stadt uneinnehmbar sei, da sie auf ewig von Gott bewacht werde82 Der König der Perser aber erkannte, bevor Theodoros zu sich nach Hause entlassen wurde, als er in die Nähe von Theodosiupolis gelangte, dass die Stadt durchaus und wirklich für die Kriegführung vorbereitet war

Die Behauptung des Theodoros, Theodosiupolis sei auf ewig von Gott bewacht, wird in dem erhaltenen Fragment nicht weiter begründet, erhebt aber die Festungsstadt in den gleichen Rang wie die ebenfalls besonders geschützte Stadt Edessa83 Dass diese Behauptung vom Gesandten Theodoros im direkten Dialog mit Chosrau I persönlich geäußert wird, gibt ihr besonderes Gewicht84 Eventuell wird auf die berühmte Abwehr des persischen Angriffs gegen Theodosiupolis im Krieg von 421–422, gegen einen Vorgänger des Chosrau, Bahram V , Bezug genommen Diese Abwehr wurde der Erzählung der Kirchengeschichte Theodorets zufolge vom Bischof Eunomios geführt,

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PLRE III, Theodorus 33 Die entscheidende Passage: ἀνάλωτον εἶναι ἐκείνην φήσας τὴν πόλιν τὴν ἐς ἀεὶ φρουρουμένην ὑπὸ θεοῦ Ganz so ewig war der Schutz von Theodosiupolis nicht Es wurde zweimal von den Sasaniden erobert und war dann sehr lange im Besitz der Araber Plünderung unter Kavadh: Pseudo-Josua Stylites 48 und Zacharias 7,3 Daras als ein von Gott durch die Hand des Anastasius eingerichtetes Bollwerk: Lyd mag   3,47,4 Epigraphische Zeugnisse für die Anrufung des Schutzes Gottes für Festungen (z B IGLS IV 1598) bei Trombley 1997, 163–165 Zu den Überresten der starken Befestigung von Theodosiupolis vgl Crow 2017 Segal 2005 Eine lokale Tradition zum besonderen göttlichen Schutz von Edessa hat Prokop (bell Pers  2,26,2) in seiner Erzählung, Chosrau I habe mit seiner Attacke 544 auf Edessa den christlichen Gott selbst angegriffen, benutzt Hier findet sich bereits die Kreuzzugsidee unter gewissermaßen umgekehrten Vorzeichen Vgl Börm 2007, 194 Die Expertise des Theodoros, besonders auch in armenischen Angelegenheiten, bei der Gesandtschaft unterstreicht Johannes von Epiphaneia, fr  1,5 (FHG IV, 276): „Theodoros, der die Angelegenheiten in Armenien geleitet und der auch viele andere nicht unbedeutende Kommanden innegehabt hatte, der hinreichend Anteil an der Bildung hatte und sehr gut in der Lage war, das Gebührende zu erkennen “ (bezogen auf die Führung einer Gesandtschaft unmittelbar nach der Erhebung des Tiberios zum Caesar)

Christliche Tendenzen in der Darstellung diplomatischer Kontroversen

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der hier ungefähr das Gleiche leistete, wie Jakob bei der Belagerung von Nisibis durch Schapur II im Jahre 338 85 Ob man allerdings einen inhaltlichen Bezug zwischen der Aussage bei Menandros, Theodosiupolis sei „auf ewig durch Gott bewacht“ und der von Theodoret erzählten Legende herstellen kann, bleibt unsicher, da das von Theodoret erwähnte Theodosiupolis auch mit der in Mesopotamien liegenden Stadt Rhesaina-Theodosiupolis identisch sein könnte86 e) Christliche Tendenzen in der Darstellung diplomatischer Kontroversen Die knappe Andeutung, die Theodoros in seiner Dialogäußerung gegenüber Chosrau zur Geschichte von Theodosiupolis und zum göttlichen Schutz dieser Stadt macht, zeigt  – unabhängig von der genauen Erklärung der Andeutung  –, dass Menandros 85

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Theodoret h e   5,39,11–15: „Auch in der ersten Phase des Krieges hatte Gott eben dieselben, als sie die dem Kaiser gleichnamige Stadt belagerten, als lächerlich entlarvt Als nämlich Gororanes (Bahram V [420–438]) die eben genannte Stadt mehr als dreißig Tage lang mit dem ganzen Heer eingeschlossen hatte, viele Helepolen herangeführt, unzählige Kriegsmaschinen genutzt und gegen die Außenseiten hohe Türme errichtet hatte, leistete ihm der heilige Bischof namens Eunomios allein Widerstand und brach allein den Anprall der herangeführten Maschinen; und während unsere Feldherrn den Kampf mit den Feinden verweigerten und nicht wagten, den Belagerten zu Hilfe zu kommen, trat dieser dem Feind entgegen und schützte die Stadt vor der Zerstörung Und als einer von den dem Barbaren untertänigen Königen zu seiner gewohnten Gotteslästerung sich verstieg, die Worte des Rapsakes und Sennacherib gebrauchte und zu der wahnsinnigen Drohung sich hinreißen ließ, den heiligen Tempel anzuzünden: da konnte jener heilige Mann solchen Übermut nicht mehr ertragen, sondern ließ die Wurfmaschine, die den Namen des Apostels Thomas führte, auf der Mauerzinne aufstellen und befahl einen großen Stein daraufzulegen und im Namen des Gelästerten abzuschießen Der Stein fuhr nun geradewegs auf jenen gottlosen König los, traf den frevelnden Mund, zerquetschte ihm das Gesicht, zerschmetterte den ganzen Kopf und verspritzte das Gehirn auf die Erde Als Gororanes, der das Heer gesammelt und gehofft hatte, die Stadt einnehmen zu können, dieses sah, brach er eilends auf, gestand so durch sein Handeln seine Niederlage ein und schloss voller Furcht den Frieden So trägt also der König des Weltalls Sorge für den überaus gläubigen Kaiser, was nicht zu verwundern ist, da auch dieser sich offen zu seinem Dienst bekennt und dem Herrn die gebührende Huldigung erweist “ (modifizierte Übersetzung von Andreas Seider, BKV) Vgl zu dieser Episode Whitby 1998, 197; Stoyanov, 41 Zum Einsatz des Jakob von Nisibis bei der Verteidigung von 338 Dodgeon – Lieu 1991, 164–171 Nach Holum 1977, 167–171 ist bei Theodoret nicht Theodosiupolis/Erzurum gemeint, sondern Theodosiupolis/Rhesaina Weitere Argumente bei Schrier 1992, 79–81 (Erwähnung von Rhesaina bei Michael Syrus sowie zusätzlicher Hinweis dafür, dass ein Eunomios Bischof von Rhesaina gewesen sein muss ) Man kann aber auch ein zusätzliches Argument für die Identifizierung des bei Theodoret erwähnten Theodosiupolis mit Erzurum finden Der Krieg von 421–422 verlagerte sich von Armenien nach Mesopotamien, vgl Sokr h e  7,18,19 Da nach Theodoret 5,39,11 die Episode um Theodosiupolis in der früheren Kriegsphase (nicht etwa in einem „früheren Krieg“) stattfand, handelt es sich um das Theodosiupolis an der armenischen Grenze Die Kämpfe gegen die Perser in dieser Epoche sind allerdings äußerst schwer zu rekonstruieren, möglicherweise gab es vor dem Krieg von 420/421 bereits um 416 eine Konfrontation, vgl Luther 2014

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Christentum bei Menandros

christliche Geschichtsdeutungen und christliche Legenden in seine Erzählung einfließen ließ Das gilt aber nicht nur für Dialoge87, sondern selbst in anscheinend so deutlich realpolitisch ausgerichteten Passagen wie der Darstellung zwischenstaatlicher Vereinbarungen Auf einen erst in jüngster Zeit ausreichend betonten Aspekt ist an dieser Stelle aufmerksam zu machen, nämlich das offenkundig tendenziöse Verschweigen nicht zur christlichen Ideologie passender Sachverhalte Dieser Zug ist im großen Friedensvertrag von 561, dessen Details allein durch die Darstellung des Menandros Protektor bekannt sind, sichtbar Dort wurde die Frage der Rechte der christlichen Minderheit im persischen Reich erst in einem Zusatzprotokoll behandelt Dass die persische Monarchie einen Hegemonialanspruch oder auch nur irgendeinen Ehrenvorrang der rivalisierenden Macht nicht anerkennen konnte, weiß Menandros sehr wohl, wie die bei ihm skizzierte, sehr resolute Gegenantwort des Iesdegusnaph-Zich auf die Äußerungen des Petros zeigt88 Gleichwohl geht er bei der Darstellung der Zusatzklausel davon aus, die persische Monarchie habe einseitig eine Einmischung Roms in ihre inneren Angelegenheiten anerkannt und Rom als Schutzmacht für die Christen (ob es nun monophysitische Armenier oder ostsyrische „nestorianische“ Christen im Kerngebiet waren) akzeptiert: Als diese Dinge beschlossen und bestätigt worden waren, wurden gesondert die Angelegenheiten der Christen in Persien geregelt, dass sie ohne Furcht vor Strafe Kirchen bauen und Gott verehren und ihre Dankesgesänge, wie es bei uns Brauch ist, ungehindert verrichten dürften, dass sie des Weiteren nicht dazu gezwungen werden sollten, zur magischen Religion überzutreten oder gegen ihren Willen die bei den Medern gebräuchlichen Götter anzubeten; die Christen sollten ihrerseits keineswegs den Versuch unternehmen, Mager zu unserem Glauben zu bekehren Festgehalten wurde aber auch, dass die Christen das Recht hätten, ihre Toten in Gräbern zu bestatten, wie es bei uns Brauch ist 89

Ausgeblendet wird bei der Darstellung dieses einseitig die persische Seite bindenden zusätzlichen Vertragspunkts der Umstand, dass in einigen Gegenden des römischen Reiches in den Grenzregionen anscheinend auch zoroastrische Gruppen existierten Dass die persische Seite hier auf eine strenge Symmetrie achtete und die römische Monarchie auf den Schutz der zoroastrischen Minderheiten festlegte, wird explizit bei Tabari ausgesagt90 In der deutschen Übersetzung dieser Passage durch Theodor Nöldeke heißt der entsprechende Passus: 87

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Zu konstatieren ist dies neben dem gerade beschriebenen Dialog zwischen Chosrau und Theodoros auch für die Auseinandersetzung zwischen Petros Patrikios und Iesdegusnaph-Zich In Menand fr  11,7 behauptet Petros Patrikios, die Eroberung von Antiocheia durch die Perser 540 sei eine gegen die Römer verhängte Strafe Gottes Menand fr  11,22–27 Vgl auch 11,43 In der Ausgabe von Blockley fr  6,1, Z  103–129; 203–211 Menand fr  11,85 (Übersetzung Bleckmann – Stein) Zu dieser von römischer Seite aus ignorierten Symmetrie in den dem Vertragswerk von 561 angehängten Regelungen vgl Panaino 2009

Kirche und Christen bei Menandros und in der Profangeschichtsschreibung der Spätantike

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Wie man sagt, stellte Parwêz den Christen ein Schreiben aus, worin er ihnen erlaubte, dass sie ihre Kirchen herstellten und dass zu ihrer Religion übergehen könnte, wer da wolle mit Ausnahme der Magier Er begründete dies damit dass Anôšarwân beim Abschluss des Vertrages über den Tribut dem Kaiser die Bedingung auferlegt habe, seine im kaiserlichen Gebiet befindlichen Landsleute gut zu behandeln und daselbst (für sie) Feuertempel zu errichten, und dass der Kaiser schon damals die entsprechenden Bedingungen für die Christen gestellt habe 91

Ob die Existenz zoroastrischer Gläubiger im Reich (hauptsächlich im östlichen Kleinasien), generell aus christlicher Perspektive ignoriert wurde, mag dahingestellt sein92 Menandros hat es jedenfalls absichtlich versäumt, darauf hinzuweisen, dass der besondere Status der geschützten Christen sein Gegenstück im Status der Zoroastrier auf Reichsboden und im Grenzgebiet hatte f) Kirche und Christen bei Menandros und in der Profangeschichtsschreibung der Spätantike In den erhaltenen Resten des Menandros sind, wie etwa in der Diskussion zwischen Theodoros und Chosrau (fr  46) oder der Antwort des Maurikios auf Binganes (fr  57) zu erkennen ist, christliche Ideologeme oft en passant in den Mund der Akteure eingefügt Bei den Details zum Friedensschluss von 561 werden in der Darstellung vom Historiker selbst tendenziöse Einseitigkeiten nicht vermieden Neue, mit dem Christentum zusammenhängende Einrichtungen und Bräuche (Klöster, Bischöfe, Verehrung von Reliquien und Ikonen und dergleichen mehr) werden in der Regel als selbstverständliche Gegebenheiten beschrieben Eine genaue Musterung der Spuren, die sich in den Fragmenten des Menandros finden, zeigt also eindeutig, dass christliche Elemente (Darstellung von Realien aus der christlichen Lebenswelt; Ausführungen zu Märtyrern und Reliquien; Berücksichtigung religiöser Motive der Agierenden etc ) und Ausführungen, die eine Prägung durch christliche Tendenz und Ideologie verraten, im Geschichtswerk durchaus von Bedeutung waren Dieser Aspekt dürfte sogar ursprünglich sehr viel ausgeprägter gewesen sein, als es die Überlieferung der Gesandtschaftsexzerpte mit ihrer Privilegierung militärischer und diplomatischer Sachverhalte erkennen lässt

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Übersetzung von Nöldeke 1879, 287 f Vgl Bosworth 1999, 314 f , der sich aber im Kommentar nur zum Friedensvertrag von 591 äußert Zu zoroastrischen Gruppierungen im römischen Reich, vgl Boyce – Grenet 1991, 287 f Bei Priskos findet sich darauf noch ein Hinweis, vgl Priskos fr  41,1 Blockley mit Börm 2007, 179

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Christentum bei Menandros

Wirkliche Brüche sind allerdings weder in der christlichen Tendenz noch in der Berücksichtigung und Beschreibung christlicher Sachverhalte zu erkennen, sondern Menandros ist hier in eine sich allmählich anbahnende Entwicklung der spätantiken Geschichtsschreibung einzuordnen, die das Christentum zwar immer stärker berücksichtigt, aber den althergebrachten Charakter der militärisch-politischen Geschichtsschreibung nicht grundsätzlich verändert Die prochristliche Tendenz ist dabei zunächst nur eine weitere Variante eines Phänomens, das die Geschichtsschreibung von Anfang an prägt, nämlich der Parteinahme für einen politisch-ideologischen Standpunkt, ob es sich nun um proathenische bzw prospartanische, prorömische oder prokarthagische, für oder gegen Philipp oder Alexander gerichtete, populare oder optimatische Argumente handelt Die Erwähnung christlicher Sachverhalte wurde in zunehmendem Maße als kompatibel mit den Gesetzen der herkömmlichen Historiographie betrachtet So konstatiert man zwar noch für die Historiographie des 4  Jahrhunderts, dass christliche Institutionen und Vorstellungen für die Beschreibung der politischen Geschichte des römischen Reiches keine Bedeutung haben, wie sich etwa bei der souveränen Ignorierung der konstantinischen Wende in der lateinischen Historiographie des 4 Jahrhunderts zeigt93 Insofern kann man gerade für das 4  Jahrhundert in begründeter Form von einer reinen Profangeschichte sprechen, deren Prägung durch die aktuelle religiöse Situation sich vor allem darin verrät, dass bewusst pagane Themen gewählt werden94 Freilich wird bereits in dieser Phase der Historiographiegeschichte das Christentum nicht völlig ausgeklammert Eutrop verweist immerhin bereits darauf, dass Julian die christliche Religion allzu sehr verfolgte95, und Ammianus Marcellinus trägt in vereinzelten Bemerkungen christlichen Institutionen und Akteuren Rechnung, meistens in eher ungünstiger Form96 Dabei ist in Einzelfällen keineswegs ausgeschlossen, dass er christliche Quellen benutzt hat97 Für das frühe fünfte Jahrhundert ist unbekannt, wie die Darstellung christlicher Institutionen bei Autoren wie Sulpicius Alexander oder Frigeridus ausgesehen hat Aber ein in der Tendenz deutlich pagan orientierter Autor wie Olympiodor beschrieb die etwas dubiose Rolle des römischen Bischofs Innocentius, der in der Bedrohung durch die Alarich-Goten die Ausübung traditioneller heidnischer Zeremonien auf privater Ebene

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Allenfalls hinter der Wendung des Aurelius Victor 41,12 verborgen: condenda urbe formandisque religionibus ingentem animum avocavit Die von Julian laut Amm  21,10,8 beklagten Neuerungen Konstantins beziehen sich verklausuliert auf die Wende Offen zur Sprache gebracht wird die religiöse Wende dagegen bei Eunapios bzw bei Zosimos (2,29) Cameron 2011, 637 wendet sich gegen das Konzept der paganen Geschichtsschreibung: „Nor is it clear what is meant by the claim that this source was pagan (rather than just secular) “ Berichte über Orakel oder (bei Eutrop) über Divinisierung römischer Kaiser, die Errichtung von Tempeln usw zeigen, dass die Autoren durchaus Position beziehen Eutr  10,16,3: religionis Christianae nimis insectator Neri 1985 Brennecke 1997

Kirche und Christen bei Menandros und in der Profangeschichtsschreibung der Spätantike

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genehmigte98 In dem Moment, in dem auch eine Mehrheit der römischen Elite – und damit auch eine Mehrheit der Historiographen – christlicher Konfession war und die neue Religion nicht mehr hinterfragte, wurde zumindest beiläufig auf kirchliche Realitäten eingegangen Priskos beschäftigte sich, allerdings in einer für sein Gesamtwerk untypischen Passage, immerhin mit den Kämpfen innerhalb der in der Auseinandersetzung um das Konzil von Chalkedon gespaltenen alexandrinischen Bevölkerung99 Auch Malchos, der mit Sicherheit Christ war, ist in größerem Umfang auf christliche Sachverhalte eingegangen Allerdings scheint er mitunter die faktische religionspolitische Motivation von Entscheidungen bewusst ignoriert und durch konventionelle Intrigenbeschreibungen ersetzt zu haben100 Der Fall belegt also eine gewisse zähe Neigung der klassischen Historiographie, die Einwirkung des institutionalisierten Christentums auf die aktuelle Politik weiterhin zu ignorieren und Bischöfe eher als Statisten des historischen Geschehens erscheinen zu lassen Für Olympiodor, Priskos und Malchos lässt sich damit eine nachvollziehbare Mittellinie konstatieren Eine völlige Nichtberücksichtigung christlicher Sachverhalte in einer mehr und mehr vom Christentum geprägten Umgebung wäre letztlich als eine Beeinträchtigung des Grundsatzes zu werten, dass die antike Historiographie in der Lage sein wollte, trotz ihrer Einseitigkeiten ein zumindest realistisch aussehendes Bild der von ihr beschriebenen Welt zu schaffen Ursachenverkettungen innerhalb eines militärischen oder politischen Geschehens beschreiben diese Autoren aber nach innerweltlichen Kriterien und nach den herkömmlichen Erklärungsmustern, welche die antike Geschichtsschreibung zur Verfügung stellte Das mag teilweise an der Zählebigkeit historiographischer Konventionen liegen, die der sprachlichen Beharrlichkeit, vor allem dem Gebrauch einer hochartifiziell gewordenen attischen Sprachform, entspricht Daneben ist aber auch der Umstand in Rechnung zu stellen, dass die herkömmlichen Muster der politischen Geschichtsschreibung tatsächlich für die Beschreibung der gegenwärtigen aktuellen Probleme geeignet waren Diese waren sehr viel stärker von der Realität des handfesten politischen Kalküls einzelner Akteure wie Kaiser, Generäle, auswärtiger Potentaten geprägt, als es in der von Mönchen oder Bischöfen verfassten christlichen Literatur mit ihrer Neigung, alles der Religion unterzuordnen, zum Ausdruck kommt Auch für das sechste Jahrhundert hängt die Frage, inwiefern man noch von einer Kontinuität zu den Prinzipien der antiken Geschichtsschreibung sprechen kann oder nicht, weder von der Tendenz noch von der Darstellung der Realien einer christianisierten Welt ab, sondern von der Frage, inwiefern der Historiker in der Lage oder 98 Zos  5,41,2 (aus Olympiodor, der ab 5,26 die Quelle des Zosimos ist) S dazu Meier – Patzold 2010, 93 f 99 Euagr  2,5 = Priskos fr  28,1 Blockley 100 Explizit zum Christentum des Malchos Phot bibl cod  78 (test  1 Blockley) Vgl z B die beiläufigen Bemerkungen bei Malchus fr  1, Z  3 Blockley; 1, Z  34; 1, Z  37 (Ikone mit Edelsteinen); 20, Z  12; 23, Z  8 f Das christliche Bekenntnis des Amorkesos ist nach Ansicht des Malchos für den Kaiser Leo ein fadenscheiniger Vorwand, um diesen Araberscheich mit römischen Aristokraten gleichzustellen Zur religiösen Dimension s Blockley 1981, 77; Wiemer 2014, 136 und 145

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Christentum bei Menandros

willens war, Ursachenverkettungen innerhalb eines militärischen oder politischen Geschehens nach innerweltlichen und sachlich nachvollziehbaren Kriterien zu beurteilen Die Antwort hierauf muss, selbst wenn man sich nur auf die hier bereits betrachteten Autoren beschränkt und Autoren, die ganz außerhalb der klassisch orientierten Historiographie stehen, ausklammert101, differenziert ausfallen Dass etwa bei Euagrios nur eingeschränkt davon die Rede sein kann, ergibt sich aus dem Vergleich mit der Erzählung des Prokop Allerdings wäre seine Darstellung, hätte er sich auf einen (immerhin als Projekt greifbaren) profangeschichtlichen Entwurf statt auf das Genre der Kirchengeschichte verlegt, möglicherweise anders ausgefallen Sehr viel deutlicher lässt sich dies dagegen für seinen Generationsgenossen Menandros Protektor bejahen Neben der Darstellung militärischer Abläufe oder diplomatischer Detailfragen, die ganz auf der Höhe früherer historiographischer Leistungen steht, ist er vor allem dazu in der Lage, komplexe strategische Probleme zu schildern bzw die Schilderung dieser Sachverhalte seinen Figuren in den Mund zu legen oder ihre Handlungen entsprechend zu motivieren Als Beispiel kann etwa die Darstellung gelten, wie Tiberios II beim Slaweneinfall von 578 vorgeht und wie seine Kenntnisse von den knappen Ressourcen sein Handeln leiten: Als Hellas von den Slawen geplündert wurde (…), da schickte Tiberios, der keineswegs eine dem Kampf gewachsene Streitmacht hatte, und zwar nicht einmal gegen einen einzigen Teil der Feinde, geschweige denn gegen die ganze Schar, und der nicht in der Lage war, den Feinden selbst zu begegnen, weil die Kräfte der Römer für die Kriege im Osten abgezogen worden waren, eine Gesandtschaft zu Baian (…) 102

Baian, der um diese Zeit noch nicht mit den Römern verfeindet ist, führt daraufhin, wie Menandros im Folgenden erläutert, Krieg mit den Slawen, um sie aus dem römischen Reich abzuziehen Eine ähnliche Motivation, welche die eigenen Ressourcen in ein Verhältnis zur Gesamtsituation bringt, fügt Menandros ein, als es darum geht zu begründen, warum Tiberios letztlich ein Engagement in Italien ablehnt: „Da für den Caesar der Perserkrieg alles war und ganz auf ihm lastete und er nicht in der Lage war, ein Heer dorthin zu entsenden, glaubte er nicht, dass er zugleich im Osten und im Westen Krieg führen dürfe “103 In der Auseinandersetzung zwischen dem römischen Gesandten Zacharias und dem Perser Andigan entwickelt den Darlegungen des Menandros zufolge letzterer eine Globalanalyse, derzufolge die Römer an allen Grenzen ihres bedrohten Reiches gegen die Barbaren kämpfen, während die Sasanidenmonarchie nur mit den Römern als Gegner zu kämpfen hat104 Auch wenn Menandros diese Sicht der Dinge gerade nicht teilt, demonstriert er hier, dass es ihm möglich war, 101 102 103 104

Dies gilt insbesondere für Malalas Menand fr  48 = 21 Blockley Menand fr  49 = 22 Blockley Menand fr  60 = 26,1 Blockley

Kirche und Christen bei Menandros und in der Profangeschichtsschreibung der Spätantike

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die Gesamtsituation der beiden miteinander verfeindeten Monarchien eingehend zu analysieren und miteinander zu vergleichen Die Fähigkeit zur politisch-strategischen Lagebeurteilung, die Menandros in den erhaltenen Fragmenten immer wieder verrät, hängt essentiell damit zusammen, dass in der Reichszentrale in Konstantinopel reichsweite Handlungsoptionen und Dispositionen ständig erwogen werden mussten und dass Menandros mit den Diskussionen an der Spitze von Bürokratie und Militär vertraut war Ein christliches Thema wie die Uneinnehmbarkeit von Städten aufgrund des göttlichen Schutzes wird in eine ausführliche Argumentation eines römischen Protagonisten eingearbeitet, innerhalb eines Kontextes, der ansonsten ganz dem aus der klassischen Historiographie vertrauten Motivationsgeflecht entspricht, indem in detaillierter Weise über angebliche strategische Berechnungen oder psychische Befindlichkeiten berichtet wird Die christliche Einfärbung des Gesamtberichts hat bei Menandros an keiner Stelle dazu geführt, dass das Geschehen im oströmischen Reich und an seinen Grenzen im Großen und Ganzen anders als nach konventionellen, aber auch bewährten historiographischen Kriterien beschrieben worden wäre: Das Handeln der Protagonisten richtet sich in seiner Darstellung nach strategischen Planungen und Berechnungen oder wird psychologisch motiviert Was das Verhältnis der Religionen untereinander betrifft, ist Menandros trotz seiner christlichen Konfession durchaus in der Lage, Gegebenheiten nicht-christlicher Religionen leidenschaftslos und im Sinne herodoteischer Ethnographie zu beschreiben, etwa schamanische Rituale bei den Türken oder ihren Polytheismus105 Er fasst zwar einerseits den Gegensatz zwischen Römern und Sasaniden als religiösen Konflikt auf, in dem er selbst Partei nimmt106 Andererseits ist er aber gleichwohl fähig, das Verhältnis zwischen Christen und Nicht-Christen, zwischen Römern und Persern in differenzierter Form zu beschreiben: Der persische Gesandte Sebocht hält in seiner Darstellung dem Anspruch des Justin II , den christlichen Armeniern Schutz zu gewähren, weil „sie, was Gott angehe, gleichgesinnt seien“107, die Argumentation entgegen, dass ein großer Teil der Einwohner des Sasanidenreichs christlicher Konfession sei und dass ein Angriff römischer Truppen gegen diese Bevölkerung

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Menand fr  20 = 10,3 Blockley (Schamanenritual und Statuen in der Residenz, die vermutlich Idole sind) Zur Götterwelt der Türken s Theophyl  7,8,14 f (Menandros als mutmaßliche Quelle des Theophylakt: Olajos 1988, 105) 106 Im Zusammenhang mit der Erklärung der Ursachen für den Kriegsausbruch 572 vgl insbesondere die bereits vorgestellten Exkurse zur sasanidischen Christenverfolgung, aber auch einige Ausführungen für die Friedensverhandlungen von 561 107 Im Zusammenhang mit den sasanidischen Repressionsmaßnahmen gegen die christlichen Armenier und den Schutz, den Justin II den geflohenen Christen gewährt, vgl Menand fr  36,7 Bleckmann – Stein = 36 Müller = 16,1 Blockley: „Justin aber sagte ganz offen, dass er Persarmenier, die sich von den Persern getrennt hätten, aufgenommen habe und nicht dulden werde, dass sie Unrecht erlitten, da sie, was Gott angehe, gleichgesinnt seien “ Zur christlichen Solidarität Justins II gegenüber den Armeniern, vgl auch Euagr  5,7 p  203,20–24

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Christentum bei Menandros

ein innerchristlicher Krieg sein werde108 Auch wenn es sich um eine in den Mund eines persischen Diplomaten gelegte Aussage handelt, ist beachtlich genug, dass Menandros in der Lage war, hier ein Tableau zu zeichnen, das der komplexen religiösen Situation im Sasanidenreich entsprach und von der einseitig römisch-christlichen Parteinahme des Justin II weit entfernt war109 Möglich war ein solch differenziertes Bild wohl vor allem wegen der Entspannung in der Epoche des Kaisers Maurikios, in welcher der durch Rom wiedereingesetzte Sasanidenherrscher Chosrau II mit einer Christin verheiratet war und angeblich selbst seine Sympathie mit dem Christentum offenbarte110 Die erhaltenen Passagen des Menandros konzentrieren sich auf Probleme der Außenpolitik und blenden die Innenpolitik des römischen Reiches aus, die man etwa im Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus findet Es fehlt in den Fragmenten so gut wie ganz an Darlegungen zu politischen Intrigen in der Hauptstadt, zu fiskalischen Maßnahmen, zu Unruhen in den Provinzen, zu Ereignissen in den Städten111 Durch das Fehlen von Passagen zur römischen Innenpolitik mag sich erklären, warum letztlich wenig zu kirchlichen Verhältnissen berichtet wird Die Bedeutung von Bischöfen in militärischen Zusammenhängen und in der Reichspolitik wird immerhin en passant erläutert Politisch und zunehmend auch militärisch aktive Bischöfe von Domninos über Gregorios bis zu Kyros von Alexandreia sind bekanntlich ein Signum dieser Epoche gewesen112 In den erhaltenen Fragmenten findet sich bei Menandros ein expliziter Hinweis zur politischen Tätigkeit eines Bischofs als „Stadtherr“, freilich nur für die persische Gegenseite, nämlich für den Bischof von Chlomaron113 Ferner verweist Menandros mit seiner Notiz über eine vom Senat und vom Papst entsandte Gesandtschaft nach Konstantinopel bereits auf die Bedeutung, die der Papst bis in die Zeiten Gregors des Großen und darüberhinaus bei der Verteidigung Roms gegen die Lango-

108 Menand fr  36 = 16,1 Blockley Menandros geht von einer Situation aus, in der sich die persische Kirche unter dem Katholikos von Seleukeia-Ktesiphon mit der chalkedonischen Richtung des Christentums völlig identifiziert hatte Als er in den 580er Jahren während der Regierung des Maurikios schrieb, hatte er möglicherweise die Reise des Oberhaupts der Ostkirche Išo‘jahb nach Konstantinopel vor Augen, der ein von den Patriarchen Iohannes von Konstantinopel und Gregor von Antiocheia als orthodox anerkanntes Glaubensbekenntnis mitbrachte, das 585 in einer Synode verabschiedet wurde Diese Reise erfolgte im Auftrag des Hormizd IV Dazu Lange 2012, 506–513 109 Zum Sasanidenreich als multikonfessionellem Gebilde s Payne 2015 110 Zu diesen und anderen Berichten über Kontakte sasanidischer Herrscher des 6 und 7 Jahrhunderts mit dem Christentum, die teilweise als „Bekehrung“ missverstanden werden, vgl Payne 2015, 164–198 111 Vgl aber immerhin die Nachrichten über den Aufruhr in Apameia (fr  36 b Bleckmann – Stein = [17] Blockley), oder über die Gemeindethermen in Sirmium (fr  27,1 Bleckmann – Stein = fr  27 Müller = 12,5 Blockley) 112 Lee 2007 113 Zum Phänomen der militärisch aktiven Bischöfe, vgl Hohlweg 1972; Whitby 1998, 199 f ; Stoyanov 2011, 42; Leppin 2012

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barden spielen sollte114 Im belagerten Singidunum ist der Bischof an den Verhandlungen mit dem Awarenhäuptling Baian in prominenter Form beteiligt115 Ziemlich auszuschließen ist dagegen, dass in der vollständigen Geschichte des Menandros das Hauptmotiv der Kirchengeschichte dieser Epoche von Bedeutung war, nämlich die innerkirchlichen Rivalitäten und Auseinandersetzungen Euagrios hat diese Auseinandersetzungen immerhin für das 5 Jahrhundert in prominenter Weise dargelegt Für die eigene Zeit geht der Kirchenhistoriker in der Nachfolge einiger optimistisch orientierter historiographischer Vorgänger von der zu guter Letzt erfolgten Herstellung des innerkirchlichen Friedens aus116 und hat dementsprechend die meisten der inneren Auseinandersetzungen in der Regierungszeit des Tiberios und des Maurikios nicht geschildert117 Immerhin weist er aber auf die Religionspolitik Justins II hin und zitiert in extenso das Edikt, mit dem Justin II  571 einen schärferen Kurs gegen die Miaphysiten einschlug118 Dass der scharf prochalkedonische Religionskurs des Justin II zu starken Verwerfungen führte und dass auch unter den Nachfolgern die religionspolitischen Auseinandersetzungen nicht zur Ruhe kamen119, ist vor allem aus dem Bericht des Johannes von Ephesos zu erkennen, dessen eigentliche kirchengeschichtliche Partien allerdings nicht erhalten geblieben sind Ferner ergibt sich dieses Bild aus den Nachrichten, die man beispielsweise zur turbulenten Karriere des Anastasios, des Vorgängers und gleichzeitigen Nachfolgers des Gregorios von Antiocheia hat120 Menandros hat dagegen trotz seiner Berücksichtigung christlicher Institutionen das Grundproblem der konfessionellen Auseinandersetzungen vermutlich konsequent ausgeklammert Dabei muss nicht ursächlich sein, dass sich Menandros den Gesetzen der klassischen Historiographie verbunden fühlte Eine thematische Konzentration auf Militär-, Diplomatie- und Dynastiegeschichte war zwar zweifelsohne durch die Konventionen des Genres geboten und es war somit ausgeschlossen, dass der inner-

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Menand fr  62 = 24 Blockley Menand fr  63 = 25,1 Blockley Die Herstellung der Kircheneinheit in der eigenen Zeit ist etwa ein Thema in Eusebs Vita Constantini (3,21,4) oder auch bei Sokrates, s o S  36 Anm  114 117 Whitby 1992, 57 erklärt dieses Schweigen über innerkirchliche Konflikte der eigenen Zeit damit, es gebe für einen orthodoxen Autor innerhalb der chalkedonischen Kirche in dieser Zeit „relatively little to report in terms of general church history in the eastern Empire after the religious edict of Justin II in 570–571“ Die Kontroversen innerhalb der monophysitischen Kirche der 570er und 580er Jahre seien gegenstandslos gewesen: „It is not the business of an orthodox historian to exalt a schismatic group by recounting its affairs “ 118 Euagr  5,4 p  197,26–201,16 Vgl Michael Syrus 10,4 p  338,27–341,8 Chabot Dazu Lange 2012, 467 S auch Lange, 462–467 zu den vorangehenden, nur bei Michael Syrus bezeugten Bemühungen des Justin II , den Miaphysiten entgegenzukommen 119 Zum deutlich chalkedonischen religionspolitischen Kurs des Maurikios vgl Paret 1958, 53–72 120 Cameron 1976/1981 Zu Anastasios I von Antiocheia vgl Uthemann 2017, 384–472 Eine der Auseinandersetzungen bestand in der Bekämpfung der sogenannten Tritheiten Auch die Heidenprozesse unter Tiberios Konstantinos werden nicht bei Menandros erwähnt, sondern nur bei Euagrios und Johannes von Ephesos, s zu diesen Rochow 1976; Trombley 1994, 167–182

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kirchliche Krieg als Hauptthema behandelt wurde, wie er in der eigentlichen Kirchengeschichte üblich war121 Gleichwohl hätten auch in einer vom Schwerpunkt her profangeschichtlichen Komposition Bemerkungen zu innerkirchlichen Konflikten fallen können, die sich ja auch bei Priskos finden oder sogar bei Ammianus Marcellinus, der in einer Zeit schrieb, in der die Christianisierung des öffentlichen Raumes noch lange nicht so vorangeschritten war122 Eher wurden die innerkirchlichen Konflikte deshalb ignoriert, weil Menandros der imperialen Perspektive des Tiberios II Konstantinos oder des Maurikios verpflichtet war In dieser Perspektive existierten Konflikte zwischen den christlichen Gruppen nicht und wurde das Wunschbild eines in Loyalität zum Kaiser geeinten Christentums gepflegt Dementsprechend wird von Menandros auch nicht zur Kenntnis genommen, dass die Christen in Persien in Wirklichkeit verschiedenen konfessionellen Gruppierungen, nämlich der dyophysitischen Spielart im sasanidischen Kernland und der miaphysitischen Richtung im armenischen Raum angehörten Die von kaiserlicher Seite gepflegte Fiktion eines einheitlichen Christentums prägt auch die imperiale Historiographie bei Theophylakt Die Orientierung an den Gesetzen einer profangeschichtlich ausgerichteten Geschichtsschreibung war also nicht der primäre Grund für die Ignorierung der innerkirchlichen Konfliktlinien, sondern die reichskirchliche Gesamttendenz Freilich kamen die Gepflogenheiten des profangeschichtlichen Genres, das in der Spätantike, wenn überhaupt, nur ganz vereinzelt auf innerkirchliche Konflikte einging, hier dem Anliegen des Menandros völlig entgegen

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Belege o S  36, Anm  116 Priskos fr  28,1 Blockley Amm  27,3,12 f ; Amm  15,7,10 mit Matthews 1989, 441–443

5 Menandros und die rivalisierenden Historiker seiner Generation: Theophanes von Byzanz und Johannes von Epiphaneia In gewisser Hinsicht kann das chronologisch genaue, sehr detaillierte und nüchterne Geschichtswerk des Menandros als Korrektiv zur Erzählung des Agathias erklärt werden, als ein Versuch, einen Konkurrenten nicht nur fortzusetzen, sondern ihn durch einen besser konzipierten Entwurf zu übertreffen1 Die größere Genauigkeit2 wird dabei durch ein Verfahren erzielt, das darin besteht, die Rohmaterialien, aus denen das Geschichtswerk zusammengesetzt wird, etwa Vertragstexte und Gesandtschaftsberichte, trotz einer stilistischen Überarbeitung – wie Menandros an einer Stelle sagt, überträgt er das Rohmaterial in besseres Attisch3 – genauer wiederzugeben Dabei spielt er den Vorteil aus, den er gegenüber Agathias hat, nämlich den direkten Zugang zum Hof von Byzanz mit seinen schriftlichen Materialien, insbesondere Berichten über Verträge und Gesandtschaften Agathias verfügte für seinen Bericht nur über einige Feldzugserzählungen, vor allem über die Expedition in der Lazike, daneben ein wenig Material für seine Exkurse, während Menandros hier von einer sehr viel breiteren Informationsbasis ausgehen konnte Freilich sah Menandros sich wohl nicht nur in Rivalität zu seinen historiographischen Vorgängern, zu Prokop, den er bewunderte und mit dem er wetteiferte, und zu Agathias, dem er zumindest durch die Entlehnung bestimmter Wendungen einen gewissen Respekt zollte4 Vielmehr kann sein Werk nur vor dem Hintergrund verstanden werden, dass er in einem Umfeld schrieb, in dem weitere zeitgeschichtliche Entwürfe 1 2

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Zu dieser für die historiographische Praxis typischen Mischung von Nachahmung des Modells und dem Versuch es zu übertreffen Marincola 1997, 12–19 Zur ἀκρίβεια als Merkmal qualitätsvoller Zeitgeschichte, s Ephoros FGrHist 70 F 9 Die Genauigkeit als Qualität bezieht sich zunächst auf die Gründlichkeit der Recherche und der Prüfung des Materials vgl Marincola 1997, 69; Free 2015, 120 f Daraus resultiert dann eine ausführliche und sachkundige Darstellung Vgl Menand fr  11,130 f S dazu o S  55 Apostolopulos 1894

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entstanden In welchem zeitlichen Verhältnis Menandros zu diesen weiteren Historiographen der postjustinianischen Epoche gestanden hat, lässt sich nicht genau klären Einige dieser Autoren können bereits vor, andere erst nach Menandros geschrieben haben Aufgrund der Gunst der Überlieferung sind aber hier nicht nur Namen bekannt, sondern die erhaltenen Reste genügen trotz ihrer Dürftigkeit immerhin für die Feststellung, dass es gemeinsame Themen gab, die partiell unterschiedlich oder sogar gegensätzlich beschrieben wurden Damit lässt sich auf jeden Fall die Erzählung des Menandros kontextualisieren und lassen sich bestimmte Akzente seines Geschichtswerks besser verstehen Die zeitgleichen Profanhistoriker, um die es geht, sind Theophanes von Byzanz und Johannes von Epiphaneia Hinzu kommen zeitgeschichtliche Berichte, die sich in der Kirchengeschichte des Euagrios von Epiphaneia und in derjenigen des syrischen Kirchenhistorikers Johannes von Ephesos erhalten haben Bei Johannes von Ephesos findet sich vor allem eine ausführliche, schwerpunktmäßig profangeschichtliche Erzählung im 6 Buch des 3 Teils seines Geschichtswerks Gerade diese unmittelbar zeitgenössischen Partien stellen trotz ihrer evidenten, sowohl gegen Justin II als auch gegen seine Nachfolger eingenommenen Tendenz eine beachtliche, über die Ereignisse in der höfischen Zentrale, aber auch an der Ost- und Donaugrenze gut informierende Quelle dar5 Nicht ausgeschlossen (aber kaum beweisbar) ist, dass hier en bloc eine ursprünglich selbständige griechische Zeitgeschichte bearbeitet und zum antichalkedonischen Pamphlet umgewandelt worden ist Einige teils über Johannes von Ephesos, teils unabhängig von ihnen vermittelte zeitgenössische Angaben finden sich des Weiteren bei Pseudo-Zacharias und in der Chronik des Michael Syrus6 Das ausführlichste unter den genannten zeithistorischen Geschichtswerken muss dasjenige des Theophanes von Byzanz gewesen sein Es ist nur aus der Notiz bekannt, die ihm Photios in seiner Bibliothek gewidmet hat7 Für die Darstellung der römisch-persischen Kriege unter Justin II und Tiberios Konstantinos umfasste es zehn Bücher Ergänzungen zu seinem Geschichtswerk behandelten dann, wie aus Bemerkungen des Photios hervorgeht, sowohl die vorangehenden Jahre der Regierung Justinians als auch die Zeit nach 582: „Er (Theophanes) erinnert im ersten Buch seines Werkes daran, dass er auch das, was in der Zeit des Justinian geschah, als Geschichtsschreiber bezeugt hat Jedenfalls ist es klar, dass er im Anschluss an die zehn Bücher weitere geschrieben hat “8 Wann genau die zentralen zehn Bücher einsetzten, ist etwas 5

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S Quellenverzeichnis Ein detaillierter historischer Kommentar dieses Werkteils des Johannes von Ephesos ist ein Desiderat S den Kommentar einiger Passagen zu den persisch-römischen Kriegen bei Greatrex – Lieu 2002, 139 f ; 144 f ; 146 f ; 154 f ; 156 f ; 164 f S auch die monographische Behandlung von van Ginkel 1995 Zu Pseudo-Zacharias s Greatrex 2011 Phot bibl cod  64 Phot bibl cod  64, 26 a 21–23 Ähnlich Phot bibl cod  78 zur Struktur des Geschichtswerks des Malchus, das aus sieben Büchern bestand, dem aber weitere Bücher vorangingen und für das anscheinend eine Fortführung geplant war Vgl hierzu Wiemer 2014, 122

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unklar, da Photios einerseits vom 2 Regierungsjahr des Justin II , also vom Jahre 566, andererseits vom Ausbruch des römisch-persischen Krieges, also vom Jahre 572 als dem Anfangspunkt spricht In letzterem Fall behandelte die Geschichtsdarstellung in jedem Buch ein einziges Jahr des römisch-persischen Kriegs, und zwar bis 582 Wenn für die vorangehenden Jahre ab der Spätzeit Justinians, vermutlich ab dem Frieden von 561, und für die gleichfalls ab 582 beschriebene Folgezeit mehrere zusätzliche Bücher veranschlagt werden können, dann ist mit einem Gesamtwerk von zwanzig bis dreißig Büchern zu rechnen Das Geschichtswerk des Theophanes war damit ähnlich dimensioniert wie große Geschichtswerke der klassischen oder der hellenistischen Epoche, etwa das des Ephoros mit dreißig oder das des Polybios mit vierzig Büchern9 Nicht erkennen lässt sich, ob Theophanes jenseits des römisch-persischen Verhältnisses noch andere Themen behandelte, etwa die Probleme des römischen Reiches an der Donaugrenze Seine Erzählung für das Jahr 572 – das einzige Jahr, bezüglich dessen die Inhaltsangabe des Photios ein wenig mehr Details bietet – geht jedenfalls nur auf Episoden und Schauplätze der römisch-persischen Geschichte ein Insbesondere erläuterte Theophanes dort detailliert und ganz in der Tradition historiographischer Diskussion zu den Kriegsursachen die Gründe für den Ausbruch des persisch-römischen Krieges Das Konkurrenzverhältnis des Theophanes zu Menandros Protektor lässt sich an verschiedenen Ausführungen seiner Erzählung wahrscheinlich machen Theophanes glänzte offenkundig, wie das Exzerpt des Photios noch erkennen lässt, mit einigen Spezialkenntnissen zur Geschichte der Türken: „Im Osten des Tanais wohnen die Türken, die früher die Massageten hießen, welche die Perser in der eigenen Sprache die Kermichionen nennen “10 Deutlich ist, dass Theophanes wie Menandros von einer Situation ausging, in der die Göktürken in den fortgeschrittenen 570er Jahren ihre Herrschaft bis zur Krim und zum Don ausgebreitet hatten11 Im Rahmen umfangreicher Diskussionen 9

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In einigen Fällen findet man allerdings in der spätantiken Geschichtsschreibung Kurzbücher, wie etwa die zehn Bücher Eutrops Auszugehen ist aber von den Dimensionen, die beim zeitgleichen Historiker Menandros zu erkennen sind Ereignisse des Jahres 574 waren bei diesem im sechsten Buch dargestellt, Ereignisse des Jahres 576 im achten, vgl fr  38 = 18,2 Blockley und fr  43 = 19,1 Blockley Ein Buch bei Menandros behandelte ca zwei oder drei Jahre Das fr  11 = 6,1 Blockley zeigt, wie detailliert die Verhandlungen des Friedens von 561 dargestellt wurden, die gut 11 Teubnerseiten bzw in der Ausgabe Blockleys über 600 Zeilen einnehmen Es lässt den ausführlichen Maßstab gut erkennen und macht deutlich, dass die Ereignisse von zwei bis drei Jahren bei Menandros ein normal dimensioniertes regelrechtes Buch ausgefüllt haben dürften Phot bibl cod  64, 26 a 28–30: Οἱ τὰ πρὸς Εὖρον ἄνεμον τοῦ Τανάϊδος Τοῦρκοι νέμονται, οἱ πάλαι Μασσαγέται καλούμενοι, οὓς Πέρσαι οἰκείᾳ γλώσσῃ Κερμιχίωνάς φασι Zur Expansion des Türkenreichs bis zum Don und zum kimmerischen Bosporus vgl die ausführlichen Angaben am Ende des fr  43 = 19,1 Blockley, des Berichts über die Gesandtschaftsreise des Valentinos zum Turxanthos (Turk-Schad) 576 Der Türkenherrscher befiehlt den Angriff auf Bosporos, also Pantikapaion, durch die Truppen des Boqan und des utigurischen Vasallen Anagai Die Passage kann als Beweis dafür gewertet werden, dass die östlich des Don wohnenden Utiguren unter die Herrschaft der Türken geraten waren Demnach ist hier ein Beleg für das expansive Vor-

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um den Ursprung der Türken und ihr Verhältnis zu anderen Steppenvölkern wie Hunnen oder Awaren ist die Frage nach der Identität der Kermichionen, die wohl als „Rote Hunnen“ zu deuten sind12, zentral In einer unbefangenen Lektüre kann man den Text des Theophanes nur so verstehen, dass die Türken mit den früheren Massageten und mit der von den Persern als Kermichionen bezeichneten Gruppe identifiziert werden13 Dagegen betont Menandros die Identität der Türken mit einem anderen Volk des herodoteischen Universums, nämlich den Saken14 Die Divergenz könnte damit zu erklären sein, dass einer der Autoren, deren zeitliches Verhältnis untereinander unklar bleibt, den anderen korrigieren wollte Beide Autoren suchten nach einer ethnographischen Orientierung in dem von Herodot vorgegebenen System, entschieden sich aber für alternative Deutungen Dabei mag es auch darum gegangen sein zu begreifen, ob die Türken als Hunnen aufzufassen waren (für welche die Bezeichnung als Massageten eingebürgert war15) oder gerade nicht16 Die ethnographischen Ausführungen zu den Türken gehören bei beiden Autoren in den Rahmen umfangreicher Erläuterungen zu den römisch-türkischen Beziehungen und zum Ausbruch des römisch-persischen Konflikts 572 Theophanes hat in einer sehr expliziten Weise und sehr viel deutlicher bei der Beschreibung an Thukydides angeknüpft Schon dass Theophanes ein Erdbeben in Mesopotamien als Vorbote der kriegerischen Erschütterung interpretiert, evoziert zumindest das thukydideische Muster der mit dem Krieg verbundenen großen Erschütterung, auch wenn bei Thukydides die Erdbeben nicht Vorzeichen sind, sondern Teil einer teils durch Menschen, teils durch

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rücken der Türken in den Westen zu erkennen, da die Utiguren zuvor von den Awaren bezwungen worden waren (vgl Menand fr  28 = 12,6 Blockley) 579 belagerten die Türken die Stadt Cherson, s Szádeczky-Kardoss 1975, 269 f zu Menand fr  64 = 25,2 Blockley Auch der Name der Stadt Sogdaia (Sudak) auf der Krim wird mit der Ansiedlung von Sogdern unter dem Dach des Türkenreichs erklärt, vgl Baumer 2014, 223 Die Kermichionen sind nach dem allerdings ergänzten Zeugnis einer zoroastrischen Apokalypse mit „Roten Hunnen“ (karmīr-hyōn) identifiziert, die im Gegensatz zu „Weißen Hunnen“ (spēthyōn= Hephtaliten) stehen, vgl Bailey 1954, 13–16; Potts 2018, 288; Grenet 2020, 124 f Andere Deutung bei Macartney 1944, 272, für den die Kermichionen gerade nicht mit den Türken identisch sind Grenet 2020 hält die Kermichionen für einen in die Herrschaft der Türken integrierten Stamm, in dem er die ursprünglichen Alchon oder Alchan (der altaischen Form für „Rote Hunnen“ oder „Rote Khans“) erkennt Menand fr  19 Müller = 10,2 Blockley Bei den von Tiberios II von den „Massageten und anderen skythischen Völkern“ rekrutierten Truppen geht es um hunnische Kontingente (Euagr h e   5,14, p   209,31 f Bidez  – Parmentier) Zu den als Massageten bezeichneten Hunnentruppen, die nach Prokop bell Goth  1,10,29 bei der Eroberung von Neapel 536 besonders grausam wüten, vgl Meier 2019, 811 Theophylakt wiederholt des Öfteren, dass die Türken als Hunnen aufzufassen sind (1,8,5; 3,6,9; 4,6,10) Auffälligerweise findet sich diese Auffassung gerade in seinem „Hunnen-Exkurs“ nicht (7,7,6–7,8,11) Diskussionen darüber, wer zu den Hunnen gehörte und wer nicht, waren verbreitet Prokop legt dar, dass die Hephtaliten zu den Hunnen gehören (bell Pers  1,3,2), Nikephoros sieht die Bulgaren als Hunnen, nicht aber die Awaren Zu diesen Diskussionen s Pohl 2018, 193; Stickler 2020, 220–22

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Naturereignisse provozierten großen Globalkatastrophe17 Die Zusammenfassung des Photios erweckt dabei den Eindruck, Theophanes habe den Hinweis auf Erschütterung erst nach der Darstellung des unmittelbaren Vertragsbruchs und Kriegsausbruchs eingefügt: „Er (Theophanes) legt in diesem Buch des Werkes dar, wie der Vertrag gebrochen wurde, als Justin durch Komentiolos Suanien von Chosrau abverlangte (…) und wie ganz Mesopotamien erschüttert und so zum Vorspiel der künftig kommenden Übel wurde “18 Vielleicht entspricht dies einer komplizierten Disposition beim Autor selbst Denn die von Photios anschließend angefügte erneute Befassung mit den Kriegsursachen lässt vermuten, dass Theophanes auch im Original den Nachrichten über den Kriegsausbruch und den Vorboten dann eine ausführliche Diskussion über Anlässe und Ursachen des von ihm geschilderten Kriegs folgen ließ Der Anlass bestand laut seiner Darstellung in einem Ultimatum, das Justin II bezüglich Suaniens an Chosrau richtete und auf das nur zum Schein eingegangen wurde Als tiefere Ursachen wurden die Etablierung der römisch-türkischen Freundschaft genannt, deren Vorgeschichte genau erzählt wurde, ferner die persische Intervention in Südarabien und der Seitenwechsel der Armenier und Iberer Es ist also offenkundig, dass Theophanes für die Vorgeschichte des Kriegsausbruchs von 572 eine detaillierte, aber in vielen Punkten von Menandros abweichende Darstellung mit besonderen Akzenten bot Für die Verhandlungen zu Suanien, die nach dem Photios-Exzerpt des Theophanes durch „Komentiolos“ geführt wurden, bieten die Darlegungen in der ausführlichen Erzählung des Menandros die notwendigen Hintergrundinformationen Das kleine kaukasische Territorium, das in etwa mit dem heutigen Suanetien identisch ist, stand in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Königtum der Lazen, wurde aber beim Friedensschluss von 561 in der Hauptsache wegen seines strategischen Werts, nämlich der Kontrolle eines Übergangs über den Kaukasus, nicht von den Persern den Römern übergeben Von römischer Seite wurden daher erneute Verhandlungen begonnen, die dem Friedensschluss von 561 folgten Für diese Nachverhandlungen bietet Menandros ausführliche Erläuterungen in fr  15 und 16 Aus Menandros geht hervor, dass diese Verhandlungen nicht, wie bei Photios behauptet, von „Komentiolos“, sondern vielmehr von Johannes, dem Sohn des Domnentiolus geführt wurden19, eine Angabe, die ohne Zweifel so auch beim Zeitgenossen Theophanes zu lesen war Der Sasanidenherrscher signalisierte, wie von Menandros beschrieben wird, nur zum Schein ein Entgegenkommen: letztlich ließ sich Johannes durch die persische Seite überlisten und wurde aus diesem Grunde dann wegen des (in Analogie zum attischen Gerichtswesen konst-

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Thuk  1,1,2 mit 1,23,2–3 Vgl Meier 2005 Theophanes von Byzanz fr  1,1 = Phot bibl cod  64, 26 a 23–26: διέξεισι δὲ ἐν μὲν τῷδε τῷ λόγῳ ὅπως αἱ σπονδαὶ συνεχύθησαν Ἰουστίνου μὲν διὰ Κομεντιόλου Σουανίαν παρὰ Χοσρόου ἀπαιτοῦντος (…) ὅπως τε ἡ Μεσοποταμία πᾶσα ἐσείσθη, προοίμιον τῶν ἐπελευσομένων κακῶν γενομένη Zu Johannes, Sohn des Domnentiolos (Menand fr  15 = 9,1 Blockley), vgl PLRE III, Johannes 81 Er führte die Verhandlungen im März 567, vgl Stein 1919, 6 und 31, Anm  8

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ruierten) „Gesandtschaftsverrats“ von Justin II aus dem aktiven Dienst entfernt20 Die dezidierte Behauptung des Theophanes, dass der missratene Ausgang der Suanienverhandlungen zum Bruch des Friedensvertrags geführt habe, ist insofern erstaunlich, als diese erfolglos abgeschlossenen Verhandlungen des Johannes bereits 567, also sehr lange vor dem eigentlichen Kriegsausbruch, stattgefunden haben Indem Theophanes gerade die Suanienaffäre zum Anlass der Vertragsauflösung stilisierte, wurde vielleicht das Augenmerk von der eigentlich zentralen Frage, der umstrittenen Fortführung der Zahlung römischer Subsidien an die Perser, abgelenkt Dagegen berücksichtigte Menandros zwar ebenfalls das Suanienproblem, scheint es aber nicht als wesentlich betrachtet zu haben Wie dem auch sei, erkennbar ist, dass es beiden Historikern um ausführliche Darlegungen, Verbindungen und Diskussionen möglicher Kriegsgründe ging, und dass sie darin letztlich dem Thukydides verpflichtet waren, der nicht nur Anklagegründe und eigentliche Ursache voneinander unterscheidet, sondern bei den Anklagegründen bzw Anlässen mehrere Komplexe vorstellt und diskutiert, von den kerkyräischen Händeln und dem Konflikt um Poteidaia bis hin zum Schicksal Aiginas und dem (von Thukydides in Abgrenzung zu zeitgenössischen Erklärungsansätzen als unwesentlich erachteten) Megarischen Psephisma21 Zum Nexus der Kriegsursachen gehörte die Beschreibung der römisch-türkischen Beziehungen und ihrer Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Persern und Römern Hier haben offenkundig sowohl Theophanes wie auch Menandros weit ausgeholt und dabei teils ähnliche, teils voneinander abweichende Kausalzusammenhänge entwickelt Bei beiden ist die Frage des Seidenimports durch die Türken für das Zustandekommen der römisch-türkischen Beziehungen von herausgehobener Bedeutung Um begreiflich zu machen, warum eine türkische Gesandtschaft nach Byzanz gelangte (568/569), erklärt Menandros zunächst, wie in der Frage des sogdischen Seidenhandels Perser und Türken sich verfeindeten: Die Perser haben nicht nur die von den Sogden importierte Seide verbrennen lassen, sondern auch die Mitglieder einer türkischen Gesandtschaft hinterlistig getötet Aufgrund dieser persischen Übergriffe rät der Sogdenchef Maniach22 dem türkischen Khagan Sizabul, zum Bündnis mit den Römern zu wechseln und die Seide nach Rom zu importieren, da es dort für Seide einen hohen Bedarf gebe: Maniach, der Anführer der Sogden, ergriff die günstige Gelegenheit und riet dem Sizabul, dass es für die Türken besser sei, die Freundschaft der römischen Seite zu suchen und bei

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Menand fr  16 Eine eigentliche Verurteilung kann nicht erfolgt sein Johannes musste den Hof verlassen und verlor sein Amt als Logothet Unmittelbar wirkte auch das Vorbild Prokops, der – an Thukydides geschult – etwa die Ursachen des römisch-persischen Kriegs von 540 besonders ausführlich beschreiben hat, vgl Börm 2007, 234 Maniach stand entweder an der Spitze eines der sogdischen Staaten wie Samarkand oder Buchara oder war von den Türken mit der Kontrolle der Sogden insgesamt beauftragt

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ihnen die Rohseide zum Verkauf zu bringen, da sie diese sogar noch mehr als die übrigen Menschen nutzten 23

Mit ihrem Geschenk von „Rohseide in nicht geringem Ausmaß“ ist die Maniachgesandtschaft in Byzanz dann tatsächlich offenkundig willkommen24 Die Frage des Seidenhandels spielt aber anschließend in den Verhandlungen nur eine untergeordnete Rolle gegenüber dem eigentlichen Anliegen: der Bitte der Türken um ein Waffenbündnis und einen (gegen die Perser gerichteten) Freundschaftsvertrag: Daraufhin zählten die Gesandten die Völker auf, die den Türken untertan waren und baten dann den Kaiser darum, dass Friede und Waffengenossenschaft zwischen Römern und Türken bestehen möge Sie fügten hinzu, dass sie auch sehr gern bereit seien, alles an Feinden der römischen Herrschaft niederzukämpfen, was sich in ihrer Landmasse schare 25

Das Versprechen einer türkischen Waffenhilfe war zunächst gar nicht spezifisch gegen die Perser, sondern gegen alle potentiellen Feinde im umfassenden Migrationsgeschehen der damaligen Zeit in Aussicht gestellt Mit der „Landmasse“ muss der eurasische Raum gemeint sein, aus dem immer wieder Steppenvölker wie zuletzt die Kutriguren gegen Rom aufgebrochen waren und der nun von den Türken unter Kontrolle gebracht war Das Niederkämpfen der aus diesem Raum kommenden Feinde war aber ein zusätzlich vorgebrachtes Angebot Die in Aussicht gestellte Waffengenossenschaft galt vor allem dem Kampf gegen die Perser Das Bündnisangebot, das sehr bald von ersten Feindseligkeiten der Türken gegen die Perser flankiert wurde26, sollte dann für den Ausbruch des Krieges von 572 von fataler Bedeutung sein Das geht vor allem aus der rückblickenden und zusammenfassenden Passage fr  32 hervor, in der Menandros auf die Vielzahl der Gründe für den römisch-persischen Krieg eingeht, die Hoffnungen Justins II aufgrund des Bündnisversprechens aber für den stärksten Moment hält: Es gab viele andere Gründe für den Krieg der Römer und der Perser Was aber am meisten den Justin anstachelte, die Waffen gegen die Perser zu erheben, war das Volk der Türken Diese nämlich fielen in das Medische Land ein und verwüsteten Teile des Landes, sie schickten aber auch zu Justin eine Gesandtschaft mit dem Ziel, ihn gegen die Perser zum

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Menand fr  18,9 Übersetzung Bleckmann – Stein = 18 Müller = 10,1 Blockley Menand fr  18,10 Übersetzung Bleckmann – Stein = 18 Müller = 10,1 Blockley: „Sizabul stimmte diesen Worten zu und schickte ihn selbst und einige andere zum Kaiser der Römer, als Gesandte und um ihm Grußworte, Rohseide in nicht geringem Ausmaß als Geschenk und ein Schreiben zu überbringen “ Menand fr   18,16 f Übersetzung Bleckmann  – Stein = 10,1 Blockley: εἶτα ἀπαριθμησάμενοι οἱ πρέσβεις ἔθνη κατήκοα Τούρκων τὸ λοιπὸν ἠντιβόλουν τὸν ἀυτοκράτορα εἰρήνην τε ξυνεστάναι καὶ ὁμαιχμίαν Ῥωμαίοις τε καὶ Τούρκοις προσετίθησαν δὲ ὡς καὶ ἑτοιμότατα ἔχουσι καταπολεμῆσαι τῆς Ῥωμαίων ἐπικρατείας τὸ δυσμενές , ὁπόσον ἐς τὴν κατ’ αὐτοὺς ἀγελάζονται ἤπειρον Konkretisierungen der türkisch-römischen Waffenbrüderschaft gegen die Perser in 20,6 f und vor allem 20,14

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Krieg mitanzustacheln, und sie forderten, gemeinsam die Feinde beider zu vernichten und die Sache der Türken vorzuziehen Auf diese Weise würden sie, wenn von einer Seite die Römer, von der anderen die Türken angriffen, in der Mitte die Sache der Perser vernichten Durch solche Hoffnungen erhoben, glaubte Justin, dass er leicht die Macht der Perser umstürzen werde 27

Die rückgreifenden Bemerkungen zur türkischen Gesandtschaft, die den Justin anstachelte, können sich nicht auf die erste türkische Gesandtschaft, diejenige unter der Leitung des Maniach beziehen, da zu jenem Zeitpunkt die Türken noch nicht in das Gebiet der Perser eingefallen waren, sondern sich der Konflikt gerade allmählich entwickelte Die Verhandlungen mit der zweiten türkischen Gesandtschaft, derjenigen des Tagma Tarchan, die Zemarchos auf seinem Rückweg begleitete und 571 in Konstantinopel ankam, werden in den erhaltenen Fragmenten des Menandros zwar nicht mehr beschrieben Da aber während der vorangehenden römischen Gesandtschaft unter der Führung des Zemarchos der schon lange schwelende Konflikt zwischen Türken und Persern offen ausgebrochen war, muss die zweite türkische Gesandtschaft in der ursprünglichen Darstellung des Menandros noch deutlicher als die erste Gesandtschaft eine antipersische Stoßrichtung gehabt und dem Justin hier Rückendeckung für den Fall eines Angriffs gegen die Perser in Aussicht gestellt haben Kaum Bedeutung haben im Bericht, den Menandros für das römisch-türkische Verhältnis bietet, dagegen die spannungsreichen Beziehungen zwischen den Türken und den Awaren, die gerade der türkischen Dominanz entkommen waren, sowie die Haltung, die Rom zu den Awaren einnahm Die awarisch-türkischen Beziehungen werden zwar bei Menandros auf römischer Seite vom Kaiser selbst angesprochen und von Maniach erklärt28, sind aber Menandros zufolge für die Aufnahme der römisch-türkischen Beziehungen gerade nicht ausschlaggebend gewesen Vielmehr führte die Missstimmung über die römischen Vereinbarungen mit den Awaren erst später bei den Türken dazu, dass das römisch-türkische Bündnis nicht wirksam wurde: In der Notlage, die um 576 herrschte, suchte Tiberios Caesar den zwischen Istämi und Justin geschlossenen Vertrag durch die Gesandtschaft des Valentinus zu reaktivieren und die Türken zum unterstützenden Angriff auf die Perser zu veranlassen Der Sohn Istämis, der Turxanthos (Turk-Shad), behandelte die Gesandtschaft jedoch außergewöhnlich unfreundlich, und zwar wegen der Vereinbarungen mit den Ouarchonitai (= Awaren) und drohte der Darstellung des Menandros zufolge dem Justin II (bzw dem für ihn regierenden Caesar Tiberios): „Euer Kaiser wird mir nach Gebühr Buße zahlen, da er mit

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Menand fr  32 = 13,5 Blockley Menand fr  18 = 10,1 Blockley Das Problem wird von Maniach bewußt relativiert, weil nur 20 000 Awaren aus der türkischen Herrschaft entlaufen seien

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mir Freundschaftsbekundungen austauscht, mit meinen Sklaven, den Ouarchonitai – er meinte damit die Awaren – die ihren Herren entlaufen sind, aber einen Vertrag hat “29 Bei Theophanes von Byzanz sind die Akzente zwischen diesen Faktoren (Römer, Perser, Türken und Awaren) deutlich verschoben Dabei gibt es einige Schwierigkeiten, den ursprünglichen Tenor des Theophanes zu erkennen, weil das Exzerpt des Photios (bibl cod  64) bei der Darstellung der römisch-türkischen Verhandlungen etwas verworren ist In einem Abschnitt seines Theophanes-Exzerpts berichtet Photios über die erste Gesandtschaft der Türken nach Rom30, im Folgenden findet sich dann ein rückgreifender Exkurs über die Einführung der Technik der Seidenzucht in Rom31 Nach den rückgreifenden Ausführungen über den Sieg der Perser über die Hephthaliten wird die Erzählung über die Vorgeschichte des Kriegsausbruchs von 572 fortgesetzt, indem die römische Gesandtschaft des Zemarchos zu den Türken und ihr freundlicher Empfang beschrieben werden, die dann Chosrau zu Gegenaktionen veranlassen Die im Photios-Exzerpt zunächst genannte Gesandtschaft der Türken nach Byzanz muss mit der von Menandros erwähnten Gesandtschaft des Maniach (von 568) identisch sein, die der römischen Gegengesandtschaft des Zemarchos (569–571) vorausging Nur durch die etwas zurückgreifende Exzerpttechnik des Photios, der teilweise mit dem Aufbau der Erzählung bei Theophanes nicht zurechtkam, hat man den Eindruck, dass die Paragraphen 2 und 3 zwei aufeinanderfolgende türkische Gesandtschaften beschreiben, eine erste, in der die Awarenfrage behandelt wird, und eine zweite, in der vom Seidenhandel die Rede ist und in der die Türken davon überrascht werden, dass die Geheimnisse der Seidenraupenzucht bereits in Byzanz bekannt sind: 2 Im Osten des Tanais wohnen die Türken, die früher die Massageten hießen, welche die Perser in der eigenen Sprache die Kermichionen nennen Und sie selbst schickten damals Geschenke und Gesandte zum Kaiser Justin, wobei sie darum baten, dass er die Awaren nicht empfangen sollte Der nahm die Geschenke an, empfing sie im Gegenzug freundlich und entließ sie in ihre Heimat Als später die Awaren kamen und darum baten, Pannonien zu bewohnen und Frieden zu erlangen, da schloss er mit ihnen wegen der Rede und des Vertrags mit den Türken keinen Vertrag 32 3 Ein Perser zeigte, als Justinian Kaiser war, in Byzanz die Entstehung der Raupen, die vorher den Römern noch nicht bekannt war (…) Als nun der Kaiser Justin deren Entstehung und Arbeit später den Türken zeigte, versetzte er sie in Erstaunen (…) Justin aber entsandte den Zemarchos als Gesandten zu den Türken Der bewirtete auch die Türken in

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Menand fr  43 = 19,1 Blockley Zur schlechten Behandlung der Valentinus-Gesandtschaft vgl dann auch fr  45 = 19,2 Blockley Theophanes fr  1,2 = Phot bibl cod  64, 26 a 28–36 Theophanes fr  1,3 = Phot bibl cod  64, 26 a 37–26 b 5 Theophanes fr  1,2 = Phot bibl cod  64, 26 a 28–36

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herausragender Weise und er wurde im höchsten Grad freundlich empfangen und kehrte nach Byzanz zurück 33

Zwar scheint hier eine Entsprechung zu den beiden bei Menandros erwähnten türkischen Gesandtschaften gegeben zu sein34 Die zweite türkische Gesandtschaft bei Menandros, diejenige des Tagma Tarchan, machte sich aber erst nach der Zemarchos-Gesandtschaft auf den Weg, indem sie den römischen Gesandten bei seinem Rückweg nach Konstantinopel begleitete Die Zemarchos-Gesandtschaft aber, die am Ende des § 3 im Theophanes-Exzerpt beschrieben wird, war überhaupt die erste römische Gesandtschaft zu den Türken Die Angaben des Theophanes zu den Awaren und zum Bekanntwerden der Technik der Seidenraupenzucht in Konstantinopel müssen sich somit auf die gleiche türkische Gesandtschaft vor der Zemarchosgesandtschaft beziehen, also auf die Maniach-Gesandtschaft Zu erkennen sind bei der Darstellung der Maniach-Gesandtschaft damit folgende Grundzüge: Bei Theophanes geht die Initiative zur Aufnahme von römisch-türkischen Beziehungen wie bei Menandros von den Türken aus Dabei treten freilich die Türken deutlicher als Bittsteller auf als in der Darstellung des Menandros Um das Verhältnis zu den Persern geht es ihm nicht, während bei Menandros die Spannungen zwischen Persern und Türken bereits für die Maniach-Gesandtschaft ursächlich sind Bei Theophanes wollen die Türken zunächst nur, dass die römische Seite keine diplomatischen Kontakte mit den Awaren aufnimmt, was dann auf Veranlassung Justins tatsächlich geschieht Als Gegenleistung für die Ablehnung awarischer Forderungen bieten die Türken auch keine Waffenhilfe an, sondern machen offenkundig das Angebot, Seide nach Ostrom zu exportieren Wie bei Menandros (fr  18,9) sind die Türken dabei auch bei Theophanes im Glauben, dass es in Rom einen hohen Bedarf an Seide gebe Bei Menandros nimmt die römische Seite die Seidenballen immerhin höflich im Empfang Bei Theophanes werden die Gesandten der Maniach-Gesandtschaft dagegen direkt vom Kaiser selbst mit dem Befund konfrontiert, dass kein Interesse am Seidenimport besteht, weil Seidenraupenzucht und Seidenherstellung schon bekannt sind: „Als nun der Kaiser Justin deren Entstehung und Arbeit später den Türken zeigte, versetzte er sie in Erstaunen “ In diesem Zusammenhang wird dann in einem rückgreifenden Exkurs berichtet, wie technologisches Wissen schon vor längerer Zeit unter Justinian von den „Serern“, also aus China, in den Westen geschmuggelt wurde35 Auch wenn die Türken also den Römern zunächst keine Gegenleistung bieten können, werden 33 34 35

Theophanes fr  1,3 = Phot bibl cod  64, 26 a 37–26 b 5 Menand fr  18 = 10,1 Blockley und 20 = 10,3 Blockley Theophanes von Byzanz fr  1,3 = Phot bibl cod  64, 26 a 37–26 b 15 Die Seidenherstellung war in der Tat bereits seit den 540er Jahren in Byzanz bekannt, vgl dazu Zuckerman 2013 Der von Theophanes berichtete Vorfall liegt also entweder schon sehr lange zurück oder ist das Ergebnis einer erzählerischen Erfindung, die die Existenz der Seidenraupenzucht erklären sollte Die Darstellung des Theophanes steht in Konkurrenz und Ergänzung zur Erzählung bei Proc bell Goth  4,17,1–8

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die freundlichen Beziehungen zwischen Römern und Türken fortgeführt und schickt Justin den Zemarchos zu den Türken, der von diesen aufmerksam empfangen wird Dieser erste Kontakt zwischen Römern und Türken (Gesandtschaften des Maniach und des Zemarchos), der keine Reaktion auf persisch-türkische Spannungen ist, wird nun, so fährt Theophanes fort, von den Persern subjektiv als Bedrohung empfunden und führt dazu, dass Chosrau seinerseits in Südarabien gegen die „Äthiopier, die mit den Römern befreundet waren, die früher Makrobioi, jetzt aber Homeriten heißen“36 vorgeht und durch seinen General Mihran „den König der Homeriten Sanaturkes“ gefangennehmen lässt Die anscheinend teilweise sehr verkürzende und verzerrende Zusammenfassung dieser Ereignisse durch Photios – hinter der irrigen Gleichsetzung von Äthiopiern und Homeriten scheint die vorübergehende Kontrolle Himyars durch die Äthiopier bzw die Herrschaft des äthiopischen Generals Abraha über die Homeriten zu stehen37 – macht es schwer, die beschriebenen Vorgänge zu klären, weil die Parallelschilderungen in späteren islamischen Quellen ebenfalls große Probleme bereiten38 Betrachtet man alle Zeugnisse in der abwägenden Zusammenschau, so scheint man die von Theophanes beschriebenen Vorgänge als die Expedition eines persischen Generals aus dem Hause der Mihran gegen Masrūq, den Sohn Abrahas, auffassen zu können Für die Entstehungsgeschichte des Islam ist der Aufbau eines Spannungsfeldes zwischen römischen und persischen Einflusssphären auf der arabischen Halbinsel, insbesondere auch die römisch-persische Konfrontation in Südarabien, bekanntlich von großer Bedeutung Wie weit diese Auseinandersetzungen in Südarabien allerdings auch von Menandros gewürdigt worden sind, muss völlig offenbleiben Anspielungen darauf sind jedenfalls in den erhaltenen Stücken der Gesandtschaftsfragmente nicht zu finden Der dritte Zeuge zum Kriegsausbruch von 572, auf den noch einzugehen sein wird, nämlich Johannes von Epiphaneia, hat dagegen den Angriff der Perser auf den Jemen unter den relevanten Beschuldigungen aufgeführt, welche die Römer gegen die Perser richteten39 Was die Bedeutung dieses Ereigniskomplexes betrifft, könnten also Menandros einerseits und die Parallelquellen Theophanes und Johannes deutlich abweichende Akzente gesetzt haben Gesicherte diesbezügliche Aussagen sind freilich nicht möglich Ein weiterer Punkt im Rahmen der Darstellung der Kriegsursachen war der Aufstand der Armenier gegen die persische Besatzung und der Übertritt der Armenier zu den Römern: Die Fluchtbewegung der Armenier zu den Römern war nach der Auffassung des Theophanes von Byzanz „besonders ursächlich (…) dafür, dass die Perser

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Damit scheinen nicht einfach die Homeriten gemeint zu sein „Äthiopier“ sind vielmehr die unter der Herrschaft des Äthiopiers Abraha stehenden Himyariten, vgl hierzu Robin – Ṭayrān 2012, 5 Hierzu Robin – Ṭayrān 2012; Bowersock 2019, 21–30 Zu Ibn Hishām und der arabischen Tradition bei Tabari vgl Bosworth 1999, 160; Hoyland 2014, 274 Johannes von Epiphaneia fr  1,2 (FHG IV, 274)

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das Abkommen mit den Römern brachen “40 Den armenischen Aufstand hat Theophanes sehr ausführlich und mit offenkundigen Berührungen zur armenischen Überlieferung beschrieben41 Neben dem armenischen Aufstand stellte er auch den Abfall der östlich von den Lazen, im heutigen Ostgeorgien lebenden Iberer von den Persern dar Armenischer und iberischer Aufstand gehörten zu den ersten Kriegsursachen Es ist zu erkennen, dass diese Vorgänge in Armenien und dem Kaukasus auch von Menandros sehr wohl gewürdigt worden sind Die Konflikte zwischen dem Surenas und den gläubigen Armeniern hat er ebenso berücksichtigt wie die Ermordung des Surenas und die (laut Friedensvertrag von 561 zu unterbindende) Zuflucht von Armeniern zu den Römern42 Einige Andeutungen scheinen zu verraten, dass er auch das Problem Iberien im Blick hatte43 In seiner Darstellung hat er aber gleichwohl dezidiert in Abrede gestellt, dass die Probleme um Armenien und im Kaukasus von persischer Seite als Hauptursache des Krieges betrachtet wurden Deutlich ist dies etwa in der Erzählung des Menandros über die Verhandlungen unmittelbar vor dem Kriegsausbruch44 Beschrieben wird dort, wie Chosrau unmittelbar nach der Ermordung des Surenas den Gesandten Sebocht ausschickt und dabei „Unkenntnis der Dinge, die sich in Persarmenien“ ereignet hatten, vortäuscht Wichtig ist dem Perserherrscher in den Verhandlungen nämlich vor allem, dass die Römer nach der Vollendung des ersten Zehnjahreszeitraums des „Fünfzigjährigen Friedens“ die zweite Rate „bezahlten“, um den Frieden erneut zu bestätigen Die Ankündigung des Justin II , „dass er Persarmenier, die sich von den Persern getrennt hätten, aufgenommen habe und dass er nicht dulden werde, dass sie Unrecht erlitten“45, wird vom persischen Verhandlungsführer mit Achselzucken hingenommen Er verweist darauf, dass das von Justin II angekündigte Unterfangen, zum Schutz der armenischen Glaubensbrüder gegen die Perser loszugehen, aufgrund des christlichen Bekenntnisses eines großen Teils der sasanidischen Untertanen nicht die klaren Linien eines Religionskriegs haben werde Allein die römische Weigerung, nach dem Ablauf des ersten Zehnjahreszeitraums die ver-

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Theophanes von Byzanz fr  1,3 = Phot bibl cod  64, 26 b 27 f : τοῦτο μάλιστα γέγονε τῆς τῶν Περσῶν πρὸς Ῥωμαίους σπονδῶν καταλύσεως αἴτιον Theophanes von Byzanz fr  1,3 = Phot bibl cod  64, 26 b 21–26: „Der Autor berichtet auch, wie die Armenier vom Surenas misshandelt wurden, und zwar besonders hinsichtlich des Glaubens, und dass sie den Surenas in einer Verschwörung durch Vardanes, dessen Bruder Manuel er getötet hatte, und durch einen anderen namens Vardes töteten, und dass sie von den Persern abfielen und zu den Römern übergingen, wobei sie die Stadt Duin, in der sie wohnten, verließen (…) “ Die Angaben des Theophanes decken sich teilweise mit der armenischen Historiographie, vgl zur Ermordung des Suren Sebeos 8, p  67 Abgaryan und 9, p  70 (englische Übersetzung von Thomsen 1999, 6 und 10) mit Kommentar von Howard-Johnston 1999 a, 162 f Weitere Quellen o S  81 Anm  71 Zur Ermordung des Surenas und der Entsendung des Sebochth Menand fr  36 = 16,1 Blockley Menand fr  41 = 18,6 Blockley Menand fr  36 = 16,1 Blockley Menandros fr  36,7 Bleckmann – Stein

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einbarten Zahlungen zu leisten, dürfte (in der Perspektive des Menandros) von persischer Seite der eigentliche casus belli gewesen sein Von den Verhandlungen um die Geldzahlungen an die Perser ist dagegen in der Erzählung des Theophanes gar keine Rede Da der Autor nur durch ein stark kürzendes Exzerpt bekannt ist, wäre dieser Befund allein noch nicht signifikant Die explizite Aussage des Theophanes freilich, dass der armenische Aufstand „besonders ursächlich war dafür, dass die Perser die Verträge mit den Römern auflösten“, lässt allerdings keinen Zweifel daran zu, dass in seiner Darstellung das Problem der nicht geleisteten Zahlungen gegenüber dem Armenienproblem auf jeden Fall nachgeordnet war Der Befund, dass in der zeitgenössischen Historiographie in sehr differenzierter Weise und in aufeinander bezogenen Diskussionsbeiträgen über die Gründe des Ausbruchs des Krieges von 572 diskutiert wurde, wird abgerundet, wenn man zusätzlich die Erzählung des Johannes von Epiphaneia betrachtet Johannes ist einerseits durch den direkt überlieferten Anfangsteil seines Geschichtswerks46, andererseits durch die (partiell ungenauen) Exzerpte des Theophylakt Simokattes erhalten geblieben47 Ganz explizit knüpfte er im ersten Satz des Vorworts an seine Vorläufer Prokop und Agathias an, beweist also noch einmal die Wirkmächtigkeit dieser Historiker, deren Vorbildcharakter für Menandros hier bereits konstatiert worden ist Gleichzeitig zeigt er mit diesem Satz die gleiche Verpflichtung gegenüber dem Gedanken der historia perpetua wie sein Cousin und Mitbürger Euagrios von Epiphaneia (5,24): Alles, was die Römer und Meder im Krieg gegeneinander erduldeten und ausführten in der Herrschaft Justinians, des Autokrators der Römer, wurde von Agathias aus Myrina niedergeschrieben, einem Mann, der unter den Rhetoren in Byzanz einen bemerkenswerten Rang einnimmt und der nach Prokop aus Kaisareia die gegen die Barbaren durchgeführten Taten aufgeschrieben hat 48

Es versteht sich von selbst, dass die von Johannes im Folgenden beschriebenen Ereignisse im herodoteisch-thukydideischen Stil von ihm selbst als die größten überhaupt aufgefasst werden und seinem Fortsetzungswerk seiner Ansicht nach daher besondere Dignität zukommt49 Auch hier will es der Zufall, dass im langen Fragment des Johannes neben dem Proömium gerade die Darstellung von 572/573 erhalten geblieben ist Dieser Zufall hat es 46 47 48 49

Codex Vaticanus gr  1065, fol  94 verso – fol  100 verso Vgl Brodka 2013 Vgl Olajos 1988, 20–27; Whitby 1988, 227–230 Johannes von Epiphaneia fr  1,1 (FHG IV, 273) Johannes von Epiphaneia fr  1,1 (FHG IV, 273): „Da es das Größte ist, von dem wir durch Hörensagen wissen, dass, als der König der Perser selbst, zum Flüchtling aus dem eigenen Lande geworden, aus der Herrschaft vertrieben wurde, zum Staat der Römer übergegangen war und den Kaiser darum bat, ihm ein Bündnis zu gewähren und ihn zur Königsherrschaft zurückzuführen, daher beginne ich nun darüber zu berichten, (…) damit nicht eine so große Sache den Nachgeborenen ungerühmt zurückgelassen wird “

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erlaubt festzustellen, dass die Erzählung des Theophylakt (3,9,3–12,9) über das erste Jahr des Krieges Justins II gegen die Perser mit derjenigen des Johannes fast völlig deckungsgleich ist Mit ziemlicher Sicherheit stammen auch große Teile der Ausführungen, die Theophylakt dann für die folgenden Jahre des Krieges enthält, insbesondere die Darstellung der Regierungszeit des Tiberios II , ebenfalls aus Johannes von Epiphaneia Da Johannes in der Hauptsache die Epoche des Maurikios und die Geschichte der Rückführung des Chosrau II auf den Königsthron behandelte50, kann vermutet werden, dass Theophylakt den Johannes dann auch bis weit in die Zeit der Regierung des Maurikios konsultiert und ausgeschrieben hat Die Regierung des Justin II und des Tiberios war, wie schon das Vorwort verrät, im Geschichtswerk des Johannes von Epiphaneia nur der Auftakt für die dann zu beschreibenden Großtaten des Maurikios Für die von Johannes nur kursorisch gestreiften Ereignisse der Epoche bis 582 boten also Menandros und Theophanes zweifelsohne viel umfangreichere Berichte als Johannes Trotzdem lassen sich zwischen dieser Kurzfassung und der ausführlichen Version vor allem des Menandros Vergleiche vornehmen Die klassizistische Orientierung des Johannes, die schon im thukydideisch-herodoteischen Vorwort offenkundig wird, bestimmt auch seine Diskussion der Kriegsursachen von 572 Sie ist noch deutlicher als bei Theophanes von Thukydides geprägt, weil Johannes die gegenseitigen Beschuldigungsgründe, die αἰτίαι, von der eigentlichen, der wahren Ursache, unterscheidet In der Kategorie der gegenseitig erhobenen Beschuldigungen wird auf römischer Seite zunächst der Vorwurf vorgebracht, dass die Perser die Himyariten vom Bündnis mit den Römern abzubringen versucht und dann angegriffen hätten, und zwar trotz des zwischen Römern und Persern bestehenden Waffenstillstands51 Als zweiter Anklagegrund wird der angeblich von den Persern vorgenommene Anschlag gegen die Gesandtschaft des Zemarchos formuliert, und zwar bei deren Rückkehr von den Verhandlungen mit den Türken Auf persischer Seite (bei Johannes sind es natürlich nicht die Perser, sondern herodoteisch die „Meder“52) wird 50

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S hierzu neben dem in der vorangehenden Anmerkung zitierten Proömium des Johannes auch Euagr  5,24 p  219,18–22 zum Werk seines Mitbürgers und Verwandten, das „bis zur Flucht des Chosrau des Jüngeren zu den Römern und der Wiedereinsetzung in die eigene Königsherrschaft“ (μέχρι τῆς τοῦ Χοσρόου τοῦ νέου πρὸς Ῥωμαίους φυγῆς καὶ τῆς εἰς τὴν αὐτοῦ βασιλείαν ἀποκαταστάσεως) reicht S auch den Titel des großen Fragments des Johannes von Epiphaneia zum „Übergang des Chosrau des Jüngeren zu Maurikios, dem Herrscher der Römer“: περὶ τῆς τοῦ νέου Χοσρόου προσχωρήσεως πρὸς Μαυρίκιον τὸν Ῥωμαίων αὐτοκράτορα Johannes von Epiphaneia fr  1,2 (FHG IV, 273) Gemeint ist die Waffenruhe, die durch den Friedensschluss zwischen den Römern und Persern definitiv wurde Der Vertrag von 561 verbot in der Tat den Vertragspartnern, in welcher Form auch immer abhängige Bündner oder Territorien anzugreifen und dehnte die Friedenspflicht auch auf diese Gebiete aus, vgl Menand fr  11,76 Bleckmann – Stein = 11 Müller = 6,1 Blockley: „Neuntens, nicht ein untertäniges Volk oder irgendein anderes Territorium des anderen Staates anzugreifen oder dagegen Krieg zu führen, sondern vielmehr ohne Schädigung und, ohne irgendwie Schaden zu erleiden, an Ort und Stelle zu bleiben, damit auch die den Frieden genießen könnten “ Der Sprachgebrauch begegnet auch bei Menandros Protektor

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das vertragswidrige Bündnis der Römer mit den aufständischen Armeniern zur Sprache gebracht Thukydideisch wird dann von Johannes nach den gegenseitigen Anklagen der eigentliche und tiefere Grund angeführt Dieser habe darin bestanden, dass der „Kaiser Justin glaubte, auf keinen Fall fünfhundert Goldpfund53 den Persern gewähren zu dürfen – eine Bedingung, unter der zuvor der Vertrag abgeschlossen war – und so den Staat der Römer auf ewig den Persern tributpflichtig zu machen “54 Wie für Menandros war also die Unterlassung der Zahlung der ab 572 zu liefernden Jahresraten nach dem Urteil des Johannes der zentrale Grund für den Kriegsausbruch Die auf der römischen Seite vorgebrachten Anklagegründe können teilweise aufgrund der ausführlichen Erzählungen des Menandros nachvollzogen werden Besonders gilt dies für den Anschlag auf die Zemarchos-Gesandtschaft bei deren Rückkehr von der Reise an den Hof des türkischen Khagan55 Hier lassen sich die Originalfragmente des Johannes von Epiphaneia und des Menandros genau miteinander vergleichen Bei Johannes heißt es zu den von den Persern erhobenen Vorwürfen: Dazu aber, dass auch, als die Türken eine Gesandtschaft zu den Römern geschickt, der Kaiser Justin die Gesandtschaft empfangen und den Zemarchos, einen Mann aus dem Senat, mit jenen ausgeschickt hatte, die Perser die Alanen mit Geldmitteln hatten korrumpieren wollen, durch deren Gebiete jene zu reisen hatte, und dass sie sich bemüht hatten, den Zemarchos und die sie begleitenden Römer und Türken aus dem Weg zu räumen 56

Die Version des Menandros ist in fr  22 zu finden, wo der Alanenführer die Zemarchos-Gesandtschaft warnt, den Weg durch das Gebiet der Misimier/Misimianen anzutreten, weil die Perser auf dieser Strecke in einem Hinterhalt lauerten Zwar erscheint der Alanenfürst Sarosios in diesem Fragment keineswegs als von den Persern bestochener Agent Am Ende des fr  21 wird aber die Angst des Zemarchos und seiner Leute vor dem Betreten des Alanengebiets geschildert: Von diesem Platz aus schickten sie Späher los, die vorweg untersuchen sollten, ob die Perser wirklich dort im Hinterhalt saßen; nach der Erkundung meldeten diese, niemanden

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Mit den fünfhundert Pfund sind die gemäß den Bedingungen des Vertrags von 561 jährlich den Persern zu entrichtenden Zahlungen gemeint Vgl Menand fr  11,31 Bleckmann – Stein = 11 Müller = 6,1 Blockley (30000 in goldener Münze, beim Ansatz von 60 Münzen je Goldpfund) Vgl Theophyl  3,9,10 Johannes von Epiphaneia fr  1,2 (FHG IV, 274) Die in der Jahreszahlung deutliche Demütigung des römischen Staates wird durch diese Formulierung der ewigen Tributpflichtigkeit besonders hervorgehoben Zu diesem Aspekt s Payne 2013, 17 Vgl Menand fr  22 = 10,5 Blockley Johannes von Epiphaneia fr  1,2 (FHG IV, 274)

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gesehen zu haben Trotzdem begab man sich mit größter Sorge in das Gebiet der Alanen, weil man vor dem Stamm der Oromuschen noch mehr Angst hatte 57

Es ist also nicht ausgeschlossen, dass in der Erzählung des Menandros ein persischer Versuch, die Gesandtschaft durch die Alanen abzufangen, beschrieben wurde Sicher ist jedenfalls, dass Menandros und Johannes von Epiphaneia sich völlig decken, was die unfreundliche Absicht der Perser betrifft, die Gesandtschaft des Zemarchos bei ihrer Rückkehr nach Konstantinopel unterwegs an einem der Kaukasusübergänge abzufangen Diese Übereinstimmungen sind freilich weiter gar nicht erstaunlich, weil beide Autoren hier die gleiche Quelle, nämlich den extrem ausführlichen Bericht des Zemarchos selbst, benutzt haben58 Allerdings wurde bei Menandros die Geschichte vom persischen Anschlag auf die Gesandtschaft, die gemeinsam mit der türkischen Gesandtschaft des Tagma ungefähr 571 in Konstantinopel eintraf, offenkundig nicht für die Diskussion der Kriegsgründe und Kriegsanlässe nutzbar gemacht Der Hauptunterschied zwischen Johannes von Epiphaneia und Menandros besteht darin, dass nur Menandros einen ausführlichen Bericht über die Wechselfälle der Geschichte vom Frieden von 561 bis zum erneuten Ausbruch des Krieges bietet Dagegen führt Johannes von Epiphaneia nur knapp die Gründe an, die nach Ansicht der Römer bzw Perser als Bruch der Vertragsbestimmungen von 561 zu interpretieren waren Auch für die Darstellung der mit dem Jahr 572 einsetzenden militärischen Ereignisse blieb er, wie das große Stück aus dem Original zeigt, relativ knapp Immerhin genügen die Reste bei Menandros und Johannes hier, um wieder zu illustrieren, wie divergierende zeitgenössische Berichte im aktuellen Widerstreit entstehen konnten Das Bild einer variantenreichen Zeitgeschichtsschreibung im ausgehenden 6  Jahrhundert gewinnt weitere Facetten, wenn man neben den Erzählungen der drei genannten Zeithistoriker auch noch die Berichte der in dieser Zeit schreibenden Kirchenhistoriker hinzuzieht Johannes von Ephesos, ein syrisch schreibender, aber in Kleinasien wirkender Miaphysit, fügt im 3 Teil seiner „Kirchengeschichten“59 als 6 Buch eigens eine Art Appendix an, in der die ereignisgeschichtlichen Details gesondert dargestellt werden Dass dieses Stück mit der knappen „Darstellung der Kriege und Schlachten, der Verwüstung und dem Blutvergießen, das in unseren Tagen stattfand“ nicht wirklich

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Menand fr  21,5 Übersetzung Bleckmann – Stein = 21 Müller = 10,4 Blockley Über die angeblich so furchteinflößenden Oromuschen ist sonst nichts bekannt, vgl Alemany 2000, 184 Ältere Übersetzungen erwecken den Eindruck, die Oromuschen seien ein Teilstamm der Alanen Vgl hierzu Chuvin 1996; Dobrovits 2011 Als ein Werk genannt bei Johannes von Ephesos 6,23 Ausführliche Fragmente des Zemarchos-Berichts vor allem bei Menand fr  19–22 Zu dem von Johannes von Ephesos gebrauchten Plural der „Kirchengeschichten“ (6,1) vgl Philostorg test   4,1 KFHist E 7: ἐκκλησιαστικαὶ ἱστορίαι (Titel des Geschichtswerks des Philostorgios), s auch die von der großen Epitome des Photios vorgenommene Zählung der einzelnen Bücher als jeweils eine ἱστορία Auch Dorotheos von Tyros hat ἐκκλησιαστικαὶ ἱστορίαι geschrieben: Theophanes p  48,28 f de Boor

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zu einer kirchengeschichtlichen Darstellung gehört, sondern einer gesonderten Kategorie der „Kriegsgeschichte“ zugewiesen werden muss, überspielt der Autor, indem er die historisch-politischen Ereignisse dieser Zeit zu Zeichen erklärt, die das Ende der Welt ankündigen Gleichzeitig schließt er aber nicht die Existenz einer Nachwelt aus, die sich für diese Ereignisse interessieren könnte60 Dabei besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die angeblich vom „Hörensagen“ in Erfahrung gebrachte Ereignisgeschichte ursprünglich einem selbständigen (griechischen?) historiographischem Werk entstammte Zu erwähnen sind neben Johannes von Ephesos ferner die zeitgeschichtlichen Ausführungen des Kirchenhistorikers Euagrios Hier fällt ein eigentümliches Rivalitätsverhältnis zu Johannes von Epiphaneia auf Beide schreiben zur gleichen Zeit, wissen voneinander, scheinen aber offenkundig bewusst oft entgegengesetzte Faktenzusammenhänge darzustellen61 Josephus Flavius hat im Contra Apionem den Befund, dass griechische Zeitgeschichtsschreibung immer wieder mehrere gegeneinander gerichtete Darstellungen hervorgebracht hat, polemisch ausgewertet, indem er festhält, dass es immer nur eine einzige jüdische Geschichtserzählung gibt, aber zahlreiche widerstreitende griechische Erzählungen62 Josephus, der die speziellen kompetitiven und diskursiven Formen der griechischen Geschichtsschreibung nicht begreift oder nicht begreifen will, nennt namentlich die gegeneinander gerichteten Darstellungen zur länger zurückliegenden, teils mythischen Geschichte (Hekataios versus Akusilaos, Timaios versus Ephoros etc ), geht aber nur allgemein auf gegeneinander gerichtete zeitgeschichtliche Darstellungen ein Gerade für letztere passt aber die von Josephus gemachte, wenn auch negativ umgedeutete Beobachtung, dass die eine historische Darstellung durch einen Prozess der Diskussion, der Korrektur und der Verbesserung aus der anderen

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Vgl Johannes von Ephesos 6,1, Übersetzung Schönberger, 217 (modifiziert) S zur Gesamtpassage die lateinische Übersetzung von Brooks, p  210: „Haud igitur ineptum esse nobis visum est, vel alienum, ut historiis ecclesiasticis et de bellis et proeliis etiam, et vastatione et caede, quae nostris diebus facta est, memoriam brevem adiciamus, ut ad scientiam posterorum, si igitur mundus amplius stabit, quoad invenimus et deprehendimus et auditu accipimus, ea exscribamus et nota faciamus, cum per haec Salvatoris nostri verbum et doctrinam vitae plenam recordamur, quae nos de tempore finis consummationis mundi, itemque de tempore adventus docet et admonet et obtestatur “ Kenntnis vom unvollendeten Geschichtswerk des Johannes bei Euagrios, vgl Euagr  5,24 p  219,18– 22 Zu den Beziehungen der beiden Historiker untereinander vgl Olajos 1988, 16 f Als Beispiel divergierender Darstellungen wäre anzuführen Euagr  5,9–10 und Johannes von Epiphaneia fr  1,4–5 (FHG IV, 275) Bei Euagrios wird das Belagerungsheer des Chosrau I vor Daras durch die zurückkehrende Truppe des Adarmahan verstärkt (diese Version auch bei Johannes von Ephesos) Dagegen kehrt bei Johannes von Epiphaneia Adarmahan ganz eindeutig möglichst rasch „in seine Heimat“ zurück Chosrau I führt die Belagerung von Daras allein durch Auch die Unterschiede zwischen (dem besser informierten) Theophyl  5,12–14 und Euagrios 6,20 f für die Episode zu den Votivgaben des Chosrau II in Sergiopolis bieten ein Beispiel für das komplexe Verhältnis zwischen Euagrios und Johannes von Epiphaneia, vgl die detaillierte Analyse von Higgins 1955 Auf die Wichtigkeit der Ausführungen des Josephus Flavius zur Historiographie bin ich durch Alexander Meeus aufmerksam gemacht worden

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hervorgegangen sein kann und dass der permanente Diskussionsprozess die Produktion der historiographischen Literatur entscheidend vorangetrieben hat: Diejenigen, die sich an das Schreiben machten, bemühten sich nicht um die Wahrheit, obwohl dieses Versprechen stets zur Hand ist, sondern stellten die Macht ihrer Worte zur Schau; und auf welche Weise sie dabei jeweils die anderen an Ruhm zu übertreffen meinten, danach schnitten sie (ihren Bericht) zurecht, die einen, indem sie sich auf das Fabulieren verlegten, die anderen, indem sie aus Gefälligkeit die Städte und die Könige rühmten; wieder andere schritten zur Kritik der Taten oder derer, die über sie schrieben, weil sie damit Ruhm zu erlangen meinten Insgesamt aber treiben sie fortwährend das genaue Gegenteil von Geschichtsschreibung; denn das Kennzeichen wahrer Geschichtsschreibung ist es, wenn über dieselben Dinge alle ein und dasselbe sagen und schreiben Wenn jene aber dasselbe verschieden beschrieben, so meinten sie darin selber zu erscheinen als von allen die Wahrhaftigsten63

Die Vielfalt von Berichten zu einem historischen Geschehen, in diesem Falle dem 572 ausgebrochenen römisch-persischen Krieg, entspricht in evidenter Weise einem Muster, das man in der Geschichte der Geschichtsschreibung immer wieder entdecken kann Es genügt hier, auf die Fülle der Alexanderhistoriker hinzuweisen, die in der Generation nach Alexander divergierende Berichte vorlegten, bis hin zur Vielfalt der Historiker, die zum Partherkrieg des Lucius Verus schrieben64 Im Athen der Zeit um 270/280 stellten zumindest zwei Historiker, die vermutlich sogar miteinander bekannt waren, Dexippos und Philostratos (KFHist A 3) die gleichen Ereignisse dar, vermutlich in Rivalität zueinander Unbekannt ist ihr Verhältnis zu anderen zeitgenössischen Historikern wie Ephoros von Kyme dem Jüngeren (KFHist A 4), Nikostratos von Trapezunt (KFHist A 2) oder dem Profanhistoriker Eusebios (KFHist A 6) Gleichwohl kann vermutet werden, dass auch diese Autoren miteinander konkurrierten, sich aber vielleicht auch, bevor ihr Projekt fertiggestellt war, schon gegenseitig wahrnahmen65 Erinnert sei schließlich auch an den Perserkrieg Julians, der von mehreren

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Josephus Flavius, Contra Apionem 1,23–26 (Übersetzung Siegert) Vgl Josephus Flavius, Contra Apionem 1,15 (Übersetzung Siegert): „Ist es da nicht unsinnig, dass sich die Griechen einbilden, allein sie wüssten über die alte Geschichte Bescheid und überlieferten die Wahrheit darüber genau? Oder wer könnte nicht von ihren Schriftstellern selbst mit Leichtigkeit erfahren, dass sie nichts aus sicherem Wissen aufgeschrieben haben, sondern dementsprechend, was jeder über die Ereignisse vermutete? Größtenteils jedenfalls widerlegen sie einander durch ihre Bücher; und das genaue Gegenteil über dieselben Ereignisse zu äußern, zögern sie nicht “ S Eus praep ev  10,7,19–21 Ich habe (Bleckmann 2006) den Nachweis versucht, dass auch die divergierenden Versionen Xenophons und der Hellenika von Oxyrhynchos zu den Anfängen des korinthischen Kriegs sich daraus erklären, dass die Version Xenophons vom anonymen Autor (=Theopompos) polemisch korrigiert wird Teile aktueller Geschichtswerke konnten durch Vorträge vorab bekannt werden, vgl zu dieser seit Herodot bestehenden Praxis den Beleg für Ammianus Marcellinus bei Lib ep  1063 Förster

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Zeitgenossen – vermutlich nicht unabhängig voneinander – beschrieben worden ist66 Diese Konkurrenz von Historikern kann aufgrund des Zufalls der Überlieferung nur für einige besondere Abschnitte der römischen Geschichte sicher nachgewiesen werden Sie ist aber m E ein Phänomen, das den gesamten Verlauf der Historiographiegeschichte geprägt hat, auch dort, wo man es nicht nachweisen kann Die Motive für die Tätigkeit dieser Autoren zu ermitteln, ist – vor allem dann, wenn wir die Werke allenfalls durch die Werktitel kennen  – kaum möglich Einige Anhaltspunkte bietet aber die kleine Schrift Lukians über die Geschichtsschreibung, jedenfalls für die hohe Kaiserzeit und für die Elite des griechischen Ostens Im hochkompetitiven Milieu der zweiten Sophistik ist gerade die Geschichtsschreibung ein Feld gewesen, in dem die πεπαιδευμένοι ihre literarischen Fertigkeiten demonstrieren konnten Der Nutzen der Historie liegt darin, sich eine dauerhaftere Form des Ruhms sichern zu können67 Es ist also im Grunde das gleiche Ethos der Konkurrenz, das zahlreiche andere Aspekte der äußeren Wirksamkeit der städtischen Eliten dieser Zeit erklärt Gegenüber der von Lukian geschilderten Situation hatten sich im Verlauf der Spätantike viele Koordinaten verschoben, etwa durch die Zunahme der Bedeutung der Bürokratie und der Herausbildung einer im Osten beheimateten zivilen und militärischen Reichsaristokratie, die ihre Konflikte unter anderem in einem System ausgeklügelter Rangstufen mit protokollarischen Streitfragen austrug68 Ein Teil der Rivalitäten innerhalb der Eliten hatte sich darüber hinaus auf das kirchliche Gebiet verlagert, wo neue Formen der Konkurrenz in literarischer und in handfester Form ausgetragen wurden Trotz dieser veränderten Rahmenbedingungen existierte innerhalb der Eliten die Rivalität auf dem Felde der profanen Geschichtsschreibung weiter Agathias oder Menandros schrieben in einem Umfeld, in dem es offenkundig immer noch eine erhebliche Anzahl weiterer historiographischer Produkte gab Die Konkurrenz der Historiker stellte dabei teilweise ein Epiphänomen der Rivalitäten dar, die Angehörige der Militärelite gerade im 6  Jahrhundert untereinander austrugen

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Z B Oreibasios, Seleukos, Philagrios, Magnus von Karrhai Zu diesen Autoren vgl Janiszewski 2006, 113–144 und 380–394 sowie den entsprechenden, in Vorbereitung befindlichen Band (Modul C) in KFHist Zu Magnus von Karrhai Bleckmann 2017 Luc Hist Cons  61–63 Deutlich wird das Motiv bei Liv fr  58 = Plin n h praef  16 ausgesprochen In den Proömien herrscht dagegen größere Zurückhaltung, vgl Marincola 1997, 57–62 Begass 2018, 31–57

6 Die Konkurrenz der Historiker und der Militärpatrone Neben der Sicherung des eigenen literarischen Ruhms hatte die Geschichtsschreibung auch spätestens seit dem Hellenismus die Funktion, dem Historiker dadurch Vorteile zu verschaffen, dass er den Ruhm mächtiger Patrone, allen voran denjenigen des Monarchen selbst, sicherte und im Gegenzug dafür ein Auskommen fand oder Gefälligkeiten genießen konnte Vom lukianischen Idealbild des Historikers als einem unabhängigen, quasi-philosophischen Kopf, welcher der parrhesia und der eleutheria verpflichtet ist, waren viele, in Klientelbeziehungen eingebundene kaiserzeitliche Autoren daher sehr weit entfernt Ihre Produktion bildete aber das Material, von dem auch die Historiker, die aus der allmählich zunehmenden Distanz sich ein unabhängigeres Urteil gegenüber länger zurückliegenden Regierungszeiten bilden konnten, ausgehen mussten und das sie nur uminterpretieren konnten Vollständig erhalten geblieben sind zeitnahe, im Interesse eines Patrons verfasste panegyrische Geschichtsdarstellungen nur ganz selten, etwa im Fall des Geschichtswerks des Velleius Paterculus, das trotz einer dürftigen universalhistorischen Verkleidung eher eine Sammelbiographie bedeutender Zeitgenossen darstellte, allen voran die des Oberpatrons Tiberius, aber auch weiterer Personen, die zum Patron Vinicius in günstiger Stellung standen Als griechisch geschriebenes Pendant mit einigen Besonderheiten ist die zum Ruhme des Vespasian und des Titus verfasste Darstellung des jüdischen Kriegs durch Josephus Flavius zu nennen Eine größere Chance auf Konservierung in der Tradition hatten unabhängigere und gegenüber der kaiserlichen Macht distanziertere Geschichtswerke, weil sie späteren Generationen in höherem Maße als lesenswert erscheinen mussten als tagesaktuell anmutende Erzeugnisse bzw als Lobreden auf inzwischen verfemte Persönlichkeiten Bei einem Historiker wie Ammianus Marcellinus hat man tatsächlich den Eindruck, dass er nicht im patronalen Auftrag schreibt, sondern dem Ideal eines unabhängigen, kosmopolitisch urteilenden Historikers entspricht Voraussetzung für eine solche Geschichtsschreibung war eine unabhängige wirtschaftliche Stellung und eine Position, die einerseits nicht fern von den Entscheidungszentren, insbesondere des Hofes war, um Material und Informationen zu akquirieren, andererseits aber doch die Einhaltung einer kritischen Distanz begünstigte

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Die eigene (materiell gesicherte) kritische Distanz und Unabhängigkeit, die Verkündung des Ruhms des Kaisers und die Betonung der Leistungen eventuell weiterer patronaler Akteure sind drei Faktoren, die bei den Geschichtsschreibern des 6  Jahrhunderts tendenziell im Verhältnis untereinander insofern verändert waren, als auf der einen Seite in den Spannungen dieser Zeit hochgestellte Militärs als Patrone neben dem Kaiser tatsächlich an Bedeutung gewannen, andererseits für Autoren die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung intellektueller und wirtschaftlicher Autonomie immer prekärer wurden Zu den materiellen Bedingungen und den Umständen, unter denen Historiker im 6 Jahrhundert schrieben, gibt es zwar nur einige Anhaltspunkte, doch genügen sie, um ein Gesamtbild zu erkennen Ohne Zweifel war im 6  Jahrhundert die ökonomisch unabhängige und gleichzeitig hochgebildete Honoratiorenschicht, wie sie im 2 nachchristlichen Jahrhundert existierte, stark geschrumpft Gleichwohl bestanden Reste einer solchen Schicht, die sich eine rhetorisch-grammatische Bildung leisten konnten, in den Provinzen weiter Die Wichtigkeit der Provinz als Bildungsreservoir zeigt sich in den Biographien der späten Historiker Nur Menandros und (wahrscheinlich) Theophanes stammten aus Konstantinopel selbst, Agathias dagegen aus Myrina, Johannes aus Epiphaneia, Prokop aus Kaisareia Agathias hebt ausdrücklich hervor, dass er dem kleinasiatischen Städtchen Myrina eine herausragende Bildung zu verdanken habe1 Auf lokaler Ebene konnte allerdings nur der Elementar- und der Grammatikunterricht gewährleistet werden Er wurde dann in der Regel durch ein juristisches Studium komplettiert, das in der zweiten Hälfte des 6 Jahrhunderts nicht mehr in Berytos, sondern nur noch in Konstantinopel erfolgte Menandros beschreibt in seinem Proömium, wie er im Unterschied zu seinem Bruder das Rechtsstudium abgeschlossen, dann aber der juristischen Tätigkeit in der kaiserlichen Säulenhalle unseriöse Vergnügungen wie die Betrachtung von Wagenrennen und Pantomimentanz oder die aktive sportliche Betätigung vorgezogen habe2 1

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Zum Lob von Myrina Agathias Hist Prooem   14 f Die Bildung zeigt sich etwa darin, dass der scholastikos in der Lage war, Gedichte (die „Daphniaka“ und den „Kyklos“) zu verfassen, vgl Hist Prooem  7 Zu den Resten des Kyklos in der Anthologia Palatina Cameron 1970, 12–29 Zur Bildung des Agathias: Whitby 1992, 29 Menand fr  1,2–4 Übersetzung Bleckmann – Stein = 1 Müller = 1,1 Blockley: „Herodot (er ist mein leiblicher Bruder) hatte von der Rechtsausbildung gekostet, dann aber vom diesbezüglichen Studium abgelassen Ich für meine Person dagegen glaubte, dass es nicht angebracht sei, sich nicht mit den Gesetzen zu beschäftigen und nicht an das Ende der Mühen zu gelangen; und so kam ich ans Ziel, soweit es mir möglich war Ich machte aber sehr wenig Gebrauch, meine Fertigkeit anzubieten Es freute nämlich nicht mein Herz, Gerichtsverfahren zu führen oder häufig in der kaiserlichen Säulenhalle zu sein und durch die Macht der Rede sich die Aufmerksamkeit der Besucher anzueignen Indem ich daher die ernsten Dinge vernachlässigte und die schlechtesten wählte, zog ich neugierig gaffend umher Der Sinn stand mir nach den Lärmbekundungen der farbigen Zirkusparteien und nach den Wagenrennen, außerdem nach dem Pantomimentanz Aber ich trainierte auch in den Ringplätzen und ich trieb in einen solchen Grad an Unvernunft, dass ich wirklich den Mantel ablegte, zusammen damit aber auch den Verstand und alles Übrige, was zur Ehre des Lebenswandels gehört “

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Menandros hat sein Vorwort stark in Anlehnung an dasjenige des Agathias verfasst, der ebenfalls über seine juristischen Studien informiert3 Für Prokop ist der jüngste Versuch von Howard-Johnston, in ihm einen Militäringenieur zu sehen, mit guten Gründen zurückgewiesen worden Auch er ordnet sich in die Juristenriege ein4 Die Dominanz juristischer Spezialisten fällt bereits bezüglich des 5 Jahrhunderts für viele Kirchenhistoriker auf Da gerade das spätantike Recht eine starke rhetorische Komponente aufwies, sind Juristen eben diejenigen gewesen, die überhaupt noch in der Lage waren, ein literarisches Griechisch zu verfassen Gleichzeitig stellten sie auch den Personenkreis dar, der in dieser Zeit noch Muße und Zugewinnmöglichkeiten hatte, um Geschichte schreiben zu können Von Agathias weiß man nicht mehr, als dass er als Anwalt in Konstantinopel tätig war und dass seine juristische Beschäftigung die eigentliche ökonomische Grundlage seiner Existenz garantierte5 Er genoss die Patronage eines sonst nicht bekannten hochgestellten Bürokraten Eutychianos6, doch ist offenkundig, dass er sich von seiner historiographischen Beschäftigung Förderung von höherer Seite, nämlich vom Kaiser, erhoffte7 Diese von Agathias nur erhoffte Förderung hat Menandros Protektor tatsächlich erhalten, nämlich vom Kaiser Maurikios8 Andere Juristen sind als Experten, als Ratgeber für mächtige Patrone beschäftigt gewesen, die ihnen auf diese Weise ein Auskommen ermöglichten und die auch Adressaten der historiographischen Bemühungen ihrer juristischen Angestellten waren So gehörte Prokop zum Stab Belisars, und zwar, solange dieser als dux Mesopotamiae tätig war, als dessen σύμβουλος (consiliarius), später dagegen, als Belisar zum magister militum aufgestiegen war, als πάρεδρος9. Johannes von Epiphaneia war – ebenso wie Euagrios von Epiphaneia10 – als juristischer Berater des Bischofs von Antiocheia tätig, der in der Zeit der römisch-persischen Auseinandersetzungen dann auch in der Diploma-

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Apostolopulos 1894 Howard-Johnston 2000, 19–30 Vgl dagegen Greatrex 2001, 148–161; Kaldellis 2012, 204; Kruse 2018 Agath  3,1,4 Agath   1 pr   11–13 Zum mutmaßlichen primicerius notariorum Eutychianos aus der Familie des Florus vgl PLRE III, Eutychianus 1 sowie Florus 1 Die Patronage kann nicht sehr effizient gewesen sein, vgl Agath  3,1,4 Vgl Cameron 1970, 5 f Auf die finanzielle Förderung literarischer Tätigkeiten durch Maurikios verweist Menand fr  1,5 Menandros überlegt aufgrund der Förderung von Gedichten und Geschichtsschreibung durch Maurikios, „unwillig darüber, nicht das Nötige zu haben“, sich einer nützlichen Tätigkeit hinzugeben und beginnt nach dem Ableben des Agathias mit einem Geschichtswerk Er ist zuversichtlich, sich „Anerkennung zu erwerben“ (fr  2) Die Förderung des Menandros durch Maurikios könnte in seiner Erhebung zum protector, also der Betrauung mit einer Sinekure, bestanden haben Dass σύμβουλος und πάρεδρος nicht verschiedene Umschreibungen der gleichen Aufgabe bezeichnen, sondern mit verschiedenen Karrierestufen Prokops zu verbinden sind, hat Lillington-Martin 2018, 158–164 nachgewiesen Letzterer stand dem Bischof auch in dem gegen ihn unternommenen Prozess bei, vgl zu den Diensten, die Euagrios für Gregorios leistete, Euagr  6,7 und 23 Euagrios war fast ein Vierteljahrhundert für Gregorios tätig

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tie mitspielte Die erworbene Expertise erlaubte dem Johannes dann später, an einer Gesandtschaft eines Georg bis zum Hof des Perserkönigs teilzunehmen11 Für Prokop und für Johannes war also diese Beratertätigkeit mit der Chance verbunden, zu unmittelbaren Zeugen wichtiger politischer und militärischer Entscheidungen zu werden In Einzelfällen können Historiker dieser Epoche als Angehörige der kurialen Elite eine gewisse ökonomische Selbstständigkeit genossen haben, die ihnen unabhängig von ihren juristischen Diensten eine auskömmliche Existenz erlaubte Zumindest für Prokop ist jedenfalls gesichert, dass er der Grundbesitzerschicht von Kaisareia angehörte12 Grundsätzlich war aber deren materielle und soziale Basis weder mit derjenigen senatorischer Grandseigneurs im Westen noch beispielsweise mit derjenigen von Intellektuellen der zweiten und dritten Sophistik, beziehungsweise der geschichtsschreibenden athenischen Elite des 3 und 4 Jahrhunderts (Dexippos, Philostratos und Praxagoras) oder der gut situierten Historiker zum Julian-Feldzug vergleichbar13 Stärker als ihre Vorgänger waren die Historiker des 6 Jahrhunderts darauf angewiesen, die Gunst einflussreicher Personen zu gewinnen Wenn sich Agathias dezidiert von diesen Historikern, die das „Lob der Mächtigen“ singen, absetzt, entspricht das der üblichen Selbststilisierung angeblich unabhängiger und wahrheitssuchender Historiker, erlaubt aber einen Hinweis auf den in seiner Zeit herrschenden Regelfall: Ich werde diese Geschichte nicht so schreiben, wie es andere gegenwärtig getan haben Denn auch andere haben sich heutzutage auf diese Mühe verlegt, wobei ihnen zum einen die Wahrheit und die Beschreibung der Ereignisse, wie es sich mit ihnen verhält, meistenteils völlig gleichgültig ist und sie sich zum anderen entschieden haben, in so durchsichtiger Weise vor vielen Mächtigen zu kriechen und sie zu umschmeicheln, dass man ihnen, wenn sie denn einmal wirklich die Wahrheit sagen, nicht glaubt 14

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Johannes von Epiphaneia fr  1,1 (FHG IV, 273): „Ferner nahm ich auch an einigen von den Ereignissen teil, wobei ich selbst mit Chosrau dem Jüngeren ins Gespräch kam und gerade mit den angesehensten unter den übrigen Medern (denn es hatte sich gefügt, dass ich zuerst als Berater des Gregor, des Bischofs von Antiocheia, zusammen mit ihm oft das Gespräch mit jenen geführt hatte, und dass ich eine Zeit später nach dem Ende des Krieges auch in das Land der Perser gelangt bin, indem ich zugleich mit Georg einreiste)“ Dieser Georg, mit dem Johannes ein zweites Mal zu den Persern ging, war nicht der ja ohnehin namentlich nicht identische Bischof (Gregor) von Antiocheia, sondern der Leiter einer Gesandtschaft, vgl Olajos 1988, 16, Anm  15 Cameron 1985, 6 Zu den Vermögensverhältnissen des Oreibasios, Seleukos und Philagrios: Oreibasios’ Vermögen wurde zwar zwischenzeitlich konfisziert, er heiratete aber dann wieder in eine wohlhabende Familie ein, vgl Eunap vit soph  21,1,5 und 2,5 Seleukos war der Vater der reichen Olympias, die den Johannes Chrysostomus unterstützte, vgl PLRE II, Olympias 2 Philagrios gehörte als comes Orientis (Amm  21,4,2; Cod Theod  8,5,41; Lib or  41,18) zur Reichselite Seine Abkömmlinge hatten unter anderem Grundbesitz in Gallien (Sidon carm  7,156 f ; ep  2,3,1; carm  24,90–94) Agath  1 pr  16 (p  6,19–24) Keydell Die entscheidende Passage zum Lob der Mächtigen (23–24): οὕτω δὲ διαφανῶς κολακεύειν πολλοὺς τῶν δυνατῶν καὶ ὑποθωπεύειν ἑλόμενοι

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Diese größere Abhängigkeit gegenüber patronalen Interessen kann die Historikerkonkurrenz zusätzlich angestachelt haben, wenn die historiographische Erzählung den Zweck hatte, das Prestige einiger dieser Akteure zu vergrößern oder Versionen zu verbreiten, mittels derer die Position von Gegenspielern in ein Zwielicht gestellt wurde Eine solche Funktion hatte Geschichtsschreibung schon lange, ob in der Auseinandersetzung der Diadochen die besondere Nähe dieses oder jenes Akteurs zu Alexander dem Großen betont wurde oder in der Rivalität der Nobiles der römischen Republik positive Versionen zur Geschichte einzelner Familien erfunden wurden, ganz zu schweigen von langatmigen panegyrischen Darstellungen gerade absolvierter Kriegstaten, die eine apologetische Funktion hatten und gegen abweichende Darstellungen von interessierter Gegenseite gerichtet sein konnten15 Für die Zeit Justinians und in der Epoche nach Justinian kann man eine gewisse Zunahme der seit jeher vorhandenen Spannungen und der Rivalitäten zwischen mächtigen Militärs in der römischen Armee beobachten, die dann auch für das historiographische Genre der militärgeschichtlichen Darstellung nicht ohne Bedeutung waren Bereits am Anfang seiner Karriere hatte Belisar Konflikte mit konkurrierenden Offizieren auszufechten, nämlich gegen die an sich ihm untergeordneten duces der Phoenice und Mesopotamiens16 In Italien hatte er große Mühe, sich in der Konkurrenz der Generäle gegen Narses und andere durchzusetzen, obwohl er den Oberbefehl hatte17 Walter E Kaegi hat einige Formen der Rivalitäten unter den Generälen der justinianischen Epoche aufgeführt18, nämlich die Verweigerung der Kooperation, die Verbreitung von Kritik an den Entscheidungen und Leistungen anderer Generäle, die Verleumdung durch eigene Männer, Denunziationen, Verbreitung von falschen Informationen, aber auch die Anwendung von Mord19 Die Wirksamkeit dieser Faktoren lässt sich am Schicksal Belisars zeigen, der Prokop zufolge Opfer von Neid und Verleumdung wurde, indem ihm beispielsweise vorgeworfen wird, eine Usurpation vorzubereiten20 Die inneren Auseinandersetzungen sollten im Offizierskorps zu Anklagen gegen Belisar führen: „Indessen kam Belisar zu Ohren, dass einige Obersten über ihn aufgebracht seien, weil er den kaiserlichen Interessen zuwiderhandele und den Krieg nur verlängern wolle“21 Auch wenn Belisar sich dagegen wehrte, führten diese Beschuldigungen letztlich zu seiner Abberufung, allerdings in einer Form, in der die Demonstration kaiserlicher Ungnade verhindert wurde: 15 16 17 18 19 20 21

Letzteres dürfte für die quasihistorische Darstellung in den Annalen des Ennius gelten, in denen gegen entsprechende Gegenversionen aus dem Senat betont wurde, wie schwierig die Kämpfe des Fulvius Nobilior in Ambrakia waren, vgl hierzu Walther 2016 Proc bell Pers  2,16,6–19 Vgl Köhn 2018, 34 Brodka 2018, 86–107 Kaegi 1981 Vgl das Los Aspars 471 oder Vitalians 520 (zu letzterem s Begass 2018, 255–261) Proc bell Vand  2,8,1–8 Proc bell Goth  2,29,7 (Übersetzung Veh)

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Einige römische Befehlshaber verdächtigten Belisar in verleumderischer Absicht beim Kaiser, er strebe eine Tyrannis an, die ihm in keiner Weise zukomme Daraufhin berief dieser seinen Feldherrn sofort ab, nicht so sehr, weil er den genannten Verleumdungen Glauben schenkte, sondern, weil der Perserkrieg schon drohend bevorstand und Belisar darin den Oberbefehl übernehmen sollte 22

Eigenwilligkeiten und Gehorsamsverweigerungen wurden zu einem verbreiteten Verhaltensmuster Im Falle von Belisar wird zwar ein solches Verhalten von Prokop demonstrativ abgestritten und dessen große Loyalität gegenüber dem Kaiser hervorgehoben Die gegen ihn verbreiteten Verleumdungen beruhten allerdings darauf, dass das Verhaltensmuster zumindest nicht exotisch war Auch für Belisar macht die Darstellung des Prokop auf jeden Fall deutlich, dass er im Verhältnis zu den Soldaten auf den Ausbau eigener Netzwerke setzte Seine Beliebtheit bei den Soldaten begründete sich angeblich darin, dass er Verwandte mit Geld tröstete und Preise wie Torques und Armbänder für Tapferkeit verteilte23 Schon Prokop bietet also, auch wenn er zunächst im Interesse Belisars schreibt, ein realistisch anmutendes Bild der inneren Konflikte in der Generalität des römischen Reiches Unklar ist, ob diese Rivalitäten auf die Schwäche Justinians hinweisen oder ob sie für ihn ein Mittel waren, die Kontrolle über die Armee besser aufrecht zu erhalten Völlig neue Entwicklungen setzten dabei mit Justinian nicht ein Einen einzelnen frühen Fall der Illoyalität eines Generals will Kaegi im Verhalten des Stilas sehen, der durch seine Stellungnahme für die antichalkedonische Richtung in Alexandreia den kaiserlichen Willen unterläuft24 Betont werden muss aber ganz allgemein, dass die inneren Konflikte in der Generalität bis hin zur Neigung zu offen rebellischem Verhalten vor allem in den Fällen, in denen der Eindruck dominierte, der Kaiser unterstütze die Gegenseite, keine Eigentümlichkeit dieser Epoche waren, sondern überall dort, wo für die Spätantike eine Detailsicht möglich ist, sich diese, durch intrigante Kämpfe auf Leben und Tod ausgetragenen Konflikte in der Generalität oder in der Führungselite nachweisen lassen Ammianus Marcellinus stellt etwa die Usurpation des Silvanus als das Resultat solcher Intrigen dar, die den fränkischen General in eine ausweglose Situation getrieben haben Der Erhebung des Aetius zum alleine dominierenden Heermeister gingen heftige Auseinandersetzungen in den 420er Jahren voran, in denen sich Aetius schließlich erfolgreich durchsetzen konnte25 Auch die Episoden um Tribigild

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Proc bell Goth  2,30,1 (Übersetzung Veh) S Kaegi 1981, 50 Kaegi 1981, 79: „A rare example of a military commander who disregarded official religious policies was General Stilas He attempted to protect Timothy Aelurus“ Insgesamt gebe es aber (Kaegi, 86) keine abgrenzbaren Beziehungen zwischen der christologischen Auseinandersetzung und Fällen von Militäraufruhr Vgl zur Geschichte des Aetius von 423–435 Stickler 2002, 25–58

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und Gainas sind zwar in der Literatur als barbarisch-römische Gegensätze dargestellt, es geht aber auch hier um Auseinandersetzungen im Generalkorps26 Die Rivalitäten der Generäle im ausgehenden 6 Jahrhundert sollten dann auch das Potential zu blutigen Regierungswechseln haben, die eine Zeit lang zumindest für Ostrom unüblich geworden waren Nach Justinian wurden die Meutereien von Militärs und Generälen erneut zur realen Gefahr für die Monarchie Bisweilen wurden solche Putschversuche wohlwollend ignoriert, wie es bei Germanos der Fall war, demgegenüber Maurikios eine eigenartige Milde walten ließ27 In anderen Fällen setzten sich Militärs gegen den regierenden Kaiser durch, wie im Falle des Putsches des Phokas oder des Herakleios Wegen der Gefahr der Verselbständigung führender Militärs entschloss sich Herakleios, in eigener Person den Krieg gegen die Perser zu unternehmen Wie das Klima der scharfen Konkurrenz der Generäle untereinander zu verschiedenen Versionen führte, in denen die Rufschädigung oder die Verteidigung des Rufes dann auch in der historiographischen Erzählung ihren Niederschlag gefunden haben, lässt sich noch an den Erzählungen über das unglückliche Kommando des Generals Markian verfolgen, der, wie vorher schon Justin, der spätere Kaiser, und sein gleichnamiger Konkurrent Justin, der Sohn des Germanos, in der Militärhierarchie dadurch herausragte, dass er mit dem Kaiserhaus verwandt war28 Auf Befehl Justins II hatte der magister militum im Herbst 572 mit militärischen Operationen an der mesopotamischen Grenze begonnen und setzte sie im nächsten Jahr fort Hauptziel des Feldzugs Markians war die Rückeroberung des 363 verloren gegangenen Nisibis Bedingt durch seine Erfolglosigkeit wurde er von Justin II wieder abberufen Die Kampagne Markians ist durch mehrere, teils miteinander übereinstimmende, teils in bezeichnender Form variierende Versionen bekannt29 Gleichzeitig oder unmittelbar nach der Abberufung Markians, der bei der Belagerung von Nisibis ohne Erfolg blieb, erfolgte der persische Gegenschlag Dieser bestand einerseits im überraschenden Vorstoß der Perser nach Syrien hinein, mit der dramatischen Einnahme und Plünderung von Apameia durch Adarmahan Andererseits drang der persische König selbst bis nach Dara vor Am Ende dieser Kampagne stand der gravierende Verlust der starken und für die römische Verteidigung des Ostens zentralen Festung Dara 573

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Vgl zu Rivalitäten in der Generalität während der Zeit des Anastasios und in der Frühzeit Justinians Begass 2018, 324 f Zur Begnadigung des Usurpators vgl Euagr  6,10 p  228,7–10 Bidez – Parmentier Bei Theophyl  3,3,9 wird der siegreiche Germanos zum letzten Mal erwähnt und über sein weiteres Schicksal nichts gesagt Zur Germanos-Episode s unten S 136 f Verwandtschaftliche Verbindung Johannes von Epiphaneia fr   1,3 (FHG IV, 274); Johannes von Ephesos 6,2 Genauer ist er Neffe Justinians: Theophanes fr  1,4 = Phot bibl cod  64, 26 b 31, bzw Sohn der Tante mütterlicherseits des Justin II : Michael Syrus 10,8 p  307 Chabot Dass er allerdings, wie Michael Syrus angibt, Caesar gewesen sein soll, ist ausgeschlossen Er war aber patrikios: Johannes von Epiphaneia fr  1,3 Stein 1919, 40–46 mit einer Kombination der verschiedenen Versionen zur Kampagne

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Was die Rolle Markians bei Nisibis betrifft, zirkulierten offenkundig Versionen von entgegengesetzter Tendenz Besonders ungünstig für Markian könnte die Version des Menandros Protektor gewesen sein Erhalten geblieben ist nur ein einziger Satz: „Daher lag ihm nichts an der Belagerung von Nisibis“30 Diesen Satz hat Ernst Stein auf die Trägheit bezogen, die in den Versionen des Johannes von Epiphaneia und des Euagrios dem Markian zum Vorwurf gemacht und die schließlich zur Ablösung des Generals führen wird31 Von diesen Versionen hat die des Johannes von Epiphaneia die größere Schärfe Zwar werden die Anfangserfolge des Generals deutlich hervorgehoben Im Jahre 572, bei der Eröffnung der Feindseligkeiten, kann ein Stoßtrupp in der Arzanene Schäden anrichten In der folgenden Kampagne werden ferner auf dem kurzen Weg von Daras nach Nisibis die Perser in Sargathon geschlagen Die Belagerung von Tebethon muss freilich nach zehn Tagen abgebrochen werden32 Die Truppe kehrt nach Daras zurück, rückt aber dann erneut wieder auf Nisibis zu33 Gegen den Gegenangriff des Chosrau ist Markian völlig wehrlos Chosrau marschiert am Euphrat aufwärts und schickt von Anbar/Peroz-Schapur den Adarmahan über die Wüste in den Westen, während er selbst über den Chabur in die Gegend von Nisibis und Dara gelangt34 Adarmanes greift überraschend die ganz unvorbereitete Kernregion Syriens an: Da keiner wagte, mit den Barbaren handgemein zu werden, gelangte Adarmahan ganz in die Nähe von Antiocheia, zerstörte die bei der Stadt gelegenen Orte und Fluren und zog nach Koilesyrien Als er nicht weit von der großen Stadt Apameia lagerte und die Bürger eine Gesandtschaft schickten und (Lösegeld für die Stadt anboten), da umging er (durch List die Männer)35 und versprach die Stadt unbeschädigt zu bewahren Als er aber in sie hineingelangt war, plünderten die Meder das Hab und Gut, versklavten die Bewohner, übergaben die Stadt als ganze dem Feuer und kehrten möglichst rasch in ihr eigenes Land zurück Als das so ausgeführt worden war, schickte der Kaiser Justin den Akakios aus (…), und löste den Markian, der noch Nisibis belagerte, vom Kommando ab, da er den Verdacht hatte, dieser kämpfe von sich aus feige, da nichts in Hinblick auf die Einnahme der Stadt geschehen war 36 30 31 32 33 34 35 36

Menand fr  36 a = 16,2 Blockley Stein 1919, 44 Zu Johannes von Epiphaneia fr  1,4 (FHG IV, 275) und Euagr  5,8–9 s die gleich folgenden Ausführungen Für die Kampagnen vom Sommer 572 bis zum Frühjahr 573 vgl Johannes von Epiphaneia fr  1,3–5 (FHG IV, 274 f ) S die Wiedergabe von Theophyl  3,10,1–5 Johannes von Epiphaneia fr  1,3–4 (FHG IV, 274 f ) Vgl Theophyl  3,10,5 Johannes von Epiphaneia fr  1,4 (FHG IV, 275) Vgl Theophyl  3,10,6–7 Zu den Ergänzungen (aus dem Parallelbericht Theophylakts) vgl FHG IV, 275 Johannes von Epiphaneia fr  1,4 (FHG IV, 274 f ) Vgl zu den Aktionen des Adarmanes die Zusammenfassung des Theophyl  3,10,7–9, der Johannes von Epiphaneia mit einer Information aus Menandros (in eckigen Klammern) verbindet: „Der König der Perser selbst aber marschierte am Chaboras entlang und bewerkstelligte es, plötzlich die Römer, die Nisibis belagerten, anzugreifen

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Die Belagerung von Nisibis wird aufgegeben, die Römer ziehen sich nach Mardin zurück, während Chosrau mit der Belagerung von Dara beginnt und die Stadt einnehmen kann, „da von außen nichts geschah, um den Einwohnern zu helfen “37 Johannes von Epiphaneia zeichnet also das Bild einer auf breiter Linie versagenden römischen Generalität, innerhalb derer sich Markian in keiner Weise positiv heraushebt Weniger streng gegenüber Markian ist dagegen die parallele Version des Landsmanns und Verwandten Euagrios von Epiphaneia: Der schnelle Vormarsch der Perser (und eine Beurteilung der Gesamtlage jenseits der römischen Grenzen) ist über den Bischof von Nisibis und seinen Freund Gregorios von Antiocheia dem Kaiser mitgeteilt worden, der jedoch in seinem Leichtsinn und seiner Vergnügungssucht den Berichten keinen Glauben schenkt und keine ausreichenden Vorkehrungen trifft Die Gesamterzählung dient also bei Euagrios vor allem dazu, die Unfähigkeit Justins und im Kontrast dazu die Leistungen des Patriarchen von Antiocheia Gregorios hervorzuheben Gregorios hat nicht nur die richtigen Informationen an den Kaiserhof geliefert, sondern er kann auch die Bevölkerung seiner Bischofsstadt retten, indem diese auf die Nachricht vom Nahen der Perser die Stadt verlässt und so dem furchtbaren Schicksal von Apameia entkommt Markian ist in der Darstellung, die Euagrios für den Krieg in den Jahren 572 und 573 bietet, eine schwache Figur Er unternimmt mit dem Angriff auf Nisibis eine aussichtslose und angesichts der geringen ihm zur Verfügung gestellten Truppenzahl fast lächerliche Belagerung Verantwortlich für die Fehlleistungen ist aber in der Hauptsache Kaiser Justin Auch Akakios, der den Auftrag des Kaisers ausrichtet und den Markian absetzt, wird als besonders arrogant und abstoßend beschrieben Die Truppen Markians sind über die Absetzung ihres populären Generals empört Es folgen nach der Abberufung anschließend die dem Justin zuzuschreibenden Katastrophen von Dara und Apameia38 Mit seiner schwachen Truppe kann eine

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Adarmanes aber gelangte in die Nähe von Kirkesion, überquerte den Euphrates und verwüstete das Gebiet der Römer Da sich keine Kriegslist dem persischen Eindringen entgegenarbeitete, dass die Bewegungen der Barbaren ein Hindernis des Fortschreitens erhielten, gelangte Adarmanes ohne Mühe in die Umgebung von Antiocheia, zerstörte die prachtvollen Häuser der Vorstädte (…) und kam nach Koilesyrien In der Nähe von Apameia legte er ein Lager an Als die Einwohner der Stadt eine Gesandtschaft mit herausragenden Geschenken geschickt hatten und sie Lösegeld vereinbart hatten, da ließ sich der Barbar nur zu einem Versprechen umstimmen, sie aber wurden, durch barbarische Hinterlist getäuscht, betrogen [Am dritten Tag aber] wurde auch die Stadt versklavt Und nachdem er sie später auch dem Feuer preisgegeben hatte, kehrte er in sein eigenes Land zurück “ Vgl zur Absetzung des Markian: Theophyl  3,11,1 Johannes von Epiphaneia fr   1,5 (FHG IV, 275): ἐπειδὴ μηδὲν ἔξωθεν ἐς ἐπικουρίαν γέγονε τῶν ἐνοικούντων Vgl Theophyl  3,11,2 Euagr  5,10 p  206,17–207,19 Bidez – Parmentier Gegen den Angriff des Adarmahan wird kein Widerstand geleistet, weil keiner ein Kommando hatte (nach der Ablösung des Markian) Die Restsoldaten, die Widerstand hätten leisten können, sind zu dieser Zeit in Daras durch Chosrau eingeschlossen Der Plünderungszug des Adarmahan und die Belagerung von Nisibis durch Chosrau II finden simultan statt

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letzte von Euagrios erwähnte Figur, nämlich der kaiserliche Günstling Magnos, keine Wende erzielen39 Deutlich zugunsten Markians eingestellt ist schließlich Theophanes von Byzanz Bei ihm wird der Marsch des Markian nach Nisibis als großer Siegeszug beschrieben Die für die Schlacht von Sargathon angegebenen Zahlen (nur sieben Tote auf römischer Seite, während 1 200 Perser fallen) machen die Tendenz überaus klar40 Als die Belagerung von Nisibis eingesetzt hat, zieht Chosrau eine gigantische Armee zusammen Die Abberufung des Generals in einer sich äußerst zuspitzenden Situation und das dadurch provozierte Chaos erklären dann die folgenden Katastrophen Als nun Markian den Miran in der Nähe der Stadt der Nisibener in die Flucht geschlagen hatte, da tötete er im Kampf 1 200, und es wurden siebzig Männer lebend ergriffen, von den Römern wurden aber sieben getötet Und er belagerte schon die Mauer der Nisibener Nachdem aber Chosroes davon erfahren hatte, zog er 40 000 Reiter zusammen, an Fußsoldaten aber über 100 000, und er eilte sich zu helfen und gegen die Römer zu kämpfen In dieser Zeit wurde Markian beim Kaiser verleumdet, dass er nach der Tyrannis strebe, und der Kaiser ließ sich überzeugen und löste ihn vom Kommando ab, wobei er an seiner Stelle den Theodoros, den Sohn des Iustinianos einsetzte, mit dem Zunamen Tziros Als aber dadurch Unordnung eintrat, hielten sich die Römer von der Belagerung zurück und Chosroes brachte Daras, indem er es belagerte, auf seine Seite 41

Mit dieser für Markian eingenommenen Tendenz ist Theophanes in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung nicht völlig isoliert Auch Johannes von Ephesos (bzw seine profangeschichtliche Quelle) bietet eine leidenschaftlich für Markian Partei nehmende Darstellung Ihm zufolge hat Markian durch energische Maßnahmen, etwa durch die Aufstellung von Belagerungsmaschinen, schon alles für die unmittelbar bevorstehende Belagerung von Nisibis vorbereitet, als er durch die ungerechte Entscheidung Justins abberufen wird Dessen Bote Akakios lässt ihm nicht einmal die wenigen Tage Zeit, die der erfolgreiche Abschluss der Belagerung noch benötigt hätte42

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Euagr  5,10 p  206,27–207,2 Bidez – Parmentier Zur Figur des Magnos vgl oben S  68–71 S auch Johannes von Epiphaneia fr  1,5 (FHG IV, 275) Stein 1919, 43 diskutiert, ob sich diese Angaben in den Kriegsbulletins Markians fanden, lässt die Frage aber offen und behandelt vor allem nicht den Kontext der Erzählung des Theophanes Theophanes von Byzanz fr  1,4 = Phot bibl cod  64, 26 b 39–27 a 11 Johannes von Ephesos 6,2 (Übersetzung Schönberger, 217 f ) beschreibt genau das Gegenteil einer nachlässigen Belagerung: „Er griff sie kräftig an, um sie zu erobern, umgab sie mit einem Bollwerk, und weil er auch Mechaniker bei sich hatte, so errichtete er gegen sie Maschinen von hohen Türmen und starken Mauertürmen, und es kam die Stadt in Bedrängnis, und es verzweifelten die Einwohner der Stadt nebst dem Heere, das darin lag, an ihrem Leben, da sie dieselbe nunmehr von den Römern fast schon eingenommen sahen “ Eingreifen des Akakios (Übersetzung Schönberger, 218): „Da langte ein wilder Mann namens Acacius Archelaus an, der von Kaiser Justin an Markian ohne einen gerechten Grund gesandt worden war, um ihn seines Kommandos zu entsetzen, ihm seinen Gürtel abzuschneiden und ihn aus den Provinzen des Orients wegzuschicken “ (Gemeint

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Diese übereilte Entscheidung wird dadurch begründet, dass sich der streng rechtlich gesonnene Markian dem vom Kaiser erteilten sittenwidrigen Auftrag, den befreundeten Araberscheich al-Mundhir, den Sohn des Harith, umzubringen, entzogen hat43 Wie bei Theophanes erklärt die durch jene Abberufung provozierte Verwirrung der römischen Seite dann die weiteren persischen Erfolge, nämlich das Vorrücken des persischen Herrschers auf Dara (der hierfür das von Markian bei Nisibis zurückgelassene römische Belagerungsgerät benutzen kann44) und den Einfall des Adarmahan mit der anschließenden Eroberung von Apameia45 Die zu kontrastierenden Versionen über die Ereignisse von 572/573 unterscheiden sich nicht nur dadurch, dass der General Markian explizit oder implizit bald als extrem tapfer, sittlich hochstehend sowie als unschuldiges Opfer von Verleumdungen, bald als träge und unfähig gezeichnet wird Auch die Darstellung der Abläufe selbst, insbesondere ihrer chronologischen Verkettung, dient (auch wenn es zusätzlich chronologische Konfusionen geben mag, die einfach nur auf Irrtum beruhen) in evidenter Weise jeweiligen tendenziösen Absichten Besonders fällt dies für den Zeitpunkt der Plünderung von Apameia durch Adarmahan auf In der Version des Johannes von Ephesos bricht nämlich Adarmahan erst während der Belagerung von Dara durch Chosrau in die syrische Provinz ein Er gelangt nach der Plünderung von Apameia dann auch zum Belagerungsheer des Chosrau, das noch vor Dara liegt In diesem Fall steht, wie bereits betont worden ist, die chronologische Reihung der Abläufe in engem Zusammenhang mit der Tendenz, die Abberufung Markians zur Ursache der Großkatastrophe zu machen Bei Johannes von Epiphaneia greift Adarmahan dagegen zu einem deutlich früheren Zeitpunkt das wehrlose Syrien an, nämlich eindeutig schon in der Zeit, in der Markian mit seiner Armee vor Nisibis liegt So schickt Chosrau den Adarmahan aus, während ,

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ist, dass der Dienstgürtel abgeschnitten wird ) Einer Bitte Markians, ihn nur noch zwei Tage gewähren zu lassen, bis die Belagerung abgeschlossen wird, entspricht Akakios nicht, sondern setzt Markian gewaltsam ab, „indem er ihn beschimpfte und ihm auch, wie man sagte, eine Ohrfeige gab “ Das Heer ist völlig demotiviert und kehrt der Stadt den Rücken, „trauernd und klagend über das, was seinem Feldherrn, einem braven und gläubigen Mann, begegnet war“ Die Perser überwältigen dann die aufgelöste Armee und schreiben ihren Sieg ihren Göttern, nämlich Sonne und Feuer zu Grund für den Mordauftrag war nach Johannes von Ephesos 6,3 die Forderung des al-Mundhir nach Geldzahlungen für seine Truppe, die einen Sieg über die Truppen des Nusriden Qabus davongetragen hatte Die Geschichte vom Mordanschlag scheint eine Erfindung zu sein, die dazu diente, das ambivalente Verhalten des al-Mundhir zu verschleiern, vgl Whitby 1988, 257 f Johannes von Ephesos 6,5 (modifizierte Übersetzung Schönberger, 224): „Der persische König aber langte, sobald er erfuhr, dass Markian gefallen (gemeint ist „gestürzt“) und das Heer von der Stadt Nisibis geflohen sei, alsbald mit mächtigen Heeren an und fand alle Vorrichtungen und Maschinen, die vom Patrikios Markian gegen sie errichtet worden waren “ Johannes von Ephesos 6,6 (Übersetzung Schönberger, 228): „Als der persische König die Stadt Dara noch belagerte und sah, dass ihn niemand aufhalte, so schickte er sogleich einen Marz’ban, namens Adarmhun, mit einem großen Heere hin nach der Stadt Apamea, welcher auch die Kastelle bezwang und große und ansehnliche Flecken zerstörte und verbrannte “

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er selbst mit seinem großen Heer am Euphrat entlang bis nach Anbar, angeblich fünf Tagesmärsche von Kirkesion, gelangt ist46 Er selbst marschiert nach der Entsendung des Adarmahan dann weiter den Chaboras entlang, um rasch in Nisibis einzutreffen und die römischen Belagerer zu überraschen Adarmahan hat anscheinend schon vor dem in Anbar erteilten Entsendebefehl des Chosrau mit seinen Truppen „irgendwo“ den Euphrat überschritten und befindet sich damit schon auf der richtigen Euphratseite47 Dass beim Überfall jede römische Gegenwehr ausfällt, ist, wie Johannes betont, ein Ergebnis der kollektiven Inaktivität und des allgemeinen Friedenszustands seit Justinian und der damit verbundenen sträflichen Sorglosigkeit: „Wegen des zuvor herrschenden Friedens und der Ruhe, welche sie reichlich während der Kaiserherrschaft Justinians genossen hatten, hatten sie die militärischen Rüstungen ganz aufgegeben und war der Kampfgeist ganz verschwunden “48 Adarmahan kehrt unmittelbar nach der Plünderung Syriens, und zwar noch bevor Markian vor Nisibis abgelöst worden ist und noch bevor Chosrau mit der Belagerung von Dara begonnen hat, in seine Heimat zurück Euagrios bietet eine Variante, die eine Mittelposition zwischen der Version seines Verwandten Johannes und derjenigen des Johannes von Ephesos bezieht Adarmahan gelangt im Rahmen des allgemeinen persischen Vormarschs bis nach Kirkesion, das er völlig zerstört Von Kirkesion aus attackiert er Syrien49 Chosrau überquert dagegen den Tigris, um die römischen Truppen bei Nisibis anzugreifen50 Die Katastrophe, die das wehrlose Syrien dabei durch den Einfall des Adarmahan erleidet, ist unter anderem auch eine Konsequenz der Situation bei Nisibis, wo nach der Abberufung des selbst schon nicht besonders effizienten Markian Anarchie herrscht und die römischen Truppen dadurch gebunden sind, dass Chosrau sie in Dara belagert Adar46

47 48 49 50

Johannes von Epiphaneia fr  1,4 (FHG IV, 275) Da Anbar (Peroz-Shapuhr) 320 km von Kirkesion entfernt ist, ist diese Angabe kaum erklärbar Whitby 1988, 257, Anm  45 nimmt an, dass hier die besondere Geschwindigkeit des Chosrau charakterisiert werden soll Den Euphrat aufwärts scheint das aber kaum möglich zu sein Eine mögliche Erklärung bietet der Bericht des Theophylakt 4,10,4 zur Flucht Chosraus II entlang des Euphrat über „Anbar und Anatha“, s zu dieser Südroute (im Unterschied zum Angriff über den Tigris und das römische Mesopotamien) Anonymus Guidi p  15,13–15: „viam meridionalem celeriter ingressus, h e per Pēroz-šāpūr, Anat, Hīt et Circesium, ad Mauricium imperatorem confugit“ Anatha liegt vier „leichte“ Tagesmärsche von Dura, das wiederum zwei Tagesmärsche von der Chaborasmündung bei Kirkesion entfernt ist, vgl Amm  24,1,5 und 6 Der Platz Anatha passt daher am besten für die von Johannes beschriebene Lage Johannes muss hier, anders als bei Theophyl  4,10,4, wo er ebenfalls als Grundquelle anzunehmen ist, Anbar und Anatha verwechselt haben Den Fehler fand Theophylakt an dieser Stelle bereits bei Johannes von Epiphaneia vor, vgl Theophyl  3,10,6 Von einer Überschreitung des Euphrat auf persischem Territorium berichtet auch Euagr h e  5,9 p  204,9–14 Bidez – Parmentier Johannes von Epiphaneia fr  1,4 (FHG IV, 275) Euagr  5,9 p  204,9–17 und 5,10 p  205,29–207,2 Bidez – Parmentier Euagr  5,9 p  204,17–19 Bidez – Parmentier Nicht verstandene Operationen Euagrios ignoriert im Unterschied zu seinem Verwandten Johannes von Epiphaneia, dass Chosrau am Euphrat und am Chaboras entlang bis in die Gegend von Dara gelangte

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mahan vereint zu guter Letzt – hier stimmt Euagrios mit der Version des Johannes von Ephesos überein – seine Truppen mit der Belagerungsarmee des Chosrau51 Die von Markian nicht zu verantwortende kritische Situation in Mesopotamien (Nisibis und Dara) ist zwar nicht ursächlich für die Verheerungen, die Adarmanes anrichtet, sie hat aber auf jeden Fall ihren Teil zur Verstärkung des Schadens beigetragen Von den fatalen Ereignissen von 573, die zum Verlust von Dara und der Auslöschung Apameias führten, hat sich zwar, wenn man den Gesamtverlauf der Geschichte bis zur Schlacht am Jarmuk (636) in den Blick nimmt, der römische Osten nicht mehr erholt Den Zeitgenossen des Maurikios mochten gleichwohl die Katastrophen teilweise in milderem Licht erscheinen Denn die Rückschläge waren zwischenzeitlich wieder dadurch ausgeglichen worden, dass durch die triumphale, von Maurikios unterstützte Rückführung Chosraus II auf den väterlichen Thron und durch den Friedensschluss von 591 große Gebiete im Osten vorübergehend neu- oder wiedergewonnen wurden In den diversen Versionen zur Rolle des Markian und den detailliert vorgebrachten Versuchen, die Verantwortlichkeit für den Fall von Apameia oder Dara zu benennen, ging es also – wenige Jahre nach den beschriebenen Ereignissen52 – nicht um die Ausdeutung einer historischen Wende zum Schlechten Vielmehr handelte es sich um den Normalfall antiker Zeitgeschichte: eine nach tagesaktuellen Gesichtspunkten gestaltete und aktuellen parteiischen Gesichtspunkten folgende Erklärung der jüngsten Militärgeschichte Die Diskussion um die Verantwortung des Markian ist dabei ein besonders hervorstechender Fall Zu vermuten ist allerdings, dass es vergleichbare Parteinahmen und tendenziöse Ausgestaltungen historiographischer Berichte auch für andere Generäle gab Eine ähnlich kontroverse Darstellung zeichnet sich etwa rudimentär für einen anderen Protagonisten in der Kampagne von 573 ab: für Johannes, Sohn des Timostratos53 Bei Euagrios handelt er im Rahmen der Verteidigung von Dara entweder nachlässig oder verräterisch54, bei Johannes von Epiphaneia ist er sogar eindeutig Verräter, der die Seiten wechselt und anscheinend nach der Eroberung von Daras von Chosrau I mit der sasanidischen Truppe in Dara zurückgelassen wird: Als er es (Dara) ganz geplündert hatte und die übrigen versklavt hatte, er ferner auch den Johannes, den Sohn des Timostratos, der an Macht und Würde hervorragte und die Befehlsgewalt über die Stadt und ihre Verwaltung übernommen hatte, sowie eine ausreichende Truppe zurückgelassen hatte, kehrte er nach Hause zurück 55 51 52

53 54 55

Euagrios von Epiphaneia 5,10 p  207,2–6 Bidez – Parmentier Johannes von Epiphaneia und Euagrios von Epiphaneia haben auf jeden Fall nach 591 geschrieben Dies ist m E auch für Menandros Protektor anzunehmen Zwar kann man eine Abfassung des Geschichtswerks in den 580er Jahren, noch vor dem entscheidenden Erfolg des Maurikios, nicht ganz ausschließen Die extrem negative Charakterisierung des Hormizd IV (fr  55) reflektiert aber die Einstellung der persischen Aristokratie und auch des Chosrau II nach seinem Sturz 590 PLRE III A Ioannes 87 Vermutlich nicht nur dux Mesopotamiae, sondern magister militum vacans Euagr  5,10 p  207,12 f Bidez – Parmentier Johannes von Epiphaneia fr  1,5 (FHG IV, 275)

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Bei Johannes von Ephesos 6,5 wird er dagegen ganz im Gegenteil als kriegerisch gerühmt56 Da der zweite, neben ihm in Dara verbliebene Kommandeur, Sergios, durch einen persischen Speer getroffen wird, ist auch evident, dass die zähe und heroische Verteidigung der Stadt, die von Johannes von Ephesos beschrieben wird, vom allein übrig gebliebenen Feldherrn Johannes, Sohn des Timostratos, geleitet wird Der reichlich widersprüchliche Bericht des Johannes von Ephesos läuft am Ende darauf hinaus, dass die Stadt nur durch die List des Kometes und das blinde Zutrauen der Römer fällt, und nicht weil die Verteidigung gegen Chosrau versagt hätte Vielmehr verzweifelt Chosrau angeblich aufgrund der in Dara erbrachten Verteidigungsleistungen vorübergehend daran, überhaupt die Stadt nehmen zu können Unter die Generäle, deren Rolle unmittelbar nach den Ereignissen von 573 kontrovers diskutiert wurde, dürfte neben Markian und Johannes schließlich auch Magnos zu zählen sein, der als Verwalter kaiserlicher Domänen gleichzeitig über das Vertrauen der Kaiser verfügte und aus diesem Grunde Sonderkommanden übernahm57 Leidenschaftlich diskutiert wurde auch die Rolle des Jafniden al-Mundhir, der als „barbarischer“ Außenseiter galt, gleichzeitig aber durch seinen senatorischen Rang Angehöriger der Reichselite war Seine Konflikte mit Maurikios in dessen Zeit als Feldherr des Tiberios Konstantinos entsprachen einerseits Konflikten eines Vasallen mit dem Repräsentanten der römischen Macht, unterschieden sich aber andererseits nicht von den üblichen Querelen innerhalb der römischen Elite58 Die relativ große Bandbreite, die bei der Bewertung des katastrophalen Auftakts des neuen römisch-persischen Kriegs, vor allem der Plünderung von Apameia und der Einnahme von Dara, auffällt, erklärt sich in der Hauptsache damit, dass der Kaiser Justin II zum Zeitpunkt, in dem die Berichte verfasst wurden, nicht mehr lebte und daher eine größere Freiheit bei der Beurteilung seiner Beziehung zu seinen Generälen möglich war Diese Urteilsfreiheit war allerdings bei den Historikern, die in Hofkreisen rezipiert werden wollten – dazu gehörte Johannes von Ephesos nicht – nur innerhalb einer bestimmten Bandbreite möglich Zwar distanzierten sich die Nachfolger Justins, Tiberios Konstantinos und Maurikios, deutlich von ihrem Vorgänger Er wurde daher insgesamt kritisch, aber nicht als Tyrann gesehen, hatte er doch bisweilen, wie besonders von Menandros festgehalten wurde, auch zu richtigen Entscheidungen und Urteilen gefunden Vor dem Hintergrund einer solchen differenzierten Beurteilung diente die detaillierte Darstellung der Regierung Justins II dann vor allem dazu, die Anfänge des Tiberios (vor der Caesarerhebung von 574) als dessen General speziell auch in der Konkurrenz mit anderen Generälen zu würdigen Für die Darstellung der kurzen Regierungszeit des Tiberios Konstantinos kam es dann darauf an, neben einer sehr 56 57 58

Whitby 2000, 270, Anm  45 S o S  69–71 Zu den Konflikten während der Kampagne von 581, die unter dem Kommando des Generals Maurikios stand und in der al-Mundhir nicht kooperierte, vgl Whitby 1988, 272–274

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positiven Darstellung des Kaisers selbst, der den Maurikios zum comes excubitorum und später zum Nachfolger erhoben hatte, die Taten des Maurikios in Konkurrenz zu seinen Mitgenerälen zu würdigen Für die Aktionen des Tiberios als General (vor 574) ist vor allem auf einige Fragmente des Menandros zu verweisen, in denen dessen Vorgehen an der Donaugrenze differenziert charakterisiert wird Es wird auch deutlich gemacht, dass die richtigen Vorschläge des Tiberios von Justin II abgelehnt werden und eine (durch Verhandlungen dann wieder korrigierte) Niederlage des Feldherrn gegen die Awaren letztlich auf den Kaiser selbst zurückzuführen ist59 Zusätzlich hat Menandros, um Tiberios zu entlasten, das taktische Versagen des Untergenerals Bonos hervorgehoben60 Keine Angaben enthalten die Fragmente zur Frage, wie Tiberios sich im Jahr 574 bei der Erhebung zum Caesar gegenüber konkurrierenden Generälen durchsetzte61 In den wenigen Fragmenten des Menandros, welche die Tätigkeit des Maurikios als comes excubitorum des Tiberios und als Oberkommandierender im Osten aufgreifen, wird einmal sein besonders engagierter Einsatz bei Chlomaron beschrieben, bei dem er als guter und christlicher General die Übergabe von Kirchengeräten aus Edelmetall ablehnt62 In einem anderen Fragment wird darauf hingewiesen, wie Maurikios in der Art eines altrömischen Generals die militärische Disziplin wiederherstellt63 Der Hinweis darauf, dass erst unter der Feldherrnschaft des Maurikios „diese Arbeit, die zuvor durch Leichtsinn übersehen worden war, wieder korrekt gemacht wurde“, impliziert, dass seine Vorgänger im Amt hier versagt hatten Erhalten geblieben ist ferner ein Stück, in dem die Führungsqualitäten des Maurikios eingehend beschrieben wer-

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Vgl fr  33 = 15,1 Blockley Zur anschließenden Niederlage des Tiberios s fr  34 = 15,5 Blockley: Awaren und Römer nach dem Sieg über Tiberios Die genaue zeitliche Einordnung ist aber schwierig, weil die in fr  33 und 34 beschriebenen Vorgänge eher in das Jahr 570 gehören, die von Euagr  5,11 und Theophanes p  246,32–247,3 de Boor beschriebene Niederlage des Tiberios aber eher in das Jahr 574 Die Situation wird aber wieder ins Lot gebracht, vgl Menand fr  35 = 15,6 Blockley mit dem Bericht über eine erneute Gesandtschaft der Awaren zum Feldherrn Tiberios, vgl ferner Menand fr  35 aζ Bleckmann – Stein = 35 a Müller = 15,3 Blockley, wo der Inhalt der Gegenrede des Tiberios nicht mehr erhalten ist, es aber zweifelsohne um die Wahrung der römischen Würde gegen die Arroganz der Awaren ging Am Ende von Menand fr   33 wird dargelegt, wie Tiberios dem Bonos die Anweisung gibt, die Übergänge über den Fluss (Save?, Donau?) zu bewachen Dazu die Vermutungen von Stein 1919, 104, der von einer Entschädigung der beiden Nebenbuhler des Tiberios und Kaiserverwandten, die nicht zur Caesarwürde gelangt sind, ausgeht Sie wurden zu στρατηγοὶ αὐτοκράτoρες erhoben, nämlich der Schwiegersohn Justins Baduarios zum Kommandeur gegen die Langobarden und Iustinianos, der Sohn des Germanos, zum Kommandeur gegen die Perser Zur Expedition des Baduarios, Kuropalates und Schwiegersohn Justins, gegen die Langobarden, Stein, 103 f Baduarios hatte auch vorübergehend den Posten eines magister militum oder quaestor exercitus, hatte also auf jeden Fall den Charakter eines Generals Zur Tätigkeit des Generals Iustinianos, Sohn des Germanos, sind bei Menandros noch geringfügige Angaben erhalten geblieben, vgl fr  41 = 18,6 Blockley; fr  46 = 20,1 Blockley Menand fr  57 = 23,7 Blockley Menand fr  58 = 23,3 Blockley

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den64 Und schließlich weist Menandros in einem sogar als Originalzitat erhaltenen Fragment im Zusammenhang mit dem großen Erfolg, den Azarephtes, also vermutlich der persische Großwesir, 581 gegen die Römer erringen konnte, darauf hin, dass Maurikios als Oberbefehlshaber im Osten an sich alles richtig disponiert, der Ungehorsam seiner untergeordneten Generäle aber den Erfolg verhindert hatte: Das ist von mir gesagt worden, weil ich darstellen möchte, welch große Schäden Unvernunft und Verachtung bewirken und dass, wenn Gott nicht mitanfasst, auch das, was gut geplant zu sein scheint, ins Gegenteil verkehrt wird und dass der Ungehorsam der Untergebenen sehr gefährlich ist und einen Staat zugrunderichten kann Denn der römische Heerführer Maurikios hatte zwar, wie es schien, gut geplant und, soweit es einem Menschen möglich war, die unvorhersehbaren Entwicklungen der Ereignisse vorausbedacht, aber aufgrund der Disziplinlosigkeit der übrigen Feldherren, weil sie nicht befolgten, was von ihm gesagt und befohlen worden war, geriet die Lage bei den Römern in äußerste Gefahr 65

Die Rivalitäten unter den Generälen waren bereits der Grund dafür gewesen, dass Tiberios Konstantinos dem Maurikios überhaupt ein übergeordnetes Kommando gegeben hatte Jedenfalls liefert Johannes von Ephesos in seiner Darstellung diese Erklärung: Diesen Maurikios (…) schickte, als der Patrikios Konstantinos, Sohn des Germanos, Oberbefehlshaber aller Heere im Orient, aus der Welt geschieden und die Befehlshaber einander nicht nachgaben, der gnädige Kaiser Tiberios, weil er als Notar bei ihm gewesen und er ihn schon bei seinem Regierungsantritt zu Ehren gebracht und ihm die Stelle eines Comes Excubitorum gegeben hatte, dann als Oberfeldherrn und Oberbefehlshaber der römischen Heere, die es im ganzen Orient gab, und setzte ihn aller Kriegsleitung vor, um aufzunehmen und zu entlassen und zu tun was er wolle 66

Der gegen Maurikios eingenommene Bericht des Johannes von Ephesos endet allerdings dann mit der Darstellung brutaler Einzelaktionen des Maurikios und vermittelt keineswegs den Eindruck, dieser habe sich als Oberbefehlshaber im Osten besonders bewährt und seine Autorität gegenüber rivalisierenden Generälen behauptet Diese 64 65

66

Menand fr  56 = 23,2 Blockley Übersetzung von Menand fr  59γ Bleckmann – Stein Vgl fr  59,3 Müller = 23,11 Blockley Der Redaktor der Excerpta de sententiis führt dieses Fragment mit den Bemerkungen ein: „Nach seinem Bericht über die achthundert weißen Pferde, die von Azarephtes gefangen und im Triumph mitgeführt wurden, bemerkt der Historiker Menandros “ An diesen persischen Triumph, der vermuten lässt, dass Menandros durchaus zu farbigen Schilderungen von Szenerien am persischen Königshof in der Lage war, konnte im Rückblick vermutlich deshalb erinnert werden, weil zu guter Letzt dann doch Maurikios obsiegen sollte Das Fragment könnte ein Argument dafür sein, dass Menandros sein Werk erst nach 591 abschloss Johannes von Ephesos 6,27 (Übersetzung Schönberger, 257) Der Patrikios Konstantinos, Sohn des Germanos, ist in Wirklichkeit Iustinianos, Sohn des Germanos, der auch nicht verstorben war, sondern nur abgesetzt wurde

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Negativbilanz wurde von Menandros Protektor ohne Zweifel nicht geteilt Eher stellte er wohl dar, wie unter dem Oberbefehl des Maurikios die Situation sich letztlich erfolgreich entwickelte, trotz anfänglicher, durch die Renitenz von Untergenerälen zu verantwortender Rückschläge Direkt nachweisbar ist diese Argumentation zwar wegen des fragmentarischen Textzustandes nicht Allerdings verweisen Parallelen zur Darstellung des Euagrios ungefähr auf den zu vermutenden Tenor seiner Aussagen Der Bericht des Euagrios ist offenkundig in ähnlicher Form wie derjenige des Menandros vom Bedürfnis getragen, die Rolle des Maurikios in der Zeit des Tiberios zu verteidigen Euagrios betont in sehr auffälliger Weise, dass die beiden wichtigsten Generäle des Sasanidenherrschers Chosrau I , Tamchosrau und Adarmahan, von Maurikios in seiner Zeit als Feldherr besiegt wurden67 In diesem Zusammenhang erklärt er, dass eine ins Detail gehende Darstellung, die er wegen der abweichenden Gegenstände einer Kirchengeschichte noch nicht schreiben könne, den genauen Verlauf dieser Operationen darlegen müsse68 Ob Euagrios wirklich die Absicht hatte, ein solches Geschichtswerk zu schreiben, lässt er offen Deutlich ist jedenfalls, dass er die Militäroperationen so dargestellt hätte, dass die überlegene militärische Gesamtführung des Maurikios als General in der Zeit des Tiberios Konstantinos betont worden wäre Bestätigt wird dies auch in der anschließenden Behauptung, Tamchosrau sei nicht durch die Tapferkeit der römischen Armee, sondern ausschließlich durch die Frömmigkeit ihres Generals Maurikios besiegt worden69 Im Kontext des 6 Jahrhunderts ist der Hinweis auf die Frömmigkeit als Hervorhebung einer für Generäle besonders wichtigen Qualität zu verstehen Der Sieg über die beiden prominenten Generäle des Chosrau dürfte aber auch in den weiteren zeitgenössischen Geschichtswerken zum ab 572 neu ausgebrochenen römisch-persischen Krieg beschrieben worden sein, vermutlich auch hier als Leistung, die den Maurikios über die mit ihm konkurrierenden Generäle heraushob Johannes von Epiphaneia beschrieb das Vorrücken des Adarmahan auf Kallinikon, worauf dann Maurikios bei seinem Vormarsch auf Ktesiphon kehrt machte, mit größter Geschwindigkeit herbeieilte und den Adamarhan in die Flucht schlug70 Der Sieg über Tamchosrau erfolgte dann im Kriegsjahr 582, wo unter der Oberverantwortung des Maurikios die große Schlacht von Konstantina stattfand, in welcher der Persergeneral von einem

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Euagr  5,20 p  215,27–29 Bidez – Parmentier: „Eine Schlacht wurde auch gegen die besten unter den Persern geschlagen, nämlich gegen Tamchosrau und Adarmanes, die mit einer beträchtlichen Streitmacht angegriffen hatten “ Dass es sich um eine einzige Schlacht handeln soll, ist allerdings eine unzulässige Kontraktion Vielleicht meint Euagrios nur, dass der Kampf sowohl gegen Tamchosrau als auch gegen Adarmanes geführt wurde Euagr  5,20 p  215,29–216,1 Bidez – Parmentier S dazu o S  36 Anm  113 Euagr h e  5,20 p  216,1–3: „Jedenfalls fiel Tamchosrau gleichwohl in der Schlachtlinie, nicht durch die Tapferkeit des römischen Heeres, sondern allein dank der Frömmigkeit und des Gottesglaubens seines Feldherrn “ Theophyl  3,17,8–11 Der Bericht ist bis 3,18,3 aus Johannes von Epiphaneia geschöpft

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Speer getroffen wurde und die Perser den Rückzug antreten mussten71 Maurikios war es dann möglich, nachdem er die Schlüsselforts noch einmal befestigt hatte, nach Byzanz zurückzukehren72 Die Konzentration auf das Los, das die prominenten persischen Gegenspieler des Maurikios zu guter Letzt ereilte, ermöglichte es, die Rückschläge, die Maurikios zuvor erlitten hatte, zu relativieren und seine Rückkehr nach Konstantinopel, wo er dann 582 zum Kaiser gekrönt wurde, mit einer insgesamt positiven Bilanz seiner Generalstätigkeit an der östlichen Grenze zu verbinden Mit einiger Wahrscheinlichkeit dürfte auch Menandros diese Darstellung, die letztlich einem offiziösen Geschichtsbild entsprach, gewählt haben Wie er das Ende des Adarmahan in der Schlacht von Kallinikon dargestellt hat, ist zwar nicht bekannt Den Tod des Tamchosrau in der Schlacht von Konstantina 582 hat Menandros aber genau so beschrieben wie der Zeitgenosse Johannes von Epiphaneia73 Bei diesem wird Tamchosrau durch einen von einem unbekannten Soldaten geschleuderten Speer getötet Menandros verband dagegen die Schilderung dieses Speerwurfs mit Reflexionen herodoteischer Natur über schicksalhafte Wendungen: Tanchosdro wurde von jemandem tödlich getroffen Mir erscheint es nicht ungewöhnlich, dass dies geschehen ist Denn Akteur dergleichen ist das Schicksal Oftmals sind nämlich schon viele derer, die sehr berühmt sind, von Unbekannten zu Fall gebracht worden, und das Unerwartete steht irgendwie von Natur aus mit dem Menschengeschlecht in Verbindung 74

Während also das Verhältnis zwischen Maurikios und den sonstigen Generälen in der Zeit des Tiberios von Menandros ausführlich behandelt worden ist, ist die Kulmination interner Auseinandersetzungen in der Regierungszeit des Maurikios wohl nicht mehr zur Sprache gekommen, da Menandros seine Erzählung mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht über den Regierungsantritt des Maurikios hinaus fortgeführt hat75 Das gilt insbesondere für die späten 580er Jahre, nämlich für die Ereignisse um die Soldatenmeuterei von Monokarton (588–589) Die späteren Vorgänge von 602, die letztlich dazu führten, dass mit Maurikios seit langer Zeit zum ersten Mal wieder ein römischer Kaiser in einer Militärrebellion sein Leben verlor, konnte Menandros ohnehin nicht mehr kennen Dass freilich die Beurteilung der Leistung von Generälen aber auch für die letzten Jahre des 6 Jahrhunderts weiterhin im Fokus der Zeithistoriker stand und offenkundig ein wichtiges Motiv historiographischer Tätigkeit darstellte, lässt eine 71 72 73

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Theophyl  3,18,1–2 Theophyl  3,18,3 Bei Theophyl  3,18,2 Nur allgemein vom Tod in der Schlacht berichtet Euagr  3,20 Die ausführlichste Darstellung zum Tod des Tamchosrau bietet Johannes von Ephesos 6,26, Übersetzung Schönfelder, 256; lateinische Übersetzung Brooks p   249,32–250,10 Johannes nennt namentlich den Selbstmordattentäter Constantinus, der Tamchosrau mit dem Speer tötet Menand fr  61ε Bleckmann – Stein = 61 Müller = 26,5 Blockley Blockley 1985, 4

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Bemerkung des Euagrios vermuten Er verteidigt nämlich, in den fortgeschrittenen 590er Jahren schreibend, zunächst sehr ausdrücklich den General und Schwager des Maurikios, Philippikos76, bevor er dann Zeithistoriker, die ihren Bericht gerade verfasst haben oder noch zu verfassen gedenken, aufruft, die Leistungen des Philippikos in zutreffender Weise zu beschreiben und sich nicht von Parteilichkeit beeinflussen zu lassen Diese wichtige Passage, die im überlieferten griechischen Text zwar einige Unklarheiten enthält, aber bereits durch eine Konjektur von Valesius geklärt worden ist77, lässt sich, abweichend vom bisherigen Verständnis, in etwa folgendermaßen übersetzen: Und auch andere Dinge richtete er (Philippikos) als General gut aus, wobei er das Heer von dem, was überflüssig war und zur Ausschweifung führte, befreite und sie (die Soldaten) zur Ordnung und zum Gehorsam zurückführte Das hätten diejenigen begreifen müssen, die eine Geschichte verfasst haben, und müssen diejenigen begreifen, die eine Geschichte verfassen78, wie auch immer sie (d h die Geschichtsschreiber) die Ereignisse erfahren oder welche Meinung sie dazu haben Bei ihnen gleitet die Rede durch die Unkenntnis aus oder hinkt, oder ist durch leidenschaftliche Parteinahme aufgestachelt oder durch Abneigung blind machend und sie verfehlt so die Wahrheit

Die Passage, die meist unzutreffend als ein bloßer Verweis auf bereits existierende Geschichtswerke aufgefasst wird79, ist in Wirklichkeit als eine der letzten programmatischen Äußerungen in der antiken Geschichtsschreibung zum Gebot der Objektivität

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Theophyl  1,13,2 Zu Philippikos’ Herkunft und zu seiner Verbindung mit Maurikios über Gordia vgl Feissel 2010, 257 mit dem Hinweis auf das Zeugnis der Synopsis Sathas 105,8–13 (=Theodoros Skutariotes) S PLRE III B, Philippicus 3 Euagr  6,3 p  223,34–224,2 nennt den Namen der Gordia nicht, weiß aber, dass es zwei Schwestern gibt, vgl zu diesen für das Verhältnis zwischen Theophylakt (bzw Johannes von Epiphaneia) und Euagrios typischen Varianten Adamek 1891, 14 Euagr  6,3 p  224,11–18 Bidez – Parmentier: Καὶ ἕτερα δὲ στρατηγῶν κατεπράξετο, τῶν περιττῶν καὶ ἐς τρυφὴν ἀγόντων τὸν στρατὸν ἐλευθερώσας καὶ πρὸς τὸ κόσμιον καὶ εὐπειθὲς αὐτοὺς χαλινώσας Ἃ τοῖς συγγράψασιν ἢ καὶ συγγράφουσιν καταλήπτεον, ὡς ἂν ἀκοῆς ἢ δόξης ἔχοιεν ἢ καί ἐσχήκασιν οἷς ὁ λόγος τῇ ἀγνοίᾳ περιολισθαίνων καὶ ἀποχωλεύων, ἢ ἀντιπαθείᾳ τυφλώττων, τῶν ἀληθῶν διαμαρτάνει Der Dativ ist als Dativus auctoris aufzufassen (im Deutschen hier in einer aktivischen Konstruktion als Nominativ wiedergegeben) Die bisherigen Übersetzungen fassen den Dativ in der Passage anders auf, nämlich, als ob Euagrios darauf hinweise, dass man das Material über Philippikos aus bereits vorhandenen Zeitgeschichten beziehen müsse S die Übersetzung bei Whitby 2000, 293: „these matters must be grasped from those who have composed or indeed are composing histories (…)“ Übersetzung von Festugière „Cela, il faut le prendre chez ceux qui en ont écrit ou qui en écrivent (…) “ S auch Übersetzung von Hübner 2007, 621: „Das alles muss man denen entnehmen, die Geschichte geschrieben haben oder schreiben, je nachdem wie sie es hören oder glauben oder gehört oder geglaubt haben“ Markus Stein hat mich brieflich in meiner Vermutung bestätigt, dass der Dativ hier unzutreffend aufgefasst worden ist: „Der bloße dat läßt sich bei καταλαμβάνω nicht in dieser Weise verstehen, dafür wäre eine Präposition wie παρὰ nötig, vgl Euagr  1,13 p  21,19 f Bidez – Parmentier: ὃ μέχρι νῦν σωζόμενον παρὰ τοῖϲ τῆς ἁγίας ἐρήμου κατειλήφαμεν, καὶ παρ’ αὐτῶν παρειλήφαμεν “ S die Belege in der vorangehenden Anmerkung

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von großer Bedeutung Sie spricht im Kontext mehrerer zu Philippikos zirkulierender Versionen die Ermahnung aus, „wahrheitsgemäß“ über den General zu berichten80 Für Euagrios ist dabei die historische Wahrheit mit einer positiven Beurteilung des Philippikos identisch Welche gegen Philippikos eingestellte Zeithistoriker Euagrios hier ermahnt und wegen ihrer vermeintlich parteilichen Einfärbung als wenig objektiv kritisiert, muss offenbleiben Unwahrscheinlich ist, dass in dieser Polemik sein Mitbürger und Verwandter Johannes von Epiphaneia einbegriffen ist81, der parallel zu Euagrios seine zeitgeschichtliche Darstellung über Maurikios verfasst hat Johannes von Epiphaneia hat zwar die Vorgänge um den General Philippikos auf jeden Fall in seinem Geschichtswerk noch beschreiben können, da sie in die unmittelbare Vorgeschichte der von ihm dargestellten Rückführung des Chosrau II auf den väterlichen Thron gehören Es spricht aber viel dafür, dass in seiner Erzählung Philippikos in uneingeschränkter Weise und genauso, wie Euagrios es für richtig hält, als vorbildlicher Feldherr und Soldat charakterisiert würde Das legt nämlich das Ergebnis einer Analyse des detaillierten Berichts nahe, den Theophylakt zu Philippikos und zur Meuterei von Monokarton bietet und bei dem er – wie auch sonst für die Ereignisse der 570er und 580er Jahre – unter anderem auf Johannes zurückgegriffen haben dürfte82 In diesem Bericht fällt zunächst eine völlig uneinheitliche Tendenz auf In deutlich positiven Passagen wird Philippikos altrömischen Heroen angeglichen, etwa Scipio Africanus83 Das gilt für die erste Phase seiner Tätigkeit als General an der mesopotamischen Grenze, in der er Nisibis sowie Städte westlich des Tigris angreift84, ferner für eine zweite Phase (nach einer Unterbrechung während eines Krankenurlaubs), die in der Schlacht von Solachon kulminiert85 Als findiger General stellt er, so der positive Bericht des Theophylakt, in dieser Kampagne seine Truppen so auf, dass die Perser durch ein wasserloses Gebiet zwischen dem Bouron (dem Dara-Fluss) und dem Arzamon ziehen müssen und unter Entscheidungsdruck geraten86 Vor dem Kampf sorgt er für gute Disziplin und gebietet, die Felder zu schonen87 Als guter General disponiert er seine Truppen in kluger Weise88 Gleichzeitig erfüllt er – was ebenfalls zu den Aufgaben eines guten Generals gehört – seine religiösen Pflichten, indem er etwa das

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Zur starken Parteilichkeit des Euagrios zugunsten des Philippikos s auch unten S  135–138 So allerdings Whitby 2000, 293, Anm  1 Anders Allen 1981, 248 Theophyl  1,13–2,10; 3,1–4 Theophyl  1,14,2 Ein Vergleich mit Scipio Africanus und Herakleios findet sich auch bei Georg von Pisidien (Heraclias 1,97–99 p  244 Pertusi) Dazu Isaac 1995, 134 f S auch Whitby – Whitby 1986, 40, Anm  76 mit Verweis auf Missverständnisse bei Theophylakt Theophyl  1,13 f Theophyl  2,1–4 Vernichtender Sieg über die Perser Theophyl  2,3,12 Theophyl  2,1,5 Theophyl  2,2,5 Theophyl  2,3,1

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„nicht von Menschenhand gemachte“ Bild Christi mit sich trägt, um die Soldaten zu ermuntern89 Seine Unterstützung durch Gott zeigt sich darin, dass eine laute Stimme aus dem Himmel den Befehl erteilt, die feindliche Reiterei zu durchbrechen90 Scharf kontrastierend zu diesem positiven Bild sind dagegen die Passagen des Theophylakt, in denen gezeigt wird, wie sich Philippikos ängstlich von der Belagerung von Chlomaron zurückzieht und durch seine Unvernunft Panik im römischen Heer stiftet91 oder aus Neid auf den konkurrierenden Priskos kurz vor seiner Abberufung eine Kürzung des Soldes um ein Viertel bekannt macht92 Auch die extreme Grausamkeit, die Philippikos gegenüber persischen Kriegsgefangenen an den Tag legt, ist ein Zug, den Theophylakt offenkundig aus einer negativ eingestellten Quelle entnommen hat93 Während alles dafür spricht, dass die positiven Passagen auf die bekannte Hauptquelle Theophylakts, also auf Johannes von Epiphaneia, zurückgehen, muss die Benennung der negativen Quelle offenbleiben Es fällt aber auf, dass ebendiese Quelle den Vater des Herakleios, der als untergeordneter General an diesen Ereignissen beteiligt war, in extremer Weise positiv hervorhebt94 Deutlich wird die evidente Verbindung zwischen dem positiven Herakleios-Bild und dem negativen Bild von Philippikos insbesondere am Ende von 2,9: „Das Heer teilte er (Philippikos) mit Herakleios Er selbst aber war, vom Gram überflutet, kampfunfähig“ 95 Ähnlich zwiespältig ist auch das Bild, das Theophylakt für den zweiten Protagonisten bietet, nämlich für den prominenten General Priskos, der den Philippikos ablöste und gegen den dann die Meuterei von Monokarton unmittelbar gerichtet war96 Auch hier kombiniert Theophylakt zwei sich widersprechende Traditionen, nämlich anscheinend eine zugunsten des Priskos eingestellte und eine diesem gegenüber distanzierte Die ablehnende Tradition hebt die Arroganz des Priskos bei seiner Ankunft in Monokarton hervor sowie dessen Rücksichtslosigkeit gegenüber der Armee, die sich in der unmittelbaren Bekanntmachung eines kaiserlichen Dekrets für die Soldkürzung 89 90 91 92 93 94 95

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Theophyl  2,3,4 f Theophyl  2,4,7–9 Theophyl  2,8,12 und 2,9 Theophyl  3,1,2 Theophyl  1,13,8–12 könnte eine Dublette zu 1,13,1–8 sein, vgl Whitby – Whitby 1986, 39, Anm  74 Auf einen Quellenwechsel verweist die Nachricht vom Hörensagen in 1,13,9 Zur Herkunft aus einer zweiten Quelle (nicht Johannes von Epiphaneia) Whitby – Whitby, Anm  74 Whitby 1988, 284 mit Anm  11: Theophylakt benutzt eine „source which was interested in denigrating Philippicus’ action “ Theophyl  2,9,17 Zur „Heraclius source“ als Quelle zur Panik des Philippikos vgl Whitby 1988, 282 Zu verweisen ist auch auf 2,10,6 f , wo Herakleios der Ältere zwei Drittel der römischen Streitkräfte übernimmt, während der Obergeneral Philippikos krank zurückbleibt, vgl zu dieser Kampagne Whitby, 284 Olajos 1988, 38 f erwägt dagegen, dass die für Philippikos eingenommenen Passagen aus der Umgebung des Heraclius des Älteren stammen, da dieser zu den wichtigsten ὑποστρατηγοί des Philippikos gehört habe (Theophyl  3,1,1–3; 2,3,2; 9,17 und 10,6) Die genaue Untersuchung der Passagen lässt aber eine positive Tendenz nicht erkennen PLRE III B, Priscus 6

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deutlich macht Die für Priskos eingenommene Tradition rühmt dagegen umgekehrt die Rücksichtnahme des Priskos auf die Befindlichkeiten seiner Armee und tadelt den Versuch des Philippikos, die Autorität des Priskos zu unterminieren97 Es ist evident, dass die Quelle, die Partei gegen Priskos nimmt, die gleiche Quelle sein muss, die den Gegenspieler Philippikos positiv dargestellt hat Es handelt sich wieder um die bekannte Vorlage des Theophylakt, nämlich Johannes von Epiphaneia, der nicht nur die Taten des Maurikios, sondern auch die des Philippikos, der Schwager des Maurikios war, rühmend hervorgehoben hat Priskos dagegen hatte zwar bereits in der Zeit des Maurikios Parteigänger – dazu dürften auch die von Euagrios attackierten Geschichtsschreiber gehört haben – und er konnte sich während der Regierung des Maurikios neben Phasen der Ungnade immer wieder auch der Gunst des Kaisers erfreuen98 Die zugunsten des Priskos eingenommene und von Theophylakt benutzte Quelle dürfte aber aus einer deutlich späteren Zeit stammen Philippikos und Priskos waren bis in die beginnende Regierungszeit des Herakleios bedeutende Persönlichkeiten Wenn die für Priskos und gegen Philippikos Partei nehmende Tradition mit der positiven Quelle zu Herakleios dem Älteren identisch ist, ist diese Datierung unausweichlich Der größere Teil des Berichts, den Theophylakt über Philippikos und Priskos bietet, stammt, wie bereits betont, aus einer zeitnahen Quelle, dem Werk des Johannes von Epiphaneia Für viele Details fällt er dementsprechend mit demjenigen des anderen Zeitgenossen, des Euagrios von Epiphaneia, zusammen99, vor allem, was den Verlauf des Aufruhrs von Monokarton betrifft, der in seiner Kombination von Militäranarchie und scharfer Konkurrenz innerhalb der Generalität für die nachjustinianische Epoche symptomatisch ist Der Bericht bei Theophylakt ist allerdings wesentlich aus97 98 99

Zur Priskos-freundlichen Version (3,1,14 f und 3,1–5) sowie zur gegen Priskos gerichteten Version in der Erzählung des Theophylakt vgl Whitby 1988, 287 Priskos wird auch in einer von Theophylakt genutzten Quelle zum Balkankrieg positiv gesehen: Whitby 1992, 50 Vgl Greg ep  3,51 von 593; Theophyl  7,5,10 (erneute Bestellung zum magister utriusque militiae per Thracias) Eine Strukturanalyse nimmt Krivouchine 1993 beim Vergleich zwischen Euagrios, Theophylakt und Theophanes vor Der Bericht des Theophanes kann wegen seiner Abhängigkeit von Theophylakt ausgeklammert werden Euagrios’ Bericht erscheint nach Krivouchine auf den ersten Blick logisch: Ursache (Arroganz des Priskos), Folge (Revolte) und Auflösung (die Wiederversöhnung) Er ist an den drei Hauptpersonen orientiert, mit denen die Armee in Wechselwirkung tritt, nämlich Priskos (anfängliche Allmacht gegenüber der Armee mutiert zur völligen Wehrlosigkeit), Germanos im Verhältnis zur Armee (gegen seinen Willen zur Übernahme des Kommandos gezwungen, wird er Autokrator) und Gregorios Euagrios verfolge ein didaktisches Anliegen (S  157): „La révolte militaire n’y est qu’une situation propre à réaliser les rôles des individus  La tendance didactique fait que la logique événementielle fait place à la logique de ce qui est dû “ Bei diesem didaktischen Stück werde aber gezeigt, wie sich alles zum Guten wende, entsprechend einer generell optimistischen Darstellung der Epoche des Maurikios, „époque de piété et de prospéritié marquée de la sollicitude divine “ Theophylakt biete dagegen in seinem viel detailreicheren Bericht die Varianten des immer gleichen Themas, nämlich die sich unter immer neuen Formen manifestierende schlechte Natur der Masse (Krivouchine, 164)

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führlicher100 Im Detail lassen sich darüber hinaus kleinere Abweichungen zwischen Johannes von Epiphaneia (bei Theophylakt) und Euagrios feststellen, aus denen deutlich wird, wie in der Technik der historiographischen Variante in ähnlicher Form wie in der Markian-Episode dann doch Nuancen in der Bewertung zustande kamen, die allerdings nicht Philippikos, sondern andere Vertreter der Militärelite betreffen Die Grundzüge des Geschehens, wie sie sich aus beiden Quellen ergeben, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Philippikos, Schwager des Maurikios, der in den vorangehenden Kampagnen herausragende Erfolge erzielt hat, wird von Priskos abgelöst101 Dieser stößt wegen seiner Arroganz auf die Ablehnung der Soldaten102, wobei Rivalitäten zwischen Priskos und Philippikos zur Missstimmung beigetragen haben Als der Aufruhr eskaliert, wird Priskos von den Meuterern in Edessa belagert Germanos wird gegen seinen Willen von den Soldaten zum General bestimmt103 und ist im Kampf gegen die Perser erfolgreich104 Der Versuch des Kaisers, die Lage durch die Rücksendung des Philippikos unter Kontrolle zu bringen, scheitert, und Philippikos muss im Hinterland die weiteren Entwicklungen abwarten105 Um die Loyalität der Soldaten zurückzugewinnen, schickt der Kaiser einen Spezialgesandten nach Monokarton Nach der Version des Euagrios ist es Andreas106, der in seiner Mission bewirken soll, dass die Soldaten die „früheren Offiziere und die übrigen“ wieder aufnehmen107 Andreas hat keinen Erfolg, sondern erst die Rede des Bischofs Gregorios führt dazu, dass nun die Soldaten selbst die Rückkehr des Philippikos fordern Bei Theophylakt schickt Mau-

100 Zum Verhältnis der beiden Versionen grundsätzlich richtig Krivouchine 1993, 161: „La version de Théophylacte Simocatta rappelle dans l’ensemble celle d’Évagre Cependant, même à la première lecture, on découvre qu’elle est plus abondante en personnages et plus détaillée, à l’exception de la scène du discours“ Die bei Euagrios breit ausgeführte Rede des Gregorios wird dagegen umgekehrt mit einer knappen Andeutung abgefertigt (Theophyl  3,5,10) 101 Euagr  6,4 p  224,19 f Bidez – Parmentier; Theophyl  3,1,1 und 3 102 Theophyl  3,1,7–8 zur Arroganz  3,1,2 zur Rivalität und zum Neid 103 Euagr  6,5 p  225,1–17 Bidez – Parmentier; Theophyl  3,2,5–6 104 Euagr  6,9 p  228,11–16 Bidez – Parmentier; Theophyl  3,3,8–4,4 105 Es werden dabei verschiedene Orte in der Etappe genannt Euagr  6,6 p 225,27–29 und 6,7 p  226,33– 34 Bidez – Parmentier erwähnt Beroia und Chalkis; Theophyl  3,4,5 dagegen Hierapolis Diese kleinen Unterschiede entsprechen den Differenzen, die auch zwischen Johannes von Epiphaneia und Euagrios von Epiphaneia an anderer Stelle auffallen, s hierzu o  70 f ; 125, Anm  50; 132, Anm  76 106 Euagr   6,10 p   228,27–29 Der bei Euagrios genannte Andreas (PLRE III A, Andreas 11) ist vermutlich mit dem bei Theophyl  2,10,6 genannten Andreas, Kommandeur und Vermittler „für den sarazenischen Stamm, der den Römern half “, identisch, vgl Angliviel de la Baumelle  – Sabbah 2011, 315, Anm  4 mit Verweis auf Whitby – Whitby 1986, 57 Seine herausgehobene Position im römischen Militär in der Erzählung des Euagrios ist vermutlich diejenige eines comes domesticorum (Whitby 2000, 301, Anm  38) Als bedeutende Persönlichkeit kann er schon gegenüber den jafnidischen Arabern eine Art Patronat ausgeübt haben, vgl Whitby – Whitby 1986, 57, Anm  29 Geringere Einschätzung seiner Funktion als „Dolmetscher eines sarazenischen Stammes im Hilfskorps der Römer“ bei Schreiner 1988, 74 107 Euagr  6,10 p  228,27–29

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rikios dagegen den Aristobulos zu den Meuterern108 Er ist erfolgreich und bezwingt „da mit Geschenken, dort mit Worten“ die „ungezügelte Rebellion“109 Die Soldaten kehren zum inneren Frieden zurück, gehen von Konstantina nach Martyrupolos und erringen dort einen großen Sieg, der den Versöhnungsprozess vollendet110: „Da das Gemetzel groß und für die Römer ruhmreich und die Beute glänzend war, beendete das versammelte Heer seine Feindseligkeit gegen Maurikios und ehrte den Kaiser mit vielen Beutestücken“111 Maurikios werden zusätzlich persische Standarten übersandt Philippikos dagegen kann weiterhin nicht zur Armee zurückkehren und bleibt in Hierapolis112 Erst im nächsten Frühjahr wird Philippikos mit Mühe akzeptiert, „wobei Gregorios, der damals den Bischofssitz von Antiocheia einnahm, die Armeen mit dem Feldherrn versöhnte “113 Die Affäre der Erhebung des Germanos wird dadurch gelöst, dass dieser zwar zum Tode verurteilt, aber begnadigt wird und sich zurückzieht114 Aristobulos bringt, wie berichtet, also bei Theophylakt bereits eine erste Versöhnung zwischen Soldaten und Kaiser zustande115 Der militärische Erfolg in der Phase des offenen Aufruhrs und der Entzweiung zwischen Soldaten und Kaiser beschränkt sich damit bei Theophylakt auf die Abwehr der Perser bei Konstantina Der große Sieg bei Martyrupolis findet nach der Befriedung der Meuterer durch Aristobulos statt116 und ist ein Erfolg der kaiserlichen Armee, die dem Maurikios den Sieg widmet117 Die zweite, von Gregorios von Antiocheia zustande gebrachte Versöhnung betrifft nur die Rückkehr des von den Soldaten zunächst nicht akzeptierten Generals Philippikos118 Bei Euagrios wird dagegen einerseits die Rolle des Gregorios aufgewertet, der nach dem Scheitern des Spezialgesandten Andreas als einziger die Versöhnung zustande

108 Der bei Theophylakt genannte Aristobulos (PLRE III A, Aristobulus 1) ist, wie Theophylakt es pleonastisch ausdrückt, „Vorsteher des kaiserlichen Anwesens des Kaisers, das den Namen des Antiochos trug“ (τῆς βασιλικῆς οἰκίας προεστὼς τοῦ βασιλέως) Zum Einfluss von mit kaiserlichen Domänen betrauten Verwaltern in den laufenden Geschäften s die Bemerkungen zu Magnos o S  69 Anm  26 Vielleicht identisch mit PLRE III A, Aristobulus 2 Zur domus Antiochi s  Whitby – Whitby 1986, 76, Anm  10 Die Variante Aristobulos/Andreas erklärt sich vielleicht dadurch, dass es mehrere Vermittlungsversuche gab Sie entspricht gleichwohl auch dem typischen Verhältnis zwischen den sich bald berührenden, bald zueinander im Gegensatz stehenden zeitgenössischen Darstellungen des Johannes von Epiphaneia und des Euagrios 109 Theophyl  3,3,11 (Übersetzung Schreiner) 110 Theophyl  3,4,1–3 111 Theophyl  3,4,4 112 Ebd 113 Theophyl  3,5,10 114 Euagr   6,10 p   228,17–20 Bidez  – Parmentier Der Zeitpunkt ist vermutlich zu früh Vgl Whitby 2000, 300, Anm  26 und 303, Anm  45 115 Theophyl  3,3,11 116 Theophyl  3,3,9–4,1 117 Theophyl  3,4,4 S das Zitat auf dieser Seite 118 Theophyl  3,5,10

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bringt119 Andererseits ist bei ihm der große Sieg von Martyroupolis eben ein Sieg120, der noch deutlich vor den beiden Vermittlungs- und Versöhnungsversuchen (des Andreas und Gregorios) stattfindet, und von einer gewissermaßen führungslosen (nur unter dem Kommando des Rebellen Germanos stehenden) Armee davongetragen wird, was zur Rede des Gregorios passt, der dieses Grundthema des führungslos errungenen Sieges variiert121 und der sich auf diese Weise als Vermittler zwischen einer selbständigen Armee und dem Kaiser empfiehlt122 Erreicht werden diese leichten Varianten durch Phasenverschiebungen und Namensvarianten (Aristoboulos versus Andreas), also durch typische Techniken, die man bereits für die Geschichtsschreibung der klassischen Zeit konstatieren kann123 Parallel berichten weiter die beiden Quellen, Theophylakt und Euagrios, über den Verlust von Martyrupolis (der bei Theophylakt letztlich dadurch verursacht ist, dass das Heer zu lange die Rückkehr des Philippikos verweigert hatte) und über die Ablösung des Philippikos durch Komentiolos124 Die Erzählungen des Euagrios von Epiphaneia und der von Theophylakt eingearbeiteten, ebenfalls zeitgenössischen Quelle, vermutlich Johannes von Epiphaneia, zeigen also, was den Soldatenaufruhr von Monokarton betrifft, vielfach Übereinstimmungen, auch wenn Theophylakt/Johannes von Epiphaneia eine sehr viel detailreichere Erzäh-

119 Euagr  6,11 p  228,30–229,10 Bidez – Parmentier 120 Euagr  6,9,11–16 p  228,30–229,10 Bidez – Parmentier 121 Rede des Gregorios von Antiocheia: Euagr  6,12 p  229–231 Bidez – Parmentier Das Thema des führungslos errungenen Siegs wird etwa durch die Beschwörung des altrömischen Beispiels des Manlius Torquatus und seines Sohnes zur Sprache gebracht (230,9–13) Dieser hatte gegen den Befehl des Vaters den Kampf aufgenommen und wurde deshalb vom eigenen Vater hingerichtet, zuvor aber wegen seiner Tapferkeit bekränzt Die angebliche Belobigung des Sohnes vor der Hinrichtung findet sich bei Dion Hal ant Rom  8,79,2 122 Das Problem der drei Versöhnungsinitiativen beschreibt Krivouchine 1993, 163 zutreffend: „L’auteur nous informe trois fois de la fin de la sédition: Aristobule incline l’armée à la réconciliation lors de l’invasion perse; l’armée se réconcilie avec l’empereur après la victoire près de Martyropolis; peu de temps après, l’archevêque Grégoire persuade les soldats de reconnaître Philippicus pour stratège “ Krivouchine erklärt diese wiederholten Initiativen mit dem negativen Bild, das Theophylakt von der uneinsichtigen Masse des Heers zeichnen möchte: „ces informations … laissent croire que la foule revient constamment à son état de révolte “ Vgl auch ebd , 166 123 Bleckmann 2006, 9–35 Im Falle des Verhältnisses zwischen Johannes von Epiphaneia (bei Theophylakt) und Euagrios liegt allerdings die Besonderheit vor, dass nicht klar zu ermitteln ist, wer wen variiert hat Zu vermuten ist, dass der Bericht des Johannes von Epiphaneia in diesem Punkt bereits vor Euagrios fertiggestellt war Denn auch Johannes von Epiphaneia war eng mit dem Bischof Gregorios von Antiocheia verbunden Hätte ihm eine Version wie diejenige des Euagrios vorgelegen, in der Gregorios dann der allesentscheidende Schlichter bei den Soldatenunruhen ist, hätte er diese Version kaum korrigiert 124 Euagr  6,14 p  232,23–28 Bidez – Parmentier (ein römischer Sieg, der aber dann doch zum Rückzug der römischen Truppen führt: die Version überhöht also in extremer Weise Philippikos); Theophyl  3,5,15 (ein persischer Sieg, wobei hier wohl teilweise bereits die gegen Philippikos eingestellte Tradition benutzt worden ist) Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden s bereits Adamek 1891, 17

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lung bietet Es fallen aber auch einige Varianten auf, die gerade im Detail beschrieben worden sind Das erklärt sich zum einen damit, dass abweichende zeitgenössische Informationen benutzt worden sind Zum anderen verfolgen beide Erzählungen auch verschiedene Intentionen Euagrios ging es weniger darum, den Philippikos zu überhöhen, als den Einsatz des Gregorios von Antiocheia als eines militärisch-politischen Akteurs zu unterstreichen, der auf Augenhöhe mit den herausgehobenen Offizieren agierte Deshalb wird dessen Einsatz breit dargestellt, bis hin zur Wiedergabe einer Rede des Bischofs, die den Feldherrnreden völlig verwandt ist In der Quelle des Theophylakt ging es dagegen nicht in erster Linie um Gregorios, auch wenn seine Rolle bei der Vermittlung geschildert wird Vielmehr sollte eine Erzählung aus imperialer Perspektive geboten werden, in der gezeigt wurde, wie Maurikios letztlich der Unruhen Herr wurde und während des Versöhnungsprozesses dann doch ein großer Sieg – derjenige von Martyroupolis – möglich wurde Die Erzählung des Theophylakt über die Geschichte des Soldatenaufruhrs von Monokarton spiegelt aber nicht ausschließlich die Version des Johannes von Epiphaneia wider Vielmehr ist sie nicht völlig homogen und zeigt in einigen Passagen den Einfluss zumindest einer weiteren, späteren Quelle Deutlich ist dies vor allem bei der Darstellung des Kampfes von Sisarbanon Während bei Euagrios Komentiolos, der Nachfolger des Philippikos, einen Sieg über die Perser erringt125, der letztlich dazu führt, dass die besiegten persischen Offiziere aus Angst vor Repressalien sich gegen den Sasanidenherrscher Hormizd wenden werden126, bietet Theophylakt eine verzerrte Darstellung dieser Schlacht Komentiolos flieht nämlich panisch, während der Vater des Herakleios sich herausragend bewährt127 Der starke Kontrast zwischen den Darstellungen des Theophylakt und des Euagrios erklärt sich hier eindeutig damit, dass Theophylakt die Quelle gewechselt und nicht mehr Johannes von Epiphaneia, sondern den bereits erwähnten panegyrischen Bericht über die Großtaten des Vaters des Herakleios benutzt hat Die Brechungen im Bericht des Theophylakt zeigen damit an, dass die Debatten um die Leistungen und Fehlleistungen der führenden Generäle der Epoche des Maurikios zwar bereits in den 590er Jahren einsetzten, aber offenkundig in den Jahren nach dessen Regierung, also in der Zeit zwischen 602 und dem Zeithorizont des Theophylakt selbst (in den späten 620er Jahren) fortgeführt wurden Aus dieser späteren Debatte stammen auch die Berichte über den Einsatz des Priskos auf dem Balkan, der mit einer regelrechten Siegesserie verbunden ist128

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Euagr  6,15 p  233,4–10 Beschrieben wird die Flucht der Perser nach Nisibis Einnahme von Martyroupolis: p  233,16–24 Euagr  6,15 p  233,11–16 Bidez – Parmentier Theophyl  3,6,1–4 Vgl zu beiden Versionen Whitby 1988, 232 und 290; Whitby 2000, 307, Anm  58 Zur positiven Darstellung der Aktionen des Priskos auf dem Balkan vgl Theophyl  8,2–3 sowie das Zeugnis weiterer byzantinischer Quellen: Whitby 1988, 121–124

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Die Konkurrenz der Historiker und der Militärpatrone

Das kontinuierliche Interesse an deren Aktionen ist darin begründet, dass die Generäle Priskos und Philippikos, die militärischen Akteure der 580er Jahre, bis in das beginnende 7 Jahrhundert prägende Persönlichkeiten blieben Ihre Rivalität dauerte bis in die Zeit des Herakleios (610–641) an Philippikos gelang es immerhin, die Herrschaft des Phokas (602–610) im Kloster zu überleben, bis er an den Ereignissen um den Sturz des Phokas beteiligt und unter Herakleios dann 612 als magister militum per Orientem tätig war129 Priskos war dagegen zunächst der Verbündete des Phokas, als dessen comes excubitorum er 602/603 diente und dessen Tochter Domentzia er 607 heiratete130 610 schlug er sich freilich auf die Seite des Herakleios und übernahm in den Jahren 611/612 die Führung des Krieges in Anatolien, bevor er sich auch mit dem neuen Kaiser entzweite131 Und Herakleios der Ältere, der bereits an den Militäroperationen der 580er Jahre beteiligt war, führte kurz vor seinem Tod 610 die Rebellion, die seinem Sohn die Herrschaft brachte, mit an, und wurde später als der Gründervater der neuen Dynastie verehrt132 Es ist daher nicht erstaunlich, dass die Geschichte der spannungsreichen Beziehungen zwischen diesen drei Persönlichkeiten in den 580er Jahren noch eine Generation später von Interesse blieb und dass tendenziöse Berichte zugunsten des einen oder des anderen Generals teils erneut ins Gedächtnis gerufen, teils in aktualisierter Form neu komponiert wurden

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Vgl hierzu Kaegi 2003, 71 f S Nikephoros 2, p  40,58–64 Mango Weitere Belege bei PLRE III B, Philippicus 3 Kaegi 1981, 123; Parnell 2017, 135 Kaegi 2003, 69 f Vgl Nikephoros 2, p  36–40,1–55 Mango mit der Geschichte der Tonsur und Absetzung des Krispos (= Priskos) Vgl PLRE III, Priscus 6 PLRE III B, Heraclius 3

7 Die Historiographie unter Herakleios: Bemerkungen zu Theophylakt Die profangeschichtlich orientierte Historiographie, wie sie noch im ausgehenden sechsten Jahrhundert betrieben wurde, war das Ergebnis einer Konstellation von Voraussetzungen Nötig war das Vorhandensein eines Reservoirs von πεπαιδευμένοι aus der gebildeten Elite in den Städten, wo die nachwachsenden Generationen nach einer rhetorischen Grundausbildung weitere literarische Expertise durch die juristischen Schulen erhalten konnten und in dem einen oder anderen dann der literarische Ehrgeiz entzündet werden konnte1 Personen, die die Historiographie betrieben, bedurften für ihre Tätigkeit einer materiellen Basis Fördernd war hier die Patronage der Mächtigen, die in einem Gefüge der Konkurrenz und der Rivalität Interesse daran hatten, in ihrem Sinne positive zeitgeschichtliche Darstellungen produzieren zu lassen Dies gilt selbst für einige Kaiser dieser Epoche, die vor ihrer Kaisererhebung als Generäle gewirkt hatten Eine weitere Voraussetzung für das Betreiben der Historiographie waren Möglichkeiten der Informationsbeschaffung Hier bestanden gerade in der Spätantike besonders günstige Bedingungen, da die Existenz einer Bürokratie sowie von Stäben um mächtige Generäle ein hohes Maß an Verschriftlichung gerade auch in den Beziehungen zu den auswärtigen Mächten notwendig machte Bekanntlich verschwanden durch die dramatischen Entwicklungen des frühen 7   Jahrhunderts und die parallele Implosion der römischen und der sasanidischen Macht viele dieser Voraussetzungen schlagartig Oder sie wurden doch so reduziert, dass keine ausreichend kritische Masse mehr vorhanden war, um Historiographie zu betreiben Die Territorien, die im Osten unter die arabische Herrschaft fielen, büßten zwar vielleicht nicht sofort ihre städtischen Eliten ein, obwohl das Städtewesen schon im sechsten Jahrhundert schweren Belastungen unterworfen war2 Aber die

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Zum Fehlen provinzialer Talente als Grund für den Einbruch vgl Whitby 1992, 68 Zu diesem Großthema s nur die Literatur bei Brandes 2002, 30 Vgl die Arbeiten von Brandes 1989 und Foss 1996 S Niewöhner 2017 zu Kleinasien; Foss 1997 zu Syrien Ökonomischer und demographischer Einbruch in den Grenzregionen im frühen 7 Jahrhundert: Decker 2007 Bild der Kontinuität bei Avni 2014

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Orientierung der eventuell verbliebenen städtischen Eliten in Richtung auf den Kaiser und den Hof fehlte Die ohnehin zunehmende Mühsal, sich trotz der immer größeren Veränderungen in der Umgangssprache gleichwohl in artifizieller Mimesis und thukydideischem Griechisch von früh auf zu üben, hatte nun jeden Anreiz verloren3 Die materiellen Voraussetzungen für die Pflege der Bildung wurden nach mehreren Wechseln von persischer und römischer Okkupation und aufgrund der tributären Verpflichtungen für die arabischen Eroberer immer fragiler Für ein Patronagesystem fehlte es im geschrumpften römisch-byzantinischen Restreich an Voraussetzungen, da es kaum mehr von Kaiser und vom Patriarchat unabhängige Machtzentren gab Das Verschwinden von nichtgeistlichen Patronen und die Abkehr des Kaisertums von jeder nicht-religiösen Begründung seiner Machtfülle führte dazu, dass ein Interesse an profaner Literatur nicht mehr vorhanden war, während im 6 Jahrhundert anfangs die leidenschaftliche Parteinahme für das Christentum bzw für bestimmte dogmatische Schattierungen dieses Christentums noch nicht das Interesse an allen sonstigen nicht-christlichen Inhalten verdrängt hatte Schon unter Herakleios nahm die historiographische Tätigkeit angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen stark ab Denn die Voraussetzungen – sowohl was die Existenz von städtischen Bildungsinstitutionen als auch was die materielle Basis der Tätigkeit des Historikers betraf – waren nach der vorübergehenden Erholung in der Regierungszeit des Maurikios erneut schlechter geworden Hauptursache war vor allem der dramatische Krieg, den Chosrau II gegen das römische Reich begonnen hatte, angeblich um sich für die Ermordung seines Wohltäters Maurikios zu rächen Dieser Krieg verlor durch den Regierungswechsel von 610 nicht an Dramatik, sondern die Turbulenzen der römischen Innenpolitik verschlechterten die Lage zusätzlich Die Perser konnten große Teile des Ostens unter ihre Kontrolle bringen, nämlich Syrien und Ägypten, sie gelangten auch immer wieder bis weit nach Kleinasien, zum Schluss sogar bis vor die Tore Konstantinopels Wie katastrophal dieser Einbruch der Perser für die östlichen Provinzen und wie tief der Einschnitt in das bisherige städtische Leben war, wird kontrovers diskutiert4 Unklar ist auch, welche unmittelbaren Auswirkungen für die Geschichte der Geschichtsschreibung bestanden Sicher ist, dass auch in der Regierungszeit des Herakleios vermutlich mehr historiographische Werke verfasst wurden, als es die extrem dünne Überlieferungslage zu erkennen erlaubt Die gerade beschriebenen Reste tendenziöser Darstellungen zur Tätigkeit der Generäle Priskos, Philippikos oder Hera3

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Erkennbar ist die Mühe etwa im Griechisch des Menandros Protektor Menandros ist dem Anspruch, attisches Griechisch zu schreiben, oft nicht mehr gerecht geworden, wie der umfangreiche philologische Kommentar von M Stein in der Ausgabe der Kleinen und Fragmentarischen Historiker der Spätantike zeigen wird Zur Beurteilung des Stils des Theophylakt s u S  147 Zur Neigung, die Dramatik dieses Einschnitts zu relativieren, vgl Bowersock 2019 Er stützt sich insbesondere auf die Ergebnisse von Avni 2010 und 2014, demzufolge sich das Jahr der persischen Eroberung Jerusalems 614 im archäologischen Kontext nicht als scharfe Zäsur abzeichnet

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kleios des Älteren im Geschichtswerk des Theophylakt scheinen nahezulegen, dass es noch in der Zeit nach Phokas konkurrierende historiographische Darstellungen von Feldherrnaktionen gegeben hat Ferner sind im Geschichtswerk des Johannes von Antiocheia, aber auch im Chronicon Paschale Reflexe von Versuchen wahrnehmbar, die Phokasepisode mit den Mitteln der Geschichtsschreibung zu bewältigen5 Auch die Awarenkriege des Herakleios der 620er Jahre sind Gegenstand eines ausführlicheren historiographischen Berichts geworden, der noch einige Spuren in der „Kurzen Geschichte“ des Nikephoros hinterlassen hat6 Vor allem aber boten die hochdramatischen Ereignisse des letzten Kampfes zwischen Sasaniden und Römern Stoff genug für historiographische Entwürfe, auch wenn nur noch wenige in der Lage waren, diese vorzulegen Im Umfeld der letzten noch funktionierenden Institutionen in Konstantinopel, des Patriarchen und des Kaisers, entstanden die Gedichte des Georg von Pisidien, aber auch das Chronicon Paschale, in dem unter Benutzung zeitgenössischer Dokumente die Hauptereignislinien festgehalten wurden Weitere Reste historiographischer Tätigkeit aus der Epoche des Herakleios sind in der Materialsammlung des Georgios Synkellos zu finden, die dann in die Chronographie des Theophanes einging, ferner in der Erzählung des Nikephoros bis zum Jahre 6417 Schließlich entstand in diesem Umfeld auch das Geschichtswerk des Theophylakt Simokattes Der letzte Profanhistoriker der griechisch-römischen Antike konnte sich zwar dem Trend der zunehmenden Vereinnahmung der intellektuellen Ressourcen für theologische Themen nicht völlig entziehen und hat dementsprechend drei, reichlich Bibelstellen zitierende Traktate über die „Vorherbestimmung der Grenzen des Lebens“ verfasst8 Aber in Alexandreia, dem Ort, aus dem er stammte, hatte er noch aus der Zeit vor der Eskalation kriegerischer Aktionen offenkundig eine klassische Ausbildung erhalten, die ihn dazu befähigte, Briefe und „naturwissenschaftliche“ Erörterungen abzufassen9 Diese rhetorische Fertigkeit wurde in Konstantinopel während der Regierung des Herakleios dringend gebraucht Theophylakt schrieb wohl im Auftrag des Kaisers Denn im „Erzpriester“, der im Proömium gerühmt wird, ist kaum der konstantinopolitanische Patriarch Sergios, sondern Herakleios selbst zu erkennen10 Als sich 5

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S Whitby 1992, 62 Dabei ist die Frage, ob der Autor Johannes von Antiocheia war oder ob dessen Geschichtswerk nur bis in die Zeit Justinians reichte, letztlich unerheblich, weil auf jeden Fall durch die Stücke fr  318–321 Roberto die Existenz eines ausführlicheren Berichts belegt ist Johannes von Antiocheia hat bekanntlich seine Vorlagen in relativ wörtlichen Exzerpten übernommen Zur Zeitgeschichte beim Chronicon Paschale s Whitby, 63–65 Letztlich werden in diesen Notizen aber Details zur klassischen Militärgeschichte nicht konserviert: Whitby, 64 f Zur Geschichtsschreibung um Phokas Meier 2014 Nikephoros 10 und 13 Vgl Mango 1990, 178 f und 181 f ; Whitby 1992, 65 Vgl Nikephoros 1–32 mit Mango 1990 Garton – Westerink 1979 Zanetto 1985; Massa Positano 1965 Frendo 2001, 144 f , Anm  11 zu Theophyl Dial  9 Anders Whitby 1988, 32 f ; Whitby 1992, 47 mit Anm  97 Skizze der Forschungsdebatte bei Meier 2014, 163, Anm  82

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in den 620er Jahren wieder eine Stabilisierung der Verhältnisse abzeichnete, förderte dieser die literarische Tätigkeit des in Handschriften oder Lexikonartikeln noch als „sophistes“ oder „scholastikos“, also als gebildeter Rhetor bezeichneten Theophylakt, der vielleicht auch einen Rangtitel am reduzierten Hof des Herakleios erhielt Das Geschichtswerk des Theophylakt erscheint, was seine Entstehungsbedingungen und den von ihm behandelten Gegenstand betrifft, auf den ersten Blick zunächst als ein Sonderfall In einem manierierten Dialog der personifizierten Geschichte und der Philosophie, den Theophylakt seinem Geschichtswerk voranstellt11, wird der Unterbrechung der historiographischen Tätigkeit gedacht, „seit der kalydonische Tyrann den Kaiserpalast betrat, in eiserner Rüstung, der Halbbarbar, aus dem Geschlecht der Zyklopen, der Kentaur, der brutal den kaiserlichen Purpur verwüstete und für den die Kaiserherrschaft nur eine Arena für Trunkenbolde war“12 Gemeint ist die Herrschaft des Phokas, der 602 unter dramatischen Umständen den Kaiser Maurikios und seine Familie umgebracht hatte Man könnte also den Eindruck haben, dass die Geschichtsschreibung nach der Zäsur durch Phokas erst mühsam wiederbelebt werden musste und dass Theophylakt der einsame Vertreter dieser Renaissance war Beklagt wird freilich von Theophylakt die Einstellung nicht nur jeder historiographischen Tätigkeit, sondern auch die Verbannung der Philosophie Eine objektive Darstellung der Situation des beginnenden 7 Jahrhunderts ist damit nicht gegeben, sondern es ging nur darum, die Regierungszeit des Phokas als dunkle und barbarische Folie gegenüber der leuchtenden und musenfreundlichen Zeit des neuen Kaisers abzugrenzen Wenig lässt sich auch für die Beschreibung des Zustands der Historiographie aus der Tatsache gewinnen, dass die in den 620er Jahren verfasste Geschichte des Theophylakt nur die Epoche bis zum Regierungsantritt des Phokas behandelt (602) und damit die eigentliche Zeitgeschichte, die Geschichte des Herakleios, ausklammert Seine Geschichte beschreibt, teilweise mit kritischen Tönen, die Geschichte des Kaisers Maurikios, vor allem die Kriege an der Orientgrenze, die Rückführung des Chosrau II auf den sasanidischen Königsthron sowie die Kämpfe zwischen Awaren, Slawen und Römern auf der Balkanhalbinsel Im dritten Buch erläutert er dann in einem Rückblick die römisch-persischen Kämpfe seit dem erneuten Ausbruch des Krieges unter Justin II im Jahre 572 Die Geschichte endet mit einem dramatischen Bericht über die Ermordung des Maurikios und seiner Familie durch den Usurpator Phokas Im Text des Geschichtswerks Theophylakts sind keine Hinweise darauf zu erkennen, dass es unvollendet geblieben ist Mit der am Ende erzählten tragischen Geschichte vom Tod des Maurikios und seiner Familie erhält es vielmehr einen organischen Abschluss Dass das Werk nicht mehr die Zeit des regierenden Kaisers Herakleios behandelt, entspricht der Dimensionierung anderer zeitgeschichtlicher Darstellungen, etwa 11 12

Er war wohl von Anfang an „integraler Bestandteil des Gesamtwerkes“, vgl Meier 2014, 163 sowie dessen Referat über die verschiedenen Positionen in 163, Anm  84 Theophyl Dial  4 und 5 (modifizierte Übersetzung von P Schreiner)

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der Historien des Tacitus oder dem Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus, in denen der aktuell regierende Kaiser nicht mehr Gegenstand der historiographischen Bemühungen ist13 Dass bei Theophylakt dann aber auch die Regierung des Vorgängers des aktuellen Herrschers, also diejenige des Phokas, ausgeklammert worden ist, hängt damit zusammen, dass Phokas für Herakleios eben kein Vorgänger war, er selbst nach eigenem Verständnis vielmehr dem Maurikios folgte14 Das Geschichtswerk des Theophylakt entspricht also, so wie es vollendet worden ist, im Großen und Ganzen einem bekannten Muster kaiserzeitlicher Zeitgeschichtsschreibung Gleichwohl ist allerdings auch die Eventualität denkbar, dass Theophylakt ursprünglich sein Projekt über die Regierungszeit des Maurikios hinaus fortführen15 und in weiteren Büchern dann auch die Erinnerung an die Großtaten der kaiserlichen Regierung des Herakleios festhalten wollte16 Dass Herakleios nämlich selbstverständlicher Referenzpunkt der Gesamtdarstellung war, erkennt man nicht nur an der rühmenden Erwähnung der Herakliden im eröffnenden Prolog17, sondern auch an der Herausstellung des Vaters des regierenden Kaisers, Herakleios‘ des Älteren, als der eigentlichen Lichtgestalt in der Regierungszeit des Maurikios18 Der Verdacht, dass Theophylakt zu seinem eigentlichen Anliegen gar nicht mehr gekommen ist, ist daher in Rechnung zu stellen, wenn man ein Urteil über dessen historiographische Fähigkeiten abgeben möchte Denn für die Beschreibung der Zeit von Justin II bis Maurikios hat er lediglich die literarischen Vorlagen umgearbeitet, die er, antiken Gepflogenheiten folgend, benutzt hat, ohne sie zu erwähnen Dadurch, dass zufällig der Anfang des Geschichtswerks des Johannes von Epiphaneia erhalten geblieben ist, ist erkennbar, dass beispielsweise der rückgreifende Exkurs über den römisch-persischen Krieg in der Zeit des Justin und des Tiberios fast völlig übernommen worden ist Theophylakt hat lediglich an einigen Stellen zusätzliche Informationssplitter aus einem anderen Autor des 6 Jahrhunderts, nämlich aus Menandros Protektor, eingebaut19 Was für die Kapitel 3,11–14 durch den Zufall der Überlieferung eindeutig bewiesen werden kann, gilt zweifelsohne auch für einen Großteil der übrigen Passagen dieses Geschichtswerks in seinem überlieferten und bekannten Zustand: Theophylakt begnügte sich damit, den Text seiner Vorlagen in manierierter Form umzuschreiben

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Paschoud 2005 Meier 2014 Eine solche Fortsetzung über das ursprüngliche Projekt hinaus plante beispielsweise Theophanes von Byzanz Theophyl  8,12,13–14 (Verweis auf den Triumph über Chosrau II  628) mit Whitby 1992, 47 Theophyl Dial  6 und 9 Vgl dazu Olajos 1988, 38–42; 94; 148, Anm  668 Olajos lässt offen, ob Theophylakt hier aus mündlichen Informationen oder aus einer Quelle, nämlich einem zur Zeit des Herakleios des Jüngeren entstandenen Panegyrikos des älteren Herakleios, schöpft S o S  51–54

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Im Einzelnen enthielten diese Vorlagen dabei durchaus Stücke großer Historiographie Besonders hervorzuheben ist der dramatische Bericht über das Ende des Königs Hormizd IV und über den Bürgerkrieg zwischen Bahram und dem (von Maurikios unterstützten) Chosrau II Dieser Bericht ist zwar zweifelsohne stark von üblichen Ressentiments gegen die Perser bestimmt: „Die Perser“, so schreibt Theophylakt 4,13,1, „sind nämlich ein übles Volk und ihr Leben besteht von Anfang an nur in List, Eitelkeit und Prahlerei“ (Übersetzung Schreiner) Er bietet aber zum letzten Mal in der griechisch-römischen Historiographie eine künstlerisch vollendete Darstellung der Verhältnisse am persischen Königshof in der Tradition des Herodot oder Ktesias: Die Verschwörer gegen Hormizd IV dringen in die Königsresidenz ein, als Hormizd gerade auf dem Thron saß (…), angetan mit dem wertvollen Kleid, das dem Herrscher geziemt Er hatte eine goldene und edelsteinbesetzte Tiara, glänzend durch die Pracht eingesetzter Rubine, ringsherum war sie im Überfluß mit Perlen besetzt Sein Haupt glänzte und das Grün der Smaragde strahlte Schönheit aus, so dass sich die Augen des Beschauers in unersättlicher Bewunderung beinahe versteinerten Seine Beinkleider waren mit vielfältigem Gold durchwirkt, eine wertvolle Arbeit aus des Webers Hand Und sein Gewand zeigte einen Luxus von jeder nur erdenklichen Kostbarkeit20

Diese prunkvolle Szenerie dient dazu, die Wende des Schicksals des Hormizd besonders deutlich zu betonen Nachdem Hormizd für eine letzte Rede vor der versammelten persischen Aristokratie aus dem Gefängnis geholt worden ist – ihm antwortet der Verschwörer Bindoes  –, werden vor seinen Augen sein jüngerer Sohn und die Frau umgebracht und er selbst geblendet: „Denn mit Eisenspitzen, die heftig dem Feuer ausgesetzt waren und daher weiß glühten, stießen sie in die Pupillen seiner Augen, stachen so Hormisdas unter Qualen mit dem heißen Eisen“21 Nachdem sich Hormizd, der in das Gefängnis zurückgeführt worden ist, weigert, das in goldenen Schüsseln präsentierte Essen von der königlichen Tafel des neuen Herrschers Chosrau II anzunehmen, wird er schließlich umgebracht: „Man prügelte dem Elenden mit Knüppeln die Weichteile und mit Keulen die Halswirbel, und so zerschlagen starb er eines bitteren Todes “22 In der Darstellung des Theophylakt begegnen weitere herodoteische Motive, wie eine Variante des Pferdeorakels, dem Dareios angeblich die Herrschaft verdankt23, ein mit Menschenblut gemischtes Mahl24 oder aber auch weitere grausame, im Stil des Ktesias geschilderte Hinrichtungen, wie – neben der des Chosrau II  – die20 21 22 23 24

Theophyl  4,3,7–8 (Übersetzung Schreiner) Theophyl  4,6,2–4 (Tötung von Sohn und Frau); 4,6,5 (Blendung) Übersetzung Schreiner Theophyl  4,7,3 (Übersetzung Schreiner) Theophyl  4,10,2 f , wo Chosrau dem Pferd (und Gott) die Entscheidung über sein Verhalten nach der Flucht aus Ktesiphon überlässt Die Episode kann als eine Variante des (manipulierten) Pferdeorakels bei Hdt  3,84,3–87 gelten Vgl Euagr  6,17 p  234,2–4 Bidez – Parmentier Theophyl  5,5,9 f Kannibalische Mahlzeit in der Harpagosgeschichte vgl Hdt  1,119

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jenige der Verschwörer gegen Bahram, denen erst die Glieder abgetrennt und die dann von Elephanten zertrampelt werden25 Diese Details sind wohl ebenso wenig historisch wie das den Konventionen der klassischen Historiographie folgende, deutlich an die Verfassungsdebatte Herodots erinnernde große Redenpaar des Hormizd und seines Kontrahenten Bindoes26 Gleichwohl verraten sie einen durchaus noch historischen Sinn für die Dramatik der Umwälzungen am Sasanidenhof Im Einzelnen enthalten sie zumindest authentische Elemente, die in die Gesamtkomposition eingearbeitet werden27 So entspricht die umständlich beschriebene prunkvolle Sasanidenkrone den oft geradezu monströsen Gebilden aus Perlen und Edelsteinen, welche die letzten Sasanidenkönige trugen28 Ferner kann man zeigen, dass sowohl die Häufung wie auch einige Elemente der pompösen Herrschertitulaturen in den Briefen, die das Prinzip der Einlage von Reden variieren, authentisch sind29 Jedenfalls zeigen diese Passagen eine Gestaltungskraft, die wohl keine Leistung des Theophylakt selbst gewesen sein wird Theophylakt muss sich vor allem darauf beschränkt haben, seine Vorlagen stilistisch umzuformen Diese Umgestaltung ist in älteren Forschungsbeiträgen in äußerst ungünstiger Weise beurteilt worden Symptomatisch sind hier die Äußerungen von Eduard Norden30 Er hält Theophylakt für einen „Geschichtsschreiber, auf den man das Wort anwenden könnte, welches einst Cicero von Hegesias gebraucht hatte: wenn du wissen willst, was albern ist, so lies ihn “ Theophylakt sei „der früheste Hauptvertreter jener taumelnden Diktion, die besonders in spätbyzantinischer Zeit noch ihre Orgien feiern sollte “ Und „das einzige, was es dem modernen Leser, soweit er nicht Historiker ist“, ermögliche, „wenigstens einige Seiten dieses Autors zu lesen, ist das traurige Vergnügen zu erkennen, wie weit die Verzerrung des gesunden Geschmacks gehen kann “ Angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten, die griechische Literatursprache, die sich vom wirklich gesprochenen Griechisch immer mehr entfernt hatte, anzuwen-

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Theophyl   4,14,14 S bereits Theophyl   4,1,5: Hinrichtung des Chubriadanes Zu orientalischen Hinrichtungen bei Herodot und Ktesias vgl Rollinger 2010 Zu Theophyl  4,4 und 4,5 sowie Hdt  3,80–82, s Whitby 1988, 295; Jackson Bonner 2020, 256 S in der Rede des Hormizd auch das wörtliche Herodotzitat (Theophyl  4,4,10): εἰ δὲ μή, μεγάλην ἀρχὴν καταλύσητε (Hdt  1,53,3) Möglicherweise lässt sich die Chronologie des Verhältnisses zwischen der Usurpation des Bahram Chobin, der Absetzung des Hormizd und der Erhebung des Bahram durch den Abgleich mit Sebeos, Dinawari und weiterer orientalischer Quellen einer grundsätzlichen Kritik unterziehen, s Jackson Bonner 2020, 256–260 Allerdings ist in Erinnerung zu behalten, dass durch die Benutzung des Johannes von Epiphaneia Theophylakt einen sehr zeitnahen, noch in den 590er Jahren geformten Bericht benutzt hat Zum Problem Whitby 1988, 294, der ebenfalls die orientalische Tradition bevorzugt Johannes von Epiphaneia habe einen tendenziösen Informanten aus der höfischen Entourage Chosraus II gehabt Das reichte bis zum Phänomen der Krone, die von der Decke gehängt werden musste, weil sie zu schwer war, um getragen zu werden, vgl Beck 1993 Zu den Titulaturen (Theophyl  4,7,7; 4,8,4; 4,11,1) vgl die Parallelen bei Menandros Protektor mit Panaino 2004, 560–566 Norden 1915, 442 f

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den, mögen diese Defizite aber verständlich sein Immerhin kann man Theophylakt dankbar sein, dass er, auch wenn sein inhaltlicher Eigenbeitrag eher gering gewesen ist, zumindest die große Historiographie der letzten Blüteepoche des oströmischen Reichs, der Regierung des Maurikios, konserviert hat Diese Historiographie ist nicht nur deshalb noch antik, weil sie, wie gezeigt worden ist, Grundformen des herodoteisch-thukydideischen Modells erhalten hat Sie hat sich auch, trotz sich stark wandelnder Mentalitäten, noch einen von der christlichen Theologie unabhängigen und letztlich innerweltlichen Blick auf die Darstellung zeitgenössischer Ereignisse bewahrt Zwar ist Theophylakt eindeutig ein christlicher Autor, auch wenn er die seit Prokop bekannten umschreibenden Wendungen gebraucht, wenn es um die Benennung christlicher Phänomene geht Auch enthält seine Darstellung Erzählungen von Kreuzreliquien oder die Kreuzzugspredigten des Dometianos von Melitene Sein Bericht über die Verurteilung des Zauberers Paulinus verrät ferner zugegebenermaßen Erschreckendes über den kollektiv weitgehend zerrütteten Geisteszustand seines Zeitalters31: Eine Silberschale, die der Zauberer Paulinos benutzt hat, um Blut zu sammeln, „wenn er mit den abtrünnigen Mächten in Verbindung trat“, wird verkauft und nun vom Bischof von Herakleia für den Kult der heiligen Glykeria benutzt, deren Leichnam eine wundersame aromatische Flüssigkeit aussonderte Dieser Flüssigkeitsstrom versiegt aufgrund der Kontaminierung des Silbergefäßes32 Sobald aber der Bischof durch eine Traumvision unterrichtet wird, tauscht er die Schüssel wieder um, und der übergeordnete Patriarch sorgt dafür, dass Paulinos letztlich hingerichtet wird Aus dem Bericht des Theophylakt über diese Episode ist allerdings auch zu erkennen, dass Maurikios durchaus Bedenken hatte und zögert, die „Fehlgeleiteten hinzurichten“33, also Elemente einer Einstellung übriggeblieben sind, in der nicht alles von der „apostolischeren“ Haltung des Patriarchen dominiert war, „die vom Glauben Abgefallenen dem Feuer zu übergeben “34 In einer anderen Episode schildert Theophylakt einen Fall, in dem der General Philippikos versucht, eine heilige Ikone einzusetzen, um Soldaten von ihrem Aufstandsvorhaben abzulenken, die Soldaten aber weiterhin so weltlich gesonnen sind, dass sie das nicht beeindruckt Irgendeine Abstrafung von göttlicher Seite findet in der Erzählung nicht statt Die Welt des Theophylakt bleibt also immer noch von einer religiösen Pluralität geprägt Der Autor bringt Anleihen aus der Mythologie und er fügt Berichte über Prodigien ein, die ganz der Konvention paganer Geschichtsschreibung entsprechen Unglückverheißende Missgeburten werden ausführlich beschrieben Ihre Entsorgung durch Maurikios wird ganz im heidnischen 31 32

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Theophyl  1,11,3–21 Unwirksamwerden des Wunders durch zweckentfremdetes Silber: Whitby 1992, 52 verweist auf den Parallelfall in der Vita des Theodoros von Sykeon, vgl La Vie de Théodore de Sycéon, hrsg und übers von A -J Festugière, Brüssel 1970, Kap  42 Hagiographische Elemente: Leben der heiligen Golinduch und Weihungen des Chosrau an Sergios, vgl Higgins 1955 Theophyl  1,11,16 Theophyl  1,11,17

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Stil vorgenommen35 Insgesamt bietet Theophylakt also einen Bericht, in dem Religion zwar zum öffentlichen Leben gehört, in dem aber das Fortschreiten der Geschichte nicht-theologisch und mit Motiven wie Rivalität, Eifersucht, Ehrgeiz und dergleichen erklärt wird und in dem Rom und Persien klassischen machtpolitischen Zielen folgen36 Dass vielleicht nicht mehr Theophylakt, wohl aber seine Vorlage noch ganz in den räumlichen Vorstellungen des Imperium Romanum verankert ist, zeigen nicht nur die Erzählungen über die Verhältnisse an der Donaugrenze, sondern auch vereinzelte Hinweise zu Afrika oder zu den Franken, auch wenn sie partiell von Konfusionen geprägt sind Maurikios wird auch ein Teilungsprojekt zugewiesen, in dem noch einmal die Erhebung eines Westkaisers vorgesehen war37 Man kann nur spekulieren, in welcher Form Theophylakt dann die Geschichte des Herakleios selbst beschrieben hätte, falls er ein vollständiges Geschichtswerk vorgelegt hätte Dass die in der Selbstdarstellung des Herakleios prominent hervorgehobenen religiösen Themen zweifelsohne zentral gewesen wären und damit ein starker Akzent, der bereits in der vorangehenden Generation der Historiographen gesetzt wurde, weiter vertieft worden wäre, ist aber auf jeden Fall anzunehmen Das schließt freilich nicht aus, dass daneben politische und militärische Themen in der Tradition der antiken Zeitgeschichtsschreibung genau beschrieben worden wären Sein grundsätzliches Interesse an einer detaillierten Geschichte von Militäroperationen hat Theophylakt durch die Übernahme und Modifikation der Erzählung des Johannes von Epiphaneia bewiesen Dass die erhaltenen Bücher dabei nichts anderes darstellten als die Kompilation bereits existierender Vorlagen, die teilweise kunstvoll miteinander kombiniert wurden, weist nicht von vornherein auf einen grundsätzlichen Unterschied zur vorangehenden Geschichtsschreibung hin38 und präjudiziert auch nicht, dass Theophylakt nicht in der Lage gewesen wäre, bei der Darstellung des eigentlichen Zeitgeschehens seine Arbeitsweise zu verändern und auf Augenzeugenberichte oder zeitgenössische Dokumente zurückzugreifen39 Ein solcher Wechsel der Arbeitsweise von der Kompi-

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Theophyl  6,1,8 Dass in den 620er Jahren dann die eschatologische Propaganda dazu geführt hat „to apply religious categories of explanation to historical events“, und zwar auf Kosten einer realistischen Betrachtung der geschichtlichen Faktoren, nimmt Whitby 1992, 72 an Theophyl  8,11,9–10 Zum Kontrast zwischen der Arbeitsweise des Theophylakt und derjenigen seiner Vorgänger Whitby 1992, 46: „Where Procopius and Agathias seem to have gathered oral reports of events, and Menander probably combined his consultation of diplomatic archives with oral enquiries, Theophylact was basically a secondhand compiler who created a historical narrative by reworking, integrating, and sometimes interpreting the narratives of earlier writers “ Whitby 1992, 70 vermutet, Theophylakt habe keine Zeugen zum 6 Jahrhundert mehr gefunden und sei daher darauf angewiesen gewesen, schriftliche Vorlagen zu konsultieren Auch eine allgemeine Zunahme des Desinteresses an Geschichte und eine zunehmende Müdigkeit, Zeitgeschichte aufzuzeichnen, lässt sich nicht konstatieren Das hat Whitby, 71 aufgrund der Analyse der Anekdote in Theophyl  6,10,4–6 angenommen Hier verrate sich die Mentalität einer Gesellschaft,

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lation zu Formen der unmittelbaren zeithistorischen Recherche ist für fast alle antiken Historiker typisch und wird in den theoretischen Reflexionen auch der spätantiken Historiker sehr wohl berücksichtigt40 Auch Polybios musste für die weiter zurückliegenden Epochen auf bereits existierende historiographische Erzählungen rekurrieren, und er hat es zum Beispiel im Falle der Ereignisse, in denen Rhodos impliziert war, in einem weit höheren Maße getan als lange angenommen41 In den Fällen, in denen von umfangreichen Geschichtswerken nur die Darstellung weiter zurückliegender Epochen, nicht aber diejenigen zeitnäherer Epochen vorliegen, führt dabei der Zufall der Überlieferung zu falschen Vorstellungen über die Eigenarten des Autors So erscheint Livius vor allem deshalb als Kompilator, weil nur die frühen Bücher erhalten geblieben sind, nicht aber die späten über die ausgehende Republik und den beginnenden Prinzipat, in denen die historiographische Tätigkeit des Autors sehr viel mehr Facetten enthalten haben muss und sich stärker dem thukydideischen Muster der Informationsbeschaffung annäherte Wenn die erhaltenen acht Bücher des Theophylakt lediglich als eine Art prokataskeue42 angelegt waren, um die Vorgeschichte des Herakleios zu erläutern, dann hätte das fertige Werk sogar Dimensionen von zwanzig Büchern oder mehr gewonnen und hätte sich damit, auch was den äußerlichen Umfang betrifft, mit den großen Mustern der griechisch-römischen Historiographie messen können Zur Ausarbeitung des Projekts – sofern ein solches Projekt vorhanden war – ist es aber nicht mehr gekommen, vermutlich wegen der immer krisenhafteren Entwicklungen im Reich des Herakleios, oder aber auch, weil Theophylakt vorher verstarb Eine der dramatischsten Epochen der römischen Geschichte (bis zum definitiven Kollaps des römischen Reiches als Mittelmeermacht) entbehrt damit einer ausführlichen historiographischen Erzählung Es gibt aber zumindest einen Anhaltspunkt dafür, dass es eine solche ausführliche Erzählung gegeben hat, nämlich aus der Feder der zweiten intellektuellen Galionsfigur, die aus der Epoche des Herakleios bekannt ist, des Georg von Pisidien Zu diesem Befund ist jedenfalls Howard-Johnston gelangt, und zwar mit einer überzeugenden quellenkritischen Argumentation43 In der Chronographie des Theophanes ist ein sehr ausführlicher Bericht über die Operationen des Herakleios in der Zeit zwischen 624 und 628 erhalten geblieben  1899 publizierte Leo Sternbach eine umfassende Abhandlung, in der er darlegte, dass dieser Bericht zahlreiche Stücke der Dichtungen des Georg von Pisidien enthält und dass Theophanes daher gemeinsam mit der Suda und der direkten Überlieferung mit in das Rekonstruktionswerk zu dessen dichterischem Oeuvre ge-

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die nicht einmal mehr in der Lage gewesen sei, knapp 25 Jahre zurückliegende Ereignisse korrekt festzuhalten Vgl z B Eunap fr  28 Müller Wiemer 2001 Im Sinne des Polybios, der die ersten beiden Bücher seines Geschichtswerks als Vorspann und Auftakt für den eigentlichen Bericht konzipiert hat Howard-Johnston 1994/2006

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hört44 Später wurden verschiedene Thesen geäußert, was den Ursprung dieser Stücke betrifft, etwa die Annahme, es handle sich um Passagen aus einem dritten, verloren gegangenen Buch der Heraclias Die wahrscheinlichste Hypothese ist Howard-Johnston zufolge, dass diese Stücke aus jeweils zu diversen Anlässen verfassten kleinen panegyrischen Gedichten stammen Sie sind untereinander durch einen nüchternen Bericht verbunden, der in der Art eines Bulletins den Vormarsch des Herakleios und weitere Ereignisse schildert, daneben aber auch Ansprachen und Äußerungen des Kaisers selbst enthält Die Verbindung und die Überleitungen von Prosatext und Gedichten verraten Kenntnisse und ein Verständnis der historischen Vorgänge, die man für Theophanes, der diesen Text zweihundert Jahre später redigierte, auf keinen Fall erklären kann45 Die Zusammenstellung erfolgte damit entweder durch einen anonymen Redaktor der Zeit des Herakleios oder aber – so die Annahme von Howard-Johnston – durch Georgios von Pisidien Howard-Johnston sieht damit in Georgios den Schöpfer eines neuartigen historiographischen Entwurfes, in dem Gedichtspassagen mit Prosaüberleitungen verbunden sind: „The invention of a hybrid prose-verse history was an extraordinary innovation“46 Zur Einordnung der Innovation sollte allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Kombination von Versen und Prosa möglicherweise eine biblisch-kirchliche Konnotation hatte und an den Gesang Deborahs (Richter 4–5) erinnerte47 Vor allem aber scheint selbst das äußerlich so nüchterne Geschichtswerk des Menandros durchaus, wie im Falle von fr  35 aγ nachweisbar48, Verse in die Darstellung integriert zu haben Agathias war zumindest Dichter und Historiker in einer Person, wenn auch bei ihm noch nicht beide Genres in ein einziges Werk zusammengefügt worden sind Und eine Nähe von Poesie und Geschichtsschreibung kann man auch dem Umstand entnehmen, dass Maurikios in gleichem Maße „Gedichte und Geschichtsschreibung“ studierte und förderte49 Die Verschmelzung von Poesie und Geschichtsschreibung entwickelte sich damit, wenn denn Georgios wirklich ein solches Werk schrieb, nicht völlig voraussetzungslos Der Befund, dass Georgios zumindest in der Heraclias eher eine Art von Herrscherpanegyrik schrieb, die weit von der historischen Epik und damit auch von der konventionellen, auf die Darstellung von Militäroperationen fixierten Geschichtsschreibung entfernt war, muss nicht gegen die These von Howard-Johnston sprechen, da bereits Theodor Nissen bei Georgios

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Sternbach 1899 Das würde auch für Synkellos gelten, falls Theophanes hier auf dessen Materialzusammenstellung rekurriert haben sollte Howard-Johnston 1994/2006 Zu dieser aus Theophanes zu rekonstruierenden Geschichte des Georg von Pisidien s auch Howard-Johnston 1999/2006, 9–11 Vgl die Integration von Stücken aus dem Gesang bei Eus h e  9,9,5–8 und in der Vita Constantini 1,38 Zählung von Bleckmann – Stein Vgl fr  35 a Müller = 13,3 Blockley Menand fr  1,5 Bleckmann – Stein = fr  1 Müller = fr  1,1 Blockley

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eine Entwicklung konstatierte, in der zunehmend auch historiographisch erzählende Stücke in die Panegyrik integriert wurden50 Mit dem zu rekonstruierenden historischen Werk des Georgios Pisides und dem Geschichtswerk des Theophylakt ist das Ende eines Prozesses bezeichnet, in dem auch die antike Historiographie herodoteisch-thukydideischen Typs trotz ihrer lange Zeit noch erwiesenen Leistungs- und Wandlungsfähigkeit an ihr Ende kam Die Krisen und die Herrschaftswechsel im ausgehenden 6 und beginnenden 7 Jahrhundert haben, solange die Kaiser selbst an der Neujustierung der Geschichte ihrer Vorgänger interessiert waren und auch auf den nachgeordneten Ebenen – vor allem derjenigen der rivalisierenden Feldherrn und der politisch ehrgeizigen Bischöfe wie Gregorios von Antiocheia oder Dometianos von Melitene  – detaillierte Versionen zeitgenössischer Ereignisse fixiert wurden, zunächst eher zu einer Vergrößerung der historiographischen Produktion geführt Diese historiographische Herausforderung der Neugestaltung von Kaiserbildern konnte sich mit dem Thema der Historie konkurrierender Generäle vor allem dann verbinden, wenn Konflikte zwischen dem Kaiser und einem General oder auch, wie bei Tiberios II und Maurikios, die in der früheren Militärkarriere vollbrachten Taten beschrieben wurden Auch der sukzessive Zerfall der römischen Herrschaft in der Zeit nach Justinian beförderte die Herstellung von Geschichtswerken, weil sich die Elite Ostroms in einer multipolaren Welt orientieren musste und daher auf Darstellungen der Diplomatiegeschichte angewiesen war Menandros Protektor war nicht der einzige Autor, der besonders ausführlich hierzu informierte, vielmehr bot beispielsweise Theophanes von Byzanz einen detaillierten Bericht über die Verhältnisse in Südarabien Mit dem Ausscheiden von Kernregionen aus dem Reichsverband, nämlich des Orients, Ägyptens und großer Teile des Illyricum, war aber das Reservoir möglicher Talente geschrumpft Rhetorische Bildung war, nachdem die Ressourcen für diese Ausbildung und die Orientierung an den Hof von Konstantinopel weggefallen waren, für die Reste der urbanen Eliten außerhalb des verkleinerten Reiches nicht mehr interessant Für einige Jahrhunderte gab es selbst in Konstantinopel keine Kreise mehr, die eine nicht-theologische Bildung und einen innerweltlichen Blick schätzten Ferner fehlten die materiellen Voraussetzungen für die Herstellung künstlerisch gestalteter Berichte über den Lauf der Welt Das Verschwinden von Eliten bzw der Voraussetzungen für die Selbstreproduktion dieser Eliten kam nicht völlig überraschend, sondern kündigte sich in einem Prozess der Ausdünnung an Die Zerstörung des Reichszusammenhangs von der Donau bis nach Ägypten durch die Ereignisse der ersten Hälfte des 7 Jahrhunderts dürfte aber der entscheidende Faktor gewesen sein, der das Ende der antiken Historiographie besiegelte

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Nissen 1940

8 Zusammenfassung Aus der Zeit des Kaisers Maurikios (582–602) ist eine Reihe teils vollständig erhaltener, teils fragmentarischer Werke bekannt Die Kirchengeschichten des Euagrios von Epiphaneia und des Johannes von Ephesos bieten im großen Umfang Erzählungen auch zu profan-, insbesondere militärgeschichtlichen Sachverhalten Das Geschichtswerk des Theophylakt ist zwar erst nach Maurikios entstanden, schöpft aber aus älteren Quellen und bietet eine ausführliche Darstellung auch zu den unmittelbaren Vorgängern des Kaisers Umfangreiche Fragmente des Menandros Protektor und kleinere Stücke aus Johannes von Epiphaneia und Theophanes von Byzanz tragen weitere Elemente zur Rekonstruktion dieser in der Epoche des Maurikios entstandenen Historiographie bei Vor allem die Fragmente des Menandros Protektor verdienen besondere Beachtung Jenseits ihrer Bedeutung für die Illustration der Geschichte des nachjustinianischen Zeitalters sind diese Autoren für die allgemeine Geschichte der antiken Geschichtsschreibung von großem Interesse Statt diese Geschichte irgendwann in der Spätantike, beispielsweise mit Zosimos, ausklingen zu lassen, ist es angebracht, ihren Weg bis zum Ende zu verfolgen Aus dem Studium der Historiographie des ausgehenden sechsten Jahrhunderts lassen sich auch Ansätze gewinnen, um das Ende der ein Jahrtausend währenden Tradition der antiken Geschichtsschreibung zu erklären Ob diese Frage nach dem Ende der antiken Geschichtsschreibung überhaupt sinnvoll ist, hängt freilich davon ab, ob es wirklich eine Kontinuität der kulturellen Praxis der Geschichtsschreibung seit Herodot gegeben hat Gerade für die Großformen lateinischer Historiographie ist von scharfen Brüchen und langen Pausen ausgegangen worden, etwa für die Jahrhunderte zwischen Tacitus und Ammianus Marcellinus Auch für die griechische Geschichtsschreibung werden bisweilen solche längeren Unterbrechungen angenommen, z B zwischen dem Zeitgeschichtswerk des Dexippos und demjenigen Eunaps Solche Vorstellungen entstehen allein dadurch, dass die Zufälligkeiten der Überlieferungssituation nicht ausreichend gewürdigt werden Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass es von Herodot bis Theophylakt eine ununterbrochene und stets reichhaltige Produktion umfangreicher Geschichtsschreibung gegeben hat Das gilt auch und gerade für die zweite Phase dieser langen

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Epoche, nämlich für die Kaiserzeit und die Spätantike Dabei wurden neben den in großer Zahl angefertigten – und in der Regel schnell vergessenen – unmittelbar aktuellen zeitgeschichtlich-panegyrischen Geschichtsdarstellungen immer wieder auch aus einer größeren zeitlichen Distanz vermeintlich unabhängigere und kritischere Werke verfasst, die oft nur die Tendenz zeitgenössischer Berichte modifizieren und neu werten mussten, inhaltlich aber auf ihnen aufbauten Das relativ große Spektrum an historiographischen Werken, das sich für das ausgehende sechste Jahrhundert noch aufzeigen lässt, ist also für die Spätantike keineswegs untypisch, sondern seine Besonderheit ergibt sich ausschließlich dadurch, dass die Überlieferungssituation, etwa der Umstand, dass Menandros in den Gesandtschaftsexzerpten oder dass Theophanes von Photios benutzt worden ist, dass Euagrios im zweiten Konzil von Nicaea (787) als Autorität zitiert wurde etc , hier günstiger ist als etwa für die Historiographie der Generation vor Prokop Vor dem Hintergrund dieser Beobachtungen zur ununterbrochenen historiographischen Praxis können einige Thesen zum Ende der antiken Geschichtsschreibung untersucht werden Auf der einen Seite spricht nichts für die These einer schon sehr früh einsetzenden Erschöpfung und Dekadenz Die evidente Abweichung von der mit Thukydides erreichten einsamen Höhe und die Absenkung der wissenschaftlich-analytischen Standards in der stärker auf das Moralisieren und den rhetorischen Effekt ausgerichteten Geschichtsschreibung des vierten vorchristlichen Jahrhunderts bedeutet nicht, dass die Agonie des Genres bereits in der nachthukydideischen Ära einsetzt, ebensowenig wie die Wechsel im politischen Regime, einschließlich der Etablierung des Kaisertums, sich nachteilig auswirken Ein Bruch mit den historiographischen Standards ist auch in der Spätzeit in der stärkeren Berücksichtigung von christlichen Realia ebensowenig zu erkennen wie in der sporadisch begegnenden Übernahme theologischer Erklärungsmuster, die neben rationalen politisch-militärischen Erklärungen stehen Die Geschichtsschreibung des ausgehenden sechsten Jahrhunderts unterscheidet sich vermutlich nicht fundamental vom Durchschnitt der antiken Geschichtsschreibung, bei dem im Unterschied zu Thukydides theologische Dimensionen nie völlig ausgeblendet worden sind Dass ein tiefgreifender Mentalitätenwandel und die angesichts der Krisenhaftigkeit gegebene Omnipräsenz des Religiösen im ausgehenden sechsten Jahrhundert dazu geführt habe, dass nunmehr Kirchen- und Profangeschichte miteinander verschmelzen, lässt sich nicht wirklich nachprüfen Man kann also von der konventionellen Annahme ausgehen, dass die Profangeschichtsschreibung bis ins ausgehende sechste Jahrhundert blühte und dass das Ende der Geschichtsschreibung mit dem auch sonst zu beobachtenden Abbruch literarischer und kultureller Aktivität in den sogenannten dark ages zusammenfällt In den folgenden Kapiteln wird anhand einzelner Aspekte untersucht, wie die Geschichtsschreibung des ausgehenden sechsten Jahrhunderts Gesetzmäßigkeiten und herkömmlichen Bedingungen historiographischer Praxis folgte Zunächst illustrieren die hier behandelten Geschichtswerke, in erster Linie dasjenige des Menandros Pro-

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tektor, wie ein als vorbildhaft gesehenes Geschichtswerk, in diesem Fall das Oeuvre des Prokop, kompetitive Nachahmungsversuche und Fortsetzungen inspiriert Menandros setzt Prokop und Agathias fort, ahmt beide nach, sucht aber auch beiden gleichzukommen bzw (im Falle des Agathias) zu übertreffen In der gleichen Art und Weise wie etwa bei der Kette der aufeinanderfolgenden Autoren Herodot, Thukydides und der nachthukydideischen Historiker Theopomp oder des Autors der Hellenika Oxyrhynchia oder in der Kette Phylarchos, Polybios und Poseidonios, geht es also bei der Fortsetzung nicht nur darum, durch die Anknüpfung an den Vorgänger ein historisches Kontinuum herzustellen, sondern im jeweils selbst behandelten Abschnitt durch größere Ausführlichkeit, durch eine packendere Analyse, durch die Einführung neuer Gestaltungselemente, durch die Offenbarung einer größeren analytischen Intelligenz und dergleichen mehr diese Fortsetzung auch zu optimieren Besonders deutlich fällt dabei das Konkurrenzverhältnis zwischen Agathias und Menandros auf, in dem Menandros als der bessere Fortsetzer des Prokop erscheinen möchte Das geschieht dadurch, dass Menandros immer wieder unabhängig von Agathias an die Darstellung Prokops selbst anknüpft und Agathias – wie etwa im Falle des Verhältnisses des Kutriguren Zabergan und des Utiguren Sandilch – durch eine eigene Erzählung korrigiert Man kann das Streben des Historikers, den von Prokop und der großen Historiographie gesetzten Maßstäben zu entsprechen, allerdings nur dann in vollem Umfang würdigen, wenn man sich darüber im Klaren ist, wie sein Geschichtswerk in seiner ursprünglichen Gestalt aussah Die Gesandtschaftsexzerpte, denen das Gros der Fragmente des Menandros zu verdanken ist, könnten den Eindruck vermitteln, als begnüge sich Menandros – im Kontrast zum rhetorisch glanzvolleren Geschichtswerk des Agathias und seinen variierenden Exkursen – mit einer relativ monotonen Aneinanderreihung der Schilderung diplomatischer Verhandlungen Solche Schilderungen bildeten ohne Zweifel einen besonders großen Anteil des Geschichtswerks, ging es doch darum, gegenüber Agathias die reichere Basis an genuin historischem Material und die bessere Informationsgrundlage aufzuzeigen Das Geschichtswerk enthielt jedoch in erheblichem Umfang auch die Darstellung militärischer Handlungen Entsprechend den Gepflogenheiten antiker Historiographie waren im Geschichtswerk auch umfangreiche Reden und (wie etwa im Zwiegespräch zwischen Petros Patrikios und Zich-Iesdegusnaph) auch Redenpaare eingelegt Die Analyse der mutmaßlich von Theophylakt aus Menandros übernommenen Rede des Justin II bei der Erhebung des Tiberios II zum Caesar (574) zeigt, dass der Historiker sich nicht damit begnügte, ein Protokoll der tatsächlich gehaltenen Rede wiederzugeben, sondern sie, auch hier dem historiographischen Usus folgend, sowohl stilistisch als auch nach Gesichtspunkten der eigenen Gesamttendenz umgestaltete Dem Modell Prokop war Menandros auch darin verpflichtet, dass er trotz seiner Prägung durch die Konventionen des Genres und trotz seiner Orientierung an dem herodoteisch-thukydideischen Muster hinreichend Flexibilität und Anpassungsfähigkeit hatte, auf neue, in der klassischen Historiographie unbekannte Gegebenheiten einzugehen Das gilt etwa für christliche Insti-

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tutionen, aber auch für ideologische Themen, und zwar in den aktuellen, seit Justin II dominierenden Nuancen einer verstärkten „Liturgisierung“ und Sakralisierung des öffentlichen Lebens, der Politik und der Kriegführung Eine eingehende Analyse einiger Passagen, besonders auch des von F Halkin publizierten neuen Fragments, zeigt, dass die diesbezügliche Prägung des Menandros wesentlich deutlicher gewesen sein muss, als man landläufig annimmt Es lassen sich bei ihm gerade auch Themen (etwa die Konzeption des Kreuzzugs) entdecken, die man gewöhnlich erst in der Epoche des Herakleios verortet Die Prominenz dieser Themen ändert aber nichts daran, dass von ihm historische Prozesse nach wie vor im Großen und Ganzen wie in den vorangehenden Epochen der Historiographie nach innerweltlichen Mustern erklärt werden, in der Regel durch strategische oder machtpolitische Erwägungen der Akteure Innerkirchliche Rivalitäten, die das Hauptthema der Kirchengeschichtsschreibung sind, werden bewusst ausgeklammert Dabei kommt die genrebedingte Ignorierung dieser Differenzen der imperialen Perspektive, insbesondere der Pflege der Fiktion eines einheitlichen Christentums, entgegen Neben dem Verhältnis des Menandros zu seinen historiographischen Vorgängern muss auch das Verhältnis zu den Zeitgenossen betrachtet werden Historiker der klassischen und hellenistischen Zeit fühlten sich nicht nur durch Vorgänger zum Nacheifern und zum Übertreffen aufgefordert, sondern schrieben in einem Umfeld, in dem zeitgenössische Entwürfe miteinander konkurrierten Diese Rivalitäten sind nicht immer einfach auszumachen, entweder weil abweichende Entwürfe von Autoren zwar zur Kenntnis genommen wurden, aber eine explizite Benennung des Konkurrenten ausblieb, oder aber – und in der Hauptsache – weil die Überlieferungssituation zu schlecht ist, um zu erkennen, dass diese oder jene historiographische Darstellung ursprünglich in einem Diskussionskontext, nämlich als Replik und Gegenentwurf, entstanden ist Für das ausgehende 6 Jahrhundert, in dem die Umstände der Produktion historiographischer Texte den vorangehenden Epochen der Geschichte der Geschichtsschreibung gleichen, lassen sich aber aufgrund einer günstigeren Überlieferungslage in Einzelfällen konkurrierende Darstellungen gut miteinander vergleichen Neben Menandros ist hier Theophanes von Byzanz und Johannes von Epiphaneia zu berücksichtigen, letzterer sowohl in einem Originalfragment als auch in den umfassenden Übernahmen bei Theophylakt Hinzuzuziehen sind ferner die profangeschichtlichen Partien des Johannes von Ephesos und des Euagrios von Epiphaneia Das genaue zeitliche Verhältnis zwischen den drei Autoren Menandros, Theophanes und Johannes von Epiphaneia ist zwar nicht zu bestimmen Die ausführlichen Darlegungen zu den Ursachen und Anlässen des Ausbruchs des römisch-persischen Kriegs 572, die bei allen drei Autoren zu entdecken sind und die neben Berührungspunkten auch zahlreiche unterschiedliche Akzentsetzungen aufweisen, lassen sich freilich als Reste einer eingehenden Diskussion auffassen, in der aus dem Rückblick auch über die Verantwortung Justins II debattiert wurde Die Matrix der thukydideischen Kriegsursachendiskussion, die allen drei Darstellungen zugrunde liegt, zeigt, wie auch nach

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Prokop das Vorbild des Klassikers Historikern eine Handhabe bot, die Beziehungen Roms zu auswärtigen Akteuren in einer angemessen komplexen und differenzierten Art und Weise zu beschreiben Divergierende Darstellungen bietet die zeitgenössische Historiographie des ausgehenden 6 Jahrhunderts auch für einzelne militärische Akteure, etwa für die Generäle Markian, Priskos und Philippikos Eine Detailanalyse etwa der Rolle des Markian in den Operationen von 573 (bei Menandros, Theophanes, Johannes von Epiphaneia, Johannes von Ephesos und Euagrios) oder des Priskos und Philippikos in der Militärrevolte von Monokarton (in divergierenden Quellen des Theophylakt) zeigt, dass die Charakterisierung dieser Generäle deutlichen Tendenzen folgt und ihre Leistung, bisweilen mit erheblichen Varianten auch in den sachlichen Details, in entgegengesetzter Weise beschrieben wird In tendenziöser apologetischer Absicht werden von Menandros die Taten von Tiberios Konstantinos und vor allem des Maurikios in der Zeit dargestellt, in der sie vor ihrer Kaisererhebung in Konkurrenz mit anderen Generälen des Reiches standen Die Historiographie dieser Epoche bietet nicht nur in der Sache reiches Anschauungsmaterial für die Spannungen innerhalb der militärischen Elite, die in der nachjustinianischen Zeit besonders ausgeprägt waren und zu guter Letzt im Putsch des Phokas gegen Maurikios und im Bürgerkrieg des Herakleios gegen Phokas gipfeln sollten Sie zeigt auch, wie die Rivalitäten im Medium der Historiographie fortgeführt wurden, weil die Historiker im Interesse mächtiger Militärpatrone die Geschichte umdeuteten oder konstruierten Vom Prinzip her unterscheidet sich dieses Vorgehen nicht grundsätzlich von den Rahmenbedingungen, die sich etwa für die Epoche der Nachalexanderzeit oder der Römischen Republik aufzeigen lassen Einige der wichtigsten Generäle des Maurikios, nämlich Priskos, Philippikos und Herakleios der Ältere, spielten noch zwanzig Jahre später, während der Anfänge des Herakleios, eine wichtige Rolle, und dementsprechend ist ein Teil der bei Theophylakt greifbaren tendenziösen Historiographie zu den Aktionen dieser Generäle teils erst unmittelbar nach dem Sturz des Phokas geformt worden Mit einer wirklichen Unterbrechung der Kontinuität der historiographischen Produktion war daher  – trotz einiger anderslautender Äußerungen im Dialog, den Theophylakt seinem Geschichtswerk vorangeschickt hat – das Intermezzo der Regierung des Phokas nicht verbunden Angesichts der schwindenden Ressourcen und der dramatischen Entwicklungen der 610er Jahre, die zur vorübergehenden Kontrolle des Orients und Ägyptens durch die Sasaniden geführt hatten, ist allerdings bereits für das erste Jahrzehnt der Regierung des Herakleios gleichwohl eine erhebliche Abnahme historiographischer Betätigung anzunehmen Da das Geschichtswerk des Theophylakt die zu seinen Lebzeiten bereits weiter zurückliegende Regierungszeit der Kaiser Justin II bis Maurikios beschreibt und die Regierungszeit des Phokas überspringt, musste er, als er in den 620er Jahren sein Geschichtswerk über Ereignisse schrieb, die 50 bis 25 Jahre zurücklagen, großenteils ältere historiographische Quellen kompilieren Seine Arbeit bestand vor allem darin, dieses Material zu kombinieren und in seinen besonderen rhetorischen Stil

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umzugießen Dieses Verfahren unterscheidet sich freilich nicht fundamental von dem, was in der antiken Historiographie üblich war Wenn ein Autor Geschichte bis zur eigenen Zeit schrieb, blieb ihm für weiter zurückliegende Epochen nur die Methode des Exzerpierens älterer Geschichtswerke Ein Nachlassen der Kreativität ist daher für Theophylakt aufgrund des von ihm gewählten Verfahrens nicht zu konstatieren Die unmittelbare Zeitgeschichte, insbesondere die Regierungszeit seines Förderers Herakleios (nicht etwa des Patriarchen Sergios), hat er trotz immer wieder gegebener Zeitbezüge nicht verfasst; sei es, dass sein Werk nicht mehr vollendet worden ist, sei es dass das Werk von Anfang an nur bis zum letzten anerkannten Vorgänger des regierenden Kaisers reichen sollte Primärmaterial (Siegesbulletins, Panegyrische Darstellungen etc ), aus dem ein zeitgeschichtlicher Bericht hätte erstellt werden können, bot die Regierung des Herakleios zweifelsohne im großen Umfang Die rapide Schrumpfung der territorialen Basis und der Ressourcen des römischen Reiches sowie der Austausch der Eliten in den bisherigen Kernregionen führte aber dazu, dass die profangeschichtliche Praxis nach dem herodoteisch-thukydideischen Muster nun definitiv für eine lange Zeit endete, bevor sie unter den spezifischen Bedingungen der byzantinischen Kultur neu entdeckt wurde

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Indices I. Personen, geographische Namen Abraha 105 Adarmahan 33, 70, 75, 83, 111, 120, 124 f , 130 f Adoald 13 Aeneas 21 Aetius 119 Africa 39, 43, 149 Agapetos Diakonos 60 f Agapios von Manbidj 26, 71–73 Agathias 18, 36, 40–44, 65, 95, 107, 115–117, 155 Agilulf 13 Ägypten 142 Aigina 100 Akakios, Emissär Justins II  121, 123 Alamannen 42 Alanen 109 f Alchon/Alchan 98 Alexander d Gr  87 f , 112 Alexandreia 143 Allen, Pauline 28 f , 37 Al-Mundhir 69, 124, 127 Ambrakia 118 Amida 21–23 Ammianus Marcellinus 10 f , 15 f , 49, 59, 88, 92, 94, 114, 119, 153 Ammuda / Ammodios 78 Amorkesos 89 Anagai 97 Anastasios, Bf von Antiocheia 93 Anastasios, Kaiser 18, 21, 120 Anatha 125 Anbar (Peroz-Schapur) 121,125 Andigan 90 Andreas 136 f Antiocheia 23, 72, 121 Antiochianos 14

Antoninus Pius 14 Apameia 33, 66–75, 92 120–124, 127 Appian 17 Aratos 40 Aristobulos 137 f Armenier 91, 99, 106 Arrian 14, 18 Arzamon (Fluss) 133 Asinius Quadratus 18 Aspar 118 Äthiopier 105 Attila 45 Augustus 18 Authari 13 Awaren 39, 44, 47, 51, 83, 98, 102 f , 128, Azarephtes 129 Baduarios 57, 128 Bahram V , pers König 84 Bahram, pers Usurpator 78 f , 147 Baian 44, 47, 66, 90, 93 Belisar 31, 118 f Beroia 136 Berytos 115 Binganes 80, 87 Blockley, R C  67 Bonos 128 Boqan 97 Bosporos (Pantikapaion) 97 Bosporos, kimmerischer 97 Bouron 133 Buchara 100 Bulgaren 98 Caesar 17 Cameron, Averil 31, 50, 74 Carus 18

Personen, geographische Namen

Cassius Dio 14, 17, 63 Chalkedon 89 Chalkis 136 Charax 17 China 104 Chlomaron 128, 45, 64, 80, 92 Chosrau I  18, 31, 33, 41 f , 52, 55, 83 f , 71, 103– 106, 121–126, 130 Chosrau II  33, 35, 39, 47, 78, 92, 108, 133, 142, 144–158 Chubriadanes 147 Cicero 147 Constans II (Herakleios Konstantinos) 27, 58 Constantius II  49 Coripp 68 Corippus = Gorippus Crepereius 14 Damophilos 19 Dara (Daras) 39, 46, 52, 120–127 Dara-Fluss 133 Decius 43 Deitatos 43 Delmaire, Roland 68 Delphax (Innenhof im Palast von Kpel) 49 Delphi 80 Demetrios von Sagalassos 14 Dennis, George T  79 Dexippos 18–20, 112, 117, 153 Dinawari 147 Diodor 17 Diokletian 43 Dionysios (Pseudo-) 22 Dionysios von Halikarnass 17, 22 Domentzia 140 Domentziolos 69 Dometianos von Melitene 29, 78 f , 147 Don 97 Donau 128, 149 Duin 81, 106 Dura 125 Duris 40 Edessa 22 f , 84, 136 Elagabal 17 Ennius 118 Ephesos 36 Ephoros 17, 24, 30, 95, 97 Ephoros von Kyme d J  112

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Epiphaneia 20 f Euagrios von Epiphaneia, passim (s Stellenindex) Eugenius 77 Eunap 19 Eunomios, Bischof von Rhesaina 84 f Euphrat 121, 125 Eurich 11, 13 Eusebios, Kirchenhistoriker 17, 29, 36 Eusebios, Profanhistoriker 20, 112 Eustathios 18–22 Eutrop 87 Eutychianos 116 Feissel, Denis 71 Franken 42 f  149 Frigeridus, Renatus Profuturus 11,12, 88 Fulvius Nobilior 118 Gainas 120 Gallienus 20 Georg, Gesandter 117 Georgios Kedrenos 73 Georgios Pisides 75 f , 133, 150–152 Georgios Synkellos 26 Germanos 120, 137 f Göktürken, Türken 51 Golinduch 82 Gordia 132 Gorippus 13, 65 Goten 20, 43, 53, 88 Gregor von Tours 13 Gregorios von Antiocheia 78, 92, 122, 137, 139 Gubazes 42 Hadrian 14 Halkin, François 66 Hawarin 70 Hegesias 147 Helena 72, 74 Hephtaliten 44, 51, 103 Herakleios, Kaiser 25 f , 39 f , 58, 74–81, 120, 133, 141–158 Herakleios, Vater des Kaisers 134,135,139 f , 157 Herakles 83 Herodian 17,18 Herodot 9, 19, 23 f , 30 f , 35, 40, 47, 53, 146,147, 153 Heruler 43 Hesiod 41

178

Indices

Hierapolis 136 Hieronymus von Kardia 40 Himyar, Himyariten (Homeriten) 105, 108 Hīt 125 Hormizd IV  59 Howard-Johnston, James 76, 150 Hunnen 51 Iberer, Iberien 83, 99, 106 Ibn Hishām 105 Iesdegusnaph-Zich 48, 55, 86 Innocentius 88 Isaozites 81 f Išo‘jahb 92 Istämi 48, 67, 100–102 Italien 39, 43, 90, 118 Iustinianos, General 57, 77, 79, 81, 128 f Jacoby, Felix 24 Jarmuk 126 Jerusalem 66, 73 f Johannes (General) 13 Johannes Malalas, s Malalas Johannes von Ephesos 126 Johannes von Ephesos passim (s Stellenindex) Johannes von Epiphaneia passim (s Stellenindex) Johannes von Konstantinopel 92 Johannes, Sohn des Domnentiolos 99, 100 Johannes, Sohn des Timostratos 127 Josephus Flavius 17, 21, 111 f , 114 Josua 22 f Josua Stylites 22 Julian 16, 112, 117 Justin II passim Justin, Sohn des Germanos 61, 120 Justinian 18, 25, 28, 35, 38 f , 44, 96 f , 107, 118– 120, 125 Justinian II  25 Kaegi, Walter F  119 Kaldellis, Anthony 31 Kallimorphos 14 Kallinikon 130 f Kandidos 18, 20 Kanzakon 79 Kavadh 81 Kermichionen 97 f , 103 Komentiolos ( Johannes, Sohn des Domnentiolos) 99

Komentiolos 139 Konstantin d Gr  17, 36, 58, 71, 74, 76, 78, 130, 137 Konstantina (Stadt) 78, 137 Konstantinopel 12, 22, 66–68, 71–78, 91 f , 104, 110, 115, 131, 143 Konstantinos III  58 Konstantinos Lardys 69 Konstantinos Porphyrogennetos 40 Konstantinos, Sohn der Martina (Heraklonas) 58 Konstantinos, Sohn des Germanos 129 Ktesias 146 f Kutriguren 42, 44 Kyros von Alexandreia 92 Langobarden 39, 74 Lazen, Lazike 43, 95, 106 Leo 11 Leo, Kaiser 89 Leowigild 43 Liberatus 13 Licinius 36, 76 f Liebeschuetz, Wolf, 29 Lucius Verus 14, 23, 112 Lukian 14,15, 113 Magnentius 77 Magnos von Karrhai 113 Magnos, Höfling Justins II  68–71, 123 Malalas 1921 Malchos 18, 20, 89 Maniach 48, 100–104 Manuel 106 Mardes/Mardin 71, 122 Marina 69 Mark Aurel 14, 18 Markian, General 57, 120–123 Martyrupolis 137–139 Masrūq 105 Massageten 97 f , 103 Maurikios passim Maxentius 77 Maximinus Daia 77 Maximinus Thrax 17 Meder = Perser Megarisches Psephisma 100 Meier, Mischa 27 f , 31 Melitene 76–78

Personen, geographische Namen

Menandros Protektor, passim (s Stellenindex) Mesopotamien (röm Provinz) 118 Michael Syrus 26, 68, 71–73, 96, 120 Mihran 105 Misimier/Misimianen 109 Monokarton 131, 133–139 Moses 17 Mukri 51 Mursa 77 Myrina 115 Narses 118 Nerva 10 Nikephoros Kallistou Xanthopoulos 82 Nikephoros, Historia brevis 26, 98 Nikias 30 Nikostratos von Trapezunt 20, 112 Nil 42 Nisibis 85, 120–126, 133 Nöldeke, Theodor 86 Norden, Eduard 147 Olajos, Theresa 52, 54 u ö Olympias 117 Olympiodor 19, 36, 88 f Onoguren 51 Oreibasios 113, 117 Oromuschen 109 Ostgeorgien 106 Ouarchonitai (=Awaren) 102,103 Pannonia secunda 43 Pannonien 103 Paulinos 148 Paulus Diaconus 13 Perikles 31 Persarmenier; Persarmenien 106 Perser 42, 83, 101, 106–108, 122, 136, 142, 146 Petros Patrikios 48, 55, 65, 86 Philagrios 113, 117 Philipp II  88 Philippikos 79, 132–140, 148, 157 Philostratos 19 f , 112, 117 Phlegon von Tralleis 19 Phoenice 118 Phokas 39, 103, 120, 140–145, 157 Photios 16, 96, 99, 103 Phylarchos 40, 155 Polybios 17, 24, 40, 45, 97,150, 155

179

Poseidonios 17, 24, 40, 155 Poteidaia 100 Praxagoras 117 Priskos, General 134–140, 157 Priskos, Historiker 18, 21, 45, 87–89, 94 Prokop 18, 21, 24, 28, 32 f , 35, 38, 40 f , 43, 65, 72, 90, 95, 107, 116, 119, 155 Pyrrhus 17 Radegundis 74 Rom (Stadt) 73 Roterius 13 Sabiren 51 Saken 98 Samarkand 100 Sandilch 44, 155 Sargathon 123 Sarosios 109 Save 128 Schapur II  85 Schwartz, Eduard 24 Scipio Africanus 133 Sebeos 41,147 Sebocht/Sebochthes 47, 53, 91, 106 Seleukeia-Ktesiphon 92 Seleukos 113, 117 Serer 104 Sergiopolis 34 Sergios (Abt) 22 Sergios (Heiliger) 143, 158 Sesostris 53 Sidonius Apollinaris 11 Silvanus 119 Singidunum 43, 93 Sirmium 39, 43, 92 Sisarbanon 139 Sizabul s Istämi Skythen 51 Slawen 39, 90 Sogden 100 Sogdien 45 Sokrates 17, 36 Solachon 79 Sophia 50, 57, 63, 74 Sozomenos 17, 36, 38 Spanien 43 Stein, Ernst 121 Stein, Markus 132

180

Indices

Stephanos von Hierapolis 82 Sternbach, Leo 150 Stilas 119 Strabo 40 Suanien 99 f Südarabien 99 Sulpicius Alexander 11,12, 88 Sulpicius Severus 21 Sura 34 Surenas 81,106 Symmachus, Memmius 12 Syrien 67, 69, 142 Tabari 86, 105 Tacitus 10, 15, 63, 145, 153 Tagma Tarchan 102, 104, 110 Tamchosrau (Tanchosdro) 45, 130 f Taugast 51 Tebethon 121 Teia 43 Thaunarios 45 Theodelinde 13 Theoderich 13 Theodoret 17, 84 f Theodoros Lektor 19 Theodoros Tziros 123 Theodoros von Sykeon 148 Theodoros, Gesandter 84 f Theodosios, Sohn des Maurikios 38 Theodosiupolis (Erzurum) 83–85 Theodosiupolis (Rhesaina) 85 Theodosius 77 Theodosius II  17 Theophanes von Byzanz 16, 95–113, 115, 123 f , 156 Theophanes, Chronist 21, 25 f , 75 f , 150 Theophilos von Edessa 26 Theophylakt passim Theopomp 17, 24, 40 Thomas, Bf von Apameia 33 Thukydides 9, 19, 23 f , 29–32, 35, 40, 54, 98, 100, 108, 154 Tiberios II Konstantinos passim Tiberius 114 Tigris 133

Timagenes 17 Timaios 40 Timotheos Ailouros 119 Titus 114 Totila 43 Traianos (Gesandter) 48, 59 Traianos Patrikios (Historiker) 25 Trajan 14, 18 Tribigild 119 Troia 20 Türken , Göktürken 43,51, 67, 101–105, 108 Turxanthos (Turk-Shad) 102 Tyconius 36 Tyros 83 Utiguren 44, 97 Valens 49 Valentinian I  49 Valentinus 102 f Valerian 20 Varanes, Kuriale von Apameia 70 Var-Chunni 51 Vardanes 106 Velleius Paterculus 15, 114 Verus, s Lucius Verus Vespasian 114 Victor von Vita 13 Vinicius 114 Vitalian 118 Whitby, Michael 37 f , 54 u ö Xenophon 30, 40, 112 Xiphilinos 14 Yazdgerd II  81 Zabergan 44, 155 Zacharias (Gesandter) 48, 59, 90 Zacharias (Pseudo-), 21, 96 Zacharias von Mytilene 21 Zalen 51 Zemarchos, General und Gesandter 66–68, 72, 103 f , 108 f Zemarchos, Stadtpräfekt, 67 Zonaras 25 Zosimos 18 f , 21 Zuqnin 22

Stellenregister

181

II. Stellenregister Agapetos Diakonos 19,22,31: 60, A. 63; 32: 60, A. 63; 56: 60, A. 63

Collectio Avellana 23: 49, A. 11; 24: 49, A. 11

Agapios p  347 Pirone: 72, A. 41; p  347 f : 73, A. 42

Consularia Constantinopolitana (KFHist G 1) 355: 49, A. 12

Agathias 1 pr. 7: 115, A. 1; pr  11–13: 116, A. 6; pr  14 f : 115, A. 1; 1 pr  16: 117, A. 14; 1 pr  16; 1,5,1–17: 43, A. 18; 1,11–2,14: 43, A. 18; 3,1,4: 116, A. 6; 3,1,4: 116, A. 5; 3,2–14: 42, A. 13; 4,1–11: 42, A. 13; 4,29,10: 42, A. 15; 5,10,7: 28, A. 80; 5,11–23: 42, A. 13; 5,13,2: 65, A. 6; 5,24–25: 44, A. 19; test  5 Keydell: 41, A. 8 Ammianus Marcellinus 15,7,10: 94, A. 122; 15,8,12–14: 49, A. 10; 15,8,15: 59, A.  57; 15,8,17: 49, A.  12; 21,4,2: 117, A.  13; 21,10,8: 88, A. 93; 24,1,5: 125, A. 46; 24,1,6: 125, A.  46; 26,2,6–10: 49, A.  10; 26,4,3: 59, A.  57; 27,3,12 f : 94, A. 122; 27,6,10: 59, A. 57 Anonymus Guidi p  15,13–15: 125, A. 46 Anthologia Palatina 1,101: 82, A. 74 Aurelius Victor 41,12: 88, A. 93 Bibliotheca hagiographica graeca 86 (Leben des Anastasios des Persers) 25 p  233 f Flusin: 82, A. 73 Cassius Dio 70,1,1: 14, A. 20 Chronicon Paschale p  728,7–10: 75, A. 50; p  729,19–21: 75, A. 51 Codex Theodosianus 8,5,41: 117, A. 13

Corippus (=Gorippus) Johannis 213: 65, A. 11 Laud. Iust. 1,22–24: 69, A. 25 Dexippus Vindobonensis Vindob Hist gr  73 fol  192 verso 30 – recto 6: 20, A. 51 Dionysios von Halikarnass ant Rom  1,6,2: 22, A. 57; 8,79,2: 138, A. 121 Ephoros (FGrHist 70) F 9: 95, A. 2 Euagrios 1,13 p   21,19 f Bidez – Parmentier: 132, A.  78; 1,16 p  15,29: 19, A. 42; 1,19 p  28: 21, A. 54; 1,19 p   28,15 f : 22, A.  60; 1,20 p   29,5: 19, A.  39; 2,2 p  39,16: 19, A. 35; 2,5 (= Priskos fr  28,1 Blockley): 89, A. 99; 2,8 p  55,24: 19, A. 37; 2,8 p  59,11: 19, A.  35; 2,10 p   61,30: 19, A.  35; 2,12 p   64,11: 19, A.  42 ; 2,15, p   66: 21, A.  54; 3,5 p   104,20: 19, A.  35; 3,6 p   105,29: 19, A.  35; 3,7 p   106,18: 19, A. 35; 3,9 p  109,5: 19, A. 35; 3,10,3 p  109,10: 19, A. 42 ; 3,12 p  110,2: 19, A. 35; 3,12 p  110,8: 19, A. 35; 3,18 p  117,3: 19, A. 35; 3,18 p  117,7: 19, A. 35; 3,18 p  117,9: 19, A.  35; 3,20: 131, A.  73; 3,24–27 p  122–124: 21, A. 54; 3,28,1 p  124,19: 19, A. 42; 3,29 p  125: 21, A. 54; 3,37 p  135: 21, A. 54; 3,39 p   137,1: 19, A.  38; 3,40–41: 21, A.  56; 3,40–41 p  139,6–144,19: 19, A. 34; 4,5 p  156,8: 19, A. 42; 4,12–25: 33, A.  98; 4,24 p   171,21–22: 18, A.  33; 4,26: 33, A. 99; 4,26 p  172,29–174,2: 33, A. 98; 4,26 p  173,22–25: 34, A. 103; 4,26 p  173,27–30: 33, A.  101; 4,28 p   176,7–177,2: 34, A.  107; 4,29 p   177,8: 19, A.  38; 4,29 p   179,9–12: 19, A.  41;

182

Indices

20, A. 50; 5,1 p  195,6–7: 50, A. 14; 5,4 p  197,26– 201,16: 93, A.  118; 5,7 p   203,16: 81, A.  71; 5,7 p   203,20–24: 91, A.  107; 5,8–9: 121, A.  31; 5,9 p   204,9–14: 125, A.  47; 5,9 p   204,9–17: 125, A.  49; 5,9 p   204,17–19: 125, A.  50; 5,9–10: 111, A.  61; 5,10: 69, A.  25/26; 5,10 p   205,29–207,2: 125, A.  49; 5,10 p   206,17–207,19: 122, A.  38; 5,10 p  206,27–207,2: 123, A. 39; 5,10 p  206,28– 207,2: 70, A. 31; 5,10 p  207,2–6: 126, A. 51; 5,10 p   207,12 f : 126, A.  54; 5,10 p   207,14–15: 52, A. 26 ; 5,11: 56, A. 42; 128, A. 59; 5,11 p  208,20– 23: 53, A.  29; 5,13 p   208,21–209,8: 50, A.  14; 5,13 p   208,26: 49, A.  12; 5,13 p   208,26–30: 58, A.  56; 5,13 p   208,32–209,2: 60, A.  61; 5,13 p  209,2 f : 50, A. 14; 5,13 p  209,3–4: 55, A. 40; 5,13 p  209,12–14: 61, A. 68; 5,14: 61, A. 67; 78, A. 59; 5,14 f : 53, A. 28; ,14 p  209,27–210,2: 62, A. 71; 5,14, p  209,27: 61, A. 70; 5,14, p  209,31 f : 98, A.  15;55,19 p   214,25–30: 62, A.  75; 5,19 p   214,30–215,12: 62, A.  75; 5,20 p   215,27–29: 130, A. 67; 5,20 p  215,27–216,1: 37, A. 120; 5,20 p  215,29–216,1: 130, A. 68; 5,20 p  215,30–216,1: 36, A.  113; 5,20 p   216,1–3: 130, A.  69; 5,24: 16; 17; 21, A. 55; 35; 107; 5,24 p  218,2: 36, A. 112; 5,24 p  218,31: 20, A. 47; 5,24 p  219,3: 20, A. 48; 5,24 p  219,7: 20, A. 49; 5,24 p  219,14–16: 20, A. 52; 5,24 p  219,18–22: 18, A. 33; 108, A. 50; 111, A. 61; 5,24 p  219,25–26: 18, A. 33; 5,24 p  219,26–27: 36, A. 113; 6,1 p  222,4–23: 57, A. 49; 6,1 p  222,23: 19, A. 40; 6,1 p  223,2–17: 62, A. 75; 6,2 p  223,18– 30: 62, A.  75; 6,3 p   223,34–224,2: 132, A.  76; 6,3 p  224,11–18: 132, A. 77; 6,4 p  224,19 f : 136, A. 101; 6,5 p  225,1–17: 136, A. 103; 6,6 p  225,27– 29: 136, A. 105; 6,7: 116, A. 10; 6,7 p  226,33–34: 136, A. 105; 6,9 p  228,11–16: 136, A. 104; 6,9,11–16 p   228,30–229,10: 138, A.  120; 6,10 p   228,7–10: 120, A.  2; 6,10 p   228,17–20: 137, A.  114; 6,10 p   228,27–29: 136, A.  106/107; 6,11 p   228,30– 229,10: 138, A.  119; 6,12 p   229–231: 138, A.  121; 6,12 p   230,9–13: 138, A.  121; 6,14 p   232,23–28: 138, A.  124; 6,15 p   233,4–10: 139, A.  125; 6,15 p   233,11–16: 139, A.  126; 6,15 p   233,16–24: 139, A.  125; 6,17: 53, A.  28; 6,17–21: 35, A.  111; 6,17 p   234,2–4: 146, A.  23; 6,20 f : 111, A.  61; 6,20 p   235,5–10: 82, A.  76 ; 6,23: 116, A.  10; 6,24 p  241,2–5: 38, A. 122.

Eunapios vit. soph. 21,1,5: 117, A. 13 21,2,5: 117, A. 13 hist. fr  28 Müller: 150, A. 40 Eusebios von Caesarea h. e.  9,9: 77, A.  58; 9,9,5–8: 151, A.  47; 10,9: 36, A. 114 praep. ev. 10,7,19–21: 112, A. 63 Vit. Const. 1,38: 151, A. 47; 2,65,2: 36, A. 11; 3,21,4: 93, A. 116; 4,42,1: 36, A. 114 Eutrop 10,16,3: 88, A. 95 Georgios Kedrenos Apparat zu 421,6, vol II, p  658,14 Tartaglia: 73, A. 43 Georgios Pisides Expeditio Persica 1,139: 76, A. 52 Heraclias 1,97–99 p   244 Pertusi: 133, A.  83; 1,224–227: 82, A. 73; 1,239–247: 76, A. 55 Gregor der Große ep. 3,51: 135, A. 98 Gregor von Tours Franc. 4,40: 58, A. 55; 61, A. 68/69; 81, A. 71 5,19: 58, A. 55; 61, A. 68/70 5,30: 57, A. 51; 61, A. 68 5,38: 43, A. 17 6,18: 43, A. 17 6,30: 49, A. 9; 57, A. 49 In gloria martyrum 54 Krusch: 66, A. 14 Herodot 1,53,3: 147, A. 26; 1,119: 146, A. 24; 3,80–82: 147, A. 26; 3,84,3–87: 146, A. 23 Hesiod erg. 210: 41, A. 9 Historia Augusta Tac. 14,1: 57, A. 51

Stellenregister

Inschriften: IG: II/III2 2245: 20, A. 51; II2 3669 (= FGrHist 100 T 4 = Chaniotis 1988, 325 f E 30): 20, A. 51; 3670: 20, A.  51;IGLS = Inscriptions grecques et latines de la Syrie II 528 (= Feissel 1985, 465, Anm  5): 68, A. 24; 71; IV 1598: 84, A. 82; V 2696: 70, A. 30; ILS = Inscriptiones Latinae Selectae 834: 58, A.  53; Recueil des Inscriptions grecques chrétiennes d’Asie Mineure 308 bis = Feissel 1985, 465, Anm 4: 68, A.  24 Johannes von Antiocheia Fr  318–321 Roberto: 143, A. 5 Johannes von Ephesos (ggf mit Angaben zur lat Übers von Brooks) 2,20: 81, A.  71; 3,5: 50, A.  15; 59, A.  56/60; 3,5 p   93,2: 57, A.  50; 3,5 p   93,2–7: 56, A.  44: 3,5 p   93,7 f : 57, A.  47; 3,5 p   93,9–11: 56, A.  45; 3,5 p   93,14 f :56, A.  42; 3,5 p   93,17: 56, A.  44; 3,5 p   93,20 f : 56, A.  42; 3,5 p   93,22: 57, A.  48; 3,5 p   93,24 f : 56, A.  44; 3,5 p   93,25–27: 56, A.  43; 3,5 p  93,31: 56, A. 44; 3,5 p  93,31 f : 56, A. 43; 3,5 p  93,32–34: 59, A. 60; 3,5 p  93,35–94,1: 56, A. 44; 3,5 p  94,1–5: 56, A. 45; 3,5 p  94,11 f : 56, A. 43; 3,5 p  94,14–16: 60, A. 65; 3,5 p  94,17–27: 56, A. 42; 3,5 p  95,2 f : 57, A. 52; 3,5 p  95,7 f : 49, A. 12; 3,5 p   95,13–16: 49, A.  13; 3,22: 61, A.  68; 3,40: 69, A. 27; 70, A. 29; 6,1: 110, A. 59; 111, A. 60; 6,1 p  210: 111, A. 60; 6,2: 82, A. 73; 120, A. 28; 123, A. 42; 6,3: 124, A. 43; 6,5: 52, A. 26; 124, A. 44; 127; 6,6: 124, A. 45; 6,22: 59, A. 59: 6,23: 45, A. 25; 110, A. 58; 6,26 p  249,32–250,10: 131, A. 73; 6,27: 129, A. 66 Johannes von Epiphaneia fr  1,1 (FHG IV, 273): 107, A. 48/49; 117, A. 11; 1,2 (273): 67, A. 19; 81, A. 71; 108, A. 51; 1,2 (274): 105, A. 39; 109, A. 54/56; 1,3 (274): 120, A. 28; 1,3–4 (274 f ): 121, A.  33; 1,3–5 (274 f ): 121, A. 32; 1,4 (274 f ): 121, A. 36; 125, A. 46/48; 1,4–5 (275): 111, A. 61; 1,5 (275): 50, A. 19; 69, A. 25; 71, A. 32/33; 122, A. 37; 123, A. 39; 126, A. 55; 1,5 (276): 54, A. 33; 84, A. 84. Johannes Malalas 18,149 (= Theophanes p  240,24–26 de Boor): 69, A. 26

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Johannes von Nikiou 96: 78, A. 60 Josephus Flavius Contra Apionem 1,15: 112, A.  63; 1,23–26: 112, A. 63 Libanios ep. 1063 Förster: 112, A. 65 or. 41,18: 117, A. 13 Livius Fr  58 (= Plin n h praef  16): 113, A. 67 Lukianos Hist. Cons.  41: 15, A.  23; 44: 15, A.  23; 61: 15, A. 23; 61–63: 113, A. 67 Johannes Lydos mag. 3,47,4: 84, A. 82 Malchos fr  1, Z  3 Blockley: 89, A. 100; 1, 34: 89, A. 100; 1, 37: 89, A. 100; 20, Z  12: 89, A. 100; 23, Z  8 f : 89, A. 100 Menandros Protektor (Zählung nach Bleckmann – Stein entspricht fast immer derjenigen von Müller, mit zusätzlicher Paragraphenzählung An zweiter Stelle wird ggf die Zählung von Blockley angegeben) fr   1 Bleckmann – Stein = fr   1 Blockley: 47, A. 1; 1,2–4 = 1,1: 115, A. 2; 1,5 = 1,1: 41, A. 8; 151, A. 49; 2=1,2: 116, A. 8; 3 = 2: 44, A. 23; 3,1=2: 43, A. 18; 3,3–5: 44, A. 19; 4 = 5,1: 43, A. 17; 44, A. 22; 5 = 5,2: 44, A. 22; 8: 43, A. 18; 9,1 = 5,3: 43, A. 18; 11 = 6,1: 44, A. 23; 97, A. 9; 11,1–129 = 6,1: 55, A. 39; 11,5: 116, A. 8; 11,7: 86, A  87; 11,22–27 = 6,1,103–129: 86, A. 88; 11,31: 109, A. 53; 11,33: 65, A. 5; 11,38–42 = 6,1, 179–193: 48, A. 6; 11,39: 55, A. 39; 11,43 = 6,1, 203–211: 86, A. 88; 11,44–47 = 6,1, 213–238: 53, A. 31;11,52: 43, A. 18; 11,76: 108, A. 51; 11,85: 86, A. 89; 11,89: 65, A. 8/10; 11,107 f : 43, A.  18; 11,130–136 Bleckmann – Stein = 12 Müller = 6,2 Blockley: 44, A.  23; 55, A.  38; 11,130 f : 55, A. 38; 95, A. 3; 13 = 6,3: 44, A. 23; 14 = 8: 44, A. 22; 15 = 9,1: 44, A. 23; 46, A. 29; 62, A. 74; 99, A. 19; 16 = 9,2: 44, A. 23; 99; 100,

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Indices

A.  20; 17 = 9,3: 62, A.  74; 18–22 = 10,1–5: 45, A. 24; 18 = 10,1: 48, A. 7; 102, A. 28; 104, A. 34; 18,9: 101, A. 23; 104; 18,10: 101, A. 24; 18,16 f : 101, A. 25; 19–22 = 10,2–5: 45, A. 25; 110, A. 58; 19 = 10,2: 67, A. 19; 98, A. 14; 20 = 10,3: 91, A. 105; 104, A. 34; 20,6 f : 101, A. 26; 20,14: 101, A. 26; 21 = 10,4: 109; 21,5: 110, A. 57; 22 = 10,5: 109, A. 55; 26 = 12,4: 44, A. 22; 27 = 12,5: 44, A. 22; 27,1 = 12,5: 92, A. 111; 28 = 12,6: 44, A. 22; 62, A. 74; 98, A. 11; 29 = 12,7: 44, A. 22; 30 (30ζ) = 7,6: 53, A. 31; 32 =13,5: 101; 102, A. 27; 33 = 15,1: 128, A.  59/60; 34 = 15,5: 51, A.  23; 128, A.  59; 35 = 15,6: 44, A. 22; 128, A. 59; 35 aγ 1–3 = 13,3: 82, A. 74/75; 151; 35 aδ =13,4: 82, A. 75; 35 aε = 14,2: 41, A.  9; 35 aζ = 15,3: 51, A.  23; 81, A.  72; 128, A. 59; 36 = 16,1: 44, A. 23; 47, A. 2; 53, A. 30; 62, A.  74; 81, A.  71; 92, A.  108; 106, A.  41/44; 36,4: 47, A. 3; 36,7: 91, A. 107; 106, A. 45; 36,9: 47, A.  3; 53, A.  30; 36 a = 16,2: 46, A.  28; 121, A. 30; 36 b = 17: 66, A. 13; 79, A. 63; 83, A. 79; 92, A. 111; 37 = 18,1: 44, A. 23; 38 = 18,2: 44, A. 23; 97, A  9; 39 = 18,3: 44, A. 23; 48; 48, A. 4; 40 = 18,4: 44, A. 21; 59, A. 59; 41(42) = 18,6: 83; 106, A. 43; 128, A. 61; 43 = 19,1: 45, A. 24; 97, A.  9/11; 103, A.  29; 45 = 19,2: 45, A   24; 103, A   29; 46 = 20,1: 44, A.  23; 87; 128, A.  61; 47 = 20,2: 44, A. 23; 58, A. 53; 48 = 21: 90, A. 102; 49 = 22: 90, A.  103; 50 = 23,1: 44, A.  23; 51 = 23,5: 45, A. 26/27; 52 = 23,6: 45, A. 27; 53 = 20,3: 45, A. 27; 54 = 23,8: 44, A  23 ; 55 = 23,9: 44, A. 23; 59, A. 59; 62, A. 72; 56 = 23,2: 45, A. 27; 129, A. 64; 57 = 23,7: 45, A. 26/27; 65, A. 4; 80, A. 67/68; 87; 128, A. 62; 58 = 23,3: 45, A. 27; 128, A.  63; 59,1 = 23,4: 45, A.  27; 59,2 = 23,10: 45, A. 27; 59,3 (59γ) = 23,11: 45, A. 27; 129, A. 65; 60 = 26,1: 44, A. 23; 90, A. 104; 61ε = 26,5: 53, A. 31; 131, A. 74; 62 = 24: 65, A. 4; 93, A. 114; 63 = 25,1: 44, A. 22; 66, A. 12; 93, A. 115; 64 = 25,2: 44, A. 22; 98, A. 11; 66 = 27,1 und 3: 44, A. 22; 51, A. 23; 66 a (Theophyl  1,3,5) = test  1: 51, A. 22 Michael Syrus 10,1 p  282 Chabot: 81, A. 71; 10,1 p  284–285: 72, A  37; 10,1 p  285: 72, A. 39; 10,4 p  338,27–341,8: 93, A. 118; 10,8 p  307: 120, A. 28; 10,9 p  312: 53, A. 28

Nikephoros 1–32: 143, A.  7; 2, p   36–40,1–55 Mango: 140, A. 131; 2, p  40,58–64: 140, A. 129; 10: 143, A. 6; 13: 143, A. 6 Paulus Diaconus 4,27: 13, A. 16 Philostorgios (KFHist E 7) test  4,1: 110, A. 59; 4,2: 36, A. 116 Philostratos (KFHist A 3) fr  2: 20, A. 50; test ** 2: 20, A. 51; ** 4: 20, A. 51 Photios bibl. cod.  62: 27, A.  75; 64 s Theophanes von Byzanz; 65: 51, A. 20; 78: 27, A. 75; 89, A. 100; 96, A. 8; 79: 27, A. 75; 80: 27, A. 75 Plinius Maior n. h. praef  16 (= Liv fr  58): 113, A. 67 Priskos fr  11,1–3 Blockley 47, Anm  25; Fr  28,1 Blockley (= Euagr  2,5): 89, A. 99; 94, A. 122; 41,1 Blockley: 87, A. 92 Prokop bell. Pers. 1,3,2: 98, A. 16; 1,7,22: 65, A. 6; 1,12,1– 14: 81, A.  70; 2,6,33–4: 34, A.  108; 2,11,14–30: 83, A.  77; 2,11,16: 72, A.  40; 2,11,18: 33, A.  99; 2,11,24 f : 33, A.  100; 2,11,28: 33, A.  99; 2,12: 34, A.  104; 2,16,6–19: 118, A.  16; 2,26,2: 84, A.  83; 2,27: 34, A. 104 bell. Vand. 2,8,1–8: 118, A. 20 bell. Goth.  1,10,29: 98, A.  15; 1,25,19: 31, A.  91; 2,15,30: 43, A.  18; 2,29,7: 118, A.  21; 2,30,1: 119, A.  22; 3,33,13: 43, A.  18; 4,17,1–8: 104, A.  35; 4,18,18–24: 44, A. 19 ; 4,25,13: 32, A. 95; 36, A. 116 Hist. Secr. 22,3: 69, A. 25 Pseudo-Josua Stylites 48: 84, A. 82 Pseudo-Zacharias 7,3: 84, A. 82

Stellenregister

Sebeos 8, p  67 Abgaryan: 106, A. 41; 9, 70: 106, A. 41 Sidonius Apollinaris carm. 7,156 f : 117, A. 13; 24, 90–94: 117, A. 13 ep. 2,3,1: 117, A. 13; 4,1,2: 12, A. 9; 4,22,3: 11, A. 8 Sokrates Scholastikos h. e. 1,22,6: 36, A. 116; 2,27,1: 36, A. 116; 2,38,33: 36, A. 116; 7,18,19: 85, A. 86; 7,48,7: 36, A. 116 Sozomenos 8,25,1: 36, A. 116 Suda s v Eustathios (ε 3746 Adler): 20, A. 52 s v spaliones (Σ 901 Adler): 46, A. 29 Synopsis Sathas (= Theodoros Skutariotes) 105,8–13: 132, A. 76 Theodoret h. e. 5,39,11: 85, A. 86; 5,39,11–15: 85, A. 85 Theophanes von Byzanz fr  1,1 (= Phot bibl cod  64, 26 a 23–26): 99, A. 18; 1,2 (26 a 28–36): 103, A. 30/32; 1,3 (26 a 37–26 b 5): 103, A. 31; 104, A. 33; 1,3 (26 a 37–26 b 15): 104, A. 35; 1,3 (26 b 21–22): 81, A. 71; 1,3 (26 b 21–26): 106, A.  41; 1,3 (26 b 27 f ): 106, A. 40; 1,3 (26 b 28–29): 83, A. 80; 1,4 (26 b 31): 120, A. 28; 1,4 (26 b 39–27 a 11): 123, A. 41 Theophanes Confessor p  48,28 f de Boor: 110, A. 59; 126,10–131,17: 21, A. 54; 240,24–26 (= Malalas 18,149): 69, A. 26; 246,32–247,3: 128, A. 59; 248,18–249,8: 48, A. 8; 50, A. 16; 303,17–21: 76, A. 52; 307,11 f : 76, A. 54; 310,26–311,2: 76, A. 55 Theophylakt Dial. 4: 144, A. 12; 5: 144, A. 12; 6: 145, A. 17; 9: 143, A. 10; 145, A. 17 hist. 1,1,1–23: 49, A. 9; 1,1,2–23: 51, A. 20; 1,3,5: 16, A. 27; 51, A. 20; 51, A. 22; 1,5,1: 51, A. 23; 1,8,2–7: 51, A. 23; 1,8,5: 98, A. 16; 1,10: 57, A. 49; 1,11,3–21: 148, A. 31; 1,11,16: 148, A. 33; 1,11,17: 148, A. 34;

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1,13 f : 133, A.  84; 1,13–2,10: 133, A.  82; 1,13,1–8: 134, A. 93; 1,13,2: 132, A. 76; 1,13,8–12: 134, A. 93; 1,13,9: 134, A. 93; 1,14,2: 133, A. 83; 1,14,8: 65, A. 6; 2,1–4: 133, A. 85; 2,1,5: 133, A. 86; 2,2,5: 133, A. 87; 2,2,6 f : 65, A. 11; 2,3,1: 133, A. 88; 2,3,2: 134, A. 95; 2,3,4 f : 134, A. 89; 2,3,4–9: 79, A. 62; 2,3,12: 133, A. 85; 2,4,7–9: 134, A. 90; 2,8,12: 134, A. 91; 2,9: 134, A.  91; 2,9,17: 134, A.  95; 2,10,6: 134, A.  95; 136, A. 106; 2,10,6 f : 134, A. 95; 3,1–4: 133, A. 82; 3,1–5: 135, A.  97; 3,1,1–3: 134, A.  95; 3,1,1: 136, A.  101; 3,1,2: 134, A.  92; 136, A.  102; 3,1,3: 136, A. 101; 3,1,4: 65, A. 9; 3,1,7–8: 136, A. 102; 3,1,14 f : 135, A.  97; 3,2,5–6: 136, A.  103; 3,3,8–4,4: 136, A.  104; 3,3,9: 120, A.  27; 3,3,9–4,1: 137, A.  116; 3,3,11: 137, A. 109/115; 3,4,1–3: 137, A. 110; 3,4,4: 137, A. 111/112/117; 3,4,5: 136, A. 105; 3,5,10: 136, A. 100; 137, A. 113/118; 3,5,15: 138, A. 124; 3,6,1–4: 139, A. 127; 3,6,9: 98, A. 16; 3,9,3: 50 ; 3,9,3–18: 50; 3,9,3–12,9: 108; 3,9,4: 52; 3,9,8: 52; 3,9,9: 81, A. 71; 3,9,10: 109, A. 53; 3,9,11: 52; 3,10,1–5: 121, A. 32; 3,10,5: 121, A. 33; 3,10,6: 125, A. 46; 3,10,6– 7: 121, A. 34; 3,10,7–9: 121, A. 36; 3,10,9: 52, A. 27; 3,11–14: 145; 3,11,1: 122, A. 36; 3,11,2: 71, A. 32; 122, A. 37; 3,11,3: 53, A. 28; 3,11,4: 56, A. 46; 57, A. 47; 3,11,5: 56, A.  46; 3,11,5–6: 54, A.  36 ; 3,11,7: 58, A. 56; 3,11,7–13: 50, A. 15; 3,11,7–3,12,1: 50; 3,11,8: 57, A.  49/50; 62, A.  73; 3,11,9: 61; 3,11,10: 57, A. 51; 3,11,11: 60, A. 64; 61; 61, A. 66; 62; 3,11,13: 49, A.  12; 3,12,1: 58, A.  55; 3,12,1–5: 54, A.  33; 3,12,2: 59, A. 58; 3,12,2 f : 54, A. 32; 3,12,2–9: 54, A. 33; 3,12,3: 59, A. 59; 3,12,4 f : 54, A. 33; 3,12,6: 54, A.  35; 3,12,8 f : 54, A.  33; 3,12,9: 50; 3,13,13– 16: 81, A. 68; 3,13,20: 78, A. 59; 3,17,1: 59, A. 59; 3,17,8–11: 130, A.  70; 3,18,1–2: 131, A.  71; 3,18,2: 131, A. 73; 3,18,3: 130, A. 70, 131, A. 72; 4,1,5: 147, A. 25; 4,3,7–8: 146, A. 20; 4,4: 147, A. 26; 4,4,10: 147, A.  26; 4,5: 147, A.  26; 4,6,2–4: 146, A.  21; 4,6,5: 146, A.  21; 4,6,10: 98, A.  16; 4,7,3: 146, A. 22; 4,7,7: 147, A. 29; 4,8,4: 147, A. 29; 4,10,2 f : 146, A. 23; 4,10,4: 125, A. 46; 4,11,1: 147, A. 29; 4,13,1: 146; 4,14,5 f : 78, A. 60; 4,14,14: 147, A. 25; 5,4,4: 78, A.  60; 5,4,5–15: 78, A.  60; 5,4,15: 78, A. 61; 5,5,9 f : 146, A. 24; 5,10,4: 79, A. 62; 5,12,1– 13: 82, A. 76; 5,12,12: 65, A. 9; 5,12–14: 111, A. 61; 6,1,8: 149, A. 35; 6,10,4–6: 149, A. 39; 6,10,10: 57, A.  51; 7,5,10: 135, A.  98; 7,7,6–7,8,11: 98, A.  16; 7,7,6–9,12: 51, A.  24; 7,7,8–10: 51, A.  24; 7,7,11:

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Indices

51, A. 24; 7,7,12: 51, A. 24; 7,7,14–7,85: 51, A. 24; 7,8,3: 51, A. 24; 7,8,11–15: 51, A. 24; 7,8,14 f : 91, A. 105; 7,9,2–11: 51, A. 24; 7,15,1: 65, A. 9; 8,2–3: 139, A. 128; 8,4,11: 65, A. 9; 8,11,9–10: 149, A. 37; 8,12,13–14: 145, A. 16

Thukydides 1,1,2: 99, A.  17; 1,23,2–3: 99, A.  17; 1,112,5: 80, A. 64 Zosimos 2,29: 88, A. 93; 5,41,2: 89, A. 98; 5,6,1–3: 83, A. 78

historia



einzelschriften

Herausgegeben von Kai Brodersen (federführend), Christelle Fischer-Bovet, Mischa Meier, Sabine Panzram, Henriette van der Blom und Hans van Wees.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0341–0056

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248. Simon Strauß Von Mommsen zu Gelzer? Die Konzeption römisch-republikanischer Gesellschaft in Staatsrecht und Nobilität 2017. 264 S., geb. ISBN 978-3-515-11851-4 249. Florian Sittig Psychopathen in Purpur Julisch-claudischer Caesarenwahnsinn und die Konstruktion historischer Realität 2018. 576 S., geb. ISBN 978-3-515-11969-6 250. Katharina Knäpper HIEROS KAI ASYLOS Territoriale Asylie im Hellenismus in ihrem historischen Kontext 2018. 348 S., geb. ISBN 978-3-515-11992-4 251. Frank Daubner Makedonien nach den Königen (168 v. Chr. – 14 n. Chr.) 2018. 357 S. mit 5 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12038-8 252. Nils Steffensen Nachdenken über Rom Literarische Konstruktionen der römischen Geschichte in der Formierungsphase des Principats 2018. 575 S., geb. ISBN 978-3-515-12136-1 253. Stefanie Holder Bildung im kaiserzeitlichen Alexandria 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. 2020. 517 S., geb. ISBN 978-3-515-12063-0 254. David Rafferty Provincial Allocations in Rome 123–52 BCE 2019. 243 S. mit 2 Abb. und 2 Tab., geb. ISBN 978-3-515-12119-4 255. Frank Ursin Freiheit, Herrschaft, Widerstand Griechische Erinnerungskultur in der Hohen Kaiserzeit (1.–3. Jahrhundert n. Chr.) 2019. 340 S. mit 11 Tab., geb. ISBN 978-3-515-12163-7 256. Cristina Rosillo-López (Hg.) Communicating Public Opinion in the Roman Republic 2019. 304 S. mit 2 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12172-9 257. Rafał Matuszewski Räume der Reputation

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Zur bürgerlichen Kommunikation im Athen des 4. Jahrhunderts v. Chr. 2019. 375 S. mit 4 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12233-7 Henning Börm Mordende Mitbürger Stasis und Bürgerkrieg in griechischen Poleis des Hellenismus 2019. 362 S., geb. ISBN 978-3-515-12311-2 Konrad Petzold Die großen Taten der kleinen Leute im Alten Rom 2019. 338 S., geb. ISBN 978-3-515-12215-3 Michele Bellomo Il comando militare a Roma nell’età delle guerre puniche (264–201 a. C.) 2019. 277 S. mit 6 Tab., geb. ISBN 978-3-515-12384-6 Karen Piepenbrink Die „Rhetorik“ des Aristoteles und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 2020. 244 S., geb. ISBN 978-3-515-12564-2 Alberto Cafaro Governare l’impero La praefectura fabrum fra legami personali e azione politica (II sec. a.C. – III sec. d.C.) 2021. 613 S., geb. ISBN 978-3-515-12522-2 Jan Bernhard Meister ‚Adel‘ und gesellschaftliche Differenzierung im archaischen und frühklassischen Griechenland 2020. 443 S. mit 5 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12715-8 Frank Görne Die Obstruktionen in der Römischen Republik 2020. 336 S. mit 6 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12754-7 Moritz Hinsch Ökonomik und Hauswirtschaft im klassischen Griechenland 2021. 658 S. mit 2 Abb. und 4 Tab., geb. ISBN 978-3-515-12841-4 Philip Aubreville Der Hass im antiken Rom Studien zur Emotionalität in der späten Republik und frühen Kaiserzeit 2021. 356 S., geb. ISBN 978-3-515-13048-6

In der Zeit des Kaisers Maurikios (582–602) blühte das Genre der klassischen Geschichtsschreibung ein letztes Mal auf. In den Darstellungen des Menandros Protektor, des Theophanes von Byzanz, in den profangeschichtlichen Teilen der Kirchengeschichten des Johannes von Ephesos und des Euagrios von Epiphaneia wurden die dramatischen Ereignisse der Epoche des Justin II. und des Tiberios Konstantinos beschrieben. Die Geschichtsschreibung der Epoche des Maurikios wird auch bei Theophylaktos Simokates reflektiert, der zum großen Teil Johannes von Epiphaneia verwendet hat. Die reichhaltige

ISBN 978-3-515-13085-1

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historiographische Produktion dieser Zeit markiert das Ende einer seit Herodot bestehenden kulturellen Praxis. Unter besonderer Berücksichtigung der umfangreichen Reste, die vom Œuvre des Menandros Protektor erhalten geblieben sind, untersucht Bruno Bleckmann die traditionellen Elemente dieser Geschichtsschreibung, wie zum Beispiel die Einlage von Reden. Er analysiert die Motive, die die Geschichtsschreiber leiteten, aber auch die Aufnahme neuer Themen, darunter etwa die Berücksichtigung der Reliquienverehrung und des Heiligen Krieges.

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